Vorgelegt in der Sitzung vom 31.7.1953 (Nachträge am 27. 11.1953)
Gesamtherstellung: Hubert & Co., Göttingen
ABHANDLUNGEN DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN IN GÖTTINGEN PHILOLOGISCH-HISTORISCHE KLASSE - - - - - - - - - Dritte F o l g e - - - - - - - - -
Nr. 36
PERCY ERNST SCHRAMM
I(AISER FRIEDRICHS II. HERRSCHAFTSZEICHEN Mit Beiträgen von JOSEF DEt:R und OLLE KÄLLSTRÖM
GÖTTINGEN. VANDENHOECK & RUPRECHT. 1955
ERNST H. KANTOROWICZ in Princeton (Vereinigte Staaten)
zur Erinnerung an die glücklichen, gemeinsam verlebten Jahre in Heidelberg, in denen er sein Buch über Kaiser Friedrich II.
schrieb
VORWORT Durch diese Abhandlung entlaste ich den dritten Band meines Buches "Herrschaftszeichen und Staatssymbolik", Stuttgart (im Druck; Schriften der Menumenta Germaniae Historica XIII). Denn unter der Hand ist mir das Kaiser Friedrich II. betreffende Material so angeschwollen, daß es dort den Rahmen gesprengt hätte. Ich glaube aussprechen zu dürfen, daß das hier Dargebotene sich trotzdem zu einem Ganzen rundet; denn das ist nicht mein Verdienst, sondern das der Mitarbeiter, die mit ihrem Wissen das meine ergänzt haben. Über die Abschnitte I und IV braucht im Vorwort nichts gesagt zu werden. Über die anderen sind hier einige Auskünfte am Platze. Mit dem Abschnitt II statte ich der Universität Lund, der Kgl. Akademie der Literatur, Geschichte und Antiquitäten in Stockholm, der Schwedischen Archäologischen Gesellschaft und dem Svenska Institutet Dank für eine im April 195 3 durchgeführte Reise nach Schweden ab, die mir Gelegenheit bot, das mir bisher nur durch Abbildungen bekannte Stockholmer Reliquiar eingehend zu besichtigen. Gefördert von dem Herrn Reichsantiquar Dr. Bengt Thordeman und dem wissenschaftlichen Stabe des Statens Historika Museum, betreut vor allem von Dr. Olle Källström (Stockholm, jetzt Gävle), habe ich es auf das genaueste in Augenschein nehmen und auch schon die Korrekturfahnen der Studie durcharbeiten können, die ihm soeben Hofrat Dr. Arpad W eixlgärtner gewidmet hat. Seit der Rückkehr hat mich die in dieser Schrift noch offen gebliebene Frage, wofür das Reliquiar einst bestimmt war und wer es gestiftet hat, nicht losgelassen, und ich habe sie deshalb in die Erörterungen meiner Seminarübungen einbezogen. Es bildete sich eine Arbeitsgruppe, die nach meinen Weisungen mit der Nachsuche einsetzte, auf diesem Wege jedoch zu einem negativen Ergebnis kam. Sie suchte dann selbständig weiter und überraschte mich eines Tages nicht nur mit einer von ihr gefundenen Antwort, die sich sofort als richtig erwies, sondern auch mit zahlreichen Belegen, die die Geschichte des Reliquiars von seiner Entstehung bis in die Reformationszeit betrafen. Ich konnte daher gleich an die Niederschrift des Textes gehen, wobei sich dann noch der eine oder andere Beleg fand. Zu Hilfe kamen mir dabei die Erläuterungen, die mir Dr. Källström mündlich gegeben hatte und schriftlich noch ergänzte. Ihm bleibt das Verdienst, daß er uns den Zugang zu dem Wege gebahnt hat, der ans Ziel führte. Bevor ich unser Ergebnis Dr. Källström mitgeteilt hatte, schrieb er auf meine Bitte einen - jetzt im Abschnitt II abgedruckten - Bericht nieder, in dem er alles zusammenstellte, was der sachliche Befund hergibt,
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Vorwort
was bisher über die Schicksale des Reliquiars herausgefun den ist und welche Überlegungen über seine Bestimmung und sein Schicksal bereits angestellt worden sind. Daß seine Feststellungen noch unberührt von unserem Ergebnis sind, erhöht- so meine ich- ihren Wert; denn auf diese Weise kann der Leser nachprüfen, ob unsere Erörterunge n auch in allen Einzelheiten zu dem passen, was das Reliquiar selbst auszusagen hat. Dank gebührt Olle Källström auch noch für die farbige Wiedergabe der Stockholmer Reifenkrone, von der er unserer Akademie eine ausreichende Zahl von Exemplaren zur Verfügung stellte. Der nächste Abschnitt (III) behandelt drei staufisehe Kronen, die das Schicksal nach Polen verschlagen hat. Wegen der Absperrung Osteuropas bin ich allein auf die bisher erschienene polnische Literatur und ihre heutigen Ansprüchen nicht mehr genügende n- Abbildunge n angewiesen. Hoffentlich gelangen wir eines Tages in den Besitz guter Photograph ien und jener Auskünfte, die uns die noch offen gebliebenen Fragen beantworten. Als eng verwandt mit diesen Kronen erweist sich eine jetzt verschollene, aber noch durch eine gute Photograph ie bekannte Krone, die bis in das 19. Jahrhundert der Kathedrale von Sevilla gehörte und auf die Königin Beatrix, Tochter König Philipps und Gemahlin Fernandos III. von Kastilien, zurückgefüh rt werden kann. Hätte man vor ein paar Jahren die Frage aufgeworfen, ob aus dem Besitz des Staufischen Hauses irgendeine Krone erhalten geblieben sei, dann hätte die Antwort gelautet: nur eine, und zwar die der Kaiserin Constanze in Palermo. Im Jahre 195 z hat uns J. Deer gezeigt, daß sie nie von einer Frau getragen worden sein kann, daß es sich vielmehr um eine Krone handelt, die dem Kaiser Friedrich II. selbst gehört haben muß. Jetzt können wir hinzufügen, daß sich außerdem noch sechs Kronen, die Eigentum Friedrichs und Angehörige n seiner Familie waren, nachweisen lassen: in Schweden, in Polen, in Spanien, im originalen Zustande, umgearbeitet, verschandelt oder nur noch in einer photographi schen Aufnahme, aber doch so, daß wir in allen Fällen eine ausreichende Vorstellung vom ursprüngliche n Aussehen gewinnen. Die Antwort auf jene Frage lautet also heute: Wir kennen noch sieben staufisehe Kronen. Außerdem haben sich aus dem Umkreis Friedrichs II. drei Adler erhalten. Ich hatte einen weiteren Abschnitt über den vom Metropolita n Museum (New York) erworbenen Bronzevogel vorbereitet, auf den ich bereits in den zwanziger Jahren durch Erwin Panofsky aufmerksam gemacht worden war. Als ich erfuhr, daß auch J osef Deer (Bern) über dieses Thema arbeitete, bat ich ihn, mir seine Studie für diese Abhandlung zu überlassen. Er hat meiner Bitte nicht nur entsprochen, sondern mich auch noch bei den anderen Abschnitten mit Hinweisen und Ratschlägen unterstützt. Wenn ich ihm jetzt an dieser Stelle herzlich danke, bin ich sicher, daß angesichts des reichen und zum Teil unpublizierten Materials, das er ausbreitet, sich die Leser mir anschließen werden.
Vorwort
7
Obwohl sich kein Zusammenh ang mit Friedrich II. nachweisen läßt, benutze ich die Gelegenheit, um im Anhang die Forschung mit zwei Objekten in Privatbesitz bekannt zu machen, die bisher noch nicht veröffentlicht worden sind. Ich erhielt Photograph ien und Mitteilungen, die diese Stücke erläutern, vom Prince A. Juritzky in Paris und bin ihm zu Dank verpflichtet, daß er mir erlaubte, das Wesentliche aus seinen Mitteilungen mit den dazu erforderlichen Abbildunge n zur Kenntnis des Lesers zu bringen. Ich habe nicht das Ziel verfolgt, das Thema zu erschöpfen. Trotzdem hat sich - wie ich hoffe - ein neue Ansichten eröffnender Beitrag zur Geschichte des letzten Staufenkaisers ergeben, dessen Biographie Ernst H. Kantorow icz geschrieben hat. Wessen Name paßte daher besser auf die Widmungsseite als der seine? Darüber hinaus möchte ich einen Beitrag liefern zur Problematik der hochmittelalterlichen Kaiseridee, zur "Tragödie des Heiligen Reiches", wie es Friedrich Heer formuliert hat. Ich fasse diese Formel anders auf als er- davon handelt der Schlußabschnitt. Göttingen, am z 1. Sept. I 9 54 (dem 85 sten Geburtstag meiner Mutter)
P. E. S.
INHALT Vorwort ........................................................ . . I. Die Helmkrone (kamelaukion) in Palermo und Friedrichs II. Ornat. Ein Bericht über J osef Deers Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . .
n
II. Das Reliquiar in Stockholm mit den von Friedrich II. gestifteten Kronen und seinem "Becher" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I6
A. Der kunstgeschichtliche Befund und die Schicksale des Reliquiars seit I 6 3I. Beitrag von Dr. Olle Källström (Gävle in Schweden) . . . . . . . . . . . . . .
I6
B. Die Entstehungsgeschichte des Reliquiars und seine Schicksale bis I63 I
27
I.
Die Stiftung des Reliquiars .... .'.... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
2.
Stil und Form der Bügel- und der Reifenkrone . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
3· Die Geschichte des Reliquiars vom I3. bis zum I7. Jahrhundert . . . .
41
a) Das Reliquiar bis zur Reformationszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
...................
45
b) Das Reliquiar seit der Reformation (1539)
III. Die Fragmentedreier in Polen erhaltener Kronen . . . . . . . .
52
1.
Die Kronen in Krakau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Befund, S. p; b) Datierung und Bestimmung des Auftraggebers mit Hilfe der Kulturgeschichte, S. 57; c) Die kunsthistorische Einordnung, S. 63; d) Die Beziehung der Krakauer Kronen zu Polen, S. 67; e) Die formgeschichtliche Einordnung der Krakauer Kronen, S. 68; f) Das Ergebnis. Friedrichs II. Reifenkronen, S. 72; g) Die Krone von Sevilla,S. 74·
52
2.
Die Krone in Plock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
3· Geschichtliche Einordnung der drei in Polen erhaltenen Kronen . . . . . .
78
IV. Ein verschollener Thron (faldistorium) Friedrichs II. . . . . . . .
Sr
J osefDeer (Bern): Adleraus derZeit Friedrichs I I.: victrix aquila
88
V.
I.
Vorbilder und Formentwicklung des Reichsadlers in Deutschland bis etwa 1220 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . • • . . • . . . • • . . . . . . . . . • . . . . • .
88
2.
Der Reliquiar-Adler aus Eisen in der Sammlung A. P. ]. . . . . . . . . . . . . .
95
3· Die stilistische Stellung der Adler auf den gewöhnlichen Augustales Friedrichs II. und des Bronzevogels im Metropolitan Museum New-York
97
4· Antikisierende Adlerdarstellungen in Italien und ihre Einwirkung auf das Spätstaufische Reichszeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
101
Inhalt
9
5· Der Bronzeadler in der Sammlung A. P. ]. 6. Die ursprüngliche Bestimmung des eisernen und des bronzenen Adlers
108
Schluß: Kaisertum und Papsttum des hohen Mittelalters im Lichte der Herrschaftszei chen............... ...............
I II
125
Die Bilder, Bauten und Herrschaftszeichen Kaiser Friedrichs II. . . . . . . . Die Kopfzier des Papstes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I4I
3· Kaisertum und Papsttum im hohen Mittelalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
142
Anhang: Kapitelle und Porphyrtrommel in Privatbesitz: Fragmente mittelalterlicher Throne? (nach Mitteilungen des Prince A. Juritzky in Paris) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
145
Verzeichnis der Abbildungen .................... .................
152
I. 2.
125
Register: 1. Namen- und Sachverzeichnis.... .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
157
Verzeichnis der Kunstwerke nach Verwahrungsorten . . . . . . . . . . .
160
2.
I.
Die Helmkrone (kamelaukion) in Palermo und Friedrichs Ornat Ein Bericht über
J osef Deers
Ergebnisse 1
Die Krone, um die es sich handelt (Abb. I), galt bisher als die der ersten Gemahlin Friedrichs, der I222 verstorbenen Aragonesin Constanze. Diese Zuschreibung schien sich klar und eindeutig aus dem Umstand zu ergeben, daß sie neben der Toten angefunden wurde, als man I78I ihren Sarkophag in Palermo öffnete. Die wissenschaftliche Welt erhielt von diesem Funde I784 Kenntnis durch F. Daniele, der seinem Werke eine Reihe von Stichen beigab 2 • Seither ist die Krone oft abgebildet und dabei immer wieder als die der Constanze bezeichnet worden 3 • Seltsamerweise ist sie jedoch bisher noch nie mit der Sorgfalt untersucht und in die verwickelte Geschichte der Krone eingeordnet worden, die ein so einzigartiges Denkmal der Vergangenheit hätte beanspruchen sollen. Alles, was zu tun war, hat nun Josef Deer nachgeholt. Seine Feststellungen sind erschöpfend, so daß ich hier nur zu referieren habe. Ich tue das, um mitzuhelfen, daß seine ja nicht nur die Fachwelt interessierenden Ergebnisse möglichst schnell allgemein bekannt werden. Die Palermitaner Krone, die jetzt im Domschatz verwahrt wird, sieht ganz anders aus, als wir es im Abendland gewohnt sind: es handelt sich nicht um einen Reif, sondern um eine halb kugelige, I 6 cm hohe Haube mit einem Durchmesser von I 9-21 cm, auf der durch Perlen der Reif und ein Doppelbügel markiert sind. Aus Metall, und zwar aus Goldblech, bestehen nur die vier mit Filigranwerk geschmückten Kalotten zwischen den "Bügeln". Diese selbst und der "Reif", aus Vierpässen in Goldblech zwischen mehrsträngigen Perlenschnüren gebildet, sind dagegen beweglich und passen sich daher der Kopfform an. Durch eine Stoffeinlage war dafür gesorgt, daß die Krone fest und doch bequem aufsaß. Sie stellt also technisch geradezu das Gegenteil eines Spangenhelms dar, bei dem ja der Reif und die Spangen die festen Teile bilden, während die Kalotten aus dünnem Metall oder sonstigen leichten Stoffen gearbeitet sind. 1 Der Kaiserornat Friedrichs II., Zürich 1952 (Dissertationes Bernenses Series II Fase. z); vgl. meine Anzeige in der Histor. Zeitschr. 177, 1954, S. 355-358. Wegen der farbigen Wiedergabe ist noch instruktiv Fr. Bock, Die Kleinodien des Hlg. Römischen Reichs deutscher Nation, Wien-Lpz. 1864 T. XLIV. 2 I regali sepolcri del Duomo di Palermo, 1784 (Wiederabdruck: Neapel 1859). 8 Aufgezählt bei Deer a.a.O. S. 36, Anm. 3·
I. Die Helmkrone in Palermo und Friedrichs Ornat
Daß es sich nicht wie im Falle Erichs von Schweden (t 1 166) um eine erst für das Begräbnis hergerichtete "Grabkrone", sondern - wie im Falle der im Grabe Sanchos IV. Ct 1295) gefundenen, aber bereits auf Alfonso VIII. von Kastilien (t 1214) zurückzuführenden Krone 1 - um eine tatsächlich benutzte und dann ins Grab gelegte Krone handelt, bedarf bei der Pracht des Perlenschmuckes keiner Worte. Wer hat die Krone von Palermo getragen? Wann wurdesie angefertigt? Auf diese beiden Fragen gibt sie durch ihre Form und durch ihren Stil Antwort. Gestützt auf viele, bis auf die Zeit Konstantins des Großen zurückgreifende Belege kann Deer zeigen, daß die geschlossene, halbkugelige Form auf den spätantiken Prunkhelm zurückgeht, dessen Geschichte erForschungen A. Alföldis weiterführend - bereits einen besonderen Aufsatz gewidmet hat 2 • Ihn tragen die kaiserlichen Garden, ihn trägt aber auch der Kaiser neben dem Diadem, das ursprünglich aus Perlenketten bestand, im Laufe der Jahrhunderte jedoch immer reicher ausgestaltet wird. Auf den bildliehen Darstellungen ist dann von der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends an zu verfolgen, wie das Diadem um den Prunkhelm gelegt wird und sich dadurch eine neue Kronenform ergibt: das kamelaukion. Dadurch verwandelt sich der Helm in eine goldene, mit Edelsteinen und Perlen verzierte Prunkhaube. Genauere Angaben über deren Form macht Anna Komnena bei der Schilderung, wie ihr Vater Io8I zum Kaiser gekrönt wurde: es handelte sich jetzt um eine reich geschmückte goldene Halbkugel, auf der Reif und Spangen als bloße Verzierungen weiterexisderen und von der auf beiden Seiten Pendilien herabhängen 3 • Die bildliehen Darstellungen bestätigen diese Angaben und lassen auch erkennen, daß die normannischen Könige, die ja auch sonst ihr Ansehen durch Nachahmung des byzantinischen Kaiserbrauchs zu steigern trachteten, sich Kronen von dieser Art auf das Haupt setzten 4 • Eine genau so klare Entwicklungslinie ergibt sich für die Krone der Kaiserin. Sie wird höher, wird reicher verziert, schließt sich aber nie oben zu einer Halbkugel zusammen 5 • Damit ist der Beweis erbracht, daß es sich bei der auf dem Haupt der Constanze gefundenen Krone nicht um eine Frauen-, sondern um eine Männerkrone handelt. Die Annahme, es müsse sich um eine Frauenkrone gehandelt haben, weil sie im Grabe einer Frau gefunden wurde, erweist sich also als Kurzschluß. Wenn er so lange nicht angezweifelt wurde, lag das zum Teil an den ausgezeichnet erhaltenen Pendilien, die bis zum Brustansatz des Trägers herabgereicht haben müssen. Diese im Original sonst nur noch 1 Die hier und im folgenden zum Vergleich herangezogenen Kronen werden in meinem Buch über "Herrschaftszeichen und Staatssymbolik" behandelt. 2 A. Alföldi, Eine spätantike Helmform und ihre Schicksale im germ.-romanischen Ma., in den: Acta Archaeologica 5, Budapest 1934, S. 98ff.; J. Deer, Der Ursprung der Kaiserkrone, in: Schweizer Beiträge zur allg. Gesch. VIII, 1950, S. 51 ff. 3 Angeführt und erläutert bei Deer (1952) S. 9· 4 A.a.O. S. qf. 5 In einem Beitrag (Nr. 18) zu dem angekündigten Buch wird J. Deer dies noch genauer darstellen.
Frauen- oder Männerkrone?
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an der Stephanskrone erhaltene Zier schien nur zu einer Frau zu passen. Doch war - wie noch die Reste der Ösen erkennen lassen - einst auch die Wiener Krone durch Pendilien geziert; und an Hand der zahlreichen, aus dem byzantinischen sowie aus dem abendländischen Bereich erhaltenen Bildzeugnisse beweist Deer, daß gerade die Männerkronen auf diese Weise geschmückt waren 1 • Damit ist die erste Frage beantwortet: nicht Constanze, sondern Friedrich hat diese Helmkrone getragen. Es bleibt die zweite: wurde sie erst für ihn angefertigt, oder hatte sie schon seinen V erfahren gehört? Um sie beantworten zu können, ist Deer der Geschichte der für den sizilischen Hof arbeitenden Werkstätten nachgegangen und hat zusammengestellt, was von ihren Schöpfungen noch erhalten ist. Es handelt sich da nicht nur um Herrschaftszeichen, sondern auch um Kreuze, Mitren und geistliche Gewänder, die jetzt weit verstreut sind, aber wieder zusammenrücken, wenn man sie auf ihre technischen und stilistischen Eigenarten hin untersucht. Bezeichnend für sie sind vor allem die Ornamente aus kleineren Perlen, die sich zu zwei und mehr Strängen zusammengefaßt finden, dann metallene Vierpasse mit Verzierungen, die man früher vorschnell auf die von den sizilischen Königen benutzten islamischen Künstler zurückführte, die jedoch - wie Deer zeigt - auch der byzantinischen Kunst vertraut waren. Nur in Ausnahmefällen (so bei dem von dem abendländischen Kaiser übernommene n Mantel, dessen Inschrift eine Datierung enthält) steht die Entstehungsze it fest; doch liegt es im Bereich der Möglichkeit - ähnlich wie bei den Kronen der sächsischen Kaiser -, eine relative Chronologie aufzustellen, indem man klärt, welches Kunstdenkmal technisch vollkommener ist als das andere. Im Einzelfall mögen Zweifel übrig bleiben; denn Objekte von so raffinierten Techniken stehen nicht unbedingt in der Abfolge einer Entwicklung vom Einfachen zu immer Reicherem, aber im großen und ganzen darf der Gang der Entwicklung als gesichert angesehen werden. Als nächste Verwandte der Friedrichskron e erweist Deer das sog. "Zeremoniensc hwert", die Handschuhe und wohl auch noch die Schuhe im Wiener Schatz. Die technischen und stilistischen Entsprechunge n gehen so weit, daß man sie mit Deer getrost als Teile eines und desselben Ornats bezeichnen darf- eines und desselben apparatus, wie man im 10. und 11. Jahrhundert gesagt hatte, indem man sich mit an den geistlichen Sprachbrauch anschloß. Nach der relativen Chronologie handelt es sich bei den Wiener Stücken um Kunstwerke, die an das Ende der Reihe gehören. Einen festen Anhalt 2 gibt der Adler, der die Scheide des "Zeremoniensc hwertes" schmückt • 1 A.a.O., S. 26ff. (Ösen an den rhombenförmigen Zierstücken der Pendilien werden so zu erklären sein, daß sie einstmals Kettchen hielten, die jene flach zur Grundfläche des Gestänges einspannten). 2 Deer a.a.O. Taf. XXVI, dazu Taf. XXXVII-VIII mit S. 6rff. (ebd. S. 64ff. die These, daß es sich um Hochzeitsgeschen ke König Wilhelms II. an HeinDeer hat rich VI. handele, so schlagend widerlegt, daß ich nicht auf sie zurückzukommen brauche).
14
I. Die Helmkr one in Palermo und Friedrichs Ornat
Deer bringt ausreichende Belege, daß die normannischen König e sich des Löwen und nicht des Adlers bedienten. Das Schwert und der zu ihm gehörende apparatus können also frühestens für Heinrich VI. angefe rtigt worden sein. Ordne t man den stark stilisierten Adler der Scheid e in die Reihe der Adlerdarstellungen ein, die sonst noch aus diesen Jahrze hnten des sich festigenden Wappenwesens erhalten sind, dann spricht seine Form mehr für die Zeit nach als vor uoo 1 • Die zweite Frage kann also mit annähe rnder Gewiß heit dahin beantwortet werden : die Palermitaner Krone wurde erst für Friedrich II. angefertigt und zwar zugleich mit einem Herrsc herorn at, von dem sich Teile im Wiener Schatz erhalten haben. Galt dieser Ornat als der des Königs von Sizilien? Legte Friedri ch II. von ihm kein Stück an, als er I 220 zum Kaiser gekrön t wurde? Wir wissen das nicht 2 und können nur feststellen, daß in der Folgezeit alle jene aus Sizilien stammenden Gewan dstück e - auch der nachweislich bereits aus der Zeit Rogers II. stammende Mantel - sowoh l bei der Kaiserals auch bei der deutschen König skrönu ng benutz t worden sind. Von wann an das geschah und ob es in allen Fällen geschah, läßt sich allerdin gs nicht entscheiden, da die vorlieg enden Zeugnisse solche Einzelheiten nicht erkenn en lassen. Es bleibt noch diese Frage: Wie kann des Kaisers Helmk rone in den Sarkop hag der Kaiserin gelang t sein? Als Friedri ch 1236 in Marbu rg der Überfü hrung der mildtät igen Elisabeth in einen neuen Schrein beiwoh nte, da "setzte er dem heiligen Haupte der heiligsten Witwe eine golden e Krone aus seinem Schatze auf" 3 • Das war eine Handlu ng, die den alten Brauch fortsetzte, daß Könige einer Kirche eine Krone schenkten, um sich deren Dank und Fürbitt e zu sichern; durch die Hergab e dieser corona aurea erwarb sich Friedri ch den Anspru ch auf die Hilfe der Heiligen, die ja zugleich - was ihn mit Stolz erfüllte - seine Verwa ndte war. Zu einer ähnlichen Geste muß es den Kaiser gedrän gt haben, als er I 222 am offenen Sarkophage seiner Gemah lin stand; denn nur er selbst kann es gewesen sein, der die allein für einen Mann ziemliche Helmk rone der Toten auf das Haupt setzte. In diesem Falle durfte er sich davon allerdings keinen Gewin n versprechen. Es war eine Geste, die eine durch keine Heiligkeit ausgezeichnete Frau ehrte und zu ihr über den Tod hinaus eine Verbin dung von Mensch zu Mensch aufrecht erhielt: nun schlief sie in ihrem Marmo rsarkop hag zusamm en mit Friedrichs Krone, einem Stück seiner selbst und dadurc h Gewäh r unlösbarer Schicksalsverknüpfung. Friedrichs II. Größe besteh t darin, daß er ganz Herrsc her geword en ist. Allenfalls ist der Jäger, der Gelehr te zu fassen. In allem, was dieser Staufer trieb, veranlaßte, selbst in dem, womit er sich zerstreute, blieb 1
Vgl. jetzt auch noch unten Abschn . V mit Abb. 48. Vgl. E. Kantor owicz, Kaiser Friedric h II., Berlin 1927, S. roof., dazu die in Bd. II, ebd. 1931, S. 43f. vermerk ten Quellenstellen. 3 Vgl. dazu Abschn . II B. 2
Friedrich und sein Kamelaukion
er der Kaiser. Taten, Äußerungen, Gesten, in denen durch den kaiserlichen Glanz der Mensch durchschimmert, gibt es nur wenige. Die persönlichste Handlung, die wir von ihm kennen, hat kein Zeuge aufgeschrieben. Aber wir können sie erschließen, denn nur so löst sich das Rätsel: eine Männerkrone in einem Frauengrab. Sonst beruht die Würde der Kronen gerade darin, daß in ihnen das hinter den Trägern verborgen Bleibende sichtbar, der "Staat" sinnfällig geworden ist. Das trifft auch auf Friedrichs Helmkrone zu; aber daneben ist sie ein Denkmal des Schmerzes, der den Siebenundzwanzigjährigen beugte, als er vor dem Leichnam seiner Gattin stand.
II.
Das Reliquiar in Stockholm mit den von Friedrich gestifteten Kronen und seinem "Becher" A. Der kunstgeschichtliche Befund und die Schicksale des Reliquiars seit IDJI Beitrag von Dr. Olle Källström, Stockholm, jetzt Gävle Seit den Tagen des dreißigjährigen Krieges wird in Schweden ein kostbares deutsches Reliquiar verwahrt. Seit der Mitte des I 8. Jahrhunderts gehört es zu der Sammlung, die jetzt das "Staatliche Historische Museum" heißt, und trägt dort die Inventar-Num mer I. Früher stand das Reliquiar unter der Obhut des Königl. Kammerkollegiums. In den älteren Inventaren der Königl. Rentkammer findet es sich unter einer Gruppe von Gegenständen verzeichnet (Übersetzung:), "welche früher unter den Reichskleinodien aufbewahrt worden sind". Dieses prachtvolle Reliquiar, das unter den vielen Prunkstücken der riesigen schwedischen Kriegsbeute sich eine solche Sonderstellung erworben hatte, weckte erstaunlich spät das Interesse der Forschung. Erst Adolph Goldschmid t erkannte die kunstgeschichtliche Bedeutung des Werkes. Seine Abhandlung: "Ein mittelalterliches Reliquiar des Stockholmet Museums" (1919) 1 hat - was die Methode angeht noch in allem Wesentlichen ihre Geltung. Das ergab sich bei einer neuen, minutiösen und jede Einzelheit kunsthistorisch verfolgenden Analyse durch den langjährigen Betreuer der Wiener Schatzkammer, den jetzt in Schweden lebenden Hofrat Dr. Arpad Weixlgärtne r 2 , der Goldschmidts Ergebnisse im wesentlichen bestätigt, jedoch hie und da über ihn hinausgelangt ist. Von dem auffallend majestätischen Deckelschmuck - mit einem schönen, mit Lilien und Kreuzen geschmückten Reif und zwei sich kreu1 Im Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlunge n 40, r9r9, S. r-26. Erwähnt und abgebildet wird das Reliquiar von J. Braun, Die Reliquiare des christlichen Kultes und ihre Entwicklung. Freiburg i. B. r 940, S. 226 mit Taf. 55, Abb. I79 sowie von J. Deer in: Schweizer Beiträge zur allg. Gesch. VII, r949, 83 mit Taf. II, 5 (Aufsicht von oben), größer wiederholt in seinem Buch über den Kaiserornat Friedrichs II. (r952) Taf. XII, 4· Vgl. ferner "Tiotusen är i Sverige", Statens Historiska Museum, Stockholm r945, S. 344f. mit Abb. 375 bis 377· 2 Das Reliquiar mit der Krone im Staatlichen Historischen Museum zu Stockholm, I: Das Reliquiar. Stockholm I953 (Kungl. Vittehets Historie och Antikvitet, Akademiens Handlingar in Stockholm 82, r). Der noch ausstehende Teil II: Die Krone wird zur Zeit vom Verf. dieses Abschnittes fertiggestellt.
0. Källström: Befund und Schicksale seit 1631
17
zenden Bügeln - sagt Goldschmidt: "Dieser Reif ist abnehmbar und erweckt mit den Bügeln zusammen den Eindruck einer Kaiserkrone" 1• In "Fornvännen", der Zeitschrift der Königl. Akademie der Literatur, 2 Geschichte und Antiquitäten, veröffentlichte der Verf. 1945 einen Aufsatz , in dem die These vertreten wurde, daß es sich um eine wirkliche, einst getragene deutsche Königs- oder Kaiserkrone handelt, die als Weihgeschenk um den Deckel des Reliquiars angebracht worden ist. Daß der Deckelschmuck am Reliquiar schon viel früher den Eindruck erweckt hatte, es handele sich um eine richtige Krone, konnte Goldschmidt noch nicht wissen. Erst neuerdings hat sich ein Dokument gefunden, aus dem hervorgeht, daß dies gleich der Fall war, als den Schweden das Reliquiar in die Hände fiel. Im schwedischen Kammerarchiv (Abteilung des Reichsarchivs) wird nämlich ein Verzeichnis aufbewahrt 3, das beim Übersenden der Beute nach Schweden ausgestellt wurde (siehe Näheres unten S. 24). Hier heißt es (Übersetzung): "Dazu ein Deckel wie eine Krone". Zunächst folge - unter Berücksichtigung von Goldschmidts und Weixlgärtners Abhandlungen - eine kurze Beschreibung aller Teile des Reliquiars, an die sich eine ausführlichere Behandlung von Krone und Bügeln anschließen soll. Das Reliquiar wird am besten gekennzeichnet als ein großer Henkelkelch, der mit einem kuppelartigen Deckel bedeckt ist 4 • Die Schale des Kelches -vielleicht eine spätantike Trinkschale auf niedrigem Fuß - , die aus Achat geschliffen ist, stellt ein technisches Meisterwerk dar. Ihre etwa 5 Millimeter starke Wand ist nämlich so dünn, daß sie durchsichtig ist. Der Durchmesser der Schale beträgt 21,5-21,7 Zentimeter. Der (etwas beschädigte) Rand ist ein bißchen eingezogen, so daß er ganz senkrecht steht. Er ist überall von Goldblech verdeckt, so daß seine Höhe (etwa I,8-1,9 Zentimeter) nur geschätzt werden kann. In ottonischer Zeit wurde die Schale nämlich mit einem Goldrand versehen, der reich mit Edelsteinen und Perlen verziert ist. Gleichzeitig wurden wohl auch die beiden Henkel- in der Form schmaler, hochnerviger Akanthusblätter - angebracht. Vielleicht paßten diese Zutaten gut zu dem ursprünglichen Fuß, der durch einen anderen ersetzt worden ist. Für die ottonische Periode müssen wir jedenfalls einen rein goldenen Fuß voraussetzen, der sicherlich kleiner als der heutige war. Die Achatschale hat schon sehr früh einige Beschädigungen erlitten. Ein Loch ist mit einem Stück der gleichen Art Achat ausgebessert worden. Goldschmidt a.a.O. S. 9· 0. K ä 11 ström, Det stora stockholmsrelikvariets votiv krona (with an English Summary: The Votive Crown of the great Stockholm Reliquary), in: Fornvännen, Stockholm 1945, Heft I, S. 1-22 (mit Abb. und einer Farbaufnahme). 3 Kamararkivet (im Reichsarchiv, Stockholm), Skuldeböcker, Varia, avräkningar 1596-1676, fol. 946. 4 Der Gedanke, daß Kuppel, Reif und Bügel einmal eine Einheit gebildet, daß wir also ein Kamelaukion, ähnlich der in Abschnitt I gewürdigten Palermitaner Krone, vor uns haben, erweist sich bei genauer Würdigung aller Einzelheiten als abwegig. 1
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Abh. Phi!. Hist. KJ., 3· F., Nr. 36 Schramm
II. Das Reliquiar in Stockholm
Man kann auch ein paar Risse im Stein verfolgen. Wann diese Schäden entstanden sind, läßt sich nicht mehr feststellen. Vielleicht konnte man die Schale trotzdem weiter als Trinkgefäß verwenden; möglich ist aber auch, daß die Schäden den Anstoß gaben, die Schale für einen anderen Zweck zu benutzen. Im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts hat nämlich ein sehr reicher Besitzer das Stück in einen riesigen Henkelkelch umwandeln lassen. Dafür ist ein gerippter, goldener Knauf benutzt. Dieser ist wohl vorher für eine andere Verwendung angefertigt worden. Denn er paßt weder durch sein Material noch im Hinblick auf den Stil mit dem neuen Fuß zusammen. Dieser konische, ein wenig konkave Fuß ist aus Silber hergestellt und außen vergoldet. Verziert ist er mit figürlichen, über Matrizen geschlagenen Reliefs mit gravierten und getriebenen Ornamenten. Außerdem ist er mit einer Fülle von Halbedelsteinen, zum Teil Gemmen und Intaglien, besetzt. Bei den Reliefs handelt es sich teils um menschliche Figuren (der Muttergottes, des segnenden Heilands in der Mandorla, des Gekreuzigten, Maria und Johannes, dieser zweimal wiederholt), teils um die Evangelistensymbole, Sonne, Mond und dergleichen. Nach der von Weixlgärtner bestätigten Feststellung Goldschmidts ist der thronende Christus in der Mandorla mit Hilfe derselben Matrize geschlagen wie das entsprechende Relief auf dem im I 3. Jahrhundert angefertigten Deckel des sog. Reliquienkastens Heinrichs I. in der Stiftskirche von Quedlinburg. Daß es sich um eine sächsische Werkstatt handelt, ergibt sich, laut Goldschmidt, "aus der nahen Übereinstimmu ng der Evangelistensymbole, welche die Majestas umgeben, mit denen auf dem in Goslar angefertigten Buchdeckel des Goslarer Evangeliars". Daran schließt eine weitere Feststellung Goldschmidts: "Daß aber die Goldschmiedearbeit am Deckel des Goslarer Rathaus-Evangeliars wirklich in Goslar entstanden ist, geht daraus hervor, daß für den Schmuck des Deckels auch der Siegelstock des Propstes des Neuwerk-Klos ters in Goslar verwendet wurde". Den Entstehungsor t des Goslarer Evangeliars vermutete Goldschmidt "in Westfalen oder Sachsen", vielleicht in Goslar selbst. Als Zeit machte er die Jahre zwischen 1230 und 1240 wahrscheinlich. Auf diese Weise kam Goldschmidt dazu, das Stockholmer Reliquiar für eine in Goslar oder doch in der Gegend von Goslar angefertigte Arbeit zu halten. Er hat auch versucht, diese Ansicht mit urkundlichen Belegen zu unterbauen, was uns in Schweden veranlaßte, das Stück als "das Goslarer Reliquiar" zu bezeichnen. Daß aber der als Kunsthistorike r so hoch zu schätzende Adolph Goldschmidt bei der Urkundeninter pretation sich irrte, hat inzwischen Pater J o s e p h Braun überzeugend bewiesen 1 (Weiteres unten S. 23f.). Der Deckel besteht aus einer silbervergoldeten Kuppel in der Form einer etwas gedrückten Halbsphäre. Vergoldung findet sich nur an der Außenseite. In der Kuppel ist ein dreibogiges Guckloch ausgeschnitten. 1
Fornvännen 1935, S. 3II-312.
0. Källstrb'm: Befund und Schicksale seit 163 I
Als - offensichtlich danach - der bügelförmige Schmuck angebracht wurde, überdeckte er das mittlere Drittel des Guckloches. Man sieht daher von hinten das klare Gold des Bügels, das von der inneren silberweißen Kuppelfläche deutlich abweicht. Es kann daher kein Zweifel bestehen, daß die Kuppel zunächst ohne Rücksicht auf die später hinzugefügten Bügel erdacht und angefertigt worden ist. Es ist jedoch möglich, daß kein langer Zeitraum zwischen der Fertigstellung der Silberkuppel und der Verzierung derselben mit den goldenen Bügeln bestanden hat. Denn stilgemäß gehören auch der schöne Kronreif und die hinter ihm nicht zurückstehenden Bügel in die gleiche Periode wie der Fuß und die Kuppel. Die verschiedenen Arbeitsphasen, die zu dem jetzigen Zustand des Reliquiars führten, können also sehr schnell aufeinander gefolgt sein. Im Gedächtnis zu halten ist, daß diese verschiedenen Teile des Kunstwerkes -Fuß und Kuppel aus Silber sowie der doppelte Kronenschmuck aus feinstem Gold - sowohl nach Material als auch nach ihrem Stil ganz verschiedener Art sind. Das schließt natürlich nicht aus, daß sie sich zur Zeit der Zusammenfügung zu einem Stück im Besitz desselben Bestellers befunden haben können. Was geschah nun, als der Besteller sich entschloß, dem kostbaren Becher nicht nur einen mit einem Guckloch versehenen Deckel - was auf die Verwendung als Reliquiar deutet - zu geben, sondern diesen Deckel auch noch mit so überaus kostbaren Juwelier- und Goldarbeiten zu schmücken? Sicher ist, daß man Steine von solcher Pracht und Größe nur einer der reichsten Schatzkammern des Abendlandes entnehmen konnte. Es steht ferner außer Frage, daß dieser Kronen- und Bügelschmuck einen organischen Teil des Reliquiars bildet, der von ihm nicht mehr wegzudenken ist. Jedoch besteht ein deutlicher Unterschied zwischen der Befestigung der Bügel einerseits und der des Kronreifs andererseits. Gemeinsam ist diesen beiden Arbeitsvorgängen nur, daß sie offensichtlich sehr schnell vor sich gegangen sind. Wir betrachten zunächst die Bügel (Abb. 5-9). Sie sind auf die Kuppel genietet, aber erstaunlicherweise an den unteren Enden roh abgeschnitten und - vielleicht beim Herabdrücken des Kronreifs - arg gequetscht worden (Abb. 8-9). Der Kronreif, der jetzt ganz frei um den Deckel liegt, war dagegen höchstens durch dünne Drähte am Kuppelrand befestigt; darauf deutet eine Reihe von kleinen, ziemlich willkürlich angebrachten Löchern. Man kann sich kaum vorstellen, daß ein guter Goldschmied, der genügend Zeit zur Verfügung hatte, die ihm gestellte Aufgabe so wenig berufsmäßig durchführte. Man kann diesen Vorgang wohl nur so verstehen, daß der Auftraggeber sich plötzlich entschloß, auch noch seine Krone als Weihgeschenk herzugeben. Sicherlich haben der Kronreif und die Bügel ursprünglich keine Einheit gebildet. Ihr Stil zeigt zwar im allgemeinen dieselben Züge. Daß sie gleichzeitig sind, ja daß sie aus der Hand desselben Meisters hervorgegangen sind oder doch aus derselben
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II. Das Reliquiar in Stockholm
Werkstatt herrühren, ist deshalb kaum zu bezweifeln. Die Stücke stimmen jedoch kunsthandwerklich nicht völlig überein. Einzelheiten sowohl in dem technischen Aufbau als auch in der künstlerischen Komposition deuten darauf hin, daß Reif und Bügel ursprünglich zwei verschiedenen Ornaten angehört haben oder für solche geplant gewesen sind. Zu den technischen Übereinstimmungen gehört, daß sowohl Reif als auch Bügelstreifen in sich gegliedert sind. Aber dann hört die Übereinstimmung auch schon wieder auf. Denn die Untergliederung ist beim Reif und bei den Bügeln von verschiedener Art. Die Glieder des Kronreifs (Abb. 10-12) sind durch Scharniere verbunden. Ihrem Verschluß dienen Stäbchen, die große Perlen als Handgriff aufweisen. Wenn wir es wegen Verbiegungen der Ösen und Stäbchen auch nicht mehr wagen dürfen, muß es doch ehemals das Werk eines Augenblicks gewesen sein, den Reif in seine Glieder zu zerlegen. Die Stücke in richtiger Ordnung wieder zusammenzufügen, ist ebenso leicht gewesen, da in jedes Gliedende dieselbe Marke wie auf dem nächsten eingeritzt ist. Daraus ergibt sich folgender Schluß: Die Aufteilung des Kronreifes in acht Glieder mit Scharnieren ist eine "echte", die nicht durch das Reliquiar bestimmt ist, vielmehr dessen Bestimmung zuwiderläuft. Denn um eine geschmeidige Anpassung des Reifens an die Kuppel zu bewirken, hätte eine bewegliche, aber nicht zerlegbare Gliederung genügt. Die Zerlegbarkeit machte es möglich, den Reif - in acht Teilen verpacktselbst auf Reisen bequem mitzuführen und ihn - wieder zusammengesetzt - als Krone zu gebrauchen. Wer diese Folgerung nicht zugeben will, muß sonstwie erklären, weshalb - wenn der Kronreif von Anfang an nur als fester Randschmuck eines Reliquiardeckels gedacht war - eine völlig zwecklose Zerlegbarkeit vorgesehen wurde. Es bliebe vielleicht noch der Einwand, daß mittelalterliche Kunsthandwerker oft Einzelheiten sehr sorgfältig auch da gearbeitet haben, wo sie nie zu rechter Wirkung gekommen sind. Aber auch er kann widerlegt werden. Warum sind im Gegensatz zu der sorgfältigen Ausführung der Schmuckteile die Bügel so gefühllos, so roh abgeschnitten? Warum ist der Reif so gewaltsam herabgedrückt worden, daß dadurch mehrere Stellen an dem schönen Doppelbügel zerstört worden sind? Wir sehen uns durch diesen Gedankengang auf die vorgebrachte Auslegung des Befundes zurückgeführt. Der aus vielen kleinen Gliedern zusammengefügte Kreis ist ja, wie bekannt, eine sehr alte Form des Kopfschmuckes. In diesem Fall besteht der Reif aus acht Teilen- das ist die Zahl, die in der Symbolik der Kronen schon in der ottonischen Zeit ihre Rolle spielte 1 • 1 Hansmartin Decker-Hauff, Das Octogon als Kaiser- und ReichssymboL Vortrag am zo. November 1948 im Württembergischen Geschichts- und Altertumsverein.
0. Källstrb'm: Befund und Schicksale seit 163 I
2.1
Als Material ist, wie schon erwähnt, überall nur Gold verwandt worden; das sieht man am besten an der Innenseite, die ebenso gediegen ausgeführt ist wie die Schauseite. Sie wäre wohl aus billigerem Material hergestellt worden, hätte der Reif nie einem anderen Zweck dienen sollen als dem, ein fest angefügtes Ornament an einem Reliquiardeckel zu bilden. Aus Silber sind nur Verstärkungen hinter den gebrechlichen Lilien und Kreuzen des Reifes; sie sind jedoch erst in einer späteren Zeit angebracht worden. Jedes Glied trug ursprünglich abwechselnd ein Kreuz oder eine Lilie; diese sind in einem Stück mit dem Glied entworfen und angefertigt. Im Vergleich mit der achtgeteilten Lilienkrone in der St. Albanskathedrale in Namur (zwischen 12.07 und 12.18 angefertigt) bedeutet die Stockholmet Krone also einen "typologischen Fortschritt", weil die Lilien der Krone in Namur noch an dem bandförmigen Kronenglied festgenietet sind, also zugefügt wirken. An der Stockholmet Krone sind noch alle vier Lilien erhalten, aber nur zwei von den Kreuzen. Die beiden übrigen sind zusammen mit deren silbernen Verstärkungen auf der Rückseite gewaltsam abgebrochen worden. Das kann spätestens geschehen sein, als das Reliquiar den Schweden in die Hand fiel. Kreuze als Verzierung an einer Krone bedürfen keiner Erklärung. Die Lilien waren im 13. Jahrhundert bereits die Wappenfigur des französischen Königs, aber sie waren nicht deren Reservat. Sie blieben u. a. mit der Jungfrau Maria verbunden und finden sich nicht nur an ottonischen Kronen, sondern auch noch an späteren, die nichts mit Frankreich zu tun haben 1 • Am Reif ist keinerlei Vorkehrung für die Befestigung von Bügeln nachweisbar. Der Reif kann also weder mit den vorhandenen noch mit anderen Bügeln vereinigt gewesen sein. Ihnen wenden wir uns abermals zu. Die Bügel (Abb. 5-9) bestehen aus einem kreuzförmigen Vierungsstück; an dieses schließen sich je zwei, also im ganzen acht Glieder an, die jedoch im Gegensatz zum Reif keine Scharniere zwischen sich haben und hier deshalb als Spangen bezeichnet seien. Sie sind alle auf der Deckelkalotte festgenietet. Die vier unteren Spangen sind unvollständig. Es ist schon erwähnt worden, daß sie vor der Anbringung am Deckel - ohne Berücksichtigung der schönen Arbeit - roh abgeschnitten und beim Herabdrücken des Kronreifes schwer gequetscht worden sind, so daß sowohl das feine Filigranwerk als auch die untersten Steinfassungen zerstört wurden. Sowohl der Reif als auch die Bügel sind durch ein zierliches Blattwerk (Abb. 8, 9, u) gekennzeichnet, das weinblatt- und distelähnlich gestaltet ist und über der Bodenplatte schwebt; am Rand der Bügel ruht es auf 8-9 Millimeter hohen Filigranbögen, die einen archaisierenden Eindruck 1
Vgl. außer P. E. Schramm, Der König von Frankreich I, Weimar 1939, S. zo8ff. G. Braun v. Stumm, L'origine de la fleur delisdes rois de France au point de vue numismatique, in Revue Numismatique 5e serie 13, 1951, S. 43-58, der der Verbindung der Lilie mit Maria nachgeht.
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II. Das Reliquiar in Stockholm
erwecken, da bereits die ottonische Goldschmie dekunst von ihnen reichen Gebrauch machte (Abb. 7). Von solchen Bögen abgegrenzt, wenn auch nicht getragen, ist außerdem noch das Blattwerk am unteren Rande des Reifs; an seinem oberen Rande fehlen sie. An den Bügeln ist das Blattwerk feiner, am Reif kräftiger. In beiden Fällen ist es jedoch von einer gewissen zarten Eleganz geprägt, die sehr wenig Gegenstück e hat. Studiert man z. B. die zeitlich wohl am nächsten stehenden Blattfiligranverzierungen am Elisabethschrein zu Marburg (Abb. 13 a-c), dann tritt die Feinheit der Arbeit an unserer Krone deutlich hervor 1 • Ein Unterschied zwischen Reif und Bügel besteht auch in der Anbringung der Juwelen. Am unteren Rand des Reifes entlang läuft eine - nur teilweise erhaltene - Perlenschnur, an den Bügeln dagegen fehlt sie (Abb. 12) 2 • Diese Perlenschnu r ist typologisch von Interesse: sie ist eines der letzten Beispiele für die früher üblichen Perlenreihen auf Kronen. Über die Möglichkei t eines Zusammenh angs unseres Kronreifes mit der noch im I I. Jahrhunder t existierenden Farm des byzantinischen, mit Perlen besetzten Stemma hat der Verf. vor kurzem gehandelt 3 • Die Fassungen der Steine sowohl auf dem Reif als auch an den Bügeln sind von verschiedener Art: es handelt sich um einfache Fassungen mit senkrechtem Sargrand, um Fassungen, bei denen der Rand kymationartig verziert ist, und schließlich um Fassungen, die nur für die größten Steine benutzt sind: bei diesen wird der Stein von Krallen gehalten; außerdem ist er noch auf einem flachen, schalenförmigen, gezackten Blatt gebettet, das mit Hilfe eines Stiftes in eine von den schon vorhandene n, zu diesem Zwecke zusammeng ebogenen Kymationfassungen gesteckt worden ist (Abb. 5 usw.). Zwischen den beiden Fassungen mit unverziertem und denen mit kymatiziertem Rand braucht man - nach des Verfassers Meinung keinen Zeitabstand anzunehmen, sondern nur eine Mischung von Stilen und technischen Traditionen , wie sie in einer großen Hofwerksta tt sicher oft vorgekomm en ist. Jedoch muß bei den größten, krallenförmig gefaßten Steinen auf den Goldblätter n eine eigene, letzte Stufe der Herstellung vorausgesetzt werden. Bei ihr handelt es sich um die Anbringung einer beinahe überreichen Verzierung, nämlich einiger prachtvoller und damals sicher sehr kostspieliger Steine, z. B. eines hellen, durchbohrte n Saphirs, der auf mehr als 35 Karat geschätzt wird. Daß ein so großer und schöner Stein vor der Anbringung durchbohrt worden ist, läßt erkennen, 1 Weixlgärtne r a.a.O. S. 85 weist darauf hin, daß dieses Blattwerk von dem Naturalismus eines Hugo von Oignies, auf den G. v. Falke hingewiesen hat, deutlich abgesetzt ist. 2 Haben einmal Perlen am Bügel gesessen, so sind sie heute jedenfalls alle verschwunden; einige kleine Ösen deuten darauf hin, daß früher irgendeine Art von Randverzierung (Perlenschnüre)? vorhanden gewesen ist. 3 Olle Källström, Ein neuentdecktes Majestätsdiadem ottonischer Zeit, im Münchener Jahrb. der bildenden Kunst 3. Folge, Bd. z, I 9 5 I, S. 6 I ff. Mit der Tradition des Kamelaukion hat die Stockholmet Krone in Beziehung gesetzt J o s e f D ee r, Der Kaiserornat Friedrichs II., Bern I95z, S. I9, 40, mit Taf. XII, 4·
0. Källström: Befund und Schicksale seit I63 I
daß er einmal anders verwandt worden ist und zwar vermutlich im Osten, da diese Durchbohrungen orientalischer Herkunft sind. Vielleicht hat er also vorher zu einem byzantinischen Brustschmuck von jener Art gehört, bei der eine Reihe von Edelsteinen, mit dem größten in der Mitte, an dünnen, durch die Steine laufenden Goldketten von einem breiten Halsring herabhängen. Ein Schmuck mit Steinen von solcher Größe und Qualität konnte in Byzanz wohl nur in den höchsten, also höfischen Kreise vorkommen. So ergibt sich die Vermutung, daß die besonders großen, nachträglich zugefügten Steine zu der Beute gehörten, die die "Kreuzfahrer" I 204 bei der Eroberung Konstantinopels gemacht haben. Über die Herkunft des Stockholmer Reliquiars konnten bisher nur Hypothesen aufgestellt werden. Denn wirkliche Beweise sind bisher nicht zutage gefördert worden. Bis vor einigen Jahren galt als Datum für die schwedische Übernahme des Reliquiars der "Monat Juli 1632". Dadurch waren für die Frage nach der Herkunft, die schon von Adolph Goldschmidt und Carl R. af Ugglas 1 behandelt wurde, die Kriegsereignisse des Frühjahrs 1632 in den Vordergrund gerückt; sie boten die Möglichkeit, daß das Reliquiar aus Norddeutschland stammte. Goldschmidt hat I 9 I 9 nachzuweisen versucht, das Reliquiar sei für einen von den beiden Schädeln angefertigt worden, welche vom Kaiser Heinrich III. dem Dom zu Goslar gestiftet worden sind, also für den des Hl. Nikolaus oder den des Hl. Servatius. Nachdem dann 1931 Ph.M.Halm und R. Berliner ihre Ausgabe des Halleschen Heiltumsbuches herausgebracht hatten, versuchte Freiherr Carl R. af Ugglas, damals Vorstand der Mittelalterlichen Abteilung des Staatl. Historischen Museums zu Stockholm, das dort abgebildete, sehr ähnliche Reliquiar 2 als das verschollene Gegenstück aus dem Goslarer Domschatz zu identifizieren, womit die Frage der beiden Goslarer Schädelreliquiare restlos beantwortet schien. Doch entwickelte sich nun zwischen den schwedischen Sachkennern und Pater J oseph Braun, S.J., der mit der Abfassung seines großen Werkes über "Die Reliquiare" 3 befaßt war, eine Korrespondenz, durch die er auch mit der Goslarer Zuschreibung bekannt wurde. Er lehnte diese These sofort ab und legte seine Auffassung in einem Aufsatz nieder, der 1935 - mit einer Einleitung der Redaktion versehen- unter dem Titel: "Das große Goslarer Reliquiar nicht aus Goslar!" in der Zeitschrift "Fornvännen" erschien 4 • Er konnte an Hand alter Inventare zeigen, daß 2 1 Näheres vgl. Abschn. B. Fornvännen 1934, S. 193ff. a Vgl. S. 16 Anm. 1.. 4 Da die Zeitschrift in Deutschland nicht überall greifbar ist, seien die entscheidenden Sätze hier wiederholt: "Das Inventar, dem Goldschmidt seine Angaben: Caput s. Nico!ai etc., caput s. Servatii etc. entnahm, ... entstammt jedoch nicht, wie Goldschmidt irrtümlich angenommen hat, aus dem Ende des 13. Jahrhunderts ... , sondern erst aus der Zeit nach 15 z 3 ...
II. Das Reliquiar in Stockholm
es sich in Goslar um Kopfreliquiare gehandelt hat und nicht wie im Stockholmer Fall um ein kugel- oder gefäßförmiges. J. Braun war statt dessen der Meinung, das Stockholmer Reliquiar stamme aus dem Baroberger Dom, und zwar handele es sich um das Schädelreliquiar des heilig gesprochenen Kaisers Heinrich II., das benutzt worden sei, bevor für diesen Zweck ein Büstenreliquiar beschafft wurde. Im dortigen Domschatz habe es mehrere vasa Of!Jchina gegeben, von denen eines mit der Stockholmet Achatschale zu identifizieren sei. Er konnte sich auch auf die spätmittelalterlichen Heiltumsweisungen Bambergs berufen, in denen einige Reliquiare und Gefäße abgebildet sind, darunter der Henkelkelch Kaiser Heinrichs, ferner ein kuppelförmiger Reliquiardeckel sowie eine Krone, also die Hauptbestandteile unseres Reliquiars. Die These hatte jedoch den Nachteil, daß alle diese Teile in Bamberg getrennt überliefert wurden. Seit Brauns Untersuchung hat es sich nun ergeben, daß das Reliquiar den Schweden bereits im Oktober I63 I in Würzburg in die Hände fiel, wodurch man den Erwerb in engen Zusammenklang mit genau bekannten Bewegungen des schwedischen Heeres bringen kann. Die Quelle für die Übernahme ist das schon erwähnte, am 3· November in Würzburg ausgefertigte Verzeichnis, das mit der Unterschrift eines königlichen Dienersnamen s Anders versehen ist. Als erstes Item ist hier eingetragen (Übersetzung): Eine große Schale von einem ganzen Achatstein, "dazu ein Deckel wie eine Krone, voll großer Saphire, Amethyste, Ephretiker, Rubinen und Perlen, von einem Goldschmied auf 2oooo Reichstaler geschätzt. Auf Befehl Seiner Königl. Majestät soll alles nach Schweden und auf Stockholm 1 unter Obhut des Reichsrats gebracht werden". Vorausgegangen waren folgende Ereignisse: Nach der Schlacht bei Breitenfeld (7. Sept. I63 I) und der darauf folgenden Konferenz in Halle war das schwedische Hauptheer unter Befehl König Gustav Adolfs in Franken eingerückt. Aus dem schwedischen Generalstabswerk über Schwedens Kriege 2 ergeben sich für die weiteren Märsche folgende Daten: Am 29. September I63 I dringt das schwedische Hauptheer unter König Gustav Adolf in das Aus einem Verzeichnis der 1617 noch vorhandenen Reliquiare ergibt sich, daß die beiden in Frage stehenden Reliquiare damals noch im Dom zu Goslar sich befanden. Denn es zählten zu ihnen auch das ,go!dine Haupt des hl. Nikolaus' und das silberne Haupt des hl. Servatius. Daß sie ,Haupt' genannt werden, läßt wiederum keinen Zweifel, daß es sich bei ihnen um Kopfreliquiare handelte, nicht um pyxid- oder ciboriumartige Reliquiare von der Art des Stockholmet und des ihm verwandten Reliquiars im Halleschen Heiltums buch, das in diesem bezeichnenderwe ise Knopf[ ( = Knauf, Kugel) genannt wird, nichtheupt (Haupt) oder Brustbild, wie die in ihm abgebildeten Kopf- und Büstenreliquiare ... Die Annahme Goldschmidts, es stamme das Stockholmet Reliquiar aus dem Dom zu Goslar, läßt sich leider nach dem Gesagten nicht halten." 1 Gemeint ist wohl: "auf die Burg Stockholm". 2 Sveriges Krig, V, hrsg. vom Generalstab, Stockholm 19 38; vgl. daneben auch noch Frhr. F. v. Soden, Gustav Adolfund sein Heer in Süddeutschland von 1631-35, I, Erlangen 1865, S. 41 (Einnahme von Würzburg) und Th. Lorentzen, Die schwedische Armee im 3ojährigen Kriege und ihre Abdankung, Leipzig 1894.
0. Kä!!striim: Befund und Schicksale seit 1631
Bistum Würzburg ein. Nachdem sich die Feste Königshafen ergeben hat, wird am z. Oktober Madenhausen genommen. Kurz danach ziehen die Schweden in Schweinfurt ein. Daß Gustav Adolf nicht gleichzeitig eine Bewegung gegen Bamberg gewagt hat, erklärt sich nach dem schwedischen Generalstabswerk (S. 54) dadurch, daß er seine Kräfte vorläufig nicht zersplittern wollte. Am 5. Oktober rückt der König bis an die Mauern Würzburgs vor; bereits um 8 Uhr früh wird ihm die Stadt übergeben. Am 8. Oktober (am 17. nach dem Julianischen Kalender) erfolgt die Erstürmung der Festung Marienberg, wo eine riesige Beute nach dem Gesetz des Krieges in die Hände des Siegers fällt. Denn dorthin war nicht nur aus Würzburg selbst, sondern auch aus der weiteren Umgebung in Sicherheit gebracht worden, was anderswo nicht für sicher gehalten worden war. Das vollständige Verzeichnis aller den Schweden in die Hände gefallenen Schätze wiederherzustellen, ist eine noch nicht gelöste und auch wohl nicht mehr lösbare Forschungsaufgabe. Da die Festung im Sturm genommen war, wurde sie - nachdem man eine gewisse Anzahl von Kostbarkeiten ausgewählt hatte - zur Plünderung freigegeben. Das erwähnte Verzeichnis vom 3. November, in welchem das Stockholmer Reliquiar an der Spitze steht, ist offenbar des Königs persönlicher Anteil an der Kriegsbeute. Nach den Mitteilungen, die der Verfasser Herrn Dr. Georg Wirth in Bamberg verdankt, entsandte der Bischof von Bamberg eine Gesandtschaft zum König, die am 24. Oktober nach Hause berichtete, daß sie nur bis zu dessen Sekretären vorgedrungen sei 1 • Von der Übergabe oder der 1 Anschaulich ist die in der Collectio novissima scriptorum et rerum Wirceburgensium, ed. J. Gropp, III, Würzburg 1748, S. 438 aus einer Chronik abgedruckte Schilderung: "Fürnehmlich hat sich das Plündern in allen Gemachern und insonderheit der Silber-Kammer (ohnbewußt, wer die so bald verraten) angefangen; allda es dann überaus stattliche und reiche Beuthe, nicht allein für die gemeine Soldaten, auch hohe und niedere Officier, sondern auch so gar für den König selbst geben. Welcher, was Ihme an Gold, Silber, Edel-Gestein, schönen Perlein und anderen kostbaren Sachen gefallen, hinweg genommen, das andere alles seiner Soldatesca in praedam gelassen ... (S. 439f.). So haben drittens ein Hochwürdig Dom-Capitul, item beyde Stift zu Haug und Sanct Burcard ihre silberne und übergüldete Bilder und eingefaßte Heylthumer, auch anderen stattlichen Kirchen-Ornat, welcher sie viel tausend Gulden gestanden, mehrenteils hinauf tragen lassen.... Über das alles sind in der Hof-Capelien und dem Reliquiario schöne, guldene, mit köstlichen Steinen und Perlein versetzte Kruzifisse, stattlich eingefaßte Heiligthum, silbere überguldte Kelch, silbere Leuchter, Rauchfässer, WeyhKessel . . . Dannenhero ihrer viel solche gehalte Kirchen-Ornat, fürnehmlich, was von Silber gewesen und sich in ihre Händel nicht schicken noch richten wollen, zerschlagen, zerschmeltzt, vergrümbt, theils ganz zerlassen, hernacher nach Franckfurt, Leipzig, Nürnberg und anderst wohin entweder geschickt oder selbsten mit ihnen hinweg geführt haben." Das Bayerische Staatsarchiv Nürnberg, das der Bitte des Verfassers um Nachforschung bereitwillig entsprach, fand kein neues Zeugnis. (In Betracht kommen vor allem die schwedischen Kriegsakten, bes. Bd. XII, hier S. 219 und 43 5 zwei Berichte über die Einnahme Würzburgs; bei S. 435 handelt es sich um das bei Soden a.a.O. I, S. 39ff. gedruckte Flugblatt).
2.6
II. Das Reliquiar in Stockholm
Ankündigung irgendwelcher Geschenke ist nicht die Rede, obwohl die Unterlagen für die Gesandtschaft noch erhalten sind. Solche sind auch deshalb nicht wahrscheinlich, weil der Bischof sich den Rückzug in das kaiserliche Lager offenhielt. Die von Pater J oseph Braun verfolgte Spur verliert sich also an der entscheidenden Stelle im Sand 1 • Etwas anderes will beachtet sein: Nach dem Siege von Breitenfeld lud Gustav Adolf seinen Verbündeten, den Kurfürsten J ohann Georg von Sachsen, ein, mit ihm in Halle zum Kriegsrat zusammenzutreffen, und als sie am Abend Brüderschaft tranken, versicherte der Kurfürst dem Könige, er wolle helfen, diesem die Römische Krone auf das Haupt zu setzen 2 • Auch von anderen Reichsfürsten wird aus diesen Tagen und Wochen berichtet, daß sie Gustav Adolf Aussicht auf die Kaiserwürde gemacht hätten. Wenn man die Lage nüchtern betrachtete, war es in der Tat ein Augenblick, der im protestantischen Lager zu den größten Hoffnungen berechtigte und den Kaiser zwang, wieder auf den abgesetzten Wallenstein zurückzugreifen. In solcher Lage mag es den Beteiligten mehr als seltsam vorgekommen sein, daß gerade einen Monat nach dem großen Siege dem Schwedenkönig eine alte deutsche Krone in die Hand fiel. Das mußte ja wie eine Antwort der Fortuna auf des Kurfürsten Vorschlag wirken. Was Gustav Adolf in diesen Wochen plante, ist sein Geheimnis geblieben. Fest steht jedoch, daß das Reliquiar mit der Krone so schnell wie möglich, geleitet von einem besonderen Beauftragten - nicht erst auf den Schiffen, die die Bibliothek und die übrigen Stücke der Würzburger Beute überführten - nach Schweden gebracht wurde und daß dazu die ausdrückliche Weisung Seiner Kgl. Majestät erfolgte, es solle unmittelbar unter die Obhut des Reichsrates gestellt werden. Die schöne Schale mit der Krone findet man später im Inventarverzeichnis der Kgl. Rentkammer mit der Bemerkung eingetragen, sie sei zusammen mit den Reichsinsignien verwahrt worden. Erst im Jahre 175 z, als alle Träume Schwedens, seine Großmachtstellung behaupten zu können, sich als trügerisch erwiesen hatten, wird das Stück aus dem Reichsschatz ausgegliedert und dem Museum zur Verwahrung übergeben. . Zu beachten ist, daß es im Inventar heißt: "ein Deckel wie eine Krone". Worum es sich bei dem Reliquiar handelte, ist im Lager des Königs also sofort erkannt worden. Ist es möglich, bei der Frage nach Gustav Adolfs letzten Zielen noch einen Schritt weiterzukommen und die Behandlung des Reliquiars mit der Krone als einen Indizienbeweis dafür anzuführen, daß der König selbst an seine Krönung dachte? Zu vermerken ist hier, Ohne Ergebnis verfolgte der Verf. ferner eine ihm von Herrn Dr. J. J. Morper in Bamberg gewiesene Spur. In Veitshöchheim, also in der unmittelbaren Nähe von Würzburg, wurde Heinrich Raspe zum König erhoben. Dessen Kanzler war der Bischof Heinrich I. von Bamberg, der im Dienste seines Herrn Kostbarkeiten seiner Kirche verpfändete. Von einer Krone findet sich nichts erwähnt. 1 Vgl. hier auch G. Hübsch, Das Hochstift Bamberg und seine Politik unmittelbar vor dem ersten Einfalle der Schweden I 63 I, Diss. Beideiberg I 894. 2 G. Droysen, Gustav Adolf, II, Leipzig I87o, S. 425, 426, dagegen N. Ahnlund, Gustav Adolf, Berlin I938, S. 397·
Stiftung des Reliquiars: 12-36
daß dem König außer der Krone, deren Beziehung zu Kaiser Friedrich II. bei humanistischen, auf die Kölner Königschronik gestoßenen Autoren wieder durchschimmert, noch ein "Reichskreuz" mit einem großen Partikel des heiligen Kreuzes in die Hand gefallen war, das aus dem Hallischen Heilturn des Erzbischofs Albrecht von Mainz stammte und heute gleichfalls noch im Stockholmet Staatl. Historischen Museum verwahrt wird. Da auch der große Wert dieser Beutestücke - im Falle des Reliquiars 2oooo Reichstaler und 2ooo in dem des Kreuzes - Grund für die gesonderte Übersendung gewesen sein kann, bleibt es bei Möglichkeiten.
B. Die Entstehungsgeschichte des Reliquiars und seine Schicksale bis I6JI An Olle Källströms Feststellungen schließen wir nun unsere eigenen an. Um den Gang der folgenden Erörterungen zu erleichtern, stellen wir das Ergebnis, zu dem sie gelangen, voran: bei dem Stockholmet Reliquiar handelt es sich um das Reliquiar, das I 2 36 den Schädel der I 2 3I verstorbenen Heiligen Elisabeth aufnahm, in der Marburger Elisabethkirche verwahrt wurde und sich bis in das I6. Jahrhundert im Besitz der Marburger Ballei des Deutschen Ordens nachweisen läßt 1 • Die eine Krone setzte Kaiser Friedrich II. eigenhändig bei der Translation des Leichnams dem Schädel auf, und auch der Kelch stammte aus seinem Besitz. Die Stiftung des Reliquiars Auszugehen ist von drei Zeugnissen, die die am 1. Mai 1236 in Gegenwart von Friedrich II. in Marburg vollzogene Umbettung der Heiligen 1 aus ihrem ursprünglichen Grabe in einen Bleisarkophag bezeugen. Sie haben alle den Vorteil, zeitlich dem Ereignis nicht fernzustehen und von Männern zu stammen, die in der Lage waren, sich zuverlässige Nachricht über dieses die damalige Mitwelt tief erregende Ereignis zu verschaffen. Soweit ihre Angaben sich nicht decken, ergänzen sie sich. Zeitlich nur wenig vom Ereignis getrenntist der Bericht der Chronica regia Coloniensis (Mon. Germ., SS. XVII S. 845 und ed. G. Waitz, 1.
1 Auf diese Lösung kam eine Arbeitsgruppe von Göttinger Studenten (die Damen Hildegard Nobel, Ursel Dickten, Traute Börtzler, Banne Haeberlein und Herr Gottfried Hartmann), die von mir angeregt wurde, zu prüfen, ob dieses Reliquiar mit Bamberg zusammenhängen könne. Da sie zu einem negativen Ergebnis kam, schaute sie sich nach weiteren Möglichkeiten um, verfolgte darauf die Marburger Spur und ging dann selbständig den weiteren Schicksalen des Elisabethreliquiars nach. Das Verdienst, die Mehrzahl der im folgenden angeführten Belege zusammengesucht zu haben, kommt gleichfalls dieser Gruppe zu. 1 Über die 1235 vollzogene Heiligsprechung vgl. die im Hessischen Urkundenbuch I, r: Deutschordens-Ballei Hessen, hg. von A. Wyss, Leipzig r879 (Publikationen aus den Kgl. Preuß. Staatsarchiven III) S. z5 ff. abgedruckten päpstlichen Schreiben; vgl. dazu die das Bild der Heiligen vertiefende Biographie von Elisabeth Busse- Wilson, Das Leben der Heiligen Elisabeth von Thüringen, München 193 I (340 S.).
2.8
II. Das Reliquiar in Stockholm
Script. in rer. Germ. I 88o S. 2.68: Cont. IV): ( 12.oooo Menschen sollen zur Translatio der Hl. Elisabeth gekommen sein), cuius glorificum corpus ad capsam auream est translatum auctoritate summi pontificis, qui hoc negocium tribus episcopis conmisit ... , quamquam ibi multi a!ii episcopi et principes a.ffuissent. Ipse etiam imperator primus lapidem de sarcofago levavit et coronam auream de suo thesauro sacro capiti sanctissime vidue imposuit. (Am Grabe geschehen gleich Wunder, wofür der Annalist sich auf eine historia bezieht: entweder schon die Vita des Caesarius, s. unten, oder deren Vorlage, den Libellus de dictis quatuor ancillarum von I 2. 34·) Ausführlicher ist Caesarius von Heisterbach (Siebengebirge), gestorben um I 2.40 als Prior dieses Zisterzienserklosters, in einer Predigt über die Translation der Hl. Elisal;>eth (Bruchstücke bei Graf Montalambert, Das Leben der Heiligen Elisabeth von Ungarn, dtsch. von ]. Ph. Städtler, Regensburg 3· Aufl. I86z S. 74of.; ganz bei A. Huyskens, Des C. v. H. Schriften über die Hl. Elisabeth von Thüringen, in den Annalen des Histor. Vereins für den Niederrhein 86, I9o8 S. I-59, s. hier S. 56; vgl. dazu noch G. Boerner, Des C. v. H. Vita S. Elisabethae und Sermon über ihre Tr., im Neuen Archiv XIII, I888 S. 466-72., der annimmt, daß Caesarius seine Nachrichten von einem Mönch seines Klosters, der der Translation beiwohnte, bezogen hat): (Auf die Nachricht vom Herannahen des Kaisers treffen die Mönche ihre Vorbereitungen.) Predicti fratres sacrum corpus de sarcophago tollentes et pttrpura involventes in archa plumbea locaverunt, sie in sepulchrum reponentes. Interim dominus imperator adveniens, tunica grisea indutus, nudis pedibus cum magna devocione et humilitate, turbe hinc inde ipsum comprimentibus, in Kaiendis Maii summo diluculo locum adiit, septt!chrum intravif et, principibus sibi assistentibus, archam cum sacro corpore e!evans cum multa vociferacione, c!ericis Iaudes divinas resonantibus, ad locum preparatum transtulerunt. Caput vero beate Efyzabeth prius a corpore separatum et, ne illitts visio aliquid horroris intuentibus incuteret, fratres cultello carnes cum pelle et capil!is a cranio separaverunt. Imperator vero coronam auream de lapide precioso 1 eidem capiti imposuit in signum devocionis sue sante Efyzabeth, que filia regis fuerat, illam offerens. Ferner - und zwar nach 1245 - erwähnt die Translation der 1267 verstorbene Richer von Senones in der Geschichte seines Vagesenklosters (Mon. Germ., SS. XXV S. 320 Z. 9ff., auch J. Fr. Boehmer, Fontes rer. Germ. III, Stuttg. I 8 53 S. 58): Interfuit interea ille Fridericus condam imperator, quem Innocencius quartus papa congregata !Jnodo episcoporum et abbatum apud Ludunttm ab imperatoria dignitate deposuit. Hic cifum aureum, in quo solitus erat bibere, obtttlit beate Efysabeth, in quo et capttt eius reconditum est. Ipsa enim beata E(ysabeth cognata ipsitts Friderici fuisse dicebatur. Aus diesen Nachrichten 2 geht hervor, daß das Haupt der Heiligen bei der Umbettung abgetrennt, der Schädel herauspräpariert und im Blei1 V gl. Ps. 20, 4: coronam de lapide pretioso. Caesarius darf also an dieser Stelle nicht beim Wort genommen werden. 2 Über die Umbettung des Leibes finden sich weitere Angaben in dem 1234 aufgesetzten, protokollartigen Libellus de dictis quatuor ancillarum confectus (hrsg. von
Stiftung des Reliquiars :
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sargnur der übrige Leichnam beigesetzt wurde 1• Von Richer erfahren wir, daß der Schädel in einen Becher ( cifus = kyphos) gelegt wurde, der dem Kaiser bisher zum Trinken gedient haben soll; dieser "Becher" muß also zum mindesten den Durchmesser eines Kopfes gehabt haben. Die beiden anderen Zeugen vermerken dieses Geschenk des Kaisers nicht, sind sich aber darin einig, daß der Kaiser dem Schädel eine goldene Krone aufsetzte. Hätte man nur diese drei Gewährsmänner, könnte man hier einen Widerspruch feststellen. Aber ein Blick auf das Stockholmet Reliquiar zeigt, wie er sich behebt: hier haben wir ja einen geräumigen "Becher", der durch eine Kalotte so ergänzt ist, daß er eine Kopfreliquie umschließen konnte, haben wir ferner eine goldene Krone, die dem Schädel gleichsam aufgesetzt ist. Die Rechnung könnte gar nicht glatter aufgehen: Dort Nachrichten, die nicht ganz zusammen zu stimmen scheinen, und hier ein durch die Vereinigung von Kelch und Krone einmaliges und erst durch jene Nachrichten erklärbares Objekt. Über seine Mitwirkung hat sich Friedrich selbst einige Tage nach dem Ereignis in einem Briefe an den Ordensgeneral der Minoriten, den damals noch die Leitung des Ordens in Händen haltenden Elias von Cortona, ausgesprochen 2 • Dieses Schreiben entfaltet alle rhetorischen Künste der kaiserlichen Kanzlei und zeigt dadurch, daß es bestimmt war, in aller Welt gelesen zu werden. Zwei Leitgedanken heben sich aus den Kaskaden funkelnder Sätze heraus: Friedrich, durch den verstorbenen Landgrafen, seinen Großvetter 3, mit der Heiligen Elisabeth verwandt, fühlt sich mit A. Huyskens, München I9II; vorher bei J. B. Mencken, Script. rer. Germ. II, Leipzig I728, S. 2007ff.) Z. 225 8ff.: Item et hoc duximus annectendum, quod in die translationis eiusdem sanctissimi corporis, postquam in caspa plumbea fuit repositum, sub/atum de terra, sigi//atum episcoporum et pre/atorum sigi//is, sub testimonio re/igiosorum sarcophago proximo die post aperto pro reliquiarum distributione, repertum est o/eum ... de ossibus eius ... manasse •.. Die weiteren Zeugnisse, die von Boehmer-Ficker, Reg. Imp. V Nr. 2Ipa zusammengestellt sind, ergeben keine weiteren Einzelzüge. Über die Zeugnisse zum Leben der Heiligen vgl. A. Huyskens, Quellenstudien zur Gesch. der hl. Elisabeth, Landgräfin von Thüringen, Marburg 1908 (vorher im Histor. Jahrbuch 28. I9o8, S. 499 bis 528, 729-848). 1 Über das Zerteilen heiliger Leichname H. v. F i eh t e n a u, Zum Reliquiarwesen im früheren Mittelalter, in Mitteil. des Inst. f. österr. Geschichtsforsch. 6o, I952, S.67, 89,A. I 46. 2 E. Winkelmann, Acta Imperii inedita I, Innsbruck I88o, S. 299f., Nr. 338 (Boehmer-Ficker V, Nr. 2172): ... Clariorem etiam preconiorum g/oriam nostra /ingua d~lfunderet, si suscepti testimonii nomen possemus effugere, quasi ut vitam libenter eius et opera commendemus, quam - ve/ut diximus - /angravii Turingie karissimi consanguinei nostri zelo di/eximus affectione sincera. Nec in eius laude propterea verecundie rubore profundimur, quod imperialis exce/lentie radiis illustrati nos in regie mulieris preconiis dilatamus . ..• Teslamur et in omnibus veritatis auctorem, quod ad hoc non affectio sanguinis proximi ve/ remoti, nobi/is aut privati, sed sancta devotio nos inducit ... 3 Elisabeths Gatte, der Landgraf Ludwig IV. (I217-I227), war der Sohn Hermanns I. und Enkel Ludwigs II. Ct I I 72). Dieser war verheiratet gewesen mit J utta, einer Stiefschwester Friedrich Barbarossas. Ludwig war also Friedrichs Vetter im zweiten Grade. Eine Verwandtschaft - aber keine solche des Blutes - zu Elisabeth selbst hatte sich dadurch ergeben, daß Friedrichs erste Gemahlin, Constanze von Aragon, in erster Ehe mit dem König Emrich von Ungarn (I196-I204), dem Oheim der Heiligen, verheiratet gewesen war.
II. Das Reliquiar in Stockholm
ihr verbunden affeetione sineera. Er erröte nicht im Glanze seiner Majestät, wenn er sich im Lobpreisen der königlichen Frau ergehe; denn Christus selbst sei ja aus königlichem Stamm entsprossen. Aber nicht allein die affectio sanguinis habe ihn getrieben, die Heilige zu ehren, sondern die saneta devotio. Friedrich schickte sich damals an, sich wieder nach Italien zu wendenein Jahr später und er hatte die Lombarden bei Cortenuova besiegt 1 • Aber er mußte von vornherein der Gefahr ins Auge schauen und ihr so weit möglich vorbauen, daß der Papst ihn von neuem bannte. Das gibt die Erklärung für die in Marburg so sichtbar vor aller Welt zur Schau getragene saneta devotio, das Auftreten im demütig-graue n Gewand mit bloßen Füßen, das Handanlegen bei der Umbettung der Gebeine, die Stiftung von Kelch und Krone und nun dieses Schreiben, das die Kunde vom frommen Kaiser noch weiter tragen sollte, als es die Zungen der über hunderttausend Zuschauer vermochten. Nie vorher und nie nachher hat der Kaiser sich so "devot" gezeigt als am I. Mai I236 in Marburg allerdings hat es ihm auf die Dauer nichts geholfen; denn I239 bannte ihn der Papst zum zweitenmal, 1245 ließ er ihn für abgesetzt erklären. Zu diesem Motiv kam nun noch ein zweites, das nicht nur in jenem Briefe, sondern auch bei Richard von Senones anklingt: "Diese selige Elisabeth soll nämlich eine Verwandte Friedrichs gewesen sein." Es ist ja die Zeit, in der die großen Dynastien sich bemühten, Angehörige ihres Geschlechts oder Vorfahren in die Schar der Heiligen aufrücken zu lassen: große Herrscher, die einst auf dem Thron gesessen hatten wie Kaiser Heinrich II. (I I4 5), Edward den Bekenner ( I I 6 I), I<:nud von Dänemark und Karl den Großen (beide n65), oder doch wenigstens Seitensprossen, die durch ihren Lebenswandel Anrecht auf solche Erhöhung erworben hatten. Im I3. Jahrhundert, das in Frankreich und England den Glauben an die vererbliche Heilkraft der Könige zur vollen Entfaltung bringt und mit der Heiligsprechun g Ludwigs IX. von Frankreich abschließt (1297), setzt sich diese Tendenz der großen Sippen, sich auf diese Weise ein "christliches Heil" zu sichern, unvermindert fort. Mit Recht hat daher bereits K. Hauck Friedrichs II. Eintreten für die ihm durch die affectio sanguinis verbundene königliche Frau in die Geschichte der auch noch unter christlicher Oberfläche fortwirkenden "Geblütsheilig keit" einbezogen. Daß der Kaiser nicht nur den Kelch und Edelsteine stiftete, wohl auch Wesentliches zum Schrein beitrug, sondern auch noch eine der Kronen "aus seinem Schatze" daran gab, hat also einen besonderen Sinn: auch als Heilige sollte sie noch als ihm verbundene regia mulier erkennbar sein. In bezug auf die Einzelheiten wird man die drei Zeugnisse allerdings nicht pressen dürfen. Der "Becher" - wir sagen jetzt besser: Kelch 1 Vgl. zum folgenden E. Kantorowicz, Kaiser Friedrich der Zweite, Berlin 1927, S. 384f.; K. Hampe, Deutsche Kaisergesch., 9· Aufl., bearbeitet von Fr. Baethgen, Leipzig 1945, S. 293; K. Hauck, Geblütsheiligkeit , in Liber Floridus, Festschrift für PaulLehmann, St. Ottilien I 950, S. 205 f.; Fr. Heer; Die Tragödiedesheili gen Reiches, Stuttgart 1952, S. 246ff.: Der Kult des heiligen Kaisers (bes. S. 2p).
Stiftung des Reliquiars:
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stammte aus dem Besitze Friedrichs; und da es sich bei der Einfassung um deutsche Goldschmiedearbeit der ottonischen Zeit handelt, besteht die Möglichkeit, daß es sich bei ihr um alten königlichen Besitz handelt. Daß der Kaiser ihn jedoch regelmäßig zum Trinken benutzt hätte, dürfen wir bei seiner Größe und der Gebrechlichkeit der Henkel füglieh bezweifeln. Er kann nur bei besonderen Anlässen als Prunkbecher verwandt worden sein, und da erhebt sich die Frage, ob er etwa als Abendmahlskelch gedient hat. Für diese Möglichkeit müßte man sich entscheiden, wenn sicher wäre, daß der ja aus einer süd-niedersächsischen Werkstatt hervorgegangene silber-vergoldete Fuß bereits mit dem Kelch verbunden war, als Friedrich diesen I 2 36 für das Elisabethenhaupt stiftete. Denn Christus und die heiligen Gestalten, die sein Rund schmücken, schließen einen profanen Gebrauch aus. Doch vermag die Kunstgeschichte nicht, innerhalb des von ihr ausgemachten Zeitraumes (zweites Viertel des I 3· Jahrhunderts) eine noch genauere Datierungsgrenze zu bestimmen. Einfacher wird der Sachverhalt, wenn man annimmt, daß der Fuß erst I236 in Auftrag gegeben wurde, um dem nun als Reliquiar verwandten Kelch eine entsprechende Höhe zu verleihen. Dafür spricht die Heranziehung einer norddeutschen Werkstatt, die im Bereich des Landgrafen und des Deutschen Ordens nichts Überraschendes hat, die man sich aber im Dienste des Kaisers vor I 2 36 nicht so leicht vorstellen kann. Wie aber steht es mit der Angabe der Kölner Chronik und des Heisterbacher Priors, daß Friedrich eine Krone geschenkt habe? Denn es handelt sich ja um zwei: um jene, von der nur noch der Doppelbügel vorhanden ist, und um die Reifenkrone, die aus acht auseinandernehmbaren Teilen besteht und nie einen Bügel gehabt haben kann. Daß beide trotz der Anfertigung in der gleichen Werkstatt nicht zusammengehörten, ergibt sich ja einwandfrei aus der rohen Art, wie das Filigran der Bügel an den unteren, verdeckten Enden plattgeklopft ist. Diese Kronen haben jedoch das gemeinsam, daß nachträglich auf sie noch Steine aufgesetzt worden sind und zwar solche von ungewöhnlicher Größe und Schönheit. In ihnen kann man noch einmal eine Bestätigung für unsern Schluß sehen, daß es sich wirklich um Friedrich II. handelt. Denn er war in seiner Zeit der größte Juwelensammler des Abendlandes. Noch sein Sohn, der König Konrad IV., konnte in Genua 783 lose Steine, Ioo Ringe und 94 Broschen, Anhänger usw. als Pfand setzen 1, und Friedrichs erst um die Jahrhundertwende auseinandergenommener Thron war laut den Beschreibungen der Inventare über und über mit Edelsteinen und Perlen besetzt 2 • Von Friedrichs Reichtum an Perlen legt ja auch seine Krone in Palermo Zeugnis ab. Man wird also schließen müssen, daß der Kaiser nachträglich aus seinem Schatze Edelsteine stiftete, um seine sancta 1 E. H. Byrnes, Some Mediaeval Gems and Relative Values, in Speculum X, 1935, S. 177-187; vgl. auch ebd. IX, 1934, S. 195-214: U. T. Holmes, Mediaeval Gern Stones. 2 Näheres im Abschn. IV.
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II. Das Reliquiar in Stockholm
devotio noch nachdrücklicher zu manifestieren, und daß diese dann für die beiden bereits vorhandenen Kronen verwandt wurden. Auch die verschwenderische Ausstattung des Elisabethschreins mit Edelsteinen ist wohl nicht denkbar ohne große Stiftungen des Kaisers : ursprünglich befanden sich an ihm 868 Steine, 40 bis 50 Gemmen, 250 Perlen und 63 Perlmuttstücke 1 • Wie aber kam es zu zwei Kronen? Der Reifhat ja die auffallende Eigenschaft, daß er einen Durchmesser von 24 cm hat, also 3-4 cm mehr als die sonst erhaltenen Kronen. Die Frage, weshalb der Stockholmer Reif so ungewöhnlich groß ist, läßt sich ja leicht beantworten: mit seinem Durchmesser von 24 cm paßt er genau auf die Kalotte, deren Umfang wiederum durch den Kelchrand bestimmt ist. Der Reif kann also erst angefertigt sein, als das Elisabethenhaupt bereits seinen Platz im Friedrichskelch gefunden hatte. Man wird sich den Vorgang, der zu der einmaligen Form des Stockholmer Reliquiars führte, also wohl so vorzustellen haben: Friedrich II. stiftete zunächst den Kelch und eine Krone, nämlich eine Bügelkrone, die auf diesen nicht paßte. Deshalb wurde ihr Reif entfernt und durch einen neuen, größeren ersetzt. Durch Plattschlagen der Bügel wurde es möglich, beide Kronen ineinander zu passen, und als der Kaiser noch weitere Steine schickte, wurden diese auf Reif und Bügelkrone angebracht. Technisch könnte man sich diese Aufgabe besser gelöst denken; aber diese Arbeit wird wohl in Marburg vollzogen sein, wo bisher noch keine Werkstatt von Rang bestanden hatte. 2.
Stil und Form der Bügel- und der Reifenkrone
Die beiden Kronen sind dadurch gekennzeichnet, daß ihre Ornamentik gearbeitet ist, also frei über dem Grunde schwebt. Dadurch liegt dieser im Schatten, bildet also einen dunklen Hintergrund, der die Zierlichkeit des Blattwerks unterstreicht. An den Seitenrändern des Bügels schwebt das Ornament auf Bogenarkaden, die an die ottonischen Goldschmiedearbeiten erinnern, sich aber von diesen dadurch unterscheiden, daß sie nicht durch kleine, sich wie Kapitelle ausnehmende Querriegel zusammengehalten werden (Abb. 7). Das aus einzelnen Stückehen montierte Ornament besteht bei beiden Kronen aus sechsblättrigen Blumen, deren Spitzen zurückgebogen sind, ferner aus Ranken und Rankenspiralen, aus ausgelappten Blättern in der Form stilisierter Lilien und ganz dünnen Ranken, die spinnwebartig den Zusammenhalt des Ornaments sichern. Blüten, Blätter und Ranken sind deutlich voneinander abgesetzt, aber es läßt sich doch nicht sagen, daß eine bestimmte Pflanze gemeint ist (Abb. 8, 9, II) 2 • Das Goldschmiedewerk steht also gerade an der Schwelle des naturalistischen Verismus, der sich in der Zeit Friedrichs II. durchsetzt.
aJour
1 2
W. Kolbe in dem weiter unten genannten Büchlein S. 50. 0. Källström (s. oben S. zx) bezeichnet sie als weinblatt- oder distelähnlich.
Stil und Form der Bügelkrone
Daß beide Kronen aus derselben Werkstatt stammen, ergibt sich auf den ersten Blick. Man wird trotz der von Olle Källström gekennzeichneten Unterschiede wohl sogar denselben Meister annehmen dürfen - wobei wahrscheinlich ist, daß er sich helfen ließ. Wo war diese Werkstatt beheimatet? Im folgenden Abschnitt werden wir es mit staunsehen Kronen zu tun bekommen, die einen ganz anderen Charakter haben. Deren Werkstatt ist im niederrheinisch-lothringischen Raume zu suchen, womit jedoch noch nicht gesagt ist, daß dieser für die Stockholmer Kronen nicht in Betracht zu ziehen ist, da es sich dort nicht um eine einzige Werkstatt handelte. Verwandtes Laubwerk finden wir am Marburger Elisabethschrein, der im wesentlichen ein Werk der vierziger Jahre ist und einerseits durch einen noch in der romanischen Kunst wurzelnden Meister, andererseits durch einen bereits an der französischen Frühgotik geschulten bestimmt wird 1 • Das Schmuckwerk, das Pater J oseph Braun 2 als "das bedeutendste, was an solchem überhaupt geschaffen wurde", bezeichnet hat, ist gleichfalls durch die Tendenz zur Volutenbildung beherrscht und benutzt auch neben den bepunkteten Stengeln die spinnwebartigen Zwischenstege; aber es fehlen die für die Stockholmer Kronen so bezeichnenden Spiralen, und die Blätter und Blüten sind nicht die gleichen (Abb. 13 a-i). Auch gibt es am Schrein andere Partien, die offensichtlich nicht von demselbenMeister gearbeitet worden sind: für sie sind Beeren bezeichnend, die nach Art der Maiglöckchen an den in Voluten gebogenen Stengeln sitzen. Verwandt, aber noch einen Schritt weiterführend sind die Beschläge an den beiden Armreliquiaren von St. Kunibert in Köln, die wohl erst nach der Jahrhundertmitte entstanden. Denn hier sind richtige Weintrauben zu erkennen, nachdem die Blätter sich bereits denen des Rebstockes angenähert hatten 3 • Als Goldschmiedearbeit, die ebenfalls in diesen Bereich gehört, nenne ich ein "um 1250" angesetztes Kreuz im Regensburger Domschatz, das ganz mit Voluten und Blättern in aJour-Arbeitüberspannen ist, sich jedoch von den genannten Arbeiten abhebt 4, und auf Grund weiterer Nachsuche würde sich vermutlich die Nachwirkung von Stil und Technik der Stockholmer Kronen klären lassen. Ich führe hier nur noch den jetzt in der Münchener Schatzkammer verwahrten Reif an, der aller Wahrscheinlichkeit nach einmal das untergegangene Büstenreliquiar Heinrichs II. in Bamberg geziert hat. Er wird in das Ende des 13. Jahrhunderts gesetzt, und seine Werkstatt möchte man im Raume Bamberg-Regensburg vermuten. Auf diesem Meisterwerk, das an Schönheit nicht hinter den Stockholmer Kronen zurücksteht, findet sich ebenfalls ein aJour gearbeitetes Gerank 1
Vgl. die Literaturangaben unten S. 63ff. Meisterwerke der deutschen Goldschmiedekunst der vorgotischen Zeit, München 1922, S. I 5 f., dazu Abb. 79-87 (vgl. bes. Abb. 97: 2 Detailaufnahmen des Laubwerks). 3 Ebd. Abb. 88-89. 4 Kunstdenkmäler von Bayern. Die Kunstdenkmäler der Oberpfalz XVI: Stadt Regensburg, I: Dom und St. Emmeram, bearb. von F. Mader, München 1933, S. 144f. mit Abb. 81-82. 2
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Abh. Phi!. Hist. Kl., 3· F., Nr. 36 Schramm
II. Das Reliquiar in Stockholm
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(Abb. 14). Doch besteht es vornehmlich aus Blättern, und diese sind genau so wie die nur noch sparsam eingesetzten Blüten der Natur jetzt so weit angenähert, daß man sie benennen könnte 1 • Es sei den Kunsthistorikern überlassen, den Heimatbereich der Stackholmet Kronen genauer einzugrenzen. Man sollte bei der Qualität ihrer Werkstatt annehmen, daß es möglich ist, sowohl die zu ihr hin- als auch die von ihr weiterführenden Fäden aufzudecken, ja Kunstwerke namhaft zu machen, die aus ihr hervorgegangen sind. Zunächst müssen einmal Fachkundige die Edelsteinfassungen und die Goldtechnik des Reliquiars auf Entsprechungen am Elisabethschrein hin untersuchen. Auf .Ähnlichkeiten zwischen den beiden Kunstwerken ist früher schon gelegentlich hingewiesen worden; jetzt ist zu prüfen, ob in beiden Fällen dieselbe Werkstatt- zum mindesten- beteiligt war und wo sich andererseits Unterschiede abzeichnen, die durch Unterschiede der Werkstätten zu erklären sind. Die Frage nach der Form der beiden Kronen spaltet sich in zwei Fragen auf, da es sich um eine Bügel- und um eine Reifenkrone handelt. Wir beginnen mit der von Friedrich II. gestifteten Krone. Von ihr sind nur die Bügel erhalten (Abb. 5-9); aber diese müssen einmal durch einen Reif zusammengehalten gewesen sein. Wie hat dieser ausgesehen? Wenn wir nach Parallelen für die sich kreuzartig überschneidenden, die flache Seite zum Haupt kehrenden Bügel der Stockholmet Krone suchen, finden wir unter den erhaltenen Kronen, die älter sind, nur eine: dem Reif der ungarischen Stephanskrone, bekanntlich einer byzantinischen Arbeit des 11. Jahrhunderts, ist ein Doppelbügel zugefügt worden, der in der Form dem Stockholmet entspricht; nur ist er mit Emails statt mit Filigran verziert (Abb. I 5 d). Die Meinungen über Alter und Herkunft dieses Doppelbügels sind bis heute geteilt; A. Boeckler zeigt jetzt, daß er nicht den Rest einer älteren Krone darstellt, daß er auch sonst nicht mit Stephans Zeit zusammenhängt, sondern erst im 12. Jahrhundert dem byzantinischen, ursprünglich für eine Frau bestimmten Reif zugesetzt worden ist, um diesen für einen Herrscher verwendbar zu machen 2 • Aus der Zeit nach Friedrich II. ist als Krone des gesuchten Typs zunächst die im Prager St. V eitsdom gefundene Grabkrone des Habsburgers Rudolf (t 1307) zu nennen, der einmal kurze Zeit König von Böhmen war (Abb. 17). Um das zu zeigen, brauchen wir nur die Angaben des Katalogs zu wiederholen: "Die Krone hat 20 cm Durchmesser, ist 13 cm hoch und besteht aus acht in ein Achteck zusammengesetzten Stücken. Gotische Lilien wechseln mit einem Kreuz ab. Die Flächen sind mit einem gravierten, astwerkähnlichen Ornament geschmückt. Den Kronreif halten zwei über das Haupt kreuzweise zusammengelegte Spangen zusammen. Im Kreuzungs1
V gl. das angekündigte Buch, das in Bd. III eine Abb. der ganzen Krone bringen wird. Vgl. darüber den Beitrag von Albert Böckler, ebenda in Bd. III, in dem auch zu der Literatur der letzten Jahre Stellung genommen wird (Mathilde Uhlirz, 195 I; Patrick ]. Kelleher, 1951; u.a.m.). 2
Stil und Form der Bügelkrone
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punkt dieser Spangen befindet sich ein 4,3 cm breiter, durch ein eingeschobenes Viereck erweiterter Vierpaß, der eine Darstellung des englischen Grußes in Relief zeigt 1 . " Ein Unterschied zwischen dieser Krone und dem Stockholmet Reif besteht nur darin, daß die acht Glieder des Prager Reifes nicht gerundet sind, sondern gerade; diese Eigenart weist auch die Krone von Namur (1207/18) auf. An diese Grabkrone schließt sich wieder die böhmische Krone an, die Karl IV. gleich am Anfang seiner Regierung anfertigen ließ 2 • Auch bei ihr handelt es sich um einen Reif mit Doppelbügel; doch ist dieser auf seinem Scheitelpunkt durch ein aufrechtstehendes Kreuz geschmückt, und der Reif weist nur noch vier große Lilien auf. Die vier Kreuze, die auch den noch zu würdigenden Stockholmet Reif zieren, sind weggefallen, und dementsprechend besteht der Reif nicht mehr aus acht, sondern aus vier Gliedern, die gebogen sind (Abb. 18). Durch eine später hinzugefügte Stoffkappe ist diese Form heute verunklärt. Wir sind jedoch nicht allein auf die erhaltenen Kronen angewiesen. Daß der in Frage stehende Kronentyp bereits im 9· Jahrhundert vorhanden war - seine weitere Vorgeschichte mag hier auf sich beruhen -, zeigt eine Zeichnung aus dem Jahre 1612, die die damals in Vienne vorhandene Krone des Königs Boso von Burgund (t 887) wiedergibt (Abb. 15 a) 3 • Sie besteht aus einem oben und unten von Perlenreihen eingesäumten, aus einer Reihe von Gliedern gebildeten Reifen ohne überhöhende Zierate, den ein kreuzförmiger, mit Edelsteinen besetzter Doppelbügel überspannt. Eine Krone von genau der gleichen Art trägt Heinrich III. auf seinem zweiten Königssiegel, das 1046 zu seinem Kaisersiegel umgearbeitet wurde (Abb. 15 c) 4 • Nur sind sowohl der Reif als auch der Bügel mitüberhöhenden Ornamenten geziert. Das will nicht besagen, daß erst dieser Salier zu dieser Kronenform zurückkehrte; es ist nur so, daß sein Siegel sie deutlich erkennen läßt. Mustert man von diesem aus die Kronen, die seine Vorgänger auf ihren Bildern tragen, dann kommt man zu der Überzeugung, daß deren Künstlern in mehr als einem Falle gleichfalls Kronen mit Doppelbügel vorschwebten, daß also diese Form zwischen Boso und Heinrich III. nie vergessen wurde 5 • Klarer Beweis dafür ist die wohl um die Jahrtausendwende erneuerte Krone auf der Figur der Ste. Foy in Conques (Abb. 15b): 1 Topographie der hist. und Kunstdenkmäler im Königreiche Böhmen, PragHradschin, II, r: Der Domschatz, verfaßt von A. Podlaha u. E. Sittler, Prag 1903, S. r66f. mit Abb. 139 (auf dieser sind die Einzelheiten des Bügels nicht zu erkennen). Ich wiederhole die Abb. bei A. Podlaha und K. Vrba, ebd. 1912 (in der gleichen Reihe). 2 Vgl. ebd. und daneben noch Fr. Bock, Die Kroninsignien Böhmens, in den Mitteil. der K. K. Central-Commission II, Wien 1857, S. 231-235. 3 Vgl. Florentine Mütherich, Die ursprüngliche Krone des Mauritiusreliquiars in Vienne, in: Kunstchronik VI, 2, Febr. 195 3, S. 33-36 mit Abb. I. - Weiteres in dem genannten Buch Bd. II, in dem auch von der Entstehung der Bügelkrone die Rede sein wird. 4 P. E. Schramm, Die deutschen Kaiser und Könige in Bildnissen ihrer Zeit. Leipzig 1929, Abb. ro4b. 6 Z.B. ebd. Abb. 83-85 a (Heinrich II.), Abb. 94 (Konrad II.).
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II. Das Reliquiar in Stockholm
sie trägt einen Reif mit vier Lilien und einem Doppelbügel, beweist also, daß solche Verzierung des Reifs gleichfalls bereits ein altes Motiv darstellt1 • Ein weiteres eindeutiges Zeugnis aus der deutschen Geschichte liefert dann die berühmte Grabplatte König Rudolfs (t 1077) in Merseburg (Abb. 16a) 2 • Im Bronzeguß sind noch die Vertiefungen zu sehen, in denen einmal Glasflüsse Edelsteine andeuteten. Bemerkenswert ist, daß der Reif in diesen Fällen oben einen glatten Rand hat und auch keine Pendilien aufweist. Das ist auch noch der Fall bei der Darstellung Konrads III. auf dem zwischen II66 und II73 (von Godefroid de Claire?) geschaffenen Reliquiarkasten für den Arm Karls des Großen, der von Aachen nach Paris (Louvre) gelangt ist (Abb. 16c) 3 • Doch ist hier angedeutet, daß man sich sowohl den Reif, den oberen Rand und auch die Bügel reich verziert denken soll, und Zierate rechts und links am Reif wirken wie Knospen von Lilien, die auf den Augenblick warten, daß sie sich entfalten können. Sehr ähnlich ist die Krone, die Friedrich I. auf seiner Königsbulle trägt (Abb. 16b); doch weist sie - ebenso wie sein Bild auf dem Aachener Reliquiarkasten- Pendilien auf4 • Sehr deutlich ist dann wieder ein Reifen mit Doppelbügel durch den Meister Nikolaus von Verdun auf dem von ihm II 8 I angefertigten Klosterneuburger Retabel wiedergegeben 5 : die Krone, die Melchisedek trägt, ist auf dem Scheitelpunkt mit einer auf einer kleinen Kugel stehenden Lilie ausgezeichnet, und rechts und links finden sich jene "Lilienknospen" wieder (Abb. 16d). Um einen mit richtigen heraldischen Lilien verzierten Reif handelt es sich bei dem Siegel der Stadt Oppenheim aus den Jahren 1225/26: Friedrichs II. Krone besteht aus einem Reif mit vier vollen Lilien, aus einem Doppelbügel, auf dem ein Kreuz steht, und aus rechts und links herabhängenden Pendilien (Abb. 16e). Eine ebensolche Krone, nur ohne Pendilien, finden wir dann auf der Statue Christi im Magdeburger Dom wieder, die bisher als nicht-zeitgenössische Darstellung Ottos I. angesehen 1
Fl. Mütherich a.a.O. Abb. 3· Schramm, a.a.O., Abb. I I4. -Hinzuweisen ist hier auf das dem IZ. Jh. angehörende Kopfreliquiar des Hl. Candidus in St. Maurice (Wallis), auf dem eine Krone von gleicher Form ruht. Nur ein Lilienornament über dem Scheitel weicht ab. V gl. außer Braun, Reliquiare a.a.O. S. 4I7 mit Abb. 48z auch J. Gantner, Kunstgesch. der Schweiz I, Frauenfeld (I936), Abb. 234 und Fr. Fosca, L'art roman en Suisse, Lausanne-Genf I943, T. z7. 3 Ebd. Abb. I 34, größer wiedergegeben von ]. D eer, Die abendländischen Kaiserkronen des Hochmittelalters, in Schweizer Beiträge zur allg. Gesch. VII, I949, T. III, I (hier T. I, 7 und II, 6 zwei weitere Kaiserköpfe von diesem Reliquiar, auf denen der vom Scheitel zur Stirn führende Bügel fehlt; T. III, z der Kopf Friedrichs I., dessen Krone der seines Oheims entspricht; doch ist sie wie die Ludwigs des Frommen und Ottos III. mit Pendilien verziert. Da dieses Relief etwas eingedrückt ist, wähle ich das Konrads aus). 4 0. Posse, Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige I, Dresden 1909, T. zi, 3· 5 J. BraunS.]., Meisterwerke der deutschen Goldschmiedekunst, München 19zz (Sammelbände zur Gesch. der Kunst u. des Kunstgewerbes 8), S. 18 mit Taf. 89. Vgl. auch auf einem anderen Email die einem Stürzenden vom Haupte fallende Bügelkrone. 2
Stil und Form der Reifenkrone
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worden ist 1 : auch sie hat - was die Abbildung (Abb. I6f) ausreichend deutlich erkennen läßt - einen Doppelbügel, der auf seinem Scheitelpunkt ein lilienförmiges Ornament trägt. Das gewichtigste Zeugnis ist eine Sonderprägung der seit I 2. 3I ausgegebenen Augustalen, die den Kaiser - dem antiken Vorbild entsprechend - sonst mit einem Kranz im Haar darstellen (Abb. 87): auf zwei der erhaltenen Goldmünzen ist Friedrich nämlich mit einer Krone abgebildet, von der der Reif sowie der Querbügel deutlich wiedergegeben sind (Abb. 88) 2 • Die Folgerung, die sich für den Stockholmet Doppelbügel ergibt, ist also eindeutig: die Krone, zu der er gehörte, entsprach einer Form, die seit dem 9· Jahrhundert ohne Unterbrechung nachweisbar ist und für den deutschen Herrscher typisch wird. Der Reif, der einst zu ihr gehörte, kann nicht viel anders ausgesehen haben als der Kronreif, der heute das Stackholmet Reliquiar umschließt. Ob Friedrichs II. Bügelkrone auch Pendilien hatte, steht dahin, da sie mit und ohne diese abgebildet wird. Das Kamelaukion Friedrichs in Palermo ist ja durch Pendilien ausgezeichnet (Abb. I). War das auch bei der Stockholmet Krone der Fall, so könnte der eine oder andere Stein, der nachträglich auf Reif und Bügel aufgesetzt wurde, von untergegangenen Pendilien stammen. Über die Form der Reifenkrone (Abb. I0-12.) ist viel weniger zu sagen, weil es sich bei ihr um eine althergebrachte handelt. Daß solche Reifen aus einzelnen Gliedern bestanden, die fest vereinigt oder mittels Scharnieren so verbunden wurden, daß sie sich auseinandernehmen ließen, beruht auf einer Goldschmiedetradition, die bereits in karolingischer Zeit zu fassen ist. Das zeigt u. a. die Eiserne Krone in Monza, die aus sechs Gliedern besteht und deshalb eines - später ihnen zugesetzten- Reifes bedurfte, um ihr Halt zu geben 3 • Ein solcher Innenreif wird erwähnt bei einer der beiden Kronen, die Heinrichs V. Witwe, die Kaiserin Mathilde, in ihre englische Heimat mitnahm. Auch ist gewiß, daß diese zum Auseinandernehmen hergerichtet war. Ferner ist zu vermerken, daß es sich bei ihr allem Anschein nach um acht Glieder handelte. Insofern entsprach sie der Wiener Krone; da jedoch die Achtzahl allgemein eine große Rolle spielt, wäre es vorschnell, hier eine Beziehung herstellen zu wollen. Auch die Krone Alfonsos VIII. von Kastilien Ct I2.I4) und dieinNamur (I2.07/I8) haben acht Glieder, sind jedoch beide nicht auseinanderzunehmen. 1 Zu Schramm, a.a.O., S. 189f. vgl. jetzt 0. Ziller in: Christliche Kunst 33, 1937, S. 202ff. und Lilli Burger in: Zeitschr. des Deutschen Vereins für Kunstwiss. IV, 1937. s. 22. 2 Abgebildet bei C. A. Willemsen, Kaiser Friedrichs II. Triumphtor in Capua, Wiesbaden 1953, Abb. 35, nach dem Exemplar der Bundessammlung von Medaillen, modernen Münzen und Geldzeichen in Wien; nach Anm. 147 befindet sich ein weiterer Augustalls dieser Sonderprägung in der Sammlung des Königs von Italien. (W. bezeichnet S. 42 diese Krone zu Unrecht als "Strahlenkrone".) 3 Über diese und die im folgenden angeführten Kronen handelt das angezeigte Buch; ich glaube daher hier von Nachweisen absehen zu können.
II. Das Reliquiar in Stockholm
Es bleibt als Charakteristikum des Stockholmet Kronreifen also nur die Verzierung des Reifs mit Lilien und Kreuzen in abwechselnder Ordnung. Aber hier ist ein alter Gedanke nur zu Ende gedacht. Denn die Wiener Krone war seit Konrad II. über der Stirnseite mit einem Kreuz verziert, Kreuze und Lilien schmücken seine Grabkrone und die seiner Gemahlin, und von einem Kreuz und sieben Lilien ist im Zusammenhang mit Mathildens Krone die Rede. Immerhin: daß hier eine Eigenart besteht, erkennt man, wenn man einen Blick auf die Kronen wirft, die von den großen deutschen Plastikern des I 3. Jahrhunderts dargestellt sind (Abb. I 9 a-f): es handelt sich immer um Kronen, die nur mit Lilien und ähnlichen Ornamenten geschmückt sind. Die Parallelen in der Plastik haben das mit der Stockholmet gemeinsam, daß das Reifglied mit der Lilie eine unauflösliche Einheit bildet. Auf die Namurer Krone (zwischen I2o7/I8) verweisend, bei der die Lilie noch als eigener Körper auf den Reif gesetzt ist, hat Olle Källström in bezug auf den Stockholmet Reif deshalb treffend von einem "typologischen Fortschritt" gesprochen. Der nächste ist bei der Bamberger Krone aus dem Ende des I3. Jahrhunderts (Abb. 14) erreicht; denn bei ihr halten die Vertikalen, die in der Hochgotik dominierend werden, der Horizontalen bereits die Waage. Eine weitere Frage ist, ob es sich bei der Stockholmet Krone um einen Reif handelt, der nur zum Schmuck des Reliquiars bestimmt war oder dazu, wirklich getragen zu werden. Nach den Ausführungen von Olle Källström und dem, was wir nachtrugen, ist klar, daß dieser Reif erst für das Reliquiar hergestellt wurde, aber derart, daß er jederzeit nicht nur leicht abgenommen, sondern auch zerlegt werden konnte, so daß er sich leicht versenden ließ. Er ist also sowohl zum Schmuck des Reliquiars als auch zum Tragen angefertigt worden. Für wen? Einen Fürsten oder eine Fürstin? Die Frage führt uns auf den seltsamen Umstand zurück, daß der Reif mit Rücksicht auf den Achatkelch einen Durchmesser von 24 cm erhalten mußte, aber doch zum Tragen bestimmt war. Wenn man annimmt, daß ein Mann ihn aufsetzte, mußte er sich also irgendeiner Unterlage bedienen. Eine solche ist aber in dieser Zeit nicht nachzuweisen. Hauben mit Hermelinbesatz, wie sie uns z. B. von der englischen Krone her vertraut sind, gehören erst einer späteren Zeit an, und die seit dem I2. Jahrhundert nachweisbare coiffe, eine Kappe, die die französischen, englischen und sizilisch-angiovinischen Könige unter der Krone aufsetzten, um das Salböl vor Profanierung zu schützen, bestand aus weißem Leinentuch, war also zu dünn, um etwas zu ändern 1 . Für einen Mann kann also der Stockholmet Reif nicht bestimmt gewesen sein . . 1 P. E. Schramm, Gesch. des engl. Königtums. Weimar 1937, S. 110, 127f. über die coiffe aus pannum lineum; S. 70, 74 und 168 über die Königshaube (Cap of State), die wohl nur ohne Krone getragen wurde. In Frankreich ist diese coiffe vom 14. Jh. an nachzuweisen; vgl. Ders., Der König von Frankreich I, Weimar 1939, S. zo9f. (vgl. die Abb. einer Statue Karls V., t 1 38o, im Louvre, in der Weltgesch., hrsg. von
Die Reifenkrone: eine Frauenkrone
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Sehen wir uns noch einmal jene Kronen der deutschen Plastik an (Abb. 19c-f), dann gewahren wir, daß sie bei den Frauen nicht nur auf der Frisur, sondern auch noch auf Schleiern ruhen. Einen solchen Schleier trägt bereits die Gemahlin Karls III. (876-88) auf dem Bilde in der Bibel von San Paulol, und er findet sich wieder auf den Darstellungen der Theophanu 2 , der Kaiserinnen Kunigunde 3, Gisela 4 und Agnes 5 • Auch die Großgräfin Mathilde, der natürlich eine Krone fehlt, hat mit einem Schleier ihr Haupt umhüllt 6 : kurz, zur vornehmen Dame gehört ein loser um den Kopf gelegter, das Gesicht freilassender Schleier, und das bleibt noch im 12. Jahrhundert so 7 • Daß hierin auch das 13. Jahrhundert keinen Wandel geschaffen hat, zeigen die Figur der Gemahlin Ottos I. in Meißen (Abb. 19c), die Grabplatte der Königin Hemma in Regensburg (Abb. 19d) und die Naumburger Statue der Uta (Abb. 19f), die außerdem innerhalb ihrer Reifenkrone noch eine niedrige, oben flache Kappe trägt. Ein Beispiel für eine kunstvoll hergerichtete Frisur bietet die Ste. Foy de Conques (Abb. I 5b); aber auch wenn die Haare- wie bei der Straßburger Maria (Abb. 19e)- schlicht in schweren Wellen herabfielen, muß eine geräumige Krone auf ihnen noch Halt gefunden haben. Wir sehen uns also zu dem Ergebnis geführt, daß der für das Reliquiar angefertigte, aber zum Tragen bestimmte Reif für Frauen vorgesehen war 8 , ]. v. Pflugk-Harttung, Bd. Mittelalter, Berlin 1909, S. 36o.) Daher begegnet sie auch auf Darstellungen der sizilischen Anjous (sehr deutlich auf dem Bild König Roberts in einer Handschrift des British Museum, abgebildet bei Fr. Bock, Reichsidee und Nationalstaaten, München 1943 T. bei S. 401; vgl. auch den toten König mit dem nach sizilischer Art eingelegten Lorum in der Bilderfolge des Andrea Orcagna in St. Maria Novella zu Florenz). Über aumusses, chaperons usw. (d. h. Mützen-Hauben mit und ohne Kronreif) vgl. die Nachweise ebd. II S. ro3 zu S. 210 Anm. 3· Im Grabe Heinrichs IV. wurde außer einer Grabkrone auch noch eine seidene Haube festgestellt. Einen Stoffeinsatz in einer Krone finde ich erst erwähnt in der Quittung über die von Edward I. von England dem Grafen von Flandern geliehenen}l!}'aux (25. 9· 1297): courone d' or atachie sour un tissu (dann noch einmal: et a un tissu dedens atachii); vgl. Chanoine Dehaisnes, Documents et extraits divers concernant l'hist. de l'art dans la Flandre I, Lille I886, S. 94, 98. 2 Ebd. Abb. 66 und 7Ib. 1 Schramm a.a.O. Abb. 41. 3 Ebd. Abb. 8 I, 89; vgl. auch die als Frauen personifizierten Nationen neben dem Thron Ottos III.; ebd. Abb. 75. 5 Ebd. Abb. roo, rar; vgl. auch Abb. I07. 4 Ebd. Abb. 96b, 97b. 7 6 Ebd. Abb. II3· Ebd. Abb. I2I, 122,124, 131. 8 Ich habe zeitweise den Gedanken erwogen, daß der Stockholmet Reif im Falle, daß er getragen werden sollte, durch Herausnahme zweier Glieder verkleinert worden sei, was einen Durchmesser von I 7 cm ergeben würde, was gleichfalls nur für eine Königinnenkrone paßt. Der Versuch, ob dies möglich ist, hat sich nicht durchführen lassen; denn die Stifte sind jetzt so gequetscht, daß sie nicht mehr herausgezogen werden können. Zu überlegen war auch, ob es sich bei dem Reif etwa um eine Krone handelt, die um einen Helm getragen werden sollte. Das würde ihren Umfang erklären; aber dann wäre zu fragen, weshalb sie zum Auseinandernehmen hergerichtet war und auf der Rückwand gar keine Vorkehrungen für eine Befestigung erkennen läßt. Um den Helm nur herumgelegt, würde sie zudem ein Reiten in schnellerer Gangart unmöglich gemacht haben - von einem Kampf ganz zu schweigen.
II. Das Reliquiar in Stockholm
und können nun hinzufügen: Wie könnte das auch anders sein? Denn hinter diesem Reif lag ja der Schädel der heiligen Fürstin geborgen, die sehr schnell zum Inbegriff frommen Frauenturns geworden ist. Es drängt sich die Frage auf, ob der Marburger Reif einmal benutzt sein kann. Wir haben keinen Anhalt dafür und müssen aus der Entwicklung der Lage schließen, daß es nicht zu einer solchen Gelegenheit gekommen ist. Die dritte und letzte Ehe, die Friedrich II. selbst einging, war bereits im Sommer I 2 35 gefeiert worden, und in ihrem Falle kam es weder zu einer Krönung in Aachen noch in Rom. Sein 1228 geborener Sohn Konrad (IV.), der bald nach der Erhebung der Gebeine in Marburg- im März I237 - in Wien zum König gewählt wurde und I246 die bayerische Elisabeth heiratete, erlangte gleichfalls keine Weihe und seine Gemahlin daher auch nicht. Von den übrigen Herrschern, die Deutschland bis zu KarliV. erlebte, ist nicht bekannt, daß sie besondere Beziehungen zu Marburg und der dort verwahrten Reliquie pflegten; und als der Luxemburger sich I 3 57 in Marburg einfand, kam er als frommer Pilger, der nichts verlangte 1• Der Marburger Frauenreif hätte eine Lücke im Kaiserhort ausfüllen können. Denn so reich er war, er stellte nur sicher, daß ein Herrscher eingekleidet werden konnte. Für seine Gemahlin war "von Reichs wegen" nicht vorgesorgt. Um zu gewährleisten, daß ein König, der nach Aachen kam, dort gekrönt werden konnte, auch wenn der Kaiserhort nicht in seiner Hand war, schenkte Richard von Cornwall 1262 dem Stift Krone, Apfel, Szepter und Gewänder, damit "die vorgenannte Krone und die anderen königlichen Insignien bereit und greifbar lägen, um - aber nur dort - alle Könige Deutschlands, die im Laufe der Zeit demselben König nachfolgen werden, auf ewige Zeit im seihen Reich zu krönen" 2 • Ähnliches hätte sich auch bei dem Marburger Reif ergeben können. Daß es nicht dazu kam, hat seinen Grund in dem Zusammenbruch des Staufischen Reiches. Sind wir damit zu einer Schlußfolgerung gelangt, die nicht in das I3. Jahrhundert paßt? Wir verweisen auf die Krone von Namur (zwischen 12o7/I8), die zum Aufsetzen eingerichtet ist, aber zwei Kästchen auf dem
Stirn- und auf dem Scheitelglied zur Aufnahme von Partikeln der Dornenkrone aufweist und daher auch als Reliquiar auf den Altar gelegt werden konnte 3 • Wir verweisen weiter auf die aus dem Lütticher Dominikanerkloster stammende Krone des Hauses Wettin (um 127o/8o), die jetzt dem Louvre gehört: in jedes ihrer acht Glieder ist eine Reliquie eingefügt, und es ist zweifelhaft, ob diese Krone jemals von einem Fürsten aufgesetzt worden ist. Wir verweisen ferner auf die bereits erwähnte, aus Bamberg 1
Über seinen Besuch vgl. unten S. 42. Vgl. die von einer (hier zitierten) Übersetzung begleitete Urkunde bei H. Schiffers, Die deutsche Königskrönung und die Insignien des Richard von Cornwallis, Aachen 1936 (Veröffentl. des Bischöfl. Diözesenarchivs Aachen II), S. 85ff. 3 Über sie und die anschließend erwähnten Kronen vgl. das angekündigte Buch. 2
Kronen, Reliquiare usw.
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stammende Krone in der Reichen Kapelle zu München (Ende I3. Jahrhundert), von der man sicherlich mit Recht annimmt, daß sie einmal ein Kopfreliquiar mit dem Schädel Kaiser Heinrichs II. schmückte: sie ist gleichfalls auseinanderzunehmen und könnte sehr wohl einmal getragen sein, sei es, daß ein König sie der Bamberger Kirche stiftete, sei es, daß er sie sich von ihr auslieh. Wir verweisen weiter auf die der Mitte des I4. Jahrhunderts angehörende Krone auf dem Karlsreliquiar in Aachen, bei der unberechtigterweise angenommen wurde, daß es sich bei ihr um die von König Richard von Cornwall gestiftete handelt; denn in ihrem Fall ist nachzuweisen, daß sie bei späteren Krönungen verwandt wurde. Wir führen abschließend noch einmal die böhmische Krone (Abb. I8) an; denn Karl IV. ließ sie so anfertigen, daß sie auf dem Kopfreliquiar des Heiligen Wenzel im Frager Dom ruhen konnte, wenn er sie nicht benötigte. Diese Parallelen zeigen, daß im I3. Jahrhundert die Grenze zwischen Kronen mit Reliquien, Kronen auf Reliquiaren und Reliquiaren in Kronenformen so fließend ist, daß man bei einzelnen Kronen gar nicht sagen kann, wo sie eigentlich einzureihen sind. Auf unseren Fall bezogen, heißt das: Wäre der Marburger Reif einmal einer Königin ausgeliehen worden, so hätte sie ihn sicher in dem Gefühl getragen, von einem Reif beschützt zu sein, der alle anderen Kronen, wohl auch noch die mit eingefügten Reliquien, übertraf, weil in ihn etwas von der Kraft der heiligsten aller Fürstinnen, der Gloria Theutonie und "des Landes Hauptfrau", eingegangen war. Damit sind wir allerdings in den Bereich der Vermutungen vorgestoßen. Aber das Stockholmer Reliquiar bietet so viel einmalige Besonderheiten, daß es bei ihrer Erklärung nicht ohne Thesen abgeht. Alle Fragen, die es aufwirft, werden sich ja nie eindeutig beantworten lassen. Im Hinblick auf die Spärlichkeit der Nachrichten über sonstige Meisterwerke der Kunst ist es schon viel, was wir über das Elisabethreliquiar wissen. Ja, dank der Gunst der Überlieferung sind wir auch noch in der Lage, seine weiteren Schicksale verfolgen zu können. 3· Die Geschichte des Reliquiars vom
I
3· zum I 7· J ahrhundert 1
a) Das Reliquiar bis zur Reformation (I J39)
Im Jahre I 2.49 fanden die Gebeine der Heiligen ihre Ruhe im Ostchor der - einst vor den Mauern der Stadt gelegenen - Elisabethkirche. Diese beruhte auf Stiftungen, die der Schwager der Heiligen, der Landgraf 1 Vgl. zum folgenden Sophle Görres, Zur Gesch. der Reliquien der hl. Elisabeth, in: Histor.-pol. Blätter für das kathoL Deutschland 142, 1908, S. 75 3-760, 793-801; F. Küch, Zur Gesch. der Reliquien der Heiligen Elisabeth, in: Zeitschr. für Kirchengesch. 45 (N.F. 7), 1927, S. 198-215. Vgl. auch Fr. Schmoll, Die heilige Elisabeth in der bildenden Kunst. Marburg 1918 (Beiträge zur Kunstgesch. Hessens u. des RheinMain-Gebietes III).
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II. Das Reliquiar in Stockholm
Konrad, und seine Verwandten I2.34 gemacht hatten, als dieser in den Orden der Hospitalbrüder eingetreten war. Der Grundstein wurde am I4· August I2.35 gelegt, keine drei Monate nach der Heiligsprechung, dreiviertel Jahr vor der Translation; aber erst am 1. Mai 12.83, genau 47 Jahre nach dieser, konnte das Kirchenschiff geweiht werden - daß dieser Bau, dessen Türme erst im folgenden Jahrhundert fertiggestellt wurden, eine wichtige Etappe in der Rezeption der französischen Gotik darstellt, ist allgemein bekannt 1 • Für das folgende ist wichtig, daß es sich um eine Kirche der "Brüder des deutschen Hospitals der Jungfrau Maria in J erusalem" handelt, die I 2. 3 3 in Marburg Fuß gefaßt hatten. Dem Deutschen Orden also fiel die Verwahrung der Elisabethreliquien zu. Vermutlich war I 2.49 der noch heute in der Elisabethkirche verwahrte Schrein bereits fertig gestellt, da er zweifellos nicht lange nach der Erhebung der Gebeine in Auftrag gegeben worden ist 2 • Selbst wenn damals noch nicht jede Einzelheit an dieser Meisterleistung deutscher Goldschmiedekunst fertiggestellt gewesen sein sollte, kann sie doch im wesentlichen als ein Werk der vierziger Jahre bezeichnet werden. Ungeklärt ist, ob die Meister in Marburg selbst oder woanders tätig waren. Beziehungen zu den großen Schreinen, die in den vorausgehenden Jahrzehnten am Unterrhein und an der Maas entstanden waren, liegen zutage; doch ist es in diesem Falle genau so wie in dem des Meisters der Stockholmet Kronen nicht möglich, diese Beziehung so genau zu fassen, daß man von Werkstattgemeinschaft oder Schülerverhältnis sprechen dürfte. Im I4. Jahrhundert machte der Zulauf zu dem bisher über dem Hauptaltar verwahrten Schrein der Heiligen es nötig, ihn für sich zu setzen und mit einem schweren Gitter abzuriegeln. Aus den Wallfahrern, die von fern und nah herbeiströmten, ist Kaiser Karl IV. hervorzuheben, der im Mai I357 zusammen mit der Königin Elisabeth von Ungarn der Heiligen seine Ehrfurcht bewies, Kirche und Ordenshaus in seinen Schutz nahm, den Prior zu seinem Hauskaplan ernannte und mit einem Rubinring beschenkte 3 • Aus dem Jahre I363/64 liegt ein Vermerk vor, daß die Vergoldung des Schädels, d. h. des Reliquiars, erneuert und dafür 42. Gulden und 4 Schillinge bezahlt wurden 4 • Anzunehmen ist, daß mit der Zeit eine ganze Reihe von Partikeln des Leichnams verschenkt wurden; doch sind Einzelheiten nicht zu erkennen Wahrscheinlich hat auch Karl IV., dessen Mutter 1 Große Baudenkmäler, hrsg. vom Deutschen Kunstverlag München-Berlin, Heft II: Marburg/Lahn. Elisabethkirche, München z. Aufl. 195 r. 2 R. Hamann u. H. Kohlhaussen, Der Schrein der hl. E. zu M., Marburg 1922; s. auch: Der Elis.schrein in M., Tafeln mit Geleitwort von Erika Dinkler, Wiesbaden 195 3 (Insel-Bücherei Nr. 565); H. Retzlaff, Kunstschätze der Elis.kirche, Fulda 195 5. 3 Außer Küch a.a.O. S. zooff. s. ~uch C. Heldmann, Gesch. der Deutschordensballei Hessen, in Zeitschr. des Vereins für hess. Gesch. 30 (N. F. zo), 1896 (Sonderdruck S. 69); dazu das gleich zu nennende Urkundenbuch II, Nr. 954-9:55, S. 634ff. 4 Hessisches Urkundenbuch, I. Abt.: Urkundenbuch der Deutschordensballei Hessen, hrsg. v. A. Wyss, III, Leipzig 1899 (Publikationen aus den Kgl. Preuß. Staatsarchiven), S. 45: Nr. 1046 (danach K üch a.a.O. S. zoo, Anm. 1): ... an San Elizabeten heupt .rchiiner zü vergu!din und zu macbinde XLII gu/din und IIII .rchi//inge hel/er.
Geschichte des Reliquiars bis
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den Namen Elisabeth trug, eine Reliquie mit nach Prag genommen; denn unter den Reliquiensammlern seiner Zeit stand er ja obenan 1 • Daß der Orden nicht nur den Schrein, sondern auch das Reliquiar mit dem Schädel weiter verwahrte, läßt ein 1480 aufgesetztes Inventar erkennen 2 • Hier heißt es: It. sancte Elizabeth heubt, daruff ein gulden krone vmbfast mit perlin und edelstein. It. ein ander kron, dar boben heldet ein enge! mit I mryr noiß. It. ane dem heubt ryn silberin kettin mit VI ringen vnd III agnus dei klein, I groiß agnus dei mit heiltum und II cruce vnd III groiße korallen pater noster mit ryn byssum knuff. It. ryn silberik fuß, dar das heubt uffe steif, darane hangent II schiben als II gulden, II silberin hercze in bleich geslagen, I klryn silberin hercze mit I cruce, II cruce, II bi/der off silberin bleich, I gegossen silberin bilde sancte Katherine, I silberin schilt, I silberin klapper, I silberin schosszelchin. It. ane dem gespenge hangent IV korallen, X silberin bleich mit bildern, II cruce, I mergen bilde, I silberin ancher, III silberin bein, I silberin mit I schwartzen cruce vnd VI silberin hercze. Das Reliquiar muß also damals über und über mit Weihgaben von Frommen behängt gewesen sein, die sich durch Stiftung von Kreuzen, Paternostern, Ringen, Medaillen, Herzen usw. für den Schutz der Heiligen dankbar erwiesen hatten. Welches Ansehen das Schädelreliquiar noch am Vorabend der Reformation genoß, ist daraus zu ersehen, daß sich in dem Halleschen Heiltum, der großen Reliquiensammlung des Erzbischofs Albrecht von Mainz, eine heute verlorene Replik des Stockholmer Reliquiars befunden hat. Ein Blick auf die I 5z6jz7 hergestellte, ungemein sorgfältige Zeichnung 3 macht diesen - seit längerem erkannten- Zusammenhang so auffällig, daß darüber keine Worte zu verlieren sind (Abb. 4). Man muß wohl schließen, daß dieser größte Reliquiensammler seiner Zeit nur allzu gern das Haupt der frommen Fürstin besessen hätte, das ja alle seine anderen Schätze weit in den Schatten gestellt haben würde, daß aber die Ordensritter es ihm nicht herausgaben und er sich deshalb - nach dem kunsthistorischen Befund handelt es sich um eben seine Zeit- ein Reliquiar anfertigen ließ, das äußerlich dem Original soweit wie möglich entsprach 4 • Eine ganz genaue Kopie 1
Küch, a.a.O., S. 205. Abgedruckt bei Pfarrer W. K o 1b e , Die Kirche der heiligen Elisabeth zu Marburg nebst ihren Kunst- und Geschichtsdenkmälern, Marburg 1874, S. 46f. Anm. I. 3 Das Hallesche Heiltum, Man. Aschaffenb. I4, hrsg. von Ph. M. Halm und R. Berliner, Berlin I93 I, Taf. I4o, dazu S. 54, Nr. 235.- In Form und Stil verwandt mit der Hallischen Replik sind wiederum vier Kopfreliquiare ("deutsch, I 52o-I 526"), die ehemals auch zu dieser Sammlung gehörten; natürlich fehlt bei ihnen eine Krone. Vgl. a.a.O. Nr. 200 mit Taf. 75b, Nr. 209, 293 und 298 mit Taf. 113a-c. 4 Im Inventar (a.a.O.) werden 5 nicht näher gekennzeichnete Partikel erwähnt. Der Vermutung, daß es sich um Elisabethreliquien handelte, steht entgegen, daß das Reliquiar bei den Heilrumern "von den heiligen Beichtigern, Bischoven und Bebisten" aufgestellt war (a.a.O. S. 21). Daß der Erzbischof Albrecht keine wesentlichen Reliquien der Heiligen besaß, ergibt sich aus P. Redlich, Cardinal A. von Brandenburg und das Neue Stift zu Halle 1520-1547, Mainz 1900, Index s. v.: Elisabeth. 2
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II. Das Reliquiar in Stockholm
konnte natürlich nicht zustande kommen. Es war keine zweite Achatschale zu beschaffen, und so hat sich der Künstler beholfen, indem er sie durch eine Kalotte ersetzte, die der oberen entsprach 1 • Auch war er zu eigenwillig in seinem Stil, als daß sich - selbst in der Zeichnung - die Entstehung um die Wende vom 1 5. zum I 6. Jahrhunde rt verkennen ließe. Aber es bleibt doch erstaunlich, wie genau sich der Goldschm ied an das Original gehalten hat: es dürfte in dieser Zeit wohl kaum ein zweites Beispiel für eine so genaue Wiederho lung eines mittelalterlichen Kunstwer ks geben 2 • Auch dieses Hallesche Reliquiar ist von einer - in der Form ganz ähnliche n- Krone umschlossen, und der Gedanke liegt nahe, daß Albrecht als Erzbischo f von Mainz aus seiner Schatzkammer dem Goldschmied eine Krone zur Verfügun g stellen konnte, mit der einer seiner Vorgänge r einen König gekrönt hatte oder die sonstwie in den Besitz des Erzbistum s gelangt war. Aber die Zeichnun g läßt erkennen, daß diese Krone ebenso wie das Reliquiar bereits mit facettierten Edelsteinen verziert war, und wenn die Frage auch noch nicht ausreichend geklärt ist, wann und wo die neue Technik der Edelsteinb ehandlung aufgekom men ist, so kann doch die These vertreten werden, daß zum mindesten bei einer Krone des I 3. und wohl auch noch des angehend en 14· Jahrhunde rts keine facettierten, sondern nur gemugelte Edelsteine zu erwarten sind. Es wird demnach so sein: Albrecht wollte eine möglichst genaue Replik des Marburge r Reliquiars, und deshalb wurde auch die Krone kopiert, die beim Original ja einerseits dessen Zierde, andererseits aber auch "Attribut " der heiligen Fürstin war. Glücklicherweise haben die Ordensrit ter im Jahre I 5z6, als die Reformation schon um sich gegriffen hatte, noch einmal ein V erzeichns ihrer Schätze aufnehmen lassen. Hier heißt es unter der Rubrik: "dies ist das heilthumb" 3 : "Sanct Elisabeten haupt mitt einer gu!den kron verfaßt, mit berlin und edlem gestein, Und hengtt daran ein keten mitt llll Agnus dei groß und klein und mitt lll creutzen, auch mit edlem gestein verfast. Auch steet des obgenantt hauptt auff einem silberin Fuß, darin steet ein silberin biltt 4 ." Diese Angaben entsprechen denen von 148o, ohne von ihnen abhängig zu sein. Es sieht so aus, als wenn nach der Herstellun g der Replik nicht mehr alle Weihgaben, die das Reliquiar im Laufe der Zeit an sich gezogen hatte, wieder an ihm befestigt worden sind. Dann aber kam die Reformati on auch in Hessen zum Siege, und nun war das vor kurzem noch so hochvereh rte Heilturn eben deshalb ein Ärgernis und sonst nur noch ein Wertstück , dessen Edelsteine es begehrens wert machten. 1 Beide waren geschmückt mit durchbroch enen, mit schwarzem Stoff unterlegten Rosetten. 2 Die Replik läßt sich in den Mainzer Inventaren bis 1545 verfolgen (a.a.O., S. 54). 3 Abgedruckt bei Carl Alhard v. Drach, Von St. Elisabethen Krone und Ring, in: Hessenkunst, Kalender für alte und neue Kunst I, Marburg 1906 (unpaginiert). 4 Der um 1363 neu vergoldete Fuß ist in der Tat aus Silber. Mit dem Bild wird die Majestas-Darstellung gemeint sein, die sich durch ihre Einfassung stärker vom Grunde abhebt als der übrige figürliche Schmuck des Fußes.
Geschichte des Reliquiars bis und seit
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b) Das Reliquiar seit der Reformation (IJJ9)
Über die weiteren Ereignisse tragen wir alle uns bekannt gewordenen Angaben zusammen, um der weiteren Forschung soviel Anhalte wie möglich zu geben 1 • Denn wenn wir auch das Wesentliche zu klären vermögen, so bleiben doch noch Einzelfragen offen. Im Jahre I 539 fand sich der Landgraf Philipp der Großmütige, der ja in direkter Linie von der Heiligen Elisabeth abstammte, in ihrer KJ.rche ein und erzwang die Öffnung des Schreines, obwohl der Landeskomtur Einspruch erhob. Als Philipp in den Schrein hineingriff, rief er: "Kum her, Mume Els! Das ist mein älter Mutter, Herr Commenthur, es ist schwer, walte, daß eitel Cronen wären, es werden der alten Ungarischen Gulden sein." In einen mit Damast überzogenen Kasten gelegt und dann in einen Futtersack gesteckt, wurden die Reliquien auf das Marburger Schloß getragen, wohin auch der Schrein geschafft wurde. Über den weiteren Verlauf dieses Vorgangs heißt es: "Fürder tratt Magister Adam (der Superintendent Adam Kraft) zu sein Fürstliche Gnad, sagt Ihm etwas in ein Ohr, fieng Hochgedachter Fürst an: ,Herr Commenthur, wo ist das Haupt?' LandCommenthur wusts nit, sagt Hochgedachter Fürst: ,Es must kurzumb auch da sein!' Sprach der Land-Commenthur: als er das am letzten gesehen, wäre es nit weit vom Sarg in eim Schranck oder Pehelter, alsbald weisende, gestanden, bis sein Fürstl. Gnad uffschließen (ließ) den Schlosser, nahmens heraus, trugens mit uffs Schloß; sagt der Landt-Commenthur, man hett das gebainis in der Custorey bald heraus getan; meint Hochgedachter Fürst, ob sein Fürst!. Gnad Er, Landt-Commenthur, das Geschmeidt nit vertrauende; sagt der Landt-Commenthur, er vertraut Sein Fürstl. Gnad mehr als das, aber es wäre bald heraus getan; befahlen Sein fürstl. Gnad 1 Für das folgende finden sich die Belege in drei mit Dokumenten belegten Streitschriften des I 8. Jahrhunderts, die durch die noch anhaltenden Auseinandersetzungen des Landgrafen mit dem Deutschen Orden bedingt waren: a) Kurze Species Facti mit Rechtlicher Deduktion Derer von dem Durch!. Herrn Landgrafen zu Hessen-Darmstadt über die in Dero Fürstenthum und Landen befindlichen dem Teutschen Orden zugehörige Güter ... hergebrachten Superiorität ... , Gießen I726 (126 Seiten in 2°), zitiert: Species Facti. b) (Feder:) Histor.-Diplom. Unterricht und gründliche Deduction von des H. Teutschen Ritter-Ordens und insbes. der lobl. Balley Hessen ... Immedietiät, Execution und Gerechtsamen, o.O. I75I; zitiert: Deduction. c) (Derselbe:) Entdeckter Ungrund derjenigen Einwendungen, welche in zweyen Impressis gegen des H. Teutschen Ritter-Ordens lobl. Balley Hessen ... fürgebracht worden, Francfurt 175 3; zitiert: U ngrund. An neuerer, z. T. auf diesen Schriften beruhender Literatur seien genannt: C. v. Rommel, Philipp der Großmütige, Landgraf von Hessen, I, Gießen I83o, S. I86f. mit den umfangreichen Belegen in Bd. II, ebd. I83o, S. q6ff.; Joh. Voigt, Gesch. des Deutschen-Ritter-Ordens in seinen zwölf Balleien in Deutschland, II, Berlin I859, bes. S. 79f., I44; A. Huyskens, Philipp der Großmütige und die Deutschordensballei Hessen, in Z. d. Ver. für Hess. Gesch. 38 (N.F. 28), I904, S. 99-I84 (über das Reliquiar irreführend S. I42, Anm. 2); Politisches Archiv des Landgrafen Philipp des Großmütigen zu Hessen, hrsg. von Fr. Küch, I, Leipzig I904 (Publ. aus den Kgl. Preuß. Staatsarchiven 78, I). Für Auskunft habe ich Staatsarchivrat Dr. Heinemeyer im Staatsarchiv Marburg zu danken.
II. Das Reliquiar in Stockholm
dem Statthalter, er solt deme Landt-Commenthur das Geschmeidt alles unverkleinert und ungeringert wieder schikken, alss auch beschehen; ... " Hier liegt also von seiten des Ordens eine eindeutige Aufzeichnung vor, daß Philipp den Schädel der Heiligen Elisabeth mit ihren anderen Gebeinen und den Schrein an sich nahm, aber das Reliquiar dem Landeskomtur zurückgeben ließ 1 • Natürlich fand sich der Deutsche Orden mit diesem Eingriff nicht ab. Schon am 2 I. Juli I 538 richtete der Deutschmeister von Metgentheim aus eine Supplikation an den Kaiser, in der er sich darüber beschwerte, daß Philipp Elisabeths Leib und Heiligtum "aus dem scheinliehen Furgeben, Abgötterei damit zu verhüten", weggenommen habe, und um des Kaisers Vermittlung bat, damit ihm Leib und Heiligtum zurückgegeben werde 2 • Darauf schrieb Kaiser Karl V. aus Madrid am I4. Oktober des gleichen Jahres an seinen "lieben Oheim" Philipp, er möge St. Elisabeth Leib oder Heiligtum wiederum in ihren Sarg legen und zurückgeben; anderenfalls wolle er den Deutschmeister nicht rechtlos lassen 3 • Auch König Ferdinand wurde bemüht; aber Philipp gab nicht nur nicht nach, sondern setzte die Säkularisierung des in seinem Bereich liegenden Ordensbesitzes noch weiter fort. Darauf meldeten sich bei ihm im Jahre I 54 5 zwei vom Kaiser beauftragte Kommissare, die ihm Vorhaltungen machten 4 • In bezug auf die Reliquien erklärte ihnen der Landgraf, Sankt Elisabeth sei eine löbliche und gottselige Königin von Ungarn gewesen, aber mit ihren Reliquien sei viel Abgötterei getrieben worden; er habe deshalb ihre Gebeine getrennt vergraben lassen und wolle sich deshalb nun entschuldigt haben. Wegen der drohenden Kriegsgefahr ließ der Landgraf am 22. Juli I546 den Elisabethschrein mit anderen Kleinodien zur größeren Sicherheit nach der Festung Ziegenhain schaffen 5 • Im folgenden Jahre fiel der Landgraf in die Gefangenschaft des Kaisers, der ihn über Süddeutschland in die Niederlande bringen ließ. Er mußte sich am I 8. März I 548 zu dem Versprechen bequemen, die Reliquien der Heiligen samt ihrem Sarg "und ander Cleinodien und Ornaten der Kirchen, so wir hiervor daraus und zu unserer Banden und Gewalt gebracht" zurückzugeben 6 • Nun blieb ihm nichts anderes übrig, als diese Zusage 1 Vergleiche den von der Ordensseite stammenden Extractus Protocolli de anno 1539 in: Deduction a.a.O. Nr. 126 (zitiert bei von Drach a.a.O. und von BöhmerFicker, Reg. Imp. V, Nr. 2152a); von der protestantischen Seite (Superintendent Adam Kraft) stammt die protokollartige Aufzeichnung bei Küch a.a.O., S. 2o7f.; in dieser ist jedoch vom Reliquiar nicht die Rede. Weitere Zeugnisse vermerkt Voigt a.a.O. II, S. So, Anm. 2; vgl. u.a. den in Kuchenheckers Analeeta Hassiaca Coll. II, Marburg 1729, S. 225, Anm. abgedruckten Bericht des Bürgermeisters Johann Blankenheim. 2 U ngrund a.a.O. Nr. LXXXI. 3 Abgedruckt in: Vorzeit. Taschenbuch für daci Jahr 1827, Marburg und Kassel, s. 209-212. 4 Deren Bericht ebd. Nr. LXXXIII (das Datum ergibt sich aus Nr. CXIX). 5 Vgl. die gleich anzuführende Quittung. Rommel a.a.O. II, S. 177 erwähnt ein im Hessischen Archiv vorhandenes Inventar dieser Schätze. 6 Deduction a.a.O. Nr. 144.
Geschichte des Reliquiars seit
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einzulösen. Am 30. Mai I 548 stellte der Landkomtur für Philipp eine Quittung aus, daß er "alle und jede Kleynodien mit dem Kasten oder Sanct Elisabethen Sarg", die nach Ziegenhain überführt worden seien, zurückerhalten habe 1 • Zu unserer Überraschung stoßen wir am 12. Juli dann auf eine zweite Quittung des Komturs über die Rückgabe des "Gebeints und Heiligthum S. Elisabethen, so zu dem Sarg oder Kasten allhier zu Marburg verwahrlich gehalten, zusamt dem Haupt eine Zeitlang beygethan ist worden" 2 • Dem Orden wurden zurückgestellt: "ein Haupt mit einem I<:ienbacken, item funff Rörlein, klein und groß, item eine Riebe, item zwey Schulter-Bein und sonst ein breit Bein". Vorausgegangen war eine am 29. Juni ausgefertigte Instruktion der ihren Gemahl vertretenden Landgräfin Christine, dem Komtur anzuzeigen, wo die Reliquien Sankt Elisabethen seien und ihm diese auszuliefern 3 • Was Philipp zwei Jahre vorher den Beauftragten des Kaisers erklärt hatte, beruhte also nicht auf Wahrheit: die Reliquien waren doch da und konnten daher zurückgestellt werden - der Deutung, daß falsche unterschoben seien, um einer lästigen Forderung ledig zu werden, widerspricht die Anordnung der Landgräfin. Was tatsächlich vor sich gegangen war, läßt die Antwort erkennen, welche die hessischen Räte dem Statthalter am 24. Juni auf seine Anfrage gegeben hatten, wie er sich in bezug auf die Reliquien verhalten solle: sie wünschten, er hätte den Befehl des Landgrafen vollzogen und das Gebein unter andere Knochen geworfen, so daß es kein Mensch wiedererkennen könnte. Da das nicht geschehen war und man darauf dringe, so seien sie mit der Landgräfin in Abwesenheit ihres Herrn der Meinung, der Statthalter solle das Gebein durch den Komtur oder seine Leute aufgraben lassen 4 • Auch der Deutschordensmeister war überzeugt, daß es sich um die echten Reliquien handelte: am I I. Juli, also einen Tag vor der Rückgabe, schrieb er dem Landkomtur, Philipp habe zwar 1545 den kaiserlichen Kommissaren erklärt, "daß er solche Heiligthum unter ander TodtenGebein uff S. Michels Kirchhoff zu Marpurg hett lassen werfen", aber der Orden habe jetzt guten Bericht, "daß dasselbig noch samenthafft bey Banden sey gewest". Am 14. Juli verlangte der Deutschmeister, daß die Rückführung der Reliquien mit einer "sondern Solemnitet" geschehen solle; da die Schätze dem Orden ohne Inventuraufstellung weggenommen waren, erklärte er sich bereit, das von hessischer Seite aufgestellte V er1
Species Facti a.a.O. Nr. 12a, S. 58; auch bei Kuchenbecker, Analeeta Hassiaca Collect. II, S. 227 ff. 2 Ebd. Nr. 12b, S. 58ff.; wiederholt bei Drach a.a.O.; dazu Küch a.a.O., S. 6o4 aus den Akten des Statthalters an der Lahn Georg von Kolmatsch, Juni 1548: "Rückgabe der Reliquien der Heiligen Elisabeth an den Deutschen Orden in Marburg." S. 632 nach Schreibtafeln Philipps aus der Gefangenschaft: Mai I 548 Verhandlungen über Rückgabe des Sackes (mit den Gebeinen) und der Kleinodien; S. 633: Juli über Auslieferung der Gebeine an den Komtur; vgl. auch S. 762: über die Entschädigung des Ordens und Klage des Deutschmeisters beim Kaiser wegen der Reliquien und anderer Streitfragen. 3 Dies und das folgende nach Ungrund a.a.O. 4 Rommel a.a.O. II, S. 179·
II. Das Reliquiar in Stockholm
zeichnis anzuerkennen. Am I6. Juni I549 unterzeichnete Phitipp in Oudenarde einen bereits I 548 vom Ordenskapitel gebilligten und auch schon von seinen Söhnen besiegelten Vertrag, in dem er dem Orden die Rückgabe alles dessen, was er ihm genommen hatte, zusicherte. Namentlich aufgeführt waren hier, da der Text bereits aus dem Vorjahre stammte, noch einmal Elisabeths Reliquien und Schrein, sowie die Kleinodien und Ornate der Kirche, obwohl sie inzwischen schon zurückgestellt waren. Aber erst I 55 2 erhielt Phitipp durch den Passauer Vertrag seine Freiheit zurück. Damit war die Frage der Restitution jedoch noch nicht abgeschlossen. Der Deutschmeister hatte nämlich von Phitipp auch noch verlangt: "ein treffentliehe und hochschätzbare Crone von Ungarischem Goldt gemacht, so laut der alten Inventarien vorhanden gewesen sein solle." Im Vertrag von Oudenarde erklärte Philipp, daß er von ihr kein Wissen habe: "sollen und wollen wir unss deswegen mit allem Fleiss erkundigen und nachfragen." Dieser Passus kehrt auch in der Urkunde Karls V. aus Augsburg vom 4· September I 55o wieder, die den Vertrag von Oudenarde bestätigte und ihn deshalb wörtlich aufnahm 1 • Bereits am 7· Februar 1549 hatte Philipp, der aus der Gefangenschaft seinen Räten laufend Anweisungen geben konnte, geschrieben, daß er die Krone, die der Deutschmeister verlange, nie empfangen habe und auch nicht wisse, wo sie seP. In diesem Falle ist festzustellen, daß es Philipp mit seiner Erklärung ernst war. Denn die Krone, von der hier die Rede ist, saß ja auf dem Reliquiar und schmückt es heute noch. Wie aber konnte der Deutsche Orden trotzdem eine solche Forderung erheben? Die Erklärung ergibt sich aus einer ohne Datum überlieferten, vom Heiltumsmeister des Ordens ausgefertigten "Verzeichnung, wasz in und uff der Custorey in Vergleichung desz alten und neuen Inventarien mangeltt, sovill mir und dem Trappirer bewußt, und Inhaltt desz uberschickten Inventarii" 3, die auf die am I2. Juli 1548 erfolgte Restitution der Reliquien bereits Bezug nimmt. Hier heißt es: "Nota, was in dem uberschickten Inventario von S. Elisabeth haupt und desselben Ornat, alsz nemblich einer golden Kron mit perlin und edeln gesteintz verfaßt, daran ein kett mit IIII agnus dei groß und klein, II kreutz mit edel gesteintz gewesen, vermellt wurdt, hab ich dasselb haupt noch durch Colmatsch (den obengenannten Statthalter) verbitschirt, wie mirs gelibert bey banden; ob aber die Ornaten, wie gemelt, dabei, dieweil ichs noch nit eröffnet, ist mir unbewußt." Aus dem Wortlaut ergibt sich, daß dem Heiltumsmeister das von uns zitierte Inventar von I 526 vorgelegen hatte. Da hier nicht von einem Reliquiar die Rede war, sondern nur von einem "haupt mit einer gulden kron verfaßt", entnahm der Orden dem Inventar die Bestätigung dafür, daß es eine eigene Krone gegeben habe; daß sie aus ungarischem Gold gemacht sei, beruht dagegen auf einer wohl mündlich weitergegebenen, 1 2
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Deduction a.a.O. Nr. 133; zitiert ohne Quellenangabe bei Görres a.a.O. S. 757· Rammel a.a.O. II, S. 177, dazu Huyskens a.a.O. S. 141, Anm. I. Abgedruckt bei von Drach a.a.O.
Geschichte des Reliquiars seit 1539
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in die Irre gehenden Kombination. Die überraschende Tatsache, daß das Wissen des Ordens bereits so schnell getrübt war, wird sich wohl dadurch erklären, daß das für die Protestanten anstößige Reliquiar nicht erst I 53 9, sondern schon vorher wegen seiner Kostbarkeit gesichert verwahrt worden war und man in Metgentheim daher keine Einzelheiten mehr wußte. Da die Protestanten es nur ganz kurz in der Hand gehabt hatten, konnten sie von sich aus das Mißverständnis nicht aufklären, und selbst, wenn sie es länger verwahrt hätten, wäre ihnen wie den Angehörigen des Ordens vielleicht auch nicht der Gedanke gekommen, daß mit jener Krone der Zierat auf dem Reliquiar gemeint gewesen war. Es versteht sich, daß Philipp seine Zusage, die Krone zurückzustellen, wenn etwas über ihren V erbleib festgestellt sei, nicht einhielt, weil er dies gar nicht konnte. Aber der Orden ließ nicht locker. Als er am 18. März 1 584 mit Philipps Söhnen den Karlstadter Vergleich abschloß, der den Vertrag von Oudenarde ersetzte, wurde aus diesem der die Krone betreffende Passus wörtlich übernommen und in sinngemäßer Abwandlung hinzugesetzt, die Landgrafen hätten angezeigt, daß sie hiervon keine Wissenschaft besäßen, sich aber "deswegen mit allem Fleiß erkundigen und Nachfrage haben" wollten, um die Krone- falls sie gefunden würdedem Orden zurückzustellen 1• Haben die Landgrafen sich wirklich dieser 1 Species Facti a.a.O. Nr. 2 (S. 48), § I, dazu Voigt a.a.O. II, S. 25of. Im Wiener Archiv des Deutschen Ordens lassen sich die Restitutionsverhandlungen bis I563 verfolgen (Abt. Hessen bl. 223, Nr. 45). Hier heißt es laut Mitteilung des Herrn Archivdirektor Dr. Pa ul Kletler in einem "Fürschlag" und "Gegenfürschlag" von I 56 I : "I. Belanngende die Reliquias S. Elisabethenn sambt dem Sarckh, Kleinodern unnd Kirchenornatt, so inn vor Jaren zu hannden deß Herrnn Lanndtgravenn gebracht etc. Solts bleibenn bey dem, daz dieselbige dinnge aller lautts quittannts restituirt seinn, wo aber beweist wurde, daz noch was darvonn ausstendig, solches sollt fürderlieh erstattet werden. II. Der Cronenn halbenn sollt der herr Lanndgrave nochmalns nachsuchenns mit ernst thun, auch sich derowegenn erkundigen unnd so die bey leben seiner fürstlichenn genaden oder darnach erfunden, solls dem Orden widerumb zugestellt werden, oder ja Ressenn sein muegliche befürderung zu solcher widerstellung thun." Eine von der Heiligen aus ihrer Heimat mitgebrachte Krone zu besitzen, rühmte sich noch I787 das Kloster Altenberg. Der Ordensamtmann Buff in Wetzlar (der Vater von "Werthers Lotte"), der an Ort und Stelle Erkundigungen einzog, fand eine Krone vor "von durchbrochener, aber schlechter Arbeit, sehr klein, paßte kaum auf einen Kinderkopf, hatte ohngefähr 6 Zoll im Durchschnitt, eine gute Hand breit hoch und hin und wieder mit verschiedenen blauen, rothen, grünen und gelben Steinen besetzt und mit vielen kleinen Perlen, die etwas größer als ein Hirschenkorn wären, garniret. Oben um die Crone seyen verschiedene silberne Vögelchen, so mit grünem Lack bemahlet." Es ließ sich nicht feststellen, ob die kaum ein Pfund wiegende Krone nur aus Silber bestand. Sie wurde noch bei der Einkleidung neuer Klosterdamen verwandt. Das Kloster rühmte sich noch anderer Stücke aus dem Besitz der Heiligen und ihrer Tochter Gertrud; ein Teil von ihnen gelangte in den Besitz des Hauses Solms-Braunfels. Die Krone scheint verschollen zu sein; Buffs Angaben führen nicht zu der Auffassung, daß sie wirklich etwas mit einer Krone der Hl. Elisabeth zu tun gehabt haben kann. -Über die in Marburg bis in das I9. Jahrhundert fortgesetzte Nachsuche vgl. Küch a.a.O.
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Abh. Phi!. Hist. Kl., 3· F., Nr. 36 Schramm
II. Das Reliquiar in Stockholm
Nachfrage unterzogen, dann mußte diese wiederum vergeblich auslaufen. Denn die Krone saß auf dem Reliquiar, und dieses war nicht in ihrem Besitz. Es muß nun den Spezialisten überlassen bleiben, festzustellen, was der Orden mit dem Reliquiar angefangen hat. Daß er es nicht in Marburg beließ, darf bei dessen Wert wohl angenommen werden. Am nächsten liegt, eine Überführung nach Mergentheim, den Sitz des Deutschmeisters, zu vermuten. Es ergäbe sich dann der Schluß, daß das Reliquiar auf die Feste Madenberg geflüchtet wurde, als die Schweden heranzogen, da Metgentheim keine Sicherheit versprach 1 • Jedoch ist auch mit den Möglichkeiten zu rechnen, daß der Orden das Reliquiar verkaufte, um zu Geld zu gelangen, oder daß es ihm bald nach I 539 entfremdet wurde. Phitipp machte gelegentlich gelten, daß Angehörige des Ordens unberechtigterweise Wertgegenstände an sich genommen hätten; war dieses bei dem Reliquiar der Fall, würde die I548 erhobene Forderung plausibler. Dafür spricht folgendes: Eine eingehende Nachsuche im Deutschen OrdensZentralarchiv in Wien (Singerstr. 7), diedessenDirektorDr. PaulKletlerin größter Bereitwilligkeit durchführte, hat zu dem sicheren Ergebnis geführt, daß das Reliquiar in den Jahren I5 39-I63I nicht mehr zu den Schätzen des Ordens gehört hat 2 • Negative Feststellungen sind auch Ergebnisse. Vielleicht führt jetzt der Zufall auf eine Spur, wo sie bisher nicht zu erwarten war. Da nach der Restitution der Schädel der Heiligen nicht wieder in das Reliquiar gelegt wurde, stellte dieses ja nur noch eine reine Kostbarkeit dar. Die Reliquien lassen sich dagegen weiter verfolgen: I 588 schenkte der Hoch- und Deutschmeister Erzherzog Maximilian, ein Bruder des Kaisers Rudolph II., seiner Schwester Elisabeth, der Witwe des Königs Karl IX. von Frankreich, "ain Thail von der heilligen Elisabeth ... Cörper" 3, und die Königin überwies diese Reliquien, das Haupt und zwei 1 Mergentheim wurde von Horn belagert und genommen; vgl. Voigt a.a.O. II, S. 335 f. (nach S. 336, Anm. r sind keine Einzelheiten bekannt). 2 Es gibt Inventare des Deutschordensschatzes von 157z, 1585,1596, 16o6 und r619 (in diesem ist bereits der Nachlaß des Hochmeisters Erzherzog Maximilian einbezogen), ferner ein Inventar von 1619 über die der Sicherheit halber auf die Mainau überführten sowie der in Kirche und Sakristei zurückbehaltenen Schätze. Bei den wiederholt angeführten von Go!dt eingejaßt Agatdrinckgeschirr und abermalen ein Agaten schalen mit Goldt eingejaßt handelt es sich um zwei Stücke aus dem Nachlaß des Erzherzogs, die heute noch vorhanden sind (B. Dudik, Kleinodien des Deutschen Ritterordens, Heft 8). Daran schließen Inventare von 16z5, 16z6, 1630 und 163z (in den letzteren besonders genau die - spärlichen- Stücke, die mit der Heiligen Elisabeth zusammenhingen). Die Schätze des Ordens wurden nach der Mainau, Heidelberg, Wien, Ingolstadt geflüchtet; Würzburg wird nicht erwähnt. Auch aus den Akten des Ordens über die Verhandlungen mit Hessen ergibt sich nichts, was nicht schon bekannt wäre. Ein Inventar von 1543 geht nicht auf Schätze ein. Auch für diese Angaben habe ich Herrn Dr. P. Kletler zu danken. 3 Die Schenkungsurkunde (Orig. im Archiv der Elisabethinerinnen) gedruckt bei Görres a.a.O. S. 759f.- Maximilian kam 1599 selbst nach Marburg und ließ sich hier vom Orden Kruzifixe u.a.m. aushändigen, nachdem er bereits 1585, 1586 und 1588 "Kleinodien und kirchlichen Ornat" nach Wien hatte bringen lassen.
Geschichte des Reliquiars seit
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Beinknochen, dem von ihr in Wien begründeten Klarissinnenkloster. Als dieses 1782 von Joseph II. aufgehoben wurde, kamen die Gebeine der Heiligen Elisabeth an das Kloster der Elisabethinerinnen auf der Landstraße zu Wien, die als Krankenschwe stern ihre Wirksamkeit fortsetzen durften. Dort wurden sie in einen neuen Reliquienschrein gelegt und mit einer silbernen Krone geschmückt. Im Jahre 1908 konnte Sophie Görres in diesem Kloster noch den Schädel (ohne Unterkiefer) und zwei "Schienbeine" feststellen, die mittlerweile durch das Anthropologis che Institut der Universität Wien als Schenkelknochen identifiziert worden sind 1 • Nachrichten, daß die Gebeine zeitweilig vor dem Hochaltar der Elisabethkirche beigesetzt worden waren, sind zu bezweifeln; Grabungen in der Kirche haben wohl Knochenreste zutage gefördert, aber keine, die mit der Heiligen zusammengebracht werden können. Daß noch an zwei anderen Stellen Schädel der Heiligen Elisabeth aufgetaucht sind, ist ein Zeichen für die ihr unvermindert entgegengebrachte Verehrung 2 • Damit darf die eingangs aufgestellte These als bewiesen angesehen werden: bei dem Stockholme t Reliquiar handelt es sich um jenes, von dem wir wissen, daß es aus Kelch und Krone Kaiser Friedrichs II. hergestellt wurde, um den Schädel der Heiligen Elisabeth von Thüringen aufzunehmen . Philipp der Großmütige, der es sich I 53 9 aneignete, gab es dem Deutschen Orden sogleich zurück. Den Schädel, der sich in Wien weiter verfolgen läßt, ließ er dem Orden I 548 aushändigen. Zu klären bleibt nur noch, über wen das Reliquiar aus dem Besitz des Ordens in den Gustav Adolfs gelangte, der durch die Mutter seiner Mutter ein Urenkel Philipps des Großmütigen und durch ihn ein Nachfahre der Heiligen Elisabeth war. 1 Mitteilung von Archivdirektor Dr. Paul K letler, der mich aufmerksam macht auf Ludwig W egmann, Das Haupt der hl. Elisabeth von Thüringen in Wien, Wien 193 r, und: Die Wiederauffindung der Gebeine der hl. Elisabeth in: Histor.-Polit. Blätter für das kathoL Deutschland 48, r86r Heft ro. 2 Näheres bei Küch a.a.O. S. .203ff.
III.
Die Fragmentedreier in Polen erhaltener Kronen Die Kronen, um die es hier geht, sind alle drei nicht in ihrem ursprünglichen Zustand auf uns gekommen und stellen daher die Forschung vor eine Reihe von Fragen, die sich z. Z. nicht so beantworten lassen, wie das wohl möglich wäre, wenn man - um vom Augenschein gar nicht zu sprechen - zu Auskünften und besseren Photographien gelangen könnte. Denn sie befinden sich alle drei in Polen. Wir wenden uns zunächst den beiden in Krakau zu, die so eng verwandt sind, daß man sie Geschwister nennen könnte. Die Kronen in Krakau a) Der Befund Es handelt sich um zwei goldene Kronen, die als Zier eines Kreuzes im Krakauer Domschatz verwandt worden sind (Höhe 83,8 cm, Breite 58 cm; vgl. Fig. I und Abb. zo). Dieses besteht aus Zypernholz, das mit dünnem Goldblech benagelt ist. Im Inventar von I6o5 wird ein silberner, vergoldeter Fuß erwähnt, auf dem zu lesen war: lnsignia passionis Domini. Er ging I 8o7 verloren, als Schätze des Doms als Kriegskontribution hergegeben werden mußten. Das Kreuz wurde I 855J58 in einem französisch und polnisch abgefaßten Werk über polnische Kunstschätze der Vergangenheit bekanntgemacht 1 • Aber dieses ist weder in Polen noch im Ausland beachtet worden. Als I9I5 dem Kreuz W. Stroner eine wissenschaftlich gediegene, von Abbildungen unterstützte Untersuchung widmete, mußte er feststellen, daß über dieses Kunstwerk noch keine Literatur vorlag 2 • Die von ihm erstmalig I.
1 Monuments du moyen-age et de la Renaissance dans 1' ancienne Pologne, publies parAlexandre Przezdziecki et Edouard Rastawiecki, Seconde Serie, Warschau 1855-1858 (unpaginiert) Bogen P. Pp. mit 2 schlechten Stichen, die jedoch wegen ihrer Kolorierung noch Aufmerksamkeit verdienen. Danach handelt es sich um ein Werk aus der Zeit Kasimirs des Großen. 2 Zloty krzyz w skarbcu katedry na Wawelu (Das goldene Kreuz im Schatz der Kathedrale auf dem Wawel), in: Sprawozdania Komisji do badania historji sztuki w Polsee (Abhandl. der Kommission zur Erforschung der Kunstgeschichte in Polen) IX, 1915, S. LXXIVff. (mit lat. Zusammenfassung). Die Abb. hier wiederholt. St. erkannte, daß es sich um zwei Kronen handelte. Er brachte sie mit der Werkstatt des Hugo von Gignies in Zusammenhang und setzte sie in die ersten Jahrzehnte des I 3. Jahrhunderts. Auf die Frage, wie sie mit Polen zusammenhängen, ging er nicht ein; die Krone von Plock war ihm anscheinend nicht bekannt. (Dieses und das vorausgehende Werk besitzt die Göttinger Universitätsbibliothek.)
Die Kronen in Krakau
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durchgeführte stilgeschichtliche Analyse führte gleich an das auch im folgenden vertretene Ergebnis heran. W. Stroners Ausführungen haben dann 1933 Adam Bochnak und Juljan Pagaczewski ausgebaut 1 • Über diese Forscher ist - soviel ich sehe - die polnische Forschung seither nicht hinausgekommen 2 • Daß es sich bei dem Schmuck des Kreuzes ursprünglich um zwei Kronen handelt, ist unverkennbar; denn der Goldschmied, der die Arbeit übernahm, die beiden Kronen zu zerschneiden und die Stücke auf dem Goldkreuz zu befestigen, hat diese dabei nicht verändert. Er ist dabei ohne Verständnis für die Feinheit der Kunstwerke, die ihm ausgeliefert wurden, vorgegangen und hat in geradezu roher Weise nur darauf geschaut, wie er die Grundfläche aus Goldblech möglichst gleichmäßig bedeckte. Er hat deshalb auf dem Stamm des Kreuzes einen Teil der Kronfragmente senkrecht, einen anderen Teil über Kopf stehend angebracht. Auf dem Querbalken brauchte er nichts anderes zu tun, als die hier benutzte Krone in eine Ebene zu zwingen und dann festzunageln. Wegen der Symmetrie konnte er jedoch nur elf Glieder gebrauchen; das zwölfte befestigte er unten auf dem Stamm, auf dem unterhalb des Querbalkens vier und über demselben acht Glieder der zweiten Krone ihren Platz gefunden haben. Dabei hat er einen Teil der Ornamente weggeschnitten, da der Platz nicht reichte. Mit diesem Arbeitsvorgang werden die drei Wappenschilde zusammenhängen, die den unteren Abschluß der Verzierung des Stammes bilden 3 • Es handelt sich oben (I) um den polnischen Adler mit dem gekrönten Kopf, unten links (II) um einen Eselskopf, also um das Wappen des 1471-88 amtierenden Bischofs Johannes RzeszowskyvonKrakau (Wappen Polkozic), und unten links um die drei Kronen, die das Krakauer Wappen bilden. Dieser Kirchenfürst muß es also gewesen sein, der den Befehl gab, 1 Dary zlotnizce Kazimierza Wielkiego dla Kosciol6w polskich (Kasimirs des Großen Gaben für polnische Kirchen), Krakau 1933 (82 S. mit deutscher Zusammenfassung). Herr Museumsdirektor Dr. Carl Theodor Müller-München entlieh mir ein Exemplar, cand. phil. R. Kordt übersetzte mir den Text; beiden danke ich angelegentlich. Die Verfasser zogen die Krone von Plock in die Erörterung ein und unterbauten die von Stroner vorgeschlagene Datierung durch weitere kunstgeschichtliche Beobachtungen und trachtengeschichtliche Feststellungen. Für sie handelte es sich um Kronen, die für Piastenherzöge angefertigt worden waren. 2 Nichts Neues ergibt sich aus Tadeusz Dobrowolski, Sztuka Krakowa (Die Kunst Krakaus), Krakau 1950, S. 63-64 (dem Johann-Gottfried-Herder-Institut habe ich für Entleihen dieses Buches zu danken; die Abbildungen sind schlechter als die der vorausgehenden Werke). 3 Ihre Deutung bei Stroner a.a.O. S. 73· Die richtige Erklärung gab mir bereits vor Einsichtnahme in diese Veröffentlichung Dozent Dr. Wilhelm Wegener. Die Abbildung aus den fünfziger Jahren zeigt im Schnittpunkt der beiden Kreuzbalken noch ein kleines Kruzifix, das wohl mit der Anfertigung des Kreuzes zusammenhängt. Es ist jetzt entfernt. Die vorliegenden Photographien lassen an dem hier sitzenden Kronenglied keine Beschädigung erkennen; nur der Stein im Mittelfelde fehlt, und in der Mitte seiner Fassung ist das Loch zu erkennen, in dem einmal die Befestigung des Kruzifixes saß. Spätgotisch ist auch noch der Zierat, der die von den beiden Kronen nicht bedeckte Fläche füllt.
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III. Die Fragmente dreier in Polen erhaltener Kronen
Die Krakauer Kronen
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die beiden Kronen zum Schmuck eines von ihm gestifteten Kreuzes zu verwenden. Dazu veranlaßt haben mag ihn nicht nur, daß solche Reife inzwischen außer Mode gekommen waren, sondern auch, daß sie bereits damals einen Teil jener Beschädigungen aufwiesen, die heute festzustellen sind. Offen bleibt nur die Frage, ob erst Kasimir IV. (1444-92) oder bereits einer seiner Vorgänger der Krakauer Kirche die beiden Kronen schenkte 1 • Da Polen von der Wissenschaft des Westens abgeriegelt ist, sind wir bei unseren Angaben allein auf die polnischen Veröffentlichungen und ihre - für unsere Fragestellungen nicht ausreichenden - Abbildungen angewiesen. Es ist daher bei den Einzelangaben mit Ungenauigkeiten, wenn nicht sogar Irrtümern zu rechnen 2 • Die Krakauer Kronen sind so eng verwandt, daß bereits die polnischen Gelehrten sie einem und demselben Goldschmied zugewiesen haben. Beide Kronen sind aus zwölf, durch Scharniere verbundenen Gliedern zusammengesetzt, und zwar aus je sechs Haupt- und sechs weniger stattlichen, nicht ganz so hohen Nebengliedern. Jedes von ihnen besteht aus einem 1 Die Wappen von Polen und Litauen in Schildern, die denen auf dem Krakauer Kreuz gleichen, sowie eine Reihe von adligen Stifterwappen finden sich auf einem der drei Stäbe der Jagellonischen Universität in Krakau, die der Zeit um 1500 angehören; vgl. Przezdziecki-Rastawiecki a.a.O. II, Abschn. T. t. 2 Das Kreuz ist mit Kasimir dem Großen Ct rno) zusammengebracht worden, da überliefert ist, daß dieser der Krakauer Kirche vermachte crucem auream precio.ris.rimam plu.r quam decem mi!ia ßorenorum valentem (Mon. Poloniae historica, ed. A. Bielowski II, Lernberg 1872, S. 635 f. = Script. rer. Silesiacarum, ed. Fr.W. de Sommersburg II. Leipzig 1730, S. roo über ~asimirs letzte Verfügungen). Diese Wertangabe paßt schlecht zu dem in Frage stehenden Kreuz. Sicherlich ist es nicht identisch mit dem Kreuz, das der König hatte machen lassen ( fecit jieri) und bereits r 369 der Kathedrale schenkte. Denn über die Ausschmückung mit Edelsteinen, imagine.r, curvaturae usw. liegen Angaben vor, die zu jenem gar nicht passen. Vielleicht handelt es sich bei den von Kasimir gestifteten Kreuzen um jene beiden, die er 1340 in Lernberg erobert hatte. Eines von ihnen barg eine Partikel des Heiligen Holzes, und ein solches, das eine Höhe von vier Fuß hatte, wurde noch 1646 einer vornehmen Reisenden in Krakau gezeigt. Stroner a.a.O. S. 77 hat auf unser Kreuz die Angaben in den Inventaren von r6o2 und 1794 bezogen, in denen ein Kreuz "russischer Form" angeführt ist. - Ich überlasse diese wohl nie völlig zu klärenden Fragen der lokalen Forschung, da sie für unseren Zusammenhang keine das Ergebnis fördernde Tatsache erwarten lassen. Wichtig ist hier nur die sich am Schluß dieses Abschnitts ergebende Feststellung, daß die drei Kreuze bereits im Besitz Kasimirs gewesen sein müssen.
Fig. I : Schema des Krakauer Kreuzes Schräg von rechts oben gestrichelt die "reichere" Krone: 12 Glieder (I-XII, das letzte unten auf dem Stamm), die sechs kleineren mit eingeklammerter Nummerierung. Schräg von links oben gestrichelt die zweite Krone: 12 Glieder, zum Teil unvollständig, zum Teil über Kopf aufgenagelt (r-12). Links unten 2 Adler an den mit a und b bezeichneten Stellen des Kreuzes; rechts unten die drei Wappen an den mit A, B und C bezeichneten Stellen des Stammes. Das Schema gibt nur das wieder, was sich auf der Photographie mit Hilfe der Lupe erkennen läßt.
III. Die Fragmente dreier in Polen erhaltener Kronen
senkrecht stehenden Rechteck, das -im Gegensatz etwa zu dem Stackholmet Reif - nicht von Kreuzen oder Lilien überhöht wird, sondern von einem Ornament mit spitz-ovaler Kontur. Die Mitte des Rechtecks nehmen Steine (gemugelte Smaragde, Rubine und Amethyste) ein, die auf abgestumpften Pyramiden ("Kästche n") ruhen. An deren Ecken sind wie Nagelköpfe vier Perlen angebracht. Die Kästchen der Krone auf dem Querbalken sind mit Niello geschmückt, die der anderen sind vollkommen glatt. Der Rest des Rechtecks sowie das spitz-ovale Ornament sind bei beiden Kronen mit einzelnen Steinen geziert und mit reichem - jetzt zum Teil zerstörte m- Rankenfiligran überspannen, das sich nicht wiederholt und frei ( aJour) vor dem Grunde steht. Im Gegensatz zu den Stockholmer Kronen handelt es sich hier anscheinend um einen in "verloren er Form" gegossenen und dann ziselierten Schmuck; doch sind die Ranken ausgeschnitten aus Goldblech, an das die ausgestanzten Blättchen angelötet sind. Bei der Krone auf dem Querbalken (Abb. 21 a-b) sind in das Rankenwerk Jagd- und Turnierszenen eingeflochten; Ritter kämpfen zu Fuß und zu Pferd miteinander; andere sind als Jäger mit Mantel und Kapuze bekleidet; ein Hund hat den Hirsch gestellt; ein Knappe stößt ins Horn; Damen zu Pferd mit dem Falken auf der Hand haben die Herren auf die Jagd begleitet (Abb. 23 b-c, 33) 1 • Die Spitzen der breiteren Glieder bilden Adler, unter denen Männer in Rüstung oder in Gewändern und Frauen zu Pferde zu sehen sind (Abb. 23a). Auf den kleineren Gliedern fehlen menschliche Figuren; oben sind in das Rankenwerk zwei symmetrische Vögel eingefügt, die sich voneinander abwenden, aber ihre Köpfe zueinander kehren. Sie sind so wirklichkeitsgetreu wiedergegeben, daß man sie als Perlhühne roderFasa nen (polnisch: Pantarek) ansprechen konnte (Abb. 2I b). Diese Art der Verzierung einer Krone ist völlig einzigartig, obwohl wir mehr als drei Dutzend Kronen aus dem Mittelalter kennen. Es fällt vor allem auf, daß auf diesem Reif jede Beziehung zum kirchlichen Bereich fehlt. Aus der Art seiner Zierden kann mit Sicherheit geschlossen werden, daß es sich um eine Männerkr one handelt. Ihr Umfang muß einmal64,5 cm betragen haben (sechs Glieder von 6,5 cm Breite, sechs schmalere von 4,25 cm Breite). Wir bezeichnen sie fortan als die "reichere Krone". Der anderen Krone mit einem Umfang von 57,6 cm (6 mal 5,6 cm und 6 mal4 cm) ist es bei der Befestigung auf dem Kreuze sehr schlecht gegangen. Sie wurde auseinandergeschnitten, wobei höchstens zwei Glieder aneinanderblieben. Sie wurden so beschnitten, daß sie die Fläche des Kreuzstammes schlecht und recht bedeckten; sie stehen daher zum Teil auf dem Kopf. Von einzelnen Gliedern sind nur noch die "Kästchen " aus dem Mittelfeld vorhanden. Doch läßt sich durch Photomon tage der ursprüngliche Zustand noch annähernd wiederherstellen, da kein Glied ganz verlorengegangen ist (Abb. 22). Diese Krone ist gleichfalls prächtig, aber doch nicht so reich wie die andere verziert. In ihrem Rankenwerk, das weniger naturalistisch gestaltet 1
Nach Stroner sind auch die Figuren aus Gold ausgestanzt und dann ziseliert.
Datierung und Bestimmung des Auftraggebers
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ist als bei der anderen, fehlen menschliche Figürchen. Im Oberteil finden sich wiederum paarweise angebrachte Vögel; doch haben sie in diesem Falle das Aussehen von Putern. Von ihnen unterscheiden sich durch die Stilisierung die hier gleichfalls die Spitze bildenden, aber anders gestalteten Adler (Fig. 18). Ihre Augen werden durch Rubine gebildet; auf der Brust sind Smaragde und auf den Schwänzen Rubine eingelassen. Doch sind von der ehemaligen Pracht nur noch Reste vorhanden. Bedauerlicherweise liegen von dieser Krone keine Detailaufnahmen vor, so daß manche Frage offenbleibt. Der Umfang der Krone legt den Schluß nahe, daß es sich in diesem Falle um eine Frauenkrone handelt. Es wäre an sich denkbar, daß zu diesen Kronen oder wenigstens zu einer von ihnen einstmals auch ein Doppelbügel gehört hat, und es wäre ja möglich, daß er zum Schmuck eines anderen liturgischen Objektes benutzt worden ist. Eine Untersuchung der Rückseiten verspricht wohl keine Aufklärung mehr; aber aus der Form beider Kronen, auf die noch einzugehen sein wird, und aus dem Befund, der sich uns bei der später zu erörternden Krone von Pl:ock ergeben wird, kann mit Sicherheit geschlossen werden, daß nie ein Bügel zu dem Krakauer Reifen gehört hat. b) Datierung und Bestimmung des .Altftraggebers mit Hilfe der Kulturgeschichte
Die Doppelfrage, die an die beiden Kronen zu richten ist und die nur aus ihrem Bau, ihrem Stil und ihren Verzierungen heraus beantwortet werden kann, lautet: Wie alt sind sie? Und für wen wurden sie gearbeitet? Wir biegen noch nicht auf den Weg der kunsthistorischen Untersuchung ein, da bei der Datierung und Lokalisierung der metallenen, und in besonderem Maße der goldenen Kunstwerke vielfach Unsicherheit, wenn nicht sogar Streit besteht. Wir halten uns zunächst an "kulturgeschichtliche" Details, nämlich die Tracht und die Waffen der im Zeitkostüm dargestellten Figürchen. Zu beachten ist- worauf mich Prof. Dr. Paul Post (Nürnberg) aufmerksam machte - die Art, wie einer der Reiter links neben dem Adler (Abb. 30) seinen Mantel trägt: er hat ihn so auf der rechten Schulter zusammengenestelt, daß er auf dem Rücken eine Art Röhre bildet und daher absteht. Parallelen finden sich bereits im I 2. Jahrhundert 1 ; andrerseits kommt wegen dieser Eigenart die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts nicht mehr in Betracht. Daß der Topfhelm bereits die in den dreißiger und vierziger Jahren des 13. Jahrhunderts übliche Form aufweist, haben bereits A. Bochnak und ]. Pagaczewski beobachtet. Durch die Feststellungen, zu denen 1 Z.B. die Stifter auf dem Kreuz von St. Trudpert (vor II79), vgl. Zeitschrift für Kunstwissenschaft VI, I 95 2, S. 34f. sowie die beiden Buchbilder Heinrichs des Löwen und seiner Gemahlin im Gmundener Evangeliar; vgl. Neue Propyläen-Weltgesch. II, Berlin I940, S. 277 und 295; das eine Bild auch Schramm, Kaiser in Bildern, Abb. I 3I; vgl. ebda. Abb. I I 3: die Gräfin Mathilde um 1 II4/I 5 mit einem Mantel, bei dem sich diese Eigenart bereits andeutet.
III. Die Fragmente dreier in Polen erhaltener Kronen
inzwischen Hugo Schneide r auf Grund noch erhaltener Helme sowie der zeitgenössischen Darstellungen kam 1, ist diese Tatsache jetzt noch besser gesichert. Sein Ergebnis hat er in der nachfolgenden Tafel (Fig. 2) zusammengefaßt: die Figürchen der Krone tragen jene Helme, die man Kübel-, Faß- oder Topfhelm e nennt. Diese umschließen mit aneinandergenieteten Platten den ganzen Kopf und werden im Laufe des 13. Jahrhunderts immer höher. Der Grund für diese Wandlung wird in der Einführung einer stärkeren Lanze, mit der nur noch gestoßen wurde, zu suchen sein. Den Nachteil, daß der Helm sehr viel schwerer wurde, suchte man dadurch aufzufangen, daß sein Gewicht auf die Schultern verlegt wurde; das Strecken der Formen wird z. T. auch durch ein in der Haube untergebrachtes Schutzpolster bedingt gewesen sein. Die Helme der Krakauer Figürchen stehen- wie die Abb. 23 b und 33 deutlich machenzwischen denen auf dem Drei-Königs-Schrein in Köln (um uoo) (Abb. 27a) und dem von Maclein (um 13oo) (Abb. 25 b); ihm entspricht der Helm, den der Landgraf Heinrich Raspe, der Gegenkönig, auf seinem Siegel trägt (Abb. 25 a) 2 • Auf Grund der Helmform kommt also nur das zweite Viertel des 1 3. Jahrhunde rts in Betracht.
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Fig. 2: Der Formwande l des Helms im Mittelalter 1 Die beiden Topfhelme von Madeln. Die Entwicklun gsgeschicht e des Topfhelms, in Zeitschr. f. schweizer. Archaeol. u. Kunstgesch . 14, 195 3, S. 24-46 (hier S. 45 die Übersicht, T. VIa der Helm A von Madeln). Vgl. auch Sir Guy Francis Laking, ARecord of European Armour and Arms I, London 1920, S. 46ff., 266ff. (mit vielen Abb.) und V. Poschenb urg, Die Schutz- und Trutzwaffen des Mittelalters, Wien 1936, S. 56 mit Fig. 21. Zu beachten ist, daß die auffallende Riffdung am oberen Rand der Topfhelme bereits auf den Reliefs des Aachener Karlsschreins (um 1215) begegnet. Nur tragen hier die Ritter nochkeine richtigen Topfhelme. Vgl. Abb.59 (rechts am Rande) und ].Braun, Meisterwerke der deutschen Goldschmie dekunst in vorgotische r Zeit II, München 1922, Taf. I08f. 2 0. Posse, Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige II, Dresden 1909, Taf. I ff. Weitere Beispiele in den Rheinischen Siegeln VI: W. Ewald, Jülich, Berg, Cleve usw. Bonn 1941 (Bibi. der Gesellsch. f. Rhein. Geschichtsk unde 2, 27), die gleichfalls beweisen, daß der niedrige, flache Topfhelm nur in der ersten Hälfte des I 3. Jahrhunder ts getragen wurde.
Datierung und Bestimmung des Auftraggebers
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In die gleiche Richtung weisen die Schilde, die oben bereits einen geraden Rand haben und sich der Form eines gleichschenkligen Dreiecks nähern (Abb. 23 b, 33; vgl. auch Abb. 27a). Denn bis in den Beginn des 13· Jahrhunderts war noch der sogenannte "normannische" Schild mit oben abgerundetem Rand und länglicher, blattartiger Form üblich (Abb. 24a). Von da an schützte der Topfhelm das Gesicht; daher konnte sich im zweiten Viertel des I3. Jahrhunderts jener dreieckige Schild durchsetzen, den auf der Krakauer Krone sowohl die Reiter als auch die zu Fuß kämpfenden Ritter führen 1 • Daß nur die erste Hälfte des I 3. Jahrhunderts in Betracht kommt, bestätigt der Basilisk, der mehrfach auf den niellierten Fassungen der Mittelsteine begegnet: mit Untier- und auch Menschenkopf und mit einem in einerbeblätterten Volute endenden Schwanz (Fig. 3 sowie Abb. 32a u. c). Wir kennen dieses aus der antiken Vulgärzoologie stammende Scheusal von den Kapitellen und auch aus Buchmalereien, da es vom 12. zum I3. Jahrhundert viel verwandt worden ist 2 • Schließlich noch die Gestalt der Adler, die nicht nur für die Frage der Datierung wichtig ist. An der Krone auf dem Querbalken waren alle sechs größeren Glieder an ihrer Spitze mit einem Adler verziert. Von diesem liegen Photographien in so großem Maßstab vor, daß wir seine Einzelheiten erkennen können (Abb. 2 I b, 23 a und 30). Dagegen bleiben bei der Krone auf dem Kreuzesstamme manche Fragen offen. Es sieht so aus, als wenn in diesem Falle nicht nur die großen, sondern auch die kleinen Glieder mit Adlern verziert waren; aber nur bei zwei großen und zwei kleinen besteht Gewißheit. Denn bei den übrigen ist dieser Teil zerstört oder ganz weggeschnitten. Leider besitzen wir von den Adlern dieser Krone keine Vergrößerungen. 1 Hugo Schneider, Neues zum Reiterschild von Seedorf, in der Zeitschr. für schweizerische Archaeol. u. Kunstgesch. I2, I95J, S. n6-n8 mit Taf. 39-42. 2 Dictionnaire d'archeol. chretienne et de liturgie, p. p. F. Cabrol et H. Leclercq II, I, Paris I 9 I o, Sp. 5 II ff.; Reallexikon zur deutschen Kunstgesch., hrsg. von Otto Schmi tt, I, Stuttgart I937, Sp. I487ff.; R. Bernheimer, Romanische Tierplastik und die Ursprünge ihrer Motive, München I93 I, S. I49· -Basilisken mit Menschenkopf an der Gnadenpforte des Bamberger Doms (Werkstatt der ersten Bauhütte); vgl. W. Pinder, DerBamberger Dom, Berlin I927, S. 43, Abb. I8. Harpyien mit Menschenkopf am Chorumgang des Magdeburger Doms, vgl. R. Hamann u. F. Rosenfeld, Der Magdeburger Dom, Berlin I9Io, Abb. 63 (ebd. Abb. 6I ein Reimser Vorbild; vgl. auch Taf. C, c-d: Menschenköpfe zwischen Vogelleibern mit Untierköpfen). Die Kapitelle im Chorumgang sind auch wegen des Ineinanders von Menschen, Tieren und Pflanzenwerk instruktiv; s. H. Giesau, Der Dom zu Magdeburg, Burg bei Magdeburg I924 (Deutsche Bauten I), Taf. 57· Für Vögel mit Menschenköpfen verweise ich auf: Gotische Kathedralen in Frankreich, eingeleitet von P. Clemen, Zürich 1951, Taf. 190: Reims um 12.30; C. G. Heise, Fabelwelt des Mittelalters, Berlin I936, S. 21 mit Abb. I5: Dom in Lübeck, Mitte des I3. Jahrhunderts. Die Anbringung von Basilisken an den Edelsteinfassungen hängt wohl mit der mittelalterlichen Steinlehre zusammen, die den Edelsteinen Gefahren bannende Kräfte zuschrieb. Zu beachten ist, daß Papst Gregor IX. 12.40 in seinem Aufruf gegen Friedrich II. diesen als serpens basiliscus und draco brandmarkte; gedruckt vonH. M. SchaUer im Deutschen Archiv XI, 1954, S. 165, dazu S. 152.
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III. Die Fragmente dreier in Polen erhaltener Kronen
Die Adler an der Krone auf dem Querbalke n weisen jene Voluten an der oberen Flügelkante auf, die Josef Deer in dem übernächsten Abschnitt auf byzantinische, islamisch beeinßußte Vorbilder zurückführt. Aus diesem Bereich stammt - wie er zeigt - auch das quer über die
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Fig. 3: Basilisken (unten mit Menschenk opf) in Niello auf den Steinfassun gen der Krone auf dem Querbalken (Nachzeichnungen von W. Stroner)
Flügel laufende Band, das sich bis in das Sassanidenreich zurückverfolgen läßt (Abb. 42, 44, 57). Diese beiden Eigenarte n kennzeichnen die deutschen Wiedergaben des Reichsadlers, dessen Geschichte Deer bis um 1220 verfolgt hat (Abb. 4off.). Gewöhnli ch wendet dieser "deutsche " Adler den Kopf zur Seite; aber das Adlerkapitell von Gelnhausen zeigt, daß auch die deutsche Kunst den frontal in den Raum hinein vorgestreckten Kopf kannte (Abb. 43). Ein Unterschied zeigt sich nur in der Wiedergabe des Schwanzes: er verengert sich zunächst und bauscht sich - bevor er sich fächerförmig auseinanderfaltet - zu einer runden, nur durch Stilisierung erklärbaren Fläche. Diese Verdickun g findet sich bereits an der Adlerfibel des Mainzer Goldschmuckes (Abb. 40), also in der sächsisch-salischen Zeit; sie taucht wieder auf in der 1210-20 illustrierten Handschrift der "Eneide" des Heinrich von Veldeke (Abb. 24a = 47). Das Reichskanzlersiegel von I 233 hat in diese abstruse Form eine Lilie hineingesehen, deren traditioneller Querriegel mit dem Kreis im Schwanz zusammenfällt (Abb. 24b). Diesen finden wir wieder auf dem Siegel von Villingen (1257) und dem
Datierung und Bestimmung des Auftraggebers
dritten Siegel der Stadt Colmar von u6I (Abb. 24c) 1 • Wir sehen uns also abermals in die Jahre I 22 o- 5o geführt. Der Adler an den größeren Gliedern der anderen Krone war von einem anderen Typ (Fig. I b). Soviel man erkennen kann, kommt er dem nahe, der von Josef Deer als für Italien bezeichnend herausgearbeitet wird. Wie die Adler an den kleinen Gliedern gestaltet sind, lassen die vorliegenden Abbildungen nicht erkennen; nur das ist gewiß, daß ihre Gestalt von der der Adler auf den Hauptgliedern abweicht. Setzt man nicht bei den Figuren der Krakauer Krone ein, sondern bei den symmetrisch angebrachten Vögeln, die in Rankenkurven mit sparsam angebrachten Blättern eingefügt sind, bietet sich als nächst verwandtes, wenn auch einfacher gestaltetes Vergleichsstück der Brustschmuck an, der im Sarkophag der Kaiserin Constanze (t uzz) gefunden wurde, aber leider verlorengegangen ist. Doch bietet ein ausgezeichneter Stich von I784 2 (Abb. zob) eine ausreichend genaue Wiedergabe der Einzelheiten, um nicht nur diese Verwandtschaft festzustellen, sondern auch um zu folgern, daß die strenger stilisierte Ornamentik dieses Schmuckstücks in ein der Krakauer Krone voraufgehendes Stadium gehört. Nach der Art, wie die Steine angebracht sind 3, muß an eine Herstellung in Sizilien gedacht werden - wodurch ein weiterer Hinweis auf die Anregungen gewonnen ist, die bei der Werkstatt der Krakauer Kronen in Rechnung zu stellen sind. Auf jeden Fall gelangen wir auf dem zweiten Wege zu dem gleichen Ergebnis wie auf dem zunächst beschrittenen. Jetzt sind die Kronen nicht nur datiert, sondern wir können auch sagen, für wen sie angefertigt worden sind. Es handelt sich nicht um den polnischen Adler, der immer eine Krone trägt und in dieser Zeit auch noch nicht zur festen Wappenfigur geworden war 4 • Es ist vielmehr der kaiserliche Adler, der vom IZ. zum I3. Jahrhundert die Rolle eines "Zeichens" des Reiches übernommen hatte. Nur Friedrich oder einer seiner Söhne konnte in dieser Frühzeit der Heraldik sich und seiner Gemahlin Kronen auf das Haupt setzen, die so überreich mit Adlern verziert waren-mit Adlern, die im Gegensatz zu den Fasanen und Putern nicht wirklichkeitsnah wiedergegeben, sondern streng stilisiert waren. 1 G. Braun v. Stumm, Colmarer Pfennige aus der Interregnumszeit, im Annuaire de la socic~te hist. et litt. de Colmar 1953, Abb. 6, 7,15. Eine deutsche(?) Altardecke, um "12oo" weiß in weiß gearbeitet, im Museo Sacro des Vatikans, die in der Mitte durch stilisierte Adler nach Art der Krakauer Kronen -anscheinend mit Querriegel im Schwanz- verziert ist, auf Taf. 17 des Guida VI: Stoffe medioevali der Bibi. Apost. Vaticana, Museo Sacro, Citta del Vaticano 1943. 2 I regali sepolcri del Duomo di Palermo, ebd. 1784 (Neudruck: Neapel 1859); danach J. Deer, Der Kaiserornat Friedrichs II., Zürich 195z (Diss. Bernenses II, z) T. II, 3· 3 Vgl. dazu unten S. 75· 4 Helena Polaczk6wna, Genaza orla Piastowskiego, in Roczniki Historyczne (Histor. Jahrbücher) 6, I, Posen 1930, S. Iff. (dazu Artikel im Kurjer Poznanski 1930/31); vgl. das Referat in den Ostland-Berichten V, 1931, S. 3z9-331.
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III. Die Fragmente dreier in Polen erhaltener Kronen
Wir dürfen noch einen Schritt weiter gehen. An der Frauenkro ne mit den sechs Reichsadlern an den Hauptglie dern und den sechs Adlern von abweichendem Typ an den Nebenglie dern können diese nicht auf das Regnum oder auf das Imperium oder auf das staufisehe Geschlecht, das genus aquilae, bezogen werden, das- wie J. Deer im Abschnitt V zeigen wird - in der Zeit Friedrichs II. den Adler zu seinem Geschlechtszeichen machte. Sie müssen vielmehr als die Wappenfi gur der Fürstin angesehen werden, für die dieser Reif bestimmt war. Um welche es sich handelt, ist leicht zu beantwort en; denn unter den Frauen und Schwiegertöchtern Friedrichs gab es nur eine, die einen Adler im Wappen führte!, nämlich jene Margare te von Österrei ch aus dem Babenbe rger Hause, die am 29. Novembe r 1225 in Nürnberg mit Friedrichs ältestem Sohne, dem unglücklichen König Heinrich (VII.), vermählt wurde. Anderthal b Jahre später, am 28. März 1227, wurde sie durch den Erzbischo f Heinrich von Köln in Aachen zur Königin gekrönt. Die Absetzung ihres Gatten (I 235) verdrängt e auch sie für ein Jahrzehnt von derpolitis chenBühn e 2 • Als Entstehungszeit für ihre Krone kommen also nur die Jahre 1225-35 in Frage, was genau mit dem von uns ermittelte n Zeitraum zusammentrifft 3 • Da die Krone am Querbalke n mit der "Margar etenkron e 4" - so können wir jetzt sagen- ein Paar bildet, dürfen wir diese nunmehr die "Heinric hskrone " nennen: sie muß für Heinrich (VII.) angefertigt worden sein. Nicht erklären lassen sich auf diese Weise die Wappensch ilde der zu Fuß und zu Pferd kämpfenden Ritter auf der "Heinrichsk rone". Sie sind in beiden Fällen mit Schrägrecht sbalken belegt. Glatte, also goldene oder silberne Streifen wechseln mit gepunzten ab, die man sich also farbig vorzustellen hat (rot, blau usw.; an die später üblichen Tinkturen: gepunktete Flächen = Gold ist in so früher Zeit natürlich noch nicht zu denken). Hier handelt es sich offensichtlich nur um ein Phantasiewa ppen, das der Goldschmie d erwählte, weil es auch bei kleinstem Maßstab durch Ritzen und Punkte dargestellt werden konnte.
Das Wappen, das Heinrich (VII.) als Sproß des schwäbischen Stauferhauses führte, waren drei schreitende schwarze Löwen auf goldenem Grunde. Mit ihnen ist - soviel man noch erkennen kann - der Schild belegt, den der König auf einem erst 1940 aufgedeckten Wandbild in der 1 Außer G. A. Seyler, Gesch. der Heraldik, Nürnberg 1885/89 vgl. K. v. Sara, Siegel der österr. Regesten bis auf Kaiser Maximilian I., Wien 1864/71, und 0. Frhr. v. Mitis, Studien zum älteren österr. Urkundenw esen, Wien 1912 (Bd. III des Urkundenbuch es zur Gesch. der Babenberge r mit deren Siegelinven tar, hrsg. von 0. Frhrn. v. Mitis, ist noch nicht erschienen). 2 Außer E. Maschke, Das Geschlecht der Staufer, München 1943, vgl. auch noch W. Kowalski , Deutsche Königinnen und Kaiserinnen von Konrad III. bis zum Ende des Interregnum s, Weimar 1913, sowie Thilo Vogelsan g, Die Frau als Herrseherin im Mittelalter, Göttingen 1954 (Göttinger Bausteine VII), S. 67. 3 Auch hier kamen mir Rat und Hinweise des Kollegen Dr. W. Wegener zu Hilfe. 4 Über eine weitere Krone, die die Königin 1248 verschenkte , vgl. unten S. 138. Der Österreichische "Bindensch ild", der von 1232 an in Aufnahme kam und mit der Zeit den Adler der 1246 im Mannesstam m erlöschende n Babenberge r ersetzte, wies nur einen einzigen silbernen Streifen auf, der den Schild außerdem senkrecht zerteilte.
Die kunsthistorische Einordnung
Sechseck-KapelleauE der Komburg (Schwaben) trägt (Abb. 92) 1 • Ihm würde man nicht ansehen, daß es sich um einen König handelt; er ist als Ritter gekleidet, und da sein Helm nicht wiedergegeben ist, war auch kein Anlaß, eine Helmkrone anzubringen. Daß es sich um einen Fürsten handelt, zeigt die ihm gegenüber kniende Frau, die eine Krone und fürstliche Gewänder trägt. Nach den Besitzverhältnissen kommt an dieser Stelle nur ein staufisches Paar in Betracht und zwar auf Grund der durch den Stil der Malerei sowie durch die Mode der Tracht gesicherten Entstehungszeit ein 1220-30 im Bild festgehaltenes. c) Die kunsthistorische Einordnung
Wenn ich jetzt auf den kunsthistorischen Weg einbiege, überschreite ich die Grenzen meines Fachgebiets. Aber ich glaube das wagen zu können, da ich das Problem mündlich und schriftlich mit Kunsthistorikern erörtern konnte: Landeskonservator Heinrich Kohlhaussen (Veste Coburg), Prof. Dr. Heinz RudolfRosemann (Göttingen) und Museumsdirektor Dr. Hermann Schnitzlet (Köln). Vor allem bin ich Dr. Peter Metz (Nürnberg) für seine Anregungen verpflichtet. Dankbar verwende ich im folgenden die Hinweise und Argumente, die sich für mich aus diesen Erörterungen ergeben haben. Wir setzen ein bei dem Hauptkennzeichen der Krone am Querbalken, dem Rankenwerk, in das Figuren und figürliche Szenen eingeflochten sind; denn bei dieser Eigenart der "reicheren" Krone handelt es sich um etwas, das nicht alltäglich ist. V argebildet ist es in den Initialen der ottonischen Buchmalerei, in der sich besonders die Reichenauer Schule durch die V ereinigung von Rankenwerk und Figuren auszeichnete 2 • In Stein findet man es dann an den Kapitellen und in Metall an den Füßen von Leuchtern, Kreuzen usw., und dabei offenbart sich der Reichtum der mittelalterlichen Phantasie. Aus dem Anfang des 12. Jahrhunderts bildet das einprägsame Beispiel der Leuchter von Gloucester, der noch in demselben Jahrhundert nach Le Mans gelangte. Um jedoch dem zwar auch noch einfallsreichen, aber doch gezügelten Stil der "reicheren" Krone nahezukommen, müssen wir bis in das hohe Mittelalter herabgehen. Wir verweisen zunächst auf die Giebelkämme des Anno-Schreins in Siegburg, eines Werkes der Kölner Schule, das nicht vor der Erhebung der Gebeine Annos (II83) begonnen sein kann und wohl kaum vor uoo fertiggestellt war (Abb. 27a) 3 • Die Schwere des Gerankes und die Befangenheit der püppchenhaften Gestalten zeigen, daß wir noch nicht im Umkreis der Krone sind. Diesem kommen wir erst näher, wenn wir den im r6. Jahrhundert der Mailänder 1 H. Decker-Hauff, Spätromanische Fürstenbilder auf der Komburg, im Jahrbuch "Württembergisch Franken" N. F. 28/29, 1953/54, S. 85-98 (hier S. 91f. über das Wappen). 2 A. Schardt, Das Initial. Phantasie und Buchstabenmalerei des frühen Mittelalters, Berlin 1938, bes. S. 150 und Taf. bei S. 172. 3 J. BraunS.]., Meisterwerke der deutschen Goldschmiedekunst der vorgotischen Zeit, München 1922, S. 16f mit Taf. 77-82 (hier wiederholt).
III. Die Fragmente dreier in Polen erhaltener Kronen
Kirche geschenkten und nach dem Stifter benannten Trivulzio-Leuchter ins Auge fassen, einen echten, aber in der Form- dank größerer Nähe zum antiken Erbe - disziplinierteren Nachfahren des Leuchters von Gloucester, der ungefähr so alt ist wie der Anno-Schrein. Zu der These, daß dieser Leuchter aus der Maas-Schule stammt, ist neuerdings noch die weitere gekommen, daß es sich um eine englische Arbeit handelt. Sie könnte sich auf Elfenbeinfragmente berufen, die sich in London befinden und von denen eines 1920 auf dem Boden der einstmals berühmten Abtei St. Albans gefunden wurde: sie zeigen Figuren in kurzem Gewande, die regelrecht in das gerollte Bandwerk hineingeflochten sind. Aber gleich bei der Bekanntgabe des neuen Fundes ist von englischer Seite geltend gemacht worden, daß durch die Fundstätte die Herstellung in England noch keineswegs gesichert sei; es könne sich ebensogut um Import oder auch um Werke von Künstlern handeln, die vom Festlande herangezogen wurden 1 • Hier zeigt sich, auf wie ungesichertem Boden wir uns noch bei der Lokalisierung selbst von Werken ersten Ranges bewegen. Denn um ein solches handelt es sich bei dem Trivulzio-Kandelaber (Abb. 26 b-d) 2 •
Man denkt zunächst an eine Kaskade, die den Leuchter so überspült, daß seine Grundform gerade noch durchscheint; vertieft man sich in die Einzelheiten, dann gewahrt man, daß das Wirrsal der Formen nur scheinbar ist, daß es sich vielmehr um ein unendlich kompliziertes Geflecht von Ranken und Figuren handelt. Die Gestalten, den englischen Fragmenten durch ihre Natürlichkeit überlegen, klettern in ihm wie selbstverständlich herum, indem sie in die Ranken als Stützen hineinpacken oder aus ihnen sich zu befreien trachten. Dazu gehören noch Untiere, seltsam verschlungen wie die der germanischen Kunst, von denen sie letzthin abstammen, aber doch - genau so wie die Menschen - zu ornamentaler Eingliederung gezwungen. Blickt man vom Trivulzio-Leuchter auf die "Reichere Krone", dann tritt die Verwandtschaft in dem Ineinander von Gerank, menschlichen Figuren und stilisiertem Getier heraus. Aber auch die Unterschiede springen in die Augen: bei der Krakauer Krone ist das Geranke zu einem durchsichtigen Geflecht geworden, das gespinstartig über dem Grunde schwebt und wie zartes Gewächs zwischen Doppelfenstern anmutet. Man ist versucht, die Blätter darauf zu prüfen, welche Pflanzen, welcher Baum gemeint sind, d. h. wir befinden uns hier schon in der Nähe der spätstaufiseben Kapitelle, bei denen diese Frage sich ja genau beantworten läßt 3 • Ähnlich ist es um die Gestalten bestellt, bei denen erst recht gefragt 1 H. H. King and 0. M. Dalton, A Carved Ivory Fragment ofthe XII. Century, discovered at St. Albans, in: The Antiquaries Journal 2, 1922, S. 1-5. 2 Vgl. jetzt 0. Hamburger, Der Trivulzio-Kandelaber. Ein Meisterwerk frühgotischer Plastik, Zürich 1949. 3 Für die Verknüpfung von Menschen und Tieren mit Gerank verweise ich auf den Stuckfries in der Halberstädter Liebfrauenkirche sowie die Kapitelle in Maria-Laach (Westvorhalle) und in der Pfarrkirche von Andernach (Südportal), die alle um 1225 entstanden sind. Doch sind die Bedingungen der Steinplastik so anders, daß ganz genaue Parallelen in ihr nicht erwartet werden können. Viele Beispiele für Tiere und Figuren in Gerank aus der Zeit vor und nach 1200 bei A. Diepen, Die roman. Bauornamentik in Klosterrath, Haag 1931.
Die kunsthistorische Einordnung
werden darf, welchem Stande sie angehören. Entsprechend läßt sich bei den Vögeln sagen, daß es sich um die und die Gattung handelt; bei ihnen fühlt man sich an das "Vogelbuch" Friedrichs II. mit seinen verblüffend wirklichkeitsgetreuen Wiedergaben erinnert. Die Zartheit der Ranken geht noch über die Zierlichkeit des Ornaments an den Stockholmer Kronen hinaus, die insofern ein anderes Prinzip befolgen, als sie den Grund viel konsequenter decken, als das bei der "reicheren" Krone der Fall ist. Daß diese andererseits auch wieder nicht allzuweit von dem Trivulzio-Leuchter abgerückt werden darf, zeigen die an der Verdickung von dessen Schaft angebrachten Reiter, die in der Art, wie sie am Geranke entlangreiten, mit denen der "reicheren" Krone verwandt sind (Abb. z6b) 1 • Als Station auf dem Wege, der vom Trivulzio-Leuchter zu den Krakauer Reifen führt, nenne ich eine Zierleiste am Schrein der Heiligen Drei Könige im Kölner Dom (Frontseite), der in der Königszeit Ottos IV. (n98-1209) angefertigt wurde (vordere Unterkante des oberen Schreins) (Abb. 27a)1. Die Ritter in zeitgenössischer, aber etwas älterer Tracht dringen mit gleicher Wucht aufeinander ein, aber sie sind nur im Relief wiedergegeben und fügen sich noch fest dem kreisrunden Ornament ein. Beim Rankenwerk ist noch augenfälliger, daß die Zierleiste zeitlich vorausgeht. Ritter zu Pferde mit eingelegter Lanze, die als geringwertige Kunstwerke von den Krakauer Figuren abgesetzt sind, aber sonst als Parallele herangezogen werden dürfen, sind neuerdings durch Ausgrabungen in Magdeburg zutage gefördert worden (Abb. 27b-c). Professor Dr. W. Unverzagt, der die Leitung hatte und mir bereitwillig Photographien überließ, teilt mir dazu mit, daß durch die keramischen Begleitfunde die Mitte des 13. Jahrhunderts für diese überraschende und noch der Erklärung bedürfende Entdeckung gesichert ist. Es handelt sich um Figürchen in Zinnguß, die auf eine - mit der Krakauer Unterkante vergleichbare- Leiste gesetzt sind. Man erkennt Greifen, Ritter, Frauengestalten, Bäume und jene uns von den Siegeln und Münzen vertraute Sigle für "Stadt". Wie weit die Szenen sich genau wiederholen, muß noch die Publikation des Fundes klären; sie wird auch zu erörtern haben, ob es sich auch hier - wie bei der Krakauer Krone nur um Kampf- und Jagdszenen handelt oder um die Wiedergabe einer bestimmten "Geschichte".
Die kunsthistorische Prüfung führt also gleichfalls dazu, die beiden Krakauer Kronen in das zweite Viertel des 13. Jahrhunderts zu setzen, 1 Als weitere Parallele nenne ich eine Schnalle mit Reiter, Jungfrau und Knappen(?) aus Dune (Gotland) im Stockholmer Statens Historiska Museum. Sie ähnelt nach m.E. sehr der Gürtelschnalle mit Reiter, Frau und Knappen aus dem späten(? )I 3. Jh. im Nationalmuseum zu Kopenhagen, die J oan E vans, Art in Mediaeval France 987-1498, London 1948, Abb. r66a abgebildet hat. Nicht verfolgen läßt sich z.Zt. eine Spur, auf die mich H. Kohlhaussen aufmerksam machte: Zierstücke unbekannter Verwendung aus dem 13. Jahrhundert im Ungar. Histor. Museum (Budapest): "ein über einen Kreis hochgewölbtes Gerank mit zwei aus den Ranken entwickelten, drachenartigen, einfachen Tieren, deren Köpfe herauszuragen scheinen" (nach J.Deer identisch mit dem Objekt, abgebildet in Madyar Müvelödestörtenet = Ungar. Kulturgesch. I, S. 569, oder mit der Scheibe, abgebildet bei T. Gerevich, Madyarorszag romankori emlekei = Die Denkmäler Ungarns aus romanischer Zeit, 1933, T. zz8, 3).
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Abh. Phil. Hist. Kl., 3· F., Nr. 36 Schramm
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III. Die Fragmente dreier in Polen erhaltener Kronen
bestätigt also die bereits von der polnischen Forschung vertretene Auffassung. Um welche Schule handelt es sich? Bochnak und Pagaszewski haben ihr Augenmerk auf die Arbeiten des Hugo von Gignies gerichtet und sowohl Entsprechungen als auch Unterschiede festgestellt 1 • Gewichtig ist die Feststellung, daß Hugo nicht aJour arbeitete, wie das der Meister der Krakauer Kronen getan hat. Auch gewahrten sie bei ihm eine bereits größere Nähe zur Natur, als sie das Krakauer Blätterwerk erkennen läßt. Diese Tatsache läßt sich - wie noch zu zeigen ist - nicht dadurch erklären, daß der Meister der Krakauer Krone im Osten saß und deshalb hinterherhinkte. Doch bleibt es bei der Feststellung, daß er nicht der unmittelbaren Schülerschaft Hugos von Gignies angehört haben kann. Andrerseits besteht kein Zweifel, daß er durch Stil sowie durch Technik von der Werkstatt der Stockholmet Kronen abgesetzt ist. Die Frage kompliziert sich dadurch, daß bei vielbegehrten Goldschmieden damit zu rechnen ist, daß sie von Auftraggeber zu Auftraggeber wanderten, daß es also im besten Falle nur möglich ist, ihre künstlerische Herkunft zu bestimmen. Nach den Feststellungen, die sich ergaben, sind wir berechtigt, den Meister der Krakauer Kronen in den Umkreis der niederrheinisch-lothringischen Goldschmiedekunst einzugliedern, die in Köln, Lüttich und Verdun drei durch große Meister ausgezeichnete Zentren, daneben aber auch noch andere Werkstätten von Rang besaß und sich weithin auswirkte. Diese Feststellung wird allerdings problematisch durch einen Hinweis, den ich Dr. Peter Metz verdanke. Dieser hat seine Absicht, über die Einwirkung der MaasSchule auf die Bauskulptur und das Kunstgewerbe in Oberitalien und Toskana zu arbeiten, nicht zu Ende führen können, ist aber doch zu der Feststellung gelangt, daß sie im I 3. Jahrhundert beträchtlich war. Deshalb ist anzunehmen, daß nicht nur Arbeiten dieser Schule, sondern auch ihr entstammende Meister nach Italien gelangt sind oder Italiener nach Norden kamen, um sich dort ausbilden zu lassen. Es wäre also allenfalls denkbar, daß ein im lothringisch-niederrheinischen Raum geschulter Künstler die Krakauer Krone auf italienischem Boden hergestellt hat 2 • Ohne daraus voreilig Schlüsse zu ziehen, sei hier auf einen uns ausnahmsweise namentlich bekannten Goldschmied hingewiesen, der die Gunst des Staufischen Kaiserhauses genoß. Er taucht zuerst in einer Urkunde auf, die der König Heinrich (VII.) am 8. März 1229 in Hagenau ausstellte 3 • Durch diese verlieh er egestati Dietrici aurifabri 1 Sie stellten fest, daß der Kronenmeister sich sowohl von Hugo als auch von den sonst bekannten niederlothringischen Goldschmiedearbeiten des 13. Jahrhunderts absetzt. Sie kamen daher zu dem Schluß, "daß die Krakauer Kronen von einem älteren, mehr konservativ gesinnten Goldschmied, der nicht imstande war, sich mit dem frühgotischen Naturalismus zu befreunden, verfertigt wurden ... Die überaus farbenreichen, zarten und vornehmen Krakauer Kronen gehören zu den ungemein seltenen Denkmälern profaner Goldschmiedekunst aus jener Zeit, in welcher die gotischen Stilformen in das Romanische einzudringen beginnen." 2 Prof. Dr. Hans Hahnloser (Bern) teilt mir mit, daß im Goldfiligran des Markusschatzes, dem sog. opus Venezianum, in der spätstaufischen Zeit plötzlich Trauben und Blätter auftauchen, die auf Anregungen aus dem Maas-Gebiet zurückgehen müssen und am Ende des 13. Jahrhunderts wieder verschwinden. 3 Urkundenbuch zur Gesch. der jetzt die preußischen Regierungsbezirke bildenden mittelrhein. Territorien, bearb. von H. Beyer u.a. III, Coblenz 1874, Nr. 341, fälschlich zu: 1228 (Böhmer-Ficker, Reg. Imp. Nr. 4129).
Die Beziehung der Krakauer Kronen zu Polen nostri de Co!onia tamquam bene merito und seinen Erben domum nostram Bopardia sitam versus chorum monasterii ibidem mit allem Zubehör als Lehn. Nachdem der König durch seinen Vater gefangenge setzt worden war (r235), tritt Meister Diedrich in dessen Dienste. Zu unbekannte r Zeit hat er noch weitere Vergünstigu ngen erlangt; denn im September r240 bestätigt Friedrich II. von Faenza aus in einer Urkunde, die nur in einer älteren Übersetzun g erhalten ist, daß Dederich eyn Go!tsmide von Boparten unser getruwe Diner das von ihm dort besessene und mit dem Verkaufsrec ht beliehene Lehnsgut, besonders das dortige Marktamt, eine Karre Wein von der kaiserlichen Kelter und zehn Maß Frucht an den Landgraf Heinrich von Thüringen verkaufen dürfe 1 . Es ist nicht nachzuweisen, daß Kaiser Friedrich II. noch einem zweiten deutschen Goldschmie d solche Gunst erwiesen hat.
Bei der weiteren Forschung wird man diesen Diedrich von Köln, der als Lehnsmann der Staufer nach Boppard am Rhein gelangte, im Auge behalten müssen. Sie wird so zu fragen haben: Läßt sich irgendein anderes Kunstwer k dieser Zeit mit ihm in Verbindu ng bringen? Durch welchen Stilcharakter ist dieses gekennzeichnet? Ergeben sich von da aus Beziehungen zu einer der beiden Kronengr uppen? Oder handelt es sich hier um den Leiter einer dritten für den Kaiser tätigen Werkstatt ? Wir konnten feststellen, daß die Krakauer Kronen für eben diesen König Heinrich und seine Gemahlin hergestellt wurden und daß diese Beziehungen zur Kölner Metallkun st erkennen lassen. Als Forschung sthese bringen wir die Vermutung vor, daß der Meister dieser beiden Kronen eben dieser von Heinrich so sichtbar ausgezei chnete Diedrich von Köln war. d) Die Beziehung der Krakauer Kronen zu Polen
Hier ist ein zunächst naheliegender Einwand zu erörtern. Für A. Bochnak und J. Pagacze wski, die ja bereits zu derselben Datierung gelangt sind wie ich, war es selbstverständlich, daß Kronen, die sich in Polen erhalten haben, auch für polnische Herrscher angefertigt sein müssen. Bei der Erwägung, welche polnischen Herrscher mit den Kronen in Verbindung gebracht werden können, sind sie zu der Annahme gekommen, daß die Plocker Krone, von der noch zu sprechen sein wird, mit dem Herzog Konrad I. von Masowien Ct r247) zusammenh ängen könne, der in Plock residierte, und die Krakauer Kronen mit dem Herzog Boleslav dem Schamhafte n von Krakau (r243-r279 ) und seiner Gemahlin, der seligen Kunigunde, einer Tochter des Königs Bela IV. von Ungarn. Dafür schien ihnen zu sprechen, daß in der Nähe von Plock das Augustinerc horherrenkl oster Czerwinst lag, das im r2. Jahrhunder t von einem Niederlothr inger begründet worden war und bis zum r5. Jahrhunder t der Kongregati on von Arrouaise in der Diözese Arras angehörte. Auf diese Weise glaubten sie eine Beziehung zwischen Plock und der von ihnen vermuteten Heimat der Krone plausibel gemacht zu haben. Die beiden Gelehrten haben allerdings bereits darauf hingewiesen , daß es sich um Herzöge handelt, bei denen keine Königskron en anzunehmen sind 2 • Sie sprachen die 1 Ebd. Nr. 684 (Böhmer-F icker a.a.O. Nr. 3142 = Regesta dipl. necnon epist. hist. Thuringiae, bearb. von 0. Dobenecker III, Jena I925, Nr. 9r5). -Es sei darauf hingewiesen , daß Friedrich II. im Mai r236 auf dem Wege von Marburg nach Frankfurt in Boppard geweilt und bei dieser Gelegenheit die Schenkung eines dort gelegenen Hauses bestätigt hatte; vgl. Mittelrhein. UB. Nr. 56r (Böhmer-F icker a.a.O. Nr. 2r6 = Dobeneck er a.a.O. II, Nr. 56r). 2 Vgl. zum folgenden Abschnitt 43: "Geschichte des polnischen Krönungsbrauchs" in: Herrschafts zeichen und Staatssymbo lik III.
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III. Die Fragmente dreier in Polen erhaltener Kronen
Kronen deshalb nur als "Diademe zum Kopfschmuck, nicht aber Krönungsinsignien" an. Diese Deutung zerbricht, sowie man sie fester anpackt. Auf ihren Siegeln erscheinen die polnischen Teilherzöge als galoppierende Ritter mit dem Topfhelm, und irgendwelche Belege, daß sie Kronen oder Reifen oder etwas Ahnliebes getragen hätten, fehlen, soweit ich sehe, völlig. Da selbst die deutschen Herzöge des 14. Jahrhunderts sich noch mit einem Fürstenhut begnügten 1, ist auch nicht anzunehmen, daß die polnischen Herzöge bereits ein Jahrhundert früher noch höher hinausgewollt hätten. Für Konrad I. von Masowien haben wir sogar einen Beweis. Denn auf der von seinen Söhnen der Plocker Kirche gestifteten Patene (zw. 1248-1262) haben sie sich beide ebenso wie ihren Vater barhäuptig darstellen lassen; Christus allein trägt eine Krone 2 • Für die Krakauer Reifen kommt also nur ein König in Betracht.
Przemyslaw II. (I295 /96) war der erste der Piasten, der zur Königswürde gelangte. Da er sie aber nur ein paar Monate behauptete, ohne sich im Lande voll .und ganz durchgesetzt zu haben, brauchen wir auch ihn noch nicht in Betracht zu ziehen. Die eigentliche Geschichte des Königtums in Polen beginnt erst mit der I 3zo in Krakau vollzogenen Krönung des bisherigen Herzogs Wladyslaw Lokietek, von dem an die polnischen Herrscher die Königswürde ständig festgehalten haben. Kronen, die älter sind als I 2.90, können demnach für keinen Piasten bestimmt gewesen sein 3 • Es muß sich also um Kronen handeln, die durch Kauf oder sonstwie nach Polen gelangt sind. e) Die formgeschichtliche Einordnung der Krakauer Kronen
Es bleibt noch ein weiterer Einwand auszuräumen, der sich aus der Form der beiden Kronen ergibt. Dr. Peter Metz (Germanisches Museum in Nürnberg) wies mich hin auf die zwiebelartigen, für den byzantinischen und islamischen Bereich charakteristischen Ornamente, die an die Stelle 1 G. Tellenbach, Über Herzogskronen und Herzogshüte im Ma., in: Deutsches Archiv 5, 1941, S. 55-71. Aufschlußreich ist es, zu beobachten, wie sich die Künstler des Grabmals, das Maximilian I. für sich vorbereiten ließ, aus der Schwierigkeit zogen, dessen Großmutter Zirnburgis von Masowien, die Gemahlin des Erzherzogs Ernst (1377-1424), so darzustellen, daß sie hinter den gekrönten Figuren der Innsbrucker Hofkirche nicht zurückstand: ihre 15 13 in der Werkstatt des Gilg Sesselschreiber gegossene Figur trägt eine spitzkegelige Haube mit dickem, wulstigem Rand, und wo sich Rand und Kegel berühren, läuft um die Haube noch eine reich ornamentierte Krone herum. Also mehr ein Haubenzierat als eine richtige Krone, die Zirnburgis ja weder als jagellonische Herzogstochter noch als Erzherzogin getragen haben kann; vgl. E. F. Bange, Das Grabmal Kaiser Maximilians I. in der Hofkirche zu Innsbruck, Berlin 1946 (Der Kunstbrief); doch fehlt hier eine Abbildung der Zimburgis. 2 Die Patene und der dazu gehörende Kelch, Schöpfungen eines niedersächsischen Meisters, wurden behandelt von Erich Meyer, Der Kelch von Schröttersburg, in Pantheon 1943 S.18-23 (mit 7 Abb.); schlechte Wiedergabe bei A. Przezdziecki et E. Rastawiecki, Monuments du moyen-äge et de la Renaissance dans l'ancienne Pologne, H:re serie, Watschau-Paris 1853/55, Abschn. Nr. 13. 3 Ich halte es für nötig, hier zu berichten, daß ich zunächst versucht habe, die Krakauer Kronen in das 14. Jahrhundert zu datieren, und auch in diesem Sinne meine kunsthistorischen Gewährsmänner befragt habe. Erst als sich auf jedem der verfolgten Wege ein so später Ansatz als unmöglich erwies, bin ich auf die hier vorgetragene Lösung gekommen.
Die formgeschichtliche Einordnung der Krakauer Kronen
der sonst üblichen Lilien und Kreuze getreten sind, und die letzthin byzantinisch-spätantike Gliederung des Reifs in fast quadratische Felder mit den vorspringenden Steinen auf ihren Kästchen und sprach die Kronen deshalb als Werke eines Westeuropäers in Osteuropa oder eines unter westlicher Einwirkung schaffenden Osteuropäers an. Heinrich Kohlhaussen kam von ähnlichen Beobachtungen aus zu der Überzeugung, daß es sich wegen der Berührung mit dem Osten um eine östliche, zum mindesten um eine kolonialdeutsche Arbeit handeln müsse, die er - nur im Hinblick auf die bei ihr vorauszusetzende provinzielle Rückständigkeit - erst in die zweite Hälfte des 1 3. Jahrhunderts setzte. Der Leser des Beitrags Nr. 18: "Mittelalterliche Frauenkronen in Ost und West", den J osef Deer zu dem Buche "Herrschaftszeichen und Staatssymbolik" beisteuert, wird erkennen, wie treffsicher diese Beobachtungen sind. Denn Deer hat dort die Entwicklung der Frauenkrone dargestellt und zeigen können, wie der Typ der vielgliedrigen Krone mit Feldern, die höher sind als breit und oben eine spitze oder spitzovale Kontur haben, entstanden ist und wie er sich von Byzanz aus einerseits nach Westen, andererseits nach Osten verbreitete. Die vom Kaiser Konstantin IX. Monomachos in der Mitte des 11. Jahrhunderts nach Ungarn geschenkte Frauenkrone (Abb. 34) hat noch schmale, oben abgerundete Platten, die nicht unterteilt sind. Die Beispiele, die Deer aus Rußland beibringt, Frauendiademe aus der Mitte des 12. Jahrhunderts, die in und bei Kiew gefunden wurden (Abb. 35 und 36), haben dagegen Platten, die in ihrem Umriß genau den Krakauer Kronen entsprechen. An diese Diademe, bei denen man annehmen muß, daß sie bestimmt waren, Frauen zu schmücken, bei denen aber nicht sicher ist, ob es sich um Fürstinnen handelt, schließt ein Reif an, der nach der Überlieferung einmal als Krone - und zwar für einen Herrscher - gedient hat, allerdings nur in einer umgearbeiteten Form erhalten ist. Es handelt sich um die- im ersten Weltkrieg nach Rußland gebrachte, aber 1921 auf Grund des Vertrages von Riga zurückgegebene - Mitra des ruthenischkatholischen Bischofs von Przemysl (Galizien), bei der die Stoffkappe, die Bügel und das bekrönende Kreuz zweifellos als spätere Zutaten anzusehen sind (Abb. 37). Anders der Reif, bei dem es sich nach der lokalen Überlieferung um die Krone handelt, die 125 3 in Drohitczin (Wolhynien) der päpstliche Legat Opizo, Abt von Mezzanum, benutzt haben soll, als er den Fürsten Daniel (Danylo) von Galizien und Wolhynien weihte 1 • Durch den Tatarensturm, der auch über seine Lande hin1 Vgl. zum folgenden A. M. Ammann S.].. Abriß der ostslawischen Kirchengeschichte, Wien 1950, S. 55f. (dort ist die Krone kurz erwähnt), und S.71-73. Prof. Ammann verdanke ich den Hinweis und eine Abbildung der Krone.- Unergiebig ist der Aufsatz von Lev Zepkyj, Peremys'ka mitra-korona (Die Przemislidische MitraKrone), in (links): Our Lview Jubilee Almanac- (rechts): Nas L'viv Jubilejny Zbirnyk !252-1952, New York 1953, S. 195-200 (das Buch, auf das mich H. Au bin aufmerksam machte, lieh mir das J. G. Herder-Institut in Marburg aus, dessen wissenschaftlicher Dienst IV, 1954, S. 61 über das Buch referiert hat; den Text übersetzte mir cand. phil. K. H. Pollok). - Neuerdings hat sich der ukrainische Historiker Dr.
III. Die Fragmente dreier in Polen erhaltener Kronen wegbraustel, war dieser Rurikide von den übrigen Teilfürsten seines Geschlechts abgeschnitten worden. Statt wie seine Verwandten zu warten, bis sie den Befehl erhielten, hatte er sich 1245 freiwillig bei Batu eingefunden, was ihn nicht hinderte, mit Hilfe des als Erkunder des Mongolenreiches und Missionar bekanntgeworden en Pian Carpino mit der römischen Kirche anzuknüpfen. Er mußte diese Beziehungen aus Furcht vor den Tataren zwar wieder abbrechen, aber dann verminderte sich die Bedrohung seines Reiches von Osten her, und daher konnte er wagen, sich und sein Reich dem Papste zu unterwerfen - darin liegt die Bedeutung seiner Krönung. Lange bestand dieser Bund, der zugleich den Bruch mit der orthodoxen Kirche bedeutete, nicht. Doch gelang es seinen Nachkommen, die sich in zwei Linien spalteten, sich in Kalisch und Wolhynien zu behaupten. In der Mitte des 14. Jahrhunderts fiel Kalisch an Polen, Wolhynien an Litauen 2 • Was es damals an Herrschaftszeiche n gegeben hat, war fortan ohne Bedeutung. Wir wollen uns auf den Stammvater des Hauses, den 1264 verstorbenen Daniel, nicht festlegen; denn Traditionen heften sich ja nur allzugern an hervorstechende Persönlichkeiten und markante Ereignisse. Wir halten also die Möglichkeit offen, daß erst einer seiner Nachkommen sich die Krone machen ließ, lassen jedoch die Tradition gelten, daß die Mitra tatsächlich aus einer Krone hervorgegangen ist. Denn sie besteht aus vier größeren und vier kleineren Gliedern, die sich ablösen und mit jenem uns von dem verwandten Reif her vertrauten dreipaßartigen Ornament überhöht sind. Auch sind die Platten selbst in der Mitte mit - aus der Fläche emporgehobenen - Edelsteinen verziert. Ein Unterschied zu dem bisher angeführten Reif besteht nur in den Perlensäumen, die oben und unten um den Reif herumlaufen und seine Glieder voneinander trennen - das ist ein auf abendländischen Kronen von der karolingischen bis in die staufisehe Zeit zu verfolgendes Motiv, das also seinen Weg bis naeh Wolhynien gefunden hat und uns in der Auffassung bestärkt, daß es sich bei der Mitra ursprünglich um eine Krone handelt. Was es mit dem auf Grund des Kronentyps gleichfalls als Zutat anzusprechenden Hauptbügel auf sich hat, läßt sich an der Hand der Abbildung nicht entscheiden; man müßte untersuchen, wie er am Reif befestigt ist und wie sich seine Ornamente sowie seine Legierung zum Reif verhalten 3 • Erforderlich wäre, daß Michajlo Hocij mit derPrzemysler Krone befaßt: Mindaugas und seine Krone, in Zeitschrift für Ostforschung III, 1954, S. 36o-86. Er kennt trotz anerkennenswerte r Bemühungen den Sachverhaltnicht und sieht daher in der Krone die des 125 r /53 -gleichfalls durch einen päpstlichen Legaten-zumKö nigvon Litauen gekrönten Mindaugas, obwohl sie erst r6or angefertigt ist und ihre Vorlage ein Parallelstück zu den Krakauer Reifen war. Von den weiteren Kombinationen des Verf. sehe ich hier ab, da sie vollends im Nebel unbeweisbarer Vermutungen bleiben. Ein Aufsatz über die Przemysler Krone soll folgen. Einen weiteren Aufsatz von Dr. M. Hocij: Ist die sogenannte "Dalmatica Karls des Großen" in Rom das Krönungsornat Jaropolks"?, in: Chrystyjanskyj Holos (Christliche Stimme), Osternummer 1954, habe ich nicht gesehen. 1 Die Tataren zerstörten 1241 Halyc (= Krylos), das roo Jahre lang die Residenz gewesen war. Über die dort aufgefundenen Ruinen vgl. J. Pasternak, Die neuentdeckte maLe Kathedrale in Krylos, in Jahrbücher für osteurop. Gesch. III, 1938, S. 395 ff. (Vorbericht in der Slawischen Rundschau, Prag 1937, Heft 6, S. 382-384). 2 Bei der Eroberung Lernbergs (1340) durch Kasimir den Großen fielen diesem reiche Schätze in die Hand, unter anderem auch duo preciosissima tfyademata et una tunica valde preciosa necnon sella auro et gemmis adornata; nach einem Ms. zitiert bei PrzezdzieckiRastawiecki a.a.O. II, Abschn. P. Pp., wo anschließend die entsprechende Angabe des Dlugosz angeführt wird. Die angeführte Stelle steht in den Rocznik Trzaski (Mon. Poloniae historica, ed. A. Bielowski II, Lernberg 1872, S. 8o6). Der Reif der Mitra kann nicht gemeint sein, da nicht anzunehmen ist, daß die Piasten eine dieser Kronen nach Galizien zurückgeschenkt haben. 3 Nach Mitteilung von A. M. Ammann ließ Mitrat Podolinskyj, der zwischen 1890 und 1905 Verwalter der Przemysler Schatzkammer war, das Metall der Krone
Die formgeschichtliche Einordnung der Krakauer Kronen
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Kenner der östlichen Mitra und Kunsthistoriker, die mit der Entwicklung im gaUzischwolhynischen Raum vertraut sind, sich dieses Denkmals annehmen und dazu verhelfen, daß das Alter der Krone eingegrenzt und ihr der ihr zukommende Platz eingeräumt wird.
Angeschlossen sei hier eine in Halle bis in den Anfang des I6. Jahrhunderts nachweisbare, wohl gleichfalls aus der ersten Hälfte des 13· Jahrhundert stammende Krone, auf die J. Deer aufmerksam gemacht hat (Abb. 38). Sie schmückte einmal ein heute verlorenes Büstenreliquiar der Heiligen Barbara, das einstmals in der Reliquiensammlung des Kardinal-Erzbischofs Albrecht vonMainz in Halle bewahrtwurde 1 • Die Krone, die wohl sicherlich nicht von Anfang an zu der Büste gehörte, unterscheidet sich von den angeführten dadurch, daß ihre Ornamente nicht spitzoval sind, sondern mit geraden Kanten spitz zusammenlaufen. Die vier über Stirn, Scheitel und den Ohren sind höher und bekrönen ein eigenes Rechteck; von den niedrigeren Zwischenspitzen gehören jeweils zwei zu einem Reifenglied. Im Gesamt hat diese Krone zwölf Spitzen, während die dem byzantinischen Vorbild strikt folgenden nur sieben oder noch weniger haben. Sie reichen zum Teil auch nur von Ohr zu Ohr, und wenn sie einen Reif bilden, betonen sie die Stirnseite. Die Zwölfzahl findet man nur bei dem Halleschen Reliquiar und bei den beiden Krakauer Kronen, den Wechsel von höheren und niederen Platten rings um den Kopf bei diesen und der gaUzischen Krone.
An die Hallesche Krone schließt sich wieder ein gleichfalls untergegangener Reif an, der einstmals in Venedig verwahrt wurde (Abb. 39). Auch er ist ähnlich mit Steinen besetzt und mit Zacken verziert; doch ragt über diese noch ein über alle Spitzen hinweg kletterndes Blütenornament hinaus, und eine Einteilung in Felder fehlt 2 • Der Angabe, daß für diesen Reif Perlen und Edelsteine aus der I 204 von den Venezianern in Konstantinopel gemachten Beute benutzt wurden, steht nichts im Wege; wir wissen sogar, daß Venedig aus ihr eine ganze Reihe Kronen erhielt 3 • Stilgeschichtlich findet sich auch nichts, was es uns unmöglich machte, den Reif in die Zeit vor oder bald nach I 204 zu setzen. in Wien chemisch untersuchen. Das Ergebnis soll gewesen sein, daß die Legierung der auch sonst im I 3. Jahrhundert üblichen entsprach - auf eine so vage Feststellung kann man sich nicht stützen. 1 Abb. II8b bei Ph. M. Halm und R. Berliner, Das Hallesche Heiltum, Berlin 193I (Deutscher Verein für Kunstwiss.) Nr. 290, danach deutsche Arbeit des 14· Jahrhunderts. Die oben angegebene Datierung nach Deer in "Herrschaftszeichen und Staatssymbolik" II, Abschn. I 8; sie wird jetzt durch die nächstgenannte Krone gestützt. Nach den Herausgebern handelt es sich um das Reliquiar, das sich Albrecht zusammen mit einem silbernen Kästchen am 3· Juli 1523 vom Kloster Hillersleben "schenken" ließ; vgl. P. Redlich, Cardinal A. von Brandenburg und das Neue Stift zu Halle I520-I541, Mainz I9oo, S. 277. Doch wird dort in Beilage 22 (S. 86*) bereits I 513 ein "silbern Bilde Sant Barbaren" im Nachlaß des Erzbischofs Ernst von Magdeburg angeführt; Redlich ließ es deshalb offen, ob dieses oder das Hillerslebener Reliquiar mit dem im Hallischen Heilturn identisch war. Vielleicht handelt es sich also um ein altes Magdeburger Besitzstück 2 E. Molinier, Le tresor de la Basilique de Saint Mare a Venise, Venedig I888, S. I I (zusammen mit einem Pektorale) nach dem Archivio Gradenigo (im Museum der Stadt) vol. 2 I 9, pg. XXXIII. 8 Abschnitt I8 (J. Deer) in: Herrschaftszeichen a.a.O. II.
III. Die Fragmente dreier in Polen erhaltener Kronen
f) Das Ergebnis. Friedrichs I!. Reifenkronen
Diese typologische Feststellung muß mit dem kunsthistorischen Befund zusammen gesehen werden: die Form der nach Polen verschlagenen Kronen ist durch den byzantinischen, ja weit über die politischen Grenzen hinausreichenden Kulturbereich bestimmt. Der dort fehlende, um den ganzen Kopf herumgeführte Wechsel von höheren und niedrigeren Platten, bei dem die Nackenseite genau so wie die Stirnseite behandelt wird, kennzeichnet bereits die Wiener Krone. Insofern ist in der Form auch etwas Abendländisches. Blickt man dann auf die Ornamente der Kronen, so ist deren Stil rein abendländisch - so abendländisch, daß sich die Einzelheiten aus einer bestimmten Schule ableiten lassen. Formgeschichtlich darf man die Krakauer Kronen also als "Mischtyp" bezeichnen, bei dem Byzantinisches und Abendländisches so souverän vereinigt sind, daß der naive Betrachter nicht auf den Gedanken kommt, hier sei Wesensverschiedenes zu einer neuen Einheit zusammengezwungen. Wie soll man sich die Entstehung dieses byzantinisch-abendländischen Mischtyps vorstellen? Nachdem die Besitzerin des einen Reifes festgestellt worden ist, macht die Antwort auf diese Frage keine Schwierigkeit mehr. Denn der Vater der Margarethe von Österreich, der Herzog Leopold VI., der ein Enkel Heinrichs Jasemirgott Ct I I77) und seiner zweiten Gemahlin, der Komnenenprinzessi n Theodoral, gewesen war, hatte I2o3 abermals eine byzantinische Prinzessin heimgeführt, die erst I 246 gestorbene Theodora, Tochter des Sebastokrators Isaak Komnenos und durch ihre Mutter Enkelin des Kaisers Alexios III. Angelos 2 • Daß Margarethe den Wunsch gehabt hat, eine Krone zu tragen, die an die Reifen erinnerte, die man im Besitz ihrer Urgroßmutter und ihrer Mutter ohne weiteres voraussetzen darf, ist zweifellos keine gewagte Annahme. Neuerdings ist auf der einst den Staufern gehörenden Komburg ein Wandbild aus der ersten Hälfte des I3· Jahrhunderts aufgedeckt worden, das den Gekreuzigten zwischen vier Heiligen mit zwei knienden Gestalten, einem jugendlichen, bereits erwähnten Ritter mit Schild und Schwert und einer gekrönten Frau, darstellt (Abb. 92a-b) 3 • Sie sind gedeutet worden als Margarethe neben St. Nikolaus und Maria rechts vom Heiland und Heinrich (VII.) neben J ohannes und einem fürstlichen Heiligen - vielleicht Kaiser Heinrich II. als Namensheiligen - auf der Gegenseite. Es fällt auf, daß der junge König nicht als solcher gekennzeichnet und auf die linke Seite verwiesen ist. Zu erwägen bleibt, ob Heinrich, der I225 zweimal auf der Komburg weilte, sich hier vor seiner Heirat mit seiner verstorbenen Mutter, der ja ein Vorrang vor ihm gebührte, hat darstellen lassen. Wie 1 K. J. Heilig, Ostrom und das Deutsche Reich um die Mitte des IZ. Jahrhunderts, in: Kaisertum und Herzogsgewalt im Zeitalter Friedrichs I., Leipzig 1944 (Schriften des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde IX), S. 228-271: Exkurs. Die Verwandtschaft der Theodora im byzantinischen Kaiserhaus. 2 Ebd. S. 222, Anm. r. 3 H. Decker-Hauff, Spätromanische Fürstenbilder auf der Komburg, in der Zeitschrift "Württembergisch Franken" N. F. 28/29, 1954, S. 85-98.
Das Ergebnis. Friedrichs II. Reifenkronen
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dem auch sei, die Krone der Dargestellten hat mit der Krakauer nichts zu tun: sie weist Bügel auf. Die weiteren Einzelheiten sind nicht mehr eindeutig zu erkennen 1 • Die beiden nach Polen verschlagenen Reifenkronen führen uns jedoch in anderer Richtung weiter. Denn nachdem klargestellt ist, daß Friedrichs II. Familie unter ihren vielen Kronen auch solche besessen hat, deren Rand nicht mit Lilien oder Kreuzen, sondern mit zwiebelartigen Ornamenten geschmückt war, gewinnen wir auch Verständnis für die Krone, mit der der Kaiser sich über dem Brückentor von Capua darstellen ließ. Die Statue selbst ist nur bis zum Halsansatz erhalten; aber, wie der Schlußabschnitt noch zeigen wird, besitzen wir über das Aussehen des Kopfes und die Form des ihn schmückenden Reifs jetzt ausreichende Sicherheit: über einem schmalen Reif mit stark markierten Rändern und der Andeutung eines ringsherumlaufenden Besatzes mit großen Edelsteinen erheben sich zwölf flache, abgerundete Spitzen (Abb. 90). Bisher mußte man eine Krone dieser Art als Phantasiewerk abtun; jetzt dürfen wir sagen, daß es sich um die künstlerisch freie Wiedergabe eines Reifs von der Form handelt, die wir in Krakau fanden. Daß Friedrich II. nicht nur Bügel-, sondern auch Reifenkronen getragen hat, scheint dem Spruche Walthers von der Vogelweide und anderen Zeugnissen zu widersprechen, wonach der Kaiser sich durch den Bügel von den Königen, die sich mit dem Reif zu begnügen hätten, unterschied. Soll man etwa schließen, Friedrich sei in Capua als König von Sizilien dargestellt gewesen? Diese Folgerung wäre sicherlich verfehlt; denn diese Reifenkrone ist auch auf anderen Friedrichsbildern - darunter solchen, die nichts mit Sizilien zu tun haben - nachgewiesen: das eine Mal mit Lilien (Vogelbuch 2, Salernitaner Exultetrolle 3), das andere Mal mit Kugeln auf Stilen (Münzen von Como, Abb. 89) 4 • Das sind jedochnur Unterschiede, die sich durch die Benutzung traditioneller "Bildmodel" erklären; das für 1 Ebd. S. 90: "Über einem bis über die Schultern fallenden goldenen Kopftuch sitzt eine Krone mit breitem umlaufendem Reif, von dem zwei sich kreuzende bügelartige Bänder aufsteigen. Auf ihrem Schnittpunkt über dem Scheitel sitzt ein heller, auffallend großer, gefaßter Edelstein. Die Zwischenräume zwischen Kronreif und Bügel werden von einer schwarzen Calotte- wohl einem Leder- oder Stoff-Kronenhäubchen -ausgefüllt; gelbe Farbspuren scheinen Goldstickerei auf der Calotte oder eine Calotte aus Brokat andeuten zu wollen. Besonders bemerkenswert ist schließlich eine runde Öse am Kronreif über dem rechten Ohr, die sich am ehesten als Ansatzpunkt für Pendilien deuten ließe, falls damit nicht überhaupt schon ein pendilienähnliches Schmuckstück gemeint ist." 2 Neu herausgegeben von C. A. Willemsen (daneben eine kleine Ausgabe im Inselverlag, Leipzig 1943, ohne das Titelblatt). 3 Kantorowicz a.a.O. Erg.-Bd. Titelbild, dazu S. 257, 308, Anm. r, wonach die Zuschreibung unsicher ist. Auch Myrtilla A very, The Exultet Rolls of South Italy, Princeton 1936, S. 37 mit T. CLXIII, 20 drückt sich vorsichtig aus; J.Deer zweifelt nicht an der Richtigkeit der Zuschreibung (die Rolle war 1954 auf der Buchausstellung im Palazzo Venezia zu sehen). ' Ebd. Tafel I, 5-6 (nach dem Corpus numm. Ital. IV, Rom 1903, Taf. XIV, 6 und 8, dazu S. 259f.).
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uns hier Wichtige ist, daß von ganz verschiedenen Seiten aus Friedrich die Reifenkrone zugelegt wird, ohne daß von der Tendenz, seine Würde herabzusetzen, die Rede sein könnte. Daß auch sonst für Kaiser solche Reifenkronen im I 3. Jahrhunder t nicht als unangemessen angesehen wurden, zeigen die Statuen Heinrichs II. in Bamberg (Abb. 19 b) und Ottos I. in Meißen (Abb. 19a). Wenn Friedrich II. sich ihrer bediente, brachte er damit zum Ausdruck, daß der Kaiser nicht ein Herrscher sui generis, sondern letztlich nur ein Sonderfall unter den Königen war; denn das hat ja Friedrich II. selbst so empfunden - sonst hätte er ja nicht so nachdrücklich an die "Solidarität der Könige" appellieren können 1 •
g) Die Krone von Sevilla Kurz behandelt werden muß noch eine spanische Krone, deren eigentliche Behandlung dem III. Band des Buches "Herrschaft szeichen und Staatssymbolik" vorbehalten bleiben soll. Denn auch sie erhält durch die eben erreichten Datierungen und Zuschreibun gen ihren festen Ort; andrerseits bestätigt sie noch einmal das bisher erzielte Ergebnis. Die Krone, um die es sich jetzt dreht, befand sich bis gegen Ende des 19. Jahrhundert s im Schatz der Kathedrale von Sevilla und galt dort als die des Königs Fernando III. des Heiligen (Herrscher in Kastilien seit 1217, dazu in Leon seit 1230, t 1252). Doch ist die Krone seither verschwunden, und wir dürfen wohl nicht damit rechnen, daß sie doch noch eines Tages wieder auftaucht. Wir sind also allein auf eine alte, aber ausreichend scharfe Photograph ie angewiesen 2 • Der Eindruck, den die Krone zuletzt bot, wird beherrscht durch einen eines der Glieder überragenden Doppeladler mit einer über ihm schwebenden Kaiserkrone von jener Form, wie die Habsburger sie geführt haben. Die ganze Krone galt deshalb als Werk aus der Zeit der spanischen Habsburger. Doch läßt die Photographie erkennen, daß dieser Adler sich durch die sich dicht aneinander schließenden Edelsteine von den übrigen Teilen der Krone abhob, also erst nachträglich auf die eine - dabei auch in ihrer unteren Hälfte umgestaltete - Platte gesetzt wurde. Die Frage der Datiemng muß also auf Grund der unveränderten Glieder dieser Krone beantwortet werden.
Die Antwort ergibt sich - wie Abb. 20 c zeigt - ohne weitere Untersuchung: die verschollene Krone muß aus derselben Werkstatt wie die beiden Krakauer hervorgega ngen sein. Sie bestand gleichfalls aus zwölf Gliedern, von denen sechs etwas größer waren; und jedes Glied hatte die uns vertraute Form: ein senkrecht gestelltes Rechteck mit einem spitzovalen Aufsatz. Sie hatte mit den Krakauer Kronen ferner die aJour gearbeiteten, gerollten Ranken mit sparsam angefügten Blättern, die den Grund wie ein Gitter überdecken, gemeinsam und wies auch den uns von der Frauenkron e her vertrauten Typ des Adlers mit den senkrecht ge1
Ebd. Textband S. r85, 2r8ff. Ich erlangte sie vom Museo Arqueologico Provincial in Sevilla durch Vermittlung von Prof. Dr. H. Schlunk. Eine kleine und schlechte Abb. bei A. Ballesteros y Beretta, Hist. de Espafia III, Barcelona 1922, S. ro. 9
Die Krone in Sevilla
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stellten Flügeln und Beinen auf, der den Kopf frei in den Raum vorstreckt (Fig. I b ). Er war mit Steinen besetzt; aus den Beschreibungen wissen wir, daß dies auch bei der Frauenkrone in Krakau der Fall ist. Ein Unterschied besteht nur in der Verwendung der Steine. Sie spielten auf der Krone von Sevilla für das Auge eine größere Rolle, als sie das bei den Krakauer Kronen tun 1 • In deren Fall handelt es sich vornehmlich um einen großen Stein, der durch die schrägen Flächen des Kästchens in die goldenen Ornamente eingebunden ist; auf der spanischen Krone war der Mittelstein dagegen durch einen Kranz kleiner Edelsteine als Stein hervorgehoben, und die außerdem noch in den Ecken und am Rand eingebrachten wirken geradezu verwirrend; denn sie verunklären die zugrunde liegende Form und lenken den Blick vom Adler und dem zierlichen Blattwerk ab. Diese Art der Verwendung von Edelsteinen ist uns bekannt: sie zeichnete auch den- schon in anderem Zusammenhang herangezogenen- Brustschmuck der Kaiserin Constanze Ct 1222) aus (Abb. 4ob). Wer die beiden Abbildungen vergleicht, wird feststellen, daß die Ähnlichkeit sich selbst auf die technischen Einzelheiten erstreckt (Fassung durch einen vieleckigen, nach innen gebogenen Rand, über den Goldhaken-nicht Krallen- greifen usw.). Die auch hier sich aufdrängende Frage, wie eine staufisehe Krone nach Sevilla gelangt sein kann, ist diesmal sehr einfach zu beantworten: Fernando III. heiratete 1219 Beatrix, die Tochter des Königs Philipp und seiner byzantinischen Gemahlin Maria (Irene), die 1235 starb, und in den Jahren 1240-45 weilte ihr Sohn, der den Staufernamen Friedrich (Don Fadrique) erhalten hatte, in der Nähe Kaiser Friedrichs II., um Erbansprüche seiner Mutter geltend zu machen. Da die Krone weder mit den Löwen Leons noch mit der Burgfassade Kastiliens, sondern nur mit den Staufischen Adlern geziert ist, dürfen wir sie nunmehr als die Krone der Beatrix bezeichnen, die seit 1219 Königin von Kastilien und von 1230 an auch Königin von Leon war. Sie starb, als sich Sevilla noch in der Hand der Mauren befand; doch ihr Gatte war es, dem die langerhoffte Eroberung gelang (1248), und diese Stadt bedeutete ihm fortan so viel, daß er sich in ihrer Kathedrale begraben ließ (1252). Keiner seiner Nachfolger hat je wieder eine so enge Beziehung zu der Stadt am Guadalquivir gepflegt und sie mit so viel Gunstbezeugungen ausgezeichnet wie er 1 • Dazu paßt auch, daß -wie sich jetzt erschließen läßt - der König Fernando, dem diese Eroberung schließlich die Heiligsprechung eingetragen hat, der Kathedrale die Krone seiner toten Gemahlin stiftete. In diesem Falle steckt in der alten Tradition also doch einmal ein wahrer Kern. Brachte Beatrix ihre Krone gleich aus Deutschland mit, und ist demnach ihre "östliche" Form durch einen Kronreif ihrer byzantinischen 1 Daß die Rechtecke der polnischen Kronen durch einen einzigen Edelstein beherrscht werden, mag gleichfalls durch das Vorbild des Ostens bestimmt sein. Das Diadem der Sammlung Khanenko (Abb. 36) weist an dieser Stelle eine Rosette in Email auf, die wohl an die Stelle einer Steinfassung getreten ist.
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Mutter, der Königin Maria, bestimmt gewesen? Oder wurde der Königin Beatrix die Krone nachträglich als Geschenk ihrer Verwandten zugesandt? Oder ist sie ihrem Gatten erst über Fadrique als Teil der mütterlichen Erbschaft ausgehändigt worden? Die Antwort ließe sich nur geben, wenn man mit Sicherheit erklären könnte, die Beatrix-Krone sei jünger oder älter als die Krakauer Kronen. Da wir jedoch nur auf Grund von Photographien zu urteilen vermögen, die das Technische nicht deutlich genug erkennen lassen, wäre ein Urteil in diesem oder jenem Sinne allzu gewagt - zumal wir mit einer vielbeschäftigten Werkstatt zu rechnen haben, deren eine Schöpfung in die Zukunft weisen, die andere gleichzeitig an einem älteren Werke orientiert sein mochte. Die kastilische Krone rundet das bisher gewonnene Bild in erwünschter Weise ab. Es bestätigt noch einmal die gewonnene Datierung sowie die Verknüpfung der Krakauer Kronen mit dem Staufischen Hof. Sie läßt aber auch erkennen, wie vielseitig die von ihm beschäftigte Werkstatt war. Das eine Mal entzückte sie durch kleine Figurengruppen, das andere Mal prunkte sie mit Edelsteinen. Die Art, wie diese angebracht sind, leitet über den Brustschmuck der Kaiserin Constanze (t I222, Abb. 2ob) auf das Kamelaukion Friedrichs II. (Abb. I) mit den über die Grundfläche emporgehobenen Edelsteinen zurück, das ja zweifellos aus einer sizilischen Werkstatt hervorging. So fehlt also auch die Tradition des Südens nicht unter den mancherlei Einwirkungen, die jene Werkstatt zu ihren Meisterwerken befähigt hat. 2. Die Krone in Plock Wir haben bisher die Tatsache zurückgestellt, daß sich in Polen noch Spuren einer dritten Krone nachweisen lassen, die mit den beiden in Krakau sehr eng verwandt gewesen sein muß. Sie ziert das Büstenreliquiar des Heiligen Sigismund im Domschatz zu Plock (Plozk). Diese 45 cm hohe, bis auf das Gesicht und die Kalotte im Feuer vergoldete Büste aus Silberblech, die der König Kasimir III. der Große I 370 stiftete 1, wurde bei der Räumung Polens nach Deutschland gebracht, um sie den Kriegshandlungen zu entziehen. Nach der Katastrophe wurde sie unverletzt den Polen zurückgegeben. Während ihrer Verwahrung in Deutschland hat Prof. Dr. H. Schnitzler, der Direktor des SchnütgenMuseums in Köln, das Reliquiar untersucht und photographieren lassen. G. Bochnak und]. Pagaczewski, die beiden polnischen Gelehrten, an die wir uns bei der Würdigung der Krakauer Kronen anschlossen, 1 Dies ergibt sich aus der Inschrift am unteren Rande. Für das Folgende verweise ich wieder auf die genannte polnische Publikation; schlechte, aber wegen ihrer Kolorierung instruktive Abbildungen des Reliquiars sowie Einzelheiten der Krone (nebst sachlichen Angaben) bei A. Przezdziecki et E. Rastawiecki, Monuments du moyenage et de la Renaissancedans l'ancienne Pologne, Iere Serie. Warschau-Paris I853-I85 5. Abschn. Nr. r4; kurz J. Braun, Die Reliquiare des christlichen Kultes, Freiburg i. B. I940, S. 4r8, 425, 429 mit Taf. r28, Abb. 488. Sonst scheint die Forschung außerhalb Polens dem Reliquiar keine Aufmerksamkeit geschenkt zu haben.
Die Krone in Plock
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haben darauf hingewiesen, daß das Plocker Büstenreliquiar den Aachener Goldschmiedearbeiten des 14. Jahrhunderts nahesteht, aus denen sich das aus der Zeit Karls IV. stammende Büstenreliquiar Karls des Großen heraushebt. Dazu paßt, daß Kasimirs Schwester Elisabeth 13 57 mit ihrem Sohne, dem König Ludwig dem Großen von Ungarn, Aachen besucht hatte 1 • Das Plocker Reliquiar trug von Anfang an eine Krone; denn der Kopf ist von einem verdickten Rand umgeben. Dessen obere Kante ist abgeschnitten, und aus der unregelmäßigen Kontur haben die polnischen Gelehrten auf viele stilisierte Blätter schließen wollen, die einmal abgeschnitten worden seien. Sie sahen also in jenem Rand den Reif der ursprünglichen Krone. Doch hat es Kronen von solcher Form nie gegeben und erst recht nicht im 14· Jahrhundert, das die Kronen in die Höhe wachsen läßt. Wir können deshalb jenen Rand nur als eine Kante ansprechen, um einer der Büste aufgesetzten Krone Halt zu geben. Diese ist verloren. An ihre Stelle ist eine Krone gesetzt worden, die durch eine Inschrift gekennzeichnet ist: Stanisla Zemelka Aurifaber Ploc. me fecit Anno ztioz. Mit ihr haben wir uns jetzt zu befassen (Abb. 28, 29, 31, 32b und d). Diese Angabe wird durch den Wulst bestätigt, der um den unteren Rand der Krone herumläuft und offensichtlich die Funktion hat, ihr Halt zu geben. Er fehlt bei den Krakauer Fragmenten und entspricht dem Stil um 16oo. Deutlich ist, daß es sich nicht um eine spätere Zutat handelt; die auf ihm zu erkennende "Handschrift" bestimmt vielmehr die ganzeKrone 2 • Als Goldschmiedearbeit ist diese Krone viel plumper und schwerer als die Krakauer Kronen, und die auch in Plock nicht fehlenden Figürchen stammen sicherlich nicht aus dem Mittelalter. Alle diese Teile sind daher als Arbeit des Stanislaus Zemelka anzusprechen, dem offensichtlich vom Domkapitel eine stark beschädigte Krone mit dem Auftrag übergeben wurde, in Anlehnung an die alte und unter Benutzung des noch Verwendbaren eine neue zu schaffen. Denn daß dieser Zemelka seine - gegossene und nachgravierte - Krone nicht erfunden, sondern sich eng an eine Vorlage gehalten hat, ergibt sich ja bei dem ersten Seitenblick auf die Krakauer Kronen: nicht nur typologisch, sondern auch in den Einzelformen entspricht sie ihnen. Und zwar entspricht sie nur ihnen: die Vielzahl der Glieder 3, deren spitzovale obere Kontur, der Wechsel von größeren und kleineren Platten, die in Rankenwerk hineingesetzten Figürchen, also alle die Eigenarten, durch die die Krakauer Kronen eine Sonderstellung einnehmen, kehren auch in Plock wieder. Jedoch hat der Goldschmied 1 Über "die europäische Bedeutung der Aachenfahrt", die von I 349 in siebenjährigem Turnus stattfand, vgl. den Aufsatz von M. Mummenhoff in: Aachen zum Jahre 1951 =Rhein. Verein f. Denkmalspflege und Heimatschutz, 1951, S. 179-185. 2 In dieser Datierung sind sich die Herren Kohlhaussen, Metz, Rosemann und Schnitzler einig. 3 Nach den polnischen Gelehrten 14- was sonst nicht zu belegen ist- und nicht 12 wie in Krakau; nach den Photographien ist anzunehmen, daß hier ein Irrtum vorliegt.
III. Die Fragmente dreier in Polen erhaltener Kronen
Zemelka , um seiner Krone größere Festigke it zu geben, sie nicht nur auf jenen ringsuml aufenden Wulst gesetzt, sondern auch ihre Felder fest verbunden, so daß sie jetzt fest auf dem Reliquia r aufsitzt. Das Original hat wohl - genau so wie die Krakaue r Kronen - für sich gearbeite te und durch Scharniere zusamme ngehalte ne Felder gehabt. Der Gedanke , daß Zemelka eine der beiden Krakaue r Kronen kopiert haben könnte, ist gleich wieder beiseite zu schieben : es käme in diesem Falle nur die "reichere " in Betracht , da sie allein Figürche n im Gerank aufweist ; diese decken sich jedoch nicht mit denen in Plock. Daß tatsächlich noch eine dritte Krone vorhand en gewesen sein muß, ist auch aus den "Kästch en" mit den auf ihnen befestigt en Edelstein en zu erschließen (Abb. 32. b, d). Sie sind wie bei der "reicher en" Krone mit Niello bedeckt, sollen deren Verzieru ngen allerdings in der Feinheit nicht gleichko mmen. Es sieht nicht so aus, als wenn Zemelka auch diese Teile nachgear beitet hat; vielmehr scheint es so gewesen zu sein, daß er die Kästchen mit ihren Steinen - alle oder doch die Mehrzah l - von der Original krone auf die von ihm hergestel lte übertrug . Diese ist also als eine modernis ierende Kopie mit originale n Teilen anzuspre chen. Von der ursprüng lichen Krone gilt wegen der engen Verwand tschaft mit den Krakaue rn daher das gleiche, was für diese festgeste llt wurde: auch sie ist im zweiten Viertel des 13. Jahrhu nderts für den staufise ben Hof hergest ellt worden . Daß er der Auftragg eber war, wird man schließen dürfen, auch wenn an dieser Krone Adler fehlen 1 • Ist in diesem Falle gleichfalls mit Heinrich (VII.) zu rechnen? Diese Frage läßt sich weder bejahen noch verneine n. War jener Diedrich von Köln, der aus dem Dienst Heinrich s (VII.) in den Friedrich s II. übertrat, ihr Meister, käme auch dieser oder ein anderes Mitglied seines Hauses in Betracht . 3· Geschi chtlich e Einord nung der drei in Polen erhalte nen Kronen Der Leser, der uns bis hierher gefolgt ist, wird sich darauf besinnen , daß J. Deer in Palermo eine Krone Friedrich s II. ausmach te und der vorausge hende Abschni tt diesem Kaiser noch zwei Kronen in Stockhol m zuwies. Jetzt haben sich noch vier weitere Kronen hinzugef unden, von denen mindeste ns zwei Heinrich (VII.) und seiner Gemahli n zugewies en werden können. Angesich ts der Tatsache , daß wir es jetzt mit sieben spätstaufiseben Kronen zu tun haben, könnte sich wohl zunächst ein unbehagliches Gefühl einstellen. Ist es nicht verdächt ig, daß die bisher in der Stauferzeit in der Überlief erung der Kronen klaffende Lücke sich plötzlich durch so umfangr eiche Funde schließt? Und wenn auch historisc h gut erklärbar ist, wieso heute Kronen Friedrich s in Palermo, Sevilla und in Stockhol m verwahr t werden, wie können Kronen aus dem Besitz seiner Familie nach Polen gelangt sein? 1 Vgl. oben S. 69, Anm. r über die jeglicher Beweise ermangelnde These, diese Krone sei zu Anfang der fünfziger Jahre bei der Krönung des litauischen Herrscher s benutzt worden.
Geschichtliche Einordnung in die Kronen in Polen
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Da ist zuerst an die Tatsache zu erinnern, daß die mittelalterlichen Herrscher immer mehr als eine Krone besessen haben, ja daß im späten Mittelalter, in dem uns Inventare zu Hilfe kamen, der Besitz von einem Dutzend Kronen nichts Überraschendes hat 1 • Auch ist in Rechnung zu stellen, daß außer Friedrich II. und den drei Kaiserinnen, die nacheinander seine Gemahlinnen waren, auch seine Söhne und deren Gemahlinnen Kronen besessen haben müssen, also außer Heinrich (VII.) auch noch Konrad IV. Zu dem Prunkbedürfnis des Kaiserhauses kommt noch die Vielzahl der Kronenträger hinzu. Sicherlich stellt die Sechszahl der erhaltenen Kronen immer noch nur einen Bruchteil von den einst vorhandenen Kronen dar. Was mit diesen Schätzen nach Friedrichs II. Tod (I25o) und erst recht nach dem Konrads IV. (I254) vor sich gegangen ist, wird der nächste Abschnitt zeigen. Die Erben des Kaisers mußten, um sich politisch behaupten zu können, zu Geld kommen, und um dieses zu erlangen, mußten sie verpfänden und verkaufen, was sie geerbt hatten. Die Notariatsakten von Genua, in denen vom Throne Friedrichs und seinen Juwelen ausführlich die Rede ist, haben sicherlich nur einen Teil von dem festgehalten, was in den fünfziger Jahren von den letzten Sprossen des Geschlechts verschleudert worden ist. Dazu kommt das, was den Gegnern des Kaisers in die Hände gefallen war oder entfremdet wurde, weil kein Erbe mehr Anspruch erhob -wir werden noch Belege für zwei Kronen bringen, die der Dynastie auf diese Weise verlorengingen. Von der Mitte des I;. Jahrhunderts an verteilte sich also der zerbröckelnde Schatz der Staufer über das Abendland, und wer Geld besaß, war imstande, sich eine Krone oder sonst etwas, was einmal eines Kaisers würdig gewesen war, zu kaufen. Damit ist nun auch der Weg zur Beantwortung der zweiten Frage gebahnt. Das V erlangen, eine Königskrone zu besitzen, konnte in Polen erst I295 auftauchen; aber es trat dann noch einmal bis I32o zurück. Von da an mußte der polnische Herrscher für sich und seine Gemahlin mindestens zwei Kronen haben, weil fortan die Königswürde sich vererbte. Durch welche Hände die drei nach Polen gelangten Kronen vom Untergang der Staufer bis zum Anfang des I4. Jahrhunderts gegangen sind, wird sich wohl nie feststellen lassen, und auch die Frage, welcher der polnischen Könige sie erwarb, läßt sich nicht genau beantworten. Sicher ist, daß die Plocker Krone bereits in der Hand Kasimirs III. war; denn das von ihm I 370 gestiftete Sigismund-Reliquiar nimmt ja bereits Rücksicht auf die ihm zur Zier aufgesetzte Krone. Man wird annehmen dürfen, daß dies auch bei den so eng verwandten Krakauer Kronen der Fall war - sonst müßte man ja annehmen, daß den Piasten zweimal der Ankauf von Kronen aus derselben Werkstatt gelungen sei. Da wir andrerseits von dem großen Interesse wissen, das Kasimir an Goldschmiedearbeiten nahm, und auch seine weitgespannten politischen und kulturellen Beziehungen kennen, 1
Vgl. dazu unten S. I 34·
So
III. Die Fragmente dreier in Polen erhaltener Kronen
liegt es nahe, in ihm den Erwerber der drei Kronen zu sehen. Doch kann dies auch schon sein Vater gewesen sein. Die Tatsache, daß polnische Könige deutsche Kronen getragen haben, braucht nicht zu überraschen. Die Witwe Kaiser Heinrichs V. nahm, als sie in ihre englische Heimat zurückkehrte, zwei deutsche Kronen mit; mit der einen wurde ihr Sohn, Heinrich II. Plantagenet, gekrönt, und noch am Anfang des 13. Jahrhunderts wird in einer englischen Aufzeichnung die corona, quae venit de Alemannia erwähnt 1 • Am Anfang des 14. Jahrhunderts bemühte sich der König von Frankreich um den Ankauf einer Krone, die der König J aime II. von Aragon der Kirche gestiftet und einem Kloster in Barcelona in Verwahrung gegeben hatte; J aime übernahm sogar noch die Vermittlung. In dieser Beziehung kannte das Mittelalter also keine Bedenken 2 • Die der Heiligen Elisabeth geweihten Stauferkronen haben eine merkwürdige Geschichte gehabt; die der nach Polen verschlagenen war nicht minder merkwürdig, aber sie ist -wie man sieht - ganz anders verlaufen. Jene haben der Ehre einer Heiligen gedient, diese dem Ruhm einer weltlichen Dynastie in einem Lande, das gar nicht zum Reich gehörte. 1
Belege wird das angekündigte Buch in Bd. II bringen. I. E. Martinez Ferrando, Jaime II de Aragon. Su vida familiar II, Barcelona 1948, S. 287f., Nr. 394· 2
IV.
Ein verschollener Thron (jaldistorium) Friedrichs II. Die Pracht, die den letzten Staufischen Kaiser umgab, lassen das Castel del Monte und seine übrigen Bauten höchstens ahnen, da von ihrer Ausstattung durchweg nur das erhalten blieb, was mit den Wänden fest verbunden ist. Wir bedürfen daher der geschichtlichen Nachrichten, um mit unserer Phantasie die leeren Räume wieder auszustatten. Was Friedrich mit ins Grab gegeben wurde, haben die Stiche Danieles festgehalten. Wir möchten gern noch mehr wissen, möchten vor allem eine Vorstellung von dem Anblick haben, der sich bot, wenn dieser Staufer auf seinem Throne Platz genommen hatte. Wir sehen ihn vor unserem geistigen Auge, wie er - wenn er in Palermo weilte - sich des mit Porphyr getäfelten Sitzes seiner normannischen Vorfahren in der Capella Palatina bediente 1 • Aber wie hielt er es, wenn er in seinen übrigen Palästen und Burgen seine Untertanen vor sich ließ? Wie, wenn er sich im Freien ihren Blicken darbot 2 ? Hier greifen Eintragungen in N otariatsakten, geschichtliche Zeugnisse und päpstliche Inventare so gut ineinander, daß wir über die Geschichte und auch über das Aussehen eines seiner Throne verhältnismäßig gut im Bilde sind 3 • An Hand der von L. de Mas-Latrie4, A. Huillard-Brehol les 5, E. Molinier 6, Pranz Ehrle 7 und E. H. Byrnes 8 zutage geförderten Belege sei zunächst zusammengestellt, was wir über die Geschichte dieses Prunkstuhls wissen. 1 0. Demus, The Mosaics of Norman Sicily, London 1949, Pl. 39; ]. Deer, Der Kaiserornat Friedrichs II., Zürich 1952 (Diss. Bernenses II, 2), S. 62 mit Taf. 36,3. 2 Vgl. z.B. Rolandini Patavini Liber chron. ad a. I239 (Muratori, Script. rer. Ital. VIII, 1726, S. 226, danach J.-L.-A. Huillard-Breholles , Hist. dipl. Friderici II., V, I, Paris I857, S. 285 = Mon. Germ., SS. XIX, S. 7I) über Friedrichs Besuch in Padua: lbi (in Prato Vallis) imperator sedens in eminentiori loco in suo throno se cunctis ostendit. 3 Bekannt ist, daß Friedrich I239 zusammen mit Juwelen einen Thron aus Venedig erhielt, vgl. Deer a.a.O. S. 79, der sich auf A. Huillard-Breholles , Hist. dipl. Friderici secundi V, I, Paris I 857, S. 55 3 Stützt. 4 Perte et rachat du trone de 1' empereur Frederic II, in Bibl. de 1' ecole des chartes XXIV (V. serie III), I862, S. 248-255. 5 Lettre sur le trone de l'empereur Frederic II, ebd. XXV (V. Serie IV), I863, s. I39-144· 6 Inventaire du tresor du Saint Siege sous Boniface VIII (1295), ebd. 43, I882, S. 277-310, 616-646 (fortgesetzt in den folgenden Bänden). 7 Zur Gesch. des Schatzes, der Bibl. u. des Archivs der Päpste im I4. Jh., im Archiv f. Litt.- u. Kirchengesch. I, I88J, S. 1-48, 228-364 und: Der "constantinische Schatz" in der päpstlichen Kammer des I3· u. I4. Jh.s, ebd. IV, I888, S. I9I-2oo. 8 Some Mediaeval Gems and Relative Values, in: Speculum X, I935, S. I77-I87. Der ebd. IX, 1934, S. I95-2I4 vorausgehende Aufsatz von U. T. Holmes, Mediaeval Gern Stones trägt zum Thema nichts bei.
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Abt. Phil. Bist. Kl., 3· F., Nr. 36 Schramm
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IV. Ein verschollener Thron (faldistorium) Friedrichs II.
Nach dem Tode Kaiser Friedrichs II. versuchte König Konrad IV. zu retten, was noch von der Macht seines Vaters zu retten war; aber zu den politischen Schwierigkeiten, die ihn von allen Seiten bedrängten, kamen noch finanzielle. Er mußte daher zu Geld machen, was der Vater an Schätzen angesammelt hatte. Kapitalisten, die für Edelsteine Geld hergaben, fanden sich unter den reichen Genuesen, und da sie ihre Geschäfte laufend von den Genueser Notaren beurkunden ließen, ist noch genau festzustellen, was König Konrad von den Schätzen Friedrichs darangab: 1251 wurde ein mit Gold, Perlen und Edelsteinen verziertes Faldistorium von des Königs Schwiegersohn Jakob von Caretto an die Familie Spinola in Genua gegen den ungeheuerlichen Jahreszins von 331f3 % verpfändet. Dann folgte eine große Anzahl von Juwelen aus dem Besitz des Kaisers, über die 125 3 eine Liste aufgestellt wurde. Es handelte sich um 987 Objekte, darunter 783 lose Steine, 100 Ringe, 94 Broschen, Anhänger usw.; auch einige Kreuze und Reliquiare gehörten dazu. Konrad erhielt dafür 2 522 Genuesische Pfunde; doch ist die Frage, ob diese Summe dem Marktwert der Steine entsprach oder ob - was wahrscheinlicher ist - die Genuesen die Notlage des Königs weidlich ausnutzten. Der von ihm erzielte Erlös entsprach jedenfalls, wie Byrnes festgestellt hat, nur dem Wert von sieben bis zehn Adelshäusern in Genua oder dem eines Drittel-Dorfes oder eines ganzen Kastells mit zugehörigem Wirtschaftshof 1 • In diesem Jahre hören wir wieder etwas von dem Thron: am 19. September beordert König Konrad einen Boten, um den Thron des Kaisers 2 einzulösen, und am 28. November stellt ein Spinola eine Quittung über 2823 1 { 2 Pfund aus für eine cathedra sive faudistorium unum aureum preciosis lapidibus et margaritis ornatum, das ihm Lambert Maniavaca in Pfand gegeben hat. Am gleichen Tage entlastet diesen der Bevollmächtigte König Konrads IV. Wir übergehen die weiteren Finanzgeschäfte, die erforderllch waren, um die an Konrad für das faldistorium bezahlten 6ooo Pfund genuesisch zurückzuerstatten, und halten nur fest, daß es sich laut einer weiteren Eintragung vom 2. Dezember um den Thron des verstorbenen Kaisers handelte. Sein Wert ergibt sich aus der angeführten Umrechnung für die Juwelen, für die weniger als die Hälfte erzielt wurde. Dabei wird auch in diesem Falle damit zu rechnen sein, daß der König nur einen Bruchteil von dem erhielt, was der Thron wirklich wert war 3 • 1 Instruktives Vergleichsmaterial zur Geld- und Preisgeschichte dieser Zeit bietet jetzt V. Pfaff, Die Einnahmen der römischen Kurie am Ende des 12. Jh.s, in Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgesch.4o, 1953, S. 97-u8, bes. S. 115 f. Danachkonnte man für 2400 genuesische Pfunde 240 Zentner Pfeffer kaufen. Pfaff berechnet, daß am Ende des 12. Jahrhunderts die Kurie an wirklich festen Einnahmen (Grundzinsen, Schutzzinsen, Lehnszinsen; ohne Frankreich und Mathildisches Gut) 1214 unc. auri einnahm, wofür sie 350 Zentner Pfeffer hätte kaufen können. Es liegt auf der Hand, wie prekär solche Vergleiche sind. 2 Böhmer-Ficker, Regesta Imperii V, 3, Innsbruck 1882, Nr. 4604. 3 Mas Latrie a.a.O. rechnete einen Wert von 6oooo fr. in Gold heraus, was er mit fünf multiplizierte, um die heutige Kaufkraft zu erlangen. H uillard-Breholles bestritt diesen Ansatz und kam auf einen Goldwert von rund 14oooo fr., was einen
Zeugnisse aus der Zeit Konrads IV. und Manfreds
Trotz der erfolgten Auslösung bekam der König den Thron seines Vaters noch nicht zurück. Vermutlich verhinderte das der Rat von Genua; denn auf dem päpstlichen Stuhl saß ja noch der Genuese Innocenz IV., der alte Feind des Kaisers. Ein Grimaldi behielt jedenfalls den Thron in Verwahrung. Erst nach dem Tode des Papstes, als auch Konrad bereits im Grabe lag, suchten die Genuesen wieder Fühlung mit den Staufern. Im ] uli 12 57 schlossen sie einen Bündnisvertrag mit König Manfred von Sizilien, der diese Urkunde als Vormund von Konrads Sohn, dem kleinen Konradin, ausfertigte. In sie wurde eine Klausel aufgenommen, daß die Genuesen den von Konrad ausgelösten Stuhl nach Erstattung der Unkosten für seine Verwahrung herauszugeben hätten. Da diese Klausel nicht in die 1261 vereinbarte Erneuerung des Vertrages übernommen wurde, muß sie in der Zwischenzeit erfüllt, der Thron also in den Besitz Manfreds gelangt sein. Dazu halte man die Nachricht, daß dieser am Io.ju. August 1258 im Dom zu Palermo gekrönt wurde. Das erklärt, weshalb dieser Staufer so großen Wert darauf legte, das in Genua ausgelöste Faldistorium zurückzuerlangen: er brauchte es zu seiner Legitimation gegenüber Konradin, über den ausgesprengt worden war, dieser besser berechtigte Erbe sei tot. Stimmt unser Schluß, dann läßt sich weiter folgern: Manfred trug sich bereits im Vorjahre mit dem Gedanken seiner Krönung 1 • Friedrichs Faldistorium blieb nicht lange in Sizilien. Es teilte das Schicksal des vorletzten staufischen Königs: Als Manfred 1266 bei Benevent fiel, wurde sein Schatz die Beute des Siegers. Saba Malaspina berichtet, daß Karl von Anjou - damit der Heilige Vater "einen Vorgeschmack von seiner Jagd erhielt"- diesem ein Paar goldene Kandelaber und das facistorium Cesaris als Geschenk übersandte 2 • Wenn auch damit zu rechnen ist, daß der Kaiser mehr als einen Thron besessen hat, so wird es doch kein vorschneller Schluß sein, wenn wir diesen als das zwischen 12 57-61 zurückerlangte, kaiserliche, aber auch eines Papstes würdige Faldistorium ansprechen. Über die Form des Prunksessels und seinen Schmuck erhalten wir folgende Auskünfte: DreiNotariatsins trumenteGenua2 8. 11.1253 (Mas-Latriea.a.O . S. 2 51f.); vgl. den bereits zitierten Wortlaut. Zwei weitere vom 1. 12. 12 53 (S. 254f.): Cathedre seu faudastorii aurei preciosis lapidibus, perlis et margaritis ornati, et que fuit quondam domini Frederici imperatoris. neuzeitlichen Kaufwert von 7ooooo fr. ergäbe. Es ist bekannt, wie zweifelhaft alle solche Vergleiche mit der heutigen Kaufkraft sind und bleiben. 1 A. Karst, Gesch. Manfreds vom Tode Friedrichs II. bis zu seiner Krönung, Berlin r897 (Histor. Studien VI), S. r62f. (Auf diese Stelle machte mich J. Deer aufmerksam, dem ich auch sonst für Hinweise zu meinem Manuskript zu danken habe.) K. bezieht sich auf Saba Malaspina (M ura tori, Rer. Ital. SS. VIII, S. 798) und ein Schreiben des Papstes Alexander IV. vom ro. April 1259 bei B. Capasso, Hist. dipl. regni Siciliae, Neapel 1874, S. 172. Nicolaus de Jamsilla (Muratori a.a.O. S. 584) bringt keine weiteren Einzelheiten; vgl. auch Böhmer-Ficker, Regesta Imperii Nr. 467oa. 2 Rer. Sicul. lib. III c. XIV (Muratori, Script. rer. Ital. VIII, 1726, S. 831). 6*
IV. Ein verschollener Thron (faldistorium) Friedrichs II.
Saba Malaspini (a.a.O. S. 8;x):facistorium Cesaris, sedem imperialem aurea massa conßatam, margaritis coruscantibus undique circumseptam, quae diu Augusti ad Iaudis et gloriae fastigia imperialia ostendenda servarat aerarium. Aus der Bezeichnung cathedra seu faudastorium ist ersichtlich, daß faldistorium hier nicht in der alten Bedeutung "Faltstuhl" aufzufassen ist, sondern daß es sich um einen Prunksitz im allgemeinen Sinne handelt auch beim Worte stemma, das ursprünglich einen offenen Frauenreif bezeichnet, ist (worauf mich J. Deer hinweist) eine ähnliche Verwässerung des Sinnes eingetreten, so daß mit stemma schließlich auch eine geschlossene Männerkrone bezeichnet werden kann. Das Gestühl wird nicht aus purem Gold gewesen sein, da dieses zu weich ist; zu denken hat man an vergoldetes Silber oder an vergoldete Bronze, die in Süditalien viel benutzt wurde. Ein Königsthron aus Silber von etwa 1400 hat sich in Barcelona erhalten. Aus ehemals vergoldeter Bronze besteht der frühkarolingische "Dagobert-Thron" . Dieser ist spärlich und auch nur in Bronze verziert; von ihm unterschied sich Friedrichs Thron dadurch, daß er mit Perlen und Edelsteinen geschmückt war. So geziert waren schon die Throne gewesen, die der Heilige Eligius für die Merowinger angefertigt hatte: das hatte der spätantiken Tradition entsprochen. Malaspinas Angabe, daß Friedrichs Thron mit Perlen gesäumt war, paßt gut zu dem, was wir sonst von den Arbeiten der Palermitaner Hofwerkstatt wissen: reicher Perlenschmuck, besonders fortlaufende Schnüre waren ja geradezu das Kennzeichen ihrer Schöpfungen 1. Wir können die Geschichte dieses Prunkstuhls noch weiter verfolgen. Denn auf Befehl des Papstes Bonifaz VIII. wurde 129 5 ein genaues Inventar des päpstlichen Schatzes angelegt. Aber dadurch kompliziert sich der Fall; denn es beschreibt zwei reich verzierte Faldistorien. Sie werden folgendermaßen beschrieben 2 : (I) Item unum falcistorium magnum de auro, quod habe! in uno brachio, in quo est imago regine ad nigellum, V zafftros grossos et XXX alios minores et praxinas V et III perlas grossas et XI alias minores et III ftla aliarum perlarum minorum. Item in alio brachio, in quo est imago regine in esmalto, habe! novem zafftros grossos etc. (ähnlich wie oben). Item in alio brachio, in quo est imago regts in smalto, habe! (M.: VIII) balassos grossos etc. (ähnlich wie oben). Item in quarto brachio, in quo est imago regis ad nigellum, habe! IX balassos grossos etc. (ähnlich wie oben). Item in tabula, que est altare, ubi sunt ftgure reginarum, sunt IIII zafftri grossi etc., et in corpore pavonis est una praxina et zafftrelli et granatelli et smaraldi; 1
J. Deer, Der Kaiserornat Friedrichs II., Zürich 1952 (Diss. Bernenses II, 2),
s. 24ff., 66ff.
2 Zuerst gedruckt von Huillard-Breholles a.a.O. S. 142ff., dann bei Molinier a.a.O. S. 632-634: Nr. 341=356 (Abweichungen in Klammern mit vorgesetztem M), beide nach einer Abschrift des 17· Jh.s im Cod. Paris Bibl. Nat. lat. p8o. Ehrle, Gesch. des Schatzes a.a.O. S. 4, 21 ff. hat das Originalinventar nachgewiesen; nach seinen Feststellungen ist die Abschrift sehr korrekt. Über die Bedeutung der angeführten Edelsteinnamen vgl. den eingangs angeführten Aufsatz von U. T. Holmes.
Zeugnisse aus dem päpstlichen Archiv
ex parte vero exteriori sunt V zcifftri grossi etc. Item in alia tabula, in qua sunt ftgure regum, ex parte inferiori (M.: interiori) sunt quatuor zcifftri grossi etc.; et in corpore pavonis est una praxina etc. ; ex parte vero exteriori sunt V zafftri grossi etc. Item in pede, qui est c01yunctus brachio, in quo est regina in smalto, sunt quatuor balassi grossi etc. Item in alio pede juncto brachio, in quo est regina in nigello, sunt IIII balassi grossi etc. ; in sbarra, qua atijunguntur ipsi pedes, sunt quatuor balassi grossi etc. Item in alio pede juncto brachio, in quo est rex in nigello, sunt V balassi grossi etc. Item in alio pede contiguo brachio, in quo est rex in smalto, sunt VI balassi grossi etc. Item in sbarra, qua atijunguntur ipsi pedes, sunt IIII balassi grossi etc. ltem tres castoncelli, in quarum uno est unus zaffirus et in alio est unus balascus (M.: balassus) et in tertio una praxina. Item quatuor castoni sine lapidibus et duo zafftri sine castonibus, qui fuerunt de isto falcistorio. ltem ex una parte juncture est grossus zafftrus et una grossa perla, et in alia junctura est una grossa praxina ex parte interiori, et ex parte interiori (so Hs., M. verbessert: exteriori) est castonus vacuus. (II) Item unum falcistorium magnum de auro, in quo sunt XVI balassi grossi et XXXI balassi minores in pomis et X in appendiciis et (bei M. springt der Text gleich zu IIII zafftri weiter) multi aliis smaraldi minores et perle in castoncellis per totum falcistorium et IIII zafftri grossi et XXX alii minores in pomis de pedibus et X in appendiciis et decem VI praxine grosse et LXIII! smaraldi minores in pomis et in appendiciis X mult. (M. nach minores : et perle in castoncellis per totum falcistorium). Ich deute - von ]. Deer beraten - diese Angaben so: das erste Faldistorium hatte vier Füße, die durch einen Querriegel ( sbarra) verbunden waren und sich nach oben in vier Pfosten ( brachia) fortsetzten. Die auf der einen Seite waren mit zwei Bildern eines Königs geschmückt, die auf der anderen mit zwei Bildern einer Königin. Je eines von ihnen war in Niello gearbeitet, die beiden übrigen in Email. Einen solchen Wechsel in den beiden Techniken weist auch das aus Sizilien stammende "Zeremonienschwert'' der Wiener Schatzkammer auf: die Scheide ist besetzt mit einer Folge von Reichsadlern in Niello und Zierplatten in Email. Köpfe auf den rückwärtigen Pfosten finden sich auch auf der verzierten Lehne des "Dagobert-Throns" sowie an nordgermanischen Holzsitzen des hohen Mittelalters; sie entstammen der spätantiken Tradition, Prunkstühle an dieser Stelle durch Kaiserköpfe zu verzieren. Doch kann es sich bei Friedrichs Thron- im Gegensatz zu allen diesen Parallelen- nicht um plastische Köpfe, sondern nur um Platten - vermutlich Rundscheiben gehandelt haben, da ja Niello und Email für die Herrscherbilder benutzt waren 1• 1 Die um I 55 o angefertigte grobe Skizze des Capuaner Brückentors deutet in der Kaisernische einen Thron an, von dem keine Rückwand zu erkennen ist, der also vielleicht nur aus jener Thronbank bestand, auf der sich die Kaiser bis in den Anfang des 12. Jahrhunderts darstellen ließen. Doch gibt die Skizze in Sitzhöhe zwei Köpfe wieder. Handelt es sich um die an dieser Stelle sonst of begegnenden Löwenköpfe?
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IV. Ein verschollener Thron (jaldistorium) Friedrichs II.
Mit der tabula que est altare ist wohl die eine Seite - und zwar die linke Innenseite - bezeichnet. Auf ihr waren ein Pfau und Bilder von Königinnen zu sehen, auf der rechten Gegenwand ( a!ia tabula) ein Pfau und Bilder von Königen. Die Außenwände (pars exterior) waren mit Steinen verziert; Castoni = Gastonce/li sind die kastenförmigen Fassungen von Edelsteinen. Über die Bauart des zweiten Faldistorium läßt sich nur aussagen, daß seine Füße apfelartig verdickt waren. Es unterschied sich von dem anderen durch einen um den ganzen Sessel herumlaufenden Perlensaum. Die Frage, welches der beiden Faldistoria mit dem aus Manfreds Besitz zu identifizieren sei, beantwortet Huillard-Breholles dahin, daß wegen der Perlen an den an zweiter Stelle angeführten zu denken sei; dazu passe auch der Wert besser als zu dem voraufgehenden, das wohl noch wertvoller gewesen sei. Molinier sah dagegen den Stauferthron im zuerst angeführten, weil er mit Bildern von Königen und Königinnen geziert war. Da der Papst auch noch auf andere Weise in den Besitz eines weltlichen Throns gekommen sein kann, läßt sich diese Frage nicht mit Sicherheit entscheiden. Zu beachten ist, daß bei keinem von ihnen ein Wappen oder auch nur ein Wappentier erwähnt wird. Das spricht dafür, daß sie aus dem Anfang des I3. Jahrhunderts stammten oder noch älter waren. Mit Hilfe der Inventare können wir das Schicksal der beiden Faldistorien noch ein Stück Weges weiter verfolgen. Der päpstliche Schatz wurde um I 304 von Benedikt XI. nach Perugia gebracht. Was für die Krönung des Papstes Clemens V. benötigt wurde, holte man I305 nach Lyon. Dieser ordnete Ipo an, die Gold- und Silbersachen nach A vignon zu überführen und, was den Transport nicht lohne, nach Assisi zu bringen. I 3 I I begann man mit der Anlegung eines Inventars, aber die Ausführung des Befehls zog sich hin. Die nach Assisi gerichteten Kisten blieben in Lucca liegen und wurden hier I 3I4 im Kampf der Ghibellinen gegen die Guelfen ausgeplündert 1 • In dem I 3I I aufgesetzten Inventar :finden sich wenigstens Spuren vom Faldistorium Kaiser Friedrichs 2 • Auf f. 473a heißt es: ltem XXI Iapides in castonatos in argento deaurato, de quibus XI sunt saphiri, lll granati, VI esmeralde et !Iapis doto. Sunt etiam cum eis VI rorecte de argento deaurato, in quarum duobus sunt !I perle et in aliis sunt granati; - que omnia videntur fuisse de facistorio Frederici. Sunt etiam cum eis !I granati sine castonibus: - ponderis totum unius uncie et trium quartarum et dimidii. Ligati sunt omnes per se. Auf Stutzig macht, daß eine zweite, etwas ältere Skizze und eine erst 1823 publizierte, aber ältere Zeichnung nichts von ihnen wissen. Vgl. C. A. Willemsen, Kaiser Friedrichs II. Triumphtor zu Capua, Wiesbaden 1953, Taf. 40,98-99, dazu S. 36 und Anm. 125. 1 Hierzu sowie zum folgenden Ehrle, Gesch. des Schatzes a.a.O., bes. S. 41 ff. und 228ff. 2 Die folgenden Auszüge nach Ehrle, Constant. Schatz a.a.O. S. 197 mit Anm. 3 (auch schon Ders., Das Inventar des päpstl. Schatzes von Perugia aus dem Jahre I 3II, im Archiv f. Lit.- u. Geistesgesch. I, 1885, S. 150, Anm. 3).
Bauart und letzte Zeugnisse
fol. 4 56 a, 4 57 a, 466 a und 466 b sind andere Bruchstücke de Jacistoris antiquis angeführt. Außerdem heißt es f. 466a: 12. Item unum caput leonis de auro, quod videtur fuisse de facistorio Constantini, in quo sunt oculi de cristallo, laboratum in capite et in collo ad bolinum, et habet sub capite grossitudinem cum IV compassibus quadrangulatis et relevatis, et in dicta grossitudine sunt II grossi balatii et VII minores et VIII esmeralde communes et VI grosse perle (es fehlen drei Steine); et habet concavitatem intus, in qua concavitate videtur esse de ligno; ponderis totum III librarum 1• Auf den Kaiser Konstantirr ist im Laufe der Geschichte manches Stück des päpstlichen Schatzes zurückgeführt worden 2 ; aber von seinem Faldistorium erfahren wir nur durch diese Stelle; es bedarf keines Wortes, daß diese Zuschreibung kein Vertrauen verdient. Ob alle diese Fragmente auf die zwei im Jahre 1295 verzeichneten Prunkstühle zurückgeführt werden dürfen oder ob es noch mehr gab, steht dahin. Jedenfalls müssen wir annehmen, daß beide 13II bereits auseinandergenommen waren und ihre Reste in den anschließenden Wirren zugrunde gingen 3 • In den Inventaren des Teils des päpstlichen Schatzes, der nach A vignon gebracht und dort ansehnlich vermehrt wurde, findet sich keine Spur der beiden Faldistorien mehr 4 • 1 Unklar ist mir, wieso Ehrle a.a.O. S. I97, Anm. 2 sagen konnte, diese Beschreibung entspreche der des an zweiter Stelle genannten Prunkstuhls.- Vgl. Ders., Gesch. des Schatzes a.a.O. S. 638, Nr. 386 noch unum capud leonis quod fuit de uno basili; pond. 111 unc. et 111 quart. 2 Zusammengestellt bei Ehrle, Constant. Schatz a.a.O. S. I9off. 3 So schon Ehrle a.a.O. S. I97, Anm. 2. In dem I327 aufgesetzten Inventar über die noch in Assisi verwahrten Objekte finden sich nur ein Faldistorium aus vergoldetem Erz und faldistoria sive cathedre episcopales lignee deaurate numero X X XI (Ehrle, Gesch. des Schatzes a.a.O. S. 323). 4 Die Inventare des päpstlichen Schatzes in Avignon I3I4-I376, hrsg. von H. Hoberg, Citta del Vaticano I944 (Studi e Testi III). Ohne Ertrag für unsere Frage ist K. Wen c k, Über päpstliche Schatzverzeichnisse des I 3. und I 4· Jahrhunderts und ein Verzeichnis der päpstlichen Bibliothek vom Jahre I3JI, in Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. VI, I885, S. 270-286.
V.
Adler aus der Zeit Friedrichs II.: VICTRIX AQUILA Von Josef Deer (Bern) Inhaltsübersicht: r. Vorbilder und Formentwicklung des Reichsadlers in Deutschland· bis etwa 1220.-2. Der Reliquiar-Adler aus Eisen in der Sammlung A. P. J.- 3· Die stilistische Stellung der Adler auf den gewöhnlichen Augustales Friedrichs II. und des Bronzevogels im Metropolitan Museum. - 4· Antikisierende Adlerdarstellunge n in Italien und ihre Wirkung auf das Spätstaufische Reichszeichen. - 5. Der Bronzeadler in der Sammlung A. P. J. - 6. Die ursprüngliche Bestimmung des eisernen und des bronzenen Adlers in der Sammlung A. P. J. I.
Vorbilder und Formentwic klung des Reichsadlers in Deutschland bis etwa 1220
Auf den Fußstapfen der römisch-byzantinischen Kaisertradition führt seit den Tagen Karls des Großen auch der Kaiser des Abendlandes als Wahrzeichen seines Reiches und seiner überragenden Würde in mannigfachen Anwendungen das uralte Sinnbild des Adlers 1 • Darüber, wie dieser kaiserliche Vogel in seiner offiziellen Formprägung aussah, sind wir in bezugauf die Frühzeit jetzt nur sehr dürftig unterrichtet 2 • DieDarstellung en des Reichszeichens auf den Herrscherbildern 3 der Zeit zwischen 1000 und 12.00 besitzen wohl einen ikonographisch en, keineswegs aber auch einen stilgeschichtlichen Wert: die Miniaturen, die Siegel- und Münzbilder spiegeln zwar die verschiedenen Anwendungen des Adlers in der Repräsentation treu wider, verraten jedoch von der konkreten Modellierung der Vögel, die 1 Aus der umfangreichen Literatur über den Reichsadler und über die Reichswappen ragt noch immer die Schrift von Erich Gritzner, Symbole und Wappen des alten deutschen Reiches, Leipzig 1902 (Leipziger Studien aus dem Gebiet der Geschichte Bd. VIII, Heft 3), sowohl durch ihren Quellenreichtum wie auch durch ihre echt historische Betrachtungsweis e hervor. Höchstes Lob verdient ferner das damals alleinstehende Bestreben des Verfassers, möglichst viele Bildzeugnisse heranzuziehen auch dann, wenn deren Interpretation uns jetzt manchmal anfechtbar ist. Für das spätere Schrifttum, das entweder rein heraldisch oder rein historisch-philolo gisch ausgerichtet ist, s. die bibliographische Zusammenstellun g bei Claudius Frhrn. von Schwerin, Rechtsarchäologie , Berlin-Dahlem 1943, S. 33 (Adler), S. 34 (Fahne) sowie die folgenden Anmerkungen. 2 Im Rheinischen Landesmuseum zu Bonn wird eine kleine Adlerfigur karolingischer Zeit aus Bronzeblech aufbewahrt; ihre Bestimmung ist unsicher. 3 P. E. Schramm, Die deutschen Kaiser und Könige in Bildern ihrer Zeit (751 bis 1152), Text und Tafeln, Leipzig 1928.
Zeugnisse bis zum
11.
Jahrhundert
auf den Stäben, Szeptern, Feldzeichen, Thronbaldachinen 1 und Zelten 2 usw. der deutschen Kaiser und Könige sitzen, beinahe nichts. Auf Grund dieser Bilder werden wir daher nie entscheiden können, ob der Adler der Ottonen, der Salier und Staufer nach antiken, byzantinischen und islamischen - also fremden - Vorbildern modelliert war oder ob er in Anlehnung an frühere germanische Tierfeldzeichen 3 eine bodenständige Neuschöpfung darstellte. Und eben diese Frage ist für eine "staatssymbolisch" orientierte Betrachtung von besonderer Wichtigkeit; denn der Stil, in dem das Sinnzeichen ausgeführt wird, führt uns auf die sichere Spur seiner Herkunft und damit zur Erkenntnis kultureller und politischer Zusammenhänge. Eben hier versagen unsere Bildzeugnisse, deren Wert erst seit etwa Izoo -seit der Herausbildung des Wappenwesens- zu wachsen beginnt. Wichtig wären uns also tatsächlich benutzte Adler. Solche sind aber aus der Frühzeit nur an einigen Werken der höfischen Kleinkunst erhalten geblieben: so vor allem jene zwei Fibeln oder Agraffen mit verschmelzten Adlerfiguren aus dem in Mainz gefundenen Schatze einer deutschen Kaiserin aus der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts, der ohne ausreichende Begründung der Kaiserin Gisela, der Gemahlin Konrads II., zugeschrieben worden ist 4 • Beide Juwelen - von denen nur das eine (Abb. 40) den zweiten Weltkrieg überdauerte 5 - zeigen uns einen Adler von schlankem Körperbau, mit ausgebreiteten schmalen Flügeln, die oben rund, unten spitzig geformt sind; der Schwanz ist stilisiert, die Fänge seitlich steif ab1 Das interessante Bild eines deutschen Kaisers oder Königs aus dem r 1. bis r z. Jahrhundert auf einem Leinenstoff mit Goldstickerei im Schatze von S. Ambrogio in Mailand zeigt hinter dem thronenden Herrscher eine Aedicula mit Giebel, auf deren beiden Seiten Adler- wie auf ravennatischen Mosaiken (z.B. das Bild Konstantins IV. Pogonatos in S. ApoHinare in Classe) oder auf den Diptychen einer oströmischen Kaiserin (Kunsthistorisches Museum in Wien und Bargello in Florenz) -sichtbar sind, siehe: A. de Capitani d' Arzago, Antichi tessuti della Basilica Ambrosiana, Milano 1941, S. 31ff., Taf. VII-VIII. 2 Vgl. unten S. rar und Abb. 59-60. 3 Vgl. dazu: Carl Erdmann, Kaiserfahne und Blutfahne, in den Sitzungsberichten der Berliner Akademie, 19p, Phil.-Hist. Klasse Nr. XXVIII, die Erwiderung von Herbert Meyer in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte 53, Germ. Abt., 1933, S. 29rff. und wieder C. Erdmann in den Quellen und Forschungen aus Italienischen Archiven und Bibliotheken 25, 1933-1934, S. 19ff. Durch die neuesten Forschungen von H. Vetters (Der Vogel auf der Stange ein Kultzeichen, in: Jahreshefte des österr. archäol. Instituts in Wien 37, 1948, S. 131ff. und: Der Vogel auf der Stange- ein Kultsymbol, in: Artedel primo Millennio. Atti del secondo convegno perlo studio dell' arte dell' alto Medio Evo, Turin 195 3, S. 125 ff.) sowie durch die von W. Berges und A. Gauert (Die eiserne "Standarte" und das steinerne "Szepter" aus dem Grabe eines angelsächsischen Königs bei Sutton Hoo, in: Herrschaftszeichen und Staatssymbolik, hrsg. von P. E. Schramm, Bd. I, Stuttgart 1954, S. 238ff.), ist die ältere Literatur überholt. 4 0 t t o von Fa 1k e, Der Mainzer Goldschmuck der Kaiserin Gisela, Berlin r 9 r 3, S. raff., Abb. 14, Taf. I und IV. 5 Mainz, Altertumsmuseum. Höhe 10 cm, Breite 9,3 cm; siehe: Katalog der Ausstellung "Ars Sacra", München 1950, Nr. 164, dort auch über das traurige Schicksal der in den Berliner Museen aufbewahrten Stücke desselben Schatzes. Unser Bild nach E. Bassermann- Jordan, Der Schmuck, Leipzig 1919, Abb. 88.
V.]. Deer: Adler aus der Zeit Friedrichs II.
gestreckt. Schon 0. von Falke hat richtig erkannt, daß dieser Adler-Typus von dem auf oströmischen Seidenstoffen begegnenden Typ des byzantinischen Kaiseradlers grundverschieden ist. Falkes weitere Folgerung aber, daß der vom byzantinischen abweichende Typus als spezifisch abendländisch, d. h. deutsch und italienisch, anzusprechen sei\ ist sicher nicht stichhaltig. Er übersah nämlich, daß ebensolche Vögel wie die der Mainzer Fibeln nicht nur auf späteren islamischen Stoffen - die auf viel ältere V arbildet zurückgehen - , sondern schon auf fadmidisehen Gläsern vorkommen, also den deutschen Künstlern des I I. Jahrhunderts auch zeitlich gut zugänglich waren. Der Adler z. B. auf dem Ziborium von Minden (Abb. 4I) 2 stimmt mit denen der Mainzer Fibel in allen wesentlichen Zügen überein. Deren Typus ist also seinem Ursprung nach islamisch und innerhalb dieses Kreises wohl fatimidisch 3 • Er spielt auch noch später eine große Rolle bei der Stilisierung des Reichszeichens 4 , darf aber schon deshalb nicht als spezifisch abendländisch oder sogar deutsch bezeichnet werden, weil neben ihm gegen Ende des 12. Jahrhunderts auf offiziellen Denkmälern auch solche Adler erscheinen, die im großen und ganzen dem byzantinischen Kaiseradler entsprechen. Obwohl Adlerkapitelle seit der Spätantike 5 zu allen Zeiten und allerorten auch ohne jede monarchische Symbolik vorkommen, ist das Erscheinen eines solchen in der Kaiserpfalz zu Gelnhausen im letzten Jahrzehnt der Regierung Friedrichs I. Barbarossa - und zwar auf der Säule in der Mitte der Eingangshalle - 6 wohl kein Zufall. Die vier ganz gleich ausgeführten Adler auf den vier Ecken dieses Kapitells (Abb. 43) 7 zeigen uns im wesentlichen den von den Seidenstoffen - z. B. von dem in Brixen (Abb. 44) 8 - , besonders von einer marmornen Reliefplatte des British Museum (Abb. 42: der Vogel in der Mitte) 9 her wohlbekannten Typus 1
A.a.O. S. I 5 und Anm. 2. "Ars Sacra" Nr. IBI, Aufnahme: Bayer. Landesamt für Denkmalspflege. Die Vorlage verdanke ichder VermittlungvonHerrn Prof. Dr. Albert Boeckler- München. 3 Derselbe fatimidische, mit dem Vogel der Mainzer Fibel sogar in der Schuppenbildung übereinstimmende Adler-Typus kommt auch auf den islamischen Deckenmalereien der Cappella Palatina in Palermo (vierziger Jahre des 12. Jahrhunderts) vor: U. Monneret de Villard, Le pitture musulmane al soffitto della Cappella Palatina in Palermo, Rom I95o, Fig. I6I. 4 Z. B. auf den Brakteaten des Herrn von Falkenstein um I I4of7o: Abb. 55. 5 Ernst Kitzinger, The Horse and Lion Tapestry at Dumbarton Oaks; Appendix: List of Early Byzantine Anima! and Bird Capitals, in: Dumbarton Oaks Papers III, I 946, S. 6off., Fig. 9I-Io2. Weitverbreitet u. a. in der romanischen Skulptur Apuliens, Campaniens und Siziliens. V gl. Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte, hrsg. von 0. Schmitt, I, I937, Sp. I8o-I87: Artikel "Adlerkapitelle" von K. Nothnagel. 6 Vgl. das Gesamtbild bei Leo Bruhns, Hohenstaufenschlösser, Leipzig I94I ("Die Blauen Bücher"), S. 3I. 7 Unsere Abbildung nach Bildarchiv Photo Marburg Nr. I44· 2I5. 8 Nach Vorlage: Gabinetto Fotografico Nazionale, Roma, Serie E, Nr. 21.8oi, Literatur: J. Deer, Der Kaiserornat Friedrichs II., Bern I952 (Diss. Bernenses II, 2), S. 72, Anm. 92. 9 Nach Aufnahme des Museums, die ich der Freundlichkeit von Herrn P. Lasko, Department of British and Medieval Antiquities, verdanke. Vgl. dazu E. Kitzinger, Early Medieval Art in the British Museum, London I940, S. 109, Pl. 34: I I. Jh. 2
"Gisela"-Schmuck- Gelnhausen- Mainzer Fürspan
des byzantinischen Adlers, der gekennzeichnet ist durch plumpen Körperbau, unnatürlich eingezapfte Schenkel und breit entfalteten Fächerschwanz. Von diesem Typ weicht der Gelnhauser Adler nur durch die Form des oberen Flügelteils ab: dieser ist nicht rundgewölbt wie bei den byzantinischen Adlern, sondern konkav ausgeschnitten und an den äußeren Enden in je eine Volute umgebogen. Zusammen mit der doppelten Perlenreihe, mit dem persischen "Diadem 1," mit dem der Flügelrand verziert ist, stellen die Voluten einen deutlichen islamischen Einschlag dar. Diese Mischung byzantinischer und islamischer Stilelemente - vorläufig noch mit starkem Übergewicht der ersteren- nimmt nicht weiter wunder. Die gleiche Erscheinung tritt uns nämlich auch bei der Betrachtung rein byzantinischer Denkmäler entgegen. Selbst der oströmische Kaiseradler auf den Seidenstoffen (Abb. 44) ist viel stärker alten kleinasiatischen als römischen Vorbildern verpflichtet 2 und weist demgemäß eine ganze Reihe orientalischer Züge auf. Dazu kommen - besonders seit der Zeit der Makedonischen Dynastie 3 - islamische Einwirkungen, von denen die Reliefplatte des British Museum (Abb. 42) ein besonders deutliches Zeugnis ablegt 4 • Daß die Vögel auf dem Kapitell von Gelnhausen die "offiziöse" Form des Reichsadlers in Deutschland und in der Spätzeit Barbarossas verkörpern, zeigt ihre frappante Übereinstimmung mit einem goldenen, gleichfalls aus dem 12. Jahrhundert stammenden Adlerfürspan, der 1885 in Mainz gefunden wurde und in die Sammlung des Freiherrn M. von Heyl gelangte (Abb. 45) 5 • In bezug auf seine Bestimmung ist dieses Juwel die geradlinige, aber schon hochromanische Fortsetzung der entsprechenden Schmuckstücke des "Gisela"-Schmuckes. Daß die Damen des Kaiserhauses solche Fürspane auch noch in staufiseher Zeit getragen haben, beweist die nachträgliche Anbringung einer Adler-Brosche auf der Brust der Essener Gottesmutter während des 12. Jahrhunderts, deren Adler 1 Kurt Erdmann, Die Entwicklung der Sasanidischen Krone. Exkurs II: Das Diadem, in: Ars Islamica I5/I6, I95I, S. I17ff. 2 F. M. Heichelheim, Byzantinische Seiden, in Ciba-Rundschau, Nr. 84, Basel April I949, S. 3 I46. 3 Andre Grabar, Les succes des arts orientaux a la cour byzantine sous les Macedoniens, im Münchener Jahrbuch der bildenden Kunst, Dritte Folge II, I 95 I. Einen Adler von reinem islamischen Typus sieht man auf dem einen Stück eines byzantinischen Ohrgehänge-Paares (12. Jh.) im Ung. Nationalmuseum in Budapest: Magyar Müvelödestörtenet (Ung. Kulturgeschichte), hrsg. von A. Domanovszky, Bd. I, s. 334· ' So müssen wir uns auch jenen silbernen Adler - mit einet Schlange in den Fängen- vorstellen, mit dem Kaiser Konstantin VII. (9I3-59) einen Brunnen im Vestibül seines Wohnappartements schmücken ließ (Theophanes cont. VI cap. 24, ed. J. Bekker, Bonner Corpus Bd. 53, I8;8, S. 451, angeführt bei H. Ebersolt, Les arts somptuaires de Byzance, Paris I923, S. 6;). Vgl. auch das Siegel des Chefs des Barbarenbureaus bei G. Schlumberger, Un empereur byzantin au X. siede: Nicephore Phocas, Paris I89o, S. 4I3 (Adler mit Schlange). 5 Falke, Mainzer Goldschmuck a.a.O. S. 29, Abb. 25 (auch Rückseite); unsere Abb. nach Pantheon VI, I93o, S. 480,
V.]. Deer : Adler aus der Zeit Friedrichs II.
übrigens gleichfalls votn byzantinischen Typus ist 1 • Trotz der engen Verwandtschaft mit den Vögeln auf dem Kapitell von Gelnhausen treten an dem Mainzer Fürspan die islamischen Elemente noch viel stärker als auf jenen zutage. Neben den besonders betonten Voluten und dem "Diadem" am Flügelrande hat hier auch der Schwanz eine ausgesprochen blütenförmige, d.h. nach islamischer Art "verpflanzlichte 2 " Modeliierung erfahren. Der Adler sitzt dazu noch auf einer Ranke, wie dies eben auf islamischen oder islamisierenden heraldischen Darstellungen oft der Fall ist 3• In den Stileigenheiten des Mainzer Fürspans ist zugleich auch der weitere Weg der Entwicklung des Reichszeichens deutlich vorgezeichnet: die islamischen Elemente werden nämlich zu Beginn des I3. Jahrhunderts gegenüber den byzantinischen vorherrschend - den Anstoß mögen die Kreuzzüge gegeben haben, die die Kenntnis des islamischen Wappenwesens vermittelten 4 • Die in diesem übliche Verpflanzlichung des Tierkörpers greift in Deutschland etwa nach I2Io sogar auf die Flügelbildung der Reichsadler über; die Schwungfedern nehmen allmählich die Gestalt geschwungener Blüten an. Diesen eminent heraldischen Typus zeigen uns die Schilde Karls des Großen auf zwei Deckelreliefs des Aachener Karlsschreines unmittelbar vor I2I5 (Abb. 46) 5, die zahlreichen Adlerwappen der I2Io-2o angefertigten Bilderhandschrift der Eneide Heinrichs von Veldeke (Abb. 47) 6, sowie die in Niello ausgeführten Reichsadler auf beiden Seiten der Scheide des "Zeremoniensc hwertes" der Reichsinsignien (Abb. 48), welches unmittelbar vor I220 in Palermo - aber auf Grund deutscher Vorbilder- entstanden ist 7• Die genannten Denkmäler führen uns den Reichsadler in seiner typischen Prägung während der Jahre, die Friedrichii. in Deutschland verbrachte (I 2 I 2-20), vor Augen. Seit dieser Zeit bilden die Voluten, die ausgefransten Flügel, der Blütenschwanz und die seitlich abgestreckten Fänge die Hauptmerkmal e des heraldischen ReichsadleJs in Deutschland, und dieser Typ wird bis tief in die Gotik hinein festgehalten. 1 Beste Abbildung K. Wilhelm-Käst ner, Das Münster in Essen, ebd. 2. Auf!. 1930, T. 33; Hans J antzen, Ottonische Kunst. München 1947, Abb. 124; H. Köhn, Der Essener Münsterschatz, Essen 1953, S. I7 (S. 48 die Speziallit.). 2 Über diese Stilisierung im allgemeinen: A. Alföldi, Die Goldkanne von St.Maurice d' Agaune, in Zeitschrift für Schweizerische Archaeologie und Kunstgeschichte X, 1948, S. 1off. des Sonderdruckes. Ein gutes Beispiel für die verpflanzlichten Flügel bei A. Lane, Early Islamic Pottery, London 1947, PI. 47, S. 35· 3 So in den "Wappen" des sizilischen Admirals Margaritus: Deer, Kaiserornat a.a.O. Taf. XXXVII, 3· 4 Ein reiches Material bietet dazu das Werk: M. van Berchem- J. S trzygowski, Amida, Beideiberg 1910. 5 Relief Nr. 2 (K. Faymonville, Das Münster in Aachen, Düsseldorf 1916, S. 213): Eroberung von Pamplona; unsere Abb. 46 (Detail) nach H. Schnitzler, Der Dom zu Aachen, Düsseldorf 1950, Taf. 73· Noch deutlicher sind die Voluten des Adlers auf dem Reiterschlacht-Relief: Schnitzler, a.a.O. Taf. 74· 6 Deer, Kaiserornat a.a.O. S. 76 und Anm. 121, Abb. 47 nach der dort angeführten Veröffentlichung von A. Boeckler. 7 Ebd. S. 66, Taf. XXVI = unsere Abb. 48. Durch die Heranziehung der Adlerwappen des Karlsschreines wird die von mir vorgeschlagene Datierung des "Zeremonienschwertes" auf unmittelbar vor 1220 weiter erhärtet.
Staufische Zeugnisse
93
Dieser - in bezug auf seine Herkunft islamische, hinsichtlich seiner abendländischen Anwendung deutsch zu nennende - Adler hielt dann zusammen mit Friedrich II. seinen Einzug nach Italien 1, blieb dort- besonders in rein heraldischer Bedeutung - auch nach der Herausbildung einer antikisierenden und naturalistischen Darstellungsweise in Gebrauch 2 und ging schließlich in derselben Prägung sogar in die aragonesischen Wappen Siziliens über 3 • Der deutsche Reichsadler ist also restlos aus byzantinischen und islamischen Anregungen abzuleiten; er blieb auch bis etwa 1220 von dem Einfluß antiker Darstellungen, die sich so nachhaltig im benachbarten Italien auf die mittelalterliche Kunst auswirkten, beinahe ganz unberührt. Wie ein rundplastischer Reichsadler in deutscher Prägung des 13. Jahrhunderts - etwa ein Feldzeichen aus Metall - aussah, führt uns das bronzene Lesepult des Domes zu Hildesheim, ein Meisterwerk der nieder1 Daß dieser fortgeschrittene heraldische Typus aus Deutschland nach Sizilien gelangte- und nicht umgekehrt-, beweisen jene Münzen mit Adlerbild, die Friedrich II. in seinem Erblande vor 1212, d.h. vor dem Aufbruch nach Deutschland, prägen ließ. Diese zeigen zwar einen islamisierend stilisierten Adler vom älteren, fatimidischen Typus, der in der islamischen dekorativen Kunst der Insel auch sonst sich nachweisen läßt, der aber von dem der oben besprochenen deutschen Denkmäler doch verschieden ist: A. Sambon, Le monete del reame di Napoli, o. J., S. 82, Nr. 9, 9a-i, S. 83, Nr. 12-13 S. 84, Nr. 14-15. Alle diese Münzen zeigen einen von den süditalienischen Prägungen Heinrichs VI. (Corpus Nummorum Italicorum Vol. XVIII, Rom 1938, S. 27of. und Sambon a.a.O. S. 66, Nr. 2, S. 73, Nr. 15-16) her bekannten Adler: die Flügel sind noch nicht ausgefranst, und es fehlen auch die typischen Voluten, die das erstemal auf einer seit 1221 geprägten Goldmünze des Kaisers (Sambon a.a.O. S. 87, Nr. 16-16a) vorkommen. Was den Doppeladler betrifft, so kann man mit E. Kornemann (Adler und Doppeladler im Wappen des alten Reiches) in: Das Reich. Idee und Gestalt, Festschrift J ohannes Haller, Stuttgart 1940, S. 45 ff., und mit Pranz D ölger (Byzant. Zeitschr. 46, 195 3, S. 234) kaum darauf schließen, daß schon Friedrich II. neben dem Einköpfigen auch den Doppeladler als Reichszeichen eingeführt hat. Dieses Tierbild kommt nämlich nur ein einziges Mal auf einer in Messina vor 1209 - also während der Minderjährigkeit - geprägten Goldmünze Friedrichs II. vor, welche uns nur in einem einzigen Exemplar im Nationalmuseum in Neapel erhalten geblieben ist (Sambon a.a.O. S. 78, Nr. 6). Daraus läßt sich schwer eine Reform des Wappenwesens des Reiches, zu der Friedrich vor 1214 ja gar nicht berechtigt gewesen wäre, konstruieren. Über den Doppeladler bei Matheus Parisiensis vgl. Gritzner a.a.O. S. nff. Demgegenüber steht die ununterbrochene, lange Reihe einköpfiger Adler in den verschiedensten heraldischen Anwendungen aus der Zeit nach 1212, als Friedrich sowohl von Innozenz III. wie auch von den deutschen Fürsten als römischer König und künftiger Kaiser anerkannt war. 2 Z.B. in den steinernen Wappen des Innenhofs des Kastells von Barletta, aus der Zeit Friedrichs II.: C.A. Willemsen, Apulien, Land der Normannen, Land der Staufer, Leipzig I 944, Taf. roo; ebenso die Adler, die den Teppich und die Kappe des Königs auf dem Widmungsbild der Manfred-Bibel (Cod. Vat. lat. 36 f. 522v) zieren: Adalbert Graf zu Erbach-Fürstenau, Die Manfredbibel, Leipzig 1910 (Kunstgeschichtliche Forschungen, hrsg. vom Kgl. Preuß. Institut in Rom) Taf. I. 3 Siehe die Adler von typisch deutsch-staufiseher Prägung in den aragonesischen Wappen über dem Königsthron der Cappella Palatina in Palermo: 0. Demus, The Mosaics of Norman Sicily, London 1950, Pl. 39·
94
V.]. Deer: Adler aus der Zeit Friedrichs II.
sächsischen Bronzewerkstatt (Abb. 49a, b)I, vor Augen. Der Adler mit ausgebreiteten Flügeln, mit nach rechts aufgeworfenem und stolz emporgehaltenem Kopf, entspricht genau der herkömmlichen Ikonographie des Reichszeichens. Er hält einen Drachen in den Fängen, so wie die byzantinischen 2 und abendländischenReichsadler 3 oft verschiedene andere Beutetiere packen. Aber auch rein stilistisch weist der schöne Guß die wesentlichsten Eigenheiten des Reichsadlers auf; er zeigt, wie dessen Typus im Zeichen einer zunehmenden Islamisierung in den ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts in Deutschland sich herausgebildet hatte. Er stellt die fortgeschrittenere Stufe jener Entwicklung dar, die mit dem Kapitell von Gelnhausen (Abb. 43) und mit dem Mainzer Fürspan (Abb. 45) beginnt. Der Kopfist rund und kurz, der Leib dick; Beine und Fänge sind kräftig, die Flügel im Vergleich zum Körper klein; auch die Tendenz nach Verpflanzlichung, die den bisher behandelten heraldischen Darstellungen des frühen 13. Jahrhunderts eigen ist, hat ihre deutlichen Spuren in der Ausführung der ausgefransten Flügel und des blütenförmigen Schwanzes hinterlassen. Als schwache Reminiszenz antiker Vogeldarstellungen ist die Art der Wiedergabe des Gefieders anzusehen, das hier aus spitzen Blättern gebildet ist, die jedoch flach modelliert und nur am Rand und ohne Verbindung mit den Federkielen ziseliert sind. Ein vergleichender Blick auf das schöne Hahnenaquamanil im Museum für Kunsthandwerk in Frankfurt\ sowie auf spätere Denkmäler, zeigt uns, daß die hervorgehobenen stilistischen und technischen Merkmale des Hildesheimer Lesepults die ganze niedersächsische - und mutatis nJutandis auch die gesamte mittelalterlich-deutsche - Produktion an bronzenen Vogelfiguren kennzeichnen. Wie zäh diese Eigenheiten fortleben, beweist der Adler auf dem spätgotischen Dirigentenstab im Aachener Domschatz, der gleichfalls unter dem Einfluß des so gestalteten Reichszeichens entstanden ist 5 • 1 Brich Meyer, Über einige niedersächsische Bronzen des 13. Jahrhunderts, in der Zeitschr. des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft VI, 1939, S. 2pff. mit Abb. 1-3. Dieses Adler-Lesepult wurde 1950 in Hannover ausgestellt und bei dieser Gelegenheit wieder dem 14. Jahrhundert zugewiesen; vgl. Mittelalterliche Kunst in Niedersachsen, Kestner-Gesellschaft E. V. Hannover (Katalog) Nr. 29 (mit Abb.). Vgl. ferner "Ars Sacra" a.a.O. Nr. 355; Aufnahme Dr. Pranz Städtner, Düsseldorf. 2 Abb. 42. 3 Ein zweiter Adler im Innenhof des Kastells von Barletta: Willemsen a.a.O. Taf. xoo; Bari, Kastell: Toreinfassung der Westseite und Säule im Hof, abgebildet bei Hubert Graf Waldburg-Wolfegg, Vom Südreich der Hohenstaufen, München, I 9 54, Abb. 39; weiter unsere Abb. 66 a, b, 69 und 8 5 ; sehr häufig auch auf den Siegeln der deutschen Kaiser und Könige des 14. Jahrhunderts. Erklärt wird diese - aus der persisch-islamischen Ikonographie übernommene - Darstellungsweise durch Vorstellungen, welche die folgenden Worte Konrads III. in seinem Brief an Johannes Komnenos ( 1142) ausdrücken: si a!as excutiemus, hostem modo volitantem capiemus et cordis eius eviscerabimus audaciam (Ottonis Frisingensis Gesta Friderici imperatoris I, cap.25; ed. Waitz und Simson in den SS. rer. Germ. 3· Aufl.. 1912, S. 38). 4 Otto von Falke-Brich Meyer, Bronzegeräte des Mittelalters I, Berlin 1935, Abb. 244; "Ars Sacra" a.a.O. Nr. 348, Abb. 58. 5 Faymonville a.a.O. S. 255, Fig. 191; Otto Müller, Der Aachener Münsterschatz, Königstein im Taunus o. J. (Langenwiesche-Bücherei) S. 48.
Der Reliquiar-Adler der Sammlung A.P.J. 2.
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Der Reliquiar-Adler in der Sammlung A. P.].
Als Übergang zwischen den bisher besprochenen deutschen Adlern und denen des gleichzeitigen Italiens von vorwiegend antikisierender Stilisierung findet am besten jenes eigenartige Kunstwerk seinen Platz, das ich hier zum erstenmal veröffentliche und einzuordnen versuche (Abb. 50-51) 1 • Die Figur ist aus Eisen, auf der Fläche stark überschnitten und überziseliert; heute weist sie nur noch wenige Spuren einstiger Vergoldung auf. Der Globus aus braunrotem, geflecktem Marmor wird sich im Laufe der Besprechung der ursprünglichen Bestimmung (siehe unten Teil 6) als späte Zutat erweisen. Die Maße betragen: Höhe (vom Kopf bis zu den Flügelspitzen) 24,5 cm, Breite 17 cm. Der Adler dient als Reliquienbehälter. Die Reliquie befindet sich in der Mitte der Brustpartie des Adlerkörpers, also auf derselben Stelle, die schon in der Zeit der Völkerwanderung auf germanischen- sowohl ost- und westgotischen als auch auf fränkischen - Adlerfibeln 2 durch eine verschmelzte konvexe Scheibe betont und noch auf dem eben besprochenen Mainzer Fürspan (Abb. 45) ursprünglich mit einem- heute herausgefallenen- Edelstein verziert war 3 • Genau an dieser traditionellen Stelle findet man an unserem Adlerreliquiar eine massive Halbkugel aus schlechtem Glas. Ihre Oberfläche ist im Laufe der Zeit matt und undurchsichtig geworden; nur noch durch Befeuchtung wird das Glas durchscheinend und läßt dann die Reliquie, eine Kreuzpartikel, sehen: ein senkrecht eingefügter Span auf einer Unterlage aus Goldblech in Kreuzform. Die gleiche Montierung und Zurschaustellung der Kreuzpartikel findet man auf Reliquiarkreuzen aus ottonischer Zeit: so beim Bernwardkreuz in Hildesheim 4 und am ersten Kreuz der Petrikirche zu Fritzlar5 , nur mit dem Unterschied, daß die durchsichtige Scheibe nicht aus Glas, sondern aus Bergkristall ist. Die Kreuzreliquie wird festgehalten durch eine Masse aus Bitumen (Erdpech, Asphalt), welche den hohlen Vogelkörper voll ausfüllt (Abb. 51). Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, daß nicht nur die Kreuzpartikel, sondern selbst diese Bitumenmasse ursprünglich als Reliquie galt: etwa als Als weiteres Beispiel sei verwiesen auf den Brustschmuck in Form eines flachen Adlers mit vorspringendem Kopf, den eine der Klugen Jungfrauen (K 2) am Magdeburger Dom trägt (Mitte des 13. Jahrhunderts); vgl. die Abb. in der Zeitschr. für Kunstwiss. VIII, 1954, S. 25, Abb. 8. Villard de Bonnecourt hat in sein Skizzenbuch einen stilisierten Adler mit eingezeichnetem Konstruktionsschema aufgenommen; vgl. H. R. Hahnloser, Das Skizzenbuch des V. de H. Wien 1935, Taf. 36, I, 1 Nach Bildvorlagen des Besitzers. 2 Auch auf der Brust des Adlers der Essener Madonna sitzt ein Stein in viereckiger Fassung: K. Wilhelm-Kästner a.a.O., Taf. 38. 3 HerbertKühn, Die Herkunft desReichsadlers,in: GeistigeArbeiq. 194o,S.Iff. Von einer Kontinuität zwischen den Adlerfibeln der Völkerwanderungszeit und der kaiserlichen Adlersymbolik des Hochmittelalters kann nicht die Rede sein. Kühn läßt unerwähnt, daß vor dem 13. Jahrhundert auch der byzantinische Adler einköpfig und gleichfalls streng stilisiert war. 4 J antzen a.a.O. Abb. 167. 5 Emma Medding-Alp, Rheinische Goldschmiedekunst in ottonischer Zeit, Koblenz 1952, S. 21 und 36f., Abb. 43-44. Hierher gehört auch das Heinrichskreuz aus dem Basler Münsterschatz; Rudolf F. Burckhardt, Der Basler Münsterschatz, Basel 1933 (Die Kunstdenkmäler der Schweiz. Die Kunstdenkmäler des Kantons BaselStadt, Bd. II), Nr. 2, S. 455f., Abb. 18-21.
V.]. Deer: Adler aus der Zeit Friedrichs II. Blut Christi, oder als Erde, welche sein Blut auftrank, oder ähnliches 1 . Andererseits galt Bitumen seit der Spätantike als Sinnbild für Unschuld und Reinheit 2 : es war daher zum Festhalten einer Kreuzpartikel schon sinnmäßig geeignet. Als Fundort des Bitumen galt allein Syrien, und so mußte die Verwendung gerade dieses Materials die Authentizität der Kreuzreliquie steigern. Wie die Anordnung der Blätter (Schuppen) um die Scheibe beweist, ist die Reliquie ein ursprünglicher und keineswegs ein nachträglicher Bestandteil des Adlers. Obwohl Vorarbeiten für mittelalterliche Eisenarbeiten fehlen und daher eine Prüfung der Technik- wie bei einem Bronzeguß-nicht möglich ist, halte ich das Objekt, das ich aus Autopsie kenne, wegen seines einwandfreien hochromanischen Stilcharakters und der Sicherheit seiner Modellierung unbedingt für echt. Dafür sprechen auch die typisch mittelalterliche Art der Unterbringung der Reliquie im Vogelkörper, weiter die Überbleibsel der ursprünglichen Montierung auf der Rückseite, von denen unten noch die Rede sein wird, und nicht zuletzt die bei einer Fälschung wenig wahrscheinliche Wahl des wertlosen und künstlerisch wenig anspruchsvollen Materials.
Der auf einem Blitzbündel sitzende Vogel ist in bezug auf Körperbau und Beinbildung den Adlern auf dem Gelnhausener Kapitell (Abb. 43) nahe verwandt und geht wie jene letzten Endes wohl auf byzantinische Adlerfiguren mit dickem Leib und eingezapften Beinen zurück. Greifbare Islamismen kann ich an der Figur nicht erkennen, dagegen gewisse lockere Zusammenhänge mit antiken Darstellungen: in der Modellierung des Gefieders, in der Ausführung des oberen Flügelteils 3 und besonders im Motiv des Blitzbündels, das wohl dem römischen Legionsadler 4 entlehnt ist. Alle diese Elemente sind in einem harmonisch-ruhigen, hochromanischen Stil verarbeitet. Sehr charakteristisch und zugleich sowohl von den deutschen, wie auch von den byzantinischen Darstellungen abweichend ist der nach rechts gewandte, eher abwärtsgerichtete als emporgehaltene Kopf, der im Gegensatz zum Körper und zu den Flügeln rundplastisch ausgeführt ist, mit der eigenartigen "Kappe". Eben für dieses Detail kann ich gute Analogien aus einer bestimmten Kunstprovinz namhaft machen. Die Adler mit Fischen in den Fängen, die auf den Kapitellen des Altar1 Gute Übersicht der Passionsreliquien bei J. Ebersolt, Sanctuaires de Byzance, Paris I 92 I, S. II 5. Ein blutbeflecktes Stück Stein vom Golgathaberg unter den Reliquien des Klosters von St. Riquier: Hariulf, Gesta ecclesiae Centulensis, II cap. 9 (Angilbert), ed. F. Lot in: Collection de Textes, Paris I894, S. 63; Blutreliquie neben Kreuzpartikeln auch im Heinrichskreuz, siehe die vorige Anm.; dazu H. Fichtenau, Zum Reliquienwesen im frühen Mittelalter, in Mitteil. des Inst. f. Österreich. Geschichtsforsch. 6o, I952, S. 6o, 89. 2 Siehe die Belege im Art. "Asphalt" im Reallexikon für Antike und Christentum, hrsg. von Theodor Klauser, Bd. I, I950, Sp. Soof. 3 Diese darf mit den Voluten mittelalterlicher Adler nicht verwechselt werden. Die gleiche Flügelform findet man schon auf römischen Darstellungen, z.B.: J osef Keim und Hans Klumbach, Der römische Schatzfund von Straubing, München (Münchener Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte, hrsg. von J oachim Werner, Bd. 3) Nr. r8, S. 27, Taf. 30, r. 4 Grundlegende Bearbeitung sowohl auf Grund der Schriftquellen wie auch der Denkmäler: Alfred von Domaszewski, Die Fahnen im römischen Heere, Wien I885 (Abhandlungen des Archäologisch-Epigraphischen Seminars der Universität Wien, hrsg. von 0. Benndorf und 0. Hirschfeld, Heft V).
Der Reliquiar-Adler der Sammlung A.P.J.
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ziboriums von S. Ambrogio in Mailand sitzen 1, stimmen mit dem eisernen Adler nicht nur in Körperbau, in der Schenkelform sowie in den Haarsträhnen am Hals überein, sondern sie zeigen uns auch einen Kopf, der in jeder Hinsicht dem des Reliquiaradlers nahe verwandt ist: gemeinsam sind ihnen nicht nur die "Kappe", sondern auch der Schädelbau, der Augenschnitt und die Form des Schnabels. Und da heraldisch stilisierte Adler mit derselben "Kappe" auch auf Münzen vorkommen, die in der zweiten Hälfte des I 3· Jahrhunderts in Corno unter dem Namen Kaiser Friedrichs II. geprägt worden sind 2, so möchte ich hypothetisch eine Zuweisung nach der Lombardei vorschlagen. Als Entstehungszeit käme am wahrscheinlichsten das Ende des 12. oder der Beginn des I3· Jahrhunderts in Betracht. Die als Analogien herangezogenen Adler von S. Ambrogio rühren von der Restaurierung des Ziboriums nach dem Kuppeleinsturz von 1196 her 3 • 3· Die stilistische Stellung der Adler auf den gewöhnlichen Augustales Friedrichs II. und des Bronzevogels im Metropolitan Museum in New York Wenn wir von diesem noch durchaus der Romanik verpflichteten und den deutschen Darstellungen des Reichsadlers nahe verwandten Objekt nun zu jenen Adlerbildern und -figuren übergehen, die ungefähr gleichzeitig auf dem Boden Italiens und schon unter dem Einfluß antiker Vorbilder ihre Entstehung gefunden haben, so stoßen wir auf die sowohl in der kunstgeschichtliche n wie auch in der numismatischen Literatur festeingewurzelte Ansicht, daß die Adler, die auf den Reversen der seit 123 I geprägten Goldmünzen, der sog. augusta!es Friedrichs II., zu sehen sind (Abb. 56) 4, das allererste und zugleich großartigste Beispiel einer nach der Antike orientierten mittelalterlichen Tierdarstellung bieten. Diese Ansicht stützt sich auf den Nachweis, daß den Goldmünzen des Kaisers sowohl für die Vorder- wie auch für die Rückseite die Münzen des Augustus zum Vorbild dienten 5 • Von der römischen Münze, die als Vorlage benutzt wurde, hat jedoch der Stempelschneider des Kaisers für das eigene Adlerbild außer der Dreiviertel-Profilst ellungdes Körpers, der Flügelhaltung und der Zurückwendung des Kopfes, d. h. lauter ikonographischen Entlehnungen, sonst überhaupt nichts übernommen; alles andere hat er dagegen in rein spätromanischem Stil und sogar in offenkundiger Anlehnung an ältere heral1 Luca Beltrami, La Basilica di S. Ambrogio, Firenze o. ]. (L'Italia Monumental. No. 37) Taf. 26-27. 2 Corpus Nummorum Italicorum Vol. IV: Lombardia, Rom 1913, Taf. XIV, 4-8. 3 E. Schaffran, Die Kunst der Langobarden in Italien, Jena 1941, S. 156. 4 Münzen und Medaillen AG. Basel, Liste 123, März 1953, Nr. 69. 6 E. Kantorowicz, Kaiser Friedrich II, Ergänzungsband, Exkurs I, S. 255; in der Zeitschr. für schweizer. Archäologie u. Kunstgesch. 14,1953, S. 156,Anm. 204 führe ich weitere Literatur an.
7 71oz Abt. Phil. Hist. Kl., 3· F., Nr. 36 Schramm
V.]. Deer: Adler aus der Zeit Friedrichs II.
discheAdlerdarstellungenmodelliert. Dies gilt vor allem vom ausgesprochen länglichen Vogelkopf mit einem mächtigen starrkrummen Schnabel, der mit Werken des 12. Jahrhunderts (z.B. mit der adlerförmig ausgestalteten Porphyrvase Abt Sugers von St. Denis (n22-51) im Louvre (Abb. 53) 1 und mit dem kupfervergoldeten Adler auf dem Ambo von S. Ambrogio (Abb. 34) 2) verglichen, wie ein fortgeschritteneres Exemplar desselben romanischen Typus wirkt. Selbst an den ausgebreiteten Flügeln findet man - bei einigen Varianten 3 - jene stark betonten Voluten vor, die ja die Haupteigentümlichkeit deutscher heraldischer Adlerbilder ausmachen. Dasselbe gilt auch von der Ausführung des Gefieders, das nicht aus Federn mit naturalistischer Innenzeichnung, sondern aus länglichen Schuppen gebildet ist. Am mittelalterlichsten und zugleich am wenigsten antik wirkt die Schuppenreihe am oberen Flügelrand sowie das quer durch die Flügel laufende "Diademband", das uns bereits als bezeichnendes Merkmal sowohl persisch-islamischer wie auch byzantinischer und abendländischromanischer Adlerdarstellungen begegnete. Als Pedro III. von Aragon (1276-85) auf seinen sizilischen Prägungen auf die Augustales zurückgriff, ließ er eben diese unantiken Einzelheiten weg 4 • In Ergänzung meiner Ausführungen übernehme ich hier aus dem Abschnitt, den P. E. Schramm über den Bronzevogel von New Y o r k vorbereitet hatte (siehe das Vorwort), die folgende Beschreibung und Würdigung, zusammen mit den dazugehörigen Anmerkungen: "Das Objekt hat der in die Emigration vertriebene Adolph Goldschmidt 1942 bekannt gemacht. Sein damals in einer amerikanischen Zeitschrift veröffentlichter Aufsatz ist bei uns so gut wie unbeachtet geblieben 5 • Das Versäumte ist nachzuholen, und dabei ist Goldschmidts Antwort auf die Frage, welchem Zwecke dieser Bronzeguß gedient haben kann, zu überprüfen." "Es handelt sich um einen Bronzevogel, der auf einer Kugel steht, indem er sie mit beiden Fängen umspannt. Auf der Unterseite dieser Kugel 1
Vgl. auch die Abb. bei Joan Evans, Die Adlervase des Sugerius, in: Pantheon X,
1932, S. 221-223, die drei französische Kapitelle mit Adlern aus dem 12. Jahrhundert abbildet. Suger spricht von dem porphyriticum vas de amphora in aquilae formam transferendo; vgl. E. Panofsky, Abbot Suger on the Abbey Church of St. Denis and its Art Treasures, Princeton 1946, 2. Aufl. 1948, S. 78, dazu S. 206 mit PI. 26; über die Vase s. R. Delbrück, Antike Porphyrwerke, Berlin 1932, S. 3off.; zu ihrer Umge-
staltung s. auch Sir W. Martin Con wa y, The Abbey of Saint-Denis and its Ancient Treasures, inArchaeologia, Sec. Series 16, 1915, S. 144f. mit Taf. XVII. 2 Katalog der Ausstellung "Kunstschätze der Lombardei", Zürich 1948, Nr. 77 und "Tresors d'art du moyen äge en Italie", Paris 1952, Nr. 74 (mit Angabe der ganzen Literatur). Die Datierung schwankt zwischen dem II. und 12. Jahrhundert; richtiger ist wohl die erstere. 3 Z.B. Mitteil. des österr. Inst. f. Geschichtsforsch. XV, 1894, Taf. nach Seite 440, Nr. r-2. 4 Sambon a.a.O. S. 231, Nr. 2, S. 232, Nr. 4· 5 A Sceptre of the Hohenstaufen Emperor Frederick II, in: Art in America, July 30, 1942 (mit 7 Abb.). Eine Abschrift dieses Aufsatzes verdankt der Herausgeber Herrn Dr. Oswald Goetz vom Art Institute in Chicago.
Der Adler der Augustales -
Der Bronzevogel in New York
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befindet sich ein tiefes Loch; dadurch ergibt sich mit Sicherheit, daß dieser Vogel, dessen Gesamthöhe 27,5 cm beträgt, einmal auf einen Stab gepflanzt war 1 ." "Im Jahre 1925 tauchte dies Kunstwerk im römischen Kunsthandel auf. Doch ließ der Händler, der über die Person des Vorbesitzers Nebel verbreitete, keine Veröffentlichung zu. Er hat nur angedeutet, daß der Sammler seinen Besitz vornehmlich in Italien zusammengekauft habe; das mag demnach wohl auch für den Vogel gelten. Dieser gelangte dann in den Besitz des Mr. Arthur Sachs in New Y ork, der ihn längere Jahre dem dortigen Metropolitan Museum als Leihgabe überließ. Seit ein paar Jahren ist dieses zum Besitzer geworden 2 ."
"Die kunsthistorische Einordnung dieses Prachtstücks mittelalterlicher Gießkunst ist bislang noch eine offene Frage. A. Goldschmidt brachte Parallelen bei, die ihm für die Zeit Friedrichs II. zu sprechen schienen; aber die von ihm namhaft gemachten Altarpulte in Adlerform, Aquamanilien usw. bilden keine schlüssigen Parallelstücke. Brich Meyer, der als unser bester Kenner der mittelalterlichen Metallkunst um sein Urteil gebeten wurde, teilte mit, daß er den ihm seit langem bekannten Vogel auf alle Fälle vor 1220 ansetze: "Alle Adler aus der Zeit Friedrichs II. sind viel naturalistischer und stilistisch entwickelter 1 ." E. Meyer weist die von dritter, gleichfalls sachkundiger Seite ausgesprochene Vermutung, es könne sich möglicherweise sogar um ein Werk des 11. Jahrhunderts handeln, nicht strikt ab, faßt jedoch vor allem die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts ins Auge, aus der wenigstens ein genau datiertes Vergleichsstück vorliegt: eben jene Porphyrvase Sugers von St. Denis. Aber im Rahmen des hier ausgebreiteten Materials tritt heraus, daß dieser auf Johannes den Evangelisten zu beziehende Adler kein unmittelbarer Verwandter des New Yorker Bronzegusses sein kann. Das gleiche gilt auch von dem ebengenannten Adler am Ambo von St. Ambrogio in Mailand, der "um 12oo" angesetzt worden ist, aber einer wirklich sicheren Datierung entbehrt." Um auf festen Grund zu gelangen, muß man die Einzelheiten des New Yorker Bronzegusses ins Auge fassen: die den Augustales-Adlern ganz gleich gestreiften Flächen des Flügels werden oben und in der Mitte durch Schuppenreihen abgegrenzt, bzw. unterbrochen (Abb. 52 und 57). Dieser Vogel ist also - wie dies schon Adolph Goldschmidt überzeugend dargelegt hat- ein vergrößerter und rundplastisch ausgeführter AugustalisAdler von demselben Körperbau, derselben Schädel- und Schnabelform, derselben Schenkel- und Krallenbildung, wenn auch mit geschlossenen Schwingen. Für die Form der Schuppen, welche als Gefieder den Körper bedecken, bietet eine beinahe vollständige Analogie der in Niello ausgeführte Reichsadler auf der Scheide des staufisch-sizilischen "Zeremonienschwertes" (Abb. 48). Daß Vögel von der Physiognomie der Augustales1 Vgl. ebd. über Löcher oben auf der Kugel und im Bauch des Vogels, in die einmal eine - durch den Bruch eines Fußes notwendig gewordene - Versteifung eingezogen war, die nach der Reparatur desselben wieder entfernt worden ist. 2 The Metropolitan Museum of Art Bulletin, 6 no. 9, New York, May 1948, Titelblatt (Abb.) und Text auf dessen Innenseite, danach: "made in the XIIth or XIIIth century, probably in Germany or Italy."
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V.]. Deer: Adler aus der Zeit Friedrichs II.
Adler, aber mit geschlossenen Flügeln in der Staufischen Reichskunst Italiens noch lange weiterlebten, beweist das Detail einer Miniatur aus der Manfred-Bibel (Abb. 58) 1 • Eben wegen dieser eindeutigen Zusammenhänge mit der friderizianischen Kunstproduktion halte ich den Adler des Metropalitau Museums für eine Arbeit der kaiserlichen Werkstatt aus der Stilperiode um und unmittelbar nach 1230 und zwar für ein Zeichen im Dienste der Repräsentation Friedrichs II., wenn auch nicht- wie A. Goldschmidt vermutete- für die Bekrönung eines Szepters 2 • In dieser Frage nahm P. E. Schramm, wie folgt, Stellung: "Gegen eine solche Verwendung spricht die Höhe des Vogels: mit seinen 27,5 cm übertrifft er die des von einem Kreuz überhöhten Reichsapfels in der Wiener Schatzkammer (2r cm). Ein Szepter mit einem Vogel von solcher Größe müßte bis zum unteren Knauf eine Länge von I Meter gehabt haben (das Szepter in der Schatzkanmmer ist 6r cm lag). Vor allem: der Vogel ist aus vergoldeter Bronze hergestellt; bei einem Kaiserszepter müßte man zum mindesten vergoldetes Silber erwarten. Beachtlich ist die Feststellung des Metropolitan Museum, daß George Goodwin vom American Museum of Natural History den Vogel als Falken angesprochen habe und zwar wahrscheinlich für einen Gerfalken, d.h. den Falken der Jäger 3 • C. A. Willemsen, der sich nicht nur eingehend mit Friedrichs II. "Vogelbuch", sondern auch praktisch mit der Falknerei beschäftigt hat, neigt dagegen - wie er mündlich mitteilte - mehr dazu, in dem Vogel einen Sperber zu erkennen. Doch ist nicht einzusehen, weshalb man diesen Raubvogel abgebildet haben sollte. Dagegen böte der Falke, der als "redendes" Wappentier auf dem Hohlpfennig Burchards II. von Falkenstein (r I42 bis II74) erscheint (Abb. 55)\ im Umkreis Friedrichs II., der ja nicht nur der größte Jäger, sondern auch beste Kenner der Falkenkunst war, keine Überraschung 5• Zunächst denkt man an die Bekrönung eines längeren Stabes, der so getragen wurde, daß der Vogel das Haupt des Tragenden überragte: ein solcher ist in der Zeit Heinrichs VI. auf einer süditalienischen Miniatur als Vortragsstab vor dem König 1 Cod. Vat. lat. 36 f. 4r = Erbach-Fürstenau a.a.O. Taf. III. Unsere Abbildung nach Aufnahme der Bibliothek. 2 Die "königliche Erscheinung des Tieres" hebt mit Recht H. Wentzel hervor: Mittelalter und Antike im Spiegel kleiner Kunstwerke des 13. Jahrhunderts, in: Särtryck ur Studier till ägnade Henrik Cornell pä 6o-ärsdagens, Stockholm 1950, S. 92. 3 Das Bulletin a.a.O. erkennt den Vogel als Falken an, aber versucht die SzepterThese durch die Annahme zu retten, Friedrich II. habe bei seiner Vorliebe für Falken den Adler durch einen Falken ersetzt. Bei der uralten Tradition, auf die der das Szepter bekrönende Adler zurückblickt, bedarf diese Annahme keiner Widerlegung. 4 Hier nach der schönen Vergrößerung bei Kurt Lange, Münzkunst des Mittelalters, Leipzig I942, Taf. 38.- Über den Falken im Leben, in der Literatur und in der Kunst des germanischen Nordens vgl. P. Paulsen, Schwertortbänder der Wikingerzeit, Stuttgart r953, S. 156-r66 mit Abb. 217-226. 5 Zu den Herrscherbildern im "Vogelbuch" Friedrichs II., die diesen bzw. seinen Sohn Manfred mit dem Falken daneben darstellen, ist noch das Siegel zu rücken, das von König Philipps Gemahlin Maria (t 126o) als Witwe noch in den fünfziger Jahren geführt wurde und sie mit einem Falken auf der Hand darstellt; vgl. 0. Posse, Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige I, Dresden 1909, Taf. 26,2. Anzuführen ist hier auch die Rückseite des "Onyx von Schaffhausen" (über ihn H. Kohlhaussen in: Oberrhein. Kunst VII, r936, S. 53-67 und 0. Hamburger, Das goldene Siegel Friedrichs II. an der Berner Handfeste, in der Berner Zeitschr. für Gesch. u. Heimatkunde 194I, S. 22off. mit Taf. XVIII), die den Grafen Ludwig II. von Vohburg, einen Zeitgenossen Friedrichs II., gleichfalls mit einem Falken auf der Hand darstellt.
Der Bronzevogel in New York
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abgebildet 1 Möglich ist aber auch, daß es sich um die Bekrönung eines Zeltes handelt; denn eine solche Zier ist auf der Mittelstange von Zelten im 13. Jahrhundert nachweisbar (Abb. 59-6o)2 • Als Schmuck eines Jagdzeltes wäre ja ein Falke besonders gut am Platze gewesen. Man wird sich jedoch auf die Identifizierung mit einem Falken nicht unbedingt festlegen dürfen. Die Abbildungen zu diesem Kapitel machen nämlich deutlich, daß zwischen einem hochromanisch stilisierten Adler und einem von Naturwissenschaftlern als Falke angesprochenen Vogel keine Grenzlinie besteht."
4· Antikisierende Adlerdarstellungen in Italien und ihre Einwirkung auf das spätstaufische Reichssymbol Die vorangehende Analyse hat gezeigt, daß sich die Reihe klassizisierender Adler schwerlich mit den Augustales und mit den verwandten Denkmälern beginnen läßt. Ein Überblick über die wesentlichsten Denkmäler wird uns davon überzeugen, daß die Herausbildung einer solchen Darstellungsweise zeitlich der staufiseben Reichskunst am Hofe Friedrichs II. und Manfreds vorausgeht und von dieser ursprünglich unabhängig ist. Auch die Adlerbilder werden uns zeigen, daß Friedrich II. zwar der großeFörderereiner auf die Antike ausgerichteten Kunstrichtung, keineswegs jedoch deren voraussetzungslos dastehender Urheber ist 3 • 1 Auf dem Bilde des Krönungszuges König Tankreds bei Petrus de Ebulo (ed. Siragusa Taf. VIII) wird ihm außer Reichsapfel und Schwert auch ein Stab mit Adler vorangetragen. Erdmann, Kais. u. päpstl. Fahnen a.a.O. S. 28, Anm. 6 schloß: "Letzteres kann trotz seiner Größe dem Sinne nach nur ein Szepter sein." Der Adler steht jedoch auf einem dreieckigen Untersatz, der als Wimpel gedeutet worden ist (dagegen Erdmann a.a.O.). Vgl. Weiteres unten S. I 19f., Anm. r. Als kirchlicher Vortragsstab ist auch das im Laufe der Zeit veränderte Szepter mit der Taube im Aachener Domschatz (Faymonville, s. unten, S. 255 und Fig. 190) angesprochen worden; doch bedarf es einer neuen Untersuchung; vgl. H. Schiffers, Die deutsche Königskrönung und die Insignien des Richard von Cornwallis, Aachen 1936, S. 136ff. 2 Abb. 59: Karlsschrein in Aachen (um 1215); vgl. dazu K. Faymonville, Das Münster zu Aachen, in: Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, hrsg. von Paul Clemen, Bd. X: Die Kunstdenkmäler der Stadt Aachen I, Düsseldorf 1916, S. 214. Aufnahme: Bildarchiv Photo Marburg 64. 460. Abb. 6o: Fiereabras-Handschrift in Hannover, nach A. J uri tzky, Ein mittelalterliches Feldzeichen, in Belvedere 14, 1929, S. 379-382 mit Hinweis auf Hartmann von Aue, der ein Zelt aus schwarzem und weißem Samt mit einem Adler auf der Spitze beschreibt. Kaiser Heinrich VII. bekam von Pisa ein Zelt geschenkt: desuperque radians pretioso constructa metallo aquilae stabat efftgies (Ferreto bei Muratori, Rer. Ital. SS. IX, S. 1093). So ist sein Zelt im Codex Balduineus auf der Miniatur seines Todes dargestellt; vgl. G. Irmer, Die Romfahrt Kaiser Heinrichs VII. im Bildercyclus des Codex Balduini Treverensis, Berlin 1881, Abb. XXXVII. 3 J. Deer, Der Basler Löwencameo und der süditalienische Gemmenschnitt des 12. und 13. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Geschichte der abendländischen Protorenaissance, in Zeitschr. für schweizer. Archäol. u. Kunstgesch. 14, 195 3, S. 129-158 und Derselbe, Roger II. und die normannisch-sizilische Porphyrskulptur (erscheint in den Studies der Dumbarton Oaks Research Library and Collection, Harvard University). Anderer Auffassung ist H. Wentzel in Zeitschrift für Kunstwissenschaft VIII, 1954, S. 17f. (des Sonderdrucks).
102.
V.]. Deer: Adler aus der Zeit Friedrichs II.
Unter den Kunstprovinzen Italiens gibt es nur eine einzige, in der antikisierend-realistische Adlerskulpturen schon verhältnismäßig früh, nämlich bereits in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, nachzuweisen sind: das normannische Süditalien, insbesondere die Hauptstadt Palermo sowie die vom insularen-höfischen Zentrum aus beeinflußten campanischen Städte an der costiera Amalafttana 1. Mit Staatssymbolik haben diese frühen Denkmäler allerdings nichts zu tun. Obwohl die starke Anlehnung an die byzantinische Repräsentation, welche den Hof von Palermo seit Roger II. kennzeichnet 2 , leicht zur Übernahme der Adlersymbolik im Wappenwesen hätte führen können, finden wir hier den Löwen als heraldisches Tier des Hauses Hauteville und des regnum Siciliae in derselben ausschließlichenAnwendungwie im gleichzeitigen staufischen Deutschland den Adler. Ich konnte unlängst daher zeigen, daß unter Tankred und Heinrich VI. die beiden Tiere gerade als politisch potenzierte Sinnzeichen der feindlichen Dynastien und ihrer Parteien galten. Im Wappen führen den Adler während der Normannenzeit nur einige Adelsfamilien a. Um so reicher ist die normannisch-sizilische Kunst an prachtvollen Adlerskulpturen auf Kanzeln, Kandelabern und Kapitellen. Die ältesten von diesen sind die Adler und andere Vögel auf dem Osterleuchter der Cappella Palatina, der auch in diesem Detail unter der Einwirkung römischer Kandelaber steht und auf Grund eindeutiger ikonographischer Indizien in die Zeit Rogers II. zu datieren ist 4 • Eine in qualitativer Hinsicht noch höherstehende Fortsetzung findet die gleiche Richtung in den Skulpturen der beiden Ambonen der Kathedrale von Salerno, die unter Erzbischof Romualdll. (t II8I)- wahrscheinlich noch vor II7o- entstanden sind 5 • Das Relief mit dem Johannes-Symbol (Abb. 63) 6 und das Detail eines Kapitells (Abb. 64) 7 von der kleineren, ebenso wie das Evangelien-Pult der größeren Kanzel (Abb. z.o) 8 zeigen sowohl in der natürlichen ModelIierung des Körpers, wie auch in der Ausführung des Gefieders eine augenfällige Anlehnung an antike Adler, etwa nach der Art desjenigen aus Lapis Lazuli in der Walters Art Gallery in Baldmore (Abb. 71 a, b) 9• Dasselbe 1 Über den heutigen Stand der Frage des Verhältnisses zwischen der Kunst Siziliens und Campaniens in der Normannenzeit vgl. Deer, Löwencameo a.a.O. S. 135ff. und Anm. 32.- Der Adler mit geschlossenen Flügeln und mit den Fängen auf dem Boden, der auf dem Relief an der Treppenwand der Kanzel von Bitonto unter Friedrich II. und der kaiserlichen Familie einen Platz gefunden hat, ist von so schlechter Qualität, daß trotz der formalen .Ähnlichkeit ein stilgeschichtlicher Vergleich nicht möglich ist. 2 Deer, Kaiserornat a.a.O. S. 13ff. und F. Giunta, Bizantini e bizantinismo nella Sicilia Normanna, Palermo 1950, S. 144ff. 3 Deer, Kaiserornat a.a.O. S. 69ff. 4 Ausführliche Begründung in meinem Buch: Roger II. und die normannischsizilische Porphyrskulptur (s. oben S. 101, Anm. z.) 8 Aufnahme: Emma Deer. 5 Ebenda. 9 Anderson Nr. z6. 635 (Detail). 6 Anderson Nr. z6. 633 (Detail). 7 D. Miner-E. J. Edelstein, A Carving in LapisLazuli, in: The Journal of the Walters Art Gallery 17-18, 1944-1945, S. 83-103 und Katalog der Ausstellung: "Early Christian and Byzantine Art", Baltimore. 1947, No. 544, PI. LXVII (Höhe
Antikisierende Adlerdarstellungen in Italien
gilt vom prachtvollen kleinen Adler, der oben auf der Schmalseite des Mithras-Kapitells im Kreuzgang von Monreale sitzt (Abb. 65)1 und dem wohl ein römischer Legionsadler 2 zum Vorbild diente. Obwohl diese sizilisch-campanische Protorenaissance in der späteren Kirchenmobiliar-Plastik Campaniens bereits alle Merkmale einer Provinzialisierung und Degenerierung aufweist 3, gingen ihre Errungenschaften nicht gänzlich verloren, sondern erlebten im plastischen Schmuck des Ambos der Kathedrale von Ravello (östlich Amalfi) noch einmal eine hochwertige Erneuerung und Weiterbildung. Diese Kanzel ist das Werk des Nicolo, des Sohnes von jenem Bartholomäus, der unter Friedrich II. Protomagister und Baumeister des Kaiserpalastes von Foggia war. Sie ist nach der Zeugenschaft der Stifterinschrift erst im Jahre I 2 72 entstanden 4, war aber schwerlich die Erstlingsarbeit dieses überlegenen und reifen Meisters. Die stilistischen Zusammenhänge zwischen seinen Stifterbildnissen und den Miniaturen der Manfredbibel und der vatikanischen Handschrift des Falkenbuchs 5, ebenso aber auch mit dem Kaiserbild des Wiener Sonder-Augustalis (Abb. 88) 6, lassen keinen Zweifel darüber zu, 11,2 cm). Für die Bildvorlagen habe ich Herrn Marvin Chauncey Ross verbindliehst zu danken. 1 Aufnahme: Emma Deer. Für eine Datierung des Kapitells in das frühe 13. Jahrhundert (vgl. Deer, Löwencameo a.a.O. S. 135, Anm. 37) liegt kein Grund vor. 2 Vgl. z.B. Domaszewski a.a.O. S. 33, Fig. 8. 3 F. W. Volbach, Ein antikisierendes Bruchstück von einer campanischen Kanzel in Berlin, in Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen 53, 1931, S. 183 ff. 4 H. W. Schulz, Die Denkmäler der Kunst des Mittelalters in Unteritalien, hrsg. von F. von Quast, Dresden r86off., Bd. II, S. 272; E. Bertaux, L'art dans Italie meridionale, Paris 1904, S. 779ff. Nach Schulz und Bertaux ist das Material Basalt, nach P. Toesca, Storia dell' arte italiana I, Turin 1927, S. 863 nur "colorata da porpora". Falls die zuerst genannte Meinung richtig ist, würde der Adler den Beweis für das Weiterleben der normannenzeitlichen Hartsteinskulptur liefern. 5 Erbach-Fürstenau a.a.O. S. 36ff. 6 E. Winkelmann, Über die Goldprägungen Kaiser Friedrichs II. für das Königreich Sizilien und besonders über seine Augustalen, in Mitteil. des österr. Inst. f. Geschichtsforsch. 15, 1894, S. 413. Gute Abbildung der Vorderseite jetzt bei C. A.Willemsen, Kaiser Friedrichs II. Triumphtor zu Capua, Wiesbaden 1953, Abb. 35 (aber kein Halbaugustalis, wie ebendort S. 94, Anm. 147 steht); vgl. Winkelmann a.a.O., danach unten Abb. 88. Außer dem Wiener noch ein- leider jetzt unzugängliches Exemplar im Besitze des Ex-Königs von Italien (Corpus Nummorum Vol. XVIII, Rom 1938, S. 196, Taf. IX, 1). Unlängst soll ein drittes Exemplar in einer italienischen Privatsammlung aufgetaucht sein. Die zeitliche Stellung dieser Sander-Augustales ist derzeit noch unsicher; doch liegt kein ernster Grund vor, diese Münzen- statt in die Zeit Friedrichs II. -in die Manfreds und zwar genau auf das Jahr 1266 zu datieren, wie dies das Corpus a.a.O. XVIII S. 196 tut. Diese Ansicht geht auf A. Sambon zurück, der diese Augustales in seinen Arbeiten verschieden datiert hat. In: Le monete del reame di Napoli S. 96 will er die Prägungen "da artista assai esperto e non da un incisore ordinario della zecca" zuschreiben und in ihnen sogar den Prototypus der gewöhnlichen Augustales erkennen. In seinem Aufsatz: "Indizi numismatici del fervore artistico dei dinasti medievali dell'Italia Meridionale" (in: Circolo Numismatico Napoletano, anno 1934; die Kenntnis der Arbeit verdanke ich Herrn Rodolfo Spahr-Catania), schreibt er dagegen folgendes: "lo credo coniato nell'ultimo anno del regno di Manfredi ... L' aquila di tipo piu sviluppato sembra copiata fedelmente su quella del leggio di
V.]. Deer: Adler aus der Zeit Friedrichs II.
daß Nicolo da Foggia spätestens unter Manfred, wenn nicht gar schon unter Friedrich II. tätig war, für jeden Fall aber in einem Stil arbeitete, der die höchste Stufe der staufischen Reichskunst darstellt. Sein Adler (Abb. 6 I ) 1 steht unter der deutlichen Einwirkung des Evangelienpultes von Salerno: Einzelheiten, wie die dicht aufeinanderliegenden Doppelblätter des Gefieders, der Körperbau und die Schenkelform, übernahm Nicolo offensichtlich von der hundert Jahre älteren Kanzel der Nachbarstadt- natürlich unter Wahrung der eigenen Persönlichkeit und ohne Verzicht auf die Fortschritte seiner Zeit. Dasselbe gilt übrigens auch für seine Büsten in Vollplastik und Relief, so daß in diesem Falle die Kontinuität zwischen normannischer und staufiseher Protorenaissance handgreiflich ist. Ein solcher Zusammenhang ist aber keineswegs nur auf die kirchliche Kunst beschränkt. Als Sizilien Ende I I 94 Staufisches Land wurde, wirkten sich die Errungenschaften der hochstehenden Plastik der Normannenzeit auch auf die neue, südliche Gestalt des Reichsadlers bestimmend aus. Das erste Beispiel dafür liefert uns das Adlerrelief an der südlichen Schmalseite jenes Porphyrsarkophags, in dem heute die Mutter Friedrichs II., die Kaiserin Constanze Ct II98), im Dome von Palermo ruht und der ursprünglich der Sarkophag Kaiser Heinrichs VI. Ct II97) war 2 • Das Relief (Abb. 67)s stammt also aus den ersten Jahren der Staufischen Ara in Sizilien. Trotz der heraldischen Stilisierung hat es jedoch mit dem Reichsadler deutscher Prägung nicht das geringste gemein; es ist dagegen mit den eben besprochenen Adlerskulpturen aus der Normannenzeit nahe verwandt. Besondere Beachtung verdienen die stark herausstehenden Schenkel, die mit blattartigen Schuppen bedeckt sind, die kurzen Beine sowie der Schnitt der Flügel mit der am Rand umlaufenden Kante. Das Porphyrrelief bildet die unmittelbare Vorstufe für jenen Adler, welcher die Rückseite des - von den gewöhnlichen auch in bezug auf das Kaiserzeichen abweichenden - Sonder-Augustalis Friedrichs II. im Pistoia, scolpito nel 1265 da Fra Guglielmo, allievo di Nicola." Da stimmt zuerst das Datum nicht: die Kanzel ist erst 1270 entstanden (G. Swarzenski, Nicolo Pisano, Frankfurt a. M. 1926, S. 67), als Manfred schon längst tot war. Außerdem ist dieser Adler (Photo Alinari Nr. 10. 206), zusammen mit der ganzen Kanzel in S. Giovanni Fuorcivitas (Photo Alinari Nr. 10. 199) weitgehend von den Werken des Nicola Pisano abhängig; daher kann der Adler als sekundärer Vertreter desselben Typus für einen Vergleich mit der Adlerseite des Wiener Augustalis nicht in Betracht kommen. Die Ähnlichkeit zwischen den beiden ist auch viel entfernter als zwischen dem AugustalisAdler und den Ambo-Adlern des Nicola in Pisa und Siena (Abb. 75 und 74), die übrigens gleichfalls nicht als Vorbilder der Münze, sondern nur als großplastische Spiegelungen des friderizianischen Reichsadlers anzusehen sind. Gegen die Zuweisung der SenderAugustales in die Zeit Manfreds spricht auch das niedrigere Niveau seiner Münzen im Vergleich mit den väterlichen Prägungen, siehe: M. Cagiati, Le monete del re Manfredi nel reame delle due Sicilie, in Atti e Memorie dell'Istituto Italiano di Numismatica II, 1915, S. 229-256 und Sambon, Le monete a.a.O., S. II9-124. Aber auch meiner Ansicht nach gehören die Sender-Augustales in eine fortgeschrittenere und daher spätere Phase der Reichskunst unter Friedrich II. als die gewöhnlichen. 1 Aufnahme: Anderson. 2 Diese Ansicht werde ich in meinem S. 100, Anm. 2 genannten Buche begründen. 3 Aufnahme: Dumbarton Oaks Research Library and Collection.
Antikisierende Adlerdarstellungen in Italien
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Wiener Münzkabinett ziert (Abb. 73) 1 • Dieser Vogel, der wie die römischen Legions- und Szepter-Adler frontal und mit ausgebreiteten Flügeln gezeigt ist, und nicht der in Dreiviertel-Profil gestellte gewöhnliche AugustallsAdler stellt die offizielle Form des spätstaunsehen Reichssymbols antikisierender Prägung dar. Prof. Hans Wentzel (Stuttgart) verdanke ich den freundlichen Hinweis auf das monumentalste Beispiel dieser aqui!a sueva: sie befindet sich in einer Wandnische der Eingangsseite des Castello Ursino in Catania, und zwarrechts vom Tor, in beträchtlicher Höhe 2 • Auf Abb.66a 3 biete ich das m. W. unpublizierte Denkmal in seinem Architekturrahmen, nach einer von unten aufgenommenen Photographie von Prof. H. Wentzel, welche einen guten Gesamteindruck vermittelt. Abb. 66 b zeigt die Figur inmitten ihrer Restauration in den Jahren zwischen 1932-34, nach einer Aufnahme der Sopraintendenza, die ich der liebenswürdigen Vermittlung von Herrn Rodolfo Spahr (Catania) verdanke; sie läßt die wesentlichen stilistischen Eigenheiten zur Genüge erkennen. Der Adler mit dem getöteten Hasen in den Fängen ist von einem unheimlichen Naturalismus, suggestiver Symbolkraft und bezwingender Majestät zugleich: ein würdiges Sinnbild des Kaisers während dessen letztem Kampf mit der Kurie, nach der letzten, im Jahre 1239 erfolgten Bannung. Denn aus der Korrespondenz zwischen Friedrich und dem prepositus hedificiorum Richard von Lentini wissen wir, daß der Bau des Kastells 1239 beschlossen wurde und die Arbeiten im März 1240 schon im Gange waren 4 • Dadurch ist der Adler in die Zeit nach I 240 datiert, was gut zum Stil paßt, der auch ohne zeitliche Anhaltspunkte für die Endphase der friderizianischen Kunst in Sizilien sprechen würde. Als Merkmale dieser Stilstufe kann die Schlankheit der Figur und die Schärfe des anatomisch voll durchgebildeten Kopfes angesehen werden: würdig nicht nur des Kaisers, sondern auch des Verfassers des Falkenbuches. Vielleicht liefern wir einen Anhalt für die umstrittene Datierung der Deckenmosaiken des sog. Roger-Zimmers im Königsschloß von Palermo 5, wenn wir hier auf den Zusammenhang hinweisen, der zwischen dem Adler von Catania und dem Adler im Mittelfelde der Deckenmosaiken (Abb.45) 6 besteht. Er beschränkt sich keineswegs nur auf das Ikonographische. Die Haltung und die Form des Kopfes mit dem mächtigen Schnabel sowie 1 Nach einem Gipsabguß des Wiener Münzkabinetts, den ich der freundlichen Vermittlung von Herrn Privatdozent Dr. Eduard Holzmair-Wien verdanke. Die schöne Aufnahme Abb. 73 stammt von Frl. Dr. Heidi Vollenweider-Zürich. 2 Siehe das Gesamtbild des Kastells in: Attraverso l'Italia, volume IV: Sicilia. Touring Club Italiano, Milane 1940, S. 216, Fig. 74 und Stefano Bottari, Monumend Svevi di Sicilia, Palermo 1950, Fig. 79· 3 Bottari a.a.O. S. 36ff. mit Lit. Das Motiv stammt von griech.-sizilischen Münzen. 4 Otto Demus, The Mosaics of Norman Sicily, London 1950, S. 18off., ferner Filippo di Pietro, I musaici siciliani dell'eta normanna, Palermo 1946, S. 72ff.; vgl. dazu E. Ki tzinger, The Mosaics of the Cappella Palatina in Palermo. An Essay on the Choice and Arrangements of Subjects, im Art Bulletin 31, 1949, S. 209-292. 5 Aufnahme: Dumbarton Oaks Research Library and Collection, freundliehst vermittelt durch Prof. Dr. Ernst Kitzinger. 6 Demus a.a.O. S. 185, Anm. 6: "The eagle in the small central niche is a later, possibly Suabian addition"; aber kaum aragonesisch, wie F. di Pietro a.a.O. annimmt.
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V.]. Deer: Adler aus der Zeit Friedrichs II.
die Gefiederbildung passen nicht recht in die Normannenzeit, um so besser aber zum Typus des staufischen Reichsadlers, wie diesen die Figur von Catania verkörpert. Eine ungefähre Gleichzeitigkeit der beiden Denkmäler wäre m. E. zu erwägen. Außer den bisher behandelten Denkmälern trägt zur Kenntnis staufischsüdlicher Reichssymbolik auch die stattliche Reihe von mehr oder weniger antikisierenden Onyx- und Sardonyx-Gemmen mit Adlerbildern bei, die Hans WentzeP und der Verfasser 2 veröffentlichten. Ich konnte ~eigen, daß diese Kameen - wenigstens die besten von ihnen - in Süditalien und zwar in Anlehnung an die Tradition des Steinschnittes der Normannenzeit, in staufiseher Zeit entstanden sind. Sie wurden wohl einst in Juwelenfassung von den Mitgliedern des Kaiserhauses und von den höchsten Würdenträgern getragen. Der Adler-Kameo auf dem Gerhardskelch im Domschatze zu Bildesheim (Abb. 72) 3 zeigt uns - von dem transalpin-heraldischen Einschlag in der Beinstellung abgesehen- denselben Typus, den auch das Porphyrrelief am Sarkophag der Constanze (Abb. 67) und der Wiener Augustalls verkörpern (Abb. 73). Andere- wie der Onyx-Kameo der Sammlung Merz in Bern (Abb. 68)4, der aus Sardonyx im Pariser Cabinet des Medailles (Abb. 70) 5 und der in der Sammlung A. P. J. (Abb. 69) 6 - entsprechen in der Stellung dem Adler auf den gewöhnlichen Augustales, weichen aber von diesem in der Natürlichkeit der Körperbildung wie auch in der antikisierenden Behandlung des Gefieders deutlich ab - für dieses Detail waren wohl antike Adlergemmen vorbildlich 7 • In bezug auf Adler kann keine der anderen Kunstprovinzen Italiens dem normannisch-staufiseben Süden etwas im Stil Ahnliches und in bezug auf Qualität Ebenbürtiges an die Seite stellen. Die Lombardei ist noch ganz in einer stilisierten Romanik befangen. Auch die große Rivalin des Südens um den Ruhm einer Protorenaissance, die Toscana, weist in dieser Darstellungsgattung kaum etwas Gleichwertiges auf. Man vergleiche den Adler der alten Kanzlei im Dom von Pisa, die n61 von Meister Wilhelm vollendet wurde und nach I 31 1 in den Dom von Cagliari gelangte 8, mit dem 1 Mittelalterliche Gemmen, in Zeitschrift des deutschen Vereins für Kunstwissenschaft VIII, r 941, S.9B ff.; Eine Kamee aus Lothringen in Florenz und andere KunstkammerGemmen, im: Jahrbuch derpreuß. Kunstsammlungen 64, 1943, S. r-r6; Mittelalter und Antike im Spiegel kleiner Kunstwerke des 13. Jahrhunderts vgl. (S. roo, Anm. 2). 2 Deer, Löwencameo a.a.O. S. 15ff. 3 Original 3·3 cm hoch. Die Bildvorlage verdanke ich Herrn Prof. Dr. Hans Wentzel, der in seiner oben Anm. I an letzter Stelle genannten Arbeit (S. 76) nicht für ausgeschlossen hält, daß die Gemme trotz der heraldischen Stilisierung aus denselben Werkstattzusammenhängen wie die anderen Adler-Kameen herstammt. 4 3,2 cm hoch. Aufnahme des Besitzers. 5 Durchmesser 2,2 cm; Aufnahme des Museums. 6 2,5 cm hoch; Aufnahme des Besitzers. 7 Miner-Edelstein a.a.O. und A. Alföldi, Der große römische Karneo der Trierer Stadtbibliothek, in Trierer Zeitschrift 19, 1950, S. 41-44. 8 Toesca a.a.O. I, S. BoB, Fig. 5 36 und W. Biehl, Toskanische Plastik, Leipzig 1927 (Ital. Forschungen N. F. II), S. 41ff., Taf. 47-52.
Antikisierende Adlerdarstellungen in Italien
des Ambos in der Cappella Palatina (etwa um I I 5o) 1, oder die Gewölbekonsole mit Adler und Kentaur im Battistero zu Pisa (zwischen II78-85) 2 mit dem Johannessymbol des kleinen Ambos Romualds (Abb. 63), schließlich den Adler auf der Kanzel von Volterra (um uoo) 3 mit dem wesentlich früheren auf dem großen Ambo von Salerno (Abb. 62), so muß die Frage nach der Nähe zur Antike in allen diesen Fällen zugunsten der Werke des Südens entschieden werden. Von diesen pisanischen Denkmälern der kirchlichen Kunst führt - im Gegensatz zu Sizilien - kein Weg zu dem in der Toskana benutzten Typus des Reichsadlers. Pisa war ja seit den Tagen Heinrichs IV. bis zum Romzug Heinrichs VII. die kaisertreueste Stadt der Toscana und besonders in staufiseher Zeit geradezu die Hochburg des Ghibellinentums. Deshalb führte Pisa - wohl in Erinnerung an die Wappenfigur der kaiserlichen Fahne, mit der die Stadt von Friedrich I. mehrfach (n62, n68) belehnt wurde 4 - den auf ein Kapitell gestellten, gekrönten oder ungekrönten Adler sowohl auf ihren Siegeln 5 wie auch auf ihren Münzen 6 • Das Siegel auf einer Urkunde aus dem Jahre I273 7 , sowie die vor I312 unter dem Namen Friedrichs I. geprägten Münzen 8 zeigen ein Adlerbild, welches zwar keine genaue Nachahmung der Rückseite der Augustales bietet, aber doch von dieser stark abhängig ist. Wir wissen auch von den Adlerfeldzeichen der Pisaner, unter denen sie 1265 als Verbündete Manfreds in den Kampf zogen, daß diese de armis domini regis entnommen waren 9 • Der Reichsadler besaß also in staufiseher Zeit eine offizielle Gestalt, und diese stammte aus dem Süden. Dieser staufisch-süditalienische Reichsadler hat sogar auf die kirchliche Kunst Pisas zurückgewirkt. Die Adler, mit denen Nicola Pisano - in den Dokumenten mehrfach als de Apulia bezeichnet - seine Kanzel im Battisterozu Pisa (Abb. 75) 10 und imDome zu Siena (Abb. 74) 11 schmückte, sind nämlich weder aus den kirchlichen, noch aus den heraldischen Voraussetzungen der pisanischen Kunst abzuleiten. Beide sind dagegen regelrechte Reichsadler, wie übrigens auch derjenige des Nicolo da Foggia in Ravello. 1 Die Datierung ergibt sich aus der stilistischen Übereinstimmung mit dem Osterleuchter ebendort. 2 Biehl a.a.O. S. 57, Taf. 86a. 3 G. Swarzenski, in: Thieme-Beckers Künstlerlexikon Bd. IV, Leipzig 1910; Biehl a.a.O. S. 63, Abb. ror. 4 Gritzner a.a.O. S. 34· 5 Luigi Paserini, I sigilli di Comune di Pisa. Note ed aggiunte da Moise Supino, Pisa 1878. 6 Corpus Nummorum Italicorum: Toscana, Vol. XI, Rom 1929, Taf. XVIII. 7 Im Vatikanischen Archiv. Mit der Umschrift: Urbis me dignum Pisane noscite signum; vgl. P. Sella-M. H. Laurent, I sigilli dell' Archivio Vaticano, Citta del Vaticano 1937, Vol. I, Nr. rro5, Taf. LXXXV. 8 Z. B. Corpus nummorum Italicorum, Taf. XVIII I 3. 9 Gritzner a.a.O. S. 6r. 10 Unsere Abb. nach Astra. Collana di Monografie d' Arte: Nicola Pisano, Firenze 1949, Fig. 17· 11 Ebd. Fig. 57·
loS
V.]. Deer: Adler aus der Zeit Friedrichs II.
Der von Pisa hält mit den Fängen ein Beutetier, der von Siena zeigt den für das staufisehe Zeichen typischen, nach links herumgerissenen Kopf. Ihre nächste stilistische Analogie ist innerhalb der gesamten damaligen Kunst der Halbinsel auf der Rückseite des Wiener Augustalis (Abb. 73) zu finden: ein bisher übersehener Zusammenh ang und zugleich ein Beweis für die südlichen Beziehungen der Kunst des Nicola 1 • Es soll auch nicht unerwähnt bleiben, daß der sommo scu!tore seine pisanisehe Kanzel im Jahre der Schlacht bei Montaperto (4. September I26o), dieser Krönung des Manfredinischen Hochflugs, vollendete und an der sienesischen im Jahre der Schlacht bei Benevent (I 266) zu arbeiten begann. Nach dem Überblick über die Denkmäler und der Feststellung der Merkmale ihres Stils wird uns die räumliche und zeitliche Zuweisung des jetzt zu besprechenden, erstmalig veröffentlichten Objektes keine besonderen Schwierigkeiten mehr verursachen. 5· Der Bronzeadl er der Sammlung A. P.]. Der Adler, um den es sich handelt (Abb. 76 und 77), wurde vom Besitzer im Kunsthande l erworben, in den er vermutlich aus einer aufgelösten Privatsamm lung gelangt war 2 • Von kleineren Anschlägen abgesehen, ist seine Erhaltung vorzüglich; es fehlen nur die kurz zu denkenden Beine und der Untersatz. Die Glaskugel und die dünne Stange, die in ein altes Loch zwischen den Schenkeln des Vogels gesteckt ist, sind moderne Zutaten und stellen den Rekonstruk tionsversuc h des Besitzers dar. Die Maße betragen: Höhe von Kopf bis Schwanz I6 cm, Breite I 5 cm; dieser Adler ist also wesentlich kleiner als der Bronzevoge l in New York (27,5 cm hoch) und auch als der eiserne aus der gleichen Sammlung (siehe oben; 24,5 cm hoch, 17 cm breit). Der Adler ist aus mittelheller Bronze mit Wachsausschm elzverfahren ("eire perdue") in einem Stück gegossen. Als deutliche Spuren dieses Verfahrens sind die kleinen runden Löcher sowohl auf der Vorder-, wie auf der Rückseite des Vogelkörpers anzusehen: sie stammen von den sog. "Kernhaltern ", d.h. von Stiften her, welche den Tonkern mit dem Tonmantel durch die Wachsschicht hindurch miteinander fest verbunden haben, damit beim Ausgießen keine Verrutschung entstand. Die nach außen vorstehenden Enden dieser Stifte hat man - wie auch sonst bei alten Güssen - nach dem Erkalten des Metalls abgefeilt oder ausgebohrt und die Löcher mit einem dem Gußmaterial ähnlichen Metall verschlossen. Auch das größere Loch zwischen den Schenkeln rührt vom Gußverfahren her: er diente ursprünglich zum Durchstecken eines starken Kernhalters in der Mittelachse der Figur und dann zum Auskratzen des Tonkerns. Allein schon diese für mittelalterliche Güsse bezeichnenden technischen Einzelheiten lassen in der Frage der Echtheit des Stückes keinen Zweifel zu. Die Figur war 1 Daß Nicola Pisano' s Kunst kaum aus toskanischen Voraussetzun gen sich ableiten läßt, wird uns klar, je mehr wir die Kunst des Südens unter den Normannen und Friedrich II., vorallem die Skulptur, kennen lernen. Zu Nicola Pisano: G. Swarzenski , Nicolo Pisano, Frankfurt a.M. 1926 und G. N. Fasola, Nicolo Pisano, Roma 194r. 2 Der Adler war mit halb ergänzten Beinen auf einem sehr abgeschabten Samtsockel -nach der Mode der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts -montiert und trug die ursprüngliche Sammlung-Nu mmer 163 (Mitteilung des Besitzers).
Der Bronzeadler der Sammlung A. P. J. ursprünglich stark feuervergoldet und ist jetzt nur an den Kanten abgewetzt. Die Fläche hat man nach dem Ausgießen noch ganz fein überziseliert. Der Leib des frontal gestellten Vogels ist vom Kopf bis zu den Schenkeln mit äußerst plastisch modellierten, blattförmigen Schuppen mit feiner Innenzeichnung bedeckt. In gleicher Weise ist auch das Flaumgefieder auf beiden Seiten des Flügels wiedergegeben, während die länglichen Schwung- und Schwanzfedern durch Schraffierung auf beiden Seiten des Federkiels belebt sind. Der längliche Kopf auf dem sich nach oben gleichmäßig verjüngenden Hals ist stolz emporgehalten und nach links in Dreiviertel-Profilstellung herumgerissen. In die gleiche Richtung blicken die starren Augen von majestätischer Strenge, die in ihrer Ausführung dem sienesischen Adler des Nicola Pisano genau entsprechen (Abb. 74). Die ausgebreiteten Flügel sind entlang dem ganzen Außenrand durch eine glatte, sich nach unten gegen die Flügelspitzen zu verjüngende Kante umrahmt, die auf der Fläche der Vorderseite konkav, auf der Hinterseite konvex gebogen ist. Diese Eigenart sowie das starke Hervorstehen der Schenkel und die Schweifung des Schwanzes nach rückwärts sind die Merkmale einer mit der heraldischen Tendenz in wunderbarem Einklang stehenden "aerodynamischen" Stilisierung, derzufolge der Vogel, sowohl von vorne wie von hinten betrachtet, den Eindruck des Flugs im Beschauer erweckt. Ein Adler von dieser Formprägung war sicher dazu bestimmt, von einer jeden Seite her gesehen, immer die gleiche Figur zu zeigen, d.h. als "Zeichen" zu wirken. Im ganzen handelt es sich um ein erhabenes, qualitativ außerordentlich hochstehendes Werk der Kleinkunst, dastrotzaller Anlehnung an antike Vorbilder doch unverkennbare Spuren seiner Entstehung in den späteren Jahrhunderten des Mittelalters aufweist.
Daß die Figur kein deutscher Guß ist, zeigt auf das einleuchtendste die tiefe Gefiederbildung im Gegensatz zur flachen Ziselierung des Hildesheimer Adlers (Abb. 49a-b). Auch französische Güsse - wie etwa die 13 auf Globen gestellten kleinen Adler mit ausgebreiteten Flügeln des sog. Margaretenreliquiars aus der Zeit um 1250 (Metropolitan Museum in New York)l, oder das schöne Lesepult aus Tournai vom Jahre 1383 (Paris, Musee Cluny) 2 kommen als Analogien schon aus technischen Gründen nicht in Betracht. Noch entscheidender als die Technik spricht gegen eine Zuweisung nach Deutschland oder Frankreich der Stil, der in allen Einzelheiten mit dem der besprochenen Werke der Monumental- und der Kleinkunst aus der Zeit des tramonto suevo derart übereinstimmt, daß ein detaillierter V ergleich zur stilistischen Evidenz nichts mehr beitragen und nur zu Wiederholungen führen würde. Italien, insbesondere Süditalien ist die klassische Heimat hochwertiger Bronzegüsse, vor allem von Türen, die uns nicht nur aus Campanien und Apulien 1, sondern auch aus Sizilien erhalten geblieben sind. Bevor noch Bonnanus von Pisa mit der Herstellung der Bronzetüren für den Haupteingang der Kathedrale von Monreale beauftragt wurde (u86), 3 ließ Roger II. (t I I 54) oder Wilhelm I. (t u66) für die Cappella Palatina in Palermo zwei beinahe gleiche Bronzetüren mit Löwenköpfen und einem 1
Falke-Meyer a.a.O. S. 95· Annal. Archeol. 21, 1869, S. 284; E. Molinier, La collection du Baron Albert Oppenheim, Paris 1904, Nr. 134, Pl. LXXII. 3 Neben Bertaux a.a.O. siehe jetzt: Albert Boeckler, Die Bronzetüren des Bannanus von Pisa und des Badsanus von Trani, Berlin 195 3· 2
IIO
V.]. Deir: Adler aus der Zeit Friedrichs II.
aus schönen Akanthusblättern gebildeten Leistenschmuck verfertigen 1, der dem ornamentalen Marmordekor des Kircheninneren genau entspricht. Im Gegensatz zu Deutschland besitzen wir kein Corpus der figürlichen Bronzearbeiten Italiens aus dem Mittelalter. Zahlreiche Adler, Drachen, Löwen usw. zieren noch heute . als religiöse und heraldisch-politische Embleme die Fassaden der Kirchen und Kommunalpaläste, so z.B. in Perrara und Perugia. Die wenigen in Museen gelangten hochromanischen Objekte lassen Werkstattzusammenhänge nicht erkennen; sie reichen aber doch zur Feststellung der wesentlichsten technischen und stilistischen Merkmale italienischer Bronzegüsse aus. Der Hahn in der Sakristei der Petcrskirche in Rom (Abb. 78), wohl eine lokale Arbeit aus dem 11.-12. Jahrhundert2, zeigt uns auf einer viel weniger fortgeschrittenen Stilstufe und in niedrigerer Qualität sowohl jene tief-plastische Gefiederbildung wie auch jene Natürlichkeit des Vogelkörpers auf, die unserem Adler eigen ist. Stilistisch noch näher steht ihm der bewunderungswürd ige bronzene Pelikan im Museo Nazianale von Messina aus dem 13. Jahrhundert (Abb. 79) 3, der zwar vermutlich nicht in der gleichen Werkstatt, aber doch ungefähr in derselben Zeit und - wie übrigens auch der Vogel des Metropotitan Museums- aus derselben Synthese des Natürlichen und des Heraldischen entstanden ist. Von den Arbeiten der in den Quellen oft erwähnten pisanischen Gießer sind uns nur Glocken und kleine Kruzifixe erhalten 4 ; die bronzenen Tierfiguren der Jontana maggiore in Perugia (1278) zeigen uns den viel fortgeschritteneren Stil des Nicola und des Giovanni Pisano 5• Es gibt also für die Zuweisung des Adlers nach Pisa keine positiven Anhaltspunkte, und so entscheidet über die nähere Lokalisierung die klare Übereinstimmung mit süditalienischen Adlerdarstellungen. Da der Bronzeadler der Sammlung A. P. J. wesentlich fortgeschrittener ist als derjenige im Metropolitan Museum, andererseits strenger, steifer und heraldischer als die stärker aufgelockerten Figuren der großen Bildhauer der sechziger und siebziger Jahre wirkt, scheinen mir das Ende der dreißiger oder die vierziger Jahre des 13. Jahrhunderts als Entstehungszeit am wahrscheinlichsten. Dieser Adler ist also ungefähr gleichzeitig mit dem Adler des Wiener Augustalis, den ich für jünger als die gewöhnlichen ansehe, 1 Anderson Nr. 29067. Die Tätigkeit des Bannanus in Sizilien ist als Symptom der eklektischen Kunstpolitik der Normannenkönige und nicht, wie Biehl a.a.O. meint, der Überlegenheit der Toscana gegenüber dem Süden anzusehen. 2 Nach Car lo Cecchelli, VitadiRoma nel medioevo I, 2, Rom o. J. S. 91. Gleichfalls aus Rom (12.-13. Jh.) stammt der Stabaufsatz mit Falkenfigur aus Bronze im Kaiser-Friedrich-Muse um (13,5 cm hoch): vgl. F. W. Volbach, Mittelalterliche Bildwerke aus Italien und Byzanz, 2. Aufl. Berlin-Leipzig 1930, Nr. 6422, S. 159. 3 Nach: Sicilia, in: Attraverso l'Italia. Touring Club Italiano, Vol. IV, Milane 1940, S. 252, Fig. 134; nach "Sicilia e isole minori", Guida d'Italia del Touring Club Italiano, Milane 3· Aufl. 1937, S. 312: "candelabro di bronze del '.zoo con figura del pellicano transformato nel '500 in leggio." 4 Toesca a.a.O. I, S. 1104ff. 5 Swarzenski, Nicole Pisano a.a.O. S. 52, Abb. 96. Denselben Stil zeigen auch die gleichen Wappentiere an der Fassade des Palazzo Cernunale ebendort (Greif und Löwe).
Der Bronzeadler A.P.J.- Ursprüngliche Bestimmung
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aber unbedingt noch für eine Münze Friedrichs II. halte, keineswegs aber für eine Prägung Manfreds unter dem Namen des Vaters. In seiner Art und Gattung bedeutet die Figur allerdings den Höhepunkt in der Kunst um F riedrieb II. 6. Die ursprüngliche Bestimmung des eisernen und des bronzenen Adlers Beim eisernen Adler ist vorerst die Frage zu entscheiden, ob es sich dabei um ein Reichszeichen mit eingefügter Reliquie 1 oder aber um ein nach dem Vorbild eines weltlichen Zeichens ausgestattetes Reliquiar von rein kultischer Bestimmung handelt. Hier ist größte Vorsicht am Platze; denn die Wechselbeziehungen zwischen sacerdotium und regnum, zwischen Liturgie und Repräsentation 2 sind auch in der Adlersymbolik äußerst eng. Von rein kirchlichem Ursprung ist nur das Johannessymbol in seinen verschiedenen Anwendungen (Kanzel, Lesepult, Gefäß: die Adlervase des Abtes Suger). Dagegen ist die triumphalis aquila auf dem Kirchenturm 3 auf der Eingangsfassade der Kirche 4 und auch auf dem Dachwerk eines basillkaförmigen Schreinreliquiars 5 den gleichen Zeichen auf Kaiserpalästen 6 nachgebildet. Auszugehen ist beim eisernen Adler vom technischen Befund. Auf der Hinterseite des Blitzbündels ist - auf Abb. 51 gut sichtbar - die angelötete untere Hälfte eines ursprünglich mit einem Stift schließbaren Scharniers zu erkennen, dessen Oberteil verloren gegangen ist. Aber auch die Lötspuren etwas oberhalb, in der Mitte der Flügelfläche, können nur von einem zweiten gleichen Scharnierverschluß herrühren, der ganz abgebrochen ist. Es ist gleichfalls klar, daß die ausgezackten Einschnitte am oberen Flügelrand der Rückseite ursprünglich ebenfalls zur Festigung der Figur an einem Schaft dienten, welcher durch die Scharniere geführt wurde 1 Siehe darüber P. E. Schramm, Herrscherzeichen und Staatssymbolik I, Stuttgart 1954, Abschn. 13. 2 Derselbe, Sacerdotium und Regnum im Austausch ihrer Vorrechte: in Studi Gregoriani II, 1947, S. 403-457. Über Adler in der christlichen Symbolik, siehe Artikel "Adler" in: Reallexikon für Antike und Christentum, Bd. I, 1950, Sp. 91-93. 3 Narratio rerum in Monasterio S. Mansueti Tullensis gestarum; nach r 126 (Mon. Germ., SS. XV, 2, S. 993). Abt Grimoald (ro65-1072) läßt den Kirchenturm mit einem vergoldeten Kreuz und triumphali aquila schmücken. 4 So z.B. an S. Miniato al Montein Florenz und am Dom von Civita Castellana. 5 Wofür allerdings das oben erwähnte Margareten-Reliquiar des MetropolitanMuseums (New York) das einzige Beispiel aus dieser Zeit liefert. 6 Belegt ist es für den Palast von Aachen: Richer III, cap. 71, ed. R. Latouche (Les Classiques de l'Histoire de France au Moyen Age Vol. II, Paris 1937, S. 88), Thietmar, Chron. III, cap. 8 (6) (ed. R. Holtzmann, 1935, S. 106f.; Script. rer. Germ. N. S. IX). Ferner zwei Adler an der Fassade des Kaiserpalastes Friedrichs II. zu Foggia: Willemsen, Apulien a.a.O. Taf. 45· Daß das Dekorationsschema des letztgenannten Denkmals aus dem islamischen Bereich herstammt, beweist ein Vergleich mit der Palastdarstellung auf einer mesopotamischen Miniatur des 13. Jahrhunderts bei E. Kühne!, Miniaturmalerei im islamischen Orient, 1922, Abb. r.
V.]. Delr : Adler aus der Zeit Friedrichs II.
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und oben in einer Metallplatte endete, deren Unterteil den Einschnitten der Rückseite entsprechend ausgezackt war, um eingezapft werden zu können; sie bedeckte wahrscheinlich die heute freistehende Fläche, so daß die Erdpechmasse ursprünglich nicht sichtbar war. Die Montierung geschah also folgendermaßen: man zapfte den aus einer Metallplatte bestehenden und an einem Schaft befestigten Verschluß ein, und danach schloß man die beiden Scharniere. Scharniere mit Schaft einerseits, Globus andererseits schließen einander aus; von den beiden ist wohl letzterer die spätere Zutat - vielleicht handelt es sich um einen Rekonstruktionsversuch. Diese Montierung diente kaum dazu, um den Adler nur gelegentlich am Schaft befestigen zu können; vielmehr scheint sie der ständige Zustand des Objektes gewesen zu sein. Denn da der Kopf des Adlers auch auf der Rückseite vollplastisch ausgeführt wurde, ist das Freilassen der Erdpechmasse höchst unwahrscheinlich, zumal diese nicht nur zur Fixierung der Kreuzpartikel diente, sondern ja wahrscheinlich selbst als Heilturn galt. Demnach bildeten Verschlußplatte und Schaft einen ständigen Bestandteil des Reliquiars. Die Montierung diente also nicht dazu, um die Reliquie nur gelegentlich, etwa an großen Festtagen- wie dies bei den in Kirchenschätzen verwahrten Reliquien üblich war-, dem Volke zeigen zu können. Dazu paßt vorzüglich der Umstand, daß es unter den Hunderten von Reliquiaren, die Josef Braun nach Bestimmung und Typen geordnet veröffentlicht hat\ keinen einzigen Behälter in der Form eines Adlers gibt und auch die Schriftquellen einen solchen nicht erwähnen. Wie sollte auch in der rein religiösen Sphäre eine gedankliche Verbindung zwischen Adler und Kreuz(partikel) gefunden werden können? Die Wahl des Eisens als Material für ein Reliquiar hätte man zudem sicher als befremdend empfunden. Denn es gibt wohl im christlichen Kulte Reliquien aus Eisen (Nagel Christi, die Lanzen des Longinus, Konstantins des Großen und des Heiligen Mauritius, die Ketten des Apostelfürsten Petrus, "Petrusschlüssel", Rost des Heiligen Laurentius usw.) 2, aber m. W. keinen Reliquienbehälter aus diesem Metall. Im Mittelalter herrschte nämlich die Vorstellung vor, daß die kostbaren Überreste der Heiligen nur in ein ihrem inneren Wert entsprechendes äußeres Gewand aus Edelmetallen gehüllt werden durften 3 • So gelangt man zum Schlusse, daß der eiserne Adler trotz der Kreuzpartikel kein gewöhnliches, für einen Kirchenschatz bestimmtes Reliquiar, sondern ein "staatliches" Zeichen mit eingefügter Reliquie war. Schon rein ikonographisch betrachtet, erweist sich der mit aufgerichteten Flügeln auf einem Blitzbündel sitzende Vogel als mittelalterlicher Nachfolger des römischen Legionsadlers, als eine victrix aquila, wie die Quellen das kaiser1
Die Reliquiare des christlichen Kultes und ihre Entwicklung, Freiburg 1940. Fichtenau a.a.O. S. 84ff.; in der römischen Kirche SS. Cosma e Damiano wird unter den Reliquien auch ein mittelalterlicher Kelch aus Eisen aufbewahrt; vgl. Cecchelli a.a.O. S. 92, mit Zeichnung. 3 Aus der Fülle unübersehbarer Belege verweise ich hier nur auf die Stellen bei Thangmar, Vita Bernwardi cap. 8 (9) (Mon. Germ., SS. IV, S. 761 f.). 2
Die Bestimmung des eisernen und des bronzenen Adlers
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lieh-deutsche Feldzeichen bereits seit der Zeit Heinrichs V., dann ganz geflissentlich in staufiseher Zeit bezeichnen 1 • Dem Mittelalter war dabei der ursprünglich-heidnische, siegverbürgende Sinn dieses Zeichens natürlich schon längst bedeutungslos geworden. Hinter der Darstellung des römischen Legionsadlers mit aufgerichteten Schwingen hatte nämlich - wie A. von Domaszewski nachwies - ein bestimmter religiöser Gedanke gestanden: "Wiederholt wird das Vorausfliegen von Adlern beim Ausmarsch des Heeres als Wunderzeichen berichtet, und so scheint es, daß der Legionsadler, der aufzufliegen im Begriffe ist, gleich einem glückverheißenden Augurium der Legion voranschweben soll, um ihr den Weg zum Siege zu weisen 2. " Dagegen mußte der Adler für die Soldaten des christlichen Mittelalters, die unter ihm kämpften, zwar als Sinnbild ihrer Sache gelten, zugleich aber nur als ein rein äußerliches, ja eigentlich inhaltsleeres Zeichen empfunden werden, welches einer jeden christlichen Siegesverheißung entbehrte. Aus Isidor 3 wußte man 4, daß der Adler der Vogel Jupiters und ein Romanorum signum sei 5, also ein heidnisches, fremdes Zeichen und Ausdruck der schon durch die Theologen Karls des Großen gebrandmarkten Romana ambitio 6 , ja eine ambitionis aquila 7 • Daß derartige Vorwürfe gegenüber dem Adlerzeichen aus den Reihen der Gegner des Kaisertums schon früh - wohl seit dem Investiturstreit - laut geworden sind, zeigt der gekünstelte V ersuch Benzos von Alba, "gerade in den Adlern einen Gegenstand der besonderen göttlichen Fürsorge für den allerchristlichen Kaiser" 8 erkennen zu lassen: Gott habe den Adler den Feinden schrecklich gemacht. Die Gegner des Adlers begnügten sich nicht mit seiner Ablehnung, sondern stellten dem kaiserlichen Feldzeichen heidnisch-römischen Ursprungs das christliche Kreuzzeichen gegenüber. Seit Heinrich IV. führen die Gegner des Reichs das Kreuz auf ihren Feldzeichen und Fahnen. In diesem polarisierten Sinne sagt schon Hildebert von Lavardin Ct 1123) in seinem Romgedicht: Plus aquilis vexilla crucis, plus Caesare Petrus 9 • Wegen dieser Polemik kam es unter Heinrich VI. zur Aufnahme des Kreuzes, das ja seit alters neben dem Adler das zweite Kaiserzeichen darstellte, in eine vom Adlerbanner abgesonderte kaiserliche Kreuzfahne 10• 1
10 Domaszewski Gritzner a.a.O. S. 3off. a.a.O. S. 34· Etym. XVIII, 3, 2 (ed. Lindsay). 3 So z.B. Guilelmus Brito, Philippidos XI v. 3o-31 bei der Beschreibung des Reichsadlers Ottos IV. in der Schlacht bei Bouvines (1214): Mon. Germ., SS. XXVI, s. 367. 4 Bonizo (Mon. Germ., Libelli de lite I S. 581). 5 I, 3 (Mon. Germ., Concilia II, Supplementum, ed. H. Bastgen, 1924, S. 16). 6 In einer Kreuzpredigt aus dem 2. Viertel des 14. Jahrhunderts, siehe: C. Erdmann, Kaiserliche und päpstliche Fahnen im hohen Mittelalter, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 25, 1933-1934, S. 27 Anm. I. 7 Ebd. S. 44 und S. 31, Anm. 3· 8 P. E. Schramm, Kaiser, Rom und Renovatio I, Leipzig 1929, S. 303. 9 Gritzner a.a.O. S. 65ff.; Erdmann a.a.O. S. 42ff. 2
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Abt. Phi!. Hist. Kl., 3· F., Nr. 36 Schramm
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V.]. Deer: Adler aus der Zeit Friedrichs I I.
Beide Zeichen wurden in der darauffolgenden Zeit nebeneinander verwendet, und erst die Glosse zu Landrecht III 6o § I des Sachsenspiegels, die nach I 32 5 entstanden ist, nennt bei der Beschreibung des Reichsbanners ein Kreuz auf der Brust des Adlers 1 • Dürfen wir diese Verbindung von Adler und Kreuz schon in die Zeit der Entstehung unseres eisernen Adlers setzen, d.h. bis zur Wende des 12. zum 13· Jahrhundert hinaufrücken? Dem widerspricht, daß der Gegensatz der beiden Zeichen trotz ihrer parallelen Verwendung in der ersten Hälfte des I 3. Jahrhunderts noch hörbar nachklingt: in den Ermahnungen Gregors IX. an Friedrich II. von I227 wird den victricibus aquilis in terram sie prostratis das vexillum, quod habes commune cum angelis 2 - wohl die Kreuzfahne - gegenübergestellt. Die anfechtbare Hypothese einer frühen heraldischen Verbindung der beiden Zeichen ist aber zur Erklärung unseres Adlers mit der Kreuzpartikelnicht einmal notwendig. Denn die heraldischeNeuerung Heinrichs VI. war ja nicht eine Neuerung in der Symbolik selbst; vielmehr bestand eine uralte und tiefe Verbindung zwischen Kreuz und Kaisertum. Das Kreuz "war immer das oberste christliche Symbol, und der Herrscher, der es führte, charakterisierte damit seine Herrschaft als eine christliche", sagt C. Erdmann und weist in diesem Zusammenhang auf die Rolle des Kreuzes auf den kaiserlichen Herrschaftszeichen hin 3 • Die Forschungen von J. Gage, 4 A. Alföldi 5, 0. Treitinger 6, vor allem aber die von Andre Grabar 7, haben uns seitdem gezeigt, daß in der Spätantike und folglich auch im Mittelalter das Kreuz neben diesem allgemeinen auch einen besonderen Sinn gehabt hat und daß eben dieser besondere Sinn für sein Tragen das Ausschlaggebende war: es galt als SiegessymboL Auf ihm und mit ihm hatte Christus selbst über Tod und Teufel gesiegt, und in diesem Sinne ist das Kreuz das Tropaion Christi. Außerdem galt seit der Vision Konstantins des Großen und seinem Sieg über Maxentius zuerst das Christusmonogramm, dann das Labarum, schließlich seit etwa 400 das Kreuz für alle nachfolgenden Kaiser als "instrument de la victoire imperiale" (Grabar), als araveof: W'o:rw~6f: schlechthin, als "siegverbürgendes Zeichen", in dem die Basileis "herrschen und siegen" 8 • Das Kreuz in der kaiserlichen Repräsentation will also in erster Linie nicht den christlichen Charakter der Herrschaft, sondern die untrennbare V erbindung der Machthaber mit dem christlichen Triumphalzeichen zum Ausdruck bringen. In anderem Zusammenhang hoffe ich zeigen zu können, daß diese triumphale Kreuzsymbolik, die ihren Höhepunkt in Byzanz unter Gritzner a.a.O. S. 74· Mon.Germ.,Epist. sel.saec,XIII.Bd.I,Nr. 365, S. 278; dazu Gritznera.a.O. S. 66. 3 a.a.O. S. 43· 4 La victoire imperiale dans 1' empire chretien, in der Revue d' histoire et de philosophie religieuses, Strasbourg r 933. 6 Das Problem des verweiblichten Kaisers Gallienus, in Zeitschrift für Numismatik 38, 1928, s. !85 ff. 6 Die oströmische Kaiser- und Reichsidee, Jena 1938. 7 L'empereur dans l'art byzantin, Paris 1936, S. 32ff. 8 Zahlreiche derartige Wendungen in: "De Ceremoniis" des Kaisers Konstantirr VII. 1 2
Die Bestimmung des eisernen und des bronzenen Adlers
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der Makedonischen Dynastie im I o. Jahrhundert erreichte, wegen der engen Beziehungen der Ottonen zum Ostreich, besonders in der Zeit Theophanus und Ottos III., auch den westlichen Kaiserhof voll durchgedrungen hat. Es genügt hier, ganz kurz auf die insignienhafte Rolle des Lothatkreuzes und noch mehr des Reichskreuzes Konrads II. hinzuweisen, das von den Kaisern im Krieg und Frieden ebenso untrennbar ist wie das sog. Kreuz Konstantins des Großen, dieses "stauros nikopoios par excellence" 1 der Basileis in Konstantinope l. Das Reichs kreuz, das in seiner Inschrift einen Siegeswunsch für Konrad II. enthält, ist nicht nur der Behälter von Kreuzpartikeln, sondern zugleich auch das Reliquiar für die Heilige Lanze, die zu dieser Zeit mit einem Kreuz geschmückt war und wegen des Nagels vom Golgathakreuz als sancta et crucifera imperialis lancea 2, als hasta dominica galt 3 • Unter Heinrich IV. sind Kreuz und Lanze die allerwichtigsten, an Bedeutung sogar die Reichskrone überragenden Insignien4 • Dabei ist es klar, daß durch die Einfügung des Nagels Christi und durch die Anbringung des Kreuzes auf der Lanzenspitze eine germanische Siegeswaffe der Völkerwanderu ngszeit 5 verchristlicht und ihre wegen der Umbildung der Weltanschaung verblaßte Siegeskraft durch die Trophäen des Erlösers erneuert worden war. Auf der Linie der unausweichlich gewordenen christlichen Potenzierung weltlicher-monarchischer und militärischer Zeichen ist auch die Erklärung der eisernen victrix aquila zu suchen. Um diesen Namen zu verdienen und christliche Siegeszuversicht in den Kriegern zu erwecken, die unter ihr kämpften, trägt der einstige Vogel des J upiter in seiner Brust eine Partikel des siegbringenden Kreuzes. Wie die Heilige Lanze die V erchristlichung eines heidnisch-germanischen, so bedeutet der eiserne Adler die V erchristlichung eines heidnisch-römischen Symbols, ohne natürlich die religiöse Weihe und Autorität der Lanze erlangen zu können. Für einen "Heiligen Adler" war es vielmehr zu spät geworden. Es muß allerdings noch nie gläubiger, von der Siegeskraft des Kreuzes voll überzeugter Kaiser gewesen sein, der die Partikel in sein Feldzeichen einfügen ließ: entweder der alte Barbarossa, der neben dem Kreuzzeichen seine victrices aquilae auch bei seinem Kreuzzug führte 6, oder Heinrich VI., der Urheber der Kreuz1
Grabar a.a.O. S. 36 n. 4· Arnoldus, De miraculis S. Emmerami ad a. 1001 (Mon. Germ., SS. IV, S. 567). 3 Thangmar, Vita Bernwardi cap. 38 (ebd. IV, S. 775). 4 In dem Brief an seinen Sohn (rro6) schreibt Heinrich IV.: in captivitate vero quicquid residuum erat, etiam lanceam et crucem et omnia rega!ia insignia a nobis extorsisti (Mon. Germ., Const. I Nr. 77, S. 12.9 = Die Briefe Heinrichs IV., hrsg. von C. Erdmanrt; Mon. Germ., Deutsches Mittelalter I, 1936, Nr. 40, S. 59); vgl. Gritzner a.a.O. S. 39f. 6 Otto Höfler, Das germanische Kontinuitätsprob lem, in derHistor. Zeitschr. 157, 1938, besonders S. 9ff.; vgl. aber A. Brackmann, Die politische Bedeutung der Mauritius-Verehr ung im frühen Mittelalter, in Sitzungsberichte der Preuß. Akad. d. Wiss. Phil.-Hist. Kl. 1937, Nr. XXX, besonders Anhang S. 2.5 ff. (wieder abgedruckt in dessen "Gesammelten Aufsätzen", Weimar 1941, S. 2.11-2.41, bes. S. 2.37ff.). 6 Epistola de morte Friderici (Mon. Germ., SS. Germ. NS. S. 176). Erdmann a.a.O. S. 31 zieht die Verläßlichkeit der Stelle in Zweifel. Ich sehe nicht ein, warum nicht kaiserliche Kreuzfahrer neben dem Kreuz den Adler als Abzeichen führen konnten. 2
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fahne. Auf einer Münze dieses Kaisers, die in der Reichsmünzstätte Donauwörth geprägt worden ist, sieht man über einer eckigen Leiste zwei einander zugewandte Adler von heraldischer Gestalt, zwischen ihnen ein Kreuz und unter der Leiste den Kopf eines Herrschers - wohl Heinrichs VI. selbst 1• Auch noch Friedrich II. erhielt 1232 bei seinem Besuch in Venedig vom Dogen einen Splitter des Heiligen Kreuzes zum Geschenk 2 • Daß er aber diesen in sein Feldzeichen eingefügt hätte, darüber schweigen nicht nur die Quellen, sondern es wäre ihm auch sonst schwerlich zuzumuten; ihm galten seine Adler auch ohne Reliquien siegverbürgend. Die Kreuzpartikel in der Brust des Adlers hat die Beantwortung der Frage nach der ursprünglichen Bestimmung der eisernen Figur wesentlich erleichtert, indem sie nur zwei Möglichkeiten- Reliquiar oder Feldzeichen mit Reliquie - für die Entscheidung offen ließ. Viel schwieriger scheint auf den ersten Blick die gleiche Aufgabe im Falle des bronzenen Adlers, bei dem grundsätzlich mit viel mehr Möglichkeiten - sowohl kirchlichen wie auch staatlichen - zu rechnen ist. Doch kommen bei einer Adlerfigur, die aus Bronze gegossen, vergoldet, vollplastisch ausgeführt und vom Kopf bis zum Schwanz nur 16 cm hoch ist 3 , in der Wirklichkeit nur wenige Möglichkeiten ernstlich in Betracht. Bei einer kirchlichen Anwendung scheiden wegen der Kleinheit der Figur die Anbringung auf einem Kirchenturm, auf einer Kanzel oder einem Lesepult von vornherein aus. Gegen die Annahme einer ursprünglichen Zugehörigkeit zu einem Reliquiar spricht die große Seltenheit eines derartigen Schmuckes selbst bei Schreinreliquiaren, die südlich der Alpen entstanden sind, weiter der Umstand, daß unser Adler - mit denen des Margaretenreliquiars verglichen - zu diesem Zwecke zu groß wäre. Außerdem sind Schrein-Reliquiare in Süditalien unbekannt, und die Herstellung eines solchen in der Hofwerkstatt Friedrichs II., aus der ja unser Objekt hervorgegangen sein wird, ist mehr als unwahrscheinlich. Damit sind aber die Möglichkeiten einer Unterbringung der Figur im kirchlichen Bereich erschöpft, und so müssen wir uns der weltlichen, also der monarchischen Sphäre zuwenden, auf die ja schon der Stilcharakter des Vogels geradezu zwingend weist. Ein Bronzeadler von diesem Maß war kaum geeignet, den Turm eines kaiserlichen Schlosses oder auch nur das Zelt des Monarchen zu schmücken. Gegen derartige Verwendungen - ebenso wie gegen die als eines gewöhnlichen Truppenzeichens - sprechen allein schon die allerfeinste Ausführung der Einzelheiten sowie die künstlerische Qualität des Ganzen. So bleibt nur noch die Möglichkeit bestehen, die Bestimmung des Adlers in der unmittelbarsten, persönlichen Repräsentation Friedrichs II. zu suchen. 1 Münzen und Medaillen A. G. Basel: Auktionskatalog 1954, Nr. 42, Taf. 2. = Die Münzen und Medaillen der Stadt Donauwörth, Münzstudien II, Halle 1924 T. I, 42 Kantorowicz a.a.O. S. 346 und Ergänzungsband S. 162. 3 Das ganze Reliquiar ist nur 34 cm hoch.
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Zunächst könnte man geneigt sein, an ein kaiserliches Handszepter zu denken, und zwar um so mehr, da unser Adler der kleinste unter den erhalten gebliebenen ist und in bezug auf seine Maße dem antiken Adler aus Lapis Lazuli in Baldmore (Abb. 71 a, b), der sicherlich einst ein kaiserliches oder konsulares Szepter zierte, noch am nächsten steht. Wenn man bedenkt, daß die mittelalterlichen Kronen bedeutend höher als die Diademe der Spätantike waren - man hat eine Krone Friedrichs II. mit einem Topf verglichen 1 - , so muß man zugeben, daß zu diesen erhöhten Kopfzierden auch größere Szepter paßten. Wenn ich diese Bestimmung des Adlers trotzdem für unwahrscheinlich halte, so gründet sich die Ablehnung dieser Möglichkeit nicht auf Erwägungen technischer Natur, sondern auf allgemein historisch-antiquarische Bedenken, die m. E. entschieden gegen eine solche Zuweisung sprechen. Unter den deutschen Kaisern und Königen ist bekanntlich Heinrich IV. der letzte, der auf seinen Siegeln ein Adlerszepter in der Hand hält 2 • Das gleiche Zeichen erscheint nur noch ein einziges Mal auf einem Miniaturbildnis Heinrichs V. 3, um dann in der ganzen nachfolgenden Staufischen Zeit- die Regierung Friedrichs II. einbegriffen- spurlos zu verschwinden: von Barbarossa bis Friedrich führen die Kaiser auf ihren Siegeln statt des Adler- beinahe ostentativ das Kreuzszepter; neben diesem erscheinen auf ihren Miniaturbildnissen oft Blütenszepter, von denen sich im Reichsschatz ein Exemplar aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts erhaltenhat 4 • Wir sind also nicht berechtigt, entgegen der Aussage unserer Bildzeugnisse, denen besonders in staufiseher Zeit eine beachtliche Wirklichkeitstreue kaum abzusprechen ist, und dazu noch beim vollständigen Schweigen der Schriftzeugnisse ein längst außer Gebrauch gekommenes Adlerszepter in der Hand Friedrichs II. anzunehmen. Der einzige Gegenbeweis wäre das Adlerszepter auf einem Siegel des Gegenkönigs, Alfonso X. von Kastilien, das an einer Urkunde vom 10. Mai 1266 hängt (Abb. 8o) 5 • Aber wir haben diesmal allen Grund, an der Verläßlichkeit der Darstellung zu zweifeln. 1 Salimbene, Chron. a. 1247 (Mon. Germ., SS. XXXII, S. 203f.). Daß darunter keine nach sassanidischer Art aufgehängte, sondern eine auf dem Kopfe getragene Krone zu verstehen ist, habe ich in: Kaiserornat a.a.O. S. 43, Anm. 259 gezeigt. 2 Schramm, Die deutschen Kaiser und Könige in Bildern ihrer Zeit Abb. ro8 a, b, c, 109. 3 Evangeliar aus der Regensburger Schule in der Bibliothek des Domkapitels zu Krakau: Schramm a.a.O. Abb. uoa. Auf einer anderen Miniatur derselben Handschrift, die Heinrich IV. mit seinen Söhnen darstellt (Schramm Abb. uob), sind die Adler auf Globen gestellt, ganz so wie die Tauben auf englischen Königssiegeln seit der Zeit Heinrichs I. ' H. Kohlhaussen, Die Reichskleinodien, Bremen-Hamburg, o.]. Taf. I 3 (links); Hermann Fillitz, Die Insignien und Kleinodien des Heiligen Römischen Reiches, Wien 1954, S. 27 und 62, Abb. 42 (rechts). 5 Seine Siegel bei 0. Posse, Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige I, Dresden 1909, Taf. 27-30; vgl. V, S. 27-29 (echte Siegel) und Seite n9f. (Fälschungen). Auf den Miniaturbildnissen des Falkenbuchs und der Exultet-Rolle von Salerno hält er ein Blütenzepter.
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inhaberin gebührten (Abb. 8I) 1 • Daß das Siegel in diesem Detail keine individuelle Neuerung der Königinwitwe darstellt, sondern nur eine am damaligen Kaiserhofe übliche Art der Throndekoration widerspiegelt, wird die Schachfigur zeigen, die aus einer Privatsammlung der Basler Kunsthistoriker I. Dörig hoffentlich bald veröffentlichen wird. Die Anbringung von Adlern auf die Rücklehne des Thronstuhls selbst - und nicht nach spätrömisch-byzantinischer Art auf dem Baldachin - geht sicher auf islamische Anregungen zurück. Auf Keramiken von Rhages aus dem I 3. Jahrhundert erscheinen genau an derselben Stelle des Thrones sehr oft Falken, als Totem- und Wappentiere der türkischen Machthaber dieser Gegenden (Abb. 82) 2 • Es kann kaum fraglich sein, daß für die gleiche, im Westen erst um die Mitte des I 3. Jahrhunderts vorkommende, im späteren Mittelalter aber mehrfach nachweisbare Ausstattung von Thronen die islamischen Höfe das Vorbild lieferten. Wenn man vom Siegel der Margarete und von der erwähnten Schachfigur ausgeht, fallen zwei Eigenheiten dieser Thronvögel ins Auge, die gegen die Annahme, der Bronzeadler sei so verwandt worden, sprechen: erstens sind diese proportionell im V ergleich zum bekrönten Kopfe des Herrschers viel größer als unsere Figur; zweitens sind die Thronvögel auf den westlichen Denkmälern immer mit geschlossenen Flügeln dargestellt, und auch auf den Thronen waren sie wohlaus praktischen Gründen so geformt. So bleibt als einzige Möglichkeit nur noch übrig, in dem vergoldeten bronzenen Adler eine victrix aquila, d. h. ein kaiserliches Feldzeichen zu erblicken. Dabei ist an dem- aus der Analyse der Quellen des I2. Jahrhunderts gewonnenen - Resultat Gritzners unverändert festzuhalten: "Wir dürfen uns hiernach von den kaiserlichen Fahnen wohl die Vorstellung machen, daß sie den alten römischen Legionsadlern nicht unähnlich waren, nämlich auf einer Metallstange ein vielleicht vergoldeter, plastischer Adler, unter dem ein Fahnentuch flattert" 3 • In den Quellen der 1 Nach einem Abguß des Originals im Haus-Hof- und Staatsarchiv Wien, den mir Herr Prof. Dr. Heinrich Fichtenau freundliehst vermittelt hat. Aufnahme: Dr. Heidi Vollenweider-Zürich. 2 Archäol. Anzeiger 65-66, 1950(1, S. 346, Abb. 12; ferner A. Lane, Islamic Pottery, London 1947 Abb. 72 A. 3 Ich sehe hier von der ausführlichen Widerlegung der Ansicht des sonst so zu rühmenden Carl Erdmann (a.a.O. S. 26ff.) ab, der in der Bezeichnung victrix aquila für die Zeit vor dem Ende des 13. Jahrhunderts mit einem eigenartigen historischen Nominalismus nur einen überlieferten, topischen Namen, ohne Abbildung oder plastische Ausführung des Adlers selbst erblicken will. Da aber der Gebrauch des Adlers auf anderen Gebieten der monarchischen Repräsentation einwandfrei belegt ist (Szepter, Zeltbekrönung, Thronfigur, Schild usw. - was übrigens Erdmann selbst S. 28 anerkennt), bleibt seine- oft auch den herangezogenen Textstellen widersprechendeDeutung nur ein Beispiel dafür, daß die Fragen der Staatssymbolik mit rein philologischen Mitteln sowie ohne und sogar gegen die Denkmäler nicht zu lösen sind. Die Annahme Erdmanns (S. p), daß "im Falle der Adlerfahnen die Benennung das Primäre, nicht die bildliehe Ausstattung" gewesen wäre, wird allein schon durch die von ihm herangezogenen mittelalterlichen Prudentius-Illustrationen widerlegt. Diese illustrieren die Verse der Psychomachia (S. 644f.), in denen von den victrices aquilae die Rede ist, im Gegensatz zur spätantiken Vorlage, mit der Abbildung des Abzeichens, welches
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Schlacht bei Legnano ist wiederholt von diesem vexillum, signum imperatoris die Rede, und aus Rahewin wissen wir, daß es sich um einen Adler handelt, welcher- von Feldmusik umgeben- den Mittelpunkt des Heeres bildete 1 • Am ausführlichsten wird dieses kaiserliche Adlerfeldzeichen in der Sondergestalt beschrieben, die ihm Otto IV. anläßtich der Schlacht von Bouvines (1214) gegeben hat:
Standardum ediftcat miroque insignit honore lmperii, ut Jasces tanto i!!ustrante paratu Se dominatorem totius disputet orbis. Erigit in carro pa!um, pa!oque draconem an der Lanzenspitze einen plastischen Adlerkopf oder einen ganzen Adler zeigt; darunter flattert das Fahnentuch ohne Figur (R. Stettiner, Die illustrierten PrudentiusHandschriften, Tafelband, 1905, Taf. ror, 8; 104, rr; 123, r). Diese Feldzeichen darf man natürlich nicht mit den victrices aquilae der mittelalterlichen Kaiser identifizieren; sie zeigen jedoch, daß die Benennung sogar bei ganz apolitischen Anwendungen zwangsläufig nach bildliehet Wiedergabe drängte. Das Gegenteil vorauszusetzen heißt, dem Mittelalter abstrakte Neigungen zuzumuten, die es nicht besaß. Seine Denkweise war eben konkret: daher die Berechtigung unserer Studien. Leider besitzen wir keine mittelalterliche Abbildung der kaiserlichen Adlerfeldzeichen, und so sehe ich davon ab, den Gegenstand, dessen Krönung der bronzene Adler bildete, zu rekonstruieren. Unter den fehlenden Füßen ist jedoch entweder an einen Globus oder ein Blitzbündel, möglicherweise auch an ein Kapitell zu denken. Es sei noch vermerkt, daß es grundsätzlich möglich wäre, statt an ein Feldzeichen an ein kaiserliches Vortragszepter mit Adlerfigur zu denken. Solche spielten in der höfischen Repräsentation von Byzanz einst eine große Rolle. Beim Empfang fremder Gesandten in der Magnaura standen rechts und links vom Thron Salomos, auf dem der Kaiser saß, die sog. 'Pwp,ar-xa a-x'ljnrea (De Cerim. II, r 5, ebd. Bann S. 575, 58 5, 591, 593), welche J. ]. Reiske (ebendort Val. II, S. 667) mit Adlerszeptern identifizierte. Um solche handelte es sich vielleicht auch bei den "großen Szeptern", die man Kaiser Basileios I. bei dessen triumphalem Einzug zusammen mit Labara und anderen Zeichen vorangetragen hat (De Cerim. Appendix, ebd. Bann S. 502). Eine Fortwirkung fand der byzantinisch-höfische Gebrauch von Adlerszeptern auch im päpstlichen Zeremoniell: Pascha! II. schickte rrrr dem Kaiser Heinrich V. auf den Mons Gaudü verschiedene Zeichenträger: stauriferos, aquiliferos, lupiferos, draconarios entgegen (Petrus von Montecassino IV, cap. 37; Mon. Germ., SS. VII, S. 779). Diese aquiliferi gehören seit alters zur päpstlichen Prozession; ihre Zeichen sind wohl schon einbegriffen in die signa et banda, die der Fälscher der Konstantirrischen Schenkung dem Papste zugesichert haben wollte. Dagegen fehlt jede Erwähnung von solchen Vortragsszeptern mit plastischer Adlerfigur in bezug auf die Kaiser des Westens, denen bekanntlich entweder ein Kreuz oder die heilige Lanze vorangetragen wurde. Die einzige Abbildung eines Vortragszepters mit Adler befindet sich in der Berner Bilderhandschrift des Petrus von Ebulo auf der Miniatur, welche den Krönungszug Tankteds darstellt (vgl. oben S. ro1, Anm. r). Ein Reiter unmittelbar vor dem König hält mit beiden Händen ein großes Szepter hoch, auf dessen dreieckförmiger Bekrönung ein nach rückwärts gewandter Vogel sitzt (Cod. Bern. 120 f. 102 = ed. Siragusa Taf. VIII). Dabei muß den Betrachter stutzig machen, daß ein ebensolcher Vogel auf demselben Bilde und gleichfalls rückwärtsgewand t auch die Tiara Tankteds und auf einer anderen Miniatur (f. 125 = Siragusa Taf. XXXI) zweimal die Krone der Königin Sibylla "schmückt". Es liegt also nahe, den Vogel auf der Szepterspitze gleichfalls in diesem Sinne, d. h. als unheilverkündend es Zeichen zu deuten. Den Normannenkönig en hat man übrigens gleichfalls ein Kreuz vorangetragen. 1 Vgl. die Belege bei Gritzner a.a.O. S. 35·
Das Adlerfeldzeichen Ottos IV.- Friedrich II. und der Adler
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lmplicat, ut possit procul hinc atque inde videri Hauriat et ventos, cauda tumefactus et alis Dentibus horrescens rictusque patentis hiatu. Quem super aurata volucer lovis imminet ala, Tota superjicies cuius nitet aurea 1 • Die Drachenfigur ist dabei die persönliche Zutat Ottos IV., die er der englischen Königsfahne entlehnte, während der Adler das traditionelle Element der kaiserlichen Standarte darstellt. Dies geht schon daraus hervor, daß König Phitipp Augustus von Frankreich nach dem Sieg den beschädigten Adler ausbessern und seinem Verbündeten, Friedrich II., zuschicken ließ, damit:
Hoc sciat, ut dono fasces, Othone repulso lam nunc divino translatos munere in ipsum 2 • Dazu paßt die Angabe des Rigord über das kaiserliche vexillum, welches in medio agminis stand und dessen höchste Stelle die aquila deaurata einnahm 3 • Die Übersendung des goldenen Adlers war in Friedrichs Augen wohl das Siegel auf seinen endgültigen Sieg über den Welfen, und so ist es nur selbstverständlich, daß er dem gleichen Zeichen auch später einen entsprechenden Platz in seiner Repräsentation einräumte. An diesem erkannte man ihn bei seiner Rückkehr vom Heiligen Lande im Hafen von Brindisi (1229) 4 ; assumpta aquila manu propria leitete er im Herbst 1236 die Überquerung eines norditalienischen Flusses; "des Reichsadler sieghafte Zeichen" sahen den hehren Tag von Cortenuova (1237) 6, und Adlerfahnen flatterten auf dem Rücken des Elefanten beim Triumphzug von Cremona, der auf den großen Sieg 7 folgte. In ein solches Milieu ist wohl auch unser goldener Adler zu stellen. Dieses Feldzeichen - der Antike soweit genähert, wie das dem I 3. Jahrhundert überhaupt nur möglich war - spiegelt allein schon durch die Sprache seines kühnen und erhabenen Stils die letzte Phase des Kaisertums Friedrichs II. mit aller Treue und Unmittelbarkeit eines großen historischen Dokumentes wider. Dabei ist nicht zu verkennen, daß das Adlersymbol unter Friedrich II. und seinen Nachfolgern in Italien eine nicht unwesentliche Sinnwandlung erfahren hat. Wie bei ihm die Persönlichkeit das kaiserliche Amt überschattet und eine "jede Feier des Kaisertums, zur Feier gerade seiner Person 1
Guilelmus Brito, Phllippidos XI v. 22-30 (Mon. Germ., SS. XXVI, S. 367). Ebda. XII v. 45-46 (a.a.O. S. 384). 3 Gesta Philippi Augusti (ebd. XXVI, S. 308). Erdmann a.a.O. S. 30, Anm. I will diesen Augenzeugenberichten keinen Glauben schenken und glaubt die Zusammenstellung des Adlers mit dem Drachen auf eine Vergilstelle zurückführen zu können. Beim Adler und Drachen Ottos IV. bei Bouvines nehmen Berges und Gauert (a.a.O. S. 247) eine Kontinuität mit den bei Widukind I, cap. I I überlieferten gleichen Zeichen der alten Sachsen an. 4 Bartholomaeus de Neocastro (Muratori, Rer. Ital. Script. XII, S. u62). 5 Annales Placentini Gibellini (Mon. Germ., SS XVIII, S. 474). 6 W. von den Steinen, Staatsbriefe Kaiser Friedrichsii., Breslau 1923 Nr. 21, S. 54· 7 Salimbene (Mon. Germ., SS. XXXII, S. 94); Albert. Miliol. (ebd. XXXI, S.JI2), 2
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und die Sendung des Kaisertums überhaupt zur ganz persönlichen Sendung gerade dieses Kaisers" wurde 1 , so war auch das Zeichen des Kaisertums, der Adler, allmählich zum eigensten Symbol Friedrichs und seines Hauses geworden. Den Ton hat Petrus de Vinea in seiner Lobrede auf den Kaiser 2 angegeben: Hic est, de quo Ezechielis verba 3 provclamant : "Aquila grandis magnarum alarum, longo membrorum ductu, plena plumis et varietate multiplici".
Ernst Kantorowicz verdanken wir den Hinweis auf die apokalyptisch-allegorische Gleichsetzung des Kaisers schon durch die Zeitgenossen mit einem "Adler, dem die ganze Welt gehöre, der von Salern aufsteigend alles in wilder Flucht einherjage und dann in ein feuriges Schiff mit so gewaltigem Luftzuge hineingeblasen habe, daß die Flammen allenthalben hoch aufschlugen; da aber habe der Adler das Feuer gelöscht und ein großes, helles Licht entzündet" 4 • Die Weissagungen der tiburtinischen Sibylle über das Kommen des Antichristus wurden in den vierziger Jahren bekanntlich auf Friedrich übertragen und auch in diesen erscheint der Kaiser: qui fuit F., quem alio nomine aquilam nuncupavit (nämlich die Sibylle), ... eo quod natus est in meridie, idest in Apulea, transtulit se ad Aquilonem, idest inAlemanniam. Iterum volavit ad meridiem, ubi etiam vitam ftnivit 5 • Konrad IV. erscheint hier als ftlius aquilae, ebenso wie später in einer anderen Quelle Konradin als ftlius aquilae id est heres imperatoris6 , in dem aber zugleich Juit ibi terminatum genus aquilae 7 • Man hat auch erzählt: "Als des letzten Staufer-
königs Haupt am Boden rollte, da stieß ... in eiligem Fluge vom Himmel ein Adler herab, zog tief über den Boden dahinstreichend seine rechte Schwinge durch das Blut Konradins und schwang sich so befleckt von dem Blute der Divi pfeilschnell wieder hinauf in den Äther" 8 • Die angeführten Stellen machen ersichtlich, daß der Adler zum Sinnbild Friedrichs und des Staufischen Geblütsrechtes überhaupt wurde. Wie weitverbreitet und gemeinverständlich derartige propagandistische Allegorien in spätstaufischet Zeit waren, lehrt uns ein längst bekanntes, in seinem Sinn jedoch bisher unerklärtes Münzbild Manfreds, bei dem - eben wegen seiner Illegitimität - "die Anschauung, daß das staufisehe Geblüt schlechthin Kaiser- oder Reichsgeblüt sei" 9 , ihre äußerste Zuspitzung fand. Unter seinen tareni d'oro gibt es eine Variante, deren Avers (Abb. 83)1° auf der Brust eines mit ausgebreiteten Flügeln heraldisch dar1
Kantorowicz a.a.O. S. 99f. A. H uillard-Breholles, Vie et correspondance de Pierre de la Vigne, PariS 1864, Nr. 107, S. 427, vgl. von den Steinen, a.a.O., Nr. 50, S. 102ff. Vgl. noch Salimbene (Mon. Germ. SS. XXXII, S. 540, 544, 546). 3 cap. 4 Ebd. XVII, 3· Ergänzungsband S. 205. 5 Chronica de quibusdam gestis, im Cod. Vat. lat. 5381, entdeckt und herausgegeben von A. del Monte, La storiografia fiorentina, Appendice, im Bullettino dell' Istituto Storico Italiano per il Medioevo 62, 1950, S. 265-282. 6 Annales Placentini (Mon. Germ., SS. XVIII, S. 528). 7 Primatus Monachus (ebd. XXVI, S. 655). 8 Kantorowicz a.a.O. S. 62o und Ergbd. S. 247. 9 Ebd. Ergbd. S. 222, Anm. zu S. 523· 1 Cagiati a.a.O. S. 253, Nr. 26,26 bis; Sambon a.a.O. S. 121, Nr. 7· Unsere Abb. nach einem Exemplar im Cabinet des Medailles, Paris. 2
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Der Adler des Staufischen Geschlechts
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gestellten Adlers das bekränzte Haupt Manfreds im Profil zeigt. Das Bild steht in der normannischen und staufischen Münzikonographie ohne Beispiel da, findet dagegen in den oben angeführten Weissagungen der tiburtinischen Sibylle seine einwandfreie Erklärung. In gemeinverständlicher Sprache des Bildes drückt die Münze den Gedanken des jilius aquilae, id est haeres imperatoris aus, also denselben Grundsatz, den Manfred in der leidenschaftlichen Rhetorik des Manifestes an die Römer verkündet: Niemand kann auf das Imperium, auf den Besitz Roms Anspruch erheben, nemo, nisi maximi jilius caesaris . .. ex sanguine imperii 1• Deshalb spielt der Adler gerade in der politischen Symbolik Manfreds, der die Kaiserkrone nie erlangte, eine so große Rolle. Er ließ vor der Schlacht bei Benevent eine silberne Adlerfigur an seiner Rüstung anbringen, und als diese dann beim ersten Anspringen seines Schlachtrosses herabfiel, war sich der König des bitteren Endes bewußt: Hoc est signum Dei, soll er gesagt haben 2 • Auch nach dem Sturz der Staufer galt der Adler als Sinnbild des Geblütsrechtes der Übrigbleibenden, sowie des Anrechtes der mit ihnen verwandten aragonesischen Dynastie auf ihre einstigen Länder. Beide Anwendungen des Zeichens seien noch mit je einem Denkmal veranschaulicht. Auf Abb. 84 3 zeige ich das bisher unveröffentlichte Siegel Friedrichs, des Sohnes König Manfreds, nach einem Abguß des im Medagliere Vaticano aufbewahrten Stempels: im Siegelfeld ein heraldisch stilisierter, an die entsprechenden Münzbilder des Vaters erinnernder Adler, um diesen S' FREDERICI: FILII: DNI: MANREDI: CIL'IE: die Legende: REGIS. Zwischen 1261 und 1265 geboren, teilte Friedrich lange Jahre hindurch das harte Los der anderen Staufer in den Gefängnissen Karls von Anjou, bis ihm - wahrscheinlich 1304 - als einzigem aus seinem Geschlecht, die Flucht gelang. Das Siegel stammt wohl aus den Jahren nach der Befreiung, in denen Friedrich bis zu seinem Tode- nach 1312in Aragon, in Tirol und schließlich in Agypten "wie ein Schatten der Vergangenheit sein trauriges Dasein fristete" 4• Der Flüchtling besaß keine Krone und kein Land mehr, trotzdem führte er in seinem Siegel, als letzter männlicher Sproß des genus aquilae dessen Zeichen. Im Rijksmuseum zu Amsterdam wird ein schönes, in islamischer Technik bearbeitetes Kupfergefäß aufbewahrt, das einem sizilischen König nach 1282 angehörte. Im Inneren wünscht eine arabische Inschrift Glück und Sieg dem malik (König). Auf der Außenseite läuft ein Schriftband mit dem folgenden lateinischen, mit der Grabinschrift der Heiligen Agatha- der
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Mon. Germ., Const. II, Nr. 424, S. 560. Gritzner a.a.O. S. 114. 3 Durch eine kurze Anmerkung bei Toesca (a.a.O. I, S. II49 n. 68) aufmerksam gemacht, erhielt ich durch freundliche Vermittlung von Prof. Giulio Battelli die hier abgebildete Photographie. Da das Medagliere Vaticano damals geschlossen war, war es nicht möglich, eventuelle Provenienzangaben zu ermitteln (Durchmesser: 4,7cm). 4 E. Maschke, Das Geschlecht der Staufer, München 1943, S. 126 und die dazu gehörenden Anmerkungen. 2
V .I. Deer: Adler aus der Zeit Friedrichs II.
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Patronin Siziliens - identischen Text: Mentem sanctam habuit, spontaneam se obtulit, honorem Deo dedit et patriae liberationem fecit. Die Inschrift wird in gleichmäßigen Abständen viermal durch das - bis zur Neuzeit festgehaltene- Wappen unterbrochen, das Abb. 86 wiedergibt 1 • Es stellt eine sowohl heraldisch wie auch historisch beachtenswerte Kombination der Wappen Siziliens (links) mit denen Aragons (oben rechts: Löwen) und des staunsehen Hauses (unten rechts: Adler) 2 dar. Die rein dynastische und territoriale Bedeutung, zu der der kaiserliche Wappenvogel in Süditalien herabgesunken war, könnte kaum einleuchtender vor Augen geführt werden. 1
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Aufnahme des Museums, die ich Herrn A. M. Muntendam verdanke. G. Migeon, Manuel d'art musulman, II, 2. Aufl. 1927, S. 22f.
Schluß Kaisertum und Papsttum des hohen Mittelalters im Lichte der Herrschaftszeichen Die Bilder, Bauten und Herrschaftszeichen Kaiser Friedrichs II. Obwohl Kaiser Friedrich II. die Kunst beschützt und gefördert hat wie keiner seiner gekrönten Zeitgenossen, ist von ihm kein Wandbild, keine Buchillustration erhalten geblieben, die uns den Eindruck seiner ungewöhnlichen Persönlichkeit erweckt oder auch nur das aussagt, was uns die Sitzstatue Karls I. von Anjou im Konservatorenpalast oder die Grabplatte Rudolfs I. in Speyer vermitteln 1 • Was Friedrichs äußeres Aussehen betrifft, sind wir - wenn wir von den Wortzeugnissen hier absehen auf Münzen 2, Siegel3, Gemmen (Abb. 91) 4 und mittelbare Zeugnisse wie 1.
1 Vgl. K. F. A. Mann, Das Herrscherbild der Hohenstaufenzeit, (ungedruckte) Diss. Freie Universität Berlin 1952 (rzo S. mit 96 Abb.). Wegen der Abbildungen ist noch nützlich J. R. Dieterich, Das Porträt Kaiser Friedrichs !I. von Hohenstaufen, in Zeitschrift für bildende Kunst N. F. 14,1903, S. z46-z6z; vgl. ferner A. Juritzky, Zur Ikonographie eines Kolossalkopfes des frühen 13. Jahrhunderts, in: Belvedere XIII, 1928, S. 78-84 (Dieser Kopf hat sicherlich nichts mit Friedrich II. zu tun.) 2 S. Ricci, Gli "augustali" di Federicoii, in Studi medievali N. S. I, 1928, S. 59-73; E. Kantorowicz, Kaiser Friedrich II., Erg.-Bd., Berlin 1931, s. Exkurs: Zu den Augustalen Friedrichs II. Ich vermerke hier, daß auf Brakteaten der Abtei Kempten, der Friedrich II. eine jährliche Abgabe gegen den Verzicht auf eigene Münzprägung erlassen hatte, der Kaiser (?)mit der Krone auf dem Haupt dargestelltist, jedoch- wie ein Abt- mit der Rechten einen Krummstab und mit der Linken ein offenes Buch hält. Prof. J esse hatte die Freundlichkeit, mir das in der Münzsammlung der Universität Göttingen vorhandene Exemplar zu erläutern; vgl. die Beschreibung bei J. Cahn, Münz- und Geldgeschichte der im Großherzogtum Baden vereinigten Gebiete I, Heidelberg 19II, Nr. zoo; H. Ge bhart, Die Münzen des Stiftes Kempten, in: Mitt. d. Bayer. Num. Gesellsch. 5 r, 1933 S. r-107 (Nr. 13). Die Urkunde ist gedruckt in den Monumenta Boica XXX, r, München 1834, S. 69ff., danach bei A. Huillard-Breholles, Hist. Diplomatica Friderici secundi I, Paris 185z,S. 564f.; vgl. Böhmer-Ficker, Reg. Imp. Nr. 951. 3 Für sie ist noch immer 0. Posse maßgebend. 4 Auf die als Abb. 91 wiedergegebene, einem Siegel folgende Gemme ist Hans Wentzel mehrmals eingegangen: Zeitschrift des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft VIII, 1941, S. 76f. mit Abb. 48-50 (mit dem Siegel); Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen 64, 1943, S. 14 mit Abb. 23; Forschungen zur Kunstgeschichte und christlichen Archäologie II, Baden-Baden 1953, S. 353 mit Abb. r12; Zeitschrift für Kunstwissenschaft VIII, 1954, S. 17. Ich habe dem Verfasser für die Aufnahme zu danken. Eine weitere Gemme hat ]. Deer entdeckt.
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Schluß: Kaisertum und Papsttum des hohen Mittelalters
die Abschriften des Vogelbuches 1 und den Abguß jener Statue angewiesen, die einmal das Capuaner Triumphtor geschmückt hat 2 - vermutlich ist dieses traurige Ergebnis der Umschau jedoch nicht endgültig: neuerdings sind zwei Marmorköpfe aufgetaucht, die auf Friedrich bezogen werden 3 • Sicherlich ist vieles zugrunde gegangen oder bewußt zerstört worden, was bestimmt gewesen war, seine Züge für die Nachwelt festzuhalten, da ja das staufisehe Geschlecht Friedrich nicht lange überlebt hat. Wir können uns damit trösten, daß- selbst für den Fall, daß noch Bildnisse von größerer Zuverlässigkeit und höherem Wert hinzugerechnet werden dürfen - sie uns das, was der moderne Mensch als erstes verlangt, 1 Den Text der ersten kritischen Ausgabe hat C. A. Willemsen besorgt; vgl. daneben: Die Falkenjagd. Bilder aus dem Falkenbuch Kaiser Friedrichs II., hrsg. von C. A. Willemsen, Leipzig 1943 und Ders., Das Falkenbuch des Kaisers, in: Das Inselschiff 22, Leipzig 1941, S. 5-20 (hier eine Klärung der Überlieferungsfra ge). 2 Vgl. C. A. Willemsen, Kaiser Friedrichs II. Triumphtor zu Capua, Wiesbaden 1953. Vgl. auch Ders., Der KaiserkopfvonC apua, im Insel-Almanach, 1953, S.3-12 (mit Abb.); überholt ist dadurch: E. Langlatz, Das Porträt Friedrichs II. am Brückentor in Capua, in den Beiträgen für Georg Swarzenski, Berlin 1952, S. 45-50. 3 Eine Abbildung des in Lanuvio entdeckten und inzwischen in den Besitz des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom übergegangenen Kopfes brachte die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 23. April 1954· Der Direktor des Instituts und Entdecker des Kopfes, Professor Dr. Freiherr von Kaschnitz-Wei nberg, wird im nächsten Bande der Mitteilungen des Deutschen Archäol. Inst., Röm. Abt., eine wissenschaftliche Studie über diesen zweifellos dem 13. Jahrhundert angehörenden, aber einer Krone oder Beischrift entbehrenden Kopf bringen, der wegen seiner Verwandtschaft mit antiken Augustus-Darste llungen für Friedrich beansprucht werden kann. Im übernächsten Bande soll dann von Prof. v. Kaschnitz der zweite, von Prof. A. P randi entdeckte Kopf behandelt werden, der von einem Bauernhofe in das Museum von Barletta überführt worden ist (vgl. dessen Bericht in der Rivista dell' Istituto Nazianale d' Archeologia e Storia dell' Arte, N. S. II, 195 3). Photographien verdanke ich C. A. Willemsen. Auf dem Sockel steht die Inschrift: DIVI F .. Rl CAES (aris imago?), in der die BuchstabenFun d R nicht gesichert sind. Das Urteil über diesen Kopf wird gleichfalls bis zum Erscheinen des angekündigten Aufsatzes zurückgestellt werden müssen. Soeben geht mir ein umfassender, auf viele Aufnahmen gestützter und auch die anderenFriedrich sbilder einbeziehender Aufsatz von Adriano Prandi zu: Un documento d'arte Federiciana: Divi Friderici Caesaris Imago, in der Rivista dell'Istitu.to Nazianale d'archeologia e storia dell'arte, N. S.- A.II- 1953, Rom 1954, S. 1-42. Auf Friedrich II. hat 0. G. v. Sims o n den Bamberger Reiter bezogen (The Bamberg Rider, in der Revue of Religion IV, 1940, S. 257-281). Doch fehlt - trotz der Gleichzeitigkei t- ein Argument, das durchschlägt. In die Zeit Friedrichs II. gehört auch eine jetzt nur noch in Fragmenten vorhandene, aber durch einen alten Stich bekannte Plastik an dem für 1239 gesicherten Mainzer Westlettner: die nur mit Lendentuch bekleidete, die Gliedmaßen x-förmig ausstreckende Gestalt eines jüngeren Mannes, der um das Haupt eine Stoffbinde trägt. Sie ist von Otto Schmitt, Zur Deutung der Gewölbefigur am ehemaligen Westlettner des Mainzer Domes, in der Festschrift für Heinrich Schrohe, Mainz 1934, S. 7off. (mit Taf. 1) auf den bei der Salbung seine Gewänder ablegenden und sich vorher in cruce niederwerfenden König bezogen worden. Diese Deutung hat Frl. Dr. Do berer, Ein Denkmal der Königssalbung. Die symbolische Bedeutung der Gewölbefigur im ehemaligen Westlettner des Mainzer Domes, in den Forschungen zur Kunstgeschichte und Christlichen Archäologie II, Baden-Baden 1953, S. 321-340 genauer begründet und ausgebaut. Es versteht sich, daß der Künstler dieser Gestalt nicht die Züge irgendeines Lebenden gegeben hat.
Bilder und Bauten Friedrichs II.
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nämlich die Porträtähnlichkeit, nur in begrenztem Maße bieten würden. Denn wie uns die Analyse der Kronen gezeigt hat, stehen in Friedrichs Zeit die Tendenzen der Erhöhung der Wirklichkeit durch Stilisierung und die ihrer buchstabengetreuen Wiedergabe in einem Kampfe, dessen Ausgang noch nicht eindeutig feststand. Das Kaiserbild, d. h. das Bild, dessen Wesen nach Stilisierung verlangte, war sicherlich das letzte, das der neuen Zeittendenz entgegenkam, die Natur abzuzeichnen oder- wie Friedrich selbst das im Hinblick auf die Vogelwelt ausgedrückt hat: manifestare ... ea, quae sunt, sicut sunfl. Wie Friedrich sich seiner Würde entsprechend "porträtiert" zu sehen wünschte, können wir an einer Stelle noch ahnen, nämlich vor den Resten des Capuaner Triumphtores, das auf sein Geheiß an der Stelle entstand, wo sich die beiden von Norden führenden Straßen trafen und der Reisende das Königreich Sizilien betrat. Daß dieses Tor nicht nur durch eine im Laufe der Jahrhunderte mißhandelte, jetzt nur noch ohne Kopfund Hände erhaltene, an allen Kanten abgestoßene Sitzstatuette verziert war, sondern als Ganzes ein Bild des Kaisers im mittelalterlichen Sinne darstellte, ließ sich bereits ahnen. Aber es mußten erst wieder die Fragmente des plastischen Schmuckes von den ihren Charakter verfälschenden Ausbesserungen in Gips befreit werden; es mußte erst ein Forscher kommen, der von der Aufgabe, aus den Trümmern und Fragmenten den ursprünglichen Zustand zu erschließen, besessen war, um aus der Ahnung Gewißheit zu machen. Aus den Feststellungen, die CarlA. Willemsen auf Grund eingehender Untersuchungen an Ort und Stelle gemacht hat 2, gehört das Folgende in unseren Zusammenhang: Das Tor, dessen Entstehung in den Jahren 1234 bis 1239 gut gesichert ist, 3 wird von den Zeitgenossen castrum und turres genannt, ist aber weder das eine noch das andere. Denn wenn es auch einen wichtigen Flußübergang durch zwei wuchtige Türme sicherte, so ist durch reichen Schmuck die sie verbindende Wand das Entscheidende geworden. Auch sie sichert wohl den durch sie hindurchführenden Torgang; aber bei ihr ist der fortifikatorische Gedanke ganz der Absicht untergeordnet, den Herankommenden zu beeindrucken und durch seine plastische Zier auf die Größe und Würde des hinter diesem Tor regierenden Herrschers hinzuweisen. Willemsen spricht deshalb mit Recht von einem Triumphtor. Denn in der Grundkonzeption, an der Friedrich nachweislich Anteil hatte, steckt ein antikes Element. Man darf darüber jedoch nicht übersehen, was das Mittelalter zu diesem Triumphtor beigetragen hat. Das zeigt sich vor allem an dem, was einst an der Wand zwischen den Türmen zu sehen war und mit Hilfe der Fragmente, alter Skizzen und gelegentlichen Bemerkungen von Augenzeugen einigermaßen verläßlich, wenn auch manche Fragen offenlassend, rekonstruiert werden kann. 1
Zitiert bei Willemsen a.a.O. (1953) Anm. 150. 2 Vgl. das oben zitierte Buch. Ebd. S. 7: Richard von SanGermano berichtet zu 1234 von einemBesuchFriedrichs in Capua, bei dem er den Bau eines Kastells befahl, quod ipse manu propria consignavit (Muratori, Rer. Ital. Script., Nova Ser. VII, 1938, S. r88). Ebd. über die Bedeutung von consignavit. 3
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Schluß: Kaisertum und Papsttum des hohen Mittelalters
Fig. 4: Das Triumphtor in Capua, I234 -- 39 errichtet nach den Weisungen Friedrichs des II., nach der Rekonstruktion von Carl A. Willensen.
Das Capuaner Brückentor
Den Mittelpunkt bildete die auf einer Thronbank sitzende, im Typ dem herkömmlichen Königs- und Kaisersiegel entsprechende Statue des Kaisers, die wir bereits als Zeugnis im Abschnitt über die Krakauer Kronen und in dem über Friedrichs untergegangenen Thron herangezogen haben. Ihr Haupt war mit einem Reif geschmückt; ob sie aber in den Händen wie üblich Szepter und Reichsapfel trug, ist unsicher. Eine um 1500 angefertigte Skizze gibt sie wieder, auf einer etwas jüngeren fehlen sie, und nach einem Zeitgenossen Friedrichs waren die Arme "vorgestreckt, zwei Finger der einen Hand wie zur Mahnung erhoben 1 ". War dies der Fall, handelte es sich um eine uralte Herrschergeste. Unter der Kaiserstatue war in einem Rund ein überlebensgroßer Frauenkopf angebracht, der erhalten blieb. Es handelt sich aller Wahrscheinlichkeit nach um die Personifikation der iustitia Caesaris (Augusti, imperialis), von der in Friedrichs Staatsschreiben oft die Rede ist. Sie ist als Sprechetin der Verse zu denken, die als Inschrift in dem sie umgebenden Kreise angebracht waren: "Auf des Caesars Geheiß bin ich des Königreichs Wächter! Stürzen werd ich in Schmach, die ich veränderlich weiß 2 ." Die Handgeste des Kaisers ließe sich auf das der Justitia vom Caesar gegebene Geheiß beziehen. Die beiden männlichen Köpfe, die in etwas kleineren runden Nischen schräg rechts und links unter dem Frauenkopf angebracht waren und gleichfalls erhalten sind, hat eine späte Zeit auf die führenden Männer am Hofe Friedrichs II. bezogen, indem sie von der falschen Voraussetzung ausging, daß hier die Wirklichkeit - ea, quae sunt- abgebildet sei. Vertrauen verdient dagegen die im 16. Jahrhundert bezeugte Auslegung, daß es sich hier allgemein um die "Bildnisse zweier Richter" handele: sie setzen also das in Richtspruch um, was die Justitia auf des Caesars Geheiß als Recht erkannt hat. In den Mund sind ihnen die sie umgebenden Verse gelegt: "Sicher schreite hindurch, wer fehllos zu leben gewillt ist, Aber der Untreue fürcht' Bann und im Kerker den Tod." Zwei weitere Gestalten flankierten den Kaiser, und in Nischen in den Arkaden über dem Kaiser standen noch mehr Figuren. Doch sind weder sie noch Inschriften erhalten, die es möglich machten, irgend etwas über ihre Bedeutung auszusagen. Denn nach dem Charakter der ganzen Wand werden wir vorauszusetzen haben, daß es sich auch bei ihnen um Personifikationen handelte- Willemsen denkt an zu Friedrichs Justitia-Auffassung gehörende Begriffe: ratio, provisio, necessitas, Iex oder an die Eigenschaften, die nach mittelalterlicher Anschauung den Gesetzgeber lenken sollen, also sapientia, clementia, prudentia, pietas. 1
Andreas von Ungarn zu u66 (Mon. Germ., SS. XXVI, S. 571, danach Willemsen a.a.O. S. 5, s. auch S. 36). 2 Überliefert von Andreas von Ungarn a.a.O. und auf einer der Skizzen (Abb. 104). 9 71oz Abt. Phi!. Hist. KI., 3· F., Nr. 36 Schramm
Schluß: Kaisertum und Papsttum des hohen Mittelalters
Daß hier eine Lücke in unserem Wissen nicht geschlossen werden kann, bedeutet, daß wir Friedrich II. nur ungefähr so zu sehen vermögen, wie er gesehen werden wollte 1 • Denn für ihn gehörten diese Beifiguren sicherlich genau so zu seinem Bild wie für den modernen Betrachter eines Porträts die individuellen Eigentümlichkeiten der Gesichtszüge. In bezug auf den Menschen bestanden für Friedrich und seine Zeit ea, quae sunt, die wiederzugeben sich lohnte, nicht in Runzeln, wie sie erst der Meister berücksichtigte, der Rudolfs I. Grabplatte herstellte, sondern in den Eigenschaften der Seele. Deshalb beschränkt sich sein Bildnis nicht auf die Statue in der Mittelnische, sondern es umfaßt die ganze Wand, auf der die Einzelfiguren das "wahre" Bild des Kaisers zusammensetzten wie Buchstaben ein Wort. Die Tradition dieser Bildersprache, die mit Hilfe von Personifikationen die künstlerische Wiedergabe eines Menschen zu vertiefen sucht, stammt aus der Antike und ist von den Byzantinern festgehalten worden 2 • Aber auch schon im Zusammenhang mit Darstellungen der Karolinger begegnen solche Personifikationen der Tugenden, und besonders reich ausgestaltet ist eine den Kaiser Heinrich II. darstellende Miniatur in einem Codex, der in Friedrichs Zeit in Monte Cassino- also nicht allzuweit von Capua entfernt - verwahrt wurde. Es zeigt ihn - thronend über Gesetz und Recht, eingerahmt von Gerechtigkeit, Frömmigkeit, Weisheit und Klugheit - , wie er über den - zum Tode verurteilten, dann aber begnadigten, auf dem Bild als tyrannus gekennzeichneten - Herzog Pandulf IV. von Capua zu Gericht sitzt und dabei Milde walten läßt 3 • Aber auch in der sizilischen Tradition findet sich der Grundgedanke des Capuaner Tores vorbereitet. Petrus de Ebulo hatte Heinrich VI., Friedrichs Vater, auf dem Thron der Weisheit thronend, dargestellt, umgeben von Trabanten und Personifikationen 4 • Das Neue in dem von Friedrich inspirierten Bau besteht also nur in der Größe. Nicht auf einer Buchseite, sondern auf einer riesigen Wand ließ er sich darstellen - darstellen als den Gerechten, aber nicht als den Frommen. Von seinen Vorfahren stammten die riesigen Kaiserdome insofern ist die Fassade von Capua noch mittelalterlich und nicht mehr 1 Da Willemsen a.a.O. S. 6Iff. der Bedeutung des Tors für Friedrichs Staatsauffassung nachgegangen ist, brauche ich dabei nicht zu verweilen. 2 P. E. Schramm, Das Herrscherbild in der Kunst des frühen Mittelalters, in den Vorträgen der Bibl. Warburg 1922 (3, I. Teil, Leipzig 1924, S. 239 s. v.: Tugenden; E. H. Kantorowicz, .I:vyf}rwvoc;, im American Journal of Archaeology 57, 195 3. S. 68f. 3 Jetzt Cod. Vat. Ottob.lat. 74 f. 19p; vgl. P. E. Schramm, Die deutschen Kaiser und Könige in Bildern ihrer Zeit, Leipzig 1929 (wo weitere Belege zu finden sind), S. II2f. mit Abb. 86; jetzt präzisiert durch H. Bloch, Monte Cassino, Byzantium, and the West in the Earlier Middle Ages, in den Dumbarton Oaks Papers no. 3, Harvard Univ. Press 1946, S. 177-187, der den Wandetweg der Handschrift klärte und aufdeckte, daß mit dem Tyrannen Pandulf gemeint ist. 4 Vgl. die Ausgabe von E. Rota (1904) und G. Siragusa (1905-o6); dazu K. F. A. Mann, Das Herrscherbild der Hohenstaufenzeit, (ungedruckte) Diss. der Freien Univ. Berlin, 22. Dez. 1952, S. 57ff. mit Abb. 51-52.
Friedrichs Brückentor und sein Ornat
mittelalterlich zugleich, reiht sie sich ein in die Kaisertradition und zerreißt sie gleichzeitig. Wie man die Augen auch einstellt, das Tor hat immer zwei Gesichter: es ist mittelalterlich und nicht mittelalterlich, nämlich noch antik oder schon neuzeitlich; es ist sowohl ein steinernes Mal der Macht, also im weiteren Sinne des Wortes ein "Herrschaft szeichen" Friedrichs II., als auch sein "Bild", dieses Wort im mittelalterlichen Sinne genommen, also in dem des Wiedergebens alles dessen, was den Kaiser mehr als die vergänglichen Eigenschaften des Leibes auszeichnete, nämlich die Eigenschaften des Geistes und der Seele, die er sich zugesprochen wissen wollte. Wir versagen uns der verlockenden Aufgabe, auch noch die anderen Bauten Friedrichs, vor allem das wie eine Krone auf die Berghöhe gesetzte, jeglichen kirchlichen Zuges entbehrende Castel del Monte, unter dem Gesichtswinkel zu mustern, inwieweit auch sie in dem von uns festgelegten Sinne noch als "Zeichen" und "Bilder" des Kaisers angesprochen werden können, und wenden uns gleich seinen eigentlichen Herrschaftszeichen zu. Bevor wir uns F riedrichs Kronen zuwenden, mustern wir seinen 0 r n a t. Auf Grund der technischen und stilistischen Feststellungen J osef Deers haben sich als Teile des zu der (1.) Krone von Palermo gehörenden apparatus1 folgende Stücke in der Wiener Schatzkammer erwiesen: 2. das Zeremonien schwert, 3. die Handschuhe , 4· wahrscheinlich auch die Schuhe. Bereits aus dem Besitz der Normannen könige stammen von den dort verwahrten Gewändern 5· der Mantel (1133/34), 6. die Albe (n81), 7· die roten, stiefelförmigen Strümpfe (wohl aus der Zeit Wilhelms II.). Kein Zweifel, daß Friedrich II. auch aus dem staunsehen Erbe viele Ornatstücke zugefallen sind; doch hat sich von ihnen nichts erhalten. Um zu ermitteln, was in Friedrichs II. Zeit alles zum Kaiserornat gehörte, stehen uns drei Zeugnisse zur Verfügung. Der von 1209 an für die Kaiserkrönu ng benutzte Ordo ist in bezug auf den apparatus leider nur knapp. Wir müssen uns deshalb an den voraufgehenden Ordo halten, den Ordo Cencius II, der dem 12. Jahrhundert angehört, bei dem aber noch nicht entschieden ist, ob er an dessen Ende oder bereits in der Mitte entstanden ist. Er stammt aus dem päpstlichen Lager und hat nie Verwendun g gefunden, bleibt aber gerade deshalb aufschlußreich, weil er die kirchliche Auffassung festgehalten hat 2 • Diesem 1 Daß dieser aus der liturgischen Sprache übernommene Ausdruck auf den Kaiserornat angewandt wurde, wird in Bd. II des angekündigte n Buches gezeigt werden. 2 Über ihn haben E. Eichmann, H.-W. Klewitz und ich gehandelt; jeder von uns kam zu einer anderen Datierung. Die Klärung aller mit dem Ordo verknüpften Fragen haben wir von R. Elze zu erwarten (Schriften der Mon. Germ. Bist. XIV); vgl. vorläufig Ders. in der Zeitschr. f. Rechtsgesch. 71, Kanon. Abt., 1954, S. 213f. in seiner Miszelle: Die Herrscherlaud es des Ma.s.
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Schluß: Kaisertum und Papsttum des hohen Mittelalters
Text zufolge wird der Kaiser zunächst bekleidet mit (in Klammern die Nummern der voraufgehende n Liste): Amikt, (6.) Albe, Gürtel, 3· Tunika, 4· Dalmatika, 5. 6. (5.) Pluviale, Mitra, 7· 8. (7.) Strümpfe (caligae), 9· (4.) Sandalen. Dann empfängt er: den Ring, IO. I I. (2.) das Schwert, 12. (1.) die Krone, das Szepter, I 3. nach der Feier noch Sporen. I4. I.
2.
Der (I 5.) Reichsapfel, der in dieser Aufzählung fehlt, drohte bekanntlich bei der Krönung Heinrichs VI. die Fortführung der Feier zu gefährden, da der Kaiser ihn nicht aus der Hand des Papstes entgegennehm en wollte. Ferner sind hier nicht die kaiserlichen Handschuhe (s. oben Nr. 3) berücksichtigt. In dieser Liste findet sich eine Reihe von Gewandstücken, die der Kaiser nur bei seiner Krönung trug. Welche Ornatteile am Anfang des I3. Jahrhunderts als nicht zu entbehren angesehen wurden, ergibt sich aus einer Aufzeichnung über das Testament und den Tod Ottos IV., in der aufgezählt wird, womit dieser nach seinem Tode geschmückt sein wollte (in Klammern die Nummern nach dem Ordo):
(u.) Krone, (I3.) Szepter (in der rechten Hand), 3· (I 5.) Reichsapfel (in der linken Hand), 4· (I 1.) Schwert (an der rechten Seite), 5· (2.) Untergewand (superhumeralis alba), 6. (5 .) Mantel (regale pallium), 7· (8.) Samtstiefel (caligae de samito), 8. (9.) Sandalen (sandalia in pedito), 9· (I4.) vergoldete Sporen, Handschuhe, Io. Fingerring, 14·) I 1. ( Armspangen (armillae in brachiis) 1 • I z. 1.
2.
1 Vetus narratio de testamento et morte Ottonis IV. imperatoris, gedruckt bei E. M arten e, Thesaurus novus anecdotorum III, Paris 17 17, S. 1 37 3 ; danach Origines Guelficae, ed. C. L. Scheid, III, Hannover 175 2, S. 843: Ordinavit, ut corona, quam
Friedrichs II. Ornat
Hier fehlen Gürtel und Mitra, auf die wir gleich in einem weiteren V erzeichnis stoßen werden. Dagegen finden wir außer den Kaiserhandschuhen die armil!ae, von denen noch im I8. Jahrhundert im Kaiserschatz ein aus der zweiten Hälfte des I 2. Jahrhunderts stammendes Paar vorhanden war. In dem- nur in einer Übersetzung des I8. Jahrhunderts erhaltenenInventar des I 246 auf dem Trifels geborgenen Reichsschatzes 1 werden genannt (in Klammern die Nummern des Otto-Ornats): die r. (r.) Krone, 2. (4.) Schwerter, 3· (3.) ein Goldapfel, 4· (6.) ein Mantel mit edlen Steinen, 5. (9.) goldene Sporen, 6. (5 .) eine weiße, mit Steinen verzierte Albe aus Samt, 7· (10.) Handschuhe mit edlen Steinen, 8. Samtrock und Scharlachhosen, 9· (8.) vergoldete Schuhe, IO. Seidengürtel und I I. Leinenhemd. In einer Lücke werden die (u.) Armspangen erwähnt gewesen sein. Es fehlen also nur die stiefelförmigen Strümpfe, obwohl sie zum Wiener Schatz gehören, das Szepter, das auch der Ordo Cencius II voraussetzt, von dem aber kein Exemplar aus staufiseher oder noch älterer Zeit erhalten geblieben ist, sowie der Ring. Daß dieser nicht angeführt ist, bedeutet keine Überraschung; denn der einzige Kaiserring, der sich erhalten hat, stammt aus dem Besitz Heinrichs IV. und gehörte laut Inschrift ursprünglich einem Bischof. Auch sonst werden sich die Kaiserringe höchstens durch ihre Kostbarkeit von anderen Ringen unterschieden haben, und von Ringen solcher Art besaß Friedrich II. - wie sich aus den Genueser Notariatsakten ergibt- unzählige. Friedrichs Regierung bedeutet in der Geschichte der deutschen Herrschaftszeichen insofern einen Einschnitt, als er dem Kaiserschatz aus Sizilien neue, durch ihren Stil fremdartig anmutende Ornatteile zuführte-, aber vermutlich war ein Teil von ihnen bereits durch Heinrich VI. dem kaiserlichen apparatus angegliedert worden. In bezugauf dessen Teilstücke ist in seiner Zeit jedoch keine Veränderung zu beobachten: weder läßt sich feststellen, daß unter ihm irgendein Stück des Ornats fallen gelassen, noch daß ein neues hinzugefügt wurde. Der Kaiserornat ist also nur insofern "Bild" Friedrichs, als die von ihm stammenden Teile mit Perlen geradezu bedeckt sind und dadurch Zeugnis von seiner übermäßigen Lust an Prunk Zeugnis ablegen. In diesem Zusammenhang ist noch einmal an das untergegangene faldistorium zu erinnern, für das ja laut der Inventare das gleiche gilt, das darüber hinaus aber noch durch die an ihm angebrachten Bilder von Königen und Königinnen ein Dokument für Friedrichs dynastischen Sinn gebildet haben muß. morti suae praeparaverat, redimeretur pro X X X marchis, ut eo mortuo super caput eius ponetur et indueretur superhumerali, abbas (lege: alba) subtili et regali pallio et ca!igis de samito et sandalibus in pedito et calcaribus deauratis, et sceptrum poneretur ei in dextra manu et pomum in sinislra et gladius iusta dextram, chirotecae in manibus, annulus in digito, armi!lae in brachiis. 1
Böhmer-Ficker, Regesta Imperii V,
2,
Innsbruck
Nr. 4515; Druck bei Paris r86r, S. 878.
1882,
J.-L.-A. Huillard-Breholles, Hist. Dipl. Friderici II., VI,
2,
Erhaltene Kronen der Staufer
135
z. den von ihm gestifteten Doppelbügel in Stockholm, der der deutschen Tradition entsprach und zweifelsohne einen Reif besaß, der im wesentlichen dem auf dem Reliquiar erhaltenen geglichen hat, 3· den Stockholmet Reif, der vermutlich für eine Herrseherin bestimmt war, aber wohl nie benutzt wurde und seiner Form nach gleichfalls durch die deutsche Tradition bestimmt ist; ferner vier Reifenkronen, die ein Vorbild des Ostens in den abendländischen Stil übersetzen, 4· die "reichere" Krone auf dem Krakauer Kreuz, die durch ihren Umfang und die auf ihr angebrachten Kampf- und Jagdszenen als Männerkrone ausgewiesen ist, 5. die zweite Krone auf diesem Kreuz von geringerem Umfang, also für eine Frau bestimmt, ausgezeichnet durch Adler, die anscheinend jedes der zwölf Glieder zierten, 6. die 16o1 durch eine Replik ersetzte, aber noch die alten Steine und deren Fassungen bewahrende Krone in Plock, die wohl als Männerkrone anzusprechen ist. 7. die verloren gegangene, aber durch eine Photographie bekannte Krone der Königin Beatrix von Kastilien (1219-35), der Tochter König Philipps, im Domschatz von Sevilla. Die zuletzt genannten vier Kronen gehören auch dadurch zusammen, daß sie jeglichen kirchlich beeinflußten Schmuckes entbehren, insofern wie Wiedergaben des Castel del Monte im kleinen anmuten. Die Kronen 4, 5 und 7 haben das gemeinsam, das jedes zweite Glied mit einem stark stilisierten Adler geschmückt ist, dem "Zeichen" des Reiches, das in spätstaufischet Zeit zum "Zeichen" des Staufischen Geschlechts, zu dessen "Wappenfigur" wurde. Er schmückt daher nicht nur die Krone der an einen ausländischen König verheirateten Tochter des genus aquilae, sondern auch die Fürstenkappe, die Manfred, ein nicht-vollbürtiger Sproß des Geschlechts, in der Zeit vor seiner Thronbesteigung trug 1 • Wir haben hinzunehmen, was wir sonst noch von den Kronen des letzten Stauferkaisers wissen 2 • Hervorzuheben sind hier drei: 1 Vgl. das Widmungsbild der Manfredbibel (Cod. Vat. lat. 36 f. 522 v); Titelbild bei A. Graf zu Erbach-Fürstenau, Die Manfredbibel, Lpz. 1910 (Kunstgeschichtl. Forsch., hrsg. vom Kgl. Preuß. Hist. Inst. in Rom I), dazu S. 36ff.Auch der Teppich unter Manfreds Sitz ist mit Adlern geziert (S. 45 weitere Belege für Adler in Manfreds Zeit). 2 Aus dem Jahre 1225 ist bekannt, daß Friedrich den Venezianer Marino Nadal beauftragt hatte, ihm eine zogia (cf. gioja = Kleinod) zu machen; denn sein Bruder Vitale verpflichtete sich, nach der Rückkehr aus Apulien entweder eine Quittung des Kaisers, daß dieser keine Forderung mehr erhöbe, vorzulegen oder 350 Librae zu zahlen, falls der Kaiser Venedig Schwierigkeiten machte, vgl. das Regest im Liber communis detto anche Plegiorum. Regesti diR. Predelli, Venedig 1872 (Archivio Veneto II) S. 86f., der zogia als corona auffaßt, was mir nicht unbedingt gesagt scheint; wie Predelli auch M. Chone, Die Handelsbeziehungen Kaiser Friedrichs II. zu den Seestädten Venedig, Pisa, Genua, Berlin 1902 (Histor. Studien 32), S. ;6.
Schluß: Kaisertum und Papsttum des hohen Mittelalters
Zunächst die Wiener Plattenkrone l, die sich von Herrscher zu Herrscher weitervererbt hatte, also auch einmal Friedrich II. gehört haben muß und dann wieder im BesitzRudolfs I. nachzuweisen ist 2 • Mit ihr wird die Krone gemeint sein, die das 1246 aufgesetzte Inventar der auf dem Trifels verwahrten Reichskleinodien aufführt als die gulden crone mit dem gulden cruce 3 • Ferner wissen wir von einer Krone, die 1248 den Parmesen in die Hand fiel, als sie während der Belagerung ihrer Stadt Friedrichs II. Lager einnehmen konnten. Aus der Beschreibung Salimbenes 4, der sie in 1 Eine Plattenkrone trägt Konstantirr der Große auf dem Mosaik in SS. Quatro Coronati in Rom (Abb. z.B. bei]. Braun, Die liturgische Gewandung, Freiburg i.B. 1907, Abb. r 32); aber ihr fehlen Kreuz und Bügel, sie erklärt sich also durch die byzantinische Tradition. 2 Das erste sichere Bildzeugnis für die Wiener Krone aus dem hohen Mittelalter ist m. W. die Grabplatte Rudolfs von Habsburg in Speyer, die zwar stark renoviert, aber in ihrem ursprünglichen Aussehen gesichert ist. Denn es gibt von ihr eine Zeichnung des 19. Jahrhunderts von Johann Ruland, die den beschädigten Zustand festgehalten hat, sowie eine den Oberteil wiedergebende Gedenkmünze anläßlich der Wiederauffindung der Platte im Jahre r8r5 (abgebildet bei Dr. Grete Tiemann, Die Grabplatte Rudolfs von H. in der Krypta zu Speyer, im Pfälzischen Museum 44, 1927, S. 99-102; ebd. S. ro3f.: J. Wolf, Zur Ikonographie des Grabmals Rudolfs von H.). Beide Zeugnisse bestätigen, daß die Krone im heutigen Zustand dem ursprünglichen entspricht. Ihnen widerspricht allerdings die auf Befehl Maximilians I. hergestellte Kopie auf Leinwand in den Kunsthistorische n Sammlungen der Stadt Wien (Abb. ebd. und Propyläen-Weltge sch. IV, Berlin 1932, S. 407); denn hier sitzen auf den Spitzen des Randes noch lilienartige Ornamente. Doch ist die Kopie in dieser Einzelheit ungenau, wie die Nichtberücksicht igung der einzelnen Platten zeigt. Die Grabfigur gibt nämlich den Wechsel von größeren und kleineren Platten- der Wiener Krone genau entsprechend - wieder und deutet auch deren Steinschmuck an. Der Bügel scheint nie wiedergegeben gewesen zu sein - vermutlich, weil der Stein das nicht zuließ. Das neue Bildzeugnis, das A. Lhotsky, Zur Geschichte des Grabmals König Rudolfs I., in: Festschrift E. E. Stengel, Münster-Köln 1952, S. 425-427 beigebracht hat, eine flüchtige Federzeichnung aus dem Anfang des r6. Jahrhunderts, deutet eine Krone ohne Lilien und auch ohne Bügel an. Natürlich besaßen auch die Habsburger mehr als eine Krone. Um eine Krone Albrechts I. oder Friedrichs des Schönen muß es sich bei der goldenen Krone, der sind fünf stuk, handeln, die der Herzog Albrecht II., Albrechts jüngerer Sohn und Bruder Friedrichs, zusammen mit einem goldenen Adler, der einen Cameo (gamahn) auf dem Haupte trug, und anderen Wertobjekten 1354 in Basel als Pfand setzte; vgl. A. Lhotsky, Die Geschichte der Sammlungen I, Wien 1941-45 (Festschrift des Kunsthistor. Museums II), S. 2r. Es handelte sich, wie der Ausdruck fünf stuk zeigt, um eine auseinandernehmbar e Krone, wie das in dieser Zeit das übliche ist. 3 Hist. dipl. Friderici II., ed. J.-L.-A. Huillard-Breh olles, VI, 2, Paris r86r, S. 878 (Böhmer-Ficke r, Reg. Imp. V, 2, Innsbruck r882, Nr. 4515). 4 Mon Germ., SS. 32, S. 203: Item Parmenses abstu!erunt imperatori totum thesaurum ... et coronam imperii, que erat magni ponderis et va!oris, et tota erat ex auro et !apidibus pretiosis intexta, mu!tas habens ymagines fabrefactas et e!evatas, ut ce!aturas putares. Grandis erat sicut una o!!a; nam magis erat pro dignitate et thesauro quam pro capitis ornamento. Totum enim caput cum facie occu!tasset, nisi remedio a!icuius pecie sub!evata stetisset. Hanc habui in manibus meis, quia in sacristia maioris ecc!esie be12te Virginis servabatur in civitate Parmensi. Dem Bürger, der die Krone erbeutet hatte, kaufte die Stadt sie ab für 200 kais. Pfund und ein Haus; vgl. auch S. 343, wo Salimbene noch einmal vermerkt, daß er die Krone in Händen gehabt habe, und die Annales Parmenses maiores (ebd. S. 675). Auch
Friedrichs II. Kronen
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Händen gehalten hat, geht hervor, daß sie - wie die Krone in Palermo (oben Nr. I) - wiederum die Form eines Kamelaukion besaß; denn er vergleicht sie mit einem Topf und setzt hinzu, sie sei so groß gewesen, daß sie - ohne "Hilfsmittel" aufgesetzt - den ganzen Kopf mit dem Gesicht verdunkelt hätte; das wäre auch bei dem Kamelaukion in Palermo ohne die noch erhaltene Fütterung der Fall. Von diesem unterschied sich das Beutestück jedoch durch plastisch gearbeitete Figuren, die es schmückten. Handelt~ es sich um Christus und Heilige, die sich auf Kronen von byzantinischem Typ finden? Um Personifikationen, wie sie die Kaiserstatue am Capuaner Triumphtor umgeben? Oder um rein weltliche Szenen, wie wir sie auf dem einen der Krakauer Reifen fanden? Drittens ist hier eine "Krone von Gold" aus F riedrichs, dann Konrads IV. Besitz zu verzeichnen, von der wir erfahren, weil der König von England sie 12 55 für seinen als König von Sizilien ausersehenen Sohn Edmund kaufte 1 • Genaueres wissen wir über eine der Kronen, die Friedrichs Gemahlinnen einmal gehört haben: Zur Brautausstattung Isabellas von England gehörte I 2 35 eine goldene, mit Steinen besetzte Krone, an der vier heilige englische Könige- in Email oder Relief- abgebildet waren; ihrem Schutze hatte Thomas Tuscus, Gesta imp. et pont. (ebd. 22, S. 5I5) erwähnt die corona aurea Vgl. dazu Kantorowicz a.a.O. S. 6oo und Erg.-Bd. S. 243, der aus Salimbene schließt, daß es sich um eine über Friedrichs Haupt aufgehängte Krone gehandelt habe - eine Annahme, die sich nach dem Gesagten erübrigt. Die Krone wurde I 3I I Heinrich VII. ausgehändigt; doch ergeben sich dadurch keine neuen Anhalte für ihr Aussehen, vgl. Mon. hist. ad provincias Farmensem et Placentinam pertinentia III, 2, Parma I857, S. 323ff., 355ff., 4ooff. Ob dieser Akt schließlich doch nicht durchgeführt oder wieder rückgängig gemacht wurde, ist unklar; denn Giovanni Villani Ct I348) berichtet im Anschluß an die Eroberung der Krone des Kaisers: Ia quale i Parmigiani hanno ancora ne/Ja sagrestia del /oro vescovado (VI c. 32; ed. Fr. Gherardi Dragomanni I. Florenz I844, S. 257). 1 Die Urkunde über den am I4. April I255 durch Peter d' Aigueblanche, Bischof von Hereford, in Neapel zum Abschluß gebrachten Kauf bei W. W. Capes, Charters and Records of Hereford Cathedral I9o8, S. Io8f. (danach angeführt von A. Wachtel, Die sizilische Thronkandidatur des Prinzen Edmund von England, in Deutsches Archiv IV, I94I, S. 98-I78, bes. S. I7I f.): ... in presencia ... Octaviani ... diaconis cardinalis, aposto-
gemmis pretiosis ornata, nennt aber als Kaufpreis Iooo kais. Pfund. -
lice sedis legati, necnon et mei Noclecii scriniarii et testium subscriptorum ... vendiderunt de domini pape mandato reverendo domino patri Petro ... episcopo Herefordensi, nuncio et procuratori domini Henrici Dei gratia regis Ang!ie i//ustris et filiorum suorum, dictarum domini regis et filiorum suorum nomine recipienti il/a iocalia, que fuerunt Frederici quondam Romani imperatoris et regis Gorradi fi/ii sui, vide/icet, quandam coronam de auro, buccu/as et anulos de auro et res alias cum gemmis et lapidibus preciosis, que habuerunt obligata pro ipsorum diversis debitis, in quibus dicti dominus Fredericus et rex Corradus ipsis tenebantur, pro decem mi/ibus uncias auri nominati mercatores ... Super predictis vero iocalibus quilibet ipsorum promiserunt stare estimacioni quorundam proborum virorum communiter e!ectorum congruencium de ipsis, et in civitate Senensi debet fieri predicta estimacio, ubi predicta ioca!ia ipsi domino episcopo dari debent et assignari. Si vero dicta ioca/ia estimabantur minus valere quam diele decem mi!!e uncie auri, totum i/lud quod minus estimabuntur, tantum promiserunt ipsi domino episcopo apud Senas de aliis bonis restituere, et si plus estimabantur, quam sit quantitas predicta, prefatus dominus episcopus ipsis mercatoribus reddere et restituere promisit in eodem loco ad voluntatem ipsorum, quicquid estimabatur ultra quantitatem predictam; vgl. auch W. Holtzmann in Deutsches Archiv,
1937, S. 576 und A. Huyskens, ebd. II, 1938, S. 426.
Schluß: Kaisertum und Papsttum des hohen Mittelalters
der englische König seine Schwester anvertraut 1 • Dieser kirchliche Schmuck bildet das genaue Gegenteil zu dem rein weltlichen der nach Polen verschlagenen Kronreifen. Von Friedrichs II. Schwiegertochter Margarethe von Österreich, die nach dem Sturz ihres Gatten, Heinrichs (VII.), im Jahre I23 5 in ein Dominikanerinnenkloster eintrat, ist bekannt, daß sie eine Krone dem Prediger Ordensbruder Hermann zugunsten der Armen aushändigte. Dieser übergab I248 coronam domine Margarete quondam regine Romanorum, quam sibi (sei!. Hermanna) commisit ad erogandum pauperibus, dem Predigerhaus in Eßlingen und den benachbarten Klöstern Weil und Sirnau (jetzt Vorstädte von Eßlingen) 2 • Eine andere Krone, die ihr gehört hatte, entdeckten wir in Krakau - auch diese Fürstin hat also mindestens zwei Kronen ihr eigen genannt; vermutlich waren es noch mehr. Damit sind wir noch nicht am Ende. Kein Zweifel kann darüber herrschen, daß der Kaiser auch einen Kronenhelm besessen hat 3 • Der Teppich von Bayeux kennt ihn noch nicht; aber er erscheint bereits auf dem Siegel König Heinrichs I. von England (I I oo-3 5) und läßt sich dann überall da nachweisen, wo statt des Thronbildes das des galoppierenden Reiters für den König benutzt wird, so z. B. in Kastilien und Leon in der zweiten Hälfte des I2. Jahrhunderts 4 • Der Kronenhelm wird also ungefähr gleichzeitig mit dem Wappen zu einer selbstverständlichen Königszier; denn jeder Herrscher beansprucht ja, der erste Ritter seines Landes zu sein, trägt daher Rüstung wie sie und bedarf, damit Freund und Feind weiß, wer er ist, solcher Kennzeichnun g seines Helmes. Friedrich II. kann hier keine Ausnahme gebildet haben. Für sich stehen die Bildzeugnisse, die Friedrich mit dem Lorbeerkranz geschmückt wiedergeben. Ob es sich bei dem schönen Fragment eines Kopfes, das I934 im Castel del Monte gefunden wurde, um ihn handelt oder nicht, ist nicht festzustellen, da ja nur der Hinterkopf mit dem Kranz erhalten ist und jeder Anhalt fehlt, wo und wie der Kopf einstmals angebracht war 5 • Aber ein sicheres Zeugnis bieten Friedrichs viel bewunderte Augustales (Abb. 87) 6 • Als ihr unmittelbares Vorbild ist eine 1 Roger de Wendever (Mon. Germ., SS. 28, S. 71): De ornatu nupcia!i imperatricis et nobi!i apparatu: ... Nam ad ipsius imperatricis dignitatem fabricata est corona opere subti!issimo ex auro purissimo et gemmis pretiosis, in qua sculpti fuerunt reges quatuor Anglorum maryres et confessores, qui a rege ad sue sororis anime custodiam sunt specia!iter assignati. 2 Wirtembergisches Urkundenbuch IV, Stuttgart 188;, S. 168, Nr. 1105 (den Hin-
weis verdanke ich Dr. H. Decker-Hauff). s Da ich in dem angekündigten Buch (Bd. III) auf ihn zurückkommen werde, sehe ich hier von Belegen ab. 4 Da in Deutschland die Könige am Thronsiegel festhalten, setzen hier die Bildzeugnisse erst in der Zeit Heinrichs VII. ein. 5 Vgl. Abb. 202 bei C. A. Willemsen, Apulien, Leipzig 1944; s. auch Ders., Triumphtor a.a.O. Abb. ;8. 6 Kantorowicz a.a.O. S. 255-263 und Ergbd. S. 255-263. Unsere Abb. beruht auf der schönen Vergrößerung bei K. Lange, Münzkunst des Mittelalters, Leipzig 1942, Taf. 49· Zur kunstgeschichtlic hen Einordnung vgl. H. Wentzel, Mittelalter und
Friedrichs II. Kronen und Kranz
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Münze des Kaisers Augustus nachgewiesen 1 , und weil dieser den Lorbeerkranz trägt, schmückt er auf den Augustalen auch Friedrichs Haupt. Aber während Augustus kraft des ihm zustehenden Rechtes einen solchen Kranz als ständigen Kopfschmuck wirklich getragen hat 2 , wird niemand das im Falle Friedrichs annehmen wollen. Schon Villani hat das Richtige getroffen, wenn er sagt, Friedrich habe sich darstellen lassen a modo de' Cesari antichi3. Nicht in der Wirklichkeit, wohl aber im Bild machte er sich mit ihnen gleich; und besonders legte er dadurch ein Bekenntnis zu Augustus ab, dem Wahrer von Recht und Frieden, dem nach Christi Wort zu geben war, was des Kaisers ist, und in dessen Regierungszeit die Kirche ins Leben getreten war. In Friedrichs Proklamationen haben wir noch das Echo der idealisierten Auffassung, in die für ihn Augustus gerückt war 4 • Solche Angleichung an das Wunschbild kannte das Herrscherbild seit langem 5 • Man braucht hier nur auf die ersten Kaisermünzen des Mittelalters hinzuweisen, auf denen der Kopf Karls des Großen gleichfalls mit einem Lorbeerkranz geschmückt ist, weil auch für sein Bild eine antike Münze - in diesem Falle eine Münze Konstantins des Großen - benutzt worden war, und kann daran wieder den Hinweis schließen, daß Ottos III. Kaiserbulle als Kundgebung seiner Verbundenheit mit dem großen Vorgänger sich in ihrem Bilde ganz an das Vorbild der Königsbulle Karls des Großen anschließt, so daß der jugendliche Ottone sich als reifer Mann im Bart darbietet. Insofern bedeutet das Bild der Augustalen nichts Neues; es bezeugt nur eine Verlagerung des Wunschbildes: nicht Konstantin, nicht Karl der Große, nicht die römischen Kaiser im allgemeinen, sondern im besonderen Augustus, der Pater Patriae, ist es, dem Friedrich sich im Bilde ähnlich machen läßt 6 • Antike im Spiegel kleiner Kunstwerke des 13· Jhs., in Särtryck ur Studier till ägnade Henrik Cornell, Stockholm 1950, S. 67-93. Zum Kunsthistorischen auch H. Keller, Die Entstehung des Bildnissesam Ende des Hochmittelalters, in Römisches Jahrbuch für Kunstgesch. III, 1939, S. 274f. und Wentzel a.a.O. S. 93 mit Abb. 29; zum Numismatisch-Wirtschaftsgeschichtlichen vgl. R. S. Lopez, Setti cento anni fa; il ritorno all' oro nell' occidente duecentesco I: I fatti numismatici, in der Rivista storica italiana 65, 1953, S. 19-55. 1 Nebeneinander abgebildet bei Kantorowicz a.a.O. Ergbd. Taf. I, 1-2. 2 A. Alföldi, Insignien und Tracht der römischen Kaiser, in den Mitteil. des Deutschen Archäol. Instituts, Röm. Abt. 50, 1935, S. 19ff. 3 VI c. 21 (Muratori, Script. rer. Ital. XIII, col. 168f.): e da!!' uno !ato de !oAgostaro era improntato e! viso de!!o imperadore e da!!' a!tro un'aquila al modo de'Cesare antichi. 4
Kantorowicz a.a.O. S. 78f., 255 f. usw. Vgl. zum folgenden P. E. Schramm, Die Deutschen Kaiser und Könige in Bildern ihrer Zeit, Leipzig 1929. 6 Am Rande sei hier vermerkt, daß es auch Münzen Friedrichs gibt, die ihn mit der Strahlenkrone abbilden (Kantorowicz a.a.O. S. 205). Denn das bedeutet nichts Neues, ist vielmehr schon auf den Münzen Heinrichs II. geschehen (Schramm a.a.O. Abb. 91 o p, dazu S. 108, n6). Daraus Folgerungen für ein Fortleben der Vorstellung: Imperator= Helios zu ziehen, wäre sicherlich verfehlt. Dies muß vermerkt werden, weil W. Ohnsorge neuerdings Belege für die Fortdauer dieses Gedankens vorgebracht hat. Sie scheinen mir alle nicht viel zu besagen; der Vergleich des Fürsten mit der Sonne ist ja naheliegend und zudem auch im christlichen Bereich nicht anstößig. 5
Schluß: Kaisertum und Papsttum des hohen Mittelalters
Damit sind wir noch nicht am Ende 1 • Denn bei Friedrichs Kaiserkrönung (I 2.20) wurde sicherlich der am Anfang des Jahrhunderts an der Kurie aufgesetzte Kaiserordo D benutzt, der vorschrieb, daß der Papst das Haupt des zu Krönenden zunächst mit einer mitra clericalis schmücken und dann über diese die Krone setzen solle. Dieser Brauch ging zurück auf die Angleichung des Kaiserornats an den des Hohenpriesters, die Otto I. auf ihren Höhepunkt geführt hatte. Er war so selbstverständlich geworden, daß auch der Papst ihn anerkannte, obwohl er den Anspruch des deutschen Herrschers, als Kaiser rex et sacerdos zu sein und daher Anteil am geistlichen ministerium zu haben, nicht mehr hinnahm. In jenem 1209 zuerst benutzten Ordo ist daher bezeichnenderweise auch nur von einer "KlerikerMitra" die Rede, und während in der Vorlage dem Kaiser noch der Rang eines Presbyters zuerkannt worden war, drückt ihn der Ordo D auf den eines Diakons bzw. Subdiakons herunter. Immerhin- wenn auch in der Bedeutung gemindert - hat Friedrich II. auch einmal eine Mitra auf seinem Haupte getragen. · Der letzte Staufenkaiser besaß also nicht nur eine Vielzahl von Kronen, sondern auch ganz verschieden geformte Kronen: auf Grund der byzantinisch-normannischen, bis zum Schluß seiner Regierung festgehaltenen Tradition die helmartige, geschlossene Krone, das Kamelaukion, 2.. auf Grund der deutschen, aus dem karolingischen Brauch abgeleiteten Kaisertradition die Krone mit dem Doppelbügel, 3· als Erbe der Sachsen und Salier die Wiener Krone mit dem einfachen, hahnenkammartig aufgerichteten Bügel, 4· alsprimusinter reges die Reifenkrone mit und ohne Lilien, mit und ohne Adler, 5· als Ritter den Kronenhelm. I.
Zu diesen fünf Kronen kommen noch (6) der Lorbeerkranz des Augustus, der Friedrich wenigstens auf dem Münzbild schmückt, und (7) die hohenpriesterliche Mitra Ottos des Großen, für die Kirche gemindert zu einer "Kleriker-Mitra", aber auch so noch ein Zeichen, daß der Träger kein reiner Laie war. Keine dieser sieben Zierden entsprach einer Mode oder Laune. Sechs kamen Friedrich auf Grund bestimmter Traditionen zu, und mit dem Kranz legte er vor der Welt ein Bekenntnis ab, wie er die Kaiserauffassung seiner Vorgänger präzisiert haben wollte. Ich berufe mich hiernicht auf den seit A. Venturi, Storia dell' arte italiana III, Mailand 1904, S. 540 mit Abb. 519 immer wieder aufFriedrich bezogenen bärtigen Kopf mit Diadem im Berliner Kaiser-Friedrich-Museum; zuletzt hat E. H. Kantorowicz, Kaiser Friedrich II. und das Königsbild des Hellenismus, in: Varia Variorum, ReinhardtFestschrift, Münster-Köln 1952, S. 169 - wie andere vorher - dieser Zuschreibung wegen der sonst nicht belegten Bärtigkeit widersprochen. 1 P. E. Schramm, Herrschaftszeichen und Staatssymbolik I, Stuttgart 1954, S. 5I bis 98: Geschichte der Kaisermitra.
Die Kopfzierden Friedrichs II. und des Papstes
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In Frankreich und England war es bereits seit dem 12. Jahrhundert üblich geworden, dort von corona zu sprechen, wo die Neuzeit das Wort "Staat" verwandte 1 • Daß die Entwicklung im Reiche hinterherhinkte, hängt wohl damit zusammen, daß hier das Wort imperium zur Verfügung stand. Zu klären ist noch, wann auch hier der Ausdruck corona diese "staatsrechtliche" Bedeutung annahm. Friedrich II. benutzte ihn jedenfalls bereits in diesem Sinne; als Beispiel nennen wir seinen vor der Schlacht von Cortenuova erlassenen Aufruf (Nov. 1237) 2 • 2. Die Kopfzier des Papstes 3 Was die Vielzahl verschiedengestaltiger Kronen des Kaisers bedeutet, erkennt man, wenn man prüft, was der Papst des Mittelalters auf sein Haupt setzte. Er trug erstens - die folgende Scheidung hat Innocenz III. klar formuliert - pro sacerdotio die Mitra, seitdem es diese gab, d. h. seit dem I 1. Jahrhundert, trug sie als Bischof unter Bischöfen, so wie die Kaiser alsprimiinter reges die Reifenkrone auf das Haupt setzten. Pro regno trug der Papst dagegen das Phrygium, dessen Name im Laufe der Geschichte oft gewechselt hat, nachdem es zu Anfang des 8. Jahrhunderts zum erstenmal erwähnt wird, dessen Form aber im wesentlichen immer die gleiche geblieben ist: eine spitze weiße Haube mit einem Band als unterem Saum, dessen Enden, die infulae, hinten herabfielen (Abb. 92a, b). Bereits die konstantinische Schenkung hat das Phrygium in Beziehung zur Kaiserkrone gesetzt, und seit dem 9· Jahrhundert erscheint es daher unter dem Namen regnum. Kein Wunder, daß daher in den verzierten, mit der Zeit prunkvoller werdenden Saum eine Krone hineingesehen worden ist. Dieses Regnum haben auch Friedrichs Gegenspieler auf dem Throne St. Petri getragen; und so verschieden die Päpste des 13. Jahrhunderts unter sich auch waren, keiner hat an ihm etwas geändert. Denn auf der geradlinigen Tradition beruhte ja die Stärke der Kirche. Erst unter Bonifaz VIII. wächst das Regnum tütenartig in die Höhe, und um Halt zu bekommen, werden vom unteren Reif aus Längs- und Querstützen an der Außenfläche der Haube angebracht (Abb. 92c). Grund für diese Ver1
Schramm, Herrschaftszeichen a.a.O. Bd. III, Abschn. 40 (im Druck). Cod. Paris Bibl. Nat. lat. u867 f. 163 c (mitgeteilt von Frau Dr. E. Heller, USA, der ich dafür meinen Dank sage): Verum quia credunt frivola, qui coronam detrahere 2
concupiscunt, mittimus sub pena sententie capitis, quod paratis armis in corone subsidium veniatis. Nam virtute armorum et sapientia, qua vigemus, corone hostes delevi poterimus grandinare et unda inimici sanguinis inimicis nostra tela. 3 Herrschaftszeichen a.a.O. I, S. pff. und meine Miszelle: Zur Geschichte der päpstlichen Tiara, in der Histor. Zeitschr. 152, 1935, S. 307-312, die auf der grund-
legenden Untersuchung von G. Ladner (Die Statue Bonifaz' VIII. in der Lateranbasilika und die Entstehung der dreifach gekrönten Tiara, in der Römischen Quartalschrift 42, 1934, S. 35-69) beruht, aber deren Ergebnis modifiziert. Die folgenden Seiten bilden auch das Ende meines Vortrages auf dem Deutschen Historikertag in Bremen (Sept. 195 3): "Das mittelalterliche Herrscherturn im Lichte der Herrschaftszeichen" (abgedruckt in der Histor. Zeitschr. 177, 1954, S. 1-24), da ich diesen mit einem Überblick über die hier erzielten Ergebnisse abschloß.
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Schluß: Kaisertum und Papsttum des hohen Mittelalters
längerung war, daß sich die Allegorese nun auch des Regnum bemächtigt hatte. Es sollte eine Elle hoch und auf der Figur des Kreises aufgebaut sein: das allem Irdischen zugrunde liegende Urmaß und der Umriß des orbis terrarum diktierten also seine Gestalt. So sind in dieser spitzen Haube die Ansprüche des letzten großen Papstes des Mittelalters, des Autors der Bulle "Unam sanctam", Ding geworden. Aber seine Nachfolger haben die von Bonifaz verkündeten Ansprüche abgewandelt und auch die hohe Haube nicht beibehalten. Sie blieb jedoch höher als früher und bedurfte daher weiter eines stützenden Rahmenwerkes. Erst um I 350 ist nachweisbar, daß in dieses drei Kronen hineingesehen wurden. Darauf nahm fortan die äußere Ausgestaltung Rücksicht, und damit war das triregnum geschaffen, jene Tiara, die der Papst noch heute trägt (Abb. 93 d). Dabei ist nicht zu übersehen, daß die Dreizahl der päpstlichen Kronen die Antwort auf eine Theorie gab, die seit dem I 3. JahrhundertVerbre itung fand. Der systematische Geist des Mittelalters hatte nämlich versucht, Ordnung und Sinn in die Vielzahl der kaiserlichen Kronen zu bringen. Da hieß es denn: der Kaiser werde in Aachen, in Mailand bzw. Monza und in Rom gekrönt, und dazu würden eine goldene, eine silberne und eine eiserne Krone benutzt. So hat auf einem Umweg die Vielzahl und Vielgestaltigkeit der Kronen Friedrichs II. noch eine seltsame Fortwirkung auf die Ausgestaltung des Regnum seiner Gegner erzielt. 3· Kaisertum und Papsttum im hohen Mittelalter Nicht die Rolle der Dreizahl ist das Entscheidende, sondern der Gegensatz zwischen dem Kaiser, der auf Grund verschiedener Traditionen eine Vielzahl verschieden gestalteter Kronen besaß, und dem Papst, der in seiner Doppeleigenschaft als Bischof von Rom und Oberhaupt der Kirche Mitra und Tiara trug - sie und nicht mehr. Denn hier ist die seit dem Siege des Reformpapsttums sich herausbildende Unterlegenheit der Kaiseridee geradezu mit Händen zu greifen, und von hier aus läßt sich verstehen, wieso es - um hier Fr. Heers Formel in abgewandeltem Sinne zu benutzen - zu der Tragödie des heiligen Reiches kommen mußte. Seit dem Iz. Jahrhundert gerät das Kaisertum geistig zwischen zwei Fronten. In der Vielzahl der vielgestaltigen Kronen kam der Vorrang des Kaisers vor den übrigen Herrschern zu sichtbarem Ausdruck, und je weniger diese gewillt waren, ihm eine auetorilas zuzuerkennen, um so eifriger wurden sie, ihm die Bügel auf der Krone nachzuahmen, den Reichsapfel in die Hand zu nehmen, sich Laudes darbringen zu lassen, also alles das sich anzueignen, was einmal der Kaiser allein beanspruchen konnte. Solche Steigerung des Königtums führte jedoch nicht zum Konflikt mit der Kirche. Die französischen Herrscher sind mit Rom nicht über die Stärkung dessen, was religion royale genannt worden ist, in Konflikt geraten, sondern über konkrete Fragen, nicht über die Salbung mit dem Himmelsöl und über den Anspruch, heilen zu können, sondern über die Abgaben des französischen Klerus an die Kurie und die Aufteilung seiner Gehorsams-
Kaisertum und Papsttum im hohen Mittelalter
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pflicht zwischen Papst und Landesherrn. Die Ansprüche, die der französische König vertrat, waren daher im 14· Jahrhundert womöglich noch höher gesteckt als in dem voraufgehenden. Der Kaiser sah sich jedoch nach 1046 in steigendem Maße in die Defensive zurückgedrängt. Die V ergeistlichung seines Amtes, die in dem hohenpriesterliehen Kaiser- und Königtum Ottos I. ihren Höhepunkt erreicht hatte, mußte mehr und mehr preisgegeben werden. Die bereits vorübergehend für die Zeit Ottos III. bezeichnende, von den Staufern wieder aufgenommene Berufung auf die antiken Vorgänger, die auf ein Ausweichen in den weltlichen Bereich hinauslief, konnte den Gegensatz nicht beseitigen und erregte zudem Anstoß bei den selbstbewußt werdenden Nachbarn. Denn sie witterten, daß sich dadurch der Anspruch aufVorrang, auf eine höhere auctoritas, zu dem auf eine tatsächliche Oberherrschaft (potestas) erweitern könne, und an Symptomen dazu hat es bekanntlich nicht gefehlt. Durch die um 1050 einsetzende Denkarbeit war das Kaisertum immer mehr zum geistig-politischen Gegenpol des Papsttums geworden. Kaiser und Papst hatten schon von jeher als die Spitzen der beiden Gewalten zueinander gehört, waren aber nicht schlechthin Rivalen gewesen; die V ersuche, ihr Verhältnis zu harmonisieren, dauern auch im hohen Mittelalter noch an. Doch wird bereits im 12. Jahrhundert deutlich, daß sie zum Scheitern verdammt waren, weil das systematisch-universalistische Denken der Zeit letzthin eine Spitze verlangt, und bei der Überordnung der Seele über den Leib, des Wortes über das Schwert, nach der berühmten Analogie des Mittelalters: der Sonne über den Mond, kam dem Papst der Vorrang zu. So gelangte die Kaiseridee, diese aus so vielen Traditionen genährte, überreiche Kaiseridee, in eine Zwangslage, je mehr sie in den Sog des universalistischen Denkens geriet; sie weckte, soweit im säkularen Bereich Folgerungen gezogen wurden, die Ablehnung der Nachbarn, und soweit ihre Korrespondenz zum Papsttum durchdacht wurde, trat ihre Unterlegenheit heraus, die ihr bestenfalls den zweiten Platz beließ. Dies ist der tiefere Grund, weshalb Friedrich II. im Gegensatz zum Papst sechs Kopfzierden sein eigen nannte und eine siebente im Bilde beanspruchte. Es gab keine alle Ansprüche zusammenfassende, und keine Krone ließ sich erdenken, die ein Kaiser noch auf sein Haupt setzen konnte, ohne dadurch den Papst und die anderen Könige zu tödlichem Streit herauszufordern. Der Kaiser war auf die Behauptung der Tradition zurückgeworfen und konnte nur noch einmal auf diese, dann wieder auf jene den Nachdruck legen1 • Erst als das Kaisertum als geschichtliche Realität 1 Das tritt heraus in den Fragmenten des Nikolaus von Bari, die R. M. Kloos soeben im Deutschen Archiv veröffentlicht (XI, 1954, S. 166-9o); vgl. dort auch den voraufgehenden Aufsatz von H. M. Schallet über Friedrich II. Aufruf und die Antwort des Papstes (1240). Vgl. ferner die Neudrucke von K. De Stefano, L'idea imperiale di Federico II (Florenz 1927, Bologna 2 1952) und: La cultura alla corte di Federico II imperatore (Palermo 1938, Bologna 2 1950), der jedoch Ernst Kantorowicz noch nicht berücksichtigt.
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Schluß: Kaisertum und Papsttum des hohen Mittelalters
vernichtet war, ist die Kaiseridee im universalistischen Sinne zu Ende gedacht worden. Auch Deutsche haben dabei mitgewirkt, aber die Hauptarbeit wurde bezeichnenderweise im Ausland geleistet, in den Siete Partidas Alfonsos des Weisen, von Rarnon Lull und dem Infanten Don Juan Manuel in Spanien, von Darrte und den Legisten in Italien. Das ist eine Entwicklung, die Heinrich VII. und Ludwig den Bayern noch einmal kurz emporzutragen schien; aber sie sind als Kaiser schnell gescheitert; und von KarliV. an, dem bedächtigen Hausvater und Rechner auf dem Steinthron Karls des Großen, sind diejenigen, die noch zum Kaiser gekrönt wurden, keine Kaiser mehr, sondern nur noch Träger des Kaisertitels. Die Sage hat von dem toten Kaiser, der im Berge auf sein Wiederkommen warte, geträumt, hat dabei zunächst an Friedrich II. und dann erst an seinen Großvater, den "Rotbart" gedacht. Die Wirklichkeit hat sie Lügen gestraft: das mittelalterliche, tragisch gewordene, d. h. weder in die politische noch die kirchliche Ordnung der Welt mehr passende, von der Geschichte überholte und daher zum Untergang verurteilte Kaisertum ließ sich nicht mehr erneuern. Den Gedanken der renovatio konnte daher ein Bürger, Cola di Rienzo, an sich reißen. Das wirkliche Kaisertum ist mit Friedrich II., der - ohne je zu wanken - diesen von vornherein verlorenen Kampf, vom Bannstrahl des Papstes getroffen, bis zu seinem Ende durchgefochten hat, begraben worden. Insofern mag man darüber nachsinnen, ob vor der Geschichte nicht die Deutung berechtigt ist, daß Friedrich II. - als er aus menschlicher Verbundenheit mit seiner Gemahlin ihr seine Kaiserkrone in den Marmorsarkophag legte - das Zeichen des von ihm noch einmal glanzvoll vertretenen Kaisertums mit eigener Hand begraben hat.
Anhang Kapitelle und Porphyrtrommel in Privatbesitz: Fragmente mittelalterliche Throne? Der Prince A. Ju ritz k y in Paris übersandte mir Photographien von drei in Privatbesitz befindlichen Objekten, die bisher der Forschung noch nicht zugänglich gewesen sind, und begleitete sie mit schriftlichen Ausführungen, deren Abdruck er mir gestattete. Leider kann ich sie ihrer Länge wegen hier nur zum Teil wiedergeben. Da dem V erfasset diese Objekte zugleich als Anknüpfungspunkt für eine Reihe von Thesen dienten, werden wir wohl damit zu rechnen haben, daß er noch einmal das Wort zum Thema ergreift. Es ist mir eine angenehme Pflicht, dem Prince Juritzky für die Hergabe der Photographien und die Übersendung des- von mir an einzelnen Stellen ergänzten und durch Anmerkungen abgerundeten - Manuskripts hier meinen Dank abzustatten. Er übernehme jetzt das Wort:
Die beiden Kapitelle Die beiden Bronzekapitelle (Taf 94a, b), welche Gegenstand dieser Ausführungen sind, weisen keinerlei Anzeichen auf, aus denen sich irgendwelche Schlüsse auf ihre Herkunft ziehen ließen. Diese können nur auf Grund der Fakten, die sich durch Stil, Technik, Material und Darstellung ergeben, gezogen werden. Die Mqße betragen: Ho'he II cm, obere Platte I2+ IJ cm, unterer Durchmesser 8,; cm ; Gewicht beider Kapitelle je rund I I kg. Die Kapitelle sind an der oberen Tragfläche durch eine 6 mm starke Platte abgeschlossen, welche durch 4 Löcher hindurch mittels ro'tlicher Bronze angegossen ist. Dieses Detail wird später besprochen werden. Die vier Voluten der Kapitelle sind durch Köpfe ersetzt; an jedem Kapitell finden sich je zwei bartlose Jünglingsköpfe mit Faunsohren und zwei Tierköpfe, bei denen sich der Betrachter einmal an Affen, zum anderen anBo'cke oder auch Lowen erinnert fühlt. Dazwischen findet sich antikisierendes Palmetten- und Akanthuswerk. Solche in die Kapitelle eingefügten Kopfe spielen bekanntlich in der Reichenauer Buchmalerei der Ottonischen Zeit eine große Rolle, und von ihr haben sie andere Malschulen entlehnt. Im I 2. Jahrhundert begegnen wir ihnen auch in Kapitellen selbst. Es muß noch nach Parallelen gesucht werden, die den beiden in Frage stehenden mo'glichst nahekommen. Vielleicht läßt sich dann der Raum, aus dem sie stammen, genauer bestimmen 1• Nach dem Sinn ihrer Menschen- und Tierkopfe zu fragen, wäre nutzlos, I.
1 Kapitelle mit Tierköpfen und Gesichtern an den Ecken (z. T. an Leibern sitzend) in der Kathedrale vor Tarent und im Dom von Otranto (Ende des I I. Jahrhunderts); vgl. M. Wackernagel, Die Plastik des XL und XII. Jahrhunderts in Apulien, Leipzig 10
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Abt. Phi!. Hist. Kl., 3· F., Nr. 36 Schramm
Anhang: Kapitelle und Porphyrtrommel
da in diesem wie in den meisten verwandten Fällen keine sichere Antwort gegeben, ja nicht einmal die voraufgehende Frage mit Sicherheit beant1vortet werden kann, ob wirklich ein tieferer Sinn zugrunde liegt, oder ob es sich nur um ein Ornament handelt. Der Bronzeguß der Kapitelle ist in "eire perdu" erfolgt. Die Bronzelegierung ist von goldgelber Farbe (sogenannte Goldbronze), die jetzt braungrün patiniert ist. Aus stilkritischen Gründen sowie auf Grund der Gußtechnik und der Legierung dürfte die Zeit um I200 ins Auge ztt jassen sein. Der Guß ist von derselben brücbigen Struktur und Porosität wie der- falls von Suger von St. Denis stammend, in das I2.]ahrhundert gehörende- Oberteil des sogenannten "Dagobert-Thrones". Auch die unscharfe Modeliierung und rohe Ziselierung sind von gleicher Qualität. Das entspricht der Stufe, die der Bronzeguß im hohen Mittelalter erreicht hat. Die Bronzen zeigen keine Spur einer einstmaligen Vergoldung. Dies ist bei der Annahme, daß es sich um Bestandteile eines Throns handelt, im ersten Moment befremdlich; doch läßt sich bei eingehender Untersuchung eine befriedigende Erklärung finden. Goldbronzen waren nämlich äußerst kostbar; im neuen Zustand waren sie von leuchtendem Goldglanz und bedurften daher nicht unbedingt einer Vergoldung. Andererseits wäre es auch möglich, daß von einer mittelalterlichen Vergoldung auch nicht der kleinste Rest erhalten geblieben isfl. In unserem Falle neige ich jedoch zur ersteren Annahme, also zu der einer absichtlichen Verwendung von Goldbronze, unter Verzicht auf eine Vergoldung, aus folgendem Grund: Auf den oberen Flächen befinden sich vier Bolzen aus der normalen mittelalterlichen Rotbronze, mit deren Hilfe auf die beiden Kapitelle die obere, 6 mm starke, sorgfältig geglättete Platte aufgegossen ist. Diese hatte offensichtlich den Zweck, eine glatte Ebene zu sichern, damit beim Zusammenstellen der Thronbestandteile ein Wackeln verhindert wurde. Denn die Kapitelle selbst haben wegen des Hohlgusses keine ganz glatte Oberfläche. Aus diesem Detail ergibt sich, daß die Kapitelle mit Absicht aus der teueren und gießtechnisch sch1vierigeren GoldI9II (Kunstgeschl. Forsch., hg. vom Kgl.-Preuß. Hist. Inst. in Rom II) T. VIII-IX. Dazu S. 68ff., wo dieser Typ überzeugend aus der byzantinischen Kunst abgeleitet ist. Vgl. auch die des XII. Jahrhundert betreffenden Nachweise aus Italien bei W. F. Volbach, Mittelalter!. Bildwerke aus Italien und Byzanz, Berlin-Leipzig 1930, S. 51. Menschenköpfe, die zwischen Kapitell und Bogenansatz eingeschoben sind, finden sich in Apulien an Kirchenportalen und Apsisfenstern; sie schmückten an solchen Stellen auch Friedrichs II. Capuaner Brückentor; vgl. Willemsen a.a.O. S. 29; R. Bernheimer, Roman. Tierplastik und die Ursprünge ihrer Motive, München 1931, führt nicht auf Parallelen. 1 Ich habe diesbezüglich Beobachtungen am "Throne des Dagobert" (Cabinet des Medailles, Paris) gemacht. Sowohl der sicher karolingische Unterteil, als auch der Oberteil waren einst zur Gänze vergoldet. Doch finden sich an beiden ziemlich große Stellen, welche heute auch nicht die geringste Spur einer einstigen Vergoldung aufweisen. Dies ist nicht durch Abnützung zu erklären, da auch in den tiefsten Vertiefungen dieser Stellen keine Spur von Gold mehr vorhanden ist. Es ist vielleicht an eine elektrischmetallurgische Verschmelzung (Metall an Metall, Gold an Bronze), an eine Legierung auf kaltem Wege zu denken, welche durch die lange Zeit bewirkt wird. Wenn man nur einen solchen Einzelteil des Dagobertthrones ohne Vergoldungsspuren kennen würde, so könnte niemand feststellen, ob der Thron einst vergoldet oder unvergoldet war.
Die beiden Kapitelle
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bronze hergestellt wurden. Man hat also an den unsichtbaren Stellen, wo der Goldglanz entbehrt werden konnte, die billigere und bequemere Rotbronze verwendet. Auf der einen oberen Fläche ist neuerdings ein kleines Stück vollständig gereinigt und poliert, also in den ursprünglichen Zustand versetzt worden; seither zeigt diese Stelle die Farbe und den Glanz von Dukatengold, von dem sich das dunklere Kupferbronzerot der Bolzen stark abhebt. Wegen der Kostbarkeit eines Bronzegusses im Mittelalter ist an eine rein dekorative Verwendungsart, z.B. als Architekturbestandteil, nicht gut zu denken. Aus der eigentümlichen Konstruktion, für die es anfangs schwierig war, eine plausible Erklärung zu finden, geht hervor, daß die Kapitelle zu einem beweglichen, für den Transport bestimmten, leicht zerlegbaren Gegenstand gehiirt haben müssen. Die Kapitelle sind nämlich sehr massiv (dickwandig) gegossen; im Innern ist ein Hohlraum von quadratischem Durchschnitt freigelassen ( Fig. J). Dieser ist ausgefüllt mit einem Kern aus hartem Sandstein, welcher ziemlich genau eingepaßt und atif!erdem mit einer gipsartigen Masse bis zur letzten Fuge eingekittet ist. In diesem Kern sind auf der oberen Fläche- diagonal gegenüberliegend- zwei quadratische Löcher ausgespart. Diese können nur dazu gedient haben, um eine daraufliegende Platte festzuhalten; daß gleich zwei angebracht wurden, hatte offensichtlich den Zweck daß ein Drehen der Platte verhindert werden sollte. Auf der unteren Fläche befindet sich in diesem Steinkern stattdessen ein 2 cm tiefes Loch von 2,f 2,f cm. Dieses ist gleichfalls quadratisch, um offensichtlich auch hier ein Drehen auf der
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Fig. ;: Kapitelle von einem Thron? Links Vertikalsch nitt, daneben Ansicht von unten, rechts Ansicht von oben.
- vorauszusetzenden - Säule unmöglich zu machen. Die Säule selbst, wahrscheinlich aus kostbarem Material (vielleicht aus Porpf?yr) muß einen korrespondierenden Zapfen aufgewiesen haben. Da die Tiefe des Loches nur gering ist, ließen sich die xo*
Anhang: Kapitelle und Porphyrtrommel
Kapitelle sicherlich leicht abheben. Die einzelnen Teile wurden also vornehmlich durch ihr Gewicht zusammengehalten. Diese ungewiihnliche Konstruktion, bei der auch noch die erwähnte, durch Bolzen festgehaltene Oberplatte in Rechnung zu stellen ist, hatte nur einen Zweck bei einem Gegenstand, welcher dazu bestimmt war, leicht zerlegbar und dadurch leicht transportabel zu sein. Die Abnützung an den Löchern spricht dafür, daß das Zusammen- und Abmontieren des öfteren erfolgt ist. Zu welchem zerlegbaren Gegenstand können die Kapitelle gehö"rt haben? Es bleiben nur zwei Möglichkeiten zur engeren Wahl: Altar oder Thron. Altäre, die bestimmt waren, auf Reisen mitgeführt zu werden, sind zahlreich erhalten; doch haben sie alle viel kleinere Ausmaße. Es sind dies, wie schon der Name besagt, die bekannten Tragaltäre. Es ist daher allein schon auf Grund der Größe und des Gewichtes unwahrscheinlich, daß die Kapitelle Bestandteile eines solchen Altares waren. Außerdem hat J os ep h Braun nachgewiesen, daß im Mittelalter für Altäre Stein das vorschriftsmäßige Material war 1 • Er kennt nur zwei Ausnahmen, den Krodo-Altar in Goslar und den im St. Blasius-Dom zu Braunschweig. Faßt man die andere Miiglichkeit ins Auge, dann bildet der Kaiserstuhl von Goslar einen aufschlußreichen Anhaltspunkt ( Abb. g6). Seine Teile stammen aus verschiedenen Zeiten. Der bronzene Oberteil ist auf Grund seiner Ornamente von Brich Meyer in das Ende des II.jahrhunderts gesetzt worden, also in die Zeit der Salischen Kaiser 2 • Der steinerne Sitzsockel und die steinernen Schranken sind um die Wende vom I2. zum Ij.Jahrhundert hinzugekommen. Die Ecken dieses staufiseben Thronblockes werden durch vier Säulen mit Kapitellen gebildet, die in Stein den bronzenen entsprechen. Diese neue Form des Thronsitzes, architektonisch von der Antike beeinßußt, erscheint auf den Königs- und Kaisersiegeln erst am Anfang des Ij. Jahrhunderts; bis dahin handelt es sich um pfostenartige Stützen oder ganze Wände unter der Sitzplatte. In Goslar haben wir es mit einem feststehenden Thron zu tun. Deshalb konnte der Unterbau, der eigentliche Sitz, aus einem Steinblock bestehen, und die Schranken konnten aus schweren Steinplatten hergestellt werden. Genügte der zusammenklappbare Stuhl, das Faldistorium, den Ansprüchen nicht mehr, wollte man einen Reisethron in diesem neuen Geschmack herstellen, dann war dazu eine Konstruktion erforderlich, wie wir sie aus den Kapitellen erschlossen haben; vom Block behielt man nur die Säulen, welche die Sitzplatte trugen, und die Seiten- und Rückenlehnen wurden zu bronzenen oder schmiedeeisernen Schirmen, die mittels Scharnieren klappbar eingerichtet waren. Sie waren - wie das Beispiel Goslars zeigt- durchbrachen und daher leichter als Stein. Wie helfen die Siegel weiter? Die französischen besagen nichts, da auf ihnen bis in die Zeit Ludwigs IX. des Heiligen (f 1270) der König auf dem herkö"mm1 Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung 1-II, München 1924; vgl. auch das Reallexikon zur deutschen Kunstgesch., hrsg. von Otto Schmitt I, Stuttgart 1937, S. 412ff. (bes. S. 415), über das für die Altäre benutzte Material. 2 Der Kaiserstuhl in Goslar, in Zeitschr. des Deutschen Vereins für Kunstwiss. X, 1943,S.I83-2o8. Über diesen Thron vgl. jetzt auch P.E. Schramm, Herrschaftszeichen und Staatssymbolik I, Stuttgart 1954, S. 351ff.
Die Porphyrtr ommel
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liehen Faltstuhl dargestellt wird. Auf den englischen entspricht im II.Jahrhu ndert der Sitz des Kb'nigs genau der deutschen Thronbank. Unter Heinrich II. (I I J 4-8g) wird sie feiner ausgestaltet; unter Richard I. ( II 8g-g g) erhält sie - wesentlich später als in Deutsch land- eine Rückwand, und die Fläche unter dem Sitz wird arkadenjb'rmig aufgegliedert. Unter Heinrich III. (I2I6-7 2) tritt an die Stelle der Arkaden ein Muster, und die Rückwandfällt wieder weg. In der Zeit Edwards I. (I272-I3 07) wird der Thron zu einem ausladenden gotischen Gestüh l- für Kapitelle unter dem Sitz ist in dieser Umgestaltung kein Platz 1 • Anders in Deutschland 2 • Mit einer Rückwand ist der seit Otto III. wiedergegebene und als Bank gestaltete Thron zuerst auf der Bulle Konrads III. dargestellt. Sie fehlt jedoch auf den Siegeln, die Friedrich II. als Kb'nig führte. Die Vorderseite des Sitzes wird seit dem I I. Jahrhundert architekturmäßig ausgestaltet, behält aber Eckpfosten bei. Gelegentlich werden ihre oberen Enden tierkopfartig geschmückt; sonst werden sie leicht betont. Die Form eines Säulenkapitells nehmen sie erst auf dem Siegel an, das Friedrich II. von I 2I J an als Kb'nig führte. Auf seiner um I 2 I 8 nachweisbaren Kb'nigsbulle ist es noch deutlicher hervorgehoben; und nun haben auch die Pfosten selbst die Form von Säulen angenomnten ( Abb.g7) 3 • Diese Eigenart weisen auch noch die Siegel und Bullen der Söhne Friedrichs II. auf; dann verliert sie sich wieder. Doch wäre es vorschnell, die hier besprochenen Kapitelle nun gleich den Staufern zuzusprechen. Denn bei der Rolle, die ihr Hof als Vorbild spielte, konnte es nicht ausbleiben, daß ihr Siegel mit den Kapitellen unter der Sitzplatt e auch in anderen Ländern nachgeahmt wurde. Wir nennen hier- ohne Vollständigkeit anzustre bendie Goldbulle des Kb'nigs Bela IV. von Ungarn {I23J-JO J4 und das Siegel des Kb'nigs Jaime ll. von Aragon (I 2g I- I 3 27) 5 • Es läßt sich also nur so viel sagen : nach dem Zeugnis der Siegel und Bullen bilden Kapitelle unter der Sitzbank des Thrones eine Eigentümlichkeit des I 3· Jahrhunderts, die jedoch nur in einem Teil des Abendlandes beachtet wurde. 2. Die Porphyr tromme l In derselben Privatsammlung wie die beiden Bronzekapitelle befindet sich eine Trommel aus Porphyr von I 4 cm Länge und g cm Durchmesser an der dicksten Stelle (Abb. g8). Sie ist der Länge nach durchbohrt (Durchmesser der Bohrung 1 W. de Gray Birch, Catalogue of Seals in the Departme nt of Mss. in the British Museum I, London 1887, bes. S. 15, 18 mit Pl. II. 2 Außer 0. Posse, Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige I, Dresden 1909, Taf. XXIff. 3 Posse a.a.O. Taf. XXIII, 2; vgl. 0. Hambur ger, Das Goldene Siegel Friedrichs II. an der Berner Handfeste, in Berner Zeitschr. für Gesch. und Heimatku nde 1941 (Heft 4), S. 22off. und H. Strahm, Die Berner Handfeste , Bern 1953. 4 Pietro Sella, Le bolle d'oro dell'Arch ivio Vaticano, Citta del Vaticano 1934 (Inventari dell' Arch. Segreto Vaticano) ; s. auch Taf. IV, 9 (1238): Ottokar von Böhmen (1217). 5 Vgl. die Abb. bei A. Ballester os y Beretta, Historiad e Espafia III, Barcelona 1929, S. 199 (vgl. ebd. S. 181,190,1 98 die Siegel der Vorgänge r; auf einem Siegelstempel des 1217-76 regierende n Königs Jaime I. ist die Bank bereits durch ein dünnes, gedrechseltes Säulchen gestützt, das statt des Kapitells ein Blattornam ent trägt).
Anhang: Kapitelle und Porphyrtrommel
3-3,J cm). Auf der Vorderseite befindet sich in der Mitte der Bauchung ein Loch, welches sich nach innen zu verjüngt. In dieses Loch ist eine Rosette aus Feingold eingefügt, deren Mitte mit einer ovalen Halbperle aus dunkelblauem Glasfluß geschmückt ist. Die Fassung ist kastenartig; ihr Sockel ist hohl gearbeitet und war ursprünglich mit einer stuckartigen Masse ausgefüllt. Diese ist jetzt zerbröckelt und bis auf kleine Reste herausgefallen (die Hö"hlung ist nunmehr zur Sicherung mit Plastilin gefüllt; auch der Einsteckzapfen ist modern restauriert). Ein beachtenswertes Detail weist die Rückseite der Trommel auf Auf dieser Rückseite befinden sich, um einen Mittelpunkt in der Form einer Rosette angeordnet, 9 kleine, roh aus dem harten Porpf?yr herausgesprengte Vertiefungen, in welche kleine Goldplättchen eingehämmert sind (eins ist jetzt herausgefallen). Es ist dieselbe Technik, welche sich bis heute in der Eisentauschierung erhalten hat. Diese Gruppe von Punkten ist unregelmäßig und flüchtig gearbeitet, findet sich zudem auf der Rückseite, so daß sie nicht als Verzierung angesehen werden, sondern nur zur Numerierung gedient haben kann. Daraus ergibt sich ein Anhalt für die einstige Bestimmung dieser durchbohrten Trommel. Sie muß mit anderen auf einer Stange aufgereiht, also einen "gedrechselten" Pfosten gebildet haben und numeriert worden sein, weil sie wegen der großkalibrigen und deshalb nicht ganz gleich ausgefallenen Bohrung ihren festen Platz haben mußte. Das wieder läßt darauf schließen, daß das ganze Stück zum Auseinandernehmen hergerichtet war. Solche aus Trommeln zusammengesetzten und daher wie gedrechselt wirkenden Pfosten kennen wir als Stützen von Thronen. Ihr Ursprung wird in Byzanz zu suchen sein, aber seit dem I 2. Jahrhundert kennt sie auch das Abendland. Genau so geformte Trommeln wie die hier zur Eriirterung stehenden setzen die Pfosten des Throns zusammen, auf dem die um II6o entstandene, aus Stuck geformte Maria im Dom zu Erfurt dargestellt ist 1 ; ja hier findet sich sogar an derselben Steile der T rommein die Rosette angedeutet ( T af 99). Auf den Siegeln U!Jd Bullen der deutschen Herrscher sind Pfosten dieser Art zuerst auf den Siegeln und Bildern Friedrichs II. erkennbar, wie das bereits für die Säulen unter dem Sitz herangezogene Beispiel zeigt (Taf. 97) 2 • Das gleiche gilt aber auch für die anderen Länder. Die Überlegungen, wozu die isoliert überlieferte Porpf?yrtrommel einmal gedient haben mag,Jühren also gleichfalls zu dem Schluß, daß sie einstmals zu einem Thron gehö"rt haben wird und zwar einem auseinandernehmbaren. Daß sie aus Porpf?yr besteht, verstärkt diese Deutung. Denn auch im Abendland, in dem dieser Stein noch seltener war als im byzantinischen Reich, wurde er für Throne benutzt: auf Porphyrthronen nahmen vom I 2. Jahrhundert an die Päpste Platz, und mit Porpf?yr ausgekleidet war auch der Thron der Normannenkö"nige in ihrer Pfalzkapelle in Palermo 3 • E. Lüthgen, Romanische Plastik in Deutschland, Bann-Leipzig 1923, Taf. XXI; V. C. Habicht, Maria, Oldenburg 1926, Taf. 7· 2 Zuerst auf dem von 1215 an geführten 3· Königssiegel; vgl. Posse a.a.O. Taf. XXVIII I und 4· 3 Hierüber wird J. Deer in seinem Buch über die sizilischen Porphyrwerke handeln. 1
Die Porphyrtrommel
Pfosten aus Trommeln und trommeljö"rmig untergliederte Pfosten finden sich im Jo.1ittelalter auch an Lesepulten und anderen Mo"beln; doch ist bei diesen die Verwendung von Porpf?yr so gut wie ausgeschlossen, und die Numerierung der einzelnen Trommeln wäre bei ihnen überflüssig 1 • War die Trommel byzantinischer Herkunft? Gehörte sie etwa zu der Beute, die die "Kreuzfahrer" I204 in Konstantinopel machten? Oder stammt sie aus dem Abendland? Das sind Fragen, die sich wohl nie werden beantworten lassen. 1 Neun Trommeln von je 14 cm Höhe ergäben einen Pfosten von rz6 cm, wozu noch ein Untersatz und Zwischenscheiben zwischen den Trommeln anzunehmen sind, was ein Lesepult höher als Augenhöhe bedeuten würde.
VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN Für das Zurverfügungstellen von Vorlagen habe ich zu danken: Archivrat Dr. Hansmartin Decker-Hauff in Stuttgart (Abb. 92), Prof. Dr. J osef Deer in Bern (Abb. I, 18, 34, 40-86), Dr. Olle Källström in Gävle (Schweden) (Abb. 2, 3, 5 a-b, 6), Prof. Dr. A. M. Ammann, S. J., in Rom (37), Direktor Dr. H. Schnitzler in Köln (Abb. 28, 29, 31), Prof. Dr. H. Schiunk in Madrid (Abb. 2oc), Prof. Dr. W. Unverzagt in Berlin (Abb. 26 b-c), Prince J uri tzky in Paris (Abb. 94-5, 98). Beiallgemein bekannten Kunstwerken erübrigt sich ein Nachweis. Für die Nachweise der Vorlagen zum Abschnitt V (J. Deer, Adler aus der Zeit Friedrichs II.) vgl. auch die diesem beigegebenen Anmerkungen. Titelbild (von Dr. Olle Källström zur Verfügung gestellt: Die Reifenkrone des Stockholmer Reliquiars (Originalaufnahme).
Figuren im Text
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I. 2.
Schema des Krakauer Kreuzes, gezeichnet von H. Wefels. DerFormwandel des Helmes imMa., nach Hugo Schneider, Die beiden Topfhelme vonMadeln, in Zeitschr. für schweizer. Archaeol. u. Kunstgesch. 14, 1953, S. 45· Basilisken auf der Krakauer Krone, nach W. Stroner, Zloty Krzyz ... na Wawelu, Krakau 1915. Das Triumphtor in Capua, nach der Rekonstruktion von C. A. Willemsen (Kaiser Friedrichs II. Triumphtor zu C., Wiesbaden 1953, Abb. 106). Kapitelle von einem Thron? Vertikalschnitt, Ansicht von unten und von oben, gezeichnet von H. Wefels.
Bildtafeln I:
Abb.
II-ill:
Abb. 2-J. Abb. 4·
IV:
Abb. ;-6.
V:
Abb. 7-9.
VI:
Abb.
IO.
VII:
Abb.
II-I2.
I.
Krone, gefunden im Sarg der Kaiserin Constanze, in Palermo (Photo Anderson). Das Reliquiar in Stockholm (Originalaufnahmen). Zeichnung von 1526/27 nach dem verschollenen Reliquiar im Hallischen Heilturn (Ph. M. Halm-R. Berliner, Das Hallische Heiltum, Berlin 1931, T. 140). Der Doppelbügel auf dem Stockholmer Reliquiar von oben und in Schrägansicht (Originalaufnahme). Vergrößerte Detailaufnahme des Doppelbügels (Originalaufnahme). Die Reifenkrone auf dem Stockholmer Reliquiar, (Originalaufnahme). Vergrößerte Detailaufnahmen des Kronreifs (Originalaufnahmen).
Verzeichnis der Abbildungen
VIII:
IX-X:
XI:
XII:
XIII:
XIV: XV: XVI:
153
Abb. IJa-c. Blattwerk am Elisabethschrein in Marburg (Aufnahme des Bildarchivs in Marburg, Nr. I4 I45 und I4 I7I). Blattwerk an der Krone in der Reichen Kapelle, München Abb. I 4· (Originalaufnahme). Bügelkronen vom 9· bis zum I3. Jahrhundert: a) Zeichnung von I6IZ nach der damals in Vienne noch erAbb. IJ. haltenen Krone des Königs Boso von Burgund Ct887) (nach Münchener Kunstchronik VI, 2, Febr. I953, Abb. 2a). b) Statue der Ste Foy in Conques (ebd. Abb. 3).- c) Königssiegel Heinrichs III. (nach P. E. Schramm, Die deutschen Kaiser und Könige in Bildern ihrer Zeit, Leipzig I929, Abb. I04b). a) König Rudolfs Grabplatte in Merseburg. - b) KönigsAbb. z6. siegel Friedrichs I. (nach 0. Posse, Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige!, Dresden I909, T. 2I,3).- c) Konradiii. auf dem Armreliquiar Karls des Großen (nach J. Deer, Schweizer Beiträge zur allgemeinen Geschichte VII, I 949, T. III, I).- d) Melchisedek auf dem Altarretabel in Klosterneuburg (nach J. Braun, Meisterwerke der deutschen Goldschmiedekunst der vorgotischen Zeit, München I922, S. 89). - e) Friedrich II. auf dem Siegel der Stadt Oppenheim. - f) Christus als Bräutigam, Sitzstatue im Magdeburger Dom. Bügelkronen des I4. Jahrhunderts: Grabkrone des Königs Rudolf (I3o6-o7) im Veitsdom Abb. I?· in Prag (nach der Topographie der histor. und Kunstdenkmäler im Königreich Böhmen, II, 2: Die Kroninsignien, hrsg. von A. Podlaha und K. Vrba, Prag I9IZ). Die böhmische Königskrone, um I347 (Originalaufnahme; Abb. r8. nach dieser auch Ceske dejiny (Böhmische Geschichte), hrsg. von V. N ovotny und K. Krofta (Teil) II, (Band) 3: Josef Susta, KareliV., otec a syn I333-I346 (KarliV., Vater und Sohn), Prag I946, Taf. 22. Die Reifenkrone in der deutschen Plastik des I 3· Abb. I9. Jahrhunderts: a) Otto !.,Meißener Dom.- b) Heinrich!!., Bamberger Dom. - c) Gemahlin Ottos I., Meißener Dom. d) Königin Hemma, St.Emmeram zu Regensburg.- e) Maria, Straßburger Münster. - f) Uta, Naumburger Münster. Abb. 20a-c. Das Kreuz im Krakauer Domschatz mit zwei auseinandergenommenen Staufischen Kronen (diese und die folgenden Abb. bis Nr. 33 - soweit nichts anderes vermerkt - nach W. Stroner, Zloty Krzyz ... na Wawelu, Krakau I9I5, und A. Bochnak- J. Pagaczewski, Krakau I933 (die genauen Titel in Abschnitt III) und deren Parallelen: a) Das Kreuz.b) Brustschmuck der Kaiserin Constanze Ct I222), nach J. Deer, Der Kaiserornat Friedrichs II., Bern I952, T. II, 3 (nach Stich von Daniele). - c) Ein Glied der Krone, ehemals im Domschatz von Sevilla, nach alter Photographie, vermittelt von Prof. Dr. H. Schlunk (Madrid). Abb. 2Ia-b. Die Krone auf dem Querbalken (ganz und rechte Hälfte). Die Krone auf dem Kreuzesstamm (Photomontage). Abb. 22. Einzelheiten der Krone auf dem Querbalken. Abb. 2J. Adler aus der Zeit Friedrichs II.: a) Handschrift der "Eneide" Abb. 24. des Heinrich von Veldeke, um 1210-20 (Berlin, Preuß. Staatsbibl.) (nach J. Deer, Der Kaiserornat Friedrichs II., Bern 1952, T. XXXVIII, 5).- b) Siegel des Reichskanzlers
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Verzeichnis der Abbildungen von 1233 (ebd. T. XXXVIII, 3). - c) Drittes Siegel von Colmar, IZ6I (nach G. Braun v. Stumm, Colmarer Pfennige, im Annuaire de la societe hist. et litt. de Colmar I953, Abb. 6). Helme des I 3· Jahrhunderts: a) Siegel des Landgrafen Abb. 2J. Heinrich Raspe, Gegenkönig, nach 0. Posse, Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige II, Dresden I 909; Helm A von Madeln, nach Hugo Schneider, Die beiden Topfhelme von Madeln, in Zeitschr. f. schweizer. Archaeol. u. Kunstgesch. I4, I953, T. VIa. Abb. 26. Figuren im Gerank: a) Giebelkamm am Anno-Schrein; b-c) Details vom Trivulzio-Leuchter im Mailänder Dom. Figürchen kämpfender Reiter: a) am Kölner DreiAbb. 27. königeschrein; Aufnahme des Bildarchivs Rhein. Museum, Köln, Nr. 59853; b) Zinnfigürchen, gefunden in Magdeburg, Foto-Lenz, Genthin, R.Nr. IV 823. Abb. 28. Büstenreliquiar des Hg. Sigismund im Domschatz von Plock, 1370 (Originalaufnahme). Abb. 29. Die Krone von Plock, I6oi nach spätstaufischet Vorlage gefertigt (Originalaufnahme). Abb. 30-JI. Details der Kronen in Krakau (nach Bochnak -Pagaczewski a.a.O.) und in Plock (Originalaufnahme). Abb. 32. Edelsteinfassungen an den Kronen in Krakau und Plock (nach Bochnak-Pagaczew ski a.a.O.). Fußkämpfer an der Krone am Querbalken (ebd. S. 38). Abb. 33· Kronen östlicher Form I. Fragmente der Monomach-Krone in Budapest (nach J. Deer, Abb. 34· Beitrag Nr. I8 zu P. E. Schramm, Herrschaftszeichen und Staatssymbolik, Bd. II). Diadem von Kiew in der Eremitage, Leningrad (ebd.). Abb. 3f· Abb. 36. Diadem der Sammlung Khanenko (ebd.). Kronen östlicher Form II: aus dem 13.(?) Jahrhundert. Mitra des ruthenisch-katholische n Bischofs von Przemysl, herAbb. 31· gestellt aus der Krone des Daniel von Galizien? (nach Abb. in einer ukrainischen Zeitschrift, mitgeteilt von Prof. Dr. A. M. Ammann, S.]., in Rom). Abb. 38. Krone auf einem Kopfreliquiar der Hl. Barbara im Besitz des Kardinals Albrecht von Mainz (nach Ph. M. Halm und P. Berliner, Das Hallesche Heiltum, Berlin I93I, T. II8b). Untergegangene Krone, einstmals in Venedig verwahrt (nach Abb. 39· E. Molinier, Le tresor de la Basilique de Saint Marque a Venice, Venedig I888, S. u). Abb. 40. Adlerfibel aus dem Mainzer Goldschmuck (nach E. Bassermann- Jordan, Der Schmuck, Leipzig I9o9, Abb. 88). Abb. 4I. Adlerfigur auf dem Ziborium in Minden (Aufnahme des Bayer. Landesamtes für Denkmalpflege). Byzantinische Reliefplatte aus Marmor (London, British Abb. 42. Museum) (nach Aufnahme des Museums). Adlerkapitell in der Eingangshalle der Kaiserpfalz zu GelnAbb. 43· hausen (nach Bildarchiv Marburg, Nr. 1442I5). Byzantinischer Adlerstoff (Brixen-Bressanone, Museo DioAbb. 44· cesano), (nach Gabinetto Fotogra:fico Nazionale, Roma, Serie E, Nr. 2I 8oi). Abb. 4f· Goldener Adlerfürspan aus Mainz (nach Pantheon VI, 1930, s. 480).
Verzeichnis der Abbildungen XXVII:
XXVIII: XXIX: XXX: XXXI:
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Abb. 46.
Detail vom Dachrelief des Karlsschreines (Aachen, Dom) (nach H. Schnitzler, Der DomzuAachen, Düsseldorf1915, T. 73). Abb. 41· Adlerwappen aus der Bilderhandschrift der Eneide Heinrichs von Veldeke (nach A. Boeckler, H. v. V., Eneide. Die Bilder der Berliner Handschrift, Berlin 1939, T. LVIII). Abb. 48. Nielloplatte mit Reichsadler auf der Scheide des "Zeremonienschwertes" (Wien, Weltliche Schatzkammer) (nach J. Deer, Der Kaiserornat Friedrichs II., Bern 1952, T. XXVI). Abb. 49a-b. Bronzenes Lesepult im Domschatze zu Bildesheim (Aufnahmen von Dr. Franz Städtner, Düsseldorf). Abb. JO. Adler aus Eisen mit Kreuzreliquie. Vorderseite (Sammlung A. P. J.), (Originalaufnahme). Abb. JI. Adler aus Eisen mit Kreuzreliquie. Rückseite (Sammlung A. P. ].) (Originalaufnahme). Abb. J2. Vogel aus Bronze im Metropolitan Museum (New York), (Originalaufnahme). Adler aus Metall. Abb. JJ. Antike Porphyrvase, durch Suger von St. Denis adlerförmig umgestaltet (Paris, Louvre) (nach Originalaufnahme). Abb. f4· Adler auf dem Ambo von S. Ambrogio in Mailand (nach: Atlantis 1949, Heft 2). Abb. JJ. Falkenpfennig Burchards II. von Falkenstein (nach Kurt Lange, Münzkunst des Mittelalters, Leipzig 1942, T. 38). Abb. J6. Reversseite eines Augustalls Kaiser Friedrichs II. (nach Münzen und Medaillen A. G. Basel, Liste 123, März 1953 Nr. 69). Abb. fl· Rückseite des Bronzevogels im Metropolitan Museum (New Y ork) (nach Originalaufnahme). Abb. J8. Detail einer Miniatur aus der Manfred-Bibel (Cod. Vat. lat. 36 f. 4r) (nach Originalaufnahme). Zeltbekrönungen mit Tierfiguren. Abb. f9· Karlsschrein im Aachener Dom. Abb. 6o. Fiereabras-Handschrift in Hannover (beides nach A. Juritzky, Ein mittelalterliches Feldzeichen, in Belvedere XIV = 8. Jahrg. 1929, S. 379-382). Abb. 6I. Adler auf der großen Kanzel der Kathedrale von Ravello (Photo Anderson). Abb. 62. Adler auf der großen Kanzel der Kathedrale von Salerno (Photo Anderson Nr. 26635). Abb. 6;. Johannes-Symbol der kleinen Kanzel, ebd. (Aufnahme von Frau Emma Deer). Abb. 64. Detail eines Kapitells derselben Kanzel, ebd. (Photo Anderson Nr. 26633). Abb. 6J. Kapitell mit Adler im Kreuzgang des ehemaligen Benediktinerklosters von Monreale (Aufnahme von Frau Emma Deer). Abb. 66a-b. Adler am Eingang zum Castel Ursino in Catania (dort und zur Restauration herabgeholt, nach Aufnahmen von Prof. Dr. H. Wentzel und der Sopraintendenza). Abb. 67. Adlerrelief auf der Schmalseite des Porphyrsarkophags der Kaiserin Constanze (Palermo, Dom) (nach Aufnahme der Dumbarton Oaks Research Library and Collection, U.S.A.). Abb. 68. Adlerkarneo aus Onyx (Bern, Sammlung Merz) (nach Aufnahme des Besitzers). Abb. 69. Adlerkarneo aus Sardonyx (Sammlung A. P. ].) (nach Aufnahme des Besitzers).
Verzeichnis der Abbildungen Adlerkarneo aus Sardonyx (Paris, Cabinet des Medailles) (nach Aufnahme des Cabinet). Abb. 7za-b. Adler aus Lapislazuli (Baltimore, Walters Art Gallery) (nach Originalaufnahme). XXXVII: Abb. 72. Adlerkarneo aus Sardonyx vom Gerhardskelch (Hildesheim, Domschatz) (nach Vorlage, vermittelt durch Prof. Dr. H. W entzel). Reversseite des Sander-Augustalls Friedrichs II. (Wien, Abb. 71· Kunsthistorisches Museum) (Aufnahme nach Gipsabguß von Frl. Dr. Heidi Vollenweider, Zürich). Adler von der Kanzel des Domes von Siena (Nicola Pisano) Abb. 74· (nach Astra, Collana di Monografie d' Arte: Nicola Pisano, Firenze 1949, Fig. 57). Adler von der Kanzel des Battistero von Pisa (Nicola Pisano) Abb. 7!· (nach ebd. Fig. 17). XXXVIII: Abb. 76. Bronzeadler. Vorderseite (Sammlung A. P. ].). Bronzeadler. Rückseite (Sammlung A. P. ].). XXXIX: Abb. 71· Bronzener Hahn (Rom, Sakristei der Peterskirche) (nach XL: Abb. 78. C. Cecchelli, Vita di Roma I, z, Rom o.]., S. 91). Bronzener Pelikan, zum Lesepult umgebildet (Messina, Abb. 79· Museo Nazionale) (nach: Attraverso l'Italia IV: Sicilia, Mailand 1940, S. zp, Fig. 134). XLI: Abb. 8o. Wachssiegel Alfonsos X. des Weisen von Kastilien, Vorderseite (nach Photo Paris, Archives Nationales). Abb. 8z. Wachssiegel der Königin Margarete, der Witwe Heinrichs (VII.) (Wien, Haus-, Hof- und Staatsarchiv; Aufnahme nach Gipsabguß von Frl. Dr. Heidi Vollenweidet, Zürich). Abb. 82. Islamische Keramik aus Rhages (nach dem Archäologischen Anzeiger 65-66, 1950/51, S. 346, Abb. 12). XLII: Abb. 8;. Goldmünze König Manfreds (Paris, Cabinet des Medailles) (nach Originalaufnahme). Siegel Friedrichs, des Sohnes König Manfreds, nach dem Abb. 84. Stempel im Medagliere Vaticano (nach Originalaufnahme). Abb. 8J. Staufischer Adler im Deckenmosaik des sogenannten RagetZimmers im Königsschloß zu Palermo (nach Aufnahme der Dumbarton Oaks Research Library and Collection, U.S.A.). Abb. 86. Wappen auf einem sizilischen Kupfergefäß (Amsterdam, Rijksmuseum) (nach Aufnahme des Museums). XLill: Bildnisse Kaiser Friedrichs II. Abb. 87. Augustalis (nach K. Lange, Münzkunst des Mittelalters, Leipzig 1942, T. 49, vergrößert, hier wiederum im Maßstab reduziert). Abb. 88. Sonderform der Augustalenprägung mit Bügelkrone, Münzsammlung Wien (nach Carl A. Willemsen, Kaiser Friedrichs II. Triumphtor zu Capua, Wiesbaden 1953, Abb. 35). Abb. 89. Münze von Corno (nach E. Kantorowicz, Kaiser Friedrich II., Erg.bd., Berlin 1931, T. I,5; nach dem Corpus nummorum Italicorum IV, Rom 1903, T. XIV, 6). Abb. 90. Kopf der Statue am Capuaner Triumphtor nach einem um 1780 genommenen Abguß (nach C. A. Willemsen a.a.O. Abb. 37). XLIV: Abb. 9I. Gemmen mit dem Bilde Friedrichs II. Abb. 92. König Heinrich (VII.) und seine Gemahlin Margarete, Wandbild in der Sechseck-Kapelle auf der Komburg (nach H. Decker-Hauff, Spätromanische Fürstenbilder auf der Komburg, im Jahrbuch "Württembergisch Franken", N.F.
Abb. 70.
Verzeichnis der Abbildungen- Namen- und Sachregister
XLV:
XLVI: XLVII:
XLVIII:
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28/29, I95 3/54, S. 85-98. Dem Verfasser habe ich zu danken, daß er mir die Vorlage für die Abb. zur Verfügung stellte). Die Tiara des Papstes: a) Mosaikbild des Papstes Innocenz Abb. 93· III. in der Vatikanischen Bibliothek (Rom). - b) Grabmal des Papstes Clemens IV. (1265-68) in St. Francesco zu Viterbo (nach Fr. Bock, Reichsidee und Nationalstaaten, München 1943, T. bei S. I6.- c) Statue des Papstes Bonifaz VIII. (I295-I303) in den Grotten des Vatikans (nach E. Dupre Theseider, Romadel Comune di populo alla Signoria Pontificia, 1252-1377, Bologna I952, T. XI).- d) Die heutige Tiara (nach E. Eichmann, Weihe und Krönung des Papstes im Mittelalter, München I95 I, Titelbild). Abb. 94a-b. Bronzekapitelle um "12oo", in Privatbesitz (Originalaufnahmen). Rekonstruktionsversuch zu Abb. 94 (Originalaufnahme). Abb. 9!· Der Goslarer Kaiserstuhl (nach E. M e y er, in der Zeitschrift der Abb. 9 6. Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft IO, 1943, S. I83). Goldbulle Friedrichs II. an der Berner Handfeste von I2I8 Abb. 91· (Originalaufnahme). Durchbohrte Porphyrtrommel mit Goldrosette, in PrivatAbb. 98. besitz (Originalaufnahme). Stuckfigur der Maria im Erfurter Dom; um II6o (nach Abb. 99· V. C. Habicht, Maria, Oldenburg I926, T. 7).
REGISTER 1.
Namen- und Sachverzeichnis
Achatschale, römische 17f., 38 Adler I 3 f., 59ff., 74f., 88-I24; - und Kreuz 95 f., Ir 3f.; als Reliquienbehälter 95 ; als kirchliches Zeichen I I I ; mit Schlange 9I 4, mit Drachen 94, mit Fischen 96f., mit Hasen 205; an Kronen 6off., 74f., I35; an Thronlehnen u8f.; -Fibeln89ff., 95;-Gemmen 106ff., I35 2 ; Kapitelle 90 ff.; -Szepter I I 7 f. ; - als staufisehe Wappenfigur I2I f., als polnische 55, 6r; s. auch: Doppeladler Agraffe 89 Albe des Herrschers I 3 I ff. KardinalAlbrecht I., König 136 2 ; Erzbischof zu Mainz 43 f., 7I Alfonso X. von Kastilien II7f. Amikt des Herrschers I32 Apulien 145 f. 1 Aragon, Wappen 93, I24 Armillae s. Armspangen Armspangen des Herrschers I 32 f. Auctoritas des Kaisers I43
Augustales (Goldmünzen Friedrichs II.) 37, 97ff., 99f., I38f.; Sonderform mit Kronen I03 ff., 108, I IO Augustus, Kaiser 139 Avignon 86f. Baldachine 89 Bamberg 2 5 f. Basilisk 59 f. Beatrix, Königin von Kastilien 75 f., I I 8 Benedict XI., Papst 86 Bilder von Herrschern an Thronen 85, 1 33 Bitumen 95 f. Blatt- und Blumenwerk als Ornament 2 I f., 92ff., 56f., 6 3 ff., 66, nf. Boleslav, Herzog von Krakau 67 Bonifaz VIII., Papst 84, I4I f. Bonnanus von Pisa I09 Boppard 66 f. Boso, König von Burgund 35 Bouvines, Schlacht von 12of. Bronzeguß 146f., -Türen 109
158
Namen- und Sachregister
Bügel an der Krone 19ff., 34ff. Byzanz als Vorbild 12, 72, 89 passim, 145 f. 9 , 15of.; als Bezugsquelle für Edelsteine 23 Caesar = Kaiser 129 Caesarius von Heisterbach 28 Caligae s. Strümpfe Cathedra = Thron 82 Clemens V., Papst 86 Coiffe 38 Colmar, Siegel 6r Corno, Münzen 73 Constanze, Gemahlin Friedrichs II. r I f., I4, 6I Corona = Staat I4I Cortenuova 30, I2I, 141 "Dagobert"-Thron 84,.146 Dalmatika des Herrschers I 32 Daniel (Danylo) von Galizien 69f. Deutscher Orden 27ff., 42ff. Dietrich von Köln (Boppard), Goldschmied 66f., 78 Doppeladler 74, 93 1 Drache im Feldzeichen Ottos IV. I2 I ; - und Adler 94 Donauwörth, Münzen n6 Dreizahl der Kaiserkronen I42; - der Kronen an der Tiara I42 Edmund, Prinz von England I 37 1 Edward I. und ll., Könige von England 1341 Eisen als Werkstoff 94f., I I2 Elias von Cortona, Ordensgeneral 29 Elisabeth, Landgräfin von Thüringen, 1235 heilig gesprochen 27ff., ihre Gebeine und ihr Schädel 4I ff. Elisabeth, Königin von Ungarn 42, 77; -,Witwe Karls IX. von Frankreich 50 Elle, allegorisch benutzt I42 England, Krone für Isabella I37f., Thron 149 Eßlingen I 38 Exultetrolle von Salerno 73 Fadrique, Don, s. Friedrich Faldistorium s. Faltstuhl Falken 100 f. Faltstuhl s. Thron Feldzeichen 89, II 5 ff.; s. auch Adler Ferdinand I., Kaiser 46; - III., der Heilige, König von Kastilien und Leon 73ff. Fibeln 89
Figürliche Szenen als Ornament 55, 63ff., 77f. Frankreich, Könige von I42f. (s. auch Einzelnamen); Thron I48 f. Frauenkronen 12, 39f., 56f., 6If., 69 Friedrich I. Barbarossa 36, IIJ, I44 Friedrich II. passim; Münzen 931, 97, I25, s. auch Augustales, Siegel I25, Gemmen I25; Bildnisse I25 ff.; Capuaner Statue73 Friedrich der Schöne, König 136 2 ; - , Infant von Spanien 75 f. Galizien 69f. Geblütsheiligkeit 30 Gemmen mit Adlern Io6ff. Gisela, Gemahlin Konrads II. 89 Godefroid de Claire 36 Goldbronze I46f. Goslar I8; Thron ebd. I48 Grabkronen I 2 Gregor IX., Papst I I4 Grimaldi, Genueser Familie 83 Gürtel des Herrschers I 32 ff. Gustaf Adolf, König von Schweden 24 ff., 5I Halyc 7o 1 Handschuhe des Herrschers I 32 f. Helm s. Kronen-, Prunk-, Topfhelm Heinrich II., Kaiser 72, I3o, I3Z;- III. 35;- IV. II3, I33;- V. II3, II7; VI. I4, II3, 130;- (VII.) 62f., 66, 72f., nf.;- VII. IOI 2 , I36 4 f. - Raspe, Gegenkönig 58 Heinrich I., König von England I 38 ; - III. I37 Heinrich Jasomirgott, Herzog 72 Heinrich von V eldeke s. V eldeke Herzogskronen 67 f. Hugo von Oignies 66, I 34 6 Infulae der Tiara I4I Innozenz IV., Papst 83 Isabella, Gemahlin Friedrichs II. I 37 Islamische Stoffe als Vorbild 90 ff. JagdszenenaufKronen 56ff.; s. auch Falken Jaime II., König von Aragon So, I49 Johannessymbol: Adler III Juritzky, Prince A. (Paris) 145 ff. Jupiter, Adler des II3, II5 Justitia Caesaris I 29 Kalisch 70 Kamelaukion nff., 76, 135f., 140 Karl der Große II3, 139;- IV. 35, 4off., 77, I44;- V. 46;- von Anjou 83, I25
Namen- und Sachregister Karlstadter Vergleich 49 Kasimir III., König von Polen 55 2, 76f., 79;- IV. 55 Kastilien II 8; s. auch Alfonso, Ferdinand Kiew, Frauendiademe von 69 Köpfe an Thronen 85, an Kapitellen I45 ff. Konrad III., König I49; - IV. 3I, 40, 82 f., I 37; - I., Herzog von Masovien 67f. Konradin, König 83 Konstantin der Große I2, II4f., I39; - IX. Monomachos 69 Krakau 54ff. Kraft, Adam, Superintendent 45 Kranz s. Lorbeerkranz Kreis, allegorisch benutzt I42 Kreuz als Zeichen I I4f.; - an Kronen 2 I, 38; -fahne I I 3 ff.; -szepter I I 7; und Adler I I4 Krone passim; s. auch Frauen-, Grabkronen, Herzogskronen, Kamelaukion, Kronenhelm, Kronreif, Platten-, Prunkhelm; ferner: Bügel, Kranz, Kronhaube, Lilie, Pendilien; und Reliquien, Kronenreliquiare 4 I ; in Mehrzahl besessen 79, I 34 Kronenhelm I38, I40 Kronhaube 38 Kronreif (Reifenkrone) I9ff., nff., 73f., I 35 ff. Lanuvio 1263 Legionsadler I I4 Legnano, Schlacht von I 20 Lernberg 55 2 ,70 2 Lilien an Kronen 2I, 36, 38, 73 Löwe als Wappenfigur Schwabens 62f., Siziliens 102 Lorbeerkranz 13 8 ff. Ludwig IX. der Heilige von Frankreich I48 Lüttich, Krone aus 4of. Manfred, König von Sizilien 83f., roof., III, 122f., I35 (s. auch Rom, ManfredBibel) Mantel des Herrschers I 31, I 33 Manteltracht 57 Margarete von Österreich, Gemahlin Heinrichs (VII.) 62f., 72, 78, u8f., 138 Mathilde, Witwe Heinrichs V. nf. Maximilian, Erzherzog und Hoch- und Deutschmeister 50 Melchisedek 36; s. auch Rex et sacerdos Menschen- und Tierköpfe an Kapitellen I45f.; s. auch Thron Metgentheim 46
159
Mindaugas, König von Lithauen 69f.l Mitra des Herrschers I 32 f., 140 Nicola da Foggia I03, 107 Nicola Pisano Io7f., IIo Nikolaus von Verdun 36, I34 6 Oppenheim, Stadtsiegel 36 Ordo Cencius II I3 r, I 33; KaiserordoD I40 Ornat des Kaisers I3ff., I3Jff. Otto I. 140, I43;- III. II5, 139, 143; -IV. 65, I20f., I32f. Palermo 102; s. auch Reg. 2 Pandulf IV. von Capua I3o Papst, s. Einzelnamen Mitra I4I, Phrygium-Regnum-Tiara I4I f. Parma I36f. Pater patriae, Friedrich II. als I 39 Pedro III., König von Aragon 98 Pendilien uf., 35 Persischer Adlertyp 9 I Personifikationen I 29 f. Petrus de Ebulo II9 Anm., I30 - de Vinea 122 Philipp Augustus, König von Frankreich I 2 I ; - der Großmütige von Hessen 45ff.;- von Schwaben, König 75 Pisa w6f., u8; Wappen 107 Plattenkrone 68ff. Plock 67, 76ff. Pluviale des Herrschers I32 Polen 54ff., 67f.; Wappen 55, 6I Porphyr am Thron 147, 149ff. Potestas des Kaisers I43 Preis, Entwicklung des 82 1 Prudentius-Handschriften I I9f. 3 Prunkhelm 12 Przemyslav, König von Polen 68 Reichsapfel I29, I32; -kanzler, Siegel des 6o; -Zeichen s. Adler Reifenkrone s. Kronreif Reliquiare I II f., I I 5 Rex et sacerdos I40 Richard von Cornwall, König 40 f. Richer von Senones 28 Richter am Capuaner Tor 129 Ring des Herrschers I32 Rhages, Keramik von I I 9 Roger II., König von Sizilien Io2, I09 Romuald, Erzbischof von Salerno I02 Rudolf I., Grabplatte I25 Rzerzowsky, Johannes, Bischof von Krakau 55
t6o
Namen- und Sachregister
Sandalen des Herrschers I3off. Schilde 59 Schleier der Königin 39 Schuhe des Herrschers, s. Sandalen Schwert des Herrschers I 3 I ff. (s. auch Wien) Seidenstoffe 90 f. Sevilla 75 Sigismund, Heiliger 76, 79 Sizilien, Krone der Könige 13f.; Wappen I24 Spangenhelm I I Spinola, Genueser Familie 82f. Sporen des Herrschers I32f. Strahlenkrone I 39 6 Strümpfe des Herrschers I 3 I f. Suger, Abt von St. Denis 146 Szepter 89, xoo, 117, 129, 132f.; zum Vortragen Ioof., II9 Anm. Tankred, König von Sizilien IOI \ 120, II9 Anm. Theodora, Herzogin von Österreich 72 Thron Friedeichs II. 81 ff., in Goslar 148 f., Kapitelle am Thron 145 ff., Bilder und Köpfe am Thron 85, I I 3 ; Thronbank I 29 Tiara des Papstes I4I f. Topfhelm 57f.
2..
Tragaltar I48 Trifels 133, 136 Tunika des Herrschers I 32 Ungarn, Königssiegel I49 Veldeke, Heinrich von 6o, 92 Venedig u6 Villingen, Siegel 6o Vogel auf der Stange 89 3 Vogelbuch Friedrichs II. 65, 73, xoo 5, 103, 126 Vortragsszepter s. Szepter Wappen 14, 55, 6xff., 99f., 107, 124; s. auch Adler, Löwe Wien, Elisabethinerinnen 5 I, Klarissinnen 51 Wilhelm I., König von Sizilien 109 Wladislaw Lokietek, König von Polen 68, So Wolhynien 65 f. Würzburg 24ff. Zeltbekrönungen 89, 101, u6 Zemelka, Stanislaus, Goldschmied 77f. Zepter s. Szepter Ziegenhain, Festung 46 Zinngußfiguren 65
Verzeichnis der Kunstwerke nach Verwahrungsorten
Aachen Karlsschrein 92, 102 2 Domschatz: Stiftungen Richards von Cornwall 40 Karlsreliquiar 77 Krone auf demselben 41 Armreliquiar s. Louvre Lothatkreuz r I 5 Dirigentenstab 94 Szepter mit Taube 101 1 ehemaliger Palast, Adler am 1 I 1 7 Amsterdam, Rijksmuseum Kupfergefäß 123f. Baltimore, Walters Art Gallery Adler aus Lapis Lazuli 162, II7 Bamberg, Dom Statue Heinrichs II. 73 Reiter 126 3 Krone s. München
Barletta, Kastell Adler im Innenhof 93 2 , 94 3 -,Museum Marmorkopf 126 3 Basel, Münsterschatz Kreuz Heinrichs II. 95 5, 96 8 Berlin, Kaiser-Friedrich-Museum Marmorkopf mit Diadem 140 Anm. - , Kunstgewerbemuseum sog. Schmuck der Kaiserin Gisela 89 Bern, Sammlung Merz Onyx-Kameo 106 Bitonto, Kathedrale Relief an der Kanzeltreppe 102 1 Bonn, Rhein. Landesmuseum Karoling. Adlerfigur 881 Brixen, Seidenstoff 90 Budapest, Nationalmuseum Krone Konstantins IX. Monomachos 69
Verzeichnis der Kunstwerke nach Verwahrungsorten - , byzant. Ohrgehänge 9I 3 Zierstück 65 1 Cagliari, Dom Kanzel ro6 Capua, Brückentor 73, 127ff. Gastel del Monte Fragment eines Kopfes I ;8 Catania, Castel Ursino Adler 105 Conques Statue der Ste Foy 35f., 39 Erfurt, Dom Madenstatue I50 Essen, Stiftskirche Madenstatuette 9I f. Frankfurt a. M., Museum für Kunsthandwerk Hahnenaquamanile 94 Fritzlar, Petrikirche Kreuz 95 Gelnhausen, Pfalz Adlerkapitell 9of., 94, 96 Gloucester, Leuchter 64 Goslar, ehemaliger Dom Thron 148f. Reliquiare 2 3f. -,Rathaus Evangeliar I8 Halle, Heilturn 43 f., 7I Hannover, Fiereabras-Hs. IOI a Hildesheim, Dom Bernwardkreuz 95 Gerhardskelch ro6 Adler-Lesepult 93 f. Klosterneuburg, Retabel 36 Köln, Dom Dreikönigsschrein 58, 65 Komburg, Fresko 69, 72 Kopenhagen, Nationalmuseum Gürtelschnalle 6 5 1 Krakau Kreuz im Domschatz 52ff., 135 Evangeliar des Domkapitels II7 London, British Museum Byzant. Reliefplatte 90f. Elfenbeinfragmente aus St. Albans 64 Magdeburg, Dom Sitzstatuette Christi 36 f. - , Ausgrabungsfunde 65 Mainz, Dom Figur am Westlettner u6 3 - , Altertumsverein Agraffe 89 (s. auch Berlin, "Gisela"Schmuck) Mailand, San Ambrogio Trivulzio-Leuchter 64f.
161
- , Altarziborium 96f. Adler am Ambo 98f. Leinenstoff im Schatz 89 1 Marburg, St. Elisabethkirche 41 ff. Schrein der Heiligen Elisabeth 22, ;;, 42 Meißen, Dom StatuenOttos I. und Gattin 39, 74 Merseburg, Dom Grabplatte des Königs Rudolf ;6 Messina, Museo Nazionale Bronzener Pelikan IIO Minden, Ziborium 90 Monreale, Kathedrale Bronzetür I09 Kapitell im Kreuzgang I03 Monza, Kathedrale Eiserne Krone 37 München, Schatzkammer Krone aus Bamberg ;;f., ;8, 4I Namur, Kathedrale Krone 37f., 40 Naumburg, Chor Statue der Uta 39 New York, Metropolitan Museum Bronzevogel 98-ror, Io8 Palermo, Dom Porphyrsarkophag 104, Io6 Sarkophag der Constanze, Gemahlin Friedrichs II. I I Krone, gefunden in demselben I I ff., 78, 134f. Brustschmuck, gefunden in demselben 6I, 74, 76 -,Schloß Ragerzimmer I05 f. Osterleuchter der Cappella Palatina I02 Thron ebd. 8 I Bronzetüren ebd. Io9f. Ambo ebd. I07 Paris, Louvre Reliquienkasten aus Aachen 36 Krone aus Lüttich 40 f. Adlervase aus St. Denis 98f. - , Cabinet des Medailles "Dagobert"-Thron 84, I46 Adler-Sardonyx Io6 -,Sammlung A. P. ]. Reliquiar-Adler 95-IOI Adler-Kameo Io6 Bronze-Adler Io8-I I I Bronzekapitelle 144-149 Porphyrtrommel 149-I5I Perugia Fontana Maggiore uo Palazzo Comunale I Io 5
t62.
Verzeichnis der Kunstwerke nach Verwahrungsorten
Pisa, Battistero Kanzel Io7 Konsole I07 s. auch Cagliari Plock, Kathedrale Sigismundreliquiar 76 Krone auf demselben 67, 76ff., I35 Patene 68 Frag, St. V eitsdom Grabkrone des Königs Rudolf 34f. Krone Karls IV. 35, 4I Qued/inburg, Stiftskirche Reliquienkasten Heinrichs I. I 8 Rave//o, Kathedrale Ambo Io3 Regensburg, Dom Grabplatte der Königin Heroma 39 Kreuz 33 Rom, San Peter Bronzehahn in Sakristei -,Vatikan Cod. Vat. Lat. 36 (Manfred-Bibel) 93 2, Ioo, I03 Cod. Vat. Ottob. lat. 74 (Evangeliar Heinrichs II.) I30 Medagliere Vaticano: Siegel Friedrichs von Staufen IZ3 - , Konservatorenpalast Sitzstatuette Karls von Anjou 12.5 - , SS. Quatro Coronati Mosaik I36 1 - , Deutsches Archäol. Institut Marmorkopf I z6 Sa/erno, Kathedrale Ambonen Ioz, I07
Schaffhausen, Onyx roo 5 Sevilla, Kathedrale Krone 74ff., I35 Siegburg, Anno-Schrein 63 Siena, Dom Kanzel I07 Speyer, Dom Grabplatte Rudolfs I. I2.5, I3o, I36 Stockho!m, Statens Historiska Museum Inv.-Nr. I: Reliquiar I6-5I, I35 Gürtelschnalle 6 51 Toledo, Kathedrale Krone IZ, 37 Uppsa!a, Dom Grabkrone König Erichs 12. Venedig, San Marco Schatz I34 6 Opus V enezianum 66 2 Untergegangene Krone 71 Va/terra, Kanzel I07 Wien, Schatzkammer Reichskrone I36, qo Reichskreuz I I 5 Heilige Lanze I I 5 Zeremonienschwert I 3, 92., 99, I 3I Handschuhe I3, I3I Schuhe I3, I3I Mantel I4, I 3 I Albe I3 I Strümpfe I 3 I - , Kunsthist. Sammlungen der Stadt Kopie des Grabmals Rudolfs I. !362 Worms, Sammlung Heyl Adlerfürspan 9I, 94
Tafel I
Abb. 1: l rone, angefertigt nad1 1200, gefunden im Sarkophag der Kaiserin Constanze ("!1222) zu Palermo, jedoch Krone eines Mannes, also ihres Gatten, des Kaisers Friedrich I I.
Tafel II
Abb. 2: D as 1631 in Würz bu rg von den Sch we den erbeutete R eliqui a r, se ither in Stockholm (Sratens Hi sroriska Museum In v. -Nr . 1), an ge ferti gt mir Hilfe vo n Krone und K elch Fri edrich s II . fiir den Schädel der H g. E li sa berh , ehemals in Marburg.
Abb. 3: Di e andere Sei te des Stockholmer R eliquiars mit dem G uckloch in der Ka lotte.
A bb. 4: Zeichnu ng von 1526/ 7 nad1 einem ve rsd10llen en, nicht v iel älteren Reliquiar im "Halleschcn H eilwm ", d er Reliq LI iensammlun g des Kardi na l-Erzbischofs Al bred1t vo n Mainz (Replik d es Marburgc r Reliquiars).
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D er Dopp elbü ge l au f d em Marbu rge r R eliquiar , R es[ der Krone Friedrichs II.
Abb. 5: Ansieh[ von oben (die großen $[eine nachuä gli ch aufgese[z[).
Abb. 6: Schräga nsich[ o hn e den Reif (seinc[wcge n di e End en abgeschninen und pl an gcdrückr).
A bb. 7- 9: Vcrgrößcrrc E in ze laufnahm en des Doppclbü gc ls.
Abb. 10: Di e abgelöste R e ifenkron e a uf d em R eliqui :lr Marburge r (zwe i Kre uze bereits in a lter Zeit entfernt ; d ie silbern en V ersteifun gen auf de r Rück sei te sp:i tcrc Z ut at).
Abb. 11 - 12: Vc rgröße rre D era il a uf nahm cn der Rc ifc nkronc.
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ßlarrwerk dc~ 13. J a hrhund e rrs: Abb. !Ja-c: a m Elisaberh schrci n in Marburg (v ier z iger J a hre cks 13 . .J a hrhunderrs; mehrere Mcisrer ).
Abb. 14: an d~r a us Bamberg sta mmend en Krone in der Reichen Kapelle, Münch en (A usgang des 13. Jahrh. ) .
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Abb. 15 : Büge lkro nen vo m 9. b1 s z um 13. J a h rhun de n 1: a ) Ze ichn ung von 16 12 n ach de r dama ls in V ienn e noch vo rh ande nen Krone des Kö n igs Boso von B urgund (t 887). - b) Sta tu e de r Ste Foy in Conques, w iede rh e rges tell t um d ie J ahr ta use ndwende. - c ) Zwei tes Kö ni gss iege l He inri chs liJ. (1042-46), da nn z um Kaisers iegel umgea rb eitet. - d ) Die ungarische Step ha nsk ro ne vo n hi nten (de r Reif byza nt ini sche A rbeit des 11 ., de r Bügel un gar ische A rbeit des 12. J a hrhu nderts}.
Tafel X
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Abb. 16: Bügelkrone n vom 9. bis z um 13. Jahrhundert li: a) Grabpl:m.:: des Gege nkönigs Rudol f in Merscburg (um 1080). - b) Kön igs bulle F ricdri chs 1. - c) Konr ad Ill. :~uf dem zw isch en 1166-73 angefertigten Reliquiarkasten für den Arm Karls des Großen ikolaus YO n Verdun (P a ris, Lou vre) . - d) Melchisedek a uf dem 11 81 vom Meister e) Fricdrich I I. auf dem Siegel der a ngefe rti g ten Altz.rreta bel in K losterneub urg. Stadt Oppenh eim (1225/ 6). - f ) Ch ri st us als Bräutiga m der Eccles ia (f r üher als Otto I. :_"edeutet) im Magdeburger Dom ( um 1130-40) .
Tafel XI
Abb. 17- JR: Bügelkronen des 14. J ahrhunderts: / 1bb. 17: Grabkrone des jungen Rudolf von Habsbur5, 1306 Köni g von Böhmen (i' 1307), im Veitsdom zu Pra g. - Abb. 18: Die um 1347 für Kar! IV. an gefertigte böhmische Königsk rone, ebd . (unter dem Doppelbü gel eine damastene Haube aus dem 16. Jahrhundert).
Tafel XII
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A.bb. 19: D ie Reifenkrone in der deutschen Plastik der erst en Hälfre d es 13. J a hrhund eres (·1- b: H errscher, c- /: Fürstinnen ) : a) Otto I., Meiße ner Dom . - b) Hei nrich I L, Bamberger D om. - c) Gema hli n Orros 1., Meißen er Dom . - d ) K ön ig in H emm a. Sr. E mmcram z u Regcn sburg. - c) Maria, Stra ßburger M(in ste r. - f) U ra, Naumbu rgc r D om.
Tafel XIII
Abb. 20a- c: a) Das K reuz . - b) Brustschmuck der Ka ise rin Consranze (t 1222). - c) Ein Gli ed der Kro ne, ehema ls im Domschatz vo n Sevi ll a .
K reuz im Krakauer D omscha tz vomEnd e des 15. Jahrhu nd erts, ve rz iert mir zwe i a usei na nd crge nomm cnen Staufi schen Kronen, und deren Parallel en:
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Abb. 2 / a- b: Die Krone auf de m Querbalken (ga nz und rechre Hälfte ), angeferti gt für f- ricd ri chs II. ältesten Sohn , den Kö ni g H e in rich (VI L ) um 1225-35 (o ben rechts isr da s un ren auf de m Stamm a nge brachte 12. G Iicd in die urspr ün g li che Lage z urück ve rsetzt; unten kenntlich ge m aehr durch Sr richclun g).
Abb. 22: Die Krone auf dem Kreuzesstamm (Phorom onrage der zers rü ckel rcn Glieder), angefertigt um 12 25-35 von demselben Meister (Di ed ri ch von Köl n?) für H ei nrich s (V II. ) Gemahlin Margarete von Babenbcrg.
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Abb. 23: Ei nzei heiren de r Krone auf dem Querbalken: a) Spitze m1t Adler; b) Kampf- , c ) Jagdsze ne.
Tafel XVI
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Abb. 24: Adl er aus der Zeir Friedrichs !I.: a) Handschrift der "Eneide" des H einrich von Vcldeke, um 1210- 20 (Berlin, Preuß. Sraatsbibl.). - b) Si~gel des Reichskanzlers v on 1233. - c) Drines Siegel von Colmar, 1261.
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Abb. 25: Helme des 13. Jahrhundr.rrs: a) Siegel des Land grafen H ei nrich Raspe (t 1247), Gegenkönig. - b) Helm A von Madeln (Ka nton Basel-Land ) im Kantonmuseum BaselLand (Liesral ); um 1300.
Tafel XVII
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A bh. 26: Figu ren im Ge rank: a ) Giebelkamm vom Anno-Schrein in Siegb urg; ölner Schul e um 1200. - b- d ): Deta ils vo m Tri vulz io-Leuchter im Mailänder Dom ; um 1200.
Tafel X VIII
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/ lbb . 27 : Fi gürchen kämpfc!1der Reirer: a} Vorderfronr des Dreikön igsschreins im Kölncr Dom, fcrriggesrellr in der Kö ni gsze ir Orros IV. ( 1198-1209). - b- c; Zinnfi gürchen aus de r Mirrc des 13. J ahrhunderts, neuerdin gs in Mag ei eburg :1usgegr:1bcn.
Tafel XIX
Abb. 28: ßlisrcnrcliquiar des H g. Sigis mund mit Kron e 1370 ges tiftet von Köni g Kasimir Ili. dem Gro ße n.
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Domschatz von Plock (Polen ),
Abb. 29: Di e Krone vo n Plock (Polen ), 1601 vo n einem polnischen Goldsdm1ied angcferrigt nach dem Vorbild ei ne r staufisdlen Krone a us dem zweiten Yierrel des 13 . .Jahrhunderrs unter ßenutzun~ von deren Steinen und Steinfassungen.
Abb. 30: D etai l der K ron e a uf dem Querba lken des Kraka uer K reuzes.
Abb. 31: D etai l d er Kro ne
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P lock .
Tafel XXII
Abb. 32
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Abb. 33
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Abb. 32 a- d: Ed elstei nfass un ge n an der K rak a uer K ron e am Que rba lken (a, c) und a n der Pl ocke r Krone (b, d ). - Abb. 33: F uß kä mp fe r der Krone am Querbalken.
Kronen ösrlid1e r Form I:
Abb. 34: f rag mente der ,·o n Kais e r Konstant in IX . Monom achos (1042 bi s 1055 ) nach Un ga rn geschenkten Frauenkrone (ßudapesr, Narionalmusc um )
A/717. 35: Diadem, 1889 ge funden in Kiew , Mitte des 12 . .J a hrhund erts (Len ingrad, E remitage).
Abb. 36: Di adem , gefun de n im Gou ve rnement Kicw , dann in der Sammlung Khanenko in Kiew , Mitte des 12. Jahrhunderts (Verbl eib un bekannt).
A b h . 3S
Abb. 39 Kro n ~ n ösrl icher Fo rm li: a us d e m 13 . (?) J a hrhund crr. Abb. 37: Mirra d es rll[h eni sch- k a rh o lisdl en B ischo fs vo n Prze m ys l, hergestell t a us d er Kro ne d es Rurikid cn D a ni e l, F ü rs ren von G a li z icn un d \XIo lh y n ie n (1253- 64 )?
Abb . 38: Kro ne auf ein em Kopf rel iq u ia r d er H g . ß a rb 1r:1 im Bes irz des I ard in a ls Albreehr vo n Ma in z (Ze ichnung YOn J 526/7) . Abb . 39: Un te rgega nge ne Kro ne, (n a d1 a lter Ze ichnun g) . Abb. 37
einstm a ls
in Ve nedi g ve r wa hrt
Abb. 40 Abb. 40: Ad lerfibel aus de m Ma in zcr Go ldschmu ck , (Main z, A lrertumsmuse um ). Abb. 4 1: Ad lerfig ur auf dem Z iborium in Mi ndcn ; far im idischer Kris rallschnirr.
Abb. 4 1
Tafel XXVI
Abb. 42
Ab b. 44
Abb. 43 Abb. 42: Byzanrinische Reliefplatte aus Marmor (London , Bricish Museum ).
Abb. 43: Adlerkapitell aus der Ein ga ngs halle der Kaiserpfalz zu Gelnhause n, um 11 80/ 90 .
Abb. 44: Byza ntinischer AdlersroH (Brixen-Bressa no ne, Musco D iocesano) . Abb. 45: Golden er Adlerfürspan a us Mainz, 12. Jahrh. (\'l'o rm s, Sammlun g Hcyl ).
Abb. 45
Tafel X XVII
Abb. 46
Abb. 49 a
Abb. 49 b
D eutsche Adlerdarsrellun gen: Abb. 46: D eta il vom D achrel ief des Karlsschrcins, um 12 15 (Aachcn, Dom ). - Abb. 47: Adlerwappen aus der Bilderhandschr ift der Eneide H ei nrich s 1·on Veldeke, 1210/ 20. Abb. 48: Niclloplarre mir R eichsadler a uf der Scheid e des ., Zercmoniensch w enes" (Wie n, Weltliche Sd1arzkammer ), um 1220.- Abb. 49a - b: Bronzenes Lesepult im Domschatz zu Hildesheim; 58 cm hoch , 13. Ja h rh.
Tafel XXVIII
Abb. 50: Adler aus Eisen mi r 1 reuzrel iqui e; 24,5 cm hoch. Lomba rdi scher (?) Gu ß, ,·crmmlich Ende des 12. Jahrh. ; wohl Feld zeich en (Sammlung A. P. ]. ).
Tafel XXIX
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Abb. 51 : Adler aus Eise n nm Kr cuzrcliquic. Rückseire (Sammlun g A. P . J.).
Tafel XXX
Abb. 52: Vogel a us vergo ld eter Bronze auf unren geloduer Kugel. Bekrönung eines Vorrragss rabcs oder eines Zeltes? 24,5 cm hoch (Mcr ropoliran Museum in
ew Yo rk ) .
Adler a us Metall: Abb. 53: Antike Porph yr vase, durch den Abt Suge r vo n St. Deni s (1122-52) adlerförmi g z um Kultgerät a usges taltet (Paris, Louv re ).
Abb. 54: Ad lcrförmiges Kanzelpult ve rgo ldetem Kupfer.
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S. Ambrog io (Mailand) aus
Tafel XXXII
Abb. 57
Al: 58 Abb. 55: " Falkenpfennig" ßurchards IT. vo n Faik~nstein (1142-74), Harz. - Abb. 56: Rev ersse ite ei nes Augustalis Kaise r Friedrichs l i . - Abb. 57: Rück seite des New Yorkcr llron ze vogcls (vg l. A bb. 52) . - Abb. 58: D et ail ei ner Miniatur au s der M :lllfr~d-llib r l (Cod. Var. lat. 36 f .4'}
Ze ltbek rönun ge n mit T ie rfi guren :
Abb. 59: Ka rl sschrein im Aachcncr Do m (um 1215).
Abb. 60: f. icrcab ras-Ha ndschr ift 1n Ha nn over.
Abb. 62: Große Kanzel 1n der Kathedrale ,·on Salerno ( um 11 70 ).
Abb. 63: J o hann es-Sy mbol a n der kleinen . Kanzel ebd. ( um 1170).
Adler an siidiralie ni schen Kanzeln.
Abb. 6 1: Kathedrale vo n Ravello ( 1272}.
Abb . 64: Derail e ines Kapitells an der kleinen Kanzel.
Abb. 65 : Kap ircll im Kreuzga ng des ehemaligen Bcncdikrincrklosrcrs in Monrea le.
Tafel XXXV
Abb. 66 a
Abb. 67
Abb. 66 b
Adl er a n ka ise rli chen Bauten und Gräbern:
Abb. 66a-b: Einga ng zu m Cas te l Ursino in Carani a (1240-50). - Abb. 67: R el ief auf der Schmalse ite des Porph yrsarkoph ags der Kaiserin Constanze, ehemals Heinrichs V I. (P alermo, D om) ; E nd e 12 . J a hrh .
Tafel XXXVI
Abb. 69
Abb. 7 1 a
Abb. 71 b
A dlerkamcc n: Abb. 68: On yx (Bern, Sammlung Mcr z); 3,2 cm. - Abb. 69: Sardony x Abb. 70: Sardon rx (P aris , Ca bincr des Mcdaillcs) ; (Sammlung A. P. ]. ); 2,5 cm. 2,2 cm. - Abb. 71 a- b: Antiker Adler aus Lapislazuli (Balrimore, \'\falrcrs Arr Gallery).
Abb. 72: Adler kamee aus Sardonyx vom Gerha rdskelch (Hildes heim, Domschatz); 3,3 cm . .Abb. 73 : Re versseite des Sonder- Au gusrali s F ri edridl s ll. (\XIien, Kunsthistori sches M use um ), ve rgrößert nach G ipsa bguß. Ka nze ladl er vo n N ico la Pisano:
.Abb. 74: D om vo n Siena . .Abb. 75: Barci stci·o von Pisa.
Abb. 72
Abb. 74
Abb. 75
Tafel XXXVIII
Abb. 76: Bronzeadler; 16 cm hoch. Süditalienischer Guß aus der Zeit Friedrichs 11. ; woh l Feldzeichen. Vorderseite (Sammlun g A. P. ]. ).
Tafel XXXIX
Abb. 77: Bronz.eadlcr. Rückseite (Sa mmlun g A. P. ]. ).
Tafel XL
lral ieni sche Bronzegüsse:
Abb. 78: Bro nzene r H a hn , I I ./ I 2. J ahrh . (R om, Sakriste i der P ctcrskirche).
Abb. 79: Bron zener Pelikan , z um Lesep ult um ge bild et, 13. Jahrh . (Messi na, M useo Nazional e).
Tafel XLI
Abb. SO
Abb. SI
Abb. S2
Adler auf Szeprern und Thronlehnen: Abb. 80: \'(fachss iegcl Alfonsos X. des Weisen von Kasrilie n (Paris, Archives arionalcs. - Abb. 8 1: \'\fachssiegel der Königin Margarerc de r W ir we Heinrichs (VII.) (\'(f ien, Haus-, Hof- und Staarsarchiv) . - A bb . 82: Islamische Keramik aus Rhages.
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Abb. 83
Abb. 85
Abb. 84
Abb. 83 : Goldmü nze I önig Manfreds (Paris, Cabiner des Mcdai ll cs). Abb. 84:
Siege l Fricdnchs, des Sohnes Kö ni g Manfreds, A bguß nach dem Srcmpcl im Medag li ere Varicano.
Abb. 85: Sraufischer Adl er im Decken mosaik des sog. Rogcr-Zimm ers im Kö:1ig schlo ß zu P a l ~r mo. Abb. 86: Wappen auf ein~m sizilischen Kupfergefäß (Amste rdam , Rijk smusc um}. Abb. 86
Abb. 89
Abb. 90
Bi ldni sse Kaiser F riedri chs Jl: Abb. 87: Goldmü nze Fr ied rich s, "A ugusrali s", vo n 1231 an geprä gt, mit Kranz nach anrikem Vo rbild . - Abb. 88: Sonderform der Augusta lenprägung mit Bügelkrone. - Abb. 89: Silbermünze (G rosso) vo n Co mo mit dem Bilde F ri cdrichs, e in e Reifenkrone rragend. - Abb. 90: Kopf der Stat ue am Ca puaner Triumphtor, nach einem um 1780 ge nommenen Abguß.
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Tafel XLIV
Abb. 91: Gemm e nm dem Bild e Friedrichs II.
Abb. 92 b
Abb. 92a- b: Friedrichs ll. ä lresrer Sohn, H einrich (VII.) und se in e Gemahlin Margarcrc Füßen des Gekreuzi gten, 1940 aufgedecktes Wa ndbild YO n et wa 1225/6 in der s~chscck Kapelle au f der Komburg (Schwaben ). - (b ) die gekrönte rrau link s) .
ZU
Tafel XLV
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Abb. 93: Die Tiara des Papstes: a) Mosaikbild des P apstes Innocenz III. (1198-1216) in der Vatikanischen Bibliothek (Rom). - b) G rabmal des P apstes Clemens IV. (1265-68) in Sc. Francesco zu Viterbo. - c) Statue des Papstes Bonifaz VIII. (1295-1303) in de1~ Grotten des Vatika ns. - d) Di e heutige Tiara.
Tafel XLVI
Abb. 94a- b: Bron zekapirelle um " 1200" in Pariser Privarb esirz (di e Säulen ergä nzr); an zw ei Ecken mir Menschenköpfen (oben ), an den and eren mir Ti erk öpfen (tn1rcn).
Tafel XLVII
Abb. 95: Rekon:srruktionsversuch zu Abb. 94.
Abb. 96: D er Gosla rer Kaiserstuhl: die Mcrallreile vo m Ende des 11 . Jahrhunderts, der Srei nsirz vo n erwa 1200. - Abb. 97: Goldbulle Friedrichs II. an der Berner Handteste v on 121 8.
Abb. 98: Durchbohne Porphyrtrommel nm Go ldrosette (Pa riser Privatbesi tz).
)
A bb. 99: Stu cklig ur der Maria auf einem Thron mit Pfosten a us verz ierten Trommeln im E rfurrer Dom, um 1160.