Ingo Marzi ] (Hrsg.) ] Kindertraumatologie
Ingo Marzi (Hrsg.)
Kindertraumatologie Unter Mitarbeit von
Dorien Schnei...
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Ingo Marzi ] (Hrsg.) ] Kindertraumatologie
Ingo Marzi (Hrsg.)
Kindertraumatologie Unter Mitarbeit von
Dorien Schneidmçller Mit Beitrågen von
L. Audig, V. Bçhren, C. Castellani, H.-G. Dietz, J. Frank, R. Kraus, A. A. Kurth, L. von Laer, W. E. Linhart, M. Maier, I. Marzi, C. Ploss, S. Rose, W. Schlickewei, P. P. Schmittenbecher, F. J. Schneider, D. Schneidmçller, C. Seebach, M. Seif El Nasr, Th. Slongo, A. Thannheimer, Th. J. Vogl, A. Weinberg, L. M. Wessel, A. Wetter, A. M. Worel
Mit 570 zum Teil 2-farbigen Abbildungen in 1000 Einzeldarstellungen und 43 Tabellen
Prof. Dr. med. Ingo Marzi Klinik fçr Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universitåt Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7, 60596 Frankfurt am Main
ISBN 3-7985-1512-3 Steinkopff Verlag, Darmstadt Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet çber abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschçtzt. Die dadurch begrçndeten Rechte, insbesondere die der Ûbersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfåltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfåltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulåssig. Sie ist grundsåtzlich vergçtungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Steinkopff Verlag Darmstadt ein Unternehmen von Springer Science+Business Media www.steinkopff.springer.de ° Steinkopff Verlag Darmstadt 2006 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wåren und daher von jedermann benutzt werden dçrften. Produkthaftung: Fçr Angaben çber Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewåhr çbernommen werden. Derartige Angaben mçssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit çberprçft werden. Herstellung: Klemens Schwind Zeichnungen: Rose Baumann, Schriesheim Umschlaggestaltung: Erich Kirchner, Heidelberg, unter Verwendung des Bildes ¹Hand & Fuûª von Selina Elster Satz: K + V Fotosatz GmbH, Beerfelden Druck und Bindung: Stçrtz GmbH, Wçrzburg SPIN 11418375
105/7231-5 4 3 2 1 0 ± Gedruckt auf såurefreiem Papier
Vorwort
Unfålle bei Kindern stellen fçr alle Beteiligten eine besondere Stress-Situation dar, an erster Stelle natçrlich fçr das betroffene Kind. Die Erwartungshaltung der meist beunruhigten und verunsicherten Eltern an den behandelnden Arzt ist auûerordentlich hoch. Diese Situation sicher und erfolgreich zu meistern und dem verletzten Kind eine optimale, kindgerechte Behandlung mit bestmæglichem Ergebnis zu gewåhren, erfordert umfassende Kenntnisse in der Kindertraumatologie. Vor diesem Hintergrund wurde das vorliegende Buch konzipiert. Es besteht aus einem allgemeinen und einem speziellen Teil. Im allgemeinen Teil werden die Besonderheiten bei Frakturen und Verletzungen im Kindesalter systematisch dargestellt und wachstumstypische Phånomene beschrieben. Prinzipien der konservativen und operativen Frakturbehandlung, der Behandlung von Weichteilverletzungen, die besondere Bedeutung der Ræntgendiagnostik und eine kindgerechte Schmerzbehandlung sind darin wesentliche Abschnitte. Im speziellen Teil sind neben der normalen Anatomie und der Ræntgendarstellung alle Verletzungen der Extremitåten einschlieûlich Becken und Wirbelsåule unter Berçcksichtigung wachstumsspezifischer Besonderheiten dargestellt. Die spezifischen diagnostischen und therapeutischen Maûnahmen sowie technische Hinweise zur konservativen und operativen Behandlung sind in klar strukturierten Ûbersichten zusammengestellt. Der einheitliche Aufbau mit Schemazeichnung und Ræntgenbild erleichtert die Orientierung und ermæglicht ein schnelles Nachschlagen. Von aktueller Bedeutung sind die jetzt eingefçhrten Klassifikationen von Frakturen im Kindesalter: die AO-Klassifikation im Kindesalter und die LiLa-Klassifikation. Diese Klassifikationen werden jeder definierten Fraktur zugeordnet. Die einzelnen Kapitel werden durch Fallbeispiele charakteristischer Verletzungen, wie sie am håufigsten im Kindesalter vorkommen, abgerundet. Diese umfassende Darstellung der Kindertraumatologie ist erst mæglich geworden durch die Mitarbeit zahlreicher Autoren aus unfallchirurgischen, kinderchirurgischen und orthopådischen Kliniken im In- und Ausland. Sie alle engagieren sich çber ihre Kliniken hinaus in nationalen und internationalen Fachgesellschaften, wie der Sektion Kindertraumatologie der Deutschen Gesellschaft fçr Unfallchirurgie, der Internationalen Arbeitsgemeinschaft fçr Osteosynthesefragen, der Vereinigung LiLa ± Licht und Lachen fçr kranke Kinder und in vielen anderen Bereichen. Fçr diese engagierte Mitarbeit zur optimalen Behandlung von verletzten Kindern danke ich allen Autoren ganz besonders.
VI
]
Vorwort
Meiner Mitarbeiterin Frau Dr. Schneidmçller gilt mein ausdrçcklicher Dank fçr die groûe Unterstçtzung bei der Realisierung unserer Projektidee. Dem Verlag, insbesondere Frau Dr. Volkert und Frau Elster, bin ich fçr die anhaltende Unterstçtzung bei Konzeption und Umsetzung sehr verbunden. Dieses Lehr- und Arbeitsbuch soll neben der systematischen Weiterbildung und Vertiefung der Kenntnisse in der Kindertraumatologie auch als Leitfaden fçr die tågliche Arbeit eingesetzt werden und so dazu beitragen, dass allen verletzten Kindern eine altersentsprechende, erstklassige und erfolgreiche Behandlung zuteil wird. Frankfurt, im Februar 2006
Professor Dr. med. Ingo Marzi
Inhaltsverzeichnis
Allgemeiner Teil 1 Knochenwachstum und Knochenheilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
2 Verletzungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
3 Frakturklassifikationen im Kindesalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
Li-La-Klassifikation fçr Frakturen im Kindesalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Schneidmçller, L. von Laer
23
AO-Klassifikation fçr Frakturen im Kindesalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Th. Slongo, L. Audig
30
4 Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
5 Radiologische Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
6 Behandlungsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
Konservative Therapiemæglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. M. Worel
51
Operative Therapiemæglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Th. Slongo
63
7 Gefåûverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
8 Nervenverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
9 Sehnenverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
87
L. von Laer
L. von Laer
R. Kraus
Th. J. Vogl, A. Wetter, D. Schneidmçller
J. Frank
J. Frank
J. Frank
VIII
]
Inhaltsverzeichnis
10 Medikamentæse Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97
Schmerztherapie und Sedierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Th. Slongo
97
Antibiotikaprophylaxe und -therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Schneidmçller
110
Thromboseprophylaxe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Schneidmçller
112
Spezieller Teil 11 Schulter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Schultergçrtel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . W. Schlickewei, M. Seif el Nasr
117
Glenohumeralgelenk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . W. E. Linhart, F. J. Schneider
132
12 Oberarm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 W. E. Linhart, F. J. Schneider
13 Ellenbogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . L. M. Wessel, D. Schneidmçller
151
Suprakondylåre Humerusfrakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . L. M. Wessel
154
Epikondylåre und kondylåre Humerusfrakturen; Ellenbogenluxationen . . . A. Weinberg, C. Castellani
168
14 Proximaler Radius und Olekranon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 P. P. Schmittenbecher
15 Unterarm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 C. Ploss, I. Marzi
16 Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 J. Frank, I. Marzi
17 Becken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 A. Thannheimer, V. Bçhren
Inhaltsverzeichnis
]
18 Hçfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 H.-G. Dietz, D. Schneidmçller
19 Oberschenkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 M. Maier, D. Schneidmçller, I. Marzi
20 Knie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 D. Schneidmçller, I. Marzi
21 Unterschenkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 D. Schneidmçller, I. Marzi
22 Sprunggelenk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 D. Schneidmçller, I. Marzi
23 Fuû . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 D. Schneidmçller, I. Marzi
24 Wirbelsåule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 S. Rose, I. Marzi
25 Knochentumoren und pathologische Frakturen . . . . . . . . . . . . . . . 431 C. Seebach, A. A. Kurth
] Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 ] Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469
IX
Autorenverzeichnis
Dr. med. Laurent Audig AO Foundation Clavadelerstrasse 8 7270 Davos Platz, Schweiz Prof. Dr. med. Volker Bçhren Unfall- und Wiederherstellungschirurgie Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau Prof.-Kçntscher-Straûe 8 82418 Murnau Dr. med. Claudia Castellani Abteilung fçr Kinderorthopådie Universitåtsklinik fçr Kinderchirurgie Auenbrugger Platz 34 8036 Graz, Ústerreich Prof. Dr. med. Hans-Georg Dietz Kinderchirurgische Klinik und Poliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital Klinikum der Universitåt Mçnchen Lindwurmstraûe 4 80337 Mçnchen Priv.-Doz. Dr. med. Johannes Frank Klinik fçr Unfall-, Handund Wiederherstellungschirurgie Klinikum der Johann Wolfgang GoetheUniversitåt Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt Dr. med. Ralf Kraus Klinik und Poliklinik fçr Unfallchirurgie Universitåtsklinikum Gieûen und Marburg GmbH Rudolf-Buchheim-Straûe 7 35392 Gieûen Prof. Dr. med. Andreas A. Kurth Orthopådische Universitåtsklinik Stiftung Friedrichsheim Marienburgstraûe 2 60528 Frankfurt
Prof. Dr. med. Lutz von Laer Burgstrasse 12 4125 Riehen, Schweiz Prof. Dr. med. Wolfgang E. Linhart Abteilung fçr Kinderorthopådie Universitåtsklinik fçr Kinderchirurgie Auenbrugger Platz 34 8036 Graz, Ústerreich Dr. med. Marcus Maier Klinik fçr Unfall-, Handund Wiederherstellungschirurgie Klinikum der Johann Wolfgang GoetheUniversitåt Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt Prof. Dr. med. Ingo Marzi Klinik fçr Unfall-, Handund Wiederherstellungschirurgie Klinikum der Johann Wolfgang GoetheUniversitåt Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt Carola Ploss Klinik fçr Unfall-, Handund Wiederherstellungschirurgie Klinikum der Johann Wolfgang GoetheUniversitåt Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt Prof. Dr. med. Stefan Rose Chirurg, Unfallchirurg, Handchirurg Groupe Chirurgical Ettelbruck 151, Av. Salenty 9080 Ettelbruck, Luxemburg Prof. Dr. med. Wolfgang Schlickewei Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Kindertraumatologie St.-Josefskrankenhaus Freiburg Sautierstraûe 1 79104 Freiburg
XII
]
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. med. Peter P. Schmittenbecher Klinik fçr Kinderchirurgie Klinik St.-Hedwig-Krankenhaus Barmherzige Brçder Steinmetzstraûe 1±3 93049 Regensburg
Dr. med. Andreas Thannheimer Unfall- und Wiederherstellungschirurgie Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau Prof.-Kçntscher-Straûe 8 82418 Murnau
Dr. med. Frank J. Schneider Abteilung fçr Kinderorthopådie Universitåtsklinik fçr Kinderchirurgie Auenbrugger Platz 34 8036 Graz, Ústerreich
Prof. Dr. med. Thomas J. Vogl Institut fçr diagnostische und interventionelle Radiologie Klinikum der Johann Wolfgang GoetheUniversitåt Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt
Dr. med. Dorien Schneidmçller Klinik fçr Unfall-, Handund Wiederherstellungschirurgie Klinikum der Johann Wolfgang GoetheUniversitåt Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt Dr. med. Caroline Seebach Klinik fçr Unfall-, Handund Wiederherstellungschirurgie Klinikum der Johann Wolfgang GoetheUniversitåt Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt
Priv.-Doz. Dr. med. Annelie Weinberg Abteilung fçr Kinderorthopådie Universitåtsklinik fçr Kinderchirurgie Auenbrugger Platz 34 8036 Graz, Ústerreich Prof. Dr. med. Lucas M. Wessel Kinderchirurgische Klinik Universitåtsklinikum Schleswig-Holstein Campus Lçbeck Ratzeburger Allee 160 23538 Lçbeck
Dr. med. Mahmoud Seif El Nasr Abteilung fçr Unfall-, Handund Wiederherstellungschirurgie St.-Nikolaus-Stiftshospital GmbH Hindenburgwall 1 56626 Andernach
Dr. med. Axel Wetter Institut fçr diagnostische und interventionelle Radiologie Klinikum der Johann Wolfgang GoetheUniversitåt Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt
Dr. med. Theddy Slongo Abteilung fçr Kinderchirurgie Chirurgische Universitåts-Kinderklinik Inselspital 3010 Bern, Schweiz
Dr. med. Andreas M. Worel Kinderchirurgie (Kinderklinik Wildermeth) Spitalzentrum Biel-Bienne Vogelsang 84 2501 Biel-Bienne, Schweiz
1 Knochenwachstum und Knochenheilung L. v. Laer
Knochenwachstum
III II
I IV
II III IV
] Dickenwachstum Der Knochen wåchst mit Hilfe der Wachstumsfuge in die Långe, mit Hilfe des periostendostalen Systems in die Dicke. Durch periostalen Knochenanbau wird die Dickenzunahme gewåhrleistet, durch gleichzeitigen endostalen Abbau wird eine Gewichtszunahme verhindert. Das heiût, wåhrend der auf der einen Seite durch das Periost angebaut wird, wird er auf der anderen Seite durch das Endost abgebaut, um den als Ræhrenknochen angelegten Knochen auch als solchen zu erhalten. Der Kærper folgt dabei stets dem von Roux formulierten Gesetz, dass er versucht, mit einem Minimum an Material ein Optimum an Belastbarkeit zu gewåhrleisten. Diese beiden Systeme, Endost und Periost, stehen im funktionellen Gleichgewicht zueinander. Sie gewåhrleisten die Heilung von Frakturen (s. u.) ebenso wie das Remodeling von Kallusmassen, Achsabweichungen usw. Ihre Funktion (An- bzw. Abbau) ist ± zweckgebunden ± austauschbar.
] Långenwachstum Das Långenwachstum erfolgt durch das Organ der Wachstumsfuge, der Physe. An jedem Ende der vier groûen Ræhrenknochen finden sich je eine Fuge an den Phalangen von Fingern und Zehen; sowie an den Metakarpalia und den Metatarsalia ist jeweils auch nur eine Wachstumsfuge angelegt. Diese sitzen an den Phalangen proximal, an den Metakarpalia und den Metatarsalia distal. Der erste Strahl macht dabei jeweils eine Ausnahme, die Fuge des Metacarpale I und die des Metatarsale sitzen proximal (Abb. 1.1). Bei den groûen Ræhrenknochen sind die Fugen am jeweiligen Långenwachstum der einzelnen Knochen unterschiedlich beteiligt (Abb. 1.2).
V
V
I
Abb. 1.1. Lokalisation der Fugen an Hand und Fuû. Phalangen und Metatarsalia bzw. Metakarpalia weisen jeweils eine Fuge auf. Diese liegt bei den Metatarsalia/Metakarpalia distal, bei den Phalangen proximal. Eine Ausnahme macht jeweils das Metatarsale/Metakarpale des 1. Strahls, hier liegt die Fuge proximal wie bei den Phalangen.
Dieses Phånomen des exzentrischen Wachstums ist an den oberen Extremitåten ausgeprågter als an den unteren.
Aufbau der Fuge Der fçr das Långenwachstum verantwortliche Teil der Wachstumsfuge, die Physe, grenzt auf der einen Seite an den Gelenktråger, die Epiphyse, auf der anderen Seite an die Metaphyse, den Ûbergang zum Schaft. Im Bereich, der unmittelbar an die Epiphyse angrenzt, erfolgt im so genannten Stratum germinativum der eigentliche Långenzuwachs durch die Proliferation von Knorpelzellen. Diese ordnen sich metaphysenwårts zunehmend pallisadenfærmig an und bilden den so genannten Såulenknorpel. Die Knorpelzellen werden sozusagen auf Kosten der
4
]
L. von Laer 30 %
80%
55 %
20%
20%
80%
70 %
Mineralisation
ohne Proliferation
Proliferation
mit Proliferation
45 %
Abb. 1.2. Wachstumsanteil der einzelnen Wachstumsfugen der langen Ræhrenknochen. An jedem Ende der vier langen Ræhrenknochen befindet sich je eine Epiphysenfuge. Der Wachstumsanteil der einzelnen Fugen am Långenwachstum der einzelnen Knochen ist unterschiedlich. Die proximale Humerusfuge ist zu 80%, såmtliche Fugen um den Ellenbogen sind zu 20% und die Fugen des distalen Vorderarms wieder zu 80% am Långenwachstum der jeweiligen Knochen beteiligt. An den unteren Extremitåten ist diese Exzentrizitåt weniger deutlich ausgeprågt. Die Fuge des proximalen Femurs hat einen Wachstumsanteil von 30%, die distale von 70%, die proximale Tibiafuge von 55% und die distale von 45%.
Grundsubstanz zunehmend græûer, bilden den Blasenknorpel bis sie schon im Bereich der Metaphyse zunehmend mineralisiert und in Knochensubstanz umgebaut werden. Die Ernåhrung der gesamten Fuge erfolgt çber drei Gefåûsysteme, ein periostales, ein epiphysåres und ein metaphysåres System, die miteinander kommunizieren kænnen. Funktionell gesehen steht der Aggression der Proliferation des epiphysåren Anteils der Fuge die Aggression der Mineralisation des metaphysåren Anteils der Fuge gegençber (Abb. 1.3). Beide Systeme halten sich wåhrend der eigentlichen Phase des Wachstums im Gleichgewicht. Aus klinisch funktioneller Sicht gençgt es daher, lediglich zwei wesentliche Teile der Fuge voneinander zu unterschieden, den epiphysåren Anteil mit Proliferationspotenz und den metaphysåren Anteil ohne Proliferationspotenz.
Abb. 1.3. Schematischer Aufbau der Wachstumsfuge. Aus klinischer Sicht sind zwei Teile voneinander zu unterscheiden, der epiphysennahe Teil mit Proliferationspotenz (Stratum germinativum und die beginnende Schicht des Såulenknorpels) und der metaphysennahe Teil ohne Proliferationspotenz (Såulenknorpel, Blasenknorpel). Die Fuge wird durch drei wesentliche Gefåûsysteme ernåhrt, ein epiphysåres, ein metaphysåres und ein periostales, die miteinander kommunizieren kænnen.
Sistieren des Wachstums ± physiologischer Fugenschluss Die Wachstumsfuge macht im Lauf ihres Lebens drei unterschiedliche Phasen von unterschiedlicher Långe durch. Wåhrend des eigentlichen Wachstums ± von der jeweiligen Lokalisation der Fuge abhångig ± bis etwa zum 10./12. Lebensjahr sind aufbauende und mineralisierende Kråfte im Gleichgewicht, der Knochen wåchst. Hormonelle und humerale Einflçsse fçhren dann gegen das Ende der Wachstumsphase zu einer kurzen Ruhephase, in der meta- und epiphysåre Funktion der Fuge ruhen, der Knochen hært fçr einen Moment auf zu wachsen, die Fuge hat aber noch Wachstumspotenzial. Mineralisation und Proliferation haben einen kurzen ¹Waffenstillstandª geschlossen. Diese kurze Ruhephase geht dann schnell in die eigentliche Verschlussphase çber, in der die Proliferationspotenz zunehmend
1 Knochenwachstum und Knochenheilung
a
b
Abb. 1.4. Physiologischer Fugenschluss. a Die Mineralisation beginnt aus dem metaphysåren Bereich der Fuge sozusagen punktfærmig auf den epiphysennahen Teil der Fuge çberzugreifen. b Von dort breitet sie sich langsam çber die gesamte Fuge aus. Bei der distalen Tibia beginnt der Verschluss exzentrisch im ventralen Bereich des medialen Malleolus und breitet sich von dort nach dorsal und nach ventral aus, bis zum Schluss der laterale Quadrant der Fuge verknæchert wird.
des Fixationskallus und damit zur zunehmenden Stabilisierung der Fraktur. Damit wird die Fraktur bewegungs- und spåter auch belastungsfåhig stabilisiert. Die Wiederherstellung der ursprçnglichen Form erfolgt dann, auch induziert durch die funktionellen Beanspruchungen, erst im Lauf der Zeit je nach Alter des Patienten und Richtung der funktionellen Nutzung bis zur vollståndigen Wiederherstellung der ehemaligen Form. Dieser Vorgang kann, abhångig von der Kallusbildung, Monate, sogar Jahre dauern, wenn gleichzeitig auch noch die Spontankorrektur einer Achsabweichung stattfindet (s. u.). Das Ausmaû der Kallusbildung ist von unterschiedlichen Faktoren abhångig. Je mehr Achsabweichungen vorliegen, desto græûer ist der Kallus, vor allem in der Konkavitåt von Achsenknicken. Je instabiler die Fraktur und je jçnger das Kind, desto mehr Kallus bildet sich (Beispiele: Klavikulafrakturen, Apophysenausrisse am Becken, Oberschenkelfrakturen bei Neugeborenen usw.).
versiegt und die Mineralisation immer mehr auf die Fuge çbergreift und diese durchwandert. Dieser Vorgang beginnt meist exzentrisch ± wie wir es zumindest an der distalen Tibiafuge kennen ±, hæchstwahrscheinlich im Bereich des Punktes der essenziellen Ernåhrung der Fuge (Abb. 1.4). Der Zeitpunkt des Schlusses ist individuell und vom Geschlecht, aber auch vom Wachstumspotenzial der einzelnen Fugen abhångig.
Knochenheilung ] Kallusbildung und Konsolidationszeiten Die Knochenbruchheilung erfolgt im Wachstumsalter selbst im Rahmen stabiler Osteosynthesen praktisch immer sekundår çber Kallusbildung. Das Frakturhåmatom wird anfånglich bindegewebig organisiert. In diesen fixierenden Bindegewebskallus wandern Osteoblasten ein und fçhren zur langsam zunehmenden Mineralisation
]
Abb. 1.5. Schema der Beurteilung der Bewegungsstabilitåt im Konsolidationsræntgenbild. Wenn der Frakturspalt an drei von vier im a.-p. und seitlichen Ræntgenbild dargestellten Kortikales periostal çberbrçckt ist, ist die Fraktur aus radiologischer Sicht als bewegungsstabil zu bezeichnen.
5
6
]
L. von Laer
Die Heilungszeit bis zur bewegungsstabilen Konsolidierung ist von der Frakturflåche und von der Lokalisation der Fraktur abhångig. Schrågfrakturen mit der græûeren Frakturflåche heilen nahezu doppelt so schnell wie Querfrakturen, metaphysåre Frakturen fast doppelt so schnell wie diaphysåre. Der Fixationskallus ist anfånglich palpatorisch sehr schmerzhaft und wird mit zunehmender Mineralisierung indolenter. Nach den çblichen Ruhigstellungszeiten (s. u.) ist der Kallus bei der Palpation indolent. Dies ist das klinische Zeichen der Bewegungsstabilitåt. Der Patient benætigt im Blick auf die Frakturheilung keine weitere Ruhigstellung mehr. Eine radiologische Beståtigung dieses Phånomens ist grundsåtzlich nicht erforderlich. Wird das Konsolidationsræntgen aus anderen Grçnden durchgefçhrt, so spricht eine periostale Kallusçberbrçckung des Frakturspaltes im Bereich dreier Kortikales (von vier in zwei Ebenen dargestellten) fçr die bewegungsstabile Heilung der Fraktur (Abb. 1.5).
] Heilungszeiten Die çblichen Konsolidationszeiten der håufigsten Frakturen bis zur bewegungsstabilen Heilung der Fraktur sind in Tabelle 1.1 dargestellt.
Tabelle 1.1. Richtwerte fçr durchschnittliche Konsolidationszeiten Frakturlokalisation
Konsolidationszeit (Wochen)
] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ]
2±3 2±3 3±6 3±4 3±4 4±6 3±4 6±12 4±12 3±6 3±4 3±4 4±5 3±4 3±4 1±2
Klavikula Humerus proximal Humerusschaft Humerus distal Unterarm proximal Ulnaschaft, Radiusschaft Unterarm distal Handwurzel Schenkelhals Femurschaft Femur distal Tibia proximal Tibiaschaft Tibia distal Metakarpale und Metatarsale Finger und Zehen
1 Knochenwachstum und Knochenheilung
Heilungsstærungen und Wachstumsstærungen (WTS) ] Dickenwachstum Stærungen des Dickenwachstums åuûern sich in Heilungsstærungen, wenn die Konsolidation einer Fraktur ganz oder teilweise ausbleibt, d. h. wenn es zu vollståndigen oder partiellen Pseudarthrosen kommt. Vollståndige Pseudarthrosen im Schaftbereich ± ob hyper- oder atroph ± sind auûerordentlich selten, ihre Ursachen sind entweder pathologisch oder iatrogen. Sie haben, vor allem wenn es sich um hypertrophe Pseudarthrosen handelt, eine gute Prognose. Im meta-/epiphysåren Bereich sind zwei Lokalisationen bekannt, die fçr Pseudarthrosen aufgrund der an den Fragmenten ansetzenden Muskelzçge und der dadurch bedingten chronischen Instabilitåt geradezu prådestiniert sind, die konservativ behandelte dislozierte Fraktur des Condylus radialis humeri (Ursache iatrogen) und die konservativ und operativ behandelte Fraktur des Epicondylus ulnaris (Ursache iatrogen und idiopathisch?). Wåhrend beim einen eine schwere Gelenkdeformitåt resultiert
(Abb. 1.6), sind beim anderen die Folgen eher gering einzuschåtzen. Nur in etwa 10% nach Pseudarthrosen des Epicondylus ulnaris werden Beschwerden angegeben, die behandlungsbedçrftig sind und auch behandelt werden kænnen. Wåhrend bei Pseudarthrosen des Condylus radialis nahezu jeder Patient im Lauf der Zeit Beschwerden bekommt, die nur bedingt behandelt werden kænnen (eine sekundåre Rekonstruktion des Gelenks ist nicht mehr mæglich). Partielle Pseudarthrosen bzw. Konsolidationsstærungen und -verzægerungen finden wir an zwei typischen Stellen: diaphysår im Rahmen von klassischen Grçnholzfrakturen, die im Falle einer Therapie nicht vollståndig durchgebrochen wurden. Dabei heilt die Fraktur im Bereich der angebrochenen Kortikalis prompt ab, was aber die Abheilung auf der Seite der vollståndig gebrochenen Kortikalis verhindert (Abb. 1.7); an
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Abb. 1.6. Schema einer Pseudarthrose des Condylus radialis humeri. Bei konservativ behandelten dislozierten Frakturen besteht die groûe Gefahr, dass es zu echten Pseudarthrosen kommt. Das Fragment deformiert sich bis Wachstumsabschluss und weicht meist nach dorsoradial aus, sodass zum Schluss eine erhebliche Deformitåt des Gelenks resultiert, meist verbunden mit einer Valgusdeformitåt.
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Abb. 1.7. Schema der Entstehung einer partiellen Pseudarthrose (einer Konsolidationsverzægerung) diaphysår. a Bei diaphysåren Grçnholzfrakturen ist die eine Kortikalis angebrochen, die andere vollståndig durchgebrochen. b Belåsst man diese Situation bei der Reposition, ohne dass der klaffende Frakturspalt auf der Konvexseite der Fehlstellung komprimiert wird, so heilt die angebrochene Kortikalis prompt ab, wåhrend bei der Gegenkortikalis die Konsolidation ausbleibt. Dies birgt die Gefahr einer Refraktur in sich. c Die gleiche Problematik ist beim Erwachsenen im Rahmen ¹sperrenderª Plattenosteosynthesen bekannt und fçhrt zu den gleichen Folgen, wie bei den inkomplett durchgebrochenen Grçnholzfrakturen.
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dieser Stelle bleibt die periostale Ûberbrçckung des Frakturspalts aus. Dadurch besteht die Gefahr einer echten Refraktur (innerhalb eines Jahres bei inadåquatem Trauma), die dann in 20±30% der Fålle auch eintritt. Metaphysår spielt die partielle Konsolidationsstærung klinisch eine Rolle im Rahmen der metaphysåren Biegungsbrçche der proximalen Tibia (metaphysåre Grçnholzfraktur). Diese Brçche stehen stets in einer mehr oder weniger ausgeprågten Valgusachsabweichung. Dadurch kommt es auf der lateralen Seite (Konkavitåt der Achsabweichung) zum prompten Abheilen der Fraktur, wåhrend auf der medialen Seite die Konsolidation deutlich verzægert ist. Durch diese Verzægerung bzw. die vermehrten und prolongierten Umbauvorgånge auf der medialen Seite wird die nahe gelegene Fuge einseitig stimuliert, es kommt zum medialen Mehrwachstum (s. u.) und dadurch zur Verstårkung des primår schon vorhandenen Valgus (Abb. 1.8).
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Abb. 1.8. Schema der Entstehung einer partiellen Pseudarthrose (Konsolidationsverzægerung) metaphysår. Wie bei der Diaphyse kann es auch bei der Metaphyse zu Biegungsbrçchen kommen, die der gleichen Problematik folgen, wie bei den diaphysåren Frakturen (Abb. 1.7). a Auch hier heilt die angebrochene Kortikalis prompt ab, wåhrend die Heilung auf der Gegenseite, der des klaffenden Frakturspalts, ausbleibt. b Die Folgen sind anders als bei der Diaphyse, es kommt nicht zur Refraktur, sondern zur partiellen Stimulation der nahe gelegenen Fuge, sozusagen im Rahmen der protrahierten Heilungsbemçhungen. Dies verstårkt die primår vorhandene Achsabweichung. Klinisch ist dieses Problem an der proximalen Tibia bedeutungsvoll.
] Långenwachstum Grundsåtzlich sind såmtliche Wachstumsstærungen, die das Långenwachstum betreffen, samt ihren Folgen vom Alter des Patienten beim Unfall abhångig. Je ålter der Patient ist, desto weniger ausgeprågt sind die Folgen. Die stimulativen Wachstumsstærungen (WTS), bei denen es zur Funktionssteigerung der die Fraktur umgebenden bzw. ihr nahe gelegenen Fugen kommt, sind nach såmtlichen Frakturen im Wachstumsalter zu erwarten, ja obligatorisch. Ihre Folgen sind vom Alter des Patienten beim Unfall sowie von der Dauer der Reparationsvorgånge um die Fraktur abhångig. Erleidet der Patient die Fraktur in seiner eigentlichen Wachstumsphase ± bis etwa zum 10. Lebensjahr ± so ist mit einer Verlångerung des betroffenen Skelettabschnitts zu rechnen. Fållt die Fraktur in die Ruhe- und Fugenschlussphase, so ist eher mit einer Verkçrzung zu rechnen. Je mehr Achsabweichungen, Seit-zu-Seit-Verschiebungen und Kallus remodeliert werden mçssen, desto långer ist die Stimulationszeit und desto ausgeprågter sind die Folgen, seien es Verlångerung oder Verkçrzung. Dabei çberschreitet jedoch das Ausmaû der Differenzen selten den Durchschnitt von 1 cm und spielen die Folgen der Långendiskrepanzen lediglich im Bereich der unteren Extremitåten im Blick auf die Wirbelsåulenstatik eine Rolle (Abb. 1.9). Sie sollten aus klinischer Sicht daher stets funktionell gemessen werden! Eine partielle Stimulation ist selten und spielt klinisch nur eine Rolle an der proximalen Tibia (Abb. 1.8) und am Condylus radialis humeri. Nach Frakturen des Condylus radialis humeri kommt es obligatorisch zu einem radialen Mehrwachstum aufgrund einer partiellen Stimulation und damit zur Varisierung der Ellenbogenachse. Je stabiler die Fraktur versorgt wurde, desto kçrzer ist die Konsolidationszeit und desto weniger ausgeprågt die Varisierung (Abb. 1.10). Zusammenfassend sind die stimulativen Wachstumsstærungen obligatorisch nach såmtlichen Frakturen im Wachstumsalter zu erwarten. Ihre Folgen sind vom Alter des Patienten beim Unfall abhångig und ihre Dauer ist begrenzt (maximal bis zu zwei Jahren). Im Gegensatz dazu sind die hemmenden WTS, bei denen die Funktion der Wachstumsfuge gehemmt wird, nur fakultativ nach fugenkreuzenden und fugennahen Frakturen zu erwarten. Auch sie kænnen Teile einer Fuge oder auch die gesamte Fuge betreffen, wobei der par-
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Abb. 1.10. Wachstumsstærung stimulativ, partielle Stimulation einer Fuge. a Obligatorisch gehært zur Fraktur des Condylus radialis humeri die partielle Stimulation des betroffenen radialen Fugenanteils. b Je instabiler die Fraktur versorgt wird, desto långer die Konsolidationszeit der Fraktur, desto långer die Dauer der radialen Stimulation und desto ausgeprågter die durch das radiale Mehrwachstum bedingte Varisierung der Ellenbogenachse.
Abb. 1.9. Schema der Folgen stimulativer Wachstumsstærungen (WTS) an den unteren Extremitåten. Nach jeder Fraktur im Wachstumsalter kommt es durch die obligatorischen WTS zu Långenalterationen. Diese spielen lediglich an den unteren Extremitåten im Blick auf die Wirbelsåulenstatik eine Rolle. Håufigkeit und Ausmaû derartiger Differenzen kænnen nur durch Kontrollen erfasst werden, die daher stets funktionell erfolgen sollten.
tielle vorzeitige Verschluss weitaus håufiger ist als der vollståndige Verschluss. Der partielle Verschluss fçhrt zum verkçrzenden Achsenfehler, der vollståndige Verschluss zur vollståndigen Verkçrzung des betroffenen Skelettabschnitts ohne zusåtzliche Achsabweichung. Diese WTS dauern bis zum Wachstumsabschluss des betroffenen Skelettabschnitts, also deutlich långer als die stimulativen WTS (Abb. 1.11). Die Ursache der hemmenden WTS kann unterschiedlich sein. Bei den typischen Epiphysenfrakturen (Typ Salter-Harris III und IV) bei noch weit
offenen Fugen kann es zum knæchernen Auffçllen des Frakturspalts, auch im Bereich des Stratum germinativum, kommen. Je nach Weite des Frakturspalts ist die so entstandene ¹Ausheilungsbrçckeª mehr oder weniger breit und kann altersabhångig im weiteren Wachstum wieder spontan gesprengt werden oder bleibt und fçhrt dann zum zunehmenden Fehlwachstum. Bei Epiphysenlæsungen (Typ Salter-Harris I und II) oder fugennahen Frakturen ist ein derartiges knæchernes Auffçllen des Frakturspalts nicht mæglich, hier fçhren Gefåûschåden zum mehr oder weniger ausgeprågten Untergang des Wachstumsknorpels mit anschlieûender Verknæcherung der Nekrosezone im Bereich des Stratum germinativum. Dieser Vorgang kann sich selbstverståndlich auch im Rahmen der Epiphysenfrakturen (Typ SalterHarris III und IV) abspielen. Derartige Nekrosenbrçcken sind zu breit, um durch die Wachstumsschubkråfte gesprengt zu werden. Grundsåtzlich besteht kein Unterschied zwischen der Wachstumsprognose von Epiphysenfrakturen und Epiphysenlæsungen. Letztere kommen, vor allem im Bereich der unteren Extremitåten, jedoch meist in einem Alter vor, in dem WTS mit klinisch relevanten Folgen nicht mehr zu erwarten sind. Hingegen sind neben dem Alter des Patienten noch weitere grundsåtzliche Faktoren fçr das Auftreten hemmender WTS verantwortlich. Einmal das Alter der betroffenen Fuge. Je hæher der Wachstumsanteil der Fuge ist, desto långer wåchst sie und kann dementsprechend långer Fehlwachstum erzeugen. Das Ausmaû der Dis-
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a Abb. 1.11. Wachstumsstærung hemmend, partieller vorzeitiger Verschluss einer Fuge. a Im Rahmen von Epiphysenfrakturen bei noch weit offenen Fugen, aber auch von Epiphysenlæsungen, kann b es zur partiellen Verknæcherung der Wachstumsfuge, zur epi-/metaphysåren Brçckenbildung kommen.
lokation spielt eine wesentliche Rolle. Nach undislozierten Frakturen ist signifikant seltener mit hemmenden Wachstumsstærungen zu rechnen als nach dislozierten Frakturen. Ein weiterer ungeklårter Faktor spielt eine ebenso bedeutende Rolle: Hemmende Wachstumsstærungen treten mit ca. 30% signifikant håufiger im Bereich der unteren Extremitåten auf als mit nur ca. 5% im Bereich der oberen Extremitåten. Nimmt man såmtliche Wachstumsstærungen, stimulative und hemmende, zusammen, so kann man sagen, dass beide schicksalhaft sind und nicht primår direkt-therapeutisch vermieden werden kænnen. Durch die Therapie kænnen lediglich bessere Voraussetzungen geschaffen werden: fçr die stimulativen WTS durch Reduktion des Remodelings und fçr die hemmenden lediglich bei den Epiphysenfrakturen durch Diminuierung eines weiten Frakturspalts. Fçr Epiphysenlæsungen kænnen bezçglich der Wachstumsprognose therapeutisch keine besseren Voraussetzungen geschaffen werden. Die Wachstumsprognose låsst sich durch die Reposition nicht verbessern, hæchstens verschlechtern, wenn man rçde und oft genug reponiert und durch zusåtzliche operative Maûnahmen die Gefåûversorgung der Fuge beschådigt.
b
c
c Wåhrend der Rest der Fuge normal weiter wåchst, sistiert das Wachstum an der Stelle der Brçcke. Es kommt zur zunehmenden Deformitåt, z. B. an der distalen Tibia, bei medialem Verschluss zur zunehmenden Varusdeformitåt, der die Fibula zwangslåufig folgt.
Spontankorrekturen Grundsåtzlich ist der wachsende Kærper in der Lage, såmtliche Achsabweichungen in allen drei Ebenen des Raumes im Verlauf des Wachstums wieder spontan, d. h. ohne åuûeres Zutun, zu korrigieren. Daran sind ganz unterschiedliche Mechanismen beteiligt, die aber ebenso wie auch die WTS grundsåtzlich vom Alter des Patienten bei Unfall, von der Lebenserwartung der nåchstgelegenen Fuge, von der Funktion bzw. den Funktionsebenen des nåchstgelegenen Gelenks und vom Ausmaû der Achsabweichung abhångig sind. Je jçnger der Patient, je hæher (je langlebiger) der Wachstumsanteil der nåchstgelegenen Fuge, je multiplaner das nåchstgelegene Gelenk und je græûer das Ausmaû der Achsabweichung sind, desto græûer und zuverlåssiger ist die Korrektur. Dazu gesellt sich ein grundsåtzliches Verhalten. Eine Varusdeformitåt wird am ganzen Kærper grundsåtzlich besser korrigiert als eine Valgusdeformitåt und Achsabweichungen in der Hauptbewegungsebene, der Sagittalebene, werden besser korrigiert als die in der Frontalebene. Der funktionelle Stimulus ist bedeutungsvoller als der statische.
1 Knochenwachstum und Knochenheilung
Abb. 1.12. Schema der Spontankorrektur der Seit-zu-SeitVerschiebung. Durch Kallusremodeling erfolgt çber periostalen An- und Abbau und endostalen Ab- und Anbau die zunehmende Formung der frakturbedingten Strukturverånderungen bis hin zur Restitutio ad integrum.
An den Spontankorrekturen sind, wie schon gesagt, unterschiedliche Mechanismen beteiligt. Die Seit-zu-Seit-Verschiebung wird allein durch das periostendostale System remodeliert (Abb. 1.12). Achsenknicke in der Frontal- und Sagittalebene werden kombiniert durch das periostendostale Remodeling und gezieltes asymmetrisches Korrekturwachstum der Epiphysenfugen korrigiert. Wåhrend im Schaftbereich das Remodeling des eigentlichen Achsenknicks erfolgt, stellen sich die durch den Achsenknick schråg gestellten Epiphysen langsam wieder orthograd zur Belastungsebene ein. Diese beiden Mechanismen scheinen voneinander abhångig zu sein (Abb. 1.13). Es ist jedoch nicht bekannt, durch welche Faktoren das geschieht. Verkçrzungsfehlstellungen kænnen ungezielt durch die stimulativen WTS korrigiert werden, was jedoch unzuverlåssig ist. Eine gezielte Långenkorrektur findet sich nur bei paarigen Knochen gegençber dem Partnerknochen, nicht aber gegençber der Gegenseite. Da der Mensch çber kein Organ fçr symmetrisches Wachstum
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Abb. 1.13. Spontankorrektur eines Achsenknicks. Durch das periostendostale Korrektursystem erfolgt das Remodeling im Schaftbereich. Die durch den Achsenknick schråg gestellten Epiphysen (Gelenke) werden durch asymmetrisches Wachstum der Wachstumsfugen selbst wieder senkrecht zur Belastungsebene eingestellt.
verfçgt, muss man damit rechnen, dass posttraumatische Långenalterationen sich im weiteren Wachstum kaum korrigieren werden. Seltene Verlångerungsfehlstellungen werden nicht korrigiert. Rotationsfehler kænnen im Verlauf der physiologischen Detorsionsvorgånge ungezielt korrigiert werden, wobei man noch sehr wenig çber das gesamte Phånomen der Detorsionen an den unterschiedlichen Knochen weiû. Bekannt ist bislang in der Literatur die Spontankorrektur von Rotationsfehlern am Oberarm und am Oberschenkel (Abb. 1.14), beides Lokalisationen, an denen ein Rotationsfehler funktionell hervorragend kompensiert wird, sodass wåhrend der relativ langen Zeit der Korrektur der Patient keine Beschwerden hat. Die Rotationsfehler, die von Scharniergelenken umgeben sind, wie z. B. am Unterschenkel oder an den Fingerphalangen, kænnen funktionell nicht kompensiert werden und fçhren sehr viel schneller zu Beschwerden. Erleichternd ist dabei, dass die funktionell gut kompensierbaren
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ARF
IRF b
Abb. 1.14. Spontankorrektur von Rotationsfehlern am Beispiel des Oberschenkels. Rotationsfehler am Oberschenkel stellen sich in einer Antetorsionsdifferenz der Schenkelhålse dar. a, b Die Antetorsion nimmt physiologischerweise von Geburt bis Wachstumsabschluss von ca. 358 auf ca. 158 ab. Der Auûenrotationsfehler des distalen Fragments (ARF), erkennbar an der verminderten Antetorsion der betroffenen Seite, zieht diese Detorsion praktisch vor. Durch vermehrte einseitige Detorsion kann der Innenrotationsfehler des distalen Fragments (IRF), erkennbar an der vermehrten Antetorsion der betroffenen Seite, im Lauf des weiteren Wachstums wenigstens diminuiert und damit klinisch bedeutungslos werden.
Fehler im Rahmen einer frischen Fraktur weder radiologisch noch klinisch diagnostizierbar und messbar sind und daher auf konservativem Wege auch nicht korrigiert werden kænnen und mçssen. Im Gegensatz dazu sind die funktionell nicht kompensierbaren Fehler klinisch gut beurteil- und messbar, sodass sie im Rahmen einer frischen Fraktur auch gut beseitigt werden kænnen. Spontankorrekturen kænnen in die Therapie integriert werden. Die periostendostalen sowie die epiphysåren Korrekturen beeinflussen die Håufigkeit und das Ausmaû von Långendifferenzen, was bei den Korrekturen der Rotationsfehler nicht der Fall ist. Aus diesem Grund sollten nur in Ausnahmefållen erhebliche Achsabweichungen an den unteren Extremitåten den Korrekturkråften des weiteren Wachstums çber-
Abb. 1.15. Integration von Spontankorrekturen in die Therapie. Zuverlåssige Spontankorrekturen, wie z. B. die einer Varusachsabweichung im Bereich des proximalen Humerus bis zu 508 und bis zu einem Alter von 12 Jahren kænnen primår und postprimår in die Therapie integriert werden; die Achsabweichung wird zuverlåssig korrigiert werden.
lassen werden. Ziel der Therapie kann also nur sein, durch die geeignete Primårtherapie den Umfang der Reparation und des Remodelings so klein wie mæglich zu halten, um Håufigkeit und Ausmaû posttraumatischer Långendifferenzen den idiopathischen Differenzen zuzuweisen, die bei etwa 25±30% knapp 1 cm betragen. An den oberen Extremitåten hingegen spielen Långendifferenzen im posttraumatischen Rahmen keine Rolle. Hier kænnen also zuverlåssige Korrekturen durchaus in die Primår- oder auch Sekundårtherapie integriert werden. Dies sind am proximalen Humerus bis etwa zum 11./12. Lebensjahr Korrekturen bis zu 508 Varusstellung und von Achsabweichungen in der Sagittalebene (Abb. 1.15), mit Abkippungen am proximalen Radiusende bis zu 508 bis zu einem Alter von 10 Jahren (Abb. 1.16) und Abkippungen nach dorsal und radial von etwa 408 am distalen Radius (Abb. 1.17). Die Zumutbarkeits- und Toleranzgrenzen werden in den einzelnen Kapiteln des speziellen Teils jeweils aufgefçhrt werden.
1 Knochenwachstum und Knochenheilung
Abb. 1.16. Integration von Spontankorrekturen in die Therapie. Zuverlåssige Spontankorrekturen, wie z. B. die einer radialen Abkippung des Radiuskæpfchens bis zu 508 und bis zu einem Alter von 10 Jahren kænnen primår und postprimår in die Therapie integriert werden; die Achsabweichung wird zuverlåssig korrigiert werden.
Abb. 1.17. Integration von Spontankorrekturen in die Therapie. Zuverlåssige Spontankorrekturen, wie z. B. die einer Dorsal- und Radialabkippung im Bereich des distalen Unterarms bis zu 508 und bis zu einem Alter von 12 Jahren kænnen primår und postprimår in die Therapie integriert werden; die Achsabweichung wird zuverlåssig korrigiert werden.
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3 Frakturklassifikationen im Kindesalter Die Einteilung von Verletzungen nach verschiedenen Klassifikationen ist eine notwendige Voraussetzung, um in multizentrischen Studien anhand einer groûen Anzahl von Kranken eine Aussage z. B. çber Aufwand und Ergebnisse unterschiedlicher Therapiemethoden oder die Prognose von bestimmten Verletzungen treffen zu kænnen. Eine umfassende, spezifische Klassifikation fçr Frakturen der langen Ræhrenknochen im Kindesalter wurde bisher noch nicht entwickelt, sodass meist die fçr Erwachsene gçltige AO-Klassifikation auf das kindliche Skelett çbertragen wurde. Aufgrund der Besonderheiten des kindlichen Skeletts ist dies jedoch nicht sinnvoll. Im Gegensatz zum Erwachsenen låsst sich aufgrund der Verletzung keine Hierarchie bezçglich des Schweregrads sowie kein therapeutischer Hinweis ableiten. Art und Ausmaû der Therapie sind nicht standardisiert und viel mehr abhångig vom Alter des Kindes sowie der Frakturlokalisation und -dislokation. Klassifikationen machen nur Sinn, wenn sie sich nach morphologischen Gesichtspunkten richten und in ein vernçnftiges Dokumentationssystem eingebettet sind. Solche Dokumentationen sind auch fçr die Kindertraumatologie unerlåsslich und stellen gleichzeitig die Grundlage fçr eine adåquate Qualitåtssicherung dar. Es sollte selbstverståndlich sein, dass wachsende Patienten mit Verletzungen des Bewegungsapparats kompetent nachkontrolliert werden. Eine Klassifikation sollte daher Teil einer Dokumentation sein, um fçr diesen Zweck sinnvoll genutzt werden zu kænnen. Ziel einer kinderspezifischen Klassifikation und Dokumentation muss sein, çber eine prospektive Datensammlung zu fundierten Therapieempfehlungen zu kommen. Diese kænnten dann in erweiterte Klassifikationen integriert werden. Die Tatsache, dass der Wachstumsabschluss zur endgçltigen Beurteilung abgewartet werden muss, und die Vielfalt der mæglichen Verletzungen in den verschiedenen Altersstufen erlaubt derzeit noch keine Integration von klassifikationsorientierten Therapieempfehlungen im Kindesalter. Dies ist
aber erklårtes Entwicklungsziel aller vorgestellten Fraktureinteilungen fçr die Zukunft. Im Folgenden werden die beiden aktuellen Frakturklassifikationen im Kindesalter fçr lange Ræhrenknochen vorgestellt, die sich in den letzten Jahren entwickelt haben.
Li-La-Klassifikation fçr Frakturen im Kindesalter D. Schneidmçller und L. v. Laer Der gemeinnçtzige Verein Li-La e.V. hat zu diesem Zweck gemeinsam mit dem Institut fçr Evaluative Forschung in Orthopådischer Chirurgie der Universitåt Bern eine Dokumentation entwickelt und diese samt der dazugehærigen Klassifikation in einer Pilotphase erprobt und validiert. Aufgrund der Ergebnisse erfolgte eine weitere Vereinfachung der Dokumentation sowie Klassifikation, die als Version 2.1 mit einem Online-Dokumentationssystem beim Institut fçr Evaluative Forschung in Bern sowie auf der Webseite von LiLa (www.li-la.org) einsehbar sind. ] Die erste Ziffer bezeichnet entsprechend der AO-Klassifikation fçr den Erwachsenen den betroffenen Ræhrenknochen (Abb. 3.1). ] Die zweite Ziffer differenziert das betroffene Knochensegment. Es wird zwischen proximal, Mitte und distal unterschieden, wobei im Schaft das Quadrat çber der Epiphysenfuge des jeweiligen Knochens die Grenze nach distal und proximal (inklusive Metaphyse) markiert (Abb. 3.2). ] Aufgrund der therapeutischen Relevanz wird noch einmal extra zwischen Gelenkfrakturen (a = articular) und Schaftfrakturen (s = shaft/ non-articular) unterschieden. Die Wachstumsfuge kann in zwei funktionell unter-
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]
D. Schneidmçller und L. von Laer 2. Segment
1 proximal (Quadrat) inkl. Schenkelhals
1
2
2 Mitte
3
4
Quadrat von med. und lat. Epiphysenfugen ausgehend (ap Rx) 3 distal (Quadrat)
Abb. 3.1. Bezeichnung des betroffenen Ræhrenknochens.
11 epiphysåre Salter -Frakturen Harris IIIbei offenen Fugen Aitken II
(Salter-Harris III/Aitken II)
Abb. 3.3. Epiphysåre Frakturen. 1 Fraktur Salter III, 2 Fraktur Salter IV, 3 Twoplane-Fraktur, 4 Triplane-Fraktur, 5 Andere.
22 epi-metaphysåre Frakturen Salter - Harris IV bei offenen Fugen Aitken III (Salter-Harris IV/Aitken III)
Abb. 3.2. Festlegung des Knochensegments.
33 epiphysåre Frakturen bei Two-Plane beginnendem Fugenschluss Übergangsfraktur
(Two-Plane Ûbergangsfraktur)
4 4 epi-metaphysåre Fraktur Triplane I/II bei beginnendem Fugenschluss Übergangsfraktur
(Tripane I/II Ûbergangsfraktur)
3 Frakturklassifikationen im Kindesalter
11
22
Abb. 3.4. Schaftfrakturen. 1 Epiphysenlæsungen (Salter I und II). 2 Metaphysåre Grçnholz- und Wulstfrakturen, diaphysåre Grçnholz-, Bowingfraktur.
schiedliche Bereiche unterteilt werden, den epiphysåren mit und den metaphysåren ohne proliferative Potenz. Epiphysåre Frakturen zåhlen zu den Gelenkfrakturen, Epiphysenlæsungen aufgrund fehlender Gelenkbeteiligung im weiteren Sinn zu den Schaftfrakturen. Damit ist die therapeutisch wichtige Unterteilung Schaft gegençber Gelenk gewahrt. Gelenkfrakturen mçssen anatomisch rekonstruiert werden, wåhrend bei Schaftfrakturen eine mægliche altersabhångige Spontankorrektur in das Therapiemanagement einflieût. Hierbei muss beachtet werden, dass die Spontankorrektur im Bereich der Diaphyse deutlich geringer ausfållt als in der Metaphyse. ] Die vierte Ziffer beschreibt den eigentlichen Frakturtyp, jeweils fçr Gelenk- und Nichtgelenkfrakturen separat. So werden im Gelenkbereich epiphysåre und epi-metaphysåre Frakturen bei offenen Fugen und bei beginnendem Fugenschluss voneinander unterschieden. Alle Sonderformen wie osteochondrale Frakturen oder knæcherne Bandausrisse werden unter ¹othersª subsumiert (Abb. 3.3).
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]
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3 Quer-, Schråg-, Torsionsfrakturen. 4 Alle Mehrfragmentfrakturen. 5 Andere.
Am Schaft werden folgende Frakturtypen unterschieden: die Epiphysenlæsungen, die metaphysåren Grçnholz- und Wulstfrakturen, die komplette metaphysåre Fraktur inkl. Quer-, Schråg- und Torsionsbrçche, die Grçnholzund Bowingfraktur im Schaftbereich, die komplette Fraktur des Schafts inkl. Quer-, Schrågund Torsionsfrakturen sowie alle Mehrfragmentfrakturen. Hier bildet ebenfalls das Quadrat çber der Epiphysenfuge die Grenze zwischen Schaft und Metaphyse. Sonderformen wie Band- und Apophysenausrisse werden unter ¹othersª zusammengefasst (Abb. 3.4). ] Unterscheidung zwischen tolerabler und nicht tolerabler Dislokation im Hinblick auf das therapeutische Vorgehen (0 = undisloziert, 1 = tolerable Dislokation, 2 = nicht tolerable Dislokation). ] Bei paarigen Knochen wird der haupttragende Knochen klassifiziert (Radius bzw. Tibia). Soll der paarige Knochen klassifiziert werden, erfolgt ein entsprechender Zusatz: F fçr Fibula bzw. U fçr Ulna (Abb. 3.5).
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]
D. Schneidmçller und L. von Laer
] Aufgrund der Frakturhåufigkeit und der speziellen anatomischen Gegebenheiten erfolgt eine separate Klassifikation der Frakturen des distalen Humerus als einzige Ausnahme (Abb. 3.6). Ûbersicht der Li-La-Klassifikation s. Abb. 3.7, 3.8.
Abb. 3.5. Bei paarigen Knochen wird der tragende Knochen (Radius oder Tibia) klassifiziert, ansonsten Fibula oder Ulna angegeben.
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22
Abb. 3.6. Frakturen des distalen Humerus als Ausnahme. 1 Condylus radialis Fraktur. 2 Y-Fraktur. 3 Condylus ulnaris Fraktur.
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3 Frakturklassifikationen im Kindesalter
LiLa Klassifikation 1. Stelle Lokalisation im Skelett: (1-4)
2. Stelle Lokalisation im Knochen (Segment): (1-3)
3. Stelle Morphologie: – Gelenk (a) – Schaft (s)
4. Stelle Spezifizierungen Morphologie: – Gelenk (1-5) – Schaft (1-5)
5. Stelle Dislokationsausmass: – undisloziert (0) – tolerabel (1) – nicht tolerabel (2)
– bei paarigen Knochen wird jeweils der haupttragende Knochen klassifiziert: Radius oder Tibia – soll der Gegenknochen klassifiziert werden, so wird an 6. Stelle das U bzw. das F eingefügt (siehe Gelenkfrakturen Olekranon) – die Metaphyse wird mit dem Quadrat über der zugehörigen Fuge definiert (Zirkelschlag von den Ecken der Epiphysenfuge aus)
Gelenkverletzungen die statistisch nicht ins Gewicht fallen, werden an der 5=andere jeweiligen Lokalisation mit 5= andere klassifiziert (proximaler Humerus, proximaler und distaler Radius, proximale und distale Ulna und proximales Femur)
Abb. 3.7. Ûbersicht çber die Li-La-Klassifikation.
6. Stelle (Ausnahme) paariger Knochen nicht tragend – Ulna (U) – Fibula (F)
]
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]
D. Schneidmçller und L. von Laer
Gelenkfrakturen
1.1.a.5.0-2.: andere praktisch keine Gelenkfrakturen, Flakes, Tuberkulumausrisse etc., werden unter andere (=5) subsumiert
proximaler Humerus
1.3.a.1-5.0-2. 1. Condylus radialis Fx 2. Y-Fx 3. Condylus ulnaris Fx 4. / (leer) 5. andere 2
1
2.1.a.5.0-2.: andere praktisch keine Gelenkfrakturen, Übergangsfx, Meisel etc. beim Jugendlichen werden unter andere (=5) subsumiert
3
proximaler Radius
2.1.a.5.0-2.U: andere kaum Gelenkfx, artikuläre Olekranon Fx und Fx des Processus coronoideus werden unter andere (=5) subsumiert 2.3.a.5.0-2.: andere praktisch keine Gelenkfrakturen, Übergangsfx etc. werden unter andere (=5) subsumiert
distaler Radius
3.1.a.5.0-2.: andere praktisch keine Gelenkfrakturen, Flakes etc. werden unter andere (=5) subsumiert
proximales Femur
3.3.a.1-5.0-2. 1. epiphysäre (Salter III) Fx bei offenen Fugen 2. epi-metaphysäre (Salter IV) Fx bei offenen Fugen 3. epiphysäre (two plane) Fx bei beg. Fugenschluss 4. epi-metaphysäre (triplane) Fx bei beg. Fugenschluss 5. andere
1
4.1.a.1-5.0-2. 1. epiphysäre (Salter III) Fx bei offenen Fugen 2. epi-metaphysäre (Salter IV) Fx bei offenen Fugen 3. epiphysäre (two plane) Fx bei beg. Fugenschluss 4. epi-metaphysäre (triplane) Fx bei beg. Fugenschluss 5. andere
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4.3.a.1-5.0-2. 1. epiphysäre (Salter III) Fx bei offenen Fugen 2. epi-metaphysäre (Salter IV) Fx bei offenen Fugen 3. epiphysäre (two plane) Fx bei beg. Fugenschluss 4. epi-metaphysäre (triplane) Fx bei beg. Fugenschluss 5. andere 1
Abb. 3.8. Ûbersicht çber die Li-La-Klassifikation.
2
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3 Frakturklassifikationen im Kindesalter
Schaftfrakturen 1.1-3.s.1-5.0-2. 1. Epiphysenlösung ohne und mit metaphysärem Keil (Salter I und II) 2. metaphysäre Stauchungs- und metaphysäre Grünholz Fx/ diaphysäre Grünholzfrakturen 3. Quer-, Schräg- und Torsions Fx 4. Mehrfragment Fx 5. andere
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2
1
2.1-3.s.1-5.0-2. 1. Epiphysenlösung ohne und mit metaphysärem Keil (Salter I und II) 2. metaphysäre Stauchungs- und metaphysäre Grünholz Fx/ diaphysäre Grünholzfrakturen 3. Quer-, Schräg- und Torsions Fx 4. Mehrfragment Fx 5. andere
3.1-3.s.1-5.0-2. 1. Epiphysenlösung ohne und mit metaphysärem Keil (Salter I und II) 2. metaphysäre Stauchungs- und metaphysäre Grünholz Fx/ diaphysäre Grünholzfrakturen 3. Quer-, Schräg- und Torsions Fx 4. Mehrfragment Fx 5. andere
4.1-3.s.1-5.0-2. 1. Epiphysenlösung ohne und mit metaphysärem Keil (Salter I und II) 2. metaphysäre Stauchungs- und metaphysäre Grünholz Fx/ diaphysäre Grünholzfrakturen 3. Quer-, Schräg- und Torsions Fx 4. Mehrfragment Fx 5. andere
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1
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]
29
30
]
Th. Slongo und L. Audig
AO-Klassifikation fçr Frakturen im Kindesalter Th. Slongo und L. Audig
Epiphyse
E
proximal 1 Metaphyse M
Die vorliegende Klassifikation wurde von der AO Paediatric Expert Group (PAEG) in Zusammenarbeit mit der AO Investigation und Documentation (AOCID) sowie der International Working-Group for Paediatric Traumatology (IAGKT) entwickelt. Sie wurde mit Hilfe des AO Classification Supervisory Committee einem strikten Validierungsprozess unterzogen und befindet sich momentan noch in einer breit angelegten Validierungsstudie. Die vorgeschlagene Klassifikation basiert auf der AO-Klassifikation von Mçller fçr Erwachsene und berçcksichtigt kinderspezifische Frakturbesonderheiten (Abb. 3.9). Die Beurteilung erfolgt anhand der konventionellen anterior-posterioren und lateralen Unfallbilder.
Schaft 2
Diaphyse
D
Metaphyse M distal 3 Epiphyse
E
a
Abb. 3.9. Prinzip der Frakturklassifikation im Kindesalter.
] Knochen und Segment Gemåû der AO-Klassifikation von Mçller fçr Erwachsene werden die einzelnen Knochen durchnummeriert: 1 = Humerus, 2 = Radius/Ulna, 3 = Femur, 4 = Tibia/Fibula. Ausgenommen die Monteggia- und Galeazzi-Verletzung werden paarige Knochen mit gleichem Verletzungsmuster (Kindercode) durch einen Frakturcode klassifiziert, wobei die schwerwiegendere Fraktur angegeben wird. Ist nur ein Knochen betroffen, erfolgt ein entsprechender Zusatz (r, u, t, f) hinter dem Segmentcode (22u beschreibt z. B. eine isolierte Ulnaschaftfraktur). Sind beide Knochen mit unterschiedlichem Verletzungsmuster betroffen (z. B. komplette Radiusfraktur und Bowingfraktur der Ulna), muss jeder Knochen separat mit dem entsprechenden Buchstabenzusatz klassifiziert werden.
b Abb. 3.10. a Die Metaphyse wird identifiziert durch ein Quadrat mit der Kantenlånge der weitesten Strecke der Epiphysenfugen in der a.-p. Ræntgenaufnahme. Fçr paarige Knochen mçssen beide Knochen eingeschlossen werden. b Eine transparente Vorlage mit Quadraten kann zur genaueren und zuverlåssigeren Diagnose çber das entsprechende Ræntgenbild gelegt werden.
3 Frakturklassifikationen im Kindesalter
E/1 Salter- Harris I
E/2 Salter- Harris II
E/3 Salter- Harris III
E/4 Salter - Harris IV
E/5 Übergangsfraktur (two plane)
E/6 Übergangsfraktur (triplane)
E/7 epiphysäre Bandausrisse
E/8 Flake fractures
Abb. 3.11. Einteilung epiphysårer Frakturen.
E/9 andere epiphysäre
Die Knochensegmente werden nach 1 = proximal, 2 = diaphysår und 3 = distal unterschieden, wobei die Definition sich vom Erwachsenen unterscheidet. Die Metaphyse wird begrenzt durch ein Quadrat çber der gesamten Långe der Epiphysenfugen (Abb. 3.10). Fçr die paarigen Knochen Ulna/Radius und Tibia/Fibula mçssen dabei beide Epiphysenfugen in dieses Quadrat eingeschlossen werden. Somit kænnen folgende drei Segmente unterschieden werden: ] Segment 1: proximale Epiphyse und Metaphyse (Quadrat), ] Segment 2: Diaphyse, ] Segment 3: distale Epiphyse und Metaphyse (Quadrat). Malleolarfrakturen bei Kindern werden als distale Tibiafrakturen klassifiziert (z. B. ist die mediale Malleolusfraktur eine typische Fraktur Salter-Harris III oder IV der distalen Tibia, klassifiziert als 43).
]
E/9 andere epiphysåre Frakturen
] Frakturtypcode Die Schweregradeinteilung A-B-C der Erwachsenenklassifikation wurde durch eine Frakturklassifikation jeweils fçr Diaphyse (D), Metaphyse (M) sowie Epiphyse (E) ersetzt. Die håufigsten Verletzungen im Kindesalter sind die Schaftfrakturen (Segment 2) sowie die epi-/metaphysåren Frakturen (Segment 1 und 3). Die Einteilung in E-M-D unterscheidet klar zwischen intra- und extraartikulåren Frakturen, da epiphysåre Frakturen definitionsgemåû intraartikulår liegen. Metaphysåre Verletzungen werden durch Lage zu dem Quadrat identifiziert (das Zentrum der Fraktur muss dabei innerhalb des Quadrats liegen) (Abb. 3.10). Eine Ausnahme bildet das proximale Femur, bei dem die Metaphyse zwischen dem Femurkopf und der intertrochantåren Linie liegt. Bei Anwendung dieser Quadratdefinition kann eine Fehlklassifikation durch
31
32
]
Th. Slongo und L. Audig
] Kindercode
M/2 inkomplette Fraktur
M/3 vollståndige Fraktur
Spezielle kindliche Besonderheiten wurden in einen Kindercode çbertragen. Sie sind spezifisch fçr die unterschiedlichen Frakturtypen E, M, D und werden dementsprechend fçr jeden einzelnen Frakturtyp klassifiziert. Bei den epiphysåren Frakturen erhalten die Frakturen nach Salter und Harris entsprechend den Code E/1 bis E/4. E/5 bis E/9 bezeichnen andere kindliche Frakturen wie die TillauxFraktur (E/5), die Triplane-Fraktur (E/6), die intraartikulåre Avulsionsfraktur (E/7), die ¹flake fractureª (E/8) und andere Frakturen, die unter E/9 zusammengefasst werden (Abb. 3.11). An der Metaphyse werden drei Frakturarten unterschieden: die Wulst-, Spiral- und Grçnholzfraktur (M/2), die komplette Fraktur (M/3) und die metaphysåre osteoligamentåre, muskuloligamentåre Avulsion und einfache Avulsionsverletzungen (M/7) (Abb. 3.12). Der Kindercode fçr diaphysåre Frakturen (Segment 2) ist in Abb. 3.13 dargestellt. Er umfasst Bowingfrakturen (D/1), Grçnholzfrakturen (D/2), ¹Toddler's Fracturesª (D/3), komplette Querfrakturen (Winkel <308±D/4), komplette Schråg- und Spiralfrakturen (Winkel >308±D/5), Monteggia-Verletzungen (D/6) und GaleazziVerletzungen (D/7). Ein 308-Winkel sollte in den Ræntgenbildern verwendet werden fçr eine zuverlåssigere Klassifikation. D/9 fasst alle çbrigen Frakturen zusammen, die keiner der genannten Kategorien zugeordnet werden kænnen.
] Frakturschweregradcode
M/7 metaphysåre Avulsionsverletzung
Abb. 3.12. Festlegung metaphysårer Frakturen (M).
nicht korrekte a.-p.-Aufnahmen bzw. durch Angulation des Knochens in der frontalen Ebene entstehen.
Eine Unterteilung der Schweregrade ist notwendig im Hinblick auf die Indikation verschiedener Osteosynthesemethoden. Dieser Code unterscheidet zwischen einfachen Frakturen, Keilfrakturen (partiell instabile Frakturen mit drei Fragmenten einschlieûlich eines vollståndig dislozierten Fragments) und komplexen Frakturen (vollståndig instabile Frakturen mit mehr als drei Fragmenten).
] Ausnahme- und Zusatzcodes Da nicht alle Kinderfrakturen nach o.g. Schema klassifiziert werden kænnen wurden folgende zusåtzliche Definitionen und Regeln aufgestellt:
3 Frakturklassifikationen im Kindesalter
D/1
Abb. 3.13. Einteilung diaphysårer Frakturen (D 1±7; D/9 = andere diaphysåre Frakturen).
D/2
D/6
] Apophysenfrakturen werden den metaphysåren Frakturen zugerechnet. ] Ûbergangsfrakturen mit oder ohne metaphysåren Keil zåhlen zu den epiphysåren Frakturen. ] Intra- bzw. extraartikulåre knæcherne Bandausrisse werden den epiphysåren bzw. metaphysåren Frakturen zugeordnet. ] Suprakondylåre Humerusfrakturen (Code 13-M/3) werden zusåtzlich nach dem Dislokationsausmaû in vier Grade (I±IV) nach von Laer eingeteilt: keine Dislokation (I), Dislokation in einer Ebene (II), Rotation des distalen Fragments mit Dislokation in zwei Ebenen (III) sowie Rotation und Dislokation in drei Ebenen oder vollståndige Dislokation ohne knæchernen Kontakt (IV). ] Radiuskæpfchenfrakturen (21-M/2 oder /3; oder 21-E/1 oder /2) werden zusåtzlich nach der axialen Abweichung und dem Ausmaû
D/3
D/7
]
D/5
D/4
D/9
der Dislokation klassifiziert: keine Angulation und keine Dislokation (I), Angulation mit Dislokation weniger als eine halbe Schaftbreite (II) sowie Angulation mit Dislokation mehr als eine halbe Schaftbreite (III). ] Schenkelhalsfrakturen. Epiphysenlæsungen ohne und mit metaphysårem Keil werden entsprechend den Typ-E-Frakturen nach Salter und Harris in E/1 und E/2 unterteilt. Frakturen des Schenkelhalses werden als metaphysåre Typ-M-Frakturen klassifiziert: transzervikal (I), basozervikal (II) und pertrochantår (III). Die intertrochantåre Linie begrenzt die Metaphyse. Der vollståndige Frakturcode setzt sich somit aus fçnf bzw. sechs Codes zusammen, je nachdem ob ein Ausnahmecode angewendet wird.
33
2 Verletzungsformen L. v. Laer
Frakturen Im Gegensatz zum Erwachsenen sind die Verletzungen im Wachstumsalter, solange die Wachstumsfugen noch weit offen sind, auûerordentlich stereotyp, unabhångig von der Richtung des Unfallmechanismus. Dabei schçtzt die Fuge das Gelenk, sodass es ganz selten zu Gelenkfrakturen, jedoch sehr viel håufiger zu Epiphysenlæsungen und anderen metaphysåren Frakturen kommt. Das Verhåltnis zwischen artikulåren und extraartikulåren Frakturen betrågt 1 : 50. Das schlieût komplizierte Trçmmerfrakturen im Bereich der Gelenke, wie sie beim Erwachsenen zu finden sind, aus. Selbst die seltenen Frakturen im Gelenkbereich folgen einem stereotypen Muster und stellen an die operative Rekonstruktion kaum die technischen Anforderungen, wie beim Erwachsenen. Wåhrend die repråsentativen Gelenkfrakturen der oberen Extremitåten, die Frakturen des Condylus radialis humeri, stets im Hauptbelastungsbereich des Gelenks liegen, verlåuft der Frakturspalt bei den repråsentativen Gelenkfrakturen der unteren Extremitåten, der medialen Malleolarfrakturen, stets im Randbereich, auûerhalb der Hauptbelastungszone. Dies åndert sich erst mit beginnendem Fugenschluss bei den sog. Ûbergangsfrakturen. Aber selbst bei diesen Frakturen im Ûbergangsalter zum Erwachsenen bleibt die Stereotypie ± wohl dann eine andersartige ± erhalten und folgt noch nicht den willkçrlichen Verletzungsmustern der Erwachsenen. Es gibt zahlreiche Einteilungen der Frakturen im Wachstumsalter, die sich meist jedoch auf die Verletzungen der Wachstumsfuge konzentrieren. Dabei geht man davon aus, dass sie einen Hinweis auf die Wachstumsprognose der einzelnen Verletzungen geben wçrden ± dies ist jedoch nicht der Fall. Eine Einteilung såmtlicher Frakturen nach der Wachstumsprognose ist unmæglich, denn diese ist von allzu unterschiedlichen Parametern abhångig (s. o.). Eine Einteilung nach the-
rapeutischen Richtlinien zu formulieren ist ebenso wenig praktikabel, da sich die Therapie einerseits nach der Lokalisation der Fraktur und deren Dislokationsausmaû, andererseits nach individuellen, sozialen und wirtschaftlichen Bedçrfnissen und Gegebenheiten richten muss. Es bleibt also lediglich die morphologische Beschreibung, um im Disput in der Literatur, in Dokumentationen und dergleichen vergleichsweise zu wissen, wovon man redet. Im Folgenden seien daher kurz die typischen Frakturen im Wachstumsalter und deren Gegebenheiten skizziert; erst im Anschluss daran wird der Versuch einer Klassifikation unternommen, der nicht Vollkommenheit sondern Benutzbarkeit im Rahmen von Dokumentationen zur Qualitåtssicherung beansprucht.
] Gelenkbereich Bisher wurden physåre Frakturen in einer einzigen Klassifikation untergebracht (Salter-Harris, Aitken). Da diese nur die morphologische Struktur lediglich in der Fuge, jedoch nicht des betroffenen Knochenabschnitts berçcksichtigt, sollten diese, zumindest gedanklich, getrennt werden. Grundsåtzlich ist zu unterscheiden zwischen den tatsåchlichen Gelenkfrakturen und den Schaftfrakturen, unabhångig von der Art und Lokalisation einer Fugenschådigung. Bei den Gelenkfrakturen muss man lediglich den Zustand der Fugen beachten, da bei beginnendem Fugenschluss andere Verletzungsformen zu erwarten sind als bei weit offenen Fugen. Bei den Gelenkfrakturen sind also Frakturen bei noch weit offenen Fugen und Frakturen mit beginnendem Fugenschluss zu unterscheiden. Bei den klassischen Gelenkfrakturen z. B. der distalen Tibia steht der Frakturspalt senkrecht zur Belastungsflåche und liegt im exzentrischen, medialen Bereich der Gelenkflåche auûerhalb der Belastungszone. Diese Frakturen kommen in zwei Varianten vor (mit und ohne metaphysåren
16
]
L. von Laer
Ausbruch) und wurden von Aitken (Aitken Typ II und III) und Salter-Harris (Salter-Harris Typ III und IV) beschrieben. Mit beginnendem physiologischen Fugenschluss liegt der Frakturspalt ± bei den so genannten Ûbergangsfrakturen ± çblicherweise schråg zur Gelenkflåche und meist im zentralen bis lateralen Bereich des Gelenks, im Hauptbelastungsbereich. Je nach Unfallmechanismus kann es dann noch zum zusåtzlichen Ausbruch eines mehr oder weniger ausgeprågten metaphysåren Keils kommen. Diese Frakturen werden meistens fålschlicherweise unter die typischen Malleolarfrakturen subsumiert. Da sie anders behandelt werden mçssen und eine andere Wachstumsprognose haben (typische Epiphysenfrakturen kænnen im Gegensatz zu Ûbergangsfrakturen zu WTS des partiellen Verschlusses mit relevanten Folgen fçhren) als die typischen Frakturen, sollte man sie jedoch von diesen abgrenzen und anders benennen. Wir mçssen also bei den Gelenkfrakturen unterscheiden zwischen fugenkreuzenden Frakturen und solchen, die die Fuge nicht tangieren. Bei den fugenkreuzenden Frakturen mçssen wir unterscheiden zwischen den klassischen bei noch weit offenen Fugen und den Ûbergangsfrakturen. Die klassischen Epiphysenfrakturen wiederum sind einzuteilen in die mit und die ohne metaphysåre Beteiligung. Dies gilt im Grundsatz auch fçr die Ûbergangsfrakturen, die meist nur in zwei Ebenen verlaufen und lateral liegen (two plane fractures). Wenn es aber zum Ausbruch eines zusåtzlichen metaphysåren Keils kommt, ist dieser meist græûer als bei den klassischen Frakturen und setzt sich nicht obligatorisch wie diese in ei-
ne fugenkreuzende Epiphysenfraktur fort (triplane I), sondern nur fakultativ (triplane II); dann aber zusåtzlich zur ohnehin schon vorhandenen ventralen Epiphysenfraktur (Abb. 2.1, 2.2). Bei den Gelenkfrakturen, bei denen die Epiphysenfuge nicht tangiert wird, handelt es sich um knæcherne Bandausrisse (z. B. Eminentia-intercondylica-Fraktur der proximalen Tibia oder fibulotalarer Bandausriss aus der Fibulaspitze) und um osteochondrale oder chondrale Flake Fractures im Rahmen von Luxationen (z. B. bei Patellaluxationen). Zu ossåren, chondralen oder periostalen Bandausrissen kommt es gehåuft bis zum 10./12. Lebensjahr, wenn die Bånder noch stabiler sind als ihr Ansatz. Jenseits dieser Alters-
Salter - Harris III Aitken II
Abb. 2.1. Fugenkreuzende Epiphysenfrakturen bei noch weit offenen Fugen. Links: epiphysåre Fraktur, rechts: epi-metaphysåre Fraktur.
I
II
triplane
twoplane
lateral
medial
ventral
Salter - Harris IV Aitken III
ventral
ventral
Abb. 2.2. Fugenkreuzende Epiphysenfrakturen bei beginnendem Fugenschluss. Ûbergangsfrakturen. Links: epiphysåre Fraktur, rechts: epi-metaphysåre Fraktur.
2 Verletzungsformen
]
mitåten etwa viermal håufiger auf als an den unteren (z. B. Fingerphalangen, distaler Radius, proximaler Radius, proximaler Humerus) (Abb. 2.4).
b
a
Abb. 2.3. a Epiphysåre Bandausrisse, b Flake Fractures.
grenze finden sich weitaus håufiger Bandrupturen, was jedoch nicht heiût, dass es unterhalb des 10. Lebensjahrs keine Rupturen und jenseits des 12. Lebensjahrs keine Ausrisse gibt (Abb. 2.3 a, b).
] Stauchungsfrakturen. Etwas weiter im Schaft finden wir die klassische Kontusion des Wachstumsalters, die metaphysåren Stauchungsfrakturen. Es handelt sich um wohl schmerzende, jedoch harmlose Frakturen, bei denen meist nur eine Kortikalis eingestaucht, die andere intakt geblieben ist. Sie sind an såmtlichen Metaphysen zu finden, am håufigsten im Bereich des distalen Unterarms (Abb. 2.5). ] Grçnholzfrakturen. Grçnholzfrakturen (Biegungsbrçche) sind auch im Bereich der Metaphyse zu finden. Klinisch spielen sie eigentlich nur eine Rolle im Bereich der proximalen Tibia (stimulative WTS und Kapitel 20 Knie) (Abb. 2.6).
] Gelenknaher Bereich ] Epiphysenlæsung. Die am weitesten peripher liegende der metaphysåren Schaftfrakturen ist die Epiphysenlæsung. Die Epiphyse ist zwar Tråger des Gelenks, dieses ist jedoch durch diese Verletzung nicht direkt betroffen. Die Læsung erfolgt im Bereich des Blasenknorpels, der mechanisch schwåchsten Schicht der Wachstumsfuge. Da diese Schicht zusåtzlich durch hormonelle Einflçsse pråpubertår gelockert wird, kommt es vor allem im Bereich der unteren Extremitåten um die Pubertåt herum æfter zu Epiphysenlæsungen. Sie zåhlen mit zu den håufigsten Verletzungen im Wachstumsalter und treten an den oberen Extre-
Salter - Harris I
Abb. 2.5. Metaphysåre Stauchungsfrakturen (Wulstbrçche).
Salter - Harris II Aitken I
Abb. 2.4. Epiphysenlæsungen. Links: epiphysåre Læsung, rechts: epi-metaphysåre Læsung
Abb. 2.6. Metaphysåre Biegungsbrçche (Grçnholzfrakturen).
17
18
]
L. von Laer
Cave: Bei Grçnholzfrakturen handelt es sich, gleich welcher Lokalisation (Schaft oder Metaphyse), um Biegungsbrçche und nicht um subperiostale Stauchungsbrçche! ] Metaphysåre Frakturen. Nicht zu vergessen sind die vollståndig durchgebrochenen metaphysåren Frakturen, als deren typische Vertreter z. B. die suprakondylåren Humerusfrakturen des Typs III und IV anzusehen sind. ] Stressfrakturen. Stressfrakturen kommen mit zwei Altersgipfeln vor, einmal als ¹Toddler's Fracturesª im Alter zwischen 2 und 4 Jahren und zum anderen um die Pubertåt herum. Bei den Kleinen fçhrt die ungebåndigte Freude an der Fåhigkeit, laufen und rennen zu kænnen, einerseits zu gehåuften Miniunfållen, zum anderen sicher auch zu einer Ûberlastung der Knochenstruktur, wodurch es immer wieder zu Fissuren und oft nicht sichtbaren Frakturen im Bereich der Tibia, der Fibula, der Fuûwurzelknochen und des Femurs kommen kann. Bei den Græûeren ist meist exzessiver Sport Ursache fçr Ûberlastungsfrakturen entweder im Bereich der proximalen Tibia oder der Metatarsalia. ] Seitenbandaurisse. Ossåre, chondrale oder periostale metaphysåre Seitenbandausrisse sind im Bereich des distalen Femurs selten einmal mæglich (Abb. 2.7). ] Muskelausrisse. Vor allem im Bereich des Ellenbogens, aber auch am Becken kommt es vornehmlich in der Jugend, einerseits hormonell be-
Abb. 2.7. Metaphysåre Bandausrisse.
Abb. 2.8. Metaphysåre Muskelausrisse (Apophysenausrisse).
dingt, andererseits wegen des gesteigerten sportlichen Stresses zu Muskelausrissen mitsamt der Apophyse, an der sie ansetzen (Epicondylus ulnaris, Spina iliaca anterior inferior und superior, Trochanter minor usw.) (Abb. 2.8). Apophysenfugen weisen die gleiche morphologische Struktur auf wie Epiphysenfugen. Da sie funktionell anders belastet werden (Zugbelastung statt Druckbelastung), sind sie nicht am Långenwachstum der Knochen beteiligt.
] Schaftbereich ] Grçnholzfakturen. Typische Frakturen des Wachstumsalters sind Grçnholzfrakturen, die am håufigsten im Bereich des Unterarmschafts vorkommen. Um es nochmals zu betonen: bei den Grçnholzfrakturen handelt es sich stets um Biegungsbrçche (keine subperiostalen Stauchungsbrçche)! Das bedeutet, dass sie per definitionem stets eine mehr oder weniger ausgeprågte Achsabweichung aufweisen. Wir kænnen drei wesentliche Formen voneinander unterscheiden: die klassische Grçnholzfraktur, die gestauchte des Kleinkindalters und die gebogene, die Bowing Fracture (Abb. 2.9). Bei der klassischen Grçnholzfraktur ist die eine Kortikalis (auf der Konkavseite der Achsabweichung) lediglich angebrochen, wåhrend die gegenseitige Kortikalis vollståndig durchgebrochen ist. Belåsst man diese Situation, so heilt die angebrochene Kortikalis, wåhrend auf der Gegenseite die frakturçberbrçckende Kallusheilung verhindert wird: die prompt abgeheilte Kortikalis sperrt sozusagen die Heilung der anderen. Diese Situation birgt die Gefahr einer Refraktur in sich, die in 20±30% erwartet werden muss.
2 Verletzungsformen
]
Die gestauchte Grçnholzfraktur kommt praktisch nur bis zum 5. Lebensjahr vor und birgt die eben geschilderte Problematik nicht, ebenso wenig wie die gebogenen Grçnholzfrakturen, die Bowing Fractures des spåten Kindes- und Jugendalters. Hier liegt das Problem u. U. in der funktionshemmenden Achsabweichung, die beseitigt werden muss. ] Schrågfakturen. Schrågfrakturen stellen, die isolierte Tibiafraktur ausgenommen, meist instabile Frakturen dar, da eine stabile gegenseitige Verhakung der Fragmente fehlt. Wegen der groûen Frakturflåche heilen sie schnell und brauchen damit fast die Hålfte der Konsolidationszeit von diaphysåren Querfrakturen. Dazu gehæren natçrlich auch die Frakturen mit inkompletten oder kompletten Drehkeilen sowie Trçmmerfrakturen (Abb. 2.10). a
b
c
Abb. 2.9. Diaphysåre Biegungsbrçche (Grçnholzfrakturen). a Gestauchte Grçnholzfraktur, b klassische Grçnholzfraktur, c Bowing Fracture.
] Querfrakturen. Querfrakturen heilen wegen ihrer deutlich kleineren Frakturflåche wesentlich langsamer als Schrågfrakturen. Stehen die Fragmente aufeinander, so sind die Frakturen deutlich stabiler als die Schrågfrakturen (Abb. 2.11).
Abb. 2.10. Diaphysåre Schrågfrakturen und Trçmmerbrçche.
Abb. 2.11. Diaphysåre Querfrakturen.
19
20
]
L. von Laer
Luxationen Luxationen læsen im Allgemeinen vollståndig dislozierte metaphysåre Frakturen ab, sobald die Stabilitåt des Bandansatzes zu Lasten der Bandstabilitåt zugenommen hat (s. auch Bandlåsionen), d. h. sie kommen gehåuft kurz vor der Ausreifung des betroffenen Skelettabschnitts vor.
] Schulter Schulterluxationen sind im Allgemeinen erst jenseits des 10./12. Lebensjahrs zu erwarten. Als Begleitverletzungen der ventralen Luxation kænnen wie beim Erwachsenen Flake Fractures, direkte Schåden am Humeruskopf und ventrale Pfannenrandausrisse auftreten (Abb. 2.12).
Abb. 2.12. Schulterluxation.
] Ellenbogen Die Ellenbogenluxation tritt unterhalb des 8./9. Lebensjahrs kaum auf. Es handelt sich meist um eine dorsale Luxation. Als Begleitverletzung ist am håufigsten der Abriss des Epicondylus ulnaris zu beobachten, neben radialen Seitenbandausrissen und osteochondralen Flakes aus dem radialen Kondylus (Abb. 2.13). Eine der håufigsten çbersehenen Verletzungen ist die Radiuskæpfchenluxation, entweder isoliert oder im Rahmen von Monteggia-Låsionen. Zu diesen gehæren nicht nur die klassische Monteggia-Fraktur, sondern såmtliche proximalen und mittleren Ulnafrakturen in Kombination mit Radiuskæpfchenluxationen oder Luxationsfrakturen. Man muss an die Luxation denken, um sie zu diagnostizieren und man muss systematisch jedes Ellenbogenræntgenbild auf die korrekte Position des Radiuskæpfchens zum Capitulum humeri çberprçfen (Abb. 2.14 a, b).
Abb. 2.13. Ellenbogenluxation.
2 Verletzungsformen
]
Die Pronation douloureuse Chassaignac stellt weder eine Luxation noch eine Subluxation dar. Es handelt sich lediglich um eine schmerzhafte Blockierung des Radiuskæpfchens in extremer Pronationsstellung, die durch einen raschen, gezielten Handgriff wieder gelæst werden kann.
] Hçfte
a
b
Die seltenen traumatischen dorsalen Hçftluxationen sind stets Folge hoher Geschwindigkeitstraumen. Begleitverletzungen in Form von Flakes, Pfannenrandabrissen usw. sind daher leicht mæglich.
] Knie
c Abb. 2.14. In såmtlichen Ræntgenbildern des Ellenbogens muss das Radiuskæpfchen auf das Capitulum humeri zentriert sein! a a.-p., normal, b seitlich, normal, c Monteggia-Låsion.
Knieluxationen sind kaum traumatisch, sondern angeboren, wohingegen Patellaluxationen zu etwa einem Drittel posttraumatisch, zu zwei Dritteln habituell sind. Begleitverletzungen der traumatischen Patellaluxationen sind Flake Fractures im Bereich der Patella oder auch des lateralen Femurkondylus neben medialen Retinakulumausrissen.
21
6 Behandlungsprinzipien
Konservative Therapiemæglichkeiten A. M. Worel Nichtinvasive Therapieverfahren stellen noch immer die håufigste Behandlungsart im Wachstumsalter dar. Die differenzierte Kenntnis der Ziele, Arten, Indikationen, Mæglichkeiten und Grenzen sowie der Materialien und der praktischen Anwendung ist essenzielle Voraussetzung jeder kindgerechten Vorgehensweise. Hierbei sind Aufwand der Behandlung fçr Patienten und Behandelnden (Anwendung, Kontrollen), Risiken und eventuelle Verfahrenswechsel zu beachten und individuell zu berçcksichtigen. Es mçssen neben den im engeren Sinn frakturbezogenen Kriterien (Lokalisation, Gelenkbeteiligung, Stabilitåt, Fugenbeteiligung) auch die biologischen und psychosozialen Kriterien (Alter, Geschlecht, Fugenreife, familiåre Ressourcen, logistische und fachliche Kompetenz der Versorger sowie Kostenaspekte) berçcksichtigt werden. Prinzipiell sollten bei jeder Fraktur im Wachstumsalter alle indizierten Therapieverfahren beherrscht und im Einzelfall evaluiert werden. Die jeweilige Methode der Wahl kann man letztlich nur individuell und in offenem Gespråch mit Patient und Eltern finden. Frakturbehandlungen, die primår oder postprimår eine Anåsthesie erfordern, sollten definitiv sein; weitere Interventionen (Nachreposition, Verfahrenswechsel) sind zu vermeiden. Hier ist das Resultat besonders kritisch hinsichtlich Stabilitåt, Kontrollbedçrftigkeit und Wahrscheinlichkeit weiterer Interventionen unter Anåsthesie zu beurteilen, bevor man sich zu einer konservativen Behandlung entschlieût.
Ziele jeder Frakturbehandlung sind stets: ] Schmerzminimierung, ] Stabilisierung der Fraktur, ] geringe/kurz dauernde Funktionseinschrånkung, ] definitive Therapie, ] geringer Aufwand, ] rasche Heilung, ] Vermeiden von Wachstumsstærungen. Angesichts der Tatsache, dass fçr viele Patienten und Eltern die Angst vor und die Schwelle zur Anåsthesie hæher ist als vor einer chirurgischen Intervention, muss die Evaluation einer konservativen Behandlung stets mit in die Therapieentscheidung einbezogen werden. Leider liegen bisher kaum entsprechend fundierte und nicht mit methodischen Problemen behaftete Daten vor. Es wird zentrale Aufgabe einer systematischen Dokumentation sein, hierfçr die erforderlichen Mittel bereitzustellen. Prinzipielle Indikationen zur konservativen Behandlung sind: ] stabile Frakturen: Grçnholzfraktur, metaphysåre Wulst-/Stauchungsfraktur, wenig dislozierte Frakturen Salter I und II der distalen Metaphysen, undislozierte Gelenkfrakturen mit Frakturspalt £ 2 mm; ] instabile Frakturen: nach Reposition und bei hinreichender Stabilitåt oder sofern sie durch Redression in stabile Frakturen çberfçhrt werden kænnen (Grçnholzfrakturen).
52
]
A. M. Worel
] Grundlagen Die breiten klinischen Erfahrungen çber die frakturstabilisierende Wirkung von Gipsverbånden und ihre differenzierte Applikation sind nur vereinzelt durch experimentelle Untersuchungen belegt. Die Grundlagen der konservativen Therapie wurden bisher kaum systematisch erforscht, die vorhandenen Erkenntnisse, z. B. çber die færdernde Wirkung umschriebener interfragmentårer Bewegung auf Kallusbildung und Frakturstabilitåt sind meist indirekt abzuleitende ¹Abfallprodukteª bei der (kostenintensiven) Forschung fçr Osteosynthesematerialien. Die beiden Hauptformen der konservativen Therapie sind die passive Retention und die aktive Redression.
Retention Die einfache Retention bezieht in der Regel die benachbarten Gelenke mit ein. Ihr Hauptziel ist die Schmerzbehandlung, in zweiter Linie auch die Verringerung eines eventuellen Dislokationsrisikos. Sie reduziert in erster Linie die ¹falsche Beweglichkeitª.
¹Gipsª Die bei weitem håufigste Form der Retention ist die Gipsruhigstellung, primår mittels Schienen, die mindestens unilateral, æfter semizirkulår (2/3-Schiene), meist aber zirkulår angelegt werden. Die zirkulåren sind zur Vermeidung des Kompartmentsyndroms stets primår und vollståndig zu spalten einschlieûlich der letzten Faser des Polstermaterials. Dislokationsgefåhrdete Frakturen bedçrfen der radiologischen Stellungskontrolle mit der Mæglichkeit zum Verfahrenswechsel nach spåtestens 8±10 Tagen. Der traditionelle Weiûgips wird zunehmend aus seinem Haupteinsatzgebiet verdrångt durch bei Luftzufuhr hårtende Kunststoffmaterialien mit spezifischen Eigenschaften (semirigide oder -elastische bzw. rigide, farbig, wasserabweisend, leicht, ræntgendurchlåssig). Meist sind nichtmedizinische Kriterien (Reinhaltungsaufwand, Logistik usw.) treibende Kråfte. Fçr den erfahrenen Gipser bietet der Weiûgips breitere Mæglichkeiten der individuellen Anpassung beim Anmodellieren, Korrigieren und insbesondere bei der Gipskeilung (Redression, s. u.). Letztere ist allerdings bei Beachtung entspre-
chender Kautelen durchaus auch mit Kunststoffmaterialien mæglich. Insbesondere der fehlende ¹Memory-Effektª wåhrend des Abbindens kann bei Nichtbeachtung den Keilungserfolg verhindern. Der zirkulår angelegte und mit Longuetten verstårkte feuchte Weiûgips behålt treu wåhrend des Abbindens die anmodellierte Form, der entsprechend angelegte Kunststoff dagegen ¹federtª wåhrend des Aushårtens in die Idealform eines Rohrs mit rundem Querschnitt zurçck. In die entstehenden und durch die posttraumatische Abschwellung zunehmenden Hohlråume zwischen Gips und Haut wird dann vergeblich oder mit unzureichendem Ergebnis gekeilt, wenn der Gips nicht in der Abbindephase durch den Gipsenden anmodelliert und in der gewçnschten Form gehalten wurde. Der Begriff Gips wird entsprechend dem çblichen Sprachgebrauch im Folgenden fçr beide Formen verwendet, mit Pråzisierung in Einzelfållen.
Bandagen: Gilchrist, Desault, Velpeau Thoraxnahe Immobilisation des Oberarms durch einen darçber gestreiften langen Schlauch, der etwa in der Mitte ein Loch hat, durch das der Arm eingefçhrt wird, und ein zweites auf Hæhe des Handgelenks, das die Hand freilåsst. Das distale Schlauchende wird nun dorsal um den Thorax gelegt, dann um den distalen Oberarm geschlungen und mittels Sicherheitsnadel befestigt. Das proximale Ende wird hinter dem Nacken ventral auf der gesunden Seite hinuntergefçhrt, um das Handgelenk der Frakturseite geschlungen und ebenfalls mittels Sicherheitsnadel befestigt (Abb. 6.1, 6.2). Dadurch kann der Oberarm unter ausreichender Schmerzreduktion immobilisiert werden, sodass die Patienten nach einigen Tagen keine Analgetika mehr benætigen. Hier sind marktgångige konfektionierte Materialien håufig zu groû oder zu klein, sie kænnen aber leichter adaptiert werden und sind weniger riskant als beim Rucksackverband (s. u.). Indikationen: Epiphysenlæsung proximaler Humerus, subkapitale Humerusfraktur, Humerusschaftfraktur.
Redression Die nichtinvasive Redression ist die gezielte, bei Therapiebeginn zu planende und elektiv durchzufçhrende aktive Behandlung zur Korrektur
6 Behandlungsprinzipien
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Gipskeilung Die Gipskeilung ermæglicht die Korrektur von Achsenfehlstellungen in der Frontal- und Sagittalebene bzw. deren Vermeidung als sog. prophylaktische Keilung. Ihre Domåne sind die angulierten sowie die Grçnholzfrakturen des Unterarm- und Unterschenkelschafts sowie die distalen metaphysåren Frakturen dieser beiden Gruppen, insbesondere die monoossåren Frakturen der paarigen Extremitåten.
Abb. 6.1. Gilchrist-Verband. Desault- und VelpeauVerbånde basieren auf dem gleichen Immobilisationsprinzip, allerdings in Form einer den Thorax mit einfassenden Weste oder Bandage (Abb. 6.2).
] Indikation. Im Wesentlichen die Tibiaschaftfraktur und die distale Unterarmfraktur mit Fehlstellung. Die Keilung wird entsprechend geplant. Sie ermæglicht eine aktive Stellungskorrektur ohne Anåsthesie, indem die plastische Deformierbarkeit des noch bindegewebigen Fixationskallus ausgenutzt wird. Aus der dadurch gegebenen relativen Stabilitåt folgt eine erheblich geringere Schmerzhaftigkeit, die Manipulationen unter Kooperation des wachen Patienten ermæglicht. Schlçssel zu einer erfolgreichen Keilung sind die korrekte Indikationsstellung und eine gute Kommunikation mit dem Patienten und seinen Eltern. ] Kommunikation. Sie beginnt am Unfalltag mit der Aufklårung çber die Diagnose, die geplante Redression und çber mægliche Alternativen (von der Retention bis zur Reposition bzw. Durchbrechung unter Anåsthesie) und deren Konsequenzen (Tab. 6.1). Nach kurzer SchildeTabelle 6.1. Zeitliche Planung der Gipskeilung ] ] ] ] ] ]
Planung Ruhigstellung Gipsschluss Keilung Redression Gipsabnahme
Tag 1 Tag 8 (4±8) Tag 8 > Tag 8 bei Konsolidation Tag *28
Abb. 6.2. Individuell angepasster Desault-Verband.
bzw. Vorbeugung nicht tolerierbarer Achsenfehlstellungen und erfordert keine Anåsthesie. Sie wird bei Diagnosestellung als kontinuierlich-dynamisches bzw. zweizeitig korrigierendes Verfahren geplant und mit dem Patienten und den Eltern vorbesprochen. Sie ist nicht geeignet als Verlegenheitslæsung. Ihre Hauptformen sind Gipskeilung und Extension.
rung des Vorgehens bei der Keilung (wacher Patient, ohne Anåsthesie) werden die Therapieziele (kurzfristig Schmerzfreiheit, mittelfristig Wiederherstellung von Funktion und Kosmetik, langfristig Restitutio ad integrum) und das Vorgehen bei ausbleibendem Keilungserfolg besprochen (Abwarten des natçrlichen Heilungsverlaufs oder definitive Frakturversorgung in Anåsthesie als Elektiveingriff am gleichen oder nåchsten Tag).
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Abb. 6.3. Gipskeilung. Der Gips muss immer in den tiefsten Punkt der Konkavitåt eingebracht werden. Beachte kombinierte Fehlstellungen. Um die Fraktur noch entsprechend zu fassen, muss der Keil um so weiter proximal platziert werden, je weiter distal die Fraktur liegt.
] Technik primår. Der zur Keilung vorgesehene Gips wird angelegt, nachdem der Bereich der Fraktur und die drei Abstçtzpunkte proximale und distale Konkavitåtsgipfel und konvexes Hypomochlion (Abb. 6.3) mit einer Lage Polsterwatte abgedeckt wurden. In çblicher Weise erfolgt die Anlage des zirkulåren Gipses, wobei die zur Keilung bestimmte Seite der Frakturkonkavitåt doppelt so stark sein muss wie die konvexe Seite (4 und 2 Lagen rigider KunststofflLonguette statt 3 und 3 bzw. 2 und 1 Lagen Gipslonguetten statt 1 und 1). Bis zum Abschluss des Abbindevorgangs muss auf den Abstçtzpunkt çber dem distalen Fragment modellierender Druck knapp unterhalb der Schmerzgrenze ausgeçbt werden, um eine Keilung in die Polsterung hinein zu vermeiden. Zum Abschluss erfolgt die Gipsspaltung auf der Seite der Hauptfraktur, am Unterschenkel ventral paramedian. ] Technik der Keilung. Der Zeitpunkt der Keilung sollte um den 8. Tag herum gewåhlt werden, da sich bis dahin bereits ein Fixationskallus gebildet hat und die initiale Schwellung weitgehend zurçckgegangen ist. Zunåchst wird der bis dahin gespaltene Gips geschlossen und
nach dem Abbinden (bei Weiûgips frçhestens am Folgetag!) anhand der Unfallbilder bzw. unter Bildverstårker die Keilung markiert und der Gips in der Konkavitåt semizirkulår durchtrennt. Der Keil sollte dabei in den tiefsten Punkt der Konkavitåt (beachte kombinierte Fehlstellungen) eingebracht werden. Je weiter peripher die Fraktur, desto weiter proximal muss die Keilungsstelle liegen, um den Hebelarm zu verbessern. Mittels Gipsspreizer oder durch Biegen der gegipsten Extremitåt proximal und distal der Fraktur erfolgt langsam die Redression unter Beobachtung des Patienten. Bei den ersten Beschwerden wird etwas gewartet, ggf. ein wenig zurçckgefahren, bis der Patient Beschwerdefreiheit signalisiert. Dies wird so lange wiederholt, bis die gewçnschte Stellung erreicht ist. Falls der Patient dabei persistierende Beschwerden angibt, muss der Abstand beider Keilungsrånder etwas verringert werden. Ûber einigen zusåtzlich eingebrachten Lagen Polsterwatte wird ein passend zurechtgeschnittenes Kork- oder Holzstçckchen eingelegt und durch die Keilungsrånder der rigiden Kunststofflonguette (Weiûgips) eingeklemmt. Nach BV-Dokumentation des Resultats wird die Keilungsstelle mittels rigider Kunststoffbinde (Weiûgips) zirkulår verschlossen. Hierbei ist ein Absinken des Kork- oder Holzkeils in oder unter den Gips peinlichst zu vermeiden (cave Druckulkus). Nach 24 Stunden erfolgt eine Gipskontrolle. Klagt der Patient bis dahin çber Beschwerden ohne Einnahme von Schmerzmitteln, kann der Gips ggf. in zwei Halbschalen gespalten und provisorisch mittels elastischer Binde fixiert werden, die daheim sukzessive nachgespannt und nach einigen Tagen durch eine semirigide Kunststoffbinde ersetzt werden kann. ] Komplikationen. Beim Keilen besteht die Gefahr der Druckulkusbildung auf der Gegenseite der Keilung. Bei Schmerzen muss an dieser Stelle der Gips gefenstert und nachgepolstert werden. Ist der Patient beschwerdefrei, wird der Gips wieder zirkulår verschlossen. Mit dieser (anåsthesiefreien) Vorgehensweise kann die einzige Komplikation dieser Technik, die Bildung von Druckusuren durch die Keilung, zuverlåssig vermieden werden. Sekundårdislokationen sind kaum zu befçrchten, da die Verfestigung des Fixationskallus durch die Redression nicht unterbrochen und somit die Frakturkonsolidation nicht verzægert wird.
6 Behandlungsprinzipien
Extension Lediglich die Pflasterextension erfçllt das Hauptkriterium der konservativen Behandlung, die Nichtinvasivitåt. Sie entstammt der pråosteosynthetischen Øra und hat insbesondere bei Frakturen von Femur und Tibia eine lange Tradition als Verfahren der Wahl, bevor Kriterien wie kindgerechte Behandlung, Hospitalismusvermeidung und Kosteneffizienz fçr klinische Entscheidungen an Bedeutung gewannen. Sie bedeutet nicht zwingend Hospitalisation, wenn Vorrichtungen zur Heimextension vorhanden und die entsprechende Instruktion gewåhrleistet ist. Insbesondere vor dem 4. Lebensjahr gilt sie mancherorts noch als Methode der Wahl, deren Dauer durch einen Becken-Bein-Gips ggf. abgekçrzt werden kann (Abb. 6.4). Sie kann ferner die Zeit bis zu einer definitiven Frakturversorgung çberbrçcken. Neben den fehlenden Risiken eines invasiven Vorgehens ist ein weiterer Vorteil der geringe (Kosten-)Aufwand. Ihre Nachteile sind die lang dauernde hochgradige Immobilisation und die damit verbundene Deprivation des Patienten von seinem sozialen Umfeld sowie die eingeschrånkte bzw. strahlenintensive Ûberprçfbarkeit des Behandlungsverlaufs. Im Kontext eines kindgerechten und patientenzentrierten Therapiekonzepts sollte sie lediglich als Ûberbrçckungs- und Rçckzugsreserve, nur in besonderen Fållen auch als Behandlungsalternative gekannt und beherrscht werden.
]
Der Hanging-Cast (Oberarmgips mit axialem Zusatzgewicht am Ellenbogen) ist als eine Art Extension zwar eine Redression, erscheint jedoch aufgrund der groûen fehlenden Stabilitåt (Fraktur meist çber oder nahe dem Gipsrand), der Hebelwirkung im Liegen und seines hohen Gewichts wenig geeignet und nicht kindgerecht.
Rucksackverband Der Rucksackverband (Abb. 6.5) reduziert die Beweglichkeit der Schultern und dadurch die Schmerzen einer frischen Klavikulafraktur, indem die Schultern etwas nach dorsal gezogen werden. Mancher betrachtet ihn daher als dynamische Frakturbehandlung zur Korrektur der Fragmentstellung. Dies ist jedoch aufgrund der dreidimensionalen Scherwirkungen auf das Schlçsselbein allenfalls theoretisch denkbar, in der Praxis bedarf es fçr eine solche Wirkung eines kråftigen Zugs mit Schmerzen in der Fraktur und schnçrender Wirkung in der Axilla mit den entsprechenden Folgen fçr Zirkulation, Sensibilitåt und Motorik. Nach praktischer Prçfung etlicher konfektionierter Produkte, die bei Kindern meist zu klein oder zu groû ausfallen und trotz richtiger Anwendung zu axillåren Dekubitalulzera fçhren, ziehen wir den individuell binnen Minuten hergestellten und angepassten Gazeschlauchverband vor, der in der Mitte auf 2/3 seiner Gesamtlånge mit Watte gepolstert, hinter dem Nacken und unter den Achseln gefçhrt und zwischen den Schulterblåttern zu einer 8erForm gebunden wird, sodass er leicht nachgespannt werden kann.
Blount-Schlinge (Cuff'n Collar) (Abb. 6.6)
Abb. 6.4. Overhead-Extension.
Bei nicht oder nur in einer Ebene in die Antekurvation dislozierten suprakondylåren Humerusfrakturen kann der Zug der Trizepssehne zur Stabilisierung bzw. dynamischen Redression der Fraktur ausgenutzt werden, indem der Ellenbogen im Verlauf mehrerer Tage sukzessive in die maximal tolerierte und schwellungsbedingt mægliche Spitzwinkelstellung gebracht wird. Durch die ansteigende Zuggurtungswirkung wird bei abnehmender Schwellung die Fraktur immobilisiert und redressiert. Am Unfalltag, spåtestens um den 4. Tag, wird eine gepolsterte Handgelenkschlinge (wattegepolsterter Gazeschlauch) an eine ebensolche um den Nacken gelegte Schlinge gehångt und tåglich bis zur ge-
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Abb. 6.5. Rucksackverband mit gepolstertem Schlauch.
Bei schmerzlosem Verlauf ohne interkurrente Stçrze ist bei korrekter Indikation eine Ræntgenkontrolle erst zur Ûberprçfung der Konsolidation erforderlich.
Sarmiento-Brace
Abb. 6.6. Blount-Schlinge Cuff'n Collar.
rade noch tolerierten Spitzwinkelbildung nachgezogen, bis das Handgelenk dicht am Jugulum ist und die Hand praktisch auf der gegenseitigen Schulter zu liegen kommt. Vorteile sind neben der zuverlåssigen Stellungskorrektur die bessere Mobilitåt und einfachere Kærperpflege als mit einem Oberarmgips. Es bedarf allerdings eines Minimums an Compliance durch Patient und Eltern, da die initiale Unsicherheit in gute Kooperation mit tåglichem Nachspannen in den ersten 5±7 Tagen verwandelt werden muss. Dies gelingt zuverlåssig, wenn man beiden das Verfahren, am besten bei der Kontrolle am 4. Tag, in Ruhe erklårt und sie als Mitarbeiter gewinnt.
Die funktionelle Frakturbehandlung nach Sarmiento ist streng genommen eher eine aktive Immobilisation als eine Redression. Sie ist indiziert bei måûig dislozierten diaphysåren Humerus-, Tibia- und kompletten Unterschenkelfrakturen und besteht in der anatomisch exakten Anpassung einer primår gespaltenen und mit Klettverschlçssen adaptierbaren zirkulåren Schiene, welche die benachbarten Gelenke einfasst, aber nicht rigide çberbrçckt. Durch die kontinuierliche Anpassung dieses ¹Braceª an den abschwellenden Muskulaturmantel wird dessen schienende Wirkung unterstçtzt. Durch eine frçhfunktionelle Mobilisierung werden die anatomischen Beziehungen erhalten bzw. wiederhergestellt. Den minimalen Scherbewegungen wird eine færdernde Wirkung auf die Kallusbildung zugeschrieben.
Tape Das Konzept der konservativen frçhfunktionellen Behandlung fibulotalarer Bandlåsionen einschlieûlich Ruptur hat sich vielfach bewåhrt und die fibulotalare Bandnaht als Primårtherapie abgelæst. Zahlreiche Techniken und konfektionierte Materialien konkurrieren auf diesem
6 Behandlungsprinzipien
Markt. Sie basieren alle auf dem Prinzip, wåhrend der Heilungsphase der ersten 6 Wochen durch eine funktionelle Fçhrung des oberen Sprunggelenks die tibiotalare Abrollbewegung zu ermæglichen und den fibulotalaren Stress der Supinationsbewegung zu verhindern.
] Konservative Frakturbehandlung (Tab. 6.2, 6.3)
Ræntgenkontrollen Die Indikation zur Ræntgenuntersuchung als einem invasiven Diagnoseinstrument sollte eng gestellt werden und einer kritischen Ûberlegung folgen. Das bedeutet, dass vor ihrer Durchfçhrung die mæglichen und zu erwartenden Resultate (sekundåre Dislokation, Konsolidation usw.) rational antizipiert und die eventuellen klinischen Konsequenzen im Voraus bedacht
]
und mit dem Patienten und seinen Angehærigen erærtert werden. Neugier, Unsicherheit und mangelnde Kenntnisse sind keine rationalen Indikationen fçr Ræntgenkontrollen! Hier muss der Arzt seine Verpflichtung, nicht zu schaden, stets im Bewusstsein haben und den Strahlenschutz des besonders empfindlichen wachsenden Organismus rigoros durchsetzen (Beschrånkung der Aufnahmen, konsequenter Schutz von Thymus, Schilddrçse, Knochenmark und Gonaden). Es mehren sich Hinweise fçr ernst zu nehmende Folgen diagnostischer Ræntgenstrahlung und unter dem Aspekt des unbestrittenen Summationseffekts muss jede Bestrahlung einer engen Indikationsstellung unterworfen werden. Die erste Stellungskontrolle, mit Ausnahme der distalen Humerusfrakturen (Kontrolle am 4. Tag) und der Dokumentation nach aktiver Therapie, erfolgt um den 8. Tag. Zu diesem Zeitpunkt ist die Schwellung bereits deutlich zurçckgegangen, eventuelle Sekundårdislokationen sind eingetreten und der Faserkallus hat die Schmerzhaftigkeit bereits deutlich reduziert.
Tabelle 6.2. Indikationen und Behandlungsmæglichkeiten fçr Retention und Redression Art
Form
Indikationen
] Retention (passiv)
Bandage ± Desault/Velpeau, Gilchrist ± Schiene ± zirkulårer Gips
± proximale (evtl. diaphysåre) Humerusfraktur
] Redression (aktiv dynamisch)
Gipskeilung Bandage ± Rucksack ± Schlinge (Blount) (Pflaster-)Extension Sarmiento-Brace Tape
± ± ± ± ± ± ±
± alle Lokalisationen ± undislozierte stabile Frakturen isolierte Tibiaschaftfraktur distale Unterarmfraktur Klavikulafraktur suprakondylåre Humerusfraktur I (evtl. II) dislozierte Femurfraktur beim Kleinkind < 4. Lj. diaphysåre Humerusfraktur, US-Frakturen fibulotalare Låsion
Tabelle 6.3. Vor- und Nachteile von Gips und Kunststoff Vorteile
Nachteile
] Weiûgips
Anmodellierbarkeit korrigierbar Redression einfacher Rçckstånde leichter entfernbar bemalbar
Gewicht hoch Reinigungsaufwand
] Kunststoff
Gewicht gering Ræntgendurchlåssig farbig
Redressionsaufwand Rçckstandsentfernung
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Dieser Zeitpunkt ist aber fçr eventuelle Stellungskorrekturen noch ausreichend, da der Kallus noch hinreichend plastisch verformbar ist. Bei adoleszenten Kindern und einer ausnahmsweise konservativen Behandlung von diaphysåren Frakturen ist eine zusåtzliche Stellungskontrolle um den 14. Tag indiziert. Konsolidationskontrollen sollten bei allen Frakturen durchgefçhrt werden, die durch eine aktive Maûnahme behandelt wurden (Redression, Reposition, Durchbrechung), bei Gelenkfrakturen, bei Frakturen mit belassener Fehlstellung oder bei denen eine Stærung der Konsolidation zu erwarten ist. Die Ræntgenaufnahmen sollten gipsfrei in zwei Ebenen abhångig von der Fraktur nach 4±6 Wochen durchgefçhrt werden. Eine radiologische Konsolidationskontrolle ist bei Klavikulafrakturen, undislozierten metaphysåren Wulstbrçchen oder metaphysåren Fingerund Zehenphalangenfrakturen nicht notwendig. Hier gençgt die klinische Konsolidationskontrolle mit indolentem Kallus und Beschwerdefreiheit sowie deutliche Belastungsspuren aufweisendem Gips. Es empfiehlt sich hier eine Kontrolle der Funktion im Verlauf nach Bewegungsfreigabe (1±3 Wochen) durchzufçhren. Langfristige Wachstumskontrollen sollten primår klinisch, ggf. durch fotografische Dokumentation bis zu 2 Jahre nach Trauma erfolgen. Erst bei Verdacht auf eine Wachstumsstærung mit nachfolgender posttraumatischer Deformitåt erfolgt eine radiologische Befundkontrolle. Zur Darstellung einer posttraumatischen Brçckenbildung in der Wachstumsfuge kann eine MRT zur weiteren Therapieplanung sinnvoll sein.
Nachbehandlung Nach Konsolidation der Fraktur und Bewegungsfreigabe bedarf es beim Kind in der Regel keiner spezifischen Nachbehandlung. Durch das alltågliche Spielen erlangt das Kind innerhalb kurzer Zeit die volle Funktion wieder. Dabei reagiert ein Kind auf Einschrånkungen und Schmerzen intuitiv, sodass es von sich aus bestimmt, in welchem Ausmaû es die betroffene Extremitåt einsetzen kann. So sind Vorgaben oder Verbote meist nicht notwendig. Die regelmåûige Verordnung einer physiotherapeutischen Nachbehandlung ist im Kindesalter meist nicht notwendig und sinnvoll. Denn hier bestimmt das Kind nicht selbst das Bewegungs- und Belastungsausmaû, sondern der
Therapeut, was zu einer ¹Ûbertherapieª fçhren kann. Erst bei einem verzægerten Verlauf oder spezifischen Indikationen mit Gelenkeinsteifungen ist eine gezielte zusåtzliche Physiotherapie indiziert und dann auch unverzichtbar. In der Sprechstunde stellt sich in diesem Zusammenhang immer wieder die Frage nach der Sportfåhigkeit. Hier mçssen die individuellen Einstellungen des Patienten zum Sport sowie sportartspezifische Belastungen (Kontaktsportarten, Sprungsportarten usw.) berçcksichtigt werden. Entsprechend der Nachbehandlung bestimmt auch bei der Sportfåhigkeit am besten der Patient selbst, wann er wieder in der Lage ist, einen Sport auszuçben. Hierbei sollte der Schulsport oder auch Hochleistungssport aufgrund des Leistungsdrucks ausgenommen und bis zur sicheren Konsolidation nicht ausgeçbt werden.
] Technische Besonderheiten Grundprinzipien der Gipsbehandlung Jede Ruhigstellung einer Extremitåt (Schiene) ist gleichermaûen eine årztliche Dienstleistung und eine Teamleistung, die vom Arzt, Gipspfleger/-schwester und einer Hilfsperson, bei græûeren Gipsen zwei, gemeinsam erbracht wird. Der Arzt ist anwesend und verantwortlich fçr die korrekte Ruhigstellung (Position, Form, spezifische Vorgaben wie vorgesehene Keilung usw.), er hålt die Extremitåt. Der Gipser ist verantwortlich fçr die korrekte technische Ausfçhrung, die Hilfsperson fçr die Bereitstellung und zçgige Anreichung der Materialien, die zweite evtl. fçr das Halten z. B. des Oberschenkels. Der Patient soll so entspannt wie mæglich sein (ausreichende Analgesie, Angst nehmen, gut halten, ablenken). Angespannte Muskulatur beim Gipsen fçhrt zu Beschwerden im Gips! Es wird niemals Kunststoff oder Gips direkt auf die Haut gelegt. Bei Kindern und Jugendlichen hat sich die Verwendung eines gewendeten Frotteeschlauchpolsters (Noppen gipsseitig ergeben eine bessere Verbindung von Polster und Gips und verringern den Juckreiz) bewåhrt, eine zusåtzliche Polsterung erfolgt nur çber den Akren und bei geplanter Keilung çber dem Hypomochlion. Entlang der Schnittlinie fçr die primåre Spaltung wird ein dçnner Gazeschlauch unterlegt; dies ermæglicht das Spalten mit Schere statt
6 Behandlungsprinzipien
oszillierender Såge). Anschlieûend wird die erste Lage zirkulår aus semirigider Kunststoffbinde oder Weiûgips eingebracht, eine Longuette aus rigidem Kunststoff oder Weiûgips bilateral aufgelegt und mit einer weiteren Lage aus semirigider Kunststoffbinde oder Weiûgips zirkulår bedeckt, dann mit einer nassen gewaschenen (ohne Appretur saugfåhiger) Binde fixiert. Nach dem Abbinden (Material klebt nicht mehr) und Entfernen der fixierenden elastischen Binde wird der Gips vollståndig gespalten und mit einer elastischen Binde fixiert. Ein Kompartmentsyndrom ist unbedingt zu vermeiden. Patient und Angehærige werden durch den verantwortlichen Arzt çber die Kautelen instruiert. Die Abgabe eines Merkblatts zu Nachbehandlung und Kontrollen von Durchblutung und Neurologie mit Telefonnummer des Dienstarztes ist empfehlenswert. Eine Gipskontrolle mit Prçfung der Durchblutung und Sensomotorik sollte am 1. Tag, am 4. Tag nach Gipsschluss sowie bei jeder radiologischen Stellungskontrolle bzw. Konsolidationskontrolle erfolgen.
]
a
Praktische Hinweise ] Vorher mit den Gipsmitarbeitern verabreden, wer was wie macht. ] Vor Beginn dem Patienten in Ruhe die bevorstehenden Schritte erlåutern. ] Gelenkstellungen beim Gipsen nicht veråndern () Falten ) Druckulzera). ] Nur mit der flachen Handflåche halten (Vermeiden von Druckstellen im Gips). ] Druckausçbung nur erlaubt/erforderlich bei Oberschenkelschienen suprakondylår. ] Hilfsperson hålt die Longuetten. ] Mit nasser gewaschener elastischer Binde fixieren beschleunigt Abbindevorgang (nur mit kaltem Wasser; exotherme Reaktion).
Gipskeilung Beispiele einer Gipskeilung bei Tibiaschaftfraktur mit Varusfehlstellung (Abb. 6.7 a±d).
Spezielle Gipstechniken Da die Weiûgipstechnik çberall etabliert ist, wird im Folgenden lediglich die Technik der Kunststoff¹gipseª dargestellt, wie sie sich in den vergangenen fçnf Jahren an unserer Klinik bewåhrt
b Abb. 6.7. Gipskeilung bei Tibiaschaftfraktur mit Varusfehlstellung. a Indikation: isolierte Tibiaschaftfraktur, distale Unterarmfraktur. b Hemizirkulåres Ausschneiden des Gipses. Keilung in der Konkavitåt der Fehlstellung. Cave Druckulkus.
hat. Die Gipse werden durchweg als Composite ausgefçhrt, bei denen die semirigide Zirkulårschiene eine begrenzte Querelastizitåt aufweist und flexibel auf Schwellungszustånde reagiert.
Oberarmschiene Indikation. Ellenbogenlåsionen, refraktåre Pronation douloureuse, Vorderarmlåsionen mit schmerzhafter Pronation. Besonderes. Finger sollen frei beweglich sein. ] Gewendeter Frotteeschlauch Fingerspitzen bis Axilla, Gips endet vor den Fingergrundgelenken.
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] Spalten (Aufschneiden) radial bis zur letzten Faser, bei Ellenbogenlåsionen Ausschneiden einer Raute. ] Mit elastischer Binde fixieren.
Unterarmschiene
c
d Abb. 6.7. c Ausfçllen mit Kork. d Zirkulieren des Gipses.
] Ellenbogen in 908-Flexion (bzw. in dem Patienten angenehmer Stellung). ] Handgelenk in Intrinsic-plus-Position: 308Dorsalextension, MCP-Gelenke in 908-Flexion. ] Entlang der Schnittlinie mit dçnnem Gazeschlauch unterlegen. ] Semirigide Kunststoffbinde zirkulår (Achtung: keine Webkante in die Ellenbeuge), Halten an den Fingern/im Bereich der Hohlhand/Mådchenfånger. ] Rigide Kunststoffbinde: Schienen dorsal und volar je 3 Lagen U-færmig um Ellenbogen auf Unterarm (Ausnahme: fçr Keilung 4±5 konkav und 2 konvex). ] Rigide Kunststoffbindeschienen radial und ulnar je 3 Lagen U-færmig um den Ellenbogen auf Oberarm. ] Semirigide Kunststoffbinde zirkulår, mit nasser gewaschener Binde fixieren. ] Wåhrend des Abbindens an den gewçnschten Stellen (interossår, Keilungspunkte) anmodellieren.
Indikation. Handgelenk-, Mittelhandlåsionen, Vorderarmlåsionen mit schmerzfreier Pronation. Besonderes. Finger sollen frei beweglich sein. ] Gewendeter Frotteeschlauch Fingerspitzen bis Axilla ± Gips endet vor den Fingergrundgelenken. Ellenbogen in 908-Flexion (bzw. in dem Patienten angenehmer Stellung). ] Handgelenk in Intrinsic-plus-Position: 308Dorsalextension, MCP-Gelenke in 908 Flexion. ] Entlang der Schnittlinie mit dçnnem Gazeschlauch unterlegen. ] Semirigide Kunststoffbinde zirkulår (Achtung: keine Webkante in die Ellenbeuge). ] Rigide Kunststoffbindeschienen dorsal und volar je 3 Lagen auf dem Unterarm. ] Semirigide Kunststoffbinde zirkulår mit nasser gewaschener elastischer Binde fixieren. ] Wåhrend des Abbindens an den gewçnschten Stellen (interossår, Keilungspunkte) anmodellieren. ] Spalten radial bis zur letzten Faser, bei Ellenbogenlåsionen Ausschneiden einer Raute. ] Mit elastischer Binde fixieren.
Unterarmschiene, dorsal Dorsal, volar, Ruhigstellung der Langfinger. Indikation. Handgelenk-, Mittelhandlåsionen, Fingerlåsionen. Besonderes. Finger sollen frei beweglich sein. ] Ellenbogen auf Unterlage, Unterarm schråg. ] Handgelenk in Intrinsic-plus-Position: 308Dorsalextension, MCP-Gelenke in 908-Flexion (auûer bei Fingerschienung!). Bei Langfingerschiene interdigitale Polsterung! ] Rigide Kunststofflonguette zuschneiden, evtl. einschlieûlich Langfinger, und benetzen, auswringen. ] Mit Frotteeschlauch çberziehen und glatt ziehen. ] Mit Papierbinde dorsal oder volar anwickeln bis zum Abbinden oder gleich ] mit elastischer Binde fixieren.
Oberschenkelschiene Indikation. Unterschenkellåsionen.
6 Behandlungsprinzipien
Besonderes. Zehenschutz ist in der Regel angenehmer. ] Eine Hilfsperson ist fçr den Oberschenkel zuståndig! ] Gewendeter Frotteeschlauch bis zur Leiste ± Gips endet maximal 3 QF davor, schråg zur Hçfte ansteigend. ] Ein Polsterstreifen çber Schienbeinvorderkante ab Oberrand Patella bis Zehen, çber Malleolen, Ferse und Wadenbeinkæpfchen. ] Entlang der Schnittlinie mit dçnnem Gazeschlauch unterlegen, um die Patella herumgefçhrt. ] Kniegelenk in 158-Flexion, OSG in Neutralstellung: 908-Flexion, keine Supination, keine Pronation. ] Zehen frei (alle sichtbar, meist fçnf). ] Semirigide Kunststoffbinde zirkulår, Abrollrichtung: Pronation (Achtung: keine Webkante in das OSG). ] Rigide Kunststoffbindeschienen lateral und medial je 3 Lagen vom Oberschenkel bis Sohle U-færmig. ] Fçr Gehgips: Sohle aus rigider Kunststoffbinde (evtl. mit Zehenschutz). ] Semirigide Kunststoffbinde zirkulår, mit nasser gewaschener Binde fixieren. ] Beidseitiges Anmodellieren der Oberschenkel suprakondylår (Handflåchendruck bis zum Abbinden). ] Spalten (Aufschneiden) ventral bis zur letzten Faser unter Umschneidung der Patella. ] Fixieren mit elastischer Binde.
Knietutor, Kniehçlse Indikation. Kniegelenklåsionen. Besonderes. Auf gençgenden Abstand zu den Malleolen achten! Hinabrutschen fçhrt zu Druckstellen. ] Eine Hilfsperson ist fçr den Oberschenkel zuståndig! ] Gewendeter Frotteeschlauch Knæchel bis Leiste ± Gips endet 3 QF davor, schråg zur Hçfte ansteigend. ] Ein Polsterstreifen von Rand zu Rand çber Patella und Caput fibulae, Filz zirkulår Oberund Unterrand. ] Kniegelenk in 08±158 Flexion, OSG frei. ] Entlang der Schnittlinie mit dçnnem Gazeschlauch unterlegen. ] Semirigide Kunststoffbinde 7,5 cm zirkulår mindestens 2 QF proximal der Knæchel beginnen.
]
] Rigide Kunststoffbindeschienen lateral und medial, je 3 Lagen vom Oberschenkel bis Unterrand. ] Semirigide Kunststoffbinde zirkulår mit nasser gewaschener Binde fixieren. ] Beidseitiges Anmodellieren der Oberschenkel suprakondylår (Handflåchendruck bis zum Abbinden). ] Spalten (Aufschneiden) ventral bis zur letzten Faser unter Umschneidung der Patella. ] Fixieren mit elastischer Binde.
Unterschenkelschiene Indikation. OSG-, Fuûwurzel- und Mittelfuûlåsionen. Besonderes. Auch zur Primårbehandlung fibulotalarer Bandlåsionen. ] Eine Hilfsperson ist fçr das Knie zuståndig! ] Gewendeter Frotteeschlauch Knæchel bis Leiste ± Gips endet 3 QF davor, schråg zur Hçfte ansteigend. ] Ein Polsterstreifen von Rand zu Rand çber Tibiavorderkante und Knæchel. ] Entlang der Schnittlinie mit dçnnem Gazeschlauch unterlegen. ] OSG in Neutralstellung: 908-Flexion, keine Supination, keine Pronation. ] Semirigide Kunststoffbinde 7,5 cm zirkulår 1 QF proximal der Zehengrundgelenke beginnen (Zugrichtung Pronation). ] Rigide Kunststoffbindeschienen lateral und medial je 3 Lagen vom Knie bis Sohle oder U-færmig. ] Sohle (3- bis 5-lagig rigide Kunststoffbinde) ohne (bei Mittel-/Vorfuûlåsion obligat mit) Zehenschutz. ] Semirigide Kunststoffbinde zirkulår, mit nasser gewaschener Binde fixieren. ] Fuûgewælbe gut anmodellieren. ] Spalten (Aufschneiden) ventral bis zur letzten Faser unter Umschneidung der Patella. ] Fixieren mit elastischer Binde.
Tape (OSG-Stiefel) Indikation. Fibulotalare Bandlåsion. Besonderes. Soll so dçnn wie mæglich sein, damit er in den Schuh passt, wird nicht gespalten und kann zum Entfernen einfach abgewickelt werden. ] Eine Hilfsperson hålt den Fuû an den Zehen. Alternativ: Patient sitzt an der Kante des Gipstisches. ] Dçnne Schlauchgaze çber Zehen bis supramalleolår (Unterschenkeldrittel).
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A. M. Worel
] OSG in Neutralstellung: 908-Flexion, keine Supination, keine Pronation. ] Ein Polsterstreifen ventral von Malleolus zu Malleolus. ] Semirigide Kunststoffbinde 7,5 cm zirkulår 1 QF proximal der Zehengrundgelenke beginnen (Zugrichtung Pronation!). ] Nach Erreichen des Abschlusses supramalleolår Umschlagen der Gazebinde und Rçckkehr von lateroventral ? ventral ? plantar ? lateraler Malleolus ? ventral ? medialer Malleolus ? Ferse ? ggf. mehrmals und Abschluss distal nach Umschlagen des Gazeschlauchs. ] Mit nasser gewaschener Binde fixieren. ] Patient auf beide Fçûe stellen zum Anmodellieren des Fuûgewælbes.
¹Geishaª-Schuh Indikation. Mittelfuû- und Zehenlåsionen. Besonderes: ] Gewendeter Frotteeschlauch Zehenspitzen bis çber Knæchel, Randpolsterung Zehengrundgelenke und Knæchel.
] Entlang der Schnittlinie mit dçnnem Gazeschlauch unterlegen. ] OSG in Neutralstellung: 908-Flexion, keine Supination, keine Pronation. ] Semirigide Kunststoffbinde 7,5 cm zirkulår 1 QF proximal der Zehengrundgelenke beginnen (Zugrichtung Pronation). ] Rigide Kunststoffbindesohle 4 Lagen von Groûzehenspitze bis Ferse (Zehenschutz). ] Semirigide Kunststoffbinde zirkulår mit nasser gewaschener Binde fixieren. ] Fuûgewælbe gut anmodellieren.
] Konsolidation Durchschnittliche Konsolidationszeiten mit groben Richtlinien fçr Ruhigstellungs- bzw. Schonungszeiten der håufigsten Verletzungen im Wachstumsalter bis zur Bewegungsstabilitåt sind in Tabelle 6.4 angegeben.
Tabelle 6.4. Richtlinien fçr Ruhigstellungs- bzw. Schonungszeiten der håufigsten Verletzungen im Wachstumsalter bis zur Bewegungsstabilitåt in Wochen ] Klavikula ] Humerus ± proximal ± diaphysår ± suprakondylår ± Condylus ± Y-Fraktur ± Epicondylus ulnaris (und Ellenbogenluxation) ] Olekranon ] Proximales Radiusende ] Unterarm diaphysår ] Distaler Radius ] Epiphysenlæsung distaler Radius ] Handwurzel ] Mittelhand basal und subkapital ] Mittelhand diaphysår ] Finger ] Schenkelhals ± subtrochantår ± Diaphyse ± Kondylen inkl. Epiphysenlæsungen ± Eminentia ] Tibia proximale Metaphyse ± diaphysår ] OSG ] Fuûwurzel und Kalkaneus ] Mittelfuû
bis 5 Jahre
5±10 Jahre
> 10 Jahre
1
2
2±3
1 2 1±2 3 2±3 2±3 1 1 3 2 2 ± ± ± 1±2 ± 3±4 1±3 2±3 ± 2±3 ± 2±3 ± 2±3
2±3 3±4 2±3 3±4 3 2±3 2±3 2 4 3±4 2±3 4±6 2 3±4 2±3 4±6 4±5 4±5 3±4 3±4 3±4 3±5 3±4 4±8 3
3 4±6 3±4 4 3±4 2 3±4 2 4±6 4 3±4 6±12 2±3 4±6 2±3 6±12 4±6 4±6 4 4 4 4±6 4±5 6±12 3±4
6 Behandlungsprinzipien
Operative Therapiemæglichkeiten Th. Slongo
] Reposition Bevor die Frage çber ein offenes oder geschlossenes Vorgehen beantwortet werden kann, gilt es primår die Notwendigkeit einer Reposition zu erærtern. Wie bereits in Kapitel 1 dargelegt wurde, gibt es alters-, lokalisations- und dislokationsabhångige Kriterien, die es zu kennen und zu respektieren gilt. Werden sie çbergangen, kann es einerseits zu unnætigen, das Kind belastenden Narkosen und Therapien kommen oder im anderen Fall zu bleibenden Achsfehlstellungen, weil eine potenzielle Instabilitåt falsch beurteilt wurde.
Repositionskriterien Keine Reposition bei ] allen stabilen, unverschobenen Brçchen der oberen und unteren Extremitåt unabhångig vom Alter (Abb. 6.8); ] stabilen Stauchungsbrçchen oder metaphysåren Grçnholzfrakturen, die innerhalb der Toleranzmargen liegen;
Abb. 6.8. Stabile Radiusfraktur, nur Fixation im Gips.
]
] instabilen Brçchen des Humerus, sofern initial eine tolerable Achsabweichung besteht (primår nur Fixation ? Kontrolle); ] praktisch allen Klavikulafrakturen. Reposition bei ] allen Frakturen, stabilen wie instabilen, die auûerhalb der altersabhångigen und lokalisationsabhångigen Toleranzmarge liegen. Insbesondere trifft dies auf Frakturen des Unterarmschafts zu, da hier Achsabweichungen zu deutlichen Funktionsstærungen fçhren kænnen (Abb. 6.9). An der unteren Extremitåt gilt es vor allem auf Erhaltung der Långe, Achse und Rotation zu achten.
Offen oder geschlossen? Ob eine Fraktur offen oder geschlossen reponiert werden muss, hångt nicht nur von der Frakturmorphologie, sondern auch von der Erfahrung des behandelnden Arztes ab. Dabei sind folgende Aspekte zu berçcksichtigen: ] Der Behandlung geht eine eingehende Analyse der Fraktur voran mit der Frage nach Reponierbarkeit, Stabilitåt, Heilungsverhalten und Prognose. ] Die erste Behandlung sollte die letzte, d. h. die definitive sein, keine Nachrepositionen oder sekundåre Stabilisierungen erforderlich machen. Dies bedingt, dass kritische Frakturen im Operationssaal bzw. in Operationsbereitschaft versorgt werden sollten.
Abb. 6.9. Instabile distale Unterarmfraktur, Reposition und korrekte Stabilisierung erforderlich.
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]
Th. Slongo
] Jede Reposition sollte unter adåquater Analgesie, d. h. in der Regel Narkose oder Plexusanåsthesie, durchgefçhrt werden. Die meisten modernen Stabilisierungsverfahren, ob konservativ oder operativ, lassen eine geschlossene Behandlung zu. Dies gilt zunehmend auch fçr Plattenosteosynthesen, falls eine solche heute bei einem Kind noch indiziert sein sollte (sog. minimalinvasive Plattenosteosynthese). Falls eine offene Reposition notwendig wird, sollte wenn immer mæglich eine stabile innere oder åuûere Osteosynthese durchgefçhrt werden. Eine offene chirurgische Reposition und konservative Fixierung mittels Gipsverband ist kaum noch zulåssig, da bei jeder konservativen Fixierung, auch wenn eine offene Reposition erfolgt ist, eine sekundåre Dislokation eintreten kann. Prinzipiell kænnen die meisten Frakturen im Kindesalter auch bei Durchfçhrung einer Osteosynthese geschlossen reponiert behandelt werden. Eine Ausnahme bilden Gelenkfrakturen, die prinzipiell dargestellt (offen oder arthroskopisch) und anatomisch reponiert und fixiert werden sollten.
Offene Reposition Offene Repositionen von Frakturen im Kindesalter sind selten. Dabei mçssen zwei Indikationen unterschieden werden: ] Frakturen, die prinzipiell fçr eine geschlossene Reposition vorgesehen sind, die sich jedoch nicht adåquat reponieren lassen, um einer stabilen Versorgung zugefçhrt werden zu kænnen ? sekundår offene Reposition. ] Frakturen, die primår einer offenen Reposition zugefçhrt werden mçssen bzw. fçr eine offene Reposition geplant werden mçssen.
± Femurschaftfrakturen (quer), ± Frakturen der distalen und proximalen Tibia.
Primår offene Reposition ] Håufigste Frakturtypen: ± Gelenkfrakturen mit Dislokation 2 mm (Abb. 6.10), ± teilweise offene Frakturen, ± Defektfrakturen (åuûerst selten).
çber
] Håufigste Lokalisationen: ± Frakturen des Condylus radialis, Epicondylus ulnaris, Y-Frakturen des distalen Humerus, sofern Dislokation primår çber 2 mm; ± Hçftkopfgleiten mit Abrutsch çber 108; ± dislozierte Schenkelhalsfrakturen, ± Frakturen der distalen Femurkondylen; ± Frakturen des Tibiaplateaus bei Dislokation çber 2 mm; ± Frakturen der distalen Tibia (two- und triplane fractures), sofern keine Versorgung mittels durchbohrter Schrauben mæglich ist ? Mæglichkeit der gezielten geschlossenen Reposition, praktisch einzige Ausnahme bei einer Gelenkfraktur; ± dislozierte bzw. Trçmmerfrakturen von Talus und Kalkaneus; ± Frakturen des Radiuskæpfchens bzw. -halses stellen keine Indikation fçr primår offenes Vorgehen dar (Abb. 6.11); ± Dislozierte Frakturen der distalen Radiusepiphyse.
Sekundåre offene Reposition ] Håufigste Frakturtypen: ± Querfrakturen der Diaphyse durch direktes Trauma ? Fragmente in verschiedenen Kompartmenten, ± diaphysåre Mehretagenfrakturen, ± Gelenkfrakturen mit sekundårer Dislokation çber 2 mm in der gipsfreien Fçnftageskontrolle. ] Håufigste Lokalisationen: ± distaler Humerus, suprakondylår, ± Unterarmschaftfrakturen,
Abb. 6.10. Die allermeisten Gelenkfrakturen mçssen offen reponiert werden, um eine sichere Gelenkkongruenz zu erhalten, wie z. B. bei der abgebildeten Condylus-radialis-Fraktur.
6 Behandlungsprinzipien
]
Die Grundlage einer erfolgreichen Osteosynthese von Frakturen im Kindesalter ist die Kenntnis unterschiedlicher, dem Alter des Kindes angepasster Osteosynthesetechniken sowie die Verfçgbarkeit verschiedener kindadaptierter Osteosynthesematerialien.
Spickdrahtosteosynthese ] Prinzipielles. Die Spickdraht-Osteosynthese stellt eine reine Adaptationsosteosynthese dar, die maximal bewegungs- jedoch nie belastungsstabil ist. Sie benætigt normalerweise eine zusåtzliche Gipsruhigstellung. Der Vorteil liegt darin, dass sie perkutan durchgefçhrt werden kann und zu ihrer Entfernung keine Narkose benætigt wird. Sie ist praktisch çberall und immer verfçgbar. Abb. 6.11. Geschlossene Reposition und Fixierung einer dislozierten Radiushalsfraktur mittels ESIN. a Dislokation. b Reposition und Osteosynthese.
Die angefçhrten Punkte stellen lediglich die Basis fçr eine eingehende und korrekte Analyse der therapeutischen Strategie dar. Im individuellen Fall muss auf die Fraktur abgestimmt werden, daneben sind die eigenen fachlichen und technischen, d. h. auch instrumentellen Gegebenheiten zu berçcksichtigen. Nicht zu vernachlåssigen sind heute besonders in unseren Breitengraden die sozioækonomischen Aspekte bis hin zur Mæglichkeit der schnellen Wiedererlangung der Spielfåhigkeit bzw. des Schulbesuchs und die håusliche Pflege.
] Osteosyntheseverfahren Im Rahmen dieser Darstellung kænnen die einzelnen Osteosyntheseverfahren nur kurz dargestellt werden. Es geht darum, die wichtigsten Prinzipien und Tricks zu besprechen und andererseits etwaige Kontraindikationen bzw. Grenzen einer Methode aufzuzeigen. Fçr erweiterte Detailbeschreibungen der einzelnen Methoden sei auf die jeweilige technische Literatur und Operationsbeschreibungen verwiesen.
] Indikationen. Offen oder geschlossen reponierte metaphysåre Frakturen aller Ræhrenknochen, praktisch unabhångig vom Alter. Gelenkfrakturen bei jçngeren Kindern (< 10 Jahre). Frakturen an Hand und Fuû. ] Kontraindikationen. Diaphysåre Frakturen sollten nicht mit Spickdråhten fixiert werden! ] Technik. Bevor die Spickdråhte eingebohrt werden kænnen, mçssen die Fragmente korrekt reponiert sein. Wenn immer mæglich, sollten die Spickdråhte perkutan eingefçhrt werden, sodass sie ohne Anåsthesie entfernt werden kænnen, auch wenn offen reponiert werden musste (Abb. 6.12). Die Dicke betrågt in der Regel 1,6±2,5 mm. Die Kreuzungsstellen sollten immer proximal der Frakturlinie liegen (Abb. 6.13). In der Regel muss die Epiphysenfuge gekreuzt werden. Deshalb sollten wiederholte Bohrungen vermieden werden. Die Spitzen der Spickdråhte mçssen die Gegenkortikalis perforieren. Tågliche gute Pflege der Pins reduziert das Infektionsrisiko. ] Metallentfernung. Je nach Alter und Fraktur frçhestens nach 3, spåtestens nach 5 Wochen. Ambulant in der Poliklinik oder Ambulanz. Bei jçngeren Kindern ist eine leichte Sedierung oder Schmerztherapie per os 20 Minuten vor dem Eingriff angezeigt.
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]
Th. Slongo
Abb. 6.12. Transkutane Fixierung einer suprakondylåren Humerusfraktur. Spickdråhte kænnen ohne Narkose entfernt werden. a Ræntgen b çberstehende Spickdråhte.
Abb. 6.13. Versorgung einer distalen Femurfraktur bei einem 9-jåhrigen Kind mittels zweier gekreuzter Spickdråhte von 2,5 mm. a Unfallbild. b Knie a.p. c Knie seitlich.
] Typische Frakturen: ± subkapitale Humerusfrakturen (ESIN jedoch besser), ± suprakondylåre Humerusfraktur (Alternative ESIN), ± condylus radialis (bei jçngeren Kindern, bei ålteren Schrauben), ± Epicondylus ulnaris (bei ålteren Kindern, Schrauben), ± distaler Radius (selten notwendig), ± Schenkelhalsfrakturen jçngerer Kinder, ± distale epi-/metaphysåre Femurfrakturen,
± proximale epi-/metaphysåre Tibiafrakturen ± distale epi-/metaphysåre Tibia-/Fibulafrakturen (alternativ durchbohrte Schrauben), ± Frakturen der Mittelhand-/Fuûknochen, ± Frakturen der Phalangen an Hand und Fuû. ] Probleme. Instabilitåt oder Pseudarthrosen (Abb. 6.14); Pflege; oberflåchliche oder tiefe Infektionen).
6 Behandlungsprinzipien
]
Schraubenosteosynthese
Abb. 6.14. Ungençgende Stabilitåt bei der Versorgung einer Condylus-radialis-Fraktur und Entwicklung einer Pseudarthrose.
] Prinzipielles. Was fçr die Spickdraht-Osteosynthese gilt, trifft teilweise auch fçr die Schraubenosteosynthese zu; es handelt sich um eine Adaptationsosteosynthese, die jedoch die Fragmente unter Kompression setzen kann und somit besser stabilisiert. Dennoch ist in der Regel ein Gips notwendig; dieser sollte besonders bei ålteren Kindern funktionell sein, d. h. auch abgelegt werden kænnen, um z. B. Gelenke durchzubewegen. Fçr eine alleinige Schraubenosteosynthese werden hauptsåchlich Spongiosaschrauben, heute vorzugsweise so genannte durchbohrte, selbstbohrende, selbst schneidende Stahl- oder Titanschrauben verwendet (Abb. 6.16). Diese modernen Schrauben eignen sich hervorragend auch zu geschlossenen Fixationen, besonders an der unteren Extremitåt. Die Schrauben sollten auûerdem rçckschneidend sein, um die Metallentfernung zu vereinfachen. ] Indikationen. Offen oder geschlossen reponierte epi-/metaphysåre Frakturen aller Lokalisationen, vorwiegend bei Kindern çber 10 Jahren. Gelenkfrakturen. ] Kontraindikationen. Diaphysåre Frakturen eignen sich nicht fçr die Versorgung mittels Schrauben. ] Technik. Bevor die Schrauben gesetzt werden kænnen, muss das Fragment (die Fragmente) korrekt reponiert sein. Gelenkfrakturen sollten offen reponiert und anatomisch adaptiert werden (Ausnahme Twoplane-Fraktur distale Tibia).
Abb. 6.15. Lagerung des Arms direkt auf dem Bildwandler erlaubt eine bessere und genauere Durchleuchtung und reduziert die Bestrahlung.
] Tricks. Wenn die Extremitåt direkt auf dem Bildwandler gelagert wird, ergibt sich ein besseres Bild bei weniger Strahlen (Abb. 6.15). Eine gute Reposition verlangt weniger nachtrågliche Manipulationen. Richtung der Spickdråhte in einer Ebene einzeichnen. Abb. 6.16. Durchbohrte selbstbohrende, selbstschneidende Titanschrauben verschiedener Lången und Durchmesser.
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Die Dimensionen betragen in der Regel 4,0, 4,5 und 6,5 mm. Einbohren eines oder von zwei FçhrungsSpickdråhten (1,2/1,6 mm) rechtwinklig zur Frakturlinie an optimaler Stelle oder parallel zur Epiphysenfuge. Abmessen der Schraubenlånge am Spickdraht-Ûberstand (Långe 15 cm minus Ûberstand). Freies Eindrehen der Schrauben. Werden keine durchbohrten Schrauben verwendet, muss gemåû der Zugschraubentechnik ein Gleitloch vorgebohrt werden. Bei ålteren Kindern darf die Epiphysenfuge auch mit der Schraube perforiert werden, vor allem vor Wachstumsabschluss. Dokumentation der Osteosynthese intraoperativ mit Ræntgenbild oder unter Bildwandler. ] Metallentfernung. Unabhångig von Alter und Frakturtyp nach vollståndiger Konsolidation. Heute werden vor allem bei Jugendlichen die Schrauben zunehmend belassen, besonders Titanschrauben, da diese im MRT nicht stæren. Entfernung ambulant tagesklinisch in Kurznarkose oder Lokalanåsthesie. Unter Bildwandler Schraube axial darstellen, sodass die Bohrung gesehen werden kann; Einfçhren des Fçhrungs-Spickdrahts, Stichinzision und Ausdrehen der Schraube çber Fçhrungsdraht. ] ± ± ± ± ± ± ± ±
Typische Frakturen: Y-Fraktur distaler Humerus, Condylus radialis (åltere Kinder), Epicondylus ulnaris (åltere Kinder; Cave kleine Fragmente kænnen gespalten werden). Epiphysiolysis capitis femoris/Schenkelhalsfrakturen jçngerer Kinder, distale epi-/metaphysåre Femurfrakturen (SH II+III+IV), proximale epi-/metaphysåre Tibiafrakturen, distale epi-/metaphysåre Tibia-/Fibulafrakturen Hand- und Fuûwurzelknochen.
] Probleme. Metallentfernung. Schraubenkæpfe kænnen abgedreht werden, besonders bei Titanschrauben ? Eltern vorab darçber orientieren. Kleine Fragmente kænnen gesprengt werden, da Gewinde sehr ¹aggressivª sind. ] Tricks. Geschlossenes Vorgehen. Extremitåt direkt auf Bildwandler positionieren, besseres Bild, weniger Strahlen.
Abb. 6.17. Geschlossene Osteosynthese einer distalen Fraktur Salter-Harris II mittels durchbohrter Schrauben.
Fraktur unter Bildwandler reponieren und die Frakturlinie so einstellen, dass sie orthograd eingesehen werden kann (Abb. 6.17). Freier Spickdraht an der Hand von auûen so auf Fraktur legen, dass Schraube optimal platziert werden kann. Parallel dazu çber Stichinzision Fçhrungsdraht einbohren, in der zweiten Ebene genau parallel der Bildwandlerauflageflåche. Setzen der Schrauben und indirekte Reposition und Kompression der Fraktur unter Bildwandler verfolgen.
Plattenosteosynthese ] Prinzipielles. Aufgrund anderer kindadaptierter Osteosyntheseverfahren wurden die Indikationen fçr eine Plattenosteosynthese deutlich reduziert. Sie stellt ein technisch aufwendiges, meist offenes Verfahren, verbunden mit einer ebenso invasiven, meist stationåren Metallentfernung, dar. Eine nicht korrekt durchgefçhrte Plattenosteosynthese kann zu erheblichen Problemen, meist mit korrekturbedçrftigen Komplikationen fçhren. Daher sollte nur derjenige eine solche Osteosynthese durchfçhren, der mit dieser Methode
6 Behandlungsprinzipien
]
Abb. 6.18. Beispiel einer pathologischen Femurfraktur bei einem groû gewachsenen 15-jåhrigen Mådchen, mittels durchgeschobener Platte versorgt. a Radiologisches Bild. b Weitgehende Konsolidierung nach 6 Wochen. c Funktion nach 4 Wochen.
routinemåûig vertraut ist. Die Applikation von Winkelplatten soll hier nicht besprochen werden. Unter einem Alter von 12±13 Jahren sollte diese Osteosynthesemethode kaum mehr angewendet werden. Bei jungen Adoleszenten sowie groû gewachsenen, zum Teil çbergewichtigen ålteren Kindern stellt sie jedoch eine gute Alternative dar. Dies vor allem unter dem Einfluss neuer Applikationstechniken und neuer Plattenarten. Deshalb sollte heute Folgendes gelten: Wenn eine Plattenosteosynthese indiziert ist, empfehlen wir die Verwendung von Platten neuerer Generation wie die Low-Compression-DCP(LC-DCP-)- oder Low-Contact-Plate-(LCP-)-Platten. Wenn mæglich sollten diese Typen von Platten auch bei Kindern in der so genannten minimalinvasiven Plattenosteosynthese eingebracht werden. ] Indikationen. Schaftfrakturen der vier groûen Ræhrenknochen; Frakturen der Phalangen (Miniplatten ? selten);
komplett instabile, mehrfragmentåre Frakturen bei Kindern çber 12 Jahren, çbergewichtigen Kindern; Refrakturen von Femur und Tibia mit noch geschlossenem Markkanal (Technik: durchgeschobene Wellenplatte); Schaftfrakturen bei Adoleszenten (Abb. 6.18). ] Kontraindikationen. Gelenkfrakturen, epi-/metaphysåre Frakturen; ¹primåre Versorgung von Unterarmschaftfrakturen bei Kindern unter 14 Jahrenª. ] Technik. Gemåû den Richtlinien fçr Plattenosteosynthese der entsprechenden Hersteller. Prinzipiell gilt heute auch fçr die Plattenosteosynthese, dass diese eine biologische Osteosynthese darstellen sollte, d. h. keine extensive Freilegung des Knochens, kein Stripping des Periosts, keine pedantische Adaptation und Fixation freier Fragmente ? lange Platten, wenig Schrauben ? Fixateur interne.
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a
b
MIPO-Technik (Minimal Invasive Plate Osteosynthesis) Diese Technik kann prinzipiell mit jeder Platte durchgefçhrt werden. Sie beruht darauf, dass nach gençgender, achsgerechter Reposition der Schaftfraktur (am besten am Extensionstisch und unter Bildverstårkerkontrolle) çber eine kleine Inzision eine gençgend lange Platte epiperiostal, submuskulår am Knochen durchgeschoben wird. Zu achten ist bei dieser Technik auf eine korrekte indirekte Reposition. Fixation der Platte unter Verwendung eines Bildwandlers mit minimal zwei (drei) proximalen, zwei (drei) distalen, eher frakturfernen Schrauben, damit die Platte schwingen kann ? Fixateur interne. Besonders geeignet ist die LC-DCP-Platte oder LCP-Platte mit winkelstabilen Schrauben. Da im Kindes- und Jugendalter die Heilung nicht gefåhrdet ist, sind diese ¹High-techª-Platten nicht unbedingt notwendig (Abb. 6.18).
Wave-Plate (Wellenplatte) Diese Technik ist eine Erweiterung der MIPOTechnik. Dabei geht es darum, dass durch Bildung einer ¹Welleª eine kritische Frakturzone schonend umgangen bzw. çberbrçckt wird.
Abb. 6.19. Versorgung einer offenen Femurdefektfraktur mit Verbrennung durch Wellenplatte 4 Wochen nach Unfall, nachdem primår die Fraktur mit einem Fixateur externe zwischenzeitlich versorgt war. Man beachte den groûen Knochendefekt. a Postoperatives Ræntgenbild. b Ausheilung.
Die Indikation dafçr ist im Kindesalter sicherlich åuûerst selten, dennoch kann es hilfreich sein, diese Methode auch zu kennen und im Repertoire zu haben (Abb. 6.19). ] Metallentfernung. Unabhångig von Alter und Frakturtyp nach vollståndiger Konsolidation. Heute werden vor allem bei Jugendlichen auch Platten zunehmend belassen, besonders Titanplatten, da diese im MRT nicht stæren. In der MIPO-Technik eingebrachte Platten kænnen durchaus ambulant tagesklinisch in Narkose atraumatisch entfernt werden. Dazu mçssen unter Bildwandlerkontrolle mit einem die Schrauben fixierenden Schraubenzieher die Schrauben ausgedreht werden. Ûber eine kleine Inzision am Ende der Platte kann diese entfernt werden. ] Typische Frakturen. Lange Spiralschaftfrakturen mit oder ohne Keil, Trçmmerfrakturen von Femur und Tibia, laterale Schenkelhalsfrakturen (verschiedene Klingenplatten). ] Probleme. Metallentfernung, aufwendig. Setzt besondere Kenntnis und Erfahrung voraus; invasive Methode; græûte Inzidenz fçr Wachstumsplus am Femur, besonders bei jçngeren Kindern.
6 Behandlungsprinzipien
]
Abb. 6.20. Geschlossene Reposition einer zweiten Refraktur des Femurs mittels Distraktor und Fixierung der Fraktur.
] Tricks. Bei geschlossenem Vorgehen zur Reposition Distraktor oder vorçbergehend Fixateur externe verwenden (Abb. 6.20).
Zuggurtungsosteosynthese ] Prinzipielles. Diese Osteosynthesemethode ist fçr ganz spezielle Frakturen reserviert und soll, wie es der Name sagt, dort angewendet werden, wo ein Zug an einem Fragment abgefangen werden soll. Zuggurtungsosteosynthesen werden offen angelegt. Zuggurtungsosteosynthesen stellen eine Neutralisation von groûen Zugkråften dar, die dort entstehen, wo sich kråftige Sehnen-/Muskelansåtze finden. ] Indikationen. Olekranonfrakturen (praktisch jedes Alter), Patellafrakturen, laterale Klavikulafrakturen bzw. Pseudoluxationen der distalen Klavikula, evtl. Abrisse des Trochanter major. ] Kontraindikationen. Gelenkfrakturen, epi-/metaphysåre Frakturen oder Schaftfrakturen. ] Technik. Offene Darstellung der Fraktur und Reposition der Fragmente;
Abb. 6.21. Korrekt liegende Spickdråhte und Zuggurtung am Olekranon. Man beachte die Lage der Spickdraht-Spitzen.
Setzen zweier Spickdråhte rechtwinklig zur Frakturebene durch beide Fragmente. Dabei ist darauf zu achten, dass die Spickdråhte mæglichst oberflåchenfern, d. h. mæglichst weit weg von der Zugrichtung zu liegen kommen, um der Zugkraft der Cerclage entgegenwirken zu kænnen (Abb. 6.21). ] Patella. Beide Spickdråhte proximal und distal ca. 5 mm çberstehen lassen und Ende rechtwinklig umbiegen. Anlegen einer O-færmigen Cerclage, da çber der Patellaunterflåche liegende Dråhte sehr stærend wirken. Spickdråhte so umdrehen, dass das umgebogene Ende die Cerclage sichert und zur Patella hin zeigt. Alternative Technik. Anstelle der Spickdråhte durchbohrte Schrauben verwenden und die Cerclage durch die Schrauben fçhren; Vorteil ? weniger Weichteilkompression. ] Olekranon. Von der Olekranonspitze aus die beiden Spickdråhte mæglichst gelenknah parallel so einbohren, dass sie in der distalen Kortikalis der Ulna verankert werden.
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Ca. 3 cm distal von der Fraktur entfernt Bohrloch von 2,0 mm rechtwinklig zur Långsachse bohren und Cerclage durchziehen. Anlegen einer 8erfærmigen Schlinge, wobei der Quirl radialseits liegen sollte ? mehr Weichteile, kein Nerv. Alternative Technik. Anstelle der Cerclage durchbohrte Schrauben verwenden. ] Metallentfernung. Cerclagen sollten grundsåtzlich besonders bei Kindern entfernt werden, da nach Abschwellung vor allem die Quirle meist stæren kænnen. Deshalb ist beim Anlegen der Cerclage wichtig, die Dråhte so zu legen, dass die Entfernung ohne vollståndige Eræffnung der alten Wunde erfolgen kann. ] Probleme. Durchschneiden der Spickdråhte oder der Cerclage. Nekrosen der Muskel-/Sehnenansåtze ? deshalb Cerclagedraht neutral durch den Muskel-/Sehnenansatz fçhren! ] Tricks. Quirl langsam anziehen, damit sich der Draht strecken kann und somit besser an die Fragmente und Weichteile anlegt.
Marknagelung ESIN ] Prinzipielles. ESIN (elastisch-stabile intramedullåre Nagelung) ist eine minimalinvasive, minimal traumatisierende, suffizient bewegungsund teilbelastungsstabile, biologische und kinderfreundlich adaptierte Osteosynthese fçr quere, schråge, kurze spiralfærmige, diaphysåre Frakturen im Kindesalter mittels elastischer Markraumschienen (Titan oder Stahl). Ziel dieser biologischen, minimalinvasiven Frakturbehandlung ist, eine fçr das jeweils entsprechende Alter adåquate Reposition und Stabilisierung zu erreichen. Da es sich generell um ein geschlossenes Verfahren handelt, kann nie von einer anatomischen Reposition gesprochen werden, sondern lediglich von achsgerechter Stellung. Das biomechanische Prinzip der elastischstabilen intramedullåren Nagelung beruht auf der symmetrischen Aufspannung von zwei metaphysår eingebrachten elastischen Någeln, die jeweils drei Abstçtzpunkte innerhalb des Knochen aufweisen. Die Respektierung dieser Prinzipien ist eine unerlåssliche Voraussetzung fçr optimale Resultate.
] Indikationen. Die ESIN wird primår zur Versorgung von dia- und metaphysåren Frakturen im Kindesalter verwendet. Die Indikation sind alters-, fraktur- und lokalisationsspezifisch zu stellen. Die Altersgrenze hångt von der biologischen Entwicklung des Kindes ab. Erfahrungsgemåû liegt die Untergrenze bei ca. 3 Jahren, die Obergrenze bei 13±15 Jahren. ± Frakturart: transversale Frakturen, kurze Schråg- oder Querfrakturen mit Ausbruchkeilen, lange Schrågfrakturen mit Mæglichkeit der kortikalen Abstçtzung, Spiralfrakturen, multifragmentåre und bifokale Frakturen, pathologische Frakturen bei juvenilen Knochenzysten. ± Frakturlokalisation: Femur diaphysår, Femur metaphysår distal, Femur subtrochantår, Unterschenkel diaphysår, Unterschenkel metaphysår distal, Humerus diaphysår und subkapital, Humerus suprakondylår, Radius- und Ulnaschaft, Radiushals oder -kopf. ± Erweiterter Indikationsbereich: Polytrauma und Schådel-Hirn-Trauma, beide auch auûerhalb der oben genannten Altersgrenzen, pathologische Frakturen bei benignen Knochenzysten sowie prophylaktische Stabilisierung bei juvenilen Knochenzysten, Osteogenesis imperfecta, Humerus und Unterarm bei Erwachsenen. ] Kontraindikationen. Intraartikulåre Frakturen; komplexe, total instabile Femurfrakturen oder Unterschenkelfrakturen mit fehlender kortikaler Abstçtzung, vor allem im Zusammenhang mit Ûbergewicht und/oder hæherem Alter. ] Standardoperationstechnik fçr Femurfrakturen. Eine sorgfåltige pråoperative Planung, die richtige Wahl der Implantate und die pråzise Rotationsçberprçfung anhand der nicht frakturierten Extremitåt sind fçr ein gutes Operationsergebnis unerlåsslich. 1. Kind lagern Das Kind in Rçckenlage auf einem ræntgenstrahlendurchlåssigen Operationstisch lagern. Fçr groûgewachsene Kinder empfiehlt sich am Extensionstisch zu arbeiten. Kleinere Kinder werden mit Vorteil am Operationstisch fixiert. Der/die Assistent/in extendiert die verletzte Extremitåt. Eine freie Lagerung ermæglicht eine bessere Kontrolle der Nagellage und der Rotation.
6 Behandlungsprinzipien
]
Abb. 6.22. Bei der so genannten freien Lagerung sollte das Kind so fixiert werden, dass es beim Zug am Bein nicht gleitet und die Fixierung das Arbeiten nicht behindert. a Ûbersicht. b Fixation.
Den Bildverstårker so positionieren, dass das Femur auf der ganzen Långe a.-p. und lateral eingesehen werden kann (Abb. 6.22).
Abb. 6.23. An einfachen Ræhrenknochen betrågt der Nageldurchmesser 35±40% des engsten Markraumdurchmessers; am Unterarm, wo nur ein Nagel pro Knochen eingebracht wird, hingegen 60%.
2. Fraktur reponieren Wird am Extensionstisch operiert, sollte die Fraktur geschlossen pråoperativ unter Bildverstårkerkontrolle reponiert werden. Bei freier Lagerung des Kindes erfolgt die Reposition wåhrend des Eingriffs. Bei komplexen Frakturen beide Beine steril abdecken, damit intraoperativ ein Rotationsvergleich durchgefçhrt werden kann. 3. Nageldurchmesser bestimmen Den Isthmus des Markraums auf dem Ræntgenbild ausmessen. Der Durchmesser des einzelnen Nagels sollte mindestens ein Drittel des Markraumdurchmessers betragen. Någel mit identischem Durchmesser wåhlen, um Varus- oder Valgusfehlstellungen zu vermeiden (Abb. 6.23). 4. Nageleintrittstelle bestimmen Fçr die aufsteigende Versorgung am Femur liegen die Eintrittstellen 1±2 cm proximal der distalen Epiphysenfuge. Beim Kind entspricht dies etwa einem Fingerbreit proximal des Patellaoberpols. Bei Unsicherheit die vorgesehenen Eintrittstellen unter dem Bildverstårker kontrollieren (Abb. 6.24).
Abb. 6.24. Radiologische Kontrolle der Nageleintrittstellen. Man beachte, dass diese genau einander gegençberliegen sollten. Abstand zur Epiphysenfuge mindestens 2 cm.
5. Inzision durchfçhren Die einander gegençberliegenden Hautinzisionen medial und lateral werden von den geplanten Eintrittstellen aus etwa 3±4 cm nach distal gezogen, je nach Græûe des Kindes. Wichtig: Eintrittstellen grundsåtzlich auûerhalb der Gelenkkapsel ansetzen. Inzisionen nicht zu kurz wåhlen (mindestens 3 cm), da fçr Nagelentfernung diese Græûe benætigt wird.
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Th. Slongo
6. Markraum eræffnen Eine genau çbereinstimmende beidseitige Eræffnung des Markraums ist fçr eine optimale symmetrische Verspannung unerlåsslich (Abb. 6.24). Fascia lata ausreichend spalten. Am proximalen Ende der Inzision den Pfriem bis zum Knochen senkrecht einfçhren und kråftig ankærnen. Eræffnung des Knochens. Die Úffnung muss knapp græûer sein als der gewåhlte Nageldurchmesser. Wichtig: Unbedingt die Epiphysenfugen schonen. 7. Någel vorbiegen Es wird empfohlen, den zu implantierenden Teil der Någel auf das Dreifache des Markkanaldurchmessers vorzubiegen. Dabei soll der Scheitelpunkt des Bogens auf der Hæhe der Frakturzone zu liegen kommen. Die Nagelspitze muss die Fortsetzung des Bogens bilden. Beide Någel gleich vorbiegen (Abb. 6.25). Hinweis: Durch stårkeres Vorbiegen lassen sich der innere Anpressdruck erhæhen und die Kreuzungsstellen der Någel mehr zur Metaphyse hin verlagern. Dies erhæht die Stabilitåt bei komplexen Frakturen. 8. Ersten Nagel einbringen Den Nagel mit der Nagelspitze rechtwinklig zum Knochenschaft in den Markraum einfçhren. Das Einschlaginstrument um 1808 drehen und die Nagelspitze zur Markraumachse ausrichten. Falls nætig, die Lage der Nagelspitze unter dem Bildverstårker kontrollieren. 9. Ersten Nagel bis zur Frakturzone vorschieben Den Nagel manuell unter rotierenden Bewegungen oder mit leichten Hammerschlågen zur Fraktur vorschieben. 10. Einbringen des zweiten Nagels An der gegençberliegenden Eintrittstelle die Schritte 8 und 9 fçr den zweiten Nagel wiederholen, wobei es in der Metaphyse zum ersten Ûberkreuzen der Någel kommt (Abb. 6.24). 11. Någel weiterfçhren Durch Drehen der Någel Fraktur indirekt definitiv reponieren und Nagelspitzen einige Zentimeter çber die Fraktur hinausschieben, sodass die Fragmente sicher gehalten werden. Falls nætig, kann die definitive Reposition auch durch Långszug am Bein oder mit
Abb. 6.25. Den Scheitel der Vorbiegung genau auf Frakturhæhe wåhlen. Nagel nur çber die Långe des Knochens vorbiegen.
Abb. 6.26. Je nach Lage und Form der Fraktur muss zuerst der mediale bzw. laterale Nagel primår çber die Fraktur geschoben werden. Generell gilt, denjenigen zuerst vorschieben, mit dem sich die Fraktur reponieren låsst.
dem F-Hebel erfolgen. Anschlieûend wechselseitiges Vorschieben der Någel çber die Frakturzone (Abb. 6.26). Hinweis: Das Drehen des Nagels um mehr als 1808 um die eigene Achse wie auch der ¹Korkenziehereffektª (mehr als zwei Kreuzungspunkte der Någel) sind unbedingt zu vermeiden. Durch die Repositionsmanipulation verbogene Någel mçssen ausgetauscht und entsorgt werden (Abb. 6.27). 12. Lage der Nagelspitzen çberprçfen Die Lage der Nagelspitzen im proximalen Fragment unter dem Bildverstårker in beiden Ebenen kontrollieren und die Spitzen korrekt zum Markraum in der Frontalebene ausrichten.
6 Behandlungsprinzipien
]
14. Någel kçrzen Entsprechend der geplanten Verankerungsposition die Någel am distalen Ende unter Zugabe der verbleibenden vorgesehenen Einbringtiefe absetzen. Darauf achten, dass in der Endposition die Någel an der Eintrittstelle fçr die spåtere Entfernung etwa 1 cm çberstehen. Hinweis: Zu lange Nagelenden fçhren zu stærender Pseudobursabildung und behindern die freie Flexion des Knies. Zudem kænnen sie die Haut perforieren und Infektionen verursachen (Abb. 6.29).
Abb. 6.27. Das Drehen der Någel um mehr als 1808 verursacht das so genannte Korkenzieherphånomen, hier gut zu sehen. Dies sollte unbedingt vermieden werden, da die innere Verspannung der Någel verloren geht.
Darauf achten, dass die Spitze des medialen Nagels in der zukçnftigen Position am Kalkar nicht perforiert. 13. Rotation çberprçfen Nachdem die Fraktur sicher provisorisch fixiert ist, vor der definitiven Verankerung der Någel in der proximalen Metaphyse die Rotation çberprçfen bzw. die Nagelspitzen korrekt ausrichten. Falls ein Extensionstisch verwendet wird, das Bein steril von der Extension læsen, um die Rotation ebenfalls çberprçfen zu kænnen. Zudem erlaubt dies auch eine axiale Bildverstårkerkontrolle im proximalen Femurbereich (Abb. 6.28).
Abb. 6.28. Ûberprçfung a der Innen- und b Auûenrotation, bevor die Någel definitiv in der proximalen Metaphyse verankert werden. Rotationsfehler werden ¹produziertª!
15. Någel definitiv positionieren und verankern Die Någel unter Verwendung eines Einschlagbolzens mit leichten Hammerschlågen in die geplante Verankerungsposition bringen. Die Nagelenden mit einem entsprechenden Instrument leicht aufbiegen, um die spåtere Implantatentfernung zu erleichtern. ] Metallentfernung. Der Vorteil der ESIN ist, dass aufgrund der relativ feinen Implantate die Heilung sehr gut verfolgt werden kann. Deshalb sollte unabhångig von der Frakturlokalisation die radiologische vollståndige Konsolidation abgewartet werden, bevor die Implantate entfernt werden. Dies trifft vor allem fçr Femur- und Vorderarmfrakturen zu. Wird dies korrekt berçcksichtigt, sind keine Refrakturen zu erwarten.
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]
Th. Slongo
Abb. 6.29 a±c. Sauberes Absetzen der Någel mit einem Bolzenschneider. Korrekte Långe verhindert Hautirritationen.
] Probleme. Korken-Zieher-Phånomen. Durch Drehen des zweiten Nagels um mehr als 1808 bei liegendem ersten Nagel kommt es zu Verwindungen untereinander. Dadurch werden die Någel von der Kortikalis weggedrångt. Die Abstçtzung geht verloren. Nagelperforation proximales Femur. Aufgrund der Antekurvation des Femurs kann der medial eingebrachte Nagel leicht am Kalkar perforieren. Deshalb muss unbedingt axial durchleuchtet werden kænnen. Verletzung der Epiphysenfuge. Nichtrespektieren des korrekten Abstands der Eintrittstelle zur Epiphysenfuge ? Wachstumsstærungen. Hautirritation/Infektion. Zu lang abgesetzte Någel fçhren zu Hautirritationen, die Ausgangspunkt von lokalen Infektionen darstellen. Am distalen Femur kommt es zudem zur Blockade der Flexion. Falsche Nageldicke. Zu dçnne Någel haben Instabilitåt und sekundåre Fehlstellung zur Folge. Verschiedene Hæhe der Eintrittstellen. Fçhren zu ungleicher Verspannung der Någel, woraus Varus- bzw. Valgusfehlstellungen resultieren. ] Tricks. Femur. Bessere Repositionsmæglichkeit durch Einbringen beider Någel bis auf Frak-
turhæhe ? Manipulation der Fragmente nach ¹Joy-Stick-Methodeª. Am Extensionstisch so lagern, dass nach Frakturfixation die Extension abgehångt werden kann ? bessere Kontrolle der Rotation und der proximalen Verankerung. Radiuskæpfchen. Geschlossene Reposition komplett verschobener Frakturen mit Spickdraht ? Joy-Stick. Tibia. Nach definitiver Platzierung der Någel werden distal die Spitzen nach dorsal gedreht, so kann die Rekurvation der Tibia vermieden werden.
Marknågel Die Indikation fçr eine Osteosynthese mittels Marknagel stellt sich aufgrund der zu erwartenden Wachstumsstærungen erst beim Adoleszenten mit bereits verschlossenen oder sich verschlieûenden Epiphysenfugen. Auûerdem kann bei ausgeprågt adipæsen Kindern schon in der Zeit des Fugenschlusses eine stabile Marknagelosteosynthese erforderlich werden. Vorgehen und Indikation entsprechen dann denen der Erwachsenentraumatologie.
6 Behandlungsprinzipien
Prinzipiell kommen Humerus-, Femur- und Tibianågel bei den entsprechenden Schaftfrakturen zur Anwendung.
Fixateur externe ] Prinzipielles. Nach der ESIN stellt die Osteosynthese mittels Fixateur externe die zweithåufigste operative Behandlungsart von Schaftfrakturen im Kindesalter dar. Es ist darauf zu achten, dass adåquate, dem Alter des Kindes angepasste Fixateure und Implantate verwendet werden. Kinder tolerieren in der Regel den Fixateur externe gut, dennoch ist vor allem bei der Entfernung darauf zu achten, dass keine Schmerzen entstehen; oft ist eine Kurznarkose oder Sedierung angezeigt. Aufgrund der raschen Frakturheilung kann der Fixateur bis zur Ausheilung der Fraktur belassen werden, ein Verfahrenswechsel ist nicht nætig. Er stellt eine ergånzende Alternative zur ESIN dar, vor allem bei 38 offenen und sehr instabilen Frakturen sowie ålteren Kindern. ] Indikationen. Komplett instabile, mehrfragmentåre Frakturen vor allem bei ålteren Kindern an Femur, Tibia und Unterarm; Polytrauma und Schådel-Hirn-Trauma; sehr lange Spiralfrakturen mit und ohne Drehkeil des Femurs. ] Kontraindikationen. Es bestehen praktisch keine Kontraindikationen fçr den Fixateur externe, falls entsprechende Geråte zur Verfçgung stehen. ] Technik. Normalerweise geschlossen; fçr untere Extremitåt mit oder ohne Extensionstisch. Freie Durchleuchtung muss gewåhrleistet sein. Es empfiehlt sich, die Reposition analog der ESIN provisorisch vorzunehmen, um bereits eine gewisse achsgerechte Situation zu haben. Setzen der Schanz-Schrauben unter Bildwandlerkontrolle; bei sog. ¹Monotube-Systemenª ist die Distanz der Eintrittstellen vorgegeben. Bei ¹Tube-to-Tube-Systemenª kænnen die Schrauben frei gesetzt werden. Es sollte je eine Schraube frakturnah bzw. frakturfern gesetzt werden. Fçr die Reposition mçssen alle Klemmen und Schrauben offen sein, um eine freie Manipulierbarkeit der Fragmente zu haben. Tågliche Pinpflege ist Voraussetzung fçr eine Infektfreiheit.
]
] Metallentfernung. Die Entfernung des Fixateurs sollte nicht vor einer gut sichtbaren Kallusbildung erfolgen; in der Regel nach 4±8 Wochen, je nach Frakturart und Alter des Kindes. Eine gute Sedierung oder Kurznarkose ist zu empfehlen. Der Eingriff kann jedoch immer ambulant vorgenommen werden. ] Typische Frakturen. Komplexe Femurschaftfrakturen; distale, metaphysåre Femurfrakturen. Komplexe Unterschenkel- und Tibiafrakturen; Schaft und proximale und distale Metaphyse. Komplexe Unterarmfrakturen, nicht retinierbare distale Radiusfrakturen. Offene Frakturen 38. ] Probleme. Pin-Track-Infektion ? gute Pflegeanleitung erforderlich. Hohe Refrakturrate, vor allem bei zu frçher Entfernung wegen Infektion. Fehlstellungen. Verzægerte Heilung. Schanz-Schrauben-Ausriss. ] Tricks. Bei Platzierung der Schanz-Schrauben auf Weichteile achten ? besser bei ¹freien Systemenª. Gençgend groûe ¹Stichinzisionenª, damit Sekret abflieûen kann. Duschen/Baden erleichtert die Pflege ? anschlieûend gute Reinigung und nur sparsame Desinfektion. Weichteile eventuell mit einem Gummistopper schçtzen bzw. ruhig halten (Abb. 6.30).
Abb. 6.30. Mittels einfacher Gummiunterlagen (Infusionsflaschendeckel) lassen sich die Verbånde am FixEx einerseits halten, andererseits werden dadurch Hautreizungen vermindert. Hier am Modell gezeigt.
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]
Th. Slongo: 6 Behandlungsprinzipien
] Andere Techniken ] Prinzipielles. Im Kindesalter existieren zu den geschilderten Osteosyntheseverfahren kaum mehr alternative operative Techniken. Falls bei einem Kind fçr eine Fraktur eine Narkose zur Reposition gebraucht wird, sollte man sich immer vorher çberlegen, welche Stabilisierungsverfahren angewendet werden sollten, operativ oder konservativ.
] Metallentfernung Ist der frakturierte Knochen geheilt, so stellt sich die Frage nach der Metallentfernung. Diese stellt einen erneuten invasiven Eingriff dar mit der Notwendigkeit einer Narkose und birgt neben den allgemeinen Risiken wie Infektion, Wundheilungsstærungen oder Gefåû- und Nervenverletzung die Gefahr einer Refraktur. Eine klare Indikation ergibt sich bei Beschwerden im Bereich des Osteosynthesematerials (Schmerzen, Funktionseinschrånkung, Hautirritation usw.).
Externe Osteosynthesematerialien sollten in allen Fållen entfernt werden, was håufig ambulant ggf. unter Analgesie oder Sedierung erfolgen kann. Daneben muss bedacht werden, dass vor allem Kinder dazu neigen, interne Osteosynthesematerialien wie Schrauben oder Platten in kurzer Zeit knæchern zu çberbauen, was eine spåtere Metallentfernung erschwert. Anhaltende Zugspannungen, die durch eine Osteosynthese auftreten kænnen (besonders im Bereich der Diaphyse), sollten aufgrund des noch stattfindenden Remodelings vermieden werden. Verbleibende Materialien (vor allem Stahlplatten) zeigen im Verlauf Korrosion mit zunehmendem Metallabrieb, der zu einer reaktiven Bildung von Granulationsgewebe fçhren kann und eine Gefahr der Spåtinfektion in sich birgt. So sollte trotz neuer Titanimplantate, die theoretisch verbleiben kænnen, bei Kindern eine frçhzeitige Metallentfernung erfolgen. Eine zuvor durchgefçhrte radiologische sowie klinische Kontrolle der Frakturkonsolidation ist selbstverståndlich. Die Zeitpunkte der Metallentfernungen sind in den speziellen Kapiteln angegeben.
10 Medikamentæse Therapie
Der Einsatz von Arzneimitteln beim Kind erfordert eine Berçcksichtigung altersabhångiger Faktoren, die die Pharmakokinetik und Pharmakodynamik bestimmen. Nicht immer liegen geprçfte Daten zu altersspezifischen Dosierungen vor, sodass es sich bei den Empfehlungen oft um Erfahrungswerte handelt. Deshalb werden im Kindesalter bevorzugt Arzneimittel mit groûer therapeutischer Breite angewendet. Im Folgenden soll speziell auf die Schmerztherapie, Sedierungsmæglichkeiten, Thromboseprophylaxe sowie auf die Anwendung von Antibiotika im Kindesalter eingegangen werden. Dabei werden konkrete Dosierungsanleitungen und Ûbersichten gegeben.
Schmerztherapie und Sedierung Th. Slongo Kinder åuûern Schmerzen anders als Erwachsene. Die einen kænnen den Schmerz verbissen unterdrçcken, die anderen bekunden bereits Schmerzen, bevor die schmerzhafte Behandlung begonnen hat. Nicht selten kommt es bei der ersten Gruppe sehr spåt zur Verarbeitung des durchgemachten Schmerzes, die sich in fçr uns schwer verståndlichen Reaktionen und Verhaltensweisen niederschlagen kann. Bei der zweiten Gruppe gilt es vor allem die Angst vor dem, was geschehen wird, zu nehmen und erst dann eine adåquate Schmerztherapie einzuleiten. Da die Angst das Schmerzempfinden steigert, sollte in diesen Fållen nicht vergessen werden, die Angst durch Ablenkung oder durch entsprechende Medikamente mit zu behandeln. Eine besonders schwer zu beurteilende Gruppe stellen die Såuglinge dar. Oft wird vergessen oder nicht wahrgenommen, dass auch sie Schmerzen und Angst empfinden. Im Folgenden soll versucht werden, anhand des Berner Schmerzkonzepts 1 vor allem all den-
jenigen Kollegen eine Hilfe zu geben, die aufgrund ihrer Klinikgræûe nicht çber ein interdisziplinåres Schmerzteam verfçgen. Die nachfolgenden Ausfçhrungen basieren auf unseren Schmerzunterlagen der medizinischen und chirurgischen Universitåtskinderkliniken.
] Leitgedanken zur Schmerzbehandlung Schmerzen bedeuten eine Herausforderung fçr uns alle, Schmerzen sind ein Teil unseres Lebens. ] Schmerzen treten primår als Warnsignal zum Schutz des Individuums auf. Ist die Gefahr erkannt, wird der Schmerz zur Pein. Das Kind definiert, was Schmerz ist: ] Schmerzen werden individuell wahrgenommen und haben eine individuelle Bedeutung. ] Schmerz existiert, wann und wie immer das Kind ihn ausdrçckt. ] Mit Schmerzen sind immer auch Øngste, Gefçhle, Erwartungen und Erinnerungen verbunden. Das heiût fçr uns: ] Wir nehmen die Schmerzen oder die Bedeutung, die diese fçr die betroffenen Kinder haben, ernst. ] Wir respektieren und berçcksichtigen bei der Schmerzbehandlung soziokulturelle, religiæse, familiåre und individuelle Besonderheiten des Kindes und seiner Familie. ] Wir nehmen den emotionalen Zustand des Kindes ernst. Wir sind verpflichtet, durch Erfragen, Beobachten und durch Einschåtzen Schmerzen zu erfassen. Dies bedeutet, 1
Arbeitsgruppe Berner Schmerzfachteam: Dr. Ph. Liniger, Frau Dr. F. Stucki, Frau Dr. P. Schwander, Frau Dr. A. Ridolfi-Lçthy, Frau K. Hirter Pflegefachfrau
98
]
Th. Slongo
Abb. 10.1. Hier gibt das Kind anhand der Gesichterskala sein Schmerzempfinden an.
] dass wir bei jedem Kind und seinen Eltern bei Eintritt eine Schmerzanamnese erheben; eine Pflegeperson spricht mit dem Kind und den Eltern çber die Schmerzempfindlichkeit des Kindes. Dadurch kann eine gewisse Schmerztoleranz abgeschåtzt werden, ] dass wir eine Schmerzquantifizierung mit validierten Schmerzinstrumenten durchfçhren, ] dass wir auch die Schmerzerfassung bei Såuglingen und Neugeborenen quantifizieren. Dabei stçtzt sich die Beurteilung der Schmerzen auf folgende Elemente: ] Aussage des Kindes oder Jugendlichen (Abb. 10.1), Aussage der Familie; ] Einschåtzung der Pflegenden/des Arztes oder der Ørztin; ] Messung mittels validierter Schmerzinstrumente. Es ist festzuhalten: ] Die Schmerzerfassung muss regelmåûig erfolgen.; ] Der Therapieeffekt muss kontrolliert und dokumentiert werden ? Schmerzprotokoll. Dieses stellt eine entscheidende Græûe bei der Evaluierung unserer Schmerztherapie dar. Schmerzen ist vorzubeugen; sind sie da, so sind sie zu behandeln: ] Unser Bestreben muss es sein, Schmerzen immer sofort zu therapieren und so gering wie mæglich zu halten. Dabei gilt es, sich an die Richtlinien eines validierten Schmerzkonzepts zu halten. Zur Schmerztherapie stehen
Abb. 10.2. Ablenkung des Kindes durch spezielle Puppen; die medikamentæse Wirkung wird dadurch oft verstårkt oder ergånzt.
Medikamente fçr Såuglinge, Kinder und Jugendliche zur Verfçgung. Zudem sind nichtmedikamentæse Maûnahmen zur Schmerzlinderung bekannt (Abb. 10.2 u. Tab. 10.10). Die Schmerztherapie hat zu erfolgen, ] wann immer ein Schmerzgeschehen zu erkennen ist, ] solange die Schmerzen andauern, ] wenn sie wieder auftreten. ] Vor allen Verrichtungen und Eingriffen, die voraussichtlich mit Schmerzen und Angst vor Schmerz verbunden sind, werden sowohl medikamentæse als auch nichtmedikamentæse pråventive Maûnahmen eingesetzt. Dabei ist eventuellen Nebenwirkungen von medikamentæsen Schmerztherapien vorzubeugen. ] Schmerzen kænnen nicht immer restlos, aber partiell und zeitweilig besiegt oder vermindert werden.
] Voraussetzung fçr eine adåquate Schmerzbehandlung in einer mittelgroûen Kinderklinik ] Interdisziplinår (Pådiatrie, Kinderchirurgie, Kinderanåsthesie, Pflegefachdienst) ausgearbeitetes Schmerzkonzept: Schmerztherapierichtlinien, die es auf sichere Art und Weise erlauben, unabhångig von einer årztlichen Verordnung aufgrund der Beobachtung von Pflege sofort eine Schmerztherapie einzuleiten.
10 Medikamentæse Therapie
] Mæglichkeiten der nicht an Medikamente gebundenen Schmerztherapie (Ablenkungen, Puppen) (Abb. 10.4). ] Schulung und Information von Pflegepersonal und Ørzten. ] Ûbergeordneter Schmerzkonsiliardienst eines Schmerzfachteams, das 24 Stunden 7 Tage in der Woche beigezogen werden kann (in der Regel Kinderanåsthesie).
] Erhebung der Schmerzanamnese ] Die Schmerzanamnese wird erhoben bei Kindern mit Schmerzen, Kindern mit zu erwartenden Schmerzen, Kindern mit traumatisierenden Schmerzerfahrungen vor der Hospitalisation. ] Die Schmerzanamnese kann zu jedem Zeitpunkt des Klinikaufenthalts ausgefçllt und aktualisiert werden. ] Es ist sinnvoll, Kind und Eltern oder Bezugspersonen separat zu befragen. ] Unklare Schmerzen kænnen differenzialdiagnostisch nach folgenden sieben Dimensionen der Schmerzerfassung bestimmt werden: Lokalisation, Qualitåt, Intensitåt, zeitlicher Ablauf, lindernde oder verstårkende Faktoren, Begleitsymptome, Begleitumstånde. ] Folgende Punkte bei der Schmerzanamneseerhebung sind wichtig: ± Erfahrung des Kindes mit Schmerzen und Angst; ± Schmerz- und Angstbeurteilung; ± Maûnahmen zur Schmerz- und Angstlinderung; ± Empfindungen der Eltern/Bezugspersonen und mægliche Hilfestellungen, wenn das Kind Schmerz oder Angst hat oder leidet; ± Bedeutung des Schmerzes in der Familie.
] Schmerzerfassungsinstrumente (Scores) bei Kindern und Jugendlichen
Alter: Frçhgeborene und Termingeborene bis 4 Wochen nach dem errechneten Geburtstermin. Punktzahl: 0±21 (nichtmonitorisierte Kinder) bzw. 27 (monitorisierte Kinder). Parameter: Herzfrequenz/Sauerstoffsåttigung.
Kindliche Unbehagens- und Schmerzskala (KUSS) (Bçttner) Bei der KUSS-Schmerzerfassung (Tab. 10.2) handelt es sich um eine Methode zur postoperativen Schmerzerfassung bei Såuglingen und Kleinkindern durch Beobachtung von fçnf Kriterien (Tab. 10.3). Tabelle 10.1. Berner Schmerzscore fçr Neugeborene (BSN) Kein Schmerz
Schmerz = Intervention/ Evaluation
] BSN subjektive Indikatoren
0±8
>9
] BSN Gesamtskala
0±10
> 11
Tabelle 10.2. Kindliche Unbehagens- und Schmerzskala (KUSS) Code fçr SI
A
B
C
D
] KUSS (Punktzahl)
0±1
2±3
4±7
8±10
Tabelle 10.3. Fçnf Parameter zur KUSS-Schmerzerfassung ] Weinen
gar nicht Stæhnen, Jammern, Wimmern Schreien
0 1
] Gesichtsausdruck
entspannt, låchelnd Mund verzerrt Mund und Augen grimassieren
0 1 2
] Rumpfhaltung
neutral unstet Aufbåumen, Krçmmen
0 1 2
] Beinhaltung
neutral strampelnd an den Kærper gezogen
0 1 2
] Motorische Unruhe
nicht vorhanden måûig ruhelos
0 1 2
Berner Schmerzscore fçr Neugeborene (BSN) Skala zur Schmerzerfassung bei Frçh- und Neugeborenen (Tab. 10.1) durch die Beurteilung von sieben (bei nichtmonitorisierten Kindern) bzw. neun Parametern (monitorisierte Kinder). Die Schmerzerfassung erfolgt bei einem sich veråndernden Verhalten des Neugeborenen, unabhångig von einer schmerzhaften Intervention.
]
2
99
100
]
Th. Slongo
Alter: Såuglinge und Kleinkinder zwischen 0 und 5 Jahren. Skala: Punktzahl 0±10. Anleitung: Kind beobachten und die fçnf in Abb. 10.5 beschriebenen Kriterien bewerten. Beobachtungsdauer pro Kriterium 15 Sekunden. Ermittlung der Totalpunktzahl. Schwellenwert fçr Therapie ist C in Tab. 10.3.
00
22
44
66
88
10 10
Hester-Poker-Chip-Skala Dieses Schmerzmessinstrument besteht aus vier Chips = Mçhlesteinen. Die Zahl der Mçhlesteine entspricht der Schmerzintensitåt (Abb. 10.3). Abb. 10.4. Gesichterskala.
1
2
3
4
Abb. 10.3. Hester-Poker-Chip-Skala.
] Alter: ab 4 Jahren. ] Skala: 1±4 = schwache bis stårkste Schmerzen. ] Anleitung: Das Kind wird aufgefordert, seine momentanen Schmerzen anzugeben. Dabei werden die vier Chips nebeneinander gelegt, wobei der links liegende wenig, der rechts liegende die stårksten Schmerzen beschreiben soll. ] Parameter: ± 1. Chip heiût: Es tut dir ganz wenig weh. ± 1. und 2. Chip heiût: Es tut dir ziemlich fest weh. ± 1. und 2. und 3. Chip heiût: Es tut dir sehr fest weh. ± 1., 2., 3. und 4. Chip heiût: Es tut dir so fest weh, wie es çberhaupt nur weh tun kann (mehr weh kann etwas gar nicht mehr tun). Das Kind wird daraufhin gefragt; wie viele Stçcke ¹wehª hast du jetzt gerade?
Gesichterskala Dem Kind wird eine Skala mit sechs nebeneinander angeordneten Gesichtern gezeigt, deren Ausdruck graduell von ¹keine Schmerzenª bis zu ¹stårksten erdenkbaren Schmerzenª reicht (Abb. 10.4). Man beachte, dass die Gesichter keine Trånen aufweisen.
Tabelle 10.4. Interventionsskala zur Gesichterskala Code
A
B
C
D
] Gesichterskala (Rçckseite ablesen)
0
2±4
6
8±10
] Alter: ³ 4 Jahre. ] Skala: 0 = keine Schmerzen, 2 ? 10 schwache bis stårkste Schmerzen (Tab. 10.4). ± A keine Intervention nætig. ± B Intervention nætig, Evaluation. ± Ab C Intervention dringend; Evaluation, wenn konstant oder wiederkehrend çber 24 Stunden ? Schmerzteam einschalten. ] Anleitung: Die Gesichter werden dem Kind gezeigt, dabei mçssen diese entsprechend der Anleitung kommentiert werden: ± Die Gesichter zeigen, wie fest etwas weh tun kann. ± Das linke Gesicht zeigt, dass es nicht weh tut. ± Die Gesichter nach rechts zeigen, dass es immer mehr weh tut. ± Das rechte Gesicht zeigt so starke Schmerzen, wie man sich gar nicht vorstellen kann. ± Zeige nun das Gesicht, das zeigt, wie viel weh du jetzt gerade hast.
Visual Analogue Scale (VAS) fçr Jugendliche Dieses Schmerzerfassungsinstrument besteht wiederum aus einer geraden Skala mit den Extremen ¹keine Schmerzenª und ¹unertrågliche
10 Medikamentæse Therapie
Schmerzenª. Das Kind stellt mit dem Schieber auf dieser Geraden die momentan empfundene Schmerzstårke ein, die auf der Rçckseite des Schiebers als Wert zwischen 0 und 100 abgelesen werden kann. ] Alter: ³ 12 Jahre. ] Skala: 0±9 = keine Schmerzen 10±100 = schwache bis stårkste Schmerzen (Tab. 10.5). Tabelle 10.5. Interventionsskala zur Visual Analogue Scale (VAS) fçr Jugendliche Code
A
] VAS 0±9 (Rçckseite ablesen)
B
C
D
10±35
36±69
70±100
± A keine Intervention nætig. ± B Intervention nætig, Evaluation. ± Ab C Intervention dringend; Evaluation, wenn konstant oder wiederkehrend çber 24 Stunden ? Schmerzteam einschalten. ] Anleitung: Dem Jugendlichen wird die Skala erklårt von keinen Schmerzen bis unertrågliche Schmerzen. ± Der Schieber wird bewegt und der Jugendliche muss seine Schmerzen einordnen. ± Der Jugendliche muss immer wieder nach den momentanen Schmerzen gefragt werden. ± Nach Festlegung der Schmerzintensitåt auf der Skala kann auf der Rçckseite der entsprechende Wert ermittelt werden. Dieser Wert stellt die Grundlage der Schmerzbehandlung bzw. Schmerzintervention dar. Er muss zur Verlaufskontrolle in ein Protokoll eingetragen werden.
] Schmerzprotokolle Das Fçhren eines Schmerzprotokolls, unabhångig vom verwendeten Schmerzerfassungssystem, ist die unabdingbare Voraussetzung einer korrekten Schmerztherapie. Einerseits kann nur dadurch der Schmerzverlauf objektiviert werden, andererseits låsst sich nur durch diese Dokumentation bzw. Protokollierung der Effekt unserer Schmerztherapie çber die Zeit erkennen. Dieses Schmerzprotokoll soll dem Pflegeteam wie auch dem Arzt zur Verfçgung stehen. ] Das Schmerzprotokoll bietet die Mæglichkeit zur Dokumentation von ± Schmerzerfassung, ± Schmerztherapie, ± Nebenwirkung der Schmerztherapie, ± Vitalzeichen. ] Zielsetzung der Schmerzerfassung und Protokollierung ist: ± herausfinden, ob ein Kind objektiv Schmerzen hat; ± die Schmerzdimensionen, z. B. Schmerzintensitåt, Lokalisation, Begleitumstånden, erfassen; ± Darstellung des Schmerzverlaufs; ± individuell angepasste Schmerzinterventionen; ± Beurteilung der Wirkung/Nebenwirkung der Schmerzbehandlung (medikamentæse/ nichtmedikamentæse Interventionen). Schmerzerfassung und Dokumentation erfolgen immer, sowohl bei manifesten als auch bei vermuteten Schmerzen. Auf dem Schmerzprotokoll wird alles dokumentiert, was mit Schmerzen im Zusammenhang steht (Tab. 10.6).
Tabelle 10.6. Håufigkeit der Schmerzerfassung und Protokollierung 2 Schmerzzustånde/Schmerztherapieart
2
]
Håufigkeit
] Manifeste und vermutete Schmerzen
± mindestens 1-mal pro Schicht
] Intervention (medikamentæs/nichtmedikamentæs), die nicht in regelmåûigen Abstånden erfolgt
± vor der Intervention
] Bei fixer Schmerztherapie
± in der Regel 1-mal pro Schicht
] Postoperativer Schmerz
± 1-stdl. wåhrend 4 Std. ± 2-stdl. wåhrend 8 Std. ± 4-stdl. wåhrend 24 Std. oder kontinuierlich mit Schmerzpumpe
± nach der Intervention, im Zeitraum der zu erwartenden Wirkung ± nach Ablauf der zu erwartenden Wirkung, mindestens 1 mal pro Schicht
Arbeitsgruppe Berner Schmerzfachteam: Dr. Ph. Liniger, Frau Dr. F. Stucki, Frau Dr. P. Schwander, Frau Dr. A. Ridolfi-Lçthy, Frau K. Hirter Pflegefachfrau
101
4±6 h
4h
i.v.
p.o. p.r.
p.o., p.r.
i.v.
p.o., p.r., 1±2 mg i.v. MTD 400 mg
p.o.
] Diclofenac Voltaren
] Ibuprofen Brufen
] Ketorolac Tora-dol
] Tramadol Tramal Tramadol
] Codein Codein Knoll
1,0±1,5 mg MTD 200 mg
30'/15' 15' (Sa)
T: 500 mg BT: 500 mg/ 1g Sa: 150/250 S: 30 mg/ml Gt: 1 Tr = 4 mg ( 100 mg/ml) Sup: 30/80/150/200/300/600 mg/1 g
T: 50 mg Gt: 1 Tr = 1 mg ( 20 mg/ml) (Insel)
Kaps: 50 mg T (retard): 100/150/200 mg Gt: 1 Tr = 2,5 mg (100 mg/ml) Sup: 100 mg Amp: 100 mg/2 ml
Amp: 30 mg/ml 2±4 h 1±2 h 1±2 h
15' 20'
±
60'
T: 200/400/600 mg T (retard) 800 mg 60' Sa: 600 mg 20±30'
6h
±
60'
Drag: 25/50 mg Gt: 1 Tr = 0,5 mg (15 mg/ml) Sup: 12,5/25/50/100 mg
8h 8h
2±3 h
2Ý h ±
Wirk.-Max.
15'
Fertiglæsung 500 mg, 1 g
60±120'
Wirk.-Eintritt
Konfektion
6h
0,5 mg TOP 30 mg 6 h MTD 120 mg
10 mg TOP 800 mg MTD 2400 mg
1 mg MTD 150 mg 1 mg
15 mg MTD 60 mg/kg
6h
6h
] Perfalgan Perfalgan
1. Dos. 40 mg, ab 2. Dos. 20±25 mg
20 mg MTD 4 g
p.o. p.r.
Dosisintervall
] Paracetamol (Pa) Dafalgan Tylenol Ben-u-ron
mg/kg/Dosis
Route
NW: wie Morphin, reiner Agonist Cave: Non-Responders bekannt
Ab 1-jåhrig; wird durch Ondansetron antagonisiert NW: Obstipation, Erbrechen KI : MAO-Hemmer (Aurorix, Modo A) Selegilin (Jumexal)
KI: wie Diclofenac Cave: wie bei Pa, max. 48 Std.
KI: wie Diclofenac Cave: wie Pa, superinfiz. Varizellen (TSS)
KI: Hypovolåmie, Niereninsuffizienz, Gerinnungsstærung, Thrombozytopenie Cave: wie Pa, superinfiz. Varizellen (TSS)
In der Regel max. 48 Std. KI: s. oben
Max. Tagesdosis/kg: p.o. 80-(100) mg, p.r. 100 mg Cave: kann durch antipyretische Wirkung bei Neutropenie Sepsis maskieren KI: Leberinsuffizienz Nach 72 h: Dosisreduktion bei Fieber, Dehydratation, Mangelernåhrung
NW/KI/Spezielles
]
Substanz
Tabelle 10.7. Schmerzbehandlung (gemåû Bener Schmerzprotokoll 3)
102 Th. Slongo
Dosisintervall
p.o. p.r.
p.o. p.r.
] Mo-Sulfat Sevredol
] Mo-Sulfat MSTcontinus
p.o. p.r.
4h 4h
(2)±4 h 4h 1h
T: 10/30/60/100/200 mg Sa: 20/30/60/100/200 mg Sup: 30/60/100/200 mg
Gt 1%: 1 Tr = 0,5 mg (10 mg/ml) T: 10/20/50 mg Sup: 10/20/30 mg
Amp: 10 mg/ml
Amp: 20 mg/2 ml
T, BT: 30+500 mg: Codein+Paracetamol Sup: 30+750: Codein+Paracetamol
Konfektion
60'
20' 20±40'
5±10' 10'
2±3' <10'
Wirk.-Eintritt
20' 50±90'
Wirk.-Max.
NW: wie Morphin-HCl, langwirkend
NW: Atemdepression, Erbrechen, Harnverhalten, Obstipation, Juckreiz, reiner Agonist
NW: wie Morphin, zusåtzlich Ceiling Effect, Sedierung Agonist-Antagonist
NW: wie Morphin resp. Paracetamol
NW/KI/Spezielles
Abkçrzungen: T = Tablette, Gt = Tropfen, Bt = Brausetablette, Sa = Sachet, S = Sirup, Sup = Suppositorien, Zydis = Lingualtablette, Amp = Ampulle, DI = Dauerinfusion, NW = Nebenwirkung, KI = Kontraindikation, MTD = maximale Tagesdosis, TOP = maximale Einzeldosis, Pa = Paracetamol, FG = Frçhgeborene, NG = Neugeborene, TG = Termingeborene, LW = Lebenswoche, VP = Venenpunktion, Insel = Herstellung in Inselapotheke 3 Arbeitsgruppe Berner Schmerzfachteam: Dr. Ph. Liniger, Frau Dr. F. Stucki, Frau Dr. P. Schwander, Frau Dr. A. Ridolfi-Lçthy, Frau K. Hirter Pflegefachfrau
0,3±0,6 mg 0,3±0,6 mg
0,15±0,3 mg 0,15±0,3 mg
i.v. 0,05(±0,1) mg s.c. (i.m.) 0,1±0,2 mg DI 0,01±0,02 mg
] Morphin-HCl
1h
4h
Codein+Pa. 1+16 mg 4 h Codein+Pa. 1+25 mg
i.v., s.c. 0,1±0,2 mg TOP 20 mg MTD 160 mg DI 0,02±0,1 mg
p.o. p.r.
] Codein/Paracetamol Co-Dafalgan Codol
mg/kg/Dosis
] Nalbuphin Nubain
Route
Substanz
Tabelle 10.7 (Fortsetzung)
10 Medikamentæse Therapie ]
103
104
]
Th. Slongo
Tabelle 10.7 gibt die Ûberwachungshåufigkeit postoperativ, nach Sedierung und bei Opiattherapie wieder.
] Medikamentæse Schmerztherapie bei Såuglingen, Kindern und Jugendlichen Grundsåtze der medikamentæsen Schmerztherapie ] Die Schmerztherapie ist in aller Regel eine Symptomtherapie. Die Schmerzåtiologie muss immer sorgfåltig und unverzçglich, meist parallel zur Therapie, abgeklårt werden. ] Bei jeder Schmerztherapie sind immer Indikation, Kontraindikationen und Nebenwirkungen der Medikamente zu beachten, ebenso wie Wirkungseintritt und -dauer. ] Die Verabreichung der Schmerzmittel soll in festen Intervallen erfolgen; wenn mæglich immer per os; ] vor dem Schmerzreiz (ein einmal aufgetretener Schmerz ist schwieriger zu behandeln); ] Schmerzdauertherapie erst, wenn Diagnose und Prozedere klar sind, sonst Bolus und anschlieûendes Schmerzfenster.
Spezielle klinische Situation ] Bei Fraktur, Gelenkerguss, Weichteilabszess Ruhigstellen mit Gipsschiene. ] Bei Schmerzen im Gips zuerst Gips kontrollieren und ggf. korrigieren, erst danach systemische Schmerztherapie. ] Bei akutem Abdomen Schmerztherapie erst wenn Prozedere festgelegt ist; falls Operation geplant: Morphin i.v.
Grundsåtzliches zu einigen Medikamenten ] Paracetamol ist das am besten dokumentierte Schmerzmittel bei Frçh- und Neugeborenen. Es ist ein schwaches Analgetikum ohne Entzçndungshemmung. Der Wirkungseintritt und die Absorption sind rektal sehr unterschiedlich. Es ist als analgetische Basismedikation in vielen Situationen indiziert.
] Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wirken stårker als Paracetamol und sind zusåtzlich entzçndungshemmend und fiebersenkend. Wir gebrauchen am håufigsten Ibuprofen; Diclofenac und Ketorolac eignen sich fçr Kombinationstherapien. Vor dem 6. Lebensmonat ist die Wirkung schlecht dokumentiert. Nicht an Såuglinge unter 3 Monaten verabreichen! ] Opioide sind die potentesten Schmerzmittel, die zur Verfçgung stehen. Sie weisen jedoch verschiedene Nebenwirkungen auf, die bedacht werden mçssen. Indiziert bei sehr starken Schmerzen jeder Genese (Tab. 10.7). Ûberwachung. Eine Opiattherapie muss gemåû SRK-(Sedationstiefe, Respirationstiefe und -frequenz, Kreislauffunktion) Richtlinien (Tab. 10.8) çberwacht werden!
Therapien nach Schmerzart und Schmerzlokalisation 1 = 1. Wahl 2 = 2. Wahl T = topisch C = mægliche Kombinationen ] 1. ORL-Bereich. Otitis media, Otitis externa, Tonsilitis, Pharyngitis, Tonsillektomie 1 = Paracetamol Dafalgan, Perdafalgan 2 = Ibuprofen Brufen oder Diclofenac Voltaren Mukositis, Ulzera, Herpangina T = Lidocain 2% Lidoral 2% flçssig, Xylocain viskæs 2 = Tramadol Tramal 2 = Codein 3 = Morphin ] Skelett, Weichteile. Frakturen ? bei Eintritt auf Notfallstation 1 = ohne Infusion: Codein per os mit Infusion: Morphin milligrammweise bis Wirkung gençgend 2 = Paracetamol Dafalgan oder Ibuprofen Brufen oder Diclofenac Voltaren bei Schmerzen im Gips 1 = Gipskontrolle, ggf. korrigieren 2 = in den ersten 24 Std. Paracetamol Dafalgan oder Ibuprofen Brufen oder Diclofenac Voltaren (nach 24 Std. erfolgt immer eine årztliche Kontrolle)
10 Medikamentæse Therapie
Tabelle 10.8.
] Ûberwachung (Sedation, Opiattherapie) Definitionen Sedation (committee on drugs, AAP, 1992) Leichte Sedation (bei Bewusstsein, Conscious Sedation) medizinisch kontrollierter unterdrçckter Bewusstseinszustand ± Patient ist leicht weckbar ± Schutzreflexe sind erhalten ± Atemwege kænnen vom Patienten selbstståndig und kontinuierlich freigehalten werden ± der Patient reagiert angepasst auf Stimulation oder Befehle wie ¹Úffne deine Augenª tolerierte Sedationstiefen 0 bis 2 (IB bis und mit 3) Merke: Die Ûbergånge zwischen den verschiedenen Sedationstiefen (conscious, deep) kænnen flieûend sein Tiefe Sedation (Deep Sedation) medizinisch kontrollierter unterdrçckter Bewusstseinszustand oder Bewusstlosigkeit ± der Patient ist nicht leicht weckbar ± evtl. begleitet von teilweisem oder vollståndigem Verlust der Schutzreflexe ± Atemwege kænnen vom Patienten nicht selbståndig kontinuierlich freigehalten werden ± Unfåhigkeit des Patienten, gezielt auf Stimulation oder Befehl zu reagieren tolerierte Sedationstiefe 3 (IB 4 und 5) Allgemeinanåsthesie (Narkose) medizinisch kontrollierter Zustand der Bewusstlosigkeit ± Patient ist nicht weckbar ± Verlust der Schutzreflexe ± Atemwege kænnen vom Patienten nicht selbsrståndig kontinuierlich freigehalten werden ± Unfåhigkeit des Patienten, gezielt auf Stimulation oder Befehle zu reagieren
Im Haus gebråuchliche Sedationsscores Stationen Amb.-Bereich (Definitionen Schmerzfachteam Inselspital; Curatolo et al. 2000) 0 = wach 1 = schlåfrig 2 = schlåft, leicht weckbar auf Anrufen 3 = schlåft, schwer weckbar
S = natçrlicher Schlaf
Intensivbehandlung (Cambridge Sedation Score 1991) 1 = ångstlich, agitiert 2 = wach, ruhig, kooperativ 3 = dæst, reagiert auf Anrufen 4 = schlåft, reagiert auf Schmerzreiz/Absaugen 5 = komatæs (GCS £ 7) R = Relaxation S = natçrlicher Schlaf
]
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]
Th. Slongo
Verbrennungen, Verbrçhungen bei Eintritt auf Notfallstation 1 = ohne Infusion: Codein per os mit Infusion: Morphin milligrammweise bis Wirkung gençgend 2 = bei Debridement ohne Narkose zusåtzlich Sedierung mit Dormicum mæglich. Additive atemdepressive Wirkung von zentralen Analgetika und Dormicum bedenken. Nach Erstbehandlung 1 = Paracetamol Dafalgan oder Ibuprofen Brufen oder Diclofenac Voltaren C = Paracetamol Dafalgan und Ibuprofen Brufen bzw. Diclofenac Voltaren Abszess, Erguss, Osteomyelitis, Pleuritis 1 = Ibuprofen Brufen oder Diclofenac Voltaren 2 = Paracetamol Dafalgan und Codein Co-Dafalgan Codol 3 = Morphin C = 1+3
helfen, dies optimal umzusetzen. Das bedingt, dass die hier angegebenen medikamentæsen Dosierungen, die von einem Schmerzfachteam aufgestellt wurden, unter Einhaltung der entsprechenden Richtlinien in jeder Situation angewendet werden kænnen. Damit ist gemeint, dass auch dem Pflegeteam ein Tool in die Hånde gegeben wird, das ihm erlaubt, auch ohne årztliche Verordnung adåquat und sofort den Schmerz zu bekåmpfen oder ihm vorzubeugen. Die Pflegenden sind es, die in den meisten Fållen zuerst den Schmerz beim Kind feststellen und ihn behandeln kænnen, ohne auf einen (håufig nicht sofort abkæmmlichen) Arzt warten zu mçssen (Tab. 10.9 u. Tab. 10.10).
] Zusammenfassung
] Durchfçhrung von ambulanten Kleineingriffen
Kinder reagieren verschieden auf Schmerzen. Von Alter, familiårem Umfeld oder eigener Schmerzerfahrung sowie dem Verhalten der Eltern kann das Schmerzempfinden sehr stark beeinflusst werden. Auch Såuglinge verspçren Schmerz, dieser ist jedoch schwieriger einzuschåtzen und bedarf besonderer Aufmerksamkeit. Aus diesem Grund muss sich jede medizinische/chirurgische Einheit, die sich mit Kindern beschåftigt, unabhångig der Græûe dieser Problematik bewusst sein. Dazu haben Fachteams græûerer kindermedizinischer/-chirurgischer Einheiten Tools ausgearbeitet, mit deren Hilfe Schmerzen bei Kindern und Såuglingen besser angegangen werden kænnen. Diese Programme kænnen durchaus auch durch kleinere Einheiten çbernommen und angewendet werden. Leider gibt es nur wenige echt validierte Schmerzscores, die fçr eine græûere Altersgruppe geeignet sind. Deshalb mçssen je nach Alter spezifische Scores angewendet werden. Die wesentlichsten Parameter fçr eine adåquate Schmerztherapie im Kindesalter sind: ] gezielte Schmerzanamnese, ] Schmerzdokumentation, ] Schmerzkonzept mit entsprechenden Medikamentendosierungsrichtlinien, ] Ûberwachungssysteme, ] Evaluation der Schmerztherapie.
Gerade in der Notfallsituation, die das Kind ohne Vorbereitung trifft, ist es åuûerst wichtig, das Schmerztrauma so gering wie nur mæglich zu halten. Die vorliegenden Richtlinien sollen
Im Einzelfall mçssen die Schmerzen beim Kind auch immer individuell beurteilt und behandelt werden. Wichtig ist jedoch, dass wir die Schmerzen wahrnehmen.
Muskelverspannung 1 = Paracetamol Dafalgan und Codein Co-Dafalgan Codol 2 = Ibuprofen Brufen oder Diclofenac Voltaren 3 = Diazepam Valium (nur in Kombination mit 1+2) C = 1+2+3 ] Neurogene Schmerzen (inkl. Phantomschmerzen), Neuralgie 1 = Ibuprofen Brufen oder Diclofenac Voltaren 2 = Carbamazepin Tegretol, Timonil 2 = Gabapentin Neurontin 2 = (Phenytoin Phenhydan S: nur kurzzeitig) 3 = Morphin ] Postoperative Schmerzen 1 = Paracetamol Dafalgan, Perfalgan 2 = Ibuprofen Brufen oder Diclofenac Voltaren ? Skelett/Weichteile 3 = Morphin oder Nalbuphin Nubain C = 1+2+3
10 Medikamentæse Therapie
Tabelle 10.9. Gemåû Berner Schmerzprotokoll 4
] Dosierungsschema und Indikation fçr Sedation resp. Sedation komb. mit Analgesie * Sedation und Analgesie Route: i.v. I: KMP, LP, VW, Kniepunktion, Muskelbiopsie, Botox-Injekt.
Midazolam Dormicum + Morphin
0,1±0,2 mg/kg i.v. fraktioniert
Route: p.o. (p.r.) I : Metallentfernung, VW
Tramadol Tramal + Midazolam Dormicum
1±2 mg/kg p.o.
60' vor Eingriff
0,5 (±0,7) mg/kg p.r./p.o.
20' vor Eingriff
Route: p.o. (p.r.) I : Metallentfernung, VW
Codein Gtt + Midazolam Dormicum
1±1,5 mg/kg p.o.
20' vor Eingriff
0,5 (±0,7) mg/kg p.r./p.o.
20' vor Eingriff
Midazolam Dormicum
0,1±0,2 mg/kg i.v. fraktioniert
mit 5' Abstand
Route: p.o. (p.r.) Midazolam Dormicum I : psych. traumatisierte Pat. inkl. Pråvention, Pråmedikation fçr Untersuchungen
0,5 (±0,7) mg/kg p.r./p.o.
20' vor Eingriff
Route: p.o., p.r. Chloralhydrat I : psych. traumatisierte Pat. inkl. Pråvention, Pråmedikation fçr Untersuchung/Verrichtungen
80±100 mg/kg p.o./p.r.
30' vor Eingriff
mit 5' Abstand
0,05±0,1±(0,2) mg/kg i.v. fraktio- mit 5±10' Abstand niert
Sedation (ohne Analgesie) Route: i.v. I: MR
Medikamenteninformation Substanz
Konfektion
mg/kg/Dosis
Alter
TOP
NW/I/KI/Spezielles/Anleitung
] Midazolam Dormicum
T: 7,5/15 mg Amp: 5 mg/5 ml rektal Amp: 5 mg/ml 15 mg/3 ml
p.o./p.r. 0,5 mg i.v. 0,2 mg
> 3 Mo.
15 mg
± nicht geeignet fçr EEG ± p.r. 2 cm ab ano ± Antagonist: Flumacetil Anexate
] Chloralhydrat Nervif ne
S: 100 mg/1 ml
p.o. 75 mg p.r. 75 mg
>3 Mo.
2000 mg
± kontraindiziert bei (Verdacht auf) akut erhæhten Hirndruck ± nicht antagonisierbar ± bei kl. Kindern mæglichst groûe Menge rektal verabreichen (p.o. fçhrt zu Ûbelkeit)
* oder nach spezieller Verordnung durch OA Alternative: die Allgemeinanåsthesie ist eine Alternative fçr Sedation und/oder Analgesie. Sie erfolgt ausschlieûlich durch die Anåsthesie oder das IB-Team. 4 Arbeitsgruppe Berner Schmerzfachteam: Dr. Ph. Liniger, Frau Dr. F. Stucki, Frau Dr. P. Schwander, Frau Dr. A. RidolfiLçthy, Frau K. Hirter Pflegefachfrau
]
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]
Th. Slongo
Tabelle 10.9 (Fortsetzung)
Bedingungen fçr Sedationen Cave: Elektrolytstærung, Stærung des Flçssigkeits-/Såure-Basen-Haushalts, Probleme der Atemwege Personal ] Ûberwachung auf der Station: Pflegefachperson ] Ûberwachung auûerhalb der Station (Transport, Bettenhochhaus): Pflegefachperson ausgebildet, mit CPR-Kurs fçr Kinder ] i.v. Dormicum: Patient immer nçchtern (Zeiten s. u.). Verabreichung durch OA oder Assistenzarzt, IPS-OA im Hause. Ûberwachung/Verabreichung: 1 Person ist fçr die Ûberwachung, die zweite fçr den Eingriff zuståndig. Der Arzt versichert sich, bevor er den Patienten verlåsst, dass es sich um eine leichte Sedation handelt (conscious). Der Arzt muss innerhalb 2 Minuten beim Patienten sein. Material in Bereitschaft (fçr jede Sedationstiefe) ] Sauerstoff (Wandanschluss oder Flasche) ] Absaugpumpe mit Absaugkatheter ] Beatmungsbeutel (klein fçr Kinder bis 20 kg), passende Maske ] Pulsoximeter und Sonde (Blutdruckapparat und Manschette) ] Notfallset Ûberwachung bei bildgebenden Untersuchungen (MRI, CT, Szintigraphie) ] wåhrend der Dauer der Untersuchung kontinuierliche Pulsoxymetrie, engmaschige klinische Kontrolle, wenn nætig Sauerstoffgabe via Trichter ] bei i.v. Dormicum: Arzt und Pflegefachperson bleiben wåhrend der Dauer der Ûberwachung beim Patienten Dokumentation Medikamente und Ûberwachung (Klinik, SRK) werden dokumentiert Nçchternzeiten ] Såuglinge < 6 Mo. ] Såuglinge 6±12 Mo. ] Kinder
Muttermilch, Nahrung, Flaschenmahlzeit
Klare Flçssigkeit, Tee, Wasser, Sirup
4 Std. 6 Std. 6 Std.
2 Std. 2 Std. 2 Std.
10 Medikamentæse Therapie
Tabelle 10.10. Universitåtsspital Bern HÖpital universitaire de Berne Universitåts-Kinderkliniken
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RICHTLINIEN Durchfçhrung von ambulanten Kleineingriffen der chirurgischen Kinderklinik Fachliche Verantwortung: Dr. Th. Slongo, Leiter Notfallstation Frau Dr. F. Stucki, Kinderanåsthesie Frau G. Keller, Vize-Oberschwester, Leiterin der chirurgischen Notfallstation ergånzt: Ûberwachung postoperativ, nach Sedation, bei i.v. und per os Opiattherapie
Datum: 07. August 2003
] Zielsetzung. Minimierung von Angst und Færderung einer Amnesie bei der Durchfçhrung von chirurgischen KleinEingriffen (Riss-Quetsch-Wunden, Spickdrahtentfernungen etc.)
] Eintritt auf dem Notfall
Hat das Kind bei Eintritt starke Schmerzen, darf Codein per os (1 mg/kg KG) durch das Pflegepersonal verabreicht werden. Nach Codeingabe werden die Kinder auf der Tagesklinik der Notfallstation nachbetreut. ] Untersuchung Behandlungsprozedere wird durch den AA (evtl. in Absprache mit dem OA) festgelegt ] Besprechung im Betreuungsteam ± Festlegen des genauen Zeitpunkts des Eingriffs ± Festlegen des chirurgischen Vorgehens (Pflege ± Ørzte), ± Information der Eltern çber ungefåhre Dauer (inkl. Ûberwachung) Elterninformation ] Pråmedikation In der Regel werden alle Kinder pråmediziert mit Dormicum per os oder rektal (0,5 mg/kg KG) Zeitpunkt: 15±20 Min. vor Eingriff ] Chirurgischer Eingriff ± Am Eingriff Beteiligte: evtl. Eltern, 1±2 Ørzte, 1±2 Pflegende (Anzahl auf ein Minimum beschrånken) ± Auf ausreichende Lokalanåsthesie achten ± Wirkung der Lokalanåsthesie abwarten und prçfen ± Bei technischen Schwierigkeiten den chirurgischen OA beiziehen ± Bei starker Angst und/oder Schmerzen Anåsthesie beiziehen ] Nachbetreuung ± Grundsåtzlich gilt die adaptierte Richtlinie ¹Ûberwachungª, siehe unten ± Zeitpunkt der Entlassung: 2 Stunden nach letzter Medikamentengabe (dies bedeutet einen ca. 1-stçndigen Aufenthalt auf der Station nach dem Eingriff) ± Kinder mit Sedationsstufe 0±2 (weckbar auf Anrufen)dçrfen sich unter Aufsicht der Eltern im Wartezimmer aufhalten und werden gelegentlich von Pflegenden besucht ± Kinder, die 2 Stunden nach Dormicum-Gabe die Entlassungskriterien nicht erfçllen, werden auf der Tagesklinik der Notfallstation nachbetreut ] Entlassung Entlassungskriterien: (2 Stunden nach Dormicum-Gabe) ± Weckbar auf Anrufen, suffiziente Atmung ± Kind > 2 J.: spricht und kann selbstståndig aufsitzen ± Kind < 2 J.: altersentsprechendes Verhalten
] Ûberwachungsschema: ) 2 Stunden wie folgt: Dormicum SRK SRK SRK SRK Ûberwachungsmodus |____|____|____|____|____|____|____|____| 0 15' 30' 60' 120' Minuten nach der Gabe von Dormicum Eingriff Entlassung ) Bei Kindern, die nach 60 Min. wach sind, kann R und K weggelassen werden
]
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]
D. Schneidmçller
Antibiotikaprophylaxe und -therapie D. Schneidmçller
] Antibiotikaprophylaxe Die Antibiotikaprophylaxe dient dazu, die Rate an postoperativen Wundinfekten zu senken. Dabei spielt sie in der Traumatologie im Wesentlichen bei offenen Frakturen und græûeren Weichteildefekten eine Rolle. Es gelten die gleichen Richtlinien wie in der Erwachsenentraumatologie. Die Angaben zur Inzidenz von posttraumatischen Wundinfektionen variieren in der Literatur von 2±25%. Die Rate an Infektionen nach offenen Frakturen liegt beim Kind etwas niedriger als beim Erwachsenen. In einer Untersuchung von 55 offenen Frakturen kam es im Verlauf zu einer Infektion von 1,8%, wohingegen die Infektionsrate beim Erwachsenen (n = 1049) bei 7,2% lag. Diese Beobachtung konnte jedoch nicht durch andere Studien beståtigt werden. Die Infektionsrate korrelierte dabei mit dem Ausmaû des Weichteilschadens, mit dem Grad der Kontamination, mit der Virulenz der Bakterien sowie mit dem Ausmaû des chirurgischen Wunddebridements. Die Grundlagen einer Infektionsprophylaxe sind optimale hygienische Bedingungen, ein gewebeschonendes Operieren, mæglichst kurze Operationszeiten und ein ausreichendes chirurgisches Wunddebridement. Die Wahl des Antibiotikums richtet sich nach dem zu erwartenden Erregerspektrum sowie nach der Gewebegångigkeit (in der Unfallchirurgie vor allem Weichteil- und Knochengångigkeit). Der optimale Zeitpunkt der Antibiotikagabe ist bei offenen Frakturen oder græûeren Weichteilverletzungen der frçhest mægliche Zeitpunkt (in der Ambulanz) und bei elektiven Operationen unmittelbar pråoperativ (wåhrend der Narkoseeinleitung). Die Dauer einer Antibiotikaprophylaxe sollte nicht långer als 72 Stunden sein, da sonst die Gefahr einer Superinfektion mit resistenten Keimen steigt. Bei elektiven Operationen reicht in der Regel eine einmalige Gabe unmittelbar pråoperativ aus. Indikationen fçr eine perioperative Antibiotikaprophylaxe: ] offene Frakturen, ] Immunsuppression, ] Eingriffe mit weitråumiger Eræffnung von groûen Gelenken,
] innere Osteosynthesen bei erheblich reduzierter Abwehr bzw. groûem Weichteilschaden, ] Revisionseingriffe. Die Klassifikation einer offenen Fraktur erfolgt meist nach Gustilo und Anderson (Tab. 10.11). Tabelle 10.11. Klassifikation offener Frakturen nach Gustilo und Anderson ] Grad 1
± ± ± ± ±
Hautwunde £ 1 cm Durchspieûung von innen nicht verschmutzt minimale Muskelkontusion einfache Quer- oder kurze Schrågfraktur
] Grad 2
± Hautwunde > 1 cm ± ausgedehnter Weichteilschaden mit Lappenbildung oder Dcollement ± mittelgradige Muskelkontusion ± einfache Quer- oder kurze Schrågfrakturen mit kleiner Trçmmerzone
] Grad 3
± ausgedehnter Weichteilschaden mit Zerstærung von Haut, Muskel und neurovaskulåren Strukturen ± Hochrasanztraumen
3A
± noch adåquate Knochendeckung durch Weichteile mæglich ± Stçck-, Schussfrakturen
3B
± Deperiostierung und freiliegender Knochen ± plastische Weichteildeckung nætig ± massive Kontamination
3C
± rekonstruktionspflichtige Gefåûverletzung
Es konnte in mehreren Untersuchungen gezeigt werden, dass die Infektionsrate mit zunehmendem Weichteilschaden steigt. Diese Beobachtung muss in der Wahl des Antibiotikums mit berçcksichtigt werden. Wåhrend bei der offenen Fraktur Grad 1 eine Monotherapie in der Regel ausreichend ist, wird bei offenen Frakturen Grad 2 und 3 von einigen Autoren eine Kombinationstherapie empfohlen. Das Erregerspektrum kann von Ort zu Ort variieren. Der typische Infektionskeim bei Wundinfektionen stellt jedoch Staphylococcus aureus (55%) dar, gefolgt von den grampositiven (25%), den gramnegativen Spezies (8%) und Mischinfektionen (10%). Daher sollte bei der Infektionsprophylaxe mæglichst frçh ein Antibiotikum verabreicht werden, welches das
10 Medikamentæse Therapie
grampositive und gramnegative Bakterienspektrum abdeckt. Ein Cephalosporin der zweiten Generation die stellt Grundlage dar. Bei stark kontaminierten Wunden kann dieses durch ein Aminoglykosid ergånzt werden. Bei Verdacht auf eine Anaerobierinfektion sollte eine Kombination mit z. B. Metronidazol gewåhlt und bei stark verschmutzten Wunden eine zusåtzliche Gasbrandprophylaxe mit Penicillin G durchgefçhrt werden. Bei allen offenen Verletzungen ist der Tetanusstatus zu çberprçfen und ggf. eine Impfung durchzufçhren.
]
] Antibiotikatherapie Kommt es zu einer Wundinfektion, wird neben der chirurgischen Sanierung eine spezifische Antibiotikatherapie notwendig. Hierbei muss ein frçhzeitiger mikrobiologischer Keimnachweis zum Erstellen eines Antibiogramms durchgefçhrt werden, um spezifisch behandeln zu kænnen. Im Verlauf sind dabei regelmåûige Laborkontrollen sowie rezidivierende mikrobiologische Abstriche nætig, um Nebenwirkungen zu erfassen bzw. auf ein wechselndes Erreger- und Resistenzspektrum reagieren zu kænnen.
Tabelle 10.12. Indikationen fçr Antibiotikatherapie und Prophylaxe 5
5
Ursache/Krankheitsbild Håufige Erreger
Vorschlag medikamentæse Therapie Dosierung
] Offene Fraktur Staphylococcus aureus Groûe Weichteilwunde
± 1. Wahl: Cefuroxim ± kontaminierte Wunde/Immunsuppression: Imipenem
40 mg/kg 3 ´ tgl.
] Gasbrand
Clostridium perfringens
Penicillin G
] Tierbisse
Pasteurella multocida Capnocytophaga canimorsus Eikenella corrodens Staphylokokken Streptokokken
± 1. Wahl: Amoxicillin/Clavulansåure oder Cefuroxim ± kontaminierte Wunde/Immunsuppression: Imipenem
8 000±80 000 IE/kg 4±6 ´ tgl. 40 mg/kg 3 ´ tgl. (i.v.) 40 mg/kg 3 ´ tgl.
] Menschenbisse
aerobe und anaerobe Keime der Mundflora Eikenella corrodens Klebsiella pneumoniae
± 1. Wahl: Amoxicillin/Clavulansåure
40 mg/kg 3 ´ tgl. (i.v.)
] Verbrennungen
Pseudomonas aeruginosa Staphylokokken (resistent) A-Streptokokken Pilzinfektion
± 1. Wahl: Cefuroxim (ohne Pseudomonas) ± Pseudomonas: Imipenem ± resist. Staphylokokken: Ceftazidim + Vancomycin ± MRSA: Vancomycin ± Verdacht auf Pilzinfektion: Amphotericin B
40 mg/kg 3 ´ tgl.
] Erysipel
A-Streptokokken
± Penicillin G
8 000±80 000 IE/kg 4±6 ´ tgl.
] Osteomyelitis
Haemophilus influenza Staphylococcus aureus Enterobacter
± Ceftriaxon + Clindamycin
50 mg/kg 2 ´ tgl. + 10 mg/kg 3 ´ tgl.
] Empyem
Staphylococcus aureus håmolysierende Streptokokken
± 1. Wahl: Cefuroxim ± kontaminierte Wunde/Immunsuppression: Imipenem
40 mg/kg 3 ´ tgl.
] Offenes Schådel-Hirn-Trauma
Staphylococcus aureus Anaerobier Enterobacter
± 1. Wahl: Meronem ± kontaminierte Wunde/Immunsuppression: Vancomycin
20 mg/kg 3 ´ tgl.
20 mg/kg 3 ´ tgl.
20 mg/kg 3 ´ tgl.
20 mg/kg 3 ´ tgl. 40 mg/kg 3 ´ tgl. 15 mg/kg 3 ´ tgl. (Spiegel!) 0,5±1 mg/kg
20 mg/kg 3 ´ tgl. 15 mg/kg 3 ´ tgl. (Spiegel!)
Erstellt in Zusammenarbeit mit Dr. Volker Schåfer, Institut fçr medizinische Mikrobiologie der Universitåtsklinik Frankfurt und Dr. Jærg Brand, Zentrum fçr Kinderheilkunde und Jugendmedizin der Universitåtsklinik Frankfurt
111
112
]
D. Schneidmçller
Bis zum Erstellen eines Antibiogramms erfolgt eine ungezielte initiale Therapie mit einem Breitspektrumantibiotikum. Dabei muss der Haupterreger von Wundinfektionen (Staphylococcus aureus) berçcksichtigt werden. In der Regel erfolgt auch hier eine Basistherapie mit einem Cephalosporin, bei schwereren Infektionen in Kombination mit z. B. Clindamycin oder Imipenem. Nach Keimbestimmung und Antibiogramm wird die Medikation entsprechend umgestellt. Auch in der Antibiotikatherapie fçhrt eine Langzeittherapie nicht zu einer Reduktion der Infektionsrate, sondern zum Entwickeln von Antibiotikaresistenzen. Tabelle 10.12 stellt einen Vorschlag fçr das Vorgehen bei kindlichen Verletzungen dar, der in Zusammenarbeit mit dem Institut fçr medizinische Mikrobiologie, Dr. V. Schåfer und dem Zentrum fçr Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Dr. J. Brand der Uniklinik Frankfurt erarbeitet wurde. Bei der Auswahl des richtigen Antibiotikums muss das lokale Erreger- und Resistenzspektrum berçcksichtigt werden, sodass keine allgemeingçltige Richtlinie gegeben werden kann.
Thromboseprophylaxe D. Schneidmçller Die Gabe niedermolekularer Heparine hat sich zur Prophylaxe der Venenthrombose etabliert. Das Risiko einer Venenthrombose liegt beim Kind zwar deutlich niedriger als beim Erwachsenen, ist nach einer Umfrage in deutschen Kliniken mit 188 Thrombosen pro Jahr jedoch hæher als håufig angenommen. Die Inzidenz einer Thrombose fçr hospitalisierte Kinder aller Fachdisziplinen liegt bei 5,3 pro 10 000 mit einer Mortalitåt von 2,2%. Die Altersgipfel liegen dabei im Såuglingsalter bis zum 1. Lebensjahr und in der Pupertåt. Die Traumatologie bzw. Chirurgie stellt mit 6% aber einen verhåltnismåûig kleinen Anteil der Indikationen fçr eine Thromboseprophylaxe. Der çberwiegende Teil der Erkenntnisse zur Thrombosetherapie und -prophylaxe stammt aus anderen Bereichen der Pådiatrie- wie z. B. der Kinderkardiologie oder -onkologie. Eine retrospektive multizentrische Studie an 58 716 Kindern untersuchte das Thromboembolierisiko nach Trauma mit dem Ergebnis einer
Thromboembolie-Inzidenz von 0,08% (45 Kinder). Dabei steigt das Risiko mit dem Alter der Kinder sowie mit dem Schweregrad der Verletzung (Injury Severity Score ISS). Das hæchste Risiko lag bei Kindern mit einem Zentralvenenkatheter und es bestand ein Zusammenhang mit Schådel-Hirn-Traumen oder einer Kraniotomie, Abdominal- und Thoraxtraumen, Laparotomie, Wirbelsåulenverletzungen, Wirbelsåuleneingriffen sowie Verletzungen der unteren Extremitåt. Weltweit werden Kinder nach adaptierten Therapieempfehlungen fçr Erwachsene behandelt. Eine gesonderte Zulassung von antithrombotischen Medikamenten fçr Kinder gibt es nicht. So muss die Therapie bzw. Prophylaxe fçr jedes Kind individuell nach Abwågung des Nutzen-Risiko-Verhåltnisses und nach entsprechender Aufklårung der Eltern durchgefçhrt werden. Die Leitlinie der AWMF zur Thromboseprophylaxe in der Chirurgie gibt zum Einsatz der Thromboseprophylaxe bei Kindern nur wenig Hilfestellung. Sie empfiehlt eine Thromboseprophylaxe bei Jugendlichen mit beginnenden Pupertåtszeichen mit entsprechenden expositionellen und dispositionellen Risikofaktoren. Bei Kindern sei eine medikamentæse Prophylaxe nur in Ausnahmenfållen erforderlich. Als Risiken fçr eine Thrombose mçssen expositionelle Faktoren wie ] Thoraxtrauma und Abdominaltrauma mit notwendiger Operation oder Organrupturen und retroperitonealem Håmatom, ] Trauma/Frakturen mit notwendiger Operation/Osteosynthese, ] ausgedehnte Weichteilverletzungen, ] Verbrennungen und Verbrçhungen > 35%, ] metabolische Azidose, ] Schock mit Sepsis, ] Immobilisation berçcksichtigt werden sowie entsprechend dem Erwachsenen die individuellen dispositionellen Risikofaktoren: ] Adipositas (oder KG > 40 kg bzw. ein BMI > 30), ] Varikosis, ] maligne Organerkrankungen, ] Herzinsuffizienz, ] orale Kontrazeptiva, ] Rauchen, ] Thrombose in der Anamnese, ] kongenitaler AT-III- bzw. Protein-C-Mangel.
10 Medikamentæse Therapie
]
Tabelle 10.13. Dosierempfehlung fçr die subkutane Gabe von niedermolekularem Heparin zur Thromboseprophylaxe bei Kindern Zielspiegel (Anti-FXaE/ml)
Enoxaparin (Clexane)
Daleparin (Fragmin)
Monitoring
] 0,2±0,4
< 2 Mo. 0,75 mg*/kg/12 h >2 Mo. 0,5 mg/kg/12 h
50±100 E*/kg/24 h
nach Dosisfindung i. d. R. nicht notwendig
* E Anti-FXa-Einheiten (Clexane 1 mg = 110 E)
Zum Einsatz kommen in der Thromboseprophylaxe fast ausschlieûlich niedermolekulare Heparine (NMH) aufgrund ihrer einfachen Handhabung bei meist einmaliger subkutaner Gabe, geringer Beeinflussbarkeit durch Nahrung oder Medikamente, geringer Kumulierungsgefahr, guter Steuerbarkeit, guter Bioverfçgbarkeit, geringer Nebenwirkungen und geringeren Gesamtkosten. Wegen der langen Halbwertszeit sollten die NMH jedoch mindestens 6±8 Stunden vor einem operativen Eingriff abgesetzt werden. Ein Monitoring kann prinzipiell çber eine Anti-Faktor-(F)Xa-Messung erfolgen. Dosisempfehlungen werden von Enoxaparin (Clexane) und Dalteparin (Fragmin) gegeben (Tab. 10.13). Es wurden jedoch auch Anwendungen von Nadroparin (Fraxiparin) 0,3 ml s.c. einmal tåglich unabhångig von Alter und Gewicht des Kindes ohne Anti-FXa-Monitoring zur Kurzzeitprophylaxe beschrieben, ohne dass es zu einer Thrombose kam oder unerwçnschte Nebenwirkungen auftraten. Hierbei handelte es sich jedoch um eine Untersuchung an einem kleinen Kollektiv. Unter der Therapie mit NMH ist die Rate an Nebenwirkungen gering mit 4% fçr kleinere (Petechien, Wundrandblutungen) und 5% fçr græûere Blutungen (vor allem nach Nierentransplantationen). Die Osteoporoseentwicklung ist beim Kind vernachlåssigbar und eine heparininduzierte Thrombozytopenie (HIT) wurde bisher bei Kindern unter NMH nicht beschrieben.
Ûber die Dauer der Therapie existieren ebenfalls keine genauen Angaben in der Literatur. Die Anwendungsdauer ist abhångig von der vorliegenden Verletzung sowie den Risikofaktoren und betrågt in der Regel zwischen 7 und 14 Tagen. Neuere Medikamente wie direkte ThrombinInhibitoren oder selektive Faktor-Xa-Hemmer (Fondaparinux = Arixtra) befinden sich noch nicht in der Anwendung bei Kindern. Neben der medikamentæsen Thromboseprophylaxe sollte auch beim Kind nicht auf begleitende physikalische Maûnahmen wie ] Krankengymnastik, ] Kompressionsstrçmpfe, ] Frçhmobilisation, ] Aufforderung und Anleitung zur Eigençbung (Muskelpumpe), ] Kreislauf- und Atemtherapie verzichtet werden. In der Praxis bilden oft das Auftreten von Pupertåtsmerkmalen sowie ein Kærpergewicht von ca. 40 kg die Alters- bzw. Gewichtsgrenze fçr eine Prophylaxe. Eine klare Richtlinie, ab welchem Alter und bei welchen Indikationen eine medikamentæse Thromboseprophylaxe durchgefçhrt werden sollte, gibt es bisher nicht. So bleibt es nach wie vor eine individuelle Entscheidung des Arztes nach Abwågung des Nutzen-Risiko-Verhåltnisses, wann eine und welche Thromboembolieprophylaxe eingesetzt wird.
113
4 Epidemiologie R. Kraus
Zur fachgerechten Behandlung von Frakturen im Wachstumsalter gehæren unabdingbar Kenntnisse çber die Inzidenz solcher Verletzungen. Insbesondere die verschiedenen Altersgipfel bestimmter Verletzungen in Abhångigkeit von der somatischen und psychosozialen Entwicklung der Kinder und Jugendlichen fçhren zu spannenden Erkenntnissen auf diesem Gebiet und helfen Frakturrisiken einzuschåtzen und Vermeidungsstrategien zu entwickeln. Verletzungen im Kindesalter machen zwischen 13 und 32% aller medizinisch erfassten und dokumentierten Verletzungen aus. Die Rate an knæchernen Verletzungen liegt bei 10±25%. Eine Analyse der einschlågigen Literatur ergibt, dass unter der Gesamtheit der Frakturen 88,6% die Extremitåtenknochen und davon wiederum 62,7% die langen Ræhrenknochen betreffen. Deren Anteil am Gesamtfrakturaufkommen liegt bei etwa 55,5%. Die restlichen 11,4% verteilen sich auf Frakturen am Kærperstamm, unter denen Schlçsselbein- und Schådelfrakturen fçhrend sind (Tab. 4.1). Das Gesamtfrakturrisiko, die Pråvalenz, liegt im mitteleuropåisch-stådtisch geprågten Umfeld bei 21±25 Frakturen auf 1000 Kinder pro Jahr.
Das Risiko, bis zum Abschluss des Wachstumsalters eine Fraktur erlitten zu haben, wird auf 15±45% geschåtzt. Die Altersverteilung aller Frakturen zeigt, dass bis zum 10. Lebensjahr die Verletzungshåufigkeit pro Lebensjahr leicht zunimmt, ab dem 11. Lebensjahr deutlich ansteigt und nach einem Gipfel um das 13. Lebensjahr wieder abfållt. Eine in verschiedensten Studien gleich bleibende Græûe ist die Geschlechterverteilung der Frakturen im Wachstumsalter. Jungen erleiden 1,2- bis 1,6-mal håufiger Frakturen der langen Ræhrenknochen als Mådchen. Nachdem in den frçhen Altersgruppen das Verhåltnis noch nahezu ausgeglichen ist, steigt der Anteil der Jungen vor dem Gipfel der allgemeinen Altersverteilung um das 8. Lebensjahr çberproportional an und bleibt bis zum Wachstumsende auf hæherem Niveau. Als Ursache dafçr darf im Wesentlichen die hæhere Risikobereitschaft månnlicher Jugendlicher in der Pråpubertåt und Pubertåt angesehen werden (Abb. 4.1). Die folgenden Daten entstammen einer von Li-La initiierten prospektiven Studie an 678 Frakturen der langen Ræhrenknochen im Wachstumsalter, die von Januar bis April 2003
Tabelle 4.1. Verteilung der Verletzungslokalisationen in fçnf Studien, welche die Gesamtheit der Frakturen im Kindes- und Jugendalter erfassen Verletzungslokalisation
(Brudvik 2003) n = 1725
(Jonasch 1981) (Jones 2002) n = 263166 n = 498
] ] ] ] ] ]
2,3% 0,1% ± 0,1% 8,0% 89,5%
2,8% 0,3% 0,1% 0,2% 8,9% 87,7%
67,7% 21,2% 11,1% ±
65,1% 22,4% 12,1% 0,4%
Schådel Wirbelsåule Knæcherner Thorax Becken Schulterblatt/Schlçsselbein Extremitåten davon ± lange Ræhrenknochen ± Hand ± Fuû ] Andere
7,8% 1,8% 4,4%
(Landin 1983) n = 8682 1,8% 0,9%
(Worlock 1986) n = 923 3,6% ±
±
0,7%
3,0% 80,8%
0,5% 8,1% 88,7%
± 6,3% 89,0%
61,9% 25,3% 12,8% 2,2%
60,4% 30,7% 8,9% ±
74,8% 16,5% 8,7% 0,4%
36
]
R. Kraus
Abb. 4.1. Alters- und Geschlechtsverteilung çber alle Frakturund Unfallgruppen (n = 678).
ist das Verhåltnis bei dia- und epiphysåren Verletzungen nahezu ausgeglichen. Die distale Metaund Epiphyse ist am einzelnen langen Ræhrenknochen 7- bzw. 14-mal håufiger betroffen als die jeweils proximale Meta- und Epiphyse. Schaftfrakturen finden sich am peripheren paarigen Ræhrenknochen einer Extremitåt (Unterarm, Unterschenkel) fçnfmal håufiger als am proximalen Ræhrenknochen der gleichen Extremitåt (Oberarm, Oberschenkel). Diaphysåre Frakturen kommen tendenziell håufiger bei Kindern unter 10 Jahren vor, wåhrend die Altersverteilung der metaphysåren Frakturen der Gesamtverteilung folgt und epiphysåre Verletzungen am Ende des Wachstumsalters stark zunehmen (Abb. 4.3). Die im Folgenden angefçhrten Prozentsåtze der o. g. Studie spiegeln den Anteil an den hier ausschlieûlich behandelten Frakturen der langen Ræhrenknochen wider (Abb. 4.4). In Klammern angegeben ist jeweils der extrapolierte Anteil am gesamten Frakturaufkommen im Wachstumsalter, die hier verwendete Klassifikation
an 13 kinder-, unfall- und allgemeinchirurgischen Abteilungen in Ústerreich, Deutschland und der Schweiz behandelt wurden. Neben der Erhebung demographischer Daten wurde eine exakte Frakturklassifizierung nach der neuesten Version der im Jahr 2000 erstmals durch von Laer und Mitarbeiter publizierten Klassifikation fçr Frakturen im Wachstumsalter vorgenommen. Der Unfalltyp wurde den Kategorien håuslicher Unfall, Spielplatz, Schule, Sport, Verkehr und andere Unfålle zugeordnet (Håufigkeitsverteilung Abb. 4.2). Knæcherne Verletzungen der oberen Extremitåt kommen 2- bis 3-mal håufiger vor als solche der unteren Extremitåt. Das Gros der Frakturen im Wachstumsalter mit 65% stellen metaphysåre Frakturen, wåhrend diaphysåre Frakturen mit 25% und epiphysåre Frakturen mit 10% deutlich seltener sind. Wåhrend bei metaphysåren Frakturen die obere Extremitåt mit einer Rate von 8,5 zu 1 die untere Extremitåt dominiert,
Abb. 4.3. Altersverteilung epi-, meta- und diaphysårer Frakturen (n = 678).
Abb. 4.2. Håufigkeitsverteilung der Unfallursachen (n = 678). Andere sind Kindesmisshandlung, Fraktur ohne Unfallereignis (pathologische Fraktur), landwirtschaftlicher Unfall, unbekanntes Unfallereignis.
Abb. 4.4. Håufigkeitsverteilung der Frakturen im Wachstumsalter (n = 678) unter Benutzung zweistelliger Codes der Li-LaKlassifikation.
4 Epidemiologie
entspricht sowohl der Li-La- wie auch der AOKlassifikation (Kapitel 3). Die Literaturangaben beziehen sich jeweils auf den Anteil an allen Frakturen bei Kindern und Jugendlichen.
] Oberarm Humerusfrakturen kommen in 21,6% der Frakturen langer Ræhrenknochen im Wachstumsalter vor. Proximale Frakturen des Humerus (Code 1.1) mit 4,1% (2,3%) rekrutieren sich fast ausschlieûlich aus metaphysåren, subkapitalen Verletzungen. Der Altersgipfel liegt bei 11±14 Jahren, Verletzungsursache sind çberwiegend Sportverletzungen. Hier spielen insbesondere Reitunfålle eine Rolle. Oberarmschaftfrakturen (Code 1.2) sind mit 1,5% (0,8%) selten, in der Literatur finden sich Angaben zwischen 0,2 und 0,7% aller Frakturen. Ein eigentlicher Altersgipfel ist nicht erkennbar, die Håufigkeit nimmt jedoch mit zunehmendem Alter ab. Ebenso fehlt eine çberwiegende Verletzungsursache. Distale Frakturen des Humerus (Code 1.3) sind dagegen mit 16,0% (8,9%) håufig und stellen damit die zweithåufigste Verletzungsgruppe. Die Literaturangaben schwanken zwischen 4,6 und 9,2%. Ellenbogennahe Humerusfrakturen kommen gehåuft bei Verletzungen im håuslichen Bereich und auf Spielplåtzen vor. Eine Sonderstellung nimmt die suprakondylåre Humerusfraktur ein. Hier ergibt sich ein eindeutiger Altersgipfel bei 3±6 Jahren. Er liegt eher niedriger, als bisher in der Literatur angenommen.
] Unterarm Unterarmfrakturen stellen in jeder Altersgruppe und bei jeder Verletzungsursache die zahlenmåûig græûte Gruppe, insgesamt 52,7% aller Verletzungen. Proximale Unterarmfrakturen (Radiuskæpfchen, -hals und Olekranon; Code 2.1) kommen in 2,2% (1,2%) vor. Eine bevorzugte Altersgruppe gibt es nicht. Unter den Verletzungsursachen finden sich zu gleichen Teilen håusliche, Spielplatz- und Sportunfålle, wåhrend Verkehrs- und Schulunfålle kaum vorkommen. Die Håufigkeit von Frakturen des Unterarmschafts (Code 2.2) wird in der Literatur extrem
]
unterschiedlich eingeschåtzt. Wåhrend manche Arbeitsgruppe diese mit 3,4 bzw. 6,5% eher niedrig ansetzt, liegt der Anteil bei anderen Autoren um 13%. Ursache dçrfte eine unterschiedliche Zuordnung der çberaus håufigen Frakturen im meta-/diaphysåren Ûbergangsbereich sein. In einer Studie mit der Definition der Metaphyse als Quadrat çber der Wachstumsfuge, wie sie von Hofmann von Kapherr vorgeschlagen wurde, betrug der Anteil von Unterarmschaftfrakturen 9,7% (5,4%). Unterarmschaftfrakturen kommen in jedem Verletzungszusammenhang und in jeder Altersgruppe nahezu gleich verteilt vor. Typische Frakturform ist die Grçnholzfraktur, die 37,5% der Fålle ausmacht. Die græûte Frakturgruppe stellt der distale Unterarm (Code 2.3) mit 40,8% (22,6%). Håufigkeitsunterschiede in der Literatur von 19,4±39% hången mæglicherweise mit den oben angefçhrten Abgrenzungsschwierigkeiten zum Unterarmschaft zusammen. Der Altersgipfel der distalen Unterarmfrakturen liegt im 13. und 14. Lebensjahr. Sie ereignen sich çberdurchschnittlich håufig bei Sport- und Schulverletzungen, wåhrend die Inzidenz bei Verkehrsunfållen deutlich geringer ist.
] Oberschenkel Femurfrakturen kommen im gesamten Patientenkollektiv nicht håufig vor und nehmen nur 4,1% der Brçche langer Ræhrenknochen bei Kindern und Jugendlichen ein. Frakturen des proximalen Oberschenkels (Code 3.1), zu denen traumatische Epiphysenlæsungen genauso gezåhlt werden wie Oberschenkelhals- und intertrochantåre Frakturen, sind extrem selten und liegen bei 0,2% (0,1%), Landin fand unter 8682 Frakturen sogar nur 0,05% proximale Oberschenkelfrakturen. Statistisch abgesicherte Angaben zu einem Altersgipfel finden sich nicht. Oberschenkelschaftfrakturen (Code 3.2) stellen im eigenen Patientenkollektiv 2,2% (1,3%) der Frakturen. Auch in der Literatur weisen homogene Angaben zwischen 1,0 und 1,6% die diaphysåre Femurfraktur als eher seltene Verletzung aus, was die Vielzahl der veræffentlichten Untersuchungen zur Behandlung von Oberschenkelschaftfrakturen nicht unbedingt vermuten låsst. Nur etwa 20% kommen jenseits des 10. Lebensjahrs vor, ein bevorzugter Verletzungstyp ist nicht erkennbar.
37
38
]
R. Kraus: 4 Epidemiologie
Distale Femurfrakturen (Code 3.3.) fanden sich in 1,5% (0,8%), såmtliche Literaturangaben lassen eine Gesamthåufigkeit von unter 1% vermuten. Der Altersverlauf ist zweigipflig mit einer Betonung unter dem 6. und çber dem 13. Lebensjahr.
(4,9%), davon 10,8% Ûbergangsfrakturen. Distale Unterschenkelfrakturen haben einen eindeutigen Altersgipfel nach dem 12. Lebensjahr. Sowohl Unterschenkelschaft- als auch sprunggelenknahe Frakturen weisen einen Verletzungsschwerpunkt im Straûenverkehr auf.
] Unterschenkel
] Verletzungsschwerpunkte
Der Anteil von Tibia- und Fibulafrakturen liegt bei 21,6% der untersuchten Frakturen der langen Ræhrenknochen. Frakturen des proximalen Unterschenkels (Code 4.1) kommen in 2,2% (1,2%) der Fålle vor. Die Angaben in der Literatur liegen auch hier etwas niedriger, meist unter 1%. Typischerweise finden sich metaphysåre Biegungsbrçche im Vorschulalter sowie Eminentia-Ausrisse und Frakturen der Tuberositas tibiae zwischen dem 10. und 14. Lebensjahr. Eine bevorzugte Verletzungsursache kann nicht benannt werden. Unterschenkelschaftfrakturen (Code 4.2) lassen im eigenen Patientenkollektiv keinen signifikanten Altersgipfel erkennen, machen jedoch mit 10,4% (5,8%) der Verletzungen die drittgræûte Einzelgruppe aus. Die Literaturçbersicht ergibt ebenfalls Werte um 5%. Statistiken aus dem alpinen Raum, insbesondere ålteren Datums, weisen zum Teil dreifach hæhere Prozentsåtze aus, wohl in Zusammenhang mit noch nicht entwickeltem Skischuhwerk und einer daraus folgenden erhæhten Gefahr einer Unterschenkelschaftfraktur. Erheblich homogener erscheint die Einschåtzung distaler Unterschenkel- und Sprunggelenkverletzungen (Code 4.3) mit 3,5±6,6%. Die zitierte Studie (Li-La) kommt hier auf 8,9%
Statistisch signifikante Verletzungsschwerpunkte finden sich in drei Konstellationen. Ein erster Schwerpunkt liegt bei Klein- und Vorschulkindern bei distalen Oberarmfrakturen, resultierend aus håuslichen oder Spielplatzunfållen. Bei adoleszenten, selbstståndigen Verkehrsteilnehmern håufen sich Unterschenkelschaft- und distale Unterschenkelfrakturen mit dem hæchsten Aufkommen an Ûbergangsfrakturen. Der dritte Schwerpunkt liegt auf sportbedingten distalen Unterarmfrakturen in allen Altersklassen (Tab. 4.2). Die Synopse der Ergebnisse zu Håufigkeit der Frakturtypen, Altersgipfel und Verteilung der Unfallursachen unterstreicht, dass Frakturen der langen Ræhrenknochen bei Kindern und Adoleszenten in Abhångigkeit von deren altersspezifischen Aktivitåten geschehen. Jede Ûberlegung zur vorbeugenden Aufklårung und Verletzungsprophylaxe muss diesen Grundsatz einbeziehen. Maûnahmen zur Unfallverhçtung mçssen insbesondere im Sport- und Freizeitbereich sich immer åndernden Gegebenheiten, wie z. B. aktuellen Trendsportarten, angepasst werden. Auûerdem belegen Langzeitstudien, dass die allgemeine Zunahme kindlicher Frakturen zur Hålfte auf die Zunahme von Sportunfållen zurçckzufçhren ist.
Tabelle 4.2. Statistisch relevante Verletzungsschwerpunkte nach Frakturlokalisation und Unfalltyp in der Li-La-Studie 2003 Zweistelliger Frakturcode 1.3
Unfallzusammenhang Håuslich+Spielplatz
Anteil am Gesamtaufkommen 61,2 %
2.3
Sport
57,7%
4.2 und 4.3
Verkehr
71,4%
Signifikanzniveau im Chi-Quadrat-Test: p < 0,001
5 Radiologische Diagnostik Th. J. Vogl, A. Wetter und D. Schneidmçller
Die bildgebende Diagnostik kindlicher Frakturen stellt besondere Anforderungen sowohl an den Radiologen als auch an die technische Ausstattung der radiologischen Abteilung. Der Radiologe muss mit den Besonderheiten des sich entwickelnden Skeletts vertraut sein und die typischen Verletzungen und Verletzungsmechanismen kennen. Weiterhin mçssen insbesondere bei Kindern aus strahlenhygienischen Grçnden die Indikationen zur radiologischen Diagnostik streng gestellt und alle Mæglichkeiten der Dosisreduktion ausgenutzt werden. Die Indikation zur Ræntgendiagnostik sollte sich aus der klinischen Untersuchung ergeben, wobei prinzipiell bei Kindern die gleichen radiologischen Techniken und Einstellungen wie beim Erwachsenen angewendet werden. Die Auswahl des radiologischen Verfahrens und die Græûe des Aufnahmebereichs sollten sich jedoch nach dem Alter des Kindes sowie der konkreten klinischen Fragestellung richten. Sollte bei einer ersten Ræntgençbersichtsaufnahme bereits eine eindeutige, operationspflichtige Fraktur oder Luxation erkennbar sein, ist auf eine weitere mæglicherweise schmerzhafte Ræntgendiagnostik zu verzichten, da man diese in Narkose nachholen kann. Bei unklaren Befunden ist zu erwågen, ob neben der Ruhigstellung in einer Schiene auch die medikamentæse Schmerzbehandlung optimiert werden kann, bevor die Diagnostik vollståndig durchgefçhrt ist. In Einzelfållen und bei Ausschluss einer groben Dislokation oder Fehlstellung kann die dezidierte Ræntgendiagnostik auch postprimår im Lauf der nåchsten Tage bei gesicherter Ruhigstellung und regelrechten klinischen Befunden ergånzt werden. In seltenen Fållen (z. B. MRT, CT) ist eine Sedierung notwendig, wobei dann die Indikation zur Untersuchung streng gestellt werden muss. Auf spezielle diagnostische Verfahren und Kriterien wird in den entsprechenden Kapiteln gesondert hingewiesen.
Radiologische Techniken ] Radiographie (klassisches Ræntgen) Als Standardaufnahme wird prinzipiell die anterior-posteriore (a.-p.) sowie die mæglichst exakte seitliche Einstellung gewåhlt. Die Ræntgenaufnahme erfolgt prinzipiell mit dem/den angrenzenden Gelenk(en), sodass komplette osteochondrale Einheiten abgebildet werden. Zur exakten Beurteilung einer Fraktur sollten verletzungszentrierte Aufnahmen durchgefçhrt werden und keine ¹Ûbersichtsaufnahmen in zwei Ebenenª. In Einzelfållen werden Schrågaufnahmen, etwa zur Bestimmung des Dislokationsausmaûes notwendig (z. B. zur Diagnostik des distalen Humerus oder der Malleolengabel). Nicht-Standard-Projektionen kænnen bei fraktur- oder schmerzbedingten Fehlhaltungen erforderlich sein. Die Håufigkeit der radiologischen Kontrollen richtet sich nach der spezifischen Verletzung (s. spezielle Kapitel). In der Regel wird jedoch nach primårem Frakturnachweis eine Dokumentation der erfolgten Reposition oder Osteosynthese sowie eine abschlieûende Konsolidationskontrolle durchgefçhrt. Bei Frakturen, die zur sekundåren Dislokation neigen (z. B. Condylus-radialis-Fraktur), kænnen gezielte Verlaufskontrollen notwendig werden. Stabil versorgte und stabil eingestauchte Frakturen bedçrfen keiner zusåtzlichen Ræntgenkontrolle.
] Sonographie Die Sonographie eignet sich gut zur Beurteilung von Weichteilverletzungen, Sehnen- und Bandverletzungen sowie von Gelenkergçssen. Eine hohe Sensitivitåt erreicht die Sonographie auûerdem bei der Diagnostik von Sternumfrakturen sowie von Rippenfrakturen. Frakturen kænnen sowohl direkt als auch indirekt durch Nachweis
40
]
Th. J. Vogl et al.
von subperiostalen Håmatomen oder eines posttraumatischen Håmarthros identifiziert werden. Im Såuglingsalter lassen sich Verletzungen der noch nicht ossifizierten Epiphyse durch ihre Lagebeziehung zur Metaphyse und durch Nachweis eines Gelenkergusses diagnostizieren. Vorteil der Sonographie ist die Mæglichkeit einer dynamischen Untersuchung in Kombination mit klinischer Funktionsdiagnostik sowie die Mæglichkeit der ultraschallgesteuerten Punktion.
] Computertomographie Die Computertomographie wird im Rahmen der Diagnostik beim polytraumatisierten Kind sowie bei komplizierten Frakturen und zur Operationsplanung angewendet. Im Vordergrund stehen hier die Kalkaneus-, Becken- und Wirbelfrakturen. Zur Operationsplanung und in der Traumadiagnostik eignet sich insbesondere die Mehrschicht-CT (MSCT) aufgrund der kurzen Untersuchungszeit, der Mæglichkeiten der dreidimensionalen Rekonstruktion sowie der Anwendung von Niedrigdosisprogrammen.
intensitåt und der bei Kleinkindern håufig notwendigen Sedierung bei relativ langer Untersuchungszeit sorgfåltig gestellt werden.
] Weitere Verfahren Andere Verfahren wie Skelettszintigraphie, Angiographie oder Arthrographie kommen in der Routinediagnostik nicht zur Anwendung und stehen nur fçr seltene und besondere Fragestellungen zur Verfçgung. Gehaltene Aufnahmen als Stressaufnahmen beispielsweise zur Diagnostik einer fibularen Bandruptur sind heute in der Regel nicht mehr indiziert. Die Notwendigkeit von vergleichenden Ræntgenaufnahmen der Gegenseite in der Diagnostik von Frakturen im Kindesalter wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Bei guter Kenntnis der Ræntgenanatomie des Kindes sind Vergleichsaufnahmen mit der Gegenseite zur Frakturdiagnostik nicht notwendig. Es gibt nur wenige Ausnahmeindikationen, wie angeborene Deformitåten und frçhere Verletzungen, die die Ræntgendiagnostik der Gegenseite erfordern.
] Magnetresonanztomographie Die MRT ermæglicht die Darstellung von nicht ossifizierten Anteilen des Skeletts wie Epiphysen, Wachstumsfugen, Knorpel sowie Weichteilen wie Bånder, Sehnen und Muskulatur. In der Traumatologie liegt ihr Schwerpunkt in der Diagnostik von Wirbelsåulenverletzungen sowie von okkulten Frakturen. Sie wird zudem zur Erfassung von posttraumatischen Komplikationen von Gelenk-, Epiphysen- und Fugenverletzungen eingesetzt (z. B. chondraler Flake oder vorzeitiger Fugenverschluss). In der Diagnostik von Gelenkverletzungen kann sie bei unklarem Ræntgenbefund insbesondere am Kniegelenk und oberen Sprunggelenk eine Hilfe sein. Am Ellenbogengelenk dagegen liefert sie selten Zusatzinformationen mit therapeutischer Relevanz. Ermçdungsbrçche kænnen in der MRT sicher von Knochentumoren unterschieden werden, mit denen sie konventionell-radiologisch aufgrund der periostalen Reaktion verwechselt werden kænnen. Neben den genannten Vorteilen ist die MRT nicht strahlenbelastend. Die Indikation zur MRT muss jedoch bei dem im Vergleich doch aufwendigen Verfahren, der Kosten-
Tabelle 5.1. Ossifikationszentren des Ellenbogens und Alter des Auftretens ] Ossifikationszentrum ] Capitulum humeri ] Radiuskæpfchen ] Epicondylus medialis ] Olekranon ] Epicondylus lateralis
Alter 1 Jahr 5 Jahre 7 Jahre 10 Jahre 11 Jahre
Tabelle 5.2. Ossifikationszeitpunkte der Handwurzelknochen ] Os ] Os ] Os ] Os ] Os ] Os ] Os ] Os
capitatum hamatum triquetrum lunatum trapezium scaphoideum trapezoideum pisiforme
3 Monate 3 Monate 3 Jahre 3±4 Jahre 5 Jahre 6 Jahre 6 Jahre 10 Jahre
5 Radiologische Diagnostik
]
13.- 15. Lj. 18.- 20. Lj. 15.-18. Lj.
1. Lj.
12.-15. Lm.
10. Lm. 15.- 16. Lj. 10.- 12. Lj.
2.-3. Lj. 2.-4. Lj.
10.- 13. Lj.
3. Lj.
16. Lj.
18. Lj. 18.- 19. Lj.
16. Lj. 11.- 14. Lj. 13.- 15. Lj.
15.- 18 Lj. 10. Lm.
4. Lj.
8.-13. Lj. 1. Lj.
12.- 14. Lj.
5. Lj. 12. Lj. 8.-12. Lj.
5.-7. Lj.
9. Em.
2. Lj. 2. Lj.
8.-16. Lm. 10.-12. Lj. 3.- 6. Lj. 4.- 6. Lj.
5.-8. Lj. 2.-6. Lj. 8.-12. Lj. 2.-3. Lj. 1. Lj.
7. Em. 10. Em. 1. Lj.
5.- 6. Em. 4. Lj. 3. Lj. 4. Lj.
aa Abb. 5.1. Auftreten der Ossifikationszentren (nach Lanz, T. v., Wachsmuth, W., Praktische Anatomie, 2004, Springer, Berlin-Heidelberg).
bb
41
42
]
Th. J. Vogl et al. 21.-24. Lj. 18.-19. Lj.
18.-21. Lj.
16.- 22. Lj. 16.-20. Lj.
19. Lj.
20.-21. Lj.
20.-25. Lj.
16.- 17. Lj. 13.- 14. Lj. 20. Lj.
17.- 18. Lj. 16.-20. Lj.
16.- 17. Lj. 21.- 24. Lj.
19.- 21. Lj.
17.- 18. Lj
13.- 15. Lj.
14.-16. Lj. 14.-18. Lj.
13.-17. Lj. 19.-20. Lj.
14.-18. Lj.
17.- 19. Lj. 17.- 19. Lj.
21.-25. Lj.
20.-24. Lj.
15.-20. Lj. 15.-20. Lj. 20.-24. Lj.
aa
15.- 20. Lj.
bb
Abb. 5.2. Vollståndiger Verschluss der Wachstumsfugen. Der Beginn des Fugenschlusses ist reife- und geschlechtsabhångig (nach Lanz, T. v., Wachsmuth, W., Praktische Anatomie, 2004, Springer, Berlin-Heidelberg).
5 Radiologische Diagnostik
Entwicklung des kindlichen Skeletts Die Kenntnis des zeitlichen Verlaufs des Epiphysenfugenschlusses sowie die Entwicklung der Knochenkerne ist fçr die Diagnostik unerlåsslich und kann zur Knochenalterbestimmung herangezogen werden (Tab. 5.1, 5.2; Abb. 5.1, 5.2). Beim reifen Neugeborenen sind zwei Epiphysen sichtbar, die des distalen Femurs und der proximalen Tibia. Im Wachstum bilden sich altersabhångig die weiteren Ossifikationszentren. Apophysenkerne treten im Adoleszentenalter auf und verschmelzen mit dem Knochen bis zum 25. Lebensjahr. Die Beckenkammapophyse verschmilzt beim Mådchen um das 13. Lebensjahr, beim Jungen etwas spåter, mit ca. 14,5 Jahren. Die Fuge der Grundphalanx DII der Hand verschlieût sich kurz vor Eintritt der Menarche. Das Wachstum der Wirbelkærper kann dagegen bis zum 30. Lebensjahr anhalten. Die Bestimmung der Skelettreife ist wichtig bei der Wahl der Therapiemethode und hilft beim Abschåtzen der Prognose einer Verletzung. Verbreitet ist die Bestimmung des Knochenalters çber Ræntgenaufnahmen der Hand, die mit standardisierten Bildern in Ræntgenatlanten verglichen werden. Zusåtzlich kann das Stadium der Verknæcherung der Wirbelringapophysen (Abb. 5.3 a±c) sowie der Beckenkammapophyse (Risser-Zeichen; Tab. 5.3; Abb. 5.4 a, b) herangezogen werden.
Tabelle 5.3. Risser-Zeichen ] Stadium 0 ] Stadium 1 ] Stadium 2 ] Stadium 3 ] Stadium 4 ] Stadium 5
Apophyse noch nicht sichtbar Beginn der lateralseitigen Ossifikation Ossifikation çber die Hålfte der Zirkumferenz des Beckenkamms Beginnende Verschmelzung der Apophyse mit dem Beckenkamm Apophyse ist çber die Hålfte mit dem Os ilium verschmolzen Apophyse ist mit dem Os ilium verschmolzen
Beim Wachstum kænnen die Ossifikationszentren verschiedene anatomische Variationen aufweisen, die von pathologischen Befunden unterschieden werden mçssen. Sie kænnen in mehrere Kerne unterteilt sein, unregelmåûig begrenzt oder fragmentiert sein. Zudem treten physiologische Normvarianten auf, die teilweise bei Skelettdysplasien ebenfalls gehåuft zu finden sind. Zapfenepiphyse. Sie ist in ca. 4% des normalen Handskeletts anzutreffen, tritt jedoch gehåuft bei Chromosomenanomalien und Skelettdysplasien auf. Pseudoepiphyse. Sie findet sich physiologischerweise an den proximalen Mittelhandknochen II±IV und am distalen Mittelhandknochen I sowie gehåuft bei Skelettdysplasien.
unvollständige Skelettreife
a
die ringförmige Wirbelapophyse bildet sich aus
die Wirbelringapophyse ist vollständig ausgebildet, aber noch nicht b verschmolzen Skelettreife
c
die Ringapophyse des Wirbels ist mit dem Wirbel körper verschmolzen ( : 19 Jahre; : 16 Jahre)
]
Abb. 5.3. Bestimmung der Skelettreife anhand der Verknæcherung der Wirbelkærperapophyse. a Die ringfærmige Apophyse bildet sich aus. b Die ringfærmige Apophyse ist vollståndig ausgebildet, jedoch noch nicht mit dem Wirbelkærper verschmolzen. c Vollståndige Skelettreife; die Ringapophyse ist mit dem Wirbelkærper verschmolzen (<: 19 Lj.; ,: 16 Lj.).
43
44
]
a
Th. J. Vogl et al.
Risser I
Risser III
Risser V
Abb. 5.4. Risser-Zeichen. Die Skelettreife wird anhand der Entwicklung der Beckenkammapophyse beurteilt. a Schema, b Ræntgenbild Risser II.
b
Diagnostische Hinweise Håufig werden im primåren Ræntgenbild nicht erkennbare Frakturen erst im Verlauf durch eine periostale Kallusreaktion und Verdichtung des Frakturverlaufs sichtbar. Diese ¹okkultenª Frakturen sind prinzipiell in der MRT zu sehen. Die Durchfçhrung der MRT zur Darstellung okkulter Frakturen bringt jedoch keinen therapeutischen Nutzen, da diese Frakturen und bereits der Verdacht einer Fraktur ausnahmslos konservativ durch Ruhigstellung behandelt werden. Osteochondrale oder chondrale Frakturen oder Flakes kænnen hingegen beim Kind mit der MRT diagnostiziert werden. Besondere Bedeutung hat hier die MRT des Kniegelenks gewonnen, da hierdurch rein diagnostische Arthroskopien reduziert werden kænnen und die Operationsplanung optimiert werden kann.
] Harris-Linie (Abb. 5.5). Sie ist eine ræntgendichte Linie im Bereich der Metaphyse, die parallel zur Wachstumsfuge verlåuft. Sie wird meist als Folge systemischer Erkrankungen, wie einer viralen oder bakteriellen Infektion, gebildet. Sie kann bei der Diagnose von partiellen Wachstumsstærungen helfen, da es zu einer ¹Achsabweichungª der Linien kommt, d. h. die Fuge nicht mehr parallel zur Linie verlåuft. ] ¹Fat-Padª-Zeichen (Abb. 5.6). Das sog. Fettpolsterzeichen ist ein wertvolles diagnostisches Hilfsmittel, indem es einen Gelenkerguss anzeigt. Normalerweise liegt im Bereich des Ellenbogens das hintere Fettpolster in der Fossa olecrani und ist im physiologischen Ræntgenbild nicht sichtbar. Das vordere Fettpolster liegt in der Fossa coronoidea und der Fossa radialis und
5 Radiologische Diagnostik
]
kann im normalen Ræntgenbild als ventraler schmaler Saum am Humerus zu sehen sein. Durch Dehnung der Gelenkkapsel bei einem Gelenkerguss werden die Fettpolster nach vorne bzw. hinten verdrångt und damit im Ræntgen sichtbar. Das Fat-Pad-Zeichen ist håufig vergesellschaftet mit einer Fraktur des distalen Humerus, allerdings muss nicht jede Fraktur ein positives Fad-Pad-Zeichen aufweisen.
Abb. 5.5. Harris-Linie.
a
] Battered Child. Folgende radiologische Besonderheiten kænnen Hinweise auf eine Kindesmisshandlung geben: ± multiple Frakturen unterschiedlichen Alters mit ausgeprågter Kallusbildung; ± seltene Frakturen im Kindesalter wie Rippen-, Skapula-, Sternum-, Dornfortsatzfrakturen; ± periostale Knochenreaktion als Folge eines subperiostalen Håmatoms; ± metaphysåre Kantenabsprengungen (CornerSign) als Folge eines Rotationstraumas. Durch Zug der Gelenkkapsel kommt es zu metaphysåren Abrissfrakturen mit gleichzeitiger Epiphysenlæsung. Sie sind als unscharfe Metaphysenkonturen vor allem bei Såuglingen und Kleinkindern zu sehen (Abb. 5.7). Bei Verdacht auf ein Battered-Child-Syndrom sollte ein vollståndiger Ræntgenstatus in einer Ebene durchgefçhrt werden, um weitere Verletzungen auszuschlieûen.
b Abb. 5.6. ¹Fat-Padª-Zeichen. a Schematisch, b Ræntgenbeispiel.
Abb. 5.7. Metaphysåre Kantenabsprengungen (Corner-Sign).
45
46
]
Th. J. Vogl et al.
Besondere kindliche Frakturformen Das Skelett des Kindes weist Besonderheiten auf, deren Kenntnis fçr die richtige radiologische Diagnose von fundamentaler Bedeutung ist. So besitzt der kindliche Knochen Epiphysenfugen, eine breitere Kortikalis sowie eine hohe Elastizitåt und damit die Fåhigkeit einer reversiblen Verformung. Das kindliche Periost hat einen hæheren Fettgehalt sowie eine græûere Vaskularisation und ist dicker als das erwachsene Periost. Beim Trauma bleibt es oft intakt (Grçnholzfraktur). Im Folgenden sind die speziellen Frakturformen im Kindesalter kurz aufgefçhrt. Eine ausfçhrliche Erklårung findet sich im Kapitel 1. ] Wulstfraktur (Buckle Fracture). Typische wulstartige Stauchungsfraktur, vorwiegend an der distalen Radiusmetaphyse. Der Periostschlauch ist intakt (Abb. 5.8). ] Grçnholzfraktur. Subperiostaler Bruch mit Achsenknick. Eine insuffiziente Behandlung kann durch asymmetrische Kallusbildung zu bleibender Deformitåt oder zur Verstårkung der Fehlstellung fçhren (Abb. 5.9).
Abb. 5.9. Grçnholzfraktur.
] Biegungsbruch (plastische Fraktur oder Bowing Fracture). Keine erkennbare Frakturlinie. Multiple Mikrofrakturen der konvexen Seite fçhren zur Verbiegung und werden nur indirekt am Verlauf und der klinischen Beschwerdesymptomatik erkannt. ] Chondrale und osteochondrale Frakturen (Flake Fractures). Bei Kindern çberwiegen chondrale Frakturen; håufigste Lokalisationen sind das obere Sprunggelenk und das Kniegelenk einschlieûlich Patella. Im Ræntgenbild ergeben sich oft nur Hinweise auf eine Fraktur. Diagnosesicherung beispielsweise im Rahmen einer diagnostischen Arthroskopie oder im MRT (Abb. 5.10). ] Apophysenausrisse und epiphysåre Bandausrisse. Sie treten im Rahmen von Verdrehtraumen auf und haben in der Regel keinen Einfluss auf das
Abb. 5.8. Wulstfraktur.
Abb. 5.10. Chondrale und osteochondrale Fraktur (Flake Fracture) des Kniegelenks.
5 Radiologische Diagnostik
]
] Wirbelsåulenfrakturen
Abb. 5.11. Apophysenausriss der Spina iliaca anterior inferior rechts.
Knochenwachstum. Die Kenntnis der Apophysen und Knochenkerne ist wesentlich (Abb. 5.11). ] Toddler's Fracture. Diese Frakturform tritt typischerweise beim Kleinkind auf, das gerade gehen lernt, und bezeichnet schråg oder spiralfærmig verlaufende Frakturen der Tibia (Abb. 5.12).
Abb. 5.12. Toddler's fracture. Spiralig verlaufende Tibiafraktur bei einem 2-jåhrigen Jungen. Typischerweise tritt diese Fraktur bei Kindern auf, die gerade das Laufen erlernt haben.
Wirbelsåulenfrakturen im Kindesalter sind selten. Die am håufigsten betroffene Region ist dabei die Brustwirbelsåule, gefolgt von der Lendenwirbelsåule; schwerwiegende Verletzungen kænnen an der Halswirbelsåule bei adåquatem Trauma entstehen. Diagnostische Probleme bereiten die Besonderheiten des sich entwickelnden Achsenskeletts, wie beispielsweise das apikale Ossifikationszentrum des Dens sowie die sekundåren Ossifikationszentren der Quer- und Dornfortsåtze. Am Atlas verknæchert der hintere Ring um das 4. Lebensjahr und im Alter von 7±10 Jahren kommt es zur kompletten Fusion. Die hinteren Bægen des Axis verknæchern im Alter von 2±3 Jahren, im Alter von 7 Jahren kommt es zur Fusion mit dem Axiskærper. Die Fusion des Os terminale des Dens mit dem Denskærper erfolgt mit 11±12 Jahren. Weiterhin besteht eine græûere Elastizitåt der kindlichen Wirbelsåule. Diese fçhrt beim Kind bis zum 8. Lebensjahr zu einer physiologischen Ventralversetzung zwischen C2 und C3 bzw. C3 und C4 mit dem Bild der Pseudoluxation. Dabei bleibt jedoch das Alignement der spinolaminåren Linie erhalten. Hilfreich sind hier gedachte Linien entlang der vorderen und hinteren Wirbelkærper, entlang der Facettengelenke sowie entlang der Dornfortsåtze, die eine Beurteilung des Wirbelsåulenalignements vereinfachen (Abb. 5.13). Auch bei der Wirbelsåule kænnen in Analogie zu den Extremitåten Verletzungen der Wachstumszonen auftreten, die sich z. B. in einer Læsung der Wirbelkærperdeckplatte von der Wachstumszone åuûern kænnen. Die erste diagnostische Maûnahme ist die konventionelle Radiographie. Neben der anteroposterioren sowie lateralen Projektion fçr Wirbelkærper und pråvertebrale Weichteile kommen Schrågaufnahmen fçr die Facettengelenke sowie Funktionsaufnahmen, transorale Aufnahmen und konventionelle Tomographien (Dens) sowie Spezialprojektionen (z. B. Schwimmeraufnahme fçr den zervikothorakalen Ûbergang) zum Einsatz. Aus praktikablen Grçnden sollte jedoch frçhzeitig und zielgerichtet die Computertomographie eingesetzt werden. Die Mehrschicht-CT erlaubt eine mehrdimensionale Rekonstruktion der frakturierten Wirbelsåulenabschnitte und erleichtert dadurch die Diagnostik und Operationsplanung (Abb. 5.14). Hinsichtlich Sensitivitåt und Spezifitåt ist die CT bei der Abklårung kindlicher Wirbelsåulenfrakturen der konventionellen Ræntgendiag-
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48
]
Th. J. Vogl et al. 2,5-3mm bei Erwachsenen, 3-4mm bei Kindern
Weichteilschatten max. 2mm
] Pathologische Frakturen
Weichteilschatten max. 22mm spinolaminäre Linie hintere Wirbelkörperlinie vordere Wirbelkörperlinie
a
zungen. Insbesondere kann bei weiter bestehender Symptomatik ohne nachgewiesene knæcherne Verletzung eine MRT zum Nachweis einer diskoligamentåren Verletzung oder eines Weichteilschadens erforderlich sein (s. Kapitel 24).
b
Abb. 5.13. a Schematische Darstellung einer HWS mit gedachten Hilfslinien zur Beurteilung des Wirbelsåulenalignements. Der Abstand zwischen Dens und Atlasring kann beim Kind bis zu 4 mm betragen. b Pseudoluxation bei einem 4-Jåhrigen.
nostik deutlich çberlegen. Bei jedoch erhæhter Strahlenbelastung durch die CT muss eine strenge Indikationsstellung gewåhrleistet sein. Die MRT erlaubt eine genaue Diagnostik von Rçckenmark-, Bandscheiben- und ligamentåren Verlet-
Pathologische Frakturen treten prinzipiell nach inadåquatem Trauma bei systemisch oder lokal vorgeschådigtem Knochen auf. Die håufigsten Ursachen fçr pathologische Frakturen im Kindesalter sind juvenile Knochenzysten, die fibræse Dysplasie und Ermçdungsbrçche, die nach groûer kærperlicher Anstrengung im Bereich von Tibia, Metatarsale und Kalkaneus auftreten kænnen. Juvenile Knochenzysten haben ihre Hauptlokalisation in den proximalen Metaphysenabschnitten von Femur, Tibia und Humerus (Abb. 5.15). Im Nativræntgenbild imponieren sie als scharf begrenzte Aufhellung mit randbildender Sklerosierung. Wichtigste Differenzialdiagnose ist die aneurysmatische Knochenzyste, die schnell progredient wåchst, exzentrisch lokalisiert ist und håufig mit Schmerzen einhergeht. Benigne fibræse Verånderungen sind meist asymptomatische Verånderungen, die in den ersten beiden Lebensdekaden bei 30% aller Normalpersonen zu finden sind. Fibræse Kortikalisdefekte sind strahlentransparent, meist mit einem schmalen Sklerosesaum versehen und liegen kortikalisnah im Bereich der Metaphyse langer Ræhrenknochen. Greifen sie auf die Markhæhle çber, so spicht man vom nicht ossifizierenden Fibrom. Die fibræse Dysplasie (JaffLichtenstein-Syndrom) geht mit einem Ersatz des Knochenmarks durch Bindegewebe einher und tritt in einer monoostotischen Form (meistens) und einer polyostotischen Form auf. Am håufigsten betroffen sind die langen Ræhrenknochen Femur und Tibia, der Gesichtsschådel sowie Rippen und Becken. Ræntgenologisch zeigen sich Auftreibungen der platten Knochen sowie zystenåhnliche Ausweitungen der langen Ræhrenknochen (hauptsåchlich diaphysår) mit unterschiedlicher Transparenz (typischerweise milchglasartig). Weitere Ursachen pathologischer Frakturen sind verschiedene Stoffwechselerkrankungen, auf die hier nicht weiter eingegangen wird (s. Kapitel 25).
5 Radiologische Diagnostik
Abb. 5.14. a Koronare und b sagittale Rekonstruktion einer LWK 1-Kompressions-/Trçmmerfraktur mit Hinterkantenbeteiligung. Das dorsale Fragment engt den Spinalkanal ein. c Axiale Schichtung auf Hæhe der LWK 1-Trçmmerfraktur.
Abb. 5.15. Pathologische Fraktur der lateralen Wand einer juvenilen Knochenzyste des proximalen Humerus bei einem 8-jåhrigen Mådchen.
]
49
7 Gefåûverletzungen J. Frank
Ursachen, Verletzungsmechanismus Gefåûverletzungen bei Kindern finden sich åhnlich wie bei Erwachsenen bei penetrierenden Verletzungen, z. B. durch Glasscherben (Sturz mit der Glasflasche), Schnitt- und Stichverletzungen, oder auch bei Tierbissen. Im Bereich komplexer anatomischer Strukturen, wie z. B. der Hand, mçssen die Begleitverletzungen an Nerven und Sehnen mit berçcksichtigt werden. Gerade Punktionsverletzungen kænnen hier schwerwiegende Verletzungen verbergen, da das verletzte und verångstigte Kind oft sehr schwierig zu untersuchen ist. Im Zweifelsfall und bei Verdacht auf strukturrelevante Låsionen sollte eine operative Exploration und adåquate Therapie erfolgen. Eine relative oder absolute Ischåmie bei Gefåûverletzungen mit Komplikationen wie Wachstumsstærungen oder Funktionsdefiziten kann dann verhindert werden. Stumpfe Gefåûverletzungen finden sich im Wesentlichen als direkte Arterienverletzungen bei Kontusionen, Kompressionen, z. B. durch Håmatome oder Knochenfragmente, bzw. als indirekte Arterienverletzungen bei Frakturen oder Gelenkluxationen. Explizit muss besonders auf die Gefahr von Gefåûverletzungen bei suprakondylåren Humerusfrakturen hingewiesen werden, bei der die A. brachialis durch Ûberdehnung, Zerrung oder Torsion geschådigt werden kann. Im Ellenbogenbereich finden sich bei den dislozierten Frakturen ca. 2% Gefåûverletzungen, die therapiebedçrftig sind, wobei ca. 10% primår Zeichen der Gefåûbeteiligung haben, aber nach Reposition meist unauffållig bleiben.
Klassifikation ] Scharfe direkte Arterienverletzungen, ] stumpfe direkte Arterienverletzungen (Abb. 7.1), ] indirekte Arterienverletzungen.
Grad I
Grad II
Grad III
Abb. 7.1. Gefåûwandverletzungen. Grad I Intimaverletzung, Grad II Intima- und Muskularisverletzung, Grad III Lumenverschluss durch Einrollen von Intima und Muskularis.
Diagnostik Zunåchst werden die entscheidenden Informationen bezçglich Verletzungsmechanismus, Verletzungszeitpunkt, Blutverlust und insbesondere begleitenden neurologischen Beschwerden erfragt. Bei der Untersuchung werden die Verletzung, die Blutung, das Håmatomausmaû sowie Schwellung bzw. Zeichen eines Kompartmentsyndroms beurteilt. Die klassischen Zeichen der Ischåmie wie Schmerz, Blåsse, Pulslosigkeit und Paråsthesie fehlen oft, insbesondere bei distalen Gefåûverletzungen. In geeigneten Bereichen kann ein Allen-Test durchgefçhrt werden, ggf. mittels Dopplergeråt, und die Kapillarfçllung beurteilt werden. Es ist nicht selten, dass das eigentliche Ausmaû erst bei der chirurgischen Versorgung fest-
80
]
J. Frank
gestellt wird. Bei Gefåûverletzungen sollte im Zweifel immer eine Ræntgenuntersuchung erfolgen, da stabile Knochenstrukturen eine wesentliche Voraussetzung fçr eine erfolgreiche Gefåûrekonstruktion sind. Eine Angiographie erfolgt nur in Ausnahmefållen, bei denen die Lokalisation fraglich ist. Bei Luxationen bzw. Frakturen ist der Ort der Gefåûlåsion vorgegeben und eine Revaskularisation bei kompletter Ischåmie sollte nicht unnætig verzægert werden.
Scharfe direkte Gefåûverletzung Inkomplette Arterienverletzungen sind meist Folgen von Stich- oder Schnittverletzungen bzw. auch iatrogen. Das Gefåû wird von auûen nach innen geschådigt und die Blutung kann nur sistieren, wenn es håmatombedingt zur Kompression oder durch Intima-/Mediaeinrollung zum Verschluss kommt. Neben der Blutung aus der Låsion imponiert je nach Lokalisation die periphere Pulslosigkeit. Die komplette Durchtrennung åuûert sich je nach Lokalisation als diffuse Einblutung oder auch als Håmatom. Gerade kleinere Arterien kænnen sich retrahieren und Gefåûspasmus sowie Gewebedruck zur Blutstillung fçhren. Dies kann allerdings auch die relevante Gefåûverletzung verbergen und lediglich die chirurgische Exploration, in Ausnahmen die Angiographie, zeigt die komplette Durchtrennung.
Stumpfe direkte und indirekte Gefåûverletzung Die Gefåûkontusion unterscheidet sich wesentlich von den scharfen Verletzungen und kann in ihrer Folgeerscheinung sehr unterschiedlich sein. Die stumpfe Verletzung fçhrt zunåchst zur Intimalåsion und erst bei stårkerer Ausprågung zur Verletzung der Media bzw. selten zur kompletten Gefåûdurchtrennung mit Verletzung der Adventitia. Die Låsion ist allerdings oft langstreckiger als scharfe Gefåûverletzungen, was unbedingt bei der Rekonstruktion berçcksichtigt werden muss, um postoperative Thrombosen zu vermeiden. Die Intimalåsion begçnstigt die Thrombenbildung und damit den Gefåûverschluss. Insbesondere die Einschåtzung des Ausmaûes der Gefåûschådigung erfordert eine entsprechende Erfahrung. Einblutungen in die Gefåûwand nach Gefåûanastomose, Separation der Gefåûwandschichten oder Areale mit Thrombozytenaggregation bzw. Fibrinakkumulation sprechen fçr eine weiter reichende Intimaverletzung.
Die wichtigsten indirekten Gefåûverschlçsse finden sich bei Gelenkluxationen an der A. femoralis, der A. poplitea, der A. axillaris oder bei Dezelerationstrauma an der Aorta.
Primårbehandlung Die Primårbehandlung, insbesondere am Unfallort, konzentriert sich auf Kontrolle der Blutung, Schockbekåmpfung und Vermeidung weiterer Schåden. Offensichtliche Blutungen werden mittels Kompression versorgt. Als letzte Mæglichkeit sollte ein Tourniquet angelegt werden. Bei Extremitåtenverletzungen und insbesondere bei Frakturen mçssen diese mittels Schiene ruhiggestellt werden.
Therapie Die operative Versorgung reicht je nach Ausmaû der Verletzung von der direkten Gefåûnaht und dem Venenpatch bis hin zur Veneninterposition. Bei der Behandlung von kindlichen Gefåûverletzungen muss auf autologes Gewebe zurçckgegriffen werden, da nur dadurch dem anstehenden weiteren Wachstum Rechnung getragen wird. Die çblichen Entnahmebereiche sind daher die Unterarmvenen, V. cephalica und V. basilica sowie V. saphena. Das Wachstum muss auch bei der Wahl von Nahtmaterial und Anastomosentechnik beachtet werden. Insbesondere bei Verwendung von nichtresorbierbarem Nahtmaterial sollten Einzelknopftechniken angewendet werden, um das Risiko von sekundåren Stenosen zu minimieren (Abb. 7.2). Die Naht sollte
Abb. 7.2. Zerreiûung der A. brachialis bei suprakondylårer Humerusfraktur und Gefåûrekonstruktion mit Veneninterponat.
7 Gefåûverletzungen
spannungsfrei sein, damit eine Ruptur oder sekundåre Thrombose verhindert wird. Beim Einsatz von Veneninterponaten darf es nicht zum Kinking des Gefåûes kommen, da dies ebenfalls eine Thrombose induzieren kann. Nach der Gefåûversorgung mçssen die Dauer und das Ausmaû der Ischåmie beurteilt werden, denn bei langer Ischåmie muss ggf. eine prophylaktische Kompartmentspaltung erfolgen. Eine kurzfristige Ruhigstellung fçr etwa 2 Wochen sollte zur Sicherung der Gefåûnaht und der Versorgung erfolgen. Eine engmaschige Kontrolle der Durchblutung innerhalb der ersten 48 Stunden (2-stçndlich) ist notwendig. Dies kann durch Palpation des Pulses und Inspektion der Kapillardurchblutung bei Extremitåtenverletzungen erfolgen. Ein Pulsoximeter sollte die Ûberwachung ergånzen. Bei Gefåûnåhten im mikrochirurgischen Bereich bzw. auch der A. radialis und der A. ulnaris kann zur Pråvention einer Thrombenbildung postoperativ die Rheologie verbessert werden, z. B. mit Heparin und Kristalloiden wie Hydroxyåthylstårke (HAES). Diese Behandlung kann dann auf eine kurzfristige (3±4 Wochen) niedrig dosierte Therapie mit Acetylsalicylsåure umgestellt werden.
Komplikationen, Wachstumsstærungen Als wesentliche Komplikationen in den ersten 2 Tagen sind die Nachblutung und der Sofortverschluss zu nennen. Auch ein langsamer Verschluss rekonstruierter Gefåûe kann auftreten. Wenn in diesen Fållen eine gute Durchblutung distal der Låsion bei fehlendem Radialispuls feststellbar ist, wird auch ein Belassen dieser Situation diskutiert. Bei relativer Ischåmie nach Belastung ist jedoch die nochmalige Gefåûrekonstruktion erforderlich. Weitere relevante Komplikationen sind Wundinfektionen, das Kompartmentsyndrom und Lymphfisteln bzw. Lymphozelen, besonders im Bereich der Leiste. Wird eine Verletzung çbersehen, kann sich neben ischåmischen Komplikationen ein Pseudoaneurysma ausbilden, das eine sekundåre operative Behandlung erfordert, oder auch, insbesondere bei Stichverletzungen, eine AV-Fistel (Abb. 7.3). Aus solchen AV-Fisteln kænnen eine Wachstumsverzægerung, Tachykardie, erhæhtes
]
Abb. 7.3. Pseudoaneurysma. AV-Fistel nach Stichverletzung.
Blutvolumen, erhæhte Herzauswurfleistung, ein erhæhter venæser Druck mit dem Risiko einer kongestiven Herzerkrankung resultieren. Untersuchungen nach Ligatur der A. subclavia bei Fallot-Tetralogie zeigten eine Wachstumsverzægerung (Radius) und eine Reduktion der Muskelmasse. Es ist somit eine Wiederherstellung græûerer Gefåûe zu fordern. Bei distalen Gefåûverletzungen wie z. B. am Handgelenk oder auch in der Hohlhand oder am Finger besteht keine homogene Auffassung. Bei Ligatur der A. ulnaris ist das Risiko einer kritischen Ischåmie 1,6%, der A. radialis 5,1%. Das Risiko kann minimiert werden, wenn das dominante Gefåû bekannt ist. Im Bereich des Handgelenks und der Finger finden sich jedoch hohe individuelle Schwankungen, daher sollte wenn mæglich eine Gefåûversorgung erfolgen. Es ist zudem bekannt, dass im Fall einer zusåtzlichen Nervenverletzung diese sich nach Versorgung von Nerv und Arterie besser erholt.
Nachkontrollen Meist in Abhångigkeit von den Zusatzverletzungen erfolgen die Nachkontrollen. Nach der anfånglich engmaschigen Kontrolle der Durchblutung in der ersten Woche nach operativer Versorgung sollte nach Ý Jahr und noch 2 Jahre lang jåhrlich eine klinische Kontrolle erfolgen, um ggf. Wachstumsdefizite zu erfassen. Bei unklaren Befunden im Heilverlauf kann dann bei Bedarf eine Farbduplex-Untersuchung oder bei speziellen Fragen die Magnetresonanzangiographie erfolgen.
81
8 Nervenverletzungen J. Frank
Ursachen, Verletzungsmechanismus Die håufigsten Nervenverletzungen finden sich nach Schnittverletzungen am distalen Unterarm oder der Hand, meist durch Glas. Aber auch stumpfe Verletzungen kænnen durch Kompression oder Zug zu vollståndigen oder auch unvollståndigen Unterbrechungen der Nerven fçhren. Besonders bei Frakturen im Ellenbogenbereich und abhångig von der Frakturdislokation werden håufig sensible oder motorische Nerververletzungen festgestellt. Inkomplette primåre Låsionen weisen nach Reposition und Frakturstabilisierung meistens eine gute Prognose auf und erholen sich nach 2±4 Monaten. Andere håufige Lokalisationen sind neben den Extremitåten, dem Schulter- und dem Beckengçrtel auch die Kopf- und Halsregion. Generell kænnen folgende Verletzungsursachen aufgelistet werden: ± Ischåmie, ± mechanische Ursachen (Zug, Druck, Abknickung, Kålte, Hitze, Elektrizitåt, toxische Substanzen, Strahlung), ± Infektionen und entzçndliche Erkrankungen, ± Tumoren, ± systemische Erkrankungen. Generell ist allerdings zu beachten, dass bei kompletten Nervendurchtrennungen oder gar zentralen Låsionen am Plexus das sich entwickelnde Nervensystem wesentlich empfindlicher reagiert und auf die retrograde Stimulation durch die Peripherie angewiesen ist. Das Halsmark zeigt z. B. bei geburtstraumatischer Plexuslåsion eine deutliche Atrophie.
Klassifikation Die entscheidende leitende Struktur des peripheren Nervs ist der Neurit der Ganglionzelle, die sich bei den motorischen Nerven im Vorderhorn des Rçckenmarks, beim sensiblen Nerv im Ganglion spinale befindet. Eine Vielzahl von Neuriten
ist durch Bindegewebe verbunden und dieses Perineurium bildet die Faszikel. Eine Gruppe von Faszikeln, die durch interfaszikulåres Bindegewebe wiederum verbunden sind, bilden dann ein Faszikelbçndel. Eine Gruppe dieser Bçndel formt letztlich den peripheren Nerv und ist von einer bindegewebigen Hçlle ummantelt (Epineurium). Kommt es bei Nervenverletzungen zur Durchtrennung von Axonen, degenerieren diese distal der Verletzungsstelle (Waller-Degeneration). Da der Nerv jedoch nicht immer komplett durchtrennt wird, ist die Regenerationsmæglichkeit abhångig vom Grad der Verletzung und der Distanz zum Erfolgsorgan des Nervs bzw. der anatomischen Lokalisation. Die Schwere einer Nervenverletzung wurde nach Seddon ursprçnglich in drei Grade eingeteilt: ] Grad I Neuropraxie: Leitungsblockade an einer bestimmten Stelle im Verlauf des Nervs, ohne dass es zur Axondegeneration kommt. ] Grad II Axonotmesis: axonale Schådigung mit Degeneration distal der Låsion. ] Grad III Neurotmesis: komplette Durchtrennung des Nervs. Diese z. T. in der Klinik noch çbliche Klassifikation wurde von Sunderland und spåter Mackinnon erweitert (Tab. 8.1). Sie richtet sich nach der axonalen und bindegewebigen Anatomie des Nervs.
Diagnostik Klinisch imponieren auch beim Kind die typischen Bilder wie Fallhand oder Spitzfuû, sofern motorische Funktionen ausfallen. Es muss bei der Untersuchung auf Dysåsthesien, Anåsthesien, Schwåchen, Låhmungen und Funktionsausfålle geachtet werden. Gerade beim Kind stellt dies jedoch eine besondere Herausforderung an den Untersucher dar. So muss das Kind z. B. zum Spreizen der Finger (N. ulnaris) oder zum Beugen des IP-Gelenks am Daumen bzw. des DIP-Ge-
84
]
J. Frank
Tabelle 8.1. Klassifikation der Nervenverletzungen Schweregrad
Tinel-Zeichen/ Fortschreiten nach distal
Erholungsmuster
Erholungsrate
Operative Vorgehensweise
I Neuropraxie
kein T-Zeichen
komplett
schnell (Tage bis zu ca. 12 Wochen)
keine
II Axonotmesis
+/+
komplett
langsam (1 mm/Tag)
keine
III Axonotmesis
+/+
groûe Variation
langsam (1 mm/Tag)
keine/Neurolyse
IV Kontinuitåtsneurom
+/±
keines
keine Erholung
Nervennaht/Nerventransplantation
V Neurotmesis
+/±
keines
keine Erholung
Nervennaht/Nerventransplantation
VI Kombinationsverletzungen von Grad I±V
variiert nach Faszikel variiert nach Faszikel variiert nach Faszikel variiert nach Faszikel verletzungsabhångig
lenks am Zeigefinger (N. interosseus anterior) motiviert werden. Besonders zu beachten ist auch, ob ein Kind Extremitåtenanteile ignoriert und nicht mehr benutzt. Es muss hier nicht eine motorische Låsion ursåchlich sein, sondern ggf. lediglich ein sensorisches Defizit (z. B. Abspreizen von Daumen und Zeigefinger bei sensiblem Ausfall des N. medianus). Kinder klagen auch oft weniger çber Schmerzen, insbesondere nicht bei kompletter Durchtrennung. Diese finden sich håufiger bei inkompletten Verletzungen und sind dann von unterschiedlicher Dauer und Ausprågung. Manchmal sind auch eine Erwårmung und trockene Haut im betroffenen Extremitåtenabschnitt auffållig. Bei offenen Wunden mçssen die anatomischen Beziehungen zu relevanten Nervenstrukturen beachtet werden; bei geschlossenen Verletzungen kann durch Håmatombildung, Hautmarken und Schwellung der Schweregrad abgeschåtzt werden. Bei Verletzungen der Wirbelsåule muss wåhrend der Diagnostik beachtet werden, dass bei Kindern das Mark im Halsbereich den Rçckenmarkskanal ausfçllt und die Spinalnerven in einem nahezu rechten Winkel austreten. Es kommt daher eher zu einer Durchtrennung als zu einem Ausriss (Avulsion) von Nervenwurzeln. Die Myelinisierung ist ebenfalls noch nicht komplett, daher ist die Nervenleitgeschwindigkeit bis zum Alter von ca. 3 Jahren um ca. die Hålfte langsamer. Dies muss besonders bei der neurophysiologischen Untersuchung von Nervenverletzungen bei Kindern beachtet werden. Die Aufnahme der Funktion bzw. der Gebrauch (z. B. Hand) kommt beim Kind oft deutlich spåter als die Zeichen der neurophysiologischen Reinnervation.
Primårbehandlung Die Behandlung richtet sich nach der Ursache der Verletzung. Bei tiefen offenen Verletzungen (z. B. Schnittwunden an der Hand) und anatomischer Nåhe zu einem Nerv muss primår von einer Nervenverletzung ausgegangen und bei entsprechender Lokalisation die Wunde ± beim Kind meist in Vollnarkose ± exploriert werden (Abb. 8.1). Bei geschlossenen Verletzungen richtet sich die Therapie nach der Ursache der Nervenlåsion. Im Fall einer Fraktur (z. B. Ellenbogen) steht die Reposition und Stabilisierung im Vordergrund. Bei einer stumpfen Nervenverletzung durch Ûberdehnung nach Reposition ist mit einer hohen Spontanregeneration des Nervs zu rechnen (ca. 90%).
Abb. 8.1. Weitestgehende Zerreiûung des N. radialis.
8 Nervenverletzungen
]
Abb. 8.2. Mikrochirurgische Nervennaht am Finger.
Therapie Nervendurchtrennungen mçssen operativ in mikrochirurgischer Technik versorgt werden. Eine spannungsfreie Naht in faszikulårer Weise mit zusåtzlich epineuraler Naht wird je nach Nervengræûe durchgefçhrt (Abb. 8.2). Die Fadenstårke betrågt 10±0 an den Fingern, bis zu 7±0 bei den groûen Extremitåtennerven, wobei nicht resorbierbare Materialien verwendet werden. Bei Nervendefekten mçssen Nerveninterponate eingesetzt werden, z. B. mit dem N. suralis oder N. cutaneus antebrachii medialis. Die Regeneration nach einer kompletten Nervendurchtrennung ist nur so gut wie die Naht des Nervs oder dessen Rekonstruktion. Trotzdem variiert sie von sehr gut bis schlecht in Abhångigkeit vom Grad der endoneuralen Narbenbildung und dem Grad der Fehlleitung sensorischer und motorischer Axone innerhalb des verletzten Nervs. Dies gilt insbesondere fçr die Spontanregeneration bei Grad III Axonotmesis (s. Tab. 8.1). Hier kann neben Abwarten eine operative Neurolyse, insbesondere bei Lokalisation an einer typischen Nervenkompressionsstelle, eine deutliche Funktionsverbesserung bringen. Die Regenerationsrate betrågt typischerweise zwischen 1 und maximal 3 mm/Tag. Auffållig bei Kindern ist dabei die Tatsache, dass Schmerzen relativ selten auftreten.
Abb. 8.3. Nervenkompression. a Sekundår durch Kallus. b Freier Verlauf nach Neurolyse.
Komplikationen, Wachstumsstærungen Inkomplett aus der Fraktur ausgelæste Nerven oder ausgeprågte Kallusreaktionen kænnen zu einer Kompression oder gar zu einem Einmauern eines Nervs fçhren. Eine sekundåre Nervenlåsion ist die Folge und muss frçhzeitig erkannt werden. In diesen Fållen ist eine operative mikrochirurgische Neurolyse erforderlich, nach der sich håufig eine rasche Erholung der Nervenfunktion einstellt (Abb. 8.3). In Einzelfållen muss jedoch der schwer geschådigte Nerv durch ein Nerveninterponat çberbrçckt werden. Die Denervation einer Extremitåt fçhrt zu Wachstumsstærungen, bei ausgeprågten geburtstraumatischen Låsionen des Plexus kann dies mehr als 20% ausmachen. Wesentlicher noch ist das Auftreten von muskulårer Imbalance bei Ausfall bestimmter Muskelgruppen. Eine solche Imbalance muss rechtzeitig beseitigt werden, um eine fixierte Deformitåt zu verhindern, die
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J. Frank: 8 Nervenverletzungen
dann lediglich noch durch einen Eingriff am knæchernen Skelett korrigiert werden kann. Schmerzen nach Nervenverletzungen werden beim Erwachsenen folgendermaûen beschrieben: ] Kausalgie (CRPS Typ 2, komplexes regionales Schmerzsyndrom), ] Reflexdystrophie (CRPS Typ 1), ] Neuralgie, ] Neurostenalgie (Schmerz durch Kompression, Dehnung oder Ischåmie), ] zentraler Schmerz (z. B. durch spinale Verletzung oder chronischen Schmerz), ] sekundårer Krankheitsgewinn. Die meisten dieser Schmerzsyndrome bzw. Ursachen finden sich beim Kind nicht und treten selbst als Neuralgie nach Plexusverletzungen selten auf. Schmerzen, die als Neurostenalgie bezeichnet werden, sind dagegen bei einer Nervenkompression, z. B. in einer Fraktur, håufig und kænnen als diagnostischer Hinweis dienen. Auch postoperative Schmerzen, die in diese Richtung deuten, mçssen beachtet werden. Es kann ein Hinweis auf eine Irritation eines Nervs am Knochen oder an Frakturfragmenten, an eine Kompression durch eine Naht oder auch ein zunehmendes Håmatom sein.
Nachkontrollen Nach einer akuten Nervenverletzung sollte eine Nachkontrolle alle 2 Wochen erfolgen; im Wesentlichen um die Eltern beraten zu kænnen und mæglichst frçhzeitig Zeichen einer Regeneration zu erkennen, was deutlich zu einer Entspannung der Situation beitrågt. Nach erfolgter Nerven-
naht kann das Tinel-Zeichen zur klinischen Verlaufskontrolle dienen. Bei einer Regeneration ist dieses stårker an dem sich von zentral nach peripher regenerierenden Nerv im Vergleich zur ursprçnglichen Nahtstelle. Neurophysiologische Untersuchungen sollten nach 6 Wochen, 3 und 6 Monaten erfolgen. Wenn die Axone verletzt sind, findet sich ca. 6 Tage nach Verletzung und Stimulation des Nervs distal der Verletzungsstelle keine motorische Reizantwort mehr. Die Entwicklung bzw. das Auftreten einer muskulåren Imbalance sollte in den ersten 2 Jahren alle 6 Monate geprçft werden. Danach ist eine jåhrliche Verlaufskontrolle geboten. Die letztlich wiedergewonnenen Funktionen kænnen nach der Einteilung des British Medical Research Council (1954, Tab. 8.2) graduiert werden. Tabelle 8.2. Graduierung der Nervenregeneration entsprechend dem Medical Research Council Motorik M0 M1 M2 M3 M4 M5
keine Muskelkontraktion Muskelkontraktion ohne Bewegung geringe Kraftentwicklung; Bewegung gegen Schwerkraft, nicht gegen Widerstand gute Bewegung auch gegen Widerstand aktive Bewegung auch gegen Widerstand normale Kraft
Sensibilitåt S0 S1 S2 S3 S4
keine Sensibilitåt tiefe Schmerzempfindung Berçhrungsempfindlichkeit teilweise Zweipunktediskriminierung normale Sensibilitåt
9 Sehnenverletzungen J. Frank
Ursachen, Verletzungsmechanismus Kinder und Heranwachsende mit offenen Epiphysenfugen erleiden eher eine Avulsionsverletzung oder eine Verletzung der Wachstumsfuge als Band-, Muskel- und Sehnenverletzungen. Biomechanisch ist das chondroossåre Gewebe das schwåchste Glied in der Reihe, wenn man die muskulotendinæsen bzw. ligamentåren Einheiten betrachtet. Sehnen und Bånder sind nicht, wie beim Erwachsenen, direkt mit dem wachsenden Skelett çber Sharpey-Fasern verbunden. Sie sind mit dem Knorpel bzw. der Wachstumsregion çber ein fibrokartilaginåres Zwischengewebe oder das Perichondrium bzw. Periost angeheftet. Dieses Konstrukt erlaubt ein Wachstum bei Græûenzunahme des Knochens. Die hohe Elastizitåt und plastische Deformierbarkeit der Sehnen und Bånder beim Kind fçhren oft zu Knochenverletzungen und nicht zu intraligamentåren/intratendinæsen Rupturen. Erst am Ende der Wachstumsphase, bei Adoleszenten, nimmt die Laxizitåt ab und das Risiko einer intratendinæsen Ruptur steigt. Somit wirkt sich beim Kind eine çbermåûige Zugbelastung am ehesten am nahe liegenden Knochen aus. Diese Ûberlastung kann dann gelegentlich als Ossifikation sichtbar sein und repråsentiert das ¹Versagenª des muskulotendoossåren Systems. Diese Umstånde scheinen auch die Basis der pathologischen Verånderungen bei der avaskulåren Knochennekrose (z. B. Morbus Osgood-Schlatter) zu bilden. Grundsåtzlich muss beachtet werden, dass Muskeln, Sehnen und Knochen als Einheit gemeinsam fungieren und die Muskelverletzungen gerade in der Sportmedizin håufig sind. Sie gehæren zu den oft fehlinterpretierten und inadåquat behandelten Verletzungen. Es muss daher bei einem Verdacht auf eine Sehnenverletzung dem gesamten Muskel-Sehnen-Komplex Beachtung geschenkt werden. Entsprechend kænnen die Verletzungen in Låsionen der Muskulatur, des MuskelSehnen-Ûbergangs, der Sehne selbst und des Ansatzbereichs unterteilt werden.
Gerade Muskelkontusionen und -zerrungen sind håufige Verletzungen beim jungen Heranwachsenden mit dessen sportlichen Betåtigungen, jedoch selten im Kindesalter. Akute Sehnenverletzungen sind ebenfalls selten im Kindesalter, obgleich eine submaximale Belastung zu einem Ûberlastungssyndrom fçhren kann, z. B. der Teilruptur der Bizepssehne bei heranwachsenden Tennisspielern. Eine plætzliche Steigerung der Belastung mit Ûberbeanspruchung, z. B. Laufen auf unebenem Gelånde, harten oder glatten Straûen oder auf zu weichem Boden, plætzliche Belastungen vorher untrainierter Kærperregionen ohne adåquate Anpassung der Bewegungsmuster bzw. -technik, Kærperwachstum und unzureichende Erholung nach einer Verletzung sind weitere Faktoren. Im Ruhezustand haben die Sehnen eine wellenfærmige Struktur und bei einer Dehnung von 2% werden die Kollagenfasern Belastungen ausgesetzt. Ab 4±8% beginnen die Querverbindungen der Kollagenstruktur zu versagen. Die Belastung der Achillessehne kann bei Spitzen etwa das 12fache des Kærpergewichts betragen. Ursåchlich fçr einen Gewebeschaden ist aber oft die wiederkehrende Belastung in Kombination mit Druck und Scherkråften. Verletzungen finden sich somit bei folgenden Ausgangssituationen: ] rascher Spannungsanstieg ohne Aufwårmen, ] schråge Spannungslinien, ] Anspannung der Sehne vor dem Trauma, ] maximale Kontaktflåche zum anhångenden Muskel, ] Dehnung der Muskulatur durch åuûere Krafteinwirkung, ] schlechte Relation der Sehne zur Muskulatur. Bezçglich offener Verletzungen muss festgehalten werden, dass Kinder ihre Umwelt durch Sehen, Schmecken und Fçhlen erfahren. Es bleibt daher nicht aus, dass sie mit den Hånden gefåhrliche Objekte berçhren, die zu Weichteilund Sehnenverletzungen fçhren kænnen. Solche
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Verletzungen kænnen bei Kindern nicht nur Funktionsverluste zur Folge haben, sondern auch Minderwachstum durch den unfallbedingten Schaden. Dabei stehen die Sehnenverletzungen im Bereich der Hand ganz im Vordergrund.
] ] ] ]
Klassifikation
Je nach Ausmaû kann dann eine partielle oder vollståndige Sehnenruptur/-verletzung differenziert werden. Im Gegensatz zur Knochenverletzung tragen die Sehnenenden nur unwesentlich zum initialen Heilungsprozess bei. Der wesentliche Anteil an der Heilung erfolgt durch Gewebeinfiltration aus der Umgebung. Um eine gute Stabilitåt der verletzten Sehne zu gewåhrleisten, ist eine ausreichende Annåherung der Sehnenenden notwendig. Dies ist operativ gut zu erreichen und die Situation ist dann auch stabiler als bei konservativer Behandlung. Da aber gerade beim Kind das Gewebe noch wåchst und eine enorme Regenerationskapazitåt hat, ist håufig dennoch eine konservative Therapie indiziert.
Verletzungen im Bereich der Muskulatur bzw. der Muskelfasern des Muskel-Sehnen-Komplexes reagieren schnell auf Verånderungen und kænnen nach Låsionen innerhalb von 3 Wochen heilen. Bei Rupturen kænnen mehrere Arten unterschieden werden: ] Zerrungen: durch Ûberdehnung oder exzentrische Ûberlastung bedingte Låsionen im Bereich des muskulotendinæsen Ûbergangs: ± Grad I, leichte Zerrung: weniger als 5% der Muskelfasern; keine Kraftminderung oder Bewegungseinschrånkung, jedoch Schmerzen. ± Grad II, måûige Zerrung: erhebliche, aber nicht vollståndige Zerreiûung der Muskulatur. ± Grad III, schwere Zerrung: vollståndige Zerreiûung des Muskels. ] Kontusion: direkte Krafteinwirkung, wenn ein Muskel gegen den Knochen gedrçckt wird; Probleme sind die Muskelzerreiûung und im Muskel lokalisierte Blutungen. Die entstandenen Håmatome kænnen in intramuskulåre und intermuskulåre Håmatome differenziert werden. Intramuskulåre Håmatome liegen innerhalb der Muskelhçlle und fçhren zu einer Erhæhung des Drucks, was weiteren Blutungen entgegenwirkt, jedoch resultieren daraus eine långere Schwellung çber die ersten 48 Stunden, eine deutliche Druckempfindlichkeit und Beschwerden. Selten entwickelt sich in Kombination mit dem zusåtzlich osmotisch bedingten Flçssigkeitseinstrom ein akutes Kompartmentsyndrom. Intermuskulåre Håmatome fçhren zunåchst zu einem Druckanstieg, der rasch abfållt, sodass sich die Blutung verteilt, und es tritt oft distal des Schadens eine Håmatomverfårbung und Schwellung auf. Da der Druckanstieg gering ist, kehrt die Muskelfunktion rasch wieder zurçck. Insbesondere Spontanrupturen der Sehnen finden sich selten beim Kind. Als Zeichen eines mæglichen Versagens der Sehne, insbesondere beim Erwachsenen, sind vier pathologische Zustånde zu beobachten:
Peritendinitis (Entzçndung der Sehnenscheide), Peritendinitis mit Tendinose, Tendinose (Degeneration der Sehne), Tendinitis (Degeneration der Sehne mit Rupturen und inflammatorischen Reparaturprozessen).
Strecksehnen der Hand Die Strecksehnen verlaufen çber dem Handgelenk unter dem breiten Retinaculum extensorum in sechs Strecksehnenfåchern, wo sie von einer Sehnenscheide umgeben sind. Die Langfingersehnen sind am Handrçcken çber quere Faserzçge miteinander verbunden (Juncturae tendineum). Diese Querverbindungen kænnen eine Strecksehnendurchtrennung maskieren, da durch sie eine Bewegung çber die Nachbarsehne mæglich ist (Abb. 9.1). In Hæhe der Grundgelenke werden die Sehnen durch Retinakula und die Lamina intertendinea (Sehnenhaube) çber den Mittelhandkæpfchen zentriert. Ûber dem distalen Grundglied teilt sich die Strecksehne auf und zieht mit dem Mittelzçgel çber das Fingermittelgelenk. Gleichzeitig laufen zwei Seitzçgel an diesem Gelenk vorbei und vereinigen sich mit den Sehnen der Handbinnenmuskeln, um dann an der Basis der Endphalanx anzusetzen. Die Sehnen der Handbinnenmuskeln werden aus den vier Mm. lumbricales, den drei volaren Mm. interossei (Fingeradduktion) und vier dorsalen Mm. interossei (Fingerabduktion) gebildet. Feine zusåtzliche Faserzçge komplettieren den Streckapparat im Bereich der Langfinger. Øhnlich wie die Lamina intertendinea im Bereich der Grundphalanx kontrolliert das Lig. triangulare die Seitzçgel çber der Mittelphalanx. Von besonderer Wichtigkeit sind die Landsmeer-
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Landsmeersche Bänder (Lig. retinaculare tranversa et obliqua)
Lig. triangulare Seitenzügel
]
A4
A3
Mittelzügel Lamina intertendinea
Sehne des M. lumbricalis
A2 Lig. metacarpeum tranversum prof.
Sehne des M. interosseus
Retinaculum
A1
a
Retinaculum Lamina intertendinea Mittelzügel
Abb. 9.2. Beugesehnen der Langfinger. A1 bis A4 Ringbånder.
Lig. retinaculare
transversum obliquum
b
Abb. 9.1. Strecksehnen der Langfinger.
Bånder (Ligg. retinacularia transversum et obliquum). Insbesondere das schråge Band kontrolliert und koordiniert die Flexion und Extension zwischen den beiden Interphalangealgelenken (Abb. 9.1). Die Versorgung von Strecksehnenrupturen erfolgt mit unterschiedlichen Techniken und ist abhångig von Lokalisation, Alter der Verletzung und davon, ob es sich um eine geschlossene oder offene Verletzung handelt. Der Streckapparat wird in ein extrinsisches und intrinsisches System gegliedert. Die extrinsischen Strecksehnen ziehen vom Unterarm zur Hand. Zum intrinsischen Streckapparat gehæren im Wesentlichen die Sehnen der Mm. lumbricales und der Mm. interossei. An Hand und Unterarm kænnen neun Zonen unterschieden werden, wobei die Zone 1 auf Hæhe des distalen Interphalangealgelenks (DIP-Gelenk) bzw. des Interphalangealgelenks des Daumens und die Zone 8 auf Hæhe der distalen Hålfte des Unterarms liegt.
Beugesehnen der Hand Von ihrem muskulåren Ursprung am Unterarm ziehen die Beugesehnen der Hand durch den Karpaltunnel in den tiefen Hohlhandbereich, wo sie dann in Richtung der Finger verlaufen. An den tiefen Beugesehnen setzen zusåtzlich die vier Mm. lumbricales an, die die Finger in den Grundgelenken beugen und die Mittel- und Endgelenke strecken. Der Karpaltunnel und die Faserscheiden sorgen fçr eine kompakte Fçhrung der Sehnen am knæchernen Skelett. Die Sehnen selbst sind von den mit Synovialflçssigkeit gefçllten Sehnenscheiden umgeben, die auch zur Ernåhrung beitragen und die Gleitfunktion optimieren (Abb. 9.2). Im Bereich der Langfinger fçhren spezielle Ringbånder die Sehnen. Besonders wichtig und wesentlich bei Verletzungen und Rekonstruktionen sind die Ringbånder çber der Grund- und Mittelphalanx (A2 und A4). Zusåtzlich tritt die tiefe Beugesehne in Hæhe der Grundphalanx durch die oberflåchliche Sehne hindurch (Chiasma tendinum). An der dem Knochen zugewandten Seite finden sich kleine Båndchen, die so genannten Vinculae tendineum, die zur weiteren Versorgung der Sehnen beitragen. Zum Daumen verlåuft die Sehne des M. flexor pollicis longus. Statt der oberflåchlichen Beugesehne findet sich dort der M. flexor pollicis brevis, der zur Daumenballenmuskulatur gehært und am ulnaren und radialen Sesambein ansetzt.
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I
I
I
I
II I III
II III
IV
IV
V
Abb. 9.3. Zonen der Beugesehnenscheiden (IFSSH, International Federation of Surgeons for Surgery of the Hand).
Aufgrund der Unterschiede des Gleitlagers der Beugesehnen vom Handgelenk bis zu den Fingerspitzen werden verschiedene Zonen festgelegt (Abb. 9.3). Diese Zoneneinteilung ist fçr die Auswahl der Therapiestrategie und die Beurteilung der Behandlungsergebnisse wesentlich. Die Zone 2 wird auch ¹Niemandslandª oder ¹No-Man's Landª nach Bunnell genannt, da vor der Entwicklung der dynamischen Beugesehnennachbehandlung nach Kleinert dort keine primåre Sehnennaht durchgefçhrt wurde. Die Zone II reicht vom Ansatz der oberflåchlichen Beugesehne an der Mittelphalanx bis zum proximalen Ende des A1-Ringbandes und enthålt somit beide Beugesehnen in einem engen fibroossåren Kanal.
Diagnostik Bei Verletzungen der Muskulatur muss auf folgende Merkmale geachtet werden: ] scharfer/stechender Schmerz bei Kontraktur, ] bei Teilruptur Behinderung der Kontraktionen bzw. Ausfall bei Komplettruptur, ] Palpation des Defekts bei Teilruptur/Komplettruptur, ] Druckempfindlichkeit und Schwellung, ] Håmatome und Verfårbungen nach 24 Stunden, gelegentlich Muskelkråmpfe.
Wesentlich ist die klinische Untersuchung mit Inspektion und Palpation in Kombination mit einem Funktionstest mit oder ohne Widerstand. Apparativ ist die Sonographie eine gute Methode, insbesondere zur Abgrenzung intramuskulårer Håmatome. Die Diagnostik bei Sehnenverletzungen basiert im Wesentlichen auf der Analyse des Unfallmechanismus und dem klinischen Bild, sowie der Untersuchung mit entsprechenden Funktionstests. Bei kompletter Sehnenruptur wird gelegentlich ein plætzliches Schnappen und Schmerz verspçrt. Partielle Låsionen zeigen oft einen plætzlichen Schmerzbeginn in Kombination mit besonderen Ereignissen oder Bewegungsablåufen. Insbesondere bei Sportverletzungen des Kindes bzw. Heranwachsenden mçssen konventionelle Ræntgenuntersuchungen erfolgen, die Verletzungen der Wachstumsfugen und Avulsionsverletzungen zeigen. Bei bestimmten Sehnenverletzungen, z. B. des Schulterbereichs, des Handgelenks, der Quadrizepssehne, der Patellarsehne, der Achillessehne kann die Sonographie hilfreich sein. In bestimmten klinischen Situationen ist die Magnetresonanztomographie wertvoll. Gewisse Probleme wie Osteochondritis, Apophysitis, chronische Verletzungen der Wachstumsfuge sind damit besser zu analysieren; Sehnenverletzungen kænnen von tumoræsen Verånderungen oder Infektionen besser abgegrenzt werden.
Strecksehnenverletzungen der Hand Die klinische Diagnosesicherung ist je nach Hæhe der Verletzung schwierig, im Zweifelsfall muss insbesondere bei offenen Wunden eine Revision durchgefçhrt werden, um eine Verletzung der Strecksehnen auszuschlieûen. Bei geschlossenen Verletzungen kann auch die Sonographie helfen. Insgesamt ist bei fehlender Kooperation kleiner Kinder die Initialdiagnostik schwierig und muss ggf. wiederholt werden. Typische Fallstricke mçssen durch dezidierte klinische Untersuchungen besonders beachtet werden. So kænnen die Querverbindungen der Langfingersehnen (Juncturae tendinum) eine Strecksehnendurchtrennung maskieren, da dann eine Bewegung çber die unverletzte Nachbarsehne durch diese Verbindung mæglich ist. Die subkutane Strecksehnenruptur in Zone 1 (Mallet-Finger oder Baseball-Finger) findet man håufig nach einer gewaltsamen Flexion des End-
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gelenks, z. B. nach dem Beziehen von Matratzen oder direktem Anprall eines Balls. In ca. Ü der Fålle wird man mit einer Mallet-Fraktur und Beteiligung der Epiphyse des Endglieds konfrontiert. Es kommt zur Hyperextension des PIP- bei Flexionsfehlstellung des DIP-Gelenks. Bei plætzlicher gewaltsamer Flexion im proximalen Interphalangealgelenk (PIP-Gelenk, Zone 3) oder Verletzungen çber dem PIP-Gelenk bzw. einer Luxation des PIP-Gelenks nach volar kann es zur Ruptur des Strecksehnenmittelzçgels kommen. Bei initial zunåchst durch die Schwellung unklarem Befund kann das Vollbild der Verletzung erst spåter auffallen. Klinisch resultiert dann ein Streckdefizit im PIP-Gelenk bei gleichzeitiger Hyperextension des DIP-Gelenks, was als Knopflochdeformitåt bezeichnet wird. Diese Fehlstellung ergibt sich aus dem Spannungsverlust des Streckapparats çber dem PIP-Gelenk und dadurch bedingtem Abrutschen der Seitzçgel nach volar unter die Achse des PIP-Gelenks. Verletzungen der Strecksehnen çber dem Grundgelenk und weiter proximal sind håufig bei offenen Verletzungen. Beim Kind kænnen Probleme im Zusammenhang mit angeborenen Fehlbildungen auftreten, die dann erst zum Unfallzeitpunkt auffallen. Zum Beispiel kann eine Verletzung der langen Daumenstrecksehne mit einem kongenitalen schnellenden Daumen verwechselt werden, da durch die Einklemmung der Sehne eine Streckung des Interphalangealgelenks nicht mehr mæglich ist.
Beugesehnenverletzungen der Hand Analog zu den Strecksehnen werden im Bereich der Hand extrinsische und intrinsische Beugesehnen unterschieden. Zu den extrinsischen Beugesehnen gehæren die tiefen Beugesehnen, die durch die oberflåchlichen Beugesehnen auf Hæhe der Grundphalanx hindurchtreten und an der palmaren Basis des Endglieds inserieren, sowie die superfiziellen Beugesehnen, die mit einem radialen und ulnaren Zçgel an der mittleren Phalanx ansetzen. Die Mm. lumbricales sowie die Mm. interossei dorsales und palmares beugen in den Grundgelenken und bilden das intrinsische Beugesystem. Die Beugung der Endphalanx des Daumens erfolgt durch die Sehne des M. flexor pollicis longus, die Beugung der Grundphalanx durch den M. flexor pollicis brevis. Querverlaufende beugeseitige Schnittverletzungen im Bereich der Hand sollten bei unsicherer Tiefenausdehnung die Wundrevision ver-
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anlassen, da klinisch ein sicherer Ausschluss von Teillåsionen nicht immer mæglich ist. Bei kompletter Durchtrennung beider Beugesehnen ist eine aktive Flexion im proximalen und distalen Interphalangealgelenk nicht mæglich, wåhrend bei der isolierten Verletzung der tiefen Beugesehne die aktive Beugung im distalen Interphalangealgelenk und bei Verletzung der superfiziellen Beugesehne diejenige im proximalen Interphalangealgelenk aufgehoben ist.
Primårbehandlung Bei Muskelverletzungen und Blutungen mçssen in der Akutphase folgende Maûnahmen getroffen werden: ] Ruhigstellung, ] Bandagierung der betroffenen Muskelgruppe ohne Einengung, ] Kçhlung, ] Hochlagerung der Extremitåt, ] Entlastung, z. B. Gehstçtzen bei unterer Extremitåt; ggf. Schienung der oberen Extremitåt, ] Vermeidung weiterer Låsionen in der instabilen Phase (24±36 Stunden). Die Primårbehandlung bei Sehnenverletzungen ergibt sich aus der Ursache. Handelt es sich um einen geschlossenen Weichteilschaden, wird das betroffene Gelenk ± soweit mæglich ± mit einer Schiene ruhig gestellt. Die Position wird so gewåhlt, dass die Sehne nicht weiter belastet wird, z. B. bei Beugesehnenverletzungen der Hand in leichter Flexion (ca. 208) des Handgelenks und mittlerer Beugestellung der Finger oder bei Achillessehnenverletzungen in Spitzfuûstellung des Fuûes. Bei zusåtzlichen offenen Verletzungen muss eine sterile Abdeckung erfolgen. Sollte eine unmittelbare Versorgung nicht mæglich sein, erfolgt eine antibiotische Therapie. Wenn Sehnenverletzungen nicht entsprechend versorgt werden kænnen und es zu einer deutlichen Zeitverzægerung kommt, z. B. långerer Transport in ein Krankenhaus/anderes Krankenhaus, Versorgung am nåchsten Tag oder in einigen Tagen, dann sollten die Wunden operativ gereinigt und zunåchst verschlossen werden. Es muss jedoch beim Kind bedacht werden, dass dann eine weitere Narkose erforderlich sein wird, da eine Wundrevision in Lokalanåsthesie erst mit zunehmendem Alter und Verståndnis ohne çbermåûige psychische Belastung mæglich ist.
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Therapie Nach der Primårbehandlung einer Muskelverletzung sollte abhångig vom klinischen Bild die Låsion zunåchst als schwerwiegend betrachtet werden und 2±3 Tage Durchblutung, Schwellung und intramuskulårer Druck beobachtet werden. Nach Ablauf dieser Zeitphase sollte zur Diagnosesicherung klinisch zwischen intramuskulårem und intermuskulårem Håmatom differenziert werden. Geringere Rupturen/Låsionen lassen sich durch elastische Verbånde und ggf. Wårmeanwendung oder Wechselbehandlung therapieren. Bei schmerzhaften Schwellungen ist ein Kompartmentsyndrom auszuschlieûen, ausnahmsweise durch Druckmessungen des Kompartments, und die Diagnostik muss erweitert werden (Ultraschall oder MRT). Bei ausgedehnten Blutungen kann eine operative Entlastung notwendig werden. Mit dem operativen Eingriff sollte die Muskulatur soweit mæglich mittels Naht adaptiert werden, um die Narbenbildung zu minimieren. Bei græûeren Befunden ist eine postoperative Ruhigstellung in einem Gips oder einer Orthese fçr ca. 4±6 Wochen notwendig. Die Behandlung von Sehnenverletzungen richtet sich ganz nach der anatomischen Lokalisation. Verschiedene Avulsionsverletzungen z. B. der Hamstring-Muskulatur und der Achillessehne werden meist konservativ behandelt. Seltene Låsionen der Rotatorenmanschette, der Patellarsehne, der Quadrizepssehne werden nach Ausdehnung und Dislokationsgrad operativ behandelt. Prinzipiell sollte eine mæglichst frçhe Mobilisierung nach Sehnenverletzung angestrebt werden, da dies eine korrekte Ausrichtung des Kollagens erlaubt. Damit wird eine gute Kraftçbertragung und Wiedererlangung sichergestellt. Schienen kænnen dabei das Bewegungsausmaû so limitieren, dass es nicht zu einer Ûberlastung der operativen Versorgung bzw. einem Auseinanderweichen der Sehnenenden bei konservativer Therapie kommt.
Strecksehnenverletzungen der Hand In Abhångigkeit von der Hæhe (Zone) der Verletzung wird bei offenen Verletzungen meist eine Sehnennaht und die Adaptation der Streckaponeurose durchgefçhrt. Bei geschlossenen subkutanen Strecksehnenrupturen (Zone 1) erfolgt die Ruhigstellung des Endgelenks meist mit einer Aluminium-Fingerschiene fçr 6±8 Wochen, 2 Wo-
chen stundenweise Entwæhnung, gefolgt von weiteren 2 Wochen nåchtlicher Schienenversorgung. In Ausnahmefållen oder bei Mallet-Frakturen kann die temporåre Transfixation des Endgelenks auch mit einem dçnnen KirschnerDraht erfolgen. Verletzungen der Zone 3 erfordern eine Ruhigstellung des PIP-Gelenks in Streckstellung fçr 6±8 Wochen. Je nach Alter und Verståndnis kann nach 4 Wochen auf eine dynamische Extensionsschiene gewechselt werden. Die Nachbehandlung bei Strecksehnenverletzungen proximal der Grundphalanx kann zur schnellen Funktionsoptimierung dynamisch erfolgen. Dazu kann postoperativ zunåchst mittels Gipsschiene eine Ruhigstellung in Streckstellung erfolgen und dann nach wenigen Tagen eine unterarmbasierte Schiene mit Extension des Handgelenks von ca. 308 angepasst werden. Diese Schiene wird dann mit entsprechenden Auslegern kombiniert, die çber Gummizçgel die
Abb. 9.4. Dynamische Extensionsschiene zur Nachbehandlung von Strecksehnennåhten.
Finger in Extension ziehen (Abb. 9.4). Es erfolgt dann eine stufenweise Erweiterung der Fingerflexion (z. B. 2. postoperative Woche 308 Flexion der Grundgelenke, 3. postoperative Woche 608, dann 908). Die Schiene verbleibt meist ca. 5 Wochen postoperativ. Eine volle Handfunktion wird dadurch oft schnell erreicht.
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a
Abb. 9.5. Beugesehnennaht. Kernnaht mit Feinadaptation.
Beugesehnenverletzungen der Hand Frische Beugesehnenverletzungen werden çblicherweise primår versorgt. Nach Aufsuchen der Sehnenstçmpfe kænnen diese mit einer Kançle fixiert und geglåttet werden. Bei den vielen Nahttechniken ist prinzipiell festzuhalten, dass zunåchst die Anlage einer so genannten Kernnaht und danach die fortlaufende Feinadaptation der Sehnenstçmpfe erfolgt (Abb. 9.5). Nach Mæglichkeit sollte die oberflåchliche Beugesehne mit versorgt werden und unverletzte Ringbånder mçssen soweit wie mæglich geschont werden. Bei stark verschmutzten Wunden oder Bissverletzungen kann bis zu 3 Wochen posttraumatisch die postprimåre bzw. frçhsekundåre Naht erfolgen. Die spåte Sehnenrekonstruktion erfordert im Allgemeinen ein zweizeitiges Vorgehen. Im ersten Schritt wird ein Silastikstab als Platzhalter zur Schaffung eines Gleitlagers eingesetzt. Nach 8±12 Wochen erfolgt bei passiv guter Beweglichkeit die Sehnenersatzplastik durch ein Transplantat (meist Palmaris-longus- bzw. Plantaris-Sehne). Die Fixation der Sehnen erfolgt dabei unter Beachtung der Epiphysenfugen. Die Ausziehnaht wird an der Fingerkuppe am Kno-
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b
Abb. 9.6. Beugesehnennaht. a Paraossåre Refixation der tiefen Beugesehne. b Vernåhung mit dem distalen Stumpf.
chen vorbei auf den Fingernagel gelegt (Abb. 9.6). Die Sehnentransplantate werden proximal im Bereich des Unterarms mit dem entsprechenden Muskel bzw. Sehnenstumpf fest durchflochten und erreichen somit eine sehr gute primåre Fixation. Bei der Daumenbeugesehne und dem Zeigefinger wird mæglichst der ursprçngliche Muskel-Sehnen-Komplex verwendet; bei den restlichen Langfingern kann eine Durchflechtung mit den Nachbarsehnen erfolgen (Abb. 9.7).
Abb. 9.7. Sehnendurchflechtungsnaht nach Pulvertaft.
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Abb. 9.8. Kleinert-Anordnung zur Nachbehandlung von Beugesehnennåhten.
Nach Primårnaht der Beugesehnen im fibroossåren Kanal und auch auf Hæhe des Handgelenks ist die dynamische Nachbehandlung nach Kleinert, mit der ab dem 1. postoperativen Tag begonnen wird, die Methode der Wahl (Abb. 9.8). Die Nachbehandlung solcher Sehnenverletzungen bei Kindern unter einem Alter von ca. 8 Jahren kann problematisch sein. Die Therapie muss darauf abzielen, die Sehnennaht zu schçtzen, da man von einer Kooperation nicht sicher ausgehen kann. Es muss eine Schiene angebracht werden, die Spannungen an der Sehnennaht vermeidet und ein aktives Zugreifen verhindert, andererseits jedoch eine ausreichende Fingerbeweglichkeit erlaubt. Diese Einschrånkungen sollten maximal 4 Wochen bestehen (Abb. 9.9). Bei Kindern unter 5 Jahren muss die Ruhigstellung çber das Ellenbogengelenk reichen, da sonst die Schiene bzw. der Gips abrutscht.
Komplikationen, Wachstumsstærungen Prinzipiell konservativ zu behandelnde Låsionen der Muskulatur und der Sehnen mçssen adåquat entlastet werden. Erst nach Wiedererlangen der vollen Kraft und Beweglichkeit sollten insbesondere sportliche Aktivitåten wieder aufgenommen werden. Eine zu frçhe Belastung
Abb. 9.9 a±c. Faustgips bei Kleinkindern nach Beugesehnennaht.
und eine erneute Låsion kænnen zu ernsteren Komplikationen fçhren wie z. B. Myositis ossificans. Aber auch die Ausbildung von normalem Narbengewebe kann je nach Ausmaû groûe Gebiete unterschiedlicher Elastizitåt hinterlassen und somit im Extremfall anhaltend Probleme bereiten, sodass eine Entfernung in seltenen Fållen notwendig wird. Obwohl akute Verletzungen der Sehnen abgesehen von den offenen Verletzungen im Bereich der Hand eher selten sind, kann die repetitive submaximale Belastung zur Entwicklung eines Ûberlastungssyndroms fçhren. Insbesondere bei Sehnenverletzungen, die zur Wiederherstellung
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(z. B. Beugesehnen der Hand) eine operative Therapie benætigen, fçhrt ein Funktionsausfall zu einem Minderwachstum des betroffenen Extremitåtenabschnitts. Die unzureichende Therapie einer Strecksehnenruptur in Zone 1 kann zur Schwanenhalsdeformitåt fçhren mit fixierter Hyperextension im PIP-Gelenk und Flexionsstellung des DIP-Gelenks. In Zone 3 fçhrt die Insuffizienz des Mittelzçgels zu einem Abrutschen der Seitzçgel in Hæhe des PIP-Gelenks und fixierter Flexionsfehlstellung. Das DIP-Gelenk ist çberstreckt. Diese Fehlstellung des Fingers wird als Knopflochdeformitåt bezeichnet. Solche fixierten Fehlstellungen sind schwierig zu korrigieren und mçssen meist vor einer operativen Korrektur
]
mittels Quengelung bis zum Erreichen einer weitgehend freien Gelenkfunktion behandelt werden.
Nachkontrollen Komplexe Sehnenrekonstruktionen bedçrfen nach anfånglicher Instruktion der Eltern und dem Alter des Kindes entsprechend einer wæchentlichen Kontrolle bis zur 6. oder 12. postoperativen Woche. Monatliche Kontrollen sollten dann bis zum Ablauf von 6 Monaten erfolgen bzw. bis zum Erreichen der vollen Funktion. Wenn Wachstumsstærungen zu befçrchten sind, erfolgt eine jåhrliche klinische Kontrolle.
95
11 Schulter
Schultergçrtel W. Schlickewei und M. Seif el Nasr
] Physiologische Befunde Bei der Interpretation der Ræntgenbilder ist das (seltene) Vorhandensein von akzessorischen Knochen im Bereich des Schultergelenks (Abb. 11.1 a±c) zu berçcksichtigen. Die Knochenkerne des Schultergçrtels (Abb. 11.2) treten zu verschiedenen Zeitpunkten auf (s. Abb. 5.1). Der Fugenschluss tritt im Bereich des Schultergçrtels zwischen dem 15. und 18. Lebensjahr ein, lediglich im medialen Ende des Schlçsselbeins ist noch im Alter bis zu 25 Jahren gelegentlich eine offene Fuge zu beobachten. Verletzungen im Bereich des Schultergçrtels sind bei Kindern meistens unkompliziert und treten nur ausnahmsweise als Komplexverlet-
a
b
Abb. 11.2. Knochenkerne der Skapula.
zung auf. Im klinischen Alltag finden sich am håufigsten Klavikulafrakturen, wåhrend Schultereckgelenkverletzungen oder Skapulafrakturen eher eine Raritåt darstellen. Traumatische Schulterluxationen treten hingegen eher im sportlich aktiven Adoleszentenalter auf.
c
Abb. 11.1. Akzessorische Knochenkerne. a Os acromiale, b Kapselknochen am AC-Gelenk, c groûer Sesamknochen im Lig. coracoacromiale.
118
]
W. Schlickewei und M. Seif el Nasr
] Frakturen der Klavikula Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Beim Neugeborenen ist die Klavikulafraktur die håufigste geburtstraumatische Schådigung (1,7%). Im Kindesalter ist sie die vierthåufigste Fraktur und macht 5±15% aller Knochenbrçche aus, mit steigender Tendenz bei den Adoleszenten, bedingt durch Verletzungen bei extrem sportlichen Aktivitåten. Geburtstraumatische Frakturen werden håufig erst durch den sich frçh bildenden Kallus und die dadurch bedingte Schwellung auf Hæhe der Fraktur diagnostiziert. Klinische Zeichen wie ein asymmetrischer Moro-Reflex oder ein asymmetrisches Stillverhalten werden selten beobachtet. Der direkte Sturz auf die Schulter ist sonst der håufigste Unfallmechanismus, und Sportverletzungen sind die håufigste Unfallursache. Indirekte Krafteinwirkung wie der Sturz auf den ausgestreckten Arm spielen kaum eine Rolle. Bei Kleinkindern sind die Frakturen ± bedingt durch den dicken Periostschlauch ± meist undisloziert, wåhrend im Adoleszentenalter dislozierte Frakturen çberwiegen. Nahezu die Hålfte der Frakturen ereignen sich in der ersten Lebensdekade, Jungen sind deutlich håufiger betroffen als Mådchen. Die klinischen Frakturzeichen weisen schnell auf die Diagnose. Bei dislozierten Frakturen sind sie durch die geringe Weichteildeckung evident.
vor. Echte Schaftbrçche im medialen Drittel, also Frakturen zwischen dem medialen Ansatz des M. sternocleidomastoideus und der medialen Wachstumsfuge sind deutlich seltener. Sternoklavikulåre Luxationen sind beschrieben, dçrften jedoch zum Groûteil fehldiagnostizierte Fugenverletzungen darstellen. Die Frakturen der medialen Wachstumsfuge werden nach Salter und Harris klassifiziert. Bei den meisten handelt es sich um Salter-Harris-I- und -II-Frakturen. Das epiphysåre Fragment ± ohne oder mit einem kleinen metaphysåren Keil ± verbleibt im Sternoklavikulargelenk. Eine weitere Einteilung dieser Verletzungen beschreibt die Dislokationsrichtung des Schaftes. Die anteriore Dislokation ist die håufigere, die posteriore, mit einer mæglichen Beeintråchtigung der mediastinalen Strukturen, die wichtigere. Im Bereich des lateralen Drittels erfolgt die Klassifikation der Frakturen und der AC-Gelenk-Verletzungen in Anlehnung an die Rockwood-Klassifikation der AC-Gelenk-Verletzungen des Erwachsenen nach Dameron und Rockwood (Abb. 11.3). Bei den kindlichen Verletzungen dieser Region handelt es sich in der Regel nicht um echte AC-Gelenk-Sprengungen, sondern um laterale Klavikulafrakturen. Das mediale Fragment durchspieût dabei den dicken Periostschlauch, reiût ihn auf und disloziert durch die einwirkenden Kråfte des Traumas und der
I
II
III
IV
V
VI
Klassifikation Die gebråuchlichste Klassifikation der Klavikulafraktur ist die nach Allmann. Typ I betrifft die Frakturen im mittleren Drittel, Typ II die lateral der korakoklavikulåren Bånder und Typ III die Frakturen des medialen Drittels. Die Subtypen beschreiben ] undislozierte (a), ] dislozierte (b) und ] mehrfragmentåre (c) Frakturen. Eine neue AO-Klassifikation der kindlichen Frakturen der Klavikula ist zurzeit in Arbeit und in ihrer definitiven Form noch nicht publiziert. Im Bereich des medialen Klavikuladrittels treten drei Verletzungsformen auf. Am håufigsten liegt eine Fraktur durch die Wachstumsfuge
Abb. 11.3. Rockwood-Klassifikation der AC-Gelenkverletzungen.
11 Schulter
ansetzenden Muskeln. Der Periostschlauch verbleibt in Verbindung mit dem peripheren Fragment, die korakoklavikulåren Bånder bleiben an der Unterseite des Periostschlauchs intakt! Folgerichtig wird die Einteilung dieser Verletzungen in Abhångigkeit von der Dislokation des medialen Fragments vorgenommen, die Unterscheidung in Fugenverletzungen oder Schaftfrakturen ist unbedeutend.
]
medialen Fragments. Die korakoklavikulåre Distanz ist um 25± 100% erweitert. ] Typ IV Entsprechend Typ III, nur mit dorsaler Dislokation des medialen Fragments. Das Fragment kann dabei auch den M. trapezius knopflochartig perforieren und damit geschlossen irreponibel sein. Im a.-p.-Strahlengang kann diese Verletzung unterschåtzt werden. Erst im axialen Strahlengang ist das nach dorsal stehende Schaftfragment erkennbar.
] Typ I Dehnung des Lig. acromioclaviculare oder Fissur der lateralen Klavikula ohne Låsion des Periostschlauchs. Radiologisch keine Dislokation nachweisbar.
] Typ V Komplette Spaltung des Periostschlauchs, Dislokation des medialen Fragments nach proximal subkutan. Die korakoklavikulåre Distanz ist um mehr als 100% erweitert.
] Typ II Partielle Perforation und Riss des Periostschlauchs, geringe Instabilitåt mit radiologisch erweitertem AC-Gelenk/Frakturspalt ohne wesentliche Vergræûerung der akromioklavikulåren Distanz.
] Typ VI Nach distal disloziertes mediales Fragment, mit Verhakung unter dem Processus coracoideus.
] Typ III Erweiterter Riss des Periostschlauchs mit deutlicher Instabilitåt und Hochstand des
Fraktur im mittleren Drittel ± Typ I nach Allmann I
Besonderheiten
håufigste Form der Klavikulafraktur
Diagnostik
Rx a.-p. gençgt in der Regel im Einzelfall auch Sonographie denkbar
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
nur beim Jugendlichen Verkçrzung der Schulter mæglichst vermeiden hohe Korrekturpotenz durch Remodeling
Primårbehandlung
Ruhigstellung im Mitella-Tuch Redressierung im Rucksackverband beim Kind meist undurchfçhrbar! nur bei stark dislozierten Frakturen bringt der Rucksackverband eine Schmerzlinderung durch Auseinanderziehen der schmerzenden Knochenenden (aber keine Redressierung!)
119
120
]
W. Schlickewei und M. Seif el Nasr
Fraktur im mittleren Drittel ± Typ I nach Allmann Konservative Therapie ] Indikation
i. d. R. konservativ
] Verfahren
Mitella-Tuch fçr 2 Wochen oder Gilchrist-Verband beim Jugendlichen 3±4 Wochen
] Nachbehandlung
funktionell ab Schmerzfreiheit
] Rx-Kontrolle
nach ca. 4 Wochen Konsolidierungskontrolle, bei kleinen Kindern klinischer Befund oder Kontrolle mittels Sonographie ausreichend
] Sportfåhigkeit
ca. 3 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
offene Fraktur, Gefåû-Nerven-Schaden, Durchspieûungsgefahr nur ausnahmsweise beim Adoleszenten mit erheblicher Verkçrzung
] Verfahren
Einzelfallentscheidung fçr Plattenosteosynthese oder ESIN
] Nachbehandlung
funktionell ab Schmerzfreiheit
] Rx-Kontrolle
nach ca. 4 Wochen Konsolidierungskontrolle
] Metallentfernung
Platte bzw. ESIN nach 3 Monaten
] Sportfåhigkeit
ca. 3 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
selten Irritationen des Plexus durch den Kugelkallus
Wachstumsstærungen
kaum zu erwarten
Nachkontrollen
zu vernachlåssigen
Klassifikation
AO:
LiLa:
11 Schulter
Fraktur im lateralen Drittel ± Typ II nach Allmann II
Besonderheiten
Periostschlauch bleibt intakt, ebenso die korakoklavikulåren Bånder (s. Klassifikation) Konsolidierung durch periostale Knochenbildung
Diagnostik
Rx a.-p. und Schulter axial wegen Dislokationsrichtung und Ausmaû
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
bei Typ IV, V und VI nach Dameron und Rockwood Reposition erforderlich hohe Korrekturpotenz durch Remodeling Ausbildung einer Neoklavikula im Periostschlauch mæglich
Primårbehandlung
Ruhigstellung im Mitella-Tuch nur bei stark dislozierten Frakturen bringt der Rucksackverband eine Schmerzlinderung durch Auseinanderziehen der schmerzenden Knochenenden (aber keine Redressierung!)
Konservative Therapie ] Indikation
alle Typ-I-, -II- und -III-Verletzungen nach Dameron und Rockwood
] Verfahren
Mitella-Tuch oder Gilchrist-Verband fçr 2 Wochen, beim Jugendlichen 3±4 Wochen
] Nachbehandlung
funktionell ab Schmerzfreiheit
] Rx-Kontrolle
nach ca. 4 Wochen Konsolidierungskontrolle
] Sportfåhigkeit
ca. 3 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
bei Typ-IV-, -V- und -VI-Verletzungen nach Dameron und Rockwood offene Fraktur, Gefåû-Nerven-Schaden, Durchspieûungsgefahr selten beim Adoleszenten mit erheblicher Verkçrzung
] Verfahren
beim Kind mit noch kråftigem Periostschlauch nach Reposition Naht des Periostschlauchs beim Jugendlichen bevorzugt nicht AC-Gelenk fassen, alternativ Fixation mit resorbierbarer Kordel zum Korakoid
] Nachbehandlung
funktionell ab Schmerzfreiheit
] Rx-Kontrolle
nach ca. 4 Wochen Konsolidierungskontrolle
]
121
122
]
W. Schlickewei und M. Seif el Nasr
Fraktur im lateralen Drittel ± Typ II nach Allmann ] Metallentfernung
nach 3 Monaten bei Zuggurtung durch das AC-Gelenk nach 5±6 Wochen
] Sportfåhigkeit
ca. 3 Wochen nach Konsolidierung bei Zuggurtung durch das AC-Gelenk nach Metallentfernung
Komplikationen
Serombildung nach Zuggurtung
Wachstumsstærungen
kaum zu erwarten
Nachkontrollen
zu vernachlåssigen
Klassifikation
AO:
LiLa:
Fraktur im medialen Drittel ± Typ III nach Allmann III
Besonderheiten
sehr selten meist Fraktur durch die Fuge, diese bedingt 80% des Långenwachstums letzte Fuge, die schlieût Dislokation des Schaftfragments nach mediastinal, kann mediastinale Strukturen komprimieren und einen Notfall darstellen! (jedoch Raritåt)
Diagnostik
Rx a.-p., CT mit Rekonstruktion (!), auch MRT mit Rekonstruktion mæglich, dabei Darstellung der Fugenverletzung (s. Fallbeispiele)
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Schmerzlinderung nur im Notfall Entlastung der mediastinalen Strukturen (s. Primårbehandlung) hohe Korrekturpotenz durch Remodeling
Primårbehandlung
Reposition selten erforderlich nur bei Dislokation nach mediastinal mit Komprimierung mediastinaler Strukturen kann eine notfallmåûige geschlossene oder offene Reposition erforderlich werden Ruhigstellung im Mitella-Tuch
11 Schulter
Konservative Therapie ] Indikation
fast immer (s. Primårbehandlung)
] Verfahren
Mitella fçr 2 Wochen, beim Jugendlichen 3±4 Wochen
] Nachbehandlung
funktionell ab Schmerzfreiheit
] Rx-Kontrolle
nach ca. 4 Wochen Konsolidierungskontrolle
] Sportfåhigkeit
ca. 3 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
nur bei der oben beschriebenen Notfallindikation und bei Fehlwachstum nach dorsal, Stabilisierung mit resorbierbarer Kordel Redislokationstendenz nach mediastinal besteht durch Wachstum; Verlaufsbeobachtung!
] Verfahren
Zuggurtung keine alleinige K-Draht-Osteosynthese wegen der Wanderungstendenz der Dråhte! Fixation mit PDS-Naht an Sternum plus Kapselnaht; keine K-Dråhte wegen hoher Wanderungsgefahr!
] Nachbehandlung
funktionell ab Schmerzfreiheit
] Rx-Kontrolle
nach ca. 4 Wochen Konsolidierungskontrolle
] Metallentfernung
keine Metallimplantate
] Sportfåhigkeit
nach Konsolidierung
Komplikationen
Drahtwanderung bei alleiniger K-Draht-Osteosynthese, daher nicht durchfçhren! Ausriss der Zuggurtung (resorbierbares Material, prinzipiell auch Drahtnaht mæglich)
Wachstumsstærungen
kaum zu erwarten
Nachkontrollen
in den ersten Jahren zum Ausschluss retrosternalen Wachstums
Klassifikation
AO:
Technische Aspekte
Klavikula
Material
] ] ] ]
Lagerung
] Rçckenlagerung, Arm frei beweglich, Schultertisch bzw. Durchleuchtungsmæglichkeit sicherstellen ] Beach-Chair-Lagerung fçr Kinder eher ungçnstig
Zugang
] in Verlaufsrichtung der Klavikula auf Hæhe der Fraktur oder Såbelhiebschnitt ] Narben neigen hier zu Keloidbildung!
LiLa:
Vicryl (3,0) fçr Periostnåhte K-Dråhte (1,4 mm), Cerclagedraht (1,25) fçr Zuggurtung Kleinfragment-Rekoplatten (3,5 mm) fçr Plattenosteosynthese Titan-Federnagel (2,0) fçr ESIN
]
123
124
]
W. Schlickewei und M. Seif el Nasr
Technische Aspekte
Klavikula
Spezielle Aufklårung
] ] ] ]
OP-Prinzip
Periostnaht ] Verschluss des dicken Periostschlauchs nach Reposition der Klavikula Zuggurtung ] klassische Zuggurtung, wenn irgend mæglich ohne Transfixation von AC- oder SCGelenk, auch resorbierbare Kordel um Korakoid mæglich Plattenosteosynthese ] bei Mehrfragmentfraktur Brçckenplatte, keine Denudierung der freien Fragmente ESIN ] Auffådeln der Fraktur von medial
Metallentfernung
] ESIN evtl. ambulant, Platte oder Zuggurtung ggf. kurz stationår
Sonstige Besonderheiten
] keine
konservative Alternative besprechen und dokumentieren! Serombildung, Infektgefahr Narbenbildung eher geringes Risiko von Gefåû-Nerven-Låsionen
11 Schulter
]
] Verletzungen des Akromioklavikulargelenks Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Verletzungen des Akromioklavikulargelenks sind im Wachstumsalter kaum zu beobachten. Mægliche Ursachen sind direkte Schultertraumen, zum Beispiel bei jugendlichen Ringern. Der Verletzungsmechanismus fçhrt in der Regel zu einer (metaphysåren) Fraktur. Das klinische Bild korreliert mit der Verletzung des Erwachsenen (Klaviertastenphånomen).
Klassifikation In der Einteilung der Verletzung werden nach Tossy drei Schweregrade unterschieden: allenfalls der Grad III mit einer kompletten Zerreiûung des Schultereckgelenks bedarf einer spezifischen Behandlung.
Akromioklavikulargelenkverletzung (AC-Gelenk-Verletzung)
Besonderheiten
im Wachstumsalter ist ¹Pseudoluxationª, die Epiphysenlæsung der lateralen Klavikula, abzugrenzen
Diagnostik
zur Analyse der Schultereckgelenkinstabilitåt ist die Aufnahme mit und ohne Gewicht (5±10 kg) immer noch als Methode der Wahl anzusehen, die Sonographie im Seitenvergleich erlaubt ebenfalls eine Aussage zur Dislokation
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Ziel der Behandlung ist die Erhaltung der Stabilitåt des Gelenks und das Vermeiden von Faktoren, die zu einer Arthrose des Gelenks fçhren kænnen
Primårbehandlung
Rucksackverband
Konservative Therapie ] Indikation
in der çberwiegenden Zahl der (seltenen) Fålle
] Verfahren
Rucksackverband fçr ca. 2±3 Wochen
] Nachbehandlung
frçhfunktionell, Sportkarenz fçr 4 Wochen
] Rx-Kontrolle
i. d. R. nicht erforderlich
] Sportfåhigkeit
nach 4 Wochen
125
126
]
W. Schlickewei und M. Seif el Nasr
Akromioklavikulargelenkverletzung (AC-Gelenk-Verletzung) Operative Therapie ] Indikation
in Ausnahmefållen bei kompletter Gelenkzerreiûung
] Verfahren
Zuggurtung mit resorbierbarem Nahtmaterial (PDS)
] Nachbehandlung
frçhfunktionell mit Vermeiden von Ûberkopfbewegungen fçr 6 Wochen
] Rx-Kontrolle
vor Entfernen der transfixierenden Bohrdråhte
] Metallentfernung
nach 6 Wochen
] Sportfåhigkeit
nach 8±12 Wochen
Komplikationen
verbleibende Instabilitåt
Wachstumsstærung
nicht bekannt
Nachkontrollen
klinisch 6 Monate nach Trauma
Klassifikation
AO:
Technische Aspekte
AC-Gelenk
Material
] resorbierbares Nahtmaterial (PDS), ] Bohrdråhte 1,8 mm
Lagerung
] Beach-chair-Lagerung
Zugang
] laterale Inzision çber dem AC-Gelenk
Spezielle Aufklårung
] Nachblutung, Nervenverletzung, Infektion
OP-Prinzip
] Sicherung der readaptierenden Bandnåhte und passagere Sicherung mit Zuggurtung
Metallentfernung
] im Intervall nach 6 Wochen, ambulant
Sonstige Besonderheiten
] keine
LiLa:
11 Schulter
]
] Verletzungen des Sternoklavikulargelenks Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Die typische SC-Gelenkluxation des Erwachsenen ist beim Kind extrem selten, differenzialdiagnostisch ist die traumatische Epiphysiolyse abzugrenzen, die ebenso kaum vorkommt. In der Literatur wird çber Einzelfålle berichtet. Ursache einer Verletzung des Sternoklavikulargelenks kann der Sturz auf den ausgestreckten Arm sein. Sportarten wie Ringen und Turnen sind prådestiniert, derartige Unfålle herbeizufçhren. Das klinische Bild imponiert mit Schwellung und Schmerzen.
Klassifikation Unterschieden werden die Verletzungen des Sternoklavikulargelenks nach der Richtung der Dislokation (anterior, posterior).
Sternoklavikulargelenkverletzung (SC-Gelenk-Verletzung)
Besonderheiten
Begleitverletzungen der Thoraxorgane (Pneumothorax) sind v. a. bei posteriorer Luxation beschrieben
Diagnostik
die konventionelle a.-p. Ræntgenaufnahme erlaubt håufig nicht, die Diagnose zu sichern; bei Verdacht auf Luxation ist eine Schnittbilduntersuchung als Methode der Wahl anzusehen, wobei die CT eine bessere Rekonstruktion erlaubt und die MRT eine bessere Darstellung der Weichteile, Gefåûe und der beteiligten Fuge
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Ziel der Therapie ist die Wiederherstellung der Stabilitåt
Primårbehandlung
Ruhigstellung in Gilchrist-Verband oder im Mitella-Tuch
Konservative Therapie ] Indikation
Methode der Wahl, sekundår ist ein gutes Remodeling zu erwarten
] Verfahren
geschlossene Repositionsmanæver wenig aussichtsreich, Befundkontrolle durch Ræntgenoder MRT-Kontrolle; keine Repositionsmanæver indiziert
127
128
]
W. Schlickewei und M. Seif el Nasr
Sternoklavikulargelenkverletzung (SC-Gelenk-Verletzung) ] Nachbehandlung
Schonung fçr 3 Wochen
] Rx-Kontrolle
nur bei unsicherem Befund
] Sportfåhigkeit
nach 6 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
bei instabiler Situation, deutlicher anteriorer oder posteriorer Luxation, sekundår bei Beschwerden (aufwendiger)
] Verfahren
offene Einrichtung; 8er Drahtnaht oder PDS-Naht, transossåre Bohrkanåle, ggf. ergånzt mit Periostlappenplastik
] Nachbehandlung
Schonung und Vermeiden von Auûenrotationsbewegungen im Schultergelenk fçr 4±6 Wochen
] Rx-Kontrolle
vor Aufnahme der vollen Aktivitåt
] Metallentfernung
fakultativ bei Drahtnaht nach ca. 3 Monaten
] Sportfåhigkeit
nach 6±8 Wochen
Komplikationen
intraoperativ Verletzungen von Nachbarstrukturen (Lunge, groûe Gefåûe), deswegen keine Verwendung von Bohrdråhten!
Wachstumsstærung
nicht zu erwarten
Nachkontrollen
Funktionskontrollen im Verlauf
Klassifikation
AO:
Technische Aspekte
SC-Gelenk
Material
] Drahtnaht durch Bohrkanåle als 8er-Naht, als Alternative ggf. PDS
Lagerung
] Beach-chair-Lagerung
Zugang
] bogenfærmige Inzision çber dem SC-Gelenk
Spezielle Aufklårung
] Verletzung von Nachbarstrukturen, auffållige Narbenbildung
OP-Prinzip
] Zuggurtung
Metallentfernung
] fakultativ nach ca. 3 Monaten bei Verwendung von Drahtnåhten
Sonstige Besonderheiten
] keine
LiLa:
11 Schulter
]
] Frakturen der Skapula Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Frakturen der Skapula sind selten, sie machen unter 1% der Frakturen aus. Abscherverletzungen am Glenoid entstehen bei Schulterluxationen (inkl. knæcherne BankardLåsion, s. dort). Korakoidabrissfrakturen kænnen im Zusammenhang mit lateralen Klavikulafrakturen und AC-Gelenk-Verletzungen auftreten. Die çbrigen Skapulafrakturen sind Folge von Hochrasanztraumen wie Verkehrsunfålle und Sturz aus groûer Hæhe mit direkter Krafteinwirkung. Gleichzeitig vorliegende Rippen- oder Wirbelfrakturen dominieren im klinischen Bild, sodass Skapulafrakturen teils erst im Polytrauma-CT auffallen. Ein gezieltes Fahnden nach klinischen und radiologischen Frakturzeichen bei klinischem Verletzungsverdacht an der Schulter ist erforderlich.
Klassifikation Eine spezielle Klassifikation kindlicher Skapulafrakturen gibt es nicht. Ûblicherweise erfolgt die Einteilung nach Lokalisation der Fraktur (Abb. 11.15): ] Korpusfrakturen (1), ] Spinafrakturen (2), ] akromiale Frakturen (3), ± mit Einengung des subakromialen Raums, ± ohne Einengung des subakromialen Raums, ] Korakoidfrakturen (4), ] Skapulahalsfrakturen (5), ] Glenoidfrakturen (6), ] thorakoskapulåre Dissoziation (Abb. 11.16).
3 4
2
6 5 1
Abb. 11.15. Einteilung der Skapulafrakturen.
Abb. 11.16. Thorakoskapulåre Dissoziation.
129
130
]
W. Schlickewei und M. Seif el Nasr
Skapulafraktur
3 4
2
6 5 1
Besonderheiten
sehr selten
Diagnostik
Rx a.-p. Schulter axial Rx Skapula tangential in den konventionellen Rx sind die Frakturen in ihrem Verlauf und im Ausmaû der Dislokation nicht immer beurteilbar, in diesen Fållen CT
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Schmerzreduktion Rekonstruktion des Glenoids bei græûerer Dislokation wenig Aussagen zu Korrekturpotenz
Primårbehandlung
Ruhigstellung im Gilchrist-Verband
Konservative Therapie ] Indikation
i. d. R. konservativ
] Verfahren
Gilchrist-Verband fçr 2 Wochen
] Nachbehandlung
frçhfunktionelle spontane Ûbungen, Bewegungsbad, Ausnutzen des Wasserauftriebs ab Schmerzfreiheit
] Rx-Kontrolle
nach ca. 4 Wochen Konsolidierungskontrolle
] Sportfåhigkeit
ca. 3 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
bei Floating Shoulder, ggf. nur Versorgung der Klavikula bzw. der Skapula, Versorgung der Skapula nur bei dann noch bestehender grober Dislokation; Abstçtzung des Skapulahalses bei Floating Shoulder grob dislozierte Glenoidfrakturen Einzelfallentscheidungen
] Verfahren
Platten- und Schraubenosteosynthese
] Nachbehandlung
funktionell ab Schmerzfreiheit
] Rx-Kontrolle
nach ca. 4 Wochen Konsolidierungskontrolle
] Metallentfernung
nach 8±12 Wochen (nur Klavikula, Skapulaplatte kann belassen werden)
] Sportfåhigkeit
ca. 3 Wochen nach Metallentfernung
Komplikationen
Zugangsmorbiditåt
11 Schulter
Wachstumsstærungen
kaum zu erwarten
Nachkontrollen
zu vernachlåssigen
Klassifikation
AO:
Technische Aspekte
Skapula
Material
] Schrauben (2,0±3,5) ] Plattenosteosynthese (2,0±3,5)
Lagerung
] Rçckenlagerung, Arm frei beweglich bei vorderen Zugången ] Bauchlagerung, Arm frei beweglich bei dorsalen Zugången ] Seitenlage auf Gegenseite bei kombinierten Zugången, Durchleuchtungsmæglichkeit sicherstellen; Arm steril auf Armstçtze
Zugang
] ventral % Såbelhiebschnitt % deltoideopektoraler Zugang ] dorsal % entlang dem lateralen Skapularand unter und çber M. teres major (Zwei-PortalZugang) Stabilisierung der Margo lateralis i. d. R. ausreichend
Spezielle Aufklårung
] Verletzungsgefahr von N. suprascapularis, N. axillaris
OP-Prinzip
Plattenosteosynthese ] klassische Plattenosteosynthese Schraubenosteosynthese ] klassische Schraubenosteosynthese
Metallentfernung
] nach 8±12 Wochen; dorsale Skapulaplatten belassen
Sonstige Besonderheiten
] keine
LiLa:
]
131
132
]
W. E. Linhart und F. J. Schneider
Glenohumeralgelenk W. E. Linhart und F. J. Schneider Obwohl das Schultergelenk ein Synovialgelenk vom Typ des Kugelgelenks ist, besitzt es nicht die natçrliche Stabilitåt, die diesem Gelenktyp allgemein beigemessen wird, da das flache Glenoid mit dem sphårischen Humeruskopf artikuliert und vorwiegend durch die Gelenkkapsel, glenohumerale Bånder und die Rotatorenmanschette gefçhrt wird. Diese Stabilisierung vorwiegend çber Weichteile erlaubt dem Schultergelenk einerseits den græûten Bewegungsumfang aller Gelenke, andererseits bewirkt die mangelhafte knæcherne Fçhrung eine besondere Anfålligkeit gegençber Kapselverletzungen, Subluxationen oder Luxationen.
Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Eine vordere Schulterluxation wird durch einen Sturz auf den çber die Horizontale abduzierten Arm verursacht, eine Position, die eine Hebelwirkung nach vorne auf den Humeruskopf ausçbt und die vorderen und unteren Kapselanteile çberdehnt oder sogar vom Glenoidhals abreiût. Der vordere Labrumabriss mit oder ohne knæchernen Anteil ist von herausragender Bedeutung fçr die dauerhafte Schultergelenkstabilitåt (Bankart-Låsion) (Abb. 11.19 a, b; 11.20).
] Glenohumerale Luxation Inzidenz Die Inzidenz der glenohumeralen Luxation betrågt bei Kindern unter 2% und bei Jugendlichen etwa 20%. Im Kindesalter stellt die proximale Humeruswachstumsfuge aufgrund der Festigkeit der Bånder und Weichteile den mechanisch schwåchsten Teil im Schultergelenkkomplex dar. Daher ist die håufigste Verletzung eine Salter-Harris-Typ-II-Verletzung. Wåhrend der Pubertåt, wenn die Wachstumsfuge verknæchert, kommt es zu einem deutlichen Anstieg von Kapsel- und Rotatorenverletzungen, Subluxationen und Luxationen. In groûen Serien von Schulterluxationen, die çber einen Verlaufszeitraum von 20 Jahren nachbeobachtet wurden, waren Kinder unter 10 Jahren nur zu 1,6% betroffen. Dagegen traten knapp 20% der Schulterluxationen zwischen dem 10. und 20. Lebensjahr auf. In etwa der Hålfte dieser Verletzungen handelte es sich dabei um Luxationen, die nach dem Erstereignis rezidivierten. Das bedeutet, dass Schulterluxationen im Jugendalter håufiger rezidivieren als bei Erwachsenen. Bei kleinen Kindern ist die Schulterluxation hingegen extrem selten und wird vor allem in Verbindung mit einer Plexusparese oder als angeborene Erkrankung (Ehlers-Danlos- oder Marfan-Syndrom) beobachtet.
a
a
bb
Abb. 11.19 a, b. Bankart-Låsion.
Abb. 11.20. Bankart-Låsion; MRT.
Eine hintere Schulterluxation wird entweder durch einen Sturz auf den in der Schulter gebeugten und adduzierten Arm oder durch ein Ûberwiegen der Innenrotatoren im Rahmen von epileptischen Krampfanfållen verursacht. Dabei wird der Humeruskopf nach hinten gehebelt und die Kapsel wird çberdehnt oder reiût ein.
11 Schulter
Es sind vor allem indirekte Traumen, welche die håufigsten Unfallursachen darstellen. Wåhrend diese Verletzungen bei Kindern zu Wachstumsfugenlåsionen fçhren, çberwiegen im Jugendund Erwachsenenalter eher metaphysåre Brçche und Weichteillåsionen, z. B. in Form von Rotatorenmanschettenlåsionen, Subluxationen oder Luxationen. Auch als geburtstraumatische Verletzungen sind Schulterluxationen beschrieben. Dabei kommt es zu einer anteromedialen Verschiebung des Schaftes, die ræntgenologisch eine Schulterluxation vortåuschen kann. Tatsåchlich handelt es sich dabei aber um eine Epiphysenlæsung der proximalen Humeruswachstumsfuge, die infolge eines schwierigen Geburtsverlaufes bei der Entwicklung der Schulter auftreten kann. Die Humerusepiphyse steht zwar innerhalb des Gelenks, die Metaphyse ist aufgrund der Traumatisierung und Epiphysenlæsung verschoben. Da der Kopfkern noch nicht verknæchert und im Ræntgenbild nicht sichtbar ist, wird dies als Schulterluxation fehlinterpretiert. Eine weitere Form der Schulterluxation ist die sog. ¹atraumatische Luxationª, bei welcher die Kinder ihre Schulter willkçrlich subluxieren oder luxieren kænnen. Es ist unklar, ob dieses Phånomen spontan auftritt oder die Folge eines Minimaltraumas darstellt. Bei dieser Form der Luxation spielen psychische Faktoren eine Rolle. Andererseits mçssen kausale Ursachen wie eine Pfannendysplasie oder habituelle Schulterluxationen ± auch nach traumatischer Erstluxation mit persistierender Instabilitåt ± in diesen Fållen ausgeschlossen werden. Eine traumatische Luxation verursacht Schmerzen, eine Schwellung und Funktionseinschrånkung im Bereich der Schulter. Die Stellung des Armes hångt von der Luxationsrichtung ab. Bei einer vorderen Luxation wird der Arm in leichter Abduktion und Auûenrotation gehalten,
]
Abb. 11.21. Klinisches Bild einer ventralen Schulterluxation; leere Pfanne.
und es ist klinisch eine leere Gelenkpfanne erkennbar (Abb. 11.21). Eine hintere Luxation zeigt eine Adduktion und Innenrotation. Eine untere Luxation weist ebenfalls eine Abduktionsstellung des Arms auf, wobei dieser auf oder hinter dem Kopf liegt (luxatio erecta). Eine willkçrliche Subluxation oder Luxation verursacht keine oder nur geringe Schmerzen und Schwellung.
Klassifikation Schulterluxationen werden entweder nach der Luxationsrichtung in vordere, hintere, untere oder multidirektionale Luxationen eingeteilt. Die vordere Schulterluxation ist die bei weitem håufigste. Eine andere Einteilung erfolgt nach der Ursache in traumatisch, atraumatisch, willkçrlich, habituell, angeboren usw. (Tab. 11.1).
Tabelle 11.1. Ursachenorientierte Einteilung der Schulterluxation Traumabedingt
Ohne Trauma
Erstluxation: traumatische Luxation mit Zerreiûung der Kapsel, Bankart-Låsion usw.
Angeborene Luxation: Laxizitåt, Bindegewebserkrankungen
Rezidivierende Luxation: Luxation bei posttraumatischer Kapselinsuffizienz, Bankart-Låsion, Hill-Sachs-Delle
Erworbene Luxation: Plexusparese, neurologische Erkrankung Willkçrliche Luxation: Laxizitåt, psychische Faktoren
133
134
]
W. E. Linhart und F. J. Schneider
Glenohumerale Luxation
Besonderheiten
primåre traumatische Schulterluxation im Wachstumsalter extrem selten, eher im Adoleszentenalter beim Sport; angeborene Skelettanomalien (Glenoiddysplasie und angeborene Luxationen, neurologische Erkrankungen) kænnen die Luxation begçnstigen; Kinder mit willkçrlich auslæsbaren Subluxationen und Luxationen sollten bzgl. Verhaltensauffålligkeiten abgeklårt werden, sie benætigen spezielle Muskelaufbauprogramme
Diagnostik
Klinik: vordere Luxation (håufig): federnde Abduktionsstellung sowie eine leere Pfanne; hintere Luxation: Adduktion und Innenrotation; untere Luxation: Abduktionsstellung des Armes, wobei dieser auf oder hinter dem Kopf liegt (luxatio erecta). Ausschluss einer Verletzung des N. axillaris oder des Plexus brachialis. Kontrolle der Armdurchblutung vor und nach Reposition. Rx der Schulter a.-p. (2. Ebene meist nicht mæglich), ggf. transthorakale Aufnahme bei unklarer Luxationsrichtung (jedoch hohe Strahlenbelastung); MRT bei unklarer Luxationsrichtung, Beurteilung einer evtl. dysplastischen Pfanne oder von Zusatzverletzungen; Ultraschalluntersuchung als nichtinvasive Maûnahme auch bei Neugeborenen und Såuglingen sowie bei Weichteilverletzungen sinnvoll, erfordert jedoch sonographische Erfahrung; I. d. R. ist eine MRT zur Beurteilung der Gesamtverletzung einschlieûlich des Labrums, der Rotatorenmanschette oder auch anderer Verletzungen, wie z. B. einem knorpeligen Apophysenausriss beim Jugendlichen erforderlich
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Reposition mit Wiederherstellung des Gelenkflåchenkontaktes; Vermeiden einer Gelenkinstabilitåt, einer Funktionseinschrånkung, eines Gefåû-Nerven-Schadens; Vermeiden einer Reluxation
Primårbehandlung
obligate Ræntgenaufnahme vor einem Repositionsmanæver, um Diagnose zu sichern und proximale Humerusfraktur auszuschlieûen; beim Kind in Kurznarkose geschlossene Reposition in analoger Technik wie beim Erwachsenen unter kurzzeitiger Muskelrelaxation zur Vermeidung von Sekundårschåden; Notfallindikation
Konservative Therapie ] Indikation
Erstluxation ohne morphologischen Schaden
] Verfahren
nach erfolgter Reposition Ruhigstellung im Gilchrist-Verband fçr 2±3 Wochen, Ausschluss einer operationspflichtigen Verletzung durch Sonographie oder MRT
] Nachbehandlung
schrittweise Krankengymnastik unter Vermeidung einer Auûenrotation bei vorderer Luxation fçr 4 Wochen
11 Schulter
Glenohumerale Luxation ] Rx-Kontrolle
Repositionskontrolle mit Ræntgen; im Intervall MRT zum Ausschluss einer Labrumlåsion
] Sportfåhigkeit
frçhestens nach 6 Wochen, Kontaktsportarten und Ûberkopfsportarten (Tennis) nach 10±12 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
bei dislozierter Labrumverletzung und rezidivierender Luxation
] Verfahren
arthroskopische Labrumrefixation mit Fadenanker (resorbierbar oder Titan) und Kapselraffung, ausnahmsweise offene Refixation (knæcherne Bankart-Låsion)
] Nachbehandlung
Ruhigstellung im Gilchrist-Verband fçr 2±3 Wochen und Vermeidung einer Auûenrotation fçr 4 Wochen
] Rx-Kontrolle
nicht regulår erforderlich
] Metallentfernung
entfållt
] Sportfåhigkeit
frçhestens nach 6 Wochen, Kontaktsportarten und Ûberkopfsportarten (Tennis) nach 10±12 Wochen
Komplikationen
Reluxation; Aufklårung çber Reluxationsgefahr unerlåsslich
Wachstumsstærungen
nicht zu erwarten, auûer bei Begleitverletzungen an der proximalen Oberarmepiphyse
Nachkontrollen
Jahreskontrolle sinnvoll
Klassifikation
AO:
Technische Aspekte
Schulterluxation
Material
] Ankernåhte, resorbierbar
Lagerung
] extendierte Schulter (Seitenlage) oder Beach-chair-Lagerung
Zugang
] arthroskopisch, falls technisch schwierig auch Miniarthrotomie
Spezielle Aufklårung
] Rezidivgefahr
OP-Prinzip
] Stabilisierung der verletzten Kapselstrukturen, Labrumrefixation mit Fadenanker ] Anfrischen der Ruptur und Insertionszone ] Ausschluss weiterer intraartikulårer Verletzungen wåhrend Arthroskopie
Metallentfernung
entfållt
Sonstige Besonderheiten
] schwierige Stabilisierung bei Pfannendysplasie und habitueller Luxation in diesen Fållen nach Abschluss des Wachstums ggf. knæcherner Pfannenrandaufbau ] primår i. d. R. arthroskopische Verfahren, auch wiederholt ] zurçckhaltende OP-Indikation bei multidirektionaler Instabilitåt
LiLa:
]
135
136
]
11 Schulter
] Fallbeispiele Fall 11.1 Klavikulaschaftfraktur, Typ Ib nach Allmann.
a Unfallbild. b Konservative Behandlung mit Kalluswolke. Fall 11.2 Klavikulaschaftfraktur Typ IIIc nach Allmann mit Dislokation im Sternoklavikulargelenk, Mådchen, 14 J.
a Unfallbild. b CT-Kontrolle mit 3-D-Rekonstruktion. c, d Rekonstruktion mit Platte und Knochenanker.
11 Schulter
Fall 11.3 Laterale Klavikulafraktur Typ III nach Dameron und Rockwood. Konservative Behandlung. Periostale Knochenneubildung im Periostschlauch.
a Unfallbild. b 1 Monat nach Unfall. c 6 Monate nach Unfall.
]
137
138
]
11 Schulter
Fall 11.4 Klavikulaschaftfraktur. Typ Ic nach Allmann.
a±c Floating Shoulder bei gleichzeitiger Skapulahals- und -korpusfraktur. Versorgung durch Plattenosteosynthese.
13 Ellenbogen
Allgemeines L. M. Wessel und D. Schneidmçller
] Physiologische Befunde Bei Geburt ist der Kern des Capitulum humeri bereits vorhanden, dieser entsteht im 5.±6. Embryonalmonat. Der Knochenkern des proximalen Radius entwickelt sich um das 2. Lebensjahr. Um das 4. Lebensjahr erscheint der Knochenkern des Epicondylus ulnaris. Die Knochenkerne des Condylus ulnaris entstehen um das 6.±8. Lebensjahr, sind håufig unregelmåûig und asymmetrisch zur Gegenseite. Der Knochenkern fçr das Olekranon entwickelt sich um das 9.±11. Lebensjahr; zuletzt erscheint der Knochenkern fçr den Epicondylus radialis um das 12.±14. Lebensjahr. Die distale Humerusfuge verschlieût sich funktionell zwischen dem 8. und 10. Lebensjahr, abhångig vom Geschlecht und nach einem NordSçd-Gefålle, Personen aus dem Mittelmeerraum
sind frçher ausgewachsen als Personen aus dem Norden. In Einzelfållen kann der Fugenschluss sich bis zum 12. Lebensjahr verzægern. Die Knochenkerne der Epikondylen vereinigen sich vom 14.±16. Lebensjahr mit dem distalen Humerus. Die Fuge des proximalen Radius verschmilzt zwischen dem 10. und 12. Lebensjahr mit dem Radius, der Knochenkern des Olekranon zwischen dem 14. und 16. Lebensjahr mit der proximalen Ulna (Abb. 13.1).
Altersabhångige Ræntgenbefunde Die Wachstumsfuge des distalen Humerus ist bei Geburt kaum zu erkennen, da der græûte Teil der Epiphyse knorpelig angelegt und somit nicht sichtbar ist. In der seitlichen Ebene ist sie mitunter sehr schråg und unregelmåûig mit einem weiteren Aspekt zur Epiphyse hin, wodurch eine Epiphysiolyse vorgetåuscht werden kann. Im seitlichen Ræntgenbild fehlt auf alle Fålle das sog. Fat-Pad-Zeichen als Ausdruck eines intraartikulåren Ergusses (Abb. 13.2).
5 J./ 14-18 J. 10 J./ 14-15 J. 7 J./ 14-18 J.
1- 5 Mon./ 14-16 J. 4 J./ 14-18 J.
Abb. 13.1. Knochenkerne und Fugenschluss am Ellenbogen.
Abb. 13.2. Vorderes und hinteres Fat-Pad-Zeichen einer suprakondylåren Humerusfraktur Grad I.
152
]
L. M. Wessel und D. Schneidmçller
a
b
c
Abb. 13.3. Rogers-Hilfslinie zur Diagnose einer suprakondylåren Humerusfraktur im seitlichen Ræntgenbild. a Physiologischer Befund: Verlångerung der ventralen Humeruskortikalis schneidet das Capitulum humeri am Ûbergang vom mittleren zum hinteren Drittel. b Extensionsfraktur: Schnittpunkt liegt weiter ventral. c Flexionsfraktur: Schnittpunkt liegt weiter dorsal.
Kurz vor Fugenschluss des distalen Humerus kann die Trochlea eine Vielzahl von entstandenen Knochenkernen aufweisen, die sich auf der Vergleichsaufnahme unterschiedlich darstellen. Diese dçrfen nicht mit einer Fraktur oder gar einer aseptischen Knochennekrose verwechselt werden. Isolierte Knochenkerne am distalen Humerus sind ausgesprochen selten. Aufgrund der erst sukzessive auftretenden Knochenkerne ist der genaue Verlauf der distalen humeralen Gelenkflåche nur bei Kenntnis der Anatomie zu sehen, was in den Zeichnungen des Buches entsprechend gekennzeichnet ist. Unterscheiden muss man die rein extraartikulåren suprakondylåren (Abb. 13.3) und epikondylåren Frakturen auf der radialen und ulnaren Seite von den intraartikulåren Frakturen. Zu diesen zåhlen die Y-Fraktur des distalen Humerus, die håufige Condylus-radialis- und die Condylus-ulnaris-Fraktur (s. Kapitel 14).
13 Ellenbogen
Abb. 13.4. 6 Monate: Knochenkern Capitulum humeri.
Abb. 13.5. 3. Lj.: Knochenkern Radiuskæpfchen.
Abb. 13.6. 8. Lj.: Knochenkern Epicondylus ulnaris.
Abb. 13.7. 12. Lj.: Knochenkern Trochlea.
]
153
154
]
L. M. Wessel
Suprakondylåre Humerusfrakturen L. M. Wessel Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Ellenbogenlåsionen weisen eine Inzidenz von insgesamt 7±9% auf, davon ist der distale Humerus in 86,4% der Fålle betroffen. Die weitere Aufteilung zeigt 69,8% suprakondylåre Frakturen, 16,9% Condylus-radialis-Frakturen, 12,5% Abrisse des Epicondylus ulnaris und weniger als 1% Condylus-ulnaris- bzw. Y-Frakturen. Somit betrågt die Inzidenz der suprakondylåren Frakturen 5±6%. Die suprakondylåre Humerusfraktur stellt eine charakteristische Fraktur des Kindesalters dar, kurz vor Fugenschluss wird sie in der Håufigkeit von der Ellenbogenluxation abgelæst. Das klassische Verletzungsalter liegt um das 5. Lebensjahr. Ursåchlich fçr die Verletzung ist in der Regel der Sturz auf den ausgestreckten Arm. Hierbei wird das Olekranon in die Fossa olecrani gehebelt, und es kommt zur Fraktur. In den meisten Fållen handelt es sich um Extensionsverletzungen; nur selten (ca. 2%) entstehen Flexionsverletzungen durch direkten Sturz auf den Ellenbogen. Das klinische Bild hångt vom Ausmaû der Dislokation ab. Zur Anamnese gehært ein verletzungsadåquates Trauma. Das Ellenbogengelenk ist geschwollen; bei deutlicher Dislokation ist die Fehlstellung des Gelenks nicht zu çbersehen. Geachtet werden soll auf die Durchblutung; ferner mçssen Begleitverletzungen an den Nerven ausgeschlossen werden.
Klassifikation Bewåhrt hat sich die therapiebezogene Klassifikation nach von Laer u. Mitarb. Diese unterscheidet vier verschiedene Typen (Abb. 13.8). Typ I beschreibt die nicht dislozierte Fraktur. Beim Typ II besteht eine Dislokation in der sagittalen Ebene. In 98% der Fålle handelt es sich um eine Antekurvation, nur selten besteht eine Rekurvation. Bei diesem Typ muss zwischen den stabilen (hæchstens 308 Antekurvation) und drohend instabilen (Antekurvation > 308 mit Seitverschiebung) unterschieden werden. Typ III steht fçr die Dislokation in zwei Ebenen mit Rotationsfehler. Beim Typ IV handelt es sich um eine komplett dislozierte Fraktur.
Typ I
Typ II
Typ III
Typ IV
Abb. 13.8. Klassifikation suprakondylårer Humerusfrakturen nach von Laer.
13 Ellenbogen
Salter-I-Verletzung ± Epiphysenlæsung
Besonderheiten
ausgesprochen selten, v. a. bei Neugeborenen und im 1. Lj., Geburtstrauma mæglich, Ausschluss von Kindesmisshandlung Epiphyse im Neugeborenenalter nicht sichtbar; sekundåre Frakturzeichen wie Fat-PadZeichen unsicher; daher Diagnose nicht einfach
Diagnostik
Rx a.-p. und seitlich; initial nicht sichtbar alternativ Sonographie (MRT ausnahmsweise) bei Beschwerdepersistenz Rx-Kontrolle; ausgeprågte Kallusbildung und Verdichtung metaphysår
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
kein Rotationsfehler, kein Varus oder Valgus > 108 prinzipiell wird nur eine Korrektur in der Bewegungsebene (sagittal bis 208 Ante-/Rekurvation) hæchstens bis zum 5.±6. Lj. ausgeglichen
Primårbehandlung
medikamentæse Analgesie; Oberarmgipsschiene
Konservative Therapie ] Indikation
nahezu immer, auûer bei nicht reponiblen Frakturen
] Verfahren
2±3 Wochen Oberarmgips
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung Freigabe zu eigentåtigen Bewegungen; im 1. Lj. Physiotherapie nicht sinnvoll
] Rx-Kontrolle
4.±5. Tag Stellungskontrolle bei drohender Instabilitåt, sonst keine Konsolidierungskontrolle klinisch, indolenter Kallus
] Sportfåhigkeit
entfållt
Operative Therapie ] Indikation
bei Rotationsfehlstellung bzw. bei kompletter Dislokation
] Verfahren
geschlossene Reposition; Repositionsergebnis nicht sichtbar im Ræntgen; sonographische Kontrolle ggf. perkutane K-Draht-Osteosynthese bei klinischen Zeichen der totalen Dislokation offene Reposition und perkutane K-DrahtOsteosynthese
] Nachbehandlung
2±3 Wochen Oberarmgipsschiene
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle, vor Metallentfernung gipsfrei zur Konsolidierungskontrolle (nach 3±4 Wochen)
]
155
156
]
L. M. Wessel
Salter-I-Verletzung ± Epiphysenlæsung ] Metallentfernung
nach 3 Wochen; Konsolidierungskontrolle vor Metallentfernung
] Sportfåhigkeit
entfållt
Komplikationen
Ûbersehen der Verletzung bei meist sehr kleinen Kindern Varisierung der Ellenbogenachse (meistens durch Rotationsfehler; selten durch radiales Mehrwachstum) Nervenlåsionen, ebenfalls schwer festzustellen (N. ulnaris, iatrogene Schådigung vermeiden, Nn. radialis und medianus traumatisch; dann immer motorischer und sensibler Ausfall) Gefåûverletzung selten Kompartmentsyndrom
Wachstumsstærung
prinzipiell Cubitus varus/valgus durch ungleichmåûiges Wachstum mæglich, schicksalhaft, selten, wenig ausgeprågt durch belassene Rotationsfehler kombinierte Fehlstellungen mit klinischem Cubitus varus mæglich
Nachkontrollen
bis zur freien Funktion und bei gleichen Ellenbogenachsen Kontrolle der Ellenbogenachsen auf Asymmetrie bzw. Wachstumsstærungen
Klassifikation
AO: 13-E/1.1-3
LiLa: 1.3.s.1.0-2.
Suprakondylåre Humerusfraktur Typ I (ohne Dislokation)
Besonderheiten
es geht immer ein adåquates Trauma voraus; geringe Schwellung und schmerzbedingte Bewegungseinschrånkung es handelt sich um undislozierte, stabile Frakturen
Diagnostik
Rx a.-p. und seitlich; Fat-Pad-Zeichen (!), Rogers-Hilfslinie normal; initial manchmal nicht sichtbar, erst in der sekundåren Diagnostik nach 10±14 Tagen durch periostale Reaktion
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Schmerzausschaltung da keine Dislokation, immer problemlose Heilung
Primårbehandlung
Schmerzbehandlung, Oberarmgipsschiene oder Blount-Schlinge
13 Ellenbogen
Konservative Therapie ] Indikation
immer, da keine Dislokation und keine Komplikation zu erwarten
] Verfahren
2±3 Wochen Oberarmgipsschiene oder Blount-Schlinge
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung eigentåtige Bewegungsçbungen, Physiotherapie nicht notwendig
] Rx-Kontrolle
keine Kontrolle notwendig
] Sportfåhigkeit
2±4 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
nie gegeben
] Verfahren
entfållt
] Nachbehandlung
s. o.
] Rx-Kontrolle
nicht notwendig
] Metallentfernung
entfållt
] Sportfåhigkeit
s. o.
Komplikationen
prinzipiell Wachstumsstærung durch ungleichmåûiges Wachstum mæglich, jedoch nur schlecht dokumentierte Einzelbeobachtungen und eher unwahrscheinlich
Wachstumsstærung
s. o.
Nachkontrollen
nicht notwendig
Klassifikation
AO: 13-M/3.1-3.I
LiLa: 1.3.s.3.0-2.
]
157
158
]
L. M. Wessel
Suprakondylåre Humerusfraktur Typ II (Dislokation in der sagittalen Ebene)
Besonderheiten
håufige Verletzung; in > 95% der Fålle besteht eine Antekurvation; die Rekurvationsfehlstellung ist sehr selten (ca. 2%) Unterscheidung in stabilen (nur Antekurvation bis hæchstens 208) und drohend instabile Fraktur (Antekurvation mindestens 308, Rekurvation; Hinweise fçr Verschiebung der frontalen Ebene) gewisse kombinierte Fehlstellung mæglich, die sich durch Vordrehen des Condylus radialis verstårken kann; Folge ist der Cubitus varus
Diagnostik
Rx a.-p. und seitlich; Fat-Pad-Zeichen, Rogers-Hilfslinie låuft zu weit beugeseitig
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
kein Rotationsfehler, kein Varus oder Valgus prinzipiell wird nur eine Korrektur in der Bewegungsebene (sagittal bis 208 Ante-/Rekurvation) hæchstens bis zum 5.±6. Lj. ausgeglichen
Primårbehandlung
medikamentæse Analgesie Oberarmgipsschiene
Konservative Therapie ] Indikation
bei stabilen Frakturen; bedingt bei drohend instabilen Frakturen
] Verfahren
Ausgleich der Antekurvationsfehlstellung durch Redression in Hyperflexion unter Narkose oder Analgosedierung; Ruhigstellung im Blount-Verband
] Nachbehandlung
nach 3 Wochen Entfernung des Blount-Verbandes
] Rx-Kontrolle
nach 3±5 Tagen zum Ausschluss einer Rotationsfehlstellung nach 4 Wochen zur Konsolidierungskontrolle
] Sportfåhigkeit
bei nahezu freier Beweglichkeit im Ellenbogengelenk
Operative Therapie ] Indikation
bei drohend instabilen Frakturen, wenn die Redression nicht zum Erfolg fçhrt bzw. ein Rotationsfehler entsteht
] Verfahren
geschlossene Reposition in ITN, in Rçckenlage auf Armbånkchen Ausschluss eines Rotationssporns perkutane gekreuzte K-Draht-Spickung offene Reposition nur selten bei Repositionshindernis erforderlich! perkutane radiale parallele oder gekreuzte K-Draht-Osteosynthese alternativ ESIN absteigend oder radialer Fixateur externe stabile Osteosynthese und intraoperative Kontrolle der Beweglichkeit (auf seitengleiche Unterarmachse und freie Streckung und Beugung bis 1208 achten, im Technikteil ausfçhrliche Beschreibung!)
13 Ellenbogen
] Nachbehandlung
bei perkutaner K-Draht-Osteosynthese kænnen Drahtenden çber Hautniveau bleiben; 3±4 Wochen Oberarmgipsschiene bei Fixateur externe oder ESIN gipsfreie Nachbehandlung mæglich
] Rx-Kontrolle
nach 3±4 Wochen zur Konsolidierungskontrolle
] Metallentfernung
nach 3±4 Wochen
] Sportfåhigkeit
bei erreichter freier Beweglichkeit des Ellenbogengelenks
Komplikationen
Wachstumsstærung mit Ausbildung Cubitus varus/valgus sehr selten und schicksalhaft Durchleuchtung und Ræntgenkontrolle nur approximativ in der Beurteilung der Stellung, daher klinische Kontrolle erforderlich bei perkutaner geschlossener K-Draht-Osteosynthese Verletzung des N. ulnaris in bis zu 15% der Fålle, daher Nerv çber kleine Inzision darstellen, falls nicht sicher tastbar und schçtzbar
Wachstumsstærung
prinzipiell Cubitus varus/valgus durch ungleichmåûiges Wachstum mæglich, schicksalhaft, wenig ausgeprågt extrem selten Cubitus varus meistens wegen çbersehener Fehlstellung bei der Primårversorgung
Nachkontrollen
bis zur freien Funktion und bei gleichen Ellenbogenachsen Kontrolle der Ellenbogenachsen auf Asymmetrie bzw. Wachstumsstærungen
Klassifikation
AO: 13-M/3.1-3.II
LiLa: 1.3.s.3.0-2.
Suprakondylåre Humerusfraktur Typ III (Dislokation in drei Ebenen mit Rotationsfehler) ± suprakondylåre Humerusfraktur Typ IV (Dislokation in allen Ebenen; kein Kontakt zwischen den Fragmenten)
Besonderheiten
håufige Verletzung; Fehlstellung primår gut sichtbar, nach Reposition Beurteilung der Stellung stets approximativ (Gefahr der çbersehenen Fehlstellung!); Rotationssporn gibt Hinweis auf Fehlstellung, kann im Verlauf zu komplexen Fehlstellungen fçhren; bei der Versorgung dieser Frakturen immer eine Anåsthesie notwendig und eine endgçltige Versorgung in einer Narkose anzustreben; klare Operationsindikation!
Diagnostik
Ræntgen Ellenbogen in zwei Ebenen (bei ausgeprågter Fehlstellung reicht 1 Ebene pråoperativ zur OP-Indikationsstellung); Beurteilung der peripheren Durchblutung (Puls, ggf. Doppler-Sonographie) und der peripheren Nervenfunktion (sensibel und motorisch), soweit in der Situation mæglich
]
159
160
]
L. M. Wessel
Suprakondylåre Humerusfraktur Typ III (Dislokation in drei Ebenen mit Rotationsfehler) ± suprakondylåre Humerusfraktur Typ IV (Dislokation in allen Ebenen; kein Kontakt zwischen den Fragmenten) Therapieziel/ Korrekturgrenzen
keinen Rotationsfehler, keine Varus- oder Valgusfehlstellung belassen prinzipiell wird nur eine Korrektur in der Bewegungsebene (sagittal bis 208 Ante-/Rekurvation) hæchstens bis zum 5.±6. Lj. ausgeglichen
Primårbehandlung
medikamentæse Analgesie; Oberarmgipsschiene, rasche Operationsorganisation
Konservative Therapie ] Indikation
nicht indiziert, da in 30±50% sekundåre Dislokationen mit komplexer Fehlstellung auftreten und ausgesprochen håufig Nachrepositionen erforderlich sind
Operative Therapie ] Indikation
bei allen dislozierten Frakturen; da instabil und meist mit Achs- und Rotationsfehlstellung sowie erheblicher Schmerzhaftigkeit; darçber hinaus Risiko der anhaltenden Durchblutungsstærung und Nervenschådigung durch Dislokationsstellung
] Verfahren
geschlossene (2 Versuche) oder offene Reposition in ITN Osteosynthese mit K-Draht, ESIN, Fixateur externe (detaillierte Beschreibung s. u. bei Techniken)
] Nachbehandlung
bei perkutaner K-Draht-Osteosynthese Drahtenden nicht zwingend versenken, da dann auch ambulant ohne Narkose entfernbar; 3±4 Wochen Oberarmgipsschiene bei Fixateur externe oder ESIN gipsfreie Nachbehandlung mæglich
] Rx-Kontrolle
definitive intraoperative oder postoperative Kontrolle; nach 3±4 Wochen zur Konsolidierungskontrolle (vor Metallentfernung) (zur Beachtung: keine strenge a.-p. Aufnahme i. d. R. vorliegend, da im Gips gebeugt!)
] Metallentfernung
nach 3±4 Wochen
] Sportfåhigkeit
bei erreichter freier Beweglichkeit des Ellenbogengelenks
Komplikationen
Wachstumsstærung mit Ausbildung Cubitus varus/valgus sehr selten und schicksalhaft; Durchleuchtung und Ræntgenkontrolle nur approximativ in der Beurteilung der Stellung, daher klinische Kontrolle erforderlich; Vergleich mit unverletztem Arm klinisch empfohlen bei perkutaner geschlossener K-Draht-Osteosynthese Verletzung des N. ulnaris in bis zu 15% der Fålle, daher Darstellung (offen) oder sicherer Schutz (Miniinzision, Schutz durch Finger) des Nervs
Wachstumsstærung
Wachstumsstærung mit Ausbildung Cubitus varus/valgus durch ungleichmåûiges Wachstum sehr selten und schicksalhaft; Cubitus varus meistens wegen çbersehener Fehlstellung bei der Primårversorgung
Nachkontrollen
bis zur freien Funktion und bei gleichen Ellenbogenachsen; Kontrolle der Ellenbogenachsen auf Asymmetrie bzw. Wachstumsstærungen
Klassifikation
AO: 13-M/3.1-3.III (IV)
LiLa: 1.3.s.3.0-2.
13 Ellenbogen
Technische Aspekte
distaler Humerus
Material
] K-Dråhte in der Stårke 1,4±1,8 mm ] Minifixateur von AO (bis 2,5 mm) ] ESIN (Stårke 1/3 des Schaftdurchmessers)
Lagerung
] Rçckenlage, Arm auf Armbånkchen ausgelagert; Blutsperre empfehlenswert bei offenem Vorgehen
Zugang
] ulnarer Zugang zur Schonung des N. ulnaris, evtl. kombiniert mit radialem Zugang, alternativ dorsaler Zugang in Bauchlage (Cave periartikulåre Verklebungen postoperativ)
Spezielle Aufklårung
] bei der gekreuzten, perkutanen K-Draht-Osteosynthese Verletzung des N. ulnaris mit låstiger, aber in der Regel reversibler Parese (Abb. 13.9) ] beim radialen Fixateur externe Verletzung des N. radialis, Varusfehlstellung durch schicksalhaftes Fehlwachstum mæglich, jedoch åuûerst selten (Abb. 13.10) ] nach operativer Behandlung, v. a. bei dorsalem Zugang, persistierende endgradige Bewegungseinschrånkung mæglich
OP-Prinzip
] Reposition in Vollnarkose unter Relaxation, indem man dem Patienten quasi die Hand gibt und unter ståndigem Zug das Ellenbogengelenk beugt ] Varus- bzw. Valgusfehlstellung werden durch Pro- bzw. Supination ausgeglichen, anschlieûend maximale Beugung zur Beurteilung der Reposition ist v. a. die seitliche Ebene von Bedeutung, um Rotationsfehler (Spornbildung!) aufzuspçren ] zuerst Einbringen des radialen Drahtes unter seitlichem Strahlengang in ca. 308 zur Långsachse des Oberarms im Zentrum des Humerus ] bei der gekreuzten K-Draht-Osteosynthese ulnaren Draht von der ventral tastbaren Spitze im gleichen Winkel einbringen (sicheres Tasten oder offene Darstellung des N. ulnaris!); Kreuzungsstelle der Dråhte immer proximal der Fraktur, sonst Nachdrehen der Fraktur mæglich! ] bei der alternativen, etwas weniger stabilen parallelen Spickung zweiten Draht im Abstand von 1 cm parallel zum ersten in den Condylus radialis einbringen ] beim radialen Fixateur externe dritten Draht, ebenfalls von radial (Dråhte Stårke 2,0 mm), senkrecht zum Humerusschaft einbringen und alle Dråhte miteinander verbinden (Cave N. radialis!) ] fçr die ESIN Inzision unterhalb des Ansatzes des M. deltoideus am proximalen Oberarm und Fensterung der Kortikalis; nach Vorbringen zweier ESIN endgçltige Reposition und divergentes Einbringen der beiden intramedullåren Någel unter Durchleuchtungskontrolle (schwierig, da enger spaltfærmiger Markraum)
Metallentfernung
] K-Draht-Osteosynthese nach 3±4 Wochen ] Fixateur externe: nach 3±4 Wochen ] ESIN: elektiv nach 3±4 Monaten; prinzipiell nach sicherer Konsolidierung
Sonstige Besonderheiten
] Beurteilung der Fehlstellung in der sagittalen Ebene mit Hilfe der Rogers-Hilfslinie (Abb. 13.3), normalerweise schneidet diese den Kern des Condylus radialis im Zentrum; bei der Antekurvation liegt die Linie vor dem Capitulum, bei der Rekurvation hinter dem Capitulum ] klinische Kontrolle im Vergleich zur Gegenseite (Abb. 13.11) ] auffållige Narbenbildung bei ESIN am proximalen Oberarm besprechen
]
161
162
]
L. M. Wessel
N. radialis
N. ulnaris
Abb. 13.9. Gekreuzte K-Draht-Spickung bei suprakondylårer Humerusfraktur, Schema.
N. ulnaris
Abb. 13.10. Radialer Fixateur externe bei suprakondylårer Humerusfraktur, Schema.
Abb. 13.11 a±c. Intraoperativ muss die leicht valgische Ellenbogenachse symmetrisch zur gesunden Seite çberprçft werden. Ist die Streckung voll, die Beugung bis mindestens 1208 mæglich, so ist eine relevante Fehlstehllung ausgeschlossen.
13 Ellenbogen
] Fallbeispiele Fall 13.1 Epiphysiolyse, Såugling, 4 Monate, Kindesmisshandlung.
a Unfallbild. b Nach Gipsruhigstellung metaphysåre Verbreiterung sichtbar.
Fall 13.2 Stabile suprakondylåre Humerusfraktur 2. Grades, Mådchen, 7 J., Sturz von der Schaukel.
a Unfallbild. b Konservative Behandlung mit Redression in Blount-Verband.
]
163
164
]
13 Ellenbogen
Fall 13.3 Spontankorrektur einer Antekurvationsfehlstellung.
Neigungswinkel des Kapitulums von 208 als Ausdruck der Antekurvation. 2 Jahre nach dem Unfall hat sich der Neigungswinkel auf 358 erhæht.
13 Ellenbogen
Fall 13.4 Suprakondylåre Humerusfraktur 3. Grades.
a Unfallbild. b, c Stabilisierung mit Fixateur externe und Gips. d, e Ausheilungsbild.
]
165
166
]
13 Ellenbogen
Fall 13.5 Suprakondylåre Humerusfraktur 4. Grades.
a Unfallbild, erhebliche Dislokation. b, c Versorgung mit perkutaner K-Draht-Osteosynthese. d, e Ausheilung.
13 Ellenbogen
Fall 13.6 Wachstumsstærung in der Frontalebene nach suprakondylårer Humerusfraktur.
a
b
a Die Ræntgenaufnahme bei Konsolidierung zeigt eine regelrechte Stellung in der Frontalebene. b 3 Jahre nach dem Unfall stellt sich ein zunehmendes radiales Wachstum mit Cubitus varus dar.
]
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]
A. Weinberg und C. Castellani
Epikondylåre und kondylåre Humerusfrakturen; Ellenbogenluxationen A. Weinberg und C. Castellani
] Epikondylåre distale Humerusfrakturen
Abb. 13.12. Begleitverletzungen Ellenbogenluxation, håufig kombiniert mit Epicondylus-ulnaris-Abriss.
Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Insgesamt betrågt die Håufigkeit der epikondylåren Frakturen inklusive der Ellenbogenluxationen 1,3% såmtlicher Extremitåtenverletzungen. Die Fraktur des Epicondylus ulnaris ist mit çber 90% weitaus håufiger als die des Epicondylus radialis. Die Frakturen beider Epikondylen sind in den meisten Fållen Begleitverletzungen der Ellenbogenluxation (Abb. 13.12). Zu isolierten ulnaren epikondylåren Verletzungen kann es selten durch direkte Traumen kommen. Es handelt sich um extraartikulåre Frakturen. Die betroffene Fuge stellt eine Apophyse dar, die hauptsåchlich als Bandansatz und zur Formgebung fungiert und nicht zum Långenwachstum des Arms beitrågt.
] Transkondylåre distale Humerusfrakturen (Gelenkfrakturen des Condylus radialis, des
Condylus ulnaris und Y-Fraktur des distalen Humerus)
Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Die transkondylåren Humerusfrakturen ± Frakturen des Condylus radialis sowie des Condylus ulnaris und Y-Frakturen ± sind die zweithåufigsten Verletzungen des kindlichen Ellenbogens mit 1,8% såmtlicher Extremitåtenfrakturen. Die håufigste Fraktur ist die des Condylus radialis humeri (90%), gefolgt von der des Condylus ulnaris und der Y-Fraktur (je etwa 5%). Der Altersgipfel der Frakturen des Condylus radialis humeri liegt mit 4±5 Jahren leicht unter der der suprakondylåren Oberarmfrakturen. Der Altersgipfel der Frakturen des Condylus ulnaris liegt um das 12. Lebensjahr herum. Die Y-Frakturen kommen am håufigsten in der pråpubertåren Phase vor. Der Unfall entsteht meist durch Sturz auf die ausgestreckte Hand, selten durch direktes Trauma. Die transkondylåren Frakturen sind in ihrem Ausmaû oft schwer zu bewerten, da der sichtbare Knochenkern nicht der Gelenkflåche entspricht. Daher ist die Beurteilung des Gelenkspaltes nur indirekt ± auûer durch MRT ± mæglich. Ein MRT ist in der Regel jedoch nicht indiziert. Man muss unbedingt dislozierte von undislozierten Frakturen des Kondylus differenzieren. Die unverschobene Fraktur des Condylus radialis bezeichnet man als sog. ¹hångende Frakturª, da sie noch im knorpeligen Anteil fixiert ist. Da dieser knorpelige Anteil jedoch nicht direkt auf dem Ræntgenbild erkennbar ist, muss eine radiologische Verlaufskontrolle nach wenigen Tagen erfolgen, um die primåre Einschåtzung der Stabilitåt zu beståtigen. Bei dislozierten Frakturen liegt hingegen eine Gelenkverletzung mit Stufenbildung vor, die operativ eingerichtet und stabilisiert werden muss. Klinisch imponieren die Gelenkverletzungen durch eine erhebliche Schwellung mit Håmatombildung, und durch Schmerzhaftigkeit, verbunden mit erheblich eingeschrånkter Beweglichkeit und Fehlstellung.
13 Ellenbogen
] Ellenbogenluxation Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Die Ellenbogenluxationen finden sich gehåuft nach dem 10. Lebensjahr und sind nicht selten mit Frakturen des Epicondylus ulnaris kombiniert (Abb. 13.12). Zumeist kommt es aufgrund des Sturzes auf die ausgestreckte Hand zu radiodorsalen Luxationen, selten einmal durch direkten Sturz auf den dorsalen Ellenbogen zu ventralen Luxationen. Da keine Fugen verletzt werden, sind keine Wachstumsstærungen zu erwarten. Die Prognose
]
der Luxation ist durch die Begleitverletzungen bestimmt. Der Ausriss des Epicondylus ulnaris ist die håufigste Begleitverletzung, gefolgt vom Ausriss des radialen, weniger oft des ulnaren Seitenbandes. Selten kommt es im Kindesalter zu einem Ausriss des Epicondylus radialis oder des Processus coronoideus ulnae, einer Radiuskæpfchen- oder einer Oberarmfraktur. Der çbersehene radiale Seitenbandausriss kann zu rezidivierenden Reluxationen fçhren. Persistierende ulnare Instabilitåten sind selten und kænnen zu stærenden Instabilitåtsgefçhlen fçhren. Mitunter ist es mæglich, dass radiale Osteochondrosen behandlungsbedçrftig werden.
Epikondylåre distale Humerusfraktur
Besonderheiten
extraartikulåre Fraktur; die betroffene Fuge stellt eine Apophyse dar, die hauptsåchlich die Aufgabe der Formgebung hat und nicht zum Långenwachstum des Arms beitrågt
Diagnostik
Rx a.-p. und seitlich; nur bei Kindern unter 5 Jahren, bei denen der Kern des Epicondylus noch nicht sichtbar ist, muss die Diagnose aufgrund der Klinik erfolgen: direktes Trauma, ulnare Schwellung und ulnarer Zeigeschmerz; in diesem Alter ist das Dislokationsausmaû von untergeordneter Bedeutung, da es keine Konsequenz hat
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
freie Funktion des Ellenbogens ohne Instabilitåten; bei den zugehærigen Fugen handelt es sich um Apophysenfugen, daher sind keine Korrekturen zu erwarten
Primårbehandlung
Ruhigstellung in Oberarmgipsschiene; Kontrolle von Durchblutung, Sensibilitåt und Motorik des Arms
Konservative Therapie ] Indikation
alle undislozierten Frakturen, als undisloziert kann eine maximale Dislokation von 0,5 cm betrachtet werden
] Verfahren
Oberarmgips in Neutralstellung bei 908 gebeugtem Ellenbogengelenk
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]
A. Weinberg und C. Castellani
Epikondylåre distale Humerusfraktur ] Nachbehandlung
physikalische Therapie primår nicht notwendig, nur dann, wenn çber 6±8 Wochen der Bewegungsumfang unveråndert eingeschrånkt ist
] Rx-Kontrolle
nach 3±5 Wochen Konsolidierungskontrolle
] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion
Operative Therapie ] Indikation
alle dislozierten Frakturen, v. a. wenn diese ins Gelenk eingeschlagen sind; des Weiteren gilt ein Dislokationsausmaû von 0,5 cm, bei einigen Autoren auch çber 0,2 cm, als Operationsindikation; bei einer gleichzeitigen Ellenbogenluxation sollte dringlich operiert werden, bei einem reinen Epiphysenabriss sofort oder nach wenigen Tagen der Abschwellung
] Verfahren
Schraubenosteosynthese mit kançlierten selbstschneidenden Schrauben, ggf. mit Unterlegscheibe (ca. 3,5 mm), nur in Ausnahmefållen divergierende K-Draht-Spickung oder Zuggurtung; intraoperative Darstellung des N. ulnaris, der aufgrund der Instabilitåt aus dem Lager herausgelæst sein kann
] Nachbehandlung
bei der Schraubenosteosynthese mæglichst funktionell, bei K-Draht-Osteosynthese bei kleinen Kindern fçr 3 Wochen Ruhigstellung im Oberarmgips; nach stabiler Osteosynthese kann sofort mit spontanem Bewegen begonnen werden; eine physikalische Therapie ist primår nicht notwendig, nur dann, wenn çber 6±8 Wochen der Bewegungsumfang unveråndert eingeschrånkt ist
] Rx-Kontrolle
postoperativ, dies kann intraoperativ oder innerhalb der 1. Woche geschehen, Konsolidierungskontrolle
] Metallentfernung
Schrauben nach 3 Monaten; K-Draht zum Zeitpunkt der Konsolidierung, wenn diese herausstehen, ansonsten nach 8±12 Wochen
] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion
Komplikationen
Pseudarthrosen des ulnaren Epicondylus kommen nach der konservativen Therapie bei bis zu 40% vor, nach der operativen Behandlung bei etwa 10%; Beschwerden bereiten die Pseudarthrosen nur in 10% aller Fålle; selten auch Irritationen des N. ulnaris
Wachstumsstærung
da es sich um Apophysen handelt, ist mit konsekutiven Wachstumsstærungen nicht zu rechnen
Nachkontrollen
bei freier Funktion kann Behandlung abgeschlossen werden, da mit Wachstumsstærungen nicht gerechnet werden muss
Klassifikation
AO: 13-M/7.1-3
LiLa: 1.3.s.5.0-2.
13 Ellenbogen
Transkondylåre Fraktur des distalen Humerus ± Fraktur des Condylus radialis, des Condylus ulnaris und Y-Fraktur des distalen Humerus
Besonderheiten
Risiko einer Pseudarthrose und einer Gelenkfehlstellung nach Condylus-radialis-Frakturen
Diagnostik
Ræntgen a.-p. und seitlich. Indirekte Zeichen: radialseitige Weichteilschwellung und Kortikalisunterbrechung im a.-p. Bild, im Seitbild: von proximal dorsal nach ventral distal verlaufender Frakturspalt. Verlauf im Knorpel radiologisch nicht sichtbar: Handelt es sich um eine inkomplette Fraktur, bei der der knorpelige Gelenkanteil noch stabil ist, eine sog. hångende Fraktur, so ist hier keine Gefahr einer sekundåren Dislokation gegeben; handelt es sich aber um eine komplette artikulåre Fraktur, so kann und wird diese selbst in der Gipsruhigstellung zunehmend dislozieren. Dies kann prinzipiell durch ein MRT oder eine Ultraschalluntersuchung bei entsprechender Erfahrung unterschieden werden Klinisch hat sich jedoch der Ausschluss einer sekundåren Dislokation durch eine zweite, gipsfreie Ræntgenkontrolle am 4.±6. Tag nach Unfall etabliert
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Stabilisieren aller instabilen vollståndigen artikulåren Frakturen, um sekundåre Dislokationen mit der Gefahr der Pseudarthrose zu verhindern und die Folgen der Wachstumsstærung klein zu halten Da es sich um Gelenkfrakturen handelt, sind keine Korrekturen zu erwarten; oberstes Prinzip ist die anatomische Gelenkrekonstruktion
Primårbehandlung
Oberarmgipsschiene
Konservative Therapie ] Indikation
undislozierte stabile (inkomplette artikulåre, sog. hångende) Frakturen
] Verfahren
Oberarmgips in 908-Stellung
] Nachbehandlung
3±4 Wochen; nach Gipsabnahme, bzw. bei bewegungsstabilen Osteosynthesen postoperativ Beginn mit spontanem Bewegen, Physiotherapie ggf. im Verlauf
] Rx-Kontrolle
Ræntgenkontrolle nach 4±6 Tagen zum Ausschluss einer sekundåren Dislokation; Konsolidierungsræntgen nach 4 Wochen
] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion
Operative Therapie ] Indikation
Operative Therapie der primår als auch sekundår Operative Therapie der primår als auch sekundår
Condylus-radialis-/-ulnaris-Frakturen: dislozierte Frakturen Y-Frakturen: dislozierte Frakturen
]
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]
A. Weinberg und C. Castellani
Transkondylåre Fraktur des distalen Humerus ± Fraktur des Condylus radialis, des Condylus ulnaris und Y-Fraktur des distalen Humerus ] Verfahren
Operative Therapie der Condylus-radialis-/-ulnaris-Frakturen: offene Reposition mit Darstellung der Gelenkflåche, anatomischer Einpassung und metaphysårer und ggf. epiphysårer Schraubenosteosynthese; alternativ kænnen 2 K-Dråhte bei kleinen Kindern divergierend angewandt werden, hierbei jedoch eine zusåtzliche Gipsruhigstellung Operative Therapie der Y-Frakturen: offene Reposition mit Schraubenosteosynthese sowohl quer zum Gelenkverlauf als auch metaphysår; bei Beginn des Wachstumsabschlusses in diesen Fållen auch eine Plattenosteosynthese zur çbungsstabilen Nachbehandlung indiziert
] Nachbehandlung
falls mæglich funktionell entsprechend dem Schmerzniveau des Patienten
] Rx-Kontrolle
postoperativ (ist sowohl intraoperativ als auch innerhalb der 1. Woche mæglich), Konsolidierungskontrolle
] Metallentfernung
nach 8±12 Wochen
] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion, bei stabiler Versorgung kann die Bewegung sofort frei gegeben werden
Komplikationen
schwerwiegendstes Problem bei Frakturen des radialen Kondylus Ûberschåtzung der Stabilitåt und Ûbersehen einer sekundåren Dislokation
Wachstumsstærung
Risiko eines partiellen Fugenschlusses und avaskulårer Nekrosen. Die typische Wachstumsstærung ist jedoch eine passagere Stimulation der Fuge, die nach radialen und Y-Frakturen zur Varisierung, nach ulnaren Frakturen zur Valgisierung fçhren kann. Das Ausmaû der Varisierung nach radialen und Y-Frakturen ist dabei von der Zeitdauer der Konsolidierung abhångig und somit von der Stabilitåt der Fraktur und dem angewandten Osteosyntheseverfahren
Nachkontrollen
Ý- bis 1-jåhrliche Kontrollen mindestens 2 Jahre postoperativ
Klassifikation
AO: 13-E/4.1-3
LiLa: 1.3.a.1-5.0-2.
13 Ellenbogen
Ellenbogenluxation
Besonderheiten
v. a. Adoleszente
Diagnostik
Ræntgençbersichtsaufnahme mit Nachweis einer Luxation oder Luxationsfraktur, ossåre Begleitverletzungen oft erst im a.-p. und seitlichen Ræntgenbild, das nach der Reposition angefertigt werden muss, nachzuweisen; Prçfung der radialen und ulnaren Seitenbandinstabilitåt nach Reposition der Luxation in Narkose bzw. in Sedation klinisch am gestreckten Ellenbogen
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Beseitigung der Luxation, Vermeidung von Instabilitåten, Behandlung und Ausheilung der Begleitverletzungen, schnelles Erreichen der vollen Funktion
Primårbehandlung
notfallmåûige geschlossene Reposition, am besten in Kurznarkose, dabei Ausschluss oder Nachweis von Instabilitåten oder knæchernen Begleitverletzungen, die ggf. in gleicher Sitzung versorgt werden kænnen
Konservative Therapie ] Indikation
stabiles Ellenbogengelenk nach Reposition, fehlende oder anatomisch stehende knæcherne Zusatzverletzungen
] Verfahren
Ruhigstellung im Oberarmgips fçr 2±3 Wochen, initial als Gipsschiene
] Nachbehandlung
Nach Gipsabnahme funktionelle Behandlung
] Rx-Kontrolle
nach 7 Tagen Ræntgenkontrolle im Oberarmgips zum Ausschluss einer sekundåren Dislokation
] Sportfåhigkeit
3 Wochen nach Gipsabnahme
Operative Therapie ] Indikation
fehlende Stabilitåt nach Primårreposition mit Reluxationstendenz; ligamentåre Instabilitåten; knæcherne Apophysenausrisse, v. a. des Epicondylus ulnaris
] Verfahren
offene Reposition des knæchernen Ausrisses (Epicondylus ulnaris oder radialis) und Fixation mit Kleinfragmentzugschraube; bei Ausrissen des Epicondylus ulnaris auch Darstellung des N. ulnaris; bei radialen Instabilitåten direkte Naht, Refixation von knæchernen Ausrissfragmenten mit Minischraube oder K-Dråhten oder Bandrefixation mit Sehnenanker (2,4 mm) Nachbehandlung mit 2±3 Wochen Oberarmgips, auûer bei stabiler Refixation durch Schraubenosteosynthese, in diesen Fållen Oberarmgipsschiene zur Abschwellung
] Nachbehandlung
Gipsruhigstellungen fçr 2 bis maximal 3 Wochen, dann eigenståndige Ûbungen, ggf. Krankengymnastik
]
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]
A. Weinberg und C. Castellani
Ellenbogenluxation ] Rx-Kontrolle
Nach Reposition; Konsolidierungskontrolle
] Metallentfernung
K-Draht nach 3 Wochen, Schrauben nach 12±16 Wochen
] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion
Komplikationen
sekundåre Irritationen des N. ulnaris nach ulnarem Zugang; Bewegungseinschrånkungen im Ellenbogengelenk, Pseudarthrose
Wachstumsstærung
selten, da Wachstumsfuge nicht direkt betroffen
Nachkontrollen
Ý- bis 1-jåhrliche Kontrollen mindestens 2 Jahre postoperativ, Abschluss bei freier Funktion
Klassifikation
AO:
Technische Aspekte
Kondylusfrakturen
LiLa:
Epikondylåre distale Humerusfraktur Material
] Schrauben (kançlierte selbstschneidende Schrauben, meist 3,5 mm)
Lagerung
] Rçckenlage, auch Bauchlage mæglich
Zugang
] Ulnarer Zugang zum Ellenbogengelenk. Das ausgerissene Fragment låsst sich problemlos darstellen. Der N. ulnaris muss freigelegt werden. Von der Spitze des Fragments wird ein Bohrloch von schråg hinten nach vorne gebohrt in einem Winkel von ca. 308 zum Oberarmschaft. Als Osteosynthesematerial ist eine Kleinfragment-Spongiosaschraube mit kurzem Gewinde geeignet oder auch eine kançlierte selbstschneidende Schraube (Fall 13.7). Letztere hat den Vorteil, dass man das Fragment mit einem K-Draht provisorisch fixieren kann, worçber die Schraube eingebracht wird ] Alleinige K-Draht-Osteosynthese mit 1±2 K-Dråhten nur, wenn anders nicht mæglich, z. B. kleine Fragmente (Fall 13.8).
Spezielle Aufklårung
] N.-ulnaris-Låsionen, Pseudarthrosen, Einschrånkung der Beweglichkeit, Gelenkeinsteifungen (heterotope Ossifikationen, Weichteilvernarbungen)
Transkondylåre Fraktur des distalen Humerus (Fraktur des Condylus radialis, Condylus ulnaris und Y-Fraktur) Lagerung
] Bauch- oder Rçckenlage, in Bauchlagerung ist die Reposition bei Frakturen des Condylus radialis teils einfacher; Y-Frakturen sollten ausschlieûlich in Bauchlage operativ versorgt werden
Zugang
] radialer Zugang bei Condylus-radialis-Frakturen ] ulnarer Zugang bei Condylus-ulnaris-Frakturen ] dorsaler Zugang mit/ohne Olekranonosteotomie bei transkondylåren Frakturen (bei Adoleszenten wie beim Erwachsenen)
13 Ellenbogen
Spezielle Aufklårung
] je nach Zugang Låsion der jeweiligen Nerven ] Pseudarthrose mit fehlender Einheilung, Bewegungseinschrånkungen ] posttraumatische Arthrose
Verfahren
Operative Therapie der Condylus-radialis-/-ulnaris-Fraktur (Abb. 13.13, Fall 13.9, Fall 13.10) ] radialseitiger Zugang ] Darstellung der dislozierten Fraktur, unbedingt Darstellung der Gelenkflåche und anatomische Reposition der Gelenkinkongruenz ] temporåre Fixation mit K-Dråhten parallel des Gelenks und senkrecht zur Frakturflåche ] Stabilisierung mit kançlierten, çberbohrten Schrauben und/oder K-Draht, dieser kann parallel der schrågen Zugschraube (3±3,5 mm) zur Rotationssicherung eingebracht werden; der parallel zur Gelenkflåche in die Trochlea eingebrachte K-Draht (1,4±1,6 mm) erhæht die Stabilitåt der Osteosynthese und verhindert eine sekundåre Dislokation ] alternativ divergierendes Einsetzen von zwei K-Dråhten bei kleinen Kindern, die jedoch eine zusåtzliche Gipsruhigstellung benætigen Operative Therapie der Condylus-ulnaris-Fraktur ] ulnarseitiger Zugang ] Darstellung des N. ulnaris långerstreckig zur Mobilisierung ] Darstellung der Gelenkflåche und anatomische Reposition der Gelenkinkongruenz ] temporåre Fixation mit K-Dråhten parallel des Gelenks und senkrecht zur Frakturflåche ] Stabilisierung mit kançlierten, çberbohrten Schrauben und/oder K-Draht, dieser kann parallel der schrågen Zugschraube (3±3,5 mm) zur Rotationssicherung eingebracht werden; der parallel zur Gelenkflåche in die Trochlea eingebrachte K-Draht (1,4± 1,6 mm) erhæht die Stabilitåt der Osteosynthese ] Reposition des N. ulnaris, Ventralverlagerung i. d. R. nicht erforderlich Operative Therapie der Y-Frakturen (Abb. 13.14) ] Bauchlage ] parallele Inzision der Trizepssehne ] Darstellung und Mobilisierung des N. ulnaris ] Reposition der Y-Fraktur unter der Trizepssehne, temporåre Fixation mit K-Dråhten parallel zum Gelenkverlauf als auch metaphysår, intraoperative Ræntgenkontrolle ] bei anatomischem Repositionsergebnis Stabilisierung mit kançlierten Zugschrauben çber die K-Dråhte ] falls Adoleszente mit groûen Zugkråften auch Osteosynthese eines oder beider Pfeiler mit Kleinfragmentplatten (3,5-mm-Rekoplatte, selten Low Contact Plate) mæglich; da hierbei die Fugen unter Kompression gesetzt werden, sollte dies erst um den Wachstumsabschluss erfolgen ] Olekranonosteotomie falls mit o. g. Vorgehen keine sichere anatomische Reposition erreicht werden kann; wird diese durchgefçhrt, dann anatomische, çbungsstabile Reposition und Osteosynthese mit Platten, Verschluss der Olekranonosteotomie mittels Zuggurtung und funktionelle Nachbehandlung
Metallentfernung
Zugschrauben nach 3±4 Monaten, Olekranonosteotomie nach 3 Monaten, Platten nach 5±6 Monaten
Sonstige Besonderheiten
anatomische Rekonstruktion des Gelenks im Vordergrund, um eine posttraumatische Arthrose zu vermeiden
]
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]
A. Weinberg und C. Castellani
Abb. 13.13. Osteosyntheseprinzip Condylus radialis Fraktur.
Abb. 13.14. Osteosynthesemæglichkeit Y-Fraktur des distalen Humerus.
13 Ellenbogen
] Fallbeispiele Fall 13.7 Epicondylus-ulnaris-Fraktur.
a
b
c
a Zieldraht fçr kançlierte Schrauben. b, c Postoperative Kontrolle der Schraubenosteosynthese.
Fall 13.8 Epicondylus-ulnaris-Fraktur bei Ellenbogenluxation, Junge, 7 J., Sturz.
a, b Unfallbild. c, d Bohrdrahtosteosynthese.
]
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178
]
13 Ellenbogen
Fall 13.9 Condylus-radialis-Fraktur, Mådchen, 6 J., Sturz von Schaukel.
b
c
d
a, b Unfallbilder. c, d Schraubenosteosynthese.
13 Ellenbogen
Fall 13.10 Condylus-radialis-Fraktur, Mådchen, 6 J., Sturz von Spielgeråt.
a, b Unfallbilder. c, d Bohrdrahtosteosynthese. e, f Ausheilungsergebnis nach 4 Wochen.
]
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12 Oberarm
W. E. Linhart und F. J. Schneider
Proximaler Humerus ] Physiologische Befunde Die proximale Humeruswachstumsfuge stellt sich in der a.-p. Aufnahme als zeltfærmig dar (Abb. 12.1 a, b), wåhrend sie in der seitlichen Aufnahme proximal konvex erscheint. Die Spitze befindet sich im posteromedialen Abschnitt. Ein schmaler Streifen der hinteren proximalen und medialen Metaphyse liegt intrakapsulår und ist nicht von Knorpel çberzogen. Der Gelenkkapselansatz stellt einen starken Zçgel dar und beginnt genau unter diesem Streifen. Diese anatomische Charakteristik zusammen mit dem dicken Periost posteromedial und dem relativ dçnnen Periost anterolateral sind die Erklårung dafçr, dass bei proximalen Humerusfrakturen das metaphysåre Fragment anterolateral das Periost zerreiût und ein schmales posteromediales metaphysåres Fragment unverschoben bleibt (Abb. 12.2).
Abb. 12.1. a a.-p.-Aufnahme mit Zeltform der Wachstumsfuge, b Seitaufnahme mit konvexer Form der Wachstumsfuge.
Knochenkerne und Fugenschluss Das primåre Ossifikationszentrum fçr den Humerus tritt um die 6. Woche auf. Die Ossifikationszentren des Humeruskopfes entstehen um die Zeit der Geburt, spåtestens bis zum 1. Lebensjahr, jenes fçr das Tuberculum majus zwischen dem 7. Monat und dem 2. Lebensjahr. Das Verknæcherungszentrum fçr das Tuberculum minus tritt zwei Jahre spåter, also zwischen 2,5 und 4 Jahren auf. Diese proximalen sekundåren Verknæcherungszentren verschmelzen zwischen dem 5. und 7. Lebensjahr. Die proximale Humeruswachstumsfuge wird beim Mådchen zwischen dem 14. und 17. Lebensjahr und beim Knaben zwischen dem 16. und 18. Lebensjahr verschlossen (Abb. 12.3). Die proximale Humeruswachstumsfuge ist fçr 80% des Långenwachstums des Humerus verantwortlich. Dies ist auch der Grund dafçr, dass Brçche in diesem Bereich ein groûes KorrekturPotenzial aufweisen.
Abb. 12.2. Typische Salter-Harris-II-Verletzung: Epiphysiolyse mit posteromedialem metaphysårem Keil. Die Metaphyse ist nach anterolateral verschoben, der in der Pfanne bewegliche Humeruskopf nach posterior abgekippt.
140
]
W. E. Linhart und F. J. Schneider
Abb. 12.3. Knochenkerne am proximalen Humerus.
Altersabhångige Ræntgenbefunde
Abb. 12.5. 2. Lebensjahr, Knochenkern Humeruskopf. Abb. 12.4. Neugeborenes.
Abb. 12.6. 3. Lebensjahr, Knochenkern Tuberculum majus.
Abb. 12.7. 9. Lebensjahr, Verschmelzung der Knochenkerne.
12 Oberarm
] Frakturen des proximalen Humerus Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Circa 40% aller knæchernen Verletzungen des Oberarms betreffen den proximalen Abschnitt. In einem Drittel der Fålle handelt es sich um Epiphysenlæsungen, selten ohne, meist mit metaphysårem Keil (Salter-Harris I und II). In zwei Dritteln der Fålle finden sich subkapitale Humerusfrakturen bei Kindern zwischen 5 und 14 Jahren. Epiphysåre und epimetaphysåre Brçche sind extrem selten. Proximale Humerusfrakturen entstehen sowohl durch direkte Traumen, wie einem Sturz auf die Schulter, als auch durch indirekte Traumen infolge eines Sturzes nach rçckwårts auf den gestreckten Arm. Beim Neugeborenen sind geburtstraumatische Verletzungen mæglich. Beim Såugling und Kleinkind muss an Kindesmisshandlung gedacht werden (Abb. 12.8). Pathologische Frakturen, die im Rahmen von juvenilen Knochenzysten auftreten, sind am Oberarm besonders håufig.
]
Das klinische Bild ist je nach dem Alter des betroffenen Kindes unterschiedlich. Beim Neugeborenen, Såugling oder Kleinkind kann die Diagnose schwierig sein. Ûber eine Irritation beim Bewegen des Ørmchens bis hin zu einer Pseudoparalyse kann das klinische Bild differieren. In diesem Fall sollte eine Osteomyelitis, Plexuslåhmung oder Klavikulafraktur ausgeschlossen werden. Beim græûeren Kind oder Jugendlichen findet sich eine umschriebene Schwellung mit entsprechender Bewegungseinschrånkung und Schmerzen.
Klassifikation Die am håufigsten gebrauchten Einteilungen fçr Wachstumsfugenverletzungen sind die nach Aitken sowie Salter und Harris. Salter-III- und -IVVerletzungen sind am proximalen Humerus extrem selten. Darçber hinaus finden sich auch subkapitale Humerusfrakturen auûerhalb der Wachstumsfuge sowie Apophysenausrisse, die die Tubercula majus und minus betreffen.
Fraktur des proximalen Humerus
Besonderheiten
wegen der anfånglich 3, spåter 2 unterschiedlichen Knochenkerne des Humeruskopfes kann die Diagnose unverschobener Brçche Schwierigkeiten bereiten, die schråg projizierte Fuge kann eine Fraktur vortåuschen; auf pathologische Frakturen bei juvenilen Knochenzysten achten
Diagnostik
Rx a.-p. und seitlich; im a.-p. Bild stellt sich die Fuge ¹zeltartigª aufgeworfen dar, im seitlichen Bild konvex
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W. E. Linhart und F. J. Schneider
Fraktur des proximalen Humerus Therapieziel/ Korrekturgrenzen
rasche Schmerzfreiheit, freie Schulterfunktion und symmetrische Schulterkontur (Kosmetik) Abwågen der Spontankorrektur gegen eine operative Behandlung, die Spontankorrekturfåhigkeit von verbliebenen Fehlstellungen in diesem Bereich ist sehr hoch, v. a. die Seit-zu-Seit-Verschiebung und der Achsenknick in der Frontal- und Sagittalebene; folgende Korrekturmæglichkeiten kænnen bei der Indikationsstellung zur Operation berçcksichtigt werden: < 5. Lj.: Achsknick in Frontalebene 70±908 und Knochenkontakt, Seitverschiebung bis Schaftbreite 5.±12. Lj.: Achsknick in Frontalebene 30±708, Seitverschiebung um 2/3 Schaftbreite > 12. Lj.: <308, Seitverschiebung um 1/2 Schaftbreite
Primårbehandlung
ggf. medikamentæse Analgesie, Ruhigstellung im Gilchrist-Verband oder Mitella-Tuch
Konservative Therapie ] Indikation
Dislokation innerhalb der Korrekturgrenzen, geringe Schmerzhaftigkeit
] Verfahren
Ruhigstellung im Gilchrist- oder Desault-Verband fçr 3±4 Wochen
] Nachbehandlung
Spontanmobilisation, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
Unfallræntgen und Ræntgenkontrolle nach Gipsabnahme
] Sportfåhigkeit
3±4 Wochen nach Konsolidierung des Bruches
Operative Therapie ] Indikation
Dislokation oberhalb der altersabhångigen Korrekturgrenzen deutliche Schmerzsymptomatik funktionelle Indikation zur Frçhmobilisierung nach Besprechung mit den Eltern
] Verfahren
meist geschlossene Reposition mæglich; selten offene Reposition notwendig bei Weichteilinterponation (Bizepssehne) K-Draht-Fixation perkutan (kosmetisch gçnstig); zusåtzlich Gilchrist-Verband ESIN retrograd (eher åltere Kinder) çbungsstabil
] Nachbehandlung
K-Draht-Spickung: Gilchrist-/Desault-Verband fçr 3±4 Wochen ESIN: funktionell
] Rx-Kontrolle
Unfallræntgen, intraoperative Stellungskontrolle, Konsolidierungskontrolle nach 3±4 Wochen
] Metallentfernung
K-Draht: nach 3±4 Wochen (nach Konsolidierungsræntgen) ESIN: nach 12 Wochen
] Sportfåhigkeit
2±4 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
partieller, vorzeitiger Fugenschluss, Fehlstellung nach konservativer und operativer Behandlung infolge unzureichender Retention oder Fixierung, Infektionen nach operativer Versorgung sowie Bewegungseinschrånkung nach zu langer Ruhigstellung
Wachstumsstærungen
selten infolge vorzeitigen, partiellen oder kompletten Fugenschlusses; in Abhångigkeit vom Alter stimulative (< 12. Lj.) sowie hemmende Wachstumsstærungen mæglich (> 12. Lj.)
Nachkontrollen
Funktionskontrollen bis zur freien Funktion, bei belassenen Achsabweichungen klinische Jahreskontrollen bis zur Rçckbildung der Achsabweichung
Klassifikation
AO: 11-E/1-9.1-3
11-M/1-9.1-3
LiLa: 1.1.a.5.0-2.
1.1.s.1-5.0-2.
12 Oberarm
] Diaphysåre Frakturen des Humerus Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Diaphysåre Oberarmfrakturen machen nur 10±20% aller knæchernen Verletzungen des Humerus aus. Quere und kurze Schrågfrakturen sind meist die Folge von Direkttraumen, die den håufigsten Unfallmechanismus darstellen. Indirekte Gewalteinwirkung verursacht lange Schråg- oder Drehbrçche, eine Bruchform, die auch bei Kindesmiss-
]
handlung gesehen wird. Bagatelltraumen kænnen bei bestehenden juvenilen Knochenzysten zu pathologischen Frakturen fçhren. Dies ist zugleich die håufigste Lokalisation dieser Entitåt. Brçche am Ûbergang des mittleren zum distalen Drittel kænnen mit Radialisirritation bzw. -schådigung einhergehen, wobei direkte Nervenzerreiûungen selten, jedoch Beeintråchtigungen durch Kallus bei schrågem Frakturverlauf mæglich sind. Klinisch findet sich eine umschriebene Schwellung und Schmerz im Bereich des Humerusschaftes. Die Schmerzintensitåt ist von der Instabilitåt des Bruchs abhångig.
Diaphysåre Fraktur des Humerus
Besonderheiten
Neugeborene zeigen manchmal eine sog. Pseudoparalyse des Ørmchens: dabei gilt es, eine Knochen-/Gelenkinfektion, eine Plexuslåhmung, Klavikulafraktur oder proximale Humerusepiphysenlæsung auszuschlieûen; bei primårer Radialisparese primår konservative Behandlung, neurologische Verlaufskontrollen, nur in Ausnahmefållen sekundåre Freilegung
Diagnostik
Ræntgenaufnahmen in 2 Ebenen Sonographie
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Schmerzbehandlung; keine Achsabweichungen (Varus, Valgus, Ante- oder Rekurvation çber 108), ad latum bis knapp Schaftbreite; nur geringen Rotationsfehler tolerieren kein Nervenschaden, einwandfreie Kosmetik
Primårbehandlung
Schmerzbehandlung, Ruhigstellung im Gilchrist-Verband
Konservative Therapie ] Indikation
unverschobene Schråg- oder Spiralfrakturen bis Korrekturgrenze
] Verfahren
Gilchrist- oder Velpeau-Verband fçr 3±4 Wochen, ggf. Verstårkung durch Soft-Cast-Brace
] Nachbehandlung
Spontanmobilisierung des Arms nach Ruhigstellung, keine primåre Physiotherapie erforderlich
] Rx-Kontrolle
Konsolidierungsræntgen
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
143
144
]
W. E. Linhart und F. J. Schneider
Diaphysåre Fraktur des Humerus Operative Therapie ] Indikation
bei offenen Brçchen 2. und 3. Grades, bei schmerzhaften, instabilen Schaftfrakturen (Krepitation der Frakturenden), bei konservativ nicht innerhalb der Korrekturgrenzen retinierbaren Brçchen, beim polytraumatisierten Kind; relative OP-Indikation bei Querund kurzen Schrågbrçchen des Jugendlichen zur frçhfunktionellen Behandlung
] Verfahren
ESIN, selten auch Fixateur externe
] Nachbehandlung
funktionell bei stabiler Osteosynthese
] Rx-Kontrolle
intraoperative Stellungskontrolle, Konsolidierungsræntgen
] Metallentfernung
ESIN nach 3 Monaten, Fixateur nach 6±8 Wochen
] Sportfåhigkeit
etwa 4 Wochen nach Behandlungsabschluss
Komplikationen
sekundåre Achsfehlstellung, Infektion, Gefåû-/Nerven-Verletzung, Bruchheilungsstærung
Wachstumsstærung
verbleibende Achsfehler bei ålteren Kindern, meist klinisch nicht auffållig
Nachkontrollen
Funktionskontrollen bis zur freien Beweglichkeit, bei belassenen Achsabweichungen klinische Jahreskontrollen
Klassifikation
AO: 12-D/1-9.1-3
Technische Aspekte
Humerusfraktur
LiLa: 1.2.s.2-5.0-2.
ESIN retrograd bei proximaler Humerusfraktur und Humerusschaftfraktur Material
] Titan- oder Stahlnågel, 2±3,5 mm Durchmesser, je nach Alter des Kindes; Titan hat einen åhnlichen Elastizitåtsmodul wie der Knochen und zeigt weniger Fremdkærperreaktion als Stahlnågel ] Fixateur externe verschiedener Firmen; geringe zusåtzliche Weichteilirritation; Positionieren der Pins unter Sicht, Gefahr der Nervenlåsion (N. radialis!) sehr hoch
Lagerung
] Rçckenlagerung, keine Blutsperre (Bildwandler), Abdeckung bis zum Ellenbogen, Rotationskontrolle
Zugang
] radiale Inzision çber dem Epicondylus radialis oder kombinierter radialer und ulnarer Zugang (mit Darstellung des N. ulnaris) çber beiden Epikondylen ] Einbringung der beiden Någel çber zwei radiale oder çber je eine radiale und eine ulnare schråge Kortikalisperforation ] Vorschieben der Någel çber die Fraktur und Verankerung in der proximalen Humerusmetaphyse ] die Någel kænnen je nach Verlauf der Fraktur retro- oder anterograd (Tuberositas deltoidea) gekreuzt oder nur von auûen eingebracht werden. Sie mçssen in einer Ebene verspannt sein
12 Oberarm
Geschlossene Reposition und K-Draht-Fixation Geschlossene Reposition und perkutane Einbringung von K-Dråhten, technisch anspruchsvoll wegen des steilen Winkels und der physiologischen Retrotorsion des Humeruskopfes. Einbringen von 2 K-Dråhten der Stårke 1,6±2 mm nach der geschlossenen Reposition unter Bildwandlerkontrolle in 2 Ebenen, aufsteigend von der Metaphyse in den Humeruskopf fugenkreuzend. Es handelt sich dabei um eine nicht bewegungsstabile Osteosynthese, daher ist eine zusåtzliche Ruhigstellung im Gilchrist-Verband o. Ø. notwendig Fixateur externe am Humerus (Ausnahmeindikation, da hohes Risiko fçr N. radialis) Zugang und Operationsprinzip (Fixateur externe)
] Die proximalen Pins des Fixateur externe werden im Bereich der Tuberositas deltoidea eingebracht, die distalen Pins proximal der distalen Humeruswachstumsfuge ] Der N. radialis ist an seiner Kreuzungsstelle mit dem Humerus am Ûbergang des mittleren ins distale Drittel zu beachten ] Positionierung der Pins unter Sicht!
Zugang und Operationsprinzip (offene Reposition)
] Von einem auûen am Humerus angelegten Hautschnitt aus wird der Humerusschaft dargestellt und der N. radialis zwischen M. brachialis und M. brachioradialis aufgesucht ] Unter Schonung des Nervs werden die Weichteile aus dem Bruchspalt entfernt und der Bruch mit ESIN oder Fixateur externe stabilisiert
Spezielle Aufklårung
] Verletzung des N. radialis im Rahmen der Reposition, Infektion ] Verletzung des N. ulnaris bei ulnarem Zugang ] Keine Beeinflussungsmæglichkeit einer stimulativen Wachstumsstærung
OP-Prinzip
] Geschlossene Reposition und Osteosynthese mit ESIN oder Fixateur externe çber 2 oder 4 Stichinzisionen, ohne die Wachstumsfugen zu berçhren ] Nur bei Repositionshindernissen und offenen Frakturen 2. oder 3. Grades ist eine offene Reposition zu rechtfertigen
Metallentfernung
] ESIN nach 3 Monaten, Fixateur externe nach 6±8 Wochen
Sonstige Besonderheiten
Eine isolierte posttraumatische Låsion des N. radialis stellt in der Regel keinen Grund fçr eine primåre operative Nervenrevision dar, da eine Spontanregeneration mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (zuerst kehrt die motorische Funktion des M. brachioradialis zurçck). Die Ausnahme von dieser Regel stellt eine Nervenlåsion dar, die entweder erst nach der Reposition auftritt, sich verschlechtert oder wåhrend der ersten 6±8 Wochen keine Besserungstendenz zeigt. In diesem Fall und bei langem schrågem Frakturverlauf in Richtung des N. radialis kann ausnahmsweise eine frçhzeitige Nervenrevision erforderlich sein
]
145
146
]
12 Oberarm
] Fallbeispiele Fall 12.1 Epiphysenlæsung am proximalen Humerus bei Kindesmisshandlung, Junge, 2 J.
a
b
a Ræntgenbefund bei Einlieferung. b Stabilisierung nach geschlossener Reposition mit 2 K-Dråhten.
12 Oberarm
Fall 12.2 Salter-Harris-II-Verletzung, Junge, 14 J.
oben: Unfallræntgen, Verschiebung um Schaftbreite. unten: Versorgung mit 2 fugenkreuzenden K-Dråhten nach Reposition.
]
147
148
]
12 Oberarm
Fall 12.3 Subkapitale vællig dislozierte Humerusfraktur.
a Unfallræntgen. b geschlossene Reposition und aufsteigende elastisch stabile Markraumschienung (ESMN). c Abschlussræntgen nach Metallentfernung 3 Monate spåter.
Fall 12.4 Spiralbruch des Humerus ausgehend von einer juvenilen Knochenzyste.
a Unfallbild. b Versorgung mit ESMN nach PE-Heilung der pathologischen Fraktur nach 8 Wochen. c Ausheilung der Knochenzyste nach 7 Monaten. d Bild nach einem Jahr, unmittelbar nach Metallentfernung.
12 Oberarm
Fall 12.5 Trçmmerbruch der distalen Humerusdiaphyse, Mådchen, 13 J.
a Unfallbild. b Stabilisierung mit Fixateur externe.
]
149
14 Proximaler Radius und Olekranon P. P. Schmittenbecher
] Physiologische Befunde
Gelenkkapsel
Kollateralbänder
Olekranon Olecranon
Ringband Radiushals Tuberositas radii
Processus coronoideus
N. radialis R. profundus M. supinator
Abb. 14.1. Anatomie des proximalen Unterarms.
7.-10. Lj. 14.-17. Lj. 3.-6. Lj.
Abb. 14.2. Knochenkerne und Fugenschluss.
Abb. 14.3. Durchblutungssituation des proximalen Radius.
182
]
P. P. Schmittenbecher
Altersabhångige Ræntgenbefunde
] Luxationen und Frakturen
Die Radiushalsachse muss in jedem Alter, in jeder Einstellung und unabhångig vom Entwicklungsstand des Kopfkerns immer auf das Capitulum humeri treffen (Abb. 14.4 a, b). Verletzungen der proximalen Radiusmetaphyse kænnen bei weitgehend bzw. vollståndig fehlender Verknæcherung der Epiphyse unterschåtzt werden, man sieht ggf. nur eine geringe metaphysåre Gefçgelockerung bzw. Einstauchung bei Epiphysiolyse (Abb. 14.5). Die Olekranonapophyse kann fehlen, einen sehr kleinen oder mehrere separate Knochenkerne aufweisen; die proximale Radiusepiphyse kann fehlen, sehr klein und selten zweigeteilt sein (Abb. 14.5).
Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild
Abb. 14.4 a, b. Ellenbogengelenk mit korrekter Position des Radiuskæpfchens zum Kapitulum. In jeder Bewegungsrichtung bzw. in jeder Projektion des Ræntgenbilds schneidet die Verlångerung der Radiusachse das Capitulum humeri radialis.
Abb. 14.5. Kleinkind mit Radiushalsfraktur (schwarzer Pfeil); Kern der proximalen Radiusepiphyse und der Olekranonapophyse fehlen noch (weiûe Pfeile).
] Radiuskæpfchensubluxation. Sie ist die håufigste Verletzung im Bereich des Radiuskæpfchens (Chassaignac-Luxation) mit einer Inzidenz von 3,4±5,6% aller Skelett-Verletzungen und 27% der Ellenbogentraumen. Die Diagnose ergibt sich meist aus der typischen Anamnese bei Kindern bis einschlieûlich vier Jahren. Ursache ist ein abrupter Zug am Arm, wobei das Kind stolpert und vom Erwachsenen am gestreckten Arm gehalten bzw. an gestreckten Armen herumgeschleudert wird; seltener ist die Ursache ein Verklemmen des Armes in den Ståben des Gitterbettchens mit anschlieûender Drehbewegung. Dabei rutscht der proximale Radius aus dem Lig. anulare radii heraus, wenn eine muskulåre Stabilisierung als Gegenreaktion unmæglich ist. Oft wird der Unfall nicht beobachtet, håufig wird wegen der Schonung des gesamten Armes eine Schulterluxation vermutet. Der typische Spielunfall ereignet sich beim ¹Fangenª, der Arm wird danach in måûiger Ellenbogenstreckung und Pronation gehalten (¹Pronation doloreuseª). Mit vier Jahren hat das Radiuskæpfchen seine endgçltige Græûe erreicht, dann wird die Verletzung deutlich seltener. Sollten trotz typischer Anamnese und klinischem Bild bereits mehrere Repositionsversuche erfolglos gewesen sein, so kann eine andere, nicht direkt darstellbare Ellenbogenverletzung wie die undislozierte suprakondylåre Fraktur vorliegen (Fehldiagnose). ] Isolierte proximale Radiusluxation. Sie ist eine åuûerst seltene Verletzung, meist handelt es sich um eine Fehldiagnose bei çbersehener Ulnafraktur (Monteggia-Verletzung mit geringem Bowing der Ulna oder plastischer Deformierung, ¹okkulte Ulnafrakturª). Die Verletzungsmechanismen entsprechen denen der Monteggia-Fraktur. Durch starken Zug am Unterarm rutscht der Radiuskopf unter dem Lig. anulare radii heraus oder das Ligament zerreiût bei ausgeprågtem Varusstress auf den Ellenbogen (Sportverletzung). Meist ist bei sofortiger Reposition ein geschlossenes Vorgehen erfolgreich. Wenn der Radius die Kapsel durchbohrt hat oder die Verletzung çbersehen und verspåtet reponiert werden soll, muss håufig offen vorgegangen werden.
14 Proximaler Radius und Olekranon
Differenzialdiagnostisch muss in diesen Fållen immer an eine kongenitale Luxation gedacht werden, die sich meist beidseitig mit Radiusçberlånge, hypoplastischem Kapitulum und konvexer radialer Kopfkontur darstellt. ] Epiphysåre Radiuskæpfchenfraktur. Sie stellt im Kindesalter die absolute Ausnahme dar, im Wesentlichen ist sie bei der pråmaturen Fuge selten mæglich. Die Ursache ist meist ein Valgusstress im Ellenbogen, wobei es zu einer Abscherung eines lateralen Epiphysenfragments kommen kann. Eine weitere mægliche Ursache ist ein schweres axiales Stauchungstrauma, z. B. durch einen Sturz auf die Hand bei gestrecktem Ellenbogen und proniertem Unterarm. Die Verletzung kann auch im Rahmen einer Luxation aufgetreten sein, deshalb muss eine Kontrolle der Kollateralbånder am Ellenbogen sowie des Processus coronoideus und des Epicondylus ulnaris erfolgen. Klassifikation: deskriptiv als Meiûelfrakturen zu bezeichnen; bei (noch) offenen Fugen gilt die Klassifikation der epiphysåren Frakturen nach Salter-Harris, hier liegt dann eine SalterHarris-III- oder -IV-Fraktur vor, ggf. auch eine Ûbergangsfraktur. ] Metaphysåre Radiushalsfraktur. Diese ist mit einer Inzidenz von 1±1,3% aller Frakturen eine håufige Ellenbogenverletzung des Kindesalters. Sie ist eine typische Begleitfraktur der Ellenbogenluxation, kann aber auch durch einen Sturz auf den pronierten Arm bei gestrecktem Ellenbogen oder begleitend bei der Ulnaschaft-Parierfraktur als Monteggia-Øquivalent auftreten. Durch Valgusstress kommt es zur Abscherung des Radiuskæpfchens (Tab. 14.1). Zwei Drittel bis drei Viertel der Frakturen sind subkapital und metaphysår, ein Drittel bis ein Viertel der Frakturen sind Epiphysenlæsungen; die meisten Frakturen liegen extrakapsulår, das proximale Fragment disloziert jedoch innerhalb der Kapsel.
Besonderheiten: Die Blutversorgung der proximalen Epiphyse erfolgt ausschlieûlich çber metaphysåre periostale Gefåûe, bei hochgradiger Abkippung besteht das Risiko der Ischåmie mit konsekutiver Formverånderung des proximalen Radius und Bewegungseinschrånkung. Die proximale Radiusfuge hat nur geringen Anteil am Radiuswachstum, relevante Wachstumsstærungen sind deshalb selten und meist gering; ein partieller Fugenschluss im Rahmen einer ischåmischen Schådigung mæglich. ] Intraartikulåre Olekranonfraktur. Sie macht zusammen mit den extraartikulåren Frakturen < 1% aller Knochenbrçche im Kindesalter und knapp 5% der Ellenbogenverletzungen aus. Ursache sind Zugkråfte der Mm. brachialis und triceps nach Sturz direkt auf den gebeugten Ellenbogen oder Sturz auf die Hand bei gestrecktem Ellenbogen mit Varus- oder Valgusstress. Besonderheiten: Das Fragment kann beim Kleinkind sehr klein wirken, da noch ein groûer Anteil der Olekranonmetaphyse knorpelig ist; die Apophyse kann mehrere Knochenkerne aufweisen; die Dislokation kann durch Zug des M. triceps sekundår zunehmen. Therapieziel ist eine anatomische Gelenkrekonstruktion, da die proximale Fuge nur geringen Anteil am Ulnawachstum hat und somit auch keine Wachstumskorrektur zu erwarten ist. Klassifikation: Unterscheidung in undislozierte und dislozierte Frakturen. ] Extraartikulåre proximale Ulnafraktur. Sie entsteht meist durch direkte Traumen, z. B. Sturz auf den Ellenbogen bzw. die proximale Ulna, ggf. in Verbindung mit proximaler Radiusluxation (Monteggia-Fraktur) oder proximaler Radiusfraktur. Eine Heilung mit geringem Achsfehler (v. a. Varus) kann bereits Stærungen der Umwendbewegungen des Unterarms bedingen.
Tabelle 14.1. Klassifikationen der Radiushalsfraktur Klassifikation nach Judet
Klassifikation nach Metaizeau
Typ Typ Typ Typ Typ
Typ Typ Typ Typ
I II III IV V
geringe Translation Abkippung < 308 Abkippung 30±608 Abkippung > 608 vollståndige Abkippung
I II III IV
]
< 3 mm Translation, Abkippung < 208 Abkippung 20±458 Abkippung 45±808 Abkippung > 808
183
184
]
P. P. Schmittenbecher
Radiuskæpfchensubluxation
Besonderheiten
Syonym: Chassaignac-Luxation, Pronation doloreuse, Nurse Elbow Inzidenz: 3,4±5,6%
Diagnostik
typische Anamnese: abrupter Zug am Arm, plætzliche Schonung des gesamten Arms Klinik: Schonhaltung in måûiger Ellenbogenstreckung und Pronation (¹Pronation doloreuseª) Rx Ellenbogen a.- p. + seitlich nur nach erfolglosem Repositionsversuch
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Reposition, sofortige freie Funktion
Primårbehandlung
sofortige Reposition
Konservative Therapie ] Indikation
immer gegeben
] Verfahren
Manuelle Reposition ohne Anåsthesie; hierzu gibt man dem Kind die Hand, die zweite Hand umfasst leicht den Ellenbogen; Zug am Unterarm, dann Supination und abschlieûend vollståndige Flexion des Ellenbogens, bis man das Einschnappen des Radiuskæpfchens spçrt. Der erste Versuch sollte gelingen, ansonsten wird es schwieriger und ist nur mit Ablenkung des Kindes mæglich. Vor erneuten Versuchen ist immer ein Ræntgenbild des Ellenbogens zum Ausschluss einer Fraktur zu veranlassen. Sind 1±3 initiale Repositionsversuche nicht sicher erfolgreich (keine freie Funktion), kann man fçr 2±4 Tage eine dorsale Oberarmgipsschiene anlegen; danach ist oft die Funktion frei (spontane Reposition oder ¹Entspannungª) oder ein erneuter Versuch ist zu machen
] Nachbehandlung
keine; Kontrolle der einwandfreien Funktion wenige Minuten nach der Reposition beim Spielen
] Rx-Kontrolle
keine
] Sportfåhigkeit
sofort gegeben
Operative Therapie ] Indikation
keine
Komplikationen
Rezidivrate: 40%; cave: mehrere Repositionsversuche; Fehldiagnose: suprakondylåre Humerusfraktur oder okkulte Ellenbogenverletzung (konservative Behandlung fçr wenige Tage im Gips); Konditionierung durch Bandlaxitåt fraglich; Dauerschaden nicht bekannt
Wachstumsstærung
nicht vorhanden
Nachkontrollen
nicht erforderlich
Klassifikation
AO:
LiLa:
14 Proximaler Radius und Olekranon
Isolierte proximale Radiusluxation
Besonderheiten
selten; meist Fehldiagnose bei çbersehener Ulnafraktur (Monteggia-Verletzung) Differenzialdiagnose: kongenitale Luxation
Diagnostik
Unterarm (!) a.- p. und seitlich, Einzeichnung der Radiusachse Klinik: Schwellung, schmerzhafte Pro-/Supination
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
stabile Reposition der Luxation
Primårbehandlung
Lagerung auf Oberarmschiene
Konservative Therapie ] Indikation
geschlossener Repositionsversuch grundsåtzlich indiziert
] Verfahren
Zug am Unterarm unter gleichzeitigem Varusstress im Ellenbogen und Supination, ggf. direkter Druck auf den proximalen Radius; Prçfung der stabilen Reposition (Flexion/Extension und Pro-/Supination) unter Durchleuchtung
] Nachbehandlung
dorsale Oberarmgipsschiene in Ellenbogenflexion und Neutralstellung des Unterarms fçr 2±3 Wochen, dann selbstbestimmte Mobilisation, keine physikalische Therapie vor Ablauf von 6 Wochen nach Freigabe
] Rx-Kontrolle
nach 1 Woche Artikulationskontrolle im Gips
] Sportfåhigkeit
bei weitgehend freier Beweglichkeit, meist 2±3 Wochen nach Freigabe
Operative Therapie ] Indikation
meist långer als 3 Wochen zurçckliegende, geschlossen nicht zu reponierende Luxation
] Verfahren
offene Reposition, ggf. Bandnaht, keine Bandplastik im absoluten Ausnahmefall perkutane transulnare K-Draht-Fixation, keine transartikulåre Fixation
] Nachbehandlung
wie nach konservativer Therapie
] Rx-Kontrolle
nach einer Woche Artikulationskontrolle im Gips
] Metallentfernung
3 Wochen post OP
] Sportfåhigkeit
bei weitgehend freier Beweglichkeit, 2±3 Wochen nach Freigabe
]
185
186
]
P. P. Schmittenbecher
Isolierte proximale Radiusluxation Komplikationen
instabile Reposition und Reluxation (Suche nach anderen Ursachen: Monteggia-Verletzung, Bowing der Ulna) Verkalkung der Gelenkkapsel oder des zerrissenen Ligaments bleibende Bewegungseinschrånkung (Pro-/Supination)
Wachstumsstærung
keine
Nachkontrollen
bis zur vollståndigen Beweglichkeit
Klassifikation
AO:
LiLa:
(Epiphysåre) Radiuskæpfchenfraktur
Besonderheiten
im Kindesalter absolute Ausnahme, bei pråmaturer Fuge selten mæglich Ursache meist Valgusstress oder schweres axiales Stauchungstrauma Begleitverletzung nach Ellenbogenluxation: Kontrolle von Kollateralbåndern, Processus coronoideus, Epicondylus ulnaris
Diagnostik
Rx Ellenbogen a.-p. + seitlich
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
exakte Wiederherstellung der Gelenkflåche keine Spontankorrekturen zu erwarten
Primårbehandlung
Ruhigstellung auf Oberarmschiene
Konservative Therapie ] Indikation
undislozierte Frakturen
] Verfahren
Gipsruhigstellung fçr 3 Wochen (1 Woche Schiene, 2 Wochen geschlossen)
] Nachbehandlung
selbstbestimmte Mobilisation, (meist) keine Physiotherapie
] Rx-Kontrolle
Stellungskontrolle nach 1 Woche (sekundåre Dislokation?); Konsolidierungskontrolle nach 3 Wochen
] Sportfåhigkeit
bei weitgehend freier Beweglichkeit, etwa 3 Wochen nach Freigabe
14 Proximaler Radius und Olekranon
Operative Therapie ] Indikation
Frakturen mit Stufe oder Dehiszenz der Gelenkflåche (nur bei fast Adoleszenten çberhaupt durch Ræntgen diagnostizierbar)
] Verfahren
offene Reposition und Fixation mit K-Draht, Minischraube oder resorbierbarem Pin
] Nachbehandlung
Ruhigstellung fçr 7±10 Tage, dann frçhfunktionelle Nachbehandlung
] Rx-Kontrolle
Tag 0 (intraoperativ), Tag 21/28 (nach Konsolidierung, vor Metallentfernung)
] Metallentfernung
K-Draht: 3±4 Wochen post OP Schraube: 4±6 Wochen post OP
] Sportfåhigkeit
bei weitgehend freier Beweglichkeit, nach etwa 6 Wochen
Komplikationen
Verletzungen des R. profundus n. radialis bei offener Reposition Einschrånkungen der Unterarm-Drehbewegungen wegen posttraumatischer Formverånderung des Radiuskæpfchens
Wachstumsstærung
im Sinne epiphysårer Wachstumsbeeintråchtigung nicht relevant
Nachkontrollen
bis zum Erreichen freier Beweglichkeit
Klassifikation
AO: 21-E/3(4).1-3
LiLa: 2.1.a.5.0-2.
(Metaphysåre) Radiushalsfraktur
Besonderheiten
håufig; Inzidenz: 1±1,3% aller Frakturen im Kindesalter typische Begleitverletzung bei Ellenbogenluxation; Begleitverletzung der Ulna-Parierfraktur (Monteggia-Øquivalent), Sturz auf pronierten Arm bei gestrecktem Ellenbogen
Diagnostik
Rx a.-p. und seitlich, Einzeichnung des Epiphysen-Achsen-Winkels Klinik: Schwellung, schmerzhaft eingeschrånkte Umwendbewegung
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Aufrichtung des proximalen Radius unter weitgehender Schonung der Kopfdurchblutung < 10. Lj.: Abkippungen bis 458 richten sich wieder auf, nur > 458 Intervention > 10 Lj.: Abkippungen bis 208 richten sich noch auf, aber > 208 Intervention, eine Korrektur der Translation erfolgt nicht
]
187
188
]
P. P. Schmittenbecher
(Metaphysåre) Radiushalsfraktur Primårbehandlung
Lagerung auf Oberarmschiene
Konservative Therapie ] Indikation
bis 458 Abkippung
] Verfahren
< 10 Lj.: Ruhigstellung im Oberarmgips fçr 3 Wochen > 10 Lj.: geschlossene Reposition durch direkten Druck auf das proximale Fragment unter Varusstress und Extension des Ellenbogens, < 208 Fehlstellung erreichen
] Nachbehandlung
Oberarmgips, nach 3 Wochen Freigabe zur selbst bestimmten Mobilisation
] Rx-Kontrolle
Tag 1 (nur nach Reposition), Tag 7 (Stellungskontrolle), Tag 21 (Konsolidierung)
] Sportfåhigkeit
bei weitgehend freier Beweglichkeit, etwa 3±4 Wochen nach Freigabe
Operative Therapie ] Indikation
Abkippung > 458 bzw. > 208 oder Seitverschiebung > Ý Schaftbreite
] Verfahren
geschlossene Reposition und Fixation durch ESIN retrograd indirekte Reposition mit K-Draht als Joystick von dorsoradial; direkt offen selten notwendig und nur ausnahmsweise wegen Gefahr der Durchblutungsstærung
] Nachbehandlung
funktionell bei ESIN; evtl. OA-Schiene fçr 2±3 Wochen; Belastung bei voller Beweglichkeit nach Metallentfernung nach 4±6 Wochen
] Rx-Kontrolle
Tag 0 (intraoperativ), Tag 28 (Konsolidierung)
] Metallentfernung
nach 4±6 Wochen
] Sportfåhigkeit
nach Metallentfernung bei guter Beweglichkeit
Komplikationen
Formverånderung des Radiuskæpfchens, Verplumpung, Bewegungseinschrånkung (Pro-/Supination), Pseudarthrose, Kopfnekrose, radioulnare Synostose
Wachstumsstærung
gering, partielle Wachstumshemmung mæglich
Nachkontrollen
bis zur Funktionsfreiheit bei eingetretener Komplikation bis zum Wachstumsende
Klassifikation
AO: 21-E/1(2).1-3. I±III
21-M/2(3).1-3. I±III
LiLa: 2.1.s.1-5.0-2.
14 Proximaler Radius und Olekranon
(Intraartikulåre) Olekranonfraktur
Besonderheiten
Inzidenz: < 1% aller Frakturen
Diagnostik
Rx Ellenbogen a.-p. und seitlich Klinik: Schwellung v. a. dorsal am Ellenbogen, schmerzhafte Streckhemmung
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Heilung ohne Stufe im artikulåren Anteil keine Spontankorrektur
Primårbehandlung
Ruhigstellung auf Oberarmschiene
Konservative Therapie ] Indikation
undislozierte Frakturen (keine Gelenkstufe, max. 2 mm Dehiszenz)
] Verfahren
Oberarmgips fçr 3 Wochen
] Nachbehandlung
selbstbestimmte Mobilisation
] Rx-Kontrolle
Tag 7 (sekundåre Dislokation), Tag 21 (Konsolidierung)
] Sportfåhigkeit
bei weitgehend freier Beweglichkeit, etwa 2±3 Wochen nach Freigabe
Operative Therapie ] Indikation
dislozierte Frakturen (Gelenkstufe oder Dehiszenz > 2 mm)
] Verfahren
offene Reposition und Osteosynthese Querfraktur: Zuggurtung alternativ: ausschlieûlich 2 K-Dråhte (< 5 Jahre alt) oder Zugschraube (bei Långs- oder Schrågfrakturen)
] Nachbehandlung
Zuggurtung: Ruhigstellung bis zur Wundheilung, dann freie Bewegung K-Dråhte, Schraube: Oberarmgips(schiene) fçr 3 Wochen
] Rx-Kontrolle
Tag 0 (intraoperativ), Tag 21±28 (Konsolidierung)
] Metallentfernung
nach 4±6 Wochen (Zuggurtung, Schraube), isolierte K-Dråhte frçher
] Sportfåhigkeit
bei weitgehend freier Beweglichkeit, etwa 2±3 Wochen nach Freigabe
Komplikationen
verbleibende Gelenkstufe
Wachstumsstærung
entfållt, da proximal (fast) kein Wachstum an der Ulna
Nachkontrollen
bis zur freien Beweglichkeit
Klassifikation
AO: 21-M/3.1-3
LiLa: 2.1.a.5.0-2.U.
]
189
190
]
P. P. Schmittenbecher
(Extraartikulåre) proximale Ulnafraktur
Besonderheiten
meist direkte Traumen ggf. in Verbindung mit proximaler Radiusluxation (Monteggia-Fraktur) oder proximaler Radiusfraktur
Diagnostik
Rx Ellenbogen a.-p. und seitlich, ggf. mit Unterarmschaft, Einzeichnung der Radiusachse
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
achsengerechte Heilung; keine Spontankorrektur
Primårbehandlung
Ruhigstellung auf Oberarmschiene
Konservative Therapie ] Indikation
grundsåtzlich konservativer Versuch indiziert
] Verfahren
nicht dislozierte Frakturen: Ruhigstellung dislozierte Frakturen: geschlossene Reposition bis zur Herstellung der korrekten Ulnaachse v. a. in der a.-p. Ansicht
] Nachbehandlung
Ruhigstellung im Oberarmgips fçr 3±4 Wochen, dann selbstbestimmte Mobilisation
] Rx-Kontrolle
Tag 0 (intraoperativ nach Reposition), Tag 7 (Stellung, sekundåre Dislokation), Tag 21/28 (Konsolidierung)
] Sportfåhigkeit
bei weitgehend freier Beweglichkeit, 2±3 Wochen nach Freigabe
Operative Therapie ] Indikation
bei unzureichender Reposition oder Retention
] Verfahren
offene Reposition und Schraubenosteosynthese geschlossene indirekte Reposition mit intramedullårem Nagel (ESIN)
] Nachbehandlung
bei Zugschraube Ruhigstellung im Oberarmgips fçr 4 Wochen, dann Freigabe; bei intramedullårer Nagelung keine Ruhigstellung
] Rx-Kontrolle
Tag 0 (intraoperativ), Tag 28 (Konsolidierung)
] Metallentfernung
nach 6±8 Wochen
] Sportfåhigkeit
bei weitgehend freier Beweglichkeit, nach Metallentfernung
Komplikationen
verbleibende Fehlstellung a.-p., oft unterschåtzt, daraus folgend Bewegungseinschrånkung bezçglich der Pro- und Supination
14 Proximaler Radius und Olekranon
Wachstumsstærung
keine
Nachkontrollen
bis zur freien Funktion
Klassifikation
AO: 21-M/2(3).1-3
Technische Aspekte
Proximaler Radius
LiLa: 2.1.s.5.0-2.U.
] selten offene Reposition çber dorsoradialen Zugang in Pronation (cave: R. profundus n. radialis), mæglichst ohne Eræffnung der Gelenkkapsel und mittels transkapsulårer Reposition (Schonung der periostalen Gefåûe), Fixation trotzdem intramedullår! Material
] Minischrauben fçr proximale epiphysåre Radiusfrakturen ] ESIN der Stårke 2,0±2,5 mm
Lagerung
] Rçckenlagerung, Armtisch, Blutsperre, Abdeckung oberhalb des Ellenbogens, Hand eingepackt
Zugang/Verfahren (Abb. 14.6, 14.7)
dorso-lateraler Zugang zum proximalen Radius in Pronation ] Radiuskæpfchenluxation oder nicht reponible Radiushalsfraktur: ± Beseitigung intraartikulårer Repositionshindernisse (Bandstrukturen), ggf. Bandnaht, keine Bandplastik ± bei Luxation im Ausnahmefall perkutane transulnare K-Draht-Fixation, keine transartikulåre Fixation ± cave: R. profundus n. radialis; die Gelenkkapsel muss zur Reposition einer Radiushalsfraktur nicht unbedingt eræffnet werden ] metaphysåre Radiushalsfraktur (Abb. 14.6, 14.7): ± Reposition und Fixation durch intramedullåren Nagel (2,0±2,5 mm), der vom distalen Radius aus eingebracht wird ± Fassen, Reponieren und Fixieren des Kæpfchens mit der abgeschrågten Nagelspitze, die epiphysår verankert wird ± bei hochgradiger Abkippung Repositionshilfe durch Daumendruck oder perkutan eingestochenen K-Draht
Spezielle Aufklårung
] ] ] ]
Metallentfernung
] ESIN nach 3±4 Monaten
Sonstige Besonderheiten
keine
Nervenverletzung, Gelenkinfektion bei proximaler Radiusluxation: Reluxation bei proximaler Radiusfraktur: Radiuskopfnekrose, Verplumpung des Radiuskæpfchens bei allen proximalen Unterarmfrakturen: Bewegungseinschrånkungen, v. a. der Pronation/Supination
]
191
192
]
P. P. Schmittenbecher
Technische Aspekte
Proximaler Radius
Periost
Abb. 14.6. Retrograde elastisch-stabile intramedullåre Nagelung bei Radiushalsfraktur; links Einbringen des Nagels, rechts manuelle Reposition des Radiuskæpfchens.
Periost
Abb. 14.7. Links: Vorschlagen des Nagels in das grob reponierte Radiuskæpfchen; rechts: Drehen des Nagels, dadurch definitive Reposition des Radiuskæpfchens.
Technische Aspekte
Proximale Ulna
Material
] K-Dråhte der Stårke 1,4±1,8 mm sowie Cerclagedraht der Stårke 0,8±1,2 mm fçr die Olekranonfrakturen ] Kleinfragmentschrauben fçr extraartikulåre proximale Ulnafrakturen ] ESIN der Stårke 2,0±2,5 mm
Lagerung
] Bauchlagerung mit çber dem Armtisch herunterhångendem Unterarm fçr Olekranonfrakturen hilfreich; Rçckenlagerung bei ESIN
Zugang/Verfahren
dorsaler Zugang zum Olekranon mit radialseitiger Umschneidung ] intraartikulåre Olekranonfraktur: ± offene Reposition von dorsal mit radialer Umschneidung des Olekranons (Abb. 14.8, 14.9) ± Darstellung des N. ulnaris und Zuggurtung, v. a. bei Querfrakturen (Abb. 14.10 a±c) ± Zuggurtung: Platzierung von zwei parallelen K-Dråhten çber die Olekranonapophyse, die die ventrale Kortikalis der Ulnametaphyse durchbohren ± Drahtcerclage um die K-Draht-Enden und durch ein queres Ulnabohrloch ± alternativ: ausschlieûlich zwei K-Dråhte (< 5 Jahre alt) oder Zugschraube (bei Schrågfrakturen) ] extraartikulåre Olekranonfraktur: ± offene Reposition und Schraubenosteosynthese ± geschlossene indirekte Reposition mit intramedullårem Nagel, von distal eingefçhrt und mit dem Spannungsbogen so platziert, dass dieser der Fehlstellung entgegenwirkt
14 Proximaler Radius und Olekranon
Spezielle Aufklårung
] Nervenverletzung, Gelenkinfektion ] bei allen proximalen Unterarmfrakturen: Bewegungseinschrånkungen, v. a. der Pronation/Supination
Metallentfernung
] Zuggurtung nach 8±16 Wochen
Sonstige Besonderheiten
keine
M. extensor carpi ulnaris
M. anconeus Radiusköpfchen
Abb. 14.8. Oben: Dorsaler Zugang zum Olekranon mit radialseitiger Umschneidung, Darstellung des N. ulnaris; unten: dorsoradialer Zugang zum Radiuskæpfchen.
Abb. 14.9. Tiefer dorsoradialer Zugang zum proximalen Radius in Pronation. Cave: R. profundus n. radialis; die Gelenkkapsel muss zur Reposition einer Radiushalsfraktur nicht unbedingt eræffnet werden.
Abb. 14.10 a±c. Zuggurtungsosteosynthese am Modell. Platzierung von zwei parallelen K-Dråhten çber die Olekranonapophyse, die die ventrale Kortikalis der Ulnametaphyse durchbohren; Drahtcerclage um die K-Draht-Enden und durch ein queres Ulnabohrloch.
]
193
194
]
14 Proximaler Radius und Olekranon
] Fallbeispiele Fall 14.1 Isolierte proximale Radiuskæpfchenluxation, Mådchen, 7 J., unklarer Sturz.
a
b
c d
a, b Unfallbilder, mit Hilfslinie. c, d Sofortige Reposition, Gipsruhigstellung.
14 Proximaler Radius und Olekranon
Fall 14.2 Metaphysåre Radiushalsfraktur, Junge, 10 J., Fahrradsturz.
a
b
d c
a, b Unfallbilder. c, d Konservative Therapie mit Gipsruhigstellung.
]
195
196
]
14 Proximaler Radius und Olekranon
Fall 14.3 Metaphysåre Radiushalsfraktur, Mådchen, 12 J., Verletzung beim Judo.
a
b
c
d
a, b Unfallbilder. c, d Operative Therapie mit intramedullårer Reposition und Fixation.
14 Proximaler Radius und Olekranon
Fall 14.4 Intraartikulåre Olekranonfraktur beim Kleinkind, Mådchen, 2 J., håuslicher Sturz auf Ellenbogen.
a
b
c
d
a, b Unfallbilder, Dislokation im a.-p. Bild deutlich zu erkennen. c, d Zuggurtungsosteosynthese.
]
197
198
]
14 Proximaler Radius und Olekranon
Fall 14.5 Extraartikulåre Olekranonfraktur, Mådchen, 6 J., Sturz vom Etagenbett.
a
b
c
a, b Unfallbilder. c, d Zugschraubenosteosynthese.
d
14 Proximaler Radius und Olekranon
Fall 14.6 Extraartikulåre Olekranonfraktur, Junge, 4 J., Sturz vom Klettergerçst.
a
b
c
a, b Unfallbilder. c, d Intramedullåre Nagelung bei Monteggia-Verletzung mit proximaler Ulnafraktur.
d
]
199
15 Unterarm
C. Ploss und I. Marzi
] Physiologische Befunde
] Frakturen
Knochenkerne und Fugenschluss
Allgemeines
8.-10. Lj. 3.-7. Lj.
4.-9. Lj. 3-18 Monate
Abb. 15.1. Knochenkerne und Fugenschluss.
Radius und Ulna verknæchern ab der 6. Schwangerschaftswoche von primåren Ossifikationszentren aus. Die sekundåre Ossifikation beginnt am distalen Unterarm in den ersten eineinhalb Lebensjahren am Radius, und ab dem 4. Lebensjahr verknæchert der distale Ulnaossifikationskern. Die proximalen Ossifikationskerne beginnen zwischen dem 3. und 7. Lebensjahr radial und zwischen dem 8. und 10. Lebensjahr ulnar zu verknæchern. Die proximalen Epiphysenfugen im Ellenbogenbereich verschlieûen sich etwas frçher als die distalen, welche zwischen dem 16. und 19. Lebensjahr verknæchern. Die proximalen Wachstumsfugen tragen zu 20% und die distalen zu 80% zum Långenwachstum des Unterarms bei.
] Unterarmschaft. Die am Unterarm ansetzenden Muskeln wirken beim Auftreten einer Fraktur als deformierende Kråfte. Bei proximalen Frakturen (Abb. 15.2 a) ziehen der M. supinator sowie der M. biceps das proximale Fragment in Supination und Flexion. Das distale Fragment tendiert durch die Mm. pronatores quadratus et teres in Pronation, sodass eine Ruhigstellung in Supination erfolgen sollte, um die Frakturenden anzunåhern. Bei Frakturen im mittleren Schaftbereich (Abb. 15.2 b) sollte die Ruhigstellung in Neutralstellung bzw. auch leichter Supination erfolgen, da sich M. pronator teres und M. supinator ausgleichen, und lediglich der M. biceps zur Flexion des proximalen Fragments fçhrt. Der M. pronator quadratus proniert das distale Fragment. Befindet sich die Fraktur im distalen Schaftbereich (Abb. 15.2 c) kommt es durch den Zug des M. brachioradialis zur Abweichung des distalen Fragments in Supination, sodass hier die Ruhigstellung in leichter Pronation am ehesten zum Annåhern der Frakturenden fçhrt. Dennoch sollte bei allen Frakturformen die Ruhigstellung individuell çberdacht und angepasst werden. Isolierte Radiusfrakturen haben die Tendenz zur Valgusfehlstellung, selten kommt es begleitend zur distalen Ulna-Epiphysenlæsung im Sinne eines Galeazzi-Øquivalents. Isolierte Ulnafrakturen neigen zur Varusdeformitåt und kænnen so zu einer Radiuskæpfchenluxation, sprich einer Monteggia-Fraktur, fçhren. Achsabweichungen im Unterarmschaftbereich werden nur bedingt korrigiert und dies zumeist nur bis zu einem Alter von 5 Jahren. Rotationsfehlstellungen werden nicht korrigiert. Beides kann zu teils erheblichen Funktionseinschrån-
202
]
C. Ploss und I. Marzi
M. biceps
M. brachioradialis
M. supinator M. pronator teres
M. pronator quadratus
a
M. pronator quadratus
b
kungen bei Pro- und Supination fçhren. Die Rotationseinschrånkung ab einer Achsabweichung von 208 wird funktionell bedeutsam, sodass hier die Grenze zur operativen Therapie gesetzt wird. Je weiter proximal der Achsfehler liegt, desto weniger kann er toleriert werden. Ebenso fçhren gegenlåufige Deformierungen im Schaftbereich zu ausgeprågten Funktionsstærungen. Seit-zu-Seit-Verschiebungen gleichen sich dagegen bis zu einer Verschiebung um Schaftbreite spontan aus. Werden Umstellungsosteotomien notwendig, so empfiehlt es sich, diese so frçh als mæglich durchzufçhren, da långer bestehende Funktionseinbuûen oft auch nach Umstellung persistieren und das Operationsergebnis beeintråchtigen kænnen. ] Distaler Unterarm. Der distale Unterarm weist bei Kindern unter 10±12 Jahren ein auûergewæhnliches Korrekturpotenzial auf. Bei Kindern ab dem 10.±12. Lebensjahr variiert die Spontankorrektur stark und ist v. a. abhångig vom Stadium der Fugenentwicklung. So kann
c
Abb. 15.2. Unterarmmuskulatur, Dislokation der Frakturfragmente. a Proximale Unterarmfraktur, b mittlere Unterarmfaktur, c distale Unterarmfraktur.
man bei Kindern unter 10 Jahren ohne weiteres Achsabweichungen bis zu 308 belassen. Bei Kindern çber dem 12. Lebensjahr besteht jedoch kaum eine Spontankorrektur und die achsgerechte Stellung ist anzustreben. Um die Eltern angesichts der teilweise deutlich sichtbaren Fehlstellungen nicht zu verunsichern, bedarf es einer subtilen Aufklårung und enger Betreuung. Zu beachten ist allerdings, dass Frakturen im distalen bzw. metaphysåren Unterarmbereich v. a. eine Verletzung der ålteren Kinder ist (> 12. Lj.).
Inzidenz 38% aller Frakturen im Kindesalter betreffen den Unterarm. Unterarmschaftfraktur: 9,5±13,4% 66,7% ± distales Drittel 29,4% ± mittleres Drittel 3,9% ± proximales Drittel Fraktur des distalen Unterarms: 19,4% Monteggia-Fraktur: 1,35% Galeazzi-Fraktur: < 1%
15 Unterarm
Verletzungsmechanismus und klinisches Bild ] Unterarmschaftfrakturen. Ursache dieser Verletzung ist zumeist ein Sturz auf die ausgestreckte Hand. Der Altersgipfel bei Unterarmfrakturen im mittleren Schaftbereich liegt bei 6±8 Jahren, wobei Jungen håufiger betroffen sind als Mådchen; weiter distal çberwiegen die Verletzungen bei Kindern çber dem 10. Lebensjahr. Die Frakturlokalisation ist abhångig von der Krafteinwirkung, liegt jedoch in den meisten Fållen im distalen Drittel. Wåhrend distale Frakturen håufig konservativ behandelt werden kænnen, mçssen Frakturen im mittleren und proximalen Schaftbereich oft operativ versorgt werden. Etwa zwei Drittel der Unterarmschaftfrakturen beim Kind sind Grçnholz- oder Stauchungsfrakturen, die vollståndigen Frakturen treten zumeist erst nach dem 10.±12. Lebensjahr auf. Im Schaftbereich kommen v. a. Grçnholzfrakturen und vollståndige Frakturen vor, die Wulstbrçche sind im metaphysåren Bereich lokalisiert. Ist zur Korrektur einer Achsfehlstellung eine Narkose nætig, so empfiehlt sich die endgçltige Versorgung in gleicher Sitzung, so sollte z. B. bei Ûberbrechen einer Grçnholzfraktur und bei Anhalt fçr Instabilitåt die Osteosynthese mittels ESIN gleichzeitig erfolgen. ] Monteggia-Verletzung. Die klassische Monteggia-Fraktur besteht aus einer Ulnaschaftfraktur mit Radiuskæpfchenluxation, wobei die Lokalisation der Ulnaschaftfraktur vom mittleren Drittel bis ganz nach proximal reichen und somit als Olekranonfraktur imponieren kann. Das Radiuskæpfchen luxiert zumeist nach ventral oder radial. Des weiteren existieren Monteggia-åquivalente Frakturen, wie z. B. die Ulnaschaftfraktur und die Radiushalsfraktur. Klinische Zeichen fçr eine Dislokation des Radiuskæpfchens sind Schmerzen, Deformitåt und eine ausgeprågte Bewegungseinschrånkung im Ellenbogengelenk mit fixierter Pronationsstellung. Die Prognose bei primår diagnostizierten Luxationen ist gut; wird die Problematik jedoch nicht erkannt, ist die Prognose eher ungçnstig, und es kann zu bleibenden schmerzhaften Bewegungseinschrånkungen kommen.
]
] Galeazzi-Verletzung. Die Galeazzi-Fraktur und das Galeazzi-Øquivalent sind seltene Verletzungen im Kindesalter. Ursåchlich ist zumeist ein Sturz auf die gestreckte und pronierte Hand. Die Verletzung tritt v. a. bei Kindern im Alter zwischen 9 und 12 Jahren auf. Klinisch imponiert håufig eine varische Fehlstellung des Unterarms mit deformiertem, geschwollenem und schmerzhaftem Handgelenk. Teils kommt es zu einer Protrusion des Ulnarkæpfchens bzw. zu einer erhæhten Mobilitåt der distalen Ulna. Die klassische Galeazzi-Verletzung besteht aus einer Radiusschaftfraktur in Verbindung mit einer Dislokation im distalen Radioulnargelenk (DRUG). Der Radiusschaft frakturiert zumeist im Ûbergang vom mittleren zum distalen Drittel. Bei Kindern disloziert das DRUG v. a. im Bereich der Ulnarepiphyse, da diese im Kindesalter schwåcher ist als die diskoligamentåren Verbindungen; dies nennt man dann GaleazziØquivalent. In den meisten Fållen tritt diese Epiphysenfugenverletzung als Salter-II-/AitkenI-Fraktur auf. Eine komplette Luxation des distalen Radioulnargelenks beinhaltet immer eine Verletzung des triangulåren fibrokartilaginåren Komplexes (TFC) und ist somit eine instabile Verletzung.
Diagnostik Bei Unterarmschaftfrakturen sind die angrenzenden Gelenke auf der Ræntgenaufnahme mit abzubilden. Bei unzureichender Darstellung und klinischer Symptomatik ist das Ellenbogengelenk korrekt in 2 Ebenen zusåtzlich zu ræntgen, um eine Kombinationsverletzung nicht zu çbersehen. Ist einer der beiden Unterarmknochen frakturiert und verkçrzt, spricht dies fçr eine Dislokation im proximalen oder distalen Radioulnargelenk. Unbehandelt kænnen Bewegungseinschrånkungen, Instabilitåten und Valgusfehlstellungen die Folge sein. Zur Diagnose der Radiuskæpfchenluxation findet eine Hilfslinie Verwendung (Abb. 15.3). Zieht man diese durch die Achse des proximalen Radiusendes, so muss sie sich in allen Ebenen (auch in Schrågaufnahmen) auf den Kern des Capitulum humeri projizieren.
203
204
]
C. Ploss und I. Marzi
] Monteggia-Verletzungen. Sie werden nach der Bado-Klassifikation eingeteilt, dabei handelt es sich um die gebråuchlichste Klassifikation in der Unfallchirurgie. ] Typ I Ventrale Dislokation des Radiuskæpfchens und Fraktur der Ulnadiaphyse mit ventraler Knickbildung. 70% der Monteggia-Verletzungen bei Kindern. Abb. 15.3. Die Hilfslinie durch die Achse des proximalen Radius muss sich in allen Ebenen auf den Kern des Capitulum humeri projizieren.
Klassifikation ] Unterarmfrakturen. Sie kænnen nach der Lokalisation (Tab. 15.1) oder dem Frakturtyp (Tab. 15.2) eingeteilt werden. Tabelle 15.1. Einteilung der Unterarmfrakturen nach ihrer Lokalisation ] Proximales Drittel ] Mittleres Drittel ] Distales Drittel
isolierte Radiusfraktur Fraktur beider Unterarmknochen Monteggia-Verletzung isolierte Radiusfraktur Fraktur beider Unterarmknochen Grçnholzfraktur/¹Bowing Fractureª isolierte Radiusfraktur Fraktur beider Unterarmknochen Galeazzi-Verletzung
Tabelle 15.2. Einteilung der Unterarmfrakturen nach dem Frakturtyp ] Geschlossene oder offene Fraktur ] Wulstbruch/ Stauchungsfraktur ] Grçnholzfraktur ] Komplette Unterarmfraktur ] Trçmmerfraktur
] Typ II Dorsale oder dorsolaterale Dislokation des Radiuskæpfchens und Fraktur der Ulnadiaphyse mit dorsaler Knickbildung. 6% der Monteggia-Låsionen. ] Typ III Laterale oder ventrolaterale Dislokation des Radiuskæpfchens mit Fraktur der Ulnametaphyse. 23% der Monteggia-Låsionen bei Kindern. ] Typ IV Ventrale Dislokation des Radiuskæpfchens mit Fraktur des Radius im proximalen Drittel und Fraktur der Ulna auf selber Hæhe. Sehr seltene Verletzung, ca. 1% der Monteggia-Låsionen. ] Galeazzi-Frakturen und Galeazzi-Øquivalente. Diese Frakturen werden nach der Klassifikation von Letts und Rowhani eingeteilt. ] Typ A Fraktur des Radius im Ûbergang vom mittleren zum distalen Drittel und 1. diskoligamentårer Luxation der distalen Ulna nach dorsal 2. distaler Epiphysiolyse der Ulna und Dislokation der Metaphyse nach dorsal ] Typ B Fraktur des Radius im distalen Drittel und 1. diskoligamentårer Luxation der distalen Ulna nach dorsal 2. distaler Epiphysiolyse der Ulna und Dislokation der Metaphyse nach dorsal ] Typ C Grçnholzfraktur des Radius mit Achsabweichung nach dorsal und 1. diskoligamentårer Luxation der distalen Ulna nach dorsal 2. distaler Epiphysiolyse der Ulna und Dislokation der Metaphyse nach dorsal ] Typ D Fraktur des distalen Radius mit Achsabweichung nach volar und 1. diskoligamentårer Luxation der distalen Ulna nach volar 2. distaler Epiphysiolyse der Ulna und Dislokation der Metaphyse nach volar.
15 Unterarm
Unterarmschaftfraktur ± Grçnholzfraktur
Besonderheiten
verschiedene Frakturformen: typisch: Kortikalis konvex durch- und konkav angebrochen, ¹Bowing Fractureª: kein sichtbarer Frakturspalt; v. a. < 5. Lj.
Diagnostik
Rx Unterarm a.-p. + exakt seitlich mit angrenzenden Gelenken ggf. zusåtzlich zentrierte Rx der angrenzenden Gelenke in 2 Ebenen zum Ausschluss einer Monteggia- oder Galeazzi-Verletzung
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
nahezu vollståndige Spontankorrektur von Seit-zu-Seit-Verschiebungen mæglich Achsabweichungen < 108 in beiden Ebenen werden korrigiert, je jçnger das Kind, umso græûer ist das Korrekturpotenzial
Primårbehandlung
OA-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
Achsabweichung < 108; bei jçngeren Patienten mit hæherem Korrekturpotential ggf. bis < 208
] Verfahren
3±4 Wochen OA-Gips, ggf. Gipskeilung am 5.±8. Tag zur Kompression des offenen Frakturspaltes; bei Fehlstellungen çber 108 operative Versorgung empfohlen
] Nachbehandlung
funktionell, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
5.±8. Tag Stellungskontrolle, ggf. nach Keilung; 14. Tag Stellungskontrolle; 4. Woche Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
6±8 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
Achsabweichungen > 108; bei Fraktur beider UA-Knochen, auch bei geringerer Fehlstellung
] Verfahren
1. Ûberbrechen der Gegenkortikalis 2. Stabilisierung mittels ESIN auch bei ¹Bowing Fractureª Stabilisierung (Rçckfederung) mit ESIN erwågen
] Nachbehandlung
funktionell, ggf. einige Tage OA-Gipsschiene zur Analgesie
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Metallentfernung
12 Wochen post OP
] Sportfåhigkeit
8 Wochen nach Konsolidierung
]
205
206
]
C. Ploss und I. Marzi
Unterarmschaftfraktur ± Grçnholzfraktur Komplikationen
zægernde Spontankorrektur, Zunahme der primåren Fehlstellung Gefahr der Refraktur infolge Konsolidisierungsstærungen bei typischen Grçnholzfrakturen bei Achsabweichungen > 208 Einschrånkungen bei Pro- und Supination
Wachstumsstærung
vorçbergehende Långendifferenz, die sich meist im Verlauf ausgleicht
Nachkontrollen
3- bis 4-wæchentlich bis zur freien Funktion
Klassifikation
AO: 22-D/1(2).1-3
LiLa: 2.2.s.2.0-2.
Vollståndige Unterarmfraktur
Besonderheiten
v. a. > 10.±12. Lj., meist beide UA-Knochen betroffen, auûer bei direktem Anpralltrauma
Diagnostik
Rx Unterarm a.-p. + exakt seitlich mit angrenzenden Gelenken ggf. zusåtzlich zentrierte Rx der angrenzenden Gelenke in 2 Ebenen zum Ausschluss einer Monteggia- oder Galeazzi-Verletzung Beurteilung von Durchblutung, Motorik sowie Sensibilitåt und Ausschluss eines Kompartmentsyndroms
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
nahezu vollståndige Spontankorrektur von Seit-zu-Seit-Verschiebungen mæglich, Achsabweichungen < 108 in beiden Ebenen, je jçnger das Kind, umso græûer ist das Korrekturpotential
Primårbehandlung
OA-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
Achsabweichung < 108
] Verfahren
3±4 Wochen OA-Gips; ggf. sekundåre Gipskeilung am 5.±8. Tag
] Nachbehandlung
funktionell, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
5.±8. Tag Stellungskontrolle, ggf. nach Keilung; 14. Tag Stellungskontrolle, nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
ca. 8 Wochen nach Konsolidierung
15 Unterarm
Operative Therapie ] Indikation
Instabilitåt bei Fraktur beider Unterarmknochen Achsabweichung ³ 108, Rotationsfehler, Verkçrzung Interposition von Weichteilen offene Frakturen 2. und 3. Grades, begleitende Gefåû-Nerven-Verletzungen Polytrauma/Mehrfachverletzungen Pseudarthrosen, Fehlstellungen nach konservativer Behandlung
] Verfahren
geschlossene Reposition und Osteosynthese mittels ESIN offene Reposition bei Repositionshindernis (Periost- oder Muskelinterponat), Wunddbridement und Stabilisierung bei offenen Frakturen mæglich Fixateur externe bei Mehrfragment- und Trçmmerfrakturen, bei denen die Långe mittels ESIN nicht zu halten ist; bei offenen Frakturen und bei gelenknahen Frakturen Plattenosteosynthese nur bei Sonderfållen (Pseudarthrose, Korrekturosteotomien, gelenknahe Frakturen bei Adoleszenten)
] Nachbehandlung
funktionell, ggf. einige Tage OA-Gipsschiene zur Analgesie Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle, nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Metallentfernung
12 Wochen post OP
] Sportfåhigkeit
8 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
bei Achsabweichungen > 208 Einschrånkungen bei Pro- und Supination; Pseudarthrosenbildung, Refrakturgefahr bei frçher Metallentfernung (unter 3 Monaten)
Wachstumsstærung
vorçbergehende Långendifferenz und Stærungen der Umwendbewegung
Nachkontrollen
3- bis 4-wæchentliche Kontrollen bis zur freien Funktion
Klassifikation
AO: 22-D/4(5).1-3
LiLa: 2.2.s.3(4).0-2.
]
207
208
]
C. Ploss und I. Marzi
Metaphysårer Wulstbruch, Stauchungsfraktur und Grçnholzfraktur
Besonderheiten
Kortikalis beidseits erhalten beim Wulst- oder Stauchungsbruch, bei metaphysårer Grçnholzfraktur nur eine Kortikalis gebrochen Differenzierung von Wulst- und Grçnholzfraktur in der Metaphyse meist kaum mæglich und ohne Konsequenz Auftreten v. a. bei kleinen Kindern
Diagnostik
Rx a.-p. + exakt seitlich
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Stauchungsfrakturen und Wulstbrçche gekennzeichnet von einem erhaltenen Periostschlauch, der praktisch immer zu einer Spontankorrektur fçhrt; bei ålteren Kindern (> 12. Lj.) ist dies geringer, dieser Frakturtyp kommt jedoch kaum noch vor
Primårbehandlung
UA-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
praktisch immer konservativ
] Verfahren
2±3 Wochen UA-Gips
] Nachbehandlung
funktionell, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
i. d. R. nicht notwendig
] Sportfåhigkeit
2±3 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
keine
Komplikationen
Wachstumsstærung, selten Bewegungseinschrånkung
Wachstumsstærung
vorzeitiger partieller oder totaler Fugenverschluss; selten vorçbergehendes Mehrwachstum, v. a. des Radius, der sich meist im Verlauf des weiteren Wachstums ausgleicht
Nachkontrollen
keine weiteren radiologischen Kontrollen notwendig, wenn klinisch kein Anhalt fçr Fehlwachstum, Abschluss bei Schmerzfreiheit
Klassifikation
AO: 23-M/2.1-3
LiLa: 2.3.s.2.0-2.
15 Unterarm
Vollståndige Fraktur des distalen Unterarms
Besonderheiten
erhebliche Schwellung und Schmerzhaftigkeit
Diagnostik
Rx a.-p. + seitlich, zusåtzlich korrektes Rx des Handgelenks zum Ausschluss einer Galeazzi-Fraktur
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
< 12. Lj.: bis 308 prinzipiell mæglich, bei kleinen Kindern eher mehr, je nåher an das Alter von 12 Jahren, umso weniger > 12. Lj.: kaum Spontankorrektur (achsgerechte Stellung anstreben) Seit-zu-Seit-Verschiebungen bis zu Schaftbreite
Primårbehandlung
OA-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
eher seltener, da Reposition erforderlich und Osteosynthese mit K-Draht problemlos und stabiler < 12. Lj.: Achsabweichungen < 308 in der Sagittalebene und < 108 in der Frontalebene kænnen prinzipiell belassen werden; je nåher an 12 Jahren, umso korrekter die erforderliche Reposition. Das Belassen von Fehlstellungen im Toleranzbereich muss sorgfåltig mit den Eltern besprochen und die operative Alternative dargestellt werden. > 12. Lj.: Achsabweichung < 108 in beiden Ebenen Seit-zu-Seit-Verschiebungen bis Ü Schaftbreite
] Verfahren
4 Wochen OA-Gips; ggf. sekundåre Gipskeilung am 5.±8. Tag, wenn sekundåre Achsabweichung zu groû (kleine Kinder)
] Nachbehandlung
funktionell, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
8. Tag Stellungskontrolle, evtl. nach Gipskeilung; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
2±3 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
Seit-zu-Seit-Verschiebungen > Ü Schaftbreite < 12. Lj.: Achsabweichungen zwischen 308 (Kleinkind) und 108 (12-jåhrige) in der Sagittalebene und > 108 in der Frontalebene > 12. Lj.: Achsabweichung > 108, Rotationsfehler instabile Frakturen Verkçrzung des Radius > 5 mm begleitende Gefåû-Nerven-Verletzungen Pseudarthrosen
]
209
210
]
C. Ploss und I. Marzi
Vollståndige Fraktur des distalen Unterarms ] Verfahren
Reposition in Narkose, dabei sichere Stabilisierung durch K-Draht mæglich geschlossene Reposition K-Draht-Osteosynthese nach Kapandji oder transepiphysår çber Processus styloideus radii bei Adoleszenten mit bereits begonnenem Fugenschluss und kråftigen Armen sowie Pseudarthrosen Kleinfragment-T-Platten-Osteosynthese; bei distalen Radiusfrakturen auch Fixateur externe, als T-Fixateur montiert
] Nachbehandlung
2 Wochen OA-Gips, 2 Wochen UA-Gips
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle, nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Metallentfernung
4 Wochen postoperativ
] Sportfåhigkeit
2±3 Wochen nach Konsolidierung und Metallentfernung
Komplikationen
Kompartmentsyndrom, Pseudarthrose des Processus styloidei radii et ulnae
Wachstumsstærung
vorçbergehende Långendifferenz
Nachkontrollen
2- bis 3-wæchentlich bis zur freien Funktion und akzeptablen Stellung
Klassifikation
AO: 23-M/3.1-3
LiLa: 2.3.s.3(4).0-2.
Epiphysenfugenverletzungen distaler Unterarm
Besonderheiten
håufigste Lokalisation von Epiphysiolysen, selten Epiphysenfrakturen; trotz erheblicher Fehlstellung oft gutes Korrekturpotenzial, jedoch ausfçhrliches Besprechen der Korrekturmæglichkeiten mit den Eltern, Reposition und kurzzeitige Stabilisierung als Alternative erlåutern
Diagnostik
Rx a.-p. + seitlich
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
< 12. Lj.: bis 308 in Frontal- und bis 108 in Sagittalebene (abnehmend bis 12. Lj.) > 12. Lj.: kaum Spontankorrektur (achsgerechte Stellung anstreben) Salter-III-/-IV-Frakturen, Ûbergangsfrakturen: Dislokation < 2 mm im Gelenkspalt
Primårbehandlung
OA-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
15 Unterarm
Konservative Therapie ] Indikation
innerhalb der Korrekturgrenzen Salter-III-/-IV-Frakturen, Ûbergangsfrakturen: Dislokation < 2 mm
] Verfahren
3±4 Wochen OA-Gips; ggf. sekundåre Gipskeilung am 8. Tag
] Nachbehandlung
funktionell, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
5.±8. Tag Stellungskontrolle im Gips, nach Gipskeilung, nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
2±3 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
auûerhalb der Korrekturgrenzen, Gelenkspalt > 2 mm
] Verfahren
geschlossene Reposition und definitive Versorgung mittels K-Draht-Osteosynthese
] Nachbehandlung
2 Wochen OA-Gips, 2 Wochen UA-Gips
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle, nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Metallentfernung
4±6 Wochen postoperativ
] Sportfåhigkeit
2±3 Wochen nach Konsolidierung und Metallentfernung
Komplikationen
Kompartmentsyndrom
Wachstumsstærung
vorzeitiger partieller oder totaler Fugenverschluss mit folgender Fehlstellung
Nachkontrollen
2- bis 3-wæchentlich bis zur freien Funktion und akzeptablen Stellung
Klassifikation
AO: 23-E/1.9.1-3
LiLa: 2.3.s.1.0-2
2.3.a.5.0-2.
]
211
212
]
C. Ploss und I. Marzi
Monteggia-Verletzung (Ulnafraktur mit Radiuskæpfchenluxation)
Besonderheiten
leicht zu çbersehende Kombinationsverletzung des Unterarms
Diagnostik
bei jeder Fraktur des Unterarms mit Verkçrzung zusåtzlich korrektes Ræntgen des Ellenbogens in 2 Ebenen (und ggf. des Handgelenks)
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Reposition des Radiuskæpfchens, i. d. R. durch Korrektur der Ulnafehlstellung bzw. -verkçrzung Kongruenz im proximalen Radioulnargelenk fçr korrekte Umwendbewegung unerlåsslich; auch Subluxationen mçssen behoben werden; spåtere Spontankorrekturen sind nicht mæglich, eher zunehmende Verschlimmerung durch ¹Vorwachsenª des Radiuskæpfchens und weitere Einschrånkung der Beugung
Primårbehandlung
OA-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
seltene Indikation bei kleinen Kindern; meist operativ geschlossene Reposition einer einfachen Ulnaschaftfraktur mit Reposition der Radiuskæpfchenluxation
] Verfahren
4 Wochen Ruhigstellung im OA-Gips
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Bewegung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
Stellungskontrolle nach Reposition; 1. Woche; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion, ca. 5±8 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
Instabile Ulnafraktur im Schaftbereich, dislozierte Frakturen; meistens notwendig um eine stabile Ulnaosteosynthese mit korrekter Långe herbeizufçhren. Dabei ist zumeist die geschlossene Reposition des Radiuskæpfchens mæglich
] Verfahren
instabile Ulnafraktur mit Verkçrzung und Fehlstellung sowie Radiuskæpfchenluxation: i. d. R. geschlossene Reposition offene Reposition selten bei eingeschlagenen Weichteilen notwendig geschlossene, ggf. offene Reposition der Ulnafraktur Ziel: korrekte anatomische Reposition der Ulna und der Radiuskæpfchenluxation nach Reposition der Ulnafraktur zumeist spontane Korrektur der Luxationsstellung des proximalen Radius
15 Unterarm
diaphysåre Ulnagrçnholzfraktur: geschlossene Reposition mit Durchbrechen der Gegenkortikalis, Stabilisierung mit ESIN zur funktionellen Behandlung dislozierte Ulnaschaftfraktur: ESIN, Fixateur externe oder Platte dislozierte metaphysåre Fraktur: K-Draht- oder Schraubenosteosynthese ] Nachbehandlung
einige Tage OA-Gips zur Analgesie, dann funktionell, ggf. Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; nach 2 Wochen Kontrolle, nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Metallentfernung
8±12 Wochen postoperativ (nach Konsolidierungskontrolle)
] Sportfåhigkeit
5±8 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
çbersehene Radiuskæpfchenluxation Schådigung von N. radialis profundus/N. ulnaris Radiuskæpfchennekrose Reluxationstendenz/Subluxationsstellung Synostosenbildung persistierende Bewegungseinschrånkung des Ellenbogens und des Unterarms
Wachstumsstærung
Wachstumsstærung am proximalen Radiusende mæglich Kopfumbaustærungen mit Verplumpung des proximalen Radiusendes mit nachfolgender Einschrånkung von Pro- und Supination
Nachkontrollen
3- bis 4-wæchentlich bis zur freien Funktion, dann Ý-jåhrlich bis zu 2 Jahre nach dem Trauma
Klassifikation
AO: 22-D/6.1-3
LiLa: 2.2.s.2-4.2.U.
2.1.s(a).5.2.U.
]
213
214
]
C. Ploss und I. Marzi
Galeazzi-Verletzung (dislozierte Radiusfraktur und Ulnakæpfchenluxation)
Besonderheiten
selten; v. a. > 10. Lj.
Diagnostik
bei jeder dislozierten Fraktur des Unterarms Ræntgen des Handgelenks a.-p. und lateral (exakt seitlich)
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Reposition und Stabilisierung des Radius und dadurch indirekte Korrektur der Inkongruenz im distalen Radioulnargelenk
Primårbehandlung
OA-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
stabile geschlossene Reposition der Radiusfraktur mit Reposition des Ulnakæpfchens bzw. der Fugenverletzung mæglich
] Verfahren
4 Wochen Ruhigstellung im OA-Gips
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Bewegung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
8. Tag Stellungskontrolle; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion, ca. 5±8 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
> 108 Achsabweichung des Radius Verkçrzung des Radius Interposition von Weichteilen (z. B. M.-extensor-digitorum-communis-Sehne zwischen Ulnaepiphyse und Metaphyse oder M. pronator quadratus im Radiusfrakturspalt)
] Verfahren
je nach Frakturtyp des Radius: ESIN, Fixateur externe, selten Platte oder K-Dråhte ESIN in Schaftmitte, wenn technisch die reponierte Fraktur sicher retinierbar Fixateur externe v. a. bei distalen Radiusfrakturen çberlegen
] Nachbehandlung
3 Wochen OA-Gips in Supination (zur Einstellung des distalen Radioulnargelenks), dann funktionell Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; nach 2 Wochen Stellungskontrolle, nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Metallentfernung
4 Wochen postoperativ bei K-Dråhten und Fixateur externe; ESIN nach 3±4 Monaten, Platten 8±12 Wochen postoperativ (nach Konsolidierungskontrolle)
15 Unterarm
] Sportfåhigkeit
5±8 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
Instabilitåt im DRUG mit rezidivierender Luxation oder Subluxationsstellung Einschrånkung von Pro- und Supination chronische Schmerzen Kraftverlust
Wachstumsstærung
als Folge der ulnaren Fugentraumatisierung evtl. Wachstumsstærungen mit chronischen Beschwerden im distalen Radioulnargelenk; Funktionsdiagnostik dann mit MRT, ggf. Arthroskopie des Handgelenks
Nachkontrollen
3- bis 4-wæchentlich bis zur freien Funktion, dann Ý-jåhrlich bis zu 2 Jahre nach dem Trauma
Korrekturmæglichkeiten
Radiusosteotomie und erneute Osteosynthese im korrekten Långenverhåltnis zum Radius zur Einstellung der distalen Ulna; ggf. nach Wachstumsabschluss Handgelenksarthroskopie und Dbridement des TFC-Komplexes; Ulnaverkçrzungsosteotomie oder Radiusverkçrzungsosteotomie nach Wachstumsabschluss zur Wiederherstellung der Kongruenz im distalen Radioulnargelenk
Klassifikation
AO: 22-D/7.1-3
Technische Aspekte
Unterarm
LiLa: 2.2.s.2-4.2.
A Unterarmfraktur ± ESIN Material
] elastische Federnågel der Græûen 2,0/2,5/3,0 mm Implantatgræûe sollte ein Drittel des Markraumdurchmessers betragen ] mæglichst zwei Någel mit gleichem Durchmesser zur gleichmåûigen Ausspannung und Abstçtzung
Lagerung
] Rçckenlage, ræntgenstrahlendurchlåssiger Armtisch an OP-Tisch, bewegliche Abdeckung oberhalb des Ellenbogengelenks
Zugang
] Radius: % radiale Inzision von ca. 2±3 cm Långe, beginnend ca. 2 cm proximal der distalen Epiphysenfuge (Abb. 15.4) % Darstellung und Schonung des N. radialis superior (!)
180 °
Abb. 15.4. ESIN am Unterarm; Zugang Radius.
Abb. 15.5. ESIN am Unterarm; Zugang Ulna.
]
215
216
]
C. Ploss und I. Marzi
Technische Aspekte
Unterarm Alternative Eintrittsstelle: % dorsoradial zwischen 3. und 4. Strecksehnenfach nach Darstellung der Sehnen, hier Nagel çber die Sehnen hinausstehen lassen Ulna: % Eintrittsstelle liegt ca. 2 cm distal der Olekranonapophyse, entsprechende Hautinzision unter Schonung der Apophyse (Abb. 15.5)
Spezielle Aufklårung
] Verletzung des N. radialis superficialis bei Osteosynthese des Radius, bei dorsalem Eintritt auch der Strecksehnen ] hohe Verletzungsgefåhrdung bei der Metallentfernung (Aufklårung!)
OP-Prinzip
] symmetrische Aufspannung von zwei metaphysår eingebrachten elastischen Någeln, die jeweils drei Abstçtzpunkte im Knochen aufweisen und so zur Biegestabilitåt, axialen Stabilitåt, Translations- und Rotationsstabilitåt fçhren ] intramedullåre Stabilisierung formt Zugkråfte in Kompressionskråfte um und hilft so, die Kallusbildung zu unterstçtzen
Metallentfernung
] nach 3±4 Monaten % Nagelenden sauber darstellen % cave N. radialis superficialis, der in der Narbe verwachsen sein kann!
Sonstige Besonderheiten
keine
B Fraktur des distalen Unterarms ± Kapandji-Spickung Prinzip
indirekte Aufrichtung der Fraktur, ohne die Epiphyse zu tangieren
Material
] 2 græûenadaptierte K-Dråhte (zumeist 1,4 mm)
Lagerung
] Rçckenlage, ræntgenstrahlendurchlåssiger OP-Tisch mit Armtisch, bewegliche Abdeckung oberhalb des Ellenbogengelenks
OP-Prinzip
] radiale Inzision und Darstellung des N. radialis superior ] Einbringen eines K-Drahtes von proximal in den Frakturspalt ] Reposition der Fraktur in der Sagittalebene durch Fçhren des Drahtes nach distal ± Einbringen eines 2. K-Drahtes von dorsal in den Frakturspalt ] Reposition in der zweiten Ebene ] Stabilisierung durch Fassen der Gegenkortikalis ] Dråhte perkutan belassen, um die Metallentfernung ohne erneute Narkose durchfçhren zu kænnen Alternatives Vorgehen ] perkutane K-Draht-Osteosynthese çber den Processus styloideus radii; die Fuge darf hier jedoch nicht mehrmals çberbohrt werden (!) wegen der Gefahr eines vorzeitigen Fugenschlusses
Spezielle Aufklårung
] Verletzung des N. radialis superficialis bei Osteosynthese des Radius
Metallentfernung
] nach 4 Wochen, ambulant, ohne notwendige erneute Narkose
Sonstige Besonderheiten
keine
15 Unterarm
C Monteggia-Verletzung ± Osteosynthese der Ulna mit ESIN (s. o.) ± Alternativ Osteosynthese der proximalen Ulna mit Platte Material
] græûenadaptierte Plattenosteosynthese (z. B. 2,4 mm) ] Hand- oder Fuûimplantat
Lagerung
] Rçckenlage, ræntgenstrahlendurchlåssiger OP-Tisch mit Armtisch, bewegliche Abdeckung oberhalb des Ellenbogengelenks
Zugang
] Posteriorer Zugang zum Ulnaschaft: ± 1. Inzision çber der dorsalen Ulnakante ± 2. Spaltung der Unterarmfaszie und des Periosts zwischen dem M. flexor carpi ulnaris und dem M. extensor carpi ulnaris ± 3. Subperiostales Ablæsen des M. flexor carpi ulnaris und Seitverlagerung ± 4. Ablæsen des M. extensor carpi ulnaris und des M. anconaeus ] Posteriorer Zugang zum Ellenbogengelenk Bei notwendiger offener Reposition des Radiuskæpfchens ± 1. Inzision lateral der Trizepssehne ± 2. Inzision der Faszie zwischen Ulna, M. anconaeus und M. extensor carpi ulnaris ± 3. Ablæsen des M. anconaeus subperiostal und Seitverlagerung ± 4. Weghalten des M. flexor carpi ulnaris nach medial ± 5. Ulnanahes Abtrennen des M. supinator
Spezielle Aufklårung
] Verletzung des N. radialis im Supinatorschlitz
OP-Prinzip
] Reposition des Radiuskæpfchens durch Stabilisierung der Ulnafraktur in anatomischer Stellung
Metallentfernung
] nach definitiver Konsolidierung, zumeist nach 3±4 Monaten
Korrekturmæglichkeiten
] Ulnaosteotomie und erneute Osteosynthese im korrekten Långenverhåltnis zum Radius bei reponiertem Radiuskæpfchen, um die Spontankorrektur der Ulna auszugleichen; anspruchsvolle Verfahren, am besten mit Fixateur externe, zweizeitig Korrekturosteotomie der Ulna zur Reposition des Radiuskæpfchens: Aufklårung çber Aufwand und Mæglichkeiten sowie Grenzen der Korrekturosteotomie! ± Bei frçhzeitiger Korrektur einzeitig innerhalb von wenigen Wochen nach çbersehener Monteggia-Verletzung: Um die Spontankorrektur der Ulna adåquat auszugleichen, erfolgt die erneute Osteosynthese bei reponiertem Radiuskæpfchen, d. h. 1. Einbringen eines Fixateur externe soweit proximal wie mæglich in die Ulna, der in allen Ebenen frei beweglich ist 2. Osteotomie der Ulna 3. Offene Reposition des Radiuskæpfchens nach Dbridement stærender Weichteile aus der Radiusloge (Reste des Lig. anulare) 4. Stabilisation des Radiuskæpfchens in der Loge (z. B. mit stumpfem HohmannHebel) und Fixation des Fixateurs unter maximaler Pronation 5. Gleiches Vorgehen in den anderen Bewegungsebenen, bei erneuter Luxation des Radiuskæpfchens in einer anderen Bewegungsebene, erneutes Úffnen des Fixateurs, Reposition des Kæpfchens und Stabilisierung des Fixateurs. Als Resultat muss das Radiuskæpfchen bei allen Bewegungen stabil reponiert bleiben Beachtung der korrekten Långe der Ulna zum Radius
]
217
218
]
C. Ploss und I. Marzi
Technische Aspekte
Unterarm % Bei verspåteter Korrektur einer Monteggia-Verletzung mit Ûberlånge des Radius: Hier ist ein zweizeitiges Vorgehen erforderlich. Nach Osteotomie der Ulna und Montage des Fixateur externe zuerst Distraktion der Ulna. Im zweiten Eingriff korrekte Angulation der Ulna mit Einstellung des Radiuskæpfchens im proximalen Radioulnargelenk. Belassen des Fixateur externe bis zur knæchernen Ausheilung der Ulna bei korrekt stehendem Radiuskæpfchen
Nachbehandlung
] funktionell
Metallentfernung
] nach definitiver Konsolidierung, zumeist nach 3±4 Monaten
15 Unterarm
] Fallbeispiele Fall 15.1 Grçnholzfraktur, Mådchen, 5 J., Sturz beim Spielen auf die linke Hand.
a, b Unfallbilder. c±d Osteosynthese mittels ESIN nach Ûberbrechen der Fraktur am Unfalltag. e, f Ausheilungsbilder.
]
219
220
]
15 Unterarm
Fall 15.2 Komplette Unterarmschaftfraktur, Junge, 10 J., Sturz vom Klettergerçst auf die linke Hand.
a, b Unfallbilder. c, d Osteosynthese mittels ESIN. Fall 15.3 Monteggia-Verletzung, Junge, 8 1/2 J., Sturz vom Dach des Gartenhauses auf den linken Arm.
a, b Unfallbilder. c, d Mini-Plattenosteosynthese der Ulna mit geschlossener Reposition des Radiuskæpfchens, da unter konservativer Retention eine stabile Reposition des Radiuskæpfchens nicht mæglich ist.
15 Unterarm
Fall 15.4 Verspåtet diagnostizierte Monteggia-Verletzung, Mådchen, 10 J., Freizeitunfall.
a, b Unfallbilder. c, e Korrekturosteotomie der Ulna und Osteosynthese mittels Fixateur externe.
Fall 15.5 Distale offene Radiusfraktur 2. Grades, Junge, 2 1/2 J., Fenstersturz aus 6 m Hæhe, begleitende Verletzung Schådelbasisfraktur ohne neurologisches Defizit.
a, b Unfallbilder. c, d Osteosynthese mittels Fixateur externe. e, f Verlauf nach 6 Wochen.
]
221
222
]
15 Unterarm
Fall 15.6 Komplette, dislozierte distale Radiusfraktur, Måchen, 10 J., Sturz von einer Rutsche auf den rechten Arm.
a
b
c
a Unfallbild. b, c Versorgung nach Reposition mit K-Dråhten.
Fall 15.7 Galeazzi-Fraktur bei kompletter Radiusschaftfraktur, Mådchen, 2 J., Fenstersturz aus 5 m Hæhe.
a, b Unfallbilder. c, d Gipskeilung nach Abschwellung bei initialem Achsfehler > 208. e, f Ausheilungsbilder.
15 Unterarm
Fall 15.8 Galeazzii-Verletzung, Junge, 14 J., Sturz von einer Erhæhung nach hinten auf beide Arme.
a, b Unfallbilder. c, d korrekte Långeneinstellung des Radius durch Platte. e, f gute Ausheilung und Funktion.
]
223
16 Hand
J. Frank und I. Marzi
] Frakturen der Handwurzel Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Handwurzelverletzungen beim Kind sind selten und Frakturen der Handwurzel machen etwa 0,4% aller kindlichen Knochenbrçche aus. Die Skaphoidfraktur findet sich meist in einem Alter zwischen 15 und 30 Lebensjahren, beim Kind hauptsåchlich zwischen dem 10. und 15. Lebensjahr. In den letzten Jahren haben Handwurzel- und Bandverletzungen eine zunehmende Beachtung erfahren. Hierzu haben auch die verbesserte Bildgebung (MRT) und die Erfahrungen mit der Handgelenksarthroskopie beigetragen. Da der Handwurzelkomplex beim Kind im Wesentlichen aus Knorpel besteht, treten hier nur selten Frakturen und Bandrupturen auf. Mit zunehmendem Alter kommt es zur Ossifikation
Abb. 16.1 a±d. Distale Skaphoidfraktur.
und dann beim Jugendlichen bzw. Heranwachsenden zu åhnlichen Verletzungsmustern wie beim Erwachsenen. So sind in diesem Altersabschnitt auch ischåmische Knochennekrosen beispielsweise des Os lunatum mæglich. Der Verletzungsmechanismus im Bereich der Handwurzel ist meist ein Sturz vom Fahrrad oder beim Skaten. Die Kombination mit einer distalen Radiusfraktur ist håufig, und Frakturen finden sich im Wesentlichen am Skaphoid und Lunatum.
Klassifikation Die Einteilung der Frakturen im Bereich der Handwurzelknochen entspricht der des Erwachsenen, wobei die Frakturen in den entsprechenden Ossifikationszentren auftreten. Daher finden sich beim Kind håufiger distale Frakturen z. B. beim Skaphoid, da dort die Verknæcherung
226
]
J. Frank und I. Marzi
Abb. 16.2 a, b. Perilunåre Luxation.
Tabelle 16.1. Klassifikation der Handwurzelverletzungen nach Larsen et al. Kategorie I Chronizitåt
Kategorie II Konstanz
Kategorie III Øtiologie
Kategorie IV Lokalisation
Kategorie V Richtung
Kategorie VI Muster
akut < 1 Woche
statisch nicht zu
kongenital
radiokarpal
VISI ± Rotation
traumatisch
proximal-interkarpal DISI ± Rotation
dissoziative karpale Instabilitåt (CID)
subakut chronisch > 6 Wochen
reponieren statisch, jedoch zu reponieren dynamisch prådynamisch
inflammatorisch distal-interkarpal
ulnare Translation
arthritisch
karpometakarpal
radiale Translation
neoplastisch
spezifische Knochen palmare Translation
iatrogen
dorsale Translation
sonstiges
proximale Translation
nondissoziative karpale Instabilitåt (CIND) komplexe karpale Instabilitåt. (CIC) adaptiver Karpus (CIA)
distale Translation
Tabelle 16.2. Klassifikation der Handwurzelverletzungen ± Mayo-Klassifikation nach dem Muster der Verletzung Muster
Verletzung
I. CID
proximale karpale Reihe CID (Skaphoidfraktur; SL-Dissoziation; LTq-Dissoziation) distale karpale Reihe CID (axial radiale Zerreiûung, axiale ulnare Zerreiûung) kombinierte proximale u. distale CID
II. CIND
radiokarpale CIND (palmare Bandruptur, dorsale Bandruptur) midkarpale CIND (ulnare MCI-, radiale MCI- und kombinierte MCI-palmare Bandlåsion, MCI-dorsale Bandlåsion) kombinierte radiokarpale midkarpale CIND
III. CIC
perilunåre u. radiokarpale Instabilitåt perilunåre u. axiale Instabilitåt radiokarpale u. axiale Instabilitåt SL-Dissoziation u. ulnotriquetrale Dissoziation
IV. Adaptiver Karpus
Fehlstellung mit fehlverheilter/nicht verheilter Radius-, Skaphoid-, Lunatumfraktur; Fehlstellung bei Madelung-Deformitåt
CID: karpale Instabilitåt dissoziativ; CIND: karpale Instabilitåt nondissoziativ; CIC: komplexe karpale Instabilitåt; S: Skaphoid; L: Lunatum; Tq: Triquetrum
16 Hand
beginnt (Abb. 16.1 a±d). Die Klassifikation ist streng auf die einzelnen Handwurzelknochen abgestimmt, die dann die Frakturanatomie beschreiben. Komplexere Verletzungen mit Bandinstabilitåten finden sich im Adoleszentenalter, so auch die perilunåren Luxationsfrakturen (Abb. 16.2 a, b). Sie werden dann ebenfalls analog zum Erwachsenen eingeteilt. Insbesondere bei den komplexen Handwurzelverletzungen mit Zerreiûung der interossåren Bånder und anschlieûender Verkippung der Handwurzelknochen hat sich die Einteilung nach der Mayo-Klinik entsprechend dem Verletzungsmuster durchgesetzt (Tab. 16.1, 16.2). Eine Klassifikation håufiger (Skaphoid, Kapitatum, Triquetrum) und komplikationsreicher Handwurzelfrakturen (Lunatum, Hamatum) ist in Tab. 16.3 aufgefçhrt.
Tabelle 16.3. Klassifikation håufigerer (Skaphoid, Kapitatum, Triquetrum) und komplikationsreicher Handwurzelfrakturen (Lunatum, Hamatum)
Besonderheiten Nach der Geburt ist der gesamte Karpus knorpelig angelegt und die schrittweise Ossifikation verlåuft nach einem festen Muster mit leichten Abweichungen zwischen Mådchen und Jungen. Das Ossifikationszentrum des Kapitatums ist zuerst sichtbar, gefolgt vom Hamatum. Dann werden mit 1ݱ2Ý Jahren das Triquetrum, mit 4 Jahren das Lunatum und mit 4±5 Lebensjahren Trapezium, Trapezoid und Skaphoid erkennbar. Der Ossifikationskern des Pisiforme ist etwa zum 10. Lebensjahr sichtbar, und die gesamte Ossifikation der Handwurzel ist etwa mit 15 Lebensjahren abgeschlossen (Abb. 16.3). Da das Skaphoid von distal nach proximal ossifiziert, erscheint der Gelenkspalt zwischen Lunatum und Skaphoid beim Kind weit (Pseudo-Terry-Thomas-Zeichen). Er betrågt etwa im Alter von 7 Jahren 9 mm, um dann ca. 3 mm mit 15 Jahren zu erreichen. Dies kann die Beurteilung von Bandverletzungen erschweren. Gerade auch bei der Skaphoidfraktur des Kindes
Skaphoid Typ A stabile Fraktur A1 Tuberkulumfraktur A2 inkomplette Fraktur der Taille Typ B instabile Fraktur B1 distal oblique Fraktur B2 komplette Fraktur der Taille B3 proximale Polfraktur B4 perilunåre Luxationsfraktur Typ C verzægerte Heilung Typ D Pseudarthrose Lunatum Typ I Fraktur des palmaren Pols Typ II Knochenabsprengung Typ III Fraktur des dorsalen Pols Typ IV sagittale Lunatumfraktur Typ V transversale Lunatumfraktur Triquetrum dorsale Avulsionsfraktur Korpusfraktur Hamatum Korpusfraktur Gelenkflåchenfraktur Hamulusfraktur Kapitatum proximale Polfraktur Korpusfraktur transskaphoidåre, transkapitåre Fraktur
]
Abb. 16.3. Ossifikationskerne der Hand.
227
228
]
J. Frank und I. Marzi
zeigt sich die Besonderheit der Ossifikationssequenz. Etwa die Hålfte aller Frakturen tritt im distalen Drittel auf, und dabei ist die dorsoradiale Avulsionsfraktur die håufigste. Ein Drittel der Frakturen befinden sich in der Taille des Skaphoids und entstehen durch græûere Krafteinwirkung. Daher muss auf Begleitverletzungen, wie z. B. die Kapitatumfraktur, geachtet werden.
Diagnostik Bei einer geeigneten Unfallanamnese sowie entsprechender Schwellung und Schonhaltung des Handgelenks muss neben der distalen Radiusfraktur auch eine Handwurzelverletzung ausgeschlossen werden. Der typische Druckschmerz çber dem entsprechenden Handwurzelknochen ist oft wegen der Græûenverhåltnisse schwierig auszumachen, zumal die Strukturen durch die Fettverteilung verstrichen sein kænnen. Die typischen Stresstests (z. B. Watson-Test, skapholunåres Ballotement, lunotriquetrales Ballotement) sind nur selten beim Kind mæglich und mçssen bei den im Kindes- u. Jugendalter noch laxen Båndern mit Vorsicht interpretiert werden. Dies darf aber nicht als Ausrede benutzt werden, um eine komplette Untersuchung zu umgehen. Die spezifischen Strukturen wie die Tabati re und auch der distale Skaphoidpol kænnen getastet werden, und das Beklopfen mit der Fingerkuppe kann als hilfreicher Provokationstest dienen. Die Untersuchung wird dann durch die Ûberprçfung der Beweglichkeit ergånzt. Hier kann der Vergleich zur Gegenseite besonders hilfreich sein, um die Beweglichkeit der Handwurzel auf der Radiusgelenkflåche und dem ulnaren Handgelenkkompartment zu beurteilen. Zur Problematik der Handwurzeldiagnostik kommt hinzu, dass der Abstand zwischen den einzelnen ossifizierenden Knochen mit dem Alter variiert und damit eine korrekte Abstandsund Achsbestimmung schwierig ist. Durch die fehlende Verknæcherung kann auf den Standardræntgenaufnahmen leicht eine Verletzung bzw. Fraktur der Handwurzelknochen çbersehen werden. Håufiger sind Skaphoid-, Kapitatum- und Lunatumverletzungen. Beim Skaphoid muss besonders auf das distale Drittel geachtet werden. Bei entsprechendem Trauma und klinischem Verdacht sollte dann eine erneute Ræntgenuntersuchung nach 1±2 Wochen, kombiniert mit einer zusåtzlichen dorsopalmaren
Aufnahme in Pronation-Ulnardeviation, erfolgen oder eine MRT durchgefçhrt werden (Abb. 16.1). Wesentliches Therapieziel bei Handwurzelverletzungen beim Kind ist wie beim Erwachsenen die Wiederherstellung der Stabilitåt der Handwurzel. Eine Unterbrechung der Belastungskette fçhrt zu schweren Funktionseinschrånkungen. Je nach Frakturlokalisation und Dislokationsgrad muss zwischen konservativer und operativer Therapie abgewogen werden. Fçr den Dislokationsgrad kann hier wie beim Erwachsenen die 1-mm-Grenze als Anhalt benutzt werden. Es muss bedacht werden, dass diese Verletzungen im Zusammenhang mit der zunehmenden Ossifikation auftreten und damit meist beim Heranwachsenden vorkommen. Korrekturgrenzen kænnen nicht im Detail angegeben werden. Es ist aus Fallberichten bekannt, dass bis zu einem Alter von etwa 10 Jahren ein Remodeling mæglich ist. Die Primårbehandlung richtet sich nach den Symptomen, und es muss bis zur definitiven Diagnosestellung eine Ruhigstellung mittels Gipsschiene, auch zur Schmerztherapie, erfolgen.
Konservative Therapie Håufiger auftretende distale Skaphoid- und Avulsionsfrakturen des distalen Pols kænnen konservativ behandelt werden. Gleiches gilt auch fçr nicht dislozierte Kapitatumfrakturen, die die zweithåufigste Fraktur der Handwurzelknochen beim Kind ist. Die Kapitatumfraktur findet sich seltener isoliert. Sie kommt eher noch in Kombination mit einer Skaphoidfraktur vor und wird dann als skaphokapitåres Syndrom bezeichnet. Im Extremfall fçhrt dieses Verletzungsmuster noch zu einer Hamatumfraktur. Erwåhnenswert ist die ± auch beim Erwachsenen vorkommende ± Triquetrumfraktur. Es handelt sich dann meist um eine dorsale Avulsionsfraktur des Triquetrums durch Sturz auf die ausgestreckte Hand und mit gleichzeitiger Ulnardeviation. Dadurch kommt es zum Impingement der Handwurzel an die distale Ulna. Es erfolgt die Ruhigstellung im Unterarmgips mit Daumeneinschluss fçr 4±6 Wochen. Bei Kleinkindern ist çblicherweise ein Oberarmgips indiziert, da der Unterarmgips abfallen wçrde. Wird die Fraktur verspåtet erkannt ± nach mehr als 10 Tagen ± so sollte die Ruhigstellung auf 10 Wochen ausgedehnt werden. Nach Abschluss der Gipsbehandlung wird funktionell nach-
16 Hand
behandelt. Eine Physiotherapie wird bei inkomplettem Faustschluss oder persistierender deutlicher Bewegungseinschrånkung çber 2 Wochen eingeleitet. Das Handgelenk sollte fçr 3 Monate nicht çber 5 kg belastet werden. Im Anschluss daran ist normaler Sport mæglich, jedoch sollten Kontakt- bzw. Kampfsportarten und sportliche Aktivitåten mit çbermåûiger Belastung fçr die Hand (Tennis) fçr 6 Monate nicht durchgefçhrt werden.
Operative Therapie Eine operative Behandlung erfolgt bei instabilen und dislozierten Handwurzelfrakturen. Meist handelt es sich dabei um Skaphoid- bzw. Kapitatumfrakturen. Das Verfahren der Wahl bei kindlichen Handwurzelfrakturen ist die KDraht-Osteosynthese. Bandverletzungen, wie die SL-Dissoziation, werden durch eine Bandnaht und eine temporåre K-Draht-Transfixation fçr 6 Wochen operativ behandelt. Die Transfixation sollte zwei Gelenke sichern. Im Fall der SL-Dissoziation ist daher eine Transfixation des skapholunåren und des skaphokapitåren Gelenks erforderlich. Die Osteosynthese wird mit einer Gipsruhigstellung von 6 Wochen mit Daumeneinschluss kombiniert. Dazu ist je nach Alter ein Unterarm- oder Oberarmgips geeignet. Nach Abschluss der Gipsbehandlung wird funktionell nachbehandelt. Eine Physiotherapie wird bei inkomplettem Faustschluss oder persistierender deutlicher Bewegungseinschrånkung çber 2 Wochen eingeleitet.
b
Abb. 16.4. K-Draht Osteosynthese Skaphoidfraktur.
]
Komplikationen/Wachstumsstærungen Auch bei kindlichen Verletzungen der Handwurzel muss auf die klassischen Komplikationen wie Pseudarthroseentwicklung und aseptische Knochennekrose geachtet werden. Diese werden in einzelnen Fållen am Lunatum (Morbus Kienbæck) bzw. proximalen Skaphoid (Morbus Preiser) beobachtet. Bei persistierender Handwurzelinstabilitåt kann es zu einer fixierten Fehlstellung im Bereich der Handwurzel kommen. Hier ist die palmare Flexion und Subluxation des Lunatums nach distaler Radiusfraktur bekannt (Fall 16.2). Bei der konservativen Therapie der instabilen Skaphoidfraktur kann es zu einer Fehlheilung in Flexionsstellung und konsekutiven dorsalen Verkippung des Lunatums kommen. Hier findet sich ein wesentlicher Unterschied zum Erwachsenen. Bis zu einem Alter von etwa 10 Jahren kann sich eine solche Flexionsstellung korrigieren. Beim Kind gilt auch, dass die beiden Komplikationen Pseudarthrose und Knochennekrose noch gut auf eine verlångerte Ruhigstellung ansprechen und zur Ausheilung gebracht werden kænnen. Nach operativen Maûnahmen muss auf Sehnen- und Nervenirritationen geachtet werden. Bei einem volaren Zugang zum Skaphoid kann z. B. die Sehne des M. flexor carpi radialis irritiert sein oder aber auch die Sehne des M. flexor pollicis longus. Bei Erwachsenen sind Rupturen nach knæchernen Ausziehungen im Bereich der Handwurzelknochen beschrieben. Der håufig gewåhlte dorsale Zugang zur Handwurzel bei z. B. Bandverletzungen, proximalen Skaphoidfrakturen oder Problemen im Bereich des Lunatums kann insbesondere zu einer Irritation der Sehne des M. extensor pollicis longus fçhren. Die sehr oft angewandte Stabilisierung der Handwurzel mittels K-Dråhten birgt die Gefahr einer Verletzung der Hautåste der Nn. radialis und ulnaris. Die Langzeitprognose ist hier beim Kind jedoch deutlich besser, und es kann mit einer Ausheilung gerechnet werden. Konservativ und operativ behandelte Handwurzelverletzungen sollten nach 6 Monaten und nach Ablauf von einem Jahr nochmals klinisch und radiologisch nachkontrolliert werden. Hier muss auf Fehlstellungen und z. B. am Skaphoid auf Zystenbildungen, die eine Refraktur oder Pseudarthrose befçrchten lassen, geachtet werden. Andere Komplikationen ± wie eine aseptische Knochennekrose ± kænnen damit auch frçhzeitig erfasst und ggf. rechtzeitig behandelt werden.
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]
J. Frank und I. Marzi
Skaphoidfraktur
Besonderheiten
Meist erst ab dem 15. Lebensjahr mit Ossifikation des Skaphoid, daher håufiger distale Frakturen
Diagnostik
Typische Klinik, Ræntgenaufnahmen des Handgelenks in 2 Ebenen, ggf. dorsopalmare Aufnahme in Pronation-Ulnardeviation, NMR
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Anatomische Reposition, Belastbarkeit der Handwurzel, Vermeidung von Osteonekrosen
Primårbehandlung
Schmerztherapie, Hochlagerung, abschwellende Maûnahmen, Schienenruhigstellung
Konservative Therapie ] Indikation
Regelfall bei den håufigeren distalen Skaphoidfrakturen
] Verfahren
Unterarmgips mit Daumeneinschluss, bei Kleinkindern Oberarmgips mit Daumeneinschluss, Ruhigstellung fçr 4±6 Wochen bei verspåteter Diagnose bis 10 Wochen
] Nachbehandlung
Funktionelle Nachbehandlung mit Belastungsaufbau und Vollbelastung bis zur 10.±12. Woche, nach verzægerter Behandlung bis zur 16. Woche
] Rx-Kontrolle
Nach 2 Wochen und nach Gipsabnahme
] Sportfåhigkeit
Nach 12 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
Dislokation çber 1±2 mm und Instabilitåt
] Verfahren
K-Draht-Osteosynthese, bei Jugendlichen ggf. Schraubenosteosynthese
] Nachbehandlung
Je nach Alter Unter- oder Oberarmgips mit Daumeneinschluss fçr 6 Wochen, dann funktionelle Behandlung und Belastungsaufbau bis zur 12. postoperativen Woche
] Rx-Kontrolle
Nach ca. 2 Wochen beim Gipswechsel und vor Metallentfernung nach 6 Wochen
] Metallentfernung
K-Dråhte nach 6 Wochen, Schrauben werden in der Regel belassen
] Sportfåhigkeit
Nach Ablauf von 12 Wochen, bei çbermåûiger Belastung der Hand nach 6 Monaten
Komplikationen
Pseudarthrose, Knochennekrose
Wachstumsstærungen
Nicht zu erwarten
Nachkontrollen
Nach 6 Monaten und einem Jahr
Klassifikation
AO:
LiLa:
16 Hand
] Mittelhandfrakturen Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Historisch betrachtet waren Frakturen der Mittelhand und Finger bei Kindern die Domåne der konservativen Therapie. Einige der Frakturen benætigen jedoch ein aggressiveres Vorgehen, um ein besseres Ausheilungsergebnis zu erreichen. Es muss dabei betont werden, dass die Hand der am meisten verletzte Kærperabschnitt des Kindes ist. Verschiedene Risikountersuchungen ergaben eine Inzidenz çber 0,25% fçr kindliche Frakturen des Handskeletts. Der knorpelige Knochen ist anfangs relativ stabil, und Frakturen sind entsprechend selten zu finden. Ab etwa dem 8. Lebensjahr steigt die Anzahl deutlich an mit einem Håufigkeitsmaximum im Alter von 13 Jahren. Dies scheint allerdings nicht nur an der zunehmenden Verknæcherung zu liegen, sondern auch an der hæheren Aktivitåt und der Ausçbung risikoreicherer Sportarten. Es spiegelt sich darin wieder, dass deutlich mehr Jungen betroffen sind. Bei den sportlichen Aktivitåten gehært American Football an die Spitze, aber auch Basketball, Ringen, Hockey und Skifahren mçssen erwåhnt werden. Bei bestimmten Verletzungsmustern muss aber auch an die Mæglichkeit einer kærperlichen Misshandlung gedacht werden.
Klassifikation Die Verletzungen im Bereich der Epiphysenfuge werden nach Aitken bzw. Salter-Harris klassifiziert. Hierzu wird entsprechend der Frakturanatomie eingeteilt und zwischen intraartikulårer und extraartikulårer Fraktur unterschieden. Hinzu kommt die Einteilung nach der Stabilitåt in stabile und instabile Frakturen. Eine weitere Einteilung berçcksichtigt die Lokalisation der Fraktur. Frakturen der Mittelhandkæpfchen: ] Epiphysenfraktur (Salter-Harris Typ III) ] Bandavulsion ] osteochondrale Abscherung ] Boxerfraktur ] Zwei-Fragment-Fraktur (sagittal, koronal, transversal) ] Trçmmerfraktur ] Defektfraktur ] Kompressionsfraktur mit avaskulårer Nekrose
]
Frakturen im Schaftbereich: ] einfache Fraktur, Trçmmerfraktur, Kompressionsfraktur, Defektfraktur ] Querfraktur, Schrågfraktur, Spiralfraktur, Avulsionsfraktur.
Besonderheiten Epiphysen finden sich an beiden Enden der Mittelhandknochen, es bildet sich allerdings kein sekundåres Ossifikationszentrum an der proximalen Mittelhand. Seitbånder und palmare Platte des Metakarpophalangealgelenks (MCPGelenk) setzen nahezu ausschlieûlich an den gegençberliegenden Epiphysen an. Damit ist die Wachstumsfuge wenig von Weichteilen geschçtzt und so erklårt sich der hohe Anteil an SalterHarris-II- und -III-Frakturen. Dies ist anders im Bereich der Fingerzwischengelenke (IP-Gelenke).
Diagnostik Die Diagnostik erfordert zunåchst die genaue Erhebung der Unfallanamnese, frçhere Verletzungen, bekannte Fehlbildungen und sonstige Erkrankungen. Gerade auch Fehlbildungen kænnen die Diagnostik erschweren, eine Brachydaktylie kann z. B. eine frakturbedingte Verkçrzung der Mittelhandknochen simulieren. Die klinische Untersuchung der verletzten Hand ist gerade beim Kind besonders schwierig. Der Patient ist oftmals nicht kooperativ, weint und ist von Schmerzen geplagt. Hinzu kommen die Angst des Kindes und die håufig begleitende Verunsicherung der Eltern bzw. Begleitpersonen. Spezifische Tests zur Beurteilung der Handfunktion und der Stabilitåt von Gelenken sowie Knochen sind schwierig durchzufçhren. Die besondere Laxizitåt der Bandstrukturen, das lockere Bindegewebe und die Fettpolsterung der kleinen Hand erschweren die Beurteilung. Letztlich besteht meist auch eine enorme Græûendiskrepanz zwischen der Hand des Patienten und der des Untersuchers. Damit wird die genaue Zuordnung von Schmerzpunkten nahezu unmæglich. Die Untersuchung beginnt mit dem Betreten des Behandlungsraums. Das Verhalten, der Gebrauch der Extremitåt und die Interaktion von Kind und Begleitperson mçssen genau beobachtet werden. Bereits frçhzeitig im Untersu-
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]
J. Frank und I. Marzi
chungsgang muss die Mæglichkeit der Sedierung und Anåsthesie in Betracht gezogen werden. Es ist daher wesentlich, frçhzeitig neurologische Defizite zu erfassen. Die besonders wertvolle Erfassung der 2-Punkte-Diskriminierung ist oftmals nicht mæglich. Bei offenen Verletzungen wird in einer Region, in der Nervenverletzungen håufig sind, dann die operative Revision erforderlich. Bei geschlossenen Verletzungen im Bereich der Hand und Finger kann beim Kind meist von einer Erholung ausgegangen werden. Die Beurteilung der Schwellung und der Ausschluss eines Kompartmentsyndroms sind hier vorrangig. Hilfreich kann bei besonderer Fragestellung der ¹Wrinkletestª sein. Die Finger werden dabei fçr 5 Minuten in warmem Wasser gebadet, und die Faltenbildung (innerviert) bzw. das Ausbleiben der Faltenbildung (denerviert) liefern wichtige Hinweise. Kann dann eine adåquate Sedierung bzw. Betåubung durchgefçhrt werden, sind die Untersuchung und weitere Diagnostik oft einfacher, die Hand kann besser positioniert werden und Ûberlappungen bei der Ræntgendiagnostik, die fçr die meisten knæchernen Verletzungen im Bereich der Hand ausreicht, kænnen vermieden werden.
Therapieziel/Korrekturgrenzen Bei der Therapiewahl von Frakturen im Bereich der Hand mçssen die Auswirkungen und die Korrekturpotenz von traumatischen Deformitåten im Bereich der Mittelhand und Finger ihre Berçcksichtigung finden. Sagittale Abkippungen nach subkapitalen und Schaftfrakturen kænnen gut korrigiert werden, und einige Autoren akzeptieren hier Fehlstellungen nach subkapitalen Frakturen bis zu 708 bei kleinen Kindern. Verkçrzungen und Rotationsfehler kænnen nicht ausgeglichen werden. Unter Beachtung der Funktion kænnen durchaus Maûståbe wie beim Erwachsenen benutzt werden. Es muss beachtet werden, dass ein Rotationsfehler von 18 eine Rotation der Fingerspitze von 58 verursacht, ein Rotationsfehler von 58 ein Ûbereinanderschlagen der Finger von bis zu 1,5 cm provozieren kann oder eine Verkçrzung ein Extensionsverlust von 78 zur Folge hat. Ziel der Therapie sollte daher sein, eine
sagittale Abkippung > 308, einen Rotationsfehler im Bereich der Fingerkuppe > 108 und eine Verkçrzung des Fingers > 5 mm zu verhindern.
Konservative Therapie Verletzungen der Mittelhandknochen ohne wesentlichen Rotationsfehler (< 108), Abknickung (< 308) bzw. Långenverlust (< 5 mm) kænnen konservativ behandelt werden. Eine Reposition z. B. einer Schaftfraktur kann dann konservativ behandelt werden, wenn sie in den Korrekturgrenzen keine Dislokationstendenz mehr aufzeigt. Die Erfahrung zeigt, dass instabile subkapitale Frakturen der Mittelhandknochen, die primår reponiert und durch den Gips gehalten werden, wieder in ihre primåre Fehlstellung zurçckkehren. Dies kann zwar durch eine funktionelle Behandlung vermieden werden, was sich aber lediglich beim Adoleszenten, nicht bei einem Kind unter 10±12 Jahren realisieren låsst. Die Schrågfraktur, die ein hohes Risiko fçr einen Rotationsfehler in sich birgt, muss streng kontrolliert werden, heilt aber durch den groûen Knochenkontakt sehr schnell bei suffizienter Immobilisierung. Eine Querfraktur im Schaftbereich kann sehr schwierig im Gips zu behandeln sein, und eine gute frçhe Nachbeobachtung muss die Entscheidung bringen, ob eine konservative Therapie adåquat ist. Das Verfahren der Wahl ist die Ruhigstellung mittels Gipsschiene in Intrinsic-Plus-Stellung der Finger (Beugung der Fingergrundgelenke bis 708 und komplette Extensions der Langfinger bei einer Handgelenkextension von ca. 20±308). Bei Kleinkindern ist dies wegen der kleinen Handgræûe nicht mæglich, und ein Faustgips kann gewåhlt werden. Der Gips sollte fçr 3 Wochen, bei Querfrakturen des Schafts 4 Wochen belassen werden. Unkomplizierte Brçche wie Wulstbrçche, nicht dislozierte subkapitale Mittelhandfrakturen (Abb. 16.5) sowie stabile Basisfrakturen (Abb. 16.6) erfordern neben der klinischen Kontrolle keine weiteren Ræntgenaufnahmen. Schrågfrakturen, Querfrakturen im Schaftbereich und Frakturen, die primår reponiert wurden, sollten nach einer Woche und nach Gipsabnahme geræntgt werden.
16 Hand
Abb. 16.5. Nicht dislozierte und unkomplizierte Basisfraktur des 2. Mittelhandknochens.
Abb. 16.6. Subkapitale Mittelhandknochenfraktur ohne relevante Dislokation.
]
Osteosynthese durchgefçhrt. Auch die BennettFraktur im Kindesalter erfordert eine anatomische Reposition. Schaftfrakturen und subkapitale Mittelhandfrakturen, die zu einem relevanten Drehfehler fçhren oder aber zu einer deutlichen Verkçrzung und nach Reposition nicht stabil im Gips gehalten werden kænnen, werden ggf. offen reponiert und dann mittels K-Dråhten stabilisiert. Gelenkfrakturen erfordern bei Dislokation >1 mm ein offenes Vorgehen mit Stabilisierung. Verletzungen der CMC-Gelenke der Langfinger oder des Daumens werden bei entsprechender Indikation mittels K-Draht-Osteosynthese nach Reposition (geschlossen oder offen) stabilisiert. Bei offenen Fugen kann dabei eine Stabilisierung durch Platzierung des K-Drahtes in den Nachbarstrahl erfolgen. Bei der BennettFraktur kænnen dçnne K-Dråhte, die parallel zur Fuge eingebracht werden, die Epiphysenfragmente fixieren. Nahe der Skelettreife kann eine transartikulåre K-Draht-Osteosynthese erfolgen. Schaftfrakturen kænnen durch gekreuzte K-Dråhte çber den Kollateralrezessus am Mittelhandkæpfchen stabilisiert werden, subkapitale Frakturen durch intramedullåre Schienung çber die Basis der Mittelhandknochen. Alternativ kann immer eine intermetakarpale Fixierung gewåhlt werden. Bei Gelenkfrakturen erfolgt die Stabilisierung alternativ mit K-Dråhten oder speziellen Minischrauben. Bei multiplen Frakturen der Mittelhandknochen kann auch die Stabilitåt der
Operative Therapie Verletzungen der Karpometakarpalgelenke (CMC-Gelenke) bzw. der Basis der Langfinger sind selten und sollten bei Beteiligung von zwei und mehr Gelenken mit Luxation zusåtzlich durch K-Dråhte stabilisiert werden. Am Daumen finden sich håufiger Verletzungen im Bereich des CMC-Gelenks, am ehesten metaphysåre Frakturen (Salter-Harris II) an der Basis und seltener Bennett-Frakturen durch die Epiphyse (Salter-Harris III). Die metaphysåre Basisfraktur kann bei der håufigen lateralen Abknickung reponiert und im Gips ausbehandelt werden. Sollte das Fragment bzw. Periost die Reposition behindern oder es sich um eine mediale Abknickung handeln, wird eher eine offene Reposition notwendig werden. Dabei wird eine K-Draht-
b
c
Abb. 16.7 a±c. Schaftfraktur des 3., 4. und 5. Mittelhandknochens. Die Stabilitåt der Mittelhand wurde mittels Plattenosteosynthese des 4. Mittelhandknochens wieder hergestellt.
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J. Frank und I. Marzi
Mittelhand mittels Plattenosteosynthese wieder hergestellt werden (Abb. 16.7). Neue dçnne Systeme tragen dabei nur wenig auf und stæren daher kaum die Weichteile. Bei Kleinkindern ist diese Art der Versorgung jedoch nicht mæglich.
Komplikationen/Wachstumsstærungen Eine verzægerte Frakturheilung bzw. Pseudarthrose ist extrem selten und dann oft nur in Kombination mit einem Hochrasanztrauma bzw. einer Quetschverletzung der Mittelhand zu beobachten. Achsabweichungen und Rotationsfehler sind mæglich und kænnen sich stærend auf die Handfunktion auswirken. Das Abweichen z. B. des Mittelhandkæpfchens nach palmar kann Schmerzen beim Zupacken verursachen. Gefçrchtet sind Rotationsfehler, die zu einem Ûberkreuzen der Finger fçhren. Hier wird die Korrekturosteotomie in der Metaphyse der Mittelhandknochenbasis empfohlen. Frakturen, die besonders die Epiphyse des 2., 3. und 4. Strahls betreffen und mit einer axialen Krafteinwirkung
verbunden waren, haben ein hæheres Risiko, dass es zu einer Stærung des Långenwachstums kommt. Es muss den Eltern frçhzeitig erklårt werden, dass trotz anatomischer Reposition ein gutes funktionelles Ergebnis nicht garantiert werden kann. Dies gilt insbesondere bei offener Reposition und Stabilisierung im Gelenkbereich, wo es durch Verklebungen und Irritation von Sehnen und Sehnenhaube sehr leicht zu Bewegungseinschrånkungen kommen kann. K-Draht-Infekte in Hautniveau kommen håufiger vor, fçhren jedoch nur selten zu einer Osteitis, dann jedoch zu schweren Knochenzerstærungen. Die meisten unkomplizierten Frakturen erfordern keine Nachkontrollen. Intraartikulåre Frakturen sollten nach 6 Monaten und 1 Jahr nachkontrolliert werden, um avaskulåre Nekrosen zu erfassen. Leichte posttraumatische Fehlstellungen, die nicht operativ korriegiert werden mussten, sollten nach 6 Monaten und dann jåhrlich klinisch kontrolliert werden, um eine Zunahme der Fehlstellung mit dem Wachstum auszuschlieûen.
16 Hand
Mittelhandknochen ± Basisfraktur
a
Besonderheiten
Meist erst ab dem 8. Lebensjahr mit zunehmender sportlicher Aktivitåt
Diagnostik
Klinik und Ræntgenaufnahme der Hand dorsopalmar, schråg, ggf. streng seitlich
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Keine Abkippung von > 308, kein Rotationsfehler von > 108 an der Fingerkuppe, keine Verkçrzung von > 5 mm, keine Luxation im angrenzenden Karpo-Metakarpal-Gelenk
Primårbehandlung
Schmerztherapie, Hochlagerung, abschwellende Maûnahmen, Schienenruhigstellung
Konservative Therapie ] Indikation
Regelfall bei Frakturen innerhalb der Toleranzgrenzen
] Verfahren
Gipsschiene in Intrinsic-Plus-Stellung der Finger, bei Kleinkindern Faustverband, Ruhigstellung fçr 3 Wochen
] Nachbehandlung
Funktionelle Nachbehandlung mit Belastungsaufbau und Vollbelastung bis zur 6. Woche
] Rx-Kontrolle
Entfållt bei unkomplizierten Frakturen, bei Dislokationsgefahr nach 1 Woche und nach Gipsabnahme
] Sportfåhigkeit
Nach 8 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
Luxation, Abkippung, Rotationsfehler und Verkçrzung çber die Toleranzgrenze
] Verfahren
K-Draht-Osteosynthese
] Nachbehandlung
Gipsschiene in Intrinsic-Plus-Stellung der Finger, bei Kleinkindern Faustverband, Ruhigstellung fçr 4 Wochen, dann funktionelle Behandlung und Belastungsaufbau bis zur 8. postoperativen Woche
] Rx-Kontrolle
Nach 1 Woche beim Gipswechsel und vor Metallentfernung nach 4 Wochen
] Metallentfernung
Nach 4 Wochen
] Sportfåhigkeit
Nach Ablauf von 8 Wochen
Komplikationen
Sehnenverletzungen und -verklebungen, Bewegungsstærungen der Finger, persistierende Fehlstellungen, K-Draht-Infektionen
Wachstumsstærungen
Nicht zu erwarten
Nachkontrollen
Die meisten Frakturen mçssen nicht nachkontrolliert werden, wenn eine Zunahme der Fehlstellung befçrchtet wird nach 6 Monaten und einem Jahr
Klassifikation
AO:
LiLa:
]
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]
J. Frank und I. Marzi
Mittelhandknochen ± subkapitale Fraktur
Besonderheiten
Meist erst ab dem 8. Lebensjahr mit zunehmender sportlicher Aktivitåt
Diagnostik
Klinik und Ræntgenaufnahme der Hand dorsopalmar, schråg, ggf. streng seitlich
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Keine Abkippung von > 30±508, kein Rotationsfehler von > 108 an der Fingerkuppe, keine Verkçrzung > 5 mm
Primårbehandlung
Schmerztherapie, Hochlagerung, abschwellende Maûnahmen, Schienenruhigstellung
Konservative Therapie ] Indikation
Regelfall bei Frakturen innerhalb der Toleranzgrenzen
] Verfahren
Gipsschiene in Intrinsic-Plus-Stellung der Finger, bei Kleinkindern Faustverband, Ruhigstellung fçr 3 Wochen
] Nachbehandlung
Funktionelle Nachbehandlung mit Belastungsaufbau und Vollbelastung bis zur 6. Woche
] Rx-Kontrolle
Entfållt bei unkomplizierten Frakturen, bei Dislokationsgefahr nach 1 Woche und nach Gipsabnahme
] Sportfåhigkeit
Nach 8 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
Dislokation, Abkippung, Rotationsfehler und Verkçrzung çber die Toleranzgrenze
] Verfahren
K-Draht-Osteosynthese
] Nachbehandlung
Gipsschiene in Intrinsic-Plus-Stellung der Finger, bei Kleinkindern Faustverband, Ruhigstellung fçr 4 Wochen, dann funktionelle Behandlung und Belastungsaufbau bis zur 6. postoperativen Woche
] Rx-Kontrolle
Nach 1 Woche beim Gipswechsel und vor Metallentfernung bei K-Dråhten nach 4 Wochen
] Metallentfernung
Nach 4 Wochen
] Sportfåhigkeit
Nach Ablauf von 8 Wochen
Komplikationen
Sehnenverletzungen und -verklebungen, Bewegungsstærungen der Finger, persistierende Fehlstellungen, K-Draht-Infektionen, Osteonekrosen mit Beteiligung der Gelenkflåche
Wachstumsstærungen
Nicht zu erwarten
Nachkontrollen
Die meisten Frakturen mçssen nicht nachkontrolliert werden, wenn eine Zunahme der Fehlstellung oder Osteonekrosen befçrchtet werden nach 6 Monaten und einem Jahr
Klassifikation
AO:
LiLa:
16 Hand
Mittelhandknochen ± Schaftfraktur
Besonderheiten
Meist erst ab dem 8. Lebensjahr mit zunehmender sportlicher Aktivitåt
Diagnostik
Klinik und Ræntgenaufnahme der Hand dorsopalmar, schråg, ggf. streng seitlich
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Keine Abkippung von > 308, kein Rotationsfehler von > 108 an der Fingerkuppe, keine Verkçrzung von > 5 mm
Primårbehandlung
Schmerztherapie, Hochlagerung, abschwellende Maûnahmen, Schienenruhigstellung
Konservative Therapie ] Indikation
Regelfall bei Frakturen innerhalb der Toleranzgrenzen, bei Dislokation ggf. schwierig im Gips zu behandeln
] Verfahren
Gipsschiene in Intrinsic-Plus-Stellung der Finger, bei Kleinkindern Faustverband, Ruhigstellung fçr 4 Wochen
] Nachbehandlung
Funktionelle Nachbehandlung mit Belastungsaufbau und Vollbelastung bis zur 6. Woche
] Rx-Kontrolle
Entfållt bei unkomplizierten Frakturen, bei Dislokationsgefahr nach 1 Woche und nach Gipsabnahme
] Sportfåhigkeit
Nach 8 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
Dislokation, Abkippung, Rotationsfehler und Verkçrzung çber die Toleranzgrenze
] Verfahren
K-Draht-Osteosynthese, bei ålteren Kindern Schrauben- oder Plattenosteosynthese
] Nachbehandlung
Gipsschiene in Intrinsic-Plus-Stellung der Finger, bei Kleinkindern Faustverband, Ruhigstellung fçr 4 Wochen, dann funktionelle Behandlung und Belastungsaufbau bis zur 8. postoperativen Woche
] Rx-Kontrolle
Nach 1 Woche beim Gipswechsel und vor Metallentfernung bei K-Dråhten nach 4 Wochen
] Metallentfernung
Nach 4 Wochen, bei Schrauben oder Platten fakultativ nach 6 Monaten
] Sportfåhigkeit
Nach Ablauf von 8 Wochen
Komplikationen
Sehnenverletzungen und -verklebungen, Bewegungsstærungen der Finger, persistierende Fehlstellungen, K-Draht-Infektionen
]
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]
J. Frank und I. Marzi
Wachstumsstærungen
Nicht zu erwarten
Nachkontrollen
Die meisten Frakturen mçssen nicht nachkontrolliert werden, wenn eine Zunahme der Fehlstellung befçrchtet wird nach 6 Monaten und einem Jahr
Klassifikation
AO:
LiLa:
] Fingerfrakturen und Fingerluxationen Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Die Verletzungen der Phalangen sind die håufigsten Verletzungen der kindlichen Hand, die Verletzungsursachen entsprechen im Wesentlichen denen der Mittelhandfrakturen. Bei den Fingerfrakturen sind die Randstrahlen (Zeigeund Kleinfinger) mehr betroffen. Die Phalanxfrakturen sind etwas håufiger als die Mittelhandfrakturen mit einer deutlichen Håufung um das Metakarpophalangealgelenk (MCP-Gelenk). Dislokationen der MCP-Gelenke sind die håufigsten Gelenkluxationen an der Hand des Kindes. Der Daumen ist am meisten betroffen und das Zeigefingergrundgelenk håufig nicht zu reponieren. Die Luxation resultiert aus einer forcierten Hyperextension mit Ruptur der volaren Platte (Fibrocartilago palmaris). Nahe der Skelettreifung findet sich dann zunehmend die Luxation bzw. Låsion der palmaren Platte des proximalen Interphalangealgelenks (PIP-Gelenk). Von den Fingerfrakturen sind bis çber 30% Epiphysenverletzungen. Die Verletzung der proximalen Phalanx (Salter-Harris II) ist dabei die håufigste, abgesehen von Quetschungen der distalen Phalanx und der damit verbundenen hohen Varianz der Fingerkuppenverletzung.
Klassifikation Die Verletzungen im Bereich der Epiphysenfuge werden nach Aitken bzw. Salter-Harris klassifiziert. Hierzu wird entsprechend der Frakturanatomie eingeteilt und zwischen intraartikulårer und extraartikulårer Fraktur unterschieden. Hinzu kommt die Einteilung nach der Stabilitåt in stabile und instabile Frakturen. Eine weitere Einteilung von Fingerfrakturen und -luxationen ist in Tab. 16.4 aufgefçhrt. Tabelle 16.4. Fingerfrakturen und -luxationen Frakturen der distalen Phalanx ] Nagelkranzfraktur (einfach, Trçmmerfraktur) ] Schaftfraktur (transvers, longitudinal) ] Gelenkfrakturen: ± palmar (Beugesehnenavulsion) ± Epiphysenfraktur ± dorsal (Mallet-Fraktur) Frakturen der Grund- u. Mittelphalanx ] Epiphysenfraktur ] Einfache Fraktur, Trçmmerfraktur, Kompressionsfraktur, Defektfraktur ] Querfraktur, Schrågfraktur, Spiralfraktur, Avulsionsfraktur Luxationen der proximalen Interphalangealgelenke Typ 1 nicht dislozierter Abriss der palmaren Platte Typ 2 Dissoziation zwischen eigentlichem u. akzessorischem Seitband; knæchern < 1 mm Dislokation Typ 3 komplette Dissoziation, knæchernes Fragment um 908 verdreht, Gelenk luxierbar Typ 4 zusåtzliche Ruptur des Seitbandes, Instabilitåt in zwei Ebenen Typ 5 Luxation zur Beugeseite mit Låsion des Mittelzçgels und Seitbandes Typ 6 Seitband und palmare Platte reiûen entgegengesetzt
16 Hand
]
Besonderheiten Wie bei den Mittelhandknochen finden sich Epiphysen an beiden Knochenenden. Ein sekundåres Ossifikationszentrum fehlt distal am 1. Mittelhandknochen und an den distalen Phalangen. Im Gegensatz zu den Fingergrundgelenken werden die Interphalangealgelenke breitflåchig von den Bandstrukturen umhçllt, mit Faserverlåufen bis zu den Metaphysen. Zusåtzlich bestehen stabile Verbindungen zur palmaren Platte. Die Gelenke werden durch die Beugeund Strecksehnen umgeben. Die Strecksehnen inserieren dabei an den Epiphysen, die Beugesehnen ziehen bis zu den Metaphysen der entsprechenden End- bzw. Mittelphalanx. Im Bereich der Mittelphalanx bedeckt die oberflåchliche Beugesehne çber 50% der Gesamtlånge. Dieser anatomische Aufbau schçtzt die Gelenke vor Frakturen. Das dicke Periost trågt zu der Stabilitåt bei, kann aber auch ± insbesondere bei langen Schrågfrakturen ± zu einem Repositionshindernis werden. Der beschriebene anatomische Aufbau bedingt eine gewisse Anfålligkeit bei Krafteinwirkung in Richtung der Bewegungsachse der Gelenke. Dies gilt insbesondere fçr das Endglied. Hier versagt der stabilisierende Effekt, wenn es zu einer forcierten Beugung oder Streckung kommt. Bei jçngeren Patienten treten eher Salter-Harris-I- und -II- (Abb. 16.8), bei Patienten nahe der Skelettausreifung eher Salter-HarrisIII-Verletzungen (Abb. 16.9) auf. Bei den Fingerfrakturen muss beachtet werden, dass die Schaftfrakturen der Mittelphalanx durch den hohen Kortikalisanteil zur stabilen und belastbaren Ausheilung långer benætigen. Beim Erwachsenen kann dies leicht 12 Wochen dauern. Beim Kind verlåuft jedoch die Heilung insgesamt sehr schnell, was bei der Kontrolle unter der Therapie bedacht werden muss, da die Zeit um z. B. Korrekturen vorzunehmen kurz ist. Die Fåhigkeit, nach Fehlheilung zu remodellieren, ist abhångig vom Alter, der Frakturlokalisation in Relation zur Wachstumsfuge, dem Ausmaû und der Ebene der Deformitåt.
Diagnostik Die Diagnostik erfordert zunåchst die genaue Erhebung der Unfallanamnese, frçhere Verletzungen, bekannte Fehlbildungen und sonstige
a
Abb. 16.8. a Salter-Harris-Typ-II-Fraktur der Grundphalanx des Kleinfingers. b Reposition und K-Draht Osteosynthese.
Abb. 16.9. Salter-Harris-Typ-III-Fraktur der Grundphalanx des Daumens.
Erkrankungen. Fehlbildungen wie das KirnerSyndrom kænnen eine scheinbar frakturbedingte Fehlstellung des Endglieds nach radial vortåuschen, oder verletzungsbedingte Beugekontrakturen im PIP-Gelenk kænnen mit einer Kamptodaktylie verwechselt werden, wenn dies den Eltern erst nach einer Fingerquetschung auffållt. Ein Unfallmechanismus, der auf eine extreme Hyperextension hinweist, kann zu einer Ruptur
239
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J. Frank und I. Marzi
der palmaren Platte, insbesondere im Bereich der Grundgelenke, aber auch der Mittelgelenke, fçhren. Beim Kind sind die Grundgelenke håufiger betroffen, und es kommt zur Einklemmung des Mittelhandkæpfchens zwischen den Beugesehnen und den Sehnen der Mm. lumbricales. Der Finger steht dann supiniert in Ulnardeviation, und das PIP-Gelenk ist flektiert durch die erhæhte Spannung der Beugesehne. Zusåtzlich ist das Mittelhandkæpfchen in der Hohlhand deutlich tastbar und die Haut auf der Rçckseite durch das Fehlen gewellt. Wie bei den MCP-Luxationen findet sich diese Verletzung auch am Daumen (Abb. 16.10). Am Daumen muss bei der Stabilitåtsuntersuchung auch besonders auf die ulnare Instabilitåt des Daumengrundgelenks geachtet werden. Der sog. Skidau-
Abb. 16.10. Klinisches Erscheinungsbild einer Luxation des Daumengrundgelenks nach dorsal (Grundphalanx in Relation zum 1. Mittelhandknochen).
Abb. 16.11. Ræntgenbild einer Avulsionsfraktur des radialen Bandapparates am Daumengrundgelenk.
men, die Verletzung des ulnaren Seitbandes oder aber auch die seltenere Låsion des radialen Seitbandes finden sich beim unreifen Skelett meist als Avulsionsfraktur der Epiphyse und nicht als intraligamentåre Ruptur (Abb. 16.11). Luxationen der PIP-Gelenke sind beim Kind deutlich seltener als beim Erwachsenen und sind bei der Vorstellung oft schon spontan reponiert. Es kommt dabei jedoch zu Verletzungen der Kollateralbånder und der palmaren Platte. Neben der auffålligen Schwellung und dem Druckschmerz, insbesondere am palmaren PIPGelenk, zeigt die seitliche Ræntgenaufnahme des betroffenen Fingers oftmals eine feine Absprengung oder die Fraktur der Epiphyse (Abb. 16.12). Die Luxation des Endgelenks durch Ûberstreckung oder durch Belastung eines gebeugten Endglieds ist extrem selten. Die håufigste Fingerfraktur der Basis der proximalen Phalanx (Salter-Harris II) ist oftmals durch die Schwellung und Schmerzsymptomatik sowie das Abstehen des Fingers erkennbar. Wie bei der Luxation erfolgt die Ræntgendiagnostik durch eine dorsopalmare Aufnahme und eine Schrågaufnahme. Ab der mittleren Grundphalanx und zur Beurteilung der palmaren Abweichung in Hæhe der Mittelhandkæpfchen ist eine streng seitliche Aufnahme der Hand oder des betroffenen Fingers/Daumens notwendig. Verletzungen der Fingerkuppe sind evtl. durch die Beteiligung des Nagels und dessen Anhangsorgane sehr komplex. Frakturen der distalen Phalanx kænnen in Låsionen mit Beteiligung der Wachstumsfuge und solche ohne Beteiligung
Abb. 16.12 a, b. Im seitlichen Strahlengang ist deutlich die knæcherne Låsion und Dislokation der volaren Platte erkennbar.
16 Hand
]
Konservative Therapie
Abb. 16.13 a, b. Nagelbettfraktur.
der Fuge eingeteilt werden. Klinisch auffållig ist oftmals die Beteiligung des Nagelbettes mit subungalem Håmatom sowie Schwellung und Deformitåt der Fingerkuppe. Bei der Ræntgenaufnahme muss dann auf begleitende Frakturen des Nagelkranzes geachtet werden (Abb. 16.13).
Therapieziel/Korrekturgrenzen Ziel der Therapie ist es, eine sagittale Abkippung > 308, ein Rotationsfehler im Bereich der Fingerkuppe > 108 und eine Verkçrzung des Fingers von mehr als 5 mm zu verhindern. Bei Luxationen und Frakturen im Bereich der Fingergelenke ist das Ziel eine anatomische Wiederherstellung der Gelenkrelation und -flåchen. Deformitåten in den Ebenen der Gelenkachsen korrigieren sich. Bei linearen Abweichungen (Abduktion bzw. Adduktion) kann keine verlåssliche Vorhersage gemacht werden. Dieses Problem verstårkt sich bei græûerem Abstand zur Fuge. Subkapitale Frakturen der Phalangen remodellieren nur gering. Bei der Primårbehandlung liegt die Anstrengung in einer adåquaten Schmerztherapie und der damit verbundenen Diagnostik. Bis zur definitiven Therapie, konservativ mit oder ohne Frakturreposition oder operativ, muss eine Schienenruhigstellung in Funktionsstellung erfolgen. Ist das Kind zu klein, kann mittels Wattepolsterung ein Faustverband zum Schutz angelegt werden. Insbesondere bei Fingerluxationen sollte frçhzeitig eine adåquate Lokalanåsthesie erfolgen.
Bei der Luxation des MCP-Gelenkes ist håufig eine operative offene Reposition notwendig, insbesondere wenn durch zusåtzliche Einklemmung der palmaren Platte eine Reposition verhindert wird. Ein Repositionsmanæver ist jedoch indiziert. Die Reposition der PIP- und DIP-Gelenke ist nach adåquater Sedierung und Lokalanåsthesie leicht. Die meisten Frakturen der Phalangen kænnen konservativ behandelt werden. Bei Kindern unter 10 Jahren kann dabei eine Deformitåt in der Bewegungsebene von bis zu 308 akzeptiert werden. Zur Reposition des MCP-Gelenks erfolgt zunåchst die intraartikulåre Anåsthesie und dann die Hyperextension (bei dorsaler Dislokation in Bezug auf den distalen Fingeranteil). Damit kann die palmare Platte auf dem Mittelhandkæpfchen langsam nach palmar geschoben und manchmal eine Reposition erreicht werden. Der Långszug muss, da er die Spannung der Sehnen erhæht und damit die Einklemmung verstårkt, vermieden werden. Die Luxationen der PIPund DIP-Gelenke kænnen meist leicht durch Långszug am entsprechenden Finger reponiert werden. Bei kleinen Kindern kann eine lokale Betåubung unmæglich sein, sodass dann eine Sedierung oder Narkose erforderlich ist. Das Verfahren der Wahl bei Fingerfrakturen ist die Ruhigstellung mittels Gipsschiene in Intrinsic-Plus-Stellung der Finger (Beugung der Fingergrundgelenke bis 708 und komplette Extensions der Langfinger bei einer Handgelenkextension von ca. 20±308). Bei Kleinkindern ist dies wegen der kleinen Handgræûe nicht mæglich, und ein Faustgips kann gewåhlt werden. Eine Reposition, wie bei der håufigen Basisfraktur, wird meist durch Beugung im Grundgelenk und Zug am Finger erreicht. Bei den Schaftfrakturen låsst sich durch die gute Weichteilschienung (Beugesehnenscheide) oft eine konservative Therapie durchfçhren (Abb. 16.14). Es erfolgt die Gipskontrolle am Folgetag mit Ûberprçfung der Fingerposition und Hinweisen auf Druckstellen. Der Gips sollte fçr 3 Wochen, bei Frakturen des Schafts (insbesondere Querfrakturen) 4 Wochen bzw. im Bereich der Mittelphalanx 6 Wochen belassen werden. Bei Luxationen der MCP- und PIP-Gelenke erfolgt eine frçhzeitige Mobilisierung nach einer kurzen Phase der Ruhigstellung von nicht mehr
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]
J. Frank und I. Marzi
Abb. 16.14 a, b. Grundgliedfraktur am Kleinfinger, die konservativ behandelt werden konnte.
als 7 Tagen. Zur besseren Protektion und Vermeidung der Hyperextension kænnen dann ¹Buddy-Splintsª angelegt werden (Abb. 16.19). Luxationen des Daumengrundgelenks werden mittels Daumenschiene fçr 3 Wochen ruhiggestellt. Das MCP-Gelenk ist dabei leicht gebeugt, und es muss auf eine korrekte Stellung geachtet werden, damit die Kollateralbånder nicht çberdehnt werden.
Operative Therapie Gelenkluxationen der MCP-Gelenke, die geschlossen nicht zu reponieren sind, mçssen operativ offen reponiert werden. Instabilitåten nach Gelenkluxationen der PIP-Gelenke sind beim Adoleszenten mæglich und mçssen bei Instabilitåt oder wenn die palmare Platte, das Seitband, osteochondrale Fragmente die Reposition behindern, operativ behandelt werden. Palmare PIP-Dislokationen kommen faktisch beim Kind nicht vor. Bei Fingerfrakturen ist bei Beteiligung der Gelenkflåche von mehr als 25% bzw. einer Dislokation von mehr als 1,5 mm eine offene operative Versorgung indiziert. Insgesamt mçssen jedoch Frakturen der Phalangen nur selten operativ behandelt werden, abgesehen von den schweren und offenen Quetschverletzungen. Es kann jedoch durch Interposition von Periost, Sehnen und Sehnenhauben zu Repositionshindernissen kommen, die ein offenes operatives Vorgehen erfordern. Auch Schaftfrakturen, die
konservativ nicht sicher gehalten werden kænnen bzw. bei denen bei konservativer Behandlung ein Rotationsfehler auftreten kænnte, sollten operativ stabilisiert werden. Verletzungen der Fingerkuppe mçssen, wenn das Håmatom den gesamten Nagel einnimmt und anhebt bzw. eine Nagelkranzfraktur im Ræntgenbild erkennbar ist, operativ behandelt werden. Kleinere Håmatome kænnen durch Bohrlochentlastung des Håmatoms mittels Kançle behandelt werden. Gelenkluxationen der MCP-Gelenke kænnen çber einen palmaren Zugang gut dargestellt werden. Dabei ist oftmals die Freilegung und ggf. die Durchtrennung des A1-Ringbandes und die Långsinzision der volaren Platte notwendig. Gelegentlich ist auch die Inzision des Lig. natorium und des Lig. metacarpale transversum superficialis erforderlich. Besonders gefåhrdet bei diesem Zugang sind die im Subkutangewebe ausgespannten Digitalnerven. Bei zusåtzlichen knæchernen Verletzungen empfiehlt sich der dorsale Zugang. Ûber die Långsspaltung des Extensorapparates kann dann bei Flexion das gesamte Gelenk çberblickt werden. Mittels eines Dissektors ist es dann oftmals mæglich, die palmare Platte und gelegentlich auch die komplett nach dorsal dislozierten Beugesehnen zu reponieren und die Gelenkluxation zu beseitigen. Bei chronischen Luxationen mçssen oftmals zur Reposition beide Zugånge gewåhlt werden. Frakturen der Phalangen werden nach Reposition v. a. mit K-Dråhten stabilisiert. Die Grundphalanx kann meist çber einen dorsalen Zugang dargestellt werden (Abb. 16.15). Der Streckapparat kann gespalten oder das Periost peritendinæs abgeschoben werden. Wesentlich ist nur, dass am Ende des operativen Eingriffs der Streckapparat wieder rezentriert wird. Besonders anspruchsvoll sind die subkapitalen und Kondylusfrakturen (Abb. 16.16). Diese Frakturen mçssen anatomisch reponiert und
Abb. 16.15. Dorsale Zugangswege zum Handrçcken und zu den Fingern.
16 Hand
]
Abb. 16.18. Typische Mallet-Fraktur des Kleinkindes mit Låsion durch die Epiphysenfuge des Fingerendglieds.
Abb. 16.16 a, b. Subkapitale Fraktur des Mittelglieds.
a
a
b
c b
Abb. 16.17 a±c. Schematische Darstellung einer Mæglichkeit zur operativen Versorgung der subkapitalen Fraktur der Mittelphalanx. Die Reposition kann mittels K-Draht oder aber auch çber einen intraossåren Draht gesichert werden.
Abb. 16.19. Dislozierte Mallet-Fraktur. a, b. Schematische Darstellung der operativen Versorgung einer dislozierten Mallet-Fraktur am Fingerendglied mit K-Dråhten.
wegen ihrer hohen Instabilitåt fixiert werden. Gelingt die exakte geschlossene Reposition nicht, muss die offene Reposition çber einen dorsalen oder lateralen Zugang zum Finger erfolgen, die operative Versorgung dieser Fraktur an der Mittelphalanx ist dabei leichter (Abb. 16.17). Signifikante Verletzungen des Nagelbettes mçssen wie eine offene Fraktur behandelt werden. Der Nagel muss angehoben, das Nagelbett gesåubert und mittels einer Naht mit resorbierbarem Faden der Stårke 5.0 genåht werden. Die Naht selbst und die anschlieûende Schienung mit dem gereinigten Fingernagel ist oftmals die beste Versorgung der begleitenden Nagelkranz-
fraktur. Transversal-, Quer- oder Trçmmerfrakturen mçssen ggf. mittels feiner K-Dråhte reponiert und stabilisiert werden. Bei Beteiligung der Epiphysenfuge wird das als Mallet-Finger bezeichnet (Abb. 16.18). Bei Beteiligung der Strecksehne und Dislokation der Epiphyse bzw. des dorsalen Fragments der Epiphyse werden eine Reposition und Stabilisierung erforderlich (Abb. 16.19). Die Nachbehandlung der MCP-Gelenkluxation ist die frçhzeitige Mobilisierung nach einer kurzen Phase der Ruhigstellung fçr nicht mehr als 7 Tage. Zur besseren Protektion und Vermeidung der Hyperextension kænnen dann ¹BuddySplintsª angelegt werden (Abb. 16.20).
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244
]
J. Frank und I. Marzi
Bei K-Draht-Osteosynthese erfolgt eine begleitende Ruhigstellung entsprechend der konservativen Frakturbehandlung, eine Gipsschiene in Intrinsic-Plus-Stellung der Finger oder der Faustgips/-verband bei Kleinkindern. Frakturen im Bereich des Endglieds werden nach dem Unfall und in der 1. Woche nach operativer Versorgung mittels 3-Finger-Schiene bzw. altersadåquat versorgt. Fçr die restlichen 3 Wochen ist dann oftmals eine Fingerschiene, die çber das Endglied reicht und die anderen Fingergelenke frei låsst, ausreichend. Die Græûe der Finger muss dabei berçcksichtigt werden, und bei Kleinkindern kann fçr die Ruhigstellung ein Faustgips erforderlich sein.
Es ist dabei håufig so, dass Rotationsfehler meist durch inadåquate Reposition verursacht werden und Achsabweichungen aus Wachstumsstærungen resultieren. K-Draht-Infekte in Hautniveau nach einer operativen Versorgung kommen håufiger vor, fçhren jedoch nur selten zu einer Osteitis, dann jedoch im Einzelfall zu schweren Knochenzerstærungen. Insbesondere bei der Behandlung von verspåtet festgestellten Gelenkluxationen und intraartikulåren Frakturen muss mit dem Kind und dessen Eltern çber das Risiko einer Bewegungseinschrånkung, dem vorzeitigen Epiphysenschluss und der avaskulåren Knochennekrose gesprochen werden. Die Klinodaktylie ist dabei die håufigste Deformitåt nach Gelenkfrakturen, es muss mit ihrem Auftreten von bis zu 20% bei diesen Verletzungen gerechnet werden. Ist die Abweichung geringer als 108, fçhrt das meist nicht zu einer Einschrånkung. Eine hæhergradige Fehlstellung kann ein Ûberlappen der Finger zur Folge haben. Bei den besonders schwierig zu behandelnden subkapitalen bzw. Kondylusfrakturen kommt es sehr leicht zu Bewegungsstærungen, Deformitåten und Ossifikationen im subkondylåren Rezessus mit konsekutiver Bewegungseinschrånkung. Eine Einschrånkung der Beugung muss dann zur Funktionsverbesserung, meist von palmar, operativ behandelt werden. Es werden dabei die akzessorischen Seitbånder gelæst und der çberschçssige Knochen reseziert.
Komplikationen/Wachstumsstærungen
Nachkontrollen
Eine verzægerte Frakturheilung bzw. Pseudarthrose ist extrem selten und tritt dann oft nur in Kombination mit einem Hochrasanztrauma bzw. einer Quetschverletzung der Finger auf. Achsabweichungen und Rotationsfehler sind mæglich und kænnen sich stærend auf die Funktion der Hand auswirken.
Die meisten unkomplizierten Frakturen erfordern keine Nachkontrollen. Intraartikulåre Frakturen sollten nach 6 Monaten und 1 Jahr nachkontrolliert werden, um avaskulåre Nekrosen zu erfassen. Leichte posttraumatische Fehlstellungen, die nicht operativ korrigiert werden mussten, sollten nach 6 Monaten und dann jåhrlich kontrolliert werden, um eine Zunahme der Fehlstellung mit dem Wachstum auszuschlieûen.
Abb. 16.20 a, b. Buddy-Splints zur Stabilisierung benachbarter Finger, eine synchrone Beçbung der beiden verbundenen Finger ist mæglich.
16 Hand
Fingerfraktur
a
b
Besonderheiten
30% Epiphysenverletzungen, wenn es sich nicht um Quetschverletzungen handelt dann meist die proximale Phalanx, gehåuft Klein- oder Zeigefinger
Diagnostik
Klinik und Ræntgenaufnahme des betroffenen Fingers dorsopalmar und streng seitlich
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Keine Abkippung von > 308, kein Rotationsfehler > 108 an der Fingerkuppe, keine Verkçrzung > 5 mm, anatomische Gelenkrelation, gute Korrektur in der Ebene der Gelenkachse, unsichere Korrektur bei Achsabweichung, geringe Korrektur bei subkapitalen Frakturen
Primårbehandlung
Schmerztherapie, Hochlagerung, abschwellende Maûnahmen, Schienenruhigstellung
Konservative Therapie ] Indikation
Regelfall bei Frakturen innerhalb der Toleranzgrenzen
] Verfahren
Gipsschiene in Intrinsic-Plus-Stellung der Finger, bei Kleinkindern Faustverband, Ruhigstellung fçr 3 Wochen, bei Schaftfrakturen 4 Wochen, bei Schaftfrakturen der Mittelphalanx bis 6 Wochen
] Nachbehandlung
Funktionelle Nachbehandlung mit Belastungsaufbau und Vollbelastung bis zur 8. Woche
] Rx-Kontrolle
Entfållt bei unkomplizierten Frakturen, nach Reposition und bei Dislokationsgefahr (Schråg-, Querfrakturen am Schaft) nach 1 Woche und nach Gipsabnahme
] Sportfåhigkeit
Nach 8 Wochen, Mittelphalanx nach 12 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
Dislokation, Abkippung, Rotationsfehler und Verkçrzung çber die Toleranzgrenze; Gelenkluxationen und Gelenkbeteiligung > 25% mit Dislokation çber 1,5 mm
] Verfahren
K-Draht-Osteosynthese
] Nachbehandlung
Gipsschiene in Intrinsic-Plus-Stellung der Finger, bei Kleinkindern Faustverband, Ruhigstellung fçr 3 Wochen, bei Schaftfrakturen 4 Wochen, bei Schaftfrakturen der Mittelphalanx bis 6 Wochen
] Rx-Kontrolle
Nach 1 Woche und vor Metallentfernung bei K-Dråhten nach 4 Wochen
] Metallentfernung
Nach 3±4 Wochen, Schaftfrakturen der Mittelphalanx nach 6 Wochen (> 5 Jahre)
] Sportfåhigkeit
Nach Ablauf von 8 Wochen
]
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246
]
J. Frank und I. Marzi
Fingerfraktur Komplikationen
Sehnenverletzungen und -verklebungen, Bewegungsstærungen der Finger, persistierende Fehlstellungen, K-Draht-Infektionen, Osteonekrosen mit Beteiligung der Gelenkflåche
Wachstumsstærungen
Nicht zu erwarten
Nachkontrollen
Die meisten Frakturen mçssen nicht nachkontrolliert werden, bei intraartikulåren Frakturen, wenn eine Zunahme der Fehlstellung oder Osteonekrosen befçrchtet werden nach 6 Monaten und einem Jahr
Klassifikation
AO:
LiLa:
16 Hand
] Fallbeispiele Fall 16.1 Skaphoidfraktur, Junge, 11 J., Sportunfall.
a, b Unfallbilder. c, d MRT konservative Behandlung. Fall 16.2 Palmare Flexion und Subluxation des Lunatum nach distaler Radiusfraktur; Junge, 13 J., Sturz.
a, b Unfallbilder, c klinisch sichtbare palmare Achsfehlstellung, d±f unter Zug Aufrichtung des Lunatums unter Zug, g, h Transfixation mittels K-Dråhten.
]
247
17 Becken
A. Thannheimer und V. Bçhren
] Physiologische Befunde Das Becken entwickelt sich aus den primåren Wachstumszentren Darm-, Sitz- und Schambein. Diese grenzen im Bereich des Hçftgelenks aneinander, wodurch die Y-Fuge (Cartilago triradiata) entsteht (Abb. 17.1). Die sekundåren Wachstumszentren bilden die Apophysen an der Crista iliaca, den Spinae iliacae anteriores superior und inferior sowie am Tuber ischiadicum (Abb. 17.2). Die Fuge zwischen Sitz- und Schambein schlieût sich um das 3. Lebensjahr, die Y-Fuge um das 12.±15. Lebensjahr. Die Apophysenkerne werden um das 12. (Crista iliaca) bis 17. Lebensjahr (Tuber ischiadicum) radiologisch sichtbar. Die Fusion der sekundåren Ossifikationszentren findet zwischen dem 16. und 25. Lebensjahr statt. Das kindliche Becken unterscheidet sich von dem des Erwachsenen durch die groûen knor-
peligen Flåchen und die hæhere Elastizitåt auch der knæchernen Anteile. Hierdurch kænnen wesentlich græûere Energiemengen absorbiert werden, ohne Frakturen zu hinterlassen. Gleichzeitig kænnen Verletzungen der knorpeligen Anteile der radiologischen Diagnostik entgehen. Die Elastizitåt der Beckenhalbgelenke ermæglicht auch bei erheblichen Verformungen eine Fraktur an nur einer Stelle der Ringstruktur, entgegen der Regel des doppelten Ringbruchs bei dislozierten Frakturen des Erwachsenen. Daraus folgt auch das hæhere Risiko von begleitenden Organverletzungen bei ¹einfachª imponierenden Frakturformen. Avulsionsfrakturen der Apophysen werden meist nur beim Heranwachsenden beobachtet. Nicht zuletzt kænnen Verletzungen insbesondere der Y-Fuge Wachstumsstærungen bis zur vollståndigen Hypoplasie einer Beckenhålfte verursachen.
1
Darmbein
2 Y-Fuge
Schambein
Sitzbein
Abb. 17.1. Y-Fuge und primåre Wachstumszentren.
3
Abb. 17.2. Apophysen (sekundåre Wachstumszentren): 1 Spina iliaca anterior superior, 2 Spina iliaca anterior inferior, 3 Tuber ossis ischii.
250
]
A. Thannheimer und V. Bçhren
Altersabhångige Ræntgenbefunde ] Die primåren Wachstumskerne sind schon beim Såugling sichtbar. ] Die Wachstumsfuge zwischen Sitz- und Schambein schlieût sich um das 3. Lebensjahr. ] Die Y-Fuge ist bis zum 12.±15. Lebensjahr nachweisbar. ] Die Apophysenkerne (sekundåre Wachstumszentren) erscheinen vom 12.±17. Lebensjahr und fusionieren um das 16.±25. Lebensjahr.
Abb. 17.3. Beckençbersichtsaufnahme: 2-jåhriger Knabe. Die primåren Wachstumszentren und die Y-Fuge sind gut erkennbar.
Frakturen des Beckens ] Avulsionsverletzungen (= Apophysenabrissfrakturen) Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Avulsionsverletzungen kommen selten vor. Sie machen 4±13,4% aller kindlichen Frakturen aus. Einige Autoren beobachteten am håufigsten den Abriss der Spina iliaca inferior, andere dagegen den der Spina iliaca superior. Avulsionsfrakturen treten vorwiegend beim jugendlichen Sportler im Alter von 12±16 Jahren auf. Durch Ûberbeanspruchung der an den Apophysen ansetzenden Muskulatur beim Sport kommt es zum Abriss des Wachstumskerns vom Becken.
Abb. 17.4. Beckençbersichtsaufnahme: 6-jåhriger Knabe. Die Fugen zwischen Sitz- und Schambein sind verschlossen.
Abriss der Spina iliaca anterior superior ] Ursache. Ûberlastung durch Zug des M. sartorius bei gestrecktem Hçft- und gebeugtem Kniegelenk. Tritt vorwiegend bei Athleten auf. ] Klinik. Lokale Schwellung und Schmerzen nach sportlicher Belastung.
Abb. 17.5 a, b. Beckençbersichtsaufnahme: 16-jåhriger Knabe. Die Y-Fuge ist verschlossen, die Apophysen sind bereits erkennbar.
17 Becken
Abriss der Spina iliaca anterior inferior ] Ursache. Zug des M. rectus femoris bei Hyperextension des Hçft- und Beugung des Kniegelenks, vorwiegend beim Fuûballspielen. ] Klinik. Lokaler Schmerz und Schwellung nach Fuûballspiel.
Abriss der Tuberositas ossis ischii ] Ursache. Ûberbeanspruchung der HamstringMuskulatur durch Abduktion des in der Hçfte gebeugten und im Knie gestreckten Beins, vorwiegend bei gymnastischen Ûbungen. ] Klinik. Schmerzen beim Sitzen, lokaler Druckschmerz bei der digital-rektalen Untersuchung. Im Verlauf der Heilung eventuell çberschieûende Knochenneubildung (¹Tumorª).
Klassifikation Am gebråuchlichsten ist die Einteilung nach AO (s. u.). Key und Cornwell geben folgende frakturorientierte Klassifikation an: I.
Frakturen ohne Unterbrechung des Beckenrings A. Avulsionsfrakturen 1. Spina iliaca anterior superior 2. Spina iliaca anterior inferior 3. Tuberositas ossis ischii B. Frakturen des Sitz- oder Schambeins C. Beckenschaufelfrakturen D. Kreuz- oder Steiûbeinfrakturen
II. Einfache Unterbrechung des Beckenrings A. Fraktur zweier ipsilateraler Øste B. Symphysenruptur oder symphysennahe Fraktur C. Iliosakralgelenkssprengung oder ISG-nahe Fraktur III. Doppelte Unterbrechung des Beckenrings A. Bilaterale Sitz- und Schambeinfraktur B. Fraktur des vorderen und hinteren Beckenrings C. Multiple Frakturen
]
IV. Azetabulumfrakturen A. Hçftluxation mit kleinem Pfannenrandfragment B. Lineare Fraktur in Kombination mit undislozierter Beckenringfraktur C. Lineare Fraktur in Kombination mit Hçftgelenksinstabilitåt D. Zentrale Hçftgelenksluxationsfraktur Von Laer teilt ein in Frakturen, welche ohne Folgen und solche, welche voraussichtlich mit gravierenden Folgen ausheilen (Tab. 17.1). Um den Besonderheiten der kindlichen Verletzungen Rechnung zu tragen, wurden aber auch verschiedene andere Klassifikationen eingefçhrt. Torode und Zieg entwickelten basierend auf der Watts-Klassifikation folgendes System: ] Typ 1 Avulsionsfrakturen ] Typ 2 Beckenschaufelfrakturen ] Typ 3 Einfache Beckenringfrakturen mit Diastase der Symphyse ohne Ruptur des hinteren SI-Gelenks ] Typ 4 Alle Frakturen, die ein freies knæchernes Fragment produzieren Die gleichen Autoren haben auch eine Klassifikation der Komplikationen vorgeschlagen: ] Grad 1 Keine ] Grad 2 Eventuell beeintråchtigtes Wachstum mit sekundårem Remodelling ] Grad 3 Eventuell verzægerte Knochenbruchheilung ] Grad 4 Nonunion, Fehlheilung, Schådigung der Cartilago triradiata, Fusion des SI-Gelenks und Beinlångendifferenz.
Tabelle 17.1. Einteilung der Beckenverletzungen nach von Laer Låsionen ohne gravierende Spåtfolgen
Låsionen mit mæglichen gravierenden Spåtfolgen
Apophysenausrisse Symphysenrupturen Beckenschaufelfrakturen Malgaigne-Frakturen Isolierte Os-ilii-Frakturen Azetabulumfrakturen Isolierte Schambeinastfrakturen Isolierte Iliosakrallockerungen
251
252
]
A. Thannheimer und V. Bçhren
Avulsionsverletzung
Besonderheiten
håufig erst auffållig durch Kallusbildung und dann als Knochentumor fehlinterpretiert, insbesondere am Sitzbein
Diagnostik
Beckençbersichtsaufnahme, ggf. Sonographie oder MRT
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Schmerzfreiheit, Sportfåhigkeit, Dislokation 2 cm
Primårbehandlung
Schmerztherapie, Bettruhe, Thromboseprophylaxe, evtl. auch freifunktionelle Behandlung
Konservative Therapie ] Indikation
Regelfall
] Verfahren
schmerzadaptierte Ruhigstellung mit gebeugtem Hçftgelenk (gestreckt bei Abriss der Tuberositas ossis ischii), dann frçhfunktionell unter Entlastung an Unterarmgehstæcken fçr 2±4 Wochen
] Nachbehandlung
zçgiger Belastungsaufbau
] Rx-Kontrolle
nur bei långer anhaltenden Beschwerden
] Sportfåhigkeit
nach 6±12 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
selten bei grob dislozierten Frakturen oder groûen Abrissfragmenten, bei schmerzhaften Pseudarthrosen
] Verfahren
Reposition, Einzelschraubenosteosynthese oder Zuggurtung; bei Pseudarthrose Resektion des Abrissfragments
] Nachbehandlung
kurzfristige Ruhigstellung, Belastungsaufbau nach 2±4 Wochen
] Rx-Kontrolle
nur bei långer anhaltenden Beschwerden
] Metallentfernung
fakultativ nach 12 Wochen
] Sportfåhigkeit
nach 12 Wochen
Komplikationen
çberschieûende Knochenneubildung, Pseudarthrose, Osteosyntheseversagen
Wachstumsstærung
keine gravierenden Folgen zu erwarten
Nachkontrollen
klinische Abschlusskontrolle 1 Jahr nach Unfall, insbesondere bei çberschieûender Kallusbildung
Klassifikation
AO:
LiLa:
17 Becken
] Beckenrand- und Beckenringfrakturen Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Die einfache Beckenringfraktur beim Kind stellt insgesamt eine seltene Verletzung dar. Scham- oder Sitzbeinfrakturen zeigten in der Campbell-Serie eine Håufigkeit von 33,6% bei 134 kindlichen Beckenfrakturen. Symphysensprengungen lagen in der gleichen Serie bei 3%, kombinierte Scham- und Sitzbeinfrakturen kamen in 8,2% der Fålle vor. Etwa 18% aller kindlichen Beckenfrakturen sind Beckenrandfrakturen. Ûber 90% dieser Frakturen sind stabil und bedçrfen keiner operativen Therapie. Die Beckenfraktur im Kindesalter entsteht durch eine erhebliche Gewalteinwirkung, sodass immer mit Begleitverletzungen gerechnet werden muss. Ursache sind meist Verkehrsunfålle oder Stçrze aus groûer Hæhe. Ein Groûteil der Patienten ist polytraumatisiert, etwa 25% haben ein Schådel-Hirn-Trauma. Umgekehrt ist bei jedem polytraumatisierten Kind bis zum Beweis des Gegenteils von einer Beckenfraktur auszugehen. Somit hat die Sicherung der Vitalfunktionen und die Suche nach Organ- und Weichteilverletzungen erste Prioritåt. Erst in zweiter Linie kommt die eigentliche Frakturversorgung. Der Inspektion der Beckenregion auf offene Wunden und Håmatome folgt die Stabilitåtsprçfung. Obligatorisch ist die digital-rektale Untersuchung beim Narkotisierten. Pathognomonisch fçr Rektumlåsionen sind perianale Håmatombildungen (Abb. 17.6). Weitere klinische Zeichen einer Beckenfraktur kænnen eine groûe oberflåchliche Håmatombildung inguinal und im Skrotum (Destot-Zeichen), eine Verringerung des Abstandes von Trochanter major und Schambeinhæcker im Vergleich zur Gegenseite bei lateralen Kompres-
Abb. 17.6. Perianales Håmatom bei Rektumlåsion.
]
sionsfrakturen (Roux-Zeichen) und tastbare Frakturenden oder Håmatombildung bei der rektalen Untersuchung (Earle-Zeichen) sein. Bilaterale Schambeinfrakturen gehen håufig mit einer Verletzung des Urogenitaltrakts einher. Vordere Beckenringfrakturen entstehen durch direkten Anprall. Auch bei gering dislozierten Frakturen ist aufgrund der Elastizitåt und der Rçckstellkråfte immer von einer erheblichen Energieeinwirkung auszugehen, sodass Begleitverletzungen, insbesondere des Urogenitaltrakts und des Rektums, ausgeschlossen werden mçssen. Auch subkutane Dcollementverletzungen kænnen aufgrund der Hautelastizitåt zunåchst weitgehend inapparent sein. Klinisch zeigen sich lokale Schwellungen und Schmerzen, insbesondere bei Druck auf die Symphyse. Klinische Zeichen von Beckenrandfrakturen sind eine lokale Schwellung und Håmatomverfårbung, evtl. auch eine Deformierung der Beckenkontur. Lokal werden Schmerzen angegeben.
Klassifikation Grundlegend unterscheiden die Klassifikationen entweder zwischen stabilen und instabilen Frakturformen oder Frakturen, die ohne Folgen oder solchen, die mit Defekt ausheilen. Auch im Kindesalter werden Beckenverletzungen vorwiegend nach den Klassifikationssystemen der Erwachsenenchirurgie eingeteilt, nicht zuletzt, um eine Vergleichbarkeit zu erreichen. Etwa ab dem 14. Lebensjahr (Verschluss der Y-Fuge) entsprechen die Frakturformen denen des Erwachsenen und werden entsprechend den Prinzipien der Erwachsenenchirurgie eingeteilt und behandelt. Die gebråuchlichste Klassifikation, die der Arbeitsgemeinschaft fçr Osteosynthesefragen (AO), basiert auf der Klassifikation von Pennal und Tile und teilt in stabile A-, partiell (rotatorisch) instabile B- und (vertikal) instabile C-Verletzungen ein (Abb. 17.7). Diese Klassifikation wird fçr die Einteilung der Beckenringfrakturen verwendet.
253
254
]
A. Thannheimer und V. Bçhren
a
a
b
b
cc Abb. 17.7 a±c. Klassifikation der Beckenringfrakturen nach Pennal und Tile.
17 Becken
Beckenrandfraktur Typ A1
Besonderheiten
meist direkter Anprall, Kombination mit Beckenringverletzung mæglich
Diagnostik
Beckençbersichtsaufnahme
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Schmerzfreiheit, Sportfåhigkeit, Vermeidung von kosmetisch stærenden Deformierungen
Primårbehandlung
Schmerztherapie, Bettruhe mit gebeugter Hçfte, Thromboseprophylaxe
Konservative Therapie ] Indikation
Regelfall
] Verfahren
schmerzadaptierte Ruhigstellung mit gebeugtem Hçftgelenk, dann frçhfunktionell unter Entlastung an Unterarmgehstæcken fçr 2±4 Wochen
] Nachbehandlung
zçgiger Belastungsaufbau
] Rx-Kontrolle
nur bei långer anhaltenden Beschwerden
] Sportfåhigkeit
nach 6±12 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
selten bei grob dislozierten Frakturen
] Verfahren
offene Reposition, Einzelschraubenosteosynthese oder K-Draht-Osteosynthese
] Nachbehandlung
kurzfristige Ruhigstellung, Belastungsaufbau nach 4±6 Wochen
] Rx-Kontrolle
postoperativ
] Metallentfernung
fakultativ nach 12 Wochen
] Sportfåhigkeit
nach 12 Wochen
Komplikationen
Pseudarthrose, Osteosyntheseversagen, Dislokation durch Muskelzug, kosmetisch stærende Deformierung
Wachstumsstærung
keine gravierenden Folgen zu erwarten
Nachkontrollen
klinische Abschlusskontrolle 1 Jahr nach Unfall, insbesondere bei çberschieûender Kallusbildung
Klassifikation
AO:
LiLa:
]
255
256
]
A. Thannheimer und V. Bçhren
Vordere Beckenringfraktur Typ A2
Besonderheiten
nur beim Kind aufgrund der Elastizitåt des Beckens, insbesondere der Beckenhalbgelenke, die so genannte Einringverletzung trotz erheblicher Deformierung mæglich; bei bilateralen Frakturen gehåuft begleitende Urogenitalverletzungen
Diagnostik
klinische Untersuchung (Begleitverletzungen!); Abdomensonographie, Beckençbersichtsaufnahme, CT, MRT
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Ausschluss von Begleitverletzungen, Frçhmobilisierbarkeit
Primårbehandlung
Bettruhe, Schmerztherapie, Thromboseprophylaxe
Konservative Therapie ] Indikation
Regelfall bei geschlossenen Frakturen, Dislokation < 5 mm
] Verfahren
schmerzadaptierte Ruhigstellung
] Nachbehandlung
frçhfunktionelle Teilbelastung nach 2±4 Wochen, Vollbelastung nach 6±8 Wochen
] Rx-Kontrolle
nur bei långer anhaltenden Beschwerden
] Sportfåhigkeit
nach 12 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
selten bei çber 1 cm dislozierten Frakturen, bei Organdurchspieûung oder offenen Frakturen
] Verfahren
Reposition, evtl. Periostnaht, Organversorgung
] Nachbehandlung
kurzfristige Ruhigstellung, Belastungsaufbau nach 2±4 Wochen
] Rx-Kontrolle
nur bei långer anhaltenden Beschwerden
] Metallentfernung
nicht erforderlich
] Sportfåhigkeit
nach 12 Wochen
Komplikationen
sekundåre Uterus- oder Blasenverletzung; erneute Dislokation
Wachstumsstærung
keine gravierenden Folgen zu erwarten
Nachkontrollen
klinische Abschlusskontrolle 1 Jahr nach Unfall
Klassifikation
AO:
LiLa:
17 Becken
Isolierte Symphysensprengung
Besonderheiten
aufgrund der Bandelastizitåt meist knæcherne Ausrisse; Weite des Symphysenspaltes altersabhångig
Diagnostik
klinische Untersuchung (Begleitverletzungen!); Abdomensonographie, Beckençbersichtsaufnahme, CT, MRT
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Ausschluss von Begleitverletzungen, Dislokation < 1 cm
Primårbehandlung
Bettruhe, Schmerztherapie, Thromboseprophylaxe
Konservative Therapie ] Indikation
Regelfall bei geschlossenen Frakturen, Dislokation < 1 cm
] Verfahren
schmerzadaptierte Ruhigstellung, bei dislozierten Sprengungen in der gekreuzten Schlinge
] Nachbehandlung
Teilbelastung nach 3±4 Wochen, Vollbelastung nach 6±8 Wochen
] Rx-Kontrolle
innerhalb der ersten 5 Tage zur Kontrolle der ausreichenden Reposition, danach nur bei långer anhaltenden Beschwerden
] Sportfåhigkeit
nach 12 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
selten bei çber 2 cm dislozierten Sprengungen, bei Organverletzung oder offenen Frakturen
] Verfahren
geschlossene oder offene Reposition, evtl. Periostnaht, ggf. Zuggurtung oder Plattenosteosynthese im Rahmen der Organversorgung
] Nachbehandlung
Bettruhigstellung, Belastungsaufbau nach 3±4 Wochen
] Rx-Kontrolle
postoperativ, dann nur bei långer anhaltenden Beschwerden
] Metallentfernung
nach 3±6 Monaten
] Sportfåhigkeit
nach ca. 12 Wochen
Komplikationen
Metalllockerung; Urethra-, Blasen- oder Uteruslåsion
Wachstumsstærung
gravierende Folgen wie z. B. Verknæcherung des Symphysenspaltes mæglich
Nachkontrollen
klinische und radiologische Kontrolle nach ca. 3 Monaten, klinische Abschlusskontrolle 1 Jahr nach Unfall
Klassifikation
AO:
LiLa:
]
257
258
]
A. Thannheimer und V. Bçhren
Beckenringfraktur Typ B1 (Open-Book-Fraktur)
Besonderheiten
håufig mit Urogenitalverletzungen (v. a. bei bilateraler ventraler Fraktur) oder Rektumverletzungen vergesellschaftet, hoher Blutverlust
Diagnostik
Beckençbersichtsaufnahme, Inlet-, Outletprojektion, evtl. CT
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Schluss des Beckenrings, Verkleinerung des Beckenvolumens
Primårbehandlung
abhångig von den Begleitverletzungen, mechanische Verkleinerung des Beckenvolumens z. B. mittels Tuchgçrtelung, Kreislaufstabilisierung
Konservative Therapie ] Indikation
gering dislozierte oder undislozierte Frakturen ohne Begleitverletzung, Kinder unter 6 Jahren
] Verfahren
Bettruhigstellung fçr 3±4 Wochen in der gekreuzten Schlinge
] Nachbehandlung
Teilbelastung der betroffenen Seite fçr weitere 2±4 Wochen
] Rx-Kontrolle
innerhalb der ersten 5 Tage zur Repositionskontrolle; vor Belastungsaufbau
] Sportfåhigkeit
nach 12 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
dislozierte Frakturen mit Kreislaufinstabilitåt, bei begleitenden Organverletzungen im Rahmen der Organversorgung
] Verfahren
vorzugsweise Fixateur externe, evtl. Zuggurtung oder Plattenosteosynthese an der Symphyse
] Nachbehandlung
Bettruhe ca. 4 Wochen, dann Teilbelastung fçr weitere 4 Wochen
] Rx-Kontrolle
postoperativ und nach Fixateurabbau
] Metallentfernung
Fixateurabbau in der Regel nach 4 Wochen, symphysençberbrçckende Implantate nach etwa 3±6 Monaten entfernen
] Sportfåhigkeit
nach 12 Wochen
Komplikationen
Infekt; Verletzungen von Urethra, Blase oder Uterus
Wachstumsstærung
gravierende Folgen wie Verknæcherung der Iliosakralfuge oder Symphyse mæglich
Nachkontrollen
nach 4 und 12 Wochen und nach etwa 1 Jahr klinische und radiologische Kontrollen
Klassifikation
AO:
LiLa:
17 Becken
Beckenringfraktur Typ B2 (laterale Kompression)
Besonderheiten
relativ håufig links (in Låndern mit Rechtsfahrgebot), meist stabil
Diagnostik
Beckençbersichtsaufnahme, Inlet-, Outletprojektion, evtl. CT
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Erhalt der Beckensymmetrie, grobe Dislokationen çber doppelte Schaftbreite sollten beseitigt werden
Primårbehandlung
Schmerztherapie, Bettruhe, Thromboseprophylaxe
Konservative Therapie ] Indikation
gering dislozierte oder undislozierte Frakturen ohne Begleitverletzung
] Verfahren
Bettruhigstellung fçr 2±3 Wochen
] Nachbehandlung
Teilbelastung der betroffenen Seite fçr weitere 2±4 Wochen
] Rx-Kontrolle
vor Belastungsaufbau
] Sportfåhigkeit
nach 12 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
erheblich dislozierte Frakturen, evtl. bei begleitenden Organverletzungen im Rahmen der Organversorgung
] Verfahren
vorzugsweise geschlossene Reposition, evtl. Plattenosteosynthese an der Symphyse
] Nachbehandlung
kurzfristige Bettruhe fçr 1±2 Wochen, dann schmerzadaptierte Belastung bis zur Vollbelastung innerhalb der nåchsten 2±4 Wochen
] Rx-Kontrolle
postoperativ und vor Vollbelastung
] Metallentfernung
symphysençberbrçckende Implantate sollten nach etwa 3±6 Monaten entfernt werden
] Sportfåhigkeit
nach 12 Wochen
Komplikationen
Verletzungen des Genitourethraltrakts, erneute Dislokation
Wachstumsstærung
gravierende Folgen wie Verschluss der Iliosakralfuge oder der Symphyse mæglich
Nachkontrollen
nach 4 und 12 Wochen und nach etwa 1 Jahr klinische und radiologische Kontrollen
Klassifikation
AO:
LiLa:
]
259
260
]
A. Thannheimer und V. Bçhren
Beckenringfraktur Typ C
Besonderheiten
vertikale Instabilitåt; bei 25% der Fålle zusåtzlich Schådel-Hirn-Traumata; håufig lokale Begleitverletzungen; Kreislaufinstabilitåt eher durch Begleitverletzungen
Diagnostik
Beckençbersichtsaufnahme, (Polytrauma-)CT
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
meist Notfallstabilisierung bei håmodynamischer Instabilitåt oder zur Ermæglichung einer Lagerungsstabilitåt im Rahmen der Intensivtherapie; Verschiebungen der Iliosakralgelenke sollten beseitigt werden
Primårbehandlung
externe Kompression z. B. mit Tuchgçrtelung (Pelvic Sling), Schockraummanagement, Fixateur externe oder Beckenzwinge
Konservative Therapie ] Indikation
gering oder nicht dislozierte Frakturen, Alter unter 6 Jahren, schlechter Allgemeinzustand
] Verfahren
Bettruhigstellung fçr 4±6 Wochen, Extensionsbehandlung, Entlastung der betroffenen Seite
] Nachbehandlung
Teilbelastung nach 4±6 Wochen, Vollbelastung nach 6±8 Wochen
] Rx-Kontrolle
innerhalb der ersten 5 Tage zur Stellungskontrolle, vor Belastungsaufbau und vor Vollbelastung
] Sportfåhigkeit
nach etwa 12 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
dislozierte Frakturen, begleitende versorgungspflichtige Organlåsionen, Kreislaufinstabilitåt, notwendige Lagerungstherapie, Dislokation unter konservativer Therapie
] Verfahren
Fixateur externe supraazetabulår, evtl. additive Einzelschraubenosteosynthesen am hinteren Beckenring, Zuggurtung oder Plattenosteosynthese an der Symphyse
] Nachbehandlung
keine Vollbelastung bis zum Abbau des Fixateur externe
] Rx-Kontrolle
direkt postoperativ Ræntgenkontrolle, weitere Ræntgenkontrolle nach Abbau des Fixateur externe, CT nur fakultativ
] Metallentfernung
Entfernung des Fixateur externe in der Regel nach 4 Wochen mæglich, Entfernung der die Iliosakralfugen kreuzenden oder die Symphysen çberbrçckenden Implantate nach 3±6 Monaten
] Sportfåhigkeit
nach 3±6 Monaten
17 Becken
Komplikationen
Pininfekte, Schraubenfehllage, sekundåre neurologische Stærungen, verzægerte oder ausbleibende Frakturheilung, periartikulåre Verkalkungen, v. a. bei begleitendem SchådelHirn-Trauma
Wachstumsstærung
gravierende Folgen durch Wachstumsfugenverletzung oder Fusion der Iliosakralfugen oder Symphyse mæglich
Nachkontrollen
klinisch und radiologisch nach 4 und 12 Wochen, dann in 6-monatigen Abstånden bis 2 Jahre nach Unfall
Klassifikation
AO:
]
LiLa:
] Azetabulumfrakturen Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Azetabulumfrakturen kommen extrem selten vor. Ihr Anteil liegt bei 0,8±15% aller Beckenfrakturen im Kindesalter. Die Azetabulumfraktur im Kindesalter entsteht durch direkten Anprall (laterale Kompression) oder Stauchung. Bei Krafteinleitung çber den Femurschaft (Stauchung) kommt es meist zur Hçftgelenksluxation. Etwa jede 7. Hçftgelenksluxation bei Kindern geht mit einer knæchernen Verletzung des Hçftgelenks einher. Klinisch fållt håufig eine Håmatombildung çber dem Trochantermassiv auf. Die laterale Kompression kann zu reinen Fugenverletzungen wie Epiphysenfugenlæsungen oder Epiphysenfugenstauchungen, aber auch zu begleitenden knæchernen Verletzungen entsprechend einer SalterHarris-I-Verletzung fçhren. Im Nativræntgen sind Wachstumsfugenverletzungen håufig nicht sichtbar. Gering dislozierte Frakturen sind schwer zu erkennen.
aa
bb
Klassifikation Vor Verschluss der Y-Fuge bietet sich die Einteilung nach Salter und Harris an. Hiermit sind gleichzeitig Rçckschlçsse auf die Prognose mæglich (Abb. 17.8). Azetabulumfrakturen werden jedoch meist nach Letournel und Judet eingeteilt (Abb. 17.9). Diese Einteilung dient dem biomechanischen Verståndnis und ist zur Operationsplanung erforderlich.
cc
dd
Abb. 17.8. Azetabulumklassifikation im Kindesalter nach Salter/Harris (nach Scuderi et al.). a normale Wachstumsfuge, b Salter-Harris-I-Fraktur, c Salter-Harris-II-Fraktur, d Salter-Harris-V-Fraktur.
261
262
]
A. Thannheimer und V. Bçhren
a
b
e
f
i
c
d
g
j
Abb. 17.9 a±j. Letournel-Klassifikation der Azetabulumfrakturen.
h
17 Becken
Azetabulumfraktur
c a
d
b
Besonderheiten
selten, es kænnen Wachstumsstærungen resultieren
Diagnostik
Beckençbersichtsaufnahme, Ala-, Obturatoraufnahme, CT, evtl. MRT zum Ausschluss einer Verletzung der Wachstumsfugen (Y-Fuge)
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
mæglichst anatomische Rekonstruktion der Gelenkflåche, Dislokation < 1 mm
Primårbehandlung
Bettruhe, evtl. Extensionsbehandlung
Konservative Therapie ] Indikation
undislozierte Frakturen, Begleitverletzungen
] Verfahren
Extension, Entlastung des betroffenen Beines fçr 4±6 Wochen
] Nachbehandlung
Belastungsaufbau nach 6±8 Wochen; Gelenkmobilisation, evtl. Physiotherapie
] Rx-Kontrolle
Beckençbersichtsaufnahme, evtl. MRT
] Sportfåhigkeit
ca. 12 Wochen nach Trauma
Operative Therapie ] Indikation
alle > 2 mm dislozierten Frakturen
] Verfahren
Reposition offen oder geschlossen, meist Einzelschraubenosteosynthese
] Nachbehandlung
Entlastung des betroffenen Beines fçr 4±6 Wochen
] Rx-Kontrolle
postoperativ CT, weitere Durchbauungskontrollen nur bei Beschwerden
] Metallentfernung
fugenkreuzende Implantate mæglichst frçhzeitig entfernen
] Sportfåhigkeit
nach etwa 12 Wochen
Komplikationen
Wachstumsstærungen, verzægerte oder ausbleibende Durchbauung, Hçftluxation infolge der Wachstumsstærung am Azetabulum, Hypoplasie einer Beckenhålfte, Beinverkçrzung, posttraumatische Arthrose, Ankylose
Wachstumsstærung
gravierende Folgen, v. a. bei Stauchung der Cartilago triradiata (Salter-Harris V) mæglich, kann bis zur Aplasie einer Beckenhålfte oder zur Dysplasie des Azetabulums mit konsekutiver Hçftluxation fçhren
Nachkontrollen
klinisch und radiologisch: nach 2 und 6 Wochen, dann in 6-monatigen Abstånden bis 2 Jahre nach Unfall, um frçhzeitig Wachstumsstærungen erkennen und behandeln zu kænnen
Klassifikation
AO:
LiLa:
]
263
264
]
A. Thannheimer und V. Bçhren
Komplexverletzungen Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild
Abb. 17.10. Komplexverletzung.
Nach Bond liegt die Inzidenz begleitender intraabdomineller oder urogenitaler Verletzungen bei 6% der isolierten Schambeinastfrakturen, wåhrend 33% der Ileum- und Beckenringfrakturen und 80% der schweren, instabilen Beckenfrakturen eine derartige Begleitverletzung aufweisen. Ursåchlich fçr Komplexverletzungen am kindlichen Becken sind Hochrasanz- oder Ûberrolltraumen und Stçrze aus groûer Hæhe. Somit handelt es sich auch håufig um akut vital gefåhrdete polytraumatisierte Kinder. Das klinische Bild verschleiert oft die Verletzungsschwere. Weichteildcollements kænnen durch die hohe Hautelastizitåt zunåchst inapparent bleiben.
Urogenital- und intraabdominelle Verletzungen kænnen auch bei einfachen Frakturformen vorkommen. Insbesondere instabile Beckenfrakturen (Malgaigne-Frakturen) und bilaterale Schambeinastfrakturen weisen eine hohe Inzidenz begleitender intraabdomineller und urogenitaler Låsionen auf. Begleitverletzungen sollten bei allen Beckenfrakturen bei Kindern dezidiert ausgeschlossen werden. Das perianale Håmatom ist pathognomonisch fçr Rektumlåsionen, die rektale Untersuchung låsst manchmal einspieûende Frakturfragmente ertasten. Kinder kompensieren auch erhebliche Volumenverluste wesentlich långer als Erwachsene, dekompensieren aber dann rasant. Die Blutung aus dem Becken ist nur selten die Todesursache beckenverletzter Kinder, wesentlich håufiger sind intraabdominelle Blutungen dafçr verantwortlich. Somit hat die Behandlung der mæglicherweise lebensbedrohlichen Begleitverletzungen absolute Prioritåt vor der Frakturversorgung. Hier ist in der Regel das multidisziplinåre Vorgehen unter Leitung des Kinderchirurgen oder Traumatologen nætig.
Klassifikation Die meisten Klassifikationen fokussieren auf die knæcherne Verletzung. Quinby und Rang teilen kindliche Frakturen in drei Kategorien ein: 1. Unkomplizierte Frakturen 2. Frakturen mit Viszeralorganverletzungen, welche eine chirurgische Exploration erfordern 3. Frakturen mit begleitender massiver Blutung.
17 Becken
Komplexverletzung
Besonderheiten
bei kindlichen Beckenfrakturen relativ håufig; v. a. Dcollementverletzungen kænnen der primåren klinischen Diagnostik entgehen
Diagnostik
Beckençbersichtsaufnahme, CT, evtl. MRT, Sonographie der Weichteile, rektale Untersuchung, retrograde Urethrozystographie (nicht bei blutigem Ostium), Angiographie
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Blutungskontrolle, Beseitigung grober Dislokationen und Wiederherstellung der Beckensymmetrie, Vermeidung von Sekundårschåden wie Abszedierungen durch Kontamination oder Haut- und Organperforationen durch Knochenfragmente
Primårbehandlung
nach Schockraumprotokoll; Kreislaufstabilisierung; externe Stabilisierung des Beckens
Konservative Therapie ] Indikation
kleinflåchige Dcollements, konservativ beherrschbare Verletzungen solider Organe, beherrschbare Blutungen, gering dislozierte Frakturen
] Verfahren
klinische und sonographische Kontrollen, meist Intensivçberwachung
] Nachbehandlung
abhångig vom Frakturtyp
] Rx-Kontrolle
entsprechend dem Frakturtyp
] Sportfåhigkeit
ca. 12 Wochen nach Trauma
Operative Therapie ] Indikation
Hohlorganverletzungen, Blasenverletzung (s.o.), groûflåchige Dcollements, konservativ nicht sicher beherrschbare Verletzungen solider Organe, offene Frakturen, durch dislozierte Fragmente verursachte neurologische Stærungen
] Verfahren
Organversorgung çber mediane Laparotomie; Pfannenstiel-Schnitt und primåre Naht bei Blasenruptur; primåre oder sekundåre Rekonstruktion bei Urethraverletzung; Anlage eines Anus praeternaturalis bei Darmverletzung mit Stuhlkontamination; Beckenstabilisierung mittels Fixateur externe und ggf. lokalen K-Draht- oder Kleinfragment-Schraubenosteosynthesen; Dbridement und Drainage von Dcollementverletzungen; ggf. interventionelle Angiographie und Embolisation von Blutungen
] Nachbehandlung
groûzçgige Indikationsstellung zu Etappenlavagen bei Kontamination; Weichteilrekonstruktion, Urethrarekonstruktion; Mobilisation abhångig vom Frakturtyp
] Rx-Kontrolle
abhångig vom Frakturtyp
] Metallentfernung
Abbau des Fixateur externe nach 4 Wochen, Schraubenentfernung nach 3±6 Monaten
] Sportfåhigkeit
±
]
265
266
]
A. Thannheimer und V. Bçhren
Komplexverletzung Komplikationen
Infekte, Abszedierungen, Harnræhrenstrikturen
Wachstumsstærung
gravierende Folgen schon aufgrund der Begleitverletzungen zu erwarten
Nachkontrollen
entsprechend dem Frakturtyp und der Begleitverletzung
Klassifikation
AO:
Technische Aspekte
Becken
Material
] Fixateur externe ] kançlierte Schrauben % Titan, Durchmesser 3,5±4 mm ] K-Dråhte % Titan, Durchmesser 1,4±2 mm ] Kleinfragmentplatten
Lagerung
] Rçckenlage fçr Fixateur externe, Letournel-Zugang und gedeckte ISG-Verschraubung ] Seitenlage fçr Kocher-Langenbeck-Zugang ] Bauchlage fçr offene ISG-Verschraubung, Kocher-Langenbeck-Zugang
Zugang
] Symphyse: Pfannenstiel-Schnitt, evtl. median bei Laparotomie, Schnittfçhrung median bis zur Symphyse oder bogenfærmig quer im Unterbauch etwa 2 QF kranial der Symphyse ] vorderer Pfeiler des Azetabulums: ilioinguinaler Zugang, Schnittfçhrung vom Beckenkamm çber die Spina iliaca anterior superior bis 2 QF kranial der Symphyse ] ISG ventral: 1. Fenster des ilioinguinalen Zugangs, Schnittfçhrung s. o. ] hinterer Pfeiler/hinterer Pfannenrand: Kocher-Langenbeck-Zugang, Schnittfçhrung bogenfærmig vom dorsalen Rand des Trochanter major nach kranial-dorsal ] Fixateur externe: bevorzugt supraazetabulår, evtl. Beckenschaufeln, Stichinzision etwa 3 QF kranial der Trochanterspitze oder am Beckenkamm etwa 1 QF dorsal der Spina iliaca anterior superior
Spezielle Aufklårung
] ] ] ] ] ]
OP-Prinzip
Fixateur externe ] Schluss des vorderen Beckenrings durch laterale Kompressionswirkung ] Einbringen der Schanz-Schrauben supraazetabulår oder am Beckenkamm çber Stichinzisionen unter Bildwandlerkontrolle Plattenosteosynthese ] offene Reposition an Symphyse oder Azetabulum mit Kleinfragmentrekoplatten
LiLa:
N.-ischiadicus-Låsion bei Kocher-Langenbeck-Zugang Låsion A./V./N. femoralis bei ilioinguinalem Zugang Låsion N. cutaneus femoris lateralis bei Fixateurmontage Blasenverletzung bei Zugang zur Symphyse Wurzelschådigung bei ISG-Verschraubung Wachstumsstærungen bei Azetabulumfraktur
17 Becken
Zugschraubenosteosynthese ] geschlossene Reposition und Osteosynthese çber Stichinzision mit kançlierter Spongiosazugschraube oder Vollgewinde-Kortikalisschraube, falls keine Zugwirkung erwçnscht (Nervenwurzeln S1); Einbringung mit Bildwandlerunterstçtzung; Inlet-/ Outlet- und seitliche Projektion am ISG, Ala-Obturatorprojektion am Azetabulum, ] CT-gesteuerte Verschraubung von Sakrumfrakturen çber Stichinzision minimal-invasiv mæglich K-Draht-Osteosynthese ] geschlossene, evtl. offene Reposition von Azetabulum- oder Beckenrandfrakturen und Stabilisierung mittels vorzugsweise perkutan eingebrachter K-Dråhte Metallentfernung
] alle perkutan eingebrachten Implantate kænnen ambulant entfernt werden
Sonstige Besonderheiten
Die kindliche Beckenverletzung ist selten, daher sollten die notwendigen Eingriffe von einem in der Beckenchirurgie des Erwachsenen erfahrenen Operateur durchgefçhrt werden.
Abb. 17.11. Versorgung mit Fixateur externe in Kombination mit Schraubenosteosynthese.
]
267
268
]
17 Becken
] Fallbeispiele Fall 17.1 Open-Book-Verletzung und Femurschaftfraktur, Junge, 12 J., Mofa-Unfall.
b a
c
a±c. Versorgung der Beckenverletzung mittels Fixateur externe und der Femurfraktur mittels intramedullårer elastischer Titannågel.
Fall 17.2 Komplexes Beckentrauma beim Adoleszenten, Junge, 14 J., Sturz von Brçcke.
a
c
b
d
a±d. CT-gesteuerte perkutane Verschraubung der transforaminalen Sakrumfraktur und offene Plattenosteosynthese des vorderen Beckenrings.
18 Hçfte
H.-G. Dietz und D. Schneidmçller
] Physiologische Befunde Die Blutversorgung des proximalen Femurs beim Kind unterscheidet sich von der des Erwachsenen. Bis zum 8. Lebensjahr tragen die Gefåûe des Lig. teres wenig zur Kopfdurchblutung bei (ca. nur 20% im Vergleich zum Erwachsenen). Bei der Geburt sind die Øste der medialen und lateralen Zirkumflexarterien fçr die Kopfdurchblutung verantwortlich. Diese Gefåûe verlieren jenseits des Såuglingsalters ihre Bedeutung, wenn dann die Wachstumsfuge eine Durchblutungsschranke bildet. Zu diesem Zeitpunkt gewinnen die lateralen epiphysealen Gefåûe (aus der A. circumflexa media) an Bedeutung und versorgen alleine den Femurkopf. Ab dem 3.±4. Lebensjahr ernåhren die lateralen, posterioren und superioren Gefåûe auch den anterioren und lateralen Abschnitt des Femurkopfes und der Epiphyse. Die posterior-inferioren und posterior-superioren Arterien bestehen lebenslang und ernåhren den Femurkopf. Die A. circumflexa media versorgt im Wesentlichen die Metaphyse (Abb. 18.1). Die Entwicklung der sekundåren Ossifikationskerne beginnt in der Regel im 5.±8. Lebensmonat (Abb. 18.2). Ab dem 6.±8. Lebensjahr hat sich eine hemisphårische Kontur der proximalen Femurepiphyse ausgebildet und die Trochanter-major-Epiphyse trennt sich von der Schenkelhalsepiphyse. Damit ist sie nicht mehr am Långenwachstum beteiligt und wird zur Apophyse. Eine Verletzung der Apophyse vor dem 8. Lebensjahr fçhrt zu einem verkçrzten Trochanter major und einer Coxa valga. Manchmal tritt zwischen dem 7. und 10. Lebensjahr im Bereich der Trochanterapophyse ein akzessorischer Knochenkern auf, welcher nicht mit einer traumatischen Apophysenlæsung verwechselt werden darf. Zu einem Fugenverschluss kommt es zwischen dem 14. und 17. Lebensjahr (Abb. 18.3 a±e).
Abb. 18.1. Gefåûversorgung des Femurkopfes.
a0.
b5.
c8.
Abb. 18.2. Entwicklung der Wachstumskerne am proximalen Femur. a Proximale Femurepiphyse: 5.±8. Monat, b Trochanter major: 3.±5. Lebensjahr, c Trochanter minor: 10.±11. Lebensjahr.
270
]
H.-G. Dietz und D. Schneidmçller
a
d
b
c
e
Abb. 18.3. Entwicklung des proximalen Femurs im Ræntgenbild. a Neugeborenes b 1Ý Jahre, c 5 Jahre, d 8 Jahre, e 9 Jahre.
Klassifikation
Frakturen des proximalen Femurs Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Die Frakturen des proximalen Femurs sind im Kindesalter åuûerst selten. Ihre Inzidenz betrågt lediglich < 1%. Der Knochen ist beim Kind stårker als beim Erwachsenen, sodass nur ein massives Trauma zu einer Fraktur des proximalen Femurs fçhren kann. Deshalb ist stets an Begleitverletzungen zu denken und diese mçssen unbedingt ausgeschlossen werden. Aufgrund der Gefåûversorgung des Hçftkopfes und des Schenkelhalses haben derartige Verletzungen zum Teil folgenschwere Konsequenzen.
Nach der Klassifikation von Delbet und Colonna (Abb. 18.4) werden die Frakturen des proximalen Femurs eingeteilt in Typ-I- (transepiphysåre Frakturen), Typ-II- (transzervikale Frakturen), Typ-III- (zervikobasale Frakturen) und Typ-IVFrakturen (intertrochantåre Frakturen). Die neu entwickelte AO-Klassifikation fçr Frakturen im Kindesalter orientiert sich an dieser Einteilung und unterscheidet epiphysåre Frakturen von transzervikalen, zervikobasalen und pertrochantåren (Abb. 18.5).
Typ-I-Frakturen Typ-I-Frakturen (Abb. 18.6) sind extrem selten (8%) und werden v. a. beim Geburtstrauma sowie bei Misshandlung gesehen. Sie sind in der Regel dem Såuglings- und Kleinkindesalter vorbehalten (s. Fall 18.1). Typ-I-Frakturen mçssen offen repo-
18 Hçfte
Abb. 18.4. Klassifikation nach Delbet und Colonna: Typ I transepiphysår, Typ II transzervikal, Typ III zervikobasal, Typ IV intertrochantår.
I
II
III transcervical
Abb. 18.5. AO-Klassifikation im Kindesalter. E/1 Epiphysiolyse, E/2 Epiphysiolyse mit metaphysårem Keil, M/I transzervikal, M/II zervikobasal, M/III intertrochantår.
E/1
E/2
M/II
cervicobasal
M/II II
]
IV pertrochantär
M/III III
Abb. 18.6. Fraktur des proximalen Femurs: Typ-I-Fraktur.
Abb. 18.7. Fraktur des proximalen Femurs: Typ-II-Fraktur.
niert und mit K-Dråhten fixiert werden. Das Repositionsergebnis mit K-Dråhten muss allerdings zusåtzlich in einem Becken-Bein-Gips fçr 3±4 Wochen retiniert werden.
kænnen bei Kleinkindern ebenfalls durch K-Dråhte nach offener Reposition, bei græûeren Kindern durch eine Schraubenosteosynthese fixiert werden. Bei der Schraubenosteosynthese hat sich hier in jçngster Zeit die Osteosynthese mit kançlierten und selbstschneidenden Hohlschrauben bewåhrt. Nach Schraubenosteosynthese ist keine weitere Ruhigstellung nætig, wenn mindestens 2 bzw. 3 Schrauben eingebracht worden sind. Nach KDraht-Osteosynthese muss eine zusåtzliche Ruhigstellung im Becken-Bein-Gips erfolgen.
Typ-II-Frakturen Typ-II-Frakturen (Abb. 18.7) machen ungefåhr die Hålfte aller Frakturen des proximalen Femurs aus und betreffen Klein- und Schulkinder nach massivem Trauma. Dislozierte Typ-II-Frakturen
271
272
]
H.-G. Dietz und D. Schneidmçller
Typ-III-Frakturen
Behandlungsziel
Typ-III-Frakturen (Abb. 18.8) umfassen ca. 30% aller Frakturen des proximalen Femurs. Typ-IIIFrakturen werden ebenfalls nur im Ausnahmefall, so es sich um stabile Frakturen handelt, konservativ versorgt. Allerdings besteht die Gefahr, eine nicht dislozierte mit einer instabilen Fraktur zu verwechseln. Die operative Versorgung kann sehr gut mit kançlierten Schrauben durchgefçhrt werden. Die Ruhigstellung ist dann auch hier nur in Ausnahmefållen (und dies bei K-Draht-Osteosynthese) nætig.
Das Ziel der Therapie ist die Wiederherstellung der anatomischen Situation am Schenkelhals und die Retention des Repositionsergebnisses unter græûtmæglicher Schonung der Kopfdurchblutung. Aufgrund der Seltenheit der Fraktur und der daraus resultierenden kleinen Patientenkollektive låsst sich auch heute nur ein Trend fçr die optimale therapeutische Intervention formulieren. Die Behandlungsergebnisse der Frakturen des proximalen Femurs werden im Wesentlichen durch das Gefåûsystem der Schenkelhalsregion und seine Unversehrtheit bestimmt. Als håufigste Komplikation gelten Kopf- und Halsnekrosen wie auch, allerdings selten, Pseudarthrosen und die Coxa vara. Inwieweit die Prognose durch die notfallmåûige operative Therapie dann beeinflusst wird, kann aufgrund der kleinen zur Verfçgung stehenden Kollektive nicht definitiv sicher beantwortet werden. Dennoch zeigen neue Studien den positiven Effekt der Operation innerhalb der ersten 12 Stunden nach dem Unfall vor allem bei Typ-II- und -III-Frakturen. Die nach Ratliff zu unterscheidenden Nekrosen betreffen Kopf und Hals, wobei die Typ-I-Nekrosen der Kopf- und Halsregion den schwersten negativen Verlauf nehmen (Abb. 18.10). Eine Einschåtzung der Prognose ist deshalb so schwierig, weil die beobachteten Kollektive çber einen langen Zeitraum mit unterschiedlichen Therapiekonzepten behandelt wurden. Wåhrend bei Typ-I-Frakturen auch nach neuerer Literatur mit einem nahezu 100%ig schlechten Ergebnis zu rechnen ist, ist fçr die Typ-IV-Frakturen die Komplikationsrate annåhernd Null. Ein neuerer Ansatz zur Einschåtzung der Prognose der Schenkelhalsfraktur stammt von Gill, wobei hier nach Anbohren des Femurkopfs entsprechend der Blutung bzw. der fehlenden vaskulåren Antwort von einer guten bzw. schlechten Prognose ausgegangen wird. Die Kontrolle der Vitalitåt des Schenkelhalses soll vor Belastung und nach 12 Monaten mittels Szintigraphie oder besser mittels MRT erfolgen.
Typ-IV-Frakturen Typ-IV-Frakturen (Abb. 18.9), die inter- und pertrochantåren Frakturen, machen ca. 8% der Frakturen des proximalen Femurs aus und sind bezçglich Prognose deutlich besser einzuschåtzen als die Typ-I- bis -III-Frakturen. Typ-IV-Frakturen kænnen bei guter Stellung konservativ im Beckengips behandelt werden, allerdings ist in den meisten Fållen eine Operation und Fixation durch intramedullåre Nagelung oder evtl. durch Fixateur externe oder Winkelplatte nætig und sinnvoll. In Ausnahmefållen kann eine K-Draht- oder eine Schraubenosteosynthese notwendig werden.
Abb. 18.8. Fraktur des proximalen Femurs: Typ-III-Fraktur, instabil.
Abb. 18.9. Fraktur des proximalen Femurs: Typ-IV-Fraktur.
18 Hçfte
Rate Rateder deravaskulåren avasuläre Nekrosen nach Nekrose nach Frakturtyp Frakturtyp
Therapie
RatliffKlassifikation
Prognose
Typ 1I 100 % Typ
ME
I
schlechteste
Typ TypII2 52 %
Entlastung
II
besser als Typ 1
III
beste
TypIII3 27 % Typ
TypIV4 14 % Typ
]
Remodeling Remodelling (ca.55Jahre) Jahre) (ca.
Abb. 18.10. Femurkopfnekrose nach proximaler Femurfraktur.
Apophysenlæsungen Læsungen der Apophyse des Trochanter major oder minor sind selten und treten meist in der pråpubertåren Phase durch plætzliche Muskelanspannung des M. glutaeus medius bzw. des M. iliopsoas auf. Die Trochanter-minor-Læsung kann konservativ behandelt werden, wohingegen die stark dislozierte Trochanter-majorLæsung refixiert werden muss. Zu schwerwiegenden Wachstumsstærungen kommt es in der Regel nicht, da in diesem Alter beide Anteile zu den Apophysen zåhlen und nicht am Långenwachstum beteiligt sind. Durch Schådigung der Gefåûversorgung sind jedoch Femurkopfnekrosen mæglich.
Traumatische Hçftluxationen Traumatische Hçftluxationen gehæren zu den seltensten Verletzungen des Kindesalters. Sie sind nicht ausschlieûlich mit Hochrasanztraumen vergesellschaftet, sondern kænnen im Gegensatz zum Erwachsenen auch durch relativ banale Verletzungen (beim Spiel, im Sport) verursacht werden. Um einer Durchblutungsstærung des Kopfes vorzubeugen und das Risiko einer Femurkopfnekrose zu senken, ist eine mæglichst schnelle und schonende Reposition innerhalb von 6 Stunden in Narkose erforderlich. Verspåtete Repositionen (> 24 h) mçssen meist offen erfolgen und haben eine schlechtere Prognose als primår geschlossene Repositionen. Eine offene Reposition kann ebenfalls notwendig werden bei eingeschlagenen Weichteilen (Kapsel, Labrum), was an der Distanz des Gelenkspalts im Ræntgenbild (nach erfolgter Gelenkpunktion) zu sehen wåre. Hier kann zur besseren Diagnostik eine MRT hilfreich sein. Wachstumsstærungen sind v. a. bei Gefåûverletzungen mæglich und fçhren meist zu einer Verkçrzung des Schenkelhalses mit konsekuti-
273
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]
H.-G. Dietz und D. Schneidmçller
vem Trochanterhochstand. Durch die Gefåûverletzung liegt hier sehr oft eine zusåtzliche Femurkopfnekrose vor.
Coxitis fugax, Morbus Perthes und Epiphysiolysis capitis femoris (ECF) In der Differenzialdiagnose von Hçftverletzungen mçssen auch orthopådische Krankheitsbilder wie die Coxitis fugax, der Morbus Perthes oder die atraumatische Epiphysiolyse des proximalen Femurs in Betracht gezogen werden, zumal nicht immer ein eindeutiges Trauma in der Anamnese erhoben werden kann. Leitsymptom der Hçftgelenkserkrankungen ist die Funktionsstærung und dabei v. a. die Abspreizhemmung (positives Viererzeichen). Schmerzen werden im Gegensatz zum Erwachsenen håufig nicht im Bereich der Hçfte empfunden, sondern im Oberschenkel bis hin zum Unterschenkel angegeben. Spezielle radiologische Methoden kænnen zur Differenzialdiagnose beitragen. So ist eine beginnende Epiphysenlæsung im Ræntgenbild schwierig zu erkennen. Neben indirekten radiologischen Zei-
chen wie eine relative Hæhenminderung der Epiphyse sowie einer Verbreiterung der Wachstumsfuge weist die sog. Klein-Tangente auf eine Epiphysiolyse hin (Abb. 18.11). Diese Krankheitsbilder zeigen typische Altersgipfel und Besonderheiten, welche in der Tab. 18.1 dargestellt sind. Die folgende Zusammenstellung soll lediglich einen Ûberblick geben, fçr ausfçhrliche Informationen verweisen wir auf die entsprechende orthopådische Fachliteratur.
ab
ab
Abb. 18.11. Klein-Tangente. Es handelt sich hierbei um eine Tangente, welche im a.-p. Bild an die åuûere Schenkelhalskortikalis gelegt wird und im Normalfall die Epiphyse schneidet (a); bei der Epiphysiolyse schneidet diese Tangente die Epiphyse nicht mehr (b).
Tabelle 18.1. Differenzialdiagnose orthopådischer Hçfterkrankungen Coxitis fugax
Morbus Perthes
ECF
Altersgipfel (Lebensjahr)
5±7Ý
5±7
12±14
Geschlechtsverteilung
< : , 2±3 : 1
<:, 4:1
<:, 3:1
Besonderheiten
] Håufung im Frçhjahr ] anamnestisch Infektion im Nasen-Rachen-Raum
] 15% bds.
] 40% bds. ] oft assoziiert mit Adipositas, Unterentwicklung der Genitalien
Klinik
] Schonhinken ] Schmerzen in Hçfte und Oberschenkel ] Bewegungseinschrånkung (pos. Vierer-Zeichen) ] ggf. Druckschmerz çber Kapsel
] Bewegungseinschrånkung (pos. Vierer-Zeichen, Einschrånkung IRO) ] Schonhinken ] ggf. Schmerzen in Hçfte, Knie, Oberschenkel
] ] ] ]
Diagnostik
] Blutserologie: ggf. BSGErhæhung ] Sono: Erguss, Kapselschwellung
] Rx in zwei Ebenen: Erguss] Rx in zwei Ebenen: Kondensation-Fragmentationdorsokaudales Abrutschen Reparation der Epiphyse
Therapie
] symptomatisch, ggf. NSAR
] Stufentherapie: Beobachtung, ] stadienabhångig: konservativ, OP Schrauben- oder K-Drahtosteosynthese
oft milde Symptomatik ARO, Verkçrzung des Beins pos. Drehmann-Zeichen ECF incipiens ECF lenta ECF acuta
18 Hçfte
Fraktur des proximalen Femurs
Besonderheiten
selten (< 1%); v. a. Hochrasanztraumen (oft bei einem Polytrauma)
Diagnostik
Rx a.-p., wenn mæglich axial (Lauenstein-Aufnahme)
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
anatomische Reposition unter Schonung der Kopfdurchblutung
Primårbehandlung
Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
undislozierte Frakturen
] Verfahren
Becken-Bein-Gips fçr 4±6 Wochen Punktion Håmarthros (Dekompression der Gefåûe ? Nekroseprophylaxe)
] Nachbehandlung
nach Gipsabnahme beschwerdeabhångige Aufbelastung, ggf. Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
Stellungskontrolle nach 1 Woche, Konsolidierungskontrolle nach 4±6 Wochen (gipsfrei), MRT 6 Wochen nach Konsolidierung zum Ausschluss einer Nekrose bei Typ-I- bis -III-Frakturen
] Sportfåhigkeit
nach unauffålliger MRT-Kontrolle und bei Beschwerdefreiheit, bei freier Funktion
Operative Therapie ] Indikation
dislozierte Frakturen, Notfallindikation
] Verfahren
offene Reposition und Osteosynthese altersabhångig durch K-Dråhte, Schrauben Typ-IV-Fraktur: auch retrograde ESIN, Winkelplatte
] Nachbehandlung
Abrollbelastung fçr 4±6 Wochen
] Rx-Kontrolle
postoperativ, Konsolidierungskontrolle (gipsfrei), MRT vor Vollbelastung zum Ausschluss einer Nekrose bei Typ-I- bis -III-Frakturen
] Metallentfernung
ݱ1 Jahr post OP
] Sportfåhigkeit
nach unauffålliger MRT-Kontrolle und bei Beschwerdefreiheit, bei freier Funktion
Komplikationen
Femurkopf- bzw. Schenkelhalsnekrose, Pseudarthrose, Varusfehlstellung
Wachstumsstærung
Schenkelhalsverkçrzung
]
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276
]
H.-G. Dietz und D. Schneidmçller
Fraktur des proximalen Femurs Nachkontrollen
MRT nach 6 Wochen und vor Vollbelastung sowie nach klinischer Notwendigkeit im Verlauf zum Ausschluss einer Kopfnekrose bei Typ-I- bis -III-Frakturen Ý-jåhrliche klinische Kontrolle bis 2 Jahre nach Trauma, nach 2 Jahren radiologische Abschlusskontrolle
Klassifikation
AO: 31-E/1-9.1-3
31-M/3.1-3.I±III
LiLa: 3.1.a.5.0-2.
3.1.s.1-5.0-2.
Apophysenlæsung am proximalen Femur
Besonderheiten
Raritåt; direktes Trauma; plætzliche muskulåre Anspannung (M. iliopsoas ? Trochanter minor; M. glutaeus medius ? Trochanter major)
Diagnostik
Ræntgen der Hçfte in zwei Ebenen
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
±
Primårbehandlung
Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
alle Trochanter-minor-Frakturen; gering dislozierte Trochanter-major-Frakturen
] Verfahren
Trochanter minor: Entlastung an Unterarmgehstçtzen fçr 5±6 Wochen; Trochanter major: Becken-Bein-Gips bei fehlender Dislokation und bei Kleinkindern
] Nachbehandlung
beschwerdeabhångige Mobilisation
] Rx-Kontrolle
Konsolidierungskontrolle durch Ræntgen nach 5±6 Wochen
] Sportfåhigkeit
bei Beschwerdefreiheit und freier Funktion
Operative Therapie ] Indikation
dislozierte Trochanter-major-Ausrisse
] Verfahren
offene Reposition und Zuggurtungsosteosynthese
] Nachbehandlung
Zuggurtung: funktionell
18 Hçfte
] Rx-Kontrolle
postoperativ, Konsolidierungskontrolle nach 5±6 Wochen
] Metallentfernung
nach 12 Wochen
] Sportfåhigkeit
bei Beschwerdefreiheit und freier Funktion
Komplikationen
Femurkopfnekrose
Wachstumsstærung
selten
Nachkontrollen
bis zur freien Funktion und Beschwerdefreiheit
Klassifikation
AO: 31-M/7.1-3
LiLa: 3.1.s.5.0-2.
Traumatische Hçftluxation
Besonderheiten
< 0,5% aller Verletzungen der unteren Extremitåt; v. a. hintere obere, seltener eine vordere oder zentrale Luxation
Diagnostik
Fehlstellung und Bewegungseinschrånkung des Femurs fçhrt zur klinischen Diagnose; hintere Luxation (90%): Bein in Adduktion, Flexion und Innenrotation, vordere Luxation: Bein in Abduktion, Extension und Auûenrotation, Ræntgen des Beckens und des Oberschenkels
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
schnelle Reposition, Vermeidung der Hçftkopfnekrose
Primårbehandlung
Reposition in Vollnarkose unter ¹maximalerª Relaxierung des Patienten, Notfallindikation
Konservative Therapie ] Indikation
i. d. R. konservativ
] Verfahren
Punktion des Ergusses
] Nachbehandlung
Entlastung erfolgt durch Bettruhe bzw. bei Schulkindern auf Gehstçtzen fçr 4 Wochen
] Rx-Kontrolle
Repositionskontrolle durch CT zum Ausschluss von Begleitverletzungen
] Sportfåhigkeit
nach ca. 6 Wochen, bei Beschwerdefreiheit und freier Funktion
]
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]
H.-G. Dietz und D. Schneidmçller
Traumatische Hçftluxation Operative Therapie ] Indikation
bei Interponaten oder einer zentralen Luxation, verspåteter Reposition (> 24 h)
] Verfahren
offene Reposition, ggf. Osteosynthese
] Nachbehandlung
Entlastung erfolgt durch Bettruhe bzw. bei Schulkindern auf Gehstçtzen fçr 4 Wochen
] Rx-Kontrolle
Repositionskontrolle durch CT zum Ausschluss von Begleitverletzungen
] Metallentfernung
±
] Sportfåhigkeit
nach ca. 6 Wochen, bei Beschwerdefreiheit und freier Funktion
Komplikationen
Femurkopfnekrose; hintere Luxation: N.-ischiadicus-Låsion, zentrale Luxation: Y-FugenSprengung; Begleitverletzungen: Femurschaftfraktur, Beckenfrakturen, Rezidivluxationen, Osteoarthritis
Wachstumsstærung
durch vorzeitigen Fugenschluss Verkçrzung des Schenkelhalses mæglich
Nachkontrollen
MRT nach 4±6 Wochen und nach Bedarf zum Ausschluss einer Kopfnekrose Ý-jåhrliche klinische Kontrolle bis 2 Jahre nach Trauma, nach 2 Jahren radiologische Abschlusskontrolle
Klassifikation
AO:
LiLa:
Coxitis fugax Muskulatur Hüftgelenkkapsel Erguß
Hüftkopf
Schenkelhals
Besonderheiten
håufig (1 : 1000), Altersgipfel: 5. bis Mitte des 7. Lebensjahres, Hçftbeteiligung im Rahmen oder im Anschluss an einen banalen Virusinfekt (Anamnese: Erkrankung in den letzten 4 Wochen) Schmerzen (Hçfte, Oberschenkel), Bewegungseinschrånkung (positives Viererzeichen)
Diagnostik
klinische Ausschlussdiagnose Hçftsonographie: Erguss bzw. Kapselschwellung Serologie: unauffållig oder geringe Erhæhung der Entzçndungsparameter (im Rahmen des vorausgegangenen Infektes), Ausschluss einer bakteriellen Coxitis; ggf. Punktion zum Ausschluss eines Empyems
18 Hçfte
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
±
Primårbehandlung
±
Konservative Therapie ] Indikation
immer
] Verfahren
symptomatisch, nichtsteroidale antiinflammatorische Medikamente çber 2 Tage (z. B. Ibuprofen, Nurofen-Fiebersaft) Krankheitsdauer: 2±3 Wochen
] Nachbehandlung
keine
] Rx-Kontrolle
keine
] Sportfåhigkeit
±
Komplikationen
andere Hçftgelenkserkrankungen; bei Beschwerdepersistenz nach 2 Tagen weiterfçhrende Diagnostik; ein Zusammenhang mit Morbus Perthes wird diskutiert
Wachstumsstærung
keine
Nachkontrollen
bei Persistenz oder ¹rezidivierender Coxitis fugaxª Rx-Kontrolle zum Ausschluss eines Morbus Perthes
Klassifikation
AO:
LiLa:
]
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280
]
H.-G. Dietz und D. Schneidmçller
Bakterielle Coxitis Besonderheiten
tritt selten auf, v. a. im Neugeborenen- und Såuglingsalter; erfolgt meist durch håmatogene Streuung
Diagnostik
Anamnese: Allgemeininfektion; Bewegungsarmut, Pseudoparalyse, Schwellung und Schonhaltung, Allgemeinsymptomatik mit Fieber, reduzierter Allgemeinzustand und Trinkschwåche Blutbild: Erhæhung von CRP und BSG, Leukozyten, Linksverschiebung im Differenzialblutbild Ultraschall zeigt Arthritis mit Kapselschwellung und Erguss (s. bei Coxitis fugax) MRT; Ræntgenbild (Osteolysen erst spåt), ggf. Szintigraphie (multifokaler Befall mæglich ± 10%)
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Infektsanierung, Vermeidung von Gelenkschåden
Primårbehandlung
Notfallindikation, Antibiose (z. B. Cephalosporin, Clindamycin)
Operative Therapie ] Indikation
immer
] Verfahren
notfallmåûige Arthrotomie, Gelenkspçlung, Erregergewinnung und sofortiger Therapiebeginn mit einem Antibiotikum (z. B. Clindamycin 40 mg/kgKG/24 h) fçr mindestens 3 Wochen, Beendigung der Therapie wenn Laborparameter die Normalisierung anzeigen
] Nachbehandlung
Umstellung der Antibiotikatherapie nach Antibiogramm
] Rx-Kontrolle
±
] Metallentfernung
±
] Sportfåhigkeit
bei Beschwerdefreiheit und freier Funktion
Komplikationen
Deformierung von Hçftkopf und Azetabulum bis hin zur kompletten Hçftgelenksdestruktion mæglich
Wachstumsstærung
mæglich
Nachkontrollen
klinische Kontrollen zum Ausschluss einer Wachstumsstærung bis zu 2 Jahre
Klassifikation
AO:
LiLa:
18 Hçfte
Morbus Perthes
Besonderheiten
selten (0,8%); Synonym: Legg-Calv-Perthes-Krankheit Altersgipfel: 5.±7. Lebensjahr; 15% sind bds. betroffen Øtiologie unklar, ggf. Durchblutungsstærung Klassifikation I±V: von Hçftkopf sphårisch bis asphårisch und inkongruent
Diagnostik
Klinik: v. a. Oberschenkel- und Knieschmerzen, Schonhinken Untersuchung: eingeschrånkte Abduktion und Innenrotation, Beinlångendifferenz, Trendelenburg-Zeichen Rx der Hçfte in zwei Ebenen: Initialstadium: sistierendes Epiphysenwachstum ? scheinbar verbreiteter Gelenkspalt Kondensationsstadium: Verdichtung der Epiphyse Fragmentationsstadium: Verkleinerung und Auflockerung der Epiphyse, Abflachung, Lyse und Fragmentation Regenerationsstadium: Auftreten neuer Knochenkerne, atypische Fuge Endstadium: ± physiologische Kongruenz ± pathologische Kongruenz ± Inkongruenz
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Verhinderung einer Femurkopfdeformierung und Wiederherstellung der Gelenkkongruenz durch Erhalt bzw. Wiederherstellung der freien Beweglichkeit
Primårbehandlung
±
Konservative Therapie ] Indikation
i. d. R.
] Verfahren
beschwerdefrei: Beobachtung und Schonung nichtsteroidale antiinflammatorische Medikamente, Physiotherapie, Extension, Entlastung bei Schmerzen (Gehstçtzen), Nachtschienen
] Nachbehandlung
klinische Kontrolle alle 6 Monate (bei Bewegungseinschrånkung alle 3 Monate)
] Rx-Kontrolle
alle 6 Monate (bei Bewegungseinschrånkung alle 3 Monate)
] Sportfåhigkeit
Beschwerdefreiheit und freie Funktion, vollståndige Reparation des Femurkopfes
Operative Therapie ] Indikation
anhaltende Bewegungseinschrånkung, ¹Hinge-Abduction-Phånomenª, Risikofaktoren (Lateralisation des Kopfes, laterale Kalzifikation, metaphysåre Beteiligung)
] Verfahren
Gelenkwiederherstellung (Zentrierung des Hçftkopfes, Druckentlastung): Tendotomie, IVO (intertrochantåre varisierende Osteotomie), Beckenosteotomie, Kombination
]
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]
H.-G. Dietz und D. Schneidmçller
Morbus Perthes ] Nachbehandlung
abhångig von OP, intensive Krankengymnastik zum Erhalt der Beweglichkeit
] Rx-Kontrolle
postoperativ, in regelmåûigen Abstånden (alle 6 Monate) bis zur Ausheilung
] Metallentfernung
1 Jahr post OP
] Sportfåhigkeit
Beschwerdefreiheit, freie Funktion, vollståndige Reparation des Femurkopfes
Komplikationen
Hçftkopfdeformierung, Bewegungseinschrånkung, ¹Hinge-Abduction-Phånomenª
Wachstumsstærung
mæglich: Schenkelhalsverkçrzung mit Trochanterhochstand
Nachkontrollen
klinisch und radiologisch alle 6 Monate, bei Abspreizhemmung alle 3 Monate bis zur Ausheilung
Klassifikation
AO:
LiLa:
Epiphysiolysis capitis femoris (ECF)
Besonderheiten
sehr selten (1 : 10 000) tritt v. a. bei Knaben mit konstitutionellen Auffålligkeiten (Adipositas, Unterentwicklung der Genitalien) auf ECF incipiens = ¹Anfangsstadiumª: Verbreiterung der Epiphysenfuge ECF lenta: langsames Abrutschen (Metaphyse wåchst mit) (Differenzialdiagnose: ECF acuta) ECF acuta (10%): akutes Abrutschen, oft nach Bagatelltraumen ECF acute on chronic: akuter Schub bei chronischer Form
Diagnostik
Klinik: Auûenrotation und Verkçrzung des Beines, schnelle Ermçdbarkeit positives Drehmann-Zeichen: Abweichung in Auûenrotation bei Flexion im Hçftgelenk ECF lenta: oft milde Symptomatika, z. B. Schonhinken, ggf. Schmerzen in Hçfte oder Oberschenkel Rx a.-p. und Lauenstein-Aufnahme: Epiphysiolyse nach dorsokaudal, indirekte Zeichen: relativer Hæhenverlust der Epiphyse, Fugenverbreiterung und KleinTangente (s. Abb. 18.11) ggf. MRT
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Reposition der Epiphyse bzw. Verhinderung eines weiteren Abrutschens
Primårbehandlung
ECF acuta: Bettruhe, Indikation fçr Notfall-OP
18 Hçfte
Konservative Therapie ] Indikation
ECF incipiens
] Verfahren
Schonung (kein Schulsport usw.)
] Nachbehandlung
klinische Kontrolle alle 6 Monate, im Wachstumsschub alle 3 Monate
] Rx-Kontrolle
alle 6 Monate (im Wachstumsschub alle 3 Monate)
] Sportfåhigkeit
Beschwerdefreiheit und freie Funktion
Operative Therapie ] Indikation
ECF acuta und ECF lenta
] Verfahren
Dislokation < 308, åltere Dislokation (> 2 Wochen): Schrauben oder K-Draht-Fixation (selbstbohrende und selbstschneidende) Dislokation > 308: Reposition i. d. R. geschlossen und Schrauben- oder K-Draht-Fixation ECF lenta mit starker Dislokation: ggf. valgisierende Korrekturosteotomie (nach Imhåuser) prophylaktische Fixation der Gegenseite empfohlen
] Nachbehandlung
6 Wochen Entlastung an Unterarmgehstçtzen, Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
postoperativ, alle 6 Monate, im Wachstumsschub alle 3 Monate
] Metallentfernung
nach Fugenschluss, ggf. Wechsel der Dråhte notwendig
] Sportfåhigkeit
Beschwerdefreiheit, freie Funktion
Komplikationen
Femurkopfnekrose, Chondrolyse (Morbus Waldenstræm), Koxarthrose
Wachstumsstærung
mæglich
Nachkontrollen
klinische und radiologische Kontrolle alle 6 Monate (im Wachstumsschub alle 3 Monate) bis zum Fugenschluss
Klassifikation
AO:
LiLa:
]
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284
]
H.-G. Dietz und D. Schneidmçller
Technische Aspekte
Hçfte
Material
] K-Dråhte ] kançlierte und selbstschneidende Spongiosaschrauben: 3,5±4,5 mm Durchmesser
Lagerung
] Rçckenlage; anderes Bein auslagern ] Hçfte frei beweglich abdecken
Zugang/OP-Prinzip
Dislozierte Schenkelhalsfrakturen ] anterolateraler Zugang nach Watson-Jones ± ventrale Kapselinzision und Frakturdarstellung ] Schonung der Wachstumsfugen (Ausnahme: Epiphysiolyse) ] Durchleuchtung intraoperativ zum Ausschluss einer Kopfperforation eines K-Drahtes, Abschlussdokumentation Hçftluxation ] Reposition einer posterioren Luxation: Zug nach ventral bei Flexion in Hçfte u. Knie ± Auûenrotation ] Reposition einer anterioren Luxation: Långszug bei Extension in Hçfte und Flexion im Knie ± Innenrotation ] offene Reposition çber posterolateralen Zugang nach Kocher-Langenbeck ± cave: Darstellung des N. ischiadicus ] håufiges Repositionshindernis: eingeschlagene Piriformissehne, Kapsel oder eingeschlagenes Labrum
18 Hçfte
] Fallbeispiele Fall 18.1 Proximale Femurfraktur Typ I, Junge, 1Ý J., Verletzung bei Krankengymnastik.
c
a
b a Unfallbild. b, c K-Draht-Spickung.
Fall 18.2 Proximale Femurfraktur Typ II, Mådchen, 12 J., Sturz beim Eislaufen.
a a Unfallbild. b, c Schraubenosteosynthese.
b
c
]
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286
]
18 Hçfte
Fall 18.3 Proximale Femurfraktur Typ III, Junge, 16 J., Sturz vom Pferd.
a c
b
d
a, b Unfallbilder, RÚ. c Unfallbild, CT. d Schraubenosteosynthese.
Fall 18.4 Proximale Femurfraktur Typ IV, beim Adoleszenten, Fenstersturz.
b
a a Unfallbild. b Schraubenosteosynthese.
19 Oberschenkel
M. Maier, D. Schneidmçller und I. Marzi
] Physiologische Befunde Das Femur ist der långste und stårkste Ræhrenknochen des Kærpers. Physiologischerweise bestehen eine Antekurvation und eine leichte Lateralverbiegung des Femurschaftes. Die Epiphyse des distalen Femurs ist als einzige bei der Geburt radiologisch sichtbar, sie gilt als Reifezeichen beim Neugeborenen (Abb. 19.1, 19.2). Die Epiphysenfuge und die Apophysenfuge am proximalen Femur bilden eine funktionelle Wachstumseinheit. Die Unversehrtheit dieser Fugen ist Voraussetzung fçr ein ungestærtes Långenwachstum und die Entwicklung des Schenkelhalses. Im Såuglingsalter besteht das Os femoris vorwiegend aus Geflechtknochen, der in den folgenden Jahren zu einem hårteren lamellåren Knochen umgebaut wird. Der Femurschaft vergræûert sich im Laufe des Wachstums im Durchmesser zugunsten des Kortikalisdurchmessers, wåhrend der Markraumdurchmesser in Relation dazu abnimmt. Daher sinkt das Frakturrisiko beim græûeren Kind durch eine Zunahme der Knochenstabilitåt. Bei der Beurteilung von posttraumatischen Beinlångendifferenzen und Rotationsfehlern sind idiopathische Unterschiede zu beachten. Je nach Literaturangabe liegt die physiologische Beinlångendifferenz zwischen 0,5 und 1 cm und die Antetorsionsdifferenz bei bis zu 208 bei ca. 20% der Kinder.
Knochenkerne und Fugenschluss
Abb. 19.1. Ossifikationszentren am Femur: 8. Gestationswoche Femurschaft, distal 39. Fetalwoche, Kopf 4. Lebensmonat, Trochanter major 4.±6. Lebensjahr, Trochanter minor 11.±12. Lebensjahr.
Abb. 19.2. Geburtstraumatische Femurfraktur mit sichtbarem Epiphysenkern an distalem Femur. Apophysen und weitere Epiphysenkerne sind noch nicht erkennbar.
288
]
M. Maier et al.
Frakturen des Femurschaftes Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Die Inzidenz der Frakturen des Femurschaftes betrågt ca. 1,3%. Die Femurschaftfraktur ist nach der Unterschenkelfraktur die håufigste Verletzung der unteren Extremitåten. Meist ist ein direktes hochenergetisches Trauma Ursache der Verletzung, wie Stçrze aus groûer Hæhe sowie Unfålle im Straûenverkehr als Fuûgånger, Zweiradfahrer oder PKW-Insasse. So muss bei Vorliegen einer Femurschaftfraktur an Begleitverletzungen, Blutverlust, Schock sowie begleitende Weichteil-, Nerven- und Gefåûverletzungen gedacht werden. Eine Ræntgençbersichtsaufnahme des angrenzenden Hçft- und Kniegelenks sollte zum Ausschluss einer Begleitverletzung wie z. B. einer Hçftluxation angefertigt werden. Zudem muss stets an Kindesmisshandlung v. a. bei Kleinkindern und Såuglingen als Ursache gedacht werden. Dabei sollte auf Widersprçche in der Anamnese sowie auf das Vorliegen weiterer Verletzungen wie Håmatome geachtet werden. Klinisch ist die Femurschaftfraktur in der Regel einfach zu erkennen durch lokale Schwellung, Verkçrzung und Rotationsfehlstellung des betroffenen Beines (Abb. 19.3). Bei eindeutiger Fraktur mit Dislokation muss eine zweite Ebene der Ræntgenaufnahme nicht erzwungen werden,
Abb. 19.3. Dislozierte Femurfraktur mit Auûenrotationsstellung nach PKW-Unfall.
um eine weitere Dislokation und Schmerzen zu vermeiden. Zusåtzliche Weichteil-, Gefåû- und Nervenverletzungen mçssen sorgfåltig dokumentiert und bei der operativen Versorgung berçcksichtigt werden. Die meisten Frakturen liegen im mittleren Schaftdrittel auf Hæhe der maximalen Antekurvation. Mit 49% stellen die Schråg- und Torsionsfrakturen die Mehrzahl dar, Grçnholzfrakturen sind im Bereich des Schaftes selten und treten eher an der distalen Femurmetaphyse auf. Im Vergleich zum Erwachsenen kommt es bei Kindern zu einer schnellen Frakturkonsolidierung mit meist deutlicher Kallusbildung. Das Kind ist in der Lage, Achsfehlstellungen im weiteren Wachstum auszugleichen, wohingegen die Korrekturmæglichkeit von Rotationsfehlstellungen in der Literatur kontrovers diskutiert wird. Rotationsfehlstellungen von bis zu 208 werden jedoch meist gut toleriert. Varusfehlstellungen werden aufgrund der muskulåren Verteilung besser korrigiert als Valgusfehlstellungen. Je proximaler die Fehlstellungen, desto schlechter ist das Korrekturpotenzial, weshalb keine Fehlstellung bei Frakturen des proximalen Femurs belassen werden sollte. Daneben muss v. a. zwischen dem 2. und 10. Lebensjahr mit einem vermehrten Långenwachstum von durchschnittlich 1 cm bis zu einem Jahr nach Trauma gerechnet werden, was in der Therapieplanung berçcksichtigt und im Verlauf kontrolliert werden muss. Je græûer das nætige Remodeling, desto græûer ist die Wachstumsstimulation, weshalb die Spontankorrektur meist nicht in das Therapiekonzept mit einbezogen wird und eine anatomische Reposition angestrebt wird. Abhångig vom Ausmaû kænnen Beinlångendifferenzen zu einem Beckenschiefstand mit nachfolgendem Verkçrzungshinken und skoliotischer Fehlhaltung fçhren. Die Wahl des therapeutischen Verfahrens bei der Femurschaftfraktur richtet sich auûer nach den Begleitverletzungen vor allem nach dem Alter des Patienten. Bei Såuglingen und Kleinkindern stellt die konservative Therapie die Methode der Wahl dar. Bei Neugeborenen und Såuglingen steht eine Ruhigstellung im Becken-BeinGips im Vordergrund, es werden jedoch auch alternative Verfahren mit Anlage einer PavlikBandage (gebråuchlich bei der kongenitalen Hçftluxation) beschrieben. Eine primåre Gipsruhigstellung wird bei Weichteilverletzungen oder einer Verkçrzung von mehr als 2 cm nicht empfohlen. Die Overheadextension als nicht-
19 Oberschenkel
invasive Pflasterextension kommt beim Kleinkind mit græûerer Achsfehlstellung oder Verkçrzung zur Anwendung. Eine temporåre Extensionsbehandlung beim ålteren Kind kann nur noch in Ausnahmesituationen eine Alternative darstellen, falls eine primåre operative Versorgung nicht mæglich sein sollte. Aber auch in diesen Fållen ist der Fixateur externe die vernçnftigere Alternative. Die operative Therapie stellt die Behandlung der Wahl beim Kind ab 3±4 Jahren dar, wobei die elastisch stabile Nagelung (ESIN) mittlerweile hier im Vordergrund steht. Diese kann bei Frakturen nahezu aller Lokalisationen (proximal, distal) und Verlåufe (quer, schråg) angewandt werden, auch spricht bei I±II8 offenen Frakturen nichts gegen eine intramedullåre Nagelung nach entsprechendem Dbridement. Bei nicht tolerablen Fehlstellungen ist im Einzelfall ggf. auch bei jçngeren Kindern eine operative Versorgung mittels ESIN mæglich. Der Fixateur externe tritt neben der ESINVersorgung zunehmend in den Hintergrund und findet heute beim polytraumatisierten Kind, bei ausgedehnteren Weichteilschåden oder instabilen Schrågfrakturen oder Mehrfragmentfrakturen seine Anwendung. Insbesondere bei fehlender Abstçtzungsmæglichkeit ist der Fixa-
]
teur externe gegençber der ESIN von Vorteil. Er wird im Kindesalter ebenfalls sehr gut toleriert und ist auch kosmetisch im Ergebnis ausgezeichnet. Die Plattenosteosynthese bleibt Einzelfållen vorbehalten aufgrund des aufwendigen Verfahrens und kosmetisch ungçnstigen Ergebnisses. Beim Adoleszenten mit bereits verschlossenen Wachstumsfugen kann eine Versorgung mit einem intramedullåren Nagel oder einer durchgeschobenen Platte wie beim Erwachsenen erfolgen. Wåhrend des Wachstums besteht beim Einbringen des Nagels çber die Fossa piriformis die Gefahr der Hçftkopfnekrose durch Stærung der Gefåûversorgung am Schenkelhals. Deshalb wird beim Adoleszenten ein Zugang çber den Trochanter major empfohlen.
Klassifikation Femurfrakturen im Kindesalter werden çberwiegend nach dem Frakturtyp und der -morphologie eingeteilt. Dennoch mçssen offene von geschlossenen Verletzungen hinsichtlich des Weichteilschadens differenziert werden. Hierbei kommt die Klassifikation nach Gustilo und Anderson (Kap. 10) zur Anwendung.
Subtrochantåre proximale Femurfraktur
Besonderheiten
keine Spontankorrektur
Diagnostik
Rx a.-p. (+ lateral) Klinik: meist deutliche Dislokation mit Verkçrzung und Rotationsfehlstellung
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
keine Achsabweichungen belassen, da kein Korrekturpotenzial!
Primårbehandlung
stationåre Aufnahme, Analgesie
289
290
]
M. Maier et al.
Konservative Therapie ] Indikation
undislozierte Frakturen < 3.±4. Lj.
] Verfahren
Becken-Bein-Gips 4 Wochen
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung an Gehstæcken; Sitzen, sobald 908-Flexion im Hçftgelenk erreicht ist, Krankengymnastik zur Mobilisation
] Rx-Kontrolle
Konsolidierungskontrolle nach Gipsabnahme
] Sportfåhigkeit
Beschwerdefreiheit und volle Funktion (bis ca. 4 Wochen nach Konsolidierung)
Operative Therapie ] Indikation
> 3. Lebensjahr, Dislokation
] Verfahren
geschlossene Reposition und retrograde ESIN ggf. offene Reposition und Winkelplatte
] Nachbehandlung
bewegungsstabil, Abrollbelastung an UA-Gehstçtzen ggf. initiale Gangschule an UA-Gehstçtzen
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle
] Metallentfernung
4±6 Monate post OP (nach Konsolidierungskontrolle)
] Sportfåhigkeit
ca. 6 Wochen nach Konsolidierung; bei freier Funktion
Komplikationen
selten: Kompartmentsyndrom, Kortikalisperforation durch ESIN, çberschieûende Kallusreaktion, Pseudobursa/Infekt an ESIN-Eintrittsstelle, sekundåre Dislokation bei falscher Implantatlage/-græûe
Wachstumsstærung
selten, < 10 Jahre Verlångerung, > 10 Jahre Verkçrzung
Nachkontrollen
Ý-jåhrlich bis 2 Jahre nach dem Unfall bei Beinlångendifferenz 1- bis 2-jåhrliche Kontrollen bis Wachstumsabschluss
Klassifikation
AO: 32-D/1-9.1-3
LiLa: 3.2.s.3(4).0-2.
19 Oberschenkel
Femurschaftquerfraktur
Besonderheiten
30% der Femurschaftfrakturen, v. a. direktes Trauma, meist im mittleren Schaftdrittel
Diagnostik
Rx a.-p. (+ seitlich), eine Ebene i. d. R. ausreichend Klinik: meist deutliche Dislokation mit Verkçrzung und Rotationsfehlstellung
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Rotationsfehler < 3. Lj. 208, > 3. Lj. 108 Varus < 3. Lj. 208, > 3. Lj. 108 Valgus bis 108 Antekurvation 108/Rekurvation keine ad latus < 3. Lj. bis Schaftbreite, > 3. Lj. bis Ý Schaftbreite
Primårbehandlung
stationåre Aufnahme, Analgesie, ggf. OS-Schiene
Konservative Therapie ] Indikation
< 3. Lj. i. d. R. konservativ, Beachtung der Korrekturgrenzen
] Verfahren
4 Wochen Becken-Bein-Gips bei tolerabler Fehlstellung 2 Wochen Overheadextension + 2 Wochen Becken-Bein-Gips
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
Konsolidierungskontrolle nach 4 Wochen
] Sportfåhigkeit
Beschwerdefreiheit und volle Funktion (bis ca. 4 Wochen nach Konsolidierung)
Operative Therapie ] Indikation
> 3. Lj., Ûberschreitung der Korrekturgrenzen
] Verfahren
i. d. R. geschlossene Reposition, offene Reposition kann bei Repositionshindernissen (Muskel) oder in langen Durchleuchtungszeiten erforderlich werden retrograde ESIN bei Frakturen im proximalen und mittleren Schaftdrittel antegrade ESIN bei Frakturen im distalen Schaftdrittel Fixateur externe: bei offenen Frakturen, ggf. Polytrauma
] Nachbehandlung
postoperativ bei korrekter Implantatlage, schmerzabhångige Vollbelastung mæglich Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich (ggf. initiale Gangschule)
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; nach 4±6 Wochen und 3±4 Monaten Konsolidierungskontrolle
]
291
292
]
M. Maier et al.
Femurschaftquerfraktur ] Metallentfernung
4±6 Monate post OP (nach Konsolidierungskontrolle)
] Sportfåhigkeit
ca. 6 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
selten: Kompartmentsyndrom, Kortikalisperforation durch ESIN, çberschieûende Kallusreaktion, Pseudobursa/Infekt an ESIN-Eintrittsstelle, schmerzhafte Reizung des Tractus iliotibialis bei zu weit çberstehenden ESIN, sekundåre Dislokation bei falscher Implantatlage/-græûe
Wachstumsstærung
selten, < 10 Jahre Verlångerung, > 10 Jahre Verkçrzung
Nachkontrollen
Ý-jåhrlich bis 2 Jahre nach dem Unfall bei Beinlångendifferenz 1- bis 2-jåhrliche Kontrollen bis Wachstumsabschluss
Klassifikation
AO: 32-D/4.1-3
LiLa: 3.2.s.3.0-2.
Femurschaftschrågfraktur
Besonderheiten
zusammen mit den Torsionsfrakturen 49% aller Femurschaftfrakturen, v. a. direktes Trauma, meist im mittleren Schaftdrittel
Diagnostik
Rx a.-p. (+ seitlich), zweite Ebene zur Differenzierung Schråg-/Torsionsfraktur und Långe der Frakturzone sinnvoll, teilweise erst in Narkose durchfçhrbar
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Rotationsfehler < 3. Lj. 208, > 3. Lj. 108 Varus < 3. Lj. 208, > 3. Lj. 108 Valgus bis 108 Antekurvation 108/Rekurvation keine ad latus < 3. Lj. bis Schaftbreite, > 3. Lj. bis Ý Schaftbreite
Primårbehandlung
stationåre Aufnahme, Analgesie, ggf. OS-Schiene
Konservative Therapie ] Indikation
< 3. Lj. i. d. R. konservativ, Beachtung der Korrekturgrenzen
] Verfahren
Becken-Bein-Gips 3±4 Wochen bei tolerabler Fehlstellung 2 Wochen Overheadextension + 2 Wochen Becken-Bein-Gips
19 Oberschenkel
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
Konsolidierungskontrolle nach 4 Wochen
] Sportfåhigkeit
ca. 6 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
> 3. Lj. operative Versorgung indiziert
] Verfahren
i. d. R. geschlossene Reposition offene Reposition nur in Ausnahmefållen bei Repositionshindernis oder zu langen Durchleuchtungszeiten erforderlich retrograde ESIN bei Frakturen im proximalen und mittleren Schaftdrittel antegrade ESIN bei Frakturen im distalen Schaftdrittel bei schwer retinierbaren Frakturen, langgezogenen Schråg-/Torsionsfrakturen, offenen Frakturen ist der Fixateur externe eine gute Alternative oder Fixation des ESIN am Schaft durch Úse an Eintrittsstelle zur Vermeidung eines Teleskoping
] Nachbehandlung
postoperativ in Abhångigkeit von Frakturversorgung und Compliance 4±6 Wochen Teilbelastung Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich, ggf. initial Gangschule
] Rx-Kontrolle
postoperativ und 4±6 Wochen post OP Stellungskontrolle; nach 3±4 Monaten Konsolidierungskontrolle
] Metallentfernung
ESIN 4±6 Monate post OP nach Konsolidierungskontrolle, Fixateur externe nach Konsolidierungskontrolle ca. nach 8±12 Wochen
] Sportfåhigkeit
ca. 8 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
Beinverkçrzung mangels Abstçtzung bei Schråg-/Torsionsfrakturen durch ESIN selten: Kompartmentsyndrom, Kortikalisperforation durch ESIN, çberschieûende Kallusreaktion, Pseudobursa/Infekt an ESIN-Eintrittsstelle, Reizung des Tractus iliotibialis bei zu weit çberstehenden ESIN, sekundåre Dislokation bei falscher Implantatlage/-græûe
Wachstumsstærung
selten, < 10 Jahre Verlångerung, > 10 Jahre Verkçrzung
Nachkontrollen
Ý-jåhrlich bis 2 Jahre nach dem Unfall bei Beinlångendifferenz 1- bis 2-jåhrliche Kontrollen bis Wachstumsabschluss
Klassifikation
AO: 32-D/5.1-3
LiLa: 3.2.s.3.0-2.
]
293
294
]
M. Maier et al.
Femurschaftmehrfragmentfraktur
Besonderheiten
ca. 20% der Femurschaftfrakturen: Schråg-/Torsionsfrakturen mit Keil, Mehrfragmentfrakturen, Etagenfrakturen i. d. R. direktes Trauma, meist im mittleren Schaftdrittel
Diagnostik
Rx a.-p. (+ seitlich) meist deutliche Dislokation mit Verkçrzung und Rotationsfehlstellung
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Rotationsfehler < 3. Lj. 208, > 3. Lj. 108 Varus < 3. Lj. 208, > 3. Lj. 108 Valgus bis 108 Antekurvation 108/Rekurvation keine ad latus < 3. Lj. bis Schaftbreite, > 3. Lj. bis Ý Schaftbreite
Primårbehandlung
stationåre Aufnahme, Analgesie, ggf. OS-Schiene
Konservative Therapie ] Indikation
< 3. Lj. i. d. R. konservativ, Beachtung der Korrekturgrenzen
] Verfahren
2 Wochen Overheadextension + 2 Wochen Becken-Bein-Gips
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Aufbelastung, Krankengymnastik falls erforderlich
] Rx-Kontrolle
Konsolidierungskontrolle nach 4 Wochen
] Sportfåhigkeit
ca. 6 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
> 3. Lj. operative Versorgung indiziert, i. d. R. geschlossene Reposition; offene Reposition nur in Ausnahmefållen erforderlich
] Verfahren
Fixateur externe: Methode der Wahl insbesondere bei Polytrauma und offenen Frakturen selten: ESIN, da fehlende Abstçtzung, alternativ: Fixierung des intramedullåren Krafttrågers durch Schrauben am Eintritt (Úse) oder Verriegelungsschraube selten: çberbrçckende, biologische Plattenosteosynthese nach Epiphysenfugenschluss und bei erheblicher Adipositas: Verriegelungsnagel
] Nachbehandlung
postoperativ abhångig vom Frakturtyp, Teilbelastung fçr 4±6 Wochen, bis Kallus sichtbar Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich, ggf. Gangschule
] Rx-Kontrolle
postoperativ und nach 4±6 Wochen Stellungskontrolle; nach 3±4 Monaten Konsolidierungskontrolle
19 Oberschenkel
] Metallentfernung
nach 8±10 Wochen bei Fixateur externe; nach 4±6 Monaten post OP bei ESIN (nach Konsolidierungskontrolle)
] Sportfåhigkeit
ca. 8 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
selten: Kompartmentsyndrom, Kortikalisperforation durch ESIN, çberschieûende Kallusreaktion, Pseudobursa/Infekt an ESIN-Eintrittsstelle, sekundåre Dislokation bei falscher Implantatlage/-græûe, durch Teleskoping bei ESIN, Pin-Infekt bei Fixateur externe sekundåre Verkçrzung/Rotationsfehler bei mangelnder Abstçtzung
Wachstumsstærung
selten, < 10 Jahre Verlångerung, > 10 Jahre Verkçrzung
Nachkontrollen
Ý-jåhrlich bis 2 Jahre nach dem Unfall bei Beinlångendifferenz 1- bis 2-jåhrliche Kontrollen bis Wachstumsabschluss
Klassifikation
AO: 32-D/4(5).3
LiLa: 3.2.s.4.1-2.
Distales Femur: suprakondylåre Fraktur
Besonderheiten
selten, extraartikulår
Diagnostik
Rx a.-p. + seitlich (Femur mit Hçft- und Kniegelenk) ggf. Angiographie bei Verdacht auf Gefåûlåsion
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
kein Achsfehler keine Rekurvation
]
295
296
]
M. Maier et al.
Distales Femur: suprakondylåre Fraktur Primårbehandlung
OS-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie Gefåû-/Nervenschaden: Notfallindikation
Konservative Therapie ] Indikation
Stauchungsfraktur und undislozierte suprakondylåre Fraktur i. d. R. konservativ
] Verfahren
OS-Gips fçr 4 Wochen
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
bei Stauchungsfrakturen nicht notwendig, klinisch: schmerzfreier Kallus bei Stauchungsfrakturen nur Konsolidierungskontrolle nach 4 Wochen; dislozierte suprakondylåre Frakturen: 8. Tag Stellungskontrolle; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
bei symmetrischen Muskelverhåltnissen; ca. 4±6 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
instabile dislozierte Frakturen, Repositionshindernis, Begleitverletzungen
] Verfahren
i. d. R. geschlossene Reposition in ITN offene Reposition bei schwerer Dislokation, eingeschlagenen Weichteilen, Begleitverletzungen; Gefåû-/Nervenschaden gekreuzte K-Draht-Fixation, perkutan plus OS-Gipsschiene alternativ: K-Draht-Fixation plus Fixateur externe bei Weichteilschåden, Polytrauma, ¹Floating Kneeª; alternativ: deszendierende ESIN
] Nachbehandlung
K-Draht-Spickung: OS-Gips fçr 4±5 Wochen unter Entlastung, nach Gipsentfernung schmerzabhångige Aufbelastung ESIN, Fixateur externe: Beweglichkeit frei; Abrollbelastung ca. 4 Wochen Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; nach 5 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Metallentfernung
K-Dråhte: 4±5 Wochen post OP (nach Konsolidierung); ambulant ESIN: 4±6 Monate post OP Fixateur externe: 4±6 Wochen post OP
] Sportfåhigkeit
bei symmetrischen Muskelverhåltnissen; ca. 4±6 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
Gefåûlåsion bei Dislokation nach dorsal (A./V. femoralis)
Wachstumsstærung
immer stimulative Wachstumsstærung ± diskrete Beinverlångerung hemmende Wachstumsstærung: selten
Nachkontrollen
Ý-jåhrlich bis 2 Jahre Kontrolle von Beinlångendifferenzen und Achsfehlstellungen Rx-Kontrolle bei Achsabweichung (Ausschluss einer Brçckenbildung der Wachstumsfuge)
Klassifikation
AO: 33-M/2(3).1-3
LiLa: 3.3.s.2-4.0-2.
19 Oberschenkel
Technische Aspekte
Femurfraktur
Konservative Therapie Overheadextension ] Overheadextension durch Heftpflasterverband und elastische Wickelung fçr ca. 3±4 Wochen oder 2 Wochen Overheadextension und Wechsel auf Becken-Bein-Gips fçr weitere 2 Wochen ] Extension mit ca. einem Drittel des Kærpergewichts, Gesåû im distalen Bereich frei schwebend (Abb. 19.4) ] exakte Lången- und Rotationskontrolle nicht mæglich und auch nicht erforderlich ] regelmåûige Kontrolle der Anordnung notwendig ] gelegentlich leichte Sedierung/Analgesie zur Anlage erforderlich ] ggf. ambulant fortsetzbar, meist jedoch unter stationåren Bedingungen Becken-Bein-Gips ] Ziel: achsgerechte Stellung, Verkçrzung bis 10 mm ist tolerabel ] Anlage ggf. in Narkose zur Reposition ] nach 2 Wochen Overheadextension, fçr weitere 2 Wochen Becken-Bein-Gips ] zirkulårer Gips von Beckenkamm bis einschlieûlich Fuû am frakturierten Bein und bis oberhalb des Kniegelenks am gegenseitigen Bein; alternativ nur Beckenring ] Neugeborene: 908-/908-Stellung in Knie und Hçfte ] Kleinkinder: 508-/508-Stellung in Knie und Hçfte ] geringe Abduktion, um Auûenrotationsfehlstellungen zu vermeiden ] ausreichende Aussparung im Bereich des Genitales ] bei Gipsverband gelegentlich Verstårkung durch Holzstab quer ventralseitig çber dem Becken/Oberschenkel erforderlich ] regelmåûige Gipskontrollen notwendig Operative Therapie Material
ESIN ] elastische Titannågel; Durchmesser: 2±5 mm (1/3 des Markraumdurchmessers) Fixateur externe (unterschiedliche Fixateursysteme erhåltlich)
Lagerung
] Rçckenlage, Abdeckung bis oberhalb der Hçfte, Bein frei beweglich
Spezielle Aufklårung
] Rotationsfehler, Beinlångendifferenz ] sekundåre Dislokation ] ESIN: Reizung/Infekt (håufig: Pseudobursa) çber Nagelende, Flexionseinschrånkung (Tractus) ] Fixateur externe: Pintractinfektion
OP-Prinzip
] Fçr Frakturen des distalen Femurdrittels bzw. der distalen Metaphyse wird vorzugsweise die deszendierende monolaterale Nageltechnik angewendet. Die Fixation metaphysårer Frakturen mittels Nageltechnik beruht auf anderen biomechanischen Prinzipien als die Fixation von Schaftfrakturen. Eine korrekte innere Abstçtzung zur Stabilisierung der Nagelspitzen und somit des metaphysåren Fragments muss gewåhrleistet sein. ] Folgende Abweichungen gegençber der Standardtechnik sind zu berçcksichtigen: Fçr die deszendierende Versorgung von Femurfrakturen liegen die monolateralen Eintrittsstellen subtrochantår anterolateral etwa 1±2 cm in Långsrichtung auseinander und 0,5±1 cm seitlich zueinander versetzt.
]
297
298
]
M. Maier et al.
Technische Aspekte
Femurfraktur ] Hautinzisionen sind ausreichend lang zu wåhlen. ] Um eine korrekte innere Verspannung, d. h. eine 3-Punkte-Abstçtzung zu erreichen, muss einer der Någel S-færmig vorgebogen werden, sodass die Verspannung auf die Hæhe der Frakturzone zu liegen kommt. Den ersten einfach vorgebogenen Nagel einfçhren, die Fraktur mit dem Nagel reponieren und primår stabilisieren. Den S-færmig gebogenen Nagel einbringen. Nach dem ersten Kontakt mit der Gegenkortikalis den Nagel um 1808 drehen und evtl. die Vorspannung noch verstårken. Die Någel bis an die Epiphysenfuge heranfçhren und die Nagelspitzen so ausrichten, dass sie divergent zueinander liegen (Abb. 19.7). Fixateur externe ] 2(±3) Fixateurpins jeweils proximal und distal mit 2 QF Abstand zur Fraktur (Abb. 19.8) ] Lage der Pins dorsolateral entlang des Septum intermusculare (Schonung der Muskulatur) ] i. d. R. zwei parallel verlaufende Verbindungsståbe ] Ûberkorrektur der Långe vermeiden ] ausreichende Spaltung des Tractus iliotibialis ] klinische Rotationskontrolle intraoperativ ] tågliche Pinpflege durch Patienten bzw. Eltern (Entfernung der Krusten, Duschen erlaubt)
Metallentfernung
ESIN ] nach 4±6 Monaten in ITN Fixateur externe ] nach Ræntgen (bei ausreichender Kallusbildung, nach ca. 6±8 Wochen), im Einzelfall auch ambulant mæglich
Abb. 19.5. Beckenbeingips.
Abb. 19.4 a, b. Overheadextension.
19 Oberschenkel
Technische Aspekte
Femurfraktur
Abb. 19.6. Korrekte Lage der Eintrittsstellen am proximalen Femur; man beachte die ¹versetzteª Lage. Dies verhindert das Spalten des Knochens.
Abb. 19.7. Korrekte Lage der beiden Någel bei anterograder Technik; man beachte die gute Aufspannung und den Kontakt zur Kortikalis im distalen Drittel.
Abb. 19.8. Eintrittsstellen der Fixateurpins.
]
299
300
]
19 Oberschenkel
] Fallbeispiele Fall 19.1 Proximale Femurschaftfraktur, Junge 3 J., Verkehrsunfall.
Fall 19.3 Femurschaftfraktur beim Såugling, 7 Mon., battered child.
a Unfallbild. b, c ESIN, retrograd; knæcherne Ûberbauung. a Unfallbild. b Konservative Therapie durch Overheadextension, Kalluswolke.
Fall 19.2 Distale Femurschaftmehrfragmentfraktur, Junge, 9 J.
a
b
a Unfallbild. b Fixateur externe, postoperativ.
20 Knie
D. Schneidmçller und I. Marzi
] Physiologische Befunde 3.- 6. Lj.
9. Em.
10. Em.
30 %
2.- 4. Lj.
12.- 15. Lj.
a
b
Abb. 20.2. Auftreten der Knochenkerne.
70 % 55 %
a Zwischen dem 5. und 7. Lj. sind håufig unregelmåûige Ossifikationszentren im Bereich des dorsalen Femurkondylus zu sehen. b Im Bereich der proximalen Tibiaepiphyse tritt ein zweites Ossifikationszentrum im 2.±3. Monat auf.
16.- 24. Lj.
14.- 18. Lj.
45 %
15.- 18. Lj.
Abb. 20.1. Anteil der Epiphysenfugen am Långenwachstum der unteren Extremitåt. Distale Femurepiphyse: ] 40% des Långenwachstums des gesamten Beins, ] 70% des Långenwachstums des Femurs. Proximale Tibiaepiphyse: ] 30% des Långenwachstums des gesamten Beins, ] 55% des Långenwachstums der Tibia.
Abb. 20.3. Verschluss der Wachstumsfugen. Tuberositas tibiae: 1. Ossifikationszentrum auf Hæhe der Tibiaepiphyse: 12.±15. FW, 2. Ossifikationszentrum weiter distal: 7.±9. Lj., ? vergræûert sich, bis es im Adoleszentenalter (w: 12.±15. Lj.; m: 15.±18. Lj.) zu einer Verschmelzung kommt.
302
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Entwicklung der Beinachse Wåhrend der Entwicklung durchlåuft die Beinachse des Kindes Phasen mit O- und X-BeinStellung. Als Såugling findet sich in der Regel ein Genu varum, welches sich am Ende des 1. Lebensjahres mit Laufbeginn neutralisiert und in ein Genu valgum çbergeht. Am Ende des 2. Lebensjahres erreicht das X-Bein das maximale Ausmaû, sodass um das 8. Lebensjahr der normale Winkel erreicht ist: fçr Mådchen Ô 78, fçr Jungen Ô 108 (Abb. 20.4).
15 °
tibiofemoraler Winkel
Abb. 20.4. Bestimmung des Tibiofemoralwinkels.
27°
1. Lm.
17°
7°
3. Lj.
4°
10. Lj.
19. Lj.
Abb. 20.5. Entwicklung der sagittalen Ebene des Tibiakopfes. In der Behandlung von kindlichen Tibiakopfverletzungen ist die physiologisch erhæhte Rekurvation des Tibiaplateaus zu beachten; sie nimmt im Laufe der Entwicklung von 278 auf 48 ab.
20 Knie
Altersabhångige Ræntgenbefunde
]
Frakturen des Kniegelenks Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild
Abb. 20.6. Neugeborenes; sichtbarer Knochenkern distales Femur.
Abb. 20.7. 2. Lebenswoche.
Abb. 20.8. 4. Lebensjahr.
Abb. 20.9. 13. Lebensjahr.
Frakturen des Knieglenks weisen am distalen Femur eine Inzidenz von 0,8% und an der proximalen Tibia eine von 1,2% auf. Verletzungen des Kniegelenks treten im Rahmen von Sportverletzungen, aber auch Hochrasanztraumen und Stçrzen aus groûer Hæhe håufig auf. Schwerwiegende Verletzungen wie Frakturen oder Kniebinnenschåden sind jedoch seltener. Dies ist nicht zuletzt auf die erhæhte Laxizitåt der Bånder und Flexibilitåt des wachsenden Skeletts zurçckzufçhren. Beim Trauma werden die einwirkenden Kråfte beim Kind çber die stabileren Bånder auf den Knochen çbertragen, sodass es eher zu einer knæchernen Låsion kommt als zu einer Verletzung des Bandapparates (Tab. 20.1). Die Diagnostik kann erschwert sein aufgrund auftretender unregelmåûiger Ossifikationszentren und der im Kleinkindesalter nicht immer klaren Anamnese. Hier kann neben der obligatorischen Ræntgenaufnahme die MRT oder spåter die Arthroskopie weitere Informationen liefern. Mægliche Begleitverletzungen wie Kniebinnenschåden oder Gefåûrupturen mçssen ausgeschlossen werden. Die proximale Tibiaepiphyse ist im Vergleich zu anderen Epiphysen des Beins am håufigsten von begleitenden Gefåûverletzungen betroffen, aufgrund der Trifurkation der A. poplitea dorsal in Hæhe der Tibiaepiphyse. Ist eine Reposition der Fraktur notwendig, sollte dies in Allgemeinanåsthesie erfolgen. Dabei sollte eine definitive Stabilisierung der Fraktur vorgenommen werden, um eine Sekundårdislokation und Nachreposition zu vermeiden, was die Gefahr einer erhæhten Rate an Wachstumsstærungen mit sich bringen wçrde. Mit zunehmendem Alter sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Wachstumsstærung. Bei bereits beginnendem Fugenverschluss spricht man von der sog. Ûbergangsfraktur. Ist lediglich die Epiphyse betroffen, so handelt es sich um eine Twoplane-Fraktur, besteht ein zusåtzlicher metaphysårer Keil, handelt es sich um eine Triplane-Fraktur. Bei der operativen Versorgung der Ûbergangsfraktur kann die Gefahr der Fugenverletzung mit konsekutiver Wachs-
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]
D. Schneidmçller und I. Marzi
tumsstærung vernachlåssigt werden, fugenkreuzende Verfahren sind erlaubt, da in diesem Alter mit keinem relevanten Restwachstum mehr zu rechnen ist. Bei noch offenen Fugen dagegen muss grundsåtzlich immer mit Wachstumsstærungen gerechnet werden. Stimulierende Wachstumsstærungen treten mehr oder weniger nach jeder Fraktur auf und fçhren zu einer Beinverlångerung. Das Ausmaû ist von der Aktivitåt und der Dauer der Reparaturvorgånge abhångig. Hemmende Wachstumsstærungen sind um so wahrscheinlicher, je nåher die Fraktur an der Epiphysenfuge liegt. Bei komplettem vorzeitigem Verschluss der Fuge kann es aufgrund des groûen Wachstumsanteils der kniegelenksnahen Epiphysenfugen am Långenwachstum der unteren Extremitåt je nach Alter des Kindes und der damit noch vorhandenen Wachstumsreserve zu einer erheblichen Beinverkçrzung kommen. Bei einer partiell hemmenden Wachstumsstærung kommt es durch Brçckenbildung in der Fuge zu einem Teilverschluss und damit zu einem konsekutiven Fehlwachstum mit Achsfehlstellung. Diese Wachstumsstærungen machen sich im klinischen Bild meist nach 6 Monaten bemerkbar, sodass regel-
Tabelle 20.1. Frakturen des Kniegelenks ] Suprakondylåre Fraktur Distales Femur Salter I/II Salter III/IV Ûbergangsfrakturen Proximale Tibia Ûbergangsfrakturen Salter III/IV Salter I/II Tuberositasausriss ] Patellafraktur ] Knæcherne Bandausrisse
extraartikulår intraartikulår intraartikulår intraartikulår intraartikulår extraartikulår intra-/extraartikulår
måûige klinische Nachuntersuchungen zur Erfassung eines solchen Fehlwachstums notwendig sind. Bei bestehendem Verdacht auf eine partielle Wachstumshemmung sind radiologische Kontrollen, ggf. die Durchfçhrung einer MRT, zur Bestimmung des Ausmaûes und Darstellung der Brçckenbildung notwendig, um evtl. eine Korrektur durchfçhren zu kænnen. Bei unauffålligem Befund kann die Behandlung nach 2 Jahren abgeschlossen werden.
Distales Femur: Epiphysenlæsungen
Besonderheiten
håufigste Fraktur am distalen Femur; Håmarthros bei Kapselverletzung geburtstraumatisch; cave: < 3. Lj. ¹Battered Childª direktes Trauma; Sturz aus groûer Hæhe
Diagnostik
Rx a.-p. + seitlich (Femur mit Hçft- und Kniegelenk; das Verhåltnis Femurmetaphyse zu Epiphyse bzw. Femurachse zu Tibiaachse ist zu beachten!) Angiographie: bei Verdacht auf Gefåûschaden ggf. Ultraschall: subperiostales Håmatom
20 Knie
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Reposition eines Achsfehlers; < 1/5 Seitverschiebung bei Epiphysenlæsung vollståndiger Ausgleich der Rekurvation
Primårbehandlung
OS-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie, Notfallindikation: Gefåû-/Nervenschaden und schmerzhafte Dislokation
Konservative Therapie ] Indikation
nicht dislozierte Frakturen
] Verfahren
OS-Gips fçr 4±5 Wochen unter Teilbelastung
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, ggf. Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
am 8. Tag Stellungskontrolle; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
bei symmetrischen Muskelverhåltnissen; ca. 4±6 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
Dislokation, schmerzhafte Instabilitåt; Begleitverletzungen
] Verfahren
i. d. R. geschlossene Reposition; offene Reposition bei schwerer Dislokation, eingeschlagenen Weichteilen perkutane gekreuzte K-Draht-Spickung; Schraubenosteosynthese alternativ: Fixateur externe bei Weichteilschåden, Polytrauma, ¹Floating Kneeª
] Nachbehandlung
K-Draht-Spickung: dorsale OS-Gipsschiene fçr 4±5 Wochen, Teilbelastung Schraubenosteosynthese: wegen kurzem Hebel OS-Gips 4 Wochen; 4 Wochen Abrollbelastung Fixateur externe: Teilbelastung, bis Kallusbildung vorhanden (4 Wochen) ? Belastungsaufbau nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, ggf. Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Metallentfernung
K-Dråhte: 4±5 Wochen post OP; Schrauben: 12±16 Wochen post OP; ITN Fixateur externe: 12 Wochen post OP; ggf. ambulant
] Sportfåhigkeit
bei symmetrischen Muskelverhåltnissen; ca. 4±6 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
Gefåûlåsion bei Dislokation nach dorsal (A./V. femoralis, A./V. poplitea) schwierige Retention kleiner metaphysårer Fragmente Kniebinnenschåden selten: Peronåusschaden; Kompartmentsyndrom
Wachstumsstærung
meist stimulative Wachstumsstærung ± diskrete Beinverlångerung hemmende Wachstumsstærung; Salter I: 27%
Nachkontrollen
Ý-jåhrlich bis 2 Jahre Kontrolle von Beinlångendifferenzen und Achsfehlstellungen Rx-Kontrolle bei Achsabweichung (Ausschluss einer Brçckenbildung der Wachstumsfuge)
Klassifikation
AO: 33-E/1(2).1-3
LiLa: 3.3.s.1.0-2.
]
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]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Distales Femur: Epiphysåre und epi-metaphysåre Frakturen
Besonderheiten
intraartikulår; schweres Trauma; oft direkt
Diagnostik
Rx a.-p. + seitlich (Femur mit Hçft- und Kniegelenk) Angiographie: Verdacht auf Gefåûschaden ggf. MRT; Differenzialdiagnose: Bandlåsion
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
kein Achsfehler; Dislokation < 2 mm kongruente Gelenkflåchen ohne Stufe, Pråvention Arthrose
Primårbehandlung
OS-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie, ggf. Punktion Håmarthros Notfallindikation: Gefåû-/Nervenschaden; massives Håmarthros
Konservative Therapie ] Indikation
konservative Therapie, nur bei minimaler Frakturdehiszenz (< 2 mm); meist nicht mæglich
] Verfahren
OS-Gips fçr 4±5 Wochen
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, ggf. Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
am 8. Tag Stellungskontrolle; nach 5 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
bei symmetrischen Muskelverhåltnissen; ca. 4±6 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
i. d. R. direkte Reposition notwendig ? Gelenkrekonstruktion!; ggf. arthroskopisch gestçtzten Reposition und Verschraubung, sonst offen
] Verfahren
gekreuzte K-Draht-Spickung; Schraubenosteosynthese
] Nachbehandlung
Schraubenosteosynthese je nach Fragmentgræûe K-Draht-Spickung, kleine Fragmente mit dorsaler OS-Gipsschiene fçr 4±5 Wochen Schraubenosteosynthese: Beweglichkeit frei, 4±5 Wochen Abrollbelastung; Motorschiene K-Draht-Osteosynthese; nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, ggf. Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; nach 5 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Metallentfernung
K-Dråhte 5 Wochen post OP; Schrauben 4±6 Monate post OP
] Sportfåhigkeit
bei symmetrischen Muskelverhåltnissen; ca. 4±6 Wochen nach Konsolidierung
20 Knie
Komplikationen
Gefåûlåsion bei Dislokation nach dorsal (A./V. femoralis, A./V. poplitea) postoperatives Håmarthros; Bewegungseinschrånkung selten: Peronåusschaden; Kompartmentsyndrom Kniebinnenschåden; begleitende Bandverletzung bis 38% beschrieben
Wachstumsstærung
stimulative Wachstumsstærung ± diskrete Beinverlångerung hemmende Wachstumsstærung; Salter IV: hohes Risiko (Beinlångendifferenz: 25±56%, Achsabweichung: 33±83%)
Nachkontrollen
Ý-jåhrlich bis 2 Jahre Kontrolle von Beinlångendifferenzen und Achsfehlstellungen Rx-Kontrolle bei Achsabweichung (Ausschluss einer Brçckenbildung der Wachstumsfuge)
Klassifikation
AO: 33-E/3(4).1-3
LiLa: 3.3.a.1-5.0-2.
Proximale Tibia: Epiphysenlæsungen
Besonderheiten
Salter I v. a. bei neuromuskulårer Grunderkrankung
Diagnostik
Rx a.-p. + seitlich ggf. MRT (unklare Fraktur; Verdacht auf Bandlåsion) Verdacht auf Gefåûschaden: Doppler-Sonographie/Angiographie
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Gelenkrekonstruktion
Primårbehandlung
OS-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie, ggf. Punktion Håmarthros
Konservative Therapie ] Indikation
i. d. R. konservativ
] Verfahren
OS-Gips fçr 5 Wochen
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Aufbelastung; ggf. Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
1 Woche; Konsolidationskontrolle
] Sportfåhigkeit
bei symmetrischen Muskelverhåltnissen; ca. 4±6 Wochen nach Konsolidierung
]
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]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Proximale Tibia: Epiphysenlæsungen Operative Therapie ] Indikation
Instabilitåt, Dislokation
] Verfahren
geschlossene Reposition und K-Draht-Osteosynthese und Metallentfernung
] Nachbehandlung
OS-Gipsschiene 4±5 Wochen; nach Gipsabnahme funktionell; ggf. Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
nach 1 Woche; Konsolidierungskontrolle nach 4±5 Wochen
] Metallentfernung
nach 4±5 Wochen
] Sportfåhigkeit
bei symmetrischen Muskelverhåltnissen; ca. 4±6 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
Gefåûschåden (A. poplitea) ? Kompartmentsyndrom begleitende Bandverletzungen begleitende Fraktur der proximalen/distalen Fibula
Wachstumsstærung
selten
Nachkontrollen
3-wæchentlich bis zur freien Funktion; dann Ý-jåhrlich bis 2 Jahre Kontrolle von Beinlångendifferenzen und Achsfehlstellungen Rx-Kontrolle bei Achsabweichung (Ausschluss einer Brçckenbildung der Wachstumsfuge)
Klassifikation
AO: 41-E/1(2).1-3
LiLa: 4.1.s.1.0-2.
Proximale Tibia: Epiphysåre und epi-metaphysåre Frakturen
Besonderheiten
selten; intraartikulår; direktes Trauma, Hyperextension v. a. Adoleszente
Diagnostik
Rx a.-p. + seitlich ggf. ASK ggf. MRT (unklarer Frakturverlauf; Verdacht auf Bandlåsion) Verdacht auf Gefåûschaden: Doppler-Sonographie/Angiographie
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Gelenkrekonstruktion Dislokation < 2 mm
Primårbehandlung
OS-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie ggf. Punktion Håmarthros
20 Knie
Konservative Therapie ] Indikation
nicht dislozierte Frakturen, Dislokation < 2 mm
] Verfahren
OS-Gips fçr 5 Wochen, Abrollbelastung
] Nachbehandlung
funktionell: schmerzabhångige Belastung ggf. Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
Konsolidierungskontrolle nach 5 Wochen
] Sportfåhigkeit
bei symmetrischen Muskelverhåltnissen; ca. 4±6 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
Dislokation > 2 mm; Begleitverletzungen, ausgeprågtes Håmarthros
] Verfahren
i. d. R. offene Reposition (Gelenkrekonstruktion), Schraubenosteosynthese
] Nachbehandlung
Abrollbelastung fçr 5 Wochen; Beweglichkeit frei
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; Konsolidierungskontrolle 5 Wochen post OP
] Metallentfernung
12 Wochen post OP
] Sportfåhigkeit
bei symmetrischen Muskelverhåltnissen; ca. 4±6 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
ausgeprågtes Håmarthros; Bewegungseinschrånkungen
Wachstumsstærung
hemmende Wachstumsstærung mit Achsfehlstellung < 12. Lj. mæglich; Verlaufskontrollen
Nachkontrollen
wæchentlich bis zur freien Funktion; dann Ý-jåhrlich bis 2 Jahre Kontrolle von Beinlångendifferenzen und Achsfehlstellungen Rx-Kontrolle bei Achsabweichung (Ausschluss einer Brçckenbildung der Wachstumsfuge)
Klassifikation
AO: 41-E/3(4).1-3
LiLa: 4.1.a.1-5.0-2.
]
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]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Ausrisse der Tuberositas tibiae
I8
II8
III8
Besonderheiten
extra- und intraartikulår; v. a. månnliche Adoleszente Zusammenhang mit Morbus Osgood-Schlatter wird diskutiert Einteilung nach Watson-Jones (s.o.): I8 ± extraartikulår II8 ± extraartikulår III8 ± intraartikulår
Diagnostik
Rx a.-p. + seitlich Klinik: lokales Håmatom, Håmarthros; Streckunfåhigkeit ggf. ASK
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
funktionelle Rekonstruktion Dislokation < 5 mm
Primårbehandlung
OS-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
Typ I, II: nicht dislozierte Frakturen, Dislokation < 5 mm
] Verfahren
OS-Gips fçr 6 Wochen, Abrollbelastung
] Nachbehandlung
funktionell: schmerzabhångige Belastung
] Rx-Kontrolle
Konsolidierungskontrolle nach 6 Wochen
] Sportfåhigkeit
bei symmetrischen Muskelverhåltnissen; ca. 4±6 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
Typ-II- und -III-Frakturen mit Dislokation > 5 mm; Gelenkbeteiligung; begleitende Weichteilschåden
] Verfahren
offene Reposition, Schraubenosteosynthese, da meist beim Adoleszenten auch fugenkreuzend mæglich Typ III: ggf. ASK oder offene Gelenkrekonstruktion Weichteilrekonstruktion
] Nachbehandlung
Abrollbelastung fçr 6 Wochen; Beweglichkeit frei bei Weichteilrekonstruktion: OS-Gipsschiene bis Wundheilung
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; Konsolidierungskontrolle 6 Wochen post OP
] Metallentfernung
12 Wochen post OP
] Sportfåhigkeit
bei symmetrischen Muskelverhåltnissen; ca. 4±6 Wochen nach Konsolidierung
20 Knie
Komplikationen
Ergebnisse gut nach anatomischer Reposition, Schluss der Fuge mæglich (meist ausgewachsen) Meniskuslåsionen
Wachstumsstærung
selten (da meist Adoleszente)
Nachkontrollen
3-wæchentlich bis zur freien Funktion; dann Ý-jåhrlich bis 2 Jahre Kontrolle von Beinlångendifferenzen und Achsfehlstellungen Rx-Kontrolle bei Achsabweichung (Ausschluss einer Brçckenbildung der Wachstumsfuge
Klassifikation
AO: 41-E/7.1-3
Technische Aspekte
Frakturen des distalen Femurs
Geschlossene Reposition/Gipstechnik
] anteriore Dislokation: Reposition in Flexion; Ruhigstellung in Flexion (20±308) ] posteriore Dislokation: Reposition in Extension; Ruhigstellung in Extension
Allg.-Material
] Bildwandler ] Arthroskopie (ASK) Mæglichkeit
Lagerung
] Rçckenlage; frei abgedecktes Bein; Fuûteil abklappbar (ASK) ] Durchleuchtungsmæglichkeit in zwei Ebenen ] bei Gefåûschaden: Bauchlage
Zugang
] offene Reposition: Zugang auf der Seite des metaphysåren Fragments ] Gefåûschaden: posteromedialer Zugang
Spezielle Aufklårung
] Wachstumsstærungen; Beinlångendifferenz, Achsabweichung ] Kompartmentsyndrom
OP-Prinzip
Gekreuzte K-Draht-Spickung (Abb. 20.10) ] Material: K-Dråhte, Durchmesser 1,6±2,0 mm ] von medial und lateral, perkutan ? Metallentfernung ohne zusåtzliche Narkose mæglich ] bei kleinen Fragmenten Durchkreuzen der Fuge erlaubt; mæglichst senkrecht, um Schåden zu minimieren ] Kreuzungsstelle proximal der Fraktur ? Rotationsstabilitåt Schraubenosteosynthese (Abb. 20.11) ] Material: Spongiosaschraube mit kurzem Gewinde, Titan; ggf. kançliert (z. B. 4,5 mm) ] Stichinzision auf der Seite des metaphysåren Fragments Fixateur externe (additiv statt Gips) ] Material: Stabfixateur (z. B. Monotube) ] Pinlage: lateraler OS (dorsal des Ansatzes des M. vastus lateralis) ] distaler Pin ? mindestens 1 cm Abstand zur Epiphysenfuge ] Pinabstand zur Fraktur: 2 QF ESIN deszendierend
LiLa: 4.1.a.5.1-2.
]
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]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Technische Aspekte
Frakturen des distalen Femurs
Metallentfernung
] K-Dråhte: ggf. ambulant, wenn perkutan belassen ] ESIN/Schraube/Fixateur externe: ITN
Sonstige Besonderheiten
keine
Abb. 20.10. Gekreuzte K-Draht-Spickung.
Abb. 20.11. Schraubenosteosynthese.
Technische Aspekte
Frakturen der proximalen Tibia
Allg. Material
] Bildwandler ] ASK-Mæglichkeit
Lagerung
] Rçckenlage; frei abgedecktes Bein; Fuûteil abklappbar (ASK) ] Durchleuchtungsmæglichkeit in zwei Ebenen
Spezielle Aufklårung
] Wachstumsstærungen; Beinlångendifferenz, Achsabweichung ] Gefåûverletzung ? Kompartmentsyndrom ] N.-peronaeus-Låsion
OP-Prinzip
Schraubenosteosynthese (Abb. 20.12) ] Material: kançlierte, selbstschneidende Spongiosaschrauben mit kurzem Gewinde, Titan; ggf. Unterlegscheibe, 3,5±5 mm ] Fraktur der proximalen Tibia: geschlossene Reposition und Osteosynthese çber Stichinzision; offene Reposition bevorzugt çber anterolateralen Zugang ] Tuberositas-Fraktur: mediane Inzision (leicht medial der Patellarsehne) ? Reposition in Extension ? ggf. 2 Schrauben zur Rotationsstabilitåt ? Verletzung des Adoleszenten ? Fuge kann gekreuzt werden
20 Knie
Metallentfernung
] Schrauben in ITN ] K-Draht ggf. ambulant
Sonstige Besonderheiten
keine
Abb. 20.12. Schraubenosteosynthese.
]
313
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]
20 Knie
] Fallbeispiele Fall 20.1 Proximale Tibia: Salter-III-Fraktur, Mådchen, 14 J., Distorsionstrauma beim Schulsport.
a
b
c
e
f
d
a±d Unfallbilder. e±f Schraubenosteosynthese bei beginnendem Fugenschluss.
20 Knie
Fall 20.2 Proximale Tibia: Salter-II-Fraktur, Junge, 14 J.
a b c
d
a±b Unfallbilder. c±d K-Draht-Osteosynthese und Reposition.
Fall 20.3 Distales Femur: Salter-II-Fraktur, Mådchen, 10 J.
c
a a±b Unfallbilder. c±d K-Draht-Osteosynthese und Reposition.
b
d
]
315
316
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Verletzungen der Patella ] Patella partita Die Patella partita stellt eine Variation der Ossifikation dar, welche in der Regel asymptomatisch bleibt. In den meisten Fållen tritt zwischen dem 3. und 6. Lebensjahr ein Ossifikationszentrum auf. In 30% der Fålle kommen zusåtzliche Ossifikationszentren vor. Diese kænnen bis zum Abschluss des Wachstums mit der restlichen Patella verschmelzen oder in einer Patella partita resultieren (Abb. 20.13 a, b, 20.14). Die knorpelige Verbindung zur Patella stellt eine Schwachstelle fçr einwirkende Druck- und Scherkråfte dar und es kann hier selten zu einer Ausrissfraktur kommen. Meist ist keine spezifische Therapie erforderlich, in seltenen Fållen kann eine Resektion des Knochenfragments notwendig werden.
a
b
Abb. 20.13. Patella bipartita, håufigste Form. a Schema, b Ræntgenaufnahme.
] Patellafraktur Die Inzidenz der Patellafrakturen betrågt 1%. Frakturen im Bereich der Patella sind beim Kind im Vergleich zum Erwachsenen sehr viel seltener, da das kindliche Kniegelenk nachgiebiger ist bedingt durch einen laxeren Bandapparat und einen noch zum Groûteil knorpelig angelegten Knochen. Man unterscheidet Långs- und Querfraktur sowie osteochondrale Ausrissfrakturen (SleeveFraktur). Wåhrend ein Håmarthros beim Erwachsenen meist auf eine VKB Ruptur hinweist, liegt beim Kind mit unauffålligem Ræntgenbefund håufiger eine osteochondrale Fraktur vor.
] Patellaluxation Bei einem Ungleichgewicht der auf die Patella einwirkenden statischen und dynamischen Kråfte (ausgedrçckt in einem vergræûerten Q-Winkel; Abb. 20.15 a) kann dies zu einer Lateralisation der Patella im femoropatellaren Gleitlager fçhren (Abb. 20.15 b). Zu den prådisponierenden Faktoren gehæren u. a.: ] eine Hypoplasie des lateralen Kondylus, ] eine Dysplasie der Patella, ] ein Genu valgum,
Abb. 20.14. Patella partita, seltenere Formen.
] eine Patella alta, ] eine Insuffizienz des medialen Kapsel-BandApparates und des M. vastus medialis, ] eine Kontraktur der lateralen Kapselstrukturen sowie des M. vastus lateralis. Die Diagnose ist nicht immer leicht zu stellen, da es meist zu einer spontanen Reposition der Patella am Unfallort kommt. Eine gezielte Anamnesenerhebung spielt in der Klassifizierung der Luxationen eine bedeutende Rolle. Es existieren diverse radiologische Parameter, welche jedoch nur bei einer vollståndig ossifizierten Patella korrekt angewendet werden kænnen (Blumensaat; Insall und Salvati). Klinisch zeigt sich meist bei der traumatischen Luxation ein Druckschmerz çber dem medialen Retinakulum bzw. der medialen Patella sowie çber dem lateralen Femurkondylus mit positivem Apprehensiontest (Schmerzen bei Nachahmung des Luxa-
20 Knie
]
Tabelle 20.2. Klassifikation der Patellaluxation Typ I: traumatische Luxation
selten; begleitende osteochondrale Frakturen und Weichteilschaden
Typ II: chronische Luxation chronisch rezidivierend/habituell: angeboren oder erworben
v. a. adoleszente Mådchen; Ursache: Dysplasie Therapie: primår konservativ (Muskelaufdes femoropatellaren Gleitlagers, insuffizienter bau), sekundår bei Beschwerdepersistenz muskulårer Streckapparat, valgische Beinachse operativ (erhæhter Q-Winkel); håufig unspezifischer chronischer Knieschmerz
Typ III: habituelle Luxation, willkçrlich habituell (angeboren)
v. a. bei hyperaktiven Kindern; Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom; mehrere und willkçrliche Luxationen pro Tag, i. d. R. asymptomatisch, keine Begleitverletzungen
tionsvorgangs). Grundsåtzlich muss immer an Begleitschåden gedacht werden wie Weichteilschaden und osteochondrale Fraktur. Kinder mit einer generellen Hyperlaxizitåt der Gelenke haben ein geringeres Risiko einer intraartikulåren Begleitverletzung. Bei Verdacht auf ein osteochondrales Fragment kann eine MRT nçtzliche Informationen liefern oder bei massiven Håmarthros die primåre ASK. Auch bei der Kniegelenkspunktion geben Fettaugen auf dem Blut einen klaren Hinweis auf eine osteochondrale Verletzung. Therapeutisch steht bei fehlender Begleitverletzung die konservative Behandlung im Vordergrund mit Stårkung des M. vastus medialis obliquus
Abb. 20.15. a Q-Winkel, Zugrichtung des M. quadriceps = erhæht bei chronischer Patellaluxation; Normwerte: m = 8±108; w = 10±158. b Kongruenzbestimmung des femoropatellaren Gleitlagers nach Merchant; ± Sulkuswinkel: Winkel des femoralen Gleitlagers Normwert: 1388 ± Kongruenzwinkel: 1. Linie zwischen Patellaapex und tiefstem Punkt des Sulkus 2. Linie zwischen hinterer Patellarkante und tiefstem Punkt des Sulkus Normwerte: ±6 bis ±168 > 08: Winkel liegt lateral der Kongruenzlinie ab +168: gehåuft Patellaluxationen.
Therapie: ohne Begleitverletzung konservativ; mit Begleitverletzung operativ
Therapie: konservativ
des M. quadriceps. Fçr die operative Therapie existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden, die man grob in weichteilige Zçgelungsoperationen und knæcherne Operationen unterteilen kann. Allerdings sind knæcherne Prozeduren aufgrund der hohen Gefahr der Wachstumsstærung dem Adoleszentenalter mit bereits geschlossenen Fugen und in der Regel auch erst als Zweitmaûnahme vorbehalten.
lateral
- 20°
b
c a
a
b
medial 138 °
317
318
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Patellafraktur
a
b
Besonderheiten
selten; direktes Trauma, v. a. Adoleszente osteochondrale Fraktur v. a. nach Patellaluxation Sleeve Fracture (s. Abb. oben rechts, caudaler Abriss): osteochondrale Ausrissfraktur; v. a. 8.±12. Lj., plætzliche Quadrizepsanspannung (z. B. Hochsprung)
Diagnostik
Rx a.-p. + lateral Patella axial bei Långsfraktur ggf. MRT Arthroskopie bei zu erwartender therapeutischer Maûnahme
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Gelenkkongruenz Rekonstruktion des Streckapparates
Primårbehandlung
OS-Gipsschiene oder Orthese, Analgesie ggf. Punktion Håmarthros Notfallindikation: dislozierte Frakturen
Konservative Therapie ] Indikation
undislozierte Frakturen (s. Abb. oben, MRT, erhaltener Streckapparat), v. a. Långsfrakturen (< 2 mm)
] Verfahren
OS-Gips oder Orthese fçr 4 Wochen unter Abrollbelastung
] Nachbehandlung
nach Gipsabnahme 2 Wochen Abrollbelastung, dann schmerzabhångige Aufbelastung; ggf. Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
nach 5 Wochen gipsfrei
] Sportfåhigkeit
freie Funktion und symmetrische Muskelverhåltnisse; nach ca. 3 Monaten
Operative Therapie ] Indikation
dislozierte Frakturen
] Verfahren
Querfrakturen: offene Reposition und Zuggurtungsosteosynthese Långsfrakturen: arthroskopisch gestçtzte Schraubenosteosynthese, ggf. offen Sleeve Fracture: ggf. transossåre Fixationsnaht osteochondrale Fraktur: Refixation mit resorbierbaren Materialien
] Nachbehandlung
Zuggurtung: Ûbungsstabilitåt; Abrollbelastung fçr 5 Wochen, dann schmerzabhångige Aufbelastung; evtl. Krankengymnastik meist Kniegelenksorthese, ggf. OS-Gips fçr 4 Wochen
] Rx-Kontrolle
5 Wochen post OP, gipsfrei
20 Knie
] Metallentfernung
6 Monate post OP
] Sportfåhigkeit
freie Funktion und symmetrische Muskelverhåltnisse; nach ca. 3 Monaten
Komplikationen
Gelenkstufe = Pråarthrose Pseudarthrose; Ausriss der Osteosynthese
Wachstumsstærung
keine
Nachkontrollen
wæchentlich bis zur freien Funktion
Klassifikation
AO:
Technische Aspekte
Patellafraktur
Allg. Material
] Bildwandler
Lagerung
] Rçckenlage; Knierolle (Knie in ca. 208-Flexion) ] Oberschenkelblutsperre
Zugang
] querer Zugang oder parapatellarer lateral-anteriorer Zugang ] Reposition in Extension
Spezielle Aufklårung
] ] ] ]
OP-Prinzip
Schraubenosteosynthese ] Kleinfragment-Spongiosaschrauben, Durchmesser 3,5±4,5 mm, ggf. kançliert mit kurzem Gewinde ] Indikation: Långsfraktur (Abb. 20.16); Polfraktur (Abb. 20.17) ] palpatorische Kontrolle der Gelenkflåche; keine Stufe belassen Zuggurtung (Abb. 20.18) ] Material: K-Draht, Durchmesser 1,6 mm; Cerclagedraht 1,25 mm, halbrunde Hohlnadel ] nicht gekreuzt (Øquatorialcerclage) und/oder gekreuzt (Zuggurtung) ] palpatorische Kontrolle der Gelenkflåche ] K-Draht parallel, relativ dorsal ] Durchfçhren des Cerclagedrahtes unter den K-Dråhten und der Sehne, Spannen des Drahtes (BW-Kontrolle)
LiLa:
Pråarthrose Pseudarthrose Materialbruch sekundåre Lockerung der Osteosynthese
Sleeve Fracture ] transossåre Fixationsnaht mit PDS der Stårke 1,0 ] resorbierbare Knochenpins ] Schraubenosteosynthese ] Fibrinkleber Metallentfernung
6 Monate post OP
Sonstige Besonderheiten
keine
]
319
320
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Technische Aspekte
Patellafraktur
Abb. 20.16. Schraubenosteosynthese bei Långsfraktur der Patella.
Abb. 20.18. Zuggurtungsosteosynthese bei Querfraktur der Patella.
Abb. 20.17. Verschraubung von Polfrakturen mit Naht.
20 Knie
Patellaluxation
Typ I symmetrisch
Typ II/III asymmetrisch
Typ IV „Jägerhut“-Form
Besonderheiten
Typ I: traumatisch (selten) Typ II: chronisch habituell: v. a. adoleszente Mådchen; femoropatellare Dysplasie, Genu valgum, Insuffizienz des Streckapparates Typ III: habituell: willkçrliche, schmerzfreie Luxationen (!), oft bei neuromuskulårer Erkrankung Patellaformen nach Wiberg Typ I/II: symmetrisch/asymmetrisch = physiologisch Typ III: starke Asymmetrie/Jågerhutpatella = pathologisch
Diagnostik
meist spontane Reposition Rx des Knies in zwei Ebenen + Patella axial (nach Reposition) bei rezidivierenden Luxationen: Patella-Dfile-Aufnahme (Patella axial in 308-, 608-, 908-Flexion ? Beurteilung der Patellaposition im femoropatellaren Gleitlager) bei persistierendem Erguss: ASK in unklaren Fållen: MRT
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Gelenkkongruenz Verhinderung von Reluxationen
Primårbehandlung
sofortige Reposition durch Knieextension OS-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie ggf. Punktion Håmarthros
Konservative Therapie ] Indikation
habituell: primår konservativ keine osteochondralen Begleitverletzungen
] Verfahren
OS-Gips oder Orthese 3 Wochen unter schmerzabhångiger Belastung
] Nachbehandlung
funktionell; Muskelaufbau (M. quadriceps), Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
keine
] Sportfåhigkeit
bei symmetrischen Muskelverhåltnissen und reizlosem Kniegelenk; nach ca. 6 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
osteochondrale Begleitverletzungen; rezidivierende Luxationsneigung; erfolglose konservative Therapie, subakut
]
321
322
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Patellaluxation ] Verfahren
primår: diagnostische ASK und Refixation osteochondraler Flakes çber Miniarthrotomie, ggf. auch Entfernung sekundår: laterales Release und mediale Raffung des Retinakulums; arthroskopisch oder offen (Kontraindikation: Dysplasie des femoropatellaren Gleitlagers) rekonstruktive Techniken (weichteilig und knæchern)
] Nachbehandlung
6 Wochen Orthese mit Begrenzung auf 308, 608 und 908 Flexion fçr je 2 Wochen; passive Beçbung Krankengymnastik, somatischer Muskelaufbau, initial passiv
] Rx-Kontrolle
6 Wochen nach knæchernem Eingriff
] Metallentfernung
nach 12 Wochen
] Sportfåhigkeit
freie Funktion, symmetrische Muskelverhåltnisse; nach ca. 12 Wochen
Komplikationen/ Begleitverletzung
Ruptur des medialen Retinakulums osteochondrales Flake (mediale Patella/lateraler Femurkondylus) Reluxation; Chondropathia patellae bei suboptimalem Lauf der Patella
Wachstumsstærung
keine
Nachkontrollen
3-wæchentlich bis zur freien Funktion und Beschwerdefreiheit
Klassifikation
AO:
Technische Aspekte
Patellaluxation
Lagerung
] Rçckenlage; frei abgedecktes Bein; Fuûteil abklappbar (ASK) ] offen: Rçckenlage; Knierolle (Knie in ca. 208-Flexion) ] Oberschenkelblutsperre
Zugang
] cave: Rr. infrapatellares des N. saphenus (medial çber Pes anserinus)
Spezielle Aufklårung
] ] ] ] ]
OP-Prinzip
ASK ± diagnostisch ] in Flexion Inspektion der Auflageflåche der Patella auf das femorale Gleitlager; bei geringer Lateralisation reicht bei rezidivierender Patellaluxation ein laterales Release aus, bei deutlicher Lateralisation ist eine zusåtzliche mediale Raffung notwendig Osteochondrale Flakes ] Reposition und Fixation durch Schraube, Transfixationsnaht, resorbierbare Pins, Fibrinkleber Zçgelungsoperationen ] Weichteileingriffe ? Optimierung des Streckapparates und der passiven Patellafçhrung
LiLa:
bei Flake: Pråarthrose Reluxation Låsion von Hautnerven ? pråpatellare Taubheit post OP Ûberkorrektur Pseudarthrose,
20 Knie
Technische Aspekte
Patellaluxation laterales Release ± Kontraindikation: schwere femoropatellare Dysplasie ± extrasynoviale Långsspaltung der lateralen Kapsel ± ggf. Resektion eines 1 cm breiten Kapselstreifens zur Vermeidung einer narbigen Readaptation mediale Raffung ± Rekonstruktion des medialen Retinakulums und Kapselraffung ± offen: Zugang durch mediane Hautinzision, Inzision des medialen Retinakulums und Dopplung (Abb. 20.19) ± arthroskopisch: 1. anterolateraler Zugang 2. einstechen der Kançle am medialen Patellarand unter Mitfassen des Periosts 3. Stichinzision; subkutane Spreizung und Vorschieben einer Úse 3±6 cm nach medial 4. Stich mit einer 2. Kançle durch die Fadenschlaufe mit Schlaufe 5. fassen des Fadens çber medialen Zugang durch Fadenschlaufe 6. zurçckziehen der Schlaufe (2. Kançle) in das Subkutangewebe 7. zurçckziehen der Úse und knoten in Extensionsstellung (der Knoten liegt unter der Hautinzision subkutan) 8. je nach Ausdehnung: 3±5 Wiederholungen Alternative (Abb. 20.20) 1. Einstecken beider Kançlen 2. Durchziehen des Fadens (PDS 2/0) durch beide Kançlen mittels Fadenæse 3. Knoten auf der Kapsel nach Durchtrennung der Weichteilbrçcke zwischen den Kançlen Weitere Verfahren bei habitueller Patellaluxation sind in der Literatur beschrieben. Knæcherne Eingriffe ] Zentrierung der Patella im Gleitlager und Medialisierung der Zugrichtung des M. quadriceps Tuberositasversetzung nach Elmslie und Trillat (Abb. 20.21 a, b) ± Material: K-Draht 2 mm; Spongiosaschrauben 6,5 mm; Kortikalisschraube 5 mm; Unterlegscheibe ± Kontraindikation: offene Epiphysenfugen, Genu valgum > 108 ± Zugang: lateral-parapatellare Inzision ± Tuberositasmedialisierung, laterales Release und ggf. mediale Kapselraffung ± subperiostale Darstellung der Tuberositas bis 5 cm nach distal ± Sollbruchstelle: 3,2-mm-Bohrloch quer, ca. 4 cm distal der Tuberositas unterhalb der Kortikalis (Schonung des Patellarsehnenansatzes) ± Osteotomie nach medial leicht ansteigend ? gleichzeitige Ventralisierung ± Fixation mit 2 proximal eingebrachten Spongiosaschrauben und 1 distal eingesetzten Kortikalisschraube
Metallentfernung
Schrauben: nach 6 Monaten
Sonstige Besonderheiten
keine
]
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324
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Technische Aspekte
Patellaluxation
Abb. 20.19. Kombination laterales Release und mediale Retinakulumdopplung.
Abb. 20.20. Prinzip der arthroskopischen medialen Raffung.
aa
bb
Abb. 20.21 a, b. OP nach Elmslie und Trillat.
20 Knie
Bandverletzungen am kindlichen Knie Isolierte Bandverletzungen beim Kind sind aufgrund der hæheren Stabilitåt der Bånder im Vergleich zu den osteochondralen Strukturen selten. So kommt es bei weit offenen Wachstumsfugen eher zu Fugenverletzungen bzw. knæchernen Bandausrissen als zu Bandrupturen. Dabei ist eine Kombination von knæchernen und ligamentåren Låsionen ebenfalls mæglich und immer zu bedenken. Mit fortschreitendem Alter nimmt die allgemeine Hyperlaxizitåt der Gelenke ab und die Stabilitåt der knæchernen Strukturen zu, damit steigt die Inzidenz der Bandrupturen. Bei weit offenen Wachstumsfugen ist die klinische Diagnose von Bandlåsionen erschwert, da eine individuell unterschiedliche Aufklappbarkeit besteht. Ein knæcherner Ausriss låsst sich ggf. radiologisch nachweisen. Ein Håmarthros weist auf einen Kniebinnenschaden hin. Beim Erwachsenen ist er bei fehlender Fraktur ein relativ sicherer Hinweis auf eine vordere Kreuzbandruptur. Beim Mådchen dagegen steht die Patellaluxation im Vordergrund, dabei ist das Håmarthros durch Kapsel- oder Retinakulumeinrisse bedingt. Beim Jungen fçhrt v. a. die Ruptur des vorderen Kreuzbandes oder eine Meniskusverletzung zu einem Håmarthros. Durch eine exakte klinische Untersuchung und ggf. eine MRT kænnen diagnostische Arthroskopien beim Kind reduziert werden. Ist jedoch ohnehin eine therapeutische Arthroskopie indiziert, z. B. bei massivem Håmarthros, osteochondralen Fragmenten oder Bandverletzungen, so ist das MRT zusåtzlich meist nicht erforderlich. Wenn auch selten, muss gerade bei jungen Kindern mit Knieschmerzen ohne adåquates Trauma und bestehender Instabilitåt an eine angeborene Fehlbildung gedacht werden, wie z. B. eine Aplasie der Eminentia mit Fehlen des vorderen Kreuzbandes. Vorgehen beim Gelenkerguss/Håmarthros: ] Rx in zwei Ebenen ? Epiphysenlæsung, Eminentia-, Kollateralbandausrisse ] Punktion des Ergusses: bei starken Schmerzen ? Schmerzreduktion; Fettaugen = osteochondrale Flake Fracture ] ASK: bei massivem Håmarthros, Einklemmungszeichen, radiologischen Fragmenten im Gelenk, Patellafrakturen und -luxationen
]
] MRT: zum Ausschluss einer Meniskuslåsion, bei Verdacht auf Kreuzbandruptur, unsicherer Diagnose ohne klare ASK-Indikation; Objektivierung des Frakturverlaufs bei Epiphysenfrakturen.
] Eminentia-intercondylaris-Ausrisse Bei der Verletzung des vorderen Kreuzbandes gibt es altersabhångige Unterschiede. Unterhalb des 12. Lebensjahres kommt es im Wesentlichen zu knæchernen Ausrissen (Eminentia-Fraktur), oberhalb des 12. Lebensjahres eher zu intraligamentåren Kreuzbandrupturen. Die Eminentiafraktur ist die håufigste epiphysåre Fraktur der proximalen Tibia. Sie liegt intraartikulår, betrifft jedoch nicht die Epiphysenfuge. Die Einteilung erfolgt nach dem Dislokationsgrad nach Meyers und McKeever. Einteilung nach Meyers und McKeever (Abb. 20.22): ] Grad I undislozierte Fraktur ? konservative Therapie ] Grad II hångende Fraktur ? geschlossene Reposition und Fixation, besser arthroskopisch kontrollierte Reposition ] Grad III dislozierte Fraktur ? arthroskopische Reposition und Fixation; ausnahmsweise offen Ab Grad II kann eine operative Reposition und Fixation notwendig werden. Die Vorderhærner der Menisken mçssen bei Grad II und III inspiziert werden, da diese einklemmen und ein Repositionshindernis darstellen kænnen. Eine Kontrolle der Kniebandstabilitåt bis zum Wachstumsabschluss sollte erfolgen, um erkennen zu kænnen, ob eine dauerhafte Bandstabilitåt besteht. Sekundåre ACL-Insuffizienzen kænnen vorkommen.
] Intraligamentåre Kreuzbandlåsionen Intraligamentåre Kreuzbandverletzungen treten vorwiegend beim Adoleszenten auf. In 50% der Fålle liegen Begleitverletzungen vor. Die Therapie der Kreuzbandverletzung wird seit Jahren kontrovers diskutiert. Der Trend geht heute jedoch eindeutig zur operativen Versorgung.
325
326
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
konservative Therapie
Typ I geringe ventrale Anhebung der Eminentia
Typ II ventrale Anhebung der Eminentia, dorsaler Kontakt erhalten
operative Therapie
Typ III Eminentiaausriß mit vollständiger Dislokation
Typ IIIa wie Typ III und Drehung des Fragmentes
Abb. 20.22. Eminentia-intercondylaris-Ausriss: Einteilung nach Meyers und McKeevers.
Bis vor wenigen Jahren wurden diese Verletzungen vorwiegend konservativ behandelt. Lediglich bei einer symptomatischen Instabilitåt wurde eine Kreuzbandersatzplastik allgemein empfohlen aufgrund der potentiellen Schådi-
gung der Wachstumsfugen des distalen Femurs und der proximalen Tibia bei einem operativen Eingriff. In der aktuellen Literatur wird dagegen zunehmend bei allen kompletten Rupturen des vorderen Kreuzbandes mit Knieinstabilitåt (Giving Way) ein operativer Ersatz empfohlen wegen einer erhæhten Rate an instabilitåtsbedingten Meniskus- und Knorpellåsionen und der Gefahr der Frçharthrose. Zudem konnten bisher in verschiedenen Untersuchungen keine Wachstumsstærungen aufgrund iatrogener Schådigung der Fugen nachgewiesen werden bei schonender Operationstechnik und Sehnenersatzplastik. Die Ergebnisse nach Kreuzbandersatzplastik sind insgesamt gut. Pressman u. Mitarb. z. B. beobachteten signifikant bessere Ergebnisse nach Kreuzbandrekonstruktion im Vergleich zur konservativen Therapie und empfehlen primår ein operatives Vorgehen. Allerdings ist die Zahl der Kinder, die jçnger als 12 Jahre sind, in allen Studien sehr gering, und es empfiehlt sich trotz der Ergebnisse ein nicht zu unkritisches Vorgehen. Bei Kindern mit noch weit offenen Wachstumsfugen (< 12. Lj.) wird von manchen Autoren noch die intraligamentåre Naht des vorderen Kreuzbandes empfohlen. Dies stellt den Versuch dar, durch Narbenbildung wieder ein stabiles Band zu erhalten. Die Ergebnisse variieren je nach Studie, scheinen insgesamt jedoch unbefriedigend zu sein. Eine sichere Ausheilung und Stabilitåt sollten in diesen Fållen gewåhrleistet sein, ansonsten ist ein Kreuzbandersatz durchzufçhren. Auf die genaue Versorgung der Ruptur des hinteren Kreuzbandes wird im Folgenden nicht genauer eingegangen, da es sich um eine åuûerst seltene sowie spezielle Verletzung handelt. Die Ergebnisse der konservativ behandelten Rupturen des hinteren Kreuzbandes sind insgesamt gut, und die Bandnaht sollte primår erwogen werden. Sekundåre Rekonstruktionen werden fast ausnahmslos nach Wachstumsabschluss meist arthroskopisch mit Semitendinosussehne durchgefçhrt.
20 Knie
] Femorale Kollateralbandausrisse Die Kollateralbånder setzen çber lange Zçgel an der Femurmetaphyse und çber kurze Zçgel an der Femurepiphyse an. Beide Zçgel kænnen knæchern ausreiûen (Abb. 20.23). In der Mehrzahl der Fålle ist eine konservative Therapie mæglich. Nur bei massiver Instabilitåt (v. a. laterales Kollateralband, posterolateral) kann eine Naht notwendig werden. In diesen Fållen liegen håufig intraartikulåre Begleitverletzungen vor, welche ohnehin operativ versorgt werden mçssen. Die Einteilung erfolgt nach dem Ausmaû der Instabilitåt modifiziert nach Hughston (Tab. 20.3).
Tabelle 20.3. Instabilitåt der Kollateralbånder: Klassifikation mod. nach Hughston Grad I
keine Instabilitåt, geringe Bandzerrung, leichter Druckschmerz
konservative Therapie; frçhfunktionell
Grad II keine Instabilitåt, mittel- konservative Therapie; frçhfunktionell, ggf. gradige Bandzerrung, Schiene, Orthese starker Druckschmerz Grad III Instabilitåt + bis +++, Ausschluss Kniebinnenvollståndige Bandruptur verletzungen: ASK; isolierte Ruptur: konservative Therapie, Orthese
Abb. 20.23. Knæcherne Bandausrisse am Kniegelenk.
]
327
328
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Femoraler Kollateralbandausriss/intraligamentåre Kollateralbandruptur
Besonderheiten
selten; v. a. bei weit offenen Fugen metaphysåre und epiphysåre Ausrisse intraligamentår: v. a. > 12. Lj.
Diagnostik
klinische Instabilitåt (Seitenvergleich!) Rx: Knie in zwei Ebenen Verdacht auf epiphysåre Verletzung und Kniebinnenschaden: ggf. MRT Verdacht auf Kniebinnenschaden: ASK
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Bandstabilitåt
Primårbehandlung
OS-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
i. d. R. konservative Behandlung undislozierte Bandausrisse
] Verfahren
intraligamentåre Ruptur: je nach Instabilitåt: Grad I+ bis Grad II+: frçhfunktionell, Tape; Grad II+ bis Grad III+: Knieorthese, schmerzabhångige Belastung Bandausriss: OS-Gips fçr 4 Wochen unter schmerzabhångiger Belastung
] Nachbehandlung
schmerzabhångige Mobilisation, Muskelaufbau (M. quadriceps)
] Rx-Kontrolle
nach 4 Wochen
] Sportfåhigkeit
freie Funktion, symmetrische Muskelverhåltnisse; nach ca. 4 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
dislozierte, instabile Bandausrisse (v. a. laterales Kollateralband) (intraligamentåre Ruptur: Instabilitåt Grad III)
] Verfahren
1. ASK: diagnostisch ? Ausschluss von Begleitverletzungen 2. knæcherner Ausriss: offene Reposition und Schraubenosteosynthese 3. Bandnaht
] Nachbehandlung
Kniegelenksorthese fçr 4 Wochen unter schmerzabhångiger Belastung schmerzabhångige Mobilisation, Muskelaufbau (M. quadriceps)
] Rx-Kontrolle
postoperativ, Konsolidierungskontrolle nach 4±6 Wochen
] Metallentfernung
nach 6 Monaten
20 Knie
] Sportfåhigkeit
freie Funktion, symmetrische Muskelverhåltnisse; nach ca. 4 Wochen
Komplikationen/ Begleitverletzung
bei Instabilitåt III+ meist assoziierte Begleitverletzungen (Meniskuslåsion, VKB-Ruptur)
Wachstumsstærung
metaphysåre Ausrisse: hemmende Wachstumsstærung mæglich (durch Bildung einer Ausheilungsbrçcke ? Achsfehlstellung)
Nachkontrollen
wæchentlich bis zur freien Funktion; dann Ý-jåhrlich bis 2 Jahre Kontrolle von Beinlångendifferenzen und Achsfehlstellungen Rx-Kontrolle bei Achsabweichung (Ausschluss einer Brçckenbildung der Wachstumsfuge)
Klassifikation
AO: 33-E/7.1-3
33-M/7.1-3
LiLa: 3.3.s.5.0-2.
3.3.a.5.0-2.
Eminentia-intercondylaris-Ausriss/knæcherner Kreuzbandausriss
op T
Typ III Eminentiaausriß mit
Besonderheiten
bei Håmarthros an knæcherne VKB-Ausrisse denken håufigste epiphysåre Fraktur der Tibia Einteilung nach Meyers und McKeever
Diagnostik
klinisch: Håmarthros, Instabilitåt Rx Knie a.-p. und lateral primåre ASK ggf. MRT zur Beurteilung von Begleitverletzungen
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Bandstabilitåt, Vermeidung von Spåtschåden (Meniskuslåsion, Knorpelschaden) Versorgung der Begleitverletzungen
Primårbehandlung
OS-Gipsschiene in Extension, ggf. medikamentæse Analgesie, ggf. Thromboseprophylaxe ggf. Punktion des Håmarthros (Schmerzreduktion)
Konservative Therapie ] Indikation
undislozierte Bandausrisse, Grad I, II
] Verfahren
OS-Gips in Streckstellung fçr 3 Wochen, dann in 108-Beugestellung fçr weitere 3 Wochen unter Vollbelastung
] Nachbehandlung
schmerzabhångige Mobilisation; Muskelaufbau (M. quadriceps) Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
Stellungskontrolle nach 1 Woche; Konsolidierungskontrolle nach 6 Wochen
]
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]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Eminentia-intercondylaris-Ausriss/knæcherner Kreuzbandausriss ] Sportfåhigkeit
freie Funktion, symmetrische Muskelverhåltnisse; nach ca. 12 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
dislozierte, instabile Bandausrisse, Grad II und III; Begleitverletzungen
] Verfahren
ASK, arthroskopische Reposition und Fixation mit Naht, Schraube oder mit K-Dråhten
] Nachbehandlung
abhångig von Methode; in der Regel OS-Gips oder Orthese fçr 6 Wochen unter schmerzabhångiger Belastung nach Gipsabnahme: Muskelaufbau (M. quadriceps) Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; 6 Wochen post OP
] Metallentfernung
nach 12 Wochen
] Sportfåhigkeit
freie Funktion, symmetrische Muskelverhåltnisse; nach ca. 12 Wochen
Komplikationen/ Begleitverletzung
Meniskus-, Kollateralband-, Knorpellåsionen Frçharthrose bei persistierender Instabilitåt
Wachstumsstærung
selten
Nachkontrollen
wæchentlich bis zur freien Funktion
Klassifikation
AO: 41-E/7.1-3
LiLa: 4.1.a.5.0-2.
Intraligamentårer Kreuzbandriss
Besonderheiten
vor allem adoleszente Kinder > 12. Lj.
Diagnostik
klinisch: Håmarthros, Instabilitåt Rx Knie a.-p. und lateral MRT zur Diagnosesicherung ASK
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Bandstabilitåt, Vermeidung von Spåtschåden (Meniskuslåsion, Knorpelschaden) Versorgung der Begleitverletzungen
20 Knie
Primårbehandlung
OS-Gipsschiene in Extension, ggf. medikamentæse Analgesie, ggf. Thromboseprophylaxe ggf. Punktion des Håmarthros
Konservative Therapie ] Indikation
isolierte VKB-Rupturen, Kinder <12. Lj., kein Giving Way (kontrovers diskutiert aufgrund mæglicher Spåtschåden bei einer Instabilitåt)
] Verfahren
funktionell
] Nachbehandlung
schmerzabhångige Mobilisation; Muskelaufbau (M. quadriceps) Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
keine
] Sportfåhigkeit
freie Funktion, symmetrische Muskelverhåltnisse; nach ca. 12 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
komplette Rupturen (vor allem > 12. Lj.) symptomatische Instabilitåt (Giving Way, rezidivierender Erguss, Schmerz) Begleitverletzungen
] Verfahren
Kreuzbandersatzplastik mit Semitendinosussehne; steiler Bohrkanal, dadurch kurze Kreuzung der Fuge; Bohrkanal und Sehne gleichen Durchmessers; Fixation auûerhalb der Fuge (bioresorbierbare Schrauben) alternativ: intraligamentåre Naht, Reinsertion
] Nachbehandlung
abhångig von OP-Methode: i. d. R. Orthese ohne Bewegungslimit unter Teilbelastung fçr 4 Wochen, dann langsame Aufbelastung schmerzabhångige Mobilisation, Muskelaufbau (M. quadriceps) Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
postoperativ
] Metallentfernung
ggf. nach 6 Monaten meist biodegradierbare Fixationsmaterialien (z. B. Interferenzschrauben, Transfixschraube)
] Sportfåhigkeit
freie Funktion, symmetrische Muskelverhåltnisse
Komplikationen/ Begleitverletzung
Meniskus-, Kollateralband-, Knorpellåsionen Frçharthrose bei persistierender Instabilitåt
Wachstumsstærung
selten; wenn dann vor allem iatrogen
Nachkontrollen
wæchentlich bis zur freien Funktion; Abschluss bei Beschwerdefreiheit nach 1,5 Jahren und Kontrolle bei Wachstumsabschluss
Klassifikation
AO:
LiLa:
]
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]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Technische Aspekte
knæcherner Bandausriss/VKB-Ruptur
Allg. Material
] Bildwandler ] ASK-Mæglichkeit
Lagerung
] Rçckenlage; frei abgedecktes Bein; Fuûteil abklappbar (ASK) ] gleichzeitige Durchleuchtung ermæglichen; Oberschenkelblutsperre
Zugang
] ASK ] offenes Vorgehen: Mini-Arthrotomie medial der Patella
Spezielle Aufklårung
] ] ] ]
OP-Prinzip
Knæcherner Ausriss: Schraubenosteosynthese ± Material: kançlierte Spongiosazugschraube mit kurzem Gewinde 3,5±4,5 mm Unterlegscheibe ± Verlauf: retrograd (Abb. 20.24): distal ? proximal, auch Verlauf in Epiphyse mæglich antegrad: proximal ? distal (Problem der Metallentfernung) ± Zugang: antegrad: hoher medialer Zugang (in 808-Flexion) mit Unterlegscheibe Knæcherner Ausriss: transossåre Naht ± Material: PDS (Stårke 0) ± bei kleinen Fragmenten oder Mehrfragmentierung ± Positionierung arthroskopisch mit Zielgeråt; Naht çber Miniarthrotomie Knæcherner Ausriss: K-Draht-Osteosynthese ± Material: 1,4-mm-K-Dråhte; bei kleinen Kindern, Fragmenten; gekreuzt perkutan mæglich VKB-Plastik ± Semitendinosustechnik (Abb. 20.25) ± Vielzahl von unterschiedlichen Techniken ± im Vordergrund Schonung der Wachstumsfugen ± Mæglichkeit A: Bohrkanåle epiphysår unter Schonung der Fuge ± Mæglichkeit B (am weitesten verbreitet): transepiphysåre Bohrkanåle; bei der Fixation ist darauf zu achten, dass kein Knochen oder Fremdmaterial in Hæhe der Fuge zu liegen kommt und ein steiler Kanal gleicher Græûe wie das Transplantat besteht (Vermeidung von Brçckenkallus); durchkreuzt nur die Sehne (Transplantat) die Fuge, wurden bisher noch keine wesentlichen Wachstumsstærungen beobachtet ± Mæglichkeit C: Bohrkanåle metaphysår, das Transplantat wird um die Fugen herum geleitet
Metallentfernung
] Dråhte; Schrauben in Narkose
chronische Instabilitåt (Frçharthrose) Funktionseinschrånkung Wachstumsstærung bei Fugenschluss Sensibilitåtsstærung im Versorgungsgebiet des N. infrapatellaris
20 Knie
Technische Aspekte
knæcherner Bandausriss/VKB-Ruptur
Abb. 20.24. Retrograde Eminentiaverschraubung.
Abb. 20.25. Semitendinosus-Sehnenersatz: bioresorbierbare Deltaschraube (Tibiaepiphyse) und resorbierbarer Transfixstift.
]
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]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Meniskusschåden Die Inzidenz von Meniskuslåsionen ist bei Kindern deutlich geringer als beim Erwachsenen, sie betrågt 2,5%. Der laterale Meniskus ist mobiler als der mediale, der mit der Kapsel und dem medialen Kollateralband verwachsen ist, was zu einer erhæhten Verletzungsanfålligkeit des medialen Meniskus fçhrt. Die erhæhte Rate an Auûenmeniskuslåsionen im Kindesalter wird auf die bevorzugt laterale Lage eines Scheibenmeniskus zurçckgefçhrt. Am håufigsten kommen longitudinale Rupturen des Hinterhorns vor, Korbhenkelrisse sind erst typisch fçr das Adoleszentenalter. Die Gefåûversorgung der Menisken nimmt im Laufe der Entwicklung mit zunehmender Belastung ab. Die Vaskularisierung der Randbereiche erlaubt jedoch eine Spontanheilung inkompletter Meniskusrupturen im Kindesalter. Die klinische Untersuchung steht in der Diagnostik im Vordergrund mit den verschiedenen Meniskustests. Die MRT kann in unsicheren Fållen oder speziellen Fragestellungen zusåtzliche Informationen liefern, allerdings sinken mit dem Alter auch Sensitivitåt sowie Spezifitåt der MRT fçr Kniebinnenschåden. In Abb. 20.26 ist die Graduierung der Signalalteration von Meniskusverletzungen in der MRT nach Stoller dargestellt, wobei nur Grad III eine klinische Relevanz aufweist. Therapieziel ist der Meniskuserhalt durch Refixation. Wenn dies nicht erreicht werden kann,
0
I
III a
III b
II
Abb. 20.26. Gradeinteilung von Meniskuslåsionen in der MRT nach Stoller 08: homogen schwarzer Meniskus I8: rundliches Signal, ohne dass es die superiore oder inferiore Oberflåche erreicht II8: lineares Signal, ohne dass es die superiore oder inferiore Gelenkflåche erreicht III8: lineares Signal, welches die Oberflåche erreicht; a eine Oberflåche, b beide Oberflåchen.
sollte eine mæglichst sparsame Teilresektion durchgefçhrt werden. Totale Meniskektomien fçhren in Langzeitergebnissen zu signifikant erhæhten Arthroseraten.
] Scheibenmeniskus Der Scheibenmeniskus ist selten (29/1300 Meniskektomien); die Inzidenz betrågt 0,4%, bei asiatischen Kindern ist die Inzidenz hæher. Die Øtiologie des Scheibenmeniskus ist noch nicht endgçltig geklårt. Er findet sich meist im lateralen Kompartment und ist in der Regel asymptomatisch oder wird erst im Erwachsenenalter symptomatisch. Allerdings ist er anfålliger fçr Verletzungen und kann sekundår nach Ruptur symptomatisch werden. Meist klagen die Patienten çber Klickphånomene bei Bewegung sowie çber chronische Schmerzen und rezidivierende Gelenkergçsse. In der klinischen Untersuchung zeigen sich håufig ein palpables Klicken, Blockierungsphånomene, ein intraartikulårer Erguss, eine Quadrizepsatrophie, ein positives Meniskuszeichen und ein Druckschmerz çber dem (lateralen) Gelenkspalt. Die bildgebende Diagnostik umfasst das konventionelle Ræntgen in zwei Ebenen, wobei in der a.-p. Aufnahme eventuell eine laterale Gelenkspalterweiterung, eine Wælbung des lateralen Tibiaplateaus, eine Abflachung des lateralen Femurkondylus, eine Eminentiahypoplasie sowie eine Elevation des Fibulakæpfchens zu sehen ist. Die MRT kann in unklaren Fållen weiterhelfen. Hier weist eine Dicke > 5 mm zwischen Vorder- und Hinterhorn in den sagittalen Schnitten auf das Vorliegen eines Scheibenmeniskus hin. Die Darstellung instabiler Varianten ist schwierig, jedoch kænnen makroskopisch nicht sichtbare intrameniskale Låsionen dargestellt werden. Nur bei symptomatischen Scheibenmenisken besteht eine Operationsindikation, ein schmerzfreies Klicken sollte zunåchst lediglich beobachtet werden. Ziel ist eine partielle Meniskektomie des rupturierten Meniskusabschnitts, ggf. eine Refixation. Totale Meniskektomien fçhren zu einer frçhzeitigen Arthrose.
20 Knie
Klassifikation nach Form und Fixation nach Watanabe: ] Typ I kompletter Scheibenmeniskus, normale Fixierung an der dorsalen Kapsel, komplette Bedeckung des Tibiaplateaus ] Typ II inkompletter Scheibenmeniskus, normale Fixierung an der dorsalen Kapsel, komplette Bedeckung des Tibiaplateaus
]
Typ III ist besonders instabil, weshalb dieser Typ v. a. fçr die Symptomatik verantwortlich gemacht wird. Aus der Instabilitåt resultiert das typische bewegungsabhångige Klicken. Instabile Formen finden sich håufig bei kompletten Scheibenmenisken und eher bei jçngeren Kindern.
] Typ III Wrisberg-Band, abnormale dorsale Fixierung, dorsale Fixierung durch meniskofemorales Band
Meniskuslåsion
Besonderheiten
selten; Rissformen: Lappenriss, Radiårriss, Korbhenkelriss (s. Abb. oben rechts) z. T. assoziiert mit Scheibenmeniskus (s. Abb. oben links)
Diagnostik
klinisch: Klickphånomene, Blockaden, chronischer Knieschmerz, Ergussneigung, positives Meniskuszeichen Rx des Knies in zwei Ebenen ASK, MRT in unklaren Fållen
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
mæglichst Meniskuserhalt, Vermeidung von Frçharthrose
Primårbehandlung
symptomatisch; ggf. Ruhigstellung, Entlastung
Konservative Therapie ] Indikation
stabile Scheibenmenisken; asymptomatisches ¹Klickenª; geringgradige Einrisse
] Verfahren
funktionell; Beobachtung
] Nachbehandlung
entfållt
] Rx-Kontrolle
entfållt
] Sportfåhigkeit
2 Wochen
335
336
]
D. Schneidmçller: 20 Knie
Meniskuslåsion Operative Therapie ] Indikation
Symptomatik (Erguss, Schmerz, Blockaden)
] Verfahren
ASK; Refixation durch Naht oder Staples Meniskusteilresektion
] Nachbehandlung
Teilresektion: Bewegung frei, Teilbelastung fçr 2 Wochen Refixation (i. d. R. Hinterhorn): max. Flexion 908 fçr 6 Wochen (Orthese), Teilbelastung fçr 6 Wochen
] Rx-Kontrolle
entfållt
] Metallentfernung
entfållt
] Sportfåhigkeit
bei symmetrischen Muskelverhåltnissen; Beschwerdefreiheit; nach ca. 6 Wochen, bei Naht nach 12 Wochen
Komplikationen/ Begleitverletzung
frçhzeitige Arthrose, Reruptur nach Naht
Wachstumsstærung
keine
Nachkontrollen
2-wæchentlich bis zur freien Funktion
Klassifikation
AO:
LiLa:
21 Unterschenkel
D. Schneidmçller und I. Marzi
] Physiologische Befunde
Frakturen des Unterschenkelschaftes
Faszienlogen des Unterschenkels
Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild
Anteriores Kompartment: ] M. extensor digitorum longus ] M. extensor hallucis longus ] M. tibialis anterior ] A. tibialis anterior ] N. peronaeus profundus
Die Inzidenz von Unterschenkelschaftfrakturen betrågt 5,8%. Sie zåhlen zu den håufigsten Verletzungen der unteren Extremitåt. In 70% aller Fålle ist die Tibia isoliert betroffen, in 30% handelt es sich um komplette Unterschenkelfrakturen.
Laterales Kompartment: ] Mm. peronaei longus et brevis ] N. peronaeus superficialis Oberflåchliches posteriores Kompartment: ] M. soleus ] M. gastrocnemius Tiefes posteriores Kompartment: ] M. flexor digitorum longus ] M. flexor hallucis longus ] M. tibialis posterior ] A. tibialis posterior ] A. fibularis ] N. tibialis
Streckerloge
Peronealloge
tiefe Beugerloge
oberflächliche Beugerloge
Abb. 21.1. Faszienlogen des Unterschenkels.
] Proximale metaphysåre Tibiafrakturen. Der Altersgipfel liegt zwischen 3 und 6 Jahren. In 50% der Fålle kommt eine Fraktur der proximalen Fibula hinzu (v. a. Grçnholzfraktur). Man muss zwischen den meist unproblematischen Stauchungsbrçchen und den Biegungsbrçchen unterscheiden. Die Stauchungsbrçche sind in der Regel undisloziert, und es ist nicht mit Achsabweichungen oder Wachstumsstærungen zu rechnen, da meist kleine Kinder mit hohem Korrekturpotenzial betroffen sind. Der metaphysåre Biegungsbruch, der deutlich seltener auftritt, ist hingegen aufgrund der mæglichen Spåtfolgen problematischer. Der Unfallmechanismus besteht aus einer lateral einwirkenden Kraft bei gestrecktem Kniegelenk, was zu einem Biegungsbruch der Tibiametaphyse mit zum Teil lateral intaktem Periostschlauch fçhrt (Grçnholzfraktur). Dies hat eine mehr oder weniger ausgeprågte Valgusfehlstellung zur Folge, welche im initialen Ræntgenbild nicht immer zu erkennen ist. Sobald in der a.-p. Aufnahme des konventionellen Ræntgenbildes nur medial ein Frakturspalt sichtbar ist, liegt eine Valgusfehlstellung vor. Wird diese Dislokation belassen, kann sich eine zunehmende Valgusdeformation mit resultierendem Genu valgum entwickeln. Aber auch bei korrekt reponierter Fraktur ist eine Valgusbildung mæglich. Meist entwickelt sich eine solche Achsdeformitåt innerhalb des ersten Jahres nach Trauma. Die Ur-
338
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
sache fçr dieses Wachstumsphånomen wird in der Literatur noch kontrovers diskutiert. Zu den mæglichen Ursachen gehæren eine vermehrte Durchblutung der medialen Seite der proximalen Tibia, eine sperrende Wirkung der noch intakten Fibula, ein asymmetrisches Mehrwachstum der medialen Tibiaepiphyse, eine unvollståndige Reposition der Fraktur, der Verlust der stabilisierenden Wirkung des Pes anserinus oder aber in den medialen Frakturspalt eingeschlagene Weichteile (Pes anserinus, mediales Kollateralband). Die Eltern mçssen çber die Mæglichkeit dieser Wachstumsstærung informiert und aufgeklårt werden. Bei einer posttraumatischen Valgusfehlstellung sollte bei Beschwerdefreiheit eine eventuelle Korrekturosteotomie erst nach Wachstumsabschluss erfolgen, da Spontankorrekturen im weiteren Verlauf noch mæglich sind. Gemessen wird die Fehlstellung çber den sog. Epiphysenachsenwinkel (Abb. 21.2). Das Verletzungsmuster des Unterschenkelschaftes åndert sich mit dem Alter des Kindes. Wåhrend beim Kleinkind bei noch unzureichender Knochenstabilitåt undislozierte Torsionsfrakturen des isolierten Tibiaschaftes im Vordergrund stehen, nehmen Querfrakturen isoliert oder in Kombination mit einer Fibulafraktur, verursacht durch direkte Traumen, beim 6- bis 10-Jåhrigen zu. Beim Adoleszenten spie-
len sportbedingte Unfålle, welche oft zu einer Schrågfraktur im distalen Drittel fçhren, eine wichtige Rolle. Daneben gehæren Verletzungen der Tibia zu den zweithåufigsten Verletzungen bei einem Battered-Child-Syndrom ± 26% aller misshandelten Kinder haben eine Tibiafraktur ± welches in verdåchtigen Fållen abgeklårt werden muss. Nach allen Unterschenkelfrakturen muss mit stimulativen Wachstumsstærungen gerechnet werden, welche je nach Alter des Kindes und dem Ausmaû des nætigen Remodelings bis zu einer Beinverlångerung von 1 cm fçhren kænnen. Isolierte Tibiafrakturen neigen aufgrund der einwirkenden Kråfte der umgebenden Muskulatur und der sperrenden Wirkung der unverletzten Fibula im Verlauf ihres Heilungsprozesses zu einer zunehmenden Varusstellung (50±60%). Achsfehlstellungen kænnen sich prinzipiell beim Kind < 10 Jahren korrigieren, aufgrund der erforderlichen långeren Remodelingphase mit långerer Wachstumsaktivitåt und der mæglichen Beinlångenalteration sollten aber auch diese nicht belassen werden. Rotationsfehler werden nicht ausgeglichen, sodass auf eine korrekte Reposition zu achten ist, um spåteren Beschwerden im Knie- bzw. Sprunggelenk vorzubeugen. Hierbei sind die physiologischen Torsionsdifferenzen zu berçcksichtigen. Meist besteht eine physiologische Auûenrotation von 10±158, dabei projiziert sich der 2. Strahl des Mittelfuûes auf die Verlångerung der Tibiaachse. Eine Korrektur verbliebener Fehlstellungen sollte bei bestehenden Beschwerden frçhestens 1 Jahr nach Trauma erfolgen, bei fehlender Symptomatik ± falls çberhaupt ± erst nach Wachstumsabschluss. ] Isolierte Tibiaschaftfrakturen. Diese gelten als stabil und kænnen somit grundsåtzlich konservativ behandelt werden.
Abb. 21.2. Epiphysenachsenwinkel.
] Komplette Unterschenkelschaftfrakturen. Bei diesen Frakturen entfållt die sperrende Wirkung der Fibula und es ist aufgrund des Muskelzuges anterolateral eher mit einer Valgusdeformitåt zu rechnen. Man unterscheidet stabile Frakturen, bei denen die tibialen Fragmente noch aufeinander stehen, von den instabilen Frakturen, bei denen zumindest die Tibia vollståndig disloziert ist. Wenig oder nicht dislozierte, stabile Frakturen kænnen konservativ im OS-Gips ausbehandelt werden. Instabile Frakturen, insbesondere lange Schrågfrakturen, komplette Un-
21 Unterschenkel
terschenkelfrakturen, Mehrfragmentfrakturen oder Achsfehlstellungen > 108 werden meist operativ stabilisiert. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass operativ stabilisierte Kinder håufig schneller schmerzfrei sind als Kinder, die konservativ behandelt wurden. Zudem sind die Kinder nach çbungsstabiler Versorgung mobiler als mit einer Ruhigstellung im OS-Gips çber mehrere Wochen. Die Osteosynthese am Unterschenkelschaft erfolgt çberwiegend durch eine intramedullåre elastische Nagelung (ESIN) oder durch einen Fixateur externe. Die Plattenosteosynthese findet beim Kind in der Regel keine Anwendung und bleibt speziellen Indikationen vorbehalten. Die Risiken sowie Vor- und Nachteile jeder Methode sollten mit dem Patienten und den Eltern ausfçhrlich besprochen werden, damit dann gemeinsam eine Entscheidung unter Abwågung individueller Wçnsche und Bedçrfnisse çber die Wahl der Therapiemethode getroffen werden kann. ] Frakturen der distalen Tibiametaphyse. Diese Frakturen mçssen in Stauchungs- und Biegungsfrakturen unterschieden werden. Die Stauchungsfrakturen sind meist unkompliziert und treten håufig im Rahmen sog. Fahrradspeichenverletzungen auf. Biegungsbrçche sind nach allen Distorsionstraumen mæglich. Oft besteht eine Rekurvationsfehlstellung. Auch hier ist die Gefahr eines zunehmenden Fehlwachstums bei Belassen eines Achsfehlers durch partielle Stimulation der nahe gelegenen Wachstumsfuge entsprechend der proximalen Metaphyse gegeben. An dieser Lokalisation besteht jedoch ein gutes Korrekturpotenzial, sodass hier Achsabweichungen bis zu 208 im Verlauf bei Kindern unter 10 Jahren korrigiert werden kænnen. ] Isolierte Fraktur der Fibula. Diese Fraktur ist selten und meist Folge eines direkten Anpralltraumas (Abb. 21.3). Håufig liegt eine begleitende Verletzung der distalen Tibiaepiphyse vor. ] Offene Frakturen. Sie betreffen bevorzugt die Tibia. Circa 9% aller Tibiafrakturen sind offene Frakturen, meist verursacht durch Hochrasanztraumen. Die Klassifikation erfolgt nach Gustillo und Anderson (s. Kap. 10). Die Behandlung wird nach den gleichen Prinzipien der Erwachsenenchirurgie durchgefçhrt: schnelles, umfassendes chirurgisches Wunddbridement, systemische Antibiotikaprophylaxe und Stabilisie-
]
Abb. 21.3. Isolierte Fibulafraktur, Biegungsbruch.
rung der Fraktur im Regelfall durch einen Fixateur externe und geplante Second-Look-Operationen. Im Vergleich zum Erwachsenen verfçgt das Kind jedoch çber eine insgesamt bessere Weichteilheilung, und Knochendefekte kænnen zum Teil çber die periostale Reaktion aufgefçllt werden. Dennoch besteht die Gefahr einer verzægerten Frakturheilung (16%) oder gar einer Pseudarthrose (7,5%) sowie einer Infektion (oberflåchlich: 8%, tief: 3%) oder eines Kompartmentsyndroms (4%). ] Kompartmentsyndrom. Nach allen Unterschenkelfrakturen ist die Entwicklung eines Kompartmentsyndroms mæglich. Der normale Gewebedruck betrågt 0 mmHg. Ab einem andauernd erhæhten Druck von ca. 30 mmHg kommt es zu irreversiblen Schåden der Muskulatur des betroffenen Kompartments (nach ca. 5 h). Typische Symptome sind çbermåûige Schmerzen mit Zunahme bei Bewegung und sensomotorische Defizite neben einer starken Weichteilschwellung und Muskelverhårtung. Bei einer Druckerhæhung im posterioren Kompartment klagen die Patienten çber starke Schmerzen bei passiver Bewegung der Zehen, çber eine plantare Hyperåsthesie und eine Schwåche der Zehenbeuger. Als Spåtfolge kænnen Krallenzehen sowie eine verminderte Beweglichkeit im Sprung-
339
340
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
gelenk durch Kontraktur der Muskulatur resultieren (Volkmann-Kontraktur). Bei einem drohenden Kompartmentsyndrom sollten umgehend alle konstringierenden Verbånde entfernt und abschwellende Maûnahmen wie Hochlagern und Kçhlung durchgefçhrt werden. Bei Persistenz muss eine Fasziotomie erfolgen. ] Stressfraktur. Die Tibia ist zudem eine håufige Lokalisation fçr Stressreaktionen bzw. Stressfrakturen. Dies betrifft im Wesentlichen adoleszente Kinder, håufig mit einer vermehrten Belastung (Sport, Trainingsumstellung) in der Anamnese. Die Symptome sind meist unspezifisch mit belastungsabhångigen Schmerzen, teilweise Schwellung und Entzçndungszeichen. Das initiale Ræntgenbild ist håufig unauffållig, erst im Verlauf ist hier eine Periostreaktion zu erkennen. Die Diagnose kann meist durch genaue Anamnese und den klinischen Befund gestellt werden. Hier kann die MRT speziell im Frçhstadium die Diagnose sichern und Differenzialdiagnosen wie Osteomyelitis und maligne Erkrankungen (z. B. Ewing-Sarkom) in unsicheren Fållen ausschlieûen. Typischerweise findet man in den T2-gewichteten fettsupprimierten Auf-
a
nahmen eine diffuse Signalerhæhung im Sinne eines Knochenmarkædems, eine periostale Verdickung und ggf. in den T1-gewichteten Aufnahmen einen sichtbaren Frakturspalt (Abb. 21.4 a, b). Nach Aufklårung des Patienten und der Eltern besteht die Therapie der Stressreaktion aus Reduktion bzw. Vermeidung der spezifischen Belastung, ggf. einer zeitweisen Entlastung an Unterarmgehstçtzen. Sobald der Patient beschwerdefrei ist, kann langsam mit Belastung (Sport) begonnen werden, wobei bei Auftreten von Beschwerden die Belastung wieder zurçckgenommen werden muss, bis eine Beschwerdefreiheit erreicht ist. Eine vollståndige Fraktur kann meist konservativ durch Gipsruhigstellung therapiert werden. ] Toddler's Fracture: Eine Sonderform der isolierten Tibiaspiralfraktur (Abb. 21.5 a, b). Ursache ist ein Rotationstrauma bei fixiertem Fuû v. a. bei Kleinkindern (< 3. Lj.). Meist fallen diese Kinder durch plætzliche Schonung des betroffenen Beins auf, ohne dass ein spezifisches Trauma bekannt ist. Die Diagnose kann håufig erst im Nachhinein gestellt werden, da das primåre Ræntgenbild sehr oft unauffållig ist. Erst
b
Abb. 21.4. Stressfraktur des Tibiaschaftes. a Knochenmarksædem b Frakturlinie. Abb. 21.5 a, b. Toddler's Fracture.
21 Unterschenkel
Abb. 21.6. Floating Knee. a diaphysåre Frakturen b diaphysåre + metaphysåre Fraktur c diaphysåre + epiphysåre Fraktur.
a
b
]
c
Tabelle 21.1. Frakturformen des Unterschenkels ] Proximale Tibiametaphyse ] Distale Tibiametaphyse
Abb. 21.7. Polytrauma nach Verkehrsunfall (11-jåhriges Mådchen). Floating knee Typ a, primåre Stabilisierung mittels Fixateur externe.
nach 10±14 Tagen fållt eine stattgefundene Fraktur durch periostale Kallusbildung auf. Die Therapie ist immer konservativ im OS-Gips fçr ca. 4 Wochen bei guter Prognose. ] Floating Knee: Es handelt sich um eine ipsilaterale Femur- und Tibiafraktur (Abb. 21.6, 21.7). Meist sind diese Frakturen Folge eines Hochrasanztraumas. Aufgrund der besseren Versorgungsmæglichkeit der meist polytraumatisierten Kinder und der schnelleren Mobilisierbarkeit empfiehlt sich eine operative Stabilisierung bei-
] Diaphysåre Frakturen
isolierte Tibiafraktur traumatisch Stressfraktur isolierte Fibulafraktur traumatisch Stressfraktur komplette Unterschenkelfraktur
] Spezielle Frakturen
Toddler's Fracture Floating Knee
der Frakturen. Håufig liegen begleitende Verletzungen des Bandapparates des Kniegelenks oder Meniskusverletzungen vor, welche berçcksichtigt werden mçssen.
Klassifikation Frakturformen und Ursachen (mod. nach Rockwood und Wilkins 2001) von Frakturen des Unterschenkels sind in Tab. 21.1 aufgefçhrt. Spezielle Kinderklassifikationen s. Kapitel 3.
341
342
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Fraktur der proximalen Tibiametaphyse
Besonderheiten
v. a. junge Kinder (< 8. Lj.) Stauchungsfraktur: unkompliziert Biegungsfraktur: Valgusgefahr
Diagnostik
Rx: US a.-p. + lateral (mit Kniegelenk), ggf. Schrågaufnahme (um Frakturspalt besser beurteilen zu kænnen)
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
keine Achsdeformitåt, insbesondere kein Valgus (Epiphysenachsenwinkel 08), keine Rotationsfehlstellung Kompression des medialen Frakturspaltes (!) zur Pråvention eines medialen Mehrwachstums
Primårbehandlung
OS-Gipschiene, Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
in der Regel konservativ
] Verfahren
< 108 Valgus: OS-Gips zirkulår in Extension und unter Varusstress ? 8. Tag: Gipskeilung (mediale Kompression!) > 108 Valgus; Seit-zu-Seit-Verschiebung: geschlossene Reposition und OS-Gips ? 8. Tag: Gipskeilung
] Nachbehandlung
schmerzabhångige Aufbelastung, ggf. Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
8. Tag: Stellungskontrolle (bei Achsabweichung Gipskeilung); Konsolidierungskontrolle: nach 4±6 Wochen
] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion, symmetrischen Muskelverhåltnissen (ca. 4 Wochen nach Konsolidierung)
Operative Therapie ] Indikation
Repositionshindernis, Begleitverletzungen, offene Frakturen
] Verfahren
geschlossene, ggf. offene Reposition Kompression çber medialen Fixateur externe; alternativ kurze Kompressionsosteosynthese mit Platte (3,5 mm)
] Nachbehandlung
Abrollbelastung fçr 4 Wochen, dann schmerzabhångige Belastung
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; 6 Wochen post OP: Konsolidierungskontrolle
21 Unterschenkel
] Metallentfernung
bei gesicherter Konsolidierung: Fixateur externe: nach ca. 8 Wochen; Platten: nach 4±6 Monaten
] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion, symmetrischen Muskelverhåltnissen (ca. 4 Wochen nach Konsolidierung)
Komplikationen
Achsfehler (Genu valgum) Kompartmentsyndrom
Wachstumsstærung
stimulative Wachstumsstærungen (Beinverlångerung, partiell: Valgusfehlstellung)
Nachkontrollen
wæchentlich bis freie Funktion; Ý- bis 1-jåhrlich zur klinischen Beinlången- und Achskontrolle bis 2 Jahre nach Trauma
Klassifikation
AO: 41-M/2(3).1-3
LiLa: 4.1.s.2-4.0-2.
Isolierte Tibiaschaftfraktur
Besonderheiten
håufigste Fraktur der unteren Extremitåt Sonderform: Toddler's Fracture
Diagnostik
Rx: US a.-p. + lateral (mit angrenzenden Gelenken)
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
< 10. Lj.: Varus: bis 58, Valgus: 08, Re-/Antekurvation: 108, keine Rotationsfehlstellung
Primårbehandlung
OS-Gipsschiene, Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
geschlossene Tibiaschråg- und -querfraktur ohne wesentliche Verkçrzung
] Verfahren
geschlossener OS-Gips fçr 4±6 Wochen unter Abrollbelastung bei Achsfehlstellung: Keilung am 8. Tag
] Nachbehandlung
schmerzabhångige Belastung, ggf. Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
8. Tag: Stellungskontrolle (bei Achsabweichung Gipskeilung, bei primårer Achsabweichung Keilung und dann Rx), Konsolidierungskontrolle nach 4±6 Wochen
]
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344
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Isolierte Tibiaschaftfraktur ] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion, symmetrischen Muskelverhåltnissen (ca. 4 Wochen nach Konsolidierung)
Operative Therapie ] Indikation
dislozierte Frakturen (Schaft, Verkçrzung, Rotation), offene Frakturen, (drohendes) Kompartmentsyndrom, Polytrauma relativ: Querfrakturen (langsamere Frakturheilung, oft auch erhebliche Håmatome bei direktem Trauma)
] Verfahren
Fixateur externe (direkte Korrektur der Tibia bei stabiler Fibula) ESIN (Risiko der Varusfehlstellung bei Teleskoping der Tibiafragmente und stabiler Fibula!)
] Nachbehandlung
Abrollbelastung fçr 4 Wochen, dann schmerzabhångige Aufbelastung
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; 6 Wochen post OP: Konsolidierungskontrolle
] Metallentfernung
bei gesicherter Konsolidierung: Fixateur externe: nach ca. 8 Wochen, ESIN: nach 3±4 Monaten
] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion, symmetrischen Muskelverhåltnissen (ca. 4 Wochen nach Konsolidierung)
Komplikationen
Achsfehler (v. a. Varusfehlstellung) Kompartmentsyndrom
Wachstumsstærung
stimulative Wachstumsstærungen (Beinverlångerung bis 1 cm)
Nachkontrollen
wæchentlich bis freie Funktion; Ý- bis 1-jåhrlich zur klinischen Beinlången- und Achskontrolle bis 2 Jahre nach Trauma
Klassifikation
AO: 42-D/1-5.1-3
LiLa: 4.2.s.2-4.0-2.
21 Unterschenkel
Komplette Unterschenkelschaftfraktur
Besonderheiten
Beachtung offener Frakturen; Weichteilmanagement von groûer Bedeutung
Diagnostik
Rx: US a.-p. + lateral (mit angrenzenden Gelenken)
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
< 10. Lj.: Varus: bis 58, Valgus: 08, Re-/Antekurvation: 108, keine Rotationsfehlstellung
Primårbehandlung
OS-Gipsschiene, Analgesie, sterile Abdeckung bei offenen Frakturen
Konservative Therapie ] Indikation
relativ: stabile undislozierte US-Frakturen
] Verfahren
OS-Gips zirkulår fçr 4±6 Wochen unter Abrollbelastung
] Nachbehandlung
schmerzabhångige Aufbelastung, ggf. Krankengymnastik
] Rx-Kontrolle
8. Tag: Stellungskontrolle (bei Achsabweichung Gipskeilung), Konsolidierungskontrolle: nach 4±6 Wochen
] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion, symmetrischen Muskelverhåltnissen (ca. 4 Wochen nach Konsolidierung)
Operative Therapie ] Indikation
i. d. R. alle kompletten US-Frakturen v. a. instabile Frakturen, offene Frakturen, (drohendes) Kompartmentsyndrom, Polytrauma
] Verfahren
Fixateur externe (Kompartmentsyndrom, offene Frakturen, lange Schrågfrakturen, Mehrfragmentfrakturen) ESIN (auch bei offenen Frakturen mæglich, wenn Weichteilmanagement gesichert)
] Nachbehandlung
Abrollbelastung fçr 4 Wochen, dann schmerzabhångige Aufbelastung
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; 6 Wochen post OP: Konsolidierungskontrolle
] Metallentfernung
bei gesicherter Konsolidierung: Fixateur externe: nach ca. 8 Wochen, ESIN: nach 3±4 Monaten
] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion, symmetrischen Muskelverhåltnissen (ca. 4 Wochen nach Konsolidierung)
]
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]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Komplette Unterschenkelschaftfraktur Komplikationen
Achsfehler (v. a. Valgusfehlstellung) Kompartmentsyndrom
Wachstumsstærung
stimulative Wachstumsstærungen (Beinverlångerung bis 1 cm)
Nachkontrollen
wæchentlich bis freie Funktion; Ý- bis 1-jåhrlich zur klinischen Beinlången- und Achskontrolle bis 2 Jahre nach Trauma
Klassifikation
AO: 42-D/1-5.1-3
LiLa: 4.2.s.2-4.0-2.
Fraktur der distalen Tibiametaphyse
Besonderheiten
Unterscheidung Wulst von Biegungsbruch metaphysår im Einzelfall schwierig
Diagnostik
Rx: US a.-p. + lateral (mit OSG)
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Varus: 58, Valgus: 108, Re-/Antekurvation 108, kein Rotationsfehler
Primårbehandlung
OS-Gipsschiene, Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
i. d. R. konservativ
] Verfahren
US-Gips 4 Wochen unter schmerzabhångiger Belastung Achsfehler < 108: 8. Tag: Gipskeilung Achsfehler > 108: primåre Reposition bei Rekurvationsfehlstellung: Gips in Spitzfuûstellung
] Nachbehandlung
keine spezielle
] Rx-Kontrolle
8. Tag: Stellungskontrolle (bei Achsabweichung Gipskeilung), Konsolidierungskontrolle: nach 4±6 Wochen (gipsfrei)
] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion, symmetrischen Muskelverhåltnissen (ca. 4 Wochen nach Konsolidierung)
21 Unterschenkel
Operative Therapie ] Indikation
Repositionshindernis, stark dislozierte Frakturen, offene Frakturen
] Verfahren
gekreuzte K-Draht-Spickung, perkutan; post OP: US-Gipsschiene im Einzelfall Fixateur externe mit oder ohne K-Draht-Fixation
] Nachbehandlung
Abrollbelastung fçr 4 Wochen, dann schmerzabhångige Aufbelastung
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; 6 Wochen post OP: Konsolidierungskontrolle (gipsfrei)
] Metallentfernung
bei gesicherter Konsolidierung: Fixateur externe: nach ca. 8 Wochen, K-Dråhte: nach 4±6 Wochen (ambulant)
] Sportfåhigkeit
bei freier Funktion, symmetrischen Muskelverhåltnissen (ca. 4 Wochen nach Konsolidierung)
Komplikationen
Achsfehler (v. a. Rekurvatumstellung) Kompartmentsyndrom
Wachstumsstærung
partielle stimulative Wachstumsstærungen ? meist ohne klinische Relevanz partielle hemmende Wachstumsstærung, selten
Nachkontrollen
wæchentlich bis freie Funktion; Ý- bis 1-jåhrlich zur klinischen Beinlången- und Achskontrolle bis 2 Jahre nach Trauma
Klassifikation
AO: 43-M/2(3).1-3
Technische Aspekte
Unterschenkel
Material
ESIN ] elastische Federnågel % meist Titan % Durchmesser: 2,5±4 mm (1/3 des Markraumdurchmessers) Fixateur externe ] unterschiedliche Fixateursysteme erhåltlich Bildwandler
Lagerung
] Rçckenlage ] Bein frei beweglich abdecken
OP-Prinzip
Fixateur externe (proximale Metaphyse) (Abb. 21.8) ] cave: Apophysenfuge der Tuberositas tibiae ] mediale Kompression durch Fixateur externe sinnvoll und mæglich Fixateur externe (Schaft) (Abb. 21.9) ] cave: Apophysenfuge der Tuberositas tibiae ] 2 QF Abstand zur Fraktur ] keine Pins durch Frakturspalt ESIN: US-Schaft-Fraktur ] Da die Tibia einen dreieckigen Querschnitt aufweist, ist bei der Platzierung der Någel besondere Sorgfalt geboten (Abb. 21.10). Die exzentrische Lage der Tibia in Bezug auf die sie umgebene Muskulatur hat einen ungçnstigen Einfluss auf die Biomechanik der ESIN.
LiLa: 4.3.s.2-4.0-2.
]
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]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Technische Aspekte
Unterschenkel ] Die Tibia wird deszendierend genagelt. Folgende Abweichungen gegençber der Femurstandardtechnik sind zu berçcksichtigen: ] Nageleintrittsstelle bestimmen: Die Nageleintrittsstellen liegen medial und lateral der Tuberositas tibiae. ] Inzisionen durchfçhren: Eine 2±3 cm lange Hautinzision vor jeder geplanten Eintrittsstelle aus nach proximal durchfçhren. Hinweis: Bei der Perforation der Kortikalis darf weder die proximale Tibiaepiphysenfuge noch die Tibiaapophyse verletzt werden. ] Lage der Nagelspitzen çberprçfen. Aufgrund der Dreiecksform des Tibiamarkkanals tendieren beide Någel dazu, nach dorsal auszuweichen, was zu einer Rekurvation fçhren wçrde. Bevor die Någel definitiv eingeschlagen werden, die Spitzen beider Någel leicht nach dorsal drehen, um die physiologische Antekurvation der Tibia zu erreichen. Die Fraktur soweit mæglich aufeinanderstellen, um eine Fixation in Distraktion zu vermeiden. ] Någel kçrzen: Aufgrund des geringen Weichteilmantels die Nagelenden kurz halten und nur wenig aufbiegen.
Kompartmentspaltung
] bilaterale Inzision: 1. anterolaterale Inzision: laterale + ventrale Loge 2. posteromediale Inzision: posteriore Kompartments ] unilaterale Inzision: ± parafibulåre Inzision çber die gesamte Långe der Fibula ± 1. laterale Loge: cave: N. peronaeus superficialis zieht im distalen Drittel durch das Septum intermusculare in die Extensorenloge ± 2. ventrale Loge: Pråparation subkutan nach ventral und Långsspaltung (cave: N. peronaeus superficialis im distalen Drittel) ± 3. oberflåchliche posteriore Loge: Pråparation subkutan nach dorsal und Långsspaltung der Faszie ± 4. tiefe posteriore Loge: Zugang zwischen Mm. peronaei und M. triceps surae und Långsspaltung der Faszie (cave: A./V./N. tibialis) ± Hautverschluss mittels synthetischem Hautersatz (z. B. Epigard, Syspurderm) ± Sekundårnaht bzw. Spalthauttransplantation nach 5±8 Tagen
Metallentfernung
] ESIN: nach ca. 3±4 Monaten ] Fixateur externe: nach ca. 8 Wochen
Abb. 21.9. Diaphysåre Fraktur: Fixateur externe, Montage am Modell. Abb. 21.8. Fixateur externe zur Frakturkompression an der proximalen Tibia, Montage am Modell.
Abb. 21.10. Prinzip ESIN an der Tibia. Die anterolaterale und mediale Eintrittsstelle an der proximalen Tibia fçhrt aufgrund der dreieckigen Form des Tibiakopfes zu einem ¹Dorsalgleitenª des Nagels.
21 Unterschenkel
] Fallbeispiele Fall 21.1 Fraktur der proximalen Tibia mit Valgusfehlstellung, Junge, 11 J.
a Unfallbild. b Mediale Kompression durch Platte. Fall 21.2 Tibiaschaftspiralfraktur und distale Wulstfraktur der Tibia, Junge, 14 J.
a, b Unfallbilder. c, d Stabilisierung durch Fixateur externe.
]
349
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]
21 Unterschenkel
Fall 21.3 Komplette Unterschenkelfraktur, Junge, 12 J., Verkehrsunfall.
a, b Unfallbilder. c, d Stabilisierung durch ESIN.
21 Unterschenkel
Fall 21.4 Metaphysåre Unterschenkelfraktur 3. Grades, Junge, 10 J., Skateboardunfall.
a, b Unfallbilder: offene Fraktur 3. Grades des Malleolus medialis und des distalen Unterschenkels, Verbiegung der Fibula. c, d, g, h Stabilisierung durch Fixateur externe und K-Draht-Spickung. e, f Ræntgenkontrolle 1 Jahr post OP.
]
351
22 Sprunggelenk
D. Schneidmçller und I. Marzi
] Physiologische Befunde Akzessorische Knochen treten håufig auf, v. a. zwischen dem 7. und 10. Lebensjahr und kænnen mit sekundåren Ossifikationszentren verschmelzen (Abb. 22.1±22.4).
Abb. 22.2. Os trigonum (10. Lj.).
5 2
6
3 1
4
1 7
Abb. 22.1. Akzessorische Knochenkerne 1 Os tibiale externum, 2 Talus accessorius, 3 Talus secundarius, 4 Os trigonum, 5 Os talotibiale, 6 Os supratalare, 7 Calcaneus secundarius.
Abb. 22.3. Os subfibulare (15. Lj.).
Abb. 22.4. Isoliertes Ossifikationszentrum am Malleolus medialis (10. Lj.).
354
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Knochenkerne und Fugenschluss
17.±19.Lj.Lj. 17.-18. 26. Lj. Lm. 17.±19. 17.-18.Lj.Lj. 2 Lj.9.-11. Lj.
Abb. 22.6. Verschluss der Wachstumsfuge der distalen Tibia: Beginn ventromedial, Fortsetzung nach dorsal, Schluss: ventrolateral. 7. Em.
5.-6. Em.
Abb. 22.5. Knochenkerne und Fugenschluss Em Embryonalmonat, Lm Lebensmonat, Lj Lebensjahr.
Altersabhångige Ræntgenbefunde ] Die Epiphysenfugen sind zum Teil unregelmåûig begrenzt. Die distale Fibulaepiphyse kann im Vergleich zur Metaphyse leicht nach medial versetzt sein. ] An Innen- und Auûenknæchel kænnen isolierte Knochenkerne vorkommen (> 30%) (Abb. 22.4). ] Os subfibulare: Differenzialdiagnose zu abgerundetem altem knæchernem Auûenbandausriss (Abb. 22.3). ] Ossiculum fibulare: isolierter Knochenkern lateral der distalen Fibulametaphyse.
Frakturen der distalen Tibia Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Die Inzidenz der Frakturen der distalen Tibia betrågt 4,9%. Das Distorsionstrauma des Sprunggelenks stellt eines der håufigsten Verletzungen im muskuloskelettalen System dar. Wåhrend dieses beim Erwachsenen meist zu Låsionen des Band-
apparates fçhrt, finden sich im Kindesalter Ausrisse und Frakturen im Bereich der Wachstumsfugen, bedingt durch die hæhere Stabilitåt der Bandstrukturen im Vergleich zu osteochondralen Strukturen. Die Einteilung der Frakturen erfolgt meist nach der Klassifikation von epiphysennahen Frakturen nach Salter und Harris oder Aitken. In der Regel liegt bei weit offener Fuge die Frakturlinie medial auûerhalb der Belastungszone des Sprunggelenks und hat fast immer einen senkrechten Verlauf zur Fuge. Ab einem Alter von ca. 12 Jahren fångt die Wachstumsfuge an ± bei Mådchen frçher als bei Jungen ± sich zu verschlieûen, beginnend an der medialen Tibia (Abb. 22.6). Dies fçhrt beim Trauma zu einer Ønderung des Frakturverlaufs und des Verletzungsmusters und somit zu den sog. Ûbergangsfrakturen. Einwirkende Scherkråfte fçhren im noch offenen Fugenanteil zu einer Epiphysenlæsung. Die einwirkende Kraft wird durch den bereits verschlossenen Fugenanteil zum Gelenk hin ausgeleitet, was zu einer Fraktur der Epiphyse fçhrt. Je ålter das Kind ist, desto weiter fortgeschritten der Fugenverschluss und desto weiter lateral die epiphysåre Fraktur, welche als sog. Two-Plane-Fracture oder auch TilleauxFraktur bezeichnet wird. Je nach einwirkenden Biegekråften kann zusåtzlich ein dorsaler metaphysårer Keil ausbrechen im Sinne eines hinteren Volkmann-Dreiecks beim Erwachsenen, man spricht dann von der sog. Tri-Plane-Fracture. Endet die metaphysåre Fraktur in der Fuge, so bezeichnet man das als Tri- Plane-I-Fracture, verlåuft sie durch die dorsale Epiphyse, spricht man von einer Tri-Plane-II-Fracture. Weite Dislokationen sind eher selten, jedoch sind Spaltbildungen håufiger zu sehen. Obgleich die Ûbergangsfrakturen altersabhångig einen charakteristischen Frakturlinienverlauf zeigen, kann
22 Sprunggelenk
zur weiteren Objektivierung im Einzelfall die MRT oder CT eingesetzt werden. Dies sollte jedoch nur bei therapeutischer Konsequenz zur besseren OP-Planung erfolgen. Wachstumsstærungen sind im Gegensatz zu den SalterFrakturen aufgrund des fortgeschrittenen Alters der Kinder nicht zu erwarten, da der Fugenschluss und damit der Wachstumsabschluss der betroffenen Fuge gerade begonnen hat. Von wesentlicher Bedeutung ist jedoch eine exakte anatomische Reposition der Gelenkfraktur, da die Frakturlinie durch die Belastungszone des Sprunggelenks verlåuft. An Wachstumsstærungen ist v. a. mit einem partiellen Fugenverschluss an der distalen Tibia zu rechnen. Bei Verdacht auf eine Wachstumsstærung in den Nachkontrollen kann die Durchfçhrung einer MRT zur Darstellung einer mæglichen Knochenbrçcke fçr die weitere Therapieplanung sinnvoll sein. ] Frakturen der distalen Fibula. Sie treten meist in Kombination mit einer Salter-I- und -II-Fraktur der distalen Tibia nach einem Supinationstrauma auf. Meist wird durch Reposition und Fixation der Tibiafraktur ebenfalls eine Reposition und Stabilisierung der Fibula erreicht, sodass eine Osteosynthese selten notwendig wird. Verbliebene plastische Verbiegungen der Fibula kænnen bei korrekt stehendem Sprunggelenk und intakter Syndesmose belassen werden, da sie sich im weiteren Wachstum korrigieren. Iso-
lierte Fibulafrakturen sind selten und meist wenig disloziert, sodass eine konservative Therapie im Unterschenkelgips in der Regel ausreicht (Abb. 22.7). Zur Erfassung posttraumatischer Wachstumsstærungen eignet sich die Harris-Wachstumslinie, eine infolge der Reparation auftretende ræntgendichte Linie, die im Normalfall parallel zur Fuge verlåuft (s. Kap. 5). Die Prognose der Sprunggelenksfrakturen ist abhångig vom Alter des Kindes, der Unfallschwere, der Lokalisation und Art der Fraktur, dem Ausmaû der Dislokation sowie der korrekten anatomischen Reposition.
Klassifikation Die gebråuchlichsten Klassifikationen sind die nach Aitken oder Salter und Harris (Abb. 22.8, Tab. 22.1). Bei beginnendem Fugenverschluss erfolgt eine Einteilung in Ûbergangsfrakturen.
Metaphyse
Epiphyse
Abb. 22.8. Fugenverlauf am distalen Unterschenkel
Tabelle 22.1. Klassifikation der Frakturen der distalen Tibia Aitken I Aitken II Aitken III
Abb. 22.7. Isolierte Salter-II-Verletzung der distalen Fibula. a Ræntgenbild, b MRT.
]
Salter Salter Salter Salter
I II III IV
Låsion des metaphysåren Anteils der Wachstumsfuge Låsion des epiphysåren Anteils der Wachstumsfuge
Twoplane
epiphysåre Fraktur bei partiellem Fugenschluss
Triplane I Triplane II
epiphysåre Fraktur mit metaphysårem Keil bei partiellem Fugenschluss
355
356
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Epiphysenlæsungen
Besonderheiten
selten; v. a. > 10. Lj.
Diagnostik
Rx a.-p. + seitlich; initial håufig nicht im Rx sichtbar; bei Beschwerdepersistenz Rx-Kontrolle: Erweiterung der Fuge, Verdichtung metaphysår, Kallus im Verlauf
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
< 10. Lj.: 208 Re-/Antekurvation, 208 Varus/Valgus, Seit-zu-Seit: Ü der Schaftbreite > 10. Lj.: 108 Re-/Antekurvation, 58 Varus, 108 Valgus kein Rotationsfehler keine Fehlstellung nach Beginn des Fugenschlusses belassen
Primårbehandlung
US-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
i. d. R. konservativ, Beachtung der Korrekturgrenzen
] Verfahren
4 Wochen US-Gips, Entlastung
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
8. Tag Stellungskontrolle; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
i. d. R. geschlossene Reposition; offene Reposition bei schwerer Dislokation, eingeschlagenen Weichteilen
] Verfahren
geschlossene Reposition in ITN und Knieflexion von 908 (Muskelentspannung) bei federndem Widerstand: gekreuzte K-Draht-Spickung
] Nachbehandlung
4 Wochen US-Gips, Entlastung nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Metallentfernung
4 Wochen post OP (nach Konsolidierung)
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
22 Sprunggelenk
Komplikationen
selten: Kompartmentsyndrom, Verklebung der Sehne des M. flexor hallucis longus
Wachstumsstærung
ca. 15% vorzeitiger Fugenverschluss (selten mit gravierenden Folgen, da meist > 10. Lj.)
Nachkontrollen
Ý-jåhrlich bis 2 Jahre Kontrolle von Asymmetrien der Rçckfuûachse und Beinlångendifferenzen
Klassifikation
AO: 43-E/1.1.-3
LiLa: 4.3.s.1.0-2.
Epiphysenlæsungen mit metaphysårem Keil
Besonderheiten
håufigste Verletzung; Supinationstrauma
Diagnostik
Rx a.-p. + seitlich, ggf. Schrågaufnahme
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
kein Rotationsfehler < 10. Lj.: 208 Re-/Antekurvation, 208 Varus/Valgus, ad latus Fehlstellungen > 10. Lj.: 108 Re-/Antekurvation, 58 Varus, 108 Valgus keine Fehlstellung nach Beginn des Fugenschlusses belassen
Primårbehandlung
US-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
i. d. R. konservativ, Beachtung der Korrekturgrenzen
] Verfahren
4 Wochen US-Gips, Entlastung; ggf. Gipskeilung am 8. Tag
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
8. Tag Stellungskontrolle; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
i. d. R. geschlossene Reposition; offene Reposition bei schwerer Dislokation, eingeschlagenen Weichteilen
]
357
358
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Epiphysenlæsungen mit metaphysårem Keil ] Verfahren
geschlossene Reposition in ITN und Knieflexion von 908 (Muskelentspannung) Schraubenosteosynthese ergibt gute Primårstabilitåt nach Reposition bei federndem Widerstand: ggf. gekreuzte K-Draht-Spickung
] Nachbehandlung
4 Wochen US-Gips, Entlastung nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Metallentfernung
K-Dråhte 4 Wochen post OP; Schraube 12 Wochen post OP (nach Konsolidierung)
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
Nerven-Sehnen-Irritation durch Zugang
Wachstumsstærung
ca. 15% vorzeitiger Fugenverschluss (selten mit gravierenden Folgen, da meist > 10. Lj.)
Nachkontrollen
Ý-jåhrlich bis 2 Jahre Kontrolle von Asymmetrien der Rçckfuûachse und Beinlångendifferenzen
Klassifikation
AO: 43-E/2.1-3
LiLa: 4.3.s.1.0-2.
Epiphysåre Frakturen
Besonderheiten
v. a. <10. Lj. Distorsionstrauma (Supination + Inversion) bei noch offenen Fugen (< 10. Lj.) meist mediale Epiphyse betroffen (Frakturlinie auûerhalb der Belastungszone)
Diagnostik
Rx a.-p. + seitlich, ggf. a.-p. Schrågaufnahme ausnahmsweise MRT zur Darstellung von Frakturverlauf und Gelenkkongruenz
Korrekturgrenzen
Frakturspalt < 2 mm
Primårbehandlung
US-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
22 Sprunggelenk
Konservative Therapie ] Indikation
Frakturspalt < 2 mm
] Verfahren
Gipsschiene, nach ca. 5 Tagen zirkulårer Gips fçr 4 Wochen, Abrollbelastung
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
8. Tag Stellungskontrolle; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
Dislokation > 2 mm im Gelenkspalt
] Verfahren
offene Reposition; ggf. geschlossene Reposition bei geringer Dislokation Schrauben- oder K-Draht-Osteosynthese
] Nachbehandlung
4 Wochen Entlastung; bei stabiler Osteosynthese Gipsruhigstellung nicht notwendig, sonst 4 Wochen US-Gips, Entlastung nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle, nach 4 Wochen (gipsfrei) Konsolidierungskontrolle
] Metallentfernung
nach 12 Wochen
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
Begleitverletzung: posteriores metaphysåres Fragment; Epiphysenlæsung dist. Fibula; fibulare Bandrupturen
Wachstumsstærung
20% vorzeitiger Fugenverschluss, v. a. nach dislozierten Frakturen
Nachkontrollen
Ý-jåhrlich bis 2 Jahre Kontrolle von Asymmetrien der Rçckfuûachse und Beinlångendifferenzen
Klassifikation
AO: 43-E/3.1-3
LiLa: 4.3.a.1.0-2.
]
359
360
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Epi-metaphysåre Frakturen
Besonderheiten
v. a. <10. Lj. Distorsionstrauma (Supination + Inversion) bei noch offenen Fugen (< 10. Lj.) meist mediale Epiphyse betroffen (Frakturlinie auûerhalb der Belastungszone)
Diagnostik
Rx a.-p. + seitlich, ggf. a.-p. Schrågaufnahme MRT in unsicheren Fållen, zur Darstellung komplexer Frakturen
Korrekturgrenzen
Frakturspalt < 2 mm
Primårbehandlung
US-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
Frakturspalt < 2 mm
] Verfahren
Gipsschiene, nach ca. 5 Tagen zirkulårer Gips fçr 4 Wochen, Abrollbelastung
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Aufbelastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
8. Tag Stellungskontrolle; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
Dislokation > 2 mm im Gelenkspalt, Verkçrzung medialer Malleolus und Inkongruenz
] Verfahren
offene Reposition; ggf. geschlossene Reposition bei geringer Dislokation Schrauben- oder K-Draht-Osteosynthese
] Nachbehandlung
4 Wochen Sohlenkontakt oder Entlastung; bei stabiler Schraubenosteosynthese Gipsruhigstellung nicht notwendig, bei K-Draht-Fixation 4 Wochen Gipsruhigstellung und Entlastung nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle, nach 4 Wochen (gipsfrei) Konsolidierungskontrolle
] Metallentfernung
nach 12 Wochen
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
22 Sprunggelenk
Komplikationen
instabile Osteosynthese fçhrt zu Gelenkinkongruenz
Wachstumsstærung
bis zu 20% vorzeitiger Fugenverschluss, v. a. nach dislozierten Frakturen
Nachkontrollen
Ý-jåhrlich bis 2 Jahre Kontrolle von Asymmetrien der Rçckfuûachse und Beinlångendifferenzen
Klassifikation
AO: 43-E/4.1-3
LiLa: 4.3.a.2.0-2.
Ûbergangsfraktur ± Twoplane-Fraktur
Besonderheiten
Frakturlinie innerhalb der Belastungszone ? exakte Reposition nætig Tilleaux-Fraktur
Diagnostik
Rx a.-p. + seitlich, ggf. a.-p. Schrågaufnahme ausnahmsweise: MRT oder CT zur pråoperativen Planung
Korrekturgrenzen
Dislokation < 2 mm
Primårbehandlung
US-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
Dislokation < 2 mm
] Verfahren
Gipsschiene, nach ca. 5 Tagen zirkulårer Gips fçr 6 Wochen, Abrollbelastung
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
8. Tag Stellungskontrolle; nach 6 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
Dislokation > 2 mm
] Verfahren
anatomische Reposition und Schraubenosteosynthese (geschlossen oder offen)
] Nachbehandlung
4±5 Wochen Entlastung; bei stabiler Osteosynthese Gipsruhigstellung nicht notwendig, sonst 4±5 Wochen US-Gips, Entlastung nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
]
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]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Ûbergangsfraktur ± Twoplane-Fraktur ] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle, nach 6 Wochen (gipsfrei) Konsolidierungskontrolle
] Metallentfernung
nach 12 Wochen
] Sportfåhigkeit
bei Beschwerdefreiheit, ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
ggf. frçhzeitige Arthrose bei Gelenkinkongruenz
Wachstumsstærung
keine, da Beginn des Wachstumsabschlusses
Nachkontrollen
Ü-jåhrlich: Funktionsprçfung bis freie Funktion
Klassifikation
AO: 43-E/5.1-3
LiLa: 4.3.a.3.0-2.
Ûbergangsfraktur ± Triplane-Fraktur
I
a
a
b
II
Besonderheiten
Tri-Plane I: zusåtzliche dorsale metaphysåre Fraktur Tri-Plane II: dorsale metaphysåre Frakturlinie verlåuft durch Fuge in Epiphyse Frakturlinie innerhalb der Belastungszone ? exakte Reposition nætig
Diagnostik
Rx a.-p. + seitlich, ggf. a.-p. Schrågaufnahme ggf. MRT oder CT zur Darstellung der Frakturverlåufe und pråoperativen Planung
Korrekturgrenzen
Dislokation < 2 mm
Primårbehandlung
US-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
22 Sprunggelenk
]
Konservative Therapie ] Indikation
Dislokation < 2 mm
] Verfahren
Gipsschiene, nach ca. 5 Tagen zirkulårer Gips fçr 4±6 Wochen, Abrollbelastung
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Aufbelastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
8. Tag Stellungskontrolle; nach 6 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
Dislokation > 2 mm
] Verfahren
offene Reposition und Schraubenosteosynthese
] Nachbehandlung
4±5 Wochen Entlastung; bei stabiler Osteosynthese Gipsruhigstellung nicht notwendig, sonst 4±5 Wochen US-Gips, Entlastung nach Gipsentfernung schmerzabhångige Aufbelastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle nach 6 Wochen (gipsfrei) Konsolidierungskontrolle
] Metallentfernung
nach 12 Wochen
] Sportfåhigkeit
bei Beschwerdefreiheit, ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
ggf. frçhzeitige Arthrose bei Gelenkinkongruenz
Wachstumsstærung
keine, da Beginn des Wachstumsabschlusses
Nachkontrollen
Ü-jåhrlich: Funktionsprçfung bis freie Funktion
Klassifikation
AO: 43-E/6.1-3
Distorsionstrauma des Sprunggelenks Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Die Inzidenz der Distorsionstraumen des Sprunggelenks liegt bei ca. 10±15%. Fibulare Bandrupturen sind in der Regel unproblematisch und konservativ zu therapieren. Unterhalb des 10. Lebensjahres kommt es meist zu knorpeligen oder knæchernen Bandausrissen v. a. fibular, wåhrend bei ålteren Kindern dem
LiLa: 4.3.a.4.0-2.
Erwachsenen entsprechend intraligamentåre Bandrupturen im Vordergrund stehen. Am håufigsten ist das Lig. talofibulare anterius mit zwei Drittel der Fålle betroffen, in 20% ist zusåtzlich das Lig. calcaneofibulare rupturiert (Abb. 22.9). Die Diagnose ergibt sich meist aus der Anamnese und der typischen Klinik mit Schwellung, Druckschmerz und ggf. Håmatom çber den jeweiligen Bandanteilen. Ein konventionelles Ræntgenbild wird zum Ausschluss einer osteochondralen Verletzung durchgefçhrt. Weiterfçhrende Maûnahmen wie die MRT oder gehaltene Ræntgenaufnahmen sind primår bei fehlender therapeutischer Konsequenz Ausnahmen vorbe-
363
364
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
halten. Die Therapie einer isolierten Bandverletzung erfolgt primår immer konservativ durch abschwellende Maûnahmen, Entlastung und ggf. Tapeverbånde. Eine primåre Bandnaht ist bei gleichen Langzeitergebnissen schon bei Erwachsenen im Vergleich zur konservativen Therapie mit etwa 10% persistierender Instabilitåt nicht indiziert. Bei anhaltender Symptomatik çber ca. 1 Woche oder bei einer Ruptur der Bånder (Håmatom) kann eine Stabilisierung des oberen Sprunggelenks çber eine Orthese erfolgen mit ansonsten funktioneller Nachbehandlung. In manchen Fållen ist eine Physiotherapie mit Muskelkråftigung (v. a. Peronealmuskulatur) und koordinativem Training (Propriozeption) sinnvoll. Knæcherne Bandausrisse werden ebenfalls durch Immobilisation in einer Unterschenkelgipsschiene konservativ therapiert. Ûber 90% der Bandverletzungen kænnen danach konservativ zufriedenstellend behandelt werden. Bei chronischer Instabilitåt zeigt sich klinisch im Seitenvergleich eine vermehrte laterale Aufklappbarkeit (Lig. calcaneofibulare) bzw. eine Verschiebbarkeit des Talus nach ventral (Schubladenphånomen; Lig. talofibulare anterius). Hier kann eine Instabilitåt durch gehaltene Aufnahmen verifiziert werden. Hierbei gilt eine laterale Aufklappbarkeit von ³ 108 und eine ventrale Verschieblichkeit von ³ 10 mm als pathologisch im Seitenvergleich. Erst bei Beschwerdepersistenz (rez. Schwellneigung, Instabilitåt, Schmerzen) trotz intensiven propriozeptiven Trainings çber mind. 3 Monate ist eine Bandplastik indiziert. Die primåre Wahl stellt die anatomische Bandrekonstruktion dar, bei der die Sehnenstçmpfe vernåht werden. Fçr diese Methode werden insgesamt gute Langzeitergebnisse beschrieben mit Ausnahme auf lange bestehender Instabilitåten und allgemeiner Hyperlaxizitåten. Eine verbreitete Modifikation der Bandrekonstruktion ist die Rekonstruktion mittels Periostlappen (s. Abb. 22.16). Die Bandrekonstruktion stellt bei technisch einfacher Durchfçhrung, Komplikationsarmut und besseren Langzeitresultaten die Methode der ersten Wahl dar. Ne-
Membrana interossea cruris Malleolus lateralis Lig. tibiofibulare post. Lig. talofibulare post. Lig. calcaneofibulare
Lig. talocalcaneare lat.
Lig. tibiofibulare ant. Lig. talofibulare ant.
Lig. talocalcaneare interosseum
Lig. calcaneocuboideum
Abb. 22.9. Auûenbandapparat des OSG.
ben der anatomischen Rekonstruktion werden auch Tenodeseverfahren und Bandplastiken empfohlen. Diese sind jedoch nicht in der Lage, die Anatomie wiederherzustellen und fçhren damit zwangslåufig zu einer verånderten Kinematik im oberen Sprunggelenk. Im Kindesalter finden diese Verfahren daher keine regelmåûige Anwendung. Begleitend kænnen selten osteochondrale Frakturen (Flake Fractures) des Talus auftreten, welche je nach Græûe operativ refixiert werden mçssen. Begleitende Epiphysenlæsungen der distalen Fibula sind selten und kænnen nach Reposition konservativ durch Gipsruhigstellung fçr 3 Wochen behandelt werden. Isolierte Syndesmosenrupturen sind ebenfalls selten und werden wie beim Erwachsenen durch eine Stellschraube temporår fixiert. Beim Jugendlichen kommt es dagegen æfter zu knæchernen Syndesmosenausrissen (Ûbergangsfraktur: das ventrolaterale Fragment entspricht einem knæchernen Syndesmosenausriss), welche durch eine Zugschraube osteosynthetisch versorgt werden. Hier ist eine zusåtzliche Sicherung durch eine Stellschraube bei intaktem Bandapparat nicht notwendig.
22 Sprunggelenk
Fibulare Bandlåsion
Besonderheiten
håufigste Sprunggelenksverletzung typisch nach Supinationstrauma < 12. Lj. v. a. knæcherne, auch knorpelige Bandausrisse > 12. Lj. intraligamentåre Bandrupturen chronische Instabilitåt: selten
Diagnostik
Rx OSG a.-p. + seitlich ggf. MRT (Ausschluss osteochondraler Verletzung, Syndesmosenbeurteilung) chronische Instabilitåt: gehaltene Funktionsaufnahmen, vermehrte klinische laterale Aufklappbarkeit, vermehrter anteriorer Talusvorschub
Korrekturgrenzen
Beschwerdefreiheit; keine chronische Instabilitåt (Schmerzen, rezidivierende Supinationstraumen, rezidivierende Schwellneigung)
Primårbehandlung
abschwellende Maûnahmen, ggf. US-Gipsschiene, ggf. Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
fast immer konservativ
] Verfahren
intraligamentåre Ruptur: ¹PECHª (Pause, Eis, Compression, Hochlagern), elastischer Verband; Entlastung knæcherner Ausriss: US-Gipsschiene fçr 4 Wochen
] Nachbehandlung
ggf. Orthese (z. B. aircast-Schiene), bei persistierender Instabilitåt Krankengymnastik (propriozeptives Training)
] Rx-Kontrolle
entfållt
] Sportfåhigkeit
bei Beschwerdefreiheit; nach ca. 4±6 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
wiederholte Ruptur; grobe Instabilitåt (alle drei lateralen Bånder); Zustand nach Bandplastik mit Reruptur; therapieresistente chronische Instabilitåt Flake Fracture des Talus
] Verfahren
Bandnaht, bei Substanzmangel mit Periostlappenverstårkung, Tenodese mit Peronaeusbrevis-Sehne nur als Ultima ratio Flake Fracture des Talus: Refixation mit Fibrinkleber und resorbierbaren Pins
] Nachbehandlung
6 Wochen US-Gips unter Vollbelastung, bei Flake Fracture Teilbelastung
] Rx-Kontrolle
entfållt
]
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366
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Fibulare Bandlåsion ] Metallentfernung
entfållt
] Sportfåhigkeit
bei Beschwerdefreiheit und symmetrischen Muskelverhåltnissen, 4±6 Wochen nach Gipsabnahme
Komplikationen
10% chronische Instabilitåt (konservative/operative Therapie) Flake Fracture des Talus ? Osteochondrosis dissecans
Wachstumsstærung
keine
Nachkontrollen
4 Wochen nach Sportbeginn, Ü-jåhrlich Kontrolle bis Beschwerdefreiheit
Klassifikation
AO: 43-E/7.1-3
Osteochondrosis dissecans tali Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Unter der Osteochondrosis dissecans versteht man eine aseptische Nekrose des subchondralen Knochens, welche meistens den medialen Talus betrifft (85%). Die Inzidenz liegt bei 0,09% mit einer Håufung in der 2. und 3. Lebensdekade. Die åtiologischen Faktoren werden in der Literatur kontrovers diskutiert, neben traumatischen Ursachen und repetitiven Mikrotraumen werden vaskulåre, genetische, endogene und bakterielle Faktoren vermutet. Von vielen Autoren wird die traumatische Genese als Hauptfaktor angesehen. Danach ist eine Håufung der Osteochondrosis dissecans in Ballsportarten mit wiederholten Mikrotraumen (Basketball, Fuûball usw.) zu beobachten. Der Verlauf ist stadienhaft und wird international z. B. nach Berndt und Harty eingeteilt (Abb. 22.10). Das initiale Symptom ist der Schmerz, im Stadium der Fragmentation kænnen Blockierungsphånomene und Instabilitåtsgefçhl hinzukommen. Zur Diagnostik gehært heute die MRT, die Aufschluss çber die Vitalitåt des Dissekats sowie den Knorpelzustand gibt. Allerdings korreliert der MRT-Befund nicht mit der
LiLa: 4.3.a.5.0-2.F.
Beschwerdesymptomatik. Die Therapie richtet sich nach dem jeweiligen Stadium. Ziel ist eine Revitalisierung des Bezirks, die Verhinderung der Progression (Dissekatbildung) und die Pråvention einer Arthrose. Ein verbleibender Knorpelschaden stellt eine pråarthrotische Deformitåt dar. Behandlungsprinzipien sind Belastungsreduktion, Revitalisierung des Herdes und Refixation des Dissekats. Im Initialstadium und Stadium II steht die konservative Therapie gerade im Kindesalter im Vordergrund. Operativ versucht man in frçhen Stadien eine Revitalisierung durch retrograde oder auch antegrade Anbohrungen zu erreichen. Bei kleinen Defekten < 7 mm fçhrt man ein Dbridement sowie zusåtzliche knochenmarkstimulierende Methoden (z. B. Anbohrung) durch, græûere Defekte versucht man analog zu den Methoden am Kniegelenk zu rekonstruieren mit z. B. Mikrofrakturierung und Knochen-Knorpel-Transplantation. Es gibt einzelne Berichte çber gute Ergebnisse der unterschiedlichen Methoden, allerdings stehen hier meist Langzeitergebnisse prospektiver kontrollierter Studien aus. Inwieweit neuere Methoden wie der Einsatz von Wachstumsfaktoren oder Zelltransplantationen Bedeutung erlangen, bleibt fçr die Kindertraumatologie noch abzuwarten. Insgesamt verfçgen jçngere Patienten jedoch çber eine bessere Prognose als Erwachsene.
22 Sprunggelenk
1. Initialstadium
subchondrale Osteonekrose; Knorpel intakt; Regeneration möglich
konservative Therapie
2. Demarkation
sklerotische Abgrenzung der Nekrose; Knorpel intakt; Regeneration unwahrscheinlich
schmerzfrei; konservativ; symptomatisch: konservativ für 6-12; wo, bei Persistenz: operativ
3. Dissekat in situ
Fragmentation, Verlust der Integrität mit umliegendem gesundem Gewebe
operative Therapie
4. freies Dissekat
freier Gelenkkörper
operative Therapie
Abb. 22.10. Einteilung der Osteochondrosis dissecans nach Berndt und Harty.
]
367
368
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Osteochondrosis dissecans
a
b
Besonderheiten
håufig in der 2. Lebensdekade Sportler (rezidivierende Mikrotraumen, Supinationsverletzungen) meistens mediale Talusschulter
Diagnostik
Rx a.-p. + seitlich, Schrågaufnahme MRT (Stadienbestimmung, mit KM: Vitalitåtsbestimmung) ggf. ASK
Korrekturgrenzen
Stadium Stadium Stadium Stadium
Primårbehandlung
±
I II III IV
subchondrale Nekrose subchondrale Sklerose Dissekat in situ freies Dissekat
konservativ konservativ/operativ operativ operativ
Konservative Therapie ] Indikation
Stadium I Stadium II ± Therapieversuch fçr 6±12 Wochen
] Verfahren
Entlastung an UA-Gehstæcken, Sportpause, ggf. NSAIDS
] Nachbehandlung
Krankengymnastik: propriozeptives Training
] Rx-Kontrolle
MRT-Kontrolle im Abstand von 3 Monaten bei persistierendem klinischem Befund
] Sportfåhigkeit
Beschwerdefreiheit
Operative Therapie ] Indikation
Beschwerdepersistenz im Stadium II Stadium III, Stadium IV
] Verfahren
retrograde Anbohrung (Stadium II) retrograde Ausråumung und Spongiosaplastik (Stadium II/III mit intaktem Knorpel) antegrade Anbohrung, Mikrofrakturierung (Stadium II/III) antegrade Ausråumung, Spongiosaplastik und Refixation (Stadium III mit Verlust der Integritåt mit Umgebung; Stadium IV bei intakter Knorpelflåche) antegrade Ausråumung, Kçrettage, Dissekatresektion (Stadium IV bei Knorpelschådigung) Defekt < 7 mm: Dbridement und Anbohrung Defekt > 7 mm: Knorpelrekonstruktion
] Nachbehandlung
8±12 Wochen Entlastung
22 Sprunggelenk
] Rx-Kontrolle
MRT-Kontrolle im Abstand von 3 Monaten (mit KM: Revaskularisierung?)
] Metallentfernung
entfållt
] Sportfåhigkeit
Beschwerdefreiheit
Komplikationen
Arthrose
Wachstumsstærung
Pråarthrose
Nachkontrollen
im Abstand von 3 Monaten bis Beschwerdefreiheit
Klassifikation
AO:
Technische Aspekte
distale Tibia/OSG
Allg. Material
] Bildwandler
Lagerung
] Rçckenlage, OS-Blutsperre, Abdeckung oberhalb des Kniegelenks (Rotationskontrolle)
Zugang ± Allgemeines
Malleolus medialis (Abb. 22.11) ] Schnittfçhrung çber dorsalen Innenknæchelrand Malleolus lateralis (Abb. 22.12) ] Schnittfçhrung an der dorsalen Fibulakante. Cave: N. peronaeus superficialis
Spezielle Aufklårung
] N.-peronaeus-superficialis-Verletzung bei lateralem Zugang ] Osteochondrosis dissecans: Lockerung des Transplantats, iatrogene Knorpelschådigung
Metallentfernung
] K-Dråhte: ggf. in LA ] Schrauben: ITN
LiLa:
Frakturen der distalen Tibia Material
] kançlierte Schrauben, selbstbohrend/-schneidend, rçckschneidend % Titan % Durchmesser: 3,5±4 mm
Zugang
] siehe Zugånge allgemein ] Ûbergangsfrakturen: % i. d. R. lateraler Zugang; bei seltenen medialen Frakturen medialer Zugang
OP-Prinzip
Reposition ] 908-Knieflexion und leichter Fuûplantarflexion ? Muskelentspannung ] Umkehrung des Unfallmechanismus = Reposition Zugschraubenosteosynthese ] geschlossene Reposition und Osteosynthese çber Stichinzision mit einer kançlierten Spongiosaschraube/Kleinfragment-Spongiosaschraube (3,5±4,5 mm) ggf. offene Reposition (Repositionshindernis, Gelenkrekonstruktion)
]
369
370
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Technische Aspekte
distale Tibia/OSG ] Salter-III-Fraktur: epiphysåre Schrauben parallel zur Epiphysenfuge (Abb. 22.13), ohne die Fuge zu durchkreuzen; ggf. K-Draht bei sehr kleinem Fragment ] Salter-IV-Fraktur: epiphysåre Schraube parallel zur Fuge, eine Schraube oft ausreichend, bei groûem metaphysårem Fragment zusåtzliche metaphysåre Schraube parallel zur Epiphysenfuge ] Twoplane-Fraktur: epiphysåre Schraube, die Fuge darf bei lateraler Fraktur durchkreuzt werden, da Fuge weitestgehend geschlossen ist (schråger Verlauf ? bessere Kompression); kein Wachstum zu erwarten (Abb. 22.14) ] Triplane-I-/-II-Fraktur: zuerst Fixation des metaphysåren (ventrodorsal) und dann des epiphysåren Fragments; die Fuge darf bei lateraler Fraktur durchkreuzt werden (Abb. 22.15 a, b)
Fibulare Bandruptur Zugang
] bogenfærmiger Hautschnitt çber lateralen Malleolus (Abb. 22.12)
OP-Prinzip
Bandrekonstruktion ] Durchtrennung der çberdehnten Bånder 2 mm unterhalb der Fibulaspitze ] Naht der Sehnenstçmpfe dachziegelartig ] Modifikation: Abheben eines Periostlappens der distalen Fibula, transossåre Fixation der Sehnenstçmpfe und Dopplung mit Periostlappen (Abb. 22.16 a, b)
Osteochondrosis dissecans Zugang
] Arthroskopie, nur bei groûen Defekten und schwieriger Lokalisation Arthrotomie ] anterolaterale und anteromediale Portale (Abb 22.17) ] offener Zugang bei groûen Defekten, Innenknæchelosteotomie im Wachstumsalter problematisch wegen Fuge
OP-Prinzip
Anbohrung/Mikrofrakturierung ] Eræffnung der Sklerose (Einwandern mesenchymaler Stammzellen ? Bildung von Faserknorpel) ] retrograde Anbohrung ± Gelenkknorpel bleibt intakt ± Zugang von der kontralateralen Talusseite ] antegrade Anbohrung (Pridie), Mikrofrakturierung ± arthroskopisch in Plantarflexion; Zugånge: anterior, posterior, transmalleolar ± Anbohrung mit K-Dråhten (1,2 mm) ] retrograde Ausråumung und Spongiosaplastik ± Gelenkknorpel bleibt intakt; ggf. Auffçllen mit Beckenkammspongiosa oder PridieBohrung ] antegrade Ausråumung, Spongiosaplastik und Refixation ± Arthrotomie ± gelenkseitige Ausråumung der Sklerosezone, Auffçllen mit Beckenkammspongiosa sowie Refixation des Dissekats mit Fibrinkleber und biodegradablen Pins Rekonstruktive Methoden ± osteochondrale Transplantation: Transplantation eines Knorpel-Knochen-Zylinders vom gleichseitigen Femurkondylus ± autologe Chondrozytentransplantation: vereinzelte Beschreibungen
22 Sprunggelenk
Technische Aspekte
distale Tibia/OSG
V. saphena magna N. saphenus
A. tibialis posterior
N. suralis
N. tibialis
Sehnen des M. tibialis posterior und M. flexor digitorum longus
Abb. 22.11. Zugang zum medialen Malleolus.
N. peronaeus superficialis
Senen des M. peronaeus longus und brevis
Abb. 22.12. Zugang zum lateralen Malleolus.
Abb. 22.13. Zugschraubenosteosynthese bei Salter-III-/-IV-Fraktur.
Abb. 22.14. Schråg verlaufende Osteosynthese einer Twoplane-Fraktur. Kompression des ventrolateralen Fragments.
]
371
372
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Technische Aspekte
distale Tibia/OSG
a
b
Abb. 22.15. Osteosynthese bei Ûbergangsfrakturen. a Triplane-I-Fraktur, b Triplane-II-Fraktur.
22 Sprunggelenk
Technische Aspekte
distale Tibia/OSG
aa
bb Abb. 22.16 a, b. Bandrekonstruktion mit Periostlappen.
]
373
374
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Technische Aspekte
M. extensor digitorum longus N. cutaneus dorsalis medialis 1
distale Tibia/OSG V. saphena magna, N. saphenus M. extensor hallucis longus
M. flexor digitorum longus
V. saphena parva, N. suralis M. soleus
M. tibialis anterior 2 3
A. dorsalis pedis, N. peroneus profundus
A., V. tibialis posterior, N. tibialis
Abb. 22.17. Arthroskopische Zugangswege zum OSG: 1 anterolateraler Zugang, 2 anteromedialer Zugang, 3 posterolateraler Zugang.
22 Sprunggelenk
] Fallbeispiele Fall 22.1 Salter-I-Fraktur, Junge, 10 J., Freizeitunfall.
a, b Unfallbilder. c, d K-Draht-Osteosynthese nach Reposition.
Fall 22.2 Salter-III-Fraktur, Mådchen, 12 J.
a, b Unfallbilder. c, d Schraubenosteosynthese.
]
375
376
]
22 Sprunggelenk
Fall 22.3 Twoplane-Fraktur, Mådchen, 13 J., Schulsportunfall.
a, b Unfallbilder. c, d Schraubenosteosynthese.
Fall 22.4 Triplane-II-Fraktur, Junge, 15 J.
a, b Unfallbilder. c, d Schraubenosteosynthese (schråger Schraubenverlauf).
22 Sprunggelenk
Fall 22.5 Triplane-II-Fraktur, Mådchen, 13 J.
a±d Unfallbilder. e, f Schraubenosteosynthese mit Verschraubung der metaphysåren Fraktur.
]
377
23 Fuû
D. Schneidmçller und I. Marzi
] Physiologische Befunde
3
2
4
Knochenkerne und Fugenschluss 1
Bei Geburt sind lediglich die Ossifikationszentren des Kalkaneus und Talus radiologisch nachweisbar: ] Das Os naviculare wird als letzter Fuûwurzelknochen zwischen dem 3. und 5. Lebensjahr sichtbar. ] Die Kalkaneusapophyse entwickelt sich zwischen dem 5. und 10. Lebensjahr, håufig aus mehreren Ossifikationszentren. ] Phalangen und Mittelfuûknochen haben jeweils nur eine Epiphysenfuge: ± eine basale Fuge: MFK I, Phalangen I±V; ± eine subkapitale Fuge: MFK II±V. Sesamoide: Gespaltene Sesambeine sind håufig zu sehen, wohingegen Sesambeinfrakturen im Wachstumsalter selten vorkommen (Abb. 23.3, 23.4). Ebenso kænnen geteilte Epiphysenfugen im Wachstumsalter auftreten (Abb. 23.5).
6 7
4 5 9 8
Abb. 23.2. Akzessorische Knochenkerne 1 Os tibiale externum (10%) 2 Os sustentaculi (1,5%) 3 Talus secundarius 4 Os trigonum (13%) 5 Calcaneus secundarius (4,4%) 6 Os intercuneiforme (selten) 7 Os intermetatarseum (9%) 8 Os vesalianum 9 Os fibulare (10%).
2.-3. Lj. 3. Lj. 3.-4. Lj.
1.-2. Lj. 10. Em.
7.-8. Em. 5.-6. Em.
Abb. 23.1. Knochenkerne und Fugenschluss.
Abb. 23.3. Sesamoide ± Lokalisation.
380
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Querteilung Os sesamoideum bipartitum
Längsteilung
Os sesamoideum tripartitum/ multipartitum
Abb. 23.4. Sesamoide ± Teilungsvarianten.
Abb. 23.5. Geteilte Epiphyse.
] Verletzungen im Bereich des Fuûskeletts Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Verletzungen im Bereich des Fuûskeletts weisen eine Inzidenz von 13% auf. Die Inzidenz von Mittelfuû- und Zehenfrakturen liegt bei 70±90%, die der Fuûwurzelverletzungen bei 4%, wobei Kalkaneus, Talus und das Navikulare am håufigsten betroffen sind. Der Fuû des Kindes unterscheidet sich in vieler Hinsicht von dem des Erwachsenen, beispielsweise in unterschiedlichen Fuûachsen, vorhandenen Wachstums- und Ossifikationszentren
sowie erhæhter Bandlaxizitåt. Es gibt viele anatomische Variationen, welche die radiologische Diagnose einer Fraktur erschweren. Håufig finden sich akzessorische Knochen, die irritieren kænnen, aber ohne klinische Bedeutung sind (s. Abb. 23.2). Im Vergleich zu anderen Kærperteilen ist die Geschwindigkeit des Långenwachstums des Fuûes in den ersten Jahren besonders groû. 50% des Långenwachstums haben bereits nach dem 1. Lebensjahr bei Mådchen und nach 1Ý Jahren bei Jungen stattgefunden; nach dem 12. Lebensjahr sind es 96% bei Mådchen und 88% bei Jungen. Dies muss beim therapeutischen Vorgehen berçcksichtigt werden; eine regelrechte Reposition von dislozierten Frakturen ist notwendig, da fçr eine Korrektur wåhrend des Wachstums meist nicht ausreichend Zeit bleibt. Zudem muss bei der anatomischen Reposition beachtet werden, dass Normwerte der Fuûwinkel des Erwachsenen nicht ohne weiteres auf das junge Kind çbertragbar sind. Verletzungen des Vorfuûes bilden den Hauptanteil der Fuûverletzungen im Kindesalter. Sie sind meist unkompliziert bis auf direkte Quetschverletzungen. Die Behandlung von Fuûwurzelfrakturen dagegen stellt eine Herausforderung dar und die internationale Literatur gibt nur wenig Hilfestellungen. ] Kompartmentsyndrom. Eine seltene dennoch schwerwiegende Komplikation ist das Kompartmentsyndrom des Fuûes, das bei geschlossenen, aber auch bei offenen Frakturen vorkommen kann. Der Fuû hat 4 Kompartmente: ein mediales, ein laterales, ein zentrales und ein interossåres. Klinische Zeichen eines Kompartmentsyndroms sind Schwellung, starke Schmerzen, Schmerzen bei passiver Bewegung der Zehen, Pulsminderung, verminderte 2-Punkte-Diskrimination und ein motorisches Defizit. Ein Druck > 30 mmHg gilt als pathologisch, eine direkte Druckmessung ist beim Kind jedoch kaum realisierbar. Die komplexe Anatomie und die kleinen Kompartmente des Fuûes machen eine exakte Diagnose und damit eine gezielte Kompartmentspaltung schwer. Entscheidend ist der klinische Befund, in Grenzfållen kann das MRT eingeschrånkt Hilfestellung bieten. Therapeutisch muss frçhzeitig eine Fasziotomie durchgefçhrt werden, ansonsten kænnen Folgeschåden wie plantare Kontraktur, Hohlfuûdeformitåt, Krallenzehen, Bewegungseinschrånkung, Sensibilitåtsstærungen und chronische Schmerzen auftreten.
23 Fuû
] Komplexes Fuûtrauma. Diese Kombinationsverletzung in mehreren Etagen ist håufig Folge von Ûberroll- oder Rasanztraumen. Ziel der Behandlung ist die Wiederherstellung eines gebrauchfåhigen plantigraden Fuûes. Das therapeutische Vorgehen ist vom Allgemeinzustand des meist oft mehrfachverletzten Kindes sowie vom Lokalbefund abhångig. Definiert wird es çber ein 5-Punkte-System nach Zwipp. Dies berçcksichtigt zum einen die anatomische Lokalisation (1. OSG, 2. Talus, 3. Kalkaneus, 4. Chopart-Gelenk, 5. Lisfranc-Gelenk; Abb. 23.6) und zum anderen den Weichteilschaden (pro Grad des Weichteilschadens einen Punkt; Ûberrolltrauma und subtotale Amputation = 4 Punkte). Ergibt die Anzahl der betroffenen Lokalisationen sowie der Punktwert des Weichteilschadens einen Gesamtpunktwert von 5 oder mehr, so liegt ein Komplextrauma des Fuûes vor. Wåhrend bei Erwachsenen die primåre Amputation beim umfassenden Vorfuûtrauma des Fuûes beim schwer polytraumatisierten Patienten eine valide Option ist, ist man beim Kind aufgrund der guten Heilungspotenz zurçckhaltender und dbridiert primår die Grenzzonen. Die Therapie kann bei diesen komplexen Verletzungen nicht standardisiert sein, jedoch gibt es die standardisierten Richtlinien bei schweren Weichteilschåden und offenen Frakturen: ] grçndliche Reinigung der Wunden im OP, ggf. mit Jetlavage, ] systemische Antibiotikatherapie (Cephalosporin), ] chirurgisches Wunddbridement, ] temporåre Deckung mit Kunsthaut, Vakuumsystem und regelmåûiges Nachdbridement, Second-Look-Operationen alle 2 Tage,
OSG/ Pilon
I
Talus
II
Calcaneus
III
] einfache Osteosynthese zur Wiederherstellung der anatomischen Achsen (Rçckfuû, Mittelfuû, mediale und laterale Fuûsåule), minimalinvasiv bzw. perkutan mit K-Dråhten (1,4±1,6 mm) oder kançlierten Schrauben (3,5 mm), ] ggf. tibiometatarsale Transfixation (çber 1. und 4. Strahl), ] ggf. sekundårer Gewebetransfer (Lappenplastiken, aber auch Hautersatz; Integra), ] im Einzelfall auch regionale Schmerztherapie ab dem 6. Lebensjahr zur Analgesie und Sympathikolyse.
] Talusfraktur Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Talusfrakturen sind åuûerst selten, ihre Inzidenz liegt bei 0,008%. Sie resultieren çberwiegend aus massiven Traumen. Meist handelt es sich um undislozierte Talusfrakturen. Bei bestehender Dislokation muss eine exakte anatomische Reposition angestrebt werden, da sonst mit schlechten Langzeitergebnissen mit frçhzeitiger Arthrose zu rechnen ist. Die Fraktur kann drei verschiedene Zonen des Talus betreffen, die am håufigsten betroffenen Zonen sind der Talushals sowie der Korpus und die Processus lateralis und posterior. Bei
LisfrancGelenklinie
ChopartGelenklinie
Typ I
V
IV
Abb. 23.6. Einteilung der anatomischen Verletzungsregionen am Fuû nach Zwipp.
]
Typ III
Typ II
Typ IV
Abb. 23.7. Klassifikation der Talusfrakturen nach Hawkins.
381
382
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Tabelle 23.1. Klassifikation der Talushalsfrakturen nach Hawkins Typ
Dislokation
Therapie
Nekrosegefahr
Typ I
meist undisloziert
geschlossene, ggf. offene Reposition bei Gelenkstufe > 12. Lj. US-Gips fçr 6 Wochen unter Entlastung
5±10%
Typ II
Korpusdislokation nach dorsal ohne Luxation aus Malleolengabel; håufig mit medialer Trçmmerzone assoziiert
exakte Reposition und Schraubenosteosynthese, im Einzelfall auch K-Draht-Osteosynthese; US-Gips fçr 6 Wochen unter Entlastung
40±50%
Typ III
Korpusdislokation aus Malleolengabel
notfallmåûige offene Reposition und Schraubenosteo- 80±100% synthese; US-Gips fçr 6 Wochen unter Entlastung
Typ IV
zusåtzliche Talushalsdislokation aus Malleolengabel
offene Reposition und Schraubenosteosynthese mit zusåtzlicher K-Draht-Transfixation des Talonavikularund Subtalargelenks fçr 4 Wochen; US-Gips fçr 6 Wochen unter Entlastung
Frakturen des Halses (s. Tab. 23.1) und des Kærpers besteht eine Nekrosegefahr, welche mit zunehmendem Alter und Ossifikation ansteigt (Inzidenz 25%). Meist wird die Nekrose erst nach 6±9 Monaten im Ræntgenbild nachweisbar. Ein Hinweis auf eine Nekrose ist das fehlende Hawkins-Zeichen, eine nach ca. 8 Wochen auf-
80±100%
tretende subchondrale hypodense Zone im Bereich des Talusdoms. Dies gilt jedoch nur fçr Kinder nach dem 10. Lebensjahr mit ausreichender Ossifikation. Die MRT kann hier frçhzeitig Hinweise auf die Durchblutungssituation geben.
Talusfraktur
Typ II
Besonderheiten
selten mægliche Frakturen: Hals, Korpus, Processus v. a. massives Trauma (Ûberrolltrauma, Rasenmåherverletzung), oft assoziiert mit komplexen Fuûtraumen
Diagnostik
Rx Rçckfuû a.-p. + seitlich MRT: Frakturverlauf, Durchblutung; Darstellung nicht ossifizierter Anteile ggf. CT beim ålteren Kind, Beurteilung von Gelenkflåchen und Frakturverlauf
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Rekonstruktion der Anatomie und der Gelenkflåchen, Erhalt der Fuûachsen
Primårbehandlung
US-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie offene Fraktur, Luxationsfraktur: notfallmåûige OP (Nekrosegefahr)
23 Fuû
Konservative Therapie ] Indikation
undislozierte Frakturen, Gelenkspalt oder -stufe < 2 mm
] Verfahren
6±8 Wochen US-Gips, Entlastung
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung, Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
nach 6±8 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
ca. 6 Wochen nach Konsolidierung, bei freier Funktion
Operative Therapie ] Indikation
Dislokation im Gelenk > 2 mm; Verkçrzung, Achsabweichung; Typ II±IV nach Hawkins; offene Frakturen
] Verfahren
geschlossene Reposition; Schraubenosteosynthese ggf. K-Draht-Spickung meist offene Reposition nætig; Schraubenosteosynthese Luxation aus Malleolengabel: ggf. zusåtzliche Transfixation mit OSG im Einzelfall mit Bandrekonstruktion
] Nachbehandlung
6 Wochen US-Gips (ggf. in leichter Flexion), Entlastung bei Nekrosegefahr 10 Wochen Entlastung nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; nach 6 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Metallentfernung
nach 4 Wochen transfixierende K-Dråhte nach 6 Monaten Schrauben
] Sportfåhigkeit
ca. 6 Wochen nach Konsolidierung und freier Funktion
Komplikationen
Frçharthrose im USG Talusnekrose Kompartmentsyndrom
Wachstumsstærung
±
Nachkontrollen
bei Nekrosegefahr: nach 10 Wochen MRT (Ausschluss einer Nekrose) 3-wæchentlich, bis freie Funktion und volle Belastbarkeit erreicht; bei unauffålligem Befund nach 1 Jahr
Klassifikation
AO:
LiLa:
]
383
384
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
] Kalkaneusfraktur 25 °- 40 °
Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Kalkaneusfrakturen sind selten, ihre Inzidenz betrågt 0,005%. Nicht immer sind Hochrasanztraumen oder Sprung aus groûer Hæhe die Ursache, bei Kleinkindern vor dem 3. Lebensjahr kann es auch durch leichte Traumen zu Kalkaneusfrakturen kommen (¹Toddler's Fractureª), welche anfangs nicht immer radiologisch nachweisbar sind. Deshalb empfiehlt sich bei negativem Ræntgenbefund und anhaltenden Beschwerden eine Ræntgenkontrolle nach 2 Wochen, in der sich dann die Fraktur bzw. die Kallusbildung zeigt. Ein Drittel der Kalkaneusfrakturen sind mit zusåtzlichen Verletzungen assoziiert, welches gerade beim Hochrasanztrauma zu beachten ist. Bei Kindern, die jçnger als 7 Jahre sind, çberwiegen extraartikulåre Frakturen. Diese betreffen in der Regel den Tuber calcanei. Kalkaneusfrakturen beim Adoleszenten sind meist intraartikulår und fçhren zu einer Abflachung des Tuber-Gelenk-Winkels (< 25±408) (Abb. 23.8). Ausreichende Untersuchungen zu Langzeitergebnissen bei konservativ therapierten intraartikulåren dislozierten Kalkaneusfrakturen liegen nicht vor. So kann die extraartikulåre undislozierte Fraktur beim jungen Kind konservativ behandelt werden, wohingegen die intraartikulåre dislozierte Fraktur des Adoleszenten entsprechend der Erwachsenenchirurgie anatomisch reponiert und stabilisiert werden muss.
1a
Klassifikation Es existieren unterschiedliche Klassifikationen fçr Kalkaneusfrakturen. Grundsåtzlich wird nach Beteiligung des zentralen thalamischen Gelenks zwischen extra- und intraartikulåren Frakturen differenziert. Essex Lopresti unterscheidet zwei Hauptformen, den Joint-Depression- sowie den Tongue-Typ (Abb. 23.9). Nur wenige dieser Klassifikationen beziehen sich auf Verletzungen im Kindesalter, als Beispiel ist die Klassifikation nach Wiley und Profitt aufgefçhrt (Abb. 23.10).
a
b
Abb. 23.9. Essex-Lopresti-Klassifikation der Kalkaneusfrakturen a Joint-Depression-Typ, b Tongue-Typ.
2a
1d 1b
1c
Abb. 23.8. Bæhler-Winkel (Tuber-Gelenk-Winkel).
1e
2d 2b
1f
2c
2e
Abb. 23.10. Klassifikation der Kalkaneusfrakturen nach Wiley und Profitt 1 extraartikulår a Tuberausriss, b vertikale Korpusfraktur, c horizontale Korpusfraktur, d Processus-medialis-Ausriss, e, f Processus-anterior-Ausriss; 2 intraartikulår a undisloziert, b Tongue-Typ, c zentrolaterale Fraktur disloziert, d Sustentakulumfraktur, e Mehrfragmentfraktur.
23 Fuû
Kalkaneusfraktur
Besonderheiten
Ursache: < 10. Lj. einfache Stçrze; > 10. Lj. Hochrasanztraumen v. a. Adoleszente: intraartikulåre dislozierte Frakturen < 8. Lj.: extraartikulåre, wenig dislozierte Frakturen Kleinkinder < 3. Lj.: Toddler-Fracture
Diagnostik
Rx Rçckfuû a.-p. + seitlich; Kalkaneus axial bei Verdacht auf Fraktur: CT + 3D-Rekonstruktion alternativ MRT mit Rekonstruktion bei kleinen Kindern
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Herstellung der Gelenkflåchen; Erhalt der Fuûachsen
Primårbehandlung
US-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie, abschwellende Maûnahmen
Konservative Therapie ] Indikation
keine Gelenkstufen, akzeptabler Tuber-Gelenk-Winkel extraartikulåre undislozierte Frakturen
] Verfahren
6 Wochen US-Gips, Entlastung
] Nachbehandlung
dann schmerzabhångige Belastung Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
nach 6 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
bei Beschwerdefreiheit
Operative Therapie ] Indikation
intraartikulåre dislozierte Frakturen extraartikulåre dislozierte Frakturen meist im Intervall, nach Rçckgang der Weichteilschwellung
] Verfahren
offene Reposition der Achsen, Winkel und der Gelenkflåchen selten mit Spongiosaplastik beim Kind; Osteosynthese bei kleinen Kindern mit K-Dråhten, ansonsten mit Flachprofilplatten (winkelstabile Kalkaneusplatte des Erwachsenen meist zu groû; alternativ winkelstabile kleine Hand-, Fuûplatten)
] Nachbehandlung
6 Wochen Entlastung im US-Gips nach Gipsentfernung schmerzabhångige Aufbelastung Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
]
385
386
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Kalkaneusfraktur ] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; nach 6 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Metallentfernung
1 Jahr post OP
] Sportfåhigkeit
ca. 6 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
Frçharthrose im USG Kompartmentsyndrom (10%)
Wachstumsstærung
mægliche Inkongruenz des subtalaren Gelenks
Nachkontrollen
3-wæchentlich, bis freie Funktion und volle Belastbarkeit erreicht
Klassifikation
AO:
] Fuûwurzelfraktur ± Verletzungen des Vorfuûes Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild ] Frakturen der Fuûwurzeln. Diese sind sehr selten, aufgrund der hohen Nekrosegefahr ist jedoch eine anatomische Reposition anzustreben. Bei persistierender Fehlstellung ist mit einer frçhzeitigen Arthrose mit erheblichen Beschwerden zu rechnen, welche håufig nur im weiteren Verlauf durch eine Arthrodese behoben werden kænnen. ] Frakturen des Navikulare. Sie sind selten disloziert, kænnen jedoch mit Luxationen im Chopart-Gelenk assoziiert sein. ] Kuboidfrakturen. Hier handelt es sich meist um Kompressionsfrakturen mit Verkçrzung der lateralen Fuûsåule. Ziel ist ebenfalls eine anatomische Reposition mit Wiederherstellung der Långe. ] Frakturen der Metatarsalia. Sie weisen eine Inzidenz von 4% auf und machen je nach Literaturangabe bis zu 90% aller Fuûfrakturen aus. In der Mehrzahl der Fålle handelt es sich um subkapitale Frakturen mit geringer Dislokation, sodass eine konservative Therapie meist ausreicht. Bei Serienfrakturen empfehlen wir jedoch aufgrund der Instabilitåt eine perkutane K-DrahtSpickung. Bei Kindern vor dem 10. Lebensjahr ist der erste Mittelfuûknochen am håufigsten betroffen. Bei Kindern, die ålter als 10 Jahre
LiLa:
sind, steht die Basisfraktur des 5. Mittelfuûknochens im Vordergrund. Typischer Unfallmechanismus ist das Supinationstrauma. Die Metatarsale-V-Basis-Fraktur verlåuft quer im Gegensatz zur Apophysenfraktur, welche långs verlåuft und in der Regel keine weiteren therapeutischen Konsequenzen erfordert (Abb. 23.11, 23.12). ] Zehenfrakturen. Sie stellen mit Frakturen der Mittelfuûknochen den Hauptanteil, wobei im Wesentlichen die Groûzehe betroffen ist. Am håufigsten handelt es sich um basale Epiphysenlæsungen und Stauchungsfrakturen. Schaftfrakturen sind in der Regel konservativ durch Ruhigstellung (Tape) behandelbar, dagegen kænnen intraartikulåre Frakturen und Epiphysenlæsungen zu Wachstumsstærungen und Frçharthrosen fçhren und sollten bei deutlicher Abweichung reponiert und ggf. mit einem K-Draht fixiert werden. ] Luxationen des Fuûskeletts. Diese Verletzungen sind im Kindesalter selten. Meist handelt es sich um interphalangeale Luxationen, die einfach zu reponieren und durch Tape zu stabilisieren sind. Peritalare und subtalare Luxationen bzw. Subluxationen kommen v. a. beim Adoleszenten vor, håufig sind sie mit Frakturen des Talus assoziiert. Luxationen im Lisfranc-Gelenk treten meist nach Hyperflexions- oder Ûberrolltraumen bei ålteren Kindern auf. Lisfranc-Verletzungen werden leicht in der primåren Bildgebung çbersehen; daher muss auf korrekte Aufnahmen auch exakt seitlich geachtet werden. Oft kommt es zu einer spontanen Reposition, sodass klinisch
23 Fuû
]
Abb. 23.11. MFK-V-Apophyse (långsverlaufend); Differenzialdiagnose: Basisfraktur (querverlaufend).
Schmerzen und eventuell ein Håmatom im Mittelfuûbereich imponieren. Die verschiedenen Formen der Lisfranc-Luxation kænnen auch beim Kind auftreten, wobei im Einzelfall das Ausmaû erst im MRT vollståndig erkennbar ist. Oft kommen begleitende Frakturen im Fuûwurzel- und Mittelfuûbereich hinzu. Eine Fraktur des 2. Mittelfuûknochens weist oft auf eine (Sub-)Luxation im Lisfranc-Gelenk hin. Die Therapie besteht aus einer meist geschlossenen Reposition und einer temporåren Transfixation
Abb. 23.12. Apophysenfraktur MFK V (10. Lj.).
mit K-Dråhten bei bestehender Instabilitåt, gefolgt von einer Immobilisation. Die Schlçsselstelle ist hier die Stabilisierung der MFK-II-Basis-Fraktur. Eine anatomische Reposition sollte angestrebt werden, da sonst mit schlechten Langzeitergebnissen zu rechnen ist.
Fuûwurzelfraktur
Besonderheiten
selten
Diagnostik
Rx Rçckfuû a.-p. + seitlich bei Verdacht auf Fraktur: CT + 3D-Rekonstruktion alternativ MRT mit Rekonstruktion bei kleinen Kindern
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Herstellung der Gelenkflåchen und Fuûachsen
Primårbehandlung
US-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
387
388
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Fuûwurzelfraktur Konservative Therapie ] Indikation
i. d. R. konservativ bei fehlender Dislokation
] Verfahren
6 Wochen US-Gips, Entlastung
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich; ggf. Einlagenversorgung
] Rx-Kontrolle
nach 6 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
ca. 6 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
dislozierte Frakturen; Luxation im Chopart- oder Lisfranc-Gelenk
] Verfahren
geschlossene Reposition und perkutane K-Draht-Spickung Instabilitåt: offene Reposition und Schrauben-/K-Draht-Osteosynthese bei Weichteilverletzungen: temporåre Transfixation fçr 2±3 Wochen Schlçsselfragment: Stabilisierung einer MFK-II-Basis-Fraktur
] Nachbehandlung
6 Wochen Entlastung nach Gipsentfernung schmerzabhångige Aufbelastung Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich; ggf. Einlagenversorgung
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; nach 6 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Metallentfernung
nach 4 Wochen Transfixationsdråhte
] Sportfåhigkeit
ca. 6 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
Frçharthrose Verånderungen der Fuûstatik Kompartmentsyndrom
Wachstumsstærung
geringe Datenlage
Nachkontrollen
wæchentlich, bis freie Funktion und volle Belastbarkeit erreicht
Klassifikation
AO:
LiLa:
23 Fuû
Fraktur der Mittelfuûknochen
Besonderheiten
einzelne Fraktur durch direktes Trauma Serienfraktur durch Ûberrolltrauma, Radspeichenverletzung < 10. Lj.: v. a. MFK I; > 10. Lj. v. a. MFK V
Diagnostik
Rx Fuû a.-p. + seitlich
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Långenerhalt; Erhalt des Långs- und Quergewælbes keine Rotationsfehler; kein dorsaler/plantarer Achsfehler
Primårbehandlung
US-Gipsschiene, ggf. medikamentæse Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
i. d. R. konservativ gering dislozierte Schaftfrakturen nicht dislozierte Epiphysenfrakturen
] Verfahren
ca. 4 Wochen US-Gips, nach 2±3 Wochen als Gehgips diaphysår: 3±5 Wochen; metaphysår: 3 Wochen
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich; ggf. Einlagenversorgung
] Rx-Kontrolle
Stellungskontrolle nach 1 Woche; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
dislozierte Frakturen
] Verfahren
geschlossene, ggf. offene Reposition und perkutane K-Draht-Spickung, beim Adoleszenten auch Schraube MFK-V-Basis: offene Reposition und Zuggurtungsosteosynthese oder Zugschraube
] Nachbehandlung
4 Wochen Entlastung; US-Gips / nach Gipsentfernung schmerzabhångige Belastung Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich; ggf. Einlagenversorgung
] Rx-Kontrolle
postoperativ Stellungskontrolle; nach 4 Wochen Konsolidierungskontrolle gipsfrei MFK V: Konsolidierung radiologisch erst spåt sichtbar
] Metallentfernung
nach 4 Wochen (K-Dråhte, Zuggurtung, Schraube)
] Sportfåhigkeit
ca. 6 Wochen nach Konsolidierung
Komplikationen
Verånderungen der Vorfuûstatik / Kompartmentsyndrom / Pseudarthrose (MFK V)
Wachstumsstærung
mæglich, aber selten
Nachkontrollen
2-wæchentlich, bis freie Funktion und volle Belastbarkeit erreicht
Klassifikation
AO:
LiLa:
]
389
390
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Fraktur der Phalangen
Besonderheiten
v. a. direkte Traumen
Diagnostik
Rx Vorfuû a.-p. + seitlich
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Långenerhalt anatomische Reposition
Primårbehandlung
elastischer Verband, ggf. US-Gipsschiene, evtl. medikamentæse Analgesie
Konservative Therapie ] Indikation
i. d. R. konservativ gering dislozierte Schaftfrakturen nicht dislozierte Epiphysenfrakturen
] Verfahren
Dachziegelverband, Schienung an Nachbarzeh; Schuh mit harter Sohle, ggf. schmerzabhångige Entlastung 2 Wochen ggf. geschlossene Reposition in Oberst-Leitungsanåsthesie
] Nachbehandlung
nach Gipsentfernung schmerzabhångige Aufbelastung Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
entfållt; klinische Achs- und Funktionskontrolle
] Sportfåhigkeit
bei Schmerzfreiheit, ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
Operative Therapie ] Indikation
dislozierte Frakturen (> 3 mm)
] Verfahren
geschlossene Reposition und perkutane K-Draht-Spickung Basis- und subkapitale Fraktur: gekreuzt Schaftfraktur: intramedullåre Schienung
] Nachbehandlung
3 Wochen Entlastung; ggf. Gipsschuh nach Metallentfernung schmerzabhångige Aufbelastung Krankengymnastik i. d. R. nicht erforderlich
] Rx-Kontrolle
intra- oder postoperativ Stellungskontrolle
] Metallentfernung
nach 2±3 Wochen Transfixationsdråhte
] Sportfåhigkeit
ca. 4 Wochen nach Konsolidierung
23 Fuû
Komplikationen
Verånderungen der Vorfuûstatik (Hallux rigidus) Frçharthrose
Wachstumsstærung
keine sicheren Angaben
Nachkontrollen
wæchentlich, bis freie Funktion und volle Belastbarkeit erreicht
Klassifikation
AO:
Technische Aspekte
Fuûverletzungen
LiLa:
Fuûverletzungen allgemein Lagerung
] i. d. R. Rçckenlage; Blutsperre (optional) ] Abdeckung bis Kniegelenk; ggf. mit Beckenkamm
Zugang
] Rçckfuû ± cave Durchblutungsstærung: Zugang mæglichst klein; vorzugsweise lateraler Zugang (medial græûere Gefahr der Gefåû-, Nervenschådigung) ± medialer Zugang: bei direkter Verschraubung des Sustentaculum talare
Spezielle Aufklårung
] ] ] ] ] ]
Metallentfernung
] Transfixationsdråhte, perkutane K-Dråhte: 4 Wochen post OP; ambulant ] Schrauben, Platte: 6 Monate post OP
Nekrose (v. a. Fuûwurzel) Frçharthrose Kompartmentsyndrom Fuûwurzelfrakturen: empfindliche Weichteile ? hohes Nekrose- und Infektrisiko Spongiosaentnahme aus dem Beckenkamm, nur bei sehr groûen Defekten (selten) Innenknæchelosteotomie, nur ausnahmsweise bei Talusfraktur
Talusfraktur Material
] kançlierte 3,5 mm Schrauben, K-Dråhte 1,6 mm
Zugang
] lateraler Zugang ] medialer Zugang nur bei Verschraubung des Sustentaculum talare (bogenfærmig hinter Innenknæchel; Anschlingen des Gefåû-Nerven-Bçndels)
OP-Prinzip
Talusfraktur Typ I nach Hawkins ] geschlossene Reposition in Plantarflexion, ggf. çber Stichinzision Talusfraktur Typ II nach Hawkins ] bilateraler Zugang ] Zugschrauben von medial und lateral als Stichinzision oder zentraler anteriorer Långsschnitt ] ggf. a.-p.-Verschraubung çber posterolaterale Stichinzision Talusfraktur Typ III nach Hawkins ] anteromedialer Zugang (cave: Gefåûversorgung; Lig. deltoideum und Schonung des Weichteilverbundes zwischen Talushals und Os naviculare ? Nekrosegefahr) (Abb. 23.16) ] Schrauben parallel einbringen (sonst Sperrwirkung)
]
391
392
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Technische Aspekte
Fuûverletzungen Kalkaneusfraktur
Material
] ] ] ]
K-Dråhte 1,6 mm kançlierte Schraube 3,5 mm Flachprofifplatte, ggf. winkelstabil (Hand-, Fuûset), Titan Fixateur externe
Zugang
] lateraler Zugang (1 cm unterhalb der Fibulaspitze; Eræffnung der Peronåalsehnenscheide ? Anheben en bloc der Peronåalsehnen und des N. cutaneus dorsalis) (Abb. 23.13)
OP-Prinzip
] K-Draht-Osteosynthese (Abb. 23.17) ] Fixateur externe (Abb. 23.18) ] Reposition: ggf. mit dorsolateral und in Tibia eingebrachtem Steinmann-Nagel zur Distraktion Fuûwurzelfrakturen
Material
] K-Dråhte 1,6±1,8 mm; Mini-Schrauben (2,0±3,5 mm)
Zugang
] dorsal, Streckseite Fuûrçcken
OP-Prinzip
] Schonung der proximalen oder distalen Weichteilstrukturen der dorsalen Fragmente ] Osteosynthese mit K-Dråhten und 3,5 mm kançlierten Schrauben ] bei Weichteilverletzungen: Transfixation talonavikular mit 1,8 mm K-Dråhten Kuboidfrakturen ] offene Reposition, ggf. Spongiosaplastik ] Osteosynthese transfixierend mit 2 K-Dråhten (CC-Gelenk) Mittelfuûfrakturen
Material
] 1,4±1,6 mm K-Dråhte, ggf. Minischrauben (2,0; 2,4)
Zugang
] dorsal, Streckseite (Abb. 23.15)
OP-Prinzip
] oft geschlossene Reposition und perkutane K-Draht-Spickung mæglich ] offen (Repositionshindernis): dorsale Långsinzision K-Draht-Osteosynthese ] K-Draht zunåchst von Fraktur aus in das distale Fragment einfådeln und durch die Haut vorschieben, dann retrograd in das proximale Fragment auffådeln (Abb. 23.19) ] Osteosynthese durch dorsale Platte oder K-Draht ] Serienfraktur: Stabilisierung der tragenden Såulen MFK I und V Zuggurtung ] MFK-V-Basis-Fraktur (Abb. 23.20) Zugschraube ] alternativ fçr MFK-V-Basis-Fraktur bei beginnendem Fugenschluss Zehenfrakturen/-luxationen
Material
] Tape, braunes Pflaster, K-Draht 1,0 und 1,2 mm
Zugang
] i. d. R. geschlossene Reposition
23 Fuû
Technische Aspekte
Fuûverletzungen
Therapieprinzip
] Dachziegelverband bei Phalangenfrakturen: ± bei primårer Varusfehlstellung an laterale Zehe schienen ± bei primårer Valgusfehlstellung an mediale Zehe schienen ± Kompresse interdigital zur Vermeidung von Ulzera ] K-Draht-Osteosynthese ± i. d. R. perkutan mæglich (Abb. 23.21) ± Schrauben, selten 1,3 oder 1,5 mm Lisfranc- und Chopart-Luxation
Zugang
] geschlossene Reposition, ggf. offene Reposition çber Zugang çber MT II und MT IV mit K-Draht-Transfixation des Lisfranc-Gelenks (Abb. 23.15) ] Schlçsselstelle ist der MTII und das Os cuneiforme II Kompartmentsyndrom
Zugang
] Fasziotomie: çber 2 dorsale und eine mediale Inzision ± 2 parallele Inzisionen çber MFK II und IV bis auf die Knochen (ausreichende Hautbrçcke belassen) ± 1 mediale Inzision: proximaler MFK I ? dorsale Ferse ± primårer Hautverschluss nach ca. 6 Tagen
N. suralis N. saphena parva
Abb. 23.13. Lateraler Zugang am Rçckfuû.
V. saphena magna N. saphenus
Abb. 23.14. Medialer Zugang am Rçckfuû.
A. tibialis posterior N. tibialis
]
393
394
]
D. Schneidmçller und I. Marzi
Technische Aspekte
Fuûverletzungen
A. dorsalis pedis
Abb. 23.15. Zugang am Mittelfuû.
Abb. 23.16. Anteromediale Verschraubung des Talus.
1 1 4 5
4 5 2
3
3
2
Abb. 23.17. K-Draht-Osteosynthese am Kalkaneus.
23 Fuû
Technische Aspekte
Fuûverletzungen
Abb. 23.18. Typische Fixationspunkte des Fixateur externe bei Kalkaneusfraktur.
Abb. 23.19. Schaftfraktur am MFK: K-Draht-Osteosynthese.
Abb. 23.20 a, b. Zuggurtungsosteosynthese an der MFK-VBasis.
Abb. 23.21. Schrauben-, K-Draht-Osteosynthese bei einer Phalanxfraktur.
]
395
396
]
23 Fuû
] Fallbeispiele Fall 23.1 Dislozierte intraartikulåre Kalkaneusfraktur beim Adoleszenten, Sprung aus groûer Hæhe.
a Unfallbild. b, c Versorgung durch Plattenosteosynthese.
Fall 23.2 Undislozierte intraartikulåre Kalkaneusfraktur, Junge, 10 J., Unfall beim Fuûballspielen.
a, b Unfallbilder. c, d Darstellung der Fraktur im MRT.
24 Wirbelsåule S. Rose und I. Marzi
] Physiologie, Anatomie und Entwicklung der kindlichen Wirbelsåule Angaben zu Bewegungsausmaûen, Græûenverhåltnissen und ¹physiologischenª Befunden unterliegen abhångig von Untersucher, Untersuchungsmodus und Kindesalter einer hohen Variation. ] Gelenkverbindungen. Beim Kleinkind artikuliert der Kopf mit dem Atlas horizontal, wobei die straffe Fçhrung der Articulatio atlanto-occipitalis (Eigelenk) vorwiegend die Flexion/Extension, aber wenig Rotation und Seitneigung zulåsst. Die noch horizontalen und flachen Gelenkfacetten werden von einem schwachen Muskelapparat mit laxen Bandstrukturen bei groûer Kopf-Kærper-Relation gehalten. Daher entsteht bei Krafteinwirkung eine hohe Belastung. Dens axis und vorderer Atlasbogen sind durch das Lig. cruciforme atlantis verbunden, welches aus dem fçr die Mechanik wichtigen Lig. transversum atlantis und den Fasciculi longitudinales (Vorderrand Foramen magnum zur Hinterflåche C 2) besteht. Sekundåre Stabilisatoren sind die paarigen Ligg. alaria, zum einen vom seitlichen Dens zum Foramen magnum und medial zu den Okzipitalkondylen, zum anderen als Pars atlantis zum vorderen Atlasbogen ziehend. Da die kindlichen Bandstrukturen der Articulationes atlanto-axiales (kombiniertes Drehgelenk) eine Rotation von ca. 20±608 zulassen, sind Bandrupturen und Verletzungen der Facettengelenke mit Subluxation mæglich. 60% der axialen HWS-Rotation entsteht zwischen C0 und C 2 (davon 50% zwischen C 1 und C 2), weitere 40% in der unteren HWS. Mit dem Wachstum vergræûern sich die Neigungsebenen der Gelenkflåchen bei C 1/C 2 von 558 auf 708 und bei C 2 bis C 4 von 308 auf 60±708 mit einer daraus folgenden hæheren knæchernen Stabilitåt. Wåhrend die Bånder, Gelenke und Bandscheiben starke Dehnungen und eine Dislokation bis zu 5 cm
scheinbar unbeschadet çberstehen kænnen, hat das Rçckenmark nur geringe Toleranzen von wenigen Millimetern, wodurch sich das håufige SCIWORA-Syndrom und auch multisegmentale neurologische Stærungen erklåren lassen. ] Knæcherne Entwicklung. Der Atlas verfçgt çber 3 primåre Ossifikationszentren (OFZ): jeweils eines im Zentrum der Atlasbægen und ein drittes im ventralen Korpus, welches bei ca. 20% der Kinder bei Geburt ausgebildet ist oder erst bis zum 1. Jahr verknæchert. Das dritte OFZ kann auch von zwei Zentren gebildet werden oder ganz fehlen, sodass sich die beiden Bægen ventral ohne Kærper schlieûen oder eine Lçcke lassen. Der hintere knæcherne Bogenschluss hat normalerweise bis zum 3. Jahr stattgefunden, kann aber ausbleiben und darf zusammen mit anderen Variationen und Synchondrosen nicht als posttraumatisch fehlgedeutet werden. Mit dem 7. Jahr schlieûen sich die beiden ventralen Bægen mit dem Kærper in der sog. neurozentralen Synchondrose. Der Ring von C 1 hat etwa im 4.±5. Jahr die Græûe eines Erwachsenen erreicht (Spinalkanaldurchmesser ca. 22 mm), kann aber auch ganz fehlen oder nicht verknæchern. Drittelregel: ca. ein Drittel des Kanals wird durch den Dens, ein Drittel durch das Rçckenmark und ein Drittel durch den freien Spinalraum belegt. Der Dens axis verfçgt çber 4 OFZ (2 in den Bægen, 1 im Korpus, 1 im Dens). Die Ossifikation des Dens beginnt prånatal mit zwei långlichen primåren Zentren, welche sich mit der Geburt vereinen. Allerdings kann bis zum 7. Monat eine senkrechte Linie persistieren. Alle Zentren liegen bei Geburt vor und fusionieren zwischen dem 3. und 6. Lebensjahr. Der Dens ist vom Axiskærper durch eine Wachstumsknorpelzone (sog. dentozentrale Synchondrose) getrennt, die nach kranial und kaudal wåchst und zwischen dem 5. und 7. Jahr verschwindet. Sie liegt kaudal der Ebene der Gelenkfacetten und des Dens-Korpus-Ûbergangs und kann als kleine
398
]
S. Rose und I. Marzi
ræntgentransparente Struktur çber Jahre verbleiben. Eine Verwechslung mit einer Fraktur ist mæglich, da in diesem Bereich bei Kindern auch die Densfraktur entsteht. Diese Synchondrosen erscheinen auf der transoralen Ræntgenaufnahme in der Form eines H (Abb. 24.1). Da die Durchblutung des Dens çber Bindegewebe an der Densspitze und von medial der Gelenkfacetten in die Synchondrose einstrahlenden Gefåûen erfolgt, wird die Densdurchblutung bei Frakturen nicht gestært (gute Prognose). Das Zusammenwachsen der beiden primåren Ossifikationszentren des Dens fçhrt zu einem V-færmigen Knorpelbereich, zwischen oder çber dem sich ein weiteres sekundåres apikales OFZ fçr die Densspitze befindet, welches nicht vor dem 6.±7. Lebensjahr erscheint und um das 12. Jahr fusioniert. Bleibt die Ossifikation aus, persistiert das sog. Ossiculum terminale Bergmann. Die Fusionsgrenzen kænnen lange erhalten bleiben, auch die komplette Fusion kann fehlen und somit die Differenzierung von Frakturen erschweren. Der Dens anguliert als Normvariante in ca. 4% nach dorsal. Die Ringapophyse der Basis von C 2 kann bis zum 25. Jahr offen bleiben.
Abb. 24.1. Synchondrosen und Ossifikationszentren des 2. Halswirbelkærpers.
Kaudal des 3. Halswirbelkærpers verknæchern alle Wirbelkærper gleich, d. h. ein OFZ bildet sich im Wirbelkærper und zwei weitere in den Neuralrohren (Wirbelbægen). Die Ossifikation des Wirbelkærpers erfolgt halbkugelfærmig, vor allem nach oben und unten, dann zur Seite und nach dorsal. Ab dem 2. Lebensjahr entwickelt sich das Wachstum vornehmlich nach vorne und in die Breite. Die sog. ventrale neurozentrale Synchondrose separiert diese drei Zentren zwischen dem 3. und 6. Jahr und verknæchert erst ab dem 5.±6. Lebensjahr. Der Spinalkanal schlieût sich variabel und abhångig vom Wirbelsåulenabschnitt zervikal zwischen dem 6. ± 7., thorakal zwischen dem 7. und 9. und lumbal zwischen dem 9. und 10. Lebensjahr. Eine frçhzeitge Verwechslung mit einer Spina bifida ist mæglich.
In den zervikalen und thorakalen Wirbeln erscheinen wåhrend der Adoleszenz fçnf weitere sekundåre OFZ an den Spitzen der Dorn- (Fusion mit 25 Jahren) und Querfortsåtze (Fusion in der Pubertåt) sowie an den Grenzen zu den oberen und unteren Endplatten (sog. Ringapophyse oder Apophysenring; Abb. 24.2). Eine klassische knæcherne Epiphyse wie beim Ræhrenknochen fehlt bei der Wirbelsåule, sodass die knorpeligen Wirbelkærperendplatten als Wachstumsfugen im frçhen Alter nicht erkennbar sind und direkt an die Bandscheibe grenzen. Die dçnne ringfærmige Knorpelschicht der Ringapophyse bildet ab dem 6.±7. Lebensjahr eine variantenreiche feine Verzahnung mit dem OFZ des Wirbelkærpers. Die Ringapophysen sind als langsam wachsende Ossifikationszentren kaum am Hæhenwachstum des Wirbelkærpers beteiligt, dienen aber wesentlich der Verankerung des Anulus fibrosus am Wirbelkærper und der Insertion des lumbalen Zwerchfells. Die epiphysealen Synchondrosen der Endplatten fusionieren erst im Alter von 25 Jahren. Die lumbalen Wirbelkærper wachsen durch epiphysåre Wachstumszonen vor allem in der Adoleszenz stark in die Hæhe und besitzen zwei zusåtzliche OFZ fçr die Mamillarfortsåtze. Verletzungen der sekundåren OFZ kænnen nur sehr schwer ræntgenologisch nachgewiesen werden. Eine offene posteriore Synchondrose (Spina bifida) bei L 5 verbleibt bei ca. 20% der Bevælkerung. Nach einem Trauma kann es zu einer Stærung der Knorpel-Knochen-Transformation mit dem Auftreten von sklerotischen Knochenbereichen innerhalb des Wirbelkærpers kommen (Wirbel im Wirbel). Der Spinalkanaldurchmesser betrågt bei C 7 ca. 18 mm. Ein frçhzeitiger Schluss des Spinalkanals, z. B. nach Trauma, kann zu einer Spinalkanalstenose fçhren. Die Reifung der HWS entwickelt sich schneller als die der Extremitåten und des çbrigen Skeletts. Die Verknæcherung ist zwischen dem 8. und 10. Lebensjahr abgeschlossen, sodass nach dem 10. Lebensjahr nur noch wenig Hæhengewinn beobachtet wird. Zusammenfassend ist festzuhalten: Die Wirbelsåule reift ab dem 8.±10. Jahr mit stabileren Båndern und Gelenken, steileren Gelenkfacetten und rechteckigen Wirbelkærperformen aus und nåhert sich anatomisch der Erwachsenenwirbelsåule. Damit åhneln ab diesem Lebensalter sowohl die Verletzungs- als auch Heilungsvorgånge denen bei Erwachsenen.
24 Wirbelsåule
Physiologische Ræntgenbefunde
]
] Verletzungen der Wirbelsåule ± Allgemeines Inzidenz
Abb. 24.2. Wachstumszone des Wirbelkærpers, Ringapophyse (13. Lj.).
Verletzungen der Wirbelsåule sind bei Kindern selten und betreffen nur ca. 1,5% der verunfallten Kinder, von denen weniger als 5% unter 16 Jahre sind. Zahlen zur Inzidenz sind aber wegen dem håufigen Verzicht auf weiterfçhrende und auch schwierig zu interpretierende Diagnostik unsicher. Das Alter spielt eine wesentliche Rolle fçr die Art, Lokalisation und Entstehung der Verletzung. Unter dem 2. Lebensjahr finden sich am håufigsten Geburtstraumen, weitere Altersgipfel liegen bei den 3- bis 4-Jåhrigen (Verkehrsunfålle, Stçrze, Kindesmisshandlung) und Adoleszenten (Sport, Verkehr). Die thorakolumbale Wirbelsåule ist am håufigsten verletzt. Je jçnger das Kind, desto wahrscheinlicher ist jedoch eine Verletzung der Halswirbelsåule. Schwerste HWS-Verletzungen werden håufig nicht çberlebt. Bis zu 30% (5±67%) der schweren Verletzungen zeigen eine unspezifische neurologische Begleitsymptomatik (SCIWORA = Spinal Cord Injury Without Radiographic Abnormalities).
Neurologische Komplikationen
Abb. 24.3. Lumbalisierter Sakralwirbel (12. Lj.).
Abb. 24.4. Pseudoluxation C 2/C 3 (4. Lj.).
Wirbelsåulenverletzungen bei Kindern haben insgesamt eine gute Prognose, da posttraumatische Keilwirbelbildungen ausgeglichen werden kænnen. Bei Verletzungen der Wachstumsfugen oder posttraumatischen Låhmungen sind allerdings Wachstumsstærungen und Deformitåten mæglich. Instabile Verletzungen fçhren in einem hohen Prozentsatz zu neurologischen Stærungen, die in selektierten Kollektiven zwischen 14 und 57% bzw. als komplette Querschnittssyndrome bei 19±25% auftreten. Signifikante Verletzungen der HWS weisen mit 22±30% neurologischer Komplikationen das hæchste Risiko auf. Wegen der elastischen und noch schwachen Bandanatomie sowie der eingeschrånkt beurteilbaren chondroossåren Verletzungen ist eine Angabe zur Stabilitåt einer Verletzung z. T. sehr schwierig. Es besteht die Empfehlung und Verpflichtung zur Immobilisation der verletzten Regionen (Stiff Neck, Bettruhe), bis die fragliche Låsion sicher ausgeschlossen ist. Bis zu 30% (5±67%) aller neurologisch relevanten Wirbelsåulenverletzungen im Kindesalter laufen unter dem klinischen Bild eines SCIWORA ab.
399
400
]
S. Rose und I. Marzi
Diagnostik Wachstumsabhångige Besonderheiten der Wirbelsåule stellen an die bildgebende Diagnostik hohe Anforderungen (Abb. 24.3). Neben der technischen Qualitåt, vor allem von CT und MRT, spielt die Erfahrung des Radiologen und Chirurgen eine groûe Rolle. Zudem sind abhångig vom Alter und Bewusstseinszustand des Kindes bereits die Anamneseerhebung und die Eingrenzung der betroffenen Wirbelsåulenregion problematisch. Das Ausmaû der Ræntgenuntersuchung sollte beim wachen und klinisch beurteilbaren Kind trotzdem differenziert festgelegt werden. Eine generelle Komplettdiagnostik (HWS, BWS und LWS in 2 Ebenen) beim Monotrauma ist zu çberdenken. Nach Ausschluss lebensbedrohlicher Verletzungen (Luftwege, Atmung, Kreislauf) erfolgt, sofern noch nicht geschehen, die adåquate Immobilisation der HWS mit einer starren kindgerechten Orthese (Stiff Neck) in der Regel bereits am Unfallort. Eine Hyperflexion der HWS aufgrund des groûen Kopfes muss durch eine spezielle Lagerung mit Thoraxunterstçtzung oder Kopftieflagerung (Spine Board) vermieden werden. Eine Mobilisation çber die Achse mit Stabilisierung des Kopfes und Rumpfes ist nach Ausschluss schwerer Rumpf- und Extremitåtenverletzungen mæglich. Es folgt die Inspektion (Weichteile, Schçrfungen, Blutergçsse, dorsale Einblutungen), Ûberprçfung von Beweglichkeit oder schmerzhafter Bewegungseinschrånkung, Palpation (Schmerz, interspinæse Lçcke) und die wiederholte neurologische Untersuchung.
] Standarddiagnostik der Wirbelsåulenverletzung. Die Anatomie der Wirbelsåule veråndert sich mit dem Wachstum ståndig. Die Verknæcherung der HWS ist normalerweise zwischen dem 8. und 10. Lebensjahr abgeschlossen. Eine Verletzung der Halswirbelsåule muss bei folgenden klinischen Befunden immer ausgeschlossen werden: Bewusstlosigkeit oder GCS <13, Desorientierung, lokale Beschwerden, neurologische Ausfålle, geeigneter Unfallmechanismus (Verkehrsunfall, Gurtmarken, nicht angeschnallt, schweres Kopf- oder Gesichtstrauma, Stçrze). Insbesondere die Halswirbelsåule bereitet groûe diagnostische Probleme, da die primåren und sekundåren OFZ sowie die verbindenden Synchondrosen schwierig von pathologischen Verånderungen abzugrenzen sind. Die Beurteilung der Ræntgenbilder einer Halswirbelsåule sollte folgenden Eckpunkten folgen: a.-p. Aufnahme der HWS (und transorale Densaufnahme; Abb. 24.5 a, c): ] Position Massa lateralis, ] Densfraktur, ] interpedikulåre Distanz, ] Pseudoluxation C 2/C 3 (normal: £ 4 mm) (Abb. 24.4); Pseudoluxation C 3/C 4 (normal: £ 3 mm). Laterale Aufnahme der HWS mit Th 1 (Abb. 24.5 b): ] a.-p. Wirbelkærperalignement, spinolaminåre Linie und Dornfortsatzlinie, ] Atlas-Dens-Intervall (£ 4 mm),
Abb. 24.5. Konventionelle Ræntgenaufnahmen der HWS eines 4-jåhrigen Mådchens. a a.-p., b seitlich, c transoral.
24 Wirbelsåule
] Abstand C 1-Gelenk zum Okziput (£ 5 mm), ] retropharyngealer (£ 8 mm bei C 2) und retrotrachealer Raum (£ 14 mm bei C 6 unter 15 Jahren), ] Spinalkanalbreite (Abstand spinolaminåre Linie zu Hinterkante auf Hæhe C 1 ³ 14 mm). Nach Woodring und Lee zeigen hochwertige konventionelle Aufnahmen der HWS die meisten Frakturen der Wirbelkærper, des Dens, der Dornfortsåtze sowie Dislokationen. Bei Dietrich et al. waren laterale Ræntgenaufnahmen der HWS in 98% der Fålle fçr Verletzungen richtungsweisend. Die darçber hinaus empfohlene transorale Ræntgenaufnahme ist beim eingeschrånkt kooperativen Kind technisch schwierig, bei fehlender CT aber unter Umstånden hilfreich. Bei dringendem Verletzungsverdacht ist wegen der schwierigen ræntgenologischen Beurteilung der beiden oberen HWS-Gelenke und des Dens axis eine MRT oder CT erforderlich. Funktionsaufnahmen in Flexion und Extension sollten bei Instabilitåtsverdacht vom erfahrenen Arzt (cave: iatrogene Schådigung) im Intervall am wachen Patienten, in Ausnahmefållen (starke Schmerzen) auch in Narkose unter unmittelbarer Durchleuchtungskontrolle durchgefçhrt werden. Als Zeichen der ligamentåren Låsion sind zu deuten (mod. nach Blauth): ] schwerer Traumamechanismus, ] dorsaler Druckschmerz, Distraktions- oder Stauchschmerz, Spasmus, Bewegungseinschrånkung, ] deutliche monosegmentale Stufenbildung der hinteren Wirbelkærperlinie und ræntgenologisch nachgewiesene Subluxation der Intervertebralgelenke > 50%, gestærtes seitliches Alignement, ] inkongruente Gelenkfacetten, Subluxation der Intervertebralgelenke > 50%, ] fehlende Reposition in Extension (cave: oft Spontanreposition nach Hyperextensionstrauma), ] Schwellung, pråvertebrales Fett, ] Dornfortsatzspitzenfrakturen (Apophysenabrisse), ] Spåtzeichen: kleiner abgesprengter Knochen des verknæchernden Wirbelkærpers, spåte Ossifikationen des dorsalen Bandapparats, kompensatorische Lordose unterhalb der Låsion,
]
] Erweiterung des interspinæsen Abstands in a.-p. Aufnahme um das 1,5fache (Naidich-Gesetz), ] Erweiterung des hinteren Bandscheibenraums, ] Kyphose mit Verschmålerung des Bandscheibenraums, ] pro Fraktur Keilbildung von 2 und mehr Wirbelkærpern, Kyphose und weiter Dornfortsatzabstand, ] sog. Swischuk-Linie (Verbindung hintere Wirbelbogenbegrenzung C 1±C 3) ist kein sicheres Diagnostikum. Eine CT der HWS sollte immer beim schweren Schådel-Hirn-Trauma (Intubation, Blutung usw.) erfolgen. Bei Mehrfachverletzten, schwerem Verletzungsmechanismus und nicht beurteilbaren Kindern (Intubation, Bewusstlosigkeit) folgt die Primårdiagnostik in unserem Vorgehen dem Polytraumaprotokoll, d. h. eine komplette CT-Abklårung (Schådel und HWS, thorakoabdominal mit Kontrastmittel) unter Verzicht auf eine konventionelle Ræntgendiagnostik. Eine Aufhebung der besonderen Lagerungsmaûnahmen ist erst dann gestattet, wenn eine HWS-Verletzung sicher ausgeschlossen wurde. Dies ist oft schwierig, wenn zusåtzliche Schmerzquellen vorliegen, ein Schådel-Hirn-Trauma eine adåquate Untersuchung verhindert oder Schmerz- oder Narkosemittel gegeben wurden. Die MRT ist immer dann indiziert, wenn bei Verdacht auf eine Wirbelsåulen- oder Rçckenmarkverletzung (z. B. SCIWORA) im konventionellen Ræntgen und auch der CT kein pathologischer Befund nachweisbar ist. Wegen der hohen ligamentåren und knorpeligen Elastizitåt sind schwere Rçckenmarkschåden ohne morphologische Verånderungen mæglich. Insbesondere bei Verletzung der Wachstumsfugen ist auf eine Verbreiterung des intervertebralen Raums zu achten. Im Verdachtsfall ist auch hier eine MRT durchzufçhren, die håufig einen Hinweis auf die zugrunde liegende Verletzung gibt. Verletzungen der çbrigen Wirbelsåulenabschnitte werden gezielt durch Anamnese, Beschwerdesymptomatik und Untersuchung eingegrenzt. Schwierigkeiten bei konventioneller Technik bereitet wie beim Erwachsenen die Beurteilung der oberen und mittleren Brustwirbelsåule. Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsåule sind wie bei Erwachsenen abzuklåren.
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]
S. Rose und I. Marzi
Differenzialdiagnose wachstumsbedingter Befunde
Klassifikation
Die folgenden Tabellen (Tab. 24.1, 24.2, 24.3) geben einen Ûberblick und Anhaltspunkte fçr die Differenzialdiagnose wachstums- sowie anlagebedingter Wirbelsåulenverånderungen und posttraumatischer Schåden.
Bei Kindern çber 8±10 Jahren und Adoleszenten kænnen alle Verletzungsformen des Erwachsenen beobachtet werden. Somit kann die klassische Einteilung in Kompressions-, Flexions-Distraktions- und Rotationsverletzungen nach AO (Magerl et al.) vorgenommen werden (Abb. 24.6 a±c).
Tabelle 24.1. Differenzialdiagnose wachstumsabhångiger physiologisch-anatomischer Ræntgennormalbefunde und fragliche Instabilitåt Ræntgenbefund
Fehlinterpretation/Differenzialdiagnose
] Abstand Densspitze und Basion (anteriore Lippe des Foramen magnum) ca. 5 mm
Kleinkinder bis 10 mm (McGregor- oder Chamberlain-Linie; Wholey et al.)
] Erhæhter Abstand zwischen Dens und vorderem Atlasbogen in Flexion (Pseudosubluxation)
3 und mehr mm in 20%, bis 4 mm in Flexion normal bei Verletzungsverdacht atlantodentaler Abstand > 5 mm pathologisch
] Reiten von C 1 çber Densspitze in Extension
in ca. 20% im lateralen Ræntgen bis zum 8. Jahr; erweiterter Raum wegen Knorpelzonen von Atlas und Densspitze
] Pseudoluxation bei C 2/C 3
lateral v. a. zwischen C 2 und C 3, weniger bei C 3/C 4 (ca. 20±40% aller Kinder bis 8. Jahr), in Flexion laterale Stufe von 4 mm akzeptabel (Cattell und Filtzer). Ursache: laxe Bånder, horizontale Gelenke, unterentwickelte Processus uncinati Spinolaminåre Linie kann 1,5 mm Abstand zeigen zu C I, muss sich bei Extension aufheben
] Segmentale Kyphosen der mittleren HWS
2.±7. Jahr physiologisch, in Flexion bis zu 14% unter 16 Jahren, muss sich bei Extension aufheben
] Fehlende zervikale Lordose
Muskelspasmus (ca. 14% unter 8 Jahren)
Tabelle 24.2. Wachstumsbedingte physiologisch-anatomische Ræntgennormalbefunde und fragliche Frakturen Ræntgenbefund
Fehlinterpretation/Differenzialdiagnose
] ¹Pseudospreadª des Atlas
Fraktur
] Offene Synchondrose des Atlas
Fraktur
] Angulation der Densspitze
Densfraktur
] Persistierende dentozentrale Synchondrose
Densfraktur (Ursache: Epiphysenlinie Odontoidbasis bis 6./7. Jahr physiologisch. Persistenz bis zum 11. Jahr mæglich, allerdings sklerotisch und kaudaler als die Densbasis)
] Synchondrose der Axisbægen
traumatische Spondylolisthese
] Inkomplette Ossifikation der Ringapophyse
Avulsionsfraktur
] Einkerbungen der vorderen/hinteren Wirbelkærperwand
Fraktur (Ursache: vordere Gefåûkanåle bis 1. Jahr)
] Weiche Grenzen der epiphysåren Zonen
Kompressionsfraktur
] ¹Macheffektª
artifizielle Linien an den Grenzen unterschiedlicher Ræntgendichte (z. B. Densbasis)
] Weichteilschatten HWS
pråvertebral variabel, retropharyngealer Raum > 7 mm, retrotrachealer Raum > 14 mm abnorm (Wholey)
] Keilfærmige Wirbel
Kompressionsfraktur (bis 8. Jahr normal, je jçnger das Kind und je proximaler in HWS)
24 Wirbelsåule
]
Tabelle 24.3. Differenzialdiagnose kongenitaler Anomalitåten und sonstiger Wirbelsåulenverånderungen (Inzidenz unklar, oft Zufallsbefunde) Verånderung
Differenzialdiagnose
] Os odontoideum (angeborene hypoplastische Densspitze oder Basis)
Densfraktur
] Agenesie oder Hypoplasie des Dens
Densfraktur
] Down-Syndrom (Denshypoplasie)
atlantookzipitale Instabilitåt; ligamentåre Schwåche verringert atlantodentalen Abstand, eingeengter Spinalkanal, Gefahr der Myelopathie
] Klippel-Feil-Syndrom
angeborene Fusion zweier oder mehrerer Wirbelkærper mit erhæhter Frakturgefahr aufgrund des Hebelarms
] Osteogenesis imperfecta
fehlende Trennung von C 1 vom Okziput mit Einengung des Foramen magnum und neurologischen Ausfållen; keilfærmige und geteilte Wirbelkærper, auch in Kombination
] Thorakolumbale Blockwirbel, geteilte Wirbel
Frakturen
] Bifide Strukturen ohne Sklerose
nicht ossifizierte Synchondrosen, Fraktur, Spina bifida, nicht traumatische Ursachen (s. o.)
] Lumbal persistierende Spaltungen
Fraktur
] Lumbalisationen und Sakralisationen
Fraktur (Abb. 24.4 a)
] Spondylolisthese
Fraktur, segmentale Instabilitåt
] Pathologische Fraktur (akuter Genickschmerz)
physiologischer Keilwirbel, eosinophiles Granulom, Leukåmie, Knochenzysten und Nekrosen, Morbus Scheuermann, Spondylitis, Stoffwechselstærungen, juvenile rheumatoide Arthritis, renale Osteodystrophie
] Rçckenmarktumoren
Frakturen
Bei Kindern unter 8 Jahren finden sich Verletzungen der knorpeligen Anlagen (Frakturen der knorpeligen Wirbelkærperendplatten und Wachstumsfugen). Im Einzelnen (nach Blauth): 1. Læsung der unteren knorpeligen Wirbelkærperendplatte (Salter-Harris-I-Låsion) (Abb. 24.7 a), untere HWS und obere BWS; wegen Potenz zum Långenwachstum sekundåre Deformitåt mæglich. 2. Abbruch der vorderen unteren Wirbelkærperkante (Aitken-II-, Salter-Harris-III-Fraktur) (Abb. 24.7 b); vorwiegend beim Adoleszenten, gute Prognose. Bei ålteren Kindern und Jugendlichen werden Frakturen der ringfærmigen knæchernen Wirbelkærperrandleiste (sog. Apophysenring) beschrieben. Es handelt sich um eine frakturierte Wachstumsfuge, die z. T. spontan reponieren kann und so der konventionellen Diagnostik verborgen bleibt. Apophysenabrisse der meist månnlichen Adoleszenten liegen lumbal-kranial, selten thorakal-zervikal, dann aber kaudal. Als Ursache gelten ein heftiges Monotrauma oder die chronische Ûberlastung durch Sport. Typischerweise bestehen lumbale Schmerzen mit/oh-
ne neurologischen Befund (Symptome einer Diskushernie sind mæglich). Es finden sich nach Tahada und Epstein: 1. Dislokation nach ventral (Abrissfrakturen des vorderen Långsbandes und Anulus fibrosus). 2. Dislokation nach dorsal, håufiger (Abb. 24.8): ] Typ 1: einfache Læsung des gesamten hinteren Randes (11.±13. Lj.), ] Typ 2: Randleiste mit spongiæsen Anteilen des Wirbelkærpers (13.±18. Lj.), ] Typ 3: lateraler Teil der Randleiste mit Teilen des Wirbelkærpers (ålter als 14 Jahre), ] Typ 4: Fraktur der gesamten Hinterwand zwischen den Endplatten, u. U. Einengung des Spinalkanals, bei neurologischem Befund Dekompression erforderlich; es besteht die Mæglichkeit einer sekundåren Deformitåt. Im Bereich der Brust- und Lendenwirbelkærper sind auch Abrisse der Synchondrosen zwischen dem bipolaren neurozentralen Knorpel und den Bogenkernen in Form einer Spondylolyse mæglich.
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]
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a
A1 Impression
A2 Spaltbildung
A3 Berstungsbrüche
b
B1 dorsal vorwiegend ligamentär
B2 dorsal vorwiegend ossär
B3 Verletzung durch die Bandscheibe
C1 Rotation kombiniert c mit Typ A
C2 Rotation kombiniert mit Typ B
Abb. 24.6. AO-Klassifikation der Wirbelsåulenverletzungen. a Kompressionsfrakturen, b Flexions-Distraktions-Frakturen, c Rotations- und Translationsfrakturen.
C3 andere Klassifikationen
24 Wirbelsåule
Abb. 24.7. a Læsung der unteren knorpeligen Wirbelkærperendplatte (Salter-Harris-I-Låsion), b Abbruch der vorderen unteren Wirbelkærperkante (Aitken-II-, Salter-Harris-III-Verletzung).
a
]
b
Abb. 24.8. Apophysenfraktur mit Dislokation nach dorsal.
Therapie Ziel der Behandlung ist die stabil ausgeheilte Wirbelsåule, da eine çbersehene Instabilitåt zu einer fortschreitenden Deformitåt oder zu neurologischen Ausfållen fçhren kann. Follow-up-Untersuchungen sind bei den (instabilen) Verletzungen notwendig, die die Entwicklung einer posttraumatischen Deformitåt erwarten lassen. Es ist zu beachten, dass posttraumatische Deformitåten in den verschiedenen Wirbelsåulenabschnitten unterschiedlich korrigiert werden, so reift z. B. die kindliche HWS viel frçher als die Restwirbelsåule. Das gute Regenerationspotenzial (Remodeling) fçhrt zu einer besseren Prognose vieler Frakturen, sodass çberwiegend konservativ vorgegangen werden kann. So wird vor allem bei knæchernen Verletzungen der BWS die konservative Therapie im Aufrichtekorsett çber viele Monate ebenso wie die funktionelle Behandlung bei stabil eingestauchten Frakturen empfohlen. Instabile knæcherne Deformationen kænnen jedoch nur eingeschrånkt mit Orthesen oder Bettruhe stabilisiert werden. Der Nutzen von Orthesen bei Instabilitåt wird teilweise in Frage gestellt, da sie eine Redislokation nicht verhindern kænnen. Die Indikation zur operativen Stabilisierung folgt den Kriterien der Instabilitåt. Zervikal sind
die Alignementlinien unter Berçcksichtigung wachstumsbedingter Varianten entscheidend. Die meisten Frakturen sind hier zwar stabil, allerdings ist das spezifische Verletzungsmuster ausschlaggebend. Thorakolumbal gilt eine initiale Kyphose çber 208 als Operationsindikation. Hier kænnen bei ålteren Kindern die Kriterien der Denis-Klassifikation (mechanisch, ligamentår, knæchern-ligamentår nach Denis und Frank) und das Konzept von Magerl (Kompression, FlexionDistraktion, Rotation) herangezogen werden. Fusionen der thorakalen und lumbalen Verletzungen folgen bei ålteren Kindern und Adoleszenten im Prinzip den Grundsåtzen der Erwachsenenversorgung. Operative Stabilisierungen bei Kleinkindern sind wegen der anatomischen Besonderheiten und Problemen bei der Implantatwahl schwierig. Ausgeprågte Instabilitåten sollten aber durch interne Stabilisierungsverfahren behandelt werden, alternativ durch Traktion. Ligamentåre Verletzungen sind selten, und die meisten Endplattenfrakturen heilen knæchern aus. Laminektomien sind bei Kindern kontraindiziert, sofern keine mechanische Spinalkanaleinengung mit zuzuordnender neurologischer Komplikation nachgewiesen werden kann, da sie erhebliche De-
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]
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formitåten im weiteren Wirbelsåulenwachstum erzeugen kænnen. Das Ausmaû der Spinalkanalverletzung wird çber die Komprimierung des Rçckenmarks durch Knochen- oder Bandscheibenanteile beurteilt. Aufgrund des guten Heilungspotenzials kænnen bei Kindern instabile rein ligamentåre Verletzungen auch konservativ behandelt werden und heilen mit einer dorsalen Spondylodese stabil aus. Die instabilen knæchernen Låsionen, die nicht sicher durch externe Verfahren gestçtzt werden kænnen, erfordern auch bei Kindern eine operative Stabilisierung. Frakturen mit neurologischen Schåden benætigen abhångig von der jeweiligen Ursache eine Stabilisierung. Inkomplette neurologische Syndrome mit Spinalkanaleinengung fordern insbesondere bei einem fortschreitenden neurologischen Defizit mit nachgewiesenem Rçckenmarkschaden ebenfalls eine operative Stabilisierung.
Besonderheiten Es ist die Differenzialdiagnose zur Pseudosubluxation (s. Segment C 2/C 3) zu stellen. Ebenso ist die vordere rotatorische Verschiebung des Atlas çber den Axis (s. AAD) festzustellen. Grisel-Syndrom: Die Lymphdrainage der HWS-Region erfolgt in die retropharyngealen und tiefen Halslymphknoten, die auch den Nasopharynx drainieren. Es kann eine zervikale Pseudoluxation bei Pharyngitis und Lymphadenopathie auftreten. Eine Subluxation mit Tortikollis kann durch eine Entzçndung verursacht sein, eine atlantoaxiale Subluxation durch lokale Hyperåmie und Údem nach Pharyngitis, Otitis, Tonsillenabszess, Osteomyelitis oder Tumoren. Eine Tuberkulose muss immer ausgeschlossen werden, wenn die traumatische Genese nicht klar ist.
Diagnose
Verletzungen der Halswirbelsåule Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Halswirbelsåulenverletzungen treten relativ selten auf (ca. 2% aller WS-Verletzungen). Sie sind allerdings die håufigsten Wirbelsåulenlåsionen < 10 Jahren. Unter dem 8. Jahr fçhrt die groûe Kopf-Kærper-Relation zur vorrangigen Belastung der oberen HWS. Circa 70% aller kindlichen HWS-Låsionen betreffen Atlas und Axis mit einem hohen Letalitåtsrisiko komplexer Verletzungen. In ca. 50% der Fålle bestehen zusåtzliche Verletzungen des Schådels. Die Kindesmisshandlung (¹Shaken Baby Syndromeª) wird dadurch verursacht, dass der schwere Kopf mit der oberen HWS nur eine geringe Resistenz gegen Torsionskråfte aufweist. Unter dem 2. Lebensjahr kommen am håufigsten Geburtstraumen vor. Bei Kopfgeburten kann es zu hohen (Rçckenmarks-)Låsionen durch Rotation, bei Zangengeburten durch Traktion zu tief zervikalen und hoch thorakalen Låsionen (SCIWORA) kommen.
Bei Schådelverletzungen muss immer eine zusåtzliche HWS-Verletzung ausgeschlossen werden. Das Ræntgen der Halswirbelsåule erfolgt in 2 Ebenen, evtl. in Schrågaufnahmen. Auf die korrekte Lagerung des Kopfes beim Ræntgen und vollståndige Abbildung der HWS ist zu achten. Weiterfçhrende Maûnahmen sind MRT und CT. Die Interpretation von Ræntgenbefunden der oberen HWS kann schwierig sein (s. altersabhångige Ræntgenbefunde). Cave: Spontanreposition abgerissener Wachstumszonen oder Ischåmie. An seltene pathologische Frakturen und ¹Battered Child Syndromeª muss gedacht werden.
] Okzipitalfrakturen Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Die Okzipitalfrakturen sind sehr selten, in der Literatur sind bis jetzt lediglich 36 Fålle dokumentiert. Die Ursache fçr diese Verletzungen ist ein schweres Trauma mit einer axialen Stauchung.
Klassifikation
Klassifikation
Die jeweilige Klassifikation ist unter den speziellen Verletzungen aufgefçhrt.
Bei Adoleszenten wird die Klassifikation fçr Erwachsene nach Anderson-Montesano angewandt.
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Okzipitalfraktur
Besonderheiten
sehr selten (ca. 36 dokumentierte Fålle), schweres Trauma, axiale Stauchung
Diagnostik
Methode der Wahl: CT
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Verhinderung von Wachstumsschåden, Diagnose und Therapie mæglicher Begleitverletzungen
Primårbehandlung
Ruhigstellung mit Stiff Neck
Konservative Therapie ] Indikation
Methode der Wahl
] Verfahren
Philadelphia-Kragen je nach Ausprågung, Begleitverletzungen (Instabilitåt) und Beschwerden
] Nachbehandlung
symptomatisch
] Rx-Kontrolle
nur CT aussagekråftig
] Sportfåhigkeit
frçhestens nach 16 Wochen
Operative Therapie ] Indikation
nicht reponible Instabilitåt, persistierende Beschwerden
] Verfahren
Halo fçr 4±6 Wochen
] Nachbehandlung
Pinkontrolle und Reinigung
] Rx-Kontrolle
CT oder MRT nach 6 Wochen
] Sportfåhigkeit
frçhestens nach 16 Wochen
Komplikationen
subdurales Håmatom, Wachstumsstærung
Wachstumsstærung
mæglich, da chondroossåre Wachstumsregion
Nachkontrollen
fakultativ in Bezug auf mægliche Wachstumsstærung
Klassifikation
AO:
LiLa:
]
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] Atlantookzipitale Dislokationen
Rçckenmarks und der ersten drei Spinalnerven kann es zu Herzrhythmusstærungen, asymmetrischen Låhmungen, Schnappatmung und Atemstillstand kommen.
Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Die atlantookzipitalen Dislokationen werden sehr selten gesehen. Sie sind håufig primår letal, bei einem Ûberleben von wenigen Stunden betrågt die Mortalitåt ³ 50%. Die atlantookzipitalen Dislokationen kommen doppelt so håufig bei Kindern wie bei Erwachsenen vor. Sehr oft handelt es sich um angefahrene Verkehrsteilnehmer. Der Verletzungsmechanismus ist eine starke Kopfbeschleunigung bei noch horizontalem Gelenkverlauf und inkongruenten Gelenkflåchen. Folge ist meist ein Polytrauma in Kombination mit einem Schådel-Hirn-Trauma. Die neurologischen Befunde sind diffus, durch Ausfålle und Schådigungen der kaudalen Hirnnerven, des Hirnstamms, des proximalen
Klassifikation Die atlantookzipitalen Dislokationen werden nach der Dislokationsrichtung eingeteilt. Typ 1: Kopfdislokation nach ventral; am håufigsten 1 a: Kopfdislokation sagittal 1 b: Kopfdislokation in Kombination mit axialer Instabilitåt Typ 2: dorsale Kopfdislokation, sehr selten Typ 3: axiale Dislokation mit globaler Instabilitåt, auch komplette Separation; inkomplette subluxierte Formen mæglich
Atlantookzipitale Dislokation
a
b
c
d
Besonderheiten
sehr selten; håufig letal
Diagnostik
massive Weichteilschwellung im Kopf- und Halsbereich klinischer Verdacht (Notarzt), neurologischer Befund bei Verdacht seitliche Ræntgenaufnahme der HWS: oft deutlich Dislokation (cave: Spontanreposition); ausgeprågte retropharyngeale/retrotracheale Schwellung; normaler Abstand Basion-Densspitze 4±5 mm; Grenzwerte problematisch wegen variablem Vergræûerungsfaktor Polytrauma-CT 3D-CT mit sagittaler und koronarer Rekonstruktion evtl. gehaltene Funktionsaufnahmen MRT: Bånder, Blutungen (Angio-MRT: Vertebralislåsion) Zeichen nach Harris: zuverlåssig, unabhångig von Variationen und Stellung. Kraniale Verlångerung der hinteren Wirbelkærperlinie von C 2 darf von Basion (Mittelpunkt des vorderen Randes des Foramen magnum) nicht weniger als 6 mm und nicht mehr als 12 mm entfernt sein, bei Erwachsenen und Kindern anwendbar; Densspitzenmitte sollte senkrecht unter dem Basion stehen; Abstand sollte ab 13 Jahren nicht > 12 mm betragen
24 Wirbelsåule
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Stabilitåt, Kleinkinder kænnen çberleben
Primårbehandlung
schnelle Erkennung am Unfallort wichtig; HWS-Immobilisation, um Sekundårschåden zu verhindern; vorsichtige Intubation bei Komplikationen
Konservative Therapie ] Indikation
Methode der Wahl
] Verfahren
schnelle geschlossene Reposition (ohne Extension), Ruhigstellung im Halo (auch Kombination mit Gipsweste), wenn neurologisch unauffållig
] Nachbehandlung
bei geringer Instabilitåt Halo oder Minerva-Gipsverband fçr 2 Monate (8±10 Wochen), an Nachkorrekturen denken, nach Behandlungsabschluss erneute Funktionsaufnahmen
] Rx-Kontrolle
engmaschige Ræntgenkontrollen
] Sportfåhigkeit
abhångig von Stabilitåt und Gesamtverlauf
Operative Therapie ] Indikation
åltere Kinder und Adoleszente; bei persistierender Instabilitåt und neurologischem Defizit auch bei jçngeren Kindern, da Fehlschlåge der konservativen Therapie mæglich
] Verfahren
Okziput-C 1/C 2-Fusion, so kurzstreckig wie mæglich; Technik: dorsomedianer Zugang, Drahtcerclage und Knochenplastik
] Nachbehandlung
zusåtzlicher temporårer Schutz mit steifer Krawatte
] Rx-Kontrolle
regelmåûig
] Metallentfernung
ggf. nach Durchbauung und Stabilitåt
] Sportfåhigkeit
abhångig vom Verlauf
Komplikationen
immer mehr Ûberlebende mit z. T. çberraschend positiven Verlåufen, allerdings allen mæglichen neurologischen (> 80%, ca. 40% tetraplegisch) und vaskulåren Komplikationen; cave: Ûberdistraktion; Halo-Komplikationen
Wachstumsstærung
mæglich, wenn Spondylodese
Nachkontrollen
abhångig vom Verlauf
Klassifikation
AO:
LiLa:
]
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]
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] Atlasfrakturen Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Atlasfrakturen sind selten. Ursache ist oft ein Geburtstrauma (Verwechslung mit kongenitalen
Defekten mæglich), meist ein indirektes Trauma durch axiale Kraft çber den Kopf auf die Massa lateralis. Frakturen der Massa lateralis und Rupturen des Lig. transversum sind mæglich. Klinisch bestehen ein Instabilitåtsgefçhl und ein ausgeprågter dorsaler Schmerz in der proximalen HWS. Rçckenmarkschåden sind selten.
Atlasfraktur Besonderheiten
Mikrofrakturen durch die Knochenkerne, bei Kleinkindern meistens durch die neurozentrale vordere Synchondrose (Fusion im 7. Jahr), ræntgenologisch oft nicht nachweisbar
Diagnostik
konventionelles Ræntgen problematisch, wenn mæglich transorale Aufnahme Methode der Wahl: CT, genaue Frakturmorphologie cave: der im Vergleich zum Axis schneller wachsende Atlas kann mit seiner Massa lateralis zwischen 3. Monat und 4. Jahr seitlich çberragen (sog. ¹Pseudospreadª nach Suss et al.); Synchondrose des Atlas mit Fraktur verwechselbar
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
stabile Ausheilung
Primårbehandlung
Ruhigstellung
Konservative Therapie ] Indikation
Methode der Wahl
] Verfahren
Kleinkinder: Philadelphia-Kragen (oder Minerva-Gips) fçr 6±8 Wochen, dann gut sitzende weiche Orthese; åltere Kinder und Adoleszente Halo-Fixateur
] Nachbehandlung
u. U. lange Immobilisation (bis zu 6 Monaten) bis zur vollståndigen Konsolidierung
] Rx-Kontrolle
CT-Kontrolle zur Frage der Durchbauung
] Sportfåhigkeit
bei Konsolidation und Beschwerdefreiheit
Operative Therapie ] Indikation
sehr selten, nur bei persistierenden Instabilitåtsbeschwerden und Nonfusion
] Verfahren
abhångig vom Einzelfall und Alter
] Nachbehandlung
verfahrensspezifisch, individuell
] Rx-Kontrolle
verfahrensspezifisch, individuell
] Metallentfernung
verfahrensspezifisch, individuell
] Sportfåhigkeit
verfahrensspezifisch, individuell
Komplikationen
selten
Wachstumsstærung
mæglich, aber selten
Nachkontrollen
nach Behandlungsabschluss, nur wenn Beschwerden
Klassifikation
AO:
LiLa:
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] Atlantoaxiale Dislokationen (AAD) Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Es handelt sich bei den atlantoaxialen Dislokationen um håufige Låsionen in der Region C 1/C 2. Sie treten als translatorische oder rotatorische Instabilitåten des Atlas gegen den Axis auf mit traumatischer und nichttraumatischer Genese. Es gibt flieûende Ûbergånge. ] Ligamentåre translatorische AAD. Nackenschmerzen, oft sekundåre neurologische Defizite sind das klinische Bild. Traumatische translatorische ventrale AAD wird verursacht durch die (isolierte) Ruptur des Lig. transversum mit Ventralverschiebung des Atlas gegen den Axis. Davon abzugrenzen ist die nichttraumatische translatorische ventrale AAD, die durch erhæhte Bandlaxizitåt mit Einengung des Spinalkanals bei Down-Syndrom, entzçndliche Prozesse (Grisel-Syndrom) und rheumatoide Arthritis hervorgerufen wird. ] Rotatorische AAD. Sie geht mit schmerzhaftem Tortikollis, Nackensteifheit, okzipitaler Neuralgie und zervikalem Muskelspasmus einher. Das klinische Bild zeigt symmetrische Schultern ohne lateralisierten Kopf mit verhårtetem M. sternocleidomastoideus auf der Seite, zu der der Kopf gedreht ist. Die traumatische rotatorische AAD geht oft mit Frakturen des Oberkærpers, Kapsel-Band-Zerreiûungen mit verkippter Luxation eines Gelenks und Rotation des Atlas çber C 2 einher. Eine bilaterale Verharkung der Gelenkfortsåtze ist mæglich, bei Bandruptur auch ein ventraler Atlasshift. Es besteht ein ausgeprågter Bewegungsschmerz trotz unauffålliger statischer Ræntgenbilder.
]
Die nichttraumatische rotatorische AAD (syn. atlantoaxiale rotatorische Fixation = AARF, rotatorische atlantoaxiale Subluxation) ist davon abzugrenzen, sie tritt vorwiegend auf bei Mådchen mit diffuser Øtiologie: entzçndungsbedingte Dekalzifikation und Bandlaxizitåt(rupturen) bei juveniler rheumatoider Arthritis, Infekte des oberen Respirationstrakts (Grisel-Syndrom), HNOEingriffe, leichtes Trauma sowie Muskelkontrakturen und -spasmen. Tortikollis (Schmerz, Bewegungseinschrånkung), ca. 208 Kopfseitneigung, 208 Rotation zur Gegenseite und leichte Flexion sind ebenfalls Zeichen fçr diese Erkrankung.
Klassifikation Die Klassifikation der rotatorischen AAD nach Fielding und Hawkins beruht auf 17 Patienten (davon 2 traumatisch) und berçcksichtigt nur sog. fixierte Fehlstellungen. ] Typ I: am håufigsten; rotatorische Dislokation ohne Ventralverschiebung des Atlas, Lig. transversum intakt, atlantodentaler Abstand normal; Drehpunkt im Dens. ] Typ II: zweithåufigste, rotatorische Dislokation mit Verschiebung des Atlas um 3±5 mm, mægliche Insuffizienz des Lig. transversum; Drehpunkt in Massa lateralis. ] Typ III und IV nichttraumatisch. ] Typ III: rotatorische Dislokation um Atlas > 5 mm; Insuffizienz bei Lig. transversum und sekundåren Stabilisatoren; beide Massae laterales nach vorne. ] Typ IV: posteriore rotatorische Dislokation des Atlas bei fehlendem Dens.
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]
S. Rose und I. Marzi
Atlantoaxiale Dislokation (AAD)
Besonderheiten
håufig; traumatische und atraumatische Formen
Diagnostik
Schwierig. Vordere Verschiebung des Atlas çber den Axis beim Kleinkind durch horizontale Facettengelenke håufig und normal, sog. Pseudosubluxation des Atlas vs. Axis nach kranial (in 20% < 8 Jahren); bei laxem Lig. transversum axis ventraler Atlasshift von 3 mm, unter Flexion bis 5 mm als physiologische Obergrenze mæglich; in Extension dorsaler Shift des Atlasbogens mit Aufreiten auf der Densspitze mæglich. Klinisch Muskelspasmus, Schmerzen, Extensionseinschrånkung; Anamnese entscheidend. Ræntgen der HWS in 2 Ebenen, seitliche obere HWS: sagittaler atlantodentaler Abstand (anteriorer Kortex Dens ± posteriorer Kortex Atlas) ³ 4 mm Verdacht auf Ruptur Lig. transversum, bei 10±12 mm Ruptur aller Bånder. Transorale Ræntgenaufnahme: bei rotatorischer AAD asymmetrisches atlantoaxiales Gelenk und Dens, verschieden groûe Massa lateralis. Dornfortsatz C 2 aus Mittellinie. CT: retrodentaler Abstand vergræûert, sagittale und rotatorische Fehlstellung. MRT: Ruptur Lig. transversum, Darstellung nervaler und knæcherner Låsionen. DD Hypermobilitåt C 1/C 2: Syrinx, spinale Tumoren, Pseudospread, Down-Syndrom; Denshypoplasie, bei ca. 15% Shift > 5 mm, ca. 10±15% neurologisch symptomatisch, Inzidenz unklar; Infektionen der oberen Atemwege; Denshypoplasie/-agenesie, Os odontoideum, Densverkçrzung durch fehlendes terminales Ossifikationszentrum.
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Stabilitåt
Primårbehandlung
bei traumatischer Genese Halo-Fixateur externe
Konservative Therapie ] Indikation
atlantoaxiale Fehlstellungen meist vorçbergehend und aufhebbar, diskoligamentåre Instabilitåten konservativ problematisch
] Verfahren
Traumatische translatorische AAD: Immobilisation in Halo-Ring oder Minerva-Weste fçr 6±12 Wochen mæglich (s. u.). Akute rotatorische AAD meist reponierbar; Halo-Ring. Technik: Traktion und Rotation, Entharkung, Normalstellung. Bei intaktem Lig. transversum durch Ruhigstellung in Philadelphia-Kragen Heilung mæglich
] Nachbehandlung
beschwerdeabhångig
] Rx-Kontrolle
regelmåûig, abhångig von Genese CT
] Sportfåhigkeit
vom Einzelfall abhångig
24 Wirbelsåule
]
Operative Therapie ] Indikation
Traumatische translatorische AAD: Fusion C 1-C 2, da konservativ keine Heilung zu erwarten. Rotatorische AAD: bei Ruptur Lig. transversum dorsale Fusion. Nichtreponierbare Fehlstellungen in situ C 1-C 2-Fusion. Bei posttraumatischen Instabilitåten mit 2- bis 3-monatiger Halo-Behandlung und persistierendem Shift > 5 mm in Funktionsaufnahmen C 1-C 2-Fusion
] Verfahren
dorsale C 1-C 2-Spondylodese: Cerclage, Knochenplastik; Verschraubung
] Nachbehandlung
verfahrensabhångig
] Rx-Kontrolle
verfahrensabhångig
] Metallentfernung
Halo nach 2±3 Monaten
] Sportfåhigkeit
fraglich
Komplikationen
Ûberlebende mit traumatischer AAD: neurologische Stærungen, persistierende Instabilitåt nach konservativer Behandlung, neurologische Komplikationen unter der Traktion, nicht korrigierbare Fehlstellung mit der Notwendigkeit zur Fusion in Fehlstellung, Hypermobilitåt benachbarter Segmente nach Fusion
Wachstumsstærung
mæglich
Nachkontrollen
langfristig
Klassifikation
AO:
] Axis- und Densfrakturen Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Axis- und Densfrakturen kommen selten bei Kindern unter 7 Jahren, noch seltener unter 3 Jahren vor. Es handelt sich allerdings um eine der håufigsten Verletzungen der Halswirbelsåule. Meist ist die Ursache dieser Verletzungen ein massives Trauma mit Flexion (Verkehrsunfålle, hohe Stçrze, Stçrze auf den Kopf). Die Anamnese ist wichtig, auch ¹leichteª Traumen mit negativer Ræntgendiagnostik sind mæglich. Klinisch zeigt sich oft ein inhomogenes Bild mit geringen Schmerzen und ¹Nackensteifheitª bis
LiLa:
zu einem starken okzipitalen Anfangsschmerz, der durch Kopfbewegungen verstårkt wird. Ein diagnostischer Hinweis ist, dass der Kopf vom Patienten selbst festgehalten wird, um (Extensions-) Bewegungen zu vermeiden. Es besteht ein Instabilitåtsgefçhl, als wçrde ¹der Kopf herunterfallenª; auch ein akuter Tortikollis kann beobachtet werden. Eine liegende oder stehende Haltung wird vom Verletzten bevorzugt. Die Frakturlokalisation findet sich unterhalb der Ebene der Facettengelenke im Korpus. Die subdentale Synchondrose ist bis zum 10. Lebensjahr vulnerabel, und die Fraktur verlåuft entlang der basalen Knorpelfuge (Wachstumszone).
413
414
]
S. Rose und I. Marzi
Axis- und Densfraktur
Besonderheiten
Verwechslung mit Synchondrose
Diagnostik
Ræntgen der HWS in 2 Ebenen, transorale Aufnahme: meist diagnosesichernd, selten weite Dislokation im Seitbild. Ventrale Translation und Angulation des Dens in Kyphose. Bei korrekter Lagerung Spontanreposition mæglich. Retropharyngeale Weichteilschwellung diagnostischer Hinweis. Flexions-/Extensionsaufnahme: Dens bewegt sich mit Atlas. DD: offene dentozentrale Synchondrose. Os odontoideum (Traumaanamnese!). H-færmige Synchondrose durch horizontale Synchondrose an der Basis und 2 vertikalen Synchondrosen am Ûbergang vom Korpus zu den Bægen, die zwischen dem 3. und 6. Jahr fusionieren, allerdings u. U. bis zum 10. Jahr sichtbar. Im Zweifel CT: Verletzungen der Axissynchondrosen nur mit CT sichtbar
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
anatomische Ausheilung
Primårbehandlung
Ruhigstellung
Konservative Therapie ] Indikation
bis zum 8. Lebensjahr konservativ
] Verfahren
bei geringer Dislokation: Bettruhe, leichte Traktion in stabiler Orthese, bei weiterer Dislokation: Reposition çber Traktion und Retention im Minerva-Gips oder Halo (6±12 Wochen), bei guter Reposition Prognose gut, Ruhigstellung u. U. bis zu 4 Monate; seltene Frakturen des Axiskærpers oder der Wirbelbægen heilen ebenfalls konservativ
] Nachbehandlung
beschwerdeabhångig
] Rx-Kontrolle
regelmåûig, evtl. CT, MRT
] Sportfåhigkeit
vom Einzelfall abhångig, mit Beschwerdefreiheit nach ca. 3±4 Monaten
Operative Therapie ] Indikation
selten; bei instabilen Frakturen des ålteren Kindes vom Anderson Typ II des Erwachsenen; bei kleineren Kindern bei persistierender Beweglichkeit des Dens im Sinne einer Pseudarthrose (s. a. Os odontoideum); hochgradig instabile, um mindestens Densbreite verschobene Frakturen
] Verfahren
posteriore C 1-C 2-Fusion, bei ålteren Kindern auch direkte Schraubenosteosynthese
] Nachbehandlung
stabile Orthese fçr 4 Wochen
24 Wirbelsåule
] Rx-Kontrolle
nach 2 und 6 Wochen
] Metallentfernung
entfållt
] Sportfåhigkeit
nach 3±4 Monaten
Komplikationen
Myelopathie bei långerer unerkannter Instabilitåt und Densdislokation, vorçbergehende Kyphose nach C 1-C 2-Fusion
Wachstumsstærung
Bei epiphysåren Schåden frçhzeitiger Schluss der Dens-Wachstumsfuge, allerdings ohne wesentliche Folgen; bei Kindern çber 7 Jahren Komplikationen wie bei Erwachsenen, insbesondere in Bezug auf verzægerte Heilung, das gilt fçr Anderson-Typ-II-Frakturen und dorsalen Dislokationen, die oft eine Fusion erfordern. Os odontoideum kann als Pseudarthrose nach verkannter Densfraktur des Kleinkindes interpretiert werden.
Nachkontrollen
Spåte atlantookzipitale Instabilitåten mæglich, daher Follow-up, bis Wachstumsstopp erforderlich.
Klassifikation
AO:
]
LiLa:
] Os odontoideum Verletzungsmechanismus und klinisches Bild ] Echtes kongenitales Os odontoideum. Es handelt sich hierbei um einen deformierten, nicht mit der Basis fusionierten Dens, auch um ein hypertrophiertes Ûberbleibsel bei Denshypoplasie und fehlendem distalem Ossifikationszentrum.
] Posttraumatisches Os odontoideum. Es tritt auf nach unerkanntem Trauma mit Nonunion und fibræsem Ersatz als Folge einer nichtbehandelten Fraktur in der knorpeligen Wachstumszone des Dens, dem sog. Densstummel am Axiskærper mit translatorischer Instabilitåt in sagittaler Richtung (s. AAD).
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]
S. Rose und I. Marzi
Os odontoideum Besonderheiten
kongenitale und posttraumatische Entstehungstheorie
Diagnostik
Funktionsaufnahmen, in Ausnahmen auch Flexions-/Extensions-CT/-MRT: Ausmaû der Instabilitåt, Ausschluss Rçckenmarkkompression. Os odontoideum bewegt sich mit Atlas bei symptomatischen Patienten bis 1 cm nach vorne. CT: groûe Lçcke zwischen Densspitze und Basis.
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Stabilitåt
Primårbehandlung
±
Konservative Therapie
Methode der Wahl
] Indikation
kongenital: keine Therapie
] Verfahren
posttraumatisch: 6 Wochen Orthese
] Nachbehandlung
entfållt
] Rx-Kontrolle
posttraumatisch: 6 Wochen, 3 Monate, 1 Jahr
] Sportfåhigkeit
beschwerdeabhångig
Operative Therapie ] Indikation
Bei pathologischer Beweglichkeit, persistierender Instabilitåt oder dem Nachweis eines akuten/potenziellen Rçckenmarkschadens mit/ohne neurologische Symptome. Schwierige Indikation bei asymptomatischen Patienten. Potenzielle Instabilitåt im Falle eines Traumas!
] Verfahren
posteriore C 1-C 2-Fusion, sehr selten
] Nachbehandlung
6 Wochen stabile Orthese
] Rx-Kontrolle
nach 6 Wochen
] Metallentfernung
abhångig vom Implantat
] Sportfåhigkeit
nach 4±6 Monaten
Komplikationen
s. Wachstumsstærung
Wachstumsstærung
wegen Fusion mæglich
Nachkontrollen
nach 6 und 12 Monaten
Klassifikation
AO:
LiLa:
24 Wirbelsåule
] Verletzungen des Segments C 2/C 3 und Pseudosubluxation Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Die diskoligamentåre Instabilitåt kommt im Gegensatz zur Pseudosubluxation sehr selten vor, dann aber bei Kindern, die ålter als 10 Jahre sind. Betrachtet man die dorsalen Wirbelkærperbegrenzungen, tritt eine Pseudosubluxation von C 2/C 3 bei ca. 10% der Kinder deutlich und bei 15% måûig auf. 40% der Kinder unter 8 Jahren zeigen diese vordere Verschiebung. Als Folge eines Traumas ist eine C 2/C 3-Subluxation/-Dislokation mæglich, håufig in Ver-
]
bindung mit Verletzungen von Kopf, Gesicht oder Brustkorb und lokalisierten Schmerzen ohne Frakturnachweis. Bis zum 7.±8. Lebensjahr ist das Segment C 2/C 3 Mittelpunkt der Flexion/ Extension. Traumatische Facettendislokationen ohne Fraktur sind mæglich, håufig isolierte Verletzungen, ebenso Frakturen der Apophyse. Die Pedikelfraktur von C 2 (Hangman's Fracture) ist die Folge von Flexions- oder Extensionstraumen.
Klassifikation Bei Verletzungen des Segments C 2 findet beim Adoleszenten die Klassifikation nach Effendi Anwendung.
Verletzung des Segments C 2/C 3 und Pseudosubluxation
Besonderheiten
echte Instabilitåt selten; Pseudosubluxation håufig
Diagnostik
Pseudosubluxation: C 2/C 3 ist < 8 Jahren Hauptbewegungssegment, bei seitlichen Flexionsaufnahmen in diesem Segment 2±4 mm Verschiebung normaler Shift. Diagnostische Schwierigkeiten bei lokalem klinischem Befund. Ursache: Neigungsebenen der Gelenkflåchen veråndern sich bei C 1/C 2 von 558 auf 708 und bei C 2±C 4 von 308 auf 60±708. Pseudosubluxation wegen fehlender Landmarken schwer messbar. Die spinolaminåre Swischuk-Linie zwischen der hinteren Bogenbegrenzung von C 1±C 3 sollte bei C 2 innerhalb 1,5 mm bleiben. Verwechslung mit primårer Spondylolyse oder Synchondrose des hinteren Bogens mæglich. Pseudosubluxation hebt sich in Extension auf. MRT Methode der Wahl zum Ausschluss einer diskoligamentåren Verletzung/Instabilitåt
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Ausschluss traumatischer Instabilitåt
Primårbehandlung
bei Trauma Ruhigstellung und Ausschluss Instabilitåt
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]
S. Rose und I. Marzi
Verletzung des Segments C 2/C 3 und Pseudosubluxation Konservative Therapie ] Indikation
Methode der Wahl
] Verfahren
bei Frakturen geschlossene Reposition und Halo fçr ca. 8 Wochen, bei Subluxation/Dislokation bei Kindern unter 8 Jahren geschlossene Reposition und Immobilisation mit Halo
] Nachbehandlung
Halo-Pflege
] Rx-Kontrolle
nach 4 und 12 Wochen
] Sportfåhigkeit
beschwerdeabhångig
Operative Therapie ] Indikation
persistierende dorsale Instabilitåt bei diskoligamentårer Instabilitåt (C 2/C 3-Subluxation) oder Pseudarthrose
] Verfahren
Dorsale Fusion (C 1±C 3), allerdings nach sorgfåltiger Diagnosestellung der dorsalen Instabilitåt. Die Beteiligung des Wirbelkærpers kann knæchern ausheilen. Bei posttraumatischer Subluxation und Dislokation bei Kindern çber 8 Jahren posteriore Fusion
] Nachbehandlung
steife Orthese fçr 4±6 Wochen
] Rx-Kontrolle
nach 4 und 12 Wochen
] Metallentfernung
abhångig vom Implantat
] Sportfåhigkeit
beschwerdeabhångig
Komplikationen
bei Fusion
Wachstumsstærung
mæglich
Nachkontrollen
långerfristig
Klassifikation
AO:
LiLa:
24 Wirbelsåule
] Verletzungen von C 3-C 7 Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Verletzungen im Bereich von C 3±C 7 kommen selten bei Kindern unter 10 Jahren vor, das Durchschnittsalter der Patienten betrågt 13 Jahre. Es handelt sich håufig um Kompressionsfrakturen. Ein Flexions-/Extensionsmechanismus kann zu diskoligamentåren Verletzungen fçhren, eine Hyperflexion zu Abrissen der sekundåren OFZ der Dornfortsatzspitzen. Rupturen der unteren
]
epiphysåren Endplatten kænnen durch Hyperextensions-Distraktions-Traumen, z. B. bei Autounfållen, Sprçngen in flaches Wasser oder Kindesmissbrauch, verursacht werden. Prådisponierende kongenitale Faktoren treten meist in Verbindung mit dorsaler Instabilitåt auf.
Klassifikation Die Einteilung der Verletzungen von C 3±C 7 erfolgt bei ålteren Kindern nach der AO-Klassifikation, bei jçngeren Kindern nach Salter und Harris.
Verletzung von C 3±C 7
Besonderheiten
Salter-Harris-I-Verletzungen = Epiphysenlæsungen (meist bei jçngeren Kindern); SalterHarris-III- (Aitken-II-) Verletzung als vordere Ruptur der Wachstumsfuge und Epiphyse (bei Adoleszenten). Frakturen des Apophysenrings abgrenzen.
Diagnostik
HWS in 2 Ebenen (unter Einschluss Th 1). Funktionsaufnahmen < 8 Jahren zur Beurteilung der Segmentbeweglichkeit bei Pseudoluxation mæglich (bei longitudinaler Distraktion besser sichtbar). Ræntgenzeichen der Instabilitåt bei Verdacht MRT indiziert. Th 3 und Th 4 kænnen die verschiedensten Formen (Keil, Abrundung usw.) haben. Cave: Verletzung der Wachstumsfugen und schmerzhafte Frakturen der sekundåren Ossifikationszentren (ræntgenologisch oft erst zwischen dem 10. und 12. Lj. sichtbar, Weichteilschwellung). Spontane Reposition mæglich. Dislozierte Ringapophysenverletzungen mit sekundåren Ossifikationszentren verwechselbar.
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Vermeidung posttraumatischer Kyphosierung
Primårbehandlung
Ruhigstellung in stabiler Orthese (Philadelphia-Kragen)
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]
S. Rose und I. Marzi
Verletzung von C 3±C 7 Konservative Therapie ] Indikation
Kompressionsfrakturen heilen meist konservativ in Orthese. Spontankorrektur von Kompressionsfrakturen im C 3- bis C 7-Gebiet im Vergleich zur Brust-/Lendenwirbelsåule wegen schnellerer Reifung eingeschrånkt. Keine verbindlichen Therapieempfehlungen zur tolerierbaren Frakturdislokation, Kyphose oder notwendigen Stellungskorrektur. Verlauf ist wichtig. Geschlossene Reposition und Retention von Kompressionsfrakturen nur bedingt mæglich, Stellungskorrektur geht oft verloren. Serienkompressionsfrakturen werden primår konservativ behandelt und nach Ausheilung ggf. nachkorrigiert. Ligamentåre Verletzungen kænnen mit Immobilisation ausheilen, allerdings Gefahr der kyphotischen Fehlstellungen und Folgen wie beim Erwachsenen. Bei persistierender Instabilitåt und zunehmender Kyphose dorsale Stabilisierung erforderlich. Bei Adoleszenten ventrale çberbrçckende Spondylodesen.
] Verfahren
Kinder unter 8 Jahren mit seltenen ausgedehnten Kompressions- oder Serienfrakturen 6 Wochen Halo und weitere 6 Wochen in steifer Orthese. Salter-Harris-III-Verletzungen heilen wegen der osteogenetischen Potenz des vorderen Långsbands innerhalb von Wochen. Bei diskoligamentåren Verletzungen Halo fçr 8±12 Wochen mæglich (s. u.).
] Nachbehandlung
Konsequente Ruhigstellung fçhrt zur Heilung der verletzten ligamentåren und chondroossåren Strukturen
] Rx-Kontrolle
6 Wochen, 3 Monate, 1 Jahr
] Sportfåhigkeit
vom Verlauf abhångig
Operative Therapie ] Indikation
Ligamentåre Instabilitåten heilen selten aus. Indikation zur operativen Stabilisierung richtet sich nach Alter, Grad der Dislokation/Instabilitåt und Ausmaû der knæchernen Zerstærung mit potenzieller Instabilitåt und zu erwartender sekundårer Deformitåt. Posteriore Fusion bei ræntgenologischem Nachweis der Instabilitåt nach konservativer Behandlung çber 3 Monate. Da meist Flexionsmechanismen, vorderer Zugang kontraindiziert. Gestærtes Wachstum des anterioren Ossifikationszentrums und dorsale Instabilitåt machen Spontanfusionen bei Adoleszenten unwahrscheinlich. Frçhe chirurgische Stabilisation bei instabilen Frakturen und Rçckenmarkschaden erforderlich.
] Verfahren
Dorsale Drahtfusion der Dornfortsåtze und autologe Knochentransplantation. Ventrale Fusionen bei Kleinkindern wegen Endplattenzerstærung kontraindiziert, allerdings bei ålteren Kindern çberbrçckende Plattenosteosynthesen mit Metallentfernung mæglich (s. Abb. oben). Laminektomien nur im Ausnahmefall bei progressiver neurologischer Symptomatik und gesicherter spinaler Kompression, da wegen Schådigung stabilisierender posteriorer Elemente erhebliche Folgeschåden (Schwanenhalsdeformitåt) zu erwarten. Facettengelenke durch Cerclagen und Knochentransplantationen stabilisierbar. Resektion schmerzhafter Pseudarthrosen der Dornfortsatzspitzen. Minimierung chirurgischer Exposition wegen Gefahr spontaner Fusion benachbarter Segmente.
] Nachbehandlung
verlaufsabhångig
] Rx-Kontrolle
Kontrolle der fehlenden Ausheilung, unterbliebenen Fusion der Instabilitåt, kyphotischen Deformitåt. Halo-Pinpenetration (starke Schmerzen) und Osteolysen
24 Wirbelsåule
Verletzung von C 3±C 7 ] Metallentfernung
bei çberbrçckenden ventralen Verfahren nach 1 Jahr
] Sportfåhigkeit
Beschwerdefreiheit
Komplikationen
Halo-Behandlung: Pininfektionen oder -penetration. Salter-Harris-I-Verletzungen werden oft nicht çberlebt
Wachstumsstærung
Vorzeitiger Wachstumsfugenschluss, Verschmålerung Bandscheibenraum, Ossifikation des Långsbandes bei Typ-III-Verletzungen
Nachkontrollen
nach 6 Wochen, 3 Monaten und 12 Monaten
Klassifikation
AO:
Technische Aspekte
Halswirbelsåule
Material
] Halo-Fixateur ± Carbonring ± sterile Drehmomentschrauben ± Halo-Weste (verschiedene Græûen)
Lagerung
] im Liegen mit çberhångender Stirn, Kopf muss gehalten werden ] intermittierende Ræntgendurchleuchtung zwingend erforderlich, um Stellung der HWS zu çberprçfen
Zugang
] ] ] ] ]
Halo-Fixation: Pinplatzierung antero- und posterolateral u. U. Bestimmung der hæchsten Knochendicke mit dem CT Einsatz mæglichst vieler Pins, die eng kontrolliert werden mçssen Achtung bei Ûberdistraktion und den håufigen Pininfektionen Weitere Komplikationen: Durapenetrationen und Schåden des supraorbitalen Nervs, nicht bei offenen Suturen Spezielle Ûberlegungen zu Applikation des Halo-Fixateurs beim Kind: ] Planung der Knochendicke mit CT bei Kindern unter 6 Jahren ] Ring unterhalb des weitesten Schådeldurchmessers, ca. 1 cm oberhalb des Ohrs ] mindestens 6 Pins mit niedrigem Drehmoment (2±5 ft/lb) ] Vermeidung der dçnnen Regionen temporal und der frontalen Sinus ] vordere Sicherheitszone: 1 cm oberhalb der Rima orbitae, lateral 2/3 der Orbita ] anteriore Pins bei geschlossenen Augen setzen, um den Lidschluss nicht zu gefåhrden ] simultanes Anziehen gegençberliegender Pins, um ein Verrutschen des Rings zu verhindern ] Pins kænnen einmal nachgezogen werden, wenn Widerstand da ist ] lockere Pins entfernen und durch neue Pins ersetzen
Spezielle Aufklårung
] Aufwåndigkeit der Behandlung ] Pin-Infekt ] Perforation der Kortikalis
LiLa:
]
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]
S. Rose und I. Marzi
Technische Aspekte
Halswirbelsåule
OP-Prinzip
] ] ] ]
Metallentfernung
nach 8±12 Wochen
beim Kind ITN Halo-Fixateur in die Tabula externa des Schådels an dicken Stellen befestigen Montage des Halo-Rings Långsstabilisierung mit leichter Distraktion und Abstçtzung an Halo-Weste
Verletzungen der thorakalen Wirbelsåule Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Verletzungen der thorakalen Wirbelsåule kommen håufiger vor als solche der lumbalen Wirbelsåule; sie treten bei Kleinkindern im midthorakalen und bei Adoleszenten im thorakolumbalen Bereich auf. Die Ursache der Verletzung ist oft ein Pkw-Unfall, aber auch ein Sturz beim Spielen oder Sport kann dafçr verantwortlich sein. Es ist aber auch an Kindesmisshandlung zu denken (ca. 2±3% thorakolumbale Kompressionsfrakturen). Das elastische Thoraxgitter und die Rippen wirken protektiv, so kommt es håufig zu stabilen Hyperflexionsfrakturen (< 208) der mittleren BWS ohne Beteiligung der hinteren Såule (A-Fraktur). Die kraniale Endplatte ist doppelt so håufig wie die kaudale betroffen. Stabile Bandscheiben induzieren fortgeleitete Serienkompressionsfrakturen der weicheren Wirbelkærper, bei ålteren Kindern werden dann v. a. Berstungsfrakturen beobachtet. Bandscheiben-
Epiphysenkomplex, Hinterwand und dorsale Strukturen bleiben intakt. Keilfrakturen werden verursacht durch Spongiosastauchung und Vorderwandfraktur vor allem im thorakolumbalen Ûbergang. Instabilitåt kann bei Verletzung ligamentårer und/oder chondroossårer dorsaler Strukturen (auch Gelenkfortsåtze) beobachtet werden. Im thorakolumbalen Ûbergang kann durch ligamentåre Laxizitåt eine Facettendislokation ohne Frakturnachweis oder Rçckenmarkschaden auftreten (Fall 24.1). Neurologische Ausfålle, Querschnittsyndrome (A. Adamkiewicz) und thorakale Rçckenmarkschåden oft ohne Frakturnachweis (SCIWORA) werden beobachtet. Bei Låsion am thorakolumbalen Ûbergang treten oft nur Wurzelsymptome auf.
Klassifikation Bei Adoleszenten findet die AO-Dreisåulen-Klassifikation (Kompression, Flexion-Distraktion, Rotation) Anwendung (Abb. 24.6). Læsungen der Endplatten sind mæglich, aber selten. Impaktionsfrakturen der Endplatte und Keilimpaktionsfrakturen (A1,1; A1.2) werden gesehen.
24 Wirbelsåule
Verletzung der thorakalen Wirbelsåule
Besonderheiten
Enger knæcherner Spinalkanal; hohes Risiko einer Myelonkompression
Diagnostik
Hautabschçrfungen çber dem Rçcken. Neurologie. Ræntgen der BWS in 2 Ebenen (zentriert). Frakturen meist in mittlerer BWS, oft diskret oder spontan reponiert. Mediastinalerweiterung? MRT zur Beurteilung spinaler Kompression, bei seltenen Diskusschåden, bei ligamentårer Stabilitåt dorsal; Nebenbefund: oft zusåtzliche okkulte Deckplattenserienfrakturen. 3D-CT-Rekonstruktion: pråoperativ, bei schweren ossåren Låsionen und Verdacht auf apophysåre Frakturen. DD: pathologische Frakturen (eosinophiles Granulom, Zysten, Leukåmien)
Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Stabilitåt. Hohes Korrekturpotenzial. Sagittale Deformationen mit hålftigen Hæhenminderungen kænnen sich < 10 Jahren komplett aufrichten. Geringe Aufrichtung seitlicher Kompressionen mit Skoliosegefahr: schlechtere Prognose kombinierter frontosagittaler Deformationen.
Primårbehandlung
Immobilisation, Schmerztherapie
Konservative Therapie ] Indikation
Methode der Wahl
] Verfahren
Kurzzeitige Bettruhe (stabile Hyperflexions-Kompressions-Frakturen), nur in Ausnahmefållen Orthese. Schmerzabhångige Mobilisation nach Bettruhe. Nach Hasler/Jeanneret: Keilwirbel unter 108 frçhfunktionell mit Physiotherapie, 3-monatige Sportkarenz. Bei Risser-Zeichen £ 2 ein Jahr Aufrichtekorsett fçr ventrale Keilwirbel von mehr als 108 (Druckentlastung der Wachstumszone, Stimulation des vorderen Wirbelkærperwachstums). Konservative Heilung rein ossårer Chancefrakturen und stabiler Facettendislokationen ohne Neurologie mit Ruhigstellung im reklinierenden Korsett mæglich. Konservative Behandlung mit langer Immobilisation grundsåtzlich mæglich, allerdings Gefahr der sekundåren Fehlstellung.
] Nachbehandlung
Schonung fçr 3 Monate
] Rx-Kontrolle
nach 6 Monaten und 1 Jahr
] Sportfåhigkeit
nach 6 Monaten, abhångig von Beschwerden und Kyphosebildung
]
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]
S. Rose und I. Marzi
Verletzung der thorakalen Wirbelsåule Operative Therapie ] Indikation
Instabilitåten bei ålteren Kindern und Adoleszenten, da Heilung instabiler Frakturen nur unsicher mit Orthesen beeinflussbar. Dorsale Fusionen bei: Facettendislokationen mit neurologischem Schaden, instabilen Flexions-Distraktions- (B1 und B2), Chancefrakturen und Rotationsverletzungen (Typ C). Seltener Mitbeteiligung der Endplatten und Wachstumszonen (Typ A3). Bei Kyphosierung von 208 und mehr ist mit einer Progression und Deformitåt zu rechnen. Bei Kindern çber 10 Jahren und Adoleszenten sollte die Wirbelsåule anatomisch wiederhergestellt werden.
] Verfahren
kurzstreckige dorsale Fusionen mit Cerclagen, kleine winkelstabile Implantate; Dekompressionen nur bei progressivem neurologischen Defizit bei einer partiellen Nervenwurzel- und Rçckenmarklåsion indiziert.
] Nachbehandlung
stabile Osteosynthese, Schonung fçr 8±12 Wochen
] Rx-Kontrolle
abhångig vom gewåhlten Verfahren
] Metallentfernung
nach Konsolidierung
] Sportfåhigkeit
abhångig von der Konsolidierung
Komplikationen
instabile Flexions-Distraktions- und Rotationsverletzungen haben oft intraabdominelle Begleitverletzungen (Dçnndarm usw.)
Wachstumsstærung
Oft bildet sich eine balancierte Skoliose (< 108) um den frakturierten Bereich, meist nur leicht progressiv. Unter 12 Jahren bei fehlender Neurologie selten persistierende kyphotische Fehlstellungen, da durch Wachstumszonen ausgeglichen. Segmentale Kyphosen selten > 108, frontale Fehlstellungen werden allerdings kaum ausgeglichen, hier im weiteren Verlauf oft posttraumatische Skoliosen, die selten 208 çberschreiten. Auch bei den håufigen Serienkompressionsfrakturen und Keilimpaktionsfrakturen ist mit posttraumatischen Deformitåten kaum zu rechnen. Endplattenfrakturen korrigieren sich nicht, eine Stærung des Wachstums ist die Folge. Verletzungen der Endplatten und Bandscheiben fçhren meist zur Spontanfusion des Segments. Eine persistierende Instabilitåt kann allerdings insbesondere bei begleitender neurologischer Stærung zur progressiven Deformitåt fçhren.
Nachkontrollen
regelmåûig im Verlauf des weiteren Wachstums
Klassifikation
AO:
LiLa:
24 Wirbelsåule
Verletzungen der lumbalen Wirbelsåule Inzidenz, Verletzungsmechanismus und klinisches Bild Bei den Verletzungen der lumbalen Wirbelsåule bei Kindern handelt es sich selten um schwere Verletzungen. Der Verletzungsmechanismus ist eine Kompression mit/ohne Flexion, ebenso sind eine Distraktion sowie eine Scherung/Rotation (z. B. durch den Bauchgurt bei einem PkwUnfall) mæglich. Kompressionsfrakturen kænnen bei Adoleszenten auch als Apophysenverletzun-
]
gen auftreten. Berstungsfrakturen werden bei meist intakten posterioren Elementen beobachtet. Die Bandscheiben werden in den Wirbelkærper hineingepresst. Sonderfall: lumbale Apophysenschåden kommen vor bei Sportarten wie Gymnastik und Gewichtheben: Bandscheiben-/Ringapophysen- sowie metaphysåre Fragmente werden dorsal in den Spinalkanal gepresst.
Klassifikation Es gibt 4 Typen der Apophysenfrakturen bei Adoleszenten (s. S. 402 f).
Verletzungen der lumbalen Wirbelsåule
Besonderheiten
diskoligamentåre Instabilitåten mçssen ausgeschlossen werden
Diagnostik
Ræntgen der LWS in 2 Ebenen (zentriert) 3D-CT-Rekonstruktion: pråoperative Planung, Differenzierung der Knochenverletzung, besonders bei den apophysåren Frakturen. Apophysenfrakturen der Adoleszenten betreffen meist die posterioren lumbalen Endplatten. Teile der Bandscheibe auch in Kombination mit knæchernen Anteilen werden nach dorsal in den Spinalkanal disloziert, håufig betroffen L 5±S 1. Oft akuter Schmerz bei Anstrengungen und Sport. Im konventionellen Ræntgenbild manchmal nicht zu sehen. CT Methode der Wahl fçr Erkennen von Fragmentgræûe und Ausmaû der Kanaleinengung. MRT bei spinaler Kompression und zum Ausschluss von seltenen Bandscheibenschåden Sonderform: instabile Chancefraktur-Øquivalente (Flexions-Distraktions-Typ) als horizontale Scherfraktur mit anteriorer Dislokation/Kompression und posteriorer Distraktion (Region Th 12±L 3). Klassische Chancefraktur rein ossåre Låsion. Stumpfes Bauchtrauma durch Sitzgurt (Lap Belt Syndrome), håufig Ileus-/intraabdominelle Verletzungen (Fall 24.2)
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426
]
S. Rose und I. Marzi
Verletzungen der lumbalen Wirbelsåule Therapieziel/ Korrekturgrenzen
Vermeidung neurogener Schåden und statischer Fehlstellungen
Primårbehandlung
Lagerungsbehandlung, Kyphosierung
Konservative Therapie ] Indikation
Frakturen mit intakten posterioren Elementen. Vor der Pubertåt auch Spinalkanaleinengungen durch eingepresste Bandscheibenanteile und progressive Achsabweichungen. Konservative Behandlung bei ausreichender Wirbelkærperhæhe und Impaktion des frakturierten Wirbelkærpers mæglich
] Verfahren
Stabilitåt gewæhnlich nach 12 Wochen erreicht. Flexions- und Extensionsaufnahmen zum Stabilitåtsnachweis. Pråpubertår kænnen die Orthesen bis zum Abschluss der Wachstumsphase (Mådchen 14 Jahre, Jungen 16 Jahre) getragen werden. Ob åuûere Stçtzverfahren die Entwicklung von Deformitåten verhindern, ist jedoch fraglich
] Nachbehandlung
funktionell
] Rx-Kontrolle
im Intervall zum Ausschluss einer progressiven Deformitåt oder Instabilitåt
] Sportfåhigkeit
vom Einzelfall und den Beschwerden abhångig
Operative Therapie ] Indikation
Fçhrt die initiale Lagerungsbehandlung nicht zum Erfolg, sollte bei ålteren Kindern die offene Reposition erfolgen. Chancefrakturen werden bei vorwiegend knæchernen Låsionen geschlossen reponiert und im Hyperextensionskorsett ruhiggestellt. Ziel ist die Wiederherstellung der Lordose. Ligamentåre Verletzungen werden offen reponiert und dorsal fusioniert. Bei kleineren Kindern kænnen die Dornfortsåtze verbunden werden (z. B. PDS-Kordeln), dann Nachbehandlung im Korsett. Bei Adoleszenten dorsaler Fixateur interne. Vertebrale Endplattenfrakturen mçssen abhångig vom Alter bei symptomatischen Bandscheibenprotrusionen und Fragmenten zur Verhinderung der spinalen Stenose dekomprimiert werde. Lumbale Apophysenschåden mit in den Spinalkanal dislozierten Geweben mçssen bei neurologischen Symptomen chirurgisch entfernt werden
] Verfahren
dorsale Zuggurtungen, Cerclagen, Fixateur interne
] Nachbehandlung
fallabhångig
] Rx-Kontrolle
fallabhångig
] Metallentfernung
nach Ausheilung
] Sportfåhigkeit
nach Ausheilung
Komplikationen
bei konservativer Therapie und Instabilitåt progressive Deformation
Wachstumsstærung
bei Wachstumsfugenverletzung mæglich
Nachkontrollen
nach 6 Monaten und 1 Jahr
Klassifikation
AO:
LiLa:
24 Wirbelsåule
Rçckenmarksschåden
Abb. 24.9. Primåre Querschnittsymptomatik bei multisegmentaler Instabilitåt der HWS.
]
Inzidenz, Wirkungsmechanismus und klinisches Bild Bis zu 30% (5±67%) der Wirbelsåulenverletzungen bei Kindern zeigen das klinische Bild des sog. SCIWORA. Die hochauflæsende MRT scheint mittlerweile in vielen Fållen doch eine Ursache darstellen zu kænnen (Abb. 24.9). Der SCIWORA-Anteil bei neurologischen Symptomen liegt bei 20±60%. Bei Kleinkindern (< 8 Jahre) ist håufig die obere HWS und die mittlere BWS (zervikothorakaler Ûbergang) betroffen (70% signifikante Rçckenmarkschåden auf Hæhe C 3/C 4), aber das Erholungspotenzial ist sehr gut. Beim Geburtstrauma (Schådeldistraktion) zeigt sich ein schlaffes Kind ohne progressive Låsion. Bei Adoleszenten dominieren Verletzungen des thorakolumbalen Ûbergangs, da das thorakale Rçckenmark wegen eines engen Spinalkanals und einer komplizierten Durchblutung anfållig ist. Bei Adoleszenten kommen håufig auch thorakolumbale Frakturen vor, dann mit inkompletten neurologischen Defiziten (Fall 24.3). Da die Wirbelsåule deutlich elastischer als das Rçckenmark ist, spielen eine longitudinale Distraktion, Hyperextension, Flexion und spinale Ischåmie eine bedeutende pathogenetische Rolle. Offene Verletzungen sind selten, die Prognose in der Regel direkte Unfallfolge (Abb. 24.10).
Diagnostik Die MRT ist die Methode der Wahl. Sie zeigt Rupturen des vorderen und hinteren Långsbandes, Diskushernien, Rçckenmarkdurchtrennungen, -blutungen und -ædeme sowie Knochenædeme (Bone Bruise) bei spontan reponierten Endplattenfrakturen. Ziel ist der Ausschluss instabiler Verletzungen (Frakturen, Bandinstabilitåten).
Therapie und Prognose Abb. 24.10 a, b. Offenes Rçckenmarktrauma ohne wesentliche neurologische Folgen.
Eine operative Dekompression ist wegen wesentlicher Nachteile im weiteren Wachstum mit kyphotischen Fehlstellungen kritisch. Allerdings muss die Indikation bei persistierenden spinalen knæchernen oder diskalen Kompressionen çberdacht werden. Auf jeden Fall sollten die Gelenkfacetten und -kapseln erhalten bleiben und
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]
S. Rose und I. Marzi
wenn mæglich nicht verletzt werden. Die konservative Therapie besteht in Immobilisation in einer steifen Halskrawatte oder einer thorakolumbalen Wirbelsåulenorthese. Bei ausgeprågten Formen wird Ruhe und Einschrånkung der Beweglichkeit fçr 3 Monate verordnet, insbesondere unter dem Aspekt, dass ein erneutes Trauma zur Verschlimmerung und Verstårkung des Syndroms fçhren kann. Immer sollte kontrolliert werden, ob es zu einer weiteren Verschlechterung kommt, was verhindert werden muss. Die
Gabe von Methylprednisolon ist bei Kindern unter 13 Jahren nicht wissenschaftlich evaluiert. Spåtschåden sind v. a. bei Kindern zu erwarten, die Verletzungen vor dem 10. Lebensjahr hatten; so kænnen Deformitåt, hochsteigende neurologische Defizite und eine Syrinx resultieren. Die Prognose korreliert mit der primåren Schwere der neurologischen Ausfålle. Circa 90% der Kinder mit inkompletter SCIWORA verbessern sich. Thorakale Rçckenmarkschåden sind in ihrer Prognose am schlechtesten.
24 Wirbelsåule
] Fallbeispiele Fall 24.1 Diskoligamentåre B-Verletzung des thorakolumbalen Ûberganges, Mådchen, 14 J., PKW-Unfall mit Beckengurt.
a b c d
Unfallbild. CT. MRT. dorsale Reposition und Zuggurtung mittels PDS-Band.
]
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]
24 Wirbelsåule
Fall 24.2 Flexions-Distraktions-Verletzung L 3/4, Junge, 14 J., Pkw-Unfall mit Beckengurt.
a, b Unfallbilder. c ,d monosegmentale Spondylodese von dorsal.
Fall 24.3 Berstungsfraktur L 1 mit inkomplettem Querschnittssyndrom, Mådchen, 14 J., Suizidversuch, Sprung 2. OG.
a±c Unfallbilder, erhebliche Einengung des Spinalkanals. d, e bisegmentale dorsoventrale Spondylodese inklusive thorakoskopischer Dekompression des Spinalkanals.
25 Knochentumoren und pathologische Frakturen C. Seebach und A. A. Kurth
Allgemeines Die pathologische Fraktur ist ein Knochenbruch, der bei normaler Belastung aufgrund einer Schwåchung des Knochens infolge einer Erkrankung (Knochentumor, Metastase, Osteoporose, Osteomalazie, Osteopetrose, Hyperparathyreoidismus) auftritt. Durch einen Knochentumor kommt es zu einer Knochenverånderung (osteoblastisch und/oder osteolytisch), wobei der Knochen seine Elastizitåt und seine biomechanische Stabilitåt verliert. Ein inadåquates Trauma fçhrt dann zu einer Fraktur. Pathologische Frakturen kænnen durch intrinsische und extrinsische Prozesse verursacht werden. Intrinsische Prozesse schlieûen metabolische Knochenerkrankungen (z. B. Osteopenie durch Osteogenesis imperfecta) oder Knochentumoren, die gesunden Knochen ersetzen, ein. Extrinsische Prozesse verringern die strukturelle Integritåt des Knochens und entstehen durch chirurgische Eingriffe (z. B. interne Stabilisierung,
Abb. 25.1 a, b. Osteoporotische Femurfraktur bei 28-monatigem Kind nach Chemotherapie bei akuter lymphatischer Leukåmie.
welche inadåquat oder frçhzeitig entfernt wurde), durch einen Knochendefekt nach einer Operation, einer Biopsie oder einer En-bloc-Resektion eines Tumors oder durch eine externe Bestrahlungsbehandlung. Auch bei einer Hochdosis-Kortikosteroidtherapie bei Patienten, die eine Chemotherapie wegen eines Malignoms erhalten haben, kann es zu einer Osteoporose mit pathologischer Fraktur kommen (Abb. 25.1 a, b). Der gesunde Knochen eines Kindes hat eine græûere Plastizitåt als der Knochen eines Erwachsenen. Daher kommt es bei einem Kind erst nach einem erheblichen Verlust an Mineralgehalt oder Architektur zum Knochenbruch. Die exakte Diagnose ist zur korrekten Behandlung bei pathologischen Frakturen von Kindern essenziell. Die genaue Anamnese, die kærperliche Untersuchung sowie die radiologischen und laborchemischen Befunde festigen die Verdachtsdiagnose. Eine Biopsie liefert das histologische Material, das die Diagnose sichert. Die meisten Knochenlåsionen kænnen durch ihre radiologische Erscheinung und die Lokalisation im Knochen korrekt erkannt werden. Die laborchemischen Befunde sind wichtig fçr die Diagnose von metabolischen Knochenerkrankungen und Osteomyelitis, jedoch weniger aussagekråftig bei primåren Knochentumoren. Gutartige Knochentumoren, die zu pathologischen Frakturen im Kindesalter fçhren, sind vor allem die solitåre Knochenzyste, das nichtossifizierende Fibrom, die fibræse Dysplasie und die aneurysmatische Knochenzyste. Dagegen ist eine pathologische Fraktur aufgrund eines malignen Tumors (z. B. Osteosarkom) selten, jedoch immer als Differenzialdiagnose wegen der schweren Konsequenzen, die mit einem Missmanagement assoziiert sind, zu diskutieren.
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]
C. Seebach und A. A. Kurth
Epidemiologie 1% aller malignen Tumoren sind primåre Knochentumoren. Am håufigsten kommen das Osteosarkom (45%) sowie das Ewing-Sarkom (18%) im Kindesalter und das Chondrosarkom (14%) im Erwachsenenalter vor. Tumoren des Stçtz- und Bewegungsapparates im Kindesalter sind selten. Zwei Drittel der primår aus Knochengewebe stammenden Tumoren treten bei Jugendlichen wåhrend der pubertåren Wachstumsphase auf. Die stark wachsenden Metaphysen der Knie- und Oberarmkopfregion sind bevorzugte Lokalisationen. Eine frçhe Erkennung von malignen Knochentumoren entscheidet nicht nur çber Leben und Tod, sondern auch darçber, ob eine Extremitåt erfolgreich gerettet werden kann oder amputiert werden muss.
Tabelle 25.1. Klassifikation von Geschwçlste des Knochens, der Gelenke und der Muskulatur abhångig von der Histogenese Herkunftsgewebe
Benigne Tumoren
Knorpelgewebe
Osteochondrom Chondrosarkom Chondroblastom Chondromyxoidfibrom Enchondrom
Knochengewebe Osteom Osteoidosteom Osteoblastom
Osteosarkom
Bindegewebe
nichtossifizierendes Fibrom fibræse Dysplasie Osteoklastom (Riesenzelltumor), Grad I benignes fibræses Histiozytom
ossåres Fibrosarkom malignes fibræses Histiozytom Osteoklastom Grad III
Knochenmark
eosinophiles Granulom
Ewing-Sarkom Retikulosarkom Plasmozytom
Klassifikation Alle mesenchymalen Gewebe kænnen Herkunftsgewebe einer Tumorerkrankung sein. Die primåren Knochen- und Weichteiltumoren im Kindesalter werden nach der histogenetischen Herkunft der Tumorstammzellen klassifiziert (Tab. 25.1), die sich ganz oder teilweise im Knochen entwickeln und in die Nachbarschaft ausbreiten. Unter sekundåren Skeletttumoren versteht man Tumoren, die primår in Weichteilen entstehen und von dort aus auf den Knochen çbergreifen. Von den benignen Tumoren mit lokaler Begrenzung und expansiver Ausbreitung unterscheidet man maligne Tumoren mit hemmungsloser Progression, infiltrativer Gewebszerstærung und Bildung von Metastasen. Die Grenze zum gesunden Gewebe ist unscharf. Als semimaligne bezeichnet man Tumoren, die zunåchst benigne sind und spåter maligne entarten kænnen (Chondrome, Riesenzelltumoren); unter tumoråhnlichen Erkrankungen versteht man jene, die mit lokal aggressiv-infiltrierendem Wachstum, jedoch ohne Metastasenbildung (juvenile oder aneurysmatische Knochenzysten) vorkommen. Voraussetzung fçr das Verståndnis der verschiedenen Knochentumoren ist eine umfassende Kenntnis der klinischen Erscheinungsform, des Spontanverlaufs, der Tumorstadien, des histopathologischen Bildes und der therapeutischen Beeinflussbarkeit.
Maligne Tumoren
Weichteiltumoren Gefåûe Håmangiom Lymphangiom Håmangioperizytom endotheliales Håmangioendotheliom
Håmangiosarkom Håmangioperizytom Lymphangiosarkom
Fett
intraossåres Lipom
ossåres Liposarkom
Muskelgewebe
Leiomyom Rhabdomyom
Leiomyosarkom Rhabdomyosarkom
Synovialgewebe intraossåres Ganglion Synovialsarkom Synovialom Nervengewebe
Neurinom Schwannom Neurofibrom
Zur Beurteilung der lokalen, regionalen und systemischen Tumorausbreitung sowie Tumorart sind oft weiterfçhrende Stagingmaûnahmen erforderlich.
Diagnostische Grundsåtze Wenn ein Kind eine Fraktur nach einem inadåquaten Trauma aufweist, oder das radiologische Bild einen abnormalen Knochenprozess zeigt, sollte an eine pathologische Fraktur gedacht werden.
25 Knochentumoren und pathologische Frakturen
Unreifes Skelett (Wachstumsfuge offen)
]
Reifes Skelett (Wachstumsfuge geschlossen)
Abb. 25.2. Lokalisation (epi-, meta- oder diaphysår) primårer Knochentumoren bei offener bzw. geschlossener Wachstumsfuge.
Vorrangig ist zu klåren, ob es sich um einen benignen oder malignen Prozess handelt. Dabei liefern Ræntgenaufnahmen richtungsweisende Informationen; die Therapieentscheidung berçcksichtigt aber grundsåtzlich alle klinisch wichtigen Anhaltspunkte. Der Schmerz ist das erste und wichtigste Symptom eines pathologischen Knochenprozesses. Eine grçndliche Anamnese (Vorerkrankungen des Magen-Darm-Trakts, Nierenerkrankungen, vorausgegangene Frakturen oder Infektionen so-
wie die Familienanamnese) und die kærperliche Untersuchung (Evaluation einer Fraktur, Haut, Gelenke, neurovaskulårer Status, mægliche Extremitåtendeformitåten oder -verkçrzungen, Bewegungseinschrånkung) des Patienten sind Vo-
Tabelle 25.3. Håufige Lokalisationen von Knochentumoren Epiphyse
Multiple
Vordere Elemente der Wirbelsåule
Chondroblastom Leukåmie
Tabelle 25.2. Altersgruppen von håufigen muskuloskelettalen Tumoren
eosinophiles Granulom Brodie-Abszess hereditåre Exostosen Leukåmie Riesenzelltumor eosinophiles Metastase Granulom fibræse Dysplasie Enchondromatose Riesenzelltumor
Alter Benigne Tumoren (Jahre)
Maligne Tumoren
0±5
eosinophiles Granulom Osteomyelitis
Metastasen Leukåmie
Metaphyse
Becken
Hintere Elemente der Wirbelsåule
5±10
solitåre Knochenzyste aneurysmatische Knochenzyste nichtossifizierendes Knochenfibrom fibræse Dysplasie Osteomyelitis Osteoidosteom eosinophiles Granulom
Osteosarkom Rhabdomyosarkom Ewing-Sarkom
jeder Tumor
Ewing-Sarkom Osteosarkom Osteochondrom Metastase fibræse Dysplasie
Rippen
fibræse Dysplasie Osteoidosteom Fibrom aneurysmatische Knochenzyste Chondroblastom
Osteosarkom Ewing-Sarkom Rhabdomyosarkom Synovialzellsarkom Chondrosarkom Fibrosarkom
Diaphyse fibræse Dysplasie osteofibræse Dysplasie eosinophiles Granulom Ewing-Sarkom Leukåmie, Lymphome Osteoidosteom solitåre Knochenzyste
aneurysmale Knochenzyste Osteoblastom Osteoidosteom Metastase
10±20
fibræse Dysplasie eosinophiles Granulom Ewing-Sarkom Metastase
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434
]
C. Seebach und A. A. Kurth
raussetzung fçr eine korrekte Diagnose und Behandlung: ] Alter des Patienten (Tab. 25.2): Tumoren haben eine ausgesprochene Altersdisposition. Die meisten primåren Knochentumoren treten im Kindes- oder Jugendalter auf, Chondrosarkome, Plasmozytome und Karzinommetastasen jedoch bevorzugt im Erwachsenenalter. ] Die Anamnese hålt Zeitpunkt und Art der Beschwerden fest. ] Die Lokalisation (epi-, meta- oder diaphysår) primårer Knochentumoren liefert einen Hinweis (Tab. 25.3, Abb. 25.2). ] Der klinische Befund gibt Auskunft çber Schwellung, Ausmaû sowie Art des Schmerzes und Funktionseinschrånkungen. Laboruntersuchungen sind meist unergiebig, dienen aber dem Ausschluss einer entzçndlichen Genese. Cave: Das Ewing-Sarkom wird oft fehlgedeutet als Osteomyelitis!
Bildgebende Verfahren ] Das Ræntgenbild in 2 Ebenen ist das wichtigste Mittel zur Klårung der Dignitåt und Wachstumsgeschwindigkeit. Bei einem langsamen Tumorwachstum kommt es zur Sklerosierung des umgebenden Knochens, ebenso spricht eine enge, wohldefinierte Grenzzone mit Periostschale fçr einen benignen Tumor. Bei dem raschen Wachstum eines malignen Tumors kommt es dagegen zu Osteolysen oder Mottenfraû (multiple kleine osteolytische Areale). In der breiten flieûenden Grenzzone kommt es im Ûbergangsbereich zwischen Tumor und gesunder Kortikalis zu den typischen Periostreaktionen (Codman-Dreieck, Spikulae, Zwiebelschale), die Malignitåtszeichen eines Knochentumors im Ræntgenbild sind. ] Die MRT stellt pathologische Verånderungen mit hæherem Auflæsungsvermægen und græûerer Empfindlichkeit dar, v. a. das Ausmaû von Weichteillåsionen und die sonst schwer erkennbare Beteiligung des Knochenmarks. ] Das MRT bleibt das Mittel der Wahl zum Staging, zum Evaluieren der Antwort auf die pråoperativ erfolgte Chemotherapie und fçr das langzeitige Follow-up der meisten Knochen- und Weichteilsarkome.
] Die CT zeigt die exakte Lokalisation und die Ausbreitung des primåren Herdes sowie die topographische Beziehung zum jeweiligen Kompartment, die Dichte des Tumorgewebes, die Beziehung zu Nerven und Gefåûen, eine intraartikulåre und kortikale Tumorinfiltration sowie eine Metastasierung in die Lunge. ] Eine Sonographie des Abdomens dient dem Ausschluss von intraabdominellen Metastasen. ] Eine Skelettszintigraphie zeigt die biologische Aktivitåt des primåren Knochentumors und erkennt weitere intraossåre Tumorlokalisationen des skelettalen Systems. ] Die Angiographie wird in der Regel eingesetzt, um die Gefåûversorgung des Tumors darzustellen und dessen Beziehung zum Gefåû-Nerven-Bçndel zu klåren, was fçr die Planung von extremitåtenerhaltenden Eingriffen von Bedeutung ist.
Biopsie Die bildgebenden Verfahren gehen der Biopsie immer voraus. Bei Tumorverdacht (potenziell benigne aggressive oder maligne Prozesse) liefert die Biopsie das histologische Material, um die Diagnose zu sichern; sie ist in allen Zweifelsfållen unerlåsslich. Die Biopsie muss durch eine kleine longitudinale, leicht auszuschneidende Inzision durchgefçhrt werden, wobei nur ein einzelnes Kompartment eræffnet werden sollte. Auf die spåtere Schnittfçhrung ist zu achten. Es sollte eine gute Blutstillung durchgefçhrt werden, um eine Dissemination von Tumorzellen zu vermeiden. Ein Gefåû-Nerven-Bçndel darf nicht eræffnet werden, da sich der maligne Knochentumor entlang dieser Schiene ungehindert ausbreiten kann. Da keine zusåtzlichen Kompartmente eræffnet werden sollten, wird bei einer Biopsie nicht der gesamte Tumor entfernt. Es ist wichtig, die Biopsie nicht vom Kallus zu entnehmen, da sonst die fålschliche Diagnose eines Osteosarkoms oder eines anderen Tumors gestellt wird. Eine pathologische Fraktur im Entnahmebereich der Biopsie sollte verhindert werden. Da Sarkome oft im Gegensatz zu Karzinomen im Operationsgebiet Impfmetastasen setzen, ist eine Biopsie sorgfåltig zu planen. Die fehlerhafte Ausfçhrung kann die Prognose verschlechtern. Bei exakter Durchfçhrung ist die Gefahr der systemischen Ausbreitung als gering anzusehen.
25 Knochentumoren und pathologische Frakturen
]
Tabelle 25.4. Klinisches Staging nach Enneking (Stadium I±III)
Charakter Ræntgen Szintigraphie Typische Klinik Typischer Tumor
Stadium I a/b, latent (G1, T1/2, M0)
Stadium II a/b, aktiv (G2, T1/2, M0)
Stadium III, aggressiv (G1/2, T1/2, M1)
langsam wachsend, spontan ausheilend gut demarkiert, meist mit Sklerose keine/niedrige Aktivitåt Zufallsbefund NOF Osteochondrom Osteom Håmangiom
abgekapselte Låsion, expandierend (Blow-up Lesions) Kortikalis aufgeblåht, ausgedçnnt, geringe Sklerosereaktion Anreicherung Schmerz Osteoidosteom Osteoblastom Riesenzelltumor aneurysmatische Knochenzyste
lokale Knochendestruktion, Metastase
G1 = niedrig maligne Differenzierung G2 = hoch maligne Differenzierung T1 = intrakompartmentale Ausbreitung
keine reaktive Zone starke Anreicherung Schmerz Osteoblastom Chondroblastom Riesenzelltumor aneurysmatische Knochenzyste
T2 = extrakompartmentale Ausbreitung M0 = keine Fernmetastasierung nachgewiesen M1 = Fernmetastasierung nachgewiesen
Tabelle 25.5. Chirurgische Durchfçhrung der Tumorresektion und Indikation (nach Enneking) Resektion
Technik
Indikation bei primår malignen Knochentumoren
intralåsional intraoperative Tumoreræffnung, Resektionsgrenzen mikroskopisch oder makroskopisch kontaminiert marginal En-bloc-Resektion des Tumors, Resektionsgrenzen: tumorrandbildend, mikroskopisch Tumorreste mæglich weit
radikal
kontraindiziert
En-bloc-Resektion des Tumors, der reaktiven Kapsel und umgebenden gesunden Gewebsschicht, Resektionsgrenzen mikroskopisch und makroskopisch tumorfrei Resektion des gesamten anatomischen Kompartiments
Nach der Primårdiagnostik erfolgt das chirurgische Staging des Tumors nach Enneking (Stadium I±III) (Tab. 25.4).
Therapie Die Behandlung einer pathologischen Fraktur richtet sich nach der Dignitåt, der Lokalisation, dem Frakturtyp und nach den von ihr ausgehenden Risiken. Durch eine exakte Diagnose kann die optimale Frakturbehandlung (einfache Ruhigstellung, geschlossene oder offene Reposition mit interner Stabilisierung) gewåhlt werden. Kleinere, symptomfreie benigne Prozesse ohne Entartungsrisiko bedçrfen oft keiner Therapie, aber weiterer klinischer und radiologischer
gestattet bei Low-Grade-Tumoren bestimmter Entitåten, z. B. G1-Chondrosarkome an den Extremitåten; in schwierigen anatomischen Regionen wie z. B. Becken oft nicht gçnstiger mæglich in der Regel ausreichende Resektionsgrenze
onkologisch sicherstes, jedoch selten notwendiges Verfahren
Ûberwachung. Bei Tumorzunahme (Druck auf Nerv oder Gefåû, Spontanfraktur) oder Umschlagen in Malignitåt muss das pathologische Gewebe je nach Situation durch Kçrettage und Spongiosaauffçllung bzw. Segmentresektion oder En-bloc-Resektion weit im Gesunden beseitigt werden. Bei gutartigen Tumoren ist es notwendig, wenn eine Operationsindikation zur Frakturstabilisierung gestellt wird, den Resektionstyp (intralåsional oder marginal), das optimale Knochenersatzmaterial zum Auffçllen des Tumordefekts, die Frakturstabilisierung und die mæglicherweise notwendige Ruhigstellung zu çberdenken und auszuwåhlen. Wenn nach einer operativen Entfernung des Tumors (z. B. Dekompression einer Osteonekrose des Femurkopfes, offene Resektion des Nidus
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]
C. Seebach und A. A. Kurth
eines Osteoidosteoms) der gesunde Knochen durch den resultierenden Knochendefekt geschwåcht ist, kann dieser wie jede andere Fraktur im gesunden Knochen behandelt werden. Wird die Diagnose eines malignen Knochentumors gestellt, ist zunåchst das Tumorstaging durchzufçhren, um die Prognose abzuschåtzen und die korrekte Behandlung einzuleiten. Primåres Therapieziel bei einer pathologischen Fraktur ist die Behandlung des Tumors, sekundår erfolgt die Frakturbehandlung (d. h. bis zur Diagnosesicherung und Festlegung der Therapie erfolgt primår die konservative Ruhigstellung in Gips, Schiene oder durch Traktion). Die multidisziplinåre Behandlung einer pathologischen Fraktur bei malignem Knochentumor basiert auf drei Therapien: 1. Die Entfernung des bæsartigen Tumors erfolgt durch eine radikale, weite oder marginale Resektion (Tab. 25.5). Håufig ist eine Radikalitåt nur durch Amputation der Extremitåt zu erzielen. Hierfçr bestehen 2 Indikationen: ± Infiltration eines Gefåû-Nerven-Stranges und ± ausgedehnter Muskelbefall. 2. Die neoadjuvante Chemotherapie bei Osteosarkom und Ewing-Sarkom verbessert die 5-Jahres-Ûberlebenszeit von nur 10±20% auf 70% beim Osteosarkom und auf etwa 50% beim Ewing-Sarkom. Dieses erweitere Behandlungskonzept beinhaltet eine primåre Induktionschemotherapie vor der operativen Lokaltherapie und einer postoperativen Fortsetzung der Chemotherapie. Die Chemotherapie hat das Ziel, klinisch latente Metastasen auszuschalten. Ihre Wirksamkeit wird v. a. durch ihre Nebenwirkungen limitiert. 3. Die Strahlentherapie spielt bei den primåren Knochentumoren eine untergeordnete Rolle. Jedoch zeigen das Ewing-Sarkom und Metastasen eine gute Strahlensensibilitåt. Bei einer exakten Diagnose kann die optimale Behandlung der Fraktur gewåhlt werden: konservative Ruhigstellung, geschlossene oder offene Reposition mit interner Stabilisierung, mit oder ohne Kçrettage, und Knochentransplantation. Die operative definitive Frakturbehandlung eines malignen Tumors erfolgt individuell und ist abhångig von Frakturdislokation, Stabilitåt, anatomischer Lokalisation und erwarteter Wirkung der Chemotherapie und der Bestrahlung. Auûerdem sollte die Mæglichkeit einer weiten Tumorre-
sektion genutzt werden, um eine potenzielle Dissemination des Tumors im Frakturhåmatom zu berçcksichtigen. Pathologische Frakturen, die wåhrend oder nach der onkologischen Therapie (z. B. Bestrahlung eines Ewing-Sarkoms) auftreten, kænnen mit lokalen Rezidiven, einer Progression der Erkrankung oder der Entwicklung eines zweiten Malignoms assoziiert sein. Das Ziel einer operativen Behandlung ist die sichere Tumorentfernung unter weitestgehendem Funktionserhalt. Die anspruchsvollen extremitåtenerhaltenden Verfahren haben die frçher vorwiegend durchgefçhrten Amputationen zahlenmåûig zurçckgedrångt. In çberregionalen Tumorbehandlungszentren werden die gleichen onkologischen Resultate wie bei Amputationen erreicht. Die Diskussion darçber, ob bei High-Grade-Tumoren extremitåtenerhaltende Verfahren generell empfohlen werden sollten, ist noch nicht abgeschlossen. Im Zweifelsfall oder falls aus onkologischen Grçnden nicht ersetzbare Strukturen (z. B. groûe Nerven) geopfert werden mçssen, ist eine Amputation oder Exartikulation durchzufçhren (¹Life before Functionª). Bei der extremitåtenerhaltenden Operation gliedert sich die Therapie in Tumorresektion und in die in gleicher Sitzung durchzufçhrende Rekonstruktion des Knochendefekts. Neben Spezialendoprothesen (z. B. modulare scharniergefçhrte Kniegelenkendoprothese, Custom-made Beckenteilersatz) und Umkehrplastiken werden vermehrt sog. biologische Rekonstruktionsverfahren unter Verwendung autogenen oder allogenen Knochens eingesetzt. Die Indikation ist abhångig von Tumorausdehnung, -entitåt und -lokalisation.
Benigne Knochentumoren ] Osteoidosteom Ein Osteoidosteom ist ein osteoblastischer Tumor der Kortikalis, der zwischen dem 10. und 30. Lebensjahr auftritt. Hauptlokalisationen sind die Dia-/Metaphysen der langen Ræhrenknochen, u. a. die mediale Schenkelhalskompakta und die Tibia, seltener Wirbelbægen, Talus, Kalkaneus oder Os naviculare.
25 Knochentumoren und pathologische Frakturen
]
Etwa 10% der gutartigen Knochentumoren sind Osteoidosteome. Osteoidosteome fçhren zu spontanen Schmerzen, besonders nachts, die in die Umgebung ausstrahlen. Ein charakteristisches Zeichen ist, dass es nach der Gabe von Acetylsalicylsåure zur Schmerzbesserung kommt. ] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich der ovale Tumor in der Kortikalis liegend, mit einer ausgeprågten reaktiven Sklerosierungszone um einen kleinen zentralen, strahlendurchlåssigeren Nidus (Nest). Dieser manifestiert sich im Ræntgenbild als ovale Aufhellung mit einem Durchmesser von 3±5 mm. Mit dem Sklerosesaum erreicht der Tumor eine Græûe von bis zu 2 cm. Die Diagnose stçtzt sich auf das Ræntgenbild und die Schmerzbesserung nach der Gabe von Acetylsalicylsåure, welches als charakteristisch erachtet wird. ] Differenzialdiagnose. Brodie-Abszess, sklerosierende Osteomyelitis Garre sowie Ûberlastungsfrakturen mçssen ausgeschlossen werden. ] Therapie. Die spontane Ausheilung (2±4 Jahre) oder eine komplette operative Kçrettage des Nidus (offene En-bloc-Resektion) bringt sichere Heilung, der Sklerosesaum braucht nicht entfernt zu werden. Die Prognose ist sehr gut. Eine maligne Entartung ist nicht bekannt.
] Osteoblastom Bei einem Osteoblastom handelt es sich um einen benignen osteoblastischen Tumor. Er åhnelt dem Osteoidosteom, ist jedoch meist græûer und kann ein Ausmaû von 2±10 cm erreichen. Er ist ein seltener Tumor (etwa 1% der primåren Knochentumoren) und tritt bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf. Hauptlokalisationen sind in 40% der Fålle die dorsalen Wirbelelemente (Quer- und Dornfortsåtze sowie die Wirbelbægen), auûerdem die langen Ræhrenknochen (Femur, Tibia, Humerus) (Abb. 25.3 a, b). Das Osteoblastom ruft keine streng lokalisierten, mit Acetylsalicylsåure beherrschbaren Schmerzen hervor. Hauptbeschwerden sind langsam zunehmende Schmerzen, manchmal ist das Osteoblastom aber auch symptomarm; es wird oft durch einen Zufallsbefund erkannt.
Abb. 25.3. Osteoblastom als osteoblastischer Tumor im spongiæsen Knochen der Femurdiaphyse a im Nativræntgenbild und b im CT.
] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich ein relativ strahlendurchlåssiger, knochenbildender Herd mit einer Lysezone, der von einem dçnnen Saum reaktiven Knochens umgeben wird. Aufgrund des unspezifischen Bildes ist eine Biopsie zur Diagnosesicherung erforderlich. Das CT dient zur pråoperativen Diagnosesicherung (Nidus) und Operationsplanung. Die Szintigraphie zeigt die Anreicherung insbesondere in der Frçhphase. Das Angiogramm wird bei aggressiv wachsenden Tumoren der Wirbelsåule als Staging-Methode eingesetzt. ] Differenzialdiagnose. Osteoidosteom, aneurysmatische Knochenzyste, eosinophiles Granulom, Riesenzelltumor des Knochens und Osteosarkom sind abzugrenzen. ] Therapie. Osteoblastome im Stadium 2 (aktiver Tumor innerhalb seiner Kapsel) lassen sich bei minimaler Rezidivneigung (< 10%) en bloc exzidieren. Die Rezidivrate ist nach intrakapsulårer Entfernung (die angewendet wird, um Wirbelgelenkfunktionen zu erhalten) hæher an-
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zusetzen (10±30%). In einigen Fållen ist die maligne Entartung von aggressiven Osteoblastomen beschrieben worden.
] Enchondrom Beim Enchondrom handelt es sich um einen knorpelbildenden (hyaliner Knorpel) Tumor im Inneren eines Knochens, intratumorale Verkalkungen sind håufig. 10% aller benignen Tumoren sind Enchondrome. Solitåre Enchondrome kommen græûtenteils bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen vor. Sie entwickeln sich an den kleinen Ræhrenknochen der Hånde und Fçûe sowie am proximalen Humerus, kænnen sich aber prinzipiell im gesamten Skelett ansiedeln. Sie sind die håufigsten Tumoren des Handskeletts. Die klinischen Zeichen sind diskret, oft werden sie durch Zufallsbefunde oder aufgrund einer Spontanfraktur entdeckt. ] Diagnose. Das Ræntgenbild zeigt eine zentrale blasenartige Auftreibung des Knochens mit Ausdçnnung der Kortikalis. Es ist eine scharfe Abgrenzung gegençber den Knochenstrukturen zu erkennen. Wåhrend der Adoleszenz verknæchert das Knorpelgewebe. Diese Verkalkungen imponieren im Ræntgenbild als zarte Kalkspritzer. Mit zunehmender Ausreifung verdichtet sich der Randsaum. Kommt es zur Usurierung der Kortikalis, kann das zu einer Spontanfraktur fçhren. Die MRT stellt die Ausdehnung des Tumors eindeutig dar. ] Therapie. Asymptomatische solitåre Enchondrome gelten als gutartig, sodass engmaschige klinische Kontrollen ausreichen. Wenn jedoch solitåre oder multiple Chondrome symptomatisch werden und sich zu vergræûern beginnen, sind Ræntgenaufnahmen, Szintigraphie und CT zum Ausschluss einer Malignitåt angezeigt. Eine Operationsindikation besteht bei Schmerzen, Aktivitåtszunahme in der Szintigraphie und den charakteristischen radiologischen Zeichen. Zur Verringerung des Rezidivrisikos muss der Tumor weit im Gesunden kçrettiert werden, anschlieûend ist eine Spongiosaplastik indiziert. Die Prognose ist gut. Eine maligne Entartung asymptomatischer solitårer Enchondrome ist nur in 2% aller Fålle belegt (bei der Enchondromatose 10%).
] Multiple Enchondromatose (chondrale Dysplasie) Bei einer Skelettdysplasie treten Enchondrome multipel auf. ] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigen sich schon wåhrend des Kleinkindesalters Ansammlungen von stråhnigen und blasigen Zeichnungen der Knorpelnester in normalem Knochengewebe mit der Gefahr von Wachstumsstærungen und Deformitåten. Eine maligne Entartung zu Chondrosarkomen ist mæglich (25%). Bei multiplen Chondromen mit bevorzugtem Halbseitenbefall ± als Morbus Ollier bezeichnet ± kann es in 30±50% zur Entartung kommen. Zunehmende Auftreibungen mçssen ræntgenologisch, szintigraphisch und ggf. bioptisch kontrolliert werden. Bei der Kombination mit kavernæsen Håmangiomen der Haut und inneren Organe spricht man vom Maffucci-Syndrom, welches fast regelmåûig zu einer sarkomatæsen Entartung der Enchondrome fçhrt. Auûerdem kann es zu Karzinomentwicklung in inneren Organen fçhren.
] Osteochondrom (osteokartilaginåre Exostose) Das Osteochondrom ist der bekannteste und håufigste gutartige Tumor des Knochens (10±15% aller Knochentumoren). Die solitåren, benignen Osteochondrome sind metaphysennah an langen Ræhrenknochen wachsende pilzfærmige Knochentumoren mit aufliegender Knorpelkappe, bevorzugt in Kniegelenknåhe oder am proximalen Humerus, proximalen Femur, Becken und Schulterblatt lokalisiert. Mit dem Abschluss des Kærperwachstums hært in der Regel auch sein Anwachsen auf. Das Wachstum ist immer zur Diaphyse hin gerichtet. Die Epiphysen bleiben stets frei. Zunåchst fållt der Tumor als knochenharte, schmerzlose, an den betroffenen Knochen fixierte Geschwulst auf. Schmerzen und Funktionseinschrånkung resultieren erst durch Irritation der bedeckenden Weichteile, welche von einer mit Flçssigkeit gefçllten Bursa ausgehen kann. Bei Flçssigkeitsverschiebungen in der Bursa ist eine fluktuierende Raumforderung tastbar.
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] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich das typische breitbasige, pilzartige Wachstum an der Metaphyse mit Knorpelkappe und charakteristischem Trabekelknochenauswuchs und nur minimaler sklerotischer Reaktion. Der palpatorische und der radiologische Befund des pilzartigen Wachstums sind typisch. Ein MRT ist bei Verdacht auf Entartung angebracht. Die Szintigraphie zeigt die Anreicherung bei Jugendlichen, beim Erwachsenen ist keine Speicherung vorhanden. ] Therapie. Bei aktiven Exostosen kann mit der kompletten Resektion des Tumors im gesunden Knochengewebe einschlieûlich der Knorpelkappe des Perichondriums und des Periosts das Rezidivrisiko minimiert werden. Solitåre Exostosen haben eine Rezidivrate von weniger als 5%. Die sarkomatæse Entartung ist bei solitåren Exostosen extrem selten (1% der Fålle). Risiken sind eine dicke Knorpelkappe (> 1 cm), Mehrspeicherung in der Szintigraphie beim Adulten und ein MRT-gesicherter Durchbruch des Tumors in die Weichteile (nicht verdrångend).
] Multiple kartilaginåre Exostosen Bei der autosomal-dominant vererbbaren Exostosenkrankheit kommt es zu zahlreichen çber das gesamte Skelettsystem verteilten epiphysennahen Knochenauswçchsen. Dies ist oft kombiniert mit erheblichen Deformitåten, darunter Kleinwçchsigkeit, Trommelschlegelform des Radius und Achsfehlstellungen der unteren Extremitåten. Nach Wachstumsabschluss kann es in bis zu 2% der Fålle zur malignen Entartung kommen. Daher sollte bei Græûenzunahme der Exostosen eine Ræntgenkontrolle erfolgen.
fenbar immer gutartige, schmerzhafte Neubildung bei Kindern vor dem Schluss der Epiphysenfugen aus relativ undifferenziertem, zellreichem Gewebe. Das Chondroblastom tritt vorwiegend bei Kindern und jugendlichen Erwachsenen (zwei Drittel månnliches Geschlecht) auf. Hauptlokalisationen dieses einzigen rein epiphysåren Tumors sind die langen Ræhrenknochen, vor allem der Bereich des Kniegelenks (distale Femur, proximale Tibia) oder des proximalen Humerus (Abb. 25.4 a, b); der Tumor kann in die Metaphyse wachsen. Die Patienten klagen çber anhaltende Schmerzen, Schwellung oder Funktionseinschrånkung des betreffenden Gelenks. ] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich ein ræntgendurchlåssiger zystischer Tumor, exzentrisch in der Epiphyse liegend, mit zarten, punktfærmigen Verkalkungen, die auf einen knorpeligen Prozess hinweisen. Der Tumor wird von einem sklerotischen Randsaum scharf begrenzt. Durch das CT kann die Gewebsdichte, das Ausmaû der Epiphysenbeteiligung und ± als wichtigster Befund ± die Lokalisation in Bezug auf den Gelenk- und Epiphysenknorpel bestimmt werden. ] Differenzialdiagnose. Die Erkennung des Chondroblastoms ist wichtig, da es mit Chondrosarkomen und Osteosarkomen verwechselt werden kann und folglich dann zu radikal therapiert wird. Auûerdem ist es abzugrenzen von dem nichtossifizierenden Knochenfibrom, der aneurysmatischen Knochenzyste und dem Riesenzelltumor.
] Therapie. Die Behandlung besteht in der operativen Entfernung der klinisch stærenden Exostosen. Bei multiplen Exostosen kommt die maligne Entartung gelegentlich vor. Verdåchtig sind eine verkalkte Knorpelhaube çber der Exostose und Wachstum im Erwachsenenalter.
] Chondroblastom (Codman-Tumor) Es handelt sich beim Chondroblastom um eine seltene (1% der benignen Knochentumoren), of-
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Abb. 25.4 a, b. Chondroblastom als zystischer Tumor mit typischer Lokalisation in der Epiphyse der proximalen Tibia.
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] Therapie. Da Chondroblastome oft den subchondralen Knochen durchsetzen und bis in den Gelenkknorpel reichen, bereiten die Kçrettage und die Rekonstruktion mit Spongiosaplastik Schwierigkeiten. Da der Tumor meist kurz vor der Skelettreife auftritt, kann die verbleibende Epiphyse mitkçrettiert werden, wodurch der Epiphysenfugenschluss begçnstigt und einer Achsfehlstellung im Verlauf entgegengewirkt wird. Grundsåtzlich werden aktive Tumoren mit erhaltener Kapsel entlang der Tumorbegrenzung exzidiert und mit Spongiosa aufgefçllt, ansonsten weit im Gesunden reseziert. Die Prognose ist gut, der Tumor wåchst langsam, kann jedoch in das Gelenk einbrechen und zu schweren Destruktionen fçhren. Rezidive bei Stadium III nach Kçrettage liegen bei ca. 50%.
] Nichtossifizierendes Knochenfibrom (NOF)
] Chondromyxoidfibrom
Das nichtossifizierende Knochenfibrom (NOF) stellt die håufigste Knochenlåsion dar. Durch benigne Proliferation von Fibroblasten kommt es zu einem fibræsen kortikalen Defekt. Makroskopisch erscheint der Tumor braun-gelb. Die Hauptlokalisation ist die Metaphyse langer Ræhrenknochen, das NOF tritt zu drei Viertel in der distalen Femurmetaphyse oder distalen Tibiametaphyse auf und liegt exzentrisch (Abb. 25.5). Die Altersgruppe liegt zwischen 10 und 25 Jahren mit geringer Bevorzugung des månnlichen Geschlechts. Der klinische Befund ist meist asymptomatisch, eventuell tritt ein Belastungsschmerz auf; selten kommt es zur Spontanfraktur. Mit der Skelettreife wird das NOF inaktiv und verknæchert schlieûlich.
Das Chondromyxoidfibrom ist ein seltener, benigner, aus chondromatæsen und myxomatæsen Anteilen aufgebauter Tumor und wåchst vorwiegend bei Kindern und Jugendlichen an den Metaphysen der langen Ræhrenknochen, am Becken oder in den Fuûknochen. Die Patienten haben geringe oder keine Schmerzen. Oft wird das Chondromyxoidfibrom erst erkannt durch Zufallsbefund oder durch eine pathologische Fraktur.
] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich ein charakteristischer, exzentrischer, traubenfærmiger Spongiosa-Kortikalis-Defekt. Die Osteolyse erscheint mit schmaler Randsklerose und fibræsem Kortikalisdefekt und scharfer Abgrenzung zum gesunden Knochen. Aufgrund des ¹typischenª radiologischen Befundes ist eine Anhiebsdiagnose zulåssig! Ab dem 20. Lebensjahr kommt es bei diesem Knochentumor zur Selbstheilung.
] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich ein strahlendurchlåssiger, zystisch-blasiger, exzentrischer Defekt ohne die bei einem knorpeligen Tumor çblichen Kalzifikationszeichen, scharfe Abgrenzung und Kortikalisverdçnnung. Es ist keine trabekulåre Binnenstruktur zu erkennen.
] Therapie. Bei kleinen Herden ist keine Behandlung notwendig. Wenn bei groûen Tumo-
] Differenzialdiagnose. Das nichtossifizierende Knochenfibrom und die aneurysmatische Knochenzyste sind auszuschlieûen. ] Therapie. Eine Kçrettage, ggf. eine Tumorexzision weit im Gesunden zur Rezidivprophylaxe mit Spongiosaauffçllung oder eine Knochentransplantation sind vorzunehmen. Die Prognose ist gut, Rezidive nach inkompletter Entfernung sind håufig, eine maligne Entartung ist nicht bekannt. Abb. 25.5. Nichtossifizierendes Fibrom (NOF), liegt exzentrisch, der Kompakta aufsitzend mit typischer, girlandenfærmiger, polyzyklischer Begrenzung.
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ren (Hålfte des Schaftdurchmessers) eine Spontanfraktur droht, ist ggf. frçhzeitig eine intrakapsulåre Kçrettage mit Spongiosaauffçllung erforderlich. Eine nichtdislozierte, stabile Fraktur kann gewæhnlich durch eine konservative Behandlung ausheilen, die Inzidenz einer Refraktur ist niedrig. Eine operative Versorgung ist nur bei Frakturdislokation oder Instabilitåt indiziert.
Maligne Knochentumoren ] Osteosarkom Das Osteosarkom ist der håufigste primår maligne, osteoblastische Knochentumor im Kindesalter mit frçhzeitiger Metastasierung. Histologisch besteht der Tumor aus polymorphen knochenbildenden Zellen (Osteoblasten, Osteozyten) mesenchymalen Ursprungs. Das Osteosarkom manifestiert sich in der Adoleszenz (Altersgruppe zwischen 10 und 25 Jahren) und ist bei Månnern etwas håufiger als bei Frauen. Hauptlokalisation sind die Metaphysen der langen Ræhrenknochen mit bevorzugtem Sitz in der Knieregion (50% in der distalen Femurmetaphyse oder proximalen Tibiametaphyse), auûerdem der proximale Humerus, das hçftgelenknahe Femur und das Becken (Abb. 25.6 a±d). Eine Exposition mit radioaktiven Substanzen erhæht die Gefahr einer Osteosarkomentwicklung. Als Erstsymptom imponiert eine druckdolente knæcherne Prominenz. Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung sind die Weichteile oft bereits infiltriert. Die Hauptsymptome sind Schmerzen (auch in Ruhe anhaltend, oft nachts), Schwellung, oft Erwårmung und Rætung im Tumorgebiet. Håufig finden sich eine eingeschrånkte Beweglichkeit und ein allgemeines Krankheitsgefçhl. Die alkalische Phosphatase ist erhæht. Bei raschem, aggressivem Wachstum kommt es oft zur schnellen Metastasierung (håmatogen), besonders in die Lunge. ] Diagnose. Im Ræntgenbild finden sich alle Zeichen des malignen Tumorwachstums mit fleckigen, unscharfen, wie ausradierten Osteolysen in der Metaphyse und pathologischen Knochen-
Abb. 25.6 a, b. Osteosarkom in der Metaphyse des proximalen Humerus mit teils osteoblastischer, teils osteolytischer Knochendestruktion; c, d unscharfe Begrenzung zum gesunden Knochen und maligne Periostverånderungen sowie pathologische Femurfraktur aufgrund eines Osteosarkoms.
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neubildungen sowie typischen Periostalreaktionen (Codman-Sporn, Spikulae, Sunburst Pattern, Zwiebelschalen), die auf ein malignes Geschehen hinweisen. Die Begrenzung zum gesunden Knochen ist unscharf. Das MRT gibt exakt Aufschluss çber die Tumorausdehnung und die Weichteilinfiltrationen sowie die Beziehung des Tumors zu Faszienlagen und græûeren Muskeln. Die CT ist wichtig, um die intraossåre Ausdehnung des Tumors und Lungenmetastasen zu bestimmen. (Bereits 15% der Patienten haben bei der Erstdiagnose Metastasen in der Lunge, in den Knochen oder im Gehirn). Die Knochenszintigraphie kann frçhzeitig Hinweise auf Metastasen liefern. Staginguntersuchungen sind neben der Diagnosesicherung unverzichtbar zur Verlaufsbeobachtung unter einer Chemotherapie und zur Planung des operativen Vorgehens. Entscheidend fçr die Diagnose ist die Biopsie. ] Differenzialdiagnose. Es sind das Ewing-Sarkom, eine Osteomyelitis sowie ein aggressives Osteoblastom abzugrenzen. ] Therapie. Im Falle einer pathologischen Fraktur aufgrund dieses malignen primåren Knochentumors sollte zunåchst die vorangeschaltete neoadjuvante Polychemotherapie (COSS-Studie) durchgefçhrt werden. Die primåre Frakturbehandlung erfolgt zunåchst durch einfache Ruhigstellung im Gips, durch Schiene oder Traktionsbehandlung. Die definitive operative Therapie sollte erst nach Diagnosesicherung (klinischer, radiologischer und histologischer Befund) und multidisziplinårer Absprache (onkologischer Chirurg, Radiologe, Pathologe) erfolgen. Nach der radikalen Resektion des Tumors als Lokaltherapie (Tumorprothese, Umkehrplastik, Amputation) erfolgt eine zweite, nachfolgende Polychemotherapie. Durch dieses Behandlungsschema ist zurzeit eine 5-Jahres-Ûberlebensrate von 60±70% erreichbar. Das Osteosarkom ist wenig strahlensensibel.
] Ewing-Sarkom Das Ewing-Sarkom ist nach dem Osteosarkom der zweithåufigste maligne Skeletttumor bei Kindern, vorwiegend betroffen sind månnliche junge Erwachsene mit hæchster Letalitåt aller Knochentumoren. Ausgangsmaterial sind wahr-
Abb. 25.7 a, b. Ewing-Sarkom der proximalen Tibia bei einem 10-jåhrigen Jungen, zunåchst fålschlich als Osteomyelitis missdeutet.
scheinlich undifferenzierte Mesenchymzellen des Knochenmarks. Das Ewing-Sarkom macht etwa 7% aller primåren malignen Knochenerkrankungen aus. Das Manifestationsalter liegt zwischen 10 und 25 Jahren. Betroffen sind bevorzugt Månner, aber nur selten negroide Menschen. Die håufigste Lokalisation ist die Diaphyse/Metadiaphyse des Femurs, darauf folgen Os ilium, Tibia, Humerus, Fibula und Rippen (Abb. 25.7 a, b). Die initiale Symptomatik besteht in einem sich vergræûernden druckdolenten Knochenvorsprung mit einer ausgedehnten Weichteilschwellung sowie in konstitutionellen Beschwerden (subfebriles Fieber, das periodisch auftritt, allgemeines Krankheitsgefçhl, Gewichtsverlust, Apathie), einer måûigen Leukozytose, einer Anåmie und einer erhæhten BSG. Oft wird dem Krankheitsverlauf die verhångnisvolle Verwechslung mit Entzçndungen (Osteomyelitis!) zugeschrieben. Der Tumor wåchst rasch und çberaus bæsartig im Knochenmark, macht an der Kortikalis nicht Halt und wuchert in die Weichteile ein. Es erfolgt eine frçhe håmatogene Metastasierung in die Lunge. Bei Diagnosestellung werden meistens bereits 25% Lungenmetastasen beobachtet. ] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigen sich unterschiedliche Bilder, teils umschriebene, teils fleckige Destruktionen mit unscharfer Grenze und periostalen Reaktionen (Zwiebelschalen, Spikulae, Codman-Dreieck). Durch rasches Tumorwachstum kommt es zur Knochendestruktion mit sog. Mottenfraûnekrosen, insbesondere der Kortikalis. Aufgrund des schnellen Wachstums
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kænnen die Periostreaktionen schwach sein oder fehlen. Da keine pathomorphologischen Verånderungen auftreten, kann eine Osteomyelitis nicht sicher ausgeschlossen werden. Im Angiogramm zeigt sich ein gefåûreicher Tumor mit Gefåûabbrçchen, Kaliberschwankungen und a.-v. Anastomosen. Mittels einer Sonographie des Abdomens wird nach intraabdominellen Metastasen gesucht. Mit dem CT und MRT wird die lokale Tumorausbreitung und die Beteiligung der Weichteile erfasst. Zur Diagnosesicherung ist eine Biopsie erforderlich. ] Differenzialdiagnose. Osteomyelitis, Osteosarkom, eosinophiles Granulom, im Kleinkindesalter Metastase eines Neuroblastoms, Leukåmieinfiltrate und Non-Hodgkin-Lymphome sind vom Ewing-Sarkom abzugrenzen. ] Therapie. Zunåchst erfolgt die pråoperative neoadjuvante Polychemotherapie (EuroEwing), anschlieûend eine radikale chirurgische Entfernung des Tumors (Tumorprothese, Umkehrplastik, Amputation) mit Nachbestrahlung und danach eine erneute Polychemotherapie. Die 5-Jahres-Ûberlebensrate betrågt 50%. Im Gegensatz zum Osteosarkom weist das Ewing-Sarkom eine hohe Strahlensensibilitåt auf. Im Falle einer pathologischen Fraktur siehe Therapiebehandlung des Osteosarkoms.
] Fibrosarkom
oder Exartikulation erfolgen. Im Frçhstadium reichen extremitåtenerhaltende Eingriffe mit einem Sicherheitsabstand. Fibrosarkome verhalten sich gegençber den Zytostatika weitgehend resistent. Im fortgeschrittenen Stadium mçssen Fibrosarkome mit onkologischer Radikalitåt weit im Gesunden entfernt und mit einer adjuvanten Chemo- und Radiotherapie nachbehandelt werden.
Semimaligne Tumoren ] Riesenzelltumor (Osteoklastom) Riesenzelltumoren entstehen wahrscheinlich aus nichtosteogenen Bindegewebszellen des Knochenmarks. Die Hålfte dieser Geschwçlste bleibt gutartig, ein Drittel ist fakultativ als maligne anzusehen. Etwa 15% der Tumoren zeigen malignes invasives und destruktives Wachstum. Die Dignitåt låsst sich jedoch weder im Ræntgenbild noch histologisch klåren. Der Altersgipfel liegt zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr, jedoch auch bei Jugendlichen kann der Riesenzelltumor beobachtet werden. Die Hauptlokalisation ist die Epiphyse der langen Ræhrenknochen. Bei Patienten mit geschlossener Epiphysenfuge liegt der Tumor epiphysår-metaphysår, bei offenen Fugen rein metaphysår, besonders in der Knieregion und im distalen Radius (Abb. 25.8 a, b).
Das Fibrosarkom ist meist bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen anzutreffen. Es entsteht als druckdolente Geschwulst in den langen Ræhrenknochen. Bevorzugte Lokalisationen sind die Metaphysen der Ræhrenknochen, der Schådelknochen, Becken und Wirbel. Das Fibrosarkom wåchst gewæhnlich langsam und setzt spåt Metastasen. Hauptbeschwerden sind Schwellung, Spontanund Druckschmerz und eine schmerzhafte Bewegungseinschrånkung bei Sitz des Sarkoms in Gelenknåhe wegen des groûen Weichteilanteils. ] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich eine unscharf begrenzte, destruktive, ræntgentransparente metaphysåre Osteolyse (Mottenfraû). ] Therapie. Frçhzeitig soll eine radikale Entfernung durch En-bloc-Resektion, Amputation
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Abb. 25.8 a, b. Riesenzelltumor, der die laterale Femurkondyle ausfçllt. Der Tumor çberschreitet nach Epiphysenschluss die ehemalige Grenze (epiphysår-metaphysåre Lage) und reicht bis unter den Gelenkknorpel.
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Schmerzen treten frçhzeitig auf. Schwellung, Bewegungseinschrånkung und Spontanfrakturen kommen vor, je nach Sitz des Tumors. ] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich eine exzentrisch epiphysår-metaphysår lokalisierte, groûblasig gekammerte Osteolyse mit Auftreibung des Knochens und verdçnnter, manchmal arrodierter Kortikalis; zum Teil schlecht abgrenzbar zum gesunden Knochen ohne Sklerosesaum. Das MRT zeigt den soliden Inhalt des Tumor (DD aneurysmatische Knochenzyste). ] Differenzialdiagnose. Die Abgrenzung gegençber anderen zystischen Knochenprozessen (benignes Osteo- und Chondroblastom, Knochenfibrom, juvenile und aneurysmatische Knochenzysten) und den primår malignen Knochentumoren erfordert unbedingt eine bioptische Klårung. ] Therapie. Im Stadium I nach Enneking erfolgt eine Kçrettage, im Stadium II eine marginale Kçrettage, im Stadium III eine radikale Resektion des Knochens, eine Phenolisierung und temporåre Auffçllung mittels Knochenzement. Nach 1±2 Jahren Rezidivfreiheit wird dann der autoplastische Aufbau durch Knochentransplantation vorgenommen. (Bei alleiniger Kçrettage des Tumors 40±60% Rezidivrate mit gesteigertem Malignitåtsgrad.)
der Skelettreifung ossifiziert die Låsion langsam. Zunåchst ist die solitåre Knochenzyste meist symptomlos, Symptome treten erst bei Spontanfrakturen auf. ] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich ein rundlicher, meist zentral gelegener Defekt im Markraum (groûe Osteolyse und Verdçnnung der Kortikalis) mit einer kolbigen Auftreibung der Metaphyse. Das umgebende spongiæse Gewebe zeigt eine zarte Randsklerose. Differenzialdiagnose zum Riesenzelltumor: liegt nie in der Epiphyse. Differenzialdiagnose zur aneurysmatischen Knochenzyste: Der Durchmesser der Zyste ist nie breiter als der der dazugehærigen Epiphysenfuge, die Zyste zeigt kein expansives Wachstum. Differenzialdiagnose zur fibræsen Dysplasie: Bei der fibræsen Dysplasie ist die Aufhellung der Zyste milchglasartig, nicht homogen; die monoostotischen Herde liegen exzentrisch und nicht zentral und befinden sich auûerdem in der Diaphyse, nicht metaphysår. ] Therapie. Bei Spontanfraktur zunåchst konservative Ruhigstellung (4±6 Wochen), da sich durch Kallusbildung die Zyste auffçllen kann. Oft ist die Fraktur nach 6 Wochen geheilt, jedoch persistiert die Zyste. Bei Beschwerdepersistenz erfolgt eine Kçrettage, eine Spongiosaauffçllung und interne Stabilisierung, evtl. eine
Tumoråhnliche Knochenlåsionen ] Solitåre Knochenzyste Die solitåre Knochenzyste tritt aufgrund eines gestærten Wachstums im Bereich der Epiphysenlinie als eine einkammerige, mit gelblich-seræser Flçssigkeit gefçllte, expansiv wachsende Knochenzyste auf. Das Manifestationsalter liegt zwischen dem 8. und 15. Lebensjahr, mit zunehmendem Alter verschwinden die solitåren Knochenzysten meist. Hauptlokalisationen sind die Metaphysen des proximalen und distalen Femur sowie des proximalen Humerus. Der Tumor respektiert die Wachstumsfuge (Abb. 25.9). Nach erfolgtem Wachstum liegt die Zyste diaphysår. Im jungen Erwachsenenalter wird die Zyste inaktiv. Nach
Abb. 25.9. Solitåre juvenile Knochenzyste mit Auftreibung und Ausdçnnung der Kortikalis in der proximalen Humerusmetaphyse. Die Låsion respektiert die Wachstumsfuge. Die Behandlung erfolgte durch Lochschraube.
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Druckentlastung der Zyste durch Implantation von Lochschrauben und ggf. eine Injektion von Methylprednisolon intrazystikal, um das Risiko einer Refraktur bei Persistenz der Zyste zu reduzieren. Trotz einer hohen Rezidivrate (10±40%) und oft erforderlichen Reoperationen ist die Prognose gut. Es besteht keine Neigung zu Malignitåt.
] Aneurysmatische Knochenzyste Aneurysmatische Knochenzysten machen 1±2% aller benignen Knochentumoren mit osteolytischer Gewebsdysplasie aus, die kavernæse Hohlråume bildet, welche mit Blut gefçllt sind. Sie kommen meist solitår in den Metaphysen bzw. Metaepiphysen der langen Ræhrenknochen, im Becken und in den Wirbelkærpern vor. Die Knochenzyste fçhrt zu einer expansiven Destruktion mit papierdçnner, blasig aufgetriebener Kortikalis (Abb. 25.10 a±c). Es besteht Frakturgefahr! Betroffen sind vorwiegend Jugendliche und junge Erwachsene (bis zum 25. Lebensjahr). Klinisch ist die aneurysmatische Knochenzyste meist durch eine schmerzhafte Schwellung auffallend, bei Sitz in der Wirbelsåule kænnen evtl. Wurzelsymptome, Paråsthesien oder Paresen auftreten. ] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich eine strahlendurchlåssige, umschriebene, scharf begrenzte, mehrkammerige groûblasige exzentrische Zyste. Es bildet sich eine reaktive periostale Knochen-
Abb. 25.10. Aneurysmatische Knochenzyste mit blasiger Auftreibung der Ulna (a), sowie in der proximalen Tiba (b, c). Der Defekt ist von vielfach gekammerten, flçssigkeitsgefçllten Hohlråumen durchsetzt.
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neubildung als Begrenzung. Bei Kindern brechen gutartige Zysten manchmal in Gelenkflåchen oder Epiphysen ein. Bei Zeichen einer epiphysåren Penetration muss eine Staginguntersuchung zum Ausschluss eines Malignoms durchgefçhrt werden. Die CT und MRT zeigen die exakte Ausbreitung und die Dichte der Låsion. Differenzialdiagnose zum Riesenzelltumor: Dieser zeigt einen soliden Inhalt, einen anderen Altersgipfel und liegt meist epiphysår. Differenzialdiagnose zur solitåren Knochenzyste: s. o. Differenzialdiagnose zum teleangiektatischen Osteosarkom. ] Therapie. Eine Kçrettage des Tumors oder eine En-bloc-Resektion und Spongiosa- bzw. Spanauffçllung hat zu erfolgen. Im Bereich der Wirbelsåule ist die Resektion oft schwierig, da Wirbelbægen und Wirbelkærper betroffen sein kænnen, daher ist die Rezidivrate hoch (20±30%). Zur Senkung der Rezidivraten werden Knochenzement und kåltechirurgische Methoden angewendet. Bei der Eræffnung einer aktiven Zyste kænnen massive Blutungen auftreten, die erst sistieren, wenn die Zystenauskleidung vollståndig entfernt wurde. Primåre aneurysmatische Knochenzysten haben eine ausgezeichnete Prognose. Beschwerden treten meist aufgrund schwerer Destruktionen mit Gelenkbeteiligung auf. Einige pathologische Frakturen kænnen durch konservative Behandlung ausheilen, jedoch ist oft eine operative Therapie der aneurysmatischen Knochenzyste notwendig. Bei dislozierten oder instabilen Frakturen, besonders in gewichtstragenden Knochen (z. B. Femur) sind eine offene Resektion der Zyste und eine interne Stabilisierung notwendig. Es ist anzumerken, dass die meisten aneurysmatischen Knochenzysten aktiv sind und eine Progredienz bei der konservativen Behandlung haben. Wurde zunåchst keine operative Therapie gewåhlt, sollte eine engmaschige klinische und radiologische Kontrolle (4±6 Wochen) erfolgen, um eine Progredienz frçhzeitig zu erkennen.
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C. Seebach und A. A. Kurth
] Fibræse Dysplasie (Morbus Jaff-Lichtenstein) Die fibræse Dysplasie ist eine benigne, nichtfamiliåre Knochenfehldifferenzierung mit Bildung von unreifem fibræsem Gewebe und kleinen Trabekelknochenfragmenten. Es handelt sich um eine Krankheit des kindlichen Skeletts. Hauptmanifestationsalter ist die Altersgruppe im 1.±2. Lebensjahrzehnt mit geringer Bevorzugung des weiblichen Geschlechts. Bei Kindern unter 10 Jahren befållt er vorwiegend die Tibia, wo sich håufig eine Tibiapseudarthrose entwickelt. Dort wird der Tumor auch als osteofibræse Dysplasie (Campanacci) bezeichnet. Monostotische Herde (75% der Fålle) sind vor allem im proximalen Femur (Abb. 25.11), in der proximalen Tibia, im Unterkiefer und in den Rippen lokalisiert. Am Ræhrenknochen ist die Låsion in der Metaphyse und Diaphyse. Charakteristisch fçr die fibræse Dysplasie ist bei ausgedehntem Befall des proximalen Femurs die ¹Hirtenstabdeformitåtª. Hauptbeschwerden sind Schmerzen, Auftreibung und zunehmende Deformitåt des Knochens mit der Gefahr einer Spontanfraktur (Hirtenstabverkrçmmung des Femurs, Coxa vara, vermehrte Antekurvation der Tibia). Die Erkrankung kann monostotisch, polyostotisch oder zusammen mit Pubertas praecox und Pigmentanomalien (Cafe-au-Lait-Flecken) als McCune-Albright-Syndrom auftreten.
Abb. 25.11. Fibræse Dysplasie mit zunehmender Deformitåt (Hirtenstabdeformitåt) und Spontanfraktur des rechten proximalen Femurs.
] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich eine aufgetriebene Kortikalis mit osteolytischen Herden, die von stråhnigen trabekulåren Verdichtungen durchzogen sind. Im Bereich der Tibia kommt es zur Ausweitung des Markraums, was schlieûlich zur Spontanfraktur fçhrt. Aufgrund einer schlechten Heilungstendenz entwickelt sich eine Pseudarthrose, die schwer behandelbar ist. Es zeigen sich groûe osteolytische Herde und eine typisch milchglasartige Trçbung, die auf die mangelhafte Mineralisation des unreifen, dysplastischen Knochens zurçckzufçhren ist. Kleine Herde sind nicht immer einfach von anderen gutartigen Låsionen abzugrenzen. Die Suche nach weiteren Herden erfolgt mittels Knochenszintigramm. Zur Diagnosesicherung ist ggf. eine Biopsie erforderlich. ] Differenzialdiagnose. Sie umfasst alle osteolytischen und chondromatæsen Tumoren, besonders Knochenfibrome und Chondrome sowie den primåren Hyperparathyreoidismus (Ûberfunktion der Nebenschilddrçse, Osteoporose, zystischer brauner Tumor). ] Therapie. Die Låsion erfordert an sich keine Behandlung, sodass nur eine klinische Kontrolle im Verlauf erfolgt. Die operative Therapie ist bei einer progressiven Deformitåt indiziert, um pathologische Frakturen und Deformitåten zu verhindern oder zu behandeln. Das Behandlungsziel ist nicht die Eradikation der Erkrankung, sondern die Stabilisierung und biomechanische Verbesserung des erweichten Knochens, besonders im proximalen Femur. Bei Tibiapseudarthrosen ist eine absolute Stabilisierung mit Defektauffçllung erforderlich. Das Krankheitsbild ist langwierig mit bislang nicht befriedigenden Therapieergebnissen. Im Wachstumsalter kann es auch nach Kçrettagen und Kortikospongiosaplastik zu Rezidiven mit dysplastischem Knochen kommen. Mit zunehmender Skelettreife schreitet die fibræse Dysplasie nicht mehr voran, sie bleibt stabil. Entscheidend ist die Prophylaxe von Deformitåten und Frakturen. Pathologische Frakturen werden nach den Regeln der Traumatologie versorgt. Das Osteosynthesematerial verbleibt bis zum Wachstumsabschluss. Monostotische Herde haben meist eine gçnstige Prognose. Polyostotische Herde sind håufig aktiver und aggressiver, sie kænnen gelegentlich maligne entarten.
25 Knochentumoren und pathologische Frakturen
] Eosinophiles Granulom (LangerhansZell-Histiozytose, Histiocytosis X) Das eosinophile Granulom ist eine benigne, solitår vorkommende osteolytische Låsion des Knochens. Diese Stærung wird den retikuloendothelialen proliferativen Prozessen zugeordnet, zu denen man auch die Hand-Schçller-Christian- und die Abt-Letterer-Siwe-Erkrankung zåhlt. Histologisch zeigen sich histiozytåre Zellbeete mit abszessartig eingelagerten eosinophilen Granulozyten (¹Osteomyelitis mit eosinophiler Reaktionª). Vorwiegende Lokalisationen sind die Schådelknochen, Humerus, Rippen, proximale Femurepiphyse, Klavikula, Sternum, Tibia oder Fibula. Der Prozess kann extrem schnell fortschreiten zerstært die Kortikalis und fçhrt beim Durchbruch zu periostalen Reaktionen. In 75% der Fålle tritt der Tumor im Jugendalter auf. Das månnliche Geschlecht ist æfters betroffen (< : , = 2 : 1).
]
Zunåchst sind die Tumoren asymptomatisch, kænnen aber bei schnellem Wachstum zu heftigen, lokalen Schmerzen, Schwellungen, Erwårmungen und pathologischen Frakturen fçhren. ] Diagnose. Im Ræntgenbild zeigt sich ein osteolytischer Defekt mit Arrosion der Kortikalis und evtl. periostaler Knochenneubildung, typisch ist die diaphysåre Lage. Eine bioptische Klårung ist ausnahmslos anzustreben. ] Differenzialdiagnose. Vor allem sind das Ewing-Sarkom, die fibræse Dysplasie und die Osteomyelitis abzugrenzen. ] Therapie. Die Kçrettage und Spongiosaauffçllung sind zur Sanierung eines solitåren Herdes ausreichend. Es sollte der kleinstmægliche Eingriff durchgefçhrt werden. Die Prognose ist gut, jedoch kænnen schwere lokale Destruktionen eintreten.
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467
Sachverzeichnis
A Abriss ± Spina iliaca anterior inferior 251 ± Spina iliaca anterior superior 249 ± Tuberositas ossis ischii 251 Aitken I 17 Aitken II 16 Akromioklavikulargelenk 125 Akromioklavikulargelenkverletzungen 125 Anbohrung 366 ± retrograde 368 Antibiotikaprophylaxe 110 Antibiotikatherapie 111 AO-Klassifikation 30 ± der Wirbelsåulenverletzung, ± ± Flexions-Distraktions-Frakturen 404 ± ± Kompressionsfrakturen 404 ± Rotations- und Translationsfrakturen 404 Apophysen 249 Apophysenabrissfrakturen 249 Apophysenausriss 46, 47 Apophysenfraktur 387, 405 Apophysenlæsung 273 ± proximaler Femur 276 Atlasfrakturen 410 Ausriss, Tuberositas tibia 310 Axis- und Densfrakturen 413 Azetabulumfrakturen 261, 263 ± Letournel-Klassifikation 262 B Bandausrisse ± Kniegelenk 327 ± metaphysåre 18 Bandlåsion, Fibula 365 Bankart-Låsion 132 Basisfraktur, Mittelhandknochen 235 Battered Child 45 Becken 249 ± Apophysen 249 ± Komplexverletzungen 264 ± Y-Fuge 249 Beckengips 298 Beckenrandfrakturen 253, 255 Beckenringfraktur 253 ± Klassifikation 254 ± laterale Kompression 259
± Typ C 260 ± vordere 256 Behandlung, konservative 51 Beinachse 302 Beugesehnen, Hand 89 Beugesehnennaht 93 Beugesehnenscheide 90 Beugesehnenverletzung, Hand 91, 93 Biegungsbruch 46 ± diaphysåre 19 Biopsie 434 Blount-Schlinge 55 C Chassaignac-Luxation 182, 184 Chemotherapie, neoadjuvante 436 Chondroblastom 439 Chondromyxoidfibrom 440 Codman-Tumor 439 Computertomographie (CT) 40 Condylus radialis, Fraktur 26, 168, 171, 175 ± ± Osteosyntheseprinzip 176 Condylus ulnaris, Fraktur 26, 168, 171, 175 Coxitis fugax 274, 278 Coxitis, bakterielle 280 Cuff 'n Collar 55 D Desault-Verband 53 Dislokationen ± atlantoaxiale (AAD) 412 ± atlantookzipitale 408 Dysplasie, fibræse 446 E Ellenbogen 151 ± Fugenschluss 151 ± Knochenkerne 151, 153 Ellenbogenluxation 20, 169, 172 Eminentia-intercondylaris-Ausriss Enchondrom 438 Enchondromatose, multiple 438 Epicondylus-ulnaris-Abriss 168 Epidemiologie 35 Epiphysenfrakturen 16
325, 329
470
]
Sachverzeichnis
Epiphysenfugen 301 Epiphysenfugenschluss 43 Epiphysenfugenverletzung, distaler Unterarm 210 Epiphysenlæsung 17 ± distale Tibia 356 ± distaler Femur 304 ± metaphysårer Keil 357 ± proximale Tibia 307 ± proximaler Humerus 146 ± Salter I und II 25 Epiphysenwinkel 338 Epiphysiolysis capitis femoris (ECF) 274, 282 ESIN 124, 297 ± Marknagelung 72 ± retrograd 144 ± Unterarmfraktur 215 Ewing-Sarkom 442 Exostose ± kartilaginåre multiple 439 ± osteokartilaginåre 438 Extension 55 Extensionsschiene, dynamische 92 F Fat-Pad-Zeichen 44, 151 Femur ± distaler ± ± epi-metaphysåre Frakturen 306 ± ± epiphysåre Frakturen 306 ± ± Epiphysenlæsung 304 ± ± Frakturen 311 ± ± suprakondylåre Fraktur 295 ± proximaler 269 ± ± Apophysenlæsung 276 ± ± Frakturen 270, 275 ± ± Wachstumskerne 269 Femurfraktur ± geburtstraumatische 287 ± Operationstechniken 72 ± subtrochantåre 289 Femurkopfnekrose 273 Femurschaft, Frakturen 288 Femurschaftmehrfragmentfraktur 294 Femurschaftquerfraktur 291 Femurschaftschrågfraktur 292 Fibrosarkom 443 Fibula ± Bandlåsion 365 ± distale, Frakturen 355 ± isolierte Fraktur 339 Fingerfrakturen 238, 245 Fingerluxationen 238 Fixateur externe 77, 297 ± suprakondylåre Humerusfrakturen 162 Flake Fractures 46 Floating Knee 341 Frakturen 15, 46 ff., 52, 62 ± Apophysenabrissfrakturen 249
± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ±
Apophysenfrakturen 387, 405 Atlasfrakturen 410 Axis- und Densfrakturen 413 Azetabulumfrakturen 261, 263 Beckenrandfrakturen 253, 255 Beckenringfrakturen 253 ± laterale Kompression 259 Beckenringfraktur Typ C 260 Condylus radialis 26, 168, 171, 175 ± Osteosyntheseprinzip 176 Condylus ulnaris 26, 168, 171, 175 diaphysåre, Humerus 143 distale ± Fibula 355 ± Tibia 354 ± Tibiametaphyse 339, 346 distaler ± Femur 311 ± Unterarm 209 epihysåre 358 Eminentiafraktur, Einteilung nach Meyers und McKeever 325, 326 epi-metaphysåre 360 ± distaler Femur 306 ± proximale Tibia 308 epiphysåre ± Radiuskæpfchenfraktur 183, 186 ± distaler Femur 306 ± proximale Tibia 308 extraartikulåre proximale Ulnafraktur 183, 190 Femurschaft 288 Femurschaftmehrfragmentfraktur 294 Femurschaftquerfraktur 291 Femurschaftschrågfraktur 292 Finger 238, 245 Fuûwurzelfrakturen 386, 387 geburtstraumatische Femurfraktur 287 Handwurzel 225 ± Klassifikation 227 intraartikulåre Olekranonfraktur 183, 189 isoliert, Fibula 339 isolierte Tibiaschaftfraktur 338, 343 Kalkaneusfrakturen 384, 385 ± Klassifikation, ± ± nach Essex-Lopresti 384 ± ± nach Wiley und Profitt 384 Klavikula 118 Kniegelenk 303 komplette Unterschenkelschaftfrakturen 338 Konsolidation 62 Kuboidfrakturen 386 Mallet-Fraktur 243 metaphysåre 18 ± Radiushalsfraktur 183, 187 Metatarsalia 386 Mittelfuûknochen 389 Mittelhandfrakturen 231 Navikulare 386 offene 110
Sachverzeichnis ± Okzipitalfrakturen 406, 407 ± Open-Book-Fraktur 257 ± osteochondrale 46 ± Osteosynthese 372 ± Patellafraktur 316, 318 ± pathologische 48, 431 ± Phalangen 390 ± proximale ± ± metaphysåre Tibiafrakturen 337 ± ± Tibia 312 ± ± Tibiametaphyse 342 ± proximaler ± ± Femur 270, 275 ± ± Humerus 141 ± Redression 52, 57 ± Retention 52, 57 ± Skaphoidfraktur 225, 230 ± ± Osteosynthese 229 ± Skapula 129 ± Stressfrakturen 18 ± ± Tibia 340 ± subkapitale 243 ± ± Mittelhandknochen 236 ± subtrochantåre, Femurfraktur 289 ± suprakondylåre, distaler Femur 295 ± Talusfrakturen 381 ± ± Klassifikation nach Hawkins 381 ± Tibiaspiralfraktur 340 ± Toddler's Fracture 340 ± Ûbergangsfakturen 354 ± ± Two-Plane-Fraktur 361 ± ± Triplane-Fraktur 362 ± ± Osteosynthese 372 ± Unterarm 201 ± Unterarmfraktur, ESIN 215 ± Unterschenkelschaft 337 ± Unterschenkelschaftfraktur 345 ± vollståndige Unterarmfrakturen 206 ± vordere Beckenringfrakturen 256 ± Wachstumsprognosen 15 ± Wirbelsåulenfrakturen 47 ± Y-Frakturen des distalen Humerus 168, 171 ± Zehenfrakturen 386 Y-Fuge 249 Fugenschluss 42, 139, 151, 181, 201, 287, 354 ± physiologischer 4 Fuû 379 ± Fugenschluss 379 ± Knochenkerne 379 ± ± akzessorische 379 ± Sesamoide 379 Fuûskelett, Luxation 386 Fuûwurzelfraktur 386, 387 G Galeazzi-Frakturen 204 Galeazzi-Verletzung 203, 214 Gefåûverletzungen 79
± direkte 80 ± indirekte 80 Gilchrist-Verband 53 Gips 52 Gipsbehandlung 58 Gipskeilung 53, 59 Gipstechniken, spezielle 59 Glenohumeralgelenk 132 ± Luxation 132 Granulom, eosinophiles 447 Grçnholzfraktur 17, 18, 46 ± Unterarmschaftfraktur 205 H Halo-Fixateur 421 Halswirbelkærper ± Ossifikationszentren 398 ± Synchondrosen 398 Halswirbelsåule, Verletzungen 406 Hamatum, Klassifikation 227 Hand 225 ± Beugesehnen 89 ± Beugesehnenverletzung 91, 93 ± Ossifikationskerne 227 ± Skaphoidfraktur 225 ± Strecksehnen 88 ± Strecksehnenverletzung 90 Handwurzelfrakturen 225 ± Klassifikation 227 Handwurzelverletzungen 226 Harris-Linie 44 Hçfte 269 Hçftluxation 21 ± traumatische 273, 277 Humerus ± diaphysåre Frakturen 143 ± distaler, Y-Frakturen 168, 171 ± proximaler ± ± Epiphysenlæsung 146 ± ± Frakturen 141 Humerusfrakturen ± epikondylåre distale 168, 169 ± suprakondylåre 152, 154, 162 ± ± Typ I 156 ± ± Typ II 158 ± ± Typ III 160 ± ± Typ IV 160 ± ± K-Draht-Spickung 160 ± ± Klassifikation 154 ± ± radialer Fixateur externe ± transkondylåre distale 168 K Kalkaneusfrakturen 384, 385 ± Klassifikation ± ± nach Essex-Lopresti 384 ± ± nach Wiley und Profitt 384
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471
472
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Sachverzeichnis
Kallusbildung 5 Kapandji-Spickung, distaler Unterarm 216 Kapitatum, Klassifikation 227 K-Draht-Spickung 162 Keil, metaphysårer, Epiphysenlæsung 357 Klassifikation 23, 27, 30 ± AO-Klassifikation 30 ± Beckenringfrakturen 254 ± Delbet und Colonnna 270 ± Hamatum 227 ± Handwurzelfrakturen 227 ± Kalkaneusfrakturen ± ± nach Essex-Lopresti 384 ± ± nach Wiley und Profitt 384 ± Kapitatum 227 ± Letournel-Klassifikation, Azetabulumfrakturen 262 ± Li-La-Klassifikation 23, 27 ± Lunatum 227 ± Patellaluxation 317 ± Radiushalsfrakturen 183 ± Skaphoid 227 ± suprakondylåre Humerusfrakturen 154 ± Talusfrakturen nach Hawkins 381 ± Triquetrum 227 Klavikula, Frakturen 118 Knie 301 ± Bandverletzungen 325 ± Epiphysenfugen 301 ± Knochenkerne 301 ± Ossifikationszentren 301 Kniegelenk ± Bandausrisse 327 ± Frakturen 303 Knieluxationen 21 Knochenfibrom, nichtossifizierendes (NOF) 440 Knochenheilung 5 Knochenkerne 43, 117, 139, 151, 181, 201, 287, 301, 354 ± akzessorische 117, 353 Knochenlåsionen, tumoråhnliche 444 ± ± aneurysmatische Knochenzyste 445 ± ± eosinophiles Granulom 447 ± ± fibræse Dysplasie 446 ± ± Morbus Jaff-Lichtenstein 446 ± ± solitåre Knochenzysten 444 Knochentumore 431 ± benigne 436 ± ± Chondroblastom 439 ± ± Chondromyxoidfibrom 440 ± ± Codman-Tumor 439 ± ± Enchondrom 438 ± ± multiple Enchondromatose 438 ± ± multiple kartilaginåre Exostose 439 ± ± nichtossifizierendes Knochenfibrom (NOF) 440 ± ± Osteoblastom 437 ± ± Osteochondrom 438 ± ± Osteoidosteom 436 ± ± osteokartilaginåre Exostose 438
± Biopsie 434 ± diagnostische Grundsåtze 432 ± maligne 441 ± ± Ewing-Sarkom 442 ± ± Fibrosarkom 443 ± ± neoadjuvante Chemotherapie 436 ± ± Osteosarkom 441 ± primåre 433 ± Resektion 436 ± semimaligne 443 ± ± Osteoklastom 443 ± ± Riesenzelltumor 443 ± Staging nach Enneking 434 ± Strahlentherapie 436 Knochenwachstum 3 ± Dickenwachstum 3 ± Fuge 3 ± Långenwachstum 3 ± Wachstumsfuge 3 Knochenzyste ± aneurysmatische 45 ± solitåre 444 Kollateralbandausriss, femoraler 328 Kollateralbånder, Instabilitåt 327 Kompartmentsyndrom 339, 380 Komplexverletzungen 265 Konsolidationszeiten 6 Kreuzbandausriss ± intraligamentårer 329 ± knæcherner 329 Kreuzbandlåsion, intraligamentåre 325 Kuboidfrakturen 386 L Labrumabriss 132 Li-La-Klassifikation 23, 27 Lunatum, Klassifikation 227 Luxation 20 ± angeborene 133 ± Chassaignac-Luxation 182, 184 ± Ellenbogen 20, 169, 172 ± erworbene 133 ± Fingerluxationen 238 ± Fuûskelett 386 ± Glenohumeralgelenk 132 ± Hçftluxation 21 ± ± traumatische 273, 277 ± isolierte proximale Radiusluxation 182 ± Knieluxationen 21 ± Patellaluxation 21, 316, 321 ± ± Klassifikation 317 ± perilunåre 226 ± rezidivierende 133 ± Schulter 20, 132 ± traumatische 133 ± willkçrliche 133
Sachverzeichnis M Magnetresonanztomographie (MRT) 40, 44, 366 Mallet-Fraktur 243 Marknagel 76 Marknagelung ESIN 72 Mehrschicht, CT 47 Meniskuslåsion 334, 335 Metallentfernung 75, 78 Metatarsalia, Frakturen 386 Mikrofrakturierung 366 Minimal invasive plate osteosynthesis (MIPO-Technik) 70 Mittelfuûknochen, Frakturen 389 Mittelhandfrakturen 231 ± Basisfraktur 235 ± Schaftfraktur 237 ± subkapitale Frakturen 236 Monteggia-Verletzung 203, 204, 212 Morbus Jaff-Lichtenstein 446 Morbus Perthes 274, 281
P Patella 316 Patella partita 316 Patella, Zuggurtungsosteosynthese Patellafraktur 316, 318 Patellaluxation 21, 316, 321 ± Klassifikation 317 Phalangen, Frakturen 390 Plattenosteosynthese 68 Pseudarthrosen 7
320
Q Querfrakturen 19 Querschnittssyndrome 399
N Navikulare, Fraktur 386 Nervendraht, mikrochirurgischer Nervengeneration 86 Nervenkompression 85 Nervenverletzungen 83, 84
± ± Triplane-I-Frakturen 372 ± ± Triplane-II-Frakturen 372 Osteosyntheseprinzip, Condylus radialis Fraktur 176 Osteosyntheseverfahren 65 Overheadextension 55, 297, 298
85
O Oberarm 139 ± Fugenschluss 139 ± Knochenkerne 139 Oberschenkel 287 ± Fugenschluss 287 ± Knochenkerne 287 Okzipitalfrakturen 406, 407 Olekranon 181 ± Fugenschluss 181 ± Knochenkerne 181 Olekranonfraktur, intraartikulåre 183, 189 Open-Book-Fraktur 258 Operationstechniken, Femurfrakturen 72 Os odontoideum 415 Os subfibulare 353 Os trigonum 353 Ossifikationskerne, Hand 227 Ossifikationszentren 40, 41, 301, 398 Osteoblastom 437 Osteochondrom 438 Osteochondrosis dissecans 366 ± Einteilung 367 Osteoklastom 443 Osteosarkom 441 Osteosynthese ± Skaphoidfraktur 229 ± Ûbergangsfrakturen,
R Radius, proximaler 181 ± ± Fugenschluss 181 ± ± Knochenkerne 181 Radiushalsfraktur ± Klassifikation 183 ± metaphysåre 183, 187 Radiuskæpfchenfraktur ± epiphysåre 183, 186 Radiuskæpfchensubluxation 182, 184 Radiusluxation, proximale isolierte 182 Raffung, mediale 323 Redression, 52, 57 Release, laterales 323 Reposition 63 ± offene 64 Resektion 436 Retention 52, 57 Riesenzelltumor 443 Ringapophyse 399 Risser-Zeichen 43, 44 Rogers-Hilfslinie 152 Ræntgendiagnostik 39 Rçckenmarkschåden 427 Rucksackverband 55, 56 S Salter-Harris Salter-Harris Salter-Harris Salter-Harris Salter-Harris Salter-Harris
I 17, 31 II 17, 31 III 16, 31 III/Aitken II 24 IV 31 IV/ Aitken III 24
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Sachverzeichnis
Sarmiento-Brace 56 Schaftfraktur, Mittelhandknochen 237 Scheibenmeniskus 334 Schmerzbehandlung 97, 102 Schmerzprotokoll 101 Schmerzscores 99 Schmerztherapie 97, 104 Schrågfrakturen 19 Schraubenosteosynthese 67 Schulter 117 ± Knochenkerne 117 ± ± akzessorische 117 Schultergelenk 132 Schultergçrtel 117 Schulterluxation 20, 132 SCOWORA 406, 427 Segment C2/C3, Pseudoluxation 417 Segment C3-C7, Verletzungen 419 Sehnendurchflechtungsdraht 93 Sehnenverletzungen 87 Sesamoide 379 Skaphoid, Klassifikation 227 Skaphoidfraktur 225, 230 ± Osteosynthese 229 Skapula ± Frakturen 129 ± Knochenkerne 117 Skelettreife 43 Sonographie 39 Spickdrahtosteosynthese 65 Spina iliaca anterior inferior, Abriss 251 Spina iliaca anterior superior, Abriss 249 Spine Board 400 Spontankorrekturen 10, 11 Sprunggelenk 353 ± akzessorische Knochenkerne 353 ± Distorsion 363 ± Fugenschluss 354 ± Knochenkerne 354 Stauchungsfrakturen 17 Sternoklavikulargelenk 127 Sternoklavikulargelenkverletzungen 127 Stiff-Neck 400 Strahlentherapie 436 Strecksehnen, Hand 88 Strecksehnenverletzung, Hand 90 Stressfrakturen 18 ± Tibia 340 Symphysensprengung 257 Synchondrosen 398 T Talus, Osteochondrosis dissecans 366 Talusfraktur 381 ± Klassifikation nach Hawkins 381 Tape 56 Thromboseprophylaxe 112 Tibaspiralfraktur 340
Tibia ± distale, ± ± Epiphysenlæsung 356 ± ± Frakturen 354 ± proximale, ± ± epi-metaphysåre Frakturen 308 ± ± epiphysåre Frakturen 308 ± ± Epiphysenlæsung 307 ± ± Frakturen 312 Tibia, Stessfrakturen 340 Tibiafrakturen, proximale metaphysåre 337 Tibiametaphyse ± distale, Frakturen 339, 346 ± proximale, Frakturen 342 Tibiaschaftfraktur, isolierte 338, 343 Tibiofemoralwinkel 302 Toddlers' Fracture 47, 340 Triplane, Ûbergangsfraktur 24, 31 Triquetrum, Klassifikation 227 Tuber-Gelenk-Winkel 384 Tuberositas ossis ischii, Abriss 251 Tuberositas tibia, Ausriss 310 Tuberositasversetzung nach Elmslie und Trillat 323 Two-Plane Ûbergangsfraktur 24, 31 U Ûbergangsfraktur 16, 354 ± Osteosynthese 372 ± Triplane 31 ± ± Fraktur 362 ± Triplane I/II 24 ± Two-Plane 24, 31, 361 Ulnafraktur, extraartikulåre proximale 183, 190 Unfallursachen 36 Unterarm 201 ± distaler ± ± Epiphysenfugenverletzung 210 ± ± Frakturen 209 ± ± Kapandji-Spickung 216 ± Fugenschluss 201 ± Knochenkerne 201 Unterarmfraktur 201 ± ESIN 215 ± vollståndige 206 Unterarmschaftfraktur, Grçnholzfraktur 205 Unterschenkel 337 ± Faszienlogen 337 Unterschenkelschaftfrakturen 337, 345 ± komplette 338 V Verletzungslokalisation 35 Visual Analogue Scale (VAS)
100
Sachverzeichnis W Wachstumsfuge 3 ± Verschluss 354 Wachstumsstærungen (WTS) 7 ± hemmende 8 ± Pseudarthrosen 7 ± stimulative 8 Wirbelringapophyse 43 Wirbelsåule 397 ± knæcherne Entwicklung 397 ± lumbale, Verletzungen 425 ± Pseudoluxation 399 ± thorakale, Verletzungen 422, 423 Wirbelsåulenfrakturen 47 Wirbelsåulenverletzungen 399
± AO-Klassifikation ± ± Flexions-Distraktions-Frakturen 404 ± ± Kompressionsfrakturen 404 ± Rotations- und Translationsfrakturen 404 ± Differenzialdiagnostik 403 ± Standarddiagnostik 400 Wulstbruch, metaphysåre 208 Wulstfraktur 46 Z Zehenfrakturen 386 Zuggurtung 124 Zuggurtungsosteosynthese ± Patella 320
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