Die Deutschen nehmen sich in der Geschichte des 20. Jahrhunderts nur in der Rolle der Täter wahr. Deutsche Opfer hingeg...
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Die Deutschen nehmen sich in der Geschichte des 20. Jahrhunderts nur in der Rolle der Täter wahr. Deutsche Opfer hingegen scheinen, worauf schon Günter Grass, Wolf-Jobst Siedler und Ex-Kanzler Helmut Schmidt hingewiesen haben, keines öffentlichen Gedenkens wert zu sein - und wenn, dann wird ihr Leid sofort gegen das anderer aufgerechnet. Deutsche Politiker engagieren sich gegen die Vertreibungen im ehemaligen Jugoslawien und lehnen gleichzeitig Vertriebenen-Denkmäler in der Bundesrepublik als „Stätten der Verherrlichung nationalistischen Denkens" ab. Die Geschichte der russischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter wird aufgearbeitet, jene der deutschen hingegen wird verdrängt. Da „Täter" nicht in einer „Opferrolle" gezeigt werden dürfen, lief eine Pressekampagne gegen den Film „So weit die Füße tragen". Während bei Adenauers Begräbnis noch sechs Ritterkreuzträger die Ehrenwache hielten, gilt heute in der Bundeswehr diesbezüglich ein Kontaktverbot. Und während Eisenhower, de Gaulle, Mitterand sowie der Serbe Vuk Drašković positiv von der Deutschen Wehrmacht sprachen, arbeitet eine offiziell geförderte Ausstellung mit Pauschalurteilen und ohne die historischen Zusammenhänge auch nur annähernd zu verdeutlichen. Beim Blick auf die Vergangenheit herrscht eine „schiefe Optik", die der Autor hier nicht nur beschreiben, sondern zurechtrücken will, damit auch den deutschen Opfern ihre Würde nicht genommen wird.
Gottfried Dyrssen
KEINE TRÄNE WERT?
Deutschlands Umgang mit seiner Kriegsgeneration
Leopold Stocker Verlag Graz - Stuttgart
Für meine Kinder und Enkelkinder! Der Autor: Gottfried Dyrssen, geb. 1926 in Hamburg, im Zweiten Weltkrieg Luftwaffenhelfer, Reichsarbeitsdienst in Polen und Reserveoffiziersbewerber bei einer Panzerdivision, nach 1945 Lehre als Verlagsbuchhändler, von 19501990 in leitender Stellung in zwei großen deutschen Verlagshäusern tätig. Ab 1991 im Ruhestand, beschäftigt er sich - abgesehen von seinen beiden Enkelkindern - mit der Geschichte des 20. Jahrhunderts.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Hinweis: Dieses Buch wurde auf chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Die zum Schutz vor Verschmutzung verwendete Einschweißfolie ist aus Polyethylen chlor- und schwefelfrei hergestellt. Diese umweltfreundliche Folie verhält sich grundwasserneutral, ist voll recyclingfähig und verbrennt in Müllverbrennungsanlagen völlig ungiftig.
Dieses e-book ist eine Privatkopie und nicht zum Verkauf bestimmt! ISBN 3-7020-0976-0 Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger jeder Art, auszugsweisen Nachdruck oder Einspeicherung und Rückgewinnung in Datenverarbeitungsanlagen aller Art, sind vorbehalten. © Copyright by Leopold Stocker Verlag, Graz 2002 Printed in Austria Layout: Klaudia Aschbacher, A-8101 Gratkorn Gesamtherstellung: Druckerei Theiss GmbH, A-9431 St. Stefan
INHALT
Einleitung..................................................................................
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TEIL 1 Deutschlands Umgang mit seinen Soldaten und den Angehörigen der Gefallenen des Zweiten Weltkrieges................................................... „Es muß unsere Aufgabe sein... die sittlichen Werte des deutschen Soldaten mit der Demokratie zu verschmelzen!"......................... Die größte Mord- und Terrororganisation der deutschen Geschichte? ............................................ Linke Desinformationsarbeit .............................................. Ein „offener Brief".............................................................. „Heute aber bestimmen andere Eliten..."............................ Die neue Wehrmachtsschau................................................ Die Sicht der Wehrmacht in Deutschland und bei den Kriegsgegnern............................................ Rehabilitation der Deserteure ............................................. Soldaten sind Mörder.......................................................... „Political correctness" in der Bundeswehr?........................
13
15 25 29 46 51 63 69 77 87 93
TEIL 2 Deutschlands Umgang mit seinen Vertriebenen, Deportierten und Enteigneten.......................................... 109 5
Die „Befreiung" ........................................................................ 111 „...in ordnungsgemäßer und humaner Weise..." ...................... 115 Keine Rechte für die Vertriebenen? ........................................ 135
TEIL 3 Deutschlands Umgang mit seinen Kriegsgefangenen, Vergewaltigten und Bombenopfern ................................ 157 „Kein Millionär organisiert eine Ausstellung ,Verbrechen der US-Army'..." ...................................... Verweigerte Hungerhilfe für die Zivilbevölkerung ........... Prügelorgien ....................................................................... Die Sowjetische Besatzungszone Deutschlands (SBZ) ..... Geiselerschießungen und Vergewaltigungen..................... Der Bombenkrieg................................................................
159 166 167 168 170 171
Schlußbetrachtung ...................................................................
195
Anmerkungen ..........................................................................
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EINLEITUNG Die Verwaltung der deutschen Schuld und die Pflege des deutschen Schuldbewußtseins sind ein Herrschaftsinstrument. Es liegt in der Hand aller, die Herrschaft über die Deutschen ausüben wollen, drinnen wie draußen. (Johannes Gross, 1989) Dieses Buch ist nicht die Schrift eines Historikers, sondern die eines einfachen Bürgers, dem nicht die „Gnade der späten Geburt" zuteil wurde, der also zu den „Schuldigen" gestempelt wird von all jenen, die die deutsche Geschichte zum Nachteil des eigenen Volkes fälschen, sie in den Schatten der zwölf Jahre Hitler-Zeit stellen, damit einen Riegel vor die lange Geschichte ihres Landes schieben und zum latenten Schuldbewußtsein erziehen wollen. Je näher das endgültige Wegsterben der angeblichen „Tätergeneration" rückt, um so verzerrter, einseitiger und unrealistischer wird der Blick auf die Vergangenheit und ihre Einschätzung. „Die heute in Politik und Medien tonangebende Generation ist historisch so ungebildet und verbildet wie keine mit der Hochschulreife ausgestattete Generation seit 1850. Sie kann mit den ersten fünfundvierzig Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts in den eigenen Köpfen nicht umgehen, glaubt aber ganz genau zu wissen, wie alle anderen, die damals lebten, hätten handeln sollen."1 Geschichte wird in Deutschland seit 1945 nicht mehr so dargestellt, wie es eigentlich gewesen ist, sondern so, wie es eigentlich gewesen sein müßte, um die in Ost und West gleichermaßen vertretene These vom „Irrweg der deutschen Nation" zu rechtfertigen.2 Auch Schopenhauer kann man in diesem Zusammenhang zitieren: „Die Geschichte ist infiziert mit der Unwahrheit wie eine Hure mit der Syphilis." J. Ortega y Gasset stellte fest: „Es gibt eine große Sache, die 7
im Sterben liegt, das ist die Wahrheit", und der große Historiker Leopold von Ranke schrieb: „ Ein Volk, das seine Geschichte nicht kennt, wird erleben, daß ihm eine schlechte Geschichte gemacht wird." Deutsche Schriftsteller, Journalisten, Künstler und Politiker äußern sich immer häufiger negativ bis ablehnend über ihr eigenes Land und ihr eigenes Volk, was in Claudius Seidls Satz aus der „Süddeutschen Zeitung" vom 4. Oktober 1997 gipfelt: „Deutscher ist, wer zum Volk der Mörder gehört." Dazu gehört, daß heute die gesamte Geschichte des deutschen Volkes, seiner Kultur und Identität abgelehnt wird. Auch die Politiker der Unionsparteien haben dem nicht viel mehr entgegenzusetzen als Sonntagsreden, wenn Wolfgang Schäuble etwa meinte, daß das Nationalbewußtsein neu mit Leben erfüllt werden müsse und Angela Merkel auf dem CDU-Parteitag im Februar 1994 sagte: „Wir bekennen uns ausdrücklich zu unserer nationalen Identität. Liebe Freunde, wir durften in der früheren DDR nie sagen, daß wir uns als Deutsche fühlen; wir sollten uns als DDR-Bürger fühlen. Das hat glücklicherweise nie geklappt, und auch deshalb ist es zur deutschen Einheit gekommen. Aber lassen Sie uns auch jetzt gemeinsam über unsere Nation, über unsere nationale Identität sprechen. Sprechen wir über unsere Geschichte - über die schwierigen Teile unserer Vergangenheit, über die wir uns schämen müssen, aber auch über die Teile der deutschen Geschichte, auf die wir stolz sein können. Beide Teile gibt es; beide gehören zu unserer Identität. Aus meiner Sicht können wir nur gemeinsam gute Europäer werden, wenn wir uns nicht andauernd schamhaft verkriechen, sobald es darum geht, zu sagen: Jawohl, wir freuen uns, als Deutsche in einem wiedervereinigten Vaterland zu leben.'" Ein mutiges, aber leider viel zu seltenes Eintreten für das eigene Land! Statt dem Gegner, der die Freiheit der Bürger durch den Meinungsterror der political correctness bedroht, offensiv entgegenzutreten, beschränkt man sich leider nur allzuoft auf eine schwächliche Defensive. Elisabeth Fürstin Bismarck hat sich - als gebürtige Belgierin - dazu unmißverständlich geäußert: „Ich bin seit 36 Jahren verheiratet, davon habe ich 30 Jahre in Deutschland verbracht - da sollte man meinen, man kennt das Land. Kennen tue ich es, aber ich verstehe es von Tag zu Tag weniger! 8
Als am 9. November 1989 die Mauer fiel, ließ ich hier in Friedrichsruh einen Mast aufstellen und die deutsche Flagge hissen. Das hat die Gemüter sehr erregt. Die Wiedervereinigung Deutschlands, Flagge zeigen auf Bismarckschem Grund und Boden, demonstrativ zu feiern - unmöglich, ja fast ein öffentliches Ärgernis! Als eine kroatische Delegation uns besuchte, hißte ich die kroatische Flagge. Wütende Bürger riefen an! Was das solle... ob wir denn nicht wüßten, wer Tudjman sei! Nirgends wehen Flaggen in diesem Land, und wenn, dann ist es peinlich. Das ist doch trostlos. In Schweden, Belgien, den USA überall wehen Flaggen. Hier nicht! 50 Jahre nach dem Kriege darf man nicht ein bißchen Patriotismus zeigen? Nein! Bloß nicht. Geduckt und beschämt soll man ganz still sein, sonst wird man sofort als rechtsradikal abgestempelt. Sagt man, die deutsche Nationalhymne sei die schönste Hymne was sie auch ist, von Haydn komponiert: rechtsradikal. Bedauert man die steigende Kriminalität, gekoppelt mit Drogeneinschleusung: rechtsradikal. Verabscheut man die vielen Graffitis, die Hamburg verunstalten: rechtsradikal. Sagt man Vaterland, Heimat, Patriotismus, Deutschland (statt Bundesrepublik): rechtsradikal. Bewundert man Bismarck als einen der größten Staatsmänner Deutschlands, ist man sehr suspekt, denn laut Johannes Willms Buch ist Bismarck der Dämon der Deutschen. Wagt man, die Ansiedlung von 60 russischen Juden in einem 300Seelen-Dörfchen im Osten, das nicht einmal eine Schule noch ein Krankenhaus oder einen Kindergarten besitzt, als vielleicht unüberlegte Handlung zu bezeichnen: rechtsradikal. Herr Stolpe äußerte Bedenken. Nun ist Herr Bubis dabei, seine Meinung über Herrn Stolpe zu revidieren. Bei allem Respekt für Herrn Bubis würde ich ihm raten, doch das Dörfchen einmal zu besuchen. In Belgien haben wir viele afrikanische Asylanten. Aufgenommen werden sie alle nach Kriterien, die für die belgische Bevölkerung tragbar sind. Diese Abwägung heißt in Belgien gesunder Menschenverstand. Hier: rechtsradikale Ausländerfeindlichkeit. Das alles grenzt an Hysterie. Wie froh bin ich, meine belgische Staatsangehörigkeit zu haben und mindestens (auch mit seinen Fehlern) mein Land lieben zu dürfen."3 9
„Die Verleugnung der Vergangenheit nach 1945 betraf aber nicht nur fremde Opfer, sondern auch die eigenen Toten. Ausländische Staatsoberhäupter suchten in der Bundeshauptstadt Bonn jahrzehntelang vergebens einen Platz, an dem sie ihren obligaten Kranz ablegen konnten. Aber weder in Bonn noch in Berlin gab es einen einzigen Ort, wo man der fremden Ermordeten und der eigenen Opfer gedenken konnte." (WOLF-JOBST SIEDLER, in „Junge Freiheit" 21/01.) In den ersten zwanzig Jahren nach dem Kriege, von denen Schelsky einmal sagte, daß sie die goldenen Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts waren, hat Nationalgefühl in der Bevölkerung und bei den Politikern zu einem beispiellosen Wiederaufbauwillen geführt, und die Triebfeder für alle Tüchtigkeit der damaligen Generation war eine Staatsgesinnung altpreußischer Prägung und die Liebe zum Vaterland. Wolfgang Venohr, Chefredakteur von „Stern TV", schrieb im Frühjahr 1989: „Wahrscheinlich hat es in der gesamten Weltgeschichte noch niemals einen solchen Arbeits- und Aufbauwillen gegeben wie damals im total zerstörten Deutschland. Diesen Jahrgängen, die schon sechs Jahre Krieg durchgestanden hatten, verdanken die heute in beiden Staaten Deutschlands Lebenden alles." Und Peter Gauweiler ergänzte: „So war es. Und trotzdem tritt die Erinnerung daran mehr und mehr zurück. Und die Heldinnen und Helden des deutschen Wiederaufbaus, ausgeblutet in zwei Weltkriegen, wandern mehr und mehr aus dem Gedächtnis der Nation. Sie, die die späteren Achtundsechziger als deutsche Kinder auf ihren Händen aus den Trümmern des Zweiten Weltkrieges trugen, sind im Schatten verschwunden. Das Vorbild ihrer Leistung ist nicht gefragt, ihre Größe, ihre Tragik, ihre Leiden - im Gegensatz zum Weltschmerz der Achtundsechziger - ein Tabu. So lebt im Hinblick auf die Wirkungen der Generationen seiner letzten fünfzig Jahre das Deutschland von heute mit einer Lüge."4 Heute scheint das vergessen zu sein. Heute steht der Antifaschismus, unterstützt von der Justiz, bereit, die freie Meinungsäußerung und die objektive Auseinandersetzung mit der Geschichte zu lähmen. Wenn das immerwährende Erinnern an die Verbrechen der Vergangenheit aber die Grundlage für die Freundschaft der Völker und deren 10
zukünftiges friedliches Zusammenleben sein soll, dann doch wohl nur, wenn nicht nur die Deutschen als die abgrundtief Bösen dargestellt werden, sondern wenn auch die Kriegs- und Nachkriegsverbrechen der Sieger und die Verbrechen an den Deutschen gleichermaßen behandelt werden. Cora Stephan, eine bekannte Publizistin und Enkelin eines nach 1945 im KZ Buchenwald an Entkräftung Verstorbenen, sprach diesen Grundsatz ganz klar aus: „Nach Recht und Gesetz auf westlichem Niveau ist der im KZ ins Gas getriebene Häftling ebenso ein Opfer wie die im Feuersturm in Dresden oder Hamburg umgekommenen Frauen und Kinder. Der polnische oder französische Zwangsarbeiter unter den Nazis ist ebenso ein Opfer wie all diejenigen Deutschen, die nach dem Krieg in die Sowjetunion verschleppt und zur Arbeit gepreßt wurden. Opfer ist schließlich auch der in einem sowjetischen oder französischen Gefangenenlager verhungerte deutsche Soldat. Enteignung und Vertreibung sind nach dem Kriegsvölkerrecht Verbrechen, egal, wie verbrecherisch die Regierung gehandelt hat, deren Untertanen da auf der Flucht verhungerten oder erfroren. Sind das die alten Bilanzen, ist das das ewige Aufrechnen? Nein. Es geht um etwas überaus Zukunftsträchtiges: Wir können uns Zweifel am völkerrechtlichen Begriffsvermögen von Politik und Öffentlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland nicht leisten. Opfer sind Opfer, wenn sie es nach Recht und Gesetz sind. Mit ,Aufrechnen' hat das nichts zu tun... Wie verläßlich die Deutschen ihren Nachbarn erscheinen, hängt heute nicht mehr von der zur Schau getragenen moralischen Untadeligkeit ab - sondern von einem Rechtsverständnis, das auf dem Niveau europäischer Zivilisation angekommen ist."5 Dabei geht es gewiß nicht darum, die singulären schrecklichen Verbrechen von Deutschen (nicht der Deutschen), besonders an den Juden, zu verharmlosen, sondern es geht allein darum, daß es zum einen keine Kollektivschuld gibt - weder bei uns noch bei den anderen - und daß es zum anderen ebenso singuläre Verbrechen genauso in anderen Ländern gegeben hat. Aber „auf mehr als 200 Sendungen, die sich mit der deutschen Schuld und den deutschen Verbrechen beschäftigen, kommt gerade eine Sendung, die von Deutschen erlittenes Unrecht zum Thema hat".6 Heinz Kuhn vom ZDF bezeichnete daher die mediengesteuerte Bewußtseinsveränderung als den Hauptgrund für den Verlust des Nationalbewußtseins. 11
Völlig richtig schrieb Thomas Mann nach dem Ersten Weltkrieg in seinem Buch „Betrachtungen eines Unpolitischen" den heute ganz aktuell klingenden Satz: „Die Tatsache besteht, daß die deutsche Selbstkritik schnöder, bösartiger, radikaler, gehässiger ist als die jedes anderen Volkes - eine schneidend ungerechte Art von Gerechtigkeit, eine zügellose, sympathielose, lieblose Herabsetzung des eigenen Landes nebst inbrünstiger, kritikloser Verehrung anderer..." So sah es auch der Staatspräsident von Estland, Lennart Meri, der am 3. Oktober 1995 anläßlich des 5. Jahrestages der Deutschen Einheit in seiner Rede in Berlin fragte: „Warum zeigen die Deutschen so wenig Respekt vor sich selbst?", um dann fortzufahren: „Deutschland ist eine Art Canossa-Republik geworden, eine Republik der Reue. Aber wenn man die Moral zur Schau trägt, riskiert man, nicht ernst genommen zu werden. Als Nicht-Deutscher erlaube ich mir eine Bemerkung: Man kann einem Volk nicht trauen, das rund um die Uhr eine intellektuelle Selbstverachtung praktiziert. Diese Haltung wirkt auf mich wie eine Pflichtübung, die überflüssig und sogar respektlos ist gegenüber unserem gemeinsamen Europa. Für mich als Este ist es kaum nachzuvollziehen, warum die Deutschen ihre eigene Geschichte so tabuisieren, daß es enorm schwierig ist, über das Unrecht zu publizieren oder zu diskutieren, das Deutschen angetan wurde, ohne dabei schief angesehen zu werden - aber nicht etwa von den Esten oder Finnen, sondern von Deutschen selbst." Dieser sich immer mehr steigernde Selbsthaß der Deutschen führte besonders nach 1968 zu einem nicht zu akzeptierenden Umgang mit der deutschen Kriegsgeneration, und so sollten die Worte von WolfJobst Siedler am Anfang der nachfolgenden Betrachtungen stehen: „Der Zeitgeist ist der trostloseste Führer durch das Labyrinth der Zeit, und nicht ihm zu folgen, sondern ihm zu widerstehen die eigentliche Aufgabe. Seit jeher war es das Verlangen der unabhängigen Köpfe, einen Standort außerhalb der Dinge zu gewinnen, der Verführung des Tages zu widerstehen."
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TEIL 1 Deutschlands Umgang mit seinen Soldaten und den Angehörigen der Gefallenen des Zweiten Weltkrieges Die Kulturhöhe eines Volkes erkennt man daran, wie es mit seinen Soldaten und Gefallenen umgeht. (Themistokles, 5. Jh. v. Chr.)
Man erkennt den Charakter eines Volkes auch daran, wie es nach einem verlorenen Krieg mit seinen Soldaten umgeht! (Charles de Gaulle nach dem Zweiten Weltkrieg)
„Es muß unsere Aufgabe sein... die sittlichen Werte des deutschen Soldaten mit der Demokratie zu verschmelzen!" Schon in den ersten Nachkriegsjahren waren die Wehrmachtssoldaten öffentlicher Diskriminierung ausgesetzt. Dies veranlaßte den ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Konrad Adenauer, im Dezember 1952 zu der heute kaum noch bekannten Erklärung: „Ich möchte heute vor diesem Hohen Hause im Namen der Regierung erklären, daß wir alle Waffenträger unseres Volkes, die im Rahmen der hohen soldatischen Überlieferung ehrenhaft zu Lande, auf dem Wasser, in der Luft gekämpft haben, anerkennen. Wir sind überzeugt, daß der gute Ruf und die Leistung des deutschen Soldaten, trotz aller Schmähungen während der vergangenen Jahre, in unserem Volk noch lebendig sind und auch bleiben werden. Es muß unsere Aufgabe sein - und ich bin sicher, wir werden sie lösen -, die sittlichen Werte des deutschen Soldatentums mit der Demokratie zu verschmelzen!"7 Am 18. Juli 1953 trafen einander in der Niedersachsenhalle in Hannover 15.000 Angehörige aller Wehrmachtsteile einschließlich der Waffen-SS, um ihren Anspruch auf Anerkennung ihrer Leistungen und Wahrung ihrer Ehre zu formulieren. Hochrangige Politiker aller damaligen demokratischen Parteien bekannten ihre unverbrüchliche Solidarität mit den ehemaligen Frontkämpfern. Zu den Rednern gehörten der Bundestagspräsident Hermann Ehlers (CDU), der Parteivorsitzende der FDP und Vizekanzler Franz Büchler und der Stellvertretende SPD-Parteivorsitzende Mellies, der erklärte, daß gerade der demokratische Staat der hohen Werte echten Soldatentums nicht entbehren könne.8 Zu der Erklärung Adenauers hat 1981 der damalige Generalinspekteur der Bundeswehr, General Ulrich de Maiziere, folgenden Kommentar abgegeben: „Diese allgemein als Ehrenerklärung der deutschen Bundesregierung aufgefaßten Sätze waren für viele Soldaten der alten Wehrmacht eine wichtige Voraussetzung für ihre spätere Mitarbeit. Erstmalig waren dem deutschen Soldatentum offiziell wieder sittliche Werte zuerkannt worden."9 15
Auch ein anderer Generalinspekteur, Harald Wust, hat zu diesem Fragenbereich unzweideutig festgestellt: „Zu unserer Geschichte gehört aber auch die Wehrmacht des Dritten Reiches, und ich kann soldatische Leistungen, die in dieser Zeit vollbracht worden sind, nicht identifizieren mit einem System, das diese soldatischen Leistungen mißbraucht hat. Ich bin durchaus der Meinung, daß auch aus jener Zeit Traditionsbezüge herzustellen sind. Sie werden auch hergestellt."10 Und ganz deutlich hat Verteidigungsminister Dr. Manfred Wörner noch 1986 gesagt: „Ich will mich der pauschalen Verketzerung und der undifferenzierten Verdammung des deutschen Soldaten des Zweiten Weltkrieges entgegenstellen, die wieder in Schwung gekommen ist." 11 Aber die Zeiten haben sich geändert. Von der neuen Politikergeneration ist ein Entgegenstellen kaum noch zu erwarten. Heute, mehr als 50 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, ist die Verteufelung der Deutschen Wehrmacht im eigenen Land in vollem Gang. Vorbereitet wurde dies vom erfolgreichen „Marsch durch die Institutionen" der 68er Generation und durch den Linksruck der Sozialdemokratie. Die einseitige Hinwendung des linken SPD-Flügels unter Lafontaine, Eppler und Bahr zur Sowjetunion und damit zum Kommunismus wurde langsam, aber sicher zu einer Mehrheitsmeinung innerhalb der SPD. Besonders deutlich wurde dies 1983 bei der Debatte über die Nato-Nachrüstung, die zum von Teilen der SPD unterstützten Sturz ihres Bundeskanzlers Helmut Schmidt führte. Die damals an der Freien Universität Berlin politische Theorie lehrende SPD-Professorin Dr. Gesine Schwan schrieb in einem am 20. Oktober in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" erschienenen Artikel ihrer Partei ins Stammbuch: „Der Friede ist bedroht durch den Ost-West-Konflikt. Dieser Konflikt besteht nicht nur zwischen den beiden Führungsmächten USA und UdSSR, sondern auch und grundlegend zwischen den Systemen der westlichen Demokratien und der kommunistischen Einparteiendiktaturen. Sozialdemokraten gehören in diesem Konflikt klar zum Westen." Das Motiv für das Schweigen über die Bedrohung der westlichen Freiheit durch die Sowjetunion lag nach Frau Prof. Schwan darin, „daß viele, vor allem junge Sozialdemokraten (und inzwischen auch Gewerkschafter) unter dem Stichwort des Kampfes gegen den Anti16
kommunismus mittlerweile nicht nur in der Friedenspolitik mit dem Kommunismus an einem Strang ziehen und deren Geringschätzung der westlichen Demokratie, das heißt der Verfassung der Freiheit, teilen..." Sie meinte weiter, daß der damalige Parteivorsitzende Hans-Jochen Vogel die Friedens- und Entspannungspolitik von Helmut Schmidt unterminierte „durch zahllose Äußerungen des Mißtrauens in die Politik der Amerikaner und des Vertrauens in die Sowjetunion". - An anderer Stelle schrieb sie: „Keinem Parteimitglied und keinem Wähler wird auf die Dauer glaubhaft zu machen sein, daß die Zugehörigkeit zum westlichen Bündnis den Frieden sichert, wenn dessen Führungsmacht, die Vereinigten Staaten, angeblich die alleinige Schuld am Ende der Entspannung und am Scheitern der Abrüstungsverhandlungen trägt, zumal dann, wenn die Parteiführung zugleich die Bedrohung durch die Sowjetunion tabuisiert." Einen Tag später, am 21. Oktober 1983, veröffentlichte die gleiche Zeitung einen Brief des ebenfalls an der Freien Universität Berlin politische Wissenschaften lehrenden SPD-Professors Dr. Hartmut Jäkkel an den SPD-Vorsitzenden Hans-Jochen Vogel zum gleichen Thema, in dem es u.a. hieß: „In meinen Augen ist es für jeden, der sich zum demokratischen Sozialismus bekennt, schlechterdings unvertretbar, die Sowjetunion primär als eine von zwei Supermächten zu sehen, deren Übermacht und Übermut es sich gleichmäßig zu erwehren gilt. Daß heute Anlaß besteht, auf einen so schlichten Sachverhalt hinzuweisen, ist alarmierend genug." Viele alte SPD-Parteigenossen verließen die Partei, und der Oxforder Historiker Norman Stone lag wohl nicht ganz falsch mit seiner Meinung, daß die deutsche Ostpolitik die Sowjetunion aufgewertet und stabilisiert habe. Er schrieb: „Man könnte sogar darüber diskutieren, ob die (deutsche) Ostpolitik' die Krise des Kommunismus nicht zwei Jahrzehnte hinausgeschoben hat."12 Unverdrossen bewegte sich die SPD auf den einst von ihrem Ersten Vorsitzenden, Kurt Schumacher, als Todfeind ausgemachten Kommunismus zu. Noch 1987, als dieser im Osten schon seinem Niedergang entgegenging, verfaßte man mit der SED ein Thesenpapier, „in dem die Sozialdemokraten um eines faulen Friedens willen jene Unter17
schiede einebneten, die sie einst zu Todfeinden der kommunistischen Ideologie gemacht hatten: Da war Demokratie Ost gleich Demokratie West, die Freiheit degenerierte zu einer ,Freiheit von Not', und zwei Gesellschaftssysteme, die gegensätzlicher kaum sein konnten, versicherten einander ihre jeweilige Existenzberechtigung."13 Man versuchte schließlich sogar im Einklang mit der SED-Nachfolgepartei PDS, die Wiedervereinigung zu verhindern. Als dies nicht gelang und die PDS mit ihren alten Kadern eine Partei der Bundesrepublik Deutschland wurde, begann nach einer Schamfrist die erneute Zusammenarbeit der SPD mit den Kommunisten, um linke Mehrheiten zu erreichen. Zunächst gab es in Sachsen-Anhalt eine SPD-Minderheitsregierung, die sich lieber von der PDS tolerieren ließ als mit einer demokratischen Partei ein Bündnis einzugehen. 1996 schrieb der Stellvertretende SPD-Parteivorsitzende Wolfgang Thierse in einem Strategiepapier über den künftigen Umgang der SPD mit der PDS: „Die SPD muß sich der Tatsache bewußt sein, daß ihr eine offenere, gar koalitionsbereite Haltung gegenüber der PDS im Osten möglicherweise nützen könnte." 14 Diesem guten Rat folgend, gibt es seit 1998 in Mecklenburg-Vorpommern eine Koalitionsregierung von SPD und PDS. In Berlin, von einer großen Koalition aus SPD und CDU regiert, bekundete die SPD, als Koalitionspartner niemals mit der PDS zusammenzugehen. Aber bereits zu Beginn des Jahres 2001 nahm der Fraktionsvorsitzende der Berliner SPD, Klaus Wowereit, Gespräche mit der PDS auf. Danach kam es auf Betreiben der SPD zu einem Bruch der großen Koalition und danach zunächst zu einer Übergangsregierung unter Leitung von Klaus Wowereit aus SPD und Grünen mit Tolerierung durch die PDS. Nach der Neuwahl des Berliner Senats am 21. Oktober 2001 weigerte sich die SPD, mit der CDU zu verhandeln, und verhandelte zum Schein zunächst mit FDP und Grünen, mit denen eine Mehrheit möglich gewesen wäre. Man ließ die Verhandlungen platzen, um mit der PDS die gewünschte Regierung bilden zu können, was Ende 2001 auch gelang. Die PDS, weiterhin vom Verfassungsschutz beobachtet, regiert in Deutschlands Hauptstadt mit und über den Bundesrat nun indirekt auch beim Bund. Gregor Gysi, nach wie vor als Stasi-Agent verdächtigt, wurde Wirtschaftssenator. In der Präambel der Koalitionsvereinbarung wurde u.a. konstatiert, „daß die Vergangenheit nicht auf Dau18
er die Zukunft beherrschen darf". Nun wird die PDS ihre alte DDR-Hymne bald wieder singen können: „Auferstanden aus Ruinen und der Zukunft zugewandt..." Inzwischen haben auch die Grünen signalisiert, daß sie nach der Bundestagswahl im Herbst 2002 mit der PDS koalieren würden, wenn man dadurch eine bürgerliche Regierung unter Edmund Stoiber verhindern könnte. Das ist von einer Partei, in der die Kommunisten einst Zuflucht suchten, allerdings auch nicht anders zu erwarten. In dieses geistige Umfeld gehört auch die sogenannte „Wehrmachtsausstellung", die 1995 ihre Pforten erstmals öffnete. Kommunismus und Sozialismus hatten durch den Zusammenbruch des Ostblocks zunächst an Charme verloren, und durch östlichen Quellen war immer deutlicher geworden, daß die Bolschewisten unter Stalin einen Angriff auf Deutschland geplant hatten, dem Hitler nur zuvorgekommen war. Auch die Verbrechen der Kommunisten kamen immer deutlicher ans Licht. In dieser Situation wurde von linken „Historikern" der Versuch unternommen, durch Verleumdung der Deutschen Wehrmacht rasch wieder von den Verbrechen der Kommunisten abzulenken. So entstand eine Wanderausstellung über die angeblichen Verbrechen der Wehrmacht, die in viereinhalb Jahren in 32 Städten in Deutschland und Österreich gezeigt wurde. Rüdiger Proske verdeutlichte diesen Hintergrund 1997: „Die 68er kommen mit ihren Vorstellungen von der Überwindung des Systems zu einem Zeitpunkt an die Macht, da genau der Pfeiler wegbricht, auf den sie sich stützen: die Sowjetunion und der Marxismus. Infolgedessen entsteht eine Menge Frustration. Diese Frustration braucht ein neues Thema, an dem man sich wieder aufraffen kann. Zwei wichtige Jahrestage, der 50. Jahrestag des 20. Juli und der 50. Jahrestag des Kriegsendes, boten plötzlich ein ganzes Paket von Themen, die in dieser Frustrationssituation genutzt werden konnten. In gewissem Umfang erscheint mir die Tatsache, daß dieser Reemtsma einen solchen Zulauf hat, daß die Frau Limbach dort auftaucht, daß eine weitere Verfassungsrichterin, Frau Förster, dort erscheint, daß sich die Kulturfuzzis in den Ländern auf seine Seite schlagen, ein Hinweis zu sein darauf, daß hier eine desillusionierte Schicht linker Radikaler ein Thema gefunden hat, an dem man sich sozusagen wieder aufrichten kann. Ich vermute, daß das eine Antwort auf die Frage sein kann, warum gerade jetzt?" 15 19
Von keinem seriösen Historiker ist seit Kriegsende je bestritten worden, daß einzelne Soldaten oder auch Einheiten der Wehrmacht Verbrechen, einschließlich Judenerschießungen, begangen haben, wobei allerdings auch zwischen Aktion und Reaktion unterschieden werden sollte, denn die Sowjets haben von Beginn an geltendes Kriegsrecht weder anerkannt noch angewandt. Auch in verschiedenen Prozessen wurden einzelne Soldaten und Offiziere zu Recht wegen Verbrechen und Verstößen gegen das Kriegsrecht verurteilt. Aber solche Verbrechen gibt und gab es leider in allen Armeen der Welt. Es ist bei einer solchen Betrachtung zu berücksichtigen, daß sich gerade in einer Wehrpflichtarmee die Charaktere der gesamten Gesellschaft widerspiegeln. In einer solchen Gesellschaft gibt es Verbrecher, Mörder, Vergewaltiger, Diebe usw. auch im Frieden, und die Hemmschwelle ist im Krieg naturgemäß niedriger. Aber eben weil dem so ist, waren die Strafen für solche Taten innerhalb der Wehrmacht auch besonders hart. Hannes Heer schrieb in seinem Begleitbuch zur Ausstellung, „große Teile der Truppe" hätten „Mordlust und Sadismus, Gefühlskälte und sexuelle Perversionen" mitgebracht. Dies ist in seiner Verallgemeinerung gegenüber 18 Millionen Soldaten schon eine unglaubliche Unterstellung. Gerne wird auch ein Erlaß Hitlers vom 13. Mai 1941 zitiert, in dem es zur Kriegsgerichtsbarkeit im Fall „Barbarossa" heißt, daß für Taten, die Wehrmachtsangehörige gegen Zivilpersonen begehen, kein Verfolgungszwang bestehe.16 Der Oberbefehlshaber des Heeres, von Brauchitsch, ordnete aber am 24. Mai 1941 ausdrücklich an, daß kriegsgerichtliche Verfahren durchgeführt werden müßten, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Manneszucht erforderlich sei. 17 Hierin heißt es: „Unter allen Umständen bleibt es Aufgabe aller Vorgesetzten, willkürliche Ausschreitungen einzelner Heeresangehöriger zu verhindern und einer Verwilderung der Truppe rechtzeitig vorzubeugen. Der einzelne Soldat darf nicht dahin kommen, daß er gegenüber den Landeseinwohnern tut und läßt, was ihm gutdünkt, sondern er ist in jedem Fall gebunden an die Befehle seiner Offiziere. Ich lege besonderen Wert darauf, daß hierüber bis in die letzte Einheit Klarheit besteht. Rechtzeitiges Eingreifen jedes Offiziers, insbesondere jedes Kompanie- usw. Chefs, muß mithelfen, die Manneszucht, die Grundlage unserer Erfolge, zu erhalten." 20
Dieser Befehl wird in der einschlägigen Literatur aber meistens nicht zu finden sein, und es wird auch kaum darauf hingewiesen, daß in diesem Zusammenhang Todesurteile verhängt und vollstreckt wurden, so daß der Führererlaß letztendlich keinen rechtsfreien Raum geschaffen hat. „Die Kampftüchtigkeit der deutschen Soldaten und Offiziere, ihre fachliche Ausbildung und Gefechtserziehung erreichten in allen Waffengattungen ein hohes Niveau. Der deutsche Soldat war ausdauernd, selbstsicher und diszipliniert. Was die höheren Stäbe der Deutschen Wehrmacht in der ersten Phase des Krieges angeht, so hatte ich eine recht hohe Meinung von ihnen." (Marschall SCHUKOW, Oberbefehlshaber der sowjetischen Truppen in Deutschland 1945/46.) Freiherr von Hammerstein schrieb in seinen Erinnerungen im Jahr 1957: „Mehrere Urteile, durch die Luftwaffenangehörige wegen Notzucht an Russenfrauen, ja auch an Jüdinnen - die höheren Orts für vogelfrei galten - zu Zuchthausstrafen verurteilt worden waren, sind von Göring aufgehoben (worden), weil er im Interesse der Manneszucht die Todesstrafe für unerläßlich hielt. Plünderungen im Feindgebiet wurden mit schweren Zuchthausstrafen, bei den Rädelsführern mit dem Tode bestraft. Wie im Westen, so wurden auch in den besetzten Gebieten Rußlands Todesstrafen, die wegen Verbrechen gegenüber der Bevölkerung erkannt waren, am Orte, wo die Tat begangen worden war, vollstreckt oder doch - wenn das nicht möglich war - der Bevölkerung die Vollstreckung durch auffallende Maueranschläge bekanntgegeben, um ihr zu zeigen, daß sie gegen Gewalttätigkeiten geschützt würde." 18 „Nirgendwo fanden die Deutschen so viele kooperationswillige Verbündete wie auf dem Boden der Sowjetunion",19 schrieb Franz Seidler, und das wäre wohl kaum möglich gewesen, wenn es sich beim Heer um eine „Tötungsmaschine" oder ein „marschierendes Schlachthaus" gehandelt hätte, wie es der ehemalige Staatsminister für Kultur, Werner Naumann, ausdrückte. 20 „Ebenso wurde auch dem Befehl während des späteren Rückzuges, Dörfer zu zerstören, um eine Zone zwischen der deutschen Ar21
mee und den nachrückenden Russen zu schaffen, Widerstand entgegengesetzt - nicht zuletzt weil dies zu einer Feindschaft der Bevölkerung führen würde, die die Deutschen erst als Befreier begrüßt hatten. General Hoßbach beispielsweise hat hiergegen die schärfsten Befehle erlassen. 21 Doch zurück zur Wehrmachtsausstellung. Rüdiger Proske meinte zu ihren Folgewirkungen: „Der Wanderzirkus muß auch allen jenen Kräften Freude bereiten, die an einer allgemeinen Destabilisierung unseres Staates interessiert sind, weil sie den Staat nur noch als durchorganisierte Sozialbehörde begreifen möchten, ohne äußere und innere Ordnungsfunktionen. Der Schritt von einer einseitigen moralisierenden (heuchlerischen!) Vergangenheitsbewältigung zu einer grundsätzlichen Ablehnung der Staatsmacht als solcher ist ziemlich klein. Wenn erst einmal die deutsche Vergangenheit - mindestens der letzten hundert Jahre - von Grund auf miesgemacht worden ist (insofern ist der Zweite Weltkrieg nur ,pars pro toto'!), dann werden nicht viele bereit sein, dieses Gemeinwesen zu achten und zu schützen, notfalls als Soldat mit dem eigenen Leben. Solchen Tendenzen bietet die Ausstellung so etwas wie eine flankierende Unterstützung, und das ist sicher auch das wesentliche Ziel des Unternehmens..." 22 - Und Dr. Jürgen Schreiber ergänzt: „In unseren Kino- und Fernsehfilmen sind ohnehin alle, die gegen Deutsche kämpfen, tapfer, entschlossen, wagemutig, edel, ohne daß jemand an ihrem - zumindest teilweise - kriminellen und völkerrechtswidrigen Tun Anstoß nehmen darf. Partisanenkrieg ist gut, wenn er nur gegen Deutschland gerichtet war, da braucht man keine Haager Landkriegsordnung, kein Völkerrecht... Interessant ist in den Massenmedien auch der verbale Umgang mit Begriffen, wenn es um Revolutionen irgendwo in der Welt geht, vorgestern, gestern und heute. Linke Usurpatoren sind Freiheitskämpfer, idealistische Revolutionäre, ihre Führer sind eine Revolutionsregierung oder die Führung einer Befreiungsbewegung. Aber wehe, wenn eine Militärregierung mit eher konservativem Hintergrund erscheint! Das ist die Junta oder Camarilla, das Terrorregime, die Generals- oder Obristenclique. Wer rechtzeitig Begriffe für sich besetzt, wer sie nur oft genug durch die Massenmedien wiederholen läßt, der hat schon viel gewonnen..." 23
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„Damals bei Schwichi-Schwaloche..." Der Film „So weit die FÜSSE TRAGEN" fällt einer Pressekampagne und dem Desinteresse der Zuschauer zum Opfer. Moritz SCHWARZ Kurz vor dem Bankrott stehe seine Firma mittlerweile, gibt Jimmy Gerum, Inhaber des Münchner Filmverleihs „Angel Falls", unumwunden zu. Nicht weniger als die Neuverfilmung des Bestsellerromans „So weit die FÜSSE TRAGEN" von Josef Martin Bauer, der Ende der fünfziger Jahre zum heimlichen Nationalepos der geschlagenen Deutschen avancierte, hatten sich der unabhängige Filmproduzent und sein Nachwuchsregisseur Hardy Martins vorgenommen (JF berichtete). An den Kinokassen bleibt dem Film nun jedoch der dringend benötigte Erfolg versagt. Für politische Anfeindungen „gibt es in unserem Film doch gar keine Angriffspunkte", hatte Bastian Clevé, Ko-Produzent und Drehbuchautor, noch beim Start des Films am 27. Dezember in einem Interview mit der „Jungen Freiheit" (JF 2/02) geäußert. Immerhin wagten es Clevé, Gerum und Martins mit der Wahl ihres Stoffes, der auf einem Tatsachenbericht beruhenden Geschichte eines 1949 aus einem sowjetischen Kriegsgefangenenlager flüchtenden Landsers und dessen dreijährigem Fußmarsch quer durch die Sowjetunion bis nach Persien, einen deutschen Soldaten zum Helden ihres Filmepos zu machen. Und das auch noch weitgehend ohne die für solche Filme heutzutage moralisch verpflichtenden historischen Betroffenheitsbekundungen und Selbstanklagen. Prompt reagierten diverse Filmkritiker mit heftigen politischen Anfeindungen und Verrissen. Bereits die Wahl des Themas schien verdächtig, meinte die „Stuttgarter Zeitung" „Hier finden die Täter in die Opferrolle, hier schlugen die Besiegten den Siegern ein Schnippchen, hier zeigte der deutsche Landser noch einmal, daß er der Roten Armee überlegen war", schrieb das Blatt und fragte sich, ob bei der Neuverfilmung solch „revanchistischen" Stoffes nicht „die Alarmglocken schrillen" müßten. Dem Schwesterblatt „Stuttgarter Nachrichten" erscheint gar nur noch das Mittel der Pöbelei als angemessene Reaktion, der Film sei vom Schlage „Opi erzählt": „Damals bei Schwichi-Schwaloche, als die Neunte eingeschlossen war und der Iwan..." 23
Auch der „Münchner Merkur" reduzierte das schwere Schicksal der deutschen Kriegsgefangenen auf die polemische Formel „Ein braver Deutscher, der von Führer und Russen immer nur betrogen wurde, schlägt sich durch." Und urteilt abschließend „unerträglich". Die „Westdeutsche Zeitung" kritisiert, daß sich der Film zu sehr an die Romanvorlage halte, „statt (an die) Wehrmachtsausstellung". Sie versucht den Film als „Stubenmief" und „Musikantenstadl" zu diskreditieren. Die „Chemnitzer Freie Presse" bemängelt, „daß die Taten der Deutschen in Rußland im Dunkeln bleiben", und erinnert daran, „daß allein im ersten Kriegsjahr drei Millionen Rotarmisten in deutscher Gefangenschaft umkamen". Laut „Ruhr Nachrichten" folgt der „von Haß erfüllte" Film der „verlogenen Logik", „das Leid der deutschen Soldaten" in russischer Gefangenschaft „dem der Juden" gleichzustellen. „Gefeiert" würden „deutsche Tugenden wie Härte und Zähigkeit, die im Dritten Reich hoch im Kurs standen, während Russen und Moslems als brutal, niederträchtig und verkommen gezeichnet werden". Da hilft es dem Film auch nicht, daß (wie im Roman) ein Jude als beinahe übermenschlich gütig und der sowjetische Antagonist (vom Drehbuch eingefügt) am Ende als ritterlich dargestellt wird. Auch der Branchenführer „Cinema", Europas größte Filmzeitschrift, sieht linientreu nur einen „Kalten-Krieg-Film - hochprozentig. .. voller diabolischer Sowjets und wackerer Teutonen". Trotz des historischen Grauens des Gulags, der verbürgten Brutalität der sowjetischen Sieger und der geschichtlichen Tatsache, daß etwa 1,3 Millionen deutsche Soldaten in der Gefangenschaft umkamen, werden die im Film nur angedeuteten Sowjet-Verbrechen nicht als historische Realität, sondern als antikommunistisches Feindbild gewertet: „Treten, Schreien, Schlagen, Schießen" sind gemäß des Films, so der „Berliner Tagesspiegel", „noch immer die Lieblingsbeschäftigungen der Sowjets." Kurze „Vielleicht sind wir selber schuld?"-Dialoge unter den Landsern werden von der „FAZ" als „Phrasendrescherei" abgetan. Auch wenn der Film inzwischen aus den meisten großen Kinos verschwunden ist, will Bastian Clevé nicht von einem Boykott der Kinobesitzer sprechen, die hätten sich im Gegenteil eher positiv über den Film geäußert. Dennoch weiß die „Junge Freiheit" wenigstens von einem Fall, in dem Kinogänger an der Kasse des Berliner Zoo24
Palastes vom Kartenverkäufer vor dem „rechtsradikalen Film" gewarnt und statt dessen zum Besuch von „Harry Potter" aufgefordert worden seien. Die Pressesprecherin des Zoo-Palastes äußerte inzwischen auf Nachfrage der JF ihr Bedauern, „sollte es tatsächlich zu einem solchen Vorfall gekommen sein", und versicherte, der Sache nachzugehen. Allerdings stellte Clevé klar, daß er den Film beileibe nicht als Opfer einer Pressekampagne sehen möchte. Er habe erkennen müssen, daß das Zielpublikum - die Betroffenengeneration und ihre Kinder, die historisch und politisch interessierten Erwachsenen mittleren Alters - trotz eines regen Interesses am Thema „einfach nicht ins Kino gehen". Damit scheint nun auch Clevés nächstes Projekt, ein großer Spielfilm, der den Untergang Ostpreußens und die Katastrophe der „Wilhelm Gustloff" ins historische Gedächtnis der Deutschen zurückholen sollte, nicht mehr realisierbar zu sein. („Junge Freiheit", 1. Februar 2002.)
Die größte Mord- und Terrororganisation der deutschen Geschichte? Den Startschuß für diese unwürdige Ausstellung hat die linkslastige Wochenzeitung „Die Zeit" gegeben, in der es am 31. Januar 1992 hieß: „Was, bald 50 Jahre nach Kriegsende, immer noch fehlt, ist eine öffentliche Darstellung der größten Mord- und Terrororganisation der deutschen Geschichte: der Deutschen Wehrmacht." Als Dr. Alfred Dregger daraufhin einen Brief an den Mitherausgeber und ehemaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt schrieb, der selbst Offizier im Zweiten Weltkrieg gewesen war, antwortete dieser zwar, daß diese Bezeichnung seine „scharfe Kritik" finde und daß „Die Zeit" ihre Mißbilligung nach außen erkennbar machen würde.24 Aber außer der Veröffentlichung des Schreibens von Dregger als Leserbrief erfolgte nichts. Hingegen veranstaltete „Die Zeit" als Einlei25
tung zur tendenziösen und unwissenschaftlichen Ausstellung „Vernichtungskrieg - Verbrechen der Wehrmacht 1941-44" des wissenschaftlich unbedeutenden, linken Hamburger Instituts für Sozialforschung zwei Tage vor Beginn der Ausstellung ein Diskussionsforum, dessen Ablauf am 3. März 1995 veröffentlicht wurde. Helmut Schmidt hat in diesem Diskussionsforum allerdings u.a. erklärt: „Ich möchte, daß die Fakten bekannt und moralisch bewertet werden. Aber man schneidet sich selber den Erfolg völlig ab, wenn man zunächst einmal pauschal 19 Millionen beleidigt oder die Kinder von 19 Millionen glauben läßt, ihre Eltern seien die Schuldigen - und man selber sei nun aufgeklärt, moralisch in Ordnung und wäre, hätte man damals gelebt, Widerstandskämpfer geworden. Ich sehe sie alle vor mir, die großen Widerstandskämpfer der Studenten von 1968, ich sehe sie alle mit ihrer großen persönlichen Tapferkeit vor mir." Damit ein böswillig gesinnter Leser nicht etwa meint, das sei ernst gemeint, sei hinzugefügt, daß es sich hier um schneidende Ironie handelte. Die Wanderausstellung selbst war nichts als ein neuer Angriff der nach dem Zusammenbruch des Kommunismus kurzzeitig gelähmten Linken auf die Stabilität unserer Gesellschaft,25 finanziert von Jan Philipp Reemtsma, der seinen Anteil an der Reemtsma Cigarettenfabrik 1980 für 300 Millionen DM an Tschibo verkauft hatte und dessen Vater ein besonderer Anhänger der Nationalsozialisten gewesen war. In Millionenauflagen waren bei Reemtsma die Bildbände „Adolf Hitler" und „Deutschland erwacht" erschienen,26 in denen von „internationalen marxistischen Hetzern meist jüdischer Herkunft" und von Arbeitern, die sich „von jüdischen Agitatoren aufhetzen lassen", zu lesen war. So hieß es im Album über Hitler: „Das Deutschland der Schmach und Schande, das Juden und Deserteure zum Gespött der Welt gemacht hatten, ist versunken." Und in „Deutschland erwacht" findet sich u.a. folgender Satz über Hitler: „Er lernt den Marxismus an der Wurzel kennen und sieht, wie dieses Gift die Seele des Arbeiters zerfrißt. Sieht aber auch, wie diese Lehre aus jüdischem Munde kommt. Und in diesen Jahren begreift Hitler, daß nur eines ein Volk retten kann: ein wahrhaftiger Sozialismus, der den Klassenkampfgedanken des jüdischen Marxismus überwindet." So war Philipp Fürchtegott Reemtsma einer der größten Multiplikatoren des nationalsozialistischen Antisemitismus in Deutschland und darüber hinaus. Das riesige Vermögen, das der Sohn dieses NS-Förderers, der Hermann 26
Göring für sein Schloß Karin-Hall Millionen schenkte, nun zu zweifelhaften Projekten verwendet, stammt nicht zuletzt aus dessen Zigarettenmonopol für die Deutsche Wehrmacht. Wenn man heute noch - 50 Jahre nach dem Krieg - über Wiedergutmachung an Juden und Zwangsarbeitern spricht und deutsche Firmen aus den verschiedensten Gründen zu Zahlungen veranlaßt, dann wären die Millionen des Herrn Reemtsma, die sein Vater durch die Unterstützung der Nationalsozialisten erzielt hat, in einem solchen Fonds sicher besser aufgehoben als in einer Wanderausstellung zur Destabilisierung der Demokratie. Die CDU-Abgeordnete Erika Steinbach, damals noch in ihrer Eigenschaft als Kulturbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, schrieb in einem mutigen Leserbrief in der „Welt am Sonntag": „In Stil und Methode unterscheidet sich diese Bilderfolge mit den dazu kreierten Texten praktisch nicht von der Verketzerungsmethode der Nazis gegenüber mißliebigen Menschengruppen", und Rüdiger Proske meinte in dem bereits zitierten Interview, „daß die Wucht der Bilder die Nazis erfunden haben. Die Wucht der Bilder, das entspricht genau den Propagandamethoden von Herrn Goebbels gegen die Juden. Das war genau dasselbe, was hier jetzt gemacht wird. Sie diskutieren nicht, sondern machen über Bilder Propaganda." Das politische Ziel konnte nur sein, durch Schuld und Scham den Rest deutschen Selbstwertgefühls zu untergraben und so die freiwillige Auflösung des gewachsenen deutschen Volkes zu befördern. Besonders der jungen Generation wurde dadurch - einmal mehr - ein einseitiges Geschichtsbild vermittelt. Der Gesamtzusammenhang der Kriegführung im Osten, der Partisanenkämpfe, des Kriegsvölkerrechts u.a. werden nicht thematisiert, alle Fakten und Faktoren, die die „Singularität" der deutschen - angeblichen und tatsächlichen Verbrechen in Frage stellen könnten, wurden systematisch ausgeblendet. Leider gibt es nur wenige Politiker in der CDU/CSU, die mutig genug sind, ihre Meinung zu sagen so wie Erika Steinbach, die sich heute als Präsidentin des „Bundes der Vertriebenen" deren Interessen annimmt. Die SPD hat sich leider fast geschlossen diesem „Mißbrauch der Geschichte deutscher Soldaten für politische Zwecke" (Rüdiger Proske) angeschlossen, von den Grünen und der PDS ganz zu schweigen. Hatte Volker Rühe als Bundesverteidigungsminister in der Debatte des Deutschen Bundestages zu diesem Thema immerhin noch 27
daran erinnert, daß viele damalige Wehrmachtssoldaten die Bundeswehr aufgebaut hätten, so widersprach der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Kolbow, der Bewertung der Ausstellung als Diffamierung der Wehrmacht insgesamt. Die Ausstellung sei zwar selektiv, aber objektiv. Er sprach von einem parteipolitischen Mißbrauch dieser Ausstellung, bei dem es der CSU darum gehe, „im rechten Lager abzusahnen". „Objektiv" nennt also die SPD Bilder, die zum Teil aus inzwischen nachgewiesenen Fälschungen bestehen. Man muß Herrn Kolbow wohl insofern korrigieren, als die CSU nicht am rechten Rand absahnen wollte, sondern die SPD bei den Linksextremen. „Jede fanatisierte Moral", schrieb General a. D. Dr. Franz UhleWettler, „unterschlägt, was nicht in das politisch gewünschte Bild paßt. Und wenn das nicht ausreicht, wird schlicht gefälscht. Die geistige Lage der Bundesrepublik ist gekennzeichnet durch eine gnadenlose, fanatisierte Moral."27 Da ist es bitter, wenn man heute unter den Todesanzeigen Erinnerungsanzeigen von Angehörigen von Gefallenen liest, in denen es heißt: „Sie opferten ihr Leben für das Vaterland, das heute die Verunglimpfung seiner Soldaten duldet." oder „Das Vaterland jedoch achtet seine Opfer nicht und duldet die Entehrung seiner Soldaten." Zum 8. Mai 1998 gaben 27 ehemalige Soldaten der Wehrmacht - vom Obergefreiten bis zum Brigadegeneral - folgende Anzeige auf: „Wir gedenken der Soldaten, die während des Zweiten Weltkrieges ihr Leben für Deutschland einsetzten. Wir gedenken der Opfer in der Zivilbevölkerung, die bei Luftangriffen, während der Flucht und Vertreibung ihr Leben lassen mußten. Wir versichern den Angehörigen und Hinterbliebenen: Wir lassen die Ehre unserer Soldaten nicht antasten und setzen uns dafür ein, daß ihr Opfer nicht vergessen wird." Und im „Ostpreußenblatt" vom 11. Februar 1995 las man diese Anzeige: Dank an die Deutsche Wehrmacht Anläßlich der vor 50 Jahren erfolgten dramatischen Flucht zu Fuß von Johannisburg/Sensburg nach Heiligenbeil, über das Haff, 28
Kurische Nehrung und weiter nach Danzig, möchte ich - auch im Namen aller Landsleute mit gleichem Schicksal - der Deutschen Wehrmacht unseren tiefempfundenen Dank für ihre Hilfe zur Rettung vor den Roten Horden aussprechen, insbesondere den Angehörigen der Division Groß-Deutschland. Waltraud Morzik
Linke Desinformationsarbeit Rüdiger Proske hat in seiner Arbeit detailliert recherchiert, wie die Wehrmachtsausstellung als Fortsetzung der linken Desinformationsarbeit der „Roten Zellen" im Militärgeschichtlichen Forschungsamt der Bundeswehr (MGFA) unter dem ehemaligen „leitenden Historiker" Dr. Manfred Messerschmidt zu betrachten ist. „Die Mitglieder der ,roten Zellen' suchten, was die Wehrmacht anging, nicht mehr nach ihrer Geschichte, sondern nur noch nach ihren Verbrechen (die niemand bestreitet), und auf diesem Wege war ihnen nach Ansicht der von ihnen kujonierten Kollegen alles recht: Fälschungen durch Auslassungen und Hinzufügungen, hanebüchene Fehlinterpretationen und die Unterdrückung von Gegenmeinungen."28 Die Wissenschaft wurde als Machtinstrument zur Bekämpfung der weltanschaulichen und gesellschaftlichen Gegner mißbraucht. Was an diesen Dingen erschreckt, ist die Tatsache, daß die Mitarbeiter der „roten Zellen" als Beamte Angehörige der Bundeswehr waren und dem Bundesverteidigungsminister unterstanden, der ja 16 Jahre lang von der CDU/CSU/FDP-Koalition gestellt wurde. Nun zur Kritik der Ausstellung im einzelnen. Die gezeigten Bilder stammen zu 80 bis 90 % aus russischem Besitz. Nach den Recherchen von Frieden 2000 ist die Reemtsma-Ausstellung nicht von Historikern, sondern maßgeblich von einem freischaffenden, in Würzburg lebenden Kommunikations-Designer ohne wissenschaftlichen Beistand und Anspruch konzipiert und zusammengetragen worden. „Als Jan Philipp Reemtsma 1993 auf ihn aufmerksam wurde, arbeitete er an einem Projekt über die Zeit nach der Auschwitz-Befreiung. Daran hatte Reemtsma kein Interesse, sondern erteilte ihm einen hochdotierten Auftrag für eine Ausstellung gegen die Wehrmacht. 29
Dem renommierten Journalisten und Buchautor Karl Seeger sagte der Ausstellungsmacher jetzt: ,Ich wurde dann zwei- bis dreimal nach Moskau und Minsk geschickt, um in ehemaligen Sowjetarchiven Bildmaterial zu sichten, auf dem deutsche Soldaten in Aktion zu sehen waren.' Weiter sagte er: , Achtzig Prozent der dort lagernden Fotos waren typische Amateuraufnahmen, viele waren ungenau, so daß sie retuschiert werden mußten.' Auf die Frage, ob die vorgefundenen Bilder auch Angaben über Ort, Einheit, Täter und Grund der Exekution getragen hätten, sagte der Designer: ,Nein, leider nicht.' Karl Seeger fragte ihn, ob er sich vorstellen könne, daß deutsche Soldaten eigene Verbrechen ihrer Einheit fotografiert und Fotos bis in die Gefangenschaft mit sich getragen hätten, meinte er: eigentlich nicht.'"29 „Der angesehene Düsseldorfer Rechtsanwalt Dr. Wolf Stoecker, selbst Kriegsteilnehmer und sorgfältiger Rechercheur in Sachen Wehrmachtsausstellung, urteilte über das Fotomaterial der ReemtsmaSchau, von den gezeigten Fotos trügen 208 die Bezeichnung unbekannter Ort', 10 beträfen andere Verbände, z.B. SS und RAD, 82 ließen keine Beteiligung von Wehrmachtseinheiten erkennen, 19 stammten aus Polen vor 1941, 15 zeigten brennende Häuser. Daß das kein seriöses Material ist und vor allem keinen Beweiswert, gegen die Wehrmacht' hat, bedarf keiner längeren Darlegungen. Am deutlichsten wird dies bei der Darstellung brennender Gebäude. Wer hat sie angezündet? Sind sie absichtlich in Brand gesetzt worden, oder war das Feuer eine Folge von Artilleriebeschuß? Und wenn ja, von welcher Seite? Fragen über Fragen.. ."30 Hannes Heer erklärte im „Hamburger Abendblatt" vom 6. März 1995: „Man muß die Wehrmacht zu einer Mordorganisation erklären. Dies ist das Ende der Legende vom ,sauberen Krieg' einer unständigen Armee'. Und ich glaube daran, daß alle Soldaten von Verbrechen gewußt haben." Im Katalog der Ausstellung heißt es, „daß die Wehrmacht an allen Verbrechen aktiv und als Gesamtorganisation beteiligt war. Die Ausstellung will genau diesen Beweis führen." Die Brutalisierung des Krieges aber kam aus dem Osten, und die Methoden des Partisanenkampfes waren nicht etwa, wie Heer behauptete, nur die Reaktion auf deutsches Vorgehen. Auch das ist wieder eine bewußte Falschaussage, um die Wehrmacht zu diskreditieren. 30
Der Jude Ilja Ehrenburg, der den Auftrag hatte, Haß gegen die Deutschen in der russischen Armee zu erzeugen, hatte schon am ersten Kriegstag - am 22. Juni 1941 - die deutschen Soldaten als Mörder bezeichnet, „die sich besonders durch Torturen auszeichnen, die sie jetzt unseren Verwundeten zufügen".31 Hitler hatte sicherlich recht, wenn er meinte, daß sich der Kampf im Osten grundsätzlich vom Kampf im Westen unterscheiden und von den Bolschewisten brutal geführt werden würde. In den Richtlinien für die Behandlung politischer Kommissare vom 6. Juni 1941 heißt es: „Im Kampf gegen den Bolschewismus ist mit einem Verhalten des Feindes nach den Grundsätzen der Menschlichkeit oder des Völkerrechts nicht zu rechnen. Insbesondere ist von den politischen Kommissaren aller Art als eigentliche Träger des Widerstandes eine haßerfüllte, grausame und unmenschliche Behandlung unserer Gefangenen zu erwarten." Die Schlußfolgerungen sind allerdings zu verurteilen, in denen es heißt: „Die Truppe muß sich bewußt sein: 1. In diesem Kampf ist Schonung und völkerrechtliche Rücksichtnahme diesen Elementen gegenüber falsch. Sie sind eine Gefahr für die eigene Sicherheit und die schnelle Befriedung der eroberten Gebiete. 2. Die Urheber barbarisch asiatischer Kampfmethoden sind die politischen Kommissare. Gegen diese muß daher sofort und ohne weiteres mit aller Schärfe vorgegangen werden. Sie sind daher, wenn im Kampf oder Widerstand ergriffen, grundsätzlich sofort mit der Waffe zu erledigen."32 Dieser sogenannte „Kommissarbefehl" wird zu Recht auf das schärfste verurteilt, weil er nicht der deutschen Art von einer fairen Kriegführung entspricht. Er wurde daher auch von vielen Offizieren verurteilt und nicht ausgeführt. In seinem Dienstbericht über eine Frontreise vom 5. bis 8. Dezember 1941 schrieb der ehemalige Major Frhr. von Gersdorff am 9. Dezember 1941: „Ich habe den Eindruck gewonnen, daß die Erschießung der Juden, der Gefangenen und auch der Kommissare fast allgemein im Offizierskorps abgelehnt wird, die Erschießung der Kommissare vor allem auch deshalb, weil dadurch der Feindwiderstand besonders ge31
stärkt wird. Die Erschießungen werden als eine Verletzung der Ehre der deutschen Armee, insonderheit des deutschen Offizierskorps betrachtet." 33 „In zunehmendem Maße wurde dann auch seit dem Hochsommer 1941 auf dem Dienstwege Bedenken gegen den Kommissarbefehl erhoben", der daraufhin im Mai 1942 aufgehoben wurde. Wie richtig andererseits die Einschätzung Hitlers war, zeigte sich in den ersten Kriegstagen, in denen nachweislich verwundete deutsche Soldaten ermordet wurden. Am 8. September 1941 schilderte der Divisionspfarrer Bohle, daß er am 23. Juni 1941 in einem Gehöft zwei verwundete deutsche Soldaten entdeckt hatte. Dem einen war der Oberschenkel verbunden, dem anderen der Kopf. Einer war durch Bajonettstiche in die Brust getötet worden, dem anderen waren die Nasenwurzel und die Augenpartie - vermutlich mit einem Gewehrkolben - zertrümmert worden.34 In seinem Buch „Verbrechen an der Wehrmacht" hat Franz W Seidler eine ganze Reihe von Verbrechen angeführt, die 1941 und 1942 an deutschen Soldaten verübt wurden. Die Tatsache der Ermordung von Kriegsgefangenen geht sogar aus einem Dokument des Volkskommissariats für Verteidigungswesen vom 14. Juli 1941 hervor, in dem es u.a. heißt: „Rotarmisten und Kommandeure nehmen im Kampf keine Soldaten und Offiziere gefangen. Es sind Fälle bemerkt, daß Gefangene erwürgt und totgeschlagen wurden."35 Selbst von den Sowjets wurde also zugegeben, daß die Brutalisierung von ihrer Seite unmittelbar nach Kriegsbeginn einsetzte. Am 17. November 1941 wurde der Stalinbefehl Nr. 0428 erlassen, der sogenannte „Fackelmänner-Befehl", der vor allem Greueltaten der Deutschen vortäuschen sollte. Hier der Wortlaut: „Die Stawka des obersten Befehlshabers befiehlt: 1. Alle Siedlungspunkte, an denen sich deutsche Truppen befinden, sind bis auf 40 bis 60 Kilometer ab der Hauptkampflinie in die Tiefe zu zerstören und in Brand zu setzen, 20 bis 30 Kilometer rechts und links von den Wegen. Zur Vernichtung der Siedlungspunkte in dem angegebenen Radius ist die Luftwaffe hinzuzuziehen, sind Artillerie- und Granatwerferfeuer großflächig zu nutzen, ebenso die Kommandos der Aufklärung, Skiläufer und Partisanen-Divisionsgruppen, die mit Brennstoffflaschen ausgerüstet sind. Die Jagdkommandos sollen, überwiegend aus Beutebeständen in Uniformen des deutschen Heeres und der Waffen-SS eingekleidet, die 32
Vernichtungsaktionen ausführen. Das schürt den Haß auf die faschistische Besatzung und erleichtert die Anwerbung von Partisanen im Hinterland der Faschisten. Es ist darauf zu achten, daß Überlebende zurückbleiben, die über ,deutsche Greueltaten' berichten können. 2. Zu diesem Zweck sind in jedem Regiment Jagdkommandos zu bilden in der Stärke von 20 bis 30 Mann, mit der Aufgabe, Sprengung und Inbrandsetzung der Siedlungspunkte durchzuführen. Es müssen mutige Kämpfer für diese Aktionen der Vernichtung von Siedlungspunkten ausgewählt werden. Besonders jene, die hinter den deutschen Linien in gegnerischen Uniformen Siedlungspunkte vernichten, sind zu Ordensverleihungen vorzuschlagen. In der Bevölkerung ist zu verbreiten, daß die Deutschen die Dörfer und Ortschaften in Brand setzen, um Partisanen zu bestrafen." In Ostpolen und in der Ukraine wurden vor dem Einmarsch der deutschen Truppen durch die Sowjets rund 80.000 Männer, Frauen und Kinder - in erster Linie Gefängnisinsassen - umgebracht und Dörfer niedergebrannt. Es war Stalins Vernichtungskrieg gegen das eigene Volk. Nirgends in der Ausstellung wird auf diese Tatsachen eingegangen. Die von diesen Massakern gemachten Bilder werden hingegen als Verbrechen der Wehrmacht bezeichnet. Es wird auch nicht darauf hingewiesen, daß die Sowjetunion weder die Haager Landkriegsordnung noch die Genfer Konvention zur Behandlung von Kriegsgefangenen akzeptiert hat. Immer mehr versuchte die sowjetische Führung, ihre Soldaten zu Haß und Greueltaten aufzustacheln, vor allem durch die Aufrufe Ilja Ehrenburgs, die jeder Rotarmist erhielt. Darin hieß es zum Beispiel: „Töte den Deutschen, wo du ihn antriffst. Schlag ihn auf der Straße, im Haus, spreng ihn mit der Granate, stich das Bajonett in ihn, die Mistgabel, spalte ihn mit dem Beil, setze ihn auf den Pfahl, zerschneide ihn mit dem Messer, schlag wie du kannst, aber töte! Töte ihn und du rettest dein Leben und das deiner Familie. Töte ihn und du rettest deine Heimat, dein Volk. Überall mußt du die Bestie schlagen! Wenn er halt macht und schläft - zerfleische den Schlafenden. Geht er durch den Wald - wird er dort den Tod finden. Ist er unterwegs - eine Mine soll ihn zerreißen. Fährt er mit der Eisenbahn - laß den Zug entgleisen. Zerdrücke, zerspalte, zersteche ihn im Wald, auf dem Feld, auf Straßen, vernichte ihn überall." 33
Oder: „Die Deutschen sind keine Menschen. Von jetzt ab ist das Wort ,Deutscher' für uns der allerschlimmste Fluch. Von jetzt ab bringt das Wort ,Deutscher' ein Gewehr zur Entladung. Wir werden nicht sprechen. Wir werden uns nicht aufregen. Wir werden töten. Wenn du nicht im Laufe eines Tages wenigstens einen Deutschen getötet hast, so ist es für dich ein verlorener Tag gewesen... Wenn du einen Deutschen getötet hast, so töte einen zweiten - für uns gibt es nichts Lustigeres als deutsche Leichen. Zähle nicht die Tage. Zähle nicht die Kilometer. Zähle nur eines: die von dir getöteten Deutschen. Töte die Deutschen! - dieses bittet dich deine greise Mutter. Töte den Deutschen! - dieses bitten dich deine Kinder. Töte den Deutschen! - so ruft die Heimaterde. Versäume nichts! Versieh dich nicht! Töte!"36 Welche Folgen diese Aufrufe hatten, kann man in dem schon erwähnten Buch von Franz Seidler nachlesen. Hier sei nur einer der grausamsten Fälle wiedergegeben, der als Fall Nr. 284 ausführlich durch Zeugenaussagen bestätigt wurde: „Alle bisher geschilderten schweren Verstöße der Russen gegen die Genfer Konvention werden noch überboten durch die grausame Behandlung der deutschen Soldaten, die bei der vorübergehenden Rückeroberung der Stadt Feodosia am 29. Dezember 1941 verwundet in den dortigen Lazaretten lagen, die infolge der überraschenden Landung der Russen nicht mehr rechtzeitig mit deutschen Krankenwagen abtransportiert werden konnten. Die einrückenden Russen haben die von ihnen vorgefundenen, besonders die in dem deutschen Hauptlazarett untergebrachten deutschen Verwundeten mit brutalster Grausamkeit ermordet. Es handelte sich durchweg um Schwerverwundete, die bei der Räumung von Feodosia wegen ihres Zustandes nicht mitgenommen werden konnten. Der Leutnant Döring, der nach der Wiedereinnahme Feodosias durch die deutschen Truppen am 30. Januar 1942 als Korps nachschubführer in Feodosia anwesend war, schildert die ergreifenden Eindrücke, die er dort erlebt hat, in seiner eidlichen Vernehmung vom 31. Januar 1942 wie folgt: ,In dem früheren deutschen Lazarett, welches in einem moscheeähnlichen Gebäude untergebracht war, liegen in zwei großen Räumen die Leichen von etwa 50 deutschen Soldaten. Es sind meiner Ansicht nach Schwerverwundete, die bei der Räumung von Feodosia am 29. Dezember 1941 wegen ihres Zustandes nicht mitgenommen wer34
den konnten, oder solche Verwundete, die den Russen sonst in die Hände gefallen waren. Einige tragen den roten Lazarettzettel, bei einigen sieht man, daß ihnen ein Bein amputiert worden war. Die Leichen sind alle, zum Teil grauenhaft, verstümmelt. Bei einigen ist der Kopf zu einer unförmigen Masse mit stumpfen Gegenständen - wahrscheinlich Kolbenhieben - zerschlagen. Einigen sind die Ohren abgeschnitten, anderen die Nase, einige, denen der Mund aufsteht, ist die Zunge herausgerissen oder -geschnitten. Einigen sind die Hände abgehackt, die Augen ausgestochen oder der Leib entweder durch Messerstiche oder Messerschnitte verletzt, einigen ist das Geschlechtsteil abgeschnitten. Bei vielen zeigen sich mehrere der bezeichneten Verstümmelungen. Einige Leichen sind völlig unbekleidet, andere sind mit einem Hemd bekleidet. Einige haben volle Uniform an. Unmittelbar neben dem Lazarett - und zwar rechts vom Haupteingang - befindet sich eine Mauernische, die nach oben zu offen ist. In dieser liegen die Leichen einer Anzahl deutscher Soldaten - zum Teil nackt, zum Teil mit einem Hemd bekleidet. Die Leichen liegen genau nebeneinander in mehreren Reihen. Einigen von ihnen sind Hände und Füße mit Verbandstoff gefesselt, anderen sind die Hände durch eine über den Leib hinweggebundene Fessel an den Körper festgebunden worden. Die Leichen befinden sich unter einer Eisschicht. Offensichtlich sind die Verwundeten lebend dort hingelegt, dann mit Wasser übergossen worden. Der Tod ist dann durch Erfrieren eingetreten. An diesen Leichnamen waren Verstümmelungen, wie sie oben beschrieben sind, nicht zu sehen. Der Anblick war grauenerregend.'"37 Feodosia ist eine kleine Stadt, ein Badeort auf der Krim am Schwarzen Meer. Ebenfalls bei der Wiedereinnahme dieser Stadt war der Stabsarzt und Kp.-Chef Rudolf Burkhardt anwesend, dessen Feldlazarett sich auch dort befand. Er schilderte vor dem Gericht des AOK 11 unter Kriegsgerichtsrat Dr. Jahn am 2. Februar 1942 seine Eindrücke wie folgt: „Es erscheint der Stabsarzt Rudolf Burkhardt und erklärt, mit dem Sachverhalt vertraut gemacht, zur Wahrheit ermahnt und auf die Bedeutung des Eides hingewiesen, auf Befragen folgendes: Zur Person: Ich heiße Rudolf, Maximilian, Kossuth Burkhardt, 31 Jahre alt gewesen, Stabsarzt bei der Dienststelle Feldpostnummer 42320, evang. Bekenntnisses. Zur Sache: Am Tag nach der Wiederbesetzung Feodosias durch die Russen mit meinem Lazarett, dem Lazarett der Sanitätskompanie 715, 35
in Feodosia. Bei der Besetzung Feodosias durch die Russen war ich selbst nicht anwesend, da ich zu dieser Zeit dienstlich vor Sewastopol war. Durch meinen Oberarzt Dr. Schwerin habe ich erfahren, daß bei der Besetzung Feodosias durch die Russen ca. 60 bis 70 Schwerverwundete im Ortslazarett Feodosia zurückgelassen werden mußten. Als ich nach der Wiederbesetzung Feodosias durch deutsche Truppen dorthin zurückkam, befanden sich im Ortslazarett keine deutschen Verwundeten mehr. In dem Ortslazarett waren früher elf kriegsgefangene Russen beschäftigt gewesen. Diese waren bei der Räumung des Lazaretts ebenfalls zurückgeblieben. Von den elf Russen traf ich noch fünf an. Diese erzählten mir folgendes: Den deutschen Schwerverwundeten, die im Lazarett zurückgelassen werden mußten, sei an den beiden ersten Tagen der russischen Besetzung Feodosias nichts geschehen. In der Nacht vom zweiten zum dritten Tag seien betrunkene russische Matrosen gekommen und hätten in dem Lazarett wild herumgeschossen, dabei seien sechs der russischen Kriegsgefangenen erschossen worden. Die restlichen fünf seien geflohen und hätten sich versteckt. Während sie sich entfernt hätten, hätten sie noch fürchterliches Geschrei der deutschen Verwundeten gehört. Was mit den deutschen Verwundeten zunächst weiter geschehen sei, hätten sie nicht beobachten können. Am Morgen des übernächsten Tages seien sie am Strand gewesen und hätten dort die deutschen Verwundeten teils im Wasser tot herumliegen sehen. Über die Art der Verletzungen konnten sie nähere Angaben nicht machen. Der eine Kriegsgefangene behauptete allerdings, daß die deutschen Verwundeten noch lebend an den Strand in der Nähe des Wassers geworfen worden seien. Er hatte das aber nicht selbst gesehen. Inzwischen war mir berichtet worden, daß sich am Strande ein großer Hügel befinde. Ich begab mich zu dem Hügel und stellte fest, daß aus ihm eine Hand mit einer Kramerschiene herausragte. Ich ließ hierauf den Hügel öffnen. Nach der Entfernung einer schmalen, etwa handbreiten Sandschicht stellte ich fest, daß darunter aufeinandergehäufte Leichen lagen. Nach Aussagen der Bevölkerung sollten es insgesamt 55 sein, was sich nach den getroffenen Feststellungen als richtig erwies. Am folgenden Tag habe ich die Leichen aus dem Hügel herausnehmen lassen. Ich konnte einwandfrei feststellen, daß es sich bei den Leichen um Schwerverwundete meines Lazaretts handelte. Ich konn36
te auch einige Leichen infolge der Art ihrer Kriegsverletzungen identifizieren. Die Leichen trugen zum großen Teil noch Gipsverbände und Schienen. An einigen Leichen konnte ich sogenannte Waschhaut feststellen. Daraus kann man allerdings nicht einwandfrei feststellen, daß die Leichen noch bei Lebzeiten mit Wasser in Berührung gekommen sind, weil mitunter Waschhaut durch Wasserberührung auch bei frischen Leichen entsteht. Ich schließe aber daraus, da bei vielen Leichen Erfrierungen 1., 2. und 3. Grades an den unbedeckten Gliedmaßen festzustellen waren, daß die Schwerverwundeten bei Lebzeiten am Strand gelegen haben müssen und der Kälte ausgesetzt gewesen sind. Erfrierungen in diesem Ausmaß können meines Erachtens an Leichen nicht entstehen. Die Leichen wiesen zum größten Teil Kopfund Brustschüsse auf. Bei manchen fehlten Stücke des Hinterkopfes infolge des Einschusses auf nahe Entfernung. Bei manchen Leichen war der Kopf vermittels eines stumpfen Gegenstandes zertrümmert. Zum Teil ohne Durchblutung, zum Teil mit Durchblutung. Daraus, daß die Zertrümmerung mit Durchblutung erfolgt ist, kann man den Schluß ziehen, daß die Zertrümmerung des Schädels bei Lebzeiten erfolgt ist. Die Gipsverbände waren zum Teil zerbrochen. Aus den Bruchspalten war Blut und Eiter herausgetreten. Daraus ergibt sich ebenfalls der Schluß, daß der Schwerverwundete, bei dem diese Merkmale festgestellt wurden, noch gelebt haben muß, als der Bruch des Gipsverbandes eintrat. In der Nähe des Hügels lag ein Enterhaken. Ob dieser bei der Erschlagung der Verwundeten benutzt worden ist, ließ sich nicht feststellen. Landwärts des Hügels, unmittelbar hinter ihm, befand sich eine Mauer, an der Blut und Gehirnspuren deutlich erkennbar waren. Etwa 50 Meter von dem Hügel entfernt lag die Leiche eines Verwundeten, die von Sand überspült war. Zehn Meter weiter lag eine weitere deutsche Leiche, die durch fortgesetztes Überspülen mit Meerwasser in eine Glasschicht gehüllt war. Eine genaue Verletzung war infolge ihres Zustandes nicht zu erkennen. Ob die Leiche bei Lebzeiten bereits dorthin gebracht worden war, ließ sich nicht feststellen. Auf einem russischen Friedhof wurden noch über 100 Leichen deutscher Soldaten gefunden, die in ein Haus zusammengetragen und von mir besichtigt wurden. Dabei waren ca. 60 bereits ärztlich behandelte Verwundete, was man an den Verbänden und Schienen erkannte. Diese ca. 100 Leichen wiesen deutliche Merkmale auf, die den Schluß rechtfertigten, daß sie mit stumpfen Gegenständen erschlagen 37
worden sind. Die Zertrümmerung eines Schädels konnte ich hierbei nicht feststellen. Nur bei einigen Leichen konnte ich feststellen, daß sie mit scharfen Gegenständen - offenbar mit Spaten - erschlagen worden waren. Bemerken möchte ich noch folgendes: Eine deutsch sprechende Frau in Feodosia erzählte mir, daß während der Besetzung Feodosias durch die Russen auf der Straße, nahe ihrem Haus, ganz in der Nähe des russischen Krankenhauses, ein verwundeter deutscher Soldat mit schwerer Oberschenkelverletzung gelegen hat, dem sie ab und zu etwas Wasser gebracht habe. Er habe sich beide Hände erfroren und Tag und Nacht gewimmert. Nach drei Tagen sei eine uniformierte Russin vorbeigekommen. Ob das eine Ärztin oder Kommissarin sei, wisse sie nicht. Diese Frau habe russischen Matrosen Bescheid gegeben, die den deutschen Verwundeten dann durch Schüsse in das Gesicht getötet hätten. Leichen, bei denen ganz einwandfrei festgestellt wurde, daß ihnen die Augen zu Lebzeiten eingedrückt oder ausgestochen worden waren, habe ich nicht gesehen. Ein deutsch sprechender russischer Zivilarzt, den ich schon früher kennengelernt hatte, erzählte mir auf mein Befragen, warum die deutschen Verwundeten erschossen worden seien, folgendes: Er habe den Kommissar des 9. Schützenkorps gefragt, warum die deutschen Verwundeten erschossen würden. Dieser habe ihm erklärt, das sei eine Selbstverständlichkeit aufgrund des maßgeblichen Befehls Stalins vom 7. November 1941. Es sei deshalb planmäßig auf seine (des Kommissars) Veranlassung durchgeführt worden."38 In einem Leserbrief in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" schilderte ein ehemaliger Wehrmachtsangehöriger seine Erlebnisse wie folgt: „Im Raum Cherson fand im Sommer 1941 eine Kompanie der SSLeibstandarte in dem Dorf Gejgowa 98 Soldaten und Unteroffiziere, drei Feldwebel und zwei Leutnants des Heeres. Sie waren mit den Armen rückwärts hoch an die schwachen Äste von Marillenbäumen gebunden. Die Stiefel hatte man ihnen ausgezogen, die Füße mit Benzin übergossen und angezündet. Bis zu den Knien waren die Füße verbrannt. Die Gesichter waren noch im Tode schmerzverzerrt. Im Februar 1943 wurde nordwestlich von Krasnodar ein Kradmelder unserer Kompanie vermißt. Wir fanden ihn zwei Tage später. Splitternackt, mit einer Drahtschlinge an den Füßen hatte man ihn an ei38
ner Stalltür aufgehängt. Mit einem Bajonett hatten die Rotarmisten ihn durch den Bauchnabel an die Tür gespießt. Tiefe Stichwunden hatte er an den Oberschenkeln und am Gesäß. Nur wenige Tage später fanden wir in einer kleinen Ortschaft 34 Ukrainerinnen. Sie waren wegen Zusammenarbeit mit den faschistischen Bestien' durch Genickschuß getötet worden. Die Frauen hatten deutschen Soldaten für Lebensmittel die Wäsche gewaschen oder für eine Feldküche Kartoffeln geschält."39 Das, was in Hitlers Kommissarbefehl angedeutet und von Ilja Ehrenburg den russischen Soldaten „empfohlen" wurde, ist rasch grausame Wirklichkeit geworden. In Seidlers obengenanntem Buch sind 20 Bilder von diesem schrecklichen Geschehen in Feodosia dokumentiert und viele andere Bilder wiedergegeben, die die Grausamkeit der russischen Kriegführung beweisen. Alle diese grausamen Verbrechen der Bolschewisten schon in den ersten Monaten des Krieges werden von Heer und Reemtsma freilich völlig verschwiegen. Von deutscher Seite ist nie zu bestialischen Morden aufgerufen worden, und es ist nie zu so perversen Verstümmelungen von Gefangenen gekommen, wie dies von russischer Seite geschah. Doch die Wehrmachtsaustellung schreckte nicht einmal vor Fälschungen zurück. So heißt es im Ausstellungskatalog auf Seite 118: „30. Oktober 1941, Ghetto Nieswicz: 4.500 Juden ermordet von der 3. Kompanie (ermittelt durch die Zentralstelle Ludwigsburg)." Dazu die Staatsanwaltschaft München nach Abschluß der Ermittlungen über die Morde von Nieswicz (Az.: 117 Js 9/71): „Die Massenerschießungen wurden unter der Leitung unbekannter Polizeiangehöriger durch die litauischen Hilfswilligen durchgeführt." Dr. Günther Wagenlehner, der im Auftrag der Bundesregierung in russischen Archiven nach Akten von durch sowjetische Militärtribunale verurteilten Deutschen sucht, schrieb zu der Ausstellung: „Es gibt viel, was nur auf Propaganda beruht. So der gesamte Minsker Prozeß, der von Professor Messerschmidt im Buch zur Wehrmachtsausstellung dargestellt worden ist. Man weiß heute sicher, daß das russische Material reine Propaganda ist. Ein Jurist und Historiker wie Messerschmidt, immerhin ehemaliger Chef des Militärhistorischen Forschungsamtes, der so arbeitet, ist unmöglich, Reemtsma und Heer wollten nichts weiter, als mit Fotos schockieren. An Aufklärung oder Wahrhaftigkeit war niemals gedacht. Es sind ja genügend Fäl39
schungen aufgedeckt worden. Diese primitive Ausstellung ist viel zu ernst genommen worden."40 Ein anderes Beispiel nennt Rüdiger Proske: „Ich habe mir die Mühe gemacht, mal in einem Fall nachzuhaken. Da gibt es das berühmte Bild, das von Anfang an durch alle Zeitungen ging, wo an einer Mauer oder Kirchhofsmauer Leute erschossen liegen und ein Soldat davor steht, der ihnen einen Fangschuß gibt. Dieser Soldat ist offensichtlich ein Wehrmachtssoldat, und daneben steht dann ein SS-Mann, der ihn beobachtet und beaufsichtigt. Diese Geschichte wird in der Ausstellung als Bildmaterial vorgestellt mit ich glaube - 42 Bildern. Interessanterweise fehlt aber ein Bild, in dem gezeigt wird, daß auf einer Anschlagsäule die Bevölkerung gewarnt worden war, wenn es weiterhin zu Verlusten durch Freischärler kommen würde, man also dann Maßnahmen ergreifen würde. Das ist die Voraussetzung des Kriegsrechts. Man muß sagen, wir werden uns wehren. Das ist geschehen. Das aber wird nicht gezeigt. Und die Sache selbst ist nicht irgendein Verbrechen, sondern das ist das Ergebnis eines Kriegsgerichts. Und ich habe hier die eidesstattliche Versicherung eines Mannes, der an diesem Kriegsgericht teilgenommen hat. Ich habe die eidesstattliche Versicherung eines anderen, der in dem Saal gesessen hat, in dem das Kriegsgericht stattgefunden hat. Mit anderen Worten, man zeigt dort eine Sache, die kriegsgerichtlich juristisch eine einwandfreie Verhandlung darstellt. Diese wird uns in der Ausstellung als Verbrechen der Wehrmacht präsentiert. Und nicht nur in der Ausstellung, sondern in Hunderten von Zeitungsartikeln. Das halte ich für unerträglich, und deshalb wehre ich mich dagegen."41 In einem Aufsatz in der Zeitschrift „Erneuerung und Abwehr" der Evangelischen Notgemeinschaft unter dem Titel „Kein deutsches Kriegsverbrechen in Pantschowa" ist zum gleichen Fall von Eike Edel u.a. folgendes zu lesen: „Ausgerechnet das bekannteste Bild der Anti-Wehrmachtsausstellung ,Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-44' des Hamburger Instituts für Sozialforschung stellt eindeutig kein Kriegsverbrechen dar. Gemeint ist das Foto von der Erschießung an der Friedhofsmauer von Pantschowa (serb. Pancevo) am 22. April 1941. Es dokumentiert zusammen mit neun anderen Bildern von den Hinrichtungen in Pantschowa eine der ersten ,Sühnemaßnahmen' der Wehrmacht gegen die serbische Bevölkerung. Selten wird ein Kriegs40
verbrechen in der Ausstellung so konkret unter Nennung von Tätern, Tathergang, Tatzeit und Tatort genannt. Ausstellungskritiker werfen dem Leiter Hannes Heer zu Recht vor, er nenne selten Täter, Tatort und Tatzeit, so daß die Echtheit seiner Angaben nicht überprüft werden könne. In diesem Fall hat er es getan, und es wurde ihm zum Verhängnis. Es mag der Reiz gewesen sein, sogar dem bekannten und geachteten Eliteregiment ,Großdeutschland', der Keimzelle des späteren gleichnamigen Panzerkorps, ein Kriegsverbrechen nachzuweisen. Nachgewiesen konnte durch diesen Ehrgeiz eine weitere Fälschung Heers werden. An der Echtheit der vielen Darstellungen von Kriegsverbrechen in der Ausstellung, die ohne Zeit- und Ortsangaben sind, darf jetzt jedenfalls zu Recht gezweifelt werden."42 Die Macher der Wehrmachtsausstellung gehen mit ihren Pauschalurteilen sogar weit über das hinaus, was der - wohl kaum deutschfreundliche - Alliierte Gerichtshof in Nürnberg dekretierte. Im Fall der Partisanenbekämpfung bestätigte dieser nämlich die - harten Regeln der Haager Landkriegsordnung. „Die besondere Tücke und Härte des Partisanenkampfes geht in der Regel von den Partisanen aus, die es darauf anlegen, mit Verstößen gegen alle Kriegsregeln die Besatzungsmacht zu grausamer Repression zu provozieren und so die Widerstandswut im Lande zu steigern. Solche Erfahrungen mußten nach 1945 auch die Briten in Griechenland, die Niederländer in Indonesien, die Franzosen in Algerien und die Amerikaner in Korea und Vietnam machen. Die Regellosigkeit und Kampfesweise von Partisanen und deren Unterdrückung macht regelmäßig die Zivilbevölkerung zu Opfern beider Seiten."43 Das Ausmaß der Partisanentätigkeit macht Philipp Freiherr von Boeselager deutlich: „Nach Aussagen des Smolensker Partisanenchefs gab es 1943 zwischen Smolensk und der Front nach Osten etwa 40.000 Partisanen und von Smolensk aus nach Westen bis zum Reichsgebiet insgesamt etwa 300.000. Dabei wollte der Chef der Partisanen nur solche Zivilisten verstehen, die durch Funkgeräte von Moskau aus geführt werden konnten und bewaffnet waren. Diese Partisanen töteten im Bereich der Heeresgruppe Mitte etwa 30.000 Soldaten und 250.000 Landesbewohner, die sich mit den Deutschen verbündet hatten. 41
Wenn man das Buch des russischen Historikers A. E. Epifanow liest, wird man in der von mir geäußerten Vermutung bestärkt, da er schildert, wie eine den Deutschen in der Gefangenschaft angelastete Verbrennung eines Dorfes in Wirklichkeit vom russischen NKWD, dem Staatsicherheitsdienst, vorgenommen wurde."44 Man geht davon aus, daß es auf russischer Seite und auf dem Balkan über 300.000 Partisanen gegeben hat, und zwar vom ersten Kriegstag an und nicht - wie von Heer behauptet - erst seit 1943 als Antwort auf angebliche deutsche Verbrechen. Rund 500.000 Soldaten sollen Opfer der Partisanen geworden sein. Besonders verwerflich war der Einsatz von Frauen und Kindern im Partisanenkrieg, der schon in der Planung des Krieges bei den Sowjets eine Rolle spielte.45 „Vom Standpunkt der Menschlichkeit", schrieb Pater Lothar Groppe SJ, „ist es nicht nur unverständlich, sondern auch unerträglich, daß unschuldige Geiseln für fremdes Verschulden leiden müssen. Es erhebt sich freilich die Frage, ob es nicht auch unschuldige Soldaten sind, die Kriegsverbrechen zum Opfer fallen. Die Kriegsgeschichte fast aller Nationen kennt die Anwendung von Repressalien. So fielen den britischen Repressalien im Burenkrieg etwa 20.000 Zivilisten zum Opfer. Darüber hinaus wurden Tausende Bauernhöfe niedergebrannt."46 Und Prof. Seidler macht deutlich: „Trotz der eskalierenden Brutalität im Partisanenkrieg rief die deutsche militärische Führung die Soldaten der Wehrmacht immer wieder auf, die fremde Zivilbevölkerung zu schonen. Der Oberbefehlshaber des Heeres verlangte in den Richtlinien für Partisanenbekämpfung', die er am 25. 9. 1941 herausgab, von der Truppe, daß sie ,durch vernünftige, gerechte Behandlung das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen' habe, damit die Partisanen von dort keine Unterstützung bekämen."47 Es soll darauf hingewiesen werden, daß Rußland unter dem Zaren die Haager Landkriegsordnung mitinitiiert hatte und Lenin es war, der sie als eine Erbschaft des Zarenreiches gekündigt hatte. Schon er wollte also keinen humanen Krieg. Die Rote Armee hat bereits 1933 eine „Dienstvorschrift für den Partisanenkampf" herausgegeben, die durch den „Fackelmänner-Befehl" von Stalin nur in die Erinnerung zurückgerufen wurde. Selbst der nicht gerade als Deutschenfreund bekannte amerikanische Präsident Roosevelt versuchte 1942 in einem persönlichen Ge42
spräch mit Molotow - allerdings vergebens - die UdSSR zu bewegen, der Genfer Konvention beizutreten. Nicht einmal die Embleme des Roten Kreuzes wurden von sowjetischer Seite beachtet. Nur drei Beispiele: „Am 28. Juni 1941 haben Sowjetsoldaten in der Gegend von Minsk eine deutlich als solche gekennzeichnete Kolonne des Krankenkraftwagenzuges 127 überfallen und einen Großteil der Verwundeten und der begleitenden Sanitätssoldaten niedergemetzelt."48 „Im Winter 1941/42 ist ein deutscher Verwundetentransport bei Toropec den Russen in die Hände gefallen. Sämtliche Verwundete wurden auf bestialische Weise erschossen oder erstochen."49 Im Raum von Grischino waren „durch sowjetische Soldaten über 600 Angehörige der Wehrmacht und verbündeten Einheiten sowie Angehörige des Wehrmachtgefolges, darunter Rotkreuzschwestern und Nachrichtenhelferinnen, entweder erschossen oder bestialisch niedergemetzelt worden... Vielen Leichen waren Nase und Ohren abgeschnitten worden. Anderen Leichen waren die Geschlechtsteile abgeschnitten und in den Mund gesteckt worden." 50 Da Vergeltungsmaßnahmen bei den Russen keine Wirkung zeigten, hat man darauf weitgehend verzichtet. „Als beispielsweise im August 1941, nach der Ermordung und Verstümmelung von 19 deutschen Verwundeten und zwei Sanitätssoldaten in einem Fahrzeug des Roten Kreuzes, dem Oberkommando der 17. Armee vorgeschlagen wurde, als Vergeltung hierfür hohe Offiziere der 6. und 12. Armee zu erschießen, hat der Armeeoberbefehlshaber, General der Infanterie von Stülpnagel, dieses Ansinnen mit analoger Begründung zurückgewiesen. Und als sich nach dem Massaker von Grischino der deutschen Soldaten eine maßlose Erbitterung bemächtigte, erließ der kommandierende General des XXXX. Panzerkorps, Generalleutnant Heinrici, am 3. März 1943 eigens einen Tagesbefehl, in dem er seine Truppe ermahnte, sich nicht zu Racheakten hinreißen zu lassen. ,Wir wollen jedoch an dem soldatischen Grundsatz festhalten', so heißt es darin, ,daß der gefangene, uniformierte Gegner (daher nicht der Partisan, R. C), der keinen Kampf mehr führen kann und wehrlos ist, ins Gefangenenlager gehört.'"51 „Aber auch das Schicksal sowjetischer Kriegsgefangener in deutschen Behelfslagern war im Winter 1941/42 furchtbar, wie allgemein bekannt ist. Es ist mit Recht als eine ,Tragödie größten Ausmaßes' bezeichnet worden, da Hunderttausende verhungerten und es sogar zu 43
Fällen von Kannibalismus kam. Ohne die Tragödie auch nur im aliermindesten verharmlosen zu wollen, muß aber dazu gesagt werden, daß es nicht böser Wille war, der dahinter stand, sondern vielmehr die technische und organisatorische Unmöglichkeit, eine unerwartete Zweimillionenmasse an bereits in den ersten Kriegswochen gemachten russischen Kriegsgefangenen unter den Bedingungen des Winter 1941/42 im Ostraum auch nur notdürftig zu versorgen und unterzubringen. Dieses Massensterben russischer Kriegsgefangener im ersten Kriegswinter mit Hitlers Vernichtungskrieg' in Verbindung zu bringen, wie dies einige Historiker tun, entspricht daher nicht der geschichtlichen Wahrheit. Im Frühjahr 1942 wurden vielfältige und energische Maßnahmen zur Verbesserung der Lage der sowjetischen Kriegsgefangenen getroffen, die ganz bewußt im Sinne der von der Sowjetunion niemals anerkannten Bestimmungen der Haager Landkriegsordnung und der Genfer Konvention standen. Ab Februar 1942 begannen sich die Verhältnisse zu konsolidieren, so daß zumindest das Überleben der russischen Soldaten in den Gefangenenlagern gesichert war."52 Hierzu muß ergänzt werden, daß durch die befohlenen Verwüstungen der zurückgelassenen Dörfer, Städte und Verkehrsverbindungen auch die Nahrungsmittelvorräte von den Russen selbst vernichtet worden waren. Wie katastrophal die Gesamtlage für beide Heere im Winter 1941/ 42 war, zeigt schon die Tatsache, daß 228.000 deutsche Soldaten erfroren und die Erfrierungen zeitweise die blutigen Verluste überstiegen. Die russischen Gefangenen kamen völlig erschöpft in den deutschen Linien an und hatten zum Teil in der Schlacht auf russischer Seite sechs bis acht Tage nichts zu essen bekommen; sie mußten sich von Waldbeeren und Baumrinde ernähren. Sanitätsoffiziere im Gebiet der Heeresgruppe Mitte waren zu dem Ergebnis gekommen, daß „die Kriegsgefangenen durch die lange Hungerperiode während des Kampfes und die zunächst nur sehr mäßige Ernährung nach der Gefangennahme körperlich äußerst stark heruntergekommen" waren. „Die Sterblichkeitsziffern stiegen daher erheblich. Auffallend war, daß viele Gefangene, selbst bei ausreichend zur Verfügung stehender Nahrung, körperlich nicht mehr in der Lage waren, die entsprechende Nahrung aufzunehmen und zu verwerten. Aus fast allen Dulags (Durchgangslagern) wurde berichtet, daß Gefangene nach der ersten Nahrungsaufnahme einfach zusammenbrachen und tot liegenblie44
ben."53 Es soll dabei nicht verhehlt werden, daß es im rückwärtigen Gebiet, in das die Gefangenen überstellt wurden, zu Erschießungen durch Polizei und SS gekommen ist. Aber die Hauptsterblichkeit resultierte aus den oben geschilderten Verhältnissen und war nicht Schuld der Wehrmacht. Hinzu kamen noch Seuchen wie Fleckfieber, von denen auch deutsche Soldaten betroffen waren. Um die Situation zu verdeutlichen, sei aus dem Tagebuch von Wolfgang Müller auf dessen Eintragung vom 6. Dezember 1941, dem ersten russischen Kriegswinter, hingewiesen, in der es heißt: „Wie ihre Vorfahren 1812, erfroren heute Hunderte in der Schlacht südlich Moskaus. Ohne Winterbekleidung griffen sie bei 30 Grad Kälte über deckungslose Schneeflächen an. Alle Waffen waren eingefroren."54 Stalin ging auch brutal mit den Kriegsgefangenen seiner Armeen um. Er ließ Luft- und Artillerieangriffe auf Kriegsgefangenenlager befehlen.55 Angehörige von Soldaten, die in Gefangenschaft geraten waren, wurden erschossen oder nach Sibirien verschickt,56 weil von Stalin Gefangenennahme mit Feigheit und Verrat gleichgesetzt wurde. Daher wurden auch die heimgekehrten Gefangenen oft jahrelang ins Gulag gesteckt. Ähnliches galt für die Zivilbevölkerung. Nach der Rückeroberung durch die Rote Armee kam es zu Massenerschießungen all derer, die ein gutes Verhältnis zu den Deutschen gehabt hatten,57 welche von vielen anfangs als Befreier gesehen worden waren. Bei Alexander Solschenizyn erfährt man: „Stalin forderte die Herausgabe der sowjetischen Bürger, die nicht in ihre Heimat zurückkehren wollten. Und die westlichen Länder gaben eineinhalb Millionen Menschen heraus. Sie übergaben sie? Nein, sie lieferten sie mit Gewalt aus. Die englischen Soldaten erschlugen die Russen, die nicht zu Stalin in Gefangenschaft gehen wollten, und trieben sie mit Gewalt Stalin zur Liquidierung zu. Jetzt ist es bekanntgeworden, noch nicht vor langer Zeit, vor einigen Jahren. Eineinhalb Millionen Menschen!"58 Doch von all diesen Aspekten war bei der Wehrmachtsausstellung keine Rede. Den Schülern und Bundeswehrsoldaten, die zu Zehntausenden durch diese Diffamierungsshow geschleust wurden, blieben sie verborgen. Das war freilich beabsichtigt, da nur so das politische Ziel dieses bewußt einseitigen Propaganda-Unternehmens erreicht werden konnte. Bei seiner Eröffnungsansprache anläßlich des „Gast45
spiels" der Ausstellung in München am 24. Februar 1997 machte Jan Philipp Reemtsma deutlich, wie sehr es ihm darum ging, die Gesellschaft in Deutschland zu spalten. Dort hieß es zum Schluß: „Krieg ist ein Gesellschaftszustand. Die Ausstellung zeigt den Zustand der deutschen Gesellschaft vor etwas mehr als 50 Jahren. - Die Reaktionen auf die Ausstellung zeigen den Zustand unserer Gesellschaft, die Sektoren, in denen er seine deformierende Kraft eingebüßt hat und die Maßstäbe der Zivilisiertheit aus eigener Kraft wieder adjustiert und stabil gehalten werden. - Und die Bereiche, in denen immer noch die Markierungen der Deformation durch die Barbarei kenntlich sind. Die Bereiche, in denen der Krieg fortdauert."
Ein „offener Brief" Der damalige Münchener CSU-Chef Dr. Peter Gauweiler hat dazu einen offenen Brief an alle Münchner gerichtet, der in einer Auflage von über einer halben Million verteilt wurde und große Aufmerksamkeit fand. Als die CSU so gegen die Unwissenschaftlichkeit und die Verdammung der Wehrmachtssoldaten protestierte, sprach Heer von „dieser wirklich extremen Mobilisierungskampagne von Altnazis und christlich-sozialen Ewig-Gestrigen" und fand - wie könnte es auch anders sein - von der „Süddeutschen Zeitung" volle Unterstützung. Der Brief des mutigen CSU-Politikers sei hier in vollem Wortlaut wiedergegeben: „Liebe Münchnerinnen und Münchner, liebe Freunde Münchens und der Region, sicher haben Sie in den letzten Wochen von der Auseinandersetzung über die sogenannte Wehrmachtsausstellung gelesen und gehört. Ich möchte Ihnen darstellen, worum es aus meiner Sicht bei dieser Debatte geht: 1. Die Ausstellung wird nicht nur von der CSU und in München wegen ihrer polemischen Einseitigkeit angegriffen, sondern von zahlreichen Persönlichkeiten überall in Deutschland. Der frühere Bundeskanzler Schmidt aus Hamburg hat sich von dieser Veranstaltung genauso deutlich distanziert wie Bundespräsident a. D. Dr. Richard von Weizsäcker in Berlin. Der renommierte Histori46
ker und Ordinarius der Freiburger Universität, Prof. Dr. Dr. h. c. Gerhard Kaiser, schreibt sogar von demagogischer Inszenierung von Quellenmaterial'. Niemand bestreitet ernsthaft, daß es unter der Wehrmachtsverantwortung auch schwere Kriegsverbrechen gegeben hat. Maßgebend für die Kritik ist, daß ,mit dieser Ausstellung ein Pauschalurteil gefällt wird, das politisch, moralisch und historisch nicht gerechtfertigt ist'. 2. Den Ausstellern wird vorgeworfen, daß sie Deutsche - die Gefallenen, die Überlebenden, die Kriegsversehrten und die langjährig Gefangenen - generell herabwürdigen und faktisch auf eine Stufe mit Kriegsverbrechern stellen. In ihrem Ausstellungskatalog' ereifern sie sich, daß ,Millionen deutsche und österreichische Soldaten' zu Unrecht von der Geschichtswissenschaft bisher freigesprochen' worden seien. Dieses Urteil wollen die Ausstellungsmacher jetzt auf ihre Weise nachholen. Sie widersprechen mit dieser kollektiven Entehrung Urteilen aller ehemaligen Kriegsgegner Deutschlands, die der Haltung deutscher Soldaten auch nach dem Krieg immer wieder höchste Anerkennung zollten. Der französische Staatspräsident Mitterand faßte diese Einstellung zum 50. Gedenktag des Weltkriegs-Endes am 8. Mai 1995 in Berlin in die Worte: ,Bei den deutschen Soldaten, die in so großer Zahl starben, kommt es mir kaum auf die Uniform an und noch nicht einmal auf die Ideen, die ihren Geist bestimmten. Sie hatten Mut.' Und weiter: ,Sie liebten ihr Vaterland - dessen muß man sich gewahr werden.' 3. Auch persönlich sind die Ausstellungsmacher für ihr ,Richteramt', das sie sich über eine ganze Generation anmaßen, nicht qualifiziert. Der ,Autor' der Ausstellung, Hannes Heer, ist bisher u.a. als aktiver Kommunist, zeitweiliges DKP-Mitglied und Agitator gegen den demokratischen Rechtsstaat in Erscheinung getreten. Er ist verurteilt wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt, Sachbeschädigung und gefährlicher Körperverletzung. Sein Verteidiger war der Ostberliner Staranwalt Kaul. Daß im Konzept dieses profilierten Linksextremisten die Völkerrechtsverbrechen der Roten Armee und der Hitler-Stalin-Pakt nicht den geringsten Platz haben, versteht sich von selbst. Der Finanzier der Ausstellung, Jan Reemtsma, hat sich als Geldgeber der berüchtigten Hamburger 47
Hafenstraße einen Namen gemacht, jenem Zentrum ,autonomer' Militanz in der Bundesrepublik, von dem zahllose Angriffe gegen den demokratischen Rechtsstaat in Deutschland ausgegangen sind. In seinem sogenannten Institut, das die Ausstellung veranstaltet in Wahrheit ein privater Verein, der mit den Instituten einer Universität nichts zu tun hat -, war unter anderem der Baader-Meinhof-Terrorist Dellwo beschäftigt, beteiligt an der Ermordung des deutschen Botschafters in Stockholm. 4. In anderen Städten in Bayern, in Nürnberg und in Regensburg, haben sich die Oberbürgermeister wegen der Einseitigkeit der Ausstellung geweigert, für diese Veranstaltung auch noch ihre Rathäuser zur Verfügung stellen zu müssen. Zur Debatte in München schreibt die angesehene ,Frankfurter Allgemeine Zeitung' in ihrem Leitartikel auf der ersten Seite: ,Bilder, einseitig ausgewählt, sind geeignet, nicht einmal ein halbes Bild der Wirklichkeit zu vermitteln, also zu indoktrinieren. In unserem Staat haben die Veranstalter das Recht dazu. Aber die staatlichen Organe sollten sich mit einem solchen Versuch nicht identifizieren, wie es in München, wo die Ausstellung im Rathaus gezeigt wird, geschehen ist. Das ist der Grund für den dort aufgeflammten Streit.' Es war, im Gegensatz zu anderen Städten, der rot-grünen Rathauskoalition in München vorbehalten, diese Veranstaltung in den Rang eines kommunalen Staatsaktes zu erheben. Wir halten dies für einen politischen und moralischen Mißgriff und wiederholen diese Kritik. 5. Daß Sie viele dieser Informationen bisher kaum oder überhaupt nicht haben lesen können, hängt damit zusammen, daß sich bestimmte Zeitungen - in München die ,Süddeutsche' und die ,AZ' nicht als Berichterstatter, sondern als Agitatoren der Aussteller und ihrer rot-grünen Bundesgenossen begreifen. Kritische Einwände werden in dieser Presse immer wieder nur entstellt gebracht oder mittels der Zensur des Verschweigens gleich ganz unterdrückt, während Heer, Reemtsma, Ude sich in seitenlangen Artikeln verbreiten dürfen. Meinungsfreiheit im Sinne eines Pro und Contra fand in dieser immer tiefer sinkenden Presse nicht statt. Daß die außer Rand und Band geratene ,Abendzeitung' neuerdings ,leitende Redakteure' von der ultra-linken Westberliner Zeitung ,taz' für ihre Kampagne ,einkauft', rundet dieses trübe Bild nur 48
noch ab. Bitte verstehen Sie, daß wir uns von solchen Gegnern nicht zum Verstummen bringen lassen wollen und werden. 6. Meine Freunde und ich glauben, daß auch die deutsche Geschichtsschreibung der Aufklärung verpflichtet ist und nicht dem Pamphlet. Und daß die Verbreitung von bestenfalls nur Halbwahrheiten wie bei der Wehrmachtsausstellung immer auch die Verbreitung der halben Unwahrheit bedeutet. Eine pauschale Verurteilung ist ein Schlag ins Gesicht von Millionen Familien, die im Krieg ihren Vater, Bruder, Sohn oder Ehemann verloren haben, und eine späte absichtsvolle Demütigung zahlloser Männer, die ehrenhaft gekämpft hatten. Zu einem freien Land gehört auch nicht die Bevormundung durch eine ideologische oder journalistische Gedankenpolizei, sondern das furchtlose Nachdenken über Zukunft und Vergangenheit des eigenen Volkes. Dafür setzen wir uns ein. Wir bitten Sie, uns in dieser Bemühung zu unterstützen. Mit freundlichen Grüßen
Ihr Peter Gauweiler."
In seiner Reaktion ging der Ex-SPD-Chef, Unteroffizier der Deutschen Wehrmacht und ehemaliger Münchener Oberbürgermeister, Hans-Jochen Vogel, soweit, Gauweiler polemisch den Eintritt in die NDP nahezulegen. Unterstützung fand er mit seiner Kritik durch den Linksaußen der CDU, Heiner Geißler, der Gauweiler vorwarf, er würde den Rechten in die Hände spielen. Wer sich also gegen Fälschungen von links zur Wehr setzt, der spielt der Rechten in die Hände. Vor allem aber aus SPD-Kreisen wurde die Ausstellung unterstützt. In Karlsruhe wurde sie von der Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, dem SPD-Mitglied Jutta Limbach, eröffnet. Und selbst als die Fälschungsvorwürfe 1999 immer deutlicher wurden, hielt es die SPD in Schleswig-Holstein für angebracht, der Ausstellung erstmals einen Landtag zur Verfügung zu stellen und sie mit DM 200.000,- aus Steuergeldern zu unterstützen. Auch die evangelische Kirche stand der SPD bei. Meinhard von Ow schrieb in „Erneuerung und Abwehr" 6/2000: „In Regensburg stellte 1996 das Evangelische Bildungswerk der Ausstellung seine Räume zur Verfügung. Bei einem offenen Gespräch mit Bundeswehroffizieren, die die Formulierung zurückwiesen, die Wehrmacht sei eine Verbrecherorganisation gewesen, warnte 49
Dekan Reinhard von Loewenich davor, die Ausstellungsmacher pauschal zu kritisieren. Diese seien nicht irgendwelche Dilettanten. In der Münchner Lukaskirche fand 1997 zur Ausstellung ein Bußgottesdienst unter dem Motto ,Die Sünden der Väter' statt, bei dem der ehemalige Unteroffizier und SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel die Ansprache hielt. 1998 und 1999 fanden in den Ausstellungsorten immer mehr meist einseitige Veranstaltungen christlicher Institutionen statt, wie die Begleitprogramme von Köln, Bonn und Osnabrück zeigen." Aber trotz des ganzen Rummels um diesen Mißbrauch der Geschichte deutscher Soldaten zu politischen Zwecken hat nur etwa ein Prozent der Bevölkerung der Bundesrepublik diese Ausstellung besucht und vermutlich noch nicht einmal die Hälfte aus eigenem Antrieb. Schulklassen und Bundeswehrsoldaten wurden dorthin beordert. „Der Absturz und die Selbstzerstörung der Christusglocke in der Frankfurter Paulskirche am 17. Mai 1997, während die Anti-Wehrmachtsausstellung in diesem Gebäude zu sehen war, sollten uns Zeichen sein." (HEINZ DRENGER / HEINZ MAYER, „Stimme gegen die Psychose nationaler Selbstgeißelung", Selbstverlag H. Drenger, Glinde, S. 35SS.)
Die immer deutlicher werdende Kritik und der Nachweis von Fälschungen ließen die Ausstellungsmacher kalt. Für sie war jede Kritik rechtsextrem. Im Sommer 1997 hatte der polnische Historiker Bogdan Musial die Ausstellung besucht. Ihm waren gleich Zweifel gekommen, und er teilte Herrn Heer bereits am 17. Dezember 1997 mit, daß es sich bei einigen Bildern, die Deutsche vor Leichenbergen zeigen, um Opfer der Sowjets handle. Mit Hilfe von Rechtsanwälten versuchte man gegen Musial vorzugehen, doch dieser ließ sich nicht einschüchtern. Im Januar 1999 erschienen dann Artikel in der „Berliner Morgenpost" und im „Hamburger Abendblatt" über Musials Erkenntnisse, ohne daß die Ausstellungsmacher daraus Konsequenzen zogen. 50
Am 8. Mai 1999 veröffentlichte die polnische Zeitung „Zyzie" („Leben") einen großen Artikel mit der Überschrift „Falsche Bilder in einer Ausstellung". „Das Ostpreußenblatt" berichtete darüber in seiner Ausgabe vom 10. Juli 1999. Darin wird die polnische Zeitung u.a. wie folgt zitiert: „In der Ausstellung »Vernichtungskrieg - Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944' - werden Bilder gezeigt, die Verbrechen des NKWD dokumentieren. Die Autoren der Ausstellung wollen nicht zugeben, daß sie die Geschichte fälschen... Bei der Ausstellung handelt es sich weniger um eine geschichtliche Zäsur', sondern eher um einen ,historischen Schwindel'... In vielen Fällen weisen unnatürliche Positionen der Leichen und anatomische Veränderungen darauf hin, daß sie exhumiert worden sind. Etwas stimmt hier nicht. Haben die Soldaten der Wehrmacht Dutzende von Personen ermordet, vergraben und nach Wochen wieder ausgegraben, um Fotos zu schießen? Die Antwort ist sehr einfach: Die wichtigsten Bilder in der Heer-Ausstellung dokumentieren keine Verbrechen der Wehrmacht, sondern zeigen Opfer von NKWD-Massenverbrechen, die in Ostpolen begangen worden sind... Selbstverständlich könne man meinen, daß die Probleme mit der Ausstellung ,Verbrechen der Wehrmacht' ausschließlich Probleme der Deutschen sind. Die Angelegenheit hat aber einen breiteren Kontext, denn die umstrittenen Bilder zeigen Polen - aber auch Ukrainer und Juden -, die während der sowjetischen Besatzung vom NKWD ermordet worden sind. Fälschungen der Umstände, unter denen sie ums Leben gekommen sind, und noch dazu durch einen Kommunisten, bedeuten Verspottung der Geschichte... es geht auch darum, beim Vergleich der deutschen und sowjetischen Verbrechen ehrliche Maßstäbe anzulegen."
„Heute aber bestimmen andere Eliten..." Dies alles war also bekannt, als die Ausstellung Anfang Juni 1999 nach Hamburg, ihrem Ausgangspunkt, zurückkehrte und mit einer Veranstaltung im Hamburger Schauspielhaus eröffnet wurde. Erstmals in den viereinhalb Jahren wurde diese Ausstellung nun auch von 51
der CDU gutgeheißen. Der ehemalige Bundeskanzler und Hamburger SPD-Mann Helmut Schmidt aber kritisierte: „Dergleichen linksextremistische Meinungen sind nicht verboten, sie sind gleichwohl gefährlich." Und in der „Welt am Sonntag" vom 16. Mai 1999 schrieb er: „Es gibt Leute, die einen gewissen autosuggestiven Masochismus gegenüber dem eigenen Land für ihre Aufgabe halten. Dazu gehören Hannes Heer, dazu gehört Jan Philipp Reemtsma. Die gibt es in jedem Land, die muß man ertragen." Hannes Heer meinte dazu: „Unter Helmut Schmidt als Kanzler hätte diese Ausstellung keinen Tag überlebt. Heute aber bestimmen andere Eliten über ihren Fortgang." Der CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann meinte zu diesen Eliten in seiner Ansprache zum Nationalfeiertag am 3. Oktober 2001 in seinem Wahlkreis Fulda: „Ein großer Teil derer, die sich als Elite in Deutschland betrachten, ist kaum noch in der Lage, anders zu denken als in den Kategorien von Masochismus, Selbstanklage und Selbsthaß." Jene „Eliten", die mit geschwellter Brust den Sünderstolz vor sich hertragen, sind die Opfer der „Umerziehung", die seelische Krankheiten im deutschen Volk erzeugt haben. Die Sieger schrieben die Geschichte der Deutschen zu einer Geschichte von Verbrechern um, und die heutigen „Eliten" verstehen sich als Erfüllungsgehilfen. „Intellektuelle sind freundlich zu Fremden, nicht um des Fremden willen, sondern weil sie grimmig sind gegen das Unsere und alles begrüßen, was es zerstört (BOTHO STRAUSS).
Das Weltbild dieser „Eliten" wurde dann auch beim mit DM 70.000 finanzierten Begleitprogramm zur Ausstellung in Hamburg deutlich, an dem nach einem Bericht des „Ostpreußenblattes" vom 1. Mai 1999 neben respektablen Organisationen wie der „Katholischen Akademie", dem Förderverein „Rettet die Nikolaikirche", der „Hamburger Landeszentrale für politische Bildung" und der „Universität der Bundeswehr Hamburg" auch zwölf Organisationen, die in Verfassungsschutzberichten auftauchen, beteiligt waren, wie etwa: - die „Antifaschistische Gruppe Hamburg", als besonders gewalttätig bekannt; 52
- die Deutsche Kommunistische Partei (DKP); - das von der DKP beherrschte Kuratorium „Gedenkstätte Ernst Thälmann"; - die trotzkistische Gruppe „Linksruck", die meint, daß Lenin einer der konsequentesten Kämpfer für wirkliche Freiheit und Demokratie war; - die „Hochschul-Antifa"; - die linksextreme Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten (VVN-BdA); - die Hamburger PDS; - die „Rote Flora". „Alles Zufall?" fragt das „Ostpreußenblatt". Zufall sicher nicht. Es sind dies Herrn Reemtsmas „Eliten". Und diese haben dann das Gebäude des ,,Ostpreußenblattes" angegriffen und dort die Scheiben eingeworfen. Die gleichen „Eliten" bewarfen auch das Haus von Rüdiger Proske mit Farbbeuteln, warfen die Fensterscheiben ein und zerstörten sein Auto. Eine Flut von Anrufen, Briefen und Telegrammen erreichte ihn daraufhin von Bürgern, die diese Tat verabscheuten. Von den Politikern aus SPD, FDP und CDU kam jedoch kein Wort - es wurde ja „nur" einem deutschen Bürger Schaden zugefügt. „Allerdings", sagte Rüdiger Proske dem „Ostpreußenblatt", „haben mich zwei junge CDU-Mitglieder angerufen und erklärt, daß sie ausgetreten seien wegen des skandalösen Beschlusses, mit dem sich die Christdemokraten hinter die Reemtsma-Veranstaltung gestellt haben". So entsteht jedenfalls der positive Eindruck, daß junge Leute sich heute um die Wahrheit mehr bemühen als unsere Politiker. Die evangelische Kirche konnte natürlich nicht beiseite stehen. In dem schon erwähnten Artikel aus „Erneuerung und Abwehr" schrieb Meinrad von Ow: „In Hamburg haben im Juni 1999 die Kirchen mit einem fünfseitigen Begleitprogramm den ,guten Dienst der christlichen Kirche' und eine tägliche seelsorgerische Begleitung der Ausstellung durch Pastorinnen und Pastoren der Nordeibischen Kirche angeboten, denn ,Nicht das Wegsehen, nur das Hinsehen macht die Seele frei'. In der Einleitung empfehlen mehrere Laien den Besuch der Ausstellung als ,eine unverzichtbare Möglichkeit', endlich den vielen Verharmlosungen entgegenzutreten und... politische Verantwortung zu übernehmen. So ist es nicht verwunderlich, daß in den Veranstaltungen überwiegend die 53
zu Wort kamen, die die Ausstellung gestaltet, unterstützt oder befürwortet haben." „Wegsehen vor der Wahrheit" betrieb hier allerdings die evangelische Kirche, denn man muß sich in Erinnerung rufen, daß dies alles geschah, nachdem die Fälschungen aufgedeckt worden waren und klar wurde, daß deutschen Soldaten Verbrechen der Sowjets angelastet wurden. Mit christlicher Nächstenliebe hat diese Verleumdung deutscher Soldaten nichts zu tun. Im Dezember 1999 sollte diese Wanderausstellung, die nun als Verein firmierte, an dessen Spitze der frühere SPD-Vorsitzende HansJochen Vogel und der ehemalige Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ignaz Bubis, stehen sollten, in New York gezeigt werden. Der Leiter des Münchner Institutes für Zeitgeschichte, Horst Möller, antwortete auf die Frage zum Auslandseinsatz dieser Ausstellung in einem Interview in „Focus" 43/1999: „Es kann nicht unser Anliegen sein, ein dogmatisches, einseitiges bis falsches Bild Deutschlands ins Ausland zu vermitteln bzw. es dort wieder aufzurühren oder zu bestätigen. Das ist verantwortungslos." Nicht anders drückte sich der ungarische Historiker Krisztián Ungväry, der mit seiner Untersuchung mit zum Fall der Ausstellung beigetragen hatte, in „Zur Zeit" 46/1999 aus: „Es geht in dieser Ausstellung nicht um das Kriegsrecht. Sie ist der Versuch, die eigene Geschichte zu bewältigen, sie scheint aber eher eine Vergewaltigung der Geschichte zu sein. Hier sollen einfach vorgefaßte Urteile durch Material gestützt werden. Das Ganze ist einfach unmöglich. Und was ganz schlimm ist, daß diese Ausstellung ins Ausland gehen soll. Dann ist natürlich für jede Nation ein Freibrief da. Jeder kann sich bequem zurücklehnen und mit dem moralischen Zeigefinger auf die bösen Deutschen zeigen, die so anders waren als wir selbst. Als Ungar muß ich sagen, daß wir auch nicht besser waren als die Deutschen." Daß es in den USA auch Anerkennendes über die Deutsche Wehrmacht gibt, zeigt eine „Lebende-Geschichte-Gruppe", deren Mitglieder an der Jahresversammlung der Traditionsgemeinschaft „Division Großdeutschland 1999" teilnahmen. Aus der zu diesem Anlaß gehaltenen Ansprache:
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„Im Namen von 100 Mitgliedern der ,Lebende-Geschichte-Gruppe' Großdeutschland aus den Vereinigten Staaten. Wir möchten dem Vorstand und besonders allen Mitgliedern der Traditionsgemeinschaft Panzerkorps Großdeutschland herzlich danken für ihre freundliche Einladung hier nach Munster. Es ist eine Ehre für uns, hier zu sein. Die ,Lebende-Geschichte-Gruppe' Großdeutschland, USA, war gegründet dreiundzwanzig Jahre zurück. Der Glaube von unseren Gründern und unsere heutige Einstellung ist, daß die Großdeutschland-Division eine Kerntruppe war. Unsere Gruppe, die 7. Kompanie, belehrt den amerikanischen Bürger, daß der deutsche Soldat des Zweiten Weltkrieges nicht der deutsche Soldat ist, den sie in Hollywood-Filmen sehen. Unsere Tätigkeit zeigt dem amerikanischen Bürger, daß der deutsche Soldat nicht anders war als alle anderen Soldaten der Geschichte. Durch unsere Wohltat haben wir eine anerkennende Urkunde für lehrbare geschichtliche Beispiele bekommen von der Regierung der Vereinigten Staaten. Wir sind die einzige von 50 ,Lebende-Geschichte-Gruppen' in den USA, die die Wehrmacht darstellen und das erreicht haben. Wir stellen uns dar als Mitglieder Großdeutschland und könnten uns noch niemals vergleichen mit denen, die die Uniform in Frieden und Krieg getragen haben. Als ein Regiment haben sie blitzende Fortschritte in Westen und Osten gemacht. Als eine Division und später als Panzerkorps habt ihr den Titel in der Geschichte als ,Feuerwehr-Brigade' verdient. Bei Sturmmarsch, Lkw- oder Truppenzug haben sie die Lücken gefüllt und haben die kritischen Stellungen verstärkt an der Front. Die Kameradschaft, die sich durch den Krieg entwickelt hat zwischen den Dienstgraden besteht bis zum heutigen Tag und wird so geehrt und gerühmt bei diesen Zusammentreffen. Unsere 'Lebende-Geschichte-Gruppe' existiert, um die Erinnerung aufrechtzuerhalten mit all unserer Kraft. Wir danken euch herzlich für die Einladung zu dem Treffen hier in Munster, daß wir unseren Respekt bezeigen können für die Soldaten, die mit Treue und Ehre in der Großdeutschland-Tradition gedient haben. Für Gott, Ehre und Vaterland." („Soldat und Volk", November 1999.) 55
Im Oktober 1999 mußte die Ausstellung schließlich ausgesetzt werden, weil es nicht mehr gelang, die Fälschungsvorwürfe weiterhin zu ignorieren. Deutsche Kritiker waren in die rechte Ecke gestellt worden, weswegen viele jahrelang es nicht gewagt hatten, ihre Kritik öffentlich kundzutun. Der Historiker am Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Potsdam, Rolf Dieter Müller, sagte offen: „Wer Kritik an der Ausstellung äußerte, sah sich starken Anfeindungen gegenüber und setzte sich der Gefahr aus, ins rechte Lager gerückt zu werden." - Viele deutsche Historiker hatten den Mut verloren, sich offen zu dem zu bekennen, was sie als historische Wahrheit betrachteten. Als nun aber die „Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte" (Nr. 4 vom Oktober 1999) die Kritik des polnischen Historikers Bogdan Musial veröffentlichten und gleichzeitig der ungarische Historiker Krisztián Ungváry ebenfalls seine harte Kritik in der Zeitschrift des Verbandes der Geschichtslehrer in Deutschland - „Geschichte in Wissenschaft und Unterricht" (Nr. 10 vom Oktober 1999) - veröffentlichen konnte, war das vorläufige Aus der Wanderausstellung besiegelt. „Angesichts der Quellenlage kann erwartet werden, daß das wenige Gezeigte zumindest gründlich geprüft wurde, denn eine oberflächliche Annäherungsweise diskreditiert auch die lobenswertesten Absichten. Bei einer Ausstellung, welche die Ermordung von Menschen zum Gegenstand hat, kann noch mehr erwartet werden, daß die Quellen, also die verschiedenen Bilder und Texte, gründlich überprüft werden. Alles andere wird zur Pietätlosigkeit den Opfern gegenüber denn kein Mensch darf mißbraucht werden, erst recht nicht nach seinem Tode", meinte Ungváry und wies nach, daß von den 801 gezeigten Bildern nur 80 (10%) als Täter Wehrmachtssoldaten bringen, wobei ein erheblicher Anteil selbst dieser Bilder keine Verbrechen im juristischen Sinn dokumentiert, da die Taten - beispielsweise die Erschießung von Partisanen - durch Kriegsrecht gedeckt waren. Der polnische Historiker Bogdan Musial hatte zunächst auf neun Bildern nachgewiesen, daß die dort der Wehrmacht angelasteten Verbrechen von den Russen begangen worden waren. Er meinte in einem Interview mit der „Welt am Sonntag" vom 24. Oktober 1999: „Ich bin aber davon überzeugt, daß es sich bei den von mir gefundenen Fehlern nur um die Spitze des Eisberges handelt." Im gleichen Interview berichtete er darüber, daß das ReemtsmaInstitut „eine regelrechte Kampagne" gegen ihn eingeleitet hätte, um 56
ihn „als unseriös abzustempeln". Er beendete das Interview mit dem Satz: „Andererseits gibt die große Resonanz auf meine Arbeit die Hoffnung, daß in Deutschland endlich einmal angefangen wird, inhaltlich und unbefangen über diesen Abschnitt der Zeitgeschichte zu diskutieren." In einem Leserbrief vom 3. November 1999 in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" beklagte sich eine Leserin, daß hier eindeutig als finnische Soldaten erkennbare Personen zu Tätern gemacht werden, und schrieb weiter: „Die abgebildeten Finnen sind auch keine ,Täter'. Im Gegenteil. Ein Bild zeigt zwei unbewaffnete Soldaten, die einen verwesten Toten wegtragen. Eine Rückfrage bei der Militärgeschichtlichen Abteilung der finnischen Streitkräfte ergab, daß man davon ausgehen kann, daß dieses Foto auf den Schlachtfeldern Ostkareliens gemacht wurde, als nach der Schneeschmelze 1940 und 1942 Tausende im Winter gefallene russische Soldaten durch die finnische Armee bestattet wurden. Bei dieser für die beteiligten Soldaten sehr belastenden Aktion wurden allein 1940 etwa fünfzehn- bis zwanzigtausend gefallene Rotarmisten beerdigt. Diese Zahl zeigt, mit welcher Rücksichtslosigkeit während des finnischen Winterkrieges die braun uniformierten Sowjetsoldaten über die Schneeflächen gegen die finnischen Verteidiger in ihren weißen Schneehemden getrieben wurden. Die Tatsache, daß die Aussteller finnische Soldaten zu Verbrechern stempeln, verletzt die Ehre der finnischen Streitkräfte, die im Land großes Ansehen genießen." Nun sollte man meinen, daß nach diesen vernichtenden Kritiken, die nicht nur Unwissenschaftlichkeit, sondern auch Fälschungen nachwiesen, eine Entschuldigung bei der verleumdeten Kriegsgeneration angebracht gewesen wäre. Aber nichts dergleichen geschah. Zwar räumte Philipp Reemtsma ein, daß man manche Kritik in den Jahren der Ausstellung nicht ernst genug genommen habe und einige Bilder falsch seien - die Grundthese aber stimme. Die mutige Politikerin Erika Steinbach (CDU) sieht es in einem Leserbrief vom 14. November 1999 allerdings etwas anders. Darin heißt es u.a.: „Ist Jan Philipp Reemtsma nicht ein ehrenwerter Mann? Wie selbstlos hat er sich jahrelang in den Dienst der Aufklärung über Verbrechen der Wehrmacht gestellt. Und das, obwohl sein Vater ein Vermögen als Alleinlieferant von Zigaretten an diese Verbrecherorgani57
sation gemacht hat. Hut ab! Als willigen Vollstrecker hat er mit Hannes Heer treffsicher einen Mann ausgewählt, der als Aktivist des Sozialistischen deutschen Studentenbundes (SDS) und als früheres DKP-Mitglied die Materie so aufgearbeitet hat, wie Reemtsma es sich vorstellte: erst das Ergebnis festlegen, dann die Beweise passend zurechtschneidern... Das Bedenklichste und Beunruhigendste im Zusammenhang mit dieser Bilder- und Textcollage war nicht das Machwerk selbst, sondern der kritiklose, ja fast euphorische Umgang in weiten Kreisen Deutschlands damit. Hand in Hand zudem der Umgang mit den Kritikern der Ausstellung, die es von Anbeginn im Lande gab. Sachliche und kompetente Hinweise, die Zweifel an der Qualität und historischen Wahrhaftigkeit enthielten, wurden günstigstenfalls totgeschwiegen, häufiger aber stigmatisiert. Mit Sicherheit würde diese trostlos unwahrhaftige Bilderfolge noch ein Dezennium durch Deutschland, ja um den Globus wandern, wenn es denn nicht ausländische Historiker unternommen hätten, diese Wehrmachtsausstellung verantwortungsbewußt auf den historischen Seziertisch zu legen... Eine billige Geschichtsfälscherwerkstatt ist aufgeflogen, und der Täter versucht den rettenden Sprung ans trockene Ufer. Daß er dabei seinen Komplizen Hannes Heer über die Klinge springen läßt, paßt ins Charakterbild." Ein Moratorium von Historikern sollte nun in Reemtsmas Auftrag die Ausstellung überprüfen. Auf die Frage, ob man auch den ungarischen Historiker Ungváry in das Gremium einladen würde, sagte Hannes Heer am 5. November 1999 zur Auswahl dessen Mitglieder: „Es sind Historiker, die, erstens, die Grundthese der Ausstellung teilen und, zweitens, nicht eine Destruktivität in dieses sensible Adhoc-Instrument bringen, das ja ein schwieriges Unterfangen zu bewältigen hat." Das läßt nicht unbedingt auf historische Unabhängigkeit schließen. Und dem war dann auch so. Meinrad von Ow hat im August 2000 eine Studie über wissenschaftliches Fehlverhalten vorgelegt und darin die Frage beantwortet: „Können acht Gutachter der Ausstellung Vernichtungskrieg' Glaubwürdigkeit verleihen?"59 Darin untersucht er den wissenschaftlichen Werdegang der Gutachter und ihr bisheriges Verhalten zur Wehrmachtsausstellung. Dabei kommt er zu einem Urteil, das nicht erwarten läßt, daß sie unvoreingenommen an die Aufgabe herangehen würden: 58
Prof. Dr. Manfred Messerschmidt war - wie schon berichtet Kopf der „Roten Zelle" im Militärgeschichtlichen Forschungsamt und Unterstützer der Reemtsma-Thesen. Prof. Dr. Omer Bartov, Professor an der Rutgers University in New Jersey/USA, gehört zur Schule von Prof. Messerschmidt und hat sich durch maßlose Anschuldigungen gegen die Wehrmacht einen Namen gemacht. Er schrieb u.a. „Der Zusammenhalt der Truppe beruhte auf einer Pervertierung der moralischen und rechtlichen Grundlagen des Kriegsrechts" oder „Es war leichter (für die Soldaten der Wehrmacht), die Brutalität der Offiziere zu ertragen, wenn man andere brutal behandeln durfte" oder „Das Ostheer wurde durch eine Kombination aus eiserner Disziplin im Feld und allgemeiner Lizenz zur barbarischen Behandlung des Feindes zusammengehalten." Hingegen wird die russische Seite gelobt: „Selbst die Rote Armee hielt ihre Männer nach dem Einmarsch in Deutschland besser im Zaum, als es die Wehrmacht in Rußland tat." Eine gemeinere Verdrehung der wissenschaftlich bewiesenen Tatsachen ist wohl kaum möglich. Aber dieser „Wissenschafter" gehörte zu dem Komitee, das die amerikanische Version der Ausstellung vorbereitete. Da wären wohl noch mehr Fälschungen zu erwarten gewesen. Dem Prof. Dr. Gerhard Hirschfeld aus Stuttgart wirft von Ow vor, daß er eine einseitige Sicht vertritt und die Greueltaten der Roten Armee gerechtfertigt und aufgerechnet hat gegen den angeblich „beispiellosen Vernichtungsfeldzug der Wehrmacht". Prof. Dr. Friedrich Kahlenberg, Präsident des Bundesarchivs, hatte während der Ausstellung die falschen Bilder als authentisch verteidigt.60 Es ist also wohl kaum damit zu rechnen, daß von ihm ein objektives Urteil kommt. Zu Professor Dr. Reinhard Rürup schreibt von Ow: „Er war Leiter der Berliner Ausstellung ,Der Krieg gegen die Sowjetunion 1941-1945. Eine Dokumentation zum 50. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion' und Herausgeber des Begleitbuches. Die Bilder und Texte vermitteln dem unbefangenen Leser ein recht einseitiges Bild der Geschichte der Wehrmacht. Danach führt eine gerade Linie rußlandfeindlicher, antisowjetischer und antisemitischer Vorurteile in Deutschland seit 1848 zum Angriff gegen die Sowjetunion." Ein weiterer Gutachter ist Dr. Christian Streit. Er „promovierte in Heidelberg mit dem Thema ,Die sowjetischen Kriegsgefangenen als 59
Opfer des nationalsozialistischen Vernichtungskrieges 1941-1945' und ist mit der Ausstellung durch Vorträge an vielen Orten der Wanderausstellung... eng verbunden. Mitte Januar gab das Hamburger Institut bekannt, daß dem wissenschaftlichen Gremium zur Überprüfung der Ausstellungsdokumente ,auf Bitten der bisherigen Mitglieder Dr. Christian Streit beigetreten ist'." Streit kritisierte auch die beiden ausländischen Historiker, die die Ausstellung zu Fall gebracht hatten, und meinte, „daß die konservativen Kritiker der Ausstellung, die vorher kaum konkrete sachliche Einwände formulieren konnten, nun die Chance sehen, das ramponierte Bild der Wehrmacht zu restaurieren. .. Noch schlimmer ist freilich, daß die Thesen von Musial und Ungváry allenthalben als gesicherte Erkenntnis angesehen werden." „Diese Analyse", schreibt Meinrad von Ow in seiner obengenannten Schrift, „weist nach, daß die Mehrzahl der von Reemtsma berufenen Wissenschaftler die Ausstellung begrüßt, bejaht oder zumindest nicht grundsätzlich kritisiert hat. Einige haben sie von Anfang an unterstützt, mit Vorträgen begleitet, ihre Exponate beglaubigt und jede sachliche Kritik beharrlich ignoriert. Alle haben die Forderung Reemtsmas akzeptiert, daß für die Neufassung der Ausstellung der ihr zugrunde liegende Verbrechensbegriff weiterhin thematisiert werden soll. Diese Verpflichtung auf die Vorwegnahme eines Ergebnisses widerspricht der Forderung nach der Neutralität und Unabhängigkeit eines Gutachters." Wie aber haben nun die Kuratoriumsmitglieder gehandelt, die im August 1999 die Trägerschaft der Ausstellung übernommen hatten, nachdem die Fälschungen schon bekannt waren, man sie aber noch ignorieren konnte? Der ehemalige SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel begrüßte das Moratorium. „Es werde zu einem ,besseren Umgang mit unserer eigenen Geschichte' beitragen. Es sei unbestritten, daß die Wehrmacht - ,nicht die Masse der Soldaten, aber ihre Führung, einzelne Truppenteile und Soldaten' - in Kriegsverbrechen verstrickt gewesen sei, sagte Vogel in Hamburg. Es sei das Verdienst der Ausstellung, diese Tatsache ins Bewußtsein der Öffentlichkeit gehoben zu haben. Die jetzt bekannt gewordenen Mängel und Fehler gefährden diesen Erfolg aber."61 Genau das hat die Ausstellung aber nicht vermittelt und nicht vermitteln wollen, vielmehr ging es darum, die gesamte Wehrmacht zu kriminalisieren. 60
Ein anderes Vorstandsmitglied dieses Trägervereins, Brigadegeneral der Bundeswehr a. D. Winfried Vogel, wird in seiner Aussage geradezu zynisch, wenn er auf die Frage von Franziska Augstein, ob es nicht die wissenschaftliche Redlichkeit geboten hätte, schon nach den ersten Nachweisen fehlerhafter Beschriftungen alle Bilder der Ausstellung nochmals auf ihren Kontext zu überprüfen, anstatt abzuwarten, bis neue Fehler gefunden würden, meinte: „Die Herren Hannes Heer, Bernd Boll und andere haben dies getan. Die Ausstellungsmacher legen größten Wert darauf, Kritik aufzunehmen, aber es muß eben eine wissenschaftlich begründete Kritik sein und nicht eine, die im Rahmen einer Kampagne läuft. Und eine Kampagne hat, seit es die Ausstellung gibt, immer wieder stattgefunden. Manche Bildunterschriften mögen kritikwürdig sein, aber man kann nicht aufgrund von drei oder neun Fotos der Ausstellung dauernd Fälschung unterstellen. Das zeigt schon, daß es oft letztlich nicht um wissenschaftlichen Streit geht."62 Doch die Ausstellungsmacher zeigten sich, im Gegenteil, jeder Kritik gegenüber unempfindlich und versuchten sogar, Wissenschaftler wie Bogdan Musial mit juristischen Finten fertigzumachen. Herr Vogel aber meinte zu Musial: „Ich habe ihm gesagt, er könne doch kein Interesse daran haben, daß die Wehrmacht in Polen und Weißrußland als Unschuldslamm dargestellt werde... Herrn Musials Entdeckungen bezüglich der Fotos sind nicht das letzte Wort. Erstmal muß geprüft werden, ob sie zutreffen."63 Und was meinten jene, die die Ausstellung finanziell unterstützt hatten? Die Hamburger Bürgerschaft steht weiterhin grundsätzlich hinter der umstrittenen Ausstellung, auch wenn sie eine Überarbeitung für notwendig hält. Die GAL hatte das Thema unter der Überschrift „Verdienste und Krise der Wehrmachtsausstellung" für die Aktuelle Stunde angemeldet. Sie meinte, „die Bilder haben den Blick der Deutschen auf den Zweiten Weltkrieg verändert, und das sei gut so". Eine Abgeordnete vertrat die Ansicht, man hätte die fehlerhaften Bilder herausnehmen können, ohne die Ausstellung zu schließen. Das Ausstellungsbüro der Stadt Braunschweig, wo die Ausstellung als nächstes hätte gezeigt werden sollen, zeigte sich enttäuscht und hätte sie, für die DM 200.000,- aus Steuergeldern bereitgestellt waren, trotz der Kritik - also trotz der Fälschungen - gerne gezeigt, wollte aber das Rahmenprogramm zur Ausstellung trotzdem veranstalten. 61
Der SPD-Wehrexperte Opel sprach sich dafür aus, die Ausstellung nach der Überprüfung wieder zu zeigen. „Die formale Kritik, so berechtigt sie auch ist, ist nicht geeignet, den Wert der Ausstellung zu mindern", sagte er im Saarländischen Rundfunk. Die Presse hatte die Entscheidung, die Ausstellung zurückzuziehen, weitgehend als richtig kommentiert. Allerdings konnte es sich die „Süddeutsche Zeitung" nicht verkneifen, die Kritiker zu verunglimpfen. Heribert Prantel warf Musial und dem Direktor des Münchner Instituts für Zeitgeschichte, Horst Möller, vor, sich als „Selbstdarsteller, als Kritiker um der Karriere willen" präsentiert zu haben. Es gehöre zu den traurigen Kapiteln des Streits um die Ausstellung, daß sich seriöse Historiker, getragen von gewaltiger Publizität, von interessierten Kreisen hätten mißbrauchen lassen.64 So werden also Kritiker, die den Linken Fälschungen nachweisen, gleich wieder verleumdet. Ist es da ein Wunder, „daß es seit dem Ende des Historikerstreits niemand mehr wagt, den linken Interpretationen unserer Vergangenheit zu widersprechen"?65 Heute, da sich viele SPD-Funktionäre der Verleumdung der Wehrmacht anschließen oder diese aktiv betreiben, muß man die Ehrlichkeit des ehemaligen SPD-Bundeskanzlers Helmut Schmidt um so mehr schätzen: „Die große Masse deutscher Soldaten, ihre Unteroffiziere, Offiziere und Generale waren sowenig Nazis gewesen wie die große Masse unserer damaligen Feinde Kommunisten; auf beiden Seiten hatte man geglaubt, seinem Vaterland zu dienen und es verteidigen zu müssen... Während meiner acht Jahre in der Wehrmacht hatte ich... keinen einzigen überzeugten Nationalsozialisten als Vorgesetzten oder Kommandeur gehabt. Wohl aber war ich zum Patrioten erzogen worden."66 Das abschließende Resümee über dieses traurige Kapitel deutscher Gegenwart kann man gemeinsam mit dem Militärhistoriker Generalleutnant a. D. Dr. Franz Uhle-Wettler ziehen: „Deshalb wird die ,Geschichtsklitterung' (Horst Wöller) weiterwirken. Es ist wenig wahrscheinlich, daß diejenigen, die sie in ihre Parlamente und Rathäuser geholt oder dazu geschwiegen haben, ihre eigene Haltung nun ,kritisch hinterfragen' - wie sie anderen gern empfehlen. Zu viele persönliche Interessen und Prestigen sind involviert. Landauf, landab wird das Establishment weiterhin das Einmischen' und ,Zivilcourage' fordern. Allerdings: kaum einer der mah62
nenden Politiker und noch weniger einer der deutschen Historiker hat sich gegen die Wehrmachtsausstellung ,eingemischt'. Warum? Der Herausgeber des ,Focus', Helmut Markwort, schreibt: ,Die Antwort geben unsere Geschichtsprofessoren nur, wenn unsereiner verspricht, seinen Namen nicht zu nennen. Jeder Historiker hat sofort gesehen, wie schlampig und suggestiv die Ausstellung eingerichtet war, aber wer hat schon Lust, sich öffentlich fertigmachen zu lassen?' Er setzt hinzu: ,Die Verfolger anders Denkender haben es weit gebracht.' Vermutlich wird die Reaktion großer Teile des Establishments auf die Ausstellung das Vertrauen in die Integrität der deutschen Fachhistoriker und der deutschen Politiker weiter untergraben. Ob es so geschieht, wird auch von ihrer weiteren Reaktion auf die Ausstellung abhängen."67
Die neue Wehrmachtsschau Viele haben mit dem Rückzug der Ausstellung 1999 geglaubt, das Thema sei damit erledigt. Sie hatten sich getäuscht. Reemtsma und Genossen gaben nicht auf. Sie hatten gespürt, daß bestimmte Kreise in Politik und Medien weiter Interesse an der Propaganda-Schau hatten und sich um die Fälschungen nicht weiter kümmerten. Ende 2001 war die Ausstellung in anderem Gewand wieder da. Anläßlich der Wiedereröffnung schrieb Prof. Dr. iur. et phil. Alfred Maurice de Zayas, Historiker und Völkerrechtler, amerikanischer Staatsbürger französisch-spanischer Abstammung, Jahrgang 1947, wohnhaft in Genf, wo er für die Menschenrechtsorganisation der Vereinten Nationen tätig ist: „Sie (die erste Ausstellung) wurde von deutschen und ausländischen Historikern als methodologisch inakzeptabel, tendenziös und voll von gravierenden Fehlern, internen Widersprüchen und falschen Exponaten entlarvt. Ich würde es einfacher sagen: Sie war wohl keine wissenschaftliche Ausstellung, sondern ein bloßes Produkt des Zeitgeistes und Folge einer verfehlten Konzeption. Sie hat jenes universale Prinzip mißachtet: Audiatur et altera pars. Aber nur wegen des heutigen Zeitgeistes konnte diese Ausstellung vier Jahre überleben, bis sie einfach unerträglich wurde... 63
Eine vorgefaßte Meinung wird ohne handwerkliche Kenntnisse und Sorgfalt umgesetzt... Diese sonderbare Reemtsma-Ausstellung dokumentiert meiner Meinung nach vielmehr eine gewisse Menschenverachtung der Veranstalter - eigentlich eine Infamie gegen die Ehre der toten und noch lebenden Soldaten des Zweiten Weltkrieges... In das Buch der Veranstalter, das für die Kommentare der Besucher im Foyer der Ausstellung in München auslag, schrieb ich: Diffamierung und üble Nachrede verletzen die Menschenwürde. Artikel 17 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte besagt: Eine pauschale Diffamierung der Wehrmacht stellt eine Verletzung dieses Menschenrechtes dar, nicht nur gegenüber den ehemaligen Angehörigen der Wehrmacht und ihren Familien, sondern auch gegenüber allen Deutschen der Kriegsgeneration..." Am Schluß dieses Artikels schrieb de Zayas: „Freilich, wie wir alle wissen, dienen solche Ausstellungen vornehmlich volkspädagogischen, politischen und weniger geschichtswissenschaftlichen Funktionen. Und wenn es so ist, darf man sich auch die Frage erlauben, ob und wann andere möglichen Ausstellungen geplant werden. Etwa über Exzesse und andere Kriegsverbrechen in unserer Zeit, die eventuell noch zu bändigen sind. Etwa über Verbrechen der Russischen Armee in Tschetschenien, Verbrechen der NATO in Jugoslawien oder Verbrechen im Afghanistankrieg."68 Die „unabhängige" Kommission Reemtsmas war zu dem Ergebnis gekommen, daß die erste Ausstellung keine Fälschungen enthielt. „Die Ausführungen der Kommission nahmen sich teilweise peinlich aus",69 was nicht verwunderte, da „sechs von acht Kommissionsmitgliedern bei der alten Ausstellung nicht nur emotional, sondern auch organisatorisch involviert"70 waren, wie Bogdan Musial feststellte. So konnte man auch nicht davon ausgehen, daß ergebnisoffen untersucht wurde. Reemtsma konnte also „mutig" an eine Überarbeitung gehen und ließ in der neuen Ausstellung weitgehend die propagandistisch provozierenden Bilder weg. Das Ziel aber blieb das gleiche, was schon der Titel der Schau deutlich macht: „Verbrechen der Wehrmacht - Dimensionen des Vernichtungskrieges". Es bleibt also bei der pauschalen Verunglimpfung der Wehrmacht. „Die neue Version der Wehrmachtsausstellung des Jan Reemtsma ist das Symbol eines einseitigen, regierungsamtlich abgesegneten Erinnerungskultes, ein Tiefpunkt deutscher Selbstächtung", schrieb der CDU-Bundestagsabgeordnete 64
Martin Hohmann und fuhr weiter fort: „Es ist durchaus bekannt und wird nicht bestritten, daß sich bei etwa einem Prozent der Wehrmachtsbataillone verbrecherische Aktivitäten belegen lassen. Diese Ausstellung vermittelt aber den umgekehrten Eindruck."71 Generalmajor a. D. Jürgen Reichardt, zuletzt ab 1994 Amtschef des Heeresamtes Köln und in der Bundesrepublik mehrfach ausgezeichnet, sagte in einem Interview: „Diese Ausstellung war für mich das infamste Machwerk seit Ende des Krieges. Keine ehemalige Feindmacht hat sich soweit erniedrigt, von der sowjetischen Propaganda einmal abgesehen, die ja wohl posthum noch massiv Pate stand", und an anderer Stelle: „Von der Neuauflage der Ausstellung erwarte ich übrigens keinen nennenswerten Wandel zur seriösen Darstellung. Manche der beteiligten Historiker tun nämlich exakt das, was sie Soldaten der Wehrmacht vorwerfen: um ihres Postens oder eines verlockenden Angebotes willen einen Auftrag ausführen; so schreiben und Ergebnisse vorlegen wie gewünscht."72 Das neue Team unter Ulrike Jureit hat sich mehr auf Dokumente als auf Bilder gestützt. Diese Dokumente mögen im einzelnen durchaus richtig sein, sie werden aber nicht als Einzelbeispiele verdeutlicht, sondern eher als Pauschalurteil benutzt, auch wenn die einstige Aussage von Heer, daß der Täteranteil in der Wehrmacht auf 80% einzuschätzen sei, nicht wiederholt wird. In einem Interview in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 27. November 2001 macht Frau Jureit deutlich, worum es ihr geht, wenn sie sagt: „Was wir die Dimension des Vernichtungskrieges nennen: der Völkermord an den sowjetischen Juden, das Massensterben der sowjetischen Kriegsgefangenen, die Deportation von Zwangsarbeitern, die Verbrechen, die im Zuge des Partisanenkrieges verübt wurden, Repressalien und Geiselerschießungen" und „was unter Beteiligung der Wehrmacht an wirtschaftlicher Ausplünderung vollzogen wurde und dann eben zu einer Hungerpolitik gegenüber Teilen der sowjetischen Zivilbevölkerung führte." Erneut wird tatsachenwidrig behauptet: „Die Wehrmacht war 1941 mit keiner militärisch wirklich relevanten Partisanenbewegung konfrontiert." Prof. Dr. Franz W. Seidler, der an der Universität der Bundeswehr Militärgeschichte lehrte, setzte sich in zwei Artikeln im „Ostpreußenblatt" vom 1. und 12. Januar 2002 mit der zweiten Ausstellung auseinander. 65
Zum Kapitel „Partisanenkrieg" weist er einmal darauf hin, daß in ihm weder definiert wird, wie der völkerrechtliche Status von Freischärlern 1941 war, noch sich ein Hinweis findet, daß „bereits in den ersten Kriegstagen Gruppen von Zivilisten als Kämpfer auftauchten". Seidler zitiert dabei auch Stalins Rundfunkrede vom 3. Juli 1941, in der gefordert wurde, den vorrückenden Deutschen alles zu entziehen, was ihnen nützen könnte. „...dem Feind darf keine einzige Lokomotive, kein einziger Waggon, kein Kilogramm Getreide, kein Liter Treibstoff überlassen werden." Damit wurde nicht nur den deutschen Soldaten „die Ernährung aus dem Land unmöglich gemacht, sondern auch der Zivilbevölkerung die Lebensgrundlage entzogen". Marschall Timoschenko hatte darüber hinaus die Bevölkerung am 6. August 1941 aufgefordert, in den bereits besetzten Gebieten „Häuser und Wälder anzuzünden, damit der Feind kein Unterkommen findet". Von dem Bemühen um die Wiederherstellung der verwüsteten Gebiete durch die deutsche Besatzung erfährt man genausowenig, und Seidler fährt fort: „Der Wiederaufbau des von der Roten Armee gesprengten Kraftwerks Saporoschje bis Ende 1942 zur Energiegewinnung für das ganze Donezbecken ist ebensowenig einer Erwähnung wert wie die Wiederherstellung anderer industrieller und landwirtschaftlicher Anlagen, die nicht nur der Besatzungsmacht zugute kamen, sondern auch den Einheimischen." Im schon erwähnten Interview mit Frau Jureit wird durch eine weitere Verallgemeinerung deutlich, was der eigentliche Zweck auch der zweiten Ausstellung ist, wenn sie sagt: „Die eine Frage ist ja die Beteiligung der Wehrmachtführung: OKW, OKH, führende Oberbefehlshaber von Armeen und von Heeresgruppen, die ganze militärische Spitze der deutschen Besatzung. Ich glaube, deren Beteiligung am Vernichtungskrieg ist nicht anzuzweifeln." Die objektive Geschichtswissenschaft beweist allerdings das Gegenteil. In der ersten Ausstellung wurde eine Serie von Bildern gezeigt mit der Unterschrift „Beim Pogrom in Tarnopol", mit denen ein Verbrechen der Wehrmacht vorgetäuscht werden sollte. Dies hat Bogdan Musial kritisiert, aber auch Rüdiger Proske, Dr. Dieter Schmidt-Neuhaus und der Rechtsanwalt Dr. Wolf Stoecker haben in ausführlichen Recherchen nachgewiesen, daß es sich hier um kein Verbrechen von 66
Wehrmachtsangehörigen handelt. Danach hatten die Russen bei ihrem Rückzug 574 Ukrainer und zehn deutsche Kriegsgefangene ermordet.73 Da auf sowjetischer Seite Juden an diesen Ermordungen teilgenommen hatten, war die Wut der Ukrainer verständlich, und so gab es einen Pogrom an den Juden. Rüdiger Proske zitiert Dr. Dieter Schmidt-Neuhaus wie folgt: „Nach dem Abzug der Roten Armee setzen Rache-Pogrome der Ukrainer spontan ein, in Tarnopol ebenso wie in anderen Orten, in denen Mordopfer des NKWD gefunden wurden. Weiterhin gab es zwei Sektionen der Organisation Ukrainischer Nationalisten', OUNB und OUN-M. Beide hatten sogenannte Marschgruppen aufgestellt, die, antisemitisch orientiert, von sich aus Pogrome in Gang brachten. Eine Verbindung zur Deutschen Wehrmacht bestand nicht. Der damalige Oberleutnant und Adjutant der 9. Panzerdivision, Carl-Hans Hermann, berichtete, es ,bedurfte einer straffen Führung, um die empörte Stadtbevölkerung von Ausschreitungen zurückzuhalten'. Erst am 6. Juli 1941 hatte General von Wietersheim die Ordnung in Tarnopol wiederhergestellt."74 In der neuen Ausstellung werden diese Bilder wieder gezeigt und durch weitere Fotos ergänzt. Dazu sagte Frau Jureit in dem „FAZ"Interview: „Und wir zeigen, daß auf diesen Fotos sowohl NKWD-Opfer als auch Pogromopfer abgebildet sind und daß man auf diesen Fotos die Komplexität dieses Geschehens in Tarnopol sehen kann, wie sie kein anderes Dokument überliefert. Wir sagen aber auch ganz deutlich, daß die überlieferten Fotos primär Dokumente des Pogroms sind. Wer sind die Täter? Die entscheidende Frage lautet: Sind diejenigen Uniformierten, die man auf den Fotos sieht, auch die Täter? Und wenn man diese Fotos interpretiert, muß man streng genommen zu folgendem Ergebnis kommen: Man sieht zwar Uniformierte, die bewaffnet sind mit Knüppeln und ähnlichem. Daß sie tatsächlich auch die Mörder sind, ist naheliegend, kann man aber anhand der Fotos nicht nachweisen." Der Betrachter soll also mit dem Eindruck nach Hause gehen, daß es sich höchstwahrscheinlich um Verbrechen der Wehrmacht handelt. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse anderer werden einfach nicht akzeptiert, weil sie der Intention der Ausstellung zuwiderlaufen. Auch andernorts hatte es Pogrome gegeben. So berichtet beispielsweise Otto Carius: 67
„Begeistert wurden wir von der litauischen Bevölkerung überall begrüßt. Sie sah in uns ihre Befreier. Sehr erstaunt waren wir, daß fast überall vor unserem Einmarsch die jüdischen Geschäfte geplündert und demoliert waren. Wir dachten, das sei nur bei uns in der ,Reichskristallnacht' möglich gewesen und verurteilten aufgebracht das Wüten des Mobs."75 Auch Bodgan Musial, der sich in seinem Buch „Konterrevolutionäre Elemente sind zu erschießen" mit den Pogromen im damaligen Ostpolen im Gefolge sowjetischer Greueltaten befaßt, weist auf Fehler in der neuen Ausstellung hin: „So wird beispielsweise behauptet, daß die Wehrmacht nichts gegen das Lemberger Pogrom im Sommer 1941 unternommen habe. Allerdings belegen Dokumente das genaue Gegenteil."76 Zwar ist die zweite Ausstellung in der Form ganz anders als die erste, in der Aussage aber gleich: „So etwas gibt es in keinem anderen Land, obwohl in nahezu allen Armeen jener Staaten, die in den Zweiten Weltkrieg verwickelt waren, entsprechende Ausstellungen hätten gestaltet werden können - wenn sich denn entsprechende Personen zur Verfügung gestellt hätten."77 „Ich habe die Ausstellung nie gesehen, finde sie aber ganz und gar verfehlt. Die Ausstellung hätte heißen müssen: ,Die Verbrechen der Soldateska'. Die Amerikaner haben doch auch ganz ,tolle' Sachen gemacht. Die Franzosen haben gemordet, geplündert, massakriert, daß es nur so rauschte. Das ist nun einmal ein Zeichen der Soldateska, und ich bin jetzt noch überzeugt, daß der disziplinierteste Haufen die Deutsche Wehrmacht war. Eine Ausstellung im Sinne von Goyas ,Desastres de la Guerra', das wäre richtig gewesen. Aber warum soll auf einmal die Deutsche Wehrmacht besonders brutal und grausam gewesen sein? Mir kann man es nicht weismachen." (Bestseller-Autor LOTHAR GÜNTHER BUCHHEIM [„Das Boot"] über die Anti -Wehrmachtsschau in der „Welt am Sonntag", zit. nach „Nation Europa" 10/2000.)
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Die Sicht der Wehrmacht in Deutschland und bei den Kriegsgegnern Während hierzulande das Bild der Wehrmacht immer negativer gezeichnet und sie mehr oder minder pauschal als Verbrecherorganisation dargestellt wird, verläuft die Entwicklung in Rußland genau umgekehrt. Seit 1991 werden von russischen Militärbehörden Gerichtsurteile wegen Kriegsverbrechen gegen deutsche Soldaten und Offiziere in großem Umfang als unberechtigt aufgehoben. Etwa 35.000 deutsche Soldaten wurden wegen angeblicher Verbrechen von den Sowjets verurteilt, viele davon hingerichtet. Revisionsanträge können von Verurteilten oder ihren Nachkommen bei der russischen Staatsanwaltschaft gestellt werden. Bis Mitte 1999 waren 10.000 Anträge behandelt worden; 7.900 Urteile wurden in der Folge als unberechtigt aufgehoben, also 79 %.78 Wenn die Wehrmacht angeblich so fürchterlich in Rußland gewütet haben soll, die Sowjetunion aber von 3,5 Millionen Kriegsgefangenen nur ca. 35.000 angeklagt hat und davon den größten Teil zu Unrecht, dann müßte dies doch den deutschen Meinungsmachern, die so unwürdig mit den eigenen Soldaten umgehen, zu denken geben. Hierzu sei ein besonders tragischer Fall erwähnt. Der Eichenlaubträger Generalleutnant Helmuth von Pannwitz war Kommandant eines auf deutscher Seite kämpfenden russischen Kosakenkorps, das im Mai 1945 - nach dem Ende des Krieges - von englischen Truppen an Stalin ausgeliefert wurde. Von Pannwitz wollte seine Truppe nicht im Stich lassen und ging mit ihr in russische Gefangenschaft. In einem Schauprozeß wurde er wegen eines angeblichen Befehls zur Erschießung von 15 Partisanen 1947 zum Tode verurteilt und in Moskau als Kriegsverbrecher gehängt. 50 Jahre später bescheinigten russische Staatsanwälte: „Es liegen keine Beweise vor, daß von Pannwitz oder die ihm unterstellten Einheiten Greueltaten oder Gewalt gegen die sowjetische Zivilbevölkerung oder gefangene Rotarmisten zugelassen haben."79 Die Kosaken aber waren von den Sowjets gleich nach der Auslieferung mitsamt ihren Frauen und Kindern zum größten Teil ermordet worden - 50.000 Menschen insgesamt. Weitere Beispiele gibt es in Hülle und Fülle. 69
Auch die Männer des 20. Juli werden heute bereits negativ beurteilt. All ihr Widerstand gegen Hitler, den sie mit ihrem Leben bezahlten, nutzt nun nichts mehr, haben sie doch als deutsche Patrioten und aus Liebe zu ihrem Vaterland gehandelt, und waren sie doch meist konservativer Gesinnung. All dies muß heute ja schon verdächtig erscheinen. So meinte der Historiker Hans Mommsen bei einem 1998 in Frankfurt veranstalteten Symposium „zu den Motiven und Handlungsweisen der Militäropposition und der Bewegung des 20. Juli 1944", es gelte zu verdeutlichen, daß die Widerständler des 20. Juli 1944 „am Vernichtungskrieg teilgenommen, ihn jedenfalls streckenweise gebilligt und in einigen Fällen aktiv vorangetrieben haben", was auch schon die „Süddeutsche Zeitung" in ihrer Ausgabe vom 20. Juli 1997 behauptet hatte. Am 20. Juli 1998 schrieb Tobias Korenke unter der Überschrift „Verkauft und vermietet" einen Artikel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" über den unterschiedlichen Umgang mit dem deutschen Widerstand in Deutschland und in England. Darin weist er zunächst darauf hin, daß „das Bild, das sich die Briten vom Widerstand des 20. Juli 1944 machten" zunächst durch Churchills Erklärung vom 2. August 1944 geprägt gewesen sei, in der er die Widerständler auf „eine Stufe mit den nationalsozialistischen Machthabern gestellt" hatte, „daß der deutsche Widerstand im Abstand von mehr als 50 Jahren" aber „der englischen Gesellschaft historisch, politisch und menschlich weniger fremd geblieben ist als der deutschen". Korenke berichtete dann von einem Buch des Oxford-Intellektuellen Giles MacDonogh über Adam von Trott zu Solz, in dem ein „tiefes Verständnis für die Ambivalenzen, denen jedes erfolgversprechende oppositionelle Verhalten in der NS-Diktatur zwangsläufig ausgesetzt war", gezeigt wird, und stellt die Frage: „Ist es Zufall, daß dieses Buch in Deutschland keinen Verlag und keinen Übersetzer gefunden hat?" Im Oxforder Baillol College, wo Adam von Trott zu Solz einst studierte, wurde unter großer Teilnahme ein Seminarraum nach ihm benannt. Ferner berichtet Korenke, daß im Juli 1998 über dem Westportal der Westminster Abbey eine Skulpturengalerie mit zehn Statuen von Märtyrern des zwanzigsten Jahrhunderts enthüllt wurde. Neben Martin Luther King gehört auch Dietrich Bonhoeffer als Teilnehmer am 20. Juli 1944 dazu. Die Enthüllung wurde mit einem feierlichen Gottesdienst begangen, an dem auch die englische Königin teilnahm. „Auch die Witwen von Bonhoeffers Mitverschwörern Adam von Trott 70
zu Solz und Helmuth James von Moltke waren neben Verwandten und Freunden Bonhoeffers als Ehrengäste eingeladen worden." Während die englische Presse an prominenter Stelle - die „Times" auf Seite eins - über dieses Ereignis berichtete, fand es in der deutschen kaum Beachtung. „Es ist jedem erlaubt zu sagen, was er will. Aber es steht der Presse frei, davon Kenntnis zu nehmen oder nicht. Sie kann jede Wahrheit zum Tode verurteilen, indem sie ihre Vermittlung an die Welt nicht übernimmt. Es ist die furchtbare Zensur des Schweigens, die um so allmächtiger ist, als die Sklavenmasse der Zeitungleser ihr Vorhandensein gar nicht bemerkt" (OSWALD SPENGLER). Zur gleichen Zeit „beschloß die Evangelische Akademie Berlin-Brandenburg, das Adam-von -Trott- Haus und mit ihm den Namen zu verkaufen", und „eine Kirchengemeinde in Essen vermietete Ende Mai ein Gemeindezentrum, das den Namen Bonhoeffer trug, an eine Fitneß-Studio und war sogar bereit, die von den neuen Betreibern in Anlehnung an den alten Namen des Hauses vorgeschlagene Firmenbezeichnung hinzuzunehmen: „Bon-Fit". Das ist nun fast schon Verhöhnung. Wird in Deutschland das Bild der Deutschen Wehrmacht immer negativer dargestellt, je länger der Zweite Weltkrieg zurückliegt, so haben sich die ehemaligen Gegner Deutschlands anders und anständiger geäußert. Der ehemalige Botschafter der USA, Vernon Walters, sagte: „Vor den deutschen Soldaten ziehe ich den Hut. Ich habe bei Anzio und in der Normandie gegen euch gekämpft und kann nur sagen: Eure Soldaten waren erstklassig. Ihr habt in der Wehrmacht eine Armee gehabt, welche die Welt bewundert." Der britische Befehlshaber der alliierten Streitkräfte in Nordafrika, Feldmarschall Sir Claude Auchinlek, schrieb im Jahre 1959, er habe Rommel als „guten Soldaten und tapferen Mann" hochgeschätzt. Er selbst gehöre zu jenen, „die einen tapferen, fähigen und anständigen Gegner achten" und wünsche, „den geschlagenen Feind so behandelt zu wissen, wie man selbst behandelt werden wolle, wenn er der Sieger und man der Besiegte gewesen wäre". Feldmarschall Montgomery hatte während des Krieges in seinem Befehlswagen stets ein 71
Bild von Rommel aufgestellt, und es blieb 1999 dem Staatsminister für Kultur im linken deutschen Kabinett, dem Nichtsoldaten Werner Naumann, vorbehalten, englischen Journalisten zu erklären, England habe ein falsches Bild von den deutschen Soldaten im Zweiten Weltkrieg, „Briten hätten z.B. Feldmarschall Erwin Rommel, den Wüstenfuchs, als heldenhaften, galanten Offizier dargestellt. In Wahrheit sei die Wehrmacht eine Tötungsmaschine gewesen", zitierte die „Welt am Sonntag" am 14. Februar 1999 den Staatsminister. Im Ausland wird aber dieses verachtenswerte Verhalten eines deutschen Politikers wohl vor allem Kopfschütteln hervorrufen, und man wird sich dort gewiß an die Worte von Georges Clemenceau erinnern, daß die Deutschen nach der Niederlage ihr eigenes Nest beschmutzen, nur um zu gefallen. Als der frühere Bundespräsident Scheel im Oktober 1978 Neuseeland besuchte, konnte er feststellen, wie groß der Respekt der einstigen Gegner vor dem deutschen Soldaten war. Er wurde vom Bürgermeister der Hauptstadt mit folgenden Worten empfangen: „Viele von uns haben am Zweiten Weltkrieg in Griechenland, Nordafrika und Italien mit dem Maori-Bataillon teilgenommen. Dabei lernten wir die Qualität und den Mut des deutschen Afrikakorps kennen. Feldmarschall Rommel war tapfer, anfeuernd und einfallsreich. Er hat die Phantasie unserer Leute sehr bewegt. Wir blicken auf Rommel und das Afrikakorps mit tiefem Respekt. Wir kämpften dort aus den gleichen Motiven wie sie: Wir erfüllten unsere Pflicht."80 Nicht einmal in den Nürnberger Prozessen, die ja weiß Gott nicht objektiv Recht sprachen, ist die Wehrmacht als verbrecherische Organisation eingestuft worden, sondern man beschränkte sich auf einzelne Schuldzuweisungen, wie ja niemals von ernsthaften Historikern bestritten worden ist, daß es auch von Seiten der Wehrmacht Verbrechen gegeben hat wie von allen Armeen der Welt, solange es Kriege gegeben hat und geben wird. Aber von einer Kollektivschuld der Wehrmacht wird in Deutschland erst von Angehörigen einer Generation gesprochen, der die Gnade der späten Geburt zuteil wurde. Wieviel sachlicher und anständiger haben sich da ehemalige Soldaten, die gegen die Deutsche Wehrmacht gekämpft haben, und Historiker aus dem Ausland geäußert. So schrieb beispielsweise der britische Jurist Reginald T. Paget: „Ob wir in Afrika, in Italien oder in Frankreich auf die Deutsche Wehrmacht stießen, immer fanden wir in ihr einen anständigen Geg72
ner. Der deutsche Soldat hat unter Verhältnissen von unvorstellbarer Grausamkeit seiner Gegner ein großes Maß an Zurückhaltung und Disziplin an den Tag gelegt. Was mich betrifft, so bin ich froh darüber. Wenn Europa überhaupt zu verteidigen sein soll, so müssen diese anständigen Soldaten unsere Kameraden werden." General Dwight D. Eisenhower, der erste Nachkriegspräsident der USA, sagte: „Inzwischen habe ich eingesehen, daß meine damalige Beurteilung der Haltung des deutschen Offizierskorps und der Wehrmacht nicht den Tatsachen entspricht, und ich stehe daher nicht an, mich wegen meiner damaligen Auffassung zu entschuldigen. Der deutsche Soldat hat für seine Heimat tapfer und anständig gekämpft. Ich für meinen Teil glaube nicht, daß der deutsche Soldat als solcher seine Ehre verloren hat. Die Tatsache, daß gewisse Individuen im Krieg unehrenhafte und verächtliche Handlungen begangen haben, fällt auf die betreffenden Individuen selbst zurück und nicht auf die große Mehrheit der deutschen Soldaten und Offiziere." Der britische Militärhistoriker Sir Basil Liddell Hart schrieb: „Reiste ich nach dem Krieg durch die befreiten Länder, so hörte man allenthalben das Lob der deutschen Soldaten - und nur zu oft wenig freundliche Bemerkungen über das Verhalten der Befreiertruppen. Es hatte sogar den Anschein, daß der durch die Besetzung bewirkte enge und lange Kontakt eher ein besseres Verhältnis zwischen den einfachen Leuten beider Seiten gebracht hatte als die Vertiefung von überkommenem Vorurteil und Haß." Der ehemalige französische Präsident Francois Mitterand, der im Krieg gegen Deutschland gekämpft hatte und in deutscher Kriegsgefangenschaft war, sagte in seiner denkwürdigen Rede am 8. Mai 1995: „Ich bin nicht hierhergekommen, um diesen Sieg zu feiern, über den ich mich sehr gefreut habe. Ich bin auch nicht gekommen, um die Niederlage zu betonen, weil ich gewußt habe, daß das deutsche Volk seine Stärken hat, seine Tugenden, seinen Mut. Bei den deutschen Soldaten, die in so großer Zahl gefallen sind, kommt es kaum auf die Uniform an und nicht einmal auf die Ideen, die ihren Geist bestimmten. Sie hatten Mut. Sie haben den Verlust ihres Lebens für eine schlechte Sache hingenommen, aber wie sie es taten, hatte mit der Sache nichts zu tun. Sie liebten ihr Vaterland, das sollte man immer bedenken." Und an anderer Stelle: „Verneigen wir uns vor den Deut73
sehen, die in diesem Kampf gefallen sind. Ihre Söhne bezeugen wie die unseren, daß eine neue Zeit beginnt." Der britische Major a. D. S. A. Brandshaw schrieb am 14. April 1996 zu eben dieser Antiwehrmachtsausstellung einen Leserbrief in der „Welt am Sonntag" in dem es u.a. heißt: „Als britischer Soldat, der im Zweiten Weltkrieg von 1939 bis 1945 gedient hat, ist es meine Pflicht, Ihnen zu schreiben, um meine Besorgnis bezüglich der Ausstellung ,Die Straftaten der Wehrmacht' auszudrücken. Soviel ich weiß, soll die Ausstellung in 26 deutschen Städten stattfinden. Ich bin besorgt über diese Ausstellung, weil ich als britischer Soldat in Afrika und in Italien gegen die deutsche Armee gekämpft habe. In Afrika kämpfte ich gegen das deutsche Afrikakorps. Als Soldat der britischen achten Armee habe ich in einem langen und harten Feldzug mit meinen Kameraden gelernt, die Afrika-KorpsSoldaten zu respektieren - hauptsächlich wegen ihrer Tapferkeit, ihrer Professionalität und ihrer ehrenhaften Art, sich als Soldaten zu verhalten. Respekt für einen Feind zu haben, ist nicht leicht. Respekt muß verdient werden. Wir britischen Veteranen haben uns mit den deutschen Afrika-Korps-Veteranen befreundet und haben uns schon mehrere Male getroffen. Wir fühlen uns sehr geehrt und sind stolz, wenn wir mit ihnen zusammentreffen. Diese Männer brachten Ehre für ihr Land, und diese Ausstellung stellt sie als Kriminelle dar... Ihre Familien, ihre Enkelkinder werden jetzt beeinflußt, diese Männer als Kriminelle zu sehen. Ich müßte die Wehrmachtsveteranen nicht verteidigen, aber ich glaube an Gerechtigkeit und an die Wahrheit. Der Krieg führte dazu, daß ich meine einzige Schwester verloren habe und ich selber zu 60 % kriegsbehindert bin. Man braucht mich nicht an den wirklichen Sachverhalt des Krieges zu erinnern, ich war damals, im Jahr 1945, im Konzentrationslager Belsen. In den Monaten nach der Entdeckung des Konzentrationslagers mußte ich die Deutschen in ihren eigenen Häusern gegen Angriffe von bewaffneten Räubern verteidigen, die in der Nacht Menschen umbrachten und ausraubten. Einer meiner Soldaten wurde nachts im Verlauf dieser Unternehmungen erschossen, als er versuchte, ein abgelegenes Bauernhaus zu beschützen. Dieser Soldat starb in Verteidigung für eine deutsche Familie und wurde von einer Gruppe von Männern umgebracht, die er zuvor befreit hatte. Ich glaube, daß wir eine Pflicht haben, für den allgemeinen Frieden zu arbeiten." 74
Der amerikanische Oberst Dupuy erklärte: „...die Wehrmacht sei die hervorragendste (,outstanding') Streitmacht im Zweiten Weltkrieg gewesen, die sich aufgrund ihrer Leistungen einen hervorragenden Platz in der Geschichte gesichert hat." 81 Der britische Diplomat John Colville, der vier Jahre Privatsekretär von Churchill gewesen war, veröffentlichte seine Tagebucheintragungen aus den Kriegsjahren, in denen es u.a. hieß: Seit 1944 „kämpften sie für das Überleben ihres Landes. Sie trotzten der verbundenen Macht des ganzen britischen Empires, der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion... Ihre Bevölkerung zählte weniger als ein Siebentel der Länder, die gegen sie aufmarschiert waren - Länder, die alle von der unvergleichlichen Produktionskraft der Vereinigten Staaten profitierten... Es bedeutet keine Abwertung der Tapferkeit und Zähigkeit der britischen, amerikanischen und russischen Truppen, wenn man behauptet, daß die deutschen Soldaten im Zweiten Weltkrieg, wie schon im Ersten, die besten der Welt waren."82 Im amerikanischen Senat sagte ein als Zeuge vernommener amerikanischer Oberst aus: „Die deutschen Truppen, die Frankreich besetzt hielten, genossen - was den persönlichen Kontakt zu der Bevölkerung betrifft - einen besseren Ruf als die amerikanischen Truppen, die Deutschland besetzt hielten."83 Erich Schwinge schreibt in seinem Buch „Bundeswehr und Wehrmacht" über den britischen Militärhistoriker Basil Liddell Hart, daß dieser äußerte, „der Internationale Militärgerichtshof in Nürnberg habe leider gar keine Notiz von dem Beweismaterial genommen, das über das Verhalten der deutschen Truppen in den besetzten Gebieten vorliege. Danach habe sich nämlich die Deutsche Wehrmacht von allen Besatzungsstreitkräften während des Krieges und danach am besten verhalten. Von den amerikanischen, kanadischen und australischen Truppen lägen schockierende Gegenbeispiele vor. Nach dem Bericht eines französischen Generals, der 1942 die befreiten russischen Gebiete besucht habe, hätten sich die deutschen Soldaten auch der russischen Bevölkerung gegenüber einwandfrei verhalten. Darin sei erst ein gewisser Wandel eingetreten, als die völkerrechtswidrige Kampftätigkeit der Partisanenverbände die deutschen Streitkräfte zu drastischen Gegenmaßnahmen gezwungen habe." 75
„Daß das völkerrechtswidrige Verhalten von Partisanengruppen wesentlich zur Verschärfung der Situation geführt hat und für viele Exzesse verantwortlich ist, wird manchmal übersehen. Die Angehörigen der Widerstandsbewegung trugen nur selten ,ein bestimmtes aus der Ferne erkennbares Abzeichen', und sie führten meistens auch ihre Waffen nicht ,offen'; oft beobachteten sie auch nicht ,die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs'. Durch heimtückische Überfälle auf einzelne Soldaten der abgelegenen Unterkünfte forderten sie die Truppe zu scharfen Gegenmaßnahmen heraus. Besonders chaotisch waren die Verhältnisse auf dem Balkan. In seinem 1977 erschienenen Buch ,Wartime' hat Milovan Djilas die Zustände, die dort herrschten, geschildert. Um das Völkerrecht kümmerte man sich dort nicht, Hunderttausende - Feinde wie Landsleute - wurden ohne Verfahren erschossen und beispiellose Blutbäder angerichtet. Daß bei der Abwehr solcher Ausschreitungen die Grenzen des Rechts auch auf deutscher Seite nicht immer eingehalten wurden, kann nicht überraschen."84 General de Gaulle, der in zwei Weltkriegen gegen Deutschland gekämpft hatte, rief den Deutschen anläßlich eines Staatsbesuches zu: „Gott, vor dessen Angesicht so unendlich viele Männer hingestreckt auf der Erde in unseren großen Schlachten gefallen sind, Gott weiß, wie furchtbar wir und sie gekämpft haben... Dennoch will jedes der beiden Völker die Erinnerung an den entfachten Mut und an die erlittenen Opfer bewahren, weil die Ehre der Kämpfenden unangetastet geblieben ist. Denn wenn auch schlechte Politik zu Verbrechen und Unterdrückung führt, so gehört doch die Hochachtung, die sich die Tapferen entgegenbringen, zum sittlichen Erbe des Menschengeschlechts." Sogar Serben haben sich über die Deutsche Wehrmacht positiv geäußert. Milovan Djilas, einst Partisanenkämpfer unter Tito - später sein erbitterter Gegner -, schrieb: „Was mich persönlich am meisten überraschte, war die Tatsache, daß in der Deutschen Wehrmacht weder die nazistische noch die nationalistische Mentalität zum Vorschein kamen. Die deutsche Armee ähnelte nicht im geringsten einer automatisierten, gedankenlosen menschlichen Maschine. Mir schien das Verhältnis zwischen Soldaten und Vorgesetzten sogar herzlicher zu sein als in anderen Armeen... Ihr Kampfwille und ihre Homogenität entsprangen lebendigem Nationalismus und erst in zweiter Linie dem Nationalsozialismus. Sie waren Menschen wie andere auch, unglücklich darüber, daß sie von den 76
Ereignissen in den Krieg gerissen wurden, doch zum Sieg entschlossen." 85 Nicht viel anders drückte sich der einstige serbische Oppositionsführer Vuk Draskovic in einem Interview im „Spiegel" Nr. 18/1999 aus, und zwar im Vergleich zum NATO-Angriff: Draskovic: „Die NATO hat unserem Land in 36 Tagen mehr Unglück gebracht als Hitlers Armee in vierjähriger Okkupation." „Spiegel": „Sie wollen doch wohl nicht die NATO mit Hitlers Wehrmacht in eins setzen?" Draskovic: „Unser Volk stellt merkwürdige Gedankenspiele an. Wir erinnern uns an einige deutsche Generäle und an den deutschen Feind, und wir begreifen, daß ein würdiger Feind immer ein halber Freund ist. Die Zahl der Opfer im Kampf gegen Hitler war natürlich größer als heute. Aber diese Serben fielen heldenhaft, sie sahen den Gegner vor Augen. Der jetzige Feind ist verlogen, erbärmlich, feige und im Vergleich zu dem deutschen Generalfeldmarschall Mackensen ein elender Wicht. Mackensen ließ sofort nach der Einnahme Belgrads ein Denkmal errichten mit der Inschrift ,Dem großen serbischen Feind'. Wer sind diese Feiglinge jetzt, die ein Land vom Himmel aus zerstören, ein Volk der kollektiven Rache unterziehen und es vernichten wollen?"
Rehabilitation der Deserteure Während also in weiten Teilen der Welt die Deutsche Wehrmacht hohes Ansehen genießt, verhält es sich im eigenen Land anders. „In Rußland werden die Soldaten der Wehrmacht von ihren Gegnern von gestern um der Gerechtigkeit willen rehabilitiert", schrieb Rüdiger Proske, „in Deutschland werden sie um der Ideologie eines haßerfüllten Segments unseres Volkes willen nachträglich verurteilt."86 Mit der Inflationierung des Widerstandsbegriffes war der Weg zu der Forderung, auch Deserteure der Wehrmacht als Widerstandskämpfer zu ehren, nicht mehr weit.87 So beschloß der Deutsche Bundestag, allen Deserteuren, die noch selbst einen Antrag stellen konnten, ohne Prüfung des Einzelfalles eine Entschädigung von DM 7.500,- zukommen zu lassen. Und das in einer Zeit, in der deutsche Soldaten von ei77
ner linken deutschen Regierung, die die Wehrmachtsausstellung und die Diffamierung der Soldaten unterstützt, wieder in einen Krieg geschickt werden! Begonnen hatte die Deserteur-Debatte mit der Klage einer Frau auf Hinterbliebenenversorgung, deren Mann im März 1945 als Deserteur erschossen worden war. Der zunächst in zwei Instanzen abgelehnten Klage wurde aber durch das Bundessozialgericht stattgegeben. Das Urteil lautete: „Die Todesurteile der Militärstrafjustiz während des Zweiten Weltkrieges schließen die Hinterbliebenen der von ihnen betroffenen Soldaten in der Regel nicht von allen Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes aus, weil angesichts der gesamten Umstände die Rechtswidrigkeit der Urteile zu vermuten ist."88 Das mag noch hinnehmbar sein, aber „was die Verfasserin der Begründung des Urteils, Frau Renate Jaeger, als 68er-Richterin daraus machte, war und bleibt bis heute ein Skandal. In dieser Begründung heißt es: Die von Gerichten der ehemaligen Deutschen Wehrmacht gefällten Todesurteile rechtfertigen durchweg die Vermutung der ,Rechtsstaatswidrigkeit' und seien deshalb bis zum Beweis des Gegenteils im Einzelfall sämtlich als ,öffentliches Unrecht' zu behandeln. Umdrehung der Beweislast. Formulierungsbeispiele aus der Urteilsbegründung: ,Urteil aus dem Geist der Zeit, (das) im Gewände des Rechts Gestalt angenommen hat. ... Die Todesstrafe wurde so... zwangsläufig verhängt, wie in den Urteilen des Volksgerichtshofes, ... nur vor dem Hintergrund einer zur Normalität gewordenen Perversion des Rechtsdenkens.' Hier taucht zudem zum erstenmal in einem letztinstanzlichen Urteil die Pauschalierung von historischen Vorgängen auf, die dann in Heers Ausstellung so schreckliche Urstände feiern sollte. Nicht weniger als fünfzehnmal erwähnt die Urteilsbegründung Publikationen von Messerschmidt und Wüllner, einseitig festgelegten Gegnern der Wehrmacht und vor allem der Justiz."89 - Frau Jaeger trat dann auch als Rednerin in der Antiwehrmachtsausstellung auf. Die Diskussion über das Thema „Deserteure" ging dann auch in den folgenden Jahren weiter. Der Vizekanzler und Bundesminister a. D. Dr. Erich Mende (FDP) hatte in einer Festansprache bereits im April 1990 zu dem „Deserteur-Kult" ausgeführt: „Man faßt sich an den Kopf, welche Verwirrung eingetreten ist in Teilen der Jugend, in Teilen der evangelischen Kirchenbewegung! ... 78
Der unbekannte Deserteur: Eine Lüge! Der Deserteur war niemals unbekannt! Sicher gab es Deserteure aus tiefster Überzeugung, gab es Leute, die am 22. Juni 1941 vor dem Angriff auf die Sowjetunion durch den Fluß Bug schwammen, weil sie überzeugte Kommunisten waren. Das hat es gegeben, aber das waren die Ausnahmen! Die meisten Deserteure hatten etwas auf dem Kerbholz und wußten, warum sie abhauten! Der unbekannte Deserteur, welche Verhöhnung des unbekannten Soldaten! ... Es ist eine Verirrung, die nur mit Geisteskrankheit, Hetze oder maßloser Verhetzung zu erklären ist."90 Inzwischen wurden in erster Linie durch Initiativen der Grünen Deserteur-Denkmäler errichtet, die die Ehrenhaftigkeit dieser Männer bezeugen sollen. Die große Mehrzahl von ihnen ist allerdings nicht denkmalwürdig. Hier nur einige Beispiele: „In einer Drucksache des Bundesministeriums der Verteidigung ist folgender Fall geschildert: ,Ein Soldat im besetzten Frankreich des Jahres 1940 verstieß gegen das strenge Verbot der Plünderung. Zur Vertuschung dieser Straftat tötete er eine Zivilperson. Er desertierte, wurde ergriffen und von einem Kriegsgericht zum Tode durch Erschießen verurteilt.' "91 „Einen anderen Fall berichtete mir ein Brigadegeneral der Bundeswehr, damals Oberstleutnant und Kompaniechef, von der Italienfront im Jahre 1945: Sein Nachbar-Kompaniechef ließ ihm einen Soldaten seiner - des Berichtenden - Kompanie überstellen, der zum Feind hatte überlaufen wollen. Er war ohne Waffe und Koppel bei dem Versuch, einen Bach zu durchwaten, aufgegriffen worden. Ein Kriegsgerichtsverfahren vor Augen, bat der Überläufer inständig, von einer Überstellung an der Militärjustiz abzusehen und ihm eine Chance geben zu wollen. Der Chef steckte ihn zu einer Reservegruppe, die unter Führung eines bewährten Stabsgefreiten Wachdienst zu versehen hatte. In einer der nächsten Nächte verschwand der Soldat als Posten vor Gewehr und lief wieder zum Feind über. Bald darauf erhielt die Truppe gezieltes Artilleriefeuer des Feindes, und es bestand gar kein Zweifel, daß der Überläufer die eigenen Stellungen und damit seine Kameraden verraten hatte."92 Ein ähnlicher Fall wird in einem Leserbrief geschildert: „Während der Schlacht um Monte Cassino desertierte ein Angehöriger meiner Kompanie (7. Kp./Geb.-Jäger-Rgt. 100). Zwei Tage später, in der Nacht zum 9. Februar 1944, gelangte ein englischer Stoßtrupp durch die nur uns bekannte Minengasse in unsere Stellung. 79
Nach einem kurzen Feuerwechsel mußten sechs Kameraden aus meiner Gruppe ihr Leben lassen. Gefangene Engländer sagten bei ihrer Vernehmung übereinstimmend aus, daß derjenige, der sie durch die Minengasse geführt hatte, am 6. Februar zu ihnen übergelaufen wäre und sie bis in unsere Stellung begleitet hätte."93 Ein weiteres Beispiel - und da gibt es, was jeder Frontsoldat bestätigen kann, Hunderte und Tausende ähnlicher Art - entnehmen wir der Feder von Prof. Dr. Antonius John: „Wir waren im Herbst 1943 im Mittelabschnitt der Ostfront eingesetzt. Die Hauptkampflinie war hauchdünn. Wenn es gut ging, saß alle 50 Meter ein Soldat in einem flachen Schützenloch. In der Nachbarkompanie machten sich eines nachts drei Mann aus dem Staube in Richtung auf die sowjetischen Gräben. Sie mußten aber an einem deutschen Vorposten vorbei, von dem aus man die russische Linie einsehen konnte. Durch die Flucht der drei war in der Front eine Lükke von etwa 200 Meter entstanden. Um aber zu den Sowjets zu gelangen, mußten sie an dem Vorposten vorbei. Sie machten sich über die beiden Soldaten von hinten her und erstachen sie, um ungesehen in die russischen Linien zu kommen. Noch in der gleichen Nacht machte sich ein sowjetisches Kommando auf, nutzte die Frontlücke und rollte die benachbarte Kompanie von hinten her auf. Es fiel dabei kaum ein Schuß, aber ich weiß, daß die Frontlücke inzwischen auf mehr als einen Kilometer aufgerissen war. Sieben oder acht deutsche Soldaten lagen tot in ihren Löchern, durchbohrt von den sowjetischen Bajonetten." Was vor allem immer wieder übersehen wird, ist die Tatsache, daß die Fahnenflüchtigen nicht nur zu einem ganz erheblichen Umfang Vorbestrafte waren, sondern auch vielfach die Truppe verließen, um einem drohenden Strafverfahren, z.B. wegen Plünderung, Körperverletzung u.a., zu entgehen. So schreibt Antonius John deutlich: „Ich muß... sagen, daß mir sehr viele Deserteure bekannt sind, die aus ganz anderen Motiven gehandelt haben. Es waren Kriminelle, Diebe, Vergewaltiger, Schieber. Sie suchten die andere Linie, um sich zu retten." 94 Ein nicht weniger übles Beispiel schilderte der ehemalige Navigator in einem britischen Bomber während des Zweiten Weltkriegs, Peter Hinchliffe, in seinem Buch „Luftkrieg bei Nacht 1939-1945", das er den Gefallenen beider Seiten gewidmet hat. Darin berichtet er von einem Bord-Funkmeßgerät - dem Lichtensteingerät -, das es den 80
deutschen Nachtjägern ermöglicht hatte, den britischen Bomberflotten erhebliche Verluste beizubringen. Zwar war man in der Entwicklung von Störgeräten weitergekommen, aber einen entscheidenden Anteil daran hatte der Verrat dieses deutschen Gerätes durch drei Deserteure der Luftwaffe: „Die Kenntnisse der Briten über die Bord-Funkmeßgeräte der Deutschen kamen einen gewaltigen Schritt voran, als - völlig unerwartet - eine mit Lichtenstein ausgerüstete JU 88 auf dem RAF-Flugplatz Dyce an der schottischen Ostküste landete. Flugzeugführer war Oberleutnant Heinrich Schmitt, Funkmeßbeobachter Oberfeldwebel Paul Rosenberger und Bordmechaniker Oberfeldwebel Erich Kantwill. Sie hatten ihre Flucht und den Flug zur britischen Insel sehr sorgfältig vorbereitet... Am 9. Mai 1943, um etwa 15:30 Uhr, hob die JU 88 ab, angeblich zu einem Routine-Werkstattflug, und wenig später gab der Bordfunker - so sah es ihr Plan vor - einen SOS -Ruf durch, in dem er meldete, ein Motor brenne, und sie würden notwassern müssen. Die daraufhin ausschwärmenden Rettungsflugzeuge fanden zwar im Wasser treibende Schlauchboote, aber natürlich kein Zeichen vom Flugzeug selbst."95 Eine wichtige Abwehrwaffe gegen die Luftangriffe auf deutsche Städte, Frauen und Kinder war von diesen heute verehrten „Widerstandskämpfern" durch Verrat ausgeschaltet worden. Dies sind nur wenige Beispiele, die für viele sprechen. Sind diese Männer es wirklich wert, heute quasi zu Widerstandkämpfern hochstilisiert zu werden? Kommen auch sie, die zu Mördern geworden sind, wenn sie noch leben sollten, in den Genuß jener DM 7.500,- Judaslohn? Mit welch falschen Aussagen Volljuristen im Deutschen Bundestag den Deserteur-Beschluß herbeigeführt haben, zeigt beispielsweise, was der Linksaußen der FDP, Burkhard Hirsch, am 30. August 1996 im ebenso linken „Sonntagsblatt" geschrieben hat: „Je länger der Krieg dauerte, um so mehr waren Militärgerichte Instrumente des Terrors. Die Richter waren nicht unabhängig, die Urteile richteten sich nicht nach dem Einzelfall, und sie standen häufig schon vorher fest. Man bediente sich des bloßen Rituals der Justiz. Zehntausende wurden so zum Tode verurteilt und hingerichtet, mehr als in allen anderen Staaten zusammen." Zu „allen anderen Staaten" gehörte wohl auch Rußland, wo insgesamt zwei Millionen Menschen der Rache Stalins zum Opfer fielen, 81
weil sie während der deutschen Besetzung dieser in irgendeiner Form geholfen hatten.96 Franz Seidler hat hingegen nachgewiesen, daß in Deutschland insgesamt 13.550 Soldaten wegen Fahnenflucht verurteilt wurden, davon etwa 6.000 zum Tod, von denen etwa die Hälfte schon im Zivilleben vorbestraft war. Auch Frau Däubler-Gmelin, SPD, setzte sich als Justizministerin für die Pauschalrehabilitierung von Deserteuren ein und bezeichnete die von Militärgerichten Verurteilten samt und sonders als Unrecht, was nicht gerade von einer besonderen Kenntnis der Militärgerichtsbarkeit zeugt. Im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Hans Filbinger, wurde auch ein Gutachten des unabhängigen Sachverständigen Dr. Otto Rappenekker eingereicht, in dem es u.a. hieß: „In Kriegszeiten kennt jedes Land die Todesstrafe, ganz besonders bei Fahnenflucht. Wäre es anders, dann wäre jeder Soldat ein Tölpel, wenn er nicht in einer Gefahrenlage davonlaufen würde. Die Anordnung der Todesstrafe im Kriege hat mit Nazismus nichts zu tun. Auch die Demokratie kennt entsprechende Strafbestimmungen. Die Schweiz, die sicherlich nicht im Verdacht steht, ein Nazistaat zu sein, droht in Artikel 61 des Militärstrafgesetzbuches bei Ungehorsam vor dem Feind die Todesstrafe an. Frankreich und andere Länder kennen die Todesstrafe sogar in Friedenszeiten." Der Jesuitenpater Lothar Groppe schrieb über die Fahnenflüchtigen, denen die Flucht in die Schweiz und nach Schweden gelungen war: „Die Schweizer Behörden urteilen über Soldaten, denen die Flucht in ihr Land gelang, daß die ,anständigen Gesinnungsflüchtlinge leider in der Minderzahl' waren. Nach den Akten des Stockholmer Reichsarchivs standen nicht einmal bei einem Zehntel der Deserteure politische Gründe im Vordergrund. Hauptursache für Fahnenflucht waren drohende Kriegsgerichtsverfahren wegen Plünderung, Unterschlagung und Schwarzhandel. Nicht selten spielten Frauengeschichten eine Rolle sowie Furcht vor Verlegung an die Front." In einem Artikel in der „Jungen Freiheit" schrieb Groppe am 17. Juli 1998 u.a. : „Wenn es in einer Stellungnahme zur Befürwortung einer pauschalen Rehabilitierung von Deserteuren hieß: ,Die damalige Militärgerichtsbarkeit war eine dem NS-Regime besonders willfährige Institution', so zeugt das ebenfalls von Unwissenheit. Allein die Tatsache, 82
daß die Chefs der Rechtsabteilung von Heer und Luftwaffe, Karl Sack und Rudolf Schleicher, von den Nazis hingerichtet bzw. ermordet wurden, beweist das Gegenteil. Gewiß gab es auch unter den Wehrmachtsrichtern ,Bluthunde'. Aber sie waren eindeutig in der Minderzahl. Ebenso unbestreitbar dürfte sein, daß es auch in der Wehrmachtsjustiz - bei insgesamt 650.000 Verfahren - ebenso wie in Zivilprozessen Unrechtsurteile gegeben haben dürfte. Deren Opfer sollten selbstverständlich rehabilitiert und, soweit noch am Leben, angemessen entschädigt werden... Im Gegensatz zu den berüchtigten Sondergerichten oder gar dem Volksgerichtshof waren die Wehrmachtsrichter Hüter des Rechts und haben durch ihren mutigen Einsatz viele Soldaten vor einem bösen Schicksal bewahrt. So gelang es hohen Wehrmachtsrichtern auf Weisung von Dr. Sack, meinen Vater, dessen Akten bereits vor dem Volksgerichtshof lagen, vor das Reichskriegsgericht zu laden. Der untersuchungsführende Generalrichter Dr. Hoffmann stellte jedoch das Verfahren wegen Defaitismus und Wehrkraftzersetzung mangels Tatbestandmäßigkeit ein, obwohl ihm, wie auch den beiden anderen Richtern, bekannt war, daß Heinrich Himmler bereits 1940 ein Verfahren wegen Heimtücke gegen meinen Vater gefordert hatte und mein Vater von Hitler degradiert und aus der Wehrmacht ausgestoßen worden war. Hinzu kommt, daß er keinem der Richter persönlich bekannt war. Sobald Himmler von der Einstellung des Verfahrens erfuhr, befahl er telegraphisch die Verhaftung meines Vaters. Dennoch schickte Generalrichter Dr. Hoffmann ein Telegramm an die Gestapo: Verfahren gegen Generalleutnant Groppe eingestellt, da keinerlei Belastungsmomente gegeben sind. Drahtantwort erbeten, warum General Groppe in Haft...'" Zum Fall Groppe muß man wissen, was ihm zur Last gelegt worden war. Es verdeutlicht gleichzeitig, wie sich Wehrmachtoffiziere verhalten haben. Generalleutnant Theodor Groppe war im Dezember 1939 Kommandeur der 214. Infanteriedivision am Westwall. Als dort ein Kreisleiter der NSDAP zu einer Volkskundgebung gegen die Juden aufrief, erließ Groppe einen Divisionsbefehl, daß Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung notfalls mit Waffengewalt zu verhindern seien. Der Oberbefehlshaber der 1. Armee, der spätere Generalfeldmarschall von Witzleben, der nach dem 20. Juli 1944 als Mitverschwörer hingerichtet wurde, billigte die Maßnahme nicht nur, sondern befahl für den gesamten Armeebereich, Exzesse gegen die 83
Juden mit allen Mitteln zu verhindern. Auch der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe, der spätere Generalfeldmarschall Ritter von Leeb, verhielt sich ähnlich und schrieb an den Oberbefehlshaber des Heeres: „Ich stelle mich mit meiner ganzen Person vor Generalleutnant Groppe, selbst dann, wenn er sich in berechtigter Empörung über den Befehl des Reichsführers der SS bei seiner Ansprache im Wortlaut vergriffen haben sollte." Was danach geschah, hat sein Sohn im obigen Bericht geschildert.97 Ein ehemaliger Deserteur (!) schrieb in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" den folgenden Leserbrief unter der Überschrift „Deserteur-Prämie dankend abgelehnt": „Der Leitartikel von Friedrich Karl Fromme ,Was war die Pflicht' (FAZ vom 26. April) geht mir als viermaligem Deserteur gegen den Strich. Wäre ich ein frommer Mensch, so müßte ich dem Herrgott täglich danken, daß ich den Zweiten Weltkrieg überlebte und dies auch einem korrekten Standrichter sowie Strafkompanieführer zu verdanken habe. Ich brauchte mir keine ,Lebenslüge' zu basteln und bin auf keinem Fall aus Angst, wie Fromme so fein formuliert, desertiert, sondern nach einer großen Enttäuschung mit der Kompanieführung und außerdem mit einem zweiten Kameraden, der zur Zeit in Polen lebt. Auf die Gründe kann ich hier nicht eingehen, denn dies wäre ein Roman. Die Ablehnung der pauschalen Rehabilitierung der Deserteure halte ich für vernünftig, denn es würde nur manchem Trittbrettfahrer die vorgesehene Prämie reizen, um dafür die ehemaligen Kameraden durch den Dreck zu ziehen, die bis zum Schluß glaubten, für das bedrohte Vaterland kämpfen zu müssen... Hier zeigt sich wieder eine typisch deutsche Heuchelei; es wird gerne übersehen, daß die Desertion internationalen Charakter hatte, es wird nirgendwo Mitgefühl für die Masse der Deserteure der Roten Armee gezeigt, die zu den deutschen Truppen übergelaufen sind, um so dem Stalin-Gulag zu entkommen. Diese Schicksalsgenossen wurden aber von den damaligen Alliierten an die Stalin-Kommissare ausgeliefert. In Sibiriens Straflagern fanden sie ein trauriges Ende. Als überlebender Deserteur und kritischer Zeitzeuge sehe ich es als meine Pflicht an, auf dieses Unrecht hinzuweisen, und verzichte auf den Judaslohn." Übersehen wird bei der negativen Darstellung der Militärgerichte, daß sie gerade auch zum Schutz der Bevölkerung in den besetzten 84
Ländern hart mit den eigenen Leuten ins Gericht gingen. So wurden beispielsweise Todesurteile gefällt für Vergewaltigung von russischen Frauen. Aus den Tagesbefehlen der 251. Infanteriedivision vom 27. Mai und 11. November 1942 sei nur folgendes zitiert: 27. Mai: „Zwei Soldaten der Division haben zwei Kühe geplündert und heimlich geschlachtet. Sie haben zugegeben, daß sie über die von der Division gegebenen scharfen Bestimmungen belehrt worden waren. Ich habe angeordnet, daß das kriegsgerichtliche Verfahren gegen diese beiden Soldaten beschleunigt durchzuführen ist und daß auch gegen die Vorgesetzten, die ohne Befehl des Einheitsführers die Soldaten angewiesen haben, Kartoffeln beizutreiben und die Soldaten damit zum Plündern angeregt haben, das Verfahren einzuleiten ist. Die Plünderer und Mitwisser sehen schwerer Bestrafung entgegen." 11. November: „Ein Soldat des Div.-Stabes hat in dem Russenhaus, in dem er seit Februar ds. Js. untergebracht war, Felle und Wolle in erheblicher Menge gestohlen, um diese Dinge bei seinem demnächstigen Urlaub mit nach Hause zu nehmen. Er hatte sich damit des Verbrechens der Plünderung schuldig gemacht, obwohl ihm der Befehl 251. I.D. Ib / Ic / Ha / III / Ia vom 6.11.41 betr. Plünderungen bekannt war. Nach Aufstellung des Tatberichtes hat er sich durch Selbstmord der Strafe, aber auch der Möglichkeit der Bewährung vor dem Feinde und der Wiederherstellung seiner Ehre feige entzogen. Frau und Kind sind von der Wehrmachtfürsorge ausgeschlossen. Dies ist allen Soldaten der Division bekanntzugeben, unter gleichzeitigem erneuten eindringlichen Hinweis auf die wesentlichen Punkte des o.a. Plünderungserlasses der Division vom 6.11.41. Die Einheitsführer haben zu überprüfen, daß alle bei der Einheit befindlichen Soldaten bis zum Hauptmann aufwärts die Kenntnis dieses Befehls durch eigene Namensunterschrift bescheinigt haben."98 Durch die deutsche Militärgerichtsbarkeit ist - im Gegensatz zur Besetzung von Deutschland - die Zivilbevölkerung und deren Eigentum weitgehend geschützt worden. Auch bemühte man sich, die Kulturstätten zu erhalten. In Jasnaja Poljana wurden der Alterssitz und das Grab von Leo Tolstoi vor jedem Schaden bewahrt. Das Grab wurde durch einen deutschen Posten ständig gesichert. Das Museums-Inventar wurde in zwei versiegelten Räumen aufbewahrt. Gleiches galt für das Tschechow-Museum zu Jalta, in dem im Frühjahr 1993 eine Ausstellung „Der unbekannte deutsche Soldat" eröffnet wurde, die das Wirken des Majors Eberhard Baake von der 72. Infanteriedivisi85
on ehrt. Dieser fiel als Oberstleutnant im Jahre 1944 und hatte nach der Besetzung Jaltas im November 1941 dafür gesorgt, daß das Haus des großen russischen Dichters unberührt blieb. Der russische Major a. D. Ozeraner schrieb dazu im deutschen Heimkehrer-Organ: „Major Baake und seine Untergebenen verhielten sich zivilisiert, höflich, man achtete peinlich auf Sauberkeit. Der gewöhnliche Lebensablauf im Museum wurde nicht gestört", freundschaftliche Zusammenarbeit mit der Schwester des Dichters gewahrt. Ozeraner berichtete dann weiter: „Ich spreche oft mit den Touristen aus der Bundesrepublik und erzähle ihnen darüber, wer Eberhard Baake war und daß das Bestehen des Anton Pawlowitsch-Tschechow-Museum bis zum heutigen Tage lediglich ihm zu verdanken ist."99 Ähnliche Berichte gibt es viele, beispielsweise auch von Oberstleutnant Schlegel, dem Retter der Kulturschätze von Monte Cassino in Italien, der 70.000 Bücher und 2.000 Pergament-Handschriften vor der Vernichtung durch die Alliierten bewahrte. Und am 5. Februar 1982 erschien das Organ des Vatikans, „L'Osservatore Romano", mit der Überschrift „Ein deutscher General als Beschützer des Vatikans". Gemeint war General Rainer Stahel, der 1943 Kommandant der italienischen Hauptstadt wurde und die religiösen Institute der Stadt und damit die dort versteckt gehaltenen Menschen - geschützt hat. Sein Sonderbefehl Nr. 1 lautete: „Die Geistlichkeit und ihr Eigentum sind ganz besonders in Schutz zu nehmen: Übergriffe gegen sie werden von mir besonders streng bestraft."100 Die Wehrmachtsgerichtsbarkeit sorgte für humanitäres Verhalten in besetzten Gebieten. Prof. Franz Seidler schrieb in „Junge Freiheit" Nr. 30/99: „Die Wehrmachtsgerichtsbarkeit war eben mitnichten eine besonders grausame Form von ,NS-Justiz', eher das Gegenteil. So schuf Hitler bereits im Oktober 1939, weil er der bürgerlichen Militärjustiz nicht besonders traute, eine eigene SS- und Polizeigerichtsbarkeit, und Anfang 1945 wollte er die Militärjustiz sogar abschaffen."
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Soldaten sind Mörder Am 25. August 1994 hat die 3. Kammer des Bundesverfassungsgerichtes der Verfassungsbeschwerde eines wegen Beleidigung Verurteilten stattgegeben, der an seinem Auto einen Aufkleber mit dem Tucholsky-Zitat „Soldaten sind Mörder" angebracht hatte. „Dieses Urteil wurde gefällt durch drei Richter, die dem linken SPD-Flügel angehören und die festlegten, daß eine solche Aussage straffrei sei."101 „Und damit", schrieb Rüdiger Proske weiter, „entstand hier in Deutschland eine Situation, daß wir wohl das einzige Land auf der Welt - sicher der westlichen Welt - sind, in dem es erlaubt ist, Soldaten unqualifiziert als Mörder bezeichnen zu können und sich dabei nicht strafbar zu machen."102 Dieses Urteil wurde ein Jahr später - als die Antiwehrmachtausstellung bereits auf Reisen ging - vom ersten Senat des Bundesverfassungsgerichtes mit fünf gegen drei Stimmen unter eher fadenscheinigen Begründungen bestätigt. Während CDU, CSU und FDP ihr Befremden ausdrückten, weil es hier auch zu einer Beleidigung der Bundeswehr kommt und die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges nachträglich geschmäht würden, wurde dieses Urteil von den Grünen besonders begrüßt. Der damalige Sprecher der Grünen im Bundesvorstand und spätere Umweltminister der rot-grünen Regierung von 1998, Jürgen Trittin, begrüßte die Entscheidung, die seiner Meinung nach das Zitat im Zusammenhang mit der allgemeinen Kritik am Krieg stelle. Es sei beschämend, „daß sich den rechten Populisten aus der CDU dieser Zusammenhang immer noch nicht erschlossen hat",103 sagte Trittin, der dann auch bei der Vereidigung junger Bundeswehrsoldaten auf der Seite derer stand, die laut „Mörder, Mörder" riefen. Aber ausgerechnet die Regierung, der dieser Mann als Minister angehörte, schickte erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg deutsche Soldaten wieder in einen Krieg, und zwar auf dem Balkan! Ein Leser schrieb dazu in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 15. November 1995 sehr richtig: „Die moralisch/ethische, zumal persönliche Bewertung vom Krieg und seiner Inhumanität - fast immer eine politische Entscheidung sollte nicht mit Karlsruher Hilfe zur pauschalen oder individuellen Herabwürdigung der persönlichen Ehre der Wehrpflichtigen, Zeitoder Berufssoldaten und ihrer Familien führen. Konsequenterweise müßten sich letztlich unsere entscheidenden Politiker und die gesell87
schaftlichen Entscheidungsträger auch den Vorwurf der ,Anstiftung zum Mord' gefallen lassen." Der ehemalige Präsident des Deutschen Bundestages, Dr. Rainer Barzel, verwahrte sich in einem Leserbrief an die gleiche Zeitung: „Ich war Soldat im Zweiten Weltkrieg und bin Reserveoffizier der Bundeswehr. Ich war und bin kein Mörder - weder literarisch noch tatsächlich. Unsere Bundeswehr tut den Dienst, den das Grundgesetz und die Gesetze bestimmen. Die Wehrpflicht gehört dazu. Unser Staat verpflichtet junge Männer zum Waffendienst. Im Verteidigungsfall müssen Soldaten auf Befehl unseres freiheitlichen Rechtsstaates auch töten, nicht morden. Was Mord nach deutschem Recht ist, bestimmt unser Strafgesetzbuch in Paragraph 211 verbindlichst so: ,Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.' Also: Auch im Krieg morden deutsche Soldaten nicht. Auch das Recht auf freie Meinungsäußerung hat, so Artikel 2 und 5 des Grundgesetzes, da seine Grenze, wo die Rechte anderer und das Recht der persönlichen Ehre verletzt werden. Der Richterspruch geht darüber hinweg. Er verletzt Tausende, die wir gesetzlich verpflichten, Frieden zu sichern, Staat und Freiheit zu schützen. Wer schützt sie vor diesem Gericht? Ich frage so, auch weil ich Verantwortung für die Wehrverfassung und die Wehrpflicht weiterhin trage. Wir dürfen unsere Soldaten nicht alleinlassen. Ein junger Mann - er wollte den Wehrdienst nicht verweigern fragte mich, ob er nun ein ,Mörder' werde, wenn er seinen Wehrdienst leiste. Das verbale Gespinst der Richter zu dieser Sache vermöge er nicht zu durchschauen. Ihm bliebe, daß straffrei bleibt, wer Soldaten Mörder nennt. Auch in Karlsruhe verantwortet man die Wirkung seiner Worte." Mörder aber waren jene Deserteure, die sich den Weg zum Feind ebneten, indem sie ihre eigenen Kameraden ermordeten. Sie werden heute pauschal rehabilitiert, während man die anständigen Soldaten Mörder nennen darf. Der sächsische Umweltminister Arnold Vaatz fand nicht weniger deutliche Worte, als er in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" meinte, daß, wer „Soldat" sagt, „die Soldaten" meint, und fährt u.a. fort: 88
„In einem solchen Freispruch steckt allerdings dann der ganze zur Lebensart geronnene Haß auf jedweden deutschen Staat. (...) Wenn man annimmt, daß dem Soldaten in einer von Liberalität und Wertebeliebigkeit geprägten Zeit die Aufgabe zukommt, den als schmerzlich empfundenen Mangel an Feindbildern abzudecken, dann leuchtet es allerdings ein, wenn der Wunsch entsteht, ausgerechnet der Staat selbst möge dafür sorgen, daß seine Soldaten - und zwar jeden einzelnen, gescheit oder dumm, Deutscher oder Ausländer, Koch oder Pilot - zum Mörder erklärt werden kann. Es leuchtet ein, wenn das Gericht die Gesetze der Aussagenlogik in diesem Falle in gottgleicher Weise für ein einziges Mal als ungültig erklärt. Jedoch: Nicht jedem wird dieser Spruch als ein flammendes Bekenntnis zur Liberalität erscheinen. Eher drängt sich der Verdacht auf, daß hier der Altersschwachsinn einer zu lange von außen behüteten Demokratie am Werk ist, einer Demokratie, der das Erwachsenwerden verwehrt blieb und die nun ein großes Kind ist. ,Willst du ein Mörder sein?' werden nun mit Recht die Eltern von Wehrpflichtigen ihre erwachsenen Kinder fragen. Warum soll ihnen zugemutet werden, unter dem spöttischen Blick der Richter von Karlsruhe und ihrer politischen und journalistischen Fürsprecher hinfort zu Hause oder auf irgendeinem Balkan dieser Welt das Leben für das Lebensrecht anderer - möglicherweise Wehrloser - aufs Spiel zu setzen? Apropos 8. Mai 1945: Darf man neuerdings sagen: Deutschland wurde durch Mörder befreit?" Ein mutiger Richter, Karl-Hans Fischer vom Landgericht in Mainz, mußte einen Ingenieur freisprechen, der sich wegen des TucholskyZitats zu verantworten hatte, und warf dem Bundesverfassungsgericht vor, „anmaßend, juristisch fragwürdig und gesellschaftspolitisch falsch" entschieden zu haben - es sei „auf dem besten Wege, seine einst hohe Reputation zu verspielen". Im Gericht entschuldigte er sich ausdrücklich bei den im Gerichtssaal anwesenden Bundeswehrsoldaten für den Karlsruher Spruch. Während der ehemalige Vizepräsident Mahrenholz die Ansicht von Fischer eine Entgleisung nannte, meinte der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Ernst Benda, zum Karlsruher Spruch: „Man kann mit guten Gründen eine andere Meinung als das Bundesverfassungsgericht vertreten", dem es nicht gelungen sei, „klar zu machen, was es will". Schon vor der Bestätigung durch den ersten Senat und nach Beginn der Anti-Wehrmachtsausstellung hatte der ehemalige Richter und 89
spätere Rektor der Universität Konstanz, Bernd Rüthers, anläßlich des ihm verliehenen Hanns-Martin-Schleyer-Preises im Mai 1995 Kritik an dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts geübt. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" schrieb dazu am 22. Mai 1995: „In seinem Vortrag zur Preisverleihung kritisierte der Arbeitsrechtler und frühere Richter Rüthers das Bundesverfassungsgericht wegen seiner Entscheidung, die Bezeichnung Mörder für Soldaten nicht mit strafrechtlichen Sanktionen zu ahnden. Vor dem Hintergrund der ,Befreiungsdebatte' zum 8. Mai offenbare die Entscheidung der Karlsruher Richter ,ein seltsames Gemisch aus Schizophrenie und systematischer Heuchelei'. Da dränge sich, bemerkte Rüthers sarkastisch, die Frage auf: ,Sollten wir 1945 von alliierten Mörder-Organisationen befreit worden sein?' Und er fügte hinzu, die Peinlichkeit erreiche ihren Höhepunkt, ,wenn einzelne Richter ihre zweifelhaften Entscheidungen dann abends im Fernsehen mit privaten und irrigen Begründungen zu rechtfertigen versuchen'." Der ehemalige Kommandeur der 1. Panzerdivision der Bundeswehr, General Gerd Schultze-Rhonhof, der aus Protest gegen die Wehrdienstverkürzung nach 37 Jahren Bundeswehr zurückgetreten war, sagte in einem Interview mit „Focus" Nr. 7/1996: „Es macht einem das Soldatsein nicht leichter, wenn man sich so anfeinden lassen muß. Eine Rechtsordnung, die man verteidigt, sollte einen auch selbst schützen". In seinem Buch „Wozu noch tapfer sein?" lautet sein brisanter Befund: „Die zwei ,Mörder-Urteile' des Bundesverfassungsgerichts, nach denen die Mörder-Diffamierungen der Soldaten in Zukunft straffrei bleiben, haben wesensverändernde Wirkung auf das Verhältnis von Staat und Soldat in Deutschland. Die Bundesrepublik, vertreten durch das Bundesverfassungsgericht, hat ihre Treuepflicht gegenüber den Soldaten verletzt und damit das auf Gegenseitigkeit beruhende Treueund Eidverhältnis zu den Soldaten von sich aus aufgelöst" und „Ich bin nicht Soldat geworden, um zügellose Freiheiten zu verteidigen. Auch wenn das BVerfG seine Beschlüsse nicht so gemeint haben sollte, es kann die Vaterschaft für eine ungebremste Beschimpfung nicht leugnen." Der Vier-Sterne-General Klaus Naumann, seit dem 1. Oktober 1991 Generalinspekteur der Bundeswehr und seit Anfang 1996 Vorsitzender des Militärausschusses, des höchsten militärischen Gremiums der NATO, formulierte in „Focus" 46/1995 sehr sachlich: 90
„Als Konsequenz werden sich viele Soldaten, aber auch deren Eltern und Familien in tiefer Weise diffamiert fühlen. Schon nach dem ersten Urteil haben wir den Mißbrauch zum Zweck politischer Polemik erleben müssen, so auch anläßlich des Großen Zapfenstreichs in Erfurt und im Bonner Hofgarten. Unsere Soldaten, wie auch ich, mußten die Mörderrufe einiger keineswegs die Mehrheit repräsentierender Demonstranten hinnehmen, die durch ihr intolerantes Verhalten zeigten, daß sie zur Demokratie unfähig sind, weil sie den Andersdenkenden nicht respektieren. Unsere Soldaten, von denen viele zur Zeit unter Risiken geschundenen Menschen im ehemaligen Jugoslawien Hilfe leisten, haben aber Anspruch auf Schutz ihrer Menschenwürde und Ehre. Sie verdienen keine Szenen wie in Erfurt oder Bonn, die im übrigen auch in keinem anderen Land Europas denkbar wären, geschweige denn verstanden würden. Wir Soldaten werden mit diesem Urteil leben müssen, auch wenn es schwerfällt. Dankbar haben wir daher die zahlreichen Bekundungen der Solidarität aus dem politischen Raum, aber auch aus den Kirchen, dem Bereich der Medien und vieler Bürger registriert. Die Mehrheit in Deutschland weiß, daß es nun gilt, schädliche und ungewollte Auswirkungen des Urteils zu verhindern. Die Bundeswehr ist nicht einfach abstraktes Instrument staatlicher Sicherheitsvorsorge, sie besteht aus Männern und Frauen, die mit Herz und Verstand ihren Auftrag erfüllen, Menschen, die sich von der Diffamierung durch den Ruf ,Mörder' zutiefst getroffen fühlen. Unser Auftrag ist demokratisch legitimiert. Doch erst die Motivation der Staatsbürger in Uniform' macht das Instrument Bundeswehr wirksam und effizient einsetzbar. Wir Soldaten müssen wissen, daß die Bürger hinter uns stehen, wenn wir unseren rechtmäßigen Auftrag zur Erhaltung von Frieden und Freiheit ausführen. Dies ist unser Selbstverständnis. Die Bundeswehr ist eine Wehrpflichtarmee, eingebunden in eine demokratische Gesellschaft. Ihre Soldaten beanspruchen keine ,Sondermoral' und keinen gesonderten Ehrbegriff. Wir haben jedoch Anspruch darauf, vor einer Diffamierung als Mörder geschützt zu werden. Wir wollen nicht ins Zwielicht geraten, und unser Staat, unsere Gesellschaft dürfen dies nicht zulassen. Täte man es, legte man die Axt an Wehrpflicht und Verteidigung. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, ihr aber die Würde des Menschen zu opfern, die als Soldaten bereit sind, für unser Land mit ihrem Leben einzutreten, ist ein zu hoher Preis." 91
Der früh verstorbene Militärbischof Dyba meinte auf der 35. Kommandeurtagung, daß der Staat doch „im Ernst nicht die allgemeine Wehrpflicht festlegen und dann den Soldatenberuf als Mordhandwerk bezeichnen lassen"104 könne. - Man sollte meinen, daran hätten auch die Richter von Karlsruhe denken können. Bei einer Gelöbnisfeier in Südwinsen hat ein 22j ähriger Mann ein großes weißes Tuch mit der Aufschrift: „Bundeswehrsoldaten sind Mörder" aufgehängt. Eine Klage eines Hauptfeldwebels und eines Hauptmanns mit Unterstützung des Bundeswehrverbandes gegen diese Beleidigung aller Soldaten ist erfolglos geblieben. Die Regierung schickt Soldaten in Kampfgebiete, die Justiz läßt zu, sie zu beleidigen. „Eine Schande ist es", hieß es in „Soldat und Volk" vom März 2000, „daß man nun auch schon die Bundeswehrsoldaten als Mörder beschimpfen kann, ohne daß eine Klage von Betroffenen Erfolg hat." Hat man nach der Wiedereinführung der Bundeswehr nach dem Zweiten Weltkrieg eine Wehrdienstverweigerung - die fälschlicherweise häufig als Kriegsdienstverweigerung bezeichnet wird - noch eher als etwas Unwürdiges angesehen, so kann man heute jeden jungen Menschen verstehen, der es sich zweimal überlegt, in der Bundeswehr zu dienen, wenn ihr die gesellschaftliche Akzeptanz versagt bleibt. „Es erschien den inzwischen zu Berufspolitikern mutierten Verfassungsrichtern und den achtundvierzig Entscheidungsvorbereitern des ,Dritten Senats' als rechtens, daß Soldaten kollektiv als Mörder diffamiert werden dürfen und daß Kruzifixe als Psychoterror für nichtkirchlich Gesonnene bewertet werden. Mit solchen Entscheidungen hat das Verfassungsgericht der Bevölkerung einen vermeintlich angebrachten Minderheitenschutz aufgezwungen und sie in ihrem Rechtsempfinden vor den Kopf gestoßen. Die Beschlüsse des Verfassungsgerichts waren alle rein dogmatischer Natur, es wurde wenig auf ihre Außenwirkung Rücksicht genommen. Mit der Konsequenz, daß bei jeder öffentlichen Vereidigung von Bundeswehr Soldaten - soweit sie überhaupt noch öffentlich durchgeführt werden - sich zwei Dutzend Politkriminelle einfinden, die lauthals und ungestraft ,Mörder, Mörder' skandieren."105
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„Political correctness" in der Bundeswehr? Nimmt man alles zusammen, so handelt es sich um einen Angriff auf das Soldatentum schlechthin. Ob es sich um Rehabilitierung von Deserteuren handelt, unter denen es nicht wenige Verbrecher gab, um das Mörderurteil des BVerfG oder die Anti-Wehrmacht-Ausstellung. Da war es sicher kein Zufall, daß nun plötzlich auch in großen Aufmachern von angeblichen nazistischen Umtrieben in der Bundeswehr berichtet wurde, die zum Teil Jahre zurücklagen und bei denen oft in Wahrheit nichts dahinter steckte. Die Linken erreichten, was sie wollten - nämlich die Diffamierung der Bundeswehr -, und der damalige Bundesverteidigungsminister (und Nichtsoldat) Volker Rühe (CDU) stellte sich nicht hinter seine Soldaten, wie es frühere Verteidigungsminister der CDU/CSU als auch der SPD getan hatten, da sie selbst noch Soldaten gewesen waren. Man kann aber eine solche Haltung nicht einfach mit dem Einwand abtun, daß nun „eine Generation die Führung übernommen hat, die durch existentielle Erfahrungen, bei denen es um Freiheit und Leben ging, nie geprüft wurde",106 nein, hier fehlt ganz eindeutig Zivilcourage. Eben dieser Volker Rühe (CDU) veranlaßte auch, daß Disziplinarmaßnahmen gegen Offiziere eingeleitet wurden, die der Partei der Republikaner angehörten und deshalb als „Extremisten" eingestuft wurden. Dadurch wurde aber das Grundgesetz ausgehebelt, das bestimmt, daß niemand wegen seiner politischen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt werden darf... Aber noch ist dieses Verfahren nicht abgeschlossen. Rudolf Scharping (SPD), als Nachfolger von Volker Rühe, schloß sich diesem Vorgehen gegen Soldaten, die in der Partei der Republikaner Mitglied waren, an und verlangte, daß sie unter Verlust der Pensionsansprüche (!) aus dem Dienst entlassen werden sollten. Damit erlitt er aber eine peinliche Niederlage. Das Truppendienstgericht-Süd entschied für die betroffenen Soldaten, daß diese durch ihre politische Tätigkeit ihre Dienstpflichten nicht verletzt hätten. „Das klare ,Bekenntnis zum deutschen Volk' sei kein Indiz für Rechtsextremismus, so die Richter. Es müsse einer sich als patriotisch definierenden Partei in einer freiheitlichen demokratischen Staatsordnung rechtlich erlaubt sein, in der politischen Auseinandersetzung auch ,plakativ und polemisch' über beängstigende Ausmaße einer Überfremdung des deutschen Volkes' 93
zu sprechen, sich gegen weitere Wiedergutmachungszahlungen zu wenden oder die Bombardierung Dresdens zu verurteilen und ein Denkmal für deutsche Opfer zu fordern", kommentierte „Das Ostpreußenblatt" am 7. Oktober 2000 das Urteil und setzte im Wortlaut des Urteils hinzu: „Die in den Anschuldigungsschriften vorgenommene Wertung, die Partei ,Die Republikaner' habe seit 1993 insgesamt und überwiegend verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, ergab sich für die Kammer bei Auswertung aller zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Beweismittel nicht." Aber diesen Freispruch erster Klasse akzeptierte der Verteidigungsminister nicht. Er legte Berufung ein. Sind höchste Entscheidungen deutscher Gerichte hier schon kritisiert worden, so darf man an dieser Stelle erfreulicherweise feststellen, daß das Bundesverwaltungsgericht zu Beginn des Jahres 2002 in letzter Instanz ein Disziplinarverfahren gegen die beiden Bundeswehrsoldaten aus eben diesen Gründen zurückgewiesen hat. Das Gerichtsurteil nahm auch Stellung zur Nennung der REP in Verfassungsschutzberichten und stellte fest, daß vermutlich parteipolitische Ziele der jeweiligen Regierungen eine entscheidende Rolle spielen könnten. So verwies das Gericht darauf, daß die PDS zwar im bayerischen wie auch im Bundes-Verfassungsschutzbericht als linksextremistisch bezeichnet wird, nicht aber in Brandenburg, MecklenburgVorpommern und Sachsen-Anhalt. Wie in der Vorinstanz wird darauf hingewiesen, daß weder die Forderungen nach Erhaltung der D-Mark noch das Eintreten gegen eine Masseneinwanderung Hinweise auf Verfassungsfeindlichkeit begründen können, noch die Verwendung der Begriffe „deutsches Volk" und „Vaterland".107 Somit wurden zwei Minister darüber aufgeklärt, daß das Grundgesetz zu beachten sei. Eine peinlichere Niederlage war kaum möglich. General a. D. Schultze-Rhonhof, der sich mutig vor seine Soldaten stellte, schrieb in seinem Buch „Wozu noch tapfer sein?": „Es macht keinen Sinn, den Kopf für demontierte Wertvorstellungen hinzuhalten." Zu diesem Thema wollte er auf Einladung der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik in der Offiziersschule des Heeres sprechen. Ihr Betreten wurde aber dem ehemaligen General vom Inspekteur der Bundeswehr untersagt. Die „Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik e.V.", der etwa 7.000, überwiegend pensionierte Offiziere der Bundeswehr angehören, bemüht sich laut Satzung um „Erziehung, Volks- und Berufsbil94
dung im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik". Daß diese Vereinigung die Diffamierung alles Soldatischen, über die hier ausführlich berichtet wurde, nicht hinnehmen wollte, ist mehr als verständlich. So veranstalteten einige Sektionen Vortragsveranstaltungen, auf denen kompetente, aber auch kritische Persönlichkeiten zu diesem Themenkomplex sprechen sollten. Dies war dem Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU!) ein Dorn im Auge. So wurde der Gesellschaft unter Androhung der Streichung der Mittel, die die Bundesregierung ihr zur Verfügung stellte, im Frühjahr 1999 der Generalleutnant a. D. Hartmut Bagger, der bis Ende März 1999 Generalinspekteur der Bundeswehr war, als Präsident aufs Auge gedrückt. Dieser hatte sich bei vielen Soldaten unbeliebt gemacht, „weil er die Ritterkreuzträger ebenso wie die Sprecher der Vertriebenen diffamierte, dem Kampf der Fallschirmjäger auf Kreta wie der Soldaten des Afrika-Korps die Traditionswürdigkeit aberkannt und Sprüche geklopft hatte wie ,Ich bin froh, daß das Thema Traditionspflege in die Spülmaschine kommt... Es kann keine Traditionslinie der Wehrmacht in der Bundeswehr geben."108 Jener Herr Bagger war es nun, der dem ehemaligen Generalmajor der Bundeswehr, Schultze-Rhonhof, nicht nur das Betreten der bundeswehreigenen Räume untersagte. Als die Sektionsleiter in private Räume ausweichen wollten, wurde ihnen vom Bundesvorstand der Gesellschaft überhaupt untersagt, den Generalmajor sprechen zu lassen. Auch weiteren Persönlichkeiten wurde das Auftreten vor der Gesellschaft verwehrt: dem ehemaligen Professor an der Bundeswehrhochschule in München, Dr. Franz W. Seidler; dem ehemaligen Kommandeur des Nato Defense College in Rom, Generalleutnant Dr. Franz Uhle-Wettler, ein renommierter Militärhistoriker; dessen Bruder, dem früheren Stellvertretenden Kommandeur der 1. Fallschirmjägerdivision, Brigadegeneral a. D. Reinhard Uhle-Wettler; dem Jesuitenpater Lothar Groppe, ehemaliger Militärdekan und Dozent an der Führungsakademie der Bundeswehr Hamburg, und dem Publizisten Rüdiger Proske. Sie alle wandten sich gegen die Diffamierung der Soldaten und durften auf Veranstaltungen eines Vereins nicht auftreten, der die Wehrbereitschaft fördern soll. Nach viermonatiger Tätigkeit, nachdem Sektionsvorsitzende ihre Ämter niedergelegt hatten und es zu zahlreichen Austritten gekommen war, war Bagger zunächst mit der „Reinigung" des Vereins zufrieden und meinte, daß die Gesellschaft keinen Schaden genommen 95
habe - eher das Gegenteil. Wer die Traditionsunwürdigkeit der Wehrmacht nicht unterschreiben wolle, „gehört nicht in die Gesellschaft für Wehrkunde. Diesen Reinigungsprozeß werden und müssen wir aushalten", betonte er.109 Aber nach einem Jahr war dieser Saubermann gescheitert. Ende Mai 2000 erklärte er in einem Rundbrief an alle Sektionsleiter seinen Rücktritt. Er bekannte offen, daß er es nicht geschafft habe, die über ganz Deutschland verteilten Sektionen zu disziplinieren.110 Viele Sektionsleiter waren trotz aller Pressionen dem Verbotskurs offensichtlich nicht gefolgt. Dennoch gab und gibt es zahlreiche weitere Anläufe, die Bundeswehr mit allen Methoden nach links umzukrempeln. Hier sei einmal Helmut Thielicke zitiert aus seiner Schrift „Freiheit - Phrase oder Realität?" aus dem Jahre 1981: „Ein System, in dem die Freiheit als oberster Wert erscheint, wird leicht in eine Herrschaft der Freiheit für die starken Individuen, Klassen und Rassen auf Kosten der schwachen Individuen, Rassen und Klassen ausarten. Das hat übrigens Karl Marx auch schon gewußt, wenn er lehrte, daß die Freiheit in der Hand derer, die durch Besitz von Produktionsmitteln am langen Hebelarm sitzen, zu einer zerstörerischen Macht der Unterjochung wird. Heute braucht man statt , Produktionsmittel' nur ,Publikationsmittel' zu sagen, um dasselbe Phänomen zu erkennen: Wer über das immense Maß von Freiheit verfügt, Publikationsmittel in der Hand zu haben, der ist in der Lage (und zwar im Maße seiner praktizierten Verantwortungslosigkeit, unter der seriöse Journalisten sicher am meisten leiden!), die Menschen in zwei Gruppen einzuteilen: in solche, die die Freiheit zur Äußerung ihrer Meinung haben, und solche, die den so sich Äußernden hilflos ausgeliefert sind und jede Diffamierung, jede Entstellung der Wahrheit hilflos ertragen müssen."111 Es blieb dem CDU-Verteidigungsminister Volker Rühe vorbehalten, erstmals zu erklären, „die Wehrmacht ist keine traditionswürdige Institution für die Bundeswehr", womit er allen Soldaten und Gefallenen des Zweiten Weltkrieges eine schallende Ohrfeige versetzte. Aber Offiziere und Unteroffiziere eben dieser Deutschen Wehrmacht, die im Ausland als vorbildlich geachtet wird, haben die Bundeswehr aufgebaut. Es war Konrad Adenauer, dem es im Einvernehmen mit den Westmächten gelang, 40.000 Offiziere und Unteroffiziere der Deutschen Wehrmacht und der Waffen SS, darunter 700 Ritter96
kreuzträger, zu reaktivieren, ohne die die Bundeswehr nicht hätte aufgebaut werden können. Zu ihnen gehörten, um nur einige Namen zu nennen: Adolf Heusinger, bis 1944 noch Chef der Operationsabteilung des Heeres, dann Adenauers Berater und später Generalinspekteur der Bundeswehr, bevor er Leiter des Ständigen Militärausschusses der Nato in Washington wurde. Weiter gehörten der neuen Bundeswehr Dr. Hans Speidel an, einst Ritterkreuzträger und Generalleutnant der Wehrmacht. Er wurde später Oberbefehlshaber der Alliierten Landstreitkräfte Mitteleuropa. Dann der Generalinspekteur der Bundeswehr Heinz Trettner, im Zweiten Weltkrieg Fallschirmjägeroffizier und Träger des Eichenlaubs zum Ritterkreuz. Inspekteur der Luftwaffe wurde Generalleutnant Günther Rall, ausgezeichnet nach Siegen in 275 Luftkämpfen mit dem Eichenlaub mit Schwertern zum Ritterkreuz. Ferner Otto Kretschmer, ebenfalls Ritterkreuzträger, der am Ende seiner Dienstzeit in der Bundeswehr Chef des Stabes der Alliierten Marinestreitkräfte Ostsee war. Sie alle - und viele andere mehr - haben nach Artikel 115 a des Grundgesetzes die Bundeswehr für den Verteidigungsfall des Vaterlandes aufgebaut, die dann zu einer „Armee im Bündnis" und schließlich zu einer Art Expeditionsheer wurde, das heute aus den verschiedensten Gründen überall in der Welt eingesetzt werden kann, so daß auch die Bindung an das Vaterland eher belastend wird. Die alten Wehrmachtoffiziere, die bei den ehemaligen Feindstaaten hohes Ansehen genossen, hatten die Bundeswehr zu einer geachteten Truppe gemacht, die heute Gefahr läuft, von „politisch korrekten" Offizieren geführt zu werden. Wie im Dritten Reich einst charaktervolle Offiziere entlassen wurden, die der Führung widersprachen, so geschieht heute ähnliches in der Bundeswehr. Unterwürfigkeit ist gefragt, aber eine „subalterne Gesinnung ist keineswegs ein Zeichen besonders ausgeprägter Loyalität".112 Einst, im Jahre 1965, hatte der damalige Verteidigungsminister von Hassel (CDU) den „Traditionserlaß" herausgegeben. Damals wurde nicht daran gedacht, die Deutsche Wehrmacht des Dritten Reiches zu übergehen. In Teil II Ziffer 9 sagt der Erlaß: „Die deutsche Wehrgeschichte umfaßt in Frieden und Krieg zahllose soldatische Leistungen und menschliche Bewährungen, die überliefert zu werden verdienen." Die erstaunliche Tatsache ist nun, daß die Gegner dieses Erlasses ausgerechnet aus den Reihen der Bundeswehr kamen. Am 21. Febru97
ar 1981 forderte der schon mehrfach zitierte Gegner der Soldaten, Prof. Manfred Messerschmidt, als leitender Historiker des MGFA in einem Artikel in der „Süddeutschen Zeitung" die Aufhebung des Erlasses von 1965, dem er „Verdeckungseffekte" nachsagte. Das rief nun am Ende seiner Amtszeit den Verteidigungsminister Hans Apel (SPD) auf den Plan, dessen „Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege in der Bundeswehr" am 20. September 1982 erschienen, in denen es in Teil I Ziffer 8 ganz eindeutig heißt: „Die Geschichte deutscher Streitkräfte hat sich nicht ohne tiefe Einbrüche entwickelt. In den Nationalsozialismus waren Streitkräfte teils schuldhaft verstrickt, teils wurden sie schuldhaft mißbraucht. Ein Unrechtsregime, wie das Dritte Reich, kann Tradition nicht begründen." 1990 trat dann noch ein aktiver Offizier der Bundeswehr, Brigadegeneral Winfried Vogel, an die Seite Messerschmidts, der bei sehr vielen Soldaten der Wehrmacht von Mord und Nazi-Greueln sprach. Er forderte, die Namen zu überdenken, die bei der Bundeswehr bei der Benennung von Kasernen und anderen Gebäuden verwandt worden seien, wobei er an Dietl, von Fritsch und Rommel besonderen Anstoß nahm. Sogar Korrekturen an Kriegerdenkmälern verlangte er, auf denen steht: „Sie starben zum Schütze der Heimat", weil das angeblich nicht stimme. Da möge man ihm die Worte des einstigen österreichischen Bundeskanzlers Alfons Gorbach entgegenhalten, die er am 3. Dezember 1954 sagte: „Nur eine niedrige und schäbige Gesinnung kann einer so unerhörten seelischen Barbarei fähig sein, den Millionen der Toten des letzten Weltkrieges und ihren Angehörigen über die Opfer hinaus auch noch den Sinn der Opfer rauben zu wollen."113 Zwar hat Volker Rühe im Gegensatz zu Messerschmidt und Vogel noch darauf hingewiesen, daß einzelne Soldaten der Wehrmacht sehr wohl Tradition begründen könnten, und doch war er es, der damit begann, Kasernen, die nach eben diesen Soldaten benannt waren, umzubenennen. Rudolf Scharping zog als neuer rot-grüner Verteidigungsminister in Erwägung, Kasernen auch nach ausländischen Persönlichkeiten zu benennen, und dachte beispielsweise an Churchill. Der von diesem verantwortete Bombenkrieg gegen die deutsche Zivilbevölkerung war allerdings eindeutig ein Kriegsverbrechen. Warum benennt man nicht 98
gleich ein Geschwader nach Bomber-Harris? Die Verbrechen dieser Persönlichkeiten gegen die Menschlichkeit galten ja „nur" den Deutschen! Wie lange ist da noch Platz für den 1984 verstorbenen General Johannes Steinhoff, nach dem eine Kaserne und ein Jagdgeschwader benannt wurden? Über diesen tapferen Soldaten schrieb General a. D. der Bundeswehr Günter Kießling im „Hamburger Abendblatt" vom 13. Dezember 1997 u.a.: „Sie alle - von Steinhoff bis zum jüngsten Unteroffizier der einstigen Wehrmacht - haben in die Bundeswehr ihre militärischen Erfahrungen eingebracht. Die von Steinhoff beruhten in seiner außergewöhnlichen Leistung und Tapferkeit als erfolgreicher Jagdflieger. 176 Luftsiege hatte er errungen, zwölfmal wurde er selbst abgeschossen. Gegen Kriegsende war er Oberst und Kommodore eines Jagdgeschwaders. Seine bei einem Flugunfall im April 1945 erlittenen schweren Verletzungen haben ihm in den folgenden Jahren 70 Operationen abverlangt. Und dennoch stand er mit seiner ganzen Kraft für den Aufbau der Bundeswehr zur Verfügung. Waren es also anfangs die Leistungen und Erfahrungen Steinhoffs als Jagdflieger, die ihm hohe Anerkennung einbrachten, so trat im Verlauf der Zeit immer mehr seine in der Bundeswehr erwiesene Führungsfähigkeit in den Vordergrund, die ihn als Inspekteur an die Spitze der Luftwaffe brachte - und schließlich in die höchste militärische Funktion der NATO, als Vorsitzender des Militärausschusses... Steinhoff trug zu Recht eine der höchsten Auszeichnungen der Wehrmacht, das Ritterkreuz mit Eichenlaub und Schwertern. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür hatte die Bundesrepublik mit dem Ordensgesetz von 1957 geschaffen. Dieses Gesetz eliminierte aus den im NS-Staat verliehenen militärischen Auszeichnungen die nationalsozialistischen Embleme. In der NATO wäre niemals jemand auch nur auf den Gedanken gekommen, den deutschen Soldaten das Tragen ihrer Kriegsauszeichnungen zu verwehren, schon gar nicht einem so berühmten und allseits anerkannten Jagdflieger." Wie man jedoch bereits 1996 mit den ehemaligen Ritterkreuzträgern umging - Volker Rühe (CDU) war damals noch Verteidigungsminister -, berichtet der ehemalige Kommandeur einer Panzerdivision der Bundeswehr, Franz Uhle-Wettler: „Vom 18. bis zum 20. Oktober traf sich in Dresden die Ordensgemeinschaft der Träger des Ritterkreuzes. Zugegeben: Der Minister99
Präsident von Sachsen hatte sich ein Grußwort abgerungen; aber es war ein Meisterwerk an Inhaltsleere und Unverbindlichkeit. Dresdens Oberbürgermeister Herbert Wagner (CDU) erklärte gleich, er wolle mit der Ordensgemeinschaft nichts zu tun haben. Nur die Soldaten hielten sich nicht fern: Grußwort des örtlich zuständigen Divisionskommandeurs - sein Erscheinen am Festabend - Ehrenzug der Bundeswehr und Musikkorps für die auf dem Nordfriedhof geplante Ehrung der Kriegstoten waren gesichert. Aber bald wurde ein Antifaschistisches Aktionsbündnis, geleitet von PDS und Bündnisgrünen, aktiv. Die örtliche SPD gesellte sich hinzu. Unter der Devise ,Orden fürs Morden' versprach man, ,das Auftreten hochdekorierter Kriegsverbrecher zum Zwecke der Reinwaschung der faschistischen Vergangenheit' notfalls ,mit eigenen Mitteln' zu verhindern. Nun erließ die Stadt Auflagen für die Kranzniederlegung: Verbot des Ehrenzuges der Bundeswehr und Verbot einer Lautsprecheranlage; wenn deshalb nicht alle Teilnehmer die Totenehrung verstehen könnten, so werde gerade ,durch diese Zurückhaltung der Respekt vor dem Friedhof gewahrt'. Was das Musikkorps der Bundeswehr spielen wolle, müsse die Stadt vorher genehmigen, ,weil eine einseitig positive Bewertung des Soldatentums (...) mit einer Annäherung an NSGedankengut verbunden ist'. Ausdrücklich wurden Äußerungen verboten, ,die dem Gedanken der Verständigung der Völker, der Rassen und der unterschiedlichen Religionsgemeinschaften zuwiderlaufen und eine Verherrlichung des Krieges bedeuten'. Den Ritterkreuzträgern wurde erklärt, diese Auflagen seien erforderlich, ,weil Grund zu der Annahme' bestünde, ohne sie würden sie ,das sittliche Empfinden der Allgemeinheit' verletzen. Geschickt stellte die Stadt Dresden der Ordensgemeinschaft und der Bundeswehr ihre Auflagen erst am 17. Oktober nachmittags zu. Zur Sicherheit fügte die Stadt hinzu, die ,Beachtung der Auflagen dürfe nicht durch die verzögernde Wirkung einer Rechtsmitteleinlegung' gefährdet werden. Aber die Ordensgemeinschaft konnte das Verwaltungsgericht noch rechtzeitig mobilisieren. Am 18. Oktober hob das Gericht die Anordnung der Stadt auf. Die Begründung hätte anständigen Menschen in der Stadtverwaltung nachdenklich machen müssen. Immerhin: Der Weg schien nun frei. 100
Doch der Streit war längst im Verteidigungsministerium bekannt geworden. Am 18. Oktober verbot ein Staatssekretär der Truppe die Teilnahme, da ,zu befürchten sei, daß die Bundeswehr (...) in die rechtlichen und politischen Auseinandersetzungen zwischen der Stadt Dresden und der Ordensgemeinschaft' hineingezogen würde. Allerdings: die ,rechtliche' Auseinandersetzung hatte ein Gericht entschieden, und die politischen' bestanden vornehmlich zwischen Ordensgemeinschaft und PDS/Grünen. Die Ordensgemeinschaft verzichtete nun auf die Totenehrung. Am ehemals geplanten Termin blockierten Demonstranten' die Zugänge zum Friedhof. Ältere Menschen, die den Friedhof aufsuchen wollten, wurden ,angerempelt, bespuckt, geschlagen' (Polizeibericht). PDS und Grüne kritisierten die Polizei. Die ,taz' jubelte. Und die bürgerliche' Presse? Die ,Welt am Sonntag' berichtete, vermied aber jede eigene Stellungnahme. Wer schwieg total? Natürlich die 'Frankfurter Allgemeine'. Die ,Zeitung für Deutschland', die so gern für Rechtsordnung, Pluralismus und sogar für Zivilcourage eintritt. Sie schwieg. Angenommen, das alles hätte sich bei einem Treffen der neuen Heiligen unserer Gesellschaft, bei einem Treffen der Lesben und Schwulen (wie man im kultivierten Neudeutsch sagt) oder von Ausländern ereignet. Ob die Medien dann mehr berichtet und deutlicher bewertet hätten? (...) Beim Staatsbegräbnis für Adenauer hatten sechs Ritterkreuzträger der Bundeswehr Wache am Sarg gehalten. Das ist heute undenkbar. Die geistig-moralische Wende, die Helmut Kohl 1982 versprach, ist zustande gekommen. Ein Schelm, wer sie nicht schön findet." 114 1999 untersagte der rot-grüne Verteidigungsminister Scharping der Bundeswehr schließlich jeden Kontakt mit der Ordensgemeinschaft: Seine Verfügung lautete wörtlich: „Information für die Truppe zum Umgang mit der Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger (OdR) am 05. März 1999 Betr.: Kontaktverbot zur Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger (OdR) Der Bundesminister der Verteidigung hat am 4. März 1999 entschieden, daß die Bundeswehr mit sofortiger Wirkung keine dienstlichen 101
Kontakte zur OdR und ihren regionalen Unterorganisationen mehr unterhält. Verhalten und Äußerungen des Vorstandes der OdR gegenüber der Bundeswehr sind nicht länger hinnehmbar. Veranstaltungen der OdR sind nicht mehr zu unterstützen. Dies schließt Truppenbesuche und Bereitstellung von Räumlichkeiten für Veranstaltungen in Einrichtungen und Liegenschaften der Bundeswehr ein; bereits zugesagte Besuche sind abzusagen. Offizielle Vertreter der OdR sind zu Veranstaltungen der Bundeswehr nicht mehr einzuladen. Die Teilnahme von aktiven und ausgeschiedenen Soldaten in Uniform zu Veranstaltungen der OdR ist untersagt. Anträge der OdR, Totengedenken zu unterstützen, kann nach Einzelfallprüfung entsprochen werden. Die Unterstützung beschränkt sich dann auf die Gestellung von zwei Ehrenposten, eines Trompeters und eines Trommlers. Die Bestimmungen der ZDv 10/8, wonach zu Trauerfeierlichkeiten für Träger des Ritterkreuzes mit Genehmigung des Bundesministers der Verteidigung ein Kleines oder Großes Ehrengeleit gestellt werden kann, bleiben von dieser Weisung unberührt." General a. D. Heinz Trettner nahm u.a. auch diese Maßnahme zum Anlaß, einer Einladung von Rudolf Scharping zur Verabschiedung des General Naumann nicht Folge zu leisten, und schrieb den nachfolgenden Brief an den Verteidigungsminister: „Sehr geehrter Herr Bundesminister, für Ihre freundliche Einladung zum Abendessen anläßlich der Verabschiedung von General Naumann bedanke ich mich sehr. Da Sie dabei ausdrücklich den Wunsch äußerten, die Meinung der ehemaligen Generalinspekteure zu den aktuellen Themen kennenzulernen, möchte ich statt mit faulen Ausreden meine leider notwendige Absage mit den wahren Gründen erklären. Durch Ihre und Ihrer nächsten Mitarbeiter gezeigte Haltung in der Frage der Traditionswürdigkeit der Wehrmacht wird ein Keil zwischen die alten und die jungen Soldaten getrieben. Insbesondere durch die letzten Ausgrenzungsmaßnahmen gegen die Gemeinschaft der Ritterkreuzträger und die Fallschirmjäger fühle ich mich persönlich getroffen und hielt es für unpassend, Ihre Einladung - bei aller Anerkennung Ihres Auftretens in der Kosovofrage - anzunehmen. Ich bedauere diese Entwicklung auf der Hardthöhe, die von den zahlreichen Historikern und Zeitzeugen, die ein zutreffenderes Bild von der Vergangenheit zeichnen, keine Kenntnis nimmt, außerordent102
lich. Ich bin mir sicher, daß die geschichtliche Wahrheit sich durchsetzen wird, so wie sie aus den Reden Adenauers und Mitterands - um nur zwei Beispiele zu nennen - schon hervorleuchtete." Generalmajor a. D. Jürgen Reichardt war 1997, als Volker Rühe die Beteiligung der Bundeswehr an dem Jahrestreffen der Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger an der Infanterieschule in Hammelburg untersagte, Vorgesetzter dieser Schule. In einem Interview mit der „Deutschen Militärzeitschrift" sagte er: „Ich hatte den mir erteilten Befehl zu respektieren. Daß ich darüber empört war, versteht sich von selbst. Er hat unsere alten Kameraden diskriminiert, ehrenwerte Staatsbürger unbegründet verdächtigt und mich selbst als Vorgesetzten gekränkt. Denn es wurde gar nicht erst gefragt, ob der Schulkommandeur und ich Zweifel an den Umständen der Veranstaltung für berechtigt ansähen - einer Veranstaltung, die mehr als vierzig Jahre lang jede Unterstützung der Bundeswehr und anderer staatlicher Stellen genossen hatte. Haltlose Verdächtigungen selbsternannter ,Friedensgruppen', gewaltsamen Störungen nicht abgeneigt, hatten für das Verbot ausgereicht... Es ist für mich unerträglich, daß nun Kommandeure früheren Vorgesetzten, denen ihr unersetzlicher Beitrag zum Aufbau und Schutz der Bundesrepublik Deutschland vielfach bescheinigt worden ist, den Zutritt zu ihrer Kaserne verwehren müssen, wenn sie in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der Ordensgemeinschaft zusammenkommen möchten." 115 Schon 1985 hatten die selbsternannten Antifaschisten gegen die „Verherrlichung" von Gefallenen eine internationale Kampagne inszeniert, als der amerikanische Präsident Ronald Reagan und Bundeskanzler Kohl zum Zeichen der Versöhnung auf dem Soldatenfriedhof von Bitburg einen Kranz niederlegten. Dort sind 2.000 gefallene deutsche Soldaten begraben, unter denen sich auch 49 Angehörige der Waffen-SS befinden - junge Männer, die zum Teil noch nicht einmal volljährig waren. Während sich Reagan trotz Kampagne von diesem Akt nicht distanzierte, weigerte sich 1989 in Costermano, dem größten deutschen Soldatenfriedhof Norditaliens, der deutsche (!) Generalkonsul von Meinhard, einen Kranz niederzulegen, weil sich unter den 21.930 Gefallenen auch einige Angehörige der Waffen-SS befanden. Und das trotz der Ehrenerklärung Adenauers von 1952 für die Soldaten der Wehrmacht einschließlich der Waffen-SS und trotz der Tatsache, daß sich auch führende Sozialdemo103
kraten wie Kurt Schumacher, Erich Ollenhauer und Helmut Schmidt gegen die Verleumdung der Waffen-SS ausgesprochen haben! Daß die zu Millionen gefallenen deutschen Soldaten nicht vergessen werden, ist in erster Linie dem „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V." zu verdanken. Er pflegt heute die Gräber von 1,8 Millionen deutschen Kriegstoten auf 667 Soldatenfriedhöfen in 43 Ländern, von denen sich 335 in Osteuropa befinden. Der „Volksbund" hat heute noch ca. 250.000 Mitglieder, einmal waren es 700.000. Der Rückgang ist wohl darauf zurückzuführen, daß die Kriegsgeneration durch Todesfälle immer kleiner wird, dafür ist aber dankenswerterweise die Zahl der Menschen, die den „Volksbund" regelmäßig oder gelegentlich unterstützen, auf 1,3 Millionen angestiegen. Offenbar gibt es auch unter der jüngeren Generation viele Menschen, denen das Schicksal ihrer Väter und Großväter nicht gleichgültig ist. Von den Einnahmen in Höhe von ca. 70 Millionen DM im Jahre 1999 entfielen auf die Bundesregierung lediglich knapp 8,5 Millionen. Dieser bescheidene Anteil des Bundes wurde für das Jahr 2000 auf 6,7 Millionen gekürzt, unter gleichzeitigem Hinweis auf weitere Kürzungen in den nächsten Jahren. Um die drei riesigen sowjetischen Siegesmale in Berlin zu restaurieren, stellte der Bund hingegen allein im Jahre 1999 DM 8 Millionen zur Verfügung. Deutlicher kann die Regierung gar nicht machen, wem sie sich eigentlich verpflichtet fühlt. Zudem hat die Bundesrepublik mit jenen Ländern, in denen deutsche Soldaten während des Zweiten Weltkrieges kämpften und fielen, 40 Abkommen geschlossen, in denen sie sich verpflichtet, für die deutschen Kriegsgräber in angemessener Weise zu sorgen. Die Deutschen von heute tun sich schwer mit dem Gedenken an die Kriegsgefallenen und Kriegstoten. Doppelt so viele Ausländer wie Deutsche besuchen gegenwärtig deutsche Soldatenfriedhöfe. Oft pflegen die Bürger ehemaliger Feindstaaten die Friedhöfe der Deutschen sogar. Eine russische Lehrerin in Lettland - beispielsweise - pflegt einmal im Monat mit ihren Schülern die Gräber auf einem alten deutschen Soldatenfriedhof und erzählt ihnen von der ritterlichen Moral der Wehrmachtssoldaten. Am 15. Mai 1999 wurde der deutsche Soldatenfriedhof Rossoschka für die gefallenen deutschen Soldaten in Stalingrad eingeweiht. Dazu schrieb der Präsident des „Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge", Karl-Wilhelm Lange: 104
„,Lieben und Hassen, Streit und Friede hat seine Zeit.' Diese Worte des Predigers Salomo aus dem Alten Testament stellt die russische Regisseurin Valentina Sorokoletowa an den Anfang ihres bewegenden Filmberichts über die Einweihung des Soldatenfriedhofs Rossoschka, des Friedhofs für die Gefallenen der Schlacht um Stalingrad am 15. Mai 1999. Er dokumentiert in eindrucksvollen Bildfolgen den langen Weg, der nach 1989 schließlich die Planung und den Bau des Friedhofs, die Suche nach Gefallenen, ihre Umbettung und die Anbringung der Tafeln mit den Namen möglich machte. Seit dem 15. Mai 1999 sind die nur durch eine schmale Straße, einen Steinwurf voneinander entfernten Friedhöfe für die deutschen und die russischen Gefallenen der Schlacht zum Symbol geworden Symbol für Freundschaft und gute Nachbarschaft. Hier wird die Erinnerung an die Gefallenen unserer Völker und die Schrecken des Krieges bewahrt. Die Soldatengräber stehen hier wie in allen anderen Ländern in Ost und West dafür, daß aus der Geschichte von Krieg und Haß eine gemeinsame friedliche Zukunft wächst." 116 Über die weiteren Feierlichkeiten berichtete ein ehemaliger Stalingradkämpfer im „Ostpreußenblatt" vom 3. Juli 1999: „Ein weiterer Höhepunkt war in diesen Tagen ein Symphoniekonzert in der Wolgograder Konzerthalle. Dabei kam die Symphonie Nr. 10 ,Letzte Briefe aus Stalingrad' für Sprecherin, Sopran und Orchester des französischen Komponisten Aubert Lemeland zur russischen Erstaufführung. Es spielte das Wolgograder Akademische Symphonieorchester unter der Leitung des auch international gut bekannten Dirigenten Eduard Serow. Als Sprecherin der in diese zwar moderne, aber doch auch klassisch angelegte und nachhaltig ergreifende Komposition integrierten ,Briefe aus Stalingrad' überzeugte eine zur Zeit in Moskau studierende junge deutsche Künstlerin - Elke Maria Klusmann -, deren Großvater in Stalingrad gefallen ist. Den zweiten Teil eines für einen ehemaligen Stalingradkämpfer einmaligen künstlerischen Erlebnisses am Ufer der Wolga bildete die Symphonie Nr. 6 in h-Moll (Pathétique) von Peter Iljitsch Tschaikowskij. Als Hintergrund auf der Bühne des mit über tausend deutschen und russischen Zuhörern voll besetzten Konzertsaales diente die ,Madonna von Stalingrad'. Diese inzwischen längst zum Stalingrad-Symbol gewordene Madonna, die der Stabsarzt Dr. Kurt Reuber in der Weihnachtsnacht 1942 im Kessel von Stalingrad auf der Rückseite einer Landkarte für 105
seine verwundeten Soldaten gezeichnet hatte (dieses Bild hängt heute in der Gedächtniskirche in Berlin; d. V.), war auch die Inspiration für ein modernes Oratorium: ,Musik aus Stalingrad' für Orgel, Solisten, Chor und Streichquartett, das in der wiedererstandenen St. NikolaiKirche in Wolgograd zwei Tage später aufgeführt wurde. Hier hatte der Komponist Wladimir Kisseljow, Organist an dieser Kirche, eine Versöhnungsmesse mit Briefzitaten deutscher Soldaten zu einer Mahn- und Friedensbotschaft verwoben. Nach über 50 Jahren musikalische Werke französischer und russischer Komponisten erleben zu können, in deren Mittelpunkt Briefe deutscher Soldaten aus Stalingrad stehen, ist allein schon ein bisher unvorstellbares Erlebnis gewesen. Und das dann auch noch unmittelbar in dem heutigen Wolgograd. Dabei bleibt der Vergleich nicht aus, was wir als Angehörige der ehemaligen Stalingradarmee heute im eigenen Land an Diffamierungen und Verleumdungen erleben müssen... Um so bedauernswerter ist es, daß bisher noch kein einziger führender Politiker unseres Landes es für angebracht gehalten hat, durch persönliche Anwesenheit derer zu gedenken, die einst dort ihr Leben und ihre Gesundheit geopfert haben, und zugleich auch damit das Bestreben zu Verständigung und Versöhnung über den Gräbern zwischen unseren Völkern deutlich werden zu lassen. Ungeachtet dessen war das Interesse russischer Medien an dieser Einweihung in Rossoschka und dabei auch an deutschen Veteranen und die anschließende Berichterstattung im Fernsehen und in der Presse überraschend groß und positiv." Und noch ein letztes Thema ist diesem traurigen Kapitel anzuschließen: Schon parallel zur ersten Anti-Wehrmacht-Ausstellung erfolgte eine parlamentarische Initiative von Bündnis 90/Die Grünen, „Kriegsverbrechern" und Angehörigen der Waffen-SS die Kriegsopferversorgungsrente zu streichen. 1997 glaubte nun die Bundesregierung, hier einen Weg zur Rentensanierung gefunden zu haben. „Das Ostpreußenblatt" geißelte diesen durch eine konservativ-liberale (!) Regierung begangenen Skandal am 18. April 1998: „In wohl jedem zivilisierten Land zahlt der Staat den Bürgern, die im Dienste eben dieses Staates im Krieg zu Schaden gekommen sind, eine Rente. So geschah es bislang auch in der Bundesrepublik Deutschland. Dem Deutschen Bundestag gefiel es Ende 1997, das Bundesversorgungsgesetz, die Grundlage für solche Rentenzahlungen, dergestalt 106
zu ändern, daß jetzt, 53 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, solchen verwundeten ehemaligen Soldaten der Deutschen Wehrmacht die Kriegsopferrente entzogen werden kann, die im Kriege gegen 'Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und der Menschlichkeit' verstoßen haben oder haben sollen. Nach dem ansonsten nur totalitären Staaten zugeschriebenen Prinzip der Sippenhaftung will man diese Regelung auch ausweiten auf Kriegerwitwen, deren gefallene Männer wirklich oder angeblich Kriegsverbrechen begangen haben (und sich heute gegen diesen Vorwurf nicht mehr wehren können). Ist dieses Vorgehen schon einmalig in der Welt, dann wird der Aktion die Krone aufgesetzt, indem der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Dr. Norbert Blüm, CDU, eine private ausländische Organisation damit beauftragt hat, solche wirklichen oder angeblichen Kriegsverbrecher aufzuspüren. Es handelt sich dabei um das in Israel angesiedelte ,Simon Wiesenthal Center' (SWC), das die Jagd in Kürze aufnimmt. Blüm zahlt dafür dieser Organisation, der man in der Tat nicht nachsagen kann, sie stünde neutral über den Dingen, ein Honorar von 200.000 DM. Der Leiter des Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem erklärte in einem Interview dem ,Spiegel', seine Organisation jage ,nun schon seit 21 Jahren Nazis in aller Welt. Wir verstehen was von dem Geschäft.' Daß es sich dabei offensichtlich um ein ,Geschäft' handelt, geht daraus hervor, daß, wie dieser Israeli dem,Spiegel' gegenüber erklärt, die deutschen Rentenkassen ,natürlich viel sparen können', wenn man möglichst vielen alten Soldaten und Kriegerwitwen die Rente entzieht. Das Jerusalemer ,Simon Wiesenthal Center' will überall in Europa ,kleine Recherche-Trupps ansetzen', um festzustellen, welcher Wehrmachtseinheit Kriegsverbrechen vorgeworfen werden. War man dabei erfolgreich, soll den überlebenden Angehörigen solcher Einheiten die Kriegsopferrente gestrichen bzw. den Witwen von gefallenen Soldaten der Einheit die Witwenrente weggenommen werden. Um diese Jagd zum Erfolg zu führen, muß das Blüm-Ministerium den Israelis alle notwendigen Daten der Rentenempfänger überlassen - ein erstaunliches Verfahren, wenn man bedenkt, wie empfindlich ansonsten in der Bundesrepublik auf die Einhaltung des Datenschutzes geachtet wird. Wenn es aber um die Diskriminierung deutscher Soldaten geht, gelten solche Schutzgesetze offensichtlich nicht. Es leben zur Zeit noch 437.000 im Zweiten Weltkrieg verwundete Soldaten 107
der Deutschen Wehrmacht, denen eine Kriegsopferrente gezahlt wird, sowie 559.000 Kriegerwitwen, von denen keine unter 70 Jahre sein dürfte. Es ist kaum zu erwarten, daß sie sich noch gegen diese Ungeheuerlichkeit wehren können. Daß ähnliches in anderen der früheren kriegführenden Staaten geschieht, ist bislang nicht bekannt geworden. Daraus soll man wohl schließen, daß gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und der Menschlichkeit im Zweiten Weltkrieg allein von deutscher Seite verstoßen wurde. Und das ist auch der Sinn der Aktion." Auf eine Anfrage des Verfassers an das inzwischen von einem Sozialdemokraten geleitete Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung wurde allerdings am 16. Oktober 2000 mitgeteilt, daß man externe Erkenntnisse nutzen wolle, „dabei jedoch keineswegs vorgesehen war, daß dem Simon Wiesenthal Center Akten zur Prüfung übergeben werden. Das Simon Wiesenthal Center soll lediglich seine Erkenntnisse und Ermittlungsergebnisse zusammenfassen und den deutschen Behörden für einen Datenvergleich zur Verfügung stellen." Es wird weiter darauf hingewiesen, daß „es dabei nicht um eine Feststellung von Kollektivschuld geht, sondern um den Nachweis jeweils individueller Schuld. Für den Ausschluß von Leistungen reicht nämlich nicht allein die Zugehörigkeit zu bestimmten Einheiten, auch nicht die freiwillige Zugehörigkeit zur SS." Dies klingt dann etwas anders, als es vom Wiesenthal Center dem „Spiegel" mitgeteilt wurde. In 46 Fällen wurden nach der Änderung des Versorgungsgesetzes die Leistungen entzogen, in 6 Fällen Leistungen versagt, während 1999 noch in rund 800 Fällen eine intensive Prüfung stattfand.
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Teil 2 Deutschlands Umgang mit seinen Vertriebenen, Deportierten und Enteigneten
Frauen und Kinder, Alte und Hilflose, Unschuldige und Schuldige wurden Greueltaten ausgesetzt, die noch von niemandem übertroffen wurden. (Senator William Langer im April 1950 vor dem US-Senat)
Die „Befreiung" Die Behandlung von Vertriebenen, Vertreibungsopfern, Kriegsgefangenen und deutschen Nachkriegstoten als Opfer 2. Klasse erreichte ihren Höhepunkt mit jener Rede vom 8. Mai 1985, in der der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker - im Gegensatz zum ersten Nachkriegspräsidenten Theodor Heuß - nicht mehr von „erlöst und vernichtet in einem" sprach, sondern allein von der „Befreiung". Damit vergaß er all jene 15 Millionen Deutschen, die ihre Heimat verloren hatten, vertrieben worden und von denen mehr als zwei Millionen umgekommen waren - meist Frauen und Kinder. Er vergaß auch jene, die in der DDR dem Austausch der Diktatur preisgegeben worden waren, wo die KZs, in denen weitere Tausende ums Leben kamen, in gleicher Weise - zum Teil mit den gleichen Gefangenen weitergeführt wurden. Er vergaß auch die Kriegsgefangenen, die zum Teil noch Jahre auf ihre Heimkehr warten mußten, soweit sie nicht in den Lagern des Ostens und des Westens nach Kriegsschluß ums Leben kamen. Unbestritten war es für viele auch eine Befreiung. Dies gilt zuallererst für die KZ-Insassen und die überlebenden Juden. Es gilt mit Einschränkungen auch für Gefangene und Zwangsarbeiter. Mit Einschränkung deswegen, weil es russischen Gefangenen und Fremdarbeitern in Deutschland eher besser ging als nach ihrer „Heimkehr". „In den Jahren 1945 und 1946 gingen durch unsere Gefängnisse viele Menschen", sagte Alexander Solschenizyn, „nicht solche, die irgendwie mit Hitler zusammengearbeitet hatten, obwohl es auch solche gab, nicht solche, die irgendwie schuldig waren, sondern solche, die einfach nur im Westen gewesen und von den Amerikanern aus deutscher Gefangenschaft befreit worden waren. Denn das galt als ein Verbrechen: befreit worden zu sein von Amerikanern. Bedeutete es doch: Er hat einmal das schöne und leuchtende Leben gesehen. Wenn er hierherkommt, wird er davon erzählen. Das Schlimmste ist nicht das, was er getan hat, sondern daß er etwas erzählen wird - und alle diese erhielten 10 Jahre."117 Gleiches gab es auch für sogenannte Ost- oder Fremdarbeiter. Nicht einmal sie konnten von Befreiung sprechen, und manchem ist es gelungen, im Westen zu bleiben. Wer aber über die an Deutschen begangenen Untaten hinweggeht, über unendlichen Terror, Vertreibung, Verschleppung, Vergewaltigung, 111
Folter, Raub und Siegerwillkür jeder erdenklichen Art, hat eine seltsame Vorstellung von „Befreiung". Den heutigen Politikern mag man zugute halten, daß sie das Ende des Krieges nicht erlebt oder zumindest nicht bewußt erlebt haben, aber man könnte von ihnen erwarten, daß sie sich als Volksvertreter mit der Geschichte ihres Volkes ernsthaft auseinandersetzen und nicht nur das nachplappern, was ihnen von linken Journalisten als politisch korrekt oder volkspädagogisch „erwünscht" vorgebetet wird. Bei ihnen aber gibt es Greueltaten 1. Klasse, die von den Nazis verübt wurden, und solche 2. Klasse, die ihren eigenen Landsleuten während der Schreckensherrschaft der „Befreier" angetan worden sind. Der 8. Mai 1945 markiert darüber hinaus den Übergang von der nationalsozialistischen Diktatur zu einer kommunistischen Diktatur in Mittel- und Ostdeutschland wie in ganz Osteuropa. „Es hat jetzt also, so will es die moralisierende Klasse in diesem Land, der 8. Mai als Tag der Befreiung zu gelten. Und wehe dem, der das nicht in der gewohnten Plattheit täglich wiederholt... Es kommt in Deutschland sehr darauf an, wer politische oder historische Wahrheiten ausspricht" - das wagte vor einigen Jahren immerhin noch die „FAZ" zu schreiben.118 Die „Befreier" waren allerdings ganz anderer Meinung: „Deutschland wird nicht besetzt zum Zwecke seiner Befreiung, sondern als eine besiegte Feindnation", hieß es in dem Erlaß ICS 1067 des amerikanischen Generalstabes an die Besatzungstruppen im Jahr 1945. Wer den Zusammenbruch erlebt hat, die zerbombten Städte, eine zusammengebrochene Wirtschaft, eine völlig zerstörte Infrastruktur, den Zustrom von Millionen von Vertriebenen, Hunger und Elend der ersten Nachkriegsjahre, die Verschleppung vieler Frauen und Mädchen nach Sibirien, die viele nicht überlebten, das Zurückhalten der Gefangenen, die im Westen wie im Osten noch nach dem Krieg zu Hunderttausenden starben, die Behinderungen des Roten Kreuzes und ähnliches mehr, der wehrt sich zu Recht dagegen, sich verordnen zu lassen, wie er den 8. Mai zu bewerten hat. Aber der Gesinnungsterror in Deutschland geht inzwischen so weit, daß jeder, der aus guten Gründen anders denkt als die Meinungsdiktatoren es zulassen wollen, in übelster Weise attackiert wird. So wie die ersten deutschen Nachkriegspolitiker deutsche Soldaten der Wehrmacht vor böswilligen Verleumdungen in Schutz nahmen, so 112
bekannten sie sich auch zu den Opfern der Vertreibung und brandmarkten das Unrecht. Dies galt selbst für die SPD der frühen Jahre: „Breslau - Oppeln - Gleiwitz - Hirschberg - Glogau - Grünberg das sind nicht nur Namen, das sind lebendige Erinnerungen, die in den Seelen von Generationen verwurzelt sind und unaufhörlich an unser Gewissen klopfen. Verzicht ist Verrat - wer wollte das bestreiten? Hundert Jahre SPD heißt vor allem 100 Jahre Kampf für das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Das Recht auf Heimat kann man nicht für ein Linsengericht verhökern - niemals darf hinter dem Rükken der aus ihrer Heimat vertriebenen und geflüchteten Landsleute Schindluder getrieben werden. Das Kreuz der Vertreibung muß das ganze Volk mittragen helfen: Vertriebene und geflüchtete Landsleute sind keine Bürger zweiter Klasse - weder in der Wirtschaft noch in der Gesellschaft. Daß es ihr ernst damit ist, hat die SPD bewiesen. Der Wiedervereinigung gilt unsere ganze Leidenschaft. Wer an diesem Feuer sein kleines Parteisüppchen zu kochen versucht, kann vor dem großen Maßstab der Geschichte nicht bestehen. Wir grüßen die Schlesier. Erich Ollenhauer, Willy Brandt, Herbert Wehner." (Grußwort zum Schlesiertreffen 1963) Drei Jahre nach dem Krieg beschäftigten sich alle deutsche Parteien noch einmütig mit den Verbrechen gegen ihre Landsleute im Osten, und der FDP-Abgeordnete Fritz Linnert stellte beispielsweise am 26. August 1948 im Bayerischen Landtag offen die Frage, „warum Verbrechen gegen die Menschlichkeit abgeurteilt wurden, wenn sie von Deutschen begangen werden, und warum demgegenüber die unzähligen Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht auch dann abgeurteilt werden, wenn sie andere Völker begehen? ... Wir entschuldigen nichts, was den anderen angetan worden ist. Aber wenn man schon von einer internationalen Gerechtigkeit, von einem internationalen Tribunal spricht, dann ist es wohl kein unbescheidenes Verlangen, wenn wir sagen: ,Prüft nach, was mit Millionen von Deutschen geschehen ist.'"119 Und mit dieser Haltung fand der FDP-Politiker bei den Vertretern der anderen Parteien ungeteilten Zuspruch. Bei einer späteren Debatte erklärte zum Beispiel der SPD-Abgeordnete Biton im Bayerischen Landtag: 113
„Die Weltöffentlichkeit, die die Unmenschlichkeit der Naziverbrechen in allen Sprachen der Welt verurteilt hat, schwieg sich über die Greuel an den Ausgewiesenen und Vertriebenen in allen diese Weltsprachen aus. Einwandfreie Feststellungen haben ergeben, daß die Scheußlichkeiten, die nach dem Krieg begangen worden sind, die Scheußlichkeiten, die während des Krieges verübt wurden, bei weitem übertroffen haben. ... Ich frage, warum will die Weltöffentlichkeit diese Grausamkeiten bei der Austreibung und die himmelschreienden Ungerechtigkeiten in den Straf- und Vernichtungslagern für Deutsche nicht ebenso verurteilen und anprangern, wie sie das in Nürnberg getan hat? Es ist fast so, als ob man abgesprochen hätte, diese Greueltaten totzuschweigen. Aber wer schweigt, macht sich schuldig." 120 Heute ist den meisten jüngeren Deutschen das Thema „Vertreibung aus den Ostgebieten" weitgehend fremd - quasi ein unbekannter Völkermord -, das Thema „deutsche Verbrechen" hingegen allgegenwärtig. Viele Jahre ließen die Medien das erste Thema links liegen, und selbst in den meisten Schulbüchern kam es nur ganz am Rand vor. Und als im Jahr 2001 ein Fernsehfilm über die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten auch der jüngeren Generation das grausame Schicksal dieser Menschen vor Augen führte, so waren sie natürlich politisch korrekt - Hitlers letztes Opfer, während Polen, Russen und Tschechen nur verständliche Vergeltung übten. Unbedingt sollte vermieden werden, daß die Deutschen von heute sich nicht mehr allein als Tätervolk in der Geschichte wahrnehmen, sondern erkennen, daß sie genauso auch Opfer gewesen sind. Während sich viele unserer Politiker - vor allen Dingen auf der linken Seite -durch starke Sensibilität auszeichnen, wenn es darum geht, für Menschlichkeit und Gerechtigkeit in aller Welt einzutreten, so läßt es sie kalt, wenn an deutschen Menschen begangenes Unrecht nach Wiedergutmachung drängt. Da vielen Deutschen gar nicht mehr bewußt ist, mit welchen Greueln die Vertreibung einherging, soll hier das Los der Vertriebenen kurz dargestellt werden. So wird deutlich, wie niederträchtig es ist, wenn diesen Opfern ein angemessenes Gedenken verweigert wird, sie in Vergessenheit geraten und ihr Schicksal zynisch als zwangsläufige Folge der NS-Herrschaft relativiert, kleingeredet oder als gerechtfertigt angesehen und dabei geflissentlich übersehen wird, daß diese „Lösung" der Nationalitätenfrage von Polen und der Tschechei schon lange vorher geplant war. 114
Als auf den Konferenzen in Teheran, Jalta und Potsdam über die Verlegung der polnischen Westgrenze und über die Aussiedlung der Deutschen aus Polen und der Tschechei diskutiert wurde, wurde dies nicht mit deutschen Verbrechen begründet. Es ging nur darum, daß Rußland die 1920 von Polen annektierten Gebiete zurückhaben wollte und Polen dafür durch deutsche Gebiete entschädigt werden sollte. Die Tschechen strebten aus politischen und wirtschaftlichen Gründen eine radikale ethnische Säuberung an, weshalb Benesch schon in den ersten Kriegsjahren von London aus auf eine Vertreibung hinarbeitete.
„...in ordnungsgemäßer und humaner Weise..." Der Leidensweg der ostdeutschen Bevölkerung begann bereits im Herbst 1944, also bereits ein Jahr bevor sich im Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 Großbritannien, die USA und die UdSSR darauf „verständigten", daß die „Ausweisung der deutschen Bevölkerung oder Bestandteile derselben, die in Polen, der Tschechoslowakei und in Ungarn zurückgeblieben sind... in ordnungsgemäßer und humaner Weise erfolgen" sollte. Stalin aber hatte zu diesem Zeitpunkt bereits vollendete Tatsachen geschaffen. Doch nicht nur um eine völlige Vertreibung der Deutschen aus Gebieten, die sie seit Jahrhunderten besiedelt und kultiviert hatten, ging es ihm. Hunderttausende wurden auch zur Zwangsarbeit in den Osten verschleppt. Freya Klier schildert in ihrem Buch „Verschleppt bis ans Ende der Welt" 121 am Schicksal an Frauen, wie die Forderung Ilja Ehrenburgs an die russischen Soldaten „Brecht den Hochmut der deutschen Frau" nun in aller Abscheulichkeit Wahrheit wurde. Nach unentwegten Vergewaltigungen wurden die Frauen in Ostpreußen oft in tagelangen Fußmärschen bei Schnee und Kälte ohne ausreichende Kleidung und Verpflegung in Sammellager gebracht und von dort in Viehwaggons noch vor Kriegsschluß nach Rußland abtransportiert. Auch aus Ländern wie Ungarn und Rumänien wurden Deutsche in die UdSSR deportiert, und das oft noch Jahre nach Kriegsende. Insgesamt gab es „fast eine Million deutscher Zivilisten, die mit oder nach 115
Ende des Krieges unter unmenschlichen Bedingungen zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion verschleppt wurden; auch darunter Frauen und Kinder. Allein auf den Transporten starb ein Zehntel der Deportierten an Mißhandlungen, Hunger und Kälte. Aber der Transport war erst die Vorhölle. Fast die Hälfte der Verschleppten starb in den Lagern." 122 Insgesamt ist das Schicksal von 422.000 Deportierten ungeklärt. In Jugoslawien begann der Leidensweg der Deutschen im November 1944 mit der Machtübernahme der Partisanen. Die Deutschen wurden in Arbeitslager gebracht, die noch bis 1954 bestanden. Viele starben an den dort herrschenden unmenschlichen Bedingungen, durch Einzelmorde, Vergewaltigungen, Folter, Verweigerung medizinischer Versorgung und Massen-Liquidierungen.123 Rund 30.000 Jugoslawien-Deutsche wurden nach Rußland deportiert, von denen viele nicht zurückkehrten, und jene, die heimkehren konnten, hatten schwere gesundheitliche Schäden davongetragen. Insgesamt gab es in Jugoslawien 1.562 Lager und Gefängnisse für Deutsche und deutsche Kriegsgefangene, in denen rund 67.000 Menschen starben.124 „Im Mai 1945 waren praktisch alle damals noch lebenden Jugoslawien-Deutsche in Lagern interniert, wo sie Zwangsarbeit verrichten mußten. Man unterschied offiziell dreierlei Lager: Zentralarbeitslager, Ortslager und Konzentrationslager für Arbeitsunfähige. Die letzteren wurden inoffiziell auch Endlager oder Vernichtungslager genannt. Allein im größten Lager dieser Art, Rudolfsgnad, sind nach den geretteten Aufzeichnungen eines Lazarettarztes von 33.000 Insassen 9.503 umgekommen, darunter 491 Kinder unter 14 Jahren.125 Pater Wendelin Gruber, der 1946 einige Zeit im Todeslager Gakowa verbracht hatte, berichtete von Kindern, deren Mütter verschleppt worden waren und die in „Kinderheimen" auf größeren Bauernhöfen untergebracht waren. Sie waren nur mehr Haut und Knochen, schrien erbärmlich vor Hunger und Krankheit und lagen zerlumpt auf Stroh: „Eine Frau, die den Dienst als Kinderpflegerin übernommen hat, führt mich bis ins hinterste Zimmer. Vorsichtig zieht sie die Decke von dem Kindehaufen. Was habe ich da zu sehen bekommen?! ,Leben sie noch?', frage ich erschüttert. Ich beuge mich zu ihnen nieder. Fast nackt liegen die Kleinen da in einer Reihe auf Fetzen... Wirklich nur Haut und Knochen an ihnen. Mit aufgerissenem Mund schnappen sie nur noch nach Luft, dem letzten, was ihnen die Welt noch bieten 116
kann.,Diese haben wir ausgesondert, da sie keine Nahrung mehr aufnehmen und die ersten Todeskandidaten sein werden', war die Antwort." 126 Zu welchen Exzessen von Grausamkeit es kommen konnte, sollen drei Beispiele - von vielen, sehr vielen - belegen: In der Großgemeinde Ruma begann im Herbst 1944 die Jagd auf die Volksdeutschen, die aus verschiedenen Orten zusammengetrieben wurden und sich in einem großen Saal dicht nebeneinander auf den Boden legen mußten. Dann tanzten Partisanen unter Musikbegleitung eines Akkordeonspielers auf ihnen herum und erstachen sie nacheinander, und das geschah in drei aufeinanderfolgenden Nächten. Anderenorts erhängten sich viele Deutsche nach Vergewaltigungen, und in Transporten wurden Frauen und Männer auf einen Platz geschafft, auf dem sie sich vor einer Grube ausziehen mußten, um dann mit Maschinengewehren erschossen zu werden unter dem Gelächter serbischer Zuschauer. 127 Noch schlimmer ging es im Lager „Milchhalle" am 7. Oktober 1944 im Städtchen Groß-Kinkinda zu: „Auch hier, wie bei vielen Vernichtungslagern, ist der Lagerkommandant bekannt. Er hieß Dušan Opacič. Die Inhaftierten wurden tagelang sadistischen Folterungen unterworfen, zu Tode gequält oder erschossen. Dem erschütternden Bericht von zwei Frauen zufolge eine davon Ordensschwester, die ebenfalls als Inhaftierte vom Erdgeschoß der Milchhalle aus mit lähmendem Entsetzen die Folterungen sehen konnte - mußten sich die Männer nackt ausziehen und hinlegen. Die Hände wurden ihnen auf den Rücken gebunden. Zunächst wurden sie mit Ochsenstriemen geprügelt. Dann schnitt man ihnen bei lebendigem Leib Streifen von Fleisch aus dem Rücken. Anderen wurden die Nasen, Zungen, Ohren oder Geschlechtsteile abgeschnitten oder die Augen ausgestochen. Die Gefangenen schrien und wanden sich in Krämpfen. Dies dauerte etwa eine Stunde. Dann wurde das Schreien leiser, bis es zuletzt ganz verstummte." 128 Fast unglaublich auch die Vorfälle im Kubin-Lager „Seifenfabrik" am 18. Oktober 1945: „Gruppen von bis zu vierzig Menschen, darunter auch Frauen und Kinder, wurden mit Teer beschmiert, hierauf zu einem Knäuel gefesselt und angezündet. Auch brachte man gefesselte und in Teer getauchte Deutsche auf Kähne, zündete sie an und ließ sie als lebende Fackeln die Donau abwärts treiben." 129 117
In Ungarn wurden nach dem Einmarsch der Russen rund 60.000 Deutsche, aber auch 600.000 Ungarn nach Rußland deportiert. Nach ungarischen Angaben fanden dabei 16.000 Deutsche den Tod. Darüber hinaus wurden mindestens 225.000 Deutsche im Jahre 1946 nach Westen abgeschoben und bis 1948 weitere in die sowjetische Besatzungszone unter Zurücklassung von allem Hab und Gut umgesiedelt. Heute gehört Ungarn zu den wenigen Ländern, die die Deutschen zur Rückkehr in ihre Heimat ermuntern. Aus Rumänien wurden 75.000, meist Frauen und junge Mädchen, in die Sowjetunion deportiert, von denen rund 15% die Arbeitslager, Hunger und Kälte nicht überlebt haben. In der Tschechoslowakei, den Sudetengebieten und in Böhmen und Mähren begann die „Befreiung" mit Anordnungen wie den folgenden: „Es wird mit sofortiger Gültigkeit angeordnet, daß alle Personen deutscher Nationalität vom 6. Lebensjahr an folgende Kennzeichnung tragen: eine weiße Scheibe im Durchmesser von 15 cm und auf ihr aus schwarzer Leinwand aufgenäht ein ,N' in der Stärke von 2 cm, dessen Rand 1 cm von der Umrißlinie des Kreises entfernt ist. Die Kennzeichnung wird auf der linken Brustseite getragen. Deutsche, die in der NSDAP, in der SA, SS, NSV, NSF, NSKK, Hitlerjugend oder in anderen Gliederungen der Partei organisiert waren, müssen dieses Zeichen auch auf dem Rücken tragen (also zwei: eines auf der Brust und eines auf dem Rücken). Allen Deutschen wird die Fahrt mit öffentlichen Beförderungsmitteln, der Besuch öffentlicher und Unterhaltungslokale und Anlagen (Parkanlagen) verboten. Allen Deutschen ist verboten, ab 20 Uhr ihre Wohnungen zu verlassen. Bei Begegnung eines russischen und tschechoslowakischen Offiziers müssen die Deutschen den Hut oder die Mütze abnehmen und müssen in entsprechendem Abstand vorbeigehen. Der Einkauf in den Geschäften ist eine Stunde vor der Sperre erlaubt. Die Abzeichen lt. angeordnetem Muster muß jeder Deutsche sich selbst anschaffen. Die Nichtbefolgung dieses Befehls ist strafbar. Strafbar macht sich ebenfalls jeder Bürger anderer Nationalität, der auf irgendeine Weise die Deutschen begünstigt oder ihnen hilft. Die österreichischen Staatsangehörigen unterliegen diesen Bestimmungen der Kundmachung nur dann, wenn sie bei der NSDAP, SS, SA, NSV, NSF, NSKK, Hitlerjugend oder in einer anderen Gliederung der NSDAP organisiert waren. 118
Der Hauptmann des nationalen Sicherheitsdienstes in Troppau: Dr. Fr. Grimm."130 (Das „N" war die Abkürzung für Nemec = Deutscher.) Als Beispiel für die Verbrechen an Deutschen in der Tschechoslowakei soll hier das Massaker von Aussig gebracht werden, das nach heutigen Erkenntnissen nicht von Tschechen aus Aussig begangen wurde, sondern von der extra zu diesem Zweck angereisten Svoboda-Garde. Rund 400 Deutsche wurden an einem Tag auf der Straße erschlagen, Frauen mit Kinderwagen in die Elbe geworfen. Man benutzte sie dann als Zielscheiben, bis sich nicht mehr auftauchten. Etwa 500 Deutsche aus Aussig starben schließlich noch im Internierungslager, bevor die Überlebenden vertrieben wurden.131 Die wissenschaftliche Kommission der Bundesregierung schrieb über das Massaker von Aussig: „Die genaue Zahl der Opfer wird sich nie ermitteln lassen. Die Angaben schwanken zwischen 1.000 und 2.700." 132 In Prag wurden verwundete deutsche Soldaten mit dem Kopf nach unten an Straßenlaternen gehängt, mit Benzin Übergossen und als lebende Fackeln angezündet. Unzählige Deutsche wurden vom Mob auf offener Straße erschlagen. Prof. Pfitzner, der deutsche Bürgermeister von Prag, wurde gefesselt auf den Platz vor dem Gefängnis in PragPankraz geführt und vor 250.000 Schaulustigen gehenkt, wobei der Henker dem Gefesselten noch den Rauch seiner Zigarette ins Gesicht blies und ihn ohrfeigte. Die ausländische Presse berichtete allerdings so empört über dieses skandalöse Schauspiel, daß Benesch sich genötigt sah, von weiteren Öffentlichen Hinrichtungen Abstand zu nehmen.133 „In der Tschechoslowakei wurden nach dem Krieg 2.061 Arbeits-, Straf- und Internierungslager unterhalten. Die Grausamkeiten in diesen Lagern waren unbeschreiblich. Allein im Lager Mährisch-Ostrau wurden bis Anfang Juli 1945 rd. 350 Insassen zu Tode gefoltert. Es spricht für sich, daß Gefangene dieser Lager über Nacht weiße Haare bekamen, andere wahnsinnig wurden."134 Zu alldem hatte Benesch seine Landsleute schon von London aus aufgerufen. In einer Rundfunkrede vom 27. Oktober 1943 forderte er zu Grausamkeiten an den Deutschen auf: „In unserem Land wird das Ende des Krieges mit Blut geschrieben werden. Den Deutschen werden wir ohne Gnade ein Vielfaches zurückzahlen, was sie in unserem Land seit 1938 begangen haben. Die 119
ganze Nation wird in diesen Kampf verwickelt sein. Es wird keinen Tschechoslowaken geben, der an dieser Aufgabe nicht teilnehmen wird, und es wird keinen Patrioten geben, der nicht gerechte Rache nehmen wird für das Leiden, das die Nation erfahren hat." 135 Ganz im Stile Ilja Ehrenburgs hatte der Befehlshaber der tschechoslowakischen Streitkräfte im Ausland, General Ingr, über den Londoner Rundfunk am 3. November 1943 einen Aufruf erlassen, der von „News Cronicle" am 4. November 1943 im Wortlaut gedruckt wurde: „Wenn unsere Stunde kommt, dann wird die gesamte Nation den alten Kampfruf der Hussiten ausstoßen: ,Schlagt sie, tötet sie, laßt niemanden am Leben! Jedermann soll sich die für ihn geeignete Waffe besorgen, mit der er den Deutschen die größten Wunden schlagen kann. Sollten Feuerwaffen nicht zur Hand sein, dann sollte irgendein Instrument, mit dem man schneiden, stechen und schlagen kann, bereitgestellt und versteckt werden.'" l36 Viele Tschechen befolgten diese Aufrufe. Die Bewohner der deutschen Sprachinsel Brünn im südlichen Mähren etwa wurden in einem regelrechten Todesmarsch vertrieben: Am 30. Mai 1945 wurden ca. 30.000 Deutsche der Stadt zu einem Sammelplatz getrieben, wo sie eine ganze Nacht verbringen mußten. Russen vergriffen sich an Frauen und Mädchen. Am kommenden Tag begann der Marsch über 80 km zur österreichischen Grenze. Brutal wurde der Zug angetrieben, und wem die Kräfte versagten, der wurde getötet und am Straßenrand liegen gelassen. Die Österreicher verweigerten die Einreise, und die völlig erschöpften Überlebenden dieses als „Todesmarsch" in die Vertreibungsgeschichte eingegangenen Elendszuges wurden in der Ortschaft Porlitz in Baracken und einem Getreidesilo unter unbeschreiblichen hygienischen Bedingungen untergebracht, wo sie wochen- und monatelang lebten. Viele von ihnen wurden durch Ruhr und Typhus dahingerafft, nachdem schon etwa 2.000 auf dem Marsch starben und getötet wurden. 137 Der „Organisator" des Brünner Martyriums, der die Deutschen auch aus Altersheimen und Krankenhäusern vertrieb, war ein gewisser Bedrich Pokorny - ein charakterloser Geselle und ehemaliger Hauptmann der tschechischen Armee. Während des Protektorats hatte er sich den Deutschen als Spitzel der Gestapo zur Verfügung gestellt und sich bei der Arisierung jüdischen Besitzes eine geräumige Wohnung angeeignet. Als sich das Blatt wendete, nahm er Verbindung zu den Kommunisten auf, die seine Vergangenheit zwar kann120
ten, aber Leute dieses Schlages gut gebrauchen konnten. Als am 26. April 1945 die Rote Armee in Brünn einrückte, dauerte es nicht allzu lange, bis dieser skrupellose Schurke Kommandeur der „Nationalen Sicherheitswehr" (NSB) für das Land Mähren wurde. Hier machte sich der zum Kommunismus konvertierte SD-Spitzel ans Werk, die Stadt Brünn rigoros von allen Deutschen zu säubern.138 Im April 1948 fungierte er als Stellvertreter des Leiters der Abteilung für den politischen Nachrichtendienst im Innenministerium. 1949 unterstanden ihm die berüchtigten tschechoslowakischen Arbeitslager. In vielen Orten der Tschechei ging es nicht anders zu. Über den Marktplatz von Saaz „mußten am 10. Juni 1945 - einem Sonntag auf Befehl bewaffneter Tschechen fünf mit Stricken zusammengebundene Deutsche auf allen vieren kriechen, wobei sie ausgepeitscht wurden". In einem Lager hatten fünf Jungen im Alter von dreizehn bis fünfzehn Jahren von einem Baum vor Hunger Äpfel holen wollen, indem sie über den Lagerzaun kletterten. Sie wurden geschlagen und erschossen. „Die Väter von dreien der fünf mußten sich in nächster Nähe aufstellen und dem Tod ihrer Kinder zuschauen." I39 Insgesamt fielen über 250.000 Menschen diesem Wüten zum Opfer. Wer die Greuel überlebte, wurde um Hab und Gut gebracht und mußte mit nur 20 kg Gepäck auf Last- und Güterwagen die Heimat verlassen. Das Unrecht der Benesch-Dekrete von 1945 wurde zum Recht erklärt und die dabei begangenen Straftaten durch ein Amnestiegesetz von 1946 straffrei gestellt. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Etwa 3 Millionen Sudetendeutsche wurden 1945-1947 vertrieben und enteignet. Die Tschechen begründen noch heute den Völkermord mit dem angeblichen Terror und den Leiden, die ihnen während der Zeit des Protektorats zugefügt worden waren. Hierzu schrieb der ehemalige tschechische Offizier O. Miksche, der auf französischer Seite gegen Deutschland gekämpft hatte, in seinem 1990 erschienenen Buch „Das Ende der Gegenwart": „Übrigens haben die Tschechen, trotz des Verlustes ihrer Selbständigkeit 1939, während des Zweiten Weltkriegs besser gelebt als später unter der Herrschaft der Kommunisten. Ihr Land wurde von Bombenangriffen verschont. Sie mußten keinen Wehrdienst leisten. Ihre Industrien, von den Deutschen weiter ausgebaut, arbeiteten auf Hochtouren für Hitler. Im Bereich wirtschaftlicher Zusammenarbeit mit dem Dritten Reich lagen die Tschechen an zweiter Stelle hinter den Bel121
giern. Nie seither kassierten tschechische Arbeiter so hohe Löhne wie in Hitlers Protektorat. Die Verpflegungslage war besser als im Reich und die Zahl der politisch Verfolgten im allgemeinen nicht größer als in Deutschland." 140 Rudolf Czernin schreibt zu dieser fast hundertprozentigen Kollaboration mit Hitlerdeutschland, daß Benesch in seinem Londoner Exil darüber beunruhigt war, und fährt dann fort: „Aufgrund der nachweisbar erfolgten und wiederholten englischen Kritik, daß es im Protektorat keinerlei Widerstand gäbe, wurde ihm bewußt, daß etwas geschehen müsse, um der Welt zu zeigen, daß es doch Widerstand gibt. So inszenierte er das Attentat vom 27. Mai 1942 auf den Stellvertretenden Reichsprotektor Reinhard Heydrich, der einige Tage danach an den erlittenen Verletzungen starb. Die Attentäter kamen aber nicht aus dem Protektorat, sondern wurden aus England bei Nacht heimlich eingeflogen und mit Fallschirmen abgesetzt. Es hieß, daß sie sich in der kleinen tschechischen Ortschaft Lidice versteckt hielten. Deshalb wurden als Vergeltung alle männlichen Einwohner des Ortes über 16 Jahre erschossen (es waren 109), die Frauen in das Konzentrationslager für Frauen nach Ravensbrück gebracht und die Kinder auf deutsche Familien verteilt; die Ortschaft wurde zerstört. In den folgenden Wochen wurde das Standrecht verhängt, und es kam noch zu zahlreichen Hinrichtungen, wobei die Zahl der Opfer unbekannt ist. Seither ist Lidice zum Symbol für den deutschen Terror und zu einer zusätzlichen Begründung für die ,gerechte Rache' der Tschechen geworden." 141 Sicherlich war Lidice ein Verbrechen, das durch das Attentat auf Heydrich nicht zu rechtfertigen ist. Richtig ist aber auch, was Miksche schrieb und daß die deutschen Verbrechen in der Tschechei nicht im entferntesten damit zu vergleichen sind, was an Grausamkeiten durch Tschechen an der deutschen Bevölkerung verübt wurde. In Polen waren die Verhältnisse nicht weniger grausam, sowohl nach dem Einmarsch der Russen als auch durch die sich anschließende polnische Verwaltung. Die wissenschaftliche Kommission der Bundesregierung urteilte, daß durch die „überstürzte Aufstellung" der Verwaltung, die vor allem aus Milizen bestand und „aus fragwürdigen Elementen" zusammengesetzt war, „den Deutschen ein ausgeprägter Deutschenhaß begegnete und ein wahrer Sadismus in der Erfindung von Grausamkeiten und sonstigen Erniedrigungen."142 122
Eine Zeitzeugin berichtet: „Wie gemein unsere ,Befreier' waren, mußte ich als elfjähriges Kind erfahren. Ich wurde von sowjetischen Soldaten vergewaltigt. Meine Mutter, die mich davor bewahren wollte, wurde dabei erschlagen. Heute noch bin ich nicht darüber hinweggekommen. Selbst in meinen Träumen erlebe ich immer wieder diese Grausamkeit... Die Russen waren schlimm (sie waren glaubenslose Menschen), aber die Polen (Christen) waren wahre Teufel zu uns. Ordensschwestern prügelten uns Kinder aus der Kirche." 143 Selbst von der Kanzel wurde von katholischen Priestern über Rache und Vergeltung, Vernichtung und Ausrottung der Deutschen gesprochen,144 so daß es nicht verwunderlich ist, daß es nicht nur gleich nach Ausbruch des Krieges (Bromberger Blutsonntag vom 3. September 1939) zu Massenmorden an Deutschen kam, sondern daß insbesondere am Ende und nach dem Ende des Krieges mit unvorstellbarer Grausamkeit gegen alle Deutschen vorgegangen wurde. Diesen Sündenfall der Kirche hat auch der polnische Papst nie angesprochen. Auch waren viele Maßnahmen nicht spontane Rache, sondern von langer Hand geplant. Schon zu Beginn des Krieges kamen auf polnischer Seite die ersten Vertreibungskonzepte ins Spiel. „Das Organ ,Szaniec' des nationalkonservativen Untergrundes proklamierte bereits Ende 1940 die Ausdehnung bis Oder und Lausitzer Neiße samt der Vertreibung der Deutschen. Mitte 1941 schlössen sich einige Sozialisten und Bauern-Parteiler dieser Version an, 1944 wurde das Programm auch von Kreisen des politischen Katholizismus propagiert. Demgegenüber ventilierte die Londoner Exilregierung erst Ende 1942 weitreichende Vertreibungspläne bis zur Oder-Neiße-Linie." 145 Jan Karski, ein Diplomat der polnischen Exilregierung, hatte 1943 zu dem amerikanischen Präsidenten Roosevelt gesagt: „Wir haben vor, im Augenblick des deutschen Zusammenbruchs einen kurzen, sehr schrecklichen Terror gegen die deutsche Bevölkerung zu organisieren, so daß diese von sich aus massenhaft das Gebiet Polens verlassen wird." 146 Dabei darf nicht vergessen werden, daß bereits 1919 in den polnisch gewordenen Gebieten - Oberschlesien und Westpreußen - die deutsche Minderheit verfolgt worden war: „Über eine Million Menschen verdrängte man zwischen 1919 und 1929 durch allerhand Schikanen aus ihrer Heimat; muttersprachliche Schulen wurden geschlossen, deutsche Zeitungen immer wieder beschlagnahmt. 123
Gutshöfe wurden enteignet, und protestantische Kirchgänger lebten in ständiger Angst, von polnischen Schlägertrupps verprügelt zu werden." 147 Nach einem kriegsmäßigen Plan wurden 1945 östlich der Oder und Neiße die von Deutschen bewohnten Orte umstellt und die Zufahrtsstraßen abgesperrt. Milizen trieben dann die Bewohner aus ihren Häusern. Sie mußten alles zurücklassen und durften nur das Notdürftigste an Verpflegung und Bekleidung mitnehmen. Alte und Kranke kamen in Lager, wo sie zu Tausenden starben oder getötet wurden. Nach den Unterlagen des Deutschen Roten Kreuzes wurden 874.000 Deutsche, darunter viele Frauen und Kinder bis zu 15 Jahren, zu Zwangsarbeit in die Sowjetunion verschleppt. Die große Masse wurde zusammengepfercht in Viehwaggons oder in tagelangen Fußmärschen nach Westen getrieben. Wer auf den Fußmärschen nicht weiterkonnte, wurde erschossen oder erschlagen und blieb am Wegrand liegen. Wer im Viehwaggon starb, wurde aus dem Zug geworfen. Vor allem Frauen und kleine Kinder fielen diesem brutalen „deportativen Genozid" massenhaft zum Opfer.148 Ihre einzige Schuld bestand darin, daß sie Deutsche waren. Alle diese Vertreibungen fanden in Gebieten statt, die fast rein deutsch besiedelt waren. An einem Sonderbefehl für die Deutschen in der Stadt Bad Salzbrunn, der vor den Beschlüssen der Potsdamer Konferenz ergangen war, läßt sich ermessen, mit welcher Rücksichtslosigkeit die Vertreibung erfolgte: „Sonderbefehl für die deutsche Bevölkerung der Stadt Salzbrunn einschließlich Ortsteil Sandberg Laut Befehl der polnischen Regierung wird befohlen: 1. Am 14. Juli 1945 ab 6 bis 9 Uhr wird eine Umsiedlung der deutschen Bevölkerung stattfinden. 2. Die deutsche Bevölkerung wird in das Gebiet westlich des Flusses Neiße umgesiedelt. 3. Jeder Deutsche darf höchstens 20 kg Reisegepäck mitnehmen. 4. Kein Transport (Wagen, Ochsen, Pferde, Kühe usw.) wird erlaubt. 5. Das ganze lebendige und tote Inventar in unbeschädigtem Zustand bleibt als Eigentum der polnischen Regierung. 6. Die letzte Umsiedlungsfrist läuft am 14. Juli 10 Uhr ab. 124
7. Nichtausführung des Befehls wird mit schärfsten Strafen verfolgt, einschließlich Waffengebrauch. 8. Auch mit Waffengewalt wird verhindert Sabotage und Plünderung. 9. Sammelplatz an der Straße Bhf. Bad Salzbrunn - Adelsbacher Weg in einer Marschkolonne zu 4 Personen. Spitze der Kolonne 20 Meter vor der Ortschaft Adelsbach. 10. Diejenigen Deutschen, die im Besitz der Nichtevakuierungsbescheinigung sind, dürfen die Wohnung mit ihren Angehörigen in der Zeit von 5 bis 14 Uhr nicht verlassen. 11. Alle Wohnungen in der Stadt müssen offen bleiben, die Wohnungs- und Hausschlüssel nach außen gesteckt werden. Bad Salzbrunn, 14. Juli 1945, 6 Uhr Abschnittskommandant Zinkowski Oberstleutnant" 149 Die Deutschen hatten also von der Verkündung bis zum Abtransport drei Stunden Zeit. Sie wurden vor ihrer „Westwanderung" von Haus und Hof und allen Habseligkeiten „befreit". Unabhängig davon wurden in Polen 1.255 Lager eingerichtet, in denen man die Deutschen bestialisch mißhandelte. Wie wenig Interesse die offizielle polnische Seite auch heute noch an der Aufklärung der Geschehnisse hat, zeigt ein Beispiel aus dem Jahre 1997. Da stieß eine junge Diplom-Archivarin bei der Sichtung von Akten einer zu schließenden Grube bei Sosnowitz auf einen Fund, der trotz seines Alters noch in gutem Zustand war. Es handelte sich um Holzkisten mit Tausenden von Karteikarten von fast 14.000 deutschen Zwangsarbeitern, die von 1945 bis 1949 in Gruben arbeiten mußten. Es waren Wehrmachtsoldaten, aber auch Alte, Frauen und Jugendliche. Mindestens 1.000 Namen von Toten mit genauer Todesursache und detaillierter Angabe von sechs Massengräbern, die auf einer beiliegenden Landkarte genau verzeichnet waren, fanden sich ebenfalls. Die junge Archivarin übergab diese Akten nicht dem Staatsarchiv, sondern am 26. Juni 1998 dem Vorsitzenden der in Kattowitz ansässigen „Deutschen Arbeitsgemeinschaft Versöhnung und Zukunft", Dietmar Brehmer, welcher den Suchdienst des Roten Kreuzes informieren wollte und in Kattowitz eine Pressekonferenz gab. Da tauchte die Staatsanwaltschaft auf und beschlagnahmte die Akten. 125
Die Archivarin wurde bestraft. Gegen das Büro von Brehmer wurden mehrfach Anschläge verübt. 150 Man stelle sich vor, die Bundesrepublik - oder Österreich - würde mit ähnlichen Methoden das Schicksal ausländischer Zwangsarbeiter zu vertuschen versuchen!!! Als Beispiel besonderer polnischer Grausamkeit gilt das Lager Lamsdorf, in das in erster Linie Schlesier getrieben wurden, die man nachts aus ihren Häusern gejagt hatte. 6.048 von 8.000 Insassen dieses Lagers kamen zu Tode,151 und die Täter, die zum Teil namentlich bekannt sind, blieben von Strafe verschont. Diese Lager unterstanden dem polnischen staatlichen Sicherheitsdienst, und was hier im einzelnen geschah, recherchierte sieben Jahre lang der jüdische Autor und ehemalige amerikanische Kriegskorrespondent der CBS, John Sack. Sein Buch „Auge um Auge" schildert die Geschichten von Juden, die im polnischen staatlichen Sicherheitsdienst Posten in der Verwaltung und Aufsicht der Gefangenenlager für Deutsche innehatten und Rache für den „Holocaust" nahmen. Sack schrieb im Vorwort seines Buches: „Ich besuchte die Samstagschule (ich wurde dort immerhin als ,besonders fromm' ausgezeichnet) und weiß, daß die Thora uns lehrt, kein falsches Zeugnis abzulegen, ja, mehr noch, daß wir uns auch dann schuldig machen, wenn einer sündigt und wir davon wissen, dies aber verschweigen."152 Er meinte deshalb: „Ich werde ein gewissenhafter Berichterstatter sein - Auge um Auge ist wahr." 153 Auch wenn der Haß der Überlebenden der Konzentrationslager groß gewesen sein mag, so sind die Scheußlichkeiten, die hier begangen wurden, nie und nimmer zu rechtfertigen. „Sie richteten ihre Hunde so ab, daß sie auf das Kommando ,Sic!' den Männern die Geschlechtsteile abbissen, 154 es wurden Kehlen zertrampelt oder schreiende Frauen ins Feuer gestoßen. 155 Das vielleicht scheußlichste Verbrechen sei hier in voller Länge zitiert: „Im Krieg hatte die SS in einer großen Wiese bei Lamsdorf Polen begraben, fünfhundert Leichen; Czeslaw indes hatte gehört, es seien neunzigtausend gewesen. Er befahl den Grübener Frauen, sie auszugraben. Die Frauen gruben und übergaben sich, als die Leichen, schwarz wie der Inhalt einer Kloake, zum Vorschein kamen, die Gesichter verwest, das Fleisch zähflüssig wie Leim. Die Aufseher - die sich schon des öfteren als Psychopathen erwiesen hatten, zum Beispiel wenn sie eine Frau zwangen, Urin und Blut zu trinken und menschliche Scheiße zu fressen, wenn sie einer Frau einen ölgetränk126
ten Fünfmarkschein in die Vagina steckten und anzündeten - diese Aufseher befahlen den Grübener Frauen: ,Legt euch zu ihnen!' Die Frauen gehorchten. Nun riefen die Aufseher: ,Umarmt sie! Küßt sie! Liebt sie!' und stießen sie mit den Gewehrkolben gegen den Hinterkopf, bis sie mit Augen, Nase und Mund tief im Schleim der verrotteten Leichen steckten. Wenn eine Frau die Lippen zusammenpreßte, konnte sie nicht schreien, tat sie es nicht, sondern schrie, geriet ihr Unsägliches in den Mund. Würgend und spuckend standen die Frauen endlich wieder auf, vom Kinn, den Händen, den Kleidern troff in Fäden die verfaulte Materie, die Feuchte drang durch den Stoff ihrer Kleider bis auf die Haut, und der Gestank hüllte sie ein wie Nebel. So gingen sie zurück nach Lamsdorf. Es gab dort keine Duschen, und die Leichen waren offensichtlich alle an Typhus gestorben. Binnen kurzem waren vierundsechzig Frauen aus Grüben tot." 156 Czeslaw Geborski, der damals zwanzigjährige Lagerkommandant von Lamsdorf, der heute als Pensionär in Polen lebt, nachdem er es noch zum Hauptmann im Sicherheitsdienst gebracht hatte, wurde verschiedentlich in Polen angeklagt, aber immer wieder freigelassen. Als die Staatsanwaltschaft in Hagen aufgrund von Zeugenaussagen Anklage erhob, mußte das Verfahren eingestellt werden, da mit polnischer Amtshilfe nicht zu rechnen war. Im Jahr 2000 wurde erneut ein Verfahren gegen ihn eröffnet; ob es zu einer Verurteilung kommt, bleibt abzuwarten. Nach Sack hatte Stalin Juden angeheuert und im Staatssicherheitsdienst untergebracht. So waren in vielen polnischen Städten die Polizeichefs Juden wie auch die Kommandaten und Aufseher vieler KZs, in welche die Deutschen eingeliefert wurden. In einer Geheimstudie im Auftrag des Deutschen Bundestages, die ihm am 8. Mai 1974 vorgelegt wurde, hieß es: „In den polnischen Lagern und Gefängnissen waren vermutlich mehr als 200.000 Menschen inhaftiert, von denen zwanzig bis fünfzig Prozent starben." 157 All dieses unvorstellbare Geschehen, all das Leid der Vertriebenen und der nach Rußland Deportierten, die dort jahrelang Zwangsarbeit unter hohen Sterblichkeitsraten verrichten mußten, die massenhaft von Rotarmisten geschändeten und oft bestialisch ermordeten Frauen - all das ist heute fast vergessen und an den Rand gedrängt. In unserem von den Medien gemachten Geschichtsbild spielt es nach wie vor keine echte Rolle. Wo in Filmen und Dokumentationen davon berich127
tet wird, rechnet man das Leiden der Deutschen sofort gegen das andere auf, verharmlost, verniedlicht, rechtfertigt... Als Gegengewicht läßt der „Bund der Vertriebenen" nach dem Muster der ca. 250 „oral history"-Projekte und der Shoa Foundation von Steven Spielberg ein Video-Archiv zur Vertreibung erstellen. Der 36jährige Filmemacher Kristof Berking wurde beauftragt, mit Opfern von Flucht und Vertreibung Video-Interviews zu führen, deren Zeugenschaft künftigen Generationen so erhalten bleibt. 158 Wie zynisch die heutigen Politiker mit dem Schicksal dieser Menschen umgehen, wie kalt sie das Leiden des eigenen Volkes läßt, zeigt sich zum Beispiel an der Behandlung aus Rußland heimgekehrter Zwangsarbeiterinnen. Diese an körperlicher und seelischer Gesundheit schwer geschädigten Frauen hatten, so sie in die BRD repatriiert wurden, zumindest eine kleine Entschädigungszahlung erhalten. Doch nicht alle Frauen waren in die BRD gekommen: „Die deutsche Einheit bescherte jenen Frauen eine zusätzliche Demütigung, die, aus Rußland heimkehrend - in der DDR landeten und dort nie einen Pfennig Entschädigung erhielten. Nach der ,Wende' begannen sie zu hoffen. Doch im Dezember 1992, während die ersten Briefe mit der Bitte um Gleichbehandlung auf die Tische von Politikern und Stiftungsräten flatterten, wurde in Bonn gehandelt: Das nun auch für die neuen Mitbürger geltende Kriegsfolgebereinigungsgesetz wurde im Bundestag kurzerhand gekappt, unter Mitwirkung aller Parteien. Seither scheitert jeder Versuch, deportierten Frauen aus der ExDDR eine Kur zukommen zu lassen oder gar eine Entschädigung. Atemberaubend die advokatischen Winkelzüge, beschämend die Papierwust an Absagen und Erklärungen von Nichtzuständigkeit. Mangelt es an Geld oder an Gerechtigkeitsempfinden?" 159 So wie man unsere einstigen Wehrmachtsoldaten heute zu Verbrechern stempelt, gilt das Los der Frauen und Kinder aus dem Osten Deutschlands, ihre Not und ihr Elend als Strafe für ihr Deutschsein, werden die einzigartigen an ihnen begangenen Verbrechen durch andere Verbrechen gerechtfertigt. Aufgrund des Schweigens über diese Verbrechen ist der jungen Generation von heute, die über die Schrekken in den deutschen Konzentrationslagern immer wieder unterrichtet wird, viel zu wenig bewußt, welches unermeßliche Leid den Frauen und Kindern im Osten zugefügt wurde. Diese Geschehnisse aber müssen dem Vergessen entrissen werden, und man kann sie nicht mit dem Hinweis verschweigen, daß ihr Erwähnen die „Versöhnung" mit 128
den Ländern im Osten behindere. Auch diese Opfer haben das Recht, gehört und nicht vergessen zu werden, so wie jeder nach Deutschland verschleppte Zwangsarbeiter oder jedes KZ-Opfer. Sie dürfen nicht zu Opfern zweiter Klasse werden. Auch für das Bild der Deutschen in der Welt von heute ist es sehr schädigend, wenn - durch Hollywood - vor allem den Völkern des westlichen Kulturkreises zwar die von Deutschen begangenen Verbrechen wohlbekannt sind, nicht aber die an Deutschen verübten. Ursprünglich waren diese Verbrechen im Westen aber durchaus bekannt und hatten Entsetzen hervorgerufen. Im Foreign Office Dokument 371/46990 des britischen Auswärtigen Amtes heißt es: „Konzentrationslager sind nicht aufgehoben, sondern von den neuen Besitzern übernommen worden. Meistens werden sie von polnischer Miliz geleitet. In Swientochlowice (Oberschlesien) müssen Gefangene, die nicht verhungern oder zu Tode geprügelt werden, Nacht für Nacht bis zum Hals im kalten Wasser stehen, bis sie sterben. In Breslau gibt es Keller, aus denen Tag und Nacht die Schreie der Opfer dringen." 160 In einem Bericht des Internationalen Roten Kreuzes liest man: „Am 27. Juni 1945 kam im Westhafen von Berlin ein Schiff mit trauriger Fracht von rund dreihundert fast zu Tode verhungerter Kinder an, die aus einem Heim im pommerschen Finkenwalde stammten. Kinder von zwei bis vierzehn Jahren lagen bewegungslos auf dem Schiffsboden, die Gesichter von Hunger gezeichnet, an Krätze leidend, von Ungeziefer zerfressen, Leib, Knie und Füße waren geschwollen bekannte Symptome des Hungers." 161 Der Chefkorrespondent der britischen Zeitung „Yorkshire Post" schrieb am 12. Juni 1945 unter der Überschrift: „Auszug der Sudetendeutschen aus der Tschechoslowakei": „Zehntausende strömen in hilflosen Gruppen durch die Berge. Sie ziehen zu Fuß oder auf Ochsenkarren, in die sie ihr spärliches Hab und Gut und ihre zerlumpten Kinder hineingepfercht haben. Sie werden vom Hunger gepeinigt und von der Furcht gejagt und sind ohne Hoffnung. Gewaltsam sind sie aus dem Land vertrieben worden."162 Auch andere britische und amerikanische Zeitungen berichteten immer wieder detailreich über das Schicksal der Vertriebenen. In einem Brief vom 8. August 1945 schrieb der Leiter des „Hilfswerkes der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg", der selbst Verfolgter des NS-Regimes und KZ-Häftling war: 129
„Gott schenke auch den Christen in aller Welt offene Ohren, die Notschreie der deutschen Menschen zu hören, die auf den Landstraßen sterben und verkommen. Was täglich an Not durch unsere Sprechstunden geht und was wir auf den Straßen und Plätzen Deutschlands sehen, ist mit Worten nicht zu beschreiben... Ich kenne die Leiden der Nichtarier, ich habe die Qualen des Konzentrationslagers mitgetragen, aber was sich jetzt vor unseren Augen abspielt, überschreitet in Form und Umfang alles bisher Dagewesene... Ich denke an die Menschen, die sich aus Verzweiflung das Leben nehmen. Tausende von Leichen spülen die Oder und Elbe ins Meer, man achtet nicht mehr darauf. Tausende von Leichen hängen in den Wäldern um Berlin, und keiner schneidet sie mehr ab. Tausende und Zehntausende sterben auf den Landstraßen vor Hunger und Entkräftung. Tausende sind getrennt von ihren Angehörigen; Kinder irren umher, die Eltern erschossen, gestorben, abhanden gekommen. Gott wird einmal die Seelen der Menschen, die in den Tod getrieben wurden, auch von uns fordern, und jeder Christ muß sich an dem Tod der Menschen mitschuldig fühlen, die in ihrer Verzweiflung keinen anderen Weg mehr sahen als den Freitod."163 Donald Mackenzie, der Berlin-Korrespondent der New Yorker „Daily News", berichtete am 7. Oktober 1945: „Eine andere Frau mit Narben und Peitschenhieben quer über dem Gesicht sagte: ,Als die Gruppe, mit der sie in Oberschlesien zur Eisenbahn marschierte, durch Sagan kam, standen polnische Zivilisten links und rechts der Straße, und die Flüchtlinge wurden systematisch beraubt und geschlagen, als sie vorübergingen...' Sie schloß die Augen mit der Vermutung, sie sei schwanger. Auf der Reise nach Berlin war sie dreißigmal vergewaltigt worden." 164 Am 19. Oktober 1945 schrieb Bertrand Russell in der Londoner „Times": „In Osteuropa werden jetzt von unseren Verbündeten Massendeportationen in einem unerhörten Ausmaß durchgeführt, und man hat ganz offensichtlich die Absicht, viele Millionen Deutsche auszulöschen, nicht durch Gas, sondern dadurch, daß man ihnen ihr Zuhause und ihre Nahrung nimmt und sie einem langen, schmerzhaften Hungertod ausliefert. Das gilt nicht als Kriegsakt, sondern als Teil einer bewußten ,Friedens'-Politik... Im Potsdamer Protokoll wird vorgeschrieben, daß die Ausweisung von Deutschen in geregelter und hu130
maner' Weise durchgeführt werden soll. Und es ist wohlbekannt, daß diese Bedingung von unseren russischen und polnischen Verbündeten nicht beachtet worden ist." 165 Der amerikanische Diplomat George F. Kennen, der damals politischer Berater des amerikanischen Botschafters in Moskau war, schrieb in seinen Memoiren: „Die Katastrophe, die über das Gebiet mit dem Einzug der sowjetischen Truppen hereinbrach, hat in der modernen europäischen Geschichte keine Parallele. Es gab weite Landstriche, in denen, wie aus den Unterlagen ersichtlich, nach dem ersten Durchzug der Sowjets von der einheimischen Bevölkerung kaum noch ein Mensch - Mann, Frau oder Kind - am Leben war... Die Russen fegten die einheimische Bevölkerung vom Erdboden in einer Art, die seit den Tagen der asiatischen Horden kein Beispiel hat." 166 Der britisch-jüdische Verleger und Humanist Victor Gollancz, der schon 1934 als Warner vor dem Nationalsozialismus hervortrat, schrieb 1947: „Sofern das Gewissen der Menschheit jemals wieder empfindlich werden sollte, werden diese Vertreibungen als die unsterbliche Schande all derer im Gedächtnis bleiben, die sie veranlaßt oder sich damit abgefunden haben." 167 Ganz deutlich wurde auch US-Senator William Langer, der im April 1950 erklärte: „Die Massenaustreibung ist eines der größten Verbrechen, an welchem wir direkt Anteil haben... In der gesamten Geschichte findet sich nirgends ein so scheußliches Verbrechen aufgezeichnet wie in den Berichten über die Begebenheiten in Ost- und Mitteleuropa. Schon 15 bis 20 Millionen wurden von den Stätten ihrer Vorfahren entwurzelt, in die Qual einer lebendigen Hölle geworfen oder wie Vieh über die Verwüstungen Osteuropas getrieben. Frauen und Kinder, Alte und Hilflose, Unschuldige und Schuldige wurden Greueltaten ausgesetzt, die noch von niemandem übertroffen wurden." 168 Der weltberühmte Arzt und Theologe Albert Schweitzer sagte in seiner Rede anläßlich der Verleihung des Friedensnobelpreises am 4. November 1954 zu dieser grausamen Tragödie: „In schlimmster Weise vergeht man sich gegen das Recht des geschichtlich Gegebenen und überhaupt gegen jedes menschliche Recht, wenn man Völkerschaften das Recht auf das Land, das sie bewohnen, in der Art nimmt, daß man sie zwingt, sich anderswo anzusiedeln. 131
Daß sich die Siegermächte am Ende des Zweiten Weltkrieges dazu entschlossen, vielen hunderttausend Menschen dieses Schicksal - und dazu noch in der härtesten Weise - aufzuerlegen, läßt ermessen, wie wenig sie sich der ihnen gestellten Aufgabe bewußt waren, für eine gedeihliche und einigermaßen gerechte Neuordnung der Dinge zu wirken." Die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten „ist die größte ethnische Säuberung der Weltgeschichte und das letzte Tabu des 20. Jahrhunderts", schrieb der dänische Professor David Gress zu Beginn des Jahres 2001, und „die einzige große Menschheitskatastrophe in der neueren Zeit, die noch nicht in einem international bekannten Film oder einem großen Roman erzählt worden sei". 169 Es ist die Brutalität des Medien-Schweigens und -Verschweigens. 1995 - 50 Jahre nach dem Krieg - konstatierte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Jose Ayala Lasso, in der Frankfurter Paulskirche: „Wenn die Staaten seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs mehr über die Vertreibung der Deutschen nachgedacht hätten, wären die heutigen Katastrophen und Vertreibungen, die vor allem als ethnische Säuberungen' bezeichnet werden, vielleicht nicht in diesem Ausmaß vorgekommen." 170 Den Heimatvertriebenen rief er zu: „Ihnen, also den Betroffenen, möchte ich sagen: Beharren und bestehen Sie auf Ihren Menschenrechten, denn sie werden anerkannt." 171 „Die Welt weiß alles darüber, was von Deutschen getan worden ist, die Welt weiß aber nichts darüber, was den Deutschen angetan worden ist" (PATRICK J. BUCHANAN, US-Präsidentschaftskandidat). Auch der jetzige amerikanische Präsident George W. Bush nannte in seinem Wahlkampf die Vertreibung der Deutschen „einen der schlimmsten Fälle kultureller Ausrottung".172 Trotz dieses Bekenntnisses darf man aber wohl davon ausgehen, daß Bush nicht wirklich weiß, was damals mit den Ostdeutschen geschah. Wie sollte er auch, wenn keine deutsche Regierung sich bemüht, dieses Wissen weltweit zu verbreiten? Nicht einmal ein Mahnmal zu errichten ist man bereit, das an diese Menschen erinnert. Als 132
der Stuttgarter Landtagsabgeordnete der Republikaner, Herbricht, 1998 ein Mahnmal für die Opfer des Kommunismus beantragte, wurde dies von allen Parteien abgelehnt. Anders im oberschlesischen Tost, das 1945 als Toczek unter polnische Verwaltung kam. Hier wurden am 6. Mai 1998 ein Denkmal und eine Gedenktafel eingeweiht für die Toten des dortigen Lagers, in dem unter schrecklichen Bedingungen viele Deutsche starben, mindestens 1.300, deren Namen dem Roten Kreuz bekannt sind. Überlebende, die die Stätte ihrer schlimmen Tage 1991 wieder besuchten, nahmen Verbindung mit der deutschen Minderheit, den Ortsbehörden und dem Bürgerkomitee auf, so daß dieses Mahnmal errichtet werden konnte. Deutschen Politikern zum Nachdenken empfohlen! Auch in Rußland gedenkt man der toten deutschen Frauen und Mädchen, die dort Zwangsarbeit hatten leisten müssen. Hildegard Rauschenbach besuchte im Jahr 2000 die Stätte der schwersten Jahre ihres Lebens: Schadrinsk in Sibirien. Sie hatte über ihre jahrelange Zwangsarbeit ein Buch geschrieben, das dort ins Russische übersetzt worden war. Überwältigend war die Welle der Herzlichkeit, die ihr entgegenschlug. Ehrungen wurden ihr zuteil „und immer wieder Dankesworte, das Geschehen der Nachkriegszeit den nachfolgenden Generationen ins Bewußtsein gerückt zu haben". Sie schreibt: „Im Museum wird an uns Deportierte gedacht, unseren Toten ist eine Gedenkstätte errichtet. - Gibt es eine in Deutschland? Meines Wissens nicht. Und in jedem historischen Museum wird man bei uns wohl vergeblich nach einer Ecke ausschauen, die diese Problematik behandelt. Was mich aber besonders empört, ist, daß während der Verhandlungen über die Entschädigung der Zwangsarbeiter nie ein Wort über die deutschen Zwangsarbeiter gefallen ist, die mit ihrer Arbeitskraft Reparationskosten für Deutschland geleistet haben und auch vom deutschen Staat dafür entschädigt werden müßten... Mir persönlich geht es nicht um eine Entschädigung! Aber uns Verschleppte überhaupt nicht zu erwähnen, uns totzuschweigen - das haben wir nicht verdient, und das schmerzt tief." 173 Nun trug Hildegard Rauschenbach dazu bei, daß auch in Deutschland ein Gedenkstein aufgestellt wurde, der dem von Schadrinsk nachempfunden ist. Er wurde am 13. November 2001 in Berlin-Tempelhof auf dem ehemaligen Standortfriedhof an der Lichtenthaler Straße eingeweiht und ist vermutlich der erste in Deutschland, der an die Leiden der Frauen und Mädchen erinnert. Die Bundesministerin 133
für Frauen nahm immerhin an der Einweihung teil, aber von allein hätte wohl kein Politiker in Deutschland daran gedacht, einen solchen Gedenkstein aufzustellen. 174 Ebenfalls im Jahr 2001 setzte der Kreis Plön in Schleswig-Holstein den Opfern aus Flucht und Vertreibung mit einer Dauerausstellung im Kreishaus ein Denkmal. In dieser Ausstellung wird darüber hinaus auch deutlich gemacht, welche Probleme die Aufnahme von Millionen von Vertriebenen in Restdeutschland brachte. Allein im Kreis Plön stieg durch die Vertreibung die Einwohnerzahl im Jahr 1950 gegenüber 1937 um 95 Prozent. 175 Zeigen diese Beispiele, daß sich die Stimmung über 50 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg etwas ändert? Auch das Schicksal der vergewaltigten Frauen wird erstmals diskutiert: „Als in der Folge des Balkankrieges von der Kieler Fachberatungsstelle ,Notruf und Beratung für vergewaltigte Frauen und Mädchen' aus Anlaß der dortigen Vergewaltigungen zu Spenden aufgerufen wurde, meldeten sich gehäuft ostdeutsche Frauen, die selbst während des Weltkriegs Gewaltopfer gewesen waren. Bei dieser Gelegenheit wurde das Schweigen über dieses Thema gebrochen, das neben der moralischen Tabuisierung auch eine politische aufwies. Mord, Vergewaltigung und Gebietsraub paßten wenig in die Konzeption von Siegern, die sich selbst gern moralisch hochrüsten und als ,Befreier' empfehlen und feiern lassen. Und natürlich auch nicht in die Konzepte von Bundespolitikern, die weder den Konflikt mit den Siegern suchen noch geschichtlicher Wahrheit beistehen möchten. Für die Kieler Hilfsorganisation galten aber nur das faktische, individuelle Geschehen an Frauen und die Tatsache, daß diese Verbrechen noch immer keine materielle Anerkennung in Form von Kriegsopferentschädigungsrenten gefunden hatten. Erwartungsgemäß sperrte sich zunächst das Sozialamt Schleswig-Holstein, obschon der erste Prozeß beim Landessozialgericht Schleswig gewonnen wurde. Inzwischen ist das Bundessozialgericht in Kassel mit Erfolg angerufen worden. Eine sehr späte Genugtuung für die Opfer, die sich nun auf diesen Musterprozeß (Aktenzeichen: AZ L 4 V 27/94) berufen können." 176 Ab 1. Januar 2000 war das „Zweite Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR" in Kraft getreten. Wie „Das Ostpreußenblatt" am 30. Dezember 2000 berichtete, soll der Fonds der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge aufgestockt werden, „um die 134
Möglichkeiten der Stiftung zu verbessern und den aus den Gebieten jenseits von Oder und Neiße Verschleppten, Zivildeportierten und Zivilinternierten Unterstützungsleistungen zu gewähren. Nun können auch Deutsche, die als Kinder oder Erwachsene aus West- und Ostpreußen, Schlesien, Oberschlesien oder Hinterpommern interniert oder verschleppt worden sind, derartige Unterstützung beantragen." Manche wird sie vielleicht noch erreichen. Der Arbeitskreis „Deutsche Zwangsarbeiter" (AKDZ) in Hamburg, der seit Jahren vehement gegen die Arroganz gegenüber der Opfergruppe der deutschen Zwangsarbeiter und Verschleppten arbeitet, hat u.a. erreicht, daß das Häftlingshilfegesetz in § 18 Antragstellern finanzielle Unterstützung gewährt, wenn diese bei Internierung oder Verschleppung durch sowjetische, polnische, tschechische und rumänische Behörden sich in einem „politischen oder sonst rechtsstaatswidrigen Gewahrsam" befunden haben. 177 Das läßt hoffen, daß trotz aller noch vorhandenen bürokratischen Hindernisse zumindest einige Betroffene über 50 Jahre nach ihrer Heimkehr noch eine kleine Unterstützung für erlittenes Leid erhalten. Die betroffenen Staaten - besonders Rußland - für eine Entschädigung heranzuziehen, so wie diese es für Zwangsarbeiter in Deutschland eingeklagt und erhalten haben, dafür fehlt deutschen Politikern die Zivilcourage, die man so gerne von den Bürgern einfordert. Diese Haltung resultiert aus der Ansicht, die Vertreibung der Deutschen sei als Folge der NS-Verbrechen letztendlich gerechtfertigt.
Keine Rechte für die Vertriebenen? Der ehemalige Bundespräsident von Weizsäcker beschrieb das Verbrechen der Vertreibung auch schlicht als „erzwungene Wanderung". Allerdings gab es in der Weltgeschichte noch keine „Wanderung" mit über zwei Millionen Toten. Durch die Verharmlosung des Vertriebenenschicksals wird das Recht hier massiv politischen Nützlichkeitserwägungen unterworfen. Aber „die gesamte Idee des Rechts gründet in der Überzeugung, daß eine Untat nur durch das Recht und nicht durch eine zweite Untat beantwortet und bestraft werden kann".178 In der deutschen Politik - ganz besonders in der Nach-Kohl-Ära - wer135
den zwei Dinge bewußt verwechselt, daß nämlich die Einverleibung deutschen Territoriums in den polnischen und tschechischen Staat zwar als eine normale Kriegsfolge angesehen werden kann, nicht aber die Vertreibung der Bevölkerung und Enteignung ihres Eigentums. „Die Mißachtung des Eigentumsrechtes deutscher Bürger ist, wenn sie eine Kriegsfolgewirkung ist, eine solche, die wiedergutmachungspflichtig ist, also rückgängig gemacht werden muß."179 - Die Haager Landkriegsordnung aus dem Jahr 1907 verbietet es dem Besatzer, Privateigentum einzuziehen und Menschen zu vertreiben. - Das Nürnberger Militärtribunal bezeichnete 1945 Deportationen und Vertreibungen sowohl als Kriegsverbrechen als auch als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. - Die Vollversammlung der Vereinten Nationen erklärte die Nürnberger Feststellungen als allgemeingültig und Vertreibungen generell zu unverjährbaren Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Hierzu schrieb der amerikanische Historiker Prof. Alfred M. de Zayas: „Völkerrechtlich gesehen verjähren weder Verbrechen gegen die Menschlichkeit noch Völkermord... Was die staatliche Verantwortung bzw. Haftung betrifft, so ist sie keineswegs erloschen. Ferner sind die Menschenrechte der Opfer zu berücksichtigen. Ubi ius, ibi remedium (Wo Recht gilt, da ist auch Abhilfe zu schaffen). Es muß eine Reparation für die Opfer geben." 180 Das alles aber scheint deutsche Regierungen nicht zu beeindrukken. Für sie sind die Vertriebenen und Deportierten nach wie vor Opfer zweiter Klasse, egal, wie groß die Zahl ist. „Diese Diskussion läßt einem aufmerksamen Beobachter deutlich werden, auf welch schwankendem Boden unser ,Rechtsstaat' steht und wie gefährdet er ist. Wie so oft in der Geschichte läuft er Gefahr, die Würde des Menschen auf dem Altar vermeintlicher staatlicher Interessen zu opfern und sich an der ,Verfassung' zu versündigen."181 Im Deutschen Bundestag sagte Joschka Fischer am 17. März 1999 in der 26. Sitzung: „Meine Familie kommt aus Ungarn. Die Fischers waren 200 Jahre lang Ungarn. Sie sind Mitte des 18. Jahrhunderts ausgewandert arme Bauern von der Schwäbischen Alb - und wurden 1946 im Vieh136
waggon wieder zurückgeschickt. Warum? Dies war die unmittelbare Folge davon - das dürfen wir nicht vergessen, gerade die zweite Generation nicht -, daß unser Land 1933 einen Teufelspakt mit Hitler eingegangen ist... Ich appelliere nochmals auch und gerade an die organisierten Sudetendeutschen - um die geht es; es geht nicht um die Sudetendeutschen generell -, endlich zu begreifen, daß wir, die zweite Generation, diejenigen, die von Eltern abstammen, die die Vertreibung zu erleiden hatten, am gemeinsamen Europa bauen... Auch uns Deutschen hat das vereinte Europa eine große Chance geboten (...). Daher sollten wir doch den Erfolg suchen und diesen Vereinigungsprozeß abschließen, und wir sollten nicht diese rückwärtsgewandten Debatten führen, die nichts Gutes mit sich bringen werden. Deswegen lautet mein Appell, meine Damen und Herren, damit wirklich Schluß zu machen."182 Es ist immer die gleiche einseitige Sicht der Dinge: Einen Schlußstrich ziehen über Verbrechen, die an den Deutschen begangen wurden, aber der immerwährende Appell gegen das Vergessen deutscher Schuld. Schon bei seinem ersten Auslandsbesuch als Außenminister erklärte Fischer im Oktober 1998 in Warschau, daß die Forderung nach Entschädigung „anachronistisch und absurd" sei, und der damalige Staatsminister Verheugen (SPD) erklärte am 5. Dezember 1998, daß die Bundesrepublik „gegenüber der tschechischen Regierung keine Vermögensansprüche geltend machen" würde.183 Auch Bundeskanzler Schröder äußerte sich entsprechend. Als allerdings die couragierte Erika Steinbach ankündigte, Sammelklagen nach amerikanischem Vorbild gegen tschechische Unternehmen, aber auch gegen die Bundesrepublik anzustrengen, lenkte man ein wenig ein und erklärte am 2. Februar 1999: „Die Bundesregierung sieht die Vertreibung der Deutschen und die entschädigungslose Einziehung deutschen Vermögens als völkerrechtswidrig an. Sie vertritt diesen Standpunkt auch gegenüber Polen und der CSFR. Bei den Verhandlungen mit der Republik Polen über den Vertrag vom 17. Juli 1991 sowie mit der CSFR über den Vertrag vom 27. Februar 1992 hat die Bundesregierung diese Auffassung deutlich gemacht... Hieraus folgt, daß die Bundesregierung auch nicht auf vermögensrechtliche Ansprüche Deutscher gegenüber den genannten Staaten verzichtet hat." 137
Deutsche Zwangsarbeiter Das kalte Herz des Kanzlers Von Dieter Stein Mittwoch vergangener Woche: 40 Personen versammeln sich vor dem Bundeskanzleramt in Berlin. Es sind Zwangsarbeiter. Deutsche Zwangsarbeiter. Frauen und Männer, die im Zweiten Weltkrieg und danach versklavt wurden, allein weil sie Deutsche waren. In der Sowjetunion, in Polen, der Tschechei und anderswo. Grausame Schicksale. Mit dabei: Jutta J. (Name der Redaktion bekannt). Die kleine Frau trägt ein Pappschild um den Hals. Darauf steht: „Wir leben noch! Wir bitten um Gleichbehandlung". Jutta J. war blutjung, 15 Jahre alt, als sie am 14. März 1945 in Ostbrandenburg zusammen mit anderen Deutschen von der Roten Armee interniert wurde. Sie sollte mit einem letzten Transport nach Sibirien. Der Zug wird von Partisanen beschossen, kommt nur bis hinter Warschau. Eine schreckliche Odyssee durch mehrere Lager schließt sich an. Frau J. wird schließlich mit anderen Inhaftierten im Dezember 1945 in einem Viehwaggon ins KZ Potulice deportiert. Dort verbringt sie eine grauenhaufte Zeit bis zum 22. Februar 1949. Fronarbeit in polnisch verwalteten Gütern. Sie wird immer wieder von Männern drangsaliert und geschlagen. Seit März '49 lebt die heute 72jährige im brandenburgischen Kuschkow und ist in der Landwirtschaft tätig. Nie hat man sich bei ihr entschuldigt. Keinen Pfennig hat sie für ihre Sklavenarbeit erhalten. Ein Schicksal von Hunderttausenden, an die kein Denkmal erinnert. Im Sommer 2000 hat sich ein informeller „Arbeitskreis Deutsche Zwangsarbeiter" (AKDZ) gebildet, der inzwischen durch Fragebögen 100.000 von geschätzten 500.000 noch lebenden deutschen Zwangsarbeitern ermittelt hat. Der Vorsitzende des AKDZ, Rudi Pawelka, kämpft seit Monaten mühsam gegen das Desinteresse der Medien und der Politik am Schicksal der deutschen Opfer an. Zumeist reagieren Politiker und Journalisten achselzuckend und abweisend. In der vergangenen Woche nun wollte der AKDZ unter Beteiligung von Vertretern des „Bundes der Stalinistisch Verfolgten" und aller 138
Landsmannschaften der Vertriebenen mit einer Pressekonferenz und einer Demonstration im Regierungsviertel von Berlin auf sein Anliegen aufmerksam machen. 40 Zwangsarbeiter, Frauen und Männer, zogen schließlich zum Kanzleramt. Sie hatten dem Bundeskanzler angekündigt, daß sie eine Resolution übergeben wollten. Eine Resolution, in der sie die Bundesregierung eindringlich auffordern, sich des Schicksals dieser gebeutelten Menschen anzunehmen. Obwohl sie angekündigt waren, weigerte sich das Bundeskanzleramt, die Resolution durch einen offiziellen Vertreter entgegennehmen zu lassen. Sie sollten sich ans Innenministerium wenden, ließ man ihnen über den Pförtner bestellen. Schließlich nahm sich ein rührender Polizeibeamter der Resolution an und sicherte zu, sie an das Büro des Kanzlers weiterzuleiten. Jutta J. standen die Tränen in den Augen: „Ich bin so traurig. Alle werden angehört. Keine Achtung, keine Ehre hat man für uns übrig." Ein beschämendes Bild für den deutschen Bundeskanzler. („Junge Freiheit" 36/02, 30. August 2002.) Freilich sind das bloße Lippenbekenntnisse. Aber auch unter der vorangegangenen Regierung Kohl war die Haltung nicht wesentlich anders. Weder die Christkonservativen noch die Liberalen machten Anstalten, die Vertreibung und ihre Folgen wirklich zum Thema zu machen. Nicht einmal namentlich bekannte Mörder wurden gerichtlich verfolgt, obwohl in Deutschland nach wie vor Prozesse gegen uralte NS-Täter durchgeführt werden. Die Vertriebenen wollen keine Rache, aber sie verlangen zu Recht, daß zumindest das Unrecht der Vertreibung von den Vertreiberländern eingestanden wird. Ohne die Benesch-Dekrete als Unrecht anzuerkennen und sich davon zu distanzieren, kann die Tschechei keinen Anspruch erheben, in die Europäische Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Dies entspricht exakt der Erklärung des Europäischen Rates der Staats- und Regierungschefs vom 22. Juni 1993: „Als Voraussetzung für die Mitgliedschaft (in der EU) muß der Beitrittskandidat eine institutionelle Stabilität als Garantie für die demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, für die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten verwirklicht haben."184 139
Daraus ist wohl deutlich zu entnehmen, daß sich sowohl Tschechien von den Benesch-Dekreten als auch Polen von den Bierut-Dekreten zu distanzieren und diese aufzuheben haben, wenn sie Mitglied in der EU werden wollen. Trotz mancher beschwichtigender Worte folgen deutsche Politiker dieser Forderung aber leider nicht. Der „Bund der Vertriebenen" hat durch seine Präsidentin Erika Steinbach die Forderung nach einer Klärung der Entschädigung für die Heimatvertriebenen vor einer Aufnahme von Polen und Tschechiens in die EU erhoben. Dies wurde vom damaligen Bundesaußenminister Kinkel (FDP) Anfang Mai 1998 scharf zurückgewiesen. Er nannte dies „wenig verantwortungsvolle Äußerungen", sprach vom Zerstören des Vertrauens in die deutsche Außenpolitik und meinte: „Wir müssen den Blick jetzt nach vorne und nicht nach rückwärts richten." Den Anwälten der Zwangsarbeiter-Sammelklagen gegenüber wagte er solche Worte freilich nicht. Einzig das Recht auf Niederlassungsfreiheit der Heimatvertriebenen wurde von der schwarzgelben Koalition in einer Entschließung vom 29. Mai 1998 gegenüber Polen und Tschechien bekräftigt. Während Ungarn, Rumänien, die Slowakei und die baltischen Staaten politische Kontakte zu deutschen Heimatvertriebenen-Verbänden pflegen und der estnische Präsident Meri meinte, Estland bliebe „offen für alle Deutschen, die heute willens sind, von ihrem Recht auf ihre Heimat Gebrauch zu machen", reagierte Polen auf die Entschließung im Bundestag mit dem Ausdruck von „gefährlichen Tendenzen", und Kwasniewski meinte, Bonn solle mehr Rücksicht auf polnische Empfindlichkeiten nehmen. Kinkel steckt natürlich gleich zurück: „Wenn der polnische Sejm jetzt so reagiert, ist das auch Ausdruck der Beunruhigung angesichts schriller Töne der Vertriebenenpräsidentin und anderer in Richtung unserer mittel- und osteuropäischen Nachbarn." Die Präsidentin des Deutschen Bundestages, Rita Süssmuth, eilte gleich nach Polen, um den Vorschlag zu machen, die Niederlassungsfreiheit und das Recht auf Grunderwerb von Deutschen nach einem EU-Beitritt Polens für eine Zeit auszusetzen. Reinhard Müller schrieb dazu in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 15. August 1998: „Ursprünglich war es Sinn der europäischen Grundfreiheiten, zu verhindern, daß jemand in einem anderen Mitgliedstaat wegen seiner Staatsangehörigkeit diskriminiert werde. Wenn nun - fast ein Men140
schenalter nach der deutschen Vertreibung - ein Sonderrecht für Vertriebene vorgeschlagen wird, das sie diskriminiert, weil sie Deutsche sind, ist ein vereintes Europa noch weit entfernt." So aber werden deutsche Interessen heute vertreten, und zwar auch durch CDU-Politiker wie Frau Süssmuth. Was Erika Steinbach und der „Bund der Vertriebenen" zu Recht wollen, kommt in dem „Berliner Appell" vom September 1998 zum Ausdruck: „Der Bund der Vertriebenen appelliert an Polen und an die Tschechische Republik, die Geschichte in all ihren Facetten aufzuarbeiten. Dazu gehört das den deutschen Heimatvertriebenen zugefügte Unrecht. Die Vertreibung von fast 15 Millionen Deutschen aus ihrer angestammten Heimat war schwerste Menschenrechtsverletzung, die in einigen Vertreiberstaaten bis heute ungeheilt geblieben ist. Wir wissen, daß die Staaten Europas unter der nationalsozialistischen Diktatur und Besatzung sehr gelitten haben, insbesondere Polen. Deutschland als Nation hat dafür bitter gebüßt. Aber fast 15 Millionen Deutsche, mehr Menschen, als Schweden und Norwegen zusammen Einwohner haben, wurden darüber hinaus schuldlose Opfer schwerster Menschen- und Völkerrechtsverletzungen durch Vertreibung aus der Heimat, Deportation, Zwangsarbeit, Vergewaltigung, Enteignung und Mißhandlung noch lange nach Kriegsende. Über zwei Millionen Deutsche, vor allem Frauen und Kinder, haben diesen Leidensweg nicht überlebt. Ungarn, Estland, Litauen und Rumänien haben die verletzten Menschenrechte der Heimatvertriebenen, der Um- und Aussiedler durch Entschädigungsregelungen oder Rückkehrangebote aus eigener Einsicht und Erkenntnis aufgearbeitet. Zum Teil sogar mehr als symbolisch. Polen und die Tschechische Republik sind die einzigen beitrittswilligen Länder zur Europäischen Gemeinschaft, die sich noch jeglicher Aufarbeitung dieser schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen versperren. Wir appellieren an alle Polen und an alle Tschechen, sich als Demokraten in ihren freien Staaten mit diesem Teil ihrer eigenen Geschichte verantwortungsvoll auseinanderzusetzen. Sie haben die Chance und die Möglichkeit, heute das Vertreibungsrecht zu heilen. Und sie haben alle die Fähigkeit dazu, wenn der Wille vorhanden ist. Menschenrechte, Minderheitenrechte und Völkerrecht können jetzt feste Wurzeln schlagen. 141
Die Europäische Union ist bereit, sie als Reformstaaten Schritt für Schritt aufzunehmen. Deutschland und mit ihm auch wir Heimatvertriebenen unterstützen diesen Weg. Aber: o Wir erwarten dazu von der polnischen und tschechischen Regierung, daß sie sich ihrer Verantwortung für die Vertreibung und ihrer Folgen stellen und sich konstruktiv und offen mit den noch ungelösten Fragen der deutschen Heimatvertriebenen auseinandersetzen und im Zusammenwirken mit uns zu einer für beide Seiten tragbaren Lösung der Vertreibungsfolgen kommen. Basis dafür muß die Erklärung der UN-Menschenrechtskommission sein. o Wir erwarten, daß ein wahres Bild der deutsch-polnischen Nachkriegsgeschichte gezeichnet wird und daß die Vertreibung der Deutschen nicht länger fälschlich als unabwendbare Notwendigkeit entschuldigt wird. Dazu gehört auch, daß die polnische Geschichtsschreibung die vielhundertjährige Tradition deutscher Städte nicht auslöscht. o Wir erwarten, daß von der Tschechischen Republik die Vertreibung der Sudetendeutschen nicht länger als richtiger und notwendiger Akt betrachtet wird, sondern als das, was sie war, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Benesch-Dekrete dürfen keine Gültigkeit behalten. o Wir erwarten, daß heimkehrende Vertriebene und ihre Nachkommen in Würde in ihre Heimatorte zurückkehren können, o Wir erwarten, daß Polen und die Tschechische Republik Entschädigungsregelungen für die Heimatvertriebenen treffen, o Wir erwarten, daß Polen und die Tschechische Republik Mordtaten an Deutschen mit der gerechten Strafe belegen. Es gibt inzwischen viele Freundschaften von Mensch zu Mensch zwischen Deutschen und Polen, zwischen Deutschen und Tschechen. Über die Gräben der Vergangenheit hinweg sind menschliche Kontakte gewachsen, die weiter reichen als die politischen Gemeinsamkeiten. Die Begegnungen von Mensch zu Mensch, die grenzüberschreitende Kulturarbeit, die Wiederaufbau- und Renovierungshilfen haben mittlerweile ein größeres Ausmaß erreicht und funktionieren problemloser als die offizielle politische Zusammenarbeit. Wir Heimatvertriebenen lieben unsere Heimatgemeinde, aber wir respektieren auch die Würde der Menschen, die heute dort leben. Und wir wollen nicht, daß andere Menschen vertrieben werden. Von hier 142
aus, aus Berlin, in der Nachbarschaft von Potsdam, richte ich einen Appell an das polnische und das tschechische Volk und ihre Regierungen: Die freiwillige und nicht die erzwungene Auseinandersetzung mit unserem Vertreibungsschicksal und die Heilung dieser großen europäischen Wunde wird Polen und die Tschechische Republik freimachen für die eigene demokratische Zukunft, sie wird ganz Europa bereichern." 185 Während man gegen Deutschland auch 50 Jahre nach dem Krieg immer neue Forderungen stellt und diese oft erfüllt werden, hat man bis heute von einer Wiedergutmachung für Verbrechen in östlichen Ländern gegenüber Deutschen nichts gehört. Als ein Abgeordneter der deutschen Minderheit im polnischen Sejm versuchte, für die Deutschen, die heute noch in Polen leben und nach dem Krieg dort Zwangsarbeit verrichten mußten, etwas zu erreichen, stieß er in Polen wie in Deutschland auf taube Ohren. 186 Wie unterwürfig und peinlich sich deutsche Politiker verhalten können, demonstrierte Frau Süssmuth, als 1990 eine polnische Delegation anläßlich der Zwei-plus-vier-Verhandlungen in Berlin erwartet wurde. Da neben den Flaggen aller Bundesländer auch die der ehemaligen Ostgebiete hingen, ließ Frau Süssmuth diese rasch unter dem Vorwand, daß sie gereinigt werden müßten, abhängen, weil sie den Polen „nicht zuzumuten" waren, und gleich für immer einmotten. Auf diese „patriotische" Tat war Frau Süssmuth auch noch stolz. 187 Anfang 1997, zur Zeit der Kohl-Regierung, wurde eine deutsch tschechische Erklärung unterzeichnet, in der beide Seiten „sich ihrer Verpflichtung und Verantwortung bewußt" erklären, „die deutschtschechischen Beziehungen im Geiste guter Nachbarschaft und Partnerschaft weiterzuentwickeln". Aber auch in dieser Erklärung wird die Geschichte des Münchener Abkommens zum Nachteil Deutschlands falsch dargestellt und von einer „Vertreibung" von Tschechen im Jahr 1938 gesprochen, die es nie gegeben hat. In einem Vertrag vom 26. November 1938 zwischen der Tschechei und Deutschland wurde in § 2 geregelt, daß Personen mit nicht deutscher Volkszugehörigkeit, die tschechische Staatsbürger bleiben, das Deutsche Reich innerhalb einer Frist von drei Monaten unter Mitnahme ihres gesamten Hab und Gutes verlassen und in der Tschechei aufgenommen werden müssen. Umgekehrt hatte die Regierung der Tschechei die gleichen Rechte mit den gleichen Fristen für Deutsche in ihrem Gebiet. Dies wurde von 143
beiden Seiten wahrgenommen, und so wurden auch ca. 200.000 Deutsche ausgewiesen oder gingen freiwillig. Andererseits blieben aber auch ca. 300.000 tschechische „Altsiedler" im Sudetenland. Dann wurde vereinbart, einen deutsch-tschechischen Zukunftsfonds für Projekte gemeinsamen Interesses zu errichten, in den Deutschland DM 140 Millionen und die Tschechei DM 25 Millionen einbringt. In Ziffer 7 heißt es wörtlich: „Die deutsche Seite bekennt sich zu ihrer Verpflichtung und Verantwortung gegenüber all jenen, die Opfer nationalsozialistischer Gewalt geworden sind. Daher sollen die dafür in Frage kommenden Projekte insbesondere Opfern nationalsozialistischer Gewalt zugute kommen." Kein Wort darüber, was den Opfern der weit schlimmeren tschechischen Gewalt an Deutschen zukommen soll. Inzwischen wurden finanzielle Hilfen aus diesem Fonds an die Opfer der NS-Herrschaft ausgezahlt. Vorschläge zur Entschädigung sudentendeutscher Vertriebenenopfer wurden von deutscher Seite nicht erhoben. Lediglich die CSU scheint sich für das Recht der Vertriebenen einzusetzen. Der bayerische Ministerpräsident Stoiber fragte auf dem 50. Sudentendeutschen Tag im Mai 1999, „wie die rot-grüne Bundesregierung die berechtigten Anliegen' der deutschen Heimatvertriebenen als ,absurd' und anachronistisch' bezeichnen könne, wenn sie wenige Tage später die sichere Rückkehr der vertriebenen Albaner in ihre Heimat zum Maßstab der NATO-Politik mache. Noch nie sei ein Bundeskanzler so ,kaltschnäuzig' mit den vertriebenen Landsleuten umgegangen. Sozialministerin Stamm äußerte die Erwartung, daß die Bundesregierung genauso verantwortungsvoll mit den deutschen Opfern von Gewalt, Enteignung und Zwangsarbeit verfahre, wie sie es mit den Opfern nationalsozialistischer Gewalt tue."188 Bundeskanzler Schröder hatte im März 1999 verkündet, daß ein „Schlußstrich" unter die Vergangenheit der deutsch-tschechischen Beziehungen „nach dem Zweiten Weltkrieg" gezogen werden solle, weil das beiderseitige Verhältnis „nicht durch die Vergangenheit belastet werden dürfe". Vermögensfragen sollten nicht mehr aufgeworfen werden. Damit habe Bundeskanzler Schröder eine eindeutige Verletzung der „Obhutspflicht der Bundesregierung gegenüber einem wesentlichen Teil des eigenen Volkes" begangen, erklärte Erika Steinbach. Die Kehrtwendung der Bundesrepublik gehe „zu Lasten von Millionen eigener Landsleute. Damit wird die Bundesregierung gegenüber Millionen von Vertriebenen regreßpflichtig."189 144
Sogar die linksliberale „Zeit" äußerte sich kritisch: „Der ,großdeutsche Nationalismus' (Joschka Fischer) und Hitlers Menschheitsverbrechen sind als Vergleichs- und Vergewisserungspunkte in der Debatte allgegenwärtig, nicht aber der erzwungene Exodus aus den Ostgebieten... Die Erinnerung an Flucht und Vertreibung unterliegt hierzulande einer Art Tabu, ähnlich den Bombennächten der vierziger Jahre... Die Rede von den Vertreibungsverbrechen stand unter Aufrechnungsverdacht. Daher das gute Gewissen, das jeder haben konnte, der von dieser Vergangenheit nichts wissen wollte; zuletzt ist das noch einmal in der selbstverständlichen Schnoddrigkeit zu merken gewesen, mit der sich Gerhard Schröder bei seinem letzten Besuch in Prag für alle sudetendeutschen Geschichtsschmerzen unempfindlich zeigte..."190 Und Alfred Schickel schrieb dazu: „Es erscheint der betroffenen wie der künftigen Generation schwer vermittelbar, daß man Geschichte willkürlich in abgeschlossene Vergangenheit' einerseits und stets verpflichtendes Gedenken andererseits aufteilt; vielmehr gebietet es die Menschenwürde, jedem zugefügten Leid Mitgefühl zu bekunden und nicht zwischen erinnerungswerten und gedenkunwürdigen Opfern zu unterscheiden."191 Mit so klaren Worten kann man aber in Deutschland schon ein Fall für den Verfassungsschutz werden - sogar in Bayern. Dort wurde Dr. Schickel bereits 1997 im Verfassungsschutzbericht unter der Rubrik „Rechtsextremismus/Revisionismus" namentlich erwähnt. Dr. Alfred Schickel ist langjähriges Mitglied der CSU, Träger des Bundesverdienstkreuzes und Leiter der Zeitgeschichtlichen Forschungsstelle Ingolstadt ZFI. „Revisionismus im weiteren Sinn" wird in Bayern wie folgt charakterisiert: Damit würden „Bestrebungen bezeichnet, die angeblich in der Nachkriegszeit falsch dargestellte Geschichte der Weltkriege und des ,Dritten Reiches' zugunsten des Nationalsozialismus zu korrigieren. Das rechtsextreme Lager ist sich weitgehend darin einig, daß das deutsche Volk in wesentlichen Fragen seiner Geschichte rehabilitiert werden müsse." Führt also historische Forschung zu einer gewissen Entlastung Deutschlands, ist dies in unserem Land rechtsextrem. Dabei hat Dr. Schickel gar nichts Entlastendes dokumentiert, sondern zu der Behauptung, „daß Deutschland gegenüber den tschechischen NS-Opfern noch in materieller Entschädigungsschuld stünde", erklärt, daß in den Benesch-Dekreten, durch die den Sudetendeutschen entschädi145
gungslos ihr gesamtes Vermögen genommen wurde, auch ein Passus enthalten ist, demzufolge die NS-Opfer aus dem Erlös des enteigneten sudetendeutschen Vermögens, das auf 120 Millionen Golddollar veranschlagt wurde, versorgt werden sollten. Es stellt sich daher die Frage, was an der historischen Feststellung verfassungsfeindlich oder rechtsextrem sein soll, daß diese Summe ausreichend gewesen sein müßte, um die Wiedergutmachungsansprüche von NS-Opfern abzugelten und darauf hinzuweisen, wenn solche Wiedergutmachungsforderungen 50 Jahre später erneut gestellt werden. Dr. Schickel führte nach der Eintragung in den Verfassungsschutzbericht eine ausführliche Korrespondenz mit den staatlichen Stellen und bat um Erklärung für diese Rufschädigung eines über Deutschland hinaus anerkannten und geschätzten Historikers, die bei ihm selbst auch zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt hat. Es sei hier nur ein entlarvender Satz aus einem Antwortschreiben eines bayerischen Staatssekretärs wiedergegeben: „Die von Ihnen verfaßten Artikel und Abhandlungen sind darüber hinaus in rechtsextremistischen Organen veröffentlicht. Dies ist für den Verfassungsschutz ein Indiz dafür, daß Ihre Beurteilung der NSZeit mit der Betrachtungsweise von Rechtsextremisten zum Teil übereinstimmt. .." Historische Wahrheit ist demnach rechtsextremistisch, wenn sie von Rechten zitiert wird. Wir haben uns weit von unserem Grundgesetz entfernt, und daß dies ausgerechnet in Bayern passiert, dessen Ministerpräsident sich quasi als Schutzpatron der Sudetendeutschen versteht, ist mehr als verwunderlich.192 Wes Geistes Kind die rot-grüne Regierung ist, zeigte eine Bundestagsdebatte vom 9. Juni 2000 über einen Antrag der CDU/CSU zum Thema „Versöhnung durch Ächtung von Vertreibung". Die Abgeordnete Petra Ernstberger (SPD) sagte zur Aufnahme Tschechiens in die EU und zur Entschädigung deutscher Opfer: „Dabei werden wir Tschechien ohne Einschränkungen und ohne bilaterale Vorbedingungen unterstützen... Im Schatten der Entschädigungsforderungen für die NS-Zwangsarbeiter, die die nationalen Emotionen bei uns ohnehin zum Kochen bringen, unterstützen bayerische Politiker, um ein bestimmtes Klientel zu befriedigen, eine Forderung, die die Integration in Europa gefährdet. So fordert der Bayerische Landtag die Bundesregierung auf, die offenen Fragen des 146
Vermögens in einem rechtlichen Verfahren zu lösen. Das werden wir nicht unterstützen." Ein gerechtes Verfahren unterstützt die SPD also nicht, und die Grünen erst recht nicht. Antje Vollmer, die schon immer die Seite Tschechiens vertreten hat und dafür auch 1997 die Gedenkmedaille der Prager Universität erhielt, äußerte sich in der Debatte in geradezu unglaublicher Weise: „Die Deutsch-Tschechische Erklärung war ein Versprechen, den Tschechen den Weg nach Europa nicht zu versperren. Dieses Versprechen - das hat Gerhard Schröder noch einmal ausdrücklich gesagt werden wir durch keine Frage belasten lassen, welche Frage auch immer. .. Ich weiß aber, daß es in diesem Fall eine direkte Initiative für diesen Antrag durch den Ministerpräsidenten Stoiber gegeben hat. Aber nicht nur das, sondern er hat seit dem Jahr 1998 in verschiedenen Gruppen der Landsmannschaft darum geworben, daß Anträge von sudetendeutschen Opfern tschechischer Gewalt organisiert gesammelt werden. Es waren keine einzelnen Menschen, die sich an den Zukunftsfonds gewandt haben, sondern es war eine organisierte politische Aktion. Diese Bildung von Kollektiven von Opfern finde ich in diesem Verhältnis nicht mehr statthaft. Ebenso maßlos, unverständlich und nicht mehr statthaft finde ich die Begründung dieser Aktion, nämlich sich an die öffentliche Debatte über die Zwangsarbeiterentschädigung anzuhängen. Wir wissen doch, wie schwer es ist, die Zwangsarbeiterentschädigung durchzubringen. Wir wissen, wie schwer es ist, dafür die Zustimmung der Bevölkerung zu bekommen. Da wird gesagt: Es sollen nicht nur immer die anderen an die Deutschen herantreten; vielmehr hätten auch wir Deutschen etwas zu fordern! Das ist innenpolitisch sehr gefährlich. Ich möchte eine dringende Bitte an die Vertriebenenverbände richten. Ich finde, daß der Begriff ,Vertreibung' nach 50 Jahren gelungener Demokratie für eine Gruppe nicht mehr identitätstiftend ist. Das Thema der Vertreibung gehört in das Museum der deutschen Geschichte, in das Museum der Zeitgeschichte; das gehört in die Hände von Wissenschaftlern, Forschern und Museumsleuten. Da gehört es hin. Das ist auch eine Antwort an Sie, Frau Steinbach. Wir werden Sie nicht unterstützen, wenn Sie diese gigantische zentrale Gedächtnisstätte in Berlin haben wollen." Man fragt sich, wem eigentlich solche Politiker ihren Eid geleistet haben? Deutsche Interessen zu vertreten, ist ihre Sache nicht. Frau 147
Vollmer findet es „innenpolitisch sehr gefährlich", zu vertreten, was das Volk denkt und will. Aber es muß wohl nach diesen Ausführungen die Frage erlaubt sein, wieso die Bildung von Kollektiven von Zwangsarbeitern durch amerikanische Anwälte statthaft ist und ein gleiches für Deutsche nicht, und ob nach „50 Jahren gelungener Demokratie" dann der Holocaust noch „identitätstiftend" für die Juden ist und nicht ins Museum jüdischer Geschichte gehört. Die vorgeschlagene Gedächtnisstätte für Flucht und Vertreibung, dem größten Verbrechen gegen die Menschlichkeit, ist auch nicht entfernt so gigantisch geplant wie die Holocaust-Gedenkstätte mitten in Berlin. Erika Steinbach führte in ihrer Antwort u.a. aus: „Eine Demokratie kann doch nicht leben und fruchtbar in der Zukunft wirken, wenn in ihren Gesetzeswerken Passagen enthalten sind, die Völkerrechtswidrigkeiten begründet haben und auch bis heute noch abdecken. Wenn es bis zum heutigen Tag in der Tschechischen Republik ein Amnestiegesetz gibt, das ausdrücklich Täter straffrei stellt, die Frauen und Kinder erschlagen haben, dann ist dessen Abschaffung eine Hausaufgabe, die in einem solchen Land erledigt werden muß. Ich habe in Gesprächen in Prag und in Warschau festgestellt, daß die junge Generation in diesen Ländern sehr offen mit dieser Thematik umgeht. Mir hat ein junger tschechischer Student gesagt: ,Ich möchte, daß meine Kinder wissen, daß hier Deutsche gelebt haben, ich möchte, daß meine Kinder wissen, daß wir sie vertrieben haben, und ich möchte, daß wir dann miteinander in Frieden leben.' So wie es zwingend zu unserer deutschen Geschichte gehört, unsere eigene finstere Vergangenheit aufzuarbeiten, so ist es auch eine Aufgabe in unseren östlichen Nachbarländern, sich mit der eigenen Vergangenheit so auseinanderzusetzen, daß daraus am Ende ein Friedenspotential geschaffen werden kann." 193 War es in unserer Canossa-Republik verwunderlich, daß der Antrag gegen die Stimmen von CDU/CSU abgelehnt wurde? Dabei gibt es auch in Tschechien Stimmen, die eine andere Sprache sprechen. Eine davon gehört Bohumil Dolezal, früher Berater des tschechischen Ministerpräsidenten Klaus und jetzt Politikwissenschaftler an der Karlsuniversität in Prag. Dieser hatte an die tschechische Seite appelliert, gegenüber den Sudetendeutschen einen Akt der Entschuldigung und des aufeinander Zugehens zu unternehmen und einen Versöhnungsfonds zur Entschädigung der Vertriebenen einzurichten. In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 19. April 2000 schrieb er ei148
nen Artikel unter der Überschrift: „Tschechen und Deutsche haben ihr größtes Problem noch nicht gelöst", in dem es u.a. hieß: „Die Art und Weise, wie vor drei Jahren die tschechisch-deutsche Erklärung zustande gekommen ist, ist unwürdig... Die Opfer dieses unsittlichen Konsenses sind nicht nur die Sudetendeutschen; die Opfer sind auch - und für mich in erster Reihe - die Tschechen. Wir sollen wieder einmal die Staffage einer unmoralischen Politikmacherei werden, die uns daran hindert, uns mit den Fehlern und Versagen in der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Das ist jedoch etwas, was jedes Volk tun muß (...) Ein ungelöstes Problem bleibt jedoch ein gegenwärtiges Problem. Es ist kein historisches, sondern ein sittliches und politisches Problem. Es ist das Problem der Minderheit, die wir vertreiben konnten. Das heißt jedoch nicht, daß sie nicht mehr als unsere Minderheit existiert (...) Die Selbstquälung bedeutet also im Fall des ,Abschubs' die Feststellung, daß es sich um eine unmenschliche und verbrecherische Aktion gehandelt hat. Eine so aufgefaßte Selbstquälung ist für das Leben des einzelnen und der zivilisierten Gesellschaft unerläßlich. Sowohl der einzelne als auch die Gesellschaft begehen von Zeit und Zeit Fehler, Irrtümer, Sünden. Darin unterscheiden sich Menschen und Nationen nicht. Sie unterscheiden sich voneinander nur darin, in welchem Maße sie fähig sind, ihre Fehler, Irrtümer und Sünden aus der Welt zu schaffen, damit sie Gegenwart und Zukunft nicht länger vergiften. Die Technik dieser persönlichen und gesellschaftlichen Hygiene heißt tätige Reue und Buße. In diesem Fall verlangt das eine öffentliche und vorbehaltlose Entschuldigung gegenüber jenen, denen wir Schaden zugefügt haben. Dazu gehört das aufrichtige Bestreben um die ,Milderung der Folgen manchen Unrechts' (wie es im tschechischen Entschädigungsgesetz heißt)... Zu keinem Verbrechen in der Geschichte kann man nachträglich ein Alibi schaffen. Es ist der Geschichtswissenschaft und der Rechtswissenschaft unwürdig, das zu versuchen... Ich glaube, daß das tschechische Volk in den Jahrzehnten, die kommen werden, fähig sein wird, sich mit diesem schwarzen Fleck in seiner Vergangenheit ehrlich auseinanderzusetzen." Und ein Jahr später schrieb er in der gleichen Zeitung: „Die Vertreibung der Deutschen wurde auch von denen nicht als Unrecht anerkannt, die dieser grausigen Maßnahme in Potsdam zuge149
stimmt haben und noch heute nicht bereit sind, diese Entscheidung zu überprüfen. Die Rede ist von den westlichen Siegermächten, von den Vereinigten Staaten und Großbritannien... In einer Zeit, in der man sich wieder den Greueltaten und Opfern des Zweiten Weltkrieges zuwendet, ist es unmöglich, die Schuld der Sieger außer acht zu lassen. Das würde unserer Auffassung von Gerechtigkeit widersprechen, unser Denken über die Vergangenheit deformieren und unser Handeln in Gegenwart und Zukunft lähmen." 194 Die Prager Zeitung „Lidové noviny" hat in zwei Artikeln sogar Milosevics „ethnische Säuberung" im Kosovo mit der Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei verglichen: „Die kollektive Verurteilung der Sudetendeutschen machte den ,Abschub' zu einer schrecklichen und oft auch blutigen Angelegenheit, und deswegen kann man mit Fug und Recht behaupten, daß es in der Nachkriegs-Tschechoslowakei - ebenso wie heute im Kosovo um ethnische Säuberung ging." 195 Die offizielle Linie der tschechischen Politiker - mehr oder minder aller Parteien - lautet freilich anders. Antideutsche Ressentiments sind Trumpf, die Sudentendeutschen sollen nur ein verdientes Schicksal erfahren haben. Als im selbst kernenergiefreien Österreich die FPÖ ein Volksbegehren mit dem Ziel veranstaltete, die Nichtinbetriebnahme des grenznahen tschechischen Atomkraftwerkes Temelin bei den EU-Beitrittsverhandlungen Prags zu verlangen, führte dies zu heftigen Reaktionen. Der vom Kommunisten zum Sozialdemokraten mutierte tschechische Ministerpräsident Milos Zeman nahm diesen Streit zum Anlaß, auf die Sudetendeutschen loszuschlagen: „Österreich war nicht das erste Opfer Hitler-Deutschlands, sondern der erste Verbündete. Außerdem darf man nicht vergessen, daß die Sudetendeutschen die fünfte Kolonne Hitlers waren, um die Tschechoslowakei als einzige Insel der Demokratie in Mitteleuropa zu zerstören. Kann man jetzt wirklich Versöhnung für Verräter fordern?" Er räumte zwar ein, daß es auch Greuel an Sudetendeutschen gegeben habe, fügte aber gleich hinzu: „Vergessen Sie auch nicht, daß diese Sudetendeutschen vor dem Überfall Hitlers tschechoslowakische Staatsbürger waren. Nach dem tschechischen Recht haben viele von ihnen Landesverrat begangen, ein Verbrechen, das nach dem damaligen Recht durch die Todesstrafe geahndet wurde. Auch in Friedenszeiten. Wenn sie also vertrieben oder transferiert worden sind, war das milder als die Todesstrafe." 150
Waren somit auch die zu Tausenden ermordeten Kinder Landesverräter, die ohnedies die Todesstrafe verdient hatten? Ein Bedauern über die Verbrechen an den Sudentendeutschen kam nicht über seine Lippen, und in dieser Haltung wußte er sich mit dem deutschen Kanzler einig: „Es besteht keine Notwendigkeit für irgendwelche neue Erklärungen. Alles, was getan werden mußte, wurde mit der gemeinsamen Erklärung von Gerhard Schröder und mir getan." 196 Der Bundesvorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft, der CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt, empörte sich gegen die Verbalattacken Zemans, die er als „Geschichtsfälschung und menschenrechtswidrige Aufwärmung der überholten Kollektivschuldthese" bezeichnete, und meinte, „dies ist ebenso blanker Rassismus wie die sogenannten Benesch-Dekrete. Nationalistischer Ungeist und Willkür dürfen nicht in die EU eingeschleppt werden." 197 Doch Zeman konnte sich nicht nur auf die Zustimmung vieler linker - deutscher Politiker stützen, sondern auch auf die deutschtschechische Erklärung von 1997, in der es heißt, daß „jede Seite ihrer Rechtsordnung verpflichtet bleibt und respektiert, daß die andere Seite eine andere Rechtsauffassung hat. Beide Seiten erklären deshalb, daß sie ihre Beziehungen nicht mit aus der Vergangenheit herrührenden politischen und rechtlichen Fragen belasten werden." Diese Erklärung war aber noch von einer CDU/CSU/FDP-Regierung mitgestaltet worden. Von der ungeschminkten Brutalität der Aussagen Zemans mußte sich allerdings auch die rot-grüne Regierung distanzieren. Wie ernst dies gemeint war, zeigte sich, als Außenminister Fischer nach einem kurzen Gespräch mit Zeman meinte, die „Irritationen" seien beseitigt, und das, obwohl Zeman seine unglaublichen Aussagen nie widerrufen hatte, sondern in einem Interview mit der israelischen Tageszeitung „Haaretz" Israel regelrecht aufforderte, die Palästinenserfrage nach tschechischer Art durch Deportationen und Vertreibung zu lösen. Der Ministerpräsident eines NATO-Mitgliedlandes und EU-Beitrittwerbers hält also Deportation und Vertreibung für legitime Mittel! Nun hatte Zeman aber mit seinen Attacken gegen Österreich, die Sudetendeutschen und die Palästinenser schlafende Hunde geweckt und die Benesch-Dekrete wieder auf die Tagesordnung für den EUBeitritt gesetzt. In ganz Europa und auch im EU-Parlament wurde deutliche Kritik an der tschechischen Haltung geübt. Das veranlaßte 151
den tschechischen Parlamentspräsidenten Vaclav Klaus zu dem Vorschlag, die Benesch-Dekrete in dem EU-Beitrittsvertrag zu verankern und sie damit als Teil der europäischen Nachkriegsordnung von der EU bestätigen zu lassen. Der CSU-Europaabgeordnete Posselt sprach zu Recht von einer Provokation des Europäischen Parlaments, „daß diese rassistischen Dekrete jetzt plötzlich zum EU-Recht erklärt werden sollen". Sowohl der bayerische Ministerpräsident Stoiber, der österreichische Bundeskanzler Schüssel und der ungarische Ministerpräsident Orbàn haben sich im Gegenzug deutlich für die Abschaffung dieser Dekrete vor einem EU-Beitritt Tschechiens ausgesprochen. Die deutsche Bundesregierung hingegen schwieg. 198 Es kann hier nicht der Platz sein, die weitere Entwicklung dieser Angelegenheit, die noch voll im Gang ist, zu erläutern. Fraglos ist nur eines: Die tschechische Republik möchte unter allen Umständen die deutsch-tschechische Erklärung von 1997 zur Grundlage jeglicher Verhandlungen machen, die die Tolerierung unterschiedlicher Rechtsauffassungen zum Inhalt hat. Die deutschen Regierungen Kohl/Kinkel und Schröder/Fischer hatten es der tschechischen Regierung in jeder Hinsicht leicht gemacht, indem sie eine Wiedergutmachung für den Völkermord an den eigenen Landsleuten, den Sudetendeutschen, niemals nachdrücklich gefordert hatten, sondern, ganz im Gegenteil, alle diffamierten, die Menschenrechte auch für Deutsche einforderten. Und auch in dieser Auseinandersetzung ist deutlich geworden, daß die Standpunkte in Wahrheit nicht „deutsch" und „tschechisch" sind, sondern schlicht „anständig" und „unanständig". Etliche Stimmen sind in Tschechien laut geworden, die die offizielle Politik kritisierten. Die Tageszeitung „Mlada fronta dnes" zum Beispiel schrieb, die bescheidenen Forderungen der Vertriebenen sollten erfüllt werden. Das rechtlich umstrittene, in moralischer Hinsicht verwerfliche und menschlich geradezu ekelhafte Verhalten der (tschechoslowakischen) Nachkriegsregierung müsse wenigstens symbolisch wiedergutgemacht werden. Daß sich viele böhmische Deutsche seinerzeit zu dem verbrecherischen Dritten Reich bekannt hätten, könne nicht als Rechtfertigung des Massenmordes an Deutschen nach dem Krieg dienen oder dafür, daß sie bestohlen und ihres Rechtes auf Heimat beraubt wurden. Eine Entschädigung aber könnte die Mauer aus Bitterkeit und Haß durchbrechen. 199 152
Auch in Österreich gehen die Uhren anders. So hat der Nationalrat mit einer breiten Mehrheit einen Entschließungsantrag formuliert, mit dem die österreichische Bundesregierung aufgefordert wird, „sich in der Europäischen Union für die Aufhebung sowohl der Benesch-Dekrete in der Tschechischen Republik als auch der in der slowenischen Rechtsordnung enthaltenen sogenannten AVNOJ-Bestimmungen einzusetzen, mit denen die Vertreibung der Sudetendeutschen und der Deutschen aus dem ehemaligen Jugoslawien einst legitimiert worden waren". 200 In Österreich wurde jüngst auch das Oratorium „Die Vertriebenen" im Großen Saal des Wiener Musikvereinsgebäudes zur Uraufführung gebracht - eine Veranstaltung der „Harmonia Classica", eines privaten „Vereins für harmonische Musik". Die zwölf Chor- und Orchesterwerke ranken sich um das Schicksal der Heimatvertriebenen und wurden vom Publikum mit großer Anteilnahme aufgenommen. Auch eine CD-Version ist erhältlich. 201 Die Geringschätzung des deutschen Vertriebenenschicksals durch deutsche - besonders linke - Politiker steht im krassen Gegensatz zu ihrer Beurteilung der Vertreibungen in Jugoslawien 50 Jahre später. Gerade jene Minister, die sich besonders negativ gegenüber den Vertriebenen verhielten, überschlugen sich nun förmlich in der Verurteilung von Menschenrechtsverletzungen und stimmten einem völkerrechtlich zumindest fragwürdigen Angriff auf Jugoslawien zu, an dem sich auch deutsche Soldaten beteiligen mußten. Die Hoffnung, daß eben diese Politiker nun ihre Haltung den deutschen Vertriebenen gegenüber überdenken würden, trog. Die Forderung nach einem zentralen Denkmal für die Opfer der Vertreibung wurde so rasch abgeschmettert, daß sich nicht einmal eine Debatte entspinnen konnte. Thüringens Innenminister Dewes (SPD) scheute sich nicht einmal, ein solches Mahnmal als „Ort der Verherrlichung nationalistischen Denkens" zu denunzieren. Zwar gab es nach den Kosovo-Vertreibungen auch Stimmen aus der SPD, die aufhorchen ließen. Otto Schily erklärte als SPD-Innenminister 1999, daß die Linken aus politischer Opportunität über die Leiden der Heimatvertriebenen hinweggesehen hätten, und „zum 25jährigen Jubiläum der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen am 14. Juni 1999 hielt Frau Dr. Elke Leonhard (SPD), die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien, die Festrede. Sie betonte die Verantwortlichkeit der Politik für das gesamte Spek153
trum der nationalen Kultur. Deshalb gelte es über alle Fragen vorbehaltlos zu reden, die Rechte und Pflichten des kulturellen Erbes der Vertreibungsgebiete anzuerkennen, und dazu gehöre auch die Erforschung der Vertreibung. Sie erntete den Beifall der Versammelten für ihre Aussage, die Vertriebenen hätten eine enorme Solidarleistung erbracht, die zu Unrecht jahrelang geächtet und in den Medien negativ behandelt worden sei. ,Das war falsch!' lautete ihr Verdikt über die Behandlung der Vertriebenen in der Vergangenheit." 202 Auch Gerhard Schröder besuchte als erster Kanzler der SPD eine Veranstaltung der Heimatvertriebenen und äußerte: „Jede Art der Vertreibung, so unterschiedlich die historischen Hintergründe auch sein mögen, ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit", aber eine zentrale Gedenkstätte für Vertriebene lehnte auch er ab. Und die Taten seiner Regierung schließlich sprechen eine ganz andere Sprache als die schönen Worte auf Sonntagsreden. Schröders Kulturbeauftragter Naumann ging etwa rigoros gegen die kulturellen Institutionen der Vertriebenen vor. Darüber berichtete die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 23. September 1999: „Schröders Kulturbeauftragter Naumann hat kürzlich seine Konzeption zur Kulturförderung der Vertriebenen vorgestellt. Gemeint ist die Förderung nach dem Bundesvertriebenengesetz, das Bund und Länder verpflichtet, ,das Kulturgut der Vertreibungsgebiete im Bewußtsein der Vertriebenen und Flüchtlinge, des gesamten deutschen Volkes und des Auslandes zu erhalten, Archive, Museen und Bibliotheken zu sichern, zu ergänzen und auszuwerten sowie Einrichtungen des Kunstschaffens und der Ausbildung sicherzustellen und zu fördern'. Naumann will Fördergelder streichen, Museen zusammenlegen, Stiftungen schließen. Es gibt keinen Grund, warum die Kulturförderung der Vertriebenen in Zeiten allgemeinen Sparens von Kürzungen ausgenommen werden sollte. Doch die Art der Streichung ist entlarvend." Hier zeigt sich deutlich, was die wirkliche Absicht ist: das Schicksal der Vertriebenen in Vergessenheit geraten zu lassen. Ein halbes Jahr später, am 26. April 2000, konnte man im „Hamburger Abendblatt" lesen: „Aus und vorbei. Die Hoffnungen des ,Bundes der Vertriebenen', daß Kultur-Staatsminister Naumann (SPD) Gnade walten lasse, haben sich nicht erfüllt. Mit Wirkung vom 30. Juni 2000 stellt der Bund die Förderung der beiden BdV-Einrichtungen ,Stiftung ostdeutscher 154
Kulturrat' und ,Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen' ein. Folge: Die Kulturstiftung wird vollständig, der Kulturrat zum großen Teil dichtgemacht." Knochenhart sei Naumann vorgegangen, hieß es. Was also blieb übrig von den Worten von Dr. Elke Leonhard, daß es gelte, die Rechte und Pflichten des kulturellen Erbes der Vertreibungsgebiete anzuerkennen, wozu auch die Erforschung der Vertreibung gehöre: 20 Wissenschaftler wurden auf die Straße gesetzt. Die „Befreiung" nimmt ihren Lauf! „Merkwürdig und beunruhigend mutet an, wie spät und immer noch zögerlich an die Leiden erinnert wird, die während des Krieges den Deutschen zugefügt wurden. Die Folgen eines bedenkenlos begonnenen und verbrecherisch geführten Krieges, nämlich die Zerstörung deutscher Städte, der Tod hunderttausender Zivilisten durch Flächenbombardierung und die Vertreibung, das Flüchtlingselend von 12 Millionen Ostdeutschen waren nur ein Thema im Hintergrund. Selbst in der Nachkriegsliteratur fand die Erinnerung an die vielen Toten der Bombennächte und Massenflucht nur wenig Raum. Ein Unrecht verdrängte das andere... Das Schweigen der Opfer ist dennoch unüberhörbar." (GÜNTER GRASS auf einer Veranstaltung des Goethe-Institutes in Wilna, zitiert nach „Rundbrief der Sudetendeutschen Jugend Österreichs", März 2001.)
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Teil 3 Deutschlands Umgang mit seinen Kriegsgefangenen, Vergewaltigten und Bombenopfern
Was mir verblieb! Wenn ich einmal frei sein werde, frag ich mich, wie wird das sein? Grabe dann in deine Erde, Heimat, tief die Hände ein. Gehe einsam durch die Straßen, wie in einem stillen Traum, kann die Freiheit noch nicht fassen, lehn den Kopf an einen Baum. Wenn mich jemand wollte fragen, wo ich denn gewesen bin, werde ich verhalten sagen: War in Gottes Mühlen drin. Sah die Müller Spuren mahlen in der Menschen Angesicht. Mußte mit dem Herzblut zahlen, wie in meinem Leben nicht.
Wenn ich einmal frei sein werde, frag ich mich, was mir verblieb? Du - o deutsche Heimaterde, dich hab ich von Herzen lieb! Heinrich George (Der große deutsche Charakterdarsteller verhungerte 1946 im sowjetischen KZ Sachsenhausen.)
„Kein Millionär organisiert eine Ausstellung 'Verbrechen der US-Army'..." Heute spricht man gerne von den Kriegsverbrechen auf deutscher Seite, kaum aber davon, daß die Haager Landkriegsordnung nicht nur von der Sowjetunion, sondern auch von den Westmächten, die ihr - im Gegensatz zur Sowjetunion - beigetreten waren, massiv mißachtet wurde. Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen wurde Anfang 2002 - sozusagen parallel zur Wiedereröffnung der Antiwehrmachtausstellung der Dokumentarfilm „Im Namen des Tenno - Japan im Zweiten Weltkrieg" gezeigt. Darin konnten amerikanische Veteranen Zeugnis ablegen, wie der Krieg der USA gegen Japan geführt wurde. Ein Offizier berichtete: „Man hat uns beigebracht, daß die Japaner Untermenschen seien." Ein Soldat sagte aus: „Wir haben keine Gefangenen gemacht. In meinen zwei Jahren in Übersee habe ich nie gesehen, wie ein Gegner gefangengenommen wurde. Einmal kam einer mit 30, 40 Mann, alle hatten die Hände hoch. Sie wurden an Ort und Stelle erschossen. Wir machten eben keine Gefangenen." Ein anderer erzählte, daß sie gefallenen Japanern „den Gewehrkolben auf den Hinterkopf schlugen, um an die Goldzähne heranzukommen. Das war die Freizeitbeschäftigung." Ein Soldat hatte seiner Freundin einen präparierten Totenschädel eines gefallenen Japaners als Souvenir geschickt. 203 „Das alles wird im Täterland wie auch in Europa kommentarlos hingenommen. Kein Millionär organisiert eine Ausstellung ,Verbrechen der US-Army', keine Gedenkstätte, keine Kriegsverbrecherprozesse in die Wege geleitet", kommentierte Hans-Joachim von Leesen. 204 Und wie war es in Deutschland und Europa im und nach dem Krieg? Das Schicksal der deutschen Kriegsgefangenen wurde zwar in jüngster Zeit medial nach langem erstmals wiederaufbereitet, doch daß die Behandlung dieser Gefangenen oft völkerrechtswidrig - und damit ein Kriegsverbrechen - war, wurde dabei nicht deutlich.205 Von den rund 3,5 Millionen Wehrmachtsgefangenen, die sich im Gewahrsam der Sowjetunion befanden, sahen 1,2 Millionen durch Hunger und Krankheit ihre Heimat nicht wieder. Besonders hoch waren die Verluste unter den frühzeitig 1942/43 Gefangenen, als die Sowjetunion - ähnlich wie Deutschland 1941 - dem Problem der großen 159
Kriegsgefangenenzahlen unvorbereitet gegenüberstand: Von rund 100.000 Angehörigen der 6. Armee, die bei Stalingrad in Gefangenschaft gingen, erlebten nur knapp 6.000 (also nur 6 %!) den Tag ihrer Heimkehr. Die Sowjetunion hatte auch die Genfer Konvention nicht unterzeichnet und fühlte sich daher an keinerlei Regeln bei der Behandlung der Kriegsgefangenen gebunden. In Jugoslawien fielen bei der Kapitulation 175.000 deutsche Soldaten den kommunistischen Partisanen in die Hände. Nur jeder zweite kehrte aus der Gefangenschaft nach Deutschland zurück. 206 „Als am 20. Oktober 1944 die Schlacht um Belgrad vorbei war, gerieten rund 30.000 deutsche Soldaten in die Gewalt der Sieger. Sie wurden in Gruppen zu vielen Hundert vor Panzergräben geführt und erschossen. Hunderte von Gefangenen, die mit erhobenen Händen aus Häusern und Kellern kamen, wurden auf den Straßen niedergemacht. .. Auf einem einzigen Platz in Belgrad starben 5.000 deutsche Soldaten, nachdem sie sich ergeben hatten. Auf dem Hauptbahnhof von Belgrad stand ein Lazarettzug, voll belegt mit verwundeten deutschen Soldaten. Sie alle starben unter den Messern und Dolchen der Partisanen, berichtete eine Rotkreuzschwester. Die Schilderungen des mehrere Tage währenden Massenmordes an deutschen Kriegsgefangenen nach der Einnahme von Belgrad stammen fast ausschließlich von jugoslawischen Bürgern der Hauptstadt, die Augenzeugen dieses in aller Öffentlichkeit durchgeführten Massakers wurden. Das war nur Belgrad. Insgesamt sind, zum Großteil erst nach dem Krieg, über 70.000 deutsche Kriegsgefangene in Jugoslawien ums Leben gekommen." 207 Sogar von den Westmächten wurden Kriegsgefangene ermordet. „Man hat viel über die Erschießung von Kriegsgefangenen... durch die 12. SS-Panzerdivision und andere deutsche Einheiten in der Norman die geredet. Aber es muß gesagt werden, daß die Propaganda das beiderseitige Schuldmaß verzerrt hat. Unter den Hunderten alliierter Zeugen, die... befragt worden sind, hatte fast jeder unmittelbare Kenntnis und sogar persönliche Erlebnisse mit der Erschießung deutscher Kriegsgefangener während des Feldzuges. In der Hitze des Gefechts oder wenn jemand gerade einen Kameraden hatte sterben sehen, fanden es viele unerträglich, Kriegsgefangene nach hinten zu schicken, da sie wußten, daß sie den Krieg überleben würden, während sie selbst nur eine sehr geringe Überlebenschance zu haben schienen. Viele amerikanische und britische Einheiten erschossen SS-Gefangene rou160
tinemäßig, woraus sich nicht nur der fanatische Widerstand der SS, sondern auch die Tatsache erklärt, warum so wenige SS-Leute in Kriegsgefangenschaft erschienen sind... Obwohl es belegte Bespiele dafür gibt, daß SS-Einheiten ihre Gefangenen ermordeten, erscheint es im ganzen als zweifelhaft, ob dies von der einen Seite in größerem Stil getan wurde als von der anderen."208 Ende der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts deckte der britische Historiker Niall Ferguson in seinem Buch „The Pity of War" auf, daß sogar schon im Ersten Weltkrieg von britischen und französischen Truppen Hunderte deutscher Soldaten, die sich bereits ergeben hatten, umgebracht worden waren. „Am 17. August 1916 forderte General Sir Claud Jacob, keine Gefangenen zu machen, wenn sie dabei hinderlich seien, ,das Gelände zu säubern'. Und Oberst Frank Maxwell, Kommandeur eines Bataillons des 12. Middlesex-Regiments, befahl vor dem Angriff auf Thiepval am 26. September 1916, keine Gefangenen zu machen, weil ,alle Deutschen vernichtet werden' müßten".209 Im Zweiten Weltkrieg wiederholte sich diese Praxis. Das 328. Regiment der US-Army, das im Verband der 26. Infanterie-Divison kämpfte, hatte den Befehl erhalten: „...keine SS-Soldaten gefangenzunehmen, sondern auf der Stelle zu erschießen".210 War das etwas anderes als der deutsche Kommissarbefehl? Die „Südwestpresse" veröffentlichte am 16. November 1996 folgenden Artikel: „In Lippach bei Aalen war über ein Dutzend Gefangener erschlagen worden. In Döttingen am Kocher wurden vier Soldaten durch Kopfschüsse massakriert. Der 63. US-Infanterie-Divison eilte bei ihrem Vormarsch in Hohenlohe der schlechte Ruf voraus: Im Volksmund galt sie als ,Gangster-Division'. Nahe Hermesberg (bei Niedernhall) wurden im April 1945 tote Landser gefunden, um ihren Hals waren Drahtschlingen zugezogen. Einige der Soldaten mußten ihr eigenes Grab schaufeln, ehe sie mit dem Spaten erschlagen wurden. Selbst vor den Leichen hatten die Killer keinen Respekt. Sie hackten ihnen die Finger ab, um die Ringe leichter stehlen zu können. Heute erinnert ein kleiner Soldatenfriedhof an die Opfer der grausamen Verbrechen." Augenzeugen hatten berichtet, daß in Jungholzingen am 15. April 1945 nach einem Gefecht mindestens 48 deutsche Soldaten, die sich ergeben hatten, erschossen wurden. Damit beschäftigen sich nun 161
- 50 Jahre nach dem Krieg - US-Ermittler. In Heimatblättern wurde immer wieder auf solche Verbrechen hingewiesen. Im Hohenloher Land wurden 110 deutsche Soldaten nach der Gefangennahme umgebracht. Über weitere Fälle berichtete die „Regensburger Woche" in den fünfziger Jahren: „17 gefangene deutsche Soldaten mußten in Pfaffenhofen vor einem US-Panzer herlaufen und wurden dann am Ortsausgang erschossen. Am 1. 5. 1945 gerieten acht SS-Männer und Gendarmeriebeamte in Oberpframmern in Gefangenschaft. Am Ortsrand mußten sie auf Befehl eines betrunkenen US-Offiziers ihre Gräber schaufeln und starben durch Genickschuß." Die amerikanische Schriftstellerin Marguerite Higgins schilderte ihre Erlebnisse im Deutschland des Jahres 1945 u.a. wie folgt: „Ein aufgeregter junger GI lief zu Knauth (einem anderen amerikanischen Korrespondenten). Er zog ihn am Ärmel und zischte ihm zu: ,He, wenn Sie zur Presse gehören und wirklich etwas sehen wollen, folgen Sie mir. Man haut sie da gerade zusammen.' ,Wer haut wen?' warf ich ein. Aber Knauth und der GI schritten schon davon. Ich folgte ihnen. Der GI führte uns an das Haupttor des Konzentrationslagers (Buchenwald), an dessen beiden Seiten je ein enges rechteckiges Gebäude stand, das Zellenblöcke enthielt. Der amerikanische Soldat betrat das Gebäude auf unserer Rechten, und wir kamen unmittelbar hinter ihm. Wir fanden uns einer langen Halle gegenüber, die voll stand von aufgeregt durcheinanderredenden Amerikanern, die in zwei Reihen nebeneinander aufgestellt waren. Die Halle war parallel und stieß an die Zellenblöcke. ,Platz für die Presse!' schrie unser Soldat in einem Ton, der die Freude an der Aufmerksamkeit, die er erregte, zeigte. Während der Soldat dazwischenlief, verschafften Knauth und ich uns unseren freien Weg zum Beginn der Linie. Als wir näher kamen, konnten wir Schläge und Schreie der Gequälten hören. ,He, Charly, das ist genug! Jetzt bin ich dran!' schrie einer der GIs. Knauth und ich erreichten endlich den Beginn der Linie. ,Charly' kam gerade aus einem der Zellenblöcke heraus und grinste triumphierend. Hinter den Gittern der Zelle, uns unmittelbar gegenüber, sahen wir drei uniformierte Deutsche. Zwei von ihnen, zerschlagen und blutüberströmt, lagen bewußtlos am Boden hingestreckt. Ein dritter Deutscher wurde am Haarschopf hochgehalten (ich werde ihn nicht vergessen, er hatte rote Haare wie Karotten). Ein GI drosch abwechselnd seinen 162
Leib und schlug ihm ins Gesicht. Als das Opfer stöhnte und seufzte, brüllte der GI immer wieder: ,Halt die Schnauze, verdammter Kraut!' ,Was ist denn los?' schrie ich über die Aufschreie und das Stöhnen hinweg zu dem nächsten Soldaten, der zufällig Charly war. ,Das sind SS-Jungen', brüllte Charly zurück und setzte stolz hinzu: ,Wir haben sie in den Wäldern gefangen. Wir geben ihnen etwas von ihrer eigenen Medizin. Wir machen sie fertig für den Leichenhaufen dort!' Es stellte sich heraus, daß fast eine Viertelstunde lang die doppelte Reihe von zwanzig bis dreißig amerikanischen Soldaten ausgerichtet stand, um methodisch abwechselnd die sechs gefangenen Deutschen zusammenzuschlagen. Ich wandte mich an Knauth: ,Sie wissen, was kommt, wenn wir irgend etwas sagen', bemerkte er unglücklich. Bei der Brücke von Wasserburg hatten sich die GIs feindlich gegen einige Korrespondenten gewandt, die sie wegen der Tötung deutscher Kriegsgefangener fragten; einer von ihnen hatte schneidend gesagt: ,Kleine Jungen und Mädchen, die häßliche Dinge nicht gern sehen, bleiben besser daheim am Kaminfeuer!' ,Ich weiß', sagte Knauth. ,Hier muß doch irgendein Offizier in der Nähe sein.' Zu meiner Erleichterung war er schnell und erfolgreich. Innerhalb von Minuten erschien ein Unterleutnant, schrie die Leute an und befahl ihnen, von ihren Opfern abzulassen. Es kam heraus, daß die aufgeregten GIs sechs junge Deutsche, die nicht Mitglieder der SS waren, gefangen hatten. Die jungen Menschen waren nur vor wenigen Tagen in ein Reichsarbeitsdienstbataillon eingezogen worden. Das war ein Teil des verzweifelten Versuchs, im letzten Augenblick die Niederlage abzuwenden. Bevor die Dritte Armee dieses Gebiet erobert hatte, waren die Jungen noch damit beschäftigt, Schutzgräben auszuwerfen, die nie mehr besetzt wurden. Der jüngste unter ihnen mit den karottenroten Haaren war vierzehn Jahre alt. Die anderen fünf deutschen Jungen in den Zellenblöcken waren zwischen vierzehn und siebzehn Jahre alt. Aber auf ihre Jugend und ihre Schuldlosigkeit kam es nicht an. Der springende Punkt ist hier, daß die GIs in den Zellenblöcken die gleiche Brutalität betrieben haben, die wir beim Feind verurteilen."211 Über die Ermordung deutscher Kriegsgefangener durch die Amerikaner bei Wasserburg schrieb die gleiche Korrespondentin: „Es begann zum erstenmal, wie ich sah, daß ein amerikanischer Soldat einen waffenlosen und hilflosen deutschen Kriegsgefangenen 163
niederschoß. Dieses Erschießen oder - mit dem richtigen Wort: ermorden - bei der Brücke von Wasserburg zerstörte einige sehr angenehme und in Schwarzmalerei gehaltene Auffassungen, die ich über die Verteilung von Gut und Böse unter den Menschen auf unserer Seite und den Menschen auf der anderen Seite entwickelt hatte."212 Die Strafverfolgung solcher Taten wurde deutschen Justizbehörden durch den Überleitungsvertrag zwischen den USA, Großbritannien, Frankreich und der Bundesrepublik vom 26. Mai 1952 entzogen. Der französische General Leclerc ließ am 8. Mai 1945 bei Bad Reichenhall zwölf französische Freiwillige der 33. Waffen-SS-Division „Charlemagne" ohne Gerichtsurteil erschießen. Dieser General hatte aber auch weitere Kriegsverbrechen auf seinem Marsch von der Normandie nach Berchtesgaden angerichtet, die von einem französischen Historiker derzeit erforscht werden. „Soldat und Volk" veröffentlichte in der Ausgabe von November 2000 aus dem Kriegstagebuch des französischen Soldaten Albert Bisson (3. Regiment de Marche du Tschad, 1. Kompanie, 2. Zug) folgenden Text: „Wir umgehen Chaumont im Abstand von einigen Kilometern und greifen am 2. 9. 1944 um 1:00 Uhr nachmittags Andelot (Haut-Marne) an. Unsere leichten 10,5-Feldhaubitzen schießen einige Salven auf das Dorf. Mit dem Fernglas beobachten wir den Einschlag der Granaten. Das Feuer der deutschen Geschütze ist wirkungslos. Wir rücken immer weiter vor und erreichen den Eingang des Dorfes. In kleinen Gruppen kommen uns die ,Boches' entgegen, um sich zu ergeben. Es sind 500, bald ungefähr 1.000. Wir entwaffnen sie und schicken sie nach hinten. Wir gehen weiter vor. Von allen Seiten bekommen wir Gewehrfeuer, Granatwerfer schalten sich ein, so daß wir uns auf die Erde werfen. Wir durchsuchen ein Haus nach dem anderen und kommen mit Gefangenen heraus. Einige Meter von mir entfernt nimmt Hauptmann Sarazac einen Oberst, den Ortskommandanten, gefangen. Allmählich kommen immer mehr Deutsche aus ihren Verstecken hervor und ergeben sich. Wir haben mehrere Tote und Verwundete und müssen uns rächen. Schon nähern sich weitere 500 Kriegsgefangene. ,Wartet, Kerls!' ruft Leutnant Galley, Panzerkommdant des 501. Regiment des Chars de Combat. Er läßt die Deutschen in eine Scheune treiben, setzt seine Panzer davor und befiehlt über sein Mikrofon : ,Turm nach links! Stop! Sprenggranate! Feuer!' Die Granate explodiert mit einem Donnerknall inmitten des Haufens von ,Boches'. Die Splitter zerreißen 164
ihre Körper, Körperteile kleben an den Balken der Scheune. Wir erledigen mit dem Maschinengewehr alle, die noch leben. Heute ist der Tag der Rache." Heute schätzt man nach den Unterlagen amerikanischer Archive die Zahl der in amerikanischer Gefangenschaft umgekommenen deutschen Soldaten auf 793.000. Nicht berücksichtigt sind dabei die Todesopfer unter jenen mehreren Hunderttausend Kriegsgefangenen, die von den USA gegen die Bestimmungen des Völkerrechts als Zwangsarbeiter an Frankreich, die Tschechoslowakei, Polen und Rußland ausgeliefert worden waren.213 Allein in Frankreich kamen Tausende beim Minensuchen ums Leben. Einwände des Roten Kreuzes gegen diesen völkerrechtswidrigen Einsatz blieben unbeachtet. Überhaupt verschlechterte sich die Behandlung der deutschen Kriegsgefangenen in den USA mit der Kapitulation der Wehrmacht von einem Tag auf den anderen: „Unter direkter Mißachtung der Verpflichtungen, die die USA mit ihrer Unterzeichnung der Konvention eingegangen waren, verweigerte die Regierung der Vereinigten Staaten dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz ab dem 8. Mai 1945 die Erlaubnis, Kriegsgefangenenlager zu betreten, die deutschen Kriegsgefangenen zu besuchen und ihnen auf welche Art und Weise auch immer Hilfe angedeihen zu lassen... Nach dem 8. Mai wurde von den Amerikanern den Hunderttausenden deutschen Kriegsgefangenen in amerikanischer Hand der PoW-Status (Prisoner of War-Status) entzogen, und sie wurden als „Disarmed Enemy Forces" bezeichnet bzw. eingestuft, was die Engländer und Kanadier mit ihren deutschen Kriegsgefangenen zu tun verweigerten. Dieser völkerrechtswidrige Akt der Amerikaner - Kriegsgefangenen ihren Status zu nehmen - entkleidete letztere nicht nur jeden kriegs- und völkerrechtlichen Schutzes, sondern entband die Amerikaner auch von der in der Genfer Konvention vorgeschriebenen Verpflichtung, Kriegsgefangene ausreichend zu ernähren. Auf diese Weise wurde nahezu eine Million deutscher Soldaten zum Hungertod verurteilt - einem geplanten Tod. Geplant vom Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitkräfte in Europa und späteren Präsidenten der Vereinigten Staaten, General Eisenhower, und genehmigt von dem CCS - den kombinierten Stabchefs -, wie der kanadische Historiker James Bacque eindeutig nachwies und anhand von zahlreichen Dokumenten belegte.214 165
Nicht nur dem Schweizerischen Roten Kreuz wurden der Zutritt zu den Kriegsgefangenenlagern der Amerikaner und Franzosen sowie jede Hilfe für deutsche Kriegsgefangene verweigert, auch anderen, sich spontan bildenden Hilfsorganisationen wurde die Erlaubnis dazu nicht erteilt. 13,500.000 Lebensmittelpakete des Roten Kreuzes, die für deutsche Kriegsgefangene bestimmt waren, durften auf Weisung Eisenhowers nicht verteilt werden. Allein diese Pakete hätten mit allergrößter Wahrscheinlichkeit den hunderttausendfachen Hungertod deutscher Kriegsgefangener in amerikanischen und französischen Lagern verhindert und sie bis zum Frühjahr 1946 am Leben erhalten, als die Entlassung der Überlebenden begann. Resümierend schreibt James Bacque: „Unter allen diesen Leuten, von denen man glaubte, daß sie guten Willens seien und anständig, gab es so gut wie niemanden, der die Männer schützte, in deren sterbenden Leibern sich unsere tödliche Heuchelei ausdrückte. Während wir den Sieg unserer Tugend öffentlich feierten, begannen wir insgeheim, sie zu verlieren."215
Verweigerte Hungerhilfe für die Zivilbevölkerung Der deutschen Bevölkerung ging es nicht anders. „Die Besatzungsbehörden in allen vier Zonen schlugen mehrmals die dringenden Bitten des Internationalen Roten Kreuzes zugunsten der hungernden deutschen Bevölkerung ab und verzögerten die Lieferung von Nahrungsmitteln und Medizin um viele Monate. Als erste gestattete die britische Besatzungszone im Oktober 1945 dem Roten Kreuz, Hilfslieferungen zu schicken, dann folgten die Franzosen im Dezember des Jahres. Doch die amerikanische und sowjetische Zone wiesen im sehr strengen Winter 1945/46 alle Spenden zurück. US-Militärbehörden hätten den Delegierten des Internationalen Roten Kreuzes in Berlin geraten, alle verfügbaren Hilfslieferungen in andere bedürftige Gebiete Europas zu schicken, obwohl umfangreiche irische und schweizerische Spenden ausdrücklich für Deutschland bestimmt gewesen seien. Diese Entscheidung wirkte sich bei den Heimatvertriebenen besonders verheerend aus, deren Lage viel prekärer war als die der übrigen Bevölkerung. Schließlich konnten ab März 166
1946 Spenden in die amerikanische, ab April auch in die sowjetische Zone geliefert werden. De Zayas schreibt in „Die Anglo-Amerikaner und die Vertreibung der Deutschen": „Doch Zehntausende von Deutschen waren inzwischen verhungert, und viele mußten noch sterben, ehe die Spendenvorräte des Internationalen Roten Kreuzes sie erreichen konnten."216
Prügelorgien Auch bei der Vernehmung von Kriegsgefangenen, insbesondere von solchen, die begangener Verbrechen beschuldigt wurden, wandten Amerikaner und Briten alles andere als rechtsstaatliche Methoden an. Im September 1945 begann vor einem britischen Militärgericht in Lüneburg der erste große KZ-Prozeß (Belsen-Prozeß). 200 Journalisten waren geladen, um das Tribunal gegen die 47 Angeklagten zu verfolgen. Wie die „Beweismittel" beschafft wurden, schilderte der britische Publizist Alan Moorehead. Sein Bericht erschien in „The Golden Horizon" herausgegeben von Cyril Connolly und verlegt im jüdischen Verlag Weidenfeld and Nicholson, London. Moorehead schrieb: „Als wir uns den Zellen der gefangenen SS-Männer näherten, begann der aufsichtführende Sergeant schon im voraus wild zu brüllen. ,Wir hatten heute früh Vernehmungen', lächelte der Captain. ,Ich fürchte, der Anblick ist nicht sehr hübsch.' Die Journalisten wurden in die Zellen geführt, die voller stöhnender, blutbesudelter Menschen lagen. Ein Mann dicht zu meinen Füßen, dessen Hemd und Gesicht von Blut dick überkrustet war, machte vergebliche Versuche, aufzustehen; endlich kam er auf die Knie und schließlich mühsam auf die Füße und stand nun, heftig zitternd, die blutigen Hände hilflos von sich gestreckt, vor uns. ,Auf mit euch!' brüllte der Sergeant die anderen an. Die Gefolterten rafften sich einer nach dem anderen auf, indem sie sich an der Wand hochschoben. ,Weg von der Wand!' Sie stießen sich mühsam ab und taumelten nach der Mitte der Zelle. In einer anderen Zelle hatte der englische Militärarzt soeben eine Vernehmung beendet. ,Los!' schrie der Sergeant, ,steh auf!' Der SS-Mann lag in seinem Blut auf dem Boden... Er kroch zu einem Stuhl, legte die Arme 167
auf den Sitz und schob sich mühsam halb in die Höhe. Noch ein Schub: Er war auf den Füßen und warf uns flehend die Arme entgegen. ,Warum macht ihr mich nicht tot?' keuchte er mühsam. ,Warum macht ihr mich nicht ganz tot? Ich kann nicht mehr.' ,Das sagt er uns schon den ganzen Morgen, der dreckige Bastard', grinste der Sergeant."217 Ernst von Salomon schildert in seinem berühmten Buch „Der Fragebogen" ausführlich die amerikanischen Prügelorgien bei der Suche nach „Kriegsverbrechern". Nur ein Bespiel: „Den Ausländerinnen ging es bei den Amerikanern schlimmer noch als den deutschen Frauen. Sie wurden bei den Verhören fast immer geschlagen. Schwester Kathrin, eine Holländerin, war auch hier im Lager Krankenpflegerin. Ich fragte sie einmal, ob auch sie geschlagen worden sei. Sie hob ihren weißen Mantel hoch, sie trug darunter nur das obligate weiße Lagerhöschen. Sie schob das Höschen ein wenig höher, nur ein paar Zentimeter, aber ich sah diese Zentimeter, ihre Haut bedeckt mit blauen und dunkelbraunen Striemen, kreuz und quer. Schwester Kathrin sagte: ,Sie zogen mich aus, und ich mußte auf einer Bank knien. Dann fragte mich Iwan der Schreckliche, wievielen Amerikanern ich die Todesspritze gegeben hätte. Ich sagte: ,Aber ich war doch nur Assistentin beim SS-Zahnarzt!' Da kippte Iwan die Bank um, ich stürzte, und sie schlugen auf mich los. Dann mußte ich wieder auf die Bank knien, und Iwan fragte, ob ich bei den gefangenen Amerikanern nicht immer ein wenig tiefer gebohrt hätte. Ich sagte: ,Aber ich war doch technische Assistentin!' und sie schlugen mich wieder."218
Die Sowjetische Besatzungszone Deutschlands (SBZ) Es gibt zahlreiche solcher Beispiele von Unmenschlichkeit im Westen, aber die Unterdrückung und die Willkürjustiz der Sowjets und ihrer deutschen Genossen in der DDR waren noch viel schlimmer. 3.417 Jugendliche wurden als angebliche „Werwolf'-Angehörige hingerichtet oder kamen in den Sonderlagern in der sowjetisch besetzten Zone ums Leben. Manche waren erst 13 oder 14 Jahre alt. 25 Mädchen wurden beispielsweise in Radeberg bei Dresden von den Sowjets verhaftet und sind nie zurückgekehrt. 168
In Altenburg in Thüringen gab es 1949 eine Widerstandsgruppe aus Junglehrern und Schülern der Oberstufe, die nach dem Vorbild der Geschwister Scholl mit Flugblättern gegen die Unfreiheit in der SBZ protestierten. Ihr Anführer war ein gewisser Joachim Näther, Schüler der Karl-Marx-Schule. Im März 1950 flog die Gruppe auf. Einige konnten sich noch rechtzeitig nach Westberlin absetzen. 21 Personen wurden festgenommen, denen vom 8.-13. September 1950 in Weimar der Prozeß vor einem sowjetischen Militärgericht gemacht wurde. Verteidiger gab es nicht. Näther wurde mit zwei anderen zum Tode verurteilt und im Dezember in Moskau hingerichtet. Die anderen erhielten lange Arbeitslagerhaft. Wolfgang Enke ist es zu verdanken, daß dieser Widerstandskampf, der gleichbedeutend ist mit jenen der Geschwister Scholl, aus der Vergessenheit wieder ans Licht befördert wurde. Er war 1950 zwölf Jahre alt und lebte in Magdeburg. Gerüchteweise hatte er damals von den Vorgängen gehört. Später war er selbst Lehrer an der Karl-Marx-Schule, und 1990 konnte er endlich mit seinen Recherchen beginnen. Heute ist wenigstens eine Gedenktafel in der Schule angebracht, und zwei Straßen wurden nach den Hingerichteten dieser Gruppe benannt. In der SBZ/DDR gab es von 1945-1989 200.000 bis 250.000 politische Häftlinge, wobei die Bedingungen in den ersten fünf Jahren besonders hart waren und rund ein Drittel der damaligen Häftlinge nicht überlebte. Aber auch später waren Erniedrigungen, Todesstrafen, Mißhandlungen und monatelange Isolierhaft in fensterlosen Kellern, um die Häftlinge psychisch zu zermürben, an der Tagesordnung. Auf das Schicksal dieser Menschen hinzuweisen, galt lange Zeit als inopportun. Alte SPD-Genossen, die sich der Vereinigung von SPD und KPD zur SED nicht anschließen wollten, deshalb ins Gefängnis wanderten und später in die Bundesrepublik abgeschoben wurden, galten in der West-SPD als Störenfriede, die der Entspannungsideologie von Brandt, Bahr, Eppler und anderen und ihrer Annäherung an die DDR im Weg standen. „Verratene Treue" nennt es Konrad Löw in seinem gleichnamigen Buch.219 All diese Vorgänge, die hier in wenigen Beispielen geschildert wurden, haben niemals zu einer strafrechtlichen Verfolgung der Täter geführt. Bis heute sind sie nur verhältnismäßig wenigen Deutschen bekannt, und die Medien zeigen keinerlei Interesse, auch sie einmal zur Sprache zu bringen. 169
Geiselerschießungen und Vergewaltigungen Wird heute der Deutschen Wehrmacht der Vorwurf gemacht, im Kampf gegen Partisanen Geiselerschießungen vorgenommen zu haben, die im Verhältnis 1:10 kriegsrechtlich zulässig waren, so haben die Siegermächte beim Einmarsch in Deutschland teils weit härtere Maßnahmen angedroht und auch angewandt. Die französische Militärverwaltung gab am 1. Mai 1945 in Tuttlingen folgende Bekanntmachung heraus: Bekanntmachung Die Einwohnerschaft wird mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß jeder Akt einer feindseligen Handlung gegen die Besatzungstruppen die schwersten Folgen nach sich ziehen wird. Für jeden französischen Soldaten, der getötet wird, sind 50 Geiseln zu stellen, die erschossen werden. Die Namen der Geiseln sind festgestellt. Im französisch besetzten Leutkirch hieß es: „Wenn ein Deutscher auf einen Franzosen schießt oder sonst das Geringste passiert, werden fünf Häuser angezündet und 200 Deutsche erschossen." In der amerikanischen Besatzungszone wurde in einem Gefecht ein amerikanischer General in der Nähe von Paderborn erschossen. Daraufhin ließen die Amerikaner 110 Deutsche erschießen. Im Harz kündigten sie Sühnemaßnahmen im Verhältnis 1:200 an. Die Rote Armee drohte in Berlin Erschießungen von Geiseln im Verhältnis 1:50 an.220 Unabhängig von solchen Androhungen und Vollstreckungen wurde die deutsche Zivilbevölkerung auch auf andere Weise in Angst und Schrecken versetzt. Nur in der englischen Besatzungszone kamen keine gravierenden Verbrechen gegen sie vor wie in den anderen drei Besatzungszonen. Mindestens zwei Millionen deutsche Frauen und Mädchen im Kindesalter von 14 Jahren wurden 1945 oft mehrfach brutal vergewaltigt, etwa 240.000 kamen dabei ums Leben. Viele der Überlebenden bezahlten mit bleibenden gesundheitlichen Schäden.221 Die meisten Opfer gab es in den sowjetisch besetzten Gebieten, nachdem den Rotarmisten durch zahlreiche Aufrufe Ilja Ehrenburgs geradezu eingetrichtert 170
worden war, die deutsche Frau als Beute zu nehmen. Aber auch in der französischen Besatzungszone wurden Vergewaltigungen besonders von eingesetzten Kolonialtruppen verübt. So stellte die deutsche Polizei nach dem Einmarsch französischer Truppen in Stuttgart 1.198 vergewaltigte Mädchen und Frauen im Alter von 14 bis 74 Jahren fest.222 Die Innenstadt von Freudenstadt (Baden-Württemberg) wurde vor dem Einmarsch der französischen Truppen durch Artilleriefeuer in Schutt und Asche gelegt, dann rückten die Truppen ein. „Weiße Franzosen, Fremdenlegionäre, Marokkaner und Algerier besetzten die Stadt und errichteten ein Schreckensregiment, welches einmalig in der Kriegsgeschichte war. Es wurde drei Tage lang gemordet, geplündert, vergewaltigt und Häuser angezündet. Frauen von 16 bis 80 Jahren waren Freiwild, Väter und Mütter, die sich schützend vor ihre Angehörigen stellten, wurden niedergeschossen; die Schreie der gequälten Menschen hallten durch die Nächte. Zirka 800 geschändete Frauen meldeten sich zur ärztlichen Untersuchung im Krankenhaus."223
Der Bombenkrieg Ein besonders verwerflicher Umgang mit den Verbrechen der Siegermächte ist die Beurteilung der Terrorangriffe auf deutsche Städte als Vergeltung - und damit Rechtfertigung. Obwohl geschichtswissenschaftlich besonders durch ausländische Historiker die Tatsachen längst bekannt sind, wird geschichtspolitisch immer noch das Gegenteil behauptet. Auch wenn durch Fernsehserien über Vertreibung und Luftkrieg die Schrecken deutlich werden, so wird doch peinlichst darauf geachtet, darauf hinzuweisen, daß Deutschland letztendlich die Verantwortung dafür trägt. Als im Februar 2002 das ZDF den „Luftkampf über Deutschland" zeigte, war schon der Titel falsch, denn um einen Luftkampf hatte es sich nicht gehandelt, sondern um kriegsrechtswidrige Terrorangriffe. Das „Hamburger Abendblatt" kündigte dann auch in der Ausgabe vom 19. Februar 2002 die Sendung politisch korrekt wie folgt an: „Es wurde zum Trauma für eine ganze Generation: Zwischen dem 24. und dem 30. Juli 1943 fielen allein in Hamburg rund 50.000 Menschen den Luftangriffen zum Opfer. Die Bevölkerung war dem Inferno hilf171
los ausgeliefert: tagsüber griff die US-Air Force Industrieanlagen und Raffinerien an, nachts bombardierten die Briten in mehreren Wellen Wohngebiete. Es war die Vergeltung für Hitlers Luftangriffe auf Rotterdam, Warschau, Coventry und London." Dabei hören wir laufend, es dürfe „nicht aufgerechnet" werden. Für deutsche Opfer gilt dieser Satz aber offenbar nicht. Zudem sind die Behauptungen, es habe sich um Vergeltung gehandelt, historisch unhaltbar. Zuerst zu Warschau: „Erst am 25. September - als das Schicksal Polens längst entschieden ist - treten deutsche Truppen gegen Warschau an. Zwei Tage lang ruft das Radio zur Übergabe der Stadt auf. Nur mit Mühe sind die ausländischen Missionen evakuiert worden. Jetzt macht die deutsche Heeresleitung das Angebot, die gesamte Zivilbevölkerung aus der Stadt herauszulassen, um den Massenmord unschuldiger Menschen zu verhüten. Straßen werden geöffnet, das Feuer schweigt - aber der polnische Kommandant in seiner Verblendung antwortet nicht. Die deutsche Heeresleitung macht einen neuen Vorschlag: die Warschauer Vorstadt Praga soll als kampffreie Zone für die Zivilbevölkerung ausgespart bleiben. Wiederum keine Antwort. Die Polen hoffen auf den siegreichen Anmarsch Englands und Frankreichs, doch sie erhalten keine andere Hilfe als sinnlose Aufmunterung für ihren längst verlorenen Kampf."224 Nach Erd- und Luftangriffen kapituliert die Stadt am 27. September. Die Deutsche Wehrmacht hat sich also strikt an die HLKO gehalten, indem sie vor der Beschießung die Behörden der Verteidiger benachrichtigt hat. Sie hätte die Übergabe der Stadt auch durch Bombenterror erzwingen und die eigene Truppe schonen können, was sie nicht tat, sondern sie setzte zum Sturmangriff an. Der französische Luftattache in Warschau, General Armengaud, berichtete: „Die deutsche Luftwaffe hat die Bevölkerung nicht angegriffen. Ich muß unterstreichen, daß die deutsche Luftwaffe nach den Kriegsgesetzen gehandelt hat; sie hat nur militärische Ziele angegriffen. Und wenn oft Zivilpersonen getötet oder verwundet worden sind, so deswegen, weil sie sich neben diesen militärischen Zielen befanden. Es ist wichtig, daß man das in Frankreich und England erfährt, damit keine Repressalien unternommen werden, wo kein Anlaß zu Repressalien ist, und damit nicht von uns aus ein totaler Krieg entfesselt wird."225 In Rotterdam lagen die Verhältnisse ähnlich: „Als Warschau und Rotterdam bombardiert wurden, standen die deutschen Armeen un172
mittelbar vor den Toren. Die Luftangriffe waren ein Teil der taktischen Offensive"226 gegen eine von holländischen Truppen verteidigte Stadt. Auch Rotterdam wurde zur Kapitulation aufgefordert. Nachdem der Aufforderung vom 13. Mai 1940 nicht nachgekommen worden war, wurde am 14. Mai ein letztes Ultimatum gestellt und auf die Folgen der Ablehnung ausdrücklich hingewiesen. Erst bei Ablauf der Frist erschien ein holländischer Parlamentär, der aber eine schriftliche Aufforderung zur Kapitulation forderte. Die Deutschen bewilligten einen erneuten Aufschub, konnten aber die Luftwaffe nicht mehr verständigen, da diese nach Ablauf des Ultimatums angreifen sollte. So kam es durch eine tragische Verkettung verschiedener Ursachen zum Luftangriff, bei dem aber ausschließlich militärische Ziele angegriffen wurden. Die Zerstörung eines Stadtteils kam dadurch zustande, daß durch starken Wind das Feuer rasch um sich griff, die Ausrüstung der Feuerwehr mangelhaft war, das Hauptwasserrohr getroffen wurde und somit nicht ausreichend Löschwasser zur Verfügung stand. Schnell wurde die Opferzahl mit 30.000 angegeben, die offensichtlich die Ursache für die immer wieder aufgestellte Behauptung von einem Terrorangriff auf die Bevölkerung war. Eine Anfrage beim Niederländischen Staatlichen Institut für Kriegsdokumentation wurde aber am 25. November 1977 von einem Herrn E. G. Groeneveld wie folgt beantwortet: „.. die genaue Zahl der Zivilisten, die bei der Bombardierung von Rotterdam am 14. Mai 1940 getötet wurden, ist noch immer unbekannt. Die beste Schätzung besagt: über 600 und weniger als 900."227 Von einem Terrorangriff auf die Bevölkerung konnte also keine Rede sein. Weder Warschau noch Rotterdam können somit für Vergeltungsangriffe auf deutsche Städte verantwortlich gemacht werden. Und wie verhielt es sich bei den Angriffen auf London und Coventry? Schon im Ersten Weltkrieg hatte England Pläne für einen strategischen Luftkrieg entwickelt, der das Hinterland des Feindes verwüsten, möglichst viele Zivilisten töten und so die Moral des Gegners brechen sollte. Noch 1918 wurden Bomberverbände für die strategische Luftkriegsführung aufgestellt, die nicht mehr zum Einsatz kamen. Einer der radikalsten Verfechter dieser Kriegsauffassung war kein Geringerer als Winston Churchill, der 1925 folgende Überlegungen anstellte: „Vielleicht wird es sich im nächsten Krieg darum handeln, Frauen und Kinder oder die Bevölkerung überhaupt zu töten", was er dann ja 173
„Ich entschuldige mich dafür, was England gegen Deutschland zwischen 1914 und 1939 getan hat. Mein Land ist für viele gewaltige Irrtümer verantwortlich, die gegenüber Deutschland begangen wurden, insbesondere für den Versailler Friedensvertrag und die Behandlung der Weimarer Republik. Wir und Frankreich halfen, Deutschland in den Weg zum Zweiten Weltkrieg zu treiben. Viele von uns wollen diesen Fehler nicht wiederholen. Wir sind beunruhigt über gewisse Anzeichen bei Persönlichkeiten und Zeitungen, die versuchen, allen Haß und alle Mißgunst wieder auszugraben." (Der Labour-Abgeordnete Mc COVERN im Berliner Rathaus bei einer Pressekonferenz im Jahre 2000.) auch in schrecklicher Weise verwirklichte. 1932 erschien in London Churchills Buch „Gedanken und Abenteuer", in dem die zukünftigen Kriegsverbrechen schon beschrieben wurden. Hierin hieß es u.a.: „Die Gliederung der Menschheit in große Staaten und Reiche sowie das Erwachen der Nationen zu vollem Gemeinschaftsbewußtsein ermöglichten es, ein Massenmorden von bisher nicht gesehenen Ausmaßen und ungekannter Dauer vorzubereiten und durchzuführen. Alles, was in den vier Jahren des Weltkrieges geschah, war nur ein Vorspiel zu dem, was sich für das fünfte Jahr vorbereitete. Die Schlacht des Jahres 1919 hätte ein riesiges Anwachsen der zerstörenden Kräfte gesehen. Tausende von Flugzeugen hätten die deutschen Städte mit Bomben in Trümmer gelegt. Die Schlacht von 1919 wurde nie geschlagen, aber ihre Ideen leben weiter. Der Tod steht in Bereitschaft, gehorsam, abwartend, aufmerksam, bereit, die Menschen in Massen hinwegzumähen, bereit, wenn man ihn ruft, alles, was von der Zivilisation noch übrig ist, ohne Hoffnung auf Wiederaufbau zu Staub zu zerstampfen. Er wartet nur auf das befehlende Wort. Vielleicht wird es sich das nächste Mal darum handeln, Frauen und Kinder oder die Zivilbevölkerung überhaupt zu töten, und die Siegesgöttin wird sich zuletzt voll Entsetzen mit jenem vermählen, der dies in gewaltigstem Ausmaß zu organisieren verstand. Zum erstenmal bietet sich einer Gruppe gesitteter Menschen die Möglichkeit, die andere Gruppe zu vollständiger Hilflosigkeit zu verdammen."228 1929 wurden Überlegungen angestellt, welche deutschen Ziele „bombardierungswert" waren, und der britische Lord-Präsident Bald174
win erklärte am 10. November 1932: „...es ist für den Mann auf der Straße gut zu wissen, daß es keine Macht auf der Erde gibt, die ihn davor schützen kann, bombardiert zu werden... Die einzige Verteidigung ist der Angriff, d.h. also, man muß mehr Frauen und Kinder töten als der Feind, wenn man sich selbst schützen will.. ."229 Am 30. Mai 1933, nach 15jährigen Bemühungen der Abrüstungskonferenz, Luftbombardements in künftigen Kriegen auszuschließen, erklärte Lord Londonderry, der Staatssekretär für Luftfahrt, daß die britische Regierung dabei bleibe, den Bombenabwurf aus der Luft als Mittel der Polizeigewalt in Grenzgebieten zu ermöglichen. 1936 wurde in England der Bau viermotoriger Bomber in Auftrag gegeben. „Nach Spaight ging die Organisation des Bomber-Kommandos auf eine .glänzende Idee britischer Fachleute im Jahre 1936' zurück. ,Einziger Zweck des Bomber-Kommandos war die Bombardierung Deutschlands, sollte es unser Gegner werden', gab Spaight freimütig zu." 230 Bereits im September 1939 fielen britische Bomben auf Wilhelmshaven, Cuxhaven und Helgoland - allerdings auf militärische Anlagen -, und noch am 15. Februar 1940 erklärte Chamberlain: „Welchen Weg die anderen auch gehen mögen, die britische Regierung wird niemals zu hinterhältigen Angriffen auf Frauen und andere Zivilpersonen zum Zwecke reinen Terrors Zuflucht nehmen."231 Das änderte sich jedoch schlagartig, als Churchill am 10. Mai 1940 Premierminister wurde. Ob der Bombenabwurf auf Freiburg im Breisgau, dem 57 Menschen - meist Frauen und Kinder - zum Opfer fielen, durch englische Flugzeuge geschah, ist zwar nie ganz aufgeklärt worden, aber in der Nacht vom 10. auf den 11. Mai 1940 wurden 36 Bomben auf Mönchen-Gladbach abgeworfen. Vom 10. bis 13. Mai erfolgten dann 71 Fliegerangriffe auf das deutsche Reichsgebiet, von denen 51 nichtmilitärische Ziele betrafen. Als Repressalienhandlung wurden am 20. Juni 1940 erstmals deutsche Bombeneinsätze gegen englische Militäranlagen geflogen, ohne daß dadurch die englischen Angriffe eingestellt wurden. Im Gegenteil. Am 25. August 1940 fielen die ersten Bomben auf Berlin, die von 42 Maschinen abgeworfen wurden, und es folgten weitere Angriffe mehrere Nächte hintereinander. Darauf kam es am Nachmittag des 7. September zu einem Gegenangriff mit 270 Bombern auf London, der ausschließlich militärischen und kriegswichtigen Anlagen galt. Maximilian Czesany, der das Standardwerk über den alliierten Bombenkrieg verfaßt hat, schreibt dazu: 175
„Mit der jedem Soldatentum und Humanismus widersinnigen Einbeziehung der friedlichen Zivilbevölkerung in die militärische und politische Kriegsführung durch die Luftangriffsbefehle Churchills gegen die deutsche Reichshauptstadt Berlin und dessen erfolgreiche Ablenkungsprovokation Hitlers zu den Vergeltungsangriffen auf die britische Metropole London fand eine fast zweihundertjährige Geschichte zivilisierter' Kriegsführung in Europa ein Ende."232 Aber nicht nur Deutschland hatte unter dem britischen Bombenterror zu leiden. Da die Deutschen den besiegten Franzosen ihre Flotte belassen hatten, die nun friedlich im Hafen lag, wurde sie nach Einstellung der französischen Kriegshandlungen von den „verbündeten" Engländern zerstört. „Der Angriff, dem am 3. Juli 1940 bei Oran und Mers-el-Kébir große Teile der französischen Hochseeflotte zum Opfer fielen, war ein Kriegsverbrechen schwersten Grades. Der britische Befehlshaber, Admiral Sir James Somerville, wurde durch den entsprechenden Befehl seiner Regierung in schwerste Gewissensnot versetzt und zögerte, ihn auszuführen. Er erhielt daher aus London folgende Botschaft: ,Wir haben Sie mit einer der peinlichsten und schwierigsten Aufgaben betraut, die je einem englischen Admiral gestellt war, aber wir haben volles Vertrauen zu Ihnen und verlassen uns darauf, daß Sie sie unerbittlich durchführen werden.' Schließlich überwand der Admiral seine Bedenken und führte den Befehl aus. Die Folgen waren verheerend: Ein Schlachtschiff flog in die Luft, ein zweites geriet auf Grund, auf einem dritten brach Feuer aus, und es strandete. 1.297 Angehörige der französischen Kriegsmarine verloren dabei ihr Leben. Nur ein Schlachtschiff entkam. Frankreich war zu diesem Zeitpunkt aus dem Krieg ausgeschieden und mußte als neutral angesehen werden. Dieser schwere Bruch des Völkerrechts wurde vom Unterhaus einstimmig gebilligt!"233 Die Angriffe der RAF auf deutsche Städte gingen in den nächsten Wochen weiter. Am 9. September auf einwandfrei nichtmilitärische Ziele in Berlin, auch auf Krankenhäuser und Wohnviertel, am 11. September u.a. auf Wohnviertel in Hamburg, Bremen und Berlin, am 18. September auf die Anstalten von Bethel, am 19. September auf die Arbeitersiedlung Pfaffengrund in Heidelberg usw. J. M. Spaight vom britischen Luftfahrtministerium schrieb in seinem 1949 in London erschienenen Buch „Air power and war rights": 176
„Wir begannen, Ziele in Deutschland zu bombardieren, ehe die Deutschen dies in England taten. Das ist eine historische Tatsache, die auch öffentlich zugegeben worden ist. Wir brachten London zum Opfer dar, denn die Vergeltung war gewiß. Es ist keine absolute Gewißheit, aber doch sehr wahrscheinlich, daß die Deutschen London und das Industriegebiet nicht angegriffen hätten. Deutschland bemühte sich um ein Stillhalteabkommen im Bombenkrieg, so oft sich dafür die leiseste Chance zu bieten schien."234 Dies bestätigt auch der Militärhistoriker Sir Basil Liddell Hart: „Die Deutschen waren vollkommen berechtigt, ihren Angriff auf London als Repressalie zu bezeichnen, da sie vor unserem sechsten Angriff auf Berlin erklärt hatten, daß sie zu einer solchen Handlungsweise übergehen würden, falls wir unsere Nachtangriffe auf Berlin nicht einstellten" und er schrieb an anderer Stelle über den Bombenterror, er sei „die unzivilisierteste Art der Kriegsführung, die die Welt seit den Verheerungen der Mongolen gesehen hätte" und ein „Rückfall in die Barbarei längst vergangener Epochen".235 Churchill gab seinem Bomberchef Harris die Anweisung: „Ihr Job ist es, soviele Deutsche zu töten wie möglich! Ich hoffe, daß wir dieses Mal nicht den Fehler wiederholen werden, zwischen dem deutschen Volk und seinen Führern einen Unterschied zu machen. Wir müssen die Deutschen vernichten und die notwendige Anzahl von ihnen töten. Wir können gar nicht genug von ihnen töten, um zu gewinnen."236 - 1941 hatte er in einer Rede erklärt: „Es gibt weniger als 70 Millionen Hunnen (Deutsche - R. C.) - einige davon sind zu heilen, die anderen umzubringen."237 Hier war sich Churchill mit Roosevelt wohl einig, der im August 1944 erklärte: „Wir müssen hart mit Deutschland umgehen, und ich meine die Deutschen, nicht nur die Nazis. Entweder müssen wir das deutsche Volk kastrieren oder ihm so eine Behandlung verpassen, daß es nicht weiter Nachwuchs zeugen kann, der dann immer so weitermachen will wie in der Vergangenheit."238 Folgende Nachricht brachte die österreichische Nachrichtenagentur APA am 10. Januar 1987: „Großbritannien/Zweiter Weltkrieg ,Guardian': Churchill erwog Milzbrand-Bomben auf deutsche Städte utl.: an Verzögerungen bei der Produktion gescheitert 177
London (dpa) - Der frühere britische Premierminister Winston Churchill hat nach einem Bericht des ,Guardian' während des Zweiten Weltkriegs erwogen, Milzbrand-Bomben auf sechs deutsche Städte werfen zu lassen. Durch diese bakteriologischen Waffen, die von den USA und Großbritannien gemeinsam entwickelt und erprobt worden seien, wäre mehr als die Hälfte der in den betroffenen Städten lebenden Bevölkerung ums Leben gekommen. Als Ziele seien unter anderem Berlin, Hamburg, Frankfurt und Stuttgart vorgesehen gewesen, schrieb die Zeitung am Freitag." Von der deutschen Presse wurde diese Meldung nicht weiter aufgegriffen. Nur das österreichische Nachrichtenmagazin „profil" kam Jahre später, am 21. Januar 1991, auf diese Meldung zurück und führte weiter aus, daß damals mit 17 Millionen Opfern gerechnet worden wäre. Lediglich die Angst vor einem deutschen Gegenschlag hätte Churchill gehindert, diese grauenvolle Waffe einzusetzen. Eine kleine, unbewohnte Insel, auf der sie getestet wurde, war bis 1990 (!) verseucht und konnte erst nach umfangreichen Entseuchungsmaßnahmen wieder betreten werden. Da Milzbrandsporen 700 Jahre aktiv bleiben, wären große Teile Deutschlands bis heute unbewohnbar. „Was wir im deutschen Widerstand während des ganzen Krieges nicht wirklich begreifen wollten, haben wir nachträglich vollends gelernt; daß dieser Krieg nicht nur gegen Hitler, sondern gegen Deutschland geführt wurde." (EUGEN GERSTENMAIER, Mitglied des Widerstandes gegen Hitler und von 1954 bis 1969 Präsident des Deutschen Bundestages, am 31. Mai 1975 in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung".) Ist es tatsächlich Unwissenheit oder doch bewußte Lüge, wenn angesichts dieser Fakten die deutschen Medien den Angriff auf Coventry als von Deutschland verschuldeten Auslöser des Bombenkriegs bezeichnen? Nachdem die Engländer bereits monatelang immer wieder deutsche Städte bombardiert hatten, erfolgte in der Nacht vom 14. auf den 15. November der Angriff auf das Rüstungszentrum Coventry als Vergeltung für britische Bombenangriffe auf München. 500 Tonnen Bomben wurden auf Coventry abgeworfen und hatten eine zwanzigprozentige Einschränkung der britischen Flugzeugindu178
strie zur Folge. 8,3 % der bebauten Stadtfläche wurden vernichtet. Die Zahl der Toten in der Viertelmillionenstadt betrug zwischen 380 und 600 Menschen, so daß weder von einer Vernichtung der Stadt noch von einem Terrorangriff auf die Zivilbevölkerung gesprochen werden kann.239 England hatte Deutschland den Krieg erklärt - und nicht umgekehrt - und allein bis Ende 1940 Berlin 36mal angegriffen. In Coventry lag ein Dutzend Fabriken der Flugzeugmotorenindustrie in Wohngebieten, und der Kanonikus der zerstörten Kathedrale von Coventry schrieb am 12. Februar 1995 im „Observer": „Wenn Krieg Krieg war, dann war Coventry ein legitimes Bombenziel - es war das Herz der britischen Rüstungsindustrie." Da die historische Wahrheit nunmehr bekannt ist, sucht man - zuallererst auch bei uns selbst - nach anderen Gründen, weshalb die Deutschen eigentlich Schuld am Flächenbombardement haben. Die Art der Bombardierung von Coventry mit Spreng- und Brandbomben mag in gewisser Weise ein Vorbild für Engländer und Amerikaner gewesen sein, nur ist es doch wohl ein Unterschied, ob die Deutschen militärische und industrielle Ziele mit einer bestimmten Strategie angegriffen haben, um die Engländer zur Aufgabe des Bombardements auf die deutsche Zivilbevölkerung zu bewegen, oder ob die Engländer und Amerikaner mit der gleichen Strategie bewußt geplante Mordangriffe gegen die Zivilbevölkerung führten. Die Hauptlast der Bombenangriffe und Zerstörungen erfolgte ja gegen Kriegsende, als Deutschland außerstande war, sich noch zu wehren, und war militärisch völlig sinnlos. Ein Deutscher, der zwischen den Kriegen einem Ruf nach Oxford gefolgte Naturwissenschaftler Prof. Frederick A. Lindemann, der im Kabinett Churchill zum Lord Cherwell ernannt wurde, hat allerdings Anteil am Flächenbombardement. 1942 studierte er mit anderen britischen Wissenschaftlern die Auswirkungen von Luftangriffen und lieferte Zahlen und Richtlinien für die neue Angriffstaktik, die an die Stelle gezielter Bombenangriffe auf militärische Ziele auf das Flächenbombardement ganzer Wohnviertel setzte.240 Im April 1942 erklärte der britische Premierminister im Unterhaus: „In diesem Sommer und Herbst - ja auch im nächsten Winter wird Deutschland ein wissenschaftlich präzises Luftbombardement von einer Wucht, in einem Umfang und in einer Dauer erleben, wie es 179
keines der von ihm mißhandelten Völker zu erdulden hatte. Wir dürfen uns nicht durch falsche Freunde von diesen schwersten und furchtbarsten Kriegsmaßnahmen abhalten lassen. Ein halbes Dutzend deutscher Städte hat bereits das volle Ausmaß von dem zu spüren bekommen, was die Deutschen auf Coventry niedergehen ließen. Weitere 30 Städte und später noch mehr stehen auf unserer Liste."241 Die Amerikaner verfolgten ähnliche Pläne. „1943 ließ man im Bundesstaat Utah genaue Nachbauten Berliner Mietkasernen errichten, an denen die Einäscherung deutscher Städte geübt werden sollte. Beim Nachbau deutscher Straßenzüge half der aus Deutschland emigrierte Architekt Erich Mendelsohn, der aufgrund seiner langjährigen Bautätigkeit in Deutschland über genaue Kenntnisse deutscher Bauweise verfügte. Auch in den Einrichtungen wurde deutsche Wohnkultur nachgeahmt. So entstand das ,German Village'. So baute man die typischen Mietskasernen Berliner Arbeiterviertel nach, jene am dichtesten besiedelten Arme-Leute-Viertel, deren Vernichtung die meisten Toten verursachten. Auf diese ,deutschen' Wohnviertel flogen dann die amerikanischen Bomber ihre Probeangriffe mit Brand- und Sprengbomben."242 Nicht Coventry und schon gar nicht die Angriffe auf Warschau oder Rotterdam, die weder etwas mit Terrorangriffen noch mit Kriegsverbrechen zu tun haben, waren somit die Auslöser für die Terrorangriffe auf die deutsche Zivilbevölkerung, sondern es war die anglo-amerikanische Kriegssauffassung, die entgegen der Haager Landkriegsordnung eine Schonung der Zivilbevölkerung ausschloß. „Da aber der Zweck des Krieges die Niederwerfung des feindlichen Volkes als solches ist, so sind grundsätzlich auch Gewaltmaßnahmen gegen Nichtkombattanten und gegen das Privateigentum gestattet."243 „Der Internationale Gerichtshof in Nürnberg sprach deshalb Hermann Göring von der Anklage, Warschau, Rotterdam und Coventry angegriffen zu haben, frei; es handelte sich nach Ansicht des Gerichts um gerechtfertige Kriegshandlungen."244 Man wollte dieses Thema in Nürnberg letztlich ausklammern. Der Hauptankläger der USA, Robert H. Jackson, verhinderte dies mit dem wohl sehr verständlichen Argument: „Dieses Thema wäre einer Aufforderung zur Erhebung von Gegenbeschuldigungen gleichgekommen, die in diesem Prozeß nicht nützlich gewesen wären."245 „In diesem Zusammenhang besteht Grund, darauf hinzuweisen, was Sir Hartley Shawcross, der britische Hauptankläger, am 26. Juli 180
1946 vor dem Nürnberger Internationalen Militärgerichtshof vorgetragen hat. Das ,größte Kriegsverbrechen', dessen die Angeklagten beschuldigt würden, sei die Verletzung der ,festverankerten und unbestrittensten Regeln des Kriegsrechts, nämlich daß Nichtkombattanten nicht zum direkten Objekt der Kriegshandlungen gemacht werden dürfen'."246 - Der Zynismus ist kaum zu überbieten. Die bewußte Zerstörung deutscher Städte und die Vernichtung ihrer Zivilbevölkerung wurde nun von Jahr zu Jahr gesteigert. Der erste Großangriff mit mehr als 2.000 Bombern sollte 1942 auf Hamburg erfolgen. Man hatte dafür den einhundertsten Jahrestag des großen Brandes vom Juni 1842 vorgesehen. Schwere Gewitter aber machten den Angriff auf Hamburg unmöglich, so daß die Bombenlast auf Köln niederging. Aber ein Jahr später, im Juli 1943, wurde durch das „Unternehmen Gomorrha" Hamburg verwüstet, was der Autor selbst als junger Luftwaffenhelfer auf dem Flakturm auf dem Heiligen Geistfeld in seinen ganzen schrecklichen Ausmaßen miterlebte. Was hier passierte, wurde von neutraler Seite in den „Baseler Nachrichten" vom 20. September 1943 objektiv berichtet. Der Autor kann es selbst aus eigenem Erleben nur unterstreichen: „Bei dem Luftbombardement Hamburgs hat sich in einem dichtbesiedelten, mehrere Quadratkilometer großen Stadtteil als Folge des Teppichabwurfs von Minen, Spreng-, Phosphor- und Hunderttausenden von Stabbrandbomben eine Katastrophe ereignet, die alle bisherigen Erscheinungen des Bombenkrieges in den Schatten stellt. Es ist dabei hervorzuheben, daß es sich hier um eine Wirkung handelt, die nur bei der Bombardierung von dicht besiedelten Wohnbezirken, aber nicht von Industriegelände hervorgebracht werden kann... Es handelt sich dabei um eine wohlbekannte Tatsache, daß jeder offene Brand sich den notwendigen Sauerstoff aus der umgebenden Luft ansaugt. Entsteht nun ein Brand von mehreren Quadratkilometern Ausdehnung, dann verbinden sich die aus den einzelnen Häuserzeilen und Häuserblocks emporzüngelnden Flammen zu einer... geschlossenen und nach immer größeren Höhen emporflackernden Flammendecke. Nach englischen Angaben reichte der Hamburger Brand auf sechs Kilometer Höhe, d.h. so hoch stieg die unten entwickelte Glut nach oben. Im Gebiet des Flächenbrandes selbst entsteht eine Taifunstärke erreichende, orkanartige Luftbewegung. Dabei dienen die Straßen als Luftzufuhrkanäle, und gleichzeitig saugt der durch sie fegende Sturm181
wind den Brand aus den Häusern waagrecht oder gar nach unten in den Straßenraum hinein... Der Brand reißt die letzten Sauerstoffreste aus allen Räumen, Unterständen und Kellern, ebenso verzehrt er den Sauerstoff in der Straßenluft. Zunächst entstehen nun in den Kellern Sauerstoffmangel und Atemnot. Gleichzeitig steigt die Temperatur der Schutzräume schnell auf unerträgliche Höhe... Es versteht sich, daß Männer mit ihrer verhältnismäßig widerstandsfähigeren Konstitution eher in der Lage waren, einer solchen Angriffsmethode zu widerstehen, keineswegs aber Frauen und Kinder. Diese bilden dann auch die Mehrzahl der Opfer. Besonders zahlreich finden sich die völlig verkohlten Frauen- und Kinderleichen an den Häuserwänden in den Straßen; denn Frauen und Kinder, die sich aus dem Keller... auf die Straße, erfüllt von Funkenregen, hinausbegaben, konnten nur noch wie Neros brennende Fackeln, aber nicht mehr als lebende Wesen auftauchen. Es ergibt sich also, daß die hier geführte Form des Luftkrieges... ganze Bezirke einer Großstadt, und zwar die Wohnviertel von Arbeitern und Angestellten, .. .zu einem feurigen Grab umwandeln kann, dem niemand entgeht, der nicht den Mut besitzt, sich in den AnfangsStadien durch Phosphorregen, Spreng- und Brandbomben zu flüchten."247 Aus dem Bericht des Polizeipräsidenten von Hamburg ist über den Terrorangriff auf die Stadt im Juli/August 1943 folgendes zu lesen: „Wir gingen durch die Reihen der wahllos verstreut liegenden Leichen und suchten unsere Kameradinnen. Wir sahen in jedes Gesicht wie in einen Spiegel; einen Spiegel des Unfaßbaren, des Unbegreiflichen, der Ewigkeit. Was lag auf den Stirnen, was in den Augen, was hielten die verkrampften Hände, was riefen die geöffneten Lippen, was warf die Sonne noch ein letztes Glanzlicht auf aufgelöstes Haar? Dort lag eine alte Frau. Ihr Gesicht war friedlich, weich und müde. Weißes Haar leuchtete. Ihr nackter, ausgemergelter Körper lag in der Sonne, die er nicht mehr spürte. Und dort - eine Mutter, an jeder Hand ein Kind. Sie lagen alle drei auf dem Gesicht, in einer fast anmutigen, gelösten Bewegung. So hatte die Ohnmacht sie sinken lassen. Ihr Tod war unmerklich gekommen. Und dort - ein Soldat, mit den verkohlten Stümpfen der Beine. Dort eine Frau mit dem zerrissenen Leib, auf dessen herausgequollenen Eingeweiden in blauen Trauben die Fliegen saßen. Und dort das Kind, mit dem krampfhaft fest182
gehaltenen Vogelbauer. Und dort losgelöst vom Körper - ein Knabenfuß in einem schwarzen Stiefel, eine kleine braune Mädchenhand mit einem blauen Ring... Kein Herz kann schlagen bei solchem Sehen. Es zuckt und flattert, und nur die Furcht vor dem Schwindel hält gerade, die Furcht davor ausgelöschtes Bewußtsein - mitten hineinzusinken in diese in der Hitze flirrenden, sich hebenden und senkenden Flut der Toten. Wir gingen zurück, als seien wir mit Mühe entkommen; zurück zu lebenden Menschen, zu Stimmen, zu unerstarrten Augen. Ich wäre gern gelaufen, schnell und atemlos, neu aufgerafft und nach jedem Sturz über die hindernden Trümmer. Frost kam mitten aus der größten Hitze des Tages und schüttelte. Der Geruch der Verwesung hing uns an, und wir trugen ihn mit den Kleidern und im Herzen wohl auch. Im Dobbelersweg, einer dieser kleinen engen Straßen, stand vor einem der zusammengestürzten Häuser mit den verschütteten Kellern ein Soldat und rief; immer wieder rief er mit einer seltsam fernen und hohen Stimme; ,Mutti! - Ursula! - Mutti! - Ursula!' Mein Begleiter ging auf ihn zu und sprach ihn an. Hier konnte kein Leben mehr sein! Hier war nur noch der Tod. Warum das Rufen? - Aber kann man das einem Mann sagen, dem der Irrsinn aus den Augen sieht? Kann man diese kleine, winzige, selbst nicht geglaubte Hoffnung noch rauben, an der ein Menschenherz sich mühsam aufrecht hält? Kann man vom Tod noch sprechen, wo der andere ihn schon weiß und sich nur noch eine Weile, eine kleine Weile, bis alles überwunden ist, selbst betrügen möchte? Der Soldat sah uns an, als seien wir Luft. Er sei auf Urlaub gekommen, heute. Er suchte seine junge Frau und sein Kind. Sie seien sicher im Keller und würden ihn hören. Er würde sie schon ausgraben. Ja, sicher, er sei doch stark, und seine Frau warte auf ihn... Vorsichtig versuchten wir, den Mann zu bewegen, daß er uns doch folgen und mit uns in die Stadt fahren möge. Aber er hörte uns gar nicht. Er wandte sich ab, und als wir weitergingen, weitergehen mußten, hörten wir ihn noch lange hinter uns rufen: „Mutti! - Ursula!"248 Mit über 40.000 Toten war es der bisher schwerste Angriff auf eine deutsche Stadt. Die genaue Zahl der ums Leben Gekommenen wird sich, wie in allen betroffenen Städten, nur schwer feststellen lassen. Mindestens 15 % der Hamburger Opfer waren Kinder. Hier wurden auch erstmals „Flüssigkeitsbrandbomben" eingesetzt aus einer Mischung von Benzin, Gummi, Öl, flüssigem Asphalt, Viscose, Magne183
siumstaub und Phosphor, wodurch das Löschen fast unmöglich gemacht wurde. „Als besonders gefährlich erwiesen sich diese Bomben bei direkten Verletzungen und Verbrennungen des menschlichen Körpers. Ungezählte Menschen gingen daran qualvoll zugrunde oder verfielen vor allem infolge der Phosphoreinwirkungen in ein meist unheilbares grausames Siechtum, an dem noch viele Jahre später Verletzte starben."249 Rund 2,8 Millionen Tonnen Bomben -je zur Hälfte von amerikanischen und englischen Maschinen - gingen in den Jahren 1940 bis 1945 auf deutsche Städte nieder, über die Hälfte davon allein im Jahre 1944. War Hamburg die erste Stadt, die den verheerenden Feuersturm in seinem gesamten Ausmaß erleben mußte, so war vom 13. bis 15. Februar 1945, als Deutschland praktisch schon besiegt war und Russen, Engländer und Amerikaner auf deutschem Boden standen, die Kunstund Lazarettstadt Dresden eine der letzten Städte, die dieses grausame Schicksal erlitt. Der katholische Philosoph Martin Kriele schrieb dazu: „Die Vernichtung von Dresden war ein barbarischer Akt. Der Großangriff der britischen und amerikanischen Luftflotte am 13. und 15. Februar 1945 endete in einer Orgie des Grauens. Das Sterben der wehrlosen Bevölkerung, das Leiden der überlebenden Opfer und der Untergang der historischen Stadt lassen den Vergleich mit einer atomaren Katastrophe zu. Dresden war ein Vorgriff auf Hiroschima."250 Und der britische General Fuller fragte: „Was soll diese mongolische Zerstörungswut?" Er „nannte die Ausdehnung des Luftkriegs auf die Zivilbevölkerung einen scharf zu mißbilligenden Bruch mit aller rechtlicher und humanitärer Tradition."251 Der bekannte Ökonom Joseph Schumpeter, der in die USA geflüchtet war, sagte bei Kriegsende von Harvard aus für all jene, die es hören wollten, „daß Churchill und Roosevelt mehr zerstört haben als Dschingis-Kahn". Waren es zunächst die Bomben, die auf die auch von Flüchtlingen vollgestopfte Stadt niedergingen und auch deutlich gekennzeichnete Krankenhäuser und Lazarette nicht schonten, so wurden am 14. Februar bei einem Tagesangriff, als sich die Überlebenden aus den Trümmern auf die Eibwiesen geflüchtet hatten und sich dort in Sicherheit glaubten, nicht nur diese Eibwiesen bombardiert, sondern auch aus Jagdflugzeugen gezielt auf die verzweifelten Menschen geschos184
sen. Es war ein ganz bewußter Massenmord, eines der schlimmsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit, dem mindestens zwischen 100.000 und 250.000 Menschen zum Opfer fielen. Vermutlich zu keiner Zeit in der Weltgeschichte sind an drei Tagen so viele Menschen getötet worden wie in Dresden. Die bewußte Tötung von Flüchtlingen war extra befohlen worden. Czesany schreibt dazu: „Einer Staffel wurde die Tötung möglichst vieler in Dresden Zuflucht suchender Flüchtlinge befohlen, um vor der Front der Roten Armee Panik und Chaos zu verbreiten. Diese Staffel beschloß einstimmig, ihr Mißfallen mit diesem Einsatz durch Nichtaufladen zusätzlicher Abwurfmittel, wie Beton-, Stahl- und Glasstücke, die sonst auch noch auf die Stadt niedergegangen wären, zum Ausdruck zu bringen."252 Insgesamt kamen rund 700.000 Menschen in Deutschland durch die Luftangriffe ums Leben, rund 900.000 wurden verwundet. Czesany zitiert den britischen Luftmarschall Harris, dem man nach dem Krieg ein Denkmal setzte, mit den Worten: „Bis zum Dezember des Jahres 1944 hatten wir 80 % von allen Städten in Deutschland mit einer Bevölkerung von mehr als 100.000 Einwohnern - vor dem Krieg gerechnet - entweder vollständig vernichtet oder sehr ernstlich zerstört. Die noch übrigen von diesen Städten, besonders im Osten Deutschlands, sollten noch im Jahr 1945 vernichtet werden."253 Allein was an unersetzlichen Kunstgütern, jahrhundertealter Bausubstanz und architektonischen Schätzen dabei vernichtet wurde, läßt sich kaum ermessen. Bewußt sollte damit - über alle Todesopfer hinaus - auch die Seele des deutschen Volkes getroffen und Deutschland soviel an von Menschen geschaffener Schönheit, Kultur und Tradition beraubt werden wie nur möglich. Am 3. Mai 1963 veröffentlichte die Zeitschrift „New Statesman" folgendes Bekenntnis des Ministers R. Crossman, der während des Krieges Chef der britischen politischen Kriegführung gegen Deutschland war: Die Zerstörung von Dresden war eines jener Verbrechen gegen die Menschlichkeit, deren Urheber man in Nürnberg vor Gericht gestellt hätte, wäre dieses Gericht nicht in ein reines Instrument alliierter Rache verdreht worden.254 Der britische Diplomat und Publizist Harold Nicolson nannte den anglo-amerikanischen Vernichtungsschlag gegen die unverteidigte 185
Flüchtlings- und Lazarettstadt Dresden „The greatest single holocaust by war".255 In Deutschland aber will man das heute nicht mehr so sehen. Politisch völlig korrekt veröffentlichte ein pensionierter Geschichtslehrer, Herr Helmut Schnatz, im Jahr 2000 zur berechtigten Empörung vieler Dresdner, die das Grauen damals miterlebt hatten, ein Buch mit dem Titel „Tiefflieger über Dresden", in dem das Beschießen von Flüchtlingen auf den Eibwiesen bestritten wird. Es seien „Truggespinste", da es „unter dem Schock der Bombardements zu Sinnestäuschungen kommen könne, besonders bei einer luftkriegsunerfahrenen Bevölkerung". Schon der Journalist Götz Bergander hatte ähnliche „Tatsachen" beschrieben. Die, die es erlebt haben, haben es allerdings anders in Erinnerung, und sie waren trotz des Grauens ihrer Sinne mächtig. Auch ein hochdekorierter amerikanischer Jagdflieger des Zweiten Weltkriegs, General Chuck Yeager, bestätigte in seinem Memoiren, daß von alliierten Jagdfliegern verschiedentlich gezielt deutsche Zivilisten unter Feuer genommen wurden: „Greueltaten wurden auf beiden Seiten begangen. In diesem Herbst (1944) erhielt unser Jagdgeschwader einen Befehl der 8. Luftflotte für einen maximalen Einsatz. Unseren 75 Mustangs wurde ein Bereich von 50 auf 50 Quadratmeilen innerhalb Deutschlands zugeteilt und der Befehl gegeben, auf alles zu schießen, was sich bewegt. Die Absicht war, die deutsche Bevölkerung zu demoralisieren. Niemand fragte uns um unsere Meinung, ob wir wirklich die Überlebenden demoralisierten oder sie vielleicht in solchen Zorn versetzten, daß sie sich danach maximal für den Krieg der Nazis einsetzen würden. Wir wurden nicht gefragt, wie wir uns fühlten, Menschen abzuknallen. Es war eine elende, schmutzige Angelegenheit, aber wir sind alle pünktlich gestartet und taten es. Niemand kam auf den Gedanken, sich zu weigern, mitzumachen.256 Ein ehrliches, aber auch erschreckendes Eingeständnis eines Kampfpiloten, das die Mißachtung des Völkerrechts durch die Amerikaner deutlich erkennen läßt. So handelt es sich bei den Beschönigungen des Dresdner Terrorangriffs wohl mehr um eine Weißmalerei der Alliierten, um die deutschen Untaten in einem noch grelleren Licht erscheinen zu lassen. Werden auf der einen Seite, wenn es um die Aufarbeitung der deutschen Vergangenheit geht, Zeugenaussagen fast immer geglaubt, so wird hier die große Zahl der Zeugenaussagen 186
schlicht als falsch behandelt, obwohl, wie Friedrich Karl Fromme in der „Welt am Sonntag" vom 30. April 2000 schrieb, „es Äußerungen von Ärzten gibt, daß sie Verletzungen behandelt hätten, die - nach Aussage der Patienten und nach eigenem Befund - nur von Maschinengewehrbeschuß stammen konnten. Ärzte mit Erfahrungen bei der Truppe waren durchaus in der Lage, Verletzungen durch Bombensplitter von solchen durch Schußwaffen zu unterscheiden." Ähnlich wird auch argumentiert, wenn es um die Opferzahlen von Dresden geht. Der Journalist Götz Bergander meinte, es wären nur 25.000 gewesen. Das widerspricht allen offiziellen Zahlen. Der spätere Oberstleutnant der Bundeswehr, Matthes, der nach den Angriffen auf Dresden einen Sonderstab zur Bergung der Toten zusammenstellte, berichtete von 35.000 voll und namentlich Identifizierten, 55.000 Teilidentifizierten - beispielsweise durch Eheringe - und 165.000 nicht mehr Identifizierbaren.257 Auch der Befehlshaber der Ordnungspolizei in Dresden, Oberst Grosse, meldete am 22. März 1945 nach Berlin, daß 202.040 Tote registriert worden seien, und zwar überwiegend Frauen und Kinder. Er fügte hinzu, daß damit zu rechnen sei, daß die Zahl auf 230.000 ansteigen werde. Im Buch „Der Zweite Weltkrieg in Bildern und Dokumenten" von Professor Jacobson werden 250.000 Tote genannt. Im „Report of the Joint Relief 1941-1946" des Internationalen Roten Kreuzes, Genf, ist die Zahl der Dresden-Toten mit 275.000 angegeben, während anläßlich des jährlichen Gedenktages an den Untergang Dresdens von den deutschen und österreichischen Massenmedien in bewußter Verfälschung der historischen Wahrheit immer nur von 35.000 Toten die Rede ist - also nur von den namentlich identifizierten -, weil die furchtbare Wahrheit nicht dem „volkspädagogisch gewünschten Geschichtsbild" entsprechen würde.258 Einer der großen deutschen Tugendwächter, Ralph Giordano, „meinte dem Bundespräsidenten Roman Herzog für dessen Rede zum fünfzigsten Jahrestag der Bombardierung Dresdens öffentlich Ratschläge erteilen zu müssen: Er möge daran denken, daß die Zerstörung der Kultur- und Lazarettstadt der Lieblingsaufhänger professioneller Aufrechner sei. So verwunderte es nicht, daß die stets tugendhafte „Süddeutsche Zeitung" die Gedenkfeierlichkeiten auch als ,späte Entnazifizierungsliturgien' qualifizierte."259 Schreit hier niemand: „Schändung des Andenkens Verstorbener!" Müssen sich deutsche Opfer wirklich jeden Zynismus gefallen lassen? 187
„Prominente Briten haben", und das soll hier ebenfalls ausdrücklich gesagt werden, „im britischen Parlament schon während des Krieges auf die unmenschliche und völkerrechtswidrige Art der britischen Luftkriegsführung hingewiesen. Im Oberhaus tat dies George Bell, Bischof von Chichester, im Unterhaus der Labour-Abgeordnete Stokes. Die Regierung stritt der Wahrheit zuwider jede Unkorrektheit ab. Als Dresden zustört worden war, erklärte Stokes am 6. März 1945 im Unterhaus, das, was jetzt geschehen sei, werde für alle Zeiten einen Schandfleck auf dem britischen Ehrenschild bilden. Diese Äußerung wurde schweigend hingenommen. Dem Gesamtbild der britischen Streitkräfte hat sie nicht geschadet."260 „Die Taktik der fanatisierten Tugendwächter ist simpel: Alliierte Kriegsverbrechen werden soweit als möglich verschwiegen. Bei einigen ist das schwierig, den Bombenterror haben zu viele miterlebt. Also wird er erst einmal als Folge deutscher Handlungen dargestellt - Coventry, Warschau, Rotterdam. Daß das historisch kaum haltbar ist, spielt keine Rolle, denn entgegenstehende Meinungen werden unterdrückt. Dann werden die Zahlen der Opfer soweit als möglich minimiert (Dresden angeblich ,nur' 35.000 Tote). Der Rest, der dann noch übrigbleibt, wird untergeordneten Stellen in die Schuhe geschoben, dem Luftmarschall Sir Arthur Harris. Der Hinweis, daß Churchill und Roosevelt ihm Befehle gaben und ihm die Bomberflotten zur Verfügung stellten, würde nur unbeliebt machen. Schlimmstenfalls steht die Aufrechnungskeule bereit. Kalkulierte Anwendung von zweierlei Maß tritt hinzu. Die Weisung Churchills an die britische Marine, Überlebende versenkter deutscher U-Boote zu retten oder im Wasser treibend zu ,erschießen', was immer bequemer sei, würde uns deutlich vorgehalten, stammte sie von Dönitz oder Tirpitz. Aber da ein Premierminister der ,Westlichen Wertegemeinschaft' sie erlassen hat, wird sie verschwiegen. Hätte sich Ernst Jünger der Ermordung von Kriegsgefangenen gerühmt, wäre er diskreditiert. Doch da es Ernest Hemingway war, der sich rühmte (,Ich schoß ihm dreimal schnell in den Bauch, dann, als er in die Knie ging, schoß ich ihm in die Birne, so daß sein Gehirn aus dem Mund kam, oder ich glaube, es war die Nase'), ist 's unbedeutend." (Generalleutnant a. D. der Bundeswehr DR. FRANZ UHLE-WETTLER.) 188
Positiv soll daher daran erinnert werden, daß am 55. Jahrestag der Zerstörung Dresdens, am 13./14. Februar 2000, der Herzog von Kent als Vertreter der britischen Königsfamilie und Schirmherr des englischen Stiftervereins „Dresden Trust" das neue, von den Engländern gestiftete Kuppelkreuz für die Frauenkirche „im Namen vieler Bürger des Vereinigten Königreiches einschließlich Ihrer Majestät, der Königin, und in Demut vor Gott" übergeben hat. Er sagte: „Wir erleben heute die Erfüllung eines Traumes, den wir gemeinsam geträumt haben - einen Traum von Versöhnung und Freundschaft, verbunden mit dem Glauben, daß wir mit Zuversicht in das neue Jahrtausend schreiten können." Die Nachbildung des vergoldeten Kuppelkreuzes der Frauenkirche ist ein 7,60 Meter hohes Kunstwerk, das spätestens im Jahr 2006 die Kuppel der dann wiederaufgebauten Frauenkirche krönen soll. Das 900.000 DM teure Kreuz wurde nach dem Vorbild des zerstörten Originals vom Londoner Kunstschmied Alan Smith hergestellt, dessen Vater einst als RAF-Pilot am Angriff auf Dresden teilgenommen hatte. Es wurde ausschließlich durch englische Spender finanziert; ein namhafter Betrag kam auch von Prinz Charles. Als der Krieg gegen Japan praktisch gewonnen war, erlitt die dichtbesiedelte Stadt Tokio das fast gleiche Schicksal wie Dresden mit annähernd 100.000 Toten. Schließlich aber erfolgte das wohl größte Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit dem Abwurf der Atombomben auf Hiroschima und Nagasaki am 6. und 9. August 1945, denen mindestens 300.000 Menschen zum Opfer fielen und unzählige Schäden davontrugen, an denen sie nach Jahren starben bzw. noch heute leiden. Nach dem Hauptschuldigen des kriegsverbrecherischen Angriffes auf Dresden und auf so viele andere deutsche Städte, Winston Churchill, aber wurde im ehemaligen Bonner Regierungsviertel eine Straße benannt; 1956 erhielt er für seine „Verdienste für Europa" den Karls-Preis der Stadt Aachen, und der ehemalige SPD-Verteidigungsminister Rudolf Scharping überlegte, eine Kaserne nach ihm zu benennen - so dankbar sind wir Deutschen gegenüber einem, der die Verantwortung für den hunderttausendfachen Mord an deutschen Frauen und Kindern trägt. Heute zählen eben deutsche Opfer nicht mehr. Sie werden aufgerechnet, verharmlost, gerechtfertigt oder gar zynisch geleugnet und in ihrer Existenz bestritten. Wer an sie erinnert, wird der Sympathie für den Nationalsozialismus bezichtigt. 189
Früher war das ganz anders. Einer der mutigsten Gegner des NSRegimes, Kardinal Graf Galen - der Löwe von Münster -, fand im März 1946 in Rom folgende deutlichen und mutigen Worte: „In der Enzyklika des Papstes Pius II. ,Mit brennender Sorge', die vielleicht den schärfsten Angriff auf den Nationalsozialismus und die beste Widerlegung seiner Theorien darstellt, legt der Papst größtes Gewicht darauf, den Gedanken hervorheben zu lassen, daß nur Gerechtigkeit das Fundament des Staates sei, eine Erkenntnis, die von der antiken Welt bereits in die klassische Formel gegossen wurde: , Justitia regnorum fundamentum' (die Gerechtigkeit ist die Grundlage des Staates)... Die Alliierten haben immer betont, daß sie nach dem Krieg die Heiligkeit und Würde des Rechtes wiederherstellen würden. Die ausländischen Stellen haben von der Handhabung des Rechtes in Deutschland vielfach genauer Kenntnis gehabt als die Deutschen selbst. Wenn sie also davon sprechen, daß sie das Recht und seine objektive Handhabung in Deutschland wiederherstellen wollen, so mußten sie eine klare Vorstellung haben, was in Deutschland zu geschehen hätte. Leider müssen wir feststellen, daß die Wunden, die dem verletzten Recht geschlagen sind, nicht geheilt, sondern durch die jetzige Handhabung des Rechts in Deutschland aufgerissen und noch vertieft werden (...) Die Propaganda scheute nicht davor zurück, zu erklären, daß es überhaupt keinen guten Deutschen gäbe. In dem vom breitesten Publikum gelesenen Illustrator' vom 29. Mai 1945 erklärte der Journalist Edwin Rosenthal, daß es nur eine Sorte von guten Deutschen gäbe, nämlich tote Deutsche (We felt, that there was one kind of good German. I said, what kind? A dead one.). Das ist dieselbe Tendenz, die man hörte, als die schamlose Ausrottung der Indianer zu den Zielen des weißen Mannes gehörte (Every Indian is a bad Indian, only a dead Indian is a good Indian.). Die Deutschen können es gut verstehen, daß das beleidigte Rechtsgefühl der Juden Deutschland in der Welt ein für allemal zu brandmarken sucht. Aber nicht Deutschland war das erste Land, in dem der Rassenhaß Triumphe feierte. Antisemitismus wurde von Österreich nach Deutschland eingeführt. In dem Land der unbeschränkten Demokratie, Amerika, wurden die Indianer in grausamster Weise ausgerottet. Dort gab es eine Bewegung KluKlux-Klan, die sich die wildesten Ausschreitungen gegen die Neger erlaubte. Dort gab es eine starke Bewegung, die ihrer Abneigung ge190
gen die gelbe Rasse offenen Ausdruck gab. Wir haben nie gehört, daß die Amerikaner in englischen Zeitungen deshalb als schlechte Menschen gebrandmarkt worden sind... „Der amerikanische Journalismus will aus den Vorgängen in den Konzentrationslagern, darunter Dachau bei München, eine Weltsensation machen. Es sind tatsächlich himmelschreiende Verbrechen vorgekommen, die wir alle verabscheuen. Es wären nicht weniger erschreckende Bilder, wenn man die Leichen der Menschen, die bei einem Fliegerangriff der Amerikaner lebendig begraben und in Stücke zerrissen wurden, in einem Film zusammenfassen könnte." (KARDINAL FAULHABER, München, im einem Schreiben an Papst Pius XII. vom 17. Mai 1945.) Die Alliierten folgen im übrigen genau der nationalsozialistischen Praxis, indem sie die ehemaligen Nationalsozialisten aus ihren Ämtern entfernen, weil sie Nationalsozialisten waren. Sie entfernten sie nicht nur aus den Ämtern, sondern verweigerten ihnen jeden Unterhalt, jedes Ruhegeld, jede Möglichkeit, ein anderes Amt zu bekommen. Die Nationalsozialisten haben zwar viele Frauen und Männer aus ihren staatlichen Ämtern entfernt, aber sie haben in den meisten Fällen wenigstens den Anspruch auf Entschädigung anerkannt. Sie haben sowohl sozialdemokratischen wie konservativen Ministern Ruhegehälter gezahlt, wenn auch vielleicht in ungesetzlich gekürzter Form. Jedenfalls ist es eine flagrante Verletzung des Rechts, wenn die Militärregierung Beamte nur deshalb entläßt, weil sie Nationalsozialisten waren oder in einer der Organisationen, die sich nationalsozialistisch nannten, als Mitglieder oder Funktionäre geführt wurden. .. Wir dürfen wohl ferner darauf aufmerksam machen, daß die ,Demokratie' im nationalsozialistischen Deutschland der ,Demokratie' im bolschewistischen Rußland wenigstens nicht nachstand. Um so mehr schaden die Alliierten ihrem Ansehen, wenn sie gestatten, daß Vertreter Rußlands die Demokratie genauso preisen wie die Vertreter Amerikas und Englands. Gestern nannten sie diese ,Demokratie' noch ,Diktatur des Proletariats'. 191
Die Polizei bedarf ebensowenig wie die Gestapo eines richterlichen Befehls, um einen deutschen Bürger zu verhaften. Sie verhaftet Männer und Frauen, wenn sie einer Parteiorganisation angehörten oder darin nach Ansicht der Militärpolizei gearbeitet haben, sie verhaftet Frauen, die als Frauenschaftsarbeiterinnen Winterkleidung für die Soldaten oder für Flüchtlinge beschafften, sie verhaftet Tausende von Männern, die kleine Ämter in der Partei übernahmen, ohne auch nur im geringsten von nationalsozialistischem Gedankengut angesteckt zu sein, sich aber verpflichtet fühlten, solche Posten zu übernehmen, um Schlimmeres zu verhüten. Sie verhaftet auch, genau wie die Gestapo, die Männer nachts, holt sie ohne Angabe des Grundes der Verhaftung aus den Häusern, schafft sie weg, ohne der Familie Mitteilung zu machen, wohin sie gebracht werden, schneidet jede Verbindung zwischen den Häftlingen und der Familie ab, hält sie monatelang in Lagern, ohne sie zu verhören; kurz, sie hat die Methode der Gestapo übernommen, nur mit dem Unterschied, daß unter den Beamten der Militärpolizei sehr viele humane, ehrenwerte und ausgezeichnete Männer sind, die diese Methoden selbst nicht billigen. Aber das Rechtsbewußtsein des Volkes erleidet einen neuen Stoß, von dem es sich so bald nicht wieder erholen wird... Nach Meldungen englischer Tageszeitungen befindet sich zur Zeit in ehemaligen KZ-Lagern etwa eine halbe Million Menschen, Häftlinge, Männer und Frauen. Es sind nicht nur Verbrecher, die sich in den Lagern befinden, sondern eben solche, die verdächtigt sind, Nationalsozialisten gewesen zu sein. In diesen KZ-Lagern gibt es zwar keine Folterkammern mehr, aber es ist eine immerhin mit der Humanität nicht zu vereinbarende Methode, diese Häftlinge in einem Maße hungern und frieren zu lassen, daß sie dem sicheren Tod entgegengehen. Man kann darüber im Zweifel sein, was schlimmer ist, Menschen umzubringen oder sie so eben am Leben zu erhalten, so daß sie nicht völlig Hungers sterben können, aber geschwächt werden im Laufe der Zeit, daß sie dauernd am Rand des Grabes stehen. Es ist bedauerlich, daß die Militärregierung solche, jedem Rechtsbewußtsein Hohn sprechenden Methoden fortführt... Die Schrecken dieser KZ-Lager, aber auch der nationalsozialistischen KZ-Lager werden indessen maßlos übertroffen durch das, was sich im Osten Deutschlands ereignet. In den englischen Zeitungen werden Berichte darüber stehen, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen. Wenn schon ein englischer Korrespondent erklärt, 192
daß die Greuel der KZ-Lager, wenn sie überhaupt passiert seien, durch das, was im Osten geschehe, in den Schatten gestellt werden, so brauchen wir dem kein Wort hinzuzufügen. Wenn dann die Alliierten erklären, daß sie Gebietsveränderungen nie ohne den Willen der Bevölkerung vornehmen werden, gleichzeitig aber zulassen, daß Millionen von Deutschen von Haus und Hof gejagt werden, und daß Russen, Polen und Tschechen sich des Bodens und des Eigentums der Deutschen bemächtigen, so müssen sie sich nicht wundern, wenn die Deutschen jeden Glauben an eine gerechte Behandlung durch die Alliierten verloren haben. Wir brauchen freilich im Osten Deutschlands keine Abstimmung mehr vornehmen zu lassen, nachdem die deutsche Bevölkerung ermordet und vertrieben worden ist. Es gibt nun wirklich Millionen von Deutschen, die nichts mehr zu verlieren haben... Wir verweisen auf die Methoden der bolschewistischen KZ-Lager, die schon fast 20 Jahre bestanden, ehe Hitler nach diesen Vorbildern KZ-Lager schuf, danach waren die in Deutschland eingerichteten Lager noch harmlos gegenüber den russischen. Zum mindesten verlangte ein noch so geringes Rechtsgefühl, daß der russische Anklagevertreter erkläre, daß man in Rußland andere Vorstellungen von Humanität und Zivilisation habe. Das deutsche Volk muß annehmen, daß der Prozeß in Nürnberg ein politischer Schauprozeß ist, in dem es nicht um die Menschlichkeit geht, nicht um die Verbrechen der dort auf der Anklagebank sitzenden deutschen Männer, sondern um die politische Diffamierung des deutschen Volkes, das zu einem großen Teil an den Verbrechen der nationalsozialistischen Führer unschuldiger ist als die ausländischen Politiker, die der Machtergreifung und Machtentfaltung Hitlers, die sie hätten hindern können, wohlgefällig zusahen und obendrein sie unterstützten... Unter den Verbrechen, die aufgestellt werden, steht u.a. die überflüssige Zerstörung von Städten und menschlichen Wohnungen. Wer wird die Entscheidung darüber fällen, welche Zerstörungen notwendig und welche Zerstörungen überflüssig waren? Werden etwa die Generale der alliierten Armeen, die die Zerstörung in Deutschland befahlen, selbst erklären, daß die Zerstörungen notwendig waren? Glaubt der Internationale Gerichtshof, daß irgendein Deutscher, der die durch die alliierte Luftwaffe im Inneren kleiner deutscher Städte angerichteten Zerstörungen - z.B. in Würzburg und Paderborn - sieht, von der Notwendigkeit dieser Zerstörungen zu überzeugen ist? Wenn aber die Zer193
Störung einer ganzen Stadt und der Tod von Tausenden von Frauen und Kindern militärisch notwendig sind, um eine einzige Flakbefehlsstelle außer Gefecht zu setzen, dann ist ja wahrhaftig der Krieg eine ehrlose Menschenschlächterei und jeder Soldat nur ein Techniker der Vernichtung. Gibt es gebildete Engländer und Franzosen, die die Zerstörung der künstlerisch einzig dastehenden Innenstadt Dresdens für eine militärische Notwendigkeit des verflossenen Kriegs ansehen? Wird man die Generale vor Gericht stellen, die solche Zerstörungen befahlen? Gehören nicht diese Kunstschätze auch der ganzen Menschheit und haben sich nicht Millionen Engländer und Franzosen sicher früher an diesen Kunstwerken erbaut? Es ist nicht zu verwundern, wenn nach dem gräßlichsten und größten Krieg der Weltgeschichte, nach der größten Niederlage, die je die Welt gesehen hat, nun auch der größte Schlag gegen das Recht in einem noch nie dagewesenen Schauprozeß erfolgt. Man wird dem deutschen Volk sagen, daß er nichts mit Recht, Gerechtigkeit und Gesetz zu tun habe, daß er wie ein Theaterstück vor der Weltöffentlichkeit über die Bühne rollt, um der Masse in den alliierten Ländern ein Gefühl befriedigter Rache und den Politikern billiges Material für eine Greuelpropaganda gegen Deutschland und um den Mächten die Möglichkeit zu geben, die Menschen hinwegzutäuschen über die unüberwindlichen Schwierigkeiten dieser Nachkriegszeit und einen Vorwand, deutsches Eigentum zu konfiszieren. Und dann wird das deutsche Volk den Schluß daraus ziehen, daß Hitler doch recht hatte, wenn er immer wieder betonte, es gäbe gar kein Recht in dieser Welt, es gäbe nur Macht, und wer die Macht habe, bestimme, was Recht und Unrecht sei? Sein Grundsatz ,Recht ist das, was dem deutschen Volk nützt' wird dann in einer extremen Form von den Siegern übernommen, die uns erklärten, daß das Recht ist, was den Siegern ermöglicht, an dem Besiegten Rache zu nehmen..."261 Würde heute - ein halbes Jahrhundert später -jemand eine solche Rede halten, wäre er ein Rechtsradikaler, ein Ewiggestriger und einer, der „verbotenerweise" aufrechnet.
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SCHLUSSBETRACHTUNG Es gibt auch eine Schamlosigkeit der Buße. Wer immer wieder selbstanklagend seines und seines Volkes Schlechtigkeit betont, um damit seine vermeintliche Demut unter Beweis zu stellen, bewirkt keine Versöhnung, die wir alle brauchen, sondern nur Widerwillen, wenn nicht gar Ekel, weil der andere die Unwahrhaftigkeit erkennt und ablehnt. (Predigt eines evangelischen Pastors, aus „Soldat und Volk", 1/1986, S. 20.)
Dabei sind viele der Vorwürfe und Selbstbezichtigungen heute nicht mehr haltbar. Die Geschichtswissenschaft - und gerade auch ausländische, nicht-deutsche Historiker - hat gezeigt, daß Schuld und Unschuld beileibe nicht so eindeutig verteilt sind. Die Forschung in Deutschland ist aber eingeschränkt durch eine dem Recht auf Wissenschaftsfreiheit ebenso widersprechende Gesetzeslage wie dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Deutsche Gerichte verurteilen Historiker und Publizisten wegen Behauptungen, die „erwiesenen Tatsachen" widersprechen. Denn nach einem Spruch des Bundesverfassungsgerichts gilt die Meinungsfreiheit nicht für Tatsachenbehauptungen, die „erwiesenermaßen unwahr" sind. Doch wie können Gerichte feststellen, was „erwiesenermaßen" wahr oder unwahr ist? Ist es nicht Kennzeichen eines Rechtsstaates, daß Argumente mit Argumenten widerlegt werden müssen? Und kann es in der Geschichtswissenschaft überhaupt je feststehende „Wahrheiten" geben, wo doch neue Quellen und Forschungen immer wieder zur Revision des Geschichtsbildes führen? Über einen besonders gravierenden Fall hat die Zeitschrift „Neue Ordnung" jüngst berichtet: „In der wissenschaftlichen Fachzeitschrift ,Osteuropa' hat der leitende Redakteur der Wochenzeitschrift ,Spiegel', Fritjof Meyer, unter 195
Bezugnahme auf jüngste amerikanische Publikationen eine neue Rechnung der Opferzahlen von Auschwitz aufgemacht. Danach können in den Krematorien kaum mehr als 483.000 Leichen verbrannt worden sein, davon 356.000 im Gas Ermordete. Die Gesamtzahl der Opfer des KZ inklusive aller Seuchentoten etc. würde knapp über einer halben Million liegen. Jahrelang hatten nur 'Revisionisten' behauptet, die Opferzahlen von Auschwitz lägen zu hoch, die vorhandenen Krematorien hätten niemals diese Menge von Menschen verbrennen können. Ihre Rechnungen wurden nicht nur als unzulässig zurückgewiesen, sondern sogar strafrechtlich verfolgt. Jetzt plötzlich sind sie erlaubt, und der Autor darf sogar schreiben, die Zahl von 4 Mio. Opfern sei ,ein Produkt der Kriegspropaganda' gewesen. Quod licet jovi non licet bovi. Dies zeigte sich in extremer Weise im Fall des Historikers und Gymnasiallehrers Hans-Jürgen Witzsch, der lange Jahre für die CSU im Fürther Stadtrat gesessen war. Seine lediglich in einem persönlichen, nicht öffentlichen Brief geäußerte Behauptung, es gäbe keine Quelle, aus der hervorgehe, daß Adolf Hitler persönlich den Massenmord an den Juden befohlen habe, führte zu einer unbedingten Haftstrafe von drei Monaten. Und dies, obwohl tatsächlich niemals entsprechende schriftliche Dokumente gefunden werden konnten. Mehr noch: Die von Witzsch angesprochene Frage beschäftigt gerade die heutige Forschung, und ungestraft dürfen die sog. ,Funktionalisten', wie der SPD-nahe Historiker Hans Mommsen, behaupten, es habe eben keinen ,großen Plan' zur Judenvernichtung gegeben, sondern die Vergasungen in Auschwitz wären sozusagen eine ,Notlösung' örtlicher Kräfte gewesen, die den riesigen Deportationszahlen nicht mehr gewachsen gewesen waren."262 Die Verurteilung der Kriegsgeneration und die damit verbundene falsche Geschichtsbetrachtung hat das Deutschlandbild der jungen Generation in sträflicher Weise verfälscht, denn der Kultus der Selbstbezichtigung, mit dem die 68er die vermeintliche Scham und Schuld ihres Volkes hinausposaunten und damit meinten, die besseren Menschen zu sein, hat sich inzwischen bei vielen jungen Menschen so verfestigt, daß sie davon überzeugt sind, daß es nur die Deutschen waren, die zwischen 1939 und 1945 Verbrechen begangen haben. In ihr Bewußtsein wurde geradezu eingemeißelt: Verbrechen gab es nur von deutscher Seite. Daher haben auch die deutschen Opfer keinen Platz in ihrem Geschichtsbild. 196
Andererseits wieder hat das Bundesverfassungsgericht am 11. Januar 1994 es abgelehnt, die deutsche Alleinschuld zu einer justiziablen „politischen Wahrheit" zu erheben, und zwar mit der Begründung: „Die freie Diskussion ist das eigentliche Fundament der freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft."263 In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 16. Oktober 1995 wurde auch der damalige Bundespräsident und ehemalige Verfassungsrichter Roman Herzog wie folgt zitiert: „Wenn wir in einen Dialog mit anderen eintreten, bringen wir einige ,essentials' ein, die nicht verhandelbar sind. Dazu gehört die Freiheit der Rede, und dazu gehört vor allem, daß niemand wegen seiner Überzeugung zu Schaden gebracht werden darf. Eine lange, oft blutige, grausame Geschichte hat uns in Europa gelehrt, daß diese Rechte niemals mehr zur Disposition gestellt werden dürfen", und am 13. Dezember 1997 erklärte er: „Ohne kritischen Einspruch, ohne das Engagement unbequemer Denker verkümmert eine Gesellschaft." Warum, so fragt man sich verwundert, wird dann aber Jahr für Jahr die Meinungsfreiheit noch stärker eingeschränkt? Man erkennt auch hier den Unterschied zwischen Sonntagsreden und der Realität nur zu überdeutlich. Nun sind bei uns freilich Veröffentlichungen und Meinungen nur dann strafbar, wenn sie vermeintlich von „rechts" kommen. Linke Autoren haben in der Regel Narrenfreiheit. Ein typisches Beispiel dafür war die Antiwehrmachtsaustellung der Herren Reemtsma und Heer. Von Spanien mußte sich Deutschland in Fragen der Demokratie belehren lassen. Als man 1996 von dort die Auslieferung des ehemaligen Wehrmachtsgenerals Otto Remer gefordert hatte, der den Holocaust leugnete, hieß es nur: „... das bloße Leugnen von historischen Wahrheiten sei in dem modernen Rechtsstaat Spanien nicht strafbar".264 Noch deutlicher wurden die Dänen: Im Jahre 1995 warb der dänische Zweig des international operierenden Werbebüros Saachi & Saachi mit einem aufsehenerregenden Plakat für die Meinungsfreiheit: Unter der Schlagzeile „Schützt die Meinungsfreiheit" wurde mit einer landesweit geschalteten Annoncen-Kampagne ein großformatiges Bild von Thies Christophersen geschaltet. Dieser hatte damals aus der Bundesrepublik Deutschland nach Dänemark fliehen müssen, da er in seinem „Kritik-Verlag" sowohl die Zahl von 6 Millionen jüdischen Opfern wie die heute als erwiesen geltende Tatsache von Massenver197
„Ein in der Welt wahrscheinlich einmaliger Fall ist es, daß in der neueren deutschen Gesetzgebung gewisse Äußerungen und wissenschaftliche Untersuchungen über geschichtliche Ereignisse unter Kriminalstrafe gestellt worden sind. Damit ist die Freiheit der Wissenschaft - laut Grundgesetz zu den staatsbürgerlichen Grundrechten zählend - einfach gekappt worden, weil sie offenbar in bezug auf gewisse Fragen politisch und ,volkspädagogisch' unerwünscht ist." (General der Bundeswehr DR. JÜRGEN SCHREIBER; vgl. Anmerkung 24.) gasungen in Auschwitz vehement bestritten hatte. Auch Dänemark verweigert die Auslieferung Christophersens, und die GefangenenHilfsorganisation „Amnesty International" zeichnete die Kampagne von Saachi & Saachi mit einem Preis für „die beste Anzeige im Kampf für Meinungsfreiheit" aus.265 In engem Zusammenhang mit der Behandlung der Kriegsgeneration wurde auch jede Art von Patriotismus, Nationalstolz oder Heimatliebe mit Nationalsozialismus gleichgestellt und verpönt. „Die Nationalsozialisten hatten das Nationale betont, überhöht und verbrecherisch mißbraucht. Deshalb sei jede Form des Patriotismus oder gar des Nationalismus tabu", schrieb Prof. Michael Wolffsohn, „Patriotismus gleiche aggressivem Nationalismus und sei eigentlich Nationalsozialismus' oder zumindest ,wie Nationalsozialismus' - und wenn nicht Nationalsozialismus', eben,Faschismus'. Worte als Schlagworte, wie mit dem Salzstreuer hantierend, wirkungsvoll allemal, denn: Jeder Patriot ist Nazi', besonders ein christdemokratischer Patriot, demgegenüber man sich bei Bedarf und, wenn einem die Argumente ausgehen, der Total-Verunglimpfung - nämlich der Nazi-Keule - bedient."266 Der Rufmord ist ein Mittel im „Kampf gegen rechts" geworden. „Ob die Deutschen patriotisch' sein dürfen? fragt Michael Wolffsohn, immerhin selbst deutscher Jude, und antwortet: „Natürlich, warum nicht? Eine Gesellschaft, die durch nichts zusammengehalten wird, fällt auseinander. Es gibt kein Haus ohne Fundament. Dieses Fundament' kann man auch Verbindendes' nennen oder überliefertes', positiv wie negativ und warum - trotz des Hühnerhofgeschnatters nicht auch ,Leitkultur'... 198
Was ist Patriotismus? Patriotismus ist der Einsatz der Bürger für ihr Gemeinwesen; für das Gemeinwesen, in dem sie leben, das sie entweder lebenswert gestalten oder erhalten wollen... Der Einsatz freier Bürger für ihr freies Gemeinwesen. Das ist Bürgersinn, und Bürgersinn gehört zu jeglichem Patriotismus. In Deutschland und woanders. Kein Gemeinwesen kann ohne diesen Patriotismus leben und überleben."267 In den ersten Nachkriegsjahren trat die Negation des Nationalgefühls nicht gravierend in Erscheinung. „National sein ist Ehrensache", sagte kurz nach dem Krieg der große Sozialdemokrat Kurt Schumacher, der viele Jahre im Dritten Reich in Konzentrationslagern hatte verbringen müssen.268 Zum amerikanischen Umerziehungsprozeß meinte Graf Gahlen in seiner schon zitierten Rede: „Man wollte freilich einen übertriebenen Nationalismus treffen, aber man traf auch ein Nationalgefühl, das sittlich berechtigt ist und das jedem Engländer als eine Selbstverständlichkeit gilt. Der deutschen Jugend aber wurden immer die Demütigungen und Schmähungen vor Augen geführt, und es konnte nicht ausbleiben, daß diese Jugend, an die keine vor dem Jahr 1933 bestehende Partei wirklich große und ideale Anforderungen stellte, einem übertriebenen Nationalsozialismus verfiel. Aber mußte man Deutschland unter allen Umständen demütigen? Ist es notwendig, den Besiegten zu schmähen und verächtlich zu machen?" Heute aber ist es eine Tatsache, „daß etliche Deutsche sich unablässig selbst als ein unsympathisches, Mißtrauen verdienendes Volk darstellen. Welche sich unbelastet fühlende und mit natürlicher Selbstachtung ausgestattete europäische Nation hegt wirklich den Wunsch, mit dem so charakterisierten Volk zu verschmelzen?"269 Die derzeit tonangebenden Parteien sind wohl kaum in der Lage und auch nicht gewillt, hier eine Änderung herbeizuführen. Aber „Verantwortung, Pflicht, Ordnung und Tradition, Heimat und Nation sind keine Werte von gestern. Sie haben Zukunft. Und die Partei, die sie angemessen vertritt, auch", meinte der ehemalige CDU-Innensenator von Berlin, Manfred Lummer. Doch die „Wurzel der Misere ist der Wandel, ist das, was wir auch Fortschritt nennen. Die Maßstäbe, mit deren Hilfe die Deutschen einst ihr Verhalten gemessen hatten - Familie, Vaterland und Gott -, sind weithin als altmodisch ausrangiert worden. Was trat an ihre 199
Stelle? Die Kraft, die heute am meisten bewegt, ist der Materialismus."270 Aber „was nützt aller materielle Wohlstand, wenn wir die Welt gleichzeitig immer häßlicher, lärmender, gemeiner und langweiliger machen und die Menschen den moralisch-geistigen Grund ihrer Existenz verlieren? ... Entscheidend sind die Dinge jenseits von Angebot und Nachfrage, von denen Sinn, Würde und innere Fülle des Daseins abhängen."271 „Ich habe nie daran gezweifelt", schrieb der letzte Bundeskanzler, der noch der Kriegsgeneration angehörte, Helmut Schmidt, „daß die Ablehnung der Nation eine verfehlte, weil unrealistische Philosophie ist. Ich bin überzeugt, daß die große Mehrheit der Menschen unseres Kontinents - aber auch weite Teile der übrigen Welt - der Identifizierung mit der eigenen Nation bedarf, zusätzlich zur Selbstidentifikation mit der eigenen Familie und der eigenen Heimat. Die nationale Selbstbefreiung, die sich gegenwärtig im bisher sowjetisch beherrschten Teil Europas vollzieht, zeigt, daß sich die Völker im Osten insofern keineswegs von den Völkern Westeuropas unterscheiden. Als ich mich am 1. Oktober 1982 von dem Bundestag in einer Regierungserklärung aus der Bundesregierung verabschiedete, habe ich die Erhaltung der Einheit der Nation als den `innersten Kern unserer Deutschlandpolitik' bezeichnet; ein Satz, der eine Überzeugung aussprach, an der mich weder deutsche Nazis noch deutsche Kommunisten je haben zweifeln lassen."272 „Wenn es die deutsche politische und geistige Elite nicht lernt, an die Kräfte der Nation und an die Liebe zum eigenen Vaterland zu appellieren, werden wir der Sonderling Europas bleiben. Wir werden nicht in das Europa der Vaterländer passen, das alle anderen bauen." 273 Joachim Fest meinte in einem Interview in der „Welt am Sonntag" vom 19. Dezember 1999: „Europa wäre offenbar beruhigter, wenn wir mehr eigenes Profil erkennen ließen", und Arnulf Baring drückte es ähnlich aus, wenn er feststellte: „Solange die Deutschen sich mit ihrem negativen Nationalgefühl, ihrem Selbsthaß quälen, werden sie für andere unberechenbar sein. Wir werden für uns wie für unsere Nachbarn erfreulicher, wenn wir lernen, ohne Selbstüberhebung gern Deutsche zu sein."274 „Das Jahr 1968 markiert tatsächlich vieles. Mitnichten jedoch eine humane Wende in der deutschen Nachkriegsentwicklung. Vielmehr steht es heute überklar für den Beginn der mutwilligen Zerstö200
rung all jener politisch-moralischen Standards, die die Gründungs väter der Bundesrepublik - NS-Diktatur im Rücken und SED-Diktatur vor Augen - im Sinn hatten und im als unantastbar ausgewiesenen Normenkatalog Artikel 1-20 des Grundgesetzes verankerten", stellten Ulrich Schacht und Heimo Schwilk unmißverständlich fest.275 Wenn jüngste Meinungsforschungsergebnisse zeigen, daß unsere Nachbarn die Deutschen von Jahr zu Jahr als unangenehmer empfinden, so liegt das auch daran, daß wir meinen, wir müßten nur immer kräftig Schuldbekenntnisse ablegen, Bußübungen exerzieren und Reue demonstrieren, damit wir in der Welt gut angesehen werden. Das Gegenteil ist der Fall. Michael Gorbatschow war es, der sehr berechtigt sagte: „Mit einer deutschen Regierung kann man nur über Deutschland verhandeln, wenn sie auch deutsch denkt." Die rot-grüne Regierung aber hat dem Nationalstaat schon zu Beginn eine Absage erteilt. Am 19. April 1999 erklärte Bundeskanzler Schröder in Berlin: „Mir geht es nicht um eine 'gesamtdeutsche Identität', sondern es geht mir um die Herausbildung einer gemeinsamen Identität der in Deutschland Lebenden. Die Vorstellung etwa von einem vereinheitlichten Geschichtsbild aller Deutschen widerspricht unserem Ziel einer offenen, einer demokratischen Gesellschaft."276 Die Frankfurter Schule mit ihren aus den USA heimgekehrten ehemaligen Emigranten verstärkte in völliger Übereinstimmung mit den Siegermächten in der damaligen Jugend den Umerziehungsprozeß der Amerikaner. Die Folge ist, daß die Anschuldigungen gegen die Kriegsgeneration um so stärker werden, je weiter der Krieg selbst in die Ferne rückt. „Sie wird als Kriegsverbrecher beurteilt und klassifiziert von Jünglingen, die in der schweren Zeit noch gar nicht geboren waren. Sie führen überall in den Medien, als Künstler, Wissenschaftler, Politologen oder Obmänner von Jugendorganisationen, das große Wort. Sie meinen, jetzt sei die richtige Zeit für einen Generalangriff gekommen, denn die Kriegsgeneration sei alt und müde geworden..., ja die Mehrheit hätte resigniert."277 So nimmt die einseitige Instrumentalisierung der Zeitgeschichte mit dem größer werdenden Abstand zum Dritten Reich immer weiter zu. Zugleich werden alle Wertvorstellungen, die der Kriegsgeneration noch zu eigen waren, aufgelöst, allen voran die Familie. 201
„Die Familie, so haben es die 68er verbreitet, sei eine bürgerliche Institution zur Unterdrückung individueller Bedürfnisse. Selbstbefreiung sei nur möglich durch Auflösung dieser Institution."278 1984 forderten Theologiestudenten, die „heilige Kuh der evangelischen Sozialethik, die Ehe, zu schlachten",279 genau wie schon Karl Marx die Auflösung von Ehe und Familie gefordert hatte. So kam es dann auch zur Auflösung des alten Familienbegriffes, und es entwickelten sich immer neue Formen des Zusammenlebens mit dem Erfolg, daß immer mehr Kinder aufwachsen, die nicht in intakten Familien und damit bindungslos groß werden. Das aber wird durch die heutige Politik unterstützt. Nicht einmal die CDU versucht ernsthaft, den im Grundgesetz verankerten Schutz der Familie durchzusetzen. Zugleich wird die Abtreibung staatlich regelrecht gefördert: Bei ihrer Finanzierung „wird grundsätzlich davon ausgegangen, daß der Staat den Eingriff zu bezahlen hat. Er wird in der Regel von den Krankenkassen bezahlt, die aber die Beträge aus Steuermitteln erstattet bekommen. Also weiterhin ein vom Staat finanziertes Töten ungeborener Menschen. Für die Bezahlung der Abtreibung braucht die Frau weder ihre noch die Verdienstbescheinigung des Mannes vorlegen. Eine Frau aber, die ihr Kind behalten will und deswegen Sozialhilfe beantragt, muß jeden Pfennig, den sie bekommt, nachweisen; das eigene Einkommen und das Einkommen des Partners. Die Politiker meinen, der Frau dürfe man die vielen Wege zur Finanzierung der Abtreibung nicht zumuten; schon gar nicht den Gang zum Sozialamt. Die Frau aber, die ihr Kind zur Welt bringen will, der mutet man diese Wege zu. Es besteht also eine gesetzliche Benachteiligung der Frauen, die ihr Kind behalten wollen."280 Während Kardinal Höffner vom „Massenmord im Mutterleib" sprach und Papst Johannes Paul II. die Abtreibung als den „immer noch andauernden Holocaust unschuldigen Lebens" anprangerte, warf die seinerzeitige Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Christa Nikkeis, Kardinal Meisner auf dessen ähnliche Kritik vor, daß er „Augenmaß, Sachverstand und notwendige Differenziertheit" vermissen lasse, und prangerte gleichzeitig in einer Fernsehdiskussion das Schweigen der Kirchen zur Judenverfolgung an.281 Wenn hier ein Versagen vorgelegen hätte, so hat die Kirche jetzt doch daraus gelernt nur Frau Nikkeis offensichtlich nicht. Hatte Kardinal Graf von Gahlen im Dritten Reich von der Kanzel mutig gegen die Euthanasie gepre202
digt und sich den Zorn Hitlers zugezogen, so passiert Bischof Meisner für seine Stellungnahme zur Euthanasie von heute gleiches von einer in der Regierung sitzenden Partei. Man klagt zwar gerne vergangene Generationen an, aber geändert hat sich wenig und läßt das ewige Erinnern an die Verbrechen Hitlers als pure Heuchelei erscheinen. Lothar Groppe wurde in „Erneuerung und Abwehr" vom Mai 1999 deutlich: „Wenn Politiker und Medien geradezu ritualartig mahnen, die Massenmorde an den Juden stets im Gedächtnis zu behalten, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die ständige ,Beschwörung' vergangener Verbrechen vom inzwischen weit umfangreicheren Massenmord an ungeborenen Kindern ablenken soll. Die Verbrechen der Hitlerdiktatur gehören der Vergangenheit an; der Mord an ungeborenen Kindern hingegen ist erschreckende Gegenwart... Der Mord an Ungeborenen wird nicht nur öffentlich erörtert, sondern als Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts vehement verteidigt" - im Gegensatz zur Hitlerdiktatur, in der die Verbrechen unter striktester Geheimhaltung erfolgten. Wie weit ethische Normen bei uns verkommen sind, dafür ist auch beispielhaft, daß Föten in Berlin als „Klinikabfall" von der zuständigen Sonderabfallentsorgungsgesellschaft nach einem Spezialverfahren in einer Druckanlage homogenisiert, getrocknet und zermahlen werden. Das übriggebliebene Granulat wird als Hausmüll verbrannt und die Schlacke zur Herstellung von Straßenbelegen verwendet.282 Mit der Zerstörung der Familie, der man auch die Unterdrückung der sexuellen Entwicklung der Kinder vorwarf, wurde jede Art von Sexualität für gut und wichtig, wenn nicht gar erstrebenswert erachtet. Insbesondere die Grünen engagierten sich da als Vorreiter. „Das im September 1986 gültige Bundesprogramm der Grünen fordert: gewaltfreie Sexualität zwischen Kindern und Erwachsenen darf niemals Gegenstand strafrechtlicher Verfolgung sein. Zu Anfang des Jahres 1985 haben die Grünen einen Gesetzesentwurf eingebracht, der die Verführung von Mädchen unter 16 Jahren zum Beischlaf sowie homosexuelle Handlungen an Kindern und Jugendlichen nicht mehr unter Strafe stellt. Als Begründung gaben die Grünen an, die Strafandrohung behindere Kinder und Jugendliche beim Herausfinden der ihnen gemäßen Sexualität."283 Große Widerstände hat die CDU/CSU/FDP-Regierung in ihrer 16jährigen Amtszeit einer solchen Entwicklung allerdings nicht ent203
gegengesetzt. Die mit Steuergeldern finanzierten Organisationen „Pro Familia" und „Deutsche Aids-Hilfe" verbreiteten Aufklärungsbroschüren, die reine Pornographie sind und alle noch so abartigen sexuellen Betätigungen als natürlich bezeichnen, deren „Erprobung" förmlich empfohlen wird. - Nur ein Beispiel: „Die Pornobuch-Serie ,Mein heimliches Auge' bringt in allen Bänden Hunderte von harten Porno-Aufnahmen mit Erwachsenen, zudem eine hohe Anzahl ,Kunstbilder', die detailliert zeigen, wie Kinder von Erwachsenen verführt werden. Eine Mutter wird von einem Hund gedeckt, während ein etwa dreijähriger Junge onanierend zuschaut; ein Matrose holt einem etwa elfjährigen Jungen einen runter; ein kleines Mädchen leckt die Schamlippen einer Frau usw. ... In den Porno-Bänden wird erklärt, Blutschande sei als solche nicht fragwürdig und verwerflich; auch Sexualkontakte zwischen Menschen und Tieren können akzeptabel sein. Es werden Bilder gezeigt, wie sich Menschen gegenseitig einkoten - was als natürlich und nachahmenswert gilt. Der Verein M.U.T. (Menschen, Umwelt, Tiere) stellte 1996 wegen dieser Pornobuch-Serie Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main. In dieser Causa erging dann auch Strafbefehl gegen die damalige Pro-Familia-Vertriebsgesellschaft. Die Bundesprüfstelle (Bps) verzichtete auf ein Indizierungsverfahren, weil dies ohnehin eine Sache für den Staatsanwalt sei. Gleichwohl fiel kürzlich eine Entscheidung bei der Bps, in deren 12er-Gremium u.a. Vertreter der Kirche sitzen: Die Pornobuch-Serie dürfe Kinder und Jugendlichen ungehindert zugänglich gemacht werden."284 Daß die Folgen dieser perversen Sexualerziehung zu Kinderschändungen führen, zeigt sich durch die Verbreitung entsprechender „Angebote" im Internet immer wieder. Letztlich ist auch das Christentum, das für die meisten Angehörigen der Kriegsgeneration noch bindend war und im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland seinen Niederschlag fand, laufend der Verhöhnung und Verächtlichmachung durch „Künstler" und Medien ausgesetzt. Kein Paragraph des Grundgesetzes schützt heute gegen Beleidigung, Ehrabschneidung oder religiöse Gefühle. Die Verachtung des christlichen Glaubens ist politisch korrekt. Schon als Juso-Vorsitzender sagte unser heutige Bundeskanzler Gerhard Schröder 1978: 204
„Unsere Aufgabe ist es nicht, Kirchen zu bekämpfen, sondern gesellschaftliche Verhältnisse zu schaffen, in denen Kirche vielleicht überflüssig wird."285 Als das Theaterstück „Corpus Christi", in dem Jesus und seine Jünger als trinkfreudige Homosexuelle dargestellt werden, in mehreren deutschen Städten zur Aufführung kam, erstatteten Privatpersonen Anzeige, weil sie sich in ihren religiösen Gefühlen verletzt sahen. Die Freiburger Staatsanwaltschaft teilte daraufhin mit, daß weder der Inhalt noch die Art der Aufführung gegen das Gesetz verstoßen. Damit sind also Blasphemien jeglicher Art erlaubt, Religionsgemeinschaften - außer vielleicht die jüdische - können sich nicht mehr gegen Beleidigungen und Verächtlichmachungen wehren. Aus der Verachtung des Christentums wurde schließlich der Satanismus zu einem Teil der Jugendkultur. Der „Magier Aleister Crowley aus England gilt als geistiger Ahnherr der modernen Satansjünger. Der wütende Gegner des Christentums betete den Teufel aber nicht als Person an, sondern betrachtete ihn als Symbol für das rücksichtslose Ego: ,Es gibt keinen Gott außer dem Menschen.' Und kein Gesetz außer dem, das der einzelne sich selber schafft: ,Tretet nieder die Jämmerlichen und die Schwachen, dies ist das Gesetz der Starken...' " 286 „Nach Einschätzung des Sektenbeauftragten der Pommerschen Evangelischen Kirche, Friedrich von Kymmel, hat die Berichterstattung über den Bochumer ,Satanisten-Prozeß' die Angeklagten inzwischen zu ,Kultfiguren' gemacht und das Interesse an der Thematik gerade unter Gymnasiasten gestärkt." In dem Prozeß ging es um ein Pärchen, das in seiner Wohnung einen Freund bestialisch ermordete. „Derartige Anschauungen seien Ausdruck eine tief sitzenden Frustration gegenüber dem Leben und der Gesellschaft. Dem Sektenbeauftragten Sobania zufolge handelt es sich bei den Anhängern des Satankults vor allem um, ältere, männliche Jugendliche'. Eine Untersuchung der Jenaer Friedrich-Schiller-Universität habe zudem ergeben, daß rund 97 Prozent der 1.400 befragten Schüler und Schülerinnen Kenntnisse von okkulten oder satanistischen Zeichen und Praktiken hatten. Rund ein Prozent der Befragten hatte darüber hinaus auch Erfahrungen in satanistischen Praktiken."287 Die Umwertung aller Werte, die für frühere Generationen gültig waren, führte in erschreckendem Maße zu einer zügellosen, wertefreien Freiheit, zu Egoismus, zu einem gewaltigen Anstieg der Kriminalität und zu einer Abkehr von Gemeinschaftsgefühl und Gemeinschafts205
Verantwortung. Das ist schwerlich als Verbesserung der Gesellschaft zu bezeichnen. Deshalb sei am Schluß an die Worte eines großen Philosophen erinnert, deren Wahrheitsgehalt heute erschreckend deutlich wird. Vierhundert Jahre vor Christus geißelte der Philosoph Platon im 8. Buch seiner „Politeia" die Perversion im Verhältnis von Autorität und Freiheit: „Eine Demokratie", sagt er da, „die ein Übermaß an Freiheit gewährt, muß in Tyrannei umschlagen. Hier gibt sich die Autorität insofern selbst preis, als sie dem ,unersättlichen Hunger nach dem Gute der Freiheit' nachgibt und durch die allen gewährte Freiheit nichts anderes als Anarchie erzeugt. So führt ,das Übermaß an Freiheit... zu nichts anderem für den einzelnen wie für den Staat als zum Umschlag in ein Übermaß an Knechtschaft'. Darum gründet die Tyrannis in ,keiner anderen Verfassung als der Demokratie', wenn diese die Freiheit als Selbstzweck kultiviert und sie als Emanzipation von jeder Autorität versteht."288
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Joachim Schäfer, „Kurswechsel", Universitas Verlag, München 1998, S. 13. Klaus Motschmann, in „Erneuerung und Abwehr", Nr. 6/1997. In „Welt am Sonntag", 19. Oktober 1997. In „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 3. Januar 1997. In „Die Welt", 6. Dezember 1999. Jochen Meyer, in „Junge Freiheit", Nr. 22/96. Ulrich de Maiziere, in „Wehrwissenschaftliche Rundschau", 4/1981. „Ostpreußenblatt", 17. Juli 1999. Ulrich de Maiziere, s. Anm. 7. „Soldat und Volk", 9/1985. Rede von Dr. Wörner beim Bundestreffen der Fallschirmjäger am 16. Juni 1985 in Karlsruhe. Siehe Erwin Wichert, „Deutschland in der Mitte", in „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 19. April 1995. In „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 9. Januar 2002. Zitiert nach Ingo von Münch, in „Es geht nicht und deshalb macht man es nicht", in „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 11. Januar 2002. In „Junge Freiheit", 21. Februar 1997. Vgl. Franz W. Seidler, „Verbrechen an der Wehrmacht", Pour le Merite Verlag für Militärgeschichte, Selent 1997, S. 21. Alfred M. de Zayas, „Die Wehrmachtuntersuchungsstelle", Ullstein Verlag, Frankfurt/M. - Berlin 1987, S. 72. Franz W. Seidler, s. Anm. 16, zitiert auf S. 22 ff aus Christian Freiherr von Hammerstein, „Mein Leben...", Privatdruck 1957, S. 121 ff. Franz W. Seidler, „Die Kollaboration 1939-45", Herbig Verlag, München - Berlin 1995, S. 40. Zitiert von der „Sunday Times". Wolfgang Müller, Oberst im Oberkommando der Wehrmacht und Beteiligter am 20. Juli 1944, „Gegen eine neue Dolchstoßlüge", Verlag „Das andere Deutschland", Hannover 1947, S. 19. In „Junge Freiheit", 21. Februar 1997. Jürgen Schreiber, „Waren wir Täter?", Türmer Verlag, Berg 1991, S. 135. Jürgen Schreiber, „Wider den geistigen Terror linker Gesinnungspäpste", in „Schriftenreihe des Ringes deutscher Soldatenverbände", Bonn 1998, S. 10. Rüdiger Proske, „Wider den Mißbrauch der Geschichte deutscher Soldaten für politische Zwecke", Hase & Koehler Verlag, Mainz 1996, S. 5. „Adolf Hitler", Bilder aus dem Leben des Führers, 301.-400. Tausend, herausgegeben vom Cigaretten-Bilderdienst, Altona-Bahrenfeld 1936; „Deutschland erwacht", Werden, Kampf und Sieg der NSDAP, 976.-1075. Tausend, herausgegeben vom Cigaretten-Bilderdienst, Hamburg-Bahrenfeld 1933. In „Ostpreußenblatt", 25. März 2000. Vgl. Anmerkung 25, S. 9. Zit. nach „Frieden 2000". Generalmajor a. D. Dr. Jürgen Schreiber, „Cui bono?" in „Soldat und Volk", Dezember 1998.
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Vgl. Anmerkung 16, S. 39. Hans Adolf Jacobsen, „Der Zweite Weltkrieg", Grundzüge der Politik und Strategie in Dokumenten, Fischer Bücherei, Frankfurt/M. 1965, S. 110. In „Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte", 1977, S. 737. Vgl. Anmerkung 16, S. 74. Ebda., S. 62. Erich Kern, „Verheimlichte Dokumente", Band 1, FZ-Verlag GmbH, München 1995, S. 260. Vgl. Anmerkung 16, S. 296. Ebda., S. 297-298. „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 19. April 1997. Günther Wagenlehner, „Einfach kurzen Prozeß gemacht", in „Junge Freiheit", 12. Juni 1998. Siehe auch Rüdiger Proske, „Wider den liderlichen Umgang mit der Wahrheit", Verlag Haase & Koehler, Mainz 1999, S. 32 ff. Eike Edel, „Kein deutsches Kriegsverbrechen in Pantschowa", in „ Erneuerung und Abwehr", Zeitschrift der „Evangelischen Notgemeinschaft", D-71272 Renningen. Buchbesprechung zum Sammelband „Die Soldaten der Wehrmacht" von Günther Gillessen, in „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 9. Juni 1999. Philipp Freiherr von Boeselager, in „Ostpreußenblatt", 16. Oktober 1999. Erich Hesse, „Der sowjetische Partisanenkrieg 1941-44 im Spiegel deutscher Kampfanweisungen und Befehle", Göttingen 1993. „Die neue Feuerwehr", Nr. 7/8 - 2000. Vgl. Anmerkung 16, S. 32. Rudolf Czernin, „Das Ende der Tabus", Aufbruch in der Zeitgeschichte, Leopold Stocker Verlag, Graz 1998, S. 217. Ebda., S. 218. Ebda. Ebda., S. 219. Ebda. Vgl. Christian Hartmann, „Massensterben oder Massenvernichtung?" Sowjetische Kriegsgefangene im Unternehmen „Barbarossa", in „Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte", 49. Jg. 2001, Heft 1, Oldenburg Wissenschaftsverlag, München, S. 130 ff. Vgl. Anmerkung 21, S. 8. Vgl. Joachim Hoffmann, „Stalins Vernichtungskrieg 1941-45", Verlag für Wehrwissenschaften, München 1996, S. 83. Ebda., S. 95. Ebda., S. 113. Alexander Solschenizyn in seiner Rede vor dem amerikanischen Gewerkschaftsverband AFL-CIO am 30. Juni 1975. Deutsch herausgegeben von Verleger Wilhelm Adelmann, Gerhard Gierse und Claus P. Clausen, Lippstadt 1975. Meinrad von Ow, „Können acht Gutachter ihr Glaubwürdigkeit verleihen?" Eine Studie über wissenschaftliches Fehlverhalten, August 2000, Meinrad Frhr. von Ow, Trautenwolfstraße 8, München. „Ostpreußenblatt", 26. August 2000. „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 5. November 1999. Ebda., 21. Oktober 1999. Ebda. Ebda., 6. November 1999. Karlheinz Weißmann, in „Junge Freiheit", 5. November 1999.
66 Erich Schwinge, „Bundeswehr und Wehrmacht. Zum Problem der Traditionswürdigkeit", in „Schriftenreihe des Ringes deutscher Soldatenverbände", Band 1, Bonn 1992, S. 62-63. 67 „Junge Freiheit", 5. November 1999. 68 „Ostpreußenblatt", 8. Dezember 2001. 69 Bogdan Musial, „Die Manipulation war überflüssig", in „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 1. Dezember 2001. 70 Ebda. 71 „Ostpreußenblatt", 8. Dezember 2001. 72 „Streitkräfte und Tradition", Interview mit Generalmajor a. D. Jürgen Reichardt, in „Deutsche Militärzeitschrift", Nr. 25. 73 Rüdiger Proske, s. Anm. 41, S. 106. 74 Ebda. 75 Otto Carius, jüngster Träger des Ritterkreuzes mit Eichenlaub im Heer, in seinem Buch „Tiger im Schlamm", Kurt Vowinckel Verlag, Nachbargemünd 1975, 4. Aufl., S. 14. 76 Vgl. Anmerkung 69. 77 Hans Joachim von Leesen, in „Ostpreußenblatt", 15. Dezember 2001. 78 Ernst Wachalovsky (Hg.), „Bilder brechen ein Tabu", Walther Groß - der Maler der Kriegsgefangenschaft, Leopold Stocker Verlag, Graz 2001, S. 116. 79 „Freispruch für die Wehrmacht", in „Focus", Nr. 49, 1996. 80 Vgl. Anmerkung 66, S. 42. 81 Ebda., S. 43. 82 Ebda. 83 Ebda. 84 Ebda., S. 31-32. 85 Jürgen Schreiber, s. Anm. 23, S. 29-30. 86 Rüdiger Proske, „Vom Marsch durch die Institutionen zum Krieg gegen die Wehrmacht", Hase & Koehler Verlag, Mainz 1997, S. 20. 87 Ebda., S. 162. 88 Ebda. 89 Ebda., S. 163. 90 Jürgen Schreiber, s. Anm. 23, S. 104. 91 Ebda., S. 105. 92 Ebda., S. 106. 93 Leserbrief-Wiedergabe von Willi Wolf, in „Rheinische Post", 11. Juni 1990. 94 „Soldat und Volk", 1/1990, S. 2. 95 Peter Hinchliffe, „Luftkrieg bei Nacht 1939-1945", Motor Buch Verlag, Stuttgart 1998, S. 119-120. 96 Vgl. Martin Pabst, „Roter Terror", Verbrechen gegen die Menschlichkeit von Lenin bis Pol Pot, Leopold Stocker Verlag, Graz 2002, S. 78 ff. 97 „Soldat und Volk", März 2000. 98 Erich Kern, „Verheimlichte Dokumente", Band 2, FZ-Verlag GmbH, München 1995, S. 35. 99 Ebda., S. 30-31. 100 Ebda., S. 33. 101 Rüdiger Proske, „Faschist ist, wer den linken Totalitarismus verurteilt", in „Junge Freiheit", 19. Dezember 1997. 102 Ebda. 103 Siehe „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 3. November 1995.
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Z i t i e r t n a c h L o t h a r G r o p p e , „ E i n c o u r a g i er t e r G e n e r a l " , i n „ O s t p r e u ß e n b l a t t " , 23. Juni 2001. Vgl. Anmerkung 1, S. 131. Prof. Dr. Soell, „Die innere Blockade der SPD", in „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 18. August 1995. Vgl. Hans Heckel, „Partei der Republikaner nicht verfassungsfeindlich", in „Ostpreußenblatt", 2. Februar 2002. „Ostpreußenblatt", 1. Mai 1999. Ebda., 23. Oktober 1999. Ebda., 1. Juli 2000. Helmut Thielicke, „Freiheit - Phrase oder Realität? ", Arbeitgeberverband der Metallindustrie, Köln 1981, S. 28. Vgl. Generalmajor a. D. Jürgen Reichardt, „Streitkräfte und Tradition", in „Deutsche Militärzeitschrift", Nr. 25. Vgl. Anmerkung 66, S. 23. „Junge Freiheit", 31. Oktober 1996. Vgl. Anmerkung 112. Brief an den Verfasser vom 31. Januar 2000. Vgl. Anmerkung 58. Eckhard Fuhr, „Überwunden, nicht befreit", in „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 11. April 1995. Alfred Schickel, „Denkwürdige Debatte", in „Junge Freiheit", 28. August 1998. Vgl. Anmerkung 48, S. 265. Freya Klier, „Verschleppt bis ans Ende der Welt", Schicksale deutscher Frauen in sowjetischen Arbeitslagern, Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 1998. Erika Steinbach, „Auch nach dem Krieg dauerte die Unmenschlichkeit an", in „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 8. Mai 2000. Stefan Karner, „Repression, Säuberungen, Deportationen, Vertreibungen, Morde", in „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 19. Februar 1998. „Junge Freiheit", 30. Juni 1995. Vgl. Anmerkung 122. Vgl. „Kinderschicksale in Jugoslawien", in „Wir selbst", Zeitschrift für nationale Identität, Nr. 1-2/1999, S. 53. Siehe auch „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 14. Juni 1999. Vgl. Anmerkung 48, S. 244. Ebda., S. 245. Vgl. Anmerkung 36, S. 446. Berthold Kohler, „Als in Aussig die Jagd auf die Deutschen begann", in „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 29. Juli 1995. Vgl. Anmerkung 48, S. 258. Vgl. Anmerkung 36, S. 392. Vgl. Anmerkung 122. „The Central European Observer", London, 12. November 1943. Vgl. Anmerkung 48, S. 254. Ebda., S. 256-257. Werner H. Krause, „Ethnische Säuberungen ungesühnt", in „Junge Freiheit", 23. April 1999. Siehe auch „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 2. Dezember 2000. Vgl. Anmerkung 48, S. 259.
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Ebda. Ebda., S. 260. „Deutschland Journal 2000" der Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft e.V., Hamburg, S. 76-77. Ebda., S. 78. Herbert Ammon, „Politisch-psychologisch brisant", in „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 24. August 1998. Erika Steinbach, „In ordnungsgemäßer und humaner Weise", in „Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8. Juni 1999. Heinz Nawratil, „Ein blutiges Erfolgsmodell der Moderne", in „Junge Freiheit", 16. April 1999. Vgl. Anmerkung 48, S. 260. Vgl. Anmerkung 36, S. 444. Vgl. „Ostpreußenblatt", 24. April 1999. Vgl. Anmerkung 122. John Sack, „Auge um Auge" - Die Geschichte der Juden, die Rache für den Holocaust suchten, E rnst Kabel V erlag G mbH., Hamburg 1995, S. 9; vgl. Anmerkung 4 8, S. 264. Ebda., S.U. Ebda., S. 182. Ebda., S. 219. Ebda., S. 220. Vgl. Anmerkung 48, S. 263. „Bedauerliche Schieflage", Interview mit dem Filmemacher Kristof Berking, in „Ostpreußenblatt", 9. Februar 2002. Vgl. Anmerkung 121, S. 343 f. Vgl. Anmerkung 36, S. 389. „Report of the Joint Relief Commission of The International Red Cross 1941-1946, S. 103 f. Alfred Schickel, „Uneingelöste Versprechen", in „Junge Freiheit", 28. Mai 1999. Ebd. Vgl. Anmerkung 36, S. 393. Ebda. Vgl. Anmerkung 48, S. 222-223. „Ostpreußenblatt", 21. Oktober 2000. Vgl. Anmerkung 36, S. 395. Hans B. von Sothen, „Das letzte Tabu", in „Ostpreußenblatt", 10. Februar 2001. Vgl. Anmerkung 147. Wolfgang Thüne, „Menschenrechte sind unteilbar", in „Ostpreußenblatt", 4. September 1999. Bohumil Dolezal, „Die Schuld der Sieger", in „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 20. März 2001. „In Deutschland vergessen - in Sibirien geehrt", in „Ostpreußen blatt", 12. Augu st 2000. Manuela Rosenthal-Kappi, „Gegen Krieg und Gewalt", in „Ostpreußenblatt", 12. Januar 2002. „Ostpreußenblatt", 24. November 2001. Siehe „Ostpreußenblatt", 4. März 2000. Vgl. „Neue Möglichkeiten der Hilfe", in „Ostpreußenblatt", 2. März 2002.
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178 Prof. Dr. Peter Koslowski, „Unerlaubte Gegenaggression", in „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 11. September 2000. 179 Ebda. 180 In „Ostpreußenblatt", 6. September 1991. 181 Vgl. Anmerkung 171. 182 Vgl. Anmerkung 126, S. 59. 183 Vgl. Anmerkung 171. 184 Ebda. 185 Abgedruckt in „Junge Freiheit", 11. September 1998. 186 Siehe „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 26. Juli 2000. 187 Siehe „Ostpreußenblatt", 25. November 2000. 188 Siehe „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 25. Mai 1999. 189 Siehe „Ostpreußenblatt" , 13. März 1999. 190 „Die Zeit", 22. April 1999. 191 In „Ostpreußenblatt", 20. März 1999. 192 Hans-Helmuth Knütter/Stefan Winckler (Hg.) „Der Verfassungsschutz", Universitas Verlag, München 2000, S. 270 ff. 193 Zitiert nach „Ostpreußenblatt", 8. Juli 2000. 194 Vgl. Anmerkung 172. 195 Siehe „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 29. April 1999. 196 „Entsetzen über Zemans Äußerungen", in „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 22. Februar 2002. 197 Ebda. 198 „Vertriebene kritisieren Klaus' Forderungen", in „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 26. Februar 2002. 199 Siehe „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 23. Mai 2000. 200 Ebda., 25. Mai 1999. 201 R. G. Kerschhofer, „Abseits vom Mainstream", in „Ostpreußenblatt", 1. Dezember 2001. 202 Vgl. „Ostpreußenblatt", 26. Juni 1999. 203 Hans-Joachim von Leesen, „Das selektive Gedächtnis", in „Ostpreußenblatt", 9. März 2002. 204 Ebda. 205 Siehe dazu Erwin Peter/Alexander F. Epifanow, „Stalins Kriegsgefangene". Ihr Schicksal in Erinnerungen und nach russischen Archiven, Leopold Stocker Verlag, Graz 1998. 206 Siehe auch „Welt am Sonntag", 9. März 1986; Roland Kaltenegger, „Titos Kriegsgefangene". Folterlager, Hungermärsche und Schauprozesse, Leopold Stocker Verlag, Graz 2001. 207 Siehe Anmerkung 48, S. 248. 208 Max Hastings, „Unternehmen Overlord - D-Day und die Invasion in der Normandie 1944", deutsche Ausgabe, Wien 1985, S. 237; vgl. auch Anmerkung 2. 209 „Bringt so viele Deutsche um wie möglich", in „Welt am Sonntag", 22. November 1998. 210 Vgl. Williamson/Gordon, „Die SS - Hitlers Instrument der Macht", Klagenfurt 1998, S. 241, zit. nach Roland Bohlinger, „Gescheiterter Verleumdungskrieg", Verlag für ganzheitliche Forschung, Viöl 2001. 211 Marguerite Higgins, „News in a Singular thing", vgl. Anmerkung 36, S. 386-387. 212 Ebda. 213 Prof. Dr. Bernhard Bellinger, „Über 14 Millionen Deutsche Opfer von Kriegsverbrechen", in „Märkische Zeitung", Nr. 9/2000; siehe auch „Soldat und Volk", November 2000.
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James Bacque, „Other Losses", in Deutschland 1991 erschienen unter dem Titel „Der geplante Tod". 215 Vgl. Anmerkung 48, S. 252-253. 216 Vgl. Anmerkung 36, S. 407-408. 217 Ebda., S. 397. 218 Ernst von Salomon, „Der Fragebogen", Rowohlt Verlag, Reinbek 1951, S. 728. 219 Konrad Löw (Hg.), „Verratene Treue", Universitätsverlag, Köln 1994. 220 Lothar Groppe SJ, „Die Tragödie von Kalavrita", in „Ostpreußenblatt", 28. Oktober 2000. 221 Vgl. Anmerkung 213. 222 Vgl. Anmerkung 98, S. 191. 223 Vgl. Anmerkung 36, S. 388. 224 Peter Kleist, „Auch Du warst dabei", Kurt Vowinckel Verlag, Heidelberg 1952, S. 261. 225 „Englands Alleinschuld am Bombenterror", Volksausgabe des amtlichen Deutschen Weißbuches, Berlin 1943, zit. nach Maximilian Czesany, „Europa im Bombenkrieg 1939-1945", Leopold Stocker Verlag, Graz 1998, S. 134. 226 Czesany, s. Anm. 225, S. 174. 227 Ebda., S. 170 ff. 228 Vgl. Anmerkung 98, S. 184. 229 Vgl. Anmerkung 225 (Czesany), S. 76. 230 Ebda., S. 203. 231 Ebda., S. 190-191. 232 Ebda., S. 219. 233 Vgl. Anmerkung 66, S. 49-50. 234 Vgl. Anmerkung 48, S. 233. 235 Ebda., S. 233-234. 236 Joachim Nolywaika, „Die Abrechnung", DS-Verlag, Riesa 2000, S. 111. 237 Vgl. Anmerkung 48, S. 231. 238 Siehe „Ostpreußenblatt", 23. Oktober 1999. 239 Vgl. Anmerkung 225 (Czesany), S. 225. 240 Vgl. Anmerkung 225 (Czesany), S. 303 f. 241 Vgl. Anmerkung 225 (Weißbuch), S. 119. 242 Siehe „Ostpreußenblatt", 23. Oktober 1999. 243 Vgl. Anmerkung 225 (Czesany), S. 36-37. 244 Vgl. Anmerkung 66, S. 52. 245 Ebda., S. 51. 246 Ebda., S. 52-53. 247 Vgl. Anmerkung 225 (Czesany), S. 344-345. 248 Vgl. Anmerkung 36, S. 264-265. 249 Vgl. Anmerkung 225 (Czesany), S. 354. 250 Martin Kriele, „Befreiung und politische Aufklärung", Herder Verlag, Freiburg 1980. 251 Vgl. Anmerkung 66, S. 51. 252 Vgl. Anmerkung 225 (Czesany), S. 450. 253 Ebda., S. 647. 254 Vgl. Anmerkung 36, S. 278. 255 Vgl. Anmerkung 98, S. 186. 256 Leserbrief in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung", 18. März 2002, von Prof. Dr. Gerhard Martin, der in Deutschland die Aussage von General Chuck Yeager wiedergibt, laut dessen Buch „Autobiographie", S. 79 f.
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Vgl. Anmerkung 225 (Czesany), S. 453. Vgl. Anmerkung 48, S. 237. Vgl. Anmerkung 1, S. 97. Vgl. Anmerkung 66, S. 51. Typoskript im Besitz des Verfassers. „Neue Ordnung", III/2002. Vgl. Anmerkung 143, S. 51. Siehe „Junge Freiheit", 1. März 1996. Siehe „Staatsbriefe", München 12/1995. Michael Wolffsohn, „Patriotismus? Ja, bitte!", in „Welt am Sonntag", 17. Februar 2002. Ebda. Zitiert nach Hans-Joachim von Leesen, „Kurt Schumacher: National sein ist Ehrensache", in „Ostpreußenblatt", 28. Oktober 2000. Vgl. Anmerkung 1, S. 87. Claus Jacobi, in „Welt am Sonntag", 16. Januar 2000. Wilhelm Röpke, in „Jenseits von Angebot und Nachfrage", Eugen Rentsch Verlag, Erlenbach-Zürich 1958, S. 131. Helmut Schmidt, „Kindheit und Jugend unter Hitler", Wolf-Jobst Siedler Verlag GmbH, Berlin 1998, S. 264. Vgl. Anmerkung 1, S. 312. Arnulf Baring, „Es lebe die Republik, es lebe Deutschland", in „Welt am Sonntag", 21. März 1999. Ulrich Schacht/Heimo Schwilk, „Für eine bessere Republik", in „Junge Freiheit", 3. Oktober 1997. Zitiert nach „Preußische Zeitung", 9. Oktober 1999. „Der Kamerad" (Wien), Nr. 4/1987, S. 4. Götz Eberbach, „Die sexuelle Revolution und ihre Folgen", in „Junge Freiheit", 8. Mai 1998. Siehe „Erneuerung und Abwehr" 3/99. Zitiert nach SOS-Leben, in „Kommentare" 4/99. Zitiert nach einem Bericht in „Erneuerung und Abwehr", 3/99. Siehe „Frankfurter Allgemeine Zeitung", 22. Juli 1998. „Welt am Sonntag", 20. Oktober 1996. In „Erneuerung und Abwehr", 1/2000. Siehe „Lutherische Monatshefte", 6/1978, S. 341. Siehe Frank Nordhausen, „Satanismus ist pop", in „Berliner Zeitung", 26. Januar 2002. Siehe „Kultur und Medien", Mitteilungsblatt der Aktion „Kinder in Gefahr", April 2002. Vgl. Anmerkung 111, S. 26-27.