Springer-Lehrbuch
Ralf Schindler
Logische Grundlagen der Mathematik
123
Prof. Dr. Ralf Schindler Westfälische Wilhelms-Universität Münster Institut für Mathematische Logik und Grundlagenforschung Einsteinstraße 62 48149 Münster
[email protected] Springer-Lehrbuch ISSN 0937-7433 ISBN 978-3-540-95931-1 e-ISBN 978-3-540-95932-8 DOI 10.1007/978-3-540-95932-8 Springer Dordrecht Heidelberg London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Mathematics Subject Classification (2000): 00-01, 00A05, 03-01, 03B10, 03W05 c Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2009 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und MarkenschutzGesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Herstellung: le-tex publishing services oHG, Leipzig Einbandgestaltung: WMX Design GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.de)
Dem Andenken an Walter Felscher gewidmet.
Vorwort Dieses B¨ uchlein soll grundlegende mathematische Einsichten, Werkzeuge und Allgemeinbildung vermitteln. Mathematikerinnen und Mathematiker sind zumeist damit besch¨ aftigt, (m¨ oglichst) interessante neue S¨ atze aus bereits bekannten S¨ atzen oder Axiomen zu beweisen. Der Rigorosit¨ at der in der Mathematik sp¨ atestens seit Euklid vorgeschriebenen axiomatischen Methode steht freilich ein notwendiger geh¨ origer Schuss mathematischer Intuition, d. h. (bildliche) Anschauung, Phantasie und Kreativit¨at der erfolgreich t¨ atigen Mathematikerinnen und Mathematiker zur Seite. Diesen beiden S¨ aulen soll in der folgenden Darstellung Rechnung getragen werden. Ziel ist es, fundamentale mathematische Einsichten f¨ ur den sp¨ ateren Gebrauch und f¨ ur den richtigen Blick auf die Welt der Mathematik im Lichte von Axiomatik und Intuition n¨ aherzubringen. Das Buch sollte von allen Mathematik-Studierenden in den ersten Semestern mit Gewinn durchgearbeitet werden k¨onnen. Sein Inhalt ist absichtlich nicht zu umfangreich gehalten, so dass es auch nebenbei“ gelesen werden kann. ” Wir werden folgende Fragen betrachten: Was unterscheidet endliche von unendlichen Mengen? Wie lassen sich die ganzen, rationalen und reellen Zahlen aus den nat¨ urlichen Zahlen und letztere aus Mengen konstruieren? Welche grundlegenden mengentheoretischen Konstruktionen werden hierf¨ ur und u ¨berhaupt in der Mathematik gebraucht? Welche grundlegenden topologischen Eigenschaften besitzt
die Menge der reellen Zahlen? Wof¨ ur wird das Auswahlaxiom ben¨ otigt? Lassen sich die nat¨ urlichen oder reellen Zahlen vollst¨ andig axiomatisch beschreiben? Mit Hilfe der Ultrapotenzmethode werden Nichtstandard-Modelle der Theorie der nat¨ urlichen und reellen Zahlen konstruiert, und es wird eine Version des G¨ odelschen Unvollst¨ andigkeitssatzes bewiesen. Anlaß der Niederschrift dieses B¨ uchleins war die Tatsache, dass seit der Umstellung auf Bachelor- und Masterstudieng¨ ange an der Universit¨ at M¨ unster f¨ ur alle Studierenden der Mathematik im 1-Fach-Bachelor im 2. Semester die Vorlesung Logische Grundlagen“ verpflichtend ange” boten wird. Mathematik l¨ aßt sich nicht durch bloßes Lesen oder Zuh¨o¨ ren erlernen; das Bearbeiten von Ubungsaufgaben ist einer der wichtigesten Bestandteile eines Mathematikstudiums. ¨ Bei den Ubungsaufgaben (Problemen) bezeichnet ◦ reine ∗ Verst¨ andnisprobleme und etwas schwierigere Aufgaben. Ich danke Martina Pfeifer f¨ ur das TeXen der ersten Version und f¨ ur das Zeichnen der Bilder und Dominik Adolf und Philipp L¨ ucke f¨ ur das Korrekturlesen. Verbliebene Fehler ¨ sind mir zuzuschreiben; eine letzte (erste) Ubungsaufgabe sollte lauten: Finden und reparieren Sie bitte alle Fehler, die der Text leider vermutlich immer noch enth¨alt! Und jetzt w¨ unsche ich Ihnen viel Vergn¨ ugen und Erfolg beim Lesen und Durcharbeiten! M¨ unster i. Westf., 16. Januar 2009
Ralf Schindler
Inhaltsverzeichnis 1 1.1 1.2
Nat¨ urliche Zahlen Endliche und unendliche Mengen ..... Die Theorie der nat¨ urlichen Zahlen ..
3 23
2 2.1
Reelle Zahlen Die Konstruktion der ganzen und rationalen Zahlen ........................... Die Konstruktion der reellen Zahlen . Die Theorie der reellen Zahlen ........
37 48 69
2.2 2.3 3 3.1 3.2 3.3
4 4.1 4.2 4.3 4.4
Mengen Mengen, Klassen und Grothendieck77 Universen .................................. Das Auswahlaxiom....................... 105 Die Topologie von R und die Kontinuumshypothese ......................... 122 Modelle Logik erster Stufe ........................ Ultraprodukte und Kompaktheit ...... Nichtstandard-Modelle .................. Unvollst¨andigkeit.........................
135 162 173 184
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . .
197
Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
Kapitel 1 Nat¨ urliche Zahlen
1
1 1.1 1.2
1
Nat¨ urliche Zahlen Endliche und unendliche Mengen ..... Die Theorie der nat¨ urlichen Zahlen ..
3 23
1.1
Endliche und unendliche Mengen
3
1 Nat¨ urliche Zahlen Eines der Grundger¨ uste der Mathematik ist die Menge der nat¨ urlichen Zahlen 0, 1, 2, . . . sowohl als Untersuchungsobjekt (in der Zahlentheorie) als auch als Hilfsmittel (in allen Bereichen der Mathematik). Dabei interessieren uns die nat¨ urlichen Zahlen nicht so sehr als Menge einzelner Elemente ohne Beziehung untereinander, sondern viel mehr als Struktur, d. h. als Menge mit auf ihr definierten Relationen (z. B. der Ordnungsrelation <) und Verkn¨ upfungen (z. B. + und ·). Wir wollen dennoch zun¨ achst in Abschnitt 1.1 die nat¨ urlichen Zahlen als Menge betrachten, um sie erst danach in Abschnitt 1.2 als Struktur zu studieren. Allerdings ben¨ otigen wir selbst zum Studium der bloßen Menge der nat¨ urlichen Zahlen eine grundlegende strukturelle Einsicht, n¨ amlich das Induktionsaxiom. Dieses werden wir im Abschnitt 1.2 genauer untersuchen; wir ben¨otigen es als Beweisprinzip aber bereits in Abschnitt 1.1. Die nat¨ urlichen Zahlen sind durch < in nat¨ urlicher Weise geordnet. Das Induktionsaxiom besagt, dass jede nichtleere Menge nat¨ urlicher Zahlen ein (im Sinne von <) kleinstes Element besitzt, welches gleich 0 oder gleich n + 1 f¨ ur eine nat¨ urliche Zahl n ist.
1.1 Endliche und unendliche Mengen Die Menge N = {0, 1, 2, . . .}
1.1
4
1. Nat¨ urliche Zahlen
der nat¨ urlichen Zahlen ist unendlich im Gegensatz etwa zur endlichen Menge {0, 1, 2} der nat¨ urlichen Zahlen, die kleiner als 3 sind. (Wir verwenden hier und im Folgenden die Notation der geschweiften Klammern: {x, y, z, . . .} ist diejenige Menge, die genau die Elemente x, y, z, . . . enth¨alt.) Wie lassen sich unendliche Mengen charakterisieren? Zur Beantwortung dieser Frage ben¨ otigen wir einige einfache mengentheoretische Begriffe und Tatsachen. Eine Funktion (oder Abbildung) von A nach B ordnet jedem x aus A (d. h. x ∈ A) genau ein y = f (x) aus B (d. h. y ∈ B) zu; wir schreiben f¨ ur diesen Sachverhalt f : A → B. In dieser Situation heißt A der Definitionsbereich (oder Urbildbereich) und B der Wertebereich von f . 1.1.1
Definition 1.1.1 Seien A und B Mengen, und sei f : A → B
eine Abbildung von A nach B. Dann heißt f injektiv gdw. f¨ ur alle x, y ∈ A aus f (x) = f (y) bereits x = y folgt. Die Abbildung f heißt surjektiv gdw. f¨ ur alle z ∈ B ein x ∈ A existiert, so dass f (x) = z. Schließlich heißt f bijektiv gdw. f injektiv und surjektiv ist. 1.1.2
Lemma 1.1.2 Seien A und B nichtleere Mengen. Wenn es
eine Injektion f : A → B gibt, dann existiert auch eine Surjektion g : B → A. Beweis: Da A nichtleer ist, k¨ onnen wir ein x0 ∈ A ausw¨ ahlen. Wir definieren eine Abbildung g : B → A wie folgt. Sei z ∈ B. Wenn es ein x ∈ A mit f (x) = z gibt, dann gibt es wegen der Injektivit¨ at von f genau ein solches x,
1.1
Endliche und unendliche Mengen
5
und wir definieren g(z) = x f¨ ur das eindeutige x ∈ A mit f (x) = z. Wenn es kein x ∈ A mit f (x) = z gibt, dann definieren wir g(z) = x0 . Offensichtlich ist g damit wohldefiniert. Die Abbildung g ist surjektiv, da f¨ ur jedes x ∈ A gilt, dass g(f (x)) = x. Das folgende hierzu duale“ Lemma ist weniger trivial, da ” sein Beweis das Auswahlaxiom ben¨ otigt, welches in Abschnitt 3.2 besprochen wird. Lemma 1.1.3 Seien A und B nichtleere Mengen. Wenn es
eine Surjektion f : A → B gibt, dann existiert auch eine Injektion g : B → A. Der Beweis dieses Lemmas wird im 3. Kapitel geliefert, siehe Lemma 3.2.2. Wir zeigen hier Lemma 1.1.3 f¨ ur den Fall, dass A eine Menge nat¨ urlicher Zahlen ist. Sei also f : A → B surjektiv, wobei A eine nichtleere Menge nat¨ urlicher Zahlen ist. Wir definieren dann eine Injektion g : B → A wie folgt. F¨ ur x ∈ B sei g(x) das kleinste m ∈ A, so dass f (m) = x. Da f surjektiv ist, ist g wohldefiniert. Offensichtlich ist g injektiv, da f¨ ur g(x) = g(y) gilt, dass x = f (g(x)) = f (g(y)) = y. Eine Menge A heißt Teilmenge der Menge B (und B Obermenge von A), A ⊂ B, gdw. jedes Element von A auch Element von B ist. Insbesondere folgt A ⊂ B aus A = B, und es gilt A = B gdw. A ⊂ B und B ⊂ A. Die leere
1.1.3
6
1. Nat¨ urliche Zahlen
Menge ∅ ist trivial Teilmenge jeder Menge. Wir schreiben A B, falls A eine echte Teilmenge von B (und damit B eine echte Obermenge von A ) ist, d. h. wenn A ⊂ B und A = B. Sei f : A → B eine Abbildung. Wir schreiben dann f [A] f¨ ur das Bild von A unter f , d. h. f [A] = {f (x) : x ∈ A} = die Menge aller f (x) f¨ ur ein x ∈ A. Dann ist f : A → B surjektiv gdw. B = f [A]. Wenn f : A → B injektiv ist, dann ur die Umkehrabbildung von schreiben wir f −1 : f [A] → A f¨ f , d. h. f¨ ur dasjenige g : f [A] → A mit g(f (x)) = x. Die Abbildung g im Beweis von Lemma 1.1.2 ist also wie folgt definiert: g(z) = f −1 (z), falls z ∈ f [A], und g(z) = x0 sonst. Wenn A ⊂ B, dann gibt es offensichtlich eine Injektion von A nach B, n¨ amlich die Identit¨at auf A, die jedes x ∈ A auf sich selbst abbildet. F¨ ur f : A → B und D ⊂ A schreiben wir f D f¨ ur die Einschr¨ankung von f auf D, d. h. f¨ ur die Funktion g : D → B mit g(x) = f (x) f¨ ur alle x ∈ D. F¨ ur beliebige Mengen A und B schreiben wir A \ B f¨ ur die Menge aller x, die zwar in A, jedoch nicht in B liegen. Es gilt A ⊂ B gdw. A \ B = ∅. Der Beweis des nachfolgenden Satzes l¨ asst sich wiederum ohne Auswahlaxiom vollziehen. 1.1.4
Satz 1.1.4 (Schr¨ oder-Bernstein) Seien A und B nichtlee-
re Mengen. Wenn es Injektionen f : A → B und g : B → A gibt, dann gibt es eine Bijektion h : A → B.
1.1
Endliche und unendliche Mengen
7
Beweis: F¨ ur n ∈ N definieren wir zun¨ achst Teilmengen Xn von A und Yn von B wie folgt. Sei Y0 = B \ f [A]. Wenn Yn definiert ist, dann sei Xn = g[Yn ] und Yn+1 = f [Xn ]. ur ein Schließlich sei X die Menge aller x mit x ∈ Xn f¨ ur ein n ∈ N, und es sei Y die Menge aller y mit y ∈ Yn f¨ n ∈ N. ur jedes n ∈ N, gilt g[Y ] = X. Da g injektiv Da g[Yn ] = Xn f¨ −1 ist, ist also g X eine Bijektion von X auf Y .
X0
g
Y0 .. .
.. . g
Yn
f
Yn+1
Xn .. . AnX A
.. .
f
BnY B
Es gilt aber auch f [A \ X] = B \ Y . Sei n¨ amlich zun¨achst x ∈ A\X. W¨ are dann f (x) ∈ Y , etwa f (x) ∈ Yn , dann w¨are n > 0 und somit x ∈ Xn−1 ⊂ X mit Hilfe der Injektivit¨at von f . Widerspruch! Also gilt f [A \ X] ⊂ B \ Y . Sei nun
8
1. Nat¨ urliche Zahlen
y ∈ B \ Y ⊂ B \ Y0 . Dann ist y ∈ f [A], etwa y = f (x). W¨are atten wir y = f (x) ∈ f [Xn ] = x ∈ X, etwa x ∈ Xn , dann h¨ Yn+1 ⊂ Y . Widerspruch! Also gilt auch B \ Y ⊂ f [A \ X] und somit f [A \ X] = B \ Y . Damit ist also f (A \ X) eine Bijektion von A \ X auf B\Y. Wir k¨ onnen nun sehr einfach eine Bijektion h : A → B wie folgt definieren. Sei h(x) = g −1 (x), falls x ∈ X, und sei h(x) = f (x), falls x ∈ A \ X. Betrachten wir nun Teilmengen A und B von N. 1.1.5
Definition 1.1.5 Eine Menge B ⊂ N heißt Anfangsst¨ uck von
N gdw. es entweder ein n ∈ N gibt mit B = {m ∈ N : m < n} oder wenn B = N. Sei A ⊂ N. Wir wollen ein Anfangsst¨ uck BA von N und eine Bijektion fA : BA → A konstruieren. Hierbei soll fA einfach die nat¨ urliche Aufz¨ ahlung“ von A sein. ” Betrachten wir zun¨ achst einige einfache Beispiele. F¨ ur A = {2n : n ∈ N}, die Menge der geraden nat¨ urlichen Zahlen, ist BA = N und fA (n) = 2n. Wenn A die Menge der Primzahlen ist, dann ist ebenfalls BA = N und fA (n) ist die urlichen Aufz¨ ahlung der Primzahnte Primzahl in der nat¨ len. Wenn A = {2n + 1 : n ∈ N, 2n + 1 < 1037 }, dann ist BA = {m ∈ N : m < 5 · 1036 } und fA (n) = 2n + 1. Betrachten wir nun eine beliebige Teilmenge A von N. Wenn A = ∅, dann sei BA = ∅ und fA die leere Funk” tion“. Sei nun A = ∅. Wir definieren dann fA (0) als das
1.1
Endliche und unendliche Mengen
9
kleinste Element von A. Falls A = {fA (0)} dann setzen wir BA = {0} und brechen unsere Konstruktion ab. Andernfalls definieren wir fA (1) als das kleinste Element von A, oßer als fA (0)) ist. das verschieden von fA (0) (und damit gr¨ Falls A = {fA (0), fA (1)}, dann setzen wir BA = {0, 1} und brechen unsere Konstruktion ab. Andernfalls fahren wir in gleicher Weise fort. Nehmen wir an, wir haben fA (0), fA (1), . . ., fA (n) bereits definiert. Falls A = {fA (0), fA (1), . . . , fA (n)} , dann setzen wir BA = {0, 1, . . . , n} und brechen unsere Konstruktion ab. Andernfalls definieren wir fA (n + 1) als das kleinste Element von A, das verschieden von fA (0), oßer als alle diese) ist. fA (1), . . .,fA (n) (und damit gr¨ fA (0)
0
1
fA (1) fA (2)
2
fA (3)
3
Wir bemerken, dass fA streng monoton w¨achst, d. h. fA (m) > fA (n) f¨ ur alle m und n mit m > n, f¨ ur die sowohl fA (m) als auch fA (n) definiert sind. Daraus ergibt sich u ur alle n, f¨ ur die fA (n) definiert ¨ brigens, dass fA (n) ≥ n f¨
10
1. Nat¨ urliche Zahlen
ist (vgl. Problem 1.1.4). Außerdem gilt nach Konstruktion offensichtlich, dass f¨ ur alle n, f¨ ur die fA (n) definiert ist, (∗) {k ∈ A : k ≤ fA (n)} = {fA (0), fA (1), . . . , fA (n)}. Es gibt nun die folgenden beiden F¨ alle. Entweder gibt es ein n, so dass die Konstruktion nach n + 1 Schritten abbricht, d. h. A = {fA (0), fA (1), . . . , fA (n)} und BA = {0, 1, . . . , n}. Oder die Konstruktion bricht nicht ab; in diesem Falle setzen wir BA = {0, 1, 2, . . .} = N. Es ist nun unschwer erkennbar, dass wir in beiden F¨allen ein Anfangsst¨ uck BA von N und eine Bijektion fA : BA → A definiert haben: fA ist injektiv, da fA streng monoton w¨ achst, und fA ist surjektiv wegen (∗). Konstruktionen wie die obige werden als rekursiv“ bezeich” net, da der Funktionswert an der Stelle n in Abh¨angigkeit von den Funktionswerten an den Stellen 0, 1, . . . , n − 1 definiert wird. Im Beweis des Satzes 1.1.4 von Schr¨oderBernstein wurde ebenfalls eine Rekursion verwendet: die Mengen Xn und Yn+1 wurden dort mit Hilfe der Menge Yn konstruiert. 1.1.6
Definition 1.1.6 Sei A ⊂ N, und seien BA und fA wie oben
definiert. Dann heißt A endlich gdw. es ein n ∈ N gibt mit BA = {m ∈ N : m < n}, andernfalls heißt A unendlich.
So ist beispielsweise N selbst oder die Menge der geraden Zahlen oder die Menge der Primzahlen unendlich, w¨ahrend die Menge der ungeraden Zahlen, die kleiner als 1037 sind,
1.1
Endliche und unendliche Mengen
11
endlich ist. Dahingegen weiß man im Moment nicht, ob die Menge der Primzahlen p, f¨ ur die auch p + 2 Primzahl ist, endlich oder unendlich ist. Offensichtlich gilt: Lemma 1.1.7 Sei A ⊂ N. Dann ist entweder A endlich oder es gibt eine Bijektion f : N → A.
1.1.7
Lemma 1.1.8 Seien B, D ⊂ N Anfangsst¨ ucke von N, so dass eine Bijektion f : B → D existiert. Dann gilt B = D.
1.1.8
Beweis: Wir zeigen diese Aussage durch Induktion. Angenommen, es gibt Anfangsst¨ ucke B, D von N mit B D, so dass eine Bijektion f : B → D existiert. F¨ ur derartige Anfangsst¨ ucke B, D existiert ein n ∈ N mit B = {m ∈ N : m < n} . urliche Zahl n, so dass AnfangsSei nun n0 die kleinste nat¨ st¨ ucke B, D von N existieren mit B D, B = {m ∈ N : m < n}, und es eine Bijektion f : B → D gibt. Ofucke von N, fensichtlich gilt n0 > 0. Seien B, D Anfangsst¨ B D, B = {m ∈ N : m < n0 }, und sei f : B → D bijektiv. Sei zun¨ achst angenommen, dass D = {m ∈ N : m < k} f¨ ur ein k ∈ N, k > n0 > 0. Wir definieren dann B = {m ∈ N : m < n0 − 1}, D = {m ∈ N : m < k − 1} und eine Bijektion h : B → D wie folgt.
12
1. Nat¨ urliche Zahlen
0
f (n0 ¡ 1)
k¡1
h
0
s
n0 ¡ 1
Sei s < n0 so, dass f (s) = k − 1. Dann sei f¨ ur m < n0 − 1 der Wert h(m) definiert als f (m), falls m = s, und h(s) = f (n0 − 1), falls s < n0 − 1. (Offensichtlich muss nun auch k − 1 > n0 − 1 > 0 sein.) Die Existenz von B, D, h widerspricht aber dann der Wahl von n0 . Sei nun angenommen, dass D = N. Wir definieren dann B = {m ∈ N : m < n0 − 1} und eine Bijektion h : B → D wie folgt. Es sei, f¨ ur m < n0 − 1, h(m) = f (m), falls f (m) < f (n0 − 1), und es sei h(m) = f (m)− 1, falls f (m) > f (n0 − 1). Abermals widerspricht die Existenz von B, D, h der Wahl von n0 . F¨ ur f : A → B und g : B → D schreiben wir g ◦ f f¨ ur die Hintereinanderausf¨ uhrung von f und g, d. h. f¨ ur diejenige Funktion h : A → D, welche x ∈ A nach g(f (x)) sendet. 1.1.9
Korollar 1.1.9 Sei A ⊂ N, und sei B Anfangsst¨ uck von N, so
dass eine Bijektion f : B → A existiert. Dann gilt B = BA .
1.1
Endliche und unendliche Mengen
13
Beweis: Die Abbildung g = fA−1 ◦ f : B → BA ist bijektiv. Lemma 1.1.8 liefert dann B = BA . F¨ ur jedes endliche A ⊂ N gibt es also genau ein n ∈ N, so dass eine Bijektion f : {0, 1, . . . , n − 1} → A existiert. (Im Falle n = 0 ist f die leere Funktion“.) ” Definition 1.1.10 Sei A ⊂ N. Wenn A endlich ist, dann heißt dasjenige n ∈ N, so dass eine Bijektion f : {m ∈ N : m < n} → A existiert, die Gr¨oße von A.
1.1.10
F¨ ur endliches A ist also wegen Korollar 1.1.9 die Gr¨oße von A gleich n, wobei BA = {m ∈ N : m < n}. Lemma 1.1.11 Seien D und A endliche Mengen, wobei D ⊂ A ⊂ N. Sei die Gr¨ oße von D dieselbe wie die Gr¨oße von A. Dann gilt D = A.
Beweis: Angenommen, D A. Sei n die gemeinsame Gr¨ oße von D und A und seien fD : BD = {m ∈ N : m < urlichen Aufz¨ahlungen. n} → D und fA : BA → A die nat¨ Sei E = A \ D. Da D A gilt E = ∅. Sei fE : BE → E die nat¨ urliche Aufz¨ ahlung. Sei zun¨ achst E als endlich angenommen, und sei k > 0 die Gr¨oße von E. Wir definieren dann die Verkettung“ ” h : {m ∈ N : m < n + k} → A
1.1.11
14
1. Nat¨ urliche Zahlen
von fD und fE durch h(m) = fD (m), falls m < n und h(n + m) = fE (m), falls m < k. Dann ist h offensichtlich bijektiv. Damit gilt, dass fA−1 ◦ h : {m ∈ N : m < n + k} → {m ∈ N : m < n} bijektiv ist, wonach nach Lemma 1.1.8 gilt, dass n + k = n. Aber k > 0. Widerspruch! A D
0
E
n¡1 n
n +k¡1
Sei nun E als unendlich angenommen. Wir definieren dann die Verkettung“ ” h: N → A von fD und fE durch h(m) = fD (m), falls m < n und h(n + m) = fE (m), falls m ∈ N. Dann ist h offensichtlich bijektiv. Damit gilt, dass fA−1 ◦ h : N → {m ∈ N : m < n}
1.1
Endliche und unendliche Mengen
15
bijektiv ist. Die Existenz einer solchen Bijektion wiederspricht aber Lemma 1.1.8! Eine sehr n¨ utzliche Charakterisierung (un)endlicher Mengen ergibt sich aus dem folgenden Satz 1.1.12 Sei A ⊂ N. Dann ist A endlich gdw. es keine echte Teilmenge D von A gibt, so dass (a) eine Injektion f : A → D existiert, oder (b) eine Surjektion g : D → A existiert, oder (c) eine Bijektion h : A → D existiert.
Beweis: Auf Grund von Lemma 1.1.2 folgt aus (a), dass (b) gilt. Auf Grund von Lemma 1.1.3, welches wir f¨ ur diesen Fall bereits bewiesen haben, folgt aus (b), dass (a) gilt. Aus der Existenz einer echten Teilmenge D von A mit (a) folgt die Existenz einer echten Teilmenge D von A mit (c), da wir f¨ ur eine Injektion f : A → D die Menge D A durch onnen; f : A → D die Menge D = f [A] ⊂ D A ersetzen k¨ ist dann bijektiv. Aus (c) folgt trivial (a). Die Aussagen, wonach eine echte Teilmenge D von A mit (a), (b) oder (c) existiert, sind also paarweise ¨ aquivalent. Sei nun zun¨ achst A unendlich. Wir betrachten fA : BA = N → A. Sei D = {fA (n) : n > 0} A . Wir k¨ onnen eine Surjektion g : D → A definieren, indem wir ur n > 0 nach fA (n − 1) senden. Diese Abbildung fA (n) f¨ ist sogar bijektiv.
1.1.12
16
1. Nat¨ urliche Zahlen
Sei jetzt A endlich. Wir zeigen dann, dass es keine echte Teilmenge D von A gibt, so dass eine Bijektion h : A → D existiert. Andernfalls sei n die Gr¨ oße von A, und es seien fA : BA = {m ∈ N : m < n} → A und fD : BD → D die −1 ◦h◦ nat¨ urlichen Aufz¨ ahlungen von A und D. Dann ist fD fA eine Bijektion von BA auf BD , wonach mit Lemma 1.1.8 gilt, dass BD = {m ∈ N : m < n}. Da D ⊂ A, gilt dann aber D = A nach Lemma 1.1.11. Widerspruch! 1.1.13
Korollar 1.1.13 Sei A ⊂ N endlich, und sei f : A → A. Dann
sind die folgenden Aussagen ¨ aquivalent. (a) f ist injektiv. (b) f ist surjektiv. (c) f ist bijektiv.
Beweis: Sei f injektiv. Angenommen, f w¨ are nicht surjektiv. Sei A = f [A]. Dann gilt A A, und f : A → A ist bijektiv. Widerspruch! Sei nun f surjektiv. Angenommen, f w¨ are nicht injektiv. Sei A die Menge aller n ∈ A, so dass aus m ∈ A und f (n) = f (m) bereits m ≥ n folgt. Dann gilt A A und f A : A → A ist bijektiv. Widerspruch! Damit ist das Korollar bewiesen. Die hier bewiesenen Aussagen u ¨ bertragen sich sehr schnell auf beliebige Mengen.
1.1
Endliche und unendliche Mengen
17
Definition 1.1.14 Sei A eine beliebige Menge. Dann heißt A
1.1.14
endlich gdw. es ein n ∈ N und eine Bijektion f : {m ∈ N : m < n} → A gibt. In diesem Falle heißt n auch die Gr¨oße von A. Wenn A nicht endlich ist, dann heißt A unendlich. Das Auswahlaxiom wird zum Beweis der folgenden Aussage ben¨ otigt. Satz 1.1.15 Sei A eine unendliche Menge. Dann existiert
1.1.15
eine Injektion f : N → A. Der Beweis dieses Satzes wird ebenfalls im 3. Kapitel geliefert, siehe Satz 3.2.16. Mit Hilfe dieses Satzes zeigt man dann in ansonsten gleicher Weise wie in den Beweisen von Satz 1.1.12 und Korollar 1.1.13 die folgenden Tatsachen. Satz 1.1.16 Sei A eine beliebige Menge. Dann ist A endlich
1.1.16
gdw. es keine echte Teilmenge D von A gibt, so dass (a) eine Injektion f : A → D existiert, oder (b) eine Surjektion g : D → A existiert, oder (c) eine Bijektion h : A → D existiert. Korollar 1.1.17 Sei A endlich, und sei f : A → A. Dann sind die folgenden Aussagen ¨ aquivalent. (a) f ist injektiv.
1.1.17
18
1. Nat¨ urliche Zahlen
(b) f ist surjektiv. (c) f ist bijektiv.
Eine Anwendung dieses Korollars ist z. B. die folgende Aussage. Jeder endliche Integrit¨atsring, d. h. kommutative Ring ohne Nullteiler und mit 1 = 0, ist ein K¨ orper. (F¨ ur diese Begriffe siehe z. B. [1] oder [18].) Sei n¨ amlich R ein endlicher Integrit¨ atsring. Wir m¨ ussen zeigen, dass zu jedem r ∈ R \ {0} ein s ∈ R \ {0} mit r · s = 1 existiert. Sei r ∈ R \ {0} beliebig. Wir betrachten die Abbildung fr : R \ {0} → R, die s ∈ R \ {0} nach r · s sendet. Da R nullteilerfrei ist, gilt fr [R \ {0}] ⊂ R \ {0}, und es folgt aus r · s = r · s , d. h. r · (s − s ) = 0, dass s − s = 0, d. h. s = s . Damit ist fr : R \ {0} → R \ {0} injektiv, wegen der Endlichkeit von R und Satz 1.1.17 also auch surjektiv. Insbesondere gibt es also ein s ∈ R \ {0} mit r · s = fr (s) = 1. Dies hat zur Folge, dass f¨ ur jede Primzahl p gilt, dass Z/pZ ein K¨ orper ist. (Siehe [1] oder [18].) 1.1.18
Definition 1.1.18 Sei A eine Menge. Dann heißt A abz¨ ahlbar
gdw. eine Bijektion f : N → A existiert, und A heißt h¨ochstens abz¨ahlbar gdw. eine Surjektion f : N → A existiert. Wenn A nicht h¨ ochstens abz¨ ahlbar ist, dann heißt A u berabz¨ a hlbar . ¨ Aufgrund von Satz 1.1.15 besitzt jede unendliche Menge eine abz¨ ahlbare Teilmenge. Weiterhin ist offensichtlich eine Menge A h¨ochstens abz¨ ahlbar gdw. A abz¨ahlbar oder
1.1
Endliche und unendliche Mengen
19
endlich ist. Jedes A ⊂ N ist h¨ ochstens abz¨ ahlbar. Wir werden im Abschnitt zeigen, dass Z und Q beide abz¨ahlbar sind (siehe Satz 2.1.2) und dass R u ahlbar ist (siehe ¨berabz¨ Satz 2.2.19 und auch Satz 3.1.5). Problem 1.1.1 ◦ Seien f : A → B und g : B → D Funktionen. Zeigen Sie: (a) Wenn f und g beide injektiv sind, dann ist g ◦ f : A → D injektiv. (b) Wenn f und g beide surjektiv sind, dann ist g ◦ f : A → D surjektiv. (c) Wenn f nicht injektiv ist, dann ist g ◦ f : A → D nicht injektiv. (d) Wenn g nicht surjektiv ist, dann ist g ◦ f : A → D nicht surjektiv. Gelten auch (generell) die folgenden Aussagen? (e) Wenn g nicht injektiv ist, dann ist g ◦ f : A → D nicht injektiv. (f) Wenn f nicht surjektiv ist, dann ist g ◦ f : A → D nicht surjektiv.
1.1.1
Problem 1.1.2 ◦ Sei f : A → A injektiv oder surjektiv, und gelte f ◦ f = f . Zeigen Sie, dass f die Identit¨ at auf A ist. Gilt diese Aussage (generell) auch ohne die Voraussetzung, wonach f injektiv oder surjektiv ist?
1.1.2
F¨ ur beliebige Mengen A und B bezeichnet A ∪ B die Vereinigung von A und B, d. h. die Menge aller x mit x ∈ A oder x ∈ B; A ∩ B bezeichnet den Durchschnitt von A und B, d. h. die Menge aller x mit x ∈ A und x ∈ B. Die Mengen
20
1. Nat¨ urliche Zahlen
A und B heißen disjunkt, falls A ∩ B die leere Menge ist, d. h. A ∩ B = ∅. 1.1.3
Problem 1.1.3 ◦ Sei f : A → B. F¨ ur ein beliebiges Y ⊂ B sei f −1 [Y ] = {x ∈ A : f (x) ∈ Y } . Seien X1 , X2 ⊂ A und Y1 , Y2 ⊂ B. Welche der folgenden Aussagen treffen (generell) zu, und f¨ ur welche gibt es ein Gegenbeispiel? Und welche der folgenden Aussagen treffen (generell) zu, wenn zus¨ atzlich X1 und X2 bzw. Y1 und Y2 als disjunkt vorausgesetzt werden? (a) f [X1 ∪ X2 ] = f [X1 ] ∪ f [X2 ]. (b) f [X1 ∩ X2 ] = f [X1 ] ∩ f [X2 ]. (c) f −1 [Y1 ∩ Y2 ] = f −1 [Y1 ] ∩ f −1 [Y2 ].
1.1.4
Problem 1.1.4 Sei f : N → N streng monoton wachsend. Zeigen Sie: F¨ ur alle n ∈ N gilt f (n) ≥ n. (Hinweis: Betrachten Sie andernfalls das kleinste Element von {n ∈ N : f (n) < n}.)
1.1.5
Problem 1.1.5 Sei A eine endliche Menge, und sei D ⊂ A. Zeigen Sie: D ist endlich. (Hinweis: Sei etwa A ⊂ N. Betrachten Sie −1 dann fD ◦ fA und benutzen Satz 1.1.12.)
1.1.6
Problem 1.1.6 Eine Menge A ⊂ N heißt beschr¨ankt, falls ein n ∈ N existiert mit A ⊂ {k ∈ N : k < n}. Zeigen Sie: eine beliebige Menge A ⊂ N ist endlich gdw. sie beschr¨ ankt ist.
1.1
Endliche und unendliche Mengen
21
Problem 1.1.7 Sei A endlich, und sei n die Gr¨osse von A. Sei m > n und sei f : {p ∈ N : p < m} → A. Zeigen Sie: f ist nicht injektiv. (Diese Aussage wird auch als Schubfachprinzip bezeichnet.)
1.1.7
Problem 1.1.8 ◦ Finden Sie ein Gegenbeispiel zur Aussage von Korollar 1.1.13 f¨ ur unendliches A!
1.1.8
Problem 1.1.9 Zeigen Sie Satz 1.1.16 und Korollar 1.1.17 unter (beweisloser) Benutzung von Satz 1.1.15.
1.1.9
F¨ ur Mengen A und B bezeichnet A × B das Kreuzprodukt von A und B, d. h. die Menge aller geordneten Paare (x, y) (vgl. Abschnitt 2.1 und Definition 3.1.1). Problem 1.1.10
1.1.10
(a) Sei A eine abz¨ ahlbare Menge. Zeigen Sie: Jede Teilmenge von A ist h¨ ochstens abz¨ ahlbar. (b) Zeigen Sie: Eine Menge A ist h¨ ochstens abz¨ ahlbar gdw. A endlich oder abz¨ ahlbar ist. (c) Seien A und B abz¨ ahlbare Mengen. Zeigen Sie: A × B ist abz¨ ahlbar.
Problem 1.1.11 Beweisen Sie: (a) Die Menge aller endlichen Teilmengen von N ist abz¨ ahlbar. (Hinweis: Sei (pn : n ∈ N) die nat¨ urliche Aufz¨ ahlung aller Primzahlen, d. h. p0 = 2, p1 = 3, p2 = 5, . . . Die Abbildung, Q die ein endliches A ⊂ N nach n∈A pn sendet, ist injektiv.)
1.1.11
22
1. Nat¨ urliche Zahlen
(b) Die Menge aller endlichen Folgen nat¨ urlicher Zahlen ist abz¨ ahlbar. (Hinweis: Die Abbildung, die ein f : A → N, wobei A endliches Anfangsst¨ uck von N ist, auf Y f (n)+1 pn n∈A
abbildet, ist injektiv.)
1.2
Die Theorie der nat¨ urlichen Zahlen
23
1.2 Die Theorie der nat¨ urlichen Zahlen Wir hatten oben das Induktionsaxiom als die Aussage formuliert, wonach jede nichtleere Menge nat¨ urlicher Zahlen ein (im Sinne der nat¨ urlichen Ordnung < auf N) kleinstes Element besitzt, welches gleich 0 oder gleich n + 1 f¨ ur eine nat¨ urliche Zahl n ist. In dieser Formulierung wird das Induktionsaxiom manchmal auch als das Prinzip der kleinsten nat¨ urlichen Zahl bezeichnet. Es f¨ uhrt sofort zu folgendem Beweisprinzip. Sei A ⊂ N. Angenommen, (a) 0 ∈ A, und (b) f¨ ur jedes n ∈ N gilt, dass aus n ∈ A auch n + 1 ∈ A folgt. Dann gilt A = N. Mit Hilfe des Prinzips der kleinsten nat¨ urlichen Zahl kann man n¨ amlich wie folgt argumentieren. Angenommen, A N. Die Menge B = {n ∈ N : n ∈ / A} ist dann nichtleer, enth¨ alt also ein kleinstes Element, n0 . Da 0 ∈ A, wegen (a), gilt n0 > 0, so dass n0 = m + 1 gilt f¨ ur den Vorg¨ anger m von n0 . Wegen der Wahl von n0 folgt aus m < n0 , dass m ∈ A. Wegen (b) gilt dann aber auch n0 = m + 1 ∈ A. Widerspruch! Dieser Beweis“ verwendet offensichtlich strukturelle Tat” sachen hinsichtlich N bez¨ uglich < und +, z. B., dass jedes n > 0 einen Vorg¨ anger m besitzt mit m + 1 = n und dass
1.2
24
1. Nat¨ urliche Zahlen
aus m + 1 = n folgt, dass m < n. Wenn man genau analysiert, welche strukturellen Eigenschaften f¨ ur einen Beweis durch Induktion ben¨ otigt werden, gelangt man zum Begriff der fundierten Relation, der im 3. Kapitel diskutiert wird (siehe Definition 3.2.4). Jedenfalls aber ist unser Beweis“ deshalb unbefriedigend, ” da die ihm zugrundeliegenden strukturellen Eigenschaften von N nicht vorher explizit gemacht wurden. Mit anderen Worten: Wir sollten zun¨ achst die Theorie von N axiomatisieren, um sodann im Rahmen eines solchen Axiomensystems g¨ ultige Aussagen u ¨ber N zu beweisen! Diese Maxime ist im Sinne des allgemeinen Euklidschen axiomatischen“ ” Prinzips, wonach die Methode der Mathematik darin besteht, aus Axiomen (interessante) Aussagen logisch abzuleiten. Welches ist also ein gutes Axiomensystem f¨ ur die nat¨ urlichen Zahlen? Zun¨ achst sollte es einige grundlegende arithmetische Tatsachen mitteilen. Die folgende Liste von Axiomen hat sich hier eingeb¨ urgert. (1)
∀n n + 1 = 0
(2) ∀n∀m (n + 1 = m + 1 → n = m) (3)
∀n n + 0 = n
(4) ∀n∀m n + (m + 1) = (n + m) + 1 (5)
∀n n · 0 = 0
(6) ∀n∀m n · (m + 1) = (n · m) + n
1.2
Die Theorie der nat¨ urlichen Zahlen
(7)
25
∀n n0 = 1
(8) ∀n∀m nm+1 = nm · n (9) ∀n∀m (n < m + 1 ↔ (n < m ∨ n = m)) (10)
∀n ¬n < 0
(11) ∀n∀m (n < m ∨ n = m ∨ m < n)
Wir bezeichnen im folgenden das Axiomensystem, das aus diesen 11 Aussagen besteht, als Q. Die Axiome selbst nennen wir (Q1), (Q2), . . . , (Q11). Das Axiomensystem Q ist in einer Sprache der Logik erster Stufe formuliert, die allgemein im Abschnitt 4.1 diskutiert werden wird. Die Sprache von Q, d. h. die Sprache der elementaren Arithmetik, hat die folgenden Symbole: 0 1 + ·
als Konstante f¨ ur die Null als Konstante f¨ ur die Eins als zweistelliges Funktionssymbol f¨ ur die Addition als zweistelliges Funktionssymbol f¨ ur die Multiplikation die Exponentenschreibweise f¨ ur die Exponentiation < als zweistelliges Relationssymbol f¨ ur die Kleiner-Relation Hinzu kommen allgemeine logische Symbole, von denen nicht alle in der obigen Liste von Axiomen verwendet wurden:
26
1. Nat¨ urliche Zahlen
Klammern: ( und ) Junktoren: ¬ f¨ ur es ist nicht der Fall, dass“, ” ∧ f¨ ur und“, ” ∨ f¨ ur oder“, ” → f¨ ur wenn . . . , dann . . .“ und ” ↔ f¨ ur genau dann, wenn“ ” Quantoren: der Allquantor ∀ f¨ ur f¨ ur alle“, ” der Existenzquantor ∃ f¨ ur es gibt“ ” Variablen: n, m, p . . . f¨ ur nat¨ urliche Zahlen Gleichheitszeichen: = Die Leserin/der Leser sollte sich nun vor Augen f¨ uhren, was die einzelnen Axiome von Q besagen. Das erste Axiom besagt z. B., dass f¨ ur alle nat¨ urlichen Zahlen n gilt, dass n + 1 verschieden von 0 ist, d. h., dass 0 kein Nachfolger ist. Das zweite Axiom von Q besagt, dass zwei Zahlen, deren Nachfolger gleich sind, selbst gleich sind. Es l¨aßt sich aber (wie sich z. B. mit Hilfe der in Problem 3.1.5 eingef¨ uhrten Ordinalzahlen nachweisen l¨ asst) nicht in Q beweisen, dass jede Zahl, die verschieden von der Null ist, ein Nachfolger ist. (Siehe Problem 4.3.3.) Hierzu ben¨ otigen wir das Induktionsaxiom.
1.2
Die Theorie der nat¨ urlichen Zahlen
27
Das Induktionsaxiom besagt, dass N die einzige Menge nat¨ urlicher Zahlen ist, die die Null enth¨ alt und mit jedem n auch n + 1. Wenn wir versuchen, diese Aussage mit den ugung sprachlichen Mitteln zu formulieren, die Q zur Verf¨ stellt, dann scheitert dies daran, dass diese Sprache zwar Variablen n, m, p, . . . f¨ ur nat¨ urliche Zahlen, nicht aber Variablen f¨ ur Mengen nat¨ urlicher Zahlen bereitstellt. Nun, dem ist leicht Abhilfe zu verschaffen. Wir wollen die Sprache atzlich Variablen von Q zu einer Sprache erweitern, die zus¨ X, Y , Z, . . . f¨ ur Mengen nat¨ urlicher Zahlen zur Verf¨ ugung stellt. Da wir im Induktionsaxiom aber auch u ¨ ber Elemente von Mengen nat¨ urlicher Zahlen sprechen, m¨ ussen wir die Sprache weiterhin um ein zweistelliges Symbol ∈ f¨ ur ist ” Element von“ anreichern. Dann k¨ onnen wir das Induktionsaxiom wie folgt formulieren. ∀X ((0 ∈ X ∧ ∀n (n ∈ X → n + 1 ∈ X)) → ∀n n ∈ X) . onnen wir nun Mit diesem Axiom und mit Hilfe von Q k¨ versuchen, die Aussage ∀n (n = 0 → ∃m n = m + 1) , welche logische ¨ aquivalent zu ∀n (n = 0 ∨ ∃m n = m + 1) ist, wie folgt zu beweisen. (Hierbei steht n = 0 nat¨ urlich f¨ ur ¬ n = 0.)
28
1. Nat¨ urliche Zahlen
Zu zeigen ist, dass die Menge X = {n ∈ N : n = 0 ∨ ∃m n = m + 1} gleich N ist. Es gilt sicherlich 0 ∈ X. Sei nun n ∈ N beliebig mit n ∈ X. Dann gilt auch n+1 ∈ X, bezeugt durch m = n. Also gilt 0 ∈ X ∧ ∀n(n ∈ X → n + 1 ∈ X) . Auf Grund des Induktionsaxioms gilt also ∀n n ∈ X , und damit ∀n(n = 0 → ∃m n = m + 1), wie gew¨ unscht. Diese Argumentation ist nicht falsch, allerdings wird bei n¨ aherem Hinsehen klar, dass wir dabei etwas benutzen, das uns nicht durch das Induktionsaxiom plus Q geliefert wird, n¨ amlich dass wir das Induktionsaxiom auf die Menge X = {n ∈ N : n = 0 ∨ ∃m n = m + 1} anwenden k¨onnen. Mit anderen Worten, außer dem Induktionsaxiom und Q ben¨ otigen wir ein Mengenexistenzaxiom n¨ amlich ∃X∀n(n ∈ X ↔ (n = 0 ∨ ∃m n = m + 1)) , welches uns liefert, dass {n ∈ N : n = 0 ∨ ∃m n = m + 1} tats¨ achlich eine Menge ist, so dass das Induktionsaxiom auf diese Menge spezialisiert werden darf. Aus allgemeiner Sicht w¨ urde man die Variablen n, m, p, . . . (n¨ amlich die Variablen f¨ ur nat¨ urliche Zahlen) als Variablen erster Stufe bezeichnen und die Variablen X, Y, Z, . . . (n¨amlich die Variablen f¨ ur Mengen nat¨ urlicher Zahlen) als Va-
1.2
Die Theorie der nat¨ urlichen Zahlen
29
riablen zweiter Stufe. Einer derartigen Situation werden wir im Abschnitt 2.3 bei der Axiomatisierung von R wieder begegnen, wo man auch geneigt ist, Variablen erster Stufe (n¨amlich Variablen f¨ ur reelle Zahlen) und Variablen zweiter Stufe (n¨ amlich Variablen f¨ ur Mengen reeller Zahlen) einzuf¨ uhren. Der Preis, der f¨ ur die Einf¨ uhrung von Variablen zweiter Stufe zu zahlen ist, ist allerdings, dass dann Mengenexistenzaxiome erforderlich sind, die nicht ben¨otigt werden, wenn in der Sprache nur Variablen erster Stufe (n¨amlich Variablen f¨ ur Elemente des Bereichs, u ¨ber den man gerade spricht, nicht f¨ ur Mengen derartiger Elemente) verwendet werden. In der Zahlentheorie lassen sich Variablen zweiter Stufe plus Mengenexistenzaxiome dadurch vermeiden, dass anstelle eines Induktionsaxioms eine unendliche Menge von Induktionsaxiomen (das Induktions” schema“) angegeben wird. Um etwa den obigen Beweis laufen zu lassen, gen¨ ugt es, das Induktionsaxiom f¨ ur den Fall X = {n ∈ N : n = 0 ∨ ∃m n = m + 1} als g¨ ultig vorauszusetzen. Sei ϕ(n) die Formel n = 0 ∨ ∃m n = m + 1. Dann lautet die f¨ ur das obige Argument ben¨ otigte Aussage (ϕ(0) ∧ ∀n(ϕ(n) → ϕ(n + 1))) → ∀nϕ(n) . Das Induktionsschema lautet nun einfach wie folgt. F¨ ur jede Formel ϕ(n, m1 , . . . , mk ) der Sprache von Q, in der die
30
1. Nat¨ urliche Zahlen
Variablen n, m1 , . . . , mk vorkommen, ist (Ind )ϕ ∀m1 . . . ∀mk ((ϕ(0, m1 , . . . , mk ) ∧ ∀n(ϕ(n, m1 , . . . , mk ) → ϕ(n + 1, m1 , . . . , mk ))) → ∀nϕ(n, m1 , . . . , mk )) das zu ϕ geh¨orige Induktionsaxiom. Das Induktionsschema ist die (unendliche) Menge aller (Ind )ϕ , wobei ϕ eine Formel der Sprache von Q ist. (Der Begriff der Formel der Sprache azisiert werden; eine Formel von Q wird in Abschnitt 4.1 pr¨ ist eine Aussage, die mit den sprachlichen Mitteln, die Q zur Verf¨ ugung stellt, hingeschrieben werden kann.) Wir bezeichnen Q plus dem Induktionsschema als Peanouckgeht. Arithmetik , kurz: PA, da sie auf G. Peano zur¨ onnen wir beispielsweise die Assoziativit¨at von + In PA k¨ wie folgt beweisen. 1.2.1
Satz 1.2.1 (PA) ∀n∀m∀q (m + q) + n = m + (q + n).
Beweis: Wir zeigen zun¨ achst (∗) ∀m∀q (m + q) + 0 = m + (q + 0) mit Hilfe von zweimaliger Anwendung von (Q3) wie folgt: Seien m und q beliebig, dann ist (m + q) + 0 = m + q = m + (q + 0). Sodann zeigen wir (∗∗) ∀n(∀m∀q (m + q) + n = m + (q + n) → ∀m∀q (m + q) + (n + 1) = m + (q + (n + 1))
1.2
Die Theorie der nat¨ urlichen Zahlen
31
wie folgt: Seien n, m und q beliebig, und werde (m+q)+n = m + (q + n) vorausgesetzt. Dann ist (m + q) + (n + 1) = ((m + q) + n) + 1 wegen (Q4), welches nach Voraussetzung gleich (m + (q + n)) + 1, ist, welches nach (Q4) wiederum gleich m + ((q + n) + 1), also nochmals nach (Q4) gleich m + (q + (n + 1)) ist. Aus (∗) und (∗∗) folgt aber nun mit Hilfe von (Ind )∀m∀q (m+q)+n=m+(q+n) sofort die zu beweisende Aussage ∀n∀m∀q (m + q) + n = m + (q + n). Die Kommutativit¨at von + beweist sich in P A nun mit Hilfe von Satz 1.2.1 wie folgt. Satz 1.2.2 (PA) ∀n∀m n + m = m + n.
Beweis: Wir zeigen zun¨ achst (∗) ∀m 0 + m = m + 0. Es gilt n¨ amlich 0 + 0 = 0 + 0. Außerdem folgt aus 0 + m = m+0 und mit Hilfe von (Q4), dass 0+(m+1) = (0+m)+1 = (m + 0) + 1, welches wegen (Q3) gleich m + 1 = (m + 1) + 0 ist. (Ind )0+m=m+0 liefert dann (∗) . Sodann zeigen wir (∗∗) ∀m 1 + m = m + 1.
1.2.2
32
1. Nat¨ urliche Zahlen
Es gilt n¨ amlich 1 + 0 = 0 + 1 wegen (∗) . Aus 1 + m = m + 1 folgt aber mit Hilfe von (Q4), dass 1+(m+1) = (1+m)+1 = (m + 1) + 1. Aufgrund von (Ind )1+m=m+1 ergibt sich dann (∗∗) . Schließlich zeigen wir (∗ ∗ ∗) ∀n(∀m n + m = m + n → ∀m (n + 1) + m = m + (n + 1)). Sei n beliebig, und sei ∀m n + m = m + n vorausgesetzt. Dann gilt f¨ ur beliebiges m, dass (n + 1) + m = n + (1 + m) wegen Satz 1.2.1, welches wegen (∗∗) gleich n + (m + 1), also mit Hilfe von (Q4) gleich (n + m) + 1 und damit nach Voraussetzung gleich (m + n) + 1 ist. Abermalige Anwendung von (Q4) liefert schließlich, dass (n + 1) + m gleich m + (n + 1) ist. Aus (∗) und (∗ ∗ ∗) folgt aber mit Hilfe des Induktionsaxioms (Ind )∀m(n+m=m+n) sofort ∀n∀m n + m = m + n. Es stellt sich heraus, dass in PA alle u ¨ blichen Rechenregeln und Gesetze f¨ ur die nat¨ urlichen Zahlen bewiesen werden k¨ onnen ebenso wie viele Theoreme der Zahlentheorie. asst sich auch zeigen, dass < eine (strikte) lineare In PA l¨ Ordnung auf N ist im folgenden Sinne (siehe Problem 1.2.2).
1.2
Die Theorie der nat¨ urlichen Zahlen
33
Definition 1.2.1 Sei A eine beliebige Menge. Eine zweistel-
1.2.1
lige Relation < auf A ist eine (strikte) lineare Ordnung auf A gdw. gilt: (Antireflexivit¨at ) (Vergleichbarkeit ) (Transitivit¨at )
x < x gilt f¨ ur kein x ∈ A, x < y oder x = y oder y < x f¨ ur alle x, y ∈ A, und f¨ ur alle x, y, z ∈ A folgt aus x < y und y < z, dass x < z.
Wenn < eine strikte lineare Ordnung auf A ist dann schreiben wir f¨ ur x, y ∈ A auch x ≤ y anstelle von x < y ∨ x = y. Gibt es u urlichen ¨berhaupt wahre Aussagen u ¨ber die nat¨ Zahlen, die in der Sprache von Q formuliert werden k¨onnen uhrt und die in PA nicht beweisbar sind? Diese Frage f¨ zum G¨ odelschen Unvollst¨ andigkeitssatz. Eine Version des Unvollst¨ andigkeitssatzes kann aus dem Kompaktheitssatz 4.2.7 abgeleitet werden, der im letzten Kapitel bewiesen wird. Wir beweisen eine solche Version in Abschnitt 4.4, siehe Satz 4.4.1. Problem 1.2.1 Beweisen Sie die folgenden Aussagen aus den Axiomen der Peano-Arithmetik. (a) (b) (c) (d) (e)
(Assoziativit¨ at von ·) ∀n ∀m ∀k (n · m) · k = n · (m · k). (Kommutativit¨ at von ·) ∀n ∀m n · m = m · n. (Distributivit¨ at) ∀n ∀m ∀k n · (m + k) = (n · m) + (n · k). ∀n ∀m ∀k nm+k = nm · nk . ∀n ∀m ∀k nm·k = (nm )k .
1.2.1
34
1.2.2
1. Nat¨ urliche Zahlen
Problem 1.2.2 Beweisen Sie die folgenden Aussagen aus den Axiomen der Peano-Arithmetik. (a) ∀n ¬n < n. (b) ∀n ∀m ∀k ((n < m ∧ m < k) → n < k). (c) (Monotonie) ∀n ∀m ∀k (n < m ↔ n + k < m + k).
1.2.3
Problem 1.2.3 Beweisen Sie die folgenden Aussagen aus den Axiomen der Peano-Arithmetik. (a) ∀n ∀m (n + m = n ↔ m = 0). (b) ∀n ∀m ¬(n + m < n). (c) ∀n ∀m (n < m ↔ ∃k (k = 0 ∧ n + k = m)).
1.2.4
Problem 1.2.4 Beweisen Sie die folgenden Aussage aus den Axiomen der Peano-Arithmetik. ∀m1 . . . ∀mk (∃nϕ(n, m1 , . . . , mk ) → (∃n(ϕ(n, m1 , . . . , mk ) ∧ ∀n (n < n → ¬ϕ(n , m1 , . . . , mk ))))) . Hierbei ist ϕ eine beliebige Formel der Sprache von PA.
Kapitel 2 Reelle Zahlen
2
2 2.1
2
2.2 2.3
Reelle Zahlen Die Konstruktion der ganzen und rationalen Zahlen ........................... Die Konstruktion der reellen Zahlen . Die Theorie der reellen Zahlen ........
37 48 69
2.1
Die Konstruktion der ganzen und rationalen Zahlen
37
2 Reelle Zahlen Die griechische Mathematik hatte die reellen Zahlen zwar eigentlich entdeckt, es wurde aber nicht mit ihnen gerechnet bzw. ihre Theorie entwickelt. Dies wurde erst in der Neuzeit vollzogen. Seit dem 17. Jahrhundert und der Herausarbeitung der Analysis durch Newton und Leibniz sind die reellen Zahlen nicht mehr aus der Mathematik wegzudenken.
2.1 Die Konstruktion der ganzen und rationalen Zahlen
2.1
Die reellen Zahlen lassen sich mit Hilfe einfacher mengentheoretischer Konstruktionen aus den nat¨ urlichen Zahlen gewinnen. Wir ben¨otigen hierf¨ ur lediglich geordnete Paare, ¨ Aquivalenzrelationen und Folgen. Wir gehen dabei in drei Schritten vor: wir konstruieren zuerst die Menge Z der ganzen Zahlen, sodann die Menge Q der rationalen Zahlen und schließlich die Menge R der reellen Zahlen. Definition 2.1.1 Sei A eine beliebige Menge. Eine zweistel-
¨ lige Relation R auf A ist eine Aquivalenzrelation gdw. gilt: (Reflexivit¨at ) (Symmetrie) (Transitivit¨at )
xRx f¨ ur alle x ∈ A, xRy =⇒ yRx f¨ ur alle x, y ∈ A, und xRy ∧ yRz =⇒ xRz f¨ ur alle x, y, z ∈ A.
(Wir schreiben hier und im Folgenden =⇒“ f¨ ur das um” gangssprachliche wenn, dann“, und wir werden ⇐⇒“ ” ”
2.1.1
38
2. Reelle Zahlen
f¨ ur das umgangssprachliche genau dann, wenn“ ( gdw.“) ” ” schreiben.) ¨ Wenn R eine Aquivalenzrelation auf A ist, dann heißt f¨ ur ¨ x ∈ A die Menge [x]R = {y ∈ A : yRx} die (R-)Aqui-
valenzklasse von x. Jedes y ∈ [x]R (d. h. yRx) heißt ein ¨ Repr¨asentant der Aquivalenzklasse von x.
In der Situation von Definition 2.1.1 gilt y ∈ [x]R gdw. yRx ur alle x, y ∈ A. gdw. [x]R = [y]R f¨ ¨ Wir k¨ onnen Z als Menge von Aquivalenzklassen von Paaren nat¨ urlicher Zahlen wie folgt konstruieren. Der Begriff des geordneten Paares wird in 3.1 genauer analysiert werden. F¨ ur beliebige Objekte x, y soll es das geordnete Paar (x, y) von x und y geben, so dass f¨ ur alle x, y, x , y gilt: (x, y) = (x , y ) =⇒ x = x ∧ y = y . Seien nun also (n, m) und (r, s) geordnete Paare nat¨ urlicher Zahlen. Wir identifizieren (n, m) mit (r, s) gdw. die Differenz von n und m gleich der Differenz von r und s ist, d. h. wir definieren eine zweistellige Relation R durch (n, m)R(r, s) ⇐⇒ n + s = r + m . ¨ Offensichtlich ist R eine Aquivalenzrelation. Wir schreiben [n, m] = {(r, s) : (r, s)R(n, m)} ¨ f¨ ur die R-Aquivalenzklasse von (n, m). F¨ ur n ≥ m ist (n, m) = (n − m, 0), und f¨ ur n ≤ m ist (n, m) = (0, m − n),
2.1
Die Konstruktion der ganzen und rationalen Zahlen
39
wodurch die nach links und rechts unendliche Folge“ ” . . . , [0, 2], [0, 1], [0, 0], [1, 0], [2, 0], . . . ¨ s¨ amtliche R-Aquivalenzklassen durchl¨ auft. Unsere Vorstellung ist, dass [n, 0] f¨ ur die ganze Zahl +n und [0, n] f¨ ur die ¨ ganze Zahl −n steht. Die Menge aller R-Aquivalenzklassen bezeichnen wir mit Z und nennen sie die Menge der ganzen Zahlen. Wir schreiben [n, m] < [r, s] ⇐⇒ n + s < r + m . Dies ist wohldefiniert, da die definierende Tatsache n + s < r + m nicht von der Wahl der Repr¨ asentanten der ¨ Aquivalenzklassen [n, m] und [r, s] abh¨ angt (siehe Problem 2.1.3 (a)). wodurch < eine strikte lineare Ordnung auf Z ist. Wir k¨ onnen mit unseren ganzen Zahlen auch in gewohnter Weise rechnen. Hierzu definieren wir die Addition auf Z durch [n, m] + [r, s] = [n + r, m + s] . (Siehe Problem 2.1.3 (b).) Man sieht leicht, dass + assoziativ und kommutativ auf Z ist. Dar¨ uberhinaus gilt [n, m] + [0, 0] = [n, m] und [n, m] + [m, n] = [0, 0] .
40
2. Reelle Zahlen
Somit ist Z bez¨ uglich + eine abelsche Gruppe. Bis auf Isomorphie ist Z die unendliche zyklische Gruppe. (Vgl. [1], [18], oder auch [5, Abschnitt 1.2].) Die Menge N ist in nat¨ urlicher Weise in Z enthalten, indem wir n mit [n, 0] identifizieren. In der angegebenen Art l¨ asst sich u ¨brigens aus einer beliebigen Halbgruppe H eine Gruppe G mit H ⊂ G konstruieren. (Siehe [1].) Wir definieren weiterhin die Multiplikation auf Z durch [n, m] · [r, s] = [n · r + m · s, n · s + m · r] . (Siehe Problem 2.1.3 (c).) Dann gilt [n, m] · [1, 0] = [n, m] , aber [1, 0] und [0, 1] sind die einzigen ganzen Zahlen [n, m], f¨ ur die [r, s] ∈ Z mit [n, m] · [r, s] = [1, 0] existiert. Wir schreiben von nun an +n (gleich −(−n), oder einfach n) f¨ ur die ganze Zahl [n, 0] und −n f¨ ur die ganze Zahl [0, n]. ¨ Wir konstruieren nun Q als Menge von Aquivalenzklassen von Paaren gewisser ganzer Zahlen wie folgt. Seien (n, m) und (r, s) geordnete Paare ganzer Zahlen, wobei m = 0 = s. Wir identifizieren (n, m) mit (r, s) gdw. der Quotient aus n und m gleich dem Quotienten aus r und s ist, d. h. wir definieren eine zweistellige Relation S durch (n, m)S(r, s) ⇐⇒ n · s = r · m .
2.1
Die Konstruktion der ganzen und rationalen Zahlen
41
¨ Offensichtlich ist S eine Aquivalenzrelation auf der Menge aller Paare ganzer Zahlen, deren zweite Komponente nicht 0 ist. (W¨ urden wir als zweite Komponente die 0 zulassen, so w¨ are S nicht transitiv, da dann f¨ ur alle (n, m) gelten w¨ urde, dass (n, m)S(0, 0), aber z. B. gilt (1, 2)S(1, 3) nicht. Die Division durch 0 ist also nicht m¨ oglich!) F¨ ur n, m ∈ Z, m = 0, schreiben wir n, m = {(r, s) : r, s ∈ Z, s = 0, (r, s)S(n, m)} ¨ f¨ ur die S-Aquivalenzklasse von (n, m). Unsere Vorstellung n steht. Die Menge ist, dass n, m f¨ ur die rationale Zahl m ¨ aller S-Aquivalenzklassen bezeichnen wir mit Q und nennen sie die Menge der rationalen Zahlen. Z ist in nat¨ urlicher Weise in Q enthalten, indem wir n ∈ Z mit n, 1 identifizieren. Zu beliebigen r, s ∈ Z mit s = 0 existieren offenbar r , s ∈ Z mit s > 0 und (r, s)S(r , s ). (Falls s < 0, dann setze ur n, m, r, s ∈ Z mit m > 0 und r = −r und s = −s.) F¨ s > 0 schreiben wir n, m < r, s ⇔ n · s < r · m , (siehe Problem 2.1.3) wodurch < eine strikte lineare Ordnung auf Q ist. Wir k¨ onnen mit unseren rationalen Zahlen wieder in gewohnter Weise rechnen. Wir definieren die Addition auf Q durch n, m + r, s = n · s + r · m, m · s .
42
2. Reelle Zahlen
(Siehe Problem 2.1.3.) Wieder ist + assoziativ und kommutativ auf Q. Es gilt n, m + 0, 1 = n, m und n, m + −n, m = 0, 1 . Somit ist Q bez¨ uglich + eine abelsche Gruppe. Wir definieren die Multiplikation auf Q durch n, m · r, s = n · r, m · s . (Siehe Problem 2.1.3.) Man sieht leicht, dass · assoziativ und kommutativ auf Q ist. Außerdem gilt n, m · 0, 1 = 0, 1 und n, m · 1, 1 = n, m f¨ ur alle n, m ∈ Z mit m = 0, und es gilt n, m · m, n = 1, 1 f¨ ur alle n, m ∈ Z mit n = 0 = m. Somit ist Q \ {0, 1} bez¨ uglich · eine abelsche Gruppe. n f¨ ur die rationale Zahl n, m, Wir schreiben von nun an m wobei n, m ∈ Z, m = 0. Weiters benutzen wir im folgenden n n − rs f¨ ur m + −r die u ¨blichen Schreibweisen wie m s , usw. n n werde Der Betrag |x| = | m | einer rationalen Zahl x = m n | wie folgt definiert. Es sei, f¨ ur n, m ∈ Z mit m = 0 = n, | m
2.1
Die Konstruktion der ganzen und rationalen Zahlen
n derjenige der beiden Werte m und −n m , welcher > 0 = 0 ur m = 0 immer gleich 0 = 01 . und es sei | m | f¨
43
0 1
ist;
Satz 2.1.2 Sowohl Z als auch Q sind abz¨ ahlbare Mengen.
Beweis: Im Falle von Z l¨ asst sich eine Bijektion f : N → Z wie folgt angeben. Es sei f (2n) = n und f (2n+1) = −n. Im Falle von Q ist es etwas trickreicher, eine Bijektion g : N → Q anzugeben, welches wir wie folgt leisten. urliche Aufz¨ ahlung aller PrimzahSei (pm : m ∈ N) die nat¨ len (siehe Problem 1.1.11), d. h. p0 = 2, p1 = 3, p2 = 5, ur m ∈ N, Pm die Menge aller n ∈ N, n ≥ 2, p4 = 7, . . . Sei, f¨ so dass pm die kleinste Primzahl ist, die n teilt. (Z. B. ist ur m ∈ N, m ≥ 1, Tm die P1 = {3, 9, 15, . . .}.) Weiter sei f¨ Menge aller n ∈ N, n ≥ 1, so dass 1 der gr¨ oßte gemeinsame Teiler von m und n ist. (Z. B. ist T3 = {1, 2, 4, 5, . . .}.) Betrachten wir zun¨ achst die Menge Q+ der positiven rationalen Zahlen. Jedes Element von Q+ l¨ asst sich eindeun darstellen, wobei m ≥ 1 und tig als gek¨ urzter Bruch“ m ” onnen nun eine Bin ∈ Tm . (Siehe Problem 2.1.5.) Wir k¨ jektion ϕ : Q+ → N folgendermaßen angeben. Sei rs ∈ Q+ n gegeben, und sei m die eindeutige gek¨ urzte Darstellung von r n r , d. h. = , m ≥ 1 und n ∈ T . Wir setzen dann m s m s r ϕ( ) = fPm−1 (fT−1 (n)) − 2 . m s Hierbei sind fTm : N → Tm und fPm−1 : N → Pm−1 die nat¨ urlichen Aufz¨ ahlungen“ von Tm und Pm−1 wie in Ab” schnitt 1.1. Wenn also n das k te Element von Tm ist, dann
2.1.2
44
2. Reelle Zahlen
n ordnen wir rs = m dem k ten Element von Pm−1 zu. Dabei subtrahieren wir 2, um die Zahlen 0 und 1 ebenfalls in den Wertebereich von ϕ zu bekommen. Da N \ {0, 1} die disjunkte Vereinigung aller Pm , m ∈ N, ist, und da sowohl fTm : N → Tm als auch fPm : N → Pm bijektiv sind, ist leicht zu verifizieren, dass die so definierte Abbildung ϕ : Q+ → N bijektiv ist.
n f T¡1 m
k fPm¡1
0
1
2
fPm¡1 (k)
Wir erhalten in derselben Weise eine bijektive Abbildung ψ : Q− → N der Menge der negativen rationalen Zahlen auf N. Schließlich k¨ onnen wir eine Bijektion g : N → Q definieren, indem wir setzen: g(0) = 01 , g(2n + 1) = ϕ−1 (n) und ur n ∈ N. g(2n + 2) = ψ −1 (n) f¨
2.1
Die Konstruktion der ganzen und rationalen Zahlen
45
Die im Beweis von Satz 2.1.2 definierte Bijektion g : N → Q respektiert nat¨ urlich in keinster Weise die nat¨ urlichen Ordnungen auf N bzw. Q. Eine Bijektion, die diese Ordnung respektieren w¨ urde, d. h. einen Ordnungsisomorphismus von N und Q, kann es auch gar nicht geben. Im Unterschied zu N ist Q, zusammen mit <, n¨ amlich dicht“ im folgenden ” Sinne. Sei < eine strikte lineare Ordnung auf einer Menge A. Dann heißt < dicht gdw. f¨ ur alle x, y ∈ A mit x < y ein z ∈ A existiert mit x < z und z < y. Die nat¨ urliche Ordnung < r m r auf Q ist dicht in diesem Sinne, da f¨ ur m n , s ∈ Q mit n < s die rationale Zahl m·s+r·n (das arithmetische Mittel“ von 2·n·s ”r m r m und ) echt zwischen n s n und s liegt. Ein x ∈ A heißt ein Endpunkt von < gdw. entweder x ≤ y f¨ ur alle y ∈ A oder y ≤ x f¨ ur alle y ∈ A gilt. Man kann zeigen, dass Q zusammen mit < bis auf Isomorphie die einzige dichte lineare Ordnung auf einer abz¨ahlbaren Menge ist, die keine Endpunkte besitzt, vgl. Problem 2.1.8. ¨ Problem 2.1.1 ◦ Sei R eine Aquivalenzrelation auf A. Zeigen Sie: xRy gilt nicht gdw. [x]R ∩ [y]R = ∅.
2.1.1
Problem 2.1.2 ◦ Zeigen Sie, dass die in diesem Abschnitt defi¨ nierten Relationen R und S beide Aquivalenzrelationen sind.
2.1.2
Problem 2.1.3 Zeigen Sie, dass die oben definierte Relationen < und die Operationen + und · auf Z wohldefiniert sind, d. h. dass f¨ ur n, m, r, s, n , m , r , s ∈ N mit (n, m)R(n , m ) und (r, s)R(r , s ) immer gilt:
2.1.3
46
2. Reelle Zahlen
(a) n + s < r + m gdw. n + s < r + m , (b) (n + r, m + s)R(n + r , m + s ), und (c) (n · r + m · s, n · s + m · r)R(n · r + m · s , n · s + m · r ). Formulieren und beweisen Sie analoge Aussagen auch f¨ ur Q, S und die Relation < und die Operationen + und · auf Q. Zeigen Sie auch, dass < eine lineare Ordnung sowohl auf Z als auch auf Q ist. 2.1.4
Problem 2.1.4 Zeigen Sie unter Benutzung der Tatsache, dass + und · kommutativ und assoziativ auf N sind, d. h. dass die Aussagen der S¨ atze 1.2.1 und 1.2.2 und von Problem 1.2.1 (a) und (b) gelten, dass + und · kommutativ und assoziativ sowohl auf Z als auch auf Q sind, d. h. dass gilt: (a) f¨ ur alle n, m, p ∈ Z gilt n + m = m + n, n · m = m · n, n + (m + p) = (n + m) + p und n · (m · p) = (n · m) · p. (b) f¨ ur alle p, q, r ∈ Q gilt p + q = q + p, p · q = q · p, p + (q + r) = (p + q) + r und p · (q · r) = (p · q) · r.
2.1
Die Konstruktion der ganzen und rationalen Zahlen
47
Problem 2.1.5 Zeigen Sie: F¨ ur alle p ∈ Q, p > 0, existieren n eindeutige n, m ∈ N\{0} mit p = m , so dass n und m teilerfremd sind, d. h. 1 ist die einzige nat¨ urliche Zahl r, so dass n , m ∈ N mit n · r = n und m · r = m existieren.
2.1.5
Problem 2.1.6 Zeigen Sie, dass Q archimedisch“ ist im folgen” den Sinne: f¨ ur alle q ∈ Q existiert ein n ∈ N mit q < n.
2.1.6
Problem 2.1.7 chung f¨ ur Q:
2.1.7
Zeigen Sie die G¨ ultigkeit der Dreiecksunglei-
(a) F¨ ur alle p, q ∈ Q gilt |p + q| ≤ |p| + |q|. Benutzen Sie diese Aussage, um durch Induktion (nach n) zu zeigen: (b) F¨ ur alle p1 , . . . , pn ∈ Q gilt |x1 − xn | ≤ |x1 − x2 | + |x2 − x3 | + · · · + |xn−1 − xn |.
Problem 2.1.8 ∗ Seien A und B abz¨ahlbar, und seien
2.1.8
48
2.2
2. Reelle Zahlen
2.2 Die Konstruktion der reellen Zahlen Wir wenden uns nun der Konstruktion der reellen Zahlen ¨ zu. Diese k¨ onnen wir als Aquivalenzklassen gewisser Folgen rationaler Zahlen gewinnen. Eine rationale Folge ist eine (beliebige) Abbildung x : N → Q. Wir schreiben dabei auch xn anstelle von x(n) und (xn : n ∈ N) anstelle von x.
2.2.1
Definition 2.2.1 Eine rationale Folge (xn : n ∈ N) heißt
Cauchy-Folge gdw. f¨ ur alle (rationalen) ε > 0 ein n0 ∈ N existiert, so dass f¨ ur alle n, m ≥ n0 gilt. |xm − xn | < ε .
Eine rationale Folge (xn : n ∈ N) heißt Nullfolge gdw. f¨ ur ur alle (rationalen) ε > 0 ein n0 ∈ N existiert, so dass f¨ alle n ≥ n0 gilt: |xn | < ε. Beispielsweise ist die Folge 1 : n ∈ N) eine Nullfolge. Sei n¨ amlich ε = rs > 0, wobei ( n+1 ur alle etwa r, s ∈ N, r = 0 = s. Setze n0 = s, dann gilt f¨ 1 n ≥ n0 : s < n0 + 1 ≤ n + 1 ≤ r · (n + 1), also n+1 < rs . Jede Nullfolge ist eine Cauchy-Folge. Sei n¨ amlich (xn : n ∈ ur alle N) Nullfolge. Sei ε > 0, und sei n0 ∈ N so, dass f¨ ur alle n, m ≥ n0 n ≥ n0 gilt: |xn | < 12 · ε. Dann gilt f¨ |xm − xn | ≤ |xm | + |xn | < 12 ε + 12 ε = ε . (Die erste Ungleichung benutzt die Dreiecksungleichung von Problem 2.1.7.)
2.2
Die Konstruktion der reellen Zahlen
49
Eine Folge (xn : n ∈ N) heißt konstant gdw. ein x ∈ Q ur alle n ∈ N gilt. Wir schreiben in existiert, so dass xn = x f¨ diesem Falle auch (x : n ∈ N) f¨ ur (xn : n ∈ N). Die Differenz zweier Folgen (xn : n ∈ N) und (yn : n ∈ N) wird als Folge der punktweisen Differenzen definiert, d. h. (xn : n ∈ N) − (yn : n ∈ N) = (xn − yn : n ∈ N) . Eine Folge (xn : n ∈ N) konvergiert gegen x ∈ Q gdw. die Differenz von (xn : n ∈ N) und (x : n ∈ N) eine Nullfolge ist. In diesem Falle schreiben wir x = lim xn . n→∞
Wenn (xn : n ∈ N) gegen x ∈ Q konvergiert, dann ist (xn : n ∈ N) eine Cauchy-Folge. Dies ergibt sich aus dem obigen Argument f¨ ur Nullfolgen, da immer xn − xm = (xn − x) − (xm − x) . Wir wollen nun sehen, dass es Cauchy-Folgen gibt, f¨ ur die keine rationale Zahl existiert, gegen die diese Cauchy-Folge konvergiert. Wir schreiben im folgenden x2 anstelle von x·x. Lemma 2.2.2 Es gibt kein x ∈ Q mit x2 = 2.
Beweis: Sei rs ∈ Q. Sei n die kleinste positive Zahl, f¨ ur die r = . F¨ u r diese ein (eindeutiges!) m ∈ Z existiert mit m n s Wahl von n und m gilt dann, dass m oder n ungerade ist. W¨aren n¨ amlich beide gerade, etwa m = 2m und n = 2n , dann n < n und rs = m n im Widerspruch zur Wahl von n.
2.2.2
50
2. Reelle Zahlen
m 2 2 Wir zeigen jetzt ( rs )2 = ( m n ) = 2. Angenommen, ( n ) = 2 2 ur 2, d. h. m = 2n . Dann ist m gerade, da andernfalls f¨ usste, dass 2n2 = m2 = m = 2m + 1 mit m ∈ Z gelten m¨ 2 4(m + m ) + 1 was ein Widerspruch ist, da die linke Seite dieser Gleichung gerade und die rechte ungerade ist. Wenn aber m gerade ist, etwa m = 2m , dann folgt aus 2 2 m2 = 2n2 , dass 2n2 = m2 = 4m , also n2 = 2m . Eine Wiederholung des obigen Arguments liefert dann, dass auch n gerade sein muss. Damit ist sowohl m als auch n gerade. Widerspruch!
Derselbe Beweis zeigt, dass, falls n ∈ N keine Quadratzahl ist, kein x ∈ Q mit x2 = n existiert. (Siehe Problem 2.2.1.) Wir definieren nun einen Cauchy-Folge (xn : n ∈ N), die, w¨ urde sie gegen ein x ∈ Q konvergieren, gegen ein x mit usste. x2 = 2 konvergieren m¨ 2.2.3
Lemma 2.2.3 Es gibt eine Cauchy-Folge (xn : x ∈ N), zu
der kein x ∈ Q existiert, so dass (xn : n ∈ N) gegen x konvergiert.
Beweis: Wir konstruieren rekursiv“ zwei Cauchy-Folgen ” (xn : n ∈ N) und (yn : n ∈ N) wie folgt. Wir setzen x0 = 0 und y0 = 2. Offensichtlich gilt 0 ≤ x0 < y0 und x20 < 2 < y02 . Nehmen wir nun an, die rationalen Zahlen xn und yn sind bereits konstruiert, so dass 0 ≤ xn < yn und x2n < 2 < yn2 . Sei dann z = 12 · (yn + xn ). Falls z 2 < 2, dann setzen wir xn+1 = z und yn+1 = yn ; falls z 2 > 2, dann setzen wir
2.2
Die Konstruktion der reellen Zahlen
51
xn+1 = xn und yn+1 = z. (Da mit xn und yn auch z rational ist, kann wegen Lemma 2.2.1 nicht z 2 = 2 gelten.) In jedem Falle gilt f¨ ur die rationalen Zahlen xn+1 und yn+1 dann 2 . wieder 0 ≤ xn+1 < yn+1 und x2n+1 < 2 < yn+1 0
xn
xn+1 y n+1 = y n £
2
Damit sind (xn : n ∈ N) und (yn : n ∈ N) konstruiert. Durch Induktion ergibt sich, dass f¨ ur alle n ∈ N gilt: yn − xn = 1 1 ur n = 0 gilt n¨ amlich y0 − x0 = 2 = 2−1 , und wenn 2n−1 . F¨ 1 1 yn − xn = 2n−1 , dann gilt yn+1 − xn+1 = 2 · (yn − xn ) = 12 · 1 1 1 2n−1 = 2n = 2(n+1)−1 . Nach Konstruktion gilt offensichtlich auch 0 ≤ x0 ≤ x1 ≤ x2 ≤ · · · und 2 = y0 ≥ y1 ≥ y2 ≥ . . .. Sowohl (xn : n ∈ N) als auch (yn : n ∈ N) sind dann CauchyFolgen. Sei n¨ amlich ε > 0. Sei n0 ∈ N, n0 > 0, so, dass ur alle n ∈ N 2n0 −1 > 1ε (ein derartiges n0 existiert, da f¨ ur alle n, m ≥ n0 : xn0 ≤ xn ≤ yn0 gilt: 2n ≥ n). Dann gilt f¨ und xn0 ≤ xm ≤ yn0 und daher xm − xn ≤ yn0 − xn0 und xn − xm ≤ yn0 − xn0 , also |xm − xn | ≤ yn0 − xn0 =
1 2n0 −1
<ε.
Also ist (xn : n ∈ N) Cauchy-Folge. Dasselbe Argument zeigt, dass auch (yn : n ∈ N) Cauchy-Folge ist. Angenommen nun, (xn : n ∈ N) konvergiert gegen x ∈ Q. ur alle n ∈ N Da x0 ≤ x1 ≤ x2 ≤ . . ., gilt dann x ≥ xn f¨ ur ein n ∈ N, dann h¨ atten wir |xm − x| ≥ (w¨ are x < xn f¨ ur alle m ≥ n). Weiterhin w¨ urde auch (yn : n ∈ N) |xn − x| f¨
52
2. Reelle Zahlen
gegen x konvergieren. Sei n¨ amlich ε > 0 und sei n0 ∈ N, ur n0 > 0, so, dass 2n01−1 < ε. Dann gilt wegen x ≥ xn f¨ n ≥ n0 : |yn − x| ≤ yn − xn ≤ yn0 − xn0 =
1 <ε. 2n0 −1
Außerdem folgt aus y0 ≥ y1 ≥ y2 ≥ · · · analog zu eben, dass ur alle n ∈ N gilt. Wir haben nun 0 ≤ xn ≤ x ≤ yn x ≤ yn f¨ f¨ ur alle x ∈ N, also auch x2n ≤ x2 ≤ yn2 f¨ ur alle n ∈ N. ur alle n ≥ n0 gilt: yn −xn < 14 ·ε. Sei ε > 0. Sei n0 so, dass f¨ Dann gilt f¨ ur alle n ≥ n0 : 2−x2n ≤ yn2 −x2n = (yn −xn )(yn + xn ) ≤ (yn − xn ) · 2yn < 14 · ε · 4 = ε, und damit x2n ≥ 2 − ε. (Die Folge (x2n : n ∈ N) konvergiert damit gegen 2.) Also ur alle ε > 0, woraus x2 ≥ 2 folgt. V¨ollig gilt x2 ≥ 2 − ε f¨ analog zeigt man x2 ≤ 2. Also gilt x2 = 2. Dies ist ein Widerspruch zu Lemma 2.2.2! Lemma 2.2.3 besagt, dass Q nicht vollst¨ andig ist: es gibt in Q verlaufende Cauchy-Folgen, die nicht in Q konvergieren. Wir werden nun Q vervollst¨ andigen“. ” ¨ Wir definieren dazu zun¨ achst eine Aquivalenzrelation auf der Menge der (rationalen) Cauchy-Folgen. Seien (xn : n ∈ N), (yn : n ∈ N) rationale Cauchy-Folgen. Wir schreiben dann (xn : n ∈ N)E(yn : n ∈ N) , falls die Differenz von (xn : n ∈ N) und (yn : n ∈ N) eine Nullfolge ist. Offensichtlich ist E reflexiv und symmetrisch. Die Transitivit¨ at von E ergibt sich folgendermaßen. Sei (xn : n ∈ N)E(yn : n ∈ N) und (yn : n ∈ N)E(zn : n ∈ N).
2.2
Die Konstruktion der reellen Zahlen
53
Sei ε > 0, und sei n0 ∈ N so, dass f¨ ur alle n ≥ n0 gilt: ur alle |yn − xn | < 12 ε und |zn − yn | < 12 ε. Dann gilt f¨ n ≥ n0 : |zn − xn | ≤ |zn − yn | + |yn − xn | < 12 ε + 12 ε = ε mit Hilfe der Dreiecksungleichung. Also ist auch die Differenz von (xn : n ∈ N) und (zn : n ∈ N) eine Nullfolge. Wenn (xn : n ∈ N) eine rationale Cauchy-Folge ist, dann schreiben wir nun [xn : n ∈ N] = {(yn : n ∈ N) : (yn : n ∈ N)E(xn : n ∈ N)} ¨ f¨ ur die E-Aquivalenzklasse von (xn : n ∈ N). Unsere Vorstellung ist, dass [xn : n ∈ N] diejenige reelle Zahl ist, gegen die (xn : n ∈ N) konvergiert. Die Menge aller E¨ Aquivalenzklassen bezeichnen wir mit R und nennen sie die Menge der reellen Zahlen. Die Menge Q der rationalen Zahlen ist in nat¨ urlicher Weise in der Menge R der reellen Zahlen enthalten, indem wir x ∈ Q mit [x : n ∈ N] identifizieren. F¨ ur x ∈ Q schreiben wir im Folgenden auch x anstelle von [x : n ∈ N]. Seien (xn : n ∈ N), (yn : n ∈ N) rationale Cauchy-Folgen. Dann gilt genau eine der folgenden Aussagen:
Lemma 2.2.4
(1) (xn : n ∈ N)E(yn : n ∈ N) ur alle (2) es gibt ein n0 ∈ N und ein ε ∈ Q, ε > 0, so dass f¨ n ≥ n0 : yn > xn + ε ur alle (3) es gibt ein n0 ∈ N und ein ε ∈ Q, ε > 0, so dass f¨ n ≥ n0 : xn > yn + ε.
2.2.4
54
2. Reelle Zahlen
Beweis: Offensichtlich schließen sich (1), (2) und (3) gegenseitig aus. Wir zeigen, dass (1) gilt, falls sowohl (2) als auch (3) falsch sind. Wenn (2) und (3) falsch sind, dann gibt es f¨ ur jedes n ∈ N und f¨ ur jedes ε ∈ Q, ε > 0, ein m ≥ n mit ym ≤ xm + ε , und f¨ ur jedes n ∈ N und f¨ ur jedes ε ∈ Q, ε > 0, gibt es ein m ≥ n mit xm ≤ ym + ε . ur alle n, m ≥ n0 : Sei nun ε ∈ Q, ε > 0. Sei n0 ∈ N so, dass f¨ |xm − xn | < 13 ε |ym − yn | <
1 3ε
und .
Sei m ≥ n0 , so dass ym ≤ xm + 13 ε, d. h. ym − xm ≤ Dann gilt f¨ ur alle n ≥ n0 :
1 3 ε.
yn − xn = yn − ym + ym − xm + xm − xn ≤ |yn − ym | + ym − xm + |xm − xn | < 13 ε + 13 ε + 13 ε = ε . Analog zeigt man, dass f¨ ur alle n ≥ n0 : xn − yn < ε. ur alle Damit haben wir ein n0 ∈ N gefunden, so dass f¨ n ≥ n0 gilt: |yn − xn | < ε. Damit ist die Differenz von (xn : n ∈ N) und (yn : n ∈ N) eine Nullfolge und es gilt (1).
2.2
Die Konstruktion der reellen Zahlen
55
Seien (xn : n ∈ N), (yn : n ∈ N) rationale Cauchy-Folgen. Wir schreiben dann
Definition 2.2.5
2.2.5
[xn : n ∈ N] < [yn : n ∈ N] ur gdw. es ein n0 ∈ N und ein ε ∈ Q, ε > 0, gibt, so dass f¨ alle n ≥ n0 : yn > xn + ε. Wir m¨ ussen zeigen, dass < wohldefiniert ist. Die definierende Tatsache ( es gibt n0 ∈ N und ε ∈ Q, ε > 0, so dass ” f¨ ur alle n ≥ n0 : yn > xn + ε“) nimmt Bezug auf jeweils ¨ einen Repr¨ asentanten der Aquivalenzklassen [xn : n ∈ N] amlich (xn : n ∈ N) und (yn : n ∈ N)). und [yn : n ∈ N] (n¨ Wir m¨ ussen zeigen, dass der Wahrheitswert der definierenden Tatsache nicht von der Wahl der Repr¨ asentanten abh¨ angt. Dies erfolgt im Wesentlichen in gleicher Weise wie im Beweis von Lemma 2.2.4 Lemma 2.2.6 Seien (xn : n ∈ N), (xn : n ∈ N), (yn : n ∈ N)
und (yn : n ∈ N) rationale Cauchy-Folgen mit (xn : n ∈ N)E(xn : n ∈ N) und (yn : n ∈ N)E(yn : n ∈ N). Dann sind die folgenden Aussagen a ¨quivalent. ur (1) Es gibt ein n0 ∈ N und ein ε ∈ Q, ε > 0 so, dass f¨ alle n ≥ n0 : yn > xn + ε. ur (2) Es gibt ein n0 ∈ N und ein ε ∈ Q, ε > 0 so, dass f¨ alle n ≥ n0 : yn > xn + ε.
2.2.6
56
2. Reelle Zahlen
Beweis: Aus Symmetriegr¨ unden gen¨ ugt es zu zeigen, dass (2) aus (1) folgt. Sei also (1) angenommen, und werde dies durch n0 ∈ N und ε ∈ Q, ε > 0, bezeugt. Sei m0 ∈ N so, dass f¨ ur alle n ≥ m0 gilt: |xn − xn | < 3ε und |yn − yn | < ε3 . ur alle n ≥ m0 : Sei o. B. d. A. m0 ≥ n0 . Dann gilt f¨ yn − xn = (yn − xn ) − (yn − yn ) − (xn − xn ) ≥ (yn − xn ) − |yn − yn | − |xn − xn | >ε−
ε 3
−
ε 3
= 3ε .
Damit gilt (2), bezeugt durch m0 und 3ε .
Wir haben gezeigt, dass < eine strikte lineare Ordnung auf R ist. Die rationalen Zahlen sind im folgenden Sinne dicht“ ” in den reellen Zahlen enthalten: 2.2.7
Satz 2.2.7 Seien x, y ∈ R. Dann existiert ein z ∈ Q mit
x < z und z < y. Beweis: Sei x = [xn : n ∈ N] und y = [yn : n ∈ N], wobei (xn : n ∈ N), (yn : n ∈ N) rationale Cauchy-Folgen sind. ur Da x < y, gibt es n0 ∈ N und ε ∈ Q, ε > 0, so dass f¨ ur alle alle n ≥ n0 : yn > xn + ε. Sei m0 ≥ n0 so, dass f¨ n, m ≥ m0 gilt: |xm − xn | < 3ε und |ym − yn | < 3ε . Setze ur alle n ≥ m0 : z = 12 · (xm0 + ym0 ). Dann gilt f¨ z − xn = z − xm0 + xm0 − xn ≥ z − xm0 − |xm0 − xn | · (ym0 − xm0 ) − |xn0 − xn |
=
1 2
>
1 2ε
− 13 ε = 16 ε ,
2.2
Die Konstruktion der reellen Zahlen
57
d. h. es gilt z > xn + 16 ε f¨ ur alle n ≥ m0 . Dies zeigt x = [xn : n ∈ N] < [z : n ∈ N]. Analog zeigt man [z : n ∈ N] < [yn : n ∈ N] = y. Korollar 2.2.8 R ist archimedisch“ im folgenden Sinne. Sei
” x ∈ R. Dann existiert ein n ∈ N mit x < n.
2.2.8
Beweis: Der Fall x ≤ 0 ist trivial. Nehmen wir also an, es gelte x > 0. Sei z ∈ Q, so dass z > 0 und z < x1 . (Ein solches z existiert wegen Satz 2.2.7.) Es gibt m, n ∈ N mit m 1 m > 0 und n > 0, so dass z = m n . Es gilt dann n < x , also m · x < n. Daraus folgt x < n. Mit den reellen Zahlen l¨ asst sich in gewohnter Weise rechnen. Wir definieren die Addition auf R durch [xn : n ∈ N] + [yn : n ∈ N] = [xn + yn : n ∈ N] , wobei (xn : n ∈ N) und (yn : n ∈ N) rationale Cauchy-Folgen sind. Lemma 2.2.9 Seien (xn : n ∈ N), (xn : n ∈ N), (yn : n ∈ N),
(yn : n ∈ N) rationale Cauchy-Folgen mit (xn : n ∈ N)E (xn : n ∈ N) und (yn : n ∈ N)E(yn : n ∈ N). Dann sind auch (xn + yn : n ∈ N), (xn + yn : n ∈ N) rationale CauchyFolgen und es gilt (xn + yn : n ∈ N)E(xn + yn : n ∈ N). Beweis: Siehe Problem 2.2.2 (1).
2.2.9
58
2. Reelle Zahlen
Damit ist die Addition auf R wohldefiniert. Man sieht leicht, dass + assoziativ und kommutativ auf R ist. Außerdem gilt [xn : n ∈ N] + [0 : n ∈ N] = [xn : n ∈ N] und [xn : n ∈ N] + [−xn : n ∈ N] = [0 : n ∈ N] f¨ ur alle rationalen Cauchy-Folgen (xn : n ∈ N), wodurch R bez¨ uglich + eine abelsche Gruppe ist. Wir definieren die Multiplikation auf R durch [xn : n ∈ N] · [yn : n ∈ N] = [xn · yn : n ∈ N] , wobei (xn : n ∈ N) und (yn : n ∈ N) rationale Cauchy-Folgen sind. 2.2.10
Lemma 2.2.10 Seien (xn : n ∈ N), (xn : n ∈ N), (yn : n ∈ N)
und (yn : n ∈ N) rationale Cauchy-Folgen mit (xn : n ∈ N)E (xn : n ∈ N) und (yn : n ∈ N)E(yn : n ∈ N). Dann sind auch (xn · yn : n ∈ N), (xn · yn : n ∈ N) rationale Cauchy-Folgen und es gilt (xn · yn : n ∈ N)E(xn · yn : n ∈ N) Beweis: Siehe Problem 2.2.2 (2).
Damit ist die Multiplikation auf R wohldefiniert. Man sieht leicht, dass · assoziativ und kommutativ auf R ist. Außerdem gilt [xn : n ∈ N] · [1 : n ∈ N] = [xn : n ∈ N]
2.2
Die Konstruktion der reellen Zahlen
59
f¨ ur alle rationalen Cauchy-Folgen (xn : n ∈ N). Sei weiterhin (xn : n ∈ N) eine rationale Cauchy-Folge, (xn : n ∈ N) keine Nullfolge, d. h. es gibt ein n0 ∈ N und ein ε ∈ Q, ε > 0, ur alle n ≥ n0 . Sei dann (yn : n ∈ N) deso dass |xn | > ε f¨ finiert durch yn = 1, falls n < n0 , und yn = x1n , falls n ≥ n0 . Dann ist (yn : n ∈ N) eine rationale Cauchy-Folur ge. Sei n¨ amlich ε ∈ Q, ε > 0. Sei m0 ≥ n0 so, dass f¨ 3 ur alle alle m, n ≥ m0 gilt: |xm − xn | < ε ; dann gilt f¨ |xn −xm | ε3 < m, n ≥ m0 : |ym − yn | = | x1m − x1n | = |x ε·ε = ε. m |·|xn | Außerdem sieht man leicht, dass (xn · yn : n ∈ N)E(1 : n ∈ N) = 1 . Somit ist R \ {0} bez¨ uglich · eine abelsche Gruppe. Ebenso leicht lassen sich die Distributionsgesetze f¨ ur + und · nachrechnen, wodurch R ein K¨ orper ist. Wir wollen nun die Vollst¨ andigkeit von R nachrechnen. Die Vollst¨ andigkeit von R besagt, dass jede Cauchy-Folge, die in R verl¨ auft, einen Grenzwert in R besitzt. Hierzu m¨ ussen wir zun¨ achst die Begriffe Cauchy-Folge“ und Konvergenz“ in ” ” nat¨ urlicher Weise auf R ausdehnen. F¨ ur x ∈ R sei der Betrag |x| von x wie folgt definiert: es sei |x| = x, falls x ≥ 0, und es sei |x| = −x, falls x ≤ 0. Die Dreiecksungleichung (siehe Problem 2.1.7 und 2.2.3) gilt auch f¨ ur reelle anstelle von rationalen Zahlen.
60
2.2.11
2. Reelle Zahlen
Definition 2.2.11 Sei (xn : n ∈ N) eine Folge reeller Zahlen.
ur alle Dann heißt (xn : n ∈ N) eine Cauchy-Folge gdw. f¨ ur alle n, m ≥ n0 gilt: ε > 0 ein n0 ∈ N existiert, so dass f¨ |xm − xn | < ε.
Da wegen Satz 2.2.7 zu jedem ε ∈ R mit ε > 0 ein ε ∈ Q mit ε < ε und ε > 0 existiert, spielt es keine Rolle, ob die Zahl ε in Definition 2.2.11 als rational oder reell angenommen wird. 2.2.12
Definition 2.2.12 Sei (xn : n ∈ N) eine Folge reeller Zahlen
und sei x eine reelle Zahl. Dann konvergiert (xn : n ∈ N) gegen x, in Zeichen lim xn = x ,
n→∞
gdw. f¨ ur alle ε > 0 ein n0 ∈ N existiert, so dass f¨ ur alle n ≥ n0 gilt: |x − xn | < ε. Sei (xn : n ∈ N) eine reelle Folge, und sei x ∈ R. Angenommen, es gilt limn→∞ xn = x. Zu vorgelegtem ε > 0 sei ur alle n ≥ n0 . Dann gilt f¨ ur n0 ∈ N so, dass |x − xn | < 2ε f¨ alle n, m ≥ n0 : |xm − xn | = |x − xn + xm − x| ≤ |x − xn | + |xm − x| <
ε 2
+
ε 2
= ε.
Wenn also (xn : n ∈ N) gegen x konvergiert dann ist (xn : n ∈ N) eine Cauchy-Folge.
2.2
Die Konstruktion der reellen Zahlen
61
Satz 2.2.13 Sei (xn : n ∈ N) eine reelle Cauchy-Folge. Dann
gibt es eine reelle Zahl x, so dass (xn : n ∈ N) gegen x konvergiert.
Beweis: F¨ ur jedes n ∈ N sei yn eine rationale Zahl mit 1 . (Ein solches yn existiert xn < yn und yn < xn + n+1 wegen Satz 2.2.7). Wir zeigen zun¨ achst, dass (yn : n ∈ N) eine Cauchy-Folge ist. Sei ε > 0 vorgelegt. Sei n0 ∈ N so, dass n01+1 < 3ε . Dann gilt f¨ ur alle m, n ≥ n0 : |ym − yn | = |ym − xm + xm − xn + xn − yn | ≤ |ym − xm | + |xm − xn | + |xn − yn | < <
1 ε 1 m+1 + 3 + n+1 ε ε ε 3 + 3 + 3 = ε.
xn
xm
ym
yn
Die Folge (yn : n ∈ N) ist also in der Tat eine rationale Cauchy-Folge. Wir zeigen nun, dass (xn : n ∈ N) gegen die reelle Zahl [yn : n ∈ N] konvergiert. Wir schreiben y = [yn : n ∈ N]. Wir m¨ ussen zeigen, dass f¨ ur jedes ε > 0 ein n0 ∈ N existiert, so dass f¨ ur alle m ≥ n0 gilt: |y − xm | < ε. Sei also ε > 0 vorgelegt. Behauptung. Es gibt ein n0 ∈ N, so dass f¨ ur alle m ≥ n0 ε 1 ε gilt: |ym − y| < 2 und m+1 < 2 .
2.2.13
62
2. Reelle Zahlen
Sei zun¨ achst die Behauptung als richtig angenommen. Dann gilt f¨ ur m ≥ n0 mit Hilfe der Dreiecksungleichung: |xm − y| = |xm − ym + ym − y| ≤ |xm − ym | + |ym − y| < <
1 ε m+1 + 2 ε ε 2 + 2 = ε
.
Es gen¨ ugt also, die Behauptung zu beweisen. Sei m0 so, dass f¨ ur alle m, n ≥ m0 gilt: |ym − yn | < 4ε . Sei ur alle n ≥ m0 : m ≥ m0 , und sei δ = 4ε . Dann gilt f¨ yn +
ε 2
> ym + δ
ym +
ε 2
> yn + δ .
und
Nach Definition 2.2.5 bedeutet dies: ym = [ym : n ∈ N] < [yn + 2ε : n ∈ N] = y +
ε 2
und y = [yn : n ∈ N] < [ym + 2ε : n ∈ N] = ym +
ε 2
,
d. h. |ym − y| <
ε 2
.
ur Aufgrund von Korollar 2.2.8 existiert ein k0 , so dass f¨ 1 alle m ≥ k0 gilt: m+1 < ε2 . Wenn dann n0 das Maximum ur die Behauptung von m0 und k0 ist, dann leistet n0 das f¨ Gew¨ unschte.
2.2
Die Konstruktion der reellen Zahlen
63
Insbesondere existiert nun aufgrund des Beweises von Lemma 2.2.2 eine nichtrationale reelle Zahl x mit x2 = 2. Das√ jenige x mit x2 = 2 und x > 0 wird mit 2 bezeichnet. Jedes Element von R \ Q heißt irrationale Zahl. Definition 2.2.14 Seien x, y ∈ R mit x < y. Wir schreiben
dann (x, y) = {z ∈ R : x < z ∧ z < y} f¨ ur das offene Intervall zwischen x und y, und wir schreiben [x, y] = {z ∈ R : x ≤ z ∧ z ≤ y} f¨ ur das abgeschlossene Intervall zwischen x und y.
Wir benutzen nun die folgende Notation. Sei, f¨ ur n ∈ N, An eine Menge. Dann seien An = {x : es gibt ein n ∈ N mit x ∈ An } n∈N
und
An = {x : f¨ ur alle n ∈ N, x ∈ An } .
n∈N
Seien (xn : n ∈ N), (yn : n ∈ N) Folgen reeller Zahlen mit ur alle n ∈ N. xn < yn , xn+1 ≥ xn und yn+1 ≤ yn f¨ Dann gilt nicht notwendig, dass n∈N (xn , yn ) = ∅. (Wenn 1 f¨ ur alle n ∈ N, dann ist etwa xn = 0 und yn = n+1 (x , y ) = ∅.) Andererseits gilt in dieser Situation n∈N n n
2.2.14
64
2. Reelle Zahlen
immer, dass n∈N [xn , yn ] = ∅. Dies ist die Aussage des Intervallschachtelungsprinzips. 2.2.15
Seien (xn : n ∈ N), (yn : n ∈ N) Folgen reeller Zahlen mit xn ≤ xn+1 < yn+1 ≤ yn f¨ ur alle n ∈ N. Dann heißt die Folge
Definition 2.2.15
([xn , yn ] : n ∈ N) abgeschlossener Intervalle eine (abgeschlossene) Intervallschachtelung. 2.2.16
(Intervallschachtelungsprinzip) Sei ([xn , yn ] : n ∈ N) eine Intervallschachtelung. Dann gilt [xn , yn ] = ∅ .
Satz 2.2.16
n∈N
Beweis: (Siehe auch Problem 2.2.4 (1).) Zun¨ achst ist leicht zu sehen, dass (xn : n ∈ N) eine Cauchy-Folge ist. Andernfalls g¨ abe es n¨amlich ein ε > 0, so dass f¨ ur alle n0 ∈ N nat¨ urliche Zahlen n, m ≥ n0 mit |xm − xn | ≥ ε existieren, was sofort liefert, dass ein n ∈ N mit xn > y0 existiert. Ebenso sieht man, dass (yn : n ∈ N) eine Cauchy-Folge ist. Seien x = limn→∞ xn und y = limn→∞ yn . Es gilt x ≤ y, usste. da ansonsten ein n ∈ N mit yn < xn existieren m¨ ur alle m ∈ N, d. h. Damit gilt nun auch x ∈ [xn , yn ] f¨ n∈N [xn , yn ] = ∅.
2.2
Die Konstruktion der reellen Zahlen
65
Definition 2.2.17 Sei A ⊂ R. Dann heißt A beschr¨ ankt gdw.
2.2.17
ur alle y ∈ A. x0 , x1 ∈ R existieren, so dass x0 < y < x1 f¨ Wenn A ⊂ R beschr¨ ankt ist, dann gibt es, da R wegen Korollar 2.2.8 archimedisch ist, auch ein n < N, so dass y < n f¨ ur alle y ∈ A. Satz 2.2.18 (Supremumsprinzip) Sei A ⊂ R eine nichtleere beschr¨ ankte Menge reeller Zahlen. Dann existiert ein x ∈ R mit:
(a) f¨ ur alle y ∈ A gilt y ≤ x, und (b) wenn z ∈ R so ist, dass y ≤ z f¨ ur alle y ∈ A gilt, dann ist x ≤ z.
Beweis: (Siehe auch Problem 2.2.4 (2).) Wir definieren eine Intervallschachtelung ([xn , yn ] : n ∈ N) wie folgt. Sei x0 ∈ ur alle y ∈ A gilt. Nehmen wir A, und sei y0 so, dass y < y0 f¨ an, xn und yn seien definiert, wobei gilt: es gibt ein y ∈ A ur alle y ∈ A. Sei z = 12 · (xn + yn ). mit xn ≤ y und y < yn f¨ ur alle Wir setzen xn+1 = xn und yn+1 = z falls y < z f¨ y ∈ A, und wir setzen xn+1 = z und yn+1 = yn , falls es ein y ∈ A mit z ≤ y gibt. asst sich dann leicht nachrechnen, Sei x = limn→∞ xn . Es l¨ dass x wie gew¨ unscht ist.
2.2.18
66
2. Reelle Zahlen
Das Intervallschachtelungsprinzip kann in sehr einfacher ¨ Weise benutzt werden, um die Uberabz¨ ahlbarkeit von R (siehe Definition 1.1.18) zu zeigen. 2.2.19
Satz 2.2.19 (Cantor) Es gibt keine Surjektion
f: N → R. Beweis: Sei f : N → R. Wir definieren eine Intervallschachtelung ([xn , yn ] : n ∈ N) wie folgt. Sei x0 = 0 < 1 = y0 . Angenommen xn und yn seien bereits konstruiert. Falls f (n) ∈ [xn , yn ], dann setzen wir xn+1 = xn und yn+1 = yn . Falls f (n) ∈ [xn , yn ], dann sei ε = 13 · (yn − xn ). In mindestens einem der Intervalle [xn , xn +ε], [xn +ε, xn +2·ε], [xn +2·ε, yn] ist dann f (n) nicht enthalten. Sei k ∈ {0, 1, 2} minimal, so dass f (n) ∈ [xn + k · ε, xn + (k + 1) · ε]. Wir setzen dann xn+1 = xn + k · ε und yn+1 = xn + (k + 1) · ε. Dies definiert eine Intervallschachtelung ([xn , yn ] : n ∈ N) so, dass f¨ ur jedes n ∈ N gilt: f (n) ∈ [xn+1 , yn+1 ]. Wenn also x ∈ n∈N [xn , yn ], dann ist x ∈ {f (n) : n ∈ N}, und f kann nicht surjektiv sein. 2.2.1
Problem 2.2.1 Sei n > 1 eine nat¨ urliche Zahl. Zeigen Sie: Es gibt ein x ∈ Q mit x2 = n gdw. ein m ∈ N mit m2 = n existiert.
2.2.2
Problem 2.2.2 (1) Beweisen Sie Lemma 2.2.9! (2) Beweisen Sie Lemma 2.2.10!
2.2
Die Konstruktion der reellen Zahlen
67
Problem 2.2.3 Zeigen Sie die G¨ ultigkeit der Dreiecksungleichung f¨ ur R: F¨ ur alle x, y ∈ R gilt |x + y| ≤ |x| + |y|.
2.2.3
Problem 2.2.4
2.2.4
(1) Erg¨ anzen Sie die Details im Beweis von Satz 2.2.16! (2) Erg¨ anzen Sie die Details im Beweis von Satz 2.2.18!
Problem 2.2.5 Sei ([xn , yn ] : n ∈ N) eine Intervallschachtelung, wobei (yn − xn : n ∈ N) eine Nullfolge ist. Zeigen Sie, dass dann T ur dieses Elen∈N [xn , yn ] genau ein Element besitzt, und dass f¨ ment x gilt: x = limn→∞ xn = limn→∞ yn .
2.2.5
Problem 2.2.6 Zeigen Sie die G¨ ultigkeit des Intervallschachtelungsprinzips unter Voraussetzung des Supremumsprinzips! Zeigen Sie unter Voraussetzung des Supremumsprinzips, dass jede Cauchy-Folge gegen eine reelle Zahl konvergiert!
2.2.6
Problem 2.2.7 Zeigen Sie mit Hilfe des Supremumsprinzips die G¨ ultigkeit der folgenden Aussage ( Infimumsprinzip“): Sei A ei” ne nichtleere beschr¨ ankte Menge reeller Zahlen. Dann existert ein x ∈ R mit:
2.2.7
(a) f¨ ur alle y ∈ A gilt x ≤ y, und (b) wenn z ∈ R so ist, dass z ≤ y f¨ ur alle y ∈ A gilt, dann ist z ≤ x.
Problem 2.2.8 Zeigen Sie: Es gibt eine Bijektion von R auf die Menge der Teilmengen von N. Also gibt es auch eine Bijektion von R auf die Menge aller unendlichen 0–1-Folgen.
2.2.8
68
2.2.9
2. Reelle Zahlen
Problem 2.2.9 ∗ Zeigen Sie: Es gibt eine Bijektion von R auf die Menge aller stetigen Funktionen von R nach R. (Siehe z. B. [6] zum Begriff der stetigen Funktion. Hinweis: Wenn f : R → R und g : R → R stetig sind mit f Q = g Q, dann ist f = g.)
2.3
Die Theorie der reellen Zahlen
69
2.3 Die Theorie der reellen Zahlen Wir wollen nun, ¨ ahnlich wie dies in Abschnitt 1.2 f¨ ur die nat¨ urlichen Zahlen geschehen ist, ein Axiomensystem f¨ ur die reellen Zahlen angeben. Zun¨achst sind die reellen Zahlen ein K¨orper, d. h. es gelten die nachfolgenden Axiome: (1)
∀x∀y x + y = y + x
(2)
∀x∀y x · y = y · x
(3) ∀x∀y∀z (x + y) + z = x + (y + z) (4) ∀x∀y∀z (x · y) · z = x · (y · z) (5) ∀x∀y∀z x · (y + z) = (x · y) + (x · z) (6)
∀x x + 0 = x
(7)
∀x x · 1 = x
(8) (9) (10)
∀x∃y x + y = 0 ∀x (x = 0 → ∃y x · y = 1) 0 = 1
Hierbei besagen die Axiome (1), (3), (6) und (8), dass R bez¨ uglich + eine abelsche Gruppe mit 0 als neutralem Element ist, und die Axiome (2), (4), (7) und (9) besagen, dass R \ {0} bez¨ uglich · eine abelsche Gruppe mit 1 als neutralem Element ist. Die Axiome (1) und (2) sind die Kommutativ- und die Axiome (3) und (4) die Assoziativgesetze. Axiom (5) ist das Distributivit¨atsgesetz. Dar¨ uber hinaus ist R sogar ein geordneter K¨ orper, d. h. es gelten
2.3
70
2. Reelle Zahlen
weiterhin die nachfolgenden Axiome: (11) (12)
∀x ¬x < x ∀x∀y (x < y ∨ x = y ∨ y < x)
(13) ∀x∀y∀z (x < y ∧ y < z → x < z) (14) ∀x∀y∀z (x < y → x + z < y + z) (15) ∀x∀y∀z (x < y ∧ 0 < z → x · z < y · z) Die Axiome (11)–(13) dr¨ ucken aus, dass R durch < linear geordnet ist, und dass f¨ ur reelle Zahlen x, y genau eine der drei Aussagen x < y, x = y, y < x zutrifft (Trichotomie). Die Axiome (14) und (15) sind die Monotoniegesetze. Wir bezeichnen das Axiomensystem, das durch die obiur geordnete gen Axiome (1)–(15) gegeben ist, mit GK (f¨ ” K¨ orper“). Die Sprache, in der GK formuliert ist, hat neben den allgemeinen logischen Symbolen (siehe Abschnitt 1.2) und Variablen x, y, z, . . . f¨ ur reelle Zahlen die folgenden Symbole: 0 1 + · <
als Konstante f¨ ur die Null als Konstante f¨ ur die Eins als zweistelliges Funktionssymbol f¨ ur die Addition als zweistelliges Funktionssymbol f¨ ur die Multiplikation als zweistelliges Relationssymbol f¨ ur die Kleiner-Relation
Man u ¨ berzeugt sich leicht, dass es mehrere (zueinander nicht isomorphe) Strukturen (d. h. geordnete K¨orper) gibt, die die Axiome (1)–(15) erf¨ ullen. Beispielsweise ist neben
2.3
Die Theorie der reellen Zahlen
71
R auch Q ein geordneter K¨ orper. Weiterhin ist jeder √ Zwi2], d. h. schenk¨ orper K mit Q ⊂ K ⊂ R (etwa K = Q[ √ alt, siehe [1] der kleinste Unterk¨ orper von R, der 2 enth¨ oder [18]) ein geordneter K¨ orper. Um die reellen Zahlen genauer zu charakterisieren, ben¨ otigen wir also (ein) weitere(s) Axiom(e). Wir m¨ ussen n¨ amlich ausdr¨ ucken, dass die reellen Zahlen das Supremumsprinzip 2.2.18 erf¨ ullen. Dabei geraten wir wieder in dieselbe Situation wie anl¨asslich der Formulierung des Induktionsaxioms in Abschnitt 1.2: entweder wir reichern die obige Sprache durch Hinzunahme von Variablen f¨ ur Mengen reeller Zahlen und des Symbols ∈ an und formulieren mit dieser Hilfe das Supremumsprinzip als ein Axiom, wobei wir dann aber wieder zus¨atzliche Mengenexistenzaxiome ben¨ otigen, oder wir formulieren das Supremumsprinzip als Schema. Im ersten Fall k¨ onnen wir wie folgt verfahren. Das Supremumsprinzip wird als folgende Aussage genommen. (16) ∀X(X = ∅ ∧ ∃x∀y(y ∈ X → y < x) → ∃x(∀y(y ∈ X → y < x) ∧ ∀z(∀y(y ∈ X → y < z) → x < z ∨ x = z))). Beispielsweise ben¨otigen wir, um die Existenz von zeigen, das Supremumsprinzip (16) f¨ ur
√ 2 zu
X = {y ∈ R : y · y < 2} . Allgemeiner scheinen wir lediglich die folgenden F¨alle des Supremumsprinzips zu ben¨ otigen.
72
2. Reelle Zahlen
Sei ϕ(y, x1 , . . . , xn ) eine Formel der Sprache von GK, in der die Variablen y, x1 , . . . , xn vorkommen. Dann ist das zu ϕ(y, x1 , . . . , xn ) geh¨orige Supremumsprinzip die Aussage (16)ϕ ∀x1 · · · ∀xn (∃yϕ(y, x1 , . . . , xn )∧∃x∀y(ϕ(y, x1 , . . . , xn ) → y < x) → ∃x(∀y(ϕ(y, x1 , . . . , xn ) → y < x) ∧ ∀z(∀y(ϕ(y, x1 , . . . , xn ) → y < z) → x < z ∨ x = z))). Wir bezeichnen das durch GK und alle (16)ϕ gegebene Axiour v ollst¨ andige geordnete K ¨orper“). mensystem mit VGK (f¨ ” Wir werden sp¨ ater diskutieren, ob VGK die reellen Zahlen ( bis auf Isomorphie“) festlegen kann. (Siehe Pro” blem 4.3.5.) 2.3.1
Problem 2.3.1 Zeigen Sie aus den K¨orperaxiomen, dass kein x mit x · 0 = 1 existieren kann. Zeigen Sie aus den Axiomen von GK ebenfalls die folgenden Aussagen: (a) F¨ ur jedes x existiert genau ein y mit x + y = 0. (Dieses y wird meist mit −x bezeichnet.) (b) F¨ ur jedes x = 0 existiert genau ein y = 0 mit x · y = 1. (Dieses y wird meist mit x1 bezeichnet.) (c) F¨ ur alle x gilt x · 0 = 0. (d) F¨ ur alle x, y gilt −(x · y) = (−x) · y = x · (−y). (e) F¨ ur alle z gilt z > 0 ⇐⇒ −z < 0. (f) F¨ ur alle x, y, z gilt: wenn z < 0 und x < y, dann x·z > y ·z. (g) F¨ ur alle z mit z = 0 gilt z · z > 0. (h) 0 < 1.
2.3
Die Theorie der reellen Zahlen
73
Problem 2.3.2 ∗ Beweisen Sie die folgenden Aussagen in VGK. (F¨ ur die Aussagen (b), (c), (d) wird lediglich GK ben¨ otigt.) ∀x(x ≥ 0 → ∃y y 2 = x). ∀x0 ∀x1 (x1 = 0 → ∃y x1 · y + x0 = 0). ∀x0 ∀x1 ∀x2 ∀x3 (x3 = 0 → ∃y x3 ·y 3 +x2 ·y 2 +x1 ·y +x0 > 0). ∀x0 ∀x1 ∀x2 ∀x3 (x3 = 0 → ∃y x3 · y 3 + x2 · y 2 + x1 · y + x0 < 0). (e) ∀x0 ∀x1 ∀x2 ∀x3 (x3 = 0 → ∃y x3 · y 3 + x2 · y 2 + x1 · y + x0 = 0).
(a) (b) (c) (d)
Hier ist y 2 kurz f¨ ur y · y und y 3 kurz f¨ ur y · y · y.
2.3.2
Kapitel 3 Mengen
3
3 3.1
3
3.2 3.3
Mengen Mengen, Klassen und Grothendieck77 Universen .................................. Das Auswahlaxiom....................... 105 Die Topologie von R und die Kontinuumshypothese ......................... 122
3.1
Mengen, Klassen und Grothendieck-Universen
77
3 Mengen Wir haben oben, insbesondere anl¨ asslich der Konstruktion der reellen aus den nat¨ urlichen Zahlen, die N¨ utzlichkeit mengentheoretischer Konstruktionen beobachten k¨onnen. Es stellt sich nun heraus, dass s¨ amtliche Objekte bzw. Strukturen der Mathematik mengentheoretisch konstruiert werden k¨ onnen. Einigen Aspekten hiervon wollen wir in diesem Kapitel nachgehen. Wir wollen auch die Rolle des Auswahlaxioms und die fundamentalen toplogischen Eigenschaften von R untersuchen. Gute Einf¨ uhrungen in die Mengenlehre sind in den B¨ uchern [12], [8] und [9] zu finden.
3.1 Mengen, Klassen und Grothendieck-Universen Einer der grundlegenden Begriffe der Mathematik ist der der Funktion. Eine Funktion f von A nach B weist jedem Element a von A genau ein Element f (a) von B zu. Wir k¨ onnen Funktionen als Mengen von geordneten Paaren mit bestimmten Eigenschaften ansehen. Wir m¨ ussen uns daher zun¨ achst mit dem Begriff des geordneten Paares besch¨aftigen. Zu gegebenen Objekten x und y wollen wir das ge” ordnete Paar“ (x, y) so konstruieren, dass f¨ ur alle x, y, x , y gilt: (∗) (x, y) = (x , y ) ⇐⇒ x = x und y = y .
3.1
78
3. Mengen
(Siehe Abschnitt 2.1.) Wir k¨ onnten das geordnete Paar als vordefinierten Grundbegriff einf¨ uhren, von dem wir die Eigenschaft (∗) verlangen. (So verf¨ ahrt etwa Bourbaki.) Wir k¨ onnen aber besser das geordnete Paar selbst mengentheoretisch definieren. Hierzu gibt es mehrere M¨oglichkeiten, von denen wir die folgende w¨ ahlen. 3.1.1
Seien x, y beliebige Objekte. Das geordnete Paar von x und y ist dann die Menge (x, y), die als {{x}, {x, y}} definiert ist. Definition 3.1.1
Wir beweisen nun (∗). 3.1.2
Lemma 3.1.2 Seien x, y, x , y beliebige Objekte. Dann gilt
(x, y) = (x , y ) ⇐⇒ x = x ∧ y = y . Beweis: Die G¨ ultigkeit von ⇐“ ist trivial. Wir zeigen nun ” ⇒“. Sei also (x, y) = (x , y ) vorausgesetzt. Wir m¨ ussen ” zeigen, dass x = x und y = y . Zun¨ achst bemerken wir Folgendes. Im Falle x = y gilt dann {x, y} = {x}, also (x, y) = {{x}, {x, y}} = {{x}}, und (x, y) besitzt also dann ein Element, n¨ amlich {x}. Im Falle x = y dagegen besitzt (x, y) = {{x}, {x, y}} zwei verschiedene Elemente, n¨ amlich {x} und {x, y} (w¨are {x} = {x, y} dann h¨ atten wir y ∈ {x}, also y = x). Analoges gilt nat¨ urlich auch f¨ ur (x , y ). Dies zeigt, dass aus (x, y) = (x , y ) folgt, dass entweder sowohl x = y als auch x = y gilt oder dass sowohl x = y als auch x = y gilt.
3.1
Mengen, Klassen und Grothendieck-Universen
79
1. Fall. x = y und x = y . Dann gilt {{x}} = (x, y) = (x , y ) = {{x }}. Daraus folgt {x} = {x }, also x = x , also auch y = x = x = y . 2. Fall. x = y und x = y . Dann besitzt (x, y) die zwei verschiedenen Elemente {x} und {x, y}, und (x , y ) besitzt die zwei verschiedenen Elemente {x } und {x , y }. Da (x, y) = (x , y ), gilt zun¨achst {x} ∈ (x , y ) = {{x }, {x , y }}, also {x} = {x } oder oglich, da {x} ein{x} = {x , y }. Letzteres ist aber unm¨ elementig und (wegen x = y ) {x , y } zweielementig ist. Also gilt {x} = {x }, woraus x = x folgt. Sodann gilt wegen (x, y) = (x , y ) auch {x, y} ∈ (x , y ) = {{x }, {x , y }}, also {x, y} = {x } oder {x, y} = {x , y }. Ersteres ist wieder unm¨ oglich, da {x, y} (wegen x = y) zweielementig und {x } einelementig ist. Also gilt {x, y} = {x , y }. Insbesondere gilt y = y oder y = x . Letzteres ergibt aber wegen x = x (wie bereits gezeigt wurde), dass y = x, was x = y widerspricht. Also gilt y = y . Wir haben damit x = x und y = y gezeigt. Mit Hilfe des Begriffs des geordneten Paares k¨onnen wir nun sehr leicht den Begriff der Funktion einf¨ uhren. Definition 3.1.3 Seien A, B beliebige Mengen. Das Kreuz-
produkt, A × B, von A und B ist dann die Menge aller geordneten Paare (a, b), wobei a ∈ A und b ∈ B gilt. Wir ur A × A, A3 f¨ ur (A × A) × A, usw. schreiben auch A2 f¨ Jede Teilmenge R von A × B wird als Relation auf A, B
3.1.3
80
3. Mengen
bezeichnet. F¨ ur n ∈ N wird eine Teilmenge S von An = A × (A × · · · (A × A) · · · ) n-viele A
als n-stellige Relation auf A bezeichnet. F¨ ur D ⊂ A schrein ben wir dann auch S D f¨ ur S ∩D . Eine zweistellige Relation < auf A heißt eine Ordnung auf A gdw. die folgenden Aussagen gelten (vgl. Problem 1.2.2 (a) und (b) sowie die Axiome (11) und (13) von GK): (a) f¨ ur alle x ∈ A gilt x < x nicht (b) f¨ ur alle x, y, z ∈ A folgt aus x < y und y < z, dass x < z. Die Ordnung < heißt linear gdw. zus¨ atzlich gilt (vgl. (Q11), das Axiom (12) von GK und Definition 1.2.1): (c) f¨ ur alle x, y ∈ A gilt x < y oder x = y oder y < x. Wenn < eine Ordnung auf A ist, dann schreiben wir oft auch x ≤ y anstelle von x < y ∨ x = y. Eine Funktion von A nach B, geschrieben f : A → B, ist dann eine Relation R auf A, B, so dass f¨ ur jedes a ∈ A genau ein b ∈ B mit ¨ (a, b) ∈ R existiert. Ublicherweise benutzen wir die Buchstaben f, g, . . . , F, . . . , ϕ, . . . f¨ ur Funktionen. Wenn f eine Funktion von A nach B ist, so heißt A der Definitionsbereich (oder, Urbildbereich) von f und B der Wertebereich von f . Wenn
3.1
Mengen, Klassen und Grothendieck-Universen
81
eine Funktion ist, dann heißt f ein Ordnungshomomorphisur alle x, y ∈ A gilt, dass mus (bez¨ uglich
3.1.4
Satz 3.1.5 (Cantor). Sei A eine beliebige Menge. Es gibt
3.1.5
keine Surjektion f : A → P(A) . Beweis: Sei f : A → P(A) gegeben. Sei / f (a)} ⊂ A . X0 = {a ∈ A : a ∈ Angenommen, es gibt ein a0 ∈ A mit f (a0 ) = X0 . Dann / f (a0 ). Widerspruch! gilt a0 ∈ f (a0 ) = X0 gdw. a0 ∈
82
3. Mengen
Also existiert kein a ∈ A mit f (a) = X0 und f ist nicht surjektiv. Es gibt also keine gr¨ oßte“ Menge, da es auf Grund dieses ” Satzes von Cantor zu jeder Menge A eine gr¨oßere“ Men” ge (n¨ amlich P(A)) gibt. Insbesondere gibt es keine Menge aller Mengen. Dies zeigt das folgende Argument, die Can” torsche Antinomie“. Angenommen, es g¨ abe eine Menge V , in der jede Menge als Element enthalten ist. Dann gilt P(V ) ⊂ V , da jedes Element von P(V ), d. h. jede Teilmenge von V , selbst Menge und damit in V als Element enthalten ist. Dann existiert nach Lemma 1.1.2 offensichtlich eine Surjektion f von V auf P(V ). Dies widerspricht dem Cantorschen Satz 3.1.5. Es gibt weitere Argumente, die zeigen, dass es keine Menge V aller Mengen gibt. Ein solches ist etwa die Rus” sellsche Antinomie“. Nehmen wir nochmals an, es g¨abe eine Menge V , in der jede Menge als Element enthalten ist. Dann g¨ abe es auch die Menge R = {a ∈ V : a ∈ / a} aller Mengen, die sich nicht selbst als Element enthalten. Wir haben dann aber R ∈ R gdw. R ∈ / R. Widerspruch! Die mengentheoretischen Argumente, die wir in diesem und den letzten Abschnitten vollzogen haben, waren durchweg naiv“, d. h. sie wurden nicht auf der Basis eines Axio” mensystems vorgenommen. Auch die Mengenlehre hat eine Axiomatisierung erfahren, und all unsere Argumente k¨ onnten auf der Basis dieser Axiomatisierung nachvoll-
3.1
Mengen, Klassen und Grothendieck-Universen
83
zogen werden. Wir wollen uns hier darauf beschr¨anken, die Standardaxiomatisierung der Mengenlehre mit einigen erl¨auternden Kommentaren anzugeben. Wir werden diese Axiomatisierung jedoch nicht formal benutzen, sondern auch in Zukunft weiter mengentheoretisch naiv argumentieren. Allerdings wollen wir zeigen, dass das angegebene Axiomensystem ein Modell besitzt, wenn daraus das Unendlichkeitsaxiom entfernt wird, und wir wollen in diesem Abschnitt auch zeigen, wie sich mit Hilfe der Axiome von ZFC die nat¨ urlichen Zahlen mengentheoretisch konstruieren lassen. Das Standard-Axiomensystem der Mengenlehre ist das Zermelo-Fraenkelsche System, ZFC. Die Sprache von ZFC besitzt weder Konstanten noch Funktionssymbole (wie etwa die Sprache von PA), sondern als einiges Relationssymbol das zweistellige ∈ f¨ ur ist Element von“. ZFC besitzt ” die folgenden Axiome. Das erste Axiom, das Extensionalit¨atsaxiom, besagt, dass zwei Mengen gleich sind gdw. sie dieselben Elemente besitzen. (Ext ) ∀x∀y(x = y ↔ ∀z(z ∈ x ↔ z ∈ y)) . Das n¨ achste Axiom, das Fundierungsaxiom, besagt, dass jede nichtleere Menge ein ∈-minimales Element besitzt. (Fund) ∀x(∃y y ∈ x → ∃y(y ∈ x ∧ ¬∃z(z ∈ y ∧ z ∈ x))) .
84
3. Mengen
Mit Hilfe von Abk¨ urzungen schreibt sich dies besser. Wir schreiben x = ∅ f¨ ur ¬∃y y ∈ x, x = ∅ f¨ ur ¬x = ∅, x ∩ y = ∅ f¨ ur ¬∃z(z ∈ x ∧ z ∈ y). Dann liest sich (Fund) wie folgt: (Fund) ∀x(x = ∅ → ∃y ∈ x y ∩ x = ∅) . Fundierte Relationen werden in Abschnitt 3.2 eingehend studiert, siehe Definition 3.2.4. Wir schreiben x = {y, z} f¨ ur y ∈ x ∧ z ∈ x ∧ ∀u ∈ x(u = y ∨ u = z) . Das Paarmengenaxiom lautet dann (Paar ) ∀x∀y∃z z = {x, y} . Zu gegebenen Mengen x und y l¨ asst sich mit Hilfe von dreifacher Anwendung von (Paar ) die Existenz von (x, y) = {{x}, {x, y}} zeigen (siehe Problem 3.1.1 (a)). Wir schreiben x = y f¨ ur ∀z(z ∈ x ↔ ∃u ∈ y z ∈ u) . Das Vereinigungsaxiom lautet (Ver) ∀x∃y y = x . Zu gegebenen Mengen x und y l¨ asst sich mit Hilfe von (Paar ) und (Ver ) die Existenz von x ∪ y = {x, y} zeigen (siehe Problem 3.1.1 (b)).
3.1
Mengen, Klassen und Grothendieck-Universen
85
Wir schreiben x ⊂ y f¨ ur ∀z ∈ x z ∈ y und x = P(y) f¨ ur ∀z(z ∈ x ↔ z ⊂ y). Das Potenzmengenaxiom besagt (Pot ) ∀x∃y y = P(x) . F¨ ur beliebige Mengen x und y gilt x × y ⊂ P(P(x ∪ y)) , wie sich durch Nachrechnen leicht best¨ atigt. Die Existenz von P(P(x ∪ y)) l¨ asst sich mit Hilfe von (Paar ), (Ver ) und (Pot ) zeigen. Die Aussonderungsaxiome (siehe unten) werden sodann ben¨ otigt, um die Existenz von x × y (siehe Problem 3.1.1 (c)) oder allgemeiner die Existenz definierbarer Teilmengen einer gegebenen Menge zu zeigen. Sei ϕ eine Formel der Sprache von ZFC, in der genau die Variablen x, v1 , . . ., vp , nicht jedoch b, vorkommen. Das zu ϕ geh¨ orige Aussonderungsaxiom lautet: (Aus ϕ ) ∀v1 · · · ∀vp ∀a∃b∀x(x ∈ b ↔ (x ∈ a ∧ ϕ)). Die (unendliche!) Menge aller Aussonderungsaxiome wird auch als Aussonderungsschema bezeichnet. W¨ urden wir b in ϕ in (Aus ϕ ) zulassen, so erg¨ abe sich als eine Instanz von (Aus ϕ ) die Aussage ∀a∃b∀x(x ∈ b ↔ (x ∈ a ∧ ¬ x ∈ b)) . F¨ ur a = ∅ und x ∈ a h¨ atten wir dann aber x ∈ b ↔ ¬ x ∈ b. Das ist Unsinn!
86
3. Mengen
Die durch (Aus ϕ ) als existent postulierte Menge b wird u ¨ blicherweise mit {x ∈ a : ϕ} bezeichnet, so dass (Aus ϕ ) besagt: (Aus ϕ ) ∀v1 . . . ∀vp ∀a∃b b = {x ∈ a : ϕ} . asst sich mit Hilfe von Zu gegebenen Mengen a und v1 l¨ (Aus)x∈v1 die Existenz von a ∩ v1 = {x ∈ a : x ∈ v1 } zeigen (siehe Problem 3.1.1 (d)), und es l¨ aßt sich zu gegebenen Mengen x und y nunmehr die Existenz von x × y = {u ∈ P(P(x ∪ y)) : ∃a∃b (a ∈ x ∧ b ∈ y ∧ u = (a, b))} zeigen (vgl. Problem 3.1.1 (c)). Sei ϕ eine Formel der Sprache von ZFC, in der genau die Variablen x, y, v1 , . . . ,vp , jedoch nicht y , vorkommen. Das zu ϕ geh¨ orige Ersetzungsaxiom lautet (Ers ϕ ) ∀v1 . . . ∀vp (∀x ∈ a∃y ∀y(y = y ↔ ϕ) → ∃b∀y(y ∈ b ↔ ∃x ∈ a ϕ)) . Die (wiederum unendliche!) Menge aller Ersetzungsaxiome wird auch als Ersetzungsschema bezeichnet. Die Voraussetzung ∀x ∈ a∃y ∀y(y = y ↔ ϕ) von (Ers ϕ ) besagt, dass es zu jedem x ∈ a genau ein y mit der Eigenschaft ϕ gibt. y
3.1
Mengen, Klassen und Grothendieck-Universen
87
darf in ϕ in (Ers ϕ ) aus demselben Grund nicht vorkommen wie b in ϕ in (Aus ϕ ) nicht vorkommen darf. Wenn wir, f¨ ur x ∈ a, ad hoc F (x) f¨ ur das eindeutige y mit ϕ schreiben, dann postuliert (Ers ϕ ) also die Existenz einer Menge b, die man suggestiv durch {F (x) : x ∈ a} mitteilen k¨ onnte. Das Ersetzungsschema wird z. B. f¨ ur den Beweis der Existenz indizierter Vereinigungen und grosser“ Ordinalzahlen ” ben¨otigt, siehe Probleme 3.1.1 (g), (h), 3.1.5 (f) und 3.2.7. Das Auswahlaxiom lautet (AC ) ∀x(x = ∅ ∧ ∀y ∈ x ∀y ∈ x(y ∩ y = ∅ ↔ y = y ) → (∃z ∀y ∈ x ∃u z ∩ y = {u})). (AC ) besagt also, dass jede nichtleere Menge, die aus paarweise disjunkten Mengen besteht, eine Auswahlmenge“ be” sitzt. Das Auswahlaxiom wird in Abschnitt 3.2 eingehender diskutiert werden. Wir bezeichnen die Menge der Aussagen (Ext), (Fund ), ur beliebige ϕ wie (Paar ), (Ver), (Pot ), (Aus ϕ ), (Ers ϕ ) (f¨ ur Z ermelooben) und (AC ) als ZFC−∞ . Hierbei steht ZF f¨ ” ur choice“ (Auswahl) und −∞“ f¨ ur die AbF raenkel“, C f¨ ” ” wesenheit des Unendlichkeitsaxioms. Letzterem wollen wir uns nun zuwenden. Aus dem Aussonderungsschema folgt die Existenz der leeren Menge, indem ϕ als x = x gew¨ ahlt wird. Mit Hilfe des Paarmengen- und des Vereinigungsmengenaxioms zeigt sich
88
3. Mengen
dann leicht die Existenz der Mengen ∅, {∅}, {∅, {∅}}, {∅, {∅}, {∅, {∅}}} , usw. Wir wollen jetzt die Existenz einer Menge postulieren, die all diese Mengen als Elemente enth¨ alt. Wir schreiben weiter x = y ∪ z f¨ ur x = {y, z}. Wir schreiben allgemein y = x + 1 f¨ ur y = x ∪ {x}. 3.1.6
Definition 3.1.6 Eine Menge A heißt induktiv gdw. ∅ ∈ A
und f¨ ur jedes x ∈ A auch x + 1 = x ∪ {x} ∈ A gilt.
Das Unendlichkeitsaxiom besagt: (∞) ∃x (x ist induktiv) . Das System ZFC (Zermelo-Fraenkel, mit Auswahlaxiom) entsteht aus ZFC−∞ durch Hinzunahme des Unendlichkeitsaxioms. Wir wollen nun die nat¨ urlichen Zahlen benutzen, um ein Modell“ der Mengenlehre, genauer: von ZFC−∞ , zu kon” struieren. (Wir werden allgemeine Modelle in Abschnitt 4.1 studieren.) Wir fassen nat¨ urliche Zahlen wie folgt als Men” gen“ auf. Sei n ∈ N. Schreibe n in Dualdarstellung, d. h.
∞ ur alle i (dann exisn = i=0 mi · 2i , wobei mi ∈ {0, 1} f¨ tieren nat¨ urlich nur endlich viele i mit mi = 1). Wir fassen dann n als die Menge aller i auf, so dass mi = 1. Anders gesagt: wir definieren eine zweistellige Relation E ⊂ N × N auf N wie folgt. Seien k, n ∈ N. Dann gelte kEn (d. h.
3.1
Mengen, Klassen und Grothendieck-Universen
89
∞ i (k, n) ∈ E) gdw. mk = 1, wobei n = i=0 mi · 2 die Dualdarstellung von n ist. Wenn M = ∅ und R ⊂ M × M , so ist (M ; R) ein Modell ur x, y ∈ M die Aussader Sprache von ZFC, indem wir f¨ ge x ∈ y f¨ ur wahr im Modell (M ; R) erkl¨ aren gdw. xRy (d. h. (x, y) ∈ R). Ein derartiges Modell der Sprache von ZFC kann nat¨ urlich ein Nichtstandard“-Modell sein inso” fern die Wahrheit von x ∈ y im Modell (M ; R) nichts mit der Wahrheit, ob tats¨ achlich x ein Element von y ist, zu tun haben muss. Insbesondere ist jedenfalls nun (N; E) f¨ ur das oben definierte E ein Modell der Sprache von ZFC. Der folgende Satz besagt, dass jede Aussage von ZFC−∞ wahr im Modell (N; E) ist. F¨ ur eine atomare“ Aussage der Gestalt x ∈ y ” haben wir bereits erkl¨ art, was es bedeutet, dass diese wahr in einem Modell (M ; R) ist. F¨ ur kompliziertere Aussagen erkl¨aren wir dies rekursiv: ¬ ϕ ist wahr in (M ; R) gdw. ϕ nicht wahr in (M ; R) ist. ϕ ∧ ψ ist wahr in (M ; R) gdw. sowohl ϕ als auch ψ wahr in (M ; R) sind. ϕ ∨ ψ ist wahr in (M ; R) gdw. ϕ oder ψ wahr in (M ; R) ist. ϕ → ψ ist wahr in (M ; R) gdw. ϕ nicht wahr in (M ; R) ist oder wenn ψ wahr in (M ; R) ist. ϕ ↔ ψ ist wahr in (M ; R) gdw. gilt: ϕ ist wahr in (M ; R) gdw. ψ wahr in (M ; R) ist.
90
3. Mengen
∃vϕ(v) ist wahr in (M ; R) gdw. es ein x ∈ M gibt, so dass ϕ(x) wahr in (M ; R) ist. ∀vϕ(v) ist wahr in (M ; R) gdw. f¨ ur alle x ∈ M gilt, dass ϕ(x) wahr in (M ; R) ist. In den letzten beiden Klauseln soll ϕ(x) aus ϕ(v) hervorgehen, indem x f¨ uer die Variable v eingesetzt“ wird. (Die ” genaue Definition von M ist Modell von ϕ wird in Ab” schnitt 4.1 geliefert werden.) 3.1.7
Satz 3.1.7 (N; E) ist Modell von ZFC−∞ .
Beweis: Offensichtlich gilt (N; E) |= (Ext). Seien k, n ∈ N. Dann folgt aus (N; E) |= k ∈ n, dass k < 2k ≤ n. Sei also n ∈ N so, dass (N; E) |= n = ∅ (d. h. n = 0!). Sei k < n das kleinste k mit (N; E) |= k ∈ n. Dann gilt (N; E) |= k ∩ n = ∅. Wir haben (N; E) |= (Fund) gezeigt. (N; E) |= (Paar ) zeigt sich wie folgt. Seien n, m ∈ N. Sei 2n + 2m , falls n = m q= 2n , falls n = m . Dann gilt offensichtlich (N; E) |= q = {n, m}. Wir zeigen (N; E) |= (Ver ) folgendermaßen. Sei n ∈ N. Sei ur mi = 1, n = Σmi ·2i die Dualdarstellung von n, und sei, f¨
3.1
Mengen, Klassen und Grothendieck-Universen
91
i = Σmi,k · 2k die Dualdarstellung von i. Wir setzen dann 2k , m= k∈X
wobei k ∈ X gdw. ein i mit mi = 1 = mi,k existiert. Offensichtlich gilt (N; E) |= m = n. (N; E) |= (Pot ) zeigt man mit Hilfe derselben Methode, die auch (N; E) |= (Ver) zeigte. Sei n ∈ N. Sei n = Σmi · 2i die Dualdarstellung von n. F¨ ur ein m ∈ N mit Dualdarstellung ur alle i, Σmi · 2i gilt offenbar (N; E) |= m ⊂ n gdw. f¨ mi ≤ mi . Sei also I die (endliche!) Menge aller i mit mi = 1. F¨ ur I ∗ ⊂ I sei nI ∗ = 2i . i∈I ∗
(Offensichtlich ist die Abbildung, die I ∗ ⊂ I nach nI ∗ sendet, injektiv.) Schließlich sei 2nI ∗ . m= I ∗ ⊂I
Es ist leicht zu sehen, dass (N; E) |= m = P(n). Wir zeigen (N; E) |= (Aus ϕ ) f¨ ur ein beliebiges ϕ wie in (Aus ϕ ) wie folgt. Seien n1 , . . ., np , a ∈ N, wobei a= mi · 2 i . Setze dann b=
i∈X
2i ,
92
3. Mengen
wobei i ∈ X, gdw. mi = 1 und ϕ(i, n1 , . . . , np ) wahr in (N; E) ist. ur ein beliebiges ϕ wie in Wir zeigen (N; E) |= (Ers ϕ ) f¨ origen Ersetzungs(Ers ϕ ) wie folgt. Sei ϕ wie im zu ϕ geh¨ axiom gegeben. Seien n1 , . . . , np ∈ N und sei a ∈ N. Wir setzen also voraus, dass (N; E) |= ∀x ∈ a∃y∀y (ϕ(x, y , n1 , . . . , np ) ↔ y = y ) . Sei (N; E) |= k ∈ a, d. h. f¨ ur die Dualdarstellung a = Σmi ·2i von a gilt mk = 1. Sei l(k) das eindeutige l mit (N; E) |= ϕ(k, l, n1 , . . . , np ) . Setze dann b=
2l(k) .
(N;E) |= k∈a
Es ist leicht zu sehen, dass (N; E) |= ∀y(y ∈ b ↔ ∃x ∈ a ϕ) . Wir zeigen (N; E) |= (AC ) wie folgt. Sei n ∈ N. Sei (N; E) |= n = ∅, d. h. f¨ ur die Dualdarstellung ur n = Σmi · 2i von n gilt, dass ein i mit mi = 1 existiert. F¨ jedes i mit mi = 1 sei i = Σmi,k · 2k die Dualdarstellung von i. Unter der Voraussetzung (N; E) |= ∀y ∈ n∀y ∈ n(y ∩ y = ∅ ↔ y = y ) ur gilt dann, dass aus i = j mit mi = 1 = mj folgt, dass f¨ ur alle i mit kein k gilt: mi,k = 1 = mj,k . Außerdem ist f¨
3.1
Mengen, Klassen und Grothendieck-Universen
93
mi = 1 eines der mi,k gleich 1. Sei, f¨ ur mi = 1, k(i) das kleinste k mit mi,k = 1. Es ist dann leicht zu sehen, dass 2k(i) mi =1
bezeugt, dass (N; E) |= ∃z∀y ∈ n∃u z ∩ y = {u} .
Sei (N; E) |= m = n + 1, d. h. (N; E) |= m = n ∪ {n}. Dann gilt insbesondere (N; E) |= n ∈ m, also ist n < 2n ≤ m. Damit kann (N; E) nicht das Unendlichkeitsaxiom erf¨ ullen. Wir wollen nun umgekehrt nachvollziehen, dass auf der Baonnen, deren Gesamtsis von ZFC Objekte geformt werden k¨ heit beweisbar (in ZFC) ein Modell von PA ist. Mit anderen Worten: So wie sich mit Hilfe mengentheoretischer Methoden aus den nat¨ urlichen Zahlen die ganzen, rationalen und reellen Zahlen produzieren ließen, so k¨ onnen mit denselben mengentheoretischen Methoden auch die nat¨ urlichen Zahlen selbst in einer Weise produziert werden, dass die grundlegenden Aussagen u ¨ber sie beweisbar werden. Die heute u urliche Zahlen als ¨ bliche Art und Weise, nat¨ Mengen darzustellen, geht auf von Neumann zur¨ uck. Die Idee ist sehr einfach. F¨ ur jedes n ∈ N gibt es genau n nat¨ urliche Zahlen, die kleiner als n sind, n¨amlich 0, 1, . . . , n − 1. Die Idee ist nun, die nat¨ urliche Zahl n mit der Menge {0, 1, . . . , n − 1} zu identifizieren. Damit erh¨alt
94
man
3. Mengen
⎧ ⎪ 0 = ∅, ⎪ ⎪ ⎪ ⎨1 = {∅}, (∗) ⎪ 2 = {∅, {∅}}, ⎪ ⎪ ⎪ ⎩ 3 = {∅, {∅}, {∅, {∅}}}, usw.
Mit dieser Idee gilt offenbar m < n gdw. m ∈ n f¨ ur beliebige m, n ∈ N. Allgemein ausgedr¨ uckt wollen wir 0 mit ∅ und n+ 1 mit n ∪ {n} identifizieren. (Diese Identifikationsvorschrift ist rekursiv: wenn wir n kennen, dann kennen wir auch n + 1 = n ∪ {n}.) Wir wollen nun eine Menge und auf ihr eine Ordnungsrelation und Operationen pr¨ azise so definieren, dass wir f¨ ur dieses Modell“ (analog zur Art und Weise, wie oben ZFC−∞ ” im Modell (N, E) gezeigt wurde) die G¨ ultigkeit von PA beweisen k¨ onnen. Die Menge sollte aus genau den Mengen der Gestalt (∗) bestehen. Hierzu ist es n¨ utzlich, den Begriff der induktiven Menge“ von Definition 3.1.6 zur Verf¨ ugung ” zu haben. Das Unendlichkeitsaxiom von ZFC besagt, dass es eine induktive Menge gibt. Wir schreiben im Folgenden weiterhin x + 1 f¨ ur x ∪ {x}, f¨ ur beliebige Mengen x, und nennen x + 1 den Nachfolger von x. Eine Menge A ist dann induktiv gdw. ∅ ∈ A und A unter der Nachfolgeroperation x → x + 1 abgeschlossen ist. 3.1.8
Die Menge ω der von-Neumann-Zahlen ist definiert als der Durchschnitt aller induktiven Mengen,
Definition 3.1.8
3.1
Mengen, Klassen und Grothendieck-Universen
95
d. h. x ∈ ω ⇐⇒ ∀A(A induktiv =⇒ x ∈ A) .
Die Existenz von ω ergibt sich mit Hilfe von (∞) und (Aus ∀A(A induktiv →x∈A) ) (siehe Problem 3.1.1 (f)). Lemma 3.1.9 ω ist induktiv.
3.1.9
Beweis: Da ∅ in jeder induktiven Menge als Element enthalten ist, liegt ∅ auch in ω. Sei nun x ∈ ω. Sei A eine induktive Menge. Dann gilt also x ∈ A, und damit auch x+1 ∈ A. Also ist x+1 in jeder induktiven Menge enthalten, und es gilt x + 1 ∈ ω. Wir haben gezeigt, dass ω induktiv ist. Eine direkte Folge von Definition 3.1.8 ist: Lemma 3.1.10 Sei A ⊂ ω induktiv. Dann gilt A = ω.
Dies hat zur Konsequenz, dass f¨ ur ω das (zweitstufige) Induktionsaxiom (und damit auch das erststufige Induktionsschema) gilt. Die Menge ω wurde gerade so definiert, dass f¨ ur sie dieses Axiom zutrifft! Es bleibt zu zeigen, dass auch die u ¨ brigen Aussagen von PA f¨ ur ω gelten. Hierzu m¨ ussen wir nat¨ urlich jeweils zuerst erkl¨aren, wie wir <, +, · und die Exponentiation interpretieren wollen.
3.1.10
96
3. Mengen
(Q1) ist offensichtlich: F¨ ur jedes x ist x+1 = x∪{x} = ∅, da x ∈ x ∪ {x}. Wir zeigen nun (Q2). Hierzu ist zu zeigen, dass f¨ ur von-Neumann-Zahlen x und y aus x + 1 = x ∪ {x} = y ∪ {y} = y + 1 folgt, dass x = y. Angenommen, es gilt x∪{x} = y∪{y}, aber x = y. Dann gilt zun¨ achst x ∈ y∪{y}, also sogar x ∈ y (da x ∈ / {y}), und ebenso gilt y ∈ x ∪ {x}, also sogar y ∈ x (da y ∈ / {x}). Dies widerspricht aber dem Fundierungsaxiom (Fund ). Betrachten wir n¨amlich die Menge {x, y}, so gilt sowohl y ∈ x ∩ {x, y} als auch x ∈ y ∩ {x, y}, so dass {x, y} kein ∈-minimales Element besitzt. Dieser Widerspruch zeigt, dass aus x + 1 = y + 1 bereits x = y folgen muss. Die Aussagen (Q3)–(Q8) sind einfach zu zeigen, wenn wir die Interpretation von +, · und der Exponentiation f¨ ur vonNeumann-Zahlen so festlegen, wie dies durch (Q3)–(Q8) verlangt wird. (Siehe Problem 3.1.3.) F¨ ur von-Neumann-Zahlen x und y wollen wir x < y durch x ∈ y interpretieren (siehe oben). Wir zeigen jetzt (Q9). Sei zun¨ achst x < y + 1, d. h. x ∈ y ∪ {y}. Dann gilt offenbar x ∈ y, d. h. x < y, oder x ∈ {y}, d. h. x = y. Umgekehrt folgt aus x < y oder x = y ebenso leicht x < y + 1. Die G¨ ultigkeit von (Q10) ist klar, da x ∈ /∅ f¨ ur alle x. Um schließlich (Q11) zu beweisen, m¨ ussen wir das folgende Lemma zeigen. 3.1.11
Lemma 3.1.11 Seien x, y von-Neumann-Zahlen. Dann gilt
x ∈ y oder x = y oder y ∈ x.
3.1
Mengen, Klassen und Grothendieck-Universen
97
Beweis: Der Beweis erfolgt durch doppelte Induktion. Wir zeigen, dass A = {x ∈ ω : ∀y ∈ ω(x ∈ y ∨ x = y ∨ y ∈ x)} induktiv ist. Dann gilt wegen Lemma 3.1.10, dass A = ω und damit f¨ ur alle x ∈ ω und y ∈ ω, dass x ∈ y oder x = y oder y ∈ x. Behauptung 1: ∅ ∈ A. Hierzu ist wegen Lemma 3.1.10 zu zeigen, dass B = {y ∈ ω : ∅ ∈ y ∨ ∅ = y ∨ y ∈ ∅} induktiv ist. Dies l¨asst sich aber sehr leicht nachrechnen. Behauptung 2: Aus x ∈ A folgt x + 1 ∈ A. Sei x ∈ A. Wegen Lemma 3.1.10 gen¨ ugt es zu zeigen, dass C = {y ∈ ω : x + 1 ∈ y ∨ x + 1 = y ∨ y ∈ x + 1} induktiv ist. Da B aus Behauptung 1 induktiv ist (d. h. B = ω), gilt zun¨ achst ∅ ∈ z +1 f¨ ur alle z ∈ ω. Damit haben wir zun¨achst ∅ ∈ C. Sei nun y ∈ C. Dann gilt (1) x + 1 ∈ y oder x + 1 = y oder y ∈ x + 1. Wegen x ∈ A gilt außerdem (2) x ∈ y + 1 oder x = y + 1 oder y + 1 ∈ x.
98
3. Mengen
Aus x+1 ∈ y oder x+1 = y folgt x+1 ∈ y+1 = y∪{y}, und ebenso folgt aus x = y+1 oder y+1 ∈ x, dass y+1 ∈ x+1 = x∪{x}. Wenn also weder x+1 ∈ y+1 noch y+1 ∈ x+1 gilt, dann haben wir wegen (1) y ∈ x + 1 = x ∪ {x} und wegen (2) x ∈ y + 1 = y ∪ {y}. Falls dann zus¨ atzlich x + 1 = y + 1 (d. h. x = y!) gilt, dann haben wir sogar y ∈ x und x ∈ y. Dies widerspricht wie oben dem Fundierungsaxiom (Fund). Wir haben gezeigt, dass y + 1 ∈ C. Dies beweist die Behauptung 2 und damit das Lemma. Wir werden im folgenden ω mit N identifizieren. Nachdem nun N = ω auf der Basis von ZFC mengentheoreur ω gezeigt werden konnte, tisch konstruiert wurde und PA f¨ ist aufgrund des in den Abschnitten 2.1 und 2.2 geleisteten nunmehr klar, dass auch die ganzen, rationalen und reellen Zahlen auf der Basis von ZFC mengentheoretisch konstruiert werden k¨ onnen und insbesondere die in Abschnitt 2.3 formulierten Axiome f¨ ur die reellen Zahlen in ZFC bewiesen werden k¨ onnen. Die Sprache, in der ZFC formuliert ist, hat neben den allgemeinen logischen Symbolen (siehe Abschnitt 1.2) und Variablen x, y, z, . . . f¨ ur Mengen ein zweistelliges Pr¨adikats¨ symbol ∈ f¨ ur ist Element von“. Ahnlich wie im Falle von ” PA oder VGK h¨ atten wir auch ZFC so formulieren k¨onnen, dass neben Variablen f¨ ur Mengen auch Variablen f¨ ur beliebige Kollektionen von Mengen, die u ¨ blicherweise Klassen genannt werden, zugelassen werden. Dies h¨atte zu vereinfachten Formulierungen des Aussonderungsschemas und des Ersetzungsschemas gef¨ uhrt. Allerdings w¨aren dann wie
3.1
Mengen, Klassen und Grothendieck-Universen
99
im Falle von PA und VGK Klassenexistenzaxiome erforderlich, damit die neuen Formulierungen von Aussonderung und Ersetzung zur Wirkung kommen. Wir reden hier mit Bedacht von Klassen“ und nicht von ” Mengen“. Beliebige Gesamtheiten nat¨ urlicher Zahlen sind ” Mengen (so hatten wir diese auch in Abschnitt 1.2 angesprochen) und beliebige Gesamtheiten reeller Zahlen sind ebenfalls Mengen (und so hatten wir diese in Abschnitt 2.3 angesprochen). Wir haben aber anl¨ aßlich der Diskussion der Cantorschen und der Russellschen Antinomien“ gesehen, ” dass nicht jede Gesamtheit von Mengen wieder eine Menge sein kann, da z. B. die Gesamtheit aller Mengen keine Menge ist. Beliebige derartige Gesamtheiten (oder Kollektionen) werden nun eben als Klassen“ bezeichnet. Es gibt ” Klassen, wie etwa die Klasse aller Mengen, die selbst keine Mengen sind; derartige Klassen heißen echte Klassen. Ein anderes Beispiel f¨ ur eine echte Klasse ist die Klasse aller Gruppen. W¨ are die Klasse aller Gruppen eine Menge, so g¨ abe es auch die Menge aller Gruppen mit einem Element, und daraus k¨ onnte man dann sehr leicht die Menge aller Mengen formen. (Wir verwenden hier, dass wir f¨ ur eine beliebige Menge x trivial {x} als [ Tr¨ agermenge“ einer] ” Gruppe G auffassen k¨ onnen, indem wir x als das neutrale und einzige Element von G auffassen.) ¨ In vielen Uberlegungen h¨ atte man aber gerne etwa die Menge“ aller Gruppen (oder aller K¨ orper, aller Vektor” r¨aume, aller topologischen R¨ aume, . . .) zur Verf¨ ugung. Derartige Mengen, die tats¨ achlich Mengen sind und gleichzeitig Substitute f¨ ur die Klasse aller Mengen eines bestimmten
100
3. Mengen
Typs, erh¨ alt man, indem man die Existenz von Grothendieck-Universen fordert. Ein Grothendieck-Universum ist eine Menge U , die unter den Operationen von ZFC (also Paarmengen-, Vereinigungsmengen-, Potenzmengenbildung und Aussonderung und Ersetzung) abgeschlossen ist und gleichzeitig die Menge ω der nat¨ urlichen Zahlen als Element enth¨ alt. 3.1.12
Definition 3.1.12 Sei U eine nichtleere Menge. Dann heißt
U ein Grothendieck–Universum gdw. folgende Aussagen gelten. Aus x ∈ U folgt x ⊂ U , aus x, y ∈ U folgt {x, y} ∈ U , aus x ∈ U folgt x ∈ U , aus x ∈ U folgt P(x) ∈ U , aus I ∈ U und {xi : i ∈ I} ⊂ U folgt {xi : i ∈ I} ∈ U , und (6) ω ∈ U .
(1) (2) (3) (4) (5)
Aus einem gegebenen Grothendieck-Universum U l¨aßt sich z. B. die Menge aller Gruppen aus U aussondern, die f¨ ur viele Zwecke ein hilfreicher Ersatz f¨ ur die (nichtexistente) Menge aller Gruppen ist. Besitzt ZFC ein Modell? Oben wurde bewiesen, dass sich aus den nat¨ urlichen Zahlen ein Modell von ZFC−∞ gestalten l¨ aßt. Problem 3.1.8 zeigt, dass Grothendieck-Univerurlich ist diese Situation unsen Modelle von ZFC sind. Nat¨ urlichen befriedigend: Wir haben ZFC benutzt, um die nat¨
3.1
Mengen, Klassen und Grothendieck-Universen
101
Zahlen zu konstruieren, und wir haben die nat¨ urlichen Zahlen benutzt, um die Existenz eines Modells des Ausschnitts ZFC−∞ von ZFC zu zeigen. (Man kann u ¨ brigens zeigen, dass −∞ ineinander u die Theorien PA und ZFC ¨ bersetzt werden k¨onnen; eine der beiden Richtungen hierzu wurde oben abgearbeitet.) Der Zweite G¨ odelsche Unvollst¨ andigkeitssatz besagt nun in der Tat, dass wir uns nicht mehr erhoffen k¨onnen: ein System wie ZFC (und u ¨brigens bereits PA) kann nicht von sich selbst zeigen, dass es ein Modell besitzt, und insbesondere kann in ZFC nicht die Existenz eines Grothendieck-Universums bewiesen werden. Wir werden im Abschnitt 4.4 (siehe Satz 4.4.1) eine vereinfachte Version des Ersten G¨ odelschen Unvollst¨ andigkeitssatzes beweisen. Die Unvollst¨ andigkeitss¨ atze werden ausf¨ uhrlich z. B. in [4] und [10] diskutiert. Problem 3.1.1 ◦ Seien x und y Mengen. Zeigen Sie in ZFC die Existenz der folgenden Mengen. (Außer f¨ ur (f) wird allerdings jeweils nur ZFC−∞ anstelle von ZFC f¨ ur die Existenzbeweise ben¨ otigt.) (a) (b) (c) (d) (e) (f) (g)
(x, y) x∪y x×y x∩y x y = {f : f ist Funktion von x nach y} ω S ur eine Formel ϕ wie in (Ers)ϕ f¨ ur jedes x∈ω F (x), wobei f¨ x ∈ ω die Menge F (x) das eindeutige y sei, welches ϕ erf¨ ullt.
3.1.1
102
(h)
3.1.2
3. Mengen
S
ur eine Forx∈a F (x) = {u : ∃x ∈ a u ∈ F (x)}, wobei f¨ mel ϕ wie in (Ers)ϕ f¨ ur jedes x ∈ a die Menge F (x) das eindeutige y sei, welches ϕ erf¨ ullt.
Problem 3.1.2 Sei E die oben definierte zweistellige Relation auf N. Definieren Sie e(n) = {e(m) : mEn} f¨ ur alle n ∈ N. Sei W = {e(n) : n ∈ N}. Zeigen Sie, dass e : N → W injektiv ist. F¨ ur welche n ∈ N gilt e(n) ∈ ω?
3.1.3
Problem 3.1.3 Definieren Sie die Interpretationen von +, · und der Exponentiation f¨ ur die von Neumann-Zahlen so, dass Sie dann die Axiome (Q3)–(Q8) von PA zeigen k¨ onnen.
3.1.4
Problem 3.1.4 Seien A und B beliebige Mengen, und sei F eine Menge von Funktionen, wobei f¨ ur f , g ∈ F gelte: der Urbildbereich von f ist eine Teilmenge von A, der Wertebereich von f ist eine Teilmenge von B, und f (x) = g(x) f¨ ur alle x, die sowohl im Urbildbereich von f als auch im Urbildbereich von g liegen. S Zeigen Sie: F ist dann wieder eine Funktion, wobei der UrS bildbereich von F eine Teilmenge von A und der Wertebereich S von F eine Teilmenge von B ist.
3.1.5
Problem 3.1.5 ∗ Eine Menge α heißt eine Ordinalzahl gdw. (a) f¨ ur alle x ∈ α gilt, dass x ⊂ α und (b) die Relation ∈ α = {(x, y) ∈ α × α : x ∈ y} eine lineare Ordnung auf α ist. Zeigen Sie: (a) ∅ ist eine Ordinalzahl.
3.1
Mengen, Klassen und Grothendieck-Universen
103
(b) Wenn α eine Ordinalzahl ist, dann ist auch α + 1 eine Ordinalzahl. (c) Jedes n ∈ ω ist eine Ordinalzahl. (d) ω ist eine Ordinalzahl. S (e) Sei A eine Menge von Ordinalzahlen. Dann ist auch A eine Ordinalzahl. (f) Es gibt eine Ordinalzahl α, so dass ω ∈ α und f¨ ur jedes x ∈ α auch x + 1 in α liegt. (Hinweis: F¨ ur n ∈ ω sei x + n definiert durch: x + 0 = x und x + (n + 1) = (x + n) + 1. Zeigen Sie zun¨ achst mit Hilfe des Ersetzungsschemas, dass {ω + n : n ∈ ω} eine Menge ist.) (g) Wenn α eine Ordinalzahl ist und x ∈ α gilt, dann ist auch x eine Ordinalzahl.
Problem 3.1.6 ∗ Eine Ordinalzahl α heißt Nachfolgerordinalzahl gdw. α = β + 1 f¨ ur eine Ordinalzahl β gilt. Eine Ordinalzahl α S heißt Limesordinalzahl gdw. α = α gilt. Sei γ eine Ordinalzahl. Zeigen Sie, dass jedes α ∈ γ entweder Nachfolgerordinalzahl oder Limesordinalzahl ist. (Hinweis: Betrachten Sie andernfalls das ∈-minimale Element der Menge aller α ∈ γ, die weder Nachfolger– noch Limesordinalzahlen sind und wenden (Fund ) an.)
3.1.6
Problem 3.1.7 ∗ Seien α und γ Ordinalzahlen. Wir definieren, f¨ ur β ∈ γ, α + β, α · β und αβ wie folgt. α + 0 = α, α + β = ¯ + 1, falls β = β¯ + 1, α + β = S ¯ α + β, ¯ falls β (α + β) β<β ¯ + α, falls β = β¯ + 1, Limesordinalzahl ist. α · 0 = 0, α · β = (α · β) S ¯ falls β Limesordinalzahl ist. α0 = 1, αβ = α · β = β<β α · β, ¯ S ¯ ¯ β (α ) · α, falls β = β¯ + 1, αβ = β<β αβ , falls β Limesordinalzahl ¯ ist.
3.1.7
104
3. Mengen
Zeigen Sie, dass diese Operationen wohldefiniert sind. Zeigen Sie auch die G¨ ultigkeit der folgenden Aussagen. Dabei sei γ hinreichend gross“, so dass die Operationen erkl¨ art seien. ” ω ω ω (a) ω + ω < ω · ω < ω < (ω ) . (b) ω + 1 = 1 + ω. (c) ω · 2 = 2 · ω. (d) Es gibt einen Ordnungshomomorphismus ϕ : ((ω ω )ω ; ∈ ((ω ω )ω )) → (Q; <) , wobei < die nat¨ urliche Ordnung auf Q ist.
3.1.8
Problem 3.1.8 Sei U ein Grothendieck-Universum. Sei EU definiert als ∈ U = {(x, y) ∈ U × U : x ∈ y}. Zeigen Sie, dass dann jede Aussage von ZFC wahr in (U ; EU ) ist.
3.2
Das Auswahlaxiom
105
3.2 Das Auswahlaxiom
3.2
Sei M eine beliebige Menge. Eine Auswahlfunktion f¨ ur M ist eine Funktion f mit Urbildbereich M , so dass f¨ ur alle x ∈ M gilt: f (x) ∈ x. Wenn ∅ ∈ M , dann kann es offenbar keine Auswahlfunktion f f¨ ur M geben, da f (∅) ∈ ∅ gelten m¨ usste. Definition 3.2.1 Das Auswahlaxiom besagt, dass es zu je-
dem M = ∅ mit ∅ ∈ / M ein f gibt, so dass f Auswahlfunktion f¨ ur M ist.
f (x)² x
M
3.2.1
106
3. Mengen
Diese Formulierung unterscheidet sich von der in Abschnitt 3.1 gegebenen Formulierung von (AC). Lemma 3.2.3 besagt jedoch, dass diese beiden Formulierungen a ¨quivalent sind. Wir beweisen aber zun¨ achst endlich das Lemma 1.1.3. 3.2.2
Lemma 3.2.2 Seien A und B nichtleere Mengen. Wenn es
eine Surjektion f : A → B gibt, dann existiert auch eine Injektion g : B → A. Beweis: Sei f : A → B surjektiv, wobei B = ∅ vorausgesetzt werde. F¨ ur jedes y ∈ B sei f −1 [{y}] = {x ∈ A : f (x) = y} (vgl. Problem 1.1.3). Da f surjektiv ist, gilt f −1 [{y}] = ∅ f¨ ur jedes y ∈ B. Sei ϕ Auswahlfunktion f¨ ur die Menge {f −1 [{y}] : y ∈ B} . Sei g : B → A diejenige Funktion, die y ∈ B nach ur alle y ∈ B ϕ(f −1 [{y}]) sendet. Da f (ϕ(f −1 [{y}])) = y f¨ ist g injektiv. ¨ Wir betrachten in diesem Abschnitt Aquivalenzen zum und Folgerungen aus dem Auswahlaxiom. 3.2.3
Lemma 3.2.3 Das Auswahlaxiom in der Formulierung von Definition 3.2.1 ist ¨ aquivalent zur Aussage (AC) aus Abschnitt 3.1, wobei wir (AC) nun wie folgt aufschreiben. (∗) Sei N eine beliebige Menge mit N = ∅ und ∅ ∈ N , so dass x ∩ y = ∅ f¨ ur x, y ∈ N, x = y gilt (d. h. je zwei verschiedene Elemente von N sind disjunkt zueinander). Dann gibt es eine Menge A, die aus Elementen von Elementen von N
3.2
Das Auswahlaxiom
107
besteht, so dass f¨ ur jedes x ∈ N genau ein y ∈ A mit y ∈ x existiert. Beweis: Sei zun¨ achst M = ∅ mit ∅ ∈ / M gegeben. Mit Hilfe von (∗) konstruieren wir eine Auswahlfunktion f¨ ur M . Hierzu definieren wir eine Menge N wie folgt: N besteht aus allen Mengen der Gestalt {(x, z) : z ∈ x} , wobei x ∈ M . Sei dann A wie in (∗). Dann gibt es f¨ ur jedes x ∈ M genau ein z, so dass (x, z) ∈ A (und damit auch z ∈ x) ist. Mit anderen Worten: A ist eine Funktion mit Definitionsbereich M und A(x) ∈ x f¨ ur alle x ∈ M . Sei nun das Auswahlaxiom in der Formulierung von Definition 3.2.1 als g¨ ultig vorausgesetzt, und sei N wie in (∗) gegeben. Sei f eine Auswahlfunktion f¨ ur N . Dann erkennt man unschwer, dass der Wertebereich von f die G¨ ultigkeit von (∗) f¨ ur N bezeugt. In der Aussage von Lemma 3.2.3 und auch im Folgenden ¨ bedeutet die behauptete Aquivalenz, dass diese sich in ZFC ohne das Auswahlaxiom (AC) zeigen l¨ aßt. Wir wollen nun den Satz von Zermelo zeigen, wonach das Auswahlaxiom den Wohlordnungssatz impliziert. Wohlordnungen sind Verallgemeinerungen der nat¨ urlichen Ordnung auf N. Definition 3.2.4 Sei M eine Menge, und sei R ⊂ M × M
eine zweistellige Relation auf M . Dann heißt R fundiert
3.2.4
108
3. Mengen
gdw. jedes nichtleere A ⊂ M ein R-minimales Element besitzt, d. h. es gibt ein z ∈ A, so dass f¨ ur alle y ∈ A gilt: ¬yRz (d. h. (y, z) ∈ / R). ur beDas Fundierungsaxiom (Fund) von ZFC besagt, dass f¨ liebiges M die Relation ∈ M auf M eine fundierte Relation ist. F¨ ur fundierte Relationen gilt ein Induktionsprinzip“ ana” log zum Induktionsaxiom f¨ ur die Menge nat¨ urlicher Zahlen; siehe Problem 3.2.4. 3.2.5
Definition 3.2.5 Sei M eine Menge. Eine lineare Ordnung <
auf M heißt eine Wohlordnung gdw. < fundiert ist.
Beispielsweise ist die nat¨ urliche Ordnung auf N eine Wohlordnung. Andererseits ist die nat¨ urliche Ordnung auf Z keine Wohlordnung. Wenn < eine Wohlordnung auf einer Menge M ist und wenn A ⊂ M nichtleer ist, dann gilt f¨ ur jedes <-minimale z ∈ A, dass z ≤ y f¨ ur alle y ∈ A, da < linear ist. Insbesondere ist das <-minimale z ∈ A eindeutig. 3.2.6
Lemma 3.2.6 Sei < eine Wohlordnung auf M . Es gibt dann
keine Folge (xn : n ∈ N) von Elementen xn von M , so dass ur alle x ∈ N. xn+1 < xn f¨ Beweis: Angenommen, es gibt eine Folge (xn : n ∈ N) mit ur alle n ∈ N. Betrachte A = {xn : n ∈ N} ⊂ xn+1 < xn f¨
3.2
Das Auswahlaxiom
109
M . Da < eine Wohlordnung ist, gibt es ein x ∈ A, so dass ur ein x < y f¨ ur alle y ∈ A mit y = x. Es ist aber x = xn f¨ n ∈ N und xn+1 < xn , wobei xn+1 ∈ A. Widerspruch! Mit Hilfe des Auswahlaxioms l¨ asst sich zeigen, dass eine lineare Ordnung < auf einer Menge M genau dann eine Wohlordnung ist, wenn es keine Folge (xn : n ∈ N) von ur alle n ∈ N gibt (siehe Elementen von M mit xn+1 < xn f¨ Problem 3.2.1). Definition 3.2.7 Sei M eine Menge und sei < eine Wohlord-
3.2.7
nung auf M . Dann heißt A ein Anfangsst¨ uck von M bzgl. < gdw. f¨ ur jedes x ∈ A und jedes y < x auch y ∈ A ist. Lemma 3.2.8 Sei < eine Wohlordnung auf M und sei A ein
3.2.8
Anfangsst¨ uck von M (bzgl. <). Dann gilt entweder A = M oder es gibt ein x ∈ M , so dass A = {y ∈ M : y < x}. Beweis: Wenn A = M , dann sei x das <-minimale Element von M \ A. Man sieht dann leicht, dass dann A = {y ∈ M : y < x}. Lemma 3.2.9 Sei < eine Wohlordnung auf einer Menge M .
Dann gibt es kein Anfangsst¨ uck A = M von M , so dass ein Ordnungsisomorphismus ϕ : (M, <) ∼ = (A, < A) existiert.
3.2.9
110
3. Mengen
Beweis: Der Beweis variiert das Argument von Problem 1.1.4. W¨ are die Aussage von Lemma 3.2.9 unzutreffend, dann g¨ abe es nach Lemma 3.2.8 ein x ∈ M mit A = {y ∈ M : y < x}, so dass f¨ ur alle y ≥ x gilt: ϕ(y) < y. Sei y0 <-minimal in {y ∈ M : ϕ(y) < y}. Dann gilt, da ϕ ordnungstreu ist, auch ϕ(ϕ(y0 )) < ϕ(y0 ) . Aber ϕ(y0 ) < y0 , und wir haben einen Widerspruch zur Wahl von y0 . 3.2.10
Lemma 3.2.10 Sei < eine Wohlordnung auf M , und sei <∗
eine Wohlordnung auf N . Dann gilt genau eine der folgenden drei Aussagen: (1) Es gibt einen Ordnungsisomorphismus ϕ : (M, <) ∼ = (N, <∗ ). (2) Es gibt ein Anfangsst¨ uck A M von M und einen Ordnungsisomorphismus ϕ : (A, < A) ∼ = (N, <∗ ). (3) Es gibt ein Anfangsst¨ uck B N von N und einen Ordnungsisomorphismus ϕ : (M, <) ∼ = (B, <∗ B).
Beweis: Wir zeigen zun¨ achst die folgende Behauptung: Seien A, A Anfangsst¨ ucke von M , seien ucke von N , und seien ϕ : (A, < A) ∼ B, B Anfangsst¨ = (B, <∗ B), ϕ : (A , < A ) ∼ = (B , <∗ B ) Ordnungsisomoraglich“, d. h. f¨ ur jedes phismen. Dann sind ϕ und ϕ vertr¨ ” x ∈ A ∩ A gilt ϕ(x) = ϕ (x).
3.2
Das Auswahlaxiom
111
Beweis der Behauptung: Angenommen, es gibt ein x ∈ A∩A mit ϕ(x) = ϕ (x). Sei x0 <-minimal in A∩A mit ϕ(x0 ) = ϕ (x0 ). Da ϕ Ordnungsisomorphismus ist, muss aber ϕ(x0 ) das <∗ -minimale Element von N \ {ϕ(y) : y < x0 } sein. Andernfalls sei z ∈ N \ {ϕ(y) : y < x0 } mit z < ϕ(x0 ). Da z < ϕ(x0 ) ∈ B, gilt auch z ∈ B und es gibt ein x ∈ A mit ϕ(x) = z. Offensichtlich ist x = x0 . Da ϕ(x) = z ∈ / {ϕ(y) : y < x0 }, gilt also x0 < x. Aber ϕ(x) = z < ϕ(x0 ). Widerspruch! fy : y < x0 g x0
A
'(x0)
B
f'(y) : y < x0 g
Analog folgt daraus, dass ϕ Ordnungsisomorphismus ist, dass ϕ (x0 ) das <∗ -minimale Element von N \ {ϕ (y) : y < x0 } ist. Auf Grund der Wahl von x0 gilt aber {ϕ(y) : y < x0 } = {ϕ (y) : y < x0 }, und damit gilt ϕ(x0 ) = ϕ (x0 ). Widerspruch!
112
3. Mengen
Wir beweisen nun Lemma 3.2.10. Wir betrachten hierzu die Vereinigung aller ϕ, f¨ ur die es Anfangsst¨ ucke A von M und B von N gibt, so dass ϕ : (A, < A) ∼ = (B, <∗ B) ein Ordnungsisomorphismus ist. Wegen obiger Behauptung sind je zwei derartige ϕ vertr¨ aglich, und man erkennt unschwer (siehe Problem 3.1.4), dass diese Vereinigung selbst wiederum eine Abbildung ϕ˜ ist, f¨ ur die es Anfangsst¨ ucke A˜ ∼ ˜ ˜ ˜ ˜ ˜ von M und B von N gibt, so dass ϕ˜ : (A, < A) = (B, < B) ein Ordnungsisomorphismus ist. ˜ = N gelten. Andernfalls sei Es muss aber A˜ = M oder B ˜ und y0 <∗ -minimal in N \ B. ˜ n¨ amlich x0 <-minimal in M \ A Dann ist auch ϕ˜ ∪ {(x0 , y0 )} ein Ordnungsisomorphismus ˜ ˜ ˜ uck von von A∪{x 0 } auf B ∪{y0 }, wobei A∪{x0 } Anfangsst¨ ˜ uck von N ist. Dies widerspr¨ache M und B ∪{y0 } Anfangsst¨ aber der Definition von ϕ. ˜ Der folgende Satz wird als Wohlordnungssatz bezeichnet. 3.2.11
Satz 3.2.11 (Zermelo) Unter Voraussetzung des Auswahl-
axioms gibt es f¨ ur jede Menge M eine Wohlordnung < auf M . Beweis: Wir betrachten zun¨ achst die Menge P der nichtleeren Teilmengen von M , d. h. P = {A ⊂ M : A = ∅} = P(M ) \ {∅} . Mit Hilfe des Auswahlaxioms finden wir eine Auswahlfunktion f¨ ur P , d. h. eine Funktion f : P → M , so dass f (A) ∈ A f¨ ur alle A ∈ P .
3.2
Das Auswahlaxiom
113
Sei nun A ⊂ M und < eine Wohlordnung auf A. Dann heißt (A, <) vertr¨aglich mit f gdw. f¨ ur alle x ∈ A gilt: x = f (M \ {y ∈ A : y < x}) . x fy : y < xg
M nfy : y < xg
Behauptung: Seien A, B ∈ P und seien (A, <), (B, <∗ ) vertr¨ aglich mit f . Dann gibt es ein Anfangsst¨ uck A von A ∗ uck B mit A = B und < A =< oder es gibt ein Anfangsst¨ von B mit B = A und <∗ B =<. Beweis der Behauptung: Nach Lemma 3.2.10 existiert zun¨achst einen Ordnungsisomorphismus ϕ : (A, < A) ∼ = uck von A ist, oder ein Ord(B, <∗ ), wobei A Anfangsst¨ nungsisomorphismus ϕ : (A, <) ∼ = (B, <∗ B), wobei B Anfangsst¨ uck von B ist. Angenommen, ersteres ist der Fall. W¨ are ϕ nicht die Identit¨ at, dann gibt es ein (< A)-kleinstes Element x0 von A mit ϕ(x0 ) = x0 . Es gilt dann aber {y ∈ A : y < x0 } = {y ∈ B : y <∗ ϕ(x0 )} (vgl. Beweis von Lemma 3.2.10), also aufgrund der jeweiligen Vertr¨aglichkeit von < bzw. <∗ mit f : x0 = f (M \ {y ∈ A : y < x0 }) = f (M \ {y ∈ B : y <∗ ϕ(x0 )}) = ϕ(x0 ) .
114
3. Mengen
Widerspruch! Also ist A = B und < A =<∗ . Genauso argumentiert man im zweiten Fall und bekommt B = A und <∗ B =<. Sei nun A0 die Vereinigung aller A ⊂ M , so dass es eine Wohlordnung
3.2
Das Auswahlaxiom
115
A0 ∪ {x0 }, woraus nach Definition von A0 gilt, dass x0 ∈ A. Das ist aber absurd! Umgekehrt ist folgende Aussage sehr einfach zu zeigen: Satz 3.2.12 Angenommen, zu jeder Menge A existiert eine
3.2.12
Wohlordnung auf A. Dann gilt das Auswahlaxiom. Beweis: Sei M = ∅ mit ∅ ∈ / M gegeben. Wir betrachten A= M = {x : ∃y(y ∈ M ∧ x ∈ y)} . Sei < eine Wohlordnung auf A. Wir k¨ onnen dann eine Auswahlfunktion f f¨ ur M sehr leicht wie folgt definieren: F¨ ur x ∈ M sei f (x) das <-minimale Element von x ⊂ A. ¨ Es gibt eine ganze Reihe weiterer und wichtiger Aquivalenzen zum Auswahlaxiom. Prominent ist etwa das Zornem sche Lemma (siehe Problem 3.2.2), das allerdings oft (meistens?) in der Form des Hausdorffschen Maximalit¨ats” prinzips“ benutzt wird. Definition 3.2.13 Das Haussdorffsche Maximalit¨ atsprinzip ist die folgende Aussage. Sei F eine beliebige Menge, und sei F eine Menge von Teilmengen von F . Angenommen, es gilt Folgendes: f¨ ur alle F ⊂ F, so dass X ⊂ Y oder Y ⊂ X f¨ ur beliebige X, Y ∈ F, ist auch F = {a ∈ F : a ∈ X f¨ ur ein X ∈ F } Element von F . Dann existiert ein Xmax ∈ F, so dass keine echte Obermenge von Xmax ebenfalls ein Element von F ist.
3.2.13
116
3.2.14
3. Mengen
Satz 3.2.14 Das Hausdorffsche Maximalit¨ atsprinzip ist
aquivalent zum Auswahlaxiom. ¨ Beweis: Zun¨ achst ergibt sich aus dem Hausdorffschen Maximalit¨ atsprinzip sehr leicht das Auswahlaxiom. Sei M = ∅ mit ∅ ∈ / M gegeben. Sei F die Menge aller Auswahlfunktionen f¨ ur Teilmengen von M . Es ist unschwer erkennbar, dass F dann die Voraussetzung des Hausdorffschen ur das keine Maximalit¨ atsprinzips erf¨ ullt. Jedes Xmax ∈ F, f¨ echte Obermenge von Xmax , die ebenfalls Element von F ist, existiert, ist dann eine Auswahlfunktion f¨ ur M selbst. Umgekehrt folgt aber aus dem Auswahlaxiom das Hausdorffschen Maximalit¨ atsprinzip wie folgt. Seien hierzu F und F wie im Hausdorffschen Maximalit¨ atsprinzip gegeben. ur alle X, Y ∈ Ein F ⊂ F, so dass X ⊂ Y oder Y ⊂ X f¨ F , heißt Kette in F . Sei < eine Wohlordnung von F . Eine ur alle Kette F ⊂ F heißt dann vertr¨aglich mit < gdw. f¨ X ∈ F Folgendes gilt: X ist das <-minimale Y , so dass Z < Y f¨ ur alle Z Y mit Z ∈ F gilt. Behauptung: Seien F 0 und F 1 zwei Ketten, die beide vertr¨ aglich mit < sind. Dann gilt F 0 ⊂ F 1 oder F 1 ⊂ F 0 . Beweis der Behauptung: Andernfalls sei X <-minimal in F 0 \F 1 und Y <-minimal in F 1 \F 0 . Wenn Z X in F 0 liegt, dann gilt Z < X und damit auch Z ∈ F 1 wegen der Wahl von X. Analog folgt aus Z Y und Z ∈ F 1 wegen
3.2
Das Auswahlaxiom
117
der Wahl von Y , dass Z ∈ F 0 . Es gilt also {Z : Z X ∧ Z ∈ F 0 } = {Z : Z Y ∧ Z ∈ F 1 } . aglich mit < sind, gilt Da nun aber F 0 und F 1 beide vertr¨ dann auch X = Y . Widerspruch! ¨ Ahnlich wie im Beweis von Satz 3.2.11 zeigt sich dann, dass die Vereinigung aller Ketten, die mit < vertr¨ aglich sind, selbst wiederum eine Kette ist (die mit < vertr¨ aglich ist). Diese Kette, nennen wir sie F max , muss dann aber offensichtlich ein Xmax enthalten, so dass keine echte Obermenge von Xmax ebenfalls Element von F max (und damit von F ) ist. Mit Hilfe des Hausdorffschen Maximalit¨ atsprinzips l¨asst sich sehr einfach z. B. folgendes zeigen. (Zum Begriff des Vektorraums siehe z. B. [5].) Satz 3.2.15 Jeder Vektorraum besitzt eine Basis.
Beweis: Sei V ein beliebiger Vektorraum. Sei F die Menge aller linear unabh¨ angigen Teilmengen von V . F erf¨ ullt die Voraussetzung des Hausdorffschen Maximalit¨atsprinzips. Sei Xmax ∈ F so, dass keine echte Obermenge von Xmax ebenfalls Element von F ist. Ist dann v ∈ V \ Xmax beliebig, so ist Xmax ∪ {v} linear abh¨ angig. Damit ist Xmax eine Basis von V .
3.2.15
118
3.2.16
3. Mengen
Satz 3.2.16 Sei A eine unendliche Menge. Dann existiert
eine Injektion f : N → A. Beweis: Wir betrachten die Menge F aller Injektionen von Anfangsst¨ ucken von N nach A. Diese Menge ist offenbar nichtleer und erf¨ ullt die Voraussetzung des Hausdorffschen Maximalit¨ atsprinzips. Sei f : B → A in F so, dass keine echte Obermenge von f immer noch in F liegt. W¨ are dann B = N, etwa B = {m ∈ N : m < n}, dann existierte, da A unendlich ist, ein x ∈ A \ f [B], und f ∪ {(n, x)} w¨ are ebenfalls in F und echte Obermenge (d. h. Fortsetzung) von f . Widerspruch! Damit ist B = N. Eine weitere ¨ außerst n¨ utzliche Aussage, zu deren Beweis das Auswahlaxiom ben¨ otigt wird, lautet: 3.2.17
Lemma 3.2.17 Sei B eine abz¨ ahlbare Menge, so dass jedes a ∈ B ebenfalls abz¨ ahlbar ist. Dann ist auch B = {x : x ∈ a f¨ ur ein a ∈ B} abz¨ ahlbar.
Beweis: Sei f : N → B eine Bijektion, und sei N die Menge aller {(n, g) : g : N → f (n) ist bijektiv} , wobei n ∈ N. Offensichtlich erf¨ ullt N die Voraussetzung von (∗) in der Aussage von Lemma 3.2.3. Sei A wie in (∗) von Lemma 3.2.3. Dann ist A eine Funktion mit Urbildbereich N, die jedem n ∈ N eine Bijektion von N auf f (n) zuordnet. Dann ist aber G : N × N → B surjektiv, wobei wir f¨ ur
3.2
Das Auswahlaxiom
119
n, m ∈ N den Wert G(n, m) als A(n)(m) definieren. Wenn dann γ : N → N × N bijektiv ist (siehe Problem 1.1.10 (c)), dann ist G ◦ γ : N → B surjektiv, so dass B in der Tat abz¨ ahlbar ist. Problem 3.2.1 Zeigen Sie mit Hilfe des Auswahlaxioms: Eine lineare Ordnung < auf einer Menge M ist genau dann eine Wohlordnung, wenn es keine Folge (xn : n ∈ N) von Elementen von M mit xn+1 < xn f¨ ur alle n ∈ N gibt.
3.2.1
Problem 3.2.2 Sei A eine Menge, und sei < eine Ordnung auf A. Eine Menge K ⊂ A heißt eine Kette gdw. < K eine lineare Ordnung auf K ist. Das Zornsche Lemma ist nun die folgende Aussage. Sei A eine beliebige nichtleere Menge, und sei < eine Ordnung auf A, so dass zu jeder Kette K ⊂ A ein x ∈ A existiert, so dass y < x oder y = x f¨ ur alle y ∈ K; dann existiert ein xmax ∈ A, so dass es kein y ∈ A mit xmax < y gibt. Zeigen Sie, dass das Zornsche Lemma ¨ aquivalent zum Auswahlaxiom ist.
3.2.2
Problem 3.2.3 F¨ ur eine beliebige Menge A sei (∗)A die folgende Aussage. Sei (Bn : n ∈ N) eine Folge von Teilmengen von A, so dass f¨ ur alle n ∈ N gilt, dass Bn+1 ⊂ Bn ; dann existiert ein n0 ∈ N, so dass f¨ ur alle n ≥ n0 gilt, dass Bn = Bn0 . Zeigen Sie mit Hilfe des Auswahlaxioms, dass eine beliebige Menge A endlich ist gdw. die Aussage (∗)A f¨ ur sie gilt.
3.2.3
Problem 3.2.4 Sei A eine Menge, und sei R eine fundierte Relation auf A. Zeigen Sie: Angenommen, f¨ ur B ⊂ A gilt
3.2.4
∀x ∈ A(∀y ∈ A(yRx → y ∈ B) → x ∈ B) .
120
3. Mengen
Dann gilt B = A. (Hinweis: Falls A \ B = ∅, dann w¨ ahlen Sie ein R-minimales Element in A \ B.) 3.2.5
Problem 3.2.5 Zeigen Sie in ZFC, dass zu jeder Menge M eine Ordinalzahl α und eine Bijektion f : α → M existiert. (Hinweis: Wenden Sie das Hausdorffsche Maximalit¨ atsprinzip an auf die Menge aller Injektionen g : α → M , wobei α eine Ordinalzahl ist. Zeigen Sie dabei mit Hilfe [des Ersetzungsschemas und] des Problems 3.1.5, dass die Voraussetzung des Hausdorffschen Maximalit¨ atsprinzips erf¨ ullt ist.)
3.2.6
Problem 3.2.6 ∗ Sei A eine Menge, und sei R eine fundierte Relation auf A. Seien a1 , . . ., ak und ϕ so, dass f¨ ur alle x und f¨ ur alle y ∈ A genau ein z mit ϕ(x, y, z, a1 , . . . , ak ) existiert. Zeigen Sie: Es gibt dann eine Funktion F mit Definitionsbereich A, so dass f¨ ur alle y ∈ A, F (y) = z ⇐⇒ ϕ(F {y ∈ A : y Ry}, y, z, a1 , . . . , ak ) . (Hinweis: Zu gegebenem y ∈ A betrachte man ∃f (f ist Funkur tion mit Definitionsbereich {y ∈ A : y Ry} ∪ {y}, so dass f¨ alle y im Definitionsbereich von f gilt: f (y ) = z ↔ ϕ(f {y ∈ A : y Ry }, y , z, a1 , . . . , ak )). Zeigen Sie mit Hilfe von Problem 3.2.4, dass zu jedem y ∈ A genau ein derartiges f existiert.)
3.2.7
Problem 3.2.7 ∗ Sei α eine Ordinalzahl. Zeigen Sie: Es gibt eine Folge (Vβ : β < α + 1), so dass V0 = ∅, Vγ+1 = P(Vγ ) f¨ ur
3.2
Das Auswahlaxiom
121
S alle γ + 1 < α und Vβ = β<β Vβ¯ f¨ ur alle Limesordinalzahlen ¯ β < α + 1 gilt. (Hinweis: Problem 3.2.6.)
Es kann gezeigt werden, dass f¨ ur alle x ein α mit x ∈ Vα existiert. Jedes Grothendieck-Universum ist von der Gestalt Vα , wobei α eine unerreichbare“ Ordinalzahl ist. Der” artige Ordinalzahlen werden z. B. in [9] studiert.
122
3.3
3. Mengen
3.3 Die Topologie von R und die Kontinuumshypothese In der Topologie werden topologische R¨ aume betrachtet. Eine gute Einf¨ uhrung in die Topologie bietet [11], Tatsachen zur mengentheoretischen Topologie von R sind in [15] zu finden.
3.3.1
Definition 3.3.1 Ein Paar (X, O) (oder auch einfach die
Menge X) heißt ein topologischer Raum gdw. X = ∅, O eine Menge von Teilmengen von X, den so genannten offenen Mengen, ist, und wenn gilt: (0) X ∈ O, (1) beliebige Vereinigungen offener Mengen sind wieder offen, und (2) der Durchschnitt zweier offener Mengen ist wieder offen. Die Standardtopologie von R ergibt sich wie folgt. Eine Menge A ⊂ R reeller Zahlen wird als offen bezeichnet gdw. A als Vereinigung offener Intervalle (d. h. von Mengen der Form (x, y) mit x < y; vgl. Definition 2.2.14) geschrieben werden kann. (Dabei ist die leere“ Vereinigung zugelassen, ” so dass auch ∅ eine offene Menge ist.) Da der Durchschnitt zweier offener Intervalle entweder leer oder wieder ein offenes Intervall ist, sieht man leicht, dass damit in der Tat R zu einem topologischen Raum wird. Wenn (X, O) ein topologischer Raum ist, dann heißt B ⊂ O Basis gdw. jedes Element von O (d. h. jede offene Menge) als Vereinigung von Elementen von B geschrieben werden kann.
3.3
Die Topologie von R und die Kontinuumshypothese
123
Offensichtlich ist damit die Menge aller offenen Intervalle Basis des topologischen Raums R. Allerdings ist eine n¨ utzliche Beobachtung, dass R in der Tat eine abz¨ ahlbare Basis besitzt. Lemma 3.3.2 Die Menge aller offenen Intervalle (x, y) mit
x < y und x, y ∈ Q ist eine Basis des topologischen Raums R. Beweis: Sei A ⊂ R eine offene Menge. Dann gibt es eine Menge D, bestehend aus offenen Intervallen, so dass A = D. Sei D die Menge aller offenen Intervalle (x , y ) mit x < y und x , y ∈ Q, so dass ein Intervall (x, y) ∈ D existiert mit x ≤ x < y ≤ y. Da Q dicht in R ist (siehe Lemma 2.2.7), gibt es zu jedem (x, y) ∈ D und zu jedem z ∈ (x, y) (d. h. x < z < y) rationale Zahlen x und y mit x < x < z < y < y. Daraus folgt D = D, also A = D . Die Menge aller offenen Intervalle mit rationalen Endpunkten ist also tats¨ achlich eine Basis des topologischen Raums R. Sei (x, y) ein offenes Intervall, wobei x < y. Dann l¨asst sich sehr leicht eine Bijektion ϕx,y : (−1, 1) → (x, y) angeur z ∈ (−1, 1). ben: es sei etwa ϕx,y (z) = x + z+1 2 (y − x) f¨ Dar¨ uber hinaus existiert eine Bijektion f : R → (−1, 1), etx sendet. Die wa die Abbildung, die x ∈ R nach f (x) = 1+|x| Komposition ϕx,y ◦ f : R → (x, y) ist dann ebenfalls eine Bijektion.
3.3.2
124
3. Mengen
¨ Diese Uberlegung zeigt Folgendes. Wenn A ⊂ R offen ist mit A = ∅, dann existiert eine Injektion g : R → A: Sei etwa (x, y) ⊂ A, dann kann man einfach g = ϕx,y ◦f w¨ahlen. Andererseits gibt es trivialerweise eine Injektion h : A → R, n¨ amlich z. B. die Identit¨ at auf A. Somit gibt es aufgrund des Satzes 1.1.4 von Schr¨ oder-Bernstein f¨ ur jedes nichtleere offene A ⊂ R eine Bijektion j : R → A. Diese Aussage ist falsch f¨ ur kompliziertere Mengen reeller Zahlen. Komplemente offener Mengen in topologischen R¨aumen heißen abgeschlossen. 3.3.3
Lemma 3.3.3
Sei A ⊂ R. Dann sind folgende Aussagen
aquivalent. ¨ (1) A ist abgeschlossen. (2) Sei (xn : n ∈ N) eine Cauchy-Folge, wobei xn ∈ A f¨ ur jedes n ∈ N. Dann gilt limn→∞ xn ∈ A. Beweis: (1) ⇒ (2): Sei A abgeschlossen und sei (xn : n ∈ N) ur jedes n ∈ N. Da eine Cauchy-Folge, so dass xn ∈ A f¨ A abgeschlossen ist, ist R \ A offen. Angenommen, x = limn→∞ xn ∈ A, d. h. x ∈ R \ A. Da R \ A Vereinigung offener Intervalle ist, gibt es dann ein offenes Intervall (y, z) mit x ∈ (y, z) ⊂ R \ A. Sei ε das Minimum von |x − y| und |z − x|. Da limn→∞ xn = x, existiert ein n ∈ N mit |x − xn | < ε, also xn ∈ (x − ε, x + ε) ⊂ (y, z) ⊂ R \ A. Widerspruch! (2) ⇒ (1): Sei (2) angenommen. Wir zeigen, dass R\A offen ist. Hierzu gen¨ ugt es zu zeigen, dass es zu jedem x ∈ R \ A
3.3
Die Topologie von R und die Kontinuumshypothese
125
ein offenes Intervall (y, z) mit x ∈ (y, z) ⊂ R \ A gibt. Sei also x ∈ R \ A. Wir betrachten die offenen Intervalle 1 1 , x + n+1 ) f¨ ur n ∈ N. Wenn es kein n ∈ N mit In = (x − n+1 alt jedes In ein Element von A, In ⊂ R \ A gibt, dann enth¨ etwa xn ∈ In ∩ A. Man erkennt unschwer, dass (xn : n ∈ N) dann eine Cauchy-Folge ist mit x = limn→∞ xn . Wegen (2) w¨ are dann aber x ∈ A. Widerspruch! Beispielsweise sind also alle endlichen Mengen abgeschlossen. F¨ ur jedes A ⊂ R wird die Menge A¯ ⊃ A aller x ∈ R, ur alle f¨ ur die eine Cauchy-Folge (xn : n ∈ N) mit xn ∈ A f¨ n ∈ N und limn→∞ xn = x existiert, als der Abschluss von A bezeichnet. Es ist nicht schwer zu sehen, dass A¯ immer abgeschlossen ist. Eine Menge A ⊂ R ist abgeschlossen gdw. A¯ ⊂ A (gdw. A¯ = A). Da Q dicht in R ist, ist der Abschluss von Q gleich R. Es gibt allerdings abz¨ ahlbare Mengen, deren Abschluss wieder 1 : n ∈ N} mit abz¨ ahlbar ist, z. B. N = N oder B = { n+1 1 B = {0} ∪ { n+1 : n ∈ N}. Sei A ⊂ R. Eine reelle Zahl x heißt H¨aufungspunkt von A gdw. f¨ ur jedes ε > 0 die Menge A ∩ (x − ε, x + ε) mindestens ein Element besitzt, welches verschieden von x ist. Wenn x H¨ aufungspunkt von A ist, dann besitzt f¨ ur jedes ε > 0 die Menge A ∩ (x − ε, x + ε) sogar unendlich viele Elemente. Dar¨ uber hinaus gibt es in diesem Falle eine ur alle n ∈ N Cauchy-Folge (xn : n ∈ N) mit xn ∈ A \ {x} f¨
126
3. Mengen
und x = limn→∞ xn . Damit liegt jeder H¨ aufungspunkt von A im Abschluss A¯ von A. Umgekehrt ist nicht notwendigerweise jedes x ∈ A¯ ein H¨ aufungspunkt von A. Beispielsweise gilt f¨ ur jedes x ∈ R, dass {x} = {x}, aber {x} besitzt keinen H¨ aufungspunkt. Eine abgeschlosse nichtleere Menge A ⊂ R heißt perfekt gdw. jedes x ∈ A auch H¨ aufungspunkt von A ist. 3.3.4
Satz 3.3.4 Sei A ⊂ R perfekt. Dann gibt es eine Bijektion
f : R → A. Beweis: Sei E die Menge aller endlichen 0-1-Folgen. F¨ ur ur die Folge, die s ∈ E und h ∈ {0, 1} schreiben wir s h f¨ aus s entsteht, indem hinten h angeh¨ angt wird. Wir konstruieren zun¨ achst eine Abbildung Φ wie folgt. Dabei wird E der Definitionsbereich von Φ sein, und f¨ ur jedes s ∈ E wird Φ(s) ein abgeschlossenes Intervall [as , bs ] sein mit der Eigenschaft, dass as < bs und [as , bs ] ∩ A = ∅. Die Konstruktion von Φ ist rekursiv nach der L¨ange von s. Seien a, b reelle Zahlen mit a < b, so dass [a, b] ∩ A nichtleer ist. Bezeichne die leere Folge“. Wir w¨ ahlen dann ϕ() = ” [a, b]. Sei nun s ∈ E, und sei Φ(s) bereits definiert. Sei etwa Φ(s) = [as , bs ], wobei as < bs . Wir nehmen an, dass [as , bs ] ∩ A nichtleer ist. Sei n ∈ N die L¨ ange von s. Da A perfekt ist, ist jeder Punkt von A auch H¨aufungspunkt von A und wir k¨ onnen leicht as < as 0 < bs 0 < as 1 < bs 1 < bs
3.3
Die Topologie von R und die Kontinuumshypothese
127
finden, so dass gilt: [as 0 , bs 0 ] ∩ A = ∅ = [as 1 , bs 1 ] ∩ A , 1 1 , und bs 1 − as 1 ≤ . bs 0 − as 0 ≤ n+1 n+1 Wir setzen dann Φ(s h) = [as h , bs h ] f¨ ur h = 0, 1. Bezeichne nun E ∗ die Menge aller unendlichen 0-1-Folgen. Wir k¨ onnen jetzt eine Injektion F : E ∗ → A wie folgt definieren. Sei f ∈ E ∗ . Dann gilt [af{0,...,n} , bf{0,...,n} ] = {x} n∈N
f¨ ur ein x ∈ R (siehe Problem 2.2.5). Wir setzen F (f ) = x. Es gilt F (f ) ∈ A, da F (f ) offensichtlich H¨ aufungspunkt von A ist und A abgeschlossen ist. Nach Konstruktion ist F sicherlich injektiv. Nach Problem 2.2.8 gibt es nun eine Bijektion g : R → E ∗ . Damit ist F ◦ g: R → A injektiv. Da die Identit¨ at auf A eine injektive Abbildung von A nach R ⊃ A ist, existiert damit aufgrund des Satzes 1.1.4 von Schr¨ oder-Bernstein eine Bijektion von R auf A. Satz 3.3.5 (Cantor-Bendixson) Sei A ⊂ R abgeschlossen. Dann ist entweder A h¨ ochstens abz¨ ahlbar oder es gibt eine Bijektion f : R → A.
3.3.5
128
3. Mengen
Beweis: Sei A ⊂ R abgeschlossen. Ein x ∈ R heißt Kondensationspunkt von A gdw. f¨ ur jedes ε > 0 die Menge A ∩ (x − ε, x + ε) u ahlbar ist. Wir bezeichnen mit P die Menge aller ¨ berabz¨ Kondensationspunkte von A. Da offensichtlich jeder Kondensationspunkt von A auch H¨ aufungspunkt von A ist und da A abgeschlossen ist, gilt P ⊂ A¯ = A. Wir betrachten nun zwei F¨ alle. 1. Fall: P = ∅. Dann gibt es zu jedem y ∈ A ein ε > 0, so dass die Menge A ∩ (x − ε, x + ε) h¨ ochstens abz¨ ahlbar ist; es gibt dann wegen Lemma 2.2.7 aber auch rationale Zahlen y, z mit x − ε < y < x < z < x + ε, so dass auch A ∩ (y, z) ahlbar ist. Es gibt nun abz¨ ahlbar viele Inh¨ ochstens abz¨ tervalle (y, z) mit y, z ∈ Q (siehe Problem 1.1.10 (c)), und f¨ ur jedes x ∈ A existiert ein Intervall (y, z) mit y, z ∈ Q und x ∈ A ∩ (y, z), so dass A ∩ (y, z) h¨ ochstens abz¨ahlbar ist. Damit l¨ asst sich A als h¨ ochstens abz¨ ahlbare Vereinigung h¨ ochstens abz¨ ahlbarer Mengen darstellen und ist damit wegen Lemma 3.2.17 selbst h¨ ochstens abz¨ ahlbar. 2. Fall: P = ∅. In diesem Falle zeigen wir, dass P perfekt ist. Dann existiert nach Satz 3.3.4 eine Bijektion f : R → P , also mit Hilfe von Satz 1.1.4 auch eine Bijektion von R auf A ⊃ P . Wir zeigen zun¨achst, dass P abgeschlossen ist. Sei (xn : n ∈ N) eine Cauchy-Folge, wobei jedes xn ein Kondensations-
3.3
Die Topologie von R und die Kontinuumshypothese
129
punkt von A ist. Sei x = limn→∞ xn . Wir m¨ ussen zeigen, dass x Kondensationspunkt von A ist. Sei x ∈ [y, z] mit y < z. Dann existiert ein n ∈ N mit xn ∈ [y, z]. Sei ε > 0 so, dass [xn − ε, xn + ε] ⊂ [y, z]. Da xn Kondensationspunkt ahlbar. Also ist von A ist, ist [xn − ε, xn + ε] ∩ A u ¨ berabz¨ auch [y, z] ∩ A u ahlbar. ¨ berabz¨ Wir zeigen schließlich, dass jeder Punkt von P ein H¨aufungspunkt von P ist. Sei also x ∈ P . Angenommen, x w¨ are nicht H¨ aufungspunkt von P . Dann existiert ein ε > 0, so dass [x − ε, x + ε] ∩ P kein Element besitzt, das verschieden von x ist. Zu jedem y ∈ ([x − ε, x + ε] ∩ A) \ {x} existieren dann rationale ay und by mit ay < y < by , ochstens abz¨ ahlbar ist. Damit l¨asst so dass [ay , by ] ∩ A h¨ sich [x − ε, x + ε] ∩ A als h¨ ochstens abz¨ ahlbare Vereinigung h¨ochstens abz¨ ahlbarer Mengen darstellen und ist damit wegen Lemma 3.2.17 selbst h¨ ochstens abz¨ ahlbar. Dies ist ein Widerspruch, da x Kondensationspunkt von A ist. Da P = ∅ nach Fallannahme, ist damit gezeigt, dass P in der Tat perfekt ist. In der Deskriptiven Mengenlehre (siehe etwa [15]) zeigt man, dass der Satz von Cantor-Bendixson auch f¨ ur kompliziertere als abgeschlossene Mengen reeller Zahlen gilt. Nicht jede Menge reeller Zahlen ist entweder abz¨ ahlbar oder besitzt eine perfekte Teilmenge. Die Aussage, wonach jede u ahlbare Menge reeller Zahlen bijektiv auf R abge¨ berabz¨ bildet werden kann, wurde zuerst von Cantor betrachtet und wird als Kontinuumshypothese bezeichnet. Sie wird in der Mengenlehre studiert (siehe etwa [12], [8]).
130
3. Mengen
3.3.1
¯ Problem 3.3.1 Zeigen Sie: F¨ ur jedes A ⊂ R ist der Abschluss A von A abgeschlossen.
3.3.2
Problem 3.3.2 Sei A ⊂ R. Wir definieren dann die Folge (A(n) : n ∈ N) wie folgt. Es sei A(0) = A, und f¨ ur n ∈ N sei A(n+1) die (n) Menge der H¨ aufungspunkte von A . (a) Sei n ∈ N. Konstruieren Sie eine abgeschlossene Menge A ⊂ R, so dass A(n) = ∅, aber A(n+1) = ∅. (b) Konstruieren Sie eine abgeschlossene Menge A ⊂ R, so dass T T (n)
= ∅, aber n∈N A(n) keinen H¨ aufungspunkt ben∈N A sitzt. T (c) Sei A(ω) = n∈N A(n) . Konstruieren Sie eine abgeschlosT sene Menge A ⊂ R, so dass n∈N (A(ω) )(n) = ∅, aber T (ω) (n) ) keinen H¨ aufungspunkt besitzt. n∈N (A
3.3.3
Problem 3.3.3 Eine Menge A ⊂ R heißt dicht in R gdw. f¨ ur alle x, y ∈ R mit x < y ein z ∈ A mit z ∈ (x, y) existiert. Eine Menge A ⊂ R heißt nirgends dicht gdw. R \ A eine offene und dichte Teilmenge besitzt. (a) Zeigen Sie: Der abz¨ ahlbare Durchschnitt dichter offener Mengen ist dicht. (Dies ist der Bairesche Kategoriensatz .) (b) Zeigen Sie: R l¨ asst sich nicht als abz¨ ahlbare Vereinigung nirgends dichter Mengen darstellen. (c) F¨ ur x, y ∈ R mit x < y sei 2
[x, y] 3 = [x, 23 x + 13 y] ∪ [ 23 y + 13 x, y] , und f¨ ur x0 < y0 < · · · < xk < yk sei 2
2
2
([x0 , y0 ] ∪ · · · ∪ [xk , yk ]) 3 = [x0 , y0 ] 3 ∪ · · · ∪ [xk , yk ] 3 .
3.3
Die Topologie von R und die Kontinuumshypothese
131
Schließlich sei, f¨ ur x < y, [x, y]0 = [x, y], [x, y]n+1 = 2 ([x, y]n ) 3 (wobei n ∈ N), und \ [x, y]n . [x, y]∞ = n∈N
([x, y]∞ wird als Cantorsches Diskontinuum bezeichnet.) Zeigen Sie: F¨ ur beliebige x, y ∈ R mit x < y ist [x, y]∞ nirgends dicht, aber es gibt eine Bijektion f : R → [x, y]∞ .
Kapitel 4 Modelle
4
4
4 4.1 4.2 4.3 4.4
Modelle Logik erster Stufe ........................ Ultraprodukte und Kompaktheit ...... Nichtstandard-Modelle .................. Unvollst¨andigkeit.........................
135 162 173 184
4.1
Logik erster Stufe
135
4 Modelle Ziel dieses Kapitels ist es, eine Methode zur Konstruktion von Modellen von Theorien wie PA, VGK oder ZFC zu entwickeln; sie wird uns vor allem erlauben, NichtstandardModelle zu erzeugen. Diese Methode ist sehr allgemein und hat nichts mit PA, VGK oder ZFC im besonderen zu tun. Wir beginnen daher mit einer allgemeinen Einf¨ uhrung der abstrakten Logik erster Stufe, f¨ ur die die Sprachen von PA etc. Beispiele sind. In den Abschnitten 1.2 und 2.3 wurde die Begrifflichkeit erste Stufe“ diskutiert. ” Gute Einf¨ uhrungen in die Modelltheorie bieten [2], [14], [7].
4.1 Logik erster Stufe Die Logik erster Stufe ist die Logik, die wir in der Mathematik benutzen. Allerdings ist es nicht ganz richtig, von der Logik erster Stufe im Singular zu sprechen, da wir mit verschiedenen Mengen von Pr¨ adikatsymbolen, Konstanten und Funktionssymbolen arbeiten k¨ onnen. Seien I, K, J (wom¨ oglich leere, endliche oder unendlich große) paarweise disjunkte Indexmengen, und sei n : I∪J → ur n(i), wobei i ∈ I ∪J. Die zu I, K, J, n N; wir schreiben ni f¨ geh¨ orige Sprache der Logik erster Stufe besitzt die folgenden Symbole: Klammern: ( und ) Junktoren: ¬ und ∧ Allquantor: ∀
4.1
136
4. Modelle
Variablen: v0 , v1 , v2 , . . . Gleichheitszeichen: = Pr¨ adikatsymbole: f¨ ur jedes i ∈ I ein ni -stelliges Pr¨adikatsymbol Pi Konstanten: f¨ ur jedes k ∈ K eine Konstante ck Funktionssymbole: f¨ ur jedes j ∈ J ein nj -stelliges Funktionssymbol fj . In dieser Liste k¨ onnte man die Junktoren ∨, → und ↔ sowie den Existenzquantor ∃ vermissen. Wir werden diese sp¨ater durch Schreibkonventionen einf¨ uhren. Ein Beispiel f¨ ur eine solche Sprache ist die Sprache der Gruppentheorie: diese enth¨ alt eine Konstante f¨ ur das neutrale Element und ein zweistelliges Funktionssymbol f¨ ur die Addition (bzw. Multiplikation). Die Sprache der K¨orpertheorie enth¨ alt zwei Konstanten f¨ ur die 0 und die 1 und zwei zweistellige Funktionssymbole f¨ ur die Addition und die Multiplikation. Die Sprache von PA, welche identisch ist mit der Sprache von Q (siehe Abschnitt 1.2), enth¨alt ein zweistelliges Pr¨ adikatsymbol <, zwei Konstanten 0 und 1 f¨ ur die Null und die Eins, zwei zweistellige Funktionssymbole + und · f¨ ur die Addition und die Multiplikation und ein weiteres unsichtbares zweistelliges Funktionssymbol f¨ ur die Exponentiation. Die Sprache von ZFC schließlich (siehe Abschnitt 3.1) hat lediglich das zweistellige Pr¨ adikatsymbol ∈. Sei L eine Sprache der Logik erster Stufe. Ein L-Ausdruck ist eine endliche Folge von Symbolen von L. Beispielsweise ist ) = v5 v3 ∈ ∀ ¬ ein Ausdruck der Sprache von ZFC. Wir bezeichnen die L¨ ange eines L-Ausdrucks auch als seine Komplexit¨at .
4.1
Logik erster Stufe
137
Wir wollen nun die Begriffe L-Term“ und L-Formel“ de” ” finieren. Dies geschieht rekursiv. Sei L durch I, K, J, n gegeben. Ein L-Term ist ein L-Ausdruck, der in jeder Menge M von L-Ausdr¨ ucken liegt mit: (a) jede Konstante und jede Variable liegt in M , und (b) f¨ ur j ∈ J und τ0 , . . . , τnj −1 ∈ M liegt auch fj τ0 · · · τnj −1 in M . (b) erlaubt also Verschachtelungen von Termen. Beispielsweise sind die folgenden Ausdr¨ ucke Terme der Sprache von PA: · + 10v3 und + ·1v17 0 . Dies ist die polnische Notation“ im Gegensatz zur gemein” hin u ¨blichen: Wir werden weiterhin im praktischen Leben f¨ ur Terme τ und σ nat¨ urlich (τ + σ) anstelle von +τ σ und ur · + 10v3 (τ · σ) anstelle von ·τ σ und damit ((1 + 0) · v3 ) f¨ und ((1 · v17 ) + 0) f¨ ur + · 1v17 0 schreiben. Eine atomare L-Formel ist jeder Ausdruck der Form = τ σ, wobei τ und σ L-Terme sind, oder ein Ausdruck der Form Pi τ0 · · · τni −1 , wobei i ∈ I und τ0 , . . . , τni −1 L-Terme sind. Schließlich ist eine L-Formel ein Ausdruck, der in jeder Menge M von Ausdr¨ ucken liegt mit: (1) jede atomare L-Formel ist in M , (2) wenn ϕ und ψ in M sind, dann auch ¬ϕ und (ϕ ∧ ψ), (3) wenn ϕ in M ist und n ∈ N, dann ist auch ∀vn ϕ in M .
138
4. Modelle
Beispiele f¨ ur Formeln der Sprache der Mengenlehre sind etwa ∈ v3 v0 oder ∀ v3 ∈ v3 v0 . Dies ist ebenfalls polnisch ” notiert“ und wir werden nat¨ urlich weiterhin, f¨ ur n, m ∈ N, ur ∈ v3 v0 und vn ∈ vm anstelle von ∈ vn vm , also v3 ∈ v0 f¨ ur ∀ v3 ∈ v3 v0 schreiben. v3 ∈ v0 entsprechend ∀v3 v3 ∈ v0 f¨ ist eine atomare Formel der Sprache der Mengenlehre. Seien ϕ und ψ L-Formeln. Wir definieren dann ϕ ist Teil” formel von ψ“ wie folgt. Jedes ϕ ist Teilformel von sich selbst, wenn ϕ Teilformel von ψ ist, dann ist ϕ auch Teilur beliebiges n), und wenn formel von ¬ψ und von ∀vn ψ (f¨ ϕ Teilformel von ψ oder von ψ ist, dann ist ϕ Teilformel von (ψ ∧ ψ ). Wenn ϕ Teilformel von ψ ist, dann ist ϕ von geringerer Komplexit¨ at“ als ψ. ” Wir vereinbaren einige Schreibkonventionen, um Formeln besser lesen zu k¨ onnen. So schreiben wir: (ϕ ∨ ψ) f¨ ur ¬(¬ϕ ∧ ¬ψ), (ϕ → ψ) f¨ ur (¬ϕ ∨ ψ), (ϕ ↔ ψ) f¨ ur ((ϕ → ψ) ∧ (ψ → ϕ)), ur ¬∀vn ¬ϕ, ∃vn ϕ f¨ τ = σ f¨ ur = τ σ, und τ = σ f¨ ur ¬τ = σ, wobei ϕ, ψ L-Formeln und τ, σ L-Terme sind. Diese abk¨ urzenden Schreibweisen sind, wie man sich leicht u ¨ berlegt, inhaltlich sinnvoll. Mit diesen Konventionen ist nun also auch z. B. (∀v0 ∃v1 v0 ∈ v1 ∨ v5 = v7 )
4.1
Logik erster Stufe
139
eine Formel der Sprache der Mengenlehre, bei der es sich in nicht abgek¨ urzter Schreibweise um die Formel ¬(¬∀v0 ¬∀v1 ¬ ∈ v0 v1 ∧ ¬ = v5 v7 ) handelt. Als weitere Schreibkonvention lassen wir von nun an die ¨ außeren Klammern weg, schreiben also z. B. ϕ → ψ anstelle von (ϕ → ψ). Wir wollen definieren, wann eine Formelmenge Σ eine Formel ϕ impliziert. Dabei arbeiten wir mit Belegungen“ von ” Variablen mit Elementen eines Modells; dies entspricht der Einsetzung solcher Elemente f¨ ur freie Variablen in Formeln. Wir fixieren nun I, K, J, n, wodurch eine Sprache L der Logik erster Stufe gegeben ist. Anstelle von L-Termen und (atomaren) L-Formeln sprechen wir nun auch einfach von Termen und (atomaren) Formeln. Wir wollen jetzt den Formeln der Sprache L Bedeutung verleihen. Oft hat eine Sprache einen intendierten Objekt” bereich“ im Auge. Mit der Sprache von PA wollen wir u ¨ ber die Struktur der Menge der nat¨ urlichen Zahlen sprechen, mit der Sprache der Mengenlehre u ¨ ber die Struktur des Universums aller Mengen. Ebenso oft gibt es aber auch keinen intendierten Objektbereich: die Sprache der Gruppentheorie hat nicht eine feste Gruppe im Auge, sondern beliebige Gruppen“. ” Allgemein bekommen Formeln Bedeutung, indem wir ein Modell von L betrachten. Der Begriff des Modells“ war ” naiv bereits im Abschnitt 3.1 benutzt worden. Ein Modell der durch I, K, J, n gegebenen Sprache L ist eine Struktur
140
4. Modelle
der Form M = (M ; (Ri : i ∈ I), (ak : k ∈ K), (Fj : j ∈ J)) , wobei M eine nichtleere Menge ist (das Universum, oder die Tr¨agermenge von M), jedes Ri eine ni -stellige Relation auf M ist (d. h. Ri ⊂ M ni ), jedes ak ein Element von M ist und jedes Fj eine nj -stellige Funktion auf M ist (d. h. Fj : M nj → M ). Ein solches Modell interpretiert L in offensichtlicher Weise: das Pr¨ adikatsymbol Pi wird durch die Relation Ri interpretiert (in Zeichen: PiM = Ri ), die Konstante ck wird durch = ak ), und das Funktiak interpretiert (in Zeichen: cM k onssymbol fj wird durch die Funktion Fj interpretiert (in Zeichen: fjM = Fj ). Die Wirkung dieser Interpretationen ¯ ersichtlich wird gleich bei der Definition von M |= ϕ[β]“ ” werden. Ein Modell der Sprache von PA ist z. B. das StandardModell N = (N; (<), (0, 1), (+, ·, E)) , welches wir k¨ urzer als N = (N; <, 0, 1, +, ·, E) schreiben, wobei <, 0, 1, +, · die gleichnamigen Symbole interpretieren und E als Exponentiationsfunktion das unsichtbare zweistellige Exponentiationssymbol interpretieren soll. Im Abschnitt 4.3 werden wir weitere Modelle der Sprache von PA kennenlernen.
4.1
Logik erster Stufe
141
Wir wollen sagen, was es heißt, dass eine gegebene Formel im Modell M gilt. Dies ist allerdings nur sinnvoll, wenn zugleich eine Belegung vorliegt. Sei also M = (M ; (Ri : i ∈ I), (ak : k ∈ K), (Fj : j ∈ J)) ein Modell der durch I, K, J, n gegebenen Sprache L. Eine M-Belegung ist eine Funktion β : {v0 , v1 , . . .} → M , die allen Variablen Elemente der Tr¨ agermenge von M zuordnet. Durch eine M-Belegung ist eine Interpretation beliebiger Terme gegeben. Eine solche durch β induzierte Terminterpretation ist eine Funktion β : T → M (wobei T die Menge aller Terme ist), f¨ ur die gilt: ur n ∈ N, (1) β(vn ) = β(vn ) f¨ = a ur k ∈ K, und (2) β(ck ) = cM k f¨ k (3) β(fj τ0 . . . τnj −1 ) = fjM (β(τ0 ), . . . , β(τnj −1 )) = Fj (β(τ0 ), . . . , β(τnj −1 )) f¨ ur j ∈ J und Terme τ0 , . . . , τnj −1 . Offensichtlich gibt es f¨ ur jede Belegung β¯ genau eine durch β¯ induzierte Terminterpretation. Wir definieren nun ϕ gilt in M unter der Belegung β“. ” Hierzu ist die folgende Schreibweise hilfreich. Sei n ∈ N, und sei a ∈ M . Dann bezeichnet β(vn |a) diejenige Belegung, die mit β u ¨ berall u ¨bereinstimmt, außer an
142
4. Modelle
der Stelle vn , wo der Wert a angenommen wird, d. h. β(vm ) , falls m = n β(vn |a)(vm ) = a, falls m = n . Wir schreiben ϕ gilt in M unter der Belegung β“ oder M ” ” ist Modell von ϕ unter β“ als M |= ϕ[β] und definieren diese Relation wie folgt. Hierbei sei β die durch β induzierte Terminterpretation. Die folgende Definition ist rekursiv nach der Formelkomplexit¨at“ und si” multan f¨ ur alle Belegungen. ur Terme τ, σ (1) M |= τ = σ[β] gdw. β(τ ) = β(σ) f¨ (2) M |= Pi τ0 . . . τni −1 [β] gdw. (β(τ0 ), . . . , β(τni −1 )) ∈ ur i ∈ I und Terme τ0 , . . ., τni −1 PiM = Ri f¨ (3) M |= ¬ϕ[β] gdw. M |= ϕ[β] nicht gilt (4) M |= (ϕ ∧ ψ)[β] gdw. M |= ϕ[β] und M |= ψ[β] beide gelten ur alle a ∈ M , M |= ϕ[β(vn |a)]. (5) M |= ∀vn ϕ[β] gdw. f¨ Betrachten wir die Formel ∀v0 ∀v1 v0 = v1 . Es gilt M |= ur alle a, b ∈ M , M |= v0 = ∀v0 ∀v1 v0 = v1 [β] gdw. f¨ ur alle a, b ∈ M , β(v0 ) = β(v1 ), v1 [β(v0 |a)(v1 |b)] gdw. f¨ ¯ 0 |a)(v1 |b) induzierte Terminterprewobei β die durch β(v ¯ 0 |a)(v1 |b)(v0 ) = tation ist, gdw. f¨ ur alle a, b ∈ M , β(v ¯ ur alle a, b ∈ M , a = b. Es gilt also β(v0 |a)(v1 |b)(v1 ) gdw. f¨ M |= ∀v0 ∀v1 v0 = v1 [β] gdw. die Tr¨ agermenge von M ge-
4.1
Logik erster Stufe
143
nau ein Element besitzt. In diesem Beispiel ∀v0 ∀v1 v0 = v1 und im Beispiel von Problem 4.1.5 (b) h¨ angt die Frage, ob die gegebene Formel im fraglichen Modell unter der Belegung β¯ gilt, gar nicht von β¯ ab. Dieser Tatsache wollen wir nun nachgehen. Wir definieren zun¨achst den Begriff der freien Variablen“. ” Sei n ∈ N. Wir definieren vn kommt frei in der Formel ” ϕ vor“. Wenn ϕ atomar ist, dann kommt vn frei in ϕ vor gdw. vn u ¨berhaupt in ϕ vorkommt. vn kommt frei in ¬ϕ vor gdw. vn frei in ϕ vorkommt. vn kommt frei in ϕ ∧ ψ vor gdw. vn frei in ϕ oder frei in ψ vorkommt. Schließlich kommt vn frei in ∀vm ϕ vor gdw. m = n und vn frei in ϕ vorkommt. Ein L-Satz ist eine L-Formel, in der keine freien Variablen vorkommen. Beispielsweise ist ∀v1 ¬v1 ∈ v0 eine Formel der Sprache der Mengenlehre (aber kein Satz) und ∃v0 ∀v1 ¬v1 ∈ v0 ist ein Satz der Sprache der Mengenlehre. Satz 4.1.1 Sei ϕ eine L-Formel, und sei M ein Modell von
L. Seien β 0 und β 1 M-Belegungen, so dass β 0 (vn ) = β 1 (vn ) f¨ ur alle vn , die frei in ϕ vorkommen. Dann gilt M |= ϕ[β 0 ] gdw. M |= ϕ[β 1 ] . Beweis: Wir zeigen diesen Satz durch Induktion nach der Formelkomplexit¨ at. Die Aussage gilt zun¨ achst f¨ ur atomares berhaupt in ϕ ϕ, da dann vn frei in ϕ vorkommt gdw. vn u ¨ vorkommt. Sodann ergibt sich aus der Tatsache, dass die
4.1.1
144
4. Modelle
Aussage f¨ ur ψ0 und ψ1 gilt, sofort, dass die Aussage auch ur ϕ gleich ψ0 ∧ ψ1 gilt. f¨ ur ϕ gleich ¬ψ0 und f¨ Sei nun ϕ gleich ∀vm ψ. vn kommt frei in ϕ vor gdw. n = m ur ein beliebiges a gilt also und vn frei in ψ vorkommt. F¨ β 0 (vm |a)(vn ) = β 1 (vm |a)(vn ) f¨ ur alle vn , die frei in ψ vorkommen. Damit gilt aber mit Hilfe der Induktionsvoraussetzung: ur alle a ∈ M, M |= ψ[β 0 (vm |a)] gdw. M |= ϕ[β 0 ] gdw. f¨ f¨ ur alle a ∈ M, M |= ψ[β 1 (vm |a)] gdw. M |= ϕ[β 1 ]. 4.1.2
Korollar 4.1.2 Sei ϕ ein L-Satz, und sei M ein Modell von
L. Seien β 0 und β 1 beliebige M-Belegungen. Dann gilt M |= ϕ[β 0 ] gdw. M |= ϕ[β 1 ] . F¨ ur S¨ atze ϕ schreiben wir im Folgenden M |= ϕ anstelle von M |= ϕ[β] und sagen in diesem Falle, dass ϕ in M gilt (oder, dass M Modell von ϕ ist). 4.1.3
Definition 4.1.3 Sei Σ ∪ {ϕ} eine Menge von Formeln. Wir sagen, dass Σ (logisch) ϕ impliziert, in Zeichen: Σ |= ϕ gdw. f¨ ur jedes Modell M und f¨ ur jede M-Belegung β gilt: wenn ur alle ψ ∈ Σ, dann auch M |= ϕ[β]. Anstelle M |= ψ[β] f¨ von ∅ |= ϕ schreiben wir auch |= ϕ und sagen in diesem Falle, dass ϕ (logisch) g¨ ultig ist.
4.1
Logik erster Stufe
145
F¨ ur jede Menge Σ von Formeln schreiben wir M |= Σ[β] anstelle von: f¨ ur alle ϕ ∈ Σ, M |= ϕ[β]. Es gilt also Σ |= ϕ gdw. f¨ ur jedes Modell M und f¨ ur jede M-Belegung β gilt: wenn M |= Σ[β], dann M |= ϕ[β]. ultig. DasDer oben betrachtete Satz ∀v0 v0 = v0 ist also g¨ urzend die selbe gilt u ur ∃v0 v0 = v0 , das abk¨ ¨ brigens auch f¨ Formel ¬∀v0 ¬v0 = v0 darstellt. Dies ist leicht nachzurechultig, aber es gilt nen. Hingegen ist ∃v0 ∃v1 v0 = v1 nicht g¨ z. B. {∃v0 ∃v1 ∃v2 (v0 = v1 ∧ v1 = v2 ∧ v0 = v2 )} |= ∃v0 ∃v1 v0 = v1 . Wir schreiben ϕ |= ψ anstelle von {ϕ} |= ψ. Definition 4.1.4 Seien ϕ und ψ Formeln einer Sprache L der Logik erster Stufe. ϕ und ψ heißen (logisch) ¨aquivalent gdw. ϕ |= ψ und ψ |= ϕ gelten. Eine L-Formel ϕ heißt erf¨ ullbar gdw. ¬ϕ nicht logisch g¨ ultig ist, d. h. wenn es ein Modell M und eine M-Belegung β gibt, so dass M |= ϕ[β]. Eine beliebige Menge Γ von LFormeln heißt erf¨ ullbar gdw. es ein Modell M und eine ur alle ϕ ∈ Γ M-Belegung β gibt, so dass M |= ϕ[β] f¨ gilt. (Wenn Γ erf¨ ullbar ist, dann ist jedes ϕ ∈ Γ erf¨ ullbar; die Umkehrung hiervon gilt jedoch nicht.) Eine beliebige Menge Γ von L-Formeln heißt endlich erf¨ ullbar gdw. jede ¯ ⊂ Γ erf¨ endliche Menge Γ ullbar ist.
Offensichtlich ist jedes erf¨ ullbare Γ auch endlich erf¨ ullbar. Die u ¨ berraschende Aussage, dass hiervon auch die Um-
4.1.4
146
4. Modelle
kehrung gilt, dass n¨ amlich jedes endlich erf¨ ullbare Γ auch erf¨ ullbar ist, ist der Kompaktheitssatz 4.2.6, der im n¨achsten Abschnitt bewiesen wird und der in Abschnitt 4.3 f¨ ur die Konstruktion von Nichtstandardmodellen verwandt werden wird. Sei M ein Modell von L. Sei ϕ eine Formel, in der genau die Variablen vi0 , . . . , vin−1 frei vorkommen. (Wir teilen dann ϕ auch durch ϕ(vi0 , . . . , vin−1 ) mit.) Sei ai0 , . . . , ain−1 ∈ M , der Tr¨ agermenge von M. Wir schreiben dann kurz M |= ϕ(ai0 , . . . , ain−1 ) ur alle j < n. anstelle von: M |= ϕ[β], wobei β(vij ) = aij f¨ Diese Schreibweise ist aufgrund von Satz 4.1.1 sinnvoll. 4.1.5
Sei M ein Modell der durch I, K, J, n gegebenen Sprache L. Sei M die Tr¨ agermenge von M. F¨ ur X ⊂ M schreiben wir Definition 4.1.5
X≺M und sagen, dass X (die Tr¨ agermenge einer) elementare(n) Substruktur von M ist, falls folgendes gilt: (a) f¨ ur k ∈ K ist cM k ∈ X (b) f¨ ur j ∈ J und a0 , . . ., anj −1 ∈ X ist auch fjM (a0 , . . . , anj −1 ) ∈ X (c) Sei M X = (X; (PiM ∩ X ni : i ∈ I), (cM k : k ∈ K), M (fj X : j ∈ J)). (Wegen (a) und (b) ist M X ein Modell von L.) Dann gilt f¨ ur jede L-Formel ϕ und f¨ ur
4.1
Logik erster Stufe
147
jede M X-Belegung β¯ ¯ ⇐⇒ M |= ϕ[β] ¯ . M X |= ϕ[β]
Der folgende Satz wird als Tarski–Vaught-Kriterium bezeichnet. Satz 4.1.1 (Tarski-Vaught) Sei M ein Modell der durch
I, K, J, n gegebenen Sprache L, sei M die Tr¨ agermenge von M, und sei X ⊂ M . Angenommen es gilt f¨ ur jede LFormel ϕ, f¨ ur jedes n ∈ N und f¨ ur jede M X-Belegung ¯ dann existiert ein a ∈ X mit M |= ¯ wenn M |= ∃vn ϕ[β], β: ¯ ϕ[β(vn |a)]. Dann gilt X ≺ M. Beweis: Zuerst lehrt die Betrachtung von ∃v0 v0 = ck f¨ ur ur j ∈ J, dass (a) und k ∈ K und ∃vnj vnj = fj v0 · · · vnj−1 f¨ (b) von Definition 4.1.5 gelten. Wir zeigen ¯ ⇐⇒ M |= ϕ[β] ¯ M X |= ϕ[β] f¨ ur alle Formeln ϕ und alle M X-Belegungen β¯ durch Induktion nach der Formelkomplexit¨ at simultan f¨ ur al¯ Der einzig nichttriviale Fall ist derjenige, dass ϕ le β. ur ein n ∈ N und eine Teilformel ψ von ϕ gleich ∀vn ψ f¨ ¯ dann gilt f¨ ur alle a ∈ M , ist. Nun, wenn M |= ∀vn ψ[β], ¯ ur alle a ∈ X, dass dass M |= ψ[β(vn |a)], also erst recht f¨ ¯ n |a)], und somit gilt mit Hilfe der InduktionsM |= ψ[β(v ¯ voraussetzung, dass M X |= ∀vn ψ[β].
4.1.1
148
4. Modelle
¯ falsch, d. h. M |= ∃vn Sei nun umgekehrt M |= ∀vn ψ[β] ¯ Nach Voraussetzung existiert dann ein a ∈ X mit ¬ψ[β]. ¯ n |a)], und somit gilt mit Hilfe der InduktionsM |= ¬ϕ[β(v ¯ d. h. M X |= voraussetzung, dass M X |= ∃vn ¬ψ[β], ¯ ∀vn ψ[β] ist falsch. 4.1.2
Satz 4.1.2 (L¨ owenheim-Skolem) Sei M ein Modell der
durch I, K, J, n gegebenen Sprache L, wobei I ∪ K ∪ J h¨ ochstens abz¨ ahlbar ist. Sei M die Tr¨ agermenge von M. Dann gibt es ein h¨ ochstens abz¨ ahlbares X ⊂ M mit X ≺ M. Beweis: Wir konstruieren zun¨ achst eine Folge (Xk : k ∈ N) h¨ ochstens abz¨ ahlbarer Teilmengen von M wie folgt. ochstens abz¨ ahlbar. Sei dann Sei X0 ⊂ M nichtleer und h¨ ahlt, so dass Xk h¨ ochstens abz¨ahlbar ist. F¨ ur Xk bereits gew¨ jede Formel der Gestalt ∃vn ϕ(vi0 , . . . , vik−1 ), wobei die Teilformel ϕ(vi0 , . . . , vik−1 ) genau die freien Variablen vi0 , . . ., ur jede Funktion b : {i0 , . . . , ik−1 } → vik−1 enthalte, und f¨ Xk w¨ ahlen wir dann mit Hilfe des Auswahlaxioms 3.2.1 ein x(∃vn ϕ, b) ∈ M , so dass gilt: wenn β¯ : {v0 , v1 , . . .} → Xk , ¯ i ) = b(ik−1 ) und wenn ¯ i ) = b(i0 ), . . ., β(v wobei β(v 0 k−1 ¯ ¯ n |x(∃vn ϕ, b))]. M |= ∃vn ϕ[β], dann gilt auch M |= ϕ[β(v Wegen Satz 4.1.1 kann ein solches x(∃vn ϕ, b), welches nur ¯ anh¨angt, von ∃vn ϕ und von b (und nicht vom Rest“ von β) ” tats¨ achlich gew¨ ahlt werden. Wir setzen dann Xk+1 = Xk ∪ {x(∃vn ϕ, b) : ∃vn ϕ und b sind wie oben} .
4.1
Logik erster Stufe
149
Wegen Problem 4.1.1 und Problem 1.1.11 (b) ist mit Xk auch Xk+1 h¨ ochstens abz¨ ahlbar. Dies beendet die Konstruktion von (Xk : k ∈ N). Aufgrund von Lemma 3.2.17 ist dann X = {Xn : n ∈ N} immer noch h¨ ochstens abz¨ ahlbar. Aufgrund des TarskiVaught-Kriteriums 4.1.1 gilt nun aber X ≺ M. Korollar 4.1.6 Wenn es ein Modell von VGK bzw. von ZFC gibt, dann gibt es auch ein Modell von VGK bzw. von ZFC
mit abz¨ ahlbarer Tr¨ agermenge. Sei M ein Modell der Sprache L. Eine n-stellige Relatiuber M definierbar gdw. es eine Formel on R ⊂ M n heißt ¨ ϕ(v0 , . . . , vn−1 ) gibt, in der genau die Variablen v0 , . . . , vn−1 frei vorkommen, so dass f¨ ur alle a0 , . . . , an−1 ∈ M : (a0 , . . . , an−1 ) ∈ R gdw. M |= ϕ(a0 , . . . , an−1 ) . F¨ ur M = (M ; (Ri : i ∈ I), (ck : k ∈ K), (Fj : j ∈ J)) sind trivialerweise alle Relationen Ri u ¨ber M definierbar; es gibt aber im Allgemeinen noch weitere definierbare Relationen. Betrachten wir etwa wieder das Standard-Modell N = (N; <, 0, 1, +, ·, E) otig, < zu N der Sprache von PA. Es ist nicht wirklich n¨ hinzuzunehmen: die Relation < ist u ¨ber dem Modell (N; 0, +)
4.1.6
150
4. Modelle
mit Hilfe der Formel ∃v2 (v2 = 0 ∧ v0 + v2 = v1 ) definierbar: n<m
gdw. (N; 0, +) |= ∃v2 (v2 = 0 ∧ n + v2 = m) .
Man kann zeigen, dass die Exponentiation u ¨ ber (N; <, 0, 1, +, ·) definierbar ist (siehe z. B. [4]), d. h. dass es eine Formel ϕ gibt, so dass nm = q
gdw. (N; <, 0, 1, +, ·) |= ϕ(n, m, q) .
Auf der anderen Seite ist z. B. die Addition nicht u ¨ ber (N; 0, 1, ·) und die Multiplikation nicht u ¨ber (N; <, 0, 1, +) definierbar (siehe ebenfalls [4]). Ersteres l¨ asst sich folgendermaßen zeigen. 4.1.7
Definition 4.1.7 Seien M und M mit Tr¨ agermengen M
bzw. M zwei Modelle der durch I, K, J, n gegebenen Sprache. Eine injektive Abbildung π : M → M heißt ein Homomorphismus von M nach M gdw. (1) (a0 , . . . , ani −1 ) ∈ PiM gdw. (π(a0 ), . . . , π(ani −1 )) ∈ ur alle i ∈ I und a0 , . . ., ani −1 ∈ M , PiM f¨ M (2) π(ck ) = cM k , und
4.1
Logik erster Stufe
151
(3) π(fjM (a0 , . . . , anj −1 )) = fjM (π(a0 ), . . . , π(anj −1 )) f¨ ur alle j ∈ J und a0 , . . ., anj −1 ∈ M . Die Abbildung π : M → M heißt ein Isomorphismus von M auf M gdw. π ein bijektiver Homomorphismus von M nach M ist, und π heißt Automorphismus gdw. zus¨atzlich M = M gilt. Die folgende Aussage ist leicht zu zeigen (siehe Problem 4.1.9). Satz 4.1.8 Sei π : M → M ein Homomorphismus von M
nach M . Sei β¯ eine M-Belegung, und sei β die durch β¯ induzierte Terminterpretation. Sei die M -Belegung β¯ de¯ n )) f¨ ur n ∈ N, und sei β die finiert durch β¯ (vn ) = π(β(v durch β¯ induzierte Terminterpretation. Dann haben wir: (a) F¨ ur alle Terme τ ist π(β(τ )) = β (τ ). (b) F¨ ur alle Formeln ϕ, in denen keine Quantoren vorkom¯ gdw. M |= ϕ[β¯ ]. men, gilt, dass M |= ϕ[β] (c) Wenn π ein Isomorphismus von M auf M ist, dann ¯ gdw. M |= gilt f¨ ur alle Formeln ϕ, dass M |= ϕ[β] ϕ[β¯ ]. ¨ Die Aquivalenz in (c) bedeutet, dass M |= ϕ(ai0 , . . . , ain−1 ) gdw. M |= ϕ(π(ai0 ), . . . , π(ain−1 )) ,
4.1.8
152
4. Modelle
wenn in der Formel ϕ genau die Variablen vi0 , . . . , vin−1 frei ¯ i ) = ai . ¯ i ) = ai , . . . , β(v vorkommen und β(v 0 0 n−1 n−1 Angenommen nun, die Addition w¨ are u ¨ ber der Struktur (N; 0, 1, ·) definierbar. Dann h¨ atten wir f¨ ur jeden Automorphismus π : N → N von (N; 0, 1, ·), dass π(n + m) = π(n) + π(m) f¨ ur alle n, m ∈ N. W¨ are n¨ amlich ϕ so, dass n + m = q ⇐⇒ (N; 0, 1, ·) |= ϕ(n, m, q) f¨ ur alle n, m, q ∈ N, dann gilt q = n + m gdw. (N; 0, 1, ·) |= ϕ(n, m, q) gdw. (N; 0, 1, ·) |= ϕ(π(n), π(m), π(q)) gdw. π(q) = π(n) + π(m) und damit π(n + m) = π(n) + π(m) f¨ ur alle n, m, q ∈ N. Ein Automorphismus π von (N; 0, 1, ·) nach (N; 0, 1, ·) l¨aßt sich aber wie folgt hinschreiben. Sei (pn : n ∈ N) wie in Problem 1.1.11 die nat¨ urliche Aufz¨ ahlung aller Primzahlen. Setze π(0) = 0, π(1) = 1, π(2) = 3, π(3) = 2 und ur alle i ≥ 2. F¨ ur nat¨ urliche Zahlen n ≥ 2 mit π(pi ) = pi f¨ Primfaktorzerlegung k
m−1 n = pki00 · . . . · pim−1
sei π(n) = π(pi0 )k0 · . . . · π(pim−1 )km−1 . Es gilt dann π(1 + 1) = π(2) = 3 = 2 = 1 + 1 = π(1) + π(1). Widerspruch!
4.1
Logik erster Stufe
153
Problem 4.1.1 Seien I, K, J, n so, dass I ∪ K ∪ J h¨ochstens abz¨ ahlbar ist. Beweisen Sie die folgenden Aussagen.
4.1.1
(a) Es gibt abz¨ ahlbar viele Ausdr¨ ucke in der durch I, K, J, n gegebenen Sprache der Logik erster Stufe. (Hinweis: Problem 1.1.11.) (b) Es gibt abz¨ ahlbar viele Formeln in der durch I, K, J, n gegebenen Sprache der Logik erster Stufe.
Problem 4.1.2 ◦ Welche der folgenden Ausdr¨ ucke der Sprache von PA sind Terme (in polnischer Notation)?
4.1.2
(a) +001 (b) + + ·v4 v6 + 0v1 1 (c) (v3 ∧ v5 )
Problem 4.1.3 ◦ Welche der folgenden Ausdr¨ ucke der Sprache von PA sind Formeln (in polnischer Notation)?
4.1.3
(a) < +01 (b) ∀v3 (= 0v3 ∧ ¬ < v2 + 01)
Problem 4.1.4 ◦ Sei N das oben angegebene Standard-Modell ¯ 1) = 5 der Sprache von PA. Sei β¯ eine N -Belegung, wobei β(v ¯ 5 ) = 7. Sei β die durch β¯ induzierte Terminterpretation. und β(v Berechnen Sie die folgenden Zahlen. (a) β(1 + (v5 · v1 )) (b) β((0 · v3 ) + v5 )
4.1.4
154
4.1.5
4. Modelle
Problem 4.1.5 ◦ Sei M = {1, 2, 3, 4, 5}, und sei R ⊂ M × M durch das folgende Diagramm gegeben.
1 2
5
3
4
Dabei bedeutet ein Pfeil von n nach m, dass (n, m) ∈ R. Setze M = (M ; R). Wir k¨ onnen M als Modell der Sprache L auffassen, wobei L ein zweistelliges Pr¨ adikatsymbol, etwa <, besitzt, welches durch R interpretiert werden soll, d. h. <M = R. Sei β¯ ¯ n ) = n f¨ eine M-Belegung, wobei β(v ur alle n ∈ M . Welche der folgenden Aussagen sind richtig? (a) (b) (c) (d) (e) (f)
4.1.6
¯ M |= (v1 < v4 ∧ v4 < v5 ) → v1 < v5 [β] ¯ M |= (v2 < v4 ∧ v4 < v5 ) → v2 < v5 [β] ¯ M |= (v2 < v3 ∧ v3 < v4 ) → v2 < v4 [β] ¯ M |= ∀v2 ∀v3 ∀v4 ((v2 < v3 ∧ v3 < v4 ) → v2 < v4 )[β] ¯ M |= ¬∃v1 v5 < v1 [β] ¯ M |= ¬∃v1 ∀v2 v2 < v1 [β]
Problem 4.1.6 ◦ Welche der folgenden Formeln der Sprache der Mengenlehre sind S¨ atze? (a) ∀v3 ∃v1 v3 ∈ v1 ∧ v3 ∈ v1 (b) ∀v3 ∃v1 (v3 ∈ v1 ∧ v3 ∈ v1 )
4.1
Logik erster Stufe
155
Problem 4.1.7 Zeigen Sie die folgenden Aussagen. Dabei seien S und T einstellige Pr¨ adikatsymbole, R sei ein zweistelliges Pr¨ adikatsymbol und τ und σ seien Terme. (a) (b) (c) (d) (e) (f) (g) (h) (i)
4.1.7
|= ∀v0 v0 = v0 |= ∃v0 v0 = v0 ∃v0 ∃v1 v0 = v1 ist nicht g¨ ultig {∃v0 ∃v1 ∃v2 (v0 = v1 ∧ v1 = v2 ∧ v0 = v2 )} |= ∃v0 ∃v1 v0 = v1 . |= ∃v0 ∀v1 Rv0 v1 → ∀v1 ∃v0 Rv0 v1 . |= ∀v0 (Sv0 → T v0 ) → (∀v0 Sv0 → ∀v0 T v0 ). (∀v0 Sv0 → ∀v0 T v0 ) → ∀v0 (Sv0 → T v0 ) ist nicht g¨ ultig. |= ∀v0 Sv0 → Sv1 . |= Rτ σ → ∃v2 ∃v3 Rv2 v3 .
Problem 4.1.8 ◦ Finden Sie eine Formelmenge Γ, so dass Γ nicht erf¨ ullbar ist, aber jedes ϕ ∈ Γ erf¨ ullbar ist.
4.1.8
Problem 4.1.9 Beweisen Sie Satz 4.1.8!
4.1.9
Das folgende Problem befasst sich mit der Frage der Absolutheit von Formeln zwischen verschiedenen Modellen. Sei ϕ eine Formel der Sprache von PA. Dann ist ϕ eine Σ0 – Formel gdw. ϕ in jeder Menge M von Formeln der Sprache ur die gilt: von PA liegt, f¨ (a) jede atomare Formel liegt in M , und (b) wenn ψ und ψ in M liegen, wenn i ∈ N und wenn τ ein Term ist, in dem die Variable vi nicht vorkommt, dann liegen auch ¬ψ, (ψ ∧ ψ ) und ∀vi (vi < τ → ψ) in M .
156
4. Modelle
(Unter Ben¨ utzung der Abk¨ urzungen liegen dann auch (ψ ∨ ψ ), (ψ → ψ ), (ψ ↔ ψ ) und ∃vi (vi < τ ∧ ψ) in M . Man schreibt of ∀vi < τ ψ anstelle von ∀vi (vi < τ → ψ) und ∃vi < τ ψ anstelle von ∃vi (vi < τ ∧ ψ).) Eine Formel ϕ der Sprache von PA heißt eine Σ1 –Formel gdw. ϕ von der Gestalt ∃vi0 · · · ∃vik ψ ist, wobei ψ eine Σ0 -Formel ist. Eine Formel ϕ der Sprache von PA heißt eine Π1 –Formel gdw. ϕ von der Gestalt ∀vi0 · · · ∀vik ψ ist, wobei ψ eine Σ0 -Formel ist. 4.1.10
Problem 4.1.10 ∗ Sei M mit Tr¨agermenge M ein Modell der Sprache von PA, und sei X ⊂ M so, dass M X ebenfalls ein Modell der Sprache von PA ist, wobei zus¨ atzlich aus b <M a und a ∈ X stets b ∈ X folgen soll. Sei β¯ eine M X-Belegung. Zeigen Sie die folgenden Aussagen. ¯ gdw. M |= (a) Sei ϕ eine Σ0 -Formel. Es gilt M X |= ϕ[β] ¯ ϕ[β]. (Hinweis: Induktion nach der Komplexit¨ at von ϕ. ¯ wobei vn in τ nicht vorWenn M |= ∃vn (vn < τ ∧ ψ)[β], kommt und β¯ eine M X-Belegung ist, dann gilt f¨ ur jedes ¯ n |b) induzierte Terminterpreb ∈ M und f¨ ur jede durch β(v ¯ n |b)] tation β, dass β(τ ) ∈ X, so dass M |= (vn < τ ∧ ψ)[β(v liefert, dass b ∈ X.) ¯ dann gilt auch (b) Sei ϕ eine Σ1 -Formel. Wenn M X |= ϕ[β], ¯ M |= ϕ[β].
4.1
Logik erster Stufe
157
¯ dann gilt auch (c) Sei ϕ eine Π1 -Formel. Wenn M |= ϕ[β], ¯ M X |= ϕ[β].
Problem 4.1.11 Sei L die Sprache der Gruppentheorie, d. h. L enthalte die Konstante 0 f¨ ur das neutrale Element und das Symbol + f¨ ur die Addition. Dann sind z. B. (R2 ; (0, 0), +), (Z; 0, +), (Q; 0, +), (R; 0, +) und (R \ {0}; 1, ·) Modelle von L. Beweisen Sie die folgen Aussagen.
4.1.11
(a) {(x, y) ∈ R2 : x = 0} ist nicht u ¨ ber (R2 ; (0, 0), +) definierbar. (b) {(x, y) ∈ Z2 : x ≤ y} ist nicht u ¨ ber (Z; 0, +) definierbar. (c) {(x, y, z) ∈ Q3 : x·y = z} ist nicht u ¨ ber (Q; 0, +) definierbar. (d) {x ∈ R : x = π} ist weder u ¨ ber (R; 0, +) noch u ¨ ber (R; 1, ·) definierbar. (Hierbei ist π die Kreiszahl.) (e) Q \ {0} ist nicht u ¨ ber (R \ {0}; 1, ·) definierbar.
Problem 4.1.12 Sei wieder N = (N; <, 0, 1, +, ·, E). Beweisen Sie die folgen Aussagen. Dabei sei wieder (pn : n ∈ N) die nat¨ urliche Aufz¨ ahlung aller Primzahlen. (a) {p ∈ N : p ist eine Primzahl } ist u ¨ber N definierbar. (b) {(n, pn ) ∈ N × N : n ∈ N} ist u ¨ber N definierbar. (Hinweis: m = pn gdw. m eine Primzahl ist und es eine Zahl q der GeQ stalt i≤k pi+1 gibt, so dass zwar mn+1 , aber nicht mn+2 , i die Zahl q teilt.) (c) Die Menge C aller n ∈ N, welche von der Gestalt Y j(i)+1 pi i
4.1.12
158
4. Modelle
f¨ ur geeignete k, j(0), . . ., j(k − 1) ∈ N sind, ist u ¨ ber N Q j(i)+1 definierbar. (F¨ ur n = i i und j = j(i)} ist u ¨ ber N definierbar.
Die folgende Aufgabe besch¨ aftigt sich mit einer G¨odeli” sierung“ der Sprache von PA. Die Ergebnisse werden im Abschnitt 4.4 beim Beweis von Satz 4.4.1 benutzt. j(i)+1 j (i)+1 , m = i
4.1
Logik erster Stufe
159
Der Begriff der Π1 -Definierbarkeit ist v¨ ollig analog definiert. Problem 4.1.13 ∗ Zeigen Sie die folgenden Aussagen: (a) {(n, m, n m) : n, m ∈ C} ist u ¨ ber N sowohl Σ1 - als auch Π1 -definierbar. (b) T = {n ∈ C : n kodiert einen Term der Sprache von PA } ist u ¨ ber N sowohl Σ1 - als auch Π1 -definierbar. (Hinweis: n ∈ T gdw. eine (endliche) Folge mit letztem Folgenglied n existiert, so dass jedes Folgenglied entweder eine Variable oder eine Konstante ist oder aus fr¨ uheren Folgengliedern durch Verschachteln hervorgeht. Benutzen Sie dann (a).) (c) Sei TI = {(n, i, m, q) ∈ T ×N×C ×N : n kodiert einen Term τ der Sprache von PA, dessen Variablen in {v0 , . . . , vi } enthalten sind, m kodiert eine Folge der Gestalt (k0 , . . . , ki ), und β(τ ) = q, wobei β die durch ein β¯ induzierte Termin¯ k ) = kk }. Dann ¯ 0 ) = k0 , . . ., β(v terpretation ist, so dass β(v ist TI u ber N sowohl Σ als auch Π -definierbar. ¨ 1 1 (d) At = {n ∈ C : n kodiert eine atomare Formel der Sprache von PA } ist u ¨ ber N sowohl Σ1 - als auch Π1 -definierbar. (Hinweis: Benutzen Sie (b).) (e) F0 = {n ∈ C : n kodiert eine Σ0 -Formel der Sprache von PA }, F = {n ∈ C : n kodiert eine Formel der Sprache von PA } und F˜ = {(n, n ¯ ) ∈ C × C : n kodiert eine Formel ϕ der Sprache von PA und n ¯ kodiert eine Teilformel von ϕ } sind u ¨ ber N jeweils sowohl Σ1 - als auch Π1 -definierbar. (Hinweis: Benutzen Sie (c) und die Methode des Beweises von (b).) (f) Ax = {n ∈ C : n kodiert ein Axiom von PA } ist u ¨ ber N sowohl Σ1 - als auch Π1 -definierbar.
4.1.13
160
4. Modelle
(g) Sei |=0 die Menge aller (n, i, m) ∈ F0 × N × C, so dass n ∈ F0 eine Σ0 -Formel ϕ von PA kodiert, deren Variablen in {v0 , . . . , vi } enthalten sind, m eine Folge der Ge¯ f¨ stalt (k0 , . . . , ki ) kodiert und N |= ϕ[β] ur alle (eine) Be¯ ¯ legung β gilt, so dass β(vj ) = kj f¨ ur alle j ≤ i. Dann ist |=0 u ¨ber N sowohl Σ1 - als auch Π1 -definierbar. (Hinweis: (n, i, m) ∈ |=0 gdw. ein K ∈ N und eine (endliche) Folge f von Tripeln (n , m , k) ∈ F0 × C × {0, 1} mit Folgenglied (n, m, 1) existiert, so dass n eine Σ0 -Formel ϕ kodiert und folgendes gilt: (i) wenn n eine Teilformel von ϕ kodiert und wenn m eine Folge der Gestalt (k0 , . . . , ki ) mit k0 , . . ., kj < K kodiert, dann gibt es genau ein Folgenglied von f der Gestalt (n , m , k) f¨ ur ein k ∈ {0, 1}, (ii) wenn (n , m , k) ein Folgenglied von f ist, dann kodiert n eine Teilformel von ϕ und m kodiert eine Folge der Gestalt (k0 , . . . , ki ) mit k0 , . . ., ki < N , (iii) wenn (n , m , k) ein Folgenglied von f ist, wobei n eine atomare Formel ψ kodiert, dann gilt k = 1 gdw. ψ wahr in N unter der durch m gegebenen Belegung ist, (iv) wenn (n , m , k) ein Folgenglied von f ist, wobei n eine Formel der Gestalt ¬ψ kodiert, dann ist (¯ n, m , 1 − k) Folgenglied von f , wobei n ¯ die Formel ψ kodiert, (v) wenn (n , m , k) ein Folgenglied von f ist, wobei n eine Formel der Gestalt (ψ1 ∧ ψ2 ) kodiert, dann gilt k = 1 gdw. sowohl (¯ n, m , 1) als auch (m, ¯ m , 1) Folgenglieder ¯ die Formel von f sind, wobei n ¯ die Formel ψ1 und m ψ2 kodiert, und (vi) wenn (n , m , k) ein Folgenglied von f ist, wobei n eine Formel der Gestalt ∀vj (vj < τ → ϕ) kodiert, dann gilt k = 1 gdw. f¨ ur alle x < K das Tripel (¯ n, m , 1) Folgenglied von f ist, wobei n ¯ die Formel vj < τ → ϕ
4.1
Logik erster Stufe
161
kodiert und m eine Belegung kodiert, die aus der von m kodierten Belegung dadurch hervorgeht, dass x als Wert f¨ ur die Variable vj angenommen wird.)
162
4.2
4. Modelle
4.2 Ultraprodukte und Kompaktheit Wir wollen nun die Methode der Ultraproduktbildung von Modellen kennenlernen.
4.2.1
Definition 4.2.1 Sei I = ∅ eine beliebige Menge. Eine Men-
ge F von Teilmengen von I heißt ein Filter auf I gdw. (a) wenn X ∈ F und Y ∈ F , dann ist auch X ∩ Y ∈ F , (b) wenn X ∈ F und Y ⊃ X, wobei Y ⊂ I, dann ist auch Y ∈ F, (c) I ∈ F , und (d) ∅ ∈ F . Sei etwa u eine nichtleere Teilmenge von I. Dann ist {X ⊂ I : u ⊂ X} ein Filter auf I. Dieser heißt der von u erzeugte prinzipale Filter. Ein Spezialfall hiervon liegt vor, falls u = {σ} f¨ ur ein σ ∈ I. Sei I unendlich. Dann ist {X ⊂ I : I\X ist endlich} ein Filter auf I, der aus allen koendlichen Teilmengen von I besteht. Dieser heißt der Frech´ et–Filter auf I. 4.2.2
Definition 4.2.2 Sei I = ∅, und sei F ein Filter auf I. Dann
heißt F Ultrafilter auf I gdw. f¨ ur jedes X ⊂ I gilt: X ∈ F oder I\X ∈ F .
4.2
Ultraprodukte und Kompaktheit
163
Wenn F Ultrafilter auf I ist, dann gilt f¨ ur jedes X ⊂ I genau eine der beiden Aussagen X ∈ F und I\X ∈ F . Mit Hilfe des Hausdorffschen Maximalit¨ atsprinzips 3.2.13 (vgl. Problem 4.2.2) zeigt man den folgenden Satz von Tarski. Satz 4.2.3 (Tarski) Sei I = ∅, und sei F ein Filter auf I.
4.2.3
Dann existiert ein Ultrafilter U auf I, der F fortsetzt, d. h. so dass U ⊃ F . Sei nun L eine Sprache der Logik erster Stufe, welche durch I, K, J, n gegeben ist. Sei I = ∅, und sei f¨ ur jedes σ ∈ I ein L-Modell Mσ gegeben. Sei weiterhin U ein Ultrafilter auf I. Wir wollen dann das Ultraprodukt der Modelle Mσ mittels U , in Zeichen Mσ /U , σ∈I
definieren. Wir definieren zun¨achst die Tr¨ agermenge des Ultraprodukagermenge des Modells tes. Mit Mσ bezeichnen wir die Tr¨ Mσ . Es sei F ∗ die Menge aller Funktionen f mit Definitionsbereich I, so dass f (σ) ∈ Mσ f¨ ur alle σ ∈ I. F¨ ur f, g ∈ F ∗ schreiben wir f ∼g gdw. {σ ∈ I : f (σ) = g(σ)} ∈ U . ¨ Lemma 4.2.4 ∼ ist eine Aquivalenzrelation. Beweis: Lediglich die Transitivit¨ at von ∼ ist nicht trivial. Aus f ∼g und g∼h, d. h. {σ ∈ I : f (σ) = g(σ)} ∈ U und
4.2.4
164
4. Modelle
{σ ∈ I : g(σ) = h(σ)} ∈ U folgt aber wegen {σ ∈ I : f (σ) = h(σ)} ⊃ {σ ∈ I : f (σ) = g(σ)} ∩ {σ ∈ I : g(σ) = h(σ)}, dass {σ ∈ I : f (σ) = h(σ)} ∈ U , also f ∼h. ¨ Wir schreiben [f ] f¨ ur die Aquivalenzklasse von f ∈ F ∗ , ∗ ur die d. h. [f ] = {g ∈ F : g∼f }. Wir schreiben auch F f¨ Menge aller [f ] mit f ∈ F ∗ . F wird die Tr¨agermenge des Ultraproduktes sein, welches wir mit M bezeichnen wollen. Um M zu definieren, m¨ ussen wir neben der Tr¨agermenge ur i ∈ I, ck f¨ ur k ∈ K und fj die Interpretationen von Pi f¨ f¨ ur j ∈ J angeben. Dies geschieht wie folgt. Wir setzen, f¨ ur i ∈ I, ([f0 ], . . . , [fni −1 ]) ∈ PiM ⇐⇒ {σ ∈ I : (f0 (σ), . . . , fni −1 (σ)) ∈ PiMσ } ∈ U , f¨ ur k ∈ K, Mσ f¨ ur alle σ ∈ I , cM k = [f ] , wobei f (σ) = ck
und schließlich f¨ ur j ∈ J, fjM ([f0 ], . . . , [fnj −1 ]) = [f ] , wobei f (σ) = fjMσ (f0 (σ), . . . , fnj −1 (σ)) f¨ ur alle σ ∈ I . Aufgrund von Problem 4.2.3 sind dadurch die PiM , cM k und fjM wohldefiniert. Dieses so konstruierte Modell M = (F; (PiM : i ∈ I), (fjM : j ∈ J), (cM k : k ∈ K))
4.2
Ultraprodukte und Kompaktheit
165
bezeichnen wir als das Ultraprodukt der Modelle Mi mittels U . Lemma 4.2.5 Sei, f¨ ur σ ∈ I, β¯σ eine Mσ -Belegung, und sei
ur k ∈ N die σ∈I Mσ /U -Belegung β¯ wie folgt definiert: f¨ ¯ ¯ ur alle σ ∈ I. Sei sei β(vk ) = [f ], wobei f (σ) = βσ (vk ) f¨ β die durch β¯ induzierte Terminterpretation, und sei, f¨ ur σ ∈ I, βσ die durch β¯σ induzierte Terminterpretation. Sei schließlich f¨ ur einen beliebigen Term τ die Funktion hτ mit Definitionsbereich I definiert durch hτ (σ) = βσ (τ ). Dann gilt f¨ ur jeden Term τ , dass β(τ ) = [hτ ] . Beweis durch Induktion nach der Komplexit¨ at von τ . Wir ˜ = M /U . schreiben M σ σ∈I ur k ∈ N, dann Wenn τ eine Variable ist, etwa gleich vk f¨ ¯ ¯ ur gilt β(τ ) = β(vk ) = [f ], wobei f (σ) = βσ (vk ) = βσ (τ ) f¨ alle σ ∈ I, also β(τ ) = [hτ ]. Wenn τ eine Konstante ist, ˜ ur k ∈ K, dann gilt β(τ ) = cM etwa gleich ck f¨ k = [f ], wobei Mσ ur alle σ ∈ I, also β(τ ) = [hτ ]. f (σ) = ck = βσ (τ ) f¨ Sei nun τ gleich fj (τ0 , . . . , τnj −1 ) f¨ ur j ∈ J und Terme τ0 , ˜ . . ., τnj −1 . Dann gilt β(τ ) = fjM (β(τ0 ), . . . , β(τnj −1 )) = ˜ fjM ([hτ0 ] . . . , [hβ(τnj −1 ) ]) nach Induktionsvoraussetzung, = [f ], wobei f (σ) = fjMσ (βσ (τ0 ), . . . , βσ (τnj −1 )) = βσ (τ ) f¨ ur alle σ ∈ I, also β(τ ) = [hτ ]. Die folgende Aussage, der Satz von L o´ s, ist von zentraler Bedeutung.
4.2.5
166
4.2.6
4. Modelle
(Lo´ s) Sei, f¨ ur σ ∈ I, β¯σ eine Mσ -Belegung, ur und sei die σ∈I Mσ /U -Belegung β¯ wie folgt definiert: f¨ ¯ k ) = [f ], wobei f (σ) = β¯σ (vk ) f¨ ur alle σ ∈ I. k ∈ N sei β(v Dann gilt f¨ ur alle Formeln ϕ ¯ gdw. {σ ∈ I : Mσ |= ϕ[β¯σ ]} ∈ U . Mσ /U |= ϕ[β]
Satz 4.2.6
σ∈I
Beweis durch Induktion nach der Komplexit¨at von ϕ. Wir ˜ f¨ schreiben wieder M ur σ∈I M/U . Sei zun¨ achst ϕ atomar. Sei etwa ϕ die Formel τ = τ , wobei ¯ gdw. β(τ ) = ˜ |= τ = τ [β] τ und τ Terme sind. Dann gilt M ¯ β(τ ), wobei β die durch β induzierte Terminterpretation ist, gdw. [hτ ] = [hτ ], wobei hτ und hτ wie in Lemma 4.2.5 definiert sind, gdw. {σ ∈ I : βσ (τ ) = βσ (τ )} ∈ U , wobei βσ jeweils die durch β¯σ induzierte Terminterpretation ist, gdw. ur die u {σ ∈ I : Mσ |= τ = τ [β¯σ ]} ∈ U . F¨ ¨ brigen atomaren F¨ alle ist das Argument v¨ ollig analog. Sei nun ϕ die Formel ¬ψ. Hier benutzt der Induktionsschritt die Tatsache, dass U ein Ultrafilter (und nicht etwa nur ein ¯ gdw. es nicht der Filter) auf I ist. Es gilt M |= ¬ψ[β] ¯ Fall ist, dass M |= ψ[β] gdw. {σ ∈ I : Mσ |= ψ[β¯σ ]} ∈ U nach Induktionsvoraussetzung, gdw. {σ ∈ I : nicht: Mσ |= ψ[β¯σ ]} ∈ U , da U ein Ultrafilter ist, gdw. {σ ∈ I : Mσ |= ¬ψ[β¯σ ]} ∈ U . Der Induktionsschritt f¨ ur ϕ gleich ψ ∧ ψ ist sehr einfach. Wir betrachten schließlich den Fall, dass ϕ die Formel ∀vk ψ ist.
4.2
Ultraprodukte und Kompaktheit
167
Setzen wir zun¨ achst voraus, dass {σ ∈ I : Mσ |= ∀vk ψ[β¯σ ]} ∈ U . Sei [f ] ∈ F beliebig. Dann gilt {σ ∈ I : Mσ |= ψ[β¯σ (vk |f (σ))]} ⊃ {σ ∈ I : Mσ |= ∀vk ψ[β¯σ ]} , also {σ ∈ I : Mσ |= ψ[β¯σ (vk |f (σ))]} ∈ U . Die Induk¯ k |[f ])]. Da [f ] ˜ |= ψ[β(v tionsvoraussetzung liefert dann M ¯ beliebig war, haben wir also M |= ∀vk ψ[β] gezeigt. / U, Setzen wir nun voraus, dass {σ ∈ I : Mσ |= ∀vk ψ[β¯σ ]} ∈ d. h. {σ ∈ I : Mσ |= ∃vk ¬ψ[β¯σ ]} ∈ U . Wir wollen zeigen, ¯ nicht gilt, d. h. M ¯ Mit ˜ |= ∃vk ¬ψ[β]. ˜ |= ∀vk ψ[β] dass M ∗ Hilfe des Auswahlaxioms finden wir ein f ∈ F , so dass ur alle σ ∈ I, f¨ ur die ein a ∈ Mσ Mσ |= ¬ψ[β¯σ (vk |f (σ))] f¨ mit Mσ |= ¬ψ[β¯σ (vk |a)] existiert. Dann gilt offensichtlich {σ ∈ I : Mσ |= ¬ψ[β¯σ (vk |f (σ))]} = {σ ∈ I : Mσ |= ∃vk ¬ψ[β¯σ ]} ∈ U , ˜ |= und damit mit Hilfe der Induktionsvoraussetzung M ¯ ¯ ˜ unscht. ¬ψ[β(vk |[f ])], also M |= ∃vk ¬ψ[β] wie gew¨ Mit Hilfe der Methode der Ultrapotenzkonstruktion zeigt sich nun sehr leicht der Kompaktheitssatz der Logik erster Stufe. Satz 4.2.7 (Kompaktheitssatz) Sei Σ eine endlich erf¨ ullbare Menge von L-Formeln, d. h. f¨ ur jedes endliche σ ⊂ Σ
4.2.7
168
4. Modelle
existiert ein L-Modell Mσ und eine Mσ -Belegung β¯σ mit Mσ |= σ[β¯σ ] . ˜ und eine M-Belegung ˜ Dann existiert ein L-Modell M β¯ ¯ ˜ mit M |= Σ[β]. Beweis: Sei I die Menge aller endlichen Teilmengen von Σ. F¨ ur σ ∈ I sei Xσ = {τ ∈ I : τ ⊃ σ} . Die Mengen Xσ genieren einen Filter F auf I wie folgt: Wir setzen X∈F
gdw. ∃σ ∈ I X ⊃ Xσ .
Behauptung: F ist ein Filter auf I. Beweis: (a): Seien X, Y ∈ F . Seien σ, τ ∈ I so, dass X ⊃ Xσ und Y ⊃ Xτ . Dann gilt X ∩Y ⊃ Xσ ∩Xτ = Xσ∪τ , also auch X∩Y ∈ F . (b) ist trivial. (c): Da ∅ ∈ I, gilt I ∈ F . ur alle σ ∈ I, gilt ∅ ∈ / F. (d): Da σ ∈ Xσ f¨ Sei nun (mit Hilfe des Satzes 4.2.3 von Tarski) U ein Ultrafilter auf I, der F fortsetzt. Wir setzen dann ˜ = Mσ /U . M σ∈I
¯ k ) = [f ], wo˜ Wir definieren eine M-Belegung β¯ durch: β(v ¯ ur alle σ ∈ I. Es gen¨ ugt nun zu zeigen, bei f (σ) = βσ (vk ) f¨ ˜ |= Σ[β]. ¯ Sei also ϕ ∈ Σ. Dann folgt aus ϕ ∈ σ (d. h. dass M
4.2
Ultraprodukte und Kompaktheit
169
{ϕ} ⊂ σ}), dass Mσ |= ϕ[β¯σ ], also {σ ∈ I : Mσ |= ϕ[β¯σ ]} ⊃ X{ϕ} ∈ U , und damit auch {σ ∈ I : Mσ |= ϕ[β¯σ ]} ∈ U . Auf ¯ wie ˜ |= ϕ[β] Grund des Satzes 4.2.6 von L o´ s gilt dann M gew¨ unscht. Ein Spezialfall von Ultraprodukten ist die Ultrapotenz. Sei I = ∅, und sei U ein Ultrafilter auf I. Sei M ein L-Modell, ur alle σ ∈ I. Dann schreiben wir: und sei Mσ = M f¨ Ult (M; U )
f¨ ur σ∈I Mσ /U und nennen dies die Ultrapotenz von M mittels U . Der Satz von L o´ s ergibt sofort das folgende Korollar 4.2.8 Sei β¯ eine M-Belegung, und sei die Ult(M; U )-Belegung β¯∗ definiert durch β¯∗ (vk ) = [cβ(v ¯ k ) ], wobei ¯ cβ(v ¯ k ) die konstante Funktion mit Wert β(vk ) (und Definitionsbereich I) ist. Dann gilt
¯ Ult(M; U ) |= ϕ[β¯∗ ] gdw. M |= ϕ[β] f¨ ur alle Formeln ϕ. Es existiert auch eine nat¨ urliche Einbettung“ (d. h. einen ” Homomorphismus) e von M nach Ult (M; U ). F¨ ur ein a in der Tr¨ agermenge von M setzen wir e(a) = [ca ], wobei ca die konstante Funktion mit Wert a (und Definitionsbereich I) ist.
4.2.8
170
4.2.9
4. Modelle
Korollar 4.2.9 Es gilt
Ult(M; U ) |= ϕ(e(a0 ), . . . , e(aj−1 )) gdw. M |= ϕ(a0 , . . . , aj−1 ) f¨ ur alle Formeln ϕ und a0 , . . . , aj−1 in der Tr¨agermenge von M. 4.2.1
Problem 4.2.1 Zeigen Sie, dass f¨ ur unendliches I der Frech´ etFilter auf I tats¨ achlich ein Filter ist.
4.2.2
Problem 4.2.2 Beweisen Sie Satz 4.2.3! (Hinweis: Betrachten Sie die Menge F aller Filter G auf I mit G ⊃ F .)
4.2.3
Problem 4.2.3 Zeigen Sie, dass PiM , cM und fjM durch die k obigen Anweisungen wohldefiniert sind. Hierf¨ ur ist folgendes zu zeigen. (Die Wohldefiniertheit von cM ergibt sich aus dem Ark gument f¨ ur (b)!) (a) Sei i ∈ I, und seien f0 , . . ., fni −1 , f0 , . . ., fn i −1 ∈ F ∗ , wobei f0 ∼f0 , . . ., fni −1 ∼fn i −1 . Dann gilt {σ ∈ I : (f0 (σ), . . . , fni −1 (σ)) ∈ PiMσ } ∈ U ⇐⇒ {σ ∈ I : (f0 (σ), . . . , fn i −1 (σ)) ∈ PiMσ } ∈ U . (b) Sei j ∈ J, und seien f0 , . . ., fnj −1 , f0 , . . ., fn j −1 ∈ F ∗ , wobei f0 ∼f0 , . . ., fnj −1 ∼fn j −1 . Seien f , f ∈ F ∗ so, dass f (σ) = fjMσ (f0 (σ), . . . , fnj −1 (σ)) und f (σ) = fjMσ (f0 (σ), . . . , fn j −1 (σ)) f¨ ur alle σ ∈ I. Dann gilt f ∼f .
4.2
Ultraprodukte und Kompaktheit
171
Problem 4.2.4 Sei in der Situation von Satz 4.2.6 U = {X ⊂ I : σ ∈ X} f¨ ur ein σ ∈ I. Dann gibt es einen Isomorphismus Y Mσ /U . f : Mσ →
4.2.4
σ∈I
Problem 4.2.5 Konstruieren Sie eine Sprache L der Logik erster Stufe und eine Menge Σ von L-S¨ atzen, so dass f¨ ur jedes Modell M von Σ gilt: wenn die Tr¨ agermenge M von M endlich ist, dann besitzt M eine gerade Anzahl von Elementen; dar¨ uber hinaus soll gelten: wenn die Menge M endlich ist und eine gerade Anzahl von Elementen besitzt, dann ist M Tr¨ agermenge eines Modells M von Σ.
4.2.5
Problem 4.2.6 Sei L eine beliebige Sprache der Logik erster Stufe. Konstruieren Sie eine Menge Σ von L-S¨ atzen, so dass f¨ ur jedes Modell M gilt:
4.2.6
M |= Σ ⇔ M besitzt eine unendliche Tr¨ agermenge.
Problem 4.2.7 Sei L eine beliebige Sprache der Logik erster Stufe. Zeigen Sie, dass es keine Menge Σ von L-S¨ atzen gibt, so dass f¨ ur jedes Modell M gilt: M |= Σ ⇔ M besitzt eine endliche Tr¨ agermenge.
Die L¨ osung des Problems 4.2.7 kann benutzt werden um zu zeigen, dass es keine Menge Σ von S¨ atzen der Sprache der K¨orpertheorie gibt, so dass diejenigen K¨ orper, die Modelle von Σ sind, genau diejenigen sind, welche positive Charakteristik besitzen (vgl. [1]).
4.2.7
172
4.2.8
4. Modelle
Problem 4.2.8 Sei L eine beliebige Sprache der Logik erster Stufe, Sei Σ eine beliebige Menge von L-S¨ atzen, und sei M ein L-Modell, so dass M |= Σ gilt. Sei X eine beliebige Menge. Zeigen Sie: es existiert ein L-Modell M mit Tr¨ agermenge M , so dass M |= Σ und X ⊂ M . (Hinweis: Sei M die Tr¨ agermenge von M. F¨ ugen Sie zur Sprache L f¨ ur jedes x ∈ M eine eigene neue Konstante cx hinzu, und betrachten Sie die Satzmenge Σ ∪ {cx = cy : x = y} in der erweiterten Sprache.)
Die Aussage von Problem 4.2.8 wird als aufsteigender L¨ owenheim-Skolem–Satz gehandelt.
4.3
Nichtstandard-Modelle
173
4.3 Nichtstandard-Modelle Mit Hilfe der Methode der Ultraproduktkonstruktion lassen sich sehr leicht Nichtstandardmodelle“ angeben. Unter ” einem Nichtstandard-Modell der Arithmetik versteht man beispielsweise ein Modell der Sprache von PA, welches zwar ullt, jedoch nicht isomorph zum alle Axiome von PA erf¨ Standard-Modell N = (N; <, 0, 1, +, ·, E) ist. Sei n¨ amlich etwa U ein Ultrafilter auf N, der den Frech´ et-Filter auf N fortsetzt. Dann ist U lt(N ; U ), wie wir nun zeigen wollen, nicht isomorph zu N . Das Modell U lt(N ; U ) wird unendlich große“ Zahlen enthalten. ” Wir wollen zun¨ achst zeigen, dass Modelle der S¨atze (Q1) bis (Q9) der Peano-Arithmetik PA aus Abschnitt 1.2 eine isomorphe Kopie“ von N enthalten. ” Sei M = (M ; <M , 0M , 1M , +M , ·M , ∧M ) ein Modell der S¨ atze (Q1) bis (Q9). (Wir schreiben hier und im Folgenden oft ∧ anstelle des unsichtbaren Expontentiationssymbols.) Betrachten wir die Funktion πM = π : N → M , die wie folgt definiert ist: π(n) = (· · · ((0M +M 1M ) +M 1M ) +M · · · ) +M 1M , n-viele 1M
ur n ∈ N. d. h., π(0) = 0M und π(n + 1) = π(n) +M 1M f¨
4.3
174
4. Modelle
Sei π(m) = π(n) f¨ ur m ≤ n ∈ N. Mit Hilfe von (n − m)facher Anwendung von (Q2) ist dann π(n − m) = 0M , auf Grund von (Q1) also n − m = 0, d. h. m = n. Es ist also π injektiv. Wir werden sp¨ ater sehen, dass f nicht surjektiv sein muss. Sei m ∈ N. Mit Hilfe von (Q9) zeigt man dann leicht inur alle n > m gilt. duktiv, dass f (m) <M f (n) f¨ Ebenso leicht zeigt man mit Hilfe von (Q3) bis (Q8), dass f¨ ur alle m, n ∈ N gilt: π(m+ n) = π(m)+M π(n), π(m·n) = π(m) ·M π(n) und π(mn ) = π(m)∧M π(n). Wir haben damit gesehen, dass π ein Homomorphismus ist. Nehmen wir nun zus¨ atzlich an, dass N und M isomorph sind. Sei π : N → M ein Isomorphismus. Es ist leicht inur alle n ∈ N duktiv zu zeigen, dass dann π (n) = πM (n) f¨ gelten muss. (Siehe Problem 4.3.1.) Es gilt also: 4.3.1
Satz 4.3.1 Wenn M ein Modell der S¨ atze (Q1) bis (Q9) von PA ist, dann ist M isomorph zu N , gdw. πM surjektiv ist.
Sei nun M ein Modell der S¨ atze (Q1) bis (Q11) von PA, d. h. der Theorie Q. Mit Hilfe von (Q9) bis (Q11) ist leicht zu sehen, dass f¨ ur alle n ∈ N und f¨ ur alle x außerhalb des Wertebereichs von πM gelten muss: πM (n) <M x (vgl. Problem 4.3.2). Ein solches x ist also unendlich groß“. Wir ” bezeichnen mit Th(N ) die Menge aller S¨ atze ϕ der Spraur Theorie“.) Selbstche von PA mit N |= ϕ. (Th steht f¨ ” verst¨ andlich gilt N |= Th(N ) .
4.3
Nichtstandard-Modelle
175
Satz 4.3.2 Es existiert ein M mit abz¨ ahlbarer Tr¨ agermenge
und M |= Th(N ), so dass M und N nicht isomorph sind. Beweis: Der Beweis ist eine Anwendung des Kompaktheitssatzes 4.2.7. Wir erweitern die Sprache von PA durch Hinzunahme einer neuen Konstanten, c. Nennen wir die so erweiterte Sprache Lc . Sei n ∈ N. Dann ist ¬(· · · ((0 + 1) + 1) + · · · ) + 1 = c n-viele 1
ein Satz der Sprache Lc . (Dieser Satz sagt anschaulich gesprochen, dass das durch c bezeichnete Objekt verschieden von n ist.) Nennen wir diesen Satz ϕn . Wir betrachten nun die Menge T = Th(N ) ∪ {ϕn |n ∈ N} von S¨ atzen der Sprache Lc . T ist erf¨ ullbar. Sei n¨amlich T ⊂ T endlich. Aufgrund des Kompaktheitssatzes 4.2.7 gen¨ ugt ullbar ist. es zu zeigen, dass T erf¨ Es existiert offensichtlich ein n0 ∈ N, so dass T ⊂ Th(N ) ∪ {ϕn |n < n0 } . Es ist dann einfach zu sehen, dass N = (N; <, 0, 1, n0, +, ·, E) |= T .
4.3.2
176
4. Modelle
Hierbei beabsichtigen wir
Setze ˜
˜
˜
˜
˜
˜
M = (M ; <M , 0M , 1M , +M , ·M , ∧ M ) . Selbstverst¨ andlich gilt M |= Th(N ) . are surjektiv. Dann existiert ein Angenommen, π = πM w¨ ˜ ˜ |= ϕn , d. h. n ∈ N mit π(n) = cM . Es gilt M ˜ |= ¬(· · · ((0 + 1) + 1) + · · · ) + 1 = c . M n-viele 1
~
cM
~ M ¼M N
0
1
2
4.3
Nichtstandard-Modelle
177
Dies besagt, dass π(n) = (· · · ((0M +M 1M ) +M 1M ) +M · · · ) +M 1M n-viele 1M
˜
= cM = π(n) . Dies ist ein Widerspruch! Der Homomorphismus πM ist also nicht surjektiv, womit auf Grund von Satz 4.3.1 M nicht isomorph zu N ist. Aufgrund des (Beweises des) Satzes von L¨ owenheimSkolem 4.1.2 existiert nun ein abz¨ ahlbares X ⊂ M , so ˜ und der Wertebereich von πM eine echte dass X ≺ M Teilmenge von X ist. (Im Beweis von Satz 4.1.2 werde einfach mit X0 = {x} gestartet, wobei x ∈ M nicht im Wertebereich von πM sei!) Das Modell M X = (X; <M ∩X 2 , 0M , 1M , +M M, ·M M, ∧M M) bezeugt dann die G¨ ultigkeit von Satz 4.3.2.
Sei M mit Tr¨ agermenge M ein Nichtstandard-Modell von Th(N ). Jedes x ∈ M , das außerhalb des Wertebereichs von πM liegt, heißt eine Nichtstandard-Zahl . Ein x ∈ M ist ur alle n ∈ N, d. h. Nichtstandard-Zahl gdw. πM (n) <M x f¨ gdw. x unendlich groß“ ist. ” Wir wollen nun zeigen, dass es sehr viele“ paarweise nicht ” isomorphe abz¨ ahlbare Modelle von Th(N ) gibt.
178
4.3.3
4. Modelle
Satz 4.3.3 Es existieren u ahlbar viele paarweise ¨ berabz¨ nicht-isomorphe abz¨ ahlbare Modelle M mit M |= Th(N ).
Beweis: Zun¨ achst f¨ uhren wir die folgende Notation ein. Sei n ∈ N. Wir bezeichnen dann mit n ˇ den Term (· · · ((0 + 1) + 1) + · · · ) + 1 n-viele 1
der Sprache von PA. Wir erweitern wieder die Sprache von PA durch Hinzunahme einer neuen Konstanten c und nennen die so erweiterurliche te Sprache Lc . Sei (pn : n ∈ N) wie immer die nat¨ Aufz¨ ahlung aller Primzahlen. Sei n ∈ N. Dann bezeichnen wir mit ϕn den Satz ∃v0 pˇn · v0 = c der Sprache Lc . Dieser Satz sagt, dass die nte Primzahl (die Interpretation von) c teilt. Mit ϕn bezeichnen die Negation von ϕn , d. h. den Satz ¬∃v0 pˇn · v0 = c . Sei nun X ⊂ N. Wir bezeichnen dann mit TX die Menge / X} Th(N ) ∪ {ϕn |n ∈ X} ∪ {ϕn |n ∈ ur jedes X ⊂ N ist TX erf¨ ullvon S¨ atzen der Sprache Lc . F¨ bar. Sei n¨ amlich T ⊂ TX endlich. Auf Grund des Komullbar paktheitssatzes 4.2.7 gen¨ ugt es zu zeigen, dass T erf¨ ist.
4.3
Nichtstandard-Modelle
179
Es existiert ein n0 ∈ N, so dass T ⊂ Th(N ) ∪ {ϕn |n < n0 ∧ n ∈ X} ∪ {ϕn |n < n0 ∧ n ∈ / X} . Setze
q=
pn .
n
Es ist dann einfach zu sehen, dass N = (N; <, 0, 1, q, +, ·, E) |= T .
Hierbei beabsichtigen wir
|= TX , ˜ X existiert wie im wobei MX abz¨ ahlbar ist. Ein solches M Beweis von Satz 4.3.2. Setze ˜
˜
˜
˜
˜
˜
MX = (MX ; <MX , 0MX , 1MX , +MX , ·MX , ∧ MX ) . Selbstverst¨ andlich gilt MX |= Th(N ) . F¨ ur X, Y ⊂ N ist es auch bei X = Y m¨ oglich, dass MX und MY isomorph sind. Wir wollen jedoch zeigen, dass eine u ahlbare Teilmenge von {MX |X ⊂ N} existiert, die ¨ berabz¨
180
4. Modelle
aus paarweise nicht-isomorphen Modellen besteht. Sei M = (M ; <M , 0M , 1M , +M , ·M , ∧M ) |= Th(N ) . F¨ ur jedes x ∈ M sei XxM = {n ∈ N : M |= ∃v0 pˇn · v0 = x} . Jedes solche XxM ist eine Menge nat¨ urlicher Zahlen, die durch das Modell M und x ∈ M kodiert“ wird. Sei ” X M = {XxM : x ∈ M } die Menge aller Teilmengen von N, die durch M und seine Elemente in diesem Sinne kodiert“ werden. Offensichtlich ” ochstens abz¨ ahlbare Menge von Teilmengen ist X M eine h¨ von N, wenn M selbst abz¨ ahlbar ist. F¨ ur jedes X ⊂ N gilt ˜ offensichtlich f¨ ur d = cMX , dass X = XdMX ∈ X MX . Wir zeigen nun: Seien M und P isomorphe Modelle von amlich π : M → P ein Th(N ). Dann gilt X M = X P . Sei n¨ Isomorphismus von M auf P. Sei X ∈ X M . Sei x ∈ M so, ur jedes n ∈ N gilt dann auf Grund von dass X = XxM . F¨ Satz 4.1.8 (c) M |= ∃v0 pˇn · v0 = x ⇐⇒ P |= ∃v0 pˇn · v0 = π(x) . P Damit haben wir X = Xπ(x) , also X ∈ X P . Wir haben gezeigt, dass X M ⊂ X P . Aus Symmetriegr¨ unden gilt ebenso X P ⊂ X M . Damit ist X M = X P .
4.3
Nichtstandard-Modelle
181
Kehren wir nun zu den Modellen MX f¨ ur X ⊂ N zur¨ uck. F¨ ur X ⊂ N sei [MX ] = {MY |Y ⊂ N und MY ist isomorph mit MX } ¨ die Aquivalenzklasse aller zu MX isomorphen Modelle MY . Wir definieren X [MX ] = X MX . Auf Grund der Behauptung 2 folgt aus [MX ] = [MY ], dass angigkeit von der X MX = X MY . Auf Grund dieser Unabh¨ Wahl des Repr¨ asentanten ist X [MX ] wohldefiniert. Jedes ochstens abz¨ ahlbar. X [MX ] ist h¨ Nehmen wir nun an, es g¨ abe nur h¨ ochstens abz¨ ahlbar viele ¨ are aufgrund von LemAquivalenzklassen [MX ]. Dann w¨ ma 3.2.17 Z = {X [MX ] |X ⊂ N} eine h¨ ochstens abz¨ ahlbare Menge. Auf der anderen Seite gilt nun f¨ ur ein beliebiges X ⊂ N, alt Z alle Teildass X ∈ X MX = X [MX ] ⊂ Z. Also enth¨ mengen von N, besteht also wegen Satz 3.1.5 aus u ¨ berabz¨ahlbar vielen Elementen. Widerspruch! Modelle von PA werden im Buch [10] eingehend studiert. Problem 4.3.1 Sei M = (M ; <M , 0M , 1M , +M , ·M , ∧M )
4.3.1
182
4. Modelle
ein Modell der S¨ atze (Q1) bis (Q9). Zeigen Sie, dass die zu Anfang dieses Abschnittes definierte Funktion πM ein Homomorphismus ist, und dass f¨ ur jeden Homomorphismus π : N → M von N nach M f¨ ur alle n ∈ N gelten muss, dass π (n) = πM (n). 4.3.2
Problem 4.3.2 Sei M ein Modell von Q. Zeigen Sie, dass ein x aus der Tr¨ agermenge von M außerhalb des Wertebereichs von ur alle n ∈ N gilt. πM liegt genau dann wenn πM (n) <M x f¨
4.3.3
Problem 4.3.3 Zeigen Sie, dass die Aussage ∀v0 (v0 = 0 → ∃v1 v0 = v1 + 1) nicht in Q beweisbar ist.
4.3.4
Problem 4.3.4 Sei M ein beliebiges Modell von PA. Zeigen Sie: F¨ ur jeden Σ1 -Satz ϕ der Sprache von PA gilt N |= ϕ =⇒ M |= ϕ . (Hinweis: Problem 4.1.10 (b))
4.3.5
Problem 4.3.5 Sei R = (R; 0, 1, <, +, ·) das Standard-Modell von VGK, und sei U ein Ultrafilter auf N, der den Frech´ etFilter auf N fortsetzt. Sei R∗ = (R∗ ; 0∗ , 1∗ , <∗ , +∗ , ·∗ ) = Ult(R; U ) die Ultrapotenz von R mittels U . Zeigen Sie die folgenden Aussagen.
4.3
Nichtstandard-Modelle
183
(a) Die Abbildung e : R → R∗ , die x ∈ R nach e(x) = [fx ] sendet, wobei fx (n) = x f¨ ur alle n ∈ N, ist ein Homomorphismus. Allerdings ist e nicht surjektiv. ur alle ∈ R, (b) Es gibt ein x ∈ R∗ , so dass 0∗ <∗ x <∗ e() f¨ > 0, d. h. es gibt infinitesimal kleine“ Zahlen. ” ur alle e(y) ∈ R, d. h. es (b) Es gibt ein x ∈ R∗ , so dass y <∗ x f¨ gibt unendlich große“ Zahlen. ”
R¤ = U lt(R; U)
e 0 R
1
Modelle wie R∗ aus Problem 4.3.5 werden in der Nichtstandard-Analysis studiert (siehe z. B. [13]).
184
4.4
4. Modelle
4.4 Unvollst¨ andigkeit Wir wollen nun den Beweis einer Variante des Ersten G¨ odelschen Unvollst¨ andigkeitssatzes kennen lernen. Dieser Beweis wurde von Saul Kripke gefunden und ist in der Arbeit [17] ver¨ offentlicht.
4.4.1
(Erster G¨ odelscher Unvollst¨ andigkeitssatz) Es gibt einen Satz σ der Sprache von PA, so dass σ zwar im Standard-Modell N = (N; <, 0, 1, +, ·, E) von PA wahr ist, es jedoch auch ein Nichtstandard-Modell M von PA gibt, in welchem σ nicht wahr ist. Satz 4.4.1
Beweis: Der Beweis bedarf einiger Vorbereitung. Sei s eine endliche oder unendliche streng monoton wachsende Folge nat¨ urlicher Zahlen, d. h. s : B → N, wobei B ein Anfangsst¨ uck von N ist (siehe Definition 1.1.5). Im Falle B N bezeichnen wir dasjenige n ∈ N, so dass B = {m ∈ N : m < n}, als die L¨ange von s; im Falle B = N sei per Dekret ∞ die L¨ange von s. Wir schreiben allgemein auch lh(s) f¨ ur die L¨ ange von s, so dass lh(s) ∈ N ∪ {∞}. Zur Vereinfachung der Notation erweitern wir die Ordnung < auf N in nat¨ urlicher Weise zu einer Ordnung auf N ∪ {∞}, die wir auch mit < bezeichnen, indem wir n < ∞ f¨ ur alle n ∈ N ur s(k), d. h. f¨ ur das k te Element setzen. Wir schreiben sk f¨ von s (falls k < lh(s); ansonsten ist sk nicht definiert). Es gilt also s = s0 , s1 , . . . , slh(s)−1 mit s0 < s1 < · · · < slh(s)−1 , falls lh(s) < ∞ und s = s0 , s1 , . . . mit s0 < s1 < · · · falls lh(s) = ∞.
4.4
Unvollst¨ andigkeit
185
Sei ein solches s mit lh(s) ≥ 2 und lh(s) ≤ ∞ gegeben. Sei ϕ(v0 , v1 ) eine Formel der Sprache von PA, die genau die beiden Variablen v0 und v1 frei enthalte. Wir betrachten das folgende Spiel G(s, ϕ) zweier Spieler I und II . Spieler I spielt zun¨ achst ein k < lh(s) − 1 und eine nat¨ urliche Zahl urliche Zahl m0 < sk . Spieler II spielt daraufhin eine nat¨ m1 < sk+1 : I k m0 II m1 Der erste Spieler, der eine dieser Regeln verletzt, verliert das Spiel G(s, ϕ); wenn sich beide Spieler an alle Regeln halten, dann gewinnt Spieler II das Spiel G(s, ϕ) gdw. N |= ϕ(m0 , m1 ); andernfalls gewinnt Spieler I. Wir sagen auch, dass Spieler II eine Gewinnstrategie f¨ ur G(s, ϕ) besitzt, oder auch: dass s die Formel ϕ erf¨ ullt, gdw. ∀k < lh(s) − 1 ∀m0 < sk ∃m1 < sk+1 N |= ϕ(m0 , m1 ) . Sei nun allgemeiner n ∈ N, n ≥ 1, und sei s eine endliche oder unendliche streng monoton wachsende Folge nat¨ urlicher Zahlen mit lh(s) ≥ 2n. Sei ϕ(v0 , . . . , v2n−1 ) eine Formel der Sprache von PA, in der genau die Variablen v0 , . . ., v2n−1 frei vorkommen. Dann bezeichnet G(s, ϕ) das nachstehende Spiel zweier Spieler I und II . I k0 m0 k2 m2 ··· k2n−2 m2n−2 II m1 m3 ··· m2n−1 Die Spielregeln lauten dabei wie folgt. Es gelte k0 < lh(s) − ur alle i < n − 1 gelte 1, m0 < sk0 , m1 < sk0 +1 , und f¨
186
4. Modelle
k2i + 1 < k2i+2 < lh(s) − 1, m2i+2 < sk2i+2 und m2i+3 < sk2i+3 . Der erste Spieler, der eine dieser Regeln verletzt, verliert das Spiel G(s, ϕ); wenn sich beide Spieler an alle Regeln halten, dann gewinnt Spieler II das Spiel G(s, ϕ) gdw. N |= ϕ(m0 , . . . , m2n−1 ); andernfalls gewinnt Spieler I. Wir definieren II hat eine Gewinnstrategie f¨ ur G(s, ϕ)“, ” aquivalent: s erf¨ ullt ϕ“, v¨ ollig analog zum obigen Spezial¨ ” fall n = 1, als ∀k0 < lh(s) − 1 ∀m0 < sk0 ∃m1 < sk0 +1 · · · (· · · ∀k2n−2 (k2n−4 + 1 < k2n−2 < lh(s) − 1 → ∀m2n−2 < sk2n−2 ∃m2n−1 < sk2n−2 +1 N |= ϕ(m0 , m1 , . . . , m2n−2 , m2n−1 )) · · · ) . ullt, Wenn s mit lh(s) < ∞ die Formel ϕ(v0 , . . . , v2n−1 ) erf¨ dann muss offensichtlich lh(s) ≥ 2n gelten, da dann sk0 < sk0 + 1 < sk2 < sk2 + 1 < · · · < sk2n−2 < sk2n−2 . Wenn lh(s) = ∞, dann divergiert die Folge s gegen ∞, da wir stets voraussetzen, dass s streng monoton wachsend ist. Daraus ergibt sich die folgende Behauptung; diese wird zwar nicht direkt weiter benutzt, die vorgef¨ uhrte Beweismethode wird aber im Beweis von Behauptung 4 ausgebeutet werden. Behauptung 1: Sei s eine streng monoton wachsende Folge nat¨ urlicher Zahlen mit lh(s) = ∞, und sei ϕ(v0 , . . . , v2n−1 ) eine Formel, in der genau die Variablen v0 , . . ., v2n−1 frei vorkommen. Wenn s die Formel ϕ(v0 , . . . , v2n−1 ) erf¨ ullt,
4.4
Unvollst¨ andigkeit
187
dann gilt N |= ∀m0 ∃m1 · · · ∀m2n−2 ∃m2n−1 ϕ(m0 , . . . , m2n−1 ) . Beweis von Behauptung 1: (Siehe auch Problem 4.4.2.) Sei i ≤ n, i > 0, und sei u = (m0 , m2 , . . . , m2i−2 ) eine Folge nat¨ urlicher Zahlen. Wir definieren dann eine Folurlicher Zahlen wie folgt: ge (k0 (u), k2 (u), . . . , k2i−2 (u)) nat¨ k0 (u) ist das kleinste k ∈ N mit m0 < sk , und f¨ ur j < i, j > 0, sei k2j (u) das kleinste k ∈ N mit k2i−2 (u) + 1 < k und m2j < sk . Die Folge der (k0 (u), k2 (u), . . . , k2m−2 (u)) ist wohldefiniert, da s streng monoton wachsend ist und angt offensichtlich nur von der lh(s) = ∞, und k2j (u) h¨ Teilfolge (m0 , m2 , . . . , m2j ) ab. Wir setzen voraus, dass s die Formel ϕ(v0 , . . . , v2n−1 ) erf¨ ullt. Also existiert f¨ ur jedes m0 ∈ N ein m1 < sk0 ((m0 ))+1 , so dass f¨ ur jedes m2 ∈ N ein m3 < sk2 ((m0 ,m2 ))+1 existiert, so dass . . ., so dass f¨ ur jedes m2n−2 ∈ N ein m2n−1 < sk2n−2 ((m0 ,m2 ,...,m2n−2 ))+1 existiert, so dass N |= ϕ(m0 , m1 , . . . , m2n−2 , m2n−1 ) . Die m2j+1 sind z. B. Antworten von Spieler II im Spiel G(S, ϕ) gem¨ aß einer Gewinnstrategie: I k0 ((m0 )) m0 ··· II m1 ··· k2n−2 ((m0 , . . . , m2n−2 )) m2n−2 m2n−1
188
4. Modelle
Insbesondere gilt nun N |= ∀m0 ∃m1 · · · ∀m2n−2 ∃m2n−1 ϕ(m0 , . . . , m2n−1 ) . ur Eine endliche Folge s heißt gut gdw. s0 > lh(s) und f¨ 0 < i < lh(s) immer gilt, dass si > (si−1 )si−1 . Behauptung 2: Sei k ∈ N, und seien die k + 1 Formeln ϕ0 (v0 , . . . , v2n0 −1 ), . . ., ϕk (v0 , . . . , v2nk −1 ) gegeben. Wenn alle k + 1 Aussagen N |= ∀m0 ∃m1 · · · ∀m2n0 −2 ∃m2n0 −1 ϕ0 (m0 , . . . , m2n0 −1 ) , .. . N |= ∀m0 ∃m1 · · · ∀m2nk −2 ∃m2nk −1 ϕk (m0 , . . . , m2nk −1 ) wahr sind, dann gibt es eine gute Folge s, so dass s jedes ur l ≤ k erf¨ ullt. ϕl f¨ Beweis von Behauptung 2: (Siehe auch Problem 4.4.3.) F¨ ur m ∈ N sei z(m) das kleinste z, so dass f¨ ur alle l ≤ k, ur alle m0 , . . ., m2i < m gilt: wenn f¨ ur alle i < nl und f¨ N |= ∃m2i+1 ∀m2i+2 · · · ∃m2nl −1 ϕl (m0 , . . . , m2i , m2i+1 , . . . , m2nl −1 ) ,
4.4
Unvollst¨ andigkeit
189
dann existiert ein m2i+1 < z mit N |= ∀m2i+2 · · · ∃m2nl −1 ϕl (m0 , . . . , m2i , m2i+1 , . . . , m2nl −1 ) . Offensichtlich ist z(m) f¨ ur jedes m wohldefiniert. Sei dann n die gr¨ oßte der Zahlen n0 , . . ., nk , und s eine Folge der L¨ ange m ≥ 2n, m < ∞, so dass s0 > m und f¨ ur 0 < i < m immer gilt, dass si > (si−1 )si−1 und auch si ≥ z(si−1 ). Es ist leicht zu sehen, dass s dann jede der ur l ≤ k erf¨ ullt. Formeln ϕl f¨ Im Folgenden sei (ϕm |m ∈ N) eine nat¨ urliche“ Aufz¨ahlung ” der Axiome von PA. (Siehe auch Problem 4.1.13 (e).) Indem wir die Aufz¨ ahlung (ϕm |m ∈ N) notfalls hinreichend re” dundant“ umgestalten, d¨ urfen und wollen wir voraussetzen, aquivalent zu einer Formel der folgenden dass ϕm logisch ¨ Form ist: ∀v0 ∃v1 · · · ∀v2m−2 ∃v2m−1 ψm (v0 , v1 , . . . , v2m−2 , v2m−1 ) , wobei ψm genau die Variablen v0 , . . ., v2m−1 , jedoch keine Quantoren enth¨ alt. Sei m ∈ N. Da alle ϕl , l ∈ N, wahr in N sind, gibt es nach Behauptung 2 eine gute Folge s, so dass s jedes ψl f¨ ur l ≤ m erf¨ ullt. Der Satz σ, welcher die Wahrheit von Satz 4.4.1 bezeugen wird, soll nun ausdr¨ ucken, dass f¨ ur alle ur l ≤ m m eine gute Folge s existiert, so dass s jedes ψl f¨ erf¨ ullt.
190
4. Modelle
Sei C die in Problem 4.1.12 (c) definierte Menge aller n ∈ j(i)+1 f¨ ur geeignete k, N, welche von der Gestalt i
4.4
Unvollst¨ andigkeit
191
d. h. N N∗ und πM (n) = n f¨ ur alle n ∈ N. Wir bezeichnen die Elemente von N als die Standard-Zahlen von M und die Elemente von N∗ \ N als die Nichtstandard-Zahlen von M. Sei N ∈ N∗ eine beliebige Nichtstandard-Zahl. Aufgrund von M |= Th(N ) und (∗) gilt M |= ∀v1 ∃v0 Θ(v0 , v1 ) , und damit auch M |= ∃v0 Θ(v0 , N ) . Es existiert ein aus der Sicht von M <M -minimales S, welches M |= ∃v0 Θ(v0 , N ) bezeugt, d. h. es existiert ein S ∈ N∗ , so dass gilt: (∗∗) M |= Θ(S, N ) ∧ ∀n(n < S → ¬ Θ(n, N )). (Siehe Problem 1.2.4.) Mit N muss auch S eine Nichtstandard-Zahl sein. Sei n¨ amlich s die von S ∈ N∗ kodierte Folge. Dann ist wegen M |= Θ(S, N ) die Menge {n ∈ N∗ : n <M 2 ·M N } im Definitionsbereich von s enthalten. Da N eine Nichtstandard-Zahl ist, muss N ⊂ {n ∈ N∗ : n <M 2 ·M N } gelten, d. h. jede Standard-Zahl ist im Definitionsbereich von s enthalten. Damit gilt M |=
p teilt S “ ” n
f¨ ur alle n ∈ N und S ist in der Tat eine Nichtstandard-Zahl. (Siehe auch Problem 4.3.2.) ur das nte Element F¨ ur n ∈ N schreiben wir wieder sn f¨ von s. F¨ ur ein beliebiges n ∈ N gilt sn ∈ N∗ , jedoch im
192
4. Modelle
allgemeinen nicht sn ∈ N. Die Folge s N = (s0 , s1 , s2 , . . .) ist nicht u ¨ber N∗ definierbar. (Dies wird im Folgenden nicht ben¨ otigt; siehe aber Problem 4.4.5.) Wir definieren jetzt H = {n ∈ N∗ : es gibt ein k ∈ N mit n <M sk } . (Da s N nicht u ¨ber M definierbar ist, ist, wie die weiteren Argumente zeigen werden, die Menge H auch nicht u ¨ ber M definierbar; vgl. Problem 4.4.5.) Wir betrachten nun das Modell M H = (H; <M H, 0, 1, +M H, ·M H, ∧M H) . Behauptung 3. M H ist ein Modell der Sprache von PA. Beweis von Behauptung 3: Zu zeigen ist, dass H unter den Operationen +M , ·M und ∧M abgeschlossen ist, d. h. dass f¨ ur n, m ∈ H gilt, dass n +M m, n ·M m und n∧M m wieder in H sind. Seien also n, m ∈ H, wobei wir 2 ≤M n und 2 ≤M m voraussetzen wollen, und seien k1 , k2 ∈ N so, dass n <M sk1 und m <M sk2 . Wenn dann k die gr¨ ossere der beiden Zahlen k1 und k2 ist, dann gilt n <M sk1 ≤M sk und m <M sk2 ≤M sk , also n +M m ≤M n ·M m ≤M n∧M m <M sk ∧M sk <M sk+1 . Letztere Ungleichung ergibt sich daraus, dass M |=
S kodiert eine gute Folge.“ ”
4.4
Unvollst¨ andigkeit
Daraus folgt die Behauptung.
193
Behauptung 4. M H ist ein Modell von PA. Beweis von Behauptung 4: Der Beweis variiert wie angek¨ undigt den Beweis von Behauptung 1. Sei m ∈ N eine Standard-Zahl. Es gen¨ ugt zu zeigen, dass M H |= ϕm . Sei i ≤ m, i > 0, und sei u = (n0 , n2 , . . . , n2i−2 ) eine Folge von Elementen von H der L¨ ange i. Wir definieren dann eine Folge (k0 (u), k2 (u), . . . , k2i−2 (u)) von Standard-Zahlen wie folgt: k0 (u) ist das kleinste k ∈ N mit n0 <M sk , und f¨ ur j < i, j > 0, sei k2j (u) das kleinste k ∈ N mit k2j−2 (u) + 1 < k und n2j <M sk . Die Folge der (k0 (u), ur alle n ∈ H k2 (u), . . . , k2m−2 (u)) ist wohldefiniert, da f¨ ein k ∈ N mit n <M sk existiert, und k2j (u) h¨angt offensichtlich nur vom Anfangsst¨ uck (n0 , n2 , . . . , n2j ) von u ab. Da M |= Θ(S, N ) und m <M N , gilt auch M |= Θ(S, m). Somit existiert f¨ ur jedes n0 ∈ H ein n1 <M sk0 ((n0 ))+1 , so dass f¨ ur jedes n2 ∈ H ein n3 <M sk2 ((n0 ,n2 ))+1 existiert, so dass . . ., so dass f¨ ur jedes n2m−2 ∈ H ein n2m−1 <M sk2m−2 ((n0 ,n2 ,...,n2m−2 ))+1 existiert, so dass M |= ψm (n0 , n1 , . . . , n2m−2 , n2m−1 ) . Die n2j+1 sind z. B. Antworten von Spieler II im Spiel G(S, m) gem¨ aß einer Gewinnstrategie f¨ ur II , ausgerechnet
194
4. Modelle
im Modell M: I k0 ((n0 )) n0 ··· II n1 ··· k2m−2 ((n0 , . . . , n2m−2 )) n2m−2 n2m−1 Insbesondere gilt also M H |= ϕm . Behauptung 5. M H |= ¬σ. Beweis von Behauptung 5. Da {n ∈ N∗ : n <M 2 ·M N } im Definitionsbereich von s enthalten ist, und da M |=
S kodiert eine gute Folge,“ ”
gilt 2 ·M N <M s0 , so dass insbesondere N ∈ H gilt. Wir zeigen nun, dass M H |= ¬∃v0 Θ(v0 , N ) . ¯ N ), wobei S¯ ∈ H. Angenommen, es gilt M H |= Θ(S, ¯ Dann gilt auch M |= Θ(S, N ). (Siehe Problem 4.4.6.) Aufgrund der Wahl von S (siehe (∗∗)) gilt dann aber S = S¯ ¯ woraus in jedem Falle S ∈ H, also S <M sk oder S <M S, f¨ ur ein geeignetes k ∈ N folgt. Auf der anderen Seite gibt es aber f¨ ur jedes n ∈ H ein ur ein beliebiges k ∈ N gilt aber k ∈ N mit n <M sk . F¨ offensichtlich, dass sk <M S, da M |=
psk +1 teilt S.“ ” k
4.4
Unvollst¨ andigkeit
Also gilt S <M S. Widerspruch!
195
Nach Satz 4.4.1 gibt es also S¨ atze, die in PA weder beweisbar noch widerlegbar sind. Man kann Theorien wie PA eine beweistheoretische“ St¨ arke zuordnen, welche (mit Hil” fe von Ordinalzahlen) mißt, in welchem Umfang Aussagen in der gegebenen Theorie beweisbar sind. Derartige Untersuchungen werden in der Beweistheorie angestellt, siehe z. B. [16]. Problem 4.4.1 Sei ϕ(v0 , . . . , v2n−1 ) eine Formel, in der genau die Variablen v0 , . . ., v2n−1 frei vorkommen. Zeigen Sie, dass die Menge aller t ∈ N, so dass t eine endliche Folge nat¨ urlicher Zahlen kodiert, welche ϕ erf¨ ullt, u ¨ ber N definierbar ist. Zeigen Sie auch: wenn ϕ eine Σ0 -Formel ist, dann ist diese Menge sowohl Σ1 – als auch Π1 – definierbar.
4.4.1
Problem 4.4.2 Erg¨anzen Sie die Details im Beweis von Behauptung 1!
4.4.2
Problem 4.4.3 Erg¨anzen Sie die Details im Beweis von Behauptung 2!
4.4.3
Problem 4.4.4 ∗ Sei G die Menge aller Paare (n, m) ∈ N × N, so dass n eine gute Folge s kodiert, welche alle Formeln ψl mit l ≤ m erf¨ ullt. Zeigen Sie, dass G u ¨ ber N Σ1 -definierbar ist. (Hinweis: Mit Hilfe von Problem 4.1.13 (f) ist zun¨ achst {(m, k) ∈ N × F : k kodiert ϕm } sowohl Σ1 – als auch Π1 -definierbar u ¨ ber N . Unter Benutzung von 4.1.13 (g) kann dann gezeigt werden, dass G ebenfalls Σ1 -definierbar u ¨ ber N ist.)
4.4.4
196
4.4.5
4. Modelle
Problem 4.4.5 ∗ Zeigen Sie: F¨ ur die oben definierten Objekte S, s und H gilt: (a) S ist eine Nichtstandard-Zahl, und N {n ∈ N∗ : n <M 2 ·M N }. (b) Die Folge s N ist nicht u ¨ ber M definierbar. (c) Die Menge H ist nicht u ¨ ber M definierbar. (Hinweis zu (b) und (c): Wenn A N∗ u ¨ber M definierbar ist, dann existiert ein n ∈ N∗ \ A, von welchem M glaubt, es sei <M minimal in N∗ \ A. Dieses n muß dann ein Nachfolger“ ” sein.)
4.4.6
¯ N ), wobei Problem 4.4.6 Angenommen, es gilt M H |= Θ(S, ¯ ¯ S ∈ H. Zeigen Sie, dass dann auch M |= Θ(S, N ) gilt. (Hinweis: Wegen Problem 4.4.4 d¨ urfen wir annehmen, dass Θ eine Σ1 -Formel ist. Die Aussage ergibt sich dann mit Hilfe von Problem 4.1.10 (b).)
Literaturverzeichnis
197
Literaturverzeichnis [1] Siegfried Bosch, Algebra, Springer-Verlag 2006. [2] Chen Chung Chang und H. Jerome Keisler, Model Theory, Elsevier 1990. [3] Heinz-Dieter Ebbinghaus, J¨ org Flum und Wolfgang Thomas, Einf¨ uhrung in die mathematische Logik. Spektrum, Heidelberg u.a. 1998. [4] Herb Enderton, A Mathematical Introduction to Logic, Academic Press 1972. [5] Gerd Fischer, Lineare Algebra, Vieweg 1975. [6] Otto Forster, Analysis 1, Vieweg 1976. [7] Wilfrid Hodges, Model theory, Cambridge University Press 1993. [8] Thomas Jech, Set Theory. The Third Millennium Edition, Springer-Verlag 2002. [9] Akihiro Kanamori, The higher infinite, Springer-Verlag 2003. [10] Richard Kaye, Models of Peano Arithmetic, Oxford University Press 1991. [11] John L. Kelley, General Topology, Springer-Verlag 1975. [12] Kenneth Kunen, Set Theory: An Introduction to Independence Proofs, North Holland Publishing Co. 1980. [13] Dieter Landers und Lothar Rogge, Nichtstandard Analysis, Springer-Verlag 1994. [14] David Marker, Model Theory: An Introduction, SpringerVerlag 2002. [15] Yiannis N. Moschovakis, Descriptive Set Theory, SpringerVerlag 1980. [16] Wolfram Pohlers, Proof Theory: The First Step into Impredicativity, Springer-Verlag 2008.
198
Literaturverzeichnis
[17] Hilary Putnam, Nonstandard Models and Kripke’s Proof of the G¨ odel Theorem, Notre Dame Journal of Formal Logic 41(1) (2000), pp. 53–58. [18] Hans-J¨ org Reiffen, G¨ unter Scheja und Udo Vetter, Algebra, BI-Wissenschaftsverlag, Mannheim 1984.
Index
199
Index ¯ 125 A, Abbildung, 4 abgeschlossene Menge, 124 [x, y], 63 Abschluss, 125 abz¨ ahlbar, 18 A ∩ B, 19 A × B, 21 Allquantor, 26, 135 ∀, 26 Anfangsst¨ uck, 8, 109 antireflexiv, 33 A \ B, 6 ¨ Aquivalenzklasse, 38 ¨ Aquivalenzrelation, 37 arithmetisches Mittel, 45 Aufz¨ ahlung, nat¨ urliche, 8 Ausdruck, 136 Aussonderungsaxiom —das zu ϕ geh¨ orige, 85 Aussonderungsschema, 85 Auswahlaxiom, 87, 105 Auswahlfunktion, 105 Automorphismus, 151 A ∪ B, 19 Bairescher Kategoriensatz, 130 Belegung, 141 beschr¨ ankt, 20, 65
β(vn | a), 141 Betrag, 42, 59 | x |, 42, 59 bijektiv, 4 Bild, 6 Cantorsche Antinomie, 82 Cantorsches Diskontinuum, 131 Cauchy-Folge, 48, 60 definierbar, u ¨ ber M, 149 Definitionsbereich, 4, 80 dicht, 45, 56, 130 {x, y, z, . . .}, 4 disjunkt, 20 Dreiecksungleichung, 47, 67 Durchschnitt, 19 T n∈N An , 63 Einbettung, 169 Einschr¨ ankung, 6 f D, 6 elementare Substruktur, 146 endlich, 10, 17 endlich erf¨ ullbar, 145 Endpunkt, 45 erf¨ ullbar, 145 Ersetzungsaxiom —das zu ϕ geh¨ orige, 86
200
Index
Ersetzungsschema, 86 Existenzquantor, 26, 136 ∃, 26 Extensionalit¨ atsaxiom, 83 f : (A,
Grothendieck-Universum, 100 Gruppe, abelsche, 69 G(s, ϕ), 185 gute Folge, 188 H¨ aufungspunkt, 125 h¨ ochstens abz¨ ahlbar, 18 Hausdorffsches Maximalit¨ atsprinzip, 115 Hintereinanderausf¨ uhrung, 12 Homomorphismus, 150 Identit¨ at, 6 Σ |= ϕ, 144 impliziert logisch, 144 Induktionsaxiom, 3, 23, 27 —das zu ϕ geh¨ orige, 30 Induktionsschema, 30 induktiv, 88 injektiv, 4 Intervall —abgeschlossees, 63 —offenes, 63 Intervallschachtelung, 64 Intervallschachtelungsprinzip, 64 Isomorphismus, 151 Junktoren, 26, 135 K¨ orper, 69 —geordneter, 69
Index
Klassen, 98 <, 33 ≤, 33 koendlich, 162 Kompaktheitssatz, 167 Komplexit¨ at eines Ausdrucks, 136 Konstanten, 136 Kontinuumshypothese, 129 konvergiert, 49, 60 Kreuzprodukt, 21, 79 leere Menge, 6 ∅, 6 limn→∞ xn , 49, 60 Limesordinalzahl, 103 logisch ¨ aquivalent, 145 logisch g¨ ultig, 144 |= ϕ, 144 L o´s, Satz von, 165 L¨ owenheim–Skolem, Satz von, 148, 172 Mengenexistenzaxiom, 28 M ist Modell von ϕ, 142 M |= ϕ[β], 142 M |= ϕ, 144 M |= Σ[β], 145 n m, 158 Modell, 89, 139
201
N, 3, 98 Nachfolger, 26, 94 Nachfolgerordinalzahl, 103 ¬, 26 Nichtstandard-Analysis, 183 Nichtstandard-Modell, 173 Nichtstandard-Zahl, 177, 191 nirgends dicht, 130 Nullfolge, 48 Obermenge, 5 —echte, 6 ∨, 26 offene Menge, 122 (x, y), 63 ω, 94, 98 Ordinalzahl, 102 Ordnung, 80 —lineare, 33, 80 Ordnungshomomorphismus, 81 Ordnungsisomorphismus, 81 PA, 30 Paarmengenaxiom, 84 Peano-Arithmetik, 30 perfekte Menge, 126 ϕ gilt in M unter der Belegung β, 142 Π1 -definierbar u ¨ ber M, 159 polnische Notation, 137 Potenzmenge, 81
202
Index
Potenzmengenaxiom, 85 Pr¨ adikatsymbole, 136 Prinzip der kleinsten nat¨ urlichen Zahl, 23 Q, 41 Q, 25 R, 53 reflexiv, 37 rekursiv, 10 Relation, 79 —fundierte, 108 —n-stellige, 80 Repr¨ asentant, 38 Russellsche Antinomie, 82 Satz, 143 Schubfachprinzip, 21 s erf¨ ullt ϕ, 185, 186 Σ1 -definierbar u ¨ ber M, 158 Standard-Modell, 173 Standard-Zahl, 191 streng monoton wachsend, 9 Supremumsprinzip, 65 —das zu ϕ geh¨ orige, 72 surjektiv, 4 symmetrisch, 37 Tarski, Satz von, 163 Tarski–Vaught-Kriterium, 147
Teilformel, 138 Teilmenge, 5 —echte, 6 ⊂, 5 , 6 Term, 137 Terminterpretation, 141 Th(N ), 174 topologischer Raum, 122 Tr¨ agermenge, 140 transitiv, 33, 37 u ahlbar, 18 ¨ berabz¨ Ultrapotenz von M mittels U , 169 Ultraprodukt der Modelle Mi mittels U , 165 Umkehrabbildung, 6 ∧, 26 unendlich, 10, 17 Unendlichkeitsaxiom, 88 Universum, 140 Unvollst¨ andigkeitssatz, Erster G¨ odelscher, 184 Urbildbereich, 4, 80 Variablen, 26, 136 —erster Stufe, 28 —zweiter Stufe, 29 Vereinigung, 19 S n∈N An , 63 Vereinigungsaxiom, 84
Index
vergleichbar, 33 Verkettung, 158 vn kommt frei in ϕ vor, 143 von-Neumann-Zahlen, 94 →, 26 =⇒, 37 Wertebereich, 4, 80 Wohlordnung, 108 Wohlordnungssatz, 112 Z, 39
203
Zahlen —ganze, 39 —infinitesimal kleine, 183 —nat¨ urliche, 3 —rationale, 41 —reelle, 53 —unendlich große, 174 —unendlich große, 177, 183 Zermelo-Fraenkelsche Mengenlehre, 88 ZFC, 88 ZFC−∞ , 87 Zornsches Lemma, 119