Stefan Schallenberger Lektüreschlüssel Alfred Andersch Vater eines Mörders
Reclam
LEKTÜRESCHLÜSSEL FÜR SCHÜLER
Alfre...
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Stefan Schallenberger Lektüreschlüssel Alfred Andersch Vater eines Mörders
Reclam
LEKTÜRESCHLÜSSEL FÜR SCHÜLER
Alfred Andersch
Der Vater eines Mörders Von Stefan Schallenberg er
Philipp Reclam jun. Stuttgart
Dieser Lektüreschlüssel bezieht sich auf folgende Textausgabe:
Alfred Anderseh: Der Vater eines Mörders. Eine Schulgeschichte. Zürich: Diogenes Verlag, 2006. (Diogenes Taschenbuch. 23608.)
Alle Rechte vorbehalten
© 2007,
2009 Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart
Gesamtherstellung: Reclam, Ditzingen Made in Germany 2009 RECLAM, UNIVERSAL-BIBLIOTHEK und RECLAM$ UNIVERSAL-BIBLIOTHEK sind eingetragene
Marken der Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart ISBN 978-3-15-950142-0 ISBN der Buchausgabe: 978-3-15-015377-2 www.reclam.de
Inhalt
1. Erstinformation zum Werk 2. Inhalt
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3. Personen
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4. Werkaufbau
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5. Wort- und Sacherläuterungen 6. Interpretation
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7. Autor und Zeit
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8. Checkliste und weiterführende Aufgaben 9. Lektüretipps/Filmempfehlungen
Anmerkungen
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1. Erstinformation zum Werk Das 1980 posthum nach Andersehs Tod erschienene und zwischen Mai 1979 und Januar 1980 erWeimarer Zeit arbeitete (89) Buch handelt von einer Griechischstunde in einem humanistischen Gymnasium der Weimarer Zeit. Der Schüler Franz Kien erlebt den Besuch des Rektors Himmler, des hu manistisch gebildeten Vaters von Heinrich Himmler (der als Reichsführer der 5S eine hauptverantwortliche Rolle im Nationalsozialismus innehatte und der im nur im Titel der Erzählung vorgenommenen historischen Rück blick als »Mörder« angeführt wird), sowie dessen wi derspriichliches, autoritäres Verhalten gegenüber dem Griechischlehrer und den gepriiften Schülern. Ergebnis der Stunde ist, dass, neben einem Schüler adeliger Her kunft, der sich aus Sicht des Rektors Himmler formal in korrekt benommen hat, Franz Kien, dessen Leistungen aus der Sicht Himmlers nicht ausreichend sind, von der Schu le verwiesen wird. Andersch hinterfragt mit der Erzählung zunächst über die Figurenkonstellation das geschilderte Schulsystem, darüber hinaus sensibilisiert er für viele Details, wie die Figur des»Rex« Himmler als Vater von Heinrich Himm ler, die politischen Einstellungen der Jugendlichen und ihrer Eltern, deren Lebenssituation und das politische Klima Ende der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhun derts, ohne gleichsam ausdrücklich politisch zu werden. Im Kontext anderer Franz- Kien-Geschichten ist die Er zählung gleichzeitig autobiographischer Ausdruck schu lischer Erlebenswelt.
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1 . ERSTIN FORMATION ZUM W E R K
Zusammengefasst geht es um die wichtige, von Andersch im Nachwort (und im historischen Rückblick) aufgewor fene Frage: »Schützt Humanismus denn vor gar nichts?« (86).
2. Inhalt Die Erzählung spielt zur Zeit der Weimarer Republik, Ende der zwanzigerJahre, an einem Tag im Mai 1928 (z. B. 59 oder explizit 85). Erzählt wird der Mai 1928 Verlauf einer Griechischstunde am Wittelsbacher Gymnasium in München. In dieser Stunde kommt Schulleiter Oberstudiendirektor Himmler zu Besuch in die Untertertia B, die achte Klasse. Durch ihn wird, schon ganz zu Beginn des Unterrichts von Klassenlehrer Kandlbinder, der normale Unterrichtsverlauf unterbrochen. Erzählt wird zumeist aus der Perspektive des Schülers Franz Kien (des Alter egos Alfred Anderschs), wenngleich der allwissende Erzähler zwischendurch vielfache Beobach tungen präsentiert und die einzelnen Figuren auch in direk ter Rede zu Wort kommen. Ort des Geschehens ist das Klassenzimmer Grei chischstunde der Untertertia B, ein zeittypischer Klassen der Untertertia B raum mit Bänken und Pulten sowie einem Podest mit Lehrerpult und Tafel. Zur Begriißung des eintretenden »Rex« erheben sich die Schüler, zeitüblich. Der Griechischlehrer Dr. Kandlbinder ist »verwirrt« (14) ob des auch für ihn überraschenden Be suchs seines Vorgesetzten, wie die Schüler beobachten. Fein sinnig und mikroskopisch genau betrachtet Franz Kien den Auftritt des Schuldirektors, der dem Lehrer gebietet fortzu fahren. Kandlbinder reagiert, indem er einen der Schüler, Werner Schröter, den Primus, nach vorne bittet und ihn auf fordert, an der Tafel eine einfache Aufgabe zu lösen. Der Rex hält sich derweil, nunmehr am Pult sitzend, gelassen im Hintergrund des Geschehens, bis er eingreift und Kandlbin-
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der herablassend über die Aussprache des Griechischen belehrt. Schließlich kommt es mit dem Disput zwischen Lehrer und Rektor so weit, »daß der Rex die Stunde über nommen hatte« (22 f.). Auf dessen Aufforderung hin holt Kandlbinder einen an deren Schüler an die Tafel; es ist der ebenfalls im Griechi schen sehr gute Konrad von Greiff. Dieser zeigt schon mit dem ersten Auftritt, dass er dem Lehrer die Stirn bieten will (27). Bereits sechs Wochen zuvor hatte er den Grie chischlehrer provoziert, indem er ihn auf seinen vollständi gen Namen »von Greiff« hingewiesen hatte (27). Damit ist auch schon das Thema der folgenden Auseinandersetzung zwischen Schulleiter Himmler und Konrad von Greiff ange deutet: »[ ...] da haben wir also unseren jungen Baron Greiff!« (29), spricht dieser ihn an, weist ihn zurecht und verdonnert ihn, als Konrad Widerworte artikulieren will, zu einer Stunde Arrest. Der Direktor fährt mit seiner nunmehr ausschweifenderen Belehrung über angemessene Anreden fort, die Konrad schließlich dazu bringt, lauthals auf seine adelige Abstammung als »Freiherr von Greiff« aufmerksam zu machen und demgegenüber den Rektor nur als »Herr Himmler« zu titulieren (32). Himmler reagiert, indem er zu einer Belehrung über Herkunft und Charakter des Adels anhebt, nicht ohne auf Konrads Vater und eine Unterhal tung mit diesem anzuspielen. Die Auseinandersetzung spitzt sich auf einen Vergleich des Greiff'schen Adels mit der Himmler'schen Familienherkunft zu, die seitens Konrads mit einem hämischen »Gratuliere!« zum von Himmler be schworenen »Stadtpatriziat vom Oberrhein« (35) pariert wird. Konrads Unverschämtheit führt dazu, dass der Rex ankündigt, dessen Vater zu bitten, seinen Sohn von der Schule zu nehmen (37).
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Franz erinnert sich an Worte seines kranken Vaters, eines verletzten Kriegsveteranen (41), der ihn vor dem »alten Himmler« - im Gegensatz zum »jungen Himmler« (»Der junge Himmler ist schwer in Ordnung«) (39) - warnte, und bekommt Angst, aufgerufen zu werden (42 f.). Zunächst je doch fordert Himmler den Schüler Hugo Aletter auf, sein selbstgebasteltes Hakenkreuzabzeichen zu entfernen. Er wünsche keine politischen Abzeichen an seiner Schule (44). Franz' Gedanken schweifen nunmehr ab zu einem Mitschü ler, dem Juden »Bernstein Schorch« (»ein pfundiger Kerl«) (70), zu ihren gemeinsamen Erlebnissen sowie zum jungen Himmler und dessen Verhältnis zu den Juden, bis er sich plötzlich vom Rex aufgerufen sieht: »Nun, Kien, wie sieht es denn mit deinem Griechisch aus?« (46). Franz, der nicht weiß, wie ihm geschieht, steht auf und lässt die Worte des Rex über sich ergehen. Franz' Prüfung Schulmeisterlich fordert der Rektor Franz auf, den Satz »Es ist verdienstvoll, Franz Kien zu loben« (48) als Übung zum Gebrauch des Infinitivs an die Tafel zu schreiben; nebenbei äußert er sich voller Hohn über die von ihm als viel zu anspruchsvoll empfundene Schulgrammatik der Klasse (49). »Franz stand hilflos vor der Tafel« (50). Er hatte, statt sich mit der griechischen Grammatik zu beschäftigen, draußen gespielt oder Karl May gelesen. Im weiteren Verlauf der Erzählung schafft er es mühsam durch Hilfestellungen des Rex, den geforderten Satz an die Tafel zu schreiben und ihn schließlich, in einem zweiten An lauf, wiederum gelenkt von Himmler, auch noch weitestge hend mit richtigen Akzenten (60f.) zu versehen. Unterbro chen wird der Rex dabei nur einmal von Kandlbinder, der es wagt, sich als fachliche Kompetenz in des Rektors Lehre
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einzuschalten, freilich von diesem bestimmt zuriickgewie sen wird (54). Das Urteil des Rex über Franz Kien ist klar: »Du wirst die Obertertia nicht erreichen« (55), auch wenn er sich noch für den Berufswunsch des Schülers interessiert: »>Schriftsteller<, sagte Franz« (56). Der Rex fragt nach seiner bevorzugten Lektüre und stellt dezidiert fest: »Kar! May ist Gift!« (58). Franz' Gedanken schweifen ab ins Freie. Er glaubt sich fast schon aus der Priifung entlassen, als der Rek tor befiehlt: »Hier geblieben!« (60) und ihn ausgiebig weiter priift. Da Franz auch jetzt mehr Unkenntnis als Kenntnis beweist, fragt der Rektor, was er denn eigentlich während der Zeit des Unterrichts getrieben habe, und fordert Mit schüler Hugo Aletter auf, unter Franz' Bank nach den ver pönten Karl- May-Bänden zu suchen. Dieser freilich verrät Franz Kien nicht und dementiert den Verdacht des Rektors (63). Die Priifung wird fortgesetzt, Franz muss den nunmehr an der Tafel stehenden Satz nochmals in der richtigen Betonung vorlesen, bevor Himmler seinerseits die Lehre, jetzt für die ganze Klasse, fortsetzt.»>Schreibt das alles ab!< befahl der Rex der Klasse« (64). Daraufhin jedoch schaltet sich wiederum Kandlbinder ein, um den Rektor aus fachlicher Sicht zu kriti sieren, was diesen nun freilich bis zum Verlust der Selbstbe herrschung provoziert: »Schweigen Sie!« (65). Zornig weist er auf die Versäumnisse Kandlbinders gegenüber dem faulen Schüler Kien hin. Franz darf nun das soeben Gelernte noch mals auswendig wiederholen (67) und wenigstens sein Ver ständnis unter Beweis stellen. Da dies gelingt, sieht der Direk tor sich in seiner Lehrmethode bestätigt. Angesichts der ihm unangenehmen Nähe des Rex erinnert sich Franz an ihre erste Begegnungaufder Schultoilette (69), bei derer ihn schon mit Namen angesprochen hatte.
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Scheinbar wird Franz nun aus der Prüfung entlassen (70f.), doch schon hebt der Rex zu einem weiteren Kom mentar an und weist darauf hin, dass Franz Kiens Vater das Schulgeld für ihn und seinen Bruder Karl nicht bezahlen kann und es daher erlassen bekommen habe. »Wir haben Kien auf Bitten seines Vaters Schulgeld befreiung gewährt, obwohl wir nach den Bestimmungen dazu gar nicht berechtigt waren. Die Befreiung Relegation der Brüder Kien vom Schulgeld darf nur hervorragenden Schülern gewährt werden« (72), womit das abschließende Urteil gesprochen ist: »jetzt braucht der Rex auch gar nicht mehr zu sagen, daß er meinem Vater schrei ben wird, dachte Franz, so, wie er dem Greiff seinem Vater schreiben wird, jetzt ist es schon klar, daß ich rausgeschmis sen bin, daß ich nur noch ein paar Tage lang in den Kasten gehen muß, das Wittelsbacher Gymnasium« (73). Damit nicht genug, gibt Rektor Himmler im selben Atemzug auch die Entlassung von Franz' Bruder Karl bekannt (73). Damit ist die Episode der Prüfungen in der Untertertia B und die Unterrichtsstunde beendet. »Merkwürdigerweise nahm Vater sich die schlechte Nachricht nicht so zu Herzen, wie Franz befürchtet hatte« (74). Die Erzählung schließt mit Reflexionen der Familie Kien über die Vorkommnisse und mit ihrer Einschätzung der Familie Himmler. Alfred Andersch hat ein »Nachwort für Leser« (81-89) angefügt.
3. Personen in der Reihenfolge ihrer Erwähnung im Text
Franz Kien. Franz Kien, vierzehnjähriger Schüler der Un tertertia B des Wittelsbacher Gymnasiums, ist Protagonist der Erzählung. Seine Gedanken und Überlegungen an gesichts des Geschehens in dieser Griechischstunde erfährt der Leser. Dabei wird offensichtlich, dass Franz seine Um gebung und das Verhalten der Menschen um ihn herum sensibel wahrzunehmen in der Lage ist. Mit ihm überlegend, gedanklich ausholend und neue Sensible Wahrnehmung Handlungen erwartend, gewärtigt der Leser, was um Franz Kien herum vorgeht. Als Schü ler seiner Zeit hängt er zwar seinen Gedanken nach, entrüs tet sich zum Beispiel gleich zu Beginn der Stunde innerlich über das Verhalten des Rektors gegenüber Kandlbinder (18), hält sich aber äußerlich klar zurück und äußert sich nicht ungefragt im Unterricht. Dabei ist sein Gerechtigkeitsgefühl aber auch von den ungerichteteren Regungen des Jugend lichen geprägt, so »feixt« (19) er selbstbewusst vor sich hin, als ihm bewusst wird, dass er Kandlbinder bisher gut über seine schlechten Grammatikkenntnisse im Unklaren gelas sen hat. Seine Bewertungen sind es, die der Leser als Deu tungsangebot des Geschehens erhält und über die er auch etwas über die Hintergründe und Beziehungskonstellatio nen der anderen wichtigen Figuren in der Geschichte er fährt. Mit seiner zuversichtlichen Erwartung, von Kandlbinder in Ruhe gelassen zu werden (26), beobachtet Franz Kien klar und distanziert das Geschehen. Seine Haltung gegen über dem Rex changiert zwischen Verabscheuung (»Scheiß-
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freundlich hat er dem Konrad eine runtergehauen, dachte Franz, das gibt es also, daß einer so scheißfreundlich dem anderen eine runterhaut«, 34) und Bewunderung (»wieder bewunderte er den Rex, weil dieser nicht explodierte, son dern ruhig blieb«, 37). Seine Einschätzung spiegelt und be wertet damit das widerspriichliche Verhalten des »Rex«. Zwar ist er erschrocken, dass der Rex sich ihm zuwendet, doch nüchtern-sachlich konstatiert er: »Ein Unglück ist ge schehen. So muß es sein, wenn man von einem Auto über fahren wird« (47). Äußerlich verhält er sich schul- und zeit typisch angepasst und korrekt. In der Prüfungssituation fühlt er sich sichtlich unwohl. Dass es so weit kommen, dass er ebenso wie Konrad von Greiff relegiert werden könnte, ist für ihn aber nicht erwartbar: »dazu habe ich ihm keinen Anlass gegeben« (55). Weiterhin kommentiert er innerlich in klaren Bewertungen das für ihn inkonsistente Verhalten des Rektors. Offensichtlich wird, dass Franz sich aus der Schul und Unterrichtssituation wegsehnt in andere Lebensberei che, wie draußen im Freien zu spielen (59 f.). Mitfühlend re agiert er noch auf die vom Rex über Kandlbinder verhängte »Anklage vollständigen pädagogischen Versagens«: »da ha be ich ihm ja was eingebrockt!« (67). Vom Rektor wird ihm schließlich zwar Intelligenz, aber auch Faulheit attestiert (68). Klar reagiert Franz innerlich auf die Veröffentlichung der schlechten finanziellen Schule und Familie Situation seiner Familie: »Dieser Hund, dach.. te Franz, dieser gemeine Hund!« (71), bevor -----... der Rex darlegt, warum sowohl er als auch sein Bruder Karl für das Gymnasium ungeeignet seien. Seine ersten Gedanken daraufhin gelten dem Freiraum, der sich ihm durch den Hinauswurf eröffnet, doch macht er sich sogleich auch Ge danken über die erwartbare Reaktion seines Vaters, dem er
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das gerne erspart hätte. Der »Nachmittag verlief wie alle Nachmittage, er spielte Völkerball auf der Lacherschmied Wiese« (77). Franz Kien wurde relegiert »wegen mangelhafter Leis tungen«!. I Studienrat Dr. Kandlbinder. Kandlbinder gibt die Figur
des geflissentlich an der Sache orientierten jungen Lehrers ab. Den Schülern erscheint er - wie aus Franz' Sicht deutlich wird - als langweilig (14, 22, 42, 61). Sein Bemühen, alle Schüler gleich zu behandeln, bringt die Schüler zu der Einschätzung: »Der will sich bloß aus allem raushalten« (15); eigentlich nötigt, wie es heißt, dieser Lehrer ihnen wenig Interesse ab (15). Gegenüber seinem Vorgesetzten erweist er sich als willfähriger Untergebener. Er stellt damit innerhalb der Erzählung eine Figur vor, deren autoritätshöriges Verhalten in Hierarchien deutlich wird. Beim Eintritt des vorgesetzten Rektors erschrickt Kandlbinder (13), geht ihm ehrerbietend die beiden Stufen des Po destes herunter entgegen. Offensichtlich kommt der Besuch auch für ihn überraschend (17). Akribisch und penibel korrigiert er bei der Vorführung Schröters ein Detail (21), hält sich aber mit weiteren - ihm möglicherweise sachlich geboten erscheinenden - Ausfüh rungen gegenüber den Bemerkungen des Rektors zunick (22). Später nickte er nur, »beflissen, wie zu allem, was der Rex von sich gab« (25). Aus der Sicht von Franz unerwar tet, weil strategisch vor dem Rektor ungeschickt (27 ff.), wählt er als weiteren Vorführschüler Konrad von Greiff aus. Ergeben antwortet er auf den Hinweis des Rektors be-
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züglich der unerwünschten politischen Abzeichen: »Ich ha be die Schüler immer wieder darauf hingewiesen« (44). Frei lich will er seine sachliche Kompetenz doch wiederholt ge genüber dem Rektor behaupten, beispielsweise als dieser Kritik an der Grammatik übt (54; vgl. auch 65). Franz hört »gespannt [...] zu, wie der Fachmann in dem Lehrer zustan debrachte, was dem Mann von Natur aus nicht gegeben war: er widersprach einem Vorgesetzten« (54). Zu guter Letzt ist Kandlbinder angesichts seines vom Rex vor der Klasse herausgestellten pädagogischen Versagens bei Franz »niedergeschmettert« (67). Seine Vorstellung freilich ist - entgegen den späteren Konsequenzen des Rex -»Nach hilfe« (71) für Franz, den er am Ende der Stunde »unver wandt und vorwurfsvoll« (76) ansieht. Rex, der »alte Himmler«. »Rex« (lat. )König<) Himmler, die schon im Titel angesprochene beherr Machtmensch schende Figur der Erzählung, wird als autoritärer Charakter, als Machtmensch mit ihm typischen Widersprüchlichkeiten im Verhalten, die sich auch auf seinem Bildungshintergrund ergeben, ge schildert. Sein Äußeres beschreibt Franz bei seinem ersten Auftritt: »Er trug einen dünnen hellgrauen Anzug, seine Jacke war aufgeknöpft, unter ihr wölbte sich ein weißes Hemd über seinem Bauch, hell und beleibt hob er sich einen Augen blick lang von dem Grau des Ganges draußen ab« (13). Und später heißt es: »[...] er trug eine Brille mit dünnem Goldrand, hinter der blaue Augen scharf beobachteten« (15). Er sähe tatsächlich aus wie ein König und nicht nur wie ein Oberstudiendirektor-»Rex« (15). Vermutlich ist er zehn Jahre älter als Franz' Vater, »sechzig wahrscheinlich,
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wenn er einen Sohn hat, der doppelt so alt ist wie ich und der schon in der Politik mitmacht« (41). Weitere Äußerlich keiten erfährt man später, so die »tausend winzigen Fält chen« (41) im Gesicht oder den »breiten goldenen Ehe ring an dem Ringfinger seiner rechten Hand« (45). Als Machtinhaber kann er angesichts der aufstehenden Schüler die jovial abwehrende Geste geben: »Lassen Sie doch setzen!« (14). In den Augen Franz', der seinen Klas senlehrer und Himmler vergleicht, entfaltet der Rektor eine ihm eigene Aura der Bedeutsamkeit, im Vergleich zu der Kandlbinder als»magerer, blasser und unbedeutender Mensch« (14) erscheint. Franz stuft ihn mit seinem Auftritt sofort als»nicht harmlos« (15) ein, später heißt es, dass er sich »gefährlich spannend« (18) in Szene setzte. Auch sein Sprachgestus fällt Franz auf, so die ihm anmaßend er scheinende Anrede der Klasse als »die seine« (16), die den Auftritt des sich seiner Stellung bewussten Machtmen schen unterstreicht. Dem Gestus des Machtmenschen korrespondiert auf der anderen Seite das»Vertrauen, das jener ihnen [den Schülern] entgegenzubringen schien« (17). Klar bezeichnet ihn Franz als Herrscher der Schule, gar als »Oberscheich« (21). Er kann es sich leisten, am Pult sitzend und scheinbar in die Grammatik vertieft der Vorführung des Schülers Schröter gar nicht zu folgen (20). Großmütig belehrt er den Klassenlehrer wie die Schüler darüber, was man über die Aussprache der Griechen wissen könne, und erhebt sich damit über Theoriebildungen, die auch Kandlbinder vertritt, um sich sogleich auf die fachliche Situation, in der sich die Klasse »sechs Wochen nach Ostern« (22) befindet, zu konzentrieren. Deutlich wird da mit, dass in der geschilderten Kommunikationssituation er die Fäden in der Hand hält und durch seine Macht-
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position die zu behandelnden Themen allen Beteiligten gegenüber bestimmen kann. Deutlich stellt er sich selbst über die den Schülern vorliegende Grammatik: »[...] glaubt bloß nicht alles, was da drin steht!« (25). In der Sicht des >untergebenen< Schülers Franz wirkt der Rex, als er einen weiteren Schüler »hören« möchte, als »Jäger, auf einer Pirsch in den Jäger auf der Pirsch Unterricht, dick, ungemütlich, einer von der feisten Sorte der Revierbesitzer und Scharfschützen« (26). Als >Allwissender< zeigt sich der Rex, als er zu erkennen gibt, dass er Konrad von Greiff kennt und schon viel von ihm gehört habe (29), nicht zuletzt an lässlich einer früheren Auseinandersetzung zwischen Kandlbinder und Konrad von Greiff. Für Franz hat diese scheinbare >Allwissenheit< des Rektors, mit der er eben falls seine Macht konsolidiert, einen Achtungseffekt: »Da wäre er ja enorm auf Draht, wenn er jeden einzelnen von uns kennen würde. Mit Namen und mit allem« (29). Klar benennt Franz die Methode des Rex, Konrad zu erst im Rang durch die Anrede mit »Baron Greiff« zu er höhen (29), um ihn dann »zweimal hintereinander ohne jedes Adels-Prädikat mit nichts weiter als seinem Fami lien- Namen« (30) anzureden. Franz registriert diese macht gesteuerte Auseinandersetzung auf Beziehungsebene, die der Schulleiter offensichtlich beherrscht, feinsinnig. Rektor Himmler demonstriert seine fast schon willkürlich zur Verfügung stehende Macht schließlich erneut, indem er Konrad zu Arrest verdonnert. Er belehrt diesen schließlich noch, indem er auf Formalem besteht, wie der korrekten Anrede, und auf der Sekundärtugend »Disziplin«: »[ ... ] es ist ein Jammer, daß wir in Deutschland kein Militär mehr haben dürfen, da würdest du lernen, daß es kein >ja< gibt,
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sondern nur ein >jawoll, Herr Leutnant.< - Ah«, sagte er, »beim Militär würde dir schon beigebracht werden, was Disziplin heißt« (31). So sehr, wie Himmler hier das Mili tär wieder herbeisehnt, so widersprüchlich kommt Franz dieser Anspruch vor, insofern Himmler selber vermutlich gar nicht, wie Franz' Vater, Frontkämpfer gewesen war. Deutlich wird, dass hier jemand eine militaristische Gesin nung vorträgt, der keine Fronterfahrung zu haben scheint - und auch hier zeigt sich die Widersprüchlichkeit in der Person Himmlers zwischen »Humanismus« und autoritä rem Machtmenschentum. Himmler vermag es, auf seine herrische Art und über die Ebene der Definition von Beziehungen Konrad von Greiff zu reizen, bewahrt aber selber nach dessen Humanistisch daraufhin erfolgendem Ausbruch Ruhe und Gebildeter Fassung (33) - und kehrt den humanistisch Gebildeten heraus, der als Kenner und als Gelehrter »aus Liebhaberei in der Abicurklasse den Unter richt in Geschichte gab« (33). Erst als Himmler selber für Franz erkennen lässt, dass er sich ärgere (35) - und damit eine Schwäche offenbart - zeigt sein Bild vom Unantast baren leichte Risse. Klar erkennt Franz, dass der Rex sich nicht auf die Ebene der >inhaltlichen< Auseinandersetzung mit Konrad von Greiff hätte einlassen dürfen. Umso mehr erscheint sein Machtwort, Konrad von der Schule nehmen zu lassen (37), als Ausdruck eines ihm eigenen Machtgeba rens. Korrespondierend zu bisherigen Demonstrationen seiner Macht sucht der Rex sich im Fortgang der Erzählung in den Augen Franz' »ein neues Opfer aus« (39). Franz' Vater hatte ihn über den »alten Himmler« infor miert, ihn vor ihm gewarnt und über seine politische Aus-
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richtung Aufschluss gegeben: »[ ... ] der alte Himmler ist nämlich Bayerische Volkspartei, schwarz bis in die Knochen, hält sich zwar für einen nati »schwarz bis in die Knochen« onalen Mann, aber im Krieg war er ein Etap penhengst, und er ist nichteinmal Antisemit, er findet nichts dabei, mit Juden zu verkehren, das muß man sich einmal vorstellen, mit Juden!, deswegen hat sein Sohn die Beziehung mit ihm abgebrochen, der junge Himmler würde sich niemals mit Juden, Jesuiten und Freimaurern an einen Tisch setzen« (40). Weiter gab der Vater zu erkennen: »Der alte Himmler ist ein Karriere-Macher«, fügte er hinzu. »Hüte dich im Leben vor den Karriere-Machern, mein Sohn!« und zählt ihn zu denen,»die in München zur Creme gehören wollen« (40). Freilich nimmt Franz die Hinweise seines Vaters durchaus kritisch zur Kenntnis: »Woher weiß er das« (40). Widersprüchlichkeiten in Himmlers Verhalten entgehen Franz nicht: »Sokrates verehren und die Grammatik an zweifeln - wie brachte er in seinem Kopf das denn zusam men?« (42). Anlässlich des Hakenkreuzes an Hugo Aletters Revers erinnert der Rex an das generelle Verbot politischer Abzei chen - und entzieht sich damit politischer Eindeutigkeit im Klassenraum. Aus der Sicht des Unterlegenen Franz wird in der Prii fungskonstellation deutlich, dass Schüler Angst vor dem kalkulierenden Rex hatten und haben mussten. Dabei nimmt dieser im Umgang mit dem Lehrwerk die Per spektive des verständnisvollen Pädagogen ein: »Lehrmaterial muß anschaulich sein, sonst ist es bloß toter Ballast« (49). Angesichts von Franz' Versagen - die Auseinander setzung geht diesmal ganz auf der sachbezogenen Ebene
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griechischer Grammatik einher - verliert der Rex freilich die Geduld - die Diagnose lautet schließlich auch »Faul heit und Unwissenheit« (52), und das verstößt gegen eine weitere Sekundärtugend: den Fleiß. Gegenüber sachlichen Einwänden des Studienrates Kandlbinder entzieht sich Himmler der Auseinandersetzung - nicht ohne wiederum subtil definiert zu haben, wer hier das Sagen hat (54). Auch in der Auseinandersetzung um schriftstellerische Tätigkeit zeigt Himmler deutlich sein überlegenes Wissen, das eine Lektüre von Karl May klar verurteilt und humanistisches Bildungsgut, wie das Beherrschen der alten Sprachen, fa vonSlert. Eine weitere Intervention Kandlbinders lässt den Schul leiter die Fassung verlieren: »)Schweigen Sie!< fauchte er den Klasslehrer an« (65) und rechnet Franz' Versagen eindeutig dem Klassenlehrer zu (66). Als Gipfel seiner Überlegenheit artikuliert der Rex, wenn er keine bessere Grammatik für die Schüler fände,»schreibe ich selber eine einfachere für euch« (67). Fast schon zynisch offenbart er schließlich die finanzi ellen Verhältnisse von Franz' Familie, stellt heraus, dass Franz und sein Bruder bisher nur aufgrund auch seiner Großzügigkeit diese Schule besuchen dürften und dass sie dies nicht honorierten. Sein Urteil zur Relegation steht fest. 1n Franz' Augen, so viel wird deutlich, trägt der »alte Himmler« eine Maske, »die der große Schulmann ange legt hatte und sein Leben lang trug« (76).
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Konrad Greiff. Konrad von Greiff wird als Erstes erwähnt anlässlich seines »Zusammenstoßes« mit Kandlbinder, bei dem dieser »aus den Pantinen gekippt« sei (14). Aus der
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Sicht von Franz ist er ein »Musterschüler« (26), auf jeden Fall beherrscht er das Griechische sehr gut (27). Freilich scheint er auch als >Klassenkas »Musterschüler« per< zu gelten (26f.). Offensichtlich ist er und >Kfassenkasper< gegenüber Autoritäten wie Kandlbinder wenig zurückhaltend. Klar durchbricht er Verhaltenskonventionen, sei es im Gebaren »durch ein forciertes Hochwerfen des Oberkörpers« (26) oder durch verbale Frechheit (27): »Eins zu Null für Konrad, dachte Franz« (27). Brisanz gewinnt sein Verhalten durch die Akzentuierung seiner adeligen Herkunft - zunächst in der früheren Begegnung mit Kandlbinder: »Von Adelige Herkunft Greiff, wenn ich bitten darf!« (27). Hier kann sicher zusätzlich unterstellt werden, dass der Inhalt seiner Aussage durch ein arrogantes Auftreten noch betont wurde und für Konsternierung des Klassenlehrers gesorgt hat. Im merhin war sein damaliger Auftritt effektvoll: »von da an hat er [Kandlbinder] Konrad nur noch selten dran genommen« (27). Insofern hat Konrad in dieser Klasse das klare Machtgefälle durch sein Verhalten wenigstens ansatzwei se in Frage gestellt. Auf Franz wirkt die aktuelle Inszenierung Konrads so, als ob dieser den Klassenlehrer gegenüber dem Rex vorführen wolle (26 ff.). Freilich steht er damit auch in Franz' Augen gar nicht gut da: »So ein dreckiger Adeliger! «, wenngleich sich die ganze Klasse schon diebisch auf den Wortwechsel, der nun folgen würde, freut (28). Ironisch spricht ihn der Rex mit seinem Adelstitel »Ba ron« (29) an, sodass auch die Klasse gewärtigt, »daß sie in Konrad nicht nur einen gewöhnlichen Von-Träger in ih rer Mitte hatte, sondern etwas Besseres, immerhin einen
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Baron« (29). Und ebenso offensichtlich lässt Konrad sich nicht einschüchtern und hebt zu Widerworten an (30) die ihm unvermittelt - der Rex spielt seine unhinterfrag bare Autorität aus - eine Stunde Arrest einbringen. Durch die weiteren Ausführungen des Rex über Konrads »Form fehler« lässt dieser sich provozieren: »sogar Konrads Na cken ist ganz rot angelaufen, dachte Franz« (32). Nichtsdes toweniger stellt Konrad unter Beweis, dass er sich auch und gerade von der Autorität des Rex nicht in dieser Art behan deln lässt, und kehrt seine adelige Herkunft, die ihm Rück halt zu verschaffen scheint, heraus: »>Ich gehöre nicht zum Rindvieh<, stieß er hervor. >Und Sie sind nicht Jupiter. Für mich nicht! Ich bin ein Freiherr von Greiff, und Sie sind für mich nichts weiter als ein Herr Himmler!<<< (32). Das kann als »persönliche Beleidigung«, als»unerhörte Frechheit, die Konrad sich geleistet hatte« (33), gelten. Durch den Rex er fährt der Leser nun etwas Historisches über den Familien namen »Greiff«, bevor dieser Konrads Verhalten dem vor bildlichen Verhalten seines Vaters gegenüberstellt: »er ist ein Mann mit sehr gesunden Ansichten, kein bißchen eingebil det auf seinen Adelstitel« (34). Konrad reagiert: »höhnisch, kalt« (34) belehrte er den Rex und kehrt weiter die Famili enbesitztümer heraus. Franz schätzt nach dem Vergleich von Konrads Adel mit dem Himmler'schen Stadtpatriziat dessen Haltung wie folgt ein: »Stadtpatriziat - das mußte, so, wie der Rex es aussprach, etwas Hohes bedeuten, etwas Ähnliches wie Adel, was dieser Konrad von Greiff natürlich nicht gelten lassen durfte, für ihn gab es nichts, was dem Adel auch nur das Wasser Relegation reichen konnte« (36). Letzte Konsequenz des Rex ist, Konrads Vater bitten zu wollen, diesen von der Schule zu nehmen (37). Freilich
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wird Konrad auch angesichts dieses endgültigen Urteils das letzte Wort behalten: »Dann brauche ich ja auch die Stunde Arrest heute Nachmittag nicht mehr abzusitzen, nicht wahr, Herr Oberstudiendirektor?« (37). Hugo Aletter. Franz' Klassenkamerad Hugo Aletter »war nicht sein bester Freund in der Klasse«, dennoch als sein»Nebenmann auf der Bank« mit >Politisieren< ihm vertraut: »sie politisierten manchmal zusammen« (16). Hugo reagiert nicht auf die Ungerechtigkeiten des Rex, »er schaute nur gebannt auf die Szene, die sich da vorne am Lehrerpult abspielte« (34). Anlass zur Auseinandersetzung bietet er dem Rektor, als dieser das selbstgemachte Hakenkreuz (»eine kleine Bas telei«) am Revers seiner Jacke entdeckt und ihn auffor dert, es abzunehmen (43). »Viel hatte es nicht zu bedeu ten, wie Franz wußte, Hugo trug es nur, weil ihm das Zei chen gefiel und weil seine Eltern, die deutschnational waren, wie fast alle Eltern der Gymnasiasten, nichts dabei fanden« (43). Als »anständiger Kerl« erweist sich der erwartete »Feig ling« (63) Hugo dann, als er den Karl- May-Band unter Franz' Bank gegenüber dem Rektor verleugnet, wenn gleich er für Franz ein »Streber« (71) bleibt.
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Franz' Vater Franz Kien senior. Franz' Vater war im 1. Weltkrieg Reserve-Offizier (16), der an Reserve-Offizier der Front dreimal verwundet wurde (31), im 1. Weltkrieg ausgezeichnet mit dem Eisernen Kreuz erster Klasse (41), gelegentlich kramt er in »Front-Erinnerungen« (16). Franz ist ihm innerlich ver-
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bunden, auch er zum Beispiel wünscht »sich ein Militär [...], weil sein Vater im Krieg Offizier gewesen war« (31). Von ihm erfährt Franz in einer Rückblende um »gut drei Jahre« die Warnungen vor dem nur wenige Jah re älteren alten Himmler als gefährlichem Karrieristen (39, 40). Politisch gesehen ist Franz' Vater »Ludendorff- Anhänger und Antisemit« (40, vgl. 39), LudendorffAnhänger konfessionell ist er Protestant (»gläubiger Lutheraner«), was er auch für die Familie for I derte (40). »Damals, vor dreiJahren, hatte sein Vater noch lebhaft, temperamentvoll gesprochen, wenn er seinen Söh nen die Lehren seines Abgotts, des Generals Ludendorff, vortrug, mit metallischer, jeglichen Widerspruch ausschlie ßender Stimme, die zu seinem feurigen, zu hitziger Farbe neigenden Kopf unter den schwarzen Haaren paßte, so daß Franz sie jedesmal beeindruckte, während er ihr zuhörte, erst nachher kamen ihm Bedenken, Einwände -, jetzt, drei Jahre später, war diese Stimme matt geworden, überhaupt machte Vater auf Franz einen gebrochenen Eindruck« (41). Nunmehr war der Vater Krankheit und Armut krank und seine Geschäfte gingen schlecht (41). Im Vergleich zum jünger als sein Vater aussehenden alten Himmler, den er aber für zehn Jahre älter hält (41), mag Franz seinen Vater, obwohl der zu Jähzornausbriichen neigt, wenn er schlechte Schulnoten nach Hause bringt, lieber (42). Freilich bürgt der väterliche Hintergrund auch für Franz' schriftstellerische Neigung, insofern er in seinem Bücherschrank »eine Shakespeare-Ausgabe gefunden und darin geschmökert« hat oder der Vater»Bögen gelblichen, linier-
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ten Kanzleipapiers« besitzt, auf die Franz »Dramen im Stil Shakespeares geschrieben« (57) hat. Doch ebenso wie der Rex warnte dieser ihn vor den Karl-May- Bänden (58). Schließlich bringt der Rex die finanziellen Verhältnisse des Vaters und damit der Familie Kien zur Sprache. Nach hilfestunden könne dieser, der »nichteinmal das Schulgeld aufbringen kann«, nicht bezahlen (71). Doch auch seine Verdienste würdigt er: »ich habe geglaubt, für den Sohn eines mit hohen Tapferkeitsorden dekorierten Offiziers, der wahrscheinlich unverschuldet in wirtschaftliche Be drängnis geraten ist [ . .], ich habe geglaubt«, fuhr der Rex fort, »bei einem solchen Schüler eine Ausnahme machen zu können. Und wie lohnt er es der Schule und seinem ar men Vater?« (72). Und angesichts seines Hinauswurfes tut Franz sein Vater leid, »es wird ihn einfach umhauen, wenn er es erfährt« (73). Denn der Vater habe von der Hoffnung gelebt, dass beide Hoffnung für die Kinder Söhne auf die Universität gehen würden (74). Doch»merkwürdigerweise nahm Vater sich die schlechte Nachricht nicht so zu Herzen, wie Franz befürchtet hatte. Er brach nicht in Jähzorn aus [ . .]. Vielleicht blieb Vater so still, weil er sich bereits auf das Sofa gelegt hatte, nach dem Abendessen, damals hatte er schon angefangen, sich Morphium zu spritzen, mit Erlaubnis der Ärzte vom Schwabinger Krankenhaus, gegen die Schmerzen im rechten Fuß, gegen den Brand an den Zehen, sie sollten bald amputiert werden, die große Zehe seines rechten Fußes war schon schwarz geworden, bleich lag sein Vater auf dem Sofa, schon lange ja war er kein feuriger Mann mehr, mit ei nem zu hitzigen Farben neigenden Gesicht unter schwarzen Haaren« (74 f.). I Der Vater schließlich deutet die Ereignisse auf seine Wei.
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se: »)Daß er sich nach meinem Befinden erkundigt hat das hat er nur getan, weil ich das EK eins habe. [... ] Au ßerdem<, sagte Vater, >will der alte Himmler sich mit mir gut stellen, weil er weiß, daß sein Sohn zu meinen Kame raden in der Reichskriegsflagge gehört.< Da täuscht Vater sich aber gründlich, dachte Franz. Wenn der Rex sich wirklich Gedanken darüber macht, daß mein alter Herr ein gutes Verhältnis mit seinem Sohn, dem jun gen Himmler, hat, dann wird er Vater gerade deswegen nicht leiden können« (75). Werner Schröter. Werner Schröter wird - sehr zu Franz' Verwunderung - als »Primus« von KandlPrimus und binder dem Rex als erster vorgeführt und Kamerad mit einer »kinderleichte[n] Aufgabe« konfrontiert (19). Gelassen säubert er - als Vor zeigeschüler, der sich das leisten kann - zunächst einmal die Tafel (20 f.). Freilich muss sich nach einer ersten Vor führung selbst Schröter von Kandlbinder zurechtweisen lassen, woraufhin der Rex jedoch eingreift und Kandlbin der korrigiert (vgl. 21). »Kandlbinder würde von nun an nur noch eine Randfigur sein, als welche er schon jetzt neben Schröter an der Tafel stand« (23). Schröters Image eines reinen Strebers weiß Franz, der mit ihm Violinun terricht belegt hat, aber zurech �zubiegen, wenn er ihn einen »prima Kerl« (23) nennt. Außerlich wird er genau beschrieben: »Schröter war nicht groß, aber auch nicht klein, nicht stämmig, doch fest gebaut, auch sein Gesicht hatte etwas Festes, seine glatten schwarzen Haare bedeck ten als Halbkreis den oberen Teil seiner Stirne, seine Au genbrauen waren schwarz und dicht, seine Nase setzte breit an, wurde aber nicht dick, sondern saß klar umrissen
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unter den dunkelblauen Augen, über dem sicheren und graden Mund, den er nur wenig zum Sprechen benützte« (23). Weiter wird er dargestellt als der schweigsame freundschaftliche Kamerad, der »nicht im Geringsten den Überlegenen spielend« Franz beim Violinunterricht gelegentlich unter die Arme greift (vgl. 23 f.). Freilich interessiert sich der Rex während Schröters Vor führung nicht für diesen (vgl. 24).»Nicht nur kein Interesse, sondern auch keine rechte Sympathie - es sieht fast so aus, als ob er Schröter nicht besonders mag, dachte Franz« (25). Der so ignorierte Schröter kann sich schließlich setzen, ohne dass der Rex - der offensichtlich willkürlich mit den Schülern umgeht - weiter Notiz von ihm mmmt.
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Franz' Bruder Karl. »Karl war in den Hauptfächern, be sonders in den Fremdsprachen, genauso ein Versager wie er selber« (19). Karl hatte, finanziell unterstützt durch ih re Eltern, Klavier spielen lernen dürfen: »Karl hat noch die guten Zeiten mitgekriegt, dachte Franz oft neidisch« (24). Tragisch, auch in der Konsequenz für die gesamte Familie Kien, wird Karls Rolle anlässlich der Entlassung Franz Kiens durch den Rex, der dessen Bruder ebenso gut zu kennen scheint wie ihn; auch er wird gefeuen: »Dein Bru der Karl ist auch so einer«, sagte er. »Wie der bis in die Un tersekunda gelangt ist, ist mir ein Rätsel. Ich habe mir seine letzten Schulaufgaben- Blätter zeigen lassen. Lauter Fehler! Bloß mit einer netten Handschrift- damit schafft er das Ein jährige nie. Dafür werde ich sorgen« (73).
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Naturkundelehrer Professor Burckhardt. Professor Burck hardt wird nur kurz erwähnt (20) und vervollständigt eben-
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so wie Konrektor Endres (52 f.) das Bild des Kollegiums. Freilich ist er der Typ Lehrer, »der ihn mochte, obwohl Franz auch in diesem Fach nicht gut war«, und der sich selber auch menschlich- hilflos anstellen kann, so beim Anzeichnen von Blütengrundrissen (20).
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Poschenrieders. Das »Ehepaar Poschenrieder« tritt als mit den Eltern von Franz befreundetes Ehepaar in Er scheinung, »das in einer dunklen, vornehmen Wohnung in der Sophienstraße lebte« (24) und damit gegenüber den in bescheideneren Verhältnissen lebenden Kiens besser gestellt ist. Anlass für Franz Kiens Erinnerung an Po schenrieders ist die von ihnen geschenkte Geige: »Mein Gott, haben die sich angestellt, als sie damit herausrückten, sie haben getan, als wäre die Fidel ein Heiligtum, bloß weil ihr verstorbener Sohn darauf gespielt hat« (24). Der »junge Himmler.:. Der historische Heinrich Himm ler taucht in der Erzählung als Sohn seines Vaters, als der »junge Himmler« auf. Beide Bezeichnungen, »der alte Himmler« und»der junge Himmler«, stehen in Opposition zueinander, so kann auch Franz' nur wenige Jahre älterer Vater vom »alten Himmler« sprechen (39). In der einzigen Rückblende der Erzählung (vgl. Die Sicht von Franz Kien sen. 39) erfährt man aus der Sicht des Vaters sehr komprimiert und kompakt, aber aufschluss reich (auch hinsichtlich der Einstellungen des Vaters) über den jungen Himmler: »)Der junge Himmler ist schwer in Ordnung<, hatte sein Vater erzählt. )Ein ausgezeichneter junger Mann, ein Hitler-Anhänger, aber nicht einseitig, er kommt auch immer zu uns Ludendorff-Leuten und in die ,Reichskriegsflagge" von den jungen Kameraden, die bei
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uns aus- und eingehen, ist er der Gescheiteste und Zuver lässigste, ruhig, aber eisern entschlossen, Jahrgang 1900, deswegen konnte er nicht mehr Frontsoldat werden, aber ich glaube, im Graben hätte er sicher seinen Mann gestan den, so einen wie ihn hätte ich gern in meiner Kompanie gehabt, er ist mit seinem Vater Himmlerund die Juden tödlich verfeindet [ ... ], der junge Himmler würde sich niemals mit Juden, Jesuiten und Freimaurern an einen Tisch setzen«( (39f.). Dass beide Himmlers miteinander verfeindet seien, betont die Erzäh lung wiederholt (44). Auch Franz' Gedanken reflektieren gelegentlich, wenn auch nur kurz, die Person des jungen Himmlers: »Ob der junge Himmler vielleicht sein Urteil über die Juden ändern würde, wenn er mehr mit Juden wie dem Bernstein Schorch zusammenkäme?« (46). Die ledig lich indirekte Charakterisierung des jungen Himmler findet zum Schluss der Erzählung ihr Ende in einer Reflexion Franz Kiens: »Wenn der Rex sich wirklich Gedanken dar über macht, daß mein alter Herr ein gutes Verhältnis mit sei nem Sohn, dem jungen Himmler, hat, dann wird er Vater gerade deswegen nicht leiden können« (75). Dennoch ist die Figur des jungen Himmler eine zentrale Figur der Auseinandersetzung, nämlich einerseits inso fern die Erzählung autobiographisch bzw. historisch ist, andererseits, indem die Art Der alte und der der Beziehung zwischen dem alten und junge Himmler jungen Himmler zentrales Thema ist. Nicht umsonst weist der Titel - der nicht unmittelbar zum Ge schehen der Erzählung gehört: »Franz Kien hat keine Ah nung davon, daß es sich bei dem fürchterlich jovialen Menschen um den Vater eines Mörders handelt«2 - eben falls indirekt auf Heinrich Himmler hin: Der Vater eines
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Mörders. Gegen das Vergessen gerichtet und mit Interesse an historischer Wahrheit formuliert sind die Bemerkun gen Alfred Anderschs im »Nachwort für Leser«: dass der Sohn des alten Himmler »der zweitmächtigste Mann im Deutschen Reich geworden war« (84) und der Hinweis auf den Titel: »Er hält die unumstößliche Mörder Wahrheit fest, daß der alte Himmler der Vater • • eines Mörders war. Die Bezeichnung Mörder für Heinrich Himmler ist milde; er ist nicht irgend ein Kapitalverbrecher gewesen, sondern, soweit meine histo rischen Kenntnisse reichen, dergrößte Vernichtermensch lichen Lebens, den es je gegeben hat« (85).
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Franz' Mutter. Die Mutter »war aus der katholischen Kir che ausgeschlossen worden, weil sie einen Protestanten ge heiratet hatte« (40). Soweit der einzige Hinweis auf die Mutter, während die Schulstunde erzählt wird. Sie taucht dann erst wieder im von Andersch als »Familien-Bild« (87) beschriebenen Schluss der Erzählung als Hausfrau und Mutter auf: »Franz' Mutter hatte ein gehobeltes Brett auf den Tisch gelegt und walkte Nudelteig, den sie aus einem großen irdenen Topf nahm« (75). Und eben aus dieser familienumsorgenden Perspektive mischt sie sich in die Spekulationen über die Familie Himmler ein:»>Gibt es ei gentlich keine Frau Himmler?< fragte sie. >Ich meine, wenn es eine Frau Himmler gäbe, müßte sie doch dafür sorgen, daß ihr Mann und ihr Sohn miteinander auskom men<<< (76). Der Bernstein Schoreh. Er wird erwähnt, als es um das Verbot politischer Abzeichen geht: »Hakenkreuzler gab es eine ganze Menge, aber es gab auch ein paar Juden unter den
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Schülern, in der Untertertia B gab es den Bernstein Schorch, der Bernstein Schorch war ein pfundiger Kerl [ ... ] , bei dem Bernstein Schorch merkte Schorch als Kumpel und Jude man überhaupt nicht, daß er Jude war« (45). Der lange Atemzug der Erinnerung schildert ganz aus der Perspektive Franz' den Kumpel Schorch. Gleich darauf erfährt der Leser, mit welchen Vorurteilen Franz' Vater Juden gegenübersteht. Diese jedoch werden von Franz beiseite geschoben: »das war doch offensichtli cher Unsinn, der alte Bernstein war im Weltkrieg Front kämpfer gewesen wie sein Vater, auch er hatte das EK I« (45 f.). Freilich wird Bernstein Schorch als Jude in die Erzählung eingebracht, um das Grundthema von Der Vater eines Mörders zu reflektieren: »Ob der junge Himmler vielleicht sein Urteil über die Juden ändern würde, wenn er mehr mit Juden wie dem Bernstein Schorch zusammenkäme?« (46). So intuitiv lebenspraktisch, wie Franz' Reflexionsleistung daherkommt, so prag matisch gibt sie sich in der Folgeüberlegung: »Da stellte Franz sich doch auf die Seite des alten Himmler, der das Ha kenkreuz am Wittelsbacher Gymnasium nicht duldete, weil er natürlich verhindern mußte, daß beispielsweise der Hugo Aletter und der Bernstein Schorch sich prügelten« (46). Interessant ist, dass Franz' Gedanken gerade in der be drohlichen Situation der Prüfung durch den Oberstudien direktor zum Kumpel Schorch abgleiten. Für den Leser wird damit aus der erzählerischen Perspektive vor dem Ho locaust ein andererseits im historischen Rückblick eindeutig gewerteter Teil der deutschen Geschichte aufgerufen.
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Konrektor Endres. Der kleine, stämmige Mathematik lehrer und Konrektor Endres, mit »einer Gesichtshaut,
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die aussah wie gelb gegerbtes Leder«, unterscheidet sich zwar äußerlich stark vom Rektor, will aber - wie der alte Himmler - Franz fertig machen, wie dieser festhält (52). Erzählt wird die Rückgabe einer Klausur, bei der Franz wi der Erwarten besser abschneidet als gewohnt, was Endres zu dem Kommentar veranlasst: »Da hat der Kien mit Müh' und Not auch einmal eine Drei zustandegebracht!« (53).
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Franz' kleiner Bruder. Er vervollständigt gegen Ende der Erzählung das Bild der Familie eines kranken Kriegs veteranen im Jahre 1928: »er war acht Jahre jünger als Franz« und »schlief schon in dem Bett, das dem Bett von Franz gegenüber stand« (77).
4. Werkaufbau Äußerlich betrachtet umfassen die ungefähr 77 Seiten, die die Erzählung ausmachen, gerade einmal die etwa 45 Minuten einer Schulstunde (»erzählErzählte Zeit und Erzählzeit te Zeit«), die im Vergleich zu der Zeit, die man zum Lesen benötigt (»Erzählzeit«), offensichtlich minutiös und detailliert wiedergegeben werden. Diese Schulstunde wird in einem Block erzählt, wenngleich sich das Geschehen bereits durch die beiden Höhepunkte, die Prüfungskonflikte um Konrad Greiff und Franz Kien, strukturieren lässt. Schaut man genauer hin und berück sichtigt die inhaltliche Gestaltung, lassen sich einzelne, am jeweils vom Rex angesprochenen Schüler (Fettdruck) orien tierte (immer wieder von Franz Kiens Reflexionen durch drungene) Episoden abgrenzen, sodass sich folgender Ab lauf der Erzählung ergibt: •
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Eintritt des Rektors in die Stunde, Begrüßung, Reflexio nen Franz Kiens (13,1-18,12) Reflexionen Franz Kiens, Episode Werner Episoden der Schröter (18,13-21,24) Erzählung Intervention des Rex, Reflexionen Franz Kien (21 ,25-26,6) Reflexionen Franz Kien, Episode Konrad von Greiff (26,7-38,16) Reflexionen Franz Kien, Episode Hugo Aletter (38,1746,27) Episode Franz Kien, Reflexionen Franz Kien, Interven tion Kandlbinder I, Aktion Hugo Aletter, Intervention Kandlbinder 1I (46,28-74,18)
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Reaktionen der Familie Kien (»Familien-Bild«, 87), Re flexionen Franz Kien (74,19-77,19)
I Walter Hinck ruckt die Erzählung in die Nähe des Dra
mas, wenn er mit Bezug auf den Inhalt und »Drama«? die Personenkonstellation herausstellt: »An . • • Dramen erinnert die klare Konstellation von Protagonist und Gegenspieler und ihre Variation: so geht dem entscheidenden Zusammenstoß zwischen Kien und dem Direktor die Herausforderung des Examinators durch einen adligen Schüler voraus und läuft ihm der Streit des Direktors und des Klassenlehrers um den Wert griechischer Schulgrammatiken parallel. Immer mächti ger wächst die Gestalt eines Imperators und Inquisitors auf.«3 Und Joachim Kaiser formuliert treffend:»Dank der eingehaltenen Einheit von Ort, Zeit und Handlung wurde daraus ein konzentriertes, dramatisches, spannendes Pro sa- Stück.«4 Walter Hinck beschreibt: »Eine von Andersch zuletzt be vorzugte, an Die Kirschen der Freiheit (1952) wieder an knüpfende Schreibtendenz bestimmt auch die Form die ser Erzählung: die autobiographische. Das heißt, sie be stimmt sie nicht ganz. Denn wie in fünf voraufgegangenen Geschichten objektiviert Andersch das autobiographische Ich in der erfundenen Figur des Franz Kien.«5 Hinsichtlich des Erzählgestus lassen Erzählhaltungen sich zwei Erzählhaltungen im Buch unter scheiden: Zum einen ist es die dominant verwendete per sonale Erzählhaltung, die Perspektive des Erzählers Franz Kien, die Einblicke in seine Sicht der Dinge und die ihr korrespondierenden Gedanken und Überlegungen gibt (vgl. zur Wahl der »dritten Person« auch Anderschs Über-
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legungen im Nachwort 81 ff.), zum anderen erfährt der Leser gelegentlich auch aus einer auktorialen Erzählhal tung von den Zusammenhängen des Geschehens. Ergänzt werden diese beiden Perspektiven um die immer wieder eingebrachte direkte Rede der jeweils beteiligten Figuren, die die Authentizität des Geschilderten erhöht.
5. Wort- und 5acherläuterungen 14,12 Ordinarius: Klassenlehrer. 14,26f. Unterter tia: entspricht der heutigen Gymnasialklasse 8. 16,4 Intimus: (lat.) Vertrauter, bester Freund. 18,30 promoviert: zur Doktorwürde befördert. 19,2 Obertertia: entspricht der heutigen Gymnasialklas se 9. 32,16f. Quod licet Jovi, non lieet bovi: (Iat. Sprichwort) Was Jupiter darf, darf ein Ochse noch lange nicht. 35,24 Stadtpatriziat: in der ständischen Gesellschaftsord nung die städtische Oberschicht. 35,30 Quinta: entspricht der heutigen Gymnasialklasse 6. Tertia: entspricht den heutigen Gymnasialklassen 8/9. 37,20 relegiert: von der (Hoch- )Schule verwiesen. 37,23 f. Relegation: Verweisung von der (Hoch-)Schule. 40,9 Etappenhengst: Fremdbezeichnung für Soldat im Hinterland, nicht an der Front. 40,10 Antisemit: Diskriminierer und Verfolger von Juden. 40,13 f. Jesuiten: Angehöriger des Jesuitenordens. 40,14 Freimaurern: Angehörigen der weltbürgerlichen Bewegung der Freimaurerei mit ihrem humanitären Ideal. 43,22 Revers: Aufschlag an der Jacke. 52,29 vierschrötiger: stämmiger. 55,31 renitent: widersetzlich. 72,30 Quarta: entspricht der heutigen Gymnasialklasse 7. 73,2 dispensieren: befreien. 73,30 Untersekunda: entspricht der heutigen Gymnasial klasse 10.
s . WO RT- U N D SACHERlÄUTE R U N G E N
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Kaderschule: Schule zur Ausbildung von (ideologi schen) Führungskräften. 84,14 Ultramontanismus: (von lat. ultra montes )jenseits der Berge<, den Alpen): papsttreue Haltung. 84,13
6. Interpretation Schule
I Die Erzählung gibt Einblick in den Schulalltag Ende der
zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Schon aus dem Untertitel geht hervor, dass es Autoritäres sich um eine »Schulgeschichte« handelt. Ge Schulsystem, Hierarchien rade durch die Besonderheit der geschilder und Macht ten Situation - den Besuch des Rektors in einer achten Klasse - offenbart sie einen foreierten Blick auf ein durch und durch autoritäres Schulsystem. Auf allen drei Ebenen - der Ebene der Schü ler, der des Klassenlehrers und der des Ranghöchsten, des Direktors, zeigt sich ein vom Machtgefälle in der Macht hierarchie geprägtes Verhalten. Ordnung, Disziplin und zuletzt fachliche (Sekundär-) Kompetenz stehen im Vordergrund der AnTugenden sprüche des Rektors, sie scheinen sein machtvolles Verhalten zu bestimmen. Er vermag als höchste Machtinstanz innerhalb der vorgeführten Hierar chie die Großzügigkeit des Mächtigen ebenso wie dessen mögliche Willkür zu demonstrieren - ohne Beachtung von Einzelschicksalen. Albert von Schirnding formuliert: »Der alte Himmler verhält sich also, völlig im Einklang mit den Gesetzmäßigkeiten der Systeme Schule und Militär, seinen Schülern gegenüber wie form- und willenlosen Geschöpfen, denen er und seine Handlanger, die Lehrer, erst ein mensch liches Gesicht geben - nach den Maßstäben der Gesellschaft, deren Funktionäre sie sind. Die Grammatik ist eines der Werkzeuge, die diesem Zweck dienen, und nicht ein beliebi-
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ges; denn die Sprache ist das Herrschaftsinstrument par ex cellence.«6 In der Figur des Klassenlehrers zeigt sich der am Ord nungssystem ausgerichtete Anspruch des Klassenlehrer unfehlbaren Lehrers, gekoppelt mit den fachlichen Ansprüchen des promovierten Altphilologen und nicht zuletzt die dem autoritären Sys tem geschuldete, aber individuell vollzogene Subordinati on unter den mächtigen Vorgesetzten. Die Figur Kandlbinder lebt als Lehrperson vom Respekt der Schüler - was einmal von Konrad von Greiff durchbrochen wurde -, be sticht durch fachliches, vielleicht zu differenziertes Wissen und vermag sich gegenüber dem allmächtigen Direktor letztlich kein bisschen durchzusetzen. Auf der Ebene der Schüler lassen sich drei Haltungen dif ferenzieren. Zunächst die Masse der sich wenigstens äußerlich im Verhalten - an Schüler dieses Autoritätssystem Anpassenden und schlicht Gehorsamen: Das beginnt mit dem Aufstehen angesichts des Ranghöheren zu Stundenbeginn oder beim Eintritt des Rektors und setzt sich im vom Direktor ge genüber Konrad von Greiff betonten normkonformen Verhalten in der Anrede von Respektspersonen fort. Zweitens beschreibt Konrad von Greiff einen (aristokra tischen) Typus Schüler, der sich eben nicht alles gefallen lässt und - durchaus aus dem Selbstbewusstsein verlei henden Standeshintergrund heraus - gegen nur formal be griindete hierarchiekonsolidierende Umgangsformen re belliert. Die dritte Haltung führt die dem Leser wohlbe kannte individuelle Perspektive Franz Kiens vor: Er weiß zu differenzieren, beobachtet scharf und lässt sich nicht von Vordergriindigem in seinem Urteil beirren. Er zeigt,
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wenigstens innerlich, Solidarität mit Mitschülern, schätzt Menschliches bei ihnen, verachtet Eingebildetheiten (wie die auf den Adelsstand bei Konrad von Greiff), achtet be stimmte Seiten des freilich als langweilig eingeschätzten Lehrers Kandlbinder wie des Rektors, ohne angesichts dessen offenkundiger Ungerechtigkeiten darauf zu ver zichten, in aller Schärfe sein Urteil zu fällen. Weitere Details bestimmen den Eindruck von Schule: So erfährt man beispielsweise, dass für den Besuch des Gymna siums Schulgeld zu entrichten war oder dass sich ein huma nistisches Gymnasium u. a. durch die unterrichteten Altphi lologien auszeichnet, nicht zuletzt heute ungewohnt ist die altertümliche Zählung der Klassen. Dass es Andersch auch darum geht, ein Schulsystem mit seinen wohlorganisierten Finessen der Unterdrückung zu präsentieren, wird u. a. im zweiten der Erzählung voran gestellten Motto (einem Auszug aus dem Wörterbuch der Philosophie des zeitgenössischen Sprachphilosophen Fritz Mauthner, 7) deutlich.
Autobiographie und Schriftstellertum
I Ein weiterer Aspekt der Erzählung ist der weitgehende
autobiographische Gehalt (vgl. Anderschs »Nachwort für Leser«), der sich in der Figur Franz Kien als autobiogra Franz Kien verbirgt. Der etwa vierzehnjäh phische Figur rige Kien sieht seine Vorlieben nicht in der Schule, sondern in der Freiheit der Zeit außerhalb der Schule, in der er gerne spielt, die Übung im Griechischen bleibt dahinter zurück, was auch seinen Beitrag zum schulischen Verhängnis und zum Schulversa-
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gen mit sich bringt. Er liest gerne (Shakespeare oder) Kar! May - angesichts der Vorstellungen von Vater und Rex ei ne verpönte Lektüre - und nichtsdestoSchriftstellerei weniger hat er sein Ziel, Schriftsteller zu werden, klar vor Augen (auch wenn er aus der Perspektive der Erzählung noch nicht weiß, dass er es tatsächlich verwirklichen wird). Die Erörterung um Wege hin zum Schriftsteller bedeutet denn auch mehr als nur die Auseinandersetzung zwischen Rex und Schüler Kien, sie ist - schließt man Franz' fein sinnige Wahrnehmungsweise und weitere Aspekte der Erzählung ein - gleichsam programmatischer Anspruch an die Tätigkeit des Schriftstellers jenseits der systemati schen, fremdbestimmten, freiheitsfeindlichen und igno ranten Wissenstrichterei der Schule. Auch in der Widmung der Erzählung an Arno Schmidt (5) wird, freilich im historischen Rückblick, der autobiogra phische Bezug deutlich. Hanjo Kesting formuliert: »In Wirklichkeit kam es An dersch auf etwas anderes an, nämlich auf jene eigentümliche Oszillation zwischen Faktizität und Fiktion, strenger Auto biographie und freier Erzählform, die den eigentlichen Reiz seiner Schulgeschichte ausmacht. )Etwas Ungelöstes liegt in solchen Texten<, schreibt Anderseh, )es liegt sogar in meiner Absicht.< Das heißt: hier werden persönliche Erinnerungen fixiert, historische Fakten gesetzt und zugleich in die Schwe be gebracht und erzählerisch gebrochen. Fest-Stellungen werden so in einen Spielraum plaziert, daß die Erzählung offen bleibt. Damit aber entpuppt sich Andersehs )einfachs te aller Erzählmethoden<, genau betrachtet, als das raffinier te Kunst-Manöver eines Schriftstellers, der das politische Problem seiner Erzählung als ein solches der Form begreift.
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Nur dadurch kann Andersch erreichen, worauf gerade hier nicht verzichtet werden kann: epische Gerechtigkeit. Sie scheint geboten bei einer Er»Epische Gerechtigkeit« zählung, die den Leser mit der Frage konfrontiert, wie Himmler, der Schul mann, und Himmler, der Unmensch, zusammenhängen.«7
Politik I Andersch gibt mit seiner Erzählung Einblick in politische
Mentalitäten am Ende der Weimarer Republik - in actu, nicht im historischen RückPolitsi che Mentalitäten blick! Verschiedene politische Perspektiven und Haltungen, die 1928 zu beschreiben sind, werden an hand der einzelnen Figuren lebensnah vorge führt. Das fängt an mit Konrad von Greiff, der als Reprä sentant des Adels gegenüber anderen Bevölkerungsschich ten einen Besitzstand repräsentiert und dorther sein aufbe gehrendes Selbstbewusstsein bezieht. Aber auch Franz macht sich seine politischen Gedanken, er »politisiert« mit Hugo Alsletter, dessen Eltern »deutschnational waren, wie fast alle Eltern der Gymnasiasten« (43), und bezieht eigene Erfahrungen mit dem Mitschüler und Juden Bernstein Schorch ein. Gegenspieler von Franz und von Konrad ist der Rex, dessen politische Haltung dem Leser durch Rex Franz' Erinnerung an Worte seines Vaters • •------.. über den »alten Himmler« deutlich wird und dessen Bild in Franz' Wahrnehmung sich durch seine Spra che und sein Verhalten als Schulleiter in der geschilderten Situation vervollständigt. Franz' Vater stellt ihn als national
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gesinnten Anhänger der Bayerischen Volkspartei dar, »schwarz bis in die Knochen« (40). Dabei ist er kein Antise mit. In seinem Verhalten wird deutlich, dass er weder das Hakenkreuz noch andere politische Abzeichen an seiner Schule duldet. Ressentimentbesetzt ist seine Haltung gegen über dem Militär, er bedauert es explizit - freilich aus Grun den der Disziplin -, dass es in Deutschland kein Militär mehr geben darf (31) (und vertritt damit eine politische Hal tung, die den Versailler Vertrag als >Knebelung Deutsch lands< begreift). Franz' kranker Vater, wohl im Gegensatz zum alten Himmler echter ehemaliger Frontsoldat, ist »Ludendorff-Anhänger und Antisemit« (40); Vater seiner Familie geht es im Gegensatz zu frühe- ren Zeiten derzeit finanziell schlecht. Die aktuelle Lebens situation der Familie wird auch deutlich, wenn Franz nei disch auf seinen Bruder Kar! ist, weil er »noch die guten Zeiten mitgekriegt« (24) hat. Franz' Vater sympathisiert durchaus mit dem»jungen Himmler« als Hitler-Anhänger, der auch immer zu ihnen als »Ludendorff- Leuten und in die >Reichskriegsflagge<<< käme (39) und der sich »niemals mit Juden, Jesuiten und Freimaurern an einen Tisch setzen« (40) würde. Auch die unpolitische Einstellung von Franz' Mutter dokumentiert eine zeitgemäße politische Haltung. Mit den eingestreuten Aspekten zur politischen Einstel lung dieser Figuren legt Andersch in der Erzählung spo radische Fäden aus, die der Leser weiterspinnen kann, um aus dieser mentalitätsgeschichtlichen Gemengelage zu ei genen Ansichten über Ursachen von Faschismus und Krieg zu gelangen. Vorgeführt wird, dass die Dinge in le bensweltlichen Prozessen bei weitem nicht so klar und of fensichtlich auf ihre schrecklichen Folgen hin zulaufen,
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I wie dies aus dem geklärten, übersichtlichen und ver
gleichsweise eindeutigen historischen Rück blick erscheinen mag - freilich offenbart jener Die Perspektive aus historischem auch die in der Erzählung angelegte Pluralität Rückblick der Ursachen von Faschismus und Krieg. Dennoch: Die Erzählung selber stellt keine Analyse der politischen Situation vor, wie sie Historiker unternähmen. Andersch macht mit der feinsinnigen Schi1denmg der Gemengelage nicht zuletzt sicher auch darauf aufmerksam, dass politische Entwicklungen generell ei ner sensiblen Wahrnehmung bedürfen, um ihre zukünfti gen Folgen einschätzen zu können.
Humanismus
I Ähnlich ist auch die von Andersch im Nachwort selbst
gestellte Frage nach dem Wert des Humanis mus einzuschätzen: Heinrich Himmler ist Humanistische Famifientradition aufgewachsen »in einer Familie aus altem, humanistisch fein gebildetem Bürgertum. I Schützt Humanismus denn vor gar nichts?« (86). Walter Hinck nimmt Bezug auf sie: »Dies ist eine von außen heran getragene Frage, auch wenn der Leser selbst sie sich so oder ähnlich stellt. Damit enthüllt sich Anderschs Schulgeschich te als Beispiel einer Literatur, die nicht nur ihren Sinn, son dern auch ihr eigentliches Thema erst herausgibt, wenn der Leser Dargestelltes auf einen umfassenderen geschichtlichen Horizont projiziert.«8 Die Humanistisches Gymnasium Frage verweist einerseits zunächst darauf, dass Rex Himmler einflussreicher Oberstu diendirektor eines humanistischen Gymnasiums ist und sel-
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ber darüber hinaus Ansichten vertritt, die mit Bezug zu den >Alten< durchaus als humanistisch zu werten sind; auch sein Bemühen scheint - trotz seiner Willkürherrschaft - gele gentlich von humanistisch- pädagogischen Anliegen durchdrungen zu sein. Im historischen Rückblick bleibt die Frage, ob denn diese humanistischen Ansprüche - freilich in einem (Schul- )System mit allen seinen aus heutiger Sicht fürchterlich erscheinenden Finessen - nicht in der Lage waren, den Faschismus aufzuhalten oder ihn gar be fördert haben. Andererseits kann »humanistisch« in dieser Erzählung auch in einem zweiten Sinn ausgedeutet werden: Dann sind es nicht mehr die Klas>Eigentlicher< Humanismus siker, die als humanistisches Bildungsgut zählen, sondern es ist die implizit vorgeführte >menschliche< Haltung Franz Kiens, die >echten< Humanismus verbürgt. Mit ihm wird ein positives Ge genbild zum vor allem von Rex Himmler vorgeführten >Humanismus a la carte< gezeichnet.
Vater und Sohn Himmler
Der Titel Der Vater eines Mörders personifiziert die allge meineren Überlegungen hin auf eine VaterSohn- Beziehung mit der ihr eigentümPsychologie lichen Psychologie. Im Übrigen ist dieser der Vater-SohnBeziehung Titel die einzige den historischen Rückblick in diese Erzählung einbringende Instanz: erst mit ihm wird deutlich, dass wir in der Figur des Rex den Vater von Heinrich Himmler, wie wir im histori schen Rückblick wissen, »der größte Vernichter mensch-
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lichen Lebens, den es je gegeben hat« (85), vor Augen haben müssen. Andersch selber wirft die diesbezüglich sich stellende Frage auf: »Mußte aus einem solchen Vater mit )Naturnotwendig keit<, d. h. nach sehr verständlichen psychologischen Re geln, nach den Gesetzen des Kampfes zwischen aufeinan der folgenden Generationen und den paradoxen Folgen der Familien- Tradition, ein solcher Sohn hervorgehen?« (85). Auch diese Frage wird nicht eindeutig geklärt, es bleibt offen, wie genau diese Verhältnisse zu klären sind, wenngleich die in der Schulstunde vorgeführte Struktur des Vaters Himmler erste Antworten ermöglicht. Hanjo Kes ting formuliert: Und so entwirft Andersch eine Erzählsitu ation, die vor allem dadurch offen ist, daß der Held Franz Kien im Mai 1928 keineswegs mit dem Wissen über künftige historische Vorgänge ausgestattet ist. Er weiß nicht, was später aus ihm werden wird, nämlich ein Schriftsteller (ob wohl Franz Kien es gern werden möchte), und er weiß vor allem nicht, daß mit dem alten Himmler der Vater eines Mörders, des schrecklichsten Massenmörders der gesamten Geschichte, vor ihm steht. So leicht macht Andersch es sich nicht, und es geht ihm auch nicht darum, seinem Schuldirek tor nachträglich den Prozeß zu machen.«9
Massenmörder
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7. Autor und Zeit Alfred Anderseh: Leben. Werk und Wirkung
»Die Spannung zwischen Ästhetik und Politik charakteri siert Andersehs Leben und Werk.« lo In seinem bereits 1952 erschienenen Roman Die Kirschen der Freiheit verdeutlicht der in der Nachkriegszeit bedeutsam werdende Autor AnAutobiographisch: Die Kirschen der dersch, dessen schriftstellerisches Motto imFreiheit mer auch die Suche nach Wahrheit war, die Stationen seiner Kindheit und Jugend sowie 1. .1 den elementaren Durchbruch der Freiheit, die zum wieder kehrenden Motiv seiner Erzählungen wird. In dieser Erzählung, einem Bericht, wird deutlich, wie der 1914 geborene Andersch während der Schulzeit und in einem von kleinbürgerlichem ProKindheit und Jugend in testantismus geprägten elterlichen Zuhause München das München der zwanziger Jahre erlebt. Während der rechtskonservative Vater als Kriegsveteran schließlich an seinen Verletzungen stirbt, er lebt der sensible Junge die Erschießung der Räterepublika ner. Andersch schildert in den Kirschen der Freiheit die Kindheitstage unter der Überschrift »Der Park zu Schleiß heim« und deutet damit neben dem politischen Erfahrungs raum auch den alltagsweltlichen Lebensraum seiner Kind heit an, bevor die Überschrift »Verschüttetes Bier« den sich als Genossen begreifenden Andersch ankündigt, der in den Kommunistischen Jugendverband eintritt, um sich dort sei ner Gesinnung entsprechend zu engagieren. Der sich litera risch bildende Organisationsleiter der Kommunistischen _ _ _ _ _ _
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Jugend, der er inzwischen geworden ist, erlebt die Macht ergreifung Hitlers 1933 als Mitglied der Masse auf der Straße in München. Dort wird der Untergang der Republik ebenso deutlich, wie sich Vereinzelung und Verfolgung ankündi gen. Andersch wird als Organisationsleiter verfolgt und ver bringt im Frühjahr und Herbst 1933 Haftzeiten in Dachau, die das Ausmaß der nationalsozialistischen Verfolgung er ahnen lassen. Anderseh, dessen Mutter es gelingt, ihn wieder zu befreien, zieht sich nun zusehends zurück und widmet sich in den folgenden Jahren der Kunst und Kunst und Wissenschaft wissenschaftlicher Tätigkeit, sein schon früher gewähltes zweites Standbein neben dem politi schen Engagement. Im Brotberuf ist er zunächst in München als Büroangestellter und ab 1937 als Werbegrafiker in Ham burg tätig, wohin er mit seiner ersten Frau zieht In den Kir schen der Freiheit wird diese Zeit als unpolitische, sehnsuchts volle Zeit mit »Das Fährboot zu den Halligen« übertireit, be vor der zweite große Abschnitt der Kirschen sich als»Die Fahnenflucht« ankündigt. Realität des Krei ges, Motiv Im Verlauf des Krieges wird der Soldat An der Freiheit dersch seit 1940 über Dänemark, Belgien, Thüringen und das Elsass nach Italien geführt, wo die weitere Handlung der Kirschen einsetzt. Grundthema wird spätestens von hier an das Motiv der Freiheit sein, das zu Selbstfindung und Ich- Identität führt und in seinem Erzählwerk leitmotivisch virulent ist. Die Thematik der Freiheit, die den Schriftsteller Andersch auch weiterhin beschäftigen wird, kann als für diese»ide ologisch, sprachlich, literarisch zwischen allen Stühlen«11 sitzende Generation typische Auseinandersetzung mit dem Existenzialismus angesehen werden.
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In der Erzählung Die Kirschen der Freiheit zeigen sich dem Soldaten Andersch die Kameraden sowohl als Gemein schaft wie als lästige Verpflichtung. »Die Angst«, so der Titel eines weiteren Unterkapitels der autobiographischen Kirschen, lassen die Gedanken des Soldaten im nervenauf reibenden Garnisonsalltag, in dem Furcht und Tod ständig präsent sind, zusehends um Fahnenflucht und Freiheit kreisen. »Zwischen Angst und Angst, Mut, Vernunft und Mut treten die beiden anderen natürlichen Leidenschaft Eigenschaften des Menschen, Vernunft und Leidenschaft. Sie führen die Entscheidung, die er zwischen Mut und Angst zu treffen hat, herbei«11 und lassen den Ich-Erzähler, hinter dem Andersch sich autobio graphisch verbirgt, knapp ein Jahr vor Kriegsende in einer günstigen Situation in die Wildnis entkom men, wo sich das Ich als Selbst begreifen und »Kirschen ergreifen kann. Bevor Andersch in amerika der Freiheit« nische Gefangenschaft gerät, endet der auto biographische Bericht, indem dem Ich die nunmehr reifen »Kirschen der Freiheit« zuteil werden. Seine Kriegsgefangenschaft in den USA vermag Andersch zu weiterer schriftstellerischer Tätigkeit zu nutzen, bevor er in München Redaktionsas Krei gsgefan sistent der Neuen Zeitung bei Erich Kästner genschaft, Nachkrei gszeit wird. Seit 1946 gibt Andersch zusammen mit Hans Werner Richter die Zeitschrift Der Ruf heraus, die 1947 von den Amerikanern wegen ihrer kriti schen Haltung verboten wird. Andersch wird mit anderen Autoren Mitglied der »Gruppe 47«. Seine zweite Ehe geht er 1950 mit der Malerin Gisela Groneuer ein. Von 1948 bis 1958 hat Andersch Positionen als Leiter des Rundfunk »Abendstudios« in Frankfurt und als Redaktionsleiter von
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»radio-essay« beim Sender Stuttgart inne. 1958 zieht das Ehepaar nach Berzona bei Locarno, wo Alfred Andersch 1980 stirbt. Zum erzählerischen Werk gehören neben den wegen des Desertionsthemas bekannt und wegen des Freiheitsmotivs beriihmt gewordenen KirProsa sehen der Freiheit (1952) der Roman Sansibar oder der letzte Grund (1957), der »sofort als einer der Hö hepunkte der Prosa der fünfziger Jahre erkannt wurde«13; der 1960 und in veränderter Fassung 1972 erschienene Roman Die Rote handelt vor dem Hintergrund der deutschen Vergangenheit von der Frau Franziska als Hauptfigur auf der existenzielle Entscheidungen fordernden Flucht in Italien vor Ehe und Geliebtem hin zu neuer Selbstbestimmung, aber auch von Fabio, dem sie begegnet; der 1967 erschienene Roman Efraim, in dem sich der zunächst in Berlin über die Kuba-Krise berichtende britische Journalist»Georg Efraim [ ... ], die moderne Verkörperung des heimatlosen Juden«, »auf eine Entdeckungsreise seiner selbst« l� begibt, einer der wenigen Romane Anderschs, die nicht den Anspruch auf die Verwirklichung einer konkreten Utopie erheben;15 der große Frontroman Winterspelt (1974), der Ereignisse und Er lebnisse an der Westfront aufnimmt und noch einmal »als Gegenentwurf zur deutschen Geschichte der letzten 50 Jahre«16 durchspielt; sowie die noch im Todesjahr Andersehs erschienene Erzählung Der Vater eines Mörders (1980). Für Andersch als Autor gilt, dass er in der Zeit nach '45 zu jenen Autoren zählte, die in liberaler links kritischer Sicht, die sozialistischen Der Schrfts i teIfer Ziele nicht aus den Augen verlierend, auf Andersch der Grundlage eines ausgeprägten Humanismus und der Begegnung mit dem individualisierenden,
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I aber eben die elementare Freiheit des Einzelnen betonen
den Existenzialismus sich sowohl kritisch zu den Themen der Zeit äußerten wie auch in ihKultur der Erinnerung ren literarischen Werken in der kritischen Auseinandersetzung mit der deutschen Ver I gangenheit Impulse zu geben in der Lage waren und sind. Anlässlich der Auseinandersetzung mit Sansibar formuliert Demetz: »Als Schriftsteller steht Andersch im Widerstand gegen jedwede Idee des Determinismus, d. h. gegen jede An schauung vom Menschen, die auf seinen Begrenzungen und Unterwerfungen besteht und nicht auf seiner Fähigkeit, sich von Ursachen zu lösen und frei für sich zu entscheiden.«'7 Positiv formuliert sagt Bühlmann:»Die Grundthematik von Anderschs Werk ist die Verwirklichung individueller Frei heit und ihre existentielle Problematik. Das Fortgehen, die Desertion, das Wegtreten aus den Bindungen ist die immer wiederholte und variierte Geste.«1 8 Wie sehr der seit 1958 im Tessin lebende Andersch sich als Autor mit seinem Bewusstsein von der deutschen Vergan genheit im weiteren Verlauf der Entwicklung der Bundes republik auch in das politische Alltagsgeschäft einmischte, zeigt sich in den mit spitzer Feder geschriebenen Beiträgen wie Notwendige Aussage zum Nürnberger Prozeß (1946),
Aufruf an die Hochschullehrer (1947), Das junge Europa formt sein Gesicht (1946), Skandal der deutschen Reklame (1951) oder das bekannte Gedicht Artikel3 (3) (1976)", von
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dem Andersch sagte, dies sei einer der Texte, »von denen ich mir einbilde, sie verhinderten, daß ich eines Tages wieder ei ne Straßenwalze in einem KZ ziehen muß« 20. Dabei deutet sich mit den Reiseberichten des viel und weit gereisten Andersch eine Reisen »Spannung in Anderschs Werk zwischen
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Reflektion und Erfahrung, zwischen reiner Beschreibung und kritischem Kommentar«21 an. Überhaupt wäre es zu kurz gegriffen, Anderschs Literarische Vielseitigkeit Kurzgeschichten, kürzere Erzählungen, Hör und Experimen spiele und Gedichtbände, mit denen er sich tei rfreude in seiner ganzen Vielseitigkeit und Expe rimentierfreude22 darstellt, unberücksichtigt zu lassen. Mein Verschwinden in Providence (1971) stellt eine Prosasammlung vor, in der ebenso deutlich Biographi sches aufleuchtet, wie Andersch andererseits kunstvoll und experimentierfreudig zu erzählen weiß. Und in seiner Mit herausgeberschaft der Nachkriegszeitschrift Der Ruf of fenbart sich das fortgesetzte Engagement des Autors, »der sich nach dem Ende des Hitler-Regimes auf die Möglich keit eines demokratisch-sozialistischen Europas konzen triert zeigte«23. Wolfram Schütte fasst zusammen: »Das Einzigartige, für manche seiner Kritiker mitunter auch Zwiespältige von Anderschs Werk bestand in der Ästhetki und Politik provozierenden Behauptung und literari schen Praxis, wonach die strengste Vorstel lung von künstlerischer Qualität und die radikalste Imagi nation von Politik sich nicht gegenseitig ausschließen. Äs thetik ist Widerstand. Am Marxismus, den er (zuletzt neben der Psychoanalyse) immer noch als tauglichstes Mittel der gesellschaftlichen und historischen Analyse betrachtete, kri tisierte er gleichwohl seine dogmatische Verengung und Ideologisierung zu einem Weltbild, das der individuellen menschlichen Aktion keine Freiheit mehr gestatte. Am Existentialismus, den er im Sinne Sartres als Humanismus verstand, hat ihn nie das nihilistische Moment, die Beliebig keit der Wahl interessiert, sondern nur dessen Beharren auf
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der individuellen Verantwortlichkeit, der Entscheidungsfä higkeit des Menschen. Ästhetik und Politik fallen zusam men im Begriff einer Moral, die vom einzelnen fordert, sich gegen die Barbarei oder für sie zu entscheiden.«24
Tabelle zu Leben und Werk
1914 4.2. Geburt Alfred Anderschs in München als Sohn eines aus Ostpreußen stammenden Offiziers; seine Mutter stammte aus Böhmen. 1920-28 Schulzeit, u. a. im Wittelsbacher Gymnasium, über das die autobiographische Erzählung Der Vater eines Mörders berichtet. 1928-30 Lehre als Buchhändler in München. 1931-33 Arbeitslosigkeit. 1932 Organisationsleiter des Kommunistischen Jugendver bandes in Südbayern. 1933 Nach dem Reichstagsbrand am 27.2. 1933 und im Herbst im KZ Dachau. 1933-37 Büroangestellter in München. 1937-40 Werbegrafiker in Hamburg. 1939 In Hamburg begonnene Schreibversuche. 1940-44 Mit Unterbrechung Soldat, zunächst zur Ausbil dung in Siegen. 1944 6.6. Desertion in Italien. 1944 Erste Ausfahrt, Veröffentlichung m der Kölnischen
Zeitung. 1944-45 US-amerikanische Kriegsgefangenschaft, Beiträge für die Gefangenenzeitschrift Der Ruf 1945-46 Redaktionsassistent bei Erich Kästner, Neue Zei tung, München.
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1946/47 Herausgeber von Der Ruf mit Hans Werner Rich ter. 1947 Tagung der »Gruppe 47 «. 1948 Erste Buchpublikation: Deutsche Literatur in der Ent
scheidung. Ein Beitrag zur Analyse der literarischen Situation. 1948-50 Gründer und Leiter des »Abendstudios« des Sen ders Frankfurt am Main.
1951-53 Leitungder»Feature-Redaktion« derSender Ham burg und Frankfurt am Main. 1952 Die Kirschen der Freiheit erscheinen und rufen heftige Reaktionen hervor. 1955--58 Gründer und Leiter des »radio- essay«, Süddeut scher Rundfunk, Sender Stuttgart. 1955--57 Herausgeber der Zeitschrift Texte und Zeichen. 1957 Sansibar oder der letzte Grund (1955 begonnen), er scheint. 1958 Anderschs ziehen nach Berzona ins Tessin. 1960 Die Rote, Erzählung der privaten Geschichte einer Frau, die vor ihrem Mann flieht. 1962 Wanderungen im Norden, ein Reisebericht mit Fotos seiner Frau Gisela. 1963 Ein Liebhaber des Halbschattens, Erzählungen. 1965 Erste Sammlung von Hörspielen: Fahrerflucht. 1965 Erste Sammlung von Essays: Die Blindheit des Kunst-
werks. 1966 Aus einem römischen Winter, Reiseessays. 1967 Der Roman Efraim erscheint. 1969 Hohe Breitengrade oder Nachrichten von der Grenze, Reisebericht.
1971 Mein Verschwinden in Providence, Erzählungen. 1972 Andersch wird Schweizer Staatsbürger.
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Literatur nach dem Tod der Literatur. Anderschs letzter großer Roman Winterspelt er scheint, eine Art Kriegsroman, der an der Westfront spielt und auf Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg zu rückgreift. Andersch löst mit dem Gedicht Artikel 3 (3) eine De batte zu Radikalenerlass, Berufsverbot und Mei nungsfreiheit aus.
Öffentlicher Brief an einen sowjetischen Schriftsteller, das Überholte betreffend, Veröffentlichung weiterer Aufsätze und Reportagen.
1977
empört euch der himmel ist blau erscheint als Samm
1980
Der Vater eines Mörders erscheint.
lung von Gedichten und Nachdichtungen. 1980 21.2.
Alfred Andersch stirbt nach längerer Krankheit.
8. Checkliste und weiterführende Aufgaben
1. Zur Figur von Franz' Vater: Informieren Sie sich über General Erich Ludendorff, z. B. unter http://www.dhm.de/ lemo/htmllbiografien/LudendorffErich/, und erörtern Sie die nationalistische Haltung des Vaters.
2. Zur Figur des jungen Himmler: Informieren Sie sich über Heinrich Himmler, z.B. unter http://www.dhm.de/lemo/ htmllbiografien/HimmlerHeinrich/, sowie die 55 z. B. unter http://www.dhm.de/lemo/html! nazi/innenpolitik! ss/ index.html »
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3. Zum Schulunterricht: Wäre ein solcher Schulunterricht heute noch denkbar? - Diskutieren Sie folgenden Befund von Gerd Fuchs: »Mit Ausnahme einer Rückblende und ei ner Vorausblende beschreibt Andersch einzig diese Schul stunde. Er beschreibt eine Folterung. Er beschreibt, was zweihundert Jahre lang und mindestens bis in meine eigene Schulzeit (denn ebensolche Schulstunden habe ich jahrelang erlebt) Normalität war. Lernen als organisiertes Entsetzen, Lehren als staatlich sanktionierter Sadismus. Eine Null mit dem Titel Studienrat bläht sich bis zu lächerlicher und gleichzeitiger grausiger Gottähnlichkeit auf, benutzt das Kostbarste, was sich Menschen an sprachlicher, musikali scher, bildnerischer und wissenschaftlicher Kultur erarbei tet haben, als Werkzeug, um Auspeitschungen vorzuneh men. Lernziel war nicht Sophokles, Corneille, das Gravita tionsgesetz oder Mozart, sondern der krumme Rücken. Der
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deutsche Studienrat war staatserhaltend wie nur noch der Polizist, beide einander tief wesensverwandt.«25 - Diskutieren Sie den Befund von Stephan Reinhard: »Anderschs Schulstunde gleicht einem pädagogischen Thril ler, in dem kein Satz zuviel und keiner überflüssig ist. Psy chologisch und sprachlich genau aufeinander abgestimmt, läßt er das Denken und die Emotionen der Kontrahenten sich entfalten. Auf der einen Seite das auf )schauen, fühlen und begreifen< gerichtete Verlangen des Franz Kien, der sich von der Schulbank hinwegträumt in seine Wunschvorstel lung, Schriftsteller zu werden, auf der anderen Seite das au toritäre Gewicht einer Institution, die Bereitwilligkeit, Dis ziplin und Gehorsam einfordert.«26 Informieren Sie sich über den Begriff »Humanismus« z. B. unter http://de.wikipedia.org/wiki/Humanismus Andersch schreibt: »Schützt Humanismus denn vor gar nichts? Die Frage ist geeignet, einen in Verzweiflung zu stürzen« (86). - Diskutieren Sie die Haltung von Gerd Fuchs in Bezug auf den )Humanismus<: »Und der wirkliche Hu manist ist in Anderschs Erzählung eben nicht derjenige, der es dem Namen und Titel nach ist, sondern ironisch erweise derjenige, der aus dem Tempel des Humanismus entfernt wird, der Schüler Franz Kien. In der Weise, wie er diesen Himmler wahrnimmt, wie er ihn durchschaut, versteht und verachtet, konstituiert sich wirklicher Humanismus. Ein beinahe unwillkürlicher Humanismus, denn dieser Vier zehnjährige, dessen Leidenschaft schon damals das Politisie ren ist und dessen Vater den General Ludendorff fanatisch verehrt, ist ideologisch-politisch von diesem ultramontanen Konservativen Himmler noch gar nicht soweit entfernt. Nur daß ihm die Amtsperson Himmler nie den Blick auf
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den Menschen Himmler verstellt. Dem aber war ein Schüler immer nur ein Schüler und nicht auch ein Mensch. So wie seinem Sohn später ein Jude ein Ungeziefer war und kein Mensch.«17
5. W ürden Sie folgenden Befund ebenfalls für den Kern der Erzählung halten?: »Aber das, was die vollkommen ge schlossene Versuchsanordnung der Erzählung als Problem offenlegt, hat mit dem in der Überschrift angegebenen Sach verhalt aufs beunruhigendste zu tun: Es ist die Frage nach dem Zusammenhang der den bürgerlichen Kulturveranstal tungen zugrundeliegenden, größtenteils unbewußten Un terwerfungsmechanismen: der Barbarei in der Maske der beamteten und mit Titeln und Orden dekorierten Humani tät und der offenen Barbarei der faschistischen Theorie und Praxis.«28
6. Lässt Andersch denn seine Leser ganz ratlos zurück?: »Andersch erklärt )mit aller Bestimmtheit<, er hätte diese Geschichte niemals erzählt, wenn er genau zu sagen wüßte, daß und wie der Unmensch und der Schulmann miteinander zusammenhängen. Sie tritt also an die Stelle eines Urteils; schon dies bedingt, daß sie sich von jeder Form der Verur teilung freihalten muß. In der Tat rückt nicht der leiseste Zug von Denunziation die Zeichnung des alten Himmler in die Nähe eines Racheakts.«29 7. Diskutieren Sie, inwiefern sich die Perspektive Franz Kiens und die des heutigen Lesers unterscheiden: »Denn dies ist das eigentliche Thema dieser langen Kurzgeschichte: daß der Direktor, der Kien (Andersch) prüft, Himmler heißt und Vater eines Mörders ist, nämlich Heinrich Himmlers.«3o
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Stimmen Sie zu, dass Andersch zeigt, wie der Boden für das aufkommende Dritte Reich bereitet wurde? »ln der Kontroverse von Rex und Schüler Greiff sowie in den ein gestreuten Bemerkungen über das Verhältnis des alten Himmler zu seinem Sohn Heinrich - dieser hatte sich den Hitler-Leuten zugewandt - kommen Zerwürfnisse und Wi dersprüche zur Sprache, die in weiten Teilen des damaligen Bürgertums bestimmend waren (Vater- Sohn-Konflikt, Au toritätsprobleme in Schule und Elternhaus). Sie sind jedoch letztendlich zweitrangig. Vorrangig wird gerade hier, in den Gegenden der >alten Peripherie<, wo die bürgerliche Klasse der Stadt zu Hause ist, den Hitler-Leuten der Boden präpa riert für ihre verbrecherischen Untaten. Eine solche (dreifa che) Erzählebene hat Andersch im Sinn, um einen Men sehentyp kenntlich zu machen, von dem wir auf Grund von historischer Einsicht sagen können, daß er zum >Vater eines Mörders< aufstieg.«31 8.
9. Teilen Sie die Ansicht über die >Geschichtsmächtigkeit< der Novelle? »Und in der Tat ist es diese Überschrift, die der Novelle Spannung verleiht. Die eher beiläufigen Gescheh nisse jener lange zurückliegenden Unterrichtsstunde provo zieren ebenso elementare wie bewegende Fragen (verfehl tester) deutscher Geschichte. Andersch öffnet mit ihnen den Blick für geschichtliche Verstrickungen, ohne auch nur ein einziges Mal den Rahmen der damaligen schulischen Ereig nisse zu verlassen. Und doch ist der Leser in der Lage, den Ort des Geschehens zu durchschauen in Richtung späterer Ereignisse.«32
10. Klaus Linsel akzentuiert die Gewordenheit des Faschis mus. - Diskutieren Sie:»Heinrich Himmler u. a. waren nicht
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plötzlich zur Stelle, vielmehr wurden sie durch Eltern und staatliche (schulische) Institutionen herangezogen, die ih rerseits Verantwortung trugen, womit wir wieder bei Rek tor Himmler und dem Wittelsbacher Gymnasium angelangt wären.«33
1 t. Räumen Sie als )Leser von heute< dem Titel auch so gro ße Bedeutung ein? »Die eigentliche Provokation dieser Schulgeschichte liegt in ihrem Titel. Von der Erzählung selbst her gesehen ist er eine Denunziation. Denn der Por trätierte hat mit den politischen Zielen seines Sohnes, der als )der größte Vernichter menschlichen Lebens< in die Ge schichte eingehen wird, nichts gemein. Erst Anderschs Nachwort ruft die Zukunft von 1928 unmittelbar - als Ver gangenheit von heute - ins Bewußtsein. Im Nachwort auch steht die entscheidende Frage: Heinrich Himmler ist auf gewachsen )in einer Familie aus alten, humanistisch fein ge bildetem Bürgertum. Schützt Humanismus denn vor gar nichts?<<<:>4
12. Stimmen Sie der Diagnose »Ironie« zu?: »Darin steckt Ironie; das Übereinander von unreflektiertem Bericht und Nach-Denken, nachträglich reflektiertes Innewerden eines größeren Zusammenhangs, ist ironische Form. Der Begriff steht für eine im engeren Sinn literarische Qualität dieses letzten Textes von Alfred Andersch. Soll man über den for malen Aspekt hinausgehen? Das Erzeugen von Nachdenk lichkeit als Kontrast zum Tatsachenbericht ist etwas anderes als die denkende Bewältigung einer Tatsache.«35
13. Halten Sie folgendes Statement für kurzschlüssig?: »Andersch, der seinen Blick nicht auf den Mörder Himmler,
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sondern auf dessen Vater, den Schulmann, richtet, ist konse quenterweise nicht an den Folgen, sondern an den Voraus setzungen der Erziehung interessiert; und wie diese in ihren unheilvollen Kausalitäten das )Wesen der deutschen Schule< als mörderisches System erweist, so wird evident, daß der Vater des Mörders bereits schon ein Mörder gewesen sein muß, nicht mit Hilfe von Gaskammern, aber mit Hilfe grie chischer Grammatik und ihrer speziellen Anwendung im Schulunterricht.«36
14. Sehen Sie auch Stereotype am Werk?: »Ich sehe, eine deutsche Schulgeschichte kommt nicht ohne Stereoty pen aus. Lehrer Himmler ist nämlich dick, unter seiner Ja cke )wölbte sich ein weißes Hemd über seinem Bauch<, er war )jovial und wohlbeleibt<, )ein Jäger, auf einer Pirsch in
den Unterricht, dick, ungemütlich, einer von der feisten Sorte der Revierbesitzer und Scharfschützen<, )seinen Bauch mag ich nicht<. Das ist Franz Kiens und das ist auch Alfred Andersehs Recht, diesen dicken Menschen nicht zu mö gen. Aber ist nicht das Dicke im Deutschen immer auch das fettleibige Ungeheuer, das gemästete Scheusal, das vollgefressene Böse? Stets ist der unsympathische Lehrer dick und schwitzt leicht, so will es die deutsche Schul geschichte; dünn und trocken ist der gute, der effiziente Lehrer, er ist )rank und schlank<, wie Adolf Hitler es ver langt hat, wie es die Gesundheitsmagazine und die Trimm dich-Prospekte, wie es das Werbematerial von Kranken kassen und Lebensversicherungsgesellschaften erwartet; der deutsche Lehrer ist flott und schmalwüchsig, eher lep tosom wie der junge Himmler, athletisch wie Luis Tren ker.«37
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15. Diskutieren Sie, inwiefern das»Kollektiv der Schulklas se« prototypisch für das »Kollektiv der Deutschen« ist: »Während der Text sich mit peinlichster Gewissenhaftigkeit an die Einheit von Raum, Zeit und Handlung hält, alles ge sehen aus der Perspektive eines 14- jährigen Schülers, führt der Titel eine gänzlich andere Dimension ein, die nicht nur in die damalige Zukunft weist, sondern das private Trauma des Gymnasiasten zum öffentlichen Trauma eines Volkes ausweitet. Zu einfach wäre es, die Geschichte Franz Kiens und die psychologischen Ursprünge des tausendjährigen Reiches über einen Kamm zu scheren. Trotzdem drängen sich Parallelen auf, wobei das Kollektiv der Schulklasse als Kollektiv der Deutschen fungiert und der Rex als Führer, während Klassenlehrer Kandlbinder und einzelne Mitschü ler als Prototypen bestimmter Verhaltensweisen gegenüber der Macht zu interpretieren sind. Dank der differenzierten Behandlung des Themas ist diese Schablone erst im nach hinein erkennbar, aber die Wahl des Titels, der explizit die logische Schlußfolgerung vorwegnimmt, macht den Mikro kosmos im Makrokosmos durchsichtig.«38
16. Zur Form: Finden Sie die folgende Gliederung der Er zählung von Gunter E. Grimm als Leser nachvollziehbar?: »Im übrigen ist das Erzählte in zwei Blöcken strukturiert: Der erste (zweiteilige) Block setzt mit der Schulstunde ein und dauert bis zum Ende der Auseinandersetzung zwischen dem»Rex« und dem Schüler Greiff. Daran schließt sich eine Reflexion Kiens an, in der zurückliegende Ereignisse erin nert werden; Andersch bezeichnet diesen Vorgang mit dem filmischen Begriff )Rückblende<. Der zweite (dreiteilige) Block wendet sich dem weiteren Verlauf der Schulstunde zu und gipfelt in der Prüfung des Schülers Kien; die Unterre-
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dung mit dem Vater ist in Form eine r )Vorausblende< in den Epilog integriert. In dramaturgischer Hinsicht ist dieser Aufbau meisterhaft. Die Spannung steigert sich zu zwei Gipfeln, zwischen denen zwei retardierende Momente lie gen - Kiens zurückschweifende Reflexionen und das Ver dikt des Rektors über das Tragen politischer Abzeichen im Schulunterricht. Diese Verdoppelung der Katastrophe hat dramaturgisch die Funktion, die Perspektivfigur und damit den Leser in Sicherheit zu wiegen. Der Zugriff des gefürch teten Lehrers erfolgt dann um so unerwarteter, nämlich ex akt in dem Augenblick, als Kien die Gefahr bereits vorüber wähnte und sich )gerettet< glaubte.«39
9. Lektüretipps/Filmempfehlungen Textausgabe Alfred Anderseh: Der Vater eines Mörders. Eine Schul geschichte. Zürich: Diogenes Verlag, 2006. (Diogenes Ta schenbuch. 23608.) [Die Erstausgabe erschien 1980.] -
Nach dieser Ausgabe wird zitiert. Verfilmung ZDP 1985. Regie: Carl- Heinz Caspari. Einzeldarstellungen zu Autor und Werk Heidelberger-Leonard, !rene: Alfred Anderseh. Die ästheti sche Position als politisches Gewissen. Frankfurt a. M. / Bern / New York 1986. (Literarhistorische Untersuchun gen 4. Hrsg. von Theo Buck.) Jendricke, Bernhard: Alfred Anderseh. Mit Selbstzeugnis sen und Bilddokumenten. Reinbek bei Hamburg 41999 [zuerst 1988]. Poppe, Reiner: Alfred Anderseh. Stuttgart 1999. Reinhardt, Stephan: Alfred Anderseh. Eine Biographie. Zü rich 1990. Wehdeking, Volker: Alfred Andersch. Stuttgart 1983. Nachrufe Heißenbüttel, Helmut: Meister der langen Wege. In: Stutt garter Zeitung. 23.2. 1980. Kesting, Hanjo: Radikalität und konservative Ironie -Über-
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legungen zum Spätwerk von Alfred Andersch. In: die ho ren. 25 (1980) 5. 1 12-1 17. Sammlungen von Sekundärliteratur Arnold, Heinz Ludwig (Hrsg.): text + kritik. Helt 61/62: Allred Anderseh. München 1979. Haffmanns, Gerd (Hrsg.): Über Allred Anderseh. Hrsg. un ter Mitarb. von Remy Charbon und Franz Cavigelli. 3., verm. Neuausg. Zürich 1987. Wehdeking, Volker (Hrsg.): Zu Allred Anderseh. Stuttgart 1983. Rezensionen zu Der Vater eines Mörders Fuchs, Gerd: Wir Himmlers sind viel älter oder: schützt Humanismus denn vor gar nichts? In: Literatur Konkret. Hamburg 1980. Günther, Joachim: Kritische Blätter: Alfred Andersch: Der Vater eines Mörders. In: Neue Deutsche Hefte 27 (1 980) Helt 4. S. 8181. Harig, Ludwig: Heilloses deutsches Wesen. In: Die Zeit. 10. 10. 1980. Helbling, Hanno: Der letzte Text. In: Neue Zürcher Zei tung. 22.8. 1980. Hinck, Walter: Imperator und Inquisitor. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 13.9. 1980. Kaiser, Joachim: Prüfung bei Rektor Himmler. In: Süddeut sche Zeitung. 28./29. 6 . 1 980. Kesting, Hanjo: Ein autoritärer Anarchist.In: Hanjo Kesting: Dichter ohne Vaterland. Berlin/Bonn 1982. S. 137-143. Klüver, Henning: Erinnern ist immer ganz subjektiv. In: Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt. 2 1 . 9. 1980.
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Linsel, Klaus: Mobilisiert wird sensibler, produktiver Anti faschismus. In: Die Tat. 10. 10. 1980. Pankow, Klaus: Texte der Beunruhigung. In: Sonntag. 6.6. 1982. Reinhardt, Stephan: Literarisches Testament. In: Frankfur ter Hefte 36 (1981) Heft 5. s. 72-74. Reinhold, Ursula: Alfred Anderseh: Der Vater eines Mör ders. In: Weimarer Beiträge 28 (1982) Heft 2. s. 141-148. Schirnding, Albert von: Es lohnt sich, Franz Kien zu loben. Der Schriftsteller Alfred Andersch im Licht seiner nach gelassenen Schul geschichte. In: Merkur 35 (1981) Heft 3. 5. 329-334. Weitere zitierte und empfehlenswerte Literatur Anderseh, Alfred: Die Kirschen der Freiheit. Ein Bericht. Zürich 1972. Bühlmann, Alfons: In der Faszination der Freiheit. Eine Untersuchung zur Struktur der Grundthematik im Werk von Alfred Anderseh. Berlin 1973. Demetz, Peter: Sansibar oder der letzte Grund. In: Volker Wehdeking (Hrsg.), s. 22-27. Geulen, Hans: Alfred Anderseh. Probleme der dargestellten Erfahrung des )deutschen Irrtums<, In: Hans Wagener (Hrsg.): Gegenwartsliteratur und Drittes Reich. Deutsche Autoren in der Auseinandersetzung mit der Vergangen heit. stuttgart 1977. s. 205-221. Grimm, Gunter E.: Alfred Anderseh: Der Vater eines Mör ders. In: Interpretationen: Erzählungen des 20. Jahrhun derts. Bd. 2. stuttgart 1996. s. 224-251. Kesting, Hanjo: Die Flucht vor dem Schicksal. In: Heinz Ludwig Arnold (Hrsg.), s. 3-22.
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9. LEKTÜRETI PPS / F I L M E M P F E H L U N G E N
Lutz, Bernd (Hrsg.): Metzler Autorenlexikon. Deutsch sprachige Dichter und Schriftsteller vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Eintrag »Andersch, Alfred«. 2., überarb. und erw. Aufl. 1997. Stuttgart/Weimar. S. 12-16. MaiseI, Kirti Michael: Ethik und Ästhetik. Alfred Andersch: Der Vater eines Mörders. In: Diskussion Deutsch 20 (1989) S. 279-295. Reich- Ranicki, Marcel: »Der enttäuschte Revolutionär«. In: Gerd Haffmanns (Hrsg.): Über Alfred Andersch. Zürich 1987. S. 273-278. Schütte, Wolfram: »Stolz und einsam«. In: Gerd Haffmanns (Hrsg.): Über Alfred Andersch. Hrsg. unter Mitarb. von Remy Charbon und Franz Cavigelli. 3., verm. Neuausg. Zürich 1987. S. 283 f. Sebald, Winfried G.: Der Schriftsteller Alfred Andersch. In: Winfried G. Sebald: Luftkrieg und Literatur. Frankfurt a.M. '2002 [zuerst 1999]. S. 1 1 1-147. Vaterland, Muttersprache. Deutsche Schriftsteller und ihr Staat seit 1945. Ein Nachlesebuch für die Oberstufe. Zu sammengest. von Klaus Wagenbach, Winfried Stephan und Michael Krüger. Mit einem Vorw. von Peter Rühm korf. Berlin 1980. Williams, Rhys: Alfred Andersch. In: Ludwig Arnold (Hrsg.), Eintrag »Alfred Andersch« 1984.
Anmerkungen
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Gerd Fuchs, ,.Wir Himmlers sind viel älter oder: schützt Huma nismus denn vor gar nichts?«, in: Literatur Konkret, Hamburg 1980, S. 47f.; hier: S. 47. Albert von Schirnding, ,.Es lohnt sich, Franz Kien zu loben. Der Schriftsteller Alfred Andersch im Licht seiner nachgelassenen Schulgeschichte«, in: Merkur 35 (1981) H. 3, S. 329-334; hier: S. 331. WalteT Hinck, ,.Imperator und Inquisitor«, in: Frankfurter All gemeine Zeitung, 13.9. 1980. Joachim Kaiser, ,.Prüfung bei Rektor Himmler«, in: Süddeutsche Zeitung, München, 28./29 . 6 . 1 980. Hinck (Anm. 3). von Schirnding (Anm. 2), hier: S. 332 f. Hanjo Kesting, ,.Ein autoritärer Anarchist«, in: Hanjo Kesting, Dichter ohne Vaterland, Berlin/Bonn 1982, S. 137-143; hier: S. 140f. Hinck (Anm. 3). Kesting (Anm. 7), S. 137-143; hier: S. 141. Rhys Williams, »Alfred Andersch«, in: Heinz Ludwig Arnold (Hrsg.), Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsli teratur (KL G), Eintrag »Alfred Andersch«, München 1984, S. 16. Bernd Lutz (Hrsg.), Metzler Autorenlexikon. Deutschsprachige Dichter und Schriftsteller vom Mittelalter bis zur Gegenwart,
Eintrag ,.Alfred Andersch«. 2., überarb. und erw. Auf!. 1997, StuttgartfWeimar, S. 12-16; hier: S. 12. Alfred Andersch, Die Kirschen der Freiheit. Ein Bericht, Zürich 1972, S. 84. Marcel Reich-Ranicki, ,.Der enttäuschte Revolutionär«, in: Gerd Haffmanns (Hrsg.), Über A/fred Andersch, hrsg. unter Mitarb. von Remy Charbon und Franz Cavigelli, 3., verm. Neuausg., Zürich 1987, S. 273-278; hier: S. 275. Williams (Anm. 10), S. 10. Irene Heidelberger-Leonard, Alfred Andersch. Die ästhetische Position als politisches Gewissen, Frankfurt a. M. / Bern / New York 1986, S. 23.
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ANMERKUNGEN
16 Hanjo Kesting, »Die Flucht vor dem Schicksal«, in: Heinz Lud wig Arnold (Hrsg.), text + kritik, Heft 61/62 (1979): A/fred An dersch, S. 18. 17 Peter Demetz, »Alfred Andersch - Sansibar oder der letzte Grund«, in: Volker Wehdeking (Hrsg.), Zu Alfred Andersch, Stuttgart 1983, S. 26. 18 Alfons Bühlmann, In der Faszination der Freiheit. Eine Unter
suchung zur Struktur der Grundthematik im Werk von Alfred Andersch, Berlin 1973, S. 7. 19 Alle abgedruckt in: Vaterland, Muttersprache. Deutsche Schrift steller und ihr Staat seit 1945. Ein Nachlesebuch für die Oberstu fe, zusammengest. von Klaus Wagenbach, Winfried Stephan und
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Michael Krüger, mit einem Vorw. von Peter Rühmkorf, Berlin 1980. Williams (Anm. 10), S. 15. Williams (Anm. 10), S. 10. Vgl. auch Williams (Anm. 10), S. 12. Hans Geulen, »Alfred Andersch. Probleme der dargestellten Er fahrung des >deutschen Irrtum<<<, in: Hans Wagener (Hrsg.), Ge
genwartsliteratur und Drittes Reich. Deutsche Autoren in der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, Stuttgart 1977, S.
205. 24 Wolfram Schütte, »Stolz und einsam«, in: Gerd Haffmanns (H<sg.) (Anm. 13), S. 283 f. 25 Fuchs (Anm. 1), S. 47. 26 Stephan Reinhardt, »Literarisches Testament«, in: Frankfurter Hefte 36 (1981) Heft 5, S. 72-74; h;ec S. 74. 27 Fuchs (Anm. 1), S. 48. 28 von Schirnding (Anm. 2), S. 331. 29 von Schirnding (Anm. 2), S. 331 f. 30 Henning Klüver, »Erinnern ist immer ganz subjektiv«, in: Deut sches Allgemeines Sonntagsblatt, 21.9. 1980. 31 Klaus Linsel, ,.Mobilisiert wird sensibler, produktiver Antifaschismus«, in: Die Tat, 10.10.1980. 32 Linsel, ebenda. 33 Linsel, ebenda. 34 Hinck (Anm. 3). 35 Hanno Helbling, »Der letzte Text«, in: Neue Zürcher Zeitung, 22. 8 . 1 980.
A N M E R K U NGEN
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36 Ludwig Harig, ,.Heilloses deutsches Wesen«, in: Die Zeit, 10.10.1980. 37 Harig, ebenda. 38 Heidelberger-Leonard (Anm. 15), S. 39. 39 Gunter E. Grimm, ,.Alfred Andersch, Der Vater eines Mörders«, in: Interpretationen: Erzählungen des 20. Jahrhunderts, Bd. 2, Stuttgart 1996, S. 229.