Wissenschaftliche Monographien ZUM ALTEN UND NEUEN TESTAMENT
112 Sigurd Kaiser Krankenheilung Untersuchungen zu Form, S...
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Wissenschaftliche Monographien ZUM ALTEN UND NEUEN TESTAMENT
112 Sigurd Kaiser Krankenheilung Untersuchungen zu Form, Sprache, traditionsgeschichtlichem Hintergrund und Aussage zu Jak 5,13-18
Neukirchener Verlag
Wissenschaftliche Monographien zum Alten und Neuen Testament
Begründet von Günther Bornkamm und Gerhard von Rad Herausgegeben von Cilliers Breytenbach, Bernd Janowski, Reinhard G. Kratz und Hermann Lichtenberger
112. Band Sigurd Kaiser Krankenheilung
Neukirchener Verlag
Sigurd Kaiser
Krankenheilung
Untersuchungen zu Form, Sprache, traditionsgeschichtlichem Hintergrund und Aussage von Jak 5,13-18
2006
Neukirchener Verlag
©2006 Neukirchener Verlag Verlagsgesellschaft des Erziehungsvereins mbH, Neukirchen-Vluyn Alle Rechte vorbehalten Umschlaggestaltung: Hartmut N a m i s l o w Druckvorlage: Sigurd Kaiser Gesamtherstellung: Hubert & Co., Göttingen Printed in Germany ISBN 10: 3 - 7 8 8 7 - 2 1 4 2 - 1 ISBN 13: 9 7 8 - 3 - 7 8 8 7 - 2 1 4 2 - 8
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der e n g e n Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Z u s t i m m u n g des Verlages unzulässig u n d strafbar. D a s gilt insbe sondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen u n d die Einspeicherung u n d Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek D i e Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind i m Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Vorwort
Die vorliegende Studie ist die überarbeitete Fassung meiner im Sommer 2004 von der Evangelisch-theologischen Fakultät der Eberhard-KarlsUniversität Tübingen angenommenen Dissertation gleichen Titels. Sie wurde betreut von Herrn Prof. Dr. Hermann Lichtenberger, der auch das Erstgutachten angefertigt hat. Das Zweitgutachten wurde von Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Stuhlmacher erstellt. Bereits während meines Studiums in den U S A hat mich das Thema Krankenheilung immer wieder begeistert und herausgefordert. Für die Möglichkeit, darüber eine Dissertation zu verfassen, bin ich Herrn Prof. Lichtenberger außerordentlich dankbar. Im Gefolge der wissenschaftli chen Arbeit ist mir die Thematik zum ständigen Wegbegleiter gewor den - neben leidvollen persönlichen Erfahrungen durfte ich nicht zu letzt eine Vielzahl von Heilungen sehen und erleben. Herr Prof. Lichtenberger hat das Entstehen der Arbeit mit viel Geduld, persönlichem Interesse und zahlreichen Anregungen begleitet. Für die freundliche und auch in schwierigen Zeiten verständnisvolle Betreuung meiner Dissertation sowie die Sorge u m finanzielle Absicherung bin ich ihm sehr dankbar. Sehr verbunden bin ich auch Herrn Prof. Stuhlma cher für sein Interesse an meinem Vorhaben und für seine Unterstüt zung vor allem zu Beginn meines Studiums in Tübingen nach etlichen Jahren in den U S A . Des weiteren haben Prof. Dr. Jörg Frey, Prof. Dr. Rainer Riesner, Dr. Christian Stettier und viele hier nicht genannte Freunde und Wegbegleiter z u m Gelingen der Arbeit wesentlich beige tragen; ihnen allen gebührt mein Dank. Prof. Lichtenberger und Prof. Stuhlmacher danke ich für die Mühen der Gutachten; durch viele darin enthaltene Ratschläge haben sie zur Endgestalt des Ganzen beigetragen. Das Korrekturlesen haben Pastor Wolfgang Loy und Dr. Christian Stett ier übernommen; ihnen bin ich für ihre Unterstützung verpflichtet. Zu danken habe ich auch d e m Herausgeberkreis der Reihe „Wissenschaft liche Monographien z u m Alten und Neuen Testament" sowie Herrn Dr. Volker Hampel v o m Neukirchener Verlag, der mich bei der Erstellung der Druckvorlage stets freundlich beraten hat. Sehr dankbar bin ich auch für ein zweijähriges Stipendium der Landesgraduiertenförderung Baden-Württemberg und für ein Stipendium der Dr.-Julius-Gmelin-Stiftung der Universität Tübingen, die mir eine ungehinderte wissenschaft liche Arbeit ermöglicht haben. Die Evangelische Kirche von Westfalen und die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern haben das Erschei-
VI
Vorwort
nen des Buches durch einen Druckkostenzuschuss unterstützt. Besonde rer Dank gebührt meiner Frau Lili, die mein Interesse am Thema Kran kenheilung teilt und mich mit viel Liebe immer wieder unterstützt und ermutigt hat; ihr ist diese Arbeit gewidmet.
Siegen, im Mai 2006
Sigurd Kaiser
Gloria in excelsis Deo
Inhalt
Vorwort
V
Einleitung
1
I.
Die literarische Einheit von Jak 5,13-18
7
1. 2. 3. 4. 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 5.
Jak 5,13-18 im Kontext des Jakobusbriefes Tabellarische Gliederung Strukturanalyse Diskussion der gängigen Gliederungsversuche J.B. Mayor und F. Mußner M. Meinertz und D.R. Hayden F. Vouga H. Frankemölle M . Dibelius Beurteilung der Gliederungsversuche
7 9 10 15 16 18 20 21 22 23
IL Zur Terminologie von Leiden und Krankheit in Jak 5,13-18 1. Die Wortgruppe KaKoiTaGeo) 1.1 Außerbiblisches Vorkommen 1.2 In der Septuaginta 1.3 Im Neuen Testament 1.4 KaKOTTa0€O) in Jak 5,13 2. Die Wortgruppe doGeveco 2.1 Außerbiblisches Vorkommen 2.2 In der Septuaginta 2.3 In den alttestamentlichen Pseudepigraphen 2.4 Im Neuen Testament 2.5 'AÖ06V6O) in Jak 5,14a 3. Das Verb K a | i v o ) 3.1 Außerbiblisches Vorkommen 3.2 In der Septuaginta und der hellenistisch-jüdischen Literatur
25 26 26 27 27 29 30 30 33 35 36 40 42 42 45
Inhalt
VIII 3.3 Im Neuen Testament 3.4 Kd|iva)in Jak 5,15 4. Zusammenfassung
47 48 49
III. Zur Terminologie der Genesung und Heilung in Jak 5,13-16 1. Das Verb ocpCw 1.1 Außerbiblisches Vorkommen 1.2 In der Septuaginta und der hellenistisch-jüdischen Literatur 1.3 Im Neuen Testament 1.4 Die Formel ocoCetv T Ö V K q x v o v i a im antiken Sprachgebrauch 1.5
EtpC^Lv t ö v K c q i v o v i a in Jak 5,15
2. Das Verb eyeipo) 2.1 Außerbiblisches Vorkommen 2.2 In der Septuaginta und der hellenistisch-jüdischen Literatur 2.3 Im Neuen Testament 2.4 In der Alten Kirche 2.5 In Jak 5,15 3. Das Verb Ido^iai 3.1 Außerbiblisches Vorkommen 3.2 In der Septuaginta 3.3 Im Neuen Testament 3.4 In der Alten Kirche 3.5 In Jak 5,16 4. Zusammenfassung
57 58 59 64 66 68 75
77 78 78 79 81 82 85 85 88 95 96 97 98
IV. Die Funktion der Ältesten in Jak 5,14
100
1. 2.
101
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 3. 3.1 3.2 3.3
Zur Etymologie und Bedeutung von irpeoßuxepoc; Begabung und Funktion der Ältesten im religiösen und kulturellen Umfeld des Neuen Testaments Die Ältesten im Alten Testament Die Ältesten im palästinischen Judentum Die Ältesten im hellenistischen Kulturraum Die Ältesten im hellenistischen Judentum Die Ältesten in der rabbinischen Literatur Zusammenfassung Die Ältesten im Neuen Testament Sprachgebrauch Das Verhältnis von TTpeößuxepo^ und 4TTLÖKOTTO^ Charisma und Amt
101 101 103 113 114 117 121 122 122 126 129
Inhalt
4. 5.
Der Dienst der Presbyter in der Alten Kirche Presbyterdienst und Krankenheilung in Jak 5,14
V . Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn 1. 2. 2.1 2.2 2.3 3. 3.1 3.2 3.3 4. 4.1 4.2 4.3 5. 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 6. 6.1 6.2 6.3 7. 7.1 7.2 8. 9. 9.1 9.2 9.3 10. 11.
Zur Problematik Zur Terminologie Die semantische Bandbreite von alti^co Zur Abgrenzung von ctA.6tc|>co und xp ico Die Verwendung des Begriffs tkaiov Die Ölsalbung im profanen Kontext Die Körperpflege Die soziale Bedeutung der Salbung Die medizinische Anwendung des Öls Der religionsgeschichtliche Hintergrund der Ölsalbung Salbung als Ritual Salbung und Magie Salbung und Exorzismus Die Ölsalbung als religiöser Ritus im Alten Testament Die Priestersalbung Die Königssalbung Die Salbung des geheilten Aussätzigen in Lev 14,14-18 Die bildhafte Salbung Der Grundtenor der Salbung im Alten Testament Die Ölsalbung im antiken Judentum In den alttestamentlichen Pseudepigraphen In den Texten von Qumran Im rabbinischen Judentum Salbung und Heilung im Neuen Testament Die Salbung mit d e m Heiligen Geist Salbung und Wunderheilung Die sakramentale Bedeutung der Ölsalbung Die Wendung kv xcp ö v o j i a T L xou K u p i o u Die Namensnennung im Alten Testament In der rabbinischen Literatur Die Wendung kv xcp 6v6|iocTi im Neuen Testament Die Ölsalbung in der Alten Kirche Zusammenfassung
V I . Glaube und Heilung 1. 2.
Glaube und Heilung im Alten Testament Glaube und Heilung in den Evangelien
IX 133 134
138 138 139 139 140 142 143 143 145 146 150 150 152 157 159 159 160 163 166 167 168 168 171 173 174 174 175 186 187 188 190 190 193 196
200 201 202
Inhalt
X 2.1 2.2 2.3 2.4 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Die Heilungsberichte der synoptischen Evangelien Das Logion v o m Berge versetzenden Glauben Die Heilungsberichte des Johannesevangeliums Heilungsberichte, in denen der Glaube nicht thematisiert wird Glaube und Heilung in der Apostelgeschichte Glaube und Gebet bei Jakobus Der Inhalt des Fiduzialglaubens Fiduzialglaube und menschlicher Wille Glaube und Suggestion Zusammenfassung
V I I . Gebet und Heilung
202 218 222 223 225 226 229 229 231 232
236
1. Die Gebetsparänesen des Jakobusbriefs 2. Die Erwartung an die Beter 2.1 Der Leidende 2.2 Die Ältesten 2.3 Die betende Gemeinde 2.4 Das „Gebet des Gerechten" 2.5 Elia und der gewöhnliche Beter 2.6 Zusammenfassung 3. Die Modalität des Gebets 3.1 Die Tradition der Heilung durch Gebet und Zuspruch 3.2 Beharrlichkeit, Flehen, Ausdauer und Geduld 3.3 Bitte oder Flehen des Gerechten? 3.4 Das Partizip kvtpyov^kvx] 3.5 Das Gebet des Elia und die Wendung TTpooeuxf) iTpoor|ij£aTo
236 238 238 238 240 244 256 258 259 259 260 265 267 270
3.6
274
Zusammenfassung
Ergebnisse
275
Exkurse: 1. 2. 3. 4.
Die Ursache der Krankheit „Rettung" aus medizinischer und sozialer Perspektive Das Heilungsgeschehen in Jes 53 Die Essener und Heilung
Literatur Bibelstellen (Auswahl) Sachregister (Auswahl)
51 62 91 111 280 305 308
Einleitung
Obwohl die Perikope Jak 5,13-18 die einzige (explizite) ntl. Anwei sung zur innergemeindlichen Krankenheilung darstellt, hat sie in der Exegese bislang nur sehr wenig Aufmerksamkeit erhalten. Der Grund hierfür ist wohl das geringe Interesse der ntl. Exegese am Jakobusbrief insgesamt. Die Ursachen hierfür dürften wiederum von unterschied licher Natur sein. So scheint vor allem auf protestantischer Seite das abwertende Urteil M . Luthers bis heute nachzuwirken, der den Jak in seiner Vorrede zur Septemberbibel als „stroherne Epistel" bezeichnet h a t , die weder die Leiden noch die Auferstehung Christi thematisiere und in krassem Widerspruch zur Rechtfertigungslehre des Paulus stehe . Ein ähnlich negatives Bild des Jak zeichnet der 1921 erstmals erschienene und forschungsgeschichtlich unübertroffen bedeutsame Kommentar von M. Dibelius. So hält Dibelius den Jak für eine Paränese, die sich durch Eklektizismus, Zusammenhangs- und Situationslosigkeit sowie das Fehlen einer T h e o l o g i e auszeichnet. Die bisher nicht befriedigend gelösten sog. Einleitungsfragen des Briefes und das relativ späte Erscheinen des Texts dürften ihr Übriges zum geringen exegetischen Interesse am Jak getan haben. So wird z.B. die Abfas sungszeit des Jak zwischen ca. 35 und 150 n.Chr. vermutetet , mögli che Abfassungsorte sind Jerusalem, Syrien, R o m etc., und auch die literarische Gattung der Schrift (Diatribe, Paränese, Paraklese, Halacha, Spruchsammlung, Weisheitsschrift etc.) ist umstritten . Mit der Verlagerung von der primär diachronen zur eher synchronen Lektüre der Texte (z.B. Frankemölle) hat sich das Bild des Jak in der neueren Forschung jedoch gewandelt . So sind in den letzten beiden 1
2
3
4
5
6
7
1 WA, DB 6,10. 2 WA, DB 7,384. 3 Siehe Dibelius, Jakobus 19-23, 4 Siehe a.a.O. 69f. 5 Die ältesten literarischen Hinweise auf den Text stammen vom Anfang des 3. Jh.; erst Mitte des 4. Jh. begann der Kanonisierungsprozess. 6 Siehe z.B. Hahn/Müller, Jakobusbrief 1-73; Strecker, Theologie 690-699 sowie die einschlägigen Einleitungswerke. Da auch der Verfasser des Jak nicht eindeutig benannt werden kann, bezieht sich der Name Jakobus im folgenden lediglich auf den nicht genauer zu bestimmenden Autor des Jak und nicht auf eine bestimmte historische Person. 7 Siehe den forschungsgeschichtlichen Überblick bei Konradt, Existenz 11-36.
2
Einleitung
Jahrzehnten einige monographische Studien erschienen, die d e m Jak ein übergreifendes T h e m a (z.B. die ethische Vollkommenheit oder die christliche Existenz ) und somit eine theologische Eigenständigkeit mit einem allgemein pastoralen Anliegen attestieren. Monographische Untersuchungen der Einzelanweisungen des Jak sind in der Jakobus briefexegese bislang jedoch weitgehend ein Desiderat geblieben. In starkem Gegensatz zum geringen exegetischen Interesse an der Heilungsperikope steht die beachtliche Rezeptions- und Wirkungsgeschichte von Jak 5,13-18. Letztere spiegelt sich vor allem in der ka tholischen Dogmatik wider. N a c h d e m der Text in den ersten nach christlichen Jahrhunderten die Grundlage für die von Priestern und Laien durchgeführte Krankensalbung bildete, leiteten die Theologen des Mittelalters (zuerst Petrus Lombardus, ca. 1100 - ca. 1164) aus Jak 5,14f das Sakrament der letzten Ölung (extrema unctiö) ab, welches seit d e m 13. Jh. zu den Sakramenten der katholischen Kirche gehört. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jh. setzte eine erneute innerkirch liche Diskussion des Sakraments ein, die zu einer Neuorientierung führte und in der Empfehlung des II. Vaticanums ihren Abschluss fand, nämlich das Sakrament der extrema unctio in das „Sakrament der Krankenheilung" umzubenennen. Seitdem werden in der katholischen Kirche nicht mehr ausschließlich Sterbende, sondern auch wieder Kranke mit Öl gesalbt. (Die griechische Kirche sprach dagegen stets von der Krankenölung.) Eine gründliche exegetische Auseinanderset zung mit d e m Text hat aber auch diese Diskussion nicht erbracht. Ganz anders ist die Entwicklung in der evangelischen Theologie ver laufen. Zwar empfiehlt M . Luther in seiner Korrespondenz das wieder holte „Gebet des Glaubens" der Gemeindeleiter für die Kranken (vgl. Jak 5,15), drei mal täglich, bis zur E r h ö r u n g . Doch findet das Kran kengebet und die Krankensalbung in der systematisch-theologischen Betrachtung - trotz der immer wieder postulierten sakramentalen Natur der Salbung - in der evangelischen Exegese und Dogmatik bis heute nur wenig Aufmerksamkeit . In der Gemeindepraxis und der prakti schen Theologie der letzten zwei Jahrzehnte erfahren Krankengebet und -salbung hingegen eine deutliche R e n a i s s a n c e . Diese Entwick lung wird jedoch z.T. gebremst durch die vielen kontrovers diskutier ten exegetischen Fragen, zu denen die Bedeutung der Salbung und der 8
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8 Siehe z.B. Klein, Werk (1995). 9 Siehe Konradt, Existenz (1998). 10 Siehe WA, Briefwechsel X I 1 1 lf (Nr. 4120). Offensichtlich konnte Luther dem Jak also auch eine nützliche Seite abgewinnen. Für die Krankengebete Luthers für sich, seine Frau und vor allem seinen Freund Ph. Melanchthon siehe Witt, Kran kenheilung II 39. 11 Zum ökumenischen Dialog über die Krankensalbung siehe den Exkurs 13 bei Frankemölle, Jakobus II 729-732. 12 Siehe z.B. Meyer zu Lenzinghausen, Krankensalbung, und hier insbes. 37.
3
Einleitung
Beichte, vor allem aber die Natur der Erkrankung und der Heilung in Jak 5,14-16 gehören (s.u.). Die Forschungsgeschichte von Jak 5,13-18 lässt bislang noch keine einheitliche Tendenz erkennen. So kehren bis zum heutigen Datum stets die bereits im 19. Jh. formulierten Ansätze - mit lediglich gerin ger Variation - wieder. Zwar geht die Mehrzahl der Ausleger in Jak 5,14 von einer körperlichen Erkrankung a u s , doch divergiert das Heilungsverständnis noch immer sehr. Folglich lässt sich ein Uberblick über die Forschungslage zur Perikope am besten durch eine Gruppie rung verwandter Ansätze darstellen (Kapitel 1). Dennoch soll an dieser Stelle ein kurzer forschungsgeschichtlicher Abriss f o l g e n . Die Vielzahl der historischen wie auch der modernen Bibelübersetzun gen lässt zunächst eine erstaunliche Einheitlichkeit in der Wiedergabe von Jak 5,13-18 erkennen. So gehen die Übersetzungen gewöhnlich davon aus, dass in der Jakobusperikope körperlich Kranke durch Gebet und Salbung körperliche Heilung erfahren. In dieser Weise verstand z.B. auch W.M.L. de Wette den Text Mitte des 19. Jh. Sowohl das Krankheits- als auch das Heilungsvokabular der Perikope sah de Wette im biblischen Sprachgebrauch insbesondere der synoptischen Hei lungstradition b e g r ü n d e t . Entsprechend stellt die Gebetsaufforderung an die Gemeinde in V. 16 für de Wette eine Verallgemeinerung der Anweisung an die Presbyter in V. 14f dar, woraus sich auch die Einheit der Perikope ableitet . Im Gefolge der religionsgeschichtlichen Schule geht M. Dibelius davon aus, dass es sich bei der Krankenheilung in Jak 5,14f im Grunde genommen u m einen Exorzismus und somit u m eine „Wunderkur" handelt. Da er V. 16 jedoch wie de Wette als Aufruf zum Krankengebet versteht, nimmt er an, dass der Verfasser hier „einander fremde Sprü che verbunden" h a t . Der wesentliche Beitrag von Dibelius besteht aber darin, dass er den religionsgeschichtlichen Hintergrund der Peri kope deutlich im antiken Judentum verankert sieht. Andere der älteren Ausleger haben das Heilungsgeschehen in Jak 5,1416 im übertragenen Sinn interpretiert (Hofmann, Erdmann, von Soden, Gaugusch). Bis heute besonders einflussreich ist die Arbeit von M. Meineitz geblieben, der das in der Perikope geschilderte Heilungsge schehen in einem 1932 erschienen Aufsatz als von ausschließlich geistlich-soteriologischer Natur interpretiert (vgl. Armerding, Pickar). Meinertz geht dabei über die Argumentation z.B. H. von Sodens 13
14
15
16
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13 14 sich 15 16 17
Ausnahmen bilden Armerding, Pickar, Hayden u. Howard. Ein ausführlicher forschungsgeschichtlicher Überblick zu Jak 5,13-18 findet in der Dissertation von von der Goltz, Krankheit und Heilung 163-192. Vgl. Mayor, Ropes, Reicke, Wilkinson, Adamson, Davids, Martin. Siehe de Wette, Handbuch 262-265. Dibelius, Jakobus 304.
4
Einleitung
hinaus, indem er sich bei der soteriologischen Deutung des Heilungs vokabulars auf die Wortstatistik in der ntl. Briefliteratur stützt und den Gesamtkontext von Jak 5 als eschatologisch d e u t e t . In der neueren Forschung schließt sich C.J. Collins dieser ausschließlich soteriologi schen Interpretation des Heilungsgeschehens in der Jakobusperikope an, wobei er aber das Krankheitsvokabular im gleichen Sinn versteht. Analog deuten D.R. Hayden und J.K. Howard Leiden und Aufrichtung im psychologischen Sinn. Die Interpretation der Heilung als Exorzis mus findet dagegen keinen Anklang mehr. Sehr verbreitet ist jedoch die übertragene Deutung des Heilungsvokabulars - bei zugleich wörtli cher Interpretation der Krankheitsterminologie - in Verbindung mit der Deutung der Genesung als körperliche H e i l u n g . Gegen eine solche „Spiritualisierung" - zumindest von V. 14f - hat sich vor allem H. Frankemölle (1994) gewandt, der Sir 38,1-15 als traditionsgeschichtliche Vorlage für Jak 5,14f ansieht und die Verse entsprechend wörtlich deutet. Dabei gibt er jedoch wie M . Dibelius und F. Mußner die Einheit des Texts auf, da er die V. 16-20 - wie vor ihm F. Cantinat und S. Laws - im Gegensatz zu V. 14f im übertragenen Sinn d e u t e t . Für eine wörtliche Interpretation der gesamten Perikope Jak 5,13-18 und damit auch für die Einheit des Texts hat jüngst erneut D J . M o o (2000) argumentiert. M o o geht erstmals über die übliche traditions geschichtliche und literarkritische Betrachtungsweise hinaus, indem er - zumindest ansatzweise - die linguistische Methode zur Deutung des Krankheits- und Heilungsvokabulars in Jak 5,13-18 anwendet. So weist er erstens darauf hin, dass doGeveoo nur in Verbindung mit einer näheren Bestimmung oder in einem entsprechend eindeutigen Kontext im übertragen-geistlichen Sinn verstanden wird. Zweitens insistiert M o o im Blick auf die Interpretation der Verben OC5(GO und e ^ i p c o auf der Anwendung des zentralen semantischen Prinzips, einem Wort nicht mehr Bedeutung zuzuschreiben, als der Kontext verlangt. Entspre chend lehnt er - analog zu Meinertz - eine Doppelbedeutung des Hei lungsvokabulars ab. 18
19
20
Die noch immer recht unterschiedliche Beurteilung des Heilungsge schehens in Jak 5,13-18, die theologiegeschichtliche Bedeutung der Perikope und nicht zuletzt die meist knappe Darstellung der Proble matik in den Kommentaren und Aufsätzen zur Stelle zeigen, dass eine tiefergreifende Untersuchung des Texts notwendig ist. Bei den übrigen ntl. Texten, die die Krankenheilung thematisieren, ist dies in der jünge-
18 19 20
Siehe Meinertz, Krankensalbung 23-36. So Mitton, Mußner, Vouga, Warrington, Johnson, Popkes, Albl. Siehe Frankemölle, Jakobus II 709-729. Vgl. auch Burchard zur Stelle.
5
Einleitung 21
ren Vergangenheit immer wieder g e s c h e h e n . So hat die Heilungs thematik in den Evangelien (Nielsen, Theißen), aber auch in der Apos telgeschichte und bei Paulus (Schreiber) im Gegensatz zum Jak zuneh mend das Interesse der Exegeten gefunden. Das gleiche gilt für die ntl. Exorzismen (Trunk, Twelftree) sowie für den religionsgeschichtlichen Hintergrund der Thematik (Becker, K o l l m a n n ) . Stand bislang die redaktions- und literarkritische Betrachtungsweise der Texte im Vordergrund, so untersuchen die neueren Arbeiten die entsprechenden Texte eher unter literarischem bzw. narrativem Aspekt (Marshall, Theißen). Die neuere Exegese konzentriert sich also nicht mehr primär auf die Entstehung der Erzählungen, sondern sie hat vielmehr die Aussage der Texte bzw. die Intention der Verfasser und Redaktoren ins Blickfeld ihres Interesses gerückt. Die oben erwähnten Autoren haben auf diese Weise neben anderen wesentlich zum Verständnis der Praxis und der Bedeutung der Krankenheilung in der Urgemeinde beigetra gen. Die vorliegende Arbeit will u.a. diese Ergebnisse für die Exegese von Jak 5,13-18 fruchtbar machen. Nach der Vorstellung der wesentlichen Ansätze zur Heilungsperikope und der Diskussion der literarischen Einheit des Texts (Kapitel 1) soll in den Kapiteln 2 und 3 das Krankheits- und Heilungsvokabular in Jak 5,13-18 insbesondere unter linguistischen Gesichtspunkten untersucht werden, u m so den Richtung weisenden Ansatz von M o o weiterzufüh ren. Hierzu sind z.B. die bisher kaum berücksichtigten sprachwissen schaftlichen Arbeiten von N. van Brock und L. Wells zum antiken Heilungsvokabular im Blick auf den Jakobustext zu befragen. Hinzu k o m m t die linguistische Auswertung der mittlerweile fast vollständig auf elektronischen Medien verfügbaren antiken Texte, wodurch sich neue Informationen über den antiken Sprachgebrauch ergeben. In engem Bezug zur zentralen Heilungsthematik stehen in V. 14 die Gruppe der Ältesten und die Ölsalbung, zwei Themenbereiche, die theologie- und liturgiegeschichtlich von großer Bedeutung sind und ebenfalls kontrovers diskutiert werden. Zwar existiert eine Vielzahl von Arbeiten über das ntl. Amtsverständnis, doch ist der Dienst der Gemeindeleiter bislang k a u m untersucht worden. In Kapitel 4 soll daher - unter Einbeziehung der neueren Arbeiten von R.A. Campbell und J. Ysebaert zum ntl. Ältestenamt - der Frage nachgegangen wer den, ob die Ältesten aufgrund ihres Amtes (Dibelius) oder eher auf grund ihrer Diensterfahrung (Frankemölle) für die Kranken beten. In Kapitel 5 ist dann der religions- und traditionsgeschichtliche Hinter22
21 Für einen Überblick über die Forschungsergebnisse zum Thema Heilung im NT siehe von der Goltz, Krankheit und Heilung in der neutestamentlichen For schung des 20. Jahrhunderts. 22 Auch in der kirchengeschichtlichen Forschung ist das Thema aktuell; siehe z.B. Barrett-Lennard, Christian Healing after the New Testament; Kydd, Jesus, Saints and Relics.
6
Einleitung
grund der Ölsalbung - zu d e m seit E. Kutsch keine monographische Untersuchung erschienen ist - und ihre Bedeutung für die Krankenhei lung auszuleuchten. Unmittelbar verbunden mit dem Heilungsgeschehen in Jak 5,14-16 sind die beiden ErhörungsVerheißungen in V. 15, die den wahrschein lichsten Beweggrund für die übertragene Interpretation der Heilung darstellen . Von zentralem exegetischen Interesse ist hier die Wen dung T) €i)xn tfjc; TTLOT€(O<;, deren traditionsgeschichtlichen Hintergrund die Gebets- und Glaubensparänesen der synoptischen Heilungstradi tion, aber auch die Heilungserzählungen selbst, bilden dürften. Hier haben die literarkritischen Untersuchungen zum Glaubensverständnis im M k von Chr. Marshall und T. Söding und im M t von H J . Held einen wichtigen Beitrag geleistet, der zu Jak 5,15 in Bezug zu setzen ist (Kapitel 6). Im abschließenden Kapitel 7 soll dann die Bedeutung der Person des Beters und der in der ntl. Forschung k a u m beachteten Art und Weise des Gebets für die Heilung anhand der in Jak 5,13-18 vorfindlichen Gebetsterminologie geklärt werden. Auch hier liefert die linguistische Methode neue Erkenntnisse. So bildet sie zusammen mit d e m religions- und traditionsgeschichtlichen Vergleich vor allem den Schlüssel zum Verständnis der - ebenfalls kontrovers diskutierten - Frage nach der Modalität des Gebets in der Heilungsperikope. Im Blick auf die Vielzahl exegetischer Probleme in der Anweisung zum Krankengebet in Jak 5,13-18 soll der Versuch unternommen wer den, ein einheitliches Bild eines Texts mit seinen komplexen Einzel aussagen zu gewinnen. 23
23
Vgl. Meinertz, Krankensalbung 34, 36.
I. Die literarische Einheit von Jak 5,13-18
1. Jak 5,13-18 im Kontext des Jakobusbriefes Der Abschnitt Jak 5,13-18 gehört zusammen mit den paränetischen Anweisungen 5,12 und 5,19-20 zu einer Spruchgruppe bestehend aus drei Einzelanweisungen, die durch die Eröffnungen irpö ravicov (V. 12), KaKOTTocGet Tic; (V. 13) und d&AxJxH JIOVJ (V. 19) asyndetisch anein ander gereiht sind . Als zweiter Teil des 5,7-20 umfassenden E p i l o g s bildet die Spruchgruppe zugleich den Abschluss des Briefes. Formal ergibt sich aus dieser Stellung eine dem antiken Briefformular entspre chende, besondere Hervorhebung der drei Einzelanweisungen , was die Eröffnungsformel iTpö TOVICOV in 5,12 unterstreicht. Der Grund für diese prominente Stellung der Paränesen über das Schwören, über das Krankengebet und über das Zurückgewinnen irrender Geschwister dürfte - entsprechend dem Proömium 1,1-18 - die allgemeine Natur der Anweisungen sein . Denn im Gegensatz zum Prolog und Epilog beinhaltet der Korpus des Briefes meist situations- bzw. Adressaten bezogene Paränesen, die sich häufig durch eine deutliche Kritik des Autors an verschiedenen Gemeindesituationen auszeichnen . Kontextuell knüpft Jak 5,13-18 durch die Betonung des Gebets als angemessene Haltung in guten und schlechten Lebenslagen (V. 13) und als Aufgabe der Ältesten sowie der Gemeinde im konkreten Fall der Krankheit (V. 14ff) an die in 1,2 eingeführte, übergreifende Thematik der Überwindung von Anfechtungen ( T r e i p a o i i o t ) an. Die 7T€Lpaö|iOL bringt der Verfasser des Jak in 1,2 in direkten Bezug zum 1
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1 Gegen Frankemölle, Jakobus II 719, für den die V. 16a und 20a.c aufgrund der Thematik der Sünde eine Inklusion bilden. Die eingeschlossenen Verse gehören aber weder inhaltlich (Thema Gebetserhörung in V. 16-18, Rückführung eines Sünders in V. 19f) noch syntaktisch (Eröffnung eines neuen Asyndetons in V. 19 ähnlich V. 13) zusammen. 2 Zur weitgehend einheitlichen Markierung des Epilogs in der neueren Forschung siehe Konradt, Existenz 17 mit Anm. 36, 21. 3 Siehe Frankemölle, Semantisches Netz 184. 4 Hinzu kommt, dass sich die Begriffe „Eid" und „Gesundheit" in hellenistischen Briefen gattungsgemäß in den Schlussformeln finden. In den ntl. Briefen entspricht diesen Stilelementen die Erwähnung des Gebets im Briefschluss. Siehe Franke mölle, a.a.O. 182. 5 Vgl. Konradt, Existenz 314.
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Glauben der Adressaten, indem der in Anfechtung bewährte Glaube i)7TO|iovr| bewirkt. Letztere wiederum erscheint nicht nur im Prolog in 1,2-4.12, sondern auch im Epilog in 5,1 l b , wobei im Briefschluss noch die Nominalform ol bno^tivoLVTtQ in 5,11a sowie das Verbum fiaKpoGuiiIco und das Substantiv [ i a K p o Q i ) [ i i a in 5,7f.l0 hinzutreten. Das Motiv des gläubigen und geduldigen Ausharrens bildet also eine Inklusio z u m Korpus des Briefes, welches die Paränese 5,13-18 eben falls reflektiert . Denn die Haltung des gläubigen Ausharrens findet im Fall des Krankengebets - wie noch zu zeigen ist - ihre Konkretion, indem sie als Motivation für das beständige und engagierte Gebet für die Kranken fungiert . Auf diese Weise knüpft Jak 5,13-18 sowohl an das Motiv des gläubigen Aushaltens in Anfechtung im Proömium als auch an das gläubige und geduldige Ausharren im l e i d e n im resümierenden Teil 5,7-11 des Epilogs a n . Darüber hinaus bilden auch die Themenschwerpunkte Glaube und Gebet in 5,13-18 deutliche Bezugspunkte zu den übrigen Paränesen des Jak (vgl. 5,15a mit 1,5-8; 5,16 mit 4,3), woraus sich - im Einklang mit der neueren Jakobusforschung - auch für 5,13-18 eine zumindest teilweise Negation des auf M. Dibelius zurückgehenden Kontext verbots für den Jak ergibt . Dennoch steht die Perikope 5,13-18 - wie die meisten Paränesen des Jak - in erster Linie für sich, da sie weder formal an die beiden sie umgebenden, ebenfalls eigenständigen Paränesen 5,12 und 5,19f angebunden ist, noch kontextuell durch die Thematik von Krankheit und Heilung direkt an den Rest des Briefes anknüpft. 6
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2. Tabellarische Gliederung N a c h d e m die Kontextanalyse sowohl die lose Anbindung von Jak 5,13-18 an den Rest des Jak als auch die relative Eigenständigkeit der Perikope gezeigt hat, soll nun die Struktur von 5,13-18 untersucht w e r d e n . Die zentrale Frage in diesem Zusammenhang ist, ob es sich in 5,13-18 u m eine literarische Einheit handelt, oder ob hier zwei oder gar mehr wiederum unabhängige Paränesen - lediglich vereint unter d e m Oberthema „Gebet" mit den möglichen Unterthemen „Reden mit Gott" (V. 13), „Krankenheilung" (V. 14-15) und „Sündenvergebung" 10
6 Siehe auch Frankemölle, Semantisches Netz 179. 7 Hierzu s.u. Kap. VQ. 8 Zur Übersetzung von i f | v i)TTO|iovf]v TaSß im Sinne von „ausharren" siehe auch Seitz, Patience 373-382. 9 Vgl. Dibelius, Jakobus 19, 36, 70; Klein, Werk 31f; Konradt, Existenz 14. 10 Da der Text der Perikope in den ältesten Manuskripten recht einheitlich bezeugt und demzufolge im wesentlichen unumstritten ist, bedarf es an dieser Stelle keiner weiteren textkritischen Diskussion. Siehe Novum Testamentum Graecum, Editio Critica Maior IV/1 94-99.
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(V. 16-18) - vorliegen. Eine Klärung dieser Frage soll die im nächsten Abschnitt folgende Strukturanalyse erbringen. Zur besseren Orientie rung sei zunächst eine tabellarische Darstellung des Aufbaus der V. 1318 vorangestellt:
3. Strukturanalyse Zur Eröffnung der Perikope Jak 5,13-18 dient in V. 13-14a eine drei fach parallele, asyndetische Struktur, deren Elemente mit Hilfe eines unpersönlichen TLC; drei hypothetische Situationen eines Gemeinde gliedes beschreiben: zuerst allgemein die des Leidens und Wohlerge hens in V. 13a.b, dann konkret die der Krankheit in V. 14a, auf die
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jeweils eine asyndetisch angefügte Handlungsanweisung bestehend aus einem Imperativ der dritten Person Singular folgt: 7Tpoö€UX6ö0co i|/aA,A.€TG) - TTpooKodeodoGo). In dieser Anordnung übernimmt jede der drei Sentenzen, deren Asyndeta der Verstärkung dienen d ü r f t e n , die Funktion eines Konditionalsatzes. 11
Beschränken sich die Anweisungen 13a.b auf die allgemeine Aufforde rung, zu Gott zu beten bzw. ihn im Gesang zu preisen, so erhält ein Kranker sowie die Gemeinde in 14bff detaillierte Instruktionen, die mit d e m Hinweis auf das Gebet der Ältesten in 14c und der Gemeinde in 16b der allgemeinen Anweisung in 13a entsprechen. Die Z u s a m m e n gehörigkeit der Aufforderungen in V. 13 und 14aff wird formal weiter unterstützt durch die angehängte, inkludierende Formel kv ufnv, die in der zweiten Sentenz 13b fehlt. Darüber hinaus korreliert das Er scheinen und Ausbleiben der erwähnten Formel in d e m aus drei Gliedern bestehenden Asyndeton 13a-14b inhaltlich mit der Auflistung der drei entgegengesetzten, negativen und positiven Lebenslagen, für die die Notwendigkeit der Anrufung Gottes das verbindende und zugleich zentrale Element bildet. Die in 14b beginnende und insgesamt bis 15d reichende, detaillierte Anweisung für den Kranken bzw. seine Gemeindeältesten besteht wiederum aus einem Polysyndeton von fünf Gliedern mit einer drei fachen Substruktur: der Kranke soll die Gemeindeältesten rufen (14b), welche über d e m Kranken zusammen mit einer Ölsalbung ein Gebet sprechen sollen (14c), d e m dann in 15a.b auf zweifache Weise die Genesung des Kranken verheißen i s t - und im Falle begangener Sün den auch die Sündenvergebung (15c.d). Die Wirkung des Gebets wird also mit Hilfe eines untergeordneten, dreifachen Polysyndetons b e s c h r i e b e n . Bei den vier kopulativen Konjunktionen in 14c und 15a.b.c handelt es sich folglich jeweils um ein konsekutives KOU, w o durch die Anweisungen in 14b und 14c weitergeführt und konkretisiert 12
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11 Vgl. Frankemölle, Jakobus H 707. 12 Der Bezug der Genesung in 15a.b auf das Glaubensgebet und den Herrn bringt die Bedeutung Gottes und des menschlichen Handelns zum Ausdruck und will damit vermutlich Missverständnissen bezüglich der Natur der Heilung vorbeugen oder auch solche ausräumen, die nur eine der beiden Seiten des Geschehens berück sichtigen. 13 Frankemölle, Jakobus II 707 sieht nur auf das dreifache K a i in 14c.l5a.b und interpretiert jene Sentenzen dementsprechend als Polysyndeton mit drei Gliedern, übersieht dabei aber, dass die syntaktische und inhaltliche Einheit bereits mit dem Rufen der Ältesten in 14b beginnt, und dass das KOLV in 15c das dritte K a i der untergeordneten Einheit 15a-d zur Gebetserhörung enthält. Des weiteren ist eine Zäsur sowohl zwischen 14b und 14c als auch zwischen 15b und 15c weder aus in haltlicher noch aus syntaktischer Sicht angemessen.
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w e r d e n ; in 15c schließt dann ein mit KOLV eingeleiteter Konditionalsatz die Sequenz 15a.b.c a b . Die Verwendung des Futurs (vgl. o c o o e i , kytptl und a ^ e O r j a e i a i in 15a.b.d) nach d e m Imperativ (vgl. T T p o o € u £ a o 0 G ) a a v in 14c) ist in einer solchen Koordination - nicht nur für Jak - üblich zur Beschreibung der weiteren E r g e b n i s s e . Damit ergibt sich für die Konjunktionen in 14c und 15a.b.c die Bedeutung „und s o " oder „und dann". Da der Konditionalsatz 15c.d die Sequenz 15a-d nicht nur abschließt, sondern sie gleichzeitig verstärkt, ist die Vermutung H. Frankemölles berechtigt, dass durch dieses Stilmittel die Überzeugung zum Ausdruck gebracht wird, dass die hier angeführten Verheißungen konsequent eintreten w e r d e n . Damit gehört die in 15c eingeführte Möglichkeit der S ü n d e und die im theologischen Passiv formulierte Verheißung ihrer Vergebung in 15d aus formaler Sicht z u m übergeordneten, in V. 14 beginnenden T h e m a der Krankenheilung durch die Ältesten der Gemeinde. Diese Verbindung wiederum ist nicht ungewöhnlich, da man im Judentum Krankheit und Sünde in enger Relation s a h . Der aufgrund des Themenwechsels Heilung - Sündenvergebung oft geforderte Einschnitt zwischen 15b und 15c folgt erst mit V. 16. Formal wird dieser Übergang durch den Beginn eines neuen Satzes sowie die nachgestellte Konsekutivpartikel OVJV in 16a eingeleitet, deren Funktion sowohl klassisch als auch im N T die Rückführung zum Hauptthema i s t . Dieses wiederum war das Krankengebet, welches nach der an 15c.d anknüpfenden Aufforderung zum gegenseitigen Sündenbekenntnis in 16a - auch in 16b.c als Grundlage für die Heilung innerhalb der Gemeinde erscheint . Damit führt V. 16 entgegen ver1 5
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14 Vgl. Blass/Debrunner/Rehkopf, Grammatik §442,2b. Gegen Mußner, Jakobusbrief 223, der in V. 15 lediglich ein dreifaches parataktisches K a i sieht. 15 Mußner, a.a.O. Anm. 5 bezeichnet die Partikel korrekterweise als kav eventuale. Die in dieser Sequenz ähnlich wie in 5,17f häufige Verwendung von K a i ist vielleicht hebraisierend; vgl. Blass/Debrunner/Rehkopf, a.a.O. §442 mit Anm. 2. 16 Vgl. Mt 8,8: eliT€ loyco, Kai laOrjoeiai; Jak 4,7: dvTlott)T€ 6k xcp öiaßölop Kai $e\)E,€TCLi de))' i)|iwv; Blass/Debrunner/Rehkopf §442,2c.d mit Anm. 7. 17 Vgl. Frankemölle, Jakobus H 707f. 18 Mit Mußner, Jakobusbrief 223, der die Sündenvergebung hier für „etwas 'Akzessorisches'" hält; vgl. Popkes, Jakobus 340, 346. 19 Vgl. Sir 38,9f; Joh 9,2 u.ö. Siehe auch unten Exkurs 1 zu Kap. II u. Kap. VII. Gegen Konradt, Existenz 190, für den die Erwähnung der Sündenvergebung in 15c.d u.U. nur dazu dient, „einen Übergang zum Nachfolgenden zu schaffen." 20 Vgl. Blass/Debrunner/Rehkopf, Grammatik §451,1. Ähnlich Frankemölle, Jakobus II 722; Mußner, Jakobusbrief 225. Die weiterführende Funktion der Partikel in 5,7 bedingt also in 5,16a nicht die gleiche Bedeutung. Gegen Burchard, Jakobusbrief 211. 21 Da die Anordnung der beiden Imperative der zweiten Person Plural, 6£OHOÄOY€LO9€ und eu%€o0€, in V. 16 der logischen Abfolge der Handlungen entspricht, dürfte es sich in 16b ebenfalls eher um ein konsekutives als um ein parataktisches Kai handeln (s.u. Kap. VII Abschnitt 2.2).
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breiteter Meinung keine neue Thematik (der Heilung von S ü n d e n ) ein, sondern präsentiert eine Folgerung (vgl. o u v : daher, d e s h a l b ) aus dem zuvor in V. 14f G e s a g t e n . D.h. der spezielle Fall des Ältestengebets ist Vorbild für den allgemeinen Fall des Gebets aller Gemeindeglieder, ausgedrückt durch den Wechsel im Numerus der Imperative v o m Singular in 14b ( T T p o o K a t a o d o G o ) ) zum Plural in 16a.b (e£o|ioA,OY€LO0€, e v j % e ö 0 e ) und die Parallelstruktur der Aufforderungen 7 T p o o € u £ a o 0 G ) o a v in 14c und e i j % e ö 0 € in 1 6 b . Damit ist die Anknüpfung von V. 16 an V. 15 gegenläufig zur Bewegung von V. 13a nach V. 14a, wo auf den allgemeinen Fall des Leidens der konkrete Fall der Krankheit folgt. Formal erhält die enge Verbindung der V. 15 und 16 eine vielfache U n t e r s t ü t z u n g : Die finale Konjunktion ÖTTCO^ in 16c knüpft deutlich an die konsekutiven Konjunktionen in 15a ( K a i ) und 15b ( K a y ) an, indem V. 16b-d die d e m Ältestengebet in V. 15a.b geltenden Genesungsverheißungen aufgreift und nun auch der zum Zweck der Heilung (ÖTTGX; la0f]T€) betenden Gemeinde die Möglichkeit der Heilung vor Augen stellt . Ähnlich korrelieren auch die näheren Bestimmungen des Gebets in V. 15 und 16. Denn in beiden Fällen ergibt sich aus der implizierten Haltung der Beter eine Qualifizierung des Gebets bzw. der B e t e r , die allerdings die Effektivität des Gebets nicht in Frage stellt. So rettet die €VJ%T] xf\Q TTLOT€G)<; den Kranken in 15a im Kontext des Ältestengebets, während die ö e n o i c ; ö i K o a o u im Z u s a m m e n h a n g mit d e m Gebet der Gemeindeglieder in 16d als besonders wirkmächtig gilt. Durch diese formale sowie inhaltliche Bezugnahme von 16a auf 15c.d und von 16b-d auf 15a.b entsteht - unterstützt durch die Abfolge der Begriffe ei)xr| - a j i a p t i a q - a i i a p i i a c ; - e u % e ö 0 e - formal eine chiastische 23
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22 Gegen Burchard, Jakobusbrief 212; Cantinat, Jacques 254; Mußner, Jakobusbrief 227; Vouga, Jacques 140 sowie Frankemölle, Jakobus II 719 u. 721, für den es in 16a um die „Rettung von Sünden" und die „Heilung einer zerstrittenen und gespaltenen Gemeinde" (ähnlich Johnson, James 335) geht. Beide Deutungen lassen sich aber aus dem Kontext nicht ableiten. 23 Die konsekutive Partikel ouv in V. 16a ist gut bezeugt und muss daher nicht in Frage gestellt werden. 24 So z.B. auch Davids, James 195; Dibelius, Jakobus 303f; Moo, James 246; Popkes, Jakobus 347; Shogren, Will God Heal 107; Wilkinson, Healing 329. 25 Gegen die Polemik Konradts, Existenz 191, wonach V. 16 die Aussagen in V. 14f nicht „'demokratisiert' indem die Gesamtgemeinde an die Stelle der Presbyter tritt". 26 Dies erkennt auch Frankemölle, Jakobus II 723, obwohl er V. 16 im übertragenen Sinn auf Sünde bezogen interpretiert. 27 Eine konsekutive oder gar konditionale Verknüpfung und eine damit verbundene, uneingeschränkte Heilungsverheißung entsteht bei der finalen Anbindung trotz der engen Relation von Gebet und Heilung - aber nicht. 28 Gegen z.B. Schräge, Jakobusbrief 58, der die „Heilungsaufgabe" in Jak 5,1318 auf die Presbyter beschränkt sieht. 29 Hierzu s.u. Kap. VII Abschnitt 3.
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Einheit von Jak 5,13-18
Anknüpfung von V. 16 an V. 15, die die beiden Verse eng miteinander verbindet. Neben dieser Anbindung formt der jeweils durch ein Passivum divi n u m gebildete Abschluss der Sequenzen 15a-d und 16a-c (vgl. &(j)€0r]O€Toa in 15d u. LaGfyue in 16c) eine deutliche Parallelstruktur der beiden Verse, welche die durch die Konsekutivpartikel ouv hergestell te, inhaltliche Beziehung von V. 15 und 16 unterstreicht. Vergleicht man weiter das in V. 15 und 16 verwendete Vokabular, so fällt auf, dass in beiden Versen Gebet, Heilung und Sünde als Schlüsselbegriffe fungieren, ohne dass eine erkennbare semantische Variation im G e brauch der jeweiligen Begriffe vorliegt. Damit ist der Wechsel im Numerus der Adressaten vom Singular in V. 15 zum Plural in V. 16 der einzige und damit wesentliche formale Unterschied zwischen den beiden Versen, so dass die Analogie Ältestengebet Gemeindegebet als inhaltliche Parallele zu den formalen Gegebenheiten verbleibt . Die enge formale Anbindung der Verse 15 und 16 und ihre parallele Struktur erlaubt es also nicht, die Verben OOO(G) und kytlpu in 15a.b und Laojioa in 16c unterschiedlich, d.h. in V. 15 wörtlich und in V. 16 übertragen, zu interpretieren . Letzteres wäre nur möglich, wenn zwi schen 15b und 15c sowohl eine formale als auch eine deutliche inhalt liche Zäsur bestünde, was nicht der Fall i s t . Nimmt man dennoch wie ein großer Teil der Ausleger für iaQf\xe in V. 16 eine übertragene Bedeutung im Sinne der Sündenvergebung o.a. a n , dann bleibt das Gebet u m Heilung allein Aufgabe der Ältesten, was gewiss nicht im Sinne des Autors ist. Darüber hinaus führt D J . M o o noch zwei weitere Gründe gegen eine Heilung im übertragenen Sinn in Jak 5,15f an: „For one thing, salvation is never seen to be the result of prayer in the NT. For another, giving two different, though related, meanings to 'save' and 'raise up' violates a cardinal principle of semantics: never give a word more meaning than the context requires. A physical restoration is all that the context requires, and we should be wary of adding an unnecessary reference to Spiritual d e l i v e r a n c e . " 30
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30 So z.B. auch Davids, James 195; Dibelius, Jakobus 303f; Moo, James 246; Shogren, Will God Heal 107; Wilkinson, Healing 329. 31 Gegen Burchard, Jakobusbrief 212; Cantinat, Jacques 254; Frankemölle, Jako bus II 719, 721; Laws, James 233; Mußner, Jakobusbrief 227; Vouga, Jacques 140. 32 Auch gegen Konradt, Existenz 190, der bereits in seiner Gliederung von Jak 5,13-18 nur la0fyr€ in V. 16 - unter Hinweis auf atl. und außerkanonische Belege übertragen interpretiert. Die ausschließlich wörtliche Verwendung von ldou.ai in den Heilungsberichten der synoptischen Tradition (18x) und Apg (2x) blendet er dagegen aus, obwohl er an anderer Stelle auf die enge Beziehung des Jak zur Jesus tradition der synoptischen Evangelien hinweist; vgl. a.a.O. 23 sowie unten Kap. HI. 33 S.u. Abschnitt 4. 34 Moo, James 243. Zur Natur der Krankheit und Heilung in Jak 5,14f s.u. Kap. II u. m.
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Asyndetisch nachgestellt unterstützt die allgemeine Aussage UoXb IÖXVJ6L Ö€T|oi<; ÖIKOCLOI) kvepyo\)\ievr\ in 16d die Aufforderung an die Gemeindeglieder zum gegenseitigen Gebet und Sündenbekenntnis in 16a-c, indem sie der Gemeinde eine wohl bekannte Tatsache ins Gedächtnis ruft oder - weniger wahrscheinlich - ihr neu vor Augen stellt. Das Krankengebet der Ältesten in 14f ist selbstverständlich in diese Bestätigung bzw. theologische Begründung der vorangehenden Handlungsanweisungen mit eingeschlossen. Verheißung und bereits gemachte Erfahrung der Wirkmächtigkeit des Gebets sollen also die Gemeinde ermutigen, aufgrund ihres Gebets von Gott Heilung zu erwarten. Auffallend ist dabei die nur hier in der Gebetsterminologie des Jak erscheinende Vokabel öer|oi<;, durch die eine deutliche Signal wirkung entsteht. Ebenfalls ohne formale syntaktische Anbindung folgt auf den Aus spruch 16d in 17f der Hinweis auf das Gebet des Elia als atl. Beispiel für das wirkmächtige Gebet eines gewöhnlichen Menschen. Eindrück lich illustriert diese kleine, antithetisch formulierte und durch die Häufung der Konjunktion Kai als Satzeinleitung hebraisierende Digressio die Aussage über das wirkmächtige Gebet des Gerechten in 16d. Dabei korreliert die auf Elia bezogene Wendung „uns gleichge artet" (6|iOLOTTa9f]c; f]|ilv) in 17a inhaltlich deutlich mit der Ermutigung der Gesamtgemeinde zum Krankengebet in 16a-c, so dass 17f eine Untereinheit z u m T h e m a Gebet der Gemeinde und zugleich dessen Abschluss bildet. V. 16d nimmt also eine Scharnierfunktion innerhalb der Perikope ein, indem der allgemeine Ausspruch über die Wirkmäch tigkeit des Gebets einerseits die in 16b zum Gebet aufgeforderten Gemeindeglieder durch den Verheißungscharakter des Spruchs moti viert. Andererseits wird die Aussage 16d durch das konkrete Beispiel des Beters Elia in 17f selbst illustriert und amplifiziert. Indem der Autor die Glaubensgemeinschaft in den die Perikope Jak 5,13-18 abschließenden Versen 16d-18 sowohl an ihre eigenen Erfahrungen der Kraft Gottes als auch an die Gültigkeit der biblischen Tradition, in der sie steht, erinnert, will er sie nun motivieren, die vorangehenden Gebetsaufrufe im Vertrauen auf Gott auch in die Tat umzusetzen. Die Strukturanalyse von Jak 5,13-18 hat damit gezeigt, dass das syn taktische und semantische Netz der Perikope deutlich deren themati sche Einheit sowie logische Entwicklung widerspiegelt . Diese Ent wicklung lässt sich etwa wie folgt zusammenfassen: Sowohl im Leiden als auch in guten Zeiten soll sich die Gemeinde mit Gebet und Lob an Gott wenden (V. 13). Speziell in Krankheitsnot bilden die Ältesten der Gemeinde eine konkrete Anlaufstelle für göttliche Hilfe durch Gebet 35
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35 Vgl. Blass/Debrunner/Rehkopf, Grammatik §442,5a. 36 Vgl. Frankemölle, Semantisches Netz 194: „Die eigentliche Kohärenz des Briefes liegt im semantisch-thematischen Bereich, wird jedoch durch syntaktische Mittel erheblich bestärkt und ist pragmatisch motiviert."
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und Salbung (V. 14-15). Dabei können Sünden, die eventuell die Krankheitsursache bilden, vergeben werden (V. 15c.d). Die Gemeinde soll d e m Beispiel des Ältestengebets folgen, denn auch ihr steht die Wirkmächtigkeit des Gebets zur Verfügung (V. 16), wie der Rückblick auf die biblische Tradition verdeutlicht (V. 17-18). Zu beachten ist bei alledem, dass das Sündenbekenntnis der Beter vor anderen Gliedern der Gemeinde wichtig ist für die Erhörung der Gebete u m Heilung (16a.c). Vorerst unbeantwortet muss die Frage bleiben, ob V. 15a.b eine unein geschränkte oder eine eingeschränkte Erhörungsverheißung enthält. Hier kann nur die Einzelexegese des Ausdrucks f) euxfj XT\Q TTLÖT€G)C; und des verwendeten Heilungsvokabulars Klärung schaffen. Die finale Konstruktion 16c und der nicht als Verheißung formulierte Ausspruch von der öerjoic; eines Gerechten sprechen jedoch eher dagegen. Zu bestätigen hingegen ist die Feststellung H. Frankemölles: „Die Verse handeln nicht von einem Sündenbekenntnis vor den Presbytern und der Vergebung durch jene. Aufgabe der Presbyter ist es nach 14c.d nur, über den [sie!] Kranken zu beten und ihn zu salben. Das Sündenbe kenntnis wird nach 16a vor einander a b g e l e g t . " 37
4. Diskussion der gängigen Gliederungsversuche In Anlehnung an die oben durchgeführte Strukturanalyse von Jak 5,1318 sollen nun die wesentlichen Ansätze in der neueren Jakobusexegese zum Verständnis der literarischen Einheit der Perikope kategorisiert und bewertet werden. Das Hauptaugenmerk soll dabei auf der so ganz unterschiedlich interpretierten Verbindung der Verse 15 und 16 liegen, woraus sich wiederum sehr unterschiedliche Ansätze zum Gesamtver ständnis der Perikope ergeben. 4.1
J.B. Mayor und F. Mußner
Für F. Mußner - und bereits vor ihm J.B. Mayor, B. Reicke und J. Adamson - stellt die Thematik der Sündenvergebung eine direkte Ver bindung von V. 15c.d und V. 16a her. So nimmt Mußner an, dass das in 16a geforderte Sündenbekenntnis auch von dem Kranken in V. 15, über dem die Ältesten beten, gefordert ist, denn nach 15c.d werden ihm mögliche Sünden vergeben. Auf diese Weise erhält die Folgerungs partikel ouv in V. 16 schon eine gewisse Bedeutung, doch ein direkter Bezug von V. 16 auf V. 15 wird dadurch nicht hergestellt. Daher k o m m t Mußner auch lediglich durch ein argumentum e silentio zu d e m Ergebnis: „Die 'Folgerung': „Bekennet also einander die Sünden", ist auf jeden Fall nur möglich, wenn für Jak in den V V 14f ein Sünden37
Frankemölle, Jakobus II 706 (Hervorhebungen des Autors).
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bekenntnis des Kranken vor den Presbytern in den Ablauf der Krankensalbung miteingeschlossen ist, ohne daß dies ausdrücklich er wähnt wird. Das durch OVJV bezeichnete logische Verhältnis kann sonst nicht richtig erklärt w e r d e n . " Die Aufnahme des gegenseitigen Sündenbekenntnisses von V. 16a in V. 15c.d würde jedoch genau genommen die gegenseitige Seelsorge des Kranken und der Ältesten b e d i n g e n . Dies ist aber insbesondere von einem Schwerkranken kaum zu erwarten. Doch sind die Ältesten von der Forderung des reziproken Bekenntnisses in V. 16a auch nicht ausgeschlossen . Denn auch die Effektivität ihres Gebets (vgl. 16c.d) hängt von ihrem Sündenbekenntnis - z.B. untereinander - ab. Ähnlich wie Mußner sieht auch J.B. Mayor das in V. 16a geforderte Sündenbekenntnis als implizite Auflage an den Kranken in V. 15. Nach Mayor ist jedoch das Bekenntnis vor den Ältesten oder einem anderen Gemeindeglied abzulegen. Da sich aus diesem Ansatz ebenfalls Unge reimtheiten ergeben, macht Mayor folgende Einschränkungen: „If however we are to think of confession here in connexion with healing, it must be the confession of sin against God which is i n t e n d e d " . Mayor räumt allerdings ein, dass das gegenseitige Sündenbekenntnis keine gänzlich befriedigende Lösung darstellt: „But the idea of mutual confession does not seem altogether appropriate in the case of the sick man, and yet, if the word IccGfjTe is taken literally, we seem to be tied down to this c a s e . " An dieser Stelle ist die Kritik von M . Dibelius angemessen: „Wenn man diesen (durch die Thematik der Sünde hergestellten) Zusammenhang bejaht, so wird man genötigt, in v. 15 ein Sündenbekenntnis des Kranken hineinzuinterpretieren (de Wette, Belser); denn v. 16 erscheint als Verallgemeinerung von v. 15, ... Von einem Sündenbekenntnis des Kranken steht aber in v. 15 nichts; und daß in v. 16 das Bekenntnis an die Presbyter gemeint sei (Gaugusch, vorsichtig auch Belser), wird durch den Wortlaut aXXr\XoiQ ausge schlossen." 38
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U m d e m Wechsel der angesprochenen Personengruppen gerecht zu werden, geht Mußner dann davon aus, dass sich die Heilung, ÖTTÜX; laöiyuc, in V. 16 im übertragenen Sinne auf die Heilung bzw. Verge bung von Sünden in der Gemeinde bezieht: „Da nicht anzunehmen ist, daß die ganze Gemeinde von einer allgemeinen Epidemie befallen ist, kann sich das 'Heilen' nur auf die Heilung (Vergebung) von Sünden
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Mußner, Jakobusbrief 225/226. So Schlatter, Jakobus 283. Vgl. Mußner, a.a.O. 226/227. Mayor, James 235. Ebd. Dibelius, Jakobus 303/304. Gegen Adamson, James 198f; Reicke James 60.
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beziehen, was auch durch den Kontext gefordert i s t . " Das eigentliche Argument „durch den Kontext" führt Mußner jedoch nicht weiter aus. Doch dies ist auch nicht möglich, da der vermeintliche Kontext j a erst durch den Kreisschluss von konsekutiver Anbindung in 16a und der Interpretation des Sündenbekenntnisses aus 16a in 15c.d hinein ent standen ist. Dibelius' Kritik greift auch hier: „Ein Gefühl für diese Schwierigkeiten hat nun manche Ausleger (Hofmann, Erdmann, So den, Gaugusch) veranlaßt, LccoGoa in übertragener Bedeutung auf die Sündenvergebung zu beziehen - an sich gewiß möglich, aber doch sicher nicht im Sinne des Autors, der v. 16 auf v. 15 folgen l i e ß . " Durch die übertragene Interpretation von V. 16 entsteht bei Mußner schließlich eine deutliche Zweiteilung der Perikope: Heilung körper licher Gebrechen in V. 14-15, Heilung von Sünden in der Gemeinde in V. 16-18. Folglich sind nur die Ältesten der Gemeinde mit d e m Dienst des Heilens betraut. Im Gegensatz zu Mußner ist Mayor jedoch nicht bereit, lceo|ioci in 16c übertragen zu interpretieren, da sich für ihn wie für die meisten Exegeten der Passage gerade an dieser Stelle ein deutli cher Hinweis auf physische Heilung findet . Manche Ausleger sehen also eine direkte Verbindung zwischen V. 15 und 16 in d e m in 16a erwähnten Sündenbekenntnis. Hieraus ergeben sich jedoch nicht nur semantische, sondern auch kontextuelle Schwier igkeiten: Da Älteste und Gemeindeglieder in 5,14-16 austauschbar werden, ist ein gegenseitiges Sündenbekenntnis des Kranken und der Ältesten oder auch anderer Gemeindeglieder gefordert. Der Kranke wird also zum Seelsorger der Ältesten oder der Gemeinde. U m das gegenseitige Bekennen aufrecht zu erhalten, werden dann aus d e m Text nicht ableitbare Einschränkungen bezüglich der zu bekennenden Schuld vorgenommen (Mayor). Auch die resultierende Beschränkung des Heilungsdienstes auf die Gemeindeältesten ist - insbesondere im Blick auf die bei Jak sonst üblichen Aufforderungen zum Gebet an die gesamte Gemeinde (vgl. l,5f; 4,3) - nicht einsichtig. Hinzu kommt, dass gerade für eine übertragene Bedeutung von iaQfpt in 5,16c kontextuelle Hinweise fehlen. Somit stellt die von Mußner und Mayor vorgeschlagene Erweiterung des Ältestengebets in 15c u m das in 16a von der Gemeinde geforderte, gegenseitige Sündenbekenntnis keine befriedigende Lösung zur Interpretation der Folgerungspartikel oi5v in V. 16a dar. Die enge syntaktische und semantische Vernetzung der Perikope lässt sich also nicht auf die Sündenthematik zurückführen. 45
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44 Mußner, Jakobusbrief 227. Um V. 16c konkret zu verstehen, muss man jedoch nicht von epidemischen Zuständen in der Gemeinde ausgehen. Vgl. Frankemölle, Jakobus H 723. 45 Dibelius, Jakobus 304. 46 Vgl. Mayor, James 176, 235. Für eine Diskussion der Art der Heilung s.u. Kap. Hu. HI.
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4.2 M. Meinertz und D.R. Hayden Einen weiteren, die Einheit der Perikope Jak 5,13-18 betonenden Ansatz vertritt M. Meinertz. Bezüglich der Anbindung von V. 15 an V. 16 stellt Meinertz fest: „Daß der Vers (16) vom Verf(asser) als unmit telbar mit d e m vorhergehenden zusammenhängend empfunden wird, zeigt das o u v . " Aufgrund der kontextuellen Schwierigkeiten im An satz von Mayor (und später Mußner) folgert Meinertz wohl mit Recht, „daß LaGfjTe im gleichen Sinn zu verstehen ist wie oco(eiv und kyeipeiv, und Chaine begeht mit Mayor die exegetische Unmöglichkeit, LaGfjTe im 'sens metaphorique', dagegen oco(eiv und eyeipeiv von natürlicher Heilung zu e r k l ä r e n . " Im Blick auf die in der ntl. Briefliteratur weitgehend übertragene Bedeutung von OG5(G) und kyeipu*, vor allem aber da in Jak 5,14ff „die Zusage der Heilung ganz uneingeschränkt ausgesprochen w i r d " , nimmt Meinertz an, dass das Heilungsgesche hen in Jak 5,14ff primär von eschatologischer Natur ist „im Sinne einer 'Überführung aus der Sphäre des (geistlichen oder ewigen) Todes in die des (geistlichen und ewigen) L e b e n s ' " . Trotz seiner berechtigten Kritik an Mayor hält Meinertz jedoch an der physischen Natur der in 14f thematisierten Krankheit fest während er von einer Heilung im eschatologischen Sinn ausgeht. Sich der kon textuellen Schwierigkeiten bewusst verweist Meinertz auf die Existenz unterschiedlicher Auslegungsmodelle zu Jak 5,13-18 und konstatiert: „Das oben angeführte Argument aus dem unmittelbaren Zusammen hang ist offenbar nicht entscheidender A r t . " Damit begeht Meinertz im Prinzip die gleiche „exegetische Unmöglichkeit", die er Chaine und M a y o r vorwirft, wenn er einerseits die Einheit der Perikope betont, andererseits aber in ein und demselben Kontext das Vokabular der Krankheit wörtlich und das der Heilung übertragen interpretiert. Aus den aufgezeigten exegetischen Schwierigkeiten erwächst aber auch noch ein nicht zu übersehendes theologisches Problem. Denn interpretiert man ocooei in V. 15a nach Meinertz eschatologisch, dann rettet bzw. überführt die euxf) tfjg TUOTOOC; der Gemeindeältesten das gewiss bereits gläubige - kranke Gemeindeglied „aus der Sphäre des (geistlichen oder ewigen) Todes in die des (geistlichen und ewigen) Lebens". Meinertz übergeht diese offensichtliche Schwierigkeit eines für Gemeindeglieder heilswirksamen Ältestengebets jedoch, indem er die von Gebet und Krankensalbung ausgehende, soteriologische Wir kung lediglich als „übernatürlich" bezeichnet. Auch C.J. Collins, der 47
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Meinertz, Krankensalbung 32. Ebd. A.a.O. 34; vgl. auch 36. Zur Widerlegung dieser Aussage s.u. Kap. VII. A.a.O. 31 nach Wagner. A.a.O. 29 (Hervorhebung des Autors); vgl. auch 27.
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jüngst präzise der Argumentation von Meinertz folgt, trägt nicht zur Lösung dieses Problems b e i . Eine interessante Variante des Vorgehens von Meinertz und Collins bietet der ebenfalls die Einheit von Jak 5,14-16 betonende, psychologisierende Ansatz von D.R. Hayden. Hiernach handelt es sich bei den Gemeindegliedern, die das Gebet der Ältesten benötigen, u m „persons who are discouraged or depressed" aufgrund ihres Ringens mit Versuchung u n d Sünde; die durch das Gebet von Gott zu erwartende „Heilung" deutet Hayden dann ebenfalls im übertragenen Sinn als „spiritual strengthening" . Der Vorteil dieses Ansatzes besteht darin, dass hier die literarische Einheit der Perikope mit einem einheitlichen Verständnis von Krankheit und Heilung korreliert. Die Spannung zwischen physischer Krankheit u n d eschatologischer Heilung wie bei Meinertz u n d Collins wird so vermieden. Nicht einzusehen ist jedoch, warum ein entmutigtes Gemeindeglied die Ältesten zu sich rufen soll (vgl. TTpooKcdeoccoGo), V. 14). Hinzu kommt, dass Jak die unvermeidli chen Versuchungen des Lebens - zu denen die von Hayden beschrie benen psychologischen und geistlichen Probleme gehören - sowie deren Bewältigung bereits in 1,2 thematisiert. Hier wiederum rät er, die TreipccojioL des Lebens - im Gegensatz zur Vorgehensweise von 5,14-16 - anzunehmen und zu erdulden, da er sie explizit als positiv bewertet. Weiter übersieht Hayden, dass die Sünden des Kranken nach 5,15c lediglich von optionaler Natur sind. Daher bietet der Ansatz von Hayden i m Sinne einer geistlich-psychologischen Heilung - ungeach tet der Zulässigkeit einer psychologischen Interpretation des Krankheits- u n d Heilungsvokabulars in Jak 5,14-16 - allein aus kontextuellen Gründen ebenfalls keine befriedigende Gesamtlösung. Das gleiche gilt für den Ansatz von K. Warrington, der sowohl im Krankheits- als auch im Heilungsvokabular von Jak 5,14-16 eine generelle Mehrdeutigkeit im Sinne physischer, emotionaler u n d geistlicher Schwäche bzw. Heilung s i e h t . Denn der Fall allgemeinen Leidens war j a schon in V. 13a thematisiert worden, so dass 5,14-16 nach der Erwähnung guter Lebenslagen in V. 13b - über die Kritik a m Entwurf Haydens hinaus - nur noch als Tautologie zu V. 13a verstanden wer den kann. 52
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52 Siehe Collins, Anointing 79-91. Wie Meinertz sieht auch Collins die Einheit der Perikope begründet durch die Partikel ouv sowie die chiastische Anordnung der Begriffe ei)%rj, ajiapTiac; und eüx^oGe in V. 15f; siehe a.a.O. 82.
53 Hayden, Eiders 261. Vgl. auch Armerding, Afflicted Disease 261-266; Pickar, Is Anyone Sick 165-174. 54 Siehe Warrington, Observations 161 -177.
195-201; Howard,
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4.3 F. Vouga Anders als die zuvor genannten Exegeten geht F. Vouga davon aus, dass es sich in Jak 5,13-18 u m eine Reihe von eng verbundenen Einzelanweisungen handelt. Allen Anweisungen gemeinsam ist dabei der Aufruf z u m Gebet: in 5,13-14a das Gebet in allen Lebenslagen, in 5,14b-15b das Gebet für den Krankheitsfall mit der Verheißung der Effektivität des Gebets (15a.b), und in 15c-16c das Gebet u m Sündenvergebung in Verbindung mit d e m gegenseitigen Sündenbekenntnis, wobei 16c auch hier d e m Gebet den Erfolg verheißt. V. 16d bildet dann zusammen mit d e m Beispiel des Elia in V. 17-18 das Ende der Perikope, indem das Gesagte amplifiziert und exemplifiziert w i r d . Ähnlich wie Mußner interpretiert auch Vouga den Hinweis auf Heilung, öiTwq loc0fjT€, in V. 16 im übertragenen Sinn: „De cette maladie-lä [des peches], la communaute regoit le pouvoir de guerir (ÖTTGOC; LaGfjTe)" . Vouga sieht richtig, dass das Gebet in Jak 5,13-18 die zentrale Thematik bildet und damit eine verbindende Funktion übernimmt. Eine starke Zäsur zwischen 15b und 15c mitten im Satz, wie Vouga sie vornimmt, ist jedoch äußerst problematisch, da einerseits der paraphrastisch formulierte Konditionalsatz 15c.d mit KOLV eingeleitet die dritte Sentenz des Polysyndetons 15a-d bildet und zusammen mit diesem von 14c abhängt. Andererseits lässt der Kontext den Beginn einer neuen Einzelanweisung mit 15c nicht zu, da es sich in 15c.d immer noch u m den einen Kranken von V. 14f handelt. Auch k o m m t der Folgerungspartikel ouv, die in V. 16 in einer exponierten Position steht, aufgrund Vougas Einschnitt nach V. 15b keine Bedeutung zu. Des weiteren berücksichtigt die Gliederung nicht den Wechsel v o m Singular der Aussage in 15c.d z u m Plural der Imperative 4£OJ!OA,OY€LO0€ und euxeoOe in 16a.b. Vougas Ansatz ist also durchaus sensibel gegenüber den Einzelaussagen des Texts, doch seine Gliederung missachtet in grober Weise sowohl die syntaktische Struktur des Abschnitts als auch den durch die wechselnden Personengruppen und Handlungen hergestellten Kontext. 55
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4.4
H. Frankemölle
Wiederum anders als bei den zuvor diskutierten Ansätzen schlägt H. Frankemölle - wie schon vor ihm J. Schneider, J. Cantinat, S. Laws und F. M a n n s sowie jüngst L.T. Johnson, R.W. Wall, Chr. Burchard und W. Popkes - eine Zweiteilung der Perikope mit einer engen Verbindung beider Abschnitte vor. Der erste Teil (V. 13-15) behandelt hiernach das Gebet im Fall von Krankheit und Leid. Der zweite Teil (V. 16-20) bezieht sich dann - wie schon bei Mußner - auf die Kraft 55 56
Siehe Vouga, Jacques 140-144. A.a.O. 143.
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des Gebets im Zusammenhang mit der Vergebung von S ü n d e n . Die Einheit beider Teile wird durch das „semantische Netz" der Thematik Gebet g e b i l d e t , wobei V. 15c.d mit der Thematisierung der Sünden vergebung eine Scharnierfunktion in Bezug auf das in 16a erwähnte Sündenbekenntnis der Gemeinde ü b e r n i m m t . Durch diese Entflech tung der Verse 15 und 16 wird folglich weder ein Sündenbekenntnis des Kranken vor den Ältesten in V. 15 hinein interpretiert, noch wird der Wechsel zum Plural bei den Imperativen kE,o\ioXoyelo^ und €ÜX€O0€ in V. 16 übersehen. Unbefriedigend bleibt bei diesem Ansatz jedoch die fehlende Bedeu tung der Partikel ouv sowie das nun übertragene Verständnis von Idojioa im Sinne der „Rettung von Sünden" bzw. „Heilung einer zer strittenen und gespaltenen Gemeinde" in V. 1 6 , so dass die Kritik von M . Dibelius auch hier greift: „Die Worte ÖTTÜX; ia0f|i€ v. 16a schei nen aber auf den vorher erwähnten Krankheitsfall zurückzuweisen" . Chr. Burchard, der Frankemölle in der Gliederung und der teils wört lichen, teils übertragenen Interpretation des Heilungsvokabulars folgt, erkennt diese Schwierigkeit und formuliert daher vorsichtig bzw. unsi cher: „Die Konjunktion folgert nicht (s. V.7), sondern führt weiter (wenn nicht, kann man V.16a.b vor allem auf die Kranken bezie h e n ) . " Auch passt das Beispiel des Elia von der im Gebet erfahrbaren Macht Gottes nicht zur Heilung im Sinne von Sündenvergebung. Hin zu kommt, dass die Sündenvergebung im N T nicht mit einem rezipro ken Gebet der Gläubigen in Verbindung gebracht wird. Weiter themati siert die von anderen Exegeten gewöhnlich nicht zum Abschnitt 5,1618 hinzu g e n o m m e n e Einheit 5,19-20 nicht primär die Sündenverge bung, sondern die Wiedereingliederung abgefallener Gemeindeglieder. Damit bildet Jak 5,16-20 entgegen Frankemölle weder eine syntakti sche (vgl. die Eröffnung abtlfyoi |iou in V. 19) noch eine semantische oder thematische Einheit. Syntaktisch geboten und damit richtig ist aber, dass mit V. 16 ein neuer Gedanke beginnt, wobei V. 15c.d als Abschluss der ersten Sequenz fungiert und nicht der Überleitung zu ei n e m neuen T h e m a dient. 58
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57 Ähnlich Burchard, Jakobusbrief 212; Cantinat, Jacques 252-254; Laws, James 233; Schneider, Jakobus 36; Wall, Community 266. Vgl. auch Hauck, Jakobus 234236; Mitton, James 197, 206, die in V. 14 ausschließlich von physischer Krankheit, in V. 16 hingegen von körperlicher und geistlicher Heilung ausgehen. 58 Vgl. Frankemölle, Jakobus II 719. 59 Vgl. a.a.O. 705, 719. 60 A.a.O. 719 u. 721; mit sozialem Bezug auch Johnson, James 335; Popkes, Jakobus 349. 61 Dibelius, Jakobus 303. 62 Burchard, Jakobusbrief 211.
22 4.5
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M. Dibelius
Als letzter Beitrag zur Gliederung von Jak 5,13-18 ist der von W.M.L. de Wette, J.H. Ropes, M. Dibelius und H. Windisch vertretene Ansatz zu diskutieren. Diese Ausleger - von denen Dibelius wohl der einfluss reichste war - sehen die Verbindung der Verse 15 und 16 in der The matik des Gebets für die Kranken und der Bedeutung der Sündenverge bung für die Krankenheilung, nicht aber im Sündenbekenntnis. Auf grund des Numerus wechseis in V. 16 bildet Vers 16 aber eine eigen ständige Anweisung, in der es nicht mehr wie in V. 14f u m einen Kran ken und seine Ältesten geht, sondern nun u m die Gemeinde und ihre Aufgabe, für die Kranken zu beten. Die Folgerungspartikel ouv in 16a erhält dann ihre Bedeutung durch einen Analogieschluss, „... denn v. 16 erscheint als Verallgemeinerung von v. 1 5 " . So wie Gebet und Sündenvergebung durch die Ältesten zur Heilung des in V. 14-15 erwähnten Kranken führen, so erwirken nach V. 16 die gegenseitige Beichte und das Gebet der Gemeindeglieder Heilung von Kranken in der Gemeinde. In der neueren Forschung folgen diesem Ansatz J. Wilkinson, J.B. Adamson, P.H. Davids, R.P. Martin, G.S. Shogren, J.C. Thomas und jüngst D J . M o o . Wilkinson beschreibt diesen Zusam menhang von V. 14-16 folgendermaßen: „In verse 16 James appears to ignore the eiders, and goes on to say that all members of the congregation can take part in healing. They should confess their sins to one another and pray for one another, and they will be h e a l e d . " Sho gren zieht diese Linie dann weiter aus: „if all Christians were to be admitting their sins to each other and praying for each other, the ultimate remedy of summoning the eiders might be a v e r t e d " . Mit diesem Analogieschluss vom speziellen Fall des Ältestengebets zum allgemeinen Fall des Gemeindegebets ist die Einheit der Passage durch die Themen Gebet und körperliche Heilung sinnvoll hergestellt. Ohne dass die Aussagen von V. 15 und V. 16 einander künstlich angepasst oder aber voneinander separiert werden, erhalten nun sowohl der Wechsel im Numerus in der Anrede als auch die konsekutive Anknüp fung von V. 16 an V. 15 durch die Partikel ouv ihre Bedeutung. Da in diesem Fall in V. 15 kein Sündenbekenntnis - insbesondere kein ge genseitiges Bekenntnis mit den Ä l t e s t e n - im Blick ist, steht die Ver bindung von gegenseitigem Sündenbekenntnis und Gebet der Gemein63
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63 Dibelius, Jakobus 303 wie auch schon de Wette, Handbuch 264. 64 Dabei entspricht die klare Argumentation von de Wette noch völlig dem heuti gen Stand der Exegese. 65 Wilkinson, Healing 329. Ähnlich Adamson, James 198f; Davids, James 195; Martin, James 210f; Moo, James 246; Ropes, James 309; Windisch, Die katholi schen Briefe 33. Eine uneingeschränkte Heilungsverheißung wird in V. 16 jedoch nicht ausgesprochen, s.o. 66 Shogren, Will God Heal 107. 67 Vgl. Wilkinson, Healing 329. Ähnlich auch Dibelius, Jakobus 303.
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deglieder in V. 16 in keinerlei Spannung zur Verbindung von Gebet und Sündenvergebung in V. 1 5 . Denn in beiden Versen liegt der Nachdruck auf dem G e b e t . Das abschließende Beispiel des Elia in V. 17-18 fungiert dann übergreifend als Illustration für die Effektivität des Gebets in 5,14-16, also sowohl für das Gebet der Ältesten als auch für das aller übrigen Gemeindeglieder . 6 8
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5. Beurteilung der Gliederungsversuche Die Betrachtung der unterschiedlichen Ansätze zum Verständnis der Einheit von Jak 5,13-18 zeigt, dass die Gliederung der Passage bereits einen deutlichen Einfluss auf die spätere Exegese des Texts hat. Weiter fällt auf, dass die meisten Gliederungsversuche in deutlicher Spannung entweder zum semantischen Netz des Gebets-, Krankheits- und Heil ungsvokabulars oder zur syntaktischen Verflechtung der Einzelanwei sungen stehen. Demzufolge sind die Defizite der meisten Gliederungs versuche gravierend. In den Ansätzen unter a), b) und c) wird zwar die Einheit des Abschnitts durch einen direkten Bezug der Anweisungen aufeinander erklärt. Doch bei j e d e m dieser Versuche führt dies zu einer d e m Kontext und der Syntax der V. 14-16 nicht entsprechenden U m deutung der einzelnen Instruktionen: Unter a) geht man von einem in V. 15c.d nicht erwähnten und theologisch sowie praktisch höchst frag würdigen, gegenseitigen Sündenbekenntnis der Ältesten und des Kranken aus; unter b) wird der Wechsel im Numerus der Adressaten von V. 15 zu V. 16 übersehen und so aus zwei Anweisungen eine einzige hergestellt; unter c) ergibt sich eine thematische Zäsur zwi schen 15b und 15c, die der Syntax des Verses entgegen läuft. Gleich zeitig übersehen die Ansätze b) und c) den durch die Folgerungs partikel oiiv gebildeten und von den meisten Auslegern erkannten Ein schnitt bei V. 16. Unter d) entsteht dann - entgegen dem mehrheitli chen Bestreben, die Einheit des Texts hervorzuheben - eine starke Zweiteilung der Perikope. Dies geschieht durch einen (angenom menen) thematischen Wechsel von der Krankenheilung in 14f zur Sündenvergebung in 16ff. Folglich interpretiert dieser Gliederungsver such zwar nicht das gegenseitige Sündenbekenntnis von 16a in 15c.d 68 Anders lediglich Reicke, James 60, der in V. 14-16 sowohl die Krankheit als auch die Heilung im wörtlichen Sinn versteht, jedoch das Sündenbekenntnis aus V. 16a in V. 15c.d hinein interpretiert, da er ein Sündenbekenntnis des Kranken als für die Heilung grundsätzlich notwendig ansieht. 69 Gegen Dibelius, a.a.O. 304, der in V. 14f eine Wunderkur annimmt und in V. 16 lediglich das Gemeindegebet sieht und folglich die konsekutive Verbindung von V. 15 und 16 nicht erklären kann. Daher vermutet Dibelius unnötiger weise, dass der Autor „durch Ö T T O X ; la0fiT€ ursprünglich einander fremde Sprüche verbunden" hat. 70 Vgl. Wilkinson, Healing 327.
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hinein, doch das enge semantische und syntaktische Netz der Perikope wird zertrennt. Wie die mit den Gliederungsversuchen unter a)-d) verbundenen Pro bleme und die alternativen Vorschläge unter e) zusammen mit der oben durchgeführten Strukturanalyse zeigen, stellt V. 16 eine neue Paraklese innerhalb eines syntaktisch, semantisch und thematisch eng verknüpf ten Ganzen dar. Dieses Ganze besteht für Jak 5,13-18 aus der Thematik des Gebets als angemessene Haltung vor Gott in allen Lebenslagen, dessen dritter Unterpunkt in 5,14-18 das Gebet u m Heilung behandelt und so zugleich den Schwerpunkt des Abschnitts bildet. In diese Struk tur ist V. 16 syntaktisch und semantisch fest eingebunden. Folglich besitzen die Gemeindeältesten nach 5,14f im Gebet ein effektives „Werkzeug" gegen Krankheit. Aus diesem Grunde (oßv) sollen sich auch die Gemeindeglieder zur Überwindung von Krankheit der Kraft des Gebets bedienen (V. 16). Eine andere, d.h. übertragene Interpretati on von Krankheit und Heilung lässt weder das semantische Netz des Gebets-, Krankheits- und Heilungsvokabulars in Jak 5,13-16 noch die syntaktische Verflechtung der Einzelanweisungen noch das in 17f an schließende Beispiel des Elia zu. Mit diesem durchaus vorläufigen Ergebnis ist nicht nur die Wiedergabe von Jak 5,13-18 in den wesentlichen modernen und historischen Bibel übersetzungen bestätigt. Es drängt sich auch der Verdacht auf, dass die von Meinertz und anderen explizit geäußerte und noch zu hinterfragen de Prämisse, es könne sich in V. 16a-c nicht u m eine uneingeschränkte Heilungsverheißung handeln, den eigentlichen Grund für die dem Text nicht entsprechende, übertragene Deutung von Krankheit und Heilung in Jak 5,14-16 bildet.
II. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit in Jak 5,13-18
In Jak 5,13-18 beschreiben drei verschiedene Begriffe das Leiden und die Krankheit der Gemeindeglieder, und zwar jeweils eine Form der Verben KOCKOTTOCO^Ü) (5,13), doGevea) (5,14) und Kcqivaoo (5,15). Die meisten Exegeten gehen davon aus, dass die V. 14ff im Anschluss an einen allgemeinen Hinweis in V. 13 auf die Bedeutung des Gebets in verschiedenen Lebenslagen konkrete physische Erkrankung themati sieren . Für eine Minderheit handelt es sich dagegen nicht u m körperli che, sondern u m geistliche oder seelische Schwäche bzw. Erkrankung . Aus sprachlicher Sicht bleibt die Entscheidung zwischen körperlicher und seelischer Erkrankung bei manchen Auslegern auch offen . Diese Ambivalenz wiederum ist nur konsequent, denn erstens besitzen die drei Verben eine beachtliche semantische Bandbreite, und zweitens wird der Kontext von Jak 5,13-18 in der ntl. Forschung recht unter schiedlich beurteilt. Weiter fällt auf, dass die Bedeutung der grammati schen F o r m und der syntaktischen Einbindung der o.g. Verben in den Kommentaren zur Stelle bisher kaum berücksichtigt worden ist. Da bislang noch keine monographische Arbeit zum antiken Krankheits vokabular vorliegt, soll im folgenden neben der semantischen Band breite der Begriffe vor allem deren Verwendung im biblischen und außerbiblischen Sprachgebrauch untersucht werden. 1
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1 So Burchard, Jakobusbrief 209; Davids, James 192; Dibelius, Jakobus 299; Cantinat, Jacques 247; Hauck, Jakobus 232; Johnson, James 330; Laws, James 225f; Martin, James 206; Mayor, James 232; Meinertz, Krankensalbung 25; Mitton, James 197; Moo, James 236-238; Mußner, Jakobusbrief 218-219; Popkes, Jakobus 341, 345; Reicke, James 57; Schlatter, Jakobus 280f; Schneider, Jakobus 35; Schrä ge, Jakobus 56; Shogren, Will God Heal 100; Vouga, Jacques 140; Wall, Communi ty 264; Warrington, Observations 161-163; de Wette, Briefe 262; Wilkinson, Hea ling 331; Windisch, Die katholischen Briefe 33. 2 So Armerding, Afflicted 195-201; Friesenhahn, Überlieferung 185-190; Hayden, Eiders 260; Pickar, „Is Anyone Sick?" 165-174 und jüngst Howard, Disease 261. 3 So Cantinat, Jacques 247; Martin, James 206. Auch für Frankemölle, Jakobus II 709 kann es sich um seelische Schwäche oder körperliche Erkrankung handeln. Unverständlich bleibt allerdings, dass Frankemölle den Kranken auf jeden Fall für bettlägerig hält.
26
//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit
1. Die Wortgruppe
KOCKO7TOC0€G)
Bereits die erste der drei Einzelanweisungen in Jak 5,13-14a themati siert den Bereich des menschlichen Leidens: KOCKOTTOC0€L XIQ kv i)|itv, TTPOÖ€ux€ö0co (leidet j e m a n d unter euch, der bete, 13a) . Die darauf fol gende Aufforderung €i)0u|i€i XIQ, tyccXXexu (geht es j e m a n d e m gut, der singe Psalmen) kontrastiert mit 13a. Indem lediglich die dritte Paränese weiter ausgeführt wird, bilden die ersten beiden Anweisungen eine antithetisch formulierte Untereinheit der Perikope 5,13-18. Mit dieser formalen Parallele korreliert die allgemeine Natur der Wendungen 4
KOCKOTTOC06L XIQ U N D €l)0l)|i€L
1.1
XIQ.
Außerbiblisches V o r k o m m e n
In der hellenistischen Epoche begegnet K a K O i T a 0 € G ) häufig und mit ver schiedenen Nuancen. Das Verbum trägt meist die passive Bedeutung „leiden", „übel dran sein", „Unrecht erleiden", „in Unglück oder Schwierigkeiten geraten". Seltener sind die aktiven Bedeutungsaspekte „Unrecht oder Unglück zu tragen wissen" und „Leid, Übel, M ü h e ertra gen" bzw. „aushalten" . Die Konnotation „sich a b m ü h e n " stellt eine Weiterentwicklung der Grundbedeutung „leiden" dar . Das Substantiv KotKOTrcc0€ tot und die gleichbedeutende, später auftretende Nebenform K a K o i T a 0 L a steht entsprechend für „körperliches Leiden", „Erleiden von Drangsal", „Aushalten, Ausharren", „Mühe", „Erschöpfung" . Die Komponenten physisches und psychisches Leiden sind allerdings oft nicht eindeutig voneinander zu unterscheiden, da beide gleichermaßen zum semantischen Spektrum der Wortgruppe KOCKOIT(X0€CA) gehören. 5
6
7
8
1.2
In der Septuaginta
In der L X X erscheint das Verb KaKoiTaGea) lediglich in Jon 4,10. Hier gibt es die Wurzel ^ftV wieder und nimmt dessen Bedeutung (qal: sich abmühen, Mühsal ertragen) a n . Ähnlich steht das Substantiv K a K o r a 0 € i a in Mal 1,13 für das hebräische HN^n (Mühe, mühsame A r b e i t ) . Mit dem gleichen Sinn begegnet das Substantiv dann noch in 9
10
4 Hierbei ist Tic, als indefinit und nicht interrogativ zu verstehen; vgl. Johnson, James 329. 5 Vgl. Spicq, Notes I 394 mit einer Vielzahl von Zitaten; Michaelis, Art. moxu> 936. 6 Siehe Moulton/Milligan, Vocabulary 84 unter da0€V€ia. 7 Zum Verhältnis der Formen KaKOTTaÖeia und KaKOTTaGia siehe Moulton/Milligan, Vocabulary 316; Liddell/Scott, Lexicon 862. 8 Siehe Spicq, Notes I 394f mit einer Vielzahl von Zitaten. 9 Siehe Koehler/Baumgartner, Lexikon 799f. 10 Siehe a.a.O. 1600.
//. Zur Terminologie
27
von Leiden und Krankheit
2 M a k k 2,26-27. In 4 M a k k 9,8 steht KotKOTrdGeia für das Ausharren in und Erleiden von religiöser Verfolgung. 1.3
Im Neuen Testament
Im Neuen Testament steht das Verb KOCKOTTOC0€CI) sowohl für das Erfahren und Erleiden von Drangsal (2 Tim 2,9) als auch für das standhafte Ertragen und Auf-sich-Nehmen von Leiden, Drangsalen und Wider wärtigkeiten (2 Tim 4 , 5 ) . In 2 Tim 1,8 und 2,3 drückt das verwandte ouvKocKOTrocGelv ebenfalls diese Bereitschaft zum Leiden a u s . C. Spicq bringt das Leiden des Paulus für das Evangelium in 2 Tim 2,9 und ähnlich das Leiden des Timotheus in 2 Tim 4,5 aufgrund seines Diens tes weiterhin in den Zusammenhang „du penible labeur apostolique qui ne se laisse rebuter par aucune difficulte ou souffrance" . Zumindest für 2 Tim 4,5 ist dies sicher der Fall. In 2 Tim schwingen also physi sche, psychische und soziale Elemente im Gedanken an das (apostoli sche) Leiden mit. In 2 Tim 2,9 ist das Leiden aber offensichtlich durch Verfolgung hervorgerufen: „... indem ich Leid ertrage (KOCKOITOCGCI)) bis zu Fesseln wie ein Übeltäter; aber das Wort Gottes ist nicht gebunden" (2 Tim 2,9). Es fällt allerdings auf, dass auch an dieser Stelle das Leiden in enger Verbindung mit dem Ausharren steht (vgl. i)TTO|i€va), V. 10). Eine Reduktion von K a K o r a G e c o in den übrigen Stellen auf durch Verfolgung hervorgerufenes Leiden wie in 2 Tim 2,9 wird jedoch der Vielfalt des Leidens u m Christi Willen nicht gerecht. Einer gesonderten Betrachtung bedarf noch das ntl. hapax legomenon KocKOTTaGLoc (bzw. nach anderer Lesart dessen Nebenform KocKOTrdGeia) in Jak 5,10, denn es ist anzunehmen, dass das Verb KaKOTraOeo) in 5,13 das Substantiv in 5,10 aufgreift . Hier heißt es: „Nehmt, Brüder, zum Vorbild des Leidens und der Geduld (ifjc; KaKoraGiocc; K a i ifjc; | i a K p o 0 v j | i L a g ) die Propheten, die im Namen des Herrn geredet haben" (Jak 5,10). Unklar ist an dieser Stelle, worin das Beispiel der Propheten besteht, denn KctKOTTaGia kann hier sowohl eine aktive als auch eine passive Bedeutung enthalten, so dass es sich entweder u m das eigentli che Leiden der Propheten oder u m deren vorbildliches Ertragen des Leidens, d.h. deren Verhalten im Leiden, handeln kann. Der durch die Thematik des geduldigen Ausharrens geprägte Kontext der voraus gehenden Verse 7-11 (vgl. | i a K p o G u | i r | o a T € , V. 7; | i a K p o G v j | i i a , V. 10; n
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11 So z.B. Michaelis, Art. ™oxw 937; EWNT II 585/6. Spicq, Notes I 394 sieht dagegen sowohl 2 Tim 2,9 als auch 4,5 im Zusammenhang mit dem Ausharren im Leiden. 12 Vgl. Michaelis, a.a.O. 13 Spicq, Notes I 396. 14 So auch Johnson, James 329.
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//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit 1 5
i)iTO|iovri, V. I I ) legt nahe, dass das Beispiel der Propheten in deren Ausharren bzw. deren Bereitschaft z u m Leiden besteht, nicht aber im Leiden s e l b s t . Die Komponente des zu unrecht ertragenen Leidens schwingt jedoch stark mit. Daher bedingt der Hinweis auf die Prophe ten in Jak 5,10 nicht, dass es sich bei d e m Leiden in V. 13 ebenfalls u m Verfolgung handelt, auch wenn dies als das Leiden der Propheten anzusehen ist. Denn der Kontext von Jak 5,7-11 hebt deutlich das A u s harren hervor. Somit sollte KaKOTTaOia in 5,10 nicht als „Leiden, Drang sal", sondern als „Ertragen von Leiden" im Sinne von „Übel zu tragen w i s s e n " - unter Einbeziehung der psychischen Komponente - über setzt werden. Die obigen Beobachtungen zu 2 Tim bestätigen diese Interpretation. Der ntl. Gebrauch der Wortgruppe KaKOnaGea) konzen triert sich also nicht wie in der L X X auf die Konnotation „sich abmühen", sondern auf die Bedeutungen „leiden" bzw. „ausharren im Leiden", wobei die Wortgruppe lediglich im Jak und 2 T i m erscheint. Die Art des Leidens ist dabei von allgemeiner N a t u r . 16
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1.4
KaKOTO06O) in Jak
5,13
Nach der Betrachtungen der außerbiblischen Verwendung der Wort gruppe KOTKOIT(x06a) sowie deren Gebrauch in der L X X und im N T - und hier insbesondere im Z u s a m m e n h a n g mit der Stichwortaufnahme aus Jak 5,10 - liegt es nahe, in Jak 5,13 die primäre Bedeutung „leiden" bzw. „ausharren im Leiden" anzunehmen. Andere Bedeutungen für KaKOiTa06a) in Jak 5,13 wie z.B. „sich abmühen" erscheinen im Blick auf die im Gebet zu suchende Hilfe nicht sinnvoll. Eine weitere Unter scheidung zwischen „leiden" und „ausharren im Leiden" ist aufgrund der allgemeinen Natur der Aussage nicht möglich. Dass es sich auch u m zu unrecht ertragenes Leiden handeln kann, ist wahrscheinlich (vgl. Jak 5,10). Die eine positive Stimmung ausdrückende und V. 13a kontrastierende Paraklese €i)9u|iei U G , i|/aAA€TG) (13b) deutet in Einklang mit den bishe rigen Ergebnissen der Wortstudie darauf hin, dass KaKoiTa0€GI) in Jak 5,13 psychisches Leiden mit einschließt. Entsprechend bezieht sich das Gebet in der biblischen T r a d i t i o n nicht nur auf die Beseitigung der 19
15 Seitz, Patience 377-382 argumentiert überzeugend für ein Verständnis der exemplarischen ikonovri Hiobs in Jak 5,11 als „Ausharren", nicht aber als „Ge duld". 16 So auch Michaelis, Art. mox^ 937 Anm. 8; EWNT II 586; Johnson, a.a.O.; unentschlossen dagegen Spicq, Notes I 394. Moulton/Milligan, Vocabulary 316 se hen hier beide Komponenten inbegriffen. 17 y g l . Michaelis, a.a.O. 936. 18 Ähnlich findet K(XKOIT(X0€G) auch in der Alten Kirche Verwendung, so z.B. in 2 Clem 19,3 als „Betroffenwerden von den Drangsalen dieser Welt". Siehe auch Lam pe, Lexicon 695. 19 Vgl. Vouga, Jacques 140.
29
//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit
Notlage, sondern auch auf die mit d e m Leiden verbundene seelische B e l a s t u n g . Folglich kann auch das Gebet des Leidenden in Jak 5,13 sowohl physisches als auch psychisches Leiden zum Inhalt haben. Eine Reduktion von K a K o r a G e a ) in Jak 5,13 einzig auf die psychische K o m ponente des Leidens bzw. das Gefühl, wie sie C.L. Mitton und J. Wil kinson vornehmen, ist aber auch nicht a n g e m e s s e n . Denn sowohl die Bandbreite des außerbiblischen und ntl. Bedeutungshorizonts von KOtKOiTaGea) als auch die Nähe von Jak 5,13 zu 5,10 bedingen die M ö g lichkeit körperlichen Leidens. Der Anlass des Gebets in Jak 5,13a kann daher persönliche Bedrängnis bzw. Leiden ganz allgemeiner Art und jeglichen Ausmaßes sein sowie die damit verbundene psychische Belas tung . Dadurch ist der Krankheitsfall in V. 13a prinzipiell mit einge s c h l o s s e n . Doch daran ist an dieser Stelle wohl noch nicht in erster Linie gedacht. Denn erst nach den Anweisungen für allgemeine negati ve und positive Lebenslagen in V. 13 greift der Verfasser in V. 14 den speziellen Fall der Krankheit h e r a u s . 20
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2. Die Wortgruppe döGeveo) Das letzte Glied der Aufzählung verschiedener Lebenslagen, Jak 5,14a, schließt das dreifache Asyndeton 5,13-14a mit der Wiederaufnahme der Thematik des Leidens ab: doGevel TLC; kv b\ilv (14a). Ins Auge sticht hier sofort die absolute Verwendung des Verbums doGevea), welches zum zentralen Begriff in der Eröffnung der Sequenz 5,14-15 wird. Ein konkreter Kontext wird dem Leser jedoch nicht geboten, denn in 14b folgen bereits die Instruktionen für den in 14a be schriebenen Fall. Dies bedeutet, dass die absolute Formulierung doGevel TLC; ohne weitere Erläuterungen von den Adressaten des Jak verstanden wurde. Die semantische Bandbreite der Wortgruppe doG€V6G), deren Konnotationen weitläufig u m die Erfahrung des Schwachseins - allerdings mit besonderem Nachdruck auf körperliche Schwäche - kreisen, zeichnet allerdings keinen allgemeingültigen Be deutungsaspekt aus (s.u.). Daher dürfte die semantische Einordnung des Ausdrucks doGevel TLC; kv b\ilv in der absoluten Verwendung der Wortgruppe zu suchen sein. 20 So auch Schräge, Jakobusbrief 35; Frankemölle, Jakobus II 707; Reicke, James 56. Johnson, James 329 hebt hervor, dass TTpoöeu%o|iaL sowohl in der LXX als auch im NT insbesondere für das Bittgebet steht und schließt daraus: „Although James does not specify the subject of prayer, it would make sense to suppose that it was either for relief from suffering or for the hupomone to survive it (see 5:19)". 21 Gegen Mitton, James 197; Wilkinson, Healing 327. 22 So auch Frankemölle, Jakobus II 708; Popkes, Jakobus 339. 23 Für Belege zur Verwendung von KotKoiTaGeG) im Zusammenhang mit Krankheit siehe Liddell/Scott, Lexicon 862. 24 Vgl. Mayor, James 169.
30 2.1
//. Zur Terminologie
von Leiden und Krankheit
Außerbiblisches V o r k o m m e n
Die Wortgruppe doGeveo) ist i m klassischen und hellenistischen Grie chisch häufig anzutreffen. Gebildet v o m Gegenbegriff oOevoc; (Stärke, Kraft) mit d privativum beschreiben die zugehörigen Formen zuerst physische Schwäche, Kraftlosigkeit u n d K r a n k h e i t . Doch bereits im klassischen Gebrauch begegnet auch ein weites Spektrum übertragener Verwendungen. So kann doGeveco i m entsprechenden Kontext z.B. „sozial bedürftig sein" b e d e u t e n bzw. der Ausdruck d o G e v e i a ß i o u bei Herodot „materielle Schwäche" u n d „ A r m u t " . Ähnlich steht bei 25
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Piaton die W e n d u n g d o G e v e i a Tfjc; dvGpcoTTivrjc; (jwoeox; für die allgemei 28
ne menschliche bzw. moralische S c h w ä c h e . Dabei denkt Piaton an verschiedene Verbrechen wie z.B. das Stehlen von Tempelgegenstän den, und er interpretiert jenes Erliegen in Versuchung als krankhaft oder als i m Elternhaus begründet. U m eine seelische Schwäche handelt es sich dabei jedoch nicht, auch wenn diese die Ursache der morali schen Schwäche sein k a n n . Analog charakterisiert Aristoteles die Grenzen der Aufnahmefähigkeit seiner Zuhörer als d o G e v e i a x o u d K p o a x o u . In den angeführten Beispielen geht es also u m ganz unter schiedliche menschliche Schwächen und deren Manifestationen, die jedoch erst durch den Kontext oder durch präzise, d.h. semantisch eindeutige Konstruktionen verstanden werden. Wesentliche semanti sche Unterschiede zwischen Verbum, Substantiv und d e m selteneren Adjektiv sowie Adverb bestehen nicht. D a die Antike Krankheit nicht physiologisch, sondern phänomeno logisch deutete, stehen die sich u m doOeveo) lagernden Begriffe in Verbindung mit der Grundbedeutung „körperlich schwach sein" beson ders häufig für das K r a n k s e i n . Aufgrund dieser Konstellation dient der absolute Gebrauch der Wortgruppe primär zur Beschreibung des 29
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25 Siehe Liddell/Scott, Lexicon 256; Link, Art. Schwachheit 1101; Moulton/Mil ligan, Vocabulary 84. 26 Z.B. Aristoph Pax 636. In P. Tebt. 188 (1. Jh. v.Chr.) sind aoQtvr^OTtc, diejeni gen, die nicht in der Lage sind, Steuern zu zahlen; vgl. Liddell/Scott, Lexicon 256; Moulton/Milligan, Vocabulary 85. 27 Siehe Hdt 2,47; 8,51. 28 Plat Leg 854a; vgl. Liddell/Scott, Lexicon 256. 29 In gleicher Weise beschreibt Aristoteles EthNic 1150b, 19 mangelnde Selbst kontrolle als do9€V€ia. Bei dieser moralischen Schwäche handelt es sich ebenfalls um eine allgemeine menschliche Schwäche, die der menschlichen Natur eigen ist. An eine religiöse Schwäche wie bei Paulus ist hier nicht gedacht. Vgl. Stählin, Art. döGevrjg 490: „... eine Schwäche des religiösen und sittlichen Zustands. In diesem Sinn werden do0€ vrjc; usw. nicht vor dem NT gebraucht". 30 Aristot/?^1419a,18. 31 Vgl. Eur Or 228: do0€V€iv \i€kr\ (schwach sein an Gebein); Plat Lys 209e: TOIN; 6cj)9od|!oi)c; döÖ€V€Lv; Plat Charm 155b: aoQeveiv do0€veiav; Liddell/Scott, Lexicon 256.
//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit
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K r a n k s e i n s mit d e m Resultat, dass die verschiedenen Elemente der Wortgruppe sowohl im klassischen als auch im hellenistischen Griechisch auch bei fehlendem direkten Kontext der Krankheit in diesem Sinne verstanden werden. Dies illustriert der Gebrauch von doOeveco in absoluter Stellung in den Papyri, w o in der Regel durative Präsensformen das Kranksein b e s c h r e i b e n . So erwähnt Apollonius in den 70er Jahren des 1. Jh. n.Chr. in einem Brief an den Gymnasiarchen Chairemon seine eigene Erkrankung mit den Worten: a p u yap d ö 0 6 v o ) L . Ähnlich beendet die wohl ungeübte Schreiberin Zois ihren Brief an den Bruder unmittelbar vor den Grüßen - ohne weiteren Z u s a m m e n h a n g - mit d e m kurzen Hinweis auf ihre derzeitige Krankheitssituation: 'AoOevco. In gleicher Weise fungiert das absolute Verb in einer Klausel eines Arbeitsvertrags aus d e m Jahr 185 n.Chr., wonach ein Weberlehrling jährlich 20 Urlaubstage für Festtage ohne Verdienstausfall erhält, „ausgenommen wenn er untätig, krank, oder unfolgsam ist ikkv Sk TT^iovac; TOUTCOV D P Y R | O T | [f\ da]0evr|or) fj D I A K I R | o r ) . . . ) " . Derartige Versäumnisse muss er später aufarbeiten. In Analogie z u m durativen Präsens beschreibt der ingressive, also den Anfangspunkt bezeichnende Aorist R|o0evr|oe bei absoluter Stellung das „Krankwerd e n " . Entsprechend steht auch das substantivierte Partizip Präsens do0evoövT€<; bei absolutem Gebrauch gewöhnlich für „die K r a n k e n " ; doOevecov bzw. do0€vcov im Singular bedeutet folglich „der K r a n k e " . Mit diesen - wenn auch exemplarischen - Ausführungen dürfte hinreichend belegt sein, dass doOeveo) in absoluter Stellung und bei fehlender kontextueller Einbindung in der Koine und darüber hinaus eindeutig im Sinn von „krank sein" verstanden wird. 33
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In Analogie z u m Verbum nimmt auch das Substantiv doOeve ia bzw. bei absolutem Gebrauch und fehlender kontextueller Einbindung die semantische Konnotation „Krankheit" an. So heißt es in ein e m Papyrus aus der Zeit 138-161 n.Chr.: „Ich habe Eudaemon angewiesen, wegen meiner Erkrankung den Text über meiner Unterschrift zu schreiben (Ypdi|/ai W R E P €|io[ü] XF|G \)mypa^f\c, t o Ö D ) | I A öid t f | V
dö06VLCt
32 Vgl. Eur Hipp 274; Thuc 7,47; Liddell/Scott, Lexicon 256; Stählin, Art. äoQevr\Q 491. 33 Vgl. Sudhoff, Ärztliches 203, 206. 34 BGU II 238, Nr. 594,6. 35 BGU III 142, Nr. 827,24. 36 P. Oxy. IV, Nr. 725,40. Für die Verwendung des prädikativen Partizips in absoluter Stellung bei fehlendem direkten Kontext mit der Bedeutung „krank sein" vgl. P. Lond. 144; Moulton/Milligan, Vocabulary 85. 37 So z.B. in Demosth Or 1,13. 38 Vgl. SIG 503,16, wo ein Mann gepriesen wird, weil er neben anderen Wohltaten „auf einem Volksfest einen Arzt dargeboten hat, der die Kranken geheilt hat (irap€0X€V Lai]p6v T Ö V 9€paiT€uoovT[a TOUC; do0€]VOUVTOC(; £v tr\[i] mxv[r|Yup€i])." 39 Z.B. Hippoer VetMed = iT€pi dp/ocing LvipiicfV; 12; ähnlich f|o9€vr|KÖTa in Polyb 31,13,7; vgl. Liddell/Scott, Lexicon 256. 2
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//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit 40
k\xk doOeviav)." Ähnlich begegnet die abgeleitete Form dö06vr||ia zuerst mit der Bedeutung „Schwäche", „ G e b r e c h e n " . Bei d e m Adjektiv do0evr|<; und d e m Adverb aoQevQc, nimmt der Bedeutungsbereich „körperliche S c h w ä c h e " und „Krankheit" ebenfalls den größten R a u m ein. Beide besitzen also im wesentlichen die gleiche semantische Bandbreite und Verwendung wie das Verb do0€V€O) und das Substantiv doOeve i a , sie sind jedoch seltener im Gebrauch als diese. Der Bedeutungsbereich einer psychischen Schwäche ist für die Wortgruppe do0€V€O) unüblich und würde daher auf jeden Fall einer näheren Erläuterung bedürfen, u m in dieser Weise verstanden zu werden. Das zeigt die Tatsache, dass die übrigen wörtlichen und übertragenen Bedeutungen der Wortgruppe im Gegensatz zur Konnotation „krank sein" entweder einen entsprechenden Kontext oder eine eindeutige nähere Bestimmung - meist in F o r m eines Genitivus qualitatis - benötigen, u m als solche verstanden zu w e r d e n . Bei absolutem Gebrauch und fehlendem Rückbezug auf den Kontext - wie in der Eröffnungssentenz Jak 5,14a - nimmt die Wortgruppe doOeuecj im außerbiblischen Sprachgebrauch also die semantische Konnotation „krank sein" an. TT€pl
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2.2
In der Septuaginta
In der L X X steht dö0€v€co für menschliche Schwäche verschiedenster Art, wobei es a m häufigsten die hebräischen Wurzeln hw'D (straucheln, stolpern), danach hhl bzw. hl (niedrig, gering, arm sein, hängen, z.B. Ri 6,15), l"6n (körperlich schwach sein, krank sein, z.B. Ri 16,7.11.17) und "Itfft (ausrutschen, wanken, z.B. Ps 26,1) wiedergibt. Insgesamt steht dö0€V€CI) in der L X X für 16 verschiedene hebräische W u r z e l n . Zu der durch die Wortgruppe do0€V€O) beschriebenen - wörtlichen und übertragenen - Schwäche gehören u.a. militärische Schwäche (xbv Xabv e i l ö ^ u p o c ; f] dö0€vr|(;, N u m 13,19; vgl. Ri 6,15), ästhetischer Mangel (ol Ö € ö(J)0dA.|iol Aeiac;, do0ev€L<;, Gen 29,17) und politische Schwäche (6 OLKOC; Haoul €TTop€U€TO K a i r\oQ£v€i, 2 Sam 3,1). In bildhafter Sprache beschreibt doOeveco z.B. das Wanken in der Not (km Tcp Kupicp kXm^v oi) (if] do0€vr|oci), Ps 26,1 A S) sowie den Tag, „der zur Neige geht" (Ri 19,9). A m häufigsten k o m m t das V e r b u m in der 44
40 P. Ryl. II, 153,45. Siehe auch Liddell/Scott a.a.O.; Moulton/Milligan, Vocabulary 84; Sudhoff, Ärztliches 201, 203, 206, 213f. 41 Vgl. Aristot GenAn 726a, 15; Geopon 1,12,27 (hier im Plural). 42 Siehe Liddell/Scott, Lexicon 256; Moulton/Milligan, Vocabulary 85. 43 Vgl. z.B. bezüglich der Schwäche der Frau P. Lond. 971,4 = 111,128: döuvaioc; yap eouv f] yvvx] öia dö0€viav xf\c, c()i)öe[a)c;; ähnlich P. Oxy. II, 231: ywoLiKeiav do0€veiav; für die Schwäche des Alters: Antiphon 4,3,2: döGeveta TOÖ yr\poc,; ähnlich Plat Resp 330e. Zur Präzisierung kann gelegentlich auch die Wendung do0€ve ia öO)|idia)v wie bei Thuc 4,36 begegnen. 44 Siehe Hatch/Redpath, Concordance 1172.
//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit
33
prophetischen Literatur sowie in den Psalmen und der Weisheitslitera tur vor. Hier beschreibt doOeveco das Straucheln und Zu-Fall-Kommen des von Jahwe abtrünnigen Volkes (Hos 4,5; 5,5; Jer 6,21; 18,15; Ps 9,4; 27,2; 58,8; 107,12). Daneben steht das Verb - vor allem in den Psalmen - für menschliches Elend und Leiden allgemein mit den Kon notationen „Schwachsein" bzw. „In-Bedrängnis-Sein" und „Vergehen" (Ps 6,3; 31,10; 88,10; 109,24). Die häufige Übersetzung der hebräischen Wurzel htiD mit doOeveco be ruht vermutlich auf d e m aramäischen Sprachempfinden der L X X Ü b e r s e t z e r . Denn die Targumim geben ^ E D häufig durch die aramä ische Wurzel *?pn wieder, die sowohl „stolpern" als auch „schwach sein" bedeuten k a n n . Doch auch nimmt gelegentlich die Bedeu tung „matt sein, schwach sein" an (z.B. Ps 31,11; 109,24). Damit erklärt sich, dass doOeveco in Nah 3,3 wörtlich das Stolpern über die Körper der Toten in der frevelhaften Stadt Ninive beschreibt und in Nah 2,6 übertragen das Straucheln oder Versagen der Offiziere „auf ihrem W e g e (kv xr\ nopda a u t c o v ) " . In ähnlich übertragenem Sinn steht do0€V€G) für das hebräische h^ti (pi.) in Mal 3,11: „euer Wein stock im Feld soll nicht ertraglos bleiben (ou |IT) aoQtvr\or\ U J I L V T) dfiiTeA-og kv TCO dypco)". Die semantische Bandbreite von do0€V€O) umfasst in der L X X also nicht nur die Schwäche als solche, sondern auch das Resultat der Schwäche. Allgemein bewegt sich der Bedeutungs schwerpunkt von do0€V€O) in der L X X daher u m den Gedanken „nicht in der Lage sein, richtig zu funktionieren" bzw. „ v e r s a g e n " . Neben d e m wörtlichen Sinn des Stolperns steht aoGevku auch für das „Stolpern" und „Stürzen" aufgrund von Fehlverhaltens. So werden nach Hos 5,5 Israel und Ephraim „in" oder „über ihre Schuld stolpern" bzw. „stürzen (do0€vr|ooi)oiv), und auch Juda wird mit ihnen stürzen (dö0€vr|ö€L)". Ähnlich heißt es in Hos 14,10 in Bezug auf „die W e g e des Herrn": „die Abtrünnigen aber werden darauf stürzen (ol 6k d ö e ß e l c ; dö0€vr|öoi)öL kv a i r u a l c ; ) " . In transitiver Verwendung erscheint da0€V€O) in Mal 2,8, wo die Priester durch ihre Weisungen andere zu Fall gebracht haben: r|o0€vr|oaTe HOXXOVQ kv v6|icp. In Verbindung mit Fehlverhalten beschreibt do0€V6O) also die negativen Folgen dieses Verhaltens, nämlich das Unglück, nicht aber eine religiöse oder mora lische Schwäche. In diesem Sinn begegnet die Wortgruppe doGeveco in der L X X n i c h t . Mit der Bedeutung „krank sein" begegnet die Wortgruppe dö0€V€co in der Septuaginta nur selten. Der Grund hierfür dürfte zweifacher Natur sein. Einerseits wird das Kranksein im allgemeinen im A T weniger 45
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Vgl. Stählin, Art. do0€vr|<; 489. Ähnlich auch Link, Art. Schwachheit 1101. Auch Theodotion gebracht do0ev€G) häufig für das endzeitliche Umkommen Menschen; vgl. 0Dan 11,14.19.33.34.35 u. 11,41: „wobei vieles stürzen wird". Vgl. Muraoka, Lexicon 31 -32. Vgl. Stählin, Art. do0€vr|<; 490.
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//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit
häufig erwähnt als konkrete Formen der Krankheit. Andererseits be schreiben in der L X X neben do0€V6G) auch noch die Begriffe appcoöieco K T A . . , fiodocKLa, V O G 6 0 ) KTX., evoxAio) sowie TOGXCO das Kranksein mit d e m Resultat, dass jede dieser Wortgruppen mit nur geringer Häufig keit v o r k o m m t . Doch begegnet do0€V€ü) auch in der L X X bei abso lutem Gebrauch und fehlendem Rückbezug auf den Kontext mit der Bedeutung „krank sein". So heißt es in Dan 8,27 L X X : eyco AavirjA, ctö06vr|öa(; f p e p a c ; mXXac, . W e d e r der vorangehende noch der nach folgende Kontext trägt hier z u m exakten Verständnis von do0€vr|aa<; bei. Die Konnotation „Gebrechlichkeit" ist dann noch in Ez 34,4 im pliziert, w o es von den untreuen Hirten Israels heißt: T Ö f)o0€v IKOC; OVJK kvioxvGaxe K a i t ö KaKCOc; e^ov OVJK 4o(0fiaT0iT0ir|oaT€ . . . Auf der zweiten, übertragenen Ebene des Texts k o m m t hier natürlich auch eine soziale Komponente z u m Ausdruck. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass doOeveü) in der Septuagin ta im wesentlichen den gleichen semantischen Bereich des „Schwach seins" abdeckt wie im klassischen und hellenistischen Griechisch. Die im außerbiblischen Sprachgebrauch nicht üblichen Bedeutungen „stol pern", „versagen" sowie „vergehen" nehmen in der L X X allerdings einen besonders weiten R a u m ein. Doch diese Konzentration innerhalb des Bedeutungsspektrums ist wohl durch das aramäische Sprachgefühl der Übersetzer bedingt. Die Vielfalt der wörtlichen und übertragenen Konnotationen der Wortgruppe do06V6O) ergibt sich wie im außerbibli schen Sprachgebrauch durch präzisierende Formulierungen oder durch den Kontext. Hingegen wird bei absoluter Verwendung und fehlendem kontextuellen Bezug - ebenfalls wie im außerbiblischen Sprachge brauch - mit doOeueo) KTÄ. lediglich der Bedeutungsaspekt „krank sein " assoziiert. 49
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2.3
In den alttestamentlichen Pseudepigraphen
Recht einheitlich und - im Gegensatz zur L X X - dem außerbiblischen Sprachgebrauch sehr ähnlich stellt sich die Verwendung der Wort gruppe do06V6O) in den atl. Pseudepigraphen dar. W i e im säkularen Griechisch begegnet auch hier der Bedeutungsaspekt „krank sein, Krankheit" a m h ä u f i g s t e n ; und wie im säkularen Griechisch wird die 52
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Vgl. Link, Art. Schwachheit 1104. Theodotions Redaktion ist hier lediglich erklärend: eyw Aavif)A. eKoi\ir)QT)v, Kai
6U.OD(XKLO0r|V.
Vgl. auch das Jesajazitat in Mt 8,17: ambc, XÖLQ do0ev€iac; fpwv elaßev Kai idc; €ßdöiaö6v; in gleicher Weise gebraucht Paulus doGevelq in 1 Kor 11,30. 52 Denis, Concordance 191 listet insgesamt 26 Einträge zur Wortgruppe doGeveo). Hiervon begegnet das Verb mit der Bedeutung „krank sein" 6mal von 13 (TestSeb 5,2.4; TestJos 3,5; 7,2; 8,5; 9,4), das Substantiv dö06V€La 3mal von 7 (TestSeb 9,6; TestFos 1,6; 17,7) und das Adjektiv lmal von 6 (TestBen 4,4), also insgesamt 10mal. 51
VOOOVQ
35
//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit
Wortgruppe bei absoluter Verwendung - mit und ohne kontextuellem Bezug - eindeutig im Sinne von „krank sein" verstanden. So sagt Josef nach TestJos 1,6: „ich war allein, und Gott tröstete mich. Ich war krank (kv dö0€V6La r p r ] v ) , und der Höchste besuchte mich". Weiter berichtet er in Kap. 3,5: „während dreier Tage nahm ich meine Nahrung und gab sie Armen und Kranken ( d a O e v o u o i v ) " . Ähnlich heißt es allgemein von einem guten Menschen in TestBen 4,4: „des Armen erbarmt er sich; mit d e m Kranken hat er Mitleid (TCO d o O e v e l a u ^ r a G e l ) " . An eine psychische Schwäche ist bei der Verwendung von daOeveco im Sinne von „krank sein" nicht gedacht, es handelt sich lediglich u m körperliche Gebrechen. Dies belegt eindrücklich TestJos 7,2, wonach die Frau des ägyptischen Kämmerers und Befehlshaber der königlichen Leibwache Potifar (vgl. Gen 39) von sich selbst sagt: „Einen Herzenskummer leide ich, und die Seufzer meines Geistes quälen mich ( G D V ^ X D Ö L ne)", worauf es von ihrem M a n n heißt: „Und er (ließ) sie ärztlich behandeln, obwohl sie nicht krank war ( K a i €0€pdTT6i)6v a i ) i f ) v \ir\ d o O e v o ö a a v ) . " Der Häufung nach erst an zweiter Stelle steht - zusammen mit d e m Bedeutungsaspekt „allgemeine menschliche S c h w ä c h e " - die Grund bedeutung „körperlich schwach s e i n " . Die in den Psalmen und den Propheten oft anzutreffende und für doOeveco sonst atypische Bedeu tung „stolpern, straucheln" k o m m t in übertragener Verwendung nur in PsSal 17,37.38.40 vor. Dies dürfte wie in der L X X auf das aramäische Sprachgefühl der Übersetzer zurückzuführen s e i n . Damit entspricht die Verwendung von d o O e v e ü ) in den atl. Pseudepigraphen mit Ausnah me von PsSal ganz d e m außerbiblischen Sprachgebrauch. 5 3
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55
56
2.4
Im Neuen Testament
Die Wortgruppe doOeveco k o m m t im N T mehr als 80mal vor, davon allein über 40mal bei Paulus. Die semantische Bandbreite entspricht im wesentlichen der des außerbiblischen Griechisch. Mit der Grundbedeu tung „körperliche Schwäche" begegnet die Wortgruppe im N T nur in 1 Petr 3,7 in Bezug auf das „schwächere G e s c h l e c h t " . In den Paulus briefen und Hebr übernehmen d o 0 € V 6 O ) KXX. primär die Bedeutung „machtlos s e i n " . In Apg 20,35 steht das Partizip aoQevovvxtc, für die Armen und wirtschaftlich Schwachen. Das Substantiv d ö 0 6 v r | | i a in Rom 57
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53 Die Wendungen do0€vel duö xf]^ Xm^c, in TestJos 8,5 und KaiiTep doGevoöoa in 9,4 widersprechen dem nicht. 54 Vgl. Tesüud 19,4; TestGad 4,5; TestJos 2,5. 55 Vgl. Arist 250,5; JosAs 9,1; 10,6. 56 Zur Übersetzung aus dem Hebräischen und zum Verhältnis von PsSal zur LXX siehe Schürer/Vennes, History III/l 192, 195. 57 Vgl. die bildhafte Verwendung in 1 Kor 12,22. Auf der wörtlichen Ebene geht es hier wohl auch um körperliche Schwäche. 58 Vgl. doGeveia in 1 Kor 2,3; 2 Kor 12,5; do0€veü) in Rom 8,3; 2 Kor 12,10; 13,9; AoGevifc in 1 Kor 4,10; Gal 4,9; Hebr 7,18.
36
//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit
15,1 bedeutet Schwachheit im Sinne von Unsicherheit, Ungefestigtsein und stellt ein ntl. hapax legomenon dar. Der größte Bedeutungsbereich der Wortgruppe umfasst den Aspekt des Krankseins. In diesem Zusammenhang erscheinen ihre Vertreter fast 40mal im N T , und zwar hauptsächlich in den Evangelien und der Apostelgeschichte, aber auch bei Paulus und in der paulinischen Tradition. Die finiten Verbformen von doOeueo) begegnen dabei mit der Bedeutung „krank sein" ohne Ausnahme in absolutem Gebrauch **. Der Kontext trägt also nicht notwendig zum Verständnis von doOeveco im Sinne von „krank sein" bei. So heißt es in der Eröffnung der Perikope von der Heilung des Sohnes eines königlichen Beamten in Joh 4,46c: K a i fjv TLC; ßaoi,A.iKÖ(; o u 6 ULOC; r | o 0 € V € L kv K a c | ) a p v a o u | i . In gleicher Weise verwendet Paulus das Verb, wenn er der Gemeinde in Philippi mitteilt, dass er ihren Abgesandten und seinen Mitarbeiter Epaphroditus zu ihnen zurücksendet. Paulus schreibt: „denn er (Epaphroditus) verlangte sehnlich nach euch und war sehr bekümmert, weil ihr gehört hattet, dass er krank war (ÖLOTL f|KouoaT€ Ö T L r|o0€vr)O€v)." (Phil 2,26). Ähnlich sagt Jesus in der matthäischen Endzeitrede: r | o 0 6 v r | o a K a i 67T6öK6i|/aö06 |i€ (Mt 25,36b). Finite Verbformen von aoQeveu werden also sowohl in den synoptischen Evangelien und Joh als auch bei Paulus ohne weitere Qualifizierungen und ohne einen klärenden Kontext eindeutig als „krank sein" verstanden. In der paulinischen Tradition erscheint dann auch das (kausal wiederzugebende) Partizip Präsens in absoluter Position mit der Bedeutung „krank sein". So heißt es in 2 Tim 4,20: T p 6 ( J H | ! o v 6k CCTT^LTTOV kv MiXryzu* d o O e v o u v T a . Auch hier fehlt ein unmittelbarer Bezug von doOeveo) zum Kontext. Die übrigen Vertreter der Wortgruppe doOeveo) nehmen zum Verbum analoge Bedeutung an. So beschreibt das Adjektiv dö0evr|c; in komplementärer Stellung häufig das K r a n k s e i n . Als attributives Adjektiv kennzeichnet aoQ£vr\c, in Apg 4,9 einen Menschen als „krank", und in Joh 5,7 bedeutet das substantivierte Partizip Präsens aoQevcov im Singular „der Kranke". Entsprechend steht der häufig anzutreffende Plural d ö 0 6 v o ö v T 6 c ; oft gleichbedeutend mit d e m absoluten aofeveiQ für „die Kranken". Das Substantiv aoQkveia nimmt ähnlich wie das Adjektiv in den Evangelien und in der paulinischen Tradition wiederholt die Bedeutung „Krankheit" a n und erscheint in diesem Sinn im N T wie das Adjektiv und das substantivierte Partizip immer absolut . Dabei trägt der unmittelbare Kontext in vielen Fällen nicht zum Verständnis 5
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59 Vgl. Mt 25,36; Joh 4,46; 11,1.2.3.6; Apg 9,37; Phil 2,26.27. Für das attributive Partizip in absoluter Stellung siehe Lk 7,10 in einigen abweichenden Lesarten. 60 Vgl. Mt 25,39; Joh 11,1. 61 Vgl. Mt 25,43.44; 1 Kor 11,30. 62 Vgl. Mt 10,8; Mk 6,56; Lk 4,40; 9,2; Joh 5,3; 6,2; Apg 19,12. 63 Vgl. Mt 25,39; Lk 10,9; Apg 5,15.16. 64 Lk5,15; 13;12; Joh 5,5; 11,4; Apg 28,9; Gal 4,13?; 1 Tim 5,23. 65 Eine mögliche Ausnahme hierzu bildet lediglich Gal 4,13.
37
//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit 66
der zum d o O e v - S t a m m gehörigen Begriffe b e i , so dass die Wortgrup pe doOeveo) in absoluter Stellung und bei fehlendem Bezug zum Kon text im N T wie auch sonst - im Gegensatz zu den übrigen Bedeutungs aspekten - eindeutig im Sinne von „krank sein" verstanden wird. Die Art der Krankheit, die doGevea) und verwandte Begriffe beschrei ben, ist entweder nicht weiter spezifiziert (z.B. 2 Tim 4,20), oder es handelt sich u m körperliche Gebrechen. So nennt Joh 5,3 im Anschluss an die W e n d u n g TTATJOOC; TGOV doOevouviGov appositioneil „Blinde, Lah me, A b g e m a g e r t e (iuc|)Xwv, x^Axov, fripwv)". Besessenheit hingegen wird deutlich von daGeveux, aoQev^c, etc. unterschieden. So heißt es in 67
Lk 8,2: K a i y^vaiKec, TIVZQ a i f | a a v T€0epa7Tevj|i€vat d m ) T\ve\)\xaTU)v T T o n p c o v K a i do0€ve LGOV. Ähnlich berichtet Apg 5,16, dass die Men schen aodevelc, K a i 6xA,ou|!6VOi)c; i m ö 7Tvei)|idTG)v a K a O a p t c o v zu den 68
Aposteln zum Zweck der Heilung brachten (vgl. 1 9 , 1 2 ) . Nur an einer Stelle (Lk 13,11) heißt es, dass ein irv€vj|!a d o O e v e i a c ; das körperliche Leiden verursacht hat; bei der Heilung in 13,12f handelt es sich jedoch nicht u m einen E x o r z i s m u s . Wäre eine Vokabel für die Beschreibung seelischer Schwäche zu wählen, dann kämen hierfür - aufgrund ihrer Verwendung in der patristischen Literatur - am ehesten die Begriffe liaXaKLa (Weichlichkeit, Schwäche, Zaghaftigkeit, Mutlosigkeit, Mangel an Tatkraft) und das im N T nicht vorkommende | i a X a K L ( o | i a t (weichlich, schlaff, mutlos, schwächlich, krank werden) in F r a g e . Neben der Wortgruppe aoQeveu begegnen im N T auch die Begriffe 69
70
d p p c o o r a o , appcocruoc;, K a | i v a ) , KaKak; 6X€tv, K a T a K € t | i a i , , |iaA,aKux, v o a e a ) , v o a o c ; , v o o r | | i a und das Passiv von ouvexa) mit der allgemeinen Bedeutung „krank sein" bzw. „Krankheit". Ähnlich wie bei doOeveo)
KTA,. drücken auch diese Begriffe den Zustand der Krankheit unspezi fisch als Schwäche oder Widerwärtigkeit aus. Das ntl. Verständnis von Krankheit beruht also wie das seiner Umwelt nicht auf einer naturwis senschaftlichen, d.h. physiologischen, sondern auf einer symptomati-
66 Vgl. neben den zum finiten Verb bereits angeführten Belegen noch Mt 25, 39.43.44; Mt 10,8; Mk 6,56; Joh 6,2. 67 Oder „Gelähmte". 68 Nicht nur in Verbindung mit der Wortgruppe doöeveo) unterscheiden die Ver fasser der Evangelien und Apg Krankheit und Besessenheit deutlich voneinander; vgl. Mk 1,32.34; 3,10f; 6,13; Lk 4,40f; 6,18; 7,21; 13,32; Apg 8,7. Siehe auch Thei ßen, Wundergeschichten 94. 69 Gegen einen Exorzismus spricht die fehlende Konfrontation eines Dämons, die bei ntl. Geistaustreibungen unübliche Handauflegung in V. 13 sowie die Verwen dung von GepaiTeuG) in V. 14; vgl. Wilkinson, Healing 332 Anm. 3; siehe auch unten den Exkurs 1 zu Kap. II sowie Kap. V. 70 Vgl. Bauer-Aland 991 mit etlichen patristischen Belegen. Im NT hat uodocKia aber wohl stets die Bedeutung „Schwachheit, Krankheit"; vgl. Bauer-Aland, a.a.O. Link, Art. Schwachheit 1103f. Das Adjektiv [XOLXDLKOQ hat im NT dagegen nicht die Bedeutung „krank", sondern - mit einer Ausnahme - stets die wörtliche Bedeutung „weich".
38
//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit 71
sehen S i c h t w e i s e . Einen ähnlich phänomenologischen Hintergrund weist auch das ntl. Verständnis der Besessenheit auf, doch findet hier ein von der körperlichen Erkrankung deutlich unterschiedenes Vokabular V e r w e n d u n g . Weiter fällt auf, dass die zentralen Begriffe für Krankheit, a p p c o o i o c ; , voaoc; und f i a A . a K i a , im N T immer absolut stehen. Auch die häufig erscheinende Wendung KOCKCOC; exeiv wird überwiegend absolut gebraucht. Dennoch wird das physische Schwäche oder Widerwärtigkeit beschreibende Vokabular eindeutig mit d e m Phänomen der Krankheit assoziiert. Die absolute Verwendung ist also charakteristisch für das Verständnis der o.g. Begriffe im Sinne von Kranksein. Insgesamt erscheinen die Begriffe a p p c o o i o c ; , K q i v a ) , KaKwc; € % € L V , K a x a K € i f i a i , | i a A . a K i a , voooc; und verwandte Ausdrücke im N T 46mal zur Beschreibung von K r a n k h e i t . Im Vergleich zur etwa 40fachen Verwendung der Wortgruppe doOeveco zur Beschreibung von Krankheit nimmt also keiner der übrigen Begriffe des ntl. Krankheitsvokabulars eine so prominente Stellung ein wie die Wortgruppe doGeveo). Die Wurzel doOevea) stellt also das weitaus gebräuchlichste Wort fiir Krankheit im NT dar und reiht sich in ihrer Verwendung nahtlos in die des übrigen Krankheitsvokabulars ein. 72
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Wie bei den griechischen Schriftstellern beschreibt die Wortgruppe doGeveo) im N T auch die Schwäche der irdisch-leiblichen Existenz des Menschen. Hierbei geht es meist u m menschliches Unvermögen, mangelnde Ausdauer oder natürliche Unvollkommenheit. In diesem Zusammenhang erscheinen häufig die Begriffe odp£ sowie ocofia in Verbindung mit Vertretern der Wortgruppe doOevea) . „Paulus hat die Begriffe der Wortgruppe einer tiefgreifenden theol(ogischen) Reflexion unterzogen und sie in anthropologisch-hamartiologischer, christologischer sowie ethischer Hinsicht entfaltet." Neben der körperlichen Schwäche im Sinne von Krankheit, dem Unvermögen und der natürlichen Unvollkommenheit des Menschen spricht vor allem Paulus von einer religiösen doOeve i a , die nicht in erster Linie die Ferne von Gott ( R o m 5,6), sondern eine Glaubensschwäche der Christen beschreibt . In Einklang mit der sonstigen Verwendung der Wortgruppe drückt Paulus diese semantische Konnotation entweder durch präzisierende Ergänzungen aus (vgl. 6 doGevw if) l u o t e i in R o m 14,1), 74
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71 Vgl. Amundsen/Ferngren, Disease 2944f. Dies widerspricht nicht der Tatsache, dass im NT auch etliche spezifische Begriffe zur Beschreibung spezieller Erkrankungen begegnen; vgl. a.a.O. 2944; Low/Nida, Lexicon 271-274. 72 So z.B. öai|iova(ou.ai KTA,. und die Passiva von K a i a ö u v a a T e u o ) und o^Aia). 73 Vgl. Amundsen/Ferngren, Disease 2944. 74
Vgl. dö0€V€O) in 1 Kor 2,3; Gal 4,13; äoQ€vr\c, in Mk
14,38
par. Mt 26,41;
dö0€V€La in 1 Kor 15,43; Hebr 4,15; 5,2; 7,28; 11,34. 75 Link, Art. Schwachheit 1102. 76 Vgl. Rom 14,1a: T Ö V 6k doGevoüvia ifj TTLÖT€L TTpoaAau.ßdv€a0€, ähnlich Rom 4,19; 1 Kor 8,7c: Kai T) auveiörjoic; ainrwv da0€vf|<; ouoa \iokvvemi, ähnlich V. 12.
39
//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit
oder aber die Bedeutung ergibt sich eindeutig aus dem Kontext (vgl. Rom 14,2). G. Stählin beschreibt diese religiöse Schwäche folgender maßen: „Den beiden Gruppen der doQevelc; in Korinth und R o m ist gemeinsam, daß ihnen die yvdSoiQ der Vollchristen fehlt (1 K 8,7), daß sie sich noch nicht restlos von ihrer vorchristlichen Vergangenheit ge löst h a b e n . " Folglich waren einige „schwache" Christen noch nicht sehr standhaft in ihrem Glauben (vgl. R o m 14,1.2.21; 15,1). Eine ähn liche Verwendung der Wortgruppe doGeveo) wie bei Paulus zur Be schreibung religiöser Schwäche findet sich nicht vor dem N T . Daher könnte es sich hier u m eine eigenständige paulinische Entwicklung handeln, die von den Kirchenvätern weitergeführt w u r d e . Stählin argumentiert allerdings, dass aoQevew auch in Hebr 4,15 und 7,28 die Bedeutung religiöser Schwäche annimmt, und zwar annähernd im Sinne von S ü n d e . Doch in 4,15 geht es wohl eher u m die Versuchbarkeit, also u m eine allgemeine menschliche Schwäche, als u m die re sultierende Sünde. Denn die Verbindung zwischen Christus und den Menschen besteht nach Hebr 4,15b darin, dass Christus Versuchung er fahren hat wie Menschen sie erfahren, nicht aber, dass er ein Sünder war. „Der Gedanke, daß der Versuchte mit unserer Versuchlichkeit könne mitleiden, ist folgerichtiger als der andere, daß der Sündlose mit unserem Sündigsein mitfühlen k ö n n e . " In 7,28 schwingt bei der Schwachheit der atl. Priester dagegen die Sündhaftigkeit mit. Doch handelt es sich auch hier u m eine allgemeine menschliche, d.h. natür liche Schwäche, nicht aber u m eine religiöse Schwäche im Sinne einer Glaubensschwäche oder religiösen V e r f e h l u n g . Damit verwendet im N T primär Paulus die Wortgruppe doGeveoo zur Beschreibung religiö ser Schwäche, so dass es sich hier eher u m einen individuellen Sprach gebrauch als u m ein Allgemeingut ntl. Terminologie handelt. Neben der negativen religiösen Schwäche kennt Paulus aber auch ein positives Schwachsein. Hierbei handelt es sich u m die ntl. Paradoxie der Offenbarung göttlicher 6uvqug in Schwachheit: r\ yap öuvqnc; kv doOeveia xekelxai (2 Kor 12,9c). Daher kann Paulus feststellen: bxav yap doGevo), xoxt bvvaxoQ el|ii (2 Kor 1 2 , 1 0 b ) . Anfechtung und 77
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77 Stählin, Art. doGeviic; 490. Ähnlich auch Zmijewski, Art. doGeviic; 411. 78 Vgl. Stählin, a.a.O. Siehe auch oben unter 2.2. 79 Im Gegensatz zum klassischen und hellenistischen Griechisch ist die Notation einer religiösen Schwäche in der patristischen Literatur weit verbreitet; vgl. Lampe, Lexicon 243. Die Kirchenväter haben offensichtlich den paulinischen Gedanken aufgegriffen und weiterentwickelt. 80 Siehe Stählin, Art. aoQevr\<; 490/91. 81 Michel, Hebräer 208 zur Stelle. 82 Vgl. a.a.O. 283f. Ähnlich Lohr, Umkehr 61, der Schwachheit in Hebr 7,28 als „Menschlichkeit in ihrer Unvollkommenheit" versteht und dadurch lediglich als Voraussetzung für die Sünde. 83 Hierzu siehe auch Heckel, Kraft 141 f. In ähnlichem Kontext begegnet da0€V€ i a in 2 Kor 11,30; 12,10; 13,4 (vgl. 1 Kor 1,24); doeevrjc; in 1 Kor 1,25.27; 4,10 (vgl. 2
40
//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit
Schwachheit sind demzufolge Auszeichnungen des apostolischen Dienstes des Paulus (2 Kor 11,29.30; 12,10). Im Vergleich mit d e m außerbiblischen und d e m übrigen ntl. Gebrauch der Wortgruppe döGevea) fällt allerdings auf, dass Paulus mit d e m Verständnis einer negativen religiösen Schwäche, die überwunden werden muss, sowie einer positiven christlichen Schwäche als Ort des Wirkens Gottes über den zeitgenössischen Anwendungsbereich der Wortgruppe doOeveo) hinausgeht. Zwar zieht sich der Gedanke einer positiven christlichen Schwachheit durch das ganze N T , doch die Wortwahl hierfür ist primär paulinisch. Paulus entwickelt insbesondere hiermit „eine eigenständige T h e o l o g i e ' der S c h w a c h h e i t " , die sich in anderen ntl. Schriften in der Weise nicht findet. 84
2.5
'AoGeveco in Jak 5,14a
Nach der Betrachtung der semantischen Facetten der Wortgruppe döGevea) ist nun zu überlegen, welche für den absoluten Gebrauch von döGeveco in Jak 5,14a in Frage kommt. Die überwiegende Mehrzahl der Ausleger geht in Jak 5,14 von der Bedeutung „krank sein" a u s . Für einige wenige wie D. Hayden sind die in Jak 5,14 Angesprochenen allerdings „discouraged or d e p r e s s e d " . D. Hayden argumentiert: „The point here is that do0ev€G) is a word which is used in the Epistles primarily to describe a spiritually 'weak' person, and therefore James 5:14 should be properly translated, 'Is any weak among you?' The context would certainly be agreeable to this r e n d e r i n g . " Gegen eine solche Argumentation sprechen mehrere Punkte: 1) Zur Beschreibung von Entmutigung und Depression ist die Verwendung der Wortgruppe döGevea) im außerbiblischen Griechisch unüblich und im N T sonst nicht belegt. U m dennoch so verstanden zu werden, wären eindeutige Attribute notwendig, die in Jak 5,14 aber fehlen. 2) In den ntl. Briefen steht döGeveco nicht primär für geistliche Schwäche, sondern entweder 85
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Kor 4,8ff; 4,ff); dö0€V€O) in 2 Kor 11,21.29; 12,10. Vgl. auch dcröeveaiepa in 1 Kor 12,22. 84 Zmijewski, Art. do0evr|<; 412. Traditionsgeschichtliche Anleihen sind jedoch in Paulus' Gehorsam gegenüber den Imperativen Jer 9,22f und 1 Sam 2,3f.l0 LXX und deren Umsetzung und Weiterentwicklung im Sich-Rühmen in Schwachheit in 2 Kor 10 u. 11 zu entdecken; vgl. Heckel, a.a.O. 210-214. 85 So Burchard, Jakobusbrief 209; Davids, James 192; Dibelius, Jakobus 299; Cantinat, Jacques 247; Frankemölle, Jakobus II 709; Johnson, James 330; Laws, James 225f; Martin, James 206; Mayor, James 232; Meinertz, Krankensalbung 25; Mitton, James 197; Moo, James 237; Mußner, Jakobusbrief 218/19; Reicke, James 57; Schneider, Jakobus 35; Schräge, Jakobus 56; Thomas, Devil (1993) 31; Vouga, Jacques 140; Warrington, Observations 161-163; Windisch, Die katholischen Briefe 33 sowie Shogren, Will God Heal 100; Wilkinson, Healing 331. 86 Hayden, Eiders 258. Vgl. auch Armerding, Afflicted 195-201; Pickar, „Is Anyone Sick?" 165-174 und jüngst Howard, Disease 260ff. 87 Hayden, a.a.O. 260 (Hervorhebung des Autors).
41
//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit
für menschliches Unvermögen oder für eine allgemeine Schwäche der menschlichen Natur. Diese beiden Konnotationen sind ebenfalls nur durch Ergänzungen oder durch einen entsprechenden Kontext als solche zu verstehen, der in Jak 5,14f aber nicht vorliegt . Das gleiche gilt für die primär bei Paulus durch d o O e v e o ) beschriebene geistliche Schwäche. Jak thematisiert zwar wiederholt geistliche Schwäche im Corpus des Briefes, er beschreibt diese aber nicht durch doOeveoo; in den Schlusssentenzen 5,12-20 hingegen wird geistliche Schwäche gerade nicht thematisiert. Dies bestätigt die Wendung K a y d f i a p i i a c ; fj iTeTTOir|KG)<; in V. 15c, wonach v o m Kranken begangene Sünden ledig lich eine Möglichkeit bilden, nicht aber die eigentliche Schwäche des Hilfesuchenden darstellen. 3) Da d o G e v e a ) seine Bedeutung in der V. 14f eröffnenden Sentenz d o G e v e l XIQ kv i)\iiv nicht aus d e m Kontext ableitet, kann das absolut stehende Verb entsprechend d e m außerbibli schen Sprachgebrauch, der Septuaginta, den atl. Pseudepigraphen und d e m N T nur „körperlich krank sein" b e d e u t e n . Hierfür spricht auch die oft konstatierte Nähe des Jak zur Jesustradition der synoptischen E v a n g e l i e n , in denen d o G e v e o ) den prominentesten Begriff für das Kranksein darstellt. Es bleibt jedoch offen, von welcher Art und von welchem A u s m a ß die durch doGeveoo beschriebene Krankheit ist. Doch da der Kranke in Jak 5,14 - vermutlich aufgrund der Schwere seiner Erkrankung - die Ältesten zu sich kommen lassen soll (vgl. TTpoöKaXeödöGco in 5,14b), handelt es sich wohl u m einen Bettlägeri g e n und somit u m Krankheit von ernsthaftem Ausmaß. 88
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91
3. Das Verb
Kd|ivo)
Den dritten und letzten Hinweis auf den Zustand des Leidens und der Krankheit in Jak 5,13ff bildet das absolute substantivierte Partizip Präsens des Verbs Kdfiva) in V. 15. Hier heißt es in Verbindung mit dem Gebet: Kai f) evxr\ THS fTLöiecog a c o a e i T Ö V K d f i v o v i a (15a). Eine ein deutige Übersetzung des Partizips scheint auf den ersten Blick k a u m möglich, da die semantische Bandbreite von K d | i v a ) wie bei döGeveco weit gefächert ist und von der ursprünglichen Bedeutung „arbeiten" über „abgespannt sein", „ermüden", „ermatten", „krank sein" bis hin zu
88 So z.B. auch Moo, James 237. 89 Somit in Übereinstimmung mit der - meist lediglich durch Wortstatistik oder Kontext begründeten - Mehrheitsposition. 90 Vgl. Schlatter, Jakobus 9-29; Mußner, Jakobusbrief 47-52; Davids, James 4750; ders., James and Jesus 65-77. Zurückhaltend dagegen Klein, Werk 196f. 91 So auch Frankemölle, Jakobus II 709. Etwas vorsichtiger Mußner, Jakobusbrief 221. Unverständlich bleibt im Fall eines Bettlägerigen jedoch, warum Frankemölle, a.a.O. in 14f auch seelische Erkrankung annimmt.
42
//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit 92
„gestorben sein" reicht ( s . u . ) . Kontextuell nimmt 6 KCCIIVCOV jedoch Bezug auf doOevel TLC; in V. 14a. Einige Ausleger argumentieren weiter, dass der bestimmte Artikel den K d | i v o ) v in 15a mit d e m durch das absolute doOeveo) in 14a beschriebenen Kranken eindeutig iden tifiziert . Dabei wird jedoch übersehen, dass das substantivierte Partizip im Griechischen fast ausschließlich mit bestimmtem Artikel v o r k o m m t . Möglicherweise ist der semantische Aspekt des absoluten substantivierten Partizips 6 K d | i v w in V. 15 aber auch durch die syn taktische Einbindung - ähnlich wie zuvor bei der Verwendung von doOevea) - oder aber die grammatische Form konditioniert. U m diese Frage zu klären, soll wie bei den beiden vorherigen Wortstudien auch der Gebrauch von K d | i v a ) im außerbiblischen und im biblischen Sprach gebrauch untersucht werden. 93
94
3.1
Außerbiblisches V o r k o m m e n
Das Verb K d | i v a ) ist im außerbiblischen Sprachgebrauch seit H o m e r belegt und häufig anzutreffen . Es wird transitiv und intransitiv verwendet und bedeutet im klassischen Griechisch ursprünglich „arbei ten", „bearbeiten" und gelegentlich „bauen", aber auch „sich abmühen" sowie „sich für etwas abmühen". Als Auswirkung des Arbeitens entwi ckelt sich die weitere Bedeutung „ermüden", „ermatten", und zwar von anhaltender Arbeit. Da jedoch der Anlass des Ermüdens zunehmend in den Hintergrund tritt, nimmt das Verb auch ganz allgemein die Bedeu tung „körperlich ermatten" sowie „krank sein" an. Wie bei doOevea) be stimmen auch hier gewöhnlich Kontext oder Ergänzungen die unter schiedlichen, z.T. recht speziellen B e d e u t u n g s a s p e k t e . Aufgrund des antiken phänomenologischen Krankheitsverständnisses können ganz unterschiedliche Erkrankungen durch exakte Formulie rungen in Verbindung mit Kd|ivco beschrieben werden. So erwähnt Piaton eine rechtliche Regelung bezüglich Regressansprüchen: e d v TLC; d v ö p d i T O Ö o v diToöcoTocL Kd|ivov c|)G6r) r\ öTpayvoupLcov ... (Wenn j e m a n d einen Sklaven verkauft, der an Schwindsucht erkrankt ist, oder an Steinbeschwerden, . . . ) . Ein mit dem Verb semantisch verwandter Akkusativ wie z.B. im Ausdruck Kd|i€Lv vooov kann zur Präzisierung oder Intensivierung der Aussage d i e n e n . Daneben beschreibt das 95
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98
92 Im Gegensatz zu KOCKOIT(X0€(X) und döGevew bildet Kafivo), das als unregelmäßiges Verb im Futur und Aorist den Stamm Ka|! annimmt, aber keine Wortgruppe. 93 So z.B. Frankemölle, Jakobus II 715; Mußner, Jakobusbrief 221. 94 Vgl. Blass/Debrunner/Rehkopf, Grammatik §§ 264,6; 413,1. 95 Vgl. Bauer-Aland 816; Liddell/Scott, Lexicon 872f; Moulton/Milligan, Voca bulary 320; Spicq, Notes 1400-402. 96 Für die verschiedenen Redewendungen siehe Liddell/Scott, Lexicon 872; Spicq, Notes 1400f. 97 Plat Leg 11,916a, Ausgabe Burnet. 98 Vgl. Plat Resp 408e: auxol iTaoac; voooix; K d j i o i e v .
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//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit
Partizip in Verbindung mit d e m Dativ xfj \|/uxti auch seelische Erschöp f u n g " . Ähnlich kann ein semantisch verwandter Akkusativ das Ertra gen von K u m m e r oder Trübsal beschreiben, wie z.B. bei Soph El 532: OVJK LOOV Kapxbv k\io\ A-UTTTIC (in der Weise habe ich noch keinen K u m mer erlitten). U m die Konnotation einer psychischen Last oder Er schöpfung z u m Ausdruck zu bringen bedarf es also - wie bei einer spe ziellen körperlichen Erkrankung - weiterer Erläuterungen. Bei absoluter Verwendung und fehlendem direkten Bezug zum Kontext wird K d | i v a ) wie auch d o O e v e o ) eindeutig im Sinne von „körperlich krank sein" verstanden. So heißt es bei Aristoph Nu 708: i l TOÖ^IC;; T ! Kd|ivei<;; (Woran leidest d u ? Woran bist du erkrankt?). Hier konkre tisiert K d | i v a ) offensichtlich das allgemeinere TTdoxco. Ohne kontextuelle Anbindung verwendet auch Andocides das Verb, wenn er schreibt: „ U m nun zu zeigen, dass ich die Wahrheit sage, übergab ich meinen Sklaven zur Folterung, u m zu bestätigen, dass ich krank war ( Ö T I <EKa|ivov) und nicht v o m Bett aufstehen k o n n t e . " Das substantivierte Partizip Präsens steht - bei absolutem Gebrauch häufiger im Plural vorkommend - entsprechend für die körperlich Kranken. So begegnet das absolute Partizip Präsens im Ausdruck 0epaiT€L(x xcov Ka|iv6vTO)v regelmäßig im Zusammenhang mit der Krankenheilung und Krankenpflege. Entsprechend verwenden Galen und die übrigen Ärzte der Antike den Singular 6 Kd|ivcov und den Plural ol Kd|ivovT€<; für die Patienten des A r z t e s . Ähnlich gebraucht auch Strabo ( 1 . Jh. v./n.Chr.) das Partizip Präsens, wenn er berichtet, dass im Asklepiostempel seiner Zeit sowohl eine Vielzahl von Kranken anzutreffen war ( K a i T Ö Upöv i\Xr\ptc, «EXOVTOC; a d TCOV Ka|iv6vT0)v) als auch Tafeln, auf denen die Heilungen festgehalten wurden ( K a i TGOV 100
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102
dvaK€i|i€va)v
TTivaKCOV,
kv
OIQ
dvayeYpa|i|ievai
xuyxdvouoLV
al
Das Präsens beschreibt hier den Zustand als kontinuier lich bzw. progressiv; die sehr einheitliche Verwendung des bestimmten Artikels entspricht d e m klassischen und hellenistischen Griechisch. Fehlt ein unmittelbarer Bezug zum Kontext, dann wird das absolut ste hende, substantivierte Partizip Präsens - wie auch das finite Verb eindeutig im Sinn von „körperlich krank sein" verstanden. Dies belegt z.B. eine Beschreibung armenischer Bräuche bei Herodot, w o der m e dizinische Kontext erst nachfolgt: „Die Kranken tragen sie (zum Zweck der Beratung durch die Dorfgemeinschaft) auf den Marktplatz (xobc, K d | i v o v i a < ; elc; xr\v d y o p r ] v 6 K ( | ) o p e o i ) o i ) ; denn sie bedienen sich nicht (tepaTTelai)
99
1 0 3
.
Vgl. Herrn m 8,10 (38,10): Kctfivovxag TTJ i|n)xfj TTapaKatalv; Diod Sic 20,96,3:
i|/uxalg; Bauer-Aland 816. Andocl,64. Musonius 20,8 (1. Jh. n.Chr.). Im Kontext der Krankenpflege erscheint das
Kau-voviec; XOLIC,
100 101
Partizip in der Wendung einfiele i a T W V K a i a v o v i w v in SIG III 943,9f.
102 Vgl. Hippoer Acut 1,1; 3,2 u.ö.; Demosth 18,243; P. Ross. Georg. 3,2,9; Durling, Medical Terms 190; Liddell/Scott, Lexicon 872. 103 Strabo 8,6,15.
44
//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit 1 0 4
der Ärzte (ou yap öf) xpeuvioa l r | T p o i o i ) . " In gleicher Weise ver wendet Piaton das Partizip, wenn er Gorgias sagen lässt: „Denn schon oft habe ich einen Bruder oder andere Ärzte zu irgendeinem Kranken (TTapa xiva TGOV Ka|iv6vTG)v) begleitet, . . . " Dieser Sprachgebrauch findet sich auch noch im 2. Jh. n.Chr., wie die von Mark Aurel konstru ierte Illustration belegt: „Wenn sich die Seeleute über (mich als) Steu ermann oder die Kranken (ol KCC|IVOVT€<;) über (mich als) Arzt beschwe ren, , . . " Im Aorist hingegen steht das absolute substantivierte Partizip Ka|ic5v im Singular bzw. Kajiovxeq im Plural primär für die Toten, dann aber auch für diejenigen, die verbraucht sind bzw. deren Arbeit beendet ist sowie für diejenigen, die von einem Unglück heimgesucht w u r d e n . Der Aorist beschreibt dabei den Zustand als indefinit und bringt auf diese Weise in erster Linie die eher statisch zu verstehende Konnotation „gestorben sein, tot sein" zum Ausdruck und nicht so sehr den Vorgang des S t e r b e n s . Mit ähnlicher Bedeutung begegnet auch das absolute Partizip Perfekt sowie das finite Verb im A o r i s t . Dass die Bedeutung „sterben" jedoch keine primäre Konnotation von K a i i v w darstellt, belegt die W e n d u n g K a j i o ö o a a7T€0av€v (sie wurde krank und s t a r b ) . Beim absoluten substantivierten Partizip von KOL\IVÜ) beinhaltet also das Tempus und die grammatische F o r m die semantische Differenzierung zwischen der Konnotation „die Toten" bei den Vergangenheitsformen und der Bedeutung „die körperlich Kranken" im P r ä s e n s . Daher erlaubt das absolute substantivierte Partizip Präsens 6 KCCIIVGOV nicht die Übersetzung „der S t e r b e n d e " , d.h. es enthält keine Information über den Grad der Erkrankung. 1 0 5
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3.2
In der Septuaginta und der hellenistisch-jüdischen Literatur
In der L X X und den atl. Apokryphen findet sich das Verb Kajiva) sechs mal, Ijob 10,1; 17,2; Weish 4,16; 15,9; 4 M a k k 3,8; 7 , 1 3 . Nur in Ijob 10,1 lässt sich Kctiiva) mit einer hebräischen Wurzel in Verbindung bringen, und zwar steht es hier für Elp (sich ekeln). Diese seltsame Verbindung ist nicht direkt einsichtig. Der LXX-Text K O C I I V W ifj i|/i)xfj 1 1 3
104 Hdt 1,197. 105 Plat Gorg 456b. 106 M Ant 6,55; vgl. Epict, Fragm. 19 (1/2. Jh. n.Chr.). 107 Vgl. Liddell/Scott, Lexicon 873; Spicq, Notes 1400f. 108 Vgl. Horn // 3,278; Od 11,476; Bauer-Aland 816; Liddell/Scott, Lexicon 873; Mußner, Jakobusbrief 221. 109 Vgl. SAB 1927:158 sowie die weiteren Belege in Liddell/Scott, Lexicon 873. 110 Andoc 1,120; ähnlich Hdt 3,100: oui€ ctTToGavoyiog oike Ka|ivovTo<; (mag er nun sterben oder weiter in Krankheit leiden). 111 Vgl. Wilkinson, Healing 331 f. 112 Gegen Bauer-Aland 816. 113 Vgl. Hatch/Redpath, Concordance 718.
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//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit
|ioi) (meine Seele ist ermattet bzw. erschöpft) versucht vermutlich an dieser Stelle das Hebräische „es ekelt meine Seele" zu präzisieren. Bauer-Aland sehen hier auch die Übersetzungsmöglichkeit „des L e bens müde s e i n " , doch dies ist unangemessen, da Ijob nicht aufgibt, sondern aushält und sein Recht einklagt. In Ijob 17,2 wird ebenfalls seelisches Ermatten thematisiert: Aiooojiai K a | i v a ) v , K a i T L TTOirjaaq (erschöpft flehe ich, was habe ich getan?). Dieser LXX-Text hat jedoch keine direkte Parallele zum Hebräischen. Wie i m Außerbiblischen begegnet das verbale Partizip von Ka|ivG) im Aorist in Weish 4,16 mit der Bedeutung „gestorben sein": K a i a K p i v e t 114
Ö€ ÖLKaioq K a | i c j v Toöq (Goviaq d o e ß e i q (der Gerechte, der gestorben ist,
wird die Gottlosen, die leben, verurteilen). Codex Alexandrinus (A) und Codex Vaticanus ( B ) ersetzen an dieser Stelle Kaficov durch das Partizip Gavwv und verdeutlichen damit die semantischen Implikati onen des Aorist. Auch zeigt diese Variation erneut, dass die Konnotati on „sterben" nur eine Nebenbedeutung von Ka\ivu> darstellt. Umstritten ist die Übersetzung des Infinitiv Präsens von KOL\XVU> in Weish 15,9. Doch da der Kontext nicht die Bedeutung „krank sein" n a h e l e g t und das Präsens die dann tautologische Konnotation „sterben" aus s c h l i e ß t , sollte es hier von d e m Götzenbilder formenden Töpfer heißen: „Aber das macht i h m keine Sorge ('AAA' loxiv auicp ^ p o v i i q oi)%), dass er sich abmühen m u s s (ön KctjiveLv), noch dass er ein kurzes Leben hat, sondern er wetteifert mit Gold- und Silber schmieden und kopiert die Arbeit von Kupferschmieden und hält es für eine Ehre, Dinge (d.h. Götzenbilder) nachzumachen." In 4 Makk 3,8 bestimmt ebenfalls der Kontext die Bedeutung des modalen Partizip Perfekt von K a j i v o ) . Hier heißt es von König David, der gerade eine erfolgreiche Schlacht hinter sich hat: „Dann, als der Abend her einbrach, k a m er schwitzend und sehr erschöpft (löpwv Kai ö(j)6öpa K6K|ir|Kc5(;) in das königliche Zelt". In analoger Weise beschreibt der absolute Genitiv von KOL\IVU in 4 M a k k 7,13 die Sehnen eines alten Mannes als „schwach" oder „gebrechlich": KeKiiriKOTtov Ö€ Kai i t ö v 2
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1 1 7
V€UpO)V.
Wie im Außerbiblischen bestimmen also auch in der Septuaginta Kon text und Attribute die Bedeutung der unterschiedlichen Formen von Kd|iVG). Die Wahl des Partizips im Aorist mit der Bedeutung „sterben" in Weish 4,16 steht in Einklang mit der Verwendung von Gegenwarts und Vergangenheitsformen im außerbiblischen Griechisch. Ein mit der grammatischen Form und syntaktischen Einbindung in Jak 5,15 ver gleichbares absolutes, substantiviertes Partizip Präsens von K a i i v w k o m m t in der L X X jedoch nicht vor. 114 115 116 117
Bauer-Aland 816. Gegen Winston, Wisdom of Solomon 285. Gegen Georgi, Weisheit Salomo 456; Kautzsch, Apokryphen I 500. So die LXX-Ausgabe mit englischer Übersetzung von Brenton.
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//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit
In den atl. Pseudepigraphen begegnet Kd|ivco mit einer ähnlichen semantischen Bandbreite wie in der profanen L i t e r a t u r . Das substan tivierte Partizip Präsens k o m m t in diesen Schriften nur einmal vor und zwar bei d e m von Euseb zitierten Geschichtsschreiber Artapanus mit der Bedeutung „die Kranken" in der Wendung LäoGai TOIX; K c q i v o v T a c ; . Ähnlich verwendet Philo das Partizip von Kdjivo) für die körperlich Kranken, wobei er wie auch andere j e nach Kontext durch den Ausdruck o l ra ö Q | i a T a Kd|ivovT€<; p r ä z i s i e r t . Ganz im Einklang mit d e m außerbiblischen Griechisch verwendet auch Josephus das Verb. So begegnet das absolute Partizip Präsens (!) von K<x|iVG) ohne kontextuellen Bezug als absoluter Genitiv mit der Bedeutung „krank sein" im Bericht von den Folgen der Unmoral Jerobeams (vgl. 1 Kön 118
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14,1): Kd|ivovTO<; ö' atjTG)
K a i ' €K€lvov T O V K a i p ö v
T O Ö TToeiöog, öv
'OßiiiTiv €KOCA.ODV, ... (Als nun sein Sohn, den sie Abija nannten, zu dieser Zeit erkrankte, . . . ) . Analoge Bedeutung nimmt auch das ab solute substantivierte Partizip Präsens bei fehlender direkter Verbin dung z u m Kontext - wie in Jak 5,15 - an, wenn Josephus bezüglich Herodes schreibt: e l | I € V T O L K a i K u p i a r u i p a v TL0€LT| TLC; TT]V T O Ö Kd|ivovTO<; K P L Ö L V , ... (Auch wenn j e m a n d der Urteilskraft eines Kran ken größeres Gewicht beimisst, . . . ) . Ähnlich fungiert das absolute Partizip in Josephus' Bericht von den Folgen der Hungersnot in Jerusa lem aufgrund der römischen Belagerung: 0diTT€ iv 6k TOIX; iTpoor|KovTac; O U T ' 'LOXUOV ol Kd|ivovT€<; ... (Um aber ihre Verwandten zu begraben, fehlte den Kranken die Kraft . . . ) . Die obigen Untersuchungen haben damit gezeigt, dass die grammati sche F o r m und die syntaktische sowie semantische Einbindung für die Differenzierung der Bedeutungsaspekte von Kd|ivco von äußerster Rele vanz sind. Die Beispiele belegen, dass das absolute substantivierte Partizip Präsens von KCC^UÜ) im expliziten Kontext körperlichen Leidens und im Falle fehlenden kontextuellen Rückbezugs sowohl in der bibli schen als auch in der außerbiblischen Literatur einheitlich „der kör perlich Kranke" bedeutet. Analoges gilt für die übrigen präsentischen Verbformen. Seelische Schwäche hingegen muss durch weitere Attri bute ausgezeichnet werden. Somit ist es nicht legitim, zur Interpretati on absoluter Formen ohne kontextuelle Einbindung willkürlich Bedeu tungsaspekte aus der Palette semantischer Konnotationen von Kd|ivco auszuwählen. 1 2 1
1 2 2
1 2 3
118 Denis, Concordance 455 listet 14 Belege, in denen meist der Kontext die Bedeutung bestimmt. 119 Siehe HArt 9,27,31 = Eus PE 9,27,31, wo in Anlehnung an Ex 9,8-12 die Unfähigkeit der ägyptischen Ärzte beschrieben wird, die durch die Plagen Erkrank ten zu heilen. 120 Philo Prob 12; vgl. Migr 124. 121 Jos Am 8,266. 122 Jos Bei 2,32. 123 Jos Bei 5,514.
//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit
3.3
AI
Im Neuen Testament
Neben Jak 5,15 erscheint Kcqivo) im N T in Hebr 12,3b und in Offb 2,3 Textus receptus. In Hebr 12,3b, w o die Bedeutung von K a | i v ü ) durch den Kontext des Wettlaufs (vgl. l b ) bestimmt wird, heißt es: Iva \xr\ Ka|ir|T€ t a l g i|/i)xalc; i)|icov €KA.i)ö|i€voi (damit ihr nicht in euren Seelen ermüdet und den M u t v e r l i e r t ) . Umstritten ist jedoch, ob der Konjunktiv Ka|ir|T6 oder das diesen modifizierende Partizip €KA.u6|i€voi hier absolut s t e h t . Das absolute negierte Ka|ivco in Offb 2,3 Textus receptus wird ebenfalls durch den Kontext bestimmt und macht wie die bevorzugte Lesart oü K€KOITL(XK€£ die allgemeine Aussage „nicht m ü d e werden" im Sinne von „nicht aufhören", „nicht nachlassen". Hebr 12, 3b und Offb 2,3 Textus receptus stehen damit in Einklang mit der Verwendung von Ka|ivco im außerbiblischen Sprachgebrauch. Direkte Implikationen für die Übersetzung des absoluten Partizip Präsens von Ka|iVG) in Jak 5,15 ergeben sich nicht. 124
125
3.4
Ka|iVG) in Jak 5,15
Die philologische Untersuchung des Verbs K a | i v o ) hat gezeigt, dass dieses ähnlich wie d ö O e v e o ) eine Vielzahl von wörtlichen und übertragenen Bedeutungen annimmt. Hierzu gehören die Bereiche des Arbeitens, der Ermüdung, der Krankheit, der körperlichen und seelischen Erschöpfung sowie des Gestorben-Seins. Ähnlich wie bei dö0€V€co bestimmen in den meisten Fällen der Kontext oder präzisierende Attribute die Bedeutung des Verbs. Bei absoluten Formen, die keinen direkten Bezug z u m Kontext aufweisen, ist hingegen die absolute Stellung des Verbs und bei den Partizipien das Tempus bedeutsam für die semantische Konnotation von Kd|ivco. Solche Konstellationen k o m m e n in der L X X und im N T aber nicht vor, so dass eine Interpretation von Kd|iVG) in Jak 5,15 einzig auf der Basis des N T und der L X X nicht möglich ist. Die vielseitige Verwendung von K d | i v o ) im klassischen und hellenistischen Griechisch bietet aber einen klaren Hintergrund für den Gebrauch des Verbs in Jak 5,15. Hier drückt sowohl das finite Verb in absoluter Stellung als auch das absolute substantivierte Partizip Präsens bei fehlendem kontextuellen Bezug einheitlich den Aspekt körperlicher Krankheit aus. Bei den substantivierten Partizipien ist also das Tempus von besonderer Bedeutung. So bezieht sich das absolute substantivierte Partizip in der Vergangenheitsform gewöhnlich auf die Toten. Im Präsens steht das absolute substantivierte Partizip im Kontext körperli-
124 Zur Verbindung von Kajavo) mit dem Dativ i f j i(/i)xfj bzw. T a l g i(/i)xoa<; zur Beschreibung seelischer Ermattung s.o. 3.1 u. 3.2. 125 Vgl. Michel, Hebräer 436f; EWNT II 612; LXX Ijob 10,1; Offb 2,3 Textus receptus; Jos Vita 209.
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//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit
chen Leidens sowie bei fehlender kontextueller Bezugnahme einheitlich für die körperlich Kranken. Dies bedeutet, dass für das absolute 6 Kcqivcov in Jak 5,15 nicht jede beliebige Bedeutung von KOL\IVU> einge setzt werden darf. Im Gegenteil, denn hier handelt es sich - wie im Außerbiblischen üblich - u m eine ganz gezielte Verwendung des abso luten substantivierten Partizip Präsens von KCC^LUG) mit der Bedeutung „der Kranke" . Die Bedeutungen „psychisch" oder „geistlich Ermat teter" im Sinne einer seelischen, moralischen oder religiösen Schwäche sind außerdem nicht möglich, da erläuternde Attribute und ein Kontext diesbezüglicher Schwächen f e h l e n . Damit wird die absolute Ver wendung des Partizips 6 KCCIIVCOV zusammen mit dem Tempus nicht zum Hindernis, sondern zum Schlüssel für dessen Interpretation. Gleichzeitig erlaubt die Wahl des absoluten substantivierten Partizip Präsens in Jak 5,14 keine Einschränkung des Begriffs auf einen Tod kranken oder Sterbenden, denn in der Antike sind oi Ka^vovzeQ die Kranken ganz allgemein. Die Entstehung der katholischen Lehre von der extrema unctio im Mittelalter, d.h. v o m Sakrament der „Letzten Ölung" bzw. „Letzten Salbung" am Totenbett, beruht also auf einer unzureichenden Berücksichtigung der semantischen Implikationen, die die grammatische Form sowie der syntaktische und kontextuelle Bezug beinhalten. Hier hat die exegetische Arbeit katholischer Theologen jedoch in den letzten Jahrzehnten eine deutliche Neuorientierung initi iert . 126
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126 Zu dieser Übersetzung gelangen auch die meisten Kommentatoren, allerdings im allg. lediglich durch den Kontext der Passage Jak 5,13-18 oder durch den Bezug zu aö0eveo) in V. 14 mittels des bestimmten Artikels TOV vor dem Partizip K&^vovza. Der Artikel ist jedoch für das substantivierte Partizip allgemein üblich. Vgl. die Kommentare zur Stelle von Dibelius; Frankemölle; Johnson; Mayor; Mußner; Reicke; Schneider; Wilkinson; Windisch sowie Shogren, Will God Heal 100; Spicq, Notes 1401. 127 Gegen z.B. Hayden, Eiders 260f, der die grammatische Form bei der Bestim mung der semantischen Konnotation von KoqiVG) übersieht und daher in Jak 5,15 willkürlich von „people who are 'weak' and 'weary' in their struggle against sin" spricht. 128 Das Zweite Vatikanische Konzil hat schließlich das „Sakrament der letzten Ölung" in das „Sakrament der Krankensalbung" umbenannt. Doch geht es dabei immer noch zuerst um die Sündenvergebung und nicht primär um die Heilung der Kranken (vgl. Sailer, Krankensalbung 347, 353). Auch bleibt die Durchführung der Salbung in der katholischen Kirche weiterhin auf den Klerus beschränkt, da man sie als Sakrament versteht. H. Frankemölle, Jakobus II 714 kommentiert: „Dies zeigt nur, wie Theologie- und Frömmigkeitsgeschichte, losgelöst von ihrer biblischen Grundlage - grenzenlos wuchern kann. ... Mit der Konzeption des Jakobus hat all dies nichts zu tun, werden doch die Ältesten nicht zu einem Sterbenden, sondern zu einem Kranken gerufen." Ähnlich wie Frankemölle denkt auch F. Mußner, Jako busbrief 221 an einen Kranken ganz allgemein: „Wenn nun der Kranke als ein Kct|!VG)v gekennzeichnet wird, so besagt jedoch das nicht, daß es sich bei ihm unbe dingt um einen Schwerkranken handeln muß."
//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit
49
4. Zusammenfassung Abschließend sollen noch einmal die wichtigsten Ergebnisse der Unter suchungen zu den Wortgruppen KtxKOTTaGeo) und do0evea) sowie zum Verbum KcqivG) in Bezug auf Jak 5,13-18 zusammengefasst werden. Die Wortgruppe K a K o r a O e o ) beinhaltet im klassischen und hellenistischen Griechisch und dementsprechend im N T und in der patristischen Lite ratur eine Vielzahl von semantischen Varianten, die sich u m den Vorgang des Leidens und des Ausharrens im Leiden bewegen. Die Art des Leidens ist sehr allgemein und schließt neben physische auch psychisches und soziales Leiden mit ein. Später k o m m t die Konno tation „sich abmühen" hinzu, die allerdings nicht dem Kontext von Jak 5,13ff entspricht. Die allgemeine Natur der Paraklese Jak 5,13 und die Stichwortaufnahme aus 5,10 spricht dafür, KOCKOTTOCOIG) hier als „leiden" im weitesten Sinne zu verstehen, d.h. der Begriff sollte semantisch nicht eingeengt werden. Jak 5,13a thematisiert also noch keine Art von Erkrankung, sondern hier geht es generell u m Leiden und das Aushar ren im Leiden, so dass 5,13a die negative Komponente der beiden in 5.13 antithetisch formulierten, allgemeinen menschlichen Lebenslagen beschreibt. Die Wortgruppe do0eveü) deckt im klassischen und hellenistischen Griechisch einen sehr weiten semantischen Bereich ab. Die ursprüng liche wörtliche Bedeutung ist „körperlich schwach sein". Daneben erscheint eine Vielzahl von übertragenen Bedeutungen - wie z.B. moralische Schwäche - , die jedoch stets durch den Kontext bestimmt werden. Bei absolutem Gebrauch und fehlender kontextueller Einbin dung - wie in Jak 5,14 - stehen Substantiv und Verb im biblischen und außerbiblischen Griechisch hingegen einheitlich für körperliche Krankheit. Bei der ntl. Verwendung der Wortgruppe doOevew dominiert der Bedeutungsaspekt „krank sein", wobei das Verb fast ausnahmslos absolut erscheint. Zugleich stellt die Wortgruppe doGeveo) die im N T weitaus gebräuchlichste Vokabel zur Beschreibung allgemeiner körper licher Erkrankung dar. Psychisches Leiden und Besessenheit werden nicht durch das absolute doGeveo) beschrieben. Wollte man diese für do0ev€G) atypischen Konnotationen dennoch zum Ausdruck bringen, wären auf jeden Fall entsprechende Attribute notwendig. Dies unter bleibt jedoch, da andere Begriffe für Krankheit existieren wie z.B. l i c d a i d a und | i a A . a K i ( o | i a i , die eine psychische Komponente enthalten können. Nur bei Paulus steht doGeveo) - bei entsprechender kontextu eller Einbindung - für religiöse Schwäche, so dass es sich hier u m eine eigenständige paulinische Entwicklung handeln dürfte. Dass Jakobus in 5.14 bei seinen Lesern ein solches (paulinisches) Verständnis voraus setzt, ist nicht ersichtlich. Dagegen weist Jakobus eine Vielzahl von Parallelen besonders zur Jesustradition der synoptischen Evangelien auf, w o das absolute doGeveo) - wie übrigens auch in der Apg und eben-
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//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit
falls bei Paulus - insbesondere ohne Bezug zum Kontext eindeutig für körperliche Krankheit steht. Wie die finite Form von d o G e v e o ) in Jak 5,14 begegnet in 5,15 das sub stantivierte Partizip Präsens Maskulinum des Verbs K a | i v c o ebenfalls in absoluter Stellung und ohne direkten kontextuellen Bezug. Die Wort studie hat gezeigt, dass in diesem Fall - ähnlich wie bei d o G e v e o ) - die grammatische Form sowie die syntaktische und semantische Einbin dung die Bedeutung des Partizips als „körperlich Kranker" bestimmen. Andere Konnotationen wie seelische, moralische oder geistliche Schwäche sind bei absoluter Verwendung und fehlendem kontextuellen Bezug nicht g e m e i n t . Nur bei entsprechenden Attributen, die jedoch in Jak 5,15 fehlen, oder einem eindeutigen Kontext wäre eine solche Interpretation möglich. (Das Verb KaKOTTaGeo) in 5,13 kann sich dage gen auch auf geistliche und psychische Probleme beziehen.) An dämo nische Belastung ist in Jak 5,15 ebenfalls nicht gedacht; dies macht nicht nur der antike Sprachgebrauch, sondern vor allem die klare termi nologische Trennung zwischen körperlicher Heilung und Exorzismus in den Evangelien d e u t l i c h . „But perhaps the most striking parallel comes with the reference to 'anointing with oil.' Only once eise in the N T is the practice mentioned, and then as a means of physical healing (Mark 6 : 1 3 ) . " Des weiteren handelt es sich bei d e m Kcqivcov in Jak 5,14 nicht notwendig u m einen Sterbenden, da das Tempus eine solche Interpretation des absoluten substantivierten Partizips von K Ü ^ V O ) nicht nahelegt. So bedingt das Präsens stets den Bedeutungsaspekt „der Kranke"; Vergangenheitsformen bedeuten dagegen „der Tote", nicht aber „der S t e r b e n d e " . Wahrscheinlich ist jedoch, dass es sich in Jak 5,14f u m einen ernsthaft Kranken handelt, denn da der Kranke j a die Ältesten zu sich rufen soll, ist er wohl bettlägerig. Die grammatische Form und syntaktische Einbindung des absoluten 6 K q i v G o v in Jak 5,15a deutet damit an, dass es sich hier u m eine gezielte Verwendung des Partizips handelt und somit u m einen körperlich Kranken. Die analoge Verwendung des absoluten d ö G e v e a ) für körper lich Kranke in 5,14a bestätigt dieses Ergebnis. Das gleiche gilt für die Untersuchung der Wendung oc6(€iv T Ö V K d | i v o v T a im nächsten Kapitel. Interpretationen von Jak 5,14-18 im Sinne einer Heilung seelischer, geistlicher oder ähnlicher Nöte sind also im Blick auf die in 5,14f ge wählte Sprache, die körperliche Krankheit meint, nicht zu rechtferti gen. Es bleibt jedoch zu bedenken, dass d o O e v e a ) und Kd|ivco in Jak 5,14f zugleich auch als Oberbegriffe für Krankheit fungieren. Folglich 129
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Gegen Frankemölle, Jakobus II 709; Hayden, Eiders 260f. Siehe Mt 10,1; Mk 3,10f; 6,13 u.ö. Gegen Dibelius, Jakobus 299f. Moo, James 237. So auch Richter, „Ist einer von euch Krank" 13. Vgl. Mußner, Jakobusbrief 222.
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sind psychische Erkrankungen hier nicht notwendig auszuschließen, auch wenn der Autor diese nicht primär im Blick h a t . 133
Exkurs 1: Die Ursache der Krankheit Fragt man nach der Ursache der Krankheit in der biblischen Tradition, dann ist zuerst der atl. Tun-Ergehen-Zusammenhang zwischen der Sünde des Einzelnen sowie des Volkes Israel als Kollektiv und der Krankheit als resultierender göttlicher Strafe zu n e n n e n . Diese Rela tion reflektiert Ex 15,26 besonders eindrücklich in der Verbindung der Gehorsamsforderung an Israel mit der göttlichen Verheißung: „dann werde ich dir keine der Krankheiten auferlegen, die ich den Ägyptern auferlegt habe; denn ich bin der Herr, dein A r z t . " Doch zugleich wird auch von Unschuldigen wie z.B. Elisa, Hiskia und Hiob berichtet, dass sie ernsthaft e r k r a n k t e n . Auch in diesem Fall wird Gott als Initiator g e s e h e n . In der Hiobdichtung wird der Zweck dieses unver schuldeten Leidens als die Erprobung der Gottesfurcht d a r g e s t e l l t , doch an anderer Stelle fehlen derartige Hinweise. Als Ausführende der göttlichen Strafe oder Erprobung werden gelegentlich böse Geister (vgl. 1 Sam 16,14ff) oder - wie bei Hiob - der Satan selbst genannt. Doch kannte man auch die Infektion - z.B. bei Aussatz bzw. anste ckenden Hauterkrankungen - als m.E. natürliche Ursache einer Erkran kung (vgl. Lev 13,45f; 2 Kön 7,3; Lk 1 7 , 1 2 ) . Folglich gehören natürliche und übernatürliche Kausalitäten zum Gesamtbild atl. Krankheitsätiologie. 134
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133 Vgl. Galens Resümee über die damaligen Schriften zur medizinischen Termi nologie: „Es konnte in jenen Aufzeichnungen auch gezeigt werden, daß sie die Kranken (voooüviec;) nicht nur VOOOVVTZQ nennen, sondern auch appcoöiouvTec;, döGcvouvtec und Kafivovxeq" (Meth med I 9, Kühn X 67). Siehe auch von Brock, Vocabulaire medical 272. 134 Vgl. z.B. Gen 12,17; Num 12; Dtn 28,15.22.27; 2 Sam 12,15-18; 1 Kön 13,46; 1 Kön 17,18; 2 Kön 5,21-27; 2 Chr 21,12-19; 26,16-21; Ps 38,3-6. Siehe auch Seybold, Gebet 42f. 135 Vgl. Ex 23,25f; Dtn 7,12-15. Folglich werden medizinische und insbesondere pharmakologische Therapien im AT - im Gegensatz zu seiner Umwelt - kaum er wähnt; vgl. Rosner, Medicine 3-11. 136 Vgl. 2 Kön 13,14.20; 20,1-11 (vgl. 2 Chr 32,24-26 u. Jes 38,17); Ijob 2,1-10; Ps 73,3.13f; 88; Dan 8,27. 137 Vgl. 2 Kön 20,1; Ijob 2,6. Die Zusammenhänge um die Erkrankung Elisas bleiben jedoch verborgen. 138 Vgl. Ps 73 sowie Seybold, Gebet 45f. 139 Siehe z.B. Brown, Divine Healer 94-97.
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//. Zur Terminologie
von Leiden und Krankheit
In der Zeit des zweiten Tempels bestand die Vorstellung der Sünde als Krankheitsursache weiter f o r t . Daneben entwickelten sich aber auch andere Theorien der Krankheitsursache. So unterscheidet L. H o g a n in der intertestamentarischen Literatur noch göttliche V o r h e r s e h u n g , böse G e i s t e r und - lediglich in 4QCryptic - astrale Konstellationen als mögliche Ursachen. Die Krankheitsgeister können dabei wie in 1 Sam 16 und in l Q G e n A p o c von Gott gesandt sein oder wie in Jub 10 und C D eine gewisse Eigenständigkeit b e s i t z e n . Jene Eigenständig keit wird im Wächterbuch in äthHen 6-16 damit begründet, dass es sich u m gefallene Engel h a n d e l t . Ähnlich stehen die Unheil, Krankheit und Tod bringenden Dämonen nach Jub 10,8 nicht unter der Befehlsge walt Gottes, sondern unter der ihres Anführers M a s t e m a . Mit dieser Vorstellung unterscheidet sich das antike Judentum wie der Alte Orient deutlich von der griechisch-hellenistischen Welt, in der die Dämonen ursprünglich nicht notwendig böse sind, sondern Wesen darstellen, die einer neutralen Sphäre zwischen Gott und den Menschen a n g e h ö r e n . Eine rein naturalistische Krankheitsätiologie lässt sich in der jüdischen Literatur aus der Zeit des zweiten Tempels wohl nicht n a c h w e i s e n . Doch die angesehene Stellung der medizinischen Heilkunst in Sir 3 8 , 1 15 und der Volksmedizin in T o b 6,6.10 zeigt, dass naturalistische Krankheitsätiologien nun in Verbindung mit der religiösen Deutung gesehen werden. 140
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In der rabbinischen Tradition wird die Ursache der Krankheit weiterhin mit Hilfe der Sünde-Strafe-Korrelation g e d e u t e t . Daneben wird die Krankheit aber auch als Züchtigung des Gerechten durch Gott verstan149
140 Vgl. Tob 12,7.12; Sir 38,1-15; 2 Makk 9,5-6; Test XII Patr Rub 1,7; Sim 2,12; Seb 5,4; Gad 5,9f; äthHen; Jub 10; 4QPrNab. Siehe auch Philo Sacr 70-71; Ahr 26; Jos Ant 17,168-171; Bell 7,451-453. 141 Siehe Hogan, Healing 302-305, 142 Vgl. Tob 1,3.6-7; 11,17; 1QH 2,23. 143 Hierzu gehören Krankheits-Dämonen bzw. Totengeister (vgl. Tob 6,15-20; Jub 10,1-10; grApkBar 16,3; siehe auch Jos Ant 8,46-49), gefallene Engel (vgl. äthHen 10,7; 1QS 4,12-14) und von Gott gesandte Krankheitsgeister (vgl. lQGenApoc 20,16-29). Die genannten Begriffe werden allerdings oft nicht genau unterschieden; vgl. Heckel, Dorn 73 mit Anm. 47-50 u. 54. Zur Abwehr böser Geis ter bediente man sich z.T. apotropäischer und exorzistischer Praktiken; vgl. Tob 8,2f. 144 Siehe Avalos, Illness and Healthcare 375. 145 Vgl. 2 Petr 2,4. 146 Entweder von äthiopisch nQöfrQ (Anfeindung) oder eher Nö'Bfcn (Ankläger). Ein hebräisches Fragment zu Jub 10 wurde bislang nicht gefunden. Vgl. auch Mk 3,23 Par. Mt 12,26. In grApkBar 16,3 fungieren die Kinder tötenden Dämonen je doch als Instrumente göttlicher Strafe. 147 Vgl. Foerster, Art. öai|iG)v 1-8; Hutter, Art. Dämonen/Geister, I Religionsge schichtlich 533-535; Jansen-Winkeln et al., Art. Dämonen 258-263. 148 So Hogan, Healing 304. 149 Vgl. M Shab 2,6; bShab 32a-33a; bNed 41a; bBer 5a sowie St.-B., Kommen tar 1495.
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//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit 1 5 0
d e n . Doch bereits im tannaitischen Judentum spielen auch böse Geister und Dämonen als Krankheitsverursacher eine wichtige Rol l e . Zugleich nehmen die Volksheilkunde und die wissenschaftliche Medizin an Bedeutung z u . Demnach verstand man die Krankheit im antiken Judentum zwar theologisch, zugleich aber auch naturalis t i s c h . Dies wird dadurch bestätigt, dass die Krankheitsätiologie in der Mehrzahl der rabbinischen Belege, in denen Krankheit thematisiert wird - insbesondere bei K i n d e r n - , keine Rolle spielt. Daraus lässt sich schließen, dass man ein Wissen u m die übernatürlichen Krank heitsursachen - abgesehen von der Sünde-Strafe-Korrelation und der Fremdbestimmung der Persönlichkeit bei dämonisch bedingter Beses senheit - für die Heilung als nicht unbedingt relevant hielt. Im hellenistischen Umfeld des N T ist das Verständnis von Krankheit und Heilung ebenfalls mehrschichtig. So ergänzen sich z.B. die wissen schaftliche Medizin und die weitverbreitete Asklepiosfrömmigkeit soweit, dass der Arzt Galen den Gott Asklepios u m Heilung bittet und ihm seinen Heilungserfolg zuschreibt, während in den antiken Asklepiostempeln neben der Inkubation auch medizinische Therapien zur Anwendung k o m m e n . Doch geht die Volksmedizin in besonderen Fällen neben d e m Einfluss persönlicher Schuld auch von der schädi genden Wirkung durch Dämonen und folglich supranaturalistischen Krankheitsätiologien a u s . Damit ist der Beurteilung von D.W. Amundsen und G.B. Ferngren im wesentlichen zuzustimmen, auch wenn hier übergeordnete religiöse Ätiologien vernachlässigt werden: „There is no historical basis for assuming that the peoples of the R o man Empire in general or of Palestine in particular during the first Cen tury attributed disease and physical dysfunction to any but an immediate natural causality, except for those relatively rare cases that are specified as being immediately caused by demons or as directly manifesting the presence of invasive d e m o n s . " 1 5 1
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150 Vgl. MidrJes 53,10. 151 Vgl. Bar bAZ 12b; bBekh 44b sowie Foerster, Art. öaijiwv 13. 152 Vgl. BB 126b; Shab 14,4; TShab 3,7 (114); Rosner, Medicine 15-20, insbes. 18f. 153 Vgl. Sir 38,1 -15; Amundsen/Ferngren, Disease 2951, die jedoch die naturalis tische Komponente noch stärker hervorheben. 154 Vgl. z.B. bBer 34b. 155 Vgl. Galen Ant 1,6; Lib Prop Kap. 2; Morb Diff'Kap. 9; siehe auch Kollmann, Wundertäter 61-83; Wells, Language of Healing 85-87. 156 Siehe Kollmann, Wundertäter 116. Auch die Zauberpapyri bezeugen die Praxis von Dämonenaustreibungen (siehe a.a.O. 83-89), doch stammen die Belege meist aus dem 3. und 4. Jh. 157 Amundsen/Ferngren, Disease 2951. Gegen die pandämonologische Deutung von Krankheit im antiken Orient unter Einbeziehung des jüdischen und christlichen Milieus von O. Böcher, Dämonenfurcht und Dämonenabwehr, 1970; Christus Exorcista, 1972; Das Neue Testament und die dämonischen Mächte, 1972.
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//.
Zur Terminologie von Leiden und Krankheit
Im N T stellt sich das Verständnis der Krankheitsursache ähnlich viel schichtig dar wie in der atl.-jüdischen Tradition und der Umwelt des N T . So hält Paulus z.B. den Kausalnexus von Tun und Ergehen in 1 Kor 11,30 a u f r e c h t , während der Zusammenhang für ihn bei der Erkrankung seiner M i t a r b e i t e r und seinem eigenen L e i d e n keine Bedeutung hat. Ähnlich lehnt Jesus auf die Anfrage seiner Jünger in Joh 9,2f eine generelle Verbindung von Sünde und Krankheit a b . Auch Jak 5,14 sieht die Sünde nur als eine mögliche Krankheits ursache. A p g 10,38 interpretiert die Ursache der von Jesus geheilten Krankheiten dann summarisch als das Werk des Teufels. So heißt es von Jesus: „der ist umhergezogen und hat Gutes getan und alle geheilt (LG5|!€VOC;), die v o m Teufel unterdrückt (bzw. überwältigt oder bedrängt, K a T a ö i ) i / a ö T 6 i ) 0 | i e v o D ( ; ) waren, denn Gott war mit ihm." (Apg 10,38b). Ähnlich identifiziert Lk 13,11.16 die Verkrümmung einer Frau als das Wirken eines Krankheitsgeistes, Trv€U|ia daGeveiac;, durch den wiede rum Satan selbst an der Frau agiert: r\v e ö r j o e v 6 oamväQ Löou Ö€Ka Kai ÖKTCX) € T T | , (die hatte der Satan schon achtzehn Jahre gebunden, Lk 13,16b). Wichtig ist dabei, dass Jesus hier das körperliche Leiden der Frau wie auch an anderer Stelle lediglich durch sein vollmächtiges Wort und Handauflegen heilt (vgl. V. 13). Ein Geist wird nicht ausge trieben. Daher muss es sich bei der Bedrängnis durch den Krankheits geist nicht notwendig u m eine dämonische Krankheitsätiologie han deln . 1 5 8
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Ähnlich sieht auch Paulus in seinem als „Stachel im Fleisch" (OKOA,OI|J o a p K t ) beschriebenen Leiden in 2 Kor 12,7 die Macht des Teufels am W e r k , wenn er es appositionell als einen ihn peinigenden ixyy^XoQ öaxava bezeichnet. Das Passivum divinum eöo0r| |ioi deutet dabei allerdings - ähnlich wie bei Hiob - auf Gott als Initiator. Bei den Er krankungen seiner Mitarbeiter fügt Paulus keine Erklärung bei. Für das Magenleiden des Timotheus empfiehlt er lediglich, neben d e m Wasser auch etwas Wein zu t r i n k e n . D a eine solche medizinische Therapie keine supranaturalistischen Ätiologien, sondern natürliche Kausalitäten voraussetzt, ist im Fall des Timotheus auch eine entsprechende Kranktri
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158 Hierzu siehe die detaillierte Studie von J.C. Thomas, The Devil, Disease and Deliverance: Origines of Illness in New Testament Thought. Sheffield 1998. 159 Vgl. 1 Kor 5,5. Die Vielfalt der heute bekannten psychosomatischen systemi schen Erkrankungen bestätigt die Korrelation zwischen seelischen Phänomenen wie unbewältigter Schuld und dem körperlichen Wohlbefinden bzw. dessen Mangel. 160 Vgl. Phil 2,25-30; 1 Tim 5,23; 2 Tim 4,20. 161 Vgl. 2 Kor 12,7-10. 162 In Mk 2,5.9.10 u. Joh 5,14 scheint Jesus diese aber auch nicht auszuschließen. 163 S.u. Kap. V. 164 Auch wenn die eigentliche Erkrankung des Paulus unbekannt bleibt, ist ein körperliches Leiden doch am wahrscheinlichsten; vgl. Heckel, Dorn 70. 165 Andere alte Textzeugen haben hier anstatt der (aramäischen) Genitivform die indeklinierbare (hebräische) Form Saxav. Siehe auch Barn 18,1. 166 Zur medizinischen Bedeutung des Weins vgl. Lk 10,34.
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//. Zur Terminologie von Leiden und Krankheit
heitsursache anzunehmen. Dies bedeutet, dass Paulus in verschiedenen Krankheitssituationen von ganz unterschiedlichen Ätiologien ausgeht, wobei auch eine Überlagerung von Kausalitäten möglich ist ( s . o . ) . In einigen Fällen ist im N T mit der Krankheit bzw. Erkrankung ein be sonderer göttlicher Zweck verbunden. So veranschaulichen die ntl. Strafwunder - wie im A T - in eindrücklicher Weise den Tun-ErgehenZ u s a m m e n h a n g , so dass ein deutlicher pädagogischer Effekt für die Betroffenen bzw. die Beobachter e n t s t e h t . Letzterer besteht meist nicht nur in der spontanen Erkrankung, sondern insbesondere auch in der ebenso wunderbaren H e i l u n g . Im Gegensatz dazu erkennt Paulus in seinem eigenen, nicht weiter spezifizierten Leiden eher eine heili gende F u n k t i o n . Ntl. Parallelen hierzu fehlen allerdings. Doch nach Gal 4,13f hat vermutlich sogar eine Krankheitszeit des Paulus der Verkündigung des Evangeliums g e d i e n t . Lediglich das Joh präsen tiert die Verherrlichung Gottes als einen Grund für die K r a n k h e i t . Doch auch hier liegt der Nachdruck der Berichte auf der wunderbaren Heilung. Folglich leitet sich weder aus den Strafwundern noch aus der Krankheit zur Verherrlichung Gottes ein allgemeiner göttlicher Zweck der Krankheit ab. Aus den gemachten Beobachtungen lässt sich offensichtlich kein ko härentes Bild ntl. Krankheitsätiologie erstellen. Sicher ist lediglich, dass der Tun-Ergehen-Zusammenhang keine generelle Antwort auf die Krankheit d a r s t e l l t . Vielmehr sehen die ntl. Autoren die Krankheit wohl zuerst als Einflussnahme des Teufels a n . Dies bedeutet jedoch nicht, dass Krankheit stets das Werk von Dämonen i s t . Nur in Ein zelfällen interpretieren die synoptischen Evangelien körperliche Er krankungen wie Blindheit, Stummheit und Epilepsie als dämonisch 167
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167 Vgl. Mt 4,1. 168 So z.B. der Tod von Ananias und Saphira in Apg 5,1-11 und des Herodes in Apg 12,21-23. 169 Siehe auch Thomas, Devil (1998) 297f. 170 So bei der Stummheit des Zacharias in Lk 1 und der Blindheit des Paulus in Apg 9,8f und des Magiers Elymas in Apg 13,6-12. 171 Vgl. Thomas, Devil (1998) 300. 172 Vgl. a.a.O. 299. 173 Siehe Joh 9,3; 11,4. 174 Vgl. Joh 9,3. 175 S.o. sowie Foerster, Art. 5aL|ia)v 19. 176 Vgl. ebd.; Amundsen/Ferngren, Disease 2949f; Thomas, Devil (1998) 301304. Gegen Greeven, Krankheit 14; Seybold/Müller, Krankheit und Heilung 82. Begriffe wie „Geißel" (\xdoziQ, „Schlag" (uXr\yr\) oder „Fesselung" (öeöfiog) in Mk 3,10; 5,34; Lk 7,21 u.ö. deuten aber auf ein dämonologisches Verständnis mancher Krankheitsbilder hin. Folglich spricht Theißen, Wundergeschichten 94 hier von dämonologischen Krankheitsätiologien im Unterschied zu exorzistischen Heilver fahren.
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bedingt bzw. in Verbindung mit B e s e s s e n h e i t . In den meisten ntl. Berichten von Krankheit und Heilung wird die Ursache der Krankheit wie auch sonst in der atl.-jüdischen Tradition - aber überhaupt nicht thematisiert. Zusammen mit der Verbindung von Krankheit und dem Wirken des Teufels in A p g 10,38 u.ö. legt dies nahe, dass man die Krankheit im Urchristentum zwar theologisch interpretierte, zugleich aber auch als natürlich bedingt v e r s t a n d . D.h. „two levels of causality are operating s i m u l t a n e o u s l y . " Folglich sah man die Krankheit wohl als inhärenten Bestandteil einer leidenden und gefallenen Schöp fung a n , in die Gott jedoch souverän eingreifen kann. Daher liegt die Frage nach der Ursache der Krankheit nicht so sehr weder im ntl. noch im gesamtbiblischen Interesse; im Vordergrund steht vielmehr die an Gott bzw. Jesus gerichtete, dringliche Bitte u m Heilung und ihre Erhö rung. 178
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177 Vgl. Mk 9,14-29 Parr.; Mt 9,32-33; 12,22 Par. Lk 11,14. An anderer Stelle stehen Blindheit und Stummheit jedoch nicht in Verbindung mit Dämonen. Zu Jesus und seiner Stellung gegenüber Satan und den Dämonen siehe auch Mk 3,2230. 178 Vgl. Amundsen/Ferngren, Disease 2945; Thomas, Devil (1998) 304. 179 Amundsen/Ferngren, a.a.O. 2955. 180 Vgl. Rom 8,22; Foerster, Art. öaiu-cov 19. Diese These wird nicht entkräftet durch die Tatsache, dass bei etlichen ntl. Autoren eine explizite Verbindung von Krankheit und dem Wirken des Teufels fehlt. Damit gegen Thomas, Devil (1998) 301-304.
III. Zur Terminologie der Genesung und Heilung in Jak 5,13-16
W i e bei der Terminologie der Krankheit und des Leidens treten in Jak 5,13-16 auch drei verschiedene Begriffe zur Beschreibung der Gene sung und Heilung auf. Hierbei handelt es sich u m die Verben OCO(G) (5,15a), eycLpo) (5,15b) und ldo|iai (5,16), von denen die beiden Verb formen öcoöeL und € y e p € t in 5,15 in Verbindung mit den Subjekten f] €i)xri xf\c, TUOT€G)<; bzw. 6 K u p i o q im Futur Singular stehen, das finale und kollektive LaGfrre in 5,16 dagegen als Passivum divinum im Aorist Passiv. Im folgenden soll ähnlich wie im vorigen Kapitel der Sprach gebrauch der drei Verben im klassischen und hellenistischen Grie chisch, in der L X X sowie in der hellenistisch-jüdischen Literatur be trachtet werden. Anschließend sind dann die drei Verbformen im Kon text von Jak 5,13-16 im Blick auf die Art der Erkrankung und deren Heilung zu diskutieren.
1. Das Verboco(a) Das Verb öcpCco ist im außerbiblischen und im biblischen Schrifttum sehr weit verbreitet . Gleiches gilt für die gesamte auf dem Verb basierende W o r t g r u p p e . D a og6(cü 1) fast ausschließlich absolut, d.h. ohne weitere Erläuterungen oder explizite semantische Eingrenzungen verwendet wird, und da 2) die grammatische Form keine erkennbare semantische Differenzierung bedingt, k o m m t der syntaktischen Einbin dung des Verbums und den grammatischen Formen - anders als bei do0€V€G) und Kcqivco in 5,13.14 - keine spezielle semantische Bedeu tung zu. Aus diesem Grund gilt das besondere Augenmerk im folgen den der Relation von Kontext und entsprechender semantischer Facette des Verbs. Die Mehrzahl der Exegeten geht davon aus, dass die „Ret tung" des Kranken in Jak 5,15 aufgrund der Verwendung von do0ev€G) 1
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1 Die Schreibweise von ot6(eiv (mit oder ohne i-Subscriptum vor ( ) variiert in den Ausgaben der Quellentexte; hierzu siehe Blass/Debrunner/Rehkopf, Grammatik § 264; Liddell/Scott, Lexicon 1748. Der Text verwendet das i-Subscriptum entspre chend N A . 2 Hierzu sei besonders auf die ausführliche und nach wie vor grundlegende Aus arbeitung von Foerster/Fohrer, Art. OGO(G) hingewiesen. 27
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und K C C | ! V G ) in 5,13.14 synonym für dessen körperliche Heilung steht . Einige meist ältere Arbeiten plädieren dagegen - ebenfalls aus kontextuellen Gründen - für eine geistliche Heilung im Sinne einer Sünden vergebung . Als weiteres Argument wird die sonst einheitliche theolo gische Prägung des Verbs bei Jak angeführt (vgl. 1,21; 2,14; 4,12; 5,20). Aus letztgenanntem Grund misst F. Vouga OG5(G) in Jak 5,15a eine seelsorgerliche Komponente sowie eine soteriologische und eschatologische Bedeutung b e i . Eine nicht zu vernachlässigende Zahl von Auslegern nimmt eine Doppelbedeutung von körperlicher und see lischer H e i l u n g oder körperlicher Heilung und eschatologischer Ret t u n g an. Die Bedeutung der Aussage Kai r) euxTi IT\Q I T I O ' U € G ) < ; Ö G S Ö ^ L T Ö V Kaiivovia in Jak 5,15a ist jedoch nicht nur durch den Kontext bedingt, wie im folgenden zu zeigen ist. 4
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Außerbiblisches V o r k o m m e n
1.1.1 Bedeutungsbandbreite Die erste Bedeutung von Ö G Ü ( G ) und der zugehörigen Wortgruppe ist „retten", und zwar „im Sinn eines akut-dynamischen Geschehens zwischen Pers[onen], indem Götter oder Menschen andere machtvoll aus einer akuten Lebensgefahr herausreißen". In dieser Weise wurde OG5(G) in der Antike verwendet und entspricht somit dem hebräischen In Anlehnung an diese Grundbedeutung begegnen dann aber auch die Konnotationen „bewahren" und „beschützen", bei denen die akut dynamische Komponente fehlt, sowie gelegentlich die Bedeutungsas pekte „begnadigen", „am Leben lassen" und „wohltun" ohne M o m e n t einer akuten Bedrohung. Neben den Gefahrensituationen des alltägli chen Lebens erscheint ocp(o) am häufigsten in Verbindung mit Krank heitsnot im Sinne von „durchbringen", „heilen" und im Passiv als „genesen", seltener dagegen im religiösen Zusammenhang oder als Ausdruck der Bewahrung eines Status Q u o . 8
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3 Vgl. Adamson, James 198; Burchard, Jakobusbrief 210; Cantinat, Jacques 251; Dibelius, Jakobus 302; Frankemölle, Jakobus II 715; Hauck, Jakobus 234; Laws, James 231; Moo, James 243; Mußner, Jakobusbrief 222; Mayor, James 173; Ropes, James 308; Thomas, Devil (1993) 41; de Wette, Handbuch 263f; Wilkinson, Healing 334; Windisch, Die katholischen Briefe 33. 4 So Armerding, Afflicted 195-201; Friesenhahn, Überlieferung 186, 190; Hayden, Eiders 258-266; Meinertz, Krankensalbung 29-32 in Anlehnung an H.v. So den; Pickar, „Is Anyone Sick?" 165-174 und jüngst Howard, Disease 260ff. 5 Vgl. Vouga, Jacques 142. 6 So Warrington, Observations 165. 7 Vgl. Albl, „Are Any among You Sick?" 132, 138; Johnson, James 332f; Martin, James 201; Mitton, James 200; Vorgrimmler, Krankensalbung (HDG) 217; Wall, Community 266. 8 Foerster/Fohrer, Art. 006(0) 967. 9 Für Belege siehe Foerster/Fohrer, a.a.O. 967f; Liddell/Scott, Lexicon 1748; Moulton/Milligan, Vocabulary 620.
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Alle diese Bedeutungsaspekte werden durch den näheren Kontext bestimmt, so dass j e nach Zusammenhang sowohl das personale als auch das akut-dynamische M o m e n t - anders als bei d e m hebräischen VW - auch in den Hintergrund treten k a n n . Bedingt der Kontext jedoch keine derartige Ausweitung bzw. Abmilderung, dann erscheint oq)((i) stets im ursprünglichen Sinn von „retten" mit akut-dynamischem Moment. Dieses Prinzip macht folgende Analogie bei dem griechi schen Rhetor Aelius Aristides aus d e m 2. Jh. anschaulich deutlich, wo der Gesamtkontext die durchaus unterschiedlichen Nuancen von OGO(O) auf den einen Nenner „retten" im Sinne von „am Leben erhalten" bringt: „Während die ärztliche Heilkunst die Kranken rettet (oder: durchbringt, OG5(T)) und der des Seefahrens Erfahrene die zur See Fahrenden rettet (oder: erhält, OG$(T)) und die Gesetze die Bedürftigen, retten (oder: bewahren, O G O ( O U O L V ) d i Worte der Redekunst diejenigen, die das Gerechte beschützen (cjwAdruouoiv)." 10
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Da im weiteren Kontext des Jak und insbes. der Verse 5,13-20 ledig lich die medizinische und die religiös-philosophische Verwendung von oco(o) in Betracht k o m m e n , sollen diese Bereiche nun genauer unter sucht werden. 7.7.2 Krankenheilung und Lebensrettung In antiken literarischen Texten begegnet ÖGO(O) besonders häufig mit der Bedeutung „ h e i l e n " . Auch in den Inschriften und Papyri der ver schiedenen Epochen bilden OGO(G) und seine Derivate einen vielfältigen Bezug auf Heilung und G e s u n d h e i t . So heißt es z.B. von einem anti ken Arzt: TroAAoug i € OGHOOCVTOC; ky \ieyaX(x)v d p p w ö i L c o v (und viele hat er aus schweren Krankheiten errettet) . In den Papyri der hellenisti schen Zeit begegnet gelegentlich auch die Nominalform öwiripia mit der Bedeutung „Gesundheit" bzw. „Wohlbefinden" oder auch „Gene sung" und „ H e i l u n g " . Ähnlich heißt es von einem Medikament bei d e m Biographen und Philosophen Plutarch (ca. 50-120 n.Chr.): 12
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10 Vgl. Foerster/Fohrer, a.a.O. 11 Aristid, Ilpog IUaitova n€pl priiopiKfjc; 60,13-16 (Ausgabe Jebb). Vgl. Philo Fug 27. 12 Siehe van Brock, Vocabulaire medical 232f. 13 Siehe a.a.O. 233f. 14 SIGII620,13f. 15 Vgl. den Brief aus Sorge um die Gesundheit eines Bruders aus dem 2. bis 3. Jh. n.Chr. in BGU II 449,108: UOXXOLKIQ O O I €Ypai|/a nepl xf\(; ooruripiac; oou, sowie den Brief einer besorgten Mutter an ihren Sohn, der sich einen Dorn in den Fuß getreten hat, in BGU II, 40, Nr. 380 (3. Jh. n.Chr.): ... e^eiaoe nepl Tfjc; o t o T i p i a c ; oou Kai ifjQ T T € Ö L O ) V ooi) Kai €LTT€ um ö i L i ö v iToöav TTOV€LC;, und etwas weiter unten: Ypdijrc | i o i TT€pl xf\c, owirjpLac; {ojou. Beide Texte sind auch nachzulesen in Sudhoff, Ärztliches 207-209.
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o o ) ( o v . In Bezug auf das profane Griechisch bemerkt C. Spicq: „... l'usage le plus frequent de söteria, sözein est medical: sauver signifie guerir une maladie, les remedes sont sauveurs (PLUTARQUE, De Adulatore et Amico, 1 1 ; PHILON, Lois alleg. III, 129; Praem. 145, 170; cf. Quod deter. 110; De Josepho, 110), les medecins des sau veurs." Wie bei der profanen Verwendung von OGO(G) wird auch von den antiken Heilgöttern berichtet, dass sie die Kranken von ihren Leiden „retten". Dies geschah häufig durch Inkubation in den meist Asklepios geweihten Tempelbezirken, von denen sich die größten in Knidos, Epidauros, Pergamon und auf der Insel Kos b e f a n d e n . In diesem Zusammenhang beschreibt z.B. das Passivum divinum koü)Qr\ in einer Sammlung von Heilungsberichten die wunderbare Heilung eines Kran ken durch A s k l e p i o s . In Anlehnung an dieses Heilungsverständnis erscheint der N a m e des Asklepios in den Inschriften der d e m Heilgott geweihten Heiligtümer zu Anfang der sog. id[xaxa regelmäßig in Verbindung mit d e m Titel DtoTrjp, wobei Danksagungen oder Widmun gen oft auch zusätzlich der Göttin der Gesundheit, ' Y y U t a , geweiht s i n d . Ähnlich soll auch der Gott Soknopaeus nach einem Papyrus aus dem Jahr 132 v.Chr. einen Menschen aus Krankheit (vom Tode) erret tet haben: e n e l o ö v o e ö w o a i kv xf\i appoxrcuxi UTTÖ T O Ö DoKvoiToaToc; 0eoö \ieyaXov . Heilen einer schweren Krankheit und Bewahren vor dem Tod sind hier also quasi i d e n t i s c h . Ganz ähnlich verwenden auch die antiken Ärzte wie z.B. Hippokrates (460-377 v.Chr.) und Galen (129-199 n.Chr.) das Verbum. An vielen Beispielen zeigt N . van B r o c k , dass ocp(k) im medizinischen Kontext primär die Nuancen „retten", „bewahren", „heilen" im Aktiv und „durchkommen", „überleben" im Passiv annimmt. Denn im Gegensatz zu ldo|iai und OepaTTeuo) bilden Krankheiten oder Körperteile gewöhn lich nicht das Objekt von OGO(G), sondern - mit der Ausnahme z.B. der (fyxpjiaKov
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16 Flut AdulatU (II 55c). 17 Spicq, Notes (Supplement) 631. Für eine Vielzahl weiterer Belege insbes. im Zusammenhang mit der Krankenheilung siehe ebd. Anm. 1-4. 18 Hierzu siehe z.B. Krug, Heilkunst 120-187. 19 Siehe SIG III 1173,9. 20 Siehe LiDidonnici, Inscriptions 84. 21 Vgl. Habicht, Inschriften 108, Nr. 69 u. 70 (ca. 2. Jh. v.Chr.); 109, Nr. 71 u. 72 u.ö. Asklepios rettet (ooo(o)) jedoch nicht nur aus Krankheit, sondern z.B. auch aus Todesgefahr bei einer Schiffsreise auf dem Atlantik; vgl. a.a.O. 103, Nr. 63. 22 P. Amh. II 35,32. 23 Zu den Inschriften des Pergamon-Asklepieions siehe Habicht, Inschriften 109, Nr. 71; 116, Nr. 81; Wells, Language of Healing 96 mit Append. 5:6,2.19.20.28. Bei der Danksagung für die Heilung einer (wohl nicht lebensbedrohenden) Augen erkrankung steht dagegen 0€paiT€uci) anstelle von ÖG)CCO; vgl. Habicht, a.a.O. 117, Nr. 86. 24 Siehe van Brock, Vokabulaire medical 230-233. Siehe auch Spicq, Notes (Supplement) 631, Anm. 1.
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Bewahrung eines Körperteils vor einer Amputation - stets der Mensch als ganzer. Entsprechend bildet a G y n p i a das Gegenteil von bXtQpov oder Oavatog; analog stellt oo)(o|iai das Gegenteil von diT6M.i)|iai oder a7TO0vf|öKa) d a r . Die Wortgruppe ocpCw beschreibt also im medizini schen Bereich meist Krankenheilung von besonderer Qualität, nämlich die Leben rettende . Bemerkenswert ist dabei, dass das ebenfalls mit den Bedeutungen „retten", „erretten", „bewahren" auftretende Verb puo|ioa im medizinischen Sprachgebrauch keine Verwendung findet . Festzuhalten ist also, dass ocpC^ einen festen Platz im antiken Heilungsvokabular einnimmt und in dieser Funktion im hellenistischen Griechisch zugleich seine häufigste Verwendung findet. 25
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Exkurs 2: „Rettung" aus medizinischer und sozialer Perspektive In Israel bestanden - im Gegensatz zu seinem altorientalischen Umfeld - über eine lange Zeit hinweg wesentliche Ressentiments gegenüber der menschlichen Heilkunst. Denn wie Ex 15,26 zeigt, sah man sowohl den Ursprung von Krankheit als auch das Heilungsmonopol allein bei G o t t . Aus d e m gleichen Grund unterlag den atl. Priestern nur die Regelung der religiösen und sozialen Implikationen von Krankheit und Heilung, nicht aber die ärztliche B e h a n d l u n g . „Den Andeutungen des Klageliedes und den expliziten Aussagen des Dankliedes zufolge k o m m t der Zustand der Krankheit einem Aufenthalt im Totenreich g l e i c h . " Folglich verstand Israel die Heilung von Krankheit letztend lich stets als Rettung durch G o t t . Doch anknüpfend an die auch in Israel praktizierte Volksmedizin, die wie bei seinen Nachbarn weitgehend auf der Pharmakologie beruhte, entstand im hellenistischen Judentum durch den Kontakt mit der grie chisch-römischen Kultur bereits eine Gegenbewegung. Ausgehend von der Empirie führte diese dann bis zur Anerkennung der medizinischen Wissenschaft . Im rabbinischen Judentum erlangte die griechische 28
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25 Vgl. van Brock, a.a.O. 230/231; Hobart, Medical Language 10, 285f; Wells, Language of Healing 49. Die von Hobart angeführten Belege machen die Kompo nente des Lebensbedrohlichen besonders deutlich. 26 Für weitere Belege zu O G ) ( G ) im medizinischen Kontext siehe Liddell/Scott, Lexicon 1748, Eintrag O C O ( G ) , 1. 27 Siehe van Brock, Vokabulaire medical 234. 28 Siehe Hogan, Healing 4-11; Kollmann, Wundertäter 171. 29 Siehe v. Rad, Theologie I 287; Hempel, Heilung 293. 30 Barth, Errettung 100. 31 Vgl. ebd. 114. 32 Vgl. Sir 38,1-15; Philo Sacr 70. Insbesondere wenn man wie S.J. Noorda davon ausgeht, dass die hebräische Lesart von Sir 38,15 die ursprüngliche ist und übersetzt „Wer gegen seinen Schöpfer sündigt, widersteht seinem Arzt", dann ent-
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Heilkunst schließlich - bedingt durch die zunehmende Zahl der in grie chisch-römischen Schulen ausgebildeten Ärzte - weite A k z e p t a n z . Der verbreitete antike Sprachgebrauch des Rettens in Verbindung mit Krankheit und Genesung wird verständlich, wenn man bedenkt, dass trotz erster Anfänge der medizinischen Wissenschaft die meisten Krankheiten in der Antike nicht heilbar w a r e n . Hilfe durch die Heil kunst der Ärzte war also auf keinen Fall selbstverständlich . Folglich bedeuteten ernste Erkrankungen oft den sicheren Tod der P a t i e n t e n oder - wie z.B. bei der Lepra und anderen Infektionskrankheiten - ein lebenslanges Dahinsiechen. Zwar hat die hippokratische Tradition zur Entwicklung der wissenschaftlichen Methode bei der Diagnose und Therapie von Krankheitszuständen entscheidend b e i g e t r a g e n , doch blieb die Effektivität der griechischen Heilkunst meist g e r i n g . Dies wird besonders deutlich in den oft gegensätzlichen und z.T. brutalen Behandlungsmethoden der antiken Ärzte, insbesondere bei akuten E r k r a n k u n g e n . Daher beschränkten sich die Heilerfolge der antiken Medizin im wesentlichen auf die Wundbehandlung und die Heilung von Frakturen durch Ausrichtung und Stillegung der jeweiligen Extremitäten . G. Ferngren und D. Amundsen beschreiben diese Situ ation folgendermaßen: „Although rational-speculative medicine gradually spread throughout the Mediterranean world and replaced the more 33
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steht auch hier eine kohärent positive Sichtweise der Medizin. Vgl. Noorda, Illness 221 mit Anm. 18. Siehe auch Veltri, Magie 266-270; Vennes, Jesus 46f. Sehr oft waren allerdings (nicht nur die jüdische) Volksmedizin und die ärztliche Heilkunst kaum voneinander zu unterscheiden. Magische Praktiken hingegen, die wiederum der Pharmakologie nahestehen konnten (vgl. Tob 6,7f), wurden - zumindest von offizieller Seite und im Gegensatz zu Exorzismen - weitgehend abgelehnt, s. Veltri, a.a.O. 53-56; Vennes, a.a.O. 47-52. Im Volk wurden sie jedoch immer wieder unterschwellig praktiziert. Siehe Ebstein, Medizin im Alten Testament 164f; ders., Medizin im Neuen Testament 168-173; Hogan, Healing 309. Entsprechend besaßen auch die Essener Überlieferungen über den Gebrauch von Heilpflanzen und Steinen (vgl. Jos Bell 2,136); hierzu s.u. Kap. IV Abschnitt 2.2.2. 33 Siehe Kollmann, Wundertäter 66-73; Rosner, Medicine 3-20; Veltri, Magie 270-282. 34 Hierzu siehe z.B. H.v. Staden, Incurability and Hopelessness: the Hippocratic Corpus, in: P. Potter u.a. (Hrsg.), La Maladie et les Maladies dans la Collection hippocratique. 1990,61-112. 35 Vgl. Mk 5,26; Lk 8,43. Daher waren Gebetsheilungen, wie sie in den rabbinischen Schriften z.B. von Chanina ben Dosa berichtet werden, weiterhin von großer Bedeutung; vgl. z.B. die Heilung des Sohnes von R. Gamaliel durch Chanina ben Dosa in bBer 34b sowie Vennes, Jesus 56-64. 36 Vgl. Joh 11,1.14.21. 37 Siehe Krug, Heilkunst 39-69. 38 Vgl. Mk 5,26. 39 Siehe Smith, Acute Diseases 477-489; Seybold/Müller, Krankheit 80. 40 Folglich war der Arzt im antiken Judentum nicht nur aus religiösen Gründen zuerst ein Wundarzt, siehe Hempel, Heilung 237-260; Scharbert, Art. Krankheit 680-683.
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primitive empirical medicine that preceded it, its therapeutic resources were slender. It could mend broken bones, administer traditional drugs and remedies, and prescribe rest and regimen that involved change of diet, exercise, and baths. But physicians were limited in that they could do nothing to alleviate. Moreover, many diseases were virtually untreatable, particularly chronic disorders that were painful, but not fatal. Here especially physicians had to acknowledge their helplessness." Trat bei den Patienten der Ärzte dennoch - aufgrund erfolgreicher The rapie oder aber natürlicher Widerstandsfähigkeit - gelegentlich Gene sung ein, bedeutete diese Heilung demnach nicht nur die erfolgreiche Anwendung einer Therapie, sondern in vielen Fällen Bewahrung in bzw. Rettung aus lebensbedrohlicher N o t . Viele chronische Krankheiten brachten im alten Orient schließlich auch den Verlust der Erwerbsfähigkeit und damit verbunden meist den sicheren finanziellen Ruin mit s i c h . Hinzu kommt, dass unheilbare Krankheiten meist auch den sozialen Ausschluss zur Folge hatten (vgl. Joh 5,7). Denn Krankheit bedingte in der Antike nicht nur eine vermin derte Funktionalität, sondern auch einen Verlust an W e r t s c h ä t z u n g . Folglich bedeutete Heilung sowohl die Genesung des Patienten als auch die Wiederherstellung seines menschlichen Wertes. Dadurch brachte Heilung immer auch die Überwindung einer außerordentlichen seelischen Not mit s i c h . In der Antike bedeutete körperliche Heilung also nicht nur das Wiedererlangen der Gesundheit, sondern aufgrund der kulturellen Rahmenbedingungen meist physische, psychische und soziale Rehabilitation, also eine ganzheitliche Wiederherstellung bzw. „Rettung" des Menschen. 41
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1.1.3 Transzendente Rettung Neben der Rettung aus lebensbedrohlichen Umständen begegnet OGOCCO auch im religiös-philosophischen Bereich in seiner ganzen B r e i t e . Hierbei geht es z.B. in der griechischen Philosophie u m das Erhalten des Sterblichen und des W e l t a l l s , im Isiskult u m eine Metamorpho sen gleichende Befreiung aus Tiergestalten oder u m das Streben nach Überwindung des leiblichen Todes durch ein mystisches E r l e b n i s . Im 46
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41 Ferngren/Amundsen, Medicine and Christianity 2958. 42 So auch Wells, Language of Healing lOOf. 43 Vgl. Mk 10,46; Lk 16,21f; Apg 3,2. Außerdem waren die von den Ärzten ver langten Honorare für einen Großteil der Bevölkerung unbezahlbar; vgl. Mk 5,26; Kollmann, Wundertäter 369-373, 378. 44 Vgl. Mt 20,31; Mk 10,48; Lk 18,39. Siehe auch Pilch, Biblical Healing 31; ders. Sickness 207. 45 Vgl. Mk 5,27. Siehe auch Amundsen/Ferngren, Disease 2937; Janowski, Kon fliktgespräche 174-203. 46 Siehe Foerster/Fohrer, Art. öcpCo) 969f. 47 Vgl. Plat Symp 208a u.ö. 48 Vgl. Corp Herrn 13,1.
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gnostischen Bereich wird diese Befreiung von der irdischen Existenz durch die Offenbarung der Gnosis vermittelt . In den Mysterienreligi onen rettet ein göttliches Wesen der Mythologie durch das sakramen tale Geschehen der Initiation hin zu einem Leben jenseits des leibli chen Todes. Gelegentlich begegnet OW(Ü> auch im vermutlich magi schen Kontext einer Bitte u m Rettung auf antiken Amuletten und Spruchtäfelchen, doch ist meist nicht sicher, ob es sich hier u m leibli che oder jenseitige Rettung sowie u m ein Gebet oder eine Beschwö rung h a n d e l t . Die Wortgruppe ocpCco beschreibt im religiös-philoso phischen Bereich also eine Rettung aus existentieller Not, die oft von kosmischer Dimension ist und analog zur Bewahrung vor dem Tod bei der physischen Rettung den Gedanken der Überwindung des Todes im Jenseits beinhaltet. 49
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1.2
In der Septuaginta und der hellenistisch-jüdischen Literatur
In der L X X begegnet O G ) ( G ) 162mal als Äquivalent des hebräischen VW mit den Bedeutungen „Hilfe empfangen" im nif. und „retten", „bewah ren", „befreien", „helfen", „zu Hilfe k o m m e n " im hif. . Wesentlich seltener steht das Verb für andere hebräische Wurzeln, wie (qal.: entrinnen; pi.: davon bringen = retten; hif.: in Sicherheit bringen), ttbft (nif.: sich in Sicherheit bringen) und (nif.: sich retten, gerettet werden; pi.: befreien, retten). Insgesamt begegnet OG6(G) in der L X X für 15 verschiedene hebräische W u r z e l n . C. Spicq bemerkt zum Ge brauch von oco(a) in der L X X zusammenfassend: „Dans la Bible, le 'salut' a les memes significations que dans le grec profane: delivrance, protection, guerison, sante, bonheur et prosperite ... Le salut est le plus souvent l'independance et la securite d'Israel, apportees tantöt par des heros c o m m e M a n a o " . Zur Wiedergabe der hebräischen Wurzel VW durch oco(o) stellt G. Fohrer weiter fest: „Die Rettung erfolgt aus den Gefahren von Krankheit, Gefangenschaft oder Anfeindung - diese als alleinige Bedrängnis oder häufiger als Begleiterscheinung und Folge einer anderen Drangsal verstanden - , wobei die Gefahren eine Schwä chung der Lebenskraft und damit eine Vorform des sich des Bedräng ten bemächtigenden Todes bedeuten. Rettung ist deshalb Errettung vom Tode." Neben diesem Gebrauch des Verbs zur Beschreibung von physischer Hilfe und Befreiung in konkreten Nöten durch Gott oder Menschen drückt öcpCo) im A T auch eine allgemeine und umfassende Hilfe bzw. 51
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49 Vgl. Corp Herrn 1,26.29. 50 Vgl. Kotansky, Incantations 120-122. 51 Zur Übersetzungsstatistik und den hebräischen Äquivalenten siehe Foerster/ Fohrer, Art. owCw 970-982. 52 Vgl. Hatch/Redpath, Concordance II 1328-1330. 53 Spicq, Notes (Supplement) 634. 54 Fohrer, HcoCw 284 (meine Hervorhebung).
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Rettung durch Gott aus. Diese (soteriologische) Hilfe wird in der Übersetzung meist mit „Heil" wiedergegeben und kann gleichermaßen diesseitiges Heil (vgl. 2 Sam 23,5; Ps 18,51) und eschatologisches Heil (vgl. Jes 45,17; 4 9 , 8 f ) umfassen. Die Befreiung von Sünden ist dabei oft ein wichtiger Teilaspekt. In Ez 36,29 ist es Gott, der Israel von seinen Sünden bzw. seiner Unreinheit befreien (ooo(o)) wird. Daneben erwartet Gott von Jerusalem eine Abkehr von der Sünde, „damit du gerettet wirst" (Jer 4,14). Doch auch hier ist die Befreiung aus Be drängnis und Todesnot impliziert. Mit der Bedeutung „heilen" er scheint öcpCo) nur vereinzelt als Äquivalent von VW (z.B. Ps 6,4; 116,6). Ein grundlegender Bedeutungswandel gegenüber der Verwen dung von im hebräischen Text ergibt sich durch den Gebrauch von 000(0) in der L X X aber nicht, denn gewöhnlich bestimmt der Kontext die semantische Konnotation. In den atl. Apokryphen und Pseudepigraphen dehnt sich die seman tische Bandbreite von O Ü ) ( G ) aufgrund der teilweise fehlenden Bindung an das hebräische VW aus: „Die Einheit der vielfältigen Spezialbedeu tungen der Wortgruppe OGÜ(G) liegt in der Vorstellung von der Bewah rung oder Wiederherstellung der Integrität einer Pers[on], Sache, eines wie auch immer beschaffenen Funktionszusammenhanges oder eines Zustandes. Dabei können Pers[onen], Sachen und Umstände in gleicher Weise S u b j e k t ] oder Obj[ekt] des Vorganges s e i n . " Der profane und religiöse Aspekt der Rettung des Lebens bildet jedoch weiterhin das zentrale Element der W o r t g r u p p e . So ist der Hinweis auf die eherne Schlange aus N u m 21,9 als oiVßoXov oorcripiac; in Weish 16,6 sowohl im Sinne von „Heilung" als auch im Sinne von „Rettung" zu verstehen. Denn die Heilung der tödlichen Schlangenbisse wird gleichzeitig zur göttlichen Rettung v o m sicheren Tod. Philo verwendet OG6(G) - neben der religiösen Bezeichnung von Gott als „Retter" - wie im hellenistischen Griechisch meist im profanen S i n n , und zwar primär mit medizinischer Bedeutung für das H e i l e n , die H e i l u n g oder den Erhalt der G e s u n d h e i t durch die Hand der Ärzte. Das Passiv oGo(o|iai gebraucht Philo mit der Bedeutung „gesund w e r d e n " und das Substantiv im Ausdruck oioTipiag odiia für die „ G e s u n d h e i t " . Ähnlich beschreibt er das „Wohlergehen" mit o o m p i a 55
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Vgl. 1QM 14,10; 1QH 3,19; 15,16-18.
56 Foerster/Fohrer, Art. öcpCo) 981. 57 So z.B. JosAs 4,8; 28,16. 58 Vgl. Spicq, Notes (Supplement) 634 mit Anm. 5. Fast synonym erscheinen bei Philo z.B. öioqiovri (Erhaltung) und oompia; vgl. SpecLeg 2,195; 3,36; Ebr 13. 59 Vgl. Philo Decal 12. 60 Vgl. Philo 1mm 66; Migr 124. 61 Vgl. Philo Jos 76. 62 Vgl. Philo Sacr 123. 63 Philo Ebr 140; vgl. Agr 98.
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in der Wendung a v o o o c ; ocotripia . Wie im profanen Griechisch be gegnet öcpCcx) auch bei Philo fast ausschließlich in absoluter Verwen dung, d.h. die Vertreter der Wortgruppe erhalten ihre Bedeutung nicht durch Attribute oder Erläuterungen, sondern sie werden im Heilungs zusammenhang eindeutig verstanden. 1.3
Im Neuen Testament
Im N T bringt ooo(co im wesentlichen zwei verschiedene Bedeutungs aspekte z u m A u s d r u c k . Im physischen Bereich steht das Verb für die Rettung aus natürlichen Gefahrensituationen und Nöten bzw. für die Bewahrung vor d e m leiblichen T o d . Dabei nimmt das Verb häufig auch die Bedeutung „heilen" von K r a n k h e i t und einmal von Beses s e n h e i t an, ohne dass ein soteriologischer Zug (s.u.) zu erkennen ist. Die Wendung oa)(€iv T Ö V K q i v o v T a o.a. - wie in Jak 5,15 - begegnet in diesem Zusammenhang allerdings n i c h t . Im übertragenen (soteriologischen) Sinn steht O C O ( G ) für die geistliche Rettung mit ihrem prä sentischen und eschatologischen Bezug, wozu vor allem die Aspekte Glaube an Jesus als Sohn Gottes, Vergebung der Sünden, Eingehen in das Reich Gottes, Versöhnung mit Gott und die Verheißung ewigen Lebens g e h ö r e n . Das Objekt bilden in diesem Fall gewöhnlich die Begriffe 6 Aocög, t ö diToA.coA.og, 6 KOöjiog, o l 7TIOT€1)OVT€<;, a j i a p T c o A o i oder jemandes i | n j x r | . Während die Bedeutungen „bewahren" und „heilen" primär in den Evangelien und der Apg erscheinen, begegnet ocp(co mit soteriologi scher Füllung sowohl in den Evangelien und der Apg als auch in der ntl. Briefliteratur, und zwar mit einem Schwergewicht auf den Briefen des P a u l u s . In den Evangelien spielt die soteriologische Verwendung von öcpCco aber nur eine untergeordnete Rolle. Daher ist anzunehmen, dass diese Konnotation des Verbums in der Verkündigung Jesu nicht 65
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64 Philo SpecLeg 1,224. 65 Vgl. Bauer-Aland 1591-1593; Marshall, Art. Salvation 720. 66 Siehe z.B. Mk 3,4 Par.; 15,30f Par.; Mt 8,25; 14,30; Joh 12,27; Apg 27,20 so wie Spicq, Notes (Supplement) 635 Anm. 2. 67 Siehe z.B. Mk 5,23.28 Par.; 5,34 Par.; 6,56; 10,52 Par.; Lk 8,50; Joh 11,12; Apg 4,9; 14,9. 68 Lk8,36. 69 In Apg 4,9 beschriebt ÖCO(O) jedoch die Heilung eines avGpwiToc; äoQeVV\Q; vgl. Jak 5,14. 70 Siehe z.B. Mt 1,21; Mk 10,26; Lk 7,50; Joh 3,16-17; Rom 5,9-10 sowie Spicq, Notes (Supplement) 635. 71 Vgl. Mt 1,21; Lk 19,10; Joh 12,47; 1 Kor 1,21; 1 Tim 1,15; Jak 1,21; 5,20. 72 Vgl. Foerster, Art. ouCw 989-999; Radi, Art. ouCu 766-770. Noch deutlicher wird diese Gewichtung in der Verteilung des im NT nicht auf Heilung bezogenen Substantivs öwinpia, das sich am weitaus häufigsten im lukanischen Doppelwerk und bei Paulus findet.
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von besonderer Relevanz w a r . Nicht zu übersehen ist jedoch, dass OCO(Ü) fester Bestandteil der urchristlichen Heilungsterminologie ist und in diesem Zusammenhang wie im profanen G r i e c h i s c h quasi techni sche Bedeutung a n n i m m t . Die Verbindung von OOO(G) und TTLÖTK; - wie sie j a auch in Jak 5,15a vorliegt - bezieht sich in den Evangelien und der Apg zumeist auf die leibliche Rettung bzw. H e i l u n g . Dies gilt auch für die häufig erschei nende Entlassungsformel r\ TTLOTK; Ö O U Ö€ÖCOK6V Ö€, die sich kontextuell - mit Ausnahme von Lk 7,50 - stets auf den Wunderglauben be z i e h t . „Mag sich sekundär ein Verständnis im Sinn des Glaubens an Jesu Auftrag und Hoheit durchgesetzt haben, die Einzelstellen lassen noch erkennen, daß hier nicht von einem Glauben an Jesu Person der (sie) Rede ist. Allenfalls wäre zu sagen, daß es u m ein Vertrauen auf seine Befähigung zu Wundertaten g e h t . " In der ntl. Briefliteratur bezieht sich die Verbindung von Glaube und Rettung - ohne Berück sichtigung von Jak 5,15 - dagegen auf das geistliche H e i l . Entspre chend erhält das Logion vom rettenden Glauben in Lk 7,50 eine soteriologische Füllung, wenn Jesus der reumütigen Sünderin zuspricht: r\ TTLOTK; ooi) 0 € 0 0 ) K € V oe. Vermutlich schwingt dieser Aspekt in Lk 17,19 mit, wo das Wort lediglich einem der zehn geheilten Aussätzigen, nämlich dem dankbaren, gilt. Dies bedeutet - entgegen einer starken Auslegungstradition - aber nicht, dass durch die Verwendung von oop(ü) in den Heilungsberichten stets körperliches und seelisches Heil miteinander verbunden w e r d e n . Vielmehr sind die aus Krankheit „rettenden" Wunder Jesu für die Erzähler bzw. Redaktoren der ntl. Heilungsberichte „signes de la puissance salvatrice du t h a u m a t u r g e " , d.h. sie dienen in so fern der (messianischen) Legitimierung Jesu. Zwar steht die Formel „dein Glaube hat dich gerettet" in den synoptischen Evangelien mindestens einmal für das geistliche Heil (s.o.). Doch zeigt dies gerade, dass das absolute oco(co im N T wie auch sonstwo seine 74
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73 Vgl. Marshall, Art. Salvation 724. 74 S.o. unter 1.1.2. 75 Siehe Dibelius, Jakobus 302; Frankemölle, Jakobus II 715. In Verbindung mit den Heilungen Jesu begegnet oco(k> in den synoptischen Evangelien 16mal, 2mal tritt die verwandte Form ÖiaöcpCw auf (Mt 14,36; Lk 7,3). Die beiden Verben GepaTTeiJa) und Laofiai erscheinen im gleichen Zusammenhang 33mal bzw. 15mal; siehe Foerster, Art. ÖCOCW 990. 76 Vgl. Mk 5,34 Parr.; Mk 10,52 Par.; Lk 8,50; 17,19; Apg 14,9 sowie 1 Makk 2,59: „Hananja, Asarja und Mischael glaubten (bzw. hatten Vertrauen) und wurden aus dem Feuer gerettet (TUOT€uoavT€<; 4oü$0r|aav)." 77 Siehe Mk 5,34 Parr. Mt 9,22, Lk 8,48; Mk 10,52 Par. Lk 18,42. 78 Hahn, Verständnis 55; vgl. Ebeling, Jesus 87f, 95, 98f; Nielsen, Heilung 71f. Zur Bedeutung des Fiduzialglaubens in den ntl. Wundererzählungen s.u. Kap. VI. 79 Vgl. 1 Kor 1,21; Eph 2,8. 80 Vgl. z.B. die Verwendung von ou)(w in Mk 5,28.34 Par. Mt 9,21.22 sowie Seybold/Müller, Krankheit 137. 81 Spicq, Art. OCO(Ü) 635, Anm. 2 in Anlehnung an A. George.
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semantische Konnotation stets aus d e m Kontext ableitet und daher keine inhärente Doppelbedeutung b e s i t z t . Einheitlich ist im ntl. G e brauch lediglich das akut-dynamische M o m e n t der Rettung sowohl im physischen als auch im soteriologischen Bereich und damit verbunden der zentrale Aspekt der Befreiung aus einer existentiellen Notsituation. 82
1.4
Die Formel öcpCeiv xbv
YLCL\LVOVXCL
im antiken Sprachgebrauch
Nach den Beobachtungen zur Verwendung des Verbs OGO(G) soll nun noch die im biblischen Schrifttum und den Pseudepigraphen mit Aus nahme von Jak 5,15 nicht vorkommende Formulierung ocpCeiv xbv K a j i v o v T a u.a. betrachtet werden. Eine ausführliche Recherche der anti ken literarischen und nichtliterarischen Texte mit Hilfe von elektroni schen D a t e n b a n k s y s t e m e n hat ergeben, dass der Ausdruck (abgese hen von Zitaten von Jak 5,15) in den verschiedenen Bereichen der klassischen, hellenistischen und byzantinischen Literatur sowie in den antiken Tempelinschriften mit einer geringen, jedoch statistisch ver wertbaren Häufigkeit vorkommt. Diese aus den medizinischen und ma gischen Werken, den Bereichen der Philosophie, Rhetorik und Historiografie sowie der christlichen Literatur stammenden Suchergebnisse bilden den Datenbestand der nun folgenden Betrachtung von Quellen texten. D a die o.g. Datenbanken über 9 0 % der z.Z. edierten literari schen und nichtliterarischen Quellen umfassen, entsteht auch ein ge wisser Anspruch auf Vollständigkeit. 83
In der medizinischen Literatur und den mit ihr verwandten religiösen und magischen Texten ist die Redewendung oq>(eiv xbv K a | i v o v i a bzw. XOVQ Ka^vovxac, fest etabliert. So begegnet die Wendung in einer pseud epigraphen Epistel der hippokratischen Schule, deren Abfassungszeit allerdings ungewiss ist. Hier wird von Hippokrates berichtet, dass er die Athener während der Bedrohung durch die herannahende Pest durch seine ärztliche Fachkenntnis unterstützt, indem er seine Schüler mit Anleitungen zur Behandlung (0epa7T€iai) aussendet. Weiter heißt es: „Und damit die den Griechen geschenkte ärztliche Kunst zuverläs sig die an ihr (der Pest) Erkrankten retten würde (öcpCrj XOVQ Ka^vovxac, ai)tov), gab er (Hippokrates) freigebig seine Aufzeichnungen über die Heilkunst preis, denn er wollte, daß es viele Ärzte gäbe, die (Men schen) retten würden (OCOCOVTOCC;)." In diesem Zitat begegnet offen84
82 Dies wird besonders deutlich, wenn man die Bedeutung von OC6(G> in Apg 4,9, wo Bezug auf die Heilung eines Kranken genommen wird, mit 4,12 vergleicht, wo sich „retten" einzig auf das seelische bzw. eschatologische Heil Israels bezieht. Eine Doppelbedeutung entsteht bei diesem Wortspiel trotz der räumlichen Nähe der Verse nicht; vgl. auch Mk 3,4 Par. Lk 6,9 im Kontext einer Heilung. Gegen Foerster, Art. ocpCü) 990; Marshall, Faith 109 mit Anm. 1; Marshall, Art. Salvation 722. 83 TLG CD-ROM #D; PHI CD-ROM #7. 84 Hippoer, Pseudepigraphic Writings 106, Epistel 25,16-19.
///.
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Zur Terminologie der Genesung und Heilung in Jak 5,13-16
sichtlich nicht nur die in Jak 5,15 vorfindliche Wendung, sondern hier wird auch das akut-dynamische M o m e n t der Lebensbedrohung und deren Abwendung durch die ärztliche Kunst besonders evident. In den Inschriften der den griechischen Heilgöttern geweihten Tempel findet sich der Ausdruck ebenfalls. So heißt es von Asklepios auf einem Würfelorakel in Saracik in Lykien aus d e m 4. Jh. v.Chr. explizit: aXXa KUXOV ooi Kai xbv K a | i v o v i ' kv VOUÖCO ocoCeiv Geoc; . . . Eine zusätzliche Erläuterung des Ausdrucks wie an dieser und der vorher gehenden Stelle fehlt jedoch in den übrigen Belegen (s.u.). So lautet ein weiterer Spruch auf dem gleichen Würfel: xov t e (})6ßov A.uoei, K a i 85
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xbv K a j i v o v t a ö e acooei .
Der berühmte griechisch-römische Arzt des 2. nachchristlichen Jh. Claudius Galenus verwendet die Wortkombination passivisch. In einer gesonderten Studie beschreibt Galen allgemein die unterschiedlichen Stadien des Krankheitsverlaufs von der Anfangsphase bis hin z u m Höhepunkt mit den beiden Möglichkeiten a) des Eintretens des Todes oder b) der Genesung, d.h. „wenn die Kranken durchkommen werden ( o t a v ye fieAAcooiv ol Ka\xvovxe(; o o ^ o O a t ) " . Der fortlaufende Gebrauch der Formel auch in der byzantinischen Zeit zeigt, dass es sich hier nicht u m einen lokalen oder temporären Sprach gebrauch handelt. So gebraucht der Arzt Alexander von Tralles die W e n d u n g im 6. Jh. n.Chr. im gleichen akut-dynamischen Sinn wie die Ärzte der Antike. Zunächst bemerkt Alexander bei der Beschreibung der Behandlung skirrhotischer G e s c h w ü l s t e bezüglich einer gewissen Einreibung: „Und er (der Arzt) hat dadurch viele geheilt (... K a i TTOAAOIX; « E o c o o e v ) , so daß der Kranke weder eines Aderlasses noch eines Abführmittels bedurfte ( w o i e |af| c^eßoiofiiac; f\ K a G a p o e c o g öer|0fivai xbv K a | i v o v i a ) . " Weiter heißt es für den Fall einer Leber entzündung: „Wenn aber alle M ü h e umsonst ist, der Kranke gar keine Erleichterung erhält (aTrapa[ii)6r|Tog 6 Kafivcov eir)), und keines der Mittel, welche die Wissenschaft empfiehlt, gegen das hartnäckige Lei den hilft, so ist es kein Fehler, sich der wunderthätigen Amulette zu bedienen, u m die Heilung des Kranken zu erzielen ( t o ö owoai T Ö V K a | i v o v i a ) . Denn es ist frevelhaft, einen derartigen Versuch zu unter lassen und das, was d e m Kranken Rettung bringen kann (tcov elq öcotTipLav ovvxeXovvxuv xä> KOL\IVOVXI), Z U verbieten." Bezüglich der medizinischen Ethik schreibt Alexander in Verbindung mit der Be8 7
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85 TAM 2,3, Lykia, Doc. 1222 (Oracula Talis Pettita), Fac. a, Nr. IX, 3-4,429. 86 A.a.O., Fac. d, Nr. LVI, 5, 430. Der exakt gleiche Text des Losorakels findet sich als Säuleninschrift im Tempel von Termessos (Güllük), Pisidien, TAM 3,1 (Tituli Pisidiae, Termessos), Doc. 34, Fac. d, Nr. LVI, 75, 33. 87 Galen Tot Morb Temp 11,7. 88 Das sind in Krebs überzugehen drohende Verhärtungen. 89 Nach anderer Lesart eoa)(ev; vgl. im Quellentext Anm. 3. 90 Alexander von Tralles Therapeutica 137, 7-8. 91 A.a.O. 318/319,4-9 (Übersetzung Puschmann).
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handlung des Quartanfiebers: „Darin besteht die Aufgabe eines tüch tigen Arztes alles, was erforderlich ist, aufzubieten und mit allen Mitteln der Kunst und Wissenschaft den Kranken zu retten (ocooai xbv K a j i v o v T a ) wie eine im Krieg belagerte S t a d t . " Anders als beim Sprachgebrauch der synoptischen Evangelien nimmt ocpCeiv hier also nicht nur die Bedeutung „heilen", sondern vor allem die speziellere Konnotation „durchbringen" an. Das Verb Qepaneieiv drückt dagegen den Aspekt „behandeln" aus. So schließt Alexander bei seinen Ausfüh rungen zur Behandlung der Cholera mit den Worten: „In dieser Weise m u ß man also die Kranken behandeln (oiko) \iev ovv aikoix; 0€paTT€U6Lv Ö€i), wenn recht starkes und häufiges Erbrechen vorhanden ist, und die Diarrhöe alles M a ß überschreitet und mit Krämpfen und Ohnmächten verbunden ist, so daß der Kranke in Folge des vielen Erbrechens und Stuhlganges in Todesgefahr schwebt (wore K i v ö u v € i ) € i v enroAioGoa xbv K c q i v o v t a ) . " Wie in den Ausführungen bei Alexander von Tralles wird das akut-dy namische M o m e n t der W e n d u n g oo)(€iv xbv KajivovToc auch bei dem Philosophen Leo von Konstantinopel aus dem 9. Jh. n.Chr. deutlich sichtbar, wenn dieser in seiner medizinischen Schrift Conspectus medicinae bezüglich bösartiger fieberhafter Erkrankungen schreibt: „Für alle diese (Erkrankungen) ist die Behandlung die gleiche, wenn der Kranke überhaupt gerettet werden kann (€i öAxog Kai ocoCetai 6 Ka|iva)v)." Doch nicht nur im Bereich der Humanmedizin ist die besprochene W e n d u n g zu finden. Sie begegnet auch in der Hippiatrika, einer Sammlung veterinärmedizinischer Schriften aus byzantinischer Zeit, die im 9. Jh. zusammengestellt wurde und Texte enthält, die bis auf das 3. Jh. n.Chr. zurückgehen. Hier heißt es im Anschluss an die Darstel lung der Behandlung von bestimmten spontanen Lähmungserscheinun gen eines Tieres: „... und so rettest du das Kranke (Kai ooo(ei<; oikcog TÖ Ka|ivov)." Auch hier scheint der Aspekt des Lebensbedrohlichen durch. Wie die wissenschaftliche Medizin hatte auch die antike Magie das Anliegen der Bekämpfung von Krankheit. Die Grenzen waren hierbei oft fließend, wie das Zurückgreifen auf Amulette im obigen Beispiel des Alexander von Tralles zeigt. Daher überrascht es auch nicht, dass in beiden Bereichen die gleiche Terminologie der Rettung mit ihrem akut-dynamischen M o m e n t begegnet. So versuchte man z.B. mit Hilfe von W u n d e r s t e i n e n ebenfalls, Kranke vor dem Tod zu „retten". Dies 92
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92 Alexander von Tralles Defebris 409, 17-21. 93 Alexander von Tralles Therapeutica 330/331, 9; 24-28. 94 Leo Constantinopolitanus Conspectus medicinae I 14, 9-10 (Ausgabe Ermerins 103,4-5). 95 Hippiatr. II Abschn. 318, 5-6. 96 Hierzu siehe Der kleine Pauli III 681; IV 356-362.
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verdeutlicht ein Zitat aus d e m Steinbuch (lithica) aus den pseudoorphischen Dichtungen aus d e m 4. Jh. v.Chr.: „Denn wenn j e m a n d gerade durch eine Verletzung im Sterben liegt (ei yap xic, K a i il/vjxoppaywv TVJ%T) TTapa t o ö TpavjjiaToc;), und er hängt dieses (Wundersteinchen) u m sich oder umgibt sich damit, wenn er ganz zerschlagen ist, dann löscht es sofort nach kurzem die Leiden und rettet den Kranken ( a u t i K a K a t a ß p a % i ) XOLQ äXyx]66vaQ aTTO|iapaiV€i K a i o c o ( € i xbv K c q i v o v T a ) . " An religiöse Implikationen ist dabei nicht gedacht. Im Bereich der antiken Medizin und ihrer Nachbargebiete steht die Formel o o ) ( e i v xbv K c q i v o v t a bzw. T O I X ; K c q i v o v t e c ; also über etliche Jahrhunderte hinweg ausschließlich für die Überwindung lebensbedrohlicher Zustände, nicht aber für die Heilung gewöhnlicher Leiden oder Behinderungen. O b die Formel außerhalb der medizinischen Literatur in gleicher Weise Verwendung findet, ist im folgenden zu untersuchen. 9 7
Neben den medizinischen Abhandlungen begegnet die W e n d u n g ocpCeiv xbv K a j i v o v i a auch in den Werken anderer antiker Autoren und zwar über etliche Jahrhunderte hinweg. Der griechische Philosoph Chrysippos (3. Jh. v.Chr.) stellt fest, dass schlechte bzw. falsche Ärzte „die guten Ärzte nachahmen, denn auch wenn sie sehen, dass es für die Kranken unmöglich ist, gerettet zu werden ( O L KOLV öpwoiv abwaxov XOIQ Kap,voi)oi T Ö G(jp(€G0ai), wenden sie dennoch bereitwillig Behandlungen an (TTpoa(J)6poi)OL xv\v 0€paTT€iav q i c o g a o j i e v o i ) . " Ähnlich findet sich die Kombination von ocpCo) und d e m substantivierten Partizip 6 KajiVGov bei d e m Geschichtsschreiber Diodorus Siculus ( 1 . Jh. v.Chr.) in einer Beschreibung der strengen Verhaltensregeln für ägyptische Ärzte. Bei Nichtbefolgen der traditionellen Behandlungsmethoden droht ihnen die Todesstrafe. „Wenn sie jedoch die Vorschriften befolgt haben, die im heiligen Buch zu lesen sind, und sie können den Kranken (trotzdem) nicht retten (KOLV XOIQ £ K tf|<; Upac; ßißA.ou v6p,oi<; dvaYiva)OKop,6voi<; a K o A o i ) 0 n o a v T € ( ; a ö u v a i f j o c o o i owoai xbv K a f i v o v t a ) , dann werden sie von jeder Anschuldigung freigesprochen und gehen straffrei a u s . " W i e in der medizinischen Literatur schwingt auch hier deutlich das akut-dynamische M o m e n t der lebensbedrohlichen Erkrankung mit. In der hellenistisch-jüdischen Literatur begegnet der besprochene Ausdruck bei Philo von Alexandria (ca. 20 v.Chr. bis ca. 50 n.Chr.) gleich dreimal, jeweils in einer Analogie. So vergleicht Philo die problematische „Rettung" solcher, die an ihren Lastern zugrunde gehen, mit d e m B e m ü h e n der tüchtigen Ärzte u m die Heilung der Kranken, auch wenn der Fall aussichtslos ist. Hierbei zitiert Philo zur Beschreibung der 9 8
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Orphica, Lithica kerygmata 151, 12-15. Chrysipp, Fragmenta moralia Fragm. 636, 9-11. Diod Sic I 82,3 (Ausgabe Oldfather 280).
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///. Zur Terminologie der Genesung und Heilung in Jak 5,13-16 100
ärztlichen Praxis die oben angeführten Worte des Chrysippos e x a k t . An anderer Stelle geht Philo auf der Suche nach der Analogie sogar ins medizinische Detail: „Auf diese Weise retten auch gute Ärzte die Kranken ( T O Ü T O V T Ö V t p o t T o v Kai o l xv\v iaxpiKr\v dyaGol O G O ( O I ) O I xobc, Kd|ivovTaO; nicht eher nämlich wollen sie ihnen Speise und Trank reichen, als bis sie die Ursachen der Krankheit entfernt h a b e n . " Die akute Natur des Krankheitszustandes ist auch hier nicht zu übersehen. Der Ausdruck begegnet weiterhin in Philos Kritik an den „rein theore tischen Geistesbetätigungen: zu ihnen zählt die (reine) Heilkunde (LaTpoA.OYLa), die absieht von der Praxis, durch welche die Kranken erhalten werden können (6Y (5v XOVQ Ka|ivovTa<; €LKO<; 4 O T I oco(€aQai), ferner in der Rhetorik die Sachwalter- und Lohnredekunst, . . . " Wie Philo gebraucht auch der Rhetor Aelius Aristides (2. Jh. n.Chr.) die Redewendung in der Analogie von der medizinischen Praxis mit deutlich akut-dynamischem Moment: „Aber während die ärztliche Heilkunst die Kranken rettet (all' €(o<; a v LaTpua} OGO(T) TOUC; KOL\IVOVXCLQ) und der des Seefahrens Erfahrene die zur See Fahrenden und die Gesetze die Bedürftigen, , . . " Der berühmte Aristotelesaus leger Alexander von Aphrodisias, der zwischen 198 und 211 n.Chr. in Athen lehrte, spricht ebenfalls von der (lebens)rettenden Tätigkeit der antiken Mediziner, wobei er oopCeiv wiederholt absolut und zugleich sehr differenziert g e b r a u c h t . Abschließend stellt er fest: „Denn das Werk des Arztes besteht darin, alles zu tun, was nach der medizini schen Kunst möglich ist, u m den Kranken zu retten (TTpöc; T Ö ocoGfjvai xbv K a f i v o v i a ) , das Ziel ist also zu retten {xkXoc, Sk o c o o m ) . " Im 5. Jh. n.Chr. formuliert der Athener Rhetor Sopater dann in einem Gebet an die Götter Asklepios und Apollos: „Daher gebt auch mir bereitwillig wohlzutun, zu retten, zu heilen die Kranken (euepY^tv, OG5(€LV, LäoGai T O I X ; Ka|ivovTa<;) und dergleichen." Auch hier dürfte „retten" in seiner Grundbedeutung der Überwindung einer existenti ellen Not gebraucht sein. Aufgrund der Reihenfolge ist „heilen" hier 101
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100 Vgl. Philo Sacr 123,3. 101 Philo Decal 12; vgl. Fug 27. 102 Philo Agr 13. 103 Aristid, IIp6<; TrAatcova uepl pnTopiKfy; 60, 13 (Ausgabe Jebb). Der Vergleich der Rettung durch den erfahrenen Kapitän und den Arzt findet sich ganz ähnlich auch bei Philo Fug 27: „Oder weißt du nicht, daß wenn ein Laie die Führung eines Schiffes übernimmt, das noch gerettet werden könnte (otpCeoöai 6uvot|!6vr|v), er es zum Scheitern bringt, während der des Steuerns Kundige auch das Schiff oft rettet (€ög)ö€), das vor dem Untergang ist, und daß Kranke bei unkundiger Pflege körper lich gefährdet sind (Kai tgw KaLivovTcov ol |i€v diT€ipiä xcov 0€paiT€u6vTG)v Xpriöa|i€voL ...), bei sachverständiger dagegen auch gefährliche Krankheiten über stehen (Kai XÖLQ 0(j)aA.€pa<; voöouq diT€(j)UYOv)." 104 Vgl. Alex Aphr In Aristoteles topicorum I 3 (Ausgabe Wallies 32,27-33,2). 105 Ebd. Z. 27-29. Weiter stellt Alexander fest, dass sogar die „unehrenhaften bzw. Nicht-Ärzte häufig einige Kranke retten (oa$(ouoi yap TIOXXOLKIQ Kai ol dviaipOL tlvag Kd[ivoi/ra<;)", ebd. Z. 3-4.
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wohl der Oberbegriff für „wohltun" und „retten", zwei unterschiedli che Aspekte der ärztlichen Tätigkeit. Ein tautologisches Verständnis von „heilen" und „retten" dürfte jedoch aufgrund der semantischen Differenzierung von „wohltun" und „retten" auszuschließen sein. Nur mit d e m Gedanken „retten" als d e m wohl wichtigsten Aspekt der ärzt lichen Tätigkeit heißt es danach bei Sopater: „Mir allein ist anvertraut worden, die leidenden Kranken zu retten (\iovoc, o ( o ( e i v k-nioxe\)6\xr\v TraGoix; TOIX; K d q i v o v T a g ) " . Später konstatiert er jedoch resignierend: „damit ich nicht mehr die ärztliche Kunst benötige, und keinen heilen werde ( O U T ' l a o o f i o a o i ) Ö € v a ) , und keinen Kranken mehr retten werde (0l)K € T l ödSöO) Xbv K C C | i V O V T a ) . " W i e in den medizinischen Schriften begegnet der Ausdruck oopCeiv xbv KCL[IVOVXCL offensichtlich auch in der übrigen antiken und spätantiken Literatur in Verbindung mit der ärztlichen Heilkunst. Und wie in den medizinischen Schriften steht auch hier der Aspekt der Lebensrettung deutlich im Vordergrund. Dabei stellt sich die Verwendung der Formel über einige Jahrhunderte hinweg als außerordentlich einheitlich dar. An die Überwindung einer seelischen Schwäche oder an eine Rettung im transzendenten (soteriologischen) Sinne ist nicht gedacht. Folglich hat der Ausdruck seinen Sitz im Leben in der Überwindung schwerer Krankheit. Die zu O G Ü ( € I V xbv K c t | i v o v T a semantisch i d e n t i s c h e Wen dung ocpC^Lv xbv äoQevovvxa begegnet in der antiken Literatur hinge gen nur ausgesprochen s e l t e n . Dies bedeutet, dass die formelhafte Wendung o w ( € i v xbv Ka\ivovxa im antiken Sprachgebrauch und darü ber hinaus keinen wahlfreien, vom Kontext abhängigen Inhalt an nimmt, sondern eine feste semantische Prägung besitzt. 106
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In den christlichen Schriften der ersten Jahrhunderte erscheint die Redewendung von der „Rettung der Kranken" nur vereinzelt. Doch auch hier wird der Ausdruck in der gleichen Weise verwendet wie in der übrigen antiken und spätantiken griechischen Literatur. Epiphanius, Bischof von Salamis (4. Jh.), gebraucht die Wendung wie zuvor Philo und Aristides als Analogie: „... so wie (bei) der ärztlichen Kunst, durch die die Kranken gerettet werden (d)GTT€p 4IT' latpiKfi^, 6Y fjg TOIX; 106 Sopater, Auxipeoic; fT]Tr||idTa)v 59, 3-4.10; 66, 24-25. 107 Vgl. Galen Meth med II 3 = Kühn X 91; van Brock, Vocabulaire medical 272. 108 Der erste mit Hilfe der elektronischen Datenbanken ermittelte Beleg ist nicht notwendig spät, denn die in der veterinärmedizinischen Sammlung Hippiatrica angeführten Texte aus dem 9. Jh. gehen z.T. bis auf das 3. Jh. zurück. Hier hat das Partizip jedoch lediglich attributive Funktion. So heißt es in Hippiatr. I 161,8 von einer Behandlung: „und es rettet die schwachen (Hunde-)Welpen ( K a i u[i]a<; dö0€voOvTag ocpCei), denn es heilt sie auf wunderbare Weise (uyiaCei Ö€ 0ai)|iaaTa)<;)". In einer mittelalterlichen Ergänzung des Astrampsychi Losorakels P.Iand. 71 ist dagegen zu lesen: „Wird der Kranke gerettet? €i 6 aoQevtov oG)0r|O€Tai; ... Der Kranke wird gerettet 6 do0evc5i> oa)0r|O€Tai." Siehe Kuhlmann (Hrsg.), Die gießener literarischen Papyri und die Caracalla-Erlasse 214, Anm. 1.
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aooCeoGoa), müssen die Worte durch Werke bekräftigt werden, , . . " Der Theologe und Lexikograph Photius von Konstantinopel (9. Jh.) vergleicht genau wie Philo und Aristides die Lebensrettung durch den Steuermann und die Rettung durch den Arzt: „Wenn alle Steuermänner alle ihre Passagiere retten würden (El öe eoa)(ov ( i e v ol K u ß e p v f y c a i ...), wenn alle Ärzte alle ihre Kranken retten würden (eocoCov Ö ' ol laxpol caTaviec; a i r a v a a q XOVQ Ka\ivovxao), . . . " Diese Übernahme der Redewendung lediglich in zwei Analogien altkirchlicher Theologen zeigt, dass der formelhafte Ausdruck von der Rettung der Kranken nur eine rhetorische Anleihe darstellt und nicht aus der theologischen Terminologie der alten Kirche stammt. KccjivovTac;
109
n o
Die medizinischen, philosophischen und auch die christlichen Belege zeigen, dass die Redewendung ocpCeiv T Ö V K d j i v o v t a die feste Bedeutung „den Kranken retten" im Sinne von „am Leben erhalten" annimmt. An eine Rettung im soteriologischen Sinn ist offensichtlich nicht gedacht. Somit wird der Ausdruck zum Terminus technicus, der in den verschiedenen literarischen Disziplinen über etliche Jahrhunderte hinweg v o m klassischen Griechisch über die hellenistische bis zur byzantinischen Epoche hin gleich verstanden wird. Es geht dabei also nicht lediglich u m die Heilung gewöhnlicher oder degenerativer Krankheiten, sondern u m die Überwindung akuter lebensbedrohlicher Krankheitszustände. Der Sitz im Leben ist also die lebensbedrohliche Erkrankung. 1.5
HcpCeiv xbv
Kajivovia
in Jak 5,15
Die semantische Prägung von O G ) ( G ) in der Zusage K a i T) d)%x\ xf\c, 7TLöT€k)£ acoaei xbv Ka\xvovxa in Jak 5,15 ist durch zwei wesentliche Aspekte gekennzeichnet: 1) Die Wendung oopCeiv xbv K d | i v o v t a bildet in der Antike und darüber hinaus einen Terminus technicus für die Überwindung meist lebensbedrohlicher Krankheit (s.o.). Die W e n d u n g begegnet weder mit einer soteriologischen Bedeutung noch beinhaltet sie eine psychologische Komponente. 2) Die Bedeutung von owCu wird im hellenistischen Griechisch einheitlich durch den unmittelbaren Kontext bestimmt (s.o.). Als fester Bestandteil des antiken Heilungsvokabulars begegnet O G O ( G ) dabei am häufigsten im Zusammenhang der Krankenheilung. Entsprechend spielt das Verb auch innerhalb der urchristlichen Heilungsterminologie eine bedeutende Rolle. Daneben kann sich das Verb auf das Seelenheil beziehen, und zwar sowohl in der paganen Literatur als auch im NT. 109 Epiph Haer 64,19, Z. 17, Ausgabe Dummer II 431. 110 Photius Bibliotheca, Codex 248, 435b, 15, 16-18 (nach Bekker), Ausgabe Henry VII116. Vgl. o. Anm. 81.
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In Jak 5,14f wird der Kontext in erster Linie durch das Verb doGevea) im Ausdruck doGevet ZIQ kv h\ilv in V. 14a und das zu ÖCOCCO gehörige direkte Objekt xbv K<X\LVOVXOL in 5,15a gebildet. Im vorhergehenden Kapitel konnte gezeigt werden, dass sowohl das absolut stehende Verb doGeveo) aufgrund seiner syntaktischen Einbindung als auch das absolute substantivierte Partizip Präsens 6 K d | i v o ) v aufgrund seiner grammatischen F o r m im hellenistischen Sprachgebrauch deutlich die semantische Konnotation der körperlichen Krankheit zum Ausdruck bringt. Die erst auf V. 15a.b folgenden Stichworte diiapitoa in V. 15c und £ £ O | I O A O Y € L V in V. 16a prägen dagegen schon wegen ihrer Position innerhalb der Perikope nicht den Kontext von 15a.b, d.h. OGO(G) steht in 15a in keinem soteriologisch-eschatologischen Kontext. Mit anderen Worten, der Leser wird in keiner Weise auf ein theologisches Verständnis des Verbs vorbereitet. Hinzu kommt, dass es sich im Nachsatz 15c j a nur u m die Möglichkeit begangener Sünden handelt, Sünden liegen also nicht notwendig vor. Damit spricht die kontextuelle Einbindung von OGO(O) in Jak 5,15a deutlich gegen ein soteriologisches und für ein physisches, d.h. ein medizinisches Verständnis des Verbs. Dies nimmt die Mehrzahl der Exegeten also mit Recht a n . F. Vouga u.a. argumentieren dagegen, dass der ansonsten ausschließlich soteriologische und eschatologische Gebrauch von öcpCco im Jak (vgl. 1,21; 2,14; 4,12; 5 , 2 0 ) - wie zumeist in der ntl. Briefliteratur auch eine solche Bedeutung in 5,15 impliziere. Es ist jedoch zu beachten, dass in den übrigen Stellen der soteriologische und eschatologische Aspekt durch den Kontext eindeutig vorgegeben ist. So heißt es z.B. in 5,20 explizit von dem, der einen Sünder von seiner Verirrung zurückführt: o c o o e i I|/DXT]V ooruoü ha Gavdtou . In Jak 5,15 liegt aber ein ganz anderer kontextueller Bezug vor. Hinzu kommt, dass auch an anderer Stelle im N T die unmittelbare Nähe und zugleich deutliche Unterscheidung der medizinischen und der soteriologischen Konnotation von OGO(G) Z U beobachten i s t . Auch fehlen in Jak 5,14f die aus den Paulusbriefen vertrauten Objekte der Rettung wie i ö 6LT\OXUX6Q, ol IUOT€1)OVT€<;, ol d | i a p T 0 ) A . 0 L oder ähnliche Begriffe mit direktem Bezug auf oGo(a). Vouga folgert dennoch: „... la priere des anciens sur le malade n ' a pas pour horizon decisif sa guerison, mais son salut. En d'autres termes, en affirmant que la priere de la foi sauvera le malade, Je dit sa confiance absolue en Vexaucement, c.-ä.-d. en la fidelite de Dieu qui aecompagne le frere dans sa maladie et sa souffrance." An dieser Stelle greift die Kritik von J. Wilkinson: „ W e are never told in 1 1 1
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111 S.o. Anm. 2. 112 Etwas differenzierter an dieser Stelle Frankemölle, Jakobus II 715. 113 Ob es sich hier um die Seele des Sünders oder die des Seelsorgers handelt, bleibt offen. 114 Vgl. Apg 4,9.12. 115 Vouga, Jacques 142 (Hervorhebungen des Autors).
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the N e w Testament that a man will be saved in a spiritual sense by prayer. Furthermore, physical healing would naturally precede any raising u p " . Dabei ist nicht allein die Vorstellung einer geistlichen Rettung durch das Gebet ungewöhnlich. Fraglich ist auch, warum einem kranken Gemeindeglied, welches nach V. 15c nicht notwendig Sünden begangen hat, das ewige Heil (wiederholt) zuteil werden muss. Vor allem aber würde V. 15a im Umkehrschluss bedeuten, dass der Kranke ohne das Gebet der Ältesten und deren Salbung u.U. nicht das ewige Heil erhielte. Das ist aber gewisslich falsch. Diese Schwierigkeit zeigt, dass die gelegentliche Doppelbedeutung von 006(00 in der Formel T) TT LOT ig ooi) O£OOOK€V 0 6 in den synoptischen Evangelien hier nicht zum Tragen kommt, denn dort werden Menschen körperlich geheilt und erlangen zugleich ein tieferes Verständnis von Jesus. Damit ist letztendlich B. Kollmann zuzustimmen: „Ohne Anhalt a m Text sind die Versuche, in 5,15 ouoei und kyepel nicht als logisches Futur auf körperliche Heilung, sondern eschatologisch-futurisch auf die Rettung zum Heil und auf die Auferstehung zu b e z i e h e n . " Die kontextuellen Überlegungen zu Jak 5,15 bestätigen damit, dass die Formel Ö O O ( € L V xbv KOL\LVOVXCL in Jak 5,15 entsprechend ihrer außerbiblischen Verwendung für die Heilung einer (physischen) Erkrankung s t e h t . Eine soteriologisch-eschatologische Konnotation von 000(00 oder auch nur eine entsprechende Doppelbedeutung ist also für Jak 5,15 a b z u l e h n e n . 1 1 6
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Als letztes bleibt noch die Frage, ob sich aus der verwendeten Heilungsterminologie Rückschlüsse auf die Art und das Ausmaß der Erkrankung ziehen lassen. Die meisten Exegeten gehen davon aus, dass es sich in Jak 5,14 u m einen ernsthaft Kranken handelt, der als Bettlägeriger die Ältesten rufen lassen muss. Eine solche Interpretation ist zwar nicht zwingend, doch in Verbindung mit dem akut-dynamischen M o m e n t der Wendung O O O ( € L V xbv KCL\WOVXOL dürfte der Autor hier vermutlich einen derart Kranken im Blick haben. Da viele akute Erkrankungen aufgrund des unzureichenden Standes der antiken Medizin eine Lebensbedrohung darstellten, dürfte es sich hierbei auch nicht u m eine Ausnahmeerscheinung gehandelt h a b e n . Dies bedeutet, dass 120
116 Wilkinson, Healing 334; ähnlich Moo, James 243. 117 Kollmann, Wundertäter 345, Anm. 18. Ähnlich deutlich Hauck, Jakobus 234. Vgl. auch Meinertz, Krankensalbung 27-36. 118 An psychische Erkrankungen ist hier offensichtlich nicht in erster Linie gedacht (siehe auch Kap. II), doch schließt Jak 5,13-18 derartige Erkrankungen auch nicht aus. 119 Gegen Johnson, James 332f; Martin, James 201; Mitton, James 200; Vouga, Jacques 142; Wall, Community 266; Warrington, Observations 165. 120 Eine Inanspruchnahme der eher auf einer empirischen Vorgehensweise beruhenden antiken Medizin durch die Christen ist dabei durchaus anzunehmen; vgl. Ferngren/Amundsen, Medicine and Christianity 2977: „Because Hippocratic medi-
///. Zur Terminologie
der Genesung und Heilung in Jak 5,13-16
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in Jak 5,15a nicht nur die profane Konnotation „heilen" an nimmt, sondern dass hier auch die Grundbedeutung des Verbs, nämlich „retten aus Lebensgefahr" als akut-dynamischer Vorgang, mitschwingt (vgl. Joh 11,12; Hebr 5,7; 1 1 , 7 ) .
ÖCO(G)
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2. D a s Verb e y ^ p w Neben aop(a) beschreibt in Jak 5,15 das Verb e y e i p o ) die Veränderung des Zustands des Leidenden. So schließt sich an den Hinweis auf das rettende Gebet im ersten Versteil die parallele, ebenfalls futurische A u s s a g e Kai kytpel
a t k ö v 6 K u p i o g in V. 15b an. D a s Subjekt 6 K u p i o g
ist dabei gegenüber 15a in chiastischer Weise nachgestellt und erhält so ein besonderes Gewicht: Gott richtet den Kranken wieder auf, nicht die menschliche Anstrengung. W i e OOO(G) begegnet auch das Verb e y ^ L p a ) sehr häufig i m biblischen und außerbiblischen Griechisch. Der absolute Gebrauch, d.h. die Ver wendung des Verbs ohne nähere Bestimmung, ist jedoch - wie auch zuvor bei oop(o) - mit keinen semantischen Implikationen verbunden. Daher ist das Hauptaugenmerk der nachfolgenden Untersuchung auf die kontextuelle Einbindung des Verbs zu richten. 2.1
Außerbiblisches Vorkommen
Die Grundbedeutung von kytiptü lautet „aufwachen v o m S c h l a f . Hin zu tritt eine Vielzahl weiterer Konnotationen, die stets durch den Kon text bestimmt werden. So kann e y e i p o ) bei intransitiver Verwendung z.B. „aufstehen", „sich erheben", „sich erregen" und in seltenen Fällen auch „vom Tode aufstehen" bedeuten. Bei transitivem Gebrauch - wie in Jak 5,15 - steht das Verb für „wecken", „anfeuern", „erregen", „aufrichten", „errichten", „ a u f h e b e n " . N u r sehr selten begegnet kytipu i m außerbiblischen Sprachgebrauch mit persönlichem Objekt mit der Bedeutung „Tote a u f e r w e c k e n " . Eine psychologische K o m ponente i m Sinne von „seelisch aufrichten" oder eine medizinische 122
123
eine was secular, Christian physicians were not compelled to detach it from a pagan religious milieu." Siehe auch oben den Exkurs 2: „'Rettung' aus medizinischer und sozialer Perspektive". 121 Die Wiedergabe von owaei in Jak 5,15a durch N&^nft (D^n: qal.: gesund sein, stark sein; hif.: gesund machen) in der Peschitta bestätigt dieses Ergebnis. Das glei che gilt für die Vg. und die lat. Mss., die mit salvabit (salvere: gesund sein, gesund bleiben, sich wohl befinden) übersetzen. 122 Vgl. Kerner, Art. eyeipu 900; Liddell/Scott, Lexicon 469; Moulton/Milligan, Vocabulary 179; Oepke, Art. eyetpa) 332f. 123 Vgl. Oepke, a.a.O. 333. Oepke führt als einzigen Beleg Ps.-Apollod., Bibliotheca 7/124 (2. Jh. n.Chr.) an.
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Konnotation führen die einschlägigen Wörterbücher des außerbib lischen Griechisch für kytipu nicht a n . 1 2 4
2.2
In der Septuaginta und der hellenistisch-jüdischen Literatur
In der L X X begegnet eyeipo) mit den gleichen Bedeutungsaspekten wie im außerbiblischen Sprachgebrauch, jedoch durch den Einfluss der zugrundeliegenden hebräischen Wurzeln Elp und (oft im Hifil) etwas anders a k z e n t u i e r t . Hierdurch ergibt sich in der L X X häufig die Bedeutung „einsetzen, hervorbringen" mit persönlichem Objekt. Im Sinne von „vom Tode auf erwecken" begegnet kydpco in eindeutigem Kontext in 2 K ö n 4 , 3 1 ; Jes 26,19; Sir 48,5; GDan 12,2 und wiederholt auch in V i t P r o p h . M i t übertragener Bedeutung steht das Verb z.B. in 1 S a m 2,8 und Ps 113,7 für das „Aufrichten bzw. Wiederherstellen" des Bettlers v o m Misthaufen. Ähnlich metaphorisch heißt es bei Jos Ant 19, 2 9 4 bezüglich der Wiederherstellung des persönlichen und politischen Geschicks König Agrippas I: „Und die goldene Kette ... hing er i m Tempelbezirk a u f u m zu zeigen, wie der größte Reichtum zu Fall k o m m e n kann, und dass Gott manchmal das Gefallene aufrichtet (Kai T O Ö xbv 0€Öv kyziptiv xa i T e r r r o o K O T a ) . . . " . A. Oepke sieht hier eine direkte Parallele zu der von i h m in Jak 5,15 für kydpu angenommenen Bedeutung „gesund m a c h e n " , doch dies ist aufgrund des andersgearteten Kontexts nicht z w i n g e n d . Eine psychologische Bedeutungskomponente von kydpu im Sinne von „seelisch aufrichten" oder eine medizinische Bedeutung tritt jedoch weder in der Septuaginta noch in den sonstigen hellenistisch-jüdischen Schriften hervor. 125
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129
2.3 2.3.1
Im Neuen Testament Vorkommen
Im N T begegnet eyeipü) 144mal, wobei das Verb meist synonym zu aviarr||ii s t e h t . Die ntl. Verwendung von kyeipiä entspricht im w e 130
124 Lediglich in Verbindung mit dem Infinitiv ist das Passiv mit der Bedeutung „ermutigt werden, etwas zu tun" belegt; vgl. Liddell/Scott, Vocabulary 469. 125 Vgl. Oepke, Art. kydpu 333. 126 Vgl. 10,5.58; 21,5; 22,12, wo stets die Wendung k v€Kpwv auf das Verb folgt, ähnlich in Verbindung mit dem Hinweis auf die OLVCLOWOIQ in TestJob 4,9. 127 Loeb Class. Lib. IX 354/55 (meine Übersetzung). In gleicher Weise verwen det Josephus das Verb in der darauffolgenden Sentenz. 128 Vgl. Oepke, Art. kydpu 333. 129 Vgl. aber Ps 40 (41) LXX, 8.10, wo die Übersetzer das Verb dvioiriiii ver wenden, um auszudrücken, dass der Kranke vom Krankenbett aufsteht und dass Gott den Kranken vom Krankenlager aufrichtet. 130
Für die Häufigkeitsstatistik zum NT s. Kerner, Art. eyeipa) 900.
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131
sentlichen d e m außerbiblischen S p r a c h g e b r a u c h . Hinzu k o m m e n primär in den synoptischen Evangelien die Bedeutungsbereiche „auf richten v o m Krankenbett" im Sinne von „heilen" sowie „einzelne Tote auf erwecken" bzw. „auferstehen v o m Tod". In Verbindung mit der Auferstehung bzw. Auf erweckung einzelner Toter begegnet kytlpu im N T 13mal, im Sinne endzeitlicher Auferweckung 20mal. 52mal steht das Verb für die Auferstehung bzw. Auferweckung Christi. Die Bedeu tung „seelisch aufrichten, aufbauen" nimmt kytipu (ohne Berücksich tigung von Jak 5,15) im N T nicht an. Da für die Exegese von Jak 5,15 neben d e m medizinischen und psychologischen Aspekt lediglich die eschatologische Auferstehung von Relevanz ist, beschränkt sich die folgende Untersuchung auf diese Konnotationen von kyeipio. 2.3.2 Die Heilung der Kranken Die meisten Exegeten verstehen kyeipix* in Jak 5,15 als „aufrichten v o m Krankenlager" im Sinne von „ h e i l e n " . In diesem Zusammenhang begegnet das Verb im N T mehrfach, hauptsächlich in den Evangelien und der Apostelgeschichte. So heißt es z.B. von Jesus bei der Heilung der Schwiegermutter des Petrus in M k 1,31: „Und er trat hinzu, ergriff ihre Hand und richtete sie auf (Kai TipooeXQ&v fyyeipev auifjv Kpaifpaq xf\Q x^ipog); und das Fieber verließ sie, und sie diente i h m . " Als Beschreibung und gleichfalls Mittelpunkt des wunderbaren Heilungs vorgangs begegnet kytipu wie in M k 1,31 auch in M k 9,27 und Apg 3,7. Die verwendete grammatische Form ist jeweils der transitive Aorist Aktiv ryveipev in absoluter Stellung. Bei dieser Aufrichtung durch Jesus und die Apostel handelt es sich also nicht nur u m eine physische Hilfe, sondern das Aufrichten steht hier für „gesund machen, gesund aufstehen lassen" und ist somit Ausdruck für die Heilung selbst . Als Ausspruch und Zuspruch der Heilung findet sich der Imperativ lyeipe wiederholt in der Formel „steh auf, n i m m dein Bett und wandle" 132
1 3 3
134
131 Vgl. Bauer-Aland 432f. 132 So Davids, James 194; Dibelius, Jakobus 302; Frankemölle, Jakobus II 715; Hauck, Jakobus 234; Laws, James 227; Mayor, James 174; Mitton, James 201; Moo, James 243; Ropes, James 308; Thomas, Devil (1993) 41f; de Wette, Hand buch 263f. 133 Eine auffällige Abweichung von der aktivischen Formulierung in Mk 1,31 findet sich in der Parallelstelle Mt 8,15. Hier heißt es: „Und er rührte ihre Hand an, und das Fieber verließ sie, Kai "qytpQr) Kai Öir|K6v€i auicj)" (vgl. Mk 2,12). Gewöhnlich wird hier jedoch aktivisch übersetzt (vgl. auch die Parallele Lk 4,39b: TTapaxpfj|ia Ö€ dvaoiäoa Öir|K6v€i auuoic;.), denn z.Z. des NT wurde auch das Passiv von eyeipa) zur Wiedergabe der medialen Konnotation „sich aufrichten, sich erheben" verwendet (vgl. Joh 11,29b: fryepGri iaxu Kai rpxeio -rrpöc; auxov. P lesen hier allerdings eyeipsTai!). Damit stellt Mt 8,15 nur eine indirekte Parallele zu Jak 5,15 dar. 134 Vgl. auch die sprachliche Nähe bei der Heilung des fieberkranken Sohnes von R. Gamaliel in bBer 34b sowie Fenner, Krankheit 79; Oepke, Art. kydpu 333. 4 5 6 6
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(Mk 2,9 Par. Mt 9,5 u. Lk 5,23; M k 2,11 Par. M t 9,6 u. Lk 5,24; Joh 5,8). Ähnlich lesen auch einige Handschriften in Apg 3,6, wobei es sich hier jedoch u m eine Angleichung an die obige Formel handeln d ü r f t e . Diese wenigen, aber markanten Stellen zeigen deutlich, dass das mit d e m Begriff eydpu verbundene Handeln Jesu und der Apostel sowie das Sich-Aufrichten der Kranken aufgrund des vollmächtigen Wortes Jesu bzw. aufgrund des in Jesu Namen gesprochenen Wortes (Apg 3,6) fester Bestandteil des urchristlichen Heilungsverständnisses und -geschehens w a r . 135
1 3 6
2.3.3 Die eschatologische Auferstehung der Gläubigen Manche Exegeten schlagen für die Interpretation von e y e i p o ) in Jak 5,15 auch die endzeitliche bzw. zukünftige Auferstehung der Toten v o r . Eine solche Verwendung des Verbs findet sich primär bei Pau lus, der kyeipu im Zusammenhang mit der zukünftigen Auferstehung hauptsächlich in 1 Kor 15 (V. 16, 29, 32, 35, 42, 43a,b, 44 u. 52) verwendet. Mit Ausnahme des Futur Passiv in 15,52 gebraucht Paulus in 1 Kor 15 stets das Präsens M e d i u m bzw. Passiv von e y e i p o ) , wobei die beiden Übersetzungen „auferstehen" und „auferweckt werden" möglich sind. Dieser Sprachgebrauch entspricht genau der Verwen dung des Verbums in den synoptischen Auferstehungsankündigungen Jesu und stellt somit einen formelhaften Gebrauch des Verbs d a r . Paulus setzt dieses technische Verständnis des Präsens M e d i u m bzw. Passiv des Verbs bei seinen Lesern v o r a u s . Mit Ausnahme der un persönlichen F o r m in 1 Kor 15,42.43.44 bildet allerdings v e K p o i in al len diesen Stellen das Subjekt zu kyt'ipu. Das transitive Verb im Futur Aktiv, wie in Jak 5,15, verwendet Paulus für die zukünftige Auferstehung der Toten nur in 2 Kor 4 , 1 4 . An dieser Stelle steht e y e i p o o sogar wie bei Jak ohne nähere Bestimmung, doch auch hier sorgt der soteriologisch-eschatologische Kontext für ein eindeutiges Verständnis. Außerhalb von 1 Kor 15 k o m m t kydpu im Zusammenhang mit der eschatologischen Auferstehung im N T dage137
1 3 8
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1 4 1
135 Der ursprüngliche Befehl lautete nur: -nepmaxei. Hierfür spricht auch das erst im darauffolgenden Vers erwähnte Aufrichten des Lahmen durch Petrus (vgl. ffyeipev, V. 7). Vgl. Pesch, Apostelgeschichte I 138. Ähnlich haben in Mt 9,6 manche Lesarten nicht den aktiven Imperativ, sondern das Partizip Aorist Passiv kyepQeic,. 136 Vgl. Dibelius, Jakobus 302; Frankemölle, Jakobus II 715. 137 Diese Option sehen Johnson, James 333; Martin, James 201; Vouga, Jacques 162; Wall, Community 266, jedoch alle nur in Verbindung mit körperlicher Hei lung. 138 Vgl. Mt 16,21; 17,23; 20,19; 27,63; Mk 14,28 Par.; Lk 9,22. 139 Vgl. Kerner, Art. eyeipw 902 sowie Rom 4,25. 140 Vgl. Kerner, a.a.O. 906. 141 In 1 Kor 6,14 gebraucht Paulus noch das vielleicht deutlichere Kompositum e^yeLpCi).
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gen nur 3 bzw. 4mal vor (Mk 12,26 Par. Lk 20,37; 1 Kor 6,14; 2 Kor 4,14; vgl. M t 11,5). In allen Fällen bleibt aber der Kontext des Sterbens oder Begrabenwerdens eindeutig, so dass die absolute Verwendung von e y e L p ü ) in 2 Kor 4,14 zwar eine formale, jedoch keine kontextuelle Parallele zu Jak 5,15 bildet. 2.4
In der Alten Kirche
Während der Gedanke des Aufrichtens von Kranken im atl. und außer biblischen Sprachgebrauch fehlt, findet er sich neben d e m N T z.B. auch bei zwei Theologen der Alten K i r c h e . So heißt es bei Basilius von Caesarea (ca. 330-379) von Jesus in Bezug auf die Heilung der Schwiegermutter des Petrus (vgl. M k 1,29-31 Par.): „Er hat die Kranke aufgerichtet ohne Unterschweife ("Eyeipe, |J.f| TTepioöeuoaq, TTJV Kd|ivoi)öav), ... die Heilung (IOLOIQ) ist sofort g e s c h e h e n . " Hier wird das Aufrichten der Kranken offensichtlich mit der Heilung gleichge setzt. Ähnlich gebraucht Johannes Chrysostomos (ca. 345-407) das Verb: „ G o t t , d e r die dürre Hand heilt (GepaTTeucov), die entkräfteten Glieder strafft, die Lahmen gerade macht, die Aussätzigen reinigt, die Kranken aufrichtet (toix; vocouviaq e y e i p c o v ) , die Schenkel in gehörigen Stand versetzt, die Toten aus dem Tod ruft, die verschwollenen Augen öffnet, ...; alles was nach der Natur der Schwäche unvollkommen ist, macht er sodann gerade und zeigt seine K r a f t . " Hier steht e y e L p o ) offensicht lich als Synonym für OepaiTeua) und wird folglich im Sinne der Kran kenheilung v e r s t a n d e n . Dabei handelt es sich in erster Linie u m die Heilung körperlicher Krankheit, denn die technische Verwendung des substantivierten Partizips von vooea) schließt eine psychische Interpre tation a u s . Eine eschatologische Deutung ist ebenfalls ausgeschlos sen, da die Auferstehung der Toten j a separat und explizit erwähnt wird. Damit ist bei der Verwendung von e y c L p o ) in beiden Zitaten offensicht lich weder an seelisches Aufrichten noch an die eschatologische Auferweckung gedacht. Zwar stellt das „Aufrichten der Kranken" im Gegen satz zur „Rettung der Kranken" keinen Terminus technicus dar, doch wird e y e L p a ) in diesem Zusammenhang eindeutig im Sinne von heilen verstanden. Anders als bei der „Rettung" der Kranken aus einer le bensbedrohlichen Situation spielt aber die spezielle Natur des körperli142
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1 4 6
142 Bauer-Aland führen noch API M l v und Did Gen 168,17 an. 143 Basilius Consolatio ad Aegrotum (MPG 31) Sp. 1721, Z. 5-7. Der Text ist jedoch vermutlich pseudepigraphisch. 144 J. Chrysost. In Joannem homiliae (homiliae 1-88, MPG 59) Sp. 307, Z. 40-49. 145 Vgl. auch ActPaul Ml v; Did Gen 168,17. 146 S.o. Kap. II 2.4.
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chen Leidens bei der „Aufrichtung" der Kranken keine besondere Rol le. 2.5
In Jak 5,15
2.5.7 Im Sinne von „seelisch aufrichten " Zweifellos ist die psychische Stabilisierung eines Kranken sowohl aus seelsorgerlicher Perspektive als auch aufgrund von möglichen psycho somatischen Wechselwirkungen für dessen Genesung von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Doch diese Tatsache reicht nicht aus, u m eine derartige Interpretation von Jak 5,15b, wie sie in den neueren Kommentaren nur noch F. Mußner v o r s c h l ä g t und Chr. Burchard in Erwägung z i e h t , zu rechtfertigen. Denn weder im außerbiblischen noch im biblischen Griechisch steht kydpu für das seelische Aufrich ten. Insbesondere aber fehlt jener Bedeutungsaspekt des Verbums im ntl. Heilungsgeschehen, wohingegen das Aufstehen des Kranken vom Krankenlager hier häufig durch den Begriff kydpu zum Ausdruck kommt. Hinzu k o m m t die Schwierigkeit, dass in der Perikope Jak 5,1318 - wie auch sonst im ntl. Heilungsgeschehen - kontextuelle Hinwei se auf eine psychische Festigung fehlen. Daher ist ein übertragenes Verständnis von eyeipa) im Sinne einer seelischen Aufrichtung für Jak 5,15 abzulehnen, auch wenn der moderne Sprachgebrauch dies auf dem Hintergrund der heutigen psychologischen Sensibilisierung nahe legt^. 147
148
2.5.2 Im Sinne von „ auferstehen " Diejenigen, die ocp(o) in Jak 5,15 soteriologisch-eschatologisch inter pretieren und V. 15 in den darauffolgenden Kontext der Sündenver gebung einordnen, gehen gewöhnlich davon aus, dass eyeipo) hier auf die zukünftige Auferstehung der Toten hinweist. Doch in Verbindung mit der zukünftigen Auferstehung der Gläubigen gebraucht mit weni gen Ausnahmen nur Paulus das Verb (s.o. 2.3.3). In allen diesen Fällen wiederum liegt entweder eine nähere Bestimmung des Verbums oder ein allgemeiner Textzusammenhang des Sterbens und Begrabenwer dens vor. Dies ist jedoch in Jak 5,13-18 nicht so. Der Text erwähnt nir gends, dass es sich u m einen Sterbenden handelt, und die Thematik der Sünde, die eine Spiritualisierung im Sinne einer Zukunftshoffnung unter Umständen zulassen würde, wird erst im darauffolgenden Vers behandelt. Weiter ist zu beachten, dass der Autor des Jak nicht die technische Form des Präsens oder Futur Medium bzw. Passiv verwen-
147 190; 148 149
Siehe Mußner, Jakobusbrief 223 mit Anm. 3; vgl. Friesenhahn, Überlieferung Meinertz, Krankensalbung 32f in Anlehnung an H.v. Soden. Siehe Burchard, Jakobusbrief 221. Ähnlich Frankemölle, Jakobus II 715.
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det, wie sie bei Paulus und in den synoptischen Auferstehungsankündi gungen Jesu begegnet, sondern das Futur Aktiv. Da es sich bei dem Leidenden außerdem u m ein (gläubiges) Gemeinde glied handelt, ist auch nicht einzusehen, warum dessen zukünftige Auferstehung ein Resultat des Gebets sein sollte - als ob die Erkran kung das Heil des Kranken in Frage stellte. Das Verb eyeipGo kann sich in Jak 5,15b also nicht auf die eschatologische Auferstehung beziehen, weder als einzige Interpretation noch in Verbindung mit körperlicher H e i l u n g . Folglich ist H. Frankemölle zuzustimmen, dass Jak 5,15 keine Grundlage für eine „Spiritualisierung, die das leibhaftige Heil übersieht und die Heilstätigkeit Jesu und die der Urkirche verdrängt hat", b i e t e t . 150
151
2.5.3 Im Sinne von „heilen" Ohne semantische, kontextuelle und theologische Schwierigkeiten stellt sich jene Option dar, die e y ^ L p a ) in Jak 5,15 im Sinne von „(gesund) aufstehen lassen von einer Krankheit bzw. vom Krankenla ger" d e u t e t . Sie gründet auf der Tatsache, dass eyeipo im Heilungs geschehen Jesu und der Urgemeinde eine recht prominente Rolle spielt, d.h. das Verb ist fester Bestandteil des ntl. Heilungsvokabu l a r s . Der Nachdruck liegt dabei auf der wörtlichen und demonstrati ven Bedeutung des A u f r i c h t e n s , wobei die Heilung und das Aufrich ten oft k a u m voneinander zu trennen sind (vgl. M k 1,31 Par.; 9,27; Apg 3,7). Auf diesem Hintergrund wird das Aufstehen des Kranken in Jak 5,15b kontextuell zur logischen Konsequenz der Rettung des Kranken aus Krankheitsnot in 5,15a. Während das Verb oo5(o) also die Überwindung bzw. Befreiung von einer (möglicherweise) lebensbedro henden Krankheit als deren Ende und somit Rettung des Lebens aus drückt, beschreibt das darauffolgende Verb e y e i p t o in plastischer Weise den Heilungserfolg bei dem Kranken. Dies geschieht durch die sicht bare Wiederherstellung seiner körperlichen Funktionalität. Zugleich bilden die Verben e y e L p o ) und O G ) ( G ) in Jak 5,15 m.E. aber auch ein Paar von Synonymen, das zusammen mit der chiastischen Anordnung von V. 15a.b die Wirkung des Gebets in 15a mit der Hervorhebung Gottes als Urheber der Heilung in 15b verbindet. Folg lich stehen beide Verben in Jak 5,15 für die Verheißung körperlicher Heilung. Ein und derselbe Vorgang der Heilung wird lediglich aus 152
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150 Gegen Johnson, James 333; Martin, James 201; Vouga, Jacques 162; Wall, Community 266. 151 Frankemölle, Jakobus II 715. 152 In diesem Sinne verstehen auch die meisten Exegeten sowie die für die ntl. Wissenschaft wesentlichen griechischen Wörterbücher e y ^ p w in Jak 5,15. Vgl. z.B. Bauer-Aland 432; Liddell/Scott, Lexicon 469; Low/Nida, Lexicon 269; Oepke, Art. €Y€LpG) 333.
153 S.o. sowie Dibelius, Jakobus 302; Frankemölle, Jakobus II 715. 154 Vgl. Laws, James 227.
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zwei verschiedenen Perspektiven - ausgedrückt durch den Subjektwechsel von T) 6i)%T] TV\Q 7TLÖT60)(; nach 6 Kupioc; - b e t r a c h t e t . Die scheinbare Redundanz der beiden Versteile löst sich also auf, wenn man sieht, dass der Verfasser hier das Miteinander des „Gebets des Glaubens" als menschliches B e m ü h e n u m Lebens-Rettung und die Intervention Gottes als (demonstratives) aufrichtendes bzw. heilendes Handeln darstellt. Die Polemik W. Schräges ist hier durchaus bedenkenswert: „Der antisynergistische Elan speziell protestantischer Exegese und ihrer Sorge vor allzu irdischen Farben der Gottesherrschaft haben es leider lange verhindert, zur Kenntnis zu nehmen, daß auch die Jünger aktiv in die Aktion des Gottesreiches einbezogen werden und ihnen gesagt wird: 'Heilt die Kranken und sagt ihnen: Das Reich Gottes ist euch nahegekommen' (Lk 1 0 , 9 ) . " 155
156
3. Das Verb l a o j i a i Der dritte und letzte Hinweis auf die Genesung der Kranken in Jak 5,13-18 begegnet in V. 16. Hier heißt es jetzt im Blick auf die gesamte Gemeinde: e£o|ioA,oY€to0€ o u v äXk^Xoic, XOLQ dq-iapiuxc;, Kai TTpooeuxeoOe i)7Tep aXXr\X(x)v, ÖITÜX; la0f|T6. Adressat der Anweisung ist also nicht mehr der einzelne Kranke aus V. 14f, der das Gebet der Ältesten anfordern soll, sondern der Verfasser richtet sich nun an die gesamte Gemeinde. Die Verbindung z u m vorhergehenden Fall ist jedoch durch die Aufnahme der Einzelaspekte Gebet und Sünde sowie die Konsekutivpartikel o u v deutlich h e r g e s t e l l t . D a das Verb l a o | i a i im hellenistischen Griechisch ähnlich wie die zuvor betrachteten Begriffe in wörtlicher und übertragener Bedeutung erscheint, soll auch hier eine semantische Untersuchung d e m Gesamtverständnis des Verses vorausgehen. 157
3.1
Außerbiblisches V o r k o m m e n
Die Grundbedeutung von l a o j i a i entstammt dem medizinischen Bereich und lautet „jemanden heilen" im Sinne von Wiederherstellen der Gesundheit eines M e n s c h e n . Die übrigen Begriffe der Wortgruppe knüpfen deutlich an die Grundbedeutung des Verbs an; l a t p o c ; (und ähnlich l a i i p in der Dichtung) ist der Arzt, l a j i a und l a a i c ; stehen sowohl für die Heilung als auch das Heilmittel, l a o i j i o c ; beschreibt z.B. 158
155 Diesen Parallelismus Membrorum kann man mit J.L. Kugel, Idea 8 entsprechend dem hebräischen Satzparallelismus auch als Steigerung verstehen, indem V. 15b als „particularizing, defining, or expanding the meaning" von V. 15a fungiert. Die beiden Aussagen bilden so „a Single Statement, a.a.O. 16 (Hervorhebung des Autors). 156 Schräge, Heil 208. 157 Zur Einheit der Perikope s.o. Kap. I. 158 Vgl. Oepke, Art. lao|iai 199; Liddell/Scott, Lexicon 815.
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eine Verletzung als heilbar, 'Iaoco ist die Göttin der Gesundheit und Heilung (vgl. auch ' Y y L e i a ) , laxpa und l a i p e l a sind das Arzthonorar bzw. die Dankesleistungen (meist in Form eines Opfers) an den als Urheber einer Heilung angesehenen G o t t . Zugleich bildet l a o j i c a den wichtigsten Begriff im Wortfeld „ h e i l e n " , während übertragene Bedeutungen nur gelegentlich erscheinen. Das direkte Objekt von laojioa bildet gewöhnlich eine Person. Gele gentlich beschreibt das Verb aber auch das Heilen bzw. Beseitigen einer Krankheit und, seltener, das Beseitigen der Symptome und Aus wirkungen einer Krankheit. Schließlich kann Laojiai im medizinischen Kontext auch „behandeln" b e d e u t e n . Doch diese Nuance drückt viel häufiger das (im N T zu l a o | i a i oft synonym gebrauchte) Verb OeporrTeuG) aus. Eine detaillierte Untersuchung zur Definition und Abgrenzung der beiden Begriffe in der epischen, medizinischen und nicht-technischen Sprache der antiken Werke sowie der Papyri und Inschriften hat N. van Brock unternommen. Sie stellt abschließend fest: „Cet emploi de G e p a T T e i k i v est encore tout ä fait distinct de celui de LaoOoa, car on doit, ordinairement, G e p a i T e i k i v un corps qui est en bonne sante, afin qu'il demeure tel; c'est, notamment, le fait des maitres du gymnase, PL, Lg. 684 c, alors que l ä o G o a est le propre du medecin : KaOaiTep av e i XIQ Ymvaoioac; r\ l a i p o l c ; T T p o o i d T T o i |ie0' Tjöovfjc; GepaTTeueiv T6 K a i l a o G o a xa GeponT€i)6|ieva o(d\iaxa ' c o m m e si Ton enjoignait ä des entraineurs ou ä des medecins de soigner et guerir agreablement les corps en traitement' (Des P l a c e s ) . " Van Brock zeigt weiter, dass die passivische Verwendung von laojioa im Sinne von „körperlich geheilt 159
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159 Die genannten Begriffe stellen nur die wichtigsten Vertreter der recht großen Wortgruppe ldo|ioa dar. Für weitere Vertreter der Wortgruppe sowie die zugehöri gen Komposita siehe Liddell/Scott, Lexicon 815-816. Die Begriffe laipog, ia|ia und laaic; begegnen auch im NT; vgl. Bauer-Aland 748-750. Für die Dankesleis tungen und eine mögliche Unterscheidung der beiden Begriffe siehe die 1965 gefundene und auf die erste Hälfte des 2. Jh. n.Chr. datierte Lex Sacra in Habicht, Inschriften 168-186. 160 Ein Vergleich mit anderen Wortgruppen im Bedeutungsbereich „heilen" zeigt, dass lediglich die Vertreter der Wortgruppe lao|iai fast ausschließlich im Zusammenhang mit medizinischen Aspekten stehen. Dies gilt - zumindest im Außerbiblischen - nicht so für die Wortgruppe GepaneuG). Hier nimmt die ursprüng liche Bedeutung „dienen" einen weiten Raum ein. Ähnlich semantisch differenziert stellt sich die Wortgruppe byiaivo} dar. Neben der Thematik Gesundheit nimmt hier die übertragene Bedeutung „vollständig, angemessen sein" einen weiten Raum ein (vgl. Liddell/Scott, Lexicon 792/93 u. 1841/42). 161 Siehe van Brock, Vocabulaire medical 42 u. 51; Bauer-Aland 748-749; Liddell/Scott, Lexicon 815. 162 Van Brock, a.a.O. 124. Vgl. auch Moulton/Milligan, Vocabulary 289 u. 297 sowie van Brock, a.a.O. 125: „Geponreikiv, s'il pouvait, de par ses autres emplois, revetir facilement le sens de 'soigner medicalement', ne se pretait pas directement ä signifier 'guerir', mais on le trouve, assez tot, pourvu de ce sens : on ne peut guere Interpreter autrement les exemples d'Epicure cites plus haut."
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werden" im Altertum recht verbreitet i s t , so wie auch die absolute Verwendung von Aktiv und P a s s i v . Den finalen Aspekt von ldo|ioa bringt fast stets der Aorist zum A u s d r u c k . Damit entspricht der Konjunktiv Aorist Passiv in Jak 5,16 auch formal der zeitgenössischen griechischen Heilungsterminologie In den inschriftlichen Sammlungen von Heilungsberichten der Asklepiostempel in Epidauros (4. Jh. v.Chr.), Lebena (Kreta, 3. Jh. v.Chr.?) und R o m (2./3. Jh. n. Chr.) taucht das Verb ldo|ioa mit einer beson deren Regelmäßigkeit auf, wobei der Begriff uyiTJc;, „gesund (sein)", oft den Heilerfolg feststellt . A m Anfang dieser Sammlungen weist gewöhnlich der Begriff Ldfiaia auf die folgenden Einzelberichte verschiedenartiger Heilungen sowie anderer W u n d e r hin. Daher spricht die formgeschichtliche Forschung hier auch von der Gattung der 164
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166
167
„ L q i a i a " bzw. der „ L q i a T a - F o r m " .
Das Verb 0epaiT€i)G) hingegen
steht in den Tempelinschriften wie in den Werken Galens und den übrigen Schriften der hippokratischen Tradition für die Heilbehand lung und nur gelegentlich für eine Heilung aufgrund einer Behand l u n g . Folglich erscheint GeponTeuo), das die Konnotation „heilen" im außerbiblischen Griechisch weitgehend ermangelt, in den „Idjiaia" nur sehr s e l t e n . Der Bezug auf die Wortgruppe ldo|ioa ist also nicht 168
169
willkürlich. Denn im Gegensatz
zu 0epaiT€i)G) stellt Ldofioa in den
Inschriften der Asklepieien ähnlich wie oco(a) die Heilung primär als
163 Vgl. van Brock, a.a.O. 51: „'IäoGai, dans son emploi proprement medical, est frequent. On le trouve ä Epidaure, au passif et ä l'actif : IG IV l , 121.113 : a v f p öaKiuAov La0r| I>ITÖ ofyioc, , un homme a eu le doigt gueri par un serpent '; le recit qui suit ce titre reprend, ä l'actif : ÖpctKcov... x ö v 6dKiuA.ov l a o a T O m i yh^aoai ; cf. 122.74." 164 Vgl. z.B. Paus 11,27,3 (2. Jh. n.Chr.): „... und die Krankheit, an der jeder litt, und wie er geheilt wurde (Ö€ K a i voorpa ö T I e K a a i o g evoor\oe, K a i öircog La0r|)". Ähnlich das Partizip Passiv im Nebensatz in 11,26,9:... iaQeiQ kv xco 'Eiuöaupiop. 165 Siehe Wells, Language of Healing 82. 166 Vgl. a.a.O. 35. Manche dieser Berichte erscheinen durchaus glaubhaft, wäh rend die Authentizität anderer angezweifelt werden dürfte. Zu den Heilungsberich ten des Asklepieions in Epidauros bemerkt J. Leipoldt, Von Epidauros bis Lourdes 12: „Bei manchen Wundern hat man den Eindruck, daß zur Ehre der Gottheit Hei lungen erfunden und Operationen erdichtet wurden, die sich die Ärzte damals noch nicht zutrauten; teilweise erscheinen sie uns heute noch unmöglich." Auch spielten wohl nicht nur übernatürliche Heilkräfte eine Rolle. So war z.B. der Asklepiostempel in Lebena auf Kreta bei natürlichen Heilquellen gelegen. 167 Vgl. Wolter, Inschriftliche Heilungsberichte 135-175. Hier ist auch eine Viel zahl von Texten der drei Asklepieien abgedruckt, ähnlich Wells, Language of Hea ling 253ff. Für den vollständigen Text der vier von ehemals vermutlich sechs Stelen des Asklepieions von Epidauros mit einer Aufzählung von 70 sogenannten Ldu.axa siehe IG IV, 2/1, 121-123; Herzog, Die Wunderheilungen von Epidauros 8-35 so wie die Neuherausgabe der Texte von LiDidonnici, The Epidaurian Miracle Inscriptions 84-131. 168 Siehe Wells, a.a.O. 39, 73, 87. 169 Siehe a.a.O. 48, 62, 73. 2
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Ergebnis göttlichen Handelns d a r . „It is clear that where divine intervention is required or expected the verbs Ldofioa and O G ) ( G ) are p r e f e r r e d . " L. Wells konstatiert eine erstaunliche Einheitlichkeit der Heilungsterminologie v o m homerischen Griechisch über das der anti ken Asklepiostradition bis hin zu den Werken verschiedener säkularer Autoren des 2. Jh. n.Chr.: „The verb OGO(Ü) continues to mean the rescuing from the possibility of imminent death on particular occasions, Idofiai continues to denote (successful) medical treatment, and is the verb used to describe the intervention of the god and miraculous healing, while the verb u y i a L v o ) continues to imply a restoration to a previous State of (good) h e a l t h . " Damit weist die Verwendung der Verben Idofioa und O G ) ( G ) in Jak 5,15f eine außerordentliche sprachliche und inhaltliche Nähe zu den „IdfiocTa" der antiken Asklepiostempel mit ihren Berichten von göttlicher Heilung auf. Bei metaphorischer Verwendung, wie sie oft bei den Poeten der Antike begegnet, beschreibt Idofioa häufig das Ausmerzen von Ignoranz und U n g e r e c h t i g k e i t . So ist oft die Rede v o m „Behandeln" bzw. „Hei len" des Bösen, T O KCCKOV, a l l g e m e i n oder von konkreten morali schen Problemen. Der Kontext bestimmt dabei immer eindeutig die metaphorische B e d e u t u n g . Es entspricht jedoch nicht d e m griechi schen Sprachempfinden, Sündenvergebung als Heilung zu beschrei b e n . Im übertragenen Sinn nimmt ldo|ioa auch die Bedeutung „repa rieren, wiederherstellen", z.B. einer zweigezinkten Gabel, ö i K e A A a , a n . Das Objekt und das damit implizit verbundene Problem ist also stets genannt. Offensichtlich scheint also auch bei der selteneren über tragenen Verwendung von Idofioa die Grundbedeutung „heilen, wie derherstellen" durch und nicht der Gedanke des B e h a n d e i n s . „ D e m analogen Denken der Griechen entspricht es, wenn die ursprünglich medizinischen Termini im Sinne von (wieder-)herstellen, (wieder-) 171
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170 Siehe a.a.O. 37, 62, 82, 95, 97. 171 A.a.O. 62. 172 A.a.O. 100/101. 173 Vgl. Eur HercFur 1107 (5. Jh. v.Chr.): dvoyvoiuv, d ö i K u x v LäoGoa; Orestes 650. 174 Vgl. Hdt 111,53 (Ausgabe Hude): \xr\ xw KOCKCO TO KOCKOV LW; Soph Fragmenta Frgm. 77: KOCKOLC; OTOCV 0€A,G)OIV Läoöai KOCKÄ (beide 5. Jh. v.Chr.). 175 Siehe hierzu auch die weiteren Belege bei van Brock, Vocabulaire medical 52. 176 Vgl. Oepke, Art. laou-ai 203. 177 Lib, Declamationes 27.3 (4. Jh. n.Chr.); vgl. Plat, Leg 933e. Siehe auch Liddell/Scott, Lexicon 815, wo eine Vielzahl von weiteren Belegen aufgeführt ist sowie Bauer-Aland 748-749. 178 So auch van Brock, Vocabulaire medical 52/53.
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gutmachen auf andere Gebiete übertragen w e r d e n . " gentliche, medizinische Gebrauch ü b e r w i e g t .
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Doch der ei-
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3.2
In der Septuaginta
In der L X X gibt lao|ioa bis auf zwei Ausnahmen stets das hebräische (heilen) wider. Im entsprechenden masoretischen Text erscheint das Verb im Qal, Nifal und Piel sowie das Partizip NS^Q. Lediglich in Neh 3,34 (LXX 4,2) steht laofica für das Piel von 7TTI. Hier beschreibt das Verb das Wieder-lebendig-Machen, d.h. das Wiederherstellen der Steine bzw. Bauwerke Jerusalems nach der Zerstörung der Stadt. In Jes 61,1 übersetzt lao|iai schließlich das hebräische Bfon, welches hier jedoch nicht seine Grundbedeutung „binden, anbinden" annimmt, sondern im bildhaften Sinn für „verbinden" bzw. im übertragenen Sinn für „trösten" steht. Dieser nicht ganz einheitliche Sprachgebrauch wird jedoch verständlich, wenn man bedenkt, dass ldo|iai in der L X X die semantische Funktion von KS") mit der Grundbedeutung „wiederherstellen" ü b e r n i m m t . 181
3.2.1 Wörtliche Verwendung Mit etwa gleicher Häufigkeit begegnet laojiai in der L X X als „körperlich heilen" im wörtlichen Sinn und „heilen" als Teil einer metaphorischen Bildsprache im übertragenen Sinn. Die am häufigsten angeführte Parallele zu Jak 5,16b bildet dabei die sich auf körperliche Heilung beziehende Aufforderung in Sir 38,9, wo es heißt: T C K V O V , kv dppcooirpau oou |ir) iTapdßA^iTe, aXX' eu£ai Kupio), K a i auiög laoerai Ö€ (Mein Kind, in deiner Krankheit verachte (oder: vernachlässige) dies nicht, sondern bitte den Herrn, und er wird dich heilen). H. Frankemölle geht hier sogar von einer traditionsgeschichtlichen Vorlage für die Anweisung irpooeuxeoOe imep aXXr\luv, ÖITGX; LaGfjTe in Jak 5,16b a u s . Dies ist wegen der sowohl in Sir 38,10 als auch in Jak 5,16a hergestellten Verbindung von Buße und Heilung zwar möglich, doch nicht zwingend. Mit der Bedeutung „körperlich heilen" steht das Verb fast ausschließlich ohne nähere E r l ä u t e r u n g . Lediglich in Lev 14,3 und 14,48 ist nicht der Kranke, sondern die Krankheit das Objekt der Heilung. Eine Sonderstellung nimmt 2 Kön 2,21.22 ein, w o das Wasser von seiner Fähigkeit, Tod und Fehlgeburt hervorzurufen, geheilt wird. 1 8 2
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179 Oepke, Art. laofiai 199 (Hervorhebung des Autors). 180 Vgl. ebd. 181 Siehe die ausführliche Studie zu NS"i im AT von Michael L. Brown, Israel's Divine Healer, insbes. 25-30; 113. 182 Siehe Frankemölle, Jakobus II 727. 183 Vgl. Gen 20,7; Ex 15,26; Num 12,13; Dtn 28,27.35; 32,39; 2 Kön 20,5.8; Tob 3,17; Ijob 5,18; 12,21; Ps 6,2; 30,2; 41,4; 103,3; 107,20; Koh 3,3; Weish 16,10; Sir 38,9; Jer 17,14.
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322 Übertragene Verwendung Mit übertragener Bedeutung erscheint das Verb in 1 Kön 18,30.32 und Jer 19,11 im Sinne von „reparieren" des Altars bzw. eines Kruges. Doch die Bedeutung „reparieren eines materiellen Objekts" nimmt insgesamt eine isolierte Stellung e i n . Bei der metaphorischen Bild sprache bildet meist der Mensch als Kollektiv das Objekt der „Hei lung". Insbesondere in den prophetischen Büchern Hosea, Jesaja und Jeremia heilt Gott „die W u n d e n des Volkes" (Jes 30,26, vgl. Jer 3,22; Hos 5,13), indem er Gericht, Krankheit und Unheil aufhebt, die durch Gottes Zorn als Strafe über das Volk gekommen w a r e n . So heißt es in Hos 6,1b L X X : „ K o m m t und lasst uns zum Herrn umkehren! Denn er hat zerrissen, er wird uns auch heilen (Idoeroa rp.äq); er hat geschla gen, er wird uns auch verbinden (|iOTG$aei f p ä c ; ) " . „Heilen" und „ver binden" stehen hier im Gegensatz zu „zerreißen" und „schlagen", alle sind Handlungen Gottes. Folglich steht das bildhafte Heilen hier nicht für die Umkehr des Volkes, denn letztere liegt j a in dessen eigenem Vermögen. Analog stellt der Abfall von Gott als Krankheit des Volkes kein Handeln Gottes d a r . Buße und Sündenvergebung bilden viel mehr die Voraussetzung für die Aufhebung des Unheils, d.h. für die Heilung von d e m s e l b e n . Im Zusammenhang mit der Heilung Israels und auch Ägyptens von den Auswirkungen der Strafe Gottes begegnet Idojioa nur vereinzelt absolut (Hos 7 , 1 ; 11,3; Jes 6,10; 7,4; 19,22). In allen diesen Stellen besteht die Heilung ebenfalls nicht in der Umkehr der Menschen oder der Verge bung von Sünden, sondern im Wiederherstellen der Integrität des Vol kes durch Aufhebung der Leiden, die als Strafe über die Menschen gekommen waren. „IäoGai wird so geradezu t(erminus) t(echnicus) für die gnädige Heilszuwendung G o t t e s . " Damit bleibt die Grundbe deutung „körperlich heilen" bzw. „wiederherstellen" auch bei dem metaphorischen Gebrauch von ldo|iou - bei dem der Aspekt der Hei lung des leidenden Gottesvolkes den weitaus größten Teil bildet - in gewisser Weise gewahrt. Denn der „Körper" des Volkes wird j a v o m Leiden und dessen Ursachen wiederhergestellt bzw. „ g e h e i l t " . 1 8 4
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184 Vgl. van Brock, Vocabulaire medical 53, Anm. 1. 185 Vgl. 2 Chr 7,14; Ps 60,(2)4; Hos 5,13; 6,1; 7,1; 11,3; 14,5; Sach 11,16; Jes 6,10; 7,4; 19,22; 57,18.19; Jer 6,14; 15,18; 51,8; Klgl 2,13 sowie van Brock, a.a.O. 202. 186 Gegen Kaiser, Knecht 107. 187 Vgl. Oepke, Art. ldo|ica 202. 188 A.a.O. 203. 189 Ähnlich argumentiert auch Brown, Divine Healer 184/185 mit Hilfe der zugrunde liegenden Bedeutung „wiederherstellen, heil machen" gegen eine Unter scheidung von wörtlicher und bildhafter göttlicher Heilung und damit gegen Oepkes Trennung von wörtlicher und bildhafter Bedeutung von laou-oa in der LXX (vgl. Oepke, Art. laofiai 199): „When rp and its synonyms occur in the Hebrew Scriptures, they primarily refer to the literal making whole of a broken or sickly }
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Eine psychische Komponente klingt in Spr 12,18 an. Hiernach haben die Zungen der Weisen im Gegensatz zu den verletzenden Worten der Toren die Kraft zu heilen (yMöooai OGXJXOV IGOVTOCI). Eine emotio nale Konnotation trägt Laojioa auch in der metaphorischen Rede von der „Heilung der gebrochenen Herzen" in Ps 147,3 und Jes 6 1 , 1 . Doch ist dieser Sprachgebrauch vergleichsweise s e l t e n . Nicht auf seeli sche, sondern auf körperliche Heilung bezieht sich dagegen die Wen dung l a o a i TT)V i|njxrjv |ioi) in Ps 41,4; hier beschreibt der Kontext einen Kranken auf dem S t e r b e b e t t . Auch „heilt" Gott nur an einer Stelle (Dtn 30,3 L X X in Abweichung vom hebräischen Text) explizit die Sünden des Volkes: Kai l a o e i a i K u p i o c ; t a g d[iapiia<; o o u . In 2 Chr 7,14 wird dagegen die Korrelation zwischen Sündenvergebung einerseits und der „Heilung" des Landes als Wiederherstellung von der Strafe Gottes (hier von Naturkatastrophen, vgl. V. 13) andererseits deutlich. Erst nachdem die Menschen umgekehrt sind von ihren bösen Wegen, wird Gott „ihre Sünden vergeben und ihr Land heilen" (2 Chr 7,14b). Festzuhalten ist also, dass l d o | i a i in der Septuaginta sowohl im wört lichen als auch im bildhaften Sinn primär die Behebung einer funk tionalen Störung durch die Wiederherstellung eines physischen De fekts, d.h. körperliche Heilung beschreibt. Das Verb steht dabei ohne nähere Bestimmung. Eine emotionale, psychische oder soteriologische Konnotation ist sehr selten. Nur in einem Fall beschreibt l a o j i a i die Vergebung von Sünden, wobei das Verb hier nicht absolut steht. Damit spiegelt die Verwendung von laojiai in der L X X deutlich die medi zinische Bedeutung des Verbums im antiken Sprachgebrauch w i d e r . Unerwähnt geblieben ist bislang noch die Frage nach d e m Subjekt des heilenden Handelns in der LXX. Auch hier bietet sich ein recht einheit liches Bild. „It is at once obvious that l a o j i a i is the verb chosen to describe the healing activity of the Septuagint god, while OepaTTeua) describes the activity of humans ... The verb l d o | i a i is the more populär verb, occurring almost three times as frequent as O e p a i T e u G ) . " Wie im profanen Griechisch beschreibt GepaTTeuo) auch in der L X X fast aus schließlich das menschliche Behandeln von Krankheiten etc., unabhän190
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condition, be it a body, a city, an inanimate object, or a people" (Brown, Divine Healer 185). 190 Gegen die undifferenzierte Darstellung von Wells, Language of Healing 104106 mit Anm. 31 u. 32. 191 So auch Kraus, Psalmen 1467. 192 MT: ^irnsr^ ^rib$ m/r 201 (so wird der Herr, dein Gott, deine Gefangen schaft (oder: dein Geschick) wenden). 193 Vgl. Wells, Language of Healing 108. 194 A.a.O. 103/104. Vgl. insbes. die Verwendung von Ldofiai in Gen 15,26; Dtn 28,27.35; 32,39; Ijob 5,18; 12,21; Ps 103,3; Sir 38,2, woraus sich quasi ein göttli ches Heilungsmonopol ableitet. Zur Verteilung von Laofiai auf die biblischen Bü cher siehe a.a.O. Anm. 8; weitere Belege a.a.O. App. 6.
///. Zur Terminologie
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der Genesung und Heilung in Jak 5,13-16 195
gig davon, ob Heilung eintritt oder n i c h t . Damit entspricht der Gebrauch beider Verben in der L X X der allgemeinen Verwendung der Begriffe im hellenistischen G r i e c h i s c h . Doch sollte die Verwendung von ldo[ioa in der L X X tatsächlich exklusiv auf das göttliche Handeln beschränkt sein? „It appears that only God or his agents are capable of the healing expressed by the verb Idojioa." Folglich stellt uxo[iai auch für einen ntl. Autor das deutlichste Wort zur Beschreibung göttli cher Heilung d a r . 196
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Exkurs 3: Das Heilungsgeschehen in Jes 53 Eine Verwendung von Idojioa in der Septuaginta mit besonderer Trag weite für die ntl. Forschung findet sich im sog. vierten Gottesknechts lied, Jes 52,13-53,12. Dort heißt es von dem Ebed J H W H : „Die Strafe für unseren Frieden lag auf ihm, durch seine Striemen sind wir geheilt worden (reo IIGSXGOTU OCUTOÜ fp€L<; laGrpev)" (Jes 53,5b L X X ) . Den weiteren Kontext dieses Verses bildet das stellvertretende Leiden (53,4-5) und der stellvertretende Tod (53,7-10) des G o t t e s k n e c h t s . Daher wird Jes 53,4-5 meist rein soteriologisch interpretiert, denn der Zweck des Leidens ist die Tilgung der Sünden und die Rechtfertigung der „Vielen" (53,5.11). In einem solchen die Sünden Israels betreffen den Kontext ist die metaphorische Verwendung von $ET\ im A T sowie von ldo[iai als dessen Pendant in der L X X durchaus m ö g l i c h . 1 9 9
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195 Siehe Tob 2,10: TTpb<; TOIX; l a t p o u c ; 0€paiT€u0fivai (LA Sinaiticus); 12,3; Sir 18,19; 38,7 mit der möglichen Ausnahme Weish 16,12. 196 Siehe die ausführliche Diskussion bei Wells, Language of Healing 109-111, 119. 197 A.a.O. 106. 198 Dem widerspricht die gegenüber dem profanen Sprachgebrauch anders nuan cierte Verwendung von 06paTT6ua) in den ntl. Evangelien nicht. 199 Der MT lautet an dieser Stelle: ^"KB"W i t n n n a i . 200 Zur Stellvertretungsproblematik in Jes 52,13-53,12 siehe Janowski, Stellver tretung 27-48. Wer die Person des Ebed JHWH im Kontext des Deuterojesaja-Buches ist, ist bis heute weitgehend ungeklärt; siehe Kustär, Wunden 186-188. 201 Vgl. Hofius, Das vierte Gottesknechtslied 110: „Durch dieses Geschehen der Existenzstellvertretung erwirkt der Gottesknecht den Schuldigen die Entschuldung. Er verschafft ihnen den Freispruch, der ihnen ein Weiterleben ermöglicht (53,11b), und damit die 'Heilung' des beschädigten Gottesverhältnisses, die Wiederherstel lung des wfoti (53,5b)." (Hervorhebung des Autors) Siehe auch Janowski, Stellver tretung 36f, 47. Ähnlich interpretiert auch O. Betz, Jesus und Jesaja 53 18, das Heilungsgeschehen in Jes 53: „Wer durch die Gemeinschaft mit dem Tode Jesu der Sünde stirbt, gelangt zur 'Heilung' (NS"}3; Jes 53,5), d.h. zum geistlichen Auferste hen und neuen Wandel." Entsprechend fehlt ein Bezug auf die Heilung körperlicher Gebrechen in den beiden Sammelbänden zu Jes 53 von B. Janowski/P. Stuhlma cher, Der leidende Gottesknecht, Tübingen 1996 u. W.H. Bellinger/W.R. Farmer, Jesus and the Suffering Servant, Harrisburg (Pa.) 1998.
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Entsprechend interpretiert auch 1 Petr 2,24 die Aussage von Jes 53,5b L X X im übertragenen Sinn, wenn hier von Jesus gesagt wird: ou itp lioAxoTu La9r|T€ (1 Petr 2,24b). Lediglich die absolute Stellung des Verbs zur Beschreibung der Sündenvergebung ist singulär. Hinzu kommt, dass KS") bzw. Ldo|iai im Zusammenhang mit der Wiederher stellung Israels bei J e s a j a wie auch sonst im A T (s.o. 3.2.2) gewöhn lich die Aufhebung der Strafe, die häufig als Krankheit bezeichnet wird, beschreibt und nicht die Vergebung der S ü n d e n . Nach d e m masoretischen Text erlaubt der Kontext von Jes 53,4-5 j e doch nicht nur ein bildhaftes Verständnis von NS1 in 53,5b, sondern auch einen Bezug auf körperliche Heilung. Denn nach V. 4a des he bräischen Texts trug der Gottesknecht „unsre Krankheiten und lud auf sich unsre Schmerzen" (D^no ITOtoDl Ktoa KV1 i r t n p » ) . Hierbei handelt es sich nicht notwendig u m eine metaphorische Verwendung der Leidensterminologie, denn die Kombination des im A T fast immer für körperliche Krankheit stehenden Begriffs ' ?n und des sowohl kör perliche als auch seelische Schmerzen beschreibenden Terminus Si*O0 legt in 53,4a eine wörtliche Interpretation des Heilungsgeschehens ebenso n a h e . Entsprechend versteht H J . Held den Vers: „An seinem alttestamentlichen Ort und in seinem dortigen Sinnzusammenhang ist also die Aussage 'unsere Krankheiten hat er getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen' (Jes. 53,4a) dahin zu verstehen, daß ein Kranker stellvertretend die Krankheiten anderer auf sich nimmt (= trägt) und beseitigt (= f o r t t r ä g t ) . " Unterstützt wird diese Deutung von Jes 53,4a im Sinne einer Heilung körperlicher Gebrechen durch M t 8,17, wo Jes 53,4a im Heilungszusammenhang zitiert und wörtlich interpretiert wird: autöc; XOLQ aoQeveioLQ fpcov eXaßev K m XOLQ VOÖOUC; 202
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2 0 5
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€ßdöTaö€v .
Entsprechend lässt es sich auch für ein wörtliches Verständnis von Jes 53,5b im Sinne körperlicher Heilung argumentieren, denn erstens wür de die äußerst seltene Verwendung von KS") bzw. ldo|iai im Sinne der 202 Vgl. xsn in 1,2-9; 19,22; 30,26; 57,17-19. 203 Etwas undifferenziert daher Kustär, Wunden 170: „Die Heilung dieser Krank heit steht für die Vergebung der Sünden und die Abwendung der Sündenstrafe." 204 In Jes 53,4a LXX hingegen ist eine „Spiritualisierung" des Geschehens zu beobachten: Ovxoc, TOLQ qiapiiaQ X][LÜV (j)€p€i, Kai irepl fniwv oöuväiai (Er trägt unsere Sünden, um uns leidet er Schmerz). 205 Vgl. auch Mt 11,2-5 u. Lk 4,18 mit Jes 29,18 u. 42,7. Entsprechend geht ein Teil der rabbinischen Tradition aufgrund von Jes 53,4b davon aus, dass der Messias ein Aussätziger sein wird; vgl. St.-B. 1481. 206 Held, Matthäus 248; ähnlich Brown, Divine Healer 196; Kustär, Wunden 171-173; Petts, Healing and the Atonement 28; Wilkinson, Physical Healing and the Atonement 157. Trotz seiner metaphorischen Interpretation des Heilungsvoka bulars in Jes 53,4-5 räumt auch Mayhue, For What Did Christ Atone 126 in V. 4a die Möglichkeit eines wörtlichen Verständnisses ein. 207 Hierzu siehe Held, a.a.O. 246-252. Nach Mt hat Jesus die Krankheit jedoch „weggenommen" (Xa|ißavo)), nicht „getragen" (Nfr?) (s.u.).
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Sündenvergebung gewöhnlich eine nähere Bestimmung erfordern (s.o. 3.2.2). Zweitens rechnet der atl. Zusammenhang von Tun und Ergehen vor allem Krankheiten (PL D?^n, V. 4a) zu den göttlichen Sünden s t r a f e n , auf die sich die Heilung in V. 5b im Blick auf die Verwen dung von KS") bzw. ldo|iai bei Jesaja am ehesten beziehen dürfte (vgl. l , 5 f ) . Drittens bilden V. 4a u. 5b durch ihren Bezug auf (körper liche) Heilung durch den Gottesknecht eine Inklusio zur stellvertreten den Sündentilgung in V. 5 a . Folglich ist die Heilung nicht identisch mit der Sündenvergebung, sondern mit der Wegnahme der Sündenstra fe, d.h. sie ist das Ergebnis der Sündenvergebung. M. Brown weist allerdings mit Recht darauf hin, dass eine strikte Unterscheidung von Heil und Heilung in 5b der kontextuellen Verflechtung beider Aspekte in 4f ebenfalls nicht gerecht wird (vgl. Ps 103,3 f f ) , d.h. die Heilung in Jes 53,5b sollte „in the broadest sense" verstanden w e r d e n . Im Gegensatz z u m hebräischen Text von Jes 53,4a und dessen Zitie rung bzw. Übertragung in M t 8,17 hat der Gottesknecht nach der Septuaginta aber nicht „unsere Krankheiten", sondern xac, d q i a p T i a c ; T)|!(ov getragen, so dass hier ein Verständnis im Sinne einer körperli chen Heilung nicht mehr möglich i s t . Folglich liegt es im Zusam menhang des Septuagintatextes nahe, auch die Wendung itp | ! G O A G ) I U atjToö r]|!€L<; La0r)|i€v (Jes 53,5b L X X ) - wie in 1 Petr 2,24b - übertra gen zu v e r s t e h e n . 208
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Die Interpretation C. Westermanns ist also nicht nur aus ntl. Sicht richtig, wonach das Heilungsgeschehen in Jes 53,5 „die Vergebung der Sünden und die Fortnahme der Sündenstrafe, also der Leiden" umf a s s t . Der Gottesknecht hat dies erreicht, indem er die Strafe bzw. Züchtigung pOlQ, V. 5b) auf sich genommen hat, die dem Volk als Folge (kollektiver) Abtrünnigkeit Ofl^PSP, V. 5a) gilt. W e n n es also in 215
208 Hierzu s.o. Exkurs 1 zu Kap. II. 209 Vgl. Leivestad, Art. ldo|!ai 418; Sung, Vergebung 46f. 210 Vgl. Bittner, Heilung 41. Im Gegensatz zum Septuagintatext steht der hebrä ische Versabschluss ^ " N S " ) } irrarpl (5b) nicht in Apposition zur vorangehenden Aussage. D.h. in der LXX findet sich kein parataktisches K a i zwischen den beiden Aussagen von 5b, so dass die Heilungsaussage hier tautologisch bzw. als Erklärung zur Aussage „Die Strafe für unseren Frieden lag auf ihm" gedeutet werden kann. 211 Siehe Brown, Divine Healer 197. 212 Amundsen/Ferngren, Disease 2942. Vgl. auch das Heilungsgeschehen im messianischen Zeitalter in 4QMessianic Apocalypse = 4Q521 Frgm. 2, 2,1-14. 213 Eine ähnliche „Spiritualisierung" des Verses begegnet in Tg Jes, wonach der Gottesknecht für die Sünden betet, so dass sie vergeben werden. Für einen Über blick über die relevanten jüdischen Texte siehe Driver/Neubauer, The Fifty-Third Chapter of Isaiah According to the Jewish Interpreters, I-II. 214 Ein übertragenes Verständnis von NS~i bzw. lao|iai im Sinne der Bekehrung des Volkes Israel ist jedoch abzulehnen. Denn bei absoluter Stellung und bildhafter Verwendung beschreiben KS"i und Ido^at im AT gewöhnlich das Heilshandeln Gottes, nicht aber das Verhalten des Volkes. Gegen Kaiser, Knecht 107. 215 Westermann, Jesaja 212.
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Jes 53,4a heißt, dass der Gottesknecht „unsere Krankheiten 03?*?n)" und „unsere Schmerzen ( t t D t o Q I ) " getragen bzw. auf sich geladen hat, dann ist dies ebenfalls durch seine Marterung geschehen. J. Wilkinson beschreibt diesen Sachverhalt folgendermaßen: „This passage in Isaiah looks forward to the coming of one w h o will remove human weakness and sin and will secure healing and well-being for his people. He will do this by enduring suffering produced by injuries inflicted on him by others, suffering which should by rights have been his people's because of their s i n . " Diese geistliches und körperliches Heil inkludierende Interpretation wird unterstützt durch die ganzheitliche Sicht des Men schen sowohl im Alten als auch im Neuen Testament, der eine dualis tische Trennung von leiblichem und geistlichem Heil nicht gerecht w i r d . Folglich kann M. Brown aus ntl. Sicht feststellen: „by bearing sin on the cross, the Servant of the Lord Struck at the root cause of disease, hence breaking its stranglehold over humanity and paving the way for a profusion of both divine forgiveness and h e a l i n g " . Damit wird einsichtig, warum der Autor von Jes 53,5b KS") bzw. der Über setzter laojioa verwendet, welche bei absoluter Stellung gewöhnlich allgemein „wiederherstellen" oder konkret „körperlich heilen" bedeu ten. 216
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Manche Ausleger folgern nun, dass, wenn Jes 53,5b physische Heilung impliziert, diese auch im von Christus als Erfüller der Gottesknechtsprophetien gewirkten und generell verfügbaren Heil inkludiert sein
216 Wilkinson, Physical Healing and the Atonement 158; vgl. Sung, Vergebung 47. Entsprechend versteht Brown, Divine Healer 198 mit Anm. 115 den (messianischen) Heilungsdienst Jesu als stellvertretend und als Vorwegnahme des Gesche hens am Kreuz. Denn da der Gottesknecht nach Jes 53,11.12 auch die Sünde selbst getragen hat, ist in V. 4a vermutlich auch das Tragen der Krankheit intendiert. Dabei ist zu beachten, dass der Gottesknecht durch das Tragen der Sünde nicht sündhaft wird und folglich durch das Tragen der Krankheit auch nicht krank. Mt 8,17 macht dies durch einen Wechsel in der Wortwahl deutlich, so dass Jesus hier die Krankheiten „weggenommen", nicht aber „getragen" hat. Wilkinson, a.a.O. 166 vermeidet daher eine direkte Verbindung von Heilung und Kreuzesgeschehen, da das NT eine solche auch sonst nirgends explizit herstellt. Mayhue, For What Did Christ Atone 133 interpretiert dagegen das Heilungsgeschehen in Jes 53,4 übertra gen und folgert aus dem Begriffswechsel in Mt 8,17, dass der Gottesknecht die Krankheiten nicht getragen hat. 217 Vgl. z.B. Jes 33,24. Entsprechend wird sowohl Sündenvergebung als auch körperliche Heilung für die messianische Ära erwartet; siehe Jes 19,22; 29,18; 30,26; 32,3-4; 35,5-6. Gegen Mayhue, For What Did Christ Atone 123-128, der die erwähnte Heilung in Jes 53,4-5 ausschließlich im übertragenen Sinn auf die Sünde bezieht. 218 Brown, Divine Healer 391, Anm. 110 (Hervorhebung des Autors). Ähnlich Bittner, Heilung 41f. Die allgemeine Verbindung von Krankheit und Sünde bedeu tet jedoch nicht, dass jede Erkrankung auf spezielle Sünden des Kranken zurückzu führen ist.
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der Genesung und Heilung in Jak 5,13-16
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m u s s . Der Heilungsdienst Jesu, der Heilungsauftrag an seine Jünger und die Heilungsgaben in der korinthischen Gemeinde bestätigen grundsätzlich diese F o r d e r u n g . Die Möglichkeit ausbleibender Heil ung zeigt j e d o c h , dass die universale Erfüllung dieser Erwartung erst nach der endgültigen Erlösung der gefallenen Schöpfung von ihren Leiden stattfindet . Demzufolge ist die Krankenheilung in Jesu stell vertretendem Leiden inkludiert ohne dass sich daraus ein Automatis mus ergibt. Die Krankenheilung steht also der Gemeinde durch die Teilhabe am Werk und damit an der Kraft Christi potentiell zur Verfü gung . 220
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3.3
Im Neuen Testament 224
Im N T begegnet l a o j i a i abgesehen von atl. Z i t a t e n und dem Bild der Heilung in Hebr 12,13 nur in wörtlicher, nicht aber in übertragener V e r w e n d u n g . Die Bedeutung von l a o j i a i ist dabei stets „gesund ma chen, heilen". Als Synonym für ldo|iai steht oft GeponTeuo), doch dies entspricht nicht dem üblichen griechischen Sprachgebrauch, w o GepaTTeuo) primär die Bedeutungen „medizinisch behandeln, pflegen, bedienen" und fast nie die Konnotation „heilen" a n n i m m t . Gepard) kann sich im N T aber auch auf die Heilung bzw. Behandlung durch die ärztliche Praxis beziehen (vgl. Lk 4,23; 8,43; vielleicht auch M t 12,10 225
226
219 Zur Geschichte dieser meist in den U.S.A. und Kanada anzutreffenden Inter pretation von Jes 53 siehe Wilkinson, Physical Healing and the Atonement 149154. 220 Vgl. Mk 3,15; 6,7.13 Par. Mt 10,1.8, Lk 9,1-2; Lk 10,9; 1 Kor 12,9.28. 221 Hierzu s.u. Kap. VI u. VII. 222 Vgl. Mk 9,18 Par.; Rom 8,22f. Ähnlich Brown, Divine Healer 391/2, Anm. 112. 223 Vgl. Brown, Divine Healer 197; Petts, Healing and the Atonement 34f; Wil kinson, Physical Healing and the Atonement 166. 224 Hierbei handelt es sich um das Zitat von Jes 6,10 LXX, „Verstocke das Herz dieses Volkes damit sie ... nicht umkehren und ich sie heile ( K a i idaou.ai aikouc;)", in Mt 13,15 und Apg. 28,27 bzw. mit modifiziertem Versanfang in Joh 12,40 sowie von Jes 53,5b mit Subjektwechsel in 1 Petr 2,24b. Interessanterweise fehlt aber im Zitat von Jes 61,1-2a LXX in Lk 4,18 gerade die Klausel „zu heilen, die gebrochenen Herzens sind (LaoGai TOIX; o w T e i p i u i i e v o u c ; xr\v K a p 8 i a v ) " . 225 Das Verb Ldo[iai erscheint im NT 26mal, wovon der Hauptanteil auf die Evangelien entfällt (12mal bei Lk, 4mal bei Mt, 3mal bei Joh und lmal bei Mk). Darüber hinaus begegnet ldo[iai 4mal in Apg und je einmal in Hebr, 1 Petr und Jak. Das Substantiv IOL\XOL kommt nur in 1 Kor (3mal) vor, ICLOIQ nur im lukanischen Doppel werk (lmal bei Lk, 2mal in Apg). Bei der metaphorischen Verwendung mit ethisch-paränetischer Implikation in Hebr 12,13 trägt das Verb auf der Bildebene ebenfalls seine medizinische Bedeutung; vgl. Bauer-Aland 497, 749; Oepke, Art. IctouÄi 215. 226 Siehe oben „Außerbiblisches Vorkommen" sowie Leivestad, Art. ldo|iai 416f; Moulton/Milligan, Vocabulary 297, 289. Im Gegensatz zu Ldouin begegnet BepaiTeuo) im NT nicht mit übertragener Bedeutung.
///. Zur Terminologie der Genesung und Heilung in Jak 5,13-16
96
Par. L k 14,3). V o n der übertragenen Bedeutung abgesehen findet sich lao|ica im N T hingegen nur im Z u s a m m e n h a n g mit Wunderheilungen. Gleiches gilt auch für die beiden Substantive la\xa und uxoiq. Diese semantische Spitze spiegelt nicht nur die Tatsache wider, dass die Wortgruppe fester Bestandteil des antiken Heilungsvokabulars ist, in d e m sich die damals neue medizinisch-naturwissenschaftliche Sicht weise mit der zeitgenössischen Asklepiosfrömmigkeit vereinte. Hinzu k o m m t , dass ldo|ioa im N T deutlich an die LXX-Tradition exklusiver göttlicher Heilung anknüpft. Damit beinhaltet die ntl. V e r w e n d u n g von IdojiccL nicht nur eine medizinische Konnotation, sondern sie weist zugleich auch auf Gott als den A u t o r j e d e r Krankenheilung hin. 3.4
In der Alten Kirche
In den dem NT zeitlich und theologisch nahestehenden Texten der Apostolischen Väter findet Ldo|iai sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn Verwen dung. In Barn 8,6 und einigen Lesarten von 1 Clem 59,4 steht das Verb im Zusam menhang mit der Krankenheilung. Der übertragene Gebrauch begegnet wie auch im NT gewöhnlich nur in atl. Zitaten (Barn 5,2; 1 Clem 16,5, beide Jes 53,5). In Herrn v I 1,9 (1,9); s IX 28,5 (105,5) und wahrscheinlich auch in s IX 23,5 (100,5) ist dem griechischen Sprachempfinden des Altertums entgegenlaufend - von der Heilung der Sünden die Rede. Die nähere Bestimmung des Verbums macht jedoch den übertragen-soteriologischen Sinn hier eindeutig. Dass das absolute idojiai in Jak 5,16 nicht selbstredend in dieser Weise verstanden wurde, zeigt die Erweiterung eines inschriftlichen Zitats des Verses aus dem 4. Jh., wo es heißt: eüx^oöe [TO]V 0€ov ÖTTGX; La0f|T€ dnö TG)V d | i a p T i G ) v . Sprachlich kommt 2 Clem 9,7 mit seinem Bezug auf Ex 15,26 der Verwendung des absoluten Verbs im Passiv Jak 5,16 nahe: Hier heißt es: „Solange wir Gelegenheit haben, geheilt zu werden ((bc, exo|iev Koapöv TOU LaGfjvai), wollen wir uns selbst dem Gott, der uns gesund machen kann (TCO 0epaiTeiJovTi 06(5), anvertrauen,..." (2 Clem 9,7) Der Kontext beschreibt jedoch - im Gegensatz zu Jak 5,13ff - eindeutig das christliche Heil, so dass die medizi nische Metaphorik ebenso unmissverständlich ist . Damit ist zwar eine metaphori sche Verwendung des absoluten lcto|iai für das 2. Jh. belegt, doch aufgrund des anders gearteten Sinnzusammenhangs von Jak 5,13-16 bildet 2 Clem 9,7 keine direkte Parallele zum besprochenen Jakobustext. 227
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229
3.5
In Jak 5,16
Nach der Untersuchung der V e r w e n d u n g von Ldofiai im hellenistischen Griechisch sind nun die obigen Ergebnisse für die Diskussion von Jak 5,16 fruchtbar zu machen. Festzuhalten ist, dass das V e r b u m sowohl 2 3 0
227 Vgl. Oepke, Art. ldo|iai 203, 215. Gegen Burchard, Jakobusbrief 212. 228 MAMA IV Doc. 33, Z. 8, 11. 229 Für weitere patristische Belege siehe Lampe, Lexicon 661. 230 Während die Kommentatoren in ihrer Meinung hier gespalten sind, ergibt sich bei den Wörterbüchern ein erstaunlich einheitliches Bild. So verstehen die meisten Lexika Idofiai in Jak 5,16 im übertragenen Sinn als Heilung von Sünden; vgl. Robinson (1878), Wilke/Grimm (1879), Schirlitz (1893), Thayer (1901), Preuschen
///. Zur Terminologie der Genesung und Heilung in Jak 5,13-16
97
im biblischen als auch im außerbiblischen Sprachgebrauch zuerst körperliche Heilung beschreibt. Im religiösen Milieu weist das Verb dabei einheitlich auf Gott als Urheber dieser Heilung hin. Da der Kontext von Jak 5,13-18 nun keine bildhaften Elemente enthält und das Verb in Jak 5,16 absolut, d.h. ohne nähere Erläuterungen verwen det wird, scheiden sowohl eine metaphorische Bedeutung im Sinne von geistlichem oder materiellem Heil als auch die äußerst selten anzu treffende Deutung als Sündenvergebung a u s . In gleicher Weise ist auch eine psychische Konnotation von l a o | i a i in Jak 5,16 nicht zu rechtfertigen, da eine solche wie auch die der Sündenvergebung nicht d e m antiken Sprachgebrauch entspricht und folglich durch den Kontext oder eine nähere Bestimmung des Verbs eindeutig kenntlich gemacht werden m ü s s t e . Kurz, die semantische Konnotation von l a o | i a i in Jak 5,16 ist nicht unter mehreren frei wählbar, sondern sie muss d e m damaligen Sprachgebrauch entsprechen. In Jak 5,16 kann es sich also wie in der häufig als Vorlage postulierten Paraklese Sir 38,9 - nur u m die Grundbedeutung „körperlich heilen" h a n d e l n . Denn das Zusam mentreffen von Heilungszusammenhang und absoluter Verwendung des Verbums lassen keine andere Bedeutung zu. Hinzu kommt, dass sich die Heilungsaussage von Jak 5,16 nur in diesem Fall un wider sprüchlich in den ntl. Gebrauch von l a o f i a i im Sinne der Krankenhei lung - unter Ausnahme atl. Zitate - e i n r e i h t . 2 3 1
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(1910), Abbott-Smith (1937). Als Neubearbeitung des „Handwörterbuchs" von Er win Preuschen übernehmen Bauer und Aland in ihrem „Wörterbuch" offensichtlich auch die Position Preuschens, indem sie sich auf den Kontext der Sünde sowie 2 Clem 9,7 und Herrn s IX 28,5 (105,5) stützen. (Zu letzteren Belegen s.o. unter 3.4). 231 Gegen Burchard, Jakobusbrief 212; Cantinat, Jacques 254; Frankemölle, Ja kobus II 721, 727; Johnson, James 335; Konradt, Existenz 190f; Laws, James 232; Mußner, Jakobusbrief 227; Schneider, Briefe 36; Vouga, Jacques 143, die lediglich vom Kontext von V. 16 her argumentieren, über den bislang in der ntl. Forschung kein Konsens besteht. Auch wird eine geistliches und leibliches Heil umfassende Doppelbedeutung des Verses, wie sie Hauck, Jakobus 236 u. Mitton, James 203 postulieren, dem antiken Sprachgebrauch nicht gerecht. 232 Gegen Armerding, Afflicted 195-201; Hayden, Eiders 261; Meinertz, Kran kensalbung 32f; Pickar, „Is Anyone Sick?" 165-174 und jüngst Howard, Disease 265f. 233 Zu diesem Ergebnis kommen auch Adamson, James 198; Davids, James 195; Dibelius, Jakobus 303; Mayor, James 176; Moo, James 246; Ropes, James 309; Schräge, Jakobusbrief 57; Thomas, Devil (1993) 45f; de Wette, Handbuch 264; Windisch, Die katholischen Briefe 33. Wie bei den Vertretern der Gegenposition wird gewöhnlich aber nur vom Kontext und von der ntl. Verwendung von idofioa her argumentiert. 234 So auch Davids, James 195.
98
///. Zur Terminologie der Genesung und Heilung in Jak 5,13-16
4. Zusammenfassung Eine der zentralen Fragen bei der Exegese von Jak 5,13-18 lautet: von welcher Natur ist die in der Perikope beschriebene Heilung? Handelt es sich hier u m eine k ö r p e r l i c h e , s e e l i s c h e , geistliche (im Sinne von Sündenvergebung) oder eschatologisch-soteriologische Aufrich tung der Kranken in der Gemeinde? Kann V. 16 auch die Wiederher stellung des sozialen Gefüges innerhalb der Gemeinde b e d e u t e n ? Steht jeder Heilungsbegriff für eine ganz unterschiedliche Art der Heil u n g , und gibt es eine Überlagerung von Haupt- und Nebenaspek t e n , oder ist eine solche Differenzierung gar nicht im Sinne des Texts? U m diese noch immer viel diskutierten Fragen zu beantworten, beziehen sich die Exegeten gewöhnlich auf den unmittelbaren Kontext. Doch dieser wird wiederum ganz unterschiedlich beurteilt, da man die verwendete Heilungsterminologie verschieden interpretiert. Vor einer Diskussion des Kontexts der Passage muss also eine philologische Betrachtung des verwendeten Krankheits- und Heilungsvokabulars ste hen. Im vorhergehenden Kapitel konnte bereits gezeigt werden, dass das absolut stehende Verb doOeveo) aufgrund seiner syntaktischen Einbin dung sowie das absolute substantivierte Partizip Präsens 6 Kaiivcov aufgrund seiner grammatischen Form deutlich auf körperliche Krank heit bezogen sind. Damit aber ist der Kontext für die Verben GCOCW und kydpu in Jak 5,15a.b festgelegt, denn die darauf folgenden Verse tragen nicht zum Verständnis von V. 14f bei. Da oopCo) bei entsprechen der kontextueller Einbindung einen festen Bestandteil des antiken sowie ntl. Heilungsvokabulars darstellt, wäre hiermit die Art der in Jak 5,15 thematisierten Heilung bereits hinreichend geklärt. Hinzu k o m m t jedoch die bislang übersehene Tatsache, dass die Wendung ocpCeiv TOV KCL\IVOVTOL in der Antike einen Terminus technicus für die Uberwindung meist lebensbedrohlicher Krankheit bildet. Die technische Verwendung bestätigt also die semantische Prägung von OGO(G) in Jak 5,15a durch den Kontext. Da auch das Verb e^ipc*) zum Vokabular ntl. Heilungs berichte gehört, beschreibt es in Jak 5,15b in plastischer Weise den Heilungserfolg beim Kranken, d.h. die sichtbare Wiederherstellung sei ner körperlichen Funktionalität. Denn für die Verwendung von kydpu* im Sinne einer seelischen Aufrichtung fehlen nicht nur biblische, son235
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235 So z.B. Moo, James 243, 246. 236 So z.B. Hayden, Eiders 258, 261. 237 So z.B. Burchard, Jakobusbrief 212. 238 So z.B. Howard, Disease 260, 264. 239 So z.B. Frankemölle, Jakobus II 721. 240 So z.B. Howard, Disease 261, 266. 241 So z.B. Mußner, Jakobusbrief 222f u. Popkes, Jakobus 345: „Drei Dimensio nen scheinen sich dann zu überlagern: die physisch-medizinische, die ekklesialsozialtherapeutische und die eschatologisch-soteriologische."
///. Zur Terminologie der Genesung und Heilung in Jak 5,13-16
99
d e m auch außerbiblische Parallelen; ähnlich setzt ein Verständnis im Sinne der eschatologischen Auferstehung des Kranken entweder eine nähere Erläuterung des Verbs oder zumindest einen eindeutigen Kon text vor. Die philologische Untersuchung bildet auch den Schlüssel für die Bestimmung der semantischen Prägung von ldo|ioa in Jak 5,16c. 'Iaojioa stellt in der Antike sowohl im profanen als auch im religiösen und medizinischen Zusammenhang den primären Begriff für die kör perliche Heilung dar. Ein übertragenes Verständnis von laofioa im Sin ne einer Heilung von Sünden, d.h. einer Sündenvergebung, läuft nicht nur dem antiken Sprachempfinden entgegen und ist folglich unüblich, sondern das Verb steht dann auch nicht absolut wie in Jak 5,16. Vielmehr erhält es in diesem Fall seine neue semantische Konnotation durch eine nähere Bestimmung (vgl. den singulären Beleg Dtn 30,3 LXX). Genau dies ist aber weder bei laojiou in V. 16c noch bei einem der anderen in Jak 5,14-16 verwendeten Begriffe für Krankheit und Heilung der Fall. Auch fehlen bildhafte Elemente, die eine metapho rische Interpretation nahelegen. Daher ist laofioci in Jak 5,16 - im Einklang mit dem übrigen Heilungsvokabular der Perikope und auch dem sonstigen ntl. Sprachgebrauch - in seiner Grundbedeutung „kör perlich heilen" zu verstehen. H. Frankemölle verkennt also den philo logischen Hintergrund von Jak 5,14-16 völlig, wenn er behauptet: „Auffällig ist jedoch, daß mit iaomai: heilen/gesund machen jener Terminus technicus steht, den man in 15a und b erwartet hätte. Seman tisch offen wie dort formuliert Jakobus auch in 16c; verstand er dort metaphorische Begriffe konkret, so hier einen konkreten Begriff meta phorisch." Bei genauerer Betrachtung fällt weiter auf, dass die drei Heilung aus drückenden Verben in Jak 5,15.16 nicht redundant gebraucht werden. In 5,15 setzt öcpCw die Überwindung der durch die Krankheit entstan denen existentiellen Not mit der potentiellen Macht des Gebets in Relation. Das darauf folgende eyeipo) beschreibt die persönliche und individuelle Erfahrung der Genesung auf wörtliche und demonstrative Weise als das direkte Wirken Gottes. In 5,16 greift das Passivum divi n u m La0fjT€ dann das Vokabular des griechischen Heilungskults, der antiken Medizin und zugleich der biblischen Heilungstradition auf und charakterisiert somit die Heilung als von Gott gewirkt und gleichzeitig medizinisch glaubwürdig (vgl. Sir 38,9). Die einheitliche Verwendung des antiken H e i l u n g s V o k a b u l a r s in Jak 5,14-16 zur Beschreibung phy sischer Genesung bestätigt damit in eindrücklicher Weise die im ersten Kapitel heraus gearbeitete literarische Einheit der Perikope. 242
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Frankemölle, Jakobus II 721 (Hervorhebung des Autors).
IV. Die Funktion der Ältesten in Jak 5,14
Eine der zentralen Fragen bei der Exegese von Jak 5,13-18 lautet: W a r u m k o m m t gerade d e m Gebet der Gemeindeältesten, den T T p e o ß u t e p o i tfjc; CKKATIOIOK;, nach 5,14f eine so herausragende Bedeu tung bei der Krankenheilung zu? Den meisten Kommentaren zufolge fungieren die Ältesten hier primär als Repräsentanten der Gemeinde. Doch die Repräsentation alleine wird k a u m zur Krankenheilung füh ren. Es bleibt also zu fragen, ob die ntl. Presbyter im Krankheitsfall möglicherweise von besonderer Kompetenz sind oder Begabungen bzw. Vollmachten besitzen, aufgrund derer sie sich für einen Dienst an den Kranken hervor tun. Im folgenden sind daher religionsgeschichtli che, soziologische und theologische Parallelen zu betrachten, u m Hin weise auf die Bedeutung der Ältesten im Zusammenhang mit der Kran kenheilung zu finden.
1. Zur Etymologie und Bedeutung von
iTpeößuiepog
Als Komparativ von iTpeoßix; steht TTpeoßuTepoc; schon bei H o m e r für das höhere Alter, z.B. beim Vergleich zweier Menschen, vor allem, wenn diese verschiedenen Generationen angehören. Daraus ergibt sich im Plural oft der Sinn „die Alten" und gelegentlich auch die Bedeutung „Vorfahren" im weitesten Sinn. H.G. Liddell und R. Scott führen den Stamm -ßu- etymologisch auf die Bedeutungen „one w h o lives or moves in the forest" bzw. „one w h o moves on the ground" zurück. Die Vorsilbe TTpeo- entspricht d e m lateinischen prae bzw. pris-tinus; so dass „the oldest sense of Tr[peoßu-] is 'going in front, taking precedence'." Häufig tritt daher der komparative Sinn zurück. „Im Unterschied zu andern Bezeichnungen für das Alter (zB yepcov, italaioc,) fehlt der Wortgruppe TTpeoß- jeder negative Sinnbezug (Kräf teabnahme udgl), stattdessen gehört zu ihr von Haus aus das positive M o m e n t des ehrenvollen A n s e h e n s . " Aus diesem Grund steht TTpeößutepoL in einigen ägyptischen Inschriften und Papyri der Ptolemäer- und Kaiserzeit auch für verschiedene Ausschüsse und Kollegien, meist verbunden mit einem Ehrentitel. Dabei gehörte das reife Alter zu 1
2
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Liddell/Scott, Lexicon 1462.
2
Bornkamm, Art. TTpeoßix; 652. Vgl. Bauer-Aland 1402-1403.
IV. Die Funktion der Ältesten in Jak. 5,14
101
den Attributen eines Ältesten, auch wenn dies nicht zwingend war. So begegnen in Ägypten bereits TTpeoßikepoi mit einem Alter von nur 30 Jahren . 3
2. B e g a b u n g und Funktion der Ältesten im religiösen u n d kulturellen Umfeld des Neuen Testaments 2.1
Die Ältesten im Alten Testament
I m A T begegnen die Ältesten fast ausschließlich im Plural als D ?f?Tn (wörtlich: „die Alten"), welches die L X X gewöhnlich mit ol iTpeößuiepoL übersetzt . „Diese Bedeutung (von ]f?T) ist in der Regel daran erkennbar, daß es durch einen abhängigen Genitiv determiniert ist bzw. sich auf eine entsprechende, im Kontext bereits genannte Genitivverbindung zurückbezieht." D.h. die Ältesten erscheinen als ehrwürdige Vorsteher und Leiter einer G e g e n d oder einer Stadt , eines S t a m m e s oder eines H a u s e s sowie häufig als Älteste des V o l k e s bzw. seiner S i p p e n . Sogar die Leiter der Priesterschaft werden als •"Orpn "OpT bezeichnet . „So wird schon im Sprachgebrauch weithin eindeutig zwischen d e m nur durch sein Alter gekennzeichneten M a n n ,
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3 Vgl. B G U I 16,5f. Siehe auch Bornkamm, a.a.O. 653; Mappes, Eider 85-87. 4 ]pT bedeutet „alt sein, alt werden" und als Substantiv ]j?T „Kinn, Bart", welches auf eine gewisse Reife, nicht notwendig aber auf ein hohes Alter hindeutet; vgl. Conrad, Art. ]f?T 640; Koehler/Baumgartner, Lexikon 267. Außer mit TTpeoßikepoc; (127mal) übersetzt die LXX ]f?T 23mal mit iTpeoßikric; (älterer Mann, alter Mann), 26mal (primär im Dtn) mit y e p o u o L a (Rat der Alten), je 3mal mit yepcjv (Greis) und di/ip (Mann) sowie mit (j)uA.apxo<; (Vorsteher, Stammeshaupt). Der griechische Be griff TTpeößuTepoc; wiederum steht in der LXX für sieben verschiedene hebräische Wurzeln, unter denen das Wort ]f?T mit einer Häufung von 127 von 180 deutlich dominiert. Die übrigen in der LXX durch TTpeößuxepoq wiedergegebenen Begriffe sind (erstgeboren, Erstgeburt), ^na (groß, mächtig), (alt, altersschwach), •penn (der erste, frühere, der Oberste), n y » (graues Haar, Greisenalter), T2D (viel, groß, stark). Diese Bedeutungen kreisen offensichtlich um die Bereiche des reifen und ehrwürdigen Alters sowie der Vollmacht, Leitung und Führung. Vgl. Hatch/ Redpath, Concordance 1201-1202; Mappes, a.a.O. 80. 5 Conrad, a.a.O. 641. 6 Vgl. Ri 11,5-11. 7 Vgl. Dtn 19,12; 21,3f.6.19f; 22,15.17f; 25,8; Jos 20,4; Ri 8,16; Rut 4,2; 1 Sam 16,4; Esr 10,14. 8 Vgl. z.B. Dtn 31,28. 9 Z.B. des Palastes, Gen 50,7; 2 Sam 12,17. 10 Vgl. Ex 3,16.18; Jer 19,1. 11 Vgl. Ex 12,21. Auch in anderen Ländern des alten Orients mit Ausnahme von Ägypten sind Älteste als Anführer einer sozialen Gemeinschaft bezeugt. Vgl. Gen 50,7; Num 22,4.7; Ri 8,14 sowie Conrad, a.a.O. 644f. 12 Siehe 2 Kön 19,2 = Jes 37,2; Jer 19,1 sowie 1 lQTempl 15,18.
102
IV. Die Funktion der Ältesten in Jak. 5,14 13
und dem Ältesten unterschieden." D.h. bei den atl. Ältesten ist die Konnotation der „Leitung" nicht notwendig an das Alter und damit an die erste Bedeutungsebene von ]pT geknüpft (und umgekehrt), auch wenn die Hochachtung des Alters in den antiken Gesellschaften dies nahe legt . „There is no concerning proof in Biblical sources of the relationship between the second meaning of 'eiders' and a specific age group - an association that may be deduced only from references to the first meaning of the term, and not the second." Der atl. Sprachge brauch deutet damit bereits an, dass die Wendung ol TTpeoßikepoi tf|<; 6KKÄr|OLag im judenchristlich geprägten Jak wohl nicht einfach die alten Männer der Gemeinde bezeichnet, auch wenn ältere unter ihnen waren. Die traditionellen Attribute der O^pT im A T bilden ein rechtes Gottes verhältnis, Weisheit und besondere moralische Qualitäten, die jedoch nicht kodifiziert sind. Der Grund hierfür dürfte die Tatsache gewesen sein, dass die Ältesten diese Eigenschaften oft nicht besaßen . Die primäre Funktion der Ältesten im vormonarchischen Israel besteht in der ehrenamtlichen Leitung und Repräsentation einer Gruppe oder Gemeinschaft. Sie bewahren die Tradition des V o l k e s und bilden als Gremium ein beschlussfassendes Organ, dem auch die Rechtsprechung obliegt . Karitative oder seelsorgerliche Dienste werden nicht als Auf gaben der Ältesten erwähnt. Ähnlich fehlen m.E. Berichte über charismatische Begabungen oder besondere Gotteserfahrungen der atl. Ältesten. Eine gewisse Ausnahme hierzu bildet die Geistverleihung an die 70 Ältesten Israels unter M o s e und die darin begründete propheti sche Gabe der Ältesten ( N u m l l , 1 6 f . 2 4 f ) . Folglich ist der charisma tisch begabte Ältestendienst zwar belegt, doch die Ältesten Israels bilden kein Glied einer charismatischen Traditionskette, wie M. Karrer annimmt. Denn Josua und die Richter setzen die vormonarchische Tradition der geistgeleiteten Führer Israels fort, nicht aber die Ältesten (vgl. Ri 2,16) . Während der Königszeit verlieren die Stammesältesten 14
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13 Conrad, a.a.O. 641. 14 Vgl. Lev 19,32. 15 Reviv, Eiders 7. 16 Vgl. Ijob 32,9; Ps 105,22; 119,100; Koh 4,13 sowie Conrad, Art. ]pt 642 u. Mappes, Eider 83-85, der z.B. Hiob als einen vorbildlichen Ältesten ansieht. 17 Vgl. Dtn 32,7. 18 Vgl. Ri 19,12; 21,1-9.18-21; 22,13-21. 19 Wichtig ist dabei, dass die Siebzig nicht die Gesamtheit der Ältesten Israels darstellen, denn sie werden zur direkten Unterstützung Moses aus den Ältesten (vermutlich der Stämme oder auch der Sippen Israels) ausgewählt (vgl. 11,16). Folglich wird hiermit auch nicht die Institution der Ältesten Israels geschaffen. Vgl. Bornkamm, Art. npeoßix; 655: „In allen seinen Überlieferungsschichten setzt das AT die Ältesten (D'Optn) immer schon als Gegebenheit voraus." Conrad, a.a.O. 650 geht allerdings davon aus, dass die Zahl 70 für die Gesamtheit der Ältesten steht. 20 Damit ist das Konstrukt einer atl. Traditionskette Mose-Josua-Älteste von Kar rer, Ältestenamt 166 inkorrekt. Auch haben die Ältesten bereits Leitungsfunktionen
103
IV. Die Funktion der Ältesten in Jak. 5,14
dann weitgehend ihre anfängliche Selbständigkeit und fungieren meist nur noch als Ratgeber des K ö n i g s . Die Stadtältesten behalten hinge gen ihre Bedeutung insbesondere in der Rechtsprechung b e i . 21
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2.2
Die Ältesten i m palästinischen Judentum
2.2.7 In der politischen Ordnung Erst seit der Seleukidenzeit (Antiochus III, 223-187 v.Chr.) ist in Jerusalem ein oberster jüdischer Ältestenrat mit Regierungsverantwor tung sicher belegt, der auch unter der römischen Herrschaft - bis z u m Ende des ersten jüdischen Krieges i m Jahr 70 n.Chr. - der jüdischen Selbstverwaltung diente . Nicht mehr wie in vorexilischer Zeit als die Leiter ihrer Sippenverbände, sondern nun als die Häupter der wohlha 23
benden jüdischen Familien bildeten die T T p e o ß i k e p o i zusammen mit der
Priesteraristokratie den wesentlichen Teil dieses in Jerusalem ansässi gen Synhedriums . Später traten weitere Gruppen wie z.B. die Ypa|i|iam<; hinzu, so dass die Ältesten, d.h. der jüdische Laienadel, an Einfluss verloren . Fast ausschließlich als Kollektiv begegnen die jüdischen Ältesten der hellenistischen Zeit unter der Bezeichnung ol 24
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iTpeoßirrepoi
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b z w . T 6 iTpeoßiruepiov , aber auch als f) Y ^ p o D o i c t , und
bilden so einen Teil der apxovte<; TCOV ' I O D Ö C U G O V . Dabei birgt der Begriff T T p e o ß i k e p o i zur Zeit des N T eine wesentliche Unscharfe in sich, wie die unterschiedlichen ntl. Listen von Gruppen der jüdischen Führungselite belegen . Hiernach bilden die führenden apxiepelq und die im 1. Jh. an Einfluss zunehmenden ypa\i\iaxel(; die wichtigsten Gruppen. „Other members belonging to neither of these two special 29
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in Israel inne, bevor sie von Mose als Gehilfen ausgewählt und von Josua als solche übernommen werden. 21 Hierzu siehe Buchholz, Die Ältesten Israels 78-82. 22 Hierzu siehe a.a.O. 55-102. 23 Vgl. Jos Ant 12,138. Die Anfänge dieser aristokratischen yepououx reichen jedoch vermutlich in die persische Zeit zurück; vgl. Bornkamm, Art. TTpeoßix; 659; Schürer/Vermes, History II 201-202. 24 Als Modell für das Synhedrium und seine 70 Mitglieder wie auch für andere übergeordnete Gremien in der Geschichte des Judentum dienten die 70 Ältesten vor Mose in Num 1 l,16f.24f. Siehe auch Bornkamm, a.a.O. 656 mit Anm. 34,659. 25 Hierzu siehe Schürer/Vermes, History II 203f. 26 Vgl. z.B. Mt 16,21; 26,3 u.ö. 27 Vgl. Lk 22,66; Apg 22,5; Bauer-Aland 1401f. 28 Vgl. 1 Makk 1,26; 12,6; 2 Makk 1,10; Jos Ant 12,142; Bauer-Aland 313f. 29 Vgl. Lk 18,18; 23,13.35; 24,20; Joh 3,1; Apg 3,17; 4,5.8; Bauer-Aland 227f. 30 Vgl. ol dpxtepelc;, ol ypa^OLxeiQ und ol irpeoßiruepoi in Mt 27,41; Mk 11,27; 14,43; Lk 20,1 und mit den beiden Letztgenannten in umgekehrter Reihenfolge in Mk 14,53; 15,1 sowie mit den Ältesten als Erstgenannte in Lk 9,22; ol dpxiepelg und ol YPWai€L(; in Mt 2,4; 20,18; 21,15; Mk 10,33; 11,18; 14,1; 15,31; Lk 22,2.66; 23,10; ol dp/iepeic; und ol upeoßuTepoi in Mt 21,23; 26,3.47; 27,1.3.12.20; 28,11-12; Apg 4,23; 23,14; 25,15. Siehe auch Bauer-Aland 1402; Schürer/Vermes, History II 212f mit Anm. 43 u. 44.
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IV. Die Funktion der Ältesten in Jak. 5,14
categories were known simply as T r p e o ß i k e p o i , a general designation applicable to both priests and l a y m e n " . Analog zu diesem obersten G r e m i u m des Volkes in Jerusalem wird die Bezeichnung T r p e o ß i k e p o i in vorneutestamentlicher Zeit auch für die Vertreter der Landstädte Israels v e r w e n d e t sowie für Würdenträger allgemein . In mehrheitlich jüdischen Ortsgemeinden übernimmt eine solche k o m m u n a l e Verwaltung sowohl die religiöse als auch die poli tische Aufsicht, da diese im Judentum nicht voneinander getrennt werden . Dort w o die jüdische Kultgemeinde jedoch nur einen Teil der Bewohner einer Ortschaft bildet, regelt entsprechend der lokale Syna gogenvorstand die Angelegenheiten der jüdischen Gemeinde. Dies gilt sowohl für Städte in Palästina als auch für solche in der Diaspora . D a also die Vorsteher der jüdischen Ortsgemeinde und der Synagogenge meinde in vielen Orten Palästinas identisch waren, läge die Beibehal tung der Bezeichnung TrpeaßvjTepoi für die Leitung der jüdischen Synagogengemeinde n a h e . Die neuere Forschung stellt jedoch auf grund mangelnder Belege zunehmend in Frage, dass es - wie in der Vergangenheit angenommen - bereits vor 70 n.Chr. solche lokale Synagogenvorstände im eigentlichen Sinn gab, die aus einem G r e m i u m von T r p e o ß i k e p o i bzw. D*3pT bestanden . Denn auch die liturgischen 31
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31 Schürer/Vermes, History II 213, ähnlich Ysebaert, Amtsterminologie 122. 32 Vgl. Jdt 6,16.21; 7,23; 8,10; 10,6; 1 Makk 14,28; Lk 7,1.3; HQTempl 63,lf.4 = Dtn 21,3f.6; 64,4 = Dtn 21,19f; 65,10.13 = Dtn 22,15f.l7f. Siehe auch Bornkamm, Art. Trpeoßug 658, 660; Karrer, Ältestenamt 157 mit Anm. 31. 33 Vgl. 3 Makk 1,8.23. 34 Hierbei sind sowohl regional als auch zeitlich bedingte Unterschiede anzuneh men; vgl. Burtchaell, Synagogue 46-54. 35 Vgl. Schürer/Vermes, History II 427-431. 36 Vgl. Lk 7,3-5 sowie Brooten, Women Leaders 47. 37 Die sog. Theodotosinschrift SEG VIII 170,9 (auch in J.-B. Frey, CIJ II Nr. 1404), eine Jerusalemer Inschrift in Griechisch möglicherweise aus der Zeit vor 70 n.Chr., erwähnt o l Trpeoßikepoi als Mitbegründer der Synagoge. Die älteren Beiträ ge z.B. von Bornkamm, Art. Trpeoßug 660 u. Brooten, Women Leaders 24, 46f, 52f, aber auch Bauer-Aland 1402 gehen hier von einer Amtsbezeichnung für die Vorsteher einer lokalen Synagoge aus. Karrer, Ältestenamt 160f mit Anm. 54 hält dem jedoch mit Recht entgegen, dass die Ältesten hier wie in den antiken jüdischen Grabinschriften nicht als Amtspersonen der Synagoge auszumachen sind (zur Diasporasynagoge s.u. 2.4). Auch Harvey, Eiders 325 versteht die Ältesten der Gemeinde vor 70 n.Chr. lediglich als lokale Leiter. Die Datierung der Theodotusinschrift wird jüngst von Kee, Defining the First-Century C.E. Synagogue 7-26 sogar angefochten und auf das 3. Jh. n.Chr. verlegt. Denn erst ab dem 3. Jh. ist der Titel Trpeoßikepog für lokale Synagogenvorstände im engeren Sinn gesichert. Siehe auch Karrer, a.a.O. 161f; Schürer/Vermes, History II 433-435; III.l 92. Auch steht in HQTempl 42,13f mm *3pT (Älteste der Versammlung) wie in der LXX o l Trpeoßikepoi xf\c, avvayuyxy; (vgl. Lev 4,15; Ri 21,16) nicht für die Synagogenge meinde, sondern für die Ältesten Israels. Das Fehlen einer palästinischen presbyterialen Synagogenleitung widerspricht also nicht der Annahme, dass es in Palästina bereits im 1. Jh. n.Chr. Synagogengebäude gab, wie Lk 7,5 andeutet. Hierzu siehe
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Aufgaben des Gottesdienstes versahen nicht die Ältesten, sondern der der Synagoge vorstehende dpxiouvaY^YOC bzw. dp%o)y Tfjg ovvayuy^Q und sein Gehilfe, der ]tn bzw. uirrperric; . 38
2.2.2 Bei den Essenern Wie in der politischen Ordnung des palästinischen Judentums, so begegnet die atl. Tradition lokaler Ältestenräte auch in den Texten von Qumran. Die Rekonstruktion ihrer Aufgaben und Funktionen innerhalb der wohl zu den Essenern gehörenden Gemeinschaften bleibt jedoch aufgrund der wenigen uns vorliegenden Informationen schwierig . Denn nicht nur stammen die Texte von Qumran aus unterschiedlichen Perioden und damit auch aus verschiedenen Entwicklungsphasen der Bewegung (vgl. z.B. die Varianten von 1QS). Auch weisen die in den Texten erwähnten Gruppen unterschiedliche soziale Strukturen auf. So stellt z.B. die Gemeinderegel (1QS) eine Ordnung für eine zurückge zogene, monastische Gemeinschaft wie in Qumran dar, die Damaskus schrift (CD) hingegen bezieht sich auf eine Gruppe von Männern, Frauen und Kindern innerhalb einer (jüdischen) Ansiedlung. Beide Typen von Gemeinschaften leben jedoch ihr religiöses Ideal höchster kultischer Reinheit (wahres Israel) weitgehend getrennt von der übri gen Gesellschaft. Auch sind beide Gruppen ähnlich organisiert . So bilden die Priester (Söhne Zadoks bzw. Söhne Aarons) - nach d e m o kratischen Anfängen (vgl. 4 Q S = 4 Q 2 5 6 , 258) - in beiden Gruppen die Führungselite gegenüber den Leviten (Levi) und den Laien (Isra e l ) . Sie unterweisen die Gemeinde in den göttlichen Geboten und achten auf deren Einhaltung . Zusätzlich unterliegen die Gemeinde 39
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jüngst Strange, Ancient Texts 27-45, der aufgrund architektonischer Übereinstim mungen archäologische Indizien für die Existenz von vier palästinischen Synago gen des 1. Jh. n.Chr. aufzeigt, sowie Levine, Ancient Synagogue 42-73. 38 Vgl. Jos Ant 12,142; 14,175; 15,5-6; Bell 2,411; Philo VitMos 1,4; Lk 4,20 sowie Harvey, Eiders 319-325; Schürer/Vermes, History II 428, 435. Kee, Syna gogue 18 nimmt daher wohl zu unrecht an, dass „in Luke-Acts the later forms of synagogal worship read back into the time of Jesus." Zu den Hinweisen auf die Synagoge in der Apg und die Zuverlässigkeit der Angaben siehe auch Levine, a.a.O. 108-110 mit Anm. 192. 39 Hierzu siehe Riesner, Essener 117-125. 40 In Bezug auf die Informationen über die Essener bei Philo und Josephus ist im Gegensatz zu den wenigen Hinweisen bei Plinius dem Älteren (23/4 - 79 n.Chr.) - einzuräumen, dass sie trotz weitgehender Übereinstimmung mit den Texten aus Qumran eine deutliche hellenistisch-jüdische Färbung aufweisen. Auch unterschei den sie als Außenstehende verallgemeinernd oft nicht zwischen den verschiedenen Lebensformen innerhalb der Gemeinschaft; vgl. Bilde, Essenes 32-68; Schürer/ Vennes, History II 562-571,575-579, 583-585; Vermes, Introduction 122-126. 41 Zur Organisation und Lebensweise der Essener siehe z.B. Vermes, a.a.O. 94113,122-126. 42 Siehe 1QS 6,8-9; 9,6-7; lQSa 1,12-14; CD 13; 14,3-6 u.ö. 43 Siehe 1QS 5,9; CD 13,2-3 u.ö.
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glieder von Q u m r a n einer strengen hierarchischen Rangordnung, wonach j e d e m Mitglied ein R a n g entsprechend seiner F ü h r u n g und der Dauer seiner Mitgliedschaft in der Gemeinschaft z u k o m m t . Der fol gende Überblick über die essenische Leitungsstruktur soll die Funktion der Ältesten in dieser Ordnung zu klären helfen. 44
Oberster Leiter j e d e r essenischen Gemeinschaft ist der wohl priester l i c h e Gemeindeaufseher oder Mebaqqer, dessen genaue Bezeichnung in den Ordnungen z u m Gemeindeleben der Essener etwas variiert . Sowohl in der Damaskusschrift als auch in der Gemeinderegel begeg net der "ij?3Q im Z u s a m m e n h a n g mit den Ältesten der Gemeinschaft sowie e i n e m G r e m i u m von Richtern. Geschult in der Auslegung des Gesetzes steht jeweils ein Aufseher der Gemeinschaft von Q u m r a n und den in C D als Lager bezeichneten lokalen essenischen G r u p p e n und damit auch den Ältesten v o r . A u ß e r d e m unterweist er die Mitglieder, regelt Finanzangelegenheiten und entscheidet über die Aufnahme neu er Mitglieder . 45
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44 Siehe 1QS 6,20-22; 8,19 u.ö. 45 Siehe z.B. 4 Q D = 4Q267 Frgm. 18, 5,8 sowie Campbell, Eiders 59; Vennes, Introduction 96. 46 "ipaö (M baqqer) ist Partizip Piel von ")pa (untersuchen, sich kümmern um, betreuen; vgl. Koehler/Baumgartner, Lexikon 144). In CD und auch in 1QS heißt er „der Aufseher über die Vielen" (crmn ntfa nprian in CD 15,8 bzw. crmn bv nprion in 1QS 6,12). Doch kann der Leiter in 1QS 6,14 auch als D'ain Btorn -ppan aran bezeichnet werden (Paqid = Aufseher, der Verantwortliche). Daneben kennen ihn CD 13,7.13.16 und 4 Q D = 4Q266 Frgm. 5, lb,14 auch als den „Lageraufseher" (nmnb ipnon). Analog nennt ihn 4QSD = 4Q265 Frgm. 1, 2,6 den „Gemeinde aufseher" ("trvn bv npnon). Außerdem ist der Lageraufseher auch identisch mit dem Maskil (b'Ofa = Unterweiser) in 1QS (1,1); 3,13; 9,12.21; 4 Q S = 4Q258 Frgm. 1, 1,1; Frgm. 2, 3,5; CD 12,21 u.ö.; vgl. Campbell, Eiders 58; Vennes, Introduction 97; Ysebaert, Amtsterminologie 118-120. 47 CD 9 erwähnt beide Ämter zusammen mit den Richtern und Priestern im Zusammenhang mit der Rechtsprechung. Ähnlich erscheinen Aufseher, Älteste und Priester in den Regelungen zur Gemeindeversammlung in 1QS 6,8-23. 48 Zu den essenischen Ansiedlungen siehe Jos Bell 2,124 sowie die Philo zuge schriebene Hypothetica bzw. Apologia Judaeorum in Eus PE VIII 11,1-18. Zur Authentizität des Texts siehe Kottek, Hygiene and Healing 2844 Anm. 4. 49 Neben der Mehrzahl von Lageraufsehern erwähnt CD 14,8-12 auch noch einen „np2ft aller Lager", der über den einzelnen Lageraufsehern steht. Er ist zwischen 30 und 60 Jahren alt, besonders gebildet und besitzt die oberste Autorität. Infolgedes sen leitet er die Ratsversammlung. Aufgrund der ähnlichen Beschreibung des obersten np2Q in CD und des Aufsehers in 1QS geht Vennes, Introduction 112 davon aus, dass der Aufseher aller Lager identisch ist mit dem "ipSQ von Qumran. 50 Siehe CD 9-10; 13; 15; 5Q13 Frgm. 4, 1. Daneben wird noch ein „Aufseher über die Güter der Vielen" mit der Funktion eines Schatzmeisters bzw. Quästors erwähnt, in dessen Ressort das Vermögen eines neuen Mitglieds übergeht (siehe 1QS 6,19f). Vgl. auch CD 13,11, wonach der Lageraufseher die Finanzen eines Kandidaten vor dessen Aufnahme prüft (siehe auch 13,15f). b
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Von d e m Aufseher der städtischen essenischen Gemeinschaften erfah ren wir weiter, dass ihm neben der Rechtsprechung zusammen mit zehn „Richtern" auch die Fürsorge für die Armen, Alten und sozial Schwachen unterliegt . In Verbindung mit der religiösen Unterwei sung hat er sein Amt mit Nachsicht und Vollmacht gegenüber den Angehörigen der Gemeinschaft auszuüben: „er soll Erbarmen mit ihnen haben wie ein Vater mit seinen Söhnen, und er soll alle Verirrten heilen ( ? ) wie ein Hirte seine Herde. Er soll die Ketten lösen, die sie binden, damit es in der Gemeinde keine Bedrängten oder Bedrückten gibt." Der Aufseher hat demnach geistliche Vollmacht über die Gemeinschaft. An körperliche Heilung ist an dieser Stelle wohl nicht gedacht. 51
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Die Ältesten der essenischen Gemeinschaften bilden wie in der politi schen Ordnung des palästinischen Judentums exponierte Gremien, denen eine besondere Achtung und Aufgabe zukommt. So schlichten sie in den städtischen Gruppen Streitigkeiten und verhängen disziplina rische M a ß n a h m e n . Entsprechend wurde von den essenischen G e meindegliedern laut Josephus Gehorsam gegenüber den Ältesten erwartet . Auf diese Weise unterstützen die essenischen D^pT die lei tenden und Recht sprechenden Priester, zu denen sie aber selbst nicht gehören (vgl. C D 9,3f mit 9,13f). Nach dem gleichen Prinzip ist das Richterkollegium der Gemeinde des Neuen Bundes zu Damaskus zusammengesetzt, d e m nach C D 10,4-7 - begrenzt auf eine gewisse Zeit - vier Priester oder Leviten und sechs Laien angehören, die alle die für die Aufgabe notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen müssen. Die Priorität der Abstammung gegenüber dem (zeitlich begrenzten) Amt bzw. der Funktion bleibt jedoch bestehen. Dies zeigt 55
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51 Zu den zehn Richtern, deren Amt zeitlich befristet ist, gehören nach CD 10,1.4-10 vier Priester oder Leviten und sechs Laien. 52 Siehe CD 14,13-16. 53 So mit Garcia Martinez/Tigchelaar, Dead Sea Scrolls I 573. (Zur Verbindung von Heilung und Hirtenmotiv siehe auch Ez 34,4.16.) Ähnlich auch Maier, Qumran Essener I 27: „und er richte all ihren Schaden". Der teilweise korrumpierte und daher schwierig wiederzugebende Konsonantentext lautet hier D S i r n ö blb [ ] B H . Lohse, Texte 94f liest hier D i r r r r a statt M i m o , ergänzt [^Jßri und übersetzt: „und (er wird) alle ihre Verstreuten zurück[bringen] ...". Vermes, Dead Sea Scrolls 111 hingegen übersetzt analog zu Zeile 10: „and shall carry them in all their distress ..." 54 CD 13,9-10 (meine Übersetzung). 55 Siehe CD 9,3f, wo die Ältesten implizit als nichtpriesterliche Rechtsinstanz erscheinen. In erster Linie richtet sich die Stelle jedoch gegen einen Missbrauch der Position; vgl. Karrer, Ältestenamt 166 mit Anm. 74. 56 Siehe Jos Bell 2,146. Auch wurde von den Jüngeren Gehorsam gegenüber den Älteren erwartet; vgl. Jos Bell 2,150; Philo Hyp 11,13. Doch die terminologische Unterscheidung von Ältesten und den Älteren in 1QS 5,23 u. 6,2, wo nicht ] p t , sondern ] ö p und ^Ttt verwendet werden, zeigt, dass die Ältesten sich von den Alten deutlich unterschieden. Gegen Campbell, Eiders 62f.
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deutlich die Rangordnung von C D 14,3-6, in der den Priestern der erste Platz zukommt, gefolgt von den Leviten, der Gemeinde und zuletzt den Proselyten, ohne dass die Ältesten oder die Richter erwähnt werden. Unklar bleibt daher, ob die nichtpriesterlichen Mitglieder des Richter kollegiums aufgrund ihrer juristischen sowie karitativen Tätigkeit zu den D^pT gehören oder gar mit diesen identisch sind . Beide Gruppen partizipieren jedoch in der Gemeindeleitung. Für sie gilt wie für alle Mitglieder der Gemeinschaft der liebe- und rücksichtsvolle U m g a n g miteinander . Auf diese Weise unterstützen sowohl die Ältesten als auch die Richter den lokalen ")p3ft (s.o. sowie C D 9,4). Wie sich bereits bei den städtischen Gemeinschaften abzeichnet, so gehören die Ältesten offensichtlich auch in Qumran nicht zur priesterli chen Elite. Denn die Sitzordnung der Gemeindeversammlung in 1QS 6,8-9 unterscheidet die D^pT deutlich von den • ' O r t o . Im Gegensatz zu den in C D beschriebenen Gruppen sprechen in 1QS 9,7 jedoch nur die Priester und folglich keine Laien Recht, d.h. Richter und Älteste sind in Qumran nicht identisch. Dennoch haben die Ältesten von Qumran eine besondere Bedeutung, da ihnen in der Sitzordnung der Gemeindeversammlung - entsprechend ihres Ansehens und der damit wohl verbundenen Autorität (s.u.) - der zweite Rang nach den Pries tern z u k o m m t . Daher liegt es nahe, dass die Ältesten von Qumran mit den in 1QS 8,1 genannten zwölf Männern identisch sind, die zusam men mit drei Priestern den Gemeinderat bilden . Gestützt wird diese These durch die Aufgaben der Ältesten, die darin bestehen, die Ge meinde bzw. deren Abteilungen zu beaufsichtigen und zu repräsentie r e n sowie die Einhaltung der Reinigungsvorschriften zu beurteilen . 57
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57 Siehe auch CD 9,10; 10,1.4-8; 14,13-17. 58 Vgl. 1QS 5,24-25. 59 1QS 6,8-9 erwähnt zuerst die Priester, dann die Ältesten und danach die restlichen Mitglieder; vgl. 1QM 13,1. Die Richter fehlen hingegen in dieser Rang ordnung. Entsprechend werden nach lQSa 1,12-16 die nichtpriesterlichen Leiter von den Priestern und den übrigen Leitern bestimmt. 60 Vgl. 1QM 13,lf. 61 Vgl. 1QS 6,8-9. Ähnlich spricht auch die Tosefta von einer besonderen Sitz ordnung für die Ältesten; vgl. TMeg 4,21. Siehe auch Brooten, Women Leaders 51. Zur Nennung von Ältesten in Verbindung mit Priestern siehe auch 2QNJ ar = 2Q24 Frgm. 4, 13, wobei hier jedoch die emphatische aramäische Form N" 5fr, wörtlich „Graukopf', begegnet; vgl. Koehler/Baumgartner, Lexikon II 1783. 62 Vgl. Johnson, Manual of Discipline 133, der die 12 als eine Gruppe von Laien neben den drei Priestern versteht. Reicke, Constitution 151 hingegen hält alle 12 für Priester. Diese Interpretation ist jedoch wegen der Gegenüberstellung von drei Priestern und zwölf Männern eher unwahrscheinlich. Vgl. auch lQSa l,14f.24.29, wo die Sippenführer von den Richtern und Amtsinhabern unterschieden werden. Letztere könnten wiederum mit den Ältesten identisch sein. 63 Vgl. CD 9,4. 64 Vgl. 4QapocrMosesB = 4Q375 Frgm. 1, 1,7. 65 Siehe 4QTohorotB = 4Q275 Frgm. 3, 1. T
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Qualifizierte nichtpriesterliche Glieder der Gemeinschaft partizipieren also in der essenischen Gemeindeleitung ohne selbst zur priesterlichen Elite zu gehören. Die notwendigen Kriterien für die Belegung eines solchen besonderen Dienstes (nTQX?) sind in l Q S a 1,13-20 deutlich umrissen: Neben dem erforderlichen Mindestalter von 30 Jahren muss sich ein Kandidat vor allem durch gute persönliche Führung, geistliche Einsicht und nicht zuletzt geistige Fähigkeiten auszeichnen . Folglich dürften die Ältesten der Essener die angesehensten unter den Laien darstellen, und zwar aufgrund ihrer vorbildlichen Lebensführung sowie ihrer Erfahrung und Bildung. Festzuhalten ist also, dass die Ältesten der Essener einerseits wie die übrigen Laien den Priestern untergeordnet sind, andererseits partizi pieren sie wie die nichtpriesterlichen Richter in C D 10,4-7 aufgrund ihrer Lebensführung und ihrer Fähigkeiten in der Leitung der Gemein schaft . Folglich sind die Ältesten der Essener weder mit den Leviten noch mit den v o m Alter her Reifen identisch , was in Einklang damit steht, dass der von D^pT abhängige Genitiv in den Schriften von Q u m ran wie im A T die Konnotation der Leitung von der des Alters unter scheidet . 66
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Das gewonnene Bild der essenischen Leitungsstrukturen findet eine gewisse Bestätigung in den von Philo beschriebenen und wohl zu den 7 0
Essenern zählenden 0€ poc7T€UTCC L . Diese in Ägypten lebende und aske
tisch ausgerichtete jüdische Gruppe beschäftigte sich - ganz im Sinne der Etymologie ihres Namens - sowohl mit dem seelischen als auch
66 Siehe auch 1QS 5,23-25; 6,21-22. 67 Die Leviten hingegen assistieren den Priestern in der Liturgie und - bei entsprechender Bildung - in der Lehre; siehe z.B. 1QS 1,16-24; vgl. auch CD 13,14. 68 Gegen Reicke, Constitution 149f u. Campbell, Eiders 60f, für die die Rangord nung von Priestern, Leviten und zuletzt den übrigen Israeliten in 1QS 1,18-24 und die Sitzordnung von Priestern, Ältesten und dann dem Rest der Gemeinde in der Gemeindeversammlung nach 1QS 6,8-10 (vgl. CD 14,3-6) belegt, dass bei den Essenern Leviten und Älteste identisch sind. Doch diese Beziehung wird in den Schriften von Qumran - wie auch im AT! - nirgends hergestellt. Vor allem aber sprechen die Aufzählung von Priestern, Leviten und Ältesten in 1QM13,1 und die Auswahlkriterien der essenischen Leiter (s.o.) gegen eine derart generelle Identifi kation. 69 Vgl. CD 9,4; 1QM 13,1; 2QNJ ar = 2Q24 Frgm. 4, 13; 4QapocrMosesB = 4Q375 Frgm. 1, 1,7 mit CD 14,14 (die sterbenden Alten); lQpHab 6,11 (Liste der Generationen) u. 4QpapRitMar = 4Q502 Frgm. 24, 4.6, wo man den Jungverheira teten wünscht, dereinst auch noch zur „Versammlung der alten Männer und alten Frauen" zu gehören. Zwar nehmen Aufgabenbereiche und Verantwortung mit dem Alter zu (vgl. lQSa 1,12-13), doch man verwehrte sie dem hohen Alter (vgl. CD 10,10). Zur Kritik an der Senioritätsthese in Bezug auf die Qumrangemeinschaft siehe auch Karrer, Ältestenamt 157. 70 Vgl. Bilde, Essenes 65f.
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IV. Die Funktion der Ältesten in Jak. 5,14 71
mit d e m physischen Heil der M e n s c h e n . Die erste Lehrautorität sowie die Aufgabe der Unterweisung im Sabbatgottesdienst der Therapeuten stand - analog d e m ")p3D der Schriften aus Qumran - d e m TTpeoßikaioc; oder: dem Ältesten z u . Daneben besaßen die Therapeuten auch ein Kollegium von TTpeoßuTepoi, zu d e m nach Philo nicht die an Jahren Al ten gehörten, sondern die in der überlieferten Lehre Gebildeten und Gereiften . Die Rangordnung der Mitglieder innerhalb der Gemein schaft hingegen leitete sich von ihrem Alter a b . Damit zeichnet sich hier bereits wie auch in Qumran die spätere Entwicklung des ]pT zum Weisen bzw. Gelehrten a b . In der in Qumran gefundenen Tempelrolle hingegen steht der Ältesten begriff d e m des A T recht nahe. In Verbindung mit der Übernahme und Erweiterung weiter Teile des Deuteronomiums begegnen hier die O^pT - wie die i T p e o ß u T e p o i in den atl. Apokryphen (s.o.) - als die ehrwürdi gen Repräsentanten der Stadt . Und wie im A T bilden Älteste auch hier den Vorstand der Priesterschaft . In H Q T e m p l 42,13f werden die Ältesten der Gemeinde sogar vor den Priestern genannt. Dennoch blei ben sie als Laien vom Opferkult getrennt. 72
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Fügt man die verschiedenen Informationen über die Leiter der Essener zusammen, entsteht folgendes Bild. Z u m einen bilden die D^pT eine Gruppe von in den jüdischen Schriften gelehrten Männern, die mit religiösen, disziplinarischen und organisatorischen Aufgaben betraut waren und die hierfür erforderlichen Vollmachten besaßen. Da sie dem Lageraufseher unterstanden, dürfte ihre Zuständigkeit allerdings auf Einzelbereiche der Leitung beschränkt gewesen sein. Zu ihren Aus wahlkriterien gehörten weder primär das Alter noch die soziale Stel lung, sondern die (für den Leitungsdienst benötigten) persönlichen Qualitäten und Fähigkeiten. Z u m anderen werden die Ältesten deutlich von den Priestern unterschieden. Sie nehmen nicht a m Kultbetrieb im eigentlichen Sinn teil. Daher handelt es sich bei den essenischen D^pT wie in der politischen Ordnung des palästinischen Judentums u m einen
71 Siehe Philo VitCont 2. Vgl. auch Kottek, Hygiene and Healing 2845f; Schürer/ Vennes, History II 591-597. 72 Siehe Philo VitCont 31. 73 Vgl. Philo VitCont 67. Ähnlich schreibt Philo in Migr 201 den 70 Ältesten vor Mose Weisheit und das Streben nach traditionellen Werten zu, während er die Bedeutung des Alters relativiert. 74 Vgl. Philo VitCont 30; 72. 75 Vgl. insbes. bQid 32b (tannait. Baraita) sowie bEr 3,4; 8,7; bSan 11,1-4; bAZ 4.7. Siehe auch Bornkamm, Art. TTpeoßuc; 660; Karrer, Ältestenamt 159 sowie die ausführliche Darstellung bei Lohse, Ordination 51f. 76 Vgl. HQTempl 63,lf.4 = Dtn 21,3f.6; 64,4 = Dtn 21,19f; 65,10f.l3 = Dtn 22,15f.l7f. 77 Vgl. m r o n '3pr („die Ältesten der Priester") in HQTempl 15,18; 16,2 mit 2 Kön 19,2 = Jes 37,2; Jer 19,1.
IV. Die Funktion der Ältesten in Jak. 5,14
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Sammelbegrifffilr die mit einer Leitungsfunktion beauftragten Laien. Z u s a m m e n mit den Priestern, Richtern und Leviten unterstützen sie den leitenden 1 p 2 D . 78
Exkurs 4: Die Essener und Heilung Z w a r erwähnen die Texte von Q u m r a n keine zur Gemeinschaft gehöri gen Heiler oder E x o r z i s t e n , doch lesen wir an verschiedener Stelle von magisch-exorzistischen P r a k t i k e n . Vermutlich waren die Essener auch mit der K r a n k e n h e i l u n g vertraut. Letzteres deutet vor allem das in Q u m r a n gefundene Genesis-Apocryphon an, nach d e m A b r a h a m Pharao durch Gebet und Handauflegen von einem bösen (Krankheits)geist befreit ( l Q G e n A p o c 20,21 ff) . Auf diese Weise werden Abrah a m als traditionellem jüdischen Leitbild charismatische Fähigkeiten zugeschrieben. D a die Handauflegung im biblischen Text fehlt, ist anzunehmen, dass auch die Essener - wie im antiken J u d e n t u m üblich - durch Handauflegen heilten* . Laut Josephus sammelten und studier79
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78 Basierend auf der Arbeit von J. Jeremias wurde in der Vergangenheit meist argumentiert, dass der hebräische Begriff "ipao dem ntl. 6TTLÖKOTTO(; zugrunde liegt. In der neueren Forschung begegnet diese These noch bei Campbell, Eiders 155-158 u. Ysebaert, Amtsterminologie 122. 79 Einige Forscher vermuten allerdings, dass der in Jos Ant 8,45-47 erwähnte jüdische Exorzist Eleazar ein Essener war; siehe Kottek, Hygiene and Healing 2855; Vennes, Jesus der Jude 49. 80 Zu Exorzismen, magischen Beschwörungen und zur Dämonenabwehr in den Texten von Qumran siehe H Q P s A p = 11Q11; 4QAgainst Demons = 4Q560; 4QShir ' = 4Q510, 511 sowie Lichtenberger, Ps 91 416-424; zur Verbindung von Krankheit und Geistern siehe 4 Q D = 4Q266 Frgm. 9, 1,5-8 Par. 4QpapD = 4Q273 Frgm. 1, 2,11. Des weiteren hat nach 4QPrNab ein jüdischer Exorzist den letzten babylonischen König, Nabonidus, durch Sündenvergebung geheilt. Siehe auch Kollmann, Wundertäter 131-137; Lange, Essene Position 377-435. 81 Möglicherweise stehen die Essener, die von Josephus als 'Eoonyoi (Essener) und 'EööaloL (Essäer), von Philo stets als Essäer und von Plinius d.Ä. als Esseni bezeichnet werden, auch etymologisch - durch Bezug zum aramäischen t^ON (asayya) = „Heiler" entsprechend der Bezeichnung 0epaTT€i)T(xi für eine verwandte Gruppe in Ägypten (s.u.) - mit der Heilung in Verbindung; vgl. Kottek, Hygiene and Healing 2844f mit Anm. 5; ders., Essenes and Medicine 81-99; Schürer/ Vennes, History II 559, 591-597. Kollmann, a.a.O. 128 u. Riesner, Essener 124 lei ten dagegen 'EöörjvoC/EööaXoL mit M. Hengel von Non (fromm) ab. 82 Hier wurde offensichtlich Gen 12,10-20 und 20,1-18 ineinander verwoben und das Gebet Abrahams zu Gott in Gen 20,17 zu einem exorzistischen Heilverfahren uminterpretiert. Auf dem Hintergrund der exorzistischen Praktiken der Essener wird jene Umdeutung aber verständlich. Zur Verbindung von Abraham mit magischen Praktiken siehe auch bBB 16b. 83 Vgl. Flusser, Healing through the Laying-on of Hands 107f; Hogan, Healing 146-149; Kollmann, Wundertäter 131f. Siehe auch die Erwähnung Gottes als Heiler menschlicher Krankheit in 1QH 16,26; 17,25; 19,22; 21 Frgm. 3, 16; 1QS 4,6; a
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ten sie auch die überlieferten medizinischen und magischen Schriften . D a diese Tätigkeit einen entsprechenden Bildungsstand voraussetzt, ist hier in erster Linie an die in den Schriften Gelehrten, also die lehren den und Recht sprechenden Priester, Leviten und Ältesten der G e m e i n schaft zu denken (s.o.). Folglich dürften auch unter ihnen diejenigen zu suchen sein, die sich u m die Heilung der Kranken bemühten. Die mate rielle Sorge für die Kranken hingegen lag nach Philo in den Händen aller Mitglieder der Gemeinschaft . 85
2.3
Die Ältesten im hellenistischen Kulturraum
I m Gegensatz z u m jüdischen und christlichen Gebrauch steht der B e griff 7Tp€ößuT€poq im hellenistischen Griechisch zunächst für das Alter.
4Q177 9,3f; 10,2; 4Q286 Frgm. 1, 1,4; 4Q511 Frgm. 20, 1,4; 4Q521 Frgm. 2 u. 4, 12. 84 Nach Jos Bell 2,136 durchforschten sie die „Schriften der Alten" nach medizi nischen Überlieferungen, und sie besaßen Kenntnisse über medizinische und magi sche Heilmittel wie Steine und Wurzeln (vgl. 4Q511 Frgm. 20, 1,4). Zur Stelle siehe Kollmann, a.a.O. 128-131; Kottek, Medicine and Hygiene 162-164. Aufgrund von Jos Ant 8,45-49 dürften zu jenen „Schriften der Alten" Texte der Salomo zuge schriebenen magischen Tradition gehört haben oder das nach bPes 56a u. bBer 10b von König Hiskia versteckte „Buch der Arzneien"; vgl. Kottek, Hygiene and Healing 2858 mit Anm. 67; ders., Medicine and Hygiene 164. Auch steht die Angelologie und Dämonologie der in Qumran bekannten atl. Pseudepigraphen in Bezie hung mit der Heilung; vgl. z.B. ÄthHen 7,1; 8,1.3; Jub 10,10ff; 12,12-14. Die Schriften vom Toten Meer beinhalten allerdings weder medizinische Traktate noch Zeugnisse von Krankenheilungen. Das einzige in diesem Zusammenhang zu erwäh nende Dokument 4QTherapeia = 4Q341 wird von den meisten Forschern lediglich als eine Schreibübung angesehen; vgl. Hogan, Healing 166-167. Auch sollen nach 4 Q D = 4Q267 Frgm. 17, 1,6-9 keine Behinderten in die Gemeinschaft aufgenom men werden, und der Aussatz wird nach CD 13,5; 4 Q D = 4Q266 Frgm. 9, 1 u.ö. (im Zusammenhang mit Reinheit und Unreinheit) lediglich diagnostiziert. Doch die Hinweise auf Exorzismen in den Texten von Qumran (s.o.), das Verbot in CD 11,10, am Sabbat Spezereien (D^öO) (Kollmann, a.a.O. 131 übersetzt hier „Medi kamente") mit sich zu tragen, der Dank für Heilungen oder Heilmittel (m*OSl) in 4Q511 Frgm. 20, 1,4, die Erwähnung von Heilkundigen in 4Q548 Frgm. 1 u. 2, 3 und die Tatsache, dass Angaben zu den alltäglichen Aktivitäten der Gemeinschaft in den Texten vom Toten Meer auch sonst weitgehend fehlen, legen nahe, dass die Essener - wie Josephus bezeugt - durchaus ein aktives Interesse an der Kranken heilung besaßen; vgl. Kollmann, a.a.O. 127 sowie Kottek, Medicine and Hygiene 164: „Summing up, it may well be understood that the Essenes had a reputation as successful healers. The knowledge of books, 'experimentation' in curative means, holistic interest in the welfare of body and soul, and special skills in prognosis - all this constitutes a rather impressive schedule, when placed in its chronological setting." Gegen Hogan, Healing 167. Zur Krankenheilung und Krankenpflege bei den Essenern siehe auch Kottek, Hygiene and Healing 2854-62; zu Medizin, Magie und Exorzismen siehe Kollmann, Wundertäter 127-137. 85 Siehe Hypothetica bzw. Apologia Judaeorum 11,13 bei Eus PE VIII 11,13. Vgl. auch Philo Prob 87 sowie CD 14,14f. b
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Besonders markant formulierte A.E. Harvey 1974 daher: „It must be admitted at the outset that the use of the word iTp€oßi)T€po<; to denote the holder of an office is foreign to normal Greek usage. Outside Jewish and Christian literature, the word 7Tp€oßi)T€poi has only one possible meaning: 'older m e n ' . " Die These gründet dabei primär auf d e m häufigen Bezug von T r p e a ß i k e p o q auf die Alten im griechischen Vereinswesen, wo es sich nicht u m Inhaber besonderer Titel handelt, sondern u m Mitglieder von Seniorenbünden . Doch ist die Position Harveys in mehrfacher Hinsicht zu relativieren. Erstens existierte schon in Sparta der politische Titel iTpeößuq für den Präsidenten eines Kollegiums, der Gerousie (f) ytpovo'w)**. Zweitens wurden mit 7Tp€ößui€poL in Ägypten - wie Harvey selbst einräumt - bereits im 3. Jh. v.Chr. die Mitglieder von Ausschüssen und Kollegien verschiede ner Art - ohne Bedeutung des Alters - bezeichnet . Bei diesen handelt es sich z.B. u m Innungsvorstände oder Mitglieder einer dörflichen Selbstverwaltung. G. B o r n k a m m hatte aus diesem Befund bereits geschlossen, dass die ägyptische titulare Verwendung von iTpeoßuTepoq Vorbild für die häufige Gleichsetzung von ]pt und 7Tp€ößuT€pog in der L X X w a r - eine These, die bis heute weitgehend übernommen wur d e . Drittens tritt der Begriff 7Tp€ößuT€poc; als öffentliches Amt und damit verbunden als Titel spätestens ab ca. 100 n.Chr. - und somit früher als von Harvey angenommen - für die Mitglieder der neu einge richteten hellenistischen Stadträte insbesondere Kleinasiens und der Ägäis in Erscheinung . Zu ihrem Ressort gehörten primär Finanzange legenheiten und der organisatorische sowie verwaltungstechnische Be reich des ortsansässigen Kults. D.h. die hellenistischen Ältesten spiel ten auch im religiösen Leben einer Stadt eine bedeutende Rolle. Dem entsprechend zählten Frömmigkeit ( € i ) 0 € ß € i a ) und finanzielle Groß zügigkeit (Kala e p y o t ) zu den erwarteten Tugenden jener Ältesten . Für den Zeitraum des 1. und 2. Jh. n.Chr. ist Harveys ausschließlicher Bezug von T r p e o ß i k e p o g auf das Alter außerhalb der jüdischen und christlichen Literatur also inkorrekt, denn im hellenistischen Kultur raum wurden - zumindest seit Anfang des 2. Jh. - die Mitglieder lok aler Leitungsgremien mit säkularen und religiösen Leitungsaufgaben neben dem üblichen Begriff ykpovxtc, - auch als iTp€aßi)T€poi bezeich86
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86 Harvey, Eiders 319. 87 Für Belege siehe Bornkamm, Art. npeaßix; 653-54; Harvey, Eiders 320. 88 Siehe Campbell, Eiders 71 f. 89 Siehe Harvey, Eiders 320. 90 Siehe Bornkamm, Art. iTpeoßix; 653. 91 So zuletzt bei Ysebaert, Amtsterminologie 113. 92 Karrer, Ältestenamt 183f listet inschriftliche Belege ab 104 n.Chr. (Ephesus) sowie einen Hinweis von der Insel Chios (SEG 26, 1021, Z. 1-6) aus dem 1. Jh. n.Chr. Die von Harvey, Eiders 320 angeführten Belege hingegen stammen aus der Mitte des 2. Jh. 93 Vgl. Karrer, a.a.O.
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net. Dessen ungeachtet ist j e d o c h mit A. Campbell zu konstatieren, dass die Position eines Ältesten, die in sich kein eng definiertes A m t mit festen Aufgaben und Befugnissen darstellt, eine gewisse persönli che Reife und soziale Stellung voraussetzt . A u s chronologischen G r ü n d e n dürfte der hellenistische Ältestenbegriff allerdings die Entste hung und Prägung des christlichen Presbyterats nicht beeinflusst ha ben. 94
2.4
Die Ältesten im hellenistischen J u d e n t u m 95
In der D i a s p o r a s y n a g o g e ist der titulare Gebrauch von TTpeaßikepoc; vor d e m 3. Jh. k a u m zu b e l e g e n . Grund hierfür dürfte die Tatsache sein, dass der Begriff zur B e z e i c h n u n g von Würdenträgern im Grie chischen bis z u m Anfang des 2. Jh. nicht üblich war. A u s der V e r w e n d u n g des Titels Y^pouöLapxrjg in den stadtrömischen und anderen j ü d i schen Grabinschriften schließen allerdings m a n c h e Forscher, dass zumindest einige S y n a g o g e n g e m e i n d e n eine y^poixua, d.h. einen Äl testenrat besaßen, dessen Mitglieder vielleicht TTpeoßikepoi genannt w u r d e n . Wahrscheinlicher ist j e d o c h , dass die Gerousie einer S y n a g o g e n g e m e i n d e nicht von den in den Inschriften öfters belegten A r c h o n 96
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94 Siehe Campbell, Eiders 67-96 mit einer Vielzahl von Belegen aus hellenisti scher Zeit. 95 Hierzu siehe Levine, Ancient Synagogue 74-123. Der in Bezug auf die jüdi sche Kultgemeinde gebrauchte Begriff oway^Y ! beschreibt ursprünglich die orga nisierte jüdische Gemeinde. Zuerst in Palästina und ab dem 1. Jh. n.Chr. auch in der Diaspora wird der Begriff außerdem für den Versammlungsraum bzw. das Gebets haus der Juden verwendet. Im Gegensatz dazu bezeichnet iTpooeiOT neben dem Gebet als solchem den Gebetsplatz oder die Gebetsstätte einer jüdischen Gemeinde (vgl. Apg. 16,13.16). Siehe Bauer-Aland 1429 u. 1562f; Hengel, Proseuche 157184; Schürer/Vermes, History II 439-447; III.l 90f. 96 So kommt TTpeoßuiepcx; in den zahlreichen Grabinschriften der jüdischen Ge meinden in Rom aus den ersten Jahrhunderten - wenn überhaupt (da fragmenta risch) - nur einmal vor; vgl. J.-B. Frey, CIJ I Nr. 378; Schürer/Vermes, History III.l 98. Die übrigen Belege aus Kleinasien, Syrien und Palästina sind zwar zahlreicher, der älteste (aramäische) Beleg (nmartfpS: „zur Zeit des Ältestenamtes von") aus der Synagoge von Dura-Europos in Syrien stammt jedoch von 244-5 n.Chr. (vgl. Schürer/Vermes, a.a.O. l l f ) , gefolgt von weiteren aus dem 4. Jh.; vgl. Bauer-Aland 1402; Bornkamm, Art. iTpeaßix; 660f mit Anm. 57 u. 58; Schürer/ Vermes, a.a.O. 102. Bei der ab dem 3. Jh. in Grabinschriften wiederholt vorkom menden weiblichen Form irpeoßuiepa gehen die älteren Arbeiten zumeist davon aus, dass sich der Terminus auf die Ehefrauen jüdischer Würdenträger bezieht; vgl. Bornkamm, a.a.O. 661 mit Anm. 61; Burtchaell, Synagogue 245. Karrer, Ältes tenamt 162 Anm. 58 argumentiert allerdings mit Brooten, Women Leaders 45, 55 überzeugend, dass es sich hier um weibliche Älteste der jüdischen Diasporagemein den handelt, was auch Leon, Jews 181 Anm. 3 nicht ausschließt. 97 Für die Belege siehe Schürer/Vermes, History III. 1 98 Anm. 35-37. 98 Vgl. Leon, Jews 180f; zurückhaltender dagegen Schürer/Vermes, History III.l 98, skeptisch Burtchaell, Synagogue 238. 1
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ten geleitet wurde, sondern dass sie sich aus diesen zusammensetzte". Diese Vermutung sowie die unsichere Bezeugung der Bezeichnung TTpeoßikepoc; in den Inschriften bis zum 3. bzw. 4. Jh. sprechen also gegen einen frühen titularen Gebrauch des Begriffs . Über die Aufgaben der hellenistisch-jüdischen Gemeindeleiter ist ebenfalls relativ wenig bekannt. Von Philo von Alexandrien erfahren wir lediglich, dass die Auswahl der jüdischen Amtsanwärter - im Gegensatz zur Bestimmung der griechischen und römischen Amts inhaber durch das Losverfahren - auf ihren Verdiensten und Fähig keiten beruhte, und zwar primär auf ihrer Ausbildung und Erfahrung . Aus diesen Auswahlkriterien lässt sich jedoch schließen, dass die jüdi schen Amtsanwärter sowohl religiöse als auch organisatorische Lei tungsaufgaben inne hatten. Diese Aufgaben nahmen sie im Osten des Römischen Reiches wie z.B. in Alexandria meist im Rahmen des ptolemäischen Rechtssystems war, innerhalb dessen die jüdischen Synagogen als iToAiTeujia fungierten. Als solche besaßen sie neben dem Recht auf Selbstverwaltung nicht geringe politische Privilegien . Im Westen nahmen die jüdischen Leiter ihre Aufgaben meist im Rahmen des römischen Vereinswesens war, innerhalb dessen die synagogale Versammlung seit der Zeit Casars rechtlich als privates collegium fungierte . Solche offiziell anerkannten Vereine (collegia licitä) besa ßen zwar gewöhnlich keine politische Eigenständigkeit, doch genossen sie - wie vermutlich auch die mindestens 11 bekannten Synagogen der jüdischen Gemeinde in R o m - das Recht der internen Selbstverwal tung und Selbstbestimmung. Den Mitgliedern einer jüdischen y^pouaux dürften daher neben religionsspezifischen Diensten ähnliche Aufgaben zugefallen sein wie den Amtsinhabern der römischen collegia, zu denen die magistri (Vorsteher) oder quinquennales, der curator 100
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99 Vgl. Lampe, Stadtrömische Christen 28, 368 mit Anm. 17; Wiefel, Jüdische Gemeinschaft 73f. 100 So auch Karrer, Ältestenamt 161f; Leon, Jews 181; Burtchaell, Synagogue 238f. 101 Siehe Philo SpecLeg 4,151-157 sowie Burtchaell, Synagogue 259-261. 102 Siehe Bickhoff-Böttcher, Judentum 82, 89-91; Schürer/Vermes, History III.l 87-91. 103 Zu den römischen Vereinen zählten u.a. Berufs Vereinigungen, Begräbnisver eine und Kultverbände. Siehe Hausmaninger, Art. Collegium 1553. Die Patrone, Väter und Mütter der Synagogengemeinden bilden eine deutliche Parallele zu den Leitern der römischen collegia; vgl. Wiefel, Jüdische Gemeinschaft 74. Zur recht lichen Stellung der antiken jüdischen Synagogen als römische collegia siehe Bickhoff-Böttcher, Judentum 82-89; Lichtenberger, Jews and Christians 2160 sowie das noch heute bedeutsame Standardwerk von E. Ziebarth, Das griechische Vereinswesen, von 1896. 104 Mindestens fünf der römischen Synagogengemeinden existierten bereits im 1. Jh. n.Chr. Vgl. Lampe, Stadtrömische Christen 368 mit Anm. 20.
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(Aufseher, Leiter), der quaestor (Schatzmeister) oder arcarius gehör ten . Konkrete Hinweise auf jüdische T r p e o ß i k e p o i finden sich allerdings erst ab Mitte des 3. Jh. n.Chr. in den jüdischen Grabinschriften, die Alteste als Stifter der Diasporagemeinden e r w ä h n e n . Sollten sie zum Bau oder Unterhalt der Synagogen beigetragen haben, könnten diese Verdienste zu den Auswahlkriterien der nicht näher zu definierenden Ältesten in der Diasporasynagoge gehört haben. Erst aus der ver gleichsweise späten kaiserlichen Gesetzgebung ab 330 n.Chr. (Codex Theodosianus XVI 8, 2 . 1 3 . 1 5 ) lässt sich entnehmen, dass die Ältes ten entweder der jüdischen Religionsausübung vorstanden, indem sie die Anwendung des Gesetzes studierten und überwachten und die finanziellen Angelegenheiten der Gemeinde beaufsichtigten , oder von dieser Zeit an in der genannten Weise fungieren sollten . Damit ist M . Karrer letztendlich zuzustimmen: „Das Institut jüdischer Syna gogenältester im engeren Sinn dürfte sich dagegen erst in der Spätantike ausgebildet h a b e n " . Folglich ist die These einer presbyterialen Synagogenleitung zur Zeit des N T nicht nur für Palästina, sondern auch für die Diaspora abzulehnen . 105
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2.5
Die Ältesten in der rabbinischen Literatur
Nachdem der jüdische Kultbetrieb wegen der Zerstörung des herodianischen Tempels unmöglich geworden war, gewannen die Pharisäer und Schriftgelehrten bzw. die Rabbinen als deren gemeinsame Nach folger zunehmend an Einfluss. Im Zuge der (im Einzelnen noch inten siv diskutierten) Entstehung des sog. normativen bzw. rabbinischen Judentums nach 70 übernehmen die Rabbinen die religiöse Führung des Volkes. Einer Theorie zufolge fällt dabei den örtlichen Lehrern die Funktion der lokalen jüdischen Ältesten z u . Da die zivile Adminis tration nun jedoch ganz in römischer Hand liegt, beschränken sich die verwaltungstechnischen Aufgaben der Rabbinen auf die gottesdienstli112
105 Die genauen Kompetenzen dieser Organe sind zwar unklar, doch stellte die innere Organisation der collegia ein Abbild der bürgerlichen Gemeinde dar. Siehe Hausmaninger, Art. Collegium 1554; Herz, Art. Collegium 67. 106 Vgl. insbes. J.-B. Frey, CIJ II Nr. 803 aus dem Jahr 391, zitiert bei Brooten, Women Leaders 26/27 sowie Brooten, a.a.O. 52 mit Anm. 49 u. 50; Karrer, Ältes tenamt 162 mit Anm. 58; Levine, Ancient Synagogue 407f. 107 Texte bei Brooten, a.a.O. 47ff. Vgl. auch Cod Iust I 9,15 (5. Jh.) u. Corpus Iuris Civilis 146,1 (6. Jh.), zitiert bei Brooten, Women Leaders 50. 108 So Brooten, a.a.O. 48. 109 So Karrer, Ältestenamt 162 mit Anm. 59. 110 Karrer, a.a.O. 161. 111 Vgl. Campbell, Eiders 65; Harvey, Eiders 326; Karrer, Ältestenamt 159-162. Gegen Bornkamm, Art. 7Tp€oßi)<; 664; Burtchaell, Synagogue 208-209; Roloff, Kirche 77, 81 (hier keine Belege!). 112 Zur Bezeichnung der Rabbinen als Älteste siehe z.B. bSan 101a.
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che G e m e i n d e . Im Gefolge dieser Entwicklung verlagert sich die Bedeutung des Begriffs ]f?T in der rabbinischen Literatur v o m lokalen Ältesten zum besonderen Würdetitel für (ältere) Gelehrte: „Ein ]J?T ist nur, wer Weisheit hat" (bQid 3 2 b ) . 114
2.5.7 Der Krankenbesuch Eine gewisse, den Krankheitsfall betreffende Parallele zwischen Jak 5,13-18 und den rabbinischen Texten bildet der Krankenbesuch insbe sondere der Rabbinen bei ihren Kollegen . Die ältesten Belege hierfür stammen bereits aus tannaitischer Zeit. So erzählt der tannaitische Midrasch SDtn, dass die Rabbinen Tarphon, Jehoschua, Elazar und Aqiba ihren erkrankten Kollegen R. Eliezer ben Hyrkan (um 90) besuchten . Die Überlieferung der Episode dürfte dabei auf das Ende des 1. oder auf das frühe 2. Jh. zurückgehen . Nach A R N , dessen Material z u m Großteil ebenfalls aus tannaitischer Zeit stammt, hat auch R. Schimon ben Jochai (um 150) regelmäßig Krankenbesuche bei einfachen Leuten durchgeführt . Die Motivation für diese Besuche erwähnt A R N ebenfalls: „die Tröstung der Trauernden und das Besu chen der Kranken und (andere) Liebeswerke bringen Gutes (Heil) in die W e l t . " D a die Rabbinen den Krankenbesuch zu den Liebeswerken zählten, fühlten sie sich aufgrund von Ex 18,20 sogar dazu verpflichtet . Auch leiteten sie die Pflicht zu Liebeswerken aus Ex 15,2 ab, indem sie d e m Handeln Gottes entsprechen wollten, der in seiner Barmherzigkeit Liebeswerke erweist . Der zum Krankenbesuch motivierende Lohn gedanke hingegen begegnet erst im T a l m u d . Die theologische Grundlage zum Krankenbesuch bildet also das Prinzip der imitatio dei, 115
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113 Hierzu siehe z.B. Bornkamm, Art. TTpeoßix; 659. 114 Siehe auch Bornkamm, a.a.O. 659f mit Anm. 47-50. 115 Vgl. Ebstein, Medizin im Neuen Testament 188-191; Rosner, Medicine 176181;St.-B. IV. 1 560-578. 116 SDtn 6,5 §32 (73b). Die Erzählung begegnet auch in bSan 101a; Mek Ex 20,20. 117 Zur Datierung siehe Stemberger, Einleitung 269. 118 ARN A 41. Das gleiche wird von R. Elazar (um 270) berichtet (vgl. bShab 12b; bNed 39b). 119 ARN 30 (8a). 120 Siehe Mek Ex 18,20 (67b) sowie die Baraita in bBQ 99b. 121 Siehe Mek Ex 15,2 (44a); bBer 133b; jPea l,15b,33. Einer jüngeren Ausle gungstradition von Gen 18,1 in bSota 14a u. Gen r 48 zufolge hat Gott Abraham unmittelbar nach dessen Beschneidung besucht, da der Gen 18,1 vorausgehende Abschnitt von der Beschneidung Abrahams berichtet. Vgl. Lachs, Humanism 82. Auf diese Weise wird Gott hier zum unmittelbaren Vorbild für den Krankenbesuch. 122 So bewahrt der Krankenbesuch den Besucher vor seinem eigenen Strafgericht und schenkt ihm gute Freunde und ein langes Leben. Ein unterlassener Besuch wiederum ist zum Schaden des Kranken; vgl. bNed 39b; 40a; bShab 127a.
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das auch schon SDtn 11,22 §49 (85a) hervorhebt . D.h. die Tannaiten sahen die Notwendigkeit des Krankenbesuchs im Handeln Gottes be gründet, obwohl der Krankenbesuch im A T nicht direkt gefordert wird (vgl. aber Sir 7 , 3 5 ) . P. Billerbeck ist wohl zuzustimmen, dass die vielen Erzählungen von Krankenbesuchen, die sich die Gelehrten gegenseitig abstatteten, für die allgemeine Wertschätzung der Besuche sprechen . Die Aufforderung z u m Krankenbesuch in Sir 7,35 (39) bestätigt diese Sichtweise. Die vielen Erzählungen von den Kranken besuchen der Rabbinen begründen jedoch nicht unbedingt eine Vor bildfunktion der Gelehrten. Denn oft bilden die Geschichten nur den literarischen Rahmen eines Spruchs oder einer Zusammenkunft. In den Talmudim und der späteren rabbinischen Literatur erfährt der Krankenbesuch dann noch eine Fülle von zusätzlichen Reglementie rungen, die in den älteren Texten fehlen . Die Frage, ob man auch am Sabbat die Kranken besuchen darf, dürfte aber bereits mit der Einord nung des Krankenbesuchs als Liebeswerk aufgekommen sein. Daher kann der in Shab 12a,b berichtete Streit der Schulen Hillels und Schammais (1./2. Jh.) über diese Frage als durchaus authentisch ange sehen werden. Die S u m m e der erwähnten Belege zeigt, dass die jüdische Tradition des Krankenbesuchs bereits im 1. Jh. fest etabliert w a r . So ist nicht zuletzt auch in M t 2 5 , 36, wo es heißt: r|o0€vr|öa K a i 6TT6öK€i(/ao06 j i 6 (vgl. auch V. 43), der Krankenbesuch bzw. die Sorge für die Kranken in die Liste der Liebeswerke eingereiht . Der Krankenbesuch (der Rabbinen) diente ursprünglich wohl nicht in erster Linie dem Gebet, denn letzteres fehlt in den tannaitischen Quellen. Auch ersuchen die Kranken nicht u m den Besuch oder das Gebet der religiösen Leitung wie in Jak 5,14. Doch erlaubt die Aufforderung in b B B 116a aufgrund der frühen Rabbinernamen für eine solche Praxis: „R. Pinhas ben H a m a (zwischen 120 und 165 n.Chr.) trug vor: Wer einen Kranken in seinem Haus hat, der gehe zu einem Weisen, daß dieser für ihn u m Erbarmen flehe" . Im Talmud wird das Fürbittgebet dann aber als selbstverständlicher Bestandteil des 124
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123 Vgl. auch bNed 39b in Bezug auf Num 16,29f. Ähnlich wenden bNed 40a u. bShab 12a Gottes Sorge um den Kranken in Ps 41,2-4 auf den Krankenbesuch an. 124 Vgl. auch den Krankenbesuch der Freunde Hiobs Ijob 2,11-13 und die Wohl tätigkeit des Tobias in Tob 1,18-20. 125 Vgl. St.-B. IV. 1 574. Siehe auch bBer 5b; bHag 3a; 5b; bNed 40a; bSan 101a. 126 Siehe bGit 61a; bNed 40a; 41a; bShab 12a; jPea 3,17d,37; Tanch Ntfn ^ 114b; Gen r 8,13. 127 So auch Ropes, James 304 in Anlehnung an Edersheim, Jewish Social Life 167. 128 Neben der Konnotation „besuchen" schließt € TT IOK€ ITTO|IOC L auch die Fürsorge ein; vgl. Bauer-Aland 604. 129 Vgl. Edersheim, a.a.O. 130 Mit dem Weisen ist hier ein Gelehrter, also ein Rabbi, gemeint.
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Krankenbesuchs g e s e h e n . Ähnlich begegnet auch das von einem Schwerkranken abzulegende Sündenbekenntnis erst in späteren Tex ten . 132
2.5.2 Jüdische Wundercharismatiker In gewissem Kontrast zum Liebeswerk des Krankenbesuchs stehen die in der rabbinischen Literatur begegnenden Wundererzählungen und Berichte von Krankenheilungen durch R a b b i n e n . Diese scheinbare Spannung erklärt sich jedoch aus zwei Beobachtungen. Ersten: Bei d e m prominenten Krankenheiler Chanina ben Dosa ( 1 . Jh. n.Chr.) und d e m geschätzten Regenmacher Choni der Kreiszieher ( 1 . Jh. v.Chr.) handelt es sich nicht - wie in den rabbinischen Schriften dargestellt u m Rabbinen im eigentlichen Sinn. Hier sind Wundercharismatiker der letzten beiden Jahrhunderte des zweiten Tempels v o m späteren Rabbinat aufgrund ihrer Frömmigkeit und Popularität vereinnahmt und ana chronistisch als Rabbinen ausgegeben w o r d e n . Ursprünglich stand ihnen das institutionalisierte Judentum jedoch durchaus kritisch gegen ü b e r , denn sie waren in vielem nicht konform . In den Baraitot von bBer 34b k o m m t diese Spannung von Anerkennung und Ablehnung des wunderwirkenden Chanina ben Dosa besonders deutlich zum Vor schein : Durch das in gebückter Haltung geschehene Gebet Chaninas war der Sohn des R. Jochanan ben Zakkai geheilt w o r d e n . Im Anschluss an den Bericht von der Heilung heißt es dann: „Wenn ben 133
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131 Vgl. bShab 12a,b; bNed 40a. 132 Vgl. die Auslegung von Ijob 33,23f in PesR 10 (38b) mit einer Parallelstelle in bShab 32a Bar sowie jQid l,61d,32. 133 Eine Zusammenstellung der tannaitischen Wundergeschichten findet sich in Fiebig, Jüdische Wundergeschichten 9-51, der amoräischen Wundergeschichten a.a.O. 51-68. 134 Bei Josephus heißt er Onias der Gerechte (siehe Ant 14,22). Zu Choni siehe Büchler, Piety 196-264; Kollmann, Wundertäter 137-140; Vermes, Jesus der Jude 56-58. 135 Insbesondere an den haggadischen Texten lässt sich ein Prozess der Erweite rung und Uminterpretation des durchaus historischen Materials im Sinne rabbinischer Gesetzesauslegung deutlich nachweisen; siehe bBer 34b sowie Bokser, Wonder-Working 42-92; Noy, Healing Stories 124-146; Van Cangh, Miracles de rabbins 28-53; Vermes, Hanina ben Dosa I (1972) 28-50; II (1973) 51-64. 136 Nach MTaan 3,8 standen die zu Chonis Zeit führenden Pharisäer ihm und seiner als unverschämt angesehenen Gebetspraxis recht kritisch gegenüber. Der angesehene Pharisäer Simeon ben Schetach drohte ihm sogar mit Exkommunika tion. Siehe auch Kollmann, Wundertäter 138f; Vermes, Jesus der Jude 56. 137 Nach bBer 43b ging Chanina z.B. entgegen der pharisäischen Regel nachts auf die Straße, was sein Desinteresse an der Halakha der religiösen Führung an deutet. Siehe auch Vermes, Hanina II (1973) 62-64; ders., Jesus der Jude 62, 66-68. 138 Vgl. jBer 9d als Ergänzung zu MBer 5,5. Siehe auch Kollmann, Wundertäter 142-144 mit Anm. 24. 139 Vgl. das Gebet Elias in 1 Kön 18,42. Zur Gebetspraxis Chanina ben Dosas und Choni des Kreisziehers s.u. Kap. VII.
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IV. Die Funktion der Ältesten in Jak. 5,14
Zakkai seinen Kopf den ganzen Tag lang zwischen die Knie gepreßt hätte, wäre ihm keine Aufmerksamkeit zuteil geworden." Nach der Fernheilung des Sohnes R. Gamaliels durch das Gebet Chaninas fragen ihn die Toraschüler hingegen kritisch: „Bist du ein P r o p h e t ? " Zweitens: Anders als bei Choni und Chanina verhält es sich bei den Wundererzählungen aus amoräischer Z e i t . „By the middle of the third Century the picture had changed, and supernatural powers were a Standard element of rabbinic leadership." Dies wiederum entspricht der Volksfrömmigkeit des 3. und 4. Jh., in der der Geister- und Wun derglaube florierte. Für das 1. und 2. Jh. lassen sich solche wunder wirkende Gelehrte aber nicht nachweisen . „God might work miracles, but early rabbis could n o t . " Ungeklärt ist jedoch, ob Choni der Kreiszieher und Chanina ben Dosa als Vertreter einer breiteren Bewegung frühjüdischer Wundercharismatiker anzusehen sind . Auf keinen Fall gehörten sie aber zur damali gen religiösen Elite; als Außenseiter und zugleich charismatische Chasidim standen sie eher in der prophetischen Tradition des A T . Die Erhörung ihrer Gebete vor allem u m Heilung bei Chanina ben Dosa weist dabei durchaus Parallelen zu den Erhörungsverheißungen in Jak 5,15ff auf. Den Gesetzeslehrern des 1. und 2. Jh. fehlten solche charismatische Begabungen. Entsprechend stehen in dieser Zeit beim Krankenbesuch Trost, Anteilnahme und Ermutigung im Vorder grund . 140
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2.6
Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich feststellen: Der hebräische bzw. palästini sche Ältestenbegriff der hellenistischen Epoche schließt deutlich an 140 Beide Zitate aus bBer 34b; vgl. jBer 9d. Für weitere kritische Anmerkungen zu Chaninas erfolgreichem Gebet siehe bBekh 50a (bYev 121b). Zur literarischen Bearbeitung bzw. Manipulation der Heilungsberichte im Sinne rabbinischer Halakha siehe Vermes, Hanina I (1973) 29-37. 141 Siehe jDem 22a; THul 2,22-24. 142 Green, Palestinian Holy Men 646. Vgl. Bokser, Wonder-Working 78-86. 143 Vgl. Kollmann, Wundertäter 172. Siehe auch MSot 9,15; TSot 15,5; jSot 24c; bSot 49b: „Als Rabbi Chanina ben Dosa starb, hörten die Männer der Tat auf." 144 Green, Palestinian Holy Men 646. 145 Dafür plädiert z.B. Vermes, Jesus der Jude 65; dagegen Freyne, Charismatic 247. 146 So hat die Unparteilichkeit Chonis nach Jos Ant 14,22-24 zu dessen Steini gung geführt (anders jedoch die legendenhaften Erzählungen in bTaan 23a; jTaan 3,9,66d). Vgl. auch die Nebeneinanderstellung von Choni und Elia, dem Prototyp des Charismatikers in der rabbinischen Tradition, im Midrasch Gen r bzw. Ber r 13,7. In einigen Handschriften von Gen r 13,7 fehlt jedoch der Name des Elia. Vgl. Vermes, Jesus der Jude 58 mit Anm. 61. Zu Chanina und Elia siehe auch bBer 61b sowie Van Cangh, Miracles de Rabbins 38. 147 Vgl. ARN 30 (8a), oben zitiert.
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IV. Die Funktion der Ältesten in Jak. 5,14
den atl. Würdetitel an. Das nachexilische jüdische Synhedrium in Jerusalem setzt sich allerdings nicht mehr aus den ehrwürdigen Häup tern der Familien- und Sippenverbände Israels zusammen, sondern die Ältesten des Volkes gehören nun der Jerusalemer Aristokratie an. Weder die übergeordneten noch die lokalen Ältesten Israels sind im engeren Sinn a m Kult beteiligt, so dass sie als Laien weiterhin ein Komplement zur Priesterschaft bilden. Des weiteren ist im palästini schen Judentum des zweiten Tempels sowohl eine Verbreiterung als auch eine Verlagerung der Bedeutungsbandbreite des weiterhin fast ausschließlich pluralisch verwendeten Terminus ]f?T bzw. TTpeößuxepoc; zu beobachten. Während der Ausdruck „Älteste Israels" einerseits z u m Sammelbegriff für die unterschiedlichen Gruppen der jüdischen Füh rungselite wird, tritt andererseits neben den allgemeinen Aspekt der Leitung und Repräsentanz und die damit meist verbundene juristische Vollmacht zunehmend die religiöse Gelehrsamkeit. Das Alter bleibt hingegen von untergeordneter Bedeutung. Die Gemeinschaften der Essener weichen lediglich bei der Herkunft von diesem Muster ab. I m Gegensatz zur politischen Ordnung des palästinischen Judentums konzentrieren sich die Auswahlkriterien der essenischen Leiter vor allem auf Lebensführung, Ausbildung und Fähigkeiten. Damit handelt es sich bei der Bezeichnung ]f?T bzw. -rTpeoßikepoc; im 1. und 2. nachchristlichen Jh. innerhalb des palästinischen Judentums weiterhin primär u m einen Würdetitel mit juristischer Kompetenz ähn lich wie im AT. Doch leitet sich das Ansehen der Ältesten nicht not wendig von deren sozialer Stellung ab, wie das Beispiel der esseni schen Ältesten zeigt. Auch sind mit dem Begriff keine verfassungs mäßig festgelegten Aufgaben oder Vollmachten verbunden, so dass ]f?T bzw. iTpeoßuTepoc; trotz seines titularen Gebrauchs nicht für ein exakt definiertes A m t im eigentlichen Sinn steht . Vielmehr beschreibt der Begriff die Leiter allgemein, wobei Amtsinhaber durchaus zur Gruppe der Ältesten gehören können. Die weitgehend pluralische Verwendung von TTpeoßikepoc; bestätigt diesen Befund. In der Diasporasynagoge hin gegen ist der titulare Gebrauch von iTpeoßikepoc; nicht vor dem 3. oder 4. Jh. belegt. Folglich ist R.A. Campbell zuzustimmen: „there was not within Judaism a defined office of eider waiting to be either taken over or rejected by the c h u r c h e s . " Der hellenistische Ältestenbegriff befindet sich ebenfalls im Fluss. Bezog sich TTpeoßuTepoc; im hellenistischen Sprachgebrauch ursprüng lich nur auf die Alten, so gehört der Begriff im Osten des römischen Reiches spätestens seit Anfang des 2. Jh. n.Chr. zur offiziellen Amts terminologie. Hier wird iTpeoßiruepoc; auch zuerst zur Amtsbezeichnung', den TTpeößutepoL obliegt die administrative Verantwortung sowohl im säkularen als auch im religiösen Bereich. Doch da der titulare Ge148
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So auch Campbell, Eiders 65, 204. Campbell a.a.O. 254.
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IV. Die Funktion der Ältesten in Jak. 5,14
brauch von Trp€ößi)Tepo<; erst seit ca. 100 primär in Kleinasien und der Ägäis belegt ist und da die Begrifflichkeit im palästinischen Judentum zur Zeit des N T für die Leitung im allgemeinen steht, ist mit dem Begriff weder eine bestimmte Art und Weise der Führung noch eine konkrete Ordnung einer sozialen oder religiösen Gruppe verbunden. Eine besondere Aufgabe oder Verantwortung der Altesten gegenüber den Kranken ist im antiken Judentum nicht belegt. Eine deutliche Parallele zur Heilung durch Gebet findet sich dagegen bei Chanina ben Dosa. Das direkte religionsgeschichtliche Vorbild für das Krankenge bet der Gemeindeältesten in Jak 5,14 dürfte jedoch im Heilungsdienst Jesu und seiner Jünger zu suchen sein (s.u.) . 150
3. Die Ältesten im Neuen Testament 3.1
Sprachgebrauch
Der christliche Presbyterat ist vermutlich noch in der ersten Generation der Jerusalemer Gemeinde entstanden . So weist Lukas bis Apg 11,26 lediglich „die Apostel" als Leiter der Urgemeinde a u s , in 11,30 erwähnt er jedoch für die Zeit des Claudius (41-54 n.Chr.) christliche iTp€ößvjT€poi, die stellvertretend für die Urgemeinde eine Hilfeleistung der Gemeinde in Antiochien entgegennehmen. In Apg 15 im Kontext des sog. „Apostelkonzils" (ca. 48 n.Chr.; vgl. Gal 2,1-10) erscheinen die Ältesten dann wiederholt zusammen mit den Aposteln als Leiter der Jerusalemer G e m e i n d e . In dieser Funktion verhandeln sie auch die Frage nach der Bedeutung des mosaischen Gesetzes für die Heidenmission (V. 6; vgl. 16,4). Besonderes Gewicht fällt dabei d e m Urteil des Herrenbruders Jakobus zu (V. 18.25; vgl. Gal 2,9), der zu dieser Zeit die Führung der Apostel und Ältesten übernommen hat. Wenn die Leiter jedoch abschließend proklamieren: „Denn es gefällt dem heiligen Geist und uns, ...." (Apg 15,28), dann legt Lukas damit besonderen Nachdruck auf die charismatische Natur des Leitungs dienstes der Apostel und Ältesten (vgl. auch 2 0 , 2 8 ) . Später erwähnt Apg 21,18 nur noch die Ältesten als Leiter der Jerusalemer Gemeinde 151
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150 Siehe Mt 10,1.8; 17,16; Mk 6,13; 9,18; 16,18; Lk 9,lf.40; 10,9; Apg 3,6-8; 5,15.16. 151 So die Mehrheitsposition; siehe z.B. Karrer, Ältestenamt 156. 152 Siehe 2,42; 4,33.35; 9,27; 11,1. Die Apostel waren vermutlich diejenigen, die den auferstandenen Herrn gesehen hatten und von ihm zum Dienst berufen worden waren; vgl. Roloff, Apostelgeschichte 34-36. Gegen Campbell, The Eiders of the Jerusalem Church 511-528, für den Apostel und Älteste in der Apg identisch sind. 153 Siehe die Wendung o l (XTTOÖTOXOI K a i ( o l ) i r p e o ß u i e p o i in 15,2.4.6.22.23; 16, 4. 154 Wieviel von V. 28 auf Tradition zurückgeht, wird in der Forschung unter schiedlich beurteilt; vgl. Karrer, Ältestenamt 169 mit Anm. 89.
123
IV. Die Funktion der Ältesten in Jak. 5,14 155
mit Jakobus an ihrer S p i t z e . Vermutlich haben die Apostel zu diesem Zeitpunkt - wie zuvor die Hellenisten u m Stephanus (vgl. 8,1-3) Jerusalem bereits verlassen (vgl. 12,17). Da der Acta-Verfasser auch Teile der jüdischen Elite als T r p e o ß i k e p o i bezeichnet (s.o.), ist anzunehmen, dass Lukas den Terminus i m Zusam menhang mit der Urgemeinde - entsprechend d e m üblichen Gebrauch im palästinischen Judentum - als Sammelbegriffflir die von den Apos teln unterschiedenen Leiter der Jerusalemer Gemeinde verwendet. Weiter wird deutlich, dass die Gemeindeordnung in der Anfangsphase der Urgemeinde sehr im Fluss ist . Zuerst leiten die Zwölf und später die Apostel die Gemeinde, danach treten die Ältesten - vermutlich als deren Gehilfen - hinzu. Nach d e m Ausscheiden der Apostel aus der Gemeindeleitung übernimmt dann ein Einzelner, der Herrenbruder Jakobus, die Führung der Ältesten sowie der Gemeinde. In den allgemein anerkannten Paulusbriefen k o m m t der Begriff TTpeoßikepo*; als Bezeichnung eines Gemeindeleiters nicht vor. Dennoch lassen die Paulusbriefe Leitungsstrukturen in den paulinischen G e meinden erkennen. So sind die Gaben der Leitung (Ki)ßepvr|ai<;) und der Hilfeleistung (avTiA.Tp,i|u<;) in 1 K o r 12,28 sowie die Arbeit der Vorstehenden (ö T T p o L o i a ^ v o g , Rom 12,8; o l i T p o ' i a r a | i e v o i , 1 Thess 156
5,12) und die Funktion des Dienstes ( ö i o c K o v i a , Rom 12,7 u. 1 K o r 16,15-16; ÖLctKovog, Rom 16,1 u. Phil 1,1) an Personen gebunden. W i e
die personal formulierten Bezeichnungen Apostel, Propheten und Leh rer und bilden sie Hinweise auf Organisation und Kontinuität der Füh rung in den paulinischen Gemeinden . Anders als bei d e m jüdischen Synhedrium bestimmt für Paulus also nicht die soziale Stellung, son dern der Dienst an der Gemeinde die Bedeutung der Leiter. Doch kennt Paulus auch eine Bezeichnung für Leiter i m eigentlichen Sinn, wie die Wendung „Episkopen und Diakone" in Phil 1,1 zeigt . Nach A p g 14,23 setzen Paulus und Barnabas in den paulinischen Gemeinden in Lykaonien und Pisidien jedoch selbst - allerdings erst bei ihrem Abschied - Älteste ( K a i ' e K K l r j o i a v ) e i n . In A p g 20,17.28 erfahren wir, dass der heilige Geist die Ältesten von Ephesus als 151
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155 Roloff, Kirche 82 sieht hierin den späteren Monepiskopat vorweggenommen. Siehe auch Riesner, Essener 100. 156 Siehe auch Roloff, Kirche 75-82. 157 Vgl. Brockhaus, Charisma und Amt 95-98; Roloff, Kirche 132, 139-142; Ysebaert, Amtsterminologie 74f. Siehe auch Eph 4,11-12. 158 Die Episkopen in Philippi waren vermutlich die Leiter der lokalen Hausge meinden; vgl. Brockhaus, a.a.O. 98-100; Roloff, a.a.O. 142. Ähnlich erwähnt auch die wohl wesentlich spätere Did keine Presbyter, sondern nur Episkopen und Dia kone. 159 Nach Harvey, Eiders 331 hingegen bestätigen (x€ipoiovr|oavT€<;) die Apostel bereits vorhandene Älteste. Vgl. auch den Auftrag an Titus in Tit 1,5, Älteste in den Städten Kretas einzusetzen. Das hier verwendete Verb ist KaGioirpi.
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IV. Die Funktion der Ältesten in Jak. 5,14 160
(Aufseher, Vorsteher) eingesetzt h a t . Ähnlich werden auch in Tit 1,5-9 die Begriffe TTpeoßutepo*; und €TTLOKOTTO<; für die gleichen Personen verwendet (vgl. auch 1 T i m 3,1-7 mit 4,14; 5,17-20). Für die partiell s y n o n y m e V e r w e n d u n g der beiden Begriffe spricht u.a. das - r r p e o ß i k e p o i modifizierende Partizip oriOKOTTOUvTeg in 1 Petr 5,2 ( s . u . ) . Die Aufgaben der von L u k a s in A p g 20,17.28 erwähnten ephesenischen Ältesten deuten auf einen aktiven G e m e i n d e d i e n s t . Sie sollen nach V. 28 acht haben (TTpooexo)) auf die ganze H e r d e ( T r a v e l top TroifivLCo) sowie die G e m e i n d e Gottes weiden (TroifioaveLv xr\v €KKA/r)0Lav tou Geou). M i t dieser i m Alten und N e u e n Testament üblichen M e t a p h e r für den geistlich verantwortlichen und fürsorglichen Leitungsdienst werden die Ältesten offensichtlich als Hirten b e z e i c h n e t . Ähnlich wie in A p g 20,28 werden die Ältesten auch in 1 Petr 5,1-4 ermahnt, die H e r d e Gottes zu weiden ( T r o i i i a v a i e t ö e v b\iiv TTOLfivaov T O U Oeou [4TTLöKOTToüvt^^] [xv\ dvayKaoTG)*;, V. 2a), und zwar „nicht als Herren über die G e m e i n d e , sondern als Vorbilder der Herde ( T U T T O I yiv6|!€voi tou T T O I | ! V L O I ) ) . " (V. 3 ) Diese Vorbildfunktion, die ebenfalls auf einen guten Lebensstil und eine aktive Gemeindearbeit 4TTLÖKOTTOL
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160 Vgl. 1 Kor 12,28; Eph 4,11-12. In Did 15,1 werden sie von der Gemeinde gewählt bzw. eingesetzt. Das hier wie in Apg 14,23 u. Tit 1,9 v.l. verwendete Verb X€ipoTov<EG) kann aber auch das Auflegen der Hände bedeuten. Siehe Campbell, Eiders 166-170. 161 Vgl. Campbell, Eiders 192 mit Anm. 46; Ysebaert, Amtsterminologie 67f. Das Partizip fehlt zwar in N u. B (manus prima), doch neben Campbell und Ysebaert sehen z.B. auch Goppelt und Michaelis das durch P , A et al belegte Partizip 4TT LÖKOTTOI)VT€^ als ursprünglich an. Zur Textkritik und Forschungsgeschich te siehe Campbell, a.a.O.; Ysebaert, a.a.O. Vgl. auch die Tätigkeitsbeschreibung der Episkopen (gegenüber ihren Häusern) und der Presbyter (gegenüber der Gemeinde) als Kcdcoc; irpoioTnjii in 1 Tim 3,4; 5,17 mit TTpoLöir||iL als Funktion der Leiter in Rom 12,8; 1 Thess5,12. 162 Es fällt auf, dass die für die Diskussion zu den ntl. Ältesten besonders wichtige Quelle 1 Tim nach 1,3 Ephesus ebenfalls im Blick hat. 163 Vgl. Gen 48,15; Ps 23; 28,9; 78,7lf; Jes 30,23-26; 40,11; Jer 3,15; 31,10; 50,19; Ez 34,1-31, insbes. 1-4.14-16; Mi 5,3; Joh 10,14; 21,15; Eph 4,11; 1 Petr 2 , 2 5 ; J u d l 2 ; Offb 7,17. 164 Wie in den Texten von Qumran (s.o.) deutet die Gegenüberstellung der „Jün geren" (v€ü$T€poi) und der „Älteren" oder „Ältesten" ( i T p e a ß i k e p o i ) in 1 Petr 5,5 im Anschluss an die Paränese bezüglich der Gemeindeältesten in 5,1-4 auf das reife, nicht notwendig aber hohe Alter als Teil der Qualifikation der Ältesten hin. Vgl. auch die Selbstbezeichnung des Verfassers als oi)|iiTp€aßuT€po<; in 5,1. Die unge wöhnliche Selbstbezeichnung des Verfassers von 2/3 Joh als 6 iTp€aßik€po<; im Sin gular mit bestimmtem Artikel (absolut) ist sinnvoll, wenn der Autor hier an seine eigene Gemeinde schreibt. Hierzu sowie zum Gebrauch von i r p c a ß i k e p o c ; in Offb siehe Campbell, Eiders 207-209; Hengel, Frage 96-113; Strecker, Johannesbriefe 365-370. 7 2
IV. Die Funktion der Ältesten in Jak. 5,14
125 165
der Ältesten deutet, entspricht dabei d e m |iifir|oi<;-Motiv bei P a u l u s und i m H e b r sowie d e m Tuiroq-Motiv in den Pastoralbriefen . Recht detaillierte Informationen über die Stellung u n d Funktion der christlichen Presbyter finden sich auch in den Pastoralbriefen . Nach 1 T i m 5,17 haben die Ältesten die Gemeindeleitung inne ( T r p o e o T Q t e g TTpeoßvjiepoi) u n d sie „mühen sich i m Wort und in der Lehre", d.h. in der Klärung strittiger Fragen u n d der Unterweisung der G e m e i n d e . Aus der Aufforderung, den sich abmühenden ( K O T U G ) V T 6 < ; ) Presbytern besondere Ehre zu erweisen, ist in Verbindung mit den beiden in V. 18 folgenden Proverbien aus der antiken Arbeitswelt weiter zu entnehmen, dass den Ältesten die Anerkennung der Gemeinde nicht wie im palästinischen Judentum aufgrund ihrer sozialen Herkunft (s.o.), sondern aufgrund ihres Dienstes z u k o m m t . Die Bandbreite dieses Dienstes bringt nicht zuletzt auch die Verwendung von i r p o i o r r p i in 1 T i m 5,17 z u m Ausdruck, welches die Konnotationen „vorstehen", „leiten", „verwalten", „sich kümmern u m " , „sorgen für", „sich annehmen" sowie „sich befleißigen" umfasst . Demzufolge stellt der Leitungsdienst der christlichen Ältesten eine aktive Gemeindearbeit dar weit über die Organisation und Beschlussfassung hinaus. Nach 1 T i m 4,14 besitzen die Presbyter sogar die Vollmacht, ein Charisma öia TTpo^rrceiac; \ieza ^TriG^oeax; xdv %£\.{täv übermitteln . In den Pastoralbriefen birgt der Dienst der Ältesten also einen deutlichen „charismatischen Grundcharakter" in s i c h , womit die Presbyter an die paulinische Leitungstradition anknüpfen . 166
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Aus den angeführten Belegstellen lässt sich also entnehmen, dass die Ältesten weithin eine aktive Rolle sowohl in der Gemeindeleitung als
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Siehe 1 Kor 4,16; 11,1; Phil 3,17; 1 Thess 1,6; 2,14; 2 Thess 3,7.9; vgl. Gal Siehe auch Weise, Paulus 142-155, insbes. 151-155. Siehe Hebr 13,7: |ivi^|iov€i)€T€ TGJV f)Yoi)|i€VG)v ujitöv, ... |ii|i€io0€ if]v TTLÖTLV. Siehe 1 Tim 4,12: TUTTOC; yivov T Q V T T L Ö T Q V ; Tit 2,7: i T € p ! mvm oeambv iTap€xö|i€VO<; TUTTOV KOLXÜV epyuv. 168 Vgl. Ysebaert, Amtsterminologie 123. 169 Der Vers spricht dabei nicht notwendig für eine Fraktionierung von lehrenden und nicht-lehrenden Ältesten. Vgl. 1 Tim 3,2 sowie Campbell, Eiders 200f; Mounce, Pastoral Epistles 307f. 170 Dies bestätigen auch die Auswahlkriterien der Ältesten im Ältesten- und Bischofsspiegel in Tit 1,5-6 (7-9), wonach sich ein Anwärter durch ein vorbildliches und verantwortungsvolles Leben auszeichnen muss. 171 Siehe Bauer-Aland 1415f. 172 Vgl. Hahn, Charisma und Amt 446; Karrer, Ältestenamt 177; Stuhlmacher, Biblische Theologie II 37. Bei der rabbinischen Ordination hingegen wurde ein Gelehrter durch Handauflegen nicht mit dem Priesterdienst, sondern mit dem Lehramt betraut. Für eine Interpretation von 1 Tim 4,14 im Sinne der Einsetzung vgl. Apg 6,6; 13,3; 1 Tim 1,18; 5,22 sowie Lohse, Ordination 87f; Mounce, Pastoral Epistles 263; Perrot, Apres Jesus 173. 173 Karrer, Ältestenamt 177. 174 So auch Roloff, Kirche 262.
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IV. Die Funktion der Ältesten in Jak. 5,14
auch im Dienst an der Gemeinde spielen. Für diese Arbeit gebührt ihnen Anerkennung und Ehre. Es stellt sich aber die Frage, warum Paulus zwar Episkopen und mit Leitungsgaben ausgestattete bzw. die Funktion der Leitung wahrnehmende Gemeindeglieder erwähnt, diese aber nicht wie in den Pastoralbriefen, der Apg, dem Jak und 1 Petr als Älteste bezeichnet. 3.2
Das Verhältnis von
Trpeoßikepoc;
und
CITIOKOTKX;
Die Mehrzahl der Exegeten geht davon aus, dass mit den Begriffen Tjp€oßi)T€po<; und £TTLOKOTTO<; ursprünglich zwei unterschiedliche Gemein-
deordnungen verbunden waren. D.h. als iTpeoßuTepoi wurden ursprünglich die Vorsteher bzw. Honoratioren einer (institutionalisierten) palästinischen Ältestenverfassung bezeichnet , während €TTLÖKOITOL die Gemeindeleiter im Rahmen einer (charismatisch geprägten) paulinischen Episkopen- und Diakonenverfassung darstellen . In nachpaulinischer Zeit - so die Theorie - wurden diese Gemeindeordnungen entweder vermischt oder aber es fand eine Verschmelzung statt . Demzufolge läge in Apg 20,17 ein terminologischer Anachronismus vor, d.h. Lukas verwendet hier eine Begrifflichkeit aus seiner eigenen, späteren Zeit. Die presbyteriale Gemeindeordnung wäre also in den paulinischen Gemeinden erst nach dem Tod des Paulus aufgrund judenchristlichen Einflusses eingeführt w o r d e n . Diese von zwei konkurrierenden Gemeindeordnungen ausgehende Theorie weist allerdings mehrere Schwachpunkte auf: 1) Eine auf der Anerkennung von Honoratioren basierende palästinische Presbyterialverfassung nach jüdischem Vorbild gründet im wesentlichen auf der Annahme, dass die Verwendung der Begrifflichkeit o l T r p e o ß i k e p o i für die Jerusalemer Gemeindeleiter in der Apg der Verwendung des Begriffs für die Mitglieder des jüdischen Synhedriums in Jerusalem entspricht. Der Terminus T r p e o ß u T e p o ^ bezieht sich im 1. Jh. n.Chr. wie insbesondere die Quellen zu den Essenern belegen - aber weder 175
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175 Die Existenz und Ausbreitung einer solchen judenchristlichen Ältesten Verfassung ist allerdings von äußerst hypothetischer Natur, wie die Argumentation bei Bornkamm, Art. Trpeoßix; 663; Karrer, Ältestenamt 171; Roloff, Kirche 81; Schweizer, Gemeinde 182 zeigt. 176 Siehe Roloff, a.a.O. 262. 177 Siehe von Campenhausen, Kirchliches Amt 69-88; Dassmann, Ämter und Dienste 226; Roloff, a.a.O. 262. Roloff, a.a.O. 221 sieht demzufolge in Apg 14,23 und 20,28 einen Hinweis darauf, dass die Kirche des Lukas im Begriff ist, sich von der palästinischen Ältestenverfassung zur Episkopen- und Diakonenverfassung der paulinischen Gemeinden (vgl. Phil 1,1) umzugestalten: „die bisherigen Ältesten sollen ihr Amt neu als Episkopendienst verstehen!" 178 So Karrer, Ältestenamt 182-184; Stuhlmacher, Biblische Theologie I 360363. Zur Forschungsgeschichte der Relation von Bischofs- und Presbyteramt siehe Campbell, Eiders 182-193.
127
IV. Die Funktion der Ältesten in Jak. 5,14
auf eine bestimmte Organisationsform noch auf die Anerkennung von Würdenträgern aufgrund ihrer sozialen Herkunft; der Begriff iTpeoßliTepoc; beinhaltet zur Zeit des N T lediglich die Konnotation der Leitung in Verbindung mit der Anerkennung durch eine Gruppe. 2) Die Angaben über die Stellung und Aufgaben der Jerusalemer Altesten sind zu spärlich, u m daraus eine separate Gemeindeordnung abzu leiten . Hinzu kommt, dass die Leitungsform der Urgemeinde selbst noch im Fluss war. 3) Für die Synagoge des 1. nachchristlichen Jh. ist keine Presbyterialverfassung nachzuweisen . 4) Der Jak und 1 Petr, die einzigen judenchristlichen Schriften des N T , in denen die Gemein deleiter TTpeoßuTepoi, genannt werden, bestätigen weder die Existenz noch die Ausbreitung einer palästinisch-jüdischen Ältestenverfasssung. 179
180
Der Jak erwähnt die iTpeoßuTepoi, if|<; €KKÄr|oia<; lediglich als diejeni
gen, die in Verbindung mit einer Salbung über den Kranken beten. A n gaben über ihre Stellung und Funktion in der Gemeinde lassen sich hieraus nicht ableiten . Ähnliches gilt für 1 Petr: „Von der GemeindeOrdnung spricht der 1 Petr nur in A n d e u t u n g e n . " 5) Die in den paulinischen Gemeinden erkennbare Leitungsstruktur wird all zu oft übersehen . Auch sprechen die in A p g 13,1-2 namentlich genannten - r r p o ^ f r r a i K a i ö i ö d o K a A m der antiochenischen Gemeinde eher für als gegen einen festen Leitungskreis . Die übliche Deutung dieser Funktionen im Sinne einer „charismatischen Gemeindeordnung" stellt in A p g 13,1-2 also eine deutliche Überinterpretation dar (s.u.). 6) D a der titulare Gebrauch von iTpeoßuTepoc; im hellenistischen Griechisch und (demzufolge) auch in der Diasporasynagoge zur Zeit des Paulus nicht üblich war, muss es nicht verwundern, dass die Bezeichnung auch in den Briefen des Paulus an die Diasporagemeinden fehlt. 7) Die Gemeindeordnung der Pastoralbriefe knüpft viel enger an die in den Paulusbriefen ersichtliche Gemeindestruktur als an die postulierte pa lästinisch-jüdische Presbyterialverfassung a n . Hinzu kommt, dass die 181
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179 S.o. sowie Campbell, Eiders 159-172. 180 S.o. sowie Karrer, Ältestenamt 161f. Gegen Roloff, Kirche 81, 262. 181 So auch Frankemölle, Jakobus II 710. 182 Stuhlmacher, Biblische Theologie II 79 (Hervorhebung des Autors). 183 Hierzu s.o. sowie Brockhaus, Charisma und Amt 123-127; MacDonald, Pauline Churches 6, 60. Eine Verbindung zur Jerusalemer Gemeinde legt dabei u.a. 1 Thess 2,14 nahe, wonach die Gläubigen in Thessalonich |iiur|Tcu der Gemeinden in Judäa waren. 184 Vgl. auch Did 15,1-2, wo iTpo^fynu K a i ö i ö a a i c c d o i neben ITTLÖKOTTOL K a i ö i a K o v o i erscheinen. Zusammen sind sie die in der Gemeinde „ehrenvoll Ausge zeichneten" (ol T€Tll!r||!€VOl l)[ltöv). 185 Vgl. Stuhlmacher, Biblische Theologie II 40/41 (in Anlehnung an R.A. Campbell), wonach „die presbyteriale Ordnung (der Pastoralbriefe)... in viel höhe rem Maße, als bisher wahrgenommen, eine christliche Eigenbildung gewesen zu sein scheint: Die christliche Gemeinde hat es gewagt, Jesu Weisung zu folgen (vgl. Mk 3,33-35Par), in der Welt als familia dei zu leben und sich entsprechend zu organisieren." (Hervorhebungen des Autors).
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IV. Die Funktion der Ältesten in Jak. 5,14
Pastoralbriefe die Ältestenordnung bzw. korrekter die Ältestentermino logie nicht einführen, sondern sie bereits voraussetzen . Die Annahme der Verschmelzung einer (institutionalisierten) palästinischen Ältesten ordnung und einer (charismatisch geprägten) paulinischen Episkopenund Diakonenverfassung ist also sehr hypothetisch. In der neueren Forschung treten daher zunehmend Stimmen auf, die die parallele Verwendung der Begriffe iTpeoßuTepoc; und ^TTLÖKOTTO^ in der Apg, den Pastoralbriefen und der Alten Kirche (s.u.) und das Fehlen der TTpeoßiruepoi bei Paulus auf eine andere Weise erklären. So argumentiert R.A. Campbell in seiner detaillierten Studie zu den ntl. Ältesten, dass in der nachapostolischen Zeit nicht zwei unterschied liche Gemeindeordnungen zusammengeführt wurden, sondern dass die Leitungsstrukturen der im N T erwähnten Gemeinden eine gemeinsame bzw. im wesentlichen einheitliche Entwicklung durchlaufen haben, nämlich von der Organisation der ersten Hausgemeinde in einer Stadt hin bis zur Leitung der mehrere Hausgemeinden umfassenden Stadt gemeinde durch einen M o n e p i s k o p o s . Bezüglich der Apg resümiert Campbell: „The term 'elders', where it appears, should be more properly thought of as a survival than a development. If then Luke were concerned to read back the church order of his own day into the story of the church's beginnings (and I do not think he was), he would be much more likely to do as Clement does, and portray the apostles as establishing bishops and deacons (1 Clem 42:4), than as introducing elders. I submit that the Information about the development of the church's structures which Luke provides, he provides untendentiously, and that the evidence, though fragmentary, permits us to see a fairly unified pattern of development." Zu dem im wesentlichen gleichen Ergebnis k o m m t die lexikographi sche Untersuchung der ntl. und altkirchlichen Amtsterminologie von J. Ysebaert, die im gleichen Jahr erschienen ist wie die Arbeit von Campbell. Für Ysebaert haben die Begriffe 4TUOKOTTO<; und T T p e o ß i k e p o g zwar eine unterschiedliche Vorgeschichte, „es fehlt aber jeder Hinweis darauf, daß die Termini TTpeoßuxepoc; und 4TT IOKOTTOC; in der Urkirche jemals nicht Synonyme gewesen s i n d " . Denn auch in den übrigen ntl. Schriften „sind 4TTLÖKOTTOC; und TTpeaßikepoc; Synonyme für die leitenden Personen in den örtlichen Gemeinden. Das letztere Wort kann aber in einer umfassenden Bedeutung alle führenden Personen 186
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186 Vgl. Campbell, Elders 174. 187 Siehe Campbell, Elders 175, 204, 253f. 188 Campbell, a.a.O. 174. Wie Campbell geht auch Ysebaert, Amtsterminologie 77 bezüglich der Verwendung von TTpeoßuTepoc; in der Apg davon aus, dass der Acta-Verfasser „die Terminologie aus seinen Quellen beibehalten und nicht geän dert hat." Siehe auch a.a.O. 69. 189 Ysebaert, a.a.O. 69.
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IV. Die Funktion der Ältesten in Jak. 5,14
einschließen... Es hat demnach niemals zwei unterschiedliche Gemein destrukturen g e g e b e n " . Ähnlich wie Ysebaert nimmt auch Campbell eine Differenzierung der für die christlichen Leiter parallel verwendeten Vokabeln upeoßvjTepoc; und 61TLÖK07TOQ vor; die Begriffe stehen für die gleichen Leute, sie sind aber unterschiedlich nuanciert: „IlpeoßvjTepoc;... connoted the character of those who thus served as overseers. Since 'the eiders was a title of respect for those who were the fathers of the Community, calling the overseers 'eiders' spoke of the respect they enjoyed as fathers (and perhaps mothers) in the church, the household of God (1 T i m 3:15). To speak of the overseers as the eiders of the Community also spoke of the qualities such persons were expected to display, both before and after they were appointed. Overseers should be eiders: mature, wise, able to teach and 'parent' the church ... The original overseers were called 'the eiders' when they began to consult together; even when a Single overseer emerged from among their ranks to lead them, the other overseers were not thereby made redundant." Die Verwendung des Begriffs upeößuiepoc; in Jak 5,14 impliziert also weder eine bestimmte Gemein deordnung noch eine bestimmte Stellung oder Herkunft der Gemeinde ältesten. 190
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3.3
Charisma und A m t
Ausgehend von einer m.E. einheitlichen Entwicklung der ntl. Gemein destrukturen und der Identität der Presbyter mit den paulinischen Episkopen in Apg 20,17.28 stellt sich allerdings die Frage: Ist die paulinische Charismenlehre dann konsequenterweise auch auf die ntl. Ältesten zu übertragen? Die Entwicklung der Gemeindedienste in der nachapostolischen Zeit gibt hier bereits einen wichtigen Hinweis. Bis lang wurde meist angenommen, dass der charismatische Grundton des Ältestendienstes in den Pastoralbriefen von einer Verschmelzung eines „charismatischen" Episkopenamtes mit einem „institutionalisierten" judenchristlichen Ältestenamt herrührt. Viel wahrscheinlicher ist j e doch - nicht nur im Blick auf die Leitung der essenischen Gemeinden ( s . o . ) - , dass der christliche Presbyterat - wie Apg 15,28 andeutet bereits von Anfang an sowohl institutionelle als auch charismatische Züge aufwies. Ein hierzu durchaus kongruentes Bild bietet die Lei tungsform der paulinischen Gemeinden, die nicht von rein charisma tischer Natur (im Sinne einer von der Gemeinde unabhängigen Aus wahl und Bestätigung der Leitungsdienste) w a r . Für eine so verstan192
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190 Ysebaert, a.a.O. 222; siehe auch 60-73, 76-86. 191 Campbell, Eiders 259/260 (Hervorhebung des Autors). 192 Vgl. auch die Verbreitung von Charismata in den petrinischen Gemeinden in 1 Petr4,10f. 193 Vgl. z.B. 1 Kor 16,15-18.
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dene paulinische Charismenlehre plädiert R.A. Campbell: „Charismata do not refer simply to pneumatic manifestations, but (to) any activity at all that contributes to the edification o f the C o m m u n i t y . . . The activity of apostles, prophets and teachers contributes more to this end than anything eise, and more particularly than ecstatic utterance... With the passage of time, there would be a tendency to appoint the gifted to office, and to expect office holders to display gifts." Campbell resümiert: „When the identity of the elders, and their relationship to charisma and Amt, is rightly understood, may we not think that twentieth Century scholars have greatly exaggerated the diversity of the early churches* patterns of ministry?" Mit anderen Worten, die christlichen Ältesten entsprachen bereits in der Anfangsphase der christlichen Mission im wesentlichen dem, was 1 Thess 5,12- 13a aus drückt: „Wir bitten euch aber, Brüder, dass ihr die anerkennt, die unter euch arbeiten ( e l ö e v a i TOVQ KOTUtoviac; kv b[iiv) und euch vorstehen im Herrn ( K a i TTpolaToqjivouc; i)|ic5v kv K u p i c o ) und euch zurechtweisen ( K a i v o u G e i o ö v T a c ; i)|iäc;), und dass ihr sie ganz besonders in Liebe achtet u m ihres Werkes willen ( ö i a T O e p y o v u j i t ö v ) . " Der Dienst der Ältesten beschränkt sich also auf keinen Fall auf die Verwaltung und Lehre, sondern er umfasst auch karitative, seelsorger liche und anderweitige Aufgaben in der Gemeinde. Für J.T. Burtchaell sind die iTpeoßikepoi der christlichen Gemeinde deshalb mit Recht nicht mehr die „Alten" wie in der Synagoge, sondern „exemplary activist l e a d e r s " . Damit unterscheiden sich die ntl. Ältesten grundlegend von den atl. Ältesten, den Mitgliedern des jüdischen Synhedriums und den Leitern der S y n a g o g e . Entsprechend zeichnet sich die Entste hung des Leitungsdienstes in den judenchristlichen Gemeinden wie auch in den paulinischen Missionskirchen durch eine große Eigendynamik aus, so dass der Begriff TTpeoßikepoc; weniger eine inhaltliche als in erster Linie eine terminologische Anleihe darstellt . D.h. der christliche Ältestenbegriff ist von Anfang an primär innerkirchlich geprägt worden. Dessen ungeachtet könnte allerdings die Verwendung des Terminus TTpeoßuiepoc; in den Pastoralbriefen durch das etwa 194
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194 Campbell, a.a.O. 249-251 (Hervorhebung des Autors). Ähnlich sieht auch Frankemölle, Jakobus II 710 keinen Widerspruch zwischen den Diensten in 1 Petr und charismatischen Gemeindestrukturen. 195 Campbell, a.a.O. 252 (Hervorhebung des Autors). 196 Zur Stelle siehe auch Brockhaus, Charisma und Amt 105-112 197 Burtchaell, Synagogue 276; siehe auch ebd. 293. Zum Vorbildcharakter s.o. unter 3.1. 198 Damit gegen Burchard, Jakobusbrief 209; Frankemölle, Jakobus II 710 und die Mehrzahl der Jakobuskommentare. 199 So auch Miller, Uniqueness 325. Ähnlich MacDonald, Pauline Churches 215: „There is simply not enough concrete evidence to support the assertion that early Christian communities adopted a Jewish form of Organization in their formation of church Offices."
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gleichzeitige Erscheinen des Titels im hellenistischen Umfeld durchaus begünstigt worden sein; die inhaltliche Füllung des Begriffs dürfte jedoch aufgrund der bereits vorhandenen christlichen Prägung nicht nachhaltig beeinflusst worden s e i n . Entsprechend dürfte auch die Diasporasynagoge, in der der titulare Gebrauch von TTpeoßikepoc; für die ersten beiden Jahrhunderte nicht belegt ist, keinen prägenden Einfluss auf die ntl. Ältesten gehabt h a b e n . Eine gewisse Parallele zum christlichen Leitungsdienst bietet lediglich der Mebaqqer der essenischen Gemeinden (s.o.), dessen A m t mit der Leitung der Urgemeinde durch den Herrenbruder Jakobus zumindest im Blick auf seine Autorität vergleichbar ist. Beide haben einen Kreis von Ältesten und Gehilfen u m sich, denen sie vorstehen und zugleich als Aufseher und Lehrer d i e n e n . Hiermit steht die Leitung der Jerusa lemer Urgemeinde den Essenern wesentlich näher als dem aus mehre ren Fraktionen zusammengesetzten und größtenteils aristokratischen jüdischen Synhedrium. V o m aktiven Hirtendienst der ntl. Presbyter ist das A m t des Mebaqqer und seiner Ältesten jedoch deutlich unterschie den. Wesentlich wichtiger für die Ausbildung der christlichen Lei tungsfunktionen dürfte daher die Orientierung der Apostel und der Urgemeinde an der Person und Lehre Jesu gewesen sein, wonach die Leitung nicht primär in der Durchsetzung von Regeln besteht, sondern zuerst im Dienst an den Gläubigen zur Erbauung und Erhaltung der Gemeinde . 200
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Die christlichen Ältesten waren also wie die Episkopen der paulinischen Gemeinden aktive Gemeindeleiter - und mancherorts vielleicht auch die Erstbekehrten, die Gründer und/oder die Gastgeber von Haus gemeinden - , die sich u m das ganzheitliche Wohl der jungen Gemein den sorgten . Auf diesem Dienst wiederum gründete ihre A c h t u n g . Fragt man nun danach, ob die ntl. Ältesten ein Amt innehaben, ist zunächst zu bedenken, dass es sich bei der Bezeichnung i T p e o ß i k e p o g wie im antiken Judentum primär u m einen Sammelbegriff für die unter204
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200 Vgl. Karrer, Ältestenamt 184f. 201 Vgl. Campbell, Eiders 95f; Stuhlmacher, Biblische Theologie II 40-41. Gegen Bornkamm, Art. upeoßix; 664: „Aufkommen und Ausbildung einer presbyterialen Gemeindeverfassung nach Art und Muster der Diaspora-Synagoge bekunden mit Sicherheit erst die Schriften der nachapostolischen Zeit". 202 Möglicherweise bildet der Mebaqqer auch das Vorbild für den urchristlichen Episkopos; vgl. Campbell, Eiders 173; Riesner, Essener 100, 135. Zu möglichen Kontaktpunkten zwischen der Urgemeinde und den essenischen Gemeinschaften siehe Riesner, a.a.O. 84-116; 132-143. Zurückhaltender dagegen Lichtenberger, Texte 68-82. 203 Vgl. Mk 10,42ff Par.; Lk 12,41ff Par.; Joh 13,12ff; 21,15ff sowie Lohfink, Jesus 50-63, 86-154; Riesner, a.a.O. 116; Roloff, Kirche 132-139. 204 Vgl. den Dienst des Stephanas in 1 Kor 16,15ff. Für Presbyter als Hausge meindeleiter siehe auch Lampe, Stadtrömische Christen 316, 334-341. 205 Vgl. Campbell, Eiders 204.
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schiedlichen leitenden Funktionen der Gemeinde und nicht u m eine wohldefinierte Aufgabe handelt. Verwendet man jedoch die Minimal definition von A m t nach J. Roloff, dann begleiten die ntl. Presbyter wie die personal formulierten Dienste bei Paulus wohl ein Amt: „Ein Amt liegt nämlich dann vor, wenn eine für Bestand und Aufbau der Kirche erforderliche Funktion durch einen festen Personenkreis mit einer gewissen Konstanz ausgeübt w i r d . " Für Roloff prägt also der Dienst den Begriff Amt. H. Frankemölle verwendet dagegen keine funktionale, sondern eine rechtlich-institutionelle Definition von A m t und k o m m t folglich zu einem anderen Schluss: „Da das gesamte N T den Begriff 'Amt' als institutionell mit Macht und Aufgaben ausge stattete, rechtlich klar festgelegte Position im Rahmen einer Institution nicht kennt (vgl. Frankemölle, Amt), die in der antiken Umwelt übli chen Tätigkeitsbeschreibungen liturgischer, städtischer und staatlicher Art gerade fehlen (vgl. R A C 3, 351-401) und die Kirchen in der Ge genwart wieder mit Luther die im N T belegten Aufgaben als 'Dienst' verstehen, sollte der Begriff 'Amt' für das N T obsolet s e i n . " Das funktionale Verständnis des Presbyteramtes von Roloff und die gene relle Ablehnung des Amtsbegriffs für die ntl. Leitungsdienste durch Frankemölle machen damit eindrücklich deutlich, dass das ntl. „Pres byteramt" kein A m t im eigentlichen, d.h. rechtlich-institutionellen Sinn darstellt. 206
207
4. Der Dienst der Presbyter in der Alten Kirche In der Übergangsphase von der spätneutestamentlichen Zeit zur Alten Kirche bleibt die Ordnung der Gemeinden trotz zunehmender Institu tionalisierung weiter im Fluss. So ist das dreistufige Modell des M o n episkopos oder monarchischen Bischofs als Leiter der Ältesten und Diakone noch nicht einheitlich etabliert . Auch bleiben die Bezeich nungen Episkopos und Presbyter zunächst weiter austauschbar, eine Praxis, die zuletzt noch bei Clemens Alexandrinus (150 - ca. 211-220 n.Chr.) begegnet . Die verschiedenen in den Quellentexten erwähnten 208
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206 Roloff, Kirche 139. 207 Frankemölle, Jakobus II 709/710; ähnlich Edgar, Has God not Chosen the Poor? 210f. Vgl. auch Brockhaus, Charisma und Amt 126, der z.B. in den paulini schen Gemeinden von „noch nicht voll ausgebildeten und noch nicht rechtlich legi timierten Ämtern" ausgeht. 208 Nach 1 Clem 44,4f gehören dem Presbyter-Kollegium auch die Episkopen an. Anders als bei Ignatius gibt es in 1 Clem aber kein monarchisches Episkopat. 209 Siehe Bornkamm, Art. irpeoßuc; 672-680; Campbell, Eiders 210-235; Karrer, Ältestenamt 179-182, 185-186; Neymeyr, Presbyteroi 493-496; Young, On EIHEKOnOS and ÜPESBYTEPOS 142-148; Ysebaert, Amtsterminologie 89-112. Eine Sammlung der relevanten Quellentexte z.B. bei Mounce, Pastoral Epistles 186-192. Gegen eine Überschneidung der Begriffe TTpeaßikepoc; und GTTLÖKOTTOQ in
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Aufgaben der Ältesten bestätigen die aktive Natur des ntl. Ältesten dienstes. Nach 1 Clem, der ca. 96 n.Chr. von der Gemeinde in R o m an die Gemeinde in Korinth geschrieben wurde, ist die zentrale Aufgabe der Presbyter der (allgemeine) Dienst (A,c ixoupy ioc) „an der Herde Christi" (44,3, vgl. 1 Petr 5,2). Auch im Hirten des Hermas, der wie 1 C l e m in R o m abgefasst ist, werden die Mitglieder des leitenden Presbyter-Kollegiums als „Hirten" bezeichnet . Zu ihnen zählen nicht nur Episkopen wie in 1 Clem 44,4f, sondern auch Lehrer und vermutlich D i a k o n e . „Die Tatsache, daß diese (Presbyter-)Episkopen in R o m keine monarchischen Bischöfe sind, ist völlig k l a r . " Von den Episkopen wird erwartet, dass sie gastfreundlich sind insbesondere gegenüber Bedürftigen und Vorbilder für die G e m e i n d e ; den Diako nen k o m m t die Armenfürsorge und die Verwaltung der hierfür benö tigten Finanzen z u . Zu den altkirchlichen Ältesten zählen anfangs also - wie im N T - alle für das ganzheitliche, d.h. das geistliche und materielle Wohlergehen der Gläubigen verantwortlichen Leiter der Gemeinde . Eine besonders auffällige Parallele zum Dienst der Ältesten in Jak 5,14 findet sich im Brief des Polykarp, Bischof von Smyrna, an die Philipper, der gewöhnlich u m das Jahr 110, d.h. u m die Zeit des Martyriums des Ignatius, datiert wird. In Polyc 6,1 heißt es: „Die Ältesten (ol i T p e o ß u T e p o i ) sollen aber mildtätig und allen gegenüber barmherzig sein, die Verirrten zurückbringen, alle Kranken besuchen (6TTLOK6TTT6|I€VOL TOviac; do0€V€i<;), keine Witwe oder Waisen oder Ar men vernachlässigen, sondern 'immer das erstreben, was in den Augen Gottes und der Menschen ehrbar ist (Spr 3,4, vgl. 2 Kor 8,21)',,. Indem die Presbyter diesen Erwartungen entsprechen, werden sie zu Vör 210
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den Apostolischen Vätern siehe hingegen Callam, Bishops and Presbyters 107-111. Außer für die Gemeindeleiter wird der Begriff i r p e ö ß i k e p o c ; in den altkirchlichen Quellen auch für die Apostel sowie bei Papias und später den Apologeten für die (wohl bereits verstorbenen) Traditionsträger authentischer Evangelienüberlieferung verwendet. Siehe Körtner, Papias 114-132. 210 Die A.€LTOupYLa bezieht sich hier nicht wie in 40,2 auf die Leitung der Herrenmahlsfeier, sondern allgemein auf den Hirtendienst der Ältesten, wie er durch die Wortgruppe A.€LToupY€d) in 44,2.3.6 beschrieben wird. In gleicher Weise steht A.€iToupY€(o in Did 15,1-2 für den Dienst der Propheten und Lehrer. Im Gegen satz zu Presbytern erwähnt Did aber nur Episkopen und Diakone; vgl. Bauer-Aland 956; Lindemann, Clemensbriefe 130-132; gegen Bornkamm, Art. TTpeößuq 673. 211 Siehe Herrn v II 4,2f (8,2f); III 1,8 (9,8). Für eine Rekonstruktion der christlichen Gemeinde in Rom siehe Lampe, Stadtrömische Christen 316f; 334-345. 212 Siehe Herrn s IX 31,5f(108,5f). 213 Siehe Herrn v III 5,1 (13,1) sowie Ysebaert, Amtsterminologie 93f. 214 Ysebaert, a.a.O. 95. Dennoch hält es Ysebaert für wahrscheinlich, dass es einen Leiter des Presbyter-Kollegiums gegeben hat. 215 Siehe Herrn s IX 27,2 (104,2). 216 Siehe Herrn s IX 26,2 (103,2). 217 Vgl. Bornkamm, Art. iTpeoßuc; 674.
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des
christlichen Liebesdienstes par excellence. Das Verb im Kontext der Fürsorge bringt wie in M t 25,36.43 (s.o.) zum Ausdruck, dass es bei dem Krankenbesuch der Presbyter nicht lediglich u m das Aufsuchen der Kranken geht, sondern u m Fürsorge im weitesten Sinn *. Aus diesem Zusammenhang ist das Gebet für die Kranken k a u m w e g z u d e n k e n . Es wird aber weder hier noch sonst bei den Kirchenvätern explizit e r w ä h n t . Nach Polyc 11,1-2 verwalten die Ältesten auch die Gemeindegelder. Den Presbytern obliegen also Wortverkündigung, Seelsorge und Gemeindedisziplin sowie ökonomi sche und karitative Aufgaben . Damit bestätigen die altkirchlichen Belege eindrücklich Burtchaells Charakterisierung der ntl. Ältesten als „exemplary activist leaders" (s.o.).
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5. Presbyterdienst und Krankenheilung in Jak 5,14 Abschließend ist nun zu klären, warum nach Jak 5,14 gerade ol Trpeoßikepoi tf)<; kKKXrpiaQ von einem Kranken gerufen werden sollen. Die zu gebende Antwort auf diese Frage hängt davon ab, für wen man die Ältesten hält. Gewiss sind sie nicht die Alten der Gemeinde, die aufgrund ihres Alters mit einer Heilungsgabe betraut s i n d . Dies zeigt nicht nur die an den atl.-jüdischen Sprachgebrauch anknüpfende Geni tivkonstruktion zur Darstellung der Konnotation „Leitung" gegenüber der gewöhnlichen Bedeutung „Alter", sondern auch die untergeordnete Relevanz des Alters bei den jüdischen, hellenistischen und christlichen Ältesten. Weiter hat die vorangegangene Untersuchung gezeigt, dass die Funk tion und Stellung der ntl. Ältesten nicht von verschiedenen Gemeinde ordnungen abhängt . Wesentlich einheitlicher als bisher angenommen stellen sich die ntl. Ältesten als aktive, persönlich und geistlich reife und daher mit Vorbildcharakter behaftete Gemeindeleiter dar (s.o.). „Die 'Ältesten' sind diejenigen, die die meiste Erfahrung im Gemein222
223
218 Vgl. Bauer-Aland 604. 219 Vgl. das Ordinationsgebet für einen Presbyter in den ConstAp (3./4. Jh.), wo darum gebeten wird, dass der Presbyter „mit Heilungswerken gefüllt wird" (TTlnöelc; €V€pYTi|!aTa)v la(iaiLKcov, Metzger, ConstAp III 218); siehe Barrett-Lennard, Christian Healing 251 mit Anm. 92. 220 Lediglich die pseudepigraphischen Kanones des Hippolyt, die wohl im 4. Jh. in Alexandria verfasst wurden, erwähnen in Kanon 8 die Gabe der Heilung bei Gemeindeältesten; siehe Barrett-Lennard, a.a.O. 222, 251-254; Wilkinson, Healing 336. Wilkinson scheint allerdings die Canones Hippolyti mit der TradApost und Hippolyt von Rom zu verwechseln. 221 Im Gegensatz zu Ignatius wird die Leitung der Eucharistiefeier bei Polyc aber nicht erwähnt. 222 So die Mehrheit der Jakobuskommentare; siehe z.B. Burchard, Jakobusbrief 209; gegen Harvey, Elders 329; Schlatter, Jakobus 281; Schweizer, Gemeinde 169. 223 So auch Moo, James 237.
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dedienst mitbringen, die sich durch ihre Kenntnisse und Begabungen auszeichnen." Ihre Stellung und ihr Ansehen beruhen nicht auf ihrer sozialen Herkunft, sondern auf ihrem Dienst . Daher kann man auch nur in einem funktionalen Sinn von einem ntl. Ältestenamt sprechen (s.o.) . Folglich ist für Jak 5,14f die „institutionelle Bindung solcher Heilkräfte" an ein Presbyteramt, wie sie W. Schräge u.a. im Gefolge von M . Dibelius und G. B o r n k a m m verstehen , abzulehnen . Auch gibt es keine Indizien dafür, dass sich unter den Ältesten notwendig solche mit Heilungsgaben befinden . Denn Jak 5,13-18 bezieht die Gebetsvollmacht nicht auf den Besitz eines Charismas, sondern auf den Glauben und die Gerechtigkeit gewöhnlicher Beter . In gleicher Weise sind die Presbyter auch sonst im N T und der Alten Kirche nicht notwendig mit einem Charisma der Heilung ausgestattet. Daher ist die Position von B. Reicke und anderen abzulehnen, wonach die Presbyter in Jak 5,14f „are described as having extraordinary spiritual gifts, which enable them to heal the s i c k " . Mit diesen Beobachtungen schließt sich der Kreis zwischen den Ergebnissen zu den ntl. Ältesten und der Funktion der T r p e o ß i k e p o i ifjc; 4KKA,r|OLa<; in Jak 5,14. Denn das Bild der glaubensstarken, für die Kranken betenden Ältesten aus V. 14f entspricht als Momentaufnahme exakt den im Glauben reifen, erfahrenen und engagierten ntl. Gemein deleitern bzw. Ältesten. „Thus, it seems that the eiders are those whose prayer is perceived as specially effective; their standing is thus derived from the experience of the effectiveness of their prayer in commitment 224
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224 Kuberski, Eigenschaften 21; vgl. Moo, James 237f. 225 Den Dienstcharakter der Ältesten in Jak 5,14f hebt vor allem Frankemölle, Jakobus II 710 hervor. 226 Vgl. Albl, „Are any among you sick?" 140 in Anlehnung an R.A. Campbell. 227 Schräge, Jakobus 56; vgl. Dibelius, Jakobus 300; Bornkamm, Art. iTpeoßuc; 664 sowie Burchard, Jakobusbrief 209; Martin, James 207; Seybold, Krankheit 161. Auch Mußner, Jakobus 219 sieht die Heilkraft in Jak 5,14f an das Amt gebunden, doch geht er in erster Linie von einer geistlich-soteriologischen Heilung aus. Zur Art der Heilung s.o. Kap. II u. III. 228 So auch Frankemölle, Jakobus II 710; Meinertz, Krankensalbung 33; Schlat ter, Jakobus 281. 229 Siehe auch Frankemölle, a.a.O.; Hahn, Charisma 446; Mayor, James 169; Thomas, Devil(1993) 33. 230 Insbesondere charakterisiert Jak 5,17f den Propheten Elia als gewöhnlichen Beter, obwohl er in der rabbinischen Tradition als Prototyp des Charismatikers gilt; vgl. Freyne, Charismatic 249. Siehe auch unten Kap. VI u. VII. 231 Reicke, James 59; ähnlich Schweizer, Gemeinde 168; Windisch, Die katholi schen Briefe 33. Vgl. dagegen die ausgewogene Position von J.C. Thomas, Devil (1993) 33: „Another way to explain James' words is to connect the power to heal with the office of eider itself. This proposal has the advantage of being able to explain why the eiders are called for without bringing the charismata into the discussion. It does, however, necessitate the attribution of a rather over-developed and institutional definition to the office of eider." Gegen notwendig charismatisch be gabte Älteste argumentiert auch Wilkinson, Healing 335f.
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to God, rather than effectiveness in prayer being derived from holding the title 'elder' ( T T p e o ß i k e p o c ; ) . " D.h. die Ältesten der Gemeinde sind gewöhnlich die engagiertesten und daher wohl auch die effektivsten Beter der Gemeinde . Ihr gemeinsames Gebet ist ein „Gebet des Glaubens" (V. 15a), dem nach urchristlicher Überzeugung (und wohl auch Erfahrung) die Erhörung gewiss ist (vgl. M k 11,22-24 Par. M t 21,21-22 u.ö.; M t 18,19-20). Für die übrige Gemeinde fungiert ihr Gebet als Vorbild und Motivation zugleich (vgl. V. 1 6 ) . 232
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232 Edgar, Has God not Chosen the Poor? 211 in Anlehnung an Burchard, Ge meinde 318. 233 Hierzu s.u. Kap. 6 und 7. Unmittelbares Vorbild könnte den Ältesten der Gebetsdienst der Apostel an der Gemeinde gewesen sein; siehe Apg 6,4; vgl. Phil 3,17;2Thess 3,9 u.ö. 234 Ähnlich jüngst Edgar, a.a.O. 212. Zur Thematik von Gebet und Glaube s.u. Kap. VI u. VII.
V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
1. Z u r Problematik Nach der Untersuchung der Aufgaben ntl. Presbyter soll nun die in Jak 5,14b geschilderte Praxis gegenüber einem Kranken diskutiert werden. Hiernach beten die Ältesten über d e m Kranken und salben ihn mit Öl im N a m e n des Herrn: K a i TTpoo€i)£ao0a)oav en' auiöv dA.€Li|/avT6(; [auibv] €A,aia> kv xcp 6v6|iaTi t o u K u p i o u . Trotz oder gerade wegen der
schlichten und knappen Ausdrucks weise wirft Jak 5,14b eine Fülle von Fragen auf, da der Text - wie die einzige ntl. Parallele M k 6,13 weder die Art der Salbung noch die Bedeutung des Öls genauer b e schreibt. Handelt es sich hier u m eine religiöse oder zumindest rituelle Salbung von symbolischem Charakter (als Geste für Gesundheit , F r e u d e , S e g e n , E r w ä h l u n g , W e i h e , Sündenvergebung oder die Aktivität des Heiligen Geistes ), eine Handlung von eschatologis c h e m oder s a k r a m e n t a l e m Charakter, u m eine medizinische B e h a n d l u n g , oder spielen a p o t r o p ä i s c h e , exorzistische , m a g i s c h e , 1
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1 So Schneider, Jakobus 36, jedoch ohne weitere Differenzierung. 2 So Meinertz, Krankensalbung 27. 3 So Reicke, James 59. Vgl. ders., L'onction des malades 54-56. In den atl. Pseudepigraphen handelt es sich bei dem Öl allerdings stets um ein eschatologisches Lebenselexir. 4 So Martin, James 202, der das Öl als Ausdruck der Freude inmitten von Anfechtung und Leiden sieht. 5 Vgl. Ysebaert, Amtsterminologie 223. 6 Der Grund der Freude ist für Martin, a.a.O. die Erwählung aufgrund von Gottes Erbarmen. 7 So Schlatter, Jakobus 282. 8 Vgl. Frankemölle, Jakobus II 713; zusammen mit medizinischer Bedeutung, a.a.O. 711. 9 So Gaebelein, Practical Epistle 120. 10 So Mußner, Jakobus 220. Als zweite Möglichkeit auch bei Davids, James 193. 11 So Davids, a.a.O. 12 So z.B. Fenner, Krankheit 92; Popkes, Jakobus 344 mit Anm. 330; Wilkinson, Healing 338-339; ders., Bible 251-255; Frankemölle, Jakobus II 711 neben zeichenhafter Bedeutung; Schräge, Jakobusbrief 56 neben exorzistischer Bedeutung. 13 So Delling, Art. Krankensalbung I 1332. 14 So Dibelius, Jakobus 299; Böcher, Christus Exorcista 101; Brunotte, Art. aXtityu 1054; Schräge, Jakobusbrief 56 neben medizinischer Bedeutung. 15 Dies hält Dibelius, Jakobus 299 zumindest für möglich.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn 16
psychologische und psychosomatische bzw. g l a u b e n s t ä r k e n d e und charismatische Elemente eine Rolle? Oder dient die Ölsalbung bei Jak lediglich dazu, magischen Praktiken e n t g e g e n z u w i r k e n ? Oder ist es u.U. gar nicht sinnvoll, hier verschiedene Bedeutungen zu differen z i e r e n ? Vor allem aber ist zu klären, in welchem Verhältnis die Sal bung zum erwähnten Gebet der Ältesten steht. U m diesen Fragenkomplex aufzuhellen, sollen nacheinander die ver schiedenen Aspekte und Anwendungsgebiete der Salbung mit Öl im profanen und religiösen Bereich ausgeleuchtet werden. Nach der anschließenden Untersuchung der modalen Wendung kv tcp 6v6|i(m TOU KupLOu in ihrem religionsgeschichtlichen und biblischen Kontext sollen dann die gewonnenen Erkenntnisse für das Verständnis der Salbung in Jak 5,14b fruchtbar gemacht werden. 17
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2. Zur Terminologie 2.1
Die semantische Bandbreite von dA.ei(j)G)
Das Verb aXtifyu ist seit d e m mykenischen Griechisch belegt und steht bei wörtlicher Verwendung für das Bestreichen einer Person oder eines Objekts mit weichem Fett, Öl oder Salbe. Mit dieser Bedeutung begeg net aldfyu häufig bei der Einreibung nach dem Bade, der Behandlung von Kranken mit Öl oder bestimmten Salben (s.u.) sowie der Salbung der Athleten nach dem Sport. Im Zusammenhang mit den Leibesübun gen steht das Verb vereinzelt auch für das Bereitstellen des Öls und sogar für das eigentliche Training und die Ausbildung Jugendlicher im griechischen Gymnasium. Neben der Grundbedeutung beschreibt dA.€L(|>G) des weiteren Vorgänge wie Polieren, Schmieren, Verstreichen, Verputzen sowie das Beschmieren und Verschmieren. Im metaphori schen Sinn steht dAeujxo für die konzentrierte persönliche Vorbereitung bzw. das Training in Analogie zur Vorbereitung der Athleten auf den Wettkampf, aber auch für die dem Öl zugeschriebene Wirkung, näm lich ermutigen, stimulieren und antreiben . Festzuhalten ist also, dass die Grundbedeutung des Verbs den Vorgang des äußeren Auftragens von Öl oder Fett beschreibt. In der L X X begegnet dA^Lcjxo insgesamt 18mal und übersetzt in der Regel die hebräischen Wurzeln "^0 (ausgießen, salben) und !T)ö (überziehen, bestreichen). In Ez 13,10-15 beschreibt dA^icjxo in seiner 20
16 So Mitton, James 198-199; Adamson, James 198 neben anderen Bedeutungen. 17 Vgl. Laws, James 227. 18 So Ropes, James 305; Adamson, James 197 neben anderen Bedeutungen. 19 So Hauck, Jakobus 233; Johnson, James 331; Laws, James 227; Ropes, James 305; Vouga, Jacques 141. 20 Belege siehe bei Liddell/Scott, Lexicon 62; Moulton/Milligan, Vocabulary 21. Siehe auch unten Abschnitt 3.1.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
erweiterten Bedeutung dann auch das Tünchen (mit Kalk). Lediglich dreimal steht es für das meist durch xptw wiedergegebene nt?Q (eine Ölspende ausschütten, bestreichen, salben, w e i h e n ) . Dabei hat das Verb jedesmal die implizite kultische bzw. sakrale Bedeutung „hei ligen, weihen" (einen Stein salben in Gen 31,13; z u m Priester salben in Ex 40,15; „die gesalbten Priester (ol Upelg ol f|A.€L|i[i€V0L)" = „die geweihten Priester" in N u m 3 , 3 ) . In den acht ntl. Belegen nimmt (UeLcjxo dagegen stets die wörtliche Bedeutung „auftragen, salben" an, und zwar im Zusammenhang mit der Körperpflege (Mt 6,17), der Ehrung eines Gastes (Lk 7,38.46; Joh 11,2; 12,3), der Totenehrung (Mk 16,1) und der Krankenheilung ( M k 6,13; Jak 5,14). 21
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2.2
Z u r Abgrenzung von aXtifyu
und xpto)
U m weitere Informationen über die Verwendung von aXdfyu zu gewin nen, ist es hilfreich, das zu aXdfyu oft als Synonym gebrauchte Verb Xpico, welches gewöhnlich ebenfalls als „salben" übersetzt wird, zu betrachten. Recht häufig begegnet m a n dabei der auf R.C. Trench zurückgehenden Position, wonach dXeujxo „the mundane and profane term" ist im Gegensatz zu XP^* welches „the sacred and religious term" darstellt . Für das außerbiblische Griechisch trifft diese starke Differenzierung jedoch nicht zu, worauf Moulton und Milligan mit Recht h i n w e i s e n . Denn in der profanen griechischen Literatur b e schreibt xpta i dA.€L(t)a) das Salben nach d e m Bade sowie das verbreitete Salben zur Körperpflege. Weiter steht xptw für das Auf tragen von Farbe, das Beschmieren des Körpers und das Verletzen oder Durchstoßen einer Oberfläche wie z.B. das Stechen der Haut durch die V i e h b r e m s e . Neben d e m eigentlichen Auftragen einer Substanz kann Xpto) also auch die Bedeutung einer Berührung oder Salbung z u m A u s druck bringen. Entsprechend begegnet xptco bei der Salbung eines demütigen Bittstellers und der Toten. Das Verb ist also sowohl im pro fanen als auch im rituellen und sakralen Bereich üblich. Im Gegensatz zu XP^ beschreibt dXeicJxo primär den Vorgang des äußeren Auftragens von Öl oder Salbe. Entsprechend stehen die erwei terten Bedeutungen von dXei(j)G) meist für eine besondere Art und Weise des Auftragens flüssiger Substanzen. Die übertragene Verwendung des Verbs bringt daher nicht die rituelle Bedeutung des Vorgangs wie bei Xpio), sondern die Wirkung der physischen Einreibung mit Öl oder Fett wie z.B. stimulieren, ermutigen und antreiben z u m Ausdruck. Die 23
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Zum Sprachgebrauch im Hebräischen siehe z.B. Kutsch, Rechtsakt 6-15. Vgl. dpxiepeix; 6 K€Xpio|ievo<; in Lev 4,3. Trench, Synonyms 150; vgl. auch Hayden, Elders 264. Siehe Moulton/Milligan, Vocabulary 21. Belege siehe bei Liddell/Scott, Lexicon 2007; Grundmann, Art. xpiw 484-485.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
beiden Verben sind also im profanen Bereich partiell synonym, nicht aber identisch . Im biblischen Schrifttum k o m m t die Polarisierung zwischen aXdfyu und xpCa) jedoch deutlicher zum Vorschein als im außerbiblischen . So begegnet xpioo in der L X X ca. 60mal, wobei es bis auf zwei Aus nahmen (Dtn 28,40; Ez 16,9: ^10) stets das hebräische ntfD (eine Ölspende ausschütten, bestreichen, salben, weihen) übersetzt. Mit Ausnahme von Dtn 28,40 und A m 6,6 nimmt das Verb immer eine übertragen-kultische Bedeutung an. Hier hat offensichtlich die Grund bedeutung von xpioo, das leichte Berühren der Oberfläche bzw. das Darüberstreichen insbesondere des menschlichen K ö r p e r s , die über tragen-kultische Konnotation des Verbs begünstigt. So drückt der meist durch xpioo beschriebene Salbungsritus bei der Königssalbung die Erwählung und rechtliche Übereignung des Königtums sowie die besondere Beziehung zu Gott und dessen Schutz aus; bei der Priester weihe steht dagegen die kultische Heiligung im Vordergrund. Die Geistverleihung knüpft an die Beauftragung an und begegnet nur im Zusammenhang mit der Einsetzung des Königs (1 Sam 16,13), nicht aber bei der Priesterweihe . Bei der Einsetzung des Königs und der Geistverleihung an ihn k o m m t aXdfyu nicht vor, und auch bei der atl. Priesterweihe begegnet das Verb nur äußerst selten (z.B. Ex 40,15). Entsprechend nimmt xpioo in Verbindung mit dem Prophetendienst stets eine übertragene Bedeutung an im Sinne der Erwählung oder Beauftragung des Propheten (Jes 6 1 , 1 , zitiert in Lk 4 , 1 8 ) ; das eigent liche Salböl wird nicht erwähnt. Ähnlich wie im Außerbiblischen werden xpio) und aXdfyu in der L X X aber auch partiell synonym verwendet. So erscheint %pia) z.B. in Ez 16,9 im Bereich der Wundbehandlung, wo gewöhnlich aXdtyu, 4iTLTL0ri(iL o.a. stehen. Die Priestersalbung wiederum wird in der L X X nicht nur durch xpio), sondern gelegentlich auch durch aXdfyu be schrieben, so z.B. in Ex 40,9-15 bei der Salbung des Heiligtums, des Altars, der Geräte, des Beckens sowie der Priester selbst. Der Rückbezug der Salbung der Söhne Aarons in V. 15 (aXdfyu) auf die Salbung des Vaters in V. 13 Ocpioo) sowie die ausschließliche Verwendung von ntfft im hebräischen Text bezeugen dabei eine völlig synonyme Ver wendung der Verben. Offensichtlich wechselt der Übersetzter hier zwischen aXd$u> und X P ^ lediglich aus stilistischen Gründen ohne dass semantische Implikationen mitschwingen. Folglich ist trotz der verbreiteten Anwendung von XP^ * sakralen und äXeifyü) im profanen 26
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26 Gegen Warrington, Anointing 5, der die beiden Verben im säkularen Grie chisch für austauschbar hält. 27 Vgl. Müller, Art. xpiw 1055-1057. 28 Vgl. Liddell/Scott, a.a.O. 29 Siehe Seybold, Art. ntfQ 51 sowie unten Abschnitte 5.1 u. 5.2. 30 Vgl. Watts, Isaiah 34-66 302; Westermann, Jesaja 40-66 291. Siehe auch unten Abschnitt 5.3.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
Bereich eine strikte Trennung der beiden Verben in der LXX nicht möglich. Im NT hingegen kommt xpico nur mit übertragener Bedeutung vor, indem es im Sinne der Zuteilung des Geistes und der Bevollmäch tigung durch Gott bildlich Bezug nimmt auf die kultische Verwendung des Verbs in der LXX . Aufgrund der durchaus unterschiedlich gelagerten semantischen Schwerpunkte von d t a u j x x ) und %pio) ergeben sich tendenziell folgende Kriterien für deren Verwendung: Im Biblischen und Außerbiblischen steht dAeicpCi) primär für das Auftragen und bei übertragener Verwen dung für die Wirkung des Öls . Im kultisch-sakralen Bereich hingegen ist die Vokabel im Gegensatz zu XP^ äußerst selten. Die Wahl von dAeCcpa) für den Krankheitsfall in Jak 5,14 entspricht damit dem Septuaginta-Sprachgebrauch, der außerhalb des kultisch-sakralen Bereichs dÄ6L(pco für die Salbung bevorzugt. 31
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2.3
Die Verwendung des Begriffs tXaiov
Das semantische Spektrum des Begriffs tXaiov ist im wesentlichen zweigliedrig. In Einklang mit der Etymologie des Wortes steht tXaiov zuerst für das Olivenöl, welches zu den Grundnahrungsmitteln in vielen Gebieten des römischen Reiches wie auch in Palästina g e h ö r t e . Aufgrund seiner Bedeutung und Verbreitung bildet IXaiov dann aber auch den Oberbegriff für Ol und fettige Substanzen ganz allgemein . Das Olivenöl wiederum war nicht nur von zentraler ökonomischer, sondern auch von sozialer und kultureller B e d e u t u n g . So gehörte das Olivenöl im gesamten mediterranen Kulturraum bedingt durch das warme Klima zur täglichen Körperpflege, u m dem Austrocknen und Altern der Haut vorzubeugen. Daneben diente es zur rituellen Salbung von Götterbildern, als Heilmittel, als Schmiermittel, als Handelsware bzw. Teil des Vermögens sowie als Brennstoff für Lampen (s.u.). In Verbindung mit der Salbung zu kosmetischen Zwecken und bei beson deren rituellen Anlässen wird allerdings anstelle von IXaiov eher liupov, das teure, parfümierte Salböl oder speziell die Myrrhensalbe, er33
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31 Siehe Lk 4,18; Apg 4,27; 10,38; 2 Kor 1,21; Hebr 1,9 sowie Müller, Art. xptw 1056f. 32 Vgl. Brunotte, Art. ciXeityu 1054; Schlier, Art. äXä^u 230. 33 Für die vielfältige Verwendung des Öls im alten Orient siehe Pease, Art. Ole um 2460-2472. Für die Bedeutung des Olivenöls in Palästina siehe insbes. Broer, Art. IXaiov 1036-1037; Ringgren, Art. ]ntf 252f; Schlier, Art. iXaiov 468-470. 34 In dieser Weise wird der Begriff gewöhnlich auch in der LXX gebraucht, wo tXaiov für die hebräischen Termini "ins% ntfQ, "?po und steht; siehe auch Ringgren, Art. 252f; Hatch/Redpath, Concordance 447. 35 Vgl. Broer, Art. Uaiov 1036-1037; Liddell/Scott, Lexicon 527-528; Schlier, Art. ekaiov 468-470.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
wähnt sowie die dpc6p,ata, wohlriechende Gewürze und Öle, die insbe sondere zur Einbalsamierung einer Leiche d i e n t e n . In der L X X ist die Verwendung von eXaiov ebenso weitläufig wie im außerbiblischen Sprachgebrauch, da das Wort gewöhnlich das Hebrä ische den allgemeinen Begriff für Öl, w i e d e r g i b t . Der in Jak 5,14b verwendete Begriff stellt also einen sehr allgemeinen Terminus dar, der der Salbung noch keine konkrete Bedeutung zuschreibt. Han delt es sich bei d e m Salbungsmittel u m Olivenöl, dann war es leicht zu beschaffen und wohl in j e d e m Haushalt vorrätig. 36
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3. Die Ölsalbung im profanen Kontext 3.1
Die Körperpflege
Die Hautpflege mit Hilfe von Öl wurde im Orient als ein grundlegen des Bedürfnis angesehen und daher auch von fast allen Ständen prakti ziert. Anfangs verwendete man dafür tierische Fette, doch in der An tike waren diese bereits durch verschiedene Pflanzenfette und -öle abgelöst, wobei das Olivenöl a m gebräuchlichsten war. Teure Öle stell ten einen gewissen Luxus dar und wurden besonders sorgfältig herge stellt und z u m Teil mit wohlriechenden Substanzen vermischt bzw. zu Salben verarbeitet . Auch im Judentum diente das Salben „in erster Linie der Körperpflege u. damit d e m menschlichen W o h l b e f i n d e n " , wobei man fast ausschließlich Olivenöl verwendete. W a r u m m a n das Olivenöl schätzte, macht Philo deutlich: 38
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„ W a r u m sollte man als Salbe mehr suchen als den von der Olive gepressten Saft? Denn er macht (die Haut) geschmeidig und wirkt der Erschöpfung des Körpers entgegen (Kap,atov odd^axoc, Auei) und verleiht d e m Fleisch ein gutes Aussehen; und wenn irgend etwas erschlafft oder kraftlos geworden ist, dann stützt er dieses und macht es stabil und fest, und er erfüllt nicht weniger mit Energie und Muskelkraft, als jede andere ( S a l b e ) . " 40
Aufgrund dieser d e m Olivenöl zugeschriebenen Eigenschaften war es auch in den hellenistischen Sportstätten üblich, dass sich die Athleten 36 Vgl. Bauer-Aland 228, 1072; Hug, Art. Salben 1851-1866; Schlier, Art. ekaiov 469. 37 Vgl. Porter, Oil 35-36; Hatch/Redpath, Concordance 447. 38 Vgl. Pease, Art. Oleum 2462-2465; Hug, Art. Salben 1851-1866; Schlier, Art. IXOLIOV 468f. 39 St.-B. I 426. Für rabbinische Belegen siehe auch a.a.O. 426-428; Midr Koh r 7,1; Preuss, Medizin 538. 40 Philo Som 2,58 (meine Übersetzung). Zu den geschätzten Eigenschaften des Öls siehe auch Midr Hld r 1.3.2.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
vor und nach dem Sport regelmäßig mit dem dort bereitgestellten Öl salbten. Auf diese Weise wurde das Öl zum Symbol für die A t h l e t i k ; entsprechend heißen die Athleten oft ol aX€i$6\i€voi . Dass dabei ver mutlich auch ein gewisser Aberglaube eine Rolle spielte, zeigt die legendenhafte Erzählung von d e m Spartaner Isidas, der sich seiner Kleider entledigte, mit Öl salbte und so mit Speer und Schwert den Thebanern im entscheidenden M o m e n t der Schlacht entgegensprang, ohne selbst verwundet zu w e r d e n . Des weiteren verwendete man Öl äußerlich auch als Schutzmittel ge gen kleines Ungeziefer . Im Krankheitsfall spielte Öl zur Körperpfle ge jedoch keine besondere Rolle. Entgegen weitläufiger Meinung dien te die Ölsalbung im profanen, alltäglichen Gebrauch wohl nicht zur Reinigung des Körpers oder von G e g e n s t ä n d e n . Dort w o Öl zum Glänzendmachen z.B. des Körpers, der Haare, oder von Kleidern und als Basis für Duftstoffe verwendet wurde, geschah dies aus kosmeti schen und ästhetischen G r ü n d e n , wobei hier oft eine übertragene Bedeutung (der Hervorhebung, Ehre und Aussonderung) mit schwingt. Im sozialen Umfeld stand das Salben des Körpers daher für persönli che Reinlichkeit im Sinne von P f l e g e (vgl. M t 6,17) und - bei beson derer M e n g e , Art oder Zubereitung der Öle und Salben - für Luxus und Exklusivität, ohne damit an eine reinigende Wirkung des Öls anzu knüpfen. Während der Trauer unterblieb diese Art der S a l b u n g . Die im antiken Alltagsleben prägende Eigenschaft des Olivenöls war also dessen schützende, kräftigende und belebende Wirkung. Die übertrage nen Verwendungen und Bedeutungen des Öls dürften kultur- und reli gionsgeschichtlich auf diese Eigenschaften z u r ü c k g e h e n . Das Auftragen des Öls wird im Bereich der Körper- und Schönheits pflege meist durch das Verb aXeifyu beschrieben (Mt 6,17), doch auch Xpico ist gebräuchlich. In den griechischen Schriften des A T erscheint 41
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41 Siehe Theokrit Scholia 4,7 (3. Jh. v.Chr.). 42 Vgl. Pease, Art. Oleum 2464. 43 Siehe Plut Ages 34. 44 Hierzu siehe Pease, Art. Oleum 2465f. 45 Gegen Klein, Salbung I 707, 709, für den die religiöse Bedeutung der Salbung auf der Reinigung und Kraftvermittlung beruht. Doch weder Klein noch Pease, Art. Oleum, führen Belege für eine reinigende Wirkung des Öls an. Auch in den akkadischen Belegen fehlt eine reinigende Wirkung des Öls; siehe Dalley, Anointing 20. Kutsch, Rechtsakt 4 erwähnt lediglich das Reinigen der Hände mit Öl nach der Mahlzeit und vor der Schlussbenediktion in bBer 53b, doch auch hier ist eine über tragene Bedeutung der Salbung anzunehmen. 46 Vgl. Mt 6,17; Pease, Art. Oleum 2466; Hug, Art. Salbung 1851, 1856. 47 So scheint die regelmäßige Ölsalbung auch als Kriterium der Unterscheidung zwischen den Kultivierten und den Ungesitteten oder Ländlichen, dypoiKoi, gedient zu haben; vgl. Theokrit Scholia 4,7. 48 Siehe 2 Sam 14,2; vgl. 12,20; Mt 6,17. 49 Die medizinische Verwendung des Öls bestätigt m.E. diese Position; s.u. Ab schnitt 3.3. Für das AT ähnlich Porter, Oil 43. Vgl. auch Kutsch, Rechtsakt 2f.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
im Z u s a m m e n h a n g mit der Körperpflege oft sogar nur das Verb aXdfyu während das Öl meist gar nicht erwähnt w i r d . 50
3.2
Die soziale Bedeutung der Salbung
Die sozialen Implikationen der Öleinreibung lassen sich gut an den biblischen Belegen aufzeigen. Die Wortgruppe dtai^G) dient dabei in der L X X häufig und im N T fast ausschließlich zur Beschreibung der Salbung mit Öl. Da die Salbung primär zur Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens beiträgt, wird sie z u m Ausdruck der Freude. So heißt es in Koh 9,7f: „Geh hin und iss dein Brot mit Freuden ... und lass deinem Haupte Salbe nicht mangeln (kXaiov 4iu K^OLX^Q OOD |ir] i)oi€pr|odTG))" (vgl. Spr 2 7 , 9 ) . Entsprechend ist der Prophet gesandt, frohe Botschaft und Freilassung sowie „Freudenöl" (aXei\x[xa €i)(J)pooijvr|<;, wörtlich: „Salbe oder Salbung der Freude") an Stelle von Trauer zu bringen (Jes 61,3; vgl. 2 Chr 28,15). Auch gehörte das Salben mit guten, oft parfümierten Ölen zu den Annehmlichkeiten, derer man sich in Israel bei vornehmen Festlichkeiten - und hier wie in der heidnischen U m w e l t häufig im luxuriösen Exzess - erfreute (Am 6,6). Das Unterlassen des regelmäßigen Salbens diente daher mögli cherweise als Zeichen eines asketischen Lebensstils . Des weiteren bringt die Salbung zur Ehrung eines Gastes die Achtung und Fürsorge des Gastgebers z u m Ausdruck. Lk 7,38.46 verwendet hier ebenfalls aXdfy(x> (vgl. auch das im N T fehlende und meist nur poetisch verwen dete Ximivcj) in Ps 23,5). I m rituellen Kontext der Totenehrung begegnen neben aXdfyu (Mk 16,1; Joh 11,2; 12,3) dann noch die Ver ben kvTafywfa (Gen 50,2), |iupi((o (Mk 14,8), K a i a x ^ c o (Mk 14,3; M t 26,7) und ßaAJLco (Mt 26,12). In allen erwähnten Aspekten der Salbung fehlt der Gedanke einer reini genden Wirkung des Ö l s . Gemeinsam ist der Hervorhebung der Lebensfreude, der sozialen Stellung, des Ansehens und der Achtung 51
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50 Vgl. Rut 3,3; 2 Sam 12,20; 2 Chr 28,15. Als Kombination begegnen aXdfyu und €A.aiov in 2 Kön 4,2; Est 2,12; Mi 6,15 u.ö.; vgl. Dan 10,3: aA.e 1141a 01k r|A.€ii|jd|!r|v; Jdt 16,7: r\Xd^axo T O TTPOÖCJTTOV CCUTTJC; kv |iupio|!G). 51 Vgl. auch die bildhafte Salbung Ps 45,8, zitiert in Hebr 1,9: „Gott hat dich mit Öl der Freude (bzw. des Jubels) gesalbt (kxpioe Ö€Ö<; tXociov ayaXXiaoeijM;)". Hier schwingt jedoch die metaphorische Konnotation der Erwäh lung Gottes mit, so dass es nicht verwundert, xpta und nicht ÖLXdtyu anzutreffen. 52 Vgl. Bowie, Oil 29. 53 So soll der Herrenbruder Jakobus nach Euseb wie ein Nasiräer gelebt haben und daher nie ein Bad genommen und sich auch nie mit Öl gesalbt haben; vgl. Eus Hist eccl II 23,5. Über die Ablehnung der Salbung bei den Essener berichtet Jos Bell 2,123. Der Grund hierfür dürfte allerdings eher die Furcht vor möglicher Ver unreinigung durch importiertes Öl gewesen sein. 54 Gegen Kutsch, Rechtsakt 4, 11, 15f, der neben der kräftigenden auch eine un tergeordnete, reinigende Wirkung des Öls annimmt. o e
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der Gesalbten vielmehr die stärkende Wirkung des Ö l s . Denn insbe sondere die fürsorgliche Salbung des Gastes dient nicht nur zu dessen Wohlbefinden, sondern sie verleiht ihm vor allem eine besondere Ehre, die das Hebräische oft durch das Motiv des Gewichts ( I M ) z u m A u s druck b r i n g t . 56
3.3
Die medizinische Anwendung des Öls
In der antiken Medizin, die in erster Linie von den griechischen Ärzten wie Hippokrates (5. Jh. v.Chr.), Dioscurides ( 1 . Jh. n.Chr.) und Galenus (2. Jh. n.Chr.) sowie deren Schulen, aber auch von der volkstümli chen Heilkunde geprägt wurde, ist das Öl ebenfalls von großer Bedeu t u n g . So schreibt m a n der Einreibung mit Olivenöl eine beruhigende, schmerzlindernde, stärkende, Geschwüre erweichende und blutstillen de Funktion z u . Auch schätzte man nicht nur in Griechenland und in R o m die antiseptische Wirkung des Öls z.B. bei der Wundbehandlung (vgl. Jes 1,6; L k 1 0 , 3 4 ) . Darüber hinaus ist Öl Basis oder Bestandteil einer Vielzahl von äußerlichen medizinischen Verschreibungen . Ver einzelt empfehlen die antiken Ärzte auch die innerliche Anwendung, z.B. bei Magen- und D a r m v e r s t i m m u n g e n . 57
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Die medizinische Verwendung des Öls bei den Griechen und Römern lässt sich besonders gut anhand der Schriften des griechisch-römischen Arztes Claudius Galenus demonstrieren. Galen war Leibarzt des römi schen Kaisers M a r k Aurel und praktizierte während der zweiten Hälfte des 2. Jh. n.Chr. Damit ist seine Wirkungszeit nicht allzuweit von der Abfassungszeit des Jakobusbriefes entfernt. W i e die Schriften des Hippokrates blieben auch die medizinischen Arbeiten Galens bis ins Mittelalter hinein maßgebend. In den vielen medizinischen Abhand lungen Galens - zu denen auch einige pseudepigraphische Schriften (ebenfalls 2. Jh.) zählen - wird die in Jak 5,14b gebrauchte Wendung &A,€L(J)€iv €A.oacp synonym zu den Ausdrücken €Trod€u|)€iv eXaio) (ein schmieren), i)7TaA.€L(()€Ly kXai(x> (aufstreichen),
(vorher salben) sowie 7TpoaA.€i(J)€iv tXaiov
iTpoüiTaA.€u|)€iv
kXaiu
(vorher einreiben) verwen-
55 Vgl. u.a. auch den von Kutsch, Rechtsakt 5f, 11 angeführten parallelismus membrorum von „erfreuen" (nD(&, pi.) und „fett machen, stärken" (]Bn, pi.) in Spr 15,30 . 56 Siehe Ri 9,9 und hierzu Kutsch, Rechtsakt 13f, 33ff. 57 Für Belege zur medizinischen Verwendung des Öls in der Antike s.u. sowie Pease, Art. Oleum 2460-2462 sowie Warrington, Anointing 6-7. Siehe auch Wiseman, Medicine 13-42. 58 S.u. sowie Pease, Art. Oleum 2461 für Belege. 59 Siehe auch Menand Georgos 60 sowie Ohry/Levi, Anointing 174; Majno, Hea ling Hand 399 u.ö. 60 Siehe Hug, Art. Salben 1862-1866 mit vielen Belegen. 61 Siehe z.B. Galen Meth med V 9 , 1 (Originalzählung, z.B. in Beintker).
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
det. Insgesamt begegnet die Wortgruppe aXdfyu) in Verbindung mit 'kXociov über 50mal im Corpus G a l e n u m . Damit dient die Wortgruppe aXdfyu) im Corpus Galenum a m häufigsten zur Beschreibung der medi zinischen Öleinreibung; das sonst auch verwendete Verb xpioo k o m m t zusammen mit tXaiov bei Galen nur etwa halb so oft vor wie die Kombination mit dA.euf)G). Die gleiche Relation trifft auch für die meis ten der übrigen antiken medizinischen Schriften, in denen die Öleinrei bung Erwähnung findet, zu. Dies zeigt, wie wichtig die Ölsalbung in der ärztlichen Praxis damals war, u n d dass die Möglichkeit einer medi zinischen Verwendung des Öls in Jak 5,14 nicht nur aufgrund der ver wendeten Terminologie Beachtung verdient. I m Folgenden soll daher der Sprachgebrauch und die ärztliche Praxis Galens an einigen Beispie len erläutert werden. Ganz in Einklang mit griechischer Sitte empfiehlt Galen, „sich nach d e m B a d mit Öl zu salben, d a es nicht schicklich ist, übermäßig zu 62
schwitzen
(kmXelfytiv
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kXalti)
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TOÖ
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öiaweioOoa ITA^OV T O Ö T T p o o r i K o v T o c ; ) " . U m der Auskühlung des Kör pers vorzubeugen „nützt e s , sich i m Winter und nach d e m B a d mit flie ßendem Öl einzureiben ( i i e r a T Ö Xoircpöv k-naXtlfytiv o i ) | i ( | ) e p e i TGÖ elprifjivGo eA.oacp)" . A u ß e r d e m empfand m a n das Salben (k-naXd^m) mit Öl (eXaiov) nach d e m B a d als a n g e n e h m . Nach d e m Sport e m p fiehlt Galen „die Knaben (mit Öl) einzureiben..., denn das Öl dient für wahr zur Heilung der Beschwerden (TOIX; ralöac; aXtifytiv... öicc T L j j i v T o i T O 'kXaiov la\xa KOTTWV 4 O T L V ) " . Nach der Beschreibung einer pflanzlichen Rezeptur gegen starke Leibschmerzen rät der Arzt „für den Fall extremer Schmerzen, das Körperteil mit entspannendem Öl einzureiben (o\)vo\)or\c, 6k oövjvrjq i>iraA.€u|)€iv T O jiopiov kXai(x> XOCAXXOTIKG))" . D a s „vorangehende Aufstreichen" (TTpoodei(|)Gi)) von Öl (tXaiov) zusammen mit K ü m m e l hilft, Fremdkörper aus einem ent zündeten F u ß zu t r e i b e n . Bei Fußkrankheiten, Arthritis, Gicht etc. lehnt Galen eine Behandlung mit Salz und heiligen Oliven aus d e m Tempelbezirk der Athene ( f i o p i a ) sowie das Auftragen von heißem Öl ab. „ M a n soll den Menschen nicht mit siedendem Öl aufweichen, sondern ich temperiere es z u m Einreiben (\ir\ \IZXXOVTCLQ Ka6ei|/rjoeiv 63
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62 Einzelbelege s.u. Statistiken aus TLG-CDROM-Suche. 63 Galen Meth med, Kühn X 481, Z. 4-6. 64 A.a.O. 996, Z. 4-5. 65 Siehe a.a.O. 479, Z. 15. 66 Galen Simpl med temp, Kühn X I 4 7 6 , Z. 13-14. 67 Galen Meth med, Kühn X 964, Z. 15-16. Der griechische Arzt Dioscurides Pedanios (1. Jh. n.Chr.) salbt (akelfyu) mit dem Öl (ekaiov) des wilden Ölbaums gegen Kopfschmerzen, siehe ders. Mat med I, 30, 2 (Hrsg. M. Wellmann) = I, 31 (Hrsg. J. Berendes), ähnlich z.B. Plin (1. Jh. n.Chr.) Hist nat, Mayhoff XV 19; XXIII 78.82. 68 Siehe Pseudo-Galen Rem par, Kühn XIV 566, Z. 11.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
(eovri T Ö V c o / G p o m o v , aXX' kmXelfciv e u K p a t o ) ) " . Sogar bei Lähmungen hält Galen die Öleinreibung für s i n n v o l l . Für den Fall, dass die üblichen Rezepturen bei schmerzfreien aber beschwerlichen, schwammartigen Schwellungen nicht helfen, erklärt Galen: „... reibe ich vorher das Glied mit Öl ein (TTpoüraA.eii|ja<; kXa'iix) xb |i6piov), u m dann einen S c h w a m m aus Puder aufzulegen u n d einen Druckverband a n z u l e g e n " . W i e bei den Gelenkleiden wird auch hier durch das Öl die Heilung erreicht. I m Fall des Lausbefalls „salbe m a n den Kopf
kv kloLiix)
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mit Öl u n d saurem W e i n (obv ö£ei K a i eA.oaop aXtityt
12
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K€tyaXr\v)" .
Neben der spezifischen Bedeutung „Olivenöl verwendet Galen eXaiov im Z u s a m m e n h a n g mit uXtltyte auch regelmäßig als Oberbegriff für das zuvor erwähnte spezielle Ö l . Außerdem begegnet der Begriff in vielen, meist äußerlichen R e z e p t u r e n . Die angeführten Beispiele aus der antiken Heilkunde zeigen, dass sich das Salben mit Öl vielfältiger Anwendung erfreute - sowohl im professionellen medizinischen Bereich als auch in der Volksheilkunde. Einerseits wurde das Öl zur Behandlung von Symptomen gebraucht, andererseits wurde i h m in verschiedenen Fällen auch eine beachtliche Heilkraft beigemessen. In erster Linie fungiert das Öl bei den griechischen und römischen Ärzten aber als Bestandteil bestimmter Therapien, zu denen auch eine Vielzahl anderer Wirkstoffe und Anwendungen g e h ö r t . Galen und die antiken Ärzte wenden das Öl also ganz spezifisch an, d.h. es ist kein äußerlich aufgetragenes Heilmittel gegen jedwede (insbesondere innere) E r k r a n k u n g . 7 3
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Auch i m antiken Judentum salbte man Kranke mit Öl, z.B. bei Hüftleid e n , K o p f s c h m e r z e n , L e i b s c h m e r z e n , H a u t a u s s c h l a g oder zur W u n d b e h a n d l u n g , und m a n gurgelte damit bei H a l s s c h m e r z e n . Durch regelmäßige warme Waschungen und Öleinreibungen erhoffte 77
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69 Galen Simpl med temp, Kühn XI 506, Z. 13-15. 70 Galen, a.a.O. ii. 71 Galen Glauc meth med, Kühn XI 103, Z. 5-6. 72 Galen Comp med loc, Kühn XII463, Z. 7-14. 73 Z.B. Rizinus- und Rautenöl, siehe a.a.O. 510-511. 74 Siehe a.a.O. 554; ders. Comp med gen, Kühn XIII1024. 75 Ein ähnlicher Befund ergibt sich auch aus der Verwendung des Öls in den medizinischen Schriften des Celsus (1. Jh. n.Chr.). Siehe Shogren, Will God Heal 102. Warrington, Anointing 18 Anm. 52 weist darauf hin, dass von den 959 von Dioscurides aufgeführten Rezepturen nur 30 Öl verwenden. 76 Vgl. Wells, Language 128f mit Anm. 214-218. 77 Siehe bShab 14,4. 78 Siehe jMSh 2,53b; TTer 9,13f (42). 79 Siehe bSan 101a. 80 Siehe jMSh 2,53b; TTer 9,13f (42). 81 Siehe bShab 14,4; TTer 9,13f (42). Vgl. Jes 1,6. 82 Siehe jMSh 2,53b.
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man sich Gesundheit bis ins hohe A l t e r . Doch verwendete man zur Heilbehandlung in erster Linie das Rosenöl neben Wein und Essig, im Gegensatz zur Verwendung des Olivenöls zur Körperpflege . Die medizinische Verwendung des Öls scheint im Judentum allerdings wesentlich seltener gewesen zu sein als im hellenistischen U m f e l d , was auf die Skepsis gegenüber der ärztlichen Heilkunst, die erst in der Spätantike allmählich abnahm, zurückzuführen sein d ü r f t e . So k o m m t tXuiov in der L X X zu medizinischen Zwecken nur in Jes 1,6 vor, wobei es sich hier in bildlicher Sprache u m den Bereich der Wundbehandlung handelt. Auch im N T spielt das Öl als Heilmittel mit Ausnahme der Wundbehandlung in Lk 10,34 und möglicherweise M k 6,13 k a u m eine R o l l e . Die selektive und durchaus spezielle therapeutische A n w e n d u n g des Öls in der griechischen Medizin sowie in den antiken jüdischen Texten und die sehr geringe Bedeutung des Öls als Heilmittel in der biblischen Literatur deuten darauf hin, dass reines Olivenöl kein Allheilmittel gegen alle möglichen und insbesondere schwere Krankheiten war, weder im Judentum noch in seinem hellenistischen Umfeld. Termino logisch ergeben sich zwar gewisse Parallelen zwischen der Verwen dung von aA.€t(|)a) in Jak 5,14 und dessen Gebrauch in den antiken medizinischen Schriften, doch ermangelt die Jakobusperikope der medizinischen Details wie Anamnese und Diagnostik. Auch fehlen bei Jak jegliche Angaben zur Anwendung des Öls, wie dies in den antiken Belegen sonst üblich ist. Des weiteren bleibt für den Fall einer medizi nischen Verwendung unklar, warum gerade die TTpeoßikepoi tfjc; €KKA.r)oia<; den Kranken mit Öl therapieren sollen und nicht schon 84
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83 Siehe bHul 24b. 84 Siehe bShab 14,4; jMSh 2,53b. Eine Mischung aus Öl und Wein erwähnt noch jBer l,3a,9. Für weitere Belege siehe St.-B. I 428-429; II 11-12. Noch zu erwähnen ist Midr Koh r 1,8 (9a), wobei hier aber nicht eindeutig zu klären ist, ob es sich bei der Heilung durch Ölsalbung um eine medizinische oder exorzistische Therapie handelt (s.u. unter 4.3). 85 So auch Shogren, Will God Heal 102/103. 86 Vgl. z.B. Kollmann, Wundertäter 118f. 87 Vgl. Michaelis, Ältestenamt 133: „Auf keinen Fall gewinnt man aus dem Neuen Testament den Eindruck, es seien durchgehend während dieser ganzen Zeit Kranke mit Öl gesalbt worden." Ähnlich Shogren, Will God Heal 102; Thomas, Devil (1993) 37. Anders Fenner, Krankheit 92, für den in Mk 6,13 und Jak 5,14 „das Öl als Heilmittel gegen Krankheit überhaupt" erscheint. Da nach Fenner, ebd. das Bestreichen mit Heilöl „eine fortgesetzte Berührung durch den Therapeuten darstellt, so erscheint die Ölsalbung als eine besonders wirksam gedachte Heilbe handlung." Ähnlich Wilkinson, Bible 251-252, für den die Salbung im NT aufgrund von Mk 6,13 und Lk 10,34 eine medizinische Behandlung darstellt und zusammen mit der urchristlichen Heilungsvollmacht Anwendung fand.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn 88
früher z.B. seine Familienangehörigen . Es ist daher sehr unwahr scheinlich, dass Jak 5,14 und M k 6,13 die Krankensalbung aufgrund der pharmakologischen Qualitäten des Öls propagieren . 89
4. Der religionsgeschichtliche Hintergrund der Ölsalbung Der religionsgeschichtliche Hintergrund der Ölsalbung ist außerordent lich breit gefächert und reicht bis in die alten Kulturen des Orients zu rück. Dennoch treten einige Gemeinsamkeiten hervor, die eine gewisse Differenzierung der rituellen Salbungspraktiken erlauben. Dabei sind die Übergänge zwischen den verschiedenen Arten der rituellen Salbung und der medizinischen Anwendung des Öls oft fließend. Im Folgenden soll nun die rituelle Salbung unter dem Aspekt der symbolischen Handlung sowie der magischen Praktik erschlossen werden. Die Zu sammenhänge beider Aspekte sowie mögliche Entwicklungen sind dann abschließend zu diskutieren. 4.1
Salbung als Ritual
Bereits in Mesopotamien begegnet die Salbung mit Öl zur Ehrung von Gästen, Stelen, Kultbildern und der Toten. Daneben dient Öl zur Speisung und als Opfer für die durch Statuen verkörperten oder reprä sentierten Ahnen und Gottheiten . Einige Forscher nehmen an, dass die Standbilder auch zum Zweck der R e i n i g u n g oder als Schutz vor der W i t t e r u n g gesalbt wurden. Doch da auch steinerne Statuen ge salbt werden, ist dies umstritten . Im Mittelpunkt der rituellen Salbung von Personen und Gottheiten im Alten Orient dürfte daher die mit der Salbung verbundene Funktion der Ehrung stehen und nicht so sehr die Übertragung der stärkenden und belebenden Wirkung des Öls auf anthropomorphe G o t t h e i t e n . 90
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88 Gegen Wilkinson, Bible 248-255, insbes. 254, wonach die Jünger Jesu und die Ältesten der Gemeinde, nicht aber gewöhnliche Gemeindeglieder eine medizinische Salbung durchführen. 89 So z.B. auch Shogren, Will God Heal 102. Auch Warrington, Anointing 11 bleibt skeptisch gegenüber der medizinischen Bedeutung des Öls in Jak 5,14, da es kein universales Heilmittel darstellt. Für Schräge, Jakobusbrief 56 birgt das Öl ent weder „als Medizin Heilkraft" oder „exorzistische Kraft" in sich, wobei er aber die Heilwirkung primär dem Gebet zuschreibt (57). 90 Belege bei Dalley, Anointing 19-25. 91 Vgl. Dalley, a.a.O. 21; Kutsch, Art. Salbung 1 1330. 92 V g l . B o w i e , O i l 2 9 , 3 1 . 93 Vgl. Klein, Art. Salbung 1708. 94 Gegen Kutsch, Art. Salbung I 1330 u. Pease, Art. Oleum 2467, der sich der Kritik an dieser Argumentation bewusst ist.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
Die Salbung der Könige bei der Inthronisation wird für Mesopotamien vermutet, ist aber weder hier noch für Ägypten belegt. Bei den Hethitern wurde jedoch der Thronfolger im Auftrag des Volkes zum König und gleichzeitig zum Priester der höchsten Gottheit gesalbt, wo bei die Salbung neben d e m Rechtsakt der Einsetzung auch die Über tragung von Macht und Ehre a u s d r ü c k t e . Doch auch im alltäglichen Leben fand die Salbung als Rechtsakt Verwendung. Bereits für ca. 1800 v.Chr. ist die Salbung von Käufer und Verkäufer bei einem Landverkauf in Tutub belegt, die Salbung einer Sklavin bei ihrer Freilassung in einem akkadischen Text aus Ugarit sowie die Salbung einer Braut vor der Hochzeit zur Besiegelung der Freimachung vom V a t e r . In allen diesen Fällen dient die Salbung der Bestätigung und Besiegelung bzw. Bekräftigung eines Rechtsakts, womit der Ritus wie bei der Ehrung - auf die stärkende Wirkung des Öls zurückgehen dürfte . Auch in Griechenland und in R o m wurden reine sowie durch Parfümie ren präparierte Öle und Salben im Kult verwendet, z.B. als wohlrie chende Opfergabe an die Götter und die Toten sowie als ehrende und möglicherweise auch als schützende Einreibung der Götterbilder und L e i c h n a m e . Vor der Hochzeit salbte man Braut und B r ä u t i g a m , und auch vor dem Geschlechtsverkehr konnte man sich s a l b e n . O. Böcher nimmt an, dass einige dieser Anwendungen (insbesondere im sexuellen Bereich) auf eine dem Öl zugeschriebene apotropäische, d.h. der Schadensabwehr durch Zauber dienende, Wirkung zurückgehen, doch dies ist nicht s i c h e r . Eine rituelle Reinigung konnte durch Sal bung nach d e m Beischlaf vollzogen w e r d e n . Vermutlich wurden auch Mutter und Kind nach der Geburt durch Salben rituell gerei n i g t . Daneben begegnet auch eine kathartische, d.h. läuternde, Bedeutung der Salbung. So konnte sich ein Mörder von seiner Verun reinigung rituell befreien, indem er sich am Eingang eines Schreins auf ein Vlies setzte, salbte und sich dann still e n t f e r n t e . Eine rituelle 95
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95 Vgl. Kutsch, Art. Salbung I 1330-1331. 96 Siehe JCS 9 (1955), 92 Nr. 59, 9f; Syria 18 (1937), 253f; Amarna-Tfl. 29, 21f. Für diese und weitere Belege siehe auch Kutsch, a.a.O.; ders., Rechtsakt 15-72. 97 Vgl. Dalley, Anointing 22f. Gegen Kutsch, Rechtsakt 16f, der die Salbung hier als Zeichen für die Befreiung der Vertragspartner von Regressansprüchen versteht und eine reinigende Wirkung des Öls als zugrunde liegendes Motiv annimmt. 98 Vgl. Bowie, Oil 26-34; Pease, Art. Oleum 2462; 2466f. 99 Vgl. z.B. Aristoph PI 529. 100 Vgl. z.B. Aristoph Lys 938ff. 101 Vgl. Böcher, Dämonenfurcht 33-40; 217; Bowie, Oil 28. 102 Vgl. Sokolowski, Lois sacrees Nr. 139.14ff. 103 Vgl. Callim Hymnus 1.17; Apoll Rhod Argonautica 4.1311 (beide von Göt tern). 104 Vgl. Sokolowski, Lois sacrees Nr. 115 B 52f (Cyrene, Ende 4. Jh. v.Chr.). Ähnlich vermutet Dölger, Exorzismus 157 mit Anm. 3f in Paus IX 39,7 u. Strabo
V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
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bzw. sakrale Salbung eines Kranken war j e d o c h anscheinend nicht üblich. Fragt m a n nach e i n e m Prinzip hinter der rituellen Salbung z u m Z w e c k der Ehrung, der Bekräftigung eines Rechtsakts u n d der kulti schen und sozialen Rehabilitation, dann scheint als prägendes Konzept zunächst die Stärkung, im kultischen Bereich aber auch die Reinigung durch. 4.2
Salbung u n d M a g i e
I m Z u s a m m e n h a n g mit der antiken M a g i e unterscheidet sich die Ver w e n d u n g des Öls grundlegend von der Funktion der Salbung im sozia len und kultischen Bereich. D e n n hier hat das Öl lediglich eine akzes sorische Bedeutung, indem es entweder als Basis oder Bestandteil magischer Rezepturen oder als M e d i u m von Beschwörungen fungiert. Letztere w i e d e r u m dienten in der Antike primär apotropäischen Z w e c k e n und d e m Wahrsagen. Bei der Krankenheilung hingegen spielt das Öl keine besondere Rolle. Dort, w o Öl z u s a m m e n mit Krankheit erwähnt wird, ist dessen Funktion sekundär, im Vordergrund stehen magische Hilfsmittel wie Amulette, Talismane, Bilder und B e s c h w ö rungsformeln. Bei der Diskussion religiöser Praktiken im Zusammenhang mit der Magie ist zu beachten, dass in der heutigen Forschung weder ein Konsens über die Definition von Magie noch über die Beurteilung und Einordnung magischer Elemente gegen über der Religion besteht. Die oft zur Differenzierung magischer Riten und religi öser Praktiken herangezogenen religionsgeschichtlichen Kriterien lassen sich in zwei Kategorien einteilen: 1) Soziologische und psychologische Kriterien bzw. Gegensätze wie magisches Weltbild (herrschende Dämonen) - religiöses Weltbild (herrschende Götter), manipulativ - supplikativ, privat - gruppenorientiert, unper sönlich - emotional engagiert, professionell - beziehungsorientiert, antisozial bzw. sozial verwerflich - sozial akzeptabel, illegal - legal, die entweder als exklusive oder kombinierte Kriterien angeführt werden . Aune zeigt allerdings auf, dass keine solche Charakteristik oder Kombination derselben zu einem hinreichenden Kriterium für die Definition von Magie fuhrt . Eine weitere Kategorie zur Defi nition von Magie umfasst 2) religiöse Kriterien wie eine Wirksamkeit ex opere operato (bei echter = wirksamer Magie im Gegensatz zum Betrug) z.B. durch von Schamanen besessene, „psychische Energie" (Jensen), aufgrund von von Gott un terschiedenen, „geheimnisvollen Mächten oder Kräften" (Mowinckel), oder durch „persönliche Begabungen telepathischer oder parapsychologischer Art" (Rat schow) . Diese religiöse Definition von Magie steht wiederum in einer deutlichen Affinität zur ntl. Polemik gegenüber magischen Praktiken (vgl. Mk 3,22-30; Apg 13,1-12). So zeigt Garrett, dass sich die Magie nach Auffassung der Urgemeinde 105
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XIV 1,4 im Kontext griechischer Entsühnungsriten eine kathartische Bedeutung der Salbung. 105 Vgl. Aune, Magic 1512-1516; Wiggermann, Magie 657. 106 Vgl. Aune a.a.O. Zur Problematik der Unterscheidung zwischen Religion und Magie in der hellenistischen Welt siehe auch Segal, Hellenistic Magic 351. 107 Für die Zitate siehe Ratschow, Art. Magie 689f.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
sowie Teilen des zeitgenössischen Judentums satanischer Macht und Autorität bedient im Gegensatz zu vollmächtigen Handlungen der Gemeinde in der Kraft Gottes, die demzufolge nicht von magischen Elementen behaftet sein können . Da an dieser Stelle eine eingehende Auseinandersetzung mit der Problematik der Defi nition der Magie nicht möglich ist, soll als Arbeitshypothese für die weitere Dis kussion das Minimalkriterium der Magie, nämlich ein Geschehen ex opere operato, gelten. 108
Einer der a m häufigsten angeführten Belege für die Verbindung von Öl und Magie findet sich in den Keilschrifttexten der assyrischen B e schwörungsserie Maqlü. Hier heißt es nach der Übersetzung von K.L. Tallqvist von 1895: „Beschwörung: Helles oel, reines oel, glänzendes oel, oel, welches den göttern Üppigkeit spendet ( ? ) , oel, welches die sehnen der menschen erweicht, Ea das oel der beschwörung Marduks das oel der beruhigung zur beruhigung zum l e b e n " 1 0 9
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Die in dem Text erwähnten Verwendungen des Öls als Gabe bzw. Salbung anthropomorpher Gottheiten und die beschriebenen ästheti schen und medizinischen Qualitäten des Öls repräsentieren die ver schiedenen, in der Antike üblichen Anwendungen des Öls (s.o.). Dane ben ist die Rede von einem „Öl der Beschwörung" in Verbindung mit den beiden großen babylonischen Göttern der Magie und des Wahrsa gens, Ea und Marduk. Damit dürfte es sich hier wie auch bei den übri gen Beschwörungen der Serie Maqlü u m eine Art weiße Magie (d.h. mit guten Absichten) gegen die Macht der Dämonen und den Zauber der gefürchteten Hexen handeln. O b der obige Spruch allerdings bei einer magischen Krankenheilung angewendet wurde, ist aufgrund der lediglich erhaltenen Einleitung der Beschwörungsformel nicht zu s a g e n . Recht deutlich wird aber die Nähe der assyrischen Magie zur Medizin in der parallelen Verwendung des Öls sowohl zur Beschwö rung bzw. Manipulation der Gottheiten als auch zur Heilung aufgrund der geschätzten pharmakologischen Eigenschaften des Ö l s . Noch deutlicher wird dieser Bezug bei der Herstellung von Beschwörungs111
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108 Siehe Garrett, Light on a Dark Subjekt 153-159. Siehe auch die Wiedergabe der ähnlichen Positionen von G. Vennes und P. Samain bei Aune, Magic 15391541. 109 Kutsch, Salbung 1 1330 möchte hier mit „reinigen" übersetzen. 110 Tallqvist, Maqlü 93, Tafel vii, Z. 31-37. Die restlichen Zeilen der Beschwö rung sind nicht erhalten. 111 Vgl. Daiches, Oil Magic 4-6. 112 Insgesamt siebenmal steht im zitierten Text die Wurzel p # (shamnu = Öl, hebr.: ]ötf), wobei die Wurzel nur hier in der Maqlü Serie erscheint.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
mittein wie Getränken und Salben sowie Waschungen und Reinigun gen, die im Grunde genommen von medizinischer Natur sind. Denn die Ingredienzien der Beschwörungsmittel erscheinen auch in rein medizi nischen R e z e p t e n . Recht häufig begegnen Öl und Salbe auch in den griechischen Zauber papyri, deren Beschwörungen aber primär der magischen Divination sowie besonderen Götteroffenbarungen d i e n t e n . Ein typisches Sze nario bildet der Ölritus zur Wahrsagung. Hier muss sich der Priester ganz salben und danach nochmals die Augen s e p a r a t . Oft muss der Priester auch nur eine Augensalbe auftragen zusammen mit dem Spre chen von Zaubersprüchen und sonstigen magischen R i t e n . Die für die Riten benötigten Salben wiederum werden nach detaillierten magi schen Rezepten hergestellt, so dass von geheimem Öl bzw. von Zau bersalbe die Rede i s t . Das Auftragen von gewöhnlichem Öl spielt in den Texten hingegen keine Rolle. Auch wird in den Zauberpapyri - die größtenteils aus der Zeit nach d e m 2. Jh. stammen und daher nur einge schränkt als religionsgeschichtliche Vorlagen dienen k ö n n e n - die Krankenheilung nicht t h e m a t i s i e r t . 113
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Die jüdische Magie weist religionsgeschichtlich eine große Affinität zur babylonischen magischen Tradition sowie zu den magischen Prak tiken des hellenistischen Umfelds a u f . Dennoch ist die jüdische Magie im allg. nicht von synkretistischer N a t u r . Vermutlich bis zur talmudischen Z e i t sahen die Rabbinen jedoch die Magie als häre tisch an, da man auch bei der sog. „weißen M a g i e " versucht, Gott zu m a n i p u l i e r e n . Und auch später noch ist die allmähliche Tolerierung 120
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113 Vgl. Tallqvist, Maqlü 22 und Tafel viii. Tallqvist nimmt an, dass sich an jede Beschwörung eine symbolische Handlung anschloss, doch die Indizien hierfür sind zu wenige; vgl. ebd. 114 Siehe Hopfner, Offenbarungszauber II §§ 194, 231, 239, 252, 260. 115 Siehe a.a.O. § 2 3 1 . 116 Siehe a.a.O. § § 2 8 , 112, 121s, 161,222. 117 Siehe a.a.O. §§ 161,294s. 118 Vgl. Kee, Medicine 107. 119 Vgl. Betz, Magical Papyri xxiii-xxviii; Warrington, Anointing 12. Die fehlende Verbindung von Magie und Krankenheilung spiegelt sich auch in D.E. Aunes Einteilung der griechisch-römischen Magie wieder, die neben der schützen den Magie, der aggressiven und böswilligen Magie, der Liebesmagie und der magi schen Divination bzw. Weissagung keine Krankenheilung erwähnt; vgl. ders., Art. Magic 218. 120 Siehe Daiches, Oil Magic. 121 Für eine frühe Attestierung der magischen Salomotradition siehe Jos Ant 8,45-49. 122 Alexander, Incantations 345 argumentiert, dass die ältesten jüdischen magi schen Texte vermutlich erst aus talmudischer Zeit stammen, doch die Datierung der jüdischen magischen Literatur ist äußerst schwierig. 123 Vgl. Kollmann, Wundertäter 169-173 u. Veltri, Magie 53-56. Siehe auch Kerner, Medizin 464-469.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
bestimmter magischer Praktiken durch die Rabbinen trotz intensiver Harmonisierungsversuche im Judentum nicht unumstritten geblieben, denn das A T spricht sich j a wiederholt gegen die Magie und die damit verbundenen Praktiken a u s . Doch in der Volksfrömmigkeit hat die Magie beständig eine deutliche, wenn auch untergeordnete Rolle ge s p i e l t . Zusammen mit der Ausbreitung und Popularisierung der Magie im 4. Jh. n.Chr. finden sich dann aber auch im offiziellen Juden tum magische Elemente ( s . u . ) . Ob die Ölsalbung allerdings im anti ken Judentum bei der magischen Krankenheilung eine Rolle gespielt hat, ist ungewiss. In bSan 101a heißt es: 1 2 4
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„Die Rabbanen lehrten: M a n darf den Genius ("HP) des Öls und den Genius der Eier befragen, nur trügen sie. M a n darf über das Öl in einem Gefäße [einen Spruch] flüstern, nicht aber über das Öl in der Hand; daher salbe man sich mit Öl aus der Hand, nicht aber mit Öl aus dem G e f ä ß e . " 127
Wie im babylonischen und griechisch-römischen Umfeld spielt das Öl auch in bSan 101a eine Rolle bei der Wahrsagung sowie bei der Beschwörung, so dass man durchaus von einer jüdischen Ölmagie sprechen k a n n . Anhand von babylonischen Inschriften zeigt S. Daiches, dass das erwähnte „Öl im Gefäß" in Babylonien wohl der magischen Krankenheilung mittels Beschwörung diente. Im zweiten Teil von bSan 101a nimmt Daiches dann die gleiche Bedeutung an, und zwar zur Unterscheidung vom gewöhnlichen Gebrauch des Ö l s . Dies ist durchaus plausibel, doch steht in beiden Fällen die Beschwö rung im Vordergrund, und von einer Salbung ist nicht die Rede. Da es 1 2 8
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124 Vgl. Dtn 18,9ff; 2 Kön 21,6 Par. 2 Chr 33,6; Jer 27,9; Lev 19,26.31; 20,6.27; Ex 22,17 u.ö. Siehe auch bPes X 1,114a, wo auf die atl. Tradition verwiesen wird. Siehe auch Aune, Art. Magie 214-216. 125 Siehe Kollmann, Wundertäter 118-173, insbes. 118: „Im Vergleich mit der Umwelt spielten sowohl Magie als auch Medizin in Israel eine erstaunlich unterge ordnete Rolle." Siehe auch Schürer/Vermes, History 111,1 342-379; Lange, Essene Position 377-436. 126 Im christlichen Bereich begegnet die Magie dagegen lediglich in synkretistischen Kreisen (vgl. Kee, Medicine 111), ansonsten wurden magische Praktiken als heidnische Traditionen stark abgelehnt; hierzu siehe die Diskussion von Origenes' Contra Celsum bei Kee, a.a.O. 116-121. 127 Nach der Übersetzung von Goldschmidt IX 86. Goldschmidt, a.a.O. Anm. 530 nimmt an, dass "HB ein Partizip von m # (weichen, auflösen, zerschlagen) ist und es sich daher um Leute handelt, die mittels Eier und Öls wahrsagen. 128 So z.B. Warrington, Anointing 12. Neben bSan 101a führt Warrington im Zusammenhang mit dem Ausdruck „Jewish oil magic" noch bShab 10b, 61a und 61b an. Doch da die hier erwähnten Regelungen zur Salbung keine direkten Folgen mit sich ziehen, handelt es sich in bShab 10b, 61a,b wohl eher um eine Art Aberglauben. 129 Siehe Daiches, Oil Magic 7-11 sowie a.a.O. 11 Anm. 1.
155
V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
sich bei bSan 101a aber u m einen anonymen Spruch handelt, dürfte hier die A n n a h m e einer alten Tradition als unwahrscheinlich g e l t e n . Deutlicher wird die Verbindung von magischer Beschwörung und Öl salbung im Kontext der Krankenheilung im palästinischen Talmud. In j M S h 53b,53 heißt es: 130
„Shimon bar Ba (um 280) (sagte) im Namen von R. Hanina (um 225): W e r (Krankheiten) bespricht, darf den Kopf (eines Kran ken) mit Öl bestreichen und besprechen; er darf das Öl (am Shabbat) weder in die Hand noch auf ein (medizinisches) Instrument g e b e n . " 131
Hier ist jedoch ebenfalls nicht die Salbung, sondern die Beschwörung das Mittel der Heilung. Ob das Öl daneben eine apotropäische oder symbolische Funktion besitzt, lässt sich nicht feststellen . Eine medi zinische Bedeutung ist allerdings auszuschließen, da lediglich und stets der Kopf gesalbt wird. Aufgrund der erwähnten Rabbinen dürfte es sich hier jedoch ebenfalls u m eine späte Tradition handeln. Im Zusammenhang mit der Krankenheilung begegnet die Ölsalbung auch in TestSal 18,33.34, und zwar bei Anweisungen für magischexorzistische Praktiken mit ebenfalls magischen Rezepturen und Beschwörungen. So lässt der Verfasser in seiner Dämonologie in TestSal 18 den Dämonen Rhyx Physikoreth in 18,34 sagen: „Ich bringe chronische Krankheit. W e n n j e m a n d Salz in Olivenöl tut und seinen kranken Körper damit einreibt und spricht 'Cherubim, Seraphim, helft,' dann ziehe ich mich sofort zurück." Da es sich bei TestSal förmlich u m eine antike Enzyklopädie der Dämonologie handelt, steht der magische Kontext außer F r a g e . Das Öl spielt aber nur in zwei von 36 Beschwörungen eine Rolle. Außerdem ist es an eine magische Formel und eine magische Rezeptur unter Verwendung von Salz bzw. in V. 33 Lorbeeren geknüpft. Bei den meisten Erkrankungen hingegen werden nach TestSal 18 nur Beschwörungen zum Vertreiben der Krankheitsdä monen b e n ö t i g t . Eine allgemeine magische bzw. exorzistische B e deutung des Öls lässt sich also aus TestSal 18,33.34 nicht a b l e i t e n . 132
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130 Vgl. Stemberger, Einleitung 65. 131 Übersetzung Ulmer 193; vgl. auch jShab 8c,4-5; 14c,36-43; St.-B. 1429. 132 Böcher, Dämonenfurcht 217 geht davon aus, dass es sich hier um die „exor zistische Kraft des Salböls" handelt, doch dürfte diese in erster Linie der Beschwö rung zukommen. 133 Vgl. Schürer/Vermes, History III.l 373. Als Abfassungszeitraum gilt das 3. Jh. n.Chr. als wahrscheinlich, doch dürfte manches Material bereits aus dem 1. Jh. stammen; vgl. ebd. 134 Vgl. die Liste der 36 Dämonen in TestSal Kap. 18, die Krankheiten hervorru fen und fast ausschließlich durch Beschwörungen vertrieben werden. 135 Gegen Zager, Art. Salbung III 712.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
Damit ist die Verwendung des Öls im Zusammenhang mit Magie und Krankenheilung im antiken Judentum durchaus belegt; das Öl begegnet aber immer nur als Bestandteil magischer Rezepturen oder in Verbin dung mit Beschwörungen. In erster Linie vertraute man im Krankheits fall jedoch auf Amulette - insbesondere Inschrift- und Wurzelamulette, die sich bereits vormals als wirksam erwiesen h a t t e n - und auf geflüsterte Z a u b e r s p r ü c h e . 136
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Der kurze religionsgeschichtliche Überblick über die magische Ver wendung des Öls dürfte deutlich gemacht haben, dass einfaches Öl bei der magischen Krankenheilung in der Antike im Grunde genommen keine besondere Rolle gespielt hat. Z u m einen ist die Pharmakologie für die Krankenheilung in der Antike von wesentlich größerer Bedeu tung; zum anderen k o m m t es bei den magischen Praktiken wie Be schwörungen, Ritualen und Rezepturen ganz entscheidend auf die rich tige (manipulative) Technik a n , wozu die einfache Einreibung mit Öl nicht zählt. 1 3 8
4.3
Salbung und Exorzismus
Neben der medizinischen und religiösen Verwendung des Öls postulie ren vor allem ältere Arbeiten auch eine Salbung zur Austreibung von D ä m o n e n . Als Beleg für diese These führt F.J. Dölger z.B. ein Re zept aus dem großen synkretistischen Zauberpapyrus der Pariser Na tionalbibliothek an, wo es heißt: IIpöc; öai,[iova(o|ievoi)(; TTißrjxeax; ÖOKI|!OV, A.aßa)v tlaiov 6[i(J)aKL(ovTa j i ^ x a ßoiavr|<; i i a o u y t a c ; Kai A.G)io|!r|Tpa<; |iera oa|ii)joi)xoi) axpamoToi) Aevcov. Auf die Mix tur folgt allerdings eine Zauberformel sowie ein Beschwörungsgebet, so dass die zentrale Bedeutung hier der Beschwörung und nicht dem Öl zukommt. Auch handelt es sich nicht u m eine einfache Öleinreibung, sondern zusammen mit verschiedenen Kräutern stellt das Öl lediglich eine der Ingredienzien einer durch Kochen zubereiteten magischen 139
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136 Siehe bShab 61a sowie Kollmann, Wundertäter 162-164. 137 Siehe bSan 101a sowie Kollmann, a.a.O. 160-162. 138 Vgl. Kee, Medicine 107. 139 Insbesondere die religionsgeschichtliche Schule interpretierte die ntl. Ölsal bung als exorzistische Praxis, da sie bei den ntl. Heilungsberichten zumeist von dämonologischen Krankheitsätiologien ausging. Eine der grundlegenden Arbeiten hierzu ist die von F.J. Dölger, Der Exorzismus im altchristlichen Taufritual, Pader born 1909, insbes. 137-159. Unkritisch folgen dieser Position die viel zitierten Arbeiten von Dibelius, Jakobus 299; Fenner, Krankheit 87; Schlier, Art. dA.ei(j)G) 321f; Böcher, Dämonenfurcht 216f; ders., Christus Exorcista 101; Brunotte, Art. äXdfytx) 1054; Schräge, Jakobusbrief 56 sowie jüngst Kollmann, Wundertäter 346. 140 Preisendanz, Papyri Graecae Magicae I 170f (P 4, 3007ff), zitiert bei Dölger, a.a.O. 154f. Zu Recht skeptisch beurteilt Dölger allerdings die Datierung des Papy rus ins 2. Jh.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
Mixtur dar. Die magische Technik steht also wieder im Vorder grund . Einen weiteren Beleg für eine mögliche exorzistische Bedeutung der Salbung findet Dölger bei d e m römischen Enzyklopädisten Celsus ( 1 . Jh. n.Chr.). Denn Celsus empfiehlt zur Behandlung der Epilepsie, morbus comitialis, das Salben mit Öl und Essig: „caput tondere oleoque et aceto p e r u n g u e r e " . Falls nach zwei Wochen noch keine Hei lung erfolgt ist, soll die Therapie durch Einreiben fortgesetzt werden: „Ubi mane experrectus est, corpus eius leviter ex oleo vetere, c u m capite, excepto ventre, p e r m u l c e a t u r . " Dabei geht Dölger aber zu Unrecht davon aus, dass Celsus die Epilepsie auf den Einfluss von Dämonen z u r ü c k f ü h r t . Denn Celsus erwähnt weder Dämonen noch jedwede Geister als K r a n k h e i t s u r s a c h e . Auch stellt seine Behand lung keinen Exorzismus, sondern deutlich eine medizinische Therapie dar. Denn vor der Einreibung mit Öl und Essig ist das Haupt - vermut lich zum besseren Auftragen oder zur schnelleren Absorption der Ein reibung - zu scheren. Auch bestätigt die der Salbung vorausgehende Entschlackungskur des Verdauungstrakts und die besondere, der Sal bung folgende Diät und Lebensführung die medizinische Natur der Therapie. Die Verwendung des Öls dürfte bei Celsus also auf dessen pharmakologischer Wirkung beruhen, d.h. auf dem in der Antike geschätzten, beruhigenden und belebenden Effekt des Ö l s . Die Deu tung der Öleinreibung bei Celsus als Exorzismus oder exorzistische Praxis ist daher abzulehnen. 141
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Dölger folgerte aus seiner Interpretation der Ölsalbung in den Zauber papyri und bei Celsus: „die Christen wollten sich doch nicht minder hilfbereit (sie!) zeigen als die Heiden, die nach den angeführten Stellen
141 Dies mag auch der Grund dafür sein, dass Schlier den Zauberpapyrus nicht im Zusammenhang mit der Ölsalbung gegen Besessenheit erwähnt. Vgl. Schlier, Art. ctkeityM 32lf. 142 Celsus De medicina III 23,3. Spencer I 334. Ausgabe von Daremberg 113, zitiert bei Dölger, Exorzismus 154. 143 Celsus De medicina III 23,6, Spencer I 336. Ausgabe von Daremberg, 114, zitiert bei Dölger, a.a.O. 144 Gegen Dölger, a.a.O. 153. 145 Vielmehr fasst Celsus in De medicina III 1,3 die in Buch III seines medi zinischen Werkes behandelten Zustände als systemische, d.h. den ganzen Körper umfassende, Erkrankungen zusammen, ohne von Dämonen zu sprechen. Siehe auch Limmer/Krieglstein, Augenheilkunde 15. Außerdem verwendet Celsus in De medicina III 23 den Terminus morbus comitialis anstatt der für die Epilepsie gängi gen Bezeichnung morbus sacer (verfluchte bzw. dämonische Krankheit, nicht heili ge Krankheit; siehe Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch 323). Vermutlich lehnt er damit eine dämonologische Ätiologie der Epilepsie als unwissenschaftlich ab; vgl. Spencer, Celsus De medicina I 332/333 Anm. b. 146 S.o. Abschnitt 3.3.
V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
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aus Celsus ihre Besessenen mit einer Ölsalbung zu heilen s u c h t e n . " Die obige Betrachtung möglicher Belege für eine exorzistische Sal bung in den ersten beiden Jh. hat aber gezeigt, dass die Folgerung Dölgers für die ntl. Zeit nicht haltbar i s t . Folglich ist auch die exor zistische Salbung „ethisch Besessener" im frühchristlichen Taufritual ab E n d e des 2. J h . als Parallele zur urchristlichen Heilungspraxis in Frage zu s t e l l e n . 1 4 8
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5. Die Ölsalbung als religiöser Ritus im Alten Testament 5.1
Die Priestersalbung
Da die Ölsalbung der atl. Priester v.a. in den priesterschriftlichen Teilen des Pentateuch und die Salbung des Hohenpriesters erst nach dem Exil begegnet, geht die Mehrzahl der Forscher im Gefolge M. Noths davon aus, dass nach dem Ende der davidischen Dynastie die Königssalbung auf die Priester übertragen wurde und die Priestersalbung somit aus nachexilischer Zeit stammt . Doch zeigt D. Fleming anhand neuer inschriftlicher Texte aus Syrien , dass der Ursprung der atl. Priester salbung wesentlich früher, vielleicht im Kultus des salomonischen Tempels, anzu siedeln ist; aus diesem Grund nimmt Fleming eine Parallelentwicklung zur Königs salbung a n . Ähnlich argumentiert auch Kutsch gegen eine Ableitung der Priester salbung von der Königssalbung, da er die Wurzeln der Priestersalbung im kulti schen Bereich sieht . 151
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Bei der atl. Priesterweihe übernimmt die Salbung zwei verschiedene, aber eng verwandte Funktionen. Z u m einen steht sie - ähnlich wie die Königssalbung (s.u.) - für den Rechtsakt der Einsetzung ins Amt und die damit verbundene Beauftragung zum Priesterdienst . Bei dieser rituellen Salbung wurde nach E x 29,7 das Salböl (nntf&n ]Qtf) über das Haupt der Priester gegossen (p2T). Z u m anderen stellt die Salbung im 1 5 5
147 Dölger, Exorzismus 155. Siehe auch a.a.O. 85f, wo Dölger neben Celsus eine exorzistische Salbung mit heiligem Öl und geweihtem Wasser zusammen mit Fasten bei Palladius (5. Jh.) anführt, um die „in der heidnischen Kulturwelt übliche Behandlung der Epileptiker" als von den Christen übernommene „Exorzismuspra xis" zu belegen. 148 Siehe auch Abschnitt 4.2 zu TestSal 18,33.34. 149 Belege z.B. bei Zager, Art. Salbung III 712. 150 Gegen Dölger, Exorzismus 137-159. Zur Salbung in der Alten Kirche s.u. Abschnitt 10. 151 Vgl. Müller, Art. xpto) 1056; Porter, Oil 37; Seybold, Art. nvfo 51-52; Strauß, Art. Salbung II 709f. 152 Emar (VI.3) 369, wozu parallele mesopotamische und hethitische Texte exis tieren. 153 Siehe Fleming, Tradition 401-414. 154 Siehe Kutsch, Rechtsakt 26. 155 Siehe Ex 28,41; 29,1.7.10.30; 40,15; Num 3,3.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn 1 5 6
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Sinne der kultischen W e i h e einen Ritus der Heiligung d a r , der die göttliche Erwählung und Aussonderung für den kultischen Dienst verkörpert (vgl. Ex 2 8 , 1 : *6"i3rD*?) und damit die Voraussetzung für den besonderen Dienst vor Gott schafft. Aus diesem Grund wird in Ex 30,22-29 - im Gegensatz zu Jak 5,14 - auch eine ganz besondere Salbenmischung, BhpTintfp (V. 25), zum Zweck der Heiligung Aarons und seiner Söhne, des Zeltes, der Lade, des Tisches, des Leuch ters, des Altars und der für den Kult bestimmten Geräte verwendet. W i e im profanen K o n t e x t vermittelt die Einreibung mit speziell präparierten Salben durch Beimischung ätherischer Öle und anderer aromatischer Stoffe auch hier Exklusivität. Die olfaktorische Wirkung der Duftstoffe ist in Ex 30 also nur von sekundärer Bedeutung, d.h. die Salbe fungiert nicht als Symbol für die Mitteilung des Geistes oder dessen K r a f t , auch wenn religionsgeschichtliche Parallelen hierzu e x i s t i e r e n . Denn eine Geistvermittlung an die Priester spielt bei der Weihe Aarons, seiner Söhne und vor allem der Geräte keine Rolle. Weiter bemerkt J.R. Porter: „As in Macedonia, such anointing was not associated with purification which also in Israel was brought about by washing (Lev. 8 . 6 ) . " Auch diente die Salbung nicht der (ethischen) Sühnung, denn diese wird durch die verschiedenen Opfer vollzogen (Ex 29,10-28). Damit knüpft die Priestersalbung deutlich an die Bekräftigung bzw. Bestätigung eines Rechtsaktes mittels S a l b u n g sowie an die Vermittlung von Exklusivität an, nicht aber an die von Kutsch postulierte Salbung zum Zweck der R e i n i g u n g . 158
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5.2
Die Königssalbung 164
Die atl. K ö n i g s s a l b u n g steht zuerst für die göttliche Erwählung, Ein setzung und Beauftragung des neuen Königs (1 Sam 10,1 u.ö.) und wird in diesem Zusammenhang primär als „Mitteilung von '"liSD', pondus, auctoritas, als 'Ermächtigung' v e r s t a n d e n . " Damit liegt auch dieser Ermächtigung oder Bevollmächtigung die stärkende Wirkung 165
156 Das Konzept der Weihe wird bei der priesterlichen Einsetzung vermutlich mit der auf die Einkünfte der Priester bezogenen Wendung „Füllen der Hände" zum Ausdruck gebracht; vgl. ny;m mim in Ex 28,41 und ähnlich Ex 29,29; Num 3,3. 157 Vgl. die Verwendung von B h p in Ex 29,36; 30,25; 40,9-13; Lev 8,10-12.30. 158 S.o. unter 3.1. 159 Damit gegen Pola, Ekstase 164. 160 Vgl. Klein, Art. Salbung 1707. 161 Porter, Oil 36. 162 S.o. unter 4.1. 163 Gegen Kutsch, Rechtsakt 22. 164 Vgl. Porter, Oil 36-38; Kutsch, Art. Salbung II 1331-1332; Seybold, Art. nm 51-52. 165 Kutsch, Rechtsakt 55 (Hervorhebung des Autors). Die Funktion der Königs salbung als Zeichen der Erwählung, Einsetzung und Beauftragung des Königs bele gen z.B. 1 Sam 10,1; 2 Sam 12,7.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn 166
der Ölsalbung in der profanen Anwendung z u g r u n d e . Aufgrund seiner Erwählung steht der oft als „Gesalbter" bzw. „Gesalbter Jahwes", rnrp rPtfp, bezeichnete König (1 S a m 24 u . ö . ) unter Gottes besonderem Schutz (1 S a m 24,7.11 u.ö.). Vollzogen wurde die Königssalbung entweder durch einen Propheten oder die Ältesten Israels als Vertreter des V o l k e s . Neben der Ermächtigung schwingt bei der Einsetzung aber auch noch die Aussonderung zu einem besonderen Dienst vor Gott mit, so dass die Salbung auch als Weihe fungiert (vgl. 1 S a m 16,3). Letztere spiegelt sich bei der Königssalbung wie bei der Priestersalbung in der Verwendung heiligen Öls, tXaiov ayiov (Ps 89,21 L X X ) , z u m Zweck der Heiligung w i d e r , welches wiederum an einem heiligen Ort aufbewahrt wurde (1 K ö n 1,39). Ähnlich begegnet in den priesterschriftlichen Texten eine Differenzierung in eigens für den Kultus zur Weihe angefertigtes „Salböl", t o €A.aiov if)<; x p t ° £ ( - ß - Lev 8,2 LXX) bzw. „heiliges Salböl", eXaiov xptojia ayiov (Ex 30,25 L X X ) , und gewöhnliches Öl, wie es z.B. bei der Reinigung des geheilten Aussätzigen in Lev 14,15-18 (s.u.) Verwendung findet. In den meisten Fällen wird das Öl bei der Königssalbung aber entweder gar nicht erwähnt, oder es wird lediglich als ]QÖ (LXX: tXaiov) bezeichnet (z.B. 1 Sam 16,1.13). Damit tritt die Komponente der Weihe bei der Königssalbung - im Gegensatz zur Priesterweihe - hinter die der Einsetzung und Bevollmächtigung zurück. Etymologisch ist sie aber noch in der Bezeichnung des königlichen Diadems als "IT? (~)T3: aussondern, geloben, widmen, w e i h e n ) und dessen Entweihung in Ps 89,40b zu erkennen. Sprachlich spiegelt sich die rituelle Bedeutung der Königssalbung in der L X X - ähnlich wie bei der Priesterweihe - in der ausschließlichen Verwendung der Wortgruppe xptw wider. Die Gemeinsamkeit zwischen Priester- und Königssalbung besteht also im Rechtsakt der Einsetzung und Weihung der Amtsträger sowie der damit verbundenen Bevollmächtigung zu einem besonderen Dienst für und vor Jahwe . 167
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€a)
z
170
171
111
166 Vgl. Kutsch, Rechtsakt 37. 167 Vgl. auch Lk 9,20. 168 Vgl. Kutsch, Salbung II 1331. 169 Vgl. l l Q P s = 11Q5 28,11 (Ps 151a): ahipn p s n mit LXX P s l 5 1 , 4: TÖ eXoaov Tfjg xpLoecoc;; 4QNarrative A = 4Q458 Frgm. 2, 2,6: „gesalbt mit Königsherrschafts-Öl". 170 Vgl. 2 Sam 1,10; 2 Kön 11,12; 2 Chr 23,11; Ps 132,18. 171 Vgl. Koehler/Baumgartner, Lexikon 1646. 172 Vgl. Peifer, Practice and Signiflcance 584, der die Gemeinsamkeit von Königs- und Priestersalbung in der Weihe, sowie Porter, Oil 37f, der sie in der engen Beziehung zwischen Gott und dem König bzw. Priester sieht, a
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
„Mit der S(albung) durch Jahwe kann sich die Vorstellung von der Geistverleihung ... v e r b i n d e n . " Die Geistverleihung (an den König) ist dann „unmittelbare F o l g e " des S a l b u n g s r i t u s , so dass das Einge hen des Geistes Jahwes als Bestätigung der göttlichen Erwählung, aber auch als Befähigung für die besondere Aufgabe fungiert. In der als bildhaft anzunehmenden Salbung des Propheten in Jes 61,1 wird diese Relation zwischen Salbung und Geistverleihung d e u t l i c h , wenn der Prophet von sich sagt: „Der Geist Gottes des Herrn ist auf mir, weil (]??) der Herr mich gesalbt hat, gute Nachricht zu verkünden. Er hat mich gesandt , . . " Das Salben hat hier offensichtlich einen „uneigent lichen, übertragenen Sinn, etwa wie 'bevollmächtigen ; an einen kör perlichen Akt ist jedenfalls nicht g e d a c h t . " Entsprechend fungiert der Salbungsritus in 1 und 2 S a m nicht als symbolische Handlung für die Geistverleihung an den K ö n i g ; die Geistverleihung bestätigt vielmehr den Rechtsakt der Salbung. Der König heißt also „der Gesal bte", rP5?Q, nicht aufgrund seines Geistbesitzes, sondern weil er durch die göttliche Salbung zum erwählten und bevollmächtigten Stellvertre ter Jahwes gegenüber seinem Volk geworden ist und somit unter Got tes Schutz s t e h t . Der Geistbesitz kann dieser Ermächtigung folgen; 173
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173 Kutsch, Salbung II 1331. Die Geistverleihung an den König begegnet nur in 1 Sam 10,1.6; 16,13; vgl. 2 Sam 23,lff. Bei der Salbung Salomos in 1 Kön 1,39.45; 1 Chr 29,22, Jehus in 2 Kön 9,6.12; 2 Chr 22,7, Joahas in 2 Kön 23,30 und Joaschs in 2 Chr 23,11 fehlt sie dagegen. Eine Geistverleihung an die atl. Priester ist ebenfalls nicht belegt. 174 Seybold, Art. ntfB51. 175 Eine kultische Salbung war in Israel nur an Königen und Priestern möglich; vgl. 1 Kön 19,16 mit V. 19; Müller, Art. xpta 1056. Vgl. auch die Bezeichnung der Propheten als „die Gesalbten seines Heiligen Geistes" oder „die Gesalbten, die (durch) seinen heiligen Geist lehren" im Ausdruck ißnp rrn TPtfö T O D J P T P I in CD 2,12, und „die heiligen Gesalbten" (cnipn irrtfcn) in CD 6,1, wodurch die übertra gene Bedeutung der Prophetensalbung bestätigt wird; zugleich fehlt jeder Hinweis auf eine Salbung mit Öl. Auch hier steht wie in Jes 61,1 nicht die Geistbegabung als solche im Vordergrund, sondern die göttliche Bevollmächtigung der Propheten. 176 So mit NIV und der Interpunktion von N A im Jesajazitat Lk 4,18; anders dagegen LÜ: „Der Geist Gottes des Herrn ist auf mir, weil der Herr mich gesalbt hat." 177 Westermann, Jesaja 40-66 291; ähnlich Watts, Isaiah 34-66 302. Vgl. 2 Chr 22,7. Gegen Porter, Oil 39: „the gift of the spirit, which anointing confers, is the sign that the prophet truly possesses the Status that anointing brings." 178 Gegen Warrington, Anointing 11 mit Anm. 60 u. Seybold, Art. ntfra 51: „Salbung bedeutet die Manifestation der Geistübermittlung." 179 Vgl. Kutsch, Salbung II 1332: „Der Begriff mashiach 'Gesalbter' konnte geradezu den Beauftragten (Jahwes) bezeichnen, auch ohne daß eine S(albungs)rite vollzogen war"; so deutet z.B. Ps 105,15 = 1 Chr 16,22 die Väter Israels als Propheten und Gesalbte; Jes 45,1 nennt Kyros den Gesalbten des Herrn. Vgl. auch die (übertragene) Salbung mit Freudenöl in Ps 45,7.8 zitiert in Hebr 1,9; anders dagegen die übertragene Salbung mit heiligem Geist in Apg 4,26f u. 10,38. 2 7
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
in diesem Fall dient er der Bestätigung der göttlichen Erwählung und der Erfüllung des göttlichen Auftrags. 5.3
Die Salbung des geheilten Aussätzigen in Lev 14,14-18
Die einzige Verwendung des Öls im A T im Kontext von Krankheit und Heilung, bei der es nicht u m Wundbehandlung geht, ist dessen Anwen dung im Reinigungsritual eines Aussätzigen in Lev 1 4 , 1 4 - 1 8 . Hier trägt (MT: ]n3; L X X : € 1 T I T I 0 T ) | I I ) der Priester in V. 17f zuvor eigens für den Z w e c k geweihtes Öl (MT: ]Otf; LXX: tlaiov) auf das rechte Ohrläppchen, den Daumen der rechten Hand, den großen Zeh des rechten Fußes und abschließend das in der Hand des Priesters verblie bene Öl auf den Kopf des zuvor als geheilt erfundenen Aussätzigen a u f . Vor d e m Auftragen des Öls hatte der Priester ein Schuldopfer geschlachtet und mit Ausnahme des Kopfes des Geheilten die o.g. Körperstellen mit d e m Opferblut bestrichen (vgl. den gleichen Vor gang bei der Priesterweihe Lev 8,22-24). D e m Opfer sowie Öl- und Blutritus vorausgehend hat der zu Reinigende zweimal ein Bad genom men und anschließend ein Speisopfer darbringen l a s s e n . Im Gegen satz zu Jak 5,14 handelt es sich hier also u m einen Kranken, der bereits Heilung erfahren hat. Doch besteht eine gewisse Affinität z u m Jako bustext darin, dass es sich in beiden Fällen nicht u m die Einsetzung einer Amtsperson handelt, sondern u m die Salbung eines gewöhnlichen Mitglieds der Gemeinschaft. Entsprechend bildet die Verwendung von €7TLiL0r||iL anstatt von x p i o ) zur Beschreibung der Salbung eine gewisse Parallele zu aleifyu in Jak 5,14, welches ebenfalls das Auftragen des Öls hervorhebt. Es stellt sich aber die Frage, warum der Aussätzige im Zusammenhang mit der kultischen Reinigung mit Öl gesalbt wird. Nach der Aussage von V. 18b ließe sich vermuten, dass d e m Ölritus zusammen mit d e m Blutritus eine sühnende Wirkung z u k o m m t . Wie J. Milgrom anhand 180
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180 Der Text wird durch den Textfund z.St. aus Qumran m.E. bestätigt. Die ab weichenden Lesarten sind zumindest für unsere Fragestellung nicht von Bedeutung. Vgl. Freedman, Leviticus Scroll, Fragment F, Lev 14,16-21, 31; hier findet sich auch ein guter textkritischer Apparat z.St. 181 Eine direkte sprachliche Parallele zur Wendung „Öl auftragen" (€iTiTi0r|[ii elaiov) in Lev 14,15-18.26-29 weist die bildliche Darstellung Israels als Kranker bzw. Verwundeter in Jes 1,6 LXX auf. In Jes 1,6 bildet jedoch die medizinische Wundbehandlung den Kontext, wobei 6 i t i t l 0 t | j i i das Auftragen von Öl und das Anlegen von Verbänden beschreibt: o u k eoxi |iaA.aY|ia eiuOelvei, ome ekaiov, oike KaTaÖ60|iou<;; MT: rpsn (es ist nicht weich gemacht worden = gelindert worden mit Öl). 182 Da nicht jeder Israelit die Kosten für die verlangten Opfer aufbringen konnte, schließt sich an den oben beschriebenen Ritus eine Armenregel mit geringerem Opfer an, zu der jedoch der gleiche Ölritus gehört; vgl. V. 26-29. 183 Vgl. Gerstenberger, Leviticus 163 und ähnlich Kornfeld, Levitikus 56. Vgl. auch 1 lQTempl = 11Q20 Frgm. 9, 3, wo Öl und Blut jedoch vermischt sind. b
163
V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
eines ugaritischen Zitats aus Ras Shamra (Ugarit) zeigt, existierte im alten Orient auch tatsächlich eine Salbung zur Sühne. So erfährt eine Königin eine Salbung des Kopfes zur S ü h n u n g . Im Blick auf V V . 18b.20 sowie den atl. Opferkult dürfte die Sühnung aber eher durch den Blutritus und das Sündopfer bewirkt w e r d e n . Folglich schlagen die meisten Exegeten alternative Interpretationen für den Ölritus v o r . So nehmen einige Ausleger von Lev eine Aufnahme bzw. Wei terentwicklung unterschiedlichen archaischen Brauchtums im Ölritus Lev 14 an, doch eine Rekonstruktion bleibt s c h w i e r i g . Da die Heilung schon stattgefunden hat, und der Geheilte durch das Bad kul tisch rein geworden ist, nimmt J.R. Porter an, dass die Salbung hier ein Zeichen für die Gesundheit und das Wohlergehen i s t . Ähnlich ver mutet A.S. Pease, dass in Lev 14,15 „das religiöse Element vielleicht zum großen Teil eine symbolische Reminiszenz einer früheren Anwen dung von Öl als einem rein medizinischen Mittel" d a r s t e l l t . Kontextuell lässt sich diese Annahme aber nicht bestätigen. K. Elliger und G.J. W e n h a m halten das Öl im Gegensatz zum sühnenden Blut für ein Zeichen der wieder erlangten Einheit zwischen Jahwe und dem G e h e i l t e n . Der Zweck der Salbung wäre dann die Heiligung. Dieser Gedanke wird dem Kontext am ehesten gerecht, da der Aussätzige j a von der Gemeinschaft sowie vom Kult und damit von Gott getrennt war und nun durch die kultische Reinigung und Sühne in beide B e reiche wieder eingegliedert w i r d . 184
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Aufgrund des identischen Blutritus' bei der Priesterweihe in Lev 8,2224 und Ex 29,20 und der Reinigung des vom Aussatz Geheilten in Lev 14,15-18 ist ein Vergleich der jeweiligen Bedeutung des Öls bei dem Initiationsritus der Priester und der Restitutionspraxis von Lev 14 trotz etwas anders gearteten Auftragens - angebracht. In Lev 8,10-12 nimmt M o s e geweihtes Salböl (TÖ elaiov Tfjq xpioeox;) und salbt (MT: ntfft; L X X : X P ^ ) damit das Heiligtum und alles was darin ist und 184 RS 32.124.26'-32\ Vgl. Milgrom, Leviticus 1-16 855. Daneben führt Milgrom auch einen ägyptischen Ritus an, bei dem ein Priester Öl aus seiner linken Hand (vgl. Lev 14,15) auf die Augenbrauen einer Götzenstatue als (apotropäischen) Schutz gegen Dämonen aufträgt. 185 In Lev 8,30 begegnet ebenfalls eine Verbindung von Blut- und Ölritus; hier ist der ausgewiesene Zweck jedoch einzig die Heiligung. 186 M. Noth geht davon aus, dass der Ölritus an dieser Stelle so detailliert beschrieben ist, weil dieser nur bei der Reinigung eines Aussätzigen angewendet wurde. Vgl. ders., Leviticus 94. 187 Vgl. Kornfeld, Levitikus 54-55; Gerstenberger, Leviticus 163. 188 Vgl. Porter, Oil 41. Vgl. auch Koh 9,7f. 189 Pease, Art. Oleum, 2469. 190 Vgl. Elliger, Leviticus 189; Wenham, Leviticus 211. 191 Seybold, Gebet 94 spricht bei dem für die kultische und soziale Rehabilitation bestimmten Ritual Lev 14,3-9 in Anlehnung an H. Gunkel folglich von einer „Heilsrestitution" und bezeichnet die Salbung demzufolge als einen „heilspenden den Ölritus".
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
sprengt (MT: HT3; L X X : paivw) von d e m Öl auf den Altar, die Al targeräte und das Becken und salbt sie anschließend. Dann gießt (MT: p2P; L X X : 61UX60)) er von d e m Salböl auf den Kopf Aarons und salbt ihn. Bei jeder Anwendung des geweihten Öls ist der Zweck des Ölauftrags der gleiche, nämlich die Heiligung (MT: EHp; L X X : aYia(oo). Die angestrebte Heiligung ist dabei offensichtlich weder auf den Priester beschränkt, noch ist die Art des Ölauftrags entscheidend. Ganz ähnlich vollzieht sich auch die Heiligung der Opferstätte und der Priester (vgl. Lev 21,10) in Ex 30,22-30 und 40,9-15 allein durch Salben (hier dreimal xpico und zweimal alelfyu in L X X für ntfft in M T ! , s.o.). G. von Rad bemerkt bezüglich dieser Riten in den priester schriftlichen Texten: „Die Zusätze zu P (P ) sind voll von solchen Fest legungen und von Anweisungen, wie die einer Person oder Sache ver loren gegangene Heiligkeit durch Waschungen mit Wasser oder durch Bestreichen mit Öl oder Blut wiederhergestellt werden k a n n . " Ent sprechend dürfte auch ein ehemals Aussätziger nach Lev 14 zum Zweck der Heiligung im Sinne der wiedererlangten Einheit zwischen Gott und Mensch - nicht aber zur Sühnung, Einsetzung oder Weihung - ge salbt worden sein. Die Reihenfolge von kultischer Reinigung, Sühnung und abschließender Heiligung spricht weiter für ein solches Verstän dnis . s
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Im Gegensatz zum Restitutionsritus eines Aussätzigen findet allerdings bei der Weihung des Heiligtums und der Priester spezielles, geheiligtes Salböl Verwen dung. Der Grund hierfür dürfte die besondere kultische Bedeutung der Stiftshütte mit ihren Geräten, dem Altar, dem Bekken und den Priestern im Unterschied zur Reinigung eines Aussätzigen sein . Doch in Analogie hierzu wird auch das vom Geheilten gespendete Öl vom Priester durch siebenmaliges Versprengen vor Gott geheiligt (Lev 14,16). Unklar bleibt allerdings die Bedeutung der Lokalität von Ohrläppchen, Daumen und großem Zeh (jeweils der rechten Körperseite) sowie des Hauptes. Philo misst diesen Körperteilen beim Blutritus der Priesterweihe eine 195
196
192 Von Rad, Theologie I 286. 193 Hierfür sprechen auch die soziologischen Implikationen der atl.-jüdischen Problematik von Reinheit und Unreinheit im Blick auf Hautkrankheiten. Siehe Pilch, Sickness 207. 194 Ähnlich geht Philo VitMos 2,150.152 davon aus, dass bei der Vermischung von Blut und Öl im Initiationsritus der Priester das Blut die Priester heiligt und den Zutritt zum äußeren Hof des Heiligtums und damit zum Kultus ermöglicht, das Öl hingegen der weiteren Heiligung und damit dem Zutritt zum Inneren des Heilig tums dient. Da der Priester aber gerade im Inneren Gott begegnet, dürfte das Öl da mit bei Philo für die Reinigung und Heiligung stehen, die die persönliche Gemein schaft mit Gott ermöglicht. 195 So durfte das besonders zubereitete heilige Salböl nach Ex 30,32 nur bei den Priestern verwendet werden. Ein gewöhnlicher Israelit durfte nicht damit gesalbt werden. 196 Vgl. die fragmentarische Parallele 1 lQTempl = 11Q20 Frgm. 3. b
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn 197
symbolische ethische Bedeutung z u . Die Hand ist für Philo Symbol der Handlungen, der Fuß steht für die Ausrichtung des Lebens. Das Hören wiederum bestimmt die Worte. Die Salbung drückt demzufolge die Notwendigkeit reiner Worte und reiner Taten und somit die Reinheit des ganzen Lebens aus. Für E. Gerstenberger hingegen stehen die Körperteile stellvertretend für die wichtigsten Körperregionen . Ungeachtet dieser Interpretationsversuche lässt sich aber fest halten, dass sowohl bei dem geheilten Aussätzigen als auch bei den Priestern die Salbung des Hauptes im wesentlichen identisch ist (vgl. Lev 14,18 mit Ex 29,7; Lev 8,12). 198
Damit bestehen zwischen der Salbung in Lev 14 und Jak 5 zwei entscheidende Unterschiede. Einerseits ist der Aussätzige in Lev 14 bereits geheilt - und er muss auch geheilt sein - , wenn er gesalbt wird, denn die Salbungspraxis dient hier der kultischen und sozialen Rehabi litation. Andererseits ist das ntl. Konzept der Heiligung nicht mehr kultisch, sondern ethisch bedingt. Ein kultisches Salbungsverständnis dürfte daher - trotz später judenchristlicher Parallelen (vgl. TestAdam 2 , 1 0 ) - für den auf das menschliche Handeln ausgerichteten Jak aus zuschließen s e i n . 1 9 9
200
5.4
Die bildhafte Salbung
W i e die rituelle und kultische Salbung knüpft auch die Metapher des Salbens an die profane Verwendung des Öls an. So bezeugt der Psal mist in Ps 23,5 L X X : „Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde; du hast mein Haupt mit Öl gesalbt (kXimvaQ kv eXaico TT)V K€(|)aA,r|v jiou), und dein Becher berauscht mich wie der beste (Wein)." Die bildhafte Salbung dürfte hier für das Wohlergehen und die Freude
(vgl. expiokv
oe 6 Bebe, 6 Geoq oou eXaiov
ayaXXidoecjdQ in
Ps 45,8 zitiert in Hebr. 1,9 in Bezug auf Christus.) oder für die Gast freundschaft stehen. Andere Bedeutungen wie Bewahrung, Stärkung und Belebung mögen in Ps 23,5 ebenfalls m i t s c h w i n g e n . Ähnlich ist d e m Propheten in Jes 61,3 aufgetragen, den Leidenden „Freudenöl" zu bringen. Die mit Freude verbundene, bildhafte oder gegenständliche Salbung der Leidenden ist demzufolge Ausdruck für Gottes (Heils)Zuwendung. In die gleiche Richtung weist der Vergleich des Segens brüderlicher Gemeinschaft mit d e m v o m Haupt Aarons fließenden Öl C[5», L X X : \iipov) in Ps 1 3 3 . Auch das in der L X X meist durch eXjüLiov wiedergegebene frische Öl p n a ? ) dient häufig als Zeichen des 201
2 0 2
197 Vgl. Philo VitMos 2,150. Keil, Leviticus, Numeri und Deuteronomium 107 u. Harrison, Leviticus 151 übernehmen diese Interpretation. 198 Vgl. Gerstenberger, Leviticus 163. 199 Hierzu s.u. unter 6.1. 200 Den Hinweis auf den Ausschluss priesterlicher Traditionen bei der Interpreta tion der ntl. Ölsalbung verdanke ich Herrn Dr. Ulrich Heckel. 201 Vgl. Porter, Oil 4 1 , 4 2 . 202 Vgl. auch Dtn 33,16.
166
V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
Segens. Gewöhnlich in der Auflistung „Korn, Most und Ö l " steht es für den Ertrag des Landes bzw. das Wohlergehen der M e n s c h e n . „The Oil in these passages, the type of which is not usually identified with certainty, but is no doubt olive oil (see Zech 4:14 below), is not to be distinguished from the other commodities occuring in various lists. Together with them, it represents the essentially concrete form in which 'Messing' was conceptualized in Hebrew thought (cf. Deut 2 8 : 1 14) "204 j ) Aspekten Freude und Segen dürfte dabei wiederum die stärkende und belebende Wirkung der Öleinreibung und das damit verbundene Wohlergehen zugrunde liegen. 203
e n
Noch häufiger als die mit Öl und Salbung verbundenen Assoziationen der Freude und des Segens begegnen im A T die Grundaspekte Stärke und Schutz. So salbte man in Israel - wohl aufgrund magischer Vor stellungen - z.B. die Schilde mit Öl (2 Sam 1,21; Jes 21,5). Entspre chend assoziierte man mit der bildhaften göttlichen Salbung neben der Erwählung und Beauftragung (vgl. Jes 61,1) auch Stärke und Schutz, und zwar für den König (Ps 8 9 , 2 1 - 2 3 ) , die Patriarchen (Ps 105,15 = 1 Chr 16,22) sowie ganz Israel (Ps 2 8 , 8 ) . Ähnlich bringt der Psal mist in Ps 92,11 die Erfahrung göttlicher Stärke in enge Verbindung mit d e m Übergießen = Salben mit frischem Öl durch G o t t . Die U m kehrung der Relation Salbung = Stärke in den Worten Davids in 2 Sam 3,39 bestätigt diese Beobachtungen eindrücklich: „Ich aber, obwohl zum König gesalbt ( ^ 0 n^D^l), bin heute (noch) schwach 0 P ) " . Das Subjekt des Konzessivsatzes wird dabei vermutlich durch ein Passivum divinum bestimmt. 205
206
207
5.5
Der Grundtenor der Salbung im Alten Testament
Die Untersuchung der Salbung im A T und seinem religionsgeschichtli chen Umfeld hat gezeigt, dass sich das Bedeutungsspektrum dieser facettenreichen Praxis sowie der bildhaften Übertragung auf ein gewis ses Grundmuster reduzieren lässt. Dieses Grundmuster bildet sowohl bei Rechtsakt, Weihe und Ehrung als auch bei den mit der Salbung ver bundenen Assoziationen von Freude und Segen die im profanen Kontext der Einreibung mit Öl geschätzte, stärkende und gelegentlich
203 Vgl. Dtn 12,17; 28,51; Num 18,12; Hos 2,10; 2,23f; Joel 1,10; 2,19 u.ö. sowie HQBerFrgm. 1,2,10. 204 Wyatt, Art. Oil i n y 1207/1208. 205 In gewisser Weise anachronistisch auch in 1 Sam 2,10. 206 Liest man Jes 10,27 ohne Veränderung des Konsonantenbestandes, dann ist hier die Salbung mit Fett oder Öl der Grund für die Befreiung Israels von dem Joch assyrischer Unterdrükkung. 207 So zumindest mit der hier zur Wiedergabe meist gewählten syrischen und ara mäischen Lesart.
167
V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn 2 0 8
schützende Wirkung des Ö l s . Der immer wieder postulierte reini gende Effekt des Öls ist dagegen weder im alltäglich-profanen Ge brauch noch bei übertragen-bildlicher Verwendung eindeutig nach weisbar. Daher resümiert J. John tendenziell richtig: „It may be said, then, that oil in the Old Testament appears fundamentally as a source of strength, vitality and life, and that its various significations all derive from this i d e a . " 209
6. Die Ölsalbung im antiken Judentum 6.1
In den alttestamentlichen Pseudepigraphen
In den pseudepigraphischen Schriften zum A T stellt sich die Salbung als Zuteilung eines eschatologischen Lebenselexirs m.E. als recht einheitlich d a r . Zugleich erfährt die Salbung mit Öl eine ausgeprägte Spiritualisierung der Handlung, da sich das Geschehen meist in einem überirdischen Rahmen b e w e g t . Die stärkende und belebende Wir kung der Ölsalbung im Profanen scheint aber auch hier deutlich durch. J.R. Porter nimmt daher an, dass die Salbung in den atl. Pseudepigra phen als Vermittlung von Unsterblichkeit eine Weiterentwicklung der Salbung zur Einführung in den Bereich göttlicher Heiligkeit dar s t e l l t . So begegnet die himmlische Salbung bereits in TestLev welches vermutlich aus d e m 2. vorchristlichen Jh. s t a m m t - als theologisches Motiv. Hier wird der Patriarch Levi in Anlehnung an das Ritual der Priesterweihe von einem Engel mit „heiligem", d.h. himmli schem Öl gesalbt: K a i ö irpcäxoc; fjA.€ii|je |ie eXaia) a y i c o , K a i € Ö W K 6 |ioi paßöov K p t ö e o g (TestLev 8 , 4 - 5 ) . Ganz ähnlich erfährt auch Henoch im - meist auf das späte 1. nach christliche Jh. d a t i e r t e n - slHen durch den Erzengel Michael eine himmlische Salbung, die ihn den Engelwesen gleich macht und ihm Unsterblichkeit verleiht. Das Erscheinungsbild des Salböls nimmt da bei übernatürliche Züge an (slHen 22,6-10). Nach slHen 56,2 (längere Rezension J) hat Gott Henoch dann „mit Salböl seiner Herrlichkeit 2 1 0
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208 In die gleiche Richtung zielt Kutsch, Rechtsakt 2: „Das Öl hat in erster Linie heilende und damit kräftigende Wirkung." 209 John, Anointing 43. 210 Zu TestSal 18,33.34 s.o. Abschnitt 4.2. 211 Siehe auch Porter, Oil 39-41; Reicke, L'onction des malades 54-55; Thomas, Devil (1993) 37-39. 212 Siehe Porter, Oil 39. 213 Siehe Schürer/Vermes, History III.2 774f. 214 De Jonge, Testaments 33. Vgl. Becker, Testamente 52. 215 Siehe Schürer/Vermes, History III.2 748.
V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
168 216
g e s a l b t " . Der Ursprung des übernatürlichen Öls ist der dritte Him mel bzw. das Paradies. Hier steht ein Baum, von d e m kontinuierlich himmlisches Öl fließt (slHen 8,5). In der späteren christlichen Erwei terung von 4 E s r heißt es von diesem paradiesischen Baum: „The tree of life shall give them fragrant perfume, and they shall neither toil nor become weary." (4 Esr 2 , 1 2 ) . Daher ist anzunehmen, dass das Bild der Salbung in der theologischen Reflexion der Vergänglichkeit des Leibes bereits im 1. Jh. eine nicht unwesentliche Rolle gespielt hat. Auch in der narrativen Unterweisung J o s A s hat das Salböl über natürliche Eigenschaften. So salbt sich Josef bei einem (rituellen oder geistlich-bildlichen?) Mahl mit „gesegneter Salbe der Unverweslich keit" (xpieroa xpiofiatL 6uA.oyriM.6va) dajräapoiac;) und nimmt vom „Brot des Lebens" und v o m „gesegneten Kelch der Unsterblichkeit" (JosAs 8,5). Nach ihrer Konversion erfährt auch Asenet die gleichen Segnun gen (15,5, hier aber steht das Passiv %pio0r|or)) . Asenet verleiht die (himmlische) Salbung körperliche Kraft und Ausdauer sowie immer währende Jugend und Schönheit (16,16). Die zweifache Verwendung der Wortgruppe xpico in 8,5 und 15,5 spricht dabei - insbesondere in Verbindung mit d e m Substantiv xp^fioc - für eine übertragene Bedeu tung der Salbung. In der pseudepigraphischen Adamstradition verleiht das himmlische Öl ebenfalls immerwährende Heilung bzw. ewiges L e b e n . In A p k M o s ( 1 . oder frühes 2. Jh. n . C h r . ) wird die Verbindung von Ölsalbung und Krankheit besonders deutlich. Hier sind die Heilung körperlicher Gebrechen und die Überwindung des Todes als Konsequenz des Sün denfalls eng aneinander gebunden. So wird von A d a m in A p k M o s 9 (vgl. VitAd 36) berichtet, dass er Eva und Seth an die Pforten des Para dieses schickt, u m Öl (tkaiov), das dort wie in slHen vom B a u m im Paradies fließt, zur Heilung seiner lebensbedrohenden - körperlichen und geistlichen - Krankheit zu erlangen und damit gesalbt zu werden: 2 1 7
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216 Vgl. Böttrich, Das slavische Henochbuch 981. Nach der kürzeren Rezension A heißt es an dieser Stelle nach Böttrich: „der Herr hat mich mit der Salbung mei ner Herrlichkeit gesalbt"; vgl. Charlesworth, Pseudepigrapha I 55. Für den slavischen Text siehe Vaillant, Le livre des secrets d'Henoch. 217 Der Abfassungszeitraum von 4 Esr entspricht in etwa dem des slHen (Ende 1. Jh. n.Chr.); siehe Schürer/Vermes, History III. 1 300. 218 Charlesworth, Pseudepigrapha 1527. 219 Als wahrscheinliche Datierung gilt der Zeitraum zwischen dem 1. Jh. v.Chr. bis Anfang des 2. Jh. n.Chr. Siehe Schürer/Vermes, History III. 1 549. 220 Siehe Philonenko, Joseph et Aseneth 154, 188. Vgl. Burchard, Joseph und Aseneth649,675,681. 221 Für die Entstehung der Legende von Adam und dem paradiesischen Öl* siehe Quinn, Quest. 222 Siehe Schürer/Vermes, History III.2 759.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
„Und es sagte A d a m der Eva: bittet Gott, daß er an mir Erbarmen übt und seinen Engel sendet und mir von dem B a u m geben wird, aus welchem Öl herausfließt. Bringe es mir, und ich werde gesalbt werden und werde Ruhe finden (dA.eiilfon.ai Kai dvaiTauoofiai) vor meiner Krankheit.',, (ApkMos 9 , 3 ) 2 2 3
Gott verwehrt A d a m jedoch das „Öl der Barmherzigkeit" (eXaiov TOU kXkov) durch den Erzengel Michael und verweist ihn auf die escha tologische Auferstehung aller Menschen (ApkMos 13; vgl. VitAd 4042 mit der Ergänzung der Salbung durch Christus zum ewigen Leben). Bei den körperlichen Gebrechen handelt es sich bei der Heilung A d a m s nach A p k M o s 8,2 in erster Linie u m Altersbeschwerden (Augen, Gehör, vgl. VitAd 34), so dass das himmlische Öl hier letztendlich zur Überwindung der Sterblichkeit dient (vgl. A p k M o s 13). Die gleiche Erzählung erscheint zwei bis drei Jahrhunderte später im zweiten Teil des Nikodemusevangeliums (III (XIX)) - welches aus den sog. Pilatus akten und der Höllenfahrt Christi (Descensus ad Inferos) besteht. Hier findet die Heilung mit d e m K o m m e n Jesu statt. A d a m und seinen Nachfahren wird verheißen, dass der Menschensohn sie nach seiner Auferstehung mit Öl salben und mit Wasser und Heiligem Geist taufen w i r d . Demnach ist die Ölsalbung nicht mit der Geisterfüllung iden tisch, sondern sie dient der Überwindung von Krankheit und Sünde und damit zum Erhalt des ewigen L e b e n s . Noch zu erwähnen ist auch die Salbung mit heiligem Öl und kosmischem Wasser zur Heilung körperlicher? Gebrechen durch den himmlischen Priester in TestAdam 2,10 (vgl. 1,7), die vermutlich eine späte judenchristliche Parallele zu Lev 14,15-18 darstellt. 224
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223 Übersetzung Merk/Meiser 817f. Vgl. von Tischendorf, Apocalypsis Mosis 5. Der Schluss „vor meiner Krankheit" fehlt in einigen Handschriften; siehe Kautzsch, Apokryphen II 518 Anm. d. 224 Von Tischendorf, Apocalypsis Mosis 6. Hier handelt es sich wohl um Dittographie von «EXOCIOV, da in §9 und §13 IXeoc, und iXaiov ständig wechseln. In der Vita ist jedoch die Rede vom „Baum der Barmherzigkeit". Daher ist auch die selb ständige Verwendung von eXeoc, denkbar. Vgl. Kautzsch, Apokryphen II 519 Anm. a. Ganz ähnlich verhält es sich in 3 Bar 15,1 (1.-3. Jh. n.Chr.; vgl. Schürer/Vermes, History III.2 791), wo die Menschen nach dem slavischen Text auf ihr Gesuchen durch die Engel Erbarmen (eXtoc,) erhalten und nach dem griechischen Text Körbe von Öl (eXoaov) als Belohnung empfangen. Vgl. Charlesworth, Pseudepigrapha I 676/677 Anm. 15a und Picard, Apocalypsis Baruchi 95. Nach Quinn, Quest 24 taucht der Begriff „Öl des Erbarmens" erstmals in ApkMos auf und ist in den früheren Traditionen nicht nachweisbar. 225 Vgl. Schneemelcher, Neutestamentliche Apokryphen 1415. 226 Ähnlich ist auch die Salbung mit heiligem Öl durch Jesus in ActThom 67 (Anfang 3. Jh.) zu verstehen und nicht wie Schlier, Art. öiXdfyu* 231 als Exorzismus. Vgl. Schneemelcher, a.a.O. 330 Anm. 111, der die „raubenden Wölfe" hier nicht als Dämonen, sondern als Irrlehrer ansieht.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
Zu fragen ist nun, ob die apokalyptische Tradition vom übernatürli chen, paradiesischen Öl, das Unvergänglichkeit und Unsterblichkeit verleiht, als Grundlage für den religiösen Ritus der Krankensalbung dienen kann. Da die atl.-jüdische Tradition Krankheit und Tod als Ergebnis des Sündenfalls ansieht, ist das Bild vom himmlischen Öl aus dem paradiesischen B a u m des Lebens, das zur Überwindung von Krankheit und Tod verhilft, unmittelbar verständlich. Der atl. TunErgehen-Zusammenhang von Sünde und Strafe bzw. Krankheit (s.o.) bildet eine direkte Parallele hierzu. Auf diesem Hintergrund wird die enge Verbindung von Heilung und Erlösung bzw. Sündenvergebung in den eschatologischen Salbungsszenarien der atl. Pseudepigraphen verständlich. Bei der ntl. Krankensalbung steht allerdings - anders als in den eschatologischen Texten - nicht das ewige Leben, sondern die körperliche Krankheit im Vordergrund. Nach jüdischer Vorstellung ist eine erwartete Heilung jedoch auch mit Sündenvergebung verbun d e n . Zwar fehlen direkte Belege, doch könnten Juden zur Zeit des N T mit der Krankensalbung (vgl. M k 6,13) folglich Heilung auf der Grundlage von Sündenvergebung assoziiert haben. Damit stünde aber die Krankensalbung nicht in erster Linie für den Erhalt des ewigen Lebens, sondern letztendlich für die physische Überwindung der Krankheit. Der in den Evangelien m.E. nicht hergestellte Zusammen hang von Krankheit und Sünde würde dann auch die marginale Bedeu tung der Salbung in den ntl. Heilungsgeschichten erklären. Eine übertragen-soteriologische Interpretation der Krankensalbung ist also auch auf dem Hintergrund der eschatologischen Salbung in den hellenis tisch-jüdischen Texten nicht geboten. Besteht eine Beziehung zwi schen der körperlichen Salbung in Jak 5,14 und der bildhaften, Gesundheit und Leben vermittelnden Salbung in den atl. Pseudepigra phen, dann geht es dabei wohl nicht u m den Erhalt des ewigen L e b e n s , sondern wie Porter und Thomas hervorheben, eher u m eine symbolische Vermittlung von Kraft, Energie, Heilung und L e b e n . 2 2 7
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229
6.2
In den Texten von Qumran
In den Schriften von Qumran beschränkt sich - unter besonderer Beachtung der Reinheit Kultus und den Haushalt. So begegnet ( 1 Q M 9,8) und beim Speiseopfer ( l l Q T e m p l
die Verwendung des Öls im wesentlichen auf den bei der Priestersalbung 15,10 u.ö.). Beim Ölfest
227 S.u. Kap. VI. Abschnitt 1. 228 S.o. Kap. I. - III. Damit gegen Reicke, L'onction des malades 54, der das Öl als Zeichen des ewigen Lebens und demzufolge die Funktion der Salbung als „illustration de l'action de la gräce divine" versteht. Ähnlich wie Reicke interpretie ren auch Mußner, Jakobusbrief 220; Ropes, James 305 die Salbung als eschatologische Symbolik. 229 Vgl. Porter, Oil 43; Thomas, Devil (1993) 37.
171
V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
Q i w n "I?ift) ° wird das zu weihende Öl hingegen explizit als Bnn (neues Ö l ) oder "ins? (frisch gepresstes Ö l ) b e z e i c h n e t . Die Verunreinigung des Öls ist dabei auf jeden Fall zu vermeiden (vgl. 1 l Q T e m p l 47,6.12 u.ö.). Auch sollen nach 1 l Q T e m p l 49,1 l f bei einem Sterbefall nach dem Entfernen des Leichnams alle Flecken von Öl QDtf) und Wein aus dem Haus entfernt werden (vgl. Lev 14,41). Dies bedeutet, dass Öl zwar kultische Unreinheit überträgt, nicht aber, dass es per se unrein wäre (letzteres ergibt sich auch nicht aus der Erwäh nung kultischer Verunreinigung durch Öl im fragmentarischen Text 4 Q O r d b = 4 Q 5 1 3 Frgm. 13,4: „[... be]sudeln mit Öl [...]" ). Nach Jos Bell 2,123 hielten die Essener das Öl jedoch für unrein, und aus Gründen der Reinheit sollen sie auch die Ölsalbung unterlassen haben. Die Vorstellung, dass Öl unrein macht, ist aber nirgends belegt. Daher könnten die Essener das Öl aus Furcht vor möglicher Verunreinigung bei der Herstellung oder beim Transport vermieden h a b e n oder auch aufgrund einer „Aversion gegen die griechische Sitte" in den Gymna s i e n . M . Bar-Ilan argumentiert dagegen, dass die Essener - im Gegensatz zu den Tannaiten - nur frisch gepresstes Öl, welches lediglich während der Erntezeit verfügbar war, als rein a n s a h e n . Folglich konnten sie sich nicht während des ganzen Jahres salben. Möglicherweise war das geheiligte Öl aber auch nur dem profanen Gebrauch weitgehend entzogen. Hierfür sprechen die über 30 ITtfDBelege, die teils im wörtlichen und teils im übertragenen Sinn sowohl für die Gesetzestreuen bzw. die Mitglieder der Gemeinschaft als auch für Priester, Propheten, einen himmlischen Gesandten und nicht zuletzt den erwarteten davidischen König und Messias s t e h e n . Denn neben der Priesterweihe begegnet in den Texten von Qumran auch das Bild der Salbung als göttliche Sendung und Beauftragung (s.o.). So erwar tete die essenische Gemeinde zwei eschatologische Heilsgestalten, einen priesterlichen Messias („Messias Aarons") und einen königlichen 23
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230 Siehe auch 4Q327 Frgm. 1, 2,7 = 4Q394 Frgm. 2, 2,5 sowie Maier, QumranEssenerl 15; II 300. 231 So in 1 lQTempl 21,14.15; 43,10. Ob es sich bei der Tempelrolle um eine essenische Schrift handelt, ist allerdings umstritten; siehe Schürer/Vermes, History ULI 412-414. 232 So in 1 lQTempl 21,16; 22,16. 233 Siehe auch Ringgren, Art. ]W 255. Zur Königssalbung siehe H Q P s 28,11; 4QNarrative A = 4Q458 Frgm. 2, 2,6 sowie oben unter 5.2. 234 Maier, Qumran-Essener II 676. Vgl. Tov, Dead Sea Scrolls 304f. 235 So Baumgarten, Essene Avoidance 189-193 u. ders., Liquids and Susceptibility 91-101 zu 4Q274 Frgm. 3, 1-2 u. 4Q284a Frgm. 1-2. 236 So Hengel, Judentum 137. 237 Siehe Bar-Ilan, Reasons for Sectarianism 597-599; vgl. aber 1 lQTempl 47,6.12 u.ö., wo nur begegnet. 238 Für die jeweiligen Belege siehe Maier, Qumran-Essener III 239. a
172
V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
Messias („Messias Israels"), wobei letzterer wohl d e m priesterlichen Gesalbten untergeordnet w a r . 2 3 9
6.3
Im rabbinischen Judentum
Auf die Bedeutung der Ölsalbung in den rabbinischen Schriften bei der Körperpflege sowie die gelegentliche Erwähnung der Ölanwendung im Krankheitsfall und vereinzelt bei magischen Praktiken wurde bereits oben eingegangen. Eine rituelle Salbung im Fall körperlicher Krank heit ist in den Texten nicht belegt. Zu erwähnen ist jedoch ein später Hinweis auf eine Salbung mit vermutlich apotropäischer Bedeutung in Midr K o h r 1,8: „Chanina, der Neffe des R. Josua (um 110), ging nach KepharN a c h u m (Kapernaum), w o ihm Sektierer ( W ö ) etwas (nbn) antaten und ihn am Sabbat auf einem Esel reitend nach der Stadt brachten. Als er zu seinem Onkel R. Josua kam, tat dieser Öl (ntfO) auf ihn, wodurch er geheilt wurde OOrPKI). Josua sprach zu ihm: D a der Esel dieses bösen Menschen dir Übel getan h a t , so kannst du nicht mehr im Lande Israel wohnen. Er zog von dort weg nach Babylon und verschied daselbst in Frie den." 2 4 0
241
Bei den Sektierern handelt es sich u m Judenchristen, die Chanina - aus der Sicht der Erzählung - mit einer Beschwörung, einem Fluch oder Ähnlichem b e l e g t e n . Der Z w a n g des Reitens auf einem Esel am Sabbat stellt eine Provokation gegen die Juden und einen Verstoß gegen das jüdische Gesetz dar. Bei dem „bösen Menschen" dürfte es sich u m eine Anspielung auf Jesus handeln, da der weitere Kontext dieser Passage die Gefahr häretischer Lehre darstellt. Die eigentliche Art der Heilung sowie die Funktion der Salbung bleibt unklar. Die Salbung kann apotropäischen und exorzistischen Zwecken gedient haben oder der kultischen Reinigung von der Verunreinigung durch den Esel. M . Dibelius spricht von der „Entsündigung des zu den 242
239 Siehe z.B. 1QS 9,10-11; CD 12,22-23. 240 Schlatter, Kirche 10 übersetzt hier: „weil in dir der Wein jenes Gottlosen er wachte (...),..." 241 (Meine Übersetzung). Vgl. Wilna, Midrasch Rabba Kohelet 4a sowie Midrasch Rabba Kohelet in: Midrasch Rabba zu den fünf Megillot 681 ff, 686. Über setzungen bei Wünsche, Der Midrasch zum Buche Kohelet 15; Cohen, Midrash Rabbah, Ecclesiastes 29; St.-B. III 759 mit Anmerkungen z.St. 242 Vgl. St.-B., a.a.O.; Cohen, a.a.O. Da hier kein Geist ausgetrieben wird, han delt es sich nicht um einen Exorzismus im eigentlichen Sinn. Adolf Schlatter nimmt an, dass es sich bei dem Chanina angetanen Übel um die christliche Taufe handelt. Da Josua seinen Neffen liebt, zürnt er ihm nicht, sondern behandelt ihn wie einen Besessenen. Siehe Schlatter, Kirche 11.
173
V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn 2 4 3
Christen abgefallenen Juden Chananja durch Ö l " . Doch der Text hebt nicht die Sünde des Chanina, sondern die Gewalt der Häretiker hervor. Des weiteren erscheint der junge Mann im Besitz aller seiner geistigen und körperlichen Kräfte, so dass er wohl keines Exorzismus' bedurfte. Daher k o m m t der Salbung hier am ehesten eine apotropäische Bedeutung zu. Da Chanina seinen Onkel vermutlich wegen dessen öffentlicher Funktion aufsuchte, handelt es sich wohl u m ein festes Ritual. Fraglich ist, ob die beschriebene Praxis, wie Schlatter annimmt, tatsächlich auf die W e n d e v o m 1. zum 2. Jh. z u r ü c k g e h t . Bei fehlenden parallelen Traditionen und der für Midr Koh r anzunehmenden Abfassungszeit zwischen dem 6. und 8. J h . ist dies eher unwahrscheinlich, d.h. bei der Erzählung handelt es sich wohl um späte P s e u d o n y m i t ä t . Damit bleibt das Postulat einer Salbung mit apotropäischer Wirkung insbesondere zum Zweck der Krankenheilung - für das Judentum des 1. Jh. unbestätigt. 244
2 4 5
246
7. Salbung und Heilung im Neuen Testament 7.1
Die Salbung mit dem Heiligen Geist
Die meisten ntl. Belege zu einer Salbung beziehen sich auf die bildhafte Salbung mit d e m Heiligen Geist im Sinne einer Zuteilung, die aber im Gegensatz zur Verwendung von dAeL(|)a) in Jak 5,14 einheitlich durch die Wortgruppe x p i o o wiedergegeben wird; so in 2 Kor 1,21: X p L o a q r)|!ä<; 0eö<;; vgl. V. 22: ... K a i ö o i x ; xbv d p p a ß o o v a T O Ö T\V£\)\IOLXO (das Unterpfand des Geistes); 1 Joh 2,20: x p i o | i a 6%€i€ d n ö T O Ö d y t o u (ähnlich V. 27) und Apg 10,38: cog «Expioev OCUTÖV 6 0eö<; in Bezug auf Jesus (vgl. Lk 3,21f; 4,18). Lediglich in Apg 10,38 wird das indirekte Objekt, TTV€i)|iaTL a y t c o K a i ö i ) v d | i € i , genannt. Doch aus kontextueller Sicht ist auch in den übrigen Belegen eine metaphorische Geistsalbung k a u m zu b e s t r e i t e n . Für die Salbung Jesu sind allerdings zusätzlich noch die Konnotationen der Einsetzung und messianischen Bevollmächtigung des X p i o T o q (vgl. Apg 4,27; Jes 6 1 , 1 ; Ps 2 4 7
248
243 Dibelius, Jakobus 300 Anm. 1. 244 Vgl. Schlatter, Kirche 10. 245 Vgl. Stemberger, Einleitung 311; Schürer/Vermes, History 195. 246 Vgl. Stemberger, a.a.O. 49, 57ff. Hinzu kommt, „daß erzählende Traditionen fast immer später als dem jeweiligen Meister zugeschriebene halakhische Stoffe aufscheinen." A.a.O., 71. 247 Bei der ÖUVOCJIK; handelt es sich allerdings nicht um eine separate Gabe, sondern die im Heiligen Geist gründende Kraft. 248 Darüber hinaus wird 2 Kor 1,21 auch in Bezug auf die Taufe, die Erwählung und die Adoption im Glauben diskutiert. Vgl. Müller, Art. xpico 1057; Böcher, Christus Exorcista, 151.
174
V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
45,7.8 zitiert in Hebr 1,9) zu berücksichtigen. Damit spielt die Metapher der Geistsalbung im N T eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Doch da es sich in Jak 5,14 nicht u m eine metaphorische, son dern u m eine gegenständliche Salbung handelt, ausgedrückt durch aXdfyu, welches das Auftragen des Salbmittels betont, besteht zwi schen der ntl. Geistsalbung der Gläubigen und der Heilungspraxis in Jak 5,14 weder eine kontextuelle noch eine sprachliche Affinität . Daher dient die ntl. Metapher der göttlichen Salbung mit Heiligem Geist, welche der Kranke als Gemeindeglied j a bereits erfahren hat, nicht zur Interpretation der Ölsalbung in Jak 5,14 im Sinne eines Symbols für das Wirken des G e i s t e s . 249
250
7.2
Salbung und Wunderheilung
Z u m Verständnis der Ölsalbung in Jak 5,14 ist es unumgänglich, auch die übrigen im N T bei der Krankenheilung erwähnten Heilmittel, Gegenstände und Handlungen zu b e t r a c h t e n . Die Bedeutung dieser begleitenden Heilmittel bzw. Handlungen, zu denen auch die Ölsal bung gehört, ist jedoch umstritten. Im wesentlichen werden sechs mög liche Bedeutungen diskutiert: Heilmittel und begleitende Handlungen dienen 1) als medizinische Anwendung, 2) als psychologische Unter stützung bzw. Therapie, 3) zur Stärkung der Erwartungshaltung, 4) der Kraftübertragung sowie 5) apotropäischen oder 6) exorzistischen Zwecken. Im Folgenden sind daher die für die Ölsalbung relevanten Elemente der ntl. Wunderheilung voneinander abzugrenzen und deren mögliche Bedeutungen für die Krankenheilung in Jak 5 darzustellen. 251
7.2.1 Körperkontakt und Heilung Die häufigsten Handlungen Jesu bei der Heilung von Kranken sind die Handauflegung (z.B. Lk 4,40; 13,13) und allgemein das Anrühren (z.B. Lk 14,4) der M e n s c h e n . Damit entspricht Jesus oft der Erwartung derer, die von ihm Heilung suchen (Mk 5,23; 7,32; 8,22). Unklar bleibt allerdings, ob das Berühren und Handauflegen zur damals üblichen Heilmethode g e h ö r t e , oder ob man es primär von Jesus so kannte. Von den Jüngern wird in den Evangelien nicht berichtet, dass sie den 252
253
249 Vgl. Müller, Art. XPLO) 1056-1057; Delling, Art. Salbung III 1332. 250 Gegen Gaebelein, Practical Epistle 120: „Oil, in Scripture, is the symbol of the Holy Spirit"; Warrington, Anointing 11 mit Anm. 59f; Calvin Institutio IV 19,18. Auch fehlt bei unparfümiertem Öl die für eine Geistsymbolik zu erwartende olfaktorische Wirkung; s.o. unter 5.1. 251 Hierzu siehe z.B. Bultmann, Synoptische Tradition 237f. 252 Für eine detaillierte Darlegung der ntl. Heilung durch Berührung siehe Fenner, Krankheit 90. 253 Vgl. lQGenApoc 20,28f und dazu Flusser, Healing 107f sowie St.-B. II 2f; IV 771. „Some infer that it was such a common practice that it was not thought necessary to give details about its use." Fabula, Power and Method 194.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
Kranken die Hände auflegten (vgl. aber M k 16,18). Doch es ist anzu nehmen, dass die Jünger bzw. die Urgemeinde hierin d e m Vorbild Jesu folgte, denn auch Ananias und Paulus heilten durch Handauflegen (Apg 9,12.17; 28,8). Außerdem erwähnen die Evangelien die Berüh rung der Kranken durch Jesu (Mk 1,41), indem er entweder die Hand des Kranken (Mt 8,15) oder das kranke Körperteil (Mt 9,29; 20,34; M k 7,33) anrührt (vgl. Lk 7,14). Auch wird von Jesus (Mt 1,31; M k 5,41) und den Aposteln (Apg 3,7, 9,41) das Ergreifen der Hand des Kranken wiederholt erwähnt, als Hilfe zum Aufstehen und wohl auch, u m den Glauben des Leidenden an die Möglichkeit der Heilung zu s t ä r k e n . Im Mittelpunkt ntl. Krankenheilungen steht jedoch entweder der Be fehl bzw. Zuspruch der Heilung oder wie in Jak 5,14 das Gebet. Daher ist es nicht verwunderlich, dass wie z.B. bei der Heilung des gelähmten Äneas durch Petrus in Apg 9,34 und des Lahmen in Lystra durch Paulus in Apg 14,11 auch die Erwähnung jeglicher Hilfsmittel und begleitender Handlungen fehlen kann. Die Kombination von wunder wirkendem Wort und einer begleitenden Handlung, durch die Körper kontakt hergestellt wird, ist jedoch typisch für die ntl. Krankenheilung. 254
7.2.2 Kraftübertragung Das Herstellen von Körperkontakt stellt sich in der ntl. Heilungspraxis mehrschichtig dar. Explizit erwähnt und thematisiert wird die Übertra gung heilender K r a f t bei der Berührung des Gewandes Jesu durch die Blutflüssige Frau in M k 5,27-30 par Lk 8 , 4 3 - 4 8 und im Summarium Lk 6,19, w o es heißt: „Und die ganze Volksmenge suchte ihn (Jesus) anzurühren, denn Kraft ging von ihm aus und heilte alle ( Ö T I öuva|ii<; TToep' autou e^rjpxeio Kai l a t o TTaviac;)." Doch implizit zeugen auch etliche andere Stellen von der Kraftübertragung durch Berühren z.B. der Kleider Jesu (vgl. M k 6,56; Mt 14,36). In M k 3,10 heißt es von den Kranken sogar, dass sie sich aufgrund der vielen Heilungen auf Jesus „stürzten, u m ihn anzurühren (hiiihzeiv OCUTGO Iva auioO a i | / a ) V T o u ) . " G. Theißen sieht die Übertragung heilender Kraft wie in M k 5,25ff sogar als die primäre Funktion der Berührung: „Solche Kraftübertragung wird wohl unausgesprochen immer vorausgesetzt, 255
256
254 Zur Glaubensstärkung s.u. Nach Wolter, Inschriftliche Heilungsberichte 142 waren im Heiligtum von Epidauros vier Stelen mit mehr als 70 Heilungsberichten (idqiaia) zum Zweck der Stärkung des Glaubens an die Heilung aufgestellt. Siehe auch Seybold/Müller, Krankheit 136 mit weiteren Belegstellen. 255 Vgl. Schweizer, Markus 61 z.St.: „Wenn Jesus heilt, geht die Kraft von ihm, nicht von der Seele des Kranken aus und wirkt nicht bloß auf Denken und Fühlen, sondern bis ins Leibliche hinein." Dagegen hält Bultmann, Synoptische Tradition 237 es im Zuge der Entmythologisierung für möglich, dass in dem wunderwirken den Gestus der Berührung „die primitive Vorstellung noch lebendig ist, daß es sich um Kraftübertragung handelt." 256 In der gekürzten mt. Fassung Mt 9,20-22 fehlt dagegen der Hinweis auf die Übertragung von Kraft.
176
V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn 257
wo von Berührung und Handauflegung erzählt w i r d . " Das in diesem Zusammenhang am häufigsten verwendete Deponens cnruoiiai drückt dabei nicht nur die Berührung aus, sondern besonders auch das Ergrei fen und ist demzufolge „used to describe the effective healing grasp of Jesus on the sick, and the earnest believing grasp of the sick on Jesus." 258
7.2.3 Erwartungshaltung und Heilung Die Kraftübertragung ist möglicherweise nicht die einzige Funktion des Körperkontakts bei der Heilung. Im Fall der Blutflüssigen Frau geht der Kraftübertragung der Glaube an bzw. das Vertrauen in die Fähigkeit Jesu zu heilen v o r a u s . Diesen ihren Glauben bestätigt Jesus dann auch als einen wesentlichen Beitrag zu ihrer Gesundung: „Tochter, dein Glaube hat dich gerettet ( © u y c m p , r) nioziQ o o u 259
o€oo)K€v 0 € ) . " (Mk 5,34, vgl. Lk 7,50; 18,42; Apg 1 4 , 9 )
260
. Bei diesem
in den Evangelien attestierten, heilenden Glauben greifen psychologi sche und geistliche Kategorien ineinander. „So sehr er (der Glaube) menschliche Haltung ist, bei der der Mensch bestehende Grenzen über schreitet, so sehr wird er jedoch nur möglich angesichts übermenschli cher Offenbarung, die in der Person des Wundertäters Jesus entgegen t r i t t . " In diesem Sinn versteht O. Knoch auch die Handlungen Jesu bei der Heilung des Taubstummen in M k 7,33. Hier legt Jesus seine Finger in die Ohren eines Taubstummen und berührt seine Zunge mit S p e i c h e l . Für Knoch bedeutet dies: „die Handlungsgesten sollen den Taubstummen psychologisch für die Heilung vorbereiten und das nöti261
262
257 Theißen, Wundergeschichten 100. In den Summarien der Apg handelt es sich allerdings um einen Semitismus, der die instrumentale Funktion der Apostel, nicht ihrer Hände!, zum Ausdruck bringt; vgl. Apg 5,12: „Aber durch die Hände der Apostel geschahen viele Zeichen und Wunder unter dem Volk." (ähnlich 14,3 und 19,11). Siehe auch Apg 3,12-16 sowie Roloff, Apostelgeschichte 97. Für ein wört liches Verständnis im Sinne von Kraftübertragung siehe dagegen Haenchen, Apos telgeschichte 538 Anm. 2, 539 sowie Fabula, Power and Method 193: „It is prob able that the phrase öia TG)V xeiptöv üaulou refers to Paul's direct healings through the laying on of hands." 258 Wilkinson, Health and Healing 52. 259 Zur Problematik von Glaube und Heilung im NT siehe z.B. Seybold/Müller, Krankheit 135-141 sowie die ausführliche Diskussion in Kap. VI. 260 „Nichts spricht dafür, daß die Vertrauensäußerung im Selbstgespräch der Frau christologisch geprägt ist: Es geht hier noch nicht um den Glauben an den Wunder täter Jesus als den einen Sohn Gottes." Seybold/Müller, Krankheit 137. Für die primäre und möglicherweise ausschließliche Bedeutung von OGO(G) als „heilen" in den synoptischen Heilungsberichten vgl. Mk 6,56: „und sie baten ihn (Jesus), dass sie nur die Quaste seines Gewandes anrühren dürften; und alle, die ihn anrührten, wurden geheilt ( K a i öooi a v T]i|javTO a t k o ö eoco(ovTo)." Zur Bedeutung von OGO(G) im Kontext der Krankenheilung siehe auch oben Kap. III. 261 Seybold/Müller, Krankheit 138. 262 Zur Verwendung von Speichel s.u. 7.2.5.
177
V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn 263
ge Vertrauen auf Jesu Handeln s c h a f f e n . " D.h. in den ntl. Wunder geschichten vermitteln die begleitenden Handlungen einen symboli schen oder zeichenhaften Inhalt, der dann auf der psychischen Ebene zur Wirkung kommt. Bei den ntl. Krankenheilungen können die beglei tenden Handlungen wie das Handauflegen und Berühren demnach nicht nur W e g e zur Übertragung heilender Kraft sein, sondern auch Ausdruck der Zuwendung des Heilers zum Kranken und somit Hilfen für den Glauben an die Möglichkeit der Heilung. Eine exegetische Begründung dieser These bleibt jedoch schwierig. 7.2.4 Körperkontakt und Exorzismus Als nächstes ist zu klären, inwiefern ntl. Heilungen von exorzistischer Natur sind. Die Erwähnung des „Geistes der Schwäche bzw. der Krankheit" ( w e ü j i a aoQtvdac,) im lukanischen Sondergut Lk 13,11, durch den eine Frau seit achtzehn Jahren verkrümmt war (fjv ouyKiJTTTOUöa), deutet darauf hin, dass Krankheit durchaus im Zusam menhang mit negativen Einflüssen aus der Geisterwelt stehen k a n n . Das Krankheitsbild der Frau lässt jedoch keine Art von Besessenheit e r k e n n e n . Daher legt Jesus der Frau lediglich die Hände auf, ohne dass er einen Dämon direkt konfrontiert (V. 1 3 ) . „Ein Exorzismus liegt also erst dann vor, wenn ein Mensch nicht nur in einer Funktion von einem Dämon beeinträchtigt wird, sondern sein Subjekt an diesen verloren hat. Im Falle solcher „Besessenheit" m u ß der Dämon aus fahren." Die Dämonen weichen dabei auf Befehl des Heilers, ohne dass Körperkontakt e n t s t e h t . Diese klare Differenzierung in der ntl. Heilungspraxis steht wiederum ganz in Einklang mit der Trennung von Heilung und Exorzismus, wie sie z.B. in M k 6,13; Apg 8,7 u.ö. deut lich w i r d . Daher sollte man auch die Heilung der verkrümmten Frau durch Handauflegen in Lk 13,13 nicht als einen Exorzismus verste2 6 4
265
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263 Knoch, Dem, der glaubt 43. Zu Glaube und Heilung siehe auch unten Kap. VI. 264 Kollmann, Wundertäter 242 nimmt an, dass es sich hier um eine dämonisch verursachte Lähmung handelt. 265 Dennoch wäre eine dämonologische Interpretation einer funktionellen Stö rung denkbar. Dies ist nach den synoptischen Evangelien oft bei Blindheit, Stumm heit und Taubheit der Fall (vgl. z.B. TTveüfia aAxdov, Mk 9,17-27). Zur Ätiologie dieser Phänomene s.o. Exkurs 1 zu Kap. II sowie Trunk, Heiler 61. 266 Eine dämonologische Interpretation der Krankheit gepaart mit der Heilung durch Handauflegen entspricht durchaus zeitgenössischen jüdischen Vorstellungen. So betet Abraham in lQGenApoc 20,28f für den von Gott durch einen Geist mit Krankheit geschlagenen Pharao und legt ihm dabei die Hände auf; siehe auch Flus ser, Healing 107f. 267 Theißen, Wundergeschichten 95. 268 Vgl. Theißen, a.a.O.; Twelftree, Exorcist 157-159. Zur magisch-manipulativen Natur jüdischer Exorzismen siehe Jos Ant 8,45-49. 269 Vgl. Theißen, Wundergeschichten 94. Gegen Nielsen, Heilung 4 Anm. 20, der keinen tieferen Unterschied zwischen ntl. Heilung und Exorzismus sieht.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn 2 7 0
h e n . G. Theißen spricht in einem solchen Fall von einer „dämonologischen Krankheitsaitiologie" , da der Dämon zwar die Krankheit verursacht, nicht aber in d e m Menschen wohnt. Des weiteren führt Theißen die Kategorie des „exorzistischen Heilver fahrens" ein. Hier ist ein Dämon in einen menschlichen Körper eingedrungen und ruft physische Beschwerden bzw. Behinderungen hervor. In diesen in den Evangelien eher seltenen Fällen „heilt" Jesus (€0€pdiT6i)ö€v, M t 12,22) Blinde und Stumme, indem er einen Geist (vermutlich durch vollmächtiges Wort) austreibt (Mt 9,33 Par. Lk 11,14). D a körperliche Leiden im N T in den weitaus meisten Fällen keines Exorzismus' bedürfen, und da Körperkontakt bei Geistaustrei bungen vermieden wird, spricht die Berührung eines Kranken - durch die Hände oder durch heilende Mittel - deutlich gegen eine Deutung einer solchen Heilung als Exorzismus. Aufgrund dämonischer Einwirkungen wäre im N T auch noch eine apotropäische Verwendung von Heilmitteln im Krankheitsfall denkbar, da offensichtlich nicht jede physische Erkrankung von rein pathophysiologischer und damit somatogener Natur ist. Im Gegensatz zur Er wähnung von Kraftübertragung und Wunderglauben fehlt im N T aber nicht nur jeglicher Hinweis auf mantische Praktiken als Ursache von Krankheit, sondern auch auf Heilmittel, die durch Zauber abwehrkräf tig werden. Des weiteren besitzen die begleitenden Handlungen in den ntl. Heilungsberichten offenbar keine eigenständige Kraftwirkung, da Jesus und die Apostel oft genug auch ohne die demzufolge fakultativen Gesten und Hilfsmittel heilen. Daher ist eine apotropäische Relevanz bei Heilmitteln wie Speichel und Öl im N T nicht a n z u n e h m e n . 271
272
273
270 Gegen Kollmann, Wundertäter 242, der in lQGenApoc 20,28f und Lk 13,13 die jüdische Motivparallele einer Dämonenaustreibung durch Handauflegung sieht. In lQGenApoc 20,16-29 steht der Pharao und sein Haushalt aber genau wie in Gen 12,17-20 und ebenso die Frau in Lk 13,10-17 nicht unter der mentalen Kontrolle eines Dämons, sondern in beiden Fällen ist das physische Leben bedrängt. 271 Siehe Theißen, Wundergeschichten 94. In Anlehnung an Theißen versteht Trunk, Heiler 61 Anm. 84 Lk 13,11-13.16 als dämonologische Krankheitsätiologie. 272 Hierzu zählen Fälle wie in Mt 9,32; 12,22 Par. Lk 11,14 beschrieben, wohl aber nicht Mk 7,33-35. Die hilfreiche Unterscheidung von Theißen zeigt, dass nur bei einem kleineren Teil der ntl. Heilungen eine solche Besessenheit mit physiolo gischer Auswirkung vorgelegen hat. Damit gegen Schräge, Jakobusbrief 56, wo nach im NT „Krankheiten ja weithin auf Dämonen zurückgeführt wurden" und so mit exorzistischer Heilung bedürfen. 273 Und damit gegen die übliche Position der religionsgeschichtlichen Schule, die das ntl. KrankheitsVerständnis einzig durch das im Heidentum des 3. und 4. Jh. verbreitete Prinzip der Krankheitsdämonen zu erklären versucht, so dass jedes ntl. Gebet um Heilung zum Beschwörungsgebet wird. Folglich ist die Rückprojektion von Texten wie z.B. der pseudoklementinischen Schrift De virginitate aus dem 3. Jh. in die ntl. Zeit unter der Annahme älterer Traditionen problematisch. Vgl. Döl ger, Exorzismus 141-147, insbes. 146.
V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
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7.2.5 Die Verwendung von Speichel Eine mögliche ntl. Parallele zur Ölsalbung i m Krankheitsfall bildet Jesu V e r w e n d u n g von Speichel. In M k 7,33 heilt er einen T a u b s t u m men i n d e m er „spuckte und die Z u n g e berührte (TTTUOCCC; r\\\faxo ifjc; Y^oSöörjg a t k o u ) " sowie einen Blinden in M k 8,22-26 durch Spucken in die A u g e n (TTTUCNXC; eiQ xa öfifxaia airuou, V. 2 3 ) gepaart mit Hand auflegen. Ähnlich trägt er (eirexpicrcv, andere Lesart in B et al.: 6iT€0r|K€v, vgl. V. 15) in Joh 9,6-7 ein G e m i s c h aus Speichel (T\X\)G\IOL) und Erde auf die A u g e n auf. M i t dieser V e r w e n d u n g von Speichel b e dient sich Jesus eines in der Antike beliebten Heilmittels, insbesondere bei A u g e n k r a n k h e i t e n . 2 7 4
2 7 5
276
Es stellt sich zunächst die F r a g e , o b Jesus den Speichel, der in der Antike nicht nur als medizinisches Heilmittel, sondern auch als Kathartikum v e r w e n d e t w u r d e , w e g e n seiner pharmakologischen Qualitä ten oder aufgrund der i h m - vor allem b e i m A u s s p u c k e n - zuge schriebenen apotropäischen W i r k u n g verwendete. D e n n in der au ßerbiblischen Literatur begegnen beide K o m p o n e n t e n häufig und sind oft k a u m voneinander zu t r e n n e n . D o c h wird bei den Heilungen Jesu mit Hilfe von Speichel sehr deutlich, dass nicht primär der Speichel die Heilung bewirkt, sondern Jesu W o r t sowie das H a n d a u f l e g e n . So 2 7 7
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280
274 U.U. soll die „Bindung der Zunge" (öeou-cx; xfjg yk6oor\c) in 7,35 auf eine dämonische Ursache der Krankheit hinweisen. Siehe Kollmann, Wundertäter 231. Hierbei könnte es sich um eine dämonisch bedingte, funktionelle Störung handeln, ohne dass der Kranke von einem Dämon besessen ist; vgl. Trunk, Heiler 61. Im Gegensatz zu Mt 12,22 wird dies hier jedoch nicht explizit. 275 Vgl. Midr Dtn r 5,15, wo das Spucken ins Auge als Zauber von einem Augen leiden befreit. Hierzu siehe auch Isaacs, Miracles 100. 276 Vgl. Tac Hist IV 81; Dio Cass LXVI 8; bBB 126b; jSot l,16d; Av R Nat 36; St.-B. II 15-17; Kollmann, Wundertäter 235; Böcher, Dämonenfurcht 218-220; Kee, Medicine 194f. 277 So sehen R. und M. Hengel, Heilungen 356-358 den Speichel als einziges Heilmittel, das im Zusammenhang mit der Heiltätigkeit Jesu überliefert ist. Ähnlich Theißen, Wundergeschichten 7 2 , 1 0 1 ; Pesch, Markusevangelium I 395. Die Histori zität von Mk 8,22-26 und Joh 9,6 ist dabei nicht notwendig zu bezweifeln; vgl. Kollmann, Wundertäter 235, 238. Doch auch wenn Speichel in der Antike bei Au genkrankheiten verwendet wurde, erscheint seine Anwendung bei einem Taubstum men - nicht nur aus heutiger medizinischer Sicht - zumindest ungewöhnlich. 278 Vgl. Plin Hist nat XXVIII 36. Weitere Belege bei Kollmann, Wundertäter 232 mit Anm. 45f. 279 Vgl. Schlier, Art. €KTTTIJÜ) 446f, der die apotropäische Bedeutung in den Vor dergrund stellt, und Dorsey, Art. spit 604, der die medizinische Wirkung betont. Siehe auch Art. T u u a u . a , EWNT III 465. 280 So bemüht sich Jesus bei seinen Exorzismen und Heilungen keiner anderen Kraftquelle. Vgl. Twelftree, Exorcist 160: , Jesus does not appear to call on any source of poxver-authority." (Hervorhebung des Autors). Ähnlich Aune, Magic 1545. In den rabbinischen Texten geschieht das magische Ausspucken zum Zweck der Heilung dagegen in Verbindung mit dem Flüstern von Beschwörungen; vgl. St.B. II 15-17.
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geschieht das Öffnen der Ohren und das Lösen der Zunge in M k 7,34 auf Jesu Befehl hin, und in M k 8,23.25 legt er dem Blinden neben der Verwendung von Speichel die Hände auf, u m nach einem ersten Teil erfolg die vollständige Heilung durch ein zweites Handauflegen zu erreichen. Ähnlich wird der Blinde in Joh 9 erst in Zusammenhang mit der ihm aufgetragenen Waschung im Teich Siloa (V. 7) sehend. Die Interpretation von G. Twelftree ist also nicht ganz korrekt, wenn er behauptet, „there is nothing to separate Jesus' use of spittle from its use in the ancient world, or that he or the Gospel writers thought he was using it any differently from anyone eise. So, in this aspect of his healing technique, the earliest Church was clearly not endeavouring to remove or isolate Jesus from his m i l i e u . " Zwar hat die Urgemeinde Jesus nicht aus seinem Milieu entfernt, doch stellt der Speichelauftrag bei den Heilungen Jesu nur ein zusätzliches, nicht aber das wesentliche Element im Heilungsvorgang dar, ganz analog zur Ölsalbung in Jak 5,14. Dies wird weiter bestätigt durch die Tatsache, dass es sich bei dem Speichel u m das einzige von Jesus angewendete Hilfsmittel zur Heilung von Kranken handelt. Noch entscheidender ist aber, dass er Blinde auch ohne Speichelauftrag heilte (vgl. M t 9,29f; 20,34). Daher k o m m t d e m Speichel bei den Heilungen Jesu weder eine effektive medizinische noch eine a p o t r o p ä i s c h e , e x o r z i s t i s c h e oder magi s c h e Bedeutung zu. 281
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Aufgrund der Kombination von Heilmittel, begleitender Handlung, vollmächtigem Wort und nicht zuletzt der in den Evangelien detaillier ten Beschreibung des Speichelauftrags führt G. Theißen den Begriff der Therapie e i n . Denn die Zubereitung des Breis aus Speichel und 2 8 5
281 Twelftree, Exorcist 158. 282 Eine apotropäische Wirkung ist außerdem unwahrscheinlich, da biblische Parallelen fehlen. Einige sehen zwar in Gal 4,14 im Aus- bzw. Anspucken (IKTTTUCO) eine apotropäische Bedeutung des Speichels; vgl. Lietzmann, Galater 28, auf den sich etliche Ausleger beziehen, sowie Böcher, Christus Exorcista 102. Eine solche Deutung ist jedoch unwahrscheinlich, da die Geste meist Verachtung zum Aus druck bringt, was auch dem Kontext von Gal 4,14 besser entspricht als die Abwehr von Krankheitsdämonen; vgl. Betz, Galaterbrief 390; Mußner, Galaterbrief 308. Außerdem hat das Anspucken im AT wie auch im NT stets eine verachtende Bedeutung; vgl. Num 12,14; Dtn 25,9; Jes 50,6; Mt 26,67; 27,30; Mk 14,65; 15,19; Lk 18,32; siehe auch 1QS 7,13. Vor allem aber steht bei den Heilungen Jesu nicht das wertende 4KTTTUCO, wie in Gal 4,14, sondern stets das neutrale ITTUCJ, spucken. 283 Auch wird kein böser Geist unmittelbar konfrontiert. Gegen Böcher, Christus Exorcista 102: „Als exorzistische Handlungen sind die Heilungen gedacht, die Jesus nach dem Bericht der Evangelien unter Verwendung von Speichel vorgenom men hat." Ähnlich Bultmann, Synoptische Tradition 24 lf Anm. 1. Siehe aber die obige Diskussion zur Heilung der Frau mit dem „Geist der Schwäche" durch Hand auflegen in Lk 13,13. 284 Auch fehlen Beschwörungen und geheimnisvolle Praktiken. Vgl. Betz/Fritsche, Art. Heilung 765. 285 Vgl. Theißen, Wundergeschichten 72, lOlf; Kollmann, Wundertäter 232.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
Erde in Joh 9,6 und die Erkundigung des Heilers nach dem Heilerfolg in M k 8,23 erinnert an den Dienst eines Arztes. Bei der Verwendung von Speichel handelt es sich jedoch aufgrund der Kombination von Spucken oder Auftragen, Handauflegen und vollmächtigem Wort zusammen mit d e m außergewöhnlichen Heilungserfolg nicht u m eine medizinische T h e r a p i e . Die intensive Beschäftigung mit dem Kran ken (insbesondere bei einem Blinden!) durch Körperkontakt und der Grundtenor der Wunderheilung bilden vielmehr eine komplexe Einheit, in der der Glaube des Kranken von großer Bedeutung ist. D.h. „Jesus' spitting connotes more than a gesture of communication. Thus each gesture represents an integral part of the healing m i r a c l e . " Noch konkreter interpretiert D. Trunk den Speichelauftrag und das Stoßen der Finger in die Ohren durch Jesus bei Mk: „Diese thaumaturgischen Gesten gehen weit über die formalisierte Heilungsmethode bei M t mittels Wort und Berührung hinaus. Dabei ist die Berührung in den mt Therapien oft mit d e m das Wunder bewirkenden Wort verbunden, das bei M t im Unterschied zu M k weniger ein technisches Mittel ist, sondern vielmehr den Glauben der Bittenden und Hilfesuchenden anerkennt und diesen zur Wirkung bringt. ... Bei M k dagegen haben die Gesten auch eine kommunikative Funktion. Das Bespucken und die Verwendung von Speichel geben d e m Taubstummen und d e m Blinden die Heilungsabsicht zu erkennen und bestärken sie in ihrer Erwartungs haltung, ntl gesprochen: in ihrem G l a u b e n . " 286
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Die akzessorische Verwendung eines antiken Heilmittels zeigt darüber hinaus, dass Jesus nicht als Magier fungiert, der fremde Kräfte bemüh en bzw. manipulieren muss, sondern als göttlicher Heiler, der selbst h i l f t . Folglich besitzt der Vorgang einen zeichenhaften Charakter über die Kommunikation mit dem Kranken h i n a u s . In Anlehnung an 289
290
286 Gegen das Auftragen von Speichel zur Kraftübertragung, wie Theißen, Wun dergeschichten 101 annimmt, spricht allerdings in Mk 8,22-26 das gleichzeitige Handauflegen - zur Übertragung von Kraft - und in Joh 9,6f das Eintreten der Hei lung nicht beim Auftragen des Speichels, sondern erst später bei der Waschung im Teich. 287 Guelich, Mark 394. 288 Trunk, Heiler 210. Ähnlich argumentiert auch St.-B. II 17. Unzureichend ist dagegen die Interpretation von Mk 7,33 bei Drewermann, Markusevangelium 1499: „Was Menschen heilt, ist diese Zärtlichkeit und dies Verstehen, das den anderen berührt, dort wo er leidet." 289 Vgl. Ex 15,26. 290 Die Verwendung von Speichel reiht sich somit in die Liste der zeichenhaften Handlungen Jesu ein wie z.B. das Zöllnergastmahl Mk 2,13-17 Par., die Tempelrei nigung, die Sabbatheilungen etc. Zur Bedeutung der zeichenhaften Handlungen Jesu, die er als Ausdruck seiner Mission im Gegensatz zu den atl. Propheten primär an Menschen ausführte, und durch die er sowohl auf Gottes Handeln hinweist als auch neue Realitäten „präfiguriert", siehe Trautmann, Zeichenhafte Handlungen, insbes. 386-387.
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die von J. Trabant vorgeschlagene Kategorisierung semantischer Hand lungen dürfte es sich dabei u m eine sog. aktuelle Zeigehandlung mit gesellschaftlich verbindlich vereinbartem Inhalt handeln, die dazu dient, etwas mitzuteilen bzw. verstanden zu w e r d e n . Beim Speichel auftrag wäre dies die aktive Heilungstätigkeit Jesu. 291
7.2.6 Die Salbung der Kranken mit Öl in Mk 6,13 Die einzige biblische Parallele zur Salbung der Kranken mit Öl in Jak 5,14 stellt M k 6,13 dar. Hier heißt es in d e m der Aussendung der zwölf Jünger folgenden Sammelbericht: „und sie trieben viele D ä m o n e n aus und salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie (Kai r\Xeityov 4A,aia) TTOAAOVJC; dppoSatoDq Kai 40€pa7T€i)ov)." In den parallelen Überlieferun gen M t 10,5-15 und Lk 9,1-6 (vgl. Lk 10,1-12) fehlt die Ölsalbung allerdings, insbesondere wird sie nicht als Teil des Auftrags Jesu, zu heilen, erwähnt. Daher gehen die Ausleger des M k mehrheitlich davon aus, dass es sich bei der Ölsalbung in M k 6,13 u m eine redaktionelle Ergänzung handelt, die auf die markinische Gemeindepraxis zurückzu führen i s t . (Dennoch würde es sich u m dieselbe frühchristliche Tra dition der Krankensalbung handeln, die in Jak 5,14 vorliegt.) A. Schlatter stellt dagegen die Authentizität von M k 6,13 nicht in F r a g e , eine Position, die sich auch in der neueren Forschung bei J. John wiederfindet: „Such a procedure is entirely plausible historically. Simply because we k n o w that the later church used oil in healing, there is no need to be sceptical as some commentators and assume that the practice has been 'read back' into Mark's G o s p e l . " Doch unabhängig von der Frage, ob es sich hier u m eine nachösterliche Tradition han delt, belegt die Attestierung der Ölsalbung im Krankheitsfall in M k 6,13 neben Jak 5,14 die frühe Verbreitung der Praxis in der Urgemein de über den Kreis der Gemeinde(n) des Jak hinaus. Die meisten Ausleger von M k 6,13 gehen nun davon aus, dass es sich bei der Salbung nicht u m eine medizinische Anwendung des Öls, son dern u m eine symbolische bzw. zeichenhafte Handlung für die Heil292
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291 Siehe Trabant, Semiotik 91-96. Hierbei sind die Zeigehandlungen von den Ritualia und Magica, bei denen man sich über etwas verständigt, zu unterscheiden: Durch Ritualia bestätigt man gesellschaftliche Relationen innerhalb einer gesell schaftlichen Institution, durch Magica verleiht man Gegenständen und Menschen bestimmte gesellschaftliche Eigenschaften im Rahmen einer Institution; siehe a.a.O. 131-133. 292 So Schmithals, Markus 1310; Gnilka, Markus I 240; ähnlich Kollmann, Wun dertäter 319; Guelich, Mark 323. 293 Vgl. Schlatter, Markus 125. 294 John, Anointing 50. Grundsätzlich besteht auch für Kollmann, Wundertäter 198 „kein Anlaß, an einer Historizität des ältesten Überlieferungskerns von Mk 6,6b-13parr zu zweifeln. Während die nachösterlichen Jüngerbeauftragungen Mt 28,19f.; Lk 24,47-49 und Joh 20,22f. in hohem Maße christologische Traditionsbil dung voraussetzen und von ekklesiologisch-soteriologischen Interessen ... geprägt sind." Gegen Bultmann, Synoptische Tradition 156.
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kraft Gottes h a n d e l t . Eine weitere Spezifizierung und traditionsge schichtliche Beleuchtung fehlt jedoch. Als allgemeines Heilmittel und zugleich von exorzistischer Relevanz aufgrund der kathartischen Natur des Öls versteht R. Pesch die Salbung in M k 6 , 1 3 . D e m widerspricht J. Wilkinson überzeugend: „Anointing with oil is never used for exorcism in the N e w Testament, and here Mark carefully distinguishes the anointing with oil of the sick from casting out of d e m o n s . " Als zusätzliches Argument wäre noch der ausbleibende Körperkontakt bei den ntl. Exorzismen a n z u f ü h r e n . Eine apotropäische Bedeutung des Öls wäre zwar denkbar, doch auch in diesem Fall fehlt jede ntl. Parallele. Richtungweisend ist dagegen die vorsichtige Formulierung von J. John: „It is clear from the sense and context of the Marcan verse that the practice of the apostles has more to do with the charismatic kind of healing and anointing than with the every day k i n d . " Mit dieser Feststellung aber steht die Ölsalbung der Kranken durch die Jünger bzw. die Gemeinde in einer außerordentlichen Nähe zur zei chenhaften Verwendung des Speichels bei Jesus, so dass für die Kran kensalbung eine ähnliche Funktion zu vermuten ist. Die Gemeinsam keit von Speichel und Olivenöl als antike Heilmittel ist offensichtlich, auch wenn beide Stoffe keine Allheilmittel darstellen. Im jeweils expli zit erwähnten Auftragen der Stoffe k o m m t aber die therapeutische Bedeutung beider Praktiken deutlich zum Ausdruck (vgl. die Verwen dung von dA,€uJ)Gi) in M k 6,13 und Jak 5 , 1 4 ) . Zugleich fehlen Hinwei se auf eine Verbindung von Salbung und Kraftübertragung . Noch mehr als beim Speichel haftet d e m Öl eine vielfältige Symbolik an, wobei aber symbolische Aspekte wie Freude, Stärkung, Belebung, Schutz, Ehrung, Weihe oder gar die Bekräftigung eines Rechtsakts der Krankenheilung nicht in besonderer Weise entsprechen. Die Wahl eines dieser Aspekte wäre daher bei fehlenden direkten Parallelen zur 2 9 6
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295 So Gnilka, Markus I 240; Guelich, Mark 323; Lohmeyer, Markus 115: „Es (das Öl) ist das Zeichen der heilenden Macht, die den Zwölfen gegeben ist"; ähnlich Schmithals, Markus I 310; Schweizer, Markus 69. Zur Minderheit, die in Mk 6,13 eine medizinische Anwendung des Öls annimmt, gehört Kollmann, Wundertäter 319. In Jak 5,14 spricht Kollmann, a.a.O. 346 dagegen von einer „dämonenbannen den Ölsalbung"! 296 Vgl. Pesch, Markusevangelium I 330. Ähnlich auch Böcher, Christus Exorcista 101, wobei jedoch eine Begründung fehlt. 297 Wilkinson, Healing 339. Die Differenzierung zwischen Heilung und Exorzis mus in Mk 6,13 sieht auch Kollmann, Wundertäter 196. 298 Hierzu s.o. unter 7.2.3. Damit gegen die einflussreiche Position von Schlier, Art. äA.eict)ü) 232: „Im Neuen Testament ist die Ölsalbung eine medizinisch-exorzis tische Handlung an Kranken." (Hervorhebung des Autors). Zur medizinischen Ver wendung des Öls s.o. unter 3.3.3. 299 John, Anointing 50. Damit gegen eine medizinische Bedeutung des Öls. 300 Zur Verwendung von akd<\)U> zur Darstellung des Auftragens von Öl und Fett im alltäglichen und medizinischen Zusammenhang s.o. unter 2.1, 3.1, 3.3. 301 Gegen Seybold, Krankheit 162.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
ntl. Krankensalbung sowohl willkürlich als auch nicht allgemein verständlich und folglich abzulehnen. Neben d e m durch die Öleinreibung entstehenden Körperkontakt stellt die Krankensalbung in Anlehnung an die Kategorisierung semantischer Handlungen von J. Trabant jedoch - ähnlich wie die Verwendung von Speichel durch Jesus - eine aktuelle Zeigehandlung mit gesellschaftlich verbindlich vereinbartem Inhalt dar. D a keiner der Einzelaspekte antiker und atl.-jüdischer Salbungspraxis in besonderer Weise der Krankensalbung entspricht, ist hier nach einem übergreifenden T h e m a zu suchen. Vor allem in den Psalmen und den Propheten findet sich ein solches Thema, w o die Salbung häufig den göttlichen Segen bzw. göttliche Heilszuwendung z u m Ausdruck bringt. Die eschatologische Salbung z u m Zweck der Sündenvergebung und Heilung in der intertestamentarischen Literatur kann dabei als Konkretisierung dieses A s pekts gesehen werden. Empfänger dieser symbolischen Botschaft ist in erster Linie der Kranke. Die Salbung erhält so einen therapeutischen Aspekt, indem d e m Kranken die göttliche Heilkraft vor Augen gestellt wird, wodurch er möglicherweise in seiner Erwartung göttlicher (Wunder)heilung bekräftigt w i r d . Letzteren Zusammenhang hebt A. Schlatter hervor: „Die Salbung mit Öl steht neben der Auflegung der Hände, d e m Griff nach der Hand des Kranken, der Betastung des kranken Glieds und der Übertragung des Speichels auf den Kranken. Diese Handlungen machen den Willen des Jüngers zu heilen sichtbar und richten dadurch den Kranken z u m Glauben a u f . " 3 0 2
303
7.2.7 Die Ölsalbung im Kontext von Jak 5,14f Nach diesem Überblick über die Ölsalbung im Z u s a m m e n h a n g mit der ntl. Krankenheilung soll nun die Funktion der Salbung im Kontext von Jak 5,13-18 betrachtet werden. Einigkeit besteht unter den Exegeten, dass in 5,14f aufgrund der syntaktischen Struktur d e m Gebet das Hauptgewicht zukommt (vgl. V. 16c). Hieraus resultiert eine Subordination der Salbung gegenüber d e m Gebet, wie H. Friesenhahn verdeutlicht: „In d e m Text bei Jak ist iTpooeu£no0cooav das Prädikat des Satzes, aXel\\iavxe(; dagegen nur participium coniunctum. Der rhetorische Nachdruck liegt demnach auf TTpooeu^rjoGcooav. Dies erscheint also als Hauptsache, die Salbung dagegen nur als akzidentelle Begleiterscheinung, höchstens als integrierender Bestandteil der hier beschriebenen 302 Zum Begriff der Therapie s.o. unter 7.2.5. Für die von Drewermann, Markusevangelium I 399 hergestellte Verbindung von Krankensalbung und atl. Königsund Priestersalbung auf psychologischer Ebene fehlt jedoch jeder exegetische Bezug: „Der andere ist in den Augen Gottes wie ein König, wie ein Priester. Sein Leben ist etwas absolut zu Respektierendes. Er ist der Souverän im Reiche seines Lebens. Er ist wie eine Brücke in die Ewigkeit." 303 Schlatter, Markus 125. Ähnlich versteht Hauck, Jakobus 233 die Verwendung des Öls aufgrund dessen „wohltätigen Wirkungen" sowie „als ein Mittel, den Glauben des Kranken anzuregen".
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Handlung." Die ambivalente zeitliche Abfolge von Salbung und Gebet in Jak 5 , 1 4 unterstreicht eine untergeordnete Bedeutung der Salbung. So versteht H. Frankemölle aXeltyavTtc, modal und damit zeitgleich z u m Gebet als „indem sie ihn s a l b e n . " Im Gegenzug be schreibt das Partizip im Aorist nach Chr. Burchard und L.T. Johnson eher ein Vorangehen der Salbung gegenüber dem G e b e t . Auf jeden Fall dürfte aXei^avx^Q als Partizipialattribut aber „den Sinn eines Imperativs" annehmen, wie F. Mußner h e r v o r h e b t . Unbeantwortet bleibt auch die Frage, warum die Salbung in V. 16 im Zusammenhang mit dem gegenseitigen Gebet der Gemeindeglieder fehlt. Hieraus auf einen Ausschluss der Gemeindeglieder von der Salbung der Kranken zu schließen wäre jedoch falsch, denn in der Alten Kirche salbten bis ins 9. Jh. auch die Laien - mit zuvor vom Bischof gesegnetem Öl - die Kranken . 305
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8. Die sakramentale Bedeutung der Ölsalbung Neben der Symbolik des Öls und der Salbung wird oft auch eine sakra mentale Bedeutung der Ölsalbung in Jak 5,14 diskutiert. Doch ist nicht nur die uneinheitliche Definition des Begriffs „sakramental" problema tisch für die Exegese. Auch bietet der Text keinen Anhaltspunkt dafür, den schlichten Vorgang von Jak 5,14 durch die komplexe Vorstellung der Vermittlung von Gnade zu interpretieren . D.h. H. Vorgrimmler projiziert die Vorstellung späterer Zeiten in den Jakobustext, wenn er etwas unschlüssig erklärt: „Von der Symbolhandlung der Ölsalbung wird das ganzheitlich gesehene Heil des Menschen erhofft. Die Erhö rung der Fürbitte steht bei Gott allein; im Text gibt es keine Anhalts punkte, das Ganze als Wunderheilung zu v e r s t e h e n . " Problematisch ist auch ein Verständnis, welches der Salbung eine „Kraftwirkung" b e i m i s s t . Denn in Jak 5,14 k o m m t dem Gebet die zentrale Bedeu310
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304 Friesenhahn, Geschichte der Überlieferung 185/186. Vgl. auch Frankemölle, Jakobus II 711, der die hypotaktische Unterordnung der Salbung gegenüber dem Gebet in V. 14 in 15a bestätigt sieht. 305 Vgl. Blass/Debrunner/Rehkopf, Grammatik §339. 306 Vgl. Frankemölle, Jakobus II 710. Ähnlich Adamson, James 197; Laws, James 226; Martin, James 207. 307 Siehe Burchard, Jakobusbrief 209; Johnson, James 331. Ähnlich Popkes, Jakobus 343; Schneider, Jakobus 35. 308 Mußner, Jakobus 220. Das Erscheinen von auxov nach dem Partizip in ^ A und einigen späteren Handschriften trägt dabei zu keinem Bedeutungswandel bei. 309 Vgl. Hippolyt, Trad apost 5; Barrett-Lennard, Christian Healing 55 sowie unten Abschnitt 10. 310 So auch Thomas, Devil (1993) 37. 311 Vorgrimmler, Art. Krankensalbung (TRE) 665. 312 Widersprüchlich zumindest ist die Position von Brunotte, Art. aXet^o) 1054/1055, der der Ölsalbung den Charakter eines Zeichens beimisst und demzufol-
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tung zu und nicht der Ölsalbung. Vor allem bleibt dann unerklärt, warum die Salbung beim Gebet der Gemeinde in V. 16 fehlt. Die obigen Beobachtungen zu Jesu Verwendung von Speichel bestätigen diese Sichtweise. Die Salbung wirkt also auf keinen Fall ex opere operato. Dennoch ist die Ölsalbung - wie auch Jesu Verwendung von Speichel - ein integraler Teil der Heilung, da er den göttlichen Heilungswillen zum Ausdruck bringt. Bei einem solchen Verständnis ist es m.E. möglich, von einer sakramentalen Bedeutung des Öls zu s p r e c h e n . Wenig hilfreich ist hier jedoch die Vorstellung der Vermittlung von Gnade, da die Gebetserhörung im Mittelpunkt steht. Doch könnte das erweiterte Prinzip des Sakramentalen von Paul Tillich zum Tragen k o m m e n : „Sakramental sind alle Gegenstände und Vorgänge, in denen das Seinsjenseitige in einem Seienden gegenwärtig angeschaut w i r d . " Diese Definition erlaubt das Geschehen in Jak 5,14f als Gebetserhörung zu verstehen. „The anointing is performed in the name of the Lord, and is thus part of the Single event of spiritual healing, the request for which is the religious response to s i c k n e s s . " Der unscharfe und theologiegeschichtlich vorbelastete Begriff des Sakramentalen ist in Jak 5,14 also nur bedingt hilfreich. Im Mittelpunkt steht das Gebet und nicht die Vermittlung von G n a d e . 313
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3 1 6
9. Die Wendung
kv t c p
ÖVO\IOLTI
tou
Kupiou
In Jak 5,14 ist nicht unterschieden, ob sich die modale W e n d u n g kv TGO TOU K u p i o u auf die Salbung mit Öl oder auf das Gebet
6v6|iatL
3 1 7
bezieht, da die vorausgehende Partizipialkonstruktion 7Tpooeu£do0G)oav enr'
OCUTÖV
aXtityoLVTtQ
[OCUTÖV]
eXaity
eine enge Affinität von Gebet und
ge eine sakramentale Heilkraft als magisch verwirft, zugleich aber eine exorzistische Kraftwirkung annimmt: „Wahrscheinlich liegen Stellen wie Mk 6,13 und Jak 5,14 stärker exorzistische Praktiken zugrunde, dh die Salbung dient in ihrer Kraftwirkung zur Überwindung von Dämonen. ... Die Heilung und damit die Salbung werden zu sichtbaren Zeichen der angebrochenen Gottesherrschaft. Das magischsakramentale Mißverständnis der Salbung wird jedoch - bes. Jak 5,13ff - dadurch stark eingeschränkt, daß dem begleitenden Gebet eine so entscheidende Bedeutung zuerkannt wird." 313 Vgl. Hörne, Sacramental Use 12. 314 Tillich, Symbol und Wirklichkeit 65. 315 Laws, James 227 (Hervorhebung der Autorin). Ähnlich Windisch, Die katholischen Briefe 33: „Das Öl wirkt durch die Kraft des Namens". 316 Ähnlich zurückhaltend Frankemölle, Jakobus II 713. Vgl. auch Schräge, Jakobusbrief 56: „Sakramentale Vorstellungen fehlen dagegen hier." Gegen die Übermittlung von Gnade durch die Ölsalbung argumentiert auch Ropes, James 305. 317 Bei der Auslassung von TOÖ Kupiou in B sowie von xoö in A ¥ 33. 81 dürfte es sich um einen Fehler handeln; vgl. Davids, James 193; Dibelius, Jakobus 301 Anm. 3.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
Salbung herstellt. Die Namensnennung gilt demnach für beide K o m p o nenten. Im Folgenden sollen die möglichen Implikationen der Namens nennung für die Ölsalbung dargelegt und erörtert werden. 9.1
Die Namensnennung im Alten Testament
Die präpositionale Wendung kv TCO o v o ^ c m ist im klassischen Grie chisch ungebräuchlich. In der L X X gibt die Formel kv TCO ÖVO\IOLTI den hebräischen Ausdruck DBÖ wider, wobei auch ki\\ TCO ovo^taiL begeg net, u m die Benennung nach j e m a n d e m oder nach etwas auszudrücken. Die övo|ia-Formel entspricht also eher dem semitischen Sprach g e f ü h l . In den meisten Fällen ist die Konstruktion Teil der Formel m J T Drä, die wiederum das hebräische Äquivalent zu kv TCO 6v6|iaTi T O Ö K u p t o i ) - wie in Jak 5,14 - bildet. Dabei begegnet Döte im A T in erster Linie mit dem Verbum Nlp, gelegentlich aber auch mit den Verba dicendi "DT (hif.: anrufen, Jes 4 8 , 1 ; Ps 20,8), ^ " D (pi.: segnen, Dtn 10,8 u.ö.), hbp (pi.: verfluchen, 2 Kön 2,24) und Mtf (nif.: schwören, Lev 19,12 u . ö . ) . Die sich daraus ergebenden semanti schen Konnotationen von D?3 lassen sich dabei grob auf die beiden Konzepte „unter Nennung des Namens", welches das gängigere ist, und (vereinzelt) „im Auftrag" (Ex 5,22f; Dtn 18,18-20, Jer 14,14) re duzieren . Wichtig für die Thematik der Heilung ist, dass beim Ausrufen des Gottesnamens im A T auch die Erwartung göttlicher Kraft eine nicht unwesentliche Rolle spielt. Dabei impliziert die formelhafte Natur der W e n d u n g m i r Drä aber keinen magischen Z w a n g . „So ist Jahves N a m e kein Zaubermittel, sondern ein Geschenk der Offenbarung. Das schließt freilich nicht aus, dass man beim Ausrufen oder Anrufen des Namens Jahves an seine wirkende Kraft glaubt, und das gilt auch für die nicht unmittelbar mit dem Kult zusammenhängende Verwen dung." Zu nennen wäre hier das Schwören, Fluchen und Segnen. Darüber hinaus begegnet auch ein direkter Zusammenhang zwischen d e m Anrufen des Gottesnamens und der göttlichen Kraftwirkung. So weiß Elia in der Erzählung vom Wettstreit des Propheten mit den Baalspriestern in 1 Kön 18, dass er durch das „Rufen im Namen Jahwes" die göttliche Bestätigung bzw. die Hilfe Gottes in der Form einer Kraftwirkung als Gottes Antwort erwarten kann. Daher ruft er die Baalspriester mit den Worten auf: *np» O^rfr« orwnpl nirP'DM (V. 24a), mit der Gewissheit: „Und der Gott, der mit Feuer 318
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318 Vgl. Bietenhard, Art. 6vo\xa 262. 319 Vgl. Van der Woude, Art. OB? 951-953. Außer in Verbindung mit den Verbis dicendi erscheint mm ntfa nur selten; vgl. 1 Sam 17,45; Ps 20,6; 44,6; 118,10-12. 320 Vgl. Bietenhard, Art. övou« 258-261. Siehe auch Heitmüller, Im Namen Jesu 42 insbes. Anm. 2, 51, 321 Vgl. Van der Woude, Art. 952. 322 Bietenhard, Art. bvo\ia 254.
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antwortet, der ist wahrhaftig Gott." (V. 24b) Elias „Rufen im Namen Jahwes" bedeutet also nicht die Verwendung einer magischen Formel, sondern konkret das auf Gott gerichtete Bitten und Flehen des Prophe ten (V. 3 6 f ) . Das gleiche Verständnis des „Rufens im Namen J a h w e s " als ein Flehen u m den Erweis einer göttlichen Kraftwirkung, und zwar u m Heilung, dürfte auch hinter der Erwartung des an Aussatz erkrankten ara mäischen Feldhauptmanns Naaman in 2 Kön 5,11 stehen (vgl. Ps 116, 4), wenn er - enttäuscht über die Anweisungen Elisas - klagt: „Siehe, ich hatte mir gesagt, er wird zu mir herauskommen und hintreten und den Namen Jahwes, seines Gottes anrufen ( V r f c K n W ' D r ä N"lp!) und seine Hand über die (erkrankte) Stelle (DipQrr7N) erheben und mich so von d e m Aussatz befreien." (V. I I b ) A.S. Van der Woudes resü miert entsprechend für den Ausdruck n i r P ' D r ä N"lp: „wenn eine Ant wort Jahwes erwartet wird, bedeutet die Wendung 'Jahwe um Hilfe anflehen ... oder 'Fürbitte bei Jahwe einlegen',, . Da die Wendung kv TGO 6v6|i<m im Griechischen eher ungebräuchlich ist und die övo|ia-Formel in Jak 5,14 wie zumeist auch im Hebräischen im Zusammenhang mit d e m Gesuch u m göttliche Hilfe steht, könnte sich die Wendung hier auf die flehentliche Erwartungshaltung der Beter beziehen. Hierfür spricht auch die untergeordnete Stellung der Salbung gegenüber d e m Gebet in Jak 5,14. Doch auch eine Salbung „im Auftrag des Herrn" ist möglich. 323
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3 2 3 In ähnlicher Weise „rief Elia zu Jahwe" (1 Kön 17,20) indem er um das Leben des Sohnes der Witwe von Zarpat flehte. Erst dann streckte er sich dreimal über dem Kind hin, um es aufzuerwecken (V. 2 1 ) . Und auch Elisa „betete zu Jahwe" ( 2 Kön 4 , 3 3 ) bevor er sich auf den toten Sohn der Schunemiterin legt, wodurch dieser wieder lebendig wird (V. 3 4 ) . Bei dem Rufen im Namen Jahwes, welches offenbar gleichbedeutend ist mit dem Anrufen Jahwes, handelt es sich also nicht um eine formelhafte Verwendung des Namens Gottes; vgl. Ruck-Schröder, Name Gottes 181 Anm. 104. Die Heilung geschieht also in beiden Erzählungen nicht nur durch Körperkontakt allein (vgl. aber Apg 20,10), sondern primär durch das Flehen der Propheten. Daher ist der von Ruck-Schröder a.a.O. verwendete Terminus der Kontaktmagie hier unangemessen. 3 2 4 tfparrt» steht im Zusammenhang von Krankheit und Heilung für die Stelle des Aussatzes (vgl. LXX: eiri xbv TOTTOV; Vulgata: et tangeret manu sua locum leprae; siehe Cogan/Tadmor, II Kings 6 4 ; Montgomery, Kings 3 7 9 ) und ist nicht wie von Würthwein, Könige II 3 0 0 durch die sekundäre Konnotation „Ort der Huldigung" bzw. „heilige Stätte=Heiligtum" zu übersetzen. Dass es sich bei der Handbewegung um einen Exorzismus handelt, wie Cogan/Tadmor, a.a.O. anneh men, ist unbegründet. Die Nähe der Wendung D i p Q ' ^ N zum Gebet über dem Kran ken in Jak 5 , 1 4 (vgl. eir' OCUTÖV) ist unübersehbar. 3 2 5 Dass die Erzählung der Erwartung eines magischen Heilungsrituals entgegen tritt, wie Würthwein, Könige II 3 0 0 andeutet, ist unbegründet. Vielmehr hat der Ausländer seinen (National)stolz der Souveränität Gottes unterzuordnen. Van der Woude, Art. D g 9 5 2 . 3 2 6
189
V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
9.2
In der rabbinischen Literatur
In der rabbinischen Literatur wird die präpositionale Wendung Dfite sowie verwandte Ausdrücke ähnlich wie im A T gebraucht, und zwar mit den Bedeutungen „kraft des Namens, auf Grund des Namens, unter Berufung auf den Namen" . Den Kontext bilden hier z.B. Parallelen zu Heilungsberichten im Namen Jesu wie Midr Koh r 1,8 ( 8 b ) oder Weissagungen im Namen eines Götzen wie in SDtn 177 z 18,19f ( 1 0 7 b ) . Darüber hinaus spielt die Nennung jüdischer Gottesnamen, oft vermischt mit heidnischen Götternamen, auch eine große Rolle in der synkretistischen Magie jener Z e i t , doch stehen hier wiederum manipulative Beschwörungen und magische Praktiken deutlich im V o r d e r g r u n d . Folglich warnen auch einige jüdische Texte vor der Verwendung des Gottesnamens sowie anderer Namen, weil sie einem magischen Gebrauch vorbeugen w o l l e n . 321
3 2 8
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330
331
332
9.3
Die W e n d u n g kv
TCO
ovojiaTL
im Neuen Testament
Im N T k o m m t die auf den semitischen Sprachgebrauch zurückgehende Wendung kv (xcp) 6v6\xaxi 40mal vor, wovon sich mindestens 8 Stellen auf Gott und 28 auf Jesus (Christus) beziehen. Die Grundbedeutung ist dabei ähnlich wie im A T „unter Nennung von" bzw. „Berufung a u f , wodurch man die Autorität dessen in Anspruch nimmt, auf den man sich b e r u f t . Abhängig v o m Kontext ergeben sich dann die Nuancen „unter Anrufen" oder „unter Verkündigung des N a m e n s " (Apg 9,27f), „im Auftrag" bzw. „in Erfüllung des Willens" (Mk 11,9 par; Joh 10,25; 2 Thess 3,6), „im Gehorsam" (1 Kor 5,4), „im Machtbereich" (Joh 17,11.12.21), „in der Kraft" (Mt 7,22; M k 9,38; Lk 10,17; Apg 3,6.16; 4,7.10; vgl. 1 Kor 5,4; 1 Joh 2,12), „in der Gegenwart" (1 Kor 6,11; vgl. Apg 9 , 3 4 ) . 333
334
327 Bietenhard, Art. övo[ia 267 (Hervorhebung des Autors). Siehe auch Heitmüller, Im Namen Jesu 43. 328 Siehe auch jAZ 2, 40d, 35.62; THul 2, 22 (503); jShab 14, 14d, 60; St.-B. I 468. 329 Siehe auch bSan 11, 1.5; 89a; Aune, Art. Magic 216. 330 Dies ist besonders in den Zauberpapyri zu beobachten; vgl. Kee, Medicine 107, 111. Kee, a.a.O. 107 merkt jedoch an: „The lateness of much of the material is indicated by the use of biblical, and especially Christian designations for the di vine." 331 Siehe Bietenhard, Art. övo[ia 269. Ähnliches gilt auch für die heidnischen Heilungs- und Inkubationsstätten, wo oft parallel zur medizinischen Therapie eine Vielzahl von Götternamen angerufen wurde. Vgl. Kee, Medicine 124. 332 Siehe MSan 11,1; jShab 14a; MShab 120b sowie Ruck-Schröder, Name Got tes 181 Anm. 104. 333 Vgl. auch die Hinweise auf Kraftwirkungen durch Belzebul in Mk 3,22; Mt 10,25; 12,24.27; Lk 11,15. 334 Vgl. Bietenhard, Art. övojia 270-279; Bauer-Aland 1160-1161.
V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
190
Sowohl in B e z u g auf das Gebet als auch in B e z u g auf die Salbung k o m m e n in Jak 5,14 für die W e n d u n g kv TCO 6v6|iaTi die Bedeutungen „unter N e n n u n g " , „unter A n r u f u n g " , „im A u f t r a g " , „im G e h o r s a m " , „in der K r a f t " und nicht zuletzt „in der Autorität" gleich wohl in F r a g e ; auf j e d e n Fall wurde der N a m e „des H e r r n " ausge sprochen oder angerufen. Insbesondere bei den nachösterlichen Kran kenheilungen ist die N a m e n s n e n n u n g des Klipioc; nicht nur an die Bitte u m Hilfe, sondern vor allem an die Erwartung der Erfahrung göttlicher ö u v c q i i c ; gekoppelt. So spricht Petrus d e m L a h m e n an der Schönen Pforte des T e m p e l s in A p g 3,6 (vgl. 3,16; 4,10.30) die Heilung mit den W o r t e n zu: kv T U 6v6|iaTi ' I T I Ö O Ö X p i ö T O Ö T O Ö Noc(copoaoi) (kytipt K a i ] 7T€p LTTC6T6 L . „Die Heilung 'im N a m e n Jesu' ruft die Kraft Jesu auf den P l a n . " Mit der im anschließenden Verhör der Apostel gestellten Frage nach d e m Ursprung der Heilung macht Lukas in A p g 4,7b dann das Korrespondieren von övojia und öuvoqiic; im Heilungsgeschehen eindrücklich deutlich: kv TTOUX öuva|i€i r\ kv TTOLCO 6v6|iaTi 4iToirjoaT€ TOÖTO i)|i€lc;; Ähnlich korreliert auch im paulinischen Schrifttum die övo|ia-Formel z.B. im Ausdruck kv TCO 6v6|iaTi T O Ö K u p i o u [ r p c o v ] ' I r j o o ö mit der göttlichen ö u v o q i i c ; in 1 K o r 5,3-5 sowie der övo|ia Gottes mit der öuva|ii<; Gottes in Rom 9 , 1 7 . D e m n a c h „soll in der G e m e i n d e durch Anrufung des bvo\ia des K u p i o c ; dessen ö u v o q i i c ; wirksam gemacht w e r d e n . " O b es sich in Jak 5,14 u m das 3 3 5
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335 So Heitmüller, Im Namen Jesu 86, für den die Ölsalbung trotz abschwächen der Formulierung „eine spezielle Art des öuvcqieic; iroietv kv 6vö|!tm Jesu" dar stellt. Das gleiche gilt nach Heitmüller für den möglichen Bezug der Wendung auf das in Jak 5,14 zuerst genannte Gebet. 336 So Bauer-Aland 1160. 337 So Bietenhard, Art. övo|ia 270. Diese Interpretation liegt nahe, wenn man die Namensnennung in Jak 5,14 wie in 5,10 versteht, wo es von den atl. Propheten heißt: 61 kXaX^oav kv TCO 6v6\iaxi TOÖ Kuptou. Heitmüller, Im Namen Jesu 86 ver steht die Namensnennung dagegen aufgrund des atl. Sprachgebrauchs sowohl in 5,10 als auch in 5,14 lediglich als „unter Nennen des Namens", obwohl er in Joh 12,38 die Bedeutung „im Auftrag" erkennt. 338 Sogar die Tannaiten des frühen 2. Jh. gingen davon aus, dass mit dem Nennen des Namens Jesu eine heilende Kraft verbunden war. So zog man es nach der Pole mik in THul 2, 21-23 vor, eher zu sterben, als sich, wie in diesem Fall, von dem Christen Jakob von Kephar Sama im Namen des Jeschua ben Pantera (Jesus) heilen zu lassen. Für Erläuterungen zum Text siehe Becker, Wunder 378-381; Fiebig, Wundergeschichten 35-36. 339 Ähnlich Frankemölle, Jakobus II 711; Schräge, Jakobus 56. 340 Ruck-Schröder, Name Gottes 78; vgl. Mußner, Jakobusbrief 221: „Ja Kraft' und 'Name' werden förmlich Parallelbegriffe". „Entscheidend ist dabei, daß die Kraft, die im Namen Jesu liegt, auf Gott hinweist: Das begreift der Geheilte und handelt entsprechend: Er rühmt Gott (V. 8), und zwar im Tempel, wie V. 8 aus drücklich sagt." Ruck-Schröder, a.a.O. 183 (Hervorhebung der Autorin). Vgl. Lk 20,2. 341 Vgl. Ruck-Schröder, a.a.O. 77f, 86f. 342 Bultmann, Theologie 129 zu 1 Kor 5,3-5.
191
V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn 3 4 3
vollmächtige Ausrufen des Namens des Herrn wie in Apg 3 , 6 oder u m das flehentliche Anrufen des göttlichen Namens handelt wie im A T , hängt dabei v o m Verständnis der Gebetsterminologie bzw. der Art der Heilung (Gebetserhörung oder vollmächtige Wunderheilung) in Jak 5,14 ab ( s . u . ) . Weiter stellt sich die Frage, ob in Jak 5,14 mit d e m Ktjpicx; wie in der L X X und auch meist bei Jak Gott gemeint ist, oder wie im N T üblich in Verbindung mit Kraftwirkungen Jesus Christus (vgl. Apg 4,12; Phil 2 , 9 ) . Aufgrund der „Parallelität von 0€og und Kvjpiog Trpoüc; Xpicruoc; . . . i n Jak 1 , 1 " und deren enger Beziehung in Wesen und Wirken (vgl. Eph 1,21; Offb 19,16) ist dies jedoch nicht von entscheidender B e d e u t u n g . Wesentlich ist: „Die Salbung kv TGO öv6[iaxi T O Ö K u p t o u erfolgt in der Kraft des im Namen gegenwärtigen Herrn" * Da aber bei den (Wunder)heilungen in der nachösterlichen Gemeinde das övo|ia 'Irjooö XpiöToü ausgesprochen wurde (vgl. Mt 7,22; Kol 3,17), ist im ntl. Kontext ein Bezug auf den Namen Jesu in Jak 5,14 wohl am wahr s c h e i n l i c h s t e n . Diese Interpretation wird weiter bestätigt durch die Rückführung der Heilung in Apg 3,16 auf den Glauben an den Jesus namen, wodurch eine terminologische Parallele zu Jak 5,14.15a ent steht. Der mögliche Bezug der Wendung kv TGO 6vö|iaii T O Ö K u p i o u in Jak 5,14 sowohl auf die atl. Tradition der Nennung des Gottesnamens als auch auf die ntl. Praxis der Krankenheilung macht aber vor allem deutlich, dass in der Bibel Heilung unter Verwendung des Gottesna mens bzw. des Namens Jesu Christi „nicht durch den Gebrauch magi344
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343 Womit die övo|ia-Wendung die Bedeutung „in der Kraft" annimmt; vgl. Mußner, Jakobus 220; Windisch, Katholische Briefe 33. Auch in den Apostelakten geschehen die Heilungen der Jünger nicht durch eine bestimmte Methode oder magische Praktiken, sondern durch Gebet und Anrufen des Jesusnamens; siehe Achtemeier, Jesus 160, 169, 174. 344 Dabei ist mit der Namensnennung kein Automatismus der Heilung verbun den, denn in Apg 19,13ff können die jüdischen Wanderexorzisten trotz Nennung des Jesusnamens keine Dämonen austreiben. „The sons of Sceva realized in a painful way their great mistake of supposing that they could borrow Paul's formula without inward faith in all that the name of Jesus implied." Fabula, Power and Method 192. 345 Trotz eingehender Diskussion verbleibt Ruck-Schröder, Name Gottes 232238 unentschieden. 346 Ruck-Schröder, a.a.O. 237. Vgl. Frankemölle, Jakobus II 713. 347 Ähnlich auch Frankemölle, a.a.O., der der ntl. Heilung im Namen Jesu das Lob Gottes für sein Handeln in den ntl. Wundergeschichten zur Seite stellt. 348 Ruck-Schröder, Name Gottes 237 (Hervorhebung der Autorin). 349 So auch Dibelius, Jakobus 253; Johnson, James 331 mit dem zusätzlichen Hinweis auf Jak 2,7, wo mit TO KOCIÖV ö v o | i a TO kniKtoßkv k$' \)\i&c, vermutlich der Name Jesu gemeint ist. Die Einfügung „Jesus" nach kv TGO 6vö|iaTi TOÖ Kupiou in Jak 5,14 in der syrischen Tradition der Peschitta und „Jesus Christus" in einigen äthiopischen Handschriften unterstreicht diese Position.
192
V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn 350
scher F o r m e l n " g e s c h i e h t . Dies w i e d e r u m steht ganz in Einklang mit der klaren A b l e h n u n g von M a g i e u n d Zauber im Alten sowie im N e u e n T e s t a m e n t . „'In the n a m e of Jesus Christ' is not a magic formula but implies a continuing p o w e r of Jesus which has been bestowed upon the disciples. It is as if Jesus himself were present saying the words attributed to his n a m e . " Die G e m e i n d e kann diese göttliche Kraftwirkung aufgrund des N e n n e n s des N a m e n s Gottes oder Jesu Christi über d e m Kranken sowohl b e i m vollmächtigen Gebet u m G e n e sung (vgl. Joh 14,14) als auch bei der geistlich-charismatischen Kran kenheilung (vgl. M k 16,17.18; A p g 3,6) erfahren, beides geschieht im N T im N a m e n J e s u . Die vielfältige Gebetsterminologie in Jak 5,1318 mit Nachdruck auf d e m flehentlichen G e b e t legt allerdings den ersten Fall nahe ohne die zweite Möglichkeit auszuschließen. 351
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10.
Die Ölsalbung in der Alten Kirche
Die Belege zur christlichen Ölsalbung in den ersten Jahrhunderten werfen nur wenig Licht auf die Interpretation des J a k o b u s t e x t e s . Die frühesten Hinweise auf die Salbungspraxis in der Alten Kirche begeg nen in Did 1 0 , 8 und dann v o m Beginn des 3. Jh. an in liturgischen 355
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350 Bietenhard, Art. ovojia 277. Ähnlich sieht Frankemölle, Jakobus II 711 in der Namensnennung eine „Absicherung gegen ein magisches Verständnis der Sal bung." 351 Siehe Dtn 18,9ff; Jes 8,19; Jer 27,9; Apg 19,17-20; Gal 5,20; Offb 21,8; 22,15 u.ö. Vermutlich reflektiert auch das zweite - oder nach anderer Zählung dritte Gebot, „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht mißbrauchen" (Ex 20,7), einen verwerflichen Gebrauch des Gottesnamens für magische Zwecke. Vgl. Aune, Art. Magic, 216 mit Hinweis auf M. Noth. 352 Fabula, Power and Method 188. Gegen Dibelius, Jakobus 299, der in Jak 5,14 den Exorzismus eines Krankheitsdämons erkennt und daher die Verwendung einer magischen Formel für möglich hält. 353 An eine exorzistische Heilungspraxis ist mit der Namensnennung hier nicht gedacht, da keine Dämonen direkt konfrontiert werden; vgl. oben unter 7.2.3. Damit gegen Fenner, Krankheit 87: „Diesen Gebrauch des Namens Jesu finden wir auch in den Exorzismen und anderen Heilungen der Jünger Jesu, die für die antike An schauung im Grunde nichts anderes als Exorzismen sind." Gegen eine rein religi onswissenschaftliche Betrachtung von Jak 5,14 und damit verbunden eine Inter pretation als Exorzismus siehe auch Frankemölle, Jakobus II 713; Hauck, Jakobus 233. 354 S.u. Kap. VII. 355 Für einen Überblick zur Praxis der Ölsalbung bis ins 5. Jh. siehe z.B. Empereur, Prophetic Anointing 25-34. Zur Theologiegeschichte siehe Adnes, L'onction des malades: histoire et theologie. 356 Der wohl frühste Hinweis auf die Segnung des Öls findet sich in einem kopti schen Fragment der Didache (10,8), welches später in den Constitutiones Apostolorum VII 27, l f (ca. 400 n.Chr.) erscheint. Vgl. Wengst, Didache, 57-59; Nieder-
193
V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
Gebeten zur Segnung des für die Salbung der Kranken bestimmten Öls. Das älteste bekannte Ölsegnungsgebet findet sich in der Traditio apostolica des Hippolyt von R o m (um 215 n . C h r . ? ) . Hier spricht der Bischof über das Ol folgende Worte: „Ut oleum hoc sanctificans das, deus, sanitatem utentibus et percipientibus, unde uncxisti reges, sacerdotes et profetas, sie et omnibus gustantibus confortationem et sanita tem utentibus illud praebeat (Gott, indem du dieses Öl heiligst, gibst du Gesundheit denen, die es gebrauchen und empfangen, weshalb du Könige, Priester und Propheten gesalbt hast; ebenso möge es allen, die es schmecken, Stärkung geben und Gesundheit denen, die es gebrau chen)." Die eigentliche Salbung der Kranken konnte dabei - mit zuvor gesegnetem Öl - sowohl von einem Priester als auch von Laien vorgenommen w e r d e n . Entsprechend erwähnt Tertullian (nach 150 ca. 215/20) die Heilung des Kaisers Septimus Severus nach einer Ölsalbung durch einen Christen namens P r o c l u s . Den ältesten nicht liturgischen Text über die Krankensalbung stellt der Brief Innozenz' I. an den Bischof Gubbio aus d e m Jahre 4 1 6 n.Chr. dar. In diesem Brief wird der Jakobustext erstmals in Verbindung mit der Krankensalbung zitiert und die Salbung (körperlich Kranker) zugleich als Sakrament bezeichnet (genus est sacramenti) . „The hoped for effect of anointing, these texts show, was above all a physical healing or eure, to which the Spiritual effect or forgiveness-salvation was normally added." 357
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Die ältesten Zitierungen von Jak 5,14ff finden sich bei Origenes (ca. 244 n.Chr.) und Johannes Chrysostomos (ca. 385 n.Chr.), doch beide thematisieren lediglich die Sündenvergebung, ohne die Salbung zu erwähnen . Neben der Krankensalbung 363
wimmer, Didache 205-209; Empereur, Prophetic Anointing 25f. Das Material der Did wird z.T. schon um das Jahr 70 datiert. 357 Die Aufzeichnungen des Hippolyt? (Autor und Abfassungszeit sehr umstrit ten) dürften im wesentlichen die Praxis der Kirche in Rom zu seiner Zeit wider spiegeln. Vgl. Halliburton, Anointing in the Early Church 79. Siehe auch BarrettLennard, Christian Healing 55. Vgl. auch den Hinweis auf die Handauflegung im Krankheitsfall bei Iren Haer 2,32.4 (MPG 7, 829B). 358 Botte, La tradition apostolique de saint Hippolyte §5, 18 (meine Überset zung). Siehe auch Vorgrimmler, Krankensalbung (HDG) 218; ders., Art. Kranken salbung (TRE) 664f; Barrett-Lennard, a.a.O. 240 mit Anm. 42. Die Apostolische Tradition des Hippolyt ist nicht nur wegen ihres Alters von Bedeutung, sondern besonders wegen ihres Einflusses auf die Gemeindeordnungen des 3. und 4. Jh. in Afrika und dem Nahen Osten; vgl. Empereur, Prophetic Anointing 26. 359 Vgl. Hippolyt Trad apost 5; Barrett-Lennard, Christian Healing 55. 360 Tertullian Ad Scap 4,5 (MPL 1, 703). 361 Siehe Vorgrimmler, Art. Krankensalbung (HDG) 219; ders., Art. Krankensal bung (TRE) 665. 362 Borobio, Enquiry 44. 363 Siehe Orig Horn in Lev 2,4 (MPG 12, 417); Horn in Luc 10,4; Johannes Chry sostomos De Sacerd 3,6. Siehe auch die von Puller in seiner grundlegenden Arbeit (Anointing 153-171) zusammengestellten Belege zur Krankensalbung vom 3. bis 7.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
wird das Öl in der Alten Kirche wie im NT auch zur Salbung der Toten verwen det . Mit exorzistischer Wirkung begegnet die Salbung vor der Taufe sowie zum Zweck der Weihe nach dem Taufritual (Chrisma) . Diskutiert wird dabei, ob die ntl. Krankensalbung oder das altkirchliche Taufritual die Grundlage für die spätere exorzistische Bedeutung des Salbungsritus bildet. Einige Patristiker gehen davon aus, dass die Salbung bei der Taufe die frühere Praxis war , die meisten sehen jedoch die ntl. Krankensalbung als die ursprüngliche Form a n . 364
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A b d e m 5. Jh. erscheint die Krankensalbung in den patristischen Quel len häufiger. I m 8. Jh. war sie wohl weit v e r b r e i t e t . U m 840 wird den Laien das Salben der Kranken verboten, und ab d e m 12. Jh. zeichnet sich in der römisch-katholischen Kirche die vorrangige Sal bung Sterbender a b . A u s dieser Entwicklung ist dann im 13. Jh. im Z u g e der Festlegung der Anzahl der Sakramente das „Sakrament der letzten Ö l u n g " h e r v o r g e g a n g e n , welches erst in der Ordo Unctionis von 1972 nach einer Empfehlung des 2. Vatikanischen Konzils wieder offiziell zur „Krankensalbung" w u r d e . Die griechische Kirche sprach dagegen stets von der Krankenölung. I m Blick auf die Wirkungsgeschichte von Jak 5,14 stellt sich nun die Frage: w a r u m erhielt die Ölsalbung zur Krankenheilung in der An fangsphase der Kirche nur so wenig Aufmerksamkeit? Erklärungen wie ein plötzlicher medizinischer Fortschritt oder eine missverstandene A n wendung des Öls einzig zu medizinischen Zwecken widersprechen den 368
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Jh. Aufgrund der Verwendung von Jak 5,14 bei Origenes geht Friesenhahn, Ge schichte der Überlieferung 186 davon aus, dass die Salbung bei Jakobus ursprüng lich lediglich als Ausdruck der Sündenvergebung gedacht war, so dass „Kajivcov ei nen moralisch kranken" darstellt (a.a.O., 190). 364 Siehe Iren Haer 1.1, c. 214,4 (MPG 7, 664). 365 Siehe Hippolyt Trad apost, in: Botte, La tradition apostolique 47 (vgl. Halliburton, Anointing in the Early Church 78f); Cyrill v. Jer. (4. Jh.) Mystag Catech 3,7 mit Bezug auf 1 Joh 2,27; Ps.-Dionysius Hier Eccl c.7. Für weitere Belege siehe Lampe, Patristic Lexicon 70, 444f sowie jüngst Klinghardt, Gemein schaftsmahl 468-471. 366 So z.B. Halliburton, Anointing in the Early Church 78. 367 Vgl. Warrington, Anointing 9 mit Hinweis auf archäologische Funde; Borobio, Enquiry 41. Die Annahme Dölgers, Exorzismus 148, dass die Krankensalbung exorzistischen Zwecken gedient hat und demzufolge Eingang in das Taufritual gefunden hat, ist unbegründet (s.o. 7.2.3). 368 Vgl. Vorgrimmler, Krankensalbung (HDG) 220. 369 Als erster verwendet Petrus Lombardus (ca. 1095-1169) in Libri quattuor sententiarum IV den Begriff extrema unctio, wo er auch die Begrenzung auf sieben Sakramente fordert. 370 Siehe Tridentinum Sessio XIV sowie die Literaturhinweise bei Popkes, Jako bus 337 Anm. 254. 371 Für eine neuere Diskussion der Ordo unctionis infirmorum eorumque pastoralis curae von 1972 siehe Collins, Roman Ritual 3-18. Siehe auch Peter Hünermann, Das Apostolat für die Kranken und das Sakrament der Krankensalbung: dog matische Überlegungen anlässlich der römischen Instruktion vom 13.11. 1997. ThQ 178 (1998), 29-38.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn 372
historischen Z e u g n i s s e n . Barrett-Lennard argumentiert daher mit Blick auf die Ölsalbung beim frühchristlichen Taufritus: „It is possible that anointing with oil for healing began to become less prominent with the practice, in some sections of the Church, being subsumed by the anointing in baptism after the second half of the second Cen tury." Doch ein solcher Rückgang der Krankensalbung ist ebenfalls nicht zu belegen. A m besten wird daher der Erklärungsversuch von K. Warrington der Quellenlage gerecht: „Alternatively, the Church may have ignored James' Suggestion, an entirely possible conclusion bearing in mind the difficulties of the acceptance of James into the Canon, the very Jewish nature of the letter possibly proving an obstacle to acceptance by the growing Gentile part of the Church. The novelty of the rite itself may also have inhibited its u s e . " 373
3 7 4
11.
Zusammenfassung
Für die Ölsalbung im profanen und religiösen Umfeld des N T lassen sich folgende Ergebnisse festhalten: 1) Das in Jak 5,14 und M k 6,13 für die Krankensalbung verwendete Verb dA.6L(J)a) beschreibt in der Profangräzität wie auch in der bibli schen Literatur primär das Auftragen fettiger Substanzen. Im A T begegnet dA.euj)G) allerdings nur selten und im N T überhaupt nicht bei der kultischen bzw. rituellen Salbung, welche gewöhnlich durch Über gießen des Hauptes mit Öl vollzogen w u r d e . Aus philologischer Sicht dürfte es sich daher sowohl bei der Salbung in M k 6,13 als auch in Jak 5,14 nicht u m ein wohl definiertes, universelles religiöses Ritu al, sondern eher u m ein allgemein verständliches, zeichenhaftes Ge schehen handeln. 2) Die Ölsalbung gehörte in der Antike zur täglichen Körperpflege. Sie wurde aufgrund der stärkenden, belebenden und vor Ungeziefer schüt zenden Wirkung des Öls und nicht zuletzt aus Gründen der Ästhetik allgemein geschätzt. Aufgrund dieser Wertschätzung stand die tägliche Salbung für Reinlichkeit ganz allgemein. Dabei diente das Öl jedoch nicht zur Reinigung des Körpers, denn man salbte sich gewöhnlich erst nach d e m Bade. Zugleich fehlen eindeutige Belege für die Reinigung von Gegenständen mittels Ö l . 3) Eine medizinische Ölsalbung fand - sowohl bei den antiken Ärzten als auch in der Volksmedizin - nur bei einer geringen Zahl von zuvor genau diagnostizierten Erkrankungen statt. Olivenöl stellte in der An375
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Gegen Wilkinson, Health and Healing 153. Barrett-Lennard, Christian Healing 122. Warrington, Anointing 10. Vgl. Lev 8,12; 1 Sam 10,1; Mk 14,3.9 par Mt 26,7.12. Gegen Kutsch, Rechtsakt 4.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
tike also kein Allheilmittel gegen jedwede Krankheit dar. D a Jak 5,14f des weiteren jeden Hinweis auf eine Anamnese oder medizinische Dia gnostik vermissen lässt, dient die Salbung hier nicht als medizinische Therapie . 4) Die überwiegende Mehrzahl der symbolischen Bedeutungsaspekte der antiken Salbungspraxis liegt insbes. i m Judentum i m sozialen, rituellen, kultischen und eschatologischen Bereich. Zu nennen wären Freude, Ehrung, Heiligung, Weihe, Ermächtigung, kultische Rehabili tation, Besiegelung eines Rechtsakts, ewiges lieben etc. Alle diese Aspekte gehen auf die im Profanen geschätzte, stärkende, belebende und vereinzelt auch auf die schützende Wirkung des Öls zurück. In einigen paganen Entsühnungsriten übernimmt die Salbung vermutlich auch eine kathartische Funktion. Eine rituelle Krankensalbung ist m.E. aber bis zur Zeit des N T nicht belegt. 5) Eine Verwendung des Öls aufgrund von inhärenten magischen, exorzistischen oder apotropäischen Kräften ist nicht eindeutig belegt. Zwar begegnet Öl gelegentlich als Bestandteil (komplexer) magischer Rezepturen, doch ist das Wissen u m die richtige (manipulative) Tech nik ausschlaggebend. Auch wurde das Öl erst durch Beschwörungen zum Träger apotropäischer Kräfte. In Jak 5,14 geschehen dagegen G e 377
bet und Salbung kv TCO 6v6|iaTi TOU K u p i o u ; die erwartete Heilung b e
ruht hier auf der in der Anrufung Gottes oder Jesu verborgenen Kraft. In gleicher Weise geschehen die Heilungen Jesu und der Apostel durch göttliche Kraft und Vollmacht. Folglich sind die begleitenden Hand lungen hier lediglich von fakultativer Natur, d.h. sie besitzen keine ei genständige magische, apotropäische oder exorzistische B e d e u t u n g . 6) A u s den o.g. Gründen ist eine Rückprojektion der exorzistischen Verwendung des Öls i m frühchristlichen Taufritual des 3. Jh. in die Zeit des N T abzulehnen. Bestätigt wird dies durch die enge Verbin dung von Gebet, Salbung und Namensnennung in Jak 5,14, den fehlen den Körperkontakt bei den ntl. Exorzismen, die formale Opposition von Dämonenaustreibung und Krankensalbung in M k 6,13 sowie feh lende außerbiblische Belege für eine exorzistische S a l b u n g . Hinzu kommt, dass „James clearly knows enough of exorcist language (cf. ii. 19, iv. 7) to have given his Instructions in those terms if he had wished 378
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377 Gegen Wilkinson, Healing 338-339, der die Salbung als Ermutigung zur Anwendung medizinischer Heilmittel versteht, obwohl die Heilung in Jak 5,14 primär durch das Gebet geschieht, und Frankemölle, Jakobus II 711, der hier eine medizinische und zeichenhafte Bedeutung des Öls sieht; vgl. Schräge, Jakobusbrief 56, der eine medizinische und exorzistische Bedeutung des Öls annimmt. 378 Gegen Dibelius, Jakobus 300; Schräge, Jakobus 56. 379 Vgl. auch Frankemölle, Jakobus II 713; Mußner, Jakobusbrief 220f; Thomas, Devil (1993) 35f.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn 3 8 0
to do s o . " In der neueren Jakobusexegese herrscht daher zurecht weitgehende Einigkeit darüber, dass weder die Salbung noch die Na mensnennung exorzistischen oder magischen Zwecken d i e n t . Die Heilung in Jak 5,14f geschieht also ausschließlich durch vollmächtiges Gebet. 7) Eine ntl. Parallele zur Krankensalbung bildet m.E. die in der Hei lungstätigkeit Jesu ebenfalls fakultative sowie akzessorische und daher nicht in sich wirkmächtige Verwendung von Speichel (vgl. M k 7,33; 8,22-26; Joh 9,6-7), die in Anlehnung an J. Trabants Kategorisierung semantischer Handlungen eine aktuelle Zeigehandlung mit gesell schaftlich verbindlich vereinbartem Inhalt, konkret: therapeutischer Aktivität, darstellt. Im Unterschied zur Salbung mit Öl fehlt hier j e doch der rituelle Aspekt. Ähnlich wie der Speichelauftrag dürfte auch die mit einer vielschichtigen positiven Symbolik behaftete Ölsalbung im Heilungsgeschehen fungieren. Der Schlüssel zum zeichenhaften Verständnis der Salbung kann aber nicht in der (willkürlichen) Wahl eines Elements der facettenreichen Symbolik antiker orientalischer oder atl.-jüdischer Salbungspraxis bestehen, denn keiner der symboli schen Bedeutungsaspekte entspricht der Krankenheilung in besonderer W e i s e . Vielmehr dürfte die Bedeutung der Krankensalbung in der übergreifenden, vor allem in den Psalmen und den Propheten vorkom menden Salbungsymbolik, nämlich dem göttlichen Segen bzw. der göttlichen Heilszuwendung zu suchen sein. Die bildhaft-eschatologische Salbung zur Heilung und Sündenvergebung in den atl. Pseudepigraphen steht mit einer solchen übergreifenden Symbolik durchaus in E i n k l a n g . Eine soteriologische Konnotation ist nicht notwendig im pliziert . 381
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Aus einem allgemeiner gefassten Verständnis der Salbung im Sinne ei ner mit göttlichem Segen assoziierten Handlung leitet sich ab, dass es 380 Laws, James 228. Gegen Schräge, Jakobus 56 sowie Kollmann, Wundertäter 346, der kv TCO öv6[iaii TOÖ K u p i o u in Jak 5,14 auf die Salbung bezieht und daher von einer „dämonenbannenden Ölsalbung" ausgeht. 381 Vgl. die Kommentare von Burchard, Frankemölle, Johnson u. Moo zur Stelle. 382 Vgl. Vouga, Jacques 141/142: „Le fait meme que l'huile et le geste de l'onction soient lies ä des ordres de significations si differents devrait ä lui seul nous retenir de rattacher la pratique attestee en Je 5,14 trop exclusivement ä l'une ou ä l'autre de ces veines." S. auch Hayden, Elders 264, der die Ölsalbung in Jak 5,14 als „means of bestowing honor, refreshment, and grooming" sieht. 383 Ähnlich sieht Thomas, Devil (1993) 35 das Öl in Mk 6,13 und Jak 5,14 allerdings aufgrund seiner medizinischen Verwendung - als „a symbol of God's healing power". Vgl. Lohmeyer, Markus 115. 384 Damit gegen die m.E. möglichen, aber willkürlichen Interpretationen der Krankensalbung als „Möglichkeit der Sündenvergebung" neben einer medizini schen Bedeutung bei Frankemölle, Jakobus II 713, als eschatologisches Lebenselexir bei Reicke, James 59; Mußner, Jakobus 229, als Zeichen der Aktivität der Heiligen Geistes bei Gaebelein, Practical Epistle 120, als Ausdruck der Freude und Erwählung bei Martin, James 202 und der Weihe bei Schlatter, Jakobus 282.
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V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
sich bei der ntl. Krankensalbung nicht u m einen genau definierten Ri tus handelt, sondern eher u m eine gesellschaftlich verbindlich verein barte Symbolik, die allgemein verstanden wurde. Die lediglich zwei fache ntl. Bezeugung der Krankensalbung und die Verwendung des im religiösen Kontext unspezifischen dA^i^G) anstatt xpio) in M k 6,13 und Jak 5,14 bestätigen diese Interpretation. Entsprechend ist eine traditi onsgeschichtliche Verbindung zwischen der Heilungs- und Salbungs praxis Jesu und seiner Jünger und den Anweisungen in Jak 5,14 als wahrscheinlich anzusehen. Fraglich bleibt die von einigen Exegeten gesehene Bedeutung der Sal bung zur Glaubensstärkung im Sinne einer gestärkten Erwartungshal tung. Hiernach ruft die Krankensalbung - insbesondere bei einem ori entalischen S y m b o l v e r s t ä n d n i s - eine Reaktion hervor, wie dies evtl. auch bei Speichelauftrag und Körperkontakt durch den Heiler möglich ist: Gedanken des Vertrauens und der Hoffnung auf Hei l u n g . Auf dieser Grundlage könnte man auch bei der ntl. Kranken salbung in Anlehnung an den von G. Theißen für die Deutung von Körperkontakt und heilender Mittel in den ntl. Wundergeschichten ver wendeten Begriff der Therapie s p r e c h e n . Möglicherweise korreliert die s y m b o l i s c h e oder z e i c h e n h a f t e Handlung bzw. die Zeigehand lung der Salbung so mit der Heilung. Denn der unscharfe und dogma tisch überladene Begriff des Sakramentalen wirft nur wenig Licht auf die Bedeutung der ntl. Krankensalbung. Daher wird hier das Augen merk auf den einzigen in den ntl. Heilungsberichten für die Heilung re levanten Faktor neben der göttlichen Heilkraft gerichtet, nämlich den (Fiduzial)glauben - sowohl der Kranken als auch der Beter - an die göttliche Kraft zu heilen (vgl. r\ eü^r] zf\Q TUOTCGX; in Jak 5 , 1 5 a ) . Nimmt man die Bedeutung des Glaubens an die göttliche Wunder macht in den ntl. Krankenheilungen zur Kenntnis, dann kann die Ölsal bung als semantische Handlung wie der Speichelauftrag zusammen mit dem Körperkontakt bei einem Kranken die Erwartung der Heilung be385
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385 Ursprünglich bedeutet der Begriff ouußoÄov das Zusammentreffen (oujißaAAeiv) eines profanen Ereignisses mit der sakralen Sphäre (vgl. Weish 16,6), d.h. „ein S(ymbol) gibt in bildhafter Weise Anteil an einer Wirklichkeit, die dem Wahrnehmungsvermögen entzogen ist", Rebell, Art. Symbol 1505; vgl. Buess, Art. Symbol 540-541; Lanczkowski, Art. Symbole 1541-543. 386 Ähnlich Warrington, Anointing 11: „If some of these abstract features were linked together, they would offer hope and encouragement to the sufferer." 387 Vgl. Mitton, James 198: „It (the oil) may have been associated in people's minds with effective healing and so have awakened what today we should call 'suggestibility to the confident prayer for health." 388 So z.B. Martin, James 202. 389 So Frankemölle, Jakobus II 713. 390 Siehe auch Mk 5,34.36 Par.; Mk 7,29 Par. Mt 15,28; Mk 9,19.23 Par. sowie unten Kap. VI. 1
V. Die Salbung mit Öl im Namen des Herrn
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k r ä f t i g e n . In gleicher Weise fungieren auch die ntl. W u n d e r g e schichten (s.u.). Die Texte zur Salbung machen dies jedoch nicht expli zit.
391 Vgl. Mitton, James 199 bezüglich des Öls: „Perhaps it was that, because of its common use in association with healing, its application helped to awaken expectancy and faith". Im Blick auf Jak 5,15 zu stark dagegen Schneider, Jakobus 36: „Auch der Kranke muß diesen Glauben haben, dann wird das Gebet ihn gesund ma chen."
VI. Glaube und Heilung
Im Gegensatz zur eher akzessorischen Salbung mit Öl gilt d e m Glau ben bei Jak im Zusammenhang mit d e m Krankengebet die besondere Verheißung: K a i r] eu^r] ifjc; TTLÖT^OX; o c o o e i xbv K o q i v o v i a (Jak 5,15a). Das Gebet gründet also im Glauben oder Vertrauen (genitivus auctoris/originis) bzw. es hat entsprechende Qualität (genitivus qualitatis). Im folgenden soll daher die Bedeutung des Glaubens für die Gebetser hörung im allgemeinen und die Krankenheilung im besonderen sowohl im Alten als auch im Neuen Testament untersucht werden. Aufgrund der terminologischen und thematischen Affinität des Verses zur Jesus tradition soll dabei das Hauptaugenmerk auf den Heilungsberichten und Gebetsparänesen der synoptischen Evangelien unter Einbeziehung der übrigen ntl. Belegstellen liegen. Anschließend sind die Aussagen des Jak zum Themenkomplex Gebet und Glaube zu betrachten und für das Verständnis von Jak 5,15 fruchtbar zu machen.
1. Glaube und Heilung im Alten Testament Im A T wird die Bedeutung des Glaubens bzw. des Vertrauens der Beter für die Erhörung der Gebete nicht explizit thematisiert. Recht deutlich klingt die Thematik jedoch in einer Vielzahl von Vertrauens aussagen - insbesondere in den individuellen Klageliedern der Psal men - an, wo Bittsteller ihre Zuversicht in die rettende Kraft Gottes proklamieren. So heißt es z.B. in Ps 17,6: „Ich rufe zu dir, denn du, Gott, wirst mich erhören; neige deine Ohren zu mir, höre meine R e d e . " „Unter den möglichen Bedrängnissen spielt die Krankheit eine beherrschende R o l l e . " Eine direkte Verbindung von Vertrauen und Gebetserhörung wird aber nicht hergestellt. Viel mehr ist die Krankheits- und Heilungserfahrung eingebunden „in einen Gesamtrahmen religiöser Daseinsbewältigung" bestehend aus den Relationen Schuld/ Sünde bzw. Strafe/Krankheit sowie Begnadigung/Heilung. In den 1
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1 Siehe auch Ps 27,1; 34,16; 38,10; 55,17ff; 62, 2-13; 140,8; 142,6 u. insbes. 145,18-20 sowie unten Kap. VII Abschnitt 2.4.3 u. von Rath, Theologie I 319f mit Anm. 53. 2 Barth, Errettung 93. (Hervorhebung des Autors) 3 Janowski, Konfliktgespräche 177.
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VI. Glaube und Heilung
Krankheits- und Heilungspsalmen zeigt sich dies in der engen Verbin dung von körperlicher Not und seelischem Leiden der Beter. Die strik te Anwendung des Tun-Ergehen-Zusammenhangs wurde dem Kranken dabei oft von anderen auferlegt . Folglich steht die Bitte u m Verge bung, Erbarmen und Anerkennung in den atl. Klagepsalmen sowie das Verkünden der Errettung aus existenzieller, nämlich körperlicher, sozi aler und seelischer Not vor allem in den Dankliedern des Psalters - bei oft fehlender begrifflicher Klarheit - im Mittelpunkt des Geschehens. D.h. im atl. Kontext ist die Bitte u m Hilfe kein Einzelereignis, sondern sie ist eingebunden in die Erwartung der Leben spendenden göttlichen Rechtfertigung und damit der Wiederherstellung menschlicher Integri tät . In den atl. Apokryphen wird die Bedeutung des Glaubens für die gött liche Hilfe allerdings zunehmend betont. So bringt 1 M a k k 2,59 die Rettung aus existentieller Not explizit mit d e m Glauben in Beziehung: „Hananja, Asarja und Mischael glaubten (bzw. hatten Vertrauen) und wurden aus d e m Feuer gerettet (niozevoavxec, 6oc50r|oav)." (vgl. Dan 1,6.7; 3,16f.26). Sir 2,6-10 stellt den gleichen Sachverhalt in paränetischer Form d a r . Wie auch sonst im A T spiegelt sich das Vertrauen der Beter an vielen Stellen in ihrem flehentlichen Hilferuf wider. Da es sich hier u m eine besondere Art und Weise des Betens handelt, soll dieser Aspekt erst im folgenden Kapitel im Zusammenhang mit der Modalität des Gebets zur Sprache kommen. 4
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2. Glaube und Heilung in den Evangelien 2.1
Die Heilungsberichte der synoptischen Evangelien
In den synoptischen Wundererzählungen und den damit oft verbunde nen Gebetsparänesen wird das Vertrauen der Bittsteller mit einer ge wissen Regelmäßigkeit thematisiert. Sehr facettenreich schildern vor allem die Heilungsberichte das Vertrauen der Bittsteller in die Heil kraft Jesu . Daher liegt die Vermutung nahe, dass in den Wundererzäh lungen nicht nur ein christologisches, sondern auch ein paränetisches bzw. didaktisches Interesse zum Ausdruck kommt. Im Vordergrund der folgenden Betrachtung sollen daher nicht die traditionsgeschichtlichen Aspekte der Wundergeschichten stehen, sondern vielmehr die Darstel lung und das Verständnis des Glaubens in den betreffenden Erzählun gen. Entsprechend ist die Methode der Wahl eine literarische bzw. nar7
4 Vgl. Barth, Errettung 95f. 5 Vgl. Janowski, Konfliktgespräche 176-197. 6 S.u. unter 4. 7 Für einen forschungsgeschichtlichen Überblick zum Themenkomplex Heilung und Glaube in den synoptischen Evangelien siehe von der Goltz, Krankheit 80-117.
VI. Glaube und Heilung
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rative Analyse der Texte, wobei das M k als das älteste der Evangelien im Vordergrund stehen soll . 8
2 . 7 . 7 Der Gelähmte und seine Träger (Mk 2,1-12 Parr.) Die Perikope M k 2 , 1 - 1 2 Parr. M t 9 , 1 - 8 ; Lk 5 , 1 7 - 2 6 berichtet von einem Gelähmten in Kapernaum, den seine Träger wegen des von der M e n g e der Zuhörer Jesu blockierten Hauseingangs auf einer Trage durch das aufgebrochene Dach in das Haus herablassen . Von Jesus wird dann berichtet: K a i löcov 6 Tr]aou<; TT]V TTLÖTLV airuwv Xtyei TCO TToepoeAUTLKCO* xtKvov, atyUvml aou o d a p , a p T L a i (Mk 2 , 5 ) . Erst anschließend, auf den Unmut der anwesenden Schriftgelehrten über Jesu Zuspruch der Sündenvergebung hin, heilt Jesus den Gelähmten. Die Bedeutung des Wortes TTLÖTLC; ist hier aufgrund seines absoluten Gebrauchs v o m Kontext her zu bestimmen. Letzterer stellt den Glau ben als das kollektive Vertrauen der Träger - und wohl auch des Kran ken - dar, von Jesus Heilung zu e r h a l t e n . Die Ernsthaftigkeit und Echtheit des Glaubens wird dabei durch ein Erschwernismotiv verdeut licht - hier das Bemühen der Beteiligten, trotz des überfüllten Hauses vor Jesus zu gelangen. Dieses Bemühen der Träger beinhaltet zugleich die wortlose Bitte u m H e i l u n g . Folglich steht TTLÖTK; hier für das (als echt erwiesene) Vertrauen, von Jesus Hilfe zu e r h a l t e n . Zwar erfolgt die Heilung nicht unmittelbar auf die Glaubensaussage Jesu hin, son dern erst nach d e m Zuspruch der Sündenvergebung und einer wohl e i n g e s c h o b e n e n Auseinandersetzung darüber mit einigen anwesen den Pharisäern. Doch bleibt der Zuspruch der Heilung mit der Aner kennung des Glaubens - trotz des entstehenden Spannungsbogens ursächlich verbunden. D.h. der Glaube der Bittsteller ist für das heilen de Eingreifen Jesu von entscheidender Bedeutung. Das Glaubensmotiv steht hier also in direktem Zusammenhang mit d e m christologischen Aspekt der Perikope - nämlich der Vollmacht Jesu, Sünden zu verge ben und schwerste Gebrechen zu heilen. Für die meisten Exegeten hat der Glaube in der Perikope auch soteriologische Implikationen, da Jesus d e m Kranken die Sünden vergibt be9
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8 Vgl. Marshall, Faith 228: „While traditio-historical and source-critical analyses have an important role in the investigation of Markan themes, it is literary or narrative critical procedures that are best suited to elucidating the intended message of the final text." 9 Das Herablassen des Kranken durch das Dach fehlt bei Mt. 10 Die redaktionellen Änderungen bei Mt (9,2b) und Lk (5,20) gegenüber der Fassung von Mk sind dabei nur von geringer Bedeutung. 11 Vgl. Sung, Vergebung 212. 12 Vgl. Söding, Glaube 407. 13 Vgl. Bultmann, Art. TTIOT€IJÜ) 206; Schweizer, Markus 29. 14 Ein Überblick über die unterschiedlichen Erklärungsmodelle findet sich bei Marshall, Faith 78-80. Gegen einen Einschub argumentiert Sung, Vergebung 212221.
VI. Glaube und Heilung
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vor er ihn h e i l t . Zwar steht der Glaube hier in enger Verbindung mit der eschatologischen Macht und Vollmacht J e s u , doch stellt eine soteriologische Interpretation des Glaubensbegriffs im gegebenen Kontext eine deutliche Uberinterpretation von TTLOTK; d a r . Einen weiteren Beitrag z u m Verständnis des Glaubensbegriffs in der Perikope liefert das Verb öiaA,oYL(o|iai in V. 6.8, welches als Kontrastbegriff zu TTLOTK; in V. 5 fungiert . Die Schriftgelehrten „räsonieren" über die Vollmacht Jesu, Sünden zu v e r g e b e n , und bilden so den Gegenpol zum Vertrauen der Träger des Gelähmten in die Macht und Vollmacht Jesu, sogar extreme Krankheit zu heilen. Offensichtlich ist für M k also ein intellektuelles Infrage-Stellen der Vollmacht Jesu, sowohl Sünden zu vergeben als auch Kranke zu heilen, d e m tiefen Vertrauen in Jesu Fähigkeit und damit letztendlich d e m Glauben an Gottes absolute schöpferische Macht diametral entgegengesetzt . Glaube und Unglaube stehen hier also eng nebeneinander, wodurch deutlich wird, dass ein rechtes kognitives Verständnis Jesu und seiner Botschaft v o m Reich Gottes Teil des Wunderglaubens i s t . Damit stellt die Erzählung d e m Leser das vertrauensvolle und vorbehaltlose Zu-Jesus-Kommen als Voraussetzung für die Erfüllung sogar größter Bitten plastisch vor Augen. 16
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Das Possessivpronomen OCUTGOV im Plural in V. 5 verdeutlicht dabei, dass Jesus hier nicht nur oder nicht in erster Linie den Glauben des Gelähmten honoriert, sondern ausdrücklich (auch) das Vertrauen derer, die u m die Heilung des Kranken besorgt sind. Mit diesem Fokus auf den „stellvertretenden Glauben" der Träger (vgl. auch M t 8,6.10 Par.; M k 5,23.36 Parr.; 7,25f Par.; 9,24 P a r r . ) lehrt die Perikope also nicht 22
15 Vgl. Gnilka, Markus 199; Kertelge, Wunder Jesu 78. 16 Vgl. Söding, Glaube 4 0 8 , 4 1 1 . 17 Vgl. Schulz, Botschaft 68. Schulz sieht in den markinischen Heilungsberichten nur antiken Wunderglauben. Man beachte auch, dass das Verb Ö C O ( W trotz zugesprochener Sündenvergebung in dieser Perikope nicht erscheint. 18 Vgl. Söding, Glaube 409; Marshall, Faith 85. Lk übernimmt 6iaA.oYi(o|iai in 5,21.22, während Mt umschreibt: di\av kv eauioic; (9,3) und Kai l6d)v 6 'Inooü(; xac; €v0i)|iTiö€L(; aikcSv €LTT€V Ivaii €v6i)|i€Lö6€ TTovipa kv wie, Kap6iai<; i)|iü)v; (9,4). 19 Vgl. Söding a.a.O. 410. 20 Dass Jesus nicht aus eigener Kraft, sondern durch die Kraft Gottes heilt, hebt Lk besonders hervor, wenn er dem Heilungsbericht voranstellt: Kai Öuva|ii<; Kupiou r\v eic, TO LäaGai auiov (Lk 5,17b). A C D 0 ¥ etc. lesen airuoik. 21 Vgl. Held, Wundergeschichten 268. 22 Die Bezeichnung „stellvertretender Glaube" beschreibt die Tatsache der Fürbitte für eine andere Person gewiss nicht zutreffend, denn der Bittsteller „macht die Not des anderen zu seinem eigenen Anliegen, weshalb auch die seinem Glauben gewährte Gabe eine ihm selbst erwiesene Wohltat ist." Schlatter, Glaube 119, Anm. 1. Dennoch behalte ich den Begriff bei, da er in der Evangelienexegese als Terminus technicus für den Glauben des Bittstellers verwendet wird, der für einen Notleidenden eintritt.
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VI. Glaube und Heilung
nur über die Vollmacht Jesu, zu heilen und Sünden zu vergeben. Wie die im folgenden noch zu betrachtenden Beispiele aus den synopti schen Evangelien zeigen, bringt die Erzählung vor allem den „Sachzu sammenhang zwischen Glauben und Wunder in der synoptischen Tra dition" in paradigmatischer Weise zum A u s d r u c k . Folglich fungiert die Perikope für die nachösterliche Gemeinde auch als Gebets- und Glaubensparänese . Denn sie stellt der Gemeinde den Glauben der Helfer - und somit den Glauben der Gemeinschaft - an die heilende Kraft Jesu eindrücklich vor Augen. 23
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2.7.2 Die blutflüssige Frau (Mk 5,24-34 Parr.) Die Perikope von der Heilung einer blutflüssigen F r a u , M k 5,24-34 Parr. M t 9,20-22; Lk 8,43-48, bildet einen wichtigen Einschub in die Jairuserzählung (Mk 5,21-43), die im Anschluss diskutiert werden soll. Die zentrale Thematik der Perikope ist der G l a u b e . Die Besonderheit der Erzählung bildet die spontane Heilung der Frau nach der Berüh rung der Kleider Jesu, ohne dass Jesus die Heilung direkt zuspricht oder autorisiert. In d e m Verhalten der Frau, das zu ihrer Heilung führt, erkennt Jesus ihren Glauben: 6 Se eiTTev airufj* Guyatrip, f] TTLOTL^ oou O 6 O C 0 K 6 V oe (Mk 5,34a, vgl. 10,52). Eine Parallele zu dieser v o m Kran ken initiierten Heilung durch Berühren Jesu findet sich bei M k in zwei seiner Sammelberichte, wonach viele Kranke, die von Jesu Taten gehört hatten (vgl. 5,27), „sich auf ihn stürzten (CTTITTITTTCLV autco), um ihn anzurühren (Iva airuou a i | / G ) V T o a ) " (3,10), da sie hofften, auf diese Weise Heilung zu finden. Ähnlich heißt es in 6,56: „Und w o er in Dör fer, Städte und Gehöfte hineinging, da legten sie die Kranken (TOUC; aoQevovvwc) auf die Marktplätze und baten ihn, dass diese nur den Saum seines Gewandes berühren dürften ( a i | / a ) i > T a i ) ; und alle, die ihn berührten OiijjavTo), wurden gesund (eocoCovio)." (vgl. 5,28f) . Es handelt sich bei der Heilung der blutflüssigen Frau für M k also nicht u m den Bericht eines Einzelfalls, sondern u m eine exemplarische Dar stellung einer v o m Kranken initiierten Heilung durch B e r ü h r e n . 25
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23 Vgl. Held, Wundergeschichten 264-272, das Zitat S. 264. 24 Vgl. a.a.O. 272-276; Theißen, Wundergeschichten 138. 25 Vermutlich litt die Frau an kontinuierlichen uteralen Blutungen. Zur medizini schen Beurteilung und der damit verbundenen, permanenten kultischen Unreinheit siehe Pesch, Markusevangelium 1301. 26 Für ein „positives Urteil über die Historizität der vom Erzähler vorgestellten Heilung" siehe a.a.O. 306. 27 Die Kleidung Jesu stellt dabei einen Teil seiner Person dar, wie die Wendung „wer hat meine Kleider berührt" (V. 30) in der Paraphrase durch die Jünger „wer hat mich berührt" in V. 31 verdeutlicht; vgl. Marshall, Faith 106. Zu der sehr detaillierten Arbeit von Marshall ist anzumerken, dass er die grundlegende Arbeit von Thomas Söding zum gleichen Thema von 1985 anscheinend nicht kennt. 28 Vgl. Marshall, a.a.O. 101.
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VI. Glaube und Heilung
Wie ist das Glaubensverständnis in dieser Perikope zu bewerten? Etli che Kommentatoren gehen davon aus, dass d e m Berühren der Klei dung Jesu durch die Frau ein magisches Verständnis der Heilung zugrundeliegt . D.h. die Heilung geschieht automatisch durch in der Kleidung Jesu befindliche Heilkraft ; der Kranke verfügt quasi über die Heilkraft des H e i l e r s . Die von Jesus gegebene Interpretation des Glaubens der Frau als Grund bzw. Voraussetzung für die Heilung wird entsprechend entweder als Kritik des Redaktors an magischen Elemen ten innerhalb der vorliegenden T r a d i t i o n e n oder aber als Bestätigung magischer Elemente bzw. als Anpassung an hellenistische Heilungs traditionen v e r s t a n d e n . D e m ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Erzähler das Verhalten der Frau von Anfang an positiv darstellt. Ent sprechend folgert Chr. Marshall: „The narrative style of the composition means therefore that in spite of formal similarities with contemporary magical conceptions and practices, the actions and attitudes of the needy w o m a n are understood and portrayed from the beginning as a demonstration of genuine f a i t h . " Die Erwartungshaltung der Frau ist also entscheidend für das Stattfinden der Heilung. Die Kontaktauf nahme Jesu mit ihr im zweiten Teil der Erzählung zeigt aber, dass die heimliche Berührung eine unvollständige Annäherung an Jesus dar stellt. Denn nicht nur die Scham wegen ihres Leidens, sondern insbe sondere „her fear at Jesus' reaction to her deed represents a defect in her understanding of his character which must yet be r e m e d i e d . " 29
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29 Vgl. Theißen, Wundergeschichten 71. 30 Vgl. Schweizer, Markus 27, der hier und in Mk 1,4lf einen Kraftvorrat in Jesu Leib sieht: „Gottes Macht lebt, fast sakramental, in Jesu Leiblichkeit und will daher auch die Leiblichkeit des Menschen in Beschlag nehmen." Siehe auch a.a.O. 39. Anders dagegen Gnilka, Markus I 215: „Die Jesus erfüllende Kraft ist dennoch nicht als etwas Körperliches zu denken..., sondern als gottgegebene geistige Dynamis, die sich wie ein Fluidum dem anderen mitteilt." Vgl. V. 30. 31 Vgl. Schmithals, Markus 1294. 32 So zumindest begründen manche die Auslassung des Heilungsberichts bei Mt in 9,21 bzw. die Verlegung desselben gegenüber Mk nach 9,22c; vgl. Schmithals, Wunder 86. 33 So Schmithals, Markus, I 294. Für einen Überblick über die Vertreter der jeweiligen Positionen siehe Marshall, Faith 102, Anm. 1. 34 Marshall, a.a.O. 103. Die Verwunderung der Jünger über Jesu Interesse, die Person zu finden, die ihn in der Menschenmenge berührt hat (V. 31), spricht eben falls gegen einen Automatismus der Heilung; vgl. Gnilka, Markus 1213. 35 Marshall, a.a.O. 106. Einen soteriologischen Aspekt erhält das Heilungsge schehen hierdurch nicht, denn die Frau drückt ihre erhoffte (körperliche) Heilung in V. 28 selbst durch oG)0ipo|iai aus; vgl. auch V. 23 sowie 1 Makk 2,59: iuoT€uaavTe<; 6öc60r|öav (für das vollständige Zitat s.o. Abschnitt 1) u. Seybold/Müller, Krankheit 137 zu Mk 5,28: „Es geht hier noch nicht um den Glauben an den Wundertäter Jesus als den einen Sohn Gottes." Gegen Söding, Glaube 418, der in der Verwen dung von öcpCco in der Perikope eine Anspielung auf das „umfassende eschatologi sche Heil der vollendeten Basileia" sieht. Siehe auch oben Kap. III Abschnitt 1.3.
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VI. Glaube und Heilung
Dennoch schildert M k den Glauben der Frau in keiner Weise als defi zitär. Dies wird zunächst durch den Zeitpunkt der Heilung vor d e m persönlichen Kontakt mit Jesus deutlich. „The genuineness of the woman's faith is ratified by her immediate experience of healing power (v 2 9 ) . " Es besteht also keine Diskrepanz zwischen der Qualität ihres Glaubens vor der Berührung der Kleider Jesu und nach ihrem Bekennt nis der „ganzen Wahrheit" gegenüber Jesus. Dass ihr Vertrauen bereits zu Anfang ganz auf die Person Jesu gerichtet ist, zeigen V. 27.28, „and the expression 'even his garments' marks the intensity of her convict i o n . " So versteht die Erzählung „unter 'Glauben' keinen psychologi schen Akt, keine therapeutische Anstrengung des Herzens, keine inner seelische Bewegtheit, sondern eine bewußte Tat der Entscheidung, die deshalb Hilfe bringt, weil der Mensch sich dem Helfer zuwendet und sich der von außen k o m m e n d e n Hilfe öffnet." D.h. der Glaube hält hier nicht nur etwas für wahr, „sondern der Glaube nimmt Gott in An spruch." Damit steht T U O T K ; in M k 5,34 für das rückhaltlose Ver t r a u e n einer Frau in die Macht und Vollmacht Jesu, auch ihre unüberwindbare Krankheit zu heilen. Die Perikope hebt somit - im Gegensatz zu M k 2,1-12 - den individuellen Aspekt des Glaubens in die Heilkraft Jesu - unterstützt durch das Personalpronomen oou in V. 34-hervor . Wenn Jesus den Glauben der Frau erst nach ihrem Bericht „der ganzen Wahrheit" lobt, will dies sagen, dass bei einer angemessenen Annähe rung an Jesus das personale Element auf keinen Fall fehlen darf. Den noch kritisiert Jesus die Frau nicht! Vielmehr spricht er sie (wohlwol lend) mit d e m familiären Terminus Guyarrip nun persönlich an, lobt ihren Glauben und spricht ihr die Heilung (nochmals) persönlich zu: Kai LG0L i)yir|<; CCTTO if|<; jiaoityoc; oou (V. 3 4 ) . Auf diese Weise macht das gewissermaßen dreiste Vorgehen der kranken Frau „sie zum Vor bild für die H ö r e n d e n " . Folglich dient die Perikope nicht primär zur Darstellung der Wunderkraft Jesu. Vielmehr fungiert sie als Beispiel erzählung für eine durch den Glauben eines Kranken initiierte Hei l u n g . Sie macht deutlich, dass die Glaubenden die Kraft Jesu für sich 36
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36 Marshall, a.a.O. 37 Ebd. 38 Schmithals, Wunder 89 (Hervorhebung des Autors). Zur Problematik der Sug gestion s.u. Abschnitt 7. 39 Schmithals, Markus I 297 (Hervorhebung des Autors). 40 Vgl. Schmithals, Wunder 90. 41 Vgl. Marshall, Faith 107f. 42 An dieser Stelle von „Standing in right relationship with God" zu sprechen, wie Marshall, a.a.O. 109 vorschlägt, dürfte jedoch eine Überinterpretation der Aussage darstellen. 43 Gnilka, Markus 1216. 44 Vgl. Held, Wundergeschichten 170.
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VI. Glaube und Heilung 45
in Anspruch nehmen können . Auf diese Weise wird sie zur Glaubensparänese für die nachösterliche G e m e i n d e . 46
2.1.3 Jairus (Mk 5,22-24.35-43 Parr.) Analog zur Erzählung von der blutflüssigen Frau, die einen Einschub in die Perikope von Jairus und der Auferweckung seiner Tochter, M k 5 , 2 2 - 2 4 . 3 5 - 4 3 , darstellt, begegnen in der Jairuserzählung verschiede ne Elemente der Steigerung, der Erschwernis und des Kontrasts: Auf seinem W e g zum Haus des Jairus wird Jesus von der kranken Frau aufgehalten, so dass die Tochter unterdessen stirbt (5,35). Der anfäng lich bei Jairus vorhandene Glaube in die Heilkraft Jesu droht nach der Todesnachricht der Diener zu schwinden, so dass Jesus ihm zuspricht: |if] cj)oßoi), jiovov TTLOT€1)€ (V. 3 6 b ) . Jairus, der angesehene Synago genvorsteher, muss auf Jesus warten, während die einfache unreine Frau durch ihre förmlich erzwungene Begegnung mit Jesus Vorrang erhält bzw. sofort geheilt wird. Neben den Motiven der Erschwernis und des Kontrasts bieten die Einzelberichte formale und inhaltliche Parallelen: Das Alter der Tochter des Jairus entspricht mit zwölf Jahren (5,42) exakt der Zeit, die die Frau bereits am Blutfluss gelitten hat (5,25). Beide, sowohl der Vater als auch die blutflüssige Frau, befinden sich in einer vergleichbaren existenziellen Notsituation, die von größ ter Hilflosigkeit geprägt ist. Und beide erhalten - aufgrund ihres Glau bens, unabhängig von ihrer sozialen Stellung - die von Jesus erhoffte Hilfe. Unterstützt durch die stilistischen Mittel verbindet das übergrei fende T h e m a des Glaubens also beide Berichte zu einer erzählerischen Einheit. Da anzunehmen ist, dass der Vater sein Vertrauen in die Vollmacht Jesu nach d e m Tod der Tochter und d e m Zuspruch Jesu aufrechterhal ten hat, stellt die Rahmenerzählung eine deutliche Steigerung gegen über dem Einschub von der blutflüssigen Frau dar. Der Vater hat an fangs alle sozialen Rückhalte überwunden und Jesus direkt angespro chen, und auch nach der Nachricht über den Tod der Tochter hält er an 47
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45 Vgl. a.a.O. 258, 46 Mt hebt diesen Aspekt durch Kürzungen in der mk Wundergeschichte beson ders hervor; siehe a.a.O. 228, 253, 275f. 47 Parr. Mt 9,18-19.23-26; Lk 8,41-42.49-56. 48 Bei Mt fehlt die Glaubensforderung ganz. Die Parallele Lk 8,50b ist mit Mk 5,36b identisch bis auf die Verwendung des Imperativs Aorist anstatt des Präsens bei Mk. Lk fügt allerdings hinzu K a i aa)9rja€Tai. Im Gegensatz zu Lk werden nur bei Mk die Worte des Bittgesuchs des Vaters angeführt mit dem Wunsch um Hand auflegung und dem Zusatz \va aa)0fj K a i Cipt) (5,23). In beiden Stellen, in denen öcpCw hier begegnet, ist der Kontext ganz der der Erweckung vom Tode ohne jede eschatologische bzw. soteriologische Komponente, so dass die Verwendung von öcpCw innerhalb dieses Kontexts zumindest sehr ungewohnt ist. Daher schwingt hier beim Gebrauch von 0 0 6 ( 0 ) unweigerlich der Gedanke der nachösterlichen Auferstehungshoffnung mit (vgl. Söding, Glaube 425), so dass es sich - nicht zuletzt, da beide Stellen nur einfach belegt sind - um sekundäre Bildungen handeln dürfte.
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Jesus f e s t . Anders verhält es sich bei denjenigen, die v o m Tod des Mädchens berichten. Für sie stellt der Tod - im Gegensatz zur ur sprünglich erhofften Heilung - eine unüberwindbare Barriere dar. So mit ist auch das Verhalten des Vaters als vorbildlich anzusehen. Denn der Glaube ist auch hier ein „durch Erschwernis erprobtes Vertrauen, das sich auf den Wundertäter Jesus r i c h t e t . " Aufgrund dieser Her vorhebung des Glaubensmotivs in der Wundererzählung k o m m t H J . Held - zunächst für das M t - zu d e m Ergebnis, „daß die Geschichten von der blutflüssigen Frau und von der Auferweckung in der Tat als Beispielerzählungen für den echten Wunderglauben verstanden werden m ü s s e n " . Im Kontext des M k fungieren sie entsprechend als „An schauungsmaterial" für die markinischen Gebetsparänesen v o m Berge versetzenden (11,22-25) und v o m alles vermögenden (Gebets-)Glauben (9,23.28-29). Die Perikope dient somit nicht nur bei M t der u m die Heilung der Kranken bemühten nachösterlichen Gemeinde als „Lehrer zählung über den G l a u b e n " . 50
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2.1.4 Die Syrophönizierin (Mk 7,24-30 Par.) In der Perikope von der Bitte der Syrophönizierin u m Heilung ihrer besessenen Tochter, M k 7,24-30 Par. M t 15,21-28, wird der Glaube bei M k - im Gegensatz zu M t - nicht explizit erwähnt. Die Frau erscheint bei M k zunächst als „Prototyp der gläubigen Heiden, die nachösterlich im Gegensatz zu den ablehnenden Juden das Evangelium anneh m e n " . Dadurch bildet die Perikope eine Parallele zur Geschichte von der Heilung des Knechts oder Sohns des Hauptmanns von Kapernaum in Q (Mt 8,5-13 Par. Lk 7,1-10). Denn das Niederwerfen der Frau vor den Füßen Jesu in V. 25 macht ihre Ehrerbietung gegenüber Jesus und damit die Anerkennung seiner Person und Vollmacht eindrücklich deutlich. Diese Anerkennung kulminiert in V. 28 in der Anrede K u p t € , die aus nachösterlicher Perspektive eine deutliche christologische Komponente e n t h ä l t . Doch bringt die Erzählung auch den Tatbestand des Glaubens in einer ihr eigentümlichen Art zum Ausdruck. „Sie schildert die Demut und Beharrlichkeit dieser Frau, die Gottes Gnädigsein in Jesus erwartet und 53
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4 9 Bei Mt fehlt dieses Erschwernismotiv, da hier die Tochter bereits tot ist, als der Vater zu Jesus kommt, so dass er hier nicht um eine Heilung, sondern direkt um eine Totenauferweckung bittet. 5 0 Söding, Glaube 4 2 6 . 5 1 Held, Wundergeschichten 1 7 0 . 52 Ebd. 5 3 Gnilka, Markus I 2 9 3 . 54 Mt verwendet Kiüpie in 1 5 , 2 2 u. 2 5 , wobei er in V. 2 2 DIOQ AOCULÖ hinzufügt. Zur Verwendung der Anrede „Sohn Davids" in Verbindung mit dem Erschwernis motiv der Ablehnung siehe auch unten bei der Diskussion von Mk 1 0 , 4 6 - 5 2 Parr. 5 5 Der Vokativ findet sich sowohl bei Mk als auch in Q (Mt 8 , 2 ; Lk 5 , 1 2 ) jeweils nur ein einziges mal, wobei in beiden Fällen Heiden die Anrede benutzen.
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nichts sehen will als die erhoffte Z u s a g e . " M t fügt in 15,23 noch das Erschwernismotiv der Ablehnung der Frau durch die Jünger hinzu (vgl. M k 10,48 Par. M t 20,31). Die Anerkennung des (stellvertretenden) Glaubens der Syrophönizierin wird dann in Jesu Zuspruch der Heilung in M k 7,29 deutlich: öux T O Ö T O V T Ö V Xoyov vmyt, kE£Xr\X\)Qtv 4K Tfjg Guyaipoc; oou T O öai|i6viov. M t hingegen hebt den Glauben in 15,28 explizit hervor, ohne aber den Sinn des Zuspruchs zu verfälschen: co yvvai, [leyakr] oou f] TTIOTIC;- y€vr\Qr\T(ü ooi (ig QeXeic, (vgl. M t 9,29: K a m TT)V TT LOT iv üjicov yevr\Qr\zG> b\ilv) . Damit tritt in dieser Perikope - ähnlich wie in M k 10,48 Parr. (s.u.) - die Beharrlichkeit des Bittstellers als Ausdruck des Glaubens bzw. Vertrauens in die M a c h t Jesu n e ben den christologischen T o p o s des Glaubens als Anerkennung der Person und Vollmacht J e s u . 51
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2.7.5 Der Vater des besessenen Knaben (Mk 9,14-29 Parr.) Die Austreibung eines unreinen Geistes aus einem epileptischen Knab e n , M k 9,14-29 Parr. M t 17,14-21; L k 9,37-43, stellt eine weitere Wundererzählung dar, in der der Glaube an Jesu Vollmacht zu heilen eine zentrale Rolle spielt. Bereits in der Eröffnung der Erzählung, vor d e m eigentlichen Heilungsbericht, begegnet das Glaubensmotiv. W i r erfahren von der Unfähigkeit der Jünger, den Jungen - trotz ihrer Heilungsvollmacht (vgl. M k 6,7.13) - zu h e i l e n . Als Jesus hiervon er5 9
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56 Schweizer, Markus 81. 57 Vgl. Held, Wundergeschichten 188f. 58 Zum traditionsgeschichtlichen Hintergrund der Perikope und zu Jesu anfänglicher Ablehnung der Frau aufgrund ihrer Herkunft siehe Feldmeier, Syrophönizierin 218-226. 59 Die in Mk 9,18.22 angeführten Symptome des Jungen deuten sowohl nach der modernen Medizin als auch nach Einschätzung vieler antiker Ärzte auf die „Fallsucht" (morbus caducus) bzw. Epilepsie hin, die im allg. als eine systemische Erkrankung angesehen wird. Die meisten Exegeten nehmen daher an, dass es sich bei der Heilung des Jungen nicht um einen Exorzismus, sondern um eine (charismatische) Heilung handelt. Dies bedeutet, dass die Erzählung eine dämonistische Interpretation einer Heilung darstellt; das Verhalten des Jungen wäre demnach nicht durch einen Dämon bedingt (vgl. Gnilka, Markus II 51; Lührmann, Markus 161; Pesch, Markusevangelium II 94, 96; Schmithals, Markus II 410). Doch bereits Origenes hat sich gegen eine solche physiologische und für eine dämonologische Ätiologie der Fallsucht ausgesprochen (für eine detaillierte Darstellung und Belege siehe Pesch, a.a.O. 89, 91 u. Lührmann, a.a.O.). Entsprechend verstehen auch einige moderne Ausleger das Geschehen als Exorzismus (vgl. Twelftree, a.a.O. 95f), da die Perikope deutlich einen Exorzismus beschreibt (vgl. Marshall, Faith 115f), und da die Historizität des Kerns der Erzählung gewöhnlich nicht in Frage gestellt wird (vgl. Pesch, a.a.O. 95; Twelftree, Exorcist 93,96). 60 Die meisten Exegeten halten diese Komponente für sekundär; einen guten Überblick über die unterschiedlichen Ergebnisse der Redaktionskritik zur Perikope gibt Gnilka, Markus II 44f. Pesch, a.a.O. 87, Anm. 2 nimmt an, dass in der vormarkinischen Fassung nicht die Jünger, sondern die Pharisäer nicht in der Lage waren,
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VI. Glaube und Heilung
fährt, erkennt er sofort den Unglauben der Jünger - und möglicherwei se auch den des V a t e r s - (vgl. V. 19: c5 yevea a u L ö t o g ) als Ursache für ihr Versagen. N a c h d e m Jesus den Jungen geheilt hat, heißt es dann in der abschließenden J ü n g e r b e l e h r u n g , dass ein solcher Zustand wie der des Jungen bzw. ein solcher Epilepsie-Dämon nur durch Gebet aus fährt: TOUTO TO ykvOQ kv Ol)öWl ÖUVatOCL 4 ^ 1 0 6 LV €1 |ifj kv TTpOO€l)Xfj (V. 29). Die Rahmenerzählung bringt also den Glauben der Jünger in Verbindung mit der Stärke oder Hartnäckigkeit von Krankheiten bzw. der Möglichkeit ihrer H e i l u n g . Da das Gebet gewöhnlich nicht Be standteil ntl. Wundererzählungen ist, reflektiert die nachösterliche Ge meinde wohl auf diese Weise ihre Erfahrung von Teil- und Misserfol gen bei der Heilung Kranker und Besessener. Doch u m welche Art von Gebet handelt es sich hier? D a weder Jesus noch die Apostel Dämonen durch Gebet austreiben, kann es sich bei d e m Hinweis auf das Gebet in V. 29 nur u m das tägliche oder regelmäßige Gebet der Jünger han d e l n . D.h. der für die Heilung nötige Glaube steht hier in direktem Zusammenhang mit d e m Gebetsleben der Jünger bzw. der Gemeinde. Der im Misserfolg der Jünger bereits ersichtliche Z u s a m m e n h a n g von Glaubensstärke und Heilung wird im eigentlichen Heilungsbericht weiter konkretisiert. Als der Junge vor Jesus gebracht wird, zwingt ihn der Geist zu bizarren und unkontrollierten Bewegungen. Darauf hin erkundigt sich Jesus nach d e m Werdegang der Krankheit. Der Vater antwortet ihm bereitwillig und sagt: & xi öuvrj, ßorj0r|oov ryilv oitXayxvioQtK; W r p ä c ; (V. 2 2 b ) . Jesus greift die zweifelnden Worte des Vater auf und stellt ihm die Bedeutung des Glaubens vor Augen: t ö el ÖVJVT], u d c v t a öuvocra xcp TTLOT61)OVTL (V. 23), worauf der Vater aus ruft: i u o T € u a r ßor|0€i [iou xr\ CCTTLOTLOC (V. 24). Erst jetzt treibt Jesus den Geist aus. Der anfängliche Unglaube des Vaters besteht also im Zwei fel an der Macht Jesu, zu helfen. Dies zeigt nicht nur der (von Jesus 61
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den Jungen zu heilen. Gnilka, a.a.O. 45 hingegen hält das Jüngerversagen im Zu sammenhang mit der Heilung für ursprünglich. 61 Marshall, Faith 117f versteht unter ytvea omioxoc, die gesamte zeitgenössische Generation und argumentiert von da her, dass auch der Glaube des Vaters von An fang an defizitär war und nicht erst seit dem Versagen der Jünger. 62 Mt fügt zwischen der Frage der Jünger nach dem Grund ihres Unvermögens und dem Hinweis auf die Bedeutung des Gebets das Wort vom Berge versetzenden Glauben ein; vgl. Mt 17,20. 63 So auch Pesch, a.a.O. 64 Spätere Handschriften fügen in V. 29 „und fasten" hinzu (vgl. Jes 58,4b). Auf diese Weise interpretieren sie das Gebet als das Gebetslebens der Jünger und somit der Gemeinde (vgl. Mk 1 l,24f sowie den „Gebetsruf' des Vaters in V. 24, Tuoieiiar ßorj0€i jiou ifj ctiTLöTLa); so mit Schlatter, Markus 171. Gegen Pesch, Markusevan gelium II 96; 65 Die Konversation Jesu mit dem Vater in V. 21-24 fehlt bei Mt u. Lk, d.h. die zweifelnde Bitte des Vaters (V. 22), Jesu Ermutigung zu glauben (V. 23) und die Bitte des Vaters um Glauben (V. 24).
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aufgegriffene) Konditionalsatz €i T I öuvrj , sondern auch der Hinweis Jesu auf die Wirkmächtigkeit des Glaubens. ' A T U O T Ü X steht hier also nicht für die Ablehnung Jesu - so wie bei seinem Auftreten in Nazareth (Mk 6,1-6, insbes. V. 6) - , sondern für das fehlende Vertrauen in die Fähigkeit Jesu zu heilen. Doch besteht auch eine deutliche Parallele zwischen d e m Unglauben des Vaters und d e m der Nazarener, denn beide Arten des Unglaubens stehen d e m Wunderwirken e n t g e g e n . Die Antwort Jesu auf die Bitte des Vaters in V. 2 3 , t ö d ÖUVT), uavtct öuvata xcp T U O T € 1 ) O V T I , macht aber nicht nur den defizitären Charakter seines Glaubens deutlich, sondern sie fordert ihn zugleich auch heraus, sein ganzes Vertrauen in Jesus bzw. Gott zu setzen; d.h. Jesus bietet ihm auf d e m W e g des Glaubens „Teilhabe an Gottes Allmacht" a n . Der Aufschrei des Vaters, l u o T e v j G r ßor|0ei \iov if) a i u o i i a , steht daher nicht nur für die Schwäche seines Glaubens, sondern auch für ein wachsendes Vertrauen in die Allmacht Gottes. Offensichtlich besitzt er nun den von Jesus geforderten G l a u b e n . Somit bringt das „paradoxale Glaubens-Bekenntnis des Vaters ... in konzentrierter Weise das Spannungsfeld von Glaube und Unglaube zur S p r a c h e " , wobei die Erzählung diese Positionen nicht statisch gegenüberstellt, sondern eine Bewegung „vom zweifelnden Bitten (9,22) zu tiefem Glauben" be schreibt . Der Vater überspringt also nicht einfach seinen Unglauben. „Glaube ist deshalb in seinem Grunde Bitte u m Überwindung des U n g l a u b e n s . " Der Vater wird dadurch z u m Vorbild für die Jünger und somit - nicht zuletzt - z u m Vorbild für die Gemeinde in ihrem Ringen mit Krankheit und bösen G e i s t e r n . Der Vergleich zwischen d e m Glauben der Jünger und d e m (auch hier stellvertretenden) Glauben des Vaters zeigt aber auch: „der Glaube des Wundertäters und der des Wunderempfängers sind hier grundsätzlich von gleicher A r t . " Dies bedeutet: „it is the faith of both parties that permits of success (vv 2 5 f f ) . " Für Marshall erlaubt die Verheißung uavioc öuvara TGO l u o T e u o v T i dann folgenden Schluss: „For Mark, all things are possible to the believer because, actively or passively, the believer sets no limits on God's power to break into his or her concrete Situation, for the very existence of faith within 67
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66 Für eine ausführliche Textkritik siehe Marshall, Faith 116, Anm. 3. 67 Vgl. Held, Wundergeschichten 265; siehe auch Barth, Glaube und Zweifel 269-292. 68 Pesch, Markusevangelium II 92. 69 So Marshall, Faith 119 in Anlehnung an eine Vielzahl von Exegeten (siehe a.a.O., Anm. 2). 70 Söding, Glaube 459. 71 A.a.O. 460. 72 A.a.O. 476. 73 Vgl. Pesch, Markusevangelium II 96; Schweizer, Markus 101 f. 74 Söding, Glaube 481; ähnlich Marshall, Faith 119f; Dowd, Prayer 111. 75 Marshall, Faith 120.
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VI. Glaube und Heilung
the believer is the ground which allows God to act in his or her context. Since faith is letting God go into action, it is legitimate to ascribe to faith what is in fact a matter of G o d . " Die Erzählung macht damit eindrücklich deutlich, dass die Erfahrung des Unvermögens gegenüber Krankheit und dämonischer Aktivität zur Realität der Gemeinde gehört. Diese Situation kann jedoch überwunden werden durch ein tiefes Vertrauen in die Allmacht Jesu bzw. Gottes. Der Ursprung dieses Fiduzialglaubens liegt für Markus im Gebet des Einzelnen und im Gebet der Gemeinde, womit der Evangelist der Gemeinde eine klare Alternative zur Resignation vor Krankheit und Dämonen vor Augen stellt . Grundlage hierfür ist der Heilungsauftrag Jesu und die dafür erteilte Vollmacht an seine Jünger. Auf diese Weise erhält die Gemeinde Anteil an der Vollmacht ihres H e r r n . 76
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2.1.6 Der blinde Bartimäus (Mk 10,46-52 Parr.) Die Erzählung von der Heilung des blinden Bettlers Bartimäus aus Jericho, M k 10,46-52 Parr. M t 20,29-34; Lk 18,35-43, bildet das Ende des zweiten Evangelien-Hauptteils M k 8,22-10,52 und zugleich den letzten Heilungsbericht des Markusevangeliums. „Direkt vor der Passionserzählung demonstriert Markus also seinen Lesern nochmals, was Glaube und Nachfolge Jesu i s t . " Wie die zuvor untersuchten Erzählungen weist auch diese Perikope einige markante Besonderheiten auf. Zunächst begegnet wieder die existentielle Not und die äußerste Ohnmacht eines Bittstellers. Daneben erscheint wie so oft das typische, die Echtheit des Glaubens anzeigende Erschwernismotiv - hier der Widerstand der sich u m Jesus scharenden Volksmenge (V. 4 8 ) . In Verbindung mit der Abweisung des Blinden fungiert das beharrliche Bitten des Kranken (6 Se TTOAAGO [xallov £ K p a ( e v , V. 48) als Demonstration erprobten G l a u b e n s , so dass das Glaubensmotiv zum zentralen Element auch dieser Erzählung wird (vgl. V. 52). G. Theißen hat gezeigt, dass dieser der Heilung vorausgehende und für die ntl. Wundererzählungen markante Glaube der 79
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76 Ebd.; vgl. Dowd, Prayer 108 in Bezug auf die Perikope im Kontext markinischer Wundererzählungen: „Clearly, faith leads to miracles in Mark." 77 Vgl. Söding, Glaube 483. 78 Vgl. Held, Wundergeschichten 258. 79 Schweizer, Markus 121. 80 Pesch, Markusevangelium II 172 nimmt an, dass „die Vielen" nicht versuchen, Jesus vor einer Belästigung zu schützen, sondern dass mit dem Schweigegebot eine mögliche national-politische Interpretation der Anrede „Sohn Davids" vermieden werden soll, da sie gegen das Sendungsbewusstsein Jesu steht. Marshall, Faith 127f argumentiert dagegen, dass Jesus das Sohn-Davids-Bekenntnis nicht ablehnt, sondern dessen Gültigkeit annimmt. Als Hintergrund für die Sohn-Davids-Formel sieht Marshall bei Mk in Anlehnung an neuere Arbeiten über die Christologie des Mk eine Königschristologie, in die der davidische Messias-König, der Sohn-Gottes-Titel und dann auch die Bezeichnung „Sohn Davids" gehört. 81 Vgl. Pesch, a.a.O. 169, 172.
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//. Glaube und Heilung
hilfsbedürftigen in den antiken Heilungsberichten in dieser Art nicht begegnet. „Anders als im N T ist der Glaube nicht Voraussetzung des iVunders, sondern seine Folge. Gerade der Ungläubige wird b e k e h r t . " \ n d e r s als in den vorangegangenen Wundergeschichten spricht Bartiriäus Jesus aber mit uU Aauiö (V. 4 8 ) und später ehrerbietig mit iaßßouvi (V. 51) an. Dies bedeutet, dass er Jesus in angemessener und iamit in vorbildlicher Weise u m Hilfe anruft. Auf diesem Hintergrund wundert es den Leser allerdings, dass Jesus Bartimäus - nachdem er hn hat zu sich k o m m e n lassen - fragt: TL OOL GeXeic; iToirjoca; (V. 51a). Oenn es ist offensichtlich, dass es sein Wunsch ist, wieder sehen zu cönnen. Anscheinend ist Jesus - ähnlich wie bei der blutflüssigen Frau - an d e m Gespräch mit d e m Hilfesuchenden gelegen. Dabei signalisiert sr d e m Blinden seine Bereitschaft zu helfen. Zugleich führt er die kon krete Bitte des Blinden an ihn, paßßouvi, Iva dvaßAii|jG) (V. 5 1 b ) , Dewusst herbei. Jesus erwartet also nicht nur den Glauben des Bittstelers, sondern auch die konkrete und direkte Bitte an ihn. Deutlicher als n den vorher diskutierten Erzählungen tritt hier also die Bitte in den Vordergrund, die gleichsam zum Gebetsruf wird, so dass auch diese Perikope als Gebets- und Glaubensparänese für die Gemeinde fun giert . 82
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Mach der erfahrenen Heilung bestätigt Jesus in V. 52 abschließend den Grlauben des Kranken als Grund für seine H e i l u n g . Die Glaubensforn e l T) I T L O T K ; O O U okouvikv oe (V. 52) - wieder in exponierter Stellung im Ende der Erzählung - bildet somit den Höhepunkt des Geschei e n s . Kontextuell bezieht sich das Logion - wie bei der Heilung der Mutflüssigen Frau in M k 5,34 (s.o.) - lediglich auf das (erwiesenerma ßen) starke Vertrauen des Blinden in seine Heilung durch J e s u s . Doch schwingt in der gesamten Perikope auch eine deutliche christologische Komponente mit. Denn Bartimäus hat - wie die Anreden uU \avl6 und pocßßouvi zeigen - in vorbildlicher Weise die Bedeutung der 86
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12 Theißen, Wundergeschichten 135. $3 Kontrovers diskutiert wird, ob es sich hier um einen christologischen Hoheitsitel handelt. Pesch, Markusevangelium II 171f folgt K. Berger, der me AauiÖ in Verbindung mit der magischen Salomotradition bringt und die Anrede somit als Hinweis auf Jesu exorzistische und wunderwirkende Tätigkeit versteht. Ähnlich irgumentiert auch Marshall, a.a.O. 128, wobei er aber die Bedeutung Jesu als Heiler n dessen Auftrag der Reich-Gottes-Verkündigung verankert sieht; vgl. auch Mk 12,35 Par.; Joh 7,42; Apg 2,25; Rom l,3f; 2 Tim 2,8. 34 Vgl. ebd. 15 Vgl. Held, Wundergeschichten 253. 16 Vgl. Pesch, a.a.O., wonach in V. 52 „Entlassungsformet und „Konstatierung ier Heilung durch den Glauben" verbunden werden (Hervorhebungen des Autors). 11 In Lk 18,42 begegnet die Formel identisch zu der bei Mk. Bei Mt erscheint die Erzählung leicht abgewandelt mit zwei Blinden, wobei Jesus die Augen hier durch Berühren heilt, so dass die Glaubensformel als Zuspruch der Heilung fehlt. 38 Vgl. Hahn, Verständnis 54f. Gegen Söding, Glaube 427, der in der Glaubensbrmel auch eine Interpretation der Begegnung mit Jesus sieht.
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VI. Glaube und Heilung 89
Person Jesu und seiner göttlichen Vollmacht e r k a n n t . Die Heilung darf also auch hier nicht isoliert von der Begegnung mit Jesus gesehen werden. Der abschließende Kommentar, KOCI T | K O X O U 0 6 L amä kv ifj ööcp (V. 52c), am Ende des Heilungsberichts macht dies besonders deutlich. Denn offensichtlich wird die Heilung für den Geheilten zum Beginn der Jesusnachfolge. Bartimäus reagiert damit - wiederum in vorbildlicher Weise - auf das Geschenk der H e i l u n g . Der anfänglich bereits vorhandene Glaube an die Person und Vollmacht Jesu wird durch die empfangene Heilung also weiter bestärkt, so dass Bartimäus - nicht nur aus physischen Gründen - in die (verbindliche) Nachfolge Jesu tritt. 90
2.7.7 Der Hauptmann von Kapernaum (Mt 8,5-13; Lk 7,1-10) Ähnlich wie in der Erzählung von der hartnäckig bittenden Syrophöni zierin in M k 7,29 Par. wird auch in der Redenquelle (Q) in der Peri kope des u m seinen kranken Sohn oder K n e c h t bemühten Haupt manns von Kapernaum (Mt 8,5-13 Par. Lk 7,1-10; vgl. Joh 4,46-54) der Glaube eines Heiden als vorbildlich dargestellt. Zunächst verdeut licht die Feststellung K u p i e , O U K IKOCVOC; UTTÖ xr\v oxkyr\v dokXdf\(; in M t 8,8 Par. den Respekt des Offiziers für die jüdische Religion und seine Anerkennung der Person Jesu. Die anschließende Bitte aXXa \iovov 6LTT€ Xoyco, KOCI Loc0r|oeToa 6 TTOCIC; |iou zeigt dann - zusammen mit dem Beispiel aus d e m militärischen Umfeld in V. 9 - in prägnanter Weise das Vertrauen des Hauptmanns in die „Befehlsgewalt" Jesu und damit in seine göttliche V o l l m a c h t . H J . Held drückt dies folgender91
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89 Vgl. Marshall, Faith 128. 90 Eine Änderung der Qualität seines anfanglichen Glaubens ist dabei nicht zu erkennen; gegen Ritt, Wunderglaube 75: „so verwandelt sich der Wunderglaube' (die Zuversicht auf eine Wende zum Guten) zum 'Bekenntnisglauben' (zur Überzeu gung, daß sich in Christus Gottes endzeitliches Gnadenhandeln verwirklicht); dieser Entfaltungsprozeß ist das Ergebnis der Evangelienschreibung." Eine symbolische Interpretation des Sehendwerdens dürfte ebenfalls die Intention des Autors überstei gen. „Die Unterschätzung der mk Traditionsgebundenheit führt leicht zur Über schätzung eines nicht belegbaren symbolischen Gehalts der Erzählung." Pesch, Markusevangelium II 175. 91 Für die Übersetzung von iratc; in Mt 8,6.8 als „Sohn" und damit gegen die gän gige Übersetzung als „Knecht" spricht die Tatsache, dass der Hauptmann in seinem Beispiel vom militärischen Gehorsam in V. 9 die Begriffe ozpazi6zr\Q für „Soldat" und öoGA-oc; für „Knecht", nicht aber TUXXQ für „Knecht" gebraucht. Auch ist es für das eigene Kind wahrscheinlicher, krank im Haus des Hauptmanns zu liegen, als für den Knecht (vgl. V. 6). In 2,16 verwendet Mt miQ ebenfalls für Kind, und in der verwandten Erzählung 17,14-21 steht -uaic; in V. 15.18 für „Sohn"; vgl. Luz, Matthäus II 14. In der parallelen Perikope Lk 7,1-10 steht dagegen in den V. 2.3.10 einheitlich der Begriff öoöA.og; doch hier könnte es sich um eine Angleichung an V. 8 mit dem Beispiel vom militärischen Gehorsam handeln. 92 Nach Lk ist der Hauptmann Erbauer der lokalen Synagoge. Folglich spricht er aus Respekt oder Demut nicht direkt mit Jesus, sondern lässt ihm seine Bitte durch jüdische Älteste und seine Knechte übermitteln; vgl. Lk 7,3.6.
215
VI. Glaube und Heilung
maßen aus: „Der Hauptmann von Kapernaum entwirft in seiner Rede (Mt. 8,8b-9) ein eindrückliches Bild von der Machtvollkommenheit Jesu, das in den Wundergeschichten der übrigen synoptischen Tradi tion seinesgleichen nicht h a t . " Folglich bezieht sich die Glaubens aussage Jesu in V. 10, a\ir)v Äiyo) v\ilv, rap' ouöeiA TOOCCUTTIV TTLÖTLV kv TGO 'Iopar|Ä eupov, nicht in erster Linie auf die Anerkennung des heilsgeschichtlichen Vorrangs Israels durch den H e i d e n , sondern vor allem auf das Vertrauen des Hauptmanns in Jesu Vollmacht zu heilen. Der Zuspruch Jesu, irrraye, e r u o T e u o a c ; yevrßr\xio ooi (V. 13), macht dies eindrücklich d e u t l i c h . Somit wird der Hauptmann - ähnlich wie der blinde Bartimäus - in zweifacher und damit in besonderer Weise z u m Vorbild des Glaubens, denn hier trifft das kognitive Element des Glaubens, durch das er „Anteil am Reich Gottes" gewinnt, mit d e m tiefen Vertrauen in die Wundermacht Jesu z u s a m m e n . Folglich liegt der Fokus der Perikope auch nicht auf der Gerichtsandrohung an Israel (vgl. V. 10-12), sondern auf dem vorbildlichen Glauben des Haupt m a n n s . Des weiteren entspricht die Bitte des Hauptmanns im Ge spräch mit Jesus auch hier wieder einem Gebetsruf. Somit macht die Erzählung der nachösterlichen Gemeinde deutlich, dass Glaube sowohl die Anerkennung der Person und Autorität Jesu als auch das Vertrau en in seine unbegrenzte (Wunder)macht beinhaltet. Beide Elemente werden hier deutlich unterschieden und gleichzeitig als notwendige Einheit dargestellt. Damit wird aber auch ersichtlich, dass das Vertrau en in die Heilkraft Jesu nicht automatisch eine soteriologische K o m p o nente besitzt, sondern dass beide Elemente zusammen k o m m e n müs sen . 93
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2.1.8 Die zehn Aussätzigen (Lk 17,11-19) Analog zu den übrigen synoptischen Heilungserzählungen werden auch die zehn Aussätzigen in Lk 17,11-19 auf ihre Bitte u m Erbarmen hin sowie ihren Glauben bzw. Gehorsam, sich bei den Priestern zu zei93 Held, Wundergeschichten 242/242. 94 Vgl. Luz, Matthäus II 17. 95 Bei Lk fehlt die Entlassungsformel sowie die Gerichtsandrohung als Teil der Jüngerbelehrung. Hier folgt die Bestätigung der Heilung in Lk 7,10 direkt auf Jesu Erstaunen über den Glauben des heidnischen Hauptmanns in V. 9. Doch damit liegt auch hier der Fokus auf dem Glauben des Hauptmanns. 96 So Held, Wundergeschichten 185. 97 Vgl. Held, a.a.O. 182: „Geichviel, wie die Urform dieser Perikope ausgesehen haben mag, es ist auf Grund der Übereinstimmung zwischen Mt. 8,8-10 und Lk. 7,6b-9 sicher, daß das Gespräch zwischen dem Hauptmann und Jesus mit dem Wort über den einzigartigen Glauben dieses heidnischen Mannes der Kern gewesen ist. Damit aber ist der Perikope von Anfang an das Thema des Glaubens gegeben." 98 Die gleiche Aussage lässt sich auch aus dem lukanischen Bericht der Heilung ableiten, da der Heilungsbericht hier direkt auf die Darstellung vorbildlichen (er kennenden und vertrauenden) Glaubens folgt und sich somit keine Verschiebung der Schwerpunkte ergibt.
216
VI. Glaube und Heilung
gen, geheilt. Etwas anders akzentuiert als in den zuvor besprochenen Wundererzählungen begegnet in dieser Erzählung des lukanischen Sonderguts jedoch das Logion f) T U O T K ; O O U oeooKev o e " . Auf der ers ten Ebene des Texts bezieht sich das Jesus wort in Lk 17,19 wie in den übrigen Heilungsberichten auf den Glauben des Samaritaners, geheilt zu werden. „The story does not necessarily imply that the other nine lacked faith; the point is rather that their faith was incomplete because it did not issue in g r a t i t u d e . " Durch den Tadel der neun ebenfalls geheilten, aber nicht dankbaren Juden erhält das Logion aber auch eine christologische und auf der zweiten, übertragenen Ebene möglicher weise auch eine soteriologische Bedeutung (vgl. Lk 7 , 5 0 ) . Denn die Perikope zeigt nicht nur explizit, dass Jesus Dank und Gott Lob und Ehre für die Heilung gebührt (vgl. V. 15.16.18). Als von den Juden Verachteter wird der umgekehrte Samaritaner auch zum gläubigen Ge genüber der neun nicht dankbaren Juden, die wohl für das nicht u m kehrende Israel s t e h e n . 100
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2.1.9 Weitere Glaubensaussagen Neben den bereits diskutierten Glaubensaussagen begegnen in den sy noptischen Heilungsberichten noch etliche weitere Hinweise auf den Glauben der Notleidenden im Zusammenhang mit Krankheit und Hei lung. Diese können hier jedoch nur kurz angesprochen werden. Wie in einigen der oben besprochenen Perikopen bringt in der Erzäh lung von der Heilung eines Aussätzigen, M k 1,40-45 Parr. M t 8,1-4; Lk 5,12-16, das Niederknien vor Jesus die Anerkennung Jesu und das rückhaltlose Vertrauen des Bittstellers in die Vollmacht Jesu zum Aus druck. Letzteres wird vor allem ersichtlich in der vertrauensvollen Bitte des Aussätzigen an Jesus, kkv üktofc öiWooa | i e K a G a p i o o a (V. 4 0 ) . Die Glaubensaussage Weish 12,28 bildet eine eindrucksvolle hellenistisch-jüdische Parallele zur obigen Bitte: „denn du vermagst alles, wenn du willst (mpeoxiv yap o o i , o m v 06Är)<;, T Ö öiWoGoa)." Bemerkenswert ist dabei der Hinweis bei Mk, dass Jesus innerlich be wegt ist, als er den Aussätzigen heilt (vgl. o-nXayxvioQtiQ in V. 41). Kontextuell dürfte M i t l e i d oder noch eher die Ehrerbietung und da1 0 3
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99 Die meisten Ausleger halten das Logion hier für sekundär; vgl. Klostermann, Lukasevangelium 174; Nolland, Luke II 847. Dennoch ist das Jesuswort zentraler Bestandteil der Erzählung; vgl. Marshall, Luke 652. 100 Marshall, Luke 652. 101 Vgl. z.B. Nolland, Luke II 848; Schneider, Lukas II 352; Schlatter, Evangeli en 341. 102 Vgl. Schlatter, a.a.O. 103 Mt und Lk stellen der Bitte noch den christologisch gefüllten Vokativ Kupi€ voran. 104 So Bauer-Aland 1523; Lührmann, Markus 54; Schmithals, Markus 1 135, 144.
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VI. Glaube und Heilung
mit verbunden der starke Glaube des Kranken dies bewirkt haben, nicht aber Jesu Zorn über die K r a n k h e i t . Eine gewisse Nähe zur Erzählung von der Heilung des blinden Barti mäus (Mk 10,46-52 Par. M t 20,29-34; Lk 18,35-43) weist die Heilung zweier Blinder in M t 9,27-31 auf. Auch hier steht die Bedeutung des Glaubens für die Heilung im Mittelpunkt. Bereits zu Anfang zeigt das Schreien der Blinden u m Erbarmen ihre Beharrlichkeit und Entschie denheit, von Jesus Heilung zu erlangen. Dennoch fragt Jesus die Blin den in V. 28: TTioieiiere bxi öuvoqioa T O Ü T O TTOifjooa;, worauf sie ant worten: vai K u p i e . Entsprechend leitet Jesus in V. 29 die darauf fol gende Heilung mit den Worten ein: K a m xr\v TTLOTIV ujiodv yevr)Qr\TU \)\xlv. Auf diese Weise macht auch diese Perikope den Konnex zwi schen Glaube und Heilung eindrücklich deutlich. Ähnlich resümiert U. Luz: „Wie in 8,8-10.13; 9,20-22 macht Matthäus deutlich, daß der Glaube der Heilung vorangeht und ein aktiver, beharrlicher Glaube sein m u ß . " Die Tatsache, dass die Blinden Jesus bereits öffentlich und eindringlich u m Hilfe angerufen hatten (vgl. KpdCovteg, V. 27), bevor er sie nach ihrem Glauben fragt, zeigt den didaktischen Charak ter der E r z ä h l u n g . So kommentiert J. Gnilka: „Der Glaube wird na hezu definitorisch bestimmt als Vertrauen auf Jesu helfende Macht. W e n n man dies Gebetsglaube genannt hat, so ist die Übertragbarkeit dieses Glaubens auf die hörende Gemeinde das angestrebte Ziel. Es ist jeweils ein auf die Probe gestellter Glaube. Die gewährte Hilfe er scheint als G e b e t s e r h ö r u n g . " 105
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Das Logion v o m Berge versetzenden Glauben
Außer in den Heilungsberichten wird die Bedeutung des Glaubens für das W u n d e r in der synoptischen Tradition auch im mehrfach bezeugten Logion v o m Berge versetzenden (Mk 11,23; M t 17,20; 21,21) bzw. einen Maulbeerbaum verpflanzenden (Lk 17,6) Glauben thematisiert. Anders als in den synoptischen Heilungsberichten und Gebetsparänesen (s.u.) geht es hier jedoch u m das vollmächtige Wort. „Der Glaube
105 Gegen Schweizer, Markus 27 u. Pesch, Markusevangelium I 144, die hier Jesu Zorn über die Krankheitsmächte sehen. Damit folgen sie D und einigen lateini schen Handschriften, die die gut bezeugte Lesart ovfatyiviofeic, durch opyioOeic; ersetzen. Für eine ausführliche Diskussion siehe Haenchen, Weg 94-96, der OT\XOL yXvioQelc, aufgrund der schwierigeren Lesart und des Gegensatzes zu V. 43 für ursprünglich hält. Zum Topos der pneumatischen Erregung des Wundertäters siehe Theißen, Wundergeschichten 67f. 106 Luz, Matthäus II 61. 107 Vgl. Hagner, Matthew I 254. 108 Gnilka, Matthäusevangelium I 345.
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VI. Glaube und Heilung
hat also zwei Aspekte, den einen, wonach die Tat erbeten, den anderen, wonach die Tat im Auftrag Jesu vollbracht w i r d . " . 109
2.2.7 Glaube und Zweifel (Mk ll,22fPar.) Bei M k und M t erscheint das Logion vom Berge versetzenden Glauben in Verbindung mit der Erzählung v o m verdorrten Feigenbaum (Mk l l , 1 2 - 1 4 . 2 0 f Par. M t 2 1 , 1 8 - 2 0 ) . M k fügt allerdings noch die Tem pelreinigung (11,15-19) zwischen die Verfluchung des Feigenbaums durch Jesus (11,12-14) und das Erstaunen der Jünger über das Eintre ten des Fluches (1 l,20f) ein. Auf die Bitte nach einer Erklärung für das Verdorren des B a u m s sagt Jesus den Jüngern: exezt T U O T I V 0eoü (Mk 1 1 , 2 2 ) . Im unmittelbaren Anschluss folgt dann in V. 23 das Wort vom Berge versetzenden Glauben: „Wahrlich, ich sage euch: W e r zu diesem Berg sagen wird: Hebe dich empor und wirf dich ins Meer! und nicht zweifeln wird in seinem Herzen, sondern glauben, dass es ge schieht, was er sagt, dem wird es w e r d e n . " Weitgehende Einigkeit herrscht unter den Exegeten, dass es sich bei 0eoü in V. 22 um einen objektiven Genitiv handelt, auch wenn 06ou im Verbindung mit I T I O T K ; im N T nur hier b e g e g n e t . Die Konstruktion beschreibt hier jedoch „nicht den Glauben an Gott als die Grundlage der christlichen Exis tenz, ... sondern ist aufgefaßt als zu Gott gewendetes V e r t r a u e n . " Dies zeigt die Kontrastierung von „glauben (TTLÖT6UO)), dass es ge 110
1 U
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schieht" und „zweifeln ( ö i a K p i v o | i a i ) im Herzen" in V. 23 (vgl. Jak
1,6; Hebr 11,1). Doch kann es sich in M k 11,22 auch u m einen Genitiv 109 Klein, Glaubensverständnis 38. 110 Nur in dieser Perikope und in Lk 17,6 wird in den synoptischen Evangelien der Glaube in Verbindung mit Bitte, Gebet oder vollmächtigem Wort unabhängig vom Heilungsgeschehen thematisiert. 111 X D 0 und einige jüngere Handschriften fügen €i vor e%^e ein, doch handelt es sich nach Meinung der meisten Ausleger der Stelle dabei um eine Assimilation an Lk 17,6 (vgl. auch Mt 21,21); vgl. Marshall, Faith 164. Ein wesentlicher Bedeutungswandel entsteht beim Wechsel vom Imperativ zum Konditionalsatz jedoch nicht. Das gleiche gilt für die Auslassung von 0€oö in einigen weniger bedeutsamen Handschriften; vgl. Marshall, a.a.O. mit Anm. 5. Mt hat in 21,21 Mk l l , 2 2 f neu formuliert und leitet das Wort vom Bergeversetzen so ein: kav €X€i€ TTLÖTLV KAI |!T) ÖIAKPL0F|T€.
112 „Es darf angenommen werden, daß dieser Satz auf den historischen Jesus selbst zurückzuführen ist." Lohse, Glaube 346/47. Lohse stützt sich dabei auf die Arbeiten von R. Bultmann, G. Bornkamm, G. Ebeling, N. Perrin u. D. Lührmann; siehe a.a.O. 347, Anm. 41. Eine weitere Parallele zum Jesuslogion findet sich bei Paulus in 1 Kor 13,2. 113 Vgl. Gnilka, Markus II 134; Marshall, Faith 165; Söding, Glaube 327. Für eine detaillierte Diskussion von Mk 11,22 siehe Dowd, a.a.O. 61 f. Für die Über setzung als objektiver Genitiv spricht auch die Konstruktion LIRL IFJ marci TOÖ o v o f i a i o g a i ) i o u in Apg
3,16.
114 Gnilka, a.a.O. Anders jedoch in Joh 14,12a, wo die Wunderwerke allen Gläubigen verheißen werden: 6 IUOTEIJG)v €ic; ep.6 i a €pya a kyd) TTOLW KaK€ivo<; TTOiifaei (vgl. Joh 15,7).
VI. Glaube und Heilung
219 115
der Herkunft h a n d e l n . Die Macht des Wunderwirkens ist also weder im Menschen noch in dessen Vertrauen b e g r ü n d e t . „Die Macht des Glaubens ist vielmehr ganz und gar Partizipation an Gottes Allmacht, also zugeeignete und geschenkte M a c h t . " 116
117
2.2.2
Kleinglaube und der Glaube wie ein Senfkorn (Mt 17,20; Lk 17,6) Bei M t begegnet das Logion v o m Berge versetzenden Glauben nicht nur in Verbindung mit der Verfluchung des Feigenbaums (s.o.), son dern auch in 17,20 als Teil der Jüngerbelehrung im Anschluss an die Heilung des mondsüchtigen Knaben (Mt 1 7 , 1 4 - 2 1 ) . Das Wort bezieht sich dabei auf den Vorwurf des Kleinglaubens (öliyo-uioxia) der Jünger (vgl. oÄiYoiuoie, M t 14,31; 6Xiy6i\ioxoi, M t 6,30; 8,26; 16,8; Lk 12,28), aufgrund dessen sie nicht in der Lage waren, den Jun gen zu heilen. Der Vergleich mit dem „Senfkornglauben" (s.u.) zeigt, dass es sich hier nicht lediglich u m einen zu kleinen Glauben, sondern u m ein mangelhaftes bzw. fehlendes Vertrauen in die Macht Gottes handelt. Anders als in M k 11,23 und M t 21,21 charakterisiert das Jesuswort in Mt 17,20 den zum Berge Versetzen notwendigen Glauben nicht durch die Abwesenheit jeden Zweifels, sondern durch den Vergleich mit dem kleinen Senfkorn: „Denn wahrlich, ich sage euch, wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn (euv Zxezt TTLOTLV OO<; K O K K O V OIVCOTOOC;), so wer det ihr zu diesem Berg sagen: Hebe dich weg von hier dorthin!, und er wird sich hinweg heben. Und nichts wird euch unmöglich s e i n . " Bereits ein kleiner oder unscheinbarer Glaube ist also ausreichend, u m Wunder zu erfahren. Der Glaube der Jünger hingegen war defizitär, denn sie konnten den Jungen nicht h e i l e n . 118
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Der „Senfkornglaube" steht in der Perikope jedoch nicht nur dem defizitären Klein glauben gegenüber. Er bewirkt auch das Versetzen eines - vergleichsweise großen - Berges. D.h. ein kleiner oder unscheinbarer Glaube kann bereits große Wunder 115 Vgl. Marshall, Faith 164. 116 Gegen eine Interpretation von Mk 11,22-24 im Sinne der Autosuggestion argumentiert auch Dowd, Prayer 62f. 117 Söding, Glaube 329/330. 118 In der Parallelerzählung Mk 9,14-29 (s.o. unter 2.5) hat der Junge einen „stummen Geist". 119 Mt bevorzugt den Begriff gegenüber dem Motiv des Unglaubens in der mk Vorlage. Einige Handschriften lesen hier allerdings OCTTLÖTLOC, wohl in Anlehnung an V. 17 und möglicherweise auch Mk 9,24. 120 In der Parallele Lk 17,6 bewirkt der mit einem Senfkorn verglichene Glaube hingegen, dass sich ein Maulbeerbaum auf ein Wort hin ins Meer verpflanzt. 121 Bei der Stillung des Sturms in Mt 8,26 ist der Kleinglaube der Jünger bedingt durch ihre Furchtsamkeit, wohingegen Mk 4,40 an der Stelle mangelnden Glauben sieht, ein Vorwurf, den Mt in 13,58 nur gegen das feindlich gesonnene Israel erhebt (siehe auch Mt 6,30).
VI. Glaube und Heilung
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bewirken. „Matthäus denkt also nicht, daß Krankenheilungen und Dämonenaustrei bungen besondere Erfahrungen sind, die manchmal auftreten und manchmal nicht. Er ist viel 'enthusiastischer' und hält Heilungen und Exorzismen für Erfahrungen, die konstitutiv zum Glauben gehören; wo sie ausbleiben, ist der Glaube hinter sich selbst zurückgeblieben." Wie die Beschreibung des Glaubens der Kanaanäischen Frau als [leydlr] (Mt 15,28), so drückt auch der Vergleich mit dem Senfkorn eine Quantisierung des Glaubens a u s . Entsprechend geht dem Wort vom „Senfkorn glauben" bei Lk die Jüngerbitte „Mehre uns den Glauben (Trpöo0€<; rp.lv T T L O T L V ) " (Lk 17,5) voraus. Dem gegenüber hebt der Begriff des Unglaubens eher die Not wendigkeit echten Glaubens hervor, der nicht zweifelt und so der Macht Gottes scheinbar Unmögliches zutrauen kann . Diese qualitative Sichtweise des Glaubens bringt insbesondere Mt 8,10 Par. zum Ausdruck, wo Jesus den Glauben des Haupt manns von Kapernaum als T o o a u i r i v TTLÖTLV bezeichnet . In den meisten Heilungs erzählungen sind diese beiden Aspekte des Glaubens jedoch nicht unterschieden. 122
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Bemerkenswert ist, dass Jesus - im Kontext der Heilungserzählung nicht unbekannten Bittstellern oder gar Heiden den Vorwurf des Kleinglaubens macht, sondern seinen Jüngern (vgl. M t 8,26; 14,31; 16,8), die j a durchaus als „ G l ä u b i g e " anzusehen s i n d . „Damit aber bezeichnet der Begriff des Kleinglaubens sozusagen eine Situation des Unglaubens innerhalb des Lebens der G l a u b e n d e n . " D e r Aufruf z u m vertrauenden Glauben gilt also in erster Linie den Gläubigen und damit der Gemeinde, die sich u m die Heilung ihrer Kranken b e m ü h t . „ D a ß in der G e m e i n d e wunderbare Heilungen wirklich geschehen, ist für den Evangelisten eine Zentralfrage für den G l a u b e n . " Folglich ist nicht nur der Glaube der Notleidenden wichtig für Gottes wunder wirkendes Eingreifen, sondern vor allem die Glaubenshaltung der Ge meinde (vgl. M k 2,5 Parr.), woraus sich „die Signifikanz der G e m e i n d e als 'therapeutisches Milieu'" a b l e i t e t . 1 2 6
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2.2.3 Das Paradoxon der schon erfilllten Bitte (Mk 11,24 Par.) In M k 11,24 Par. M t 21,22 wird im Anschluss an das W o r t v o m Berge versetzenden Glauben der Glaube mit d e m Bittgebet auf paradoxale
122 Luz, Matthäus II 523. Luz nimmt an, dass Jesus das Logion vom Berge ver setzenden Glauben im Zusammenhang mit Wundern gebrauchte, denn in der synop tischen Tradition steht der Wortstamm „glauben" meist in Verbindung mit Wun dern; vgl. a.a.O. 524, Anm. 46. 123 Vgl. Knoch, Dem, der glaubt 41, der aus Mk 5,34; 6,1-6; 9,14-27 u. Mt 8,13 folgert: „Demnach bestimmt das Maß und die Intensität des Vertrauens in Jesu Hilfsbereitschaft und Vollmacht das Ausmaß seiner wunderbaren Hilfe." 124 Vgl. Mk 9,19 Parr. Mt 17,17; Lk 9,41 sowie Held, Wundergeschichten 282. 125 Vgl. Bauer-Aland 1641. 126 Heiden sowie unbekannte Kranke und ihre Helfer hingegen sind Vorbilder des Glaubens (s.o. 2.1.1 bis 2.1.8). 127 Held, Wundergeschichten 281. 128 Vgl. a.a.O. 259. 129 Luz, Matthäus II 525. 130 Grundmann, Leibhaftigkeit 191.
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VI. Glaube und Heilung 131
Weise v e r b u n d e n : „Darum sage ich euch: Alles, u m was ihr auch betet und bittet, glaubt, dass ihr es empfangen habt, und es wird euch w e r d e n . " Die paradoxale temporale Spannung des Texts ist letztend lich k a u m zu lösen, denn den gut bezeugten Aorist klaßtxt futurisch zu übersetzen ist gewiss nicht im Sinne des T e x t s . Es kann sich hier also nur u m eine rhetorische Konstruktion zur Stärkung des Fiduzialglaubens handeln. „Markus ruft auf, kontrafaktisch zu glauben, im Glauben über die Wirklichkeit Macht zu gewinnen, und dabei können die Wunder Jesu allemal als Modelle f u n g i e r e n . " Das Wort von der schon erfüllten Bitte will also „den (nachösterlichen) Jüngern sagen, daß in dem Maße, wie sie sich v o m Vertrauen auf Gott leiten lassen, in ihrem Wirken die heilshafte Nähe der Gottesherrschaft erfahrbar wer den k a n n . " (vgl. Joh 14,12-14). 132
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Uneingeschränkte Erhörungsverheißungen finden sich an verschiedener Stelle im NT (vgl. Mt 7,7-11; Lk 11,9-13; Joh 14,12-14; 15,7; 16,23f), und auch im Juden tum begegnet eine mit dem Gebet des Einzelnen und der Gemeinschaft verbundene Erhörungsgewissheit . Neu ist jedoch die starke Bindung der Erhörung an den Glauben bzw. das Vertrauen des Bittstellers , die auch in den rabbinischen Texten in dieser Radikalität nicht vorkommt . 136
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Ging es im Wort v o m Berge versetzenden Glauben in V. 23 um das vollmächtige Wort (vgl. auch V. 14), so bringt V. 24 den Glauben nun in Verbindung mit dem Bittgebet. Dies bedeutet, „daß der Glaube des sen, der ein Wunder wirkt, grundsätzlich von der gleichen Art wie der Glaube dessen ist, der eines e r b i t t e t . " Im Blick auf den Konnex von Glaube und Wunder heißt das aber auch, dass das vollmächtige Wort und das vertrauensvolle Gebet zwei unterschiedliche Aspekte im Dienst der Gemeinde bilden, die nicht verwechselt oder gar assimiliert werden dürfen. „Mark conceives of faith then not simply as the basis for entry to the new Community, but as its continuing modus operan 139
di Die Par. Mt 21,22 beinhaltet allerdings keine paradoxale temporale Formulie rung. 132 Die Erhörung der Bitte bereits vor dem eigentlichen Gebet findet sich auch in Jes 65,24 und ähnlich Dtn r 2 (198a); vgl. St.-B. 1452. 133 So auch Rebell, Alles 49. 134 A.a.O. 55. 135 Söding, Glaube 335; vgl. Schweizer, Markus 128. 136 Siehe Jer 29,12f; Jes 49,15; Ps 50,15; Ijob 22,27; bBer 7b; bBer 8a; jBer 9, 13b, 7; Midr Ps 4 §3 (21b); Lev r 34 (132a); Dtn r 2 (198a). Für die Zitate aus der Rabbinica siehe St.-B. 1452f, 457,459, 793f. 137 Vgl. Schweizer, Markus 128. Eine gewisse Ausnahme bildet 1 Makk 2,59: „Hananja, Asarja und Mischael glaubten und wurden aus dem Feuer gerettet (TTLöi€i)öavT€(; 4oG$6r|oav)." Siehe auch oben Abschnitt 1. 138 Vgl. Nielsen, Heilung 71 f. Anders Adamson, James 198 mit einem eher un klaren Beleg (Mek Mishpatim 6 ad fin). 139 Söding, a.a.O. 334.
222
VI. Glaube und Heilung
"140 j ) rückhaltlose Vertrauen in die Macht Gottes ist also das zentrale Element in der Praxis der wunderwirkenden bzw. Kranke hei lenden G e m e i n d e . a s
141
2.3
Die Heilungsberichte des Johannesevangeliums
Im Gegensatz zu den synoptischen Evangelien ist die Bedeutung des Glaubens für die Krankenheilung im Joh nur an einigen wenigen Stel len zu erkennen. Doch begegnet auch hier das rückhaltlose Vertrauen in die Macht Jesu zu heilen wie in den synoptischen Heilungsberichten. Der deutlichste Hinweis auf den Zusammenhang von Glaube und Hei lung findet sich bei der Heilung des Sohnes eines königlichen Beamten in Joh 4,46-54, der einige Parallelen zu M t 8,5-13 und Lk 7,1-10 auf weist. Nachdem Jesus in V. 50 die Bitte des Vaters für seinen todkran ken Sohns gewährt, heißt es von d e m Vater: e-rriOTeuoev 6 avOxpayrroc; t o A.6yG) ov 6L7T6V ai)TG) 6 Tr|ooü<; K a i e n o p e u e T O . Da 1TLOT6UG) hier mit dem Dativ i g ) loyop steht, handelt es sich u m das Vertrauen des Vaters in das Wort Jesu und damit in seine Macht zu heilen. Das Verhalten des Vaters bestätigt diese Interpretation. Denn auf den Zuspruch der Heilung folgt er gehorsam der Aufforderung Jesu, nach hause zu gehen. Erst nach der Glaubensaussage erfährt der Leser in V. 51 von der eingetretenen Heilung. Bei dem T u a i e i k i v in V. 50 handelt es sich also u m ein Vertrauen in die Kraft Jesu zu heilen, während der Glaube des Vaters an die Person Jesu noch auf einer vorläufigen Stufe s t e h t . Erst nach dem Eintreten des Heilungswunders „glaubt" der Vater (und sein Haus): K a i e i u o T e u o e v auiöc; K a i f] oucia aikoö bfa) (V. 53). Folglich erhält t u o t c u g ) erst jetzt eine soteriologische Füllung. Damit kennt auch das Joh den engen Konnex von Glaube und H e i l u n g . Ähnlich wie bei der Aufforderung Jesu an die zehn Aussätzigen in Lk 17,14f, sich den Priestern zu zeigen - woraufhin sie geheilt werden - , verhält es sich bei dem Blinden in Joh 9,7. Nachdem Jesus seine Augen mit Speichel bestrichen hat, soll er sich im Teich Siloa waschen, w o raufhin er sehend wird. In beiden Fällen erwartet Jesus den Gehorsam der Kranken, seinen (kontrafaktischen) Anweisungen zu folgen. Hier ist also der Gehorsam der Notleidenden Ausdruck ihres Glaubens. Ähnlich wie in M k 5,35f bringt Joh auch die Totenauferstehung in Verbindung mit dem Glauben. So drückt die Aussage Marthas in l l , 2 1 f ihr Vertrauen in die Fähigkeit Jesu aus, Lazarus zu heilen und sogar von den Toten aufzuerwecken. Somit reflektiert auch das Joh die 142
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140 Marshall, Faith 165 (Hervorhebung des Autors). 141 Vgl. Luz, Matthäus III 202, der die Glaubens- und Gebetsparänesen in Mt 21,20-22 in erster Linie auf das Wirken von Heilungswundern bezieht. 142 Vgl. Bultmann, Johannes 153. 143 Cullmann, Gebet 138 sieht das „Bleiben in ihm" in Joh 15,7 ebenfalls als Ausdruck des Gebetsglaubens; vgl. auch 1 Joh 3,21.23; 5,13f.
223
VI. Glaube und Heilung
in den synoptischen Evangelien so prominente Jesustradition, wonach Jesus den Glauben bzw. das Vertrauen der Kranken und der ihnen Nahestehenden in seine Vollmacht zu heilen sucht und mit der Heilung ihrer Gebrechen belohnt. 2.4
Heilungsberichte, in denen der Glaube nicht thematisiert wird
Nach John Wilkinson spielt der Glaube in den Wundererzählungen der Evangelien keine besondere Rolle, da er nur in weniger als der Hälfte der 26 Heilungsberichte erwähnt w i r d . Wilkinson berücksichtigt hierbei aber erstens nicht die oft nur implizite und dennoch deutliche Darstellung des Glaubens der Bittsteller, wie er im Gang der zehn Aus sätzigen zu den Priestern, Lk 17,14, und ähnlich in der Aufforderung zur Waschung im Teich Siloa in Joh 9,7 sowie in der emphatischen Bitte des Aussätzigen in M k 1,40 ersichtlich wird. Zweitens übersieht Wilkinson in den kürzeren Heilungsberichten die implizite Bitte u m Heilung (explizit in M k 8,22) und den damit verbundenen Glauben, wie er bei der Heilung der Schwiegermutter des Petrus, M k 1,29-31, der Heilung eines Taubstummen, M k 7,31-37 (vgl. M t 9,32-34; 12,22) und der Heilung eines Blinden, M k 8,22-26, deutlich wird. Damit reduziert sich die Anzahl der Heilungsberichte, die den Glauben weder thematisieren noch implizieren erheblich. Die Thematik fehlt allerdings gänzlich in den Wunderberichten des lukanischen Sonder guts, in denen Jesus aus Mitleid h e i l t . Ähnlich verhält es sich bei den beiden Exorzismen M k 1,21-28 Par. Lk 4,31-37 und 5,1-20 Parr., wo die Besessenen (ohne Fürsprecher bzw. Bittsteller) selbstverständ lich keinen Glauben an die Heilkraft Jesu haben. Entsprechend fehlt auch eine Erwähnung des Glaubens in den zur Autorisierung der Kritik Jesu am zeitgenössischen Sabbatverständnis dienenden Sabbatheilun gen (vgl. M t 12,9-13 Par. Lk 6,6-10; Lk 14,1-6). Die Bedeutung des Glaubens für die Heilung der Kranken ist also bei M k und M t auch aus statistischer Sicht außerordentlich groß, und auch bei Lk und Joh ist der Konnex deutlich v o r h a n d e n . Die mt Redak tion hebt dabei die Bedeutung des Fiduzialglaubens für die Heilung insbesondere durch Kürzungen gegenüber M k - noch stärker hervor als d i e s e r . Lk betont hingegen neben d e m Vertrauen auch die soziale und diakonische Komponente im Umgang mit Krankheit. In den Evan gelien begegnen also im wesentlichen die gleichen Elemente, jedoch in 144
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144 Vgl. Wilkinson, Health and Healing 42. 145 Lk 7,11-17; 13,10-17; vgl. Joh 5,1-9; Lk 14,1-6 und 22,50f (in der Parallele Joh 18,10f fehlt die Heilung). Zu den lukanischen Heilungsberichten siehe Remus, Jesus 57f; Rebell, Alles 62-64. 146 Siehe auch Knoch, Dem, der glaubt 40-42 u. Merli, Glaube 210-215. 147 Siehe Held, Wundergeschichten 155-287, insbes. 168-171; Söding, Glaube 573.
VI. Glaube und Heilung
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unterschiedlicher Gewichtung und aus verschiedener P e r s p e k t i v e . „Bei M k ist der Glaube Grenzüberschreitung unter voluntativem As pekt, bei M t tritt ein kognitives M o m e n t , die Gewißheit der Bitte, hin zu, bei Lk dominiert der affektive Aspekt: Akklamation und Dank gelten als Inbegriff des G l a u b e n s . " Somit ist die Tradition, nach der Jesus den Glauben der notleidenden Bittsteller sucht und erwartet, in den Evangelien - entgegen Wilkinson - breit angelegt und m.E. ein heitlich . 149
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3. Glaube und Heilung in der Apostelgeschichte Auch im zweiten Teil des lukanischen Doppelwerks, der Apostelge schichte, findet sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen Glaube und Heilung. Ein sehr wichtiger Hinweis begegnet in der Predigt des Petrus (Apg 3,12-26), und zwar im Rückblick auf die Heilung des G e lähmten in 3,1-8. Hier heißt es in 3,16: „Und durch den Glauben an seinen (Jesu) N a m e n hat sein N a m e diesen, den ihr seht und kennt, stark gemacht (kruepecooev); und der durch den N a m e n gewirkte Glaube hat ihm diese Gesundheit (öA.0KAr|piav) gegeben vor euer aller Augen." Hier wird die Heilung des Gelähmten auf den Glauben an den N a m e n Jesu zurückgeführt, wobei es der N a m e des Verherrlichten ist, der den Kranken geheilt h a t . I m zweiten Teil des Verses ist es dann der Glaube selbst, der d e m Kranken seine Gesundheit zurückge geben hat, wobei der Glaube durch den Ausdruck r\ HIOZIQ f) Ö L ' aütoü als durch den N a m e n Jesu gewirkt verstanden w i r d . Somit besteht nach Apg 3,16 eine enge Verbindung zwischen dem Glauben und d e m Verherrlichten Christus, der durch die Anrufung seines N a m e n s wirkt. Der Glaube ist also ein „Glaube an den N a m e n Jesu", wobei hier eine strikte Unterscheidung zwischen Fiduzialglaube und Bekenntnisglaube wohl nicht intendiert i s t . 151
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148 Vgl. Söding, a.a.O. 588. 149 Theißen, Wundergeschichten 142. 150 Die Heilungsberichte in den ntl. Apokryphen lehnen sich im allg. an die ntl. Texte an und bieten kaum neue Informationen von der Heilungstätigkeit des er wachsenen Jesus; vgl. Achtemeier, Jesus 161-186; Remus, Jesus 92-95. 151 „Stark machen" steht hier für heilen entsprechend dem antiken phänomeno logischen Sprachgebrauch von Krankheit und Heilung. Unklar bleibt, ob es sich um den Glauben des Gelähmten oder den der Apostel handelt. Für den Glauben des Kranken argumentieren Bruce, Conzelmann, Dupont, Haenchen, Jervell, Munck, Schneider und Weiser, für den Glauben der Apostel Roloff, Stählin, Wikenhauser und Zahn in ihren Kommentaren. Siehe auch Schreiber, Glaube 32-34,43. 152 Der Ausdruck eiri ifj iuor€i TOÖ 6v6[xaxoc, auioö begegnet im NT nur hier, doch im gegebenen Kontext wird er verständlich (vgl. auch den Ausdruck TTLÖTL^ 0€oö in Mk 11,22). 153 Vgl. Jervell, Apostelgeschichte 165. 154 Vgl. Schreiber, Glaube 37.
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VI. Glaube und Heilung
Die zentrale Bedeutung des Glaubens für die Heilung ist weiter ersicht lich im Bericht von der Heilung eines Gelähmten durch Paulus in Lystra (Apg 14,8-12), wo es von dem Kranken heißt: „Dieser hörte Paulus reden; als der ihn fest anblickte und sah, dass er Glauben hatte, gerettet zu werden (OTL € % € L TTLÖTLV T O Ö oto0f|voa), sprach er mit lauter Stimme: Stell dich gerade hin auf deine Füße! Und er sprang auf und ging um her." (V. 9.10). W i e in den Evangelien ist auch hier der Glaube des Notleidenden an die heilende Kraft Gottes von entscheidender Bedeu t u n g ; Paulus braucht d e m Lahmen nur noch zuzurufen, sich auf die Beine zu stellen. 1 5 5
4. Glaube und Gebet bei Jakobus Im Jak selbst findet sich ebenfalls ein für den Komplex Glaube, Gebet und Heilung relevanter Hinweis, und zwar in der Gebetsparänese Jak 1,5-8. Ähnlich wie in den synoptischen Evangelien steht hier das Gebet u m Weisheit in engem Zusammenhang mit d e m Glauben an die Macht Gottes. Wie in M k 11,23 Par. wird letzterer - quasi deflatorisch durch die Notwendigkeit der Abwesenheit jeden Zweifels und somit als Fiduzialglaube (vgl. Hebr 11,1) b e s c h r i e b e n : 156
„5 W e n n es aber j e m a n d e m unter euch an Weisheit (öotyioc) man gelt, so erbitte er ( a l m i a ) ) (sie) von Gott, der j e d e m willig und ohne Vorhaltungen (aitXtöQ K a i |if| oveiöiCovioc;) gibt, und (sie) wird ihm gegeben werden. 6 Er bitte aber im Glauben ( a l i e i i a ) Ö € kv 7TLOT€L), ohne zu zweifeln (jirjöev ö i a K p i v o j i e v o c ; ) ; denn wer zweifelt (6 y<*P ö i a K p i v 6 | i e v o < ; ) , der gleicht einer Meereswoge, die v o m Wind bewegt und hin und her getrieben wird. 7 Ein sol cher Mensch denke nicht, dass er etwas von dem Herrn empfan gen werde; 8 ein unentschlossener M a n n ( d v f | p öiijruxoc;) ist un beständig auf allen seinen Wegen." (Jak 1,5-8) Die Paränese macht deutlich, dass es dem Autor auf die rechte Geistes haltung ankommt, soll das Gebet u m Weisheit erhört werden. Bei der erbetenen Weisheit handelt es sich entsprechend nicht u m eine philo sophische Erkenntnis, wie die polemische Abgrenzung in 3,13-18 z e i g t , sondern u m die geistliche Voraussetzung für einen gottgefälli gen Lebenswandel. Dies wiederum lässt den Abschnitt deutlich im 157
155 Zur Bedeutung von ÖCOCO) in den ntl. Heilungsberichten s.o. Kap. III Abschnitt 1.3. 156 Für eine Gegenüberstellung des Fiduzialglaubens und des Bekenntnisglau bens bei Jak siehe Mußner, Jakobusbrief 70. 157 Vgl. die Polemik in 1 Kor 1,18-2,6, wo Paulus die menschliche Weisheit der in Christus zum Ausdruck kommenden Weisheit Gottes als Torheit gegenüberstellt.
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VI. Glaube und Heilung 158
Licht der atl.-jüdischen Weisheitstradition e r s c h e i n e n . Ähnlich spie gelt die Zusage der Erhörung in 5b.d die Erhörungsgewissheit in der atl. L i t u r g i e , der Weisheitsliteratur , den P r o p h e t e n , und nicht zuletzt einer Vielfalt ntl. T e x t e wider. H. Frankemölle summiert: „Der Vers umschreibt das Vertrauen einer ganzen Glaubensgemein schaft durch Generationen h i n d u r c h . " Dabei hält Frankemölle eine traditionsgeschichtliche Verbindung von Jak l,5b.d zu M t 7,7 Par. Lk 11,9, „bittet, und es wird euch gegeben werden", für m ö g l i c h . V. 5c reflektiert eine in der Antike verbreitete anthropologisch-paränetische Tradition über das Geben ohne Vorbehalt (<XTTIÜ)<;) und Nörgeln (6vei5L(oo), die fester Bestandteil griechischer und jüdischer Moral weisheit i s t . In der Gebetsparänese wird sie jedoch - vermutlich ohne direkte traditionsgeschichtliche Vorlage - theozentrisch ange w e n d e t . Die Kernaussage von V. 5c lautet also: Gott gibt ohne Bedenken, d.h. vorbehaltlos, nicht aber „ohne A u s n a h m e " . Damit verdeutlicht der Vers Gottes Großzügigkeit sowie Gottes allgemeine Bereitschaft, den Menschen auf ihre Bitten hin Gutes zu tun. Hier scheint also nicht in erster Linie Gott der limitierende Faktor bei der Erhörung menschlicher Gebete zu sein, sondern der Mensch s e l b s t . V. 6 bestätigt diesen Eindruck, denn hier wird der Glaube als notwen dige Bedingung für die Erhörung genannt. P.H. Davids kommentiert: „James's action appears not to be a limiting of the promises (i.e. to what is possible) but an 'exegesis' of their implied conditions (i.e. to w h o m they a p p l y ) . " Entsprechend schlussfolgert Frankemölle: „Daß er (Gott) 'allen' gibt (wenn sie nur richtig beten: 6a), ist logisch kon sequent." 159
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Richtig beten bzw. bitten heißt für Jak also: a l m i a ) Sk kv i u o m (V. 6a). „Im Glauben bitten" wiederum bedeutet ohne jeden Zweifel zu 158 Vgl. Frankemölle, Jakobus 1215. 159 Vgl. Ps 2,8; 50,15; 91,15; 145,18f. 160 Vgl. Sir 1,26; 2,6.10; 7,10; 32,16-22; Ijob 8,5f; 22,27; Spr 15,29. 161 Vgl. Jes 30,19; 55,6.1 lf; 58,9; 65,24; Joel 3,5; Sach 13,9. 162 Vgl. Mt 7,7 Par. Lk 11,9; Mt 21,21f Par. Mk ll,23f; Mt 6,5-15 Parr.; Mt 18,19; Lk 18,1-8; Joh 14,13f; 15,7; 16,23f; 1 Joh 3,22. 163 Frankemölle, Jakobus 1215. 164 Siehe a.a.O. 216. 165 Vgl. Dibelius, Jakobus 108. 166 Vgl. Frankemölle, Jakobus I 217, 221. Die anthropologische Verwendung der Paränese begegnet z.B. in Sir 20,14f; 41,22 (vgl. 18,15.18) - und nur hier im AT unter Verwendung von 6v€iöi(o) - sowie in Herrn m 2,4.6 (27,4.6) unter Verwen dung von änXtiQ. Für weitere Belege siehe a.a.O. 220. 167 Dibelius, Jakobus 108; ähnlich Frankemölle, a.a.O. 219. 168 Mußner, Jakobusbrief 69 nimmt an, dass die Spannung zwischen dem aktivi schen ÖI6ÖVTO<; in 5b und dem passivischen ÖoGrjoetai in 5d „einer festgelegten Tradition folgt, die möglicherweise auf Jesus zurückgeht." 169 Davids, James 56. 170 Frankemölle, Jakobus 1219.
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VI. Glaube und Heilung
beten (|ir|ö^v ö i a K p i v o f i e v o g ) . „Glaube ist hier und in 5,15 das unbe dingte, vorbehaltlose und feste Vertrauen auf die Erfüllung der Gott vorgetragenen B i t t e n . " Dieses Vertrauen in das helfende Eingreifen Gottes stellt bereits Ben Sirach - der ebenfalls in der Weisheitstradi tion verankert ist und hier als Vorlage gedient haben k ö n n t e - in 2,6-11 der Glaubensgemeinschaft vor Augen: 1 7 1
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„6 Vertraue ihm (Gott) ( l u o T e u o o v e a u i c o ) , und er wird dir helfen (Kai dviiAr|i|j€Toa o o u ) , geh gerade W e g e und hoffe (kXi\ioov) auf ihn. 7 Die ihr den Herrn fürchtet, erwartet (ava\xdvaxe) sein Erbarmen, und wendet euch nicht ab, damit ihr nicht fallt. 8 Die ihr den Herrn fürchtet, glaubt ihm ( l u o i e i i o a T e aikcp), und euer Lohn wird nicht ausbleiben. 9 Die ihr den Herrn fürchtet, hofft (kXnioaxe) auf das Gute und auf immerwährende Freude und Erbarmen. 10 Blickt auf die früheren Generationen und seht: 11 wer vertraute (TU; 4v€iuoT€i)0€) j e auf den Herrn und wurde zuschanden? Oder wer blieb in seiner Furcht und wurde verlassen? Oder wer rief ihn an (TU; kutKaXkoaxo airuöv), und er übersah i h n ? " 1 7 4
Der für Jak verwerfliche Zweifel dürfte sich demnach sowohl auf Gottes Fähigkeit als auch auf seine Bereitschaft, das Erbetene zu schenken, beziehen (vgl. 5b.c, toö ÖIÖOVTOC; 0€OU TOGLV ocuXäc, Kai \ir\ 6 v e i ö i ( o v T o < ; ) . Mußner bemerkt mit Recht, dass der von der Welle hin und her Geworfene in V. 6 nicht in erster Linie intellektuell zweifelt, sondern dass er „im Widerstreit mit sich selbst" steht (vgl. ÖLI|JI)XO<;, V. 8, wörtlich: zwei Seelen h a b e n d ) . Entsprechend ruft die 175
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171 Obwohl die religiöse Bedeutung „zweifeln" für ÖuxKpivo) im Medium vor dem NT nicht belegt ist, kommt sie im NT doch häufiger vor; vgl. Mk 11,23 Par. Mt 21,21; Apg 10,20; Rom 4,20; 14,23; Jud 22. Siehe auch Frankemölle, a.a.O. 222; Büchsei, Art. öiotKpivo) 948; Dautzenberg, Art. öiaKpivco 734. In Jak 2,4 wird das Verb dagegen mit der üblichen Bedeutung „Unterscheidungen machen" ge braucht. 172 Frankemölle, a.a.O. 221. 173 Vgl. Frankemölle, Jakobus, II 593. 174 Vgl. Phil Sacr 70. 175 Dies wird besonders deutlich in dem Jak 1,5-8 terminologisch (alieco, TTLöieuco, ÖiaKpLvco) und möglicherweise auch traditionsgeschichtlich nahestehen den, aber allgemeiner gehaltenen Logion vom Berge versetzenden Glauben Mk l l , 2 3 f Par. Mt 21,21 f. So auch Mußner, Jakobusbrief 69. Ähnliche traditionsge schichtliche Linien zu den Gebetsverheißungen der synoptischen Evangelien ziehen auch Cullmann, Gebet 148 und Davids, James 56. Positiv ausgedrückt formuliert Mußner, a.a.O.: „Solcher (Berge versetzende) Glaube ist aber gerechtfertigt durch die Wesensart Gottes selbst, wie sie V 5 gezeigt hat." 176 Mußner, a.a.O. 70; vgl. auch Sir 1,27: |if| TTpooeAßnc; airucp kv KtxpÖux Öioofj, (komme nicht zu ihm (Gott) mit geteiltem Herzen) u. Sir 7,10: Mf| 6A.iYoi|n)xr|OT)<; kv TT) iTpooeuxfj oou (Sei nicht kleinmütig in deinem Beten).
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VI. Glaube und Heilung
adverbiale Partizipialkonstruktion \xr\6kv ö i a K p i v o j i e v o g d e m Menschen emphatisch zu „auf keinen Fall zu zweifeln". „Dies ist der Maßstab für das erhörungsgewisse Gebet u m lebenspraktische Weisheit, die für ein vollkommenes Tun/ein vollkommenes W e r k notwendig i s t . " O b der in V. 5-7 ersichtliche Konnex von Gebet und Glaube nur für das Gebet u m Weisheit gilt oder auch für das gläubige Bitten im allgemeinen, bleibt unbeantwortet. Die allgemeine Natur der Affirmation in 5b-d (alxeLTO) rapa T O Ö Ö I Ö O V T O < ; Qeov TTCCOLV a7TÄ.G)<; K a i \xr\ 6 v e i ö i ( o v T O < ; , K a i öo0rjo€Tai a i n r c o ) legt letztere Vermutung jedoch n a h e . 177
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5. Der Inhalt des Fiduzialglaubens In der Diskussion der einzelnen Heilungserzählungen und Gebetsparänesen hat sich das Objekt des Glaubens wiederholt als die Vollmacht Jesu zu heilen dargestellt. Dies belegt die gewöhnlich absolute Ver wendung von TTLOTK; bzw. T u o T e u a ) sowie der meist explizit hergestellte Kausalnexus von Glaube und Heilung. Der Glaube an die Person und den Auftrag Jesu tritt hingegen eher in den H i n t e r g r u n d . „Aber auch dort, w o gerade der Zuspruch des Wundertäters glaubenweckende Funktion hat, bleibt dieser Glaube streng bezogen auf die Notsituation der K r a n k h e i t . " Entsprechend hat der Glaube in den Heilungser zählungen der Evangelien (vgl. aber A p g 1 4 , 9 ) auch keine soteriologische B e d e u t u n g . Somit ist der Mehrheit der Ausleger zuzustim men, dass das Objekt des (Fiduzial)glaubens in den ntl. Heilungserzäh lungen Gott bzw. dessen Macht zu heilen i s t . Doch ist auch Jesus bzw. seine Befähigung, W u n d e r zu tun, Inhalt dieses Glaubens, da Gott durch ihn w i r k t . Zu recht sieht F. Hahn demnach neben der Rede 179
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177 Frankemölle, Jakobus 1222. 178 Vgl. Thomas, Devil 41. 179 Hahn, Verständnis 54-55 u. Söding, Glaube 425 halten diesen Aspekt daher für sekundär. 180 Seybold/Müller, Krankheit 137. Siehe auch unten Abschnitt 6. 181 Zur Stelle siehe besonders Schlatter, Glaube 280-281. 182 Vgl. Seybold/Müller, Krankheit 138: „Dabei ist zu beachten, daß es nirgends 'Glaube an Christus' (oder 'Glaube an Gott'; vgl. aber Mk 11,22) heißt. Diese fehlen de christologische Zuspitzung, die diese Konzeption vom paulinischen Glaubensbe griff unterscheidet, läßt noch erkennen, daß es für die Erzähler um die je und je sich ereignende Antwort auf die Epiphanie des Wundertäters geht, die aufgrund ihrer Spontaneität jeder lehrhaften Konkretisierung entbehrt." 183 Vgl. Rom 8,24, wo der Vertrauensglaube Grundlage der eschatologischen Hoffnung ist u. 1 Petr 1,8, wonach er zur Gottesbeziehung gehört. 184 Siehe z.B. Dowd, Prayer 114-116; Hahn, Verständnis 55; Marshall, Faith 230-232. Für die Diskussion einiger abweichender Positionen, die den Fiduzialglauben entweder nur als Glauben an Gott (Hatch, Gogarten, Fuchs) oder lediglich als Vertrauen in die Wunderkraft Jesu (Bultmann, Dibelius) verstehen, siehe Marshall, a.a.O. 231, Anm. 2 u. 3.
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VI. Glaube und Heilung
v o m Glauben als rückhaltloses Vertrauen die Erhörungsgewissheit und die Heilungsgewissheit in der synoptischen Überlieferung als primären Haftpunkt . 185
6. Fiduzialglaube und menschlicher Wille M a n c h e Ausleger der synoptischen Heilungsberichte sind der Auffas sung, dass das Vertrauen in die Macht Gottes zu heilen ganz von Gott geschenkte Gabe i s t . Doch eine genauere Betrachtung der ntl. B e lege verlangt eine differenziertere Beurteilung. Denn die ntl. Autoren verstehen den Fiduzialglauben sowohl als Gabe als auch als menschli che Willensäußerung, wobei sie die Komponenten jedoch unterschied lich gewichten. Eine recht deutliche Charakterisierung des zur Heilung nötigen Glau bens als Gabe findet sich im zweiten Teil des lukanischen Doppel werks in Apg 3,16b, in der auf die Heilung des Gelähmten Bezug neh menden Predigt des Petrus. Zwar bleibt offen, ob es sich u m den Glauben des Gelähmten oder den des Petrus h a n d e l t , doch weist der Ausdruck r) T U O T K ; f) Ö L ' airuou deutlich auf den Namen Jesu bzw. Jesus als den Ursprung des Glaubens h i n . Entsprechend argumen tiert J. Roloff: „Selbst dieser Glaube ist nicht menschliche Eigenschaft oder Fähigkeit, sondern eine Möglichkeit, die erst durch Jesus gewirkt wird." Doch bleibt „die Spannung offen, die zwischen göttlichem Wirken und menschlicher Zustimmung bzw. Vermittlung zwangsläufig besteht" . Bei M k hingegen tritt der für die Heilung nötige Glaube auch als Wil lensäußerung in Erscheinung. Dies zeigt zunächst die Glaubensforde rung Jesu an Jairus (Mk 5,36 Par.). Das bei Jairus anfänglich vorhande ne Vertrauen in die Heilkraft Jesu droht nach der Nachricht v o m Tod seiner Tochter zu schwinden. Daraufhin spricht Jesus d e m Vater zu: |if| c|)oßoö, [xovov TTLOT€U€ (V. 3 6 b ) . Jesus appelliert also an die Willens kraft des Vaters und stärkt so seinen G l a u b e n . Die Bedeutung des 186
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185 Siehe Hahn, a.a.O. 55. 186 Besonders deutlich Doebert, Charisma 50. 187 S.o. unter 3. 188 Vgl. Jervell, Apostelgeschichte 165. 189 Roloff, Apostelgeschichte 76. 190 Schreiber, Glaube 37. 191 Die Parallele Lk 8,50b ist mit Mk 5,36b identisch bis auf die Verwendung des Imperativs Aorist anstatt des Präsens. Lk fügt allerdings hinzu Kai oGjGrjoexai. 192 Vgl. Seybold/Müller, Krankheit 137. Nach Klein, Glaubensverständnis 36 versteht Mt im Gegensatz zu Mk den Vertrauensglauben nicht als Willensakt, da bei ihm die Glaubensforderung hier wie auch an anderer Stelle fehlt. In der mt Redaktion von Mk 7,29 ist der menschliche Wille jedoch quasi identisch mit dem Glauben.
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VI. Glaube und Heilung
menschlichen Willens für die Heilung zeigt sich weiter im konsequen ten Vorgehen der a m Blutfluss leidenden Frau, die sich sagt: „Wenn ich nur seine Kleider anrühren könnte, so würde ich gesund." (Mk 5,28). Wie in M k 5,36 begegnet das Zusammenwirken Jesu und des Bittstel lers auch in M k 9,23.24. Zunächst ruft Jesus dem (ungläubigen) Vater des besessenen Knaben zu: „ D e m Glaubenden ist alles möglich" (Mk 9,23). Jesus appelliert mit diesem Aufruf an das menschliche Vermö gen, nicht zu zweifeln (vgl. M k 1 1 , 2 3 ) . Die paradoxale Antwort des Vaters bringt dann den anfänglichen Glauben des Vaters und die weiter benötigte Hilfe Jesu zum Ausdruck. Damit aber hat Jesus „den Glau ben, den der Vater bekennt, sein Bekenntnis zur Allmacht Gottes (...), provoziert, gestiftet." Zwischen den Versen 23 und 24 besteht also eine dialektische Spannung: „The father pleads for deliverance from d u L O T i a , and it is this that proves and constitutes his faith. ... The formula also reveals that while Mark considers faith to be a free volitional decision (luoTeuo)), it is not simply a human aptitude or achievement." In gleicher Weise versteht Chr. Marshall die Erzählung von der Heilung des blinden Bartimäus (Mk 10,46-52): „The Bartimaeus episode is a story about how a potential or inward condition of faith, founded upon a true 'christological' perception, comes to experience the Operation of divine power through a decisive commitment of the will." Der Wunderglaube ist für M k also zugleich menschliches Verlangen und göttliche Gabe. „It is always a response to the reality towards which it is directed, and by which in a measure it is evoked. In this sense, all faith is a gift, though a gift that must be actualised through a free volitional c o m m i t m e n t . " 193
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193 So auch Barth, Glaube und Zweifel 282, 290; Dowd, Prayer 113; Witt, Kran kenheilung I 45 sowie die Mehrzahl der Ausleger. Barth versteht die Bitte des Vaters um Glauben in V. 24 jedoch als eine Korrektur von V. 23, so dass Glaube hier keine menschliche Leistung ist. Für die Korrektur eines Jesuslogions findet sich bei Mk aber keine Parallele; vgl. Dowd, a.a.O. 194 Pesch, Markusevangelium II 93; ähnlich Schweizer, Markus 102. Nach Barth, Glaube und Zweifel 290f kann hingegen nur die Hand (Mt 14,31) bzw. das Wort (Mt 28,17ff) des Herrn aus dem Zweifel reißen. 195 Marshall, Faith 121 zur Stelle. Siehe auch a.a.O. 238. 196 Marshall, a.a.O. 131. 197 Marshall, a.a.O. 238; vgl. Seybold/Müller, Krankheit 138/139: „Glaube ist für die Erzähler der Wundergeschichten geschenkter Glaube, da er erst durch das Auftreten Jesu als Wundertäter zur Möglichkeit des Kranken wird. Gleichzeitig aber ist es ein aktiver Glaube, insofern er den Kranken aus seiner Passivität her ausholt ..."
231
VI. Glaube und Heilung
7. Glaube und Suggestion In älteren Arbeiten insbesondere der religionsgeschichtlichen Schule begegnet immer wieder die Auffassung, dass die ntl. Heilungen auf d e m Prinzip der Suggestion beruhen. So spricht F. Fenner von einer „psychologischen Bedingtheit" des Heilerfolgs Jesu, aufgrund derer die ntl. Krankenheilungen - wie die der jüdischen und griechischen Heiler - „medizinisch als psychotherapeutische anzusprechen" sind. D.h. die W u n d e r Jesu sind auf seine „starke Suggestivkraft", insbeson dere auf die „Verbalsuggestion", zurückzuführen . Zwar ist die Be deutung der Suggestion für die Heilung anzuerkennen, doch lassen sich z.B. die ntl. Fernheilungen, Totenauferweckungen und Naturwunder auf diese Weise nicht erklären. Daher lehnen die neueren exegetischen Arbeiten auch mit Recht die Suggestion als Erklärungsmodell für die ntl. Heilungswunder a b . Entsprechend deutet Chr. Marshall die Bitte des Vaters des besessenen Jungen u m Glaubensstärkung in M k 9,1429: „9:24 shows that in the author's view true faith entails a profound distrust in one's own capacity to express and maintain faith without divine aid. The place he gives to vicarious faith also proves that it is not the psychological structure of faith itself that is the key, but the external object in which it is p l a c e d . " Auch für E. Schweizer beru hen die ntl. Heilungswunder nicht auf der Suggestion: „Wenn Jesus heilt, geht die Kraft von ihm, nicht von der Seele des Kranken aus und wirkt nicht bloß auf Denken und Fühlen, sondern bis ins Leibliche hin ein." 198
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8. Zusammenfassung Im A T begegnet der Zusammenhang von Glaube und Heilung zwar nicht direkt, doch in einer Vielzahl von Vertrauensaussagen - insbe sondere in den Psalmen (z.B. Ps 17,6) - ist die Bedeutung des Fiduzialglaubens für die Erhörung der Gebete ersichtlich. In den atl. Apo kryphen wird der Konnex von Vertrauen und göttlicher Rettung jedoch vereinzelt auch explizit hergestellt (vgl. 1 Makk 2,59; Sir 2,6-10). In den synoptischen Heilungsberichten nimmt der Glaube der Bittstel ler eine zentrale Stellung ein. Immer wieder betonen die Erzählungen, dass Jesus den Glauben sucht oder erwartet und entsprechend hono198 Fenner, Krankheit 93, 96, 101 u. 103. Die Erklärung der Wunder mit Hilfe der Suggestion findet sich in neueren Arbeiten z.B. noch bei Aune, Magic 1525, 1536 u. Droege, Faith Factor 62: „The faith factor that medicine has discovered in the placebo effect is illustrated in the Gospels and interpreted in relation to God." 199 Vgl. Dowd, Prayer 62f; Held, Wundergeschichten 269; Marshall, Faith 234; Rebell, Alles 53; Schmithals, Wunder 89; Seybold/Müller, Krankheit 135, 139. 200 Marshall, a.a.O. 230. Siehe auch ebd., Anm. 3 sowie Held, a.a.O. 265. 201 Schweizer, Markus 61.
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VI. Glaube und Heilung 202
r i e r t . Zugleich präsentieren die Erzählungen einen durch Beharrlich keit gekennzeichneten und durch Erschwernis erprobten Glauben. Somit steht der Begriff I T I O T U ; in den synoptischen Heilungsberichten für das rückhaltlose Vertrauen der Bittsteller in die Heilkraft Gottes bzw. J e s u . Dabei kann es sich u m den Glauben des Kranken handeln (Mk 5,34; 10,52 u.ö.) oder aber u m den „stellvertretenden Glauben" fürsprechender Bittsteller (Mk 2,5 Parr.; 5,23.36 Parr.; 7,25f Par.; 9,24 Parr.; M t 8,6.10). Die Tatsache, dass der Glaube in den Wundergeschichten meist in der Form einer Bitte begegnet, zeigt, dass er „im Grunde Gebetsglaube i s t " . D e m gläubigen Gebet wiederum wird an verschiedener Stelle scheinbar Unmögliches verheißen (s.u.). H J . Held weist demnach mit Recht darauf hin, dass die synoptischen Wundergeschichten zu einem großen Teil eine Art Beispielsammlung für die Zuverlässigkeit der Verheißung an das gläubige Gebet d a r s t e l l e n . D.h. die Heilungser zählungen besitzen ein deutlich paränetisches und didaktisches Inter esse, da sie die ntl. Erhörungs- und Heilungsgewissheit in anschauli cher Weise z u m Ausdruck b r i n g e n . Weiter zeigen die Vielfalt der Details (z.B. Gedanken, Worte und Argumente der Bittsteller) und die unterschiedlichen stilistischen Mittel (z.B. Erschwernismotiv und Bestätigungsformeln) sowie die Wiederholung der zentralen Motive (existentielle Not, Beharrlichkeit und spontane Heilung), dass die Erzählungen im Grunde genommen als Gebetsparänesen fungieren . Dabei akzentuieren die Evangelisten die verschiedenen Aspekte des Wunderglaubens jedoch unterschiedlich. So hebt M k (z.B. in 2,5) her vor, dass der Glaube - obwohl er eine innere Haltung darstellt - sicht bar werden muss, u m das Gewünschte zu e r h a l t e n . So zeichnet sich der Glaube bei M k häufig durch hartnäckige und unbeirrbare Beharr lichkeit aus, die dazu verhilft, Schwierigkeiten mutig zu überwin d e n . M t hingegen hebt den kognitiven Aspekt des Wunderglaubens hervor, indem er den Wunsch des Bittstellers und die helfende Antwort Jesu in den Vordergrund stellt. Dadurch wird sein „lehrhaft-paränetisches Interesse" deutlich e r k e n n b a r . „Auf diese Weise werden die Wundergeschichten bei Matthäus noch stärker als in der vorgegebenen 203
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202 Siehe Mk 5,36 Par. Lk 8,50; Mk 9,23f; Mt 9,28; vgl. Joh 9,7 sowie Knoch, Dem, der glaubt 40. 203 Die synoptischen Heilungsberichte knüpfen damit an das atl.-jüdische Glau bensverständnis an, welches durch die Wurzel als Vertrauen in die göttliche Fürsorge und Hilfe gekennzeichnet ist; vgl. Hahn, Verständnis 44-48. 204
Bultmann, Art. TTiaTeuc») 206.
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Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
Held, Wundergeschichten 272. Hahn, Verständnis 55. Marshall, Faith 226, 228; Söding, Glaube 332f. Marshall, a.a.O. 236. a.a.O. 237. Held, Wundergeschichten 275.
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VI. Glaube und Heilung 211
synoptischen Tradition der Gemeindeparänese d i e n s t b a r . " D.h. die synoptischen Heilungserzählungen stellen nicht nur ein Zeugnis für die Wundertätigkeit und Vollmacht Jesu dar, sondern sie wollen der nach österlichen Gemeinde auch Motivation und Anleitung und somit Para digma sein in ihrem Gebet für die Kranken und beim Zuspruch eines vollmächtigen Wortes der H e i l u n g . D.h. die Wundererzählungen dienen sowohl der Glaubensstärkung als auch der G e m e i n d e p r a x i s . Im Gegensatz zu den notleidenden Bittstellern, die in den synoptischen Heilungserzählungen als Vorbilder des Glaubens fungieren, lassen die Geschichten von den Jüngern Jesu ein eher ambivalentes Bild entste hen. So erscheinen sie einerseits als Heiler und E x o r z i s t e n , anderer seits werden sie - trotz Vollmacht (kEpvoia) über Krankheit und D ä m o nen - auch als Versagende und Lernende dargestellt (z.B. M k 9,142 9 ) . Letzterer Aspekt k o m m t in den Wundergeschichten vor allem im Vorwurf des U n g l a u b e n s bzw. des K l e i n g l a u b e n s zum Aus druck. Da die Jünger aufgrund ihrer Nachfolge nicht grundsätzlich als Ungläubige anzusehen sind, fehlt ihnen offensichtlich in bestimmten Situationen das für das Erlangen von Wundern nötige V e r t r a u e n . Die Wundererzählungen, in denen das Versagen der Jünger themati siert wird, nehmen also Bezug auf das Spannungsgefüge von Voll macht und Unfähigkeit der Gläubigen. Es wird deutlich, dass der Glau be des Wundertäters und der des Wunderempfängers grundsätzlich von gleicher Art sind . Auf diese Weise zeigen die Erzählungen der nach österlichen Gemeinde einerseits, dass sie durch den Glauben Anteil erhält an der Vollmacht ihres Herrn . Andererseits wollen sie die Gemeinde ermutigen, trotz ihres Versagens das Ringen um die Kran ken nicht aufzugeben. 212
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Analog zu den Heilungserzählungen fungieren die Gebetsparänesen der synoptischen Evangelien, die den Glauben thematisieren, aber 211 A.a.O. 276; vgl. Theißen, Wundergeschichten 138 u. Seybold/Müller, Krankheit 141, denen zufolge die Heilungsberichte bei Mt in besonderer Weise „vom Evangelisten als Exempel für die Gemeinde verstanden worden sind. Sie soll in ihnen die Bedeutung des bittenden Glaubens, d.h. des Gebetsglaubens, für die Situation der Not erkennen." 212 Vgl. Schräge, Heil und Heilung 206. Dibelius, Formgeschichte 81 nimmt sogar an, dass die Wundergeschichten exemplarische Heiltechnik und überlieferte Formeln für Christen mit einer Heilungsgabe enthalten. 213 Für eine praktisch- und missionstheologische Bewertung der Heilungserwar tung in der Gemeinde siehe Grundmann, Leibhaftigkeit 188-197. 214 Siehe Mk 3,14f Parr. Mt 10,1.8; Mk 6,7.13 Par. Lk 9,lf; Lk 10,9.17-20. 215 Zur Problematik ausbleibender Gebetserhörung siehe auch unten Kap. VII Abschnitt 2.4.5. 216 Siehe Mk 4,40; 9,19. 217 Siehe Mt 6,30; 8,26; 14,31; 16,8; 17,20; Lk 12,28. 218 Vgl. Schlatter, Glaube 112. 219 Siehe insbes. Mk 9,18f.23f sowie Söding, Glaube 482. 220 Vgl. Held, Wundergeschichten 258-262.
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VI. Glaube und Heilung
nicht in einen Heilungsbericht eingebunden sind. Von zentraler Bedeu tung ist hier das Logion v o m Berge versetzenden Glauben. W i e in den synoptischen Heilungsberichten handelt es sich in M k 11,12-14.20-26 Par. M t 21,18-22 u m Vertrauensglauben, der - wie in Jak 1,6! - durch die Abwesenheit jeglichen Zweifels (vgl. |if] öiocKpiGf), M k 11,23 Par.) gekennzeichnet ist. Analog ist der unscheinbare und dennoch wirk mächtige „Senfkornglaube" zu verstehen, der nach M t 17,20, der zwei ten matthäischen Parallele zu M k 11,23, ebenfalls Berge versetzt und nach Lk 17,6 einen Maulbeerbaum entwurzelt und ins Meer versetzt. Folglich stellt der insbesondere bei M t wiederholt getadelte Kleinglau be (ÖA.LYOITLÖTLOC) der Jünger (!) (Mt 17,20 u.ö.) keinen kleinen Glauben, sondern ein mangelhaftes bzw. fehlendes Vertrauen in die Macht Gottes dar, ein Phänomen, welches offensichtlich auch innerhalb der (gläubigen) Gemeinde vorkommt. W i e die Wundergeschichten stellen also auch die synoptischen Gebetsparänesen - und hier vor allem das Logion v o m Berge versetzenden Glauben - die zentrale Bedeutung des Glaubens für das Gebet heraus. Folglich dürften auch die Gebetsparä nesen in erster Linie das Gebet für die Kranken im Blick h a b e n . Die Problematik von Gebet und Glaube betrifft im Kontext ntl. Kran kenheilung offensichtlich nicht nur den Einzelnen. Die konsequente Präsentation der Jünger als Adressaten der Gebetsparänesen, die wie derholte Hervorhebung des „stellvertretenden Glaubens" in den Hei l u n g s g e s c h i c h t e n und die Bedeutung der gegenseitigen Vergebungs bereitschaft für die Gebetserhörung in M k 11,25 zeigen, dass neben der Glaubenshaltung des Einzelnen vor allem die der Gemeinschaft und damit der Glaube der Gemeinde von größter Bedeutung für die Gebets erhörung i s t . 221
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Die in den synoptischen Gebetsparänesen mehrfach explizit formulier te Erhörungsgewissheit und die mit dem Gebet verbundene Verhei ßung, scheinbar Unmögliches zu bewirken, findet sich auch in der jüdi schen Tradition. Neu ist allerdings die starke Bindung der Verheißun gen an den Glauben. Dieser wiederum wird in den synoptischen Hei lungserzählungen und vereinzelt auch an anderer Stelle im N T sowohl als eine menschliche Willensäußerung als auch als Antwort auf die Offenbarung göttlicher Macht zu heilen und damit immer auch als Geschenk Gottes verstanden (vgl. M k 9,23f). (Die ntl. Autoren gewich ten diese beiden Aspekte lediglich unterschiedlich.) Der Konnex von Gebet und Glaube bzw. von Glaube und Heilung ist also - abgesehen von einigen weiteren ntl. Belegstellen - vor allem in der synoptischen 221 Vgl. Luz, Matthäus III 202. 222 Den Vertrauensglauben bei Mk als Glauben der Gemeinschaft hebt vor allem Dowd, Prayer 61, 64, 65, 6 6 , 9 5 , 110 u. insbes. 116 hervor. 223 Etwas zu stark formuliert dagegen Söding, Glaube 337 im Blick auf Mk 11,25, „daß der Gebetsglaube nur dann Macht bekommen kann, wenn er Gebet und Glaube in Gemeinschaft ist." Zur Bedeutung der Gemeinde siehe auch Kap. VII Abschnitt 2.3.
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VI. Glaube und Heilung
Tradition verankert, w o er breit angelegt und von zentraler Bedeutung ist. H J . Held spricht daher mit Recht vom „Sachzusammenhang zwi schen Glauben und Wunder in der synoptischen T r a d i t i o n " , welcher darin besteht, dass der Glaube das zentrale Kriterium für die G e betserhörung ist. Die Gebetsparänese Jak 1,5-8 spiegelt diesen Sachzu sammenhang deutlich wider. Da die in Jak 5,14-16 verwendete Krankheits- und Heilungsterminologie und der Hinweis auf die Kranken salbung in V. 14 ebenfalls an die synoptische Tradition a n k n ü p f e n , dürfte die d e m gläubigen Gebet geltende Verheißung K a i r\ eu^f] if|<; l u o T e a x ; ooooei xbv Kd|ivovta in Jak 5,15 genau diesen Konnex von vertrauensvollem G e b e t und Wunderheilung der Jesustradition re f l e k t i e r e n . Folglich handelt es sich in 5,15a nicht u m Glaubensinhal te, sondern u m das Vertrauen (in Gottes Hilfe), die Grundbedeutung von T u o T i q . D.h. die Aussage von Jak 5,15 bezieht sich auch nicht auf eine besondere charismatische Begabung, da die Verheißung - wie der Hinweis auf die Gerechtigkeit des Beters in 16d - grundsätzlich allen Betern der Gemeinde gilt. . Jak will vielmehr „zum vertrauens vollen Gebet e r m u t i g e n " . Aus diesem Grund hat er - wie die Mehr zahl der synoptischen Wundergeschichten und Gebetsparänesen - das mögliche Ausbleiben der Erhörung nicht im Blick. 224
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224 Held, Wundergeschichten 264. 225 S.o. Kap. II u. III sowie Mk 6,13. Für weitere Kontaktpunkte zwischen dem Jak und der Jesustradition siehe z.B. Davids, James and Jesus 63-84. 226 Vgl. Cantinat, Jacques 251; Hauck, Jakobus 234; Johnson, James 232, die auf Jak 1,6 Bezug nehmen. Anders dagegen Frankemölle, Jakobus II 714, der Sir 38,9 als Vorbild für das vertrauensvolle Gebet ansieht. Dort wird der Glaube bzw. das Vertrauen aber nicht erwähnt. 227 Vgl. Davids, James 56, 194; Mitton, James 199f; Schräge, Jakobusbrief 57; Seybold, Krankheit 162; de Wette, Handbuch 263. Wunderheilung muss dabei nicht notwendig spontane Heilung bedeuten. 228 Gegen Mußner, Jakobusbrief 222 mit Anm. 5. Vgl. den Bezug auf Jak 2,14f bei Schlatter, Jakobus 282; Vouga, Jacques 142. 229 Gegen Dibelius, Jakobus 302f. 230 Popkes, Jakobus 346.
VII. Gebet und Heilung
1. Die Gebetsparänesen des Jakobusbriefs Der Verfasser des Jak schreibt d e m Gebet nicht nur im Krankheitsfall, sondern auch in anderen Lebenslagen einen hohen Stellenwert zu. Dies zeigt das Wiederkehren der Thematik an verschiedener Stelle der Epistel. So enthält der Jak insgesamt drei zentrale Gebetsparänesen: das Gebet u m Weisheit ohne jeden Zweifel im Prolog (1,5-8), die ausbleibende Gebetserhörung aufgrund falscher Motive in 4,3 sowie das Krankengebet im Epilog (5,13-18). Daneben klingt die Thematik des Gebets auch in 3,9.10 im Kontext von Lobpreis (ähnlich 5,13) und Segnen und Fluchen an sowie in 5,3.4 bei der vor Gott k o m m e n d e n Klage der ausgebeuteten Erntearbeiter. Die terminologische Vielfalt spiegelt dabei die auch sonst im N T für das Gebet üblichen Begriffe wider: alra*) im Sinne von „bitten, fordern" in 1,5.6 und 4,2.3, euxojioa in 5,16b und npoaaixofioa in 5,13.14.17.18 als „ b e t e n " , das Simplex 6i)xr| in 5,15 und das Kompositum npooeuxri in 5,17 als „Gebet" allgemein sowie dkr\oiQ als b e s o n d e r e r Begriff für das „Bittgebet" in 5,16d. H. Frankemölle fasst die Verwendung des Gebets V o k a b u l a r s im Jak folgendermaßen zusammen: „Mit seiner jüdischen und christlichen U m g e b u n g kennt Jakobus die verschiedensten Aspekte des Betens als Rufen, als Loben, als Klagen, wobei aber - im Kontext seiner weisheitlichen Mahnsprüche - das Beten als Bitten thematisch im Vordergrund steht." In der Perikope 5,13-18 spielt das Gebet die zentrale Rolle. So präsentiert bereits die eröffnende Sentenz 5,13 das Gebet unter Verwendung der Verben i T p o o e u x o i i o a und i|/aAAo) als angemessene Haltung des Menschen in allen Lebenslagen. In V. 14 wird dann den Ältesten der Gemeinde aufgetragen, über den Kranken zu beten (7Tpooei)£ao0a)oav 4TT' auuöv) und sie mit Öl zu salben. V. 15 identifiziert dieses Ältestengebet unmittelbar als f| t\)yy\ T T ^ luoteax;, der wiederum Erhörung verheißen ist. Analog zum Altestengebet erhalten die Gemeindeglieder in V. 16a-c den Auftrag, z u m Zweck der Heilung einander die Sünden zu bekennen und füreinander zu beten (euxeoGe imep aXXr\X(S)v OTTGX; laGfyue). In der asyndetisch angeschlossenen Sentenz 16d wird dann die Gemeinde darauf hingewiesen, dass die der\oi(; eines Gerechten eine 1
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Frankemölle, Jakobus II 592.
237
VII. Gebet und Heilung
besondere Wirkmächtigkeit besitzt. In V. 17f wird diese Aussage abschließend durch den Hinweis auf das Gebet des Elia unter Verwendung der rhetorischen Stilfigur iTpooeuxrj TTpoorn^ocio eindrücklich illustriert. Mit dieser terminologischen Vielfalt bildet das Gebetsvokabular der Perikope Jak 5,13-18 ein detailliertes semantisches Netz, innerhalb dessen die Wortgruppe TTpooeuxojioci in V. 13f und 17f die hier gleichbedeutende Wortgruppe eu%o|ioa und d e m Substantiv bkrpiQ in V. 15f einrahmt. Auf diese Weise wird die literarische und thematische Einheit der Perikope zusätzlich bestätigt . Über die Bedeutung der Person des Beters und die Art und Weise des Gebets für die Kranken sowie die damit verbundenen Verheißungen gehen die Meinungen der Exegeten jedoch auseinander (s.u.). 2
2. Die Erwartung an die Beter 2.1
Der Leidende
In Jak 5,13a wird d e m leidenden Glied der Gemeinde angeraten, zu beten. Das verwendete Verbum npooeuxoiioa stellt den im N T verbreitetsten Terminus für das Beten dar und deutet damit auf ein weit gefasstes Verständnis des Gebets ohne weitere Spezifizierung . Uneingeschränkt gilt also für jeden Gläubigen, der Not leidet, dass er (für sich) beten soll. I m Fall (schwerer) Krankheit jedoch soll sich ein Gemeindeglied auch der Fürsorge der Ältesten (V. 14f) und der G e meinde (V. 16) anvertrauen (s.u.). 3
2.2
Die Ältesten
Nach der allgemein gehaltenen Paränese V. 13 erscheinen die Ältesten der Gemeinde in 5,14 mit dem Auftrag, „für" oder „über" den wohl besonders Kranken zu beten (iTpooei)£ao0G)oav eir' OCUTOV) und sie mit Öl zu salben . 4
Die Wendung €TT' OCUTOV in Verbindung mit dem Gebet ist weder im NT noch in der LXX belegt. Ob sich die Präposition €iu mit dem Akkusativ in V. 14 daher lediglich auf den Gegenstand des Gebets bezieht (gewöhnlich ausgedrückt durch i)iT€p wie in V. 16b) oder aber die Richtung der Gebete impliziert, oder ob das Gebet lokal über dem Kranken und dann vielleicht mit Handauflegen geschehen soll , 5
2 S.o. Kap. I. 3 Vgl. Greeven, Art. €uxou.ca 774, 804, 806f. 4 Dass sich die - auf das Gebet und/oder die Salbung bezogene - Namensnennung in V. 14c (vgl. kv TCO 6V6\XOLTI TOÖ K u p i o u ) auch aus religionsgeschichtlicher Perspektive nicht auf eine magische Handlung bezieht, zeigt Pulleyn, Prayer 96f, 114f. Siehe auch oben Kap. IV. 5 So Moo, James 238.
238
VII. Gebet und Heilung 6
bleibt auch in der neueren Forschung umstritten . Chr. Burchard argumentiert, dass 7
€TTL hier wohl nicht lokal zu verstehen ist . Denn in Verbindung mit Verben, die
Trauer ausdrücken - wie z.B. das Klagen um jemanden in Sach 12,10 LXX oder das Weinen um jemanden in Lk 23,28 - , bezieht sich eiri auf das Objekt der Klage. Das gleiche gilt für das exorzistische Geschehen in Apg 19,13, w o der Name Jesu „über" den Besessenen genannt bzw. in deren Richtung ausgerufen wird, um die bösen Geister von Menschen auszutreiben. Gegen diese Position spricht jedoch, dass TrpooeuxouÄL in Jak 5,14 weder den Aspekt der Trauer impliziert, noch einen Exorzismus bedeutet. Viel mehr steht das Verb allgemein für das Bittgebet; dies wird bestätigt durch die übrige Gebetsterminologie der Perikope (s.u.). Da das Gebet in Verbindung mit einer Salbung geschehen soll, stehen die Ältesten wohl tatsächlich unmittelbar bei dem Kranken, so dass ihr Gebet durchaus lokal „über" dem (meist liegenden, nicht notwendig knienden) Kranken denkbar ist. In Kapitel IV wurde bereits deutlich, dass die Gemeindeältesten hier weder als Amtsinhaber anzusehen sind, die aufgrund ihres A m t e s mit einer besonderen Gebetsvollmacht ausgestattet s i n d , noch als eine besondere Art von Charismatikern „having extraordinary spiritual gifts, which enable t h e m to heal the s i c k . " Sie stellen vielmehr aktive, im Hirten-, Lehr- und Leitungsdienst tätige Gläubige dar, die aufgrund ihrer Aufgaben und ihres Vorbildcharakters auch als engagierte Beter anzusehen s i n d . Als solche entsprechen die Ältesten der G e m e i n d e d e m Bild eines Gerechten, der sich nach 5,16d in atl.-jüdischer Tradi tion der Erhörung seiner Gebete gewiss sein kann (s.u.). Im Anschluss an den Auftrag zu beten wird d e m in 5,15a durch den Ausdruck r\ €i>xti ifjc; TTLoieax; beschriebenen Krankengebet der Ältesten explizit die Erhörung v e r h e i ß e n . Aufgrund der N ä h e des Jak zur Jesustradition der synoptischen Evangelien dürfte sich die hier er wähnte TTLOTK; wie in etlichen der urchristlichen Wundererzählungen 8
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6 Für einen Überblick siehe Johnson, James 332. 7 Burchard, Jakobusbrief 209. 8 Vgl. z.B. Frankemölle, Jakobus II 723, der sich gegen eine Gebetsvollmacht der Ältesten qua Amt wendet: „Die Presbyter sind also für Jakobus nur Beispiel für ein bittendes Gebet bei der Heilung von Krankheit". Gegen Dibelius, Jakobus 300; Schräge, Jakobusbrief 56. 9 Gegen Reicke, James 59. 10 Vgl. Moo, James 237; ähnlich Martin, James 202: „church leaders who bring their faith to the scene of distress." Die Apostel, die sich nach Apg 6,4 zuerst „dem Gebet und dem Dienst am Wort" widmen, dürften hier Vorbild gewesen sein. Man beachte besonders die Erwähnung des Gebets an erster Stelle! Vgl. Miller, They Cried to the Lord 326. 11 In V. 15 ändern P et al euxn in irpooeuxii; ähnlich lesen A B 0 4 8 in V. 16 Trpoöei)X€ö0€ statt €Üx€o0e gemäß dem gebräuchlicheren Kompositum oder als Angleichung an V. 13f u. V. 17f, jedoch ohne Wandel der Bedeutung. Siehe Novum Testamentum Graecum, Editio Critica Maior IV/1 96f; Greeven, Art. euxo|iai 774, Anm. 2. 12 Ob es sich hierbei um eine uneingeschränkte oder eingeschränkte Erhörungsverheißung handelt, ist kaum zu beantworten. Für die Unterscheidung s.u. unter 2.4.5. vid
VII. Gebet und Heilung
239
und ntl. Erhörungsverheißungen auf das Vertrauen der Bittsteller in die Macht Gottes zu Heilen und damit auf den Fiduzialglauben der Beter b e z i e h e n . Diese Interpretation wird bestätigt durch die Aufforderung in Jak 1,5-8 an denjenigen, d e m es an göttlicher Weisheit mangelt, im Vertrauen d a r u m zu bitten ohne zu zweifeln: aLieiTG) 6k kv TTLÖT€L |ir|Ö€v öiaKpiv6p.€vo<; (V. 6). Offenbar geht der Verfasser des Jak davon aus, dass die Presbyter dieses Vertrauen in die M a c h t Gottes zu heilen besitzen. D i e summierende Formel TTOAI) ioxvti bkrpic; ÖIKOCLOI) 4v€PY0i)|i£vTi in 5,16d (s.u.) unterstreicht diese S i c h t w e i s e . An den Glauben des Kranken ist hier also nicht g e d a c h t . Für Jak sind die Ältesten aber nicht nur die engagiertesten Beter der G e m e i n d e . Durch den öffentlichen Charakter ihres Dienstes und ihren gottgefälligen Lebenswandel werden sie zugleich auch zu Vorbildern für die betende Gemeinde. Dies verdeutlichen die an die G e m e i n d e gerichteten und durch die Konsekutivpartikel ouv (deshalb) angeschlossenen Aufforderungen z u m Sündenbekenntnis und Krankengebet 13
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13 Hierzu s.o. Kap. VI. Eine Übersetzung von evxr\ als Gelübde wie in den beiden weiteren ntl. Belegstellen Apg 18,18; 21,23 ist im gegebenen Kontext nicht sinnvoll. Vgl. Greeven, Art. eüxo|iai 804; Bauer-Aland 665 sowie dessen Übersetzung als ,,d(as) gläubige G(ebet)". Das „Gebet des Glaubens" als Ausdruck des Vertrauens in die Heilkraft Gottes sehen mehrheitlich z.B. Davids, James 194; Frankemölle, Jakobus II 714; Johnson, James 332. Ähnlich bringt die Wendung f) €i)%T] zf\Q TTLötetog für Thomas, Devil (1993) 41die Gewissheit der Gebetserhörung zum Ausdruck. Die Nähe des Glaubensbegriffs von Jak 5,15 zur synoptischen Tradition hebt unter den Kommentatoren vor allem Schräge, Jakobusbrief 57 hervor. Für Mußner, Jakobus 222 lässt der Artikel vor dem Genitiv nicht nur an einen Genitivus qualitatis im Sinne eines vertrauensvollen Gebets denken, sondern auch an einen Genitivus auctoris im Sinne einer tiefen Glaubensüberzeugung (ähnlich auch Burchard, Jakobusbrief 210). Doch da auch der Fiduzialglaube von Gott gewirkt ist, verschmelzen die beiden Aspekte. Zum Genitivus qualitatis siehe Blass/Debrunner/Rehkopf, Grammatik §165. Vouga, Jacques 144 sieht im „Gebet des Glaubens" mit Recht eine Parallelisierung zum „Gebet des Gerechten" in V. 16, so dass die Wendung allgemein einen Gläubigen beschreibt, dessen Glaube in seinem Wirken zur Anwendung kommt. Nach Dibelius, Jakobus 302f steht der Glaube der Beter in Anlehnung an 1 Kor 12,9; 13,2 für das Charisma der Krankenheilung. Doch eine solche Verbindung stellen weder Paulus in 1 Kor noch die Evangelien her. Nach Turner, Holy Spirit 253 steht das „Gebet des Glaubens" für „a prayer informed by a charismatic insight into God's specific will and timing", d.h. die Heilung entspricht u.U. nicht dem Willen Gottes. Dies lässt sich jedoch nicht mit Hilfe ntl. Texte begründen (siehe auch unten Abschnitt 2.6). 14 Zur semantischen Füllung von 6kr\oiQ und kvepyov\ikvr) s.u. Abschnitte 3.3. u. 3.4. 15 Ähnlich Martin, James 209, für den der Glaube des Kranken hier keine besondere Rolle spielt. Nach Schneider, Jakobus 36 hingegen muss auch der Kranke den Glauben haben, damit das Gebet ihn gesund macht. Der Kontext gibt dies aber nicht her. Für Schräge, Jakobusbrief 57 kann jedes Gebet des Glaubens (= vertrauensvolle Gebet) Heilung bewirken. Dies ist im Blick auf den gesamtneutestamentlichen Befund sowie die Verallgemeinerung der Paränese bezüglich des Gebets der Gemeinde in V. 16 gewiss richtig.
240
VII. Gebet und Heilung
in V. 16a-c sowie der Hinweis auf das Gebet eines Gerechten in V. 16c . 16
2.3
Die betende Gemeinde
Analog z u m Gebet der Ältesten wird dann in 5,16a-c den Gemeinde gliedern als den Adressaten des Briefes aufgetragen, einander (zuerst) die Sünden zu bekennen und (dann) füreinander zu beten, u m Heilung zu erfahren: e^oiioA-oyeloOe oüv äAArjA.oi<; XCLQ dqiocpiiac; Kai euxeoOe imep aXXr\Xu>v OITGX; LaGfyce. Die reziproke pluralische Formulierung sowohl des Sündenbekenntnisses als auch des Gebets impliziert, dass alle Gläubigen der G e m e i n d e aufgefordert sind, ihre Sünden anderen zu bekennen und für die Kranken in der Gemeinde zu b e t e n . (Der Fall des Gebets für das eigene Leiden war j a bereits in V. 13 zur Sprache gekommen.) Damit erhält die Aufforderung in V. 16a-c einen starken relationalen sowie kollektiven Charakter . Letzterer wird noch verstärkt durch die finale pluralische Wendung OTTCOC; LaBfyce, die offensichtlich die Heilung aller Kranken der Gemeinde im Blick h a t . Die Nennung des Sündenbekenntnisses vor dem Gebet reflektiert das atl. Verständnis der Gebetserhörung, wonach Sünde der Gebetserhörung im W e g e steht: „It is taken for granted that before the petitions can be granted, the sin must be forgiven" . Die Folgerungspartikel ouv in V. 16a macht diese Verbindung emphatisch deutlich: U m die in V. 17
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16 So z.B. Frankemölle, Jakobus II 723. Gegen die unsichere Deutung von Burchard, Jakobusbrief 211: „Die Konjunktion folgert nicht (s. V.7), sondern führt weiter (wenn nicht, kann man V.löa.b vor allem auf die Kranken beziehen)." Siehe auch oben Kap. I. 17 Vgl. Albl, „Are Any among You Sick?" 140: „James does not distinguish sharply between the healing prayers of the eiders and the healing prayers and con fession of the Community as a whole." 18 „Die Presbyter sind selbstverständlich in diese Anweisung unausgesprochen miteingeschlossen." Mußner, Jakobus 226f. Für die syntaktische Analyse s.o. Kap. I Abschnitt 3. Zur Übersetzung von iaQfyze siehe ebd. sowie Kap. III Abschnitt 3.5. 19 Dabei ist nicht notwendig an eine symmetrische Reziprozität gedacht; siehe Collins, Anointing 83. Das öffentliche und private Sündenbekenntnis war im antiken Judentum selbstverständlich; vgl. Lev 5,5; Num 5,7; Ps 38,4-6.19; 40,13; 41,5; 51,5-8; Spr 20,9; 28,13; PsSal 9,6; 1QS 1,23-2,1; CD 20,28ff sowie Manns, Confessez 233-241. 20 Ähnlich Johnson, James 334; Miller, They Cried to the Lord 326. Siehe auch die Forschungsgeschichte zur Entwicklung des Beichtinstituts von Althaus, „Be kenne einer dem andern seine Sünden" 165-194. 21 Albl, „Are Any among You Sick?" 126f, 14 lf spricht daher von einem Gesundheitssystem im Jak. 22 Dowd, Prayer 127. Vgl. Neh 1,4-11; Jes 59,1-2; Dan 9,19 u.ö. Siehe auch a.a.O. 126-129 sowie Miller, They Cried to the Lord 108, 260. Zum Bekenntnis von Sünde im Krankengebet siehe Ps 38,4-6; 41,5; vgl. 32,5; 103,3. Zur Thematisierung von Krankheit und Strafe Gottes im Gebet siehe Ps 6,2; 38,2-3; vgl. 147,3. Religionsgeschichtlich siehe Kudlien, Beichte und Heilung 1-14.
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VII. Gebet und Heilung
15 verheißene Heilung und Vergebung der Sünden zu erlangen, müs sen die Gemeindeglieder ihre Sünden gegenseitig bekennen und fürein ander b e t e n . Im Falle der Adressaten des Jak bestanden diese Sünden in erster Linie in einem egoistischen und unversöhnlichen Lebenswan del . Die Effektivität des Gebets steht hier also in finalem (vgl. ÖTTGX; laBfjTe) und damit in unmittelbarem Zusammenhang mit der Bußfertigkeit der Betenden, d.h. von den Gemeindegliedern wird - analog zum implizi ten gottgefälligen Lebenswandel der Ältesten - ebenfalls ein Lebens wandel eingefordert, der sich durch Schuldeingeständnis und damit verbunden durch Vergebungs- und Versöhnungsbereitschaft auszeich n e t . Auf diese Weise wird die Solidarität des Einzelnen mit der Gemeinde im Sinne eines gottgemäßen Miteinanders der Gemeinde glieder Voraussetzung für die Gebetserhörung . Der assertorische Ausspruch V. 16d macht diesen Zusammenhang dann explizit . Deut lich greift Jak damit den (positiven) atl.-jüdischen Tun-ErgehenZusammenhang von gerechtem Handeln und göttlichem Segen auf . In die gleiche Richtung weisen das LXX-Zitat „Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt er G n a d e " (Spr 3,34) in Jak 4,6 und der Aufruf „demütigt euch vor dem Herrn, und er wird euch erhöhen" in 4,10. Im Mittelpunkt von Jak 5,15f steht also weder der Glaube noch die Beichte der Kranken, sondern der Aufruf an die ganze Gemeinde zur Buße und zum Gebet für die Kranken. Diese Sichtweise wird bestätigt durch die Tatsache, dass von dem Kranken in 5,15c im Zusammenhang mit der verheißenen Sündenver gebung nicht explizit ein Sündenbekenntnis verlangt w i r d . Der Grund hierfür ist, dass nach V. 15c nicht jeder Kranke (schwere) Sünden be gangen hat. Liegen jedoch Sünden v o r , können sie vergeben werden: 23
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23 So auch Moo, James 245f; vgl. auch das Logion Mk 11,25 im Anschluss an das Theologumenon von Glaube und Gebetserhörung: „Und wenn ihr steht und betet, so vergebt, wenn ihr etwas gegen jemanden habt, damit auch euer Vater im Himmel euch vergebe eure Übertretungen." Gnilka, Markus II 135 kommentiert: „Das Gebet ist fruchtlos bei einem gestörten Verhältnis zum Nachbarn oder Bruder." 24 Vgl. 1,21; 2,6.9; 3,16; 4,1-11; 5,1-6. 25 Marshall, Faith 171/172 kommentiert die Gebetsparänese Mk 11,25 (s.o.) ent sprechend: „True faith is repentant faith, entailing the redirection of one's life in both its ethical and religious dimensions (1:15)." 26 Vgl. auch 1,25; 2,12 zum Wandel nach dem „Gesetz der Freiheit". 27 S.u. Abschnitt 2.4.5. 28 Hierzu s.u. unter 2.4.3. 29 So auch Frankemölle, Jakobus II 723. Gegen Mußner, Jakobusbrief 225f, der aufgrund von V. 16a auch ein Sündenbekenntnis in 15c annimmt (s.o. Kap. I). 30 Der Konditional-, nicht Konzessivsatz 15c wird eröffnet durch ein €ctv eventuale; vgl. Blass/Debrunner/Rehkopf, Grammatik §§371.4, 374 mit Anm. 4; Mußner, a.a.O. 223.
VII. Gebet und Heilung
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6i^dr\o^zai a u T c o , V. 1 5 c . Dies bedeutet, dass der Verfasser des Jak - entsprechend der J e s u s t r a d i t i o n - die Krankheit nicht ursächlich - im Sinne des (negativen) atl.-jüdischen T u n - E r g e h e n - Z u s a m m e n h a n g s von Sünde und K r a n k h e i t - auf die Sünden des Kranken bezieht. „Jakobus entkoppelt - entgegen der sonstigen jüdischen Tradition, auch entgegen seiner Vorlage in Jesus Sirach - mit der Jesus-Tradition den kausalen Z u s a m m e n h a n g von Sünde und Krankheit, w e n n er konditional formuliert: wenn er Sünden begangen hat." A u c h in V. 16a wird von d e m Kranken weder ein öffentliches noch ein privates Sündenbekenntnis gefordert, denn die Reziprozität von Gebet und Sündenbekenntnis ist nicht notwendig symmetrisch (s.o.). „Entgegen einer starken Auslegungs-Tradition ist hier an die gegenseitige Beichte derer gedacht, die mit d e m Kranken beten, nicht an die Beichte des Kranken s e l b s t . " D.h. von einem Kranken wird explizit nur erwartet, dass er sein Anliegen im Gebet vor Gott bringt (V. 1 3 a ) und (im Fall schwerer Krankheit, vgl. iTpooKaA.eoao0to) die
KOLV
dqiocpTLac; fj
TT^TTOLTJKCO^,
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31 Vgl. z.B. Ps 107,17-20; Jes 33,24. Das logische, nicht eschatologische Futur d(()60riG6TaL (so auch Frankemölle, Jakobus II 715; Mußner, Jakobusbrief 223) bezieht sich hier nicht notwendig auf eine Absolution durch die Ältesten, denn von einer Beichte vor den Ältesten ist nicht die Rede (so auch Burchard, Jakobusbrief 211; Frankemölle, Jakobus II 722f); es handelt sich daher wohl lediglich um ein im Zusammenhang mit dem Gebet übliches Passivum divinum (vgl. Frankemölle, Jakobus II 716; Laws, James 229, 232; Schlatter, Jakobus 282). Zur Bedeutung der Sündenvergebung für die Heilung im Judentum des zweiten Tempels siehe Sir 38,15; TestRub 1,7; TestSeb 5,2ff; TestGad 5,9f; 4QPrNab sowie Hogan, Healing 307; Noorda, Illness 215-224; in der rabbinischen Literatur siehe bNed 41a; vgl. auch bYom 86a sowie St.-B. I 495, IV 574, 576; Manns, Confessez 233-241. Im NT hingegen spielt die Sündenvergebung für die Heilung kaum eine Rolle, was damit zusammenhängen dürfte, dass die Sünde nicht generell als Krankheitsursache verstanden wird (s.o. Exkurs 1 zu Kap. II). Vgl. aber Mk 2,1-12 Par. in Verbindung mit Ps 41,5; 103,3; Jes 33,22-24 u.ö. sowie Sung, Vergebung 213-221. 32 Vgl. Lk 13,1-5; Joh 9,lff sowie Seybold/Müller, Krankheit 105-107. 33 Hierzu siehe z.B. Seybold, Gebet 42f. Der atl. Nexus von Sünde und Krankheit sollte jedoch nicht im Sinne eines Vergeltungsdogmas missverstanden werden. Vielmehr hat Israel den Zusammenhang von Tun und Ergehen als eine göttliche „Grundordnung" (von Rad, Theologie I 278; vgl. 395ff, 449f) verstanden, die sich einerseits als soziales Prinzip der „reziproken Solidarität" bzw. „konnektiven Gerechtigkeit" (Janowski, Tat 178, 190 in Anlehnung an J. Assmann) und andererseits als unverfügbare „göttliche Intervention" (a.a.O. 186, 189; vgl. 167-191) darstellte. 34 Frankemölle, Jakobus II 715 (Hervorhebung des Autors). Vgl. dagegen 1 Kor 11,30 sowie die mögliche Vorlage Sir 38,9f: „Mein Kind, wenn du krank bist (kv ctppG)aTrj|!aTL oou), so missachte dies nicht; sondern bitte den Herrn (oder bete zum Herrn, €u£ai Kupicp), dann wird er dich gesund machen (Kai ambc; idoeiou oe). Lass ab von der Sünde und handle rechtschaffen und reinige dein Herz von aller Missetat." Siehe auch Sir 18,20-22; 31,27. 35 Bittner, Heilung 53. 36 Vermutlich geht Jak davon aus, dass ein krankes Gemeindeglied Gott dabei selbst um Vergebung bittet, wenn Sünden vorliegen; vgl. Sir 28,2 sowie den mögli-
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VII. Gebet und Heilung
Ältesten seiner Gemeinde über sich beten lässt (V. 14a). D a allerdings beide Handlungen einen Schritt des Glaubens bedeuten, wird von dem Kranken implizit auch der Glaube an die göttliche Macht zu heilen er wartet. Bekennen die Gemeindeglieder also einander ihre Sünden, dann kön nen sie - wie die Ältesten der Gemeinde - mit der Vergebung ihrer Sünden und der Erhörung ihrer Krankengebete rechnen. D.h. die Anweisung Jak 5,16a-c beinhaltet im Gegensatz zum Glaubensgebet der Ältesten keine unmittelbare Erhörungsverheißung, sondern eine konkrete Anweisung zur Heilung der Kranken in der Gemeinde * . Folg lich implizieren die pluralischen Verbformen in V. 16a-c weder, „daß die ganze Gemeinde von einer allgemeinen Epidemie befallen i s t " , noch - in übertragener Weise - ein Gebet „um Vergebung" bzw. die „Bitte u m Heilung von S ü n d e n " oder die „Heilung einer zerrissenen und gespaltenen G e m e i n d e " . (Letztere Problematik wurde j a bereits in 4,1-12 u.ö. thematisiert.) Vielmehr wird in Jak 5,14-16 j e d e m einzel nen Kranken durch das Gebet der Ältesten und das Gebet der Gemein de Heilung in Aussicht gestellt. 2
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Das „Gebet des Gerechten"
Quasi als S u m m a der gesamten Perikope ist der Bitte eines Gerechten in 5,16d in der asyndetisch angeschlossenen Formel TTOAA) Lo^iki öerjöLc; ÖIKOCLOU 4v€pYoi)j!6i/r| eine besondere Effektivität verheißen. Dabei stellt sich jedoch sofort die Frage, was der Genitivus subjectivus öiKocLou über die Person des Bittstellers aussagt. Handelt es sich hier um einen Beter mit vorbildlichem L e b e n s w a n d e l oder bezieht sich das substantivierte Adjektiv ÖLKOCLO^ auf einen Gläubigen ganz allge m e i n ? U m diese Frage zu beantworten soll der Begriff des Gerechten 41
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chen Bezug auf Heilung in V. 3. Vgl. auch Hinz, Krankheitspsalmen 27: „Wenn Krankheit und Sünde miteinander zu tun haben, ist das ein Thema zwischen dem Kranken und Gott, nicht erkennbar für Dritte, Besucher, Seelsorger, Freunde, Feinde. Und es ist deswegen nicht von ihnen aufzuwerfen! Diese Dimension kön nen Dritte nicht einsehen. Was Gott durch Krankheit und Schmerzen einem sagen will, das kann nur der Kranke selbst entziffern, wenn es überhaupt zu entziffern ist!" 37 Gegen Meinertz, Krankensalbung 34, 36. 38 Gegen Mußner, Jakobusbrief 227. 39 Gegen Burchard, Jakobusbrief 212. 40 Gegen Frankemölle, Jakobus II 721. 41 Zur Übersetzung von öer|ai<; und evepYouuivr) s.u. Abschnitte 3.3. u. 3.4. 42 So die Mehrheit der Ausleger, z.B. Frankemölle, Jakobus II 727f; Johnson, James 335; Martin, James 211; Mitton, James 206; Schlatter, Jakobus 285; Schnei der, Jakobus 36; Vouga, Jacques 144. 43 So Davids, James 196; Dibelius, Jakobus 305; Laws, James 234; Thomas, Devil(1993) 46.
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VII. Gebet und Heilung
und die Tradition des gerechten Beters auf ihrem atl.-jüdischen sowie ntl. Hintergrund untersucht werden. 2.4.1 Der Gerechte in der atl.-jüdischen Tradition Die ntl. Kennzeichnung einer Person durch das substantivierte Adjek tiv ÖLKOCIOC; spiegelt - abgesehen von der paulinischen Verwendung die auf der LXX-Übersetzung beruhende hellenistisch-jüdische Son dersprache des Griechischen wider. Denn wie in der L X X begegnet im N T z.B. nicht nur das Oppositum a ö i K o c ; (Ungerechter), sondern auch dfiapTGoloc; ( S ü n d e r ) . Gleichzeitig ist der Einfluss der griechischen Tugendlehre auf die ntl. Verwendung des Begriffs gering g e b l i e b e n . Daher knüpft 6 ö i K o a o q im N T gewöhnlich an die atl.-jüdische Vorstel lung des Gerechten an. In der L X X steht das N o m e n öüoxioc; für die Person des p H ? , der im A T eine theologisch außerordentlich wichtige Rolle spielt. Für J. Scharbert hat die Wurzel p"12 ihren ursprünglichen Sitz im Leben in der R e c h t s p f l e g e . Denn im Bundesbuch (Ex 23,1-3.6-8) und in den Gesetzestexten des D t n sowie in einigen Teilen der Geschichtswerke ist der p H ? zunächst der „Unschuldige". Zugleich erscheint er aber auch als der ethisch verantwortlich Handelnde. Außerhalb des forensi schen Kontexts nimmt das N o m e n also eine religiös-sittliche Bedeu tung an, so dass der p H ? hier der „ F r o m m e " ist, der sein Leben - im Gegensatz zu den „Unfrommen" oder „Gottlosen" ( D ' W " ) ) und den „Sündern" ( C T K ö n ) - im rechten Verhältnis zu Gott und seinen Mit menschen l e b t . So heißt es z.B. von Noah, dass er „ein gerechter M a n n ( p H ? tf^N) war, der untadelig lebte (wörtlich: „untadelig war", H H t r p r i ) unter seinen Zeitgenossen" (Gen 6,9; vgl. V. 22; 7,1). Aus diesem Grund propagieren andere Forscher wohl mit Recht eine konnektive, d.h. die Relation zu Gott oder den Mitmenschen beschrei bende Grundbedeutung der Wortgruppe p " ! 2 . Bei den Propheten tritt die religiös-ethische Bedeutung gegenüber d e m forensischen Aspekt deutlich in den V o r d e r g r u n d . Die übergreifende relationale Bedeutung von p H ? wird dabei in der zentralen Stelle Hab 2,4b ersichtlich, wonach „der Gerechte durch seine Treue (oder Zuver44
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44 Darüber hinaus erscheinen in der LXX als Gegensätze der doeßifc und der napavojioq. Siehe Quell/Schrenk, Art. öiicn 187 sowie unten unter 2.4.2. 45 Hierzu siehe Klaiber, Art. Gerechtigkeit 1.2 704; Lührmann, Art. Gerechtigkeit III 414f. 46 Siehe Scharbert, Art. Gerechtigkeit 1405. 47 Z.B. 25,1; vgl. 16,19. 48 Siehe Ps 1,5.6; 7,9; Spr 10,6.16; 15,29 u.ö. 49 Siehe z.B. Ps l,5f u.ö. 50 Siehe Gen 6,9; 7,1; 18,23-28 u.ö. Vgl. auch CD 20,19-21. 51 Vgl. Otto, Art. Gerechtigkeit 1.1 702 im Gefolge von J. Assmann. 52 Siehe z.B. Hos 14,10; Hab 2,4; Jer 20,12.
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VII. Gebet und Heilung 53
lässigkeit, njfiQK) am Leben bleibt." Hier klingt zunächst der atl., in der Weisheitsliteratur oft auf den Gerechten bezogene Nexus von Tun und Ergehen a n . In der nachexilischen Weisheit wird diese Kausalität aber auch in Frage gestellt , denn der Gerechte erleidet auch Unglück und die Angriffe des B ö s e n . Möglicherweise schwingt im Kontext von Hab 2,3f neben der Bedeutung „fromm" aber auch noch eine eschatologische Komponente mit. Denn wie in den Psalmen - wo das auf Menschen bezogene N o m e n p H ? immer für den Frommen s t e h t und w o sich die häufige Gegenüberstellung von den Gerechten und den Gottlosen vermutlich auf das göttliche Gericht bezieht - ist wohl auch in Hab 2,4 an Gottes eschatologische Gerechtigkeit g e d a c h t . In den atl. Pseudepigraphen sowie in den Texten von Qumran k o m m t dieser eschatologische bzw. soteriologische Aspekt der Gerechtigkeit explizit z u m Ausdruck, indem Gott die Gerechten verteidigen bzw. retten wird . Des weiteren fällt auf, dass es im A T keinen vollständigen Verhaltens kodex für den Gerechten gibt, sondern lediglich eine Vielzahl von exemplarischen Darstellungen, die ihn durch Eigenschaften wie Barm herzigkeit, Freigebigkeit, Ehrlichkeit, gerechtes Urteilen, Ablehnung allen Götzendienstes und nicht zuletzt Gottesfurcht und Gottvertrauen a u s z e i c h n e n . Der Lebenswandel des p H ? basiert also nicht nur auf Recht und Regeln, sondern als Ausdruck der HJIÖK geht er über das rechtlich Geforderte hinaus. Das Beispiel Abimelechs in Gen 20,4-6 zeigt weiter, dass sich die Gerechtigkeit nicht nur auf das Handeln, sondern auch auf die zugrundeliegenden menschlichen Intentionen bezieht. Daher spielt die njlQK, also die Treue oder auch Solidarität des p H ? gegenüber Gott und der menschlichen Gemeinschaft, die zentrale 54
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53 Vgl. Mal 3,18. D.h. njio» ist hier Relationsbegriff in Bezug auf Gott; so die Mehrzahl der Kommentare. An Glauben im Sinne von irioug oder fides ist wohl nicht gedacht. Vgl. Ez 18,9. Oh, Der Gerechte 476 hingegen versteht in Hab 2,4b im Sinne von Vertrauen als „den Glauben an die Verheißung Gottes von seinem Kommen zum Heil der Gemeinschaftstreuen und zum strafenden Gericht über die Frevler" (Hervorhebung des Autors). 54 Siehe Jes 26,7; Ijob 8,6; 17,9; 22,19; 27,17; 36,7; Sir; Weish u.ö. sowie Otto, Art. Gerechtigkeit 1.1 703. 55 Siehe Ijob 12,4; Koh 7,15.20. Vgl. Ijob 9,24; Koh 8,17. Siehe auch Ringgren/Johnson, Art. p i s 918f sowie oben unter 2.3. 56 Vgl. Ex 23,8; Dtn 16,19; Ijob 12,4; Ps 31,19; Spr 17,15.26; 18,5; Jes 5,23; 29,21; Ez 13,22 u.ö. sowie Ringgren/Johnson, a.a.O. 918. 57 Vgl. Ps l,5f; 32,11; 33,1. 58 Vgl. Ps l,5f u.a. sowie Scharbert, Art. Gerechtigkeit I 408. Ein konnektives Verständnis der Wurzel pns überwindet also die Spannung zwischen juridischer und soteriologischer Interpretation der Gerechtigkeit. Siehe Otto, Art. Gerechtigkeit 1.1 702. 59 Siehe äthHen 95,7; CD 4,7; 20,20-21; lQpHab (insbes. Col. VIII) u.ö. 60 Siehe Ijob 31; Ps 15; 24; l l l , 3 f ; 112; Ez 18,5-9; Hos 2,21; Hab 2,4 u.ö. sowie Ringgren/Johnson, Art. pns 918.
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VII. Gebet und Heilung
Rolle bei seiner Darstellung (vgl. H a b 2,4). Das B u c h Rut gebraucht für diese Relation den Begriff "ton (Treue, Loyalität, Gemeinschafts pflicht). V o r allem in den späteren Teilen des A T wird j e d o c h auch deutlich, dass der Gerechte nicht o h n e Sünde ist (vgl. K o h 7 , 2 0 ) . P*H? beschreibt also den L e b e n s w a n d e l eines M e n s c h e n i m Kontext atl. F r ö m m i g k e i t basierend auf dessen Gottesverhältnis. Dabei stellt der Gerechte nicht notwendig eine hervorgehobene Gestalt dar. D e n n alle sollen „das Recht w a h r e n " u n d „Gerechtigkeit t u n " . D o c h da nicht alle dieser Forderung folgen, stehen den Gerechten die Gottlosen g e g e n ü b e r . Folglich ist der Gerechte ein M e n s c h , der wie viele andere auch, nach Gottes Willen fragt und lebt. 61
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Ähnlich wie im AT sind die Gerechten auch in der hellenistisch-jüdischen und der rabbinischen Literatur die Frommen oder Gottesfürchtigen . Im Umgang mit anderen praktizieren sie "ton , so dass sie in der rabbinischen Tradition auch als DH^pn (Chasidim bzw. Hasidäer: „die Frommen", 1 Makk 2,42; 7,12), bezeichnet werden. Ihre philanthropische Tätigkeit und ihr ethisches Handeln sind dabei neben der Buße und dem Gebet für die Mitmenschen - von zentraler Bedeutung , wobei sie meist keine Belohnung dafür erwarten . Im Gegensatz zum AT wird der relationale Aspekt jedoch weniger betont. So treten z.B. bei Josephus zur Beschrei bung der Frömmigkeit von Menschen zu den Termini ÖIKCUCK; und 6IK(XIOOI>VTI regel mäßig Begriffe wie „von Gott geliebt" (0€O(tnA/rj<;) , „gottesfürchtig" (0€OO€ßii<;) , „Gottesverehrung" ( 0 p n o K € i a ) und „Gottesfurcht" (evoeßeia) unter Verwendung der Konjunktion hinzu . Offensichtlich hat hier eine inhaltliche Differenzierung gegenüber dem AT stattgefunden, so dass Gottesbeziehung und gerechtes, d.h. Gott gefälliges Handeln nun durch unterschiedliche Begriffe wiedergegeben werden . 64
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61 Die Qumrangemeinde verstand sich sogar gleichzeitig als Sünder (1QH 12,29f; 1QS 11,3.9) und als Gerechte (1QH 10,13; 1QS 9,14), wobei aber die Erwählung im Vordergrund stand. 62 Jes 56,1; 58,2. 63 Zusammen bilden sie eine Totalität. Vgl. Ez 21,8; Koh 7,15; 8,14; 9,2. 64 Hierzu siehe Finkel, Art. Gerechtigkeit II 411-414. 65 Siehe MTeh 7,10; bKid 40a; bBer 61b; Ber r 34,10. 66 Hierzu gehörte insbesondere die Armenfürsorge (Siehe bBB 8b mit Bezug auf Dan 12,3). 67 Siehe jTaan 11,1,65b; Ber r 44 zu 15,5 sowie unten 2.4.4. 68 Vgl. z.B. 1QS 1,5. 69 Siehe MAv 1,3; ARN 5; bSot 22b; jBer 9,14b; jSot 5,20c. 70 Jos Ant 14,22. Für eine ausführliche Diskussion der Belege bei Josephus siehe Büchler, a.a.O. 159-163. 71 Jos Ant 7,130; 9,260. 72 Jos Ant 8,120. 73 Jos Am 8,121; 9,16; 15,375; 16,42; 18,117. 74 Josephus unterteilt die jüdischen Gesetze entsprechend in Bezug auf €i>o€ß€ia und 6iKaiooiW|, siehe Ant 16,42. Da dieses Verständnis von Gerechtigkeit weder kulturell bedingtes Handeln darstellt noch primär für das Einhalten religiöser Regeln steht, findet das „gerechte Verhalten", to ÖLKCUOV, nach Josephus bei Grie chen und Barbaren Anerkennung, siehe Ant 16,176f. Des weiteren ist in der rabbini schen Literatur die Verwendung von njjnx, aramäisch npns, für die Wohltätigkeit bzw. das Geben von Almosen zu erwähnen, siehe bAv 2,7; 5,13; 6,5f bBB 9a. Hier
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VII. Gebet und Heilung
Das Nomen p ' H S bzw. ÖLKOCIOC; steht also im hellenistischen und im rabbinischen Judentum zuerst für ein vorbildliches ethisches Verhalten gegenüber den Mitmen schen, welches wie auch im AT in einem gehorsamen Leben gegenüber Gott grün det. Zum Teil idealisierte frühjüdische C p ' H ? sind Choni der Kreiszieher (1. Jh. v.Chr.), Hillel „der Alte" und vor allem Chanina ben Dosa (beide 1. Jh. n.Chr.), die bezüglich ihres Lebenswandels und letzterer besonders auch wegen seiner erfolg reichen Gebete geschätzt wurden . Immer wieder erhielten Männer, die sich durch eine vorbildliche Lebensweise auszeichneten, in der jüdischen und judenchristli chen Tradition auch den Beinamen „der Gerechte". So berichtet z.B. Josephus von dem Hohenpriester Simon dem Gerechten, der entweder zu Anfang oder gegen Ende des 3. Jh. v.Chr. lebte, dass er gottesfürchtig und den Menschen gegenüber wohlgesinnt war . Die erwähnte Bezeichnung erscheint bis in die Zeit des NT und darüber hinaus. Besondere Beachtung gebührt dabei dem Herrenbruder Jakobus, der nach Euseb aufgrund seines vorbildlichen Lebens den Beinamen „der Gerechte" erhielt . Er soll so viel auf den Knien gebetet und für sein Volk um Vergebung gefleht haben, dass seine Knie so hart wie die eines Kamels wurden . „Die Gestalt des Bruders Jesu ist so als exemplarischer Interzessor und vollkommener Gerechter ganz in die palästinisch-jüdische Frömmigkeit eingebettet ..." 75
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2.4.2 Der Gerechte im Neuen Testament Im N T wird mit d e m Begriff ö ü c o a o c ; im allgemeinen die atl. Redeweise vom Menschen, der nach Gottes Willen fragt und lebt, aufgegriffen . Hierbei sind allerdings unterschiedliche Nuancierungen zu beobachten. Für M t sind die Gerechten in erster Linie diejenigen, deren Gesinnung und Handeln dem Willen Gottes entsprechen, wie ihn Jesus verkündigt h a t . Daneben werden aber auch atl. G e s t a l t e n sowie Personen als ÖLKmoc; bezeichnet, die keine eigentlichen Jünger waren. So stellt z.B. 80
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hat offensichtlich eine semantische Verengung stattgefunden, die sich bereits in Dan 4,24 und den atl. Apokryphen (siehe Sir 3,30; 7,10; 16,14; 29,12; 40,24; Tob 4,10; 12,9) abzeichnet. Siehe auch von Rad, Theologie I 395 mit Anm. 28; St.-B. I 387f sowie die Auslegung von 2 Sam 8,15 in TSan l,2ff; Spr 21,3.21 in bSuk 49b; Gen r 58 zu 24,19. Vgl. M t 6 , l . 75 Siehe die Bar in jSot 9,24b.29; bShab 30b ff; bBer 34b sowie unten 2.4.3. Siehe auch Kap. IV Abschnitt 2.5. Zur Frömmigkeit Chonis siehe Jos Ant 14,22 sowie Büchler, Piety 196-264; Green, Palestinian Holy Men 619-647; Kollmann, Wundertäter 137-140; Vermes, Jesus der Jude 56-58. Zu Chanina ben Dosa siehe bSot 49a sowie Bokser, Wonder-Working 42-92; Freyne, Charismatic 223-258; Kollmann, a.a.O. 142-144; Vermes, Hanina I 28-50, II 51-64, insbes. 52; ders., Jesus der Jude 58-64. Für das jüdische Verständnis von Frömmigkeit im frühen Judentum siehe Büchler, Piety; Van Cangh, Miracles de Rabbins 38. 76 Siehe Jos Ant 12,43 sowie Schürer/Vermes, History II 359f; Stemberger, Ein leitung 73. 77 Siehe Eus Hist eccl II 1,2; EvThom 12. 78 Siehe Hegesipp bei Eus Hist eccl II 23,6 sowie Hengel, Herrenbruder 556-559. 79 Hengel, a.a.O. 559. 80 Vgl. Klaiber, Art. Gerechtigkeit 1.2 704f; Lührmann, Art. Gerechtigkeit III 414-420. Für einen vollständigen Überblick über die ntl. Belegstellen siehe BauerAland 393-395. 81 Siehe Mt 7,21.24.26; 28,20. Vgl. auch 5,45; 12,37; 13,43.49; 25,37.46. 82 Siehe Mt 23,35;
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VII. Gebet und Heilung
die Handlungsweise des Joseph gegenüber der Maria nach 1,19 die Haltung eines Gerechten d a r . W i e im A T reicht diese Gerechtigkeit über die Erfüllung gesetzlicher Vorschriften h i n a u s , so dass das aus Liebe motivierte Handeln den zentralen Inhalt der Begrifflichkeit bil det. Ähnlich verwendet auch Lk die Begrifflichkeit, wobei er auch das Element der sozialen Gerechtigkeit b e t o n t . Eine gerechte Verhaltens weise ist jedoch nicht nur von irdischer, sondern auch von eschatologischer Bedeutung. So ist den Gerechten die Teilnahme an der endzeitli chen Auferstehung und die Gemeinschaft mit dem Vater v e r h e i ß e n . Fragwürdig bleibt allerdings die These Lührmanns, wonach erst M t die ö i K a i o o u v r ) zu einem wesentlichen Begriff der Verkündigung Jesu gemacht h a t . Denn inhaltlich hat das Prinzip des gerechten Verhal tens auch in der Verkündigung Jesu - vor allem im Zusammenhang mit der ßaoiXda T O U 0eou - eine zentrale Rolle gespielt . Neben seiner eigenen soteriologischen Füllung der Begrifflichkeit kennt nicht zuletzt auch Paulus - sowie die paulinische und johanneische Tradition - die atl. geprägte, religiös-ethische Verwendung von Ö L K a i o g . In gleicher Weise knüpft die Wortgruppe Ö L K T ) im Jak deut lich an den atl.-jüdischen Sprachgebrauch an. So steht das Nomen 6 5LK(XIO<; in 5,6 für den Rechtschaffenen, der nach Gottes Geboten han delt: „Ihr habt verurteilt, ihr habt getötet den Gerechten; er widersteht euch nicht." Ähnlich bringt das Substantiv ö i K m o o u v r } der exemplari schen Darstellung von 3,12-18 zu Folge in 3,18 die übliche auf das menschliche Verhalten bezogene Bedeutung zum Ausdruck: „Die Frucht der Gerechtigkeit aber wird in Frieden denen gesät, die Frieden stiften." Abgesehen von der Verwendung im Kontext der paulini83
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83 Siehe auch Lk 1,6; 2,25; 23,50; Apg 10,22 sowie die Bezeichnung 6iKaio<; für Jesus z.B. in 1 Petr 3,18. 84 Siehe Mt5,20ff; 9,13; 23,28. 85 Siehe Lk 14,12-14; vgl. auch 12,57. 86 Siehe Mt 13,41-43; 25,37.46; Lk 14,14; Apg 24,15. Vgl. auch Hebr 12,23; 1 Petr 4,18; Offb 22,1 lf. 87 So kommt ÖIKOCIOC; bei Mk lediglich in 2,17 vor, während Ö i K o a o o u v r i abgesehen von 16,14 v.l. - ganz fehlt. Vgl. Lührmann, Art. Gerechtigkeit III 415. 88 Hierzu siehe Eigenmann, Reich Gottes 33-94. 89 Hierzu siehe Klaiber, Art. Gerechtigkeit 1.2 704f; Lührmann, Art. Gerechtig keit III 416-418. 90 Siehe Rom 1,17; 2,13; 3,10; 5,6f; Gal 3,11; Eph 6,1; Phil 4,8; Kol 4,1; 1 Thess 2,10; 1 Tim 1,9; Tit 1,8; 1 Joh 3,7.10. 91 Auch die übrigen Vertreter der Wortgruppe werden von Jak nach atl.-jüdischer Tradition verwendet. Vgl. den atl. Ausdruck ö i K o a o o u v r ) 9eoö in 1,20 sowie die Wendung kloyloQr) auico 6Lg Ö i K o a o o u v r ) v als Teil des LXX-Zitats von Gen 15,6 in Jak 2,23. Das Verb ö i K a i ö o ) begegnet analog in 2,21.24.25. Siehe Lührmann, Art. Gerechtigkeit III 418. Zur Diskussion von Jak 2,23 als Teil einer Reaktion auf eine (missverstandene) paulinische Rechtfertigungslehre siehe Hengel, Der Jakobusbrief als antipaulinische Polemik 248-278; Jeremias, Paul and James 368-371; Davids, Art. James and Paul 457-461.
VII. Gebet und Heilung
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sehen Soteriologie beschreibt ö i K a i o q also auch in den verschiedenen ntl. Sprachkreisen analog z u m A T das in der Gottesbeziehung grün dende Handeln eines Menschen. Dabei kann der Nachdruck einmal auf d e m Verhalten und ein anderes M a l auf der Gottesbeziehung liegen. 2.4.3 Das Gebet des Gerechten in der atl.-jüdischen Tradition Nach der Begriffsbestimmung des Nomens öiiouog ist nun noch der traditionsgeschichtliche Hintergrund der Verbindung von gerechtem Handeln und Erhörungsgewissheit zu klären. W i e die Ölsalbung und die Bezeichnung der Gemeindeleiter als upeoßuTepoi in Jak 5,14 so knüpft auch die Erhörung der Gerechten in V. 16d an die atl.-jüdische Tradition an. Oft im Kontext weisheitlicher Rede oder Unterweisung begegnet die Erhörungsgewissheit der Gerechten primär in den Psal men und den Proverbien, aber auch ganz deutlich in den Propheten und bei Hiob (s.u.). Die Kontrastierung der Erhörung der Gerechten mit Gottes Gericht über die Gottlosen bzw. Sünder ist dabei sehr charakte ristisch. So heißt es in Ps 34,16-18: „16 Die Augen des Herrn (sind gerichtet) auf die Gerechten (D'p'HS'^K) und seine Ohren auf ihr Schreien. 17 Das Angesicht des Herrn (steht) gegen die, die Böses tun, u m ihr Gedächtnis von der Erde zu tilgen. 18 Sie (die Gerechten) schreien, und der Herr hört, und aus allen ihren Bedrängnissen rettet er sie
Der Hilfeschrei der Gerechten in existentieller Not (vgl. DnVltf, V. 16; }p§S, V. 18 sowie Ps 22,25) und die in der charakteristischen atl. Ret tungsterminologie formulierte Erhörungsverheißung für die Gerechten (V. 18), bilden hier sowohl inhaltlich als auch terminologisch eine deutliche Parallele z u m Gebet der Ältesten über einem ernsthaft Kran ken in Jak 5,14-16. In Ps 145,18-20a gilt eine ganz ähnliche Erhörungsverheißung allen, 1 die Jahwe „in Treue anrufen" (npsp ^aap *, V. 18b), „denen, die ihn fürchten" V. 19) und „allen, die Gott lieben" (rarftrf??, V. 20a). Aus der parallelen Anordnung der Verheißungen ist zu entnehmen, dass die Bezeichnungen der Beter hier synonym verwendet sind. Z u s a m m e n mit der Gegenüberstellung der Gottlosen in V. 20b dürfte es sich also auch in P s 145,18-20a u m die Beschreibung der Gerechten handeln, deren Gebet Gott erhört. Besonders auffallend ist dabei die adverbiale Konstruktion in 18b, die neben d e m Aspekt der G e rechtigkeit auch auf die Treue und vielleicht sogar das Vertrauen der Beter Bezug n i m m t . Z u s a m m e n mit der Rettung der Gottesfürchtigen 92
92 Basierend auf der Wurzel ]ö» stellt n&K eine Kontraktion von 'amint dar. Köh ler/Baumgarten, Lexikon I 67 übersetzen das adverbiale nft«3 in Ps 145,18b als „aufrichtig", welches durchaus in das Bild des p H ? passt. Die gängigen, aber weni-
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VII. Gebet und Heilung
durch Gott (vgl. D?T??V1) in 19b entsteht so eine deutliche Parallele so wohl zum Gebet des Gerechten in Jak 5,16 als auch zum Gebet des Glaubens und der damit verbundenen Verheißung der Rettung in Jak 5,15. Das Gebet des Glaubens sollte also aufgrund dieser deutlichen atl. Parallelen nicht isoliert v o m Gebet des Gerechten betrachtet wer den. Ganz ähnlich wie in den Psalmen klingt auch die Erhörungsgewissheit des Gerechten in den Propheten und den Proverbien an. So wird dem jenigen, dessen Handeln Gerechtigkeit darstellt, in Jes 58,6-9 nicht nur göttliche Erhörung aufgrund seines Rufens verheißen, sondern schon durch das gerechte Handeln allein wird j e n e m Menschen Heilung (rOHN) zukommen (V. 8). In Spr 15,29 heißt es weiter: „Der Herr ist fern von den Gottlosen, aber das Gebet der Gerechten hört er" (vgl. 15,8). D e m Gerechten ist also nicht nur die Gebetserhörung verheißen, sondern auch Gottes Segen allgemein (Spr 10,6). Den Grund hierfür gibt Ps 146,8 an: „Der Herr öffnet die Augen der Blinden. Der Herr richtet die Gebeugten auf. Der Herr liebt die G e r e c h t e n . " Die Verbin dung von Gerechtigkeit und Heilung in Jak 5,14-16 knüpft also deut lich an das atl. Verständnis der Liebe Gottes an, die sich in der Erhö rung der Gerechten sowie explizit in ihrer physischen Heilung aus drückt. Auf diesem Hintergrund ist dann auch die umfassende Aussage in Ps 37,39 zu verstehen: „Aber die Hilfe (wörtlich „Rettung", niwn) der Gerechten (kommt) vom Herrn, er ist ihre Stärke in der N o t . " In der intertestamentarischen und hellenistisch-jüdischen Literatur nimmt die Bedeutung der persönlichen Frömmigkeit für die Gebetser hörung weiter z u . Dabei erhält vor allem die erfolgreiche Fürbitte und Fürsprache besondere Aufmerksamkeit. So wird z.B. der Einfluss und die Gebetserhörung des Hohenpriesters Onias in 2 M a k k 3,1-34 auf seinen frommen Lebenswandel zurückgeführt . Nach TestGad 5,9 betete Jakob erfolgreich für die Lebererkrankung Gads, die ihn wegen seiner Sünde gegen Joseph befallen hatte. In syrApkBar 85,1 ff fungie ren dann die Väter, die gerechten Vorfahren und die „heiligen Prophe ten" Israels aufgrund ihres Lebenswandels als Fürsprecher und Mittler. 93
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ger deutlichen Übersetzungen „ernstlich" und „in Wahrheit" in Anlehnung an die LXX, welche die Wendung mit ctA.r|9€ia wiedergibt, dürften das gleiche ausdrücken. Die eher wörtliche Bedeutung von n?3$5 im Sinne von „beständig" oder „treu" begegnet im AT allerdings am häufigsten und ist daher sowie im Blick auf die Verwendung von 2na i V. 20 hier wohl vorzuziehen. 93 Vgl.4Q521. 94 Vgl. auch Ps 25,21: „Lauterkeit und Redlichkeit mögen mich behüten, denn ich harre auf dich." 95 Für das Gebet des Gerechten siehe z.B. äthHen 47,1.2.4; 97,3.4; Jos Bell 5,403: ö i K o a o i IK€T(U. Zur Frömmigkeit Chonis siehe Jos Ant 14,22. 96 Siehe auch Sir 3,5; äthHen 63,1-5; 4 Esr 8,26f; 4 Bar 7,23; hebrHen 48,5; PsSal 6,5f; Jos Ap 2,196f sowie Büchler, Piety 260-264; Crump, Intercessor 211, 218, 231. n
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VII. Gebet und Heilung
In der rabbinischen Literatur wird ebenfalls die Fürbitte und Mittlertä tigkeit des M o s e , aber auch Abrahams und der P r o p h e t e n mit ihrer Gerechtigkeit in Verbindung g e b r a c h t . „Das Gebet des p H ? beein flußt sogar die göttliche Eigenschaft des Richtens, indem es die göttli che Antwort der Gnade hervorruft (bSuk 14a). Der p H ? vollbringt in der imitatio Dei Werke der Heilung (DevR 10,3): ein rettender Dienst, der zugleich eine physische und eine spirituelle Bedeutung hat - auch beim Akt der Auferweckung von Toten (vgl. bPes 6 8 a ) . " Die atl. Erhörungsgewissheit des Gerechten spiegelt sich in der jüdischen Tra dition also auch im speziellen Fall des Krankengebets w i e d e r . 9 7
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2.4.4 Das Gebet des Gerechten im Neuen Testament Im N T begegnet die Tradition des Gebets des Gerechten neben Jak 5,16 lediglich im ersten Petrusbrief, und zwar als Teil eines L X X Zitats aus Ps 34,13-17 (s.o.): O T L 6(})9od[iol K u p i o u 4TU ÖIKCCLOIX; K a i c o t a auxoö elc; bkvpw o a r r w v , TTPOOWTTOV Sk K U p t o u 4TT! TTOIOUVTCCC; Kmax (1 Petr 3,12). Der Kontext ethischer Anweisungen in 1 Petr 3,8-17 macht eindrücklich deutlich, dass auch hier die Erhörungsverheißung j e d e m Beter gilt, der nach dem Willen Gottes fragt und lebt. Die Gebetsterminologie entspricht dabei genau der in Jak 5,16. Analog dürfte auch die Behinderung der Gebete durch die Geringschätzung der Ehefrauen in 1 Petr 3,7 zu verstehen s e i n . Neben der direkten Parallele 1 Petr 3,12 begegnen auch in der johanneischen und paulinischen Tradition inhaltlich an die Tradition v o m Gebet des Gerechten anknüpfende Aussagen. So spricht der geheilte Blinde in Joh 9,31 die jüdische und wohl auch für den Evangelisten gültige Formel aus: „Wir wissen, dass Gott Sünder nicht hört, sondern wenn j e m a n d gottesfürchtig (Oeooeßrjc;) ist und seinen Willen tut, den 102
97 Siehe z.B. Mekh Ex 15,25 (53a); Ex r 21,3 zu 14,15; 18,3 zu 12,29; Ex r 43 insgesamt; Lev r 1,3 zu 1,1; Num r 12,1 zu 7,1; 19,23 zu 21,7; Dtn r 3,15 zu 10,1; PesRab 17,5; bBer 32a sowie Crump, Intercessor 229; St.-B. III 760. Vgl. auch die Heilung Miriams aufgrund der Fürbitte Moses in Num 12,13-15. 98 Siehe z.B. Mekh Ex 14,24; Tanch vajjera 8 zu Jer 5,1; Midr panim acher Ree B 33b zu Est 2,22 sowie Hauck, Jakobus 236; Mußner, Jakobus 228. Zugrunde liegend sind hier biblische Texte wie z.B. die Totenauferweckungen durch die Gebete Elias in 1 Kön 17,17-24 und Elisas in 2 Kön 4,32-37 sowie die Heilung in 2 Kön 5,8-14 und die Totenauferweckung in 2 Kön 13,21. 99 Zum „Gebet des Gerechten" und dessen Erhörungsverheißung siehe auch bYev 64a; bHul 60b; bSuk 14a sowie St.-B. I 453 u. 454; Rosner, Medicine 207f. Zur Funktion der atl. Gerechten als Mittler in der rabbinischen Literatur siehe Mach, Zaddik 124-133. 100 Finkel, Art. Gerechtigkeit II 414 (Hervorhebung des Autors; Hebräisch im Original als Umschrift). Zur übernatürlichen Begabung der atl. Gerechten in der rabbinischen Literatur siehe auch Mach, Zaddik 110-114. 101 Vgl. z.B. die Heilungen durch Chanina ben Dosa in bHag 3a; bBer 34b sowie Becker, Wunder 348-364. 102 Vgl. Cullmann, Gebet 148.
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VII. Gebet und Heilung
hört er" (vgl. 1 Joh 3,22). Ganz ähnlich lautet es in Hebr 5,7b von Jesus und seinem Gebet: „und er wurde wegen der Gottesfurcht erhört" ( K a i e l o a K O u o G d c ; a m ) tf]<; e u X a ß e i a c ; ) . 1 T i m 2,8 zielt in die gleiche Rich tung: „Ich will nun, dass die Männer an j e d e m Ort beten (TTpoo6UX6o0aO, indem sie fromme Hände erheben ( e T T a i p o v t a g öotoix; Xelpac;), ohne Zorn und zweifelnde Bedenken". Analog zur Kombina tion von „Glaubensgebet" und „Gebet des Gerechten" in Jak 5,14-16 erscheinen auch hier die Aspekte des menschlichen Handelns und des Glaubens bzw. des Mangels desselben in Form von Zweifel in einer Gebetsparänese. Damit steht der anthropologische Aspekt der Gerech tigkeit in der Formel Jak 5,16d nicht nur in der atl.-jüdischen Tradition der Erhörungsgewissheit des Gerechten, sondern wie die Komponente des Glaubens in 5,15a ist auch das menschliche Handeln deutlich ein gebettet in den Tenor der ntl. Gebetsparänesen. 2.4.5 Die Erhörungsgewissheit des Gerechten in Jak 5>16d Anknüpfend an die atl.-jüdische Tradition von der Erhörungsgewiss heit des Gerechten setzt der Verfasser des Jak in 5,16d im Ausspruch TTOII) loxvei Ö6T|oi<; ö u c a i o i ) kvtpyo\)\ievr\ offensichtlich die Gottesbe ziehung und das menschliche Verhalten in engen Bezug zur Gebetserhörung. Eine Bestätigung dieser Beobachtung bildet die - ebenfalls im A T b e g r ü n d e t e - inverse Verknüpfung von schlechtem Lebenswan del und ausbleibender Gebetserhörung in der Gebetsparänese Jak 4 , 2 f . Eingebettet in ethische Anweisungen wird hier die ausblei bende Gebetserhörung mit d e m Fehlverhalten der Gemeinde in Rela tion gesetzt. D a V. 1 und 3 durch das Stichwort r ) 8 o v a i (Lüste) eine Inklusio bilden, sei hier der gesamte Kontext wiedergegeben: 103
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„1 Woher (kommen) Kämpfe und woher Streitigkeiten unter euch? Nicht daher: aus euren Lüsten (r)8ovat), die in (kv) euren Gliedern streiten? 2 Ihr begehrt ( e i u O u i i e l t e ) und habt nicht (OÜK exeie); ihr mordet und eifert (C^Xomt) und könnt nicht erlangen (oi) ö u v a o G e eiUTDxeXv); ihr streitet und führt Krieg. Ihr habt nicht ( o u e % 6 T 6 ) , weil ihr nicht bittet ( ö i a t ö \xr\ a l m o O a i i)|iä<;); 3 ihr bittet ( a l i e l i e ) und empfangt nicht (oi) Xa^avexe), weil ihr schlecht bittet (5L6TI KaKwg a l i e l o O e ) , u m es in euren Lüsten ( r ) 8 o v a t ) zu verzehren (Iva
... 8aiTavr|or|T6)."
Nach d e m uneingeschränkten Vertrauen in die Fähigkeit und Willig keit Gottes als Voraussetzung für die Erhörung des Gebets u m Le bensweisheit in 1 , 5 - 8 führt der Autor des Jak in 4,2f als weiteres Kriterium der Erhörung offensichtlich die Gesinnung und das Verhal105
103 104 105
Vgl. Dowd, Prayer 126f. Vgl. Burchard, Jakobusbrief 168, 212; Cullmann, Gebet 149. S.o. Kap. VI.
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VII. Gebet und Heilung
ten der Beter an. So wirft er den Adressaten in V. 3 vor, dass sie „übel bitten" (vgl. KOCKCOC; alielöGe). Darunter versteht er ein Bitten, welches in unangemessenem Eigennutz (vgl. kv toa<; fjöovoac; u|itöv, V. 3) grün det, d.h. ein Bitten u m schlechte Inhalte oder in böser Absicht. Diesem Verlangen wiederum liegt Zwietracht und Streit zwischen den Ge meindegliedern zugrunde (V. I ) , wodurch der Vers inhaltlich an die Paränese 3,12-18 anknüpft. Die ausbleibende Gebetserhörung steht hier also in Zusammenhang mit der negativen Gesinnung und d e m schlechten Verhalten der G e m e i n d e g l i e d e r , die nach 4,4 Feindschaft gegenüber Gott bedeuten. Darüber hinaus scheinen die Adressaten auf grund des Streits u m Vieles erst gar nicht zu bitten (vgl. V. 2e), u m das sie eigentlich bitten s o l l t e n . Durch die Verbindung von schlechtem Verhalten und ausbleibender Gebetserhörung macht Jak also eindrück lich deutlich, dass das menschliche Verhalten für die Erhörung der Ge bete von wesentlicher Bedeutung ist. Auch mit dieser Einschränkung der Erhörungsverheißung steht Jak in der Tradition des A T und vor allem der ntl. Evangelien, die nicht nur eine uneingeschränkte Erhörungsverheißung kennen (vgl. Ps 2,8; 91,15; Spr 15,29; Jes 30,19; 65,24; Joel 3,5; Sach 13,9; M t 7,7 par Lk 11,9; Joh 14,13f; 16,23f), sondern auch eine eingeschränkte (vgl. Ijob 8,5f; Ps 50,14f; 145,18f; Jes 58,6-9; Sir 1,25-27; 32,16f; M t 21,21f par M k l l , 2 3 f ; Joh 15,7; ähnlich 1 Joh 3,21f). Beide Aspekte stehen dabei in einer S p a n n u n g , indem die Einschränkung der Erhörungsgewiss heit auf der anthropologischen Ebene stattfindet, d.h. von d e m Bitt steller werden einerseits Dank und Gehorsam eingefordert, andererseits werden ihm limitierende Faktoren in Form eines mangelnden Vertrau ens in die Macht Gottes sowie einer mangelhaften Gesinnung und ei nes defizitären Lebenswandels vor Augen gestellt. Für Jak kann also nicht nur ein mangelndes Vertrauen in die Bereit schaft und Fähigkeit Gottes zu helfen der Gebetserhörung im W e g e stehen, sondern nach 4,2f auch ein schlechtes Verhalten und eine ne gative Gesinnung der Bittsteller. Dies aber entspricht genau dem atl.1 0 6
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Mit Burchard, Jakobusbrief 167. Unklar ist die Bedeutung von (jwveikie Kai in 4,2. Dibelius, Jakobus 260 u.a. argumentieren, dass (j)ov€U€i€ („ihr mor det") hier zu stark ist und daher durch (|)0OV€LT€ („ihr neidet") zu ersetzen sei. Dagegen heben Mußner, Jakobus 178 u.a. hervor, dass weder der Kontext noch die einstimmige Bezeugung der Lesart dies rechtfertigen. Daher hat vielleicht Bur chard, a.a.O. Recht, der c^oveikie als „Hyperbel für extremes Ausbeuten oder ver weigertes Unterstützen, besonders von sozial Schwächeren" versteht. 107 Ähnlich Joh 9,31; Ps-Philo Jona 41 zitiert bei Burchard, Jakobusbrief 169. 108 Der Wechsel zwischen dem Medium alieloGai in V. 2.3b und dem Aktiv alielv in V. 3a ist vermutlich nicht von semantischer Bedeutung, obwohl ein Wechsel des Modus eine Anspielung auf das Jesuswort Mt 7,7-11 darstellen könn te. Vgl. Mußner, a.a.O. 179. 109 Vgl. Cullmann, Gebet 42; Davids, James 159f. Für Belege zur eingeschränk ten und uneingeschränkten Verheißung der Gebetserhörung in der rabbinischen Literatur siehe ebd. (TIÄOÜT€
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VII. Gebet und Heilung
jüdischen Motiv der Erhörungsgewissheit des Gerechten. Folglich steht der Genitivus subjectivus ÖIKOCLOU in V. 16d nach atl.-jüdischer Tradi tion sowohl für die Gottesbeziehung als auch für das soziale Verhalten der B e t e r . Die Erhörung gilt hier also nicht „simply the believer, the person w h o is 'righteous' by virtue of receiving forgiveness through J e s u s " , sondern sie ist d e m Beter verheißen, der in atl.-jüdischer Tradition konsequent nach dem Willen Gottes fragt und lebt und daher von Gott mit Wohlwollen angesehen w i r d . Auf diese Weise bringt Jak 5,16d implizit die an jedes Gemeindeglied gerichtete Ermahnung zum Ausdruck, das eigene Verhalten d e m eines Gerechten entsprechen zu lassen. In die gleiche Richtung zielt die unmittelbar vorangehende Paraklese 5,16a-c, die eine finale Beziehung zwischen Fürbitte und ge genseitigem Sündenbekenntnis und der Heilung (ÖTTGX; laGfyue) her stellt. Denn das gegenseitige Sündenbekenntnis und das Gebet der Gemeindeglieder füreinander implizieren sowohl ein versöhntes Mit einander als auch ein solidarisches Verhalten untereinander, mit ande ren Worten ein gottgefälliges bzw. gerechtes H a n d e l n . Ähnliche Kriterien wie bei der Beschreibung des Gerechten hatten wir auch schon bei den Anforderungen an die Ältesten der Gemeinde vor gefunden, wenn auch für das „Amt" enger u m s c h r i e b e n . Demzu folge werden die gewöhnlich mit Vorbildcharakter behafteten Gemein deältesten nicht nur wegen ihrer Erfahrung und ihres Glaubens von ei nem Schwerkranken gerufen, sondern ihnen gilt insbesondere auch die Erhörungsverheißung der Gerechten. Dies bedeutet für den Gesamt kontext der Perikope, dass die i T p e o ß i k e p o i tfjc; e K K Ä r p i a c ; in V. 14f mit den übrigen Betern der Gemeinde (vgl. V. 16a-c) in direkter Relation stehen, und zwar indem sie ihnen als Vorbild vor Augen gestellt wer den, sowohl in ihrem Gebet für die Kranken als auch in ihrer Gesin nung und ihrem Lebenswandel. 110
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Die d e m Gebet eines Gerechten geltende Verheißung selbst k o m m t in der Wendung TOA.1) laxfei zum Ausdruck. Das zum Zweck der Beto nung vorangestellte substantivierte Adjektiv im Akkusativ TTOÄU bedeu tet dabei nicht „vieles", sondern „viel", d.h. sogar die Heilung schwerer K r a n k h e i t . Eine andere Interpretation ist weder kontextuell noch 115
110 Vgl. auch 4,6.10, zitiert oben unter 2.3. 111 Moo, James 247. 112 Vgl. Frankemölle, Jakobus II 728, der in dem ÖLKOCIOC; in Jak 5,16 einen Men schen sieht, „dessen Sein und Handeln, Glauben und Tun gemäß dem Willen Gottes übereinstimmt." Ähnlich Hauck, Jakobus 236; Reicke, James 60; Schneider, Jako bus 36. Vgl. auch 1 Joh 3,22: „was immer wir bitten, werden wir von ihm empfan gen; denn wir halten seine Gebote und tun, was vor ihm wohlgefällig ist." Ähnlich Herrn m 9,4 (39,4). 113 S.o. Abschnitt 2.3. 114 S.o. unter 2.2 sowie Kap. IV. 115 Vgl. Burchard, Jakobusbrief 212, der V. 16d jedoch auf die Heilung von Sün den bezieht.
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VII. Gebet und Heilung
traditionsgeschichtlich sinnvoll. Folglich beinhaltet die Wendung uoA.i) loxvki in Jak 5,16d keine Relativierung der Erhörungsgewissheit bzw. eine Verwahrung des Autors gegenüber einem missverstandenen Auto matismus der H e i l u n g . Vielmehr hebt der Verfasser durch die For mel TToAi) loxvjei die Wirkmächtigkeit eines Gebets h e r v o r , das von einem Gerechten gesprochen wird. Auf diese Weise fungiert die asyn detisch angeschlossene Formel Jak 5,16d als theologische Begründung der Gebetsparänese 5,13-16c, die zugleich eine implizite Aufforderung zu gemeinschaftsförderlichem Handeln enthält. Sollte der Herrenbruder Jakobus, der nicht nur der Jerusalemer Gemeinde vorstand, sondern auch den Beinamen ÖLKOCIOC; trug und als engagierter Fürbitter bekannt war (s.o.), Autor des Jakobusbriefes sein, so würde der Nachdruck auf das Verhalten des Beters in Jak 5,16 in besonderer Weise verständlich. 116
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2.5
Elia und der gewöhnliche Beter
Nachdem Jak seine Leser in 5,16d auf die Wirkmächtigkeit des Gebets eines Gerechten hingewiesen bzw. sie daran erinnert hat, schließt er am Ende der Anweisungen zum Gebet für die Kranken in V. 17f asynde tisch eine kurze Zusammenfassung vom Gebet des Elia u m Trocken heit und Regen an (vgl. 1 Kön 17,1.7; 1 8 , 1 . 4 1 - 4 5 ) . Durch dieses be eindruckende Beispiel einer Gebetserhörung untermauert er die voran gehende Aussage zur Effektivität der Fürbitte eines G e r e c h t e n und stärkt so den Glauben der Adressaten an die Macht des Gebets. Da Elia im frühen Judentum als großer Beter, G e r e c h t e r und als Charismatiker par excellence g a l t , ist die Wahl Elias im Blick auf die juden118
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116 Gegen Frankemölle, a.a.O. 727. 117 Vgl. Hauck, Jakobus 236. 118 Für den Text s.o. Kap. I Abschnitt 2. Vgl. auch Sir 48,3. Die biblischen Texte erwähnen allerdings das Gebet Elias in Verbindung mit der Ausrufung von Dürre und Regen nicht explizit. Das siebenfache Einnehmen einer gebückten Haltung und Stecken des Kopfes zwischen die Knie in 1 Kön 18,42.44 kann aber als Gebet gedeutet werden, denn bBer 34b berichtet von Chanina ben Dosa, dass er in der gleichen Haltung um die Heilung des Sohnes des Jochanan ben Zakkai bat. 119 Zur Gerechtigkeit des Elia in den biblischen Texten siehe Warrington, Significance 220-222. 120 Nach der jüdischen Tradition war Elia ein großer Mann des Gebets, wobei explizit auch das Gebet um Regen erwähnt wird; vgl. 4 Esr 7,106-110; MTaan 2,4; bSan 113a; jSan 10,28b; jBer 5,9b; jTaan l,63d. 4 Esr 7,111 zählt in zugleich unter die Gerechten. 121 Über die atl. Wundererzählungen hinaus (siehe 1 Kön 17,1.6.15f.21f; 18,38.41; 19,5-8.10-12; 2 Kön 1,10; 2,8.9-11) erscheint Elia vor allem in der rabbinischen Tradition vielfach als Wundertäter (siehe bBM 112; bTaan 21a; bBer 58a; bQid 40a; Gen r 96,5; bAZ 18b; Dtn r 5,15; bNed 50a sowie Becker, Wunder 279-288). Doch auch in den atl. Apokryphen, der hellenistisch-jüdischen Literatur sowie im NT werden die Wunder Elias rezipiert (siehe Sir 48,1-11; syrApkBar 77,24; Jos Ant 8,319-354; 9,23f.28; Lk 1,17; 4,25f; 9,54). Für eine Zusammen-
256
VII. Gebet und Heilung
christlichen Adressaten des Jak naheliegend. M a n mag sich allerdings fragen, warum Jak im Zusammenhang mit der Krankenheilung nicht die Wiederbelebung des Sohnes der Witwe von Zarpat durch das Gebet Elias s c h i l d e r t . Ein Blick auf die charismatisch begabten Figuren des zeitgenössischen Judentums zeigt jedoch, dass das Erwirken von R e gen durch Gebet als das Öffnen der Himmel eine ganz besondere Be gabung d a r s t e l l t e . Denn da Regen im mediterranen R a u m das Über leben von Mensch und Vieh bedeutete, wurde das Regenspenden als Erweis göttlicher Macht und göttlichen Segens von kosmischer Di mension a n g e s e h e n . Indem Jak Elia als „einen Menschen, der uns gleichgeartet war" (avGpcoTTog fjv 6|ioioiTa6Ti<; r p l v , V. 17a) bezeichnet, folgt er - anders als bei der angegebenen Dauer der Dürreperiode - nicht der jüdischen Tradition, sondern der biblischen Darstellung des Propheten. Denn im Gegensatz zu den rabbinischen Schriften, in denen Elia und die Pro pheten primär als himmlische Fürsprecher f u n g i e r e n , stellen die K ö nigsbücher sowie die atl. Apokryphen und Pseudepigraphen Elia als menschlichen Fürbitter d a r . Dabei herrscht in der neueren Exegese Einigkeit darüber, dass 6|ioiora6r|<; - trotz seiner möglichen semanti schen Nuancen - hier keine Beziehung zwischen dem Propheten und den Rezipienten des Jak auf der Basis menschlicher Schwäche oder Versuchlichkeit herstellt, sondern dass der Ausdruck auf die nach V. 16d „mindestens potentiell Gerechten" Bezug n i m m t . Diese Sicht weise hatte bereits J. Jeremias vertreten: „Nicht übernatürlicher Aus rüstung nämlich verdankte Elias seine Himmel und Erde umspannende (5,17f) Gebetsmacht; vielmehr war er 'Mensch wie wir' (5,17), und sein Gebet war deshalb wirksam, weil er ein ÖLKCUOC; war (Jak 5 , 1 6 ) . " Der Verfasser des Jak dürfte das Beispiel des Elia und seines Gebets nicht 122
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Stellung der atl. und rabbinischen Wundererzählungen von Elia siehe Isaacs, Miracles 36-45; 93-102. 122 Siehe 1 Kön 17,17-24. Vgl. auch Sir 48,5 sowie die zu 1 Kön 17,17-24 paral lele Auferweckung eines Jungen durch Elias Nachfolger Elisa in 2 Kön 4,33-37. 123 So zeichnet die rabbinische Literatur sowohl Choni den Kreiszieher (siehe MTaan 3,8; jTaan 66d; bTaan 23a), der von Josephus Onias der Gerechte genannt wird (siehe Ant 14,22), als auch zwei seiner Enkel (siehe bTaan 23ab), aber auch Chanina ben Dosa (siehe bTaan 24b; bYom 53b) nicht nur als begabte Charismatiker, sondern explizit auch als Regenmacher aus. Vgl. Becker, Wunder 298-336; Laws, James 235; Vermes, Hanina 140; ders., Jesus der Jude 56f, 59, 62. 124 Vgl. Burchard, Jakobusbrief 214. 125 Siehe z.B. Ex r 40 (97a); Midr Koh 4,1 (22a) sowie Crump, Intercessor 213; St.-B. IV 768f. 126 Siehe neben den o.g. Stellen Sir 48,1-12; VitProph 21,4f.7.9. 127 Burchard, Jakobusbrief 214. Diese Sichtweise wird unterstützt durch die im gegebenen Zusammenhang meist übersehene Aussage Elias in 1 Kön 19,4d: „Denn ich bin nicht besser als meine Väter". 128 Jeremias, Art/HA(€)ia<; 937. Ähnlich Frankemölle, Jakobus II 732; Hempel, Heilung 287.
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VII. Gebet und Heilung
zuletzt aber auch gewählt haben, weil Elia als erfolgreichster Prophet im Kampf gegen den Götzendienst ein Vorbild des Glaubens war, durch den sich das Ältestengebet in 5,15a a u s z e i c h n e t . Auf diese Weise exemplifiziert das Beispiel des Elia in 5,17f sowohl die unmit telbar vorangehende Formel 5,16d zum Gebet eines Gerechten als auch das übergreifende T h e m a des Gebets in allen Lebenslagen ab V. 13ff und unterstreicht so die Einheit der Perikope. V. 16d bildet damit in haltlich die Klimax der Perikope, was formal durch die Scharnierfunk tion der Sentenz unterstrichen wird. 129
2.6
Zusammenfassung
Für das „Glaubensgebet" der Ältesten in Jak 5,14f und für die Auffor derung an die Gemeindeglieder in V. 16a-c, einander zu vergeben und füreinander zu beten, u m Heilung zu erfahren, ergeben sich aus d e m oben Gesagten folgende Schlussfolgerungen: 1. Als aktive, im Hirten-, Lehr- und Leitungsdienst stehende Gläubige sind die Gemeindeältesten auch als engagierte Beter anzusehen. Auf grund des von ihnen zu erwartenden Glaubens sowie ihres vorbildli chen Lebenswandels entsprechen sie d e m traditionellen Bild eines Gerechten, dessen Gebet nach 5,16d in atl.-jüdischer Tradition beson dere Effektivität verheißen ist. Auf diese Weise fungiert das Glaubens gebet der Ältesten als Vorbild für das Krankengebet der Gemeindeglie der. 2. Durch den Aufruf zur Buße und zum Gebet füreinander sollen auch die Gemeindeglieder das solidarische Verhalten eines Gerechten widerspiegeln, aufgrund dessen sie in atl.-jüdischer T r a d i t i o n auf Gottes Wohlwollen - auch im Fall schwerer Krankheit - hoffen dürfen. „Beachtenswert ist, wie stark in dieser Ordnung die Gewißheit durch scheint, dass man damit nach dem Willen des Herrn der Gemeinde handelt. Kein Wort fällt darüber, ob man nicht vorher nach der Absicht Gottes mit dieser Krankheit zu fragen habe. Dass Heilung der Wille Gottes sei, steht der Gemeinde unverbrüchlich f e s t . " Im Vorder grund steht also nicht das Verhalten des Kranken oder die Bereitschaft Gottes zu heilen, sondern die Qualität des persönlichen Verhaltens und 130
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129 Vgl. 1 Kön 17,1; 18; Rom ll,2ff; Hebr 11,32-12,1, wonach u.a. auch die Pro pheten Israels zur „Wolke von Zeugen" (12,1) gehörten, die durch ihren Glauben Übermenschliches erwirkten. Elia wird hier zwar nicht namentlich genannt, doch argumentiert M. Ohler überzeugend, dass sich in Hebr 11,32-38 eine Vielzahl der erwähnten Glaubenstaten der atl. Vorbilder auf Elia bezieht. Siehe Ohler, Elia 260262. 130 Vgl. Hogan, Healing 307. 131 Bittner, Heilung 53; vgl. Greeven, Art. euxo|iai 802, 804; Klein, Glaubensver ständnis 41; Reventlow, Gebet 312; Schlatter, Jakobus 280; Strecker, Johannesbrie fe 295f. Gegen Crump, Intercessor 135; Klauck, Der erste Johannesbrief 323; Mayer, James 232; Turner, Holy Spirit 253.
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VII. Gebet und Heilung
kollektiven Miteinanders der Gemeindeglieder im Bemühen u m die Heilung der Kranken in der Gemeinde. 3. Die - in Bezug auf die Modalität des Gebets noch genauer zu untersuchende - Erhörungsgewissheit des Gerechten in Jak 5,16d gilt also weder ausschließlich einer kleinen christlichen Elite noch uneingeschränkt j e d e m Gemeindeglied, sondern allen Gläubigen, die ein Gott wohlgefälliges Leben führen. 4. Nicht im Blickpunkt des Autors steht die Frage, ob Gott jedes Gebet der Gemeinde erhören wird. Möglicherweise würde er derartige Überlegungen sogar als Unglaube oder Zweifel anprangern (vgl. 1,6-8). Denn wie die Hinweise auf die ei>xf| xf\c, TUOTCÜX; in 5,15a und die Wirkmächtigkeit der öerjötg ÖIKOCLOD in 5,16d sowie das abschließende Beispiel des Elia in 5,17f zeigen, besteht das primäre Interesse des Jak darin, den Glauben der Gemeinde an die Macht des Gebets zu stärken, u m so die Gemeindeglieder z u m erwartungsvollen Beten zu motivieren. Die im nächsten Abschnitt zu diskutierende, in der Perikope wiederholt z u m Ausdruck gebrachte Modalität des Gebets unterstreicht diese Sichtweise nachdrücklich. Damit zielt Jak 5,13-18 nicht nur auf das Gebet der Ältesten; vielmehr gibt die Perikope allen Gliedern der Gemeinde eine praktische, in der atl.-jüdischen Tradition gründende Anleitung für den U m g a n g mit der Krankheit.
3. Die Modalität des Gebets Nachdem im vorangehenden die Person des Beters im Mittelpunkt des Interesses gestanden hat, soll nun die Perikope Jak 5,13-18 auf die Modalität des Gebets hin untersucht werden. Wie im folgenden zu zeigen ist, k o m m t der modale Aspekt des Gebets in der Passage an drei Stellen zum Ausdruck: in 5,16d in der für das Bittgebet stehenden öerjöiq eines Gerechten sowie im nachgestellten und viel diskutierten Partizip kv£pyo\)\i£vx) sowie in 5,17b in der das Gebet des Elia beschreibenden W e n d u n g TTpooeuxrj TTPOOTIU&XTO. Da die Frage nach der Art und Weise des Gebets in der ntl. Forschung bis heute weitgehend vernachlässigt worden ist, und da die Interpretationen der Kommentatoren zu den erwähnten Stellen trotz (oder gerade wegen) ihrer Vielfalt weitgehend unbefriedigend bleiben, sei den nun folgenden Einzeluntersuchungen zuerst ein kurzer Überblick über Krankengebet und Gebetspraxis in den biblischen Texten sowie in einigen außerbiblischen Hinweisen vorangestellt. 3.1
Die Tradition der Heilung durch Gebet und Zuspruch
Im A T stellt das Gebet die Reaktion des Gläubigen in der Not im allgemeinen sowie im Krankheitsfall im besonderen dar. Dabei wird gewöhnlich sowohl das Gebet des Kranken als auch die Fürbitte der
VII. Gebet und Heilung
259 132
Gerechten als ein „Schreien zu J a h w e " b e s c h r i e b e n . Ähnlich bildet das Gebet auch in der rabbinischen Tradition die angemessene Haltung im K r a n k h e i t s f a l l . V o n Jesus hingegen wird berichtet, dass er nicht durch Gebet, sondern durch das vollmächtige Wort heilt, welches teil weise in Verbindung mit Handauflegen oder anderweitigem Körper kontakt begegnet. Ähnlich steht auch bei den überlieferten Heilungen der Apostel das vollmächtige Wort i m Vordergrund. An einigen Stellen treten allerdings G e b e t und gebetsähnliche G e s t e n z u m Imperativ hinzu. Doch diente das Gebet hier offensichtlich primär der Vorberei tung auf die Heilung, d.h. als „intensive Rüstung mit G o t t e s k r a f t " . Im Fall seines eigenen (uns unbekannten) Leidens hat Paulus allerdings 133
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nach 2 K o r 1 2 , 7 - 9 wiederholt u m die Entfernung seines OKOIOI)/ TTJ 131
gebetet . Entsprechend empfiehlt er in Phil 4 , 6 , alle Anliegen im Gebet vor Gott zu bringen. D e n gleichen Appell bringen die meist allgemein gehaltenen, jedoch gewöhnlich in einem Heilungskontext stehenden ntl. Erhörungsverheißungen z u m A u s d r u c k . Darüber hin aus beinhalten etliche der urchristlichen Heilungsberichte implizite Hinweise auf das K r a n k e n g e b e t . Folglich ist der Aufruf zum Kran kengebet in Jak 5 , 1 3 - 1 8 nicht als isolierte Paraklese zu betrachten; er ist vielmehr eingebettet in eine Vielzahl ntl. Aussagen z u m Gebet für die Kranken.
oocpKL
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3.2 3.2.1
Beharrlichkeit, Flehen, Ausdauer und Geduld Im Alten
Testament
Im A T verweisen die modalen Formulierungen des Bittgebets primär auf die Beharrlichkeit des Beters sowie seine emotionale Ergriffenheit. Insbesondere in den individuellen Klagen des Psalters begegnen immer wieder drei hebräische Wurzeln bzw. Begriffe, die die dominanten
132 Siehe Gen 20,17; Num 12,13; 2 Sam 12,15ff; 1 Kön 8,37ff; 17,21; 2 Kö 20,lff; Ijob 33,23ff; Ps 35,13f; 107,17-22 u.ö. Siehe auch Seybold, Gebet 59. 133 Siehe z.B. bSan 101,1; bBB 116a sowie die Gebetsheilungen durch Chanina ben Dosa nach bHag 3a; bBer 34b. Siehe auch die Bitte um Heilung in der achten Bitte des Shemoneh Esreh. Der Nutzen der antiken Ärzte hingegen war umstritten. Siehe Sir 38,12.15 sowie den Exkurs 1 zu Kap. II. 134 Siehe Mk 9,29; Joh ll,41f; Apg 4,30; 9,40; 28,8 sowie Fenner, Krankheit 88f; Theißen, Wundergeschichten 74f. Eine rein medizinische Therapie hingegen wird nur in 1 Tim 5,23 erwähnt. 135 Siehe Mk 7,34. 136 Fenner, Krankheit 89. Vgl. Mk 1,35; 6,46; 9,29; Lk 9,28; Apg 9,40f; 28,8f. 137 Zum Gebet bei Paulus s.u. unter 3.2.2 sowie Cullmann, Gebet 112-115; Gebauer, Gebet 129, 200f, 205. 138 S.o. unter 2.4.5. 139 Hierzu s.o. Kap. VI sowie unten unter 3.2.2.
260
VII. Gebet und Heilung 140
deskriptiven Elemente der an Jahwe gerichteten Petitionen b i l d e n . Hierzu zählt zunächst das substantivisch formulierte, erregte Flehen u m Hilfe, O'Wnn oder Hann. Diese beiden fast gleichbedeutenden Begriffe bezeichnen nicht das fest geformte, kultische Gebet, sondern die spontane u n d individuelle B i t t e . Als nächstes ist das verbal formulierte, schmerzerfüllte, laute und hilferufende Schreien, p 9 ? bzw. pS?T, zu erwähnen. Die sich nur in der Orthographie bzw. der Aussprache unterscheidenden und besondere Intensität ausdrückenden Wurzeln p £ 2 und ptfT begegnen im A T fast ausschließlich im Klagelied des E i n z e l n e n . N u r in den individuellen Klagen der Psalmen, nicht aber wenn das Volk zu Jahwe ruft, steht das verbale und auch substantivische Schreien u m Hilfe, VW bzw. ntfltf . Oft schwingt dabei auch der forensische Aspekt der Anklage mit. Besonders wichtig für das Verständnis insbesondere des Bittgebets im A T ist jedoch, dass Schreien und Flehen häufig synonym z u m Gebet verwendet w e r d e n . Im Blick auf das Gebet u m Heilung in Jak 5,13-18 sind vor allem der zweifache Hinweis auf das „Schreien der Gerechten" in Ps 34,16.18 (s.u.), das Gebet u n d Flehen im Krankheitsfall nach d e m Tempelweihgebet in 1 K ö n 8,37-39 und der mit Heilung beantwortete Hilfeschrei in Ps 30,3 von B e d e u t u n g . Nicht u m Heilung, sondern u m Wiederbelebung flehte auch Elia in Form einer Anklage für den Sohn der Witwe von Zarpat: „Herr, mein Gott, tust du sogar der Witwe, bei der ich ein Gast bin, so Böses an, dass du ihren Sohn tötest?" (1 K ö n 17,20) Ähnlich betete und flehte der erkrankte König Hiskia seine eigene Treue und Zuverlässigkeit hervorhebend nach Jes 38,2-3 = 2 K ö n 20,2-3 u m H e i l u n g . Im Nachsatz „und Hiskia weinte sehr" k o m m t auch hier der emotionale Aspekt deutlich z u m A u s d r u c k . In Verbin141
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140 Zur literarischen Form der Klage des Einzelnen im AT, zu der mehr als 5 0 der 150 Psalmen des Psalters zu zählen sind, siehe Reventlow, Gebet 1 6 3 - 1 8 9 ; Westermann, Ausgewählte Psalmen 5 3 . 141 Siehe Ps 6 , 1 0 ; 3 1 , 2 3 ; 1 Kön 8 , 2 8 ; 2 Chr 6,21 u.ö. sowie Ringgren, Art. OTttnn 6 4 1 - 6 4 3 . Vgl. auch 1 QH 9 , 1 1 ; 11,34. Zum individuellen Aspekt der Krankheits- und Heilungspsalmen siehe auch Seybold, Gebet 183. 1 4 2 Siehe Ps 3 4 , 1 8 u.ö. sowie Hasel, Art. p»J etc. 6 3 1 - 6 3 9 . 143
Siehe Ps 18,7; 2 2 , 2 5 ; 3 0 , 3 ; 3 1 , 2 3 ; 3 4 , 1 6 ; 3 9 , 1 3 ; 4 0 , 2 ; 1 0 2 , 2 ; Klgl 3 , 5 5 . 5 6 u.ö.
sowie Hausmann, Art. »10 1 1 8 7 - 1 1 9 1 . 144
Siehe n n , Ps 8 8 , 3 ; rann, Ps 6 , 1 0 ; 3 1 , 2 3 ; 1 Kön 8,28; nritf, Ps 1 4 5 , 1 9 .
145 Ähnlich Ps 8 8 , 3 . 1 0 . 1 4 ; 1 0 7 , 1 7 - 2 2 et al. Seybold, Gebet 9 8 - 1 6 4 beurteilt den Bezug der individuellen Bittgebete zu Krankheit oder Heilung als sicher in Ps 3 8 ; 4 1 ; 8 8 ; III (syr. 3 = H Q P s 155), als sehr wahrscheinlich in Ps 3 0 ; 3 9 ; 6 9 ; 102; Jes 3 8 , 9 - 2 0 und als unsicher in Ps 6; 13; 5 1 . a
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Vgl. 2 Chr 3 2 , 2 4 .
147 Zum Motiv der Tränen und seinem motivgeschichtlichen Hintergrund siehe Reventlow, Gebet 2 5 8 .
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VII. Gebet und Heilung
dung mit der Zusage der Erhörung und Heilung erfahren wir dann in Jes 38,4f/2 Kön 20,4f, dass Gott die Tränen des Königs gesehen h a t . A u s diesen Beispielen ist zu entnehmen, dass das Motiv des Flehens und Schreiens zu Jahwe im A T nicht nur die übliche Ausdrucksweise der individuellen Klage darstellt, sondern auch die primäre Modalität des Gebets u m Heilung bildet. Der Grund für dieses dynamische Bitten ist zum einen die durch die existentielle Not des Bittstellers bzw. seiner Mitmenschen bedingte, oft emotionale Ergriffenheit . Z u m ande ren drückt das Flehen die Beharrlichkeit des Beters aus, die Zeichen seiner Hoffnung und seines tiefen Vertrauens in die Bereitschaft und Fähigkeit Gottes zu helfen i s t . Ps 40,2 bringt dann das Schreien der Notleidenden in engen Zusam menhang mit dem geduldigen Warten auf Gottes Hilfe: „Beharrlich habe ich auf den Herrn geharrt («TUT T r i p rtip), und er hat sich zu mir geneigt und mein Schreien g e h ö r t . " In dieser Kombination von Schreien und Abwarten k o m m t die Beharrlichkeit des Beters dann voll zum tragen. Ganz ähnlich weist die bereits zuvor erwähnte adverbiale Konstruktion DQW inanj?'! in Ps 1 4 5 , 1 8 b auf die Treue und viel leicht auch das Vertrauen des Beters hin und unterstreicht so die hier gemachten Beobachtungen. In den nachfolgenden Betrachtungen zur Modalität des Gebets in Jak 5,13-18 wird sich zeigen, dass Jak mit seiner Theologie des Gebets ganz in dieser Tradition persönlicher Frömmigkeit, wie sie vor allem im Psalter Israels zum Ausdruck k o m m t , verwurzelt ist. 1 4 8
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148 Vgl. die Verbindung von flehentlichem Gebet und Tränen in lQGenApoc 20,12 sowie die äußerste Konzentration Chanina ben Dosas beim Gebet nach jBer 5,9a; vgl. Becker, Wunder 348-355. In der rabbinischen Tradition wird die Her zenshaltung des Flehenden dann explizit mit der Erhörung in Verbindung gebracht; vgl. bRHSh 1,2,18a: „Der eine flehte mit Inbrunst, so wurde er erhört, der andere flehte ohne Inbrunst, so wurde er nicht erhört." Neben der Herzenshaltung erfordert das Gebet nach bBer 32b Bar auch die Anstrengung. In bSan 44b erhält sie sogar eine explizite Verheißung. Vgl. St.-B. 1451,455f. 149 Zum zentralen Motiv der Errettung des Beters vom Tode in den atl. Klagelie dern siehe Reventlow, Gebet 178. Zur Fürbitte siehe Seybold, Gebet 59f mit Anm. 26. 150 Am stärksten drücken die Wurzeln pWpBT den Schrecken, die Erschütterung, Angst und Überraschung der hilferufenden Beter durch ein Schreien mit emotions geladener Lautstärke aus. Siehe Hasel, a.a.O. 63lf. 151 Siehe auch Reventlow, Gebet 170-174; 184-188; 254f zu den Vertrauens aussagen in den atl. Klagen des Einzelnen sowie Bayer, Erhörte Klage 259-272. 152 Vgl. auch den zweifachen Aufruf „harre auf den Herrn" in Ps 27,14 sowie Sir 7,10a: Mf| 6liYoi|ji)xrjor)<; kv ifj 7Tpoö€u%fj oou („verzage nicht in deinem Gebet"). 153 Zur Übersetzung siehe oben unter 2.4.3. 154 Ähnlich verarbeitet auch Paulus den Septuaginta-Psalter im Zusammenhang mit dem Gebet, siehe Härder, Gebet 64-79; Heckel, Schwachheit 53-56. Zur sprachlichen, inhaltlichen und theologischen Einheit des Psalters und seiner Teile nach der Schlussredaktion siehe Janowski, Biblia 125-156.
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VII. Gebet und Heilung
3.2.2 Im Neuen Testament Im N T weisen die modalen Charakteristiken der an Jesus und Gott gerichteten Bitten ebenfalls auf die besondere Bedeutung der Beharr lichkeit hin. So drückt das Argumentieren der Syro-Phönizierin in M k 7,28 und das wiederholte Schreien des blinden Bartimäus in M k 10,48 Beharrlichkeit aus, die Jesus als Zeichen für den Glauben der Bittstel ler interpretiert. Die demütige Haltung der Bittsteller unterstreicht dabei den flehentlichen Charakter der P e t i t i o n e n . Im vorhergehen den Kapitel hatten wir bereits gesehen, dass es z u m Kern der Jesustra dition gehört, dass Jesus den gerade in den Handlungen der Bittsteller zum Ausdruck kommenden Glauben würdigt. „Die Notwendigkeit die ser Beharrlichkeit entspricht d e m göttlichen Willen. Das sollen die Gleichnisse vom bittenden Freund (Luk. 1 l,5ff.) und von der bittenden Witwe und d e m ungerechten Richter (Luk. 18,lff.) veranschauli chen." Von einer Manipulation Gottes kann daher nicht die Rede sein, denn das göttliche Vorherwissen u m die menschlichen Bedürf nisse ist dem beharrlichen Gebet übergeordnet (vgl. M t 6 , 8 ) . Zur beharrlichen Bitte gehört zugleich aber auch das geduldige Ausharren der Bittsteller, wie es z.B. in Lk 18,1-8 im langen (vgl. ein, xpovov, V. 4) und scheinbar aussichtslosen Verlangen der Witwe gegenüber dem ungerechten Richter und in der Zurückstellung des Jairus gegenüber der Frau mit d e m Blutfluss in M k 5,22ff Par. deutlich wird. Jesus erwartet also eine beharrliche Bitte, zu der sowohl das anhaltende, beständige Bitten bzw. „Schreien" (Lk 1 8 , 1 . 7 f ) als auch ein „mutig dreistes" Bitten hinsichtlich des Inhalts und des Ausmaßes der erhoff ten Hilfe (Lk 11,8; M k 10,51) g e h ö r e n . Die ntl. Heilungserzählungen sind also auf keinen Fall nur Darstellun gen der Machttaten Jesu. Folglich dienen sie nicht ausschließlich seiner messianischen Legitimierung. Indem die Berichte die Annäherung bzw. das Verhalten der Bittsteller detailliert schildern, fungieren sie zugleich auch als Gebetsparänesen in erzählter F o r m . Dabei ist vor allem Lukas an der Art und Weise des Gebets interessiert. So beschreibt er neben den detaillierten Gebetsparänesen und Heilungser zählungen im Evangelium (vgl. ll,5ff; 18,lff) in der Apg z.B. die Für bitte der Urgemeinde für den inhaftierten Petrus in 12,5 explizit als „anhaltend", „eifrig" oder auch „beharrlich" (TTpooevjxn öe rjv eKtevtöc; Y L v o | i 6 v r | ) , und auch das Gethsemanegebet Jesu gibt er - im Gegen satz zu M k und Mt - nicht nur im Wortlaut wieder, sondern er schildert 155
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155 Siehe z.B. Mk 7,25f; 10,51. 156 Cullmann, Gebet 31. Siehe auch a.a.O. 42. 157 Vgl. a.a.O. 42. 158 Vgl. Schweizer, Lukas 185. Gegen Crump, Intercessor 13lf. 159 Zur Interpretation von dvoa6€ia in Lk 11,8 siehe insbesondere Schürmann, Lukasevangelium II 210. 160 S.o. Kap. VI; vgl. auch Theißen, Wundergeschichten 138 mit Anm. 31. 161 Vgl. Bauer-Aland 495.
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VII. Gebet und Heilung 162
es zugleich auch als energisch und f l e h e n t l i c h . Auf diese Weise wird den Lesern das Gebet verschiedener Personenkreise exemplarisch vor Augen gestellt. Die Hinweise auf die Modalität des Gebets im Corpus Paulinum bestä tigen das gewonnene Bild. Hier begegnen im Zusammenhang mit d e m Bittgebet regelmäßig Begriffe der Kontinuität wie d ö i o d e i i T T o x ; (unab lässig), 7TpoöKapT6pr|öL(; KTA,. (Ausdauer, Beharrlichkeit), naviote (alle zeit), oi) rational (nicht aufhören), VVJKTCX; K a i r p e p a c ; (Tag und N a c h t ) . Zugleich geht Paulus wie selbstverständlich von einem mit Energie betriebenen Gebet aus, wenn er z.B. den Christen in Philippi empfiehlt, alle ihre Anliegen „durch Gebet und Flehen (ifj TTpooeuxfj K a i if) ö e f j o e i ) mit D a n k s a g u n g " vor Gott zu bringen (Phil 4 , 6 ) . Somit stellt die Beharrlichkeit in F o r m von Regelmäßigkeit, Ausdauer und eingebrachter Energie auch bei Paulus und in der paulinischen Tradition die anzustrebende Haltung für das Bittgebet d a r . Der j e weilige Kontext deutet dabei - ähnlich wie in den atl. Klageliedern und den ntl. Evangelien - auf die Dringlichkeit der Bitte und die Hoffnung, im Gebet göttliche Hilfe zu e r l a n g e n . Dies bestätigt nicht zuletzt die dreifache, wenn auch nicht mit Heilung beantwortete Bitte des Paulus u m die Entfernung seines OKOAOIJJ TTJ o a p K i (2 Kor 12,7-9); nach Phil 2,25-27 dürfte er hingegen mit Erfolg u m das Leben des Epaphroditus gerungen h a b e n . 163
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162 Siehe Lk 22,44; vgl. Hebr 5,7. 163 Siehe Rom 1,9; 12,12; Eph 6,18; Phil 1,4; Kol 1,3.9; 4,2f; 1 Thess 3,10; 5,18; 2 Thess 1,11; 2 Tim 1,3 sowie Härder, Gebet 8-19. Vgl. auch die Erwähnung der uTTO|iovr| im Zusammenhang mit den Krafttaten des Paulus in 2 Kor 12,12. 164 Ähnlich Eph 6,18. Zu öerjöic; s.u. Abschnitt 3.3. Vgl. auch Rom 8,23.26; 2 Kor 5,2 sowie die Verwendung von i K e i n p i a in Hebr 5,7. 165 Vgl. Cullmann, Gebet 109. Ähnlich empfiehlt bBer 32b das wiederholte Gebet bis zur Erhörung. Siehe auch Midr Ps 27 § 7 (114b) zu Ps 27,14; Dtn r 2 (198a) sowie St.-B. I 456. In die gleiche Richtung weist die Wirkungsgeschichte der biblischen Texte zum Gebet. So empfiehlt M. Luther das wiederholte „Gebet des Glaubens" (vgl. Jak 5,15), drei mal täglich, bis zur Erhörung. Für Luthers Rat zum Gebet für die Kranken siehe WA, Briefwechsel XI U l f (Nr. 4120). Offen sichtlich konnte Luther dem Jak also auch eine nützliche Seite abgewinnen. Zu Luthers und auch Blumhardts flehentlichem Gebet für die Kranken siehe Witt, Krankenheilung II 22f, 39. 166 Zur Tradition der atl. Klage in den Paulusbriefen siehe Heckel, Schwachheit 39, 53-56; zur Form des Frageseufzers bei Paulus und in den Psalmen siehe Härder, Gebet 3 lf. 167 Gelegentlich begegnet in den Paulusbriefen auch die Darstellung des Gebets als Kampf (vgl. Rom 15,30; Kol 4,12). Die Verwendung der dytov-Metaphorik erinnert dabei an den geistlichen Kampf mit den Mächten der Finsternis in Eph 6,10-20, wo auch das Gebet eine wichtige Rolle spielt. Vgl. Cullmann, Gebet 118; Witt, Krankenheilung I 98. Ähnlich ringt Epaphras (irdvioie dyü)vi(ö|ievo<;) nach Kol 4,12 in seinen Gebeten um die geistliche Standhaftigkeit und Vollkommenheit der Gemeinde in Kolossä. Daher ist anzunehmen, dass Paulus ähnlich um den todkranken Epaphroditus in Phil 2,25-27 im Gebet gerungen hat.
264
VII. Gebet und Heilung
Eine direkte Parallele zum Motiv des ausharrenden Beters bildet der ntl. Topos des geduldigen Wartens auf die Erfüllung der Verheißungen Gottes. So steht das Erlangen der göttlichen 4 i T a Y Y ^ i Hebr 6,12 in engem Zusammenhang mit d e m Glauben und der |iccKpo0i)|iia der Gläubigen (vgl. 6,15; 10,36). Im Jak spielt darüber hinaus das Motiv des Ausharrens im Leiden eine ganz besondere Rolle. So wird den Adressaten in 5,10f das Leiden und die | i a K p o 0 u | i i a der atl. Propheten sowie die i)TO|iovr| Hiobs exemplarisch vor Augen gestellt (vgl. unoiiovri in l,3f; | i o c K p o 0 u | ! 6 ü ) in 5 , 7 f ) . W i e in den atl. Bitten und Klagen des Einzelnen (s.o.) so verstehen also auch die ntl. Autoren das Bittgebet sowohl als wiederholtes oder anhaltendes Bitten als auch als energisches und zugleich demütiges Flehen. Die in den ntl. Wundererzählungen gewöhnlich als existenti elle Not beschriebene Situation der Bittsteller bestätigt dabei eindrück lich den atl. Befund, wonach die Modalität der Beharrlichkeit sowohl die emotionale Ergriffenheit der Bittsteller als auch das Vertrauen in die göttliche Macht zu helfen zum Ausdruck bringt. Die explizite A b lehnung unnötig vieler Worte und einer öffentlichen Zurschaustellung des (Bitt)gebets in M t 6,5-8 unterstreicht diese Sichtweise. Damit wei sen die hier gemachten Beobachtungen zur Modalität des Gebets im N T in die gleiche Richtung wie die Aussage F. Bovons zur Perikope v o m bittenden Freund: „Es ist die Qualität der Bitte, auf die das Evan gelium abzielt, mehr als die Natur dessen, worum gebeten w i r d . " aL
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Zusammenfassend lässt sich in bezug auf die biblische Gebetspraxis feststellen, dass die Modalitäten des Flehens, des Schreiens, der Aus dauer, des Ausharrens und der Geduld sowohl im Alten als auch im Neuen Testament eine nicht zu übersehende Bandbreite individueller Ausdrucksformen des Gebets darstellen, die die Dynamik des Gebets sowie die Beharrlichkeit, die emotionale Ergriffenheit und das aktive Engagement der Beter zum Ausdruck bringen. Z u s a m m e n g e n o m m e n stehen diese Elemente für das tiefe Vertrauen, das die Bittsteller Gott und seiner Macht in größter Not zu helfen entgegenbringen. Auf die sem Hintergrund soll nun die Modalität des Gebets in der Jakobusperikope betrachtet werden, deren Gebetsterminologie deutlich an die atl.jüdische Gebetspraxis, wie sie z.B. in den Psalmen Israels, aber auch im N T zum Ausdruck kommt, anknüpft.
168 Siehe auch die Darstellung des ausharrenden Hiob in Verbindung mit Jak 5,11 bei Seitz, Patience 373-382. 169 Bovon, Lukas 162. Vgl. Mildenberger, Gebet 62 bezüglich der Fürbitte: „Ich lege allerdings gerade hier Wert auf das 'geduldig und beharrlich'; denn anders als so wird man nicht auf Erhörung hin beten können". Siehe auch a.a.O. 61. Gegen Crump, Intercessor 135: „the efficacy of prayer is not determined by anything which the pray-er (sie!) brings, except agreement with the will of God."
265
VII. Gebet und Heilung
3.3
Bitte oder Flehen des Gerechten?
Vor der Betrachtung des viel diskutierten Partizips 4vepYou|ievr| soll zuerst der d e m Partizip in Jak 5,16d vorausgehende und durch selbiges modifizierte Ausdruck 6er]oiQ Ö I K O A O U - nun allerdings bezüglich der Modalität des Gebets - untersucht werden. Auf den ersten Blick scheint „Gebet/Bitte eines G e r e c h t e n " in der Formel T\oXb l o ^ i k i öerjöic; ÖIKOCLOU evepYoi)|ievr| nichts über die Modalität des Gebets aus zusagen. Auch die mir vorliegenden Übersetzungen und Kommentare zur Stelle bieten - vielleicht mit Ausnahme von F. V o u g a - keine anders lautende Übersetzung. In eine ganz andere Richtung weist jedoch sowohl der traditionsgeschichtliche Hintergrund des bereits oben unter der Thematik des gerechten Beters diskutierten Ausdrucks Ö6r|oi<; ÖIKOCLOI) als auch die neuere linguistische Forschung. So nennt U. Schoenborn als erste Bedeutung von 6eo\xai „flehen", dann „bitten" und „beten" und resümiert: „ ö e o | i a i und öerjoic; entwickeln sich zu Be griffen eines bestimmten Frömmigkeitsstils, der die Haltung der Chri sten b e s c h r e i b t " . Die einzige direkte ntl. Parallele zu Jak 5,16d (mit einer vergleichbaren Erhörungsgewissheit!) bildet das wörtliche Zitat von Ps 34,16 (Ps 33 LXX) in 1 Petr 3,12, w o es heißt: 6(|>0aA|iol K u p i o u 4iu ÖIKOCIOIX; Kai C5T« aikoü eic, 6kr\oiv auicov. Der masoretische Text lautet an dieser Stelle: myyfb* D ^ p n ? " ^ rnrp T??. Aer|OL<; gibt hier also das hebräische T\V)ti (der Schrei u m Hilfe) wieder. Folglich wird die öer|oi<; der Gerechten in 1 Petr 3,12 verschiedentlich - zwar nicht mit „Schrei e n " , aber immerhin - mit „Flehen" übersetzt. Diese Konnotation von öerjöLc;, die sich - entgegen Bauer-Aland und H. Greeven - in der Sep tuaginta als erste Bedeutung von öerioic; findet, begegnet neben den Konnotationen „Bitte" und „Fürbitte" auch recht häufig im N T sowie im patristischen und säkularen G r i e c h i s c h . Die Terminologie des 170
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170 Entsprechend übersetzt die Vulgata öenoiq ÖIKOCLOU hier mit deprecatio iusti. 171 Vouga, Jacques 140 übersetzt: „La demande agissante d'un juste peut beaucoup." 172 Schoenborn, Art. Ö E O J A A I , Ö E N O K ; 688. Ähnlich Schön weiß/Kleinknecht, Art. Ö€0|ioa 604f. 173 Vgl. aber K P A ( o ) in Rom 8,15; Gal 4,6 und oxevaYf-ioL in Rom 5,26. 174 In der LXX steht Ö€TIOI<; 30mal für das Flehen (nann u. p n n ) , 9mal für den Klageruf (nn), 6mal für den Schrei um Hilfe (»10, n?ltf, »i») und 5mal für das Gebet (nten). Weitere fünf Wurzeln kommen nur ein- bzw. zweimal vor; siehe Hatch/Redpath, Concordance 285f; vgl. auch Hausmann, Art. VW 1191; Ringgren, Art. D ^ t t n n 643. Dabei wird öerioic; nach Schön weiß/Kleinknecht, Art. öeouoa 604 in der LXX „nur für das Flehen und Rufen zu Gott gebraucht" (hier auch eine Statistik zur LXX). Siehe z.B. 2 Chr 6,35; Ps 28,2 u. Dan 9,3.17, wo be^oiQ für n j n n und p n n (Flehen) steht, ähnlich ölofica in 1 Kön 8,33. Im NT vgl. Eph 6,18; Phil 4,6; 1 Tim 5,5; Hebr 5,7. Damit ist Greeven, Art. Ö€0|ioa 41 deutlich zu widersprechen, wenn er behauptet, „LXX braucht Ö€r|oi<; überwiegend, das NT ausschließlich in der Bdtg Bitte zu Gott (Hervorhebung des Autors). Ähnlich auch
266
VII. Gebet und Heilung
Schreiens und der sinnlichen Wahrnehmung in Ps 34,16.18 unterstreicht diesen emotionalen bzw. dynamischen Aspekt des Bittgesuchs an G o t t . Zusammen mit der synonymen Verwendung der Wortpaare nntf/pus (LXX: öeiöK/KpaCo)) und^2M/»tf» (LXX: pix^ai/owCw) in Ps 34,16-20 bleibt für Ö€r)oi<; in der Übersetzung von 1 Petr 3,12 also eigentlich nur die Konnotation „Schreien" oder „Flehen" - außer m a n missachtet den zugrunde liegenden hebräischen Text und die Bedeutung von öer)oi<; in der zitierten L X X vollständig. Lässt m a n jedoch die Bedeutung „Schreien" oder auch nur „Flehen" für öer)oi(; in 1 Petr 3,12 zu, dann sollte aufgrund der sprachlichen und inhaltlichen Affinität von 1 Petr 3,12 zu Jak 5,16d sowie des gemeinsamen traditionsgeschichtlichen Bezugs beider Texte zum A T bzw. zur L X X folgerichtig das gleiche auch für öer)oi<; in Jak 5,16d gelten - insbesondere da öer)oi<; bei Jak nur hier Verwendung findet. Hinzu kommt, dass Jak 5,16d - aber auch 5,13-16 insgesamt - nicht nur die 175
Terminologie von Ps 34,16-20 (3x ö i K m o c ; , l x öerjoic;, 2x puo|iai, l x
in der Form ooooei wie in Jak 5,15) reflektiert, sondern auch kontextuell den Versen sehr n a h e s t e h t . Daher könnte Ps 34,16-20 sogar als allgemeine Vorlage oder zumindest als Vorbild für den speziellen Fall des Gebets u m Heilung von Krankheit gedient haben. Für die Interpretation von öer)oi<; ö i K o a o u in Jak 5,16d ist also festzuhalten, dass der Wechsel in der Gebetsterminologie von den allgemeinen Begriffen für das Gebet, evxh, euxo|iai und den zugehörigen K o m p o s i t a , in 5,13-16c.l7 z u m speziellen Terminus öer)oi<; für das flehentliche Gebet in 5,16d nicht willkürlich i s t . Diese Sichtweise wiederum wird bestätigt durch die semantische Prägung des öer)oi<; modifizierenden Partizips kvtpyo\)\i£vr) (s.u.). Die Verwendung von öerjoic; in Jak 5,16d bringt also die Stoßrichtung des Gebets z u m Ausdruck, wie 000(00
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Bauer-Aland 343 zu 6er\oiQ u. 350 zu Ö€0|ica, der die Bedeutung „Rehen" nicht erwähnt! Zur Konnotation „Rehen" bzw. „flehen" von ö e n a i c ; , öeou-ai siehe dagegen Lampe, Lexicon 334; Liddell/Scott, Lexicon 372, 383; Moulton/Milligan, Vocabulary 137f, 141; Schoenborn, Art. öeo|ioa, ber\oiQ 687-689. Die Beobachtung von Schönweiß u. Kleinknecht (s.o.), dass 6er\oiQ in der LXX nur für das Anrufen Gottes verwendet wird, steht wiederum in voller Übereinstimmung mit der Tatsache, dass öeofiai im säkularen Griechisch insbesondere zur Anrufung höchster Herrscher im Gegensatz zu gewöhnlichen Autoritäten im Sinne von „flehen" gebraucht wird. Dabei kann 6eo\iai sogar die Konnotation „fordern" annehmen. Siehe Moulton/Milligan, Vocabulary 141. 175
Vgl. m i r T B / o ^ c d u m K u p i o u - l'3TK/(3Ta ctuiou - ip»?/eK€Kpa&xv - Vtä
niny
KlÜpiOQ 6LÖT|KOl)ö€V (Xl)TG)V.
176 S.o. unter 2.4.3. 177 Vgl. Schönweiß/Kleinknecht, Art. TTpoo€uxou.ai 606. 178 Gegen Martin, James 211: „The text uses another word for prayer in v 16b (Ö€r|ai<;), but it appears there is little if any difference in meaning (...) from the other two words for prayer in this passage". Die Mehrzahl der Exegeten wie z.B. Dibelius, Frankemölle u. Mußner lässt hingegen den terminologischen Wechsels zu öenöLg außer acht.
267
VII. Gebet und Heilung
F. Vouga - allerdings ohne Hinweis auf den modalen Charakter des Begriffs - richtig erkannt hat: „Je parle de la priere c o m m e öerjoic; (...), qui est precisement la priere de d e m a n d e . " 179
3.4
Das Partizip 4vepY0i)|ievr|
Einer der in Jak 5,13-18 am meisten diskutierten Begriffe in bezug auf die Modalität des Gebets ist das nachgestellte Partizip Präsens kvepyo\)\ikvr\ in 5,16d im Ausdruck i\okb loxuti bkr\oi<; ö i K o a o u evepYou|ievr|. Aus grammatikalisch-syntaktischer Sicht kann das Partizip hier sowohl M e d i u m als auch Passiv sein und als Participium conjunctum bei prädikativer Stellung sowohl modal temporal als auch kausal fungieren. Darüber hinaus ist auch eine attributive Stellung denkbar mit adjektivischer Bedeutung. Da in der biblischen Literatur trotz häufiger Verwendung von kvepy^lodai und dessen P a r t i z i p eine direkte Parallele mit vergleichbarer Syntax fehlt, sollen die genannten Optionen nun im einzelnen diskutiert werden. 1) kvepyo\)\ikvr\ als Partizip Passiv. J.B. Mayor zeigt in seinem Kommentar, dass kvepyo\)\ikvoQ in der biblischen und außerbiblischen Literatur häufig als prädikatives Partizip Passiv verwendet w i r d . Hieraus ergibt sich für Jak 5,16d eine Übersetzung im Sinne von „Das Gebet eines Gerechten vermag viel, wenn es (von Gott) wirksam gemacht wird", eine Deutung, wie sie sich z.B. auch bei A. Schlatter f i n d e t . Nach H. Windisch wird das Gebet durch das Sündenbekennt nis (des Kranken und der Beter) wirksam g e m a c h t . Auch J.H. Ropes übersetzt passivisch im Sinne „wenn es (vom Beter) ausgeführt w i r d " . Von den neueren Kommentaren wird jedoch eine passivische Interpretation mit Recht weitgehend abgelehnt, auch wenn manche der griechischen Kommentatoren das Partizip in dieser Weise interpretie r e n , da weder der Kontext von Jak 5 , 1 3 - 1 8 noch der Brief insge180
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179 Vouga, Jacques 143. 180 Vgl. 2 Kor 1,6; Gal 5,6; Eph 3,20; Kol 1,29. 181 Vgl. Mayor, James 177-179. Ähnlich Clark, Meaning 98f. 182 Vgl. Schlatter, Jakobus 284. 183 Vgl. Windisch, Die katholischen Briefe 33. 184 Vgl. Ropes, James 309. 185 Siehe Ropes, James 310. Eine ähnliche Verwendung von ev€pYoi)u.evr|, die bislang übersehen wurde, findet sich bei Gregor von Nyssa, wo evepyouLievr) für das Darbringen des „Räucherwerks des Gebets" steht. Hier heißt es: 'Ev Tauifj ifj OKr\vf\ Kai 0uata xf|<; alvko^Q Kai 0i)Luau.a xf\c, iTpoaeuxfjc; kv xcp öp0pco Kai ifj 6öiT6pa €V€pY0i)|i6i/r| 6 td TTOVTOC; [sie] Ka0opaxaL. („In dieser Stiftshütte sieht man, wie das Opfer des Lobs und das Räucherwerk des Gebets an jedem Morgen und Abend dargebracht wird.") Gregoire de Nysse, La Vie de Moi'se, Hrsg. J. Danielou S. 90 (meine Übersetzung). Kontextuell bezieht sich evepyouLiivri hier jedoch auf das bildhafte Darbringen des Räucherwerks, während der Kontext von Jak 5,16d keine übertragene Bedeutung nahelegt. 186 Vgl. Martin, James 212.
268
VII. Gebet und Heilung
samt noch das übrige N T eine solche Sicht der Gebetserhörung nahelegen. Einem konditionalen Verständnis steht darüber hinaus das willige Geben Gottes in 1,5c e n t g e g e n . 2) £v€pYou|ievr| als mediales Partizip. Ähnlich wie bei der Interpretation als Passiv kann auch das mediale Partizip in prädikativer Stellung zur Modifikation von öerjoic; d i e n e n . In diesem Fall ist eine modal-temporale Übersetzung, „sobald es wirksam wird", und eine kausale Wiedergabe, „weil es wirksam ist", m ö g l i c h . Die Problematik bei dieser Interpretation besteht jedoch darin, dass das Partizip dann trotz seiner emphatischen Position im Grunde genommen nur eine tautologische Bedeutung gegenüber T\oXb loxuei erhält, was sogar Befürworter dieser Interpretation wie W. Schräge deutlich e r k e n n e n . 3) Als attributives Partizip modifiziert das nachgestellte Partizip €vepYoi)|ievr| das Subjekt ö e r | o i c ; . In diesem Fall ist das Partizip - auch ohne Artikel - als prädikatives Adjektiv w i e d e r z u g e b e n . W i e in den alten lateinischen Übersetzungen bezieht sich das Partizip dann auf die Modalität der B i t t e . Der mit dem Stamm 4vepY- verbundene Aspekt der Arbeit stünde dann für ein a k t i v e s , anhaltendes oder mehrfach a n g e w a n d t e s , kräftiges oder l e b e n d i g e s , inständiges oder energis c h e s , intensives oder flehentliches Bitten. Allen diesen modalen Aspekten zugrunde liegend ist das atl.-jüdische Motiv der Beharrlichkeit bzw. Anstrengung im Gebet. Die emphatische Stellung des Partizips am Satzende und der modale Charakter von ö e i o i q bestätigen diese Interpretation. In die gleiche Richtung weist auch eine späte Parallele aus d e m 11. oder 12. Jh. bei dem byzantinischen Geschichtsschreiber Michael von Attaliota. V o n einem Bittsteller am königlichen Hof wird hier berichtet: äXXa Kai xb eujievec; iTaA.iv 4TTLKa(i7TT6iai Ö L ' euxfjq 4v€pYOi)|jivr|<; K a i ouYKpoTOU|i6vr|<; ei)ap€OTrjo€oiv („Aber auch 187
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187 Vgl. Frankemölle, Jakobus II 728. 188 Hierfür argumentiert Adamson, James 205-210 ausführlich unter besonderer Berücksichtigung der neun ntl. Belegstellen zu ev€pY€io0ai gegen Mayor in seinem Excursus I. Ähnlich Hauck, Jakobus 236. 189 So z.B. Mußner, Jakobus 227f. Als kausal versteht auch Vouga, Jacques 144, Anm. 9 das Partizip. Demnach ist ein transitives Verständnis im Sinne von „erwirken", „ausführen", „tun" einem intransitiven im Sinne von „aktiv sein", „tätig sein" vorzuziehen. 190 Vgl. Schräge, Jakobusbrief 57. 191 Vgl. Blass/Debrunner/Rehkopf, Grammatik §270.3. 192 Vgl. Vulgata: adsidua bzw. assidua (beharrlich, fleißig, tätig, unablässig, ununterbrochen, fortwährend); ff (9. Jh.): frequens. Dibelius, Jakobus 305 führt darüber hinaus noch eine Erklärung in der Catene an, wonach „die öenoK; evepyoQ K a i Ctöoa T O I Q ipoTratc; i(ov kvioXüv vJjuxoi)|ievr| sein müsse." 193 So Laws, James 234. 194 So als weitere Möglichkeit bei Burchard, Jakobusbrief 213. 195 So Dibelius, Jakobus 305. 196 So Frankemölle, Jakobus II 729; Burchard, Jakobusbrief 204. Vgl. Calloud, Jacques 42: „laborieuse"; Reicke, James 57: „vigorous prayer".
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VII. Gebet und Heilung
das Wohlwollen wurde wieder erlangt durch intensive und disziplinierte Bitte z u m W o h l g e f a l l e n " ) . Wie in Jak 5,16d wird auch hier das objektlose Partizip kvtpyo\)[i£vr\ attributiv verwendet, indem es das Substantiv euxrj modifiziert. Das Partizip 6V6pYOD|ievr| dient in Jak 5,16d also wie das Substantiv Ö€r)oi<;, das hier „Flehen" bedeutet, und die amplifizierende Figura etymologica TTpooeuxfj TTpoörju^ato im nachfolgenden Vers (s.u.) der Hervorhebung der Qualität des Bittgebets. Eine Übersetzung des Partizips sollte daher allgemein gehalten sein und entweder eng an die wörtliche Bedeutung „angestrengt", „mit Energie betrieben" anknüpfen oder noch besser in traditionsgeschichtlichem Bewusstsein entsprechend die Beharrlichkeit als Grundhaltung des atl.-jüdischen Bittgebets reflektier e n . Eine angemessene Übersetzung für die Formel Jak 5,16d wäre demnach: „Viel vermag das beharrliche Flehen eines Gerechten." 197
1 9 8
3.5
Das Gebet des Elia und die Wendung Trpooeuxfj TTpoor|i)£aTO
Ein weiterer Hinweis auf die Praxis des Gebets begegnet in Jak 5,17f im Beispiel des Elia und dessen Gebet u m Regen im Ausdruck TTpoöeuxt) TTpoörju^ato, wörtlich „er betete mit Gebet". D a es sich bei der W e n d u n g u m eine gängige Figura etymologica handelt, wird die Konstruktion gewöhnlich unter den Gesichtspunkten ihres Ursprungs und ihrer Bedeutung diskutiert, wobei diese beiden Komplexe jedoch leider nicht immer deutlich voneinander getrennt werden. Auf der Suche nach d e m Ursprung der Figura fällt auf, dass die Septuaginta die Wiederholung des Verbalbegriffs durch den hebräischen Infinitivus absolutus (wie z.B. mon rrift in Gen 2,17 und ]T1ötfn "liftitf in Dtn 6,17) häufig durch die Verbindung des Verbums entweder mit einem Partizip oder einem N o m e n conjugatum im Dativ des gleichen Verbums (wie in Jak 5,17) w i e d e r g i b t . Im N T begegnen beide Konstruktionen sowohl in atl. Z i t a t e n als auch in unabhängigen Ausdrücken (so z.B. e ^ ö i T j ö a v e K O i a o e i ( l e y a ^ r ) , „und sie gerieten völlig außer sich" in M k 5,42 oder aTTeiArj äi\eiXr\odd\xeda, „wir wollen schärfstens 199
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197 Michael von Attaliota, Historia 87 (meine Übersetzung). 198 Siehe bBer 32b; bSan 44b sowie oben 3.2.1 u. 3.2.2. 199 Vgl. z.B. Gen 2,17; 31,30; Ex 3,16; 13,19; Dtn 7,26; Jos 24,10; Jes 30,19; Jdt 6,4. Für weitere Belege siehe Bullinger, Figures of Speech 275ff; Winer, Grammatik 434. Die Wiedergabe durch eine Verbindung von finitem Verb und Partizip ist dabei die häufigere. Hierzu siehe die grundlegende Arbeit von G.R. Hauschild, Die Verbindung finiter und infiniter Verbalformen desselben Stammes in einigen Bibelsprachen, insbes. 23f. Zur Wiederholung des Verbalbegriffs durch den Infinitivus absolutus in den Texten von Qumran sowie in Ben Sirach siehe Smith, Infinitive Absolute 262f. 200 Vgl. Mt 13,14 u. Apg 28,26 = Jes 6,9f; Apg 2,17 = Joel 2,28f; Hebr 6,14 = Gen 22,17 (vgl. Sir 44,21).
VII. Gebet und Heilung
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verbieten" in A p g 4 , 1 7 ) , wobei sich bei letzteren einige Anlehnun gen an die L X X im Sinne stilistischer I m i t a t i o n e n vermuten lassen (vgl. eir 161411$ €7T€0u|!r|oa, „ich habe sehnlichst verlangt" in Lk 22,15 mit Gen 31,30; ähnlich %apa x ' P i » f sich sehr" in Joh 3,29). Aus diesem Grund werden solche Verbindungen im N T häufig als Hebraismen oder auch als „ Ü b e r s e t z u n g s g r i e c h i s c h " bezeichnet. Letztere Interpretation würde allerdings die Kompetenz der L X X Übersetzer sowie die Qualität ihrer Arbeit und nicht zuletzt Sprache und Stil einiger ntl. Autoren sehr in Zweifel ziehen. Die Verwendung des Dativs zur Wiederholung des Verbalbegriffs findet sich nämlich auch - und dies nicht gerade selten - in zeitgenössischen griechischen Texten literarischer u n d nichtliterarischer Gattung, so dass die Figura etymologica auch hellenistisch - und dabei nicht nur vulgär - i s t . Für die biblische Literatur bedeutet dies, dass jenes vermeintliche „Übersetzungsgriechisch" der L X X u n d des N T - im Gegensatz z u m Lateinischen - akzeptables Griechisch d a r s t e l l t . Dennoch ist die Interpretation L. Radermachers etwas zu einseitig, wenn er schlussfolgert: „Nur die große Verbreitung der Ausdrucksweise im Neuen Testa ment ist s e m i t i s i e r e n d . " 202
a l
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Viel entscheidender für unsere Fragestellung als der Ursprung sind jedoch die semantischen Implikationen der Redewendung, vor allem, da sich eine gewisse Übereinstimmung im biblischen und außerbibli schen Sprachgebrauch ergibt. S o nimmt die Wiederholung des Verbal begriffs sowohl i m Griechischen als auch im Hebräischen primär die Funktion der Intensivierung u n d äußerst selten, wenn überhaupt, die der längeren F o r t d a u e r an (vgl. das „schnelle Fliehen" im übertra208
201 Siehe auch Joh 18,32; 21,19; Apg 5,28; 16,28; 23,14; 28,10; Kol 1,11. 202 Hierzu siehe Moulton, Grammar I (Prolegomena) 76. Ähnlich Blass/Debrun ner/Rehkopf, Grammatik §198.6. 203 So z.B. Blass/Debrunner/Rehkopf, a.a.O. 204 So Moulton, Grammar I (Prolegomena) 76. 205 Hierzu siehe die Vielzahl von Belegen bei Radermacher, Grammatik 129; Winer, Grammatik 435. 206 Vgl. Hauschild, Verbindung 7f, 12, 24. 207 Radermacher, Grammatik 129. Ausgewogener dagegen Winer, Grammatik 38: „die wenigen wahrhaften Hebraismen (u.a. die Nachbildung des Infin. absol.) verlieren sich (im NT) bis zum Unmerklichen." 208 Dieser Aspekt begegnet im Hebräischen primär bei nachgestelltem Infinitivus absolutus, und hier wieder insbes. bei der Koordination mit einem zweiten Infini tivus absolutus; vgl. Hauschild, Verbindung 5; Gesenius/Kautzsch, Grammatik 358. Das gängigste Verb in dieser Kombination ist bzw. iTopeuonai (neben anderen Verben der Bewegung), wobei der zweite Infinitiv „im Griechischen und Lateini schen fast stets mit dem Partizip wiedergegeben" wird, Hauschild, a.a.O. 27, siehe auch S. 29. Die wenigen Beispiele, die Gesenius/Kautzsch, Grammatik 358 zur „längeren Fortdauer" anführen, enthalten entweder nur den Infinitivus absolutus, nicht aber die Figura, oder die griechische Konstruktion ermangelt den Dativ. Übrig bleibt hier lediglich Gen 19,9 mit K p i o i v Kpiveiv
und Jes 6,9 mit äicofj a K O u o a i e
(s.u.), wo die Figura aber keine Fortdauer der Handlung beschreibt.
271
VII. Gebet und Heilung
genen Sinn im Ausdruck fyevyuv ty\)yf\ TÖ y^pac; bei Plato Symp 195b sowie das „Erringen des vollständigen Sieges" in der W e n d u n g VLKT) 6VLKT|Ö6 bei Aelian VarHist 8 , 1 5 ) . Daneben begegnet noch eine Kon notation, die man entweder auch zur Intension zählen könnte oder vielleicht als B e t o n u n g bzw. P r ä z i s i e r u n g charakterisieren müsste (vgl. Demosth 1002,12 y ^ W y^ya[xr\K(iQ, » i wahrer E h e " ) . Doch auch bei der Wiedergabe dieser Ausdrücke ist zu berücksichtigen, dass die Funktion der Konstruktion - trotz ihrer gewissen Bandbreite sowohl im Hebräischen als auch im Griechischen eine adverbiale bzw. modale i s t . Im Blick auf die Jakobusstelle ist also zu klären, ob hier tatsächlich die Freiheit besteht, iTpooeuxfj TTpoorju^aio in 5,17 entweder intensivierend zu übersetzen wie die Mehrheit der Ausleger im Sinne „er betete energisch" oder „anhaltend" oder aber wie z.B. Adamson, Martin und Ropes auch betonend im Sinne von „dies ist genau was er t a t " . Be trachtet man jedoch die Verwendung des Dativs zur Wiederholung des Verbalbegriffs in der L X X und im N T etwas genauer, dann zeigt sich zwischen den semantischen Konnotationen der Verben und der Funk tion der Figura etymologica z u m Zweck der Betonung oder Intensivie rung bzw. Häufung eine deutliche Korrelation. 1) Z u m einen stehen dort Verben wie z.B. „segnen" (Gen 22,17 = Hebr 6,14; Jos 24,10), „sehnen/verlangen" (Gen 31,10; Lk 22,15), „einschär fen" (Gen 43,3), „sehen" (Ex 3,16), „schwören" (Ex 13,19; A p g 23,14), „einhalten" (Dtn 6,17), „verabscheuen" (Dtn 7,26), „weinen" (Jes 30,19), „umkommen/untergehen" (Jdt 6,4), „sich freuen" (Joh 3,29), „befehlen" (Apg 5,28) und „ehren" (Apg 28,10), deren zugehö rige Intensivierungen lediglich v o m Kontext her zu bestimmen s i n d . 209
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209 Vgl. Dibelius, Jakobus 306, ähnlich Radermacher, Grammatik 128. 210 Vgl. Moule, Idiom Book 178; Ropes, James 312. 211 So Mayor, James 180. 212 Ähnlich Joh 18,32 im Gegensatz zu Joh 21,19. 213 Siehe Winer, Grammatik 434. 214 Martin, James 212 ist hier allerdings unentschieden. Ropes, James 306 argumentiert, dass semitische Einflüsse bei dem sehr guten Griechisch des Jak keine Rolle spielen und man daher die im Griechischen übliche Betonung wählen müsse. Hierbei übersieht er aber, dass auch das Hebräische die Figura zur Betonung verwendet. (Für die Gegenposition starker semitischer Einflüsse im Jak siehe Davids, James 57-59, 198.) Adamson, James 201 folgt Ropes, wobei er aber nicht primär grammatikalisch, sondern vom Kontext und seiner Interpretation des Parti zips evepyouuivri her argumentiert. 215 Die Probleme bei der Übersetzung von Jes 6,9 = Mt 13,14 u. Apg 28,26 illustrieren diesen Punkt mehr, als dass sie ihn widerlegen. Vermutlich hat Hauschild, Verbindung 14 recht, wenn er die modale Näherbestimmung ganz in Analogie zu den übrigen Kombinationen intensivierend wiedergibt: „wer 'hörend hört', der hört gespannt, aufmerksam" (vgl. Ijob 37,2). Gesenius/Kautzsch, Gram matik 358 dagegen sehen in Jes 6,9 den - für die Figura kaum belegten - Aspekt der längeren Fortdauer: „hört nur immerfortl" (Hervorhebung der Autoren).
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VII. Gebet und Heilung
In der deutschen Übersetzung wird die Verstärkung der Aussagen gewöhnlich durch die Verwendung der Adverben „reichlich/beson ders", „herzlich", „nachdrücklich", „genau", „ausdrücklich", „ge nau/treulich", „richtig", „bitterlich", „vollständig", „sehr", „streng stens", „besonders" respektive zum Ausdruck gebracht, wobei die Auswahl m.E. eindeutig i s t . 2) Z u m anderen begegnen in der Figura Verben wie z.B. „sterben" (Gen 2,17), „vergessen" (Dtn 8,19), „eintreffen" (1 Sam 9,6) etc., die im deutschen durch die Adverben „sicher", „gewisslich" o.a. zu ergän zen sind. Die Gemeinsamkeit der Elemente der ersten Gruppe besteht darin, dass hier alle Verben in ihrer Aussage relativierbar sind. Daher läuft die Grundbedeutung der Figura für diese Gruppe auf das Adverb „sehr" im Sinne einer Verstärkung oder Häufung hinaus. Für die zweite Gruppe von Verben, deren semantische Konnotationen eher absolut und daher nicht relativierbar sind, ist „sehr" nicht angemessen. Hier geht es nur u m eine Verstärkung der Aussage in der Weise, dass die Handlung tat sächlich zur Ausführung gelangt - daher „sicher", „gewiss". Eine an dere Art der auch hier im Grunde vorliegenden Intensivierung ist nicht möglich. Da nun eine Vermischung der Konnotationen „sehr" und „si cher" nicht vorzuliegen scheint, ist die Grundfunktion der Figura eine Intensivierung bzw. Häufung, so dass M . Dibelius mit Recht bemerkt: „In j e d e m Fall hat die Figur verstärkende W i r k u n g . " Eine Abgren zung gegenüber einer anderen bzw. alternativen Handlung im Sinne von „dies ist genau was er tat" entspricht also nicht der Verwendung der Figura; auch missachtet eine solche Interpretation die Tatsache, dass die syntaktische Funktion der etymologisierenden Stammwieder holung ausschließlich adverbial modal ist (s.o.). Daher ist der Versuch Fr. Haucks abzulehnen, -rrpooeuxf) in Jak 5,17 als einen Dativus instrumentalis zu interpretieren und dann (seltsamerweise) als „daß ein Gebet und nichts anderes es war" w i e d e r z u g e b e n . Als letztes ist nun zu überlegen, wie sich Kai irpooeuxf] Trpoor|u^aTO in Jak 5,17 am besten übersetzen lässt. Da das mediale Deponens 216
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218
216 Die von Hieronymus in der Vulgata verwendeten Adverben anstelle der Ver bindung eines finiten und infiniten Verbums des gleichen Stammes bestätigen die oben aufgeführten Interpretationen; vgl. Hauschild, Verbindung 25. 217 Dibelius, Jakobus 306. Ähnlich deutlich Mayor, James 180, der auf die intensivierende Funktion der Figura auch in anderen Sprachen hinweist. Vgl. Laus berg, Elemente 91; ders., Handbuch 269, 330f. Wenn Hieronymus die Figura von Jak 5,17 in der Vulgata sinnentsprechend mit Hilfe des Ablativs als „et oratione oravit" übersetzt, dann stellt dies einen Gräzismus dar, der in Prosawerken eher zu vermeiden war; vgl. Hauschild, a.a.O. 12f. 218 Hauck, Jakobus 237. Ähnlich übersetzt de Wette, Petrus, Judas und Jakobus 265 tautologisch als „er bat im Gebet", da er in 1 Kön 17,1 u. 18,42 keine Intensi vierung findet. Die mehrfache Wiederholung des Gebets durch Elia in 1 Kön 18,43f übersieht er offensichtlich.
VII. Gebet und Heilung
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7Tpoö6Uxop,aL nicht zu den oben beschriebenen Verben mit „absoluter" semantischer Konnotation gehört, sondern wie die meisten Verben der ersten Gruppe in seiner Aussage relativierbar ist, sollte eine angemessene Wiedergabe von Trpooeuxfj npooeuxonai den Grundgedanken „sehr beten" aufgreifen. O b dabei die Intensivierung oder die längere Fortdauer zu wählen ist, bestimmt der weitere Kontext. Eine Übersetzung als Intensivierung müsste nach den oben aufgeführten Beispielen der ersten semantischen Gruppe sowie im Blick auf die Modalität des Gebets im Alten und Neuen Testament den Bereich des Flehens und der Beharrlichkeit wiedergeben, also etwa „er betete eindringlich", „eifrig" oder ä h n l i c h . Das biblische Vorbild für die längere Fortdauer wäre das ausdauernde und geduldig abwartende Gebet, welches etwa in der Weise „er betete anhaltend", „beständig" oder „er betete und betete" auszudrücken w ä r e . Für die Intensivierung im Sinne von „eindringlich", „flehentlich" sprechen die Verwendung von btrpic, in Verbindung mit d e m nominalen öücaux; im vorhergehenden Vers 16d sowie die außergewöhnliche Gebetshaltung, die Elia nach 1 Kön 18,42 einnahm. Für die Deutung als längere Fortdauer im Sinne eines anhaltenden oder wiederholten Gebets wiederum spricht die Tatsache, dass Elia nach 1 Kön 18,43f (vgl. 2 Kön 4,35) nicht nur einmal, sondern siebenmal u m Regen rang. Doch da die Stilfigur nur sehr selten und wenn dann meist in Verbindung mit TOpeuojiai (s.o.) - die längere Fortdauer ausdrückt, dürfte K a i Trpooeuxti Trpoor)i)£aTO a m ehesten im Sinne der Intensivierung als eindringliches oder flehentliches Beten zu deuten sein. Beide Optionen erscheinen jedoch sinnvoll und im Blick auf die Modalität des Gebets im Alten und Neuen Testament, w o das Gebet sowohl in seiner Eindringlichkeit als auch in seiner Ausdauer Energie verlangt, a n g e m e s s e n . Die beiden Aspekte bilden also keine wirklichen Alternativen zueinander; vielmehr stehen sie in einer ambivalenten S p a n n u n g . Daher sollte eine Übersetzung a m besten nur den Grundtenor der Figura reflektieren, etwa in der Weise „und er betete intensiv". 219
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219 Vgl. Burchard, Jakobusbrief 204: „stark"; Johnson, James 336: „fervently"; Frankemölle, Jakobus II 725: „flehte im Gebet"; Mußner, Jakobus 225: „und er flehte im Gebet", wobei die genannten Ausleger die Konstruktion im einzelnen aber nicht diskutieren. Ähnlich übersetzt auch Bauer-Aland 1430 die Figura in Jak 5,17 als „inbrünstig beten". 220 So z.B. Laws, James 235; Wall, Community 271. Vgl. auch die Partizipialkonstruktion Ps 40,2 (LXX 39): njiT nip, LXX: inroiievcov ime^ieiva xbv KuplOV.
221 Die Konjunktion als ein konzessives Kai (siehe Bauer-Aland 797g) zu interpretieren, welches die Konnotation der Intension unterstützt, wie Johnson, James 336 annimmt, ist dagegen nicht zwingend. 222 Die gleiche Ambivalenz begegnet bei der etymologisierenden Stammwiederholung mit dem Akkusativ in 2 Sam 12,16 LXX: Kai €vrjoTeuae AaiAö vrpxeiav: wörtl.: „und David fastete ein Fasten", d.h. „und David fastete streng" oder „lang".
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VII. Gebet und Heilung
Dieses Ergebnis bedeutet für die Wiedergabe von TTpooeuxf) iTpoor|i)£aTO in V. 17d und von kv£pyo\)\X£vr) in V. 16d, dass die gängigen Übersetzungen „und er betete ernstlich" bzw. „wenn es ernstlich ist" unangemessen s i n d . Denn „ernstlich" bezieht sich auf die Geisteshaltung der Beter, nicht aber auf die Modalität des Gebets, d.h. die Formulierungen bringen weder den Aspekt der Ausdauer noch den der Intension zum Ausdruck. 223
3.6
Zusammenfassung
Die lexikographische Untersuchung der Wendung öerjoiQ ö i K o d o u in Jak 5,16d sowie die grammatikalisch-syntaktische Analyse des nachgestellten Partizips kv€pyo\)[ievr\ in V. 16d und der Figura etymologica iTpooeuxfj TTpoöTju^aio in V. 17b haben ergeben, dass alle drei Begriffe bzw. Redewendungen für die semantische Konnotation des mit Energie betriebenen, flehentlichen Gebets stehen. Alle drei Ausdrücke bringen auf diese Weise den Aspekt der Beharrlichkeit, der sich bei kvepyo\)\xkvi] und irpooeuxf) T T p o ö r j u ^ a t o sowohl auf die Intensität des Gebets als auch auf die Ausdauer des Beters beziehen kann, zum Ausdruck. Damit knüpfen die modalen Aspekte des Gebets für die Kranken in Jak 5,16d.l7 unmittelbar an die atl.-jüdische Tradition des flehentlichen und ausdauernden Gebets an, wie es primär in der Sprache und Theologie der Klagen des Einzelnen im Gebetbuch Israels z u m Ausdruck k o m m t (vgl. z.B. Ps 34,16-20). An eine Manipulation Gottes ist hier nicht gedacht; vielmehr heben die impliziten Hinweise auf die Modalität des Gebets die Bedeutung der Herzenshaltung hervor. D.h. für Jak ist die engagierte und beharrliche, an Gott oder Jesus gerichtete Bitte wie in den atl. Psalmen und den ntl. Wundergeschichten Ausdruck des Vertrauens der Bittsteller in die Macht Gottes zu helfen. Die Bezeichnung des Ältestengebets in V. 15a als eu^f] rf|q Tuoiecoq bestätigt diese Sichtweise e i n d r ü c k l i c h . Diesen Zusammenhang hatte bereits A. Schlatter erkannt: „Jakobus stärkt die Zuversicht der Gemeinde zur Macht des Gebets; denn an ihrem Vermögen zum gläubigen Bitten hängt ihre ganze W i r k s a m k e i t . " Für Jak ist also nicht in erster Linie der Glaube der Kranken, sondern vor allem das Sündenbekenntnis, der Lebenswandel und das Gottvertrauen der betenden Gemeinde von zentraler Bedeutung für die Heilung der Kranken. 224
225
223 Gegen z.B. Moo, James 248. 224 Vgl. Miller, They Cried to the Lord 306/307, wonach die Anweisung des Jak in 5,13-18 „is almost a Synopsis of some of the main things we learn about prayer from the Old Testament... Confession of sin is placed in the prayer life of the Community to whom James writes. And 'the prayer of faith' and 'the prayer of the righteous' take us directly back to those prayers in trust and confidence and those prayers of the righteous or innocent that make up much of the prayers of the Psalter." 225 Schlatter, Jakobus 284.
Ergebnisse
Die bis heute am meisten diskutierte Frage im Zusammenhang mit Jak 5,13-18 lautet: von welcher Natur sind Krankheit und Heilung in der Perikope? Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung erlauben nun eine differenzierte Antwort auf diese Fragestellung. Für eine detail liertere Darstellung der Einzelaspekte sei dabei auf die Zusammenfas sungen der entsprechenden Kapitel verwiesen. Zunächst bestätigen der Aufbau und die verwendeten stilistischen Mit tel die formale Einheit des Texts. Das Gebet der Gemeinde in V. 16 stellt sich als Verallgemeinerung des Ältestengebets in V. 14f dar. Beide Handlungen sind demnach von gleicher Natur und dienen dem selben Zweck. Vor allem bedingt die Einführung der Sündenthematik in V. 15c keine inhaltliche Zäsur, denn erstens ist die Sentenz Teil des Polysyndetons V. 15, d.h. sie ist syntaktisch an das Heilungsgeschehen in V. 14f gekoppelt. Zweitens nimmt V. 15c lediglich Bezug auf die Möglichkeit vorhandener Sünden; auf diese Weise relativiert der Nach satz 15c den atl.-jüdischen Kausalnexus von Krankheit und Sünde und stellt - ebenfalls in atl.-jüdischer Tradition - etwa notwendige Sünden vergebung als Voraussetzung für die Heilung in Aussicht. Die Sün denthematik trägt also nicht zum Verständnis der Krankheit bei. Somit ist eine Zweiteilung der Perikope in die Abschnitte 5,13-15 und 5,1620 - wie sie mehrere Ausleger vornehmen - weder aus formalen noch aus inhaltlichen Gründen zu rechtfertigen. Die philologische Untersuchung des in der Perikope verwendeten Krankheits- und Heilungsvokabulars bestätigt die vorhergehenden Be obachtungen. So entspricht die syntaktische Einbindung, d.h. die ab solute Verwendung ohne Näherbestimmung der Verben doGeveo) und lao|ioa und die grammatische Form, d.h. das absolut stehende substan tivierte Partizip Präsens des Verbums Kctfivo) dem in der Antike wie auch im N T üblichen Sprachgebrauch zur Darstellung körperlicher Er krankung bzw. ihrer Heilung. Ähnlich verhält es sich bei dem absolut gebrauchten Verbum eyeipo), das ebenfalls zum Vokabular ntl. Hei lungsberichte gehört und im N T am häufigsten in diesem Zusammen hang erscheint. Eine Verwendung im Sinne einer seelischen Aufrich tung ist für die gesamte Wortgruppe nicht belegt, und ein Verständnis im Sinne der eschatologischen Auferstehung setzt entweder eine Nä herbestimmung oder einen eindeutigen Kontext voraus. Die semanti sche Füllung des vorliegenden Vokabulars ergibt sich also nicht aus
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Ergebnisse
dem Kontext, sondern aus der Verwendung der Begriffe. (Der einzige kontextuelle Hinweis auf die Art der Erkrankung besteht lediglich in der Tatsache, dass der Kranke die Ältesten nach V. 14 zu sich rufen soll, da er wohl bettlägerig ist.) D.h. das Krankheits- und Heilungsvo kabular definiert den Kontext bzw. den Inhalt der Perikope und nicht umgekehrt. Dies macht insbesondere die Wendung ocoCeiv TÖV K a p , v o v T a in V. 15 deutlich, die einen Terminus technicus sowohl in der antiken Medizin als auch i m alltäglichen Sprachgebrauch darstellt. Die linguistische Methode bildet also den Schlüssel zum Verständnis der Heilungsterminologie in Jak 5,13-18: Eine Doppelbedeutung des Hei lungsvokabulars im medizinischen und geistlich-soteriologischen oder psychologischen Sinn ist aus sprachlicher und demzufolge auch aus kontextueller Sicht nicht zu rechtfertigen. D.h. der Verfasser des Jak hat zunächst nur die körperlich Kranken im Blick. Die Bedeutung des Gebets im Falle psychischer Erkrankung wird dadurch aber weder aus geschlossen noch eingeschränkt . Aus theologischer Perspektive stellt sich eine geistlich-soteriologische Interpretation des Heilungsgeschehens in V. 14f sogar als problema tisch dar. Denn einerseits resultiert das geistliche Heil im N T nie un mittelbar aus d e m Gebet anderer, andererseits bedürfen Gemeindeglie der, d.h. Glaubende, keiner geistlichen Rettung mehr. Auch finden sich in der Perikope keine kontextuellen Hinweise für eine übertragene Deutung der Heilung in V. 16 im Sinne der Wiederherstellung einer zerstrittenen Gemeinde. Vor allem aber besteht keine Notwendigkeit, das Ausbleiben der Erhörung in der Praxis entweder durch die alleinige oder zusätzliche Interpretation des Heilungsgeschehens im übertrage nen Sinn zu erklären. Denn die eingeschränkten Erhörungsverheißungen der synoptischen Evangelien sowie des Jak selbst reflektieren diese Problematik bereits (s.u.). 1
Ein weiterer Hinweise auf die Natur der Heilung ist in der Ölsalbung impliziert. Zwar begegnet die Krankensalbung im N T neben Jak 5,14 nur noch in M k 6,13, doch steht sie auch hier in Verbindung mit der Krankenheilung. D a es sich in Jak 5,14f u m eine Heilung durch Gebet handelt, ist eine medizinische Bedeutung der Salbung auszuschließen. Die sehr begrenzte therapeutische Wirkung und die entsprechend spe zielle Anwendung des Olivenöls (tkaiov) bei den antiken Ärzten wie auch in der Volksmedizin bestätigen diese Sichtweise. Die religionsge schichtliche und kulturelle Bedeutung der Ölsalbung hingegen ist in der atl.-jüdischen Tradition wie im gesamten Alten Orient von vielfäl tiger Natur. Keine der symbolischen Bedeutungen der Ölsalbung scheint aber in besonderer Weise für den Fall der Krankheit passend. Zugleich spricht die Verwendung von aldfyu anstelle von xpCco eher gegen einen fest etablierten Ritus. Daher dürfte die Symbolik der Kran1
Hierzu siehe auch Albl, „Are Any among You Sick?" 124 mit Anm. 8.
Ergebnisse
277
kensalbung a m ehesten den in den atl. Psalmen und Propheten wiederholt begegnenden Aspekt göttlichen Segens und göttlicher Heilszuwendung z u m Ausdruck bringen. Einen weiteren Bezug zur synoptischen Heilungstradition - und somit ein zusätzliches Argument für das wörtliche Verständnis der Jakobusperikope - bildet die Verbindung von Gebet und Glauben im Ausdruck f] 6i)%f] xf\Q TTLÖT60)(; in V. 15. Denn wie die narrative Analyse gezeigt hat, steht die in den synoptischen Heilungserzählungen und den damit oft verbundenen Gebetsparänesen und Erhörungsverheißungen thematisierte TTLÖTLC; für das rückhaltlose Vertrauen bzw. den Fiduzialglauben der Bittsteller, welcher für das Erhalten des Erbetenen von ganz entscheidender Bedeutung ist (vgl. auch Jak l,6f). Dabei ist hervorzuheben, dass sich die Anweisungen und Beispiele nicht nur an die u m Heilung ersuchenden Kranken richten, sondern insbesondere auch an diejenigen, die anstelle der Kranken bitten. Die synoptischen Heilungsgeschichten dienen daher nicht nur der messianischen bzw. thaumaturgischen Legitimierung Jesu, sondern sie fungieren aufgrund ihres exemplarisch-didaktischen Interesses auch als Gebets- und Glaubensparänesen für die u m Heilung bittende und ringende Gemeinde. In dieser Funktion bilden die ntl. Heilungsgeschichten zusammen mit den synoptischen Gebets- und Glaubensparänesen den traditionsgeschichtlichen Hintergrund der dr/T]- 1 % T U O T O O C ; in Jak 5,15 und der damit verbundenen Heilungsverheißung. Das in Jak 5,13-18 verwendete Gebetsvokabular spricht - wie die linguistische und traditionsgeschichtliche Betrachtung gezeigt hat - ebenfalls für ein wörtliches Verständnis des Heilungsgeschehens in Jak 5,13-18. So stehen sowohl der atl.-jüdisch geprägte Ausdruck öerjoic; Ö I K C C L O U und das nachgestellte Partizip evepYOUfievri im assertorischen Ausspruch V. 16d als auch die W e n d u n g TTpooeuxf) TTpoor)i)£aTo im Beispiel des Elia in V. 17b für das angestrengte und beharrliche bzw. flehentliche Gebet in akuter Not, insbesondere Krankheitsnot. Die W e n dung TTpoöeuxt) TTpoöTju^aTo bildet dabei eine Figura etymologica, die zwar im Blick auf die Septuaginta deutlich hebraisierend ist, doch die auch d e m griechischen Sprachempfinden nicht fremd ist. Wie sich nachweisen ließ, drückt sie in beiden Sprachbereichen eine Amplifikation der Handlung aus. Die Wurzeln dieser in Jak 5,16f implizierten und in der Exegese bislang k a u m beachteten - Modalität des Gebets gründen sowohl in der atl.-jüdischen Frömmigkeit als auch im Gebet der Urgemeinde. Dies belegen z.B. die Klagen des Einzelnen im Psalter Israels, die Bittgesuche in den ntl. Heilungserzählungen und die Gebetsterminologie in den Paulusbriefen. Das beharrliche und flehentliche Gebet zeigt hier zunächst die innere Ergriffenheit der Beter, doch vor allem bringt es - wie in den synoptischen Heilungsgeschichten exemplarisch dargestellt - das von Gott erwartete Vertrauen auf Erhörung z u m Ausdruck.
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Neben d e m Gebet ist auch die Bedeutung der T r p e o ß u i e p o i rfjg in V. 14 zu klären, denn ihrem Glaubensgebet - und nicht der Salbung! - ist in V. 15a die Erhörung explizit verheißen. Die neue ren Arbeiten zu Jak 5,13-18 wenden sich mit Recht dagegen, die Erhö rungsverheißung auf das A m t der Gemeindeleitung zurückzuführen. Denn weder existieren biblische Parallelen zu einem solchen Heilungs verständnis, noch haben die ntl. Ältesten ein A m t im engeren, d.h. rechtlich-institutionellen Sinn inne. Vielmehr gründet ihre Stellung auf ihrem Dienst. Das entscheidende Argument leitet sich daher von der Bezeichnung ihres Gebets als eux'H fte Tuoieox; ab. D a die Ältesten erfahrene Leiter, Lehrer und vor allem geistliche Diener der Gemeinde sind, die vermutlich oft zu ihren Begründern zählten, sind unter ihnen auch die engagiertesten Beter der Gemeinde zu suchen. Auf diesem Hintergrund setzt Jak 5,15 bei ihnen wohl ein vertrauensvolles Gebet voraus, d e m die Erhörung - wie in der synoptischen Tradition - ver heißen ist. (Jak 5,15 thematisiert also primär den Glauben der für die Kranken Betenden und nicht den Glauben der Kranken.) Des weiteren besitzen die ntl. Ältesten nach mehrfachem Zeugnis eine Vorbildfunk tion sowohl in ihrem Lebenswandel als auch in ihrem geistlichen Dienst. In dieser Weise fungieren die für Heilung betenden T r p e o ß u i e p o i , TfjC €KKA.r)OLoc(; offensichtlich auch in der Jakobusperikope. Denn auf die Anweisung für das Ältestengebet folgt unmittelbar eine analoge Aufforderung zum Krankengebet an die Gemeinde; beide verbindet die Konsekutivpartikel o u v (deshalb) in V. 16. Der wesentliche Unter schied in den Anweisungen besteht lediglich darin, dass den Ältesten die Erhörung verheißen ist, wogegen sie der Gemeinde im Finalsatz als Ziel ihrer Gebete vor Augen steht. Folglich dürften die betenden Ältesten auch hier als Vorbild für die Gemeinde in ihrem Bemühen u m Heilung ihrer Kranken dienen. In Verbindung mit d e m gegenseitigen Gebet u m Heilung ruft V. 16 die Gemeindeglieder noch zum gegenseitigen Sündenbekenntnis auf. Bei dieser Gegenseitigkeit handelt es sich nicht notwendig u m eine sym metrische Reziprozität. Vielmehr geht es darum, die Sünden der Beter auszuräumen, da sie in atl.-jüdischer Tradition der Erhörung im W e g e stehen. Folglich impliziert die Gemeindeparänese V. 16 weder ein öf fentliches Sündenbekenntnis des Kranken in V. 15 - sie schließt ein solches aber auch nicht aus - noch ein gegenseitiges Sündenbekenntnis des Kranken und der Ältesten. Der folgende Hinweis auf die Wirkmächtigkeit des Gebets eines Ge rechten bzw. F r o m m e n knüpft - entsprechend der vielfachen Bezug nahme des Jak auf atl.-jüdische Traditionen - an die Erhörungsgewiss heit des p H ? an, wie sie vor allem in den Psalmen begegnet. Für den Verfasser des Jak bilden demnach das Gottvertrauen entsprechend der synoptischen Heilungstradition und der Lebenswandel der Beter ent sprechend der Frömmigkeit Israels Voraussetzungen für die Erhörung 6KKA.T]Ö IOLQ
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der Krankengebete. V. 15 beinhaltet also eine im Blick auf den (Fiduzial)glauben eingeschränkte Erhörungsverheißung. Die mehrfachen Verweise auf die atl.-jüdische Tradition und die sy noptische Heilungstradition zeigen, dass die Heilungsperikope Jak 5,13-18 wesentliche Elemente atl.-jüdischer Frömmigkeit und urchrist licher Heilungspraxis vereint. Zugleich finden zentrale Bestandteile der synoptischen Tradition wie z.B. das Handauflegen, die Kraftübertra gung, das vollmächtige Wort und die Spontanheilung wie auch die Heilungscharismen der paulinischen Gemeinden keine Erwähnung. Der Verfasser des Jak stellt also den thaumaturgischen Aspekt der ntl. Heilungserzählungen hinter das allgemeine Krankengebet zurück ohne ihn jedoch in irgendeiner Weise auszuschließen. Der Grund hier für dürfte sein, dass er den Heilungsdienst nicht nur als Aufgabe be gabter Charismatiker versteht. Sein Anliegen ist es vielmehr, die Ver antwortung der gesamten Gemeinde für die Kranken hervorzuheben und entsprechend alle Gemeindeglieder zum flehentlichen Gebet für die Kranken und zur vertrauensvollen Erwartung der Heilung zu moti vieren.
Literatur
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a)
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e) Rabbinische
Schriften
Der Babylonische Talmud. Übers, v. L. Goldschmidt. 12 Bde. Berlin 1929-1936, (ND Königstein/T., 4. Aufl., 1996). Hammer, Reuven. The Classic Midrash. Tannaitic commentaries on the Bible. Translation, introduction and commentaries. New York u.a., 1995. Übersetzung des Talmud Yerushalmi. Hg. M. Hengel u.a. Tübingen 1975ff. Maaser Sheni. Übers, v. R. Ulmer, in: Übersetzung des Talmud Yerushalmi, Tübin gen 1996. Midrasch Rabba Kohelet. In: Midrasch Rabba, 2 Bde., Wilna (ND Jerusalem o.J.). Midrasch Rabba Kohelet. In: Midrasch Rabba zu den fünf Megillot, 681 ff. Der Midrasch zum Buche Kohelet. Bibliotheca Rabbinica I, Hg. u. übers, v. A. Wünsche. Leipzig 1881 (ND Hildesheim 1967). Midrash Rabbah, Ecclesiastes. Übers, v. A. Cohen. London 1939 (ND 1951, 1971). Die Mischna. Text, Übersetzung und ausführliche Erklärung, begründet von G. Beer, O. Holtzmann, Hg. K.H. Rengstorf u.a., 1912ff.
282 f) Neutestamentliche
Literatur Apokryphen
Neutestamentliche Apokryphen in deutscher Übersetzung. 2. Bde. Hg. W. Schnee melcher. Tübingen, 5. Aufl., 1987/1989.
g) Alte Kirche Basilius. Consolatio ad Aegrotum (MPG 31). Paris 1857. Chrysostomos, Johannes. In Joannem homiliae (homiliae 1-88) (MPG 59). Paris 1862. Die Didache (KAV 1). Übers, v. K. Niederwimmer. Göttingen, 2. Aufl., 1993. Didache, Barnabasbrief, 2. Klemensbrief, Schriften an Diognet (Schriften des Ur christentums 2), Hg. K. Wengst. München 1984. Epiphanius. Panarion (Adversus haereses). In: Die griechischen Schriftsteller der ersten Jahrhunderte: Epiphanius I-III, Hg. K. Holl, 1915-33, 2. Aufl. Hg. J. Dummer. Berlin 1980. Gregoire de Nazianze. Lettres Theologiques (Sources Chretiennes 208). Hg. P. Gal lay. Paris 1974. Gregoire de Nysse. La Vie de Moi'se (Sources Chretiennes Ibis). Hg. J. Danielou. Paris, 3. Aufl., 1968. Meyer, M.; Smith R. (Hg.). Ancient Christian Magic: Coptic Texts of Ritual Power. San Francisco (Calif.) 1994. Photius. Bibliotheca (Photius, Bibliotheque). Übers, u. hg. v. R. Henry. Paris 19591977 (Bd. 7: 1974). La tradition apostolique de saint Hippolyte (LQF 39). Hg. B. Botte. Münster, 3. Aufl., 1963.
h) Antike medizinische
Schriften
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Literatur
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i) Weitere antike Literatur Alexander Aphrodisiensis. In Aristoteles topicorum, libros octo commentaria, Commentaria in Aristotelem Graeca 2,2. Hg. M. Wallies. Berlin 1891. Andocides. Discours. Hg. G. Dalmeyda. Paris 1930. Aristides, Aelius. IIpb<; IUaicova iT€pl prrcopiKfic;. Hg. S. Jebb. Oxford 1722-1730. Aristophanes. Hg. V. Coulon. 1923-1930. Chrysippus. Fragmenta moralia. In: Stoicorum veterum fragmenta, Hg. J. von Ar nim, 1964. Corpus Hermeticum. Texte etabli par A.D. Nock et trad. par A.-J. Festugiere. Paris 1945-54. Corpus Hippiatricorum Graecorum I, Excerpta Lugdunensia. Hg. E. Oder, K. Hop pe, 1924. Diodorus Siculus. Hg. I. Becker, L. Dindorf, F. Vogel, C.Th. Fischer. Leipzig 18881906. Diodorus ofSicily. In Twelve Volumes. Bd. 1: Books I and II, 1-34, with an English Translation by C.H. Oldfather. London, Cambridge (Mass.), 1933 (ND 1968). Euripides. Hg. G.G.A. Murray. Oxford (OCT) 1937-47. Hermetica. Edited with English Translation and Notes by W. Scott. 2 Bde. 1925. Hermetica: The Greek Corpus Hermeticum and the Latin Asclepius in a New Eng lish Translation, with Notes and Introduction. Hg. B.P. Copenhaver. Cambridge (Engl.) 1992. Herodot. Historien. Hg. J. Feix. 2 Bde. München, 2. Aufl., 1977. Herodot. Historien. Hg. C. Hude. Oxford (OCT), 3. Aufl., 1927 (ND 1941-47). Libanius. Hg. R. Förster, 1903-27 u. R.F.-E. Richtsteig, 1963.
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2. Hilfsmittel und Einleitungswerke
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b)
Einleitungswerke
Kümmel, Werner Georg. Einleitung in das Neue Testament. Heidelberg, 21. Aufl., 1983. Schnelle, Udo. Einleitung in das Neue Testament (UTB 1830 M). Göttingen, 3. Aufl., 1999. Stemberger, Günter. Einleitung in Talmud und Midrasch. München, 8., neubearbei tete Aufl., 1992.
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Literatur c) Konkordanzen und Synopsen
Aland, Kurt. Vollständige Konkordanz zum griechischen Neuen Testament, unter Zugrundelegung aller modernen kritischen Textausgaben und des Textus Receptus. 3 Bde. Berlin 1983. Computer-Konkordanz zum Novum Testamentum Graece von Nestle-Aland, 26. Auflage, und zum Greek New Testament, 3rd Edition. Hg. vom Institut für Neutestamentliche Textforschung und vom Rechenzentrum der Universität Münster. Berlin, New York 1980. Denis, Albert-Marie. Concordance grecque des Pseudepigraphes d'Ancient Tes tament. Louvain-la-Neuve 1987. Graphic Concordance to the Dead Sea Scrolls. Hg. J.H. Charlesworth. Tübingen 1991. Hatch, Edwin; Redpath, Henry A. A Concordance to the Septuagint and other Greek Versions of the Old Testament (Including the Apocryphal Books). 2 Bde. Oxford 1897-1906 (ND Graz 1954). Rengstorf, Karl Heinrich. A Complete Concordance to Flavius Josephus. 4 Bde. Leiden 1973-1983. Synopsis Quattuor Evangeliorum. Locis parallelis evangeliorum apocryphorum et patrum adhibitis. Hg. K. Aland. Stuttgart, 15. Aufl., 1996.
d) Grammatiken und Stilkunden Blass, Friedrich; Debrunner, Albert. Grammatik des neutestamentlichen Grie chisch. Bearbeitet von F. Rehkopf. Göttingen, 16. Aufl., 1984. Bullinger, E.W. Figures of Speech Used in the Bible Explained and Illustrated. London 1898 (ND 1968). Gesenius, Walter; Kautzsch, Emil. Hebräische Grammatik. 28. Aufl., 1909 (ND 1983). Lausberg, Heinrich. Elemente der literarischen Rhetorik. Ismaning, 10. Aufl., 1990. . Handbuch der literarischen Rhetorik, Bd. 1. München, 2. Aufl., 1973. Moule, C.F.D. An Idiom Book of New Testament Greek. Cambridge 1953 (1959). Radermacher, Ludwig. Neutestamentliche Grammatik. Das Griechisch des Neuen Testaments im Zusammenhang mit der Volkssprache. Tübingen, 2. Aufl., 1925. Winer, Georg B. Grammatik des neutestamentlichen Sprachidioms. Leipzig, 7. Aufl., 1867.
e) Elektronische
Datenbank-Systeme
ATLA Religion Database. Internationale bibliographische Datenbank für Theologie und Religionswissenschaft. Hg. American Theological Library Association. Dissertation Abstracts Ondisk, ProQuest, UMI Company, Juni 1996. Enhält fol gende Publikationen: CDI-Comprehensive Dissertation Index; DAI-Disserta tion Abstracts International (Teile A, B und C); MAI-Masters Abstracts Inter national; ADD-American Doctoral Dissertations. Thesaurus Linguae Graecae (TLG), CD-ROM #D. Hg. University of California, Irvine (Calif.) 1992. PHI CD-ROM #7: griechische Texte: Inschriften und Papyri, Hg. Packard Humanities Institute, 1996. Enthält: DDBDP: Duke Data Bank of Documentary Papyri, Duke Univ., Univ. of Michigan. Inschriften: Cornell, Ohio State Univ.
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Literatur
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Zitation und Abkürzungen Die allgemeinen Abkürzungen, die Kurzformen der biblischen Bücher, der antiken Schriftsteller und Schriften sowie der Lexika richten sich nach: Theologisches Begriffslexikon zum Neuen Testament, Bd. 1, hg. von L. Coenen und K. Haacker, Wuppertal 1997. Die Abkürzungen von Zeitschriften, Serien und Sammelwerken folgen S.M. Schwertner, Theologische Realenzyklopädie: AbkürzungsVerzeichnis, Berlin, New York, 2. Aufl., 1994. Für die Kurzformen der Papyri und Inschriften siehe W. Bauer und K. Aland, Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur, Berlin, New York, 6. Aufl., 1988.
Bibelstellen (Auswahl)
Genesis 2,17 6,9.22 7,1 20,4-6
269 244 244 245
Exodus 23,1-3.6-8 29,7 29,20 30,22-29 30,25
244 158 163 159 160
Leviticus 8,2 8,10-12 8,22-24 14,14-18
160 163 163 162ff, 169
Deuteronomium 6,17 269 244 16,19 244 25,1 90 30,3
2 Könige 5,11 20,2-4
188 261
Psalmen 17,6 23,5 30,3 34,16-18 37,39 40,2 45,8 133 145,18-20 146,8
200, 231 165 260 249, 260, 265f 250 261 165 165 249f, 261 250
Sprüche 3,34 15,29
241 250
Kohelet 9,7f
144
261 91ff 250 161 144
1 Samuel 10,1 16,3 24,7.11
159 160 160
Jesaja 38,2-4 53,4-5 58,6-9 61,1 61,3
2 Samuel 3,39
166
Habakuk 2,3.4
245f
1 Könige 8,37-39 17,20 18,24 18,43f
260 260f 187f 273
Weisheit 12,28
216
Jesus Sirach 2,6-11 38,9
201,227f,231 88
Bibelstellen
306 1 Makkabäer 2,42 246 2,59 201,231 7,12 246 2 Makkabäer 3,1-34 251 Matthäus 1,19 6,5-8 8,5-13 8,17 9,27-31 17,20 21,21
248 264 214f 93 217 217, 219f, 234 217
Markus 1,40-45 216 2,1-12 202ff, 232 3,10 175,204 5,22-24.35-43»207f, 229, 270 5,24-34 175f, 204ff, 230, 232 5,23.36 232 6,13 137,149,170,177 182ff, 195ff, 198, 276 6,56 204 7,24-30 208f, 232, 262 7,33 179 7,34 180 8,22-26 179,181 9,14-29 209ff, 230f, 233 10,46-52 212ff, 230, 232, 262 ll,12-14.20f 218f,234 11,23 217, 234 11,24 220ff 11,25 234 Lukas ll,5ff 13,11 16,19 17,6 17,11-19 18,lff 22,15
262 177 175 217, 234 216 262 270
Johannes 3,29 4,46-54
270 222
9,6f 9,31 ll,21f
179,181 252 222
Apostelgeschichte 3,6 190 3,16 224f, 229 4,17 270 8,7 177 10,38 173 12,5 263 13,lf 127 14,8-12 225 15,28 122, 129 20,17 126 20,28 124 Römer 9,17
190
1 Korinther 5,3-5
190
2 Korinther l,21f 12,7-9
173 259,263
Philipper 2,25-27 4,6
263f 259,263
1 Thessalonicher 5,12f 130 1 Timotheus 252 2,8 4,14 125 5,17f 125 Hebräer 5,7 6,12 12,13
252 264 90
Jakobus 1,1-18 1,2 1,5-8 1,5 3,12-18
7 7 225ff, 234f, 268 225, 249
(Auswahl)
Bibelstellen 4,6.10 4,1-12 5,6 5,7-11 5,10f 5,12 5,13 5,14
(Auswahl)
5,19f
241 243, 252ff 248 8 8, 264 7f 9ff, 25f, 28f, 49, 237 9ff, 14, 25, 23ff, 29, 40f, 49f, 98, 122, 134ff, 137f, 162, 182, 184f, 186ff, 190ff, 195ff, 237f, 275ff 9ff, 15, 23ff,25,41f, 47f, 50f, 57f, 74ff, 77, 79f, 82ff, 87,98f, 135, 200, 235, 238f, 241f 275ff 9ff, llff, 15,23ff,25, 57, 84, 86ff,97ff, 136, 186, 235, 239ff, 252ff, 257f, 264ff, 274, 275ff 9ff, 14f, 256ff, 269ff, 272ff, 277 7f
1 Petrus 2,24 3,7-12
92 251f,265f
1 Johannes 2,20
173
5,15
5,16
5,17f
Sachregister (Auswahl)
Adressaten 13 Älteste 258 als Vorbild 258 Geistverleihung 102 Ältestengebet 237, 257, 274 Ältestenverfassung 126 Amt 132, 158,238 Ärzte 42, 6 0 , 7 1 , 7 4 , 145 Asklepieien 86 Asklepios 5 2 , 6 0 , 73 Asklepiosfrömmigkeit 96 Aufbau 9 aufrichten 78 als heilen 79, 83 eschatologisch 80, 83 psychisch 83 Ausdauer 263, 274 Begabung, charismatische 236 Behandlungsmethoden 62 Beharrlichkeit 209, 217, 232, 260, 262, 264, 269, 273, 274 Beichte 243 Beispielerzählung..207, 208, 233, 277 Bibelübersetzungen 24 böse Geister Siehe Dämonen Charisma 135 Charismatiker 238, 256 Charismenlehre, paulinische 129 Chasidim 120 Dämonen Dogmatik
156, 177,210 2
Einzelanweisungen Elia
7 256, 269, 273
Epidauros 60, 86 Erhörung, ausbleibende 210, 237, 253 Erhörungsgewissheit 136, 222, 226, 228, 229, 235, 266 des Gerechten 249, 252 Erhörungsverheißung 200, 222, 226, 239, 252 eingeschränkte 254 uneingeschränkte 254 Erprobung 52 Erschwernismotiv 213, 232 Erwartungshaltung 205 eschatologische Heilung 18 Exorzismus5, 111, 156, 177, 220, 224 Flehen 260, 266, 267, 269, 273 Folgerungspartikel Siehe Konsekutivpartikel Forschungsgeschichte 3 Galen 4 3 , 5 3 , 60, 69, 145 Gebet beharrliches 262 des Gerechten 250, 252 flehentliches 265, 274 gläubiges 228 Modalität 259, 265 regelmäßiges 210 Gebetserhörung 235, 241, 252 und Sünde 241 Gebetsglaube 208,218 Gebetsparänese 226, 234, 236, 253, 263, 277 Gebetsvokabular 237, 252 Gebetsvollmacht 238 geistliche Schwäche.. Siehe Schwäche Geistsalbung 173
Sachregister
309
(Auswahl)
Geistverleihung 102, 161 Gemeinde 193, 204, 210, 216, 218, 221,234, 235, 240, 259 Gerechter 243,261 Gesinnung 253 Glaube 67,200 als Gabe 230 als Willensäußerung 230 Bekenntnisglaube 225 der Gemeinde 259 Fiduzialglaube212, 221, 224, 226, 239, 277 Kleinglaube 220f, 234,235 kognitiv 2 0 3 , 2 1 5 , 2 2 4 , 233 Senfkornglaube 220 stellvertretender 203, 209, 212, 235 Vorbild 215,234, 257 Glaubensformel 214 Glaubensparänese 204, 214, 277 Glaubensstärkung 234 Glaubensvorbild 215, 234, 257 Gottesknecht 92 Handauflegen 111, 174, 237 Hausgemeinden 128 heilen 85,98 körperlich 58, 86, 89, 92, 97 metaphorisch 87, 89, 92 psychisch 58, 91 soteriologisch 58, 92, 97 Heilgötter 60 Heiligung 164 Heilkunde 72, 145 Heilkunst 62 Heilung ausbleibende 95 eschatologische 18 Heilungsauftrag 95 Heilungsberichte antike 60, 86 ntl 68, 263 synoptische 232, 234 Heilungserzählungen Siehe Heilungsberichte Heilungsgabe 134 Heilungsgaben 95
Heilungsgewissheit 229 Heilungsterminologie Siehe Heilungsvokabular Heilungsverheißung uneingeschränkte 24 Heilungsvokabular 5 7 , 7 5 , 87, 99 Heilungsvollmacht 210 Herrenbruder 123 Hiobdichtung 52 Hippokrates 60, 70, 145 Inkubation Jakobus der Gerechte Jesus-Tradition
53, 60 123 247, 255 242
Klagen 261 Konsekutivpartikel 11,17, 22, 86, 240 Kraftübertragung 175 krank körperlich 38,41,44,48 Krankenbesuch 117 Krankengebet 260 Krankenpflege 43 Krankheitsvokabular 25 Krankheitsätiologie Siehe Krankheitsursache Krankheitsursache 51, 54 Lebenswandel leiden literarische Einheit
226, 241, 258 26 15
Magie 71, 111, 151, 188, 190, 192 Manipulation 263, 275 Mebaqqer
Medizin, antike medizinische Literatur Mythologie Namensnennung Numerus Wechsel
106, 131
63 69 64 187 22
Öl Heilkraft
147
Sachregister
310 Oberbegriff. Olivenöl Salböl Ölsegnungsgebet
147 141 141 193
Paränese Pastoralbriefe Paulusbriefe Pergamon psychologische Deutung
,
1 125 123 60 19
Rabbinen retten akut-dynamisch als heilen als helfen Doppelbedeutung eschatologisch soteriologisch 58, 5 9 , 6 5 , sozial Terminus technicus transzendent vom Tod
117 57 58, 68, 69 58,59,62 64 68, 76 58, 65 66, 7 4 , 7 6 63 67, 7 4 , 9 8 64 65, 6 6 , 7 1
Sakrament Salböl Salbung als Rechtsakt apotropäisch bildhaft eschatologisch Geistsalbung kathartisch sakramental zeichenhaft Satan Schwäche als Krankheit geistlich körperlich materiell moralisch positiv psychologisch religiös seelisch
194 Siehe Öl 150, 158, 161 150,172 165, 173 167 173 150 186 183 52 31, 36 25 29, 35 30 30 40 40 38 25,48
(Auswahl)
seelische Schwäche .. Siehe Schwäche semantisches Netz 14, 17, 21, 23 Strafe 52 Strukturanalyse 9 Suggestion 231 Sünde 241 Sündenbekenntnis 16, 20, 240 symmetrische Reziprozität 243 Sündenvergebung. 21, 58, 9 2 , 9 7 , 202 Synagoge 114 syntaktisches Netz 24 Therapeuten 110 Therapie 63,147, 181 Totenreich 61 Tun-Ergehen-Zusammenhang 51, 170,201,242 Unglaube
2 0 3 , 2 1 1 , 2 3 4 , 258
Vertrauen 206, 229, 232 Volksmedizin 53, 61 Vorbild der Ältesten 258 Vorlage, traditionsgeschichtliche 4, 90, 97, 267 Wille Gottes Wirkungsgeschichte Wundbehandlung Wundererzählungen rabbinische synoptische Wunderheilung
258, 263 2, 195 140, 145 223 119 201 96, 174
Zeigehandlung 182 Zweifel 211, 210, 220, 227, 228, 231, 258
Wissenschaftliche Monographien ZUM ALTEN UND NEUEN TESTAMENT
112 Die Studie untersucht die zentrale neutestamentliche Anweisung zum Gebet fUr die Kranken, Jak 5,13-18, auf die sich z.B. das Sakrament der letzten Olung bzw. heute der Krankenheilung bezieht. Anhand von sprachlichen und inhaltlichen Vergleichen mit anderen biblischen und auBerbiblischen Heilungstexten rekonstruiert die Arbeit die urchristliche Praxis der Krankenheilung durch Gebet. Sigurd Kaiser, geb. 1963, Studium der Physik, Medizin und Theologie in Siegen, Kiel und am Fuller Theological Seminary, Pasadena, CA. Forschungstatigkeit an der Rice University in Houston, TX und an der Stanford University, Stanford, CA. 2004 Promotion zum Dr. theol. an der Evangelisch-theologischen Fakultat der Universitat Tubingen mit der vorliegenden Arbeit. Zur Zeit wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universitat Siegen.
NEUKIRCHENER ISBN 10: 3-7887-2142-1 ISBN 13: 978-3-7887-2142-8 9 783 7 88721428