MARK TEUFEL^^
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e-Book Des Teufels Diskus German / English / Thai Die Geschichte des ungeklärten Todes von König Ananda von Siam im Jahr 1946, seine politischen Auswirkungen und Kommentare aus dem 21. Jahrhundert
Text ©Mark Teufel^^/ Fotos ©Mark Teufel^^ (©Bild Dr. Rothschild, privat, Bilder innerhalb der Übersetzung von „The Devils Discus“ stammen aus dem Buch. Siehe auch Copyrightvermerk Seite 6) Umschlagbild: ©Mark Teufel^^ Veröffentlicht auf www.xinxii.com im September 2010
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Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ..................................................................................2 Vorwort von Mark Teufel^^ .....................................................................4 Zur Systematik des Buches ...................................................................5 „The Devils Discus“ ....................................................................................7 Zur Person Rayne Krugers........................................................................7 Danksagung von Rayne Kruger...........................................................12 Vorwort...................................................................................................13 Das Leben von Ananda...........................................................................42 Die Erbfolge ........................................................................................58 Der junge König .....................................................................................70 Der erste Besuch als König .................................................................78 Das Studium ........................................................................................80 Der Krieg in Siam................................................................................89 Der zweite Besuch daheim ................................................................105 Der letzte Monat ................................................................................116 Der letzte Tag .......................................................................................130 Die erste Reaktion .............................................................................136 Die Intrige beginnt.............................................................................141 Die Autopsie......................................................................................146 Der Coup Phibuns.................................................................................155 Das Gerichtsverfahren ..........................................................................167 Die Aussage Tees ..............................................................................173 Der Palastputsch ................................................................................183 Motivsuche ........................................................................................187 Forensik ................................................................................................194 Der Nitrittest......................................................................................195 Der Rost.............................................................................................196 Das Projektil ......................................................................................197 Der Todeskrampf...............................................................................199 König Bhoomibol kommt..................................................................203 Die Krönung ......................................................................................214 Der König sagt aus ............................................................................218 Die Angeklagten sagen aus ...............................................................223 Die Plädoyers ....................................................................................233 Das Urteil ..........................................................................................236 Die letzte Instanz ...............................................................................248 Die politische Folge...........................................................................251 Seite 2 von 408
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Die Fakten ............................................................................................ 254 Wer tötete Ananda................................................................................ 267 Die Theorie........................................................................................ 275 WARUM? ......................................................................................... 282 Das Geheimnis .................................................................................. 292 Paul Handley........................................................................................... 310 Chaleo ............................................................................................... 310 Wer tötete Ananda?........................................................................... 311 Prof. Simpson.......................................................................................... 318 Sulak Sivaraksa ...................................................................................... 322 Prof. Rothschild ...................................................................................... 325 Dr. Benecke ............................................................................................. 329 Niemals gestellte Fragen ........................................................................ 338 Teil 1: die Szene................................................................................ 339 Teil 2: Selbstmord oder Mord. .......................................................... 351 Pridi Banomyong .................................................................................... 367 Die Ideen ........................................................................................... 369 Die erste Verfassung ......................................................................... 386 Schlusswort ............................................................................................. 396 Bildverzeichnis........................................................................................ 406 Anhänge................................................................................................... 408 The Devils Discus, das Original........................................................ 408 The Devils Discus, Übersetzung in die thailändische Sprache ......... 408
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Vorwort von Mark Teufel^^ Vorwort zum E-Book: Gegenüber der gedruckten Version enthält dieses E-Book das Kapitel „Niemals gestellte Fragen“, welches im Laufe des Jahres 2009 / 2010 hinzugefügt wurde. Ansonsten entspricht das E-Book im Wesentlichen der gedruckten Version „König Ananda“ die 2009 bei www.ebpubli.de in gedruckter Form erschienen ist. Um die Vorteile des E-Books voll zu nutzen, füge ich jedoch als Anhang einen Scan des Originalbuches in Englisch bei sowie eine Übersetzung in die thailändische Sprache. Vorwort zur deutschen Version: Dieses Buch über die immer noch nicht vollständig aufklärten Umstände eines politisch höchst brisanten Todes, liest sich teilweise wie ein Kriminalroman. Aber nicht nur sein Inhalt ist spannend. Ein Buch, das in Thailand verboten ist, in Deutsch zu schreiben, ist eigentlich nichts Besonderes. Wenn man aber mit einem Bein in Thailand lebt und die Familie dort ansässig ist, denkt man doch schon einmal etwas länger darüber nach. So auch ich. Andererseits ist der Tod König Anandas von Siam ein so wichtiger politischer Meilenstein in der Geschichte Thailands, dass er sich als Startpunkt für eine Buchserie über Thailands Geschichte geradezu aufdrängt. Darüber hinaus kommt man weder bei Berichten über die Politik, noch bei Büchern die sich mit der Geschichte beschäftigen, daran vorbei, sich mit dem in Thailand so sensiblen Thema der Monarchie zu beschäftigen, was einen Journalisten, der nicht ausschließlich monarchistische Heldenverehrung wiederholt, sofort der Gefahr einer Verfolgung aussetzt. Aber es gibt keine andere gesellschaftliche Kraft im Land die auch nur annähernd einen so großen Einfluss auf die Geschichte des Landes genommen hat wie die Monarchie, oder anders ausgedrückt wie die Chakri Dynastie. Deshalb ist sowohl eine ausschließlich positive wie auch ein bewusstes Ignorieren von geschichtlichen und politischen Fakten für einen verantwortungsbewussten Journalisten nicht möglich. Dieser Einfluss des thailändischen Palastes ist bei den meisten Menschen in den deutschsprachigen Ländern weitgehend unbekannt. Während es eine zunehmende Zahl von englischsprachigen Veröffentlichungen gibt, die auf Seite 4 von 408
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eine solche Rolle der Monarchie hinweisen, fehlen solche Dokumente in Deutsch weitgehend. Aber auch in Englisch hat es bis zum Jahr 2005 gedauert, bis die erste populärwissenschaftliche Betrachtung der Rolle des Königs veröffentlicht wurde, denn jeder Autor gerät unweigerlich in die Gefahr bei der Einreise verhaftet zu werden, ja sogar im Ausland wegen „Lèse Majèsté“ oder Majestätsbeleidigung belangt zu werden und zu riskieren eine jahrzehntelange Gefängnisstrafe absitzen zu müssen. Im August wurde eine Demokratieaktivistin zu 18 Jahren Gefängnis wegen einer politischen Rede auf einer Demonstration verurteilt, kurz vorher war ein australischer Buchautor verurteilt, dann aber vom König begnadigt worden, weil in seinem Buch, von dem ganze 6 Exemplare verkauft worden waren, einige Zeilen als Beleidigung des Kronprinzen angesehen wurden. Und so war das Buch „The King Never Smiles“ von Paul Handley der mutige Schritt eines Journalisten, der mit der Veröffentlichung wusste, dass er Thailand nie mehr wieder sehen würde. In meinen politischen Büchern, insbesondere den Jahrbüchern 2008 und 2009 habe ich mich ausführlich mit dem Problem beschäftigt und zeige auf, dass diejenigen, welche behaupten die Monarchie mit dem archaischen und drakonischen Gesetz schützen zu wollen, in Wirklichkeit die größten Feinde der Monarchie sind. Eine Monarchie, deren Existenz und Ausprägung für sie notwendig ist, um eine Legitimierung für ihre eigene wenig demokratische Politik zu rechtfertigen. Würde die Monarchie eine Rolle einnehmen wie die in England oder Norwegen, verlören diese Protagonisten einer so genannten „Thai Stil Demokratie“ ihre eigene Macht und müssten sich über Wahlen legitimieren. Insofern ist nicht die Monarchie an sich das Problem in Thailand, sondern diejenigen, die durch sie ihre Legitimation erhalten, und die im Gegenzug die Monarchie behaupten zu verteidigen. Geschichte und Politik sind eng verknüpft. Daher sei mir dieser Ausflug in die Politik erlaubt. Nun zurück in eine Zeit, zu der die Monarchie scheinbar keinerlei politische Rolle spielte.
Zur Systematik des Buches Bei der Übersetzung des Buches von Rayne Kruger habe ich versucht mich so nahe wie möglich an den Originaltext zu halten. Meine Kommentare finden sich in den Fußnoten. Die Bewertung der Aussagen von Rayne Kruger sind schwierig, da er naturgemäß wenig oder keine Quellen angeben konnte, die überprüfbar wären. Daher ist seine Motivation in dem Fall zu Seite 5 von 408
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hinterfragen. Aus diesem Grund habe ich einen Lebenslauf der Übersetzung und Kommentierung seines Buches vorangestellt. Im Anschluss an den Originaltext finden sich Auszüge aus anderen Dokumenten und Kommentaren, die das gleiche Thema, Anandas Tod besprechen. Schließlich komplettieren Interviews mit Forensik-Experten Deutschlands aus dem Jahr 2009 das Bild. Da auch Rayne immer wieder auf die Bedeutung von Pridi Banomyong einging, folgen ganz zum Ende einige Informationen über diese von seinen Anhängern nichtöffentlich (zur Vermeidung der Wertung der Aussage als Lèse Majèsté) als wertvollste Persönlichkeit Siams des 20. Jahrhundert bezeichnet, sowie eine grobe Übersetzung der Verfassung von 1932.
Abbildung 1 Thailändische Ausgabe von The Devils Discus, das Buch wurde in Thailand verboten, der Verlag, der zuletzt versuchte es zu drucken soll nieder gebrannt worden sein.
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„The Devils Discus“ Deutsche Übersetzung Copyright 2009 Mark Teufel mit Erlaubnis des weltweiten Rechteinhabers, Freedom Against Censorship Thailand (FACT) http://facthai.wordpress.com Die Wahrheit mit Lügen zu verwechseln oder Gutes mit Bösem, ist wie des Teufels tödlichen Diskus mit dem Lotus Buddhas zu verwechseln. Siamesisches Sprichwort.
Zur Person Rayne Krugers Rayne Kruger der im Alter von 80 Jahren starb, gab eine erfolgreiche Karriere als Schriftsteller auf, um ein Immobilieninvestor und für über 30 Jahre Geschäftspartner seiner Frau, der Restaurantunternehmerin Prue Leith zu werden. Dann widmete er seine letzten Jahre einer lange aufgeschobenen Arbeit über die Geschichte Chinas. Krugers erste Novelle von 1952, basierte auf seiner Erfahrung als Steward an Bord eines Handelsschiffes während des Zweiten Weltkrieges. Und er erntete großes Lob vom Mann der Briefe Petre Mais, einem britischen Autor, Journalist und Radiosprecher, wegen seiner jugendlich frischen Beschreibung des Lebens auf See. Er bewies seine Originalität in „The Spectacle“ im Jahr 1953, einer fesselnden Kriminalgeschichte in der ein Mörder, der bei seinem Verfahren als nicht schuldig erklärt worden war, zugab schuldig zu sein, wodurch Zweifel an den Justizverfahren entstand. Während der nächsten Jahre produzierte Krugers flüssige Feder „Young Villain With Wings“ einen Bericht über den brillanten FantasySchriftsteller Thomas Chatterton vor einem ausgelassenen Hintergrund in der Art von William Hogarth, „My name is Celia“, eine Romanze im Nachkriegsdeutschland, „An Even Keel“ ein Kriminalroman auf der Vorstandsetage und „Ferguson“, ein weiterer Kriminalroman. Alle wurden wegen ihrem Wahrheitsgehalt bei der Nutzung der Materialien und der ausgefeilten Verschwörung gelobt. So war es natürlich für den in Südafrika geborenen Kruger, den Burenkrieg als Arbeitsthema für eine Reportage zu wählen. Er kehrte für ein Interview mit Überlebenden nach Johannesburg zurück und recherchierte in Dokumenten für „Goodbye Dolla Gray“ (1959). Die erste moderne einbändige Seite 7 von 408
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Darstellung des existierenden Wissens des Burenkrieges, konzentrierte sie sich auf die Schlacht und beachtete die politischen Konsequenzen für alle Betroffenen. Unter den Kritikern nörgelte Professor A J P Taylor ein bisschen, aber das Buch wurde ein Bestseller und seitdem immer wieder nachgedruckt. Krugers nächstes Buch „The Devil’s Discus“ (1964), war die Untersuchung des mysteriösen Todes des 20 Jahr alten Königs von Thailand nach dem zweiten Weltkrieg. Die thailändische Regierung verbot es, ein lokaler Verlag, der eine illegale Ausgabe drucken wollte wurde nieder gebrannt bis auf die Grundmauern. Und Kruger wurde eine weitere Einreise verboten. Aber bisher dahin hatte er sicherere Wege {als das Schreiben} gefunden um seine Familie zu versorgen. Charles Rayne Kruger wurde am 29. Januar 1922 in Queenstown, in der Ostkap-Provinz von der unverheirateten 17-jährigen Tochter eines britischen Offiziers, der im Burenkrieg gedient hatte, geboren. Raynes Vater verschwand und seine Mutter heiratete Victor Kruger, einen Johannesburger Immobilienmakler. Der Junge übernahm den Namen seines Stiefvaters und ging in die Jeppe High School. Aber der Stiefvater ging von Zeit zu Zeit bankrott und bei einer Gelegenheit wollten Gerichtsvollzieher Raynes Satz von DickensBüchern pfänden, bis er sie davon überzeugt hatte, dass er ein Schriftsteller wäre, und die Bücher Teil seines Handwerkzeugs. Kruger ging zur Witwatersrand Universität wurde dort aber entlassen, nachdem er von Farmern Eseln geliehen und verloren hatte. Er erhielt dann einen Job als Rechtsanwaltsgehilfe in einer Rechtsanwaltskanzlei in Johannesburg. Da seine Augen zu schlecht für die Streitkräfte waren, arbeitete er als Steward auf einem Handelsschiff während dieser Zeit. Er kehrte zurück um sich als Anwalt zu qualifizieren und begann aus Mangel an Abwechslung seine freie Zeit in einer Theaterfirma zu verbringen, die von der WestEnd-Schauspielern Nan Munro und ihrer Partnerin Margaret Inglis geleitet wurde. Als er dort den Professor Higgins mit Munro als Elizia Doolittle in Pygmalion spielte, verliebten sie sich, obwohl sie als Witwe sechzehn Jahre älter war als er und drei Kinder hatte. Nachdem das Paar nach England gekommen war, wo sie heirateten, erhielt Kruger eine Anstellung als Nachrichtensprecher des BBC World Service und sein Stück „The Green Box“, ein Stück über eine Frau die ihr Geschlecht versteckte um als Arzt im Burenkrieg teilnehmen zu können; es Seite 8 von 408
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wurde kurz am Chepstow Theater in Londen aufgeführt. Es war kein Erfolg, aber er begann nun ernsthaft zu schreiben. Für eine gewisse Zeit zog sich Kruger auf das abgelegene kühle Bamburgh Castle in Northtumberland zurück, wo er einmal eine ganze Nacht wach geblieben war in der Hoffnung den Geist der Rosa Lady zu sehen1. Er versuchte sich auch in gelegentlichem Journalismus, so veröffentlichte die Sunday Dispatch sein langes Feature über Albert Schweitzers Missionsstation in Gabun, in dem Kruger Schweitzers einfachen Ansatz der Medizin beschrieb und sein autokratisches Regime bei der eine Hymne nach dem Essen gesungen wurde. Aber um drei Kinder zu ernähren, und später (nach seiner Scheidung und Heirat mit Prue Leith) einen Sohn und eine adoptierte Tochter, tat sich Kruger mit zwei südafrikanischen Freunden zusammen und gründete eine Immobilienfirma, Sohox. Sie bauten ein Büro an der Ecke der Brick Street und Soho Square, und gingen daran einen Wohnblock mit Eigentumswohnungen zu bauen, die eine Aussicht auf den Regent’s Park hatten. Dann kauften sie Land in Wimbledon. Aber während eines Projektes in Kensington begann er auch Prue Leith zu helfen ein Restaurant in einem Haus zu eröffnen, das er gekauft hatte. Kruger stellte sicher, dass die Firma unter der Führung von vertrauenswürdigen Managern ständig wuchs. Kruger hatte gegen Ende seines Lebens dann noch einmal zur Feder gegriffen und in den letzten 25 Jahren seines Lebens ein Projekt fertig gestellt, um das man ihn vor vielen Jahren gebeten hatte, für das er aber den Vorschuss schon wieder zurück gezahlt hatte. „All Under Heaven“, die Geschichte Chinas. Als er es vorstellte, war aber kein Interesse mehr dafür vorhanden. Er starb am 21. Dezember 2002 im Alter von 80 Jahren.2 Auch konnte er manchmal an einem Ecktisch in Leiths Lokal in abgenutzten Kleidern gesehen werden, tief im Gespräch versunken. Er las gefräßig und schrieb scharfsinnige Briefe an The Times, und wenn er Gäste in seinem Haus unterhielt, warf er herausfordernde Themen während des Abendsessens in die Debatte. Wenn ihm von einem jungen Menschen erzählt wurde, der Schwierigkeiten beim Start seines eigenen Geschäftes hat-
1
Was er Freunden mit einem Augenzwinkern erzählt hatte
2
Nach einem Artikel in the Telegraph vom 09 Jan 2003 Seite 9 von 408
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te, dann hat er des Öfteren geholfen, und nie nach einer Rückzahlung verlangt, indem er sagte: „Well, ich habe genug Geld, sie nicht.“3 Nach allen Informationen war Rayne Kruger ein Mann, der keinen Wert auf Äußerlichkeiten legte, der aber großen Wert darauf legte, der Wahrheit auf den Grund zu gehen. Er hatte sich nie dazu verleiten lassen, über ein Thema zu schreiben oder in einem Artikel eine Meinung zu vertreten, die er nicht selbst für vertretbar hielt. Er war unbestechlich.
3
Times Online am 01. Januar 2003
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Abbildung 2 Umschlag der ersten Originalausgabe
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Danksagung von Rayne Kruger Viele Menschen halfen mir bei diesem Buch, und ich bin jedem von ihnen zutiefst dankbar. Der Freude ihre Namen zu nennen, muss ich mich jedoch enthalten, entweder aus Gründen, die sie wissen, oder weil für mich das Nennen ihrer Namen und nicht die Namen anderer unangemessen wäre. Die ballistische Abteilung einer führenden Polizeieinheit gab mir unschätzbare, inoffizielle Anleitung und Testkammernutzungsmöglichkeiten. In London hat die bekannte forensische Autorität Dr. Francis Camps das MS geprüft, weshalb ich meine Schlüsse auf der Basis der hier präsentierten Fakten zog. Ich danke auch Sir Geoffrey Thompson (and Hutchinson & Co.(Publishers) Ltd.), Dr. David Stafford-Clark (und Penguin Books Ltd), und Dr. P.M. Yap für die freundliche Erlaubnis aus ihren veröffentlichten Werken zu zitieren.
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Vorwort Im Sommer 1946 veröffentlichte die London Times eine Eilmeldung von Associated Press aus Bangkok vom 09. Juni: „Der junge König von Siam, Ananda Mahidol, wurde heute tot in seinem Schlafzimmer im Barompiman Palast mit einer Schussverletzung an seinem Kopf aufgefunden. Die Entdeckung wurde durch einen Diener kurz vor Mittag gemacht. Der Chef der Polizei und die Direktoren des Chulalongkorn Krankenhauses, die unmittelbar darauf zum Palast gerufen worden waren, sagten später, dass der Tod ein Unfall gewesen wäre … Eine große Anzahl von Menschen versammelte sich in stiller Trauer vor dem Palast. Die meisten hatten nichts von dem Tod gewusst, bis die Nachrichten im Regierungsradiosender die Neuigkeit in den 19:00 Uhr Nachrichten meldete.“ Der Korrespondent der AP irrte in einem Detail. Aber harte Fakten aus Siam / Thailand zu extrahieren, ist nicht einfach. Er hatte den Kern der Angelegenheit richtig beschrieben: der 20 Jahre alte König Ananda war tot, getötet durch einen Schuss in den Kopf. Nie hatte eine Tötung in einem so unermesslichen Glanz stattgefunden. Die Barompiman Halle ist Teil des Grand Palace, der mit seinem Goldschimmer alles andere in der Welt in den Schatten stellt. Außerhalb des Raums, in dem der schmächtige junge Körper, flankiert von zwei Blöcken Eis in der Einsamkeit seines Doppelbettes lag, leisteten die anderen Gebäude des Palastes eine wundersame Gesellschaft. Ihre teleskopartig in die Höhe wachsenden Dächer mit glänzenden Kacheln, mit ihren mit Juwelen-Intarsien besetzten Giebel und Figuren, und ihren Firsten und Dachrinnen, die mit Schlangen- und Drachenreliefs geschmückt sind, und mit kleinen Spiegel-Glasscherben, die das Licht brechen und in purpurrot, gelb und grün wie ein Saphir streuen, ragen in den immerblauen Himmel. Da sind die mit Fresken bemalten Gänge, Säulen und Pavillons mit Mosaiken aus Porzellan, große Türen, die Einlagen mit Perlen haben, Skulpturen, die Wesen halb Tier halb Mensch darstellen, und ein Paar Riesen, die, so sagte man, über jeden herfallen würden, der zwischen ihnen hindurchginge und dabei böse Absichten in seinem Herzen trüge. – also konnte der Mörder niemals diesen Weg gegangen sein, das war sicher. Unter diesen begeisternden Wundern fordert nichts so sehr die Gutgläubigkeit heraus wie der Tempel des Smaragd-Buddha . Er wurde benannt nach dem Abbild des überragend heiligen und höchsten Symbols der Hoffnung Seite 13 von 408
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und des Glücks für alle Siamesen. Die Skulptur, so groß seine Wichtigkeit auch sein mag, ist kaum einen Meter hoch, sitzt erhöht mit übereinander geschlagenen Beinen und mit Händen im Schoß, die Augen in die Ewigkeit fixiert. Sie ist weder so dürftig bekleidet wie die meisten siamesischen Abbilder Buddhas und auch nur halb so fett wie die chinesischen. Am Morgen von Anandas Tod, dem 9. Juni, also innerhalb der Trockenzeit, war der Smaragd-Buddha mit weniger Edelsteinen bekleidet als in den beiden anderen Jahreszeiten (der Regenzeit und der so -genannten kalten Jahreszeit), aber selbst diese Tracht ist von unschätzbarem Wert – und darüber hinaus kommt der unvorstellbare Wert des Steines selbst hinzu, der aus Jade und nicht Smaragd ist, und von einem Künstler in Indien erstellt worden war, den Alexander der Große dort zurück gelassen hatte. 4 4
Über den Ursprung und die Geschichte des Smaragd-Buddha gibt es mehrere verschiedene Versionen und selbst einen Film.
Der Buddha ist aus Jade. Einer märchenhaften Legende nach soll der Smaragd-Buddha im Auftrag eines indischen Mönches von den (Hindu-)Göttern Indra und Vishnu mit Hilfe der Dämonen des Berges Velu erschaffen worden sein. Erst nach einer Odyssee über Sri Lanka, Java, Myanmar und Angkor soll der Smaragd-Buddha Jahrhunderte später nach Thailand gelangt sein. Soweit die Legende, die in Konkurrenz zu der von Kruger erzählten Version des von Alexander d. Grossen zurückgelassenen Künstlers steht. Im Jahr 457 soll König Anuruth von Burma eine Mission nach Ceylon gesandt haben, die um Buddhaschriften und den Smaragd-Buddha bat, um Buddhismus in seinem Land zu fördern. Seine Anfrage wurde positiv beschieden, aber das Schiff verfuhr sich während der Rückfahrt in einem Sturm und landete schließlich in Kambodscha. Kambodschanische Historiker beschrieben die Übernahme der Buddhastatue in ihrer Legende Preah Ko Preah Keo. Als die Thailänder Angkor Wat im Jahr 1432 (nach einer furchtbaren Beulenpest-Epidemie) besetzten, wurde der Smaragdbuddha nach Ayutthaya, Kamphaeng Phet, Laos und schließlich Chiang Rai gebracht, wo der Herrscher der Stadt ihn versteckte. Es gibt aber auch Historiker, die den Smaragd-Buddha als im Chiang Saen Stil des 15. Jahrhunderts A.D. gestaltet sehen, was bedeuten würde, dass er aus Lannathai stammen würde. ( Wikipedia, 27.06.2009) Den Chroniken zufolge fand man in den Trümmern eines vom Blitz zerstörten Chedis im Jahre 1434 in Chiang Rai A.D. eine stuckvergoldete Buddha-Statue. Beim Abblättern von Stuckfarbe kam ein glänzender grüner Farbton zutage. Der Smaragd-Buddhas war entdeckt. Der König von Chiang Mai, zu dessen Reich Chiang Rai gehörte, befahl alsbald die Verbringung der Statue nach Chiang Mai. Da mehrere Elefanten sich angeblich weigerten und auf dem Weg nach Chiang Mai beharrlich sich für den Pfad nach Lampang entschieden, wurde das als Omen gewertet und die Buddha-Figur nach Lampang verbracht, wo sie 32 Jahre verblieb. 1468 A.D. ordnete Koenig Tilokarat dann die definitive Verbringung nach Chiang Mai an und ließ sich auch nicht durch evtl. widerstrebende Elefanten von seinem Vorhaben abbringen, wo die Figur dann 83 Jahre blieb. Als König Chao Chayasettathirat 1551 A.D. aus dynastischen Gründen nach Luang Seite 14 von 408
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Bei all der Nähe des Tempels des Smaragd-Buddha zu den Räumen des Königs in der Barompiman Hall, war das heilige Abbild doch entrückt und unpersönlich, gebadet in glänzendem Licht. Freundlicher und persönlicher war die von dem Körper auf dem Bett nur durch ein dutzend Schritte und Vorhänge getrennte Figur. Wie seine Untertanen hielt Ananda in seinem Haushalt eine Buddhastatue. Wie bei ihnen stand sie in seinem Haus auch erhöht, denn der Respekt gebietet Siamesen, dass ihr Kopf unter dem eines höher Gestellten sein sollte. Anandas Schlafzimmer war im Obergeschoss und der Raum für den Buddha bildete eine Art Erweiterung seines Schlafzimmers. Bevor er in der vorherigen Nacht zu Bett gegangen war, war der König, wie er es jede Nacht seit seiner Kindheit getan hatte, vor den Hausaltar seines Buddhas gegangen, um sich zu verbeugen und vor ihm zu beten. Er zündete Kerzen an, stellte Blumen auf und machte die wichtigste aller Gesten, den Wei, den Siamesen statt eines Händedrucks anwenden, und bei dem sie die Finger und Handflächen zusammen vor das Gesicht halten (oder vor den Bereich der Körpermitte, falls sie den Wei eines Untergebenen beantworten). Aber am Morgen des 9. Juni schützte ihn weder der Hausbuddha, noch der allerheiligste, vom nahegelegenen Tempel über sein Königreich starrende Smaragd-Buddha vor einer einzigen Projektil aus dem Lauf einer .45er amerikanischen Armeepistole, die in einem tausendstel von einer Sekunde durch seinen Kopf jagte. Ein Tropfen Metall, eine tausendstel von einer Sekunde, und um den Tod des Königs geisterte ein Geheimnis, das so außerordentlich wie kein anderes in modernen Zeiten ist. Bis zum heutigen Tag liegt ein eisernes Schweigen über ihm. Um es zu verschleiern, wurden Männer in die Todeszelle und ins Exil gezwungen. Die Konsequenzen für eine Nation von dreiundzwanzig Millionen 5 Menschen waren und sind immer noch unvorstellbar. Und
Prabang aufbrach und dann dort auch König des laotischen Nordreichs wurde, nahm er den Smaragd-Buddha kurzerhand mit, was seine Untertanen in Chiang Mai nicht hinderte, alsbald einen neuen König für ihren abgebliebenen zu küren. Dort blieb er nur 13 Jahre bis Koenig Chayasettathirat angesichts eines drohenden burmesischen Einfalls seine Hauptstadt nach Vientiane verlegte und die Figur mitnahm, wo sie dann 214 Jahre blieb. 1778 A.D. eroberte Chao Phraya Chakri (der spätere Rama I.) nach kurzer Belagerung Vientiane und brachte den Smaragd-Buddha nach Thailand zurück. Zunächst fand er im Wat Arun in der neuen Hauptstadt Thonburi sein neues Zuhause, bis er am 22-03-1784 A.D. seinen jetzigen Standort im neuen Wat Phra Kaeo fand. ( History of the Temple of the Emerald Buddha, Bangkok 1982, Subhadradis Diskul) 5
Im 21. Jahrhundert ca. 65 Millionen Einwohner. Seite 15 von 408
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der Frieden in Südostasien, ja sogar der wertvolle Frieden der Welt ist gefährdet durch die Stimmen, die nach Rache rufen oder lediglich nach Gerechtigkeit, die aber einfach nicht verstummen wollen. Die grundsätzliche Frage ist einfach: Wer tötete König Ananda? Die Antwort, wenn Sie diese denn akzeptieren, ist ebenso kurz. Aber zwischen der Frage und der Antwort ist nichts einfach und nichts schnell gesagt. Bevor er zu dem verwirrenden Zentrum des Geheimnisses vorstößt, muss der Ermittler feststellen, dass er ein Detektiv im weitesten Sinn sein muss. Ich musste versuchen, eine Nation zu verstehen, die eine einzigartige Aristokratie besitzt, eine wunderbare, charmante Landbevölkerung und dazwischen eine Mittelklasse, die halb aus Chinesen halb aus Thailändern besteht und unsicher über ihre Ideale ist, und wo der Verfall der Hoffnung beginnt und die Resignation endet. Ich musste nach Europa reisen ebenso wie nach Asien, um die Geschichte zu klären, den Stammbaum von Familien, die Abgründe von Persönlichkeiten und die Komplexität der Politik, denn nichts war vollständig oder objektiv festgehalten worden. Alles ist untrennbar mit dem Tod von Ananda verknüpft, weshalb alles erfasst und verstanden werden muss. 6 Das Ziel konnte nur erreicht werden durch endlose Verhöre unzähliger Menschen. Viele mussten im Geheimen befragt werden, nur wenige redeten offen. Siam ist ein Polizeistaat 7, und die Angehörigen der Monarchenfamilie haben das Ambiente von Heiligen, so dass die Angst und die Verehrung die Zurückhaltung zu reden erklärt, ganz besonders erklärt sie die Angst, die Wahrheit zu erzählen. Am Ende redeten sie doch. Aber als Gegenleistung für ihr Vertrauen verpflichtete ich mich, ihre Identität geheim zu halten, um sie vor einer Lebensgefahr zu beschützen, um ihre Freiheit, ihre Anstellung oder ihre soziale Position zu bewahren. Es würde den Reiz dieses Buches erhöhen, wenn wir die Gefahren und Wendungen beschreiben würden, zu denen unsere Vereinbarungen sie und mich verpflichteten, aber wenn wir das tun würden oder vielleicht sogar Namen von Menschen nennen würden, die mir gegenüber offen geredet hatten, würde ich denjenigen, die Wissen haben, VerfolgungsMöglichkeiten eröffnen und Identitäten verraten. Was wir aber doch wirk-
6
Eine Liste der wichtigsten Persönlichkeiten wird am Ende des Buches aufgelistet.
7 Die Bemerkung stammt aus den 1960iger Jahren, als das Land von Militärdiktatoren beherrscht wurden. Seite 16 von 408
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lich wollen, sind Fakten aufdecken nicht wie ich sie erfahren habe. Jedoch müssen sich die Leser auf meine Integrität verlassen, ohne den Vorteil zu haben, definierte Quellen zu kennen, aber er kann sich zweier Dinge sicher sein: Erstens habe ich nur Informationen als zutreffend akzeptiert, wenn ich sie vollständig hatte überprüfen können, so dass – das gilt für Bangkok auch das kleinste Detail nie alleine nur durch einen einzigen Informanten bestätigt wurde. Die zweite Versicherung, die ich dem Leser geben kann, ist, dass ich bei meinem Ansatz frei von jedem Vorurteil oder Vorverurteilungen war aus dem einfachen Grund, da ich nichts und niemanden kannte, als ich begann, da ich keine politische Linie vertrat, und ich keinen Schluss zog, bis ich am Ende alle Daten gesammelt hatte. 8 Es ist nicht notwendig, so weit zurück zu beginnen, wie ich es beschreiben werde. Aber es ist ein Vorteil, weil Siam heute so durch die Vergangenheit geprägt wurde, dass der Prozess, der sich hinter Anandas Leben und Tod verbirgt, zu beiden, der Vergangenheit und der Gegenwart gehört. Und zusammen verschaffen sie eine Richtschnur als Belohnung der Neugier wie bei einer Fortsetzungsgeschichte. **** Einige Behörden sagen, dass Siamesen aus der äußeren Mongolei kamen. Das vermittelt das Bild von wilden Männern in gefährlicher Wildnis, ein Bild, das sehr unterschiedlich ist gegenüber der Erscheinung der kleinen und anmutigen Menschen, die ich in den Teak-Wäldern des Hinterlandes, die sich herunter von den riesigen Berggebieten erstrecken, gesehen habe oder denen an den Stränden des milden Golfs an den südlichen Grenzen oder auf den reichen Reisfeldern der Zentralregion, die durch die Hauptstadt Bangkok dominiert wird, wo rauchende Schornsteine der Fabriken, Sendemasten und halbe Hochhäuser ungehobelt und grob erscheinen neben den elegant geformten Pagoden sowie die Gliedmassen und der Ausdruck der Ausländer groß erscheinen verglichen mit den eigenen der Siamesen. Auf alle Fälle waren sie Immigranten in Siam, und im Jahr 3000 vor Christus waren sie sicherlich in Südchina noch vor den Chinesen, die sie dann zwangen, weiter nach Süden auszuweichen. Auf dem Weg trafen sie Volksstämme, die durch Fürsten versklavt waren. Sie dagegen waren „thais“, freie Menschen, obwohl sie bis 1939 sich selbst offiziell nicht so
8 Anmerkung der Übersetzer: Außerdem ist der Autor ein Ausländer, der nicht von Traditionen oder religiösen Vorurteilen befangen ist.
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nannten, ebenso wenig ihr Land Thailand statt Siam und siamesische Namen nutzten, deren Herkunft umstritten ist. Für den größeren Teil ihrer Geschichte waren die Siamesen freie Menschen, was den äußeren Status anging. Die Unverschämtheit der Kolonisation ließ sie nur geringfügig leiden, und erlaubt es ihnen, ihre eigene Überlegenheit zu kultivieren wie es auch die Engländer taten. Und es war tatsächlich so, dass, wenn ein Engländer und ein Siamese sich zusammen setzten, es schwer zu sagen war, wessen fröhliche Herablassung größer war. Aber auch wenn sie diese Eigenschaft gemeinsam haben ebenso wie eine starke Neigung zur Tradition, ist es tatsächlich sehr wichtig für unsere Geschichte, dass die Siamesen bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts nichts über individuelle Freiheit – Demokratie – wussten. Ihre Völkerwanderung brachte sie die Täler der Flüsse herunter, mit denen der Schnee der Himalaya-Berge dem tropischen Südostasien das Leben verleiht und deren Wasser sich wie Geburtszangen in den Indischen Ozean und das Gelbe Meer erstrecken. Es sind die Länder, die heute Burma 9 , die malaysische Halbinsel, Thailand, Laos, Kambodscha und Vietnam genannt werden. Als Marco Polo die Nudeln von Kathai heim brachte, um die SpaghettiIndustrie seines Heimatlandes zu begründen, wurde der Subkontinent Unter-Indien genannt. Er schrieb von „Brasilienholz“ 10, Gold und Elefanten und darüber, dass es „so eine unzivilisierter Gegend wäre, dass wenige Menschen hier hin kommen“. Die Siamesen selbst waren vielleicht noch weiter im Norden und versuchten ihren verletzlichen Anspruch auf Freiheit zu erhalten, als andere Volksstämme schon Tribut an stärkere Gruppen leisteten, deren Eigentum sie waren. Der größte der Volksstämme war das Volk der Khmer, bei dessen unheimlicher und großer Hauptstadt Angkor – selbst in Ruinen immer noch ein Weltwunder – sie beim Bau mit Arbeit und Wasser halfen. Im Gegenzug erhielten sie Ideen von Kunst und Religion, die sich durchsetzten, als sie im dreizehnten Jahrhundert ihren eigenen souveränen Staat gründeten, den Sie das Königreich „Morgenröte der Glückseligkeit“ 11 nannten.
9
Oder auch Myanmar durch seine Militärdiktatoren genannt
10 Caesalpinia echinata syn. Guilandina echinata (Lam.) Spreng. 11 Frei übersetzt vom englischen Begriff „Dawn of Happiness“. Seite 18 von 408
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Sein berühmtester König war Rama der Tapfere , der als Gründer des Thrones gelten kann, den Ananda besteigen sollte 13. Sein Hof wurde von Hindu (Brahmanen) -Einflüssen gestützt, die von den Khmers übernommen worden waren und bis heute anhalten. Aber tief in der Seele dieser Rasse verwurzelt ist die südliche Form des Buddhismus, der aus in Indien und von dort zu den Khmer kam. Die Kompliziertheit der religiösen Situation endet aber nicht mit der Vermischung von Hinduismus und Buddhismus: Vor den meisten Häusern Siams stehen kleine Häuschen, ähnlich einem Vogelhaus, dem Wohnsitz des Geistes dieses Hauses, was die Fortset-
12 Gemeint ist König Ramkhamhaeng. 13 Diese Auffassung entsprach dem Zeitgeist. Und auch heute noch wird diese Auffassung offiziell verbreitet. Das „National Identity Board“ veröffentlicht Bücher wie „The Chakri Monarchs and the Thai People“ (Phramahakasat nai Phraboromratchakkriwong kap prachachon, Bangkok 1982, The Chakri Monarchs and the Thai People), das sich auf Bhumibol als den „Bauern-König“ und den „Entwickler-König“ fokussierte, und ihn sowohl mit Ramkhamhaeng als auch mit einem modernen Wirtschaftsführer in Verbindung brachte. Das Direktorium finanzierte auch akademische Konferenzen wie eine, die die Wichtigkeit von Trai Phum Phra Ruang, der buddhistischen Sukhothai-Kosmologie in der Modernen behandelt. Über die einheitlich konservativen Besucher dieser Versammlungen schrieb ein Historiker: „… sie betonten die Wichtigkeit der Texte und deren fortwährende Bedeutung für die ethische Bildung im in der Modernen, für die Regierung und die Nationale Sicherheit“. (Connors, Democracy and National Identity, New York 2003, S. 145) (Handley, The King Never Smiles, Yale 2006, S. 295) Inzwischen wird von den meisten internationalen (nicht thailändischen) Historikern keine direkte Beziehung zwischen dem 13. Jahrhundert und der Chakri-Dynastie mehr hergestellt, auch wenn dies noch die offizielle Geschichtsschreibung Thailands so darstellt. Giles Ji Ungpakorn schreibt in seinem Buch „A Coup for the Rich“ (in Deutsch in „Thailand 2008“, epuli-Verlag., S 37 ff.) „Die exakte Natur der thailändischen Monarchie bleibt in akademischen Kreisen umstritten. Auf einer Seite die Behauptung von Konservativen, dass die Monarchie eine alte Institution wäre, die zurück auf die Sukhothai-Periode zu führen wäre, und dass die thailändische Gesellschaft sich einig ist, den Monarchen vergleichbar zu einem Gott zu sehen. Allem Anschein nach scheint dies zuzutreffen. Aber diese konservative Beschreibung übersieht die Frage der realen Machtverteilung zum heutigen Zeitpunkt, und löscht bequemer weise einen großen Teil der thailändischen Geschichte aus dem Bewusstsein, insbesondere die wichtigen Änderungen im 19. Jahrhundert und die Revolution von 1932.“ Seite 19 von 408
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zung des Animismus darstellt, den die Siamesen aus China mitgebracht hatten.14 Die Siamesen haben keine Schwierigkeit, diese verschiedenen Glaubensrichtungen in Übereinstimmung zu bringen, denen sie oft noch einen Spritzer Astrologie hinzufügen.15 Ihre Anleihen der Religion und Kunst spiegeln sich auch in der Anwendung der geschriebenen Sprache, die sich aber ebenso in eine ganz typische siamesische Ausdrucksweise verwandelt hat. Hier ist die früheste bekannte Textstelle, die Rama dem Tapferen zugeschrieben wird: „Das Königreich „Morgenröte der Glückseligkeit“ ist gut. In den Gewässern gibt es Fische, und auf den Feldern wächst der Reis. Der König zieht keine Vorteile aus seinen Menschen. Wer zu handeln wünscht, kann dies tun. Die Gesichter der Menschen strahlen für Glückseligkeit.“ 16 Trotz von Enttäuschung geprägter Aggression des Westens und trotz der schrecklichen Ereignisse, über die es zu berichten gilt, zeigt sich hier schon das wahre künftige Gesicht einer Nation. Die Linie von Rama dem Tapferen 17 verschwand. Sein Staat verband sich mit anderen zu einem größeren Königreich, dessen Hauptstadt im Jahr 1350 ca. 50 Meilen nördlich des heutigen Bangkok am Ufer des gleichen Flusses errichtet wurde. Es wurde die „göttliche und gesegnete Stadt von
14 Selbst im 21. Jahrhundert hält sich Animismus. Thailänder entschädigen die durch einen Hausbau “enteigneten” Geister des Bodens und der Luft durch zwei Miniaturhäuser neben dem Neubau und versorgen selbige dort mit Opfergaben, um sie für den Verlust zu entschädigen und schützend für die Einwohner tätig zu sein. In modernen Siedlungen findet man oft einen zentralen Platz, der als ein Ersatzwohnort für alle Häuser gilt. Berühmtestes Beispiel dieser Gattung ist der Wunder produzierende EriwanSchrein in Bangkok, der längst zu einer internationalen Wallfahrtsstätte und Institution geworden ist. 15
Oder auch christliche Elemente, oft zu finden bei Menschen, die in christlichen Schulen erzogen wurden. 16 Die Authentizität wird inzwischen angezweifelt. Die von König Mongkut als gefunden deklarierte Stele, die die Errungenschaften von Rama dem Tapferen beschreibt, wird von Kritikern als erstes Beispiel von Geschichtsverfälschung und Propaganda in Siam / Thailand angesehen. Die Stele wird vom Staat jedoch als nationales Heiligtum angesehen, eine neutrale internationale Untersuchung mit modernen Methoden wird daher nicht zugelassen. Sollte sich der Stein als Fälschung des 19. Jahrhunderts herausstellen, müsste die gesamte Geschichte Thailands neu geschrieben werden. 17
von Wikipedia Rama der Mutige genannt
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Ayudhya (Ayutthaya) . Die Könige von Ayutthaya herrschten fast in den Grenzen des modernen Siam. Sie rächten sich an den Khmers, die sich zurück zogen und ihr Land Kambodscha nannten und Angkor für sechshundert Jahre dem Dschungel überließen. Als die ersten Europäer ca. im Jahr 1500 auftauchten, Portugiesen in der Folge von Vasco da Gamas Reise um das Kap der guten Hoffnung, fanden sie Ayutthaya als Stadt mit einer Million Menschen und hunderten von Wats (Klöstern) vor. 19 In diesen waren Schulen, Bibliotheken und Tempel mit großen Buddhastatuen, eine davon fast fünfzig Fuß 20 hoch und mit Gold bedeckt, das ein Gewicht von 800 Pfund 21 ausmachte. Das Leben der Siamesen ist seit diesem Tage außergewöhnlich unverändert geblieben. Man stelle es sich als drei konzentrischen Ringe vor mit der Regierung des Königs im Zentrum und der Familie an der Peripherie und den Klöstern im mittleren Ring. Ein Siamese geht dort schon im Mutterleib als Bittsteller hin. Er plagt sich dort über seinen Schulbüchern und kniet dort nieder, um den Haarknoten entfernt zu bekommen, wenn er in die Pubertät kommt. Er besucht zusammen mit seinen Eltern dort Festivals, um potentielle Ehepartner auszumachen und um Tugenden anhäufen, indem er den Mönchen Geschenke bringt. Er zieht sich dorthin zurück, um vor seiner Heirat für eine Saison 22 als Mönch zu dienen. (Man kann nach eigenem Willen eintreten und auch wieder das Kloster verlassen). Man geht dorthin, um religiöse Riten auszuüben oder sich die Zukunft vorhersagen zu lassen oder aber auch für eine intellektuelle Diskussion. Am Ende wird der Körper dorthin gebracht, um eingeäschert zu werden. Bauer oder König das Leben ist mit dem Kloster verbunden wie Seidenspulen mit dem Webstuhl. Dies ist auch heute noch für den Siamesen so, auch wenn er heute vielleicht in
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mit dem zutreffende Beinamen “Venedig des Ostens”, da die Anlage im Fluss vergleichbar mit Venedigs Anlage im Meer war. Die „Strassen” der Stadt waren die Klongs. 20
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In heutigen Zeiten eine oder zwei Wochen. Vergleichbar mit Exerzitien im christlichen Glauben. Seite 21 von 408
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das Kloster geht, um dort Fernsehen zu schauen, wenn er keinen eigenen Fernseher besitzt. 23 Die Fortsetzung der althergebrachten Verherrlichungen findet ihren modernen Ausdruck 24 in dem Flugzeug, das den derzeitigen König, den Bruder von Ananda, auf seinen Reisen um die Welt, transportiert.25 Mitglieder seiner Entourage in ihren Pariser Kleidern oder Savile Row 26 Anzügen kriechen auf der Höhe seiner Knie, wenn sie sich dem Monarchen nähern, um ihm den Nutzen ihrer in Cambridge oder Harvard trainierten Gehirne anzubieten. (In den Häusern der konservativeren Aristokratie in Bangkok wird man nur Diener sehen, die ihre Köpfe unter der Höhe ihrer Vorgesetzten halten und sich entsprechend bewegen, obwohl sie ein Tablett mit Cocktails 27 tragen. Die Schmächtigkeit der Siamesen und die geschmeidige Grazie der Thailänder lässt das Spektakel weniger absurd erscheinen als man denken mag. Und das Motiv des Respekts berührt einen Westler, der sonst so empfänglich dafür ist, Verachtung vor Achtung zu empfinden. Die monarchistische Attitüde in einem Düsenflugzeug in 9.000 Metern Höhe ist eine Reverenz an das Königreich Ayudhya, als die Menschen noch Vasallen des Königs und nicht Bürger des Landes waren. Die Herrschaft war absolut, weil sie in den Augen von Millionen göttlich war – und noch immer ist. 28 Solch heiliges Blut durfte niemals vergossen werden: Verräte-
23 Dies galt für die 1960iger Jahre. Heute sind Fernseher so weit verbreitet, dass man sich meist an anderen Orten trifft (Nachbar, Ortsvorstand, Freunde), wenn man Fernsehen will. 24
Die Situation beschreibt den Eindruck in den 1960iger Jahren. Allerdings hat sich bis zum heutigen Tag wenig bzw. nichts geändert. 25 Für die königliche Familie steht ein Airbus, manche behaupten zwei, ständig zur Verfügung, sowie mehrere Black Hawk Helikopter. 26
Savile Row ist eine exklusive Einkaufsstraße im Zentrum von London und spezialisiert auf hochwertige Herrenschneider. In den 1960iger Jahren waren dort Dutzende von Schneidern ansässig, die die teuersten und besten Anzüge der Welt schneiderten. Heute sind es vielleicht noch ein halbes Dutzend.
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Im Jahr 2008 wurde eine CD in Thailand verbreitet, die auf einer Geburtstagsparty des Kronprinzen aufgenommen worden war. Offensichtlich um den Ruf des Prinzen zu beschädigen, hatte man ein privates Video verbreitet, das seine Ehefrau fast unbekleidet zeigte und Diener in unterwürfigen Posen, die sich auf Knien näherten und den Kopf geneigt hielten.
28 Dies war der Stand in den 1960iger Jahren. Noch bis 2006 hingen in praktisch jedem Haus die Bilder des Königs oft über einem Altar, auf dem Opfergaben abgelegt wur-
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rische Verwandte wurden niemals enthauptet, sondern in einen Seidensack gesteckt und mit Sandelholzstöcken zu Tode geprügelt. Der Herrscher hatte viele Ehefrauen, denn er lebte polygam. Seine Hauptfrau diente als Königin und ihr ältester Sohn folgte normalerweise auf den Thron. Eine komplexe Ansammlung von Titeln, die je nach Beziehung zum König verliehen wurden, sollte die Aristokratie gegenüber den in wesentlich größerer Zahl vorhandenen Bürgerlichen ohne Titel schützen. Aber kein Titel kann oder konnte länger als fünf Generationen fortbestehen, da mit jeder Generation der Rang niedriger wurde. 29 Weit unterhalb der Aristokratie (und unterhalb der wenigen Bürgerlichen, die ein höheres Amt erreicht hatten) standen die Bauern. Außer der gelegentlichen Einberufung für öffentliche Arbeiten 30 wurden sie in Ruhe gelassen, um ihre Äcker zu bestellen, von denen die meisten 10 Acres besaßen. 31 Auch heute ist der Bauer in der Regel noch Eigentümer. 32 Große den. Seit dem offensichtlich durch den Palast gebilligten, wenn nicht unterstützten Militärcoup vom 19. September 2006 und den anschließenden Unruhen durch die People’s Alliance for Democracy (PAD) mit offensichtlicher Billigung von Teilen des Palastes, die schließlich sogar die internationalen Flughäfen besetzt hatten, ist die Popularität des Königs drastisch gesunken. Im Juni 2009 forderte die Demokratiebewegung die Wiedereinführung des Jahrestages der Abschaffung der Absolutistischen Monarchie. Dieser war seinerzeit unter einer Militärdiktatur zugunsten von ausschließlich auf die Monarchie bezogenen Feiertagen abgelöst worden. 29 Allerdings hatte der König die Möglichkeit, jeden Rang auch zu vergeben. Und so erhielt im Laufe der Jahre die aus bürgerlichen Verhältnissen stammende Mutter des derzeitigen Königs eine der höchsten aristokratischen Titel. Und der König entzog Titel, z.B. als seine Tochter Ubolrattana einen Bürgerlichen heiratete, und nobilitierte sie erneut nach der Scheidung wenn auch nicht in gleicher Rangstufe. Titel konnten auch durch Spenden und Unterstützung der Monarchie erworben werden. Dieser Titelkauf nahm schließlich sogar überhand und führte zum Selbstmord des Verwalters dieser Funktion.
30 Heute Zwangsarbeit genannt 31 Es ist nicht ganz klar, was damit gemeint ist. 10 Acres sind ca. 40.000 qm. Aber der überwiegende Teil der Bauern war Pächter. 32 Der größere Teil der Bauern pachtet das Land heutzutage. Immer wieder wird versucht, mit Landreformen die Situation zu verbessern. Bisher wurde aber keine Landreform durchgesetzt, die die Konzentration von Landbesitz in den Händen einiger weniger Familien Thailands, deren Rechte noch aus der Zeit der absolutistischen Monarchie stammen, beendet. Paul Handley schreibt die einzige ernsthafte Strukturreform in „The King Never Smiles“ wie folgt: “Unter König Chulalongkorn hatten die Aristokraten und die königliche Familie ihren Besitz an landwirtschaftlicher Fläche enorm ausgebaut. Davon betroffen war besonSeite 23 von 408
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Teile des Landes sind so fruchtbar, dass die Reispflanzen praktisch schon bei der ersten Berührung mit der Sonne sprießen. Das Fehlen von Hunger, Überbevölkerung und Lehnsherrschaft hat die Landbevölkerung lange davon abgehalten, gegenüber den politischen Ideen aus Ost oder West empfänglich zu sein. Auch fühlte sie nie den Zwang, mehr als unbedingt notwendig in diesem glühend heißen Land körperlich zu arbeiten. 33 Der Handers die sehr fruchtbare Zentralebene, die durch staatliche Bewässerungsvorhaben voll erschlossen war. Viele Zweige der königlichen Familie, zum Beispiel die Sanitwongs, hingen von den Einnahmen der Landverpachtung an Reis und Obstbauern ab. Die Weigerung der Prinzen, auf ihre Einkommen Steuern zu zahlen, hatte schließlich zur Revolution von 1932 geführt … 80% der Bevölkerung lebte von der Landwirtschaft und daher war die Gesetzesinitiative von Phibun höchst populär, als er 1952 den maximal möglichen Landbesitz auf 50 Rai (80.000 qm) für landwirtschaftliche Nutzung, und 10 Rai (16.000 qm) für industrielle Nutzung, beschränken wollte. Den Großgrundbesitzern sollte 7 Jahre Zeit gegeben werden, um ihren Überschuss zu verkaufen. Langzeitlandbesetzer ohne Eigentumstitel sollte zu einem Eigentum verholfen werden. … … Der Vorschlag entfachte eine zweijährige Auseinandersetzung mit den größten Landbesitzern einschließlich des Thrones. Der Palast bestand darauf, dass die Umverteilung unnötig wäre, weil im Land genügend Fläche vorhanden wäre. Aber diese Flächen gehörten dem Staat und waren für Bauern nicht legal zu nutzen. Der Palast argumentierte außerdem, dass kleinere Landbesitzer gefährdeter seinen, durch machtvolle Personen ausgenutzt zu werden. Im Jahr 1954 passierte das Gesetz schließlich das Parlament. Als es Bhumibol zur Unterschrift vorgelegt wurde, weigerte er sich, es zu unterschreiben, vermied aber einen Test seines schwachen Vetorechtes. Als das Parlament das Gesetz ein zweites Mal zusandte, ignorierte er es wieder. Im Dezember 1954 sandte das Parlament das Gesetz zum dritten Mal. Das Prestige des Königs war nun auf der Kippe. Falls er sich weigerte, zu unterschreiben, konnte das Parlament ihn überstimmen. Also unterschrieb Bhumibol schließlich. Die Prinzen wussten, dass die sieben Jahre, die sie Zeit hatten, dem Gesetz Folge zu leisten, in thailändischer Politik ein langer Zeitraum war.“ (Quelle: Handley, The King Never Smiles, Yale 2006, S. 126-127.) Anmerkung: Das Gesetz wurde nach dem Coup von Feldmarschall Sarit widerrufen. 33 Dies ist eine verklärte Ansicht eines Westlers der 1960iger Jahre. Tatsächlich hatte die Kommunistische Partei Thailands in den ländlichen Gebieten Thailands durchaus Zulauf, in erster Linie auf Grund der korrupten und brutalen Politik der herrschenden Elite.
“Ironischerweise war die kommunistische Bedrohung in Thailand viel geringer als in den meisten asiatischen Ländern, als sich die Veränderung Bhumibols vollzog. Es war die Unterdrückung des korrupten Sarit und des Thanom-Praphas Regimes, kombiniert mit einer fehlenden wirtschaftlichen Entwicklung des ländlichen Bereiches, welches die Communist Party of Thailand (CPT), die kommunistische Partei des Landes, den Mitgliederzulauf brachte. Seit Ende des zweiten Weltkrieges waren weite Teile des Landes Seite 24 von 408
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del wurde den immigrierten Chinesen überlassen, deren energische Art das Land und die Blutlinie Anandas gestärkt hatten, aber sie stellten auch ein akutes Problem dar, da sie eine nicht assimilierte Minderheit bildeten. Nachdem die Portugiesen in Ayudhya angekommen waren, folgten die Holländer, Engländer und Franzosen. Alle wurden willkommen geheißen, erhielten Handelserlaubnisse, und der König selbst spendete für ihre erste Kirche. Toleranz ist ein integraler Bestandteil des Buddhismus, der besagt, dass die Suche jedes Menschen nach seinem Heil in der Kapelle seines eigenen Wesens erfolgt. Aber der Erleuchtete lehrte auch Sanftmut, und obwohl ich keine sanftere Rasse als die Siamesen kenne (außer wenn sie sich gegenseitig in ihrer Art des Boxens treten), war Gewalt kein Fremdkörper in der Hierarchie des Königreiches. Mörderische Intrigen umrundeten oft den Thron: Bei einer Gelegenheit ermordete der König aus Vorsicht sieben seiner Söhne, um zu verhindern, dass einer von ihnen auf die Idee kam, die vorzeitige Thronfolge anzustreben. Und es gab Kriege. Zusätzlich zum Christentum brachten die Portugiesen die Kunst des Waffenbaus; aber der Elefant, der wie ein moderner Panzer benutzt wurde, war die taktische Waffe in Kampagnen gegen benachbarte Staaten. Die Siamesen gewannen gewöhnlich außer gegen ihren größten Rivalen, Birma 34, mit dem sie in einer langen und bitteren Fehde lagen. Der Ärger begann wegen der Forderung eines birmanischen Königs nach einem weißen Elefanten. Die Siamesen hatten dieses Tier lange verehrt. Albinos, eher hellrosa als weiß, sind heilige Omen der königlichen Freude. Ein Glauben hält sich, dass sie integrierter Bestandteil der Majestät sind, obwohl sie in einem Zoo gehalten werden und nicht mehr in ihren Ställen im Grand Palace, sie in der Jugend durch junge Frauen, die sich aufgereiht hatten, um ihre bloßen Brüste dem gefräßigen Rüssel zum Trunk zu reichen, genährt wurden. Natürlich waren sie immer übertrieben verwöhnt worden, der König fütterte sie mit den frischen Trieben von Zuckerrohr und verlieh ihnen königliche Namen und Titel. Der König, gegenüber dem die
von Fortschritt unberührt geblieben. Ein großer Prozentsatz der Bauern mietete oder pachtete sich Land für den Anbau. Für die schnell wachsende Bevölkerung wurde das fruchtbare Land immer knapper, und der städtische Arbeitsmarkt bot keine gute Alternative”. (Handley, The King Never Smiles, Yale 2006, S. 182) 34 Auch Burma, oder neuerdings von den Diktatoren des Landes Myanmar genannt. Seite 25 von 408
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Birmanen ihre Forderung stellten, hatte nicht weniger als sieben weiße Elefanten, was eine bemerkenswert große Zahl darstellte. Das Zurückweisen der Forderung der Birmanen ließ eine dreihundert Jahre andauernde, immer wieder aufflackernde Fehde entbrennen, die viele legendäre Helden gebar ebenso wie Schurken, fast so wie die Kriege zwischen England und Frankreich, bis die britische Unterwerfung von Burma die ständig vorhandene Bedrohung einer Invasion vom Drei Pagoden-Pass hinter dem River Kwai beendete. Aber davor, in einer Nacht des Jahres 1767, betraten die Birmanen die Stadt Ayudhya (Ayutthaya), um zu rauben, plündern und die Stadt vollständig zu zerstören. Sie ermordeten den König zusammen mit so vielen seiner Untertanen, dass diejenigen, die sie als Sklaven mit nach Hause nahmen, sich nur auf Zehntausende beliefen, wo einmal eine Million gelebt hatte. In den vier Jahrhunderten des Königreichs von Ayutthaya hatten es 33 Könige regiert, von denen ein Drittel durch Rivalen ermordet worden war. Die Mörder waren Staatsbeamte, Brüder und eine Mutter. Als Ananda starb, und Personen jeder dieser Gruppen in der Nähe waren, hatte der Verdacht eine Menge von Vorgängern, auf die er aufbauen konnte. Das von den Birmanen zerstörte Ayutthaya war eines der großen Handelszentren des Ostens gewesen. Der sichere, breite Fluss, der an ihm vorbei führte, hatte das möglich gemacht, und die geistergläubigen Siamesen gaben diesem den Titel eines Herzogs, Chao Phaya, obwohl die Westler darauf bestanden, ihn Menam zu nennen, was das siamesische Wort für Fluss bedeutet. Seine Nutzung für den Handel wurde durch die Könige angeregt besonders durch einen 35, der durch einen Griechen mit dem Namen Constantine Phaulkon regierte. Dieser kam als einfacher Seemann in Britisch-OstIndien an und stieg auf bis zum Titel eines Lord of Cool Knowledge und wurde dann im Jahr 1688 aus Angst vor dem Aufstieg des Westens in Stücke gehackt 36. Eine Palisade wurde daraufhin rund um Siam gegen den
35 König Narai 36 wohl insbesondere auch weil eine gross angelegte Missionierung durch Jesuiten im Auftrage Ludwigs XIV. v. Frankreich zu Recht oder Unrecht befürchtet wurde, die als Beginn eines Kolonisierungsversuchs verstanden wurde. Nicht zu unterschätzen ist dabei das Motiv des Ursupators, der die Dynastienachfolge des kinderlosen Narai – übrigens erfolgreich- anvisierte.
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Westen aufgestellt. Sie stand eineinhalb Jahrhunderte bis Anandas Urgroßvater sie nieder riss und so den Samen legte für Anandas Tragödie. Also war die Chakri Dynastie aus den Ruinen Ayutthayas entstanden, die Linie der Könige, zu denen Ananda gehört. Ein General mit dem Namen Taksin entkam aus der Stadt und führte eine Widerstandsbewegung an, die schließlich die Birmanen wieder vertrieb, errichtete eine neue Hauptstadt 37 und proklamierte sich selbst zum König 38. Zum Kommandeur seiner Truppen berief er den Sohn eines alten Palastbeamten und dessen chinesischer Frau. Vor ein paar Jahrzehnten wurde der Name einer staatlichen Behörde zum Namen ihres Amtsinhabers, der seinen Geburtsnamen aufgab 39 . Und so nahm Taksins Kommandeur den Titel als eigenen Namen an. Während Chakri auf einem Kriegszug war, brach eine Revolte gegen Taksin aus, der, verrückt geworden40 , fastete und betete, um sich selbst das Fliegen zu ermöglichen. Der Rebellenführer bot Chakri den Thron an. Dieser akzeptierte am 6. April 1782. Der neue König ließ Taksin exekutieren – mit einem parfümierten Sandelholz-Schläger- 41 und dann den Rebellenführer, damit Rebellion nicht zur Gewohnheit wurde 42. Chakri wird Rama I 43 genannt. Neben dem Menam, ca. 20 Meilen entfernt vom Meer, baute er die Hauptstadt aus einem Dorf mit wilden Pflaumen – Bangkok – und nannte es um in „Juwelenbesetzter Wohnsitz des Gottes Indra“, den Namen, den die Westler ignorierten. Sie entfaltete sich mit
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Thonburi Nicht ohne Absprache mit seinem Freund und Verbündeten Chakri
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Nachnamen in unserem Sinne gab es zu dieser Zeit in Thailand noch nicht. Der ursprüngliche Name Chakris war Thong Duang. 40
Die offizielle Begründung für den Aufstand wie für die Entthronung war, dass er exzentrisch geworden wäre. 41
In dem obligatorischen Seidensack für Träger königlichen Blutes.
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Diese Mal allerdings ohne Sandelholzschläger und Seidensack
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Durch die Bearbeitung (s.a. Anm. 12a) des Ramayana schafft er eine Staatsideologie, die verfassungsähnliche Grundlage seines neuen Staates wird. Dabei war das Ramayana zu diesem Zeitpunkt den Thailändern bereits wohl bekannt und von erheblicher Bedeutung. Schließlich hieß die untergegangene Hauptstadt Ayutthaya in Entlehnung der Heimatstadt des Prinzen Rama. Aber erst die Thailandisierung des Epos und die Gründung einer neuen Dynastie, deren Herrscher bis auf den heutigen Tage sich alle Rama nennen, zieht die gewollte und durchdachte Parallele zur Reinkarnation Vishnus und damit zur Göttlichkeit des Königs. Seite 27 von 408
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Klöstern und Palästen in der Mitte einer Vielzahl von Kanälen. 44 Sein Herz damals und heute ist der Grand Palace. Jeder Besucher kennt die hohe mit Zinnen besetzte Mauer, die die Miniaturstadt mit Tempeln, Wohnhäusern, Pavillons, Audienzräumen, Lustgärten, Theatern und der Verbotenen Zone, genannt das Innere, -das Quartier der königlichen Frauen und ihrer Kinderinnerhalb der Stadt umzäunt. Das Innere verbildlicht den Status von Frauen wie er heute noch vorherrscht. Die Idee einer Partnerschaft im Zusammenleben von Mann und Frau wächst aber langsam durch die wenigen Frauen, die im Westen erzogen werden. Eine Frau glaubt, dass es genug ist, schön auszusehen und mit unvergleichlicher Zärtlichkeit zu lieben, um das Wunderland zwischen der glasklaren Welt Buddhas und den düsteren Mysterien der Horoskope zu bewohnen, zu lächeln über ein überraschendes Leben, auch wenn die Tränen ihre großen schwarzen Augen füllen, schöne Juwelen zu horten, die Söhne zu verwöhnen und die Töchter zu bestrafen, indem sie ihnen die Finger zurück- biegen, um damit ihnen die Flexibilität ihrer eigenen Hände weiterzuvermitteln; Essen zur Hand zu haben, wenn es am Morgen dämmert, und die Mönche mit ihren Sammelschalen vorbei kommen; still im Haus zu sitzen bis der Gast ihres Mannes sie anspricht. So lebt sie wie der Mond, bezieht ihren Glanz von der Sonne, aber wie der Mond ist sie nicht ohne geheime Macht, die die Gezeiten beeinflussen kann 45.
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Die Parallele zu Ayutthaya wird häufig übersehen, da einer der Söhne und Nachfolger Chulalongkorns die Klongs zuschütten ließ, um der Forderung der Gesellschaft nach modernen, befahrbaren Avenuen nachzukommen aber den malerischen Charme der Metropole somit für immer zerstörte. Dennoch war die „schwimmende“ Anlage der Hauptstadt wie bei Ayutthaya Konzept eines Verteidigungsprojekts, dass im Vorgängerfall - nicht zuletzt durch Versagen der Regierung und der eigenen Bevölkerung, die beide die burmesische Schlagkraft unterschätzt hatten, so schmählich versagt hatte. 45 Die Beschreibung ist in den romantischen 1960iger Jahren entstanden. Auch heute noch haben die meisten mächtigen Männer nicht nur eine Frau, auch heute noch blicken viele ältere Männer eher mit Verachtung und Mitleid auf Frauen. Aber eine neue energische Frau hat sich inzwischen aus der thailändischen Gesellschaft gebildet auch ohne Ausbildung im Westen. Frauen, die die Familien ernähren, die sich als Aktivistinnen für ihre Gemeinschaften einsetzen, und die entweder sofort aus eigenem Antrieb oder wenn ihre Männer ermordet werden oder verschwinden wie selbstverständlich deren Rolle übernehmen. Niemand sollte sich heute von dem von Rayne Kruger beschriebenen Bild verleiten lassen. Die Veränderung im Selbstverständnis der Frauen ist die vielleicht größte Veränderung der letzten 30 Jahre in der Gesellschaft. Allerdings ist auch heute noch oft mangels Ausbildung und Gelegenheiten sowie einer völlig fehlgeleiteten, aber staatlich geförderten Erziehung die eigene Schönheit die Waffe der Frau
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Diese Macht steht unveränderlich gegen eine andere, nämlich die Tradition, die dem Mann erlaubt, mehr als eine Frau zu haben. Selbst da die modernen Gesetze nur eine einzige Frau zu registrieren erlauben, akzeptiert die Gesellschaft, ohne zu hinterfragen, jede Anzahl von Frauen oder ihre Kinder. Ein Mann mag ein Reihenhaus haben und eine Villa auf dem Land, einen schnellen Wagen und eine gesetzte Limousine, aber materielle Besitztümer sind in ihrer Vielfalt limitiert, während jede neue Frau eine unerforschte Glückseligkeit verheißt. Und ein armer Mann gewinnt einen zusätzlichen Verdiener. Es gibt oft geschäftliche oder diplomatische Gründe für Polygamie. Zum Beispiel hatte der erste Chakri, Rama I, 29 Frauen, aber viele waren die Töchter von Edlen, die den Wunsch hatten, ein wertvolles Geschenk zu übergeben, welches er zweckdienlicherweise akzeptierte. Die königlichen Frauen lebten im Inneren {des Palastes} und durften diesen mit ihren 42 Kindern und tausenden von Dienern, die alle Frauen waren -selbst die Polizisten -, nie verlassen, da kein Mann außer dem König hineingehen durfte. Chakris Beachtung der Familie war tatsächlich nützlich. Er war zu beschäftigt damit, Krieg zu führen oder Siam wieder aufzubauen, indem er das Recht neu verfasste, heilige Schriften überarbeitete46, die Künstler ermutigte, und sowohl eine Regierung als auch eine prächtige Hauptstadt baute. Von dort bis zum derzeitigen Monarchen, Bhoomipol47, dem Bruder von Ananda, waren die Chakris einzigartige Menschen und oft außergewöhnlich begabt. Die Krönung Ramas I vollzog sich in einer Zeremonie, die für alle Nachfolger wiederholt wurde -außer für Ananda, dessen Tod das Vorhaben durchkreuzte- und bezieht sich auf hinduistische Vorstellungen, dass, nachdem die Erde, die ursprünglich ein Feuerball war, sich abgekühlt hatte, die Götter durch aromatische Düfte angezogen worden waren, Menschen wurden und ihre Anführer die Ahnen der Könige. Auch heute noch können selbst die gebildeten Siamesen den Glauben kaum abschütteln, dass der König quasi-göttlich ist48. Außergewöhnliche Erfolge und damit ihre Rolle bestimmt (insbesondere gilt das, wenn sie aus den ländlichen Gebieten stammt). 46
Eine seiner wichtigsten Taten ist sicherlich die Übersetzung und Bearbeitung des indischen Epos Ramayana. Durch seine Überarbeitung und Thailandisierung der Personen und des Inhalts, nun Ramakien genannt, schafft er nicht nur das thailändische Nationalepos schlechthin, sondern transformiert aus ihm eine Staatsphilosophie und ideologische Grundlage für das moderne Thailand bis auf den heutigen Tag. 47
Bhumipol oder Bhumibol
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Der Glaube an die Göttlichkeit war durch eine tiefe Dankbarkeit für die Arbeit des Monarchen ersetzt worden. Inzwischen zweifeln aber immer mehr Menschen Thailands Seite 29 von 408
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verliehen diesem Glauben eine gewisse Rechtfertigung ebenso wie die gewaltigen Titel, insbesondere der des „Gott des Lebens“. Es gab eine versuchte Rebellion gegen den Chakri Thron in den letzten Tagen von Rama I und noch einmal in den ersten Tagen der Regentschaft von Rama II , als der Sohn von Taksin durch den Geist seines Vaters zur Rache angetrieben wurde. Dieser problembehaftete Start der Herrschaft Ramas II. hatte zweifellos etwas damit zu tun, dass er gerade mal zwei weiße Elefanten besaß, wovon einer nicht vollständig war, weil sein eigentlicher Besitzer ihm den Schwanz kupiert hatte in der Hoffnung, er könnte ihn dadurch behalten. Später jedoch wurden drei perfekte neue Exemplare angeschafft, und alles wendete sich zum Guten. Rama II49 reformierte viele Gesetze einschließlich dessen, welches die Scheidung im gegenseitigen Einverständnis erlaubte. (Ohne Übereinstimmung konnte zwar der Ehebruch einer Frau der Grund für den Ehemann sein, sich scheiden zu lassen, aber nicht umgekehrt.) Bekannt für seine Nachsicht schrieb er doch ernste Strafen bei dem Versuch den Opiummissbrauch zu unterbinden vor, obwohl jeder in Siam wusste, dass die schlimmste Strafe dem Tode folgte, wenn der Süchtige sich in ein furchtbares wahnsinniges Gespenst verwandelte. Aber ebenso wie Großbritannien profitierte auch er vom Opium-Export. Obwohl es unwahrscheinlich ist, dass er wegen der Weigerung Pekings, die Droge zu importieren, mit China in den Krieg zog. Die britischen Expansionsbestrebungen waren in voller Blüte und übernahmen für ihn die Unterwerfung Birmas. Aber mit der
sowohl an Göttlichkeit als auch an dem von der Propaganda jahrzehntelang gemalten Bild und das erstaunlicherweise besonders in den weniger gebildeten und ländlichen Bereichen. Aber die drakonischen und archaischen Gesetze gegen Majestätsbeleidigung machen es unmöglich, ein genaues Bild über die Einstellung der Menschen zu ihrem König zu erhalten. Zuletzt wurde sogar vom Innenministerium ein Projekt gestartet, um Denunzianten, Spione mit Ausweisen zu versehen, die alle Menschen melden sollen, die „unloyal“ gegenüber dem König wären. Auch eine Webseite wurde ins Leben gerufen, auf der man auch anonym seinen Nachbarn anzeigen kann. Seitdem sollen die Verkäufe von Bildern des Königs wieder angezogen haben, berichteten einige Devotionalienhändler. 49
Er wird allerdings von der Geschichtsschreibung dafür kritisiert, dass er seine Nachfolgeregelung nicht präzise genug geregelt hätte. Abgesehen dass dies auch anderen passiert, die ihren Tod nicht rechtzeitig voraussehen oder seine Unausbleiblichkeit nicht wahrhaben wollen, bleibt zu bezweifeln, ob eine konkretere Regelung den ungestümen Machtwillen Rama III. zu bremsen in der Lage gewesen wäre. Wahrscheinlich hätte eine zwingendere Regelung das Leben Mongkuts noch stärker gefährdet Seite 30 von 408
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Übernahme von Cochinchina durch Frankreich wurde Siam unangenehm zwischen die beiden Mächte positioniert. Der Westen drückte gegen die Palisaden, die nach dem Tod von Phaulkon, dem Griechen, aufgestellt worden waren. Rama II schenkte dem wenig Beachtung. Er dachte mehr an die Erstellung von poetischen Versen, was ihm von seinen führenden Konkurrenten in dieser Kunst den noblen Titel eines Sire der wunderbaren Rede einbrachte. Unter seinen 27 Kindern war ein Sohn von genialer geliebter Ungeschicklichkeit, der die gegen den Westen gerichtete Palisade überwachte und dazu bestimmt war, ihre Zerstörung zu beginnen. Es war Anandas Urgroßvater Mongkut, der am besten bekannte König Siams wegen Anna Leonowens51 Geschichten und der daraus resultierenden Hollywood Produktion „Der König und ich“. Er befand sich in seiner obligatorischen Mönchzeit, als Rama II starb, aber obwohl er der älteste himmlische Prinz war – der Titel wird Söhnen der Königin gegeben – machte sich ein älterer und ambitionierterer Halbbruder zu Rama III. Mongkut blieb in seinem Kloster und reagierte auf ein siamesisches Prinzip, dass Diskretion der bessere Teil der Tapferkeit ist52. Es ist
50 Das Gebiet des heutigen Vietnams. 51
So segensreich das Wirken dieser Dame vielleicht für die Erziehung der Nachfolger Mongkuts auch gewesen sein mag, für den Ruf der Dynastie und die modernere Geschichte Thailands war sie ein Desaster. Nach ihrem Weggang aus Thailand fühlte sie sich zu literarischem Schaffen berufen und veröffentlichte angebliche Erlebnisse ihrer Zeit am Hofe. Dabei kolorierte sie unbedenklich, erfand dazu, wenn es das Kaufsinteresse erhöhte und schilderte vieles falsch, weil sie bei ihrem defizitären Wissensstand über die ihr fremde Kultur und Welt häufig zu falschen Schlüssen und Beurteilungen kam. Es bedurfte erheblicher Zeit und noch umfangreicheren Schrifttums, um der literarische Verfälschung und politische Zweckaussage der Autorin entgegen zu wirken. Jedoch ist es schwer festzustellen, was letztendlich als Gegenpropaganda zu werten ist, und was tatsächlich eine Korrektur literarischer Verfälschung war. Ähnlich wie in anderen Fällen von verbotenen Büchern und Filmen wird die Kritik oft pauschal und quasi-religiös geäußert. So wurde der Film und das Buch mit folgender Begründung verboten: “Der König und seine Entourage sagte, dass das, was sie aus der Übersicht des Musicals erkennen konnten, die Charakterisierung von Mongkut 90% übertrieben erschien. Mein Ur-Ur-Großvater war ein wirklich ziemlich milder und netter Mann.“( Marguerite Higgins, 'Siam King Found Shy And Welfare-Minded', Washington Post (30 August 1951), pg. B11)
52
Da macht es sich der Autor vielleicht etwas zu einfach. Mongkut fürchtete wohl nicht unbegründet Seidensack und Sandelholzschläger. Als Mönch gehörte er Buddha und war für die weltliche Exekutive unantastbar. Ihn anzurühren, konnte sich auch Rama III. nicht leisten, solange er im Kloster blieb. Bis auf den heutigen Tag haftet Rama Seite 31 von 408
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ein Prinzip, das sie zu geschickten Diplomaten macht. Selbst wenn sie über alle akzeptierbaren Grenzen hinaus zu Konzessionen genötigt werden, geben sie weiter nach: aber sie kommen sofort zurück, wenn die Möglichkeit es zulässt, da die innere Feder des nationalen Bewusstseins unendlich zusammen gedrückt werden kann, ohne -wieder losgelassen- an Spannkraft verloren zu haben. Rama III53 arbeitete so hart, dass er morgens nicht aufwachen wollte. Niemand durfte königliche Persönlichkeiten berühren. Darauf stand die Todesstrafe. Dieses Mächtigste aller Palast-Tabus - dessen makabres Beispiel wir sahen, als Ananda starb – zwang den Pagen von Rama III dazu, die Zeit III. ein gewisser Ursupatorengeruch an, und er und seine Zeit werden gerne mit Schweigen bedacht und nach Möglichkeit übergangen. Trotz Bemühungen seinerseits war es ihm auch nicht möglich, seine Kinder auch nur in die Nähe einer Nachfolgeregelung zu platzieren. 53 Das Verhältnis Ramas III. zu seinem Halbbruder Mongkut bleibt während der gesamten Regierungszeit des Ersteren das einer komplizierten und delikaten diplomatischen Kohabitation.
Rama III. ist sich der Rolle Mongkut als Dauerkonkurrent wohl bewusst und geizt nicht mit Zuwendungen, die die religiöse Position des Bruders stärken und seine kirchliche Laufbahn fördern. Mongkut steigt in dieser Zeit bis zum Patriarchen der nationalen buddhistischen Kirche und unbestrittenen Führer der Sangha auf, womit nicht die Intensität und Profundität dessen buddhistische Studien und daraus resultierender Kenntnisse negiert werden soll. Mongkut versuchte ernsthaft den Glauben und die Organisation zu reinigen und reformieren. Er gründete den Thammayut Nikaya Orden, der sich für eine striktere und ursprünglichere Auslegung buddhistischer Regeln einsetzte, förderte die Kenntnis der Pali Sprache, die er für das buddhistische Studium für unerlässlich hielt, sorgte für die Revision des thailändischen Tipitaka auf Grund alter Schriften und erreichte die Übersetzung des Pali-Kanons in die thailändische Sprache. Obwohl das Verhältnis seines neuen Ordens zur alten Ordnung nur 1:35 zählte, beherrschte der Thammayut Orden den Sangha (hier wird anfänglich die brüderliche Unterstützung gegen die träge Mehrheit hilfreich gewesen sein) und tut es bei ähnlichen Kräfteverhältnissen bis auf den heutigen Tag. Auch der jetzige Patriarch gehört dem Thammayut Orden an. Verlockend in diesem Zusammenhang wäre eine Untersuchung der Unterschiede zwischen Thammayut und dem Rebellen-Orden von Santi Asoke, der ja ähnliche Forderungen nach Glaubenserneuerung stellt wie seinerzeit Mongkut. Die Thammayut-Sekte ist bis heute das Werkzeug des Palastes, um auch durchaus weltliche Ziele zu erreichen. Ein Beispiel für die politische Auswirkung ist die Aufnahme von Thanom Kittikhachorn, einen durch die Demokratiebewegung ins Ausland gezwungenen Diktator, durch das zur Sekte gehörende Wat Bovovirnes am 19. September 1976, das schließlich zum Massaker in der Thammasat-Universität führte. „Samak Sundaravej erklärte dem Kabinett, dass der König und die Königin seine Rückkehr erlaubt hätten.“ (Morell and Chai-anan, Reform, Reaction, Revolution: Political Conflict in Thailand, Boston 1980, S. 271) Seite 32 von 408
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über eine Stunde lang anzusagen, immer und immer wieder bis sein Master aufgebracht war. Dann war Rama aktiv. Die langen religiösen Zeremonien in der Routine des Hofes behinderten nicht seine Aktivitäten, da er seinen Ministern vor dem Hintergrund der klösterlichen Liturgie öffentlich Audienzen gab. Die Toleranz der buddhistischen Religion ist sehr entspannend. Einmal als der heutige König von einer verlängerten Auslandsreise nach Bangkok zurückkehrte, ging ich in einen der führenden Tempel, wo 80 lebensgroße Mönche in zeitloser Unbeweglichkeit sitzen, als ob sie dem aufragenden Buddha zuhören würden, und daneben sah ich drei oder vier Mönche auf dem Marmorboden sitzen. Sie nippten an Teetassen, rauchten und hörten einem Transistorradio zu, in dem jemand über die Ankunft von König Bhoomipol redete. (Zigaretten und ungesüßter Tee hält den Hunger zwischen dem letzten Essen gegen Mittag und dem nächsten Essen zum Morgengrauen in Zaum. Man sieht keine fetten Priester in Siam54). Der Tempel war kühl und wunderschön. Wie angenehm, so zu sitzen und dem Radio zuzuhören, dachte ich und ging mit einem erneuerten Respekt für den fehlenden Pomp und die unorthodoxe Art. Sicher, es wird erwartet, dass man die Schuhe auszieht, aber das muss man auch, wenn man ein privates Haus betritt, um den feinen Teak-Boden sauber zu halten. Die Toleranz des Buddhismus hilft das totale Versagen der westlichen Missionare zu erklären, die nicht in der Lage waren, die Siamesen zum Christentum zu bekehren. Ein Jahrhundert und ein halbes hingebungsvoller Arbeit haben gerade mal eine Handvoll Bekehrter trotz der Hilfe, die freimütig durch alle Könige bis auf einen gewährt worden war erzeugt.55 Das war zu der Zeit, als Rama II versuchte, eine der immer wieder auftretenden Epidemien, die Bangkok befielen, zu verhindern, und eine Zeit der Frömmigkeit verordnete. Zum Beispiel kaufte er Tiere, die eigentlich geschlachtet werden sollten, und fütterte sie. Solche Akte der Tugend, die von Siamesen an ihrem Geburtstag oder bei wichtigen Gelegenheiten vollbracht werden, sind zum Beispiel der Kauf und die Freilassung von Hühnern oder lebenden Fischen auf einem Markt. Einige der Missionare erklärten diese Praktiken zum Aberglauben, was Rama III erzürnte und zu blinder Wut anspornte, unter denen die Chakris oft gelitten haben, bis ein Bischof ihn
54
Heute sieht man durchaus auch fette Mönche.
55 Toleranz ist eine verklärte Sicht der Dinge. Wer die Gewalttaten sieht, wer die stillschweigende Duldung von Menschenrechtsverletzungen, von Unterdrückung und die Exzesse von Intoleranz insbesondere in den letzten drei Jahren gesehen hat, der wird zu der Auffassung kommen, dass Toleranz nicht auf diese Gesellschaft zutrifft.
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mit dem Geschenk von einigen Enten und Gänsen, die zum Freilassen bestimmt waren, wieder besänftigte. Besser diente dem Zweck (der Vorbeugung gegen Epidemien) die Arbeit eines Amerikanischen Missionars, Dr. Bradleys, der die Vorteile der Impfungen bewies. Rama III befahl ihm daraufhin, diese Methode den siamesischen Ärzten beizubringen, wodurch der Westen zum ersten Mal effektiv erfolgreich in die Gebräuche eindrang und das an der Spitze einer Impfnadel. Aber die Spitzen der Bajonette kamen auch immer näher. In Erinnerung an Birmas und Malaysias Schicksal, und nachdem selbst China den Engländern Hong Kong verkaufen musste, unterzeichnete Rama II einen Vertrag in dem „Die Engländer und die Siamesen sich in Frieden begegnen, in Liebe und Zuneigung, mit gegenseitigem Respekt, Vertrauen und Aufrichtigkeit ….“ Zumindest die Freundschaft, Liebe und Zuneigung bestehen fort. Ein paar Jahre später wurde ein ähnlicher Vertrag mit den USA geschlossen, die von „Edwin Rabad, einem Edelmann aus Amerika“ vertreten wurden, der den Namen Edmond Roberts trug und ein Gesandter von Präsident Andrew Jackson war. Er förderte den Handel, vermehrte die Schönheiten von Bangkok, begradigte den Fluss, grub Kanäle, schlachtete dreitausend chinesische Immigranten ab, die sich in geheimen kriminellen Gesellschaften organisiert hatten, er nahm einen rebellische Vasallen wie den König von Laos gefangen und stellte ihn öffentlich in einem Käfig aus. Die 27-jährige Regentschaft von Rama III litt nicht unter Untätigkeit. Und in all der Zeit blieb Mongkut still ein Mönch. Im Alter von 33 Jahren wurde er zum Abt eines Klosters gemacht, der Excellent Abode in Bangkok, wo er die gereinigte Form des Buddhismus einführte.56 Er lernte auch Englisch, und wurde der erste in seinem Reich, der es sprach und schrieb, oft in verwunderlicher Art, weil es für einen Siamesen schwer ist, denn seine Worte haben unterschiedliche Bedeutungen je nachdem, welche der fünf Tonlagen er zur Aussprache benutzt. Dabei haben seine Worte nur Einzelsilben und daher werden sie aufgereiht wie auf einem chi-
56
Der königliche Bruder stellte ihm das Wat Bowornives zur Verfügung, in das der frisch gekürte Abt am 11.06.1837 mit seinen Jüngern und Mitstreitern des Thammayut Ordens einzog. Mongkut richtete dort eine Pali-Schule ein. Der Monarch förderte alle religiösen Bemühungen seines Halbbruders und hielt ihn damit auch gleichzeitig von Staatsgeschäften und “gefährlichen” Interessen fern. Seite 34 von 408
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nesischen Abacus: Ein Arbeiter ist „Sohn-einer-Verdingung“, ein Daumen ist „Mutter-der-Hand“, Elektrizität heißt „Himmels-Feuer“, Streichhölzer sind „Holz-macht-Feuer“, der Fluss ist eine „Mutter-des-Wassers“. Da ein Siamese keine Mehrzahl kennt, fügt er das Wort Körper hinzu: „Tisch-dreiKörper“ bedeutet drei Tische. Die Sprache hat auch keine Zeiten, aber er kommt damit zurecht, indem er sagt „ich gehe nach Bangkok gestern“. Er kennt in der Sprache auch kein Geschlecht, weshalb er evt. zu Beginn seines Englischunterrichts seinen Bruder als seine Schwester vorstellt, weil das Wort für beide das gleiche in Siamesisch ist. Und die Worte werden ohne Zwischenraum geschrieben. (UnddieWortewerdenohneZwischenraumgeschrieben) Während man das Gleiche wie eine Interpunktion durch Lücken in dem Text erreicht. Auch hat der Siamese eine separate Sprache der Monarchie, wenn er zum König oder über den König spricht. So sind die Namen der Körperteile des Königs unterschiedlich und für seine Aktionen wie Essen, Schlafen, Gehen und für delikate Subjekte wie Schweine und so weiter. Bevor der Westler jedoch irgendetwas über die Sprache lernt, gerät er in eine fast unvorstellbare Verwirrung der Nomenklaturen. Die Siamesen und Westler haben nicht nur unterschiedliche Namen für das Land, seine Hauptstadt und den wichtigsten Fluss, sondern außerdem wird kein Name so ausgesprochen wie er geschrieben wird. Die Siamesen sind eine Rasse der Cholmondeleys 57 Mongkut lernte auch Latein und las die Bibel, aber Englisch erlaubte es ihm, das Hochland des westlichen Wissens zu sehen. Dies wurde sehr wichtig für ihn, als Rama III. starb, und er sich selbst aus dem Kloster entließ, um König zu werden. Als Englands Gesandter ihm im Jahr 1855 besuchte, so sah er ihn, wie er im Mondlicht gekrönt wurde und dabei einen juwelenbedeckten Haarschmuck trug. Er bot dem Engländer Zigarren an und nahm ihn dann in sein Arbeitszimmer mit, das mit einer Sammlung von Uhren, Barometern und anderen Instrumenten vollgestopft war, und zu dem dann eine Modelleisenbahn als Geschenk von Königin Victoria hinzugefügt wurde. Es verkörperte das Abschütteln des Barbarismus und die Begierigkeit, in das 19. Jahrhundert einzutreten. Und er war sich sicher, dass sein Land ihm folgen würde.
57 Eine britische Schriftstellerin, Mary Cholmondeley. die berühmt ist für ihre blumenreiche Sprache ohne Wiederholungen.
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Früher war der Bevölkerung verboten wurden, auf die geheiligte Person des Königs zu schauen, und sie mussten damit rechnen, dass ihnen von den Wachen des Königs die Augen mit Pfeilen ausgeschossen wurden, wenn sie ihm mit dem Blick folgen sollten.58 In Zukunft, so verordnete er, konnten sie ihn anschauen. Früher bedeckten die Männer und Frauen nur den unteren Teil ihres Körpers, ihre Torsos; er dekretierte, dass man zukünftig vollständiger bedeckt sein müsse. „Diese Körperteile könnten durch Narben entstellt sein oder heftig schwitzen. In beiden Fällen wäre das äußerst abscheulich“. In über 500 Dekreten glaubte er, Siam zu modernisieren. Jedes Dekret begann mit seinen zahlreichen Titeln und den Worten „durch königlichen Befehl, strahlend wie der Ruf eines Löwen.“ Sie reichten von der Erlaubnis des Praktizierens von Religionen bis zum Verbot „die unelegante Praxis durchzuführen, tote Tiere in die Wasserwege zu werfen.“ Während er mit der Arbeit seiner Vorgänger fortfuhr, Bangkok schöner zu machen, war er auch der erste, der Straßen auf dem Land und im Wasser einrichtete, und er fuhr mit einer zweispännigen Pferdekutsche zur Inspektion dieser Operationen. Er fuhr stolz mit seinem Raddampfer über den Golf sowohl zum Spaß als auch, um seine dampfbetriebene Flotte von Handelsschiffen zu überwachen, die er unter englischen Kapitänen zusammengestellt hatte. Er ermutigte die Einführung von westlicher Medizin und Krankenhäuser durch Missionare, er baute mit Hilfe von Dr. Bradley eine Druckerpresse, richtete eine Münze ein, um Münzgeld zu schlagen, die an Stelle von Brocken Eisen zur Anwendung kamen, und er organisierte seine Armee unter englischen Offizieren, während er ein dunkelrote englische Uniform trug. (Sein Bruder war so interessiert an Artillerie, dass sogar seine Gärtner und Köche im Schießen trainiert wurden.) Aber Mongkuts wichtigste Tat war der Import von westlichen Beratern, die beim Regieren und der Modernisierung der Regierung helfen sollten. Dahinter steckte weit mehr als eine Passion für Modernität: Er war überzeugt, dass er keiner westlichen Macht einen Grund geben würde als Entschuldigung für eine „Intervention“. Aus
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Am 17.04.2006 war ich auf die Insel Ko Chang gefahren. Auf dem Weg zu einem Tauchgang in einem der landesüblichen, zum Taxi umgebauten Pick-Up, wurde das Taxi angehalten. Der gesamte Verkehr wurde angehalten. Alle 100 Meter stand ein Polizist. Die Taxiinsassen wurden barsch aufgefordert, nicht auf die Straße zu sehen. Nach ca. 20 Minuten fuhr eine Fahrzeugkolonne mit Mitgliedern der königlichen Familie vorbei. Ein Engländer in dem Taxi, der sich neugierig umsehen wollte, wurde barsch von einem Polizisten in bedrohlicher Stellung aufgefordert, nicht auf die Kolonne zu schauen. Seite 36 von 408
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diesem Grund machte er auch vertragliche Zugeständnisse, ohne auf die Souveränität des Landes zu achten; er liberalisierte den Handel und stimulierte die Reisproduktion, die schon immer die Hauptstütze der Wirtschaft gewesen war. Da seine Familie die Nation mit ihren Führungskräften versorgte, stellte er sicher, dass progressive westliche Lehrer seine Kinder unterrichteten. Er hatte tatsächlich 82 Kinder von seinen 35 Frauen, ein siamesischer Rekord, der um so bemerkenswerter ist, weil er bereits einmal verheiratet gewesen war und zwei Kinder gezeugt, als er im Alter von 20 Jahren in den Mönchsstand eingetreten war. Dort hatte er aber streng abstinent gelebt59, bis er im Alter von 47 Jahren König von Siam wurde. Er starb im Alter von 64 Jahren. Der wichtigste seiner Söhne war Chulalongkorn, sein Nachfolger und Anandas Großvater. Zu seiner Ausbildung und die seiner Brüder und Schwestern hatte Mongkut die Engländerin Anna Leonowens importiert, deren durch ihre politische Überzeugung gefärbten Berichte durch Hollywoods verfälschende Linsen nicht besser wurden. Jedoch was an Wahrheit übrig blieb: Mongkut hatte einen anmutigen Charakter trotz seiner Ausbrüche von Jähzorn und mit seiner intellektuellen Neugierde bleibt er der attraktivste aller siamesischen Könige. Einmal schrieb er ein Buch über weiße Elefanten und stellte fest, dass unter ihren Vorzügen ein wunderschönes Schnarchen wäre, wobei er aber zugab, dass im Urteil einer Frau der Geschmack variieren mag. Aber die Wissenschaft blieb seine Passion. Besonders die Astronomie. Wenn er ausritt, stellte er immer den Sonnenstand fest, um seinen Längen- und Breitengrad festzuhalten, und er konnte im Jahr 1869 den korrekten Zeitpunkt einer Sonnenfinsternis vorhersagen. Er widerlegte damit den Glauben der Menschen, dass das Phänomen durch eine gigantische Schlange, die die Sonne verschlänge verursacht würde. Er lud ausländische Wissenschaftler ein, die Sonnensfinsternis mit ihm von einem erhöhten Punkt außerhalb von Bangkok zu betrachten. Aber dort wurde er mit Malaria infiziert. Sterbend, wie Buddha an seinem Geburtstag, drehte er sich (wie Buddha es auch getan hatte) auf seine rechte Seite und murmelte ruhig und belehrend wie immer. „Dies ist der korrekte Weg, um zu sterben“.
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Was für die aufrichtige Geradlinigkeit seines Charakters und seine tiefe Religiosität spricht. Seite 37 von 408
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Und so kam sein Sohn Chulalongkorn auf den Thron, um Siam mit der gleichen Galanterie, den die europäischen Frauen bei seinen Staatsbesuchen an ihm schätzten in das 20. Jahrhundert zu gleiten. Er war der erste siamesische König, der ins Ausland reiste60. Sein Vater stand halb im Schatten der Vergangenheit, er selbst stand dickbäuchig und zuversichtlich in der Gegenwart. Er hatte gut von Mongkut gelernt, wie man Briten als Berater für Finanzen importiert, Amerikaner als Berater für die Beziehungen mit dem Ausland, Franzosen als Rechtsberater, und Dänen, Deutsche und insbesondere Belgier in den anderen Abteilungen. So richtete seine Regierung Bildungsstätten von Grund auf neu ein. Eine Polizeieinheit, Post und Telegraphenservices und eine Eisenbahn, Krankenhäuser, ein Haus für Geistesschwache, eine medizinische Hochschule, eine Organisation für die öffentliche Gesundheit, eine Hochschule für Recht, ein Strafgesetzbuch, eine reformierte Gerichtsbarkeit und ein neues Strafsystem. Die Regierung führte Urkunden für Landbesitz ein, von denen er einen großen Teil selbst kaufte, um den Reichtum seiner Nachfolger zu begründen. Und schon bald, als ob er an der magischen Lampe gerieben hätte – da hatte er einen Staat des 20. Jahrhunderts geschaffen. Was hätte angemessener sein können für jemanden, dessen liebstes Buch die „Arabischen Nächte“ (The Arabian Nights) waren? Chulalongkorn selbst schien wie die Schöpfung eines Geschichtenerzählers, der die tausend und eine Nacht betört. Beobachten sie ihn, den größten der Potentaten, der zu einem Picknick mit zwei-, drei- oder viertausend Menschen in seiner Entourage fuhr, die alle in unzähligen exotischen, von mit roten Uniformen gekleideten stehenden Ruderern angetriebenen Booten unterwegs waren, um dann an Bambus-Pavillons anzuhalten, die nur für die eine Nacht gebaut worden waren, und doch bedeckt waren mit Blütenblättern, die in farblichen Schichten zusammengesteckt waren. Oder beobachten Sie ihn die glücklicheren seiner 77 Kinder zu unterrichten, während er unter ihnen sitzt. Oder wieder einmal, Gott des Lebens, wie er gegen Mittag aufsteht, um bis um vier Uhr am Morgen zu arbeiten und die ganze Verwaltung verpflichtet, das mit ihm zu tun nur Pause machend, um in der City mit seinem offenen gelben Elektroauto zu fahren oder um Mahlzeiten zu essen, die von chinesischen und indischen Köchen zubereitet worden waren. Er liebte Essen so sehr, dass er ein Buch mit westlichen Re-
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Abgesehen von Raubzügen und Kriegen.
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zepten schrieb einschließlich 14 für Sandwichs. Es ist wahrscheinlich, dass diese Vorlieben ihn später heimsuchten und mit Diabetes und anderen Krankheiten straften. Und so starb er im Jahr 1910 im Alter von nur 57 Jahren. Seine Zeit als Regent hatte 42 Jahre gedauert, da er Mongkut schon als Teenager auf dem Thron gefolgt war. Während seiner Minderjährigkeit hatte er einen Regenten, der den gleichen Namen trug wie einer der Regenten, der einen der Könige Ayudayas getötet hatte. Auch wenn dieses Beispiel nicht wiederholt wurde, passierte etwas Schlimmeres, nämlich der Aufbau einer Gruppe von mächtigen Prinzen (also königlichen Verwandten), die die Abteilungen der Regierung geschickt leiteten, die aber nur dem sehr beschäftigten König Antworten gaben; sie wurden die Knotenpunkte, um die sich alles drehte, besonders die zunehmenden Arten von Bildungsprogrammen; sie horteten die Arbeit, den Fortschritt und den Wohlstand. Der Palast dieser Barone wurde zu einem weniger wichtigen Hof, in dem Günstlinge herumschlichen und schmeicheln konnten. Hier genau liegt die Ursache von Siams politischen Problemen im zwanzigsten Jahrhundert. Wichtig für das Verständnis der Tragödie von Ananda war die Art des Verstreuens der Saat durch die königlichen Lenden. Viele der 92 Frauen Chulalongkorns teilten nie sein Bett. Unter seinen persönlichen Räumlichkeiten im Inneren war ein Raum, der der Gelbe Raum genannt wurde, in dem nicht bevorzugte Frauen durch all die Jahre voller Hoffnung jeden Abend warteten, während er an ihnen vorbei ging, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Drei Frauen warteten nie dort. Diese Favoriten waren drei Schwestern, die als Töchter einer der Frauen seines Vaters auch seine Halbschwestern waren. Inzest innerhalb von Monarchielinien war nichts Neues, aber die später folgenden Ereignisse lassen nicht vermuten, dass die ChakriLinie durch sie gestärkt wurde. Weniger wissenschaftlich nachprüfbar aber ebenso wichtig für das Folgende waren die Persönlichkeiten seiner führenden Frauen. Aber deswegen hatte Ananda nicht sterben müssen, und er wäre sicher nicht geboren worden. Im Alter von 21 Jahren fiel eine der drei Schwestern in den Fluss, als ihr Boot kenterte61. Wegen des Tabus, nach dem niemand königliche Personen anfassen durfte, konnten weder sie noch ihre zwei Kinder vor dem Ertrinken gerettet werden. Chulalongkorn wandte sich zum Trost den zwei über-
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Am Bak-Pa-In Palast Seite 39 von 408
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lebenden Schwestern zu. Beide waren Königinnen, aber die jüngere machte er zu höchsten Königin. Sie war die Macht hinter dem Thron. Er ernannte sie zum Regenten, wenn er außer Landes war. Sie sandte ihm jede Stunde einen Bericht über ihre Gefühle, das Essen und Trinken, den Status ihrer Gedärme und ihrer Blase. Auf die winzige Person häufte er Titel und Juwelen einschließlich eines 100.000 Pfund teuren Perlenhalsbandes sowie Grundbesitz, der 90.000 Pfund Gewinn pro Jahr abwarf. Sie folgte königlicher Tradition und machte ihren Hof zur Schule, in der die Mädchen landestypische Wissenschaften lernten, gute Manieren und Selbstdisziplin. Sie baute und stattete Mädchenschulen aus, und sie vergab Stipendien für Mädchen, die dann im Ausland studieren konnten. Sie gründete die Siamesische Rot-Kreuz-Gesellschaft und sandte Mädchen zum Lernen des Krankenschwesterberufs nach England. Sie ließ auch Hebammen ausbilden, um neue Geburtsmethoden anzuwenden (eine Frau der Arbeiterklasse gebar auf einem unhygienischen Boden, und das Neugeborene wurde neben ein Feuer gelegt.) Nach Chulalongkorns Tod wurde ihr der Titel „Königin mit zehntausend Jahren“ verliehen, und sie führte weiterhin im Inneren das Kommando über die Chakri-Familie. Dabei hielt sie sich weiter an die reichlich ungewöhnlichen Zeiten ihres Ehemanns (sie begann mit dem Frühstück um 22:00 Uhr in der Nacht) und behielt ihre eigene Passion für Autos. Aus dem Katalog der London Motor Show wählte sie jedes Jahr drei oder vier Modelle als Geschenke für ihre Verwandtschaft aus. Ihre ältere Schwester, die Königin Sawang genannt wurde, war durch den König nur einen Grad niedriger eingestuft worden. Auch wenn sie eine unheilbare Spielerin war (wie die meisten ihrer Landsleute) - im Alter von 57Jahren spielte sie einmal während 24 Stunden Poker bis zum Ende – folgte sie doch in den meisten Dingen ihrer Schwester in den Pflichten des Staates. Die Wichtigkeit für uns in unserer Geschichte ist die Tatsache, dass junge Mädchen zu ihr zur Ausbildung kamen, und sie zahlte für viele Mädchen, damit sie im Ausland studieren konnte. Dabei sollte es geschehen, dass eines dieser Mädchen, die allerletzte, von der es jemand erwartet hätte, mit einem ihrer Söhne verheiratet wurde. Und wenn dies etwas war, das niemand vorhersehen konnte, dann konnte man noch weniger voraussehen, welche noch extravagantere Chance die beiden Söhne des Mädchens haben würden, die beide König werden sollten. Der erste war Ananda. Der andere, sein Bruder Bhoomipol, nach Anandas Tod. Seite 40 von 408
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Wie das passierte, bringt uns direkt zu dem Geheimnis: die Fragen und Tragödien dieses Todes, mehr als eines einzigen seitdem; wie wir sehen werden, kann Töten ansteckend sein. Genau so ansteckend wie die Gerüchte und Verdächtigungen, die an Anandas Bruder, seiner Mutter, den beiden führenden Männern im modernen Siam und andern Menschen anhaften, wenn sich die Geschichte vor dem Leser entwickelt. Ebenso wenig haben die Spekulationen über die Identität des Mörders nachgelassen: Die Art von Anandas Tod selbst, ob durch Mord, Unfall oder Selbstmord, alles wird immer noch diskutiert. Trotz eines Gerichtsverfahrens wegen Königsmord, so außergewöhnlich wie einige in der Geschichte der Mordfälle, bleibt die Verwirrung immer noch bestehen, wird der Widerspruch immer wieder sichtbar. Der Zweck dieses Buches ist diese Verwirrung zu beenden und der Nachkommenschaft ein klares Urteil zu überlassen.
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Das Leben von Ananda Die Ereignisse, die entscheidend für Anandas Leben und Tod sein sollten, passierten oft nicht einmal in der Nähe seines Geburtslandes. Sein eigener Geburtsort ist Heidelberg in Deutschland. Es war im Jahr 1925, und zur gleichen Zeit verpflichteten sich einige seiner Landsleute im benachbarten Paris zu einem Schicksal, dass untrennbar von dem seinem war. Aber niemand konnte damals daran gedacht haben. Sie waren gerade einmal Studenten, die zum größten Teil von Stipendien lebten. Sie trugen normale westliche Kleider, sie erzeugten keinerlei besondere Aufmerksamkeit, weil viele Studenten aus dem Orient in den Zwanziger Jahren nach Paris pilgerten. Und außerdem, wer kümmerte sich denn schon um sie in diesem Ethos der überschäumenden Genusssucht. Wenn die Menschen ihre Cocktailgläser herunter stürzten und sagten, „Hier ist Schmutz in Ihrem Auge“, dann meinten sie nicht den Schmutz von Flandern. Das war vergessen im universalen notwendigen Vergessen. Die natürliche siamesische Fröhlichkeit traf den Nerv der Stunde. Aber daneben gab es Überlegungen und Nachdenken bei denen, die empfindsam gegenüber dem Wohlergehen ihres Landes waren. Der Name eines dieser Studenten wird am Ende wieder auftauchen: Pridi Banomyong
Abbildung 3 Die Pariser Studenten, fotografiert auf dem Place de Trocadéro nach einem Besuch in der Botschaft im Jahr 1927. Pridi sitzt als Vierter von links und FM Pibul ganz rechts, während Kuang steht.
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Pridi war ein gut gebauter, fast grobschlächtiger junger Mann mit einem kurzen Bürstenschnitt. Sein Aussehen war nicht ungewöhnlich bis auf den Ausdruck seiner tiefen dunkelbraunen Augen, die noch mehr glänzten als bei seinen Landsleuten üblich. Er war immer bereit zu lächeln, war leicht zum Lachen zu bringen, aber er hatte eine undurchdringliche Art, eine Maske über seiner Seele, wodurch seine Wärme, seine Freundlichkeit und seine Geduld überraschten. Er war der Sohn eines Reishändlers in einem kleinen Dorf in der Nähe der historischen Hauptstadt Ayudhya im Norden von Bangkok, und ihm wird nachgesagt, dass er chinesisches Blut geerbt hätte. Da eine große Zahl von Siamesen vom König bis zu einfachen Bauern ähnlich gesegnet wurden, ist das nicht unwahrscheinlich. Er begann mit dem schwächsten Anspruch zu leben. Bei seiner Geburt am 5. Mai 1900 war seine Mutter so krank, dass niemand dachte, dass er überleben könnte, und alle Aufmerksamkeit galt seiner Mutter, bis jemand zufällig feststellte, dass das Kind am Leben war. Nachdem er eine in der Nähe gelegene Grundschule besucht hatte, wurde er in die glühende Hauptstadt geschickt, wo sein Namen heute solche Emotionen entfacht. Aber als der scheue respektvolle Junge ankam, konnte niemand etwas davon ahnen. Er war der arme Verwandte eines höheren Beamten, der ihn in sein Haus aufnahm, damit er seine Ausbildung in einer Klosterschule weiter führen konnte. Er liebte es, Fußball zu spielen, aber seine hohe Begabung fand weniger Schwierigkeiten als Freude beim Lernen, und er konnte sich ohne Mühen für die Hochschule für Recht immatrikulieren. Diese Schule hatte eine kurze aber signifikante Geschichte. In der Einleitung hatte ich beschrieben, wie das 20. Jahrhundert durch den brillanten und überschäumenden Potentaten, König Chulalongkorn, in Siam eingeführt wurde. Er zeugte siebenundsiebzig Kinder und eine große Mengen Reformen: der frühe König regierte, der spätere modernisierte sein Land. Aber zwischen seinen Nachkommen waren Erbstreitigkeiten ausgebrochen. Die Reformen produzierten gebildete Bürgerliche, die nur in den Abteilungen der Regierungsbehörden Arbeit finden konnten, die wiederum von despotischen Prinzen beherrscht wurden. Und doch war es ironischerweise ein Prinz, der den Weg, das Ideal für die protestierende neue Intelligenz aufzeigte. An der Schule für Recht, die von Chulalongkorn gegründet worden war, wurde eine neue, verwirrende und Begeisterung auslösende Idee gelehrt, die Demokratie genannt wurde. Es begann mit kleinen Feuern an vielen Stellen. Als ein Kavallerieoffizier bestraft wurde, weil er sich mit einem Mann in einer Taverne geprügelt hatte, während der Mann ungestraft blieb, weil er unter dem Schutz eines Seite 43 von 408
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der älteren Söhne von Chulalongkorn, des Kronprinzen stand, da marschierten die Soldaten mit gezogenen Schwertern auf, und ein Aufstand war kaum zu verhindern. Andere nie dagewesene Geschehnisse im Dienste des Staates beinhalteten ähnliche Herausforderungen gegenüber dem unsterblichen Konzept des monarchistischen Absolutismus. Tatsächlich wurde eine Petition geschrieben und an Chulalongkorn gerichtet, in dem er aufgefordert wurde, dem Land eine Verfassung zu geben. Er antwortete, dass das Land nicht bereit wäre, jedoch man vermutet, dass er in Wirklichkeit meinte, was Wellington bei einer anderen Gelegenheit schloss: „Das, was wir heute benötigen, ist, nicht das Glück zu verlieren, welches wir erhalten hatten.“ Schon bald darauf starb er und sein Kronprinz folgte ihm auf dem Thron. Ein dicklicher, wohlklingender Mann, der in Sandhurst und Oxford ausgebildet worden war, und der sich selbst in die Exklusivität der Gesellschaft seiner männlichen Hofschranzen zurückgezogen hatte, mittels deren er die ganzen Regierungsgeschäfte führte. Im 1. Weltkrieg sandte er eine kleine Expeditionsarmee nach Frankreich, die zu spät ankam, um ernsthafte Verluste zu erleiden, aber groß genug, um den patriotischen Idealismus anzuheizen, der überging in ein Nachkriegs- Missvergnügen über die Günstlingswirtschaft des Königs. Es war diese Nachkriegsperiode, in der der junge Pridi die Schule für Recht besuchte, dort war der Brunnen des Liberalismus Siams. Er trank viel davon. Das Recht, das er studierte, war nicht genug: Das Recht machte wenig Sinn, außer wenn es von freien Männern in freier Vereinbarung gemacht wurde: das war Demokratie. Vernunft und Mitgefühl für die Menschen waren hineingeboren worden in seine Überzeugung. Wenn es noch nicht so stark in ihm war, so wurde es bald überwältigend, als er die Prüfungen absolvierte und ein Stipendium gewann, dass ihn in den Zwanziger Jahren nach Paris brachte. Er und seine Mitstudenten leben in verschiedenen Zentren, aber sie hatten einen Aufpasser, den Botschafter. Er war ein Halbprinz, und er war jähzornig, despotisch und unmöglich. Ein Besucher beim Mittagessen in der Botschaft, einem kleinen Haus in Nummer 8 in der Rue Greuze in der Nähe von Trocadéro, erinnert sich, dass der Sohn des Botschafters eine Anekdote erzählte die jeden zum Lachen brachte, außer dem Vater, der ihn entschieden aufforderte, es zu wiederholen, nicht einmal, sondern zwei Mal und ein drittes mal, und dann donnerte, „Ich habe kein Wort gehört. Geh und schreibe es nieder.“ Zunächst bedeutete diese tägliche Tyrannei des kleinen Monsters der jungen intellektuellen Elite Siams wenig für Pridi. Er schrieb sich sowohl in de Seite 44 von 408
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Hochschule für Recht als auch an die Hochschule für Politikwissenschaften ein, er las eifrig und erforschte neue Gebiete. Mit seinen Freunden ließ er aber auch das Tanzen nicht aus, die Billardspiele, das Moulin Rouge und ähnliche Annehmlichkeiten des Pariser Lebens. Aber Sie hätten sie auch in langen und ernsten politischen Diskussionen vertieft im Cafè Siefe im Quartier Latin sehen können, oder bei politischen Treffen jedweder Art, wobei sie den Geruch des Radikalismus schnupperten mit dem sich die Intellektuellen von Paris parfümierten. Sein eigener außergewöhnlicher Intellekt machte ihn zum Ersten unter seinen Freunden. Sie lernten von ihm und gaben ihm den Spitznamen Mentor oder Lehrer, einen Namen, mit dem ihn eine ganze Generation von Menschen rufen sollte. Von Zeit zu Zeit trafen die Studenten von Paris einen jungen Prinzen, der so sehr anders war, als der despotische Botschafter. Dieser Mann, von extremer Freundlichkeit und Idealismus, war eher eine Stein des Anstoßes in der königlichen Chakri-Familie, zu der er, als Halbbruder des Königs, gehörte62. Sie freuten sich auf seine Reisen nach Europa und waren begeistert von den Neuigkeiten aus Heidelberg im Herbst 1925, die berichteten, dass er mit seinem ersten Sohn gesegnet worden war, dessen Namen Ananda war. Für Pridi bedeutete dieser Namen keine Vorahnung, kein Finger zeigte vom Himmel herab, von dort wo seine Sterne und die des neu geborenen Kindes in einer tragischen Konjunktion funkelten. Es schien so, als ob dies keine Konsequenzen hätte, und sicher irrelevant hinsichtlich der alles beherrschenden Frage, wer auf dem Thron nachfolgen würde. Die seine Günstlinge liebende Majestät lag in der irdischen Auflösung, nachdem er den Rest seiner Energie in jähzornigen Attacken innerhalb einer Ehe verbraucht hatte. Als Ergebnis seiner verspäteten Heirat gebar seine Frau nicht mehr als ein Mädchen, was den Thron für seinen Bruder öffnete, einen Soldaten mit dem Namen Prajadhipok. Die Studenten in Paris waren erfreut. Einer der am wenigsten exzentrischen der Chakri-Linie, sollte der neue König sein, der erste, der sich selbst beschränkte, indem er nur eine Gemahlin hatte. Ein Man von liberalen Impulsen, von Ehre, ohne eigensüchtige Ambitionen: Er wäre zufrieden gewesen, in seiner Militärkarriere weiter zu leben, für die er in Woolwich, England ausgebildet worden war. Die Studenten konnten mit Recht glauben, dass 62 Prinz Mahidol, der Vater von Ananda, hatte verzweifelt versucht zu verhindern, dass seine Söhne einmal Aufgaben am Hofe übernehmen, vielleicht sogar den Thron besteigen sollten. Er hatte sich bis zu seinem Tod an Freunde und seine Frau gewandt mit der Bitte, seine Söhne davor zu beschützen.
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diese Thronbesteigung das Ende der Privilegien eines Despotismus markieren würde. Und auch Prajadhipok selbst glaubte daran.
Abbildung 4 Prinzessin Mahidol, die Königinmutter, mit ihren drei Kindern - Ananda, Bhoomipol und Bayani (Oben rechts Prinz Mahidol)
Aber die fortschreitende globale Wirtschaftsdepression verwandelte seine Regentschaft schnell in einen Albtraum. Englands Abkehr vom GoldStandard verursachte eine Einkommenseinbusse beim Verkauf des siamesischen Reis. Prajadhipok vertraute die Regierung einer Exekutive von Prinzen an, die zwar aus Fähigen ausgewählt worden waren, aber unpopuläre Wirtschaftspolitik betrieben. Dies brütete Unzufriedenheit aus, die verdächtig nach Verzweiflung zu riechen begann, als die Absicht des Königs, außen stehende Bürgerliche zu seinen Beamten zu machen, zu nichts führte, weil seine mächtige Verwandtschaft dagegen in Opposition ging. Als Reaktion auf diese düsteren Nachrichten von zu Hause, entstand in Pridi seine Überzeugung, die wichtig für alles war, was danach passierte, für Siam, für den immer noch im Kindesalter befindlichen und unbeachteten Ananda, für ihn selbst, auch noch unbeachtet, ein junger Bursche, der auf ein armseliges Stipendium angewiesen war, und eine Menge heißer Luft von den Höhen von Montmartre bis zu den Cafés auf dem Boulevard Saint Germain blies. Er trug einen Hut und rauchte Gauloises, Es schien als ob sein Geist aus Siam entführt worden wäre, als sein Körper in Paris präsent war. Aber es gab Momente, in denen Siam weniger weit entfernt schien. Zum Beispiel, wenn er auf der Pont Alexandre III im Sonnenuntergang stand, und durch die Flügel der hoch aufragenden Statue starrte, dann konnten die Augen über die vergoldeten Wolken vom Invalidendom zur schlanken Eminenz des Eiffel-Turms wandern. Und dann konnte in der Phantasie die Silhouette Bangkoks gar nicht mehr so entfernt scheinen. Auch Pridis Herz noch seine Gedanken waren jemals weit weg. Er überzeugt davon, seinen Landleuten helfen zu wollen. Und sie vielleicht sogar zu retten.
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Gegenüber seinen Freunden schlug der Mentor dringend eine Lösung von Siams Problem vor. Die Monarchie musste wie im britischen System beschränkt werden. Und die Wirtschaft könnte nur durch eine allumfassende Planung gerettet werden, denn Pridi war ein treuer Anhänger seiner Generation und deren begeisterte Antwort auf die großartigen Hoffnungen des Sozialismus. Er war unbeachtet von der Welt, und selbst der kleinen Einheit, die sein eigenes Land darstellte, aber sein Einfluss hatte eine aufkeimende Kraft. Und es störte bereits die alte Garde. Seine Mitstudenten die über ganz Europa verstreut waren, wählten ihn zum Präsidenten ihrer Vereinigung. Sie kamen zu ihm mit ihren Geldproblemen, Liebesproblemen, Elternproblemen: und er stand zuverlässig zwischen ihnen und den Wütenden, die die Jungen verurteilten. Gelegentlich vertrat er sie bei Konflikten mit den Behörden. Der halbtaube Botschafter hasste ihn deshalb noch mehr als für die Bemerkungen, die seine Exzellenz über die flegelhaften Interessen an radikaler Politik hörte. Unweigerlich kam es zu einer Explosion. Es geschah, dass Pridi und andere zu einem Treffen von siamesischen Studenten in London eingeladen worden waren. Der Botschafter verweigerte gerade heraus die Erlaubnis. In einem wütenden Nachspiel schrieb er selbst einen Brief an den König und beschwerte sich über den Haufen Bolschewiken, dessen Kommissar Pridi wäre. Die Studenten schrieben einen höflichen Gegenvorwurf: Der Botschafter hätte königliche Gelder veruntreut, die Frau eines anderen Mannes verführt, und Siam im Bündnis der Nationen entwürdigt! Solche Dinge, gesagt über einen Prinzen, verdienten eigentlich die sofortige Abtrennung des Kopfes, aber nach dem Einholen von Auskünften des fair eingestellten Königs Prajadhipok, sagte er, dass der Haufen Bolschewiken seine Studien beenden müsste. Pridi rieb dann Salz in die Wunden des Botschafters, indem er seine Doktorarbeit mit "Sehr Gut", „Très Bien“ abschloss. Aber der Despot war noch nicht geschlagen. Er ordnete an, dass Pridi mit der dritten Klasse nach Hause reisen müsste, und dabei die braune Kleidung eines Arbeiters zu tragen hätte. Die anderen Studenten schlossen sich prompt zusammen, um ihm ein Erste-Klasse-Ticket zu kaufen sowie angemessene Kleidung. Mehr als dass: Sie tauschten Schwüre aus, für die Demokratie zu leben und zu arbeiten. Alle kamen rechtzeitig zuhause an. Sie erhielten Anstellungen in den Regierungsbehörden, und viele heirateten, richteten sich ein Heim ein und gründeten Familien. So verstrichen sechs Jahre. Ihre Schwüre erschienen Seite 47 von 408
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aufgeweicht unter dem gemütlichen Eindruck der Normalität. Pridi selbst heiratete die Tochter eines Beamten, der ihn in seinem Haus aufgenommen hatte, als er zum ersten Mal in Bangkok zur Schule ging. Er war kein Bauernlümmel aus der Provinz mehr. Im Justizministerium gaben sie ihm zunehmend wichtige Aufgaben. Und er kehrte an seine alte Schule für Rechtswissenschaften als Lehrer zurück. Dort, das ist wahr, rottete sich die Intelligenz des Landes zusammen, um die Erklärungen der Demokratie zu hören, die er in seine Vorlesungen über Recht einband, aber die Behörden, bequem wie sie waren, taten diese Geburt einer liberalen Bewegung als rein akademische Schaumschlägerei ab. Sie waren zu sehr mit der Bekämpfung der großen Depression beschäftigt, die drohte, dem Land den Lebensnerv zu rauben. Die Depression erzeugte Arbeitslosigkeit und Leiden überall, selbst in der Armee, dessen Offiziere in Massen in Rente geschickt wurden. So kam es, dass eine Fraktion der Zivilisten, die Ideengeber, und eine Fraktion der Soldaten, der Männer der Aktion, entstanden. Und wenn diese beiden zusammengebracht würden, dann hätte man den Kopf und den Körper einer Revolution vereinigt. Der Mann, der zu ihnen kam, war ein junger Artillerieoffizier mit dem Namen Pibul Songgram63. Seine Eltern gaben ihm den Spitznamen Plaek, was „Seltsamer“ bedeutete, weil seine Augen über dem Niveau der Ohren waren, aber da er Feldmarschall werden sollte, würde man ihn leichter als FM Pibul in Erinnerung behalten. Seine Familie waren Bauern, die außerhalb von Bangkok Früchte anbauten, da wo er auch am 14. Juli 1889 geboren wurde. Sie sagten, er wäre ein tränenreiches Kind gewesen und sehr empfindlich, ein Kind, dass immer in die Gräben fiel, was ihn dazu brachte, früh das Lesen zu lernen, und er wuchs heran als energischer und liebenswerter junger Mann. Man sollte nicht vergessen: FM Pibul war ein liebenswerter Mann. Er liebte es, Uniformen zu tragen, und ging pflichtbewusst zur königlichen Kadettenschule. Bald nach seiner Graduierung als Unterleutnant traf er ein Mädchen, das seinem Namen alle Ehre machte. La-iat (sehr fein, empfindlich). Davor war er scheu vor den vielen Mädchen, die durch sein gutes Aussehen angezogen wurden, weggelaufen, aber jetzt näherte er sich und sagte: „Kleine Schwester, halt an und rede mit mir.“ La-iat, die 13 Jahre alt war, zeigte ihm die Faust und rannte weg. Aber er schrieb Liebesgedichte für sie, warb beständig um sie, und nach ein paar Jahren heiratete er sie. Diese Episode mag frivol erscheinen als Einleitung zu der Beschreibung des Lebens einer so bedeutungsschweren Persön63
auch Phibul oder Pibhul Songhkram
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lichkeit wie FM Pibul, aber dieser sanfte Ansatz, dieses angenehme Werben, und dieser entschlossene Abschluss seiner Absicht sind Teil eines Mannes, der nicht selten auf diesen Seiten auftauchen wird. Er erhielt seinen vollen Rang nach einem Kurs an der Generalstabsakademie, wo er außerdem ein Stipendium für die Artillerie-Schule in Fontainebleau vor Paris gewann. Als er 1924 dort ankam, wurde ihm schnell klar, dass sein Geburtstag mit dem Sturm auf die Bastille übereinstimmte. Kein Siamese kann die astrologische Signifikanz seines Geburtstags ignorieren, aber wie es sich manifestieren würde, hätte man kaum dem jungen Mann voraussagen können, der seinen Platz zwischen den Siamesischen Studenten in Paris der Zwanziger Jahre einnahm, den Argumenten des brillanten Pridi aufmerksam zuhörte, und der Schwurgemeinschaft beitrat, der sie alle angehörten, und in der sie versprachen, nach ihrer Rückkehr in die Heimat für die Demokratie zu arbeiten. Folgende Transfers und Beförderungen brachten FM Pibul – damals noch Major Pibun – in die Nähe einiger der führenden Offiziere, die von der eisernen Faust der Exekutive der Prinzen betroffen waren. Und er war es, der die Ideen seines Freundes Pridi zu ihnen brachte und ihnen eine klare Ideologie und ein Programm vermittelte, die den formlosen Protest ersetzen sollten. Demokratie ausgedrückt in dem Entwurf einer Verfassung, die Pridi für sie entwarf, war die magische Formel, die sie fesselte, ohne dass sie sich um die wirtschaftlichen Ideen und Vorschläge kümmerten, die sie auch gar nicht verstanden. Sie bildeten eine Allianz mit den zivilen Anhängern, die sich die Volkspartei nannten. Innerhalb dieser Volkspartei, einer Gruppe von ca. 200 Menschen, war eine noch geheimere Gruppe von 57, die die sogenannten Promotoren waren, angeführt von vier Obristen bekannt als die vier Tiger. In tiefer und verzweifelter Geheimhaltung entwarfen sie den Sturz der Macht der Chakri-Familie. Während der ganzen Zeit war, unbekannt für sie, gerade ein Mitglied der Chakri – Familie ebenso bestrebt, das Regime zu liberalisieren: König Prajadhipok selbst. Er könnte zu seiner Familie gesagt haben “Ich bin nur ein Soldat. Wie kann ich solche Dinge wie den Gold-Standard verstehen?“ ,aber er wusste, was zu dem gerade erfolgten Sturz des Zaren von Russland und des Kaisers von China geführt hatte, und er wollte nicht Teil der Ungerechtigkeit sein, die den Menschen verweigerte, die Regierung zu beeinflussen, und sie ob ihrer Forderung energisch bedrängte. Deshalb drängte er seine Prinzen, eine Verfassung zu genehmigen. Diese dagegen bestanden Seite 49 von 408
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unterstützt vom amerikanischen Berater für auswärtige Angelegenheiten darauf, dass die Zeit noch nicht reif wäre. Prajadhipok entschloss sich dann eine Verfassung unter der Drohung seiner Abdankung durchzusetzen, und um die Angelegenheit zu überdenken, nahm er dann einen kurzen Urlaub in seinem Palast an der Küste der den Namen „Weit weg von Sorgen“ trug. 64 Am Morgen des 24.06.1932, der sich in das Gedächtnis der Siamesen eingebrannt hat, während der König Golf spielte, eilte ein Prinz auf den Golfplatz mit einem aschfahlen Gesicht und einer unglaublichen Neuigkeit.
64
Paul Handley schreibt in „The King never Smiles“ über diese Phase:
„In einem Gefühl nahe der Panik händigte Prajadhipok zu Beginn des März 1932 den Entwurf der Verfassung den Prinzen aus. Er wollte sie am 6. April, dem 150ten Jahrestag der Dynastie, verkünden. Der hohe Rat lehnte den Entwurf glatt ab und auch gleich jede andere Idee für eine politische Reform. Die Prinzen überstimmten die wirtschaftlichen Reformpläne des Königs erneut und gleich auch alle anderen Reformvorschläge. Sie befreiten sich selber von Steuern und verlagerten die Lösung der Krise auf die Mittelklasse. Als Zeitschriften die Ungerechtigkeit aufgriffen, schrieb Prajadhipok verspätet an Prinz Dhani und drückte seine Begeisterung für faschistische Regime aus, die in der Lage waren, ihre Regierung zur Unterstützung zu zwingen.“ (Handley, The King Never Smiles, Yale 2006, S.43) (Zitat aus: Lae Dilokvidhyarat, Transformation and Persistence of Kinship in Thailand (M.A. thesis: Institute of Social Studies, The Hague, 1982), 122) Anmerkung zum geschichtlichen Verständnis der Situation: Die Katastrophe von 1918 in Europa und ihre Folgen hatten althergebrachte, traditionsverwurzelte Staatsmodelle weggespült. Was Liebknecht und Scheidemann in übereifrigem revolutionären Aufbruchgeist an einem schicksalsschweren Mittag in Berlin produzierten, hat dem deutschen Volk eine kränkelnde, arbeitsunfähige Republik und einen Österreich-Import eingebracht, der es zur größten Katastrophe seiner Geschichte führen sollte. Um die Nachfolge dieser alten und bekannten Staatsformen konkurrierten in der Folge in den verschiedensten Staaten die unterschiedlichsten Modelle zu der sich letztlich durchsetzenden repräsentativen Demokratie angelsächsischen Musters unter dem Schlagwort: “one man, one vote“. Doch bis dahin offerierten sich daneben Rätesysteme, direkte Demokratie, bolschewickische Revolutionsregierungen nach sowjetischem Exportschlager, sozialistische Heilsbringer, Militärvariationen aller Schattierungen und eben syndikalistisch korporative Ständesysteme. Letztere hatten theoretisch eine Vielzahl von Varianten anzubieten, waren durch Wahrung altbekannter Elemente vielen vertraut und präsentierten sich als rationale Alternative für alle diejenigen, die der Tragfähigkeit und Verantwortlichkeit eines allgemein berechtigenden Votums in Gleichheit skeptisch gegenüber standen. (Wer heute in Thailand die PAD hört, weiß jetzt, wo er sie intellektuell anzusiedeln hat.) Jedenfalls hatte sich im Jahre 1932, von dem wir ja sprechen, die totalitäre Fratze der später vorherrschenden FaschismusVersionen noch nicht durchgesetzt (zu diesem Zeitpunkt existierte in Deutschland in ihr sogar noch eine sozialistisch gefärbte Fraktion in Form des Strasser Flügels). Bei Handley zeigt sich daher eine Formulierung, die zur falschen Interpretationen führen kann. Seite 50 von 408
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Verstärkt durch die Einzelheiten, die in den schmerzhaften Stunden danach folgten, entstand eine beachtliche Geschichte für die hier aber eine kurze Zusammenfassung genügen muss. Unter den öffentlichen Arbeiten, die Chulalongkorn von seinem elektrischen Wagen aus inspiziert hatte, war eine zeremonielle Prachtstraße, die Rajdamnoen Avenue genannt wurde, inspiriert durch die London Mall und die Champs-Elysées. Sie erstreckt sich eine Meile oder zwei vom Grand Palace zum Platz vor dem Kuppeldach des Dusit Palast, der für hohe Regierungsfestlichkeiten benutzt wurde. Kurz nach dem Morgengrauen war eine Abteilung von der Garnison in Bangkok auf den Platz marschiert, wobei die Soldaten annahmen, die Demonstration einer Fliegerabwehrübung zu sehen zu bekommen. Dies war ein Trick, um sicher zu stellen, dass sie unbewaffnet kamen, während die Panzereinheit, die die Promotoren kommandierten, ihre Waffen auf sie richteten. Auf diese Weise war entweder die Kooperation oder die Neutralität der Armee sicher gestellt. Zum gleichen Zeitpunkt wurden die Ministerien und die Kommunikationseinrichtungen still und problemlos übernommen. Aber die Crux war die Verhaftung der führenden Prinzen in ihren Herrenhäusern während des Morgengrauens. Äußerst ungläubig fanden sie sich, einige immer noch im Pyjama, zusammengetrieben in der Marmorhalle des Dusit Palastes wieder, die gottähnlichen Privilegien von Jahrhunderten waren plötzlich auf eine Reihe von unrasierten Gesichtern reduziert. Die Öffentlichkeit hatte wenig Ahnung dieser sich entwickelnden Ereignisse. Ihre Desinteresse an den politischen Streitigkeiten wird ein sich wiederholendes Thema sein, ebenso wie die bemerkenswerte Abwesenheit von Gewalt (Gesamtopfer: Ein erschossener Polizist). Die Öffentlichkeit reagierte kaum auf die eine oder andere Weise auf das Manifest, das von den Promotoren verteilt wurde. Dieses Manifest machte auf eher unfaire Weise den König verantwortlich für die Depression65 Und eher richtig machten sie ihn verantwortlich für die Verwandten, die „tun konnten, was sie wollten, auf ihre eigene aristokratische Art und dabei von ihrer eigenen Gier getrieben wurden“, während den Menschen eine Stimme verweigert wurde, „denn Sie, die Menschen, wurden als dumm angesehen“. Die Revolution,
65
Der König fühlt sich von den Promotoren nicht fair behandelt und selbige erkennen ihn umgekehrt nicht als fairen Partner an. Einerseits versuchen Sie mit Unterwerfungsgesten seine Gunst zu erhalten und erlauben ihm außerdem eigenmächtig den Verfassungsentwurf zu ändern, andererseits scheinen Sie den König als Gegner anzusehen, ohne ausreichend zu honorieren, dass er seit Jahren seine Bereitschaft demonstriert hatte, einer Beendigung der absolutistischen Gewalt und aller sich ausgebildeten oligarchischen Elemente zuzustimmen. Seite 51 von 408
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sagte das Manifest, wolle eine begrenzte Monarchie, und dementsprechend wurde ein Ultimatum zum König geschickt. 66 Im Palast „Fern von den Sorgen“ wog Prajadhipok die schicksalsschweren Ereignisse ab, die sich an einem Tag ereigneten, der so unschuldig mit einem Golfspiel begonnen hatte. Er könnte die Garnisonen aus der Provinz rufen und das Land in einen Bürgerkrieg stürzen, was aber auch die Leben der königlichen Geiseln gefährden würde. Stattdessen wählte er das Nachgeben. Was auch seine Befürchtungen waren, es erleichterte ihn, dass er von der Unflexibilität seiner mächtigen Verwandten befreit worden war, und er war voller Hoffnung, er könnte die Herausforderung der Demokratie annehmen. Für die nächsten sechs Monate arbeitete er zufrieden mit Pridi und anderen zusammen, um die Verfassung zu entwickeln. Er unterzeichnete sie, geschrieben auf Palmblättern, am 10. Dezember 1932, womit er die absolutistische Macht von tausend Jahren aufgab. Die Aussage der Promotoren: „Wir nehmen die Gelegenheit wahr, um vor Ihrer Majestät eine feierliche Erklärung abzugeben, dass wir ihrer Majestät gegenüber für immer vertrauen.“ Ein neues Kabinett ging an die Arbeit, und da die Verfassung die Prinzen aus der Politik ausschloss, bestand es vollständig aus Bürgerlichen, einigen von Pridis zivilen Anhängern, einigen Soldaten – unter dem Vorsitz eines ehemaligen vorsitzenden Richters. In Erwartung einer Wahl wurde eine Versammlung durch die Mitglieder der Volkspartei gebildet. So wurden die Ziele der glorreichen Revolution von 1932 erreicht, und die wundervolle neue Ära der Freiheit und Demokratie wurde verbreitet. Kopien der Verfassung wurden zeremoniell in die abgelegenen Distrikte des Landes gebracht. Wenn man den verwirrten Dorfbewohnern die Ankunft erklärte, fragten sie, „Wessen Sohn ist dieser Mr. Verfassung?“ Der Mr. Verfassung blühte auf – für vier Monate. Pridi, der Finanzminister geworden war, um die Finanzkrise zu lösen, präsentierte einen mitreißenden Wirtschaftplan. Das Fett seiner sozialistischen Ideen war kaum auf dem politischen Feuer, denn er wollte die Landwirt-
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Mit “begrenzt“ ist wohl zweifelsfrei „konstitutionell“ gemeint. Sie wollen den dt. Fehler nicht begehen. Aber schon hier und dann ganz besonders nach der Niederschlagung des Boworadet-Aufstands übersehen sie, dass, wenn sie klugerweise das Organ des Königs wenn auch mit Limitationen - erhalten wollen, sie den Amtsinhaber nicht zu sehr beschädigen und diskreditieren dürfen. Seite 52 von 408
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schaft und den Handel verstaatlichen, da spaltete sich das Kabinett. Pridi trat zurück. Der Premierminister setzte die Verfassung außer Kraft, vertagte die Versammlung und bildete das Kabinett um, um die Anhänger Pridis zu entlassen. Pridi selbst wurde ins Exil nach Frankreich geschickt, weil der Ex-Richter Reportern erklärt hatte, dass er ein Kommunist wäre – eine Sache, die er mit einem nach vorne gereckten Zeigefinger vorbrachte: „Jetzt erwarte ich, dass Sie meine Erklärung so drucken, wie ich sie Ihnen mitteile, ohne irgend eine ihrer Zugaben und ohne Abzüge. Es klang wieder sehr nach der Stimme des Despotismus, und tatsächlich wurde darüber geredet, dass die Monarchisten einen Comeback durch Aristokraten und andere, die sich nach der Rückkehr zur Vergangenheit sehnten, planten. Es alarmierte die ehemaligen Protomotoren der Revolution, die Rache fürchteten, wenn nicht sogar den Verrat an den Idealen, die die desillusionierte Realität der Politik überlebt hatten. Die gefährdete Einheit zwischen den Zivilisten und Soldaten wurde geflickt, und die Armee startete einen Coup, der den mit dem Finger zeigenden Ex-Richter absetzte und einen echten Patrioten mit dem Namen Oberst Bahol zum Premierminister machte. Pridi kehrte aus dem Exil zurück, um eine Befragung wegen behaupteten Kommunismus über sich ergehen zu lassen. Eine unabhängige internationale Kommission rehabilitierte ihn vollkommen, und er wurde kurz darauf Innenminister. Er führte dann ein Gesetz ein, dass den Kommunismus in Siam verbot. Die Gefahr für das Regime lag jedoch an anderer Stelle – in dem Muskelspiel der Monarchisten, in den enttäuschten Erwartungen von einigen Armeeoffizieren und auch in einem gewissen Misstrauen gegenüber den Promotoren. Im Oktober 1933 versammelte ein ungestümer und unausgeglichener Prinz einige der Unzufriedenen um sich und marschierte mit in entfernten Provinzen stationierten Einheiten nach Bangkok. Nach vier Tagen Kampf, bekannt als der Monarchistische Aufstand, versickerte er in einer Anhäufung von Verhaftungen. In den folgenden Verfahren wurden sechs Männer zum Tode verurteilt und 103 zu Gefängnisstrafen. Diese waren die ersten politischen Gefangenen wie sie verschiedene Male in der folgenden Geschichte auftreten werden. Eine weitere unmittelbare Konsequenz war, dass der König seine verfassungsmäßige Funktion während des monarchistischen Aufstandes ausgesetzt hatte, weil er neutral blieb. Statt sich auf die Seite der Regierung zu stellen, floh er zur Grenze nach Malaysia, wobei ihm ein freundlicher Händler aus Großbritannien half. Seine Rückkehr, nachdem die Angelegenheit bereits entschieden war, erzeugte ein nicht beSeite 53 von 408
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seitigbares Misstrauen, dass er bei dem Aufstand der Monarchisten seine Hand im Spiel gehabt hätte. Die folgenden Monate zeigten während der ersten allgemeinen Wahl eine Apathie der Wähler, die sich bisher kaum geändert hat.67 Die Regierung arbeitete unverändert unter Oberst Bahol weiter. Aber es gab eine Veränderung, die dem Auge verborgen blieb: Die Ereignisse hatten gezeigt, dass die wahre Macht nicht bei den Menschen mit den demokratischen Idealen war, sondern bei denen, die die Rückendeckung der Armee hatten. Wenn Oberst Bahol diese Rückendeckung im Moment hatte, so weil jemand eng hinter ihm stand, dessen Glück plötzlich zum Aufstieg führen sollte.68 Das entschlossene Eintreten für die Revolution von 1932 brachte ihm {Phibun} nur wenig persönlichen Gewinn ebenso wenig wie das Absetzen des Ex-Richters. Ich vermute, dass es zu diesem Zeitpunkt seines Lebens war, dass er begann das Wohl der Nation mit dem eigenen zu verbinden. Er behielt eine Kopie von Malaparitas „Technik des Staatsstreichs“, aber er schien nicht weniger von Iago beeinflusst worden zu sein. Er hatte eine Stimme und ein Benehmen, die ihm bei den Menschen den Spitznamen „der mit der Goldzunge“ einbrachte. Er war es, der mit professioneller Freundschaft hier und dem Aussähen von Misstrauen dort die verwickelten Ereignisse, die Oberst Bahol an die Macht brachten, nach dem Coup manipulierte und eher versehentlich Pridi wieder restaurierte. Er wurde mit dem Kommando der Garnison von Bangkok belohnt, da er es war, der verwegen den monarchistischen Aufstand niederschlug. Was König Prajadhipok anging, den armen Mann, der glaubte, er hätte die glorreiche Vergangenheit der Chakris gegen die Zukunft mit einer vitalen Rolle in einer erleuchteten Demokratie eingetauscht.69 Stattdessen fand er sich selbst isoliert durch Misstrauen und beobachtete eine zunehmende Suche {unter den Politikern} nach individuellen persönlichen Vorteilen. Er nutzte die Entschuldigung einer medizinischen Behandlung, um nach Eng67
Die Wahlbeteiligung hat sich seit den 1960iger Jahren erheblich verbessert.
68
Die Boworadet Rebellion beschleunigte den schnellen Aufstieg von Phibun und versorgte ihn mit der goldenen Möglichkeit, seine militärischen Fähigkeiten zu beweisen und seine kraftvolle Führerqualität. Intelligent und ambitiös wusste Phibun schnell die Situation zu seinem eigenen Vorteil auszunutzen und stärkte seine Position sowohl in der Politik als auch in der Armee“ (Kobkua, Thailand's Durable Premier: Phibun Through Three Decades 1932-1957: Phibun Through Three Decades, 1932-57 1995, S.179). 69
Dieser Satz charakterisiert treffend die Tragik der Amtsführung von Prajadhipok
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land zu fahren. Von dort verhandelte er mit seiner Regierung. Er weigerte sich die Todesurteile für die verurteilten politischen Häftlinge zu unterzeichnen, und er wollte, dass die Menschen mehr Freiheit der Rede und mehr Demokratie erhielten. Die Promotoren, die um die Stabilität des Staates fürchteten, stimmten nicht zu.70
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Am 12. Januar 1934 schiffte der König nach England aus und zwar mit dem größten Teil des Hofes. Er ließ Prinz Naris, einen 70-Jahre alten Sohn von König Mongkut als Regent zurück. Von London aus stellte er ein Ultimatum. Als Gegenleistung für seine Rückkehr wollte der König größere konstitutionelle Macht einschließlich des Rechts, die Hälfte der Nationalversammlung zu ernennen, das königliche Budget zu verwalten und ein Vetorecht zu erhalten, welches nur mit 75% iger Mehrheit überstimmt werden konnte. Der Forderung des Königs nach mehr Freiheit und Demokratie kurzerhand aus Gründen der Staatsräson abzulehnen, ist natürlich Polemik und setzt die Promotoren auf das Niveau ihrer Gegner. Ihre Beteuerungen, für das Volk zu handeln, werden mit einem Mal unglaubwürdig. Dieser Punkt wird in der Forschung noch weitere Beachtung finden müssen. Es sieht so aus, als habe es für einen radikaleren Teil gar keine Verhandlungen mit dem König mehr geben sollen. Da dies aber offensichtlich nicht für alle Beteiligten gilt, scheint der Schluss nahezuliegen, dass selbst die relativ kleine Gruppe der Promotoren inhomogen war. Es scheint keine einheitliche Leitlinie für die Verhandlungen noch für die gewünschten Ergebnisse gegeben zu haben. Natürlich waren viele unter ihnen noch bloße Theoretiker, andere hatten sich vom Schwang der studentischen Begeisterung noch nicht in der Realität zurückgefunden. Untersucht werden müsste auch die Bedeutung der unproportional hohen Anzahl von Militär in der Gruppe, deren Einfluss durch den gescheiterten Aufstand natürlich noch mal sehr an Gewicht zugenommen hatte. Jedenfalls werden im Stadium der Verhandlungen nach dem Aufstand bis zur Abdankung diplomatisch unnötig Türen zugeschlagen, deren Benutzung vielleicht eine noch andere Möglichkeit eröffnet und Ananda sein Schicksal erspart hätte. In der Tat hätten einige der Forderungen des Königs relativ problemlos ihm zugestanden werden können. Gerade die Form des “Gesichtwahrens“, dieser asiatischsten aller Gepflogenheiten, hätte geraten, einen Kompromiss mit den akzeptablen Forderungen des Königs zu suchen. Dass dieser allen Beteiligten geläufige Brauch des alltäglichen Lebens nicht versucht wurde, lässt den Schluss zu, dass man schon frühzeitig nach dem Bowaradet (bei Handley „Bowaradej“) Aufstand sich entschlossen hatte, sich dieses Königs zu entledigen. Wird sich diese These weiter untermauern lassen, hätte Prajadhipok demnach seit dem Aufstand keine reale Chance mehr gehabt. Gegen den Plan der Regierung, gefangen genommene Teilnehmer an dem Boworadej Umsturz zu exekutieren, bestand der König auch darauf, bei Kapitalverbrechen traditionell die letzte Entscheidung zu haben, und in dieser Funktion wollte er die Freilassung der Bowaradet Rebellen erwirken. Ohne dieses Zugeständnis, so sagte er, würde er abdanken und sein königliches Eigentum einschließlich der Paläste und des SmaragdBuddha verkaufen, wie man in einem Bericht der New York Times vom 22. Januar 1935 lesen kann. (Handley, The King Never Smiles, Yale 2006, S. 53) (Anmerkung: Siehe kritische Bemerkung am Ende) Seite 55 von 408
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Am 5. März 1935 dankte er ab. In einem Brief mit tiefer Trauer schrieb er an seine Untertanen, sich nicht in seinem Namen zu erheben. Er wollte nun ausschließlich den Frieden und die Grünen Wiesen von Virginia Water vor London genießen, wo er zehn Jahre später verstarb. Er hatte keine Kinder. Die Nachfolge ging daher auf seinen Halbbruder über, den gleichen Prinzen, dessen Besuche die Studenten in Paris so willkommen geheißen hatten, der aber einige Jahre zuvor verstorben war. So kam es in einer luxuriösen Etage der Avenue Tissot in der schweizerischen Stadt Lausanne zu einer seltsamen Szene. Eine schmächtige junge siamesische Frau, scheu aber mit resolutem Charakter, ging zu ihrem zehn Jahre alten Jungen, der mit einer leichten Erkältung im Bett lag: „Nand“ – das war die Abkürzung für seinen Namen- „das sind drei Gesandte von der Regierung. Sie sind gekommen, um zu fragen, ob du König werden willst.“ Der Junge hatte einen ernsthaften, nachdenklichen Charakter. Er sagte: „Ich will das tun, was du für das richtige hältst, Mama.“ „Aber du musst entscheiden.“ Sie pausierte. „Du hast eine Verpflichtung“. „Dann muss ich …“ Sie nickte und lächelte; und im Nachhinein hatte sie zehntausende von Malen gewünscht, sie hätte gesagt „Nein, du musst nicht“. Aber in dem Moment fühlte sie nur die Verwirrung und das Wunder, einen Sohn zu haben, der der König von Siam war: König Ananda. Bemerkung zu König Prajadhipok:
Befreit von der Angst die Legitimation durch den König zu verlieren, wies die Regierung in Bangkok jeden Punkt zurück.. Als Konsequenz dankte der König zu Beginn des März 1935 ab. „Es bleibt nichts als Bitterkeit“, schrieb er. Er würde im Exil in Europa für den Rest seines Lebens bleiben. Als er auf die Krone verzichtete, machte Prajadhipok einen eleganten letzten Anspruch auf königliche Überlegenheit geltend. Sein Argument wurde später ein Grundstein des königlichen Ansehens in der Regentschaft seines Neffen Bhumibol: „Ich empfinde, die Regierung und die regierende Partei nutzen Verwaltungsmethoden, die unvereinbar mit individueller Freiheit und den Rechtsprinzipien sind.“ Der König schrieb weiter: „Ich bin gewillt, die Macht, die ich früher ausgeübt habe, an die Bürger als Ganzes zu übertragen, aber ich werde sie nicht an eine Einzelperson oder eine Gruppe übergeben, die, ohne auf die Stimme des Volkes zu hören, die Macht in autokratischer Weise benutzt.“ Interessanterweise bedeutete Prajadhipoks Brief eine Wende in der Auslegung der Monarchie, was königliche Werte seien. Statt Thotsaphit Rachatham, die zehn königlichen Gebote, die immer wieder als Leitlinie eines guten Monarchen zu dienen hatten, wollte er jetzt als Führer moderner demokratischer Konzepte und Freiheit gelten. … Die Regierung veröffentlichte ihre Antwort, in der seine Behauptungen bestritten wurden. (Handley, The King Never Smiles, Yale 2006, S. 53) Seite 56 von 408
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Thailand Der obige Zeitungsartikel der Times darf nicht überbewertet werden. Die Ausverkaufsdrohung Thailands war vermutlich weder ernst gemeint noch wurde sie ernst genommen, sie war allenfalls der letzte ungelenke und untaugliche Versuch mittels eines verbalen Arguments, das Gesetz des Handelns zurückzuerlangen. Um der Person Prajadhipoks sowie seinen Gegenspielern gerecht zu werden, kann man die Entwicklung bis zum Höhepunkt der Ereignisse, der Abdankung, wie folgt zusammenfassen. Prajadhipok wurde zwar nicht durch die Berufung zum König überrascht, aber er war für diese Funktion nicht ausgebildet worden, wie man das von einem dynastischen System bei einem so lange vorausschaubaren Ereignis hätte erwarten können. Da seine Amtszeit krisengeschüttelt ist und vor Weltproblemen bis dahin ungekannten Ausmaßes steht, ist er häufig überfordert. Die Bedeutung seines Charakters und seiner Person liegt darin, dass er diese Überforderung erkennt, bereitwillig zugibt und nach einer geeigneten Abhilfe sucht. Als solche bietet sich ihm die Umwandlung des Systems in eine konstitutionelle Monarchie an. Diesen Weg will er gehen, aber man lässt ihn nicht. Dass man auch einen absoluten Monarchen hindern kann, ist historisch ebenfalls nichts Neues. Außerdem steht er wie alle Vertreter einer Dynastie in einer folgenschweren Doppelverantwortung einmal hinsichtlich seiner persönlichen Verantwortlichkeit und zum anderen als bloßes Glied einer dynastischen Kette, das im Interesse der Nachfolger nicht ungezwungen Positionen aufgeben darf. So bleibt ihm die Einsicht der Notwendigkeit der Einführung einer konstitutionellen Monarchie für seine Person. Aber konsequent überlegt er auch die Konsequenzen für sich in der Verantwortung als Glied der dynastischen Kette und kommt dabei zu folgendem Schluss „ Aber … die Könige Siams sind erbberechtigt mit einer kleinen Auswahl. Dadurch besteht die Gefahr, dass wir nicht immer einen guten König bekommen. Die absolutistische Macht kann eine Gefahr für das Land werden. …”. (Batson, End of Absolute Monarchy in Siam, Sydney 1985, 40) Damit ist für ihn die Entscheidung zugunsten der konstitutionellen Monarchie gefallen, weil sie in seiner dualen Verantwortlichkeit für beide Funktionen die richtige Lösung ist. Seine oligarchischen Hemmer und Quälgeister wird er somit durch Hilfe des Putsches von 1932 los. Während des BoworadetAufstandes bleibt er neutral, was man ihm vorwirft. Menschlich gesehen ist es dagegen verständlich. Soll er sich für die Promotoren, die ihn aus seiner Sicht schon ungerecht behandelten, in die Bresche schlagen gegen Familienangehörige, die ihm mehr Rechte geben wollen? Soll er sich andererseits Familienbanden zuliebe seinen oligarchischen Vormund zurückholen und im Falle des Scheiterns die ganze Dynastie riskieren? Er bleibt unbeteiligt wie es ein konstitutionelles Staatsoberhaupt sich leisten kann. Zu untersuchen wäre allerdings, ob er als Organ der Verfassung, die er ja unterschrieben und akzeptiert hatte, nicht verpflichtet gewesen wäre, selbige zu verteidigen. Sollte man zur Bejahung dieser Frage gelangen, wäre in der Tat dem König bei allem menschlichen Verständnis für sein Verhalten ein schwerer Vorwurf des Verfassungsbruchs anzulasten, was ja auch im Text bei Kruger anklingt. Seltsamerweise wurde dieser doch so naheliegende Vorwurf, der entscheidend gewesen wäre, von der Regierung nicht erhoben. Warum die Regierung diesen entscheidenden Vorwurf nicht nutzte oder nicht nutzen konnte, wird in der weiteren Forschung nachzugehen sein. Unklug war es natürlich auch, sich nicht bei absehbarem Scheitern auf die Seite des Siegers zu schlagen, was von wohltuender Charakterstärke -eine Seltenheit in der Politik bis auf heutige Tage- zeugt. Konsequent ist natürlich, dass die eh distanziert eingestellten Promotoren ihm jetzt noch misstrauischer begegnen. Ebenso natürlich ist, dass die Position des Königs durch den Wegfall seines oligarchischen Vormunds stärker geworden ist. Was ist menschlicher, als sich gegen jede weitere Beschneidung der Amtsfunktionen zu wehren, denn selbst wenn er für sich einsichtig ist, kann er die geforderten Zugeständnisse mit Rücksicht auf die dynastische Verantwortung vor der Familie rechtfertigen? Einige seiner Forderungen sind dabei gerechtfertigt. Das Begnadigungsrecht steht in der Regel dem repräsentativen Staatsoberhaupt zu und dies noch mehr in einem System buddhistischer Prägung. Den königlichen Wunsch nach Begnadigung der zum Tode Verurteilten als Sympathie für die Putschisten auszulegen, ist eine unzulässige Simplifizierung. Auch die Promotoren und die Regierungsvertreter sind Putschisten aus dem Jahre 1932. Was unterscheidet sie qualitativ von den Verurteilten. Ihr Putsch war erfolgreich, der der Verurteilten nicht. Moralisch gesehen mag es einen großen Unterschied machen, eine absolutistische Macht durch eine Verfassung ersetzen oder die Verfassung abschaffen und eine Seite 57 von 408
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Thailand absolutistische Macht wieder einführen zu wollen . Rechtlich gesehen macht das aber keinen Unterschied. (Ähnlich wie zu Recht kritisiert wird, dass der PAD Coup auf die Flughäfen 2008 wohl folgenlos bleiben wird, weil er sich zugunsten der darauf folgenden Regierung auswirkte, die SongkranUnruhen 2009, die eine Folge des vorherigen Unrechts sind, dagegen mit aller Härte geahndet werden). So zutreffend aber auch alle diese Überlegungen sein mögen, die normative Kraft des Faktischen lag nun auf Seiten der Regierung, die zu diesem Zeitpunkt erkannt hatte, dass sie keine Zugeständnisse mehr machen brauchte. Während dieser fruchtlosen Verhandlungen schwindet der taktische Spielraum für Prajadhipok zusehends. Er spielt, er blufft, verliert die Übersicht über die Realität und seine tatsächlichen Möglichkeiten. Indem er Blutvergießen vermeiden will, was ihn ehrt, was ihn aber auch, da die Gegenseite darum weiß, entscheidend schwächt, kommt unwiderruflich der Punkt, an dem seine Drohungen nicht mehr ziehen, und die Gegenseite erkennt, dass er nur noch über verbale Rhetorik verfügt. Das Spiel ist zu Ende und verloren. Er rettet die Dynastie durch seine Abdankung und reklamiert nicht einmal zu Unrecht, subjektiv gesehen, den Verdienst der Einführung der konstitutionellen Monarchie, auch wenn er sich ohne den Staatsstreich der Promotoren mit seiner Idee aller Wahrscheinlichkeit nach nicht hätte durchsetzen können. Unbestritten hat er ihre Einführung als erster gefordert. Durch den unverständlichen Fehler der Regierung, die Forderungen des Königs in Bausch und Bogen abzulehnen und damit auch seine Forderung nach „mehr Freiheit der Rede und mehr Demokratie“ aus Gründen der Staatsräson (sic !), bestätigen sie Prajadhipok in seinem Abschiedsbrief. Allerdings könnte die Haltung der Revolutionäre dann gar nicht so unverständlich sein, wenn sich im Lichte neuerer Forschung herausstellen sollte, dass es in den Gremien, insbesondere unter den Promotoren, vielleicht gar keine so entschiedene Mehrheit für eine allgemeine demokratische Neuorientierung gab. Ist deshalb Prajadhipok eine tragische Figur? Eine gewisse Tragik ist ihm sicherlich nicht abzusprechen, obwohl das Schicksal ihm zumindest vergönnt hat, in der entscheidend letzten Konsequenz erfolgreicher gewesen zu sein als mancher Kollege seiner Zeit (z.B. als Wilhelm II.), einen Verdienst, welchen er allerdings auch mit seinen Gegenspielern teilen muss. Dennoch ist es für eine unausgebildete Laienbesetzung des Throns kein schlechtes Ergebnis, das einen aufrechten Gang in die Geschichte rechtfertigt.
Die Erbfolge Wenn in England ein Mann auf dem Thron nachfolgt, sagt man: König von Gottes Gnaden. Dieser Satz wird in Siam nicht genutzt, aber Anandas Nachfolge konnte kaum ausgeklügelt werden ohne eine übernatürliche Beschwörung des Schicksals. Sein Großvater König Chulalongkorn hatte zwei Königinnen, sie waren Schwestern. Die ältere gebar fünf Söhne, von denen zwei jung starben und einer ausfiel, weil er eine Ausländerin heiratete. Der ältere der verbleibenden zwei folgte als König, dessen Regentschaft durch die Bevorzugungen von Männerbegleitung beachtliche Unzufriedenheit hervorrief. Sein Tod ohne einen Erben hatte kein Beispiel in der ChakriDynastie, und es gab auch nur einen solchen Fall in der siamesischen Geschichte. So dass, als sein Bruder Prajadhipok folgte, der im Alter von 32 Jahren war und noch nicht lange mit einer gesunden jungen Frau verheiratet war, jede Wiederholung dieses Bruchs mit der Tradition der Fruchtbarkeit unwahrscheinlich erschien. Aber Prajadhipok legte sein Amt ohne Nachkommen nieder. Die Linie der Nachfolge wurde daher auf die Söhne Chulalongkorns von der jüngeren Königin übertragen. Diese hatte acht Kinder, Seite 58 von 408
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aber nur ein Junge überlebte die Jugend bis zum Erwachsenenalter und nur um vor Prajadhipoks Abdankung zu sterben. Jedoch hatte er drei Kinder gezeugt, zuerst ein Mädchen, dann zwei Jungen, wobei auf dem Älteren die Thronfolge wie eine springende RouletteProjektil hängen blieb: Ananda. In der gesamten Geschichte der Könige waren die Streitigkeiten über eine bestimmte Nachfolge noch nicht größer gewesen. Aber nun war er hier, im Alter von 10 Jahren: Gott des Lebens. Der Namen seines Vaters war Prinz Mahidol, geboren 1892, ausgebildet in Harrow, England. Sein Leben und Charakter waren mehr als nur ein flüchtiger Eindruck für Anandas Leben. Chulalongkorn, der seine Söhne aus diplomatischen und aus Bildungsgründen in verschiedene westliche Länder schickte, schrieb Mahidol in die Flotte des Königs ein. Als dieser jedoch seine Einberufung erhalten hatte, diente er nur kurz in der siamesischen Marine: Europa hatte seine Augen dafür geöffnet, dass das Land Experten für die öffentliche Gesundheit benötige, und er beschloss einer zu werden. Zu diesem Zweck war er in den USA am Massachusetts Institute für Technologie, als Siam in den Krieg einstieg. Er schrieb einem Verwandten: … Obwohl ich in Deutschland ausgebildet wurde, und ich diesen meinen Freunden in dem Land immer noch dankbar bin, habe ich trotzdem die entschlussfreudige Politik des Königs begrüßt. Mein Land und meine Landsleute zuerst und danach meine eigenen Gefühle. …. Wir senden Truppen nach Frankreich. Wir senden die Söhne unserer Bauern, um zu kämpfen und von den Deutschen getötet zu werden, aber wir haben die Söhne unserer Herrscher nicht geschickt, um ihr Schicksal zu teilen. … Ihm wurde die Erlaubnis, selbst zu gehen, verweigert, aber ein mächtiges Bedürfnis anderen zu helfen, ließ ihn nie in Ruhe. Indem er einfach lebte, war er in der Lage, Stipendien für andere zu vergeben, die dadurch im Ausland arbeiten und lernen konnten. Und er machte es zu seiner Aufgabe, jeden siamesischen Studenten, der in die USA kam, zu treffen, und ihm zu helfen. Es ist schwierig abzuschätzen, wie groß sein Bruch mit der geheiligten Tradition war, als er, ein Prinz, der zum Thron berechtigt war, nichts anderes als ein Mensch sein wollte. Ein Student, der einige Tage im Appartement des Prinzen in Boston lebte, nachdem er in Richtung England gereist war, wo er gelernt hatte, seine Schuhe auszuziehen, damit sie über Nacht poliert werden konnten, hat es nicht begreifen können, als er feststellte, dass sein Gastgeber dies selbst tat, da er keine Diener hatte. Seite 59 von 408
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Die Krönung des Unorthodoxen war, als er sich selbst zum Angestellten eines Bürgerlichen machte. Das war im Jahr 1919 und seine Verlobte war eine hübsche, lebhafte, siamesische Studentin der Krankenpflege am Simmons College in Boston. Wir treffen {mit ihr} jemanden, der so wichtig wie kaum jemand in dieser Geschichte ist. Viele Male im Verlauf meiner Nachforschungen nahm ich die Fäden des Lebens auf und forschte nach, wohin sie mich führen würden. Ihre Geburt ist in ein gewisses Geheimnis gehüllt, jedoch liegt die Wahrheit in dem Glauben verborgen, dass ihre Herkunft ärmlich war, und ihre Wichtigkeit lag nicht darin, dass sie jemand war, der zwei Könige dem Haus der Chakris schenken würde, sondern in Ihren Auswirkungen auf das Verhalten und die Beziehungen {zu den beiden Königen}. Sie war acht Jahre jünger als Prinz Mahidol, den sie das erste Mal am Hof ihrer Mutter, der jüngeren Königin Chulalongkorns gesehen haben mag. Vollweise geworden bevor sie das Teenageralter erreicht hatte, wurde sie durch die Verbindungen ihres Vaters, der ein kleiner Beamter war, in den unzählige Köpfe zählenden Hof aufgenommen. Das Mädchen war ärmlich – und alles war so formell, so snobistisch. Als sie einen kleinen Unfall hatte und zum Arzt der Königin wegen einer Behandlung ging, fand sie die Atmosphäre in seinem Haus und die Freundschaft seiner kleinen Tochter mehr nach ihrem Geschmack, und die Königin gab ihrer Bitte nach, sie dort wohnen zu lassen. Siamesische Familienbande scheinen mir sowohl stärker als auch schwächer als im Westen. Menschen können eine Feier in einem Wat durchführen zum Beispiel, um den Jahrestag des Todes eines Großvaters zu feiern. Ein Prinz, der an einer öffentlichen Statue eines Vorfahren vorbeigeht, hebt den Hut in Respekt, und wenn ein Mädchen heiratet, wird sie oft ein Haus auf dem Grundstück des Vaters ihres Mannes errichten, und eher zu ihm als zu ihrem Ehemann als Chef der Familie aufschauen71. Auf der anderen Seite sind die Menschen eher bereit, ihre Kinder wegzugeben. Eine Frau würde es erlauben, dass ein oder zwei Kinder von einer Großmutter aufgezogen werden, die sonst alleine und einsam leben müsste. Oder wenn sie arm ist,
71 Die Schilderung von Kruger ist eigentlich untypisch und mag wohl sich auf Fälle beziehen, in denen ein soziales Gefälle zwischen der höheren Mannesfamilie und einer niedrigeren Brautfamilie besteht.
Eigentlich ist es in der thailändischen Gesellschaft so, dass der Mann seine Familie verlässt, die Dowries an die Familie der Frau zahlt und als Teil der neuen Familie von dieser aufgenommen wird und häufig dort auch seinen Wohnsitz nimmt Seite 60 von 408
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könnte sie einen oder zwei Jungen einem Mönch abgeben, damit er dort als Diener und Schüler leben könnte. Also wurde das Mädchen dem Doktor und seiner Frau übergeben, die ihren regen Geist und die Freundschaft mit ihrer eigenen Tochter schätzten. Sie sandten beide Mädchen zu einer guten staatlichen Hochschule und dann zu einer Krankenschwesternschule am Hauptkrankenhaus, Teil eines modernen dreistöckigen Gebäudes auf der anderen Seite des Tempels der Morgendämmerung. Das Waisenmädchen war hübsch. Sie gewann ein Stipendium, das von keiner anderen als der Königin ausgesetzt worden war, an deren Hof sie gelebt hatte. Und den Sohn der Königin, Prinz Mahidol, traf sie, als sie zu ihren Studien in die USA durch Boston fuhr. Sie ging auf die Emerson School in Berkley und später zur North-West School in Hartford, Conneticut, an beiden Plätzen lebte sie in amerikanischen Familien. Gelegentlich besuchte Prinz Mahidol sie, oder sie besuchte ihn als ihren Prinzen, der ihr als Pate zugewiesen worden war. Liebe machte seltsame Bocksprünge über die Grenzen der Ränge hinweg. Als er ihr sagte, dass er sie heiraten wollte, erzeugte die Nachricht eine Sensation und einen Skandal in Bangkok. Prinz Mahidol hatte tatsächlich eine gute Wahl getroffen. Prinzessin Mahidol, wie sie nach ihrer Heirat in den späten 1920er Jahren genannt wurde, passte mit allen Qualitäten ihres Geistes und Herzens zu ihm. Als ich sie traf, lebte sie in einem einfachen Appartement mit 3 Zimmern in der Schweiz, nachdem sie sich vom Protokoll und der Hitze Siams zurück- gezogen hatte. Sie war über 60 Jahre alt und hatte furchtbare Erfahrungen gemacht. Ich erkannte eine unaffektierte, graziöse Person, die flüssig mit einem leichten Akzent mit mir sprach. Ihre Gesichtszüge waren beweglich, ihr Lächeln häufig und verdeckten die Scham und Traurigkeit und eine tiefe nachdenkliche Spiritualität. Aber ihr fehlte die Fröhlichkeit, die sie als junge Frau ausgezeichnet hatte, und die durch die Erfahrungen ausgelöscht worden war. Ihre kleinen Finger irrten nervös herum. Mir öffnete sich ein Geist, der sich bewusst war über die Welt, denn sie sagte, dass sie hoffte, sie würde es erleben, wenn die Menschen zum Mond fliegen. Es war ein Wunsch, der auch ihren Wunsch zu Reisen reflektierte, eine Liebe, die sie mit ihren Ehemann teilte, und sie hatten ihre Flitterwochen damit verbracht, durch Europa zu reisen und bei dieser Gelegenheit Lausanne das erste Mal besucht. Prinz Mahidol entschloss sich, dass sein Kurs für öffentliche Gesundheit seine Fähigkeiten beschränkte. Er musste Medizin studieren. Er schrieb Seite 61 von 408
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sich in Harvard ein, graduierte cum laude, jedoch nicht vor 1928, weil er oft für offizielle Aufgaben nach Hause fahren musste, und er außerdem Spezialkurse in Europa besuchte. Die Freude, die er Pridi und seinen Mitstudenten in Paris machte, wurde bereits erwähnt, aber hier ist eine aufschlussreiche Zusammenstellung eines Neffen, der auf eine Schule in England ging, als er zu den Mahidols zu Weihnachten zu Besuch kam. “Wir wurden zu vielen Theatern und Kinos sowie Museen gebracht, Onkel Mahidol war ein perfekter Führer mit einem breiten und vielseitigen Wissen. Und er war bestimmend darin, dass, wohin man auch ging, man immer in das Museum gehen muss. Andernfalls wäre man unzivilisiert. Obwohl er immens reich war, war Prinz Mahidol sparsam, und darin wurde er durch seine charmante junge Frau unterstützt … deshalb wohnten wir in einem billigen Apartmenthaus in der Cromwell Road.“ Es war in London im Jahr 1923, als ihr erstes Kind, ein Mädchen, geboren wurde. Dann im Jahr 1925 verbrachten sie vier Monate in Heidelberg, Deutschland, wo der Prinz sich einer Behandlung wegen Diarrhöe unterzog. Hier kam die Prinzessin im Zentralkrankenhaus mit Ananda nieder, der am 20. September geboren wurde. Zwei Jahre später wurde das dritte und letzte Kind in Boston, Massachusetts geboren: Bhumibol (Bhumipol), der derzeitige König von Thailand und zufälligerweise der einzige König, der jemals in den USA geboren worden war. Eine bedeutende Angelegenheit bei diesen Geburten ist, dass die deutschen Ärzte, anders als die Ärzte in England und den USA, sich weigerten, Schmerzmittel einzusetzen trotz der Bitten der Prinzessin nach Schmerzstillung, da sie über zwei Wochen Wehen ertragen musste. Und so wurde Ananda, der rücksichtvollste Mensch, unter Schmerzen geboren, so wie er unter seelischen Schmerzen starb. Die Geburten Ihrer heiteren Hoheiten, wie die Siamesen die MahidolKinder nannten, in drei verschiedenen Ländern, reflektierte die Wanderschaft ihrer Eltern durch die Zwanziger Jahre. Aber Boston war eigentlich ihr wirkliches Zuhause. Sie hatten zunächst ein Appartement auf der Longwood Avenue und später auf der Brookline Avenue. Beide Adressen waren schlichte Vier- und Fünfzimmer-Appartments. Sie hatten keine Diener angestellt außer einem Kindermädchen, die eine der ehemaligen Mitstudentinnen der Prinzessin in Bangkok gewesen war und welche in einem mädchenhaften Austausch von Freundschaft versprochen hatte, ihr in ihrer Mutterschaft zu helfen. Als königliches Kindermädchen wird sie in der Geschichte während einer der tragischen Moment erscheinen, danach wird man kaum noch etwas von ihr hören. Seite 62 von 408
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Die Einwohner Bostons, die Ihre königliche Hoheit, den Erbprinzen Mahidol trafen, kannten ihn lediglich als Mr. Songkla, was von seinem Titel abgeleitet worden war. Auch wenn er sein Leben dem Dienst für sein geliebtes Vaterland widmete, hatte Amerika nichts von dem steifen Zeremoniell, dass die königlichen Hoheiten in Bangkok umgab. Und seine Frau war in einem Land, in dem die Herkunft das Geringste bedeutete. So waren sie glücklich. Sie hatten ihre drei kleinen Kinder und die unvermeidbare Sammlung von Büchern, wie sie großzuziehen wären, ihr Appartement, das Kindermädchen und einen schlichten Ford Whippet. Sie tranken nicht und sie rauchten nicht (obwohl ich feststellte, dass die Prinzessin jetzt rauchte). Sie war die Köchin und half beim Abwasch. Siamesische Studenten kamen immer wieder vorbei, um lange Gespräche mit ihnen zu führen meist über die Verbesserung der medizinischen Versorgung von Siam. Gelegentlich gingen sie ins Theater aber selten an einen anderen Ort. Obwohl beide Jungen sehr musikalisch waren, war seltsamerweise wenig Musik in diesen Bostoner Tagen zu hören. Prinz Mahidol hatte eine intensiv ernsthafte Natur. Es war noch längst nicht die Schwermut des Westens, und er konnte ein amüsanter Geschichtenerzähler sein, aber der meiste Spaß wurde durch die Prinzessin erzeugt. In all der Zeit studierte der Prinz Medizin in Harvard. Im Jahr 1928 erhielt er seinen Doktorgrad, und sie kehrten nach Bangkok zurück, womit die lange Reise der Prinzessin durch die Schatten begann. Für die übliche einjährige Praktikumszeit, die ein neu qualifizierter Arzt zu abzuleisten hatte, wollte Prinz Mahidol in Bangkoks wichtigstem Krankenhaus, dem Siriraj arbeiten. Er versuchte damit etwas, das weitaus schwieriger war als man denken mag. Ein anderer Prinz, der sich als Arzt qualifizierte, beschrieb seine Erfahrung bei der Rückkehr nach Bangkok wie folgt: „Es war praktisch unmöglich für mich, zu praktizieren. Wenn ein Patient zu mir kam, musste ich fragen, welcher Teil seines Körpers betroffen wäre. Weil ich ein Prinz sei, könne ich nur seinen Kopf behandeln. Wenn es der König wäre, könnte ich natürlich nur seine Füße behandeln.” Die Erklärung für diese außergewöhnliche Abgrenzung liegt darin begründet, dass die Siamesen die größte Aufmerksamkeit dem Kopf schenken und den Füßen Abscheu gilt. Wie das soziale Verhalten davon betroffen ist, wurde in der Einleitung erwähnt. Man muss seinen Kopf unterhalb des Niveaus seines Vorgesetzten tragen. Außerdem sollte man vermeiden, den Kopf eines anderen zu berühren. Jedoch falls er ein Untergebener ist, und man muss ihn berühren, dann berühre man nur seinen Kopf, da dieser der Seite 63 von 408
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am wenigsten verachtenswerte Teil von ihm ist. Dies hat nichts mit einem verrückt gewordenen Klassenbewusstsein zu tun: Bei aller Beachtung der Rangordnung respektieren sie sich gegenseitig. Das Verhalten hat seinen Ursprung in Aberglauben und Tabus – dem Glauben zum Beispiel, dass der Kopf der Wohnort der Seele wäre. Man sollte niemanden plötzlich aufwecken, da seine Seele auf der Wanderschaft sein könnte und nicht genügend Zeit hat, um in den Kopf zurückzukehren. Darüber hinaus wird jeder Bruch mit diesen Traditionen nicht nur als schlechte Manier angesehen, sondern es bringt auch noch Unglück. Während einer langen Zeit, immer wenn Westler liebevoll den Kopf eines siamesischen Kindes tätschelten, waren sie erschrocken über diese bedrohliche Reaktion, aber jetzt wird diese außergewöhnliche Grobheit des Besuchers als unschädlich akzeptiert. Die logische Folge der Wichtigkeit des Kopfes ist der niedrige Status der Füße. Deshalb bedroht das Deuten mit den Füßen Unglück. Das erste mal, als ich einen Siamesen in Bangkok besuchte, wurde ich durch einen ortsansässigen Freund begleitet, dessen wilde Rippenstöße erklärt wurden durch eine geflüsterte Bitte, meine Beine nicht übereinander zu schlagen, weil sonst mein erhöhter Fuß auf jemanden zeigen würde.72 Die entsetzliche Wichtigkeit dessen wird man heute erkennen, aber seine unmittelbare Bedeutung war, dass Prinz Mahidol gezwungen war, jede Hoffnung aufzugeben, am Siriraj Krankenhaus zu arbeiten. Die englischen und amerikanischen Ärzte, die es betrieben, erklärten dem König, dass durch Tabu und Etikette die Anwesenheit eines Prinzen die Arbeit im Krankenhaus unerträglich beeinträchtige. Das Krankenhaus war auf der entfernten Bank des Menam Flusses, und indem er mit einem normalen Mietboot hingefahren war, statt mit einem dem Prinzen angemessenen Zeremoniell, hatte er bereits die Geduld des Königs strapaziert. Es sollte kein unangemessenes Benehmen mehr geben und damit keine Arbeit im Siriraj. Daher fuhr er weit in den Norden nach Chiangmai, wo das McCormickKrankenhaus lag, das von amerikanischen Presbyterianer-Missionaren gegründet worden war und von Dr. Cort geleitet wurde. Obwohl Prinz Mahidol selbst nicht stark war, warf er sich mit Begeisterung in die Arbeit.
72 noch heute ist es vor Gericht nicht erlaubt, Beine oder Füße zu kreuzen. Dies ist vor allem für im Westen Aufgewachsene eine beschwerliche Übung, besonders wenn die Anhörung sich hinzieht. Ich erinnere mich an einen Fall aus dem Jahre 2004 vor einem Gericht in Rayong, wo sich eine Zeugenaussage durch langatmige Befragung und noch umständlichere Übersetzung über Stunden hinzog, und die mehrfach reklamierte Korrektur an der Sitzhaltung des Zeugen selbigen sichtbar nervte und ihn am Ende weitgehend die Konzentration verlieren ließ.
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Schon bald erreichten alarmierende Berichte die königlichen Kreise, dass er sogar die bäuerlichen Patienten wusch. Er überließ die Familie der Sorge seiner Mutter, der alten, Poker spielenden ehemaligen jüngeren Königin. Sie lebten im Mahidol Palast, genannt das Srapatum. Es stand nur eine Meile oder zwei vom Grand Palace entfernt mitten in den heißen und lauten City, aber sein großes Grundstück machte den Eindruck eines unordentlichen ländlichen Anwesens, obwohl dort nichts wirklich unaufgeräumt gewesen wäre, in dem streng organisierten Haushalt mit seinen einhundert Dienern und den Anhängern, die vom ehemaligen Paten der Prinzessin Mahidol kommandiert wurden. Während dieser Zeit litt die junge Prinzessin ernsthaft an Kopfschmerzen, und möglicherweise waren diese nicht ohne Bezug auf Beengungen des Lebens weit weg von der Einfachheit und der Unabhängigkeit der Brooklyn Avenue in Boston. Außerdem war ihr Ehemann zum ersten Mal weit weg und dann noch im Norden, wo er den Gefahren der tropischen Krankheiten ausgesetzt war, und wo er auch nicht davor zurückschreckte, Leprakranken zu helfen. An einem Morgen im Jahr 1929, drei Monate nach seiner Abreise nach Chiangmai, wurde er beobachtet, wie er aus einem Boot am Siriraj Krankenhaus in Bangkok ausstieg. Er war kaum mit Shorts, einem offenen Hemd und einem Tropenhelm bekleidet wie ein beliebiger westlicher Bürgerlicher, und wie jeder schwer beschäftigte Arzt trug er die Probe des Darminhaltes eines seiner Patienten bei sich, die er analysieren lassen wollte. Er konsultierte Dr. Noble, einen englischen Professor für Chirurgie an der Medizinischen Hochschule wegen seiner eigenen Gesundheit. Noble sandte ihm geradewegs nach Hause ins Bett. Dann bemühte er sich zusammen mit William Perkins, einem amerikanischen Professor für Medizin, des Prinzen Leben zu retten. Er litt an einem Amöbenabszess der Leber. Sie konnten ihn nicht retten. Er zeigte großen Mut und unermüdliche Freundlichkeit bis zum Zeitpunkt seines Todes. Er war 37 Jahre alt und der beste und am meisten geliebte der Chakri Prinzen. Die Kummer war groß unter den nach vorne schauenden jungen Siamesen, nicht nur unter denen, denen er direkt geholfen hatte, wie Pridi und seinen Freunden, die kürzlich aus Paris zurückgekehrt waren, wo sie seine Besuche so genossen hatten. Für Prinzessin Mahidol war der Schlag zu groß als dass sie sich hätte jemals davon erholen können. Von nun an sollten die Kinder ihr ganzen Leben sein. Zu diesem Zeitpunkt war Ananda vier Jahre
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alt,
seine
Schwester
sechs
und
sein
Bruder
zwei.
Abbildung 5 Ananda (stehend in der Mitte) mit seiner Klasse im Mater Dei Convent in Bangkok, seiner ersten Schule.
Ein oder zwei Jahre später begann Ananda seine Schulzeit am Mater Dei Convent. Er steht gegenüber der netten, im klassischen Kolonialstil gehaltenen britischen Botschaft, auf der mit Bäumen und einem Kanal versehenen Hauptstraße, die durch den beliebten Bereich von Bangkapi führt. Und wie die Straße selbst gehört der Konvent zu einem Zeitalter der Akazienbäume und glänzenden Pferdedroschken. Hinter Rasenflächen und tropischen Bäumen stand das langgestreckte zweistöckige hölzerne Gebäude auf dicken Pfosten. Der Stil ist nur zum Teil siamesisch und in Wahrheit war das Gebäude von einem Inder gebaut worden, der es als Harem benutzt hatte, kaum ein Erbe, um daraus einen Konvent zu machen. Jedoch verwandelten die in schwarz gekleideten Nonnen, getreu ihrem Motto Serviam, das Gebäude in eine gefragte Akademie für junge Mädchen und Jungen bis zu zehn Jahren. Die Tatsache, dass das internationale Personal römisch katholisch war, störte die Eltern, die meist Buddhisten wie Prinzessin Mahidol waren, nicht. Ananda ging in den Kindergarten, der in einer Ecke im Erdgeschoß zwischen den Pfeilern lag. Er wurde jeden Tag dorthin gebracht bekleidet mit der Schuluniform, einem weißen Hemd, das an seiner marineblauen Hose geknöpft war. Oft wurde er von seiner Mutter gebracht, gerade so wie die anderen Kinder. Aber anders als sie, aß er sein eigenes Mittagessen, das das Kindermädchen brachte. Er war schon als Kind sehr ernst. Ein Bild von ihm findet man auf der Rückseite des Schulmagazins Inviolata. Trotz seiner schleimigen Schmeichelei gibt der folgende Auszug, der einige Jahre später geschrieben wurde, einen wichtigen Hinweis für die spätere Analyse. Er war sehr an seinen Lektionen interessiert, aber er war auch immer bereit für einen Spaß, und er liebte es, seine Freunde zum Lachen zu bringen. Da Seite 66 von 408
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Seine königliche Hoheit nicht so stark waren, war es ihm nicht erlaubt, so früh zu kommen, wie die anderen Kinder – seine spätere Ankunft war immer der Grund für einige Aufregung in der Klasse und eifrige kleine Stimmen riefen zur Lehrerin: „Mutter, Mutter, Ananda kommt gerade“. Ananda kam mit einem Sprung in die Klasse, salutierte vor ihr mit einem „Guten Morgen Mutter“ und nahm dann seinen Platz unter den anderen ein und war schon bald eifrig damit beschäftigt, die verlorene Zeit aufzuholen. … Immer wenn ihm ein neues Spielzeug geschenkt wurde, wurde es am nächsten Tag triumphal in der Schule gezeigt. An diesen Tagen war seine Aufregung so groß, dass er, in der Aufregung, seinen neuen Schatz, ein mechanisches Boot, ein Flugzeug, das man beleuchten konnte oder ähnlich faszinierende Objekt, zu zeigen, seinen „Guten Morgen“ vergessen hätte. Bei diesen Gelegenheiten war es möglich, dass die Lektionen geringfügig umorganisiert wurden, um ihm zu erlauben, die Schönheiten seines neuen Spielzeugs vorzuführen. Prinz Anandas Spielzeuge waren immer schön, weil Ihre königliche Hoheit ein gutes Auge für Farben hatte, und alles ablehnte, was seinem Geschmack widersprach. Er war gehorsam und hörte aufmerksam dem Rat und den Anweisungen seiner Lehrer zu. Wenn er Schmerz oder Leid sah, wurde er ausnahmslos bewegt und drückte sogar sein Mitleid in Worten aus. Handarbeit war die Lieblingsbeschäftigung von Prinz Ananda, und er war sehr gut darin. Er zeigte Initiative und bat seine Lehrerin selten um Rat. Nach etwa einem Jahr an der Mater Dei ging er zur Bepsirind Schule für Jungen in der Nähe des Hauptbahnhofes im Herzen der Stadt. Es ist die nächste erreichbare englischsprachige öffentliche Schule. Es war ein Paar doppelstöckiger Gebäude aus Backstein, die sich durch eine Wiese getrennt gegenüber standen. Ein mildes Ocker und ein ausgewaschenes Rosa und Gelb konnten den Eindruck eines gotischen Stils nicht verleugnen. Ananda ging dort im März 1932 zur Schule. Drei Monate später kam die Revolution. Für den sieben Jahre alten Jungen waren die Ereignisse, die auf Siam am Morgen des 6. Juni losgelassen wurden, aufregend aber auch voller unverständlicher Ängstlichkeit. Er würde sich erinnern, dass er die Ängstlichkeit seiner Mutter nicht verstanden hatte, als sich die unglaublichen Neuigkeiten verbreiteten, dass die mächtigsten Prinzen im Dusit Palast eingesperrt waren. Das waren bittere Stunden für die königliche Familie und bittere Jahre folgten, als der Bann der neuen Verfassung die politische Macht der Prinzen unter das Niveau von Bürgerlichen reduzierte. Obwohl einige den Bann als Hilfe zum Erreichen der Demokratie, die sie selbst wünschten, akzepSeite 67 von 408
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tierten, so erzeugte es bei vielen einen unsterblichen Hass auf die Promotoren und einen unstillbaren Argwohn gegenüber Pridi, dem Gehirn und der ideologischen Leidenschaft hinter den "Vier Tigern". In diesem Zusammenhang hörte Ananda vermutlich den Namen zum ersten Mal.73 Seine Mutter war von gemischten Gefühlen beherrscht. Ihre Herkunft, ihr Ehemann, die Jahre im Ausland, hatten dazu beigetragen, eine demokratische Gesinnung zu fördern. Sie hatte keine Blutbande mit den Leuten, die wie gelähmt waren durch ihren abrupten Fall in die Bedeutungslosigkeit, aber so lange König Prajadhipok ohne Kinder blieb, war ihr Sohn der Thronerbe. Wie Prajadhipok selbst mag sie die Vorzüge einer Revolution gegenüber den Nachteilen schwerer gewichtet haben, wurde dem König doch die Last genommen, für die Fehler der Regierung in Haftung genommen zu werden: Großbritanniens konstitutioneller Monarch hielt den Thron sicherer als jeder absolutistische Monarch es jemals könnte. Aber ruhige politische Überlegungen waren kaum wahrscheinlich mitten in den überwältigenden Emotionen der Familie ihres Ehemannes. Und wenn sie sich selbst sagte, dass ihre einzige Sorge der Erziehung der Kinder dienen sollte, dann war auch dies durch die Präsenz gerade dieser gleichen Verwandten in Frage gestellt. Die Ansichten der Erziehung ihrer Verwandten waren sehr unterschiedlich zu denen, die die Prinzessin in westlichen Büchern gelesen hatte. Jede Hoffnung, dass die Revolution von 1932 eine utopische Demokratie74 begründen könnte, zerstob in dem Aufruhr über Pridis ökonomischen Plan. Dann war da sein Exil in Frankreich, bis er zurück in die neue Regierung geholt wurde, die von Oberst Bahol mit der Hilfe von FM Pibul gebildet wurde. Diese Eruptionen verschafften Prinzessin Mahidol einen Vorwand zu entkommen. Sie bestand mir gegenüber darauf, dass die offizielle Begründung ihres Weggangs aus Bangkok korrekt wäre – dass es zum Schutz der Gesundheit der Kinder und ihrer Ausbildung gewesen wäre. 73 Hier bewegt sich Kruger völlig in spekulativem Raum. Einen Beleg für diese Vorstellungen gibt er nicht an, und zwingend schlüssig ist der Gedankengang dieses Absatzes auch nicht. 74 Kruger will mit „utopisch“ vermutlich beschreiben, wie weit jede demokratische Entwicklung vom Zeitgeist innerhalb Siams entfernt war. Eine Utopie wäre ja auch gar nicht wünschenswert gewesen. Wie der Begriff schon ausdrückt, hätte ein solches Modell in der Realität zwangsläufig versagen müssen. Es wäre wünschenswert gewesen, ein für alle gesellschaftlich relevanten Faktore tolerierbares Demokratiemodell zu finden. Ein solches wurde aber durch den Übereifer und die fehlende Mäßigung durch die Revolutionäre erst einmal verfehlt.
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Aber viel war geschehen, was ihre Erinnerung verdunkelt hat, und ich bin sicher, dass sie glücklich über die Gelegenheit war, ihre Kinder in einem Umfeld größerer Freiheit und Sicherheit aufzuziehen75. Der König konnte leicht überzeugt werden, weil, sollte er keinen Sohn mehr bekommen, Ananda der mögliche Thronerbe wäre und daher vor Schaden geschützt werden sollte. Prajadhipok stimmte ihrer Abreise im Mai 1933 zu und schlug selbst die Schweiz vor. Da sie sich an Lausanne erinnerte, das sie auf ihrer Hochzeitsreise besucht hatte, zog die Prinzessin die Stadt gegenüber Genf vor. Zunächst stieg sie im kleinen Windsor Hotel ab. Die Regierung dachte, dass dies das Prestige Siams beschädigen würde und bewegte sie zum Umzug in ein großes und luxuriöses Appartement in der Avenue Tissot. Sie mochte dieses nicht sehr, aber zumindest schien es weit weg vom Machtkampf in Bangkok zu sein.
75
Es ist nicht nachzuvollziehen, warum den beleglosen Vermutungen Krugers hier der Vorzug gegenüber den nachvollziehbaren Argumenten der späteren Königin-Mutter gegeben werden sollte. Die vorgebrachten Argumente der Prinzessin aus ihrem eigenen Mund sind schlüssig und ausreichend, und es ist ebenso wahrscheinlich, dass der König von deren Stichhaltigkeit überzeugt war. Für weitergehende Spekulationen gibt es an Hand der augenblicklichen Quellenlage keinen Anlass. Seite 69 von 408
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Der junge König Aber kaum war die Familie eingezogen, da begann der Stein des monarchistischen Aufstandes Wellen bis an den Strand des Genfer Sees auszusenden. Die Todesstrafe, die über sechs der politischen Gefangenen ausgesprochen worden war, führte letztlich zur Krise und König Prajadhipoks Abdankung. Deshalb war es die Avenue Tissot, zu der die drei hohen Beamten gingen, mit dem Geschenk des Throns für einen zehnjährigen Jungen mit einer Erkältung. Von diesem Moment an waren die Leben Siams, der Männer wie Pridi und FM Pibul und von Ananda eng verknotet und voneinander abhängig. Sie wurden mit unterschiedlichen Plänen weiter geführt, und die waren so unterschiedlich wie die Distanz, die zwischen den beiden Kontinenten lagen, da Ananda bis zu seiner Volljährigkeit in der Schweiz leben würde, während ein Konzil von Regenten die königlichen Funktionen in Bangkok ausübte. Einige altmodische Menschen brüteten aus, dass ein essentielles Omen einer glücklichen Majestät fehlen würde. Nie zuvor war ein Chakri König geworden, ohne einen einzigen weißen Elefanten zu besitzen. Aber das war doch sicher jetzt das 20. Jahrhundert, und bereits ein Drittel davon war bereits Vergangenheit? Prinzessin Mahidol, die ehemalige Krankenschwester von niedrigem Stand, fand sich selbst nun in den Rang einer „Prinzenmutter“ erhöht und ihr wurde die Erziehung eines höchst ungewöhnlichen Kindes übertragen. Dieser Junge war plötzlich an die vorderste Front einer jahrtausend Jahre alten Geschichte des Landes getreten, und er wurde von zwanzig Millionen Menschen als der lebende Teil einer Heiligkeit angesehen. Um eine Umgebung zur Verfügung zu stellen, die angebrachter als eine einfache Wohnung war, mietete die Regierung eine Villa in Pully. Stille Straßen, geschwungenen Straßen und grüne Gärten vor komfortablen Chalets, die verlassene Nüchternheit mit Aussicht auf den See, so erzeugte Pully den Eindruck eines Dorfes. Es war jedoch ein Vorort, der nur 10 Minuten vom Zentrum Lausannes entfernt war, der geschmeidigen aber plumpen Zierde des Kanton Vaud. Ananda wuchs in einer Villa auf, die von seiner Mutter den Namen erhalten hatte, und die dabei diplomatisch den Namen ihrer Schwiegermutter gewählt hatte, Watana, was so viel bedeutet wie „Strahlen des Lichts“. Seite 70 von 408
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Die Villa war auf einer Hügelböschung über dem Ufers des Sees gebaut worden. Obwohl das Grundstück nun kleiner ist, ist das Haus noch zu sehen: 2 Etagen hoch, mit Dachkammer oben und Halbkeller unten, und mit weißen Wänden und einem mit roten Dachziegeln gedeckten Dach. Es versuchte nicht zu verstecken, was es war: Ein Heim, das von einer schweizerischen Unternehmerfamilie gebaut worden war. Und die Dunkelheit dieses Eindrucks wurde durch ein Grundstück von 2 Acres verringert durch ein Grundstück von 2 Acres76 die von Tannen und Walnusssträuchern eingefriedet waren. Und an einer Seite war ein Gemüsegarten der Prinzenmutter, die sich sorgfältig um die Ernährung ihrer Familie kümmerte. Sie stattete das Innere der Villa Watana mit einer Mischung aus europäischen und Siamesischen Objekten aus. Es war unüblich einen offenen Kamin zu haben, jedoch hatte die Familie, die es gebaut hatte, die Vorliebe aus England importiert. Eine schweizerische Haushälterin sorgte für das Haus mit zwei siamesischen Hilfen. Ein alter Mann und eine Reihe von Assistenten arbeiteten im Garten. Wohlerzogene Hofdamen, Beamte, Nachhilfelehrer, ein Chauffeur, Wachen und andere Leute ließen die königliche Entourage immer wieder anschwellen. Das Haus mit den 12 Zimmern war viel zu klein für alle, so dass ein weiteres Haus auf der anderen Straßenseite noch dazu gemietet wurde. Die Prinzenmutter ging mit der unerwünschten Bürde ihrer drastisch erhöhten örtlichen Umständen so gut um wie es ihr möglich war, gleichzeitig hielt sie das Leben des inneren Kerns der Familie soweit davon unberührt, wie es ihr möglich war. Der Familienbuddha wurde in einem Raum aufbewahrt, in den sie sich zur Meditation zurück ziehen konnte, und das Ergebnis ihrer Nachdenklichkeit war, dass sie sich entschloss ihre Kinder so normal wie es möglich war zu erziehen. Was bedeutete, dass sie sich daran klammerte, was aktuell und real war, ihre Pflichten als Hausfrau und Mutter, wie sie jede andere Bewohnerin eines schweizerischen Chalets um sie herum hatte. Aber anders als die meisten von ihnen, hatte sie keine zufälligen Neigungen hinsichtlich der Erziehung ihrer Kinder. Die Schriften von Jean Jacques Rousseau hatten sie beeinflusst, und zu der Idee von Maria Montessori geführt: Ein Kind kann durch Verständnis und nicht durch Angst zur Selbstdisziplin gelangen, und das in einer Atmosphäre von Freiheit, die nur durch die Rücksicht auf andere beschränkt wird.
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ca. 8000 Quadratmeter Seite 71 von 408
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Das schloss das Erlernen von guten Manieren nicht aus. Die drei königlichen Kinder mussten ihre Räume ordentlich halten (die Jungen teilten einen Raum), und vielleicht war Ananda der erste Monarch der Geschichte, der in seinem eigenen zuhause das Bett selber machen musste. Die Prinzenmutter lernte Französisch, in erster Linie um ihren Kindern zu helfen, die sie schon kurz nach ihrer Ankunft in eine Vorschule in Lausanne schickte. Sie wurden täglich abgeholt und gebracht, und das in einem Französischen Samson, später in einem Mercedes der von einem französischsprachigen Schweizer gefahren wurde. Dieser war eine sehr anerkannte Autorität in Hinsicht auf Autos, auf die Ananda und sein Bruder verrückt waren, was sie ohne Zweifel von ihrer Großtante geerbt hatten. In dem Jahr, es war 1935, in dem sie in die Villa Watana zogen, wurde Ananda in die Ecole Nouvelle eingeschult. (Bhoomipol ging auch dort hin, während ihre Schwester in einen Konvent ging.) Das erste was er von der Ecole Nouvelle zu sehen bekam, die er nun für acht Jahre besuchen würde, war eine Anzahl großer prosaisch aussehender Häuser die verstreut auf dem hügeligen Gelände des Stadtzentrums lagen. Der Eindruck von Eingeschlossenheit war jedoch in der entspannten aber zum Ziel führenden Atmosphäre dieser Schule bald vergessen. „Wir sehen es als unsere einzige Aufgabe an, unsere Schüler sowohl für die Herausforderungen des täglichen Lebens aber zur gleichen Zeit auch für die Prüfungen vorzubereiten. Das Leben an der Schule sollte ein Schule des Lebens sein, ist unser Motto.“ Unter diesen Prinzipien arbeitete eine Gruppe von Ausbildern, die aus mehreren Ländern rekrutiert worden waren daran, den Geist ihrer einhundertundfünfzig Jungen und Mädchen, darunter Schweizer und Ausländer, reifen zu lassen. Die praktische Bedeutung für Ananda war, dass er das volle Programm einer Sekundarstufenausbildung erhielt, aber auch Spiele und Handarbeit erlernte. Letzteres beinhaltete auch das Anlegen eines Gemüsegartens. Indem er die Produkte daraus verkaufte, steigerte er sein Taschengeld von zwei und einen halben Franken. Er erhielt während seiner Schulzeit nie mehr, da die Mutter sich an die wirtschaftlichen Gewohnheiten seines Vaters hielt. Seine Lehrer empfanden ihre neuen Schüler als aufgeschlossen, intelligent, folgsam, höflich und ruhig. Er schloss leicht Freundschaften aber er hatte eine reservierte Art an sich, die ihn davon abhielt, mit anderen familiär zu werden. Das war in erster Linie nicht auf Grund eines Bewusstseins seiner unterschiedlichen Herkunft, seiner Geschichte und dem Ruf des Schicksals, sondern basierte auf seinem Charakter. Er war nicht wild. Seine Gedanken Seite 72 von 408
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waren empfindsam: ein paar Jahre vorher war er gehört worden, wie er mit einem Pferd sprach und es bedauerte, dass das Pferd arbeiten musste und nicht so frei wie er war und spielen konnte. Er hasste Gewalt: Ein Junge der dabei war ihn während eines freundschaftlichen Gerangel an seiner neuen Schule anzugreifen, wurde von Anandas erhobener Hand mit einem imperialen Veto gestoppt. Bis zum Jahr 1938, sicher behütet in der Villa Watana und der Ecole Nouvelle, wuchs er von einem kleinen Jungen in die größeren Abenteuer der Jugend. Das Jahr ist wichtig: es markiert seinen ersten offiziellen Besuch in Siam. Die Zeit war gekommen, dass der dreizehnjährige König seine Untertanen traf. Mit seiner Mutter, dem Bruder und der Schwester ging er in Marseille am 17. Oktober an Bord der SS Meonia. Seine Entourage beinhaltete auch einen gewissen Mr. Pepys, der als sein Englisch-Tutor eingestellt worden war. Während der einen Monat langen Reise berichtete der Kapitän, „Seine Majestät der König zeigte sich als guter Seemann, genoss alle verfügbaren Spiele an Bord, war niemals seekrank, und das obwohl die Wetterbedingungen, die sie im Indischen Ozean antrafen heftig waren.“ Aber da war ein schwereres Gewitter in Bangkok zu bemerken, als er dort seine bemerkenswerte Einführung in das politische Klima erhielt. Fast vier Jahre waren vergangen, seit König Prajadhipoks Abdankung, was ein Produkt der Revolution war, von Coups und dem abortiven monarchistischen Aufstand. Nach so viel Aufruhr hatte das Land die Bemühungen in Angriff genommen, aus der Depression zu gelangen und Demokratie aufzubauen. Oder besser gesagt, eine kleine Gruppe an der Spitze hatte das versucht, denn die Massen dachten wenig darüber nach und kümmerten sich noch weniger darum. Man mag sich daran erinnern, dass der Premierminister ein aufrechter Soldat, Colonel Bahol war. Im Namen von König Ananda hatte seine Verwaltung sowohl die zentrale als auch die kommunale Verwaltung auf eine demokratischere Basis gestellt, und in vielen Bereichen Reformen wie in Bildung, Fiskalpolitik, Justiz, durchgeführt. Hinter all dem steckte der Geist von Pridi. Seine eigene Verantwortlichkeit war die eines Innenministers und dann des Außenministers. Mit der Hilfe seiner amerikanischen Berater überzeugte er die westlichen Mächte auf die letzten Überreste der territorialen Sonderrechte zu verzichten, die sie aus Siam als Preis für dessen Unabhängigkeit herausgepresst hatten. Die neuen Verträge machten das Land vollkommen frei und verbesserten seine Finanzen. Sie stellten auch die BeSeite 73 von 408
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ziehungen mit dem Westen auf einer freundschaftlichen Basis wieder her, Beziehungen, die durch die Revolution abgekühlt waren. Dies war besonders wichtig in Zeiten da Japan begann den Osten mit einem Gesang über Verbreitung des Wohlstandes in Aufruhr zu versetzen. Pridi hatte eine Lebensader eröffnet. Obwohl er ein beschäftigter Minister des Kabinetts war, führte er seine Arbeit als Mentor weiter fort und lehrte an der ehemaligen Hochschule für Recht, die er nun in eine Universität verwandelt hatte, die dazu bestimmt war, die Fähigkeiten und das Wissen zu vermitteln, das für eine Demokratie benötigt wird. Und Pridi, der niemals jung war, wurde niemals alt. Er war ein Mann geworden für den Moral und Politik unteilbar waren. Deshalb nannte er seine neue Institution die Universität für Moral und politische Wissenschaften (UMPS). Studenten füllten die Vorlesungsräume um ihn zu hören. Wie er aber in einer solchen Nähe vor ihnen stand, etwas größer gebaut und bleicher als die meisten Siamesen, mit seinem Bürstenhaarschnitt, den funkelnden Augen und dem immer bereiten scheuen Lächeln, dann hatte er etwas Unnahbares an sich, etwas Rätselhaftes. Aber das dämpfte nicht ihre Leidenschaft für ihren Mentor. Neben seinen Vorlesungen schrieb er Bücher und eines hieß „An Outline for Boys and Girls and Their Parents“ (Richtlinien für Jungen und Mädchen und ihre Eltern), das die Demokratie mit einem liberal sozialistischen Geruch erklärt. Aber es wurde unterdrückt. Und bei allem Fortschritt im Land gab es eine dunkle Strömung. Seine Auswirkungen konnte man an der wachsenden Zahl von seltsamen offiziellen Treffen erkennen. Männer wurden Gouverneure in Provinzen ohne eine andere Qualifikation als eine Karriere in der Armee. Oder in einem anderen Fall führten die Ernennungen der Armee zum Missbrauch von öffentlichen Geldern, und da waren Verträge für öffentliche Arbeiten die den privaten Gewinn wichtiger als die Einhaltung der Baustandards ansahen. Es war eine Regierung die mehr zum „Ausquetschen“, dem Einziehen von „Provisionen“ oder „Teegeldern“ beitrug, oder wie die Siamesen sagten, „das System schmierten“ als jede vorherige monarchistische Regierung. Dieser Zustand des Staates war weitgehend das Werk der Manöver eines Mannes um an die Macht zu kommen. FM Pibul hatte stark an Einfluss gewonnen weil er maßgeblich dabei geholfen hatte den Coup, der Colonel Bahol das Amt des Premierministers verschafft hatte zu helfen, sowie von der Niederschlagung des Aufstandes der Monarchisten. Er wurde zum VerSeite 74 von 408
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teidigungsminister und zum stellvertretenden Oberbefehlshaber ernannt und baute sich eine Gefolgschaft in der Armee auf, indem er Beförderungen gezielt im Inneren einsetzte und Ernennungen der Regierung von außerhalb der Armee. Pridis Anhängern wurde dadurch der Zugang zur Macht verwehrt, oder sie wurden aus Positionen gedrängt. Aus ihrer Abneigung und ihrer Alarmierung im Angesicht einer drohenden Militärdiktatur erwuchs ein bitterer Kampf in den Hinterzimmern. Der Einfluss von Oberst Bahol auf die Armee war immer noch allgegenwärtig und er tat sein Bestes um den Glauben an der Brüderlichkeit zwischen den Zivilisten und den Soldaten, die während der Revolution erreicht worden war, zu erhalten, so dass seine einzige Funktion als Premierminister so etwas wie ein Katalysator und Problemlöser zwischen den Fraktionen wurde. Er wollte damit verhindern, dass eine Fraktion die andere entmachtet. Aber die Macht, die FM Pibul zum Zeitpunkt des Näherkommens der ersten offiziellen Reise Anandas angesammelt hatte, war so groß, dass Pridis zivile Teile der Verwaltung praktisch nur noch tolerierte Staffage zur Befriedigung des Obersts waren. FM Pibuls Horoskop war einmal anonym einem Astrologen gezeigt worden, der die Meinung vertrat, dass das Subjekt eine seltene Gabe hätte, Unrecht als Recht anzusehen. In seiner Jugend war er von Mädchen davon gelaufen, aber nun hatte er ein gutes Aussehen entwickelt, das durch sein soldatisches Gehabe und sein lächelndes Selbstvertrauen verstärkt wurde. Seine Kleider waren untadelig bis zu einem Grad der geckenhaft war. Er war verrückt nach schönen Kleidern aus Haihaut und er betrug sich mit nicht weniger guten Manieren. Er hatte eine große Anziehungskraft. Seine feine Stimme war sein Pfund mit dem er wucherte, seine scheinbare offene und umgängliche Art ein weiterer Vorteil, und er ließ keinen Trick aus um zu überzeugen. Ich las gerne die Zeitungsberichte darüber, wie er die zerstrittenen Fraktionen der Politiker behandelte, mit Tränen77, die seinen Wangen herunter liefen bat er darum die buddhistischen Prinzipien zu erinnern und Wut und Ärger zurück zu drängen. Niemand konnte diese Prinzipien vergessen als er selbst, wenn er sich dazu entschloss verärgert zu sein
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Es drängt sich der Vergleich mit NeWin Chidchob auf, der am 07.04.2009 die Gegenoffensive gegen die Rothemden mit Tränen in den Augen einleitete, während er durch das Innenministerium eine Plakataktion in nie gesehenem Ausmaß begann und gleichzeitig die Blauhemden rekrutierte, die in Pattaya einen Demonstranten erschossen und viele schwer verletzten. Seite 75 von 408
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und wenn alles versagte zu überzeugen, dann nutzte er seine geheimen Kräfte der Macht. Während der Ansammlung seiner Macht war eine Frau seine zuverlässige Gefährtin, die einst als kleines Mädchen durch seine Liebesgedichte überzeugt worden war. Mutter von sechs Kindern war sie Siams erste Frau im Parlament geworden. Und als sie 26 Jahre verheiratet war, schreibe er einen Artikel in einem Magazin über sie. „Ich bin nicht“ so schrieb er, „ein Mann der eine Frau verderben möchte, aber ich liebe es sie so glücklich zu machen wie ich es kann.“ Auch wenn er nicht erwähnte, dass sie Schwierigkeiten damit hatte, genügend Juwelen zu sammeln, die jede siamesische Frau als ihr Eigentum beansprucht, so betonte er doch, dass er ihr mit dem Schreiben von Gedichten geholfen hätte, weil sie verrückt nach Gedichten war, und er beschrieb sie als die perfekte Frau, schön, klug, loyal, und von der er nie getrennt worden war, „außer wenn die Pflicht mich rief“. Sein Ruf ließ vermuten, dass die Pflicht ihn oft zu den Waffen rief, obwohl er lieber Zärtlichkeiten als den Tod austeilte. Ein Buch in der Nationalbibliothek in Bangkok mit dem Titel „Pibuls Liebesleben“ unterstützt jedoch nicht die Legende eines ungezügelten Casanova. Das Buch, dass 30 Jahre seines öffentlichen Lebens abdeckt, erwähnt nur eine Sängerin aus der Gruppe der Public Relation Abteilung der Regierung und eine Teilnehmerin an einem Schönheitsköniginnenwettbewerb (die Bescheidenheit der siamesischen Frau steht auf sonderbare Weise im Wettstreit mit der nationalen Passion für Schönheitsköniginnenwettbewerbe), die ihm einen Sohn gebar. Eine romantische Auseinandersetzung war der Grund für eine permanente Narbe auf seiner Wange. Er stieg gerade in seinen Wagen, nachdem er einen Siegespokal bei einem Fußballspiel verteilt hatte, als ein angeheuerter Mörder auf ihn schoss. Was auch immer die Wahrheit über seine Liebschaften sein mag, die unmittelbare Relevanz liegt in der Tatsache, dass es einen großen Kontrast zu Pridi darstellte, dessen Namen niemals mit einer anderen Frau außer seiner eigenen in Verbindung gebracht wurde. In Siam, wo solche Dinge nicht einmal einen Augenbrauenrunzeln hervorrufen, war der Unterschied weniger auf Moral als auf Pridis Askese zurückgeführt worden. Trotz des verbitterten Kampfes zwischen den Anhängern der beiden Männer, blieben sie selbst, zumindest von Außen betrachtet, immer die Freunde aus den Pariser Studienzeiten. Pridi hielt sich tatsächlich immer von Intrigen und Korruption fern. Seine Egoismus und sein Idealismus trafen sich in der Hoffnung, dass demokratische Gefühle und Verantwortlichkeit schnell
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genug wachsen würden, um die Dominanz der Armee zur Frustration zu treiben. Seine mächtigste Quelle des Vertrauens lag in der Nationalversammlung, dem Parlament, dass nach der Revolution von 1932 eingerichtet worden war. Unter der Verfassung wurde die Hälfte der Mitglieder durch die aufgelöste Volkspartei der revolutionären Promotoren ernannt und dort waren die Zivilisten der militärischen Fraktion überlegen. Die andere Hälfte, die sich nach den Wahlen von 1933 bildete, bestand zum größten Teil entweder aus moderaten Konservativen oder Pridis Liberalen. Trotz des verbreiteten Verdachtes, dass Pridi Kommunist wäre, arbeiteten die beiden Gruppen zusammen um einer in Siam erwachenden Hoffnung auf Demokratie eine Stimme zu geben. Aber im Jahr 1937 kam die brutale Desillusionierung. Viel von König Prajadhipoks Eigentum vom Staat war als staatliches Eigentum beschlagnahmt worden und Gerüchte sickerten durch, dass der Rat der Regenten vielen der Promotoren, außer Pridi, aber einschließlich FM Pibul, erlaubt hatten, Teile des Landes zu niedrigen Preisen zu kaufen und das zu günstigen Zahlungsbedingungen. In der Nationalversammlung war die Reaktion der informierten Öffentlichkeit so erzürnt, dass der Rat der Regneten und Oberst Bahols Kabinett sich verpflichtet fühlten, zurück zu treten. Durch diesen unmissverständlichen Akt des Gehorsams der Regierung gegenüber dem Willen des Volkes erschient zumindest Demokratie nunmehr endgültig eingeführt zu sein. Aber im nächsten Moment zerstörte FM Pibul sie wieder. Er umzingelte die Versammlung mit Panzern und drohte mit einem Staatsstreich, falls die Abgeordneten nicht gehorchten. Die Regenten und die Regierung behielten ihre Büros, aber es war ganz klar FM Pibul, hatte die Schlüssel zur Macht in der Hand, und nur der Einfluss von Oberst Bahol hielt ihn noch davon ab, ihn zu benutzen. Unruhen folgten. Gewisse Sympathisanten der politischen Gefangenen die seit dem fehl geschlagenen Aufstand der Monarchisten im Jahr 1933 im Gefängnis waren, planten Mordanschläge. Eine Woche bevor Ananda mit der SS Meonia ankam, zog FM Pibul sich für eine offizielle Gelegenheit an und hatte gerade seine Stiefel aber noch nicht seine Hosen angezogen78 als sein Kammerdiener eine Pistole zog, auf ihn feuerte, ihn aber verfehlte. Schon innerhalb des
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So schreibt es der Kruger. Warum man zuerst seine Stiefel und dann erst seine Hosen anzieht ist unklar. Aber siamesische Bauern hatten Hosen, die ähnlich wie Kleider geschnitten waren. Seite 77 von 408
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nächsten Monats brachen er und seine Frau beim Abendessen über dem Dessert zusammen. Es war vom Koch vergiftet worden, dessen geliebte von den Sympathisanten der politischen Gefangenen bezahlt worden war. Wieder überlebte er. Seine wiederholten Rettungen waren so bemerkenswert wie die Tatsache, dass er alleine der einzige unter den modernen Führern Siams war, der für die Mordanschläge ausgesucht worden war. Die gespannte Atmosphäre die durch diese Ereignisse erzeugt wurde, schweißte die Versammlung zusammen um gegen den Rücktritt der Regierung aufzutreten. Erschöpft und krank vertagte Oberst Bahol die Versammlung und trat zurück. FM Pibul folgte ihm fast unmittelbar nach. In sechs Jahren war der junge Artillerieoffizier zum Premierminister von Siam aufgestiegen. Aber inzwischen war Ananda angekommen und die meisten Menschen dachten entweder nicht daran oder waren nicht emotional bewegt, während ihre Zukunft durch diese politischen Ereignisse bald wieder in Knechtschaft münden sollte. Herzen und Verstand wurden durch den königlichen Besuch beherrscht, und nichts bewegt Siamesen mehr als eine öffentliche Feierlichkeit. Während des Festes der Blumen zum Beispiel oder dem altehrwürdigen Willkommenheißen des Frühlings ist diese Freude enthusiastisch. Wenn diese Freude mit der der Loyalität mit dem Thron vereinigt wird, dann führt das zu Begeisterungsstürmen. Und jetzt um so mehr als der König da war, der ihnen fünf Jahre lang gefehlt hatte.
Der erste Besuch als König König Ananda kam am 15.11.1938 an. Sein Empfang war denkwürdig. Der hellgrüne Golf von Siam glitzerte unter der Sonne, als die Marine sich in voller Stärke an der Mündung des Menam versammelte und die SS Meonia erwartete, deren Schornsteine am Horizont auftauchten. Der Premierminister und die drei Männer des Rates der Regenten gingen an Bord, um den dreizehn Jahre alten Monarchen zu begrüßen, und er, der noch vor ein paar Wochen seinen Gemüsegarten in einer Schweizer Schule überdacht hatte und sein Bett in einer Schweizer Villa selbst machte, wurde plötzlich in einen transzendentalen Halbgott verwandelt. Sie alle begaben sich auf den Stolz der Marine, die Ayudhya, während sie einundzwanzig Salutschüsse abgab. Einhundert Flugzeuge seiner Luftwaffe flogen über die Köpfe, und alle Arten von Flussfahrzeugen begleiteten geschmückt und unbekümmert das Kampfschiff in einer großen Prozession flussaufwärts, und wie die offizielle Beschreibung aussagt, war es „der Seite 78 von 408
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wunderschönste Augenblick, den das Venedig des Fernen Ostens jemals gesehen hatte“. An der königlichen Anlegestelle am Grand Palace warteten die Mitglieder der königlichen Familie, das Kabinett, die Botschafter in voller Uniform des Palastes mit Rosen zu ihren Füßen, als Musik von Muscheln, Flöten, Trompeten und Trommeln die Ankunft von König Ananda verkündeten. Er war in königlichen Roben gekleidet und trug das goldene Schwert, das Symbol der Macht. Der neunteilige Schirm, den nur ein König tragen darf, wurde über ihn gehalten, als er zu den Gesängen von Mönchen an Land ging. Nach Ansprachen der königlichen Gruppe, die am Radio von Millionen mitgehört wurden, betrat er das verzauberte Gebiet des Grand Palace. Im Tempel des Smaragd-Buddha betete er vor der heiligen Statue. Im Mausoleum ehrte er seine erhabenen Vorfahren des königlichen Hauses der Chakri – eine Sammlung von Statuen von umstrittener Anmut. Und im Inneren warf sich seine Großmutter vor ihm auf den Boden. Beim Verlassen des Grand Palace nahm er von der Barompiman Halle, in der das finale Drama stattfinden sollte, keine größere Notiz.
Abbildung 6 Ananda während seines ersten Besuchs als König in Bangkok im Jahr 1938. Hinter ihm geht sein Bruder und seine Schwester.
Wer hätte das Drama voraussehen können, was auf den Jungen, angezogen mit einer weißen Uniform mit viel goldener Dekoration und einem großen Helm, der in einer glänzenden Karosse die Rajdamnoen Avenue hinunter fuhr, um von der Bevölkerung gehuldigt zu werden, wartete? Welche Anspielung konnte in den Beleuchtungen bei Nacht, den Flaggen bei Tag, den vielen Menschen, die damit beschäftigt waren, die Delikatessen zu essen oder den Zerstreuungen zuzuschauen, die an Land und auf dem Wasser dargebracht wurden, stecken? Oder wer konnte etwas in dem lächelnd ge-
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nossenen Müßiggang erkennen – einem den nur Siamesen wirklich genießen können – in jedem Augenblick der Festlichkeiten? Während der zwei Monate seines Besuchs, als die wahre Macht über sein Königreich endgültig in die Hände von FM Pibul überging, wurde von Ananda an Haltung und Selbstbeherrschung abverlangt, was ihm in Jahren nicht zugemutet worden war. Es gab eine Würde und Vornehmheit um ihn herum, die er königlich akzeptierte, auch wenn manchmal ein Schimmer von Scheu oder ein Anflug von leichter Verwirrung den Jungen überkamen. Jeder fühlte Befriedigung – die Bevölkerung sonnte sich im Schein der Anwesenheit des Gottes des Lebens, Politiker wie FM Pibul, die sich ausrechnen konnten, dass dieser sanftmütige Mensch ihm keine Probleme bereiten würde, und die Monarchisten, die hofften, dass der öffentliche Enthusiasmus der Vorbote einer Rückkehr der eigenen Wichtigkeit war. Als er am 13.01.1939 Siam wieder verließ versammelten sich dreihunderttausend Menschen an den Ufern des Flusses. Später würde man sich fragen, wer in aller Welt als Mörder in Betracht kam, aber zu diesem Zeitpunkt gab es nur tumultartige Devotion. Das Unvorhersehbare versteckte sich unter einem Mantel und Kappe des Schweigens.
Das Studium Die sieben folgenden Jahre waren die sieben mageren Jahre der modernen Menschheit. Nur wenige Plätze nicht einmal die weit entfernten Tempel und Plätze in Bangkok entkamen dem Wahnsinn des 2. Weltkrieges, nur die Schweiz blieb ein Hort des Friedens. In der Villa Watana hätte man kaum denken könnten, dass im Norden, Süden, Osten und Westen ein Krieg tobte, hätte man nicht zwei Jungen und einen Erwachsenen gesehen, die Manöverspiele mit Spielzeugsoldaten und Waffen genial mit Geschicklichkeitsübungen kombinierten, und die zwei Jungen, Ananda und sein Bruder Bhoomipol, spielten immer wieder während all der Jahre mit dem Erwachsenen, einem Monsieur Seraidaris, der selbst der Erfinder des Spiels war. In der Einleitung erwähnte ich kurz einen außergewöhnlichen Griechen aus dem 18. Jahrhundert mit Namen Phaulkon, der zur rechten Hand des Königs79 aufstieg – Gott des kalten Wissens – bis ihn rachsüchtige Höflinge ermordeten. Mr. Seraidaris liefert einen kuriosen Nachhall zu dieser Le-
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König Narai der Große
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gende, da auch er ein Grieche und während der letzten sechs Jahre von Anandas Leben fast ständig sein Begleiter war. In Bangkok, wo man ihn nie sah, existierte „der Grieche“ als eine Legende im Schatten, ein namenloses Subjekt, über das man mutmaßte. Als nicht er, sondern der König ein gewaltsames Ende fand, war es, als ob es um den Ausgleich der Geschichte ging. Cleon O. Reaidaris wie seine Visitenkarte ihn beschreibt, wurde in Deutschland im Jahr 1907 geboren. Sein Vater, ein Tabakhändler, brachte ihn im ersten Weltkrieg in die Schweiz. Er war eine aufsichtführende Person über die kleineren Kinder in der Ecole Nouvelle, während er an seiner Doktorarbeit schrieb. Dort wurde die Königinmutter kurz vor Ausbruch des 2. Weltkrieges auf ihn aufmerksam. Sie suchte jemanden, der sie unterstützen sollte, den Söhnen bei den Hausaufgaben zu helfen, und später stellte sie ihn als Vollzeittutoren ein. Er lebte nicht bei ihnen, da er kurz vorher geheiratet hatte, und zwei eigene Söhne bekam, aber er wurde ein integraler Bestandteil der Familie. Ich fand in ihm einen Mann mit großen Knochen mit einem gewissen kühnen Charakterzug und grauen Haaren. Er hatte ein stilles Benehmen und vielleicht eine zu enthusiastische Ansicht über die makellose Unfehlbarkeit der königlichen Familie, aber schließlich sind viele gute Lehrer nur gut in der Welt der Kinder. Er war nicht nur der akademische Coach der Brüder (sein Fach war die Wissenschaft), sondern auch wurde er zu einem großen Maße ein Ersatz für die Vaterfigur. Die drei, der Grieche und die beiden Jungen, hatten, was sie den „Club“ nannten. Ihr Hauptquartier waren große Verpackungskartons am Ende des Gartens. Dort saßen sie und tranken Orangensaft und sprachen oder grübelten über „Jane’s Fighting Ships“80, oder sie spielten mit ihren weißen Mäusen und Kanarienvögel. Sie spielten auch auf dem Dachboden mit ihrer elektrischen Modelleisenbahn oder mit anderen Spielzeugen und natürlich ihr Kriegsspiel. Aus den Spielzeugen wuchsen sie heraus und loyale Untertanen sandten ihnen viele Geschenke, und sie wurden vom Klub für wohltätige Zwecke verkauft, oder sie kauften neue oder Werkzeuge für M. Seraidaris, der ein sehr guter Schreiner war und Ananda seine Begeisterung weiter gab. Diese Aktivitäten waren zeitlich beschränkt, da Ananda nicht vor sechs Uhr mit Schule und Hausaufgaben fertig war. Der halbe Tag in der Mitte der Woche wurde durch ein Picknick mit einer Ausfahrt der ganzen Familie
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Janes’s Fighting Ships ist ein Jahrbuch über die Schlachtschiffe der Welt. Seite 81 von 408
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gefüllt, und in den Ferien fuhren sie in den Wallis zum Klettern oder nach Arosa zum Skifahren. Und während der übrigen Zeit hatten sie jede Menge Segeltraining, Ruder- und Schwimmübungen, und immer war M. Seraidaris an ihrer Seite. Aber hinter jedem Detail steckte die Hand, das Herz und der Verstand der Königinmutter. Sie fällte die Entscheidungen, sie schrieb die Diät der Familie vor, sie brachte die Familie zu Picknicks und in die Ferien und sicherte die Überprüfung ihrer Schularbeiten. Sie ermutigte sie, alles zu lesen von Detektivgeschichten bis zu Büchern über Astronomie und Briefmarken zu sammeln und Interesse an Fotografie zu entwickeln, was eine zusätzliche Aufgabe in ihrem Klub wurde. Mr. Seraidaris war ihr Instrument. Sie hatte einen weiteren Vertrauten, einen gewissen Nai Anek, der noch zu beschreiben wäre. Er und der Grieche waren im innersten Kreis der Familie. Es gab weitere Nachhilfelehrer – einen Schweizer Musiklehrer und eine Engländerin, die von der Abschlussklasse der nebenan liegenden Schule für junge Damen kam, und eine freundliche siamesische Maha (eine Art Doktor der Theologie), die die Siamesen Buddhismus lehrte. Aber diese Personen waren nur einen gewissen Grad höher als die Diener, die Beamten, die aus geschäftlichen Gründen kamen, oder die Gäste, die wie einer Gesetzmäßigkeit folgend jeden Samstag auftauchten, wenn die Prinzenmutter einen Empfangstag ausrichtete. Dies war fast ihre einzige Konzession an die sozialen Anforderungen. Sie nahm am Leben in der City nicht teil. Die Zeitungen, die nichts zu berichten wussten, erwähnten sie niemals. Ihre Welt war die Villa Watana. Trotz ihres sehr regulierten Tagesablaufs war das Leben sehr ungezwungen. Das Gespräch am Tisch war frei und ohne Umstände. Diener mussten nie vor ihnen kriechen. Und der Hintergrund der schweizerischen Gleichheit sorgte dafür, dass beiläufige Überraschungsbesucher, die an der Haustür standen, die Tür auch schon mal von der Königinmutter selbst geöffnet fanden und das in kurzen Hosen, falls sie gerade von der Gartenarbeit kam. Sie hätte verschiedener kaum sein können als ihre Vorgängerinnen im gleichen Rang, die exzentrischen Matriarchaten aus dem Inneren des Grand Palace. Sie erreichte Gehorsam durch Liebe und Beispiel. Die Bestrafung für ihre Kinder war in der Regel ein Bußgeld für jeden Schaden, den sie verursachten. Ihre Tochter war vielleicht die schwierigste von allen dreien. Ihre Ungeduld in der besten Chakri-Tradition {Jähzorn} und eine fast unsiamesische Geringschätzung für Reis unterschied sie von den anderen beiden, aber für die Hälfte des Krieges war sie entfernt von daheim in einem Seite 82 von 408
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Internat in Genf. Das am Engsten mit der Mutter verbundene Kind war der jüngste Sohn, Bhoomipol, der zwei Jahre jünger als Ananda war. Er spielte den Clown der Familie und heute würde niemand im strengen gütigen Blick des derzeitigen Monarchen den unzähmbaren komischen und bebrillten Jungen wiedererkennen. Wenn Ananda Eifersucht oder Groll hegte, so ließ er es sich nicht anmerken . Alle Belege deuten daraufhin, dass die Brüder eine starke Bindung zueinander hatten. Sie teilten sich einen Raum und ihre Begeisterung für ihren Klub. Anandas Gefühle zu seiner Mutter schienen ebenso klar: er fragte sie immer, ob sie gut geschlafen hätte, drängte sie, nicht so viel zu arbeiten und zeigte ständig seine Hingebung zu ihr. Er schien perfekt in die Welt der Villa Watana zu passen, eine Welt, die sie um ihn herum aufgebaut hatte. Das Zur- Schule-Gehen war ein Ausflug in äußere Regionen. Seine Schulfreunde wurden nicht nach Hause eingeladen, obwohl er sie von Zeit zu Zeit in ihren Häusern besuchte wie zum Beispiel bei Professor Piccard, dem Ballonflieger, dessen Sohn auch an der Ecole Nouvelle zur Schule ging. Bei solchen Gelegenheiten begleitete ihn M. Seraidaris möglicherweise als Attribut der Königswürde. Eine andere Ermahnung war die Wache, die in der Nacht und bei Tag durch eine besorgte Schweizer Regierung an den Zäunen der Villa Watana aufgestellt wurde. (Es war die Aufgabe eines mächtig gebauten Inspektors mit einem runden Gesicht und schwarzen Haaren, der langsam sprach, sich aber schnell bewegte, ein ehemaliger nationaler Jiu-Jitsu Meister; er setzte sich später im Alter von sechzig Jahren zur Ruhe und heiratete ein Mädchen im Alter von fünfundzwanzig Jahren. Innerhalb der Zäune verlor Ananda seine Jugend, während der Krieg vor dem Zaun tobte. Bilder von ihm, die ihn größer als die meisten seiner Landsleute zeigt, mit betont abfallenden Wangenknochen in einem ovalen Gesicht, glatten Zügen und großen Rehaugen, die Brillengläser benötigen, die er aber nur zum Lesen aufsetzte. Seine gewöhnliche Erscheinung war ernst, sein Blick hatte einen Anflug von Zurückgezogenheit, er war fast träumerisch. Wenn er das Gefühl hatte, etwas falsch gemacht zu haben, wurde er selten ärgerlich, aber nach gründlichem Überlegen sprach er darüber, was er dachte. Er dachte nach, bevor er antwortete. Er hatte keine Angst vor der Dunkelheit, und er sah sich sorgfältig um, bevor er die Straße überquerte, weil man ihm beigebracht hatte, es so zu tun. Er machte alles präzise so, wie man es ihm sagte, selbst das Aufschlagen eines gekochten Eis. Bei all diesem Ernst wäre er kein Siamese gewesen, wenn er nicht einen starken Sinn für Humor gehabt hätte. Aber er machte nie Witze auf Kosten anderer. Seine Abneigung, Sex zu diskutieren oder sich darüber Seite 83 von 408
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lustig zu machen, macht es einfacher, ihn einen Tugendknaben zu nennen, als die Fakten es hergeben würden. An der Schule genoss er echten Respekt und schloss leicht Freundschaften, denn er war empfänglicher für Beziehungen, anders als der eher klügere Bhoomipol, der einige Schwierigkeiten hatte, andere Menschen zu verstehen. Ich hegte den Verdacht, dass die Darstellung von Anandas Vollkommenheit der Notwendigkeit königlicher Tugenden entsprang. Außerdem sollte man die Erinnerung verändernde Wirkung von Tragödien nicht unterschätzen. Aber während der langen Befragung seiner früheren Lehrer und anderer Personen, die eher weniger in Beziehung zu ihm standen oder sentimentale Gefühle hatten, die die Fakten veränderten, verschwand meine Skepsis. Ananda hatte keine schlechten Eigenschaften und seine Qualitäten waren riesig. Verantwortungsbewusstsein, Humor, Zurückhaltung, eine verwirrende Ehrlichkeit bei Dingen, die er nicht begriff bis er sie verstand, und besonders seine Art von innerer Güte, die schwer mit Worten zu beschreiben ist. Er war extrem intelligent, nicht brillant – „ausreichend gut für ein intellektuelles Niveau“ ist der Ausdruck, den ein ehemaliger Lehrer gewählt hat, aber er hatte einen offenen Geist, der schnell lernte und Dinge in Erinnerung behielt. Im Jahr 1943, als er auf seinen achtzehnten Geburtstag zuging, verbrachte er die letzten sechs Monate an seiner Ecole Nouvelle als Internatsschüler, der am Wochenende nach Hause fuhr, weil seine Mutter wünschte, dass er seine Tentakel ein bisschen in die Welt streckte. So als ob sie bemerken würde, dass die Qualität des Lebens in der Villa Watana zu stark beschränkte. Er schloss mit einer guten Note ab, schrieb sich in die Hochschule für Recht an der Universität von Lausanne ein und schiffte sich für die letzte Runde seiner Jugend ein, ja seines Lebens ein, und wenn da etwas in uns ist , das uns mit unserer Sterblichkeit vertraut macht, so hatte er noch keine Ahnung davon. Die Immatrikulierung an der Universität schien den größten Gegensatz mit dem engen Leben im Familienkreis darzustellen. Am ersten Tag, als er die Hochschule besuchte, stellte er fest, dass seine Klasse nur aus einem Dutzend Männern und einem Mädchen bestand, obwohl später mehr dazu kamen. Sie wurden alle Freunde und wurden manchmal in die Villa Wattana eingeladen. Die Mahidol-Kinder hatten eine Reihe von Musikinstrumente spielen gelernt – Ananda konnte Klavier spielen, Flöte, Gitarre und Banjo, und die musikalischen Freunde kamen zu ihnen, um Jazz Sessions zu veranstalten. Seite 84 von 408
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Aber meist ging er zu ihnen nach Hause, wo sie in studentischer Art bei Wein und Kuchen diskutierten. Er ging nicht in Restaurants und, außer bei gelegentlichen Besuchen in ein Kino oder in ein Konzert, normalerweise in Begleitung seiner Mutter, hielt er sich aus der Öffentlichkeit fern. Die Art der Beziehungen in dieser wichtigen Periode in Anandas Leben wurde mir gegenüber von Mitgliedern der königlichen Familie und der Entourage hervorgehoben. Es waren, darauf bestanden sie, die Art von Zufallsbekanntschaften, die Studenten machten, nichts weiter. Niemand insistierte mehr darauf als M. Seraidaris, der offensichtlich als eine Art von außerplanmäßiger Studenten sein untrennbarer Begleiter gewesen war und die Nabelschnur darstellte, die Ananda eng mit der Mutter verband. Die Einheit der Familie wurde überzeugend dargestellt, als 1944 alle vier zur Universität gingen. Anandas Schwester akzeptierte die Herausforderung einer Freundin und schrieb sich für ein Chemiestudium ein, Prinz Bhoomipol besuchte die Wissenschaftsfakultät, und die Königinmutter selbst besuchte einen Kurs über vergleichende Religionen. So wurde der Besuch der Universität einfach eine weitere Familienaktivität. Im Grunde, so schien es, existierte die Villa Wattana weiter, um Ananda zu beschützen. Es war die Wärme im Inneren, der Rest, die Kälte, blieb außen vor. Dann teilte er nicht länger einen Raum mit Bhoomipol. Sein Taschengeld stieg an, wenn auch nur auf zehn Franken pro Woche. Und obwohl der Klub noch existierte, so wandte er sich doch dem Schach oder Bridge mit den wachsenden Freundesgruppen zu. Aber nichts von allem veränderte die Qualität dieser Jahre in der Villa Watana, isoliert von der Welt und besonders vom Weltkrieg. Eine Idylle der familiären Zufriedenheit, sollte man meinen, und der Möglichkeit für Jungen in das Mannesalter hineinzuwachsen. Der Krieg kratzte kaum an der Oberfläche des Landes. Die Schweizer Regierung bot sich an, extra Rationen zur Verfügung zu stellen, aber die Prinzenmutter nahm nur eine Extraration Reis an und Benzin, während der schwarze Mercedes sparsam verwendet wurde, was die Jungen und M. Seraidaris dazu brachte, die Fahrräder zu benutzen. Ein weiterer Effekt war der Exodus von siamesischen Studenten von überall auf dem Kontinent in die Schweiz. Einer von Ihnen verliebte sich an einem Samstagsempfang in der Villa Watana in Anandas Schwester und heiratete sie dann im Juli 1944. Aber wenn dies die direkten Auswirkungen des Krieges waren, dann waren sie hauptsächlich an der Oberfläche. Was wichtig war, war das Donnern an Seite 85 von 408
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den Gittern. Es konnte nie ausgeschlossen werden weder bei Nacht noch bei Tag. Es wurde immer wieder lebendig in jeder Mitteilung, jeder Zeitung, jeder Unterhaltung unter den Studenten und besonders in den Nachrichten aus Siam. Eines Tages erschien der japanische Botschafter in der Villa Watana mit einem Geschenk, das aus Reis bestand, das die Königinmutter diplomatisch annahm und dann still an ein Krankenhaus stiftete. Der Besuch reflektierte die verkrampften Ereignisse, die Anandas orientalische Heimat im Griff hielten. Einige waren beschämend, einige edel, aber Details für ein ausgewogenes Urteil gab es nicht. Eines schien klar zu sein: die Unsicherheit der Zukunft. Vor allem stellte sich die Frage: würde die Monarchie in Siam überleben, wo überall sonst die Monarchen von ihren Thronen gestoßen wurden? Die Antwort, die der Königinmutter gegeben wurde, kam von einer Quelle, die wohl kaum erwähnt worden wäre, hätte sie sich nicht als vollkommen akkurat erwiesen. Um ihre Freunde zufrieden zu stellen, die sie dazu bewegen wollten, einen gewissen Hellseher zu befragen, ließ sie sich, ohne groß nachzudenken, dazu überreden. Und ihr wurde gesagt, dass, obwohl Ananda König wäre und seine Krönung nur eine Formalität, die auf seine Volljährigkeit und Frieden wartete, nicht er, sondern sein Bruder Bhoomipol gekrönt werden würde. Es war eine lustige Geschichte, die an Nai (Mr.) Anek weiter gegeben wurde, der vorher schon einmal kurz als ihr Vertrauter erwähnt worden war. Die siamesische Regierung hatte einen Sekretär ernannt und nominell Ananda zugeordnet, der mit den kleinen staatlichen Geschäften durch die Botschaft in Bern beschäftigt war. Und die Königinmutter hatte diese aristokratische Würde gerne angenommen, aber sie fühlte keine Sympathie mit ihren Vorgängerinnen, so dass sie sich mehr als je mit Nai Anek über politische aber auch familiäre Angelegenheiten beriet. Und weil er vielleicht eine noch dubiosere Rolle in den Gerüchten Bangkoks inne hatte als M. Seraidaris, war ich gezwungen, diesen Faden weiter zu verfolgen. Anek Subrabhaya wurde im Jahr 1905 in einer Familie der Oberschicht Bangkoks geboren und studierte Ingenieurswesen in Manchester und dann Paris, wo Pridi ihm in persönlichen Angelegenheiten sehr half. Später wurde er wegen Tuberkulose in die Schweiz geschickt. Prinz und Prinzessin Mahidol besuchten ihn dort im Jahr 1926, was in eine Hingebung resultierte, die er von da an den Mahidols entgegenbrachte. Auch wenn er seine Gesundheit nie wieder voll herstellen konnte, so hatte er sich seinen läSeite 86 von 408
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chelnden guten Charakter bewahrt, und auch der fast ständige Aufenthalt außerhalb der Heimat hatte ihm seine Ehrlichkeit, seine guten Manieren und die für seine Landsleute typische Großzügigkeit nicht genommen. Klein und gepflegt repräsentierte er das Abbild eines loyalen Siamesen, den Europa noch nicht mit seinem mürrischen Junggesellendasein verschlungen hatte. Er handelte als der persönliche und vertrauliche Sekretär der Prinzenmutter und als Freund der Familie. Von seinem Appartement zu der Villa Watana radelte er täglich. Sie diskutierten alles zusammen, aber ein Thema kam öfter vor als andere. Es wurde in dem Begriff wiederholt, der überall auf der Welt der am meisten bemühte in diesen Jahren war: „Nach dem Krieg“. Es war sowohl eine Ausgangstür zu unaussprechlichem Glück als auch eine hohe Mauer die Schutz gegen das Unbekannte bot. Diese Doppeldeutigkeit, die in der Ungewissheit bestand, wann der Krieg zu Ende sein, und wer am Ende überleben würde, erzeugte die Aussicht auf das Ende des Krieges gewisse phantasievolle Vorstellungen. Je länger der Krieg dauerte desto irrealer wurden die Vermutungen, was vernünftig klingen würde. Selbst der klare Hinweis auf den unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruch der Achsenmächte konnte den Fokus kaum schärfen, denn was gab es für einen Fokus außer einem riesigen Fragezeichen? Und dann brachte der offizielle Sekretär plötzlich ein Telegramm zur Königinmutter, die es an Nai Anek weitergab, und ihnen wurde etwas Unglaubliches bewusst. „Nach dem Krieg“ hatte begonnen, jetzt! Das war es, was sie lasen. Es war nie veröffentlicht worden, aber der folgende Text kann als authentisch angesehen werden, außer dass in der Übersetzung Unterschiede zwischen den siamesischen Wörtern die für Bürgerliche genutzt wurden und solche, die bei der Ansprache eines Königs benutzt werden, verwischt werden. 6. September 2488 Buddhist Era (1945) Seine Majestät König Ananda Mahidol Lausanne. Sire, Mit Bezug auf meine Ernennung als Regent durch Beschluss der Versammlung des Volkes und veröffentlicht durch den Präsidenten der Versammlung am 1. August BE 2487 ist der Tag nun nahe, dass ihre Majestät förmlich ihre königliche Funktion in der Leitung der Regierung des Staates werden Seite 87 von 408
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übernehmen können, da ihre Majestät am 20. September diesen Jahres das Alter von zwanzig Jahren vollendet haben werden. Ich bitte daher Ihre Majestät dringlich, in die Hauptstadt zurückzukehren, um die Regierung des Staates in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Verfassung zu übernehmen. Vom 20. September dieses Jahres an wird meine Regentschaft beendet sein. Ich bitte sie daher untertänig, das Obige seiner Majestät zur Kenntnis zu bringen. Der Name des Regenten, der das Telegramm unterschrieben hatte, wird eine Überraschung für die Leser sein, die sich an Anandas offiziellen Besuch in Siam kurz vor dem Krieg erinnern und die damit verbundene politische Situation, die FM Pibul triumphal in das Amt des Premierministers brachte. Da ein Regent nur als Bestätigungsstempel für die Regierung agiert, und der Mann, der nun Regent war, dies sicher nicht geworden war, er, der den Kampf um die Demokratie inspiriert und angeführt hatte. Oder hatte er im Angesicht von FM Pibuls Erfolg den Kampf aufgegeben und sich herabgelassen, seine Kreatur zu sein? Wenn es so schien, so hatte ich doch die Wahrheit genau gegenteilig gefunden. Und seine Enthüllung wird uns näher an die wichtige Frage bringen, ob das Telegramm dazu bestimmt war, als was es sich herausstellte, nämlich Anandas Todesurteil. Denn er sollte innerhalb von neun Monaten nach dem Empfang sterben, und als sein Mörder würde der Mann bezeichnet werden, der das Telegramm verschickt hatte: Pridi.81
81 An dieser Stelle, da Regent Pridi das Telegramm schickt, der Monarch möge nach Thailand zurückkehren, möchte ich darauf hinweisen, dass sich während des Krieges die Unterschiede zwischen den zivilen Fraktionen der einstigen Revolutionäre und dem militärischen Teil, der eine Diktatur versuchte, zu zementieren, weiter vergrößert hatten. Während der militärische Teil sich in der Zusammenarbeit mit den japanischen Besatzern einrichtete und kooperierte, begannen die zivilen Kräfte um Pridi, einen bewaffneten Freiheitskampf gemeinsam mit den Alliierten vorzubereiten. Nur durch diese Anstrengungen wurde Thailand nach dem Krieg vor einer Besatzung durch die Alliierten und vor drastischen Strafen geschützt. Damit hat der bürgerliche Pridi für Thailand im 20. Jahrhundert das geleistet, was die Geschichtsschreibung ausschließlich den gekrönten Häuptern Thailands als Verdienst zuweist, nämlich Thailand vor übermächtigem ausländischem Einfluss geschützt.
Dies war demnach das zweite Mal in der Geschichte Thailands, dass Pridi Thailands Nationalstolz wieder herstellte. Das erste Mal war es nach der Revolution die Revision der einseitig Ausländer bevorzugenden Verträgen gewesen, die die Könige Thailands eingegangen waren, um Thailand vor der drohenden Kolonialisierung zu schützen. Und nun war es der Aufbau eines bewaffneten Widerstandes ähnlich zur Résistance in Frankreich. Auch wenn der Krieg vor der endgültigen Einsatzfähigkeit der Widerstandstruppen beendet war, so schützte diese Politik Pridis das Land vor weitreichenden Konsequenzen. Seite 88 von 408
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Der Krieg in Siam Wir müssen uns nun ansehen, was in Siam während der Jahre, die zum großen Teil durch den Krieg beherrscht wurden, zwischen seinem offiziellen Besuch und dem Empfang des bedeutungsschweren Telegramms geschehen war, während Ananda in Lausanne aufwuchs. Als die königliche Familie Bangkok im Januar 1939 verließ, waren die Ereignisse, die FM Pibul an die Macht gebracht hatten, noch nicht voll ausgereift. Männer, deren Hoffnungen auf Demokratie in Frustration versunken waren, planten eine Rebellion, und als FM Pibul davon erfuhr, nutzte er die Chance, um die Armee von der letzten Opposition gegen ihn zu säubern, wobei er die Behauptung verbreitete, dass das Komplott nur ein Versuch der Monarchisten gewesen wäre, die absolutistische Monarchie wieder ein-
Während die reichen Thailänder, die Aristokratie und viele Ausländer ihre Söhne ins sichere Ausland, vorwiegend in die Schweiz schickten, herrschte in Thailand Krieg. Die Seri-Thai-Bewegung schien unter Pridi die ideologischen Gegensätze der Revolution in einer gemeinsamen nationalistischen Begeisterung zu überwinden. Studenten und ehemalige Beamte von Botschaften oder Konsulaten im Ausland schlossen sich der Seri-Thai an, und unter diesen Personen waren viele, die aus dem Adel stammten. Innerhalb von Thailand arbeiteten Mönche mit Bauern und Arbeitern zusammen daran, den Widerstand gegen die Besatzer aufzubauen. Pridis Bedeutung hatte daher während des 2. Weltkrieges seinen erneuten Höhepunkt erreicht. Phibul, dessen Vorbilder Mussolini und Hitler waren, und dem es daher leicht fiel, mit den Japanern zu kooperieren, hatte Pridi auf den anscheinend machtlosen Posten eines Regenten abgeschoben. Aber diese Position nutzte Pridi aus, um Thailand vor der Rache der Achsenmächte nach dem Ende des Krieges zu schützen. Unter dem Einsatz seines Lebens arbeitete er daran, Washington zu drängen, Einfluss auf die Briten zu nehmen, die ihre eigenen Pläne mit Südostasien hatten, ebenso wie auf China, die einen Teil Thailands besetzen wollten. Durch die von Pridi aufgebaute Untergrundbewegung Seri-Thai oder Free Thai arbeitete er mit den Alliierten zusammen und vermied deren Invasion. Aber so wie sich Pridi vor den Gefahren einer Nachkriegsbesetzung sah, so sehr drohte auch eine Gefahr aus dem Inneren: „Pridi sah sich einer ebenso komplexen Herausforderung an der Heimatfront gegenüber. Seine Beziehungen mit dem Polizeigeneral Adun Adundetcharat und hohen Armeeoffizieren blieben bestenfalls beunruhigend. Zusätzlich musste er eine Fassade der freundlichen Kooperation mit den Japanern wahren, wobei er sehr genau wusste, dass seine geheimen Absprachen mit den Alliierten jederzeit durch Kempeitai aufgedeckt werden könnten oder durch einen politischen Rivalen an die Japaner verraten werden konnte.” (Thailand’s Secret War: OSS, SOE and the Free Thai Underground During World War II (Cambridge Military Histories),Bruce Reynolds, Cambridge 2005, S. 287) Wenn nun dieser Pridi ein Telegramm schickte, um den König einzuladen, zurück nach Thailand zu kommen und die Stelle des Monarchen einzunehmen statt zu versuchen, die Gunst der Stunde und seine Popularität und die Nachkriegswirren zu nutzen, um Thailand zu einer Republik umzuformen, zeigt, dass Pridi Nationalist UND Monarchist war. Nie zuvor und danach hatte die Monarchie für jedermann offensichtlich eine weniger wichtige Rolle für Thailand gespielt als in diesem Moment. Seite 89 von 408
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zuführen – eine These, die er untermauerte, in dem er viele Adlige einer beispiellosen Erniedrigung aussetzte, indem er sie in einem normalen Kerker inhaftierte. Es folgten achtzehn Exekutionen und zehn Urteile zu lebenslanger haft, die die Popularität der politischen Gefangenen steigerte. Unter diesen war jetzt auch einer mit Prinzenblut, Anandas Onkel, der künstlerische, lustige und vollkommen unschuldige Prinz Rangsit82, dessen Namen man sich merken sollte. FM Pibul stieg ohne Widerstand auf und wurde der unangefochtene „Fürst“ von Siam. Er erreichte nicht nur die komplette Kontrolle über die Armee sondern auch die abschließende Erniedrigung der Monarchisten, und er brachte alle Tendenzen von Abtrünnigkeit zum Schweigen. Die Zivilisten, besonders Pridis Liberale, waren machtlos. Ihre Vertretung in der Versammlung gab einen Anschein von Demokratie zu dem im Grunde faschistischen Regime. Pridi selbst wurde nur aus Gnade für einen Mann geschont, zu dem man einmal wegen seiner Führungsqualität aufgeschaut hatte. Es war das ironische Ergebnis der Fermentation einer Revolution, die durch Pridis Leidenschaft für Demokratie begonnen hatte, und die nun anscheinend die letzten Hoffnungen darauf vernichtete. Aber Pridi akzeptierte die Situation mit einer erstaunlichen Ruhe und ohne Bitterkeit. So unerforschlich und geduldig wie immer, tat er seine Arbeit in der Regierung, lehrte an seiner UMPS und wartete auf seinen Augenblick. Er war nun fast achtunddreißig Jahre alt. Es war eine außergewöhnliche Erscheinung, dass er als siamesischer Politiker in sechs Jahren fast ununterbrochener Arbeit für die Regierung noch keinerlei Vermögen angesammelt hatte. Manchmal hatte er sogar über Monate vergessen, am Monatsende sein Gehalt abzuholen, und die netten Erinnerungen seiner Frau hatten erst eine Auswirkung, wenn das Essen auf dem Tisch spärlicher wurde. Zu Beginn ihrer Ehe hatten sie ein Haus auf dem Grundstück ihrer Eltern gebaut. Später baute er ein modernes Haus auf einem Stück Land, das ihnen geschenkt worden war. Er verkaufte seine Gesetzbücher, um zu helfen, die Baukosten zu zahlen. Trotz seiner Vereinnahmung durch die Politik hatte er eine glückliche Familie in erster Linie durch die Mithilfe von Mrs. Pridi, da er an jeder wichtigen Entscheidungen des Landes teil hatte, verblieb ihm wenig Zeit, um sich mit seinen Kindern zu beschäftigen. Davon gab es ins-
82 Prinz Rangit war der Berater der Königinmutter, und der adoptierte Sohn von Königin Sawang. Er wurde zum Tode verurteilt und entkam angeblich nur der Vollstreckung, weil Sawang mit einer Abdankung von Ananda gedroht hatte. (Thai Foreign Policy, 1931-1946, Charivat Santaputra, Thammasat University, Bangkok, 1985, S.170 ff.)
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gesamt zwei Jungen und vier Mädchen, die meisten davon gingen natürlich zur Universität und ein Mädchen graduierte vom königlichen Musikkolleg für Musik in London. Ohne Berücksichtigung seiner Studenten, die ihn anbeteten, und die Intelligenzelite, die ihm zu Füßen lag, hatte er auch viele Freunde. Einige waren flapsig oder mit ordinärer Ausdrucksweise bis zu dem Punkt einer unsiamesischen Unverblümtheit, was überraschend war, weil er selbst unendlich höflich war und einen altmodischen Respekt vor Älteren hatte. Aber es gibt keine einfache Erklärung für Pridi. Er mochte es, wenn seine Freunde für ein Essen hereinschauten, und oft kochte er den Hauptgang selbst, in der Regel nach einem Rezept, das er in Frankreich gelernt hatte. Jedoch gab es da etwas essentiell klösterliches in seinem Benehmen. Er arbeitete ohne Unterbrechung, vermied Partys, machte einen großen Bogen um offizielle Veranstaltungen, soweit er das konnte und trank kaum einmal Alkohol. Er sprach einfach, er lebte einfach. Deswegen und wegen seiner scheuen Wärme in seinem Benehmen, seiner Bereitschaft zu lachen, fühlte sich jeder sofort in seiner Gesellschaft entspannt. Trotzdem ging keine Beziehung über eine leichte Erweichung der Auster. Er blieb unerreichbar. Es war diese Unerreichbarkeit, die eindrucksvoller als seine bemerkenswert leuchtenden Augen oder die Brillanz seines scharfen Verstandes war, der sich in Französisch und Englisch sowie in Siamesisch ausdrücken konnte, und der zum Magnetismus seiner Persönlichkeit beitrug. Seine Gegner sprachen von einer geheimnisvollen Ambition, die auf der Jagd nach Macht wäre. Seine Anhänger sprachen über seine Leidenschaft und seinen Idealismus. Ich denke, die Fakten werden ein Urteil ziemlich leicht für uns machen, aber ich zweifle daran, dass uns dies näher an die Persönlichkeit bringen wird. Es ist aber beachtlich, dass, obwohl er manchmal Karten spielte, er Schach bevorzugte – was zeigt, dass er spielen konnte, wenn es notwendig war, er aber die Strategie vorzog, wenn er einen Gegner schlagen wollte. Dieser Gegner war nicht FM Pibul. Es war die Ignoranz und die indifferente Fröhlichkeit der Massen. Er wartete auf den richtigen Zeitpunkt und das Ereignis, um diesen fundamentalen Defekt der demokratischen Sache zu heilen, und in der Zwischenzeit diente er dem Staat. FM Pibul war zufriedengestellt. Wenn die Popularität Pridis unter den Intellektuellen ihn ärgerte, was der Fall war, obwohl er sich selbst als Retourkutsche auf Pridis Gründung der UMPS, zum Dekan der Chulalongkorn Universität gemacht hatte, so störte es ihn nicht mehr, als die Macht vollkommen in seinen HänSeite 91 von 408
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den war: Er konnte es sich leisten, seiner natürlichen Toleranz nachzugeben, solange Pridi keinen feinseligen Schachzug machte. Er {Pibul} nutzte sein Gehirn besonders in finanziellen Angelegenheiten: Die Welt bewegte sich in einen Krieg, und Geld musste beschafft werden, um Waffen zu kaufen. Mehr Waffen als man einfach für die Verteidigung Siams brauchte, da FM Pibuls Ambitionen wuchsen. Er hatte ein palastartiges Gebäude als offizielles Hauptquartier, aber er behielt weiter seine Wohnung in der Nähe der britischen Botschaft in Bangkapi am Ende der Alleen neben den ebenso zahlreichen Kanälen bei. Und hier mitten in einer großen und gepflegten Wohnanlage hatte er ein dreistöckiges Haus. Eine Etage für seine Kinder, eine für sein Eheleben und die kleinste Etage in der Mitte für seine persönliche Nutzung. Ich erinnere mich an die teure aber nicht prahlerische Möblierung seines Empfangszimmer, wo ich vor Kurzem von seinen zwei charmanten Söhne empfangen worden war, und deren Stolz auf ihn ich gerne zu seiner und ihrer Ehre festhalte. Die Chesterfield Suite war ausgestattet mit Möbeln mit eingelegtem grünem Leder, die Ecken mit traditionellen Mustern in Gold gefasst, was einen gemütlichen Hintergrund abgab. Ich fühlte mich wie inthronisiert und nicht nur einfach sitzend mitten in etwas, das wie ein kaiserlicher Dekor aussah. Hier hatte FM Pibul von neuer Größe geträumt, Hitler und Mussolini hatten seine Vorstellungskraft beflügelt, und ganz in der Nähe gaben die Japaner ein Beispiel von dynamischem Nationalismus zum Besten. Er baute eine Jugendbewegung auf und gestaltete sie nach der Hitlerjugend voller aggressiven patriotischen Fiebers. Er änderte den Namen von Siam in Thailand um und erlaubte eine Propaganda für eine so genannte PanThailändische Bewegung, die dazu gedacht war, die umliegenden französischen und britischen Territorien zu besetzen, die früher einmal zu Siam gehörten. Er wollte der Führer von ganz Südostasien werden. Man vermutet von FM Pibul immer, dass er von Ambitionen angetrieben wurde, oder vielleicht dass sie ihn überwältigten als er sie nicht suchte. Deshalb war seine Absicht, der Führer zu sein, zu Beginn nicht offensichtlich. Als der Krieg in Europa ausbrach, erklärte er Thailand für neutral. Er unterzeichnete sogar Nichtangriffspakte mit Frankreich, Großbritannien und Japan. Das war im Juni 1940. Aber der Fall Frankreichs war eine zu große Verführung. Drei Monate später ließ er seine Armee, die Marine und die Luftwaffe auf das von Frankreich besetzte Kambodscha los. Frankreichs bösartiges Verhalten in den Verhandlungen {der Vergangenheit} mit Siam rechtfertigSeite 92 von 408
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ten fast FM Pibuls Aasgeiern gleiche Verhalten. Jedenfalls schien es ein großer Erfolg zu sein, da Japan darauf bestand zu “vermitteln” und Thailand einen Teil von Kambodscha zusprach. FM Pibul erlebte die zu Kopf steigende Furore, die einen Führer umgibt, als die öffentliche Begeisterung überschäumte, ein angeblicher westlicher Spionagering gesprengt, die Armee zu einer Triumphparade nach Bangkok geschickt, das abscheuliche Siegesmonument auf einem Kreisverkehr errichtet wurde, und er sich selbst zum Feldmarschall ernannte. Aber Japans Freundlichkeit kannte nun keine Grenzen: Nippon wollte Siam nun wirtschaftlich aufs engste einbinden. Wieder erklärte FM Pibul die Neutralität seines Landes, und er behauptete, er hätte 1 Million Soldaten unter Waffen, um sie zu verteidigen. Pridi drängte ihn noch weiter zu gehen und ein Gesetz zu verabschieden, das jeden Thailänder verpflichtete egal ob in der Heimat oder im Ausland, die Unabhängigkeit seines Landes mit seinem Leben zu verteidigen. Er begründete dies mit der Entmutigung jedes potentiellen Aggressors durch eine so entschlossene Tat. Pibul aber, der nur das Privileg der Macht behalten wollte mit der geringst möglichen Störung anderer, war einverstanden. Schließlich konnte er jederzeit das Gesetz wieder ändern, wenn es denn notwendig sein sollte. Aber nach Pridi markierte dieses Gesetz einen absoluten Punkt ohne Rückkehr, nachdem er so viel stillschweigend hingenommen hatte, oder geschwiegen zu den lauthalsigen Überraschungen und leeren Versprechungen von 1932. Phibun feierte seinen Sieg als endgültigen Sieg der Revolution gegen die absolutistische Monarchie. Um den Sieg endgültig zu feiern, baute er ein großes Monument für die Verfassung, später Demokratie-Monument genannt. Der Bau des Monuments war zu dieser Zeit äußerst umstritten. Anlieger und Ladenbesitzer, meist Chinesen, wurden aus ihren Häusern und Geschäften vertrieben und hatten nur 60 Tage Zeit, sie zu räumen. Die Erweiterung der Ratchadamnoen Avenue zur Bildung eines Boulevards erforderte die Zerstörung von hunderten von Schatten spendenden Bäumen, eine ernste Angelegenheit in einer Zeit vor der Einführung der Klimaanlagen. Wer es ansieht, dem wird schnell die Dominanz der darauf abgebildeten Militärs auffallen, die als Relief sowohl als Beschützer der Demokratie als auch als Personifizierung der Thailänder zu sehen sind. In den Reliefs erscheinen Zivilisten nur als dankbare Bezieher der Gaben der heroischen und gütigen Streitkräfte. Die Wohnung und noch verbliebenen Besitztümer von König Prajadhipok wurden beschlagnahmt und das Aufstellen seiner Bilder verboten. Sie wurSeite 93 von 408
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den in den Regierungsbüros durch Bilder von Pibun ausgetauscht (nicht Anandas) ! Der wichtigste und entscheidende Test war näher als irgendjemand ahnte. Das Gesetz wurde gerade verabschiedet, als Siam plötzlich vor einem Ultimatum stand. In der tiefen Nacht des 07.12.1941 rief der japanische Botschafter beim thailändischen Außenminister an. Sein Anliegen war vornehm ausgedrückt, so höflich wie der Biss einer Schlange: Er forderte das Recht auf freien Zugang für Japanische Truppen, um Malaysia und Burma anzugreifen, das von Großbritannien beherrscht wurde. Eine Antwort sollte innerhalb von Stunden, bis ein Uhr am Morgen gegeben werden. FM Pibul, so wird gesagt, war entweder schon in Deckung gegangen, oder zu einer Stadt aufgebrochen, die in der Gefahr stand, angegriffen zu werden. Was auch immer die Wahrheit sein mag, die Verantwortung für die Entscheidung wurde auf den ranghöchsten nächsten Minister übertragen, und das war Pridi. Er hatte keine Zeit um eine Kabinettssitzung einzuberufen, keine Chance, um die Bürde der Entscheidung zu teilen. Man kann sich die Seelenqualen kaum vorstellen, die er gelitten haben muss. Eine ruhelose militärische Macht bedrohte ihn und sein Land mit der Ausradierung, falls er, ein Mann des Friedens, sich gegen Ihren Willen entscheiden sollte. Das war eine entscheidende Situation in seinem Leben, und er bewies, dass er der Situation gewachsen war, weil er sagte: „Wir kämpfen“. Aber es war auch die Schlüsselsituation im Leben von FM Pibul und er bewies seine Schwäche, denn am nächsten Tag, als die Marine Japans angriff und auf erstaunliche Gegenwehr stieß, da sandte er einen Befehl, der den von Pridi konterkarierte. Auch wenn es weiter einige isolierte Kämpfe im Süden gab, die mehreren hundert Thailändern das Leben kostete, drang der Feind ohne großen Widerstand in Bangkok ein. Ein Appell Churchills in letzter Minute war fruchtlos. Einige Meilen weiter unten an der Küste sank der Stolz Britanniens, die The Prince of Wales neben der Repulse und seine Truppen wurden aus Europa vertrieben. Die USA waren im Moment gelähmt durch Pearl Harbour, das am gleichen Tag angegriffen wurde, an dem die Japaner in Bangkok einmarschierten. Es gab keine Hoffnung am Horizont. Um sein Land vor der Verwüstung zu schützen, hatte FM Pibul daher einen vorweisbaren Grund – aber nicht für das Eingehen eines Freundschaftsvertrages den er alleine im Tempel des Smaragdbuddha verfasste.
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Pridi weigerte sich, irgendetwas mit dem Vertrag zu tun zu haben. Bevor er Teil der nationalen Entehrung werden konnte, trat er als Minister zurück. FM Pibul wurde wegen Pridis Fortgang nervös: Außerhalb der Regierung könnte er Ärger bedeuten. Es kam daher gelegen, dass das Regenten Konzil, dass auf ein das Niveau eines abnickenden Rates reduziert worden war, vakant wurde. Pridi würde ausreichend entmachtet werden, falls man ihn ernennen würde. Der Rat bestand tatsächlich nur noch aus ihm und einem Prinzen mit dem Namen Aditya (pr. Ah-tit) wegen der einfacheren Identifikation hier Regent Aditya genannt, einem schwachen Dandy und literarischen Dilettanten mit einer impulsiven und lebhaften Frau. Indem er sich mit Japan verbündet hatte, musste FM Pibul nun Großbritannien und die USA den Krieg erklären. Immer darauf bedacht den Demokraten zu mimen, drückte er das Gesetz durch die Nationalversammlung, wobei durch eine Abwesenheit der gewählten Mehrheit der Abgeordneten zum größten Teil seine eigenen Marionetten abstimmten. Es ließ das Gesetz von Regent Aditya in einem Moment unterzeichnen, als Pridi nicht in Bangkok war. Bei Vollendung dieser Formalitäten waren die Japaner äußerst erfreut und boten Thailand Teile von Malaysia und Burma an, während alles britische und amerikanische Vermögen eingezogen und ihre Eigentümer interniert wurden. Die Japaner gingen nun beim Führen ihres Krieges mit dem Land nach Ihrem Willen um, aber sie begrenzten ihre Brutalität auf westliche Kriegsgefangene, wie die, die an der Bahnlinie nach Burma arbeiteten. Normalerweise benahmen sie sich gut gegenüber den Siamesen, und als Alliierte waren sie, zumindest technisch, nicht für die Regierung verantwortlich, die weiter auf FM Pibul hörte. (Er hielt die Charade einer Nationalversammlung weiter aufrecht, obwohl das Kriegsrecht galt.) Kleinere alliierte Bombenangriffe verärgerten Bangkok, und alles in allem war der Krieg für ein Land, das reich an Nahrungsmitteln war, schmerzlos. FM Pibul schaffte es sogar eine Komödie in seiner Rolle als lokale Führer zu spielen. Die englischsprachige Zeitung in Bangkok, die jetzt von den Japanern kontrolliert wurde, erklärte täglich: „Ein Land – Thailand. Ein Führer – Pibul. Ein Ziel – der Sieg“. Wie einer von FM Pibuls kriecherischen Minister erklärte: „Die Sonne ist mächtig, aber nicht mächtiger als unser Premierminister“. Ein „mächtig wie die Sonne-Premierminister“ kündigte eine neue Religion an, die er Zivilisation nannte, worin er in seiner Blindheit die Prinzipien der damaligen westlichen Zivilisation meinte. Frauen mussten Hüte tragen, Seite 95 von 408
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Handschuhe, Seidenstrümpfe. Strafen wurden verhängt wenn sich jemand weigerte. Niemand sollte Betelnuss mehr kauen, seine eigene Mutter musste widerstrebend aufgeben. Und er ließ alle Betelnussbäume fällen. Ein Ehemann sollte nicht länger seine Frau kaum wahrnehmen, wenn er nach Hause kam, sondern sie küssen. Auf der anderen Seite sollte jeder seinen Patriotismus beweisen, indem er zu sozialen Versammlungen kam, oder sogar selbst Partys ausrichtete, wobei mindestens ein traditioneller Tanz gezeigt werden sollte. Die Bevölkerung gewann, aber in erster Linie verborgene, Ausgelassenheit. Aber die Tatsache würde bleiben, wäre dies die ganze Geschichte, dass es eine große Schande für Thailand gewesen wäre, weil es sich augenscheinlich für einen monströsen Aggressor entschlossen hatte, und für ewige Entehrung. Aber das ist noch nicht die ganze Geschichte. Als Thailand im Januar 1940 Großbritannien und Amerika den Krieg erklärten, war ein Mitglied der Chakrifamilie der Botschafter Siams in Washington. Seni Pramoj (pr. Say-nee prer-moat) ist einer der beiden vornehmen Brüdern, die Söhne eines Prinzen und deshalb berechtigt den Titel zu tragen, der einen Rang darunter liegt, mom rachawan, normalerweise abgekürzt mit mom. Mom Seni graduierte an der Oxford Universität an der er einen begehrten Preis erhalten hatte, den Birkenhead Preis, und bei seiner Rückkehr nach Bangkok trat er in das Justizministerium ein und lehrte an der UMPS. Dort wurde der Gründer Pridi auf ihn aufmerksam, dessen Empfehlung ihm den Schlüssel für die Ernennung zum Botschafter in Washington verschaffte. Er war noch nicht lange in seinem Amt, als die Geschichte wie ein plötzlicher Donnerschlag über einen Mann kam, der keinen Schirm trug. Ich kann ihn so beschreiben: Genial und raffiniert, seine gut gerundete Figur ist teuer und mit einer kalkulierten Achtlosigkeit bekleidet. Diskrete Juwelen glitzern an seinen makellosen Manschetten und am Ringfinger seiner Hand, die die Kriegserklärung, die er dem Außenministerium aushändigen sollte, in der Hand hielt. Für den „bon viveur war das Leben plötzlich nicht mehr so „bon“. Er erinnerte sich daran, dass er ein Rechtsanwalt und ein Chakri war, und steckte das unangenehme Dokument zurück in seine Schreibtischschublade so dass, was die USA anging, sie nie die Kriegserklärung Thailands erhalten hatte. Er berief sich dabei auf ein Gesetz, dass Pridi so dringend verkündet haben wollte, das alle Thailänder verpflichtete, die Unabhängigkeit seines Landes, egal unter welchen Umständen, verteidigen musste. Entsprechend verkündete er über das Radio in einer berühmten Rede von San Francisco aus, dass er die MarionettenregieSeite 96 von 408
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rung der Japaner, das von FM Pibul geführt wurde, nicht anerkannte, und dass er die Free Thai Bewegung bilden würde, um dabei zu helfen, sein Land zu retten. Mehr als einhundert thailändische Studenten in den USA traten in diese Free Thai Bewegung (FTM) ein und begannen ihre Ausbildung mit der USArmee.83 In Großbritannien sammelte sich eine ähnliche Anzahl von Männern um einen Mann der von besonderem Interesse für dieses Buch. Es war König Mongkuts Enkel und Bruder der Witwe von König Prajadhipok dessen Leibwächter er kommandiert hatte: Der in Woolwich ausgebildete Prinz Subha Svasti (pr. Soober ser-wot, obwohl besser bekannt unter dem Spitznamen Tahn Chin). Beim Ausbruch des Krieges in Europa hatte er Winston Churchill seine Dienste angeboten, der ihm einen Posten in der britischen Armee verschaffte. Jetzt half er seine jungen Landsleute auszubilden und würde ihre Entbehrungen und Gefahren teilen. In der Zwischenzeit hatte die Radiorede von Mom Seni Pramjo in San Francisko ein noch wichtigeres Resultat erzielt. Die BBC hatte die Rede in den Fernen Osten weiter getragen. Pridi hörte sie. Und als er sie hörte pochten seine Gedanken und drängten auf eine Antwort. Seine neue Position als Regent könnte genutzt werden um sich im inneren Kreis der Regierung Informationen zu verschaffen und als Deckung für private Aktivitäten. Warum dann nicht FTM innerhalb von Thailand – eine UntergrundWiderstandsbewegung gegen die Japaner? Mit kalter Bedächtigkeit begann er mit der Organisation. Überall im Land, von den heißen Alleen Bangkoks zu den abgelegenen Dschungeln wurden Gruppen für Guerillaaktionen und Sabotage rekrutiert. In den Städten waren es Ladenbesitzer, Angestellte und Selbständige die sich geheim in den Häusern der Anführer trafen, um in der Nutzung von Waffen geschult zu werden. Und sie entwickelten eine plötzliche Begeisterung für „Picknicks“ auf dem Land, bei denen sie gedrillt wurden und üben konnten. In den Distrikten waren es die Verwaltungsbeamten und die Bauern die zu ihnen kamen. Bis zum Jahr 1942 hatte das FTM an Stärke gewonnen. Zu Beginn
83 Von den Studenten in den USA kehrten nur 18 nach Thailand zurück. Darunter zwei Söhne Phibuns. (Quelle Free Thai Committee, „Recent Developments in Thailand,“ 27. Nov. 1942 (mimeo), 22; Chintana, „Seri Thai nai Amerika“ in Khana ed., Songkhram khrang samkhan nai sawai krung Rattanakosin, 118-20; Seni, “Kwam samphan rawang Thai kap Amerika rawang songkhram lok khrang thi song,” 177-78; u.a. zitiert in E. Bruce Reynolds, “Thailand’s Secret War: OSS, SOE and the Free Thai Underground During World War II (Cambridge Military Histories), Cambridge 2005, S.23)
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des Jahres 1943 kamen höhere Offiziere der Marine, die sich selbst von der von der Politik beherrschten Armee fern gehalten hatten, und übten auch mit ihnen. Schließlich waren es ca. sechzigtausend Männer, aber bis dahin fehlte es ihnen an Waffen. Jeder von ihnen legte sein Leben in seine Hand indem sie beitraten, aber keiner wagte mehr als Pridi, das Herz und die Seele der Bewegung. Wenn auch FM Pibul nichts von der geheimen Organisation wusste, so war ihm doch seine sinkende Popularität bewusst. An einem bestimmten Punkt hatte er, um seine Position zu sichern, sogar geplant, sich selbst zum König zu machen – war nicht auch der erste Chakri ein General gewesen? Aber die Japaner, ehrfurchtsvoll in ihrem Monarchismus, brachten ihn davon ab.84 Also zog er sich auf verschiedene Schachzüge aus Druck und Betrug zurück. Im Februar 1943, als er versuchte, die Nationalversammlung zu einer vollständig ernannten Organisation zu machen, versuchte er den Regenten Aditya zu nötigen, aber dieses Mal lief Aditya weg und hin zu der offiziellen Residenz seines Co-Regenten Pridi, auf den Inseln des Menam, in der Nähe der Hochschule für Recht (UMPS) und des Grand Palace. Die Freunde von Pridis FTM in der Marine kontrollierten den Fluss und setzten Marinesoldaten am Ufer ab, um den Zugang von Land zu schützen. So hinderten sie FM Pibul daran, die Angelegenheit zu einer blutigen Entscheidung zu bringen. Die Episode dauerte kaum mehr als ein Wochenende aber es hatte ein wichtiges Ergebnis. Unter den Marineoffizieren die nun Pridi zum ersten Mal trafen war ein gewisser Leutnant Vacharachai (pr. Watcher-er-chy) Einige Monate später wurden er Pridis ADC85 und in dieser Funktion wurde er vom Schicksal hart getroffen, weil zwischen ihm und der Tötung von Ananda eine Verbindung hergestellt wurde, die kaum in der atemlosen Dringlichkeit der Angelegenheiten des FTM erahnt werden konnten. Als Ergebnis von FM Pibuls letztem Zug fühlte Pridi den richtigen Moment gekommen um das FTM in Aktion zu setzen, wenn er die Bewegung nur mit Waffen versorgen könnte.
84
Der Verdacht war des Öfteren geäußert worden, jedoch gibt es bisher keine eindeutige Zeugenaussage oder Beweis darüber.
85
Aide de Camp. (Persönlicher Adjudant, er Begriff ist seit dem 16. Jahrhundert im Französischen belegt. Die Rolle eines (oder einer) Aide-de-camp wird meist durch jüngere Personen ausgeübt, die sich durch besondere Auszeichnung für diesen Ehrenposten verdient gemacht haben. Sie haben eine bedeutende Vertrauensstellung inne. Die Aufgaben des Aide-de-camp bestehen darin, als Verbindungsglied zwischen seinem Vorgesetzten und den weiteren Teilen der Befehlskette zu dienen. Daneben achtet der Aide-de-camp auf die Wahrung des Protokolls. Er unterstützt generell seinen Vorgesetzten mit Rat und Beistand und nimmt sich seines Wohlbefindens an, z. B. durch die Bereitstellung von Getränken oder Sitzgelegenheiten. (Quelle Wikipedia, Juli 2007) Seite 98 von 408
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Er sandte daher zwei Emissäre aus dem Land. Jeder hatte eintausend Pfund in bar in seinem Gürtel um sich den Weg nach China zu erkaufen, wo Chiang Kai-shek gegen die Japaner kämpfte. Nach einer extrem gefährlichen Reise kam ein Gesandter nach Chiangs Hauptquartier in Chungking gegen Mai 1943 durch. Der Westen hatten bequemerweise Chiang Kai-Sheks Habgier vergessen und nur wenig war bekannt über seine Ambition Chinas Macht über Südostasien einschließlich Siam auszudehnen: Wegen dieser Ambitionen entmutigte er den Emissär Pridis, westliche Vertreter zu kontaktieren. Pridis Gesandter tat es trotzdem, was in seinem plötzlichen Tod endete, von dem die Chinesen sagten, dass er durch einen „Magenkrebs“ verursacht worden wäre. Aber die Alliierten hatten jetzt ein lebhaftes Interesse daran Daten über Siam zu erhalten und wussten wer ihre Freunde waren. Zu diesem Zeitpunkt kamen einige des FTM in Chungking als Teil der amerikanischen OSS an, während die aus Großbritannien in Indien Teil der Force 136 waren. Beide standen unter dem Befehl von Lord Louis Mountbattens SüdostasienKommando (SEAC) die für die lange erwartete Offensive Japans vorgesehen war. In Europa hatte sich das Schicksal bereits gewendet. Und mit dem Fall von Mussolini dachte FM Pibul ein zweites Mal über seine eigene Zukunft nach. Also begann er seinen Seitenwechsel vorzubereiten. Er entschloss sich eine neue Hauptstadt im Nordwesten zu bauen, die er gegen die Japaner verteidigen könnte, aber offen in Richtung der Alliierten in Burma. Die Japaner ließen sich aber nicht täuschen. Ein Telegramm von ihrem Botschafter in Bangkok – abgefangen vom SEAC86– erklärte ihnen seinen Verdacht über FM Pibuls Absichten und sie wurden weniger zuverlässig in ihrer Unterstützung seines Regimes. Im Mai 1944 begannen die Mitglieder des FTM in der OSS von China nach Nordthailand einzumarschieren. Sie litten große Entbehrungen. Etwa zur gleichen Zeit wurden auch Mitglieder des FTM in der Force 136 in Aktion gesetzt. Ein Mann, ausgerüstet mit einem Funkgerät sprang über Thailand ab, aber FM Pibuls Soldaten nahmen ihn gefangen. Er wurde in das Gefängnis von Bangkok gesteckt. Das stellte sich dann als eine wunderbare Vorsehung des Schicksals heraus, denn seine Wärter waren FTM-Männer und auf Pridis Anweisung hin versorgten sie ihn mit Komfort und verwan86
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delten seine Zelle in eine geheime Sendezentrale. Nun konnte Pridi direkt mit Mountbatten kommunizieren und im SEAC-Hauptquartier entstand eine neue Legende – Ruth, der Codename für Pridi. Schnell wurden Vorbereitungen für ein wichtiges Treffen für die Zukunft von Siam und Ananda getroffen. Die Führer des Kontingents des FTM in den britischen Streitkräften, Prinz Subha Svasti (Tahn Chin), erreichte die südliche Küste von Siam mit einem Wasserflugzeug der RAF. Ein Boot der Marine wartete auf ihn. Wie die Geschichte spielt war der verantwortliche Offizier auf dem Boot der Marine derselbe Leutnant Vacharachai den wir als angeblichen Mörder Anandas wieder treffen werden, aber diese Bemerkung nur nebenbei. Er geleitete Tahn Chin sicher den Menam hoch, versteckte sich vor den Patrouillenbooten der Japaner und von FM Pibul um Pridis Haus am Ufer in Bangkok zu erreichen. Ihre Gespräche über militärische Dinge sollten uns nicht interessieren, aber relevant für diese Ereignisse und die Vermutungen die sich um den Tod Anandas ranken ist ihre Diskussion über die Ziele des Landes nach dem Krieg. Bevor Than Chin in der Nacht in Sicherheit gehen konnte, stimmte ihn Pridi darauf ein, dass er, sollte er in einer Position der Autorität überleben, er versuchen würde, nationale Einheit unter König Ananda und basierend auf demokratischen Prinzipien anzustreben: Und um das zu erreichen wollte er die politischen Gefangenen – d.h. in erster Linie die Monarchisten, frei lassen und das Verbot für Prinzen sich politisch zu betätigen, aufheben. Im nächsten Monat brach FM Pibuls Regime zusammen. Die neue Hauptstadt die er baute hatte bereits das Leben von 20.000 Zwangsarbeitern gekostet, die durch Krankheiten umgekommen waren, und die Nationalversammlung, die nun eng mit Sympathisanten der Free Thai Bewegung verwoben war, weigerten sich das Projekt weiter zu sanktionieren. „Es ist schwer einen Tiger aus dem Käfig zu locken“, heißt eine thailändische Maxime, aber das Schicksal war besiegelt: FM Pibul, überstimmt von einer früher unterwürfigen Versammlung und der japanischer Unterstützung entblößt, trat schließlich zurück. Regent Aditya trat ebenso zurück und so blieb Pridi der Alleinregent. Durch die Macht der FTM (Free Thai Movement) war er der geheime Herr über Thailand. Aber die Japaner waren immer noch mit rücksichtloser Härte zugegen, und bis die Zeit für den beabsichtigten Aufstand gekommen war, musste er sie täuschen. Daher bildete Pridi ein Kabinett von liberalen Zivilisten und Marineoffizieren, die laut ihre Loyalität gegenüber den japanischen VerbündeSeite 100 von 408
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ten bekundeten während er still die FTM weiter stärkte, die zunehmend durch Abwürfe von Waffen aus der Luft versorgt und gestärkt und mit Führungsoffizieren versorgt wurde. Um die Japaner weiter in die Irre zu führen ernannte Pridi einen Mann zum Übergangspremier, der unsere Aufmerksam zunehmend in Anspruch nehmen wird. Kuang Abhaiwongsi ist ein großer, schlanker Mann mit Brille. Die Besucher in seinem Haus werden ihn vermutlich in einem kaffee- und rosafarbenen chinesischen Seidenpyjama vorfinden. Und entweder sehen wie er gedankenvoll an seinen selten in Thailand gezüchteten Rosen riecht, oder in seinem Empfangsraum sitzt, in dem er von thailändischen Antiquitäten umgeben ist, die eine wunderschöne Sammlung von kleinen Teesets beinhalten, die in so vielen Oberklassehäusern in Vitrinen ausgestellt werden. Er ist ein Mann der Gegensätze. Aber vor allen Dingen ist er ein Mann von Fröhlichkeit. Der Sohn eines siamesisch-kambodschanischen Aristokraten, Kuang (pr. Coo-ung) war in den Zwanziger Jahren nach Paris gegangen um Ingenieurswissenschaften zu studieren und hatte sich der gerade in Gründung begriffenen Gruppe von Studenten angeschlossen, die von Pridi angeführt wurden. Danach war er zu einem der Promotoren geworden, er hatte eine wichtige Rolle in der Revolution von 1932 gespielt, indem er seine Position im Ministerium für Post und Telegraphenwesen genutzt hatte, um die Kommunikation sicher zu stellen. Seitdem hatte er einige politische Erfahrung gesammelt, da er als Pridis Protegé in Pibuls Kabinett war. Seine Aufgabe heute war es, die Japaner an der Nase herum zu führen in dem er seine theatralischen Fähigkeiten als Possenreißer nutzte. Es ist schwer vorstellbar, dass sich Kuang ausdrücken kann, ohne sich selbst in einen Clown mit immensen Gesten und Grimassen zu verwandeln. Sein thailändischer Spitzname bedeutet so viel wie „der große Komiker“ und viele Witze über ihn waren im Umlauf. Als FM Pibul per Verordnung befahl, dass jeder einen Hut tragen musste, kam Kuang in eine Kabinettsitzung und weigerte sich den Hut auszuziehen, weil, wie er sagte, das ständige auf und absetzen seine Konzentration stören würde. Als dann FM Pibul versucht ihm zu schmeicheln, und ihn zu einem Major der Armee machte, verbreitete Kuang selbst das Gerücht, dass er seine Sporen verkehrt herum tragen würde. Aber hinter seinen Possen verbarg sich ein scharfsinniger Verstand und nachdem Pridi ihn zum Premierminister ernannte hatte, versorgte er die die Japaner mit einem ständigen Fluss von glatten Lügen aus dem Mund eines Premierministers um sie zu verwirren. Zum Beispiel als die Japaner ärgerlich mitteilten, dass sie einen geheimen Flugplatz entdeckt hätten, die die Seite 101 von 408
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Free Thai Bewegung gebaut hatte, lachte er sie aus: Was für eine Dummheit. Das ist ein gerodetes Feld auf dem Chili angebaut worden ist. Das FTM musste dann den Platz schnell mit Chilischoten bepflanzen um Kuangs Geschichte zu bestätigen. Als die Japaner zunehmend misstrauisch wurden und offen fragten, ob die Regierung planen würde sie zu hintergehen, erwiderte Kuang sofort in scharfem Ton: „Es ist seltsam, dass sie das jetzt fragen, wir hatten gerade begonnen darüber zu diskutieren, ob Sie uns verraten wollten.“ Die Japaner drangen in ihn nicht auf die alliierte Propaganda zu hören, die dazu gedacht wäre, Misstrauen zwischen ihnen zu sähen und zogen sich zufrieden zurück. Mit solchen Maßnahmen half Kuang der große Komiker dabei wertvolle Zeit für die FTM zu gewinnen um sich selbst bereit zu machen. Der Moment der Erprobung stand kurz bevor. Bis Mitte 1945 hatten die Japaner durch die Schlacht in Burma ihren Griff in Südostasien gelockert und die Alliierten bereiteten sich vor Malaysia zu befreien. Thailands innere Sicherheit war essentiell für die Japaner. Ihre Nutzung war ihre Basis und ihre Bastion. Würden sie im letzten Augenblick mehr als ein Verdacht über die FTM hegen, hätten sie die Bewegung vernichten müssen, um einen Aufstand mit Pridi zu verhindern den er tatsächlich auslösen wollte in dem Moment wenn der Alliierte Vorstoß begonnen hätte. Aber bevor die Alliierten oder die Japaner eine Bewegung machen konnten, und während Pridi und die FTM und Thailand bis zum äußersten in nervöser Anspannung warteten, wurde die Geschichte der Welt verändert. Am 6. und 9. August fielen Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki. Japan kapitulierte. In Thailand wurde die FTM dadurch um ihren abschließenden Sieg gebracht, aber unzählige Frauen waren vor der Witwenschaft verschont worden. Alles war Freude, Erleichterung und Erregung. Die Versprechungen und Herausforderungen von „Nach dem Krieg“ wurden jetzt und hier wahr. Aber als die 7. indische Division nach Bangkok flog um im Namen der Alliierten Besetz zu ergreifen, da sahen viele Menschen die Aussicht auf fortwährende Besatzung mit Betroffenheit, aber Thailand war technisch gesehen Feindesland gewesen. Aber sie mussten sich nicht sorgen. Zum einen hatten die USA die Kriegserklärung ignoriert. Zum anderen agierten die Briten mit dem Verständnis, dass die FTM die nationale Ehre geschützt hatte, und auch wenn ihre Interessen stark geschädigt worden waren (wesentlich gravierender als die der USA) sahen sie die Besatzung lediglich als einen formalen Akt an, während sie die japanischen Truppen repatriierten und einen Friedensvertrag mit Thailand aushandelten, während sie in der Seite 102 von 408
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Zwischenzeit eine freundschaftliche Beziehung über Prinz Subha Svasti (tahn Chin) mit Pridi aufgebaut hatten. Pridi verschwendete keine Zeit um die neue Demokratie aufzubauen. Der Name Thailand wurde fallengelassen, eine widerliche Erinnerung an FM Pibul, und Siam wurde wieder ausgepackt, wie so viele Schmuckstücke, die während des Krieges an sicheren Plätzen aufgewahrt worden waren. Und bei ihrer wiederholten Aufstellung schienen sie nun in einem noch größeren Glanz zu stehen. Aber was war Siam ohne seinen König? Und sie hatten einen König. Im September sandte Pridi ein Telegramm das wir bereits gelesen hatten, und lud Ananda ein zurück zu kehren. So waren die Leben von Pridi und Ananda und viele anderen miteinander verkettet und sollten doch zu einem Zeitpunkt zerstört werden, da sie die Freude der Sicherheit des Kriegsendes zu genießen schienen. Daher war es keine Angst, mit der Pridis Telegramm in der Villa Watana aufgenommen wurde, sondern eher die Eröffnung einer Zukunft die so glänzend sein sollte, dass man sich die Hand vor Augen hält, um nicht geblendet zu werden. Eine volle Woche verging, bevor Ananda antwortete: An den Regenten Bangkok Ich habe Ihr Telegramm erhalten, in dem Sie mich Auffordern meine Pflicht zu erfüllen. Obwohl ich besorgt bin, meinem Land zu dienen, so würde ich mich wesentlich besser vorbereitet fühlen, wenn ich meine Studien beenden könnte. Ich habe mein erstes Examen in der Hochschule für Recht im letzten Juli bestanden und ich habe noch ein weiteres, schwereres zu bestehen, das in über 1 ½ Jahren stattfinden wird. Und ich werde noch mindestens ein weiteres Jahr brauchen, um meine Doktorarbeit vorzubereiten. Ich weiß dass sie meinen Wunsch verstehen meine Studien abzuschließen. Falls Sie und die Regierung zustimmen, würde ich gerne für einen Besuch nach Hause kommen, bevor ich meine Studien beende. Ich bitte sie meinen von Herzen kommenden Dank anzunehmen und bin ihnen für die schwierige Arbeit, die sie getan haben und immer noch in meinem Namen tun zutiefst zu Dank verpflichtet. Ananda Mahidol Pridi grübelte darüber nach. Er wollte Ananda in Bangkok haben. Die Präsenz des jungen Mannes würde die nationale Einheit, die der Krieg zusammen geschweißt hatte, komplettieren, und in der Öffentlichkeit einen Ansporn geben, die neue Demokratie, die Pridi anstrebte, zu unterstützen. BeSeite 103 von 408
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sonders da er plante die Verfassung von 1932 zu liberalisieren. Auch dachte er über eine Form von Südostasiatischer Förderation nach, in der Weise, in der sich der Westen gedachte in eine Vereinigung von Staaten von Europa zu entwickeln.87 Es war ein Neustart, der Beginn einer großen Ära, und der König sollte ein Teil davon sein. Ich habe das freundliche Telegramm Ihrer Majestät vom 14. September mit großer Freude erhalten und ich selbst und die Regierung ihrer Majestät ist sehr dankbar dafür. Wir sind besonders glücklich darüber zu hören, dass ihre Majestät wünschen noch einmal in die Hauptstadt zu kommen, bevor Ihre Majestät Ihre Studien abschließen. Ich erlaube mir ehrfürchtig folgende Umstände vor Ihrer Majestät (hinsichtlich der vorgeschlagenen Verfassungsänderungen) zum Ausdruck zu bringen: Ich erwäge dass es im Interesse der Nation höchst wünschenswert wäre, wenn Ihre Majestät in Ihr Land zurückkehren würden, auch wenn es nur für eine kurze Reise wäre, damit die fundamentalen Angelegenheiten die weiter oben erwähnt werden, mit der persönlichen Beteiligung und dem Einverständnis seiner Majestät entschieden werden können. Er fügte hinzu, dass er versuchen würde, mit den Briten ein Flugzeug zu arrangieren, das den König ausfliegen könnte, ein taktvoller Hinweis darauf, dass der Besuch so schnell wie möglich stattfinden sollte, und schloss: „Ich bin leidenschaftlich überzeugt davon, dass Ihre Majestät sich über meine Einladung freuen und zu einem kurzen Besuch in Ihr Königreich kommen werden.“ Die Antwort die Ananda schrieb war kurz. Er wäre sicher, dass Pridi und die Regierung mit dem Problem der Verfassungsänderung richtig „gerecht und effizient“ umgehen würden, und das seine eigene Präsenz ohne großen Nutzen sein würde „da ich noch sehr unerfahren“ wäre. Jedoch „falls Sie glauben, dass es angemessen wäre, dass ich für einen kurzen Besuch komme, so werde ich freudig Ihre Einladung annehmen.“ Aber der Sekretär musste eine Bedingung anfügen: Die Königinmutter schlägt vor, dass es in jeder Hinsicht angemessen wäre, wenn seine Majestät zu Beginn des Dezembers reisen und in der ersten Januarwoche in die Schweiz zurückkehren könnte, damit die Zeit seiner Abwesenheit sein Studium nicht zu sehr beeinträchtigten.
87
Einige Jahre später dann als ASEAN doch noch in die Wege geleitet
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Die Königinmutter wusste es nicht, aber sie bat in dem Postskript um einen Gefallen der nicht gewährt werden würde. Aber die Vorbereitungen schienen zunächst exakt so zu sein wie sie es gewünscht hatte und der Besuch schien schnell vorüber zu sein. In der ersten Woche des Dezembers 1945 verließ Ananda die Villa Watana mit ihr und seinem Bruder. Da seine Schwester kürzlich erst eine Tochter geboren hatte, begleitete sie sie nicht. Am Flughafen stand eine Menge, die sehen wollte, wie sie abflogen und Ananda hatte Schwierigkeiten sich einen Moment zu entfernen um einen Studienfreund anzurufen. Durch Journalisten behindert, die überall herumschwirrten, hatte er nur Zeit au revoir zu sagen. Und er erwähnte den Anruf gegenüber niemanden.
Der zweite Besuch daheim Neben Anandas Leben erstreckte sich die Welt über die Tage hinweg, in denen er das Erbe seiner Dynastie angetreten hatte, die aus den Ruinen Ayuhyas entstanden war nun hin zu einer Verwüstung die selbst den Grad in den Schatten stellte, den der Chakri vorfand, als er seine Dynastie gründete. Für Britannien war es eine Welt der Entbehrung, für die USA eine Welt des Missbehagens. Und beide Länder trauerten ihrer Toten und kämpften um ihre Genesung, beherrscht von internationalem Fast-Chaos. Ihre Partner, Stalins Russland, schockierte die erste Versammlung der Vereinten Nationen in London von George VI mit Hinweisen auf das Schließen des, wie Churchill es nannte, Eisernen Vorgangs. Die Welt stand schaudernd und verständnislos vor den Fotos von Buchenwald und Belsen. Eine Welt der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse, der Exekutionen der Nazis, von Kollaborateuren, Verrätern: Eine Menge von viertausend Menschen, wie Herman Frank im armen zerstörten Prague Masaryks gehängt. Eine Welt der Schattenmenschen, von schwarzen Märkten bis Flüchtlingen. Es war die Welt der zitternden Hoffnung auf Nuklearenergie, und der Fragen was der Düsenmotor und das Penizillin bringen mögen. Es war die Ära des Bürgerkrieges in China und Griechenland, des Kampfes zwischen den Juden und den Araber im britischen Mandat Palästina; der anti-kolonialen Unruhen in Gandhis Indien, Farouks Ägypten, dem Sudan, Burma, Indonesien. Es war eine Welt die das Rot von Britanniens Empire von der Weltkarte entfernte und das Rot des Kommunismus darauf zeichnete. Aber vor allem war es eine Welt voll Hunger und Heimatlosigkeit. Zwei der sowjetischen Länder, Weißrussland und die Ukraine hatten fünfundzwanzig Millionen Menschen die vor Hunger starben: und dies war nur die Spitze des Eisberges. Seite 105 von 408
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Verglichen damit war das Königreich, in dem Ananda am 05.12.1945 an Land ging ein Paradies. Obwohl Japan die Wirtschaft gestört und eine wilde Inflation verursacht hatte, waren kaum ein Stein oder ein Stock mit Gewalt versetzt worden. Sein Volk hatte ausreichen Nahrung, Wärme und Unterkunft. Und es hatte ihn. Noch mehr als im Jahr 1938 – denn jetzt hatte er ein angemessenes Alter und war wirklich ein König – sein Kommen machte Landbewohner und Intellektuelle neugierig, alle waren gleich aufgeregt, eine mystische Verehrung, weit entfernt von seiner politischen Bedeutung. Er brachte Regen, er brachte Glück, er brachte den Segen des Himmels.
Abbildung 7 König Ananda und seine Mutter in der Schweiz. Eine der letzten Aufnahmen vor der tödlichen Rückkehr nach Bangkok in 1945
Groß und schlank, intelligent, liberal erzogen, weit gereist, ernsthaft, aber im Besitz eines Humors ohne Sarkasmus oder Bosheit. Freundlich und doch direkt, ein Benehmen das alle Annahmen eines durchtriebenen asiatischen Potentaten beiseite fegte, und gleichzeitig selbstbewusst, mit einer Distanz die aus seinem Rang kam. Das war der hochattraktive 20-jährige Student aus Lausanne, der eine Metamorphose zum Gott des Lebens durchmachte, er stieg den Gangway des Flugzeugs hinunter um von allen Seite 106 von 408
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führenden
Persönlichkeiten
seines
Landes
begrüßt
zu
werden.
Abbildung 8 König Ananda, gefolgt von Prinz Bhoomipol, bei ihrer Ankunft in Bangkok im Dezember 1945.
Der Premierminister der sich vor ihm prostrierte war nicht Kuang der große Komödiant, dessen Amtszeit endete als Japan zusammen brach, sondern Mom Seni Pramoj. Nach seiner Rückkehr aus Washington als Nationalheld, weil er das Free Thai Movement gegründet hatte, hatte er das Angebot Pridis angenommen, die Regierung zu leiten. Als Anwalt und mit gutem Ansehen im Westen war er qualifiziert für den unmittelbaren Einsatz von der Verhandlung von Friedensverträgen mit den Briten. Pridi selbst, dessen Regentschaft mit der Ankunft des Königs vorüber war, erhielt im jungen Alter von 45 Jahren den Titel eines Senior Statesman. Er hatte einen unangefochtenen Einfluss auf die Nation aber er zog es vor sie unsichtbar zu lassen und ihn durch das Kabinett auszuüben, das von Mom Seni Pramoj geführt wurde. Ob die Gründe in der Doppelzüngigkeit des Charakters lagen, wie seine Gegner behaupten, oder einfach in einer Scheu wie seine Freunde erklärten, eigentlich ist es egal: Es ist eine solide Tatsache, dass er der einzige von Siams Führern ist, der vom ersten bis letzten Moment der Sache des einfachen Mannes versprochen war, und den Idealen der parlamentarischen Demokratie. Aber das Ideal war alles andere als die Realität. Eine leichte Brise von Einheit und demokratischen Prinzipien wehte durch fast alle Bereiche der Bevölkerung: die schlechten alten Tage von FM Pibuls Faschismus waren Seite 107 von 408
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vorüber. Um das zu beweisen verabschiedete die Regierung von Mom Seni Pramoj ein Gesetz gegen Straftaten und FM Pibul selbst wurde verhaftet. Das, so sagen einige, vergaß er Pridi nie. Auch wenn die Verhaftung derselben durch die Alliierten nur zuvorkam. Sie hätten ihm nur eine kurze Beichte erlaubt und damit den Siamesen ihr Gesicht verlieren lassen. Und so reiste FM Pibul drei Mal die Woche vom Gefängnis in einem schwarzen Gefängniswagen zu seinem gemächlichen Verfahren vor dem Kriegsverbrechertribunal, und in den langen Stunden dazwischen dichtete er schlechte Verse die sein Schicksal beklagten. Selbst der gewaltige Ozean, tief und mysteriös, der so grün aussieht mit einer Angst einflößenden Mischung aus Wasser und Himmel, kann nicht verglichen werden mit dem Leid und dem Schmerz des Herzens den Himmel nur durch Gitterstäbe zu sehen. Einige Minuten entfernt von der melancholischen Aussicht war der vollkommen unterschiedliche Ausblick, bekannt als Ananda. Am Tag als er zurück in Bangkok eintraf wurde er in die Barompiman Halle in den Gran Palace gefahren. Stellen Sie sich vor, dass Sie und ich an diesem Tag ihm gefolgt wären, als er sich dem Ort näherte, der sich als sein letztes Zuhause herausstellen soll. Außerhalb des Palastes ist ein berühmter Freiraum, von Bäumen umsäumt, genannt der Pramane Ground wo königliche Kremationen und öffentliche Feste sowie andere Spektakel stattfinden. An drei Seiten standen die Ministerien, die Hochschule für Recht, UMPS, die Nationalbücherei und ein Museum. Das letztere besetzt eine Quadratmeile des Ufers. Eine große weiße Wand umrundete es, Zinnen die wie Blätter geformt waren und die Mauer manchmal zwölf Fuß dick mit kleinen Forts die in Abständen eingebaut waren, jedes verziert wie mit dem Kopfschmuck einer siamesischen Tänzerin. Wenn man durch den Haupteingang geht, genannt „glorreicher und wertvoller Sieg“, dann wären man eine Straße mit einigen hundert Yard, gesäumt mit kleinen Bäumen herunter gegangen. Auf der rechten Seiten die Schatzkammer, die Ställe der königlichen Elefanten und die Palastschule, auf der linken Seite eine Rasenfläche vor der Anlage des Smaragd-Buddha, und dann die Büros der königlichen Vermögensverwaltung. Die Straße mündet in eine Alle zwischen den Quartieren der königlichen Stallmeister und dem Sekretariat des königlichen Haushaltes. Wären wir diesen Weg gegangen dann wären wir zu einem Hof gekommen der im Herzen liegt: vor uns eine Reihe von Figuren unglaublicher Pracht, Seite 108 von 408
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der in erster Linie benutzt für Krönungen und Bestattungszeremonien von Königen. Hinter ihnen liegt das Innere wo die königlichen Frauen, Kinder und Diener leben, die sich auf dreitausend beliefen, aber es war praktisch verweist zu der Zeit als Ananda ankam und außerdem betrat er den Bereich nicht sondern wandte sich nach links und verließ den Hof. Durch einen eisernen Durchgang erreichte er die Barompiman Hall.
Abbildung 9 Die Barompiman Halle aus süd-westlicher Ansicht, mit Blick auf den Schildrötengarten. Das obere Stockwerk auf der rechten Seite (der Ost-Flügel) enthielt Anandas Badezimmer, der sich zum Ankleidraum hin öffnet.
Wie städtisch und ungefährlich lag es unter dem sonnigen Himmel! Es war ein Produkt von König Chulalongkorns Reisen nach Europa. Sie würden denken, dass es eine Millionärswohnung im Stile Edwards in Monte Carlo oder Genf wäre, und es musste nicht fremd für den Schweizer Studenten des Rechts ausgesehen haben. Zweistöckig liegt es nach Osten und Westen mit einem vorspringenden Eingang und einer Wölbung am hinteren Teil. Das Gebäude ist über zweihundert Fuß lang mal achtzig Fuß. Aber für seine Größe hat es relativ wenige Räume, die aber hoch und groß sind. Nun sollte die interne Aufteilung beachtet werden. Wieder und immer wieder, mit einer allerhöchsten Aufmerksamkeit um ihrer Sprachlosigkeit etwas zu entlocken. Bei den meisten Untersuchungen ist der Tatort äußerst wichtig aber in diesem Fall kann seine Wichtigkeit gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.
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Das Erdgeschoß war von einem Esszimmer ausgefüllt, dem Audienzraum und den Vorkammern, die hauptsächlich von Pagen, Dienern und Wachen Seite 110 von 408
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genutzt wurden. Das Versorgungsprogramm besetzte die Küchen in einem separaten Gebäude in Übereinstimmung mit den siamesischen Gepflogenheiten. Im Erdgeschoß war auch das Schlafzimmer des königlichen Kindermädchens, die nun ihr Amt in der königlichen Familie wieder aufgenommen hatte, nachdem sie im Jahr 1939 wegen einer Erkrankung nicht mit in die Schweiz zurückgegangen war. Der obere Flur, der unserer hauptsächlichen Aufmerksamkeit gewiss sein sollte, wurde von der zentralen Eingangshalle durch einen massiven Treppenaufgang erreicht, von dem man auf eine Haupt-Balustrade kam, oder von zwei kleineren Treppenaufgängen im westlichen Flügel. Diese große Fläche, die Hauptbalustrade war der Kern des oberen Flurs den man sich grob auf dem Diagramm ansehen kann. Zur Verdeutlichung sind nur Anandas Quartiere in Einzelheiten dargestellt, da jedes Detail signifikant sein wird. Der ganze Bereich des oberen Flures war daher in zwei unterschiedliche Bereiche eingeteilt. Der Ostflügel auf der linken Seite und der Westflügel auf der rechten. Sie waren über die Hauptbalustrade direkt verbunden, durch die Vorder- und Hinterflure die jeder vierzig Yards lang waren. Und sie stellten die Wohnräume von nur vier Menschen dar: Ananda hatte den Ostflügel, und sein Bruder, seine Mutter und deren Hofdame waren im Westen. Vom oberen Flur mit dem Hauptfenster der Barompiman Hall hatten sie einen wundervollen, unvergesslichen Ausblick. Wer würde an Mörder denken, hier, wo an jedem Tag die Sonne hell vom durchsichtigen Morgen schien, ab 7 Uhr bis 18 Uhr am Abend, wenn die Sonne mit kolossalen Strahlen aus Gold, Flamingo und Türkis über einen Himmel unterging, der in den Stunden dazwischen Wolkenlos blau war? Zuerst blendeten die safran-, rosa und grün gefärbten Ziegel der Dächer und die Keramik und Glasausschmückungen auf den Giebeln, Spitzen und Säulen, und die vergoldeten wie Glocken geformte Türme, alle blendeten das Auge so stark, dass es kein einzelnes Detail ausmachen konnte. In der Nacht brachte der Mond die Fremdartigkeit der Formen mit ihren eigenartigen hochgebogenen Dachrinnen und den teleskopartigen Dächern, den Türmen wie gigantischen Kaktus, abgeschrägte Spitzen, die wie Nadeln in den Himmel ragten überdeutlich hervor. Vor der Barompiman Halle hinter dem Sekretariat war die Anlage des Smaragd-Buddha mit vielen seiner fantastischen Figuren wie dem Mausoleum, der heiligen Bücherei und den sieben Säulen die die Planeten repräsentieSeite 111 von 408
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ren. Hinter der Barompiman Halle liegt eine Schönheit, die der Garten der Schildkröte genannt wird. Dahinter das königliche Theater und andere Gebäude die die Verlängerungen von Wat Po mit seinem riesigen liegenden Buddha sind. Oder wenn der Beobachter sich von der südlichen Sicht nach Süd-West dreht, liegen dort die Gebäude des Inneren und der Garten des Himmels, und hinter den Grenzen des Grand Palace erstreckt sich der breit dahin fließende Menam bis zum anderen Ufer des sich dort erhebenden Tempels der Morgendämmerung. Dies war die Schönheit der Umgebung von Anandas Zuhause. Und die Menschen um ihn herum, seine persönlichen Diener, seine Aides de Camps, Pagen und Sekretäre. Dies alles formte einen Teil der Hierarchie der Funktionen des königlichen Haushalt-Büros. Einige werden in dieser Geschichte wieder auftauchen, aber vier würden die Aufmerksamkeit der Nation auf sich ziehen. Einer von Ihnen war Lt. Vacharachai der Pridi getroffen hatte, als er vor seinem Haus patrouillierte um die Regenten vor FM Pibul zu beschützen und der später Pridis Aides de Camp geworden war. Pridi hatte ihn als den Vertreter der Marine unter die Angestellten des Königs aus den drei Waffengattungen gebracht. Er hatte auch eine andere Ernennung vorgenommen, die ebenfalls in der Folge signifikant werden sollten. Dies war die eines seiner politischen Gefolgsleute mit dem Namen Chaleo (pr. Cher-lieu) den ich Sekretär Chaleo nennen werde, weil die Stellung die Pridi ihm gab war die von Anandas Privatsekretär war. Die anderen zwei Namen würden bald auf den Lippen aller Menschen erscheinen, es waren die der Pagen des königlichen Schlafgemachs und daher die Personen, die am engsten mit Ananda in Verbindung gebracht wurden. Die Familien beider Männer waren seit Generationen im Dienst der königlichen Familie. Und beide, in einem Alter über 40 Jahre, hatten Ananda schon in seiner Kindheit in Bangkok gedient. Einer hieß Butr und der andere Chit – auch wenn Butr tatsächlich eher unbedarft war während Chit, der größer, besser gebildet und klüger war, weshalb er Nai Chit genannt wurde, um ihn von Butr zu unterscheiden. Der Teil der königlichen Dienerschaft zu der sie gehörten wurde durch einen Funktionär geleitet der Silk Bearer genannt wurde, und seine Untergebenen kamen in weiten Teilen zu der Stellung durch Vererbung. Ihnen alleine war erlaubt den König zu berühren, und nur sie durften solche Pflichten erfüllen wie ihn zu rasieren oder maniküren. Eine Ausnahme stellte der Arzt des Königs dar, der notwendiSeite 112 von 408
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gerweise das Tabu der Unantastbarkeit brechen musste, aber niemand sonst. Anandas Ankunft in der Barompiman Halle im Grand Palace markiert ein Kapitel der Geschichte bei dem es nützlich sein könnte, eine Liste der Menschen aufzustellen, die bisher aufgetreten sind. Sein gewaltsames Ende würde in weniger als 6 Monaten eintreten, und würde die fröhliche Ouvertüre seiner Ankunft in das Geläut einer Totenglocke verändern, die über Jahre zu hören sein wird. In Bangkok waren: König Ananda, der in der Barompiman Halle im Grand Palace mit seinem Bruder Prinz Bhoomipol und seiner Königinmutter lebte. Eine Hofdame der Königinmutter, die im oberen Flur der Barompiman Hall in ihrer Nähe lebte. Das königliche Kindermädchen, eine ehemalige Krankenschwesterschülerin die mit der Königinmutter studiert hatte, und nun wieder mit der königlichen Familie vereint war, sie lebte auch in der Barompirnan Halle. Pridi, Senior Statesman, der noch in seiner offiziellen Residenz, die ihm während seiner Zeit als Regent überlassen worden war lebte. D.h. auf dem Fluss in der Nähe der Universität für Moral und Politikwissenschaften (UMPS)88 und dem Grand Palace. Sekretär Chaleo, Privatsekretär des Königs, von Pridi ernannt. Nai Chit und Butr, Pagen des königlichen Schlafgemachs. Lt. Vacharachai, einer der Aides de Camps des Königs, ernannt durch Pridi. FM Pibul, ehemaliger Diktator, nun im Gefängnis wegen Kriegsverbrechen. Mom Seni Pramoj, Premierminister, Rechtsanwalt, ehemaliger Botschafter in Washington und Begründer der Free Thai Bewegung. Kuang, Großer Komödiant, ein führender Politiker und Premierminister nach dem Fall von FM Pibul. Prinzen – Ex-Regent Aditya, Subha Svasti (Tahn Chin), Soldat und Enkel von Mongkut, Chef der britischen Abteilung der Free Thai Bewegung.
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Vormals Hochschule für Recht. Seite 113 von 408
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Rangsit, Anandas Onkel der offensichtlich im Jahr 1939 unberechtigt zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, aber nun von Pridi zusammen mit anderen monarchistischen politischen Gefangenen von Pridi befreit wurde. Und in Lausanne, Switzerland: Nai Anek, Freund und persönlicher Sekretär der Königinmutter. M. Seraidaris, Nachhilfelehrer. Prinzessin Galyani, die Schwester des Königs, mit ihrem Ehemann und dem neugeborenen Kind. Studentische Freunde. Nachdem Ananda in der Barompiman Halle mit seinen großzügigen Räumen und wunderbaren Aussichten angekommen war, ging er schnell zu einer täglichen Routine über. Er stand zwischen 8:30 und 9:00 Uhr am Morgen auf, nicht früh nach Standards in Bangkok, aber früh genug für einen Chakri. Er frühstückte zusammen mit seiner Mutter und dem Bruder auf dem Balkon im ersten Stock. Um 10 Uhr diskutierte er offizielle Angelegenheiten mit seinem Sekretär Chaleo, dann lernte er Siamesisch und Buddhismus mit einem Priester (nicht länger mit dem „maha“ der bei ihnen in Lausanne war und der sich nun ins Privatleben zurück gezogen hatte.) Danach hatten die Minister und Beamten eine Audienz bei ihm, um ihn über ihre Ministerien zu informieren. Vor dem Mittagessen schrieb er oder las er, oder fuhr er manchmal mit dem Wagen auf den Wegen des Palastes. Mittagessen mit seiner Mutter und dem Bruder und bei einigen Gelegenheiten mit Ministern des Kabinetts, war um 12:30 Uhr. Dann hatte er eine Pause, eine weitere Lektion Siamesisch oder Buddhismus oder er empfing einen Diplomaten oder Beamten, und dann war „Tea Time“, die oft im Garten der Schildkröte hinter der Barompiman Halle verbracht wurde. Am späten Nachmittag besuchte er entweder seine Großmutter mütterlicherseits oder freute sich über Erholung mit seinem Bruder Bhoomipol. Nach dem Abendessen um 19:00 Uhr wurde er durch Gäste in Beschlag genommen, oder Ananda spielte Musik mit seinem Bruder und anderen, schaute sich einen Film im königlichen Theater an, oder spazierte mit seinem Bruder und Pagen in den Anlagen des Palastes. Um 22:30 Uhr, bevor er zu Bett ging, besuchte er seine Mutter in deren Schlafräumen.
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Das waren die wenig aufregenden Äußerlichkeiten von Anandas Tagen im Grand Palace, aber wir werden sehen, dass die Politik ihnen eine zunehmend unangenehme Wendung gab. Von der täglichen Routine wurde für Ausflüge in die umliegende City abgewichen. Gefahren in einem Nash oder einem blauen Rolls-Royce besuchte er alle wichtigen Klöster um den Buddha-Figuren dort seinen Respekt zu zollen. Er besuchte Regierungsgebäude, Fabriken und interessante Plätze. Manchmal in der Nacht wurde er von Lt. Vacharachai oder Pridi selbst als Führer inkognito in der Hauptstadt herum gefahren. Er reiste auch in Gegenden außerhalb Bangkoks, und er machte eine Reihe von formalen Besuchen in die Provinzen. Einer dieser Reisen, genau genommen die erste, muss man sich im Detail in Erinnerung führen, weil sie eine tödliche Konsequenz hatten. Es war ein Besuch am 23. Dezember in Cholburi89 am östlichen Ufer des Golf von Siam, und er reiste dort hin, um eine Abschiedsfeier von Mitgliedern der Free Thai Bewegung zu besuchen. Pridi war bei ihnen. Die königliche Entourage beinhaltete Anands Pagen Nai Chit, seinen Skretär Chaleo und, unter seinen ADCs, Lt. Vcharachai. Pridi hatte die Idee einen Jeep als Geschenk für den König mit zu nehmen, der wünschte selbst damit zu fahren, dann überschlug sich dieser dann aber auf dem Weg und dabei wurde der Chef ADC getötet und Lt. Vacharachai und Sekretär Chaleo verletzt. Trotz dieses unglücklichen Starts war die Parade ein Erfolg. Ein besonders heftig beklatschtes Ereignis war die Übergabe einer Auswahl von Waffen an den König als Souvenir. Unter ihnen war wohl auch eine amerikanische .45 Dienstpistole mit der Seriennummer 2C 81459. Die Aussagen darüber weichen voneinander ab. Einige sagen, dass ein amerikanischer OSS Offizier sie Pridi gab, der sie an Ananda weiter gab, während Bhoomipol sich erinnerte, das ein gewisser Page sie ihm gegeben hätte. In allen Beschreibungen kam die Pistole zu diesem Zeitpunkt in den Besitz von Ananda und die Geschenke reizten ihn und Bhoompiol und sie wurden bald zu einer Lieblingsbeschäftigung der beiden, wenn nicht zu einer Leidenschaft.
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Sie benutzten automatische Waffen, Revolver und Gewehre aus Anandas Sammlung und sie feuerten manchmal von den Fenster im hinteren Korridor auf den oberen Flur der Barompiman Halle. Aber noch öfter wählten sie einen Platz hinter dem Garten der Schildkröten, der sich als perfekte Schießbahn herausstellte. Der ADC der Marine, Lt. Vacharachai setzte die Ziele für sie auf, besorgte Munition und agierte als Schießausbilder. Er wurde sehr stark beschäftigt, denn es gab Tage, an denen sie fünfhundert bis sechshundert Schüsse abgaben.
Der letzte Monat Wir haben den letzten Monat im Leben von Ananda erreicht. Die Ereignisse und die Akteure verlangen nun nach einer genaueren Beschreibung. Die Verhandlungen über einen Friedensvertrag gerieten in Schwierigkeiten, als Mom Seni Pramoj, als Premierminister und Chef der Verhandlungsdelegation die Britischen Vorschläge mit ihren rechtlichen Horrorformulierungen sah. Auch wenn die siamesische Regierung und die Streitkräfte demnach vollkommen frei agieren konnten, so wollten die Briten doch die kontinuierliche militärische Besatzung und den Vorbehalt der Macht über die Ressourcen des Landes, damit nicht Probleme aus der Entfernung der Japaner entstehen sollten. Tatsächlich waren diese Vorschläge milder als jene, welche die Alliierten auf andere besetzten oder besiegten Länder anwendeten. Jetzt kombinierten sich die aristokratischen Ursprünge von Mom Seni Pramoj, seine Ausbildung in Oxford, ein starker Sinn für Humor, seine guten Manieren und seine Freude an Musik, guten Büchern und frivolen Gerüchten. Selbst die abweisende Selbstzufriedenheit die ich in allen außer ein oder zwei Mitgliedern der siamesischen Aristokratie vorfand, war bei ihm ein entwaffnender Charme. Er ist ein erfolgreicher Mann, als Rechtsanwalt, Seite 116 von 408
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als Universitätsprofessor, und im privaten Leben. Er hielt einmal eine Vorlesung über die Kunst des Lebens. Ich habe eine Kopie vor mir: die Gefühle sind anerkennenswert jedoch verraten sie kein Wissen von der Kunst der Führung, und vielleicht schließen sich die zwei Künste (die des Lebens und die des Führens) gegenseitig aus. Auch wenn er einen sicheren Platz in der Geschichte seines Landes hat, weil er die FTM gegründet hat, so sind doch ehemalige Mitglieder der Bewegung auch qualifiziert dafür, verglichen mit ihm Die Vorschläge des britischen Friedensvertrages schockierten ein beschränktes Verständnis, nicht nur wegen des berufsbedingten Misstrauens eines Rechtsanwaltes über dieses und jenes, aber wegen eines Misstrauens über die fundamentalen Motive. Er hatte den Krieg in den USA verbracht, wo der Glaube an Großbritanniens räuberischen Imperialismus weit verbreitet war, selbst nach der unverblümten Atlantik-Charta90, und er hatte etwas erfahren davon, was an der Konferenz von Quebec gesagt worden war, und was ihn überzeugte, dass die Briten Siam zu einem Mandatsgebiet oder einer Kolonie machen wollte. Die britischen Vorschläge schienen ihm daher nur ein Deckmantel für den bösen Plan den er für seine patriotische 90
Im August 1941 verkündeten Winston Churchill, der britische Premierminister, und Franklin D. Roosevelt die Atlantik-Charta. Diese war geprägt vom Überfall auf die Sowjetunion und orientierte sich an einem ähnlichen Programm des amerikanischen Präsidenten im Ersten Weltkrieg, Woodrow Wilson, dem 14-Punkte-Programm. Die zentralen Forderungen der Atlantik Charta waren: Die Atlantik-Charta besagte, dass Großbritannien und die USA keine territoriale Expansion suchen würden. Sie wünschen durch den Weltkrieg allgemein keine landschaftlichen Veränderungen, es sei denn, die betreffenden Völker wünschen dies. Sie wünschen, dass sämtliche Völker das Recht haben ihre Regierungsform danach zu wählen, unter welcher sie leben wollen. Sie wünschen, dass jeder Staat nach dem Krieg gleichermaßen Zugriff auf den Welthandel hat. Sie erstreben die wirtschaftliche Zusammenarbeit der Völker um bessere Arbeitsbedingungen und wirtschaftlichen Aufschwung zu erlangen. Sie wünschen, dass alle Völker innerhalb ihrer Grenzen in Frieden leben können, wenn die NaziHerrschaft zerstört worden ist. Dieser Friede soll es außerdem jedem Menschen ermöglichen, friedlich die Meere und Ozeane zu bereisen.
Sie hoffen außerdem auf eine Abrüstung, durch welche die Staaten Sicherheit vor Drohungen und Gewaltanwendung erlangen. Sie denken, dass die Gewaltanwendung unterdrückt werden müsse, um ein dauerhaftes System der allgemeinen Sicherheit zu erlangen. Quelle (Wikipedia Juli 2009) Seite 117 von 408
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Pflicht hielt, abzulehnen. Der US Chargé d’affaires ermutigte ihn mit der Versicherung, dass der Kongress, in dem zu diesem Zeitpunkt eine Hilfsanfrage von Großbritannien diskutiert wurde, ihn unterstützen würde. Er verärgerte Pridi, dem daran lag, den Vertrag so schnell wie möglich zu unterzeichnen, damit das Land vorwärts gehen konnte und er war bereit den Gründen Großbritanniens zu vertrauen. Er war Außenminister gewesen der die Verträge über die Beendigung der extra-territorialen Rechte vor dem Krieg verhandelt hatte, und er war ein Mann der sein Leben riskiert hatte um während einer ausländischen Besetzung seines Landes dieselbe zu beenden, also sollte man meinen, dass er besser geeignet war um die Situation zu beurteilen als Mom Seni Pramoj. Und Pridi zeigte weniger als seine übliche Geduld indem er seinen Premierminister anspornte, speziell als die Briten mit einem zweiten Satz von Vorschlägen kamen, die noch ernster waren als die zuerst vorgeschlagenen. Und als Ergebnis gab es ein Geschimpfe und der Vertrag wurde schließlich am 1. Januar 194691 unterzeichnet. Aber ein irreparabler Schaden war in einer politischen Beziehung entstanden, die schon unmittelbar während der Feierlichkeiten offensichtlich wurde. Auch wenn die britischen Truppen den größten Teil des Jahres mit den Japanern beschäftigt waren, war Ananda nun der König einer vollständig freien Nation. Als ein solcher war er einige Wochen später der Gastgeber als Lord Louis Mountbatten zu einem vorkonsularischen Besuch erschien. Es war Anandas erste große öffentliche Funktion – „der Versuch eine Erfahrung zu sammeln“, beobachtete der Times-Korrespondent über einen unerfahrenen jungen König der trotzdem „eine große Haltung darstellte, und er beeindruckte jene, die ihn trafen mit seiner Intelligenz, seiner Ehrlichkeit und seiner Belesenheit.“ Es gab drei Tage voller Feierlichkeiten und Unterhaltungen einschließlich eines Staatsballes, der vom Adel besucht wurde, deren Frauen, sagte die Times, „fast mit einem Pariser Chic gekleidet waren“. Die Anwesenheit des Königs und Pridis Freilassung der politischen Gefangenen in Einklang mit seinem Versprechen zu Kriegszeiten, brachte die Monarchisten wieder ins Spiel. Was der Times-Vertreter während der
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Seine wichtigsten Bestimmungen waren die kostenlose Versorgung mit einer gewissen Menge von siamesischen Reis für die hungernde Bevölkerung Asiens. Die Lieferung wurde geleistet, aber die Briten zahlten einen substantiellen Preis (Siehe Sir Geoffrey Thompson’s Memoirs.) Zu keinem Zeitpunkt vor oder nach dem Vertrag stellten sich die Ängste von Mom Seni auch nur im geringsten als begründet heraus. Seite 118 von 408
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überwiegenden Zeit des Besuchs von Mountbatten jedoch zu beobachten glaubte war eine Atmosphäre von pro amerikanischen und anti-britischen Gefühlen, verursacht durch den verbreiteten Glauben, dass die USA Großbritannien gezwungen hätten den Friedenvertrag nachzubessern. Mom Seni Pramojs Verdacht war intensiv verbreitet worden. Die Kluft zwischen Pridi und Mom Seni, die dies verursacht hatte, hatte auch noch einen anderen Grund. Mom Seni vergaß niemals etwas, dass FM Pibul ihm ins Ohr geflüstert hatte, als er ihn zum Botschafter in den USA ernannte – dass Pridi seine Ernennung empfohlen hätte, weil er eifersüchtig auf Mom Senis wachsende Popularität unter den Studenten der Rechtswissenschaft gewesen wäre. Dadurch, obwohl zu diesem Zeitpunkt FM Pibul im Gefängnis war, tat seine Hetze weiter ihren Dienst. Und da war noch etwas: Mom Seni wünschte, dass sein Schwager Chef der Polizei werden sollte, aber Pridi weigerte sich. Lange später noch würde diese Weigerung eine ironischere Wendung nehmen als sich ein Autor ausdenken könnte. Eine allgemeine Wahl folgte nur Wochen nach dem Friedensvertrag und Mom Seni Pramoj trat formal von seinem Amt als Premierminister zurück. Die Vertreter, die zu der Versammlung gewählt wurden, waren zum größten Teil Unabhängige, da Parteien kaum schon existierten. Und die erste Amtshandlung war die Wahl eines Premierministers. Die sich weitende Kluft zwischen Pridi und Mom Seni veranlasste Pridi einen Kandidaten aus seiner Anhängerschaft zu unterstützen, der Senis Nachfolger werden sollte. Kuang der große Komödiant erwartete zuversichtlich, dass er ausgewählt werden würde, um das Amt des Premierministers wieder zu übernehmen, das er nach dem Fall von Pibul aufgegeben hatte. Aber Pridi desillusionierte ihn, weil er glaubte, dass ein anderer besser geeignet wäre, um Kopf einer neuen Demokratie zu werden. Jedoch, als der Name von Pridis Nomination vor der Versammlung bekannt wurde, wurde nicht dieser, sondern Kuang, zu seiner großen Überraschung, mit einer knappen Mehrheit gewählt. Pridi hatte nicht versucht die Abgeordneten zu beeinflussen und akzeptierte die Situation, er ging daran, die nächste wichtige Aufgabe zu bewältigen, die Liberalisierung der Verfassung. Bekannt bei seinen Mitarbeitern für seine Arbeit, aber auf der Seite von Mom Seni Pramoj, war sein Bruder, Kukrit Pramoj. Neben seinem brillanten satirischen Journalismus – er betreibt immer noch die führende Zeitung des Landes – war Mom Kukrits Rolle die eines enfant terrible in der siamesischen Politik. Und diese Rolle war lange sein Markenzeichen gewesen in Seite 119 von 408
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Bangkoks Leben, ermüdend wie einige fanden, hielt sich diese Rolle bis in sein mittleres Alter. Seine Unterhaltungen sind hochgradig spaltend mit seinem düsteren Witz eines sich nicht dazu bekennenden Sentimentalen. Anders als sein Bruder, der die Freude einer geeinten Familie genoss, war er geschieden, Vater von zwei Kindern. Ausgebildet in Oxford, von adliger Abstammung, hatte er einen beweglichen Intellekt der eher an einen großzügigen, mitfühlenden oder idealistischen Akt dachte als ein geschwächter Charakter der eine gewisse Eitelkeit und Unreife sich erlaubte zu offenbaren. Das könnte der Grund dafür sein, warum Mom Kukrit Prramoj in dem einen Fall Hochachtung und in anderem Angst in anderen verursachte, wenn er eigentlich versucht Liebe bei allen zu wecken. Während die Arbeit mit der Verfassung weiter voran schritt, ging die Versammlung daran den Vorhang der nationalen Einigkeit herunter zu reißen. Da es sich um die Trümmer dessen handelte, was sich um die Tragödie von Anandas Tod abspielte, müssen wir untersuchen, was passiert war. In der Abstimmung der Versammlung hatte der Kandidat von Pridi 65 Stimmen erhalten gegenüber vier für Seni. Aber der letztere war über den Kopf Pridis hinweg in das Kabinett aufgenommen worden, das Kuang zusammen stellte, ohne Pridi zu konsultieren. Er gab auch ein Ministerbudget jemanden, der der hauptsächliche Verursacher in der rechten Regierung war, die Pridi im Jahr 1933 ins Exil getrieben hatte. Kuang der große Komödiant hatte Klauen, und war nun voller bitterem Hass gegen Pridi, weil er ihn als Kandidaten zurückgewiesen hatte. Und auf Pridis Seite war nicht nur der tiefe Schmerz über Kuangs Ernennungen aber auch die Wiedergeburt alter Ängste einer monarchistischen Rache gegenüber den Promotoren der Revolution von 1932. Kuangs Aktionen trafen zusammen mit dem Comeback der Monarchisten, und man konnte denken, dass der große Komödiant versuchte „vom Rücken des Tigers herunter zu kommen, wie man in einem alten siamesischen Sprichwort sagt, indem er sich gegen ihn den wichtigsten aller Promotoren wandte. Und dann, wenn Kuangs und Mom Senis Bruch mit Pridi noch nicht vollständig war, so wurde der Bruch schnell endgültig durch die nicht zurückhaltenden Angriffe von Pridis empörten Anhängern in der ersten Debatte der Versammlung nach der Wahl. Dies führte zu erbosten persönlichen Angriffen auf beiden Seiten, worin die kindliche Stimme der Demokratie verstummte. Am 18. März nutzten die Anhänger Pridis ihre Stärke und überstimmten Kuang in einer weniger wichtigen Angelegenheit, als er sich weigerte die Ladenbesitzer zu zwingen, Preisschilder an die Waren zu hängen. Seite 120 von 408
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Kuang trat als Premierminister zurück und seine Amtszeit hatte nur zwei Monate gedauert. Was nun passierte war eine Spaltung weniger durch intellektuelle Überzeugung denn durch Gefühle. Kuang, Mom Seni Pramoj, sein Bruder Kukrit und ihre Freunde bildeten etwas, das später die Democrat Party genannt werden sollte, eine rechte Partei. Sie teilten die monarchistischen Gefühle der Klasse der Aristokraten zu denen sie gehörten. Die ehemaligen politischen Gefangenen stießen zu ihnen und stärkten sie. Es war eine Ironie des Schicksals, dass Pridi so bitter bekämpft werden sollte von einer Klasse die er von der weiteren Unterdrückung befreit hatte, und denen er wieder als Prinzen eine Rolle im öffentlichen Leben zugestanden hatte. Und der posthum dem späten König Prajdhipok Ehren erwiesen hatte, die von vorherigen Regimes verweigert worden waren. Aber er war zu sehr Teil der einfachen Menschen, er zog die Gesellschaft von offen sprechenden Männern vor, obwohl ihm eigentlich nie die Höflichkeit fehlte. Und er schenkte der untertänigen Kriecherei nie Beachtung. Also wurde er verdächtigt und man misstraute ihm, nannte ihn einen Kommunisten oder Sympathisanten obwohl die einzige schwache Verbindung zur Wahrheit darin lag, dass, wenn die Democrat Party, die man grob als eine Gruppe von Monarchisten bezeichnen konnte, rechts im politischen Spektrum war, dann waren Pridis Anhänger links. Aber dort müssen wir dann auch die meisten Liberalen ansiedeln und eigentlich führen alle diese Beschreibungen in die Irre, wenn man sie in Zusammenhang mit der siamesischen Politik sieht, in der die wichtigen Kämpfe zwischen Persönlichkeiten und ihren Anhängern stattfindet. Pridis Anhänger waren nicht nur die Intellektuellen Bangkoks, sondern auch einfache Leute überall im Land, die früher einmal Teil der Free Thai Bewegung gewesen waren. Das verärgerte seine Gegner die glaubten, dass er bösartig etwas ausnutzte, das von allen im nationalen Interesse begonnen worden war. Ein anderes Ergebnis des Krieges war die Tatsache, dass viele Menschen, einschließlich der meisten Armeeangehörigen und andere, die nicht in irgendeiner bemerkten Art gegen die japanische Besetzung gearbeitet hatten {Kollaborateure – Opportunisten}, sich psychologisch angenehm fühlten, wenn sie gegen ihn arbeiteten. Und die Gegnerschaft wurde nicht verringert durch die Propaganda der Democrat Party nach der er angeblich versuchen würde eine kommunistische Republik einzuführen. Seltsamerweise erwarb er sich mehr Respekt selbst von den schärfsten Kritikern als jemals ein siamesischer Politiker jemals erhalten hatte. Aber seine wachsende Überlegenheit steigerte noch die Feindschaft seiner Gegner. Und die Seite 121 von 408
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Tatsache, dass er in all der sich selbst zerstörenden politischen Situation außerhalb versuchte außerhalb derselben zu bleiben, wurde von ihnen nicht als sein Wunsch zu lehren und zu leiten gedeutet, sondern als Verschleierung seiner nach der Macht greifenden Ambitionen. Plötzlich schien sein Glaube vollständig gerechtfertigt, da als Kuang zurücktrat wurde Pridi plötzlich selbst Premierminister. Warum? Die Frage wird besonders berechtigt sein, wenn man sehen wird, dass es ein entscheidender falscher Schritt gewesen sein könnte. Und ganz besonders muss man fragen, warum er nicht Premierminister geworden ist, irgendwann nach dem Fall von FM Pibul? Der Grund, so glaube ich, ist, dass er seine Hoffnung darauf gründete, dass die neue Verfassung92 ein verantwortungsbewusstes demokratisches Parlament erzeugen würde, das eher den Prinzipien als den Persönlichkeiten verpflichtet ist, und um sicher zu stellen, dass es von der Versammlung angenommen wird, und dass dann seine Reformen realisiert werden könnten, wenn er die Arena selbst beträte. Die neue Ordnung die er einführen wollte war von so großer Wichtigkeit für ihn, dass er Ananda überzeugte seinen Aufenthalt zu verlängern, um das königliche Siegel darauf zu erhalten. Der zuerst auf ein Monat festgelegte Besuch wurde so in viele Monate verlängert. Monate in denen die politischen Dissonanzen noch nervtötender zu werden schienen wenn man sie mit der Harmonie bei seiner Ankunft verglich. Niemand in der Nähe des Thrones bedauerte die Dissonanzen mehr als der tapfere und aufopferungswillige Patriot Prinz Subha Svasti (Tahn Chin),
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Die Verfassung von 1946:
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurden die kollaborierenden Führer (einschließlich Feldmarschall Pleak (Pibul)) festgenommen und ein Verfahren wegen Kriegsverbrechen eröffnet. Demokratische Wahlen als Ersatz der kompletten Volksversammlung wurden durchgeführt … Eine neue Verfassung, Thailands demokratischste Verfassung bis zu diesem Tag wurden zu Ehren von König Ananda entworfen. Der wichtigste Unterschied zu vorhergehenden Verfassungen war, dass das Repräsentantenhaus zum ersten Mal vollständig gewählt wurde (176 Abgeordnete). Ein Senat (80 Mitglieder) wurde auch etabliert, welches, anders als das House of Lords, durch die Abgeordneten des Parlaments für sechs Jahre gewählt wurden. Zusätzlich wurden aktive Beamte und Soldaten davon ausgeschlossen für das Parlament zu kandidieren oder im Kabinett ein Amt auszuüben, was die Macht des Militärs verringerte. Ein Verbot für die höheren Prinzen an Wahlpolitik teil zu nehmen wurde abgeschafft, wodurch nur noch der König und vier andere Menschen von der Politik ausgeschlossen waren. … Die Verfassung wurde am 9. Mai 1946 verkündet. Seite 122 von 408
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der selbst politisch vollkommen unbeteiligt war. Seit Pridi in einem Brief den Geist und das Gelöbnis geehrt hatte, das er während der Kriegszeit in Bangkok gezeigt hatte, glaubte Tahn Chin an Pridis Aufrichtigkeit. Indem er die Tragödie für Siam, die in der Spaltung ihrer Führer begründet war, zutiefst bedauerte, versuchten er und andere die der gleichen Meinung waren, eine Versöhnung zwischen ihnen zu organisieren. Wir sollten sehen wie dieses gut gemeinte Vorhaben als Beweis genutzt wurde, aber hier will ich nur feststellen, dass alles was sie für ihre Qualen erhielten der Hohn war, von Pridi gekauft worden zu sein. Das war aber kaum etwas, das über den König gesagt worden konnte, der wenigstens bis jetzt, also März 1946, als Kuang der große Komödiant regierte und Pridi das Amt übernahm, gezeigt hatte, dass er äußerst freundlich gegenüber Pridi war. In den vorherigen Monaten war er für einige Tage mit seiner Mutter und seinem Bruder zum königlichen Palast in Hua Hin gereist. Und er hatte Pridi eingeladen, seinen Urlaub dort zu verbringen. Die Ereignisse waren näher an der Tragödie als irgend jemand vorher gesehen haben könnte, wenn er die entspannte und intime Atmosphäre beobachtet hatte. Trotz ihres Unterschiedes im Alter hatten sie viel Gemeinsamkeiten. Da gab es ein großes Interesse am Gesetz, wobei einer ein Student und der andere ein Professor war. Da war das Problem das sie beide umtrieb, wie am besten Autorität ausgeübt werden konnte. Da gab es das starke Gefühl der Verpflichtung gegenüber ihrem Volk. Und beide waren ernsthafte Menschen. Außerdem konnte Ananda viel lernen was der Mentor glücklich war weitergeben zu können, und Abenteuer der Kriegszeit zu hören, die der Mentor gerne von sich gab, gefiel Ananda. Sie aßen jeden Abend zusammen und schwammen oder wanderten gemeinsam und sie öffneten sich einer dem anderen und offenbarten ihr tiefstes Inneres. Oder versteckte Pridi seine wahren und bösen Gedanken? Es ist wichtig hier festzustellen wie er von der Königinmutter gesehen wurde. In einer Familie, die so eng verbunden ist konnte sie nicht indifferent zu Pridis Einfluss stehen, der bis zu einem gewissen Grad ihren eigenen überschattete, denn er war derjenige, an den er sich immer wandte, wenn er einen Rat oder eine Richtung benötigte. Und sie war natürlich besorgt wegen des Vorrechtes und der Würde seiner Position. Auf der anderen Seite war ihr Hintergrund und der Tatsache, dass es offensichtlich wünschenswert war, dass es eine Freundschaft zwischen Ananda und seinem mächtigsten Untertanen gab, durch die eine Balance hergestellt wurde. Und schließlich würde die Familie bald zurück in ihrem eigenen kleinen Königreich in der Seite 123 von 408
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Villa Watana in Lausanne sein. Aber … die Frage trat von alleine hervor, konnte Pridi getraut werden? Später würde man sich an jeden Strohhalm klammern aber es ist kaum anzunehmen, dass sie zu diesem Zeitpunkt von dem Gedanken betroffen war, oder dass er überhaupt eine Rolle gespielt hatte. Jedoch lassen sie uns auf eine Sache schauen. Der offiziell während des Krieges als Sekretär zur Villa Watana abgestellte Sekretär den die Königinmutter nicht schätzte, stellte sich als von Pridi geschickt heraus, was zu seinen Aufgaben als Regenten gehört hatte. Diese Tatsache führte zu Gerüchten, dass der Mann als Spion von Pridi geschickt worden wäre. Dann war sein Verhalten beim letzten Staatsbankett für Lord Louis Mountbatten: Pridi wurde nicht an den Haupttisch gesetzt, da er zu dieser Zeit weder Regent noch Premierminister war, aber eine solche Missachtung des nationalen Widerstandshelden schien eine unangebrachte und kleinliche Überbewertung des Protokolls. Und es war wohl eher ein Anfall von Pikiertheit als die genannten Krankheitsgründe, die für seinen offensichtlichen Bruch der Etikette verantwortlich waren, als er das Bankett verließ bevor der König aufgestanden war. Und dann, während seines Hua Hin-Urlaubs, da gab es Vorfälle, an die man sich später so intensiv erinnerte, die wir noch untersuchen müssen, und die Funken gewesen zu sein scheinen die so groß wie Blitzeinschläge waren um Vermutung lichterloh brennen zu lassen. All dies vermehrte den Verdacht eines fehlenden Respekts, offensichtlich zu trivial um in einer nüchternen Erzählung als wichtig für das Leben eines Mannes erwähnt zu werden. Aus dem gleichen Grund muss man die Aufmerksamkeit auf Vorfälle konzentrieren, die nicht direkt Pridi involvierten, aber Menschen, die eng mit ihm in Verbindung standen. Zum Beispiel fiel seine Ernennung von Chaleo als Privatsekretär des Königs auf Ablehnung. Sekretär Chleo war verantwortlich für den gesamten königlichen Fuhrpark, und als eines der königlichen Fahrzeuge gestohlen wurde, da wurde der Diebstahl als sein Pflichtversäumnis angesehen, auch wenn Diebstähle in der Nachkriegszeit alltäglich waren. Nachdem er schon das Missfallen der königlichen Familie wegen angeblichem mangelnden Respekt hervorgerufen hat, wurde ihm auf Grund des Vorfalls entweder gekündigt oder er kündigte von sich aus – ein Unterschied, der sich als entscheidend kontrovers herausstellen sollte. Etwa zur gleichen Zeit wurde Lt. Vacharachai von seinem Posten als einer von Anandas ADCs entbunden. Er hatte sich selbst mit der Entschuldigung einer Krankheit entfernt, aber als die Königinmutter einen Arzt schickte um zu sehen, wie es ihm ging, Seite 124 von 408
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fand man ihn äußerst munter beim Kartenspielen mit seinen Freunden. So dass also die beiden Beamten, die von Pridi ernannt worden waren, beide den Service des Königs unter einer Wolke des Missmutes verließen. Aber diese Weggänge aus dem Palast passierten im Mai, und wenn die Königinmutter wirklich irgendein Misstrauen gegen Pridi gehegt hätte, dann vermute ich, dass das erst sehr viel später auftrat, in Erinnerung der gesamten Zusammenhänge, und sicher nicht zu dem Zeitpunkt, als Pridi Kuang im März als Premierminister gefolgt war. Ein Tag oder zwei bevor Pridi das Amt übernahm, hatten die Gerichte ihr Urteil über FM Pibul gesprochen. Oder besser gesagt sie erklärten die Gesetze wegen Kriegsverbrechen für ungültig weil sie rückwärtsgerichtet waren – ein Einwand, den zufällig das Kriegsgericht in den Nürnberger Kriegsgerichtsprozessen verwarf.93 Also konnte FM Pibul das Gefängnis als freier Mann verlassen. Aber er war immerhin hart gefallen, war er doch jetzt diskreditiert und machtlos. Pridi, der glaubte, dass eine ausreichende Geste gemacht worden war, ließ ihn in Ruhe. Pibul selbst protestierte immer in einer ihm eigenen Art, dass er insgeheim für die Alliierten gearbeitet hätte. Mag es sein wie es will, er war nun wieder frei, aber im Schatten. Er zog sich aufs Land zurück und beobachtete vom Weiten das Anwachsen der persönlichen Feindschaften und wartete auf eine Gelegenheit um seine immer noch bestehenden Ambitionen wieder zu Leben zu erwecken. Pridi erreichte seine unmittelbare Absicht mit der er Premierminister geworden war: Das Durchsetzen der neuen Verfassung. Unter anderem wurde der Senat geschaffen, eine Wahl die von höchster Wichtigkeit war, da beide Häuser zukünftige Regierungen zu bestätigen hätten. Der Anreiz für Intrigen auf allen Seiten war groß und allgemein akzeptiert, aber das Resultat war fair. Pridis Anhänger, die die Mehrheit im Unterhaus bildeten, erhielten auch die Mehrheit im Oberhaus, im Senat. Die Wichtigkeit dessen bei unserer Untersuchung ist, dass Pridi nun formal zurücktreten musste und seine Regierung der Abstimmung in beiden Häusern überlassen musste. Danach musste er vom König aufgefordert werden sein Amt als Premierminister wieder aufzunehmen. Und es geschah, dass diese königliche Proklamation der letzte offizielle Akt Anandas auf dieser Erde war.
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Die Rechtseinschätzung war durchaus nicht von der Hand zu weisen, allerdings ist fraglich, ob man nicht genügend Gesetze gefunden hätte, gegen die Phibul verstoßen hatte, wenn man nur genügend gründlich gesucht hätte. Im übrigen war dieser Einwand im Jahr 2007 und 2008 von Gerichten in Verfahren gegen die Thai Rak Thai zurückgewiesen, und die Partei wie bekannt aufgelöst worden. Seite 125 von 408
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Das Dokument war auf den 8. Juni datiert, aber wurde möglicherweise von Ananda am vorhergehenden Abend unterschrieben. Bis zu diesem Abend, dem 7. Juni gibt es keinerlei Hinweis auf irgendeine Verringerung der freundschaftlichen Beziehung zwischen ihm und Pridi. Er war über der Hitze und dem Staub der politischen Kämpfe geblieben. Die Democrat Party behauptete, dass sie von ihm bevorzugt würde, und sie benutzten diese Behauptung um Unterstützung gegen Pridi zu gewinnen, aber auch wenn prominente Mitglieder der Partei, oft die Barompiman Hall besuchten, war ihr Anspruch vollkommen unbegründet. Außerdem, nachdem die neue Verfassung verkündet war, war Ananda vollständig von den Vorbereitungen seiner so lange verzögerten Rückkehr in Beschlag genommen. Es gab eine besondere freudige Aufregung über seine Abreise weil die amerikanische und britische Regierung Einladungen für einen Staatsbesuch geschickt hatten, bevor er sich wieder für seine Studien in der Schweiz niederließ. Er schlug vor Bangkok am 13. Juni zu verlassen. Ein abergläubischer Westler hätte ein solches Datum als Unglück bringend ansehen können, aber für einen Siamesen hat das Datum nichts Unheil verkündendes. Und tatsächlich war der Abreisetermin durch einen königlichen Astrologen festgelegt worden. Wenige Siamesen fällen wichtige Entscheidungen in ihrem täglichen Leben ohne zuerst einen Astrologen konsultiert zu haben. Auch wird in ähnlicher Weise kein staatliches Ereignis, wie Wahlen, Krönungen, die Ankunft oder die Abreise des Königs usw. ohne die Empfehlungen eines Brahmanen festgelegt, der sein Büro beim königlichen Astrologen unterhält. (Ein Siamese, unsicher darüber, ob er verärgert über das Sanktionieren von Aberglauben sein sollte, oder erfreut über das Überleben alter Traditionen, wies mich elegant ab, als ich ihn versuchte darüber zu befragen.) Wie dem auch sei, erhält er eine klare offizielle Richtung bei seinen mysteriösen Berechnungen, und es ist bedeutsam, dass das Datum von Anandas beabsichtigter Abreise öffentlich durch den königlichen Astrologen „mit königlicher Zustimmung“ verkündet wurde. Als dies passierte, war die königliche Zustimmung tatsächlich mit überraschender Plötzlichkeit erteilt worden. Jene, die besorgt über die Arrangements für den Staatsbesuch in den westlichen Ländern waren, wünschten einen späteren Termin, weil sie Zeit benötigten um die richtigen Dinge für den König aussuchen zu können, und die richtigen Hände, die zu schütteln waren. Aber Ananda, der eine uncharakteristische Herrschsucht zeigte, bestand auf dem frühesten möglichen Datum, also dem 13. Juni. Seite 126 von 408
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In den Wochen davor machte er ein halbes Dutzend Reisen zu Orten im ganzen Land. Große Menschenmengen drängten sich an den Straßenrändern. Sie kauerten über Stunden im Staub um ihre armseligen Geschenke wie einen Blumenstrauß oder ein Hühnchen anzubieten. Von den Realitäten des politischen Kampfes in Bangkok wussten sie nichts und es interessierte sie auch nicht. Hier war ihr junger König, mit einem manifesten Mitleid in seinem scheuen Lächeln, der alleine durch seine Anwesenheit einen größeren Wohlstand versprach und ihnen ermöglichte Tugend auf sich zu laden durch das Akzeptieren ihrer Loyalität. Auch wenn Ananda sich sagte, dass der Grund eine Hysterie wegen einer angeborenen Ignoranz wäre, erwärmte es das Herz Anandas, so sehr geliebt zu werden. Aber es war auch demütigend – auch wenn seine Anwesenheit tatsächlich dazu führte, dass es regnete, als Beweis seiner besonderen Beziehungen zu den Göttern. Am 3. Juni machte er seinen letzten in Erinnerung bleibenden offiziellen Besuch. Es war in Bangkok selbst, wenige Minuten entfernt vom Grand Palace. Er ging zum chinesischen Teil der Hauptstadt. Der Teil des Zentrums der bekannt ist für seine gleißenden Neonlichter, und der breiten Anzeigenausschnitte vor den Knos, und der sich nebeneinander drängenden Geschäfte, von opulenten Juweliergeschäften bis zu Händlern für grauenerregende Medizin. Nachher gab es Auseinandersetzungen darüber ob Pridi mit dem Besuch einverstandnen gewesen wäre. Was sicher ist, ist dass Ananda den Besuch durchführte obwohl er sich nicht wohlfühlte. Der Chinese, immer auf seine Position bedacht, die durch nationalistische Verordnungen durch vorhergehende Regierungen schon öfters in Gefahr gebracht worden war, interpretierte die Geste als die Demonstration des königlichen Schutzes. Sie ließen sich zu Szenen von erstaunlichem Enthusiasmus hinreißen. Einige Chinesen kehrten mit den Händen den Staub von der Straße zusammen wo er gegangen war, um sie für eine zukünftige Verehrung aufzubewahren. Drei Tage später, am 6. Juni besuchte er das Oxford und Cambridge Dinner, die private Veranstaltung eines Prinzen im Palast, die von prominenten im Westen ausgebildeten Siamesen und einer Reihe von Ausländern aus dem Westen besucht wurde. Er schien weitgehend von seiner Indisposition erholt. Am nächsten Abend, dem 7. Juni, hatte Pridi nach dem Abendessen eine private Diskussion mit ihm. Sie sprachen auch über den Regentenrat, der nach Anandas Abreise innerhalb einer Woche einzurichten war. Die Diskussion sollte später eine riesige Wichtigkeit erhalten. Pridi schlug Prajadhipoks verwitwete Königin vor, Ananda schlug den prominentesten ehemaSeite 127 von 408
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ligen politischen Gefangenen vor, seinen Onkel Prinz Rangsit. Der genaue Grad der Meinungsverschiedenheiten, so sie denn bestanden, sollte entscheidend kontrovers diskutiert werden. Am folgenden Tag fühlte sich Ananda krank und hatte Bauchschmerzen. Er frühstückte und aß wie üblich mit seiner Mutter und seinem Bruder zu Mittag, aber er fühlte sich immer schlechter. Sein Programm sah zwei Funktionen außerhalb des Palastes für diesen Tag vor, die Kremation des ExRegenten Aditya und das offizielle Abendessen der Wachen des Haushaltes. Also wurden Anstalten getroffen, dass Prinz Bhoomipol für ihn in beiden Fällen einsprang. Als der Nachmittag vergangen war, wurde die Königinmutter über Anandas Zustand besorgt und rief den königlichen Leibarzt, Dr. Nit. Dr. Nitayavejvisidh (wir nennen nur seinen abgekürzten Namen) war ein Freund der Mahidols in den USA gewesen, wo er als einer der Stipendiaten seines Vaters war, und als die Familie zum ersten Mal nach Bangkok kam, wurde Dr. Nit ihr Arzt. Seine Ernennung während Anandas aktuellem Aufenthalt war demnach eine natürliche Sache. Zur Barompiman Halle gerufen, fand er Ananda auf einem Sofa im königlichen Boudoir liegend (siehe Plan). Er sagte, dass er sich furchtbar fühlen würde und das Gefühl hätte, er müsste sich ständig übergeben. Seine Zunge war pelzig, sein Bauch geschwollen und er hatte etwas erhöhte Temperatur von 99° Fahrenheit. Dr. Nit fand nichts Besorgniserregendes. Er wusste dass Ananda von solchen „Verdauungsproblemen“ schon öfters heimgesucht worden war, er erklärte, dass sie durch Magenverstimmungen hervorgerufen worden wären. Er verschrieb eine Tablette (Novanyin) die sofort genommen werden sollte, um das Fieber des jungen Mannes zu senken, und ordnete an, dass später am Nachmittag eine Darmspülung gemacht werden sollte. Für den Abend hinterließ er Schlaftabletten (Optalidon) und für den Morgen, so verschrieb er, sollte Ananda Rizinusöl erhalten. Die Königinmutter übernahm die Überwachung dieser Reihe von Behandlungen. Sie aß in ihrem Boudoir mit Ananda zusammen zu Abend, und bestellte Haferschleim für ihn. Das königliche Kindermädchen war dort, und der Page der Dienst hatte stand bereit. Die beiden Pagen für das Schlafgemach die wir schon früher erwähnt hatten, Nai Chit und Butr, wechselten sich mit dem Dienst ab. Jeder war für 24 Stunden auf Rufbereitschaft. Die Schicht begann um 11 Uhr am Morgen, aber wenn der König sich für die Nacht zurückzog, konnte der Page, der im Dienst war, sich zurückziehen und in ein spezielles Quartier außerhalb der Seite 128 von 408
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Barompiman Hall, aber innerhalb des Grand Palace zum Schlafen gehen. Der Page, der an diesem Morgen zum Dienst gekommen war, war Butr. Butr war schon im Dienst von König Prajadhipok, und sein Vater und Großvater dienten der königlichen Familie vor ihm. Er war ein einfacher Kerl, eher dünn und schmal, mit einem kleinen, ausdrucksstarken Gesicht und hellen Augen, und Ananda war vernarrt in ihn mit Erinnerung an die Kindheit, weil Butr als „Pferd“ für ihn gedient hatte, als er zum ersten Mal nach Bangkok gekommen war. Deshalb war er ihm immer noch eng verbunden und wandte sich an ihn, wenn es darum ging sein Haar und seinen Körper nach dem Baden zu trocknen oder ihn zu kämmen. Und er hatte ihn auch ausgewählt um ihn auf die Staatsbesuche zu begleiten und auch bei der Reise zurück in die Schweiz. Für diesen Zweck hatte ihm die Königinmutter Geld gegeben um Kleidung zu kaufen und sie arrangierte, dass die Hälfte seines Gehaltes an seine Familie gezahlt wurde, während er abwesend war. Wie jeder fromme Siamese war er in den Tempel gegangen um ein heiliges Bad für eine glückliche Zukunft zu erhalten, auch wenn später der dunkle Verdacht aufkeimte, für welches spezielle Unternehmen er denn das Glück gesucht hätte. Als er in dieser Nacht als Ananda krank war im Dienst war, wurde er von der Königinmutter angewiesen, das Klistier anzuwenden. Und zwischen neun und zehn Uhr am Abend half er Ananda sich für das Bett fertig zu machen. Zusammen gingen sie in den Buddha Raum, der wie der Plan zeigt, nur durch einen Vorhang vom Schlafzimmer getrennt war. Butr zündete die Kerzen an und übergab sie an Ananda damit er die Ehrerbietung vollziehen konnte. Butr hielt dann das Moskitonetz auf, durch das Anandas Bett in einer Distanz von einem Schritt vor dem Bett geschützt war, damit er ins Bett steigen konnte. Ananda hatte sich für die Nacht blaue chinesische Seidenhosen und ein leichtes T-Shirt oder Weste angezogen. Die Königinmutter war dabei um ihm eine seiner Schlaftabletten zu geben. „Nand“, sagte sie, „wenn etwas passiert, läute einfach die Glocke“. Er antwortete, „Ja Mam“. So verließ sie ihn. Kurz darauf tat Butr das Gleiche. Es war die Nacht vom 8. auf den 9. Juni, eine Samstagnacht im Jahr des Hundes, Buddhistische Zeitrechnung 2489, und Ananda würde keinen weiteren Tag erleben.
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Der letzte Tag Gegen sechs Uhr am nächsten Morgen verließ die Königinmutter ihre Räume im nordwestlichen Flügel der Barompiman Halle um zu Ananda zu gehen. Der vordere Korridor, der von ihrem Raum weg führte endete an der Tür seines Arbeitszimmers, aber dieses war normalerweise in der Nacht geschlossen, weshalb sie auf die andere Seite zum rückwärtigen Korridor ging, der in seinem Ankleideraum mündete. Der Palast war bereits belebt, selbst auf dem oberen Flur. Die Nachtwache, die während der Nacht im Zwei- Stunden- Rhythmus wechselte war bereits außer Dienst. Sie bestand aus zwei Männern die auf der Haupt Balustrade stationiert waren wo sie einen Einblick auf die vorderen und hinteren Korridore hatten. Zwei weitere Männer waren am Fuß der Treppe unter ihnen und dem Inspektor der Wache stationiert. Das Reinigungspersonal kam gerade zum Dienst. Zusätzlich stand ein Assistent des Chefs der königlichen Pagen bereit, um heißes Wasser, Milch, Brandy und zwei kleine Gläser zu bringen, die die Königinmutter bestellt hatte, um sie mit in den Ankleideraum von Ananda zu nehmen. Nach ihrer Aussage schlief er noch. Sie schüttelte ihn und frage, „hattest du eine gute Nacht?“ Er antwortete, „Gut“. Sie gab ihm dann eine Dosis Rizinusöl gemischt mit Brandy, gefolgt von etwas heißer Milch. Er ging um seine Zähne zu putzen, und die Königinmutter, die dachte, dass er noch schlafen wollte, ging zurück in ihr eigenes Bett. Kurz vor sieben Uhr, begannen zwei Pagen der königlichen Tafel die Veranda vorzubereiten – es führt, man erinnere sich, vom vorderen Korridor in die vordere Hauptbalustrade – zum Frühstück. Einer von ihnen fühlte sich nicht wohl und ging mit der Erlaubnis des Chefs des Nachtpersonals, der ihn zu seinem Platz brachte, und dann wieder die Treppen herunter ging, um vor halb Acht wieder zurück zu sein. Zwischen sieben und sieben Uhr dreißig kehrte Butr zurück um seiner Pflicht nach zu kommen. Er würde aussagen, dass er wie üblich während seiner 24-Stunden-Schicht, in der Service-Abteilung des Büros des königlichen Haushalts geschlafen hätte, das gerade hinter dem Eisengitter lag, das von den Außenanlagen zum zentralen Hof des äußeren Bereiches führte.
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Gerade ging die Sonne auf. Die Temperatur war plötzlich während der Nacht unter 80°F94 gefallen. Sonntag war ein wenig unterschiedlich zu den anderen Tagen und die die ganze City rund herum begann vor Aktivitäten zu summen. Die „schwimmenden Märkte“ mit beladenen Sampans auf den Kanälen boten ihre Lebensmittel an. Die Familien mit den kleinen Läden rollten ihre Schlafdecken auf und räumten sie vom Boden weg, bevor sie die Gitter öffneten. Mönche kehrten mit gefüllten Sammelschalen von ihrem Morgendämmerungssammeln in ihre Klöster zurück. Die Straßen wurden lauter und mit dem Lärm von Autos, Trams und überbeladenen Bussen erfüllt, sowie von klingelnden Fahrrad-Rikschas, die die Rudel von herrenlosen Hunden vertrieben die noch von der Nacht übrig geblieben nach Nahrung suchend über die Straßen liefen. Butr machte sich daran der Routine zu folgen, die er ebenso wie Nai Chit immer verfolgte wenn er im Dienst war. Er sah dass das Reinigungspersonal mit der Arbeit begann (sie gingen nicht in den Ostflügel während der König dort war), und er öffnete die Sektion der Eingangstür mit dem Moskitogitter, der ihm vom hinteren Korridor den Zugang zu Anandas Ankleideraum verschaffte. Dies machte er um zu sehen wenn der König aufwachte, weil er in der Regel zwischen acht und acht Uhr dreißig aufwachte und dann den Ankleideraum durchquerte um in das Badezimmer zu gehen. Butr würde dann mit einem Glas Orangensaft in das Schlafzimmer gehen und es auf kleines Kabinett stellen, das Moskitonetz um das Bett öffnen und die Morgenzeitungen, in denen er, um Anandas Zeit zu sparen, mit roten oder blauen Füller alle doppelten Einträge markiert hatte, auf einen Tisch im Arbeitsraum legen. Dann würde er die Tür vom Arbeitsraum zum vorderen Korridor aufschließen. In Vorbereitung für dieses Ritual holte der Page den Orangensaft, der schon auf ihn auf einem Tablett in der Nähe der Hauptbalustrade wartete und platzierte es auf das Fenster immer noch außerhalb der teilweise geöffneten Tür zum Ankleideraum, wo er sich hinsetzte um zu warten. Kurz nach acht Uhr wurden ihm die Zeitungen gebracht und wenig später brachte jemand vom königlichen Pagenservice das Buch, welches Ananda zu lesen gewünscht hatte. Wie Butr erklärte, war das Nächste was geschah, dass er etwa gegen acht Uhr dreißig, während er außen im Korridor vor dem Ankleideraum wartete, Ananda dort stehen sah. Der König ging gerade zu seinem Schlafzimmer, weshalb er mit dem Rücken zum Bad stand, und obwohl er in Richtung von Butr sah, sagte er nichts. Butr glaubte, dass er gerade erst vom Bad zurück94
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gekehrt sein musste, also nahm er den Orangensaft auf und folgte Ananda der alleine wortlos in sein Schlafzimmer ging. An der Tür zwischen dem Ankleideraum und dem Schlafzimmer blieb Butr kurz stehen. Ananda lag in seinem Bett, das in der Mitte des Raumes mit seinem Kopfteil in Richtung des Buddharaumes stand. Er hatte seine Knie angezogen und er starrte in Richtung auf das Fußende seines Bettes, und mit der Hand, die Butr am nächsten war – d.h. seiner linken Hand – winke er ihn weg. Butr kehrte deshalb zu seiner Station am Ende des Korridors außerhalb der Tür zum Ankleideraum zurück. Nach etwa einer viertel Stunde passierte etwas Unerwartetes. Es war Nai chit der kam, unerwartet, weil er eigentlich erst in ein paar Stunden von Butr übernehmen sollte. Er erklärte, dass er am frühen Morgen bei einem Juwelier gewesen wäre um eine Schachtel für die Befehle und Auszeichnungen der königlichen Chakri-Familie anfertigen zu lassen. Da dafür die genauen Masse benötigt wurden hätte er vorgeschlagen ein Papier aus der königlichen Küche zu nehmen um die Auszeichnungen aufzuzeichnen, die in einem Tresor in Anandas Ankleideraum aufgewahrt wurden. Butr erzählte ihm, dass der König zwar im Bad gewesen wäre, aber sich geweigert hätte seinen Orangensaft zu trinken und zurück ins Bett gegangen wäre. Nai chit, der nicht riskieren wollte den König zu stören, entschloss sich zusammen mit Butr an der Tür zum Ankleideraum zu warten. Das zumindest war die Geschichte der beiden Pagen. Zehn Minuten später gegen neuen Uhr kam Prinz Bhoomopol durch den hinteren Korridor. Er hatte das Frühstück auf der Veranda beendet und als er die beiden Pagen sah, fragte er nach seinem Bruder. Butr antwortete: „Es scheint nichts ernstes zu sein, Sire. Nach der Toilette zog sich seine Majestät wieder ins Bett zurück und hat seinen Orangensaft noch nicht getrunken.“ Bhomipol kehrte zurück und verschwand im hinteren Korridor in sein eigenes Zimmer. Zehn Minuten vergingen. Die Uhrzeit war, sagen wir 9:20 Uhr. Ein einzelner erschreckender Knall hallte durch die Luft. Unmissverständlich ein Pistolenschuss. Und er kam aus Anandas Schlafzimmer. Auf der anderen Seite des Gebäudes kam die Königinmutter gerade aus ihrem Raum, zusammen mit ihrer Hofdame, um zum Frühstück zu gehen. Nai Chit platzte aus dem Raum und stammelte „Der König hat sich erschossen!“ Die Worte, die von den Lippen der Königinmutter kamen waren mechanisch: „Mein armer Nand“. Horror, Terror, Trauer,Verzweiflung und UnSeite 132 von 408
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glaube hielten sie für einen Moment gefesselt, bevor sie zu rennen begann, und ohne zu fragen durch ihre in sich zusammen brechende Welt lief in der Hoffnung dass der Page sich dummerweise vertan hätte, oder dass „erschossen“ eine Hautabschürfung bedeuten würde, und dass ihr Sohn sie mit einem reumütigen Lächeln empfangen würde, weil er so unachtsam mit einer seiner Waffen war. Aber das Bild das sich ihr im Schlafzimmer erschloss zerstörte jede Hoffnung. Ananda lag im Bett als ob er schlafen würde. Seine Bettdecke war hochgezogen. Sie lag auf dem Rücken, seine Beine waren geradeaus ausgestreckt. Seine Arme lagen ordentlich neben seinem Körper außerhalb der Bettdecke. An seinem linken Handgelenk war seine Uhr auf dem Finger seiner linken Hand sein Ring und einen Inch oder zwei von seiner linken Hand lag eine Pistole, die amerikanische Armeepistole .45. Nicht dass die Königinmutter alle diese Details wahrgenommen hätte. Ihre ganze Konzentration war auf das Blut gerichtet, dass aus Anandas Stirn quoll. Nai Chit öffnete das Moskitonetz für sie und mit einem Schrei warf sie sich auf den Körper ihres Sohns. Nicht weit hinter ihr kam das königliche Kindermädchen. Die Aussage über ihre Bewegungen würde sein, dass sie einen Kinofilm in Bhoomipols Raum gebracht hätte, als sie hörte, was sie glaubte als Schuss identifiert zu haben, gefolgt von rennenden Schritten. Als sie sah, wie die Königinmutter in die Räume des Königs lief beeilte sie sich hinter ihr her zu kommen. Sie sah sie verzweifelt auf dem Bett während sie immer wieder unter Schluchzen wiederholte „mein lieber Nand, mein liebster Nand.“ Das Kindermädchen richtete sie halb auf aber sie kniete sich wieder und warf sich auf ihren Sohn, über dessen Gesicht, Schulter und Kopfkissen das Blut floss, bis das Kindermädchen sie in Richtung des Fußendes des Bettes schob, wo sie halb auf dem Boden liegen blieb. Das Kindermädchen nahm Anandas Handgelenk. Auch wenn das Palastgesetz von 1450 kürzlich durch das Strafgesetz ersetzt worden war, wodurch nicht mehr jeder, der eine königliche Person berührte ein Kapitalverbrechen beging, war es immer noch ein mächtiges Tabu und sie musste sich überwinden den Puls des Königs zu fühlen. Er schlug noch. In diesem Augenblick der Entdeckung war alles verwirrend, unklar und unbeschreiblich beängstigend - da wurde das Kindermädchen auf die Pistole aufmerksam, die in der Nähe des Handgelenkes lag, das sie hielt. Der Lauf zeigte auf die Königinmutter am Fuß des Bettes und aus Angst vor einem Unfall nahm das Kindermädchen die Pistole mit drei Fingern auf und legte sie auf das Kabinett neben dem Bett wo Ananda seine Brille hingelegt hatte und wo Seite 133 von 408
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eine kleine Uhr seine letzten Sekunden tickend begleitete. Denn als das Kindermädchen wieder den Puls fühlen wollte, hatte er aufgehört zu schlagen. Die Königinmutter die nach der ersten Aussage des Kindermädchens kurz mit dem Schluchzen aufgehört hatte, weinte daraufhin noch weniger zurückhaltend als vorher. Und mit einer Ecke der Bettdecke versuchte sie die Flut des Blutes zu stillen. Sie rief nach einem weiteren Stück Stoff und machte weiter mit ihren Bemühungen das Blut zu beseitigen. Zu diesem Zeitpunkt, so sagte Bhoomipol aus, war er in seinem Spielraum, also eindeutig nicht in seinem Schlafzimmer in der Nähe, als er jemanden schreien hörte. Er ging in die Richtung der Veranda und traf dort die Hofdame die ihm erzählte, dass sein Bruder sich selbst erschossen hätte. Er ging sofort in das königliche Schlafzimmer und kam kurz hinter dem königlichen Kindermädchen dort an. Dann lief er hinaus und traf Butr den er aufforderte einen Arzt zu holen. Zurück im Schlafzimmer sah er seine Mutter wie sie versuchte das Blut zu stoppen. Er kümmerte sich um seine Mutter und setzte sie auf einen Stuhl am Fuße des Bettes. Für einen Jungen von 18 Jahren blieb er bemerkenswert selbstbeherrscht. Das königliche Kindermädchen machte sich selbst daran, das Blut zu stoppen. Sie blieb auch ruhig obwohl sie einen jungen Man sterben sah, den sie als Kindermädchen in seiner Kindheit betreut hatte. Aber Sie war eine Frau von unkomplizierter Frömmigkeit, und sie hatte im Buddhismus gelernt, dass Tod unvermeidbar war und nur ein Übergang. Als Butr die Treppe hinunter ging um Bhoomibols Befehlen Folge zu leisten wurde ihm gesagt, dass schon nach einem Arzt geschickt worden war. Das war der königliche Leibarzt, Dr. Nit , der etwas von dem einfachen Lebensstil seines letzten Vorgesetzten, Prinz Mahidol übernommen hatte, und damit beschäftigt war seinen Wagen zu waschen. Er erhielt eine dringende Mitteilung von einem königlichen Pagen, der ihn sofort zu Königinmutter in den Grand Palace befahl. Er wusch sich und brach auf zum Grand Palace, wo er kurz vor zehn ankam. Als er das königliche Schlafzimmer betrat, saß die Königinmutter auf einem Stuhl – entweder in diesem Raum oder kurz hinter der offenen Tür zum Arbeitsraum – und Bhoomipol saß auf dem Fußboden zu ihren Füßen, er sah traurig aber ruhig aus. Der Doktor kroch schnell über den Boden zum Bett. Eine kurze Untersuchung und hilflos drückte er aus, dass er nichts mehr tun könnte. Die Stimme der Königinmutter brach vor Schmerz Seite 134 von 408
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und rief eine Frage – nicht zu ihm sondern gerichtet an ihr Schicksal: „Hattest du jemals daran gedacht, dass so etwas passieren könnte?“ Sie fragte ihm ob er bleiben würde um den Körper zu säubern. Mit der Hilfe des königlichen Kindermädchens und den beiden Pagen in Wartestellung tat er wie befohlen. Er stellte fest, dass die Wunde an Anandas Stirn über dem rechten Augenbrauen wie ein kleines Kreuz geformt war, von der Art die am Ende eines Briefes geschrieben wird, um einen Kuss darzustellen. Frische Bettwäsche, Kleidung und Eisblöcke wurden gebracht und an jeder Seite von ihm auf das Bett gelegt. Zusammen mit einem elektrischen Ventilator der kontinuierlich Luft gegen das Eis blies um so den Körper zu kühlen. Außer dem Schwirren des Ventilators und dem Wimmern der Mutter, erschien alles und jeder um den Körper herum, der einmal Lord des Lebens war, still und gefasst. Aber unten im Gebäude und draußen in der City wurden Tatsachen bekannt und Gerüchte verbreiteten Schrecken, Unglauben, Schock und die Saat des grenzenlosen Misstrauens. Dieser Prozess der am Ende die Situation beherrschen würde, der zu Beginn nicht mehr als ein Hauch von Nebensächlichkeiten gegenüber den Ereignissen die im Grand Palace war. Zu dem Zeitpunkt als nach Dr. Nit geschickt wurde, telefonierte der Chef der Palastwache über die Neuigkeit der Tragödie mit den Aristokraten die im Büro des Chef Major Domo und Protokollführers waren. Er war in seinem Privathaus und bevor er zum Palast fuhr instruierte er einen anderen Würdenträger, den Chef der königlichen Fanfaren und Ausrüstungs- Abteilung, Pridi in seiner offiziellen Residenz am Ufer Bericht zu erstatten. Pridi rief unmittelbar im Generalsekretariat des Königs an, beim Innenminister und dem Polizeichef (der zum Generaldirektor der Polizeiabteilung ernannt worden war). Der erstere gab die einzige Angabe zu dem was Pridi in diesem Moment gesagt hatte: „Er war sehr erregt und lief hin und her. Er sagte zu mir in Englisch: „Der König hat Selbstmord begangen“. Sie alle gingen sofort zur Barompiman Halle wo fünf hohe Prinzen sich zusammen mit den führenden Ministern des Kabinetts und Höflingen versammelt hatten. Während der folgenden Stunden nachdem sie vor Anandas Körper ihre Huldigung gezeigt hatten, versammelten sie sich im Erdgeschoss und debattierten verängstigt die Situation.
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Die erste Reaktion Der Polizeichef und seine höchsten Offiziere waren in der Zwischenzeit sehr beschäftigt gewesen. Ein Versuch Anandas Körper zu untersuchen wurde hart von Prinz Rangsit verhindert. Bei Anandas Onkel, hatte dessen Gefängnisaufenthalt nichts an seiner verkrusteten Einstellung von Tradition geändert: Königliche Hoheiten durften von niemanden berührt werden. Die Umgebung jedoch wurde sorgfältig untersucht und die Diener, Wachen und Beamten wurden verhört. Der Polizeichef hatte begonnen einen Mord zu vermuten, aber nach den Verhören war er überzeugt davon, dass Ananda Selbstmord begangen hatte. Sein Schluss wurde von allen Prinzen, Staatsmännern und Beamten geteilt, die sich im Erdgeschoß versammelt hatten. Da dieses lange und bewegte Treffen immer wieder auftauchen wird, soll in Zukunft darauf mit dem Begriff Palasttreffen Bezug genommen werden. Einige der Anwesenden würden sagen, dass sie Bedenken gehabt hätten was den Selbstmord angeht. Aber jeder Zweifel war in diesen verblüffenden Stunden nicht mehr als ein vager Zweifel im hintersten Teil des Gehirns. Kein Anzeichen konnte für das Eindringen eines Mörders gefunden werden und Pridi sagte, dass der König mit niemanden Streit gehabt hätte, auch nicht mit ihm. Im Verlauf der Diskussion mit den beiden Pagen des Schlafzimmers wurde Nai Chit befohlen die Pistole zu holen. Die Versammelten wurden darüber informiert, dass sie immer in Anandas Bett-Beistellkommode gelegen hätte. Das königliche Kindermädchen hatte die Pistole vom Bett weggenommen und auf die Beistellkommode gelegt. Aber aus Angst dass die Königinmutter die Waffe gegen sich selbst richten könnte, hatte sie Butr danach in eine Schublade im Ankleideraum gelegt. Als er zu dem Verhör gerufen wurde, brachte Nai Chit die Schublade mit, und darin war auch die Patrone die vermutlich zu der Projektil gehörte, die Ananda getötet hatte, auch wenn niemand in dem Moment danach fragte oder warum sie in der Schublade war (Nai Chit würde später erklären dass er sie dort hineingetan hätte, als er sie auf dem Fußboden neben Anandas Bett gefunden hatte). Stattdessen wurde Nai Chit gefragt zu zeigen wie er glaubte, dass Ananda den Selbstmord begangen hätte und diese Demonstration musste er auf dem Boden liegend vorführen. Butr schien zu verstört um zu sprechen. Die Pistole wurde untersucht und von vielen der Anwesenden angefasst. Sie war entsichert, bereit zum Abfeuern und voll geladen bis auf eine Patrone. Das Problem das die Prinzen und Staatsmänner bewegte war jedoch nicht die Ursache des Todes, der offensichtlich ein klarer Fall von Selbstmord gewesen war, sondern was man der Öffentlichkeit sagen sollte. Die VerSeite 136 von 408
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kündung eines Selbstmordes wäre zu schockierend für den Ruf und die Ehre des Thrones, als dass man dies unberücksichtigt lassen könnte. Prinz Rangsit selbst drückte diese Sorge besonders drängend aus und die anderen stimmten zu. Welche Erklärung aber sollte man der Nation geben? Unter dem Zwang der Verunsicherung und der Trauer waren die verschiedenen vorgeschlagenen Lösungen kaum zufriedenstellend: Sie lauteten von Cholera bis Magenschmerzen. Dr. Nit war besonders gegen jede Vermutung einer inneren Erkrankung. Er kannte die monströsen Gerüchte die wie Pilze aus dem Boden Bangkoks sprießen, viel schneller als in jeder anderen Stadt der Welt. Und er wollte keine Gerüchte über eine Vergiftung aufkommen lassen. Die Zeit verging und sie mussten eine Entscheidung treffen. Der Nachmittag war schon weit fortgeschritten und es musste wenigstens ein Erklärung verfasst und vom Büro des königlichen Haushalts verbreitet werden: Seit dem zweiten Juni des Jahres hatte der König immer wiederkehrende Magenbeschwerden und litt unter Verlust der Vitalität. Trotzdem hatte der König seine Funktionen weiter ausgefüllt und verschiedene Besuche durchgeführt. Später hatten die Magenbeschwerden nicht mehr aufgehört und der König war gezwungen im Bett zu bleiben, unfähig an den geplanten königlichen Zeremonien teilzunehmen. Am 9. Juni dieses Jahres, kurz nach dem Aufstehen um sechs Uhr am Morgen ging der König wie üblich in sein Bad, nachdem er sein Rizinusöl zu sich genommen hatte und kehrte danach zurück ins Bett. Um etwa neun Uhr wurde der Schuss im Palast von den königlichen Pagen gehört, die dem königlichen Schlafzimmer zugewiesen waren und die sofort hineingegangen waren um die Situation zu erkunden. Sie hatten den König tot auf seinem Bett gesehen mit Blut über seinem Körper. Deshalb berichteten sie sofort der Königinmutter und bewachten dann den toten königlichen Körper. Eine Untersuchung wurde daraufhin vom Generaldirektor der Polizeiabteilung und der Abteilung für medizinische Wissenschaften vorgenommen. Mit dem Ergebnis dass sie zu der Auffassung kamen, dass der König mit der Pistole gespielt haben musste was dann in dem Unfall endete. Die kleineren Ungenauigkeiten in diesem Kommunique reflektierten nicht nur eine typische thailändische Nichtbeachtung der strikten Fakten sondern auch die Emotionen die zumindest die Mehrheit der Empfänger dieses außergewöhnlichen und unbeholfenen Dokuments empfanden. Sie wollten alles tun um die Heiligkeit des Thrones zu beschützen. Deshalb versuchten die Verfasser eine akzeptable Geschichte zu präsentieren. Der König wäre krank gewesen, er war schwach, was es wahrscheinlicher machte, dass, als Seite 137 von 408
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er mit der Pistole spielte, was er des Öfteren getan hatte, ein Unfall geschah. Das Kommunique wurde am frühen Abend über das Radio verbreitet. Für viele bestätigte es ein furchtbares Gerücht. Für andere war das bereits durch Zeichen und Omen bestätigt worden an die selbst im Westen ausgebildete Siamesen wie Mom Seni und sein Bruder Kukrit Pramoj glaubten,. Sie waren bei Sonnenaufgang zusammen gewesen als sie ein breites gelbes Band am Horizont sahen das wie die Schärpe der Chakri Dynastie aussah. Aber für die meisten Menschen brachte das Radio die Neuigkeiten und überflutete sie mit Angst. Von auf Pfosten stehenden Teakhäusern über den Kanälen, von Sampan Hausschiffen die auf dem Fluss trieben, bis zu den schattigen modernen Villen der Begüterten machte die Neuigkeit ihren Weg und trieb sie in Sorge, Angst und Neugierde, vor die weißen Mauern des Grand Palaces. Und überall im Land, über den Reisfeldern, dem Dschungel und den Bergen, reiste die Neuigkeit von einem Kloster zum anderen und die anderen erfuhren es aus Radioberichten, was eine größere Konsterniertheit verursachte, weil die Menschen auf dem Land noch ehrfürchtiger waren. Als Prinz Rangsit an diesem Morgen in der Barompiman Halle angekommen war, war er gegenüber seiner Schwägern, der Königinmutter taktlos explodiert, „Also ist es wahr, was die Wahrsager mir gesagt hatten, dass Bhoomipol und nicht Ananda zum König gekrönt würden!“ Als der Tag sich entwickelt hatte kamen Menschen um zu helfen, zu kondolieren und sich vor Bhoomopol nieder zu werfen, zu prostrieren. Die Konsequenz ging an der Königinmutter nicht spurlos vorbei. Zuerst wehrte sich ihr Geist dagegen, dass ihr nun einziger Sohn König wurde, aber dann erinnerte sie sich an die Forderungen der familiären Position und sie fügte sich in das Schicksal und erklärte, dass sie seine Pflicht akzeptieren würde, wenn dieser dazu bestimmt würde. Es gab kein automatisches Thronfolgerecht: Die Nationalversammlung musste vorschlagen und genehmigen. Dr. Nits Tag, der so normal mit dem Waschen seines Wagens begonnen hatte, war mit dem Ende des langen Palasttreffens und der Verkündung des Kommuniques noch nicht vorbei. Um Neun Uhr an diesem Abend kehrte er mit Beruhigungsmitteln für die Königinmutter in die Barompiman Halle zurück. Er hatte die Absicht sie dem königlichen Kindermädchen zu übergeben aber Bhoomipol sagte, dass er sie seiner Mutter geben würde. Der junge königliche Prinz war in einer traurigen und nachdenklichen Verfassung. Über ihm lag schon das ihn niemals mehr zum Lächeln kommen lasSeite 138 von 408
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sende Gewicht, das ihn von nun an zu einem Fremden gegenüber dem überschäumenden Bhoomipol machte, den früher jeder kannte. Der freundliche, rücksichtsvolle und bebrillte Dr. Nit war sowohl ein Freund seiner Eltern in Amerika vor seiner Geburt, Hausarzt der Familie immer wenn sie in Bangkok war, und er konnte fast wie ein Verwandter angesehen werden. Bhoomipol sagte zu ihm: „Ich denke es gibt keine andere Erklärung als einen Unfall für den Tod meines Bruders. Ich kann einfach nichts mit dem Aberglauben anfangen denn vor vier oder fünf Tagen war er sehr weichherzig mir gegenüber, besonders als er mich an der Hand in das Esszimmer führte. Er hatte das nie vorher getan.“ Er machte eine Pause. Dann sagte er: „Sie müssen mir helfen, Luang (ein niedrigerer Titel wie ein Baron, verliehen, bevor die Revolutionäre von 1932 die Titel abgeschafft hatten.) Lassen Sie mich in dieser Situation nicht alleine.“ Viel später wurde der Arzt eingehend befragt was Bhoomipol präzise gemeint haben könnte, aber er konnte keinerlei Sinn damit in Verbindung bringen, außer die Bitte eines jungen Mannes um Hilfe, da er versuchte sich mit einem neuen und vollkommen unerwarteten Leben auseinander setzte.95
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In der Fernsehreportage „Das göttliche Paar“ des ZDF am Dienstag, 08.07.2008 20:15 - 21:00 Uhr (http: //www.zdf.de/ ZDFmediathek/content/536596?inPopup= true ) sieht man ein Interview des BBC aus den 1960er Jahren mit König Bhumibol und er äußert sich bei ca. Minute 17 zum Tod seines Bruders. „Die Untersuchungen haben ergeben dass er durch einen Schuss in die Stirn getötet wurde. Es wurde bewiesen, dass es sich nicht um einen Unfall und auch nicht um einen Selbstmord gehandelt hat.“ Der Blick König Bhumibols bei diesen Worten ist vielleicht aussagekräftiger als diese Worte.
Wenn man nicht den Originaltext übersetzt, den König Bhumibol dem Interviewer gegenüber sagte, kommt man zu folgender Aussage: „Die Untersuchung vermittelt die Tatsache, das er durch einer Schusswunde in der Stirn verstarb. Es war bewiesen worden, dass es kein Unfall und kein Selbstmord war. Man weiß nicht …. Aber was passierte ist sehr geheimnisvoll, weil unmittelbar viele der Beweise verändert wurden. Und weil es politisch war, war jeder politisch motiviert, selbst die Polizei, es war nicht sehr klar. …. Ich weiß nur dass er tot war, als ich ankam. Viele Menschen wollten nicht Theorien, sondern Fakten fördern. Sie wurden unterdrückt. Und sie wurden unterdrückt durch einflussreiche Leute in diesem Land und in der internationalen Politik.“ Dies ist stark unterschiedlich von dem Text, der dem König durch den deutschen Übersetzer in den Mund gelegt wurde. Vermutlich war dem Übersetzer die Brisanz der Aussagen nicht bewusst. Für den interessierten Leser wird aber die Gestik und Mimik des Königs wertvoll sein, weshalb wir die nonverbale Kommunikation kurz beschreiben wollen: Der König Seite 139 von 408
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Als er gerade mit dem Arzt redete, kam Pridi an. Eine Sondersitzung der Versammlung forderte ohne Gegenstimmen Bhoomipol auf, König zu werden. „Ich nehme die Einladung an“, antwortete Bhoomipol, „und ich werde mein Bestes geben um Siam in eine wunderbare Zukunft zu führen. Und so wurde er der neunte Monarch in der Dynastie der Chakri. Und er würde für den größten Teil der fünfzehn96 Jahre ohne ein Lächeln in der Öffentlichkeit gesehen. Am nächsten Tag trafen Ärzte und Krankenschwestern aus dem Chulalongkorn Krankenhaus um den Körper Anandas mit Konservierungsstoffen zu füllen. Die Tradition verlangte lange Riten, die sich über viele Wochen hinzogen. Jene, die den Tod eines Siamesen miterlebt hatten, wissen: je höher der Rang, desto ausgefeilter die Riten. Und für einen König übertrafen sie alles vorher Gesehene. Aber die grundsätzliche Überzeugung Aller ist, dass auch wenn der physische Körper tot ist, der Astralkörper noch 49 weitere Tage lebt und anwesend ist. Die erste Zeremonie war das rituelle Bad. Der neue König, seine Mutter, hochgestellte Prinzen und Beamte des Staates wechselten sich dabei ab um ihn mit Rosenwasser zu begießen, das von Mönchen geweiht worden war und in kristallenen Gefäßen zu Anandas Füßen aufgewahrt wurde. Als Nächstes zog ihm eine spezielle Abteilung von Pagen, denen erlaubt war die königliche Person zu berühren, glitzernde Roben an die er für seine Krönung tragen würde. Nach dieser majestätischen Tat war der Rest eher Trivial. So wurde er in einer sitzenden Position mit überkreuzten Beinen die eng an den Körper gebunden waren gebracht, seine Hände waren zusammen gebunden und hielten geweihte Räucherstäbchen und eine Kerze als ob er zu Buddha beten würde, und Streifen von weißer Baumwolle waren eng um ihn gebunden wie die Bandagen einer Mumie. Dermaßen zusammen gebunden und eingewickelt wurde er, immer noch aufrecht, in eine silberne Urne gesetzt oder besser gesagt verkeilt, weil der Platz sehr eng war. All das musste von Bhoomipol überwacht werden, der dann die Krone auf den Kopf des Körpers setzte, bevor schließlich der Deckel der Urne aufgesetzt und geschlossen wurde, der sich genau den Spitzen der Krone Siams anpasste. weicht dem Blick der Kamera aus, blinzelt und zeigt deutlich wie sehr ihn das Thema belastet. Er wirkt fast verlegen. 96
Inzwischen über 60 Jahre …
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In einer feierlichen Prozession trugen Diener die silberne Urne auf einer königlichen Sänfte über den langen Hof außerhalb des Gebäudes und stellten ihn fünf Reihen erhöht in einem wunderschönen Gebäude, genannt die Dusit Hall, auf.97 Hier wurde die silberne Urne von einer aufwendig ziselierten goldenen Urne eingehüllt, die als die „Big Golden One“98 bekannt ist, und die aus acht Sektoren besteht wegen ihres ungeheuren Gewichtes. (Sie war auf Befehl des ersten Chakri-Königs im Jahr 1808 angefertigt worden und er war so begeistert von ihr, dass er sie von diesem Tag an in seinem Schlafzimmer aufgewahrt hatte. Als eine seiner Frauen weinte wegen etwas, das sie als schlechtes Omen ansah, da hatte er sie ernsthaft zurecht gewiesen, und gesagt wie er sie denn sehen sollte, wenn er sie nicht während seines Lebens sehen durfte?) Der weiße Schirm des Staates, der aus neun Seidenschirmen mit immer kleiner werdenden Umfang bestand, wurde über ihm aufgestellt. Dort in der Dusit Halle begannen die Mönche mit der offiziellen Zeremonie der „einhundert Tage“. Der neue König fand sich jeden Abend für eine Stunde vor der goldenen Urne ein. Jeden Morgen kamen Prinzen um den vier Mönchen Essen zu bringen die die ganze Nacht durch gesungen hatten, so wie es andere während des ganzen Tages tun würden. Am Nachmittag schritt die Öffentlichkeit vorbei, eingeschüchtert und sorgenvoll. Am siebten, fünfzehnten und hundertsten Tag fanden große Zeremonien in prächtigen Uniformen und in Anwesenheit der königlichen Familie, der königlichen Verwandten, hohen Ministern, Beamten, dem diplomatischen Korps und immer den in Safran gekleideten Mönchen mit den rasierten Köpfen statt. Aber die Beendung dieser Zeremonien bedeutete nicht, dass nun einfach die Kremation stattfinden würde. Ananda musste nun in seiner goldenen Urne für mindestens vier Jahre verbleiben und in dieser Zeit würde seine eigene Tragödie mit einer fast noch bizarreren Folge vereinigt werden.
Die Intrige beginnt Die Ärzte und Krankenschwestern die vom Chulalongkorn Krankenhaus gekommen waren um den Körper von Ananda nach seinem Tod vorzubereiten kehrten mit beunruhigenden Informationen zurück. Sie hatten im Hinterkopf eine kleinere Wunde als die in der Stirn gefunden und vom Glauben, dass die Austrittsöffnung einer Projektil größer sein müsste als
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Nicht zu verwechseln mit Dusit Palace.
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die Eintrittsöffnung schlossen sie, dass Ananda weder durch einen Unfall noch durch einen Selbstmord zu Tode gekommen war. Er war von hinten erschossen worden. Die Schlussfolgerung der Ärzte des Chulalongkorn Krankenhauses erschien in der populären Presse. Es war die weiter getragene „wissenschaftliche“ Bestätigung von düsteren Gerüchten die durch anonyme Telefonanrufe in die Welt gesetzt worden waren. Die Anrufe waren vielleicht am Sonntag nach Anandas Tod gemacht worden, sicher aber am Montag, und zwar gerichtet an die amerikanische und britische diplomatische Vertretungen, die Anführer der Streitkräfte und andere. Einige Anrufe nannten den Mörder. Der Name wurde von einem Unbekannten in einem Kino herausgerufen: „Pridi tötete den König.“99 Die Worte verbreiteten sich über Bangkok und säten Ärger, Vermutungen und Unglauben. Der gewaltsame Tod des Königs erschütterte die Thailänder schon sehr aber hier geschah es in einer Atmosphäre intensiver politischer Animosität und die Verdächtigungen die durch gewisse Umstände entstanden waren wurden noch verstärkt, statt sie zum Schweigen zu bringen. Ein erster Umstand war das Kommunique: Es sagte viel aber nicht was passiert war, was wirklich wichtig war. Nämlich wie „der Unfall“ einem jungen Mann passiert war, der sehr gut mit Waffen umgehen konnte. Zweitens forderten fanatische Monarchisten Auskunft warum keine einzige Verhaftung vorgenommen worden war da historische Beispiele danach verlangten, dass jeder, der mit der Betreuung des Königs betreut war unmittelbar hingerichtet werden musste, wenn der König auf Grund von Gewalt starb, egal wie diese entstanden war. Schließlich gaben die Behörden ihre eigene Unsicherheit zu als sie eine zweite Mitteilung am nächsten Tag herausgaben. Dieses erneute Kommunique wurde von der Polizei als Ergebnis der Konferenz herausgegeben, das im Prinzip das Treffen vom Sonntag im Palast dupliziert hatte. In einem Versuch frontal gegen die Gerüchte vorzugehen, die bereits die City erschütterten, erwähnte es drei Möglichkeiten, Mord, Selbstmord und Unfall. Und es bestand darauf, dass die Untersuchungen auf nichts anderes hinwiesen als auf einen Unfall: Während er mit der Pis-
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Der Abgeordnete, der gerufen hatte „Pridi killed the king“ war Liang Chaiyakan (Ubon). (Thak Chaloemtiarana, “Thailand, The Politics of Despotic Paternalism”, New York 2007, S. 24) Seite 142 von 408
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tole im Bett lag hatte er vielleicht überprüft ob sie verzogen war und während er das tat berührte er versehentlich den Abzug. Am nächsten Tag kam noch ein weiteres Kommunique heraus, wieder von der Polizei. Es führte die Aktivitäten des Königs während des Tages seines Todes auf. Am Morgen sollte ein Prinz Urlaub nehmen bevor er sich als Mönch eine zeitlang in ein Kloster zurückzog. Gegen Mittag sollte er mit Prinz Subha Svasti (Tahn Chin) zu Mittag essen, und schließlich sollte ein Professor für Philosophie im königlichen Sekretariat den Urlaub des Prinzenpatriarchen100 für die Abfahrt des Königs organisieren. Die Tatsache dass Ananda diese Arrangements getroffen hatte, sagte das Kommunique, ließ auf einen Unfalltod schließen, oder dass bei allen Ereignissen „ganz klar jede Annahme eines Selbstmordes ausschloss“. Die Dummheit dieser Begründung stellte nur die Leichtgläubigen zufrieden, aber deren Schlussfolgerung stimmte überein mit der universalen Zurückweisung eines Selbstmordes. Nicht nur dass die Idee in Zusammenhang mit einem König abstoßend war, so sah es so aus, dass es nicht den geringsten Grund gegeben hätte, warum Ananda sich das Leben hätte nehmen wollen, und es fehlte die geringste Andeutung auf eine mentale Unausgeglichenheit die ihn an jenem Morgen zur ultimativen Abreise veranlasst haben könnte. Und so wirbelten Gerüchte von Mord und Mördern Tag und Nacht durch die Stadt, fluteten ins Ausland, ließ manche in Rätseln zurück, machte andere wütend, und erschreckte alle, und es unterwanderte das gesamte politische Leben und verwandelte es ein einen Morast von Verdacht und Gegenverdächtigungen. Pridis Anhänger hatten diese Gerüchte von Anfang an als absichtliche Aktivität von Monarchisten im Allgemeinen und der Democrat Party im speziellen bezeichnet. Die mysteriösen Telefonanrufe und der Ausruf im Kino trugen dazu bei. Und auch die Anstellung einer Gruppe von Männern, die zu öffentlichen Plätzen gingen und die Anschuldigungen hinsichtlich Pridis Komplizenschaft verbreiteten. Kuang der große Komödiant und die Pramoj Brüder äußerten, dass der Aufschrei spontan wäre und die unausweichliche Reaktion der Öffentlichkeit nachdem einmal das Gerücht eines Komplotts aufgetreten war. Da der Premierminister für die Sicherheit des Königs verantwortlich war, und da er auch der Mann war, der sowohl Ananda nach Siam eingeladen als auch seinen Aufenthalt verlängert hatte, musste Pridi der Nation Rede und Antwort stehen, besonders als die
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Anschuldigungen sich in seine Richtung vervielfältigten, wäre es ihre Pflicht gewesen, ihn zur Verantwortung zu ziehen. Diese Einstellung, die absolut in Ordnung wirkte, auch wenn sie Pridis Anhänger wegen ihres Zusammenfallens mit politischen Vorteilen, die Pridis Gegner daraus zogen, zutiefst verärgerte, und die kaum kalkulierbar waren und kaum die öffentliche Beunruhigung ruhig stellen konnte. Zusätzliche misstrauten viele Monarchisten Pridi so vollkommen, dass sie den Vorwurf als Fakt ansahen, ohne dass es einen Beweis dafür gab. Andere Verdächtige wurden ebenso von Gerüchten verfolgt – seine eigenen Anhänger hatten ihre Vorstellungen und Ausländer wie die Briten hatten die ihren. Und die Anzahl der Verdächtigen umfasste fast jeden den wir in diesem Buch getroffen hatten, aber innerhalb von Siam war das Gewicht der Informationen, ob sie richtig waren oder falsch, in erster Linie gegen Pridi gerichtet. Es endete darin, dass er als Mörder benannt wurde, der Hilfe innerhalb des Palastes gehabt hätte, die geholfen hätten Ananda als Resultat einer Konspiration zu töten. Einer Konspiration deren Kopf Pridi war, oder eine Konspiration die gemacht worden war, um ihm zu gefallen. Ambition war ihr Motiv, ungezügelte Ambition. Sie wäre so groß gewesen, dass sie nicht einmal den Thron respektiert hätte – eine Anzahl von Vorfällen hätten seine Missachtung des Throns bewiesen – und er hätte eine linke Republik einrichten wollen, angeführt von ihm selbst, da die Monarchie seiner Idee einer Südostasiatischen-Föderation entgegen stünde. Diese Theorie über Pridis angeblichen Motive wurden durch die Vermutung unterstützt, dass die Verschwörer vielleicht geplant hätten die gesamte königliche Familie auszulöschen, aber dass sie dann zu der unausgegorenen Situation gekommen wären wegen der bösen Auseinandersetzung zwischen Pridi und Ananda über die Frage des Regenten nach Anandas Abreise, wodurch eine pathologische Wut Pridis aufgebrochen wäre, die, so wurde gesagt, der Öffentlichkeit nie sichtbar geworden wäre, aber die aus Anandas Popularität und seinem höheren Rang entstanden wäre. Ein alternatives oder zusätzliches Motiv wurde auch geflüstert und wurde im Laufe der Zeit immer lauter weitergetragen: Ananda, wenn auch nicht verängstigt über Pridis Ambitionen, wäre verärgert darüber gewesen und er hätte beschlossen zugunsten seines Bruders abzudanken um in die politische Arena einzutreten wo seine Popularität Pridi überwältigt hätte, und als Pridi davon erfuhr hätte er handeln müssen. Das waren die Gründe die genannt wurden um Pridi zu verdammen. Aber sie waren wichtiger für Westler als für Orientalen, die sich wenig um logiSeite 144 von 408
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sche Motive kümmerten und einfacher bereit waren ohne zu Fragen den Ausbruch aus der Tiefe der menschliche Psyche anzunehmen, egal wie irrational das sein sollte. Nun war Pridis eigene Reaktion auf diese Schlüsse, die die Ärzte des Chulalongkorns Krankenhauses gezogen hatten, und die den Sturm über seinem Kopf ausgelöst hatten, dass die Ergebnisse der Untersuchung je nach Glauben, ob jemand schuldig oder unschuldig war, interpretiert werden konnten. Deshalb war es sowohl mit einem Schuldgefühl als auch mit der Besorgnis des Premierministers, dass die Gerüchte den Frieden der ganzen Nation stören könnten, in Zusammenhang zu bringen, dass er die Ärzte aufforderte zu kommen und sie zurechtwies, weil sie so offen zur Presse gesprochen hatten. Er dachte daran sie zu verhaften, aber der Polizeichef, der ihm gegenüber eine Warnung aussprach, brachte ihn davon ab. Und so waren er und der Berufsstand der Ärzte von Anfang an auf zwei unterschiedlichen Seiten. Ein ehrenhaftes Mitglied des Berufsstandes jedoch behielt einen kühlen Kopf. Während laute Spekulationen die Korridore der Versammlung füllten – ein Abgeordneter, der Pridianhänger war, wurde sogar von seinen Kollegen tätlich angegriffen – und da fast jeder in der Stadt, sobald zwei Menschen zusammen kamen darüber spekulierten, da machte sich der königliche Leibarzt daran praktische Versuche zu beginnen. Dr. Nit erschoss Schweine. Er wollte den Glauben überprüfen, dass eine Projektil immer am Austritt eine größere Wunde verursacht als am Eintritt. Auf Anweisung des Polizeichefs wurden drei oder vier Schweine zum Polizeihauptquartier gebracht. Es ist unwahrscheinlich, dass diese Geschichte ein Beispiel in der Geschichte hat, nämlich dass Schweine einen König vertreten, und tatsächlich wurde Kritik an einem solchen Projekt, das als Ketzerei bezeichnet wurde, laut. Aber die Versuche von Dr. Nit machten einen wichtigen Punkt sehr klar. Als die Schweine mit genau der gleichen Art von Pistole erschossen wurde, die in der Nähe von Ananda gefunden worden war, wurde deutlich, dass die Ärzte des Chulalongkorn Krankenhauses schlechte forensische Experten waren. Ihre Schlussfolgerung hatte unseriös geklungen und die Tatsache dass Ananda doch von Vorne erschossen worden war wurde erhärtet, nachdem schließlich die tödliche Projektil in der Matratze an der Stelle wo sein Kopf gefunden worden war in die Matratze eingedrungen gefunden wurde.
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Das Projektil war am Mittwoch durch die untersuchenden Polizisten unter Nai Chits Anleitung gefunden, denn die öffentliche Aufregung hatte es ihnen nicht erlaubt, die Akten zu schließen. Als nächstes untersuchten sie die Bettwäsche. Die mit Blumen bedruckte Bettdecke, das Bettlaken auf dem Ananda gelegen hatte, und das Kopfkissen waren bereits, wie die der Pyjama und selbst das Moskitonetz gewaschen worden und ohne jede Spuren. Aber die königliche Wäscherin hatte entschieden, dass das Kopfkissen mit Blut vollgesaugt gewesen wäre und nicht mehr zu retten war. Sie hatte es, ohne von jemand angewiesen worden zu sein, im Golfplatz vergraben. Es wurde ausgegraben und man bestätigte, dass das Kissen von der Projektil verfehlt worden war, als es von Anandas Kopf in die Matratze gewandert war. Keine dieser Entdeckungen oder Experimente machte noch einen Unterschied, nachdem der Verdacht eines Mordanschlages einmal in der Öffentlichkeit verwurzelt war. Selbst als festgestellt wurde, dass Ananda nicht von hinten erschossen worden war, so sagte man, hätte der Mörder von vorne feuern können, und es erschien sogar noch wahrscheinlicher so gewesen zu sein, während Ananda auf dem Bett gedöst hatte. Als der Sturm um Pridi sich weiter steigerte, angefacht von der grölenden Presse, da wurde er aktiv. Er setzte eine Untersuchungskommission ein. Mit einer Notiz vom 18. Juni 1946 setzte er, mit Einverständnis des Regentenrates (der ernannt worden war um während Bhoomipols Minderjährigkeit zu agieren und von seinem Onkel Prinz Rangsit geleitet wurde), eine Untersuchungskommission ein. Der Kommission wurde anvertraut den Tod Anandas von vor neun Tagen zu untersuchen. Der Polizeichef musste die Beweise präsentieren, und war verpflichtet, jeden zusätzlichen Beweis, der von der Kommission gefordert werden könnten, zu beschaffen, und die Kommission konnte jeden gewünschten Zeugen vorladen. Der Vorsitzende war der Präsident des Dikka-Gerichtes, des höchsten Berufungsgerichtes des Landes. Seine Kollegen waren höhere Prinzen, die respektierten Vorsitzenden des Berufungsgerichtes, des Strafgerichtes, der Staatsanwaltschaft und der drei bewaffneten Streitkräfte, und die Präsidenten der beiden Häuser des Parlamentes.
Die Autopsie Diese anspruchsvolle Mannschaft begann ihre Arbeit am Tag nach der Verkündung der Notiz. Sie inspizierten zunächst die Barompiman Halle und ernannten einen Beratungsausschuss von einem dutzend Ärzten, einschließlich vier aus dem Westen. Dem Ausschuss wurde zugemutet etwas
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nie Dagewesenes und Undenkbares in der Siamesischen Geschichte zu tun: Sie führten eine post-mortem Untersuchung an Anandas Körper durch. Die große goldene Urne wurden in ihre acht Fragmente geteilt, der Deckel der silbernen Urne wurde geöffnet, das arme übelriechende Bündel wurde herausgenommen, die vollgesogenen Bandagen wurden abgewickelt und die im Verfall begriffenen Überreste wurden mit Röntgenstrahlen in zehn verschiedenen Positionen untersucht. Und es gab Skalpelle, Sonden und die glänzenden Instrumente der Sektion. Die x-förmige Wunde begann einen Inch101 über dem linken Auge und maß 1 ½ Inch in jede Richtung. Eine chirurgische Nadel wurde zur Verfolgung des Schusskanals eingeführt. Nach dem das Projektil ein Eintrittsloch von einem halben Inch Durchmesser in den Knochen gefräst hatte, verfolgte sie eine kerzengeraden aber leicht abgesenkten Linie bis sie am linken Teil des Hinterkopf am Okziput wieder ausgetreten war. Das Okziput ist einer von zwei Wülsten am Hinterkopf zwischen den Ohren in der Nähe des Nackens. Beide Löcher waren von Knochensplittern umgeben. Es wurde kein Metall gefunden. Der Tod war sofort eingetreten weil das Projektil einen lebenswichtigen Bereich des Gehirns getroffen hatte. Unter einem kleinen Hautquadrat in der Stirnwunde fanden die Ärzte Pulver von der Munition, was endgültig bewies, dass das Projektil von Vorne eingedrungen war. Die Innereien und Teile der Leber und der Nieren wurden entfernt um sie zu analysieren, aber es wurde keine Spur von Gift gefunden, ein Gerücht, das über Anandas Unwohlsein während seiner letzten Tage entstanden war. Der medizinische Ausschuss stellte auch Versuche an, um den Abstand zu ermitteln, der zwischen Pistole und Stirn beim Abfeuern bestanden hatte. Am Siriraj Krankenhaus wo die Königinmutter einst ausgebildet worden war, wurden Projektiln in die Köpfe eines halben Dutzend menschlicher Leichname gefeuert102. Diese Menschen waren zwischen zwanzig und vierzig Jahre alt gewesen, einige waren erst kürzlich verstorben, andere nicht. Der Schluss der gezogen war, dass die Mündung der Pistole nicht weiter als 1 ½ Inch von Anandas Gesicht entfernt abgeschossen worden war. Am 25. Juni begann die Kommission in einem Gebäude am anderen Ende des Pramane Ground gegenüber dem Grand Palace mit dem öffentlichen Hearing. Die Menge die sich dazu versammelte ergoss sich über den Pra-
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1 Inch = 25,4 mm
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In den 1970er Jahren wurde von Nachkommen eines der Ärzte ein Buch in thailändischer Sprache veröffentlicht, die Abbildungen der Versuche enthielten. Seite 147 von 408
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mane Ground wo die Menschen die Gelegenheit zum Anlass nahmen ein gigantisches Picknick zu veranstalten. Sie kamen mit ihren Familien auf die staubige Fläche die in der Bruthitze der heißen Jahreszeit lag, auch mit ihren Kindern und anderen, um zu tratschen, herumzulaufen, und einige kamen mit ihren tragbaren „Restaurants“ und zauberten plötzlich Essstände hervor, komplett mit Öfen, Geschirr und Schemeln. Ebenso tauchten oder Obst- und Süßwarenverkäufer auf.103 Und man sah auch alte Leute, zu arm um ein volles Gericht zu essen, oder vielleicht auch wegen einer Sucht, die Pellets aus Opium lutschten, die sie in ihren blassen faltigen Handflächen gerollt hatten. Im krassen Gegensatz zu der Festlichkeit draußen, ging das Verfahren der Kommission nur schwerfällig voran. Ab und zu, wie zum Beispiel beim Eintritt der beiden Pagen Nai Chit und Butr und des ehemaligen Sekretärs Chaleo, zeigte der Ausbruch von Ärger dass die Öffentlichkeit und die Massenmedien schon mindestens jene mit dem angeblichen Komplott Ananda zu töten in Zusammenhang gebracht hatten. Und als das königliche Kindermädchen in den Zeugenstand trat, begleitete Applaus ihre Aussage, dass der König ermordet worden wäre. Solche Ereignisse wurden von der populären Presse hervorgehoben, was den Zustand in den die Öffentlichkeit geraten war, noch verschlimmerte. Man sollte festhalten, dass die siamesische Presse wenig mit den komplexen Organisationen des Westens zu tun hat, und dass sie zum größten Teil unglaublich unorganisiert ist und in einigen vollgestopften verwinkelten Räumen mit einigen Druckmaschinen und einer handvoll Angestellten eher überschäumend denn professionell arbeitet. Und dass sie noch bereiter sind einen Skandal zu erfinden als über ihn zu berichten. Und so ist in der Flüchtigkeit der Nachrichten das Bewusstsein der Aufbewahrung von Notizblöcken und Kopien von Ausgaben und Referenzen und Tagebücher fast unbekannt.
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Dieser Unternehmergeist ist bis heute erhalten geblieben. Egal ob Demonstration oder Hearing, Sportveranstaltung oder Unfall. In unglaublicher Schnelligkeit sind mutige Kleinstunternehmer mit ihren Angeboten zur Stelle.
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Pridi klammerte sich an eine vorübergehende Zensur. Die Überschwemmung und unverantwortlichen Anschuldigungen selbst während die Kommission tagte war schlimm genug, aber schlimmer war die Tatsache, dass bald eine Wahl abgehalten werden würde, denn die neue Verfassung verlangte, dass nun auch die andere Hälfte der Versammlung durch öffentlich gewählte Abgeordnete ersetzt werden sollte. Trotz des Drucks auf die Presse, wurde die Wahl im August dominiert durch etwas, das als der „Fall des Königtodes“ bekannt werden sollte. Die Democrat Party führte einen Wahlkampf, in dem die Anschuldigungen gegen die Regierung Pridi laut geäußert wurden, da diese die Angelegenheit nicht geklärt hätte, die Regierung wurde mit Anschuldigungen gegen Pridi und seine Anhänger überfrachtet. Es gab zwei Pro-Pridi-Parteien und sie waren beide gleich lautstark damit beschäftigt diese offensichtliche Ausbeutung einer nationalen Tragödie zu denunzieren. Ein Ausdruck des sich verbreitenden Wahnsinns war eine Bombe, die in eine Menge geworfen wurde, die der Democrat Party zuhörte, was einem der führenden Persönlichkeiten ein Bein kostete. Als Ergebnis der Wahl sprachen sich jene Wähler, die noch zu den Wahlen gingen, massiv für eine Bestätigung Pridis aus: Seine Anhänger gewannen 57 Sitze, die Democrat Party 11 und unabhängige erhielten 7 Sitze. Pridi fühlte sich bestätigt. Die große Mehrheit zumindest der politisch bewussten Wähler hatten die Verleumdung seiner Gegner zurück gewiesen. Die neue Verfassung war nun voll wirksam und angewandt und sein Ziel das Amt des Premierministers zu halten war erfüllt. Ausgebrannt trat er nun zurück und zog sich auf die Position eines Senior Statesman zurück, während eine neue Regierung unter seinem Freund, dem liberalen Admiral Dhamrong gebildet wurde. Davor war eine seiner letzten Funktionen als Premierminister, der Abreise von König Bhoomipol und der Königinmutter beizuwohnen. Zu der Trauer der letzten Monate war die Angst vor mehr Tötungen hinzu gekommen. 104
„Am 2. Juli erklärte Pridi den Ausnahmezustand und erklärte eine Zensur über die Presse. Er verhaftete jene, die offen über die Möglichkeit diskutierten, dass er in den Tod Anandas verwickelt sein könnte. Einige wenige Zeitungsredakteure wurden verhaftet und zwei Abgeordnete wurden wegen Verleumdung eingesperrt. Die beiden verhafteten Abgeordnete waren beide Abgeordnete der Democrat Party. Liang Chaiyakan (Ubon wurde verhaftet weil er innerhalb eines Kinos gerufen hatte, dass Pridi hinter der Ermordung des Königs stecken würde. Der andere Abgeordnete war Chote Khumphan (Bangkok)“ (Thak Chaloemtiarana, „Thailand, The Politics of Despotic Paternalism“, New York 2007, S. 24 Seite 149 von 408
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Die Sicherheitslage war angespannt. Bhoomipol hatte die Anweisung gegeben über Jeden oder Alles zu berichten, der oder das irgendwie verdächtig wäre, und als das Licht in der Nacht manchmal ausfiel, da eilte das königliche Kindermädchen zu ihm, um ihn und die Königinmutter zu wecken. Bei Ankunft des Flugzeugs der britischen Luftwaffe um den König in die Schweiz zu fliegen, wurde es ständig von Truppen der Briten bewacht und in der Nacht angestrahlt. Die Tageszeit für die königliche Abreise wurde durch den königlichen Astrologen festgelegt, was den Piloten ärgerte, der früher am Tag fliegen wollte, um die Berge überwunden zu haben, bevor der Südwestmonsunwind sich gegen sie gedreht hatte. Aber der königliche Astrologe konnte nicht überzeugt werden und tatsächlich wurden Bhoomipol und seine Mutter sicher von dem Ort einer so furchtbaren Erinnerung fort gebracht. Zurück in der Villa Watana da gab es Erinnerungen einer anderen Art, mit der die nun als Mutter und Sohn zusammen lebenden, wiedervereint mit dem ehemaligen persönlichen Sekretär Nai Anek und dem Tutor M. Seraidaris, fertig werden mussten. Und so versuchten sie die Fäden ihres Schweizerischen Lebens wieder aufzunehmen. Aber für länger als ein Jahr konnte sie selten aufhören zu weinen, weil ihr Sohn vorzeitig seine Jugend weggeworfen hätte, und das Leben würde für niemanden wie vorher sein. Zurück an der Universität wechselte Bhoomipol vom Studium der Naturwissenschaften zu Rechtswissenschaften um sich auf die neue Verantwortung vorzubereiten. In Bangkok stellte die Untersuchungs-Kommission am 31. Oktober ihren Bericht über Anandas Tod vor. Dieser Bericht verwarf vollständig jede Möglichkeit eines Unfalls. Es konnte kaum über dieses sensationelle Urteil hinaus gehen, da es von Selbstmord nicht überzeugt war aber keine Beweise für einen Mordanschlag gefunden hatte. Es wurden Beschwerden darüber erhoben, dass die Kommission behindert worden wäre, da sie nicht gewusst hätte, ob es mehr Beweise gegeben hatte, als die Polizei vorgelegt hätte, oder aufgefordert war zu produzieren. Sie hatte kaum mehr als eine Voruntersuchung angestellt, die Zweifel aufgelistet hatte, so dass sie berichtet wurden „für den Nutzen weiterer Untersuchungen um die Wahrheit heraus zu finden.“ Die Zurückweisung der Unfalltheorie hätte nicht ärgerlicher für Pridi und seine Behörden sein können, die so große Hoffnungen darauf gesetzt hatten, dadurch die Sache zum Schweigen bringen zu können. Die Theorie Seite 150 von 408
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hörte man dann anschließend auch nur noch selten, und wenn man sich die amerikanische Armeepistole kurz ansieht, werden die Gründe dafür klar. Die amerikanische Armeepistole .45 wird üblicherweise ein „45iger Colt“ genannt. Obwohl zwei Firmen außer Colt sie produzieren. Sie wurde zum ersten Mal vor dem ersten Weltkrieg produziert, große Mengen davon wurden für die GIs im zweiten Weltkrieg heraus gebracht. Es ist eine wahre kleine Miniaturartillerie: Schwarz, mit einer braunen Verkleidung an beiden Seiten des Kolbens. Die Länge insgesamt beträgt fast neun Inch105, das Gewicht, wenn voll geladen, fast 3 Pfund. Der Lauf hat einen Durchmesser von fast einem Inch. Die ein Inch-langen Patronen wurden mit einem Magazin von unten in den Kolben geschoben. Wenn die Pistole abgefeuert wurde, entstanden ein Blitz und eine Rauchwolke. Die verbrauchte Patronenhülse wird irgendwohin ausgeworfen und die nächste Patrone rutscht automatisch in den Lauf und ist bereit zum Abfeuern. Die Angst machende Mächtigkeit der Waffe, von der bekannt war, dass sie einen großen Teil des menschlichen Kopfes wegblasen konnte, wird angedeutet, wenn der Abzug betätigt wird. Die unmittelbare Explosion in einem Schießstand erzeugt fast sofortige Taubheit und der Rückschlag, als ich sie zum ersten Mal ausprobierte, warf meinen Arm hoch in die Luft. Der Rückschlag kann tatsächlich ein Gewicht von sieben Pfund106 eine Entfernung von zwei Fuß107 bewegen, da das Projektil mit fast Schallgeschwindigkeit (840 Feet108 pro Sekunde um exakt zu sein) den Lauf verlässt. Diese Tatsache könnte sich als wichtig herausstellen, aber etwas Wichtiges am Colt .45 ist eine kleine Platte am hinteren Ende des Kolbens. Das ist die Sicherung und sie muss gleichzeitig mit dem Abzug gedrückt werden, um die Pistole abzufeuern. Der Druck eines unangenehm harten Händedruckes wird benötigt, und zwar gleichzeitig an zwei verschiedenen Punkten, dem Abzug und dem Sicherungshebel. Falls Ananda im Bett liegend die Pistole vor sich gehalten hätte, und von Vorne hinein geschaut hätte oder damit gespielt hätte, und sie wäre ihm abgerutscht und er hätte sie instinktiv ergriffen, dann hätte nur in einem äußersten Zufall das Unglück passieren können, dass er den Abzug gezogen und gleichzeitig den Sicherungshebel gedrückt hätte. Aber selbst dann wäre er nicht getötet worden, außer durch 105
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eine wohl unglaubliche Anzahl von zusammenwirkenden Faktoren die verursacht hätten, dass der Lauf gerade an diesem Augenblick auf den tödlichen Punkt gezielt hätte. Selbst wenn die Unfalltheorie nicht in Verbindung mit einer vorsichtigen und erfahrenen Person wie Ananda stehen würde, könnte sie nur bei vollkommener Abwesenheit anderer Erklärungen zum Zuge kommen. Die Zurückweisung der Theorie durch die Untersuchungskommission war nicht weniger ärgerlicht für Pridi, da die Polizei dazu geneigt hatte, die Beweise zur Unterstützung der Theorie zu liefern. Das Resultat war eine sofortige öffentliche Aufregung die davon ausging, dass das Gegenteil passiert war. Die Regierung hatte nun keine andere Wahl als der klaren Aussage der Kommission nach zu kommen und die Polizei (jedoch erst am 7. Dezember) die Anweisung zu geben, weitere Untersuchungen anzustellen. Die Polizei, die ihre übliche Praxis zeigte, ernannte einen internen Ausschuss unter einem höheren Offizier, aber der Ausschuss trat während der nächsten sieben Monate nicht zusammen, und sie waren auch sechzehn Monate später immer noch verzweifelt auf der Suche ohne etwas zu finden, als die Ereignisse des November 1947 sie rüde stoppte. Pridi hatte gehofft, dass durch seinen Rücktritt vom Amt des Premierministers und dem Rückzug aus der Öffentlichkeit der Sturm der Verdächtigungen sich legen würde, aber der Bericht der Kommission unterstützte das leider nicht. Und die Langsamkeit der Ermittlungen der polizeilichen Untersuchungskommission half auch nicht, viel mehr führten sie zur Anhäufung von unbeantworteten Fragen bezüglich gewisser Persönlichkeiten. Führend in der Liste dieser Persönlichkeiten war Leutnant Vacharachai. Entlassen von seinem Posten als ADC von Ananda wurde er bald darauf erster Sekretär von Pridi und dann des neuen Premierministers Admiral Dhamrong. Eine solche Beförderung schien um so unangebrachter, nachdem die Presse, als sie nach den Wahlen aus der Zensur entlassen wurde, mit der puren Lüge auftrat dass seine Hand den König getötet hätte. Ex-Sekretär Chaleo war ebenfalls das Subjekt der öffentlichen Beunruhigung. Er hatte ebenfalls eine Beförderung erhalten nachdem der den königlichen Dienst verlassen hatte, da Pridi ihm in den Senat verholfen hatte. Warum hatte Pridi diese beiden Männer befördert, über die sich zäh haltende Gerüchte verbreiteten, dass sie mit dem Mörder Anandas zu tun hatten? Warum ließ die Regierung von Pridis Anhängern die beiden Pagen des Schlafzimmers auf freiem Fuß, als die Gerüchte sie auch mit dem Verbre-
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chen in Verbindung brachten? Warum – vor allem – war niemand, wer auch immer, verhaftet worden? Die fortgesetzte Aufregung, speziell in der Versammlung, brachte Admiral Dhamrongs Verwaltung in Bedrängnis während sie die wirtschaftlichen Nachkriegsprobleme lösen sollte. Riesige Gewinne im Reisschmuggel in ein hungriges Asien, förderte die Korruption von Regierungsbeamten, die sich durch jede Art von Verbrauchsgüterverknappung weiter auf untere Ränge verbreiterte. Alle britischen Truppen verließen Thailand bis Ende 1946. Die Armee war wieder frei um sich in die Politik einzumischen wurden aber durch die neue Verfassung davon abgehalten. Aber das Verbot betraf keine Ex-ArmeeMitglieder, und einer davon trat plötzlich aus dem Schatten: Im März 1947 betrat FM Pibul wieder das öffentliche Leben mit einer neuen Partei die genannt wurde: „Die Macht ist Rechts“. Militaristische Nostalgie und rechte Extremisten gaben ihm eine gewisse Unterstützung, aber nachdem die Democrat Party sich den demokratischen Prinzipien verschworen hatte, ebenso wie die Anhänger Pridis, war jede Rückkehr zum Faschismus, jeder Comeback von FM Pibul mit politischen Mitteln weitgehend unmöglich geworden. Deshalb erschien Pridi trotz des Misstrauens welches seit dem Tod von König Ananda bestand, sicher an der Macht, auch wenn er außer Sichtweite blieb, beriet, drängte, ermutigte. Als Senior Statesman führte er sein Leben in seiner offiziellen Residenz weiter. Am Ufer in der Nähe von UMPS und dem Grand Palace zu sein war mehr als praktisch als eindrucksvoll. Das sparsame Grundstück wurde von einer hohen Mauer eingefriedet und mit starken Holztoren gesichert. Und das Grundstück enthielt außer ein paar Bäumen und einer Garteneinfriedung entlang der Mauer zum Fluss wenig Verschönerungen. Da gab es zwei Häuser. Er benutzte das ältere, aus Holz für offizielle Empfänge, das neuere, als Wohnhaus. Das Letztere war ein Produkt aus den 1920er Jahren als Architektur in einer Zementschachtel eingeschlossen wurde. Es enthielt in einem oberen Stockwerk, so fand ich heraus, eine Geheimtür. Dies war das Relikt aus seinen Tagen beim Free Thai Movement, als er gegen Ende des Krieges eine Funkstation in seinem Haus hatte. Die gefährliche Zeit schien längst vorbei zu sein. Sein Schützling Demokratie entwickelte sich gut, wenn auch zögerlich, und wenn nur die Tragödie von Anandas Tod vergessen werden könnte, wäre er glücklich und zufrieden gewesen. Sicher hätte man ihn kaum für einen Mörder gehalten, Seite 153 von 408
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hätte man ihn daheim gesehen: ein Mann der zutiefst ernst ist, aber ganz schnell zum Lachen übergehen kann, der geduldig Dinge in einer disziplinierten Art erklärt, oder lebhaft mit seiner Familie plaudert, oder der Crêpes Suzettes für seine Freunde macht. Oder der Schach mit seinen intimen Freunden spielt. Wenn er ambitiös war, dann konnte das nicht auf Grund von Streben nach materiellen Dingen sein. Er unternahm sogar sorgfältige Befragungen der englischen Kolonie hinsichtlich der genauen Kosten von Schulen in England, da er hoffte genug von seinem Gehalt sparen zu können um seine Kinder nach England zu senden. Er wollte nichts davon hören, dass der Staat für sie zahlen sollte.
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Der Coup Phibuns In der Nacht des 7. Novembers 1947 kam der Premierminister, Admiral Dhamrong in sein Haus am Ufer des Flusses, zusammen mit den Chefs der bewaffneten Streitkräfte und der Polizei. Pridi hatte sie gebeten zu kommen weil Gerüchte kursierten, dass Armeeelemente planten einen Coup d’État durchzuführen. Gerüchte sind in Siam so zahlreich wie Reis und die Sicherheitsmaßnahmen waren umsichtig. Seine Besucher versicherten ihm, dass er keinen Grund zur Sorge hätte und verließen ihn schon bald darauf. Der Premierminister verließ ihn sogar eher in Eile, weil er verspätet auf dem Weg zu einem Wohltätigkeitsball war, wo die Fröhlichkeit der Musik und die glitzernden Abendkleider der Juwelen tragenden Schönheiten schnell die phantasievollen Gerüchte aus dem Gedächtnis vertrieben. Aber in Pridis Haus läutete das Telefon, und dieses Geräusch des zwanzigsten Jahrhunderts, verlangte Tribut von Pridi. Die Nacht in Bangkok hat ihre eigene Alchemie. Die Luft, die während des Tages wie ein heißer Fön wirkt, wird in der Nacht zu einem milden Lüftchen. Der Himmel ist mit Sternen besetzt und die Stimmen senken sich zu einem sanften Murmeln. Die Kanäle erstrecken sich kraftlos mit goldenen Reflexen im Mondlicht und in einem duftenden Garten fühlt sich der Mensch am wohlsten, soweit die Moskitos es ihm erlauben, gemeinsam mit seinem Liebsten oder seinem Gott. Pridis Lieblingsplatz zum Nachdenken war auf der unteren Mauer zum Fluss. In der Nähe wo die Menschen, die mit ihren Sampans anlegten, die mit den Produkten aus den Provinzen beladen waren. Auf der anderen Seite des Flusses, vielleicht sechshundert Yards109 entfernt sah man einige kleine Lichter, die wie verglühende Gauloises aussahen, die Raucher gerade zu Ende rauchten. Dort waren in erster Linie Obstplantagen. Ab und zu glitten Boote vorbei die von stehenden Ruderern voran getrieben wurden. Im Haus läutete das Telefon. Jemand wünschte dringend Pridi zu sprechen. Zögernd verließ er den friedlichen Platz in der Nacht, aber dann wurden Geist und Sinne schnell in Alarm versetzt. Sein Informant hatte eine katastrophale Neuigkeit. Der Coup d’État hatte doch stattgefunden. Die Armee übernahm überall die Kontrolle. Sie war auf dem Weg ihn zu fangen oder
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zu töten und er musste fliehen, wieder einmal, um sein Leben in Sicherheit zu bringen.110
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Diese Situation war von entscheidender Bedeutung für die weitere Entwicklung des Landes. Die Demokratie war noch sehr jung und hatte, was dem System der Demokratie imminent ist, ihren Gegnern Freiheiten eingeräumt, die nun gegen die Demokratie gerichtet wurden.
General Net Khemayothin schrieb in seinem Buch Ngan Taidin khong Phan-ek Yothi (Untergrundarbeit von Oberst Yothi), dass die Armee sich ungerecht behandelt fühlte, weil die Seri Thai (Free-Thai) -Minister darauf bestanden, dass die Armee vielleicht in die Hände eines weiteren Diktators fallen würde, und daher am besten aufgelöst werden sollte, da ein kleines Land wie Thailand keine so großen Streitkräfte benötigen würde. (Net, Ngan Taidin, S. 735) aus: Thak Chaloemtiarana, „Thailand, The Politics of Despotic Paternalism“, New-York 2007, S. 27. Aber die Entmachtung der Armee schien nicht konsequent genug vorgenommen worden zu sein, vermutlich weil der Premierminister, selber ein Soldat, seinen Einfluss grenzenlos überschätzte. Im vorher bereits genannten Buch schreibt Thak Chaloemtiarana:
Wie der Polizeihauptmann Chiep Amphunan, ein Anhänger von Pridi und ein ehemaliges Seri-Thai Mitglied beschrieb, warnte er Luang Thamrong (Dhamrong) vor einem Coup, aber die Antwort des Premierministers schien von einem kriegsmüden Mann zu kommen, der nicht wusste, was er als Nächstes tun sollte. Luang Thamrong sagte dass er das Spiel nach den Regeln gespielt hätte, die von der Verfassung aufgestellt worden waren. Und dass er bereit wäre zurück zu treten (Chiep, Mahawitthayalai, SS 565,566) Er ließ später verlauten, dass er Luang Adul mit den Gerüchten eines Coups konfrontiert hätte und dass dieser ihm die Versicherung gegeben hätte, dass die Armee immer noch unter seiner Kontrolle wäre. (Thepwithun Nutkasem, „Khrang nung mua phom mai mi Phasutha chaasai (Zu einer Zeit als ich kein Land hatte in dem ich leben konnte)“ Prachachat (Oktober 31, November 5, 1970), S. 45. Luang Thamrong gab später vor der Presse bekannt, dass er sich entschlossen hätte zurück zu treten und Phibun die Entscheidung mitgeteilt hätte. (Sayam Nikon, 21. Jan. 1948.) Am 8. November, dem Tag des Coups traf sich das Kabinett mit Pridi und eine Entscheidung wurde getroffen, Luang Adul eine neue Regierung bilden zu lassen. Thak Chaloemtiarana, „Thailand, The Politics of Despotic Paternalism“, New-York 2007, S. 28. Sulak Sivaraksa erklärte im August 2008 in einem Interview gegenüber www.schoenes-thailand.de: Mr. Pridi hatte nach dem Krieg versucht, Autonomie in allen Bereichen zu verbreiten, speziell im Süden. Sie konnten ihre eigene Sprache verwenden, sie konnten zu ihren eigenen islamischen Gerichten gehen, auf ihre eigenen islamischen Schulen. Und er war in Übereinstimmung mit dem Leiter der Abgeordneten im Parlament dieser Zeit, der auch von dem Herrscherhaus von Pattani war. Genauso gibt es den Nordosten, wir nennen ihn Isaan, aber es sind Laoten, sehen sie. Diese wundervolle Idee wurde zerschmettert als der Coup von 1947 stattfand (das Ende der Demokratie in Thailand.) (Quelle: http://www.schoenes-thailand.de/news/thema/sulaksivaraksa-teil-7.html) und an anderer Stelle: „Die, die sagen, dass sie sich nicht getrauen, die Wahrheit zu sagen, das ist verständlich in diesem Land. Seit 1947, dem ersten Putsch, der die Demokratie beendete und Mr. Pridi ins Exil zwang, Sehen sie, Mr. Pridi, der Gründer der thailändischen Demokratie, der Befreier des Landes, er ist jetzt ein verruchter Mensch... Und der König ist ein großer Mann, Der König , der vielleicht Seite 156 von 408
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Die Warnung schien zu spät zu kommen. Panzer rumpelten über die Straßen. Schüsse waren zu hören. Das Geräusch von splitterndem Holz deutete an, dass die Tore nieder gerissen wurden. Soldaten schwärmten aus und verteilten sich auf dem ganzen Grundstück, in beiden Häusern und in jedem Raum. Aber sie konnten ihn nicht finden. Er war von seiner Mauer am Fluss auf einen Sampan gesprungen und verschwand in der Dunkelheit auf der anderen Seite des Flusses. Während der ganzen Nacht ging die Suche nach ihm weiter, während das Militär alle öffentlichen Gebäude besetzte, Straßensperren errichtete und die führenden Beamten und Minister verhaftete. Am nächsten Morgen trugen die Soldaten FM Pibul zurück in das Verteidigungsministerium wo er zum Kommandeur der bewaffneten Streitkräfte ernannt wurde. Er stritt ab, den Coup geplant zu haben. Seine wichtigsten Assistenten waren der Kopf der Luftwaffe, der Chef der Garnison von Bangkok, ein weiterer Armeegeneral und sein Schwiegersohn, der ein höherer Polizeioffizier war. Wir müssten uns nur um den Namen des letzteren kümmern, dessen Namen sich wie Blutspritzer über die Jahre verteilen wird: Polizeigeneral Pao (pr. pow). Aber ob es Teil des Coups war oder nicht, FM Pibul war zurück an der Macht. Indem er erklärte, dass der Zweck des Coup d’État die Aufklärung des Mysteriums von König Anandas Tod war, legte er dem Regenten, Prinz Rangsit, eine neue Verfassung vor, der die freiheitlichen Regeln von Pridis Verfassung widerriefen. Da jedoch die westlichen Mächte sich weigerten Pibuls Junta anzuerkennen, musste FM Pibul sich zu einem Hilfsmittel flüchten. Er ließ die Anführer der Democrat Party, Kuang den großen Komödianten und Mom Seni Pramoj kommen und schlug ihnen vor, dass sie die Regierung bilden könnten. Es war klar, dass sie nur aus seiner Gnade entstand und unter seinem Schutz stand.
seinen Bruder getötet haben könnte, und niemand spricht es aus.“ (Quelle: https://www.schoenes-thailand.de/news/thema/sulak-sivaraksa-teil-6.html) Seite 157 von 408
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Abbildung 10 Kuang, der Große Komödiant, auf seinem Weg das Amt des Premierministers anzunehmen nach dem Coup von 1947.
Nun hatten diese politischen Führer eine bekannte Vergangenheit in der sie dem Ausverkauf des Landes durch FM Pibul an die Japaner entgegengearbeitet hatten. Dass Sie einen solchen Vorschlag nach dem gewaltsamen Sturz einer legal gewählten Regierung erhalten würden, und nach der willkürlichen Vernichtung der freiheitlichen Verfassung, der sie selbst geholfen hatten das Licht der Welt zu erblicken, musste selbst den weit entwickelten Sinn von Humor von Kuang verdutzt haben. Nach verlängerten internen Debatten akzeptierten sie das Angebot im Interesse der Nation, wie sie glaubten. Und zweifellos reflektierte die Entscheidung eine Wunschvorstel-
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lung, dass die Demokratie gerettet werden könnte. Also wurde Kuang wieder Premierminister.111 Aber war Pridi geschlagen? Er wurde immer noch vermisst. Ebenso wie sein Premierminister, Admiral Dhamrong, den eine Nachricht auf der Wohltätigkeitsveranstaltung erreicht hatte und der daraufhin durch die Hintertür schneller geflüchtet war als die Soldaten durch die Vordertür herein kamen. Der gejagte Premierminister fuhr dann die ganze Nacht durch den Irrgarten von Bangkoks Straßen, wobei er die Straßensperren umging bis er gegen 06:30 Uhr die Gebäude der britischen Botschaft betrat. Der Botschafter zu diesem Zeitpunkt war der stämmige, hakennasige Sir Geofrey Thompson. Ein beherzter Ire aus dem Norden, geschult auf den Schlachtfeldern Flanderns, der den diplomatischen Dienst in vielen Teilen der Welt mit seinem Humor und seiner Urteilfähigkeit aufgewertet hatte. Er gehörte zu einer Generation bevor Diplomaten durch die direkte und schnelle Konsultation mit seiner Regierung neutralisiert wurden. Und konfrontiert mit dem erschöpften Admiral Dhamrong reagierte er mit einer charakteristischen Humanität. Auf seine eigene Initiative hin bot er ihm Asyl an. Dhamrong schien zu akzeptieren aber während Sir Geoffrey darauf wartete, den Premierminister damit zu beschäftigen, er sich rasierte und frühstückte, ersparte ihm Dhamrong die Unannehmlichkeiten und verschwand wieder still und heimlich. Er versteckte sich hinter dem Vordersitz eines Autos das ihn aus der Anlage fuhr. Er und jene die Pridis führende Anhänger waren, die auch der Verhaftung entkommen konnten, hielten Treffen an geheimen Plätzen in Bangkok ab. Jeder hatte einen geladenen Revolver vor sich auf dem Tisch. Und sie planten einen Gegencoup. Oder vielmehr verließen sie sich auf die Marine. Die eine Wahrheit in Bangkoks hektischen Gerüchten über Pridis Aufenthaltsort war, dass die Marine ihm jetzt Schutz gab. Denn die Marine lehnte die politischen Machenschaften der Armee ab. Es gab zu wenig Menschen, die in den Forderungen der Demokratie geschult waren um einen massiven bürgerlichen Aufstand zu veranstalten. Und Pridi selbst, war seinen Versprechungen aus der Kriegszeit treu geblieben und hatte die Free-Thai – Bewegung, deren Teilnehmer ihn anbeteten, aufgelöst. Deshalb blieb nur die Marine als einzige Aussicht auf den Erfolg eines Gegencoups. Aber die Aussicht eines Bürgerkrieges ließ sie zögern. Und auch Pridi. Und unter
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Noch erstaunlicher als diese erste Kollaboration mit den Putschisten war die offensichtliche Wiederholung dieses Fehlers während der Geschichte bis zum heutigen Tage. Seite 159 von 408
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dem Eindruck, dass seine Anwesenheit Schwierigkeiten hervorrufen könnte, und auch die Erwartung, dass sein Aufgeben der Opfer für Frieden sein könnte, verließ er die Marinebasis flußab bei Sutthaheep und verschwand um die Entwicklungen abzuwarten. Aber die Entwicklungen wandten sich vollkommen gegen ihn. Die Akzeptanz der Democrat Party von FM Pibuls Angebot zerstörte jede Chance eines gemeinsamen politischen Standpunktes. Der flüchtige Premierminister, Admiral Dhamrong verließ Bangkok in Richtung Südosten, und wegen des Fehlens von bewaffneter Stärke es gelang ihm nicht Unterstützung zu sammeln. Die Briten und Amerikaner drängten die Marine keinen Bürgerkrieg vom Zaum zu brechen. Und die Putschisten, indem sie freigiebig Geld ausgaben, klug Verhaftungen mit Beförderungen mischten, behaupteten schließlich ihre militärische Macht und erzielten vollständige Kontrolle.112 Sie machten verdoppelte Anstrengungen Pridi zu fangen. Als Rechtfertigung des Coups nannten sie ihn nun offen den Chefverschwörer in Anandas Mord. Er würde vor Gericht gestellt, sagten sie, zusammen mit seinen vermeintlichen Werkzeugen des Mordes, Leutnant Vacharachai, der auch vermisst wurde. Um den Ernst ihrer Absichten zu beweisen, wurden drei Männer verhaftet113 und im Gefängnis der Stadt festgehalten. Sie mussten schwere Ketten tragen um jeden Fluchtversuch oder Rettungsversuch zu unterbinden. Diese Männer, Pridis angebliche Mitverschwörer waren die zwei Pagen des Schlafzimmers, Nai Chit und Butr, und der Ex-Sekretär Chaleo. Für Jahren würden sie im Mittelpunkt eines außergewöhnlichen nationalen Spektakels stehen, aber im Moment war die ganze Aufmerksamkeit auf die Suche nach Pridi und Leutnant Vacharachai gerichtet. Die Gerüchte waren so verbreitet, dass Pridi gleichzeitig an verschiedenen Punkten gewesen sein sollte. Aber jedes Gerücht fiel hinter dem zurück, was tatsächlich passiert war. Diese Geschichte sollte jetzt erzählt werden.
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Wer die Vorgänge nach dem Militärcoup von 2006 und dem Sturz der gewählten Regierung im Jahr 2008 verfolgte, erkennt deutliche Parallelen. Auch im Jahr 2008 kam die Regierung nur durch einen Coup und anschließende Maßnahmen hinter den Kulissen an die Macht und diese Regierung war auch auf den Schutz der Putschisten angewiesen, um sie zu erhalten. 113
Zwei weitere Menschen, ein hoher Palastbeamter und Leutnant Vacharachais Frau wurden ebenfalls verhaftet aber nach längerem Verhör wieder frei gelassen. Seite 160 von 408
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Der britische Marineattache zu diesem Zeitpunkt war Kapitän Straford Hercules Dennis, der in etwa fünfzig Jahre alt war. Er war des Sohn eines irischen Pferdezüchters, fünf mal war er beim Grand National mit geritten, ausgebildet am St. John’s in Cambridge. Ein kleiner, drahtiger, sonnengebräunter Mann mit einem aufgeweckten hageren Gesicht und stillen Umfangsformen die wenig über die vollkommene Unerschrockenheit seines Charakters verrät. Er hatte in Jutland im 1. Weltkrieg gedient, und während einiger der gewalttätigsten Episoden des zweiten Weltkriegs, in Narvik, Dünkirchen, Sizilien, Salerno, die Normandie. Agent im besetzten Frankreich und unter einem der ersten Kommandos. Er wurde der stellvertretende Chef der Operationen der alliierten Streitkräfte (SEAC) in Delhi, als Japan sich ergab. Bis zu diesem Zeitpunkt war er bereits mit drei DSCs, das polnische Ehrenkreuz und fünf Erwähnungen in Frontberichten ausgezeichnet. Er war in Bangkok mit sechs Gurkhas angekommen um die Japaner zu entwaffnen und die Siamesische Marine neu zu organisieren und traf bei dieser Gelegenheit Pridi. So viel zur Vergangenheit. Am 19. November 1947 gegen 6 Uhr am Morgen wurde Kapitän Dennis in seinem Haus in der Nähe der britischen Botschaft geweckt. An seiner Tür stand ein siamesischer Marineoffizier. Der Mann sagte: „Ruth ist hier“. Dennis bat ihn sofort hinein zu kommen. Aus dem Wagen vor dem Haus kamen fünf weitere Fahrgäste in Marineuniformen. Sie hatten zwei Thompson Maschinenpistolen, ein halbes Dutzend Handgranaten, und weitere Bewaffnung neben der Pistole, die jeder in einem Schulterhalfter trug. Dennis erkannte Leutnant Vacharachai in der Gesellschaft, aber der Mann mit der großen Kappe, dicken Brillengläsern, Bart und eingefallenen Wangen erschien im fremd, bis Pridi sich zu erkennen gab – der letzte Schliff an seiner Tarnung war erreicht worden, indem er seine Zähne in der Tasche trug. Er war 200 Meilen über Nebenstraßen von seinem letzten Versteck aus zu Dennis Haus gefahren, um vor Tagesanbruch anzukommen. Erschöpft akzeptierte er ohne Begeisterung einen Whisky mit Soda. Eine lebenswichtige Notwendigkeit war für ihn aus dem Land zu flüchten. Sein Instinkt der ihn gewarnt hatte, dass andernfalls sein Leben in Gefahr war, sollte durch die nachfolgenden Ereignisse bestätigt werden. Er bat Dennis offen um Hilfe. Dennis führte ihn und seine Partner in einen Raum im Obergeschoss und erklärte ihnen, dass sie sich vom Fenster entfernt halten sollten. Dann ging er hinüber zur britischen Botschaft, und zwinkerte dabei wie jeder guter Ire der Statue von Königin Viktoria zu. Seite 161 von 408
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Sir Geoffrey Thompson war gerade dabei sich dem Frühstück zu widmen als der chinesische Butler ankündigte, dass Kapitän Dennis „verdammt schnell kommen wollte“. Sir Geoffrey empfing den Attache sofort und hörte sich seine Geschichte an, dann begab er sich zu einer Besprechung mit dem US-Botschafter Edwin Stanton. Die kleinen Streitigkeiten der Diplomatie wurden als weniger wichtig angesehen in Anbetracht der Tatsache, dass ein Kriegskamerad, den sowohl die Briten als auch die Amerikaner beide sehr hoch schätzten, Hilfe benötigte. Und sie weigerten sich zu glauben, dass er mit dem Königsmord zu tun hätte. Der amerikanische Marineattache, „Skeats“ Gardas wurde gerufen, und ebenso William Adam, der lokale Chef der Shell Company, der als Kriegsgefangener an der BurmaEisenbahnstrecke gearbeitet hatte und keinerlei Liebe für FM Pibul empfand. Adam stellte fest, dass zufällig ein Shell Tanker in Richtung Singapur an der Mündung des Menam auf die Flut wartete, um mit ihr in den offenen Golf zu fahren. Die Pläne waren schnell entwickelt, die Dennis dann Pridi mitteilte. Kurz nachdem er das getan hatte, wurde er an die Vordertür gerufen wo ein gewisser Prinz, der der Pibul Junta nahe stand, nach ihm verlangte. Dieser Mann sagte, dass es Gerüchte gäbe, dass Pridi in Bangkok wäre und versuchen würde über den Fluss zu entkommen: Ob Dennis etwas wissen würde? Dennis bestätigte sofort die Gerüchte und fügte hinzu, dass Pridi vermutlich von seinem Landungssteg auf der anderen Seite der Stadt versuchen würde seine Heimatstadt Ayudhya im Norden zu erreichen. Als der Prinz, der auf die falsche Fährte gesetzt worden war, ging, folgten nerven zehrende Stunden bis neun Uhr. Zu diesem Zeitpunkt begaben sich Dennis und die Flüchtlinge zu den Hauptdocks in den südlichen Vororten der City. Dennis fuhr den Jeep und hinter ihm, wie eine Eskorte, fuhren die anderen in einem geschlossenen Wagen. Sie hatten die meisten Waffen hinter sich gelassen um weniger Aufsehen zu erregen, falls sie in eine Straßensperre geraten sollten. Und tatsächlich wurden sie vor Barrikaden angehalten. Aber die Erstarrung endete, als die Soldaten den europäischen Offizier erkannten und seine Eskorte von der Marine, und als die Soldaten, die angewiesen waren, Zusammenstöße mit der Marine zu vermeiden zurücktraten und salutierten. Genau im Zeitplan gegen ein Uhr dreißig, fuhr die Gesellschaft neben eine Barkasse die an den Docks von Klong Toi vertäut war vor. Die Barkasse gehörte „Skeats“ Gardas. Es war ein ehemaliger U-BootJäger mit zwei Propellern, ideal für ihre Zwecke. Um das Risiko von Verrat zu vermeiden, hatte Gardas der siamesischen Besatzung frei gegeben. Mit Seite 162 von 408
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Pridi und seinen Freunden an Bord und dem Sternenbanner im Wind flatternd, legte die Barkasse zum ersten Teil ihrer gefährlichen Reise ab, die zwanzig gefährlichen Meilen den gut bewachten und patrouillierten Fluss hinaus auf das Meer. In der Zwischenzeit war Dennis zu seinem Haus zurück gekehrt, gerade rechtzeitig um einen Telefonanruf vom amerikanischen Militärattache zu erhalten, der besorgt über die militärischen Aktivitäten der Siamesen um die amerikanische Botschaft war. Er hatte keinerlei Waffen zur Verteidigung, falls die Situation ernst werden sollte, und er fragte, ob Dennis helfen könnte. Dennis nahm das Arsenal, das Pridi und seine Begleitung hinter sich gelassen hatte, packte sie in diplomatische Postsäcke und sandte sie zur US-Botschaft (wo glücklicherweise doch keine Notwendigkeit für ihren Einsatz entstand). Die beiden Botschafter und Kapitän Dennis und Adam konnten nichts anderes tun als zu warten und zu beten. Der Tanker sollte die offenen See gegen 16:00 Uhr erreichen und ihr Kapitän hatte vereinbart, dass er die Fahrgäste einer gewissen Barkasse aufnehmen würde, wenn er internationale Gewässer erreicht hätte, ohne Fragen zu stellen. Also warteten die Männer in Bangkok während eines Nachmittags der unendlich lang zu sein schien. William Adam sollte einen Funkspruch vom Tanker erhalten, aber die Stunden verrannen und es blieb still. Endlich, gegen ca. 18:00 Uhr, rief er Sir Geoffrey an. „Ein Funkspruch vom Kapitän des Tankers MV …….. berichtet, dass das Schiff nach einem kurzen Stopp wegen Maschinenproblemen nun ohne Probleme läuft.“ Dies war der vorher abgesprochene Code um mitzuteilen, dass die Operation erfolgreich verlaufen war. Pridi hatte sich sicher entfernt. (Wie schief die Dinge hätten verlaufen können, wussten die erleichterten britischen und amerikanischen Beamten zu diesem Zeitpunkt nicht. Kaum hatte die Barkasse ihre Ladung gelöscht, da erlitt sie tatsächlich einen Motorschaden und lief dann auf eine Sandbank auf, so dass sie erst um 10 Uhr am nächsten Morgen nach Bangkok zurück kam, um den Annalen der BritischAmerikanischen Abenteuer einen Absatz hinzu zu fügen. Jede Befürchtung die der britische Botschafter wegen der Reaktion von Whitehall auf Grund der unorthodoxen diplomatischen Vorgehensweise hätte hegen können, verschwand als eine Nachricht des Einverständnisses von Ernest Bevin, dem damaligen britischen Außenminister eintraf. Und am Morgen nach der Flucht schrieb der Botschafter einen Brief, den er gemeinsam mit dem des amerikanischen Botschafters Kuang als Kopf von Seite 163 von 408
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Siams nicht anerkannten ad hoc Regierung übergab. Der Brief stellte fest, dass die beiden Botschafter sich nicht in der Lage fühlten die Bitte von Pridi auf Grund ihrer Kameradschaft aus Kriegszeiten zurück zu weisen, und dass sie daher seine Flucht aus dem Land erleichtert hätten, was außerdem helfen würde, den inneren Frieden wieder herzustellen. Die Erinnerung an dieses offene Geständnis bringt immer noch einige Monarchisten in Wut, empört über die angebliche angelsächsisch-amerikanische Niedertracht. Und so geschah es, dass Pridis Abreise zu einer Senkung der politischen Temperatur führte und die Westmächte die Kuang Regierung nach den Wahlen im Januar, bei denen die Anhänger von Pridi sich kaum getrauten anzutreten, anerkannten. Trotzdem gewannen sie 18 Sitze (Democrat Party 54, FM Pibul 7). Durch die Vernichtung von Pridis Verfassung und die Wiedereinführung eines Systems, bei der die Hälfte der Versammlung nicht gewählt, sondern von ihm selbst ernannt wurden, sicherte FM Pibul die parlamentarische Form ebenso wie die Kontrolle des Militärs.114 Aber so lange wie Pridi frei war, stellte er eine ständige Bedrohung für das Regime dar. Der Weg um sich gegen diese Bedrohung abzusichern war einfach. Falls Pridis Komplizenschaft am Tod des Königs bewiesen würde, wäre die ganze Nation so gegen ihn aufgebracht, dass jede Rückkehr in das öffentliche Leben für immer unmöglich wäre. Diese Idee wurde nicht alleine nur durch politische Zweckmäßigkeit diktiert. Die meisten Monarchisten wurden durch das Zusammentragen von Beweisen ehrlich überzeugt, dass Pridi
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Pridis Verfassung von 1946 wurde nun von der Luang Kat Version ersetzt, die monarchistischer war. Unter dieser neuen Verfassung konnte der König theoretisch mehr Macht durch die Regelungen ausüben, mit denen er das Verkünden von Gesetzen verzögern konnte, indem er sich weigerte, sie zu unterzeichnen. (Artikel 30) In Notfällen konnte der König Gesetze in Abwesenheit eines Parlamentes erlassen und solche Gesetze würden später der Versammlung zur Abstimmung vorgeschlagen werden (Artikel 80) Unter Artikel 78 und 79 konnte der König auch jedes Kabinettsmitglied oder das ganze Kabinett per Verordnung entlassen. Er könnte auch Mitglieder des Senats ernennen. Auch wenn es so schien, dass der König auf dem Papier mehr Vorrechte hätte, war er in der Praxis durch eine neue Institution beschränkt, den Kronrat (Aphirathamontri), einer vom Militär kontrollierten Behörde. (Thak Chaloemtiarana, „Thailand The Politics of Despotic Paternalism, New York 2007, S. 32)
Und so stellt sich auch heute wieder die Frage, ob der Kronrat zur Beratung des Königs oder zu seiner Kontrolle dient. Die allermeisten Mitglieder sind jedenfalls Militärs. Während der Autor Paul Handley in seinem Buch „The King Never Smiles“ immer wieder darauf hinweist, dass der König eher zu Militärdiktaturen neigte als zu demokratisch gewählten Regierungen, könnte diese scheinbar symbiotische Beziehung auch auf dem von Phibun einmal eingerichteten Prinzip des Aphirathamontri basieren? Dieser Frage würde es sich lohnen einmal gründlich nachzugehen. Seite 164 von 408
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schuldig war, und viele andere Menschen waren ehrlich überrascht und neugierig darüber, wie die Beweise zusammen gekommen waren. Ironischerweise war der Mann, der sie sammelte Mom Seni Pramojs Schwager, der gleiche Mann, den Pridi als Polizeichef während der Amtszeit von Mom Seni als Premierminister abgelehnt hatte. Von einem inneren Ruf zur Pflicht gerufen, wurde er auf eigenen Wunsch aus dem Ruhestand wieder reaktiviert um die Untersuchungen eines neu zusammen gesetzten Polizeiausschusses zu leiten. Dieser Mann, Phra Phinich (pr.prah pin-it) genannt, lassen Sie uns ihn Detektiv Phinich nennen, begann die Vorbereitungen für die Anklage gegen die drei gefangen genommenen Männer. Aber wenn die Namen des Ex-Sekretärs Chaleo und der zwei Pagen Nai Chit und Butre auf der Anklageschrift erschienen, war der Fall doch klar gegen Pridi gerichtet sowie seinen Handlanger Leutnant Vacharachai. Auch wenn sie verschwunden waren, standen sie, als ob sie anwesend wären, nicht nur an Deck sondern an der Bar der Geschichte. Die Vorgänge, seltsam und herausfordernd durch all die Jahre die sie dauerten, filterten fast jeden Umstand der mit dem Tod des Königs im Zusammenhang standen. Falls Pridi schuldig war, würde es bewiesen werden. Der Shell Tanker hatte ihn sicher nach Singapur gebracht. Wo ihm auf der Quarantäne-Insel „Gastfreundschaft“ gewährt wurde, und es wird behauptet, dass man ihm bei seiner Abreise mit der Stromrechnung konfrontiert hatte. Die britischen Autoritäten, ebenso wie die derzeitigen amerikanischen, fühlten sich durch seine Anwesenheit irgendwie gestört weil die Klärung des Todes von Ananda ausstand. Mit einigen wenigen Kameraden, darunter Leutnant Vacharachai verschwand er deshalb für den Moment, jedoch nicht ohne einen Brief an seinen Gastgeber, Lord Killearn, den Sonderkommissar Großbritanniens für Südostasien geschrieben zu haben. „Ich bestreite hiermit absolut in irgendeiner Weise in den Tod seiner Majestät König Anandas, den ich ehrlich bedaure, verwickelt zu sein. Ich erkläre außerdem dass nach meinem besten Wissen und Gewissen kein Mitglied meiner derzeitigen Begleitung in diesen unglücklichen Vorfall verwickelt war.“ Sagte er die Wahrheit? Der Fall des Königsmordes gegen die drei verhafteten Männer würden es ans Licht bringen. Der Fall sollte schließlich im September 1948 beginnen.
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Kuang der große Komödiant hatte wieder einmal einen Auftritt. Nur wenige Monate nach seinem Akzeptieren des Amtes des Premierministers, wodurch er FM Pibuls Zweck eine Regierung zu erhalten, die für den Westen unmittelbar nach Pridis gewalttätigen und illegalen Sturz akzeptierbar machte, wurde er von vier Armeeoffizieren besucht, die ihm vorschlugen, dass er ernsthaft in Erwägung ziehen sollte, sich zur Ruhe zu setzen. Kuang hatte keine andere Wahl als dem Wink zu folgen.115 FM Pibul der vor weniger als drei Jahren inmitten allgemeinen Abscheus in Ketten gelegt worden war, machte sich selbst wieder zum „Premierminister“. Und voller Zuversicht erwartete er das Gerichtsverfahren über den Königsmord um die Vernichtung von Pridi zu vervollständigen.
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Khuang versuchte diese drastische Drohung zu überprüfen indem er eine Notiz an Phibun schrieb und Aufklärung verlangte. Er beauftragte seinen Bruder, der ein Armeeoffizier war, die Notiz persönlich zu überbringen. Kurz darauf kamen Phin und Luang Kat zu seinem Haus um die Forderungen der Putschisten zu bestätigen. Da er keine andere Wahl hatte, trat er zurück. In seiner Rücktrittsbrief an den König machte er deutlich, dass er von der Armee gezwungen worden war zurück zu treten und nannte alle Details der Erpressung in einem Brief. (Thak Chaloemtiarana, ed, Thai Politics, 1932-1951, Bangkok 1978, SS 592, 593) Seite 166 von 408
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Das Gerichtsverfahren Vollständige Gerichtsunterlagen existieren nicht. Es gibt auch kein Protokoll über die Beweiserhebung. Die Richter verließen sich auf ihre eigenen Notizen um zum Urteil zu kommen.
Abbildung 11 Die fünf Richter des Mordverfahrens unter dem Portrait von König Bhoomipol.
Die Ankläger hatten jedoch eine Menge Papier, insgesamt drei Fuß hoch116 darunter hunderte von Fotos, Modelle und Ausstellungsstücke. Wenn irgendetwas davon übrig geblieben ist, dann sind Nachfragen nicht erwünscht. Ich wurde höflich zurück gewiesen mit der Begründung „lassen Sie uns vernünftig sein“ und der Frage warum ich die unangenehme Vergangenheit wieder aufrühren wollte. Aber mit ein wenig unangenehmer Beharrlichkeit und mit zuverlässiger Hilfe sowohl durch die offizielle Behinderung als auch den Nebel der Angst und des Schweigens, das seit Anandas Tod über Siam liegt, konnte ich das Puzzle des Gerichtsverfahrens zusammenstellen. Es war nicht nur einmalig in seiner Besonderheit, sondern ein entscheidender Führer zur endgültigen Lösung. Es begann am Mittwochnachmittag, dem 28. September 1948. So nahe zum Tatort war die Bestrafung gedacht, dass das Schlafzimmer in dem Ananda starb fast den Gerichtshof überragte. Das Strafgericht in Bangkok ist in großen grauen Gebäuden im Justizministerium weiter unten auf der Straße auf der gleichen Seite wie die Mauern des Grand Palace, die mit der Barompiman Halle abschließen. Durch Zufall gibt es an einem Ende des Ministeriums eine Ansammlung von kleinen Gebäuden die für die Wachgeister Bangkoks bestimmt sind, gerade so wie jedes Haus seinen eigenen Geisterwächter hat, hat es jede
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Siedlung und jede Stadt. Dieses Konzept eines mit Buddhismus vermischten Geisterglaubens, dessen Ausdruck man in dem Vorherrschen der geschmacklosen Innenausstattung erkennt, die mit Goldplättchen von Gläubigen beklebt wurde. Und mit glimmenden Räucherstäbchen umgeben ist. Auch wenn die Menschen, die sich auf dem Platz versammelten, weniger dort waren um Opfer zu bringen sondern um ihre eigene Zukunft zu erfahren. Aber orakelhafte Visionen wären ernsthaft überbeansprucht, würde man sie auffordern die Entwicklungen des Gerichtsverfahrens, das am anderen Ende des Ministeriums in der Nähe der Barompiman Halle begonnen hatte, voraus zu sagen. Das Verfahren fand in einem separaten einstöckigen Gebäude statt, das von einer Buddhastatue dominiert wurde, und das mit nie gesehener Präsenz der Öffentlichkeit gefüllt war. Der langgestreckte, hallenähnliche Raum mit vielen Fenstern, wurde Raum 24 genannt. An der Wand gegenüber dem Eingang stand die große Buddhastatue mit einer Gruppe rot lackierten und vergoldeten hölzernen Fußbänken mit Vasen voller Blumen vor ihnen. Hier schworen die Zeugen die Wahrheit zu sagen. Der Rest war nicht ungewöhnlich. Da waren die erhöhten Plätze der Richter neben einem Portrait von König Bhoomipol, der Zeugenstand, Plätze für die Anwälte und so weiter. Die Einflüsse des Westens waren früh in die Justizinstitutionen Siams eingezogen und tatsächlich hatten einige der Richter in Oxford oder Cambridge studiert. Die übliche Quote in einem Strafrechtsverfahren bestand aus drei Richtern, aber hier waren es vier die von einem fünften beaufsichtigt wurden, dem Chefrichter des Strafgerichtshofes. Als ob er den Unterschied erklärten wollte, sagte er zu Beginn, dass dies der wichtigste Justizfall in der Geschichte Thailands wäre. Es sah auch danach aus, dass es der längste werden sollte. Während der Vorbereitungshearings die einen oder zwei Monate dauerten und vor dem 28. September stattfanden, hatte die Anklagevertretung angekündigt, dass sie über dreihundert Zeugen aufrufen würde. Obwohl das Gericht entschied, drei Mal in der Woche zu tagen, statt der üblichen Praxis zu folgen, nur einen Termin pro Woche anzusetzen, konnte man nur hoffen, dass das Verfahren innerhalb eines Jahres abgeschlossen war.
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Abbildung 12 Ex-Sekretär Chaleo, Butr und Nai Chit in Raum 24.
Die formalen Anklagepunkte die jetzt gegen Ex-Sekretär Chaleo und die Pagen Nai Chit und Butr vorgetragen wurden, teilten sich in drei Gruppen auf. Die erste Gruppe der Anklagepunkte ging, kurz gesagt, davon aus, dass zwischen dem 9. April und dem 9. Juni 1946 alle Beschuldigten gemeinsam mit anderen ein Komplott zur Ermordung von König Ananda beschlossen hätten. Die zweite Gruppe, aus der Chaleo ausgeschlossen wurde, beschuldigte die Pagen und unbekannte, aber einfach zu identifizierende „Komplizen die noch im Ausland sind“ an, die Straftat selbst durchgeführt zu haben, indem sie dem König am 9. Juni 1946 in den Kopf geschossen hätten „in Übereinstimmung mit ihrer geplanten Absicht und dem Plan“. Alternativ dazu wären die Pagen nicht nur ihrer Pflicht nicht nachgekommen das Verbrechen zu verhindern, sondern hätten „Hilfe und Beihilfe zum Erfolg der Straftat“ geleistet. Die dritte Gruppe von Anklagepunkten war gegen Nai Chit alleine gerichtet, und diese überraschten nun wirklich. Man mag sich erinnern, dass, als er während des Palasttreffens nach Anandas Tod vernommen wurde, er eine Schublade gebracht hatte, die die .45er Pistole enthielt, die beim Körper gefunden worden war, ebenso wie die abgefeuerte Patronenhülse, von der er später sagte, dass er sie neben dem Bett gefunden hätte. Aber, so sagte die Anklageschrift, während dies tatsächlich die benutzte Patronenhülse aus einer .45er Pistole war, hätte Nai Chit genau gewusst, dass die .45er Pistole nicht die Pistole gewesen wäre, die den tödlichen Schuss abgefeuert hätte. Mit anderen Worten wäre die .45er eine Manipulation gewesen und die Täuschung wäre noch verstärkt worden durch das Herbeizaubern einer Patronenhülse die einmal aus dieser Waffe abgefeuert worden war. Seine Absicht wäre gewesen „die Komplizen vor der Bestrafung durch das Gesetz zu beschützten und die Straftat der Ermordung des Königs zu verschleiern, indem die Annahme erzeugt werden sollte, dass Ananda Selbstmord begangen hätte.
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Diese Enthüllung eines raffinierten Komplotts, der größer war als jeder sich vorgestellt hatte, brachte die Aufregung über das bevorstehende Verfahren zum Siedepunkt. An diesem Mittwochnachmittag drängten sich eintausend Zuschauer in den Raum 24 und die umliegenden Anlagen, wohin die Vorgänge über Lautsprecher übertragen wurden. Das Gebäude wurde streng durch Spezialpolizei bewacht. Jeder der es betrat wurde untersucht. Die Pibul-Regierung wollte nicht das Risiko der Flucht der Beschuldigten eingehen, wo sie doch so zuversichtlich hinsichtlich der überwältigenden Beweislast war, so dass das öffentlich durchgeführte Verfahren sachgerecht durchgeführt wurde. Die drei Männer wurden von Wachen mit Maschinenpistolen begleitet. Sie nahmen ihre Plätze auf der Anklagebank ein. Der Angeklagte Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3. Was wie so stumpfsinnige Zahlen klang, ließ die Herzen vieler schneller schlagen, denn alle diese Männer hatten Familie. Jeder war mit einer khakifarbenen Hose und einem weißen Hemd bekleidet und sie waren alle in einem ähnlichen Alter – in den Vierzigern – womit aber ihre Ähnlichkeiten schon aufhörten. Der kleine Butr mit seinem sorgenvollen Gesicht mit den strahlenden Augen hatten wir bereits beschrieben. Sein bebrillter Kollege Nai Chit hatte einen weitaus aufgeweckteren Charakter. Er war besser gebaut und größer und sah wirklich gut aus. Er kam aus einer höheren Familie als Butr aber wie dessen Familie, hatte seine in aufeinander folgenden Generationen im königlichen Dienst gestanden. Er hatte sechs Töchter, den Ruf praktische Witze zu machen, und eine Vorliebe für das Stricken. Ex-Sekretär Chaleo, ein Mann des Geschäfts und der Politik, war der am wenigsten attraktive von den dreien. Er war korpulent und aufgedunsen und machte einen grobschlächtigen Eindruck. Aber wir sollten Menschen nicht nach ihrem Aussehen beurteilen, denn dann würden nur wenige von uns überleben.
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Nacheinander bekannte sich jeder von ihnen als „Nicht Schuldig“. Und während jeder vor den Richtern stand und seine Unschuld erklärte, so konnte man gar nicht anders als die unsichtbaren Persönlichkeiten von Pridi und Leutnant Vacharachai riesengroß hinter ihnen stehend zu sehen. Sie waren die hauptsächlich Beschuldigten: Pridi ganz besonders, er stand eigentlich vor diesem Gericht, vor seinem Volk und der Geschichte seines Landes. Diese Tatsache, die dazu führte, dass der politische Terror oder Polizeiunterdrückung jeden erreichte, der mit ihm verbunden war, oder vielleicht zu seinen Gunsten aussagte, machte die Aufgabe der Verteidigung nicht leichter.
Abbildung 13 Leutnant Vacharachai im Jahr 1946
Es wurde zu Beginn schon klar gemacht durch die Tatsache, dass den Verteidigern nur erlaubt worden war die Beschuldigten zum ersten Mal zu befragen, als das Verfahren gerade einmal weniger als zwei Monate bevorstand. Und als sie am Vorabend des Verfahrens mit den voluminösen Dokumenten der Anklage konfrontiert wurden, die diese als Beweis vorlegen wollte, da baten sie um einen Aufschub. Das Gericht wies den Antrag zurück und, vielleicht erleichtert über die Zurückweisung, baten Sie um Befreiung von dem Verfahren, weil, so protestierten sie, die gegebene Frist für
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die Vorbereitung unfair gegenüber ihren Klienten und schädlich für den eigenen Ruf wäre. Das Gericht vertagte sich und neue Verteidiger wurden gesucht. Eine seltsame Ruhe und Zurückhaltung legte sich über den Berufsstand der Rechtsanwälte in Bangkok. Die Suche schien vergeblich zu sein. Dann geschah es, dass ein junger Strafverteidiger mit dem Namen Fak Nasongkhla im Ankleideraum des Gerichts hörte, dass niemand die Verteidigung für die Angeklagten übernehmen wollte. Er selbst war vollständig beansprucht durch eine zunehmend lukrative Praxis, dennoch meldete er sich sofort freiwillig. Sein Aussehen strahlte eine gewisse Kampflust aus. Er hatte eine kleine, stämmige Gestalt und ein rechteckiges Gesicht, eine kleine Nase. Aber er sprach sehr leise als ob er damit beschäftigt wäre herauszubekommen, was er eigentliche sagen wollte, und er hatte gute Manieren. Er war zögerlich, fast scheu. Weil er so tapfer war und sich leidenschaftlich für das Recht einsetzte, schuf er ein Beispiel dem verschiedene andere Anwälte folgten, fähige Nachfolger Pridis. Und so begann das Verfahren schließlich mit Angeklagten, die besser verteidigt wurden als sie gehofft hatten. Der Chefankläger beschrieb den Fall in Kürze. Er sagte, dass es einen ausgefeilten verabredeten Mordkomplott von einer Bande von Verschwörern gegeben hätte. Sie hätten nach der Verabredung ihres Komplotts dieses tödliche Unternehmen in die Tat umgesetzt, ohne damit zu rechnen, dass sie dieses Verfahren nun erwarten würde. Er würde in diesem Fall die Schuld beweisen, so sagte er, nicht nur durch Aussagen, die die Angeklagten gegenüber anderen Menschen gemacht hätten, sondern auch durch Aussagen, die sie untereinander besprochen hätten, wobei sie belauscht worden wären. Weitere Beweise würden vorgelegt werden, die auch versprachen ebenso überzeugend zu sein. Aber zunächst würde es um die Konspiration gehen.
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Die Aussage Tees Die belastenden Aussagen die belauscht worden waren, waren den Behörden nur wenige Monate vor dem Gerichtsverfahren bekannt geworden. Es passierte folgendermaßen: Jeden Sonntag wird auf dem Pramane Grund außerhalb des Gran Palace ein Markt abgehalten, und während er die Stände besichtigte, traf ein Polizeioberst einen Freund aus Kindestagen der sich ihm gegenüber von einer Last befreite, die schwer auf seinem Gemüt lag. Der Freund erzählte ihm dass er einen Bekannten mit Namen Tee hätte, der ein Holzhändler aus dem Norden wäre. Dieser Tee wäre vor ein paar Monaten für ein paar Tage bei ihm gewesen. Eines Abends, als noch ein weiterer Gast anwesend war, da passierte es, dass sie über den Tod König Anandas sprachen, und ein Argument über Pridis Komplizenschaft kam zu Sprache. Plötzlich brach es aus Tee heraus: „Ihr zwei wisst nicht die Wahrheit, wer den König getötet hat, ich aber!“ Als er gedrängt wurde das zu erklären, sagte er zurückhaltend, dass er einmal Pridi und eine Gruppe dabei belauscht hätte, wie sie gegen das Leben des Königs konspiriert hätten als er, Tee, auch im Haus dieses hohen Beamten gewesen wäre. Da er dem Beamten zu großer Schuld verpflichtet war, wollte er seine Identität nicht preisgeben und ließ die beiden Männer schwören, dass sie seine Identität nicht offen legen und die Information für sich behalten würden. Als aber der andere Gast gegangen war, da hatte der Gastgeber ihn gefragt ob seine Vermutung richtig wäre, dass der Beamte ein gewisser Konteradmiral, Sprecher der Nationalversammlung während Pridis Zeit als Premierminister, und ein ehemaliger königlicher ADC gewesen wäre. Tee antwortete mit einer Bestätigung und fügte hinzu, dass er auf dem Treffen der Verschwörer mit Pridi die Namen Chaleo, Nai Chit und Too (Leutnant Vacharachais Spitznamen) gehört hätte.117
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Prachatai vom 29.05.2009: „Thanapol sagte, dass Tonaufnahmen von Tee Srisuwan auf der Webseite verfügbar wären, die das Geständnis des älteren Panyananta Bhikku aus 1979 enthalten würden, in dem er zugab, Pridi im Fall von König Anandas Tod absichtlich etwas „angehängt“ zu haben. Die Dateien mit den Tonaufnahmen findet man hier: http://www.pridi-phoonsuk.org/sound-video/.“ (Anmerkung: Wir konnten auf Grund der schlechten Tonqualität bisher noch keine Niederschrift erstellen.). Ein erst kürzlich gefundenes Dokument, das das Gespräch des ehemaligen Premierministers … Thamron Navasawat mit einem amerikanischen Diplomaten über den Königsmord von 1947 enthält, wird in Kürze veröffentlich werden, zusammen mit einer Sammlung von Dokumenten über den Fall. (Prachatai, Bangkok, 27.05.2009, http://www.prachatai.com/english/node/1235) Seite 173 von 408
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Das war die geheimnisvolle Geschichte mit der Tee sich von seiner Bürde vor dem Polizeiobersten auf dem Pramane Grund befreite. Detektiv Phinich, der Chefermittler, ließ sofort nach Tee aus Paknam Po im Norden fahnden. Die polizeiliche Untersuchungskommission verhörte ihn und andere Zeugen, und sie waren unter den ersten die im Zeugenstand von Raum 24 auftraten. Die Zeugenliste beinhaltete den Konter-Admiral. Er gestand freimütig, dass Pridi tatsächlich sein Haus besucht hätte, zuerst im Jahr 1945, als er über einer Hochzeit die Aufsicht führte118, und dann noch ein oder zwei Mal ca. im April 1946, zwei Monate vor Anandas Tod am 9. Juni. Der Konteradmiral bestätigte auch, dass der Holzhändler zur gleichen Zeit in seinem Haus war, was in Verbindung stand mit Geschäften betreffend Bahnschwellen, und er bestätigte auch die Geschichte insofern als er sich erinnerte, dass Pridi an einem Abend mit Chaleo, Leutnant Vacharachai und anderen, deren Namen er vergessen hatte, bei ihm gewesen waren. Er hatte sie in seinen Empfangsraum gebeten, aber nur Pridi und vielleicht Chaleo und Vacharachai gingen dort hinein. An diesem Punkt aber stimmte der Konteradmiral nicht mit der Geschichte von Tee überein. Er sagte, dass seine Geste, die kaum eine viertel Stunde geblieben waren, über seine Holzgeschäfte gesprochen hätten und sich über normale Dinge unterhalten hätten. Wenn es Verschwörergespräche gegeben hätte, so hatte er davon nichts gehört. Aber dann musste er zugeben, dass er den Raum für ein paar Minuten verlassen hatte um sich um Erfrischungen zu kümmern. Und die belastenden Worte, die Tee erklärte gehört zu haben, benötigen nur wenige Minuten um ausgesprochen zu werden. Jedoch hatte die Verteidigung ähnlich überzeugende Beweise, da sie Briefe vorlegte, die im Julie 1946 durch einen anderen Teilnehmer an dem Holzunternehmen an den Konteradmiral geschickt worden war, in dem der Verfasser mitteilte, dass er Tee am 15. diesen Monats nach Bangkok bringen wollte. Tee konnte kaum das Komplott über einen Königsmord gehört haben, wenn sein Besuch erst nach Anandas Tod stattgefunden hatte. Der Konteradmiral akzeptierte bereitwillig, dass sein Gedächtnis ihm einen Streich gespielt haben musste, und er die Daten vertauscht hatte, und der erklärte rundheraus, dass in jedem Fall die Idee einer Komplizenschaft von
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Kruger: Es ist ein Brauch Menschen zu einer Hochzeit einzuladen und eine Art zeremoniellen Empfang daraus zu machen, bei der eine geschätzte Persönlichkeit als stellvertretender Gastgeber fungiert, wobei Glück und Ehre für die Familie entsteht. Als Nebeneffekt sichert man das Kommen der gewünschten Gäste. Seite 174 von 408
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Pridi in einem Mordkomplott vollkommen absurd wäre, und das Ergebnis der Agitation durch die Democrat Party. Aber die Freude der Verteidigung für diesen Schlag gegen einen Zeugen der Anklage war nur von kurzer Dauer. Der Verfasser des Briefes, als er in den Zeugenstand gerufen wurde, sagte, dass er am letzten Tag des dritten Monats im Jahr des Hundes (2. März 1946) einen Brief vom Konteradmiral erhalten hätte, auf Grund dessen er Tee zu ihm gebracht hätte, und dann am 14. Tag des abnehmenden Mondes im vierten Monat (31. März) alleine nach Hause zurück gekehrt wäre. Tee war daher schon vor Anandas Tod beim Konteradmiral gewesen. Die Briefe, die die Verteidigung vorgelegt hatte, so sagte er, bezogen sich auf eine spätere und andere Transaktion. Zusätzlich rief die Anklage eines der Hausmädchen des Konteradmirals in den Zeugenstand, die aussagte, dass in der letzten Woche des Mai gegen 18 Uhr der junge Sohn ihres Herrn sie gebeten hätte auszugehen und gerösteten Mais zu kaufen (Gelber Mais wird über einem offenen Feuer geröstet bis er fast schwarz ist, wodurch der Mais wie Nüsse oder Süßigkeiten schmeckt.) Und auf ihrem Weg bemerkte Sie Gäste im Empfangsraum, einschließlich Chaleo der am Tisch in der Mitte saß, und außerhalb des Raumes, unter einem Mangobaum Tee, der dort saß. Aber natürlich, selbst wenn die vorgelegten Beweise zeigten, dass Pridi und seine Begleitung das Haus vor Anandas Tod besucht hatten und Tee der Holzhändler zur gleichen Zeit dort war, bewies dies nicht Tees Angaben, die er angeblich belauscht hatte. Dies als Beweis zu akzeptieren hing zum großen Teil davon ab, wie glaubwürdig Tee war. Und was genau war es gewesen, das er gehört haben wollte? So als ob die Beweise bisher nur als Fanfaren für einen Starspieler gewesen wären, betrat er nun den Zeugenstand. Drei Male, so sagte er, wäre er im Haus gewesen, als Pridi es besuchte. Im sechsten Monat des zunehmenden Mondes wäre Pridi gegen 18 Uhr mit zwei Männern angekommen, und ca. zehn Tage später wäre er zur gleichen Zeit und mit den gleichen Männern, die Tee später als Leutnant Vacharachai und Chaleo, plus zwei weitere, von denen er einen als Nai Chit identifizierte, dort gewesen. Tee sagte, er wäre Pridi vorgestellt worden, bevor er das Haus verließ, aber er wäre gegangen, bevor es zu einer Unterhaltung gekommen wäre, auch wenn er so etwas hörte wie, „Die Abreise (vermutlich die Abreise Anandas) kommt näher. Was auch immer getan werden muss, muss getan werden.“ Schließlich gegen Ende Mai kam Pridi gegen 19 Uhr mit den selben vier Männern an. Sie gingen alle in den Empfangsraum, der durch eine spanische Wand unterteilt wurde, und von der Seite Seite 175 von 408
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des Raumes in der Tee unbemerkt gewesen wäre, so sagte er aus, belauschte er die Unterhaltung zu einem Augenblick als der Konteradmiral gerade nicht anwesend gewesen wäre. Jemand hätte gesagt: „Ich hätte nie gedacht, dass ein solches Kind so gerissen sein kann.“ Jemand anderes sagte: „Ich hörte es, weil ich in der Nähe war. Der ältere Bruder sagte, dass er zugunsten seines jüngeren Bruders abdanken würde, dann würde er sich in die Versammlung wählen lassen um Premierminister zu werden.“ Mit diesem offensichtlichen Echo auf George Bernard Shaws „The Apple Cart“ in dem ein König seinen Premierminister präzise mit dieser Drohung zur Raison bringt, war offensichtlich Ananda gemeint. Tee hätte dann die Unterhaltung nicht verstehen können bis eine Stimme bemerkte: „Das ist nun genug. Wenn ihr Plan gelingt, sind wir in großen Problemen. Deshalb müssen wir ihn loswerden, bevor er abreist.“ (Anandas Abreise war für den 13. Juni angesetzt gewesen.) „Überlass das mir, “ hätte jemand sofort gesagt. Ein anderer sagte: „Wenn das durchgeht, dann wird sich hoffentlich jemand um uns kümmern.“ „Wenn ich mein Versprechen nicht halte, dann schießt mich lieber tot.“ „Wenn der Job erfolgreich gemacht wird, dann wird jeder entsprechend seinen Wünschen belohnt werden.“ Danach, so sagte Tee, hätte er nichts mehr gehört. Zehn Minuten später verließ Pridi die Gruppe und die anderen hätten unter dem Mangobaum gesessen, geredet und getrunken, als Tee sich zu ihnen gesetzt hätte. „Schauen Sie die Angeklagten an,“ erklärte der Staatsanwalt. „Können sie einen von ihnen erkennen?“ Tee zeigte auf Chaleo und Nai Chit. Er hätte Butr nie gesehen. Der Staatsanwalt fragte ihn: „Haben Sie mit dem Konteradmiral darüber gesprochen, was sie belauscht hatten?“ „Ja, ich fragte ihn: „machen Sie auch mit bei dem worüber Pridi und die anderen gesprochen hatten?“ Er antwortete mir: „Nein, ich habe nichts mit ihnen zu tun außer „schon recht“ und „Ja“, weil sie an der Macht sind und mir einen Gefallen getan haben.“ Ich war sehr verängstigt. Ich riet ihm: „Es wäre besser, wenn Sie nichts mit ihnen zu tun hätten.“ Damit endete Tees Vorstellung als Hauptzeuge. Die Verteidigung hatte nun die großartige Aufgabe zu versuchen, die Aussage zu erschüttern. Sie holten aus ihm die Tatsache heraus, dass er keine feste Anschrift hatte und dass die Polizei seit sie nach ihm gesucht hatte, für ihn und sein Frau aufSeite 176 von 408
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gekommen war. Sie hielten ihm etwas vor, das der Konteradmiral gesagt hatte, nämlich dass das Fenster, durch das er behauptet hatte, die Verschwörer im Empfangsraum gesehen zu haben, durch Sachen der Schwiegermutter des Konteradmirals zugestellt gewesen wäre, aber Tee bestand auf diesem Detail wie er es für den Rest der Geschichte tat, und dass mit so vielen Details, dass es unwahrscheinlich aussah, dass es sich um den Plan eines provinziellen Lügners gehandelt hätte, der sich die Dinge aus der Luft gegriffen hatte. Und so hinterließ die Aussage einen starken Eindruck. Die Anklage fügte dann schnell weitere aber weniger dramatische Beweise hinzu, die suggerieren sollten, dass mindestens zwei der Angeklagten dunkle Insiderinformationen vor Anandas Tod gehabt hätten. Diese Beweise resultierten in erster Linie aus der Aussage der Hofdame der Königinmutter, die sich an eine Unterhalten erinnerte, die sie mit Nai Chit kurz vor dem tragischen Sonntag über die bevorstehende Abreise des Königs hatte. Nai Chit, so sagte sie aus, hätte gesagt: „Ich sage dir, er wird nicht am dreizehnten abreisen.“ „Was meinst du? Warum sagst du das?“ hätte sie gefragt. Als er nicht geantwortet hätte, hätte sie ihm widersprochen und gesagt: „Ich glaube dir nicht“ Und Nai Chit hätte gelacht. „Du wirst sehen, Warte nur und schau!“ Die Hofdame sollte mit der königlichen Familie ins Ausland gehen, was sie dazu brachte zu glauben, dass Nai Chit sie auf den Arm nahm – bis zu der Tragödie am 9. Juni, die seine Worte in einem vollkommen anderen Licht erscheinen ließen. Darüber hinaus hatte sie am Abend der Tragödie eine ähnliche Unterhaltung mit einem der Pagen von der königlichen Tafel. Dieser Mann mit dem Namen Mee, antwortete vor dem Gericht mit der Wiederholung des folgenden Dialoges: Nai Chit: Ich bin überrascht, dass der König an einem 13. abreisen will. Westler sehen das als Unglückstag an. Mee: Aber der König ist Thai. Warum sollte er an den Aberglauben der Westler glauben und die Abreise verschieben? Nai Chit: Er wird nicht abreisen. Mee: Aber der Tag ist von Astrologen ausgesucht worden. Er muss gehen. Nai Chit: Merke dir meine Worte, er wird NICHT gehen. Die Anklage hatte einen ähnlichen Beweisantrag gegen Chaleo. Sie riefen einen gewissen Armeeoffizier, einen alten Freund von Chaleo auf, und dieser war von Chaleo gefragt worden, als er ein Mönch war, wie es der Seite 177 von 408
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Brauch ist, Chaleos Haus zu segnen, indem er dort aß. Dieser Zeuge sagte, dass, als er Chaleo bei der Kremation des Ex-Regenten Aditya traf (an der Bhoomipol den kranken Ananda am 8. Juni vertreten hatte) da hätte er Chaleo gefragt: „Warum wurde die königliche Abreise auf den dreizehnten festgelegt?“ Chaleo hätte geantwortet: „Nein sie werden nicht abreisen.“ Aber er wollte keine Erklärung dafür geben und hätte nur gesagt: „Warte ab!“ Die Worte Chaleos, von seinem Freund, dem Offizier der Armee ausgesprochen, fielen in einem plötzlich stillen Gerichtssaal, in dem die Menschen sich atemlos drängten. Und wie Nai Chits all zu genauer Voraussage so bestärkte auch diese die Glaubwürdigkeit der Aussage von Tee dem Holzhändler, der behauptet hatte, dass sie Teil einer Konspiration wären. So baute die Anklage langsam aber mit zwanghafter Überzeugungskraft für die öffentliche Meinung die Beweislage auf. Dann, am Morgen des 1. Dezembers, wurden die Vorgänge plötzlich durch eine Ankündigung unterbrochen, dass trotz einer vierundzwanzigstündigen Bewachung des Hauses des Staatsanwaltes, man dort eingebrochen hätte. Der Wärter war verschwunden, aber der Berg von Papieren schien intakt zu sein. Es hatte nie eine Erklärung für diesen Zwischenfall gegeben. War es durch Freunde Pridis oder der Angeklagten verursacht worden, die ihrer Verzweiflung freien Lauf gelassen hatten? Vermutete die Polizei dies? Was auch immer die Erklärung war, so hatte die Episode ein Gefühl der Unsicherheit erzeugt, das speziell unglücklich für Chaleo ausging, der gerade einen Antrag auf Kaution gestellt hatte. Er bot eine Sicherheit von 400.000 Baht an, um an der Kremation seines Sohnes teilnehmen zu können, seine falschen Zähne reparieren zu lassen und um sich von den Folgen einer einjährigen Einkerkerung im Gefängnis erholen zu können. Sein Antrag wurde abgelehnt. Ein oder zwei Wochen später erkrankte er an einer Lungenentzündung. Aber das war noch nicht das Ende seines unmittelbaren Pechs. Bangkok war gespannt auf ein Manifest mit dem Titel „das rote Fass“ von einer Person die kein geringerer war als der stellvertretende Kommandeur der Armee, der behauptete, dass er den Deckel von der Verschwörung heben würde, die von Pridi angeführt worden wäre, und zu der Chaleo auch gehören würde. Als Auszüge in der Presse bekannt wurden, beantragten die Angeklagten, dass das Gericht sich selbst vor der Missachtung des Gerichtes schützen sollte, und sie vor Vorurteilen. Der Autor des Manifestes behauptete, dass ein Freund, der ihm geholfen hätte, es ohne seine Einwilligung von seinem Tisch gestohlen hätte. Der Verdacht, der durch das Manifest in der Öffentlichkeit entstanden war, wurde nur wenig durch die geringen Seite 178 von 408
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Strafen für die Veröffentlichung beeinflusst, 200 Baht für den Autoren, 400 Baht für seinen Freund119. Die Verhandlung fand zurück zu seiner unterhaltsamen Art, und erhielt im Laufe der Zeit selbst eine Identität, die fast vollkommen losgelöst von der Realität war. Außer wenn hin und wieder Erinnerungen einbrachen, was das Verfahren bedeuten könnte. Dies war zum Beispiel der Fall als für Gandhis Mörder zu Beginn des Februars 1949 die Todesstrafe ausgesprochen wurde. Dann verschwand der traumartige Eindruck und seelisch Gepeinigte fragten, wann dies endlich ein Ende haben würde. Bis zu diesem Februar hatten fünfundzwanzig Zeugen ausgesagt, aber meist waren die Aussagen nur formaler Natur gewesen oder um den Eindruck des Wahrheitsgehaltes von anderen Aussagen zu erhöhen, nur wenige hatten wirklich inhaltlich etwas beizutragen. Von solchen Aussagen gab es nur relativ wenige. Unter ihnen war die Aussage des königlichen Kindermädchens, die während sieben Tagen im Zeugenstand verhört wurde. Diese einfache und fromme Freundin der Königinmutter war die ständige Begleiterin der königlichen Familie während ihres gesamten Aufenthaltes in der Barompiman Hallegewesen. Pridi, so sagte sie, wäre in gutem Einvernehmen mit ihnen gewesen. Sie erinnerte sich an seinen Urlaub mit ihnen in Hua Hin, zu dem der König ihn eingeladen hatte. Auch hätte es keinerlei Unzufriedenheit über Nai Chit und Butr gegeben. Aber wieder hatte sie ominöse Dinge sagen hören. Worte eines älteren Pagen, der selbst inzwischen wegen eines Fiebers verstorben war, und die er zwei Monate vor dem Tod des Königs gesagt hatte. Das königliche Kindermädchen erzählte dem Gericht dass er oft Angst über die Sicherheit seiner Herrschaft geäußert hätte, weil er nicht an die Loyalität der unmittelbaren Umgebung Anandas geglaubt hatte. Sie hatte das dann verworfen und auf seinen schlechten Gesundheitszustand zurück geführt. Aber in der Folge hätte sich bestätigt was er gesagt hatte. Sein Name war Page Chan, und sein Schatten wird dunkel über den Menschen in seiner Nähe lasten. Das königliche Kindermädchen zeigte sich entrüstet über etwas, was sie als den Versuch der Polizei ansah, nach Anandas Tod zu bewiesen, dass er mental unausgeglichen gewesen wäre. Sie bestand darauf, dass er ein „ruhiger, nachdenklicher und kluger“ Mensch gewesen wäre. Sein Verhalten am Tag vor seinem Tod wäre vollkommen normal gewesen: Er wäre fröh-
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Weniger als 8 Euro. Dagegen waren später wegen des Kritisieren eines Gerichtsurteils Menschen mit Gefängnisstrafen belegt worden. Seite 179 von 408
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lich gewesen und hätte viel Zeit damit verbracht sein persönlichen Dinge zu packen. Nur die einfältigen Teile der Öffentlichkeit konnten die Absichten hinter den Fragen übersehen, die darauf gerichtet waren, diese Antworten hervorzulocken. Natürlich hing der Beweis der angeblichen Verschwörung nicht davon ab, aber es würde die Konspirationstheorie stärken, wenn andere Erklärungen für den Tod ausgeschlossen würden. Die sich immer noch in der Öffentlichkeit haltende Theorie eines Selbstmordes war eine solche Erklärung, die das Kindermädchen half zurück zu weisen. Und nun wandte sich die Anklage einer anderen Theorie zu, die niemals öffentlich bestätigt worden war, aber die bis heute rund um die Welt geflüstert wird. Wie, wurde das königliche Kindermädchen gefragt, war Anandas Verhältnis zu Bhoomipol? Sie antwortete ohne zu zögern, dass die königlichen Brüder einander tief zugeneigt wären. In ihrer Kindheit hatte sie selbst ihnen Religionsunterricht gegeben, damit sie aufwachsen konnten, wie sie es taten, „bescheiden, gütig und pflichtbewusst“. Als Bhoomipol am Tag nach Anandas Tod erklärt wurde, dass er auf den Thron nachfolgen müsste, hätte er große Traurigkeit gezeigt. Sie fühlte sich sicher, dass er keinen anderen Wunsch gehabt hätte, als das Leben eines einfachen Bürgers zu führen. Sie wurde als Nächstes über die Ereignisse des schicksalhaften Sonntag Morgens befragt. Sie beschrieb wie sie in die Quartiere Bhoomipols eilte, als sie den Schuss gehört hatte, und wie sie gerannt war um die Königinmutter aufzuwecken. Und wie sie den Puls Anandas noch schlagen gefühlt hätte. Sie beschrieb die lange Verzweiflung der Königinmutter und das Gefühl der Angst das sie dazu brachte die Königinmutter und den neuen König immer aufzuwecken, wenn es zu einem Ausfall der Elektrizität kam, damit nicht noch mehr Schmerzen für die Familie entstünde. Sie glaubte nicht, dass Nai Chit oder Butr die Mörder waren, aber sie müssten wissen, wer es war, da sie außen vor der Tür saßen als der Schuss fiel. War das eine erlaubte Schlussfolgerung? Wenn dem so wäre, dann wäre es um die beiden Pagen geschehen. Die Antwort hängt von einer weiteren Frage ab. Wie und wo konnte der Mörder eindringen und wieder fliehen? Die Richter, Anwälte und die Angeklagten machten eine ausführliche Untersuchung des Tatortes. Sie stellten fest, dass es verschiedene Eingänge zum Erdgeschoss der Barompiman Halle gab, die man von Hinten oder Vorne benutzen konnte. Und im Inneren gab es eine Anzahl von Treppen Seite 180 von 408
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zum oberen Flur und deshalb auch zu den Räumen Anandas (siehe den Plan.) Die fünf Wachen, die vor und hinter der Halle im Dienst waren, die Nachwache im Inneren und das ortsansässige Personal, die Gärtner und Beamten wurden eingehend befragt. Ihre Antworten ließen erkennen, dass es kein strenges Sicherheitssystem gegeben hatte: die Halle war groß, Wachen und Beamte waren nicht überall, und Menschen, die sich auskannten, mussten nicht extra eine Autorisierung einholen, um hinein zu kommen. Die Richter würden es als Tatsache ansehen, dass jeder mit der Kenntnis der Eingänge und Ausgänge mit wenig Anstrengung hätte in die Halle eindringen können. Es wäre wohl erfolgreicher, die Öffentlichkeit von einem Mord zu überzeugen, wenn man ihnen versichern könnte, dass es Hilfe von Menschen im Inneren des Palastes gegeben hätte. …. Sollte plötzlich Verrat gegen die Person des Königs begangen worden sein, dann wäre es wenig wahrscheinlich gewesen, dass jemand es bemerkt hätte oder hätte verhindern können. Die Gruppe der Zeugen, Personal in und rund um den Palast, wurden eingehend über den entscheidenden Punkt befragt, ob sie in der Nacht vor dem Morgen von Anandas Tod irgendjemanden im Umfeld der Halle gesehen hätten, der dort nichts zu suchen hatte. Niemand war in der Halle gesehen worden, aber einer der Gärtner sah jemanden in geringer Distanz hinter der Halle, kurz bevor der Schuss abgefeuert wurde, und nach dem Schuss hatte ein Page aus einem Fenster im Erdgeschoss des hinteren Teils gesehen und dabei die angeblich gleiche Person, einen Mann bemerkt, der die Treppen von der hinteren Veranda der Halle in den Garten hinunter lief. Darüber hinaus war der Mann unmittelbar bevor er von dem Gärtner gesehen worden war, gesehen worden, wie er mit einem Auto in der Nähe aber an einem Punkt außerhalb des Grand Palace vorgefahren war. Und sein eigener Chauffeur bestätigte, dass er ihn zu der Stelle gefahren hätte. Außerdem hatte eine Wäscherin erklärt, sie hätte nach dem Tod des Königs Blut von seinen Manschetten gewaschen. … Der Mann war Leutnant Vacharachai. Später wurden mehr Beweise gegen ihn vorgelegt, aber bis dahin war der Rahmen der Anklage schon aufgebaut. Im Zentrum stand Pridi, seine Kreatur und eigentlicher Mörder war Leutnant Vacharachai, dem zum kritischen Zeitpunkt von den beiden Pagen Nai Chit und Butr geholfen wurde, wobei der letztere unter dem Einfluss des ersteren stand der wiederum, wie sich herausstellte, freundschaftlich mit dem Ex-Sekretär Chaleo verbunden war, einer weiteren Kreatur Pridis. Die Stärke dieses Rahmens war die Tatsache, dass sich eine Aussage auf die andere stützte und diese stärkte. Zum Beispiel, je klarer Leutnant Vacharachai als Mörder heraus gearbeitet wurde, Seite 181 von 408
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desto glaubhafter wurde die Geschichte von Tee dem Holzhändler der die anderen hineingezogen hatte. Beweisführung gegen einen verstärkte die gegen alle. Mitte Februar kam Dr. Nit, Anandas Arzt, für mehrere Tage in den Zeugenstand. Außer sich an seine Anwesenheit beim König am Tag davor zu erinnern und an den Morgen seines Todes, lieferte er Details über Anandas Gesundheit bis zu diesem Zeitpunkt. Er hatte sowohl ihm als auch der Königinmutter eine Reihe von Kalziuminjektionen gegeben, aber abgesehen von einer Neigung zu Erkältungen und Magenschmerzen war Ananda gesund gewesen. Befragt nach den Ereignissen nach der Tragödie erklärte Dr. Nit, dass er regelmäßig mit Pridi in Kontakt gewesen wäre und im medizinischen Ausschuss für die Untersuchungskommission gearbeitet hätte. Er bestätigte, dass die Mehrheit der Ärzte in dem Ausschuss geglaubt hätten, dass die Todesursache Mord gewesen wäre, aber er selbst wäre der Meinung, dass es ein Unfall gewesen wäre. Seiner Meinung nach machte die Zahl der Pagen und Wachen einem Außenseiter das Eindringen unmöglich und er wollte die Annahme eines Verrates von innerhalb des Palastes nicht glauben. Und Selbstmord war außerhalb der Möglichkeiten von Anandas Erziehung oder Persönlichkeit. Er war, so sagte Dr. Nit, „ein nachdenklicher und glücklicher König“. Einer der fünf Ankläger befragte ihn über Politik. Er antwortete dass weder Ananda noch Bhoomipol jemals über Politik mit ihm diskutiert hätten, aber dass zwei Monate vor der Ankunft ihn die Königinmutter nach seiner Meinung über Pridi gefragt hätte. „Welche Antwort gaben Sie ihrer königlichen Hoheit?“ Dr. Nit hätte eine passende Geschichte erzählen können, zugunsten seiner Sicherheit und seiner Position als königlicher Leibarzt (und tatsächlich wurde er nach seiner Aussage still und heimlich von diesem Amt entbunden) und sicher war es negativ für seine Popularität, dass er vorteilhaft über Pridi redete, denn es war als ob man zugunsten des Teufels reden würde. Aber er entschloss sich aus dem Herzen seiner ehrlichen und freundlichen Natur zu reden: „Ich antwortete dass die Menschen ihn liebten, wegen seines großen Wissens, seiner Klugheit und seiner Hingabe, auch wenn er wegen seines Wirtschaftsplanes von 1933 als Linker angesehen wurde.“ Fak Nasongkhla, der in den fünf Monaten seit er die Führung der Verteidigung übernommen hatte, alle anderen Klienten abgegeben hatte um sich ganz auf den Fall konzentrieren zu können, stellte ihm eine Reihe von Fragen in Bezug auf Pridis Aktionen nach Anandas Tod. Der Doktor erklärte, dass er nie den Eindruck gewonnen hätte, dass Pridi versuchte, die Untersuchungen über die Tragödie zu beeinflussen oder zu stoppen. Fak fragte Seite 182 von 408
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ihm: „Es war die Anschuldigung erhoben worden, dass Pridi versucht hätte sie zu zwingen eine Erklärung zu unterschreiben, dass der König an Chlorea gestorben wäre. Ist das wahr?“ Dr. Nit antwortete, dass das nicht der Fall gewesen wäre. Er beendete seine Aussage am 26. Februar mit der kryptischen Bezugnahme auf den Vorschlag einer Person, die gesagt hätte, dass die Königinmutter gut beraten gewesen wäre, die Geschichtsbücher zu lesen in denen über jüngere Brüder geschrieben wurden, die ihren älteren Bruder getötet hatten. Aber Spekulationen über diese überraschende Information wurde wenig Zeit gegeben, sich zu entwickeln. Weil in dieser Nacht die Ereignisse in Bangkok abrupt das Drama des Gerichtsverfahrens überschattete.
Der Palastputsch Pridi hatte das ganze aus der Ferne beobachtet. Fast ein Jahr war seit dem Coup d’État vom November 1947 vergangen als er in einer Barkasse des US-Attachés den Menam hinter geflüchtet war. Von Singapur aus hatte er sich mit Leutnant Vacharachai und anderen zum Gelben Meer aufgemacht, von dort zur britischen Kronkolonie Hong Kong, dem portugiesischen Territorium von Macao, und schließlich während der letzten Tage der Besetzung durch Chiang Kai-Shek nach Canton und Shanghai. Geduldig hatte er auf die Entwicklung der Ereignisse in seinem Exil gewartet. Zu Beginn des Jahres 1949 erhielt er geheime Mitteilungen von seinen Freunden in der Marine die immer noch entschieden gegen den politischen Einfluss der Armee und deren Unterstützung von FM Pibul waren, und ihm versicherten, dass der Moment der Rückkehr gekommen wäre. Seine Heimat rief ihn mit einem großen und wachsenden Schrei des Missbehagens. Einige Monate davor hatten Bangkoks englischsprachige Zeitungen die Missachtung der Regierung gegenüber den Nöten der Öffentlichkeit aufgelistet. Straßen waren überall beschädigt, Brücken blieben ohne Reparatur, die Elektrizitätsversorgung war unzureichend, und es gab eine furchtbare Rate an Neugeborenen mit Syphilis. Und nur ein einziges Krankenhaus im ganzen Land nahmen Fälle von Tuberkuloseerkrankungen auf. Banditentum breitete sich aus. All das, sagte der Redakteur der Zeitung, war verursacht durch die Tatsache, dass die Führer der Nation zu sehr damit beschäftigt wären, mit der Politik herum zu spielen. Er wurde schnell zum Schweigen gebracht um daran zu erinnern wie gefährlich es ist, wenn jemand etwas gegen FM Pibuls Thailand sagt: Eine Woche oder etwas später wurde der Redakteur in ein Krankenhaus eingeliefert, nachdem er von Schlägern Seite 183 von 408
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der Armee zusammen geschlagen worden war, weil er eine Karikatur veröffentlicht hatte, der gegen die Armee gerichtet war. Und zunehmende Zensurmaßnahmen stellen darüber hinaus sicher, dass der Regierung feindlich gesonnene Zeitungen sich in ordentlicher Unterwerfung mäßigten. Gegenüber den Vorwürfen der Zurückgebliebenheit in der Verwaltung hatte FM Pibul eine Entschuldigung durch die fortgesetzte Knappheit, die durch die Nachkriegszeit bedingt war, und die Hinterlassenschaften des Krieges. Aber er hatte keine Argumente gegen die unausgesprochenen Vorwürfe von Korruption und Geheimpolizeiaktivitäten, die sein Regime zu einem der grausamsten in der Geschichte Siams machten120, oder besser gesagt Thailands, da seit FM Pibul sein bemerkenswertes Comeback mit einer Wiedererrichtung des chauvinistischen Titels gefeiert hat. Im Oktober 1948, als das Verfahren über den Königsmord auf den Weg gebracht war, trat die Unzufriedenheit an die Oberfläche. Eine Gruppe von Offizieren der Streitkräfte wurde wegen Planung eines Coups verhaftet. Etwas später im gleichen Monat wurde eine Gruppe von Abgeordneten wegen der Planung eines unabhängigen Staates im Nordosten verhaftet. Im Februar 1949 wurde der Ausnahmezustand erklärt, als zwei Armeeoffiziere und acht Chinesen als Kommunisten beschuldigt und wegen Verschwörung verhaftet wurden121. Ähnliche Verhaftungen folgten in einer monotonen Regelmäßigkeit, 120
Der Autor schrieb das Buch zu einer Zeit, als die schlimmsten Regime erst noch kommen sollten. 121
Während Phibul solche Probleme mit schierer Gewalt löste, hatte Pridi zu seiner Regierungszeit Maßnahmen auf den Weg gebracht um durch größere Einflussnahme der Regionen auf die örtliche Politik die wachsende Unzufriedenheit zu begrenzen. Dazu gehörte die Planung lokale Politiker und Beamte wählen zu lassen bis hin zur Erteilung einer beschränkten Autonomie für Gebiete, die offensichtlich eine eigene Sprache und Kultur hatten. Wie dies zum Beispiel im Süden und im Nordosten des Landes der Fall war. Während heute der Bürgerkrieg im Süden täglich Todesopfer verlangt, waren die Unruhen in dieser Zeit im Nordosten des Landes besonders groß. Von dort stammte auch ein Intellektueller, der später die als Held der kommunistischen Partei Thailands durch einen auf Phibul folgenden Diktator getötet wurde. „Der erste große Fall der den Vorwurf des Kommunismus beinhaltete war der von Suphachai Sisati. (Cremation Volume of Sarit Thanarat (Cabinet edition), S. 66,67; und Chakkrawan, M.17 kap 11 Nakthod, S. 121-153) Er wurde beschuldigt der Autor und Drucker von Flugblättern zu sein, die nach dem ersten Coup von Sairt im Jahr 1957 begannen sich zu verbreiten. Suphachai hatte einen Abschluss als Elektroingenieur aus Japan, er war in Peking und hatte während einer kurzen Zeit in Moskau studiert. Er war ein Mitglied der Kommunistischen Partei Thailands und wichtige Persönlichkeit bei der Bildung des thailändischen Arbeiterrats. Während er in Haft war konnte die Polizei Dokumente, Waffen und Drucksachen in seinem Versteck in Thonburi sicher Seite 184 von 408
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aber in der Zwischenzeit hatte Pridi, der die Zeit genutzt hatte, China verlassen. Unter großer Geheimhaltung war er an Bord einer amerikanischen Yacht mit dem Namen Bluebird (blauer Vogel) gegangen und nach Thailand gefahren. Begleitet von Leutnant Vacharachai erreichte er die Mündung des Menam sicher und kontaktierte seine Freunde auf der Marinebasis Suttaheep. Sie erklärten Pridi ihren Plan und Pridis Begleitung, immer noch unbemerkt durch FM Pibul, sickerten nach Bangkok ein. In der Nacht des 26. Februar 1949 betrat Pridi still und heimlich die Universität für Moral und politische Wissenschaften. Er hatte keine Zeit um über die Ironie dieser Institution nachzudenken, die er einmal gegründet hatte, um die Ideen der Demokratie zu verbreiten, und die nun als Hauptquartier eines verzweifelten Gewaltunternehmens diente. Die Vorlesungsräume, die er vollbesetzt aus den Zeiten seiner Lehrzeit kannte, waren leer und verlassen. Auch hätte keiner seiner Studenten den einstigen Mentor in seiner Verkleidung als Marineoffizier mit einem nett geschnittenen Schnauzbart erkannt. Um ihn herum waren rund zwei Dutzend bewaffnete Männer versammelt. Um 0 Uhr führte Leutnant Vacharachai sie in Richtung des Grand Palace, der nur eine oder zwei Minuten entfernt lag. Sie überraschten die wenigen Wachen und übernahmen die Kontrolle ohne größere Anstrengungen. Pridi selbst trat kurz nach Mitternacht an der Szene auf. Eine andere Gruppe von Männern hatte zur gleichen Zeit die Radiostation der Public-Relation-Gebäude auf der entgegen gesetzten Seite des Pramane Gebietes besetzt. Das erste wodurch die Öffentlichkeit gewahr wurde, dass etwas ungewöhnliches passiert war entstand durch die wiederholte Verbreitung einer Erklärung, dass eine provisorische Regierung die Kontrolle übernommen hätte, und ein neuer Premierminister sich verpflichtet hätte, eine demokratische Verfassung zu verkünden. So weit so gut für Pridi. Und er wusste, dass die Marine mit ihren Schiffen und Marinesoldaten zur gleichen Zeit in Aktion treten würde, um ihn zu unterstützen.
stellen. Nach seiner Verhaftung wurde er von Sarit persönliche verhört, der dann auch seine öffentliche Hinrichtung für den 05. Juli 1959 anordnete. Zusammen mit Suphachai waren zwölf weitere Personen verhaftet und eingekerkert worden.“ (Thak Chaloemtiarana, Thailand the politics of despotic paternalism, New York 2007, S. 129) Seite 185 von 408
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Auf der anderen Seite der City, in dem modischen Stadtviertel Bangkapi, kam die Frau des britischen Botschafters von einem Konzert nach Hause und war „sehr verstört und den Tränen nahe“, erinnerte sich Sir Geoffrey Thompson. ”Da ist ein Coup im Gange”, sagte sie “wir waren während einer halben Stunde an einer Barrikade aufgehalten worden, und die Marine steckte Maschinenpistolen durch die Fenster und beobachtete uns während der ganzen Zeit”. Ich goss ihre eine beachtliche Whisky-Soda-Mischung ein … Wegen der Hitze schliefen wir immer auf der Veranda. Kurz vor 3 Uhr erwachten wir von einer Serie heftiger Blitze und lauter Geräusche, so als ob jemand mit einem Sturmgewehr in unangenehmer Nähe der Botschaft das Feuer eröffnet hätte. … ich sagte: „Ich denke es ist besser, wenn wir Mauern zwischen uns und dieses blutige Geräusch bekommen.“ Tee wurde bestellt und der Morgen begann anzubrechen. Als der Tee dann durch den unerschütterlichen Keepokh gebracht wurde, begannen Mörser und automatische Waffen zu feuern. Splitter flogen über die Rasenflächen der Anlage. Unsere Polizeiwache versteckte sich hinter einer Statue von Königin Viktoria. Die Geräusche von Waffen dauerten bis 10 Uhr am Morgen bevor sie verstummten. Es war verstummt weil Pridi geflohen war. … Während der frühen Morgenstunden hatte FM Pibuls Armee, die hastig alarmiert worden war, einen Gegenangriff gegen Pridi und seine Begleiter im Grand Palace gestartet. Das war die kritische Phase in der die Marine in voller Stärke hätte auftreten sollen, aber sie tat dies nicht entschlossen genug oder nicht rechtzeitig. Konfrontiert mit Panzern, Artillerie und einer überwältigenden Überzahl, zog sich Pridi zurück um Blutvergießen und die Beschädigung der unbezahlbaren Schönheiten des Grand Palace zu vermeiden.122 An anderen Orten hatte es eine Anzahl von Zusammenstößen zwischen Marinesoldaten und Armee gegeben, während derer es einige Opfer (darunter sechs Zivilisten) gab. Aber die grundlegende Technik eines Coup d’État, die Anführer und ihre Kommunikationsmittel lahm zu legen, war
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Interessanterweise schreibt Wikipedia (am 25. Juli 2009 unter http://en.wikipedia.org/wiki/Palace_Rebellion) :“In der ersten Woche des Februars 1949 kehrte Pridi unter Geheimhaltung zurück nach Thailand. Phibun (Phibul) jedoch bemerkte schon bald Pridis Absichten und veröffentlichte schnell Radioerklärungen, in denen er Pridi seinen „Freund“ nannte. Er fuhr dann weiter fort Pridi eine Position in der Regierung anzubieten, aber Pridi entschloss sich mit seinen Plänen fortzufahren und die Angebote des Feldmarschalls wurden zurück gewiesen. …“
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misslungen. Auch wenn die Marine und die Pibul-Regierung während einiger Tage in Armlänge voreinander standen, war der Putschversuch klar fehl geschlagen. Druck durch die Briten und andere sowie versöhnliche Gesten durch FM Pibul führten zu einer Annäherung: Mitte März lud er alle hochrangigen Offiziere der drei Waffengattungen zu sich auf eine Gartenparty ein, sie sollten alle als Muftis verkleidet kommen und ihre kleinen Missverständnisse vergessen. Und der größte Teil der Menschen, so wenig einbezogen in die Machtkämpfe an der Spitze wie immer, fand sich bald wieder zurück in ihrer üblichen Gelassenheit. Pridi gemeinsam mit Leutnant Vacharachai verschwanden wieder im Nichts, nachdem sein aussichtsloses Unternehmen an Gewalt gescheitert war. Wieder entstanden Gerüchte über seine Anwesenheit gleichzeitig an verschiedenen Orten und die Erklärung einer Zeitung, dass er in einer ausländischen Botschaft in Sicherheit wäre, erzeugte prompt ein Dementi durch die Briten. Tatsächlich war er nach China zurück gekehrt. Zurück ins Exil gezwungen musste er warten, und der Spindel zusehen, die nun mehr als jemals zuvor sein Schicksal im Königsmordverfahren in Raum 24, Bangkok abwickelte.
Motivsuche Nach der durch den abgebrochenen Coup erzwungenen Unterbrechung konsolidierte die Anklage ihre Behauptung einer Verschwörung. Zur weiteren Beweisführung untersuchte sie die gewöhnlichen Motive und Gemeinsamkeiten zwischen den Verschwörern. Für Leutnant Vacharachai, zum Beispiel, hätte seine Verbindung zu Pridi nicht stärker demonstriert werden könnten. Zuerst war er sein ADC, dann sein Abgesandter zum Corps von Anandas ADCs, schließlich sein eigener Sekretär. Chaleo war ähnlich mit Pridi verbunden, war er doch sein politischer Anhänger, der von ihm auf den Posten als Anandas Privatsekretär ernannt worden war, und schließlich in den Senat bestellt wurde. Jetzt, so argumentierte die Anklage, wäre weiterhin darauf hin zu weisen, dass Leutnant Vacharachai und Chaleo aus dem Service der Monarchie entlassen worden wären, und dass Pridi viele Gründe hatte, um dem Thron gegenüber feindlich gesinnt zu sein. Konnte irgendjemand nicht daran glauben, dass dies ein fruchtbarer Boden für ein verschwörerisches Komplott gewesen wäre? Die Absetzung des ehemaligen ADCs war bewiesen. Aber als ein Beamter des Palastes aussagte, dass Chaleo entlassen worden wäre, da bestritten die Seite 187 von 408
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Verteidiger dies. Chaleo erklärte, dass er selbst gekündigt hätte, und zwar alleine aus Gründen seiner schlechten Gesundheit. Der Beamte entgegnete, dass Chaleo entlassen worden wäre, weil er sich unziemlich benommen hätte, ein Beweis, der kurz zusammen gefasst werden sollte. Er hatte sich geweigert sich vor dem König zu verbeugen, so wurde angenommen, weil er auch bei Anwesenheit der königlichen Hoheit immer ohne zeremonielle Gesten ein und ausging, und gerade vor ihm stand, als ob er ein Ebenbürtiger wäre.123 Er hätte nicht einmal gezögert zu rauchen, oder offen mit einer der weiblichen Anwesenden zu flirten. Außerdem wurde erzählt, dass er in den inneren Hofbereich der Barompiman Halle gefahren wäre, ein Privileg, dass nur den erhabensten Persönlichkeiten vorbehalten war. Und vielleicht das Schlimmste war, dass er seine Beine übereinander schlug, eine Unhöflichkeit, die ich in der Einleitung erläuterte. Aber so fragte der Verteidiger, wenn dies stimmte und der Palastbeamte recht darin hatte, dass Chaleo herausgeworfen worden wäre, wie erklärt sich dann eine gewisse silberne Zigarettenschachtel? Sie wurde dem Gericht vorgelegt und trug die geschwungenen Initialen des Königs und die eingravierte Inschrift: „Durch königliche Gnade Herrn Chaleo Patoomros für einen zufriedenstellenden Dienst als des Königs Sekretär verliehen. B.E. 2489 (1946).“ Darauf antwortete der Beamte, dass es normale Gewohnheit wäre, dass jeder aus dem Dienst scheidender Sekretär ein solches Geschenk erhalten würde, und auf Chaleos Forderung hätte Ananda nur zugestimmt, als der Beamte ihn gedrängt hätte, dass seine Majestät den Gefallen tun könnte, um unerfreuliche Kommentare zu vermeiden. Es ist faszinierend, die Feinheiten der Begründung zu folgen, mit der jeder Beweis von jeder Annahme der Unglaubwürdigkeit gereinigt wurde. Wenn man akzeptierte, dass Chaleo und Leutnant Vacharachai entlassen worden
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Man sieht das Ergebnis von vielen Jahren Abwesenheit des Königs von Thailand und dem Kampf im Untergrund gegen die japanische Besatzung sowie die auf Menschenrechten basierenden Schriften und Reden Pridis. Im Jahr 2008 warf sich der neue Premierminister von Thailand, Abhisit Vejjajiva vor einem Bild des Königs auf den Boden. Als er während einer Audienz die Erlaubnis erhielt, auf einem Stuhl Platz zu nehmen, statt zu Füßen des Monarchen zu hocken, wurde dies in der Öffentlichkeit als mögliche Majestätsbeleidigung diskutiert. Es ist offensichtlich, dass zum Zeitpunkt des Todes von Ananda weder die Lèse Majèsté-Gesetze noch das vor dem König auf dem Boden kriechen üblich waren. Es wurde erst wieder unter Militärdiktaturen eingeführt und verschärft. Obwohl König Chulalongkorn die Praxis des Prostrierens längst abgeschafft hatte, und während seiner Regentschaft erst das Lèse Majèsté-Gesetz aus dem deutschen Kaiserreich übernommen worden war. Jedoch mit wesentlich geringeren Strafen als heute vorgesehen. Seite 188 von 408
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waren, dann hätte auch Pridi einen Grund für den Verrat gehabt, weil die Entlassungen seiner Schützlinge ein Affront gegen ihn selbst waren. Und dieses Argument ist außerdem gefährlich, denn die Ernennung von unzufriedenstellenden Dienern für den König lässt vermuten, wie er die königlichen Interessen vertreten sehen wollte, ebenso wie die folgende Ernennung der gleichen Männer auf höhere Positionen zumindest ein zweideutiges Bild auf seine Ansichten gegenüber dem Thron wirft.124
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Jemand zu fördern, der vom Palast abgelehnt wird oder im Geruch der „Respektlosigkeit“ steht, ist bis heute undenkbar. Ein Beispiel ist das Schicksal von Veera Musikapong:
Vor über 20 Jahren erhielt Veera Musikapong den Spitznamen: Kai Muk Dam, oder die schwarze Perle, weil er eine außergewöhnliche politische Person war und der Name „Perle“ seine außergewöhnliche Redegabe und seine charakterliche Integrität beschrieb, während „schwarz“ eine Anspielung auf seine dunkle Hautfarbe war. Seine Reden waren immer von Lachern und spontanem Applaus unterbrochen. Im Jahr 1986 wurde er Generalsekretär der Democrat Party unter der Führung von Bhichai Rattakul. In diesem Jahr wurden 100 Demokraten in das Parlament gewählt. Im Jahr 1988 entstand innerhalb der Democrat Party ein ernsthafter Konflikt zwischen zwei Fraktionen. Eine davon wurde von Veera angeführt und trug den Namen die „10 January Group“. Sie unterstützte Bhichai Rattakul und forderte, dass dieser die Partei weiter führen sollte, während eine andere Fraktion Chuan (Leekpai) an die Macht wünschten. Als seine Gruppe verlor, gründeten Veera und seine Anhänger die kleine Prachachon Partei, die später mit anderen kleineren Parteien gemeinsam die Solidarity Party gründete. Veera ist bekannt für seine Redekünste. Aber dann wurde seine Karriere abrupt unterbrochen. Während einer Wahlkampfrede äußerte er die folgenden Worte, die später vom Palast als nicht verfolgungswürdig eingestuft wurden, aber trotzdem zu einer Gefängnisstrafe führten: „Wenn ich es mir hätte aussuchen können, warum hätte ich mir dann aussuchen sollen, als Sohn eines Reisfarmers in Songhkla geboren zu werden? Wenn ich hätte wählen können, dann hätte ich mich sicher entschlossen, in der Mitte des Grand Palace geboren zu werden. Dann wäre ich jetzt Prinz Wira. Ich hätte nicht hier herauskommen müssen, in der heißen Sonne stehend und zu Ihnen redend. Zu dieser Zeit, gegen Mittag, würde ich in meinen klimatisierten Raum gehen, etwas essen, mich hinlegen und ein bisschen schlafen, und dann so gegen drei Uhr aufstehen ….. aber man kann sich nicht aussuchen, als was man geboren wird.“ Später im Laufe des Tages, in einer anderen Rede sagte er dann noch etwas, was auch zur Verurteilung beitrug: „Wenn ich heute ein Prinz wäre, würde ich nicht hier stehen, … reden, meinen Hals rau und trocken reden. Hier ist es jetzt 6:30 (18:30). Ich würde ein paar ungesunde alkoholische Getränke zu mir nehmen, um es mir selbst angenehm und mich glücklich zu machen. Wäre das nicht besser, als hier stehen und zu reden, mich zu erschöpfen, dass die Beine müde werden?“ Seite 189 von 408
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Aber ein direkter und stärker belastender Beweis am Zweifel seiner Loyalität sollte bald aufgezeigt werden. Während Anandas Aufenthalts in der Barompiman Halle, hatte er einen Tutor für buddhistische Religion, einen ehemaligen Priester. Und dieser Mann kam in den Zeugenstand mit einem ver-
Aus diesen Bemerkungen schloss das Gericht, dass Veera behauptet hatte, die Mitglieder der königlichen Familie wären faul und verurteilte ihn zu Gefängnis. Wie gesagt erhielt er dann nach kurzer Zeit eine Begnadigung durch den König, war aber für 5 Jahre von politischer Arbeit ausgeschlossen. Er eröffnete dann eine Rechtsanwaltskanzlei und arbeitete auch für verschiedene Zeitungen. Nach dem Ablauf des Berufsverbotes, wurde er Mitglied in der New Aspiration party (NAP), die von Gen. Chavalit Yongchaiyudh geführt wurde. Aber da ging es ihm auch nicht besonders. Die Gruppe, welche den Süden des Landes repräsentierte, wollte ihn als Generalsekretär sehen, was der Partei vermutlich mehr Sitze im Süden beschert hätte, aber der Versuch schlug fehl. Als die NAP dann in die Regierung eintrat, erhielt Veera keinen Kabinettsposten, obwohl er die Rückendeckung der Mitglieder und eindeutig die Fähigkeiten gehabt hätte. Er wurde dann Mitglied der Organisation für politische Reformen, einer Prodemokratischen Gruppe, die eine neue Verfassung verlangte. Veera kritisierte Chuan, was ihm selber herbe Kritik einbrachte, obwohl man geschichtlich gesehen seiner Kritik recht geben muss. Er wurde dann 1994 gezwungen von seinen Ämtern zurück zu treten. Er wollte dann eine eigene kleine Partei unter dem Schild der NAP gründen, was aber in der Partei zu Verwirrung und Abneigung führte. Als er sich mit der Verteidigung des umstrittenen Mönches Phra Yantra Amaro Bhikku (bezeichnet als der größte Meditationsmeister Thailands, beschuldigt, gegen das Zölibat verstoßen zu haben, der dann in den USA Asyl erhielt) outete, wurde er schließlich gezwungen, aus der Partei auszutreten. 1995 trat er der Damrong Thai Partei bei. Die Partei wurde aufgelöst, als während der Wahl von 1995 kein Parlamentssitz gewonnen wurde. Auch Veera wurde nicht direkt gewählt. Danach lud ihn die NAP ein, wieder Mitglied zu werden und den Süden Thailands zu bearbeiten. Als die NAP in der regierenden Thai Rak Thai von Thaksin Shinawatra aufging, fand Veera eine neue politische Heimat. Als Thaksin wegen illegaler Geldtransaktionen angegriffen wurde, verteidigte er ihn und griff damit einem Entschluss des Verfassungsgerichtes vor. Innerhalb der TRT wurde Veera ruhiger und weniger umstritten, seltener in den Schlagzeilen. Er erhielt aber nie höhere Positionen in der Parteihierarchie. Als die Thai Rak Thai quasi bereits aufgelöst war, hatte er den Mut, bei den Putschisten Anträge auf Besuch einiger Parteifunktionäre zu stellen und sie im Gefängnis zu besuchen. Veera scheint bisher von Korruptionsverdacht frei zu sein und zu den „sauberen“ Politikern in Thailand zu gehören. Aber er hatte sich nie von dem Lèse Majesté Fall erholt. (Quelle: 02.06.2008, www.schoenes-thailand.de, http://www.schoenesthailand.de/news/politik/wie-man-politische-gegner-mit-l-se-majest-ausschaltet.html) Im Jahr 2008 und 2009 gehört er zu den Anführern der „Rothemden“ die sich für die Wiedereinsetzung der „Volks“-Verfassung von 1997 und Neuwahlen einsetzen. Er muss sich wegen der Songkran-Unruhen von 2009 vor Gericht verantworten. Seite 190 von 408
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nichtenden Urteil. Er sagte, dass nach Pridis Besuch im Anschluss an das Abendessen des 7. Juni, als Pridi und der König sich offensichtlich darüber uneins waren, wer nach Anandas Abreise Regent werden sollte. Da wäre er wütend aufgetreten. Er hätte dem Zeugen erklärt, dass er alles andere als zufrieden wäre. Noch schlimmer, er erklärte, dass er den Thron nicht mehr unterstützen würde. Diese Drohung wäre dem Zeugen sehr unangenehm gewesen, wie er sagte, und er hätte es der Königinmutter gegenüber berichtet, und sie gedrängt, es dem König zu sagen. Sie weigerte sich, wie ihre eigene Aussage bestätigte, wegen der Erkrankung ihres Sohnes. Der ehemalige Nachhilfelehrer konnte auch im Kreuzverhör nicht von dieser Geschichte abgebracht werden. Und vor dem Verlassen des Zeugenstandes beschrieb er auch die Atmosphäre der Nervosität, die auf Anandas Tod folgte. König Bhoomipol, so sagte er, hätte ihn gefragt, ob die neuen ernannten Sekretäre und andere Beamten sicher wäre.125 Die Frage zu Pridis Loyalität, die so fundamental für die Sache der Anklage war, wurde immer und immer wieder gestellt. Ereignisse, die viele Jahre zurück lagen wurden in Erinnerung gerufen um zu beweisen, dass sein Missbehagen gegenüber jeder höheren Macht eine lange Tradition hatte. Zu Beginn war es sein angeblicher Kommunismus, ein System, dass der Monarchie notorisch feindlich gegenüber stand. Ein Aristokrat im königlichen Dienst erinnerte sich der berühmten Geschichte von Pridis Streit mit dem Botschafter von Paris während seiner Studienzeit und des Berichtes des Botschafters, dass Pridi kommunistische Versammlungen besuchen würde. (Zu diesem Zeitpunkt hatten die politischen Neigungen der Studenten in Paris während der Zwanziger Jahre eine höhere Bedeutung wegen der kommunistischen Revolution in China, die zum großen Teil unter dem Einfluss der französischen Revolution und dem des französischen Kommunismus standen. Und sie inspirierten andere ehemalige Studenten gegen die französische Kontrolle von Kambodscha und Vietnam aufzubegehren.) Aber der Wert der Aussage für die Anklage wurde ein wenig angegriffen, als er während des Kreuzverhörs zugab, dass er selbst Pridis Talente sehr schätzen würde, und dass viele Mitglieder der königlichen Familie ihm gegenüber großen Respekt entgegenbringen würde, weil er ihnen persönlich geholfen hätte, speziell während des Krieges.
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Wobei der Begriff „sicher“ in vielfacher Hinsicht interpretiert werden könnte, insbesondere in Hinblick auf Verschwiegenheit. Eines der wichtigsten Eigenschaften für Angestellte des Palastes, wie man später noch erfahren sollte. Seite 191 von 408
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Während Pridis Verhalten gegenüber anderen Mitgliedern der königlichen Familie genau genommen nicht relevant war, wurde dieses doch begierig in einer Atmosphäre, in der öffentliche Gefühle kaum noch von Fakten unterschieden werden können, von der Verteidigung aufgenommen. Die Verteidigung kam wiederholt auf verschiedene prominente Prinzen zurück, von denen einer auf den anderen in den Zeugenstand folgte. Aber auch wenn sie Pridis Hilfe ihnen gegenüber als Studenten oder später gegenüber ihren Familien bestätigten, so verhinderte ihre Aussage doch nicht den Eindruck den die Anklage hinterlassen hatte. Einer dieser Prinzen erklärte, dass Pridi die Untersuchungskommission nur wegen der öffentlichen Erregung eingesetzt hätte. Und dass er die Polizei dazu verpflichtet hätte, ausweichend gegenüber allen Beweisen zu agieren, die im Gegensatz zu der offiziellen Unfalltheorie standen. (Er wurde von anderen Zeugen unterstützt, die erklärten, dass sie Angst gehabt hätten, sich dagegen zu äußern.) Er erklärte, dass er Informationen gehabt hätte, wenn auch anonyme, dass einer der Ärzte in der ärztlichen Kommission, der die Unfalltheorie unterstützte, unter den Befehlen der Pridi Regierung gestanden hätte. (Der Doktor auf den er sich bezog war Dr. Nit, der bereits heftig jeden Versuch Pridis, Einfluss zu nehmen, verneint hatte.) Nun erschien Pridi als ob er sich der Unfalltheorie verschrieben hätte, nicht weil er daran geglaubt hätte, sondern um die Annahme eines Selbstmordes zu unterdrücken. Falls er deshalb versucht hatte die Kommission zu beeinflussen, um die Theorie zu unterstützen, dann beschuldigte dieser Versuch ihn nun, falls er Wissen über die verbleibende Erklärung, einen Mord gehabt hatte. Das Verfahren steuerte tatsächlich auf eine lange und immer stärker detaillierte Untersuchung hin, ob es ein Mord oder Selbstmord gewesen wäre. Der nächste Prinz aus dem inneren Kreis der königlichen Familie erinnerte sich über Anandas Verhalten gegenüber den bevorstehenden Staatsbesuchen und erinnerte sich, dass der König begierig erschienen war, Präsident Truman und die britische Monarchin zu treffen. Das wies, vier Tage vor seiner Abreise, kaum auf einen Selbstmord hin. Jeder der ihn kannte verwarf die Idee, sagte sein Onkel, Prinz Rangsit, der Regent. Diese Persönlichkeit erklärte, wie er nach Anandas Tod zur Barompiman Halle kam und die Königinmutter und Bhoompiol gefragt hätte, ob irgendjemand Groll gegen Ananda gehegt hätte. Sie hätten keine Antwort gegeben, aber am darauf folgenden Palasttreffen im Erdgeschoss erklärte Pridi ausdrücklich, dass weder er noch irgendjemand anderes mit dem König im Streit liegen würde. Aus diesem Grund, und wegen der Anwesenheit der Pistole in Seite 192 von 408
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Anandas Hand, und der Zurückweisung einer Mordtheorie durch den von Pridi ernannten Polizeichef, hatte jeder den Schluss gezogen, dass Ananda Selbstmord begangen hatte. Als aber er, Prinz Rangsit, die große Pistole gesehen hätte, die Nai Chit herunter brachte, da fühlte er sich sicher, dass jemand sich in die Seite des Kopfes und nicht in die Stirn schießen würde, und nur weil er sich nicht als Experte fühlte, hätte er der Verdunklungsgeschichte eines Unfalls zugestimmt.
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Forensik Aber Experten waren zur Hand, die Zweifel ein für alle Mal ausräumten. So ca. vierzig Zeugen waren bisher gehört worden, zu viele von Ihnen fest im Griff von Vorurteilen oder Gefühlen. Aber nun sollte die leidenschaftslose Wissenschaft zu Worte kommen. Ballistiker, forensische Experten, und die strenge Beweiskraft der Reagenzgläser sollte die ungeschminkte Wahrheit ans Licht bringen. Da gibt es zunächst die Geschichte, wie dieser Beweis selbst entdeckt worden war. Es hatte bei dem aufgeregten Palasttreffen begonnen, nachdem Nai Chit die .45er Pistole herunter gebracht hatte. Unter den Polizisten war ein gewisser Hauptmann der die .45er untersuchte und für sich privat schloss, dass sie schmutzig und rostig aussehen würde, und dass der Lauf abgestanden roch. Könnte es wirklich sein, dass diese Pistole vor nur einer oder zwei Stunden abgefeuert worden war? Zwei Tage später sandte sein Chef die Pistole zum Generaldirektor des Wissenschaftsministeriums und fragte ihn nach seiner Meinung, wann sie das letzte Mal abgefeuert worden wäre. Der Generaldirektor sollte ein Schlüsselzeuge werden. Ein netter Mann mit viereckigem Gesicht, dichten Augenbrauen und langen Ohren. Er hatte einen Abschluss in Naturwissenschaften (Physik, Chemie und Metallurgie) aus Deutschland, wo er ein oder zwei Jahre gelebt hatte um Chemie und Metallurgie zu lehren. Danach hatte er 18 Jahre in der wissenschaftlichen Abteilung der Armee gearbeitet, bis er zu seinem Top-Job befördert worden war. Nachdem er den .45er von der Polizei erhalten hatte, übergab er sie an den Chef der Abteilung für Rechtschemie. (Dieser hatte ein abgeschlossenes Medizinstudium und ein Diplom in Pharmazie von einer inländischen Universität). Ein gewisser Test wurde gemacht und ein Abstrich vom Lauf. Die Ergebnisse beunruhigten sie. Später während des Tages schaute ein Freund des Generaldirektors von der Marine vorbei, ein Absolvent von Cambridge in Ingenieurswesen und Naturwissenschaften, der in der dänischen Marine über Pistolen-Schießpulver und Explosivstoffen geforscht hatte. Als man ihm die .45er gab, schaute er in den Lauf und bestätigte die Erkenntnisse des Morgens: Die Pistole war zum letzten Mal vor vielen Tagen, vielleicht Wochen abgefeuert worden, lange vor dem Tod des Königs. Der Generaldirektor zögerte, bevor er seinen Bericht zur Polizei schickte. Er beriet sich mit seinen Kollegen. Das Kommuniqué erklärte weiterhin, dass es einen Unfall gegeben hätte. Aber die Pistole, die in den Unfall verSeite 194 von 408
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wickelt war, war gar nicht abgefeuert worden. Etwas, jemand, war falsch. Aber als Beamte war es nicht ihre Aufgabe, Probleme zu machen. Der Generaldirektor würde sich mit der Polizei verbündet fühlen. Also sprach er in seinem Bericht drei Tage nachdem er die Pistole erhalten hätte, nichtsagend davon, dass die Pistole „einmal abgefeuert“ worden wäre. Aber wann genau könnte nicht gesagt werden, „da die Wissenschaftsabteilung nicht mit der notwendigen Ausrüstung versehen wäre und mit Chemikalien, die zu einem endgültigen Schluss führen würden.“ Aber er schloss mit einem vielsagenden Orientalismus: „Wir möchten dies zu ihrer Information nicht unerwähnt lassen.“ Niemand biss an dem Haken an. Es gab für eine lange Zeit keinen weiteren Kontakt zwischen dem Generaldirektor und der Polizei.
Der Nitrittest Aber der Generaldirektor, der durch die Tests fasziniert war, die vom Chef der Abteilung für Rechtschemie gemacht worden waren, beschaffte sich still und heimlich zwei ähnliche .45er Pistolen. Nachdem er sie abgefeuert hatte, und dann die gleichen Tests machen ließe und zwar in unterschiedlichen Intervallen während der nächsten Monate nach dem Abschuss, kam er zu der „abschließenden Überzeugung“, eine Überzeugung, die die Polizei unterlassen hatte zu erfragen. Die Tests basierten auf der Tatsache, dass beim Abfeuern einer Pistole Partikel im Lauf zurück bleiben. Darunter war Nitrit, das sich aber im Laufe der Zeit zersetzt. Sein Vorhandensein wird bewiesen, wenn kochendes Wasser in den Lauf gegossen wird, das sich dann wenn es mit verschiedenen Chemikalien erhitzt wird rosa färbt. Eine Lösung, die sich schnell und stark rosa färbt zeigt an, dass viel Nitrit vorhanden ist und dass die Pistole demnach kürzlich abgefeuert worden war. Eine langsame und blasse Reaktion bedeutet das Gegenteil. Der Generaldirektor erkannte, dass um zu dem gleichen Ergebnis zu kommen, welches die Pistole Anandas gezeigt hatte, es notwendig war, die Pistole mindestens acht Tage vorher abzufeuern. Dies fixierte den Tag, an dem die Pistole Anandas zum letzten Mal abgefeuert worden war auf den 4. Juni. Er starb am 9. Juni. Der Bericht des Generaldirektors mit der verwirrenden Information wurde im November 1946 abgeschlossen. Er sagte nichts zur Polizei weil sein Vorgesetzter ihm empfohlen hatte, seinen Kopf nicht zu weit vorzustrecken, oder wie er selbst in thailändische erläuterte, „seinen Fuß nicht in Splitter zu setzen“. Aber ein Jahr später kam FM Pibuls Putsch der als Seite 195 von 408
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Vorwand die Aufdeckung von König Anandas Tod hatte. Der Generaldirektor entschloss sich schließlich, seinen Bericht abzuschicken. Später wiederholte er die Tests drei oder vier mal über einen Zeitraum von Monaten zum Nutzen der neuen polizeilichen Untersuchungskommission unter Detektiv Phinich. Für Detektiv Phinich war dies der Beginn einer ausgetüftelten Rekonstruktion des Verbrechens wie es kaum ein Beispiel in der realen oder erfundenen Kriminalgeschichte hatte. Ob es überzeugend oder illusorisch war, sollte vom Gericht entschieden werden. Und die Verteidigung, die mit allen Mitteln versuchte den Fall der Anklage zu diskreditieren um den Freispruch der Angeklagten zu erreichen, stellte die Theorie von Beginn an in Frage. In ihrem entschlossenen Kreuzverhör griffen sie seine statistischen Methoden an. Ernsthafte und valide Schlüsse könnten nicht von nur zwei Pistolen geschlossen werden, und dann noch in einem unterschiedlichen Zeitraum. Jedenfalls hing die Menge an Nitrit von der Menge an Öl ab, die in dem jeweiligen Lauf war. Und ob es aus diesem oder einem anderen Grund war, jedenfalls hatte die rosafarbene Reaktion tatsächlich nach vierzehn Tagen schneller stattgefunden als nach acht Tagen. In Anbetracht dieser Fakten rief die Verteidigung, welchen Nutzen die Ergebnisse der Tests des Generaldirektors hätten? Dieser antwortete auf die Frage wie viele Pistolen er getestet hätte, dass er nach dem Staatsstreich mehr als zehn weitere untersucht hätte, und dass die verzögerte Rosafärbung die von der Verteidigung vorgebracht worden war, ein Ausreißer gewesen wäre, der nur einmal in unzähligen Tests vorgekommen wäre. Er wurde dann herausgefordert hinsichtlich der Aussagekraft der Tests die so ungenau waren, dass er nicht sagen konnte, wie viel Nitrit in einem Test gegenüber einem anderen vorhanden war. Die einzige Aussage über den Grad der Rosafärbung war „blass“, „hell“, „kaum sichtbar“. Alles Feststellungen die meist mit dem bloßen Auge und erst gegen Ende der Tests mit einem Photometer vorgenommen worden waren. Er blieb jedoch fest bei seiner Annahme, und diese wurde nicht nur durch seine Expertenkollegen geteilt, sondern auch durch einen anderen Test unterstützt.
Der Rost Dieser Test betrifft den Rost, der, wenn eine Pistole abgefeuert wird, sich im Lauf formt und davon abhängig ist, wie die Qualität des Metalls ist. Unmittelbar vor dem ersten Nitrittest an Anandas Pistole, zwei Tage nach der Tragödie, wurde ein Abstrich genommen, der wie der Generaldirektor annahm, Partikel des Schießpulvers aufwies, was aber, wie der Chef der Seite 196 von 408
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Chemierechtsabteilung sagte, in Wirklichkeit Rost gewesen wäre. Während also der Nitrittest stattfand, testete der Generaldirektor auch den Rost. Er fand keinen während der ersten zwei Tage nach dem Abfeuern, und eine Metallqualität ähnlich zu der von Anandas Pistole benötigte vier bis acht Tage um Rost zu bilden. Dies bestätigte die Nitrit-Tests. Die Anklage rief auch einen Ordonanzoberst in den Zeugenstand, der seit über zwanzig Jahren ein Experte für kleine Schusswaffen war. Er erklärte, dass ausgehend von der Qualität in Anandas Pistole, der Lauf eine Farbe wie weißer Rauch hätte und nur nach vier oder fünf Tagen die Farbe wie rote Erde erscheinen würde, die den Rost darstellt, der vom Polizeihauptmann beim Palasttreffen und von den Beamten in der Wissenschaftsabeilung gesehen worden war. Die Verteidigung konnte seine Stellungnahme nicht erschüttern, auch als er zugab, dass sich Rost in Waffen schneller bildet, wenn die Waffe nicht nach jedem Gebrauch ordentlich gereinigt wird. Die Verteidigung wies darauf hin, wie wichtig diese Tatsache war, weil das letzte Mal von dem man wusste dass Ananda die Pistole abgefeuert hatte, Monate vor dem tödlichen Sonntag war, aber niemand konnte sagen ob und wie gut die Waffe damals gereinigt worden war. Den einzigen Beweis den sie vorbringen konnten war die Tatsache, dass Ananda jede Art von Waffe nach dem Abfeuern einem Beamten zur Reinigung übergab. Dieser, so schloss das Gericht, „hat vermutlich die Waffe gründlich gereinigt und nicht in der Weise in der private Pistolen eher flüchtig gereinigt werden.“ Die Frage hätte entschieden beantwortet werden können, im Licht von einer Aussage, die der Ordonanzoberst machte, nämlich dass ein Pistolenlauf der zum Zeitpunkt des Abfeuerns rostig ist, sich durch Zeichen auf der Projektil verrät. Aber die Geschichte der Projektil selbst war ebenso verblüffend und umstritten wie alles in dem Verfahren.
Das Projektil Unter der großen Zahl der Ausstellungstücke vor dem Gericht, die von einem Modell von Anandas Schlafzimmer bis zu seiner blauen chinesischen Seidenhose reichten, die er getragen hatte, und den verstümmelten Überresten des Kopfkissens das aus dem Golfplatz ausgegraben worden war, waren auch sein .45er-Pistole, die benutzte Patronenhülse die Nai Chit nach eigener Aussage in der Nähe des königlichen Bettes gefunden hätte, und eine Projektil, die drei Tage später eingebettet in der Matratze gefunden worden war. Ein Polizeiexperte, ohne von der Verteidigung in Frage gestellt zu werden, sprach sich dafür aus, dass sowohl die Patronenhülse als auch das Projektil aus der .45er Pistole abgefeuert worden wären. Seltsamerweise Seite 197 von 408
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wurde kein Beweis vorgelegt, die zeigte, ob das Projektil in der Matratze zu der Patronenhülse gehörte, aber die Anklage brachte Zeugen, die bestätigten, dass Nai Chit widersprüchliche Angaben gemacht hätte, wo genau er die Patronenhülse gefunden hätte. Und andererseits behauptete sie, dass das Projektil in der Matratze nicht Ananda getötet hätte, sondern dass sie in die Matratze gebracht worden wäre, um die tödliche Projektil zu ersetzen, die aus der Waffe des eigentlichen Mörders stammte.126 Dieser Schluss war von einem der Mitglieder des medizinischen Ausschusses erwähnt worden, der die Untersuchungskommission beriet. Er stellte fest, dass das Projektil, obwohl sie Ananda getötet haben sollte, ohne Beschädigungen gewesen wäre, und ohne in irgendeiner Weise deformiert zu sein. Als jedoch Projektiln durch die Schädel von unbekannten und nicht von Angehörigen gesuchten Leichen im Siriraj Krankenhaus geschossen wurden, wären alle deutlich mit Schrammen versehen gewesen. Nichts davon schien die Untersuchungskommission beeindruckt zu haben, aber Detektiv Phinich bemerkte sofort die Wichtigkeit dieser Feststellung. Zwei vergrößerte Fotos (Ausstellungsstück 126 und 127) wurden den Richtern überreicht. Sie zeigten eine Projektil die durch einen menschlichen Schädel gefeuert worden ware, das andere eine Projektil die durch einen Stapel Papier geschossen worden war, und dann das Projektil, die in der königlichen Matratze gefunden worden war. Die erste Projektil war verformt, die zweite und die dritte Projektiln waren fast identisch in ihrer offensichtlich makellosen Erscheinung. Die Anklage rief auch einen Polizeiexperten als Zeugen auf, der aussagte, dass nach seiner Erfahrung Projektiln, die durch einen menschlichen Schädel geschossen wurden manchmal verschrammt und manchmal leicht verschrammt vorgefunden würden. Aber dann überspielte er etwas die Behauptung der Anklage, indem er hinzufügte, dass sie manchmal überhaupt nicht beschädigt wäre. Der Ärger des Anklägers war jedoch schnell beruhigt, als die Richter ihre Überraschung zum Ausdruck brachten und fragten, ob es nicht der gesunde Menschenverstand schon aussagen würde, dass eine Projektil die einen festen Gegenstand trifft, und das zwei Mal, vorne und hinten den Schädel, das nicht ohne Beschädigung tun könnte. Am Ende des ersten und zu Beginn des zweiten Jahres hatte deshalb die Anklage starken Rückenwind von den Experten. Der Nitrittest bewies, da-
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Und diese Behauptung wurde erhoben, obwohl wir hörten, wie aufmerksam das Personal und die königliche Familie nach dem Tod Anandas war, und selbst geweckt wurden, wenn es sich nur um einen Stromausfall handelte. Seite 198 von 408
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bei blieben sie, dass Anandas .45er Pistole den tödlichen Schuss nicht abgefeuert hätte, was einen Selbstmord order einen Unfall ausschloss. Die Tatsache, dass das Projektil unbeschädigt war, führte zu dem starken Verdacht, dass sie als Ersatz für die eigentlich tödliche Projektil in die Matratze „gepflanzt“ worden wäre. Was wiederum die Möglichkeit erhöhte, dass die von Nai Chit als gefunden vorgelegte Patronenhülse auch ein Ersatz war. Dieser Austausch hätte aber kaum ohne Hilfe von Innen vonstatten gehen können. Wer anders als die beiden Pagen des Schlafzimmers, Nai Chit und Butr, oder einer von Ihnen, hätte es tun können? Und wenn der Mordkomplott versucht hatte das Verbrechen zu verschleiern indem der Eindruck eines Selbstmordes erzeugt wurde, dann drängte sich der Gedanke an einen Hintermann der alles geplant hatte automatisch auf. Jeder wusste, dass Pridi eine solche Intelligenz hatte. Aber er hatte nicht mit Detektiv Phinich, und auch nicht mit der wunderbaren Wissenschaft gerechnet, und die waren noch längst nicht ausgeschöpft. Der wichtigste Zeuge in einem Mordfall könnte der Körper des Opfers sein. Der Körper lebt noch lange nach ihm „Poor poor dumb mouths“ rief Mark Antony über Caesars Wunden. Aber in einem Mordverfahren waren Wunden selten ohne Aussagen. Die Schwierigkeit liegt darin, präzise zu verstehen, was sie sagen.
Der Todeskrampf Als sich die Wolken des Monsum in der heißen Jahreszeit zusammen ballten, und der Smaragd Buddha sein leichteres Juwelengewand gegen die Schätze auf den Kleidern der Regenzeit eintauschte, da wurde eine Reihe von Ärzten in den Zeugenstand gerufen um dort auszusagen. Einer war in Deutschland und den USA ausgebildet worden, ein weiterer hatte forensische Medizin bei Scotland Yard gelernt. Alle waren eindrucksvoll qualifiziert. Von ihnen wurde nun ein Satz gehört, den sie ständig wiederholten. Seine Erklärung im Details würde ein ganzes Buch füllen. Der Begriff war neu für Thailands Gerichte. Und seine Neuartigkeit und Wiederholung vermittelte fast die Qualität einer Beschwörung, die den Laien faszinierte: „Todeskrampf“. Wenn eine Person stirbt, erschlaffen die Muskeln des Toten für einige Stunden bis der versteifende Effekt der Leichenstarre einsetzt. Aber manchmal, bei bestimmten Arten von Hirnverletzungen, verursacht die Verletzung eine augenblicklich eintretende Starre, einen Krampf. Eine Frau, die von einem Auto tot gefahren wird, hält vielleicht noch ihre Einkaufstasche fest. Der Körper eines Soldaten der in einer Schlacht fällt, ahmt Seite 199 von 408
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vielleicht den Augenblick des Todes nach, in dem er sein Bajonett nach vorne streckt. Dieses Phänomen, das lange mit Leichenstarre verwechselt worden war, wurde zu Beginn des Jahrhunderts127 unter dem Namen Todeskrampf berühmt. Dabei spannen sich die Muskeln krampfartig im Augenblick des Todes an. Nun wurde Ananda auf seinem Rücken liegend befunden, sein Kopf auf dem Kopfkissen, seine Beine längst ausgestreckt und seine Arme lagen außerhalb seiner Bettdecke, die ihn von der Brust bis zu den Füßen bedeckte, neben dem Körper. Sein Gesichtsausdruck war teilnahmslos, seine Augen und der Mund geschlossen. Die Verteidigung erhob die Frage, ob während der Verwirrung, und als die Königinmutter sich selbst über ihn gelegt hatte, und als das königliche Kindermädchen sein Handgelenk nahm, ob diese originale Position evt. verändert worden wäre. Aber die Beschreibung wie er von Nai Chit, der Königinmutter, dem königlichen Kindermädchen, Bhoomipol, der Hofdame und Dr. Nit gesehen wurde, stimmten überein: Er lag wie in Erwartung des Schlafs. Darüber hinaus zeigte der Körper des Toten keinerlei Anzeichen von Todeskrampf als der Doktor und das königliche Kindermädchen die Laiche wuschen. Die Anklage erhob die Behauptung, dass kein Todeskrampf eingetreten wäre, weil Ananda im Moment des Todes keinerlei Muskel benutzt hätte. Deshalb hätte er so gelegen, wie er gefunden worden war, und deshalb hätte er die Pistole nicht handhaben können, was die Annahme unwiderruflich machen würde, dass sich ein Mörder ungesehen und ungehört zu ihm eingeschlichen hatte. Aber es gab eine weitere Erklärung für das Fehlen eines Todeskrampfes. Die besondere Art von Hirnverletzung, die diese Art von Krampf hervorruft ist folgende: Die Hirnrinde im oberen Teil des Kopfes, die gewöhnlich das Kontrollzentrum für die Kontraktion der Muskeln ist, wird zerstört, während ein anderer Teil des Gehirns, dass Zentralganglion, intakt geblieben ist, um die Aufgaben der Großhirnrinde zu übernehmen. Wenn dagegen beide Teile zerstört werden, tritt kein Krampf ein und falls dies im Fall von Ananda passiert war, dann hätte er in einer anderen Position gewesen sein können, als der Schuss fiel und danach wäre er in die schlafende Position gefallen. Deshalb musste die Anklage, um ihre Behauptung aufrecht zu erhalten, zeigen, dass Anandas Großhirnrinde zerstört worden war, nicht aber 127
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sein Zentralganglion, so dass sich unweigerlich ein Todeskrampf eingestellt hätte, wäre er nicht bereits kraftlos auf dem Rücken gelegen, als ihn der tödliche Schuss traf. Die Beweisführung der Anklage vertiefte sich auf den genauen Weg, den das Projektil durch Anandas Kopf genommen hatte, Röntgenaufnahmen und andere Methoden verfolgten den Schusskanal auf ihrem geraden Weg von Vorne nach Unten von seiner Stirn in die Nähe des Nackens wie bereits beschrieben. Das Projektil passierte die Großhirnrinde und verpasste knapp andere Bereiche des Gehirns, das Kleinhirn. Da die Stammganglien sich direkt an das Kleinhirn anschließen stellte sich die Frage, ob das Projektil auch sein Stamm-Ganglien verschont hatte? Bei der Autopsie konnte der Schusskanal, den das Projektil verursacht hatte, nicht vermessen werden, weil die Wunde geschlossen worden war. Also wurde das Gericht mit dem grausigen Spektakel eines menschlichen Gehirns traktiert, durch das eine Glasröhre von 6 mm Durchmesser gestoßen wurde um der Richtung zu folgen, die das Projektil durch Anandas Kopf genommen hatte. Also durch den Cortex aber knapp am Kleinhirn vorbei. Die Glasröhre verpasste das Zentralganglion ebenfalls. So überzeugend wie es schien, hatte die Verteidigung immer noch Hoffnung. Selbst wenn das Zentralganglion nicht zerstört worden war, gab es immer noch die Möglichkeit, dass der König seine Muskel benutzt hatte, aber dass der Krampf der dann als Konsequenz aufgetreten wäre, durch die Macht des Rückstosses der Waffe aufgehoben wurde? Das hätte seinen Arm oder die Arme, falls er beide Hände benutzt hätte, zu der gefundenen Position, und die Pistole ebenso (sie lag in der Nähe der ausgestreckten Hand). Die Anklage hatte zwei Antworten. Der Ordonanzoberst, Experte für kleine Schusswaffen, produzierte viel technische Daten über Druck und Kräfte. Kurz gesagt, wäre es dem Rückstoß einer .45er Pistole nicht möglich gewesen die Pistole fast drei Fuß von der Nähe der Stirn Anandas zu der ausgestreckten Hand geschleudert zu haben. Und der medizinische Beweis hinsichtlich der Muskelreaktion war, dass der Rückstoß Anandas Arme von seinem Körper weg geschleudert hätte, und nicht an die Seite abgelegt. Nach den technischen Verlautbarungen der Experten stellte die Anklage Beweise vor, die für Laien leichter verständlich waren. Falls Ananda sich selbst erschossen hätte, würde man erwarten seine Hand, oder die Hände und die Pistole in der Nähe seiner Brust, seines Kopfes oder seines Nacken zu finden. Der gesunde Menschenverstand würde einem dies auch ohne die Seite 201 von 408
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medizinischen Beweise erklären, dass, falls kein Krampf eintritt, jeder Teil des Körpers zu der Stelle fällt, die am nächsten zu der ist, die die Schwerkraft diktiert. Ein älterer Polizeibeamter wurde in den Zeugenstand gerufen um über seine eigenen Fälle zu berichten. In keinem hätte eine Person, die sich selbst erschossen hatte, so gelegen, mit seinen Armen neben dem Körper und der Pistole daneben, wie in Anandas Fall. Hier kann man sich in geeigneter Weise an einen Teil der Aussage erinnern, die sehr viel später von einem der Polizeizeugen abgegeben wurde. Er hatte das Experiment gemacht, eine .45er Pistole aus nächster Nähe in den Körper eines Mannes zu schießen, der ca. im Alter Anandas war, und er fand heraus, dass Blut und Fragmente des Schädels und Gehirns bis zu seinem Handgelenk oder der Pistole spritzten. An Anandas Handgelenk oder Pistole war kein solches Souvenir gefunden worden, woraus der Beweis geschlossen wurde, dass er sich deshalb nicht hätte selbst erschießen können. Aber da war die Aussage von Leutnant Vacharachais Wäscherin, dass sie Blut von seinen Manschetten gewaschen hätte. Es war sehr zur Erleichterung des Publikums, wenn auch nicht zu der der Angeklagten, als der lange Ausflug in Ballistik und forensische Medizin substantiell bis Ende 1949 komplettiert wurde. Und mit den Grundlagen der Argumentation der Anklage, die jedoch für ein weiteres komplettes Jahr nicht beendet sein sollte. Es ist schwer für Chaleo und die zwei Pagen kein Mitleid zu empfinden, auch wenn der Fall sehr schwarz für sie aussah. Nach all der verblüffenden wissenschaftlichen Beweise gegen ihn, und mit achtzig Augenzeugen die noch warteten nach den sechzig die schon gehört worden waren, hatten die Zuschauer den Eindruck, dass jede Ressource des Staates jeden möglichen lebenden oder toten Zeugen aufbringen würde, um sie gegen sie auftreten zu lassen. Die gemächlichen Vorgänge die oft verschoben wurden, bedeuteten für sie bereits zwei Jahre Gefängnis. Das ist einfach gesagt, aber schwerer in Minuten und Sekunden ausgedrückt. Zeit war eine Belastung geworden, die Nerven, Geist und Hoffnung ins endlose dehnte. Das Wissen, dass ihre Frauen und Kinder mit ihnen litten machte es kaum erträglicher. Da war nicht nur die Vision des Henkers, sondern auch die Realisierung der Schande die ihr Gedächtnis umgeben würde, falls sie schuldig gesprochen würden. Auch wurden diese seelischen Qualen nicht durch die physischen Bedingungen des Gefängnisaufenthaltes erleichtert. Während langer Zeiträume wurden sie in schweren Ketten mit einem Durchmesser von mehr als einem und einem halben Inch gelegt. Und die Polizei versuchte jede Möglichkeit, um ein Geständnis zu erhalten. Ihre Existenz war ein Alptraum auf Seite 202 von 408
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zwei alternativen Szenen. Da war der voll besetzte Gerichtssaal mit seinen aufmerksamen Gesichtern, den dröhnenden Stimmen und der unbeweglichen Buddhastatue. Und da war das Gefängnis das Leben aufaß von Menschen denen Kleinmut nicht erlaubte Kaution zu gewähren. Eines Tages, es war ein Morgen im Dezember 1949, als eine plötzliche Serie von kleinen Explosionen vor dem Raum 24 die wilde Hoffnung aufkeimen ließ, dass eine plötzliche große Explosion sie geheimnisvoll erretten würde. Aber die Wachen eilten mit ihren entsicherten Maschinenpistolen herbei, fanden aber nur Schulungen, die Feuerwerkskörper in Straßenbahnschienen in der Nähe legten. Während des Verfahrens wanderte der Blick der drei Männer hoch zum Bild von König Bhoomipol das über den Richtern hing, und als das Jahr 1950, das Jahr des Tigers, Fortschritte machte, so lagen ihre Hoffnungen auf eine letzte vorübergehende Pause in Freiheit auf ihm. Zum ersten Mal seit seiner Abfahrt kurz nach Anandas Tod würde er zurück kommen. Im März, als sich sein Schiff Thailand näherte und die drei Angeklagten seit zwei und einem halben Jahr ihm Gefängnis waren, hatten ihre Familien Anträge auf Kaution für eine Freiheit der Angeklagten während der Anwesenheit seiner Majestät gestellt. Der Antrag wurde zurück gewiesen. Aber wenige aus der Bevölkerung kümmerten sich darum zu einem Zeitpunkt da alle in einer Zeremonie die in einer einzigartigen Konstellation der wilden Freude über die Rückkehr mit der trauernden Ehrfurcht verband, zusammen gebracht werden sollten. Ananda sollte schließlich kremiert werden und sein Bruder gekrönt und verheiratet.
König Bhoomibol kommt Während die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Gerichtsverfahren gegen Anandas angebliche Mörder gerichtet war, zog sich die königliche Familie in die Schweiz zurück und damit in den Schatten der Aufmerksamkeit. Aber schon früh im nachfolgenden September wurde König Bhoomipols Verlobung mit einem 17 Jahre alten Mädchen mit Namen Sirikit bekannt gegeben. Die Berichte über sie waren enthusiastisch: „Sie hat volle glänzende schwarze Haare, die wunderschön arrangiert sind und nur bis zu ihrem Nacken fallen. Sie hat schöne Augen, eine charmante kleine Nase, und enthüllt eine perfekte Reihe weißer Zähne, die eines Filmstars würdig wären. Für ein thailändisches Mädchen ist sie eher groß und sie wirkt fit und gesund. Seite 203 von 408
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Bhoomipol hatte sie ein Jahr zuvor getroffen, als er London besuchte, wo ihr Vater der Botschafter Siams war. Ein paar Monate später hatte er einen ernsthaften Autounfall: Die Chakri-Schwäche für Autos war eine ständige Quelle der Gefahr für die Familie. Sirikit, die zur Villa Watana in Lausanne gerufen wurde, half ihn zu pflegen. Operationen wegen einer Verletzung seines rechten Auges schlugen fehl und es konnte nicht gerettet werden. Das führte zur Bewegungslosigkeit seines Auges und der Nutzung von gefärbten Brillengläsern. Auf medizinischen Rat hin gab er sein Studium des Rechts auf, die dadurch ohne Abschluss blieben. Aber mit dem Aufputschmittel der Liebe erholte er sich schnell. Sirikit kehrte zu ihrem Vater zurück, der auch zur Villa Watana beordert worden war, um Diskussionen zu führen, die auch einer normalen thailändischen Verlobung vorausgehen. Bis schließlich die Verlobung zeremoniell geschlossen wurde. Jedoch erfolgte die Benachrichtigung seines Regenten in Bangkok nicht vor ihrer Geburtstagsparty, zu der Bhoomipol ihr einen Diamantring mitbrachte, und bei der die Verlobung offiziell verkündet wurde. Die Neuigkeiten erfüllten die Nation mit Vorfreude. Niemand erinnerte sich daran, dass Sirikits Vater ein Freund Pridis war. Sie waren Kommilitonen gewesen und Pridi hatte ihm die Chance gegeben, in den diplomatischen Service zu gehen. Eine Tatsache, die durch eine dankbare Inschrift auf einem Portrait von ihm selbst dokumentiert war, das er Pridi geschenkt hatte.128
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Paul Handley schreibt über die Familie Sirikits: „In der Zwischenzeit traf Bhumibol die Töchter des thailändischen Botschafters in Paris, Prinz Nakkhat Kitiyakara. Nakkhat war mit den Mahidols bekannt, war er doch Botschafter in London vor seinem Aufenthalt in Paris gewesen. Seine Familie war bekannt dafür, sich in die engere Blutlinie der Chakris drängen zu wollen. Nakkhats Vater war Prinz Kitiyakara, ein nicht überirdischer Sohn (noncelestial) von Rama V und einer seiner bevorzugten Konkubinen. Während die meisten aus der Generation dieser Prinzen enttäuschten, als es darum ging die Chakri – Blutlinie zu erhalten, stand Kitiyakara seinen Mann: Er hatte 25 Kinder mit fünf Frauen. Das machte seine Familie für die Dynastie alleine durch die große Anzahl von Nachkommen wichtig. Diese Abkömmlinge heirateten strategisch in andere Familien die Einfluss im Palast hatten, wie z.B. in die Sarasins und Sanitwongs. Groß an Zahl und sehr wohlhabend, stammten die Sanitwongs vom zweiten Regenten ab, und sie ebenfalls beanspruchten eine zentrale Rolle in der Dynastie. Von der Abstammung her war Prinz Nakkhat, geboren im Jahr 1898, der Beste seiner Generation. Seine Mutter war die erste Frau von Prinz Kitiyakara, und sie selbst war vom Glitter des königlichen Stammbaums umgeben, wurde sie doch als Tochter des Rama IV Halbbruders Prinz Devawong (Gründer der Devakul-Familie) geboren. Das machte Nakkhat und Bhumibol zu Kusine und Vetter. Nakkhat verstärkte diese Beziehung durch die strategische eheliche Verbindung mit M.L. Bua Sanitwongs, die das Seite 204 von 408
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Astrologen berichteten schon bald, dass die beste Prognose für die Hochzeit im folgenden März wäre. Ein Hinweis, dass Bhoomipol in Betracht zog, nach ihrem Rat zu agieren wurde durch die Lieferung eines wunderschönen neuen Daimlers nach Bangkok für seine Nutzung gegeben. Sein Preis betrug 6.400 englische Pfund und er war mit Klimaanlage und einem Telefon ausgerüstet. Das Fahrzeug wurde in einer religiösen Zeremonie, an der der Regent und der Kronrat teilnahmen, festlich empfangen. Die Bestellungen von Fahrzeugen einer anderen Art erregte eher eine besorgte Aufmerksamkeit. Die bereits gut ausgerüstete Polizei erhielt sechzig neue gepanzerte Fahrzeuge, von denen jedes zwölf Tonnen wog, und eine große Flottille von gepanzerten Schiffen. Die Mannschaftsstärke würde nun einen Polizisten pro einhundertfünfzig Einwohner Bangkoks zur Verfügung stellen. Hätten Sie in dieser Periode in Thailand gelebt, wären Sie vielleicht zu der Auffassung gekommen, dass eine solche erstaunliche Macht zur Durchsetzung von Recht und Ordnung nicht übertrieben wäre. Das aus dem Land schmuggeln von Opium, Juwelen, Nahrungsmittel wie Reis, der illegale Re-Export von Benzin, das geheime Herstellen von Zigaretten, Morphin und gefälschten Arzneimitteln. Und dann gab es die Wellen der Überfälle. Einmal waren Schreibmaschinen das Ziel, dann Goldmünzen an einem anderen Tag, und antike Buddha-Statuen an einem dritten Tag. Alles war im großen Stil angelegt. Wie sich das Verbrechen durchgesetzt hatte, mag am Beispiel des Leiters einer Strafinsel und seiner Angestellten dargestellt werden. Sie hatten zusammen mit verurteilten Verbrechern Barkassen der Regierung benutzt um kleine Frachtschiffe zu überfallen, deren Mannschaft sie an Händen und Füßen gefesselt über Bord warfen, mehr als fünfzig.
Blut von zwei Königen (Rama II und Rama V) in sich trug und eine wichtige Gehilfin von Königin Rambhai war. Mit großer Besonnenheit heirateten ihre Kinder ebenso vorteilhaft. Ihr erster Sohn, M.R. Kalayanakiti, geboren im Jahr 1929, heiratete eine Sanitwongs, der zweite Sohn M.R. Adulyakit heiratete M.C. Bhandhusawali Yugala, die Tochter von Prinz Bhanuband, der höchste Prinz der Nachkriegsära. Prinz Nakkhat hatte aber noch höhere Ziele für seine Töchter. M.R. Sirikit, die im Jahr 1932 geboren wurde und M.R. Busba, die zwei Jahre später geboren wurde. Er brachte die Mädchen in eine europäische Schule um dort das Verhalten von Europäern zu erlernen und europäisierte, thailändische Ladies aus ihnen zu formen, und auch um sie in die Nähe des Königs zu bekommen. Das war nicht schwierig, da Bhumibol regelmäßig Paris besuchte. Schön und frühreif zog die 15-jährige Sirikit das Auge des Königs im Jahr 1947 auf sich.“ (Paul Handley, The king never smiles, Yale 2006, S. 103) Seite 205 von 408
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Aber Tatsache war, dass die Stärkung der Polizei nicht zur Durchsetzung des Rechts gemacht wurde, sondern um die Macht der politischen Herrscher zu gewährleisten. Ein Polizeistaat war dabei sich einzurichten. Sein Gestalter war FM Pibuls Gefolgsmann, der neununddreißig Jahre alte Polizeigeneral Pao129, einer der Putschisten der Pibul wieder zur Macht verholfen hatte. Die vollständige Akte dieses Mannes, des Metzgers von Bangkok, wird nie bekannt werden. Seine Aktivitäten umfassten Mord, über Beteiligung an Opiumschmuggel und das Betreiben von Bordellen. Durch das Innenministerium, das nicht nur die Polizei kontrollierte, konnte er nicht nur selbst korrupt agieren, sondern die ganze Verwaltung korrumpieren. So kam von sechzig Fällen in einer gewissen Provinz nur ein einziger vor Gericht zur Verhandlung. Oder, um ein anderes Beispiel zu nennen, so wies der zuständige Minister die staatliche Tabakmonopolgesellschaft an, kostenlose Geschäftsanteile an von ihm bevorzugte Stellvertreter auszugeben. Politiker, Polizisten, Armeeoffiziere und Geschäftsleute wurden in die glückliche Umarmung gezogen, die dazu gedacht war, sie auszuquetschen, oder sie als Geldquellen für das „Schmieren“ anzubohren. Als Kopf der Regierung und selbst Finanzminister, verteilte FM Pibul Mittel und Aufträge klug und großzügig und mit großer Freizügigkeit und in
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Phao Siyanon war mit der CIA verbunden und erhielt von dieser Geld und Waffen für seine persönliche Verwendung und um die Polizei in eine zweite Armee zu verwandeln um damit seinem internen Rivalen in der Armee, Sarit Thanarat entgegen treten zu können. Phao errichtete einen intimen Kreis von Polizeioffizieren, die als „Ritter des Diamantrings“ bekannt wurden. Die Gruppe war bekannt für die „Behandlung“ der Regierung und politischen Gegner, oft durch unverblümten Mord. Im März 1949 wurden drei Abgeordnete aus dem Isaan und ihre Angehörigen, alle ehemalige Anhänger des nun im Exil befindlichen Pridi, wegen Hochverrat verhaftet. Sie wurden durch die sie begleitenden Polizisten erschossen, während sie von einem Gefängnis in ein anderes gebracht wurden. ….. Phao war unglaubliche reich. Er sammelte Schutzgelder von Geschäftsleuten ein, manipulierte den Goldpreis, und erpresste Firmen die ihm große Geschäftsanteile abgeben mussten. Außerdem profitierte er vom Opiumhandel. …..Polizeieinheiten transportierten Opium von den Mohnfeldern des Goldenen Dreiecks in die Häfen von Bangkok, um es von dort zu exportieren. LKWs, Flugzeuge und Boote, die der Polizei durch die CIA zur Verfügung gestellt worden waren, wurden für die Vereinfachung der Drogenlogistik verwendet (Quelle: 26.07.2009 Wikipedia, http://en.wikipedia.org/wiki/Phao_Sriyanond) Dies ist nur der Beginn der bekannt gewordenen und publizierten Gräueltaten. Aber wir wollen der Geschichte nicht vorgreifen. Seite 206 von 408
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verschiedener Form. Wo dies nicht ausreichte, um dem Erhalt der eigenen Macht zu gewährleisten, hatte er immer noch den Polizeigeneral Pao der von ihm ermächtigt worden war, Verbrecher auf einen Wink hin zu erschießen oder einzusperren. FM Pibuls politische Moral wird illustriert durch sein kühles Eingeständnis, dass die Niederschlagung von Pridis abgebrochenen Putschversuch im Februar 1949 drei Millionen Baht an ausgefallenen Bestechungsgeldern und „Rückerstattungen“ gekostet hätte, die der Staat übernehmen müsste. (Dies war billig: Der Coup der FM Pibul zurück an die Macht gebracht hatte, kostete das Fünffache, und auch hier hatte die Nation dafür zu zahlen.) Nach diesem Vorfall im Februar belohnte der Polizeigeneral Pao viele Polizisten mit goldenen Ringen: „Ich habe niemals betrogen oder gelogen während meines ganzen Lebens,“ rief er, als er ihnen die Ringe gab, „Und ich bitte euch, meinem Beispiel zu folgen.“ Als FM Pibul in der Nationalversammlung gefragt wurde, wie dieser seine Praktiken finanzieren würde, antwortete er: „Ich glaube er hat seine eigene Art und Weise, um Geld für diesen Zweck zu erheben“.
Abbildung 14 Polizeigeneral Pao, während der kurzen Periode der freien Rede, die auf dem "Speakers Corner" auf dem Pramane Ground erlaubt hat. Er erklärt seine Vorliebe für Gewaltlosigkeit, Demokratie und eine ehrliche Verwaltung.
Fragen in der Nationalversammlung waren die einzigen Herausforderungen gegenüber der zunehmenden Tyrannei des Regimes. So waren Zeitungen ständig verboten oder ihre Redakteure eingeschüchtert worden. Auf einen Seite 207 von 408
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wurde eine Handgranate (die zur Standardausrüstung im Polizeiarsenal gehörte) geworfen. Ein anderer, der es gewagt hatte, Polizei-General Pao zu kritisieren, musste sich in ein Kloster flüchten. Mom Senis journalistischer Bruder Kukrit Pramoj war unter den rühmlichen Redakteuren und er benutzte tapfer seine Satire gegen das Regime. Aber für ihn und seine Anhänger in der Democrat Party war die Uhr abgelaufen. Durch ihre Akzeptanz von FM Pibuls Comeback war die Aussicht auf Demokratie ausgelöscht worden. FM Pibul erlaubte die Existenz der Versammlung um sich den Anstrich eines parlamentarischen Systems zu geben, aber er stellte sicher, dass er die Kontrolle über eine folgsame Mehrheit an Abgeordneten verfügte, und er verhängte den Ausnahmezustand, wann immer es ihm nützlich erschien. Er redete zwar immer von dem Ideal der Demokratie, aber sein Idealismus trat hinter seinem Egoismus zurück. Er tat es teilweise, weil er Freunde daheim und im Ausland benötigte. Er umwarb die Monarchisten innerhalb und außerhalb der Democrat Party und versuchte die Menschen vergessen zu machen, dass er ebenso wie Pridi einst einer der Promotoren der Revolution von 1932 gewesen war. Seine Manieren, seine Kleidung und der moderate luxuriöse Lebensstil brachte ihn naturgemäß näher an manchen Monarchisten als Pridi und Konservative, die immer misstrauisch gegenüber Pridis Radikalismus waren und täglich durch die Beweise die während des Prozesses auftraten überzeugter von seiner Mitschuld an dem Königsmord wurden. Dies brachte sie näher zu dem Mann, der ihn nicht nur gestürzt hatte, und ihm außerhalb des Landes hielt, sondern auch als unangefochtener Kommandant der Nation erschien.130
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Während einige Anthropologen und Historiker der Meinung sind, dass sich die Militärdiktaturen Thailands nur geringfügig von denen Südamerikas unterscheiden, gibt es eine Reihe von Diskussionen, die von einer spezifisch thailändischen Art der autoritären Staatsführung berichten, die zunächst in Form von reinen Militärdiktaturen, später von einer „Thai Stil Demokratie“ berichten. In letzterer spielt das „Netwerk Monarchie“ die entscheidende Rolle, die sich in den Anfängen, die in diesem Buch sichtbar werden, noch eine untergeordnete Rolle spielt. In dem Buch „Thailand The Politics of Despotic Paternalism“ von Thak Chaloemtiarana wird der Übergang von einer Militärdiktatur die eher in Konkurrenz zur Monarchie steht, und die in diesem Buch beschrieben wird, zu einer Militärdiktatur, die die Monarchie wieder erstarken lässt und sie gleichzeitig benutzt, um daraus ihre Legitimierung zu ziehe, beschrieben. Das Buch „Democracy and National Identity in Thailand“ von Michael Kelly Connors beschreibt die aus dieser Entwicklung entstehende Demokratie nach thailändischer Art. Anders als in westlichen Ländern, in denen Diktaturen in der Vergangenheit in den Geschichtsbüchern als solche aufgearbeitet werden, tendiert Thailand dazu, die Geschichte Seite 208 von 408
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FM Pibul kehrte zu seinem alten Spiel zurück, mit dem er Unterstützung durch das anstacheln nationalistischer Gefühle sammelte. Nachdem der „Siam“ durch „Thailand“ ersetzt hatte, wurde ein neues Gesetz gegen die lokalen Chinesen zur Anwendung gebracht. Dass er keinerlei Scham über seine Zusammenarbeit mit den japanischen Aggressoren im Krieg zeigte, wurde bei der Begrüßung einer Gruppe von japanischen Geschäftsleuten klar, die er wie folgt begrüßte: „Dies ist das erste Mal seit dem Ende des Krieges, dass ich Japanisch gehört habe und ich bin sehr glücklich darüber.“ Der Westen konnte sich kaum ausschließen, denn als er seine Kontrolle über das Land konsolidierte sahen sie in ihm den starken Mann gegen die auftretende Bedrohung für Südostasien, die mit der letzten Niederlage von Chiang Kai-Shek auf dem chinesischen Mutterland und Russlands Anerkennung der Volksrepublik China eintrat. Sich selbst als Sieger und Thailand als Bastion gegen den Kommunismus zu präsentieren, war von nun an seine Trumpfkarte. Er benötigte sie um Wirtschaftshilfe zu erhalten. Eine sich erholende Landwirtschaft und die Rückgabe von vierundvierzig Millionen Dollar in Gold durch Japan waren nicht ausreichend, um eine Wirtschaft zu finanzieren, die durch Korruption ausblutete. Eine Mission, die nach London gereist war, erhielt ein Darlehn von fünf Millionen Pfund (zur Finanzierung der Entwicklung und Entmutigung des Kommunismus.) 131
zu beschönigen und die Vergangenheit auch in der offiziellen Geschichtsschreibung nicht aufzuarbeiten. Das führt dazu, dass heute noch in Leitartikeln von wichtigen Zeitungen des Landes die „die guten alten Tage“ zurück gewünscht werden. Erst im Jahre 1997 wurde wieder eine Verfassung in einem mühevollen demokratischen Prozess entwickelt, die den Grad der demokratischen Freiheiten vorsieht, der in Pridis Verfassung von 1946 zum Ausdruck gekommen war, nämlich ein vollständig gewähltes Unterhaus und ein gewähltes Oberhaus. Aber dieses Konzept wurde dann durch den Militärcoup vom 19. September 2006 erneut vernichtet. 131
Die westlichen Staaten hatten zwar die Situation richtig analysiert, aber waren entweder vollkommen naiv oder sie sahen keine andere Möglichkeit. Denn sie fütterten das Ungeheuer der Unterdrückung und der Korruption statt, wie beabsichtigt, eine Entwicklung des ländlichen Bereiches zu erreichen. „Ironischerweise ….. war die kommunistische Bedrohung innerhalb von Thailand kleiner als in den meisten asiatischen Ländern. Es war mehr die Unterdrückung der Sarit und Thanom-Praphas Regimes (die auf FM Pibuls Diktatur folgten), die den Aufstieg der Kommunistischen Partei Thailands (CPT) förderte. Seit dem Ende des 2. Weltkriegs war ein großer Teil des Landes vom Fortschritt unbeachtet geblieben. Ein großer Prozentsatz der Bauern pachteten oder teilten sich das Land. Für die schnell wachsende Bevölkerung war darüber hinaus Agrarfläche zunehmend knapp und der Arbeitsmarkt in den Städten waren auch keine gute Alternative.“ (Paul Handley, The king never smiles, Yale 2005, S. 182) Seite 209 von 408
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Natürlich entmutigte er den Kommunismus und alles andere, was seine eigene Macht hätte schmälern können. Trotzdem versuchte er immer den Eindruck zu erwecken, als ob er durch ein Parlament regieren würde, obwohl die Größe der Polizeikräfte, die in Bangkok gegen Aufstände ausgerüstet war, und die 1000 Polizisten umfasste, eine andere Sprache spricht. Und so taten auch zwei wichtige Gerichtsverfahren, die neben dem Verfahren wegen Königsmord, der im Raum 24 stattfand, durchgeführt wurden. Diese Verfahren betrafen Männer denen vorgeworfen wurde in Zusammenhang mit einem Umsturzkomplott zu stehen, der mit Pridis versuchten Gegenputsch vom Februar 1949 in Zusammenhang gebracht wurde. Wie viele politische Gefangenen nie vor Gericht kamen wird wohl nie bekannt werden. Aber sechs, die nie vor Gericht kamen, kennt man. Diese waren ehemalige Pridianhänger und Minister im Kabinett Pridis sowie deren Stellvertreter, und sie kamen nie vor Gericht, weil Polizeigeneral Pao sie im März 1949 ermordete. Zwei von ihnen waren auch in dem Verteidigerrat des Verfahrens wegen Königsmord. Ihre Nachfolger konnten nur mit Schwierigkeiten gefunden werden, und dann wurden diese am 30. Oktober 1949 auch verhaftet – wegen angeblichem Verrat und der Verbreitung von gegen Pibul gerichteter Flugblätter. Niemand konnte überzeugt werden, ihren Platz einzunehmen, und von den verbleibenden Verteidigern trat einer zurück --wie konnte man es ihm verdenken? Nur der Mann, der sich als erster freiwillig zur Verfügung gestellt hatte, der tapfere Fak Nasongkhla blieb dem Verfahren treu. Dann kam eine junge Frau, gerade einmal dreiundzwanzig Jahre alt, die gerade ihren Abschluss gemacht hatte, um ihm zur Seite zu stehen. Sie war Chaleos Tochter. Mit Fak sollte sie von da an für ihren Vater und die zwei Pagen bis zum Ende des Verfahrens kämpfen. Jedoch weder Mitleid für die Angeklagten, noch Abscheu gegen den Terror und die Schlechtigkeit des Regimes von FM Pibul sollte ein Vorurteil erzeugen oder die Beurteilung des Falles beeinflussen. Trotz der Umstände wurde das Verfahren im Großen und Ganzen in einer ordentlichen Form durchgeführt. Und zumindest in Hinsicht auf die Sammlung von Informationen konnte es als wertvoller Führer zur Wahrheit dienen. Zum Ende des Jahres 1949 als alle Experten für Ballistik und die medizinischen Zeugen gehört worden waren, sowie sechzig Zeugen, forderte die Anklage weitere achtzig Zeugen im darauffolgenden Jahr in den Zeugenstand rufen zu können. Unter diesen Zeugen waren keine geringeren als der König selbst und die Königinmutter.
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Sie waren nicht zusammen als Bhoomipol seine lange erwartete Rückkehr in sein Land antrat. Er kam mit seiner wunderschönen Verlobten, aber seine Mutter selbst war in einen Autounfall verwickelt gewesen. So schützten sie ihre Verletzungen wenigstens davor die Unannehmlichkeiten der Rückkehr zu den Orten der tragischen Erinnerung ertragen zu müssen. Die Eindrücke dieser Erinnerung lagen immer noch belastend auf Bhoomipol, was man deutlich an seinem Gesicht ablesen konnte, das vom ersten bis zum letzten Tag ohne ein Lächeln blieb. Da gab es viel, das ihn erinnerte: Die Reise flussaufwärts in einem Kriegsschiff, die Übergabe des goldenen Schwertes des Herrschers, die Bekundungen der Loyalität, das Singen der Mönche und die Versammlung der Diplomaten am königlichen Landungssteg, die große Menschenmenge, die ihm zusah, wie er den Grand Palace betrat, gerade wie es damals, vor dem Krieg gewesen war, als er zum ersten Mal zu Besuch kam. Aber damals war Ananda im Mittelpunkt der zeremoniellen Aufmerksamkeit gestanden, während er nur ein kleiner Junge mit einem Gesicht wie ein bebrilltes Seidenäffchen war. Und nun war Ananda in der goldenen Urne und Bhoomipol war zu einem ansehnlichen Mannsbild ausgewachsen, der ihm Respekt erwies, bevor er das gleiche vor allen seinen Chakri-Vorfahren im königlichen Mausoleum tat. Dann zündete er Kerzen an, die zu jedem wichtigen Tempel in der Stadt gebracht wurden. Bevor er die Grand Palace verließ, betete er im Tempel des Smaragd Buddhas, und verbeugte sich tief in dem geheimnisvollen Teil des Inneren, in dem die Geister der Nation leben, die von Frommen Wächterengel des Reiches und durch weltlich gestimmte als „der alte Gentleman des Palastes“ genannt wird. Er sollte nicht in der Barompiman Halle leben, sondern in einem neueren Palast ein paar Meilen entfernt. Auf dem Weg war die Rajdamnoen Avenue mit Dekorationen und einer wie immer enthusiastischen Menge gesäumt. Die Polizei hatte vorher sicher gestellt, dass keine Wäsche aufgehängt war um die königlichen Augen zu stören, und niemand so respektlos war, von einem Platz über dem Kopf des Königs aus, zum Beispiel von einem Dach aus, das Spektakel zu beobachten. Früh am nächsten Morgen schenkte Bhoomipol vierundsechzig Priestern Nahrungsmittel als Teil einer Zeremonie um seinem neuen Palast Glück zu bringen. Es war der Beginn einer komplizierten Abfolge von Ritualen die aus der langen Geschichte Siams stammten. An einem Tag saß er auf dem glitzernden Amarindr Thron in der Halle des Grand Palace, dessen Wände mit roten und goldfarbenen Textilien ausgekleidet waren, während Mönche mit brennenden Kerzen um ihn herum wanderten. An einem anderen Tag Seite 211 von 408
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nahm er an einer Zeremonie teil um die Götter des Wassers zu befriedigen. Aber ungeplant war eine Fahrt, die er in privater Kleidung zu den Pramane Anlagen vor dem Grand Palace machte. Dort war der große temporäre Pavillon für die Kremation seines Bruders aufgebaut worden. Und als die Menge ihn erkannte, fuhr er schnell wieder fort. Ca. hundert Yards entfernt in Raum 24 fand das Verfahren gegen drei Männer statt, die wegen des Mordes an seinem Bruder angeklagt waren. Am 30. März 1950, fast vier Jahre seit Anandas eingewickelter Körper in die Silberurne eingebracht wurde, begann die Bestattung. Die große goldene Urne, die die silberne Urne enthielt, wurde mit einem Flaschenzug auf den königlichen Leichenwagen gehoben, der fast vierzig Fuß hoch war. Der königliche Leichenwagen war ein mit einem Turm versehener Pavillon auf Rädern, der von einhundert Marinesoldaten gezogen wurde. Seine Seiten bestanden aus roten und goldenen Schichten mit Einlagen aus grünen Glasmosaiken und reichlich verziert mit Schnitzereien, die dunkelrote Drachen und betende Engel und geometrische Designs aufwiesen. Der Pavillon bewegte sich langsam, so dass die Zuschauer jede Einheit des Kunstwerkes beobachten konnten. Auf dem Pramane Grund war das Krematorium ein weiterer, noch größerer Pavillon mit Turm, der hoch über dem Grund aufragte und den man über vier lange Treppenfluchten betreten konnte. Räder waren an der Mitte einer Treppe angebracht und die Urne, die zunächst auf einer Artilleriekutsche drei Mal um den Aufbau herumgefahren war, wurde heraufgezogen und in dem Pavillon aufgebaut. Um 16:30 Uhr stieg König Bhoomipol in der Uniform eines Marschalls der königlichen Wachen langsam die Treppe hinauf und zündete eine Kerze vor der Urne an. Er stieg dann wieder herab um einer Predigt des PrinzenPatriarchen zu hören. Danach ging er noch einmal die Treppenstufen hinauf zu der Plattform des Pavillons. Die Urne und seine eigenen Bewegungen wie in Zeitlupe schienen einsam und alleine zu sein trotz der großen Menge die auf der Straße und dem Wasser seit 16:00 Uhr eingetroffen war, und die die Fläche in eine dunkle Palette von Köpfen verwandelt hatte. Bhoomipool stand vor der Urne und unter dem dunkelblauen Himmel entstand eine große Stille. Dann nahm er seinen letzten Abschied von Anandas sterblichen Überresten, indem er sich nicht nur verbeugte, sondern prostrierte, auf den Boden warf. Dies war ein solcher Akt der Bescheidenheit, dass ein sanftes Murmeln der Scheu und des Kummers durch die Menge ging. Dann zündete er den Scheiterhaufen symbolisch mit einer Wachskerze an, Soldaten feuerten drei Salven, und Hornisten bliesen den letzten Zapfenstreich. Dann traten Würdenträger und Mitglieder der königlichen Familie langsam die Seite 212 von 408
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Treppe hinauf um ihren letzten Respekt zu bekunden. Einer trug eine goldene Vase mit Papierblumen von der Königinmutter.
Abbildung 15 Unter dem neunteiligen Schirm wird die goldene Urne mit den sterblichen Überresten von König Ananda die Treppe (rechts) des Pavillons auf dem Pramane Grund hinauf gebracht.
Und in der Nacht wurde der Scheiterhaufen wirklich angezündet. Als Bhoomipol dann das Löschen der Flammen um acht Uhr am Morgen besuchte, war nur noch Asche von Anandas Körper übrig geblieben. Aber sein Geist --- nicht im Sinne wie Menschen aus dem Westen einen Geist verstehen, der die Persönlichkeit und die Identität der toten Person in die Ewigkeit überführt, sondern im buddhistischen Sinne, der Überfluss von Vorzügen die von der Ewigkeit zurück gehalten werden bis sie nach vielen Lebenszyklen den Grad der Perfektion erreichen um in das Universum überzugehen --- dieser Geist nahm Besitz vom Körper einer Person oder Kreatur, die in diesem Augenblick geboren wurde, und durch die Gesetze des Karmas würde dieser neue Körper leiden oder prosperieren, je nachdem welche wahren Tugenden Anandas Leben aufwies. Der Kremation folgten Riten die sich über Wochen hinzogen. Und dann, in der Erwartung der königlichen Hochzeit und der Krönung, war plötzlich alles voller Freude. Siamesen entledigen sich nichts schneller als Traurigkeit. An einem Morgen einen Monat später besuchte Bhoomipol das Haus seiner Großmutter, der Mutter von Prinz Mahidol, und dort traf er seine Braut. Sie Seite 213 von 408
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unterzeichneten das Heiratsregister. Die königliche Großmutter betrat den Raum um sie mit geweihtem Wasser über den Köpfen zu segnen. Und so waren sie verheiratet. Die wichtigeren Mitglieder der Gesellschaft spritzten Weihwasser über die Hände des königlichen Paares. Die älteren Prinzen boten untertänige Glückwünsche von allen Anwesenden an. So einfach war es, die Ehe des Königs zu schließen. Sehr unterschiedlich war jedoch die Krönung, die nur ein paar Tage nach den Flitterwochen in Hua Hin folgte. Da es die erhabenste und kurioseste staatliche siamesische Zeremonie ist, muss ich sie zusammenfassen.
Die Krönung Um 09:30 Uhr erhält Bhoomipol in einem speziellen Bereich des Grand Palace in einer weißen Robe und in Richtung Osten schauend, ein gesegnetes Bad während die königlichen Astrologen den Siegesgong ertönen ließen. Dann nahm er, angezogen mit seiner goldenen Krönungsrobe, Platz auf dem Thron, vollkommen abgeschirmt von jeglichem Ausländer. Acht Abgeordnete der Nationalversammlung, gekleidet wie die Götter der acht Richtungen bringen geweihtes Wasser das aus dem Fluss und aus den acht Richtungen des Kompasses gewonnen wurde, sie füllten das Wasser in eine goldene Muschel, die der König in der Hand hielt. Der oberste Brahmane übergab ihm nun den neunstöckigen Schirm der Majestät während eine Band die Nationalhymne spielt und Soldaten die Waffen präsentieren. Es gab noch mehr Formalitäten bevor er in die daneben liegenden Amarindr Thron Halle ging, wo besonders angesehene Ausländer ihn erwarteten. Er setzte sich auf einen anderen Thron unter den neunteiligen Schirm, mit dem Gesicht nach Osten gewandt. Der oberste Brahmane sang eine Beschwörung der Götter und bat sie um Anwesenheit, und es war wenig wahrscheinlich, dass sie eine solche Szene der glitzernden Pracht und des althergebrachten Pomp verpassen würden. Dann kam die Crux. Fünfundzwanzig Insignien der Herrscherwürde wurden Bhoomipol überreicht, einschließlich der mit Diamanten besetzten goldenen Krone mit einem Gewicht von sieben Kilogramm, die er sich selbst auf den Kopf setzte. Jedes Teil der Insignien stellte eine Qualität oder einen Besitz seiner Königswürde dar. Bei dieser Zeremonie war es das Land, das Wasser und der Himmel von Siam, und das Leben von jeder Person und Kreatur, die ihm zu treuen Händen übergeben wurden. Alle Priester sangen Segenssprüche, traditionelle Musik wurde gespielt und ein Salut von hundert und einem Kanonenschuss ertönte, und in jedem Kloster des Königreiches ertönte ein Gong. Der Patriarch Prinz blies die Siegeskerze aus, der König verteilte goldene und silberne Seite 214 von 408
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Blumen an die führenden Mönche und mit vielen weiteren Zeremonien, Besuchen, Wünschen und dem Schenken von silbernen Bäumen für den Smaragd Buddha, mit Prozessionen, einer Erklärung durch den Chef der Königlichen Schriftrollen, dass Bhoomipols Frau die Königin wäre, endete der Tag erst gegen halb elf in der gleichen Nacht.
Abbildung 16 König Bhoomipol bei seiner Krönung.
Durch das Sicherstellen, dass am nächsten Tag der königliche Auftritt vor der Öffentlichkeit vom Balkon in der Wand des Grand Palace stattfinden konnte, war die Zeremonie beendet. Sie hatte 35.000 britische Pfund gekostet, von denen die Feste liebenden Thailänder keinen Tical bedauerten. Um die Gelegenheit unvergesslich werden zu lassen wurden Prinzen in einen höheren Rang befördert und verurteilte Gefangene erhielten eine Reduzierung ihrer Strafen. Aber für die drei Angeklagten im Königsmordprozess gab es keine Erleichterung. Ananda war verbrannt, der neue König gekrönt, aber die Vergangenheit blieb unerbittlich präsent während die mysteriöse Tragödie, die für dieses Ereignisse verantwortlich war in Raum 24 exhumiert wurden. Von all den Beamten, Polizisten, Dienern, Politikern und ihren Frauen und Freunden, die während des Jahres 1950 in den Zeugenstand traten, wurde nicht mehr bewiesen als die Gründlichkeit der Polizeiermittler und der ArSeite 215 von 408
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beitseifers ihres Chefs, Detektiv Phinich. Aber während kein Fetzen Beweis, der möglicherweise für die Mühle der Anklage schädlich gewesen wäre berücksichtigt wurde, so wurde die Menge an bereits bestätigten Details oder deren Detaillierung vorgetragen. Und so wurde alles noch einmal ausgebreitet: Die Angst in der königlichen Familie nach Anandas Tod, die düstere Prophezeihung des älteren Pagen Chan, der vor Ananda verstarb, und Pridis Anstrengungen die Untersuchung von Allem weg zu lenken, das die offizielle Erklärung eines Unfalls widerspricht, und noch mehr. Ein oder zwei Punkte sind es wert erwähnt zu werden. Eine angebliche Erklärung von Chan, dass Nai Chits verräterische Funktion gewesen wäre, als Spion des Sekretärs Chaleos zu agieren. Und ein anderer Punkt von Pridi, dass Ananda wegen Gram über eine Familienangelegenheit Selbstmord begangen hätte, aber wenig davon wurde öffentlich. Das wenige, das bekannt wurde, war jedoch verblüffend. In diese Kategorie fällt die Enthüllung die durch den infamen Polizeigeneral Pao gemacht wurde. Er hatte früher dem Gericht erklärt, dass einen Monat vor Anandas Tod ein prominenter Anhänger von Pridi gesagt hätte, dass Ananda planen würde, zugunsten von Bhoomipol abzudanken um dann „selbst Politiker zu werden“. Aber die wirkliche Überraschung in Paos Beweisführung war, dass Ananda einen Termin zu einem Treffen mit FM Pibul am Tag nach seinem Tod hatte. FM Pibul war zu diesem Zeitpunkt erst kurz aus dem Gefängnis entlassen worden, in dem er wegen seines Verfahrens auf Grund von Kriegsverbrechen in Untersuchungshaft gesessen hatte. Pao erklärte, dass ein Schwager, dessen Frau in den Diensten der Entourage der Königinmutter war, ihm die Nachricht zukommen ließ, dass Ananda wünschte FM Pibul zu sehen. Pao trug die Nachricht pflichtbewusst zu FM Pibul und entsprechende Arrangements wurden für das Treffen getroffen, nicht in der Barompiman Halle, sondern in der Vertraulichkeit einer Familienresidenz der Mahidol-Familie, dem Sraptatum Palast. Wenn die Annahmen in all dem auch unterschiedlich waren, der gemeinsame Nenner war, dass, ob Pridi einen Streit mit dem König hatte, wie die Anklage behauptete, oder nicht, er Anandas Vertrauen nicht genossen haben konnte. Es war seltsam und eine für Pridis Sache zerstörerische Geschichte. Dieser Polizeigeneral Pao, der Metzger von Bangkok, so sollte man erwähnen, könnte sich sehr angestrengt haben, auf alles zu setzen, außer auf die extreme monarchistische Gutgläubigkeit, und nicht weniger als FM Pibul, der ihn mit seiner Aussage bestätigte. Schließlich bestätigte er, Nachrichten von Ananda erhalten zu haben, der um ein Treffen bat. Seite 216 von 408
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Spekulationen darüber wurden jedoch durch ebenso neue Beweise, die der Öffentlichkeit in großen Schlagzeilen entgegen sprangen, beiseite gewischt. Die Schlagzeilen besagten, dass Leutnant Vacharachai den Mord von Ananda auf Pridis Geheiß erst durchgeführt hatte, nachdem ein Mordschütze, der für diesen Zweck angeheuert worden war, sich im letzten Moment zurück gezogen hatte. Die Enthüllung stammte von einem gewissen jungen Armeeoffizier. Er hatte, so erzählte er dem Gericht, wegen seiner Beteiligung am monarchistischen Aufstand im Jahr 1933 im Gefängnis gesessen. Dort hätte er einen Mann mit dem Namen See getroffen, der wegen Raubüberfall verurteilt worden war. Die Jahre vergingen und dann, vier Tage vor Anandas Tod wäre dieser See vollkommen aufgelöst zu ihm gekommen, und hätte gesagt, dass er angeheuert worden wäre, eine „wichtige Persönlichkeit“ zu töten. Die Details die See ihm gegeben hätte besagten, dass der Mann, der ihn angeheuert hatte, ein ehemaliges Mitglied des Free-Thai-Movements und ein Anhäger Pridis gewesen wäre. Er hätte See zwei US-ArmeePistolen zusammen mit Munition und einer Handgranate gegeben hätte. Der Preis für den Job wären 6.500 englische Pfund gewesen. Der Armeeoffizier beschrieb als nächstes, wie See wieder am Tag nach Anandas Tod angerufen hätte. Der Schütze erzählte ihm dass er am Tag vor der Tragödie zum Gran Palace gebracht worden wäre, wo Nai Chit und Butr auf die „Wichtigkeit der Person“ hingewiesen hätten. Es war niemand anderes als der König. In diesem Moment, so hatte See seinem Freund erzählt, hätte er sich geweigert weiter zu machen, mit dem Ergebnis, dass Leutnant Vacharachai den Schuss abgegeben hätte. See hätte den Zeugen angebettelt ihn aufzunehmen weil er Angst vor der Polizei gehabt hätte. Nach einigen Tagen, an denen er sich in seinem Haus versteckt gehalten hätte, erklärte See, dass er beschlossen hätte, Leutnant Vacharachai zu verfolgen um ihn zu töten. Er äußerte den Wunsch zunächst mit einem gewissen General zu sprechen, damit dieser sich um seine Familie kümmern würde, falls er bei der Realisierung der Rache, die er beabsichtige in die Tat umzusetzen, umkommen sollte. An diesem Punkt wurde die Aussage des Offiziers durch die des Generals bestätigt, nämlich dass See durch einen Offizier zu ihm gebracht worden wäre. Er erzählte die gleiche Geschichte die das Gericht schon gehört hatte, außer dass er sich nicht an die Namen Nai Chit und Butr erinnern konnte. Er hätte dann See von seinem hitzköpfigen Vorschlag abgebracht und See wäre zurück zu dem jungen Offizier gegangen, um einen weiteren Monat dort zu bleiben. Danach, so wurde bekannt, hatte er für einen Polizeikapitän Seite 217 von 408
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dessen Zweitfrau einen Chauffeur haben wollte, aber seine weiteren Abenteuer konnte man nur erraten. Es gibt eine starke Annahme, dass er von dem Polizeikapitän, der nicht gefunden werden konnte, um wegen Mordes in einem anderen Fall angeklagt zu werden, ermordet worden war. Mit Gewissheit war See gegen Ende 1947 eines gewaltsamen Todes gestorben und die Detektive Phinichs konnten ihn nicht vor Gericht als Zeugen aussagen lassen. Sein Charakter und seine Karriere gaben nichts von dem was er gesagt haben sollte den Stempel der Glaubwürdigkeit aber trotzdem störten zwei Details. Ohne wirklich mit dem Palast verbunden zu sein, benannte er Nai Chit und Butr am Tag nach dem Tod von König Ananda. Und wenn seine Geschichte zurechtgelegt war um den damaligen Gerüchten der Öffentlichkeit nachzukommen, oder er sie mit der Hilfe von jemanden zusammen gebraut hatte, dann wäre wohl eher Chaleo als ein Ex-FTM-Mitglied (der immer wieder verächtlich seinen angeblichen Teil an der Geschichte bestritten hatte) als derjenige bezeichnet worden, der den Schützen angeheuert hatte. Während alle diese Männer im Grab sind, ist der große Gleichmacher der Lebenden ein Gerichtssaal. Die Beweisführung die wieder die öffentlichen Aufmerksamkeit auf sich zog, nach der Geschichte des einfachen Sees, kam vom Erhabensten im ganzen Land. Der zweiundneunzigste Zeuge der Anklage war König Bhoomipol selbst.
Der König sagt aus Wenige Mordverfahren hatten jemals einen König als Zeugen. Für den Zeugen ein siamesischer König zu sein, ein Gott des Lebens, (Lord of Life) machte das Ereignis einzigartig. Der Öffentlichkeit wurde aber das volle Drama vorenthalten, weil Bhoomipol nicht in Raum 24 erschien. Richter, Anwälte und die Beschuldigten gingen zu seinem Palast, wo fünf Mitglieder des Kronrates anwesend waren, um die königliche Würde zu wahren. In seiner Aussage, die über ein und einen halben Tage dauerte, fügte er kein keine Details über seine Bewegungen am Morgen von Anandas Tod hinzu, die nicht schon früher genannt worden waren. Seine Beschreibung der exakten Position von Anandas Körper stimmten mit denen aller anderer überein außer dass er sich nicht mehr daran erinnern konnte, Anandas rechten Arm gesehen zu haben, der nach allgemeiner Auffassung außerhalb der Bettdecke und wie der linke Arm ausgestreckt an seiner Seite gelegen ha-
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ben sollte. Bhoomipol fuhr fort (wobei das königliche „wir“ und „uns“ normalisiert wurde). „König Ananda schoss auf Ausstellungen in fremden Ländern mit Waffen und mit Spielzeugwaffen. Als wir nach Bangkok zurück kehrten da gewöhnte er sich daran mit Waffen zu schießen, die ihm von den Menschen in Cholburi geschenkt wurden, als Pridi die Demonstration der FTM arrangiert hatte … Die Person die ihm zeigte, wie die Waffen benutzt wurden war Leutnant Vacharachai. Die Menschen die dem König die Waffen gaben sagte, dass Leutnant Vacharachai ihm das Schießen beibringen sollte und es war der eigene Wunsch des Königs es zu erlernen. Das Schießen fand im Garten hinter der Barompiman Halle statt, und ich ging auch dort hin. Der König schoss sowohl mit kurzläufigen als auch mit langläufigen Waffen. Dabei war auch die US-Armee-Pistole .45. Wenn er damit schoss, dann sammelten gewöhnlich einige der Pagen die benutzten Patronenhülsen auf. Ich sah sowohl Nai Chit und Butr beim Aufheben der verbrauchten Patronenhülsen. Nach dem Schießen überließen wir Leutnant Vacharachai das Laden der Waffen. Der König musste seine Brille tragen, aber ich kann mich nicht erinnern, ob er sie jedes Mal getragen hatte, als er schoss. … Nai Chit hatte nicht zeigen können, wo er die Patronenhülse im Schlafzimmer des Königs aufgehoben hatte. Ich hatte gehört, dass Chaleo sein Auto bis zur Tür der Barompiman Hall fahren ließ, ob mein Bruder darüber unmutig war oder nicht, weiß ich nicht, aber ich erinnere mich, dass als mein Bruder einmal ein Auto haben wollte, konnte er es nicht bekommen, weil eines in Reparatur war und Chaleo das andere Pridi geschickt hatte, weshalb Kuang ( der große Komödiant, damals Premierminister ) ihm sein Auto ausleihen musste. Der König hatte mir nie gesagt, dass Chaleo respektlos ihm gegenüber gewesen wäre aber ich nehme an, dass er den Dienst verließ, weil der König verstimmt war. Als der König nach Hua Hin in Urlaub fuhr, da fuhr Pridi auch dort hin. Dort benutzte Pridi ohne Erlaubnis den königlichen Jeep, das persönliche Eigentum des Königs. Er hatte auch keine Erlaubnis für eine Party von ehemaligen Mitgliedern der FTM erhalten. Sie stellte sich als sehr laute Party heraus. Pridi hatte einmal dem König ein Klavier besorgt, damit er spielen konnte. Ich weiß nicht woher, aber als es ankam da ließ er uns im Glauben, dass es sein eigenes war, bis wir später feststellten, dass es aus dem königlichen Haushalt gekommen war. Ich weiß nicht ob Pridi und mein Bruder irgendwelche Auseinandersetzungen wegen der Bestellung des Regentenrates Seite 219 von 408
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hatte, aber hinsichtlich des Ersatzes für Chaleo hatte Pridi so lange gebraucht um den Mann den der König gewünscht hatte zu ernennen, dass der König vor der Ernennung verstarb. Es war der eigene Wunsch meines Bruders die USA und Großbritannien auf dem Weg in die Schweiz zu besuchen. Er wünscht eine schnellstmögliche Abfahrt als das Datum der Abreise auf den dreizehnten festgesetzt wurde. Zwischen dem König, mir und der Königinmutter gab es nie irgendwelchen Ärger oder Missverständnisse. Der König hatte mir nie gesagt, dass ihm etwas Sorgen machen würde. Seine einzige Beschwerde war die über die Hitze. Wenn ihm etwas in seiner Arbeit unangenehm war, dann hatte er mir das nicht erzählt, aber in seinem Privatleben gab es nichts, was ihm ernsthaft Sorgen bereitet hatte. Er war eine sehr stille Person und wenn er die Waffen benutzte, dann war er in jeder Hinsicht sehr vorsichtig und warnte mich sogar dass ich sicher stellen sollte, dass keine Patrone in der Waffe wäre, wenn ich mit ihr spielte. Der König sprach nie über Politik mit mir. Ich habe nie gehört, dass er FM Pibul treffen wollte. Chan (der ältere Page der vor Ananda verstarb) war sehr loyal und sorgte sich sehr um unser Wohlbefinden und unsere Sicherheit. Er hatte nie viel mit mir geredet aber er sagte mir immer wieder ich sollte vorsichtig sein und ich verstand es als Aufforderung, auf mich aufzupassen. Er hatte mir das immer gesagt, seit wir nach Thailand zurück gekommen waren.“ Unter dem weiteren Kreuzverhör wurde Bhomipol zurück auf die unmittelbaren Ereignisse gebracht, die Anandas Tod umgaben. Das erste wodurch er darauf aufmerksam wurde, so sagte er, war, dass etwas nicht in Ordnung war, wäre das Geräusch von laufenden Füßen gewesen. Er führte weiter aus: „Ich hatte nichts Unnormales gehört, bevor ich jemanden rennen hörte. Während ich zwischen meinem Schlafzimmer und dem Spielzimmer hin und her ging, nahm ich nicht davon Notiz, dass irgend jemand anderes in der Nähe war … Ich achtete nicht darauf, als ich jemanden laufen hörte. Ich hörte sowohl einen Ruf der Überraschung als auch Weinen – es hörte sich an wie von der gleichen Person. Außer mit der Hofdame in der Nähe des Vordaches zusammen zu treffen, sah ich niemanden. Ich achtete nicht darauf, ob die Tür zum Schreibzimmer geöffnet war. Normalerweise war es geschlossen wenn der König schlief. Seite 220 von 408
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Er erinnerte sich auch, dass, als er in das Schlafzimmer ging, das Moskitonetz geöffnet war. Auf die Frage, wer die .45er Pistole gegeben hätte, sagte er, dass er dachte, dass es Chan gewesen wäre, und zwar bei der Ankunft von Ananda in Bangkok. Ananda hatte einige Tage vor seinem Tod aufgehört, mit irgendwelchen Waffen zu schießen. Diese Aussage beschloss den Auftritt seiner Majestät. Viel davon was er gesagt hatte war nicht neu, aber ich habe es so ausführlich beschrieben, weil es wichtig ist. Mit Bhoomipols Abreise, nicht nur von dem fortschreitenden Gerichtsverfahren, sondern auch von Thailand … Schon kurz danach kehrte er mit seiner Königin in die Schweiz zurück. Und nur drei weitere Zeugen der Anklage sollten uns noch fesseln. Einer war der Stellvertreter von Detektiv Phinich in der polizeilichen Untersuchungskommission. Er gab zu, dass Nai Chit und Butr mit so genannten „Wahrheitsdrogen“ behandelt worden waren und dass eine Tonaufnahme von dem gemacht worden war, was sie unter Drogeneinfluss gesagt hatten. Aber beide hätten ganz einfach ihre vorherigen Geschichten der vollkommenen Unschuld wiederholt. Der Zeuge bestand aber darauf, dass Nai Chit etwas zurück halten würde und das Butr viele wichtige Einzelheiten „vergessen“ hätte. Im August 1950 begab sich das Gericht in die Schweiz um die Aussage der Königinmutter aufzunehmen. Fak Nasongkhla entschied dagegen, dass er oder die Verteidigertochter von Chaleo die Reise mit den Richtern, den Anwälten der Anklage und der Polizei machen macht. Teilweise weil die Mittel bereits äußerst knapp waren, aber in erster Linie weil es unmöglich war eine königliche Persönlichkeit einem echten Kreuzverhör zu unterziehen. Aus Sicherheitsgründen waren die Angeklagten auch nicht anwesend. Das Hearing fand mit Einwilligung der Schweizer Regierung in der thailändischen Botschaft in Bern statt. Die Königinmutter fuhr jeden Tag dort hin und wurde dabei vom treuen Anek begleitet. Es gab keine Veröffentlichung ihrer Aussage bis das Gericht wieder zurück in Bangkok war und sich im Raum 24 versammelt hatte. Wegen einer Reise von zwei Richtern nach England war dies nicht vor Ende September. Bis dahin war die öffentliche Anteilnahme sehr gesteigert aber dann wurde festgestellt, dass die Aussage der Königinmutter nichts Sensationelles enthielt. Mit ausreichender Klarheit bestätigte sie die Ereignisse bis zu dem Moment da Nai Chit rief: „Der König hat sich erschossen“. Aber dann war es, als ob ihre Seelenqualen sie auch noch nach dieser langen Zeit fest im Griff hätSeite 221 von 408
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ten, oder nach ihrer eigenen Erklärung, als ob drei Autounfälle ihr Gedächtnis beeinträchtigt hätte. Sie konnte sich allerdings erinnern, dass das Moskitonetz um das Bett geschlossen gewesen war, als sie den Raum nach dem Schuss das erste Mal betreten hatte. Sie konnte sich erinnern, dass nichts in dem Raum sie störte. Später sagte sie, dass sie Anandas Schreibtisch durchsucht hätte, weil er eine Nachricht hinterlassen hätte, wenn er Selbstmord begangen hätte. Sie sagte, dass er im Ausland mit luftbetriebenen Waffen gespielt hätte. Sie erinnerte sich an eine Privataudienz die Pridi beim König nach dem Abendessen am 7. Juni vor Anandas Tod hatte. Bei der Audienz hätte Pridi gewünscht, dass Prajadhipoks Witwe zum Regenten ernannt würde. Während Ananda gewünscht hätte, dass sein Onkel Prinz Rangsit ernannt werden sollte. Sie bestätigte dass der Nachhilfelehrer für Buddhismus ihr von Pridis Drohung, dass er den Thron nicht wieder unterstützen würde, nach der Audienz berichtet hatte. Sie führte weiter aus: „Es gab keinen Streit zwischen dem König und mir. Er kam immer in meinen Raum um zu sehen, ob mit mir alles in Ordnung wäre, wenn der Strom ausgefallen war. Er war immer ruhig und gefasst. Das einzige Mal, dass er ärgerlich geworden war als ich nach einem Auto rief und als das einzige verfügbare von Pridi genommen worden war. Chaleo wurde entlassen, weil er nicht für den Posten geeignet war. Ein Arzt und einer der ADCs wurde auch entlassen. Sie waren Pridis Männer. Der König gab Chaleo eine Zigarettenschachtel nachdem man ihm gesagt hatte, dass das die übliche Verhaltensweise wenn jemand nicht aus einem bestimmten Grund entlassen wurde. Einige Tage vor Anandas Tod hatte er seine Diener angewiesen seine Auszeichnungen zu reinigen. Sie waren in einer Schublade in der Nähe des Bettes, aber man konnte sie ohne ein Geräusch zu verursachen, öffnen.“ Damit endete die Aussage der Königinmutter. Seine erstaunliche Dürftigkeit an Einzelheiten wird sich als höchst signifikant erweisen. Der letzte Zeuge der für die Anklage auftrat, der sich am Ende wie ein Musikstar fühlte, der die Hitparaden anführte, war der Chefermittler Detektiv Phinich, der den Zeugenstand im Oktober 1950 betrat. Er beschrieb wie er von dem Rang eines Unteroffiziers bei der Polizei bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1947 zum Generalmajor aufgestiegen war. Er wäre aus der Pensionierung gekommen, so erklärte er, weil er nicht mit den Ermittlungen der Pridi-Regierung über den Tod von Ananda einverstanden gewesen wäre. Deshalb hätte er seine Dienste der Regierung der Democrat Party, die nach dem Staatsstreich von FM Pibul eingerichtet worden war, angeboten. Und der Fall, der durch die Anklage in den letzten zwei Jahren in Raum 24 vorgestellt worden war, war zum großen Teil das Ergebnis seiner Arbeit. Seite 222 von 408
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Im Kreuzverhör stritt er ab während des Krieges ein Vermögen durch Handel mit den japanischen Besatzern gemacht zu haben. Bevor er seine Aussage beendete, redete er von einem Treffen das Prinz Subha Svasti (Tahn Chin) zwischen Pridi und den Anführern der Democrat Party nach dem Krieg zusammengebracht hatte, in einem Versuch politische Einheit herzustellen. Der Prinz hätte Kuang gesagt, dass er mit Pridi kooperieren sollte, „weil andernfalls der Thron in Gefahr ist“. (Tahn chin selbst war nie in den Zeugenstand gerufen worden, um Die Aussage von Detektiv Phinich zu bestätigen. Die Bemerkung, sollte sie gemacht worden sein, hätte auch bedeuten können, dass die nationale Uneinigkeit notwendigerweise die nationale Stabilität gefährdet, und in jedem Fall war der Beweis Hörensagen und wäre in Gerichten im Westen nicht zugelassen gewesen.) Detektiv Phinich wäre der einhundertvierundzwanzigste Zeuge. Als er den Zeugenstand verließ schloss die Anklage die Beweisaufnahme in dem Fall ab. Im November öffnete die Verteidigung ihre Beweisaufnahme, und halb voller Angst aber auch zur Hälfte erleichtert, warteten die Angeklagten darauf endlich gehört zu werden.
Die Angeklagten sagen aus Fak Nasongkhlas Taktik lief einfach darauf hinaus die Angeklagten von dem Vorwurf der Komplizenschaft bei der Tötung zu entlasten. Das heißt, außer die wissenschaftlichen Beweise angezweifelt zu haben, hatte er nicht versucht, und versuchte er auch jetzt nicht andere zu beschuldigen oder die Mordtheorie selbst zu entkräften – denn konnte sie überhaupt entkräftet werden? Und durfte irgendein loyaler Untertan es für möglich halten, dass bei einer Entkräftung der Mordtheorie die Möglichkeit eines Selbstmordes bestand? Ob er wollte oder nicht, er stand nicht nur als Verteidiger der drei Angeklagten vor Gericht, sondern auch von zwei Personen, die sich im Exil aufhielten. In erster Linie natürlich Pridi, weil Pridis angebliche Schuld und die behauptete Verbindung mit ihm das Fundament der Beweisführung der Anklage war. Fak bestritt dies von Anbeginn an, und erklärte, dass die Behauptung einer Gegnerschaft Pridis gegenüber dem König absurd wäre. Dann rief er die Zeugen auf. Er begann mit dem Angeklagten Nummer eins, Chaleo. Als der ehemalige Sekretär den Zeugenstand betrat, machte Seite 223 von 408
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der leere Platz auf der Anklagebank, der so lange durch ihn besetzt gewesen war, plötzlich klar, dass ein entscheidender Stand in den Vorgängen eingetreten war. Chaleos Antworten auf die Beweisführung der Anklage war das vollständige Widersprechen der aufgestellten Behauptungen. Er bestritt dass er mehr als ein einfacher Anhänger von Pridi gewesen wäre, er bestritt eine enge Verbindung mit Nai Chit, bestritt dass er ihn als Spion benutzt hätte, bestritt irgendetwas von einer Konspiration gehört zu haben und bestritt jedes Wissen oder Teile eines Wissens über den Mord. Er bestritt auch, dass er aus dem königlichen Dienst entlassen worden wäre. Es hätte nie, so sagte er, das geringste Anzeichen einer Entlassung gegeben. Die Anschuldigungen der Respektlosigkeit wären an den Haaren herbei gezogenen Konstruktionen. Er gab nur zu, dass er zwei oder drei mal in den inneren Hof gefahren wäre, aber der Grund dafür wären die Schmerzen auf Grund von Verletzungen gewesen, die ihm bei dem Unfall eines sich überschlagenden Jeeps ereilt hätten, der von Ananda gefahren worden war, als er die FTM-Vorführungen besucht hatte. Das erste Mal dass er gehört hätte, dass der König ihn entlassen hätte, wäre in Raum 24 gewesen. Er wäre aus eigenem Wunsch ausgeschieden, weil er unter den Folgen des Jeep-Unfalls gelitten hätte. Er hätte geglaubt, dass er sich trotz seiner Kündigung er immer noch des Glück der königlichen Gnade erfreuen dürfte, die durch die silberne Zigarettenschachtel unterstrichen worden war. Er bestätigte nachdrücklich seine Loyalität zum Thron. Er wäre zutiefst erschüttert gewesen, als er am 9. Juni vom Tode des Königs gehört hätte. Er hätte die Nachrichten, so sagte er, am späten Nachmittag gehört, und sich zunächst geweigert ihnen Glauben zu schenken. In seiner Eigenschaft als Senator wäre er an diesem Abend zur Versammlung gegangen und hätte dann für die Nachfolge von Bhoomipol gestimmt. Davor hätte ihm der Chef der Palastgarde gesagt, dass der König Selbstmord begangen hätte, und zwar aus Gründen, die andere Palastbeamte ihm gegenüber am nächsten Tag wiederholten, als alle der Meinung waren, dass er auf des Königs entschlossenen Charakter zurück zu führen wäre. „Was,“ fragte Fak Nasongkhla ihn, „waren die Gründe?“ Chaleo zögerte. „Kann ich das dem Gericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit sagen? Es könnte das königliche Prestige beeinträchtigen.“ Sein Antrag wurde angenommen und die Öffentlichkeit und die Presse aus dem Raum 24 gewiesen. Dann sagte er den Richtern, dass die Palastbeamten gesagt hätten, dass es einen bitteren Streit zwischen dem König und seiner Mutter gegeben hätte. Seite 224 von 408
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Diese Streitigkeiten, nach Anandas Meinung, hätten ihn in seine Trauer gestürzt und zu dem Entschluss sich das Leben zu nehmen. Aber Chaleo selbst hätte niemals von irgendeinem Streit gehört. Das Gericht öffnete anschließend wieder das Verfahren für die Öffentlichkeit. Seine Aussage weiter führend sagte Chaleo, dass er begonnen hätte am Tag nach Anandas Tod Gerücht zu hören, dass er einen der königlichen Autos gestohlen hätte und ins Ausland geflüchtet wäre. Spätere Gerüchte verbanden den Namen von Leutnant Vacharachai mit dem von Pridi und sie waren so hässlich gewesen, dass er die Politik verlassen hätte. Er erklärte zu glauben, dass die Gerüchte durch die Democrat Party erfunden worden wären, da er ihr Gegner gewesen wäre. Nachdem er verhaftet worden war, wäre er in schwersten Ketten gehalten worden und oft verletzt worden, wenn Fesseln zugehämmert wurden. Dafür hätte er keinerlei medizinische Versorgung erhalten. Er wäre durch seine Gefängniswärter in den Zustand eines Nervenzusammenbruchs getrieben worden, die während der ganzen Nacht alle zehn Minuten eine Lampe in sein Gesicht gehalten hätten. Aber er wäre nie von den Aussagen abgewichen, die er der Polizei schon zu Beginn gegeben hätte. Und auch, so fügte er hinzu, hätten die Nai Chit oder Butr nicht gemacht, selbst nachdem sie die Wahrheitsdroge erhalten hatten, die sie für vierundzwanzig Stunden in eine Ohnmacht versetzt hätten. Damit beendete Fak Nsaongkhla Chaleos Aussage. Sie hatte sechs Tage gedauert, aber das Kreuzverhör stand ihm noch bevor. „Es war ihnen ziemlich klar,“ sagte der Chefankläger, „dass der Posten des Privatsekretärs des Königs eine große Ehre war, der Grund für Stolz und Zufriedenheit. Daneben waren sie zur gleichen Zeit der Direktor von vielen Gesellschaften so dass sie finanziell gesichert waren. Sie mussten einen wichtigen Grund gehabt haben, den königlichen Dienst zu verlassen, wie sie behaupten?“ „Ich hatte dem Gericht den Grund genannt: Meine Gesundheit wurde schlechter.“ „Aber sie nahmen unmittelbar darauf Pridis Angebot an, in den Senat zu gehen?“ „Das war nicht so anstrengend – es gab nicht so viele Arbeitsstunden – und ich wollte eine politische Karriere verfolgen.“ „Sie hielten auch ihre Direktorenposten und sie gingen in den Senat. Es gibt auch Beweise, dass sie sich als ein Abgeordneter zur Wahl stellen wollten. Das klingt nicht nach einem Mann, der eine schlechte Gesundheit hätte.“ Er wischte Chaleos Einwand beiseite. „Und dann, wie erklären Sie ihr Ableugnen, dass sie in dem Haus des Konteradmirals gewesen wären als Tee Seite 225 von 408
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der Holzhändler, der sie nie vorher gesehen hatte, bei der Gegenüberstellung ausgewählte hatte?“ „Die Polizei hatte mir für die Gegenüberstellung eine von den anderen unterschiedliche grüne Uniform angezogen, so konnte Tee mich auswählen.“ „Lassen wir Tee dann beiseite. Sie bestreiten, dass sie jemals in dem Haus gewesen wären, aber sowohl der Konteradmiral als auch sein Hausmädchen sagten aus, dass sie dort gewesen wären.“ „Ich war aber nicht dort.“ „Der Oberst mit dem Sie bei der Kremation des Ex-Regenten Aditya sprachen, log der, als er sagte, dass sie ihm gesagt hätten, dass der König nicht am 13. abfahren würde?“ „Ich habe nie irgendjemanden etwas Derartiges über den König sagen hören.“ „Der Oberst war ein alter Freund. Er war in Ihrem Haus um es zu ehren. Warum sollte er lügen? Das klingt wie das Leugnen eines Schuldigen.“ „Ich sagte Ihnen, ich habe nie jemanden hören sagen, dass der König nicht am 13. abreisen würde.“ „Da Sie sich weigern eine direkte Antwort zu geben, lassen Sie mich zu etwas Anderem kommen. Nicht nur Sie waren dort mit Ihrer Position um Nai Chit zu beeinflussen, sondern es gab auch eine Familienverbindung zwischen ihm und Prinz Subha Svasti (Tahn chin) der eine politische Abmachung mit Pridi gemacht hatte. Was können Sie uns über die Abmachung sagen?“ „Ich habe nie von einer Abmachung gehört. Ich habe nur gehört dass der Prinz versuchte die politischen Führer zusammen zu bringen.“ Viel von der Aussage Chaleos betraf Pridi.“ Auch wenn ich abstreite Pridis Mitwisser gewesen zu sein, gebe ich zu, dass ich ihn sehr geschätzt habe. Ich kannte ihn seit der Kindheit. Wir gingen zusammen zur gleichen Schule in Ayudhya. Ich nahm als Zivilist an der Revolution von 1932 teil. Ich respektierte Pridi wegen seiner Hingabe für das Land und dafür, dass er sein Leben riskierte um die Widerstandsbewegung gegen die Japaner anzuführen. Ich hatte keinen Grund an seiner Loyalität zu zweifeln. Tatsächlich war er sogar deutlich loyal gegenüber der königlichen Familie: Er hatte sich für die Befreiung der politischen Gefangenen einschließlich Prinz Rangsit eingesetzt, er hatte König Prajadhipoks Eigentum und Ehre zurück gegeben, nachdem diese nach seiner Abdankung aberkannt worden waren, und er beendete das Berufsverbot für politische Aktivitäten für Mitglieder der königlichen Familie. Während des Besuchs von Pridi in Hua Hin waren die Beziehungen zum König freundschaftlich. Was Leutnant Vacharachai an-
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geht, kenne ich den Mann kaum. Ich erkläre noch einmal meine absolute Unschuld und meinen absoluten Abscheu vor dem Königsmord.“ Aber wie tief der Eindruck war, den er auf die Richter hinterließ, das konnte niemand von ihren ausdruckslosen Gesichtern abzulesen. Und dann, nachdem er seine Aussage gemacht hatte, seinen letzten Eid auf seine Loyalität abgegeben hatte, da kehrte Chaleo zurück in den vorübergehenden Schutz seiner Anklagebank. Kurz vor Weihnachten kam Nai Chit an die Reihe. Ebenso groß wie Chaleo, aber schlanker und mit feineren Zügen, sprach er mit dem Akzent des Palastes, während Chaleo die härtere Tonlage des Geschäftsmannes hatte hören lassen. Aber nun waren Geburt, Betragen und Erscheinung ohne Bedeutung. Er als Person, ebenso wie Chaleo und Butr als Personen, zählten nichts. Alles was entschied waren Fakten – jene Abstraktionen die von der konkreten Realität entnommen worden waren, die Übersetzung vergangener Aktionen in einer Darstellung in der Gegenwart. Der erste Teil der Anklage gegen Nai chit lautete auf Mitgliedschaft in einer kriminellen Verschwörung, die nicht nur durch seine Verbindung mit Chaleo erklärt war, sondern bewiesen worden war durch die Diskussion die Tee der Holzhändler belauscht hatte. Mehr noch: Er hätte dem Mordschützen angeblich das bestimmte Opfer gezeigt, und er hatte der Kammerzofe und einem anderen Pagen bei verschiedenen Anlässen gesagt, dass der König nicht am 13. abreisen könnte. Nai Chits Antwort auf diesen Aspekt der Anklage war, dass er alles von Anfang bis zum Ende abstritt. Er betonte seine Hingabe zum König. Er hatte mit Ananda als Jungen gespielt. Sein ganzes Leben lang war er in königlichen Diensten, wie sein Vater und sein Großvater vor ihm. Was hätte er von einer so verabscheuungswürdigen Tat, wie den König zu töten, zu gewinnen?“ „Sie wurden gekauft,“ antwortete die Anklage. Nai Chit verachtete die Beschuldigungen. Ebenso vehement bestritt er, dem Mörder geholfen zu haben, unbehindert ein und auszugehen. Es wäre die absolute Wahrheit gewesen, dass er niemanden gesehen hätte, auch nicht als nur Momente nach dem Schuss den Raum betreten hätte. Er gab widersprüchliche Antworten darauf, wo er die verbrauchte Patrone gefunden hatte, als Grund gab er seine Verwirrung und den Schock an. Und selbst als es drei volle Tage später war, bevor er die Polizei zu der angebliche falschen Projektil in der Matratze führte, so wäre ihm vorher nicht bewusst gewesen, dass sie benötigt wurde. Seite 227 von 408
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Aber Nai Chit hatte noch viel mehr zu erklären. Weder Verwirrung noch das Leugnen war genug zur Widerlegung der zwei Trumpfkarten der Anklage – Seine Anwesenheit im Palast als er außer Dienst war, und sein Schrei zur Königinmutter „Der König hat sich erschossen!“ obwohl er nur wusste, dass der König erschossen war, aber nicht, dass er sich selbst erschossen hatte. Der Angeklagte erklärte seine Anwesenheit im Palast, obwohl er außer Dienst war, mit einer langatmigen Erläuterung. Kurz bevor acht Uhr am Morgen von König Anandas Tod, so sagte er, dass er zu einem Juwelier in der Nähe der großen Schaukel gegangen wäre (eine Anlage wie zwei riesige rote Torpfosten die für bestimmte religiöse Feierlichkeiten in der City verwendet werden.) Er wurde ihm durch einen höheren Palastbeamten vorgestellt, der mit ihm hin gegangen war. Der Anlass war eine Reiseschatulle nach den Angaben der Königinmutter machen zu lassen, um alle Auszeichnungen, die der königlichen Familie gehören, aufzunehmen. Er brachte eine Beispielschachtel mit sich, die Bhoomibol gehörte, sie war jedoch kleiner als die geforderte. Der höhere Beamte (der ihn vorgestellt und begleitet hatte) war vor ihm gegangen und er ging dann zurück zur Barompiman Halle um die genauen Masse der Auszeichnungen und Orden zu messen, die in einer Schublade im königlichen Ankleideraum aufbewahrt wurden. Als er Butr vor dem Ankleideraum gegen 9 Uhr antraf, hörte er, dass der König gerade im Badezimmer gewesen wäre, aber zurück ins Bett gegangen war. Deshalb hätte er sich entschlossen zu warten um nicht zu riskieren ihn zu stören. Das war der Grund, warum er mit Butr dort gesessen hätte. Die Tatsache, dass ein Mann arbeiten sollte, auch wenn er außer Dienst ist, scheint nur bemerkenswert für einen Menschen aus dem Westen, dem die extreme Gleichgültigkeit der Thailänder gegenüber den Vorzügen der Industrie nicht bekannt ist: Ein Thailänder arbeitet nicht mehr als er arbeiten muss. Nai Chits eigene Erklärung seines außergewöhnlichen Verhaltens war, dass er an diesem Morgen zum Juwelier hätte gehen müssen, weil der Palastbeamte den Termin vereinbart hatte, um ihn zu begleiten. Und außerdem war die Kürze der Zeit in Anbetracht der baldigen Abreise der Familie offensichtlich. Die Anklage hinterfragte den genannten Grund, Maß nehmen zu wollen, da Bhoomipols Schachtel schon die Markierungen mit der richtigen Größe gehabt hätte. Und seine Begründung für das Warten mit Butr wurde auch hinterfragt, in Anbetracht dass er daran gewohnt sein sollte, still in die königlichen Räume zu gehen und die Orden und Auszeichnungen hätte erreichen können ohne den König zu stören.
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Der kritische Punkt jedoch, in der Befragung durch die Anklage im Kreuzverhör war Nai Chits Aufschrei zur Königinmutter. Denn während er die tragischen Momente des Ereignisses beschrieben hatte, hatte er zugegeben, dass er die Pistole nie gesehen hatte. Wie konnte er da erklären, warum er aufgeschrien hatte, dass der König sich selbst erschossen hätte? Er wiederholte, was er schon so oft gesagt hatte. Als er den Schuss gehört hatte, da vergingen ein oder zwei Momente, bevor er sicher war, dass das Geräusch aus dem Schlafzimmer des Königs gekommen war. Er ging in den Ankleidraum von dem aus er gesehen hätte, und zwar durch den offenen Gang, wie der König im geschlossenen Moskitonetz im Bett gelegen hätte und offensichtlich schlafend. Verwirrt wäre er auf Zehenspitzen ins Schlafzimmer gegangen, hätte dann Blut auf dem Kopf des Königs, auf der Schulter und dem Kopfkissen gesehen und wäre sofort zur Königinmutter gerannt. „Sie hörten den Schuss und sie sahen wie der König blutbedeckt im Bett lag. Das hatten sie uns gesagt.“ „Ja.“ „Hatten sie jemals gehört, dass ein König Selbstmord begangen hätte?“ „Nein.“ „Warum sollten sie dann zu dem Schluss gekommen sein, dass der König sich selbst erschossen hatte, wenn sie nicht einmal die Pistole gesehen hatten? Ist nicht die einzige Erklärung dass sie schon vorher wussten, dass dies die Geschichte wäre, die sie erzählen sollten?“ „Ich war verängstigt. Ich hatte den Schuss mit meinen eigenen Ohren gehört. Ich wusste, dass der König viele Waffen einschließlich der Pistole neben seinem Bett hatte, und ich sah das Blut mit meinen eigenen Augen. Es war niemand anderer im Raum. Der Gedanke, dass irgend jemand gegen seine Majestät Verrat begehen würde war mir nie in den Kopf gekommen. Ich konnte nur denken, dass er sich selbst erschossen haben musste.“ Wie plausibel das auch klingen mochte, das blieb der analytischen Begründung der Richter überlassen. Ihnen hatte Nai Chit, als er erschöpft aus dem Zeugenstand trat, sein Schicksal anvertraut. Butr kam zu Beginn des neuen Jahres 1951 an die Reihe. Ein solches trauriges, verängstigtes aber irgendwie eifriges Gesicht sollte die Trägheit seines Denkens verbergen. Er sprach zuerst von seiner Geburt im Gran Palace wo seine Mutter ein Hausmädchen gewesen war. Er beschrieb seine Anwesenheit als Ananda ein kleiner Junge gewesen war, und wie er während des königlichen Besuchs im Jahr 1938 mit ihm zum Fischen und Autofahren unterwegs gewesen wäre. Er war ausgewählt worden, Ananda zurück in die Schweiz zu begleiten und die Königinmutter hatte ihm netterweise das Seite 229 von 408
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Geld gegeben, um sich für die Reise auszustatten. Während der Periode von Anandas Besuch im Jahr 1938 und als er beim letzten Mal zurück nach Bangkok gekommen war, da hätte sich seine, Butrs Zuneigung noch verstärkt. Als er das sagte, brach er im Zeugenstand zusammen und weinte. Fak Nasongkhla fragte ihn über seine Erfahrungen im Gefängnis. Er war geschlagen, getreten, angekettet und unter Drogen gesetzt worden. Die Polizei hatte ihn immer wieder gefragt, wer in das Schlafzimmer gegangen wäre, also welche Identität der Mörder hätte, und jedes Mal hatte er geantwortet „niemand“ und sie hatten ihn immer mehr geschlagen und getreten. Wie Nai Chit beschrieb er wie er unter Drogen ohnmächtig geworden war. Er wusste nicht, was er unter ihrem Einfluss gesagt hatte, aber ihm war gesagt worden, dass alles auf einem Tonband aufgenommen worden wäre. Dies schien das Herz der Zuhörer getroffen zu haben. Aber es traf natürlich nicht den Kern der Sache – die unmittelbaren Ereignisse vor und nach dem Schuss. Er bezog sich auf die Ereignisse, die ich schon beschrieben hatte, insbesondere dass er um 7 Uhr am Morgen zum Dienst gekommen wäre, dass er um 8:30 Uhr Ananda still im Ankleideraum hatte stehen sehen um seinen Orangensaft zu nehmen und wie er zurück ging. Als der Schuss ertönte, so erklärte der dem Gericht jetzt, dass er unfähig gewesen wäre, sich zu rühren. Er hätte gesehen, wie Nai Chit seinen Kopf in den Ankleideraum gesteckt hätte, (man sollte sich daran erinnern, dass Nai Chit erklärt hatte, er wäre sofort hineingegangen) und er hätte ihn dann gefragt „Was ist passiert?“ Weil er keine Antwort erhalten hätte wäre er Nai Chit nach einem Augenblick des Zögerns gefolgt, ohne ihn aber einzuholen, und als er sich wieder zurück zum Ankleideraum gedreht hätte, wäre er mit Bhoomipol zusammengestoßen, der ihn weggeschickte hätte um einen Arzt zu holen. Die Anklage gegen Butr hing fast vollständig vom Fall gegen Nai Chit ab. Die zwei Pagen saßen zusammen und wenn daher Nai Chit schuldig wäre, dann musste Butr es auch sein. Darüber hinaus gab es einen Beweis dass die andere Tür von Anandas Räumen, die von seinem Arbeitsraum aus zum vorderen Korridor, später unverschlossen gefunden wurde, und da Butr sie hätte verschließen sollen als er in der vorhergehenden Nacht Dienst gehabt hatte, hätte er sie absichtlich offen lassen können, um dem Mörder Einlass zu gewähren. Butrs stritt den Vorwurf jedes Verrates ab, ebenso jedes Wissen darüber. Und er hatte noch zwei seltsame Erklärungen. Am Tag bevor Ananda starb, da hatte er ein halbes Dutzend Blätter in seinem Badezimmer verbrannt. Butr hatte es so aufgefasst, dass dies persönliSeite 230 von 408
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che Briefe gewesen wären und dass ihr Verbrennen zu den Vorbereitungen der Abreise des Königs gehörte. Dann, am Morgen als er starb, während der Arzt seinen Körper wusch und Butr in Bereitschaft war, da hörte er ein Geräusch im daneben liegenden Arbeitszimmer wo die von Kummer gequälte Königinmutter auf dem Sofa saß. Sie hätte mit den Füßen aufgestampft und einige Blätter in der Hand gehalten, während Bhoomipol im Raum auf und ab gegangen wäre, und Butr erklärte er hätte gehört wie sie ausrief: „Was auch immer du tun willst, tu es.“ Er hatte dies der Untersuchungskommission nicht gesagt. Auf die Frage, warum er das nicht gesagt hätte, antwortete er, dass das Verbrennen der Briefe und das schlechte Benehmen des Königs, der ihm aus dem Weg zu gehen schien und dann mit dem Orangensaft verschwand. Das hätte einen Selbstmord nahe gelegt. Was er versucht hätte geheim zu halten um das königliche Prestige von Anandas Gedächtnis zu schützen. Aber war nicht die wahre Erklärung, so fragte die Anklage, dass diese zusätzlichen Beweise später produziert worden wären, um die Annahme des Selbstmordes zu unterstützten? War nicht das Schweigen Butrs über diese Tatsache genug Beweis für seine Kompliziertheit? Schließlich war da die Tatsache, dass Butr zugegeben hatte, ein „heiliges Bad für Glück“ genommen zu haben, und das wenige Tage vor des Königs Tod. Was das nicht ein Versuch, um seine Schuld zu sühnen? Bei Abschluss von Butrs Aussage ging die Verteidigung daran dreiunddreißig Männer und Frauen in den Zeugenstand zu rufen. Die meisten konnten nur eine Negativaussage mache, also was sie NICHT gesehen oder gehört hätten, oder nicht wussten – wie Pridis Frau, die trotz einer intensiven öffentlichen Aufmerksamkeit die eintrat als sie in den Zeugenstand trat, nur bezeugen konnte, dass sie keinerlei negative Handlungen oder Worte sondern nur ungeschmälerte Hingabe zur Monarchie bei ihrem Ehemann bemerkt hätte. Und wenn sie auch ein wohlbegründetes Interesse daran haben konnte, den Namen ihres Mannes rein zu waschen, so gab es viele andere die ihre Karriere riskierten, ihre soziale Position und ihre Sicherheit, indem sie sich über die Festigkeit seines Charakters, die von ihm erfolgte Hilfe für die königliche Familie, und seiner unermüdlichen Arbeit am Tag und in der Nacht für den Wohlstand des Landes äußerten. Er war nicht perfekt. Ein Zeuge gab zu, dass er manchmal die Geduld verlor, wenn er unter Stress stand. Der Direktor der Königlichen Börse, der eng mit ihm in Angelegenheiten des Palastes beschäftigt war, erklärte, dass er nie gehört hätte, dass Pridi sich darüber beschwert hätte, dass Ananda sich in Politik einmischen würde, oder ihm Vorschläge machen würde. Ein Seite 231 von 408
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anderer Zeuge, der ein pridifreundlicher Abgeordnete war, erzählte etwas von den unmittelbaren und plötzlichen Anti-Pridi-Gefühlen in politischen Kreisen schon am Tag von Anandas Tod. Als er an diesem Tag zur Nationalversammlung ging, da war ihm ein Abgeordneter der Democrat Party an die Kehle gefahren. Während Pridi, obwohl abwesend, immer das Verfahren dominierte waren die drei Angeklagten für alle zu sehen, und der andere führende aber verloren gegangene Spieler war im Nebel des Exils verloren gegangen – der angebliche Mörder, der Exekutor des brutalen Verbrechens. Die Öffentlichkeit wusste kaum etwas von Leutnant Vacharachai außer seiner späteren Karriere als ADC und Sekretär. Die Gruppe der Zeugen die aussagten, dass er in der Nähe des Tatortes zum Zeitpunkt der Tragödie gewesen wären, hatten seine Existenz nur kurz erwähnt, und irgendwie wie aus der Ferne wahrgenommen. Aber im März brachte eine zierliche junge Frau mit dem Namen Cha-oom den Zuhörern in Raum 24 seine Existenz ungehemmt ins Bewusstsein, denn es war ihr Ehemann und Vater ihrer drei Kinder. Mit einem höflichen Akzent, sie war intelligent und gebildet, erklärte sie, dass ihr Ehemann gewünscht hätte, den Posten des königlichen ADCs zu verlassen. Er hatte sich daher krank gestellt, in der Hoffnung dass die Regelungen, die eine automatisch Kündigung für diejenigen vorsieht, die mehr als drei Monate abwesend waren, auf ihn angewendet werden würde, und es ihm erlauben würde, in Ehren aus seinem Job auszuscheiden, dessen Bezahlung nicht ausreichend gewesen wäre. Zwischen acht Uhr und acht Uhr dreißig am Morgen des Schusses war er mit ihr in ihrer Wohnung in dem Vorort Bangkapi, und wartete auf einen Arzt der gerufen worden war, weil sie in der Nacht eine Schwangerschaftskomplikation erlitten hätte. Es wäre fast neun Uhr gewesen, als der Wagen ihres Mannes gekommen wäre und er wäre dann zu ihren Eltern gefahren, um ihnen über ihren Zustand zu berichten. Dann gegen 10 Uhr am Morgen, wäre er vor seiner Rückkehr noch zum Einkaufen gefahren, und um 11 Uhr wäre er zurück gewesen. Er wäre sehr unglücklich gewesen, weil er von dem Tod des Königs gehört hätte, und sie selbst hätte geweint. Die Anklage machte klar, dass sie nicht beeindruckt wäre. Es war schnell festgestellt, dass das Haus ihrer Eltern in bequemer Nähe zum Grand Palace lag. Auch war ihre Aussage über seine Bewegungen umstritten, weil sein Fahrer gesagt hätte, dass er ihn gegen 9 Uhr zu einem Punkt außerhalb des Palastes gefahren hätte, wodurch lediglich die Bestätigung der Aussage durch die eigene Familie bestand. Jedenfalls hätte er die Barompiman Halle Seite 232 von 408
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betreten und verlassen können, bevor er zu seinen Schwiegereltern gegangen war. Und wie erklärte sich das Blut an seinen Manschetten? Die Verteidigung rief den ehemaligen Polizeichef der die Ermittlungen sofort nach dem Schuss geleitet hatte, in den Zeugenstand. Er blieb bei der Meinung, die er damals geäußert hatte, dass er einen Mord ausschloss. Und er wies jede Vorstellung zurück dass er versuchen würde etwas zu vertuschen oder dass er von Pridi herein gelegt worden wäre, der, wie er zugab, ihn auf den Posten befördert hatte. Ein Team von Polizisten die mit sich gebracht hatte, sagten auch aus: Er war anwesend, als Nai Chit die .45er brachte, und für ihn roch es so, als ob noch Rauch im Lauf zu riechen gewesen wäre. Aber unter dem Kreuzverhör gab er zu, dass er die Waffe nicht in der Hand gehalten hätte und deshalb dem anderen Polizisten nicht widersprechen konnte, der erklärt hatte, dass die .45er aussah und roch, als ob sie seit einiger Zeit nicht abgefeuert gewesen wäre. Zwei weitere Zeugen der Verteidigung sollten noch kurz erwähnt werden. Eine Zeugin war die Frau des Konteradmirals in deren Haus Pridi, Leutnant Vacharachai, Chaleo und Nai Chit angeblich belauscht worden waren. Sie bestritt die Aussage von Tee dem Holzhändler hinsichtlich der Position die er angegeben hatte, sie belauscht zu haben. Denn das wäre von den Teilen des Hauses aus gewesen, die zu den Räumen ihrer Mutter gehörten, zu denen niemals ein Mann eingelassen worden wäre. Sie fügte auch hinzu, dass Tees Charakter äußert fragwürdig wäre. Dann war da noch ein ehemaliges FTM Mitglied, von dem See der Mörder behauptet hatte, dass er versucht hätte ihn anzuheuern. Er bestritt vehement jede solche Transaktion mit dem Mann. Am 9. Mai 1951 schloss die Verteidigung ihre Beweisaufnahme ab. Insgesamt hatte das Gericht einhundert und einundsechzig Zeugen innerhalb von zwei und einem halben Jahr angehört.
Die Plädoyers In den folgenden Monaten fassten beide Seiten das Verfahren zusammen. Die anklage forderte einen Schuldspruch nicht nur gegen die drei Angeklagten, sondern auch Pridi und Leutnant Vacharachai, und für alle die Todesstrafe. Die Verteidigung forderte einen kompletten Freispruch. Und dann gelang Fak Nasongkhla eine Überraschung. Er brachte plötzlich einen verfahrenstechnischen Antrag ein, das Verfahren sofort einzustellen (nolle prosequi). Der Ankläger protestierte mit einiger Berechtigung und der Begründung, dass ein solcher Antrag zu Beginn des Verfahrens und nicht an Seite 233 von 408
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seinem Ende hätte eingebracht werden müssen. Die Richter erlaubten jedoch Fak seine Begründung vorzutragen. Es lief auf die Auslegung der thailändischen Gesetze hinaus und gipfelte in der Behauptung, dass die Regierung illegal wäre, weil sie die Pridi-Dhamrong Regierung durch den Coup vom November 1947 illegal gestürzt hätte, weshalb alle Aktionen die durch diese illegale Regierung folgten, ebenfalls illegal gewesen wären: die Ernennung von Detektiv Phinich und sein polizeiliches Untersuchungskomitee, die Untersuchungen selbst (bei denen darüber hinaus illegal Politiker und Polizisten anwesend gewesen wären), die Inhaftierung der Angeklagten, und die Durchführung des Verfahrens. Alles wäre ungesetzlich gewesen und daher müsste das Verfahren sofort beendet werden und die Angeklagten entlassen. Über dieses rechtliche Argument behielt sich das Gericht eine Entscheidung vor, wie es das gleiche über den Wert des Falles tat. Während fast vier Monaten analysierten die Richter Tag und Nacht und wogen die riesige Menge an Fakten, Meinungen , Schlüssen, Mutmaßungen ab, die in Raum 24 gemacht worden waren, in der fremden und privaten Welt, die aus der Asche Anandas wieder auferstanden war. Wie weit entfernt erschien es von der Welt außerhalb, die sich in keiner Weise für das Schicksal eines ehemaligen königlichen Sekretärs und zwei schurkiger Pagen in einem weit entfernten orientalischen Königreich interessierte. Aber zufällig gewann die Welt draußen zur gleichen Zeit ein besseres Wissen über Siam als seine Identität mit der Zucht von Katzen und zusammen gewachsenen Zwillingen in Verbindung zu bringen. Aber sie erfuhren von einem Siam wie es vor einhundert Jahren gewesen war. Seit April hatte eine Musicalkomödie mit dem Namen „Der König und ich“ das Broadway erobert und derzeit wird eine Filmversion erstellt, die in den Kinos die Zuschauer überall begeistern soll. Nicht mit dem düsteren Geheimnis von Anandas Tod, sondern mit der Kuriosität von Mongkuts Betörung des Landes. Während die USA sich über die Entlassung von Mac Arthur durch Truman aufregte, und Atombomben lagerte, deren Geheimnisse die Russen noch nicht entschlüsselt hatten. Ein England das gestört war durch Mussadeghs Griff nach dem persischen Öl, das Verschwinden von Burgess und Maclean, die Lungenoperation von George VI und während die Welt zusah, wie Tito dem alternden Stalin in Europa trotzte während der Koreakrieg Asien erregte. In Bangkok zog ein neues politische Drama plötzlich die Aufmerksamkeit von dem sich nähernden Höhepunkt des Königsmordverfahren auf sich. Seite 234 von 408
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Eines von Pridis liebsten Projekten sollte nun ironischerweise unter FM Pibul realisiert werden, das Ausbaggern der Mündung des Menam um größeren Schiffen zu erlauben, die Hauptstadt von der Seeseite zu erreichen. Die USA gab Thailand einen Schwimmbagger, den Manhatten, am 29. Juni 1951 in einer Zeremonie in der Nähe der königlichen Anlegestelle des Grand Palace. Diplomaten, politische Führer, Chefs de Service von ausländischen Missionen und andere Würdenträger waren mit ihren Frauen anwesend. Gerade als FM Pibul gnädig damit beschäftigt war, die Präsentation durch den Amerikanischen Botschafter über sich ergehen zu lassen, fand er sich plötzlich auf der falschen Seite der Mündung einer Pistole. Es war ein junger Marineoffizier der ihn am Arm nahm und höflich in eine wartende Barkasse drängte. Eine Gruppe von Marinesoldaten deckte derweil die vornehme Gesellschaft ab, wobei sich viele der Anwesenden flach auf den Boden warfen wodurch nicht wenige gestreifte Hosen und Pariser Kleider hoffnungslos ruiniert wurden. Der Vorfall war zu schnell vorbei, als dass eine Gegenreaktion hätte erfolgen können. Der Feldmarschall wurde zum Schlachtschiff Sri Ayudhya gebracht dass in der Mitte des Flusses ankerte und in einer Kabine eingeschlossen. Die Marine hatte auf den richtigen Augenblick gewartet schon seit Pridi seinen Coup vom Februar 1949 abgebrochen hatte, und jetzt mit FM Pibula als Geisel hofften die Marinesoldaten, dass sie einen Wechsel des Regimes ohne Blutvergießen erreichen könnten. Aber wieder einmal übersahen sie das klassische Vorgehen eines Coups, nämlich die Führer und die Kommunikationsmittel in ihre Gewalt zu bringen. Die paramilitärische Polizei von Polizeigeneral Pao, die Armee und die Luftwaffe waren schnell alarmiert. Sie schlossen die Chakri Brücke (Chakri memorial bridge) stromabwärts von der Sri Ayudhya und unterbrachen so ihre Verbindung von den Marinebasen, dem Rest der Flotte und dem offenen Meer. Während heftige Schießereien entlang des Ufers und an anderen Stellen in der City ausbrachen, erklärte die Luftwaffe, dass sie das Kriegsschiff ohne Rücksicht auf die Anwesenheit von FM Pibul bombardieren würden, außer er würde sicher frei gelassen werden. Am nächsten Tag, zum Erstaunen aller, wurde die Drohung wahr gemacht. Eine Serie von direkten Treffern versenkte das mit Rädern angetriebene Schlachtschiff. Bevor die Bomben fielen, wurde FM Pibul frei gelassen und ihm frei gestellt, weg zu schwimmen, was er tat. So überlebte er eine Entführung ebenso wie die drei Versuche ihn zu erschießen oder zu vergiften. Ein königlicher Historiker kommentiert dies „es schien als ob er durch die Vorsehung dazu bestimmt wäre, der Führer unseres Landes in seiner Periode der Geschichte zu sein“. Aber ein weniger verschwommene FormulieSeite 235 von 408
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rung über jene auf die der Teufel aufpasst, wäre wohl angebrachter gewesen. Am Abend war FM Pibul zurück zu seinem Kommando und die sechsunddreißigstündige Revolte verlief im Sande. Sie hatte außergewöhnlich viele Opfer gefordert. Es gab 603 zivile Opfer von denen 103 tödlich verwundet wurden, und die Verluste der Streitkräfte wurden nie veröffentlicht. Gerüchte besagen, dass Pridi einen Teil der Opfer verursacht hätte, aber zuverlässige Beweise sind nicht verfügbar. Während eine ausgedehnte Säuberungsaktion in der Marine durchgeführt wurde, und Paos Polizei ihren Griff auf das Land verstärkte, verschwanden Hoffnungen auf einen unmittelbar bevorstehenden Sturz von FM Pibul. Aber falls die Richter in dem Verfahren wegen Königsmord Pridi entlasten würden, so würde seine Sache am Leben erhalten werden. Seine Anhänger würden ermutigt, die Zweifler überzeugt, seine Feinde wären diskreditiert. Und so könnte die sich verändernde Tide der Zukunft ihn im Triumph nach Hause bringen. Aber wenn er für schuldig befunden würde, dann hätte die öffentliche Verurteilung der Tat, dazu geführt, einen hilflosen jungen Mann zu töten, unauslöschlich sein. Vielleicht, als er in seinem entfernten Exil in China auf Neuigkeiten über den Richterspruch wartete, beneidete er insgeheim Chaleo, Nai chit und Butr, denn wenn sie schuldig gesprochen werden sollten, wäre ihr Ende schnell und nicht das Siechtum in einem machtlosen Exil. Am Donnerstag, den 27. September 1951 verkündete das Gericht ihren Urteilsspruch.
Das Urteil Von den frühen Morgenstunden an waren die Straßen, die zum Raum 24 führten mit Verkehr verstopft: von Autos, Rikschas, Fahrrädern, Trams, Bussen, und einer großen Zahl von Fußgängern. Innerhalb und außerhalb des Gerichts standen mehr als fünfzig Polizisten Wache. Der Raum konnte nur einen Bruchteil der Menge aufnehmen, die aus allen Richtungen heraneilte und den Lautsprecherübertragungen lauschte. Trotz der Hitze und der Enge blieben sie stehen und hörten während fünf aufeinander folgenden Stunden zu. Auch innerhalb des Gerichts stand jeder von 9 Uhr am Morgen, als die Richter begannen ihren Urteilsspruch abwechselnd zu verlesen, bis sie schließlich um 14 Uhr damit fertig waren. Die drei Angeklagten standen Seite 236 von 408
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bei ihren Anwälten, Chaleo fast Schulter an Schulter mit seiner Tochter und diese wagte kaum zu hoffen, als der Schwall der Worte unausweichlich auf sie anrollte. „Urteil: im Namen seiner Majestät des Königs, Strafgericht, 27. September des buddhistischen Jahres 2492 …“ Der Text belief sich auf fünfzigtausend Worte. Die Anklage, so begann der Urteilsspruch, entstand aus dem „Tod seiner Majestät, König Ananda Mahidol, dem 8. thailändischen Monarchen des königlichen Hauses derer von Chakri, der durch eine Verwundung auf Grund einer PistolenProjektil zum großen Schock und Leidwesen verstarb.“ Das Gericht wäre „mit einem Fall konfrontiert gewesen, der so unvergleichlich in seiner Bedeutung und so kompliziert in seinen Tatsachen und Umständen war, dass es die äußerste Sorgfalt in der Urteilsfindung verlangte. Und der Spruch ist so historisch, dass er ebenso unvergesslich in die Annalen Thailands eingehen wird wie die Umstände, die zu ihm führten.“ Die Anklagepunkte wurden dann in ihrer schwerfälligen Geschwätzigkeit vorgelesen. Anklagen, die jedem bereits bekannt waren. Die Verteidigung wurde zusammengefasst in ihrem vollständigen Bestreiten der Tat, verbunden mit der Aussage, dass die Beschuldigungen ein politisches Werkzeug wären, um Pridi, Leutnant Vacharachai und Chaleo zu diskreditieren, während Nai Chit und Butr „auch ohne Politiker zu sein im Netz des politischen Komplotts gefangen wurden.“ Das Gericht begann seine Beurteilung der Beweise indem es Anandas Leben, seine Rückkehr nach Bangkok beschrieb, wobei „die königlichen Qualitäten die den König beliebt machten, seine öffentliche Zuneigung und sein demokratischer Geist gewesen wären, sowie seine stille Würde und Anmut“. Das Gericht beschrieb dann seine Krankheit, das Hören des Schusses und die vielen folgenden Ereignisse bis zur abschließenden Untersuchung, die von Detektiv Phinich geleitet worden waren. Die politischen Ereignisse, die dazu geführt hatten, dass das Gericht seine ersten Erkenntnisse sammeln konnte, wurden ebenfalls aufgelistet. Dies bezog sich auf den Antrag der Verteidigung auf Niederschlagung des Verfahrens (nolle prosequi) auf Grund der Tatsache, dass die Regierung von FM Pibul illegal wäre. Das Gericht wies den Antrag zurück. „Es ist ein Prinzip des Rechts, das kein Land ohne eine Regierung sein kann. Falls nach einem erfolgreichen Staatsstreich alle Verwaltungen für unrechtmäßig
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erklärt würden, wann würde dann ein Land jemals eine rechtmäßige Regierung aufweisen können?“132 Nach dem Zurückweisen dieses Punktes definierte das Gericht die Punkte der Fakten, über die entschieden werden musste: Ob der Tod auf Selbstmord oder Mord zurück zu führen war, und ob im Fall von Mord die Angeklagten darin verwickelt waren. Auch wenn die Anklage versucht hatte Pridi und Leutnant Vacharachai in das Zentrum der Verschwörung zu rücken, entschied das Gericht, dass, da sie keine Beklagten waren und damit auch nicht in der Lage sich selbst zu verteidigen, die vorgebrachten Argumente lediglich als Beweise gewertet würden, soweit es für die Beurteilung der Fakten und die Entscheidung notwendig war. Die Rechtmäßigkeit des Urteils ist unbestreitbar, auch wenn das bedeutet, dass das Gericht einen Weg für kommende Ansätze schuf, die entscheidende Frage von Pridis angeblicher Schuld wieder aufzuwerfen. Aber die Ergebnisse (dieses Verfahrens) wären immer noch relevant für die Frage. Falls auf Selbstmord entschieden würde, oder Mord in einer Weise, die in keinerlei Bezug zu seiner Person stand, wäre er als Unschuldig angesehen. Während Urteile in entgegen gesetzter Richtung seinen Namen weiterhin nicht entlasten würde. Dann war die erste Frage, wie Ananda zu Tode gekommen wäre. Nachdem man festgestellt hatte, dass mit der Hilfe von Insiderwissen und Hilfe von Innen jeder einfach in die Räume Anandas ohne Risiko hätte vordringen können, entschied das Gericht, das aus dieser Sicht Selbstmord und Mord gleich schwer zu gewichten wären. Hatte die wissenschaftliche Beweisaufnahme eine abschließende Antwort geliefert? Der Nitrattest der beweisen sollte, dass die .45er Pistole mindestens fünf Tage vor Anandas Tod zum letzten Mal abgefeuert worden war wurde sorgfältig zusammen gefasst. Das Gericht erkannte an, dass diese Beweise der Kritik offen stehen würden. Aber aus diesem Grund, ebenso wegen der Neuigkeit des Verfahrens, war das Gericht nicht bereit, die Schlüsse der Wissenschaftler als abschließend zu übernehmen, sie berücksichtigten sie aber als schwer und zur weiteren Beachtung.
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Die Richter waren in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts offensichtlich nicht der Meinung, dass wie in der Verfassung Pridis beschrieben, das Volk bzw. die Gesamtheit der Wähler der Souverän wäre, was bedeuten würde, dass eine Regierung ausschließlich durch Wahlen legitimiert würde.
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Was zu der Frage des Rostes im Lauf der .45er Pistole anbetraf, so akzeptierte das Gericht, dass dieser Rost unnormal gewesen wäre. Während einige Zweifel auftraten, weil die Pistole während Monaten nicht abgefeuert worden wäre, und wegen der Möglichkeit einer schlampigen Reinigung und / oder Feuchtigkeit, der den Rost hervorgerufen haben könnte, wurde die Angelegenheit zwar nicht verworfen, aber ebenso mit Reserviertheit zur weiteren Beachtung abgelegt. Dann kam das Gericht zu der Frage der verbrauchten Patronenhülse die Nai Chit nach seiner Angabe neben dem Bett des Königs aufgehoben hatte, und der Projektil, die in der Matratze gefunden wurde. Die Verteidigung hatte die Behauptung der Anklage, dass beide aus der gleichen scharfen Munition stammten, aber zu einem anderen Zeitpunkt abgefeuert worden wäre, nicht angegriffen. Die Frage war, ob diese Objekte „platziert“ worden wären. Es hätte ausreichend Möglichkeiten gegeben und das Gericht war mit der Beweisführung der Polizisten nicht zufrieden, die gesagt hatten, dass die Projektile manchmal ohne Deformationen gefunden würden, nachdem sie den Kopf eines Menschen durchschlagen hätte. Das Gericht zog die Beweisführung vor, die sich aus den Versuchen des Arztes ergeben hatten, der die Versuche unter sehr ähnlichen Bedingungen durchgeführt hätte, die dem Tode Anandas entsprachen. „So sehr sich die menschlichen Schädel auch unterscheiden mögen“, begründete das Urteil, „so kann doch der Unterschied nicht so groß sein, dass das Ergebnis mit einem Schuss durch einen Stapel Papier verglichen werden kann.“ Deshalb würde das Projektil und auch die gefundene Patronenhülse nicht zu der Munition gehören, die auf den König abgefeuert worden wäre. Aber die Stichhaltigkeit auch dieser Annahme wurde für weitere Überlegungen offen gelassen. Das Gericht sah es als bewiesen an, dass Ananda unmittelbar gestorben wäre, auch wenn sein Herz für eine halbe Minute oder länger noch weiter geschlagen hatte. Wie also war er in seine finale Position gekommen, der Schlafstellung, mit seinen Armen an der Seite liegend? Der Todeskrampfbeweis besagte, dass er im Moment des Todes in dieser Lage gewesen sein müsste. Denn wenn er irgend einen Muskel bewegt hätte, hätte dieser durch den Krampf verhärtet werden müssen. Aber es hätte keinen Krampf gegeben, wenn das Ganglion (basal ganglia) zerstört worden wäre, und zu diesem Punkt hatten die Richter ihre Zweifel. Das Glasröhrchen, dass die Anklage durch das Gehirn gesteckt hatte, um den Weg der tödlichen Projektil zu simulieren hatte die Ganglia knapp verfehlt – aber niemand konnte sicher sein, dass diese Demonstration den exakten Weg der Projektil be-
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schrieb. Außerdem war das Röhrchen sechs Millimeter stark, während der Durchmesser einer .45er Projektil 11 Millimeter beträgt. Jedoch selbst wenn die Todeskrampftheorie bezweifelt werden musste, so hatten die Richter in Hinsicht auf den gesunden Menschenverstand zu berücksichtigen, was durch die medizinische Untersuchung, die Ballistiker und die polizeilichen Beweise ergaben, die dazu führten, dass man erwarten könnte, dass, wenn eine Person sich erschießt, die liegt, sein Arm sich irgendwo in der Nähe der Brust wieder finden würde und die Pistole in der Nähe seines Nackens. Alle diese Abwägungen wurden gemeinsam vom Gericht gewichtet. Die Nitrittests, die Ansammlung von Rost, die nicht deformierte Projektil, die angeblich am Tatort gefunden worden war, sie waren einzeln keine überzeugende Beweise, dass Ananda von einer anderen Pistole erschossen worden war, durch eine andere Projektil getötet wurde. Aber gemeinsam betrachtet schon. Alle Zweifel – die, wie die Richter sagten, in jedem Fall übermäßig vorhanden waren, wegen der Sorgfalt die die Beweiserhebung erfordert, – wären dann abgefallen. „Um eine Analogie zu verwenden,“ sagten sie, „wenn drei dünne Fäden, jeder unfähig einen Mauerstein zu halten, zu einem größeren Faden zusammengedreht würden, so würden sie in die Lage versetzt den gleichen Mauerstein zu tragen, kann man dann sagen, dass der Faden das Gewicht nicht tragen kann?“ Und als ob dies noch nicht genug Grund wäre, um einen Selbstmord auszuschließen, gab es den Beweis des Todeskrampfes der schließlich wenigstens eine untermauernde Wirkung hatte. Und, sollte das immer noch nicht genug sein, so erklärte das Gericht sich vollkommen überzeugt durch die Position, in der sich Anandas Pistole und Hand gefunden wurde. „Das Gericht entscheidet daher entsprechend, dass der Tod seiner Majestät des Königs Ananda Mahidol durch Mord eingetreten ist.“ Aber war es wahrscheinlich, dass ein Mord gegen einen Menschen begangen wurde, der so mit Grazie und den höchsten Verdiensten beschenkt worden war, und der nie den Wohlstand oder das Glück von irgend jemanden verletzt hatte? Ohne Zweifel dachte das Gericht an Pridi. Es beantwortete seine eigene Frage bestätigend, weil „jemand“ den falschen Eindruck hätte entwickeln können, dass der König ihn verletzt hätte oder beabsichtigen würde ihn zu verletzen, oder ihm im Weg stehen würde. „Diesen Geisteszustand kann weder das zukünftige Opfer noch jemand anderes verstehen.“
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Auch wenn das Urteil, dass es Mord gewesen sein müsste, jede Idee eines Selbstmordes als abwegig erscheinen ließ, so schlugen die Richter vor, mit dieser Idee ein für alle Male aufzuräumen. Ananda, so sagten sie, war nicht nur König. Er wäre jung, gesund, wohlhabend, und mit loyalen Untergebenen umgeben gewesen. „Es gab keinen Wunsch, der im unerfüllt geblieben wäre.“ Wenn er irgendeinen Grund zu „extremen Missfallen“ in Thailand gehabt hätte, dann hätte er diese in wenigen Tagen hinter sich gelassen, nachdem er ins Ausland gefahren wäre. Wodurch das Gericht in delikater Form erklärte, dass er im Ausland mehr daheim gewesen wäre als in Thailand. Selbst wenn ihn etwas verärgert hätte, das er nicht hätte hinter sich lassen können, so hätte er doch später abdanken können oder sogar später Selbstmord begehen können. Beschenkt mit großer Weisheit und Urteilsvermögen und normalerweise mit gutem Gesundheitszustand und von bedächtigem Charakter, als hingebungsvoller Buddhist hätte er kaum eine so unkluge und unwiderrufliche Entscheidung gefällt, sich unmittelbar selbst zu töten. Auch gab es keinen Anlass einen gewalttätigen Familienstreit zu vermuten, gab es doch überzeugenden Anlass zu glauben, dass alles glücklich und normal bis zum Tage seines Todes erschien. Und außerdem bestritten die Königinmutter und Bhoomibol jede Auseinandersetzung. Die sorgende Liebe der Königinmutter und ihre Warmherzigkeit während ihre zwanzigjährigen Zeit als Witwe, und das lange Leben der Familie im Ausland wo sie unter sich waren, ließ jedes gewalttätige Missverständnis außer Frage stehen. Besonders seit die Mutter dem Gericht erzählt hatte, dass Ananda „niemals, zu keiner Gelegenheit einen zur Gewalttätigkeit neigenden Charakter gezeigt hätte, und wenn er missmutig gewesen wäre, hätte er eher ruhig versucht zu verstehen statt dem Ärger freien Lauf zu lassen.“ Ananda hatte drei Verabredungen für den Tag seines Todes gemacht und hatte sich in der Nacht davor vollkommen normal verhalten. Am Morgen hatte er sein Rizinusöl um sechs Uhr eingenommen und hatte darauf gewartet, dass es wirkte. Nichts von alledem bot den geringsten Anlass an eine Absicht zu denken, Selbstmord zu begehen. Die Richter nahmen auch die Gelegenheit wahr, einen möglichen Unfall auszuschließen. In Anbetracht der Position von Anandas Körper, und der Natur seiner Wunde sowie dem Sicherheitsmechanismus seiner Pistole, war es so unwahrscheinlich, dass er vollkommen ausgeschlossen werden konnte. Jede Spur führte daher zu der Annahme einer Ermordung. Als dies klar wurde, wurde die Atmosphäre in- und außerhalb des Gerichtssaales merkSeite 241 von 408
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lich angespannter. Nun gab es keine Möglichkeit, den Fall automatisch abzuschließen. Die Frage der Komplizenschaft der Angeklagten stand im Raum, Angst erregend, und ohne dass die Richter ihr ausweichen konnten. Und sie mussten eine Antwort darauf finden. Als ob ihnen selbst die erhöhte Anspannung um sie herum entgangen wäre, blieben sie bei den Nebensächlichkeiten und der Behauptung der Verteidigung dass es sich um eine politische Falle gehandelt hätte. Aber dies wurde beiseite gelegt mit der direkten Begründung, dass die öffentliche Erregung spontan gewesen wäre, und natürlich und nicht künstlich entfacht von den Gegnern Pridis. Dann unterzogen sie jedem der angeklagten einer Prüfung. Sie hatten nun schon während drei Stunden ununterbrochen vorgelesen. Der Druck auf die Angeklagten und ihre wartenden Familien war ungeheuer, und wurde nicht durch das geringste Anzeichen in welche Richtung das Urteil gehen würde, verringert. Der erste Hoffnungsschimmer trat auf, als die Richter die Aussage von Tee dem Holzhändler beurteilten, der angeblich eine Verschwörung im Haus des Konteradmirals gehört haben wollte. Sie akzeptierten die Beschreibung der Verteidigung, dass der Zeuge ein „Wichtigtuer“ wäre, ein Aufschneider und Lügner. Seiner Geschichte, die Chaleo und Nai Chit (sowie Pridi und Vacharachai) betraf, konnte man keinen Glauben schenken. Aber dies ließ auch Chaleo noch nicht vollständig aus dem Spiel, da der Konteradmiral und das Hausmädchen ausgesagt hatten, dass er sicher bei ihnen im Haus gewesen wäre. Hatte ihn sein Leugnen schuldig gesprochen? Das Gericht war nicht der Meinung. „Es war nur das Verhalten eines Angeklagten in seiner Verteidigung, und relativ gewöhnlich in vielen Strafverfahren.“ Indem es sich zunächst auf Chaleo unter Berücksichtigung seines Status als Angeklagter Nr. 1 konzentrierte, führte es die Beweise gegen ihn auf. Zusammengefasst fand das Gericht eine Enge Verbindung mit Pridi bewiesen. Ebenso galt seine Erklärung gegenüber einem Freund als erwiesen, dass der König nicht am 13. abreichen würde, und es weigerte sich zu glauben, dass er freiwillig aus dem königlichen Service ausgeschieden war. Indem es sich zunächst auf Chaleo unter Berücksichtigung seines Status als Angeklagter Nr. 1 konzentrierte, führte es die Beweise gegen ihn auf. Zusammengefasst fand das Gericht eine enge Verbindung mit Pridi bewiesen. Ebenso galt seine Erklärung gegenüber einem Freund als erwiesen, dass der König nicht am 13. abreisen würde, und es weigerte sich zu glauben, dass er freiwillig aus dem königlichen Service ausgeschieden wäre. Das waren Unheil verkündende Erkenntnisse. Aber dann – wilde Hoffnung keimte für Seite 242 von 408
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den Ex-Sekretär auf – führte das Gericht weiter aus, dass ohne eines Beweises der Verschwörung zwischen ihm und Pridi die Tatsache der engen Verbindung nicht ausreichen würde. Und die Möglichkeit dass ein Wissen über die Verschwörung ihn zu seiner Bemerkung gegenüber seinem Freund geführt hatte war nicht größer als die Möglichkeit, dass er einen Groll wegen seiner Entlassung hegte, und er etwas „Bedeutungsloses wenn nicht Unheiliges sagte, das in den Aberglauben von Menschen aus dem Westen passte“. Oder dass er sich wichtig tun wollte oder etwas Ähnliches in dieser Richtung. Was die Entlassung anging, so war das Gericht nicht überzeugt, dass es wahrscheinlich wäre, dass ihn dies hätte zu einem Verräter werden lassen, besonders weil das Gehalt und das Prestige was er verloren hatte, durch seine Ernennung in den Senat wett gemacht worden war. Welche wohlklingenden, melodiösen, fast unglaublichen Worte waren das für Chaleo und seine direkt neben ihm stehende Tochter. Mit welchen Gefühlen sie sie hörten, wird man sich kaum vorstellen können. Wenn sie auch nicht wagten, zu der logischen Schlussfolgerung zu kommen, wurden diese doch schließlich in Worte gefasst, die so fantastisch wenig Worte nach so vielen Jahren und so viel Seelenpein waren: „Der Fall gegen Nai Chaleo Patoomros muss daher niedergeschlagen werden.“ Chaleo halb betäubt von der Vision, neu geboren zu werden, ihn überwältigt stehen lassend, gingen die Richter sofort weiter zum Fall der zwei Pagen. Sie akzeptierten, dass keiner von ihnen der Mörder wäre, aber ob jeder für sich oder beide gemeinsam Teil des Verbrechens wäre, würde der Schuldspruch nicht weniger schwer wiegen. Es gab dann sofort ein ermutigendes Anzeichen durch die Zurückweisung der Geschichte, die der vermisste Schütze See Zeugen erzählt hatte; darüber dass er angeheuert worden wäre eine Persönlichkeit zu töten, auf den die zwei Pagen angeblich hin gedeutet hätten. Gleichwohl war diese Persönlichkeit getötet worden und jemand hatte die Tötung zu verantworten. Und die Nähe der Pagen zu diesem Ereignis stellte sie, das sagte das Gericht gerade heraus, in eine heikle Situation. Um mit etwas zu beginnen war da die Situation, in der sie im hinteren Korridor außerhalb des Ankleideraumes saßen und das Gericht folgerte, dass der Mörder diesen Weg gewählt hätte, während der König schlief oder im Badezimmer war. Aber vielleicht war Butr noch nicht zum Dienst gekommen oder war mit Aufgaben beschäftigt gewesen. Der Mörder hätte dann versteckt im Arbeitszimmer oder im Raum des Buddhas warten können, bevor er vorgetreten war um den König zu erschießen. Und zwar von hinten, indem er sich über das Kopfteil des Bettes lehnte, und dann über den vorderen Korridor über den Arbeitsraum Seite 243 von 408
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entkam. Wieder hätten die Angeklagten ihn sehen können, und es gab keinen überzeugenden Beweis, dass Butr die Tür des Arbeitszimmers in der vorhergehenden Nacht vergessen hatte abzuschließen. Jedoch, wenn die Rekonstruktion des Falles bisher sie auch nicht notwendigerweise belastete, gab es doch noch die Vortäuschung des Selbstmordes, die in Betracht gezogen werden musste. Die Fälschung wäre für den Mörder einfach gewesen, wenn er die .45er Pistole des Königs genommen hätte, aber dann wiederum vielleicht um Fingerabdrücke zu vermeiden, hätte er Handschuhe tragen müssen, „was die wahre Absicht nicht unterstützt hätte“. Und um die .45er Pistole im Voraus in seine Gewalt zu bringen, hätte er riskiert, dass Verdacht auf ihn fallen würde, falls sie vermisst werden würde, weshalb der Mörder seine eigene Waffe benutzt hatte. Diese hätte ein Revolver sein können, der die leeren Patronenhülsen nicht auswirft, oder eine Pistole, deren leere Hülse vom Tatort entfernt worden war. In beiden Fällen war eine Patronenhülse, die schon zu einem vorherigen Anlass aus der Pistole des Königs ausgeworfen worden war „platziert“ worden. Ebenso das Projektil. Um die Fälschung zu komplettieren musste die .45er neben die Hand des Königs platziert werden, entweder durch einen Komplizen oder durch den Mörder, dem der Komplize die Pistole gegeben hatte, oder der ihm gesagt hatte, wo sie aufgewahrt worden war. Sie (die Pagen) waren als potentielle Komplizen ideal platziert. Von den Zweien beschäftigte sich das Gericht zunächst mit Nai Chit. Seine widersprüchlichen Erklärungen, wo er am Tatort die verbrauchte Patrone aufgehoben hätte, brachte ihn ins grelle Licht des Verdachts. Besonders da bewiesen worden war, dass sie nicht aus der Pistole des Mörders abgefeuert worden war, sondern bei einer vorhergehenden Gelegenheit aus der Pistole des Königs. Die Richter schlossen, dass er absichtlich versucht hätte, einen falschen Eindruck zu erwecken, indem er die Patronenhülse in die Schublade legte. Daraus folgerte, dass er das Gleiche mit der Projektil getan hätte, zu der er selbst die Polizei geführt hatte, und die in der Matratze dort war, wo er sie selbst platziert hatte. Es gab zwei weitere Hauptpunkte die die Richter für wichtig erachteten: Da er als erster den Raum betrat, war es ihm bequem möglich die .45er Pistole des Königs auf dem Bett zu platzieren, falls der Mörder es nicht bereits getan hatte. Und da er selbst die Pistole nach unten gebracht hatte, hätte er sie einfach in die entsicherte Position bringen können in der man sie dann gesehen hatte. Aber das war noch nicht alles. Die Richter waren nicht überzeugt von seiner Erklärung warum er außerhalb des Ankleideraums war: Bhoomipols Ordensschachtel war als Muster ausreichend, aber selbst wenn er die geSeite 244 von 408
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nauen Masse hätte wissen wollen, wäre es ihm möglich gewesen in den Ankleideraum zu gehen ohne den König zu stören. Dann untersuchten sie die Erklärung, warum er gegenüber der Königinmutter aufgeschrien hatte: „Der König hat sich erschossen!“ obwohl er die Pistole noch nicht gesehen hatte. Falls, wie er erklärte, er es gesagt hätte, weil er sich nicht vorstellen konnte, das irgend jemanden den König töten könnte, warum hätte er sich dann vorstellen können, dass der König Selbstmord begangen hatte, obwohl er nach eigener Aussage noch nie gehört hatte, dass ein König sich selbst getötet hätte, und er auch die tödliche Waffe nicht sah? Der Schluss musste sein, dass es ein verschwörerisches Wissen hinter dem Aufschrei zur Königinmutter geben musste. Verbunden mit dieser Bemerkung war seine Bemerkung darüber, dass der König nicht am 13. abreisen würde, die von zwei Menschen wiederholt worden waren. Das war wesentlich schädlicher als Chaleos einfache Bemerkung, die weniger Bestätigung erhalten hatte und unter weniger verdächtigen Umständen erfolgt worden war. Aber hatte Nai Chit irgendein Motiv? Die Richter zitierten ein thailändisches Sprichwort: „Anders als das tiefste Meer oder die höchsten Berge bleibt der menschliche Geist unerforschlich.“ Der Dienst des Angeklagten im Palast seit der Regentschaft von König Prajadhipok hätte ihm eine „natürliche Dankbarkeit und Loyalität“ geben müssen, die weit schwerer wiegen sollte als jenes „dunkle und undurchsichtige Motiv“ aber das Angebot eines überwältigenden Gewinnes hätte ihn veranlassen können, sich zu vergessen. Es gab jedoch keinerlei Beweis für eine Verbesserung seiner materiellen Situation seit dem Verbrechen, weshalb Wohlstand ausgeschlossen werden konnte. Die „unvergleichliche Belohnung“ hätte vom erfolgreichen Ausgang der Verschwörung abhängig sein können. Eine andere Möglichkeit war, dass die Wahl Butrs zur Begleitung von Ananda auf seiner Auslandsreise seinen eifersüchtigen Ärger erzeugt hatte. Er wäre „so gegenüber Vernunft und Loyalität abgeschottet gewesen, wie jemand, der den tödlichen Diskus des Teufels für Buddhas Lotus hält“. Aber jedenfalls wenn einmal für schuldig befunden, erhielt das Motiv eine nachrangige Bedeutung. Was noch über Nai Chit gesagt wurde, bedurfte kaum noch der Worte. Weder Mitleid noch Hass, noch irgendwelche anderen Gefühle durch die Menschen wissen, dass sie leben, klang aus der Verlautbarung des Gerichtsurteils: „Das Gericht erklärt daher eine Verurteilung ohne Zweifel gegen Nai chit Singhaseni, den zweiten Angeklagten.“ Aber das galt nicht dem kleinen Butr. Unter der Annahme, dass eine Verschwörung auf so wenig Personen wie möglich beschränkt worden wäre, Seite 245 von 408
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und der Möglichkeit, dass der Mörder ohne Butrs Wissen hätte eintreten können, und in Anbetracht der Tatsache, dass es üblich war, ein heiliges Bad zum Erbitten von Glück durchzuführen oder „oder um Langeweile zu bekämpfen“, war die Beweislage gegen ihn ungenügend. Er hatte sich darauf gefreut, mit der königlichen Familie ins Ausland zu gehen, und dies sprach nicht nur gegen sein Motiv, sondern auch die Annahme, dass Verschwörer es kaum riskiert hätten, sich auf ihn zu verlassen, wo er sich doch in einem Status der „glücklichen Dankbarkeit“ befunden hatte. Das Gericht hatte beobachtet, dass Butr weniger Intelligent als Nai Chit war: „tatsächlich erschien Butr sogar eher zurück geblieben.“ Man sehe seine langsamere Reaktion nach dem Schuss. Man bemerke auch Nai Chits Anwesenheit außerhalb des Ankleideraumes, gemeinsam mit ihm, was darauf hinwies, dass der Mord zeitlich so eingerichtet wurde, dass Nai Chit nicht alleine im Dienst wäre. Wodurch die Verschwörer gehofft hatten, „das Gewicht der Beweise gegen Nai Chit durch die Anwesenheit zu reduzieren, als auch dass der zurückgebliebene unschuldige Butr verwirrendes Durcheinander erzeugen würde, dass in dem Fall entwirrt werden musste.“ Aber nun wäre die Aufklärung erfolgt. Und zumindest über das Strafmass für den einen für schuldig befundenen Angeklagten konnte es keinen Zweifel geben. Das Strafgesetz ließ keine andere Wahl offen. „Hiermit spricht das Gericht die Todesstrafe aus für Nai Chit, den zweiten Angeklagten, die durch die Autorität des Gesetzes vollstreckt werden soll.“ Er wurde weggebracht, betäubt von seinem Schicksal wie seine ehemaligen Mitangeklagten von ihrem Schicksal betäubt waren, ein Schicksal dass die aufgehende Sonne der Freiheit zu bedeuten schien, als die letzten Worte der Richter verhallten: „Die Anklage gegen Chaleo und Butr werden nieder geschlagen und die zwei Angeklagten sind frei zu lassen.“ Fünf Jahre, hatte das Gericht zu Beginn ihres monumentalen Urteilsspruchs gesagt, fünf Jahre der Ermittlungen und des Verfahrens, und der Beweisaufnahme in „beispielloser Detailtiefe“ hatte diesen Moment zur Folge, der, wie es schien, abschließend war. Aber es war noch nicht zu Ende. Der Fall sollte noch weitere drei Jahre und fünf Monate nicht zu Ende sein. Nai Chit legte Berufung gegen seine Verurteilung ein und die Annklage legte Berufung gegen den Freispruch der anderen ein. Die Beweisaufnahme die im Verfahren abgegeben worden war, wurde wieder aussortiert und verworfen. Die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht folgte langen Schriftsätzen von beiden Seiten. Der Tatort wurde noch einmal besichtigt, die Rechtmäßigkeit des Verfahrens wiederum angezweifelt. Auch Seite 246 von 408
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sechs Monate nach dem Urteilsspruch der ersten Instanz war das Berufungsgericht auch nur in der Lage ein Urteil in Betracht zu ziehen, das wurde nicht vor dem Ablauf weiterer drei Monate erwartet. Aber es sollte für weitere fünfzehn Monate nicht gefällt werden, also nicht vor dem Dezember 1953. Die Verlängerung des Leidens der Angeklagten war nicht die einzige Verfehlung des FM Pibul –Regimes. Das Königsmordverfahren diente als Neros Zirkus für die Nation, die im Griff der kriecherischen, skrupellosen und in weiten Teilen geheimen Kontrolle durch FM Pibul stand, ausgeführt von seinem Komplizen, den Polizeigeneral Pao. Aber vor dem Urteilsspruchs des ersten Gerichtes im September 1951 hatte sich sogar die kriecherische Unterwürfigkeit der Nationalversammlung in einen widerspenstigen Protest verändert. Weshalb Pibul in einem unblutigen Putsch die Nationalversammlung reorganisierte und seine Regierung umbildete. Das war im November 1951, zeitlich so eingerichtet, dass die neue Regierung die formale Bestätigung durch König Bhoomipol selbst erhalten könnte, der in den folgenden Monaten nach Bangkok zurück kehren sollte.
Abbildung 17 Die Hochzeit von Bhoomipol und Sirikit. Kniend sieht man Prinz Rangsit, der ehemalige politische Gefangene und Ex-Regent.
Er kehrte mit seiner wunderschönen Königin zurück, aber nicht, zumindest nicht in der Öffentlichkeit, mit seinem Lächeln. Sein maskenhafter Gesichtsausdruck schien durch die Hochzeit unbeeindruckt geblieben zu sein, ebenso durch die Geburt des ersten seiner vier Kinder, oder auch durch all die Jahre, die seit Anandas Tod vergangen waren. Ironischerweise hatte er ein Jazzstück komponiert, das er „Lächeln“ genannt hatte, denn neben der Fotografie war seine Leidenschaft das Komponieren oder Spielen von Jazz mit Saxophon, Trompete oder Klarinette. Seine Vorliebe für Jazz, so erklärten Monarchisten mir, wäre durch die anerkennenswerte Abneigung des Königs gegenüber klasssicher Musik zu erklären.
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Er teilte seinen Enthusiasmus mit den ihn umgebenden Menschen indem er für seine Sammlung von Jazzplatten und seinen eigenen Aufnahmen täglich eine Stunde vor Mitternacht öffentliche Radiosendungen mit einem 150 Watt-Sender aus dem Palast ausstrahlte. An Freitagabenden wurden LifeÜbertragungen seiner eigenen Gruppe von Freunden ausgestrahlt, einer der Mitglieder war Mom Seni Pramoj, Kuangs stellvertretender Leiter der Democrat Party. Diese Jam-Sessions dauerten oft bis vier oder fünf Uhr am Morgen. Die Königin begrüßte einmal die Gruppe gut gelaunt mit den Worten: „Ich beneide Sie. Sie sind die Konkubinen des Königs. Er lächelt nur Freitags, schon Stunden bevor er Sie trifft.“ Die Siamesen lieben einen Schuss Exzentrik in ihrem Monarchen. Und wenn er ein gut ausgestatteter, intelligenter Mensch wie Bhoomipol war, dann war es umso besser. Und noch besser war, dass er ein Mann mit Gefühlen und Hingabe war. All diese Qualitäten von Verstand und Herz waren jedoch ohne Folgen für die Ereignisse die außerhalb seines Einflusses lagen, und die die Tragödie des Todes seines Bruders weiterhin umgaben und vernebelten. Der juristische Prozess, außergewöhnlich lang, kam schließlich beim Berufungsgericht zur Entscheidung. Das Ereignis war eine geisterhafte Wiederholung. Wieder war die Szene in Raum 24, wieder die große Zuschauermenge, die Polizei, die Lautsprecherübertragungen. Wieder saßen fünf Richter auf der Richterbank und lasen abwechselnd vor. Sie begannen um 9 Uhr am Morgen und mit einer zweistündigen Pause gegen Mittag und einer anderen am späten Nachmittag, lasen sie bis 1:55 am nächsten morgen, insgesamt eine Redezeit von vierzehn Stunden. Ein Richter, der zu der Unfalltheorie neigte, widersprach seinen vier anderen Kollegen, die mit den Ergebnissen des ersten Gerichtes übereinstimmten, außer dass sie Butr zusammen mit Nai Chit für schuldig befanden. Sie begründeten, dass, nachdem einmal der Fakt des Mordes und die Komplizenschaft von Chit bewiesen wäre, unausweichlich auch folgen würde, dass Butr, weil dieser mit ihm anwesend gewesen war, auch Teil des Komplotts hätte sein müssen. Ohne eine solche Vertraulichkeit hätten die Verschwörer nicht auf einen Erfolg hoffen dürfen. Also wurde Chaleo in die Freiheit entlassen und Butr ins Gefängnis gesperrt, um gemeinsam mit Nai Chit auf den Zeitpunkt seiner Hinrichtung zu warten.
Die letzte Instanz Eine letzte Berufungsmöglichkeit lag jedoch beim Dikka, dem höchsten Gericht des Königreichs. Verteidigung und Anklage legten beide Berufung Seite 248 von 408
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ein. Nach Anhörung der Begründung vertagte sich das Gericht um zur Urteilsfindung zu kommen. Während der nächsten 10 Monate nach dem Beschluss der vorherigen Instanz hörte man nichts. Dann, am Morgen des 13. Oktobers 1954, gab eine kurze Erklärung in Radio Bangkok bekannt, dass das Urteil am nächsten Tag gesprochen werden würde. Diese Ankündigung in letzter Minute war bewusst gemacht worden, um eine zu große Menge zu verhindern, und tatsächlich kamen nur ca. 300 Menschen zu Raum 24. Zwei Richter verlasen wieder abwechselnd das Urteil im Auftrag des Dikka, und begannen damit um 13:05 Uhr. Butr schien unbeteiligt an die Decke zu starren, aber Nai Chit verfolgte die Szene intensiv, als das Urteil gegen sie bestätigt wurde. Die Richter kamen nun zu Chaleo. Die ganze Zeit über hatte er den Blick seiner Frau und seiner Tochter erwidert, die ihm geholfen hatten sich zu verteidigen. Er war zwei Tage vor dem Urteilsspruch wieder in Gewahrsam genommen worden, was Zeichen genug war, was nun passieren würde. Aber als er hörte, dass er schuldig gesprochen wurde, brach er in seinen Stuhl zusammen. Es ist unwahrscheinlich, dass ein Gericht jemals einen Man in der Geschichte verurteilt hatte, weil er mit übereinander geschlagenen Beinen gesessen hatte, aber dies war auf den Kern gebracht der Grund für Chaleos Schicksal. Weil die Richter den Beweis der Anklage akzeptierten, wie er sich im königlichen Dienst verhalten hätte, und sie sahen es als so respektlos an, als ob es ein Verrat und eine verschwörerische Haltung gegenüber dem Thron gewesen wäre. Der Beweis dessen, so sagten sie, wäre gegeben gewesen durch seine Erklärung über die beabsichtigte Abreise des Königs am 13. Das Urteil des Dikka hatte zumindest den Vorzug der Kürze. Das Gericht erhob sich nach weniger als einer Stunde und hatte alle drei Angeklagten zum Tode verurteilt. Es schien im Rückblick gesehen, eine schreckliche Version des Kinderzimmerschicksal der kleinen Negerkinder. Zuerst waren es drei, dann zwei, dann keiner. Aber noch nicht wirklich. Vier Monate von Seelenqualen blieben ihnen noch, während die Regierung ihr Gnadengesuch prüfte und verwarf. Die zerstörten Männer erwarteten ihre letzte Stunde im Hauptgefängnis von Bangkok, dem Bang-Kwang-Zentralgefängnis. Ca. 12 Meilen nördlich vom Zentrum. Fünftausend Gefangene leben in dieser Modellinstitution die Sportfelder und eine Sporthalle hat, und die ordentlich angelegte Pfade und Gärten zwischen den niedrigen Gebäuden hat. Die Gebäude beherbergten Maschinenwerkstätten und Zellen. Und es gab auch Gemüseanlagen und Seite 249 von 408
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Stallanlagen, in denen die besten Schweine Thailands groß gezogen wurden. Als ich vom hohen Turm in der Mitte hinunter sah, war ich beeindruckt von der ordentlichen und humanen Atmosphäre auf dem Platz. Auch wenn von der Information die mir zusammen mit einem kalten Getränk durch den nachdenklichen Gefängnischef gegeben wurden, die Tatsache ausgeklammert worden war, dass die Strafreform, die von Bangk-Kwang eingebracht worden war, zum großen Teil auf der Vorarbeit von Pridi basierte. Von diesem Turm aus konnte eine kleine offene Fläche in einer weit entfernten Ecke gesehen werden, unmittelbar bevor die hohen Wände den Blick auf die charakteristischen Pagoden und Konturen eines Klosters frei geben. Hier ist die erste Anlaufstelle für die sterblichen Überreste eines Hingerichteten. Und das Tor, so wird gesagt, wird dominiert von einer kopflosen Buddhastatue. Außer in einem Tempel ist die Mangelhaftigkeit einer Buddhastatue ein schlechtes Omen, und diese Statue war nicht nur geköpft, sondern auch rot angestrichen als Warnung der teuflischen Übeltäter. Am 16. Februar 1955 um 17:00 Uhr wurden alle Gefangenen zurück in ihre Zellen befohlen, eine Stunde früher als üblich. Ihnen wurde gesagt dass es eine Konferenz der Beamten wäre. In der Mitte der Nacht wurden Chaleo, Nai Chit und Butr zu einem kleinen Gebäude neben dem Hinrichtungsplatz geführt. Sie waren schwer angekettet. Der Ex-Sekretär und Butr, die merkten, worum es ging, waren zu schwach um zu gehen und mussten gestützt werden. In einer kurzen religiösen Zeremonie gab es eine kurze Predigt des Priesters. Sein Thema war Karma, der buddhistische Glaube in das göttliche Gesetz der Vergeltung. Wenn der verurteilte Mann so unschuldig wäre wie er behauptete, dann hätte es etwas Schlechtes, vielleicht in einem vorherigen Leben gegeben, für das er nun zahlen müsste. Während der Predigt erholte sich Chaleo. Butr aber nicht. Er war besessen von der Tatsache, dass er seine Mutter nicht würde kremieren können. Nai Chit, nach Außen ruhig, beruhigte ihn: „Bereite Gott ein gutes Herz,“ sagte er im Dialekt ihrer Gegend. Als der Priester in die Stille und immer noch warme Dunkelheit ging, traf Polizeigeneral Pao ein. Er hatte sich selbst für den Anlass einen weißen Anzug und eine rote Baskenmütze angezogen. Rot stand ihm. Es war die Farbe die traditionell vom Henker getragen wurde, auch wenn die Kleidung in den letzten Jahren aus der Mode gekommen war. Auch der Henker war jetzt anwesend, bereit das zu tun, wofür er siebenundzwanzig Schilling pro Person erhalten würde. Die Tradition verlangte von ihm sich vor den Opfern zu verbeugen und sie um Vergebung zu bit-
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ten. Man verweigerte es ihm bei dieser Gelegenheit. Aber er tat es trotzdem, wie er später offenbarte, in seinem Herzen. Die Uhr stand auf ein paar Minuten nach 4 Uhr am Morgen. Chaleo wurde nach Draußen gebracht. Das schwache elektrische Licht zeigte vor ihm ein hölzernes Kreuz das vor einem Hügel aus Erde aufgebaut war. Die Augen wurden ihm verbunden. Er wurde mit dem Gesicht gegen das Kreuz gepresst, seine Knöchel wurden am Fuß des senkrechten Teils des Kreuzes angebunden und seine Handgelenke hinter dem Kreuz zusammen gebunden. In seine Hand wurden ihm Räucherstäbchen und Blumen gesteckt, so als ob er beten würde. Was, soweit der Terror es ihm erlaubte er auch ohne Zweifel tat. In einem dunklen Rahmen genau hinter ihm hing ein dunkelblauer Vorhang der ihn vor dem Henker verbarg, der jetzt gerufen wurde, um zum Maschinengewehr zu kommen, das auf ein Dreibein montiert war. Der Vorhang hatte eine Zielmarkierung in Form eines weißen Zielkreises, dass die genaue Position von Chaleos Herz zeigte. Um 04:20 Uhr gab der Gefängnisdirektor mit der roten Flagge das Zeichen. Fünf Projektiln schlugen in Chaleos Rücken ein. Der Gefängnisarzt, befolgt von Polizeigeneral Pao, trat vor um ihn zu untersuchen und erklärte seinen Tod. Der Henker zog sich zurück um zu rauchen und sich 20 Minuten auszuruhen, bevor er Nai Chit auf die gleiche Art tötete. Aber als die Reihe an de kleinen Butr kam, da weigerte er sich zu sterben. Er atmete noch nach dem ersten Feuerstoß, der ihm durch den Bauch gefahren war und der Henker musste eine zweite Salve abgeben. Es war noch dunkel, kurz nach 5 Uhr am Morgen, sieben Tage und drei Monate seit dem Tag an dem die drei Männer zum ersten Mal verhaftet worden waren. Um 9 Uhr am Morgen wurden ihre Familien, die sie vier Tage vor der Hinrichtung besucht hatten, ohne zu wissen, dass es das letzte Mal sein würde, über ihren Tod informiert. Man gab ihnen die Erlaubnis die Leichname aus dem Kloster, in das sie gebracht worden waren, mit zu nehmen, am kopflosen roten Buddha vorbei.
Die politische Folge Detektiv Phinich war auf seine Arbeit als Vorsitzender der polizeilichen Untersuchungskommission stolz. Er feierte seinen Triumph indem er die Ereignisse nieder schrieb und in einem Buch, das er an einem Geburtstag seiner Frau unter Freunden verteilte. Glückwünsche wurden ihn von seinen monarchistischen Freunden und Verwandten dar gebracht. Niemand zweifelte an der Richtigkeit des Urteils das so sorgfältig gefällt worden war, Seite 251 von 408
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nach einer so ausführlichen Untersuchung, und so erschöpfender Diskussion. FM Pibul, der es dem Polizeigeneral Pao überließ, die Nation nach seinem Belieben zu plündern und zu tyrannisieren, befand sich gerade auf einer Weltreise. Er hatte Grund zufrieden zu sein. Was auch immer das Gerichtsverfahren verursachte, es hatte Pridi nicht rehabilitiert. Pibul konnte daher der Welt mit dem selbstgerechten Auftreten eines Mannes, der sich auf seinem Weg gerechtfertigt sieht gestählt und stark durch das Aufdecken eines Mörders entgegentreten. Darüber hinaus hatten Pridi und Leutnant Vacharachai, denen auf britischem oder amerikanischen Boden Asyl verweigert worden war, während das Verbrechen des Königsmord an ihrem Namen klebte, und eine Auslieferung rechtfertigen würde, Zuflucht in dem nächstliegenden Land genommen, dass sie aufgenommen hatte, und das China war. Dieser Umstand nutzte ebenfalls FM Pibul, der stark damit beschäftig war sich dem Westen als der wahre Kämpfer gegen den Kommunismus präsentierte. Er spielte die Rolle mit zunehmendem Erfolg mit dem Zweck Hilfe aus dem Ausland zu erhalten, was ihm erlaubte ein Wirtschaftsschiff am Fahren zu halten das sonst wegen Korruption und exzessiven Ausgaben für das Militär gesunken wäre. „Der einzige Weg um den Kommunismus zu bekämpfen,“ so erzählte er Reportern in Los Angelas,“ ist durch Gewalt.“. In New York sagte er „der Drittweltkrieg zwischen Kommunismus und der freien Welt ist unvermeidbar,“ Es war eine Performance die perfekt kalkuliert war um der aktuellen Gefühlslage in den USA zu entsprechen. Und Präsident Eisenhower verlieh ihm den Orden der Ehrenlegion. Die Ironie ist, dass das Königsmordverfahren, auf das FM Pibul als den Beweis seiner politischen Moral verwies, tatsächlich eine komplette Rechtfertigung der unorthodoxen Hilfe der amerikanischen und britischen Botschafter, als sie Pridi aus dem Land geschmuggelt hatten, war. Kurz gesagt, Pridis Glauben, dass er sein Recht nicht bekommen würde, wenn er bleiben würde um der Anklage wegen Königsmord entgegen zu sehen, hatte sich als richtig herausgestellt. Das, so scheint mir, musste die unausweichliche Schlussfolgerung jeder Person sein, die unparteiisch die Beweise und das Urteil in Betracht zieht, dass das Verfahren als Resultat hatte. Wenn man das zu einem thailändischen Monarchisten sagt, und ihm ein logisches und unwiderlegbares Argument liefert, dann hört man keine Antwort leichter von seinen Lippen als ein einfaches „Ach, du bist ein Westler: Du verstehst das nicht.“ Dieser Trugschluss, dass der Osten und der Westen sich nie einigen könnte, gefährdet eine Welt wegen dessen Zukunft die Zwillinge sich einigen müssen. Die Wahrheit ist, dass eine genaue Seite 252 von 408
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Untersuchung des Einzelnen zeigen wird, was die Worte des führenden britischen Psychiaters aussagen: … ein Mensch ist grundsätzlich einmalig und unteilbar. Wo auch immer er lebt, in einer Lehmhütte, einem Iglu, einem Fertighaus oder einem Penthaus, unter welchem politischen Witz er leiden mag oder von dem er unterdrückt werden mag, egal welche Hautfarbe, Rasse oder welchen Glauben er hat, er wird essentiell durch die gleichen fundamentalen Instinkte, Hoffnungen, Glauben und Ängste angetrieben, hat die gleichen Bedürfnisse und hat in den unterschiedlichsten Ausprägungen die gleichen Eigenschaften. ….. Das besondere Extra der gesellschaftlichen und historischen Konditionierung sind natürlich wichtig für jede Studie über das Verhalten einer Persönlichkeit, aber außer wenn er geisteskrank ist, so handelt er nicht anders als was wir grob als die menschliche Natur bezeichnen. Er reagiert nicht aus reiner Vernunft, und wir können das unabhängig von unserer Rasse verstehen, genauso wie wir verstehen können, wenn er von seinen Gefühlen übermannt wird. Um von Pridi anzunehmen, dass er Teil einer Mordverschwörung gewesen wäre, müsste man annehmen, dass seine Motive ebenso für einen informierten Menschen aus dem Westen wie jeden Thailänder nachvollziehbar wären. Außerdem, falls das Verfahren wegen des Mordes an König Ananda nach den Justizprozedere des Westens durchgeführt worden wäre, wenn die Richter im Westen geschult gewesen wären, wie Pridi und Ananda, wenn das Gesetz unter dem die Anklagen erstellt wurden, nach westlichen Modellen geformt gewesen wären, wenn vieles der belastenden Beweise westlichen Wissenschaften der Ballistik und Forensik unterworfen worden wären, und wenn die abschließenden Urteil wie im Westen als Spiegel von Wahrheit und Gerechtigkeit angesehen würden, und die Worte wie im Westen verstanden worden wären, dann müsste man nicht erwarten, dass die mystische Beschwörung der orientalischen Undurchdringlichkeit einen westlichen Frager verwirrt.
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Die Fakten Lassen Sie uns unvernebelt die Fakten untersuchen. Beim Begründen ihrer Theorie vor dem Berufungsgericht fasste die Anklage die Gründe für Pridis angebliche Feindlichkeit gegenüber Ananda zusammen. Demnach hätte es zwischen ihnen einen Zusammenstoß über Wünschbarkeit von Anandas Besuch im chinesischen Teil Bangkoks gegeben, und über die Auswahl von Prinz Rangsit als Regent gegenüber der von Pridi vorgezogenen Wahl der Witwe von König Prajadhipok. Dann war da Anandas angeblicher Unmut weil Pridi den königlichen Wagen benutzt hatte, als die Königinmutter ihn gewünscht hatte, und weil er den königlichen Jeep ohne Erlaubnis in Hua Hin gefahren hatte, wo Pridi auch eine Party gefeiert hatte, auch noch laut dazu, ohne seine Erlaubnis. Schließlich war da Pridis angebliches Missfallen von Anandas Bevorzugung der Democrat Party, dessen Anführer wie Kuang der große Komödiant und die Pramoj Brüder sich mit ihm privat berieten. Zu dieser letzten Verbindung könnten wir Anandas angebliche geheime Verabredung hinzufügen, nach der er FM Pibul treffen sollte, was als starker Hinweis für das fehlende königliche Vertrauen in Pridi gedeutet werden könnte, und das Gerücht über die Absichten des Königs abzudanken um Pridi in seinem eigenen politischen Spiel zu schlagen. Der Wahrheit in all diesen Fällen auf den Grund zu gehen ist äußerst schwierig. Ananda kehrte aus der Schweiz als grüner Jüngling zurück, und fand einen Mann vor, der Siam kontrollierte, der in Staatsgeschäften gereift war und der ein Held des Widerstandes war, das war der Mann den er verehrte und von dem er lernte. Er war darüber hinaus ein Mann, der so links er auch in seinem Wirtschaftsplan vor 12 Jahren gewesen sein mochte, den Mitgliedern der königlichen Familie nur Gutes hatte zukommen lassen. Den ausgedehnten Aussagen von allen Beteiligten des Verfahrens kann ich hinzufügen, dass, als er während des Krieges jede Woche seine Familie besuchte, die nach Ayudhya evakuiert worden war, er auch dazu aufrief die Mitglieder der königlichen Familie zu evakuieren und alles tat, um ihnen die Situation zu erleichtern. Das war kein Mann der Hass gegen die Monarchie im Herzen trug, als Ananda nach Bangkok zurück kehrte. Hass war eine so grelle Leidenschaft dass man sie nicht mit ihm in Verbindung bringen wollte. Statt dessen war hier ein hingebungsvoller und geduldiger Mann der lange „der Mentor“ genannt worden war, und hier war ein gewissenhafter und nachdenklicher Jugendlicher, ein Student der Rechtswissenschaften und der wie Pridi mit dem gleichen Thema einen hervorragenden Seite 254 von 408
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Abschluss machte, so dass jeder Umstand zusammen passte, um ihre Beziehung freundschaftlich zu gestalten. So war es, das zeigte die Beweisaufnahme, zumindest während der erste Monate gewesen. Gibt es irgendwelche weiteren Beweise dafür die einen überzeugen könnten, dass erst in den letzten Monaten sich diese Freundschaft auf Pridis Seite zu einem mörderischen Hass entwickelt hätte? Nach all den hunderten von staatlichen Transaktionen die an jedem Tag über sechs Monate zwischen ihnen abgewickelt worden waren, konnten von Pridis Verleumdern nur zwei gefunden werden die angeblich einen Streit verursacht hätten – Anandas Besuch in Chinatown und die Ernennung des Regenten. Die Beweise in beiden Fällen sind so dünn (oder, wenn jemand an die Geschichte des buddhistischen Tutors denkt, so unwahrscheinlich) und so unbestätigt (die Königinmutter hatte offensichtlich ebenso wie Bhoomipol nichts vom ersten Fall gewusst), dass außer einer offensichtlichen Unwahrscheinlichkeit dass beide Ereignisse ernsthafte Folgen hatten, sollte ich im Verlauf meiner eigenen Nachforschungen nicht überrascht gewesen sein zu erkennen, dass die Beweise sich geradewegs widersprachen. Meiner Information zufolge hatte Pridi selbst den Besuch in Chinatown vorgeschlagen, und meiner Information zufolge hatte er zwar zunächst die verwitwete Königin von Prajadhipok als Regentin vorgeschlagen, als Teil einer posthumen Ehrung des Königs, die ihm vorher vorenthalten worden war, dass er aber den monarchistischen Rat (der nicht von Ananda stammte) akzeptierte und selbst eine Delegation zu Prinz Rangsit sandte, um ihn anzuhören. Schließlich können die Gründe die vorgebracht wurden um Pridis angebliches Missfallen mit Ananda unmöglich akzeptiert werden. Die Idee dass die Anführer der Democrat Party den Palast besuchten und die Geschichte des beabsichtigten Treffens mit FM Pibul als Teil einer Intrige, von der Pridi Kenntnis erhalten hätte, und dessen Autor Ananda gewesen wäre, ist unmöglich und wird in keiner Weise unterstützt. Ebenso wenig wie die Geschichte, die angeblich von Pridi geglaubt worden wäre, die eines angeblichen Planes von Ananda als König abzutreten um ihn selbst politisch zu entmachten. Zu keiner dieser Behauptungen lieferte die Anklage den kleinsten glaubwürdigen Beweis dass entweder Ananda oder Pridi dies gesagt oder bestätigt hätte. Um es kurz zu machen hatte die Anklage es versäumt einen einzigen substantiellen Grund oder auch nur sich kumulierende minimale Gründe zu nennen, die überzeugend aussagen würden, dass Pridis Hand sich gegen den Thron gewandt hätte. Sie verfehlte das Ziel trotz einer der denkbar Seite 255 von 408
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gründlichsten Jagd nach Beweisen, die man sich vorstellen kann. Aber selbst wenn es ihr gelungen wäre zu beweisen, dass Pridi haderte, warum, denn Annada sollte nun für fast drei Jahre das Land verlassen, warum sollte Pridi, der nun das Land unter voller Kontrolle hatte, sein Leben, sein Lebenswerk, das Wohlergehen seiner Familie mit einem Königsmord in Gefahr gebracht haben? Keine Antwort macht wirklich Sinn, ebenso wenig wie die Suche in Pridis Vergangenheit oder Charakter die keinerlei Hinweise bietet. Der wichtigste Punkt von allen: Selbst wenn die Behauptungen der mörderischen Absichten Pridis durch die Anklage für einen Moment akzeptabel gewesen wären, wo ist der Beweis, dass er sich von ihnen auch in Worten oder Taten hat leiten lassen? Seine Gegner haben eine geniale Antwort auf diese Frage bereit gestellt. Sie erklären, dass in dem Verhör seines treuen Gefolgsmannes Leutnant Vacharachai diesem ein Echo des Ausbruchs von Henry II, die Thomas Beckets Leben gekostet hatte, entglitten wäre: „Wer wird mich von diesem turbulenten Priester befreien?“ Ob Pridi die Konsequenzen beabsichtigte oder nicht, so das Argument, der Leutnant hätte prompt seine Absicht übernommen, ob in seinem Sinn oder nicht, da er ihm gefallen wollte. Vom Beginn bis zum Ende wurde nie ein anderer möglicher Attentäter als Leutnant Vacharachai, der entweder in Verfolgung einer Verschwörung oder aus eigenem Antrieb gehandelt hätte, genannt. Es wies auch kein anderer auf die Verbindung mit Pridi hin. Und doch ist außergewöhnlich wenig über ihn überhaupt bekannt. Es erschien mir essentiell etwas über seinen Hintergrund und seinen Charakter zu erfahren um zu sehen, welches Licht dies auf seine mögliche Täterschaft werfen würde. Es war nicht einfach. Niemand will heute noch zugeben, dass er ihn gekannt hatte. Seine Familie verschwand in der Anonymität von Bangkoks Hinterhöfen und Gefahr lauerte in den Fußstapfen von Fragern und denen der Zeugen. Aber mit Glück und ein bisschen Wagemut gelang es mir eine ordentliche komplette Akte zusammen zu stellen. Leutnant Vacharachai war ca. dreiunddreißig Jahre alt als Ananda starb, ein großer Mann mit knochigem Gesicht, das eher an einen Mongolen erinnert als an die hübschen westlichen Standards. Sein Vater war Chefarzt bei der Marine und seine Mutter Krankenschwester. Er war der jüngste von vier Kindern, alles Söhne, und ging zur gleichen führenden Schule, die Ananda für kurze Zeit nach ihm besucht hatte. Zuerst sträubte er sich gegen das Lernen und zog den Sport vor, oder man fand ihn oft in Billardhallen mit seinen Freunden. Weshalb er schließlich außerhalb von Bangkok in ein Seite 256 von 408
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christliches Internat geschickt wurde, wo er sein Abitur machte. Eigentlich hätte er Medizin studieren sollen, aber statt dessen wählte er das Marinekolleg. Er tat dies um die Schande der Familie zu tilgen, da sein älterer Bruder dort gescheitert war, und um der Mutter eines Mädchens zu imponieren, in die er sich verliebt hatte. Er war meist der Klassenbeste in dem Marinekolleg, und verließ es kurz vor dem Krieg als Fähnrich. Er wurde in der Marine, für die er im Krieg mit Französische Indochina diente, regelmäßig befördert, bis er den Rang eines Oberleutnants (Flaggenoffiziers) erreicht hatte. In der Zwischenzeit hatte er die Liebe seiner Schulzeit, der er über neun Jahr den Hof gemacht hatte, geheiratet. Ihr Name war Cha-oom: Ich hatte ihre Erscheinung im Gericht beschrieben. Eine zerbrechlich erscheinende anmutige Frau mit einem offenen gut aussehenden Gesicht, eine Erinnerung an die Königinmutter. Sie war die vierte von zwanzig Kindern ihres Vaters, der zwei Frauen gehabt hatte. Er war ein Beamter mit ausreichenden Mitteln um seine Kinder gut auszubilden. Cha-oom erhielt einen Lehrer an einer der besseren Privatschulen Bangkoks, bevor sie Vacharachai heiratete. Sie lebten zunächst in einem dem Schwiegervater gehörenden Gebäude, dann baute er ihr eigenes Haus im damals in Mode gewesenen Bangkapi Distrikt. Er war ein begeisterter Anhänger von Aktivitäten an der frischen Luft und arbeitete hart um seinen Garten anzulegen. Wenn er im Ausland war brachte er Möbel und andere Haushaltsartikel für das neue Haus mit. Cha-Oom gebar seine vier Kinder, von denen das älteste sechs Jahre und das jüngste gerade im Jahr geboren wurde, als Ananda starb. Er neigte dazu mit ihnen ebenso nachsichtig zu sein wie mit seinen Untergebenen und Dienern, und reichte ihnen oft die kleinen Leckereien weiter, die er von speziellen Essen für Gäste mitbrachte. Die japanische Besetzung verursachte einen Bruch. Inflation zusätzlich zu den Belastungen des neuen Hauses und der wachsenden Familie verlangten mehr als sein Gehalt bei der Marine aufbringen konnten. Er verließ die Marine und baute mit seiner Frau eine Firma auf. Es war ein Geschäft das alles Mögliche verkaufte, von Kleidung, bis Lebensmittel. Er lebte zurückgezogen und kümmerte sich nicht um soziale Aktivitäten. Jedoch teilte er in einem angemessenen Maße das nationale Laster des Spielens beim Kartenspiel und Pferderennen. Er ging nicht zum Jagen oder Schießen. Aber er ging regelmäßig in die Kirche. Weniger aus Pietät als aus dem Grund, dass er die Diskussion über Religion und Literatur mit den Mönchen liebte. Später drängten ihn seine Freunde zurück in die Marine, damit er der Free Thai Bewegung helfen konnte. Und so nahm er Teil an Patrouillenfahrten auf dem Fluss, als die Regenten sich in Pridis Haus verbarrikadiert hatten um FM Pibuls Rache zu entgehen. Er war schon ein Verehrer von Pridi gewesen, dessen offene ReSeite 257 von 408
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deweise wie eine erfrischende Veränderung gegenüber der gekünstelten Schönheit der Siamesischen „guten Manieren“ wirkte. Vacharachai antwortete mit Hingabe auf seine politischen Ideen und seiner Brillanz. Als Pridi nach FM Pibuls Fall Alleinregent wurde, ernannte er Vacharachai zu einem seiner ADCs. Als ihm der gleiche Posten in der königlichen Entourage angeboten wurde, war er zurückhaltend, weil der die spezielle Sprache der Monarchisten nicht sprach, aber Ananda versicherte ihm dass dies kein Problem wäre. Ich hatte schon früher erwähnt, wie er den königlichen Brüdern das Schießen beibrachte, Ananda zu privaten Erkundungsausflügen fuhr und dann aus dem königlichen Dienst ausschied. Aber diese letzte Episode verlangt nach mehr Erklärungen. Seine Bezahlung im Palast war zwei Pfund pro Monat, was kaum ausreichte, um seine Uniform zu reinigen. Aber irgend etwas darüber zu sagen hätte bedeutet das Gesicht zu verlieren. Er ließ sich daher von einem Freund, der Arzt war, eine Krankenbestätigung ausstellen – nur wenige Ärzte wären so hartherzig die Bitte eines Freundes auszuschlagen – und blieb so aus dem Dienst fern. Was nach drei Monaten automatisch zu seiner Entlassung geführt hätte. Er hatte nicht geplant, seine Karriere in der Marine wieder aufzunehmen, da dies lange Trennungen von Frau und Kindern bedeutet hätte. Während seiner vorgetäuschten Krankheit half er dabei die Profitablität seines und Cha-Ooms Ladens zu verbessern oder in Chinatown bei Großhändlern einzukaufen. Sie beide besuchten auch regelmäßig Pridi, deren jüngere Schwester seiner Frau mit Cha-oom in der Schule war. Diese, eine hervorragende Pastetenbäckerin, half Pridis Frau während Vacharachai an den Diskussionen zwischen Pridi und seinen Gästen teilnahm, oder Besorgungen bei der Marine für ihn machte. Pridis Verhalten gegenüber Vachrachais Desertation vom Palast ist nicht bekannt. In jedem Fall neigen Thailänder dazu in solchen Fällen tolerant zu sein. Als der Arzt, der von der Königinmutter zu ihm geschickt worden war, ihm beim Kartenspielen angetroffen hatte, schrieb Vacharachai einen Brief an den Sekretär des Königs um alles einzugestehen und er erwartete die formale Entlassung aus dem königlichen Dienst als Ananda starb. Er wurde dann ein Gehilfe des Sekretärs von Pridi (mit einem Gehalt von 23 Pfund pro Monat), danach der von Admiral Dhamrong, Pridis Kandidat für das Amt des Premierministers. Eigentlich gab es sehr wenig Gerüchte, die ihn mit Anandas Tod in Verbindung brachten bis zum Ende vom Jahr 1947, als politische Zeitungen einen Artikel veröffentlichten, in dem er als Anandas Mörder bezeichnet wurde. Am frühen Morgen nach dem November-Coup
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der FM Pibul wieder an die Macht brachte, hatte ihn Pridis Chauffeur abgeholt, damit er mit ihm in Sicherheit fliehen konnte. Viele Menschen die ihn kannten mochten ihn nicht besonders. Aber das ist kaum relevant. Was wichtig erscheint ist, dass seine kurze Beschreibung kaum Anlass gibt zu glauben, dass er ein impulsiver Killer, ein rastloser Fanatiker oder ein Desperado wäre. Auch konnte die Beweislage gegen ihn diesen Eindruck nicht erzeugen. Meine privaten Untersuchungen brachten mich zu der Überzeugung, dass der Genauigkeit der Aussage des Chauffeurs und der Wäschefrau nicht zu trauen waren, beide waren staatliche Angestellte. Aber dies außer Acht gelassen, war die Identifikation von Vacharachai als Person die hinter der Barompiman Halle zum Zeitpunkt der Tragödie gesehen worden war als vollkommen unbefriedigend heftig angegriffen worden. Auch wenn die Aussage von Cha-oom und ihrer Verwandten kein wasserdichtes Alibi hergaben, so lässt es kaum den Schluss zu, dass hier ein Mann am Werk gewesen wäre, der darauf gewartet hätte ein schreckliches Verbrechen zu begehen und dann davon zurückkehrte. Die Annahme wird noch unwahrscheinlicher wenn man die Zeit seiner angeblichen Ankunft und Abfahrt sieht, die bedeuten würde, dass das Verbrechen auf die Sekunde genau geplant gewesen war, sondern auch, dass eine übernatürliche Vorahnung den außergewöhnlich praktischen Umstand vorhergesehen hätte, dass Ananda noch dösend im Bett lag. Schließlich selbst wenn die Beweise der Anklage akzeptabel gewesen wären, dann wäre der Fall gegen Vacharachai immer noch fatal dünn gewesen. Es gibt nichts, was einen Mann außerhalb der Barompiman Halle mit dem furchtbaren Ereignis innerhalb des Gebäudes in Zusammenhang bringt. Hatte ihn jemand zur passenden Zeit blutbespritzt und mit rauchender Pistole gesehen, dann wäre er Teil einer Verschwörung gewesen (dessen Beweise durch Tee den Holzhänder und See den Mordschützen beide vom Gericht abgelehnt worden waren). Und vor allen Dingen, hatte ihn irgendjemand INNERHALB des Gebäudes gesehen, dann hätte ein Zweifel entstehen können. Wie es aber aussieht macht die Beweislage Leutnant Vacharachai nicht schuldiger an Anandas Tod als Sie oder mich. Der Beginn für das Interesse war die Behauptung von Blut an seinen Manschetten. Die Idee dass, falls er Ananda erschossen hatte, notwendigerweise Blut auf ihn gespritzt war, ist nicht schlüssig. Sie wurde von dem Polizisten erzeugt, der mit dem Schießen auf menschliche Schädel experimentiert hatte und gesagt hatte, dass er seine Pistolenhand und den Lauf mit Blut bespritzt hätte usw. Aber Hochgeschwindigkeitsfotografien in jedem zuverlässigen ballistischen Fachbuch werden etwas anderes zeigen. Der plötzliSeite 259 von 408
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che Austritt einer Projektil aus dem Lauf presst die Luft vor ihr wie eine Welle in Richtung Haut, Fleisch, Knochen und Gehirn des Kopfes des Opfers in dem Moment in dem das Projektil eintritt. Natürlich hätte Blut in Leutnant Vacharachais Manschette laufen können, falls er, vielleicht eher als sein Komplize, die tödliche Projektil an sich genommen hatte um sie mit einer anderen zu ersetzen. Diese Annahme hängt davon ab ob er der Mörder war – was, wie ich hoffe klar gemacht zu haben, die Beweise in keiner Weise abdecken --- und dass es tatsächlich einen „Austausch“ der Projektilen gegeben hätte, was zusammen mit dem Fall gegen die drei Beschuldigten in Betracht gezogen wurde. Der Fall gegen Chaleo wäre in einem westlichen Gericht nicht länger aufrecht erhalten geblieben wie die Zeit benötigt hätte, um die Anschuldigung auszusprechen, dass er schuldig wäre weil er sich respektlos gegenüber dem Thron verhalten hätte, was zu seiner Entlassung geführt hätte, dass er gesagt hätte, dass Ananda nicht am 13. abreisen würde, und dass er Pridis Vertrauter war und Pridi der angebliche Chef-Verschwörer. Denn es gibt nicht den leichtesten Hauch eines Beweises dass er mit Pridi konspiriert hätte, oder dass er in der Folge einer Verschwörung gehandelt hätte. Einfach gesagt gibt es überhaupt keinen Beweis der ihn mit dem Verbrechen in Zusammenhang bringt. So wie bei Leutnant Vacharachai werden wir aufgefordert uns herumwirbeln zu lassen von Möglichkeiten und der Vorstellungskraft die uns den Ansatz von Gewissheit vorgaukeln soll. Der Fall gegen Butr hängt vollkommen von der Verurteilung von Nai Chit ab. Darin gibt es eine gewisse Logik. Wenn Nai Chit sich angeboten hatte, in einem so monströsen Verbrechen zu helfen, wäre er wohl kaum das Risiko eingegangen, wenn er gewusst hätte dass Butr anwesend wäre und die Möglichkeit bestehen würde, dass er durch ihn belastet wird – außer Butr wusste sicher, dass dies nicht der Fall sein würde. Alternativ, falls Nai Chit etwas verschleierte, hätte Butr es sicher merken müssen. Aber diese Argumente schlagen auf die Anklage zurück und deuten auf Nai Chits Unschuld hin, wenn man das Urteil des ersten Gerichts heranzieht – wie man tun muss, wie ich glaube – dass die Wahl von Butr für den Dienst im Ausland mit der königlichen Familie seine Beteiligung an einer Verschwörung höchst unwahrscheinlich erscheinen ließ. Aber wenn man feststellt, dass die Vortäuschung eines Selbstmordes nicht ohne Butrs Hilfe hätte stattfinden können, dann kann auch Logik ihn nicht mehr retten können. Hier hängt wieder der Fall gegen ihn vom Fall gegen Nai Chit ab. Dieser wurde verurteilt, weil, unter anderen Gründen, er in der Barompiman Halle war, als er eigentlich nicht im Dienst war. Die Idee dass kein Seite 260 von 408
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Siamese jemals mehr tut als notwendig ist unter den Siamesen legendär und erhält bis heute in der täglichen Erfahrung einige Bestätigung. Jedoch wäre Nai Chits Erklärung warum er in der Halle war akzeptabler wenn der Zufall seiner Anwesenheit dort zum Zeitpunkt des Todes des Königs nicht durch andere dunkle Anschuldigungen in Frage gestellt worden wäre. Diese Anschuldigungen betreffen die scheinbar hintergründige Voraussage über den beabsichtigten Abreisetermin des Königs. Aber warum sollte das eine größere Signifikanz haben als Chaleos gleichlautende Stellungnahme welche das erste Gericht als ohne Aussagekraft ansah? (Meine eigene Nachforschung hatte ergeben, dass Na Chit einen unverbesserlichen aber liebenswerten Hang zum Necken anderer hatte) Es gab ganz einfach keinen Beweis um ihn mit dem Verbrechen in Verbindung zu bringen. Wie im Fall von Leutnant Vacharachai werden wir aufgefordert uns um die Achse von Möglichkeiten und Vorstellungen zu drehen, bis wir schwindelig werden und den Kontakt zu den Tatsachen zu verlieren. Aber seine vom Gericht als am meisten verdächtig eingestuften belastenden Umstände waren sein Schrei zur Königinmutter und das angebliche „Platzieren“ von Beweisstücken. Es war unbestritten, dass er aufgeschrien hatte: „Der König hat sich erschossen!“ Ohne die Pistole gesehen zu haben. Die Schlussfolgerung des Gerichts ignoriert eine andere Interpretation die genau so valide wäre: Während Nai Chits entsetzte Aufmerksamkeit auf das Blut Anandas konzentriert war, mussten seine Augen auch die Pistole wahrgenommen haben, denn sie war kaum zu übersehen – was in seinem halb betäubten Bewusstsein dazu führte, dass er zu der Auffassung kam, das alles zusammenpasste zu seinem Wissen, dass der König oft mit seinen Pistolen spielte, darunter die .45er in der Kommode neben seinem Bett, und in Abwesenheit jeder anderen Person im Zimmer als der Schuss ertönte, nur wenige Augenblicke davor, konnte sein Unterbewusstsein zu keinem anderen Schluss gekommen sein. Außerdem wenn ein entscheidender Teil des Komplotts das Platzieren der .45er Pistole um einen Selbstmord vorzutäuschen, und Nai Chit war Teil des Komplotts, hätte er dann nicht gerade gesagt, dass er die Pistole gesehen hätte, statt offen genau das Gegenteil zuzugeben? (Der Fehler der dem Bewusstsein einer Person im Fall der Beobachtung bei einem Schock unterlaufen kann, wird unterstrichen durch König Bhoomipols Geständnis, dass er sich nicht daran erinnern konnte, den rechten Arm seines Bruders gese-
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hen zu haben, obwohl alle anderen Zeugen ihn deutlich auf dem Bettlaken hatten liegen sehen.) Was das angebliche „Unterschieben“ angeht, die Möglichkeit, dass Nai Chit die .45er auf dem Bett hätte platzieren können, oder dass er sie scharf gemacht haben könnte bevor er sie dem Palast-Treffen präsentierte, ist natürlich überhaupt kein Beweis. Diese Möglichkeiten wurden zur dünnen Haut eines Beweises insbesondere durch zwei andere Umstände aufgearbeitet. Einer war die sich widersprechende Erklärung wo im Raum er die Patronenhülse aufgehoben hatte. Aber die Erinnerung eines schockierten und verwirrten unschuldigen Mann kann so widersprüchlich und ausweichend sein wie die eines Schuldigen, und könnte umso stärker werden, je mehr er sich selbst beeinflusst. Wieder wird der kleinste Beweis weggewischt indem er zu den anderen Umständen hinzu gefügt wird, die dem Gericht verdächtig erschienen, nämlich dass Nai Chit derjenige war, der ihnen nicht nur die angeblich falsche Patronenhülse, sondern auch die angeblich falsche Projektil in der Matratze brachte, und zwar drei Tage nach dem Schuss. Als der durchsetzungsfähigere und aufgewecktere der zwei Männer, die mit dem königlichen Schlafzimmer betraut waren jedoch erscheint es überhaupt nicht verdächtig, dass Nai Chit die Polizei hingeführt hatte. Die drei Tage besagen überhaupt nichts. Wenn das Projektil untergeschoben worden war, dann musste das sofort erfolgen, denn wie hätten die Verschwörer vorhersagen sollen, dass die unmittelbare Untersuchung des Polizeichefs durch Prinz Rangsit gestoppt würden? Die Möglichkeit besteht weiter, dass ein Mörder ohne die Hilfe von Innen kaum riskiert haben würde, die Zeit nach dem Schuss auf Ananda zu finden, um die .45er (Anandas) zu finden und zu platzieren, die „echte“ Patronenhülse die er verwendet hatte zu suchen und an sich zu nehmen (außer die Pistole Anandas war benutzt worden), die falsche Patronenhülse zu platzieren, die „echte“ Projektil an sich zu nehmen und mit der falschen Projektil zu ersetzen, und sich erst dann auf die Flucht zu machen. Die weitere Möglichkeit bleibt, dass selbst mit der aktiven Hilfe von Nai Chit alleine es nicht möglich gewesen wäre, das zu erledigen, bis das königliche Kindermädchen vom anderen Ende der Halle kam und Anandas Puls noch schlug. Etwas Hilfe von Butr, zum Beispiel während Nai Chit die Königinmutter holte --- erscheint sehr unwahrscheinlich. Es wird klar, dass der einzige substantielle Punkt der gegen die beiden Pagen übrig blieb war, dass, falls die Situation eine Fälschung war, man wirklich ihre Mitwirkung benötigt hätte. Die Akzeptanz des Gerichts der „Platzierungs-Theorie“
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wurde daher die Sicherung für eine Kettenreaktion von Beweisen, die sonst nie existiert hätten. Drei Dinge überzeugten es, dass die .45er, die neben Anandas Hand gefunden worden war, nicht das Instrument seines Todes war – der Nitrattest, der Rost im Lauf und das unbeschädigte Projektil. Das Gericht gab ein gewisses Maß an Zweifel zu den ersten beiden Begründungen zu, weniger über den dritten. Sie wiesen den Beweis der Polizei zurück, dass Projektile manchmal unbeschädigt gefunden wurden, nachdem sie durch den Kopf eines Menschen geschossen worden waren und es maß sich selbst an, Wissen über die Widerstandskraft von Schädeln zu haben, insbesondere verweigerten Sie sich dem Wissen, dass lebende Knochen weicher sind als tote. Es bleibt festzustellen, dass keiner der drei Punkte alleine überzeugend war, als dass der Faden stark genug gewesen wäre, um den Beweis zu tragen. Dieses Argument ist fadenscheinig weil ein Faden, wie schwach er auch sein mag, ein Faden bleibt. Es wird nicht bezweifelt, dass der Faden überhaupt existiert. Da das Gericht die Beweislage in allen drei Punkten nicht überzeugend fand (als dass die Tatsache nicht bewiesen war) hätte keine noch so große Menge einen Wert ergeben, der sie hätte überzeugend gemacht. Mit der Entscheidung, dass die .45er Pistole nicht an jenem tödlichen Morgen abgefeuert worden war, ignorierte das Gericht die kategorischen westlichen Autoritäten in dieser Angelegenheit. Generalmajor Sir Gerald Barrad, zum Beispiel, schreibt in „The Identification of Fire-Arms & Forensic Ballistics“: „In Wahrheit ist es schlichtweg unmöglich den Tag des Abfeuerns einer Schusswaffe mit wissenschaftlicher Genauigkeit festzustellen, nachdem relativ wenige Stunden vergangen sind.“ Die .45er Pistole wurde 3 Tage nach Anandas Tod untersucht. Jedenfalls reduzieren die Unwägbarkeiten die Theorie des „Unterschiebens“ von Beweisen bis ins Absurde. Die Verschwörer hatten keine Möglichkeiten im Voraus zu wissen, ob die ausgeworfene benutzte Patronenhülse sofort entdeckt werden würde. Und selbst falls ein Revolver benutzt worden war, hätten sie doch nicht voraussehen können wo das Projektil enden würde. Sie hätte in Anandas Kopf stecken bleiben können. Wenn die Situation wirklich gestellt worden wäre, dann wäre die Wahrscheinlichkeit groß gewesen, dass sie Anandas eigene .45er benutzt hätten, aber das Gericht hatte die Möglichkeit beiseite gewischt indem es sagte, dass der Mörder dann Handschuhe hätte tragen müssen, was die Gefahr eines Fehlers vergrößert hätte. Es gibt ein Argument dass dünne Baumwollhandschuhe abnutzen. Es gab auch das Argument, dass er eine Waffe bevorzugt hätte, mit der er vertraut war, auch wenn die .45er einfach Seite 263 von 408
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erhältlich war und der angebliche Mörder, Leutnant Vacharachai selbst Ananda die Benutzung beigebracht hat. Schließlich hatte das Gericht vorgeschlagen dass die Verschwörer kein Risiko eingehen wollten indem sie durch das Vorbereiten der .45er im Voraus Verdacht erregten. Aber unter allen Umständen wäre dies mit Sicherheit das Geringste aller Risiken gewesen. Vom Beginn bis zum Ende ist die „Platzierungstheorie“ unhaltbar. Wenn dies der Fall ist, bleibt kein Beweis gegen Nai Chit übrig und auch nicht gegen Butr. Wie Chaleo waren die Pagen unschuldig. Drei unschuldige Männer waren zum Tode verurteilt worden. Ihre Verurteilung ist ein bemerkenswertes Beispiel über die Beweisführung, die die prinzipielle Ehre des Gerichts und die besondere Seele der Justiz ausmacht. Und die unbemerkt und vollkommen zerstört wird. Nach siamesischen Standards war das Verfahren fair und das Urteil das Ergebnis von gewissenhaftem Nachdenken. Wie hatte dann eine solche Zerstörung stattfinden können? Die Macht der Ernennungen, Beförderungen und Regularien der Richter in Thailand wird durch einen Kontrollrat durchgeführt, der aus neun Richtern besteht, so dass es aussieht als ob dies ein von der Regierung unabhängiges Verfahren wäre. Aber die Gehälter und Pensionen werden vom Justizministerium bezahlt das auch den Sekretär des Rates ernennt und der, wenn auch nur im Rahmen der Formalitäten des Rates, Richter von einer Position auf eine andere versetzen kann. Selbst ohne den juckenden Abzugsfinger des Polizeigenerals Pao, der einen über jeden Widerstand zwei mal nachdenken ließ, ist das Ergebnis subtil. Wenn auch manchmal weniger feinfühlig, jedenfalls ist der Einfluss des Ministeriums durchdringend. Die Richter sind Angestellte im öffentlichen Dienst und ein Mann wird nur Richter nachdem er zuerst dem Ministerium beigetreten war. Da der gesamte Öffentliche Dienst als eine überlegene Form der Beschäftigung angesehen wird, bedeutet die Abteilung in der man arbeitet wenig, und die Zurückhaltung, der Stolz und die Unabhängigkeit sowie das einschüchternde öffentliche Ansehen das zum Amt eines Richters in vielen westlichen Ländern gehört, kann nicht in einem Land existieren, in dem ein Mann im Alter von fünfundzwanzig Jahren zum Richter wird und das Amt nach der gleichen Anzahl von Jahren verlässt. Und das mit einer unangemessenen Pension die ihn of zwingt den Markt der praktizierenden Anwälte zu betreten. Mit so wenig Erhabenheit erfüllt der Richter die siamesischen Charakteristika des freudig sein Fähnchen in den Wind Stellenden. Deshalb konnte das Seite 264 von 408
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Berufungsgericht in dem Monarchenmord solche rein politisch diktierten Äußerungen von sich geben wie: „Die von Pridi kontrollierte Regierung bewies sich als unfähig das Land zu regieren.“133 Und so ist es nicht überraschend heraus zu finden, dass nicht die geplante Abdankung der Grund war, sondern die nachhaltige unterbewusste Zerstörung der Vernunft. Dies macht den Monarchenmordfall einzigartig. Er ging nicht über Tage oder Wochen, sondern über Jahre. –Jahre während derer Männer sich ehrlich ihren Weg zu ihren Schlüssen zu Recht legten, die sie auf dem Altar der Justiz platzierten: Aber ihre Begründung war fehlerhaft und der Altar wurde geschmückt mit einem Vorhang der einen weißen Zielpunkt als Hilfe für den Henker trug. Eine Legende hält sich, dass die Angeklagten mehr wussten als sie jemals zugaben. Diese Legende entsteht von einer anderen, nämlich der, dass königliche Diener königliche Geheimnisse mit in den Tod nehmen würden. Aber die Konsistenz der Geschichten der drei Angeklagten trotz ihrer langen Einkerkerung, Folter, der Behandlung mit Wahrheitsdrogen und der Sittlichkeit ihrer Familienmitglieder, die eine solche Anforderung an den Geist und den Körper gestellt hatte, dass es unmöglich erscheint, dass alle der Angeklagten über die gesamte Zeit widerstehen konnte, Minute für Minute während zweitausendsechshundert und fünfzig Tagen. Ich fand eine gewisse Person von Ehre und Intelligenz die eng mit dem Fall betraut war, und der durch FM Pibul während eines Monats eingesperrt worden war und dabei die Zelle eines der Angeklagten geteilt hatte. Die Umstände machten die Zurückhaltung zumindest eines teilweisen Vertrauens sehr unwahrscheinlich. Und doch bestätigte er kategorisch, dass nichts enthüllt wurde, was wir nicht schon wussten. Es ist signifikant dass keine Beförderung oder irgendeine Art des Wohlstandes bei den Angeklagten während der ganzen ein und ein halbes Jahres zwischen dem Tod von Ananda und dem Coup von FM Pibul, der sie ins Gefängnis brachte, zu beobachten gewesen war. Es konnte kein Motiv gefunden werden und auch heute enthüllten meine Nachforschungen kein Motiv. Im Gegenteil war ich überzeugt und ohne jeden Zweifel über die Zwecklosigkeit des angeblich durch die Angeklag-
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Vielleicht liegt auch in dem Fehlen eines natürlichen Respekts der Grund für die scharfe Gesetzgebung zum Schutz der Richter, die es ihnen ermöglicht gegen jeden, ohne eine Chance auf ein Rechtsmittel, eine Strafe von bis zu sechs Monaten Gefängnis wegen „Missachtung des Gerichts“ zu verhängen. Und dies während als auch nach Abschluss des Gerichtsverfahrens. Was eine Kritik von Richtern und Gerichten in Thailand zu einer gefährlichen Sache macht. Seite 265 von 408
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ten durchgeführten Verbrechens. Und im Geist jener, die sie am besten kannten ist nichts unwahrscheinlicher als dass sie jemals Teil des Verbrechens hätten sein können. Heute müssen ihre Körper noch verbrannt werden. Ihre Familien glauben, dass wenn sie nicht rehabilitiert werden, würden die Flammen ihre Elemente nicht entlassen um in anderen Leben nach dem Nirvana zu suchen. Sie glauben, dass sie ohne Rehabilitierung als Geister in Seelenpein wandern und Qualen auf das Gesicht der Erde bringen. Deshalb verfaulen ihre Körper in vorläufigen Särgen. Aber diese, auch wenn aus Stein, können den impertinenten Gestank der Ungerechtigkeit nicht zurückhalten.
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Wer tötete Ananda Was geschah beim Tod Anandas? Die Gerüchte, Mutmaßungen und Theorien verursachen in ihrer Summe ein Mysterium dass sowohl Menschen aus dem Osten wie aus dem Westen verblüfft. Aber sie decken das ganze Spektrum der Möglichkeiten ab. Und wenn das Verfahren über den Mord des Monarchen nicht viel erreichte, so grub es doch eine riesige Ansammlung an Beweisen aus, über die ich versuchte fair und in allen wesentlichen Punkten zu berichten. Das Ergebnis verschafft uns nun die Möglichkeit zum Kern des Geheimnisses vorzudringen. Unsere Methode muss nur das einfache Ausschlussverfahren sein. Die Unfalltheorie hatte sich schon weitgehend wertlos erwiesen, aber dies war unter der Annahme, dass Ananda alleine war, als er starb. Jedoch hat die Tatsache, dass die Jungen immer zusammen mit ihren Waffen gespielt hatten, und die wenig bekannte Tatsache, dass der übermütige Bhoomipol manchmal im Spiel mit der Pistole auf Ananda zielte, worauf dieser ihn ernst darauf hinwies dies nicht zu tun, hat zum entstehen einer wahrscheinlicheren Theorie geführt, die sich bei vielen Menschen aus dem Westen zäh behauptet. Die Theorie besagt, dass Bhoomipol den kranken Ananda besuchte und dann, während er mit der .45er Pistole spielte, ihn aus Versehen erschoss. Niemals hatte jemand diesem Gerücht mehr Nahrung gegeben als Bhoomipol selbst, durch seine außergewöhnliche Veränderung von einer durch und durch fröhlichen Person die ganzen siebzehn Jahre seines Lebens, zu der ernsten und schwermütigen Erscheinung ohne ein Lächeln während der folgenden vierzehn Jahre. Die Beeinflussbarkeit der Jugend durch neue Einflüsse und die siamesische Charaktereigenschaft unangenehme Ereignisse schnell zu verdrängen, schien in seinem Fall überwachsen zu sein durch ein Gefühl das viele als Schuldgefühl oder Gewissensbisse bezeichnen. Die Beweise in dem Mordfall geben außerdem Anlass für Spekulationen. Vor dem tödlichen Schuss waren das königliche Kindermädchen und Bhoomipol innerhalb und außerhalb des Spielzimmers und in Bhoomipols Schlafzimmer zur gleichen Zeit. Sie war im Schlafzimmer und räumte Filme auf, als sie den Schuss hörte und aus dem Raum stürzte, während Bhoomipol sagte, dass er keinen Schuss gehört hätte, aber Rufe, die ihn aus dem Spielzimmer gelockt hätten. Dieser Unterschied ist ein Mangel, denn die beiden Zeugenaussagen können sich nicht gegenseitig bestätigen. Statt Seite 267 von 408
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dessen sagte Bhoomipol sogar, dass er niemanden sah. Darüber hinaus behauptete er, dass der Ruf ihn aus dem Zimmer auf die Veranda getrieben hätte, direkt entlang des vorderen Korridors von Anandas Arbeitsraum, wo er die Kammerzofe traf. Wenn die Tür zum Arbeitszimmer tatsächlich aus irgend einem Grund nicht verschlossen war, wäre es für ihn theoretisch möglich gewesen, auf diesem Wege zu Ananda zu gelangen. Und nach dem Unfall durch die gleiche Tür herauszulaufen, unbemerkt von den beiden Pagen, die im Korridor auf der Rückseite saßen, aber dabei die Kammerzofe treffend. Dann ist da die aufgeregte Unterhaltung der Königinmutter mit ihm, die Butr angeblich belauscht haben will, als der Körper gewaschen wurde, „Was immer du tun willst, tue es!“ Die Erklärung hiervon könnte sein, dass Bhoomipol wünschte, beim Palasttreffen, das unten stattfand, zu gestehen. Eine gleichfalls belastende Interpretation kann aus dem „Schrei des Herzens“ geschlossen werden, als er dem Leibarzt sagte, „Sie können mich nicht in einer Situation wie dieser verlassen.“ Erstaunlicherweise wurde bei der Untersuchung des Monarchenmordes keine Untersuchung angestellt, ob Ananda Rechtshänder oder Linkshänder gewesen war. Er war tatsächlich Rechtshänder. Aber die Pistole lag bei seiner linken Hand. Man sollte sich auch daran erinnern, dass die Kommode, in der die Pistole aufgewahrt wurde, auf seiner linken Bettseite stand und die tödliche Wunde oberhalb seines rechten Auges. Diese Tatsachen bedeuten, dass Bhoomipol die Pistole aus der Kommode hätten nehmen könne, als er neben seinem Bett stand, spielend auf ihn gezielt hatte, und dann aus versehen den Schuss abgab. Und nach einem Augenblick des erstarrenden Schreckens sie einfach fallen gelassen hat und heraus gerannt war. So hätte die Pistole gefunden werden können, wo sie schließlich lag. So unvorteilhaft dies auch für Boomipol sein mag, wie viel mehr wird es in einer Theorie die besagt, dass die Tat kein Unfall war, sondern Mord. Die Absicht, Ananda zu besuchen, zeigt dann auf düstere Absichten, denn warum hätte er nicht den Weg über den Ankleideraum nehmen sollen, wo die beiden Pagen stationiert waren (wie er es wusste, da er mit ihnen gesprochen hatte). Als klares Motiv könnte die Ambition angenommen werden, König werden zu wollen. Er hatte die Gelegenheit. Niemand sah ihn in den entscheidenden Momenten. Er wusste wo die .45er Pistole lag und wie man sie benutzte. Dann kommt noch diesen Umständen sein Benehmen in den folgenden Jahren hinzu, das auf ein Gefühl weit größer als normalen Kummer schließen läßt. Dann noch die angebliche zweideutige Unterhaltung mit seiner Mutter, die Unzuverlässigkeit seiner Aussage indem er sagSeite 268 von 408
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te, dass er den Schuss nicht gehört hätte, obwohl das königliche Kindermädchen den Schuss gehört hatte, dass er niemanden gesehen hätte, obwohl er eigentlich kaum das Kindermädchen hätte übersehen können, wenn er dort gewesen wäre, wo er behauptet hatte, gestanden zu haben, und dass er niemals davon Notiz genommen hätte, wo Anandas rechter Arm (also sein Schussarm) gelegen hatte, obwohl jeder dies getan hatte. Und schließlich seine Unterhaltung in der Nacht mit dem königlichen Leibarzt, als er, während er ihn bat nicht zu gehen, zugunsten einer Unfalltheorie sprach, obwohl er von der Sicherheitsausrüstung der .45er hätte wissen müssen, und auch von Anandas üblicher Vorsicht, die die Theorie höchst unwahrscheinlich machte. Die sich so summierenden Verdachtsmomente wären so stark gewesen, dass Prinz Bhoomipol, wenn er wegen Königsmord angeklagt worden wäre, und genau mit den gleichen Begründungen und Einstellungen behandelt worden wären, die die Richter bei der Verurteilung der drei Angeklagten anwandten, er mit Sicherheit verurteilt worden wäre. Aber wenn man die Einzelteile zerlegt dann hat man nicht mehr als ein paar schwache Schatten und Vermutungen. Die gleichen einfachen Gründe, die einen unparteiischen Beobachter dazu bringen den Fall gegen die Verurteilten abzulehnen hätte auch Bhoompol entlastet: Es gab absolut keinen Beweis der eine Verbindung zwischen ihm und dem Schuss herstellte. Wäre bekannt gewesen, dass er und Ananda sich gestritten hätten, oder falls Bhoomipol jemals Hass gegen Ananda zum Ausdruck gebracht hätte, oder wäre er in der Nähe von Anandas Schlafzimmer kurz vor oder nach dem Schuss gesehen worden, oder hätte sich die Pistole unmittelbar vor dem Schuss in seinem Besitz befunden, oder hätte einer der Pagen ihn mit Ananda reden hören oder gehört wie er in Anandas Raum gegangen war, oder hätte es irgendeine Äußerung durch die Kammerzofe gegeben, dass Bhoomipol ihr nicht aus der Richtung seiner eigenen Zimmer sondern aus der Richter der Zimmer Anandas entgegen getreten wäre, oder wären die Unterhaltungen mit seiner Mutter und dem Arzt nicht auch anders erklärbar gewesen, also wäre irgend eine Verbindung zwischen Bhoomipol und dem Schuss bestanden, dann hätte der Verdacht wachsen können. Aber dies war nicht der Fall. Auch geben die umgebenden Fakten keinen Anlass eine Schuld anzunehmen. Der „Club“ auf dem Grundstück der Villa Watana lag kaum hinter ihnen: Die Verbindung der brüderlichen Intimität war besonders stark und mit ihrer Mutter zusammen waren sie eine von anderen abgeschlossene vereinte Familie. Seite 269 von 408
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Bhoomipol war außerdem nur siebzehn Jahr alt und nichts ließ darauf schließen, dass er den Wunsch hegte den Thron zu besteigen. Er hatte von seiner Geburt an gelernt, dass dies nicht seine Aufgabe wäre, und er hatte genug gesehen um zu erkennen, dass es ein zweifelhaftes Privileg war. Selbst wenn er es um jeden Preis gewollt hätte, dann hätte seine Intelligenz ihn wohl kaum einen hellen Morgen mit Menschen an jeder Ecke, einschließlich zweier Pagen an der Tür, für die Tat wählen lassen. Dieser Jazz liebende sichtbar fröhliche Jugendliche gab nie den geringsten Anlass in seinem Leben oder Charakter zu vermuten, dass er ein impulsiver Mörder wäre oder dass ihn tödliche Wut übermannt haben könnte. Und wenn sein Verhalten in den Stunden nach dem Schuss untersucht werden, dann erhält man nicht den Eindruck eines Jugendlichen, der ein Straftäter war, entweder weil er einen Mord oder einen fürchterlichen Unfall verursacht hätte. Sein Verhalten nach diesem unmittelbaren Ereignis ist ausreichend verständlich. Der Schock seinen Bruder plötzlich getötet zu sehen, und dann die Stunden in denen die Mutter zu Füßen von Anandas Körper lag, die makabren Riten die in dem Verschließen der silbernen Urne gipfelten, der Verrat, der angeblich hinter Anandas Tod steckte und von dem die königliche Familie zunehmend überzeugt wurde, und die Drohung, die dadurch implizit auf sein eigenes Leben gerichtet war, das waren Erfahrungen die das beschützte, sichere und unbefangene Leben, dass er kannte, zerstörte. So addierte sich die traumatische Wirkung von Anandas Tod zu der Tatsache, dass er plötzlich König war, Gott des Lebens (Lord of Life), Beschützer der Nation, und der Geschichte für sein Verhalten verantwortlich. Schließlich war er weniger einfühlsam in menschlichen Beziehungen als Ananda. Und das bedeutete eine härtere Dynamik die kaum mit einem so konvulsivischen Ereignis in seinem jungen Leben in Einklang stand, einem Leben, dass davor isoliert von der Realität sowohl von Krieg als auch Frieden war. Bhoomipol war daher so unschuldig wie das Gerücht falsch war. Aber Vermutungen machen vor niemanden halt. Nicht einmal die Königinmutter wurde davon ausgenommen. Ihr Motiv, so hatte man gesagt, wäre der Wunsch gewesen Bhoomipol gekrönt zu sehen, weil er ihr Liebling gewesen wäre, und weil er sich leichter ihrem Willen untergeordnet hätte. Die Theorie gewann an Zustimmung unter der britischen Armee in Indien als sich die königliche Familie eine kurze Zeit dort auf dem Flug aufhielt, der Ananda zurück nach Bangkok brachte. Viele Menschen hatten beobachtet wie klar, wenn auch taktvoll sie ihre Söhne beherrschte, die ihr vollständig Seite 270 von 408
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den Vortritt ließen. Dies bildete den größten Teil des Fundaments für eine Theorie die die Fakten mit einem Luftstoß zerstören. Wenn die königliche Familie demnach keinen Mörder präsentierte, müssen wir nicht lange suchen, um weitere Verdächtige zu finden. Die politische Partei, die in Opposition zu Pridi stand, die also der Erbe seiner Macht wäre, falls er in Ungnade fallen würde, war die Democrat Party. Sie hatte daher ein klares Motiv und sie zieht auch aus anderen Gründen den Verdacht auf sich. Einige ihrer Mitglieder erhitzten, viel weniger beruhigten, den öffentlichen Aufschrei gegen Pridi. Von dem Verdacht betroffen waren auch viele Monarchisten mit einem Abscheu gegenüber seinem Liberalismus, und die Führer, die öfter in der Barompiman Halle empfangen wurden, die sie demnach gut kannten. Aus diesen Umständen schlossen viele der Pridi-Anhänger, dass die Democrat Party den Mörder gestellt haben musste. Wenn sie recht haben sollten, wäre das Ergebnis ironisch gewesen. Nach Pridis Fall konnte die Democrat Party nur für wenige Monate im Jahr 1948 die Macht übernehmen, nur so lange, wie sie den Zwecken von FM Pibul dienten, und sie war seitdem nie mehr an der Macht134. Aber Pridis Anhänger hatten unrecht. Es gibt keinen Beweis irgendeiner Art um die Democrat Party zu belasten. Es hätte überrascht, etwas anderes heraus zu finden. Kuangs hochklassige Abstammung und die Ahnen der Pramoj-Brüder finden ihren Ausdruck in dem extremen Monarchismus der Palast-Höflinge. Genauso wenig wie Nai Chit oder Butr hätten sie auch nur davon geträumt den König zu töten. Es war in Wirklichkeit ihre große Sorge um den Thron die zu der öffentlichen Agitation gegen Pridi beitrug. Die Genesis dieser Agitation, so wie sie von vielen Monarchisten mit ihrem ehrlichen Misstrauen hinsichtlich seines Anteils am Tod von Anandas unterstützt wurde, hat eine faszinierende Geschichte. Die Schlüsselfiguren war der ältere Page mit dem Namen Chan, der vor Ananda verstorben war. Er alleine von allen Palastbeamten und Dienern erdachte einen dunklen Vorboten für die Sicherheit der königlichen Familie. Er tat das von der ersten Stunde der Ankunft der Familie. Vielleicht war seine Krankheit dafür verantwortlich, die seinen mentalen Zustand durcheinander gebracht hatte, oder weil der den so gar nicht in den Hof passenden Chaleo Einwände hatte, die dann auf den Beschützer Chaleos und zu Nai Chit übersprangen, als der letztere zu freundlich mit Chaleo umging. Vielleicht wollte er sich
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selbst bei der königlichen Familie einschmeicheln, indem er auffallend um ihr wohlergehen besorgt war. Was auch immer der Grund oder die Kombination von Gründen war, so machte er sich selbst zur Cassandra. Wenn er nicht Ananda mit der .45er bewaffnete wie Bhoomipol in der Beweisaufnahme sagte, dann flüsterte er sicherlich gefährliche Warnungen in die Ohren von Prinz Bhoomipol und die des königlichen Kindermädchens. Ich weiß auch, dass er immer wieder zu den Monarchisten gelaufen war um sich über unangemessene Palastsicherheit zu beschweren und dunkle Andeutungen über Verrat machte. Die monarchistische Democrat Party war zu diesem Zeitpunkt im Prozess der Abspaltung von Pridi und der Eröffnung einer offenen Opposition gegen ihn, maßgeblich aus Gründen nicht ausräumbaren Misstrauens. Wodurch Chans Worte die Saat waren auf einem fruchtbaren Grund. Diese Saat wuchs schnell in einen Wald aus, als das, wovor er gewarnt hatte, anscheinend passiert war: Ananda war erschossen worden. Es wurde dann schwierig, den Wald vor lauter Bäumen zu sehen. Die ganze Angelegenheit einschließlich des Verfahrens, ist die klassche Weise, wie Verdacht durch Fakten verwirrt werden kann, selbst bei Männern, die in wissenschaftlichen Methoden ausgebildet wurden. Wenn jetzt, bei der Fortsetzung der Suche nach Fakten, wir das Motiv als unseren Führer ansehen, dann zieht nichts mehr die Aufmerksamkeit auf sich als der Mann der vor allen von Anandas Tod profitierte. Von der stolzen Position des Diktators von Siam, jemand der heller als die Sonne schien, war FM Pibul in die Schande eines Aufenthaltes in einem gewöhnlichen Gefängnis gefallen. Und er war erst wenige Monate vor Anandas Tod daraus entlassen worden. Und nun war die Sonne sein einstiger Rivale Pridi, und wer hätte den geringsten Betrag für Pibuls Chancen auf ein Comeback gewettet? Aber er kam zurück – über Anandas toten Körper. Die Aufklärung des Geheimnisses des Todes des Königs war das erklärte Ziel des Staatsstreiches: Dies „Aufklärung“ enthielt die Demütigung von Pridi. Darüber machten ihn die Akte der Gewalt, die sein folgendes Regime kennzeichnen sollte, und sein äußerst flexibler Ansatz in Angelegenheiten von Prinzipien, selbstverständlicher zu einem Verbrecher als Pridi. Gleichfalls stichhaltig ist das Argument dass FM Pibuls Einstellung gegenüber der königlichen Familie während seiner letzten Herrschaft zweifelhaft war. Er hatte die politischen Gefangenen im Gefängnis gehalten, weigerte weiterhin König Prajadhipok die posthume Ehrung die ihm traditionell zustand, und so weiter. Das alles lässt die Vorstellung makellos erscheinen, wenn die Theorie weiter verfolgt wird, dass er Anandas Tod verursacht hatte, um Seite 272 von 408
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sich mit einem Schlag an Pridi zu rächen und den Weg für seine Rückkehr zur Macht zu säubern. Die Vertreter dieser Theorie weisen sogar auf die kleine Pension hin, die er für die Witwen der beiden hingerichteten Pagen auszahlen ließ, offenkundig ein Zeichen seines schlechten Gewissens. Der Fehler dieser Theorie liegt darin, dass sie den Zeitraum zwischen Anandas Tod und dem Staatsstreich ignoriert. Er kam nicht unmittelbar, keine sichere und angemessene Belohnung für das Risiko Ananda getötet zu haben: FM Pibul hätte nicht den präzisen Ablauf der Ereignisse, die sich in den siebzehn Monaten entwickelt hatte, voraussehen können. Der immer größer werdende Verdacht gegenüber Pridi, die endgültige Trennung von der Democrat Party, die lärmende parlamentarische Szene und der überschnelle Rückzug der britischen Streitkräfte der ein militärisches Vakuum hinterließ, dass seine Freunde bei der Armee nutzten, um sie mit Unterstützung für sich selbst zu füllen. Es sieht so aus als ob eine Gelegenheit genutzt worden war, aber nicht erschaffen. Aber der entscheidende Punkt an dem die Theorie gegen ihn zusammenbricht ist der gleiche der alle Verdächtigen bisher entlastete: Kein Beweis verbindet ihn mit dem Schuss auf Ananda. Das schließt natürlich nicht Personen aus, deren Interesse so mit der Restauration der Macht verbunden waren, dass sie nicht ihnen auch ein klares Motiv gegeben hätten. Offensichtlich war einer von Ihnen der Polizeigeneral Pao, dessen Akte kaum ein Verbrechen auslässt. Aber es gibt absolut keinen Beweis gegen ihn, nicht den leisesten Verdacht. Eine Reihe von Verdächtigen bleiben für eine Überprüfung übrig. Die Meisten von ihnen sind hauptsächlich verdächtig, weil ihre Namen irgendwo in Anandas Biographie aufgetaucht waren. Eingeschlossen waren Palastwachen, Beamte, Prinzen, und eine Gruppe von Leuten in Lausanne. Wir können mit großer Sicherheit jeden von ihnen aus dem einfachen Grund weil keinerlei Beweis aufgetreten ist der einen von ihnen belastet hätte, ausschließen. Das hat aber die Erzeugung von falschen Fährten nicht behindert. Zum Beispiel gibt es eine mysteriöse Person, die verschiedentlich als „der Grieche“ (M. Seraidaris) identifiziert worden war. Und es gab den Privatsekretär der Königinmutter (Nai Anek) von dem behauptet wurde, dass er insgeheim nach Bangkok geschmuggelt worden war und sich in einem geheimen Teil der Barompiman Halle aufhielt. Die einzige Grundlage in dieser Geschichte ist die Tatsache, dass Nai Anek Bangkok bei einer folgenden Gelegenheit in der Entourage von Bhoomipol besucht hatte. Das
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ist ein gutes Beispiel für die aus Vorstellungskraft bestehenden „Fakten“ mit dem der Fall übermäßig ausgestattet war. Eine wesentlich ernsthaftere Folge von Fragen wurde durch eine andere Theorie eröffnet. Diese besagte, dass die kommunistische Partei den Mord ausgeübt hätte, um Verwirrung und einen folgenden Aufruhr zu erzeugen, in dessen Folge sie die Macht hätte übernehmen können. Aber die Partei lag während dieser Zeit unter einem Verbot, das erst 1946 aufgehoben wurde. (Das geschah gemeinsam mit anderen Maßnahmen um die Weltmächte zu befriedigen, die sonst Siams Antrag auf Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen nicht zugelassen hätten.) Es gab vorher einige Untergrundaktivitäten durch die Partei aber nur in sehr reduzierten Umfang. In China tobte noch der Bürgerkrieg. Und der Kommunismus hatte nichts von dem gewonnen, was die späteren Jahre in Südostasien zeigen würden. Jedenfalls wäre die Partei kaum so ungeschickt gewesen, in einer Zeit als sie versuchte zu überleben und zu expandieren, den nationalen Abscheu herauszufordern, von dem sie wussten, dass er durch den Mord des Königs entstehen würde. Auch hätte es keinen Grund gegeben einen Aufruhr zu erzeugen, da die Partei keinerlei Hoffnung hatte, bewaffnete Unterstützung zu erhalten, sondern auch weil das Land durch die Briten besetzt war – deren Intervention in Griechenland einen klaren Eindruck davon gab, wie sie auf jeden kommunistischen Versuch, die Macht zu ergreifen, reagieren würden. Einige Teile des Arguments könnten aus der Voraussetzung eines kommunistischen Plans resultieren, der angeblich Pridis Anhänger entwickelt hätten, um ihn als Diktator einzusetzen, aber keinerlei Beweise vor oder während der Zeit von Anandas Tod, oder danach geben auch nur den geringsten Anlass das Argument weiter zu verfolgen. Jede Idee, dass die Kommunisten, Pridi selbst, oder irgend jemand anderes, geplant hätte die Macht zu ergreifen, indem er die Monarchie abschaffte, die zu diesem Zeitpunkt keinerlei wichtige Rolle spielte, hätte nur eine Bedeutung, wenn es einen Versuch gegeben hätte die ganze königliche Familie auszulöschen. Aber nicht nur gab es keinen solchen Versuch, sondern darüber hinaus wurde Bhoomipol noch am gleichen Tag der Thron angeboten …. von Pridi. Mit dem Freispruch der kommunistischen Partei erreichen wir das Ende der Liste der möglichen Verdächtigen. Wie groß war die Möglichkeit, dass es jemanden gab, der nicht genannt worden war, von außerhalb, nennen wir ihn Mr. X? Es gibt keinen Platz für ihn. Es gibt keine weißen Flecken in der Beweiserhebung, es gibt keinen Platz für ihn im Lay-Out der BarompimanHalle, der für ihn noch übrig wäre, kein Versteck, keinen Grund, und keine Seite 274 von 408
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Annahme, dass er jemals existiert hätte. Der Katalog ist vollständig. Unser negativer Auswahlprozess ist beendet. Lassen Sie uns zurück schauen, was daraus geworden ist. Es hat schließlich jeden Verdacht gegen Pridi, Leutnant Vacharachai, Chaleo, Nai Chit und Butr beseitigt. Ebenso gegen Prinz Bhoomipol und seine Mutter und gegen die Democrat Party. Auch gegen FM Pibul und seine Freunde und gegen jeden in Lausanne, selbst gegen die Kommunisten. Ja, Ananda wurde getötet, da aber niemand von dieser Liste es tat, konnte es nur noch ein Person gewesen sein: Er selbst.
Die Theorie Wir haben es mit untergeordneten Beweisen zu tun. Niemand sah den Schuss abfeuern, noch weniger konnte jemand im Geist Anandas lesen. Es ist möglich dass ein Unbekannter und Unerwarteter eingetreten war und ungesehen durch Geisterkraft wieder verschwand. Und das so unsichtbar, dass in all den Jahren nach dem Vorfall kein Ansatz oder kein Gerücht dieser Person in irgendeiner Weise entstanden war. All das ist möglich in der Amplitude des Wortes möglich. Aber wenn die Wahrscheinlichkeit Null ist, und die Skurrilität gegen unendlich geht, dann hat die Möglichkeit keine praktische Bedeutung. Jedoch zum Nutzen jener Gehirne, für die bizarre Möglichkeiten endlose Faszination darstellen, lassen Sie uns das austesten indem wir einem imaginären Mörder folgen, wie er seinem Handwerk nachgeht. Wir müssen uns daran erinnern, dass er keiner der Menschen ist, den wir kennen, und dass die zwei Pagen vollkommen unschuldig sind. Er musste an den Eingängen den Wachen des Grand Palace ausgewichen sein, danach den Wachen außerhalb der Barompiman Halle, und danach der Nachtwache im Inneren, bis er endlich irgendwann in der Nacht in die Zimmer Anandas vorgedrungen war, um sich dort zu verstecken. Lassen Sie uns annehmen, er versteckte sich hinter dem Vorhang im BuddhaRaum. Er entschloss sich zu warten bis um 6 Uhr die Königinmutter Ananda besuchte. Nachdem sie den Raum verlassen hatte, machte der Mörder immer noch keine Bewegung. Selbst wenn er alles über die Angewohnheiten Anandas gewusst hätte, nämlich dass Ananda normalerweise zwischen acht und acht Uhr dreißig aufstand. Ananda steht auch auf und geht ins Badezimmer. Der Mörder nutzt vielleicht die Möglichkeit um die .45er Pistole aus der Kommode neben dem Bett zuholen, auch wenn er riskiert dass einer Seite 275 von 408
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der verschiedenen Leuten in den Raum kommen könnte. Zu seiner angenehmen Überraschen geht Ananda zurück ins Bett und weist Butr mit dem Orangensaft zurück, döst weiter. Alternativ wäre es zwischen diesem Zeitpunkt und 02:20 Uhr gewesen, dass der Mörder die Wachen und die vorher beschriebenen Angestellten umging, aber mit zusätzlich Nai Chit und Butr, die unmittelbar vor dem Raum saßen, ging er nun in das Schlafzimmer des Königs und fand ihn bequemerweise im Bett liegend und dösend. Gegen 09:20 Uhr nähert sich der Mörder dem Moskitonetz, das das Bett im Abstand von vielleicht einem Schritt umringt und am Bodensaum mit Gewichten beschwert ist. Er verschwendet wertvolle Momente und fügt zu seinen sonstigen Schwierigkeiten noch eine weitere hinzu, indem er das Moskitonetz teilt, statt einfach die Pistole gegen es zu drücken (es wurde kein Foto gefunden). Innerhalb des Netzes lehnt sich dann der Mörder über das vier Fuß hohe Kopfende (der Grund für diese Schlussfolgerung wird später deutlich) und schoss. Dann täuscht er das Bild eines Selbstmordes vor – nicht indem er die Pistole in Anandas Hand legte, sondern in die Nähe. Noch bemerkenswerter in die falsche Hand, auch wenn das bemerkenswerteste an ihm seine eiskalte Ruhe war. Indem er die Pistole nicht in die Hand Anandas legte, riskierte er seine eigenen Fingerabdrücke zu hinterlassen, oder, falls er Handschuhe trug, riskierte er Anandas Fingerabdrücke zu verwischen, oder er hinterließ Abdrücke, die vorher schon vorhanden gewesen waren, die vielleicht die des Dieners waren, der die Waffe zuletzt gereinigt hatte. Kurz gesagt riskierte er die Annahme eines Selbstmordes zu verwischen, falls die Waffe gründlich untersucht werden würde. Jedoch war es das, was er vermutlich tat bevor durch das Arbeitszimmer und den ganzen vorderen Korridor weg lief, ohne irgendjemanden zu sehen. Und die Tür des Arbeitszimmers ist immer noch geschlossen, so dass er zu seiner Arbeit zurückkehrt, bis er die Königinmutter von ihrem Zimmer weg laufen sieht. Nicht einer der Menschen die auf der Bildfläche erschienen hatten einen Schatten des Mörders gesehen – Die Königinmutter, Nai Chit, das königliche Kindermädchen (diese drei kamen so schnell dass Anandas Puls noch schlug, was als medizinischer Beweis angesehen wurde, dass nicht mehr als eine halbe Minute seit seinem Tod verstrichen war), Prinz Bhoomipol, Butr, die Kammerzofe oder der Page im Vorbau. Die Pagen auf der Haupttreppe sehen niemanden, ebenso wenig wie die auf der Veranda. Die Pagen auf der Haupttreppe und im Erdgeschoss sehen niemanden. Die Wachen sehen keinen Verdächtigen. Der Mörder verschwindet mysteriös nicht nur
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so wie er an Anandas Bett aufgetaucht war, sondern von ihm hatte man in all den Jahren seitdem nichts gehört. Es ist diese Art von Geschichte die uns die Befürworter einer MörderTheorie Glauben machen wollen! Die Frage stellt sich ob der Mörder nicht vielleicht die Wände des Gebäudes hoch geklettert war und durch ein Fenster eindrang. Oder wie einige Monarchisten mit großer Vorstellungskraft vorgeschlagen hatten, am vorherigen Tag in den Dachboden gekrochen wäre und durch eine Luke herunter kam. Aber solche Behauptungen wurden in keinem der Gerichtsverfahren vorgetragen, während die Richter den Tatort aufmerksam untersucht hatten. Darüber hinaus war ich in Bangkok als bauliche Veränderungen an der Barompiman Halle gemacht wurden, die mich endgültig in die Lage versetzten abschließend festzustellen, dass es absolut unmöglich für irgendjemanden gewesen wäre, Anands Räume durch irgendwelche Mittel oder Wege unentdeckt zu betreten. Wenn also die Mordtheorie jeder Grundlage entbehrt und noch nicht einmal mit begründetem Verdacht vorgebracht werden kann, und da jeder Verdächtige sich als unschuldig erwiesen hatte, wird die Annahme eines Selbstmordes unvermeidbar. Und natürlich, falls diese Annahme zurück gewiesen wird, dann müsste das einem Wunder gleich kommende Ereignis eines Unfalls akzeptiert werden. Aber ich glaube nicht, dass die Theorie zurück gewiesen werden kann. Im Gegenteil weist der größere Teil der Beweise betreffend Anandas Tod nicht von einem Selbstmord weg sondern vielmehr genau in diese Richtung. Zuallererst sollten wir uns die unmittelbare Reaktion der Menschen ansehen, die am nächsten betroffen waren. Weil in einer plötzlichen Situation dies oft den klarsten Eindruck von der wahren Natur der Situation gibt. Die Königinmutter war niemals mit einer Erklärung über Anandas Tod gehört worden, aber ihre Aktionen sind es Wert erwähnt zu werden. Sie befahl das Bettzeug und Anandas Nachwäsche zu ersetzen sobald der Doktor sein Urteil abgegeben hatte. Und sie bat ihn seinen Körper zu waschen. Ihr bestürzter Ausruf zum Arzt: „Wer hätte jemals ahnen können, dass das passieren würde?“ ließ keine Spur von Angst oder den geringsten Gedacht an einen Mord erkennen. Ihr Leid war intensiv und sehr lange (noch heute kann sie nicht über Anandas Tod reden) und ging weit über das hinaus, was die Reflektion oder die irrsinnige oder hinterhältige Tücke eines Mörders hätte erzeugen können. Bhoomipol handelte mit stiller und trauriger Ruhe was nicht mit dem Glauben in Einklang steht, dass ein Mörder noch frei Seite 277 von 408
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herumlungert. Unmittelbar nach der Tat hatte er nicht das gleiche gesagt, das er nach Jahren dem Gericht erklärte: „Der ältere Page Chan warnte mich vor Gefahr“: sondern im Gegenteil, nachdem er den Tag damit verbracht hatte, seine Mutter zu beruhigen hatte er am Abend zu dem königlichen Leibarzt gesagt: „Nach meiner Meinung gibt es keine andere Erklärung als einen Unfall für den Tod meines Bruders.“ Die Bemerkung lässt vermuten, dass er sich an den Strohalm der Erklärung vom Nachmittag klammerte, und das aus dem gleichen Grund, warum die Erklärung am Nachmittag abgegeben worden war, um den Selbstmord zu verschleiern, indem man von einem Unfall ausging. Wobei Bhoomipol, der die .45er kannte, hätte wissen müssen, dass dies höchst unwahrscheinlich war, während sein zum großen Teil geändertes Verhalten auf eine tiefere Gefühlsbewegung schließen ließ, als ein Unfall hätte hervorrufen können. Was kann aus dem Verhalten dieser beiden Menschen, die am intimsten mit Ananda zusammen waren, geschlossen werden? Logischerweise kann die Summe ihrer unmittelbaren Eindrücke, der bewussten oder unbewussten, nicht als die eines Mordes gewertet werden. Derzeit kriechen Zweifel in die vorgeschlagenen oder angesammelten Beweise, bis in die Urteile nach einem verlängerten Gerichtsverfahren die die Erklärung eines Mordes verkündeten. Aber in diesen ersten Stunden war die Idee eines Selbstmordes abwegig. Er wurde nicht als unmöglich verworfen, war nicht außerhalb des Möglichen, er brannte wie ein Schmerz auf ihren Seelen. Nach seiner Mutter und seinem Bruder, den beiden Menschen mit der zumindest physisch engsten Beziehung während der letzten sechs Monate, waren die Kameraden seiner Kindheit seine zwei persönlichen Pagen. Nai chit – nach seinen Angaben, hatte sofort angenommen, dass der König sich selbst erschossen hatte. Butr drückte keine Meinung aus. Aber was er vor der Untersuchungskommission verschwiegen hatte, und was ihm nach seiner Verhaftung entlockt worden war, ist sichtbar verdächtig. Er bezog sich auf Anandas Verhalten während der wenigen Minuten die sich als die letzten seines Lebens herausstellen sollten. Es war so ungewöhnlich, sagte Butr, dass, zusammen mit dem Verbrennen der Briefe am vorherigen Tag, jeder, der davon gewusst hätte, daraus geschlossen haben könnte, dass Anandas Gedanken sich mit Selbstmord beschäftigten. Selbst wenn wir für den Moment das Verbrennen der Briefe als üblichen Teil der Vorbereitungen für eine längere Abwesenheit werten würden, kann aber Anandas Verhalten innerhalb der Stunde vor seinem Tod nicht unbeachtet bleiben. Seite 278 von 408
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Butr war einfach, langweilig, ein guter Kamerad, der Ananda schon kannte, als es keine Wachen gab: Er hatte geholfen ihn trocken zu legen bürstete oft seine Haare für ihn, assistierte ihm bei seinen privaten Gebeten brachte ihn ins Bett, weckte ihn auf, und ihre Beziehung war so warm und innig dass er als sein persönlicher Diener mit ihm ins Ausland gehen sollte. Er neigte nicht zu großer Vorstellungskraft, er hatte nicht den Verstand dazu. Wenn die Art wie Ananda auf ihn geschaut hatte, ohne zu grüßen, dann das sich ins Bett Legen mit angewinkelten Knien und ihn wortlos wegwinkend als er sich mit dem Orangensaft näherte, einen generellen Eindruck vermittelt, der seltsam erschien, wie viel seltsamer musste das Verhalten dann erst erscheinen, wenn es nur eine Stunde vor Anandas Tod beobachtet wurde? Zwei andere Menschen waren in den unmittelbaren Augenblicken nach Anandas Tod besorgt. Das königliche Kindermädchen fügt nichts zu unserer Untersuchung hinzu, da ihr Glaube in einen Mörder erst später ausgedrückt wurde. Die Kammerzofe, von Bhoomipol gefragt, sagte, dass Ananda sich selbst erschossen hätte. Sie hatte nicht gesagt: „Nai Chit hat gesagt dass der König sich getötet hat, aber das ist unmöglich, es muss ein Unfall gewesen sein“, sondern sie akzeptierte, was Nai Chit gesagt hatte, als Tatsache. Wenn wir uns die Treppen hinunter zum Palasttreffen der Prinzen, Minister und der Polizei begeben, gibt es dort eine einmütige Akzeptanz der gleichen Tatsache. Die meisten dieser Menschen waren nicht leichtgläubige Naivlinge die die gleiche Tatsache schlicht akzeptierten. Verdacht, wie die Nachwirkungen zeigen sollte, wuchs in Bangkok noch schneller und reichlicher als der Reis auf den Bangkok umgebenden Feldern. Aber diese Männer hatten keinen Verdacht. Nichts was sie wussten, sahen, hörten, gab ihnen den kleinsten Eindruck dass der Eindruck eines Selbstmordes eine Illusion wäre, auch wenn einer oder zwei von ihnen später versuchte seine Weisheit nach dem Ereignis zu zeigen. Eine wichtige Persönlichkeit bei diesem Treffen war der Polizeichef. Er ist jetzt tot. Aber nach Aussagen von zuverlässigen Personen die ihn kannten, so hatte er diese Position auf Grund seiner Verdienste erhalten, und er war ein intelligenter und aufrechter Mann. Er veranlasste unmittelbar eine Untersuchung der Örtlichkeiten und der Angestellten. Seine führenden Offiziere assistierten ihm. Auch wenn er mit dem Gedanken an einen Mord zuallererst begonnen hatte, war sein Schluss, dass Ananda Selbstmord begangen hatte.
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Also schlossen Anandas Mutter und sein Bruder, seine persönlichen Pagen, seine Bekannten, seine Minister, die brillantesten Köpfe im modernen Siam, und die Polizei, kurz, jeder der in der Lage war, ein Urteil am Tatort und am nächsten zur Tat, zu fällen, und die Ananda kannten, dass Ananda entweder Selbstmord begangen hätte, oder wiesen den Gedanken zumindest nicht zurück. Und doch sagten die Richter in dem Mordverfahren, dass sie Unrecht gehabt hätten. Die Gründe für diese pathetische Ankündigung Jahre nach dem Ereignis wurden in diesem Buch zusammen gefasst und können im Grunde auf zwei reduziert werden: Anandas Charakter einschließlich seines scheinbaren fehlenden Motivs, und die „wissenschaftlichen“ Beweise, die negativ für einen Selbstmord gewertet wurden, weil die Theorie des „Platzierens“ und die Position des Körpers mit Pistole zusammen mit der Abwesenheit des Todeskrampfes. Wir können den ersten Grund beiseite schieben, zumindest für den Augenblick, da falls ein Selbstmord bewiesen werden könnte, die Überlegenheiten des Charakters oder Motivs unwesentlich werden. Was die so genannten „wissenschaftlichen“ Beweise angeht und die Theorie des „Unterschiebens“ haben wir diese schon als verwunderlichen Science Fiction Beitrag entlarvt. Was die Frage des Todeskrampfes angeht, so scheint es, dass das Gericht nicht vollständig informiert war, denn die Theorie hätte nicht zur Anwendung kommen können, wenn der Puls des Opfers noch eine halbe Minute nach dem Schuss schlug. In jedem Fall nach ihrem eigenen Eingeständnis war der Beweis so wenig schlüssig, dass er bestenfalls einen anderen Beweis hätte verstärken können, einen Beweis den das Gericht hätte als Nachweis nutzen können, dass Ananda sich nicht selbst erschossen hatte, nämlich die Position von Körper und Pistole. Lassen Sie uns den letzten Punkt noch einmal mit aller Sorgfalt untersuchen, denn es ist die Crux der ganzen Beurteilung. Polizeiliche Erfahrung bestätigte, wie die Richter beobachteten, was der gesunde Menschenverstand erwarten würde, wenn eine Person im Bett lag und sich selbst in den Kopf geschossen hätte. Seine Arme wären über seine Brust geschlagen und die Pistole wäre entweder noch im Griff der Hand oder irgendwo in der Nähe des Nackens liegen. Aber unbeachtet der launischen Ergebnisse in vielen Fällen von Selbstmord durch Erschießen, so ging das Argument der Richter alleine davon aus, dass Ananda sich erschossen hatte, als er lag. Es scheint ihnen oder anderen niemals in den Sinn gekommen zu sein, dass der nach unten gerichtete Schusskanal durch Anandas Gehirn gegen diese Annahme spricht. (Und der Schusskanal ist einer der Gründe anzunehmen, dass der Mörder, falls es einen gab, hinter dem Kopfteil des Seite 280 von 408
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Bettes gestanden haben musste). Um der Projektil den Weg zu weisen, den sie bei einem liegenden Ananda gewählt hatte, hätte er die Pistole nicht vor sein Gesicht halten müssen, was die natürliche Position gewesen wäre, sondern von oben oder von hinten gegen die Stirn. Aber wenn Ananda sich selbst im Sitzen erschossen hätte, und die Pistole so gehalten hätte, wie man erwarten könnte, dass er sie gehalten hätte, dann hätte der Schusskanal vermutlich mit dem übereingestimmt, was die Autopsie enthüllt hatte. Darüber hinaus, als der Arzt im Verfahren erklärte, dass der Rückstoß der Pistole den Arm höchstwahrscheinlich vom Körper weg geschleudert hätte. Aber hätte er gesessen, wäre dieser Tendenz durch die Bewegung des Körpers, der nach hinten fiel, entgegen gewirkt worden. Was seine Arme an seine Seiten gezogen hätte, wo man sie später fand. Es ist auch möglich, dass, als er im Bett saß, ein Knie angezogen hatte, und seinen Ellenbogen darauf abstützte, um ihn für den Schuss zu stabilisieren. Wenn das der Fall gewesen wäre, wären seine Beine automatisch gestreckt worden, da er in eine flache und inaktive Position fiel. Ob er seine Knie angezogen hatte oder nicht, der Moment des Zurückfallens hätte dafür gesorgt, dass sein ganzer Körper gegen das Ende des Betts gerutscht wäre und tatsächlich hatte der Laibarzt des Königs festgestellt, dass Anandas Füße gegen das Fußteil des Bettes stießen. Wichtig ist auch die Tatsache, dass das Projektil das Kissen verpasste, was man nicht hätte erwarten sollen, wenn Ananda im Bett gelegen hätte. Während im Fall, dass er gesessen hätte, dann hätte der Weg der Projektil das Kopfkissen im kurzen Winkel verpasst, besonders wegen der Zuckung von Anandas Kopf im Moment des Aufpralls der Projektil. Die .45er Pistole ist groß und schwer. Ananda hätte sich einfacher durch den Mund oder die Schläfe schießen könnten, aber darüber sollte man sich nicht streiten, da die Situation kaum ein überlegtes Handeln erlaubte, und in jedem Fall solche Methoden aus ihrer Natur heraus einen Unsicherheitsfaktor in sich tragen, die er aus seiner Natur heraus instinktiv zu verhindern gewünscht hätte. Und zudem ist die polizeiliche Erfahrung die, dass viele Menschen sich selbst in der Weise erschießen die Ananda benutzte. Er wird wahrscheinlich zwei Hände eher als eine alleine benutzt haben, um ein unangenehmes Verbiegen seines Handgelenks zu vermeiden. Ein wahrscheinlicher Ablauf ist, dass er die Pistole in seine rechte Hand nahm. Er begann sein Handgelenk zu drehen. Dann nahm er seine linke Hand hoch. Er legte den Daumen auf den Abzug währen der Rest dieser Hand den Handrücken seiner rechten Hand festhielten, deren Finger den Rücken des Kolbens hielten und gegen die Sicherung drückten. Alle Arten von MutmaSeite 281 von 408
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ßungen wurden angestellt, aber diese hat den Vorteil logisch und einfach zu sein. Auch die Tatsache, dass die Wunde und Pistole auf seiner Linken lagen, lässt vermuten dass seine linke Hand bewusst den Abzug betätigte. Jedenfalls konnte jeder erraten, wohin die Waffe fallen würde, wenn sie aus dem Griff seiner Hände glitt während die Arme sich teilten. Das Ergebnis ist konsistent mit der Erklärung. Einige Menschen werden nie überzeugt sein, dass Ananda Selbstmord beging. Für diese, die sich selbst vor Beweisen und Begründung verschließen, mag die Folgerung widerwärtig sein, aber sie ist klar. Alle möglichen Verdächtigen waren ausgeschlossen worden, ihre Unschuld bestätigt durch die vollkommene Diskreditierung der Mordtheorie. Die sich daraus ergebende Annahme eines Selbstmordes kann durch die Position des Körpers und der Pistole nicht zurück gewiesen werden, und durch das Verhalten und das Glauben jedes der Anwesenden unmittelbar nach dem Schuss wird die Annahme nicht weniger möglich, sondern gewinnt dadurch Unterstützung. Da die Möglichkeit eines Selbstmordes nicht widerlegt werden kann wird sie überzeugend. Daher muss keine Erforschung des Charakters stattfinden, keine Beweiserhebung über das Motiv. Und unsere Suche nach Anandas Mörder ist beendet. Aber wenige wären zufrieden, es hiermit auf sich beruhen zu lassen, wenn das letzte Element noch fehlte.
WARUM? sich Ananda das Leben nahm ist eine Studie mit einer gesonderten Enthüllung. Es ist die perverse Tatsache, dass das Herausstellen eines Selbstmordes dazu neigt sich wie eine Enttäuschung gegenüber einem Mord anzufühlen. Die meisten Leute denken nicht daran, dass Selbstmord auch Mord ist. Aber doch ist es genauso ein Mord wie jede andere Aktion eines bewussten Tötungsaktes. Und die Tatsache dass Täter und Opfer die gleiche Person sind, gibt der Angelegenheit eine größere, nicht kleinere unwiderstehliche Anziehungskraft. Es verlangt nach einer noch sorgfältigeren Untersuchung, die viel tiefer geht zu den Ursprüngen der menschlichen Seele und zwischenmenschlichen Beziehungen. Ungefähr 4500 wissenschaftliche Arbeiten wurden über das Problem des Selbstmordes bereits geschrieben. Nur wenige wurden vor 1800 verfasst und diese in der Hauptsache aus philosophischen Gründen in der Frage nach dem Recht eines Menschen sich selbst die Lebensspanne zu verkürzen. Das neunzehnte Jahrhundert begann mit kurzzeitig überhand nehmenSeite 282 von 408
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den Theorien von Psychiatern und Soziologen, dass alle Selbstmörder verrückt wären. Heute schätzt man, dass nur 10% der Selbstmörder geisteskrank sind. Aber die eigene Seelennot über dem Selbstmord eines Anderen drängt immer auch die Annahme von Wahnsinn auf. Die Not ist umso größer je enger die Beziehung zu dem Selbstmörder war – weil die Trauer oder das Gefühl, dass man es hätte verhindern können einerseits, und andererseits die Angst vor dem Ruf den ein Selbstmord mit sich bringt, größer ist. Eines Selbstmordes, der so offensichtlich eine Erklärung des Versagens das Leben zu beherrschen war. Selbst in Ländern in denen Selbstmord kein Verbrechen ist, hat es den Geruch von Amoral, fehlender Religiosität, Schändlichkeit. Unsere Vorstellung hat etwas erschreckendes, sie enthält auch Mitleid heraufbeschworen durch den Gedanken an Seelenqualen von denen man annimmt, dass sie zu dem Selbstmord geführt haben mussten. Aber hinter all dem steckt eine Art geheimnisvolles Rätsel. Unsere Vernunft hat sich verbeugt vor dem Geheimnis wie Leben, das in jedem als antreibender Instinkt so lange steckt, wie der Körper funktioniert, sich selbst verwandeln kann zum Instinkt des Nicht-Lebens, in dem es den ersten Instinkt überwältigt während der Momente unmittelbar vor dem Akt des Todes. Die 4500 Arbeiten haben das Mysterium nicht erklären können. Ein Einzelner kann es in seinen vielen Facetten nicht erforschen. Es tritt mit Widersprüchen auf: Zum Beispiel nehmen sich mehr chronisch Kranke Menschen das Leben als unheilbar kranke. Weder ist eine solche statistische Information ein sicherer Führer, noch ist sie etwas Besonders. Eine römisch katholische Mutter von zehn Kindern, die auf einem Bauernhof lebt, ist weniger gefährdet Selbstmord zu begehen als ein Protestant mit BachelorAbschluss der in der städtischen Industrie arbeitet. Aber das macht Mrs. O’Flaherty nicht immun gegen Selbstmord. Wenn wir aber zu den Besonderheiten kommen, nehmen unsere Schwierigkeiten zu, da familiäre Absperrungen aufgebaut werden und der Selbstmörder nimmt oft seine Geheimnisse mit ins Grab. Er mag eine Notiz hinterlassen haben, und die magere Statistik darüber lässt einen annehmen, dass es ungefähr ein Drittel der Selbstmörder ist, das Abschiedsbriefe hinterlässt. Aber selbst wenn das Motiv in dem Brief oder durch andere Umstände erklärt wird, sagen die Experten, dass das bewusste Motiv nicht immer mit der Ursache übereinstimmt. Die Ursache kennt der Selbstmörder vielleicht selbst nicht. Man könnte annehmen, dass jene, denen ein Selbstmord misslingt das Problem erhellen könnten. Aber es scheint, dass der Selbstmord Seite 283 von 408
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und der versuchte Selbstmord zwei sich überlappende verschiedene Dinge von verschiedenen Charakteren sind. Wir haben es demnach mit vielen Unbekannten zu tun. Jedoch können uns einige gewisse Faktoren helfen Feststellungen über Anandas Tod zu treffen. Keine Klasse, keine Rasse, keine Stufe der Zivilisation ist Immun gegen Selbstmord. Eine Todesursache, die in den westlichen Ländern auf Rang fünf aller Todesursachen für den gebildeten Teil der Gemeinschaft steht. Und auch wenn statistisch gesehen, Männer wahrscheinlicher Selbstmord begehen als Frauen und alte eher als junge, zeigen die Fälle von sechsjährigen Mädchen die Selbstmord begehen, dass weder Geschlecht noch Alter eine Garantie gegen Selbstmord darstellt. Was die Jugend angeht so ist die einzige klare Erklärung die ich gehört habe die in „Du suicide et de la folie suicide“ durch einen der größten Autoritäten des 19. Jahrhunderts135. Selbstmord unter jungen Menschen, so sagt er, hängt fast immer mit einer instinktiven und unvorbereiteten Entscheidung zusammen, deren Erklärung in der Persönlichkeit als Ganzem gesucht werden muss. Aber um eine Frage noch einmal aufzuwerfen, die früher in diesem Buch bereits aufgetaucht war: Ist es für uns Westler erlaubt Ideen über Selbstmord auf einen Orientalen, anzuwenden, wie stark dieser auch „verwestlicht“ sein mag? Die Antwort, die sich aus Studien über orientalische Immigranten im Westen ergibt, ist, dass wenn Menschen aus einer Gesellschaft in eine andere umziehen, sie Anzeichen von Selbstmordgedanken aufweisen, die nicht aus ihrer Heimat stammen, sondern aus der neuen Umgebung. Da Ananda den größeren Teil seines Lebens im Westen verbrachte, schien es nicht notwendig zu sein, orientalische Kriterien über Selbstmord auf ihn anzuwenden. Auf der anderen Seite hielt das Bewusstsein, dass sein Leben in Siam verwickelt war, und dass seine Position ihn mit seinem Herz und seiner Seele mit Siam identifizierte, das starke Gefühl eines „Siamesischseins“ in ihm wach. Egal wie stark er westlich geprägt schien oder selbst glaubte zu sein. Unter den bekannten Stressbedingungen die zu Selbstmord in einer besonderen Gesellschaft führen, ist der Prozess eines tiefgehenden Wechsels. Die Verwestlichung Thailands ist ein solcher Prozess und ein führender thailändischer Arzt für Psychiatrie sagte mir, dass der Hauptgrund von Neurosen in seinem Volk die individuellen Probleme mit der Anpassung an die Einflüsse aus dem Westen wären. Bei Ananda jedoch war der Stress aus
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dem entgegen gesetztem Grund entstanden. Er war in einer westlichen Umgebung aufgewachsen und als er in Bangkok ankam kaum noch ein Siamese, aber doch der siamesische König, Verkörperung seiner Nation. Zu diesem Problem der Anpassung die umso größer war, da er sensibel und ein gewissenhafter junger Mann war, kam die Belastung des Amts eines Königs noch hinzu. Sein Besuch in der Kindheit hatte ihn auf die Zeremonie vorbereitet, die vollkommene Beachtung durch die Höflinge, die Vernarrtheit seines Volkes. Aber die letzten sechs Jahre hatten die neue Erfahrung der Verantwortung erscheinen lassen. Er hatte nun zu verstehen und er musste urteilen in einer Periode von bedrängender interner und internationaler Komplexität. Er hätte Pridi mit uneingeschränkter Verehrung akzeptieren können, und als Schüler und Freund zufrieden, seine konstitutionelle Funktion einer Bestätigung von Pridis Verordnungen nach zu kommen, aber dies war unwahrscheinlich in einer Atmosphäre der politischen Verbitterung und während viele Monarchisten Pridi feindlich gegenüber eingestellt waren. (Die Ironie ist, wäre Pridi das Monster gewesen, als dass die Monarchisten ihn dargestellt hätten, wären sie zu ängstlich gewesen diese Besuche zu machen und zu versuchen, ihn zu unterminieren.) Es ist hier wichtig die Geschichte von Polizeigeneral Pao und FM Pibul über ein beabsichtigtes Geheimtreffen mit Ananda zu berücksichtigen. Im ersten Augenblick scheint es unwahrscheinlich, dass Ananda wünschte, am Abend seiner beabsichtigten Abreise irgendetwas mit dem Mann zu tun haben zu wollen, der so offensichtlich politisch bankrott war. Und doch bleibt die Möglichkeit dass ein solches Treffen in Frage kam, wenn nicht sogar arrangiert worden war. Die angebliche Originalmitteilung an FM Pibul wurde angeblich in Anandas Auftrag über den Ehemann einer Frau in der Entourage der Königinmutter übermittelt. Und der Treffpunkt war nicht die Barompiman Halle sondern das ehemalige Haus der Königinmutter, das Scrapatum Palace der Mahidols. Nach meiner eigenen kürzlich erfolgten Untersuchung sagte die Königinmutter, dass sie keine Kenntnis von irgend einem vorgeschlagenen Treffen gehabt hätte, „wäre FM Pibul nicht im Gefängnis?“ Da Pibul bereits seit einigen Monaten aus dem Gefängnis entlassen worden war, zeigt diese Antwort einen Fehler in ihrem Gedächtnis, aber eine interessante Lücke, denn ihr Verstand erwähnte nicht die offensichtliche Unwahrscheinlichkeit dass Ananda ihn zu sehen gewünscht hätte. Deshalb kann die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass sie tatsächlich gewünscht hätte, dass ihr Sohn ihn treffen sollte. So wie alle politischen Persönlichkeiten, ohne Angst oder Gunstbezeigung, als Teil der Ausbildung über seine Pflichten, nicht mehr. Aber die Bedeutung der GeSeite 285 von 408
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schichte ist dass die Spiegelung der Existenz einer solchen Persönlichkeit die leidenschaftliche politischen Konflikte, die auf Ananda einwirkten. Wenn diese Treffen Ananda nicht unter echten Stress setzten, waren sie doch eine verwirrende Lektion darüber, wie schwierig der Kopf wog, wenn er eine Krone trug. Egal wie groß die zeitweilige Erleichterung einer Rückkehr in die Schweiz gewesen wäre. Nun war Ananda zwar nicht als König, aber als Chakri geboren worden. Ein Stammbaum der so viele exzentrische Zweige entwickelt hatte, produziert durch einzigartige Fähigkeiten, absolute Macht, und Verheiratungen innerhalb der Dynastie, dass es kaum möglich war, dass ein Spross vollkommen normal war oder ein vollkommen starker Charakter. Ein Sprichwort das unter den vielen Zweigen der Familie kursiert sagt: „Alle Chakris sind neurotisch“. Während das eine Übertreibung ist, neigen viele Mitglieder zu plötzlichen Wutausbrüchen und Launenhaftigkeit wegen Kleinigkeiten, neigten zu eigenwilligen Eigensinn oder litten unter flüchtige Launenhaftigkeit. Anandas Vater, Prinz Mahidol war ein außergewöhnlich wertvoller Mensch und doch nicht ohne Schwächen. Zum Beispiel wurde er einmal, als er sich gerade darauf vorbereitete mit seiner Schwester in Bangkok auszugehen, von einem Anfall von Frust und Wut überfallen, dass er voll angekleidet in den nächsten Kanal sprang. Er gab seine Karriere bei der Marine plötzlich auf weil der König sich weigerte ihm eine aktive Rolle auf See zu geben, und als ihm später verweigert wurde sein Arztpraktikum am Siriraj Krankenhaus zu machen ginge er plötzlich und konsterniert (in den Augen seiner Ärztekollegen) in den Norden hoch, wo er sich seine tödliche Krankheit zuzog. Solche Vorkommnisse zeigen, dass er, wenn er sich mit einer frustrierenden Situation konfrontiert sah, mit einer abrupten Entschlossenheit reagierte. Entschlossenheit war auch das Wort, dass Palastbeamte über Ananda nach seinem Tod benutzten. Ananda war sicher seines Vaters Sohn, in der Nachdenklichkeit und im Idealismus, so dass man nicht überrascht ist auch die Chakri-Schwächen in ihm wieder zu finden. Als ein kleiner Junge am Mater Dei Konvent in Bangkok war er einmal grob zu einem Klassenkameraden und die irische Nonne ermahnte ihn sich zu entschuldigen. Als er das nicht tat, schüttelte sie ihn, worauf er sie zur intensiven Freude der Klasse schlug. Bei einer anderen Gelegenheit unterhielt die Königinmutter einen Besucher beim Tee in ihrer üblichen zuvorkommenden Art und die Jungen mussten ihr helfen. Als dann Ananda sich plötzlich weigerte, etwas zu holen wozu ihn seine Seite 286 von 408
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Mutter ihn gebeten hatte, musste er auf sein Zimmer gehen. Erinnerungen wie diese sind schwer von Legenden zu trennen die sich um Anandas Empfindlichkeit ranken. Sie sind aber bedeutend genug um zu zeigen, dass ein bemerkenswert freundlicher und gehorsamer Junge in der Lage wäre, auch zu Chakri-typischen Ausbrüchen zu neigen. Dass er dies Neigungen nicht mit der Pubertät hinter sich ließ wird durch eine Episode bewiesen, die einen überaus deutlichen Hinweis auf seinen Geisteszustand in den letzten Wochen seines Lebens zeigte. Seine Entscheidung die USA und Großbritannien zu besuchen verursachte, dass seine Berater ein Datum vorschlugen, das genug Zeit lassen sollte, um die Reise angemessen vorzubereiten. Aber Ananda bestand, plötzlich und „entschlossen“ sogar gereizt, auf einer viel früheren Abreise und weigerte sich irgendeinem Einwand zuzuhören. Seine Berater waren sehr überrascht durch so ein uncharakteristisches Verhalten. Der Grund dafür, ob es eine innere Ängstlichkeit oder der Wunsch war die Tortur so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, oder ob er in eine Streitigkeit mit seiner Mutter geraten war, oder was auch immer es war, kann im Moment beiseite gelegt werden. Für den Augenblick kann das Phänomen des eigenwilligen Widerstandes alleine für sich stehen, außer dass man es mit einer unerwünschten Traurigkeit in Verbindung brachte, die Butr gegenüber in der Stunde vor seinem Tode zum Ausdruck gebrachte wurde. Diese Fakten deuten darauf hin, dass Ananda durchaus in der Lage war, sich, wie die Psychologen sagen, in einen Zustand der emotionalen Erregbarkeit zu versetzen. Die Bedeutung hiervon kann an der folgenden Schlussfolgerung gemessen werden. Es ist schwer zu beantworten ob ein mental gesundes und normales Individuum durch den unerträglichen Druck externer Umstände zum Selbstmord getrieben werden kann, weil die Schwierigkeit zu definieren was „normal“ in diesem Zusammenhang bedeutet. Die Mehrheit der Selbstmorde wird im Affekt begangen. Oft wird ein Missverhältnis zwischen der Unbedeutendheit des Motivs und dem Grad der Ernsthaftigkeit der Reaktion festgestellt. Dies deutet auf die Anwesenheit einer abnormalen emotionalen Erregbarkeit oder einer abnormalen Tendenz ein Ergebnis in einem einzigen Akt zu erzwingen. Selbst wenn die Motive ausreichend ernst sind, ist eine solche Abnormalität vielleicht die Voraussetzung für die Entwicklung einer suizi-
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dalen Neigung. Absichtlicher Selbstmord von geistig gesunden Menschen kommt sicher vor. 136 Hier haben wir die Antwort warum wir ungläubig sind zu hören, dass jemand sich getötet hat, den wir gut kennen und den wir nicht als selbstmordgefährdet eingestuft hätten. Seine große Normalität hat seine gelegentliche entschlossene – auch unangemessene – Reaktionen, wenn er weit genug getrieben wird, verschleiert. Ananda hatte diese „emotionale Erregbarkeit“. Hinsichtlich der „unerträglichen äußeren Umstände“ hatten die Spezialisten klar gemacht dass diese relativ trivial sein könnten, verglichen mit der Ernsthaftigkeit der Reaktion (dem Selbstmord), die Umstände, die bereits erwähnt worden waren – die Belastung der Anpassung und der Rolle als König – bringt uns nur einen Teil des Weges. Ein Besucher der während Anandas letzten Monate zum Tee in die Barompiman Halle eingeladen worden war, hat mir erzählt wie berührt und still überrascht er war zu hören, dass der König seine Mutter um Erlaubnis fragte, bevor er ein weiteres Stück Kuchen nahm. In den Memoiren137 des damaligen britischen Botschafters erinnerte er sich an einem Mittagessen teilgenommen zu haben, das im Palast „von König Ananda und der Königinmutter, einer bemerkenswert intelligenten und attraktiven siamesischen Lady“ ausgerichtet worden war. Einige Tage später kam die schockierende Neuigkeit über Anandas Tod: „Wir fühlten tief mit der Mutter, der Prinzessin, die erst kürzlich mit ihrem Charme und Grazie über dem Mittagessen im Palast vorgesessen hatte“. Diese Sätze ließen keinen Zweifel dass das Mittagessen mit dem König bedeutete, dass es ein Mittagessen mit der Königinmutter war. Darüber hinaus habe ich die private Information dass die Mehrheit der Menschen die zum Palastdienst eingestellt wurden, auf ihren Geheiß gekommen waren, nicht auf Grund seines Wunsches, aber immer, wie sie glaubte in seinem Interesse. Tatsache ist, dass, ob er König war oder nicht, ob er zwanzig Jahre alt war oder nicht, ob er der ältere Sohn war oder nicht, ob er ein Mann war oder nicht, Ananda trat hinter seine Mutter zurück mit der Gefälligkeit eines kleinen Jungen. Ob die Beobachtungen der Britischen Armee in Indien zu vergessen wären, so mag argumentiert werden, dass seine Unterwürfigkeit etwas mit der Sor-
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Karl Gustav Dahlgren, On Suicide & Attempted Suicide
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Sir Geoffrey Thompson, Front Line Diplomat
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ge um seine Diät zu tun hatte, die sich auf sein Magenschmerzen bezog. Aber diese sind selbsterklärend. Sie sind nicht erklärbar alleine durch die Veränderungen der Bedingungen von der Villa Watana zur Barompiman Halle. Auch hatten weder sein Bruder noch seine Mutter irgendwelche Probleme. Sein gesundes Leben in der Schweiz hatte einen bemerkenswert robusten Jungen hervorgebracht, trotz seines schlanken Aussehens. Denn jene, die seinen Händedruck erlebten, wurden reumütig daran erinnert. Als die Königinmutter sich zum ersten Mal in der Schweiz nieder ließ, benötigte sie einen Kinderarzt, aber später brauchte die Familie noch nicht einmal einen Hausarzt. Es entspricht der Ansicht einer unwidersprochenen ärztlichen Meinung, dass Anandas Magenschmerzen in Bangkok psychosomatisch bedingt waren. Die Wahrheit ist, dass die Königinmutter über mehr als über Anandas Diät wachte. Sie wachte insgesamt über ihn, über sein ganzes Leben. All die Jahre und speziell seit dem Tod ihres Ehemannes, hatte sie sein Kommen und Gehen reguliert. Nie war die Hingebung einer Mutter weiter gegangen als die dieser bemerkenswerten Frau die von unbestimmter Herkunft zur Mutter und Erzieherin von zwei Königen wurde. Und sie hatte nicht mehr vom Leben erbeten als dies erfolgreich zu tun. Aber als Ergebnis wurde sie zum dominierenden Faktor in Anandas Leben, ihre große Sorge hatte ihn in große Gefahr gebracht. In seinem Bestreben ihr zu gefallen – denn er war freundlich, liebend und pflichtbewusst – konnte er in einem Konflikt zwischen seinen Gedanken und Gefühlen ihr zu gefallen gefangen werden. Wenn sie ihn dominiert hätte, hätte er ihr gegenüber vielleicht eine klare Opposition artikulieren können. Aber es war nicht einfach eine Frage der Opposition. Er wollte nicht gegen sie in Opposition gehen, sondern ihr gefallen, während er doch auch Gedanken und Gefühle hatte die nicht nur einfach normal waren in seiner Jugend, in der er um seine Selbstbestimmung kämpfte, sondern sogar essentiell in einem Mann der wie ein König zu handeln hatte. Selbstbestimmung als Halb-Erwachsener, Selbstbestimmung als König: Aber konnten sich diese gegen jemanden wenden, den er liebte und dem er all sein Leben lang gehorcht hatte? In dieser Verbindung wurde ich auf die Aussage einer Autorität138 aufmerksam, die über die hohe Selbstmordrate unter jungen Menschen im vorrevolutionären Peking berichten:
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P.M. Yap, Suicide in Hong Kong Seite 289 von 408
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Diese Tatsachen können im Licht der konservativen paternalistischen und konservativen Kultur verstanden werden, mit seiner großen Wichtigkeit der kindlichen Pietät und des Respekts für die Älteren. Mit einem solchen Ethos muss der Selbstmord auslösende Stress mit besonderer Ernsthaftigkeit bei jüngeren Menschen auftreten, besonders bei jungen Frauen die durch eine strenge Familienorganisation beherrscht werden. Wenn wir die Aussage mit einem jungen Mann der unter einem Matriarchat lebt ersetzen wird die Analogie mit Anandas Umständen verblüffend. Nichts was ich über die Königinmutter geschrieben hatte, sollte den Eindruck eines Ungeheuers oder einer übertrieben Besitz ergreifenden Mutter erzeugen. Anandas Tod ist die Tragödie des klassischen Verhältnisses in der sowohl er als auch die ihm nahe Stehenden – gute Menschen waren. Wenn man die Gesamtheit de schlechten Eigenschaften aus ihnen herausdestillieren sollte, würde man vielleicht weniger als einen Regentropfen erhalten. Die Königinmutter musste drei Kinder ohne Vater aufziehen, einer davon sollte einmal das Land beherrschen, und das mitten im Strom und Gegenstrom der ruhelosen Welt. Ohne durch ihre eigene physische Schwäche eingeschüchtert zu sein war sie erfüllt von der Erinnerung an ihren Ehemann und seinem aufopfernden Pflichtbewusstsein und erfüllte so ihre Wächterfunktion über Ananda, der ihr von einer Nation anvertraut worden war. Sie wurde unterstützt durch ihre Liebe, auch wenn Bhoomipol ihr Favorit war. Es ist normal, dass der jüngere von zwei Brüdern die größere Zuneigung der Mutter erhält. Der Schmerz von Anandas Geburt hatte ohne Zweifel ihre Narben hinterlassen. Und weil Bhoomipol nicht für die Krone vorbereitet werden musste, konnte sie sich bei ihm vertrauensvoll entspannter fühlen als bei der Erziehung von Ananda. Darüber waren Ananda und seine Mutter getrennt, und aus diesem Grund, wenn nicht aus anderen, war die Trauer über seinen Tod so sehr verlängert und der furchtbare Aspekt von Gewissensbissen so schmerzhaft. Der Grad, mit dem sich die Familie nahe stand, wozu auch der Sekretär Nai Anek und M Seraidaris gehörten, verursachte eine Abschottung vom Rest der Welt. Und wenn Ananda einen Abenteuerausflug in diese Welt machte, wurde er von seinem Freund M. Seraidaris als der verlängerte Arm seiner Mutter begleitet. Aus diesem Grund hielt er es, aus Angst sie zu verletzen, geheim, wenn er sich leidenschaftlich mit etwas auseinandersetzte. Das sind die normalen Probleme des Erwachsenwerdens eines Jugendlichen,
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und nur die tragische Auflösung verpflichtete mich dazu, weiter zu forschen. In ihrer Aussage in dem Prozess sagten die Königinmutter und Prinz Bhoomipol, dass vor ihrem letzten Besuch in Bangkok, Anandas einzige Leidenschaft die mit Schusswaffen auf Messen gewesen wäre. Ich fragte trotzdem M. Seraidaris offen, ob Ananda jemals eine Pistole als Schuljunge gehabt hätte. Er antworte ausdrücklich mit einem Nein. Die Wahrheit mag ihn überraschen. Während Ananda in der Ecole Nouvelle war, hatte er einem anderen Jungen angeboten, seine Pistole zu kaufen, die in schlechtem Zustand, aber bedienbar war. Und Ananda wollte sie wirklich sehr. Aufgewachsen mit sparsamen Prinzipien fehlte ihm das Bargeld, also trennte er sich von einer alten Schreibmaschine, die er einem Schulfreund gab, der dann die Pistole für ihn kaufte. Sein Interesse an Waffen hatte seinen Grund sicher im Krieg und den Kriegsspielen, die die königlichen Brüder ständig mit dem Griechen spielten, aber die Ignoranz der Transaktion in der Familie ist signifikant. Auch kann ein anderer Grund für Anandas Interesse, auch wenn es ihm selbst vielleicht nicht bewusst war, in der Vorgeschichte seines Selbstmordes nicht übersehen werden. Als er im Jahr 1935 im Alter von zehn Jahren auf den Thron kam, wurde in den Regierungsrat, der während seiner Minderjährigkeit ernannt wurde, der Cousin seines Vaters, Prinz Oskar berufen, ein freundlicher Mann im Alter von zweiundfünfzig Jahren. Im gleichen Jahr begann dieser Prinz, gestresst von den politischen Ereignissen Selbstmord, indem er sich mit einer Pistole in den Kopf schoss. Sein Tod war ein ernsthafter Schock für die königliche Familie die ihn sehr geschätzt hatte. Es gibt einen Erbfaktor von über sechs Prozent in Selbstmordfällen, und sicher musste sich dieses Ereignis tief in den Geist eines Jungen eingebrannt haben, der so mitfühlend war, dass er traurig für ein Zugpferd war, weil es nicht in der Lage war, so wie er einfach zu spielen. Zu der geheimen Episode der Pistole während Anandas späteren Jungenzeit muss nun, eine Geschichte von der Periode kurz vor seinem Tod erzählt werden, die ebenfalls noch nicht erzählt worden war. Oder vielleicht nicht bekannt war, außer den drei oder vier Personen die gewissenhaft über das Geheimnis gewacht hatten. Das Erzählen dieser Geschichte ist der notwendige Höhepunkt der Geschichte von Ananda, und die endgültige Widerlegung der Gerüchte die ständig wieder auftauchen, dass Ananda die Neigung seines Onkels, König Rama VI zu ausschließlich männlicher Begleitung geerbt hätte. Seite 291 von 408
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Das Geheimnis Im gleichen Jahr als Ananda in Heidelberg geboren wurde, wurde nicht weit davon im Süden einem Doktor der Theologie, mit dem Namen Eugene Ferrari, dem Pastor der Gemeinde Grandson an den Ufern des Neuchâtel-Sees, ca. fünfundzwanzig Meilen westliche von Lausanne, eine Tochter geboren. Der Pastor und seine Frau hatten bereits einen Sohn der zum Arzt ausgebildet worden war. Sie nannten ihre Tochter Marylene. Als sie ca. fünf Jahre alt war, zog ihre Familie nach Lausanne, in die Avenue Verdeil in einem vornehmen Viertel, um. Die Häuser dort sind groß und gemütlich mit großen Bäumen und Gärten, und die Ferraris übernahmen ein bequemes Appartement in einem solchen Haus. Der Pastor wurde zur Eminenz befördert und ist heute einer der sechs Präsidenten – also ein Erzbischof – der schweizerischen Calvinistischen Kirche. Er ist ein groß gewachsener und gut gebauter Mann mit einer olivenartigen Anmut, die von seinen italienischen Ahnen stammen dürften. Sein Charakter gestählt, seine Umgangsformen freundlich aber distanziert. Seine häusliche und gastfreundliche Frau opferte sich selbst für ihn und die zwei Kinder auf und wuchs in einer fröhlichen und freien Atmosphäre auf. Auch wenn Chalvin selbst sich für das Erwürgen ungehorsamer Kinder ausgesprochen hätte.
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Abbildung 18 Marylene Ferrari
Als Ananda seinen Abschluss an der Ecole Nouvelle machte und im September 1943 zur Hochschule für Recht an der Universität von Lausanne ging, war das einzige Mädchen in seiner Klasse von dreizehn Schüler Marylene Ferrari. Ihre Attraktivität in der Blüte ihrer Jugend kann man noch bei Betrachtung der reifen Frau erahnen. Eine wohl geformte Figur, haselnussfarbene Augen, schöne Zähne, dichtes braunes Haar, eine gebräunte Haut und ein leichter Akzent lässt das Land erahnen, aber sie hat auch die hoch entwickelte Qualität einer gewissen Härte und Kontrolle, die die Stadt erahnen lässt. Sie lächelt voller Freude, aber nicht oft. Und wenn sie redet hört sie sich ehrlich an, und ähnelt darin der Königinmutter die sie nur einige Male während Anandas Leben begegnet war, aber niemals mehr danach. Über sechs Monate war langsam eine Freundschaft zwischen dem König von Siam und der schweizerischen Pastorentochter gewachsen. Sie saßen im Unterricht nebeneinander. Sie trafen sich bei kleinen Nachmittagstreffen in den Häusern anderer Schüler, zu denen M. Seraidaris auch mitging. Ebenso wie er Ananda bei den verschiedenen Besuchen im Haus der Ferraris begleitete. Als eine Gruppe von Studenten einmal oder zwei Mal in die Villa Watana eingeladen wurde, war auch Marylene dabei. Sie spielten Tennis im Club Montchoisi zusammen mit anderen Studenten. Außer dass Seite 293 von 408
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Ananda, der sorgfältig von den Augen der Öffentlichkeit abgeschirmt wurde, niemals in Kaffeehäuser, Bars oder Restaurants ging, und die Besuche von Freunden in seinem Haus eher selten waren, so erschien er doch wie irgendeiner seiner Mitschüler, indem er die übliche Ungezwungenheit der anderen genoss, einschließlich der von Marylene. Jedoch brachte der Instinkt der Königinmutter sie dazu, ein ernstes Wort mit Ananda zu reden. Sie erinnerte ihn an seine Pflicht gegenüber seinem Volk, das niemals eine Ehe mit einem westlichen Mädchen tolerieren würde. Niemanden musste man weniger als Ananda an seine Pflichten erinnern, und gewöhnt wie die Königinmutter an sein ausdrückliches Gehorsam war, so war es nicht überraschend für sie, dass er ihr versicherte, dass er sie in dieser Angelegenheit ebenso respektieren würde wie in allen anderen. Auf Seite von Marylene gab es eine gleichlautende Warnung. Der Pastor, ein überzeugter Calvinist und Schweizer Demokrat mit Verachtung für die Blendungen des Thrones, machte klar, dass er zwar Ananda als Persönlichkeit mochte, dass er sich aber einer Ehe mit einem Orientalen widersetzen würde, wegen des niedrigeren Ansehen einer Frau im Osten. Es schien jedoch nichts in der Situation, das die Älteren in beiden Lagern alarmiert hätte, zu stecken. Keine Aufforderung Treffen zu meiden, und die Politik der beiden war die Beziehung auf ihrem fröhlichen ungezwungenen Niveau ihrer Schulzeit zu halten. Die Beziehung verharrte nicht dabei, so sehr Ananda und Marylene es auch versuchten, und vielleicht hätte es auch gar nicht sein können, wenn zwei junge Menschen sich in der freien Atmosphäre einer Universität zueinander hin gezogen fühlen. Ein Beobachter aus nächster Nähe erinnert sich an die Romanze wie an „eine lyrische mystische Beziehung“. Sie schworen sich gegenseitig niemanden etwas zu erzählen und hielten sich unentwegt an ihr Versprechen. Der unvermeidbare M. Seraidaris war auch weiter bei den Studententreffen dabei. Er begleitete Ananda einmal als er und Marylene ins Kino gingen und bei anderer Gelegenheit als sie in ein Konzert gingen. Das Paar besuchte einen Universitätsball aber … süße Seelenpein … in separater Gesellschaft. Sie waren Vorbilder in Diskretion. Aber im Geheimen ersonnen sie Gelegenheiten alleine zu sein, wenn immer die Gelegenheit sich ergab. Da dies oft nur während hastiger Treffen zwischen den Vorlesungen war, ließen sie immer wieder Lektionen aus und radelten zusammen. Sie fuhren fünf oder sechs Kilometer aus der Stadt hinaus, Richtung Süden zum See, ostwärts in die Weinberge, oder unter den Bäumen in den Norden und Westen. Bei anderen Gelegenheiten, nachdem er sich per Telefon angemeldet hatte, was die Ferraris zu hastigem Aufräumen veranlasste, besuchte AnanSeite 294 von 408
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da des Öfteren die Avenue Verdeil. Mrs. Ferrari genoss die unschuldige Freude einer Mutter über das offensichtliche Glück ihrer Tochter mit Ananda, dessen Bescheidenheit, sein guter Einfluss und die angenehmen Manieren ihren vollständigen Respekt erlangt hatten: Sie ließ die beiden alleine. Einmal kam jemand in den Raum und fand sie wie Bären miteinander spielen, aber die Frivolität der Liebe war meist durch die Ernsthaftigkeit ihrer Charaktere überdeckt, wodurch sie selten in der Lage waren ihre Wachsamkeit abzustreifen. Wussten sie doch beide um der Unmöglichkeit einer Heirat. Sie unterhielten sich lange und ernsthaft. Sie redeten über Gott und die Welt, meist aber über Siam. Ananda brachte ihr das Alphabet bei und redete ständig über den zukünftigen Fortschritt des Landes. Auch arbeiteten sie oft zusammen über ihren Lehrbüchern oder sie sang während er sie auf Ferraris Kontrabass begleitete. Beeindruckt von ihrer Stimme schlug er ihr vor Singen zu studieren, was sie dann auch tat um ihm zu gefallen. In Recht, Musik, was auch immer sie versuchte, spornte er sie an das Beste aus sich heraus zu holen. Er war enttäuscht als sie beim ersten Teil des Rechtsexamens durchfiel, das er bestand. Er half ihr, sich auf eine Nachprüfung vorzubereiten. Das Ergebnis wurde bekannt gegeben während er in Bangkok war, also sandte sie ihm ein Telegramm um ihm ihren Erfolg bekannt zu geben. Das Telegramm war unterzeichnet mit OOLIRAM – rückwärts gelesen der Name Mariloo, ihr Spitzname. Sein Spitzname war Bicot, eine Figur aus einer schweizerischen Kindermärchen. Ferien erzwangen eine Trennung aber sie verstanden es, trotzdem zu kommunizieren. In den Sommerferien von 1945 hatte die Familie Ferrari durch einen glücklichen Zufall ein Haus im Valais bei Champex gemietet, wo die Mahidol Familie in einem Hotel wohnte. Und da ein Chalet, das von der Ecole Nouvelle betrieben wurde, auch in der Nähe der jungen Leute lag, hatten die Verliebten viele Möglichkeiten sich zu treffen. Für den größeren Teil von achtzehn Monaten hatten sie in einem geheimnisvollen Idyll gelebt, dass die Welt ausgeschlossen hatte. Aber als sie von Champex zurück kamen, rauschte die Welt mit Pridis Telegramm vom 6. September, mit dem Ananda eingeladen wurde nach dem Erreichen seiner Volljährigkeit in die Hauptstadt zurück zu kommen, heran. Auch wenn der Besuch kurz sein sollte, und danach mindestens zwei Jahre für ihre gemeinsame Idylle verbleiben würden: Mindestens zwei Jahre, genug für Liebende
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die Angst erregende Zukunft aus dem Gedanken und dem Sinn zu vertrei-
ben. Abbildung 19 Die Postkarte von Karachi. (Karachi 3. Dec. {1945} Die Postkarte ist sehr schön, aber wir gehen nicht nach Bombay. Gestern flogen wir über den Persischen Golf und die Küste war nicht interessant. Keine Vegetation, keine Bewohnung. Wir fliegen jetzt nach Calcutta, vielleicht über Dehli. Ich hoffe es geht dir gut und dass du gut auf die vielen Objekte aufpasst. Arbeite hart und erhalte meine freundlichen * Gedanken. T.C.
Am 20. September wurde Anandas zwanzigsten Geburtstag in der Villa Watana gefeiert, zu der viele Siamesen eingeladen wurden. Er und Marylene hatten ihr privates Fest bei dem sie ihm einen silbernen Brieföffner schenkte. Bei Gelegenheiten hatte er ihr kleinere Geschenke gegeben, da er nur über wenige flüssige Mittel verfügte. Aber sein größtes Geschenk konnte man nicht kaufen. Es war ein Journal das er sorgfältig zusammen gestellt hatte, und das alle gemeinsamen Aktivitäten verzeichnete, die gemeinsam verbrachte Zeit, das wertvollste, das dadurch konserviert wurde. Bevor er Bangkok zu Beginn des Dezembers verließ, brachte er ihr alle Briefe, Souvenirs und andere Erinnerungen die er von ihr erhalten hatte, damit sie auf sie aufpasste bis er wieder zurück war. Es war eine Vorsichtsmaßnahme die die Entdeckung weniger wahrscheinlich machen sollte, während die Sachen für die Reise gepackt wurden. Und sie sollten die Dinge vor den Dienern verstecken, die in Bangkok mit seinen persönlichen Dingen umgehen würden. Aber er behielt den silbernen Brieföffner. Sie verabredeten auch sorgfältig Mittel der Kommunikation wobei sie ihre Spitznahmen rückwärts geschrieben nutzen wollten. Am Tag als Ananda abreiste, rief er sie zwei Mal an. Die zweite Gelegenheit war vom Flughafen als für einen Moment dem Schwarm von Journalisten entkam, die wenig Ahnung davon hatten, warum sie ihn plötzlich vermissten. Er hatte nur Zeit um kurz au revoir zu sagen. In Karachi, wo das Flugzeug in den frühen Morgenstunden landete, kritzelte er eine schnelle Ansichtskarte. Zusammengefasst: „Ich hoffe dir geht es gut und dass du gut auf die vielen Dinge aufpasst. Arbeite hart und empSeite 296 von 408
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fange meine freundlichsten Gedanken.“ Er malte einen Kuss über das Wort freundlich und unterzeichnete die Karte mit T.C. (von BiCot rückwärts geschrieben). Von dem Moment seiner Ankunft in Bangkok schrieb er ihr mindestens einmal pro Woche. Ein gelegentliches Telegramm oder Brief lief über seine Schwester (die in Lausanne bei ihrem Neugeborenen geblieben war), und selbst über M. Seraidaris – aber niemand würde mehr als eine studentische freundschaftliche Beziehung vermutet haben. Die größte Anzahl seiner Briefe waren direkt an die Avenue Verdeil gerichtet. Ihre Briefe gingen direkt an die Barompiman Halle, wo sie vor spionierenden Augen durch Anandas Befehl geschützt wurden, dass jede Korrespondenz aus der Schweiz direkt zu ihm persönlich gebracht werden sollte. Er beschwerte sich bei ihr darüber, dass sie nicht genug schreiben würde. Und im März als die Verlängerung seines Besuchs die Trennung intensiver werden ließ, da telegrafierte er ihr: Bitte schreibe intimer. Mit der ersten Post am Montag morgen, dem 10. Juni 1946 erhielt sie von ihm einen Brief aus dem sie entnahm, dass ihm eine Anzahl der hochrangigen Frauen vorgestellt worden wären. „Eine von diesen“, so schrieb er, „könnte meine Frau werden“. Geheimnisvolle Worte, kalter nach außen gezeigter Realitätssinn von dem er sich wieder zur Wärme der inneren Idylle der Realität zurückzog: „Ich kann es nicht erwarten, zurück in Lausanne zu sein“. Ein solcher Aufschrei hätte zumindest Funken der Freude aus dem Herzen des Mädchens schlagen lassen. Aber es war ein zerrissenes Herz. Am Radio hatten die Nachrichten in der Nacht zuvor die Nachricht seines Todes verbreitet. Journalisten die sich an der Villa Watana getroffen hatten stellten fest, dass die Schweizer Regierung eine Wache aufgestellt hatte, und sie verwiesen auf Anandas Mitstudenten wegen Hintergrundgeschichten über die außergewöhnlichen Vorgänge in Bangkok. Unweigerlich trafen sie auf eine weibliche Studentin, Marylene Ferrari. War sie durch einen wilden Zufall seine Geliebte gewesen? Sie belagerten die Anlage am Beginn der Avenue Verdeil. M. Seraidaris war schnell auf der Szene. Die königliche Familie hielt die Ansicht aufrecht und hatte auch bis zu diesem Zeitpunkt selbst daran geglaubt, dass Marylene nur eine studentische Bekanntschaft war wie viele andere Studenten in Anandas Klasse. Dennoch drängte der Grieche sie darüber stillschweigen zu bewahren, weil die Zeitungen mehr auf Bekanntschaften machten als gerechtfertigt wäre. Und tatsächlich hielt die Mutter das Mädchen während acht aufeinander folgenden Tagen in ihrem Raum, bis die Journalisten, die nichts aus ihrer Wache profitieren konnten, Seite 297 von 408
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weg gingen. Gerüchte verstummten wie es immer gewesen war durch den Unglauben der königlichen Familie und die unerbittliche Diskretion der Ferraris. Die Geschichte von Ananda und Marylene fügt eine Fußnote an das Gerichtsverfahren. So wenig zufriedenstellend es sein mag, das Urteil, und speziell die Abschätzung der Richter hinsichtlich eines Selbstmordes, verliert fast jede Bedeutung wenn man sich erinnert, dass kaum irgendein Beweis zu Anandas Hintergrund in Lausanne führte. Da sie sogar in die Schweiz fuhren hatte es an Möglichkeiten nicht gemangelt. Zuallermindest hätten sie es ermöglichen können herauszufinden, wessen Briefe Ananda am Tag vor seinem Tod verbrannte. Gab es da ein Brief der nicht verbrannt worden war, ein Brief den Butr in der Hand der Königinmutter gesehen hatte, als sie ihren Fuß auf den Boden stampfte während Bhoomipol auf und ab ging und etwas tun wollte (vielleicht dem Palast-Treffen sagen wollte) Widersprach sie ihm? Vermutete sie das wahre Ausmaß von Anandas Gefühlen für das Mädchen und hatte sie ihn gedrängt sie aufzugeben bevor sie nach Lausanne zurückkehrten und war das die Gelegenheit über das die Gerüchte eines Streites zwischen ihnen berichteten? Aber die Zeugenaussagen der beiden Königinmutter und Bhoomipols hatten keinerlei Hinweis auf einen solchen Brief oder das Mädchen, beide bestanden darauf, dass es keine Auseinandersetzungen gegeben hätte, und wir haben keinen wirklichen Grund über die Angelegenheit zu spekulieren. Die eindeutige Tatsache ist dass die Königinmutter sich niemals einer Meinung über eine Theorie zum Tod ihres Sohnes angeschlossen hatte, weder vor der Untersuchungskommission, noch vor dem Gerichtsverfahren oder vor Vertrauten. Bei den Anhörungen in Bern vor dem Gericht wiederholte sie lediglich zu was sie verpflichtet war, auf die Fragen des Staatsanwaltes. Die Fragen drehten sich alle darum jedes mögliche Detail zu erhalten was sich als unvorteilhaft für die Angeklagten oder Pridi herausstellen könnte. Es gab kein Kreuzverhör um einen Ausgleich herzustellen. Polizeigeneral Pao und seine Leute reisten in die Schweiz und sie gaben alle Arten von so genannten Insider-Informationen bekannt, um selbst die ehemaligen Anhänger von Pridi in der Umgebung der Königinmutter zu überzeugen, dass er ein diabolisches Verbrechen begangen hatte. Aber sie selbst hatte Pridi nie verurteilt oder irgendjemanden die Schuld angelastet. Sie ist eine zu tapfere und ehrliche Frau als dass sie das ohne Gewissheit und Beweis oder GegenbeSeite 298 von 408
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weis für etwas, Mord, Selbstmord oder Unfall, getan hätte, das war so unbedeutend, dass sie niemals über etwas so Schreckliches und Unerklärliches spekulierte. Schock und Schmerz trieb her in eine Isolierung. Die Mühlen der Politik und des Rechts mahlten langsam, in großem Abstand, denn sie war während all der Jahre der Verfahren in der Schweiz und wartete auf den Ausgang des Verfahrens. Und wenn durch die Exekution der beiden Pagen und von Chaleo Buddhas Lotus mit dem tödlichen Diskus des Teufels verwechselt wurde, dann es war nicht ihre Aufgabe darüber zu richten. Sie konnte nicht mehr richten als sie das Schicksal dieser Männer, das die Tragödie des Todes ihres Sohnes vervielfältigte, hätte verändern können. Es bleibt nicht mehr viel zu sagen. Eine der führenden Autoritäten in Sachen Selbstmord139 hat vor nicht allzu langer Zeit das Wort Hypereridismus geprägt, welches unter verschiedenen Psychiatern einige Anerkennung erhalten hat. Er definierte es als Zustand der morbiden Spannung die aus Serien von Provokationen stammen die „eher in einem explosiven Verhalten münden das vorwiegend aggressiver Natur ist als angemessen in Hinsicht auf die Umstände.“ Wir sind zurück auf dem Weg der im letzten Kapitel begonnen wurde. Eine Selbstmord unter dem Eindruck von Hypereridismus hat die folgenden Charakteristika: Sozial ist er der Untergebene einer anderen Person, normalerweise eines Elternteils, und ist gleichzeitig unter seiner Provokation. Er kann eine aggressive Natur entwickeln jedoch ist er in der Regel ungewöhnlich bescheiden und nachgiebig. (Bescheiden und gehorsam waren die Worte des königlichen Kindermädchens für Ananda). Die sich ergebenden Gründe eines Selbstmordes beinhalten nicht nur einen akuten Streit sondern selbst kleinere Zurückweisungen. Auslöser für einen Selbstmord bei jungen Menschen sind Umstände, in denen eine strenge Unterordnung unter die Familie und Gehorsam gefordert wird. Diese Charakteristika, wie die die ich erwähnte, die so signifikant nach der Meinung anderer Autoritäten sind, passen mit bemerkenswerter Übereinstimmung auf Ananda. Auch wenn die Behauptungen eines Streites unbewiesen sind, so schließen die Erklärungen dieser Autoritäten eine Meinungsverschiedenheit oder mütterliche Ermahnung nicht aus. Aber der vielleicht erhellende Kommentar von allen kann in den freudschen Ideen ge-
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funden werden. Der Eindruck der Kommentare durch die amerikanische Autorität Karl A. Menninger140 kann wie folgt zusammen gefasst werden. Wir haben zwei primäre Instinkte. Der Wunsch zu Leben wird durch Liebe oder Konstruktivität ausgedrückt. Und der Wunsch zu sterben wird durch Feindseligkeit und Destruktivität ausgedrückt. Wenn wir uns entwickeln zeigen wir diese Instinkte nach Außen, was uns in einem Gleichgewicht hält. Aber wenn unsere volle Entwicklung unterdrückt wird, oder durch das Verhalten einer Person die wir lieben, kann die Balance gestört werden. Unsere Feindseligkeit wird übergewichtig. Sie kann ausbrechen in den Mord gegen das Objekt unserer Feindseligkeit, oder, wenn wir durch die die Konsequenzen eingeschüchtert werden, oder wenn genügend Liebe übrig bleibt um uns zu kontrollieren, wird sich die Feindseligkeit gegen uns selbst richten. Das Ergebnis ist Selbstmord, wenn wir sterben wollen, was der primäre Todeswunsch ist. Wenn wir wünschen getötet zu werden, was das Produkt eines Schuldgefühls ist, das nach Bestrafung verlangt, für Gedanken wie für Taten, und wenn wir töten wollen, identifizieren wir uns selbst mit dem Objekt der Feindseligkeit (Wie die Japaner, die auf der Türschwelle ihres Feindes Selbstmord begehen.) Dieser letzte Prozess, wie die anderen beiden Wünsche, ist zum größten Teil oder vollständig unbewusst, jedoch „könnte es einmal oder gelegentlich in das Bewusstsein dringen, wird dann aber unterdrückt, von einem Gewissen auf Grund der Liebe, des Schutzes und des Gehorsams überdeckt.“ Mennigers Worte rühren die Erinnerungen an Anandas auffällige Besorgnis für seine Mutter und sein Gehorsam auf. Die Crux der Theorie ist, dass auch wenn es sich in sich selbst zurückzieht, das eigene ich den Körper wie ein externes Objekt behandelt, oder als ob es in den Körper von jemand anderem stecken würde. Die Fähigkeit dies zu tun ist eine allgemein bekannte Fähigkeit des Unterbewusstseins, und es könnte vielleicht sogar Ananda gestärkt haben, wenn er sich nicht plötzlich im Alter von 10 Jahren als König wieder gefunden hätte. Er war nie in der Lage die beiden Dinge, Mann und Monarch zu sein miteinander zu verbinden. Ob wir diese besonderen Ideen akzeptieren oder nicht, in welche Richtung wir die Frage auch drehen mögen, was unausweichlich bleibt ist die Ungewissheit dass wir nichts anderes sicher wissen als dass Ananda sich das Leben nahm? Und wenn alles durch die weisen Männer und ihre Bücher gesagt wurde, werden die Augen des Geistes durch einfache Intuition dazu
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Karl A. Menninger, Man Against Himself
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gebracht die einfache Wahrheit zu erkennen. Ein Mann liegt alleine, seine Widerstandskraft ist geschwächt durch Krankheit, und in ihm grübelt er als Liebender, als Sohn, als König. Er ist von Hoffnungslosigkeit erfüllt. Er sitzt aufrecht und streckt sich aus um eine Waffe zu erreichen, deren Art ihn schon lange fasziniert, mit der er vertraut ist. Er hält sie hoch, vielleicht ist da kein bewusster Bezug zwischen Ursache und Wirkung, sondern hauptsächlich Instinkt, die die Entscheidung frei lässt. Und seine Hand schließt sich um den Kolben, härter, er betätigt den Abzug und die Sicherheitseinrichtung: so einfach und in einer tausendstel einer Sekunde ist das Ding getan. In all dem bleibt eine Möglichkeit dass Ananda die Pistole untätig gehalten hat, unglücklich aber ohne Selbstmordgedanken. „Das ist etwas was ich tun sollte, wenn ich sterben wollte“, und dann überwältigte ihn der Gedanke und verursachte unabsichtlich die Aktion. Das ist eine Möglichkeit die nicht von der Hand gewiesen werden kann. Jemand der eng mit dem Königsmordfall verbunden ist, erklärte mir etwas persönlich. Und ich gebe das weiter für all die die immer noch einen Selbstmord nicht akzeptieren können und die Unwahrscheinlichkeit eines einfachen Unfalls kennen. Was nicht länger verleugnet werden kann ist, dass drei unschuldige Männer durch ein korruptes System zu Tode gebracht wurden, das sich mit falschen Versprechungen illegal an die Macht gebracht hatte. Und dass einer der beiden Männer die fälschlicherweise ins Exil getrieben wurden, der beachtlichste in der modernen siamesischen Geschichte ist, und seine Abwesenheit ein Verlust für sein Heimatland. Und wenn weder Siam noch das Schicksal eines obskuren Individuums viel bedeutet, weil Justiz nicht länger dem alten Ruf des Gewissens der Lebenden hört, dann ist zumindest der Frieden der Welt Grund genug um unsere Aufmerksamkeit zu erzeugen. FM Pibul kehrte von seiner triumphalen Tour im Jahr 1955 mit der Absicht zurück seine neue Rolle als Verteidiger der westlichen demokratischen Gläubigkeit zu spielen. Inspiriert von der Speakers Corner in Londons Hyde Park, gestaltete er eine Ecke auf dem Pramane Grund für die freie Rede, bis er und Polizeigeneral Pao dieses Ventil für öffentliche Kritik insgesamt doch zu ärgerlich fanden. Er kündigte auch an, dass in ein paar Jahren die ernannte Hälfte der Versammlung, die immer seine eigene Mehrheit sicher stellte, durch gewählte Abgeordnete wie die andere Hälfte der Versammlung ersetzt werden würde. Für die Hälfte der Abgeordneten hatte er in der zwischen eine Wahl abgehalten (Februar 1957). Seine Partei gewann knapp über die Democrat Party, aber Aufregungen über angebliche Wahlfälschung in der so genannten „schmutzigen Wahl“ brach zum ersten Mal in Seite 301 von 408
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öffentlichen Demonstrationen aus, und Studenten versammelten sich auf dem Rasen von FM Pibuls offiziellen Palast. Seit Pibuls Restauration an die Macht durch den Coup von 1947 hatte einer der Putschisten immer größere Bedeutung erlangt. Dies war der damalige Kommandeur der Garnison in Bangkok, ein Mann von laotischer Abstammung mit dem Namen Sarit, der zum Kommandeur der Armee wurde, und zum wachsenden Rivalen von Polizei General Pao, dessen Schurkereien er zu einem Ende brachte, so bald er das konnte. Der Aufschrei bei der „Schmutzigen Wahl“ gab ihm die Möglichkeit. Er warf den Fehdehandschuh in den Ring, indem er nach FM Pibul schickte, eine Geste, die eloquent genug war um FM Pibul an die Lektion zu erinnern, die er schon einmal gelernt hatte, nämlich dass wer die Armee kommandiert auch Siam kommandiert. Er kehrte von dem Gespräch zurück um seine Koffer zu packen. In den Jahren seitdem hatte er in Kalifornien gelebt, in Indien, wo er mehrere Monate in einem Kloster verbrachte, und schließlich in Japan wo er jetzt wohnt. Polizeigeneral Pao, dessen letzter pathetischer Anspruch an Wichtigkeit war eine Lüge zu verbreiten, dass einer der verurteilten Männer in dem Königsmordfall am Morgen der Exekution die „wirklichen Tatsachen“ verraten hätte. Dann floh er in die Schweiz wo er im Jahr 1960 starb. Dort erlitt er die Höllenqualen des Deliriums Tremens oder so populäre ausgefallene Abbilder des Schlächters von Bangkok, seine verbrecherisch erlangten Millionen waren nutzlos und machten sich über ihn lustig. Und Feldmarschall Sarit herrschte als Thailands Diktator bis zu seinem Tod im Dezember 1963.
Abbildung 20 Ein gebrochener FM Pibul spricht mit Reportern nach seinem letzten Interview mit Feldmarschall Sarit.
Korruption fand weiter im großen Maßstab statt. Siamesische Wirtschaftsspezialisten sagten (hinter vorgehaltener Hand) dass, falls es beendet werden könnte, ausländische Hilfe nicht mehr benötigt werden würde. KorrupSeite 302 von 408
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tion war zu einem Geisteszustand geworden, der so leicht mit patriotischen Behauptungen zusammengebracht wurde wie die thailändischen LKWFahrer in der Lage sind, wenn er durch eine Einbahnstraße fahren will einfach rückwärts hinein zu fahren in dem Glauben, dass das Gesetz mit der persönlichen Bequemlichkeit in Übereinstimmung gebracht wäre. Kein Bereich der Gesellschaft ist immun gegen Korruption. Die Armee zum Beispiel, so sagt man, hat eine eigene Bank, eigene Radiostation, Fernsehstudios, Zeitungen, Nachtclubs, eine Busgesellschaft, Fabriken und andere lukrative Quellen von Baht für die Bevorzugten. Die Wahrheit oder solche Anschuldigungen sind ohne Konsequenzen. Was bleibt ist die vorherrschende Meinung in der Öffentlichkeit, dass man bereit sein sollte, den Gerüchten zu glauben. Aber es hatte Fortschritte gegeben. Sarit tat mehr als die Straßen von Fliegen und Abfall zu befreien, mehr als einige gut versicherte Feuerleger zu erschießen als warnendes Beispiel für andere. Er restaurierte einige Maßnahmen der Ehre in Siams nationalem Leben und internationalem Status, durch sein persönliches Verhalten, seine Bereitschaft mit den Agenturen der UN zu kooperieren und seine Unterstützung für weitgehende Projekte für den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt.
Abbildung 21 Feldmarschall Sarit Thanarat, der Diktator von Siam von September 1957 bis Dezember 1963. Seite 303 von 408
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Aber eine solche Diktatur und die Fortsetzung der Korruption gefährdete die Zukunft. Der Westen, und speziell die USA kann es eigentlich besser, als einen Überfluss an Waffen und Geld über jeden auszuschütten der sich dem Kommunismus entgegenstellt. Diese Politik hatte nicht in China und auch nicht in Vietnam oder Laos funktioniert. Warum sollte sie in Thailand funktionieren, der nächsten drohenden potentiellen Quelle für eine internationale Krise? Mit dem Hauptquartier von SEATO und im Zentrum des großen Gebietes, das von Indien über die Antipoden zum Pazifik reicht, ist es eine der hauptsächlichen Stützpunkte der sorgfältig ausbalancierten internationalen Machtschaukel. Die Zeit war gekommen, dass der Westen, zum eigenen Nutzen und zum Nutzen anderer, gegenüber der alten Entschuldigung des Despotismus, dass Siam nicht für eine Demokratie bereit ist, Ungeduld zeigen sollte. Selbst wenn der Preis der bezahlt werden müsste Siams Rückzug aus der SEATO und sein Beitritt in den Block der Neutralen wäre, so würde doch die Ermutigung zur wahren Demokratie zumindest verhindern, dass sich die anti-westlichen Abneidungen verringern, die durch die derzeitige Politik gefördert wird. Unter jungen Leuten im heutigen Thailand, speziell den Produkten der Universitäten, gibt es eine große und wachsende Frustration über das Fehlen von demokratischen Möglichkeiten. Unter diesen Menschen klingt der Name Pridi immer noch wie eine Fanfare der Freiheit und der sozialen Gerechtigkeit, trotz der fortwährenden Propaganda seines angeblichen Kommunismus. Diese Propaganda basiert auf den Beschuldigungen dass er anti westliche Reden von Peking aus gehalten hätte, und dass er eine Kreatur der Chinesischen Kommunisten gewesen wäre, unter denen er gelebt hatte. Tatsächlich aber hatte er vor einigen Jahren einen Brief an die Presse geschrieben, in dem er den König aufforderte sein Vermögen statt die US-Wirtschaftshilfe zu benutzen, um den vorgeschlagenen Kanal zwischen dem Indischen Ozean und dem Golf von Siam zu bauen. Dieser Brief war in Peking im Radio verlesen worden. Er selbst hatte weder Radioreden gehalten, noch lebt er in der Nähe von Peking. Auch wenn er zwar in China lebt, dann weil weder die siamesischen Regierung noch der Westen seine vollkommene Schuldlosigkeit anerkennt, und er nicht ohne Angst der Ausweisung oder Auslieferung irgendwohin gehen kann. Die Chinesen hoffen, dass wenn eine Revolution in Siam ausbricht, er die Aufständischen anführen werde und sich dem chinesischen Einfluss unterwerfen wird. Ob das der Fall sein wird, falls das Exil in der Dämmerung seines Lebens, der Druck seiner Gastgeber und die Sorge für sein Land ihn noch nicht überzeugt haben, das wird in erster Linie von der siamesischen Regierung abhängen. Seite 304 von 408
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Während der Herrschaft von Sarit fragte ich ihn ob er zustimmen würde, dass ein internationaler Juristenausschuss alle Beweise des Königsmordverfahrens untersuchen kann, und ob, falls der Ausschuss die drei exekutierten Männer und die zwei Männer im Exil rehabilitieren würde, er Pridi ein normales Leben in Siam erlauben wollte, da antwortete Sarit nicht darauf. Sein Nachfolger General Dhanom Kittikachorn141 ist zu kurz an der Macht um den Mut zu haben in die Brennnesseln zu greifen.
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Einige Worte zu der Diktatur die auf die von Sarit folgte: Dezember 1963 - Januar 1964 - Übernahme der diktatorischen Macht von Sarit Nach Sarits Tod hatten seine Nachfolger, die Generäle Thanom und Praphas keine andere Chance als sich die Legitimation für die Militärdiktatur bei König Bhumibol zu holen. 17 Jahre auf dem Thron machten Bhumibol automatisch zu einer Kraft, die nicht übergangen werden konnte. Ironischerweise war die kommunistische Bedrohung in Thailand viel geringer als in den meisten asiatischen Ländern, als sich die Veränderung König Bhumibols vollzog. Es war die Unterdrückung des korrupten Sarit und des Thanom-Praphas Regimes, kombiniert mit einer fehlenden wirtschaftlichen Entwicklung des ländlichen Bereiches, welches die Communist Party of Thailand (CPT), die kommunistische Partei des Landes, den Mitgliederzulauf brachte. Seit Ende des zweiten Weltkrieges waren weite Teile des Landes von Fortschritt unberührt geblieben. Die amerikanische Presse porträtierte Thailand, nach zwei Jahrzehnten der USHilfszahlungen, als geführt durch korrupte, unfähige und diktatorische Generäle, die über einen hemmungslosen Drogenhandel verfügten, einer boomenden Sexindustrie und unendlichen Armut. Im Kongress brandmarkte der prominente Kriegsgegner Senator William Fulbrigth Thailand als undemokratische und nicht Wert gefördert zu werden. Auch die Mitteilung von Präsident Johnson war die, dass Thailand sein Image aufpolieren müsse, indem man Thanom dazu bewegte, eine Verfassung wieder zu errichten und demokratische Wahlen abzuhalten. Aber zu Beginn 1968 schockierte Hanoi Saigon mit seiner Tet-Offensive, und die "Communist Suppression Operations Command" gab es auf, die bäuerliche Landbevölkerung mit Reformen und Hilfe zu bearbeiten, verwarf die Lektionen aus Vietnam und machte "search and destroy" - Suche und zerstöre Operationen, wobei sie Folter, Massenexekutionen in ländlichen Gebieten vollstreckten, die die Kommunistische Partei unterstützten. Die Armee und die BPP begann die ländlichen Thais zu terrorisieren, indem sie Verdächtige aus Hubschraubern jagte und beschoss und Verdächtige in rot bemalte Fässer mit siedendem Öl steckten. Die BPP verhielt sich jetzt härter gegenüber den Hill-Tribes und machten brutale Durchsuchungen und unternahm brutale Verhöre, statt zu versuchen, das Vertrauen zu gewinnen. Die Regierung begann damit, Bergbewohner mit Gewalt in Siedlungen in den Ebenen umzusiedeln, was neue Probleme mit den dort bereits lebenden Landbewohnern verursachte. ....... Thanom reagierte durch eine harte Eskalation des Gegenterrorismus. In Khao Khor, Chiangmai, Chiangrai und anderen Gebieten, fuhren seine Einheiten die schwersSeite 305 von 408
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ten Ausrüstungen, Bomber, Artillerie, Angriffshelikopter vor den Rückzuggebieten der CPT auf. Sie verwüsteten große Waldgebiete und beschossen verdächtige Bauern mit Raketen und Napalm Bomben, ebenso wie die Amerikaner es in Vietnam getan hatten. .... Und darüber hinaus wurde sichtbar, dass die Angriffe noch mehr ländliche Bevölkerungsteile gegen die Regierung in Rage brachte, wie zum Beispiel in einem Fall, im Februar 1968, als das Dorf Meo Maw in Chiangrai vernichtet wurde. Die CPT hatten in dem Dorf in einer Nacht eine kleine Gruppe von Polizisten angegriffen. Danach hatten die Dorfbewohner versichert, sie hätten den Aufständischen nicht geholfen und boten als Beweis der Loyalität die Tatsache an, dass einige Jahre vorher König Bhumibol einen Großvater eines der Dorfältesten besucht hätte und dass gerade ein Jahr vorher die Königinmutter Sangwal dem Dorf eine neue Schule gespendet hätte. Aber es half nichts, die Luftwaffe bombardierte das Dorf und Soldaten brannten die Schule nieder ebenso wie die Kornspeicher. 17. Nov. 1971, Thanom und Praphas stürzen die eigene Regierung. Der Widerstand gegen die von den Militärs beherrschten Regierung nahm zu, besonders bei den Studenten. Als Antwort ein Putsch gegen die eigene Regierung, um mit absoluter Macht brutal gegen die Kritiker der Regierung vorgehen zu können. Wie in 1958 wurde das Parlament und das Kabinett aufgelöst, das Kriegsrecht ausgerufen und die Kontrolle wurde in die Hände eines National Executive Council gelegt. Thanom konsolidierte die Macht in seinen Händen als Premierminister, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Außenminister. Praphas. ..... Die beiden betonten schnell ihre Loyalität zu König, Nation und Religion und erklärten, dass der Coup notwendig gewesen wäre, um ernsthafte Bedrohungen im Inneren und aus dem Ausland, entgegen treten zu können. Am 13. Oktober 1973 versammelten sich ca. 400.000 Demonstranten am Demokratiedenkmal und am Parlament ....Es kam zu Auseinandersetzungen Das brachte noch Tausende mehr auf die Strasse und nun begann ein furchtbares Gemetzel. Einer der drei Tyrannen, Narong, dirigierte Infantrie von seinem Hubschrauber aus der Luft gegen die Demonstranten und schoss selber in die Menge. Mehr als 70 Menschen wurden getötet. Aber wie in Thailand leider üblich, wurde der Vorfall nie wirklich aufgearbeitet und es bleibt die Behauptung unbewiesen, dass mehrere hundert Menschen getötet wurden. In der Armee wuchs der Widerstand und stoppte das Massaker. Thanom floh in die USA. In den folgenden Jahren wurden die bereits existierenden rechtsradikalen Organisationen wie die Navapol gefördert und mit Waffen ausgerüstet. Eine Kampagne gegen alles Linke und demokratische wurde systematisch betrieben. Und führte dann zum Massaker von 1976 Aber die Entzündung für dieses neue Massaker war die Rückkehr von Thanom aus dem Exil. An seiner Rückkehr entzündete sich der Widerstand der Studenten über die vorzeitige quasi Begnadigung des Massenmörders durch den König. Rückkehr von Thanom nach Thailand 1976 Während der Vorbereitungen der Ankunft von Thanom, war Wat Bovornives Tag und Nach von einem Kordon der Reg Gaur bewacht. Als Senis Regierung hastig von Thanom verlangte, das Land zu verlassen, bevor ein Aufstand ausbrach, erklärte Samak Seite 306 von 408
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Die Verpflichtung lastet daher zum größten Teil auf König Bhoomipol, der jetzt der glückliche Vater von vier Kindern ist. Während der Jahre hat er an Persönlichkeit dazu gewonnen und er genießt den zunehmenden Respekt unter verantwortlichen Beobachtern der siamesischen Szene. Zunächst ohne jede Macht, um die Richtung der Ereignisse zu bestimmen, so kann ihm jetzt, wenn ihm der Inhalt dieses Buches vorgelegt wird, empfohlen werden für die Ehre seines Landes und das Überleben seines Thrones seine Regierung zu drängen was ich Feldmarschall Sarit vorgeschlagen hatte. Selbst Ehre und Überleben sind kleine Ziele in Anbetracht der Größe, die die Siamesen dadurch erreichen könnten. 142 Unter der Voraussetzung des Rahmens einer echten demokratischen konstitutionellen Monarchie und inspiriert von der Arbeit für sozialen Fortschritt, könnten die Siamesen mit ihrer fröhlichen Natur wertvolle Beiträge für ein großes Teil der Welt beitragen. Aber es ist notwendig, die Selbstgerechtigkeit zu säubern und die Krankheit der Korruption zu bekämpfen. Und der Westen muss helfen, indem er mehr als mit Lippenbekenntnissen auf Moral und Ruhm der Demokratie besteht. Die Chinesen haben ein Sprichwort das besagt, dass sich niemand ein Huhn hält das keine Eier legt. Gewiss hat Pridi noch keine Eier für sie gelegt. Er lebt in beschränktem Komfort in einem Haus das sie ihm zur Verfügung gestellt haben, mit einem Sekretär und Chauffeur den sie ihm bereit gestellt haben. Was auch immer seine politischen Interessen sind, so arbeitet er zur Zeit an Übersetzungen oder an philosophischen Arbeiten in denen er versucht Buddhismus in den Kontext einer modernen Gesellschaft Welt zu stellen. Sein Haar ist frühzeitig ergraut, er trinkt ein bisschen Wein zum dem Kabinett, dass der König und die Königin seine Rückkehr genehmigt hätten. Wie erwartet, brachen massive Unruhen und Demonstrationen aus, und es waren nicht nur Studenten. Unter den vielen privaten Gruppen, forderte die Leitung der thailändischen Anwaltsvereinigung eine polizeiliche Untersuchung über die Schuld von Thanom an den Tötungen des Oktobers 1973. Am 22. September stimmten erregte Abgeordnete der Democrat Party zusammen mit der Opposition im Parlament einer Resolution zu, nach der Thanom wieder des Landes verwiesen werden sollte. ..... Am 25. September waren zwei Aktivisten, die Anti-Thanom Poster aufhängen wollten, in Nakhon Pathom, westlich von Bangkok zu Tode geprügelt, und an einer Wand auf gehangen worden. Es wurde bald klar, dass die Polizei sie getötet hatte. Im Anschluss folgte das Massaker an der Thammasat-Universität in deren Nachwehen eine neue rechtsgerichtete Regierung die Regierungsgeschäfte übernahm die mit harter Hand gegen Demokratieaktivisten vorging. 142
Wie wir wissen, musste Pridi seinem Exil in Frankreich sterben. Erst seiner Asche wurde erlaubt zurück in seine Heimat zu kehren. Seite 307 von 408
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Essen, aber er hat das Rauchen seiner Gauloises nicht aufgegeben. Siamesische Flüchtlinge, Kommunisten und Nicht-Kommunisten kamen zu ihm, dem Mentor der Alten, und er erklärt ihnen mutig zu sein. Eines Tages wird die Tragödie Anandas nicht länger seine Rückwirkungen auf die Welt der politischen Macht haben. Und all die rastlosen Geister die durch das Ereignis gequält wurden, einschließlich dem von Ananda, könnten ihre Wanderungen beenden. Das wäre ein guter Tag. Bis dahin will ich kein Ende für diese seltsame Geschichte schreiben.
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Paul Handley Paul Handley weist auf einige Punkte hin, die noch nicht erwähnt wurden. Einer scheint besonders wichtig zu sein, wenn man die Person Chaleo beurteilt. War Cheleo doch offensichtlich mit dafür verantwortlich dass die Bank der Monarchie, die Siam Commercial Bank, durch die Bangkok Bank eine für den Palast unerwünschte Konkurrenz erhalten hatte.
Chaleo ..“…. {Prinz} Rangsit überzeugte Ananda und seine Mutter Chaleo und Vacharachai im Mai 1946 zu entlassen. Rangsit hatte vielleicht begründeten Anlass, zumindest Chaleo zu entlassen. Es scheint als ob Chaleo gegen Ende des Jahres 1944 in die Geschäfte und die Angestelltenstruktur der im Palastbesitz befindlichen Siam Commercial Bank Palast eingegriffen hatte, über die er während des Krieges einige Überwachungsaufgaben wahrnahm. Mit dem Ziel die neue Bangkok Bank zusammen mit einer Reihe von Pridi Verbündeten aufzubauen, mit Chaleo im Aufsichtsrat, die sehr mächtig geworden war, während die Siam Commercial Bank geschwächt worden war. Dadurch, dass die Bangkok Bank viele Geschäfte mit der Regierung machte, scheint sie ein Werkzeug für den Pridi Bloc zu sein.143 (Paul Handley, The king never smiles, 2005, S. 75)
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Die Siam Commercial Bank war von Rama VI gegründet worden und die Bank des Palastes. Als Phibun im Jahr 1930 die Macht ergriff , waren die Männer von König Prajadhipok aus der Bank vertrieben worden und der Höfling von Rama VI Ram Raghob wurde mit seinem Betrieb beauftragt. (Ram war der Schwiegersohn von Phraya Yommaraj, der die Volkspartei in das Ananda Regent-Konsil im Jahr 1944 berief.) Kurz nachdem Prinz Rangsit und die anderen Monarchisten aus dem Gefängnis im Jahr 1944 entlassen worden waren, verließ Ram die Siam Commercial um zu Chaleo zu wechseln und die Bangkok Bank zu gründen. Die Siam Commercial Bank wurde in königliche Hände zurück gegeben, sein Vermögen und die Kundenbase offensichtlich deutlich verringert. Verschiedene Verbündete von Pridi und der Free Thai Organisation traten offensichtlich der Bangkok Bank auch bei. Luang Banakorn Kovit (Pao Chakkaphak, Sawat Sotthitada, Chittasen Bancha, Fuen Suphansam und der chinesisch-thailändische Geschäftsmann Chin Sophonpanich. In der Folge von Pridis Exil und Chaleos Verhaftung geriet die Bank in Schwierigkeiten. Indem er seine Gefolgschaft einem neuem Unterstützer zuwandte, dem Polizeichef Phao Sriyanond, übernahm Chin die Kontrolle, und machte die Bank im Laufe der Zeit zur größten Bank Südostasiens. Seite 310 von 408
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Wer tötete Ananda? Bis zu diesem Tag, trotz der tragischen Ergebnisse die es auf das Leben von so vielen Menschen hatte, bleibt die Antwort ein Geheimnis. Mehr als jede andere betroffene Person zieht es Bhumibol vor, es so zu belassen. Der Tod öffnete politische Störungszonen und verursachte Jahre von Intrigen wie in Ayutthaya. Und da das Ereignis den Palast in das Zentrum der Politik platzierte, hatte der Tod Anandas die Wichtigkeit der Monarchie auf perverse Art gesteigert, und auf perverse Art auf die Monarchie gerichtet, und letztendlich seine Macht ins großartig ausweitete. Zwei der möglichen Erklärungen, die zu dieser Zeit in Betracht gezogen wurden waren einfach und verständlich. Ananda tötete sich selbst, entweder durch einen Unfall während er mit der Pistole spielte, oder absichtlich. Beides war vorstellbar, weil Ananda und Bhumibol geladene Waffen unmittelbar neben ihren Betten aufbewahrten. Die schändliche dritte Theorie war, dass Ananda aus politischen Gründen ermordet worden war. Unter Berücksichtigung der Spannungen zwischen den verschiedenen Fraktionen und Personen, die um die Macht stritten, wäre dies eine plausible Erklärung. Aber nur wenige konnten sich das vorstellen, da Ananda noch eine unschuldige und wenig machtvolle Kraft in der thailändischen Politik war. Die weit verbreitete Theorie war zunächst, dass Pridi den König erschossen hätte, und zweitens, dass andere, also die Clique von Phibun oder vielleicht junge Monarchisten Ananda getötet hätten, um Pridi Schwierigkeiten zu machen und eine Falle zu stellen. Da die Auswirkungen eines möglichen Mordes des Königs unvorhersehbar war, werden beide Theorien unwahrscheinlich, aber nicht unvorstellbar. Es gab einfach keine klare Nützlichkeit in der Tat. Eine vierte Theorie, die in einer Biographie von König Bhumibol „Der revolutionäre König“ im Jahr 1999 veröffentlicht wurde, war dass der notorische japanische Kriegskommandeur Tsuji Masanobu Ananda getötet hatte, in einem Versuch, den japanischen Einfluss in einem Nachkriegsthailand über Phibun wieder herzustellen. Die Theorie wäre schnell zu widerlegen gewesen, hätte der Autor William Stevenson nicht unvergleichlich viele private Interviews mit Bhumibol gehabt. Auch Tsuji Spezialisten weisen diese Theorie zurück und argumentieren, dass Tsuji zu dieser Zeit überhaupt nicht in Thailand gewesen wäre.144 144
William Stevenson, The Revolutionary King, London: Constable, 1999. Die Art und Weise wie das Buch durch den Palast nach der Veröffentlichung zurückgewiesen wurSeite 311 von 408
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Bei dem Ereignis hatte die Regierung am 9. Juni in einer Mitteilung erklärt, dass Ananda sich versehentlich getötet hatte, während er mit der Pistole hantierte. Erzeugt durch Pridi in Übereinstimmung mit Rangsit, der Königinmutter, anderen höchsten Prinzen und Regierungsbeamten, erhielt die Erklärung respektvoll das königliche Prestige und den Anspruch auf Unfehlbarkeit aufrecht, indem erklärt wurde, dass der fatale Irrtum geschehen konnte, weil Ananda unter Beschwerden im Verdauungstrakt gequält worden war und seit Wochen unter einem Verlust der Vitalität gelitten hatte. Kleinere Magenverstimmungen hatten Ananda gezwungen zwei Auftritte zu verpassen und er hatte diese durch Bhumibol wahrnehmen lassen. Nur Wenige waren überzeugt von dieser Darstellung. Es gab Gerüchte über Familienstreitigkeiten die zu einem Freitod geführt hätten. Einer dieser Behauptungen erklärte, dass Ananda einen Streit mit seiner Mutter über „eine schmutzige Geschichte über deren Auseinandersetzung mit ihrem Privatsekretär“145 de, lässt, unter vielen anderen Dingen, vermuten, dass der König selbst diese Theorie zurückweist. 145
(Der Autor berichtet über ein Gespräch mit Yost, einen amerikanischen Chargé d’Affaire) Macdonald, Bangkok Editor, S 49 ff. „Ich hasse daran zu denken,“ begann ich, „aber jedes Mal wenn ich versuche es heraus zu bekommen, fällt mir ein weiterer neuer Grund ein, warum er es selbst hätte tun können. Aber eigentlich war ein Grund alleine nicht genug um ihn dazu zu treiben.“ „Welche Art von Grund?“ antwortete Yost still. „Zum Beispiel gab es da seine Krankheit. Er war nicht sehr krank, aber wir wissen nicht, wie sehr es ihn sorgte. Es mag nicht schlimm genug gewesen sein, {um den Selbstmord auszulösen}, aber sie hätte dazu beitragen können. Es gab Gerede über Familienärger. Man hörte, dass er mit seiner Mutter gestritten hätte – eine schmutzige Geschichte darüber, dass sie sich mit ihrem Privatsekretär eingelassen hätte. Es hätte auch nur eins dieser bösartigen Palastgerüchte sein können, und ich ziehe es wirklich auch vor das zu glauben. Ich weiß, dass einige aus der königlichen Familie nichts von ihr wissen wollen, weil sie eine Bürgerliche war. Dann gab es da die Geschichte einer vereitelten Liebesgeschichte, mit einem italienisches Mädchen aus seiner Schule in der Schweiz. Auch ein Gerücht, aber wieder weiß man nichts Genaues. Ich weiß wie scheu und gefühlvoll er war – fast bis zu einem neurotischen Grad. Man erinnert sich daran, wie er darunter zu leiden schien, bei öffentlichen Funktionen aufzutreten. Wenn es so war in diesem Fall, dann musste er die Idee in der nächsten Woche die USA zu gehen furchtbar gefürchtet haben. Und wie sie geplant hatten, den Präsidenten, dann nach England zu fahren um den König zu treffen. Nur alleine der Gedanken daran hätte ihn zu Depressionen führen können oder ihn aufregen können.“ Yost sagte nichts. „Es gibt da einige mögliche Gründe, einer alleine ist nicht sehr wahrscheinlich, aber wir wissen nichts sicher. Es könnte etwas anderes geSeite 312 von 408
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Aber das stärkste Gerücht wurde dann doch das, dass der König ermordet worden wäre. Entweder durch Pridi oder seine Leute. Innerhalb kürzester Zeit wurde Pridi zum Rücktritt gezwungen und ein Jahr später wurden Chaleo und Vacharachai durch eine neue monarchistische Regierung als Hintermänner bezeichnet. Pridi und Vacharachai flohen in das Exil und der Fall wurde durch die Monarchisten bis 1954 verfolgt, bis das Gericht schließlich Chaleo und die beiden anderen zum Tode wegen Königsmord verurteilte. Sie wurden im Jahr 1955 exekutiert. …. Die Theorie, dass Bhumibol seinen Bruder getötet hätte, wurde niemals gründlich untersucht. Eine solche Untersuchung hätte die Unfehlbarkeit des Königs in Gefahr gebracht und den Ruf gesamten Institution gefährdet, vielleicht wäre sie zerstört worden. Das verhalten der königliche Familie nach dem Unfall gibt keine Anzeichen für Annahmen. Wenn die Mahidols selbst wussten ob es Selbstmord oder Brudertötung war, dann hätte man annehmen können, dass sie in die Verhöre oder Anklagen eingegriffen hätten. Sowohl König Bhumibol als auch seine Mutter sagten aus und hätten die Angeklagten verteidigen können, indem sie auf eine Anwort hinweisen. Auch hätte der König eine Amnestie für die zum Tode verurteilten aussprechen können, hätte er gewusst, dass sie unschuldig waren.146 Einer derjenigen, der den größten Einfluss auf die Familie nach dem Krieg hatten, Prinz Dhani, sagte in dem Fall aus, dass er einen Mord vermutete. geben haben, möglicherweise. Etwas, das eine persönliche oder mentale Sorge erzeugt hat, der er nicht länger widerstehen konnte. Vielleicht werden wir es nie erfahren. Wer weiß schon, was genau im Kopf eines Anderen vorgeht?“ Yost sprach immer noch nicht. Vielleicht wartete er darauf, dass ich mit dem Richtigen heraus rückte und es sagen würde. „Also bis jetzt, wenn ich eine Wahl aus den drei Möglichkeiten treffen müsste, würde ich auf Selbstmord tippen. Es hätte auch ein Unfall sein können, sicher. Ich würde einen Mord noch nicht einmal in Erwägung ziehen, außer sie finden noch Beweise dafür, oder zumindest ein überzeugendes Motiv.“ Yost reagierte diesmal darauf. Endlich sprach er, so leise, dass ich es kaum verstehen konnte. „Ich hatte die gleichen Gedanken seit das erste Wort darüber heute morgen bekannt wurde. Es hätte ein Selbstmord sein können, und ob sie sicher sind über diese Tatsache oder nicht, sie können es nicht zugeben. Es ist eine tragische Sache für sie, sicher, egal wie es passierte.“ Er zog an seiner Zigarette. „Aber das ist meine persönliche Meinung. Offiziell muss ich die Dinge so melden, wie ich sie bekomme, wie Sie mit der AP.“ 146
Der Biograph Stevenson sagt, dass Bhumibol beabsichtigt hätte, die Todesstrafe zu annullieren, aber dass der Polizeichef Phao Sriyanond das Urteil im Geheimen vollstreckt hätte, und dabei große Eile nach dem Urteil gezeigt hätte. Aber es waren vier Monate nach dem abschließenden Urteil bis zur Exekution vergangen, und mehr als sieben Jahre seit die drei zum ersten Mal angeklagt worden waren. Seite 313 von 408
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Selbst wenn er die Wahrheit gewusst hätte, wäre das Eingreifen des Königs in einem so politisierten Fall schwer gewesen. Er war bis in die frühen 1950er Jahre politisch schwach, also zu einer Zeit, als sowohl die Monarchisten als auch die Phibun Clique sich der Vernichtung von Pridi verschrieben hatten. Jedenfalls kann man sagen, dass Bhumibol nicht versuchte zu intervenieren. Im Gegenteil könnte aber die offensichtliche Tatenlosigkeit der königlichen Familie auch ein Geheimnis bewahren. Eine Intervention zu Gunsten von Unschuldigen hätte den Fall weiter in der Schwebe gehalten und die Frage, wer Ananda getötet hätte weiter offen gehalten. Um zu verhindern, dass die Aufmerksamkeit auf Bhumibol und seine Mutter gelenkt wurde, hätte man andere Verdächtige heranziehen müssen, aber es gab keine. Eine neue Untersuchung wäre für den Palast äußerst unangenehm, ebenso wie für die Regierung. Egal wie man es wendet, es gibt nicht genügend Beweise um zufriedenstellend zu einer Lösung zu kommen. Kann Bhumibols Verweigerung seit Anandas Tod in der Öffentlichkeit mit einem Lächeln gesehen zu werden die Wahrheit verstecken, wie manche glauben? Nicht wirklich, denn selbst seine traurige Mine ist absichtlich mehrdeutig. Es gibt keinen Grund für König Bhumibol, sollte er die Wahrheit wissen, diese mit in seine Kremationszeremonie zu übernehmen. (wie vor, Seite 76 ff.) Warum hatte der Polizeichef nicht auf ein Zeichen des Palastes gewartet, wie der Amnestieantrag beschieden werden würde? Auf den Seiten 124 ff. beschreibt Paul Handley die Beziehungen des Regimes zum Palast: So lange wie der Palast den Anschein machte, sich aus der Politik heraus zu halten, wurde er von der Junta unterstützt. Es machte sowohl den Geburtstag des Königs als auch der Königin zu einem nationalen Feiertag und lud den König ein, militärische Zeremonien zu überwachen. Darunter auch die Abschlussfeiern von Offizieren an der Akademie und die Ernennung höherer Offiziere. Gegen Ende des Jahres 1952 überließ die Regierung dem Thron die direkte Kontrolle über die Palastwache. Und in einem wichtigen Staatsakt wurde der Thron mit der breiten Masse des Militärs verwoben, indem Bhumibol eingeladen wurde bei verschiedenen Gelegenheiten die Flaggen von Einheiten der Polizei und des Militärs zu übergeben.
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Tatsächlich taten die Generäle alles um zu vermeiden, dass der Anschein entstand, dass sie gegen den populären Monarchen eingestellt wären, der ein integraler Bestandteil des Krieges gegen den Kommunismus war und von den Vereinigten Staaten als solcher gefördert wurde. Die CIA und der US-Informationsdienst gaben Handzettel und Bücher heraus, in denen in thailändischer Sprache erklärt wurde, wie der Kommunismus im Gegensatz zur Nation, Religion und dem König standen. Sie übertrieben die Bedrohung, indem sie Dokumente in thailändischer Sprache fälschten, in denen sie die Monarchie angriffen. Im Laufe der Zeit weiteten die USA ihre Anstrengungen auf Bilder, Bücher und Filme aus. Im Jahr 1956 hatte die USIS acht mobile Teams im Einsatz, die Filme und Musikshows verbreiteten, in denen der Kontrast zwischen dem geliebten König und der Königin und dem teuflischen Spektrum des Kommunismus aufgezeigt wurde. Während der Kommunismus dadurch auch nicht weniger abstrakt wurde, war die Monarchie etwas Reales. Der Palast erwiderte die Freundlichkeit indem er Phao, Phin und Sarit ihre Freundschaft anbot. Niemand von ihnen war besonders appetitlich, aber der Palast wollte ihre Rivalität ausnutzen um sich selbst zu schützen, sollte einer von ihnen die Macht übernehmen. Die Generäle wurden eingeladen an Palastzeremonien teilzunehmen und manchmal um mit der königlichen Familie zu Dinieren. Im Jahr 1953 wurden ihnen königliche Auszeichnungen verliehen, die es ihnen erlaubten, als Günstlinge der Monarchie angesehen zu werden. Einige Verbindungen wurden auch über Geschäfte geschlagen. Thawiwong investierte Palastgeld in einige gemeinsame Investitionen mit den Generälen, die das Monopol der Kontrolle über viele Industrien besaßen. Sowohl der legalen als auch der illegalen Aktivitäten. Der Palast bemühte sich besonders, Phao zu befriedigen. Im Jahr 1953 saß der König mehreren öffentlichen Zeremonien vor, in denen Phao und anderen Polizeigenerälen besondere Ränge und Auszeichnungen verliehen wurden, sowie die Beförderung von höheren Offizieren bestätigt wurden. Bhumibol präsidierte auch über die Amtseinführung von Phaos persönlicher Brigade von aswin, oder Rittern, eigentlich Schläger, die Phaos Drogen und Schutzgeldkartell betrieben. Der Schlüssel zu dieser Beziehung wurde die BPP147. Als Partner der CIA für die antikommunistischen Operationen war die BPP besser ausgebildet und bewaffnet wie die reguläre Armee.
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Border Patrol Police, eine Einheit ähnlich dem Bundesgrenzschutz in Deutschland, aber mit weitgehenden Funktionen und Rechten. Die Einheit steht in Konkurrenz zur Armee und unterstand dem Polizeichef. Seite 315 von 408
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Seine Trainingszentren waren in der Nähe des Königspalastes in Hua Hin. Da der König die BPP Landebahnen benutzte, und die Einheit als seine örtliche Eskorte fungierte, blühte hier eine besondere Beziehung auf. Der König besuchte häufig die Kaserne, um mit den BPP Soldaten gemeinsam Sport und Schießtraining zu absolvieren. Als die BPP im Jahr 1954 damit begann, ein Freiwilligencorps auf dem Land aufzubauen, das im ganzen Land 120.000 Mann umfassen sollte, wurde der König deren Schutzpatron und verlieh den Einheiten ihre Flaggen. Die besondere Beziehung wurde sowohl durch Phao als auch der CIA gefördert. Bei einer Gelegenheit stellte eine Studie fest, dass die BPP „selbst zu der Einsicht gekommen wäre, besondere Verantwortung für den Schutz der thailändischen Nation und des Königs übernommen zu haben.“ 148 Dies war dem Palast angenehm, da die Beziehung über die mit Phao hinausging und weiter auch bei Phaos Abwesenheit funktionieren würde, oder falls er den Thron herausfordern würde. Phao genoss die Aufmerksamkeit des Königs und erzählte Diplomaten, dass der Palast ihn gegenüber Phibun bevorzugen würde. 149 Im Jahr 1955 tat er dem Thron den vielleicht größten Gefallen: er beendete den Todesfall Anada. Es war nicht angenehm, aber es war abschließen. Handley fasst die Gerichtsverfahren kurz zusammen und schreibt dann: Nur der König hatte die Macht ihre Hinrichtung aufzuhalten, aber der Palast war über vier Monate ohne ein Zeichen geblieben. Während Phibun außerhalb des Landes war, am 17. Februar 1955 ließ Phao die drei still und heimlich erschießen. Vier Jahrzehnte später würde König Bhumibol sagen, dass die Hinrichtung ihn überrascht hätte, während er noch über eine Begnadigung nachdachte. 150 Aber vier Monate der Stille unterstützt diese Aussage nicht. Ein weiteres Anzeichen, dass die Hinrichtung erwartet wurde, war die Tatsache, dass die Königinmutter Sangwal einen privaten Kurs zur Seelenreinigung (vipassana) mit Meditiation zwei Tage vor der Hinrichtung begann. Während eines Monats hielt sie sich selbst vom Srapathum Palace fern, und sie er-
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Thomas Lobe und David Morell, Thailand’s Border Patrol Police: Paramilitary Political Power, in Supplementary Military Forces: Reserves. Militias, Auxiliaries, ed Lous Surcher and Gwyn Harries-Jenking (Beverly Hills: Sage, 1978), S. 157 149
Kobkua, Thailand’s Durable Premier, 77, 98 bis 101.
150
Stevenson, The Revolutionary King, 111-18
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schien nur um ihren Meditationslehrer Phra Thepsiddhimuni in Wat Mahathat zu treffen. Sangwals plötzlicher Wunsch zu meditieren wurde später damit erklärt, dass sie an Schlaflosigkeit gelitten hätte, aber das Timing dass sie versuchte ihr Gewissen zu reinigen. Phaos schmutzige Arbeit beendete den Fall. Hätte Bhumibol interveniert, hätten die Menschen weiter gefragt: Wenn sie es nicht waren, wer hatte es dann getan? Jetzt musste Bhumibol diese Frage nur noch sich selbst beantworten.
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Prof. Simpson Der britische Pathologe Keith Simpson schreibt über seine Beteiligung an dem Ananda Fall: („The violent Death of King Ananda of Siam“ in seinem Buch „Vierzig Jahr Morde: Eine Autobiographie“ London: Harrap, 1978) dass er mit der Selbstmordtheorie nicht übereinstimmt. Diese Version wird verschiedentlich zitiert. Er schreibt: „die Frage war: Unfall, Selbstmord oder Mord? Der König war sehr an Handfeuerwaffen interessiert und hatte oft mit Vacharachai geübt. Er hob einen amerikanischen .45er Colt Automatik in der Schublade neben seinem Bett auf. Hätte die Waffe versehentlich losgehen können, während er sie untersuchte? Hätte ein intelligenter Mann, der alles über Schusswaffen wusste, eine Pistole untersucht die entsichert war und mit einem gefüllten Magazin, während er auf dem Bett auf dem Rücken liegt, sein Kopf auf dem Kissen und die Pistole mit der Mündung auf der Stirn? Die Idee scheint weit hergeholt zu sein, selbst abgesehen von der Tatsache, dass die Sehkraft des Königs so schlecht war, dass er nichts ohne seine Brillengläser hätte untersuchen können. Und die Brille lag zum Zeitpunkt des Todes auf dem Tisch neben dem Bett. Die Position des Körpers macht einen Selbstmord ebenso unwahrscheinlich. In zwanzig Jahren meiner Erfahrung hatte ich keinen Selbstmörder gesehen, der sich erschoss während er flach auf dem Rücken lag. Kein einziger Fall ist mir bekannt. Der Selbstmörder sitzt oder steht während er sich erschießt. Es gab weitere starke Indizien gegen einen Selbstmord. Die Pistole wurde an der Seite des Königs neben seiner linken Hand gefunden. Aber er war Rechtshänder. Die Wunde über seinem linken Auge war weder seine bevorzugte Seite noch eine Kontaktwunde. Die Richtung aus der der Schuss abgegeben worden war nicht in Richtung des Kopfzentrums. Darüber hinaus hatte der König nie Selbstmordgedanken geäußert und war zum Zeitpunkt seines Todes nicht depressiv. Dass deutete nur auf einen Mörder hin, auf das die Beweise stark hindeuteten. Ich dachte, dass er fast mit Sicherheit erschossen worden war während er döste, und dass die Bewusstlosigkeit unmittelbar eingetreten war. „Dies ist kein Fall von Selbstmord und auch nicht ein Unfall, sondern ein absichtlicher Mord durch eine Schusswaffe“ stellte ich in meinem Bericht fest.“ Seite 318 von 408
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Rayne Kruger hatte die Punkte in seinem Buch widerlegt, indem er darauf hinwies, dass der König im Bett gesessen hätte und beschrieb wie er die Pistole festgehalten hatte, und dass der tote Köper dann mit Eintritt des Todes erwartungsgemäß in die Ruhelage zusammengefallen war. In der erwähnten Autobiografie des britischen Sachverständigen Prof. Keith Simpson, des ersten Professors für Forensische Wissenschaften an der Universität London, dessen Meinung, dass ein Selbstmord unwahrscheinlich wäre, vor Gericht durch die Anklage verwendet wurde, fand ich einen erstaunlichen Vermerk: „Es tat mir leid, dass ich nicht hatte nach Bangkok reisen können, aber ich habe eine wunderschöne silberne Zigarettenschachtel mit einer Gravierung des königlichen Palastes darauf als Erinnerung an den Fall. Sie war mit in London durch den Generalmajor Phra Phinik „im Auftrag des Königs“ geschenkt worden. Die Gebühr meiner Dienste wurden seltsamerweise in der Nacht und in bar gezahlt. Sorgfältig unter einer Straßenlaterne in der Cromwellroad in der Nähe der Botschaft – nach einer Verabredung - abgezählt. Den Grund für dieses seltsame Arrangement habe ich nie herausgefunden.“ 151. Was soll man davon halten? War die Bezahlung als Bestechungsgeld angesehen worden, damit der Gutachter ein entsprechendes Placet abgab, das die Theorie der anklage unterstützte? Daraufhin habe ich die Autobiografie noch einmal gründlicher gelesen und festgestellt, dass Simpsons erstes Urteil offensichtlich schon sehr früh gefällt worden war. Schon auf den ersten zwei Seiten des Artikels über Anandas Tod schreibt er: „Die Könige von Siam, die Chakri Dynastie, die das Land seit sieben Jahrhunderten beherrschte, waren keine normalen Sterblichen. Der König war der „Gott des Lebens“, „Göttlich“. Keines seiner Untertanen war erlaubt ihn physisch zu berühren, ihm den Rücken zuwenden oder auch nur die Beine in seiner Gegenwart übereinander zu schlagen, wenn einem erlaubt wurde im königlichen Palast Platz zu nehmen. Ihn zu töten war nicht nur ein Herrschermord, sondern ein Göttermord. … Aber trotz Allem war es keineswegs ein seltenes Ereignis in diesem Land. Von den dreiunddreißig Königen wurde nicht weniger als ein Drittel entweder ermordete, oder ermordete Rivalen. Beamte in der Nähe des Thrones 151
Professor Keith Simpson, Forty Years of Murder, London 1978, S. 178-179 Seite 319 von 408
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hatten ihre Herrscher getötet, und es hatte auch andere Morde innerhalb der königlichen Familie gegeben. Ein lebender Gott zu sein, war keine Versicherung gegen einen gewaltsamen Tod.“ Zum Einen zeigen diese Zeilen ein fehlerhaftes Wissen über die thailändischen Könige, denn die Chakri-Dynastie ist mitnichten siebenhundert Jahre alt und weist auch nicht dreiunddreißig Könige auf. Zum anderen ein vorschnelles Urteilen ohne ausreichende wissenschaftliche Rückversicherung.“ Simpson beschreibt dann die Vorgänge des Todes, ohne eine Quelle für seine Informationen bekannt zu geben. Und schließlich urteilt er auf Seite 175 auf Grund von Hörensagen: „Die Position des Körpers ließ einen Selbstmord ebenso unwahrscheinlich erscheinen. In zwanzig Jahren Erfahrung hatte ich noch keinen Selbstmörder gesehen, der sich im Liegen erschoss.“ Der Professor kommt nicht auf die Idee, dass der Körper im Tod hätte erschlaffen und in die Position fallen können. Nachdem er diese Schnelle Diagnose abgegeben hatte, erhielt er den Besuch eines Kollegen aus Siam, mit dem er gemeinsam neun Tage nach Möglichkeiten suchte, die Theorie zu untermauern. Zuerst geht er auf Seite 176 kurz darauf ein, dass die Anklage behauptet hatte, dass die Pistole außerhalb des Moskitonetzes gelegen hätte, während die Zeugen ausgesagt hatten, dass die Pistole innerhalb des Moskitonetzes gelegen hatte. Dann schreibt er: „In Januar 1949 wurde ich noch einmal in dem Fall konsultiert, dieses Mal von Dr. Niyomsen von der Universität von Bangkok, der Pathologe aus der ersten Untersuchungskommission. Er kam nach London und blieb neun Tage und versorgte mich mit zusätzlichen Fakten aus erster Hand, die die Meinung stärkten, die ich schon zu beginn geäußert hatte. Demnach hatten die Blutflecken und die Position der Projektil gezeigt, dass der Kopf des Königs auf dem Kissen gelegen hatte, währen er erschossen worden war.“ Wir erinnern uns: Das Kissen war auf einem Golfplatz vergraben worden, weil es durch das Blut unbrauchbar geworden war, und erst Tage später untersucht worden. Und das Projektil sollte einerseits beweisen, dass sie auf den König im Liegen abgefeuert worden war, aber gleichzeitig erklärte das Gericht, dass sie „platziert“ worden wäre.
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Was in seinem Bericht auch stört ist folgende Äußerung auf der gleichen Seite: „Das Verfahren wurde vertagt, nachdem zwei der Verteidiger ermordet wurden und Dr. Niyomsen erklärte mit in einem Brief dass die medizinischen Beweise wohl kaum vor August oder September aufgerufen werden würden. „Das Verfahren ist lang und ermüdend,“ schrieb er mir. „Die Aussage eines zeugen kann eine Woche dauern und das ganze Verfahren ein Jahr.“ Das waren tendenziöse Verzögerungstaktiken.“ Zum Abschluss findet man auf Seite 179 die Bemerkung: „In der Folge wurde Siam zu Thailand und Dr. Niyomsen wurde zum ersten Professor für forensische Medizin an der Universität von Bangkok ernannt, ungefähr zur gleichen Zeit als ich der erste Inhaber dieses Stuhls an der Guy wurde. …“ Interessant ist die Tatsache, dass viele moderne Gerichtsmediziner die Schlüsse, die zu Simpsons Meinung geführt hatten, heute ablehnen.
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Sulak Sivaraksa In seinem Buch „Im Angesicht der Macht: Pridi Banomyong“ Aufstieg und Untergang der Demokratie in Siam152, schreibt Sulak Sivaraksa auf S. 2022: „In Bezug auf die Diskussion um Pridi Banomyong, gingen den konservativen Geschichtenerzählern vielleicht die innovativen Ideen aus, um Fakten aus dem Nichts heraus zu erfinden, die dazu führten, ihn mit dem Tod von König Ananda Mahidol oder Rama VIII. in Verbindung zu bringen. Pridi war friedlich gestorben, aber die aufgeklärten Konservativen hatten noch eine sadistische Freude daran, seinen Namen und Ruf zu missbrauchen und liebten es noch jemanden zu geißeln, der sich nicht länger selbst verteidigen konnte. Ihr Handeln zeigt keinen Unterschied zu dem von Rohlingen, die Kleinkinder auf einem Spielplatz einer Kindertagesstätte verprügeln. Zahlreiche Gerichte haben Pridis Unschuld nachgewiesen, eine Tatsache, die durch neue historische Beweise noch untermauert wurde. Dennoch sind diese Fakten unzureichend, um die soliden Vorurteile und den Hass der Konservativen ins Wanken zu bringen oder aufzubrechen. In einem Memorandum vom 14. Juni 1946 berichtete Charles W. Yost, der amerikanische diplomatische Würdenträger, dem Außenministerium über sein Treffen mit Premierminister Pridi Banomyong am Tag nach dem Tode von König Ananda. Yost informierte das Außenministerium, dass Pridi mit ihm "...sehr offen über die gesamte Situation gesprochen und den Tod des Königs auf einen Unfall zurückgeführt hatte, aber es war offensichtlich, dass er im Hinterkopf die Möglichkeit eines Selbstmords in Erwägung zog. Pridi war aufgrund der Anschuldigung des 'Foulplays' sehr wütend und in 21 seiner Art und Weise verbittert, in der er (ohne jeglichen Zweifel) versicherte, dass die königliche Familie, die Opposition, vor allem Seni Pramoj, Phraya Sudhiat und speziell die Mutter des Königs ihm gegenüber voreingenommen waren."
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ISBN 974-93403-4-5. Das Buch ist eines der wenigen Bücher in thailändischer Sprache, das sich kritisch mit der Nachkriegssituation Thailands auseinandersetzt. Sulak vertritt die Meinung, dass die Demokratie mit dem Putsch von Phibun im Jahr 1946 beendet wurde. Tatsächlich hat es erst im Jahr 1997 wieder eine Verfassung gegeben, die ähnlich große Freiheiten einräumte. In dem Buch findet man auch einen tabellarischen Vergleich der Verfassungen bis 1997. Seite 322 von 408
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Yost fuhr fort, "...(Pridi) sagte, dass ...König (Ananda) sich als konstitutioneller Monarch immer äußerst korrekt gegeben hatte und ihre Beziehungen trotz der Vorurteile, die sich durch die äußere Beeinflussung in den Gedanken des Königs festgesetzt hatten, freundlich und korrekt gewesen waren. Wie auch immer, er gab offen zu, dass seine Beziehung zur Mutter des Königs hoffnungslos schlecht war und er befürchtete sehr, dass sein Verhältnis zu dem neuen König in der selben Art und Weise vergiftet würde, wie zu König Ananda." Nichtsdestotrotz, schloss Yost : "...beabsichtigte (Pridi) zu versuchen, weiterhin mit dem neuen König und seiner Mutter zusammenzuarbeiten." Am nächsten Tag traf sich Yost mit Außenminister Direk Jayanama, der gerade eine Audienz mit dem neuen König gehabt hatte. In seinem Bericht an das Außenministerium bemerkte der diplomatische Geschäftsträger, "König Bhumibol informierte den Außenminister, dass er (die weit verbreiteten) Gerüchte über den Tod des letzten Königs als absurd betrachte, dass er seinen Bruder gut gekannt habe und dass er sicher war, dass sein Tod durch einen Unfall verursacht worden sei." Wie auch immer, Yost fügte näher bestimmend hinzu, "Während das, was der König zu Direk sagte, nicht notwendigerweise das ausdrückte, was er wirklich glaubte, ist es nichtsdestoweniger interessant, dass er dem Außenminister eine so eindeutige Stellungnahme abgab." Dann brachte Yost einen wichtigen Punkt zur Sprache: Die Konservativen und die Opposition nutzten den Tod des letzten Königs, um Pridi zugrunde zu richten und ihre eigene politische Position zu stärken. Er schrieb, und es verdient vollständig zitiert zu werden: "Das Ministerium war vielleicht auch interessiert zu wissen, dass innerhalb von achtundvierzig Stunden nach dem Tode des letzten Königs zwei Angehörige von Seni Pramoj, erst sein Neffe und später seine Ehefrau, zur Repräsentative kamen, um kategorisch ihre Überzeugung zum Ausdruck zu bringen, dass der König im Auftrag des Premierministers umgebracht worden war. Es war natürlich klar, dass sie von Seni geschickt worden waren. Ich fühlte, dass es notwendig war, jedem von beiden schärfsten zu erklären, und es absolut klar zu machen, dass diese Vertretung sich nicht in politische Intrigen Siams hineinziehen lassen kann, dass ich den Umlauf von erfundenen Gerüchten zu dieser Zeit, unbestätigt und ohne eine Spur des Beweises, für völlig unentschuldbar hielt."
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Yost erklärte auch, dass einige Oppositionsmitglieder mit ähnlich großen Klatschgeschichten an den britischen Minister herangetreten waren, dieser aber alle zurückgewiesen hatte. Mitte des Jahres 1948 wollte dann der US-Botschafter Edwin Stanton während eines Treffens mit Feldmarschall PhibunSongkram, dem späteren Premierminister, die Ansicht des Ersterwähnten zum bevorstehenden Gerichtsverfahren der Verdächtigen, der Komplizenschaft des "Königsmordes" wissen. Stanton fragte Phibun "...ob er glaubte, dass das Gericht fähig wäre, das Rätsel um den Tod des früheren Königs zu lösen", und der Feldmarschall antwortete, dass er wirklich daran zweifele. Phibun machte dann von sich aus die Aussage, dass er "...persönlich daran zweifele, dass Nai Pridi direkt involviert sei. Er nannte zwei Gründe: "Erstens ist Pridi ein sehr cleverer Politiker und zweitens hat er ein 'gütiges Herz.'" Demgemäß folgerte Phibun, dass er "...nicht glaubte, Pridi wäre dazu imstande, den Mord einer Person zu veranlassen." Frau Phibun, die auch an dem Treffen teilnahm, unterstützte die Beobachtung ihres Ehemannes aus vollem Herzen. Wie auch immer, nach Ansicht des Feldmarschalls könnte Pridi schuldig sein, "...einige der Beweise zurückgehalten oder vernichtet zu haben, um auf diese Weise den jetzigen König zu schützen." Kurz gesagt, Phibun, der sich selbst als Verteidiger des Throns und der Nation bezeichnete, wies darauf hin, dass Pridi im Gegensatz zur konservativen Propaganda möglicherweise sogar den Versuch unternommen hatte, die Monarchie zu schützen. Ich widme den folgenden Essay der Erinnerung an den hochgeschätzten Pridi Banomyong, der seine Mitbürger auf die endlose Reise zu Freiheit und Demokratie mitnahm.“ S. Sivaraksa, 27. Mai 1983
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Prof. Rothschild Interview mit Prof. Dr. Markus A. Rothschild, Professor für Rechtsmedizin an der Universität Köln vom 17. August 2009: Mark Teufel: Im Fall des mysteriösen Todes von König Ananda von Siam im Jahr 1946 schloss das Gericht unter Anderem einen Selbstmord aus, weil keinerlei Hinweise im Verhalten des Königs auf einen bevorstehenden Selbstmord hindeuteten. Was sind Ihre Erfahrungen als Rechtsmediziner hinsichtlich fehlender Ankündigungen von Selbstmorden? Prof. Rothschild: Es gibt Nichts was es nicht gibt! In meiner zwanzigjährigen Tätigkeit als Rechtsmediziner und dem Beschäftigen mit Suizidfällen sind mir immer wieder die mysteriösesten Selbstmorde zu Augen gekommen. Menschen die Reisen bezahlt hatten und sich auf einen Urlaub freuten, oder andere die aus scheinbar heiterem Himmel ihrem Leben ein Ende setzten. Die Psyche des Menschen ist schwer zu ergründen. Und oft reicht ein kleiner Anlass um etwas tief in der Biografie des Menschen Verstecktes zu aktivieren, das ihn zu einer plötzlichen Entscheidung bewegt. Wir müssen akzeptieren, dass wir offensichtlich nicht in der Lage sind, uns selbst in die Psyche dieser Menschen hinein zu versetzen, und insbesondere ist es ganz und gar nicht selten, dass man verzweifelt nach einem Motiv sucht, und keines findet. Mark Teufel: Die komplizierte Handhabung der Waffe mit ihrem Sicherungsmechanismus erschien manchen als Grund, dass Ananda sich nicht selbst getötet hatte. Auch hatte Prof. Keith Simpson, der erste Professor für forensische Medizin an der Universität London die Tatsache, dass der Lauf nicht aufgesetzt worden war als Grund genannt, warum ein Selbstmord unwahrscheinlich wäre. Prof. Rothschild: Prinzipiell ist es richtig, dass die meisten Selbstmorde mit Kurzwaffen durch Aufsetzen oder aus einem Abstand von wenigen Millimetern erfolgen. Aber es gibt, wenn auch selten, Selbsttötungen, mit Schusswaffen, die aus mehreren Zentimetern Abstand erfolgen. Es ist richtig, dass solche Fälle selten sind, aber die Tatsache, dass die Waffe nicht aufgesetzt war, kann kein Beweis dafür sein, dass es sich nicht um einen Selbstmord gehandelt hatte. Darüber hinaus muss ich sagen, dass ich schon die unmöglichsten Selbstmordarten gesehen, kürzlich sogar eine Person, die sich selbst mit der Kettensäge enthauptete. Seite 325 von 408
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Mark Teufel: Die Anklage vertrat die Auffassung, dass im Falle eines Selbstmordes ein Todeskrampf hätte eintreten müssen, da bei der Verletzung der Ganglien unter gleichzeitigem Anspannen von Muskeln eine Versteifung bzw. Verkrampfung eintreten würde. Da der Tote aber wie schlafend auf dem Bett lag ging das Gericht davon aus dass der König ermordet worden wäre. Prof. Rothschild: Wenn das der Fall wäre, dürfte es den finalen Todesschuss nicht geben. Jeder Scharfschütze, der eine Geisel mit dem finalen Todesschuss retten soll müsste dann Angst haben, dass sich Muskeln verkrampfen und der Entführer die Geisel im Todeskrampf erschießt. Dies ist Unsinn. Wenn ein Projektil aus einer Schusswaffe den Schädel durchdringt und die Stammganglien im Gehirn verletzt, tritt der Tod unmittelbar ein und alle Muskeln erschlaffen augenblicklich. Mark Teufel: In dem Verfahren wurde damals versucht nachzuweisen, dass der Schusskanal die Ganglien knapp verfehlt hatte. Das Gericht verwarf diesen Einwand, weil das verwendete Glasröhrchen einen kleineren Durchmesser hatte als das Projektil. Prof. Rothschild: Damit lag das Gericht auf der richtigen Seite. Wir wissen aus der modernen Wundballistik, dass bei einem Schuss, und das Kaliber .45 bedeutet, dass das Projektil einen Durchmesser von fast 12 mm hatte, eine Schockwelle entsteht, die ähnlich wie die Bugwelle eines Bootes für wenige einhundertstel Sekunden eine radiale Energieabgabe erzeugt, wodurch sich das Gewebe ausdehnt und das definitiv beschädigte Gewebe aber anschließend wieder zurückfällt. So scheint der Schusskanal definiert, wir wissen aber heute, dass das Gewebe in einem Bereich um den Schusskanal ebenfalls erheblich in Mitleidenschaft gezogen wird. Wenn also der Schusskanal nur einen oder zwei Zentimeter an den Ganglien vorbei verlief, dann hatte die temporäre Wundhöhle mit großer Wahrscheinlichkeit auch die Stammganglien betroffen. Mark Teufel: In dem o.g. Mordprozess wurde eine Projektil aus einer amerikanischen .45er Armeepistole abgefeuert. Diese durchdrang die Stirn des Opfers und trat am Hinterkopf wieder aus. Ein Projektil wurde in der Matratze des Bettes gefunden, die jedoch keinerlei Deformationen aufwies. Wie beurteilen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass ein Projektil nach dem Durchschlagen eines Schädels ohne Deformationen in einer Matratze gefangen wird? Prof. Rothschild: Das kommt im Wesentlichen auf das verwendete Projektil an. Wenn es sich um Kriegsmunition handelt, wird dies mit hoher WahrSeite 326 von 408
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scheinlichkeit ein Vollmantelgeschoss gewesen sein, da solche Projektile bei Pistolen weniger zu Ladehemmungen neigen. Es gibt zahlreiche Beispiele, in denen solche Geschosse ohne Verformung bleiben, wenn sie einen Schädel durchschlagen. Mark Teufel: Der Autor Rayne Kruger hatte argumentiert, dass bei den Versuchen an toten Menschen, die nach Aussage der siamesischen Gutachter durchgeführt worden waren, vielleicht durch die Austrocknung der Knochen eine größere Wahrscheinlichkeit für eine Deformation vorgelegen hätte. Prof. Rothschild: Das klingt unwahrscheinlich, da mit zunehmendem Alter des toten Körpers Zersetzungsprozesse einsetzten, die das Gewebe insgesamt weniger widerstandsfähig machen. Mark Teufel: Das Gericht ist von der These ausgegangen, dass der Mörder eine andere Waffe verwendete als diejenige, welche beim Toten gefunden worden war. Nach der Theorie der Anklage hatte der Mörder oder ein Komplize die Patronenhülse und das Projektil ausgetauscht. Prof. Rothschild: Nun das ist ein Totschlagargument. Aber ich darf Ihnen sagen, dass das Auffinden und Austauschen eines Projektils aus einem weichen Medium wie einer Matratze eine ziemliche komplizierte Angelegenheit ist. Wir haben in unseren Anlagen eine Vielzahl von Versuchen gemacht und ich kann ihnen versichern, dass eine solche Prozedur Zeit und Geschicklichkeit benötigt. Mark Teufel: Ein weiterer Grund, warum der Schuss nicht aus der Waffe abgefeuert worden war, so das Gericht, war die subjektive Beobachtung eines Zeugen, der aussagte, dass in dem Lauf Rostspuren zu sehen gewesen wären. Prof. Rothschild: Rost im Lauf sagt überhaupt nichts darüber aus, ob ein Schuss abgefeuert worden war, sondern nur etwas über den Pflegezustand der Waffe, d.h. wie sie gereinigt worden war. Mark Teufel: Gutachter des siamesischen Militärs, die drei Tage nach dem tödlichen Schuss die Waffe untersuchten, hatten vor Gericht behauptet, mit einem Nitrattest in der Lage gewesen zu sein, den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem die Waffe zuletzt abgefeuert worden war. Prof. Rothschild: Bei einem Schuss wird ca. 1 Liter Gas durch den Lauf beschleunigt. Die Rückstände dieses Gases sind nachweisbar. Ist der Test positiv, kann man sagen, dass mit dieser Waffe geschossen wurde. Einen Seite 327 von 408
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Zeitpunkt in der von Ihnen genannten Genauigkeit mit einem Nitrattest zu bestimmen ist absolut unmöglich. Mark Teufel: Herzlichen Dank für das Interview.
Abbildung 22 Prof. Dr. Markus A. Rothschild, Rechtsmediziner, Berater von Medien und Buchautor.
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Dr. Benecke Interview mit Dr. Mark Benecke, Dipl.-Biol, Dr. rer. Medic., M.Sc, Ph.D, Jahrgang 1970, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger, Köln. Das Interview wurde am 11. September 2009 geführt. Teufel: Herr Dr. Benecke, wir hatten uns vorhin über die Hintergründe des Falles Ananda, König von Siam aus dem Jahr 1946 unterhalten und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir nun einige Fragen über die strittigen Punkte in dem Verfahren gegen die drei Angeklagten beantworten würden. …Wir hatten über das Verhalten und die Situation von König Ananda gesprochen. Sehen Sie es als möglich an, dass er suizidal gefährdet war?
Abbildung 23 Dr. Mark Benecke, vereidigter Sachverständiger und Berater
Benecke: Es ist vollkommen unmöglich, eine suizidale Gefährdung auszuschließen. Wir hatten hier in Köln den Fall, in dem sich ein aktives Mitglied in einem Karnevalsverein während einer Karnevalssitzung auf der Toilette erhängte. Niemand hatte das vorher für möglich gehalten. Die Situation von König Ananda, der im Ausland aufwuchs und nun plötzlich mit der Situation eines Königs von Thailand konfrontiert wurde, dann noch unter der zwar Seite 329 von 408
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liebenden aber doch verpflichtenden Mutter, hätte zusammen mit dem vollkommen unbekannten Charakter des Königs durchaus eine Situation hervorrufen können, die zu einer suizidalen Gefährdung führte. Schließlich muss man auch noch die Erkrankung offensichtlich im Magen-Darm-Trakt berücksichtigen, die ihn zwangen Aufgaben an seinen Bruder abzugeben. Es sind halt Spekulationen. Teufel: Vom britischen Pathologen Keith Simpson wurde die Tatsache, dass der Schuss nicht mit aufgesetztem Lauf erfolgt zu haben scheint, als Grund angenommen, dass es sich nicht um eine Selbsttötung hatte handeln können. Benecke: Nun haben Sie mir ja die Theorie von Rayne Kruger erklärt und sie erscheint mir durchaus nachvollziehbar. Durch die Handstellung und bei Auslösung des Schusses ist es durchaus möglich, dass sich die Waffe etwas vor der Stirn stand, selbst wenn der Lauf ursprünglich aufgesessen hatte. Und die Erklärung meines Kollegen, dass er noch nie einen Selbstmörder gesehen hätte, der sich im Liegen erschossen hätte, erscheint mir auch etwas seltsam. Denn die Annahme, dass König Ananda bei Abgabe des Schusses gesessen hatte, wie Rayne Kruger beschreibt und begründet, und dann zusammen gesackt ist, ist genau so wahrscheinlich wie die Behauptung, dass er im Liegen durch Fremdeinwirkung zu Tode kam. Wichtig wäre es, den genauen Steck-Winkel des Projektils in der Matratze zu ermitteln, sowie natürlich zu schauen, ob das Projektil aus dem Lauf der Waffe geschossen wurde oder nicht. Zeugenaussagen aufgeregter Menschen ohne objektive Messungen sind dabei grundsätzlich sehr wenig bis gar nichts wert. Man bräuchte schon Fotos oder Messergebnisse von damals.
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Abbildung 24 Das Polizeivideo zeigt einen Mann der gerade eine Pistole unter dem Hemd hervorholt ...
Teufel: Die Anklage hatte sich große Mühe gemacht zu beweisen, dass die Stammganglien durch das Projektil nicht getroffen wurden und dass daher ein Todeskrampf hätte eintreten müssen, hätte sich König Ananda selbst erschossen. Die Erwartung wäre gewesen, dass die Pistole dann noch von der Hand des Toten umklammert gewesen wäre. Benecke: Das ist eine Theorie, die ich in England auf einem Blutspurenkongress schon einmal gehört hatte. Aber sie ist vollkommen abwegig. Wir haben heute eine Vielzahl von Polizeivideos die zeigen, wie ein Täter erschossen wird oder sich selbst erschießt und oft genug tritt kein Todes- oder sonstiger Krampf ein. Ich habe Ihnen selbst solche Videos vorhin gezeigt. In dem einen Fall, den wir uns angesehen hatten, war der Schuss so gesetzt, dass die Stammganglien ganz sicher nicht durch das Projektil betroffen waren. Trotzdem ist der Selbstmörder unmittelbar erschlafft und in sich zusammen gebrochen. Sogar noch eine Minute später weiter den Stuhl fast heruntergerutscht. Übersetzt man das auf den Fall von König Ananda, erscheint die Theorie von Rayne Kruger problemlos möglich, dass der Körper erschlaffte und in die Position fiel, in der man sie fand. Auch die Lage der Pistole erklärt sich durch die Seite 331 von 408
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nicht sofort erschlaffte Hand und den herabsinkenden Arm, wie man auf den Videos echter Selbst-Erschießungen im Sitzen gut sehen kann. Jeder Einzelfall kann also scheinbar entgegen der Theorie laufen, wenn man keine objektiven Spuren, sondern nur Zeugenaussagen bewerten soll. Die Gewebeschädigung durch ein Projektil ist auf Grund der temporären Wundhöhle wesentlich größer als der Schusskanal alleine annehmen lässt. Aber es ist unerheblich, was der Grund für scheinbar eigentümliche Befunde im Einzelnen ist. Es kommt beim Tod durch Kopfschuss oft nicht zu Krämpfen, das ist einfach durch Videos beweisbar.
Abbildung 25 ... sich dann erschießt ....
Teufel: Zum Rost im Lauf der Waffe schrieb Ryne Kruger: „Unter den Polizisten war ein gewisser Hauptmann der die .45er untersuchte und für sich privat schloss, dass sie schmutzig und rostig aussehen würde, und dass der Lauf abgestanden roch. Könnte es wirklich sein, dass diese Pistole vor nur einer oder zwei Stunden abgefeuert worden war {Achtung, er erwähnte dies aber nicht, sondern erst nach vielen Monaten als er von der Anklage als Zeuge aufgerufen wurde}? Zwei Tage später sandte sein Chef die Pistole zum Generaldirektor des Wissenschaftsministeriums und fragte ihn nach Seite 332 von 408
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seiner Meinung, wann sie das letzte Mal abgefeuert worden wäre.“ Wie beurteilen Sie diese Aussage? Benecke: Wenn die Pistole schmutzig und rostig war, widerspricht das der Aussage, dass sie laufend gut gepflegt wurde. Eine geölte Waffe kann nicht rosten. Der abgestandene Geruch kann vom Öl oder der Lagerung an einem muffigen Ort, oder von faulendem Blut oder Gewebe im Lauf, das bei einem Nahschuss dort hinein gelangt sein könnte, kommen. Ohne gute Fotos oder Bluttests bedeutet das alles überhaupt nichts. Teufel: Wann die Waffe abgefeuert worden war spielte eine wichtige Rolle. Kruger schreibt: „Der Generaldirektor sollte ein Schlüsselzeuge werden. Ein netter Mann mit viereckigem Gesicht, dichten Augenbrauen und langen Ohren. Er hatte einen Abschluss in Naturwissenschaften (Physik, Chemie und Metallurgie) aus Deutschland, wo er ein oder zwei Jahre gelebt hatte um Chemie und Metallurgie zu lehren. Danach hatte er 18 Jahre in der wissenschaftlichen Abteilung der Armee gearbeitet, bis er zu seinem TopJob befördert worden war. Nachdem er den .45er von der Polizei erhalten hatte, übergab er sie an den Chef der Abteilung für Rechtschemie. (Dieser hatte ein abgeschlossenes Medizinstudium und ein Diplom in Pharmazie von einer inländischen Universität). Ein gewisser Test wurde gemacht und ein Abstrich vom Lauf. Die Ergebnisse beunruhigten sie. Später während des Tages schaute ein Freund des Generaldirektors von der Marine vorbei, ein Absolvent von Cambridge in Ingenieurswesen und Naturwissenschaften, der in der dänischen Marine über Pistolen-Schießpulver und Explosivstoffen geforscht hatte. Als man ihm die .45er gab, schaute er in den Lauf und bestätigte die Erkenntnisse des Morgens: Die Pistole war zum letzten Mal vor vielen Tagen, vielleicht Wochen abgefeuert worden, lange vor dem Tod des Königs.“ Er schaut also mit bloßen Augen in den Lauf, nachdem Versuche gemacht worden waren und weiß sofort was passiert ist? Benecke: Das ist absolut unklar. wenn die Tests wirklich vernünftig gemacht wurden, kann es sein, dass die Aussage richtig ist, dass die Pistole vor langer zeit das letzte Mal abgefeuert worden war. Entscheidend ist die Frage, ob und wie oft sie in diesem Fall zwischendurch geputzt worden war. Es ist also unmöglich, ohne Kenntnis des genauen Untersuchungsverfahren und der Lagerungsund Säuberungsbedingungen der Waffe vor dem Fund hier jetzt noch irgend etwas auszusagen. Seite 333 von 408
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Teufel: Kruger schreibt dann: „an Ananda Pistole, zwei Tage nach der Tragödie, wurde ein Abstrich genommen, der wie der Generaldirektor annahm, Partikel des Schießpulvers aufwies, was aber, wie der Chef der Chemierechtsabteilung sagte, in Wirklichkeit Rost gewesen wäre. Während also der Nitrittest stattfand, testete der Generaldirektor auch den Rost. Er fand keinen während der ersten zwei Tage nach dem Abfeuern, und eine Metallqualität ähnlich zu der von Anandas Pistole benötigte vier bis acht Tage um Rost zu bilden. Dies bestätigte die Nitrit-Tests.“ Unmittelbar vor dem ersten Nitrittest wurde demnach ein Abstrich genommen. Ist ein solcher Abstrich relevant und beeinflusst er nicht das Ergebnis des Nitrittests? Benecke: Ja, der Abstrich hat evt. nur Teile der Anhaftungen abgerieben. Oder er kann alle Spuren vernichtet haben. Andererseits könnte es auch gut sein, dass noch Anhaftungen im Lauf waren, die andere Untersuchungen verfälschten. Leider wissen wir nichts über die genauen Verfahren, so dass ich nicht erkennen kann, was genau wie und wann getestet wurde. Teufel: Kruger schreibt auch nichts davon, dass bei den Rostversuchen Lagerbedingungen und Luftfeuchtigkeit (Jahreszeit) berücksichtigt worden waren. Benecke: Eben … Man müsste zudem unbedingt wissen, was unter „ähnlicher Materialqualität“ zu verstehen ist. Wie ähnlich ist „ähnlich“? Teufel: Kruger schreibt außerdem: „Die Anklage rief auch einen Ordonanzoberst in den Zeugenstand, der seit über zwanzig Jahren ein Experte für kleine Schusswaffen war. Er erklärte, dass ausgehend von der Qualität in Anandas Pistole, der Lauf eine Farbe wie weißer Rauch hätte und nur nach vier oder fünf Tagen die Farbe wie rote Erde erscheinen würde, die den Rost darstellt, der vom Polizeihauptmann beim Palasttreffen und von den Beamten in der Wissenschaftsabeilung gesehen worden war. Die Verteidigung konnte seine Stellungnahme nicht erschüttern, auch als er zugab, dass sich Rost in Waffen schneller bildet, wenn die Waffe nicht nach jedem Gebrauch ordentlich gereinigt wird.“ Benecke: So ist es: kann sein, kann auch nicht sein. Teufel: Die Verteidigung wies darauf hin, wie wichtig diese Tatsache war, weil das letzte Mal von dem man wusste dass Ananda die Pistole abgefeuert hatte, Monate vor dem tödlichen Sonntag war, aber niemand konnte sagen ob und wie gut die Waffe damals gereinigt worden war. Seite 334 von 408
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Benecke: Eben Teufel: Kruger schreibt: „Den einzigen Beweis den sie vorbringen konnten war die Tatsache, dass Ananda jede Art von Waffe nach dem Abfeuern einem Beamten zur Reinigung übergab. Dieser, so schloss das Gericht, „hat vermutlich die Waffe gründlich gereinigt und nicht in der Weise in der private Pistolen eher flüchtig gereinigt werden.““ Benecke: Die Aussage "vermutlich" nützt nichts. Entweder die Waffe wurde gereinigt, gut gepflegt und geölt oder sie wurde es nicht. Erraten oder ermitteln können wir diese offenbar entscheidende Tatsache heute nicht mehr. Teufel: Dann war da die Frage nach den angeblich blutigen Manschetten eines Verdächtigen. Kruger schreibt: „Er hatte das Experiment gemacht, eine .45er Pistole aus nächster Nähe in den Körper eines Mannes zu schießen, der ca. im Alter Anandas war, und er fand heraus, dass Blut und Fragmente des Schädels und Gehirns bis zu seinem Handgelenk oder der Pistole spritzten. An Anandas Handgelenk oder Pistole war kein solches Souvenir gefunden worden, woraus der Beweis geschlossen wurde, dass er sich deshalb nicht hätte selbst erschießen können. Aber da war die Aussage von Leutnant Vacharachais Wäscherin, dass sie Blut von seinen Manschetten gewaschen hätte.“ Benecke: Nun -- es kann ja nur eins stimmen... das hängt alles von der Schussdistanz und dem Projektil sowie der Waffenart ab. Normalerweise wird nicht viel Gewebe und Blut zurückgeschleudert. Andererseits werden Kopfschüsse oft genug noch einige Zeit (Minuten) überlebt, so dass sich die später toten Personen noch problemlos an den Kopf fassen können. Ich selbst hatte in Köln einen Fall, in dem sich ein sterbender Mann im eigenen Bad noch ein Schwammtuch in die schusswunde im Schädel hinein gedreht hat um die Sickerblutung zu stoppen. Die Leiche hatte dann natürlich eigenes Blut an den Händen, obwohl der Schuss von einer anderen Person abgegeben worden war. Teufel: In dem Mordprozess erklärte die Anklage, dass es unmöglich wäre, dass das Projektil durch den Schädel des Opfers gefeuert worden wäre, da es keinerlei Verformungen zeigte. Dagegen hätten Schussversuche an Leichen ergeben, dass die Projektile alle verformt waren. Benecke: Das hängt davon ab, welche Munition verwendet wurde, welche genaue Form das Projektil hatte – hier besonders der offenSeite 335 von 408
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bar vorhandene Vollmantel --, aus welcher Waffe das Projektil abgefeuert wurde usw. Wenn wir vermuten dass Kriegsmunition eingesetzt wurde, könnten wir nach Ihrer Aussage zumindest davon ausgehen, dass es ein Vollmantelgeschoss war. Diese sind so konstruiert, dass es sogar wahrscheinlich erscheint, dass sie einen Schädel ohne größere Deformationen durchschlagen können. Warum die Versuche vor Ort das Gegenteil zeigten, ist mir aus der Ferne unverständlich. Aber ohne Einzelheiten ist das Ganze eh nicht sinnvoll bewertbar, weder in die eine noch in die andere Richtung. Teufel: Aus zwei Gründen ging die Anklage davon aus, dass die Waffe nicht für die Tat hatte verwendet werden können: 1) wäre Rost im Rohr gewesen und 2) hätte der Nitrittest gezeigt, dass die Waffe nicht in dem gezeigten Zeitraum abgefeuert worden sein konnte. Benecke: Es ist schwer zu sagen, warum Rost oder warum nicht Rost im Lauf gewesen sein sollte. Es handelte sich um subjektive Aussagen, die nachträglich nicht zu bewerten sind. Ich tippe eher auf Backspatter, also Blut das vom Nah-Schuss, der im Lauf der Waffe natürlich als rotbraune Antragung wie Rost wirken kann wenn man nicht mit einer guten Lampe und einer Lupe dort hinein schaut. Abgesehen davon ist ein geölter Lauf der angeblich zu einer sehr gut gepflegten Waffe gehört, wie der des Königs, ganz sicher nicht rostig. Was den Nitrittest angeht, war es ein Farbumschlagstest, mit dem zu Bedingungen der 1940er und 1950er Jahre eine exakte Zeitbestimmung in dem genannten Rahmen, also eine Aussage, ob die Waffe vor drei Tagen oder 7 Tagen oder 14 Tagen letztmalig abgefeuert wurde, nur schwer möglich. Selbst mit heutigen mordernsten Labormitteln dürfte es äußerst schwierig sein, eine solche Aussage mit vor Gericht verwendbarer Genauigkeit durchzuführen. Heute wäre es vielleicht möglich, würde aber einen großen Aufwand bedeuten, der damals nach den uns hier vorliegenden Informationen und nach meiner Erfahrung mit Labors in tropischen Ländern, in denen ich oft arbeite, nicht betrieben wurde und wird. Ich erinnere dabei beispielweise an die Aussage, dass ein „ähnliches“ Metall zum Test des Laufes verwendet wurde. Entweder das ist ein Übersetzungsfehler oder ein grundsätzliches Problem der Untersuchung. Seite 336 von 408
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Abbildung 26 ... danach erschlafft der Körper, beide Arme sinken neben den Körper. Er rutscht fast vom Stuhl.
Teufel: Die Lage des Körpers und der Waffe wurde als widersprüchlich zu einer Selbsttötung angesehen. Benecke: Wenn ich die in den letzten Jahren erhältlichen Videos von Tötungen und Selbsttötungen ansehe, komme ich zu der Überzeugung, dass Rayne Kruger mit seiner Theorie, dass der Körper erschlaffte und genau in die Stellung zusammen gesunken ist, die beschrieben wurde, nämlich liegend, mit beiden Armen auf der Bettdecke, und der Waffe in der Nähe der Hand, problemlos möglich erscheint. Jedenfalls ist die Lage des Körpers alleine sicher kein verwertbarer Grund für die Annahme, dass es sich um einen Mord handelte. Teufel: Vielen Dank für das Interview. Benecke: Ich danke für die Informationen zu diesem interessanten Fall.
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Niemals gestellte Fragen Eine Kommentatorin des akademischen Blogs „New Mandala“ in Australien, Suzi Wong153, stellte folgende Frage in Zusammenhang mit der Diskussion über die extrem scharfen archaischen Lèse Majèsté-Gesetze in Thailand: Mit der Abwesenheit des Einflusses des Ananda Mahidol-Faktors in anderen Ländern mit konstitutioneller Monarchie, können wir da diese Länder überhaupt vergleichen? Selbst wenn man einen Vergleich mit Spanien anstellt, gibt es noch Unterschiede. Spanien hat einen unterschiedlichen Kurs hin zur vollen Demokratie, während Thailand sich auf etwas zu bewegt wie Gottkönig oder Führer. Also denke ich ist es fair zu sagen, dass der Tod in dem spanischen Fall unterschiedlich vom thailändischen Fall war. Wir müssen uns auch daran erinnern, dass Phumipon in den USA geboren wurde und in der Schweiz ausgebildet, weshalb es auch nicht einen Mangel an Kontakt mit der westlichen Kultur gegeben haben kann. Es gab auch in der jüngeren thailändischen Geschichte und Tradition keinen König, der so harte Maßnahmen gegen Thailänder eingesetzt hat, wie im Fall von Phumipon. Daher kann weder die westliche noch die thailändische Kultur eine Erklärung abgeben. Müssen wir vielleicht unsere Analyse verändern indem wir andere Angelegenheiten untersuchen und mehrere Ebenen einer Analyse kombinieren? (Persönliche, Innenpolitik, internationale Politik) um die harte Anwendung von Lèse Majèsté-Gesetzen in Thailand zu verstehen? Worauf Suzi Wong anspielt sind zwei Dinge. Erstens gibt es eine immer stärker werdende Gemeinde im Internet, die die Aussagen im Fall von König Anandas Tod noch einmal eingehend analysiert hat und zu der Erkenntnis gekommen ist, dass es nicht erklärbare Unterschiede bzw. Lücken in
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http://asiapacific.anu.edu.au/newmandala/2010/01/29/the-evidence-of-intention/ Kommentar 26 Seite 338 von 408
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den Aussagen der Zeugen über den Tod von König Ananda gab. Lücken, die in einem normalen Verfahren König Phumipol belastet hätten, wäre es jemals zu einer Untersuchung in seine Richtung gekommen. Einzelheiten hoffe ich in meiner Biographie analysieren und gewichten zu können, soweit sie wirklich neue Erkenntnisse gegenüber dem Buch „König Ananda“ enthalten. Die zweite Anspielung ist die auf einen Todesfall in der spanischen Königsfamilie. König Juan Carlos, der wie kein König vor ihm von den spanischen Menschen gewürdigt und verehrt wird, hatte im Alter von 18 Jahren kurz vor Ostern 1956 vermutlich seinen Bruder Alfonso, 14 mit einer Pistole Kaliber .22 erschossen, während sie alleine in einem Raum waren. Zumindest behauptet das der Biograph Paul Preston, dessen Buch zeitweise auf Platz zwei der Bestsellerliste in Spanien war. Juan Carlos wird heute als „Volkskönig“ und als Vater der spanischen Demokratie angesehen. Der linke thailändische Historiker Somsak Jeamteerasakul veröffentlicht in seinem Blog154 Thesen in einem Teil 1 und einem Teil 2, die auf einen Teil 3 hinauslaufen, der aber niemals erscheinen wird, so lange es diese Art von Lèse Majèsté in Thailand gibt.. Stattdessen werden seine Thesen kopiert und in vielen „roten“, d.h. systemkritischen Seiten von Demokratieaktivisten gespiegelt und diskutiert. Soweit das unter den derzeitigen Gesetzen möglich ist. Da dieser Punkt in anderen Biografien über König Bhumipol praktisch nicht behandelt wird, will ich ihm in diesem Buch mehr Platz einräumen. Hier ein Auszug aus den Thesen Somsaks, wobei ich einige Punkte, die ich bereits ausführlich in „König Ananda“ behandelt habe abkürze oder nur kurz zum Verständnis erkläre:
Teil 1: die Szene. Jedes Mal wenn ich über die rätselhafte Geschichte des Ablebens des Königs Ananda gelesen oder gehört habe, konnte ich nur mit dem Kopf schütteln. Es bedeutete, dass die Szene schwierig zu erklären oder unerklärbar war, was vielleicht passiert ist, besonders dann, wenn jemand versucht, wissenschaftlich zu schreiben oder zur diskutieren. Denn für mich sieht es so aus, als ob wer auch immer versucht hat, die Geschichte so (geheimnisvoll) zu analysieren,
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http://somsakwork.blogspot.com/ Seite 339 von 408
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noch keiner ernsthaft über den Tod des Königs nachgedacht oder nachgelesen hat. Es hat mich schließlich gewundert, oder besser gesagt ich war enttäuscht, als ich in „The King Never Smiles“ von Paul M Handley die Seiten 76 bis 79 gelesen hatte und praktisch nichts Neues entdecken konnte. Dies ist keine Kritik von mir, weil ich den Grund weiß und auch eine Erklärung dazu geschrieben (siehe Korrespondenz mit Grant Evans in „Far Eastern Economic Review, November 2006 „Ich habe wenig Neues gesagt gegenüber dem was seit Jahren gedruckt wird …. Ich habe keine Ahnung ob Ananda sich selbst erschossen hat, oder ob er getötet wurde.) Handley ha über zwei mögliche Todesursachen geschrieben, und seine These wird von den meisten Analysten unterstützt. Aber Handley hat nicht selbst analysiert, er hat nur bestehende Theorien aufgeführt. Und er hat nicht ausgeführt, warum nach seiner Meinung nur diese zwei Möglichkeiten bestehen würden. Eigentlich hat Handley nicht „nachgeplappert“, sondern er hat zu wenig davon geschrieben was schon alles veröffentlicht wurde. Er hätte diese vielen Informationen und Analysen, die bereits veröffentlicht worden waren stärker sichten und in seinem Buch beschreiben sollen. Besonders in thailändischer Sprache ist viel erschienen. … Somsak beschreibt dann, dass auch andere Autoren nicht wirklich versucht haben alle Fakten zusammen zu tragen, sondern bestehende Thesen relativ widerspruchslos übernommen hätten. Dann geht er auf das Buch „Revolutionary King“ ein und schreibt, dass sich der Autor sogar angestrengt hätte den Fall des Todes zu manipulieren oder den wahren Täter zu schützen. Und dass ihn besonders angewidert hätte, wie der Autor versucht hat zu entschuldigen, dass die drei zu Unrecht verurteilten nach dem Todesurteil nicht durch eine Begnadigung vor dem Tod gerettet worden waren. Es war die scheußlichste Ausrede, die ich jemals gehört habe (siehe meinen Artikel: 50 Jahr nach dem Todesurteil). Somsak erklärt dann wie er seine Arbeit aufgeschlüsselt hat, wobei wie gesagt Teil 3 niemals erscheinen wird, solange es diese Lèse Majèsté-Gesetze gibt: Dieser Artikel wurde in 3 Teile geteilt. Ich möchte behaupten, dass es einfach ist zu erklären, was beim Tod von König Ananda pasSeite 340 von 408
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sierte. Mein Argument wird unwiderlegbar sein. Das Geheimnis“ dieses Falls liegt nicht darin, dass er unerklärlich ist, sondern darin, warum die einfachen Erklärungen nicht schon seit Jahrzehnten veröffentlicht wurden. Besonders von den drei Geschädigten Chit Singhaseni, Butr Patamakarint und Pridi Panomyong. Chaliew Patumrot war nicht in der Lage, soviel auszusagen wie die drei, die ich vorher erwähnt habe – obwohl, dem Gerücht nach, sollte er das „Geheimnis“ Pau, bevor er starb, zugeflüstert haben … … D.h. den Fall kann man mit Logik und ein paar bestehenden Informationen erklären. Ich kann z.B. ein paar Details erklären, ohne das Problem der Echtheit der Pistole und der Kugel, die am Tatort gefunden wurde, zu berücksichtigen. Somsak schweift dann ab und erklärt einen Fall von Agatha Christie um aufzuzeigen, wie er an die Frage nach der Aufklärung der Tat vorgehen wollte. Nämlich indem man genau die Aussagen der Personen gegenüber stellt und sich fragt wo sie übereinstimmen und wo es Diskrepanzen gibt und dann dort einhakt und weiter nachforscht. Der Tatort: Obergeschoß von Pratinang Barom Piman (Palast des Königs) Wir werden mit dem Tatort, dem Obergeschoß von Pratinang Barom Piman, anfangen. Weiter unten ist der Plan den jeder kennt.
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Ich werde versuchen ein paar Einzelheiten von den Plänen zu reduzieren, indem ich die Gemächer, die mit dem Fall nichts zu tun hatten lösche, wie im Plan unten.
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Die wichtigsten Fakten, die man kennen sollte sind im viereckigen östlichen Teil (auf der rechten Seite des Plans) enthalten. Das ist König Anandas Schlafzimmer. {Erklärt auf Sprache des Hofes zur besseren Verständlichkeit zu verzichten}. Der westliche Teil sind die Schlafzimmer der Mutter und des Bruders (des jetzigen Königs). Oben ist der Durchgang, der beide Teile verbindet, wir nennen ihn „Vor-Veranda“ (Chaliang-Na) wo ein Erker (Muk-Na) als Esszimmer des Königs angebaut ist. Den Durchgang auf der unteren Seite nennen wir „hintere Veranda“ (Chaliang Lang). Der wichtigste Teil ist das Schlafzimmer des Königs mit um dieses herum 3-4 Zimmer im Uhrzeigersinn sind das: Arbeitszimmer {in Deutsch mit Bibliothek gekennzeichnet}, Buddhazimmer, Ankleidezimmer (neben dem Badezimmer) und Wohnzimmer. Vom Schlafzimmer aus kann man durch die Türen zu diesen kleineren Zimmern gehen. Besonders vom Arbeits- und Wohnzimmer aus kann man direkt in das Schlafzimmer gelangen. Wenn die Tür zu den anderen Zimmern geschlossen ist, kann man daher von der Seite 343 von 408
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Seite (Vor-Veranda oder Hinter-Veranda) durch das Arbeitszimmer oder das Wohnzimmer in das Schlafzimmer gehen (oder umgekehrt kann man vom Schlafzimmer durch die beiden Zimmer zu den beiden Veranden gelangen.) Aber als es passierte waren die Türen des Arbeits- und Wohnzimmers die ganze Zeit geschlossen, und zwar abgeschlossen von der Seite des Schlafzimmers aus. Das Wohnzimmer wurde durch einen Tisch gesperrt. Das bedeutet, das Zimmer war kein Durchgang und das Arbeitszimmer wurde nur geöffnet, wenn König Ananda zum Esszimmer ging. Also zu diesem Zeitpunkt als er noch im Bett lag war es geschlossen. Und nach der Tat musste man diese Tür öffnen, damit die Mutter überhaupt ins Schlafzimmer gelangen konnte. Das heißt, dass man nur durch das Ankleidezimmer (über die hintere-Veranda) ins Schlafzimmer gelangen konnte. Dort wo ich ein X gemalt habe. Das heißt die einzige Stelle, durch die man den König erreichen konnte wurde an diesem Morgen von Chit und But bewacht. Personen am Tatort Als man am 9 Juni 1946 um 9 Uhr den Schuss gehört hat, waren 7 Personen im Obergeschoss des Palastes: 1. Seine Mutter 2. Sein Bruder 3. Chit Singhaseni (königlicher Diener fürs Schlafgemach) 4. But Patamasarin (königlicher Diener fürs Schlafgemach) 5. Fräulein Nueang (königliches Kindermädchen) 6. Fräulein Charun Talapat (Zofe seiner Mutter)
7. Chalad Tiamgnamsaj ( königlicher Diener) Manch einer hatte dann gemeint, dass Mangkorn Pamornbutr, ein königlicher Diener oder Kunworasakpinich, Chef der Dienerschaft auch im Obergeschoß gewesen wären, als die Tat passierte. Um heraus zu finden, was hatte passieren können, war es aber unwichtig, ob sie dort waren oder nicht. auch chaliew war unwichtig für den Fall. Sechs Personen spielten die Hauptrollen für die Aufklärung. Seite 344 von 408
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Viele haben die Stellen auf dem Plan schon gesehen, auf denen die sieben Personen gestanden haben sollen, als man den Schuss hörte. Was ich aber betonen will, und was die meisten Bücher nicht erwähnen ist die Tatsache, dass jeder selbst ausgesagt hatte, wo er denn gerade war, als die Tat passierte. Er will damit sagen, dass niemals in all den Jahren irgendjemand versucht hat, die Frage zu stellen, ob den zutreffen konnte, was die Zeugen ausgesagt hatten. Ich denke, dass deshalb alle Aussagen überprüft werden müssen. Das Ereignis am Morgen des 9. Juni 1946 Zunächst möchte ich den Lesern dieser Geschichte begreiflich machen, was passiert war, bevor man den Knall hörte. Wir werden mit den folgenden Aussagen Probleme haben, weil jeder seine eigene Version erzählt und die verschiedenen Aussagen nicht übereinstimmen. Sogar von der gleichen Person erhielt man widersprüchlich Aussagen. Auch die Aussagen, die vor der Regierung PridiThamrong und bei Gericht der ersten Instanz im Jahr 1947 gemacht wurden nicht übereinstimmend. Die Widersprüchlichkeit, sowohl der Aussagen der einzelnen Personen, als auch von der selben Person, sahen vielleicht unwichtig aus. Dabei handelte es sich um Zeitangaben oder wer wann wen gesehen hatte. Doch bei diesem Fall könnten sie für die Aufklärung entscheidend sein. Es ist daher notwendig für die Aufklärung die Ereignisse neu zu rekonstruieren. Die Aussagen jedes Zeugen müssen zusammen gestellt werden, ohne die widersprüchlichen Aussagen zu berücksichtigen oder sie zu erwähnen. Es ist dieselbe Technik, die Sanschai Saengwichian, ein Monarchist und Pridigegener in seinem Buch „Der Fall des Todes“ beschrieben und angewandt hat. Durch dieses Vorgehen kann man problemlos alles so rekonstruieren, dass die unterschiedlichen Aussagen von verschiedenen Personen trotz ihrer Widersprüchlichkeit Doch bei dem Fall, sie könnte für die Aufklärung notwendig werden. Es ist daher notwendig, die Ereignisse neu zu rekonstruieren. Die Aussagen jedes Zeuges müssen zusammen angesammelt werden, ohne die widersprüchliche Aussagen zu berücksichtigen (oder zu erwähnen), (es ist die selbe Technik, womit Sancshai Saengwichian, ein Royalist und Anti-Pridi, in seinem Buch der Fall des Seite 345 von 408
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Todes beschrieben und angewendet hat, siehe Kapitel 2), denn diese kann manipuliert werden. Das heißt, man kann problemlos so rekonstruieren, dass die unterschiedlichen Aussagen von verschiedenen Personen (trotz ihrer Widersprüchlichkeit) neu erkannt werden.
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Somsak führt dann aus, dass die folgende Geschichte nur zum Hintergrundverständnis dient. Und dass die Aussagen in Teil 2 und Teil 3 (der nie erscheinen wird) davon unabhängig wären, aber für das Verständnis benötigt werden. Ich werde versuchen die Einzelheiten, die nichts mit dem Ereignis zu tun haben weder zu deuten noch zu prüfen, sondern weg zu lassen, und nur die Bewegungen der sieben anwesenden Personen zum Zeitpunkt der Tat schildere. Am 8. Juni 1946 war König Ananda krank. Sein Arzt (Luang Nitwetchiwisit) hatte ihm am Abend ein Abführmittel (Rizinusöl) verordnet und seiner Mutter empfohlen, ihm das in der selben Nacht Seite 348 von 408
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zu verabreichen, am nächsten Morgen das Öl mit Milch und Brandy zu mischen und ihm erneut zu geben. Daraufhin hatte seine Mutter ihm das Mittel um 19:00 Uhr verabreicht, und zwar mit Hilfe von Chit Singhaseni. Die ganze Nacht wurde der Palast von den Dienern im Obergeschoss und Erdgeschoss überwacht. Am nächsten Morgen dem 9. Juni ist die Mutter um 05:00 Uhr aufgestanden, zu König Ananda gegangen um ihn zu wecken (dabei ging sie durch das Ankleidezimmer) und ihm das Rizinusöl zu geben (gefolgt von 2 Palastdienern mit Tabletten). Danach schlief der König wieder ein. Auch seine Mutter kehrte wieder in ihr Schlafzimmer zurück. Die zwei Palastdiener zogen sich in das Erdgeschoss zurück. Um 07:00 Uhr fing But Patmasarin {auch Butr genannt} an zu arbeiten, bereitete dem König ein Glas Orangensaft und wartete vor dem Ankleidezimmer (auf dem Plan mit X markiert.) Ca. gegen 08:00 stand König Ananda auf, ging zum Badezimmer, vom Badezimmer ging er durch das Ankleidezimmer wieder zum Schlafzimmer zurück und war wieder auf dem Bett, als But seinem Herrn folgte, um ihn den Orangensaft zu bringen. Der König winkte aber ab, daraufhin stellte But den Orangensaft vor der Schwelle der Schlafzimmertür ab und kehrte wieder zurück, wo er vorher Wache gehalten hatte (Stelle mit dem X) Um 07:00 war Chit Singhaseni vorbei gekommen. Er war auch persönlicher königlicher Diener und wechselte sich in der Wache mit But ab. An diesem Tag war kein Arbeitstag, jedoch war er beauftrag worden, eine Schachtel für das königliche Siegel zu vermessen, weil der Schreiner in Sau-Ching-Cha die genaue Größe des Siegels wissen musste, damit es in die Schachtel passte. Das Siegel lag aber im Schrank bzw. Safe im Schlafzimmer des Königs. Als er von But erfuhr, dass der König zwar aufgestanden aber zurück ins Bett gegangen war, wartete er mit But vor dem Ankleiderraum, weil er den König nicht beim Schlafen stören wollte. Um sieben Uhr war auch Chalad Tiemngam anwesend, der dabei war das Frühstück in das Esszimmer (Muk-Na) zu tragen und den Esstisch zu decken. Danach sind alle Diener in das Erdgeschoss zurück gekehrt, außer Chalad, der auf das Essen aufpassen musste. Um 08:00 Uhr ist sein Bruder aufgestandnen und in das Frühstückszimmer zum Frühstück gegangen. Während dessen sind Seite 349 von 408
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Mangkorn Pamorabut und Kunworasakpinij in das Obergeschoss gekommen um aufzuräumen. Nachdem der Bruder Prinz Bhumipol um 9 Uhr fertig gefrühstückt hatte, war Chalad noch da um auf den König und seine Mutter zu warten. Mag sein, dass Mangkorn und Kunworasakpinij auch noch dort waren, oder doch nach unten gegangen waren (je nachdem welcher Aussage man folgt.) Als Prinz Bhumipol mit dem Frühstück fertig war, ging er durch das Muk-Na in die Räume von König Ananda wo er Chit und But vor dem Ankleidzimmer traf. Er hat nach seinem Bruder König Ananda gefragt. But hat ihm gesagt, dass der König aufgestanden wäre, zur Toilette gegangen war und sich wieder hingelegt hätte. Danach war der Bruder – nach Aussage von chit, But und dem Bruder Prinz Bhumipol, durch den Hinterdurchgang (ChaliagangLang) in sein Schlafzimmer zurück gegangen. Als er nach seiner eigenen Aussage dort war, wäre er hin und her zwischen seinem Schlafzimmer und dem Wohnzimmer (Spielzimmer) gegangen. Nueng Chittadun, die zwischen 07:00 und 08:00 Uhr angekommen war ging nicht sofort zum König oder seiner Mutter, weil sie bemerkte, dass beide noch nicht aufgestanden waren, sondern beschäftigte sich bis 09:00 Uhr mit einer anderen Tätigkeit, dann ging sie zum Schlafzimmer der Mutter des Königs und fand heraus, dass sie schon aufgestanden war. Nueang war ca. 20 Minuten im Zimmer, dann ging sie zum Schlafzimmer des Bruders (die zwei Zimmer kann man direkt durch eine Verbindungstür betreten) um die gesamten Filme wieder in Ordnung zu bringen. Während dieser Zeit hatte sie den Bruder, Prinz Bhumipol nicht gesehen. („Ich habe niemanden gesehen, auch den jetzigen König nicht, wo er um diese Zeit war, kann ich nicht sagen.“) Charun Talapat hatte ausgesagt, dass er so gegen 09:00 Uhr, nachdem er gefrühstückt hatte, zum Schlafzimmer der Königinmutter gegangen wäre, sie dort aber nicht angetroffen hätte. „Ich dachte sie wäre im Badezimmer gewesen“. Sie hat dann das Bett gemacht. Aber die Königinmutter hatte ausgesagt: „Nueng war in meinem Zimmer, aber ob Charun auch da war, kann ich mich nicht mehr erinnern, ich glaube jedoch sie war nicht dabei.“ Ca. gegen 09:30 hörte man einen Schuss aus Anandas Schlafzimmer. Chit ist hin gerannt und hat dann nach der Mutter gesucht. Als die Mutter des Königs kam, sah sie König Ananda friedlich dalieSeite 350 von 408
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gen als ob er schlief. Die Arme und Hände lagen normal aussehend neben seinem Bett. Neben seiner linken Hand lag eine Pistole. Auf seiner Stirn über der linken Augenbraue war eine Schusswunde. Bis hierhin stimmt die Beschreibung grob überein mit den verschiedenen bekannten Versionen. Wobei eigentlich die Umstände während der Aussagen, und die persönlichen Gespräche, die Rayne Kruger z.B. mit der Königinmutter geführt hat und über die in „König Ananda“ berichtet wird, wesentliche zusätzliche Informationen enthalten. Aber schauen wir uns zunächst Somsaks Teil 2 an.
Teil 2: Selbstmord oder Mord. Warum Pridi und die Regierung nach dem Tod des Königs wie gelähmt war, kann man aus heutiger Sicht damit beantworten, dass er den PR-Krieg verloren hatte. Je mehr er versuchte die Situation zu erklären, desto tiefer steckte er in dem Sumpf des Vorwurfs, der Verdacht verdichtete sich dadurch. Sicherlich war die Propaganda der Monarchisten hinterhältig und unter der Gürtellinie, ohne Ethik und Moral. Ein Beispiel war, als die Austrittswunde am Hinterkopf gefunden wurde, verbreiteten die Monarchisten sofort das Gerücht an die westlichen Botschaften, dass König Ananda bestimmt ermordet worden wäre, dass er in den Hinterkopf geschossen worden wäre. Ich würde sagen der wahre Grund, warum Pridi den PR-Krieg verloren hatte war zuvorderst die Eigentümlichkeit des Falles selbst. Der Fall ließ Pridi keine andere Wahl als die absurde Theorie zu verbreiten, die sehr unlogisch war, dass es sich um einen „Unfall“ gehandelt hätte, also dass sich der König selbst unabsichtlich erschossen hätte. Der Grund hierfür war, {weil ein König sich einfach nicht selbst töten konnte}, dass Pridi für die Wahrheit noch wesentlich größere Probleme gehabt hätte, sie gegen die öffentliche Meinung durchzusetzen, und es war nicht abzusehen, dass seine Regierung dafür zu diesem Zeitpunkt genügend Unterstützung gehabt hätte. Wenn der Fall auf dem Höhepunkt der Popularität im Jahr 1937 passiert wäre, hätte die Situation anders ausgesehen. …. Zunächst möchte ich die Möglichkeiten analysieren, wie König Ananda möglicherweise gestorben ist. Jeder, der sich selbst mit dem Fall beschäftig hat wird die vier Möglichkeiten kennen, oder auch die zwei wahrscheinlichsten, wie Ananda gestorben ist. Seite 351 von 408
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1. Er hat sich selbst erschossen, unbeabsichtigt 2. Er hat sich selbst erschossen, absichtlich 3. Andere Person hat ihn erschossen, unbeabsichtigt 4. Andere Person hat ihn erschossen, absichtlich Oder man kann auch sagen: Er hat sich selbst erschossen oder eine andere Person hat ihn erschossen, und in beiden Varianten gibt es dann die Möglichkeit mit oder ohne Absicht. Ich habe die vier möglichen Umstände mit diesen Ausdrücken versehen, statt mit umgangssprachlichen Begriffen wie „Unfall“, „Selbstmord“ oder „Mord“, weil dies das Problem von Pridi war, mit dem er konfrontiert war. Doch wir können zur Übersichtlichkeit die vier Möglichkeiten auch anders benennen: 1. Er hat sich selbst erschossen, unbeabsichtigt (Unfall) 2. Er hat sich selbst erschossen, absichtlich (Selbstmord) 3. Andere Person hat ihn erschossen, unbeabsichtigt (Unfall) 4. Andere Person hat ihn erschossen, absichtlich (Ermorden) Die physikalischen Umstände des Schusses Was eine unbestreitbare Tatsache ist, und was das Geheimnis so unlösbar machte, war die Tatsache, dass niemand bestreiten konnte, unter welchen „Umständen“ der Schuss abgegeben wurde. a) Die Wundstelle war in der Stirn über der linken Augenbraue b) Wenn man die Wunde betrachtete, sah es so aus als hätte jemand die Schusswaffe auf die Stirn oder höchstens 2 Zoll vor die Stirn gehalten als die Waffe abgefeuert wurde. c) Der Schusskanal durchbohrte den Schädel schräg nach unten geneigt auf die rechte Seite und die Kugel trag am Hinterkopf aus. d) Die Hände lagen normal neben seinem Körper (keine Spur von Todeskrampf) …. Diesen Punkt sollte man abtrennen, weil es hier noch Ungereimtheiten gibt. In meinem Buch „König Ananda“ habe ich Interviews mit zwei führenden deutschen Gerichtsmedizinern geführt, die mir beide bestätigt haben, dass der Begriff „Cadaveric Spasm“ (Todeskrampf) in Verbindung mit einem Kopfschuss ein Mythos ist, der keinerlei Nachprüfung standhält. Es gibt Seite 352 von 408
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keinen einzigen Fall von Tod durch Kopfschuss, in dem ein Todeskrampf nachgewiesen wurde. Die Polizei würde kaum die Erlaubnis zum finalen Befreiungsschuss in den Kopf eines Entführers erhalten, wenn die Gefahr bestünde, dass er noch den Abzug der Waffe ziehen könnte, oder dass er einen Krampf bekommen würde. In mehreren Videos, über die ich auch ausführlicher in dem Buch berichte, die von Selbsterschießungen von Überwachungskameras gemacht wurden, kann man erkennen, dass der Körper sofort erschlafft, aber noch eine geringe Restspannung für ein paar Sekunden erhält, so dass er langsam zusammensackt und sich entspannt. Dadurch war es sehr wohl möglich, dass König Ananda im Falle eines Freitodes in die beschriebene Position mit der Waffe an seiner Seite hatte zurück gleiten können. Mit den Fakten in Punkt a,b,c, die niemand bestreiten konnte, kommt man zu folgender Schlussfolgerung: Wenn König Ananda sich in sitzender Position erschossen hatte, gleichgültig ob er es absichtlich oder unabsichtlich getan hatte, musste er die Schusswaffe in seiner Hand anders halten. Er musste mit beiden Händen die Waffe halten, die Mündung der Waffe auf seine Stirn richten und, damit die Richtung erhalten bleibt, den Abzug mit seinem Daumen bedienen. Und zwar mit dem Daumen der linken hand. Und nicht mit dem Zeigefinger wie es üblich wäre. Wenn er sich in einer liegenden Position erschossen hätte, müsste er seine zwei Arme und Ellenbogen hoch heben, mit den beiden Händen die Waffe über seinen Kopf halten, ein bisschen auf die Augenbraue zielen und abdrücken. Dann wäre die Schusslinie von oben und links nachvollziehbar. Wenn man die Szene wie oben beschrieben sich vorstellt, kann man davon ausgehen, dass es fast unmöglich ist, dass sich jemand so erschießt. Weder absichtlich noch unabsichtlich. Die Handhabung und das Zielen wären einfach zu ungewöhnlich. Ich habe „nahezu unmöglich“ gewählt, weil es doch einen kleinen Unterschied gibt, ob man sich unabsichtlich (Unfall) oder absichtlich (Selbstmord) erschießt. Genau hier liegt auch die Erkenntnis in meinem Buch „König Ananda“. Bei meinen Recherchen bin ich auf die unmöglichsten Selbstmorde gestoßen. Die bizarrsten Methoden und auch solche, in denen die Forsensiker lange gesucht hatten, bis sie zu der Überzeugung kamen, dass es wirklich SelbstSeite 353 von 408
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mord war. Als Beispiel sei nur die Selbstenthauptung mit einer Kettensäge erwähnt. Die These, dass einer die Waffe so hält und unabsichtlich abdrückt ist absolut unmöglich, weil niemand eine Waffe so halten würde, auf die Stirn über dem linken Auge zielen würde und dann unabsichtlich abdrücken würde. Besonders bei einer solchen Waffe, wie im Falls des Todes des Königs zur Anwendung kam, die zwei Sicherungen hatte. Ein Sicherungshebel an der Waffe und ein Hebel hinten am Griff der Pistole, die gedrückt gehalten werden musste. Somsak erklärt dann ausführlich und eindringlich, dass Zufall ausgeschlossen war. Aber es war die Behauptung eines Unfalls, auf die sich die Prinzen und die Regierung, vertreten durch Pridi geeinigt hatten. Das war ein fataler Fehler. These 1 = Unfall --- Unmöglich Prinz Supaswasdi (Subaswasdi), ein Stiefbruder von Königin Rampaipanni versuchte uns weis zu machen, dass König Ananda sich unabsichtlich erschossen hätte. Er hatte das Szenario sehr überzeugend entwickelt. Seine Annahme beruhte auf der Annahme, dass eine Vielzahl von Zufällen in Serie im spiel waren. König Ananda hatte seine Waffe entsicher, musste dann aber wegen des Rizinusöls zur Toilette und hatte dann vergessen, dass die Waffe entsichert war. Dann versuchte er seine Waffe, die er unter dem Kopfkissen aufgewahrte mit der linken Hand herauszunehmen, um sie über den Kopf zur rechten Hand abzugeben. Dabei geriet der Daumen mit Zufall an den Abzug und der Schuss wurde aus versehen ausgelöst. Dieses Szenario sah ursprünglich gut aus, damit der Palast erklären konnte, wie so etwas passieren konnte. (Siehe meinen Artikel „die Erklärung des Todes von Chin“, in Fah-Dew-Kann vom 2. AprilJuni 2005.) Die Theorie des Todeskrampfes unterstützt diese These des Unfalls aber nicht. Hier liegt er vollkommen verkehrt. Es gibt keinen Todeskrampf. Wenn dies der einzige Grund wäre um die Unfalltheorie zu verwerfen wäre Somsak auf einem Holzweg. Schauen wir auf die These, dass König Ananda sich absichtlich erschossen hätte, (das hieße “er hat Selbstmord begannen”). Von der Todeskrampftheorie gesehen, könnte es eher möglich sein, weil wir ja nie wissen, wenn jemand sich selbst umbringen will, welches Seite 354 von 408
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Gemüt er dem Moment hat, so dass er bereit ist, sich in eine so akrobatischen Stellung zu begeben, um Selbstmord zu begehen. Noch einmal: Todeskrampf gibt es nicht. Das ist ein Mythos. Demnach würde nichts gegen einen Selbstmord sprechen. Dennoch ist dies Möglichkeit unwahrscheinlich, wenn wir die anderen Daten mit einbeziehen. Z.B. fangen wir mit Punkt d) an, „die körperliche Lage nach dem Schuss“. Es wurde gesagt, dass die Leiche mit ausgestrechtem Armen neben dem Körper gelegen hätte. Wenn er sich erschossen hätte, müssten seine Hände und Arme die die Waffe gehalten habe mehr oder weniger krumm bleiben, in dem Zustand des Todeskrampfes. Denn die Kugel zerstörte die Hirnzellen und er war sofort tot, wodurch das Gehirn kein Signal mehr senden konnte, Finger und Hände loszulassen, oder sogar neben dem Köper auszustrecken. Deshalb müssten Hände und Arme über dem Körper verkrümmt, verdreht bleiben und nicht so wie man die Leiche gefunden hat. (Siehe Sanchai Saengwichian und Wimolpan Pitatawatchai „der Fall des Todes am 9. Juni 1946“ Seite 153-159) Wieder fällt Somsak auf die Theorie des Todeskrampfes herein. Leider ist er nicht der einzige. Selbst einige thailändischen und englischen Forensiker vertreten immer noch die Meinung, dass es einen Todeskrampf geben könnte. Was aber wie gesagt in keiner Weise durch empirische Beweise abgedeckt ist. Vielmehr ist KEIN belegter Fall einer Selbsterschießung bekannt, bei dem der Todeskrampf eingetreten war. Vielmehr stimmte die Lage des Körpers mit den Ergebnissen überein, die man auf Videos von Opfern, die durch Kopfschüsse getötet wurden, erkennen kann. Hier macht Somsak den entscheidenden Fehler in seiner Argumentation. Er sagt, dass das Fehlen eines Todeskrampfes und die Lage des Körpers dagegen sprechen würde, dass es sich um Selbstmord gehandelt hätte. Hier muss ich entschieden widersprechen und das Gegenteil behaupten, und dabei auf mein nun schon oft genug genanntes Buch verweisen. Es gab noch andere Daten, die zwar nicht direkt mit der „Körperlage nach dem Schuss“ zu tun hatten, die aber auch berücksichtigt werden müssten, um den Fall von König Ananda zu lösen, z.B. das Gerücht, dass er einen Konflikt mit seiner Mutter gehabt hätte, oder dass sein Charakter zur Selbstverletzung neigte (wegen seiner Freundin oder dem Problem mit seiner Mutter), oder dass sein ChaSeite 355 von 408
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rakter erbbedingt zur Selbstverletzung neigte. (Man sagte, er hätte es vom Vater geerbt.) Meiner Meinung nach waren dies nur Gerüchte und hatten kein Gewicht um als Fakten betrachtet zu werden. Auch hier muss ich widersprechen. Auch wenn niemand in den Kopf eines potentiellen Selbstmörders hineinschauen kann, gehört die Analyse der psychischen Vorgeschichte und der möglicherweise ererbten Neigungen eine gewisse Bedeutung zu. Im Umkehrschluss würde ich sogar sagen, selbst wenn es keinerlei Hinweise auf psychische Konflikte gegeben hätte, dürfte man eine Selbsttötung nicht ausschließen. Wenn aber die Voraussetzungen gegeben sind, muss man umso vorsichtiger mit der Behauptung von Fremdeinwirkung sein. Der, der die Selbstmordtheorie am meisten unterstützte, war Rayne Kruger in “The Devil´s Discus“ (London: Cassel, 1964, pp. 217240; des Teufels Discus von Chalit Chaisitiwej übersetzt, 1974, Seite 557-614.) Ich empfehle ihnen nicht, die Thai-Version zu lesen, weil viele wichtige Stellen falsch übersetzt wurden. Kruger nahm an, dass König Ananda im Sitzen, nicht Liegen, Selbstmord begangen hatte (er könnte in hockender Stellung, gestützt von Knie konnte er deshalb mit der Waffe auf seine Stirn erzielen). Die Kraft von Schuss hätte ihn aus der sitzenden Stellung in die Liegende gebracht, Arme, Hände und Beine streckten sich automatisch und ordentlich aus. Diese Theorie war schier unmöglich! Dem muss ich widersprechen. Nach der Sichtung von Videos und der Befragung von Forensikern wäre diese Art der Körperverlagerung nach einer Selbsterschießung möglich. Besonders, als er meinte, weil das Kopfkissen nicht von der Kugel getroffen wurde, müsste König in sitzender Stellung gewesen sein. Das war falsch. (“Significant too is the fact that the bullet missed the pillow”, S.222). Tatsache war, dass die Kugel das Kopfkissen doch durchbohrt hatte. (Siehe Sanchai und Wimonpan, der Fall des Todes am 9. Juni 1946, Seite 133-134.) Man kann auch sagen, Kruger hat indirekt akzeptiert, dass, sollte König in liegender Stellung gewesen sein, würden die Richtung des Schusses und die Körperhaltung eher als Indiz zu gelten haben, dass er von einer anderen Person erschossen wurde. Dem muss ich widersprechen. 1) schreibt Rayne „significant TOO“ also „AUCH bezeichnend war“. D.h. dass er seinen Irrtum, dass das Kopfkissen Seite 356 von 408
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nicht getroffen worden war nur als zusätzliches Argument gewertet hatte, dass der König sich im Sitzen und selbst getötet hatte. Somsaks These: These 1 = Selbstmord --- Nahezu ausgeschossen Meine Meinung: These 2 = Selbstmord --- Sehr wahrscheinlich, alle Voraussetzungen sind erfüllt. Somsak fährt fort: Wenn wir die Möglichkeit, dass König Ananda, unabsichtlich (These 1) oder absichtlich (These 2) ausschließen, bleibt nur die Möglichkeit, dass der König von einer anderen Person erschossen wurde. … D.h. der Täter brauchte nur über dem Bett auf der linken Seite von König Ananda zu stehen, ob er die Waffe mit der linken oder rechten Hand hielt spielte keine Rolle, er zielte auf die Stirn des Königs, über die linke Augenbraue und schoss. Die Kugel schlug von oben ein bisschen nach rechts ein. Weil er normal schlief und von einer anderen Person tot geschossen wurde, lagen seine Arme neben dem Körper, da kein Todeskrampf eintrat. Diese Theorie: er wurde von einer anderen Person erschossen, lässt noch die Fragen offen ob (3. These) unabsichtlich oder (4. These) absichtlich. Wir sollten daran denken, dass der Schuss aus unmittelbarer Nähe vor dem Kopf abgefeuert wurde. D.h. die Person hätte die Pistole bis kurz vor die Stirn halten müssen. …. …. Jeder der darüber nachdenkt wird sofort ahnen, was diese These des unabsichtlichen Schusses (3. These) bedeutet. Diese Behauptung ist nur möglich, weil es im Buch „der Fall des Todes am 9. Juni 1946“ von Sanchai und Wiponpan, einer monarchistischen Gruppe, die Pridigegner waren, folgendermaßen stand: „Der Tod durch eine andere Person“ wurde zuerst von einem Doktor Mom Luang Tue Sanitwongs und Dr. Fohn Saengsinkaew erwähnt. Sie sagten vor Gericht aus, dass das Wort „Unfall“ gedeuten könnte, Seite 357 von 408
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dass eine andere Person den Unfall verursacht hatte. Dabei hatten sie ein Beispiel genannt, dass es einen Fall gab, dass man mit einer Waffe spielte und unabsichtlich damit geschossen hatte. Daraufhin wurde diese Aussage in die Öffentlichkeit gestreut, dass König Ananda mit einer anderen Person und der Waffe gespielt hätte. Man kann leicht erraten, wer die einzige Person war, die mit ihm und mit Waffen spielen durfte … es war sein Bruder (S. 176) Nun muss aber gesagt werden, dass König Ananda ein ernster Mensch war und es hasste, wenn Bhumipol spaßeshalber mit einer Waffe auf ihn gezielt hatte. Er hatte ihn ernst mehrmals darauf hingewiesen, dies nicht zu tun. Sollte Bhumipol das tatsächlich ignoriert haben? Die Aussage der zwei Ärzte führte uns zu einer anderen Erkenntnis: Der Unfall könnte durch eine andere Person verursacht worden sein, die mit einer Waffe in der Nähe des Kopfes von König Ananda gespielt hatte und dann versehentlich gefeuert hatte. (Seite 161162). Doch es war nicht nachweisbar, dass die Ärzte genau das gesagt hatten. Die Aufnahme ihrer Aussage vor Gericht wurde zerstört, es blieb nur einen Teil der Aussage von Doktor Mom-Luang Tue übrig, die aber nicht erwähnte, dass der König möglicherweise von einer anderen Person bei einem Unfall getötet wurde. Es wurde nur gesagt, dass es ein Unfall durch Selbstverschuldung sein könnte. Und die Aussage von Dr. Fohn ist bereits verschwunden. Daher konnte man die These nicht bestätigen. Aber eigentlich, habe ich noch keinen einzigen Beweis in dieser Richtung gesehen, es gab auch keinen einzigen Thailänder, der jemals eine solche These bestätigt hätte oder gar veröffentlicht, damals wie heute (ich muss “Thailänder” betonen, denn von den Ausländern hörte man etwas Anderes.) … Sanchai und Wimonpan beschrieben dies als Gerücht. Theoretisch (obwohl kein stichhaltiger Beweis vorliegt) war dies eigentlich kein Geheimnis, man konnte auch ohne Schwierigkeit darauf kommen. Oder mit anderen Worten, es gab das Gerücht tatsächlich. Ich möchte diese mögliche Theorie weiter verfolgen, doch weil die ganze Sache zu wichtig ist, muss ich zugeben, dass ich nicht freimütig darüber denken kann, geschweige denn darüber reden. Diese Möglichkeit war etwas, das zu groß und zu wichtig war, man sollte auch nicht wagen, ernstlich danach nachzudenken. Die Folge war, Seite 358 von 408
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dass diese wichtige Möglichkeit von vorn herein nicht berücksichtigt oder untersucht wurde. Die Monarchisten versuchten zu erklären, warum sie die Möglichkeit, dass König Ananda unbeabsichtigt erschossen wurde (oder „Unfall durch eine andere Person“) nicht ernsthaft untersucht hätten, weil es angeblich Anzeichen gegeben hätte, dass dies unmöglich gewesen wäre. Dies leise auszusprechen wäre demnach ein Akt der Verleumdung des Bruders und jetzigen Königs. Aber was für einen Beweis hatten die Monarchisten, der dies Ausschloss? Letztendlich war doch die Aussage des Bruders, von Chit Singhaseni und But Patamasarin immens wichtig. Sie alle hatten ausgesagt, dass der Bruder nur bis vor das Schlafzimmer gekommen wäre, jedoch nicht hineingegangen wäre und dann zurück durch die hintere Veranda (Chaliang-Lang) in sein Zimmer gegangen wäre. 10 Minuten danach hörte man den Schuss in Anandas Schlafzimmer. Das Gerücht, das den Bruder angeblich verleumdet hätte, wurde seit Anfang des Todes immer wieder bis zum heutigen Tage verbreitet, besonders im Ausland. Doch ein eindeutiger Nachweis war nur dies: Während König Ananda durch den Schuss getroffen im Sterben lag, war sein Bruder in seinem Wohnzimmer (Spielzimmer), das Zimmer ist auf der westlichen Seite des Palastes weit weg vom Schlafzimmer des Königs, das auf der östlichen Seite lag. Wichtige Zeugen waren Chit und But. (Sanchai und Wimonpan „Der Fall des Todes am 9. Juni 1946, S. 181). Manchmal versuchten die Monarchisten zu behaupten, dass Chalad Tiemngamsaj, der im Esszimmer war, die Geschehnisse gesehen und bestätigt hätte, dass, nachdem der Bruder vor dem Schlafzimmer des Königs gewesen wäre, er auf sein Zimmer zurück gekehrt wäre. (Siehe Sanchai und Wimonpan, der Fall des Todes am 9. Juni 1946, Seite 57 und zuletzt Mom Rajawong Kittiwatana Pokmontri, DMG Verlag, 2007, Seite 156-157) Aber die Aussage von Chalad war nicht glaubhaft genug. Der jetzige König kam alleine ins Esszimmer, er hatte 20 Minuten lang gegessen, als er fertig war ging er zu seinem Bruder. Warum konnte er nicht sagen, er hat ihn nicht gesehen. Der damalige Prinz Bhumipol war nicht durch das Chaliang-Na, wo chalad war, sondern durch einen anderen Gang geganSeite 359 von 408
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gen. Aber er war nicht ganz so sicher darüber. Er glaubte, dass der Bruder durch den Chaliaang-Lang gegangen wäre, und nahm an, dass er zu seinem Zimmer gegangen wäre. (Siehe Bericht von der Aussage über den Fall des 8. Königs, Seite 117) Angeblich hätten „Zeugen und Beweise“ bestätigt, dass der Bruder vom Schlafzimmer des Königs zu seinem eigenen Schlafzimmer gegangen wäre, bevor man den Schuss hörte. So behaupten die Monarchisten, weshalb nur die Aussagen von Chit und But übrig blieben. Jeder weiß, dass der abnormale Fall einen Mord bedeuten könnte. Die Aussage des Zeugen, der nahe am Geschehen war könnte davon abweichen was tatsächlich passiert war. Doch in diesem Fall wusste jeder auch, dass keiner es wagen würde, die Aussage des Bruders (der danach der neue König werden würde) oder der Mutter, wie eine normale Zeugenaussage zu behandeln. Eigentlich war es keine Befragung wie die eines normalen Zeugen, sondern vielmehr hatte man sie über etwas befragt. Besonders bedenklich ist natürlich, dass weder die Mutter, noch der Bruder der Verteidigung für das Kreuzverhör zur Verfügung standen, obwohl es die wichtigsten Zeugen überhaupt im dem Fall waren. Alleine dadurch war das ganze Verfahren eine Farce. Z. B. als der Bruder, der jetzige König, im Jahr 1950 aussagte, dass er während des Geschehens beim „hin- und hergehen“ zwischen den beiden Zimmern, also dem Schlaf- und dem Wohnzimmer (Spielzimmer) gewesen wäre. „… Während ich hin und her zwischen Schlafzimmer und Wohnzimmer ging, habe ich leider nicht bemerkt, wer außer mir noch da war. …“ Und auch hat er den Schuss nicht gehört. Er hatte nur gehört, dass jemand laut geschrieben hätte. „ .. ich bin dann von meinem Zimmer aus durch das Chalian-Na und an einem Zimmer in der Nähe der Treppe vorbei hin gerannt.“ … Doch das Kindermädchen Nueng chittadun sagte etwas anderes aus: „ … Ich war im Zimmer des jetzigen Königs (des Bruders) um die Filme in Ordnung zu bringen, da habe ich niemanden gesehen, auch den jetzigen König nicht, und wo er in dem Moment war weiß ich nicht.“ Und dann fuhr sie fort: „… ich habe einen sehr lauten Knall, einen Schuss gehört… und bin sofort aus dem Zimmer, über das Chaliang-Lang, am Wohnzimmer des jetzi-
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gen Königs vorbei und durch das Treppenhaus gerannt…“ und sie hatte dabei den damaligen Prinzen Bhumipol nicht gesehen. … Wenn wir die Aussagen des Bruders nicht berücksichtigen würden, hätten wir nur noch die aussagen von Chit und But155, die die 3. These nicht unterstützt. Sanchai und Wimonpan haben deshalb festgestellt: „… die wichtigen Zeugen waren daher chit und But…“ Doch genauer betrachtet konnten die Monarchisten wie Sanchai und Wimonpan die Aussagen von Chit und But nicht heranziehen und gleichzeitig behaupten, dass der König von jemand außerhalb des Palastes ermordet worden wäre. Denn wenn man sich auf Chits und Buts Aussagen stützt, bedeutet das, man müsste auch ihren Aussagen glauben, dass sie niemanden herein gelassen hätten. Oder sie hätten dummerweise in dem einen Fall die Wahrheit und in dem anderen eine Lüge gesagt. … Wenn die Monarchisten wie Sanchai und Wimonpan die Aussage von Chit und But, dass sie einen fremden Mörder (von außerhalb des Palastes) NICHT herein gelassen hätten, ablehnen, wie konnten sie dann die Aussage annehmen, die sie über den Bruder gemacht hatten, und diese als glaubhaft hinstellen? Somsak arbeitet diesen Punkt weiter heraus. Wir brechen hier aber ab. Er führt dann weiter aus: Wenn es möglich wäre, dass der König „unbeabsichtigt erschossen wurde“, müsste man diese Theorie von vornherein unberücksichtigt lassen. Aber nicht weil man keine Beweise liefern konnte, oder keinen Zeugen hätte, der die Geschichte bestätigen würde, sondern weil der König über dem Gesetz steht und deshalb nicht wie ein normaler Mensch behandelt werden kann. ……. Bei allen öffentlichen Diskussionen über den Fall hieß es immer, und zwar seit dem ersten Tag, dass es nur drei mögliche Todesursachen geben würde. Das wurde von den Ärzten, die die Leichen obduzierten als auch der Kommission, die Pridis Regierung ernannt
155
Somsak: Chit und But sagten aus, dass der Bruder nur bis vor das Schlafzimmer kam, jedoch nicht hinein gegangen wäre, dann zurück durch die hintere-Veranda (Chaliang-Lang) in sein Schlafzimmer gegangen wäre, 10 Minuten danach hörte man den Schuss in Anandas Schlafzimmer. Seite 361 von 408
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hatte und der Presse immer wieder wiederholt. Sie alle erwähnten nur die drei Möglichkeiten: 1) Unabsichtliche Selbsttötung, 2) absichtliche Selbsttötung oder 3) Mord. … Warum die Ärzte und andere behaupteten, dass der Fall ein „Mord“ war. Oder wie Pridi den PR-Krieg verloren. Unter diesen drei Lösungen wunderte es dann nicht, dass alle Meinungen in Richtung „Mord“ endeten. Es war auch logisch, dass man auf Mord tippte, wie ich anfangs argumentierte, z.B. auf Grund der „Körperlage“ die es unmöglich erscheinen ließ, dass der König sich absichtlich oder unabsichtlich selbst erschossen hatte. Die Spuren haben gezeigt, dass König Ananda von einer anderen Person erschossen wurde. Wie gesagt hier mein Einspruch. Dies ist nach meinen Ausführungen falsch. Doch wenn das Ergebnis der Untersuchung „Mord“ hieß, bedeutete dass nur, dass König Ananda von einer anderen Person erschossen wurde. Also dass er sich nicht selbst erschossen hatte. Mehr nicht. Dies war die tatsächliche Bedeutung des „Mordes“ den die zwei Analysen, nämlich die Obduktion der thailändischen und ausländischen Ärzte und die Unteruchung der Kommission der damaligen Regierung ergeben hatte. Ende 1946 hat eine Delegation von 20 Ärzten die Obduktion durchgeführt. Davon waren 16 thailändische und 4 ausländische Ärzte. Ein Arzt war Amerikaner, einer Britisch-Indischer Abstammung). Und ein Polizeikommissar … Pomptech, ein Vertreter der Polizei war auch zugegen. Nach der Obduktion konnte jeder Arzt seine Meinung über die Todesursache berichten. Aber die drei Briten und der britisch-indische Arzt zogen ihren gemeinsamen Bericht zurück. Erstens: dürfen wir nicht vergessen, dass die Untersuchung der Ärzte nur von den drei genannten Möglichkeiten ausging: Unfall, Selbstmord und Mord. Unfall war nur die unbeabsichtigte Selbsttötung. {Etwas anderes durfte nicht gedacht werden.} Zweitens: stellten aus den wichtigen Spuren, die die Ärzte bei ihren Ermittlungen zu berücksichtigen hatten, z.B. Wundstelle, Schusskanal und Körperlage von den 18 Ärzten (16 thailändische, ein Seite 362 von 408
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amerikanischer und ein Polizeikommissar) 12 Ärzte einen „Mord“ fest und vier Personen unterstützten die Theorie vom Selbstmord und Mord. Nur 2 Ärzte (Dr. Tue und Dr. Fohn) stellten den Fall als Unfall fest. Bei der ersten Gruppe von 16 Ärzten hatten aber schon 8 Personen die „Unfalltheorie“ von vornherein für unmöglich erklärt. Einer davon war Dr. Chub Chotikqasatian. Für ihn war Unfall oder Selbstmord absolut unmöglich. Der Rest tippte auf „Unfall“. Nun können wir verstehen, warum die meisten Ärzte die „Mordtheorie“ unterstützten, weil die Spuren zeigten, dass nur „Tötung von einer anderen Person“ in Frage kam. Was ich für einen Fehler halte, weil alle Beteiligten von der Richtigkeit der Todeskrampftheorie überzeugt waren. Aber kein einziger vermutlich eine echte Selbsttötung durch Kopfschuss gesehen hatte. Damals gab es kein Video. Wenn man jedoch von den 3 Möglichkeiten (Selbstmord Mord und Unfall) ausging, blieb nur eine Lösung übrig, nämlich “Mord”. Die meisten Ärzte waren deshalb der Meinung, dass König Ananda von einer anderen Person erschossen wurde und sie haben dies auch sogleich veröffentlicht. Die Öffentlichkeit nahm aber an: „von einer anderen Person“ bedeute von jemand, der außerhalb des Palasts war, der König Ananda umgebracht haben musste. Bei der Kommission der Regierung war es nicht anders als bei den Ärzten. Sie hatten nur auf drei Möglichkeiten hin untersucht. Unfall, Selbstmord oder Mord. Natürlich wurde Unfall als Ursache für unmöglich gehalten: „… die Delegation sah keinesfalls, dass ein Unfall möglich war.“ Bei der Mordtheorie hatte man jedoch keinen konkreten Beweis oder Zeugen. D.h. es war möglich, obwohl die Körperlage gegen diese Theorie sprach dass es sich um eine Selbsttötung handelte. Aber auch dafür hatte man keinen Zeugen, Beweise und Motive fehlten. Auch hier muss ich auf das Buch „König Ananda“ verweisen. Es gab dringende Hinweise, denen das Gericht jedoch nicht nachgegangen war. … Die Kommission konnte sich wohl nicht klar entschließen. Ich glaube eher, sie sah den Fall als Mord an.
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Zur möglichen Selbstmordtheorie, sagte die Kommission aus: „Die Wundspur zeigt, dass es möglich ist.“ Dies sollte bedeuten, dass der Schuss sehr nahe abgefeuert wurde, es könnte sein, dass die Waffe direkt an die Stirn gedrückt worden war, ähnlich wie bei einem normalen Selbstmord, dann wäre es nicht ein Unfall gewesen (weil niemand die Waffe auf seine Stirn drückt bevor er unbeabsichtigt abdrückt.) Obwohl die Kommission halbherzig über die Mordtheorie berichtet hatte („es gab keinen Zeugen, keinen Beweis und kein Motiv …“), konnte man doch die versteckte Neigung herauslesen, dass die Mordtheorie die wahrscheinlichste war „ wegen der Lage des Körpers.“ Was ich in meinem erwähnten Buch widerlegt habe. Diese Aussage zeigte, dass die Kommission versuchte, die Spuren als Mittel zu benutzen um einen Mord zu erklären. Aber wie ich bereits erklärt hatte: Die Körperhaltung sagte nur aus, dass er von einer anderen Person erschossen worden war. Was ich wiederum für widerlegt halte. Die Kommission hatte die Körperhaltung benutzt um den Fall als Mord zu erklären, weil es nur die drei Möglichkeiten gab, die in Betracht gezogen werden durften. Die Kommission hat die Körperhaltung benutzt, um den Fall als Mord zu erklären, weil nur die 3 Möglichkeiten in Betracht gezogen wurden. Den Fall zum Mordfall zu erklären, ohne Zeugen und konkretes Motiv, war es möglich, war aber in sich noch nicht schlüssig, weil die Körperhaltung nicht mit der Theorie übereinstimmte. Man musste das dann anders formulieren: Es gab zwar keinen Beweis, dass jemand ihn heimlich umgebracht hatte, aber die Spuren und Körperhaltung zeigten, dass er von einer anderen Person erschossen worden war. … Mit der gleichen Methode (es war für das politische Ziel) hatten auch die Monarchisten Sanchai und Wimonpan argumentiert. Der noch übrig gebliebene Beweis sprach gegen die Möglichkeit, dass es Selbstmord oder Unfall war.
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Ich kürze hier ab, weil sich alles um die gleiche Frage dreht und viele Wiederholungen verkraftet werden müssten. Somsak fährt dann fort: Je mehr ich die ganze Sache betrachte, desto überzeugter bin ich, dass er von einer anderen Person getötet wurde, wenn man aber das Wort unbeabsichtigt nicht aussprechen darf, blieb nur eine Möglichkeit von Mord zu reden. Und auf der anderen Seite versuchte Pridis Regierung auf „Unfall“ zu plädieren, was aber die ganze Sache nur schlimmer machte. Denn ein Unfall, der dazu führte, dass der König sich unabsichtlich selbst erschossen hatte, war nahezu unmöglich, wenn man die Körperhaltung betrachtete. Warum beharrte Pridis Regierung trotzdem darauf, dass es ein Unfall war. Ich glaube, sie hat anfangs nicht viel dabei gedacht. Weil niemand dachte, dass die Palastdiener, sie seit Generationen da gearbeitet haben, es zulassen würden, dass jemand außerhalb des Palasts den König erschoss. Besonders wenn sie so ausgesagt hatten, dass niemand da war, als es geschossen wurde. Daher bleiben nur 2 Möglichkeiten. Sollte man „Selbstmord“ behaupten (sich absichtlich erschießen), war es automatisch eine Schande. Die Regierung blieb daher auf der Version „Unfall“ oder einer unabsichtlichen Selbsttötung. Doch indem man das behauptet hatte, erzeugte man unweigerlich Gerüchte. Mehr und mehr Einzelheiten wurden hinzugefügt, und es stellte sich heraus, dass diese Möglichkeit die schlechteste Wahl gewesen war. Ich soll eine weitere Geschichte erzählen. Als die Kommission zu dem Schluss kam, dass es ein Mord war, hatte die Regierung von Luang Thamrong (nach Pridis Regierung) die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass man Chit und But verhaften sollte (zumindest nur für kurze Zeit. In Wahrheit glaubte niemand an ihre Schuld). Weil es ein Mord war, bedeutete es, dass die zwei eine andere Person rein gelassen hatten. Keiner in der damaligen Regierung traute sich, über diese Möglichkeit der “unabsichtlichen Tötung durch Fremdeinwirkung” nachzudenken. Je mehr Beweise man hatte, dass es ein Mord war, desto überzeugender waren die Leute, dass der Schuss von einem Fremder gekommen sein musste. Doch ein Schuss von einer anderen Person könnte mit oder ohne Absicht geschehen oder durch einen Unfall die eine andere Person verursacht hat. Jeder Beweis (Außer die Aussage von dem Bruder, Seite 365 von 408
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Chit und But) konnte nicht nachweisen, dass König Ananda von einer anderen Person absichtlich erschossen oder ermordet wurde. Das Problem ist: Wer hat ihn geschossen. Die Auflösung wird für Teil 3 versprochen. Aber dieser Teil drei wird vermutlich nicht erscheinen. Abgesehen, dass ich mit einigen Schlussfolgerungen in der Theorie von Somsak nicht einverstanden ist, zeigt doch alleine die Arbeit und die vielen Blogs und Bücher die sich mit dem Thema beschäftigen, welche langfristigen Folgen die Tatsache hatte, dass die Monarchie Thailands nie mit offenen Karten über den Tod von König Ananda gespielt hat. Hinzu kommt die Behandlung der königlichen Familie durch das Gericht das es der Verteidigung unmöglich machte die Zeugen in Kreuzverhör zu nehmen. Ganz zu schweigen von der voreingenommenen Beweisaufnahme. Sowohl ein Selbstmord als auch ein Unfall mit Dritteinwirkung ist nach heutigem Kenntnisstand möglich. Aber durch die Tatsache, dass es niemals eine Aufklärung gab, niemals eine wirkliche transparente Erklärung des Vorfalls, niemals ein Gerichtsverfahren, was diesen Namen verdienen würde, bleibt nicht nur ein Schatten auf der thailändischen Justiz und Politik des damaligen Militärdiktators Phibun, sondern auch auf der Monarchie. Und die Frage, die sich dann am Schluss aufdrängt ist: War das Staatsoberhaupt, war König Bhumipol durch ein Geheimnis erpressbar?
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Pridi Banomyong
Abbildung 27 Pridi, fotografiert im Jahr 1946, einige Monate vor Anandas Tod.
Pridi Banomyong (1900-1983) ist einer der großen Persönlichkeiten in der modernen Geschichte Thailands. In einem Alter Mitte Zwanzig übernahm er eine führende Rolle in der Gründung einer Bewegung zur Beseitigung der absolutistischen Monarchie Siams und der Schaffung der ersten Verfassung des Landes. 156 Nach der Revolution vom 24. Juni 1932 wurde er Teil einer handvoll von neuen politischen Führern, die Siams politische Richtung für die nächsten zwanzig Jahre formen sollten. Erst Mitte Dreißig und erfolgreich als Innenminister, Außenminister und Finanzminister führte er
156
Später realisierte er nach dem Krieg die erste Verfassung, die eine vollständig gewählte gesetzgebende Versammlung vorsah. D.h. Unter- und Oberhaus wurden ausschließlich aus gewählten Mitgliedern besetzt. Es sollte nach dem Coup von 1947 bis 1997 dauern, bis eine solche demokratische und freiheitliche Verfassung wieder möglich wurde, aber nur bis zum Militärcoup vom 19.06.2006. Seite 367 von 408
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viele Reformen durch, um Siams Wirtschaft und Politik zu modernisieren. Er initiierte eine grundlegende Rechtsreform, gründete Siams zweite Universität (Thammasat), und repräsentative lokale Regierungen, überholte das Steuersystem zur Erreichung einer größeren Gleichheit vor dem Gesetz, führte die erste Abgabenverordnung ein und die erste parlamentarische Überprüfung des Finanzbudgets (der Regierung), er beendete Verträge mit Kolonialmächten, die ungleiche Bedingungen enthielten und legte den Grundstein für eine Zentralbank. Während des 2. Weltkriegs führte er aus seiner Position als Regent für den jungen König Rama VIII die Untergrundbewegung Seri Thai (FreeThai) und stellte sich damit gegen die japanische Okkupation. Am Ende des Krieges nutzten er und andere die Seri Thai mit ihren Erfahrung und Verbindungen, um die alliierten Mächte zu überzeugen, dass Thailand nicht als geschlagener Verbündeter Japans zu behandeln war. Er wurde für kurze Zeit Premierminister, betreute die Verabschiedung der Verfassung, die er als Erfüllung der Erwartungen der Revolution von 1932 ansah, und wurde vom König mit dem Titel „Senior Statesman“ (ratthaburut awuso) ausgezeichnet. Der Titel spiegelte die Intensität seiner politischen Arbeit wieder und nicht sein Alter, denn er war zu diesem Zeitpunkt erst 45 Jahr alt. Aber dies war der Höhepunkt seiner Laufbahn. Gegen Ende der 1940er Jahre blockierten Royalisten und Generäle die liberale157 Richtung der Politik Pridis und verwandelten Thailand in eine Diktatur. Sie beschuldigten Pridi, für den mysteriösen Tod von König Rama VIII im Jahr 1946 verant157
Liberal bedeutet nicht liberal im Sinne der “Panzer Liberalen” wie Giles Ji Ungpakorn in “A Coup for the Rich” schreibt und damit jene thailändischen “Liberalen” bezeichnet, die es für angemessen halten, mit einem Militärcoup, Panzern und Gewehren eine demokratisch geschaffene Verfassung außer Kraft zu setzen und einen gewählten Premierminister zu stürzen. Liberal bedeutet auch nicht das Gleiche, das Wirtschaftsliberale oder Neoliberale meinen, wenn sie über Liberalität sprechen. Liberal im Sinne des Verfassers bedeutet: Gegen Absolutismus und Zentralismus, für Gerechtigkeit und gleiche Rechte für alle Bürger. Insbesondere das Recht auf Bildung und das Recht auf Arbeit. Dagegen vertritt er eine Philosophie der Wirtschaftslenkung, die weit über das hinausgeht, was man heute in sozialen Marktwirtschaften kennt. Eine Philosophie, in der der Staat als wichtigster Unternehmer fungiert, der dann den Menschen nicht nur ein Gehalt, sondern ein Anrecht auf Nahrung, Kleidung, Unterkunft und Bildung gewährt. (Dies ist eine Ausprägung des klassischen Staatskapitalismus in der PridiVariante mit einer schon zu seiner Zeit diskutierten fehlgeleiteten Währungsabsicherung auf Base des Gold-Standards. Den Versuch den Arbeitmehrwert dem Arbeiter an Hand von Punkten zu entlohnen, um die abzusichernde Geldmenge klein zu halten, hätte in einen Irrweg geführt, aber er hätte auch eine Diskussion über die gerechtere Verteilung des Vermögens des Landes geführt.) Seite 368 von 408
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wortlich zu sein. Sie übernahmen die Macht mit Hilfe eines Coups, vernichteten die Verfassung Pridis und ließen verschiedene seiner Verbündeten töten. Pridi stellte sich ihnen zuerst in Wahlen und Debatten und dann in Straßenkämpfen entgegen, die die parlamentarische Politik von 1947 an verdrängten. Aber Pridi konnte mit der Feuerkraft seiner Gegner nicht mithalten. Am 6. August 1949 entkam er in einem Fischerboot aus Bangkok und sollte während seines gesamten Lebens nicht mehr nach Thailand zurück kehren. Seine Schriften Das Buch158, (aus dem hier Teile übersetzt wieder gegeben werden) ist eine Sammlung von Pridis eigenen Worten (Schriften, Reden, Interviews), die in Englisch übersetzt und anlässlich seines 100. Geburtstages am 11. Mai 2000 veröffentlich wurden.
Die Ideen Pridi bestand immer darauf festzustellen, dass die Revolution von 1932 kein Angriff auf die Institution der Monarchie war, sondern auf die gesellschaftlichen Privilegien und Exklusivitäten, die Siam davon abhielten, sich zu entwickeln. Historiker wie Nakharin Mektrairat und Matthew Copeland159 haben gezeigt, dass Pridi längst nicht alleine war mit seinen Gedanken. In den 1920er Jahren waren solche Überzeugungen in urbanen Teilen Siams weit verbreitet. Überall in Asien war das eine Periode, in der neue Denker und Führer argumentierten, dass der „Fortschritt“ durch koloniale Verwaltung, überholte Traditionen und veraltete politische Strukturen blockiert würde. Siams neue Männer dieser Ära empfanden, dass ihr eigenes Land noch stärker „zurückgeblieben“ war als die meisten der kolonialisierten Nachbarn. Viele summierten das Problem Siams mit dem Wort „Geburt“. Die Vergabe von politischer Macht auf Grund familiärer Gegebenheiten war einfach uneffizient. Soziale Privilegien institutionalisierten soziale Ungleichheit. Politische Privilegien veränderten sich zunehmend in wirtschaftliche Privilegien, mit denen Siams Aristokraten sich Landeigen-
158
Chris Baker and Pasuk Phongpaichit, Pridi by Pridi, Selected Writings on Life, Politics and Economy, Bangkok 2000, S.9ff. 159
Nakharin Mektrairat, Kanpatiwat sayam pho. So. 2475 (The 1932 Revolution in Siam), Bangkok: Nunnithi krhongkan tamra sanghomsat lae manutsayasat, 1992, Matthew Copeland, “contested Nationalism and the 1932 overthrow of the Absolute Monarchy in Siam”, PH.D thesis, Australian National University, 1993 Seite 369 von 408
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tum beschafften und in Partnerschaften mit ausländischen Investoren eintraten. Pridi hatte wenig Interesse an der Rhetorik hinsichtlich der Geburt. Für ihn war das größte Problem, dass der König über dem Gesetz stand, und dass andere Aristokraten vor dem Gesetz privilegiert waren. Diese institutionalisierten Privilegien mussten durch eine Neudefinition der Beziehung zwischen dem Staat und dem Bürger beseitigt werden. Die drei Hauptwerkzeuge für seine Arbeit der Neudefinition waren: Eine Verfassung, überarbeitete Gesetze und ein zu wählendes Parlament. Das zweite Problem war die wirtschaftliche Struktur, die 1% der Bevölkerung reich machte und die anderen 99% in Armut ließ. Die musste durch einen Eingriff der Regierung in die Wirtschaft überwunden werden160. Aber was Pridi so außergewöhnlich gegenüber anderen mit ähnlichen Ideen erscheinen lässt, war sein frühzeitiger Glaube daran, dass er etwas bewegen konnte. Schon mit Mitte 20 versammelte er sich mit sechs Freunden in Paris und legte den ersten Plan für eine Abschaffung der absolutistischen Monarchie vor. Nach Pridis eigener Aussage war seine früheste Überzeugung, dass die absolutistische Monarchie abgeschafft werden könnte, durch die Kuomintang und die chinesische Revolution von 1911 begründet worden. Die chinesischen Gemeinden zu dieser Zeit in Siam hatten viele wirtschaftliche oder politische Exilanten, die durch die revolutionären Ereignisse in China fasziniert waren. Pridis chinesisch- thailändische Familie war Teil der Marktgemeinschaft in Ayutthaya. Er hörte von seinen Lehrern in der Schule über die Kuomintang, er hörte darüber auf dem Markt Gerüchte und sah Dramen, die auf Bühnen auf dem Markt gespielt wurden. Aber Pridis Überzeugung, dass ein Wechsel möglich war, wurde zweifellos auch durch seine Erfahrungen in Europa geprägt. Er erreicht Paris im Jahr 1920, als die russische Revolution noch um Zusammenhalt kämpfte. Er verließ es im Jahr 1927, als der erste sowjetische Fünf-Jahres-Plan begonnen wurde. Diese neuen Experimente in politischer und wirtschaftlicher Organisation waren der Fokus der intellektuellen Faszination in ganz Euro160
Dabei schoss er leider so stark über das Ziel hinaus, weil er sich zu stark mit seinem ersten Wirtschaftsplan angreifbar machte, wie wir später sehen werden, dass er um ein Haar vollkommen aus der Politik entfernt worden wäre. Erstaunlicherweise hat er danach viele Jahr äußerst konstruktiv und außerordentlich erfolgreich die Regierungspolitik mit bestimmt, ohne seine utopischen Vorstellungen eines Staates als wichtigsten Unternehmer der seine Mitarbeiter mit Naturalien bezahlt, durchsetzen zu wollen. Das deutet darauf hin, dass Pridi seinen ersten Wirtschaftsplan nur als Sofortmaßnahme und Startpunkt in einer außerordentlich verfahrenen Situation angesehen hatte, nicht aber als grundsätzliche und immerwährend zu verfolgende Ideologie. Seite 370 von 408
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pa während dieser Epoche. Pridi erwähnt das Erlernen der russischen Planungstheorie in seinen Wirtschaftstudien, aber er entwickelte keinen tiefgehenden Enthusiasmus, darüber zu diskutieren. Das könnte seine eigenen späteren Probleme erklären, die er wegen Anschuldigungen erlitt, er wäre ein Kommunist. In Wahrheit sieht es so aus, dass er wenig Interesse an dem neuen Modell eines Einparteienstaates hatte161. Im Gegenteil war er fasziniert von den Modellen der westeuropäischen konstitutionellen Monarchien, der parlamentarischen Demokratie und des Wohlfahrtstaates. Es war die Rechtsphilosophie und die rechtliche Unterstreichung dieser Strukturen, die er mit zurück nach Siam nahm und in seinen Vorlesungen an der Hochschule für Recht in den späten 1920er und frühen 1930iger Jahren verbreitete. In diesen Vorlesungen und in drei politischen Dokumenten, die er in den frühen 1930iger Jahren verfasste (das Manifest der Volkspartei, der Entwurf des Wirtschaftsplans, und die vorläufige Verfassung) können wir seine Ideen hinter seinen politischen Überzeugungen und seiner 17-jährigen politischen Karriere erkennen. Die erste seiner Ideen war die Wichtigkeit der Errichtung eines Rechtssystems, das auf Rechten basierte, die als Fundament eine gleiche und effiziente Gesellschaft hatten. Er griff im Sinne von Vorstellungen nach der Macht, die auf den Ideen eines idealisierten römischen Rechtes in der französischen republikanischen Tradition basierten. Seine Vorlesungen an der Hochschule für Recht gegen Ende des Jahres 1932 begründete er auf den Grundlagen des Verwaltungsrechts (und des allgemeinen bürgerlichen Rechts), der Menschenrechte und auf der Dreieinigkeit von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. In seinen Vorlesungen war implizit die Herausforderung der sozialen und rechtlichen Ordnung enthalten, die alleine auf dem Supremat des Willens des Herrschers beruhten. Zweitens sah er die Verfassung als das Fundament aller anderen Rechte an und als politische Waffe im Kampf gegen das Konzept der Vorherrschaft des Willens des Herrschers und gegen die Privilegien und Ausschlüsse, die
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Seine konsequenten Demokratisierungsbemühungen der Politik stehen nur scheinbar in einem Gegensatz zu seinem ersten Wirtschaftsplan, durch den er von seinen Feinden zum Kommunisten abgestempelt wurde. Denn zu diesem Zeitpunkt waren die Auswüchse und Fehlschläge der vom Staat dominierten Planungen in den kommunistischen Staaten noch nicht erkennbar. Vielmehr war der Ruf nach staatlicher Planung nach den Auswüchsen der industriellen Revolution auch und besonders im bürgerlichen Lager immer größer geworden. Seite 371 von 408
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daraus resultierten. Durch alle seine Schriften zieht sich wie ein roter Faden die Benutzung des Begriffs maebot, buchstäblich übersetzt: “von der Mutter abstammend”, wenn er sich auf die Verfassung bezog, und spezifischer auf die Gewährung der ersten Verfassungen im Jahr 1932. Die Eingangsklausel der Verfassung, die Pridi und die anderen Führer der Volkspartei dem König nach der Revolution im Jahr 1932 präsentierten, lautete: „Die höchste Macht im Land gehört den Menschen.“ Drittens glaubte er, dass ein bürokratischer Staat das Potential hätte, der Motor des Fortschrittes in allen Formen zu sein und zwar durch seine Fähigkeit, eine nationalere Organisation der Gesellschaft zu entwickeln. In der Vergangenheit war dieser Fortschritt nicht realisiert worden, weil er durch koloniale Beschränkungen (Verträge mit ungleichen Bedingungen) und durch die Gewährung und den Schutz von Privilegien im absolutistischen Staat gehindert worden war. Der Fortschritt, den der Staat erreichen könnte, wurde durch die „sechs Prinzipien“ unterstrichen, die bei der Gründung der Volkspartei im Jahr 1927 niedergeschrieben wurden und die Pridi in seinen Schriften ständig zur Messung der Erreichung politischer Ziele wieder verwandte. Diese Prinzipien waren kurz gesagt: Nationale Unabhängigkeit, öffentliche Sicherheit und die Reduzierung der Kriminalität, wirtschaftlicher Wohlstand und Vollbeschäftigung, gleiche Rechte und Gleichheit vor dem Gesetz, bürgerliche Rechte, die auf den Menschenrechten basieren, und Bildung für alle. Der Entwurf des Wirtschaftsplans war der klarste und extremste Ausdruck, woher sein Glaube an den bürokratischen Staat kommen könnte. Die Idee der Wirtschaftsplanung war offensichtlich durch das russische Experiment beeinflusst worden. Aber wie Nakharin162 klar machte, war Planung zu Beginn der 1930er Jahre sehr in Mode, da die Idee vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Depression stand. Der Plan Pridis war nicht der einzige Plan, der in Bangkok in den Jahren 1932-33 geschrieben worden war. Es gab mehrere andere, die unterschiedliche politische Ideen reflektierten und unterschiedliche Detailgrade163
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Nakharin Mektrairat, Kanpatiwat sayam pho. So. 2475 (The 1932 Revolution in Siam), Bangkok: Nunnithi krhongkan tamra sanghomsat lae manutsayasat, 1992, Matthew Copeland, “contested Nationalism and the 1932 overthrow of the Absolute Monarchy in Siam”, PH.D thesis, Australian National University, 1993 163
Nkharin Mektrairat, “Khao khrong sethakit khong nai Mangkon Samsen mua pi pho. So. 2475” (Mangkon Samsen’s economic plan of 1932), und die zusammen geSeite 372 von 408
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Es drängt sich die Erkenntnis auf, dass Pridi nicht so stark durch das russische Modell sondern vielmehr durch die wachsende Wichtigkeit des Wirtschaftsmanagements und des Sozialstaates in Europa beeinflusst worden war. Der einzige wichtige Wirtschaftler, der in Pridis Plan genannt wird, ist Friedrich List, der deutsche Theoretiker einer staatlich gelenkten Industrialisierung. Pridi positionierte seinen Plan im Kontext einer zunehmenden staatlichen Verantwortung für die soziale Wohlfahrt, was die Trends in Frankreich und in Westeuropa nach dem ersten Weltkrieg widerspiegelte. In dem Plan untersuchte Pridi, wie die staatliche Verantwortlichkeit für Wirtschaftswachstum und soziale Wohlfahrt auf eine rückständige Agrargesellschaft angewandt werden könnte. Viertens glaubte er an die Wichtigkeit eines gewählten Parlaments. Sein Artikel von 1931, in dem er die Ausschüsse untersuchte, die unter der absolutistischen Monarchie eingerichtet worden waren, kann man als ein “Sichlustigmachen” verstehen über die Versuche des Absolutismus, sich von Oben nach Unten moderater zu gestalten. In seinem Verfassungsentwurf vom Juni 1932 galt fast drei Fünftel der Länge der Beschreibung des Repräsentantenhauses. Im Jahr 1946 benutzte er den kurzen Moment der Macht, um eine Verfassung zu verabschieden, die auf den frühen Versprechungen der Volkspartei basierte, und ein vollständig gewähltes und vollkommen uneingeschränktes, souveränes Parlament schaffte. Ein großer Teil seiner späteren Arbeiten war voller Ärger und Bedauern darüber, dass diese Verfassung schnell wieder zerstört worden war, und darüber, dass das Parlament sich einer Diktatur unterordnete. Fünftens hatte er den ihn inspirierenden Glauben angenommen, dass der Mensch perfektionierbar wäre. Er glaubte sehr stark an die Wirkung der Bildung (die ihn persönlich von einem Hausboot in Ayutthaya zur Universität von Paris gebracht hatte), und er schlug vor, dass Menschen zur Bildung gezwungen werden müssten ganz entgegen seiner sonstigen Hinwendung zur Freiheit der Persönlichkeit. In weniger als zwei Jahren nach der Revolution hatte er die Thammasat-Universität gegründet, um eine neue Art der Menschen zu erschaffen, um seine dem Menschen dienende Bürokratie zu begründen. Bei der Eröffnung der Universität sagte er: „Jetzt da unser Land durch eine demokratische Verfassung beherrscht wird, ist es
fassten Veranstaltungen des Seminars über Pridis Plan an der Thammasat Universität am 11. Mai 1999, beide in Narong Petchprasoet (ed.) Pridi Phanomyong, Bangkok: Political Economy Centre and Pridi Banomyong Institute, 1999, SS Seite 373 von 408
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besonders wichtig, eine Universität zu erschaffen, die allen Menschen erlaubt, ihr Fähigkeiten voll zu entwickeln.“ Schließlich hatte Pridi einen alles überragenden Glauben in die Nation. Immer und immer wieder rief er diejenigen auf, „die die Nation lieben“, ihre Kräfte zu vereinen. Aber anders als andere Nationalisten seiner Zeit war Pridis Nation mehr praktischer als mystischer Natur. Er sah keine enge Verbindung zwischen Nation und Rasse. Er beschrieb die thailändische Nation als eine Mischung ethnischer Gruppen. Für ihn war der Nationalstaat ganz einfach die wichtigste prinzipielle Form der politischen Organisation im 20. Jahrhundert geworden. Die Vorteile der Verfassung, Gleichheit vor dem Gesetz, wirtschaftliche Steuerung 164 und soziale Wohlfahrt konnten nach seiner Meinung nur durch einen starken Staat bereitgestellt werden. Entweder war die Nation stark und dadurch in der Lage, diese Vorteile zu erzeugen, oder sie musste sich größeren Mächten oder ambitionierten Nachbarn unterwerfen. „Freiheit heißt nicht, dass eine Person alles machen darf, was er gerne möchte. Das würde zur Anarchie führen, und dem Fehlen jeder Regierungsführung. Freiheit muss Regeln folgen. Freiheit muss innerhalb der Absichten von Recht und Moral existieren.“ (Pridi B.) Das Erbe Pridi gehört zur gleichen politischen Generation wie Jawaharlal Nehru, Soekarno, Ho Chi Minh, Aung San und andere anti-koloniale Nationalisten der Zeit zwischen den Weltkriegen. Sie alle wuchsen unter den gleichen politischen und intellektuellen Bedingungen auf. Sie teilten viele Ideen hinsichtlich Gesetz, Verfassung, Parlament und der Macht des Staates. Aber die Karriere und das politische Erbe von Pridi unterscheiden sich von den anderen Persönlichkeiten in einer wichtigen Hinsicht. Die anderen waren durch den Kolonialismus geprägt, aber der Kolonialismus brach weg. Sie wurden Märtyrer in einem siegreichen Kampf, oder Gründer und Erbauer einer nachkolonialen Epoche. Ungefähr zur gleichen Zeit in der diese Persönlichkeiten Macht oder Unsterblichkeit erlangten, floh Pridi ins Exil. Den lange Rest von Pridis Leben verbrachte er außerhalb seines Landes. Es gab ihn noch, aber er war an die Peripherie der Politik des Landes abge-
164
Hier ist eines der Probleme für seine spätere Anfeindung
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drängt worden. Unter diesen Umständen wurden seine historische Bedeutung und sein politische Erbe unklar und schlecht fassbar. Zu dem Zeitpunkt, als er im Jahr 1949 floh, war er bereits dämonisiert worden. Seine politischen Feinde machten ihm zwei Vorwürfe: Kommunismus und Königsmord. Pridi wurde zum ersten Mal wegen beschuldigt, ein Kommunist zu sein, nachdem er seinen Wirtschaftsplan zu Beginn des Jahres 1933 veröffentlicht hatte. Im Jahr 1934 wurde die Anklage durch ein Tribunal untersucht und verworfen. Pridi behauptete nie, Kommunismus zu unterstützen und stritt es sogar viele Male eindeutig ab. Er war auch nicht in Versuchung geraten, als linke Bewegungen in den 1960er und 1970er Jahre in Mode kamen. Die radikalen Studenten dieser Ära sahen ihn auch nicht als Kommunisten an. In seinen Veröffentlichungen benutzte er oft marxistische Dialektik als Werkzeug um historische Veränderungen zu analysieren. Aber das war ein Element in einem vielseitigen Gemisch (von Argumenten und Arbeitsweisen) und nicht der Ausdruck einer Überzeugung. Im späteren Leben beschrieb er seine Überzeugung als „wissenschaftlichen demokratischen Sozialismus 165“
165
Nakharin Mektrairat, Kanpatiwat sayam pho. So. 2475 (The 1932 Revolution in Siam), Bangkok: Munnithi khrongkan tamra sangkhomsat lae manatsayasat, 1992; Matthew Copeland, „Contested Nationalism and the 1932 Overthrow of the Absolute Monarchy in Siam“, Ph.D. thesis, Australian National University, 1993. Seite 375 von 408
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Hinsichtlich der Frage des Königsmordes forderte Pridi die Verleumder vor Gericht heraus, und gewann jedes Mal. Die Dämonisierung Pridis wegen Königsmord begann schon während der Tage von König Rama VIII mysteriösen Tod durch eine Schussverletzung am 9. Juni 1946. Drei Personen waren besonders wichtig für den Aufbau eines (verleumderischen) Verständnisses in der Öffentlichkeit, dass Pridi irgendwie für den Tod des jungen Königs verantwortlich wäre.
Abbildung 28 Mom Seni Pramoj
Die ersten beiden, die zu der öffentlichen Verleumdung von Pridi beitrugen waren die Pramoj – Brüder. Seni und Kukrit. Ihre Familie lässt sich auf König Rama II zurück verfolgen. Als Urenkel des Königs trugen sie monarchistische Titel (momratchawong). Sie waren Teil der vielen royalistischen Familienmitglieder und Monarchisten, die die Möglichkeit während des Kriegs und danach ergriffen hatten, sich selbst wieder Geltung zu verschaffen. Seni Pramoj war während des 2. Weltkrieges Botschafter in Washington und einer der Schlüsselanführer der Seri Thai-Bewegung in den USA. Im Jahr 1945 kehrte er nach Thailand zurück um eine wichtige Rolle in den Friedenverhandlungen zu übernehmen, und wurde für einige Monate Premierminister. Viele andere Monarchisten in Europa waren in der SeriThai-Bewegung aktiv gewesen, und kehrten zum gleichen Zeitpunkt zurück. Kukrit Pramoj hatte als Banker, Hochschullehrer und Journalist gearSeite 376 von 408
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beitet. Mit der Auflösung der Volkspartei die die politische Führung seit 1932 monopolisiert hatte, waren die Jahre von 1945 bis 1946 eine Periode der intensiven politischen Neuorganisation. Die Pramoj –Brüder waren in der monarchistischen Gruppierung aktiv, die 1945 die Progressive Partei gründeten, die sich 1946 mit der Democrat Party vereinigte. Sowohl Kukrit als auch Seni schrieben in der Presse Bangkoks Andeutungen, die Pridi mit einem Königsmord in Verbindung brachten. Nach dem Coup von 1947 schrieb Seni (unter dem Pseudonym Malaengwi, Mücke) eine Serie von Artikeln, die behaupteten, dass die „Mehrheit der thailändischen Menschen …. den politischen Wechsel als Teil einer geheimnisvollen Magie, die ihre Gebete erhörte, willkommen hießen (d.h. den Coup.)“ Er fuhr dann fort: „Viele Menschen auf den Straßen sagten, dass es keinen Grund dafür gäbe, dass Pridi sich in Gefahr fühlen müsse, und nach Singapur flüchten musste. Watcharachai der wegen Königsmord beschuldigt wurde, entkam mit ihm.“ Das machte viele Menschen glauben, dass Pridi wegen des Königsmordes geflüchtet wäre.166 Im Jahr 1950 gründete Kukrit die Zeitschrift Siam Raht und schrieb täglich Kolumnen die oft eine Verbindung zwischen Pridi und dem Königsmord herstellten. Im Jahr 1954 schrieb Kukrit einen langen Artikel der klar machte, dass er glaubte, dass der König ermordet worden war, und dass es ein kommunistischer Komplott gewesen wäre, und dass Pridi bewiesenermaßen im Licht der Geschehnisse des Jahres 1933 bis 1934 ein Kommunist wäre, mit einem Wohnsitz in China. „Es sollte nicht überraschen, dass Pridi sich jetzt auf die Seite der Kommunisten schlägt, wenn man die alten Geschichten anschaut. … Aber Kommunisten sind nicht dumm. Im Gegenteil müssen sie sehr schlau und geduldig sein, und voller Tricks. Bevor die Kommunisten jemanden akzeptieren untersuchen sie genauestens das Verhalten der Person in der Vergangenheit und seine Meinungen. Pridi hat eine Menge in seiner Vergangenheit, die ihn für die Kommunisten akzeptabel macht, einschließlich des Königsmordes, die für ihn wie ein Ausweis ist.“167
166
Seni Pramot, „bung lang prawatisat“ (Historischer Hintergrund), in Chumnum wannakhadi thang kanmuang (Gesammelte politische Schriften), Bangkok, 1968, 52, 61. 167
Schrieb Kukrit in Siam Raht Seite 377 von 408
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Der dritte Architekt in der Dämonisierung Pridis war Phra Phinitchonkhadi, der Polizist, der durch die Putschisten als Leiter der Ermittlungen in dem Königsmord eingesetzt worden war. Wie aus den Gerichtsverfahren offensichtlich hervorgeht, und allen nachfolgenden Aussagen, waren die Beweise schon Stunden nach dem Ereignis verwischt, unklar, und konnten in dem hoch emotionalen Umfeld und den folgenden Umständen nur noch unklarer werden. In seinen Ermittlungen konzentrierte sich Phra Phinit darauf, politische Motive für einen Mord zu konstruieren. Drei Palastfunktionäre wurden identifiziert und angeklagt, später exekutiert. Zwei von ihnen hatten Verbindungen zu Pridi. Phra Phinit stellte auch Haftbefehlte für Pridi und seinen Assistenten Watcharachai wegen Planung des Mordes aus, aber er brachte die Fälle nie vor Gericht. Es wurde viel später im Jahr 1979 enthüllt, dass Phra Phinit einen Zeugen bestochen hatte, um der Anklage der Konspiration gegen Pridi Gehalt zu geben.168 Phra Phinit war der Schwager der Pramoj Brüder.169 Von 1945 bis 1950 kooperierten die Monarchisten mit den militärischen Führern (einige stammten aus der Volkspartei, andere aus einer nachfolgenden Generation), gegen Pridi und eine Koalition seiner Anhänger aus der zivilen Fraktion der Volkspartei, der inländischen Führer der Seri Thai und der Marine. Die Dämonisierung Pridis war Teil der Schlacht. Zunächst fokussierte sich die Beschuldigung auf den Königsmord. Aber zu Beginn der 1950er Jahre wurden die USA und ihr kalter Krieg gegen den Kommunismus in Asien der bestimmende Faktor der thailändischen Politik. Die USA wurde der Schutzpatron der Allianz zwischen Militär und Monarchisten.170 Die Anklagen von 1933 wegen kommunistischen Aktivitäten gegen Pridi wurden wieder aufgerollt. Anhänger des Militärs erklärten dass das Militär die Macht mit dem Coup von 1947 hatte übernehmen müssen, weil Pridi kurz davor gestanden hätte, einen kommunistischen Aufstand auszulösen. Die Tatsache dass Pridi nach China geflohen war, wurde als Beweis für seine wahren politischen Ansichten gewertet. Als China im Jahr 1953 168
Es wird angenommen, dass Pridi gehört hatte, dass der König plante, den Thron zugunsten seines Bruders aufzugeben, und sich zur Wahl als Parlamentsabgeordneten aufstellen zu lassen. Wie das Gerücht dann ausführte, hätte daraufhin Pridi den Königsmord in Auftrag gegeben, weil die Strategie des Königs seine parlamentarischen Ambitionen blockiert hätten. Morakot, „Phap lak“, 117-8 169
Und Pridi hatte sich einmal geweigert, ihn zum nationalen Polizeichef zu machen, wie Rayne Kruger in „The Devils Discus“ schreibt.. 170
Daniel Fineman, A Special Relationship: the united States and Military Governemnt in Thailand, 1947 – 1958, Honolulu: University of Hawaii Press, 1997. Seite 378 von 408
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eine autonome thailändische Zone in Sipsongpanna einrichtete, konstruierte die USA das Bild, in dem Pridi die Speerspitze einer chinesischen Invasion Thailands von Sipsongpanna aus war. Dieses Bild war Teil der USpsychologischen Kriegsführung um Thailand zu überzeugen, eine antikommunistische Bastion der USA in Südostasien zu werden.171 Das Ergebnis war, dass schon kurze Zeit nach seiner Entfernung von der politischen thailändischen Szene, Pridi auch aus der Geschichte getilgt worden war. Während der nächsten zwanzig Jahre der Militärdiktatur wurde Pridis Name nie in einem positiven Licht erwähnt. Im Jahr 1964 provozierte ein Buch, dass die Rolle Pridis im Königsmord in Frage stellte, einen prominenten Konservativen zu der Antwort dass „…. Das Pridi Regime …. Ein Regime der eisernen Faust war. Viele unschuldige Menschen, die den Mut hatten, aus wirklicher Überzeugung heraus zu reden, waren liquidiert worden. In Pridi findet man einen kaltblütigen Fanatiker, der nie gezögert hat, jedes Mittel anzuwenden um seine Pläne und Ideen zu verwirklichen.“172 Konservative beschrieben Pridi als einen die Monarchie zerstörenden Kommunisten, einen Dämonen, vor dem jeder Angst haben müsste, der
171
Der Ansatz der USA funktionierte. Thanom Kittikhachorn beschrieb Sipsongpanna als “Chinas Lakai um Thailand zu überfallen.“ Siehe Vorwort zu Bunchuai Sisawat, Lu: khon Thai nai prathet Chin (Lu: Das Thailand in China), Bangkok, 1955. Aber bei der Bandung-Konferenz im April 1954 erklärte Zhou Enlai dem Delegationsführer der Thailänder, Momchao Wanwaithayakon, dass Pridi in Beijing und nicht in Sipsongpanna gewesen wäre, dass die USA ein falsche Spiel gespielt hätten, und dass Thailand eine Delegation nach China senden sollte, um das zu überprüfen. Zhou und Wan dinierten zusammen und tauschten Geschenke aus. Phibun begann darauf hin Beziehungen mit Bejing aufzubauen, und verbreitete sogar die Nachricht, dass Pridi nach Thailand zurück kehren könnte. Aber der Coup von 1957-58 durch von den USA unterstützten General Sarit schnitten diese Möglichkeiten ab, und die Dämonisierung Pridis wurde wieder neu gestartet. Siehe Fineman: A Special Relationship, 172-73, 213, 225-26. Das Resultat war, dass die chinesischen Führer Pridi verboten Thailänder im südlichen China zu besuchen. 172
Im Jahr 1964 zirkulierten Kopien von Rayne Krugers „The Devil’s Discus“ in Bangkok. Ein „Beamter, der nahe an den Ereignissen war“, schrieb eine Notiz für die Regierung über das Buch. Die zitierte Passage stammt aus dieser Notiz, die ohne Angabe eines Autors in der Bangkok Post am 21. Juli 1964 gedruckt worden war. Es erschien auch in der Ausgabe der Kremationsausgabe von Phraya Siwisanwacha in Wat Thepsirin im Jahr 1968. Im Jahr 1933 war Siwisanwacha einer der schärfsten Gegner von Pridis Wirtschaftsplan, den er als „puren Sozialismus“ beschrieb. Seite 379 von 408
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dem Versuch verfällt, liberale Ideen über Demokratie, soziale Gleichheit und Menschenrechte zu entwickeln. Diese Dämonisierung diente den Zwecken der Militärdiktatoren, die damit beschäftigt waren, die Verfassungen, das Recht, das Parlament und andere institutionelle Innovationen der Pridi Ära zu verfälschen oder zu unterdrücken. Die Dämonisierung war auch verlockend für viele alte Aristokraten die es schwierig ertrugen, dass ihre Familien nicht länger ihren Status und ihre Privilegien behalten konnten.173 Viele gut situierte Thailänder passten sich leicht der neuen Zeit an und einige arbeiteten eng mit der Volkspartei zusammen. Pridi hatte immer immer die Tatsache honoriert, dass König Prajadhipok die Reform des Absolutismus angestrebt hatte, und die Transition der konstitutionellen Monarchie im Jahr 1932 ohne größeren Widerstand akzeptiert hatte. Aber andere waren weniger oder überhaupt nicht willig sich anzupassen. Konservative innerhalb des Hofes hatten Prajadhipoks Vorstellungen einer Reform vor 1932 blockiert. Ein solcher Konservatismus hielt sich zäh. Viele fanden es schwer zu akzeptieren, dass die Trennlinie zwischen den Bürgerlichen und den Adligen entfernt worden war. Nach 1947 erlaubte der neue Absolutismus der Militärherrschaft solchen Konservativen sich zu entfalten.174 Die Umstände veränderten sich in den frühen 1970er Jahren. Während des vorhergehenden Jahrzehnts war die Verbindung von Royalisten und Militärdiktatoren zunehmend zerfallen. In der internationalen Arena machte die chinesisch-sowjetische Trennung den kalten Krieg komplexer. Studentenproteste begannen den Standpunkt der USA in Südostasien zu schwächen. Im Mai 1970 verließ Pridi Kwangtung und zog in die Vororte von Paris um. Er wurde nun für die neue Generation von Studenten und Intellektuellen zugänglich, die die offenen Risse im System der thailändischen Militär-
173
Als Pridi im Jahr 1972 schrieb, kommentierte er zwei Bürgerliche des 19. Jahrhunderts, die die absolutistische Monarchie kritisiert hatten: „Es scheint so, als ob die Menschen der alten Ordnung K.S.R. Kulap oder Thianwan nicht erwähnen wollen, der in ihrer Jugend von vor über hundert Jahren schon offen für einen Wechsel in der absolutistischen Monarchie eingetreten waren.“ 174
Siehe Sulak Sivaraksas Geständnis seines jugendlichen Enthusiasmus, Pridi zu denunzieren. In Seinem Buch Powers That Be: Pridi Banomyong through the Rise and Fall of Thai Democracy, Bangkok: Committee on the Centennial Anniversary of Pridi Banomyong, 1999. Oder auch auf diesen Seiten: http://www.schoenesthailand.de/news/meinung/im-angesicht-der-macht-pridi-banomyong-von-sulaksivaraksa.html Seite 380 von 408
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diktatur ausnutzten und diese schließlich im Oktober 1973 stürzen sollten. Diese neue Generation war an Pridi als Persönlichkeit interessiert, die in Opposition zur Militärdiktatur stand, und der vielleicht angemessene linke Empfehlungen hat. Journalisten und Akademiker kamen, um ihn in Paris zu interviewen. Artikel über ihn erschienen in der Presse Bangkoks. Treffen thailändischer Studenten in Europa luden ihn ein Reden zu halten. Demokratieseminare in Thailand baten ihn Reden zu senden. Seine Veröffentlichungen begannen zu erscheinen – die philosophische „Impermanence of Society“ (Die Unbeständigkeit der Gesellschaft) in 1970, seine Berichte über China in 1972, und dann von 1972 bis 1976 eine Flut von Artikeln, in denen er versuchte zwischen seiner eigenen politischen Erfahrung, seinen Studien der Weltgeschichte und der neuen politischen Situation in Thailand nach der Studentenrevolte von 1973 eine Beziehung herzustellen. Suphot Dantrakun veröffentlichte eine kurze Studie über Pridis Leben und Arbeiten in 1971.175 Eine einfühlsame Studie in englischer Sprache über Pridi und die Revolution von 1932, schon ein Jahrzehnt früher geschrieben, wurde im Jahr 1972 veröffentlicht.176 Duan Bunnag schrieb eine Arbeit über Pridi und seinen Wirtschaftsplan im Jahr 1974177 Verschiedene Schriften von Pridi wurden besonders vom ehemaligen Promoter der Revolution von 1932 und der Seri Thai Bewegung Pramot Phungsunthon herausgegeben. Aber die Studentenbewegung in den 1970iger Jahren entschied schließlich, dass Pridi nicht der Held war, den sie brauchten. Die Rhetorik der Studentenbewegung war schnell durch den Sozialismus dominiert. Bei einer näheren Betrachtung konnte man feststellen, dass die Ideen Pridis ganz klar in den europäischen liberalen Traditionen und nicht in einem marxistischen Netzwerk ihre Wurzeln hatten. Die Studenten beschlossen, dass auf Grund historischer, linguistischer und universaler, einzelne Wissengebiete über-
175
Suphot Dantrakun, Chiwit lae ngan khong Dr. Pridi Phanomyong (Leben und Werk von Pridi Banomyong), Bangkok: Prachak, 1971. Im Jahr 1973 allein veröffentlichte Suphot nicht weniger als neun Titel über Pridi. Seitdem war er damit fortgefahren. Morakots Bibliografie umfasst 40 Werke von Suphot, alle über Pridi oder eng mit ihm verbunden. 176
Thawatt Mokarapong, History of the Thai Revolution: A Study in Political Behavious, Bangkok: Thai Watana Panich, 1972 177
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greifende Kenntnisse der Märtyrer Jit Phumisak eine angemessenere Heldenfigur abgeben würde.178 Außerdem war es schwierig, die Ereignisse des Jahres 1932 in die revolutionäre Geschichte Thailands einzubinden. Versuche, es als populären bürgerlichen Aufstand zu bezeichnen waren (gegenüber den radikalen Ansichten der Studenten) zum Scheitern verurteilt. Als der Studentenführer von 1973, Seksan Prasertkul später seine Doktorarbeit in Cornell über moderne thailändische Politik schrieb, ignorierte er 1932 fast vollständig. Nach Seksans Ansicht war es ganz einfach ein Coup. Das Resultat wäre nur eine kleine Feinjustierung in der Beziehung zwischen der Monarchie und dem Militär, was den beiden Institutionen ermöglichte, die Dominanz zu erhalten, die bis in die Ayutthaya –Periode zurück ging. Mit anderen Worten hatte sich nichts wirklich geändert.179 Andere Schriftsteller dieser Generation wiederholten diese Interpretation. Der Coup von 1932 wäre ein Fehlschlag gewesen. Die Volkspartei hatte den Weg für die Militärdiktatur geebnet, die Thailand von den 1930iger bis in die 1970iger Jahre beherrscht hatte. Gesetze, Verfassungen, und das Parlament hatten sich nicht als das Fundament einer neuen sozialen Ordnung erwiesen. Auch die „Importe“ aus dem Ausland hatten versagt. Sie waren einfach in Instrumente der Diktatur verwandelt worden.180 Ironischerweise provozierte die Aussicht, dass Pridi in den späten 1960er und 1970iger Jahren eine neue revolutionäre Persönlichkeit werden könnte, und vielleicht sogar nach Thailand zurückkehren könnte, die Geister der Vergangenheit und eine zweite Runde der Dämonisierung. Verschiedene alte Monarchisten waren nun Prominente der Politik die eine Verfassung schrieb und Parteien aufbaute, und zwar auf Grund der Folgen des Studentenaufstandes von 1973. Die Pramot (Pramoj)-Brüder waren wieder im Vordergrund. Seni war kurz Premierminister im Jahr 1975 und noch einmal in 1976. Kukrit besetzte die 178
Craig J. Reynolds, Thai Radical Discourse: The Real Face of thai Feudalism Today, Ithaca: Cornell University, 1987 179
Seksan Prasertkul, “The transformation of the Thai State and Economic Change (1855-1945)”, Ph.D. Thesis, Cornell University, 1989, besonders Seite 302. 180
Die vielleicht eleganteste Argumentation ist die von Nidhi Eosiwong, “Ratthathammanun chabap watthanatham thai” (Die thailändische Kultur der Verfassung), original in Silpawattham, 13(1), November 1992, nachgedruckt in Nidhi, Chat Thai, muang Thai, haep rian lae anusawari (Thai Nation, Thailand, Schultexte, und Denkmäler), Bangkok: Silpa Watthanatham, 1995
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Position etwas länger in der Zwischenzeit. Obwohl er in dieser Periode nicht direkt über Pridi schrieb, erschienen in Kukrits Siam Rath viele Artikel mit Anschuldigungen gegen Pridi, und vehementer Opposition gegen Versuche ihn zu rehabilitieren. Kukrit initiierte auch das Gerücht, dass Pridi planen würde nach Thailand zurück zu kommen um sich selbst als Präsident einzusetzen181 Die Anklagepunkte waren wieder die gleichen: Königsmord und Kommunismus. Kurz nachdem Pridi nach Paris umgezogen war und von Thais besucht worden war, die mit der Regierung in Verbindung standen, warnte Siam Rath: „Falls die Regierung einen ehemaligen Flüchtling, der ein Feind des Thrones ist, zurück kommen lässt, um jemanden Großes in der Regierung zu werden, dann ist das Rebellion gegen den Thron.182 Mit einem Thailand, das sich einem kommunistischen Aufstand gegenüber sah, der von China unterstützt wurde, wurde die Anklage wegen Kommunismus noch verfeinert. Pridi wurde nun als williges Werkzeug von Chinas Politik und dem Versuch das Land zu dominieren, dargestellt.183 Später im Jahr 1979 verklagte Pridi erfolgreich Kukrit und die Siam Rath, den Historiker Rong Sayamanon und das Bildungsministerium wegen Veröffentlichungen die seinen Namen in Verbindung mit dem Königsmord brachten. Nach dem Coup und der Rückkehr des Militärs im Jahr 1976 wurde die Erinnerung an Pridi nicht vollkommen unterdrückt. Trotz der Rückkehr der politischen Reaktionäre hatte die Periode 1973 bis 76 etwas intellektuellen Spielraum geschaffen, der sich nicht mehr vollständig unterdrücken ließ.
181
Sulak, Powerst hat Be, 55
182
Siam Rath, 1. August 1930. Als Puey Ungphakorn, ein früherer Anhänger von Pridi und einer der führenden Technokraten des Landes, Pridi in Paris besuchten, warnte Siam Rath Sapdawichan (30. August 1970) Puey indem es Pridi beschrieb als „Beschuldigter im Fall eines Mordkomplotts von König Ananda Mahidol“. Siam Rath war das Opfer des Glaubens in die eigenen Gerüchte geworden. Pridi war nie ein Angeklagter in einem solchen Fall gewesen, und diese zwei Artikel gaben Pridi die Möglichkeit erfolgreich gegen Kukrit und seine Zeitung zu klagen. Siehe Morakot, „Phap lak“, 185-6; Chiwaprawat yo khong nati Pridi Phanomyong, 71-2. 183
Morakot, “Phap lak”, 181-7 Seite 383 von 408
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Eine englischsprachige Biographie, die von Pridis Frau geschrieben worden war erschien in einem privaten Verlag in Singapur.184 Die erneute Dämonisierung, verbunden mit der Zurückhaltung der radikalen Studenten, Pridi und die Volkspartei anzuerkennen, erlaubte das grundsätzliche Umschreiben von Thailands Geschichte der Verfassungen und des Parlamentarismus. Die Rolle von Pridi und der Volkspartei wurde sorgfältig ausgelöscht. In einer der neueren Versionen wurde darauf Wert gelegt, dass König Prajadhipok die Verfassung im Jahr 1932 gewährt hätte, aber die Volkspartei hätte den Coup unternommen und ihn davon abgehalten und dann das Lob für sich beansprucht.185 Im Jahr 1976 wurde diese Version der Geschichte in einem offiziellen Geschichtsbuch festgelegt.186 In einer anderen Version wurden die Ereignisse des Juni 1932 einfach vergessen: Der König alleine hatte die Verfassung gewährt und war der einzige Vorkämpfer für Thailands parlamentarische Tradition. Pridi und seine Volkspartei erschienen einfach nicht mehr (in der Geschichtsschreibung). Im Jahr 1980 wurde die Statue von König Prajadhipok außerhalb des neuen Parlamentes aufgestellt um dieser Version der Geschichte eine feste Form zu verleihen.187 Die Errichtung des König Prajdhi-
184
Vichitvong na Phombhejara, Pridi Banomyong and the Making of Thailands Modern History, Singapur, 1979 (private Veröffentlichung). 185
Der König selbst gab wenige Tage nach der Übernahme der Macht (durch die Volkspartei) im Jahr 1932 bekannt: „Die Volkspartei und ich haben gemeinsam am gleichen Ziel gearbeitet, nämlich eine Verfassung für unser Land zu erstell, aber ohne dass wir jeweils davon gewusst hatten. Meine Pläne waren auf sehr großen Widerstand der ultra-konservativen und selbst der ausländischen Berater gestoßen, die einen radikalen Wechsel als wenig weise ansahen. Die Menschen wurden natürlich ungeduldig und nahmen die Angelegenheit in ihre eigenen Hände.“ König Prjadhipoks Telegramm an Mr. Und Mrs. Odgen Reid vom 30. Juni 1932, zitiert in Benjamin A. Batson, The End of the Absolute Monarchy in Siam, Singapur: Oxford University Press, 1984, 237. 186
Sonthi Techanan, comp. Phaen phatthana kanmuang pai su kan pokkhrong rabop prachathipatai tam naew phraratchadamri khong phrabatsomdet Phrapokklao chaoyuhua (Pläne for die politsche Entwicklung zu einer Demokratie entsprechend den Ideen von König Rama VII), Bangkok, Thai Kasem, 1976, zitiert in Thongchai Winichakul, “Thai Democracy in Public Memory: Monuments and Their Narratives”, Rede vor 7. International Conference on Thai Studies, Amsterdam, 1999, fn 29. 187
Thongchai, “Thai Democracy”.
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pok-Institutes im Jahr 1994 (das der politischen Bildung gewidment ist) sollte zur weiteren Bestätigung dienen.188
188
Ein Artikel, der das Institute sehr lobt beschreibt König Prajadhipok wie er die erste Verfassung dem Volk gewährte, ohne jede andere menschliche Einflussnahme, und anschließend abdankte. Der Artikel kommentiert: „Viele Historiker haben ihre Meinung dazu abgegeben, dass der Grund, warum er zurückgetreten war, darin liegt, dass er die demokratischste Persönlichkeit im Reich zu diesem Zeitpunkt war. Seite 385 von 408
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Die erste Verfassung Provisorische Verfassung des Königreichs Siam, 1932 König Prajadhipok verkündet hiermit den königlichen Erlass wie folgt. Die Volkspartei hatte ihn aufgefordert, sich unter die Verfassung des Königreiches von Siam zu begeben, damit das Land für den Fortschritt geöffnet wird. Sektion 1: Grundsätzliche Dinge Klausel 1. Die höchste Macht im Land liegt bei den Menschen Klausel 1. Die Personen und Gruppen, die weiter unten erwähnt werden, werden die Vollmacht im Auftrag der Menschen ausüben, wie in der Verfassung festgelegt: 1) Der König (kasat) 2) Die Versammlung der Vertreter der Menschen 3) Das Komitee der Menschen 4) Die Gerichte Sektion 2. Der König Klausel 3. Der König ist das Staatsoberhaupt. Die Gesetzesakte, Gerichtsentscheide und andere Angelegenheiten, die per Gesetz geregelt werden, werden im Namen des Königs verkündet. Klausel 4. Die Person der König des Landes ist König Prajadhipok. Die Nachfolge wird in Übereinstimmung mit dem monarchistischen Haushaltsgesetz über die Nachfolge des Jahres 1924 und durch Bewilligung der Volksversammlung geregelt. Klausel 5. Sollte es einen Grund geben, dass der König vorübergehend seinen Pflichten nicht nachkommen kann, oder nicht in der Hauptstadt sein sollte, wird das Volkskomitee das Recht in seinem Namen ausüben. Klausel 6. Der König kann nicht vor Gericht angeklagt werden. Die Verantwortlichkeit für die Gesetzgebung liegt bei der Versammlung. Klausel 7. Jede Aktion des Königs muss die Unterschrift eines der Mitglieder des Volkskomitees tragen, der durch die Versammlung bevollmächtigt wurde, andernfalls ist die Unterschrift ungültig.
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Sektion 3. Die Versammlung der Vertreter der Menschen Teil 1. Macht und Pflichten Klausel 8. Die Versammlung hat die Macht jedes Gesetz zu erlassen. Solche Gesetze werden in Kraft gesetzt, sobald sie durch den König verkündigt worden sind. Wenn der König nicht innerhalb von 7 Tagen, gerechnet vom Tag der Verabschiedung in der Versammlung, das Gesetz verkündet, und Gründe erklärt, wegen denen er nicht bereit ist, das Gesetz zu unterzeichnen, kann er das Gesetz zurück an die Versammlung übergeben, um es erneut überprüfen zu lassen. Falls die Versammlung das Gesetz unverändert beschließt, und der König es immer noch nicht unterzeichnet, hat die Versammlung das Recht das Gesetz zu verkündigen und in Kraft zu setzen. Klausel 9. Die Versammlung hat die Macht die Angelegenheiten des Landes zu regeln. Sie hat die Macht Versammlungen einzuberufen um Mitglieder des Volkskomitees oder jeden Beamten der Regierung zu entlassen. Teil 2. Vertreter der Menschen Klausel 10. Mitglieder der Versammlung der Vertreter der Menschen sind derzeit folgende: Periode 1. Von dem Moment des Inkrafttretens dieser Verfassung bis zum Zeitpunkt wenn die Mitglieder der zweiten Periode ihr Amt antreten, hat die Volkspartei, die die militärische Macht hat, die Hauptstadt zu beschützen, die Vollmachtmacht, sieben Personen als vorläufige Mitglieder der Versammlung zu berufen. Periode 2. Innerhalb von 6 Monaten, oder wenn das Land normal und in Ruhe und Ordnung ist, wird es zwei Typen von Mitgliedern der Arbeitsversammlung geben, nämlich: Typ 1: Personen, die von den Menschen gewählt werden, einer je Provinz, oder für Provinzen über 100.000 Menschen oder für jede 100.000 Einwohner ein Vertreter, und einen zusätzlich wenn die verbleibende Zahl mehr als die Hälfte ausmacht. Typ 2: Mitglieder der Periode 1 bis zur gleichen Zahl wie Mitglieder vom Typ 1. Falls die Nummer überzählig ist, sollen sie sich selbst einigen, wer Mitglied bleiben soll. Falls die Zahl nicht ausreicht, sollen die übrigen eine Person wählen, um die Anzahl auszugleichen.
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Periode 3. Wenn die Anzahl der Menschen im Königreich, die die schulische Grundausbildung erreicht hat, die Hälfte der Bevölkerung erreicht hat, werden alle Mitglieder der Versammlung vom Volk gewählt. Typ 2 Mitglieder werden nicht länger existieren. Klausel 11. Die Qualifikation für jene, die sich zur Wahl stellen als Typ 1 Mitglieder sind: I Absolventen eines Politikkurses, in Einklang mit dem Lehrplan der von der Versammlung etabliert wird. II Er muss mindestens 20 Jahre alt oder älter sein. III Ohne Einschränkung der Geschäftsfähigkeit … IV Nicht durch Gerichtsbeschluss von der Wahlfähigkeit ausgeschlossen. V Er muss die thailändische Nationalität haben VI Wer sich zur Wahl als Typ 1 Mitglied in Periode 2 stellt, dem muss durch die Mitglieder während der Periode 1 bestätigt werden, dass sie Menschen sind, die keine Unordnung erzeugen werden. Klausel 12. Wahl der Mitglieder vom Typ 1 in Periode 2 soll wie folgt erfolgen. I Einwohner von Dörfern wählen einen Vertreter für den Ort. II Die Dorfvertreter wählen einen Tamon Vertreter III Der Tambonvertreter wählt die Mitglieder der Versammlung. Für die Wahl der Versammlung in Periode 3 wird ein Gesetz verabschiedet, über die Art der direkten Wahl der Versammlung. Klausel 13. Typ 1 Mitglieder amtieren für einen Zeitraum von vier Jahren vom Tag der Amtsübernahme. Aber wenn Periode 3 erreicht ist, werden die Mitglieder von Periode 2 , auch wenn sie noch nicht vier Jahre im Amt sind, ihre Position aufgeben, vom Tag da die Periode-3-Mitglieder ihr Amt antreten. Falls ein Mitglied, außer auf Grund des Endes der Wahlperiode, ausfallen sollte, sollten die Mitglieder ein anderes Mitglied wählen um das ausgefallene Mitglied zu ersetzen, aber das neue Mitglied soll das Amt nur für die verbleibende Amtszeit des Mitglieds, das ersetzt wurde, übernehmen. Klausel 14. Personen, egal welchen Geschlechts, die die folgenden Qualifikationen erfüllen, haben das Recht ihre Stimme abzugeben, um den Dorfvertreter zu bestimmen: Seite 388 von 408
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I Er muss 20 Jahre oder älter sein II Er muss voll geschäftsfähig sein, III Und nicht per Gesetz von seinem Wahlrecht befreit. IV Er muss thailändischer Nationalität sein. Die Qualifikation für die Vertretung der Dörfer und Tambons sind die gleichen wie in Klausel 11 nieder gelegt. Klausel 15. Die Wahl der Vertreter soll mit einfacher Mehrheit erfolgen. Wenn Gleichstand entsteht, soll ein zweiter Wahlgang stattfinden. Wenn die Wahl im zweiten Wahlgang unentschieden ausgeht, soll eine neutrale Person bestimmt werden, die seine entscheidende Stimme abgibt. Die Kandidaten sollen die neutrale Person bestimmen. Klausel 16. Am Ende der Wahlperiode müssen die Mitglieder ihr Amt aufgeben falls sie nicht die Qualifikation in Klausel 11 haben, oder falls sie versterben oder falls die Versammlung bestimmt, dass das Mitglied der Versammlung Schaden zugefügt hat. Klausel 17. Strafverfahren gegen ein Mitglied der Versammlung müssen von der Versammlung genehmigt werden, bevor das Gericht den Fall behandeln darf. Teil 3: Regeln für die Versammlungen Klausel 18. Mitglieder der Versammlung sollen eine Person als Vorsitzenden wählen, der die Angelegenheiten der Versammlung regelt, ebenso einen Stellvertreter um in Vertretung des Vorsitzenden zu handeln, falls dieser vorübergehend seiner Pflicht nicht nachkommen kann. Klausel 19. Wenn der Vorsitzende abwesend ist oder der Versammlung nicht beiwohnen kann, wird der Stellvertreter die Ordnung in der Versammlung in seinem Auftrag wahrnehmen und die Überlegungen hinsichtlich der Regeln vornehmen. Klausel 20. Wenn sowohl der Vorsitzende als auch der Stellvertreter nicht an der Versammlung teilnehmen, werden die Mitglieder einen zeitweiligen Vorsitzenden bestimmen. Klausel 21. Vereinbarungen für normale Versammlungen liegen in der Verantwortung der Versammlung. Eine Sondersitzung kann abgehalten werden, wenn sie von nicht weniger als 15 Mitgliedern oder dem Volkskomitee verlangt wird. Der Vorsitzende oder sein Vertreter wird die Versammlung einberufen. Seite 389 von 408
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Klausel 22. Jede Versammlung muss von nicht weniger als die Hälfte der Mitglieder besucht werden, um eine Abstimmungsfähigkeit (Quorum) zu erhalten. Klausel 23. Anträge in jeder Angelegenheit werden mit einfacher Mehrheit entschieden, wobei jedes Mitglied eine Stimme hat. Wenn die Abstimmung unentschieden ausgeht, wird der Vorsitzende eine zusätzliche Stimme abgeben. Klausel 24. Mitglieder können nicht für irgendwelche Stellungnahmen oder Meinungen, die sie während der Versammlung machen verklagt werden, ebenso nicht wegen ihres Abstimmungsverhaltens. Klausel 25. In jeder Versammlung muss der Vorsitzende die Beamten der Versammlung anweisen, eine Niederschrift zu erstellen, und den Mitgliedern zur Prüfung, Ergänzung und Genehmigung überreichen. Der Vorsitzende muss das Protokoll unterschreiben. Klausel 26. Die Versammlung hat die Macht ein Unterkomitee zu ernennen, um eine Aufgabe zu erfüllen, oder um eine Untersuchung anzustrengen oder einen Bericht in irgend einer Angelegenheit der Versammlung zu erstellen, über die in der Versammlung abgestimmt wird. Falls die Versammlung keinen Vorsitzenden des Unterkomitees ernannt hat, werden die Mitglieder des Unterkomitees selbst einen Vorsitzenden wählen. Ein Unterkomitee hat die Macht, andere vorzuladen, um Erklärungen und Meinungen vorzutragen. Die Mitglieder des Unterkomitees und deren Gäste sollen von den Bestimmungen der Klausel 24 geschützt werden. Klausel 27. Die Versammlung hat die Macht die Geschäftsordnung in Übereinstimmung mit dieser Verfassung zu erstellen. (Zu beginn können die Regeln des Komitees des Kronrats angewandt werden, aber nur in so weit sie nicht mit dieser Verfassung in Konflikt stehen.) Sektion 4: Das Volkskomitee Teil 1: Vollmachten und Pflichten Klausel 28. Das Volkskomitee hat die Vollmacht und die Pflicht in Übereinstimmung mit den Wünschen der Versammlung zu handeln. Klausel 29. Wenn es eine dringende Angelegenheit gibt, zu dem das Komitee keine Versammlung rechtzeitig einberufen kann, und wenn das Komitee der Meinung ist, dass in dieser dringenden Angelegenheit ein Gesetz erlas-
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sen werden muss, kann es dies tun, muss aber schnellstens das Gesetz zur Genehmigung der Versammlung vorlegen. Klausel 30. Das Volkskomitee hat die Vollmacht Amnestie zu gewähren, jedoch muss es hierzu zunächst die königliche Erlaubnis einholen. Klausel 31. Die Minister der verschiedenen Ministerien sind dem Komitee gegenüber in allen Angelegenheiten verantwortlich. Jedweder Vorgang, der die Verordnungen des Volkskomitees verletzt oder ohne Abdeckung durch die Verfassung erfolgt, soll als nichtig erklärt werden. Teil 2. Mitglieder des Volkskomitees und reguläre Beamte Klausel 32. Das Volkskomitee besteht aus einem Vorsitzenden und vierzehn weiteren Mitgliedern, insgesamt 15 Personen. Klausel 33. Die Versammlung wird einen der Mitglieder als Vorsitzenden des Komitees wählen und dieser Vorsitzende wird vierzehn andere Mitglieder der Versammlung als Mitglied des Komitees auswählen. Nachdem die Auswahl durch die Versammlung bestätigt wurde, werden jene ausgewählten als Komiteemitglieder der Versammlung behandelt. Falls die Versammlung feststellt, dass ein Komiteemitglied seine Aufgaben nicht entsprechend der Politik der Versammlung ausübt, hat die Versammlung die Macht, das Komitee anzuweisen, das Mitglied von seinen Pflichten zu entbinden und ein neues Mitglied an seiner Stelle zu wählen. Klausel 34. Falls das Komiteemitglied aus irgend einem Grund nicht die notwendige Qualifikation aufweist, die in Klausel 10 festgelegt ist, oder stirbt, wird die Versammlung einen Ersatz auswählen. Falls die Versammlung die Komiteemitglieder ausgewählt hat, und diese Versammlung zum Ende der Wahlperiode kommt, wird das Komitee ebenfalls das Ende der Amtsperiode annehmen. Klausel 35. Die Ernennung und der Widerruf von Ministern liegt in der Macht des Königs. Diese Macht soll nur nach dem Ratschlag des Volkskomitees erfolgen. Klausel 36. Politische Verhandlungen mit ausländischen Mächten ist die Aufgabe des Volkskomitees und das Komitee kann einen Vertreter hierzu bestimmen. Das Komitee muss über alle Verhandlungen dem König berichten.
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Ratifikationen von internationalen Verträgen liegen in der Macht des Königs, aber diese Macht soll entsprechend dem Rat des Volkskomitees ausgeübt werden. Teil 3. Sitzungsverordnung Klausel 38. Regel betreffend den Sitzungen des Volkskomitees werden wie in Sektion 3 angewandt. Sektion 5: Die Gerichte Klausel 39. Die Annullierung eines Urteil soll in Übereinstimmung mit dem in Kraft befindlichen Gesetz geschehen. (Hinweis zur Übersetzung: „Shall“ und „must“ wurde meist mit „wird“ übersetzt)
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Kommentar: Aus dieser Verfassung wird ein dritter Grund sichtbar, warum Pridi B. nicht als linker Revolutionär angesehen werden sollte. Pridi war entweder trotz seiner Wurzeln auf dem Land, vom Bildungsbürgertum beeinflusst oder ließ deren Wertevorstellungen bewusst in die Verfassung einfließen. Die Tatsache, dass man mit der "vollen WahlDemokratie" warten wollte, bis mehr als die Hälfte des Landes eine schulische Grundausbildung hat, wird durch Gedanken des Bildungsbürgertums geprägt. Es ist der fürsorgliche Bürger, der glaubt, dass ein „dummer“ Bauer nicht in der Lage ist zu entscheiden, welche Art von Politik für ihn das Beste ist. Denn darum geht es in der Politik. Die Interessen der Mehrheit bestmöglich zu vertreten und, durch Regeln und Gesetze eingeschränkt, die Recht der Minderheiten dabei zu beachten. Diese Einstellung entspricht dem Zeitgeist und dem teilweise noch heute von einer (vorwiegend) städtischen Schicht der Bevölkerung vertreten. Das Buch Propaganda von Jacques Ellul stellt fest:189 Moderne Propaganda kann nicht ohne "Bildung" funktionieren; er zeigt auf, dass die weit verbreitete Meinung, dass Bildung ein Prophylaktikum gegen Propaganda wäre. Er sagt, dass im Gegenteil, Bildung oder was allgemein durch das Wort beschrieben wird, ist eine unabdingbare Voraussetzung für Propaganda. Tatsächlich ist die Schulausbildung identisch mit dem, was Ellul die "PrePropaganda" nennt, die Konditionierung der Gedanken mit einer großen Menge an unzusammenhängenden Informationen, die bereits für andere Zwecke entfallen ist und als "Fakten" und als "Bildung" ausgegeben wird. Ellul erklärt, wie Intellektuelle besonders empfänglich für alle Formen der modernen Propaganda sind, und nennt drei Gründe: 1) Sie absorbieren die größte Menge an Informationen aus ZWEITER Hand, die ungeprüft ist. 2) Sie fühlen den überwältigenden Drang, eine Meinung zu jeder wichtigen Frage unserer Zeit zu haben, wodurch sie dem Charme von Informationen
189
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leichter erliegen, die ihnen durch Propaganda angeboten wird, mit all den verdaulichen Informationsstückchen. 3) Sie fühlen sich selbst in der Lage "sich selbst zu beurteilen". Und gerade das braucht Propaganda. Ein Mensch ohne Kultur kann durch Propaganda nicht erreicht werden. Erfahrungen und Forschung, die durch die Deutschen zwischen 1933 und 1938 durchgeführt wurden, zeigten, dass in abgelegenen Gebieten, in denen die Menschen kaum lesen und schreiben konnten, die Propaganda keinen Effekt hatte. Diese Erkenntnis führte zu den enormen Anstrengungen in der kommunistischen Welt, den Menschen das Schreiben beizubringen. In China vereinfachte Mao die Schrift in seinem Kampf gegen das Analphabetentum, und in manchen Gegenden wurden neue (einfachere) Schriften entwickelt. Dies hätte keine besondere Bedeutung, außer dass die Texte, die die den erwachsenen Studenten beigebracht wurden, Propagandatexte waren. Politische Traktate, Gedichte des ehrenvollen kommunistischen Regimes. Deshalb ist es ganz einfach falsch davon auszugehen, dass Menschen, um zu wählen, Bildung benötigen. Pridi war so verrannt in diese Idee, dass er Bildung zum Zwang machen wollte. Was prinzipiell richtig ist, und in den meisten Industrieländern sich als Standard durchgesetzt hat. Aber nicht weil es die Voraussetzung zum Wählen wäre, sondern weil es der Gesellschaft das notwendige Wissen verschafft, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Aber zu behaupten, dass ein ungebildeter Mensch unfähig wäre, zu wählen ist einfach falsch. Vielmehr hätte es Aufgabe der Politiker sein sollen, ihre politische Inhalte in einer Art zu demonstrieren, dass die Menschen ihre Wahl treffen können. Trotzdem kann man festhalten, dass diese allererste Verfassung die wichtigsten Elemente der Demokratie bereits in die thailändische Geschichte einführte. Und bis zum Jahr 1997 hat es nur wenige gegeben, die vom Grundsatz her ein größeres Demokratieverständnis hatten. Im Gegenteil hatte die Verfassung von 1997 sogar die Vorschrift, dass Abgeordnete des Parlaments einen Bachelor Abschluss haben können. Was die logische Weiterführung der Ansicht in der ersten Verfassung war, und der Beginn der Anerkennung der Ansicht der People’s Alliance für Democracy (PAD), die erklärt, dass selbst Bauern die lesen und schreiben können, immer noch nicht zum Wählen reif genug wären. Seite 394 von 408
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Und nun schaue man sich das thailändische Bildungswesen an, mit Büchern, die in die Zeiten der absolutistischen Monarchie zurückreichen, und wieder neu aufgelegt werden. Oder man betrachte die Büchereien der Universitäten, in denen Bücher nicht erhältlich sind, die einer bestimmten Propaganda widersprechen. Allerdings muss man auch zugeben, dass Pridi nach dem Krieg die erste und bis 1997 einzige Verfassung durchgesetzt hat, die dann die vollkommen durch Wahlen zusammengesetzte Gesetzgebende Versammlung stellte. Der Grund, warum sie nicht lange Bestand hatte, ist auch im Tod von König Ananda von Siam zu suchen.
Abbildung 29 König Prajadhipok verkündet die Verfassung, beschrieben auf Palmblättern nach der Revolution von 1932.
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Schlusswort Ein Tötungsdelikt aufzuklären, das unter so großer politischer Spannung steht, und bei dem die Spuren schon unmittelbar nach der Tat hoffnungslos verwischt waren, ist ein schwieriges Unterfangen. Die Richter im ersten Mordprozess hatten sich redlich bemüht die Fakten nach ihren Möglichkeiten einzuschätzen, und doch lagen sie falsch. War es ihnen doch nicht möglich gewesen, sich der allumfassenden Beeinflussung durch die fehlgeleitete öffentliche Meinung zu entziehen. Nicht umsonst wird in den Vereinigten Staaten ein Verfahren in einen anderen Bundesstaat verlegt, wenn die Presse im Vorfeld des Urteils eine Vorverurteilung verbreitet. Zu groß ist die Gefahr, dass es zu einer Beeinflussung der Zeugen, der Jury und des Gerichts kommt. Um wie viel größer war der Druck, der auf dem Gericht in den Jahren nach dem Coup des Jahres 1947 ruhten? In Thailand war ein faires und unvoreingenommenes Verfahren von vornherein ausgeschlossen. Rayne Kruger hat in seinem Buch Thesen aufgestellt, die zum großen Teil heute, fast 40 Jahre später, von modernen Rechtswissenschaftlern bestätigt wurden. Eine unglaubliche Leistung, an die ich zu Beginn der Übersetzung dieses Buches nicht geglaubt hatte. Gehen wir auf die wichtigsten Punkte kurz noch einmal ein: 1. Fehlendes Motiv für Selbsttötung: Alle modernen Rechtsmediziner sind der Auffassung, dass es heutzutage nahezu unmöglich ist, eine suizidale Gefährdung vorauszusagen, wenn man keinen unmittelbaren Zugang zu der Person hat und im Vorfeld der Tat entsprechende therapeutische Gespräche geführt hat. Die Selbsttötungen kommen in unmöglichsten Situationen vor, ohne dass es scheinbar einen Anlass gibt. Hinweise deuten darauf hin, dass in manchen Altersgruppen und sozialen Bereichen Selbsttötungen die Hauptursache für Todesfälle ist. Auch wenn die offizielle Statistik dies oft nicht ausreichend würdigt. Rayne Kruger hat mit seinen Informationen und Analysen herausgearbeitet, dass es sogar deutliche Hinweise auf eine persönliche Krise gab, die durchaus Anlass für eine Selbsttötung hätte sein können.
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2. Lage des Körpers Es ist einfach erstaunlich, dass niemand im Gerichtsverfahren die sitzende Position erwähnt haben soll, die Rayne Kruger erläuterte. Sie erklärt ausreichend die Lage des Körpers und stimmt mit modernen Aufnahmen von Körpererschlaffungen bei Tötungen oder Selbsttötungen überein. Auch die Tatsache, dass der Lauf keinen Kontakt zur Stirn hatte, sowie die Schussrichtung sind als Grund für die Annahme, dass es ein Mord gewesen wäre, leicht zu entkräften. 3. Das Projektil Die Behauptung der Anklage, Hülse und Projektil wären nachträglich ausgetauscht worden sind äußerst unwahrscheinlich und sollten offensichtlich nur vermeiden, dass ballistische Tests bewiesen, dass Kugel und Hülse aus der Waffe des Königs abgefeuert worden waren. Die Theorie ist so abenteuerlich, dass man sich wirklich fragen muss, wie jemand daran glauben kann. Denn das Gericht hatte ja erklärt, dass dieses Vorgehen geplant gewesen wäre. Auch die Annahme, dass ein Projektil hätte verformt sein müssen, ist so nicht hinnehmbar. Das wusste man sogar schon zum Zeitpunkt des Prozesses, der Hinweis wurde aber nicht ausreichend beachtet. 4. Todeskrampf Die unsinnigste Behauptung an sich. Obwohl man zugeben muss, dass auch westliche Gutachter eine Zeitlang der These zustimmten. Dabei übersahen sie jedoch, dass Schussverletzungen offensichtlich eine vollkommen andere Art der Hirnverletzung darstellen als andere Verletzungen. Jedenfalls konnte ich keinen Fall finden, in dem nachweisbar bei Todeseintritt durch einen Kopfschuss, ein Todeskrampf eingesetzt hätte. Deshalb war das Ausbleiben des Todeskrampfes auch niemals auch nur im Geringsten ein Grund, um an einer Selbsttötung zu zweifeln. Auch die Darstellung des Schusskanals zum angeblich wissenschaftlichen Beweis, dass die Stammganglien verfehlt wurden und es zu einem Todeskrampf hätte kommen müssen, war Effekthascherei und bedeutungslos. Bewiesen wird das durch Videos von Selbsttötungen, die ganz sicher einen Schusskanal aufwiesen, welche die Stammganglien verfehlen. 5. Der Nitrittest Es ist selbst heute nur mit sehr großem Laboraufwand und langen und umfangreichen Reihen und Validierungsuntersuchungen möglich, den Zeitpunkt des Abfeuerns einer Waffe zu bestimmen. Und dabei spielt schon alleine die Lagerung der Waffe, wer sie angefasst und begutachtet hat und Seite 397 von 408
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andere Faktoren eine Rolle, die im Fall der .45er des Königs vollkommen außer Acht gelassen worden waren. Wenn es stimmt was Rayne Kruger schreibt, dass sogar Tests auf Rostbefall VOR dem Nitrittest gemacht wurden, ist schon alleine dadurch eine Verfälschung der Nitrittests anzunehmen. Die Ergebnisse hätten daher auch schon zum Zeitpunkt des Gerichtsverfahrens in Bausch und Bogen als unwissenschaftlich und unbegründet abgewiesen werden müssen. 6. Rost Ob und unter welchen Bedingungen Rost hätte im Lauf sein können, und ob und wenn ja, warum der Rost evt. nach einem einzelnen Schuss noch vorhanden war, wenn denn der Zeuge des gleichen Tages nicht einem visuellen Irrtum unterlag, oder warum Rost nach einigen Tagen vielleicht noch oder schon wieder vorhanden war, konnte nicht geklärt werden, wurde aber unterschwellig gewertet, was absolut abzulehnen ist. Und noch unwissenschaftlicher wird es durch die Verwendung von „ähnlichem Metall“. Wie definiert man „ähnliches Metall“ in Bezug auf eine Waffe, deren Herstellung dem Produktionsgeheimnis des Herstellers unterliegt? Der schlimmste Ermittlungsfehler war zweifelsohne das Unterlassen der Prüfung auf Schmauchspuren an den Händen des Opfers. Da König Ananda längere Zeit nicht mehr geschossen hatte, wären Schmauchspuren ein eindeutiges Signal gewesen. Das ist nur erklärlich aus der Tatsache, dass eigentlich niemand zu Beginn an der Selbsttötung gezweifelt hatte und es daher niemand für notwendig erachtete, eine solche zu beweisen. Im Gegenteil war man ja bemüht, einen Unfall zu behaupten. FAZIT Rayne Krugers Thesen sind auch im 21. Jahrhundert aktuell und zeigen, dass das die Urteile gegen die drei Angeklagten in dem Königsmordprozess ein Fehlurteil waren. Man könnte auch sagen: ein Verbrechen des Staates. Ob der Tod von König Ananda von Siam Selbsttötung oder ein Unfall, bedingt durch eine vorübergehende reflexartige Handlung war, lässt sich nicht mehr feststellen. Der Tod von König Ananda kam zu früh und hat die Politik Thailands für Jahrzehnte, ja bis zum heutigen Tage beeinflusst. „Die Besten gehen zuerst“. Das Sprichwort klingt abgedroschen. Aber sowohl im Fall von Prinz Mahidol, Anandas Vater als auch in seinem Fall entsprach es wohl der Tatsache. Es ist eine bittere Ironie des Schicksals, dass mindestens zwei der drei fälschlicherweise wegen Mordes Verurteilten mit großer Zuneigung und Liebe König Ananda ergeben waren. Ausgerechnet Seite 398 von 408
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sie wurden gezwungen, ihm zu früh zu folgen. Er hätte das sicher so nicht gewollt. Diese posthume Missachtung seines Willens dürfte schwer auf den Menschen gelastet haben, die die Wahrheit geahnt, aber nichts gegen das Unrecht unternommen hatten. Vielleicht wäre Thailand viel Leid erspart geblieben, vielleicht wäre Thailand heute eine funktionierende Demokratie, wenn damals Pridi Banomyong als Sozialreformer und König Ananda von Siam als Staatsoberhaupt weiter hätten zusammen arbeiten können. Wir werden es leider nie erfahren. Aber wir könnten daraus lernen. Gerade im 21. Jahrhundert sollten wir uns nicht leichtgläubig beeinflussen lassen und demjenigen Glauben schenken, der am lautesten und dreistesten Behauptungen aufstellt. Denn auch heute, über 60 Jahre nach dem Tod von König Ananda, sehen wir in der thailändischen Gesellschaft immer noch die gleichen politischen Vorgänge ablaufen. Gerüchte werden erzeugt und durch ständige Verbreitung schließlich zur Tatsache. Halbe Wahrheiten werden so lange ausgebreitet, bis es ganze werden und öffentliche Meinung wird manipuliert und beeinflusst ohne Rücksicht auf irgendwelche Regeln, Ethik oder Moral. Im Jahr 2009 herrscht wieder (oder immer noch) eine durch das Militär dominierte Regierung, die alles unternimmt um freie Meinungsäußerung zu unterdrücken. Menschen werden zu langen Gefängnisstrafen verurteilt oder zur Flucht aus dem Land gezwungen, wenn sie ihre Meinung öffentlich aussprechen.
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Abbildung 30 Verkündigung des Todesurteils
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Index .45er15, 169, 194, 195, 197, 199, 201, 202, 221, 233, 238, 239, 240, 244, 261, 262, 263, 267, 268, 272, 275, 278, 281, 318 Ananda1, 13, 15, 16, 19, 22, 26, 27, 29, 32, 39, 40, 42, 45, 46, 55, 56, 59, 62, 65, 66, 67, 68, 69, 70, 72, 73, 77, 78, 79, 80, 81, 83, 84, 85, 86, 87, 89, 90, 98, 100, 103, 104, 105, 106, 107, 108, 109, 111, 112, 113, 114, 115, 116, 118, 122, 123, 126, 127, 128, 129, 130, 131, 133, 136, 138, 141, 143, 144, 145, 146, 148, 151, 152, 153, 165, 167, 169, 176, 178, 182, 188, 192, 197, 198, 200, 201, 203, 211, 213, 215, 216, 217, 218, 219, 220, 221, 222, 224, 227, 229, 230, 231, 237, 238, 239, 240, 241, 245, 253, 254, 255, 256, 258, 259, 260, 262, 264, 265, 267, 268, 269, 270, 271, 273, 275, 278, 279, 280, 281, 282, 284, 285, 286, 287, 288, 290, 291, 292, 293, 294, 295, 296, 298, 299, 300, 301, 308, 310, 311, 312, 314, 318, 383
Barompiman Halle13, 109, 111, 113, 114, 130, 135, 138, 146, 180, 188, 190, 192, 219, 228, 232, 259, 273, 275, 277, 285, 297
79, 116, 167, 211, 260, 288,
108, 128, 168, 216, 271, 289,
Benecke329, 330, 331, 333, 334, 335, 336, 337 Bepsirind..................................67 Bhoomipol29, 33, 40, 46, 72, 80, 83, 84, 85, 86, 107, 113, 114, 115, 128, 134, 138, 139, 140, 149, 150, 167, 168, 178, 180, 182, 191, 203, 204, 205, 211, 212, 213, 214, 215, 216, 218, 219, 224, 230, 231, 247, 248, 255, 267, 268, 269, 270, 272, 273, 274, 275, 276, 277, 279, 290, 291, 298, 307 Blutspurenkongress ...............331 Bostons ....................................63 Brooklyn Avenue.....................65 Buddha14, 15, 31, 33, 37, 112, 115, 129, 140, 199, 205, 215, 251, 275
Ananda Mahidol13, 87, 103, 237, 240, 383
Buddhismus14, 19, 25, 33, 34, 82, 114, 134, 168, 222, 307
Anek82, 86, 87, 114, 150, 221, 273, 290
Butr112, 113, 128, 129, 130, 131, 132, 134, 136, 148, 160, 169, 170, 176, 179, 180, 181, 199, 217, 218, 219, 221, 225, 227, 228, 229, 230, 231, 236, 237, 243, 245, 246, 248, 249, 250,
Ayudhya21, 22, 25, 26, 43, 78, 162, 226, 235, 254 Bangkapi ....66, 92, 186, 232, 257 Seite 402 von 408
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251, 260, 262, 264, 268, 271, 275, 276, 278, 279, 287, 298 Chakri Dynastie ... 4, 27, 138, 319 Chaleo.................................... 169 Chiang Kai-shek ...................... 99 Chulalongkorn13, 23, 37, 38, 39, 43, 44, 51, 58, 59, 91, 140, 141, 142, 145, 188
Mater Dei................... 66, 67, 286 McCormick.............................. 64 Mom Seni Pramoj107, 108, 113, 116, 118, 119, 121, 157, 248, 376 Mongkut20, 31, 32, 34, 35, 37, 38, 39, 55, 113
FTM97, 98, 99, 100, 101, 102, 117, 218, 219, 224, 233
Nai Chit112, 113, 115, 128, 132, 133, 136, 148, 160, 169, 170, 173, 175, 176, 179, 180, 181, 193, 194, 199, 200, 217, 218, 219, 224, 225, 226, 227, 228, 230, 233, 237, 239, 242, 245, 246, 248, 249, 250, 260, 261, 262, 264, 271, 276, 279
Ganglien ................................ 326
Nitrattest ................................ 328
goldenen Urne ............... 141, 211
Nitrittest................................. 336
Grieche .............. 81, 82, 273, 297
Nitrit-Tests ............................ 197
Keith Simpson ....................... 330
Oberst Bahol53, 54, 68, 75, 77, 78
Kindermädchen62, 63, 66, 113, 128, 133, 134, 136, 138, 148, 150, 179, 180, 200, 262, 267, 269, 276, 279
Palasttreffen136, 192, 194, 197, 268, 279
Direk Jayanama..................... 323 Ecole Nouvelle72, 73, 81, 83, 84, 291, 293, 295 Edwin Stanton................ 162, 324 Fak Nasongkhla ..... 172, 182, 210
Kuang42, 101, 102, 107, 113, 119, 120, 121, 122, 123, 125, 143, 157, 158, 163, 164, 166, 219, 223, 254 Lausanne56, 61, 69, 72, 84, 87, 89, 106, 114, 124, 204, 273, 275, 292, 293, 297, 298 Manschetten96, 181, 202, 233, 259, 335
131, 165, 177, 197, 221, 229, 244, 251, 275,
Pao157, 206, 207, 208, 210, 216, 235, 247, 250, 251, 252, 264, 273, 285, 298, 301, 302, 310 Patrone... 136, 151, 220, 227, 244 Patronenhülse151, 169, 197, 199, 219, 239, 244, 262, 263, 327 Paul Handley5, 23, 50, 164, 204, 205, 209, 310, 314 Phibun24, 54, 93, 156, 164, 166, 186, 310, 311, 314, 316, 379 Seite 403 von 408
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Phibuns ..................................155 Pibul Phibun42, 48, 49, 68, 70, 74, 75, 77, 78, 80, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 97, 98, 99, 100, 101, 103, 108, 112, 113, 119, 122, 125, 153, 157, 158, 162, 164, 166, 170, 183, 184, 185, 187, 206, 207, 208, 209, 210, 216, 220, 222, 235, 236, 237, 247, 252, 254, 255, 259, 265, 271, 272, 273, 275, 285, 301, 302 Polizeivideo ...........................331 Prajadhipok45, 46, 47, 49, 50, 52, 54, 55, 56, 57, 58, 68, 69, 93, 97, 129, 245, 254, 255, 272, 310, 380, 384, 385, 386, 395 Pridi5, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 52, 53, 54, 62, 65, 68, 70, 73, 74, 76, 77, 86, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 100, 101, 102, 103, 104, 107, 108, 112, 113, 114, 115, 118, 119, 120, 121, 122, 123, 124, 125, 126, 127, 135, 136, 140, 142, 143, 144, 146, 149, 150, 152, 153, 155, 156, 159, 160, 161, 162, 163, 164, 165, 166, 171, 173, 174, 175, 176, 178, 179, 181, 182, 183, 184, 185, 186, 187, 189, 191, 192, 199, 204, 206, 208, 216, 219, 222, 223, 224, 225, 226, 231, 232, 233, 235, 236, 237, 238, 240, 242, 250, 252, 253, 254, 255, 256, 257, 258, 260, 265, 271, 272, 273, 274, 275, 285, 298, Seite 404 von 408
304, 305, 307, 310, 313, 314, 367, 368, 371, 372, 373, 374, 377, 378, 379, 380, 383, 384, 393, 394
311, 369, 375, 381,
312, 370, 376, 382,
Pridi Banomyong5, 42, 367, 373, 380, 381, 384 Projektil15, 136, 141, 145, 146, 147, 151, 197, 198, 199, 201, 227, 239, 240, 244, 260, 262, 263, 281, 320 verformt ..............................335 Projektils................................330 Rama II .. 30, 31, 33, 34, 205, 376 Rama III.....30, 31, 32, 33, 34, 35 Rayne Kruger5, 7, 8, 10, 12, 28, 319 Rechtsmediziner ....................328 Rost196, 197, 239, 240, 263, 327, 332, 334, 336, 398 Rothschild......325, 326, 327, 328 Schusskanal ...201, 280, 326, 332 Seraidaris der Grieche80, 81, 82, 83, 85, 86, 114, 150, 273, 290, 291, 293, 294, 297 Sirikit .............203, 204, 205, 247 Siriraj ... 63, 64, 65, 147, 198, 286 Sivaraksa ..............156, 322, 324 Smaragd-Buddha13, 14, 15, 55, 79, 108, 111 Srapatum..................................65
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SS Meonia ................... 73, 77, 78 Stammganglien ...... 201, 326, 331 suizidale Gefährdung..... 329, 396 The King Never Smiles5, 19, 23, 24, 25, 50, 55, 56, 164 Todeskrampf.. 199, 200, 201, 326 UMPS74, 90, 91, 96, 98, 108, 113, 153 Vacharachai98, 100, 112, 113, 115, 116, 124, 152, 160, 161, 165, 171, 174, 175, 181, 183,
185, 187, 188, 217, 219, 225, 226, 232, 233, 237, 238, 242, 252, 256, 258, 259, 260, 261, 264, 275, 310, 313, 318 Watana70, 71, 72, 73, 80, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 103, 105, 124, 150, 204, 269, 289, 293, 296, 297, 381 Windsor Hotel ......................... 69 Wundhöhle .................... 326, 332 Yost ........ 312, 313, 322, 323, 324
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Bildverzeichnis Abbildung 1 Thailändische Ausgabe von The Devils Discus, das Buch wurde in Thailand verboten, der Verlag, der zuletzt versuchte es zu drucken soll nieder gebrannt worden sein. .................. 6 Abbildung 2 Umschlag der ersten Originalausgabe ......................... 11 Abbildung 3 Die Pariser Studenten, fotografiert auf dem Place de Trocadéro nach einem Besuch in der Botschaft im Jahr 1927. Pridi sitzt als Vierter von links und FM Pibul ganz rechts, während Kuang steht. ................ 42 Abbildung 4 Prinzessin Mahidol, die Königinmutter, mit ihren drei Kindern - Ananda, Bhoomipol und Bayani (Oben rechts Prinz Mahidol) .................................... 46 Abbildung 5 Ananda (stehend in der Mitte) mit seiner Klasse im Mater Dei Convent in Bangkok, seiner ersten Schule. .................. 66
Abbildung 8 König Ananda, gefolgt von Prinz Bhoomipol, bei ihrer Ankunft in Bangkok im Dezember 1945. .......................107 Abbildung 9 Die Barompiman Halle aus süd-westlicher Ansicht, mit Blick auf den Schildrötengarten. Das obere Stockwerk auf der rechten Seite (der Ost-Flügel) enthielt Anandas Badezimmer, der sich zum Ankleidraum hin öffnet............109 Abbildung 10 Kuang, der Große Komödiant, auf seinem Weg das Amt des Premierministers anzunehmen nach dem Coup von 1947..........................................158 Abbildung 11 Die fünf Richter des Mordverfahrens unter dem Portrait von König Bhoomipol..............167 Abbildung 12 Ex-Sekretär Chaleo, Butr und Nai Chit in Raum 24. 169 Abbildung 13 Leutnant Vacharachai im Jahr 1946........171
Abbildung 6 Ananda während seines ersten Besuchs als König in Bangkok im Jahr 1938. Hinter ihm geht sein Bruder und seine Schwester................................... 79
Abbildung 14 Polizeigeneral Pao, während der kurzen Periode der freien Rede, die auf dem "Speakers Corner" auf dem Pramane Ground erlaubt hat. Er erklärt seine Vorliebe für Gewaltlosigkeit, Demokratie und eine ehrliche Verwaltung...............................207
Abbildung 7 König Ananda und seine Mutter in der Schweiz. Eine der letzten Aufnahmen vor der tödlichen Rückkehr nach Bangkok in 1945 ..................................... 106
Abbildung 15 Unter dem neunteiligen Schirm wird die goldene Urne mit den sterblichen Überresten von König Ananda die Treppe (rechts) des Pavillons auf
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dem Pramane Grund hinauf gebracht. .................................. 213 Abbildung 16 König Bhoomipol bei seiner Krönung. ................. 215 Abbildung 17 Die Hochzeit von Bhoomipol und Sirikit. Kniend sieht man Prinz Rangsit, der ehemalige politische Gefangene und Ex-Regent. ........................ 247 Abbildung 18 Marylene Ferrari293 Abbildung 19 Die Postkarte von Karachi. (Karachi 3. Dec. {1945} Die Postkarte ist sehr schön, aber wir gehen nicht nach Bombay. Gestern flogen wir über den Persischen Golf und die Küste war nicht interessant. Keine Vegetation, keine Bewohnung. Wir fliegen jetzt nach Calcutta, vielleicht über Dehli. Ich hoffe es geht dir gut und dass du gut auf die vielen Objekte aufpasst. Arbeite hart und erhalte meine freundlichen * Gedanken. T.C. 296 Abbildung 20 Ein gebrochener FM Pibul spricht mit Reportern nach seinem letzten Interview mit Feldmarschall Sarit.................. 302
Abbildung 23 Dr. Mark Benecke, vereidigter Sachverständiger und Berater...................................... 329 Abbildung 24 Das Polizeivideo zeigt einen Mann der gerade eine Pistole unter dem Hemd hervorholt ... .............................................. 331 Abbildung 25 ... sich dann erschießt .................................. 332 Abbildung 26 ... danach erschlafft der Körper, beide Arme sinken neben den Körper. Er rutscht fast vom Stuhl................................. 337 Abbildung 27 Pridi, fotografiert im Jahr 1946, einige Monate vor Anandas Tod............................ 367 Abbildung 28 Mom Seni Pramoj ................................................. 376 Abbildung 29 König Prajadhipok verkündet die Verfassung, beschrieben auf Palmblättern nach der Revolution von 1932.......... 395 Abbildung 30 Verkündigung des Todesurteils.............................. 400
Abbildung 21 Feldmarschall Sarit Thanarat, der Diktator von Siam von September 1957 bis Dezember 1963. ........................................ 303 Abbildung 22 Prof. Dr. Markus A. Rothschild, Rechtsmediziner, Berater von Medien und Buchautor. ............................... 328 Seite 407 von 408
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Anhänge
The Devils Discus, das Original
The Devils Discus, Übersetzung in die thailändische Sprache