Jens Giere Marketingflexibilität
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Jens Giere Marketingflexibilität
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Marktorientierte Unternehmensführung und Internetmanagement Herausgegeben von Professor Dr. Bernd W. Wirtz
Die Schriftenreihe publiziert wissenschaftliche Arbeiten im Bereich der marktorientierten Unternehmensführung und des Internetmanagements. Im Mittelpunkt stehen innovative betriebswirtschaftliche Themenstellungen zu modernen Konzepten der marktorientierten Unternehmensführung und der Bedeutung moderner Informationsund Kommunikationstechnologien für die Unternehmensführung. Die Untersuchungen widmen sich insbesondere wichtigen Managemententscheidungsproblemen auf einer empirischen Basis. Die Reihe setzt die 2003 gegründete Schriftenreihe „eBusinessStudien“ fort.
Jens Giere
Marketingflexibilität Eine empirische Analyse ihrer Konzeptionalisierung, Operationalisierung und Erfolgswirkung
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Bernd W. Wirtz
Deutscher Universitäts-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Witten/Herdecke, 2007
1. Auflage Oktober 2007 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitäts-Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: Frauke Schindler / Stefanie Loyal Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0911-0
Geleitwort Insbesondere seit der zweiten Hälfte der neunziger Jahre hat sich die Wettbewerbsdynamik durch zunehmende Innovationen und eine ansteigende Globalisierung merklich erhöht. Diese Veränderungen erfordern von Unternehmen ein höheres Maß an betrieblicher Flexibilität. Insbesondere die Flexibilität auf den Absatzmärkten ist hier von besonderer Bedeutung für den Unternehmenserfolg. Gerade im Bereich der betrieblichen Forschung zur Marketingflexibilität ist der Forschungsstand jedoch nur als rudimentär zu bezeichnen. Der Ansatz der ressourcenbasierten Theorie hat in der jüngsten Vergangenheit insbesondere durch die Arbeiten von Day eine nicht unerhebliche Bedeutung im Bereich des Marketings erlangt. In dem noch recht jungen Forschungsbereich der ressourcenbasierten Analyse im Marketing kommt einer Bestimmung der Marketingflexibilität im Allgemeinen und deren Erfolgswirkung ein besonderes Interesse zu. An dieser Problematik setzt die Dissertationsschrift von Herrn Giere an. Diese stellt sich primär der Aufgabe, „einen theoriegeleiteten und hypothesentestenden Beitrag zur empirischen Identifikation und Messung der Marketingflexibilität und ihrer Erfolgswirkung zu leisten.“ Es kann konstatiert werden, dass die vorliegende Dissertationsschrift diesem Anspruch in vollem Umfang gerecht wird. Die Stringenz der Argumentation, der Aufbau, die Strukturierung und Aufbereitung der Themenstellung ist in sehr guter Art und Weise gelungen. Die wissenschaftliche Durchdringung des Untersuchungsobjektes der Marketingflexibilität und der Erfolgswirkung auf Basis des RBV ist in weiten Teilen unbearbeitet. Vor diesem Hintergrund sind die konzeptionellen Ausführungen als sehr fruchtbar für die weiteren Forschungsbemühungen in diesem Bereich zu bezeichnen. Es bleibt daher zu wünschen, dass die Arbeit eine weite Verbreitung in Wissenschaft und Praxis findet. Prof. Dr. Bernd W. Wirtz
Vorwort An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit nutzen, all jenen Personen zu danken, die mich während der Entstehung der vorliegenden Arbeit sowie beim Abschluss meiner Promotion unterstützt haben. Zunächst gebührt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Bernd W. Wirtz, Dank für die Betreuung meines Dissertationsvorhabens. Er war sowohl in methodischer als auch in inhaltlicher Hinsicht jederzeit ansprechbar und ließ mir im Rahmen der Dissertation viele Freiheiten bei der Ausgestaltung des Themas. Mein weiterer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Knut Werner Lange und Herrn Prof. Dr. Jan Körnert für die Erstellung des Zweit- bzw. Drittgutachtens zur vorliegenden Dissertation. Darüber hinaus danke ich Herrn Prof. Dr. Dirk Baecker für die Betreuung meines Akademiediskurses. Einen wichtigen Beitrag zum Gelingen des Projekts leisteten auch meine Freunde und Kollegen am Lehrstuhl der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Unternehmensführung und Unternehmensentwicklung an der Universität Witten/Herdecke. Mein besonderer Dank gilt hierbei Herrn Diplom-Volkswirt René Beckmann und Herrn Dr. Richard Pelz, die durch ihre fruchtbaren Anregungen einen wichtigen Beitrag geleistet haben. Weiter möchte ich auch Frau MMag. Katharina Roth, Herrn Dr. Oliver Schilke, Herrn Dr. Joachim Schwarz und Herrn Diplom-Kaufmann Marc-Oliver Blockus für so manche nützliche Anregung danken, die sie mir im Lauf der Anfertigung meiner Arbeit geben konnten. Die Anfertigung einer Dissertation nimmt viel Zeit in Anspruch und ist von einem stetigen Auf und Ab gekennzeichnet, wobei gerade die schwierigen Phasen als recht lang andauernd empfunden werden. Hier habe ich es meinem Freundeskreis, insbesondere Frau DiplomKauffrau Andrea Ritzmann und Frau Diplom-Sozialwissenschaftlerin Susen Fischer, zu verdanken, dass er immer wieder für die notwendige Ablenkung gesorgt hat, sodass mein Leben nicht ausschließlich in Bibliotheken und an meinem Computer stattfand. So ließen sich auch die schwierigen Phasen überwinden. Darüber hinaus danke ich meiner Schwester Katy Giere für ihre mentale Unterstützung bei all meinen bisherigen und zukünftigen Vorhaben. Schließlich gehört mein ganz besonderer herzlicher Dank meinen Eltern Hans-Heino und Christa. Ohne deren besondere Unterstützung hätte ich mein Promotionsvorhaben sicherlich niemals in Angriff nehmen können. Sie standen mir mit ihrer Lebenserfahrung und ihrem Weitblick in vielen Situationen stets mit gutem Rat zur Seite. Damit haben sie einen entscheidenden Anteil daran, dass diese Promotion überhaupt durchgeführt und zum Abschluss gebracht werden konnte. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Jens Giere
Inhaltsübersicht Geleitwort................................................................................................................................. V Vorwort ................................................................................................................................. VII Inhaltsübersicht...................................................................................................................... IX Inhaltsverzeichnis................................................................................................................... XI Abbildungsverzeichnis ..........................................................................................................XV Tabellenverzeichnis............................................................................................................. XXI Abkürzungsverzeichnis.................................................................................................... XXIII 1 Einleitung ............................................................................................................................ 1 1.1 Das Untersuchungsproblem .......................................................................................... 1 1.2 Abgrenzung des Untersuchungsbereichs ...................................................................... 6 1.3 Vorgehensweise und Aufbau der Untersuchung........................................................... 8 2 Grundlagen der Untersuchung........................................................................................ 11 2.1 Flexibilität als Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Forschung .......................... 11 2.2 Wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis ........................... 28 3 Entwicklung des Untersuchungsmodells ........................................................................ 59 3.1 Entwicklung des Konstrukts der Marketingflexibilität............................................... 59 3.2 Erfolgskonstrukt.......................................................................................................... 82 3.3 Determinanten der Marketingflexibilität .................................................................... 87 3.4 Moderierende Effekte ................................................................................................. 96 3.5 Das Gesamtmodell im Überblick.............................................................................. 100 4 Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge ................. 103 4.1 Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise............................................................ 103 4.2 Datengrundlage und Datenerhebung......................................................................... 160 4.3 Ergebnisse der empirischen Untersuchung ............................................................... 195 5 Zusammenfassung und Implikationen der Untersuchung ......................................... 269 5.1 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung......................... 269 5.2 Wissenschaftliche Bewertung und Ansatzpunkte weiterer Forschung ..................... 274 5.3 Implikationen für die Unternehmenspraxis............................................................... 277 Anhang .................................................................................................................................. 279 Literaturverzeichnis............................................................................................................. 299
Inhaltsverzeichnis Geleitwort................................................................................................................................. V Vorwort ................................................................................................................................. VII Inhaltsübersicht...................................................................................................................... IX Inhaltsverzeichnis................................................................................................................... XI Abbildungsverzeichnis ..........................................................................................................XV Tabellenverzeichnis............................................................................................................. XXI Abkürzungsverzeichnis.................................................................................................... XXIII 1 Einleitung ............................................................................................................................ 1 1.1 Das Untersuchungsproblem .......................................................................................... 1 1.1.1 Ausgangspunkt der Untersuchung......................................................................... 1 1.1.2 Zielsetzung der Untersuchung und deren wissenschaftliche Einordnung............. 4 1.2 Abgrenzung des Untersuchungsbereichs ...................................................................... 6 1.3 Vorgehensweise und Aufbau der Untersuchung........................................................... 8 2 Grundlagen der Untersuchung........................................................................................ 11 2.1 Flexibilität als Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Forschung .......................... 11 2.1.1 Entwicklung und Systematik der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung .......................................................................................... 12 2.1.2 Aufgaben einer Flexibilitätstheorie ..................................................................... 17 2.1.2.1 Existenzanalyse............................................................................................ 18 2.1.2.2 Bedingungsanalyse ...................................................................................... 24 2.1.2.3 Wirkungsanalyse.......................................................................................... 26 2.2 Wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis ........................... 28 2.2.1 Wissenschaftstheoretische Grundlagen ............................................................... 28 2.2.1.1 Methodologische Leitideen.......................................................................... 28 2.2.1.2 Grundlegendes Forschungsdesign ............................................................... 36 2.2.1.3 Wahl des theoretischen Ansatzes................................................................. 38 2.2.1.3.1 Realoptionstheorie................................................................................... 38 2.2.1.3.2 Resource-based View und seine Weiterentwicklungen .......................... 42 2.2.2 Terminologische Basis ........................................................................................ 50 3 Entwicklung des Untersuchungsmodells ........................................................................ 59 3.1 Entwicklung des Konstrukts der Marketingflexibilität............................................... 59 3.1.1 Operative Marketingflexibilität ........................................................................... 64 3.1.2 Strategische Marketingflexibilität ....................................................................... 71 3.1.2.1 Wahrnehmen der Unternehmensumwelt...................................................... 72 3.1.2.2 Lernen .......................................................................................................... 75
XII
Inhaltsverzeichnis
3.1.2.3 3.1.2.4
Koordination ................................................................................................ 77 Zusammenfassung der Konzeptionalisierung der strategischen Marketingflexibilität .................................................................................... 81 3.2 Erfolgskonstrukt.......................................................................................................... 82 3.3 Determinanten der Marketingflexibilität .................................................................... 87 3.3.1 Unternehmenskultur ............................................................................................ 87 3.3.2 Organisationsstruktur .......................................................................................... 89 3.3.3 Unternehmenshistorie.......................................................................................... 91 3.3.4 Produktionsressourcen......................................................................................... 93 3.3.5 Marketingressourcen ........................................................................................... 94 3.4 Moderierende Effekte ................................................................................................. 96 3.5 Das Gesamtmodell im Überblick.............................................................................. 100 4 Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge ................. 103 4.1 Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise............................................................ 103 4.1.1 Grundlagen von Strukturgleichungsmodellen................................................... 108 4.1.1.1 Das Strukturmodell .................................................................................... 109 4.1.1.2 Die Messmodelle ....................................................................................... 110 4.1.1.2.1 Messtheoretische Grundlagen ............................................................... 111 4.1.1.2.2 Das reflektive Messmodell.................................................................... 113 4.1.1.2.3 Das formative Messmodell ................................................................... 115 4.1.1.2.4 Wahl und Bestimmung der Spezifikationsart der Messmodelle ........... 117 4.1.1.2.5 Messmodelle zweiter Ordnung ............................................................. 121 4.1.1.3 Beurteilung der Modellgüte ....................................................................... 128 4.1.1.3.1 Gütebeurteilung reflektiver Messmodelle............................................. 132 4.1.1.3.2 Gütebeurteilung formativer Messmodelle............................................. 144 4.1.1.3.3 Beurteilung des Strukturmodells........................................................... 149 4.1.1.4 Untersuchung und Beurteilung moderierender Effekte ............................. 153 4.1.2 Zusammenfassung der Vorgehensweise............................................................ 156 4.2 Datengrundlage und Datenerhebung......................................................................... 160 4.2.1 Grundgesamtheit der Erhebung......................................................................... 160 4.2.2 Datenerhebung................................................................................................... 161 4.2.2.1 Methode der Datenerhebung...................................................................... 161 4.2.2.2 Entwicklung des Erhebungsinstruments .................................................... 166 4.2.2.3 Verfahren der Haupterhebung.................................................................... 172 4.2.3 Charakteristika der Datenbasis .......................................................................... 173 4.2.3.1 Repräsentativität und Validität der Datenbasis.......................................... 173 4.2.3.2 Verteilung der Daten.................................................................................. 182 4.2.3.3 Ausreißer in den Daten .............................................................................. 184
Inhaltsverzeichnis
XIII
4.2.3.4 Behandlung fehlender Werte ..................................................................... 185 4.2.3.5 Stichprobenumfang und Sampleteilung..................................................... 191 4.3 Ergebnisse der empirischen Untersuchung ............................................................... 195 4.3.1 Analyse der Messmodelle.................................................................................. 195 4.3.1.1 Operationalisierung der operativen Marketingflexibilität ......................... 196 4.3.1.1.1 Operationalisierung der einzelnen Dimensionen .................................. 196 4.3.1.1.2 Untersuchung des mehrdimensionalen Konstrukts ............................... 205 4.3.1.2 Operationalisierung der strategischen Marketingflexibilität ..................... 211 4.3.1.2.1 Operationalisierung der einzelnen Dimensionen .................................. 212 4.3.1.2.2 Untersuchung des mehrdimensionalen Konstrukts ............................... 217 4.3.1.3 Operationalisierung des Unternehmenserfolgs .......................................... 223 4.3.1.3.1 Operationalisierung der einzelnen Dimensionen .................................. 224 4.3.1.3.2 Untersuchung des mehrdimensionalen Konstrukts ............................... 227 4.3.1.4 Operationalisierung der Determinanten der Marketingflexibilität ............ 233 4.3.1.4.1 Unternehmenskultur .............................................................................. 234 4.3.1.4.2 Organisationsstruktur ............................................................................ 236 4.3.1.4.3 Unternehmenshistorie ........................................................................... 238 4.3.1.4.4 Überprüfung der Diskriminanzvalidität der Determinanten ................. 240 4.3.1.4.5 Produktionsressourcen .......................................................................... 242 4.3.1.4.6 Marketingressourcen ............................................................................. 245 4.3.1.5 Operationalisierung des situativen Faktors................................................ 248 4.3.1.5.1 Marktdynamik ....................................................................................... 248 4.3.1.5.2 Technologiedynamik............................................................................. 251 4.3.1.5.3 Überprüfung der Diskriminanzvalidität ................................................ 253 4.3.2 Analyse des Strukturmodells............................................................................. 255 4.3.2.1 Messung der Erfolgswirkung der Marketingflexibilität ............................ 256 4.3.2.2 Messung der Wirkung der Determinanten................................................. 258 4.3.3 Analyse des Einflusses situativer Variablen...................................................... 264 5 Zusammenfassung und Implikationen der Untersuchung ......................................... 269 5.1 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung......................... 269 5.2 Wissenschaftliche Bewertung und Ansatzpunkte weiterer Forschung ..................... 274 5.3 Implikationen für die Unternehmenspraxis............................................................... 277 Anhang .................................................................................................................................. 279 Anhang 1 Liste der teilstrukturierten Expertengespräche ................................................ 279 Anhang 2 E-Mail-Anschreiben des Pretests und der Haupterhebung.............................. 280 Anhang 3 Erinnerungsanschreiben der Erhebung............................................................ 281 Anhang 4 Fragebogen der Haupterhebung....................................................................... 282
XIV
Inhaltsverzeichnis
Anhang 5 Mittelwerte, Extremwerte, Standardabweichung und Korrelationen der Indikatoren (Lernstichprobe)........................................................................... 288 Anhang 6 Mittelwerte, Extremwerte, Standardabweichung und Korrelationen der Indikatoren (Kreuzvalidierungsstichprobe)..................................................... 293 Literaturverzeichnis............................................................................................................. 299
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:
Quellen der Veränderung der Unternehmensumwelt ..................................... 2
Abbildung 2:
Gleichgewicht von Unsicherheit und Flexibilität ........................................... 3
Abbildung 3:
Ansatzpunkte für flexibilitätssteigernde Maßnahmen .................................... 4
Abbildung 4:
Grobes Untersuchungsmodell der Untersuchung ........................................... 6
Abbildung 5:
Ablaufdiagramm zur Vorgehensweise der Untersuchung ............................ 10
Abbildung 6:
Kapitel 2 der Untersuchung .......................................................................... 11
Abbildung 7:
Untersuchungsfelder der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung.... 13
Abbildung 8:
Systematisierung von Flexibilitätsarten........................................................ 21
Abbildung 9:
Unternehmensmodell der ressourcentheoretischen Ansätze......................... 46
Abbildung 10:
Struktur des Dynamic-Capability-Ansatzes.................................................. 47
Abbildung 11:
Beziehung zwischen Marketingflexibilität und Marketingfähigkeiten......... 54
Abbildung 12:
Kapitel 3 der Untersuchung .......................................................................... 59
Abbildung 13:
Theoretischer Bezugsrahmen der Untersuchung .......................................... 63
Abbildung 14:
Dimensionen der operativen Marketingflexibilität auf Basis der zugrundeliegenden funktionalen Marketingfähigkeiten ............................... 70
Abbildung 15:
Dimensionen der strategischen Marketingflexibilität auf Basis des Dynamic-Capability-Ansatzes ...................................................................... 81
Abbildung 16:
Quellen der Umfelddynamik ........................................................................ 97
Abbildung 17:
Integrierte Gesamtdarstellung des theorie- und hypothesengeleiteten Modells der Untersuchung.......................................................................... 100
Abbildung 18:
Kapitel 4 der Untersuchung ........................................................................ 103
Abbildung 19:
Beziehung zwischen multivariaten Verfahren ............................................ 105
Abbildung 20:
Grundlegende Struktur eines Strukturgleichungsmodells .......................... 109
Abbildung 21:
Schematische Darstellung der Zweisprachentheorie .................................. 111
Abbildung 22:
Umsetzung der Zweisprachentheorie in der empirischen Forschung ......... 112
Abbildung 23:
Reflektive und formative Messmodelle im Vergleich ................................ 114
Abbildung 24:
Mögliche Konzeptionalisierung latenter Konstrukte .................................. 122
Abbildung 25:
Typen mehrdimensionaler Konstrukte........................................................ 123
XVI
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 26:
Alternative Konstrukte zweiter Ordnung.................................................... 126
Abbildung 27:
Kriterien zur Beurteilung der Güte reflektiver Messmodelle ..................... 143
Abbildung 28:
MIMIC-Modell ........................................................................................... 147
Abbildung 29:
Kriterien zur Beurteilung der Güte formativer Messmodelle ..................... 148
Abbildung 30:
Kriterien zur Beurteilung des Strukturmodells ........................................... 152
Abbildung 31:
Schematische Darstellung eines Moderatoreffekts..................................... 153
Abbildung 32:
Moderator-Modell....................................................................................... 153
Abbildung 33:
Kriterien zur Beurteilung moderierender Effekte ....................................... 156
Abbildung 34:
Vorgehensweise zur Analyse der Messmodelle im Rahmen der Kovarianzstrukturanalyse ........................................................................... 159
Abbildung 35:
Vorgehensweise zur Konzeptionalisierung der Messmodelle .................... 167
Abbildung 36:
Mehrstufige Vorgehensweise der Entwicklung des Erhebungsinstruments . 172
Abbildung 37:
Verteilung der Grundgesamtheit und der Stichprobe hinsichtlich der Branchenzugehörigkeit ............................................................................... 175
Abbildung 38:
Verteilung der Grundgesamtheit und der Stichprobe hinsichtlich der Unternehmensgröße auf Basis der Mitarbeiterzahlen................................. 176
Abbildung 39:
Gründe für die Nichtteilnahme an der Befragung ...................................... 177
Abbildung 40:
Indikatorbezogene Antwortquoten ............................................................. 179
Abbildung 41:
Position der Befragten im Unternehmen .................................................... 180
Abbildung 42:
Selbsteinschätzung hinsichtlich der eigenen Kompetenz im Marketing .... 181
Abbildung 43:
Selbsteinschätzung der Sicherheit bei der Beantwortung der Fragen......... 182
Abbildung 44:
Minimaler Stichprobenumfang für ausgewählte Freiheitsgrade zur Erzielung einer Teststärke von 0,8 ............................................................. 194
Abbildung 45:
Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Produktflexibilität (Lernstichprobe)................................... 198
Abbildung 46:
Überprüfung der Diskriminanzvalidität der beiden Subdimensionen der Produktflexibilität anhand des Fornell/Larcker-Kriteriums (Lernstichprobe).......................................................................................... 199
Abbildung 47:
Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Distributionsflexibilität (Lernstichprobe) ................................ 200
Abbildungsverzeichnis
XVII
Abbildung 48:
Überprüfung der Diskriminanzvalidität der beiden Subdimensionen der Distributionsflexibilität anhand des Fornell/Larcker-Kriteriums (Lernstichprobe)........................................................................................... 201
Abbildung 49:
Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Kontrahierungsflexibilität (Lernstichprobe) ............................ 202
Abbildung 50:
Überprüfung der Diskriminanzvalidität der beiden Subdimensionen der Kontrahierungsflexibilität anhand des Fornell/Larcker-Kriteriums (Lernstichprobe).......................................................................................... 203
Abbildung 51:
Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Kommunikationsflexibilität (Lernstichprobe).......................... 204
Abbildung 52:
Überprüfung der Diskriminanzvalidität der beiden Subdimensionen der Kommunikationsflexibilität anhand des Fornell/Larcker-Kriteriums (Lernstichprobe).......................................................................................... 205
Abbildung 53:
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse für die operative Marketingflexibilität (Lernstichprobe) ....................................................... 206
Abbildung 54:
Konfirmatorische Faktorenanalyse 2. Ordnung des Vier-DimensionenModells der operativen Marketingflexibilität (Lernstichprobe) ................. 207
Abbildung 55:
Überprüfung der Diskriminanzvalidität der vier Dimensionen der operativen Marketingflexibilität anhand des Fornell/Larcker-Kriteriums (Lernstichprobe).......................................................................................... 208
Abbildung 56:
Konfirmatorische Faktorenanalyse 3. Ordnung des Vier-DimensionenModells der operativen Marketingflexibilität (Lernstichprobe) ................. 209
Abbildung 57:
Konfirmatorische Faktorenanalyse 3. Ordnung des Vier-DimensionenModells der operativen Marketingflexibilität (Kreuzvalidierungsstichprobe)..................................................................... 210
Abbildung 58:
Relative Bedeutung der vier Hauptdimensionen der operativen Marketingflexibilität ................................................................................... 211
Abbildung 59:
Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Marktorientierung (Lernstichprobe)......................................... 213
Abbildung 60:
Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Lernfähigkeit (Lernstichprobe) ................................................ 214
Abbildung 61:
Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Koordinationsfähigkeit (Lernstichprobe) ................................. 215
XVIII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 62:
Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Koordination der strategischen Optionen (Lernstichprobe)..... 217
Abbildung 63:
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse für die strategische Marketingflexibilität (Lernstichprobe) ....................................................... 218
Abbildung 64:
Konfirmatorische Faktorenanalyse 1. Ordnung des Vier-DimensionenModells der strategischen Marketingflexibilität (Lernstichprobe) ............. 219
Abbildung 65:
Überprüfung der Diskriminanzvalidität der vier Dimensionen der strategischen Marketingflexibilität anhand des Fornell/Larcker-Kriteriums (Lernstichprobe).......................................................................................... 220
Abbildung 66:
Konfirmatorische Faktorenanalyse 2. Ordnung des Vier-DimensionenModells der strategischen Marketingflexibilität (Lernstichprobe) ............. 221
Abbildung 67:
Konfirmatorische Faktorenanalyse 2. Ordnung des Vier-DimensionenModells der strategischen Marketingflexibilität (Kreuzvalidierungsstichprobe).................................................................... 222
Abbildung 68:
Relative Bedeutung der vier Dimensionen der strategischen Marketingflexibilität ................................................................................... 223
Abbildung 69:
Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Kundenzufriedenheit (Lernstichprobe) .................................... 225
Abbildung 70:
Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Markteffektivität (Lernstichprobe)........................................... 226
Abbildung 71:
Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Profitabilität (Lernstichprobe).................................................. 227
Abbildung 72:
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse für den Unternehmenserfolg (Lernstichprobe)........................................................ 228
Abbildung 73:
Konfirmatorische Faktorenanalyse 1. Ordnung des Drei-DimensionenModells des Unternehmenserfolgs (Lernstichprobe).................................. 229
Abbildung 74:
Überprüfung der Diskriminanzvalidität der drei Dimensionen des Unternehmenserfolgs anhand des Fornell/Larcker-Kriteriums (Lernstichprobe).......................................................................................... 230
Abbildung 75:
Konfirmatorische Faktorenanalyse 2. Ordnung des Drei-DimensionenModells des Unternehmenserfolgs (Lernstichprobe).................................. 231
Abbildung 76:
Konfirmatorische Faktorenanalyse 2. Ordnung des Drei-DimensionenModells des Unternehmenserfolgs (Kreuzvalidierungsstichprobe)............ 232
Abbildungsverzeichnis
XIX
Abbildung 77:
Relative Bedeutung der drei Dimensionen des Unternehmenserfolgs ....... 233
Abbildung 78:
Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Determinante Unternehmenskultur (Lernstichprobe) ................................. 235
Abbildung 79:
Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Determinante Unternehmenskultur (Kreuzvalidierungsstichprobe) ........... 236
Abbildung 80:
Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Determinante Organisationsstruktur (Lernstichprobe) ............................... 237
Abbildung 81:
Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Determinante Organisationsstruktur (Kreuzvalidierungsstichprobe) ......... 238
Abbildung 82:
Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Determinante Unternehmenshistorie (Lernstichprobe) .............................. 239
Abbildung 83:
Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Determinante Unternehmenshistorie (Kreuzvalidierungsstichprobe)......... 240
Abbildung 84:
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse der drei reflektiven Determinanten der Marketingflexibilität (Lernstichprobe) ........................ 241
Abbildung 85:
Überprüfung der Diskriminanzvalidität der drei reflektiven Determinanten der Marketingflexibilität anhand des Fornell/Larcker-Kriteriums (Lernstichprobe).......................................................................................... 242
Abbildung 86:
Multikollinearität und externe Validität der Indikatoren der Determinante Produktionsressourcen (Lernstichprobe) .................................................... 243
Abbildung 87:
Gütemaße für das Messmodell der Determinante Produktionsressourcen (Lernstichprobe).......................................................................................... 244
Abbildung 88:
Gütemaße für das Messmodell der Determinante Produktionsressourcen (Kreuzvalidierungsstichprobe).................................................................... 245
Abbildung 89:
Multikollinearität und externe Validität der Indikatoren der Determinante Marketingressourcen (Lernstichprobe)....................................................... 246
Abbildung 90:
Gütemaße für das Messmodell der Determinante Marketingressourcen (Lernstichprobe).......................................................................................... 247
Abbildung 91:
Gütemaße für das Messmodell der Determinante Marketingressourcen (Kreuzvalidierungsstichprobe).................................................................... 248
Abbildung 92:
Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Marktdynamik (Lernstichprobe) .............................................. 250
XX
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 93:
Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Marktdynamik (Kreuzvalidierungsstichprobe) ........................ 251
Abbildung 94:
Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Technologiedynamik (Lernstichprobe) .................................... 252
Abbildung 95:
Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Technologiedynamik (Kreuzvalidierungsstichprobe) .............. 253
Abbildung 96:
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse für die Umfelddynamik (Lernstichprobe).......................................................................................... 254
Abbildung 97:
Konfirmatorische Faktorenanalyse 1. Ordnung des Zwei-DimensionenModells der Umfelddynamik (Lernstichprobe) .......................................... 254
Abbildung 98:
Überprüfung der Diskriminanzvalidität der beiden Dimensionen der Umfelddynamik anhand des Fornell/Larcker-Kriteriums (Lernstichprobe).......................................................................................... 255
Abbildung 99:
Strukturgleichungsmodell zum Einfluss der operativen und strategischen Marketingflexibilität auf den Unternehmenserfolg (Lernstichprobe)......... 256
Abbildung 100: Strukturgleichungsmodell zum Einfluss der operativen und strategischen Marketingflexibilität auf den Unternehmenserfolg (Kreuzvalidierungsstichprobe).................................................................... 257 Abbildung 101: Strukturgleichungsmodell zum Einfluss der Unternehmenskultur ............. 259 Abbildung 102: Strukturgleichungsmodell zum Einfluss der Organisationsstruktur ........... 260 Abbildung 103: Strukturgleichungsmodell zum Einfluss der Unternehmenshistorie........... 261 Abbildung 104: Strukturgleichungsmodell zum Einfluss der Produktionsressourcen ......... 263 Abbildung 105: Strukturgleichungsmodell zum Einfluss der Marketingressourcen ............ 264 Abbildung 106: Moderierende Wirkung der Umfelddynamik auf die Erfolgswirkung der operativen Marketingflexibilität ........................................................... 266 Abbildung 107: Moderierende Wirkung der Umfelddynamik auf die Erfolgswirkung der strategischen Marketingflexibilität ....................................................... 267 Abbildung 108: Moderierende Wirkung der Umfelddynamik auf den Einfluss der strategischen Marketingflexibilität auf die operative Marketingflexibilität ................................................................................... 268 Abbildung 109: Kapitel 5 der Untersuchung ........................................................................ 269
Tabellenverzeichnis Tabelle 1:
Verwandte Begriffe und Konzepte sowie ihre Bedeutungsinhalte ............... 20
Tabelle 2:
Zentrale Definitionen von Fähigkeiten ......................................................... 52
Tabelle 3:
Zentrale Definitionen dynamischer Fähigkeiten........................................... 56
Tabelle 4:
Zusammenfassung der Untersuchungshypothesen ..................................... 102
Tabelle 5:
Methodenvergleich zwischen varianz- und kovarianzbasierter Verfahren der Analyse von Strukturgleichungsmodellen............................................ 107
Tabelle 6:
Zusammenfassung der Eigenschaften reflektiver und formativer mehrdimensionaler Konstrukte................................................................... 125
Tabelle 7:
Kriterien der Reliabilität von Messungen ................................................... 130
Tabelle 8:
Validitätskriterien für Messungen .............................................................. 131
Tabelle 9:
Grundgesamtheit der Untersuchung nach der WZ 2003-Klassifikation des Statistischen Bundesamts ..................................................................... 160
Tabelle 10:
Empirische Ergebnisse der Hypothesenüberprüfung.................................. 274
Abkürzungsverzeichnis ADF
Asymptotically Distribution Free / Arbitrary Distribution Function
AGFI
Adjusted Goodness of Fit Index
CFI
Comparative Fit Index
DA
Data Augmentation
CBV
Capability-based View
DCA
Dynamic-Capability-Ansatz
DEV
durchschnittlich erfasste Varianz
df
Anzahl der Freiheitsgrade (Degrees of Freedom)
EM
Expectation Maximization
FR
Faktorreliabilität
GFI
Goodness of Fit Index
GLS
Generalized Least Squares
KBV
Knowledge-based View
MAR
Missing at Random
MCAR
Missing Completely at Random
MNAR
Missing Not at Random
MIMIC
Multiple Indicators Multiple Causes
ML
Maximum Likelihood
NFI
Normed Fit Index
NNFI
Non-Normed Fit Index
PLS
Partial Least Squares
POS
Point of Sale
RBV
Resource-based View
RMSEA
Root Mean Square Error of Approximation
T
Toleranz
TLI
Tucker Lewis Index
VIF
Varianz Inflation Factor
1
Einleitung
1.1 1.1.1
Das Untersuchungsproblem Ausgangspunkt der Untersuchung
Bis Mitte der 1970er Jahre waren die Wettbewerbs- und Umweltbedingungen für Unternehmen durch eine relative Stabilität gekennzeichnet. Ziel der Unternehmensstrategie war es, eine attraktive Wettbewerbsposition zu erreichen (niedrigste Kosten, hohe Qualität, breites Produktprogramm) und diese zu verteidigen.1 Ausgelöst durch die Erdölpreisschocks in den Jahren 1974 und 1979 sowie die generell turbulenter werdende Unternehmensumwelt wurde der Ruf nach einer größeren Flexibilität im Unternehmen immer lauter.2 So betonte ULRICH bereits 1976: „Von grösster Bedeutung für die nächste Zukunft erscheint mir […] die Strategie der Flexibilitätssteigerung zu sein“3. Verschärft wurde diese Situation durch die immer stärker fortschreitende Globalisierung und die Deregulierung bisher reglementierter Industrien. In jüngster Zeit resultieren weitere erhebliche strukturelle Veränderungen in der globalen Wirtschaft aus der schnellen Diffusion und kommerziellen Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien.4 Generell lässt sich festhalten, dass die Geschwindigkeit der Veränderung von Märkten und damit deren Unsicherheit in den letzten Jahren weiter zugenommen hat.5 Diese Entwicklungen – DRUCKER spricht vom Zeitalter der Diskontinuität6 – verleihen dem so genannten „Gesetz der erforderlichen Varietät“ von ASHBY7 neue Aktualität. Nach diesem Gesetz gilt als Überlebensbedingung für offene Systeme, dass mit zunehmender Varietät der Umwelt die erforderliche Varietät eines Systems ebenso ansteigen muss. Dabei kann die Unsicherheit ihrem Entstehen nach in externe und interne Ursachen aufgeteilt werden.8 Die externe Unsicherheit resultiert aus der Unternehmensumwelt, die auf das Unternehmen einwirkt. Zu den Bestandteilen der Umwelt zählen vor allem die Beschaffungs- und Absatzmärkte sowie die dort agierenden Wettbewerber, aber auch technische, rechtliche, politische und kulturelle Entwicklungen. Der Grad der Unsicherheit ist abhängig von der Komplexität und der Dynamik, mit der sich diese Faktoren verändern. Die interne Unsicherheit wird durch unternehmensinterne Einflüsse bestimmt. Hierbei ist die Zunahme einer internen Komplexität 1 2 3 4 5
6 7 8
Vgl. Hayes/Pisano (1994), S. 82. Vgl. Meffert (1985a), S. 121; van Hoek (2001), S. 163; Zhang/Vonderembse/Lim (2002), S. 562. Ulrich (1976), S. 69. Vgl. Sanchez (1997), S. 71; Wirtz (2000), S. 290; Foster/Kaplan (2001), S. 13. Vgl. Gerwin (1987), S. 38; Burmann (2002), S. 1; Claycomb/Dröge/Germain (2005), S. 629; Fredericks (2005), S. 555. Vgl. Drucker (1969). Vgl. Ashby (1956), S. 206 ff.; Ashby (1958), S. 83 ff. Vgl. Simon (1969), S. 7.
2
Einleitung
eng mit einer Zunahme der externen Unsicherheit verbunden. Abbildung 1 gibt einen Überblick über die Faktoren, welche die Unternehmensumwelt wesentlich bestimmen. Dabei wird zwischen den Mikrofaktoren der Wettbewerbsumwelt, welche die Beziehungen zu den Kunden, Wettbewerbern und Lieferanten umfasst, und den allgemeineren Makrofaktoren unterschieden.
natürliche Umwelt nationale und internationale Wirtschaft
demografische Struktur Industrie-/ Wettbewerbsumwelt
Technologie
Sozialstruktur
Regierung
Abbildung 1:
Quellen der Veränderung der Unternehmensumwelt1
EPPINK bewertet die Unsicherheit der Unternehmensumwelt als Ursache für den Ruf nach einer verstärkten Auseinandersetzung mit der Flexibilität in Theorie und Praxis: „What we want to emphasize is that the more uncertain the situation is for an organization the more it will need flexibility as a complement to planning“2. DYSON/FOSTER sehen die Flexibilität als Voraussetzung dafür an, um in einer unsicheren Unternehmensumwelt das Überleben des Unternehmens zu gewährleisten: „In uncertain times flexibility may be no less than the key to success or survival: hence its importance.“3 Flexibilität lässt sich dabei als Gegengewicht zu Unsicherheit verstehen, dem das Unternehmen ausgesetzt ist (vgl. Abbildung 2). Steigt die Unsicherheit aufgrund veränderter interner oder externer Rahmenbedingungen –, so muss auch das Unternehmen seine Flexibilität erhö-
1
2 3
In Anlehnung an Grant (2002), S. 67. Vgl. ebenfalls Macharzina (1999), S. 17 ff.; Welge/Al-Laham (2003), S. 187 ff. mit ähnlichen Unterteilungen der Unternehmensumwelt. Eppink (1975), S. 5. Dyson/Foster (1983), S. 72.
Das Untersuchungsproblem
3
hen. Dieses Gleichgewicht aus Unsicherheit und Flexibilität wird dabei durch das Ausmaß des „natürlichen“ Schutzes des einzelnen Unternehmens gegen die Quellen der Unsicherheit bestimmt. Diese „Puffer“ bestimmen den Schwerpunkt des zu erreichenden Gleichgewichts.1
Unsicherheit
Flexibilität
interne oder externe Quellen
auf den verschiedenen Unternehmensebenen
Puffer zum Schutz vor den Auswirkungen der Unsicherheit oder Veränderung
Abbildung 2:
Gleichgewicht von Unsicherheit und Flexibilität2
Dabei darf die notwendige Flexibilität eines Unternehmens nicht mit Ad-hoc-Management und Improvisation gleichgesetzt werden, die wegen fehlender strategischer Ausrichtung des Unternehmens zur Abwehr von Bedrohungen und zur Wahrnehmung von Chancen in einer unsicheren Unternehmensumwelt eingesetzt werden.3 Stattdessen ist es notwendig und erfolgsentscheidend, an Stelle einer Improvisation, die notwendige Flexibilität strategisch zu planen und das Unternehmen auf den Flexibilitätsbedarf hin auszurichten. Notwendig ist daher eine integrative und strategische Planung der Unternehmensflexibilität, die alle zukunftsgerichteten Überlegungen zur langfristigen Schaffung und Sicherung der Handlungsspielräume zur Begegnung von Risiken und der Wahrnehmung der Chancen umfasst. Ziel ist es dabei, im Rahmen einer systematischen Flexibilitätsplanung die unternehmerischen Flexibilitätspotenziale bzw. flexibilitätssteigernden Maßnahmen mit dem jeweils gegebenen Flexibilitätsbedarf des Unternehmens in Übereinstimmung zu bringen. In Unternehmen bestehen verschiedene Ansatzpunkte, um die notwendige Flexibilität zu erreichen. Diese Ansatzpunkte lassen sich anhand der Wertschöpfungskette eines Unternehmens organisieren und unterscheiden.4 Ähnlich wie PORTER Kostentreiber entlang der Wertschöpfungskette
1 2 3 4
Vgl. Newman/Hanna/Maffei (1993), S. 23 ff. In Anlehnung an Newman/Hanna/Maffei (1993), S. 23 ff. Vgl. Meffert (1985a), S. 122. Vgl. Kim (1991), S. 9.
4
Einleitung
identifiziert hat, um im Anschluss Maßnahmen für kostensenkende Maßnahmen zu entwickeln1, lassen sich Flexibilitätstreiber identifizieren.
Unternehmensführung und Organisation Personalwirtschaft
xi Fle
Innovation
ä bilit
Investition und Finanzierung Informationssysteme
t
Rechnungswesen Beschaffung
AusgangsLogistik
Marketing und Verkauf
Dienstleistungen
xi b i lität
Abbildung 3:
Produktion
Fl e
EingangsLogistik
Ansatzpunkte für flexibilitätssteigernde Maßnahmen2
Die überwiegende Zahl der Beiträge zur betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung beschäftigt sich mit dem Produktionsbereich.3 Für die Unternehmen ist es aber auch wichtig, die anderen Funktionsbereiche hinsichtlich des Flexibilitätspotenzials zu untersuchen.4 So stellte MEFFERT in einer empirischen Untersuchung fest, dass von allen Funktionsbereichen der Verkaufs- und Marketingflexibilität in der Unternehmung die höchste Bedeutung zuerkannt wird.5 Es ist daher erstaunlich, dass gerade der Marketingbereich – dessen originäres Erkenntnisobjekt einen besonders engen Bezug zur betriebswirtschaftlichen Unsicherheitsproblematik aufweist – keine systematische Entwicklung eigenständiger Flexibilitätskonzepte aufweist.6 1.1.2
Zielsetzung der Untersuchung und deren wissenschaftliche Einordnung
Die Bedeutung der Flexibilität für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen ist allgemein anerkannt.7 Dabei besteht sowohl aus Sicht der Unternehmenspraxis als auch aus Sicht der
1 2 3 4 5 6
7
Vgl. Porter (1985), S. 33 ff. In Anlehnung an Kim (1991), S. 10. Siehe auch Porter (1985), S. 37. Vgl. von der Oelsnitz (1994), S. 39, 42; Janssen (1997), S. 3; Narasimhan/Das (2000), S. 876. Vgl. Narasimhan/Das (2000), S. 876. Vgl. Meffert (1985b), S. 8. Vgl. von der Oelsnitz (1994), S. 42. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass das European Journal of Marketing Ende 2006 einen Call for Papers zum Thema „Marketing and Flexibility“ initiierte. Vgl. De Meyer et al. (1989), S. 135; Koste/Malhotra/Sharma (2004), S. 171.
Das Untersuchungsproblem
5
Forschung ein Defizit an geeigneten Messskalen.1 Auch die Beziehung zwischen den unterschiedlichen Arten von Flexibilitätstypen ist nur unzureichend erforscht worden.2 Vor dem Hintergrund der skizzierten Ausgangslage ist es das Ziel der vorliegenden Untersuchung, unter Berücksichtigung vorhandener theoretischer Ansätze und bisheriger Arbeiten einen theoriegeleiteten und hypothesentestenden Beitrag zur empirischen Identifikation und Messung der Marketingflexibilität und ihrer Erfolgswirkung zu leisten. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht dabei die Fragestellung, welche Dimensionen das Konstrukt „Marketingflexibilität“ ausmachen und welche Bedeutung die einzelnen Dimensionen innerhalb dieses Konstrukts haben. Weiterhin gilt es zu untersuchen, welchen Einfluss die Marketingflexibilität auf den Flexibilitätsnutzen, d. h. eine verbesserte Zielerreichung hat. Um ein umfassendes und möglichst differenziertes Bild der Marketingflexibilität zu entwickeln, sollen die Antezedenzien der Marketingflexibilität identifiziert und ihr Einfluss untersucht werden. Hiermit sind insbesondere solche organisationalen Faktoren gemeint, die das Ausmaß der Ausprägung der Marketingflexibilität beeinflussen. Schließlich soll auch der Zusammenhang zwischen der Marketingflexibilität und dem Flexibilitätserfolg vor dem Hintergrund etwaiger situativer Faktoren untersucht werden. Durch die Berücksichtigung moderierender Faktoren soll der Forderung nach einer Einbeziehung des spezifischen Unternehmenskontexts in die Abschätzung der Werthaltigkeit organisationaler Fähigkeiten entsprochen werden.3 Weiterhin wird auf diese Weise die Berücksichtigung des Flexibilitätsbedarfs ermöglicht und somit ableitbar, in welchen Fällen die Marketingflexibilität von besonderer Bedeutung für das Unternehmen ist und wann sie möglicherweise eine eher nachrangige Bedeutung aufweist. Aus diesen Zielsetzungen lassen sich folgende vier Untersuchungsfragestellungen ableiten (vgl. Abbildung 4): 1. Wie kann die Marketingflexibilität konzeptionalisiert und operationalisiert werden? 2. Welchen Erfolgsbeitrag leisten das Konstrukt „Marketingflexibilität“ sowie seine einzelnen Dimensionen? 3. Welche Determinanten beeinflussen die Marketingflexibilität eines Unternehmens? 4. Ist der Einfluss der Marketingflexibilität auf den Flexibilitätsnutzen von bestimmten Kontextfaktoren, insbesondere dem Flexibilitätsbedarf, abhängig?
1
2 3
Vgl. De Toni/Tonchia (1998), S. 1588; Parker/Wirth (1999), S. 430; Koste/Malhotra (1999a), S. 6; Koste/Malhotra (1999b), S. 76; Beach et al. (2000b), S. 50. Vgl. Parker/Wirth (1999), S. 430; Koste/Malhotra (1999a), S. 6; Beach et al. (2000b), S. 46. Vgl. Priem/Butler (2001), S. 32; Aragón-Correa/Sharma (2003), S. 75.
6
Einleitung
4
3
moderierende Variablen
1
Determinanten
Abbildung 4:
Marketingflexibilität
2
Erfolg
Grobes Untersuchungsmodell der Untersuchung
Die erste wesentliche Fragestellung befasst sich mit der Konzeptionalisierung und Operationalisierung des Konstrukts „Marketingflexibilität“. Basishypothese der vorliegenden Untersuchung ist, dass die Marketingflexibilität ein mehrdimensionales Konstrukt darstellt. Der Begriff „Konzeptionalisierung“ bezeichnet in diesem Zusammenhang die theoretische Herleitung, Definition und inhaltliche Konkretisierung eines Konstrukts.1 Sie ist auf einer theoretischen Sprachebene angesiedelt. Bestandteil der Konzeptionalisierung ist die Herausarbeitung der relevanten Dimensionen eines Konstrukts.2 Unter der Operationalisierung eines Konstrukts wird die darauf aufbauende Entwicklung und Anwendung eines Messinstruments zur empirischen Erfassung eines Konstrukts und seiner Dimensionen verstanden; sie ist auf der empirischen Sprachebene angesiedelt.3 Damit lässt sich die erste Fragestellung, die ihren Schwerpunkt auf die Konzeptionalisierung und Operationalisierung der Marketingflexibilität legt und den Kern der Untersuchung bildet, dem „Measurement Stream“ der empirischen Forschung im strategischen Management zuordnen. Der Measurement Stream konzentriert sich auf die Beziehung zwischen den aus der Operationalisierung gewonnenen Ergebnissen und den zugrunde liegenden theoretischen Konzepten. Die restlichen drei Forschungsfragestellungen (2, 3 und 4) sind hingegen schwerpunktmäßig dem „Substantive Stream“ in der empirischen Strategieforschung zu zuordnen, der sich mit den Beziehungen zwischen abhängigen und unabhängigen Variablen befasst.4 1.2
Abgrenzung des Untersuchungsbereichs
Die Zielsetzung der Untersuchung besteht in der Konzeptionalisierung und Operationalisierung eines Flexibilitätskonstrukts und in dem empirischen Nachweis seiner Erfolgswirkung. Dazu bedarf es einer Abgrenzung der zu betrachtenden Institutionen und der Festlegung der Analyseebene innerhalb dieser Institutionen, um das Untersuchungsobjekt näher zu spezifizieren.
1 2 3
4
Vgl. Böing (2001), S. 40; Burmann (2002), S. 39. Vgl. Homburg (1995), S. 4. Vgl. Homburg (1995), S. 4; Böing (2001), S. 40; Burmann (2002), S. 39; siehe auch Kieser/Kubicek (1992), S. 67 ff. Vgl. Schwab (1980), S. 4; Venkatraman/Grant (1986), S. 71.
Abgrenzung des Untersuchungsbereichs
7
Die in Abschnitt 1.1.1 aufgezeigten Veränderungen der Unternehmensumwelt und die daraus resultierende Unsicherheit beeinflussen eine Vielzahl von Branchen. Gleichwohl soll sich die vorliegende Untersuchung auf Unternehmen konzentrieren, die diesen Veränderungen im besonderen Maße unterliegen. Auf institutioneller Ebene sollen deshalb im Folgenden Unternehmen der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie untersucht werden. Gegenstand der Untersuchung sollen hierbei sowohl Unternehmen sein, die sich nur diesem Geschäftszweck widmen als auch Geschäftsbereiche von Unternehmen, die auch auf anderen Geschäftsfeldern agieren. Im Abschnitt 4.2.1 wird auf Grundlage der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamts eine Eingrenzung der in die Untersuchung einzubeziehenden Branchen vorgenommen. Auf der institutionenbezogenen Analyseebene wird zur Abgrenzung des Untersuchungsbereichs von den in der Strategieforschung untersuchten, verschiedenen Strategietypen ausgegangen. Diese beziehen sich auf unterschiedliche strategische Ebenen eines Unternehmens. So differenziert ANDREWS zwischen der Gesamtunternehmensstrategie (corporate strategy) und der Geschäftsbereichstrategie (business strategy).1 Die Gesamtunternehmensstrategie bezieht sich auf die gesamte Unternehmung und legt auf der Basis auf der Corporate Mission die Geschäftsfelder fest, in denen das Unternehmen tätig ist. Grundlage für die Auswahl der Geschäftsfelder ist, dass die einzigartigen Kompetenzen und Ressourcen des Unternehmens in Wettbewerbsvorteile transformiert werden. Die Geschäftsbereichstrategie ist hingegen weniger umfassend und definiert die Auswahl der Produkte, Dienstleistungen und Märkte der einzelnen Geschäftsfelder innerhalb des Unternehmens. Sie bestimmt, wie das Unternehmen innerhalb eines Geschäftsfelds konkurriert und sich in Relation zu den Wettbewerbern positioniert.2 In ähnlicher Weise unterscheidet PORTER zwischen Strategien des Gesamtunternehmens (corporate / companywide strategy) und Strategien der Unternehmenseinheiten (business unit / competitive strategy).3 Der in diesem Zusammenhang am meisten Beachtung findende Ansatz stammt von HOder zwischen drei Hierarchieebenen einer Strategie unterscheidet: die Ebene der Unternehmensstrategie (corporate strategy), die Ebene der Geschäftsfeldstrategie (business strategy) und die Ebene der Funktionsbereichsstrategie (functional area strategy).4 Komponenten der Unternehmensstrategie sind Entscheidungen bezüglich der zu besetzenden Geschäftsfelder, der Ressourcenaufteilung auf die Geschäftsfelder, dem Erreichen von Synergien durch Zugriff auf zentrale Ressourcen und allgemeine Überlegungen hinsichtlich der Gestal-
FER/SCHENDEL,
1 2 3 4
Vgl. Andrews (1987), S. 13. Vgl. hierzu Andrews (1987), S. 13 f. Vgl. Porter (1985), S. 317; Porter (1987), S. 43; Porter (1989), S. 405. Vgl. Hofer/Schendel (1978), S. 27. Ähnlich siehe Welge/Al-Laham (2003), S. 328 ff.
8
Einleitung
tung der Finanzstruktur sowie der Aufbau- und Ablauforganisation. Die Geschäftsfeldstrategie befasst sich mit der Art und Weise, wie dem Wettbewerb in einer Branche oder einem Produkt-Markt-Segment zu begegnen ist. Die zentralen Bestandteile der Strategie auf dieser Ebene sind daher einzigartige Kompetenzen und die daraus resultierende Erzielung von Wettbewerbsvorteilen. Die Funktionsbereichsstrategie strebt die Maximierung der Ressourcenproduktivität durch die Entwicklung einzigartiger Kompetenzen und die Freisetzung von Synergien aufgrund der Koordination und Integration von Aktivitäten innerhalb eines Funktionsbereichs an.1 In der Literatur lassen sich weitere hierarchische Differenzierungen der unterschiedlichen Strategieebenen finden. So ergänzt MACHARZINA das Konzept von HOFER/SCHENDEL mit der Wettbewerbsstrategie um eine vierte Ebene. Diese siedelt er zwischen der Unternehmensstrategie und der Geschäftsbereichsstrategie an. Als Konkretisierung der Unternehmensstrategie legt die Wettbewerbsstrategie fest, wie mit Wettbewerbern generell zu konkurrieren ist. Ziel ist dabei wiederum die Erlangung von Wettbewerbsvorteilen.2 BOSEMAN/PHATAK betrachten die „societal strategy“ als vierte Strategieebene. Diese legt das Verhalten des Unternehmens in der Gesellschaft fest und ist den drei Strategieebenen Corporate Strategy, Business Strategy und Functional Area Strategy übergeordnet.3 Auf Grundlage der ebenenorientierten Betrachtungsweise von Unternehmen wird eine Einordnung der vorliegenden Untersuchung ermöglicht. In der Untersuchung geht es primär um die Analyse organisationaler Charakteristika und Strukturen. Hervorzuheben sind insbesondere organisationale Erfahrungen mit der Marketingflexibilität oder die Fähigkeit zum Management der Marketingflexibilität und der daraus folgenden Erfolgswirkung. Untersucht werden sollen demnach die Geschäftsbereiche von Unternehmen, da Unternehmen oftmals in mehreren Produkt-Markt-Segmenten operieren, die sich in den für die Marketingflexibilität relevanten Veränderungen der Unternehmensumwelt und der daraus resultierenden Unsicherheit unterscheiden. 1.3
Vorgehensweise und Aufbau der Untersuchung
Analog zu der Fragestellung ist die Arbeit wie folgt aufgebaut. Nach der Darstellung des Untersuchungsproblems (Abschnitt 1.1) und der Abgrenzung des Untersuchungsbereichs (Abschnitt 1.2) im ersten Kapitel, beschäftigt sich das zweite Kapitel mit den Grundlagen der Untersuchung. Dazu wird in einem ersten Schritt (Abschnitt 2.1) zunächst ein kurzer Über-
1
2 3
Vgl. hierzu Hofer/Schendel (1978), S. 27-29. Ebenso gehen GRANT/KING sowie HAX/MAJLUF von drei konzeptionellen, hierarchischen Ebenen aus. Sie hierzu Grant/King (1982), S. 17 f.; Hax/Majluf (1984), S. 41. Vgl. Macharzina (1999), S. 205 f. Vgl. Boseman/Phatak (1989), S. 86.
Vorgehensweise und Aufbau der Untersuchung
9
blick über den Stand der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung aufgezeigt. Dabei wird sich zeigen, dass die Forschung nach ihrem gegenwärtigen Erkenntnisstand nicht in der Lage ist, die für diese Untersuchung aufgeworfenen Fragen zu beantworten. Im Anschluss daran ist daher auf die Aufgaben einer Flexibilitätstheorie näher einzugehen (Abschnitt 2.1.2). In einem zweiten Schritt (Abschnitt 2.2) werden die wissenschaftstheoretischen (Abschnitt 2.2.1) sowie die terminologischen Grundlagen der Untersuchung (Abschnitt 2.2.2) entwickelt. Im Rahmen der Darlegung der wissenschaftstheoretischen Grundlagen wird einzeln auf die methodologischen Leitideen (Abschnitt 2.2.1.1), das grundlegende Forschungsdesign (Abschnitt 2.2.1.2) sowie die Wahl und Darstellung des theoretischen Ansatzes (Abschnitt 2.2.1.3) eingegangen. Während zur Konkretisierung der terminologischen Grundlagen die Begrifflichkeiten der Fähigkeit und der Marketingflexibilität näher beleuchtet werden. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Konzeptionalisierung des Konstrukts „Marketingflexibilität“ auf Basis der bisherigen Literatur zur Flexibilität im Unternehmen und den neueren Erkenntnissen des Dynamic-Capability-Ansatzes. Hierzu werden für die Modellentwicklung (Abschnitt 3.1) die aus den theoretischen Bezugspunkten gewonnenen Dimensionen des Konstrukts inhaltlich beschrieben. Abschnitt 3.2 beschäftigt sich mit der Entwicklung des Erfolgskonstrukts und der Ableitung der Hypothesen zur Überprüfung der Erfolgswirkung der Marketingflexibilität. Anschließend erfolgt in Abschnitt 3.3 die Herleitung und Konzeptionalisierung von Determinanten der Marketingflexibilität sowie die Formulierung von Hypothesen zu den Wirkungsbeziehungen. In Abschnitt 3.4 werden moderierende Effekte herausgearbeitet und Hypothesen formuliert. Die Ausführungen des dritten Kapitels werden mit einer Zusammenfassung des Untersuchungsmodells und der sich darin ausdrückenden Untersuchungshypothesen (Abschnitt 3.5) sowie einer Überleitung zum empirischen Teil abgeschlossen. Im vierten Kapitel folgen die Operationalisierung des Messmodells der Marketingflexibilität und die empirische Überprüfung der Untersuchungshypothesen. Ausgangspunkt bildet die Darstellung der Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise der empirischen Untersuchung (Abschnitt 4.1). Im folgenden Abschnitt 4.2 werden die Grundgesamtheit der Erhebung und die Vorgehensweise bei der Datenerhebung beschrieben. Die Ausführungen des Abschnitts schließen mit einer Beschreibung der Datenbasis ab. Abschnitt 4.3 umfasst die Analyse der Ergebnisse der empirischen Untersuchung. Dabei erfolgt eingangs zunächst die Überprüfung der Messmodelle (Abschnitt 4.3.1). Im Zuge dieser Analysen wird auch die Fragestellung 1 nach der Konzeptionalisierung und Operationalisierung der Marketingflexibilität beantwortet. Weiterhin werden hier die Grundlagen für die Beantwortung der anderen drei Fragestellungen geschaffen. Dabei werden für das gesamte Strukturmodell (Abschnitt 4.3.2) die Fragestellungen 2 und 3 beantwortet. Abschließend wird zur Beantwortung der Fragestellung 4 der Einfluss moderierender Faktoren auf die Wirkung der Marketingflexibilität analysiert (Abschnitt 4.3.3).
10
Einleitung
Den Abschluss der Untersuchung bildet eine Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse (Abschnitt 5.1) und eine Diskussion der Implikationen im fünften Kapitel. Hierbei wird zunächst eine Bewertung der Untersuchungsergebnisse vorgenommen und Ansatzpunkte für weitere Forschungstätigkeit aufgezeigt (Abschnitt 5.2). Abschnitt 5.3 widmet sich den Implikationen für die Unternehmenspraxis. Die hier beschriebene Vorgehensweise wird in Abbildung 5 dargestellt.
1
Einleitung
2
3
4
5
Grundlagen der Untersuchung
Entwicklung des Untersuchungsmodells
empirische Untersuchung
Zusammenfassung und Implikationen der Untersuchung
• Ausgangspunkt der Untersuchung • Problemstellung und Zielsetzung der Untersuchung • Eingrenzung des Untersuchungsbereichs • Vorgehensweise und Aufbau der Untersuchung
• Flexibilität als Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Forschung • wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis • theoretische Bezugspunkte der Untersuchung
Forschungsfragestellung
Untersuchungsgrundlagen und Identifikation der Forschungslücke
Abbildung 5:
• Konzeptionalisierung der Konstrukte • Entwicklung der Untersuchungshypothesen
empirisch zu prüfendes Modell und Hypothesen
• Grundlagen der Strukturgleichungsanalyse • Vorgehensweise zur Operationalisierung von Konstrukten • Datengrundlage und Datenerhebung • Überprüfung der Messmodelle • Überprüfung des Strukturmodells • Analyse des Einflusses situativer Variablen
Grundlagen der Empirie und empirische Befunde
Ablaufdiagramm zur Vorgehensweise der Untersuchung
• Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung • wissenschaftliche Bewertung und Ansatzpunkte weiterer Forschung • Implikationen für die Unternehmenspraxis
Implikationen der Untersuchung
2
Grundlagen der Untersuchung
Die Darstellung der Grundlagen der Untersuchung beginnt mit einer Schilderung des Phänomens „Flexibilität“ als Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Forschung. Daran schließt sich eine wissenschaftstheoretische Einordnung der Untersuchung und die Festlegung der terminologischen Basis an (Abschnitt 2.2). Abbildung 6 zeigt die Inhalte von Kapitel 2 im Zusammenhang der Untersuchung.
1
2
Einleitung
• Ausgangspunkt der Untersuchung • Problemstellung und Zielsetzung der Untersuchung • Eingrenzung des Untersuchungsbereichs • Vorgehensweise und Aufbau der Untersuchung
• Flexibilität als Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Forschung • wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis • theoretische Bezugspunkte der Untersuchung
Forschungsfragestellung
Untersuchungsgrundlagen und Identifikation der Forschungslücke
Abbildung 6:
2.1
Grundlagen der Untersuchung
3 Entwicklung des Untersuchungsmodells • Konzeptionalisierung der Konstrukte • Entwicklung der Untersuchungshypothesen
empirisch zu prüfendes Modell und Hypothesen
4
5
empirische Untersuchung
Zusammenfassung und Implikationen der Untersuchung
• Grundlagen der Strukturgleichungsanalyse • Vorgehensweise zur Operationalisierung von Konstrukten • Datengrundlage und Datenerhebung • Überprüfung der Messmodelle • Überprüfung des Strukturmodells • Analyse des Einflusses situativer Variablen
Grundlagen der Empirie und empirische Befunde
• Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung • wissenschaftliche Bewertung und Ansatzpunkte weiterer Forschung • Implikationen für die Unternehmenspraxis
Implikationen der Untersuchung
Kapitel 2 der Untersuchung
Flexibilität als Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Forschung
Zu Beginn dieses Abschnitts sollen zunächst die historische Entwicklung der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung und ihr aktueller Stand aufgezeigt werden (Abschnitt 2.1.1). Dabei wird deutlich, dass in der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung eine Vielzahl von Erkenntnissen für alle betrieblichen Bereiche vorliegt, aber der Marketingbereich bisher kaum untersucht wurde und eine Integration dieser Flexibilitätserkenntnisse bislang aussteht. In der Literatur existiert vielfältiges Begriffsverständnis über Flexibilität. Daher wird im Anschluss an die Präzisierung der Forschungslücke auf die Aufgaben einer Flexibilitätstheorie näher eingegangen, um anhand dieser drei grundlegenden Anforderungskriterien Wege für eine stärker integrierende Flexibilitätstheorie aufzuzeigen (Abschnitt 2.1.2).
12
2.1.1
Grundlagen der Untersuchung
Entwicklung und Systematik der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung
Die ersten Untersuchungen zur Flexibilität in Unternehmen lassen sich bis in die 1920er Jahre zurückverfolgen.1 Auslöser dieser ersten intensiven Auseinandersetzung mit dem Phänomen „Flexibilität“ war die Weltwirtschaftskrise und ihre Begleiterscheinungen wie hohe Inflation, steigende Arbeitslosigkeit und konjunkturelle Erstarrung.2 Durch die mangelnde Anpassung vieler Unternehmen an eine plötzlich geringere Nachfrage rückte das Flexibilitätsproblem in den Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses in der betriebswirtschaftlichen Forschung.3 Aufgrund der „besondere[n] Aktualität des Kongreßthemas“ und „abweichend von der bisherigen Gepflogenheit“4 stand deshalb 1931 die Pfingsttagung des Verbands der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e. V. zum ersten Mal unter einem einzigen Thema: Sicherung der betrieblichen Anpassungsfähigkeit an eine veränderte, konjunkturell erstarrte Wirtschaftslage. Eine erste problembeschreibende Situationsanalyse lieferte der einleitende Vortrag von KAL5 VERAM , dem sich eine Reihe von Beiträgen anschlossen, die einzelne Problemaspekte thematisierten6. Das bis heute andauernde Interesse am Phänomen Flexibilität ist dabei jedoch weniger auf die Frage der Anpassung an eine gesamtwirtschaftliche Konjunkturschwankung zurückzuführen als vielmehr auf die allgemeinere Frage der Bewältigung von Unsicherheit in der Führung von Unternehmen.7 Eine der ersten Untersuchungen, die sich mit dem Zusammenhang zwischen dem Informationsstand der Entscheidungsträger und der Güte ihrer Entscheidungen beschäftigt, stammt von HART.8 Mit dieser Arbeit traten zum ersten Mal Fragen der Unsicherheitsbewältigung in den Fokus des betriebswirtschaftlichen Interesses. Als Folge von unvollkommenen Informationen über zukünftige Entwicklungen kommt es zu unsicheren Erwartungen. Damit rückte die Frage, wie durch die Schaffung von Handlungsspielräumen9 der Erfolg bei unerwarteten zukünftigen Entwicklungen abgesichert werden kann, in den Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses.10
1 2 3 4 5 6
7 8 9 10
Vgl. hierzu etwa Schmidt (1926); Schmalenbach (1928). Vgl. Maier (1982), S. 51; von der Oelsnitz (1994), S. 29; Burmann (2002), S. 41. Vgl. Schmidt (1926), S. 85; von der Oelsnitz (1994), S. 29; Burmann (2002), S. 41. Kalveram (1931), S. 705. Vgl. Kalveram (1931). So gab es Ausführungen zur „Elastizität der Kapitaldisposition“ von Fricke (1931), zu einer „elastischen Lohnpolitik“ von Schmidt (1931), zu „Erstarrungstendenzen der Rationalisierung“ im Produktionsbereich von Theisinger (1931), zu „Budget und Betriebsvergleich als Mittel zur Bekämpfung der Elastizitätskrise“ von Lohmann (1931), zur „Marktanalyse und Marktbeobachtung als Mittel der Anpassung an die Wirtschaftslage“ von Schäfer (1931), zur „Elastizität der Konjunkturpolitik“ von Deutsch (1931) sowie zu Fragen der Erfolgsrechnung (Isaac (1931)) und Kalkulation und Preispolitik (Kosiol (1931)). Vgl. Burmann (2002), S. 41. Siehe auch Adam et al. (1989). Vgl. Hart (1940). Die Begriffe Handlungsspielräume und Handlungspotenziale werden im Folgenden synonym verwendet. Vgl. Meffert (1968), S. 56.
Flexibilität als Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Forschung
13
Dabei kam es innerhalb der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung zu einer Fokussierung auf ganz unterschiedliche Schwerpunkte1, wobei sich die einzelnen Beiträge in Abhängigkeit vom jeweiligen Bezugsobjekt der Flexibilität entweder dem Leistungssystem oder dem Führungssystem zuordnen lassen (vgl. Abbildung 7).
Flexibilität als organisationale Fähigkeit des Gesamtunternehmens (strategische Flexibilität)
Organisation
Kontrolle
Planung & Entscheidung
Führungssystem Abbildung 7:
Produktion
Absatz
Finanzierung
Leistungssystem
Untersuchungsfelder der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung2
Zentrales Thema der organisationstheoretischen Flexibilitätsforschung ist die Anpassungsfähigkeit organisatorischer Strukturen und Abläufe. Mit zunehmendem Alter einer Unternehmung sind wachsende Erstarrungstendenzen der hierarchischen Organisationsstrukturen zu beobachten. Neben der Entwicklung von Ansätzen zur Flexibilisierung organisatorischer Strukturen und Abläufe3 wurden schon sehr früh auf der Ebene einzelner Individuen Widerstände gegen Anpassungen analysiert und Methoden zur Verbesserung der Veränderungs- und Handlungsbereitschaft entwickelt4. Die planungs- und entscheidungstheoretischen Arbeiten basieren im Wesentlichen auf der Arbeit von HART5. 1958 fand eine Tagung der Schmalenbach-Gesellschaft - Deutsche Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V. zum Oberthema „Bessere Marktanpassung durch unternehmerisches Planen“ statt. In der Folge dieser Tagung beschäftigte man sich intensiv mit den Möglichkeiten und Erfordernissen einer flexiblen Planaufstellung, um unternehmenspoli-
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Für einen ausführlichen Literaturüberblicke der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung soll dabei auf Meffert (1968), S. 32-72; Maier (1982), S. 50-84; Behrbohm (1985), S. 35-116; Hillmer (1987), S. 3-12; Hopfmann (1989), S. 29-46 und von der Oelsnitz (1994), S. 29-60 verwiesen werden. In Anlehnung an Burmann (2002), S. 45. Vgl. z. B. Tannenbaum/Massarik (1957); Preising (1957); Tannenbaum/Weschler/Massarik (1961) und Kieser (1969). Vgl. Burmann (2002), S. 43. Vgl. Hart (1940).
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Grundlagen der Untersuchung
tische Unsicherheiten zu absorbieren. Zur theoretischen Fundierung der gewählten Forschungsperspektive wurden in verstärktem Maße entscheidungs- bzw. ungewissheitstheoretische Erklärungsinhalte (mehrwertige Erwartungen bei unvollkommener Informationslage, bedingte Entscheidungen bei Entwicklung und Zugrundelegung alternativer Zukunftsmodelle, Erwartungswertmaximierung) herangezogen.1 Neben der Entwicklung formaler Entscheidungsmodelle zur Ableitung normativer Aussagen für Entscheidungen unter Unsicherheit wurde mit den Grundlagen der flexiblen Planung auch eine Methodik entworfen, um zukünftigen Umweltveränderungen durch die Aufstellung flexibler Handlungsprogramme zu begegnen. Daneben beschäftigte man sich auch mit der Flexibilisierung des Planungssystems selbst.2 Dabei trägt der Forschungszweig durch die Untersuchung der Zielflexibilität auch den Auswirkungen veränderter Motivationsstrukturen bei den Entscheidungsträgern Rechnung.3 Den wichtigsten und am intensivsten bearbeiteten Bereich innerhalb der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung stellen die kosten- und produktionstheoretischen Flexibilisierungsansätze dar. Bereits die ersten Veröffentlichungen zur betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsproblematik stammen hauptsächlich aus diesem Bereich.4 Aufgrund der Komplexität kam es in der Folge zu einer – adäquaten – inhaltlich-thematischen Vielfältigkeit bei den hier veröffentlichten Forschungsbeiträgen.5 Den verschiedenen Forschungsbeiträgen ist dabei gemein, dass sie sich mit den Reaktionsmöglichkeiten der Unternehmen zur Anpassung des Produktionsbereichs an schwankende Beschäftigungsgrade und deren kostenmäßigen Konsequenzen beschäftigen. Da der Betriebsmittelbestand zwar unterschiedlich genutzt wird, aber im Wesentlichen unverändert ist, subsumiert JACOB die innerhalb dieses Forschungszweigs untersuchten Entscheidungs- und Handlungsspielräume auch unter dem Begriff Bestandsflexibilität.6 GUTENBERG war im deutschsprachigen Raum der erste, der nach dem Zweiten Weltkrieg flexibilitätsbezogene Analysen mit produktionswirtschaftlichen Kostenüberlegungen verband.7 Dabei basieren seine Arbeiten überwiegend auf einer früheren Arbeit von STIGLER.8 GUTEN-
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Vgl. zur ausgesprochenen reichhaltigen Literatur u. a. Tintner (1941); Marschak/Nelson (1962) und insbesondere Wittmann (1959). Vgl. z. B. Koch (1961); Hax (1970), S. 133 f.; Mellwig (1972); Hillmer (1987). Vgl. Meffert (1968), S. 125 f.; Mössner (1982), S. 68 ff. und der dort angegebenen Literatur. Vgl. Schmalenbach (1928), S. 243 ff. Vgl. Altrogge (1979), Sp. 604 ff.; von der Oelsnitz (1994), S. 36. Vgl. Jacob (1990), S. 19 ff. Vgl. Gutenberg (1951), S. 81. Vgl. Stigler (1939), S. 314 ff. STIGLER beschäftigte sich mit dem flacheren, aber im Bereich der kostenoptimalen Fertigungsmenge in der Regel höheren Stückkostenverlauf flexiblerer Fertigungsanlagen. Er zeigte damit, dass eine höhere (kostenbezogene) Anpassungsfähigkeit der Fertigungsanlage mit höheren Produktionskosten (entsprechen den Flexibilitätskosten) im Bereich des eigentlichen Beschäftigungsoptimums verbunden ist.
Flexibilität als Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Forschung
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differenziert bei den fertigungstechnischen Möglichkeiten zur Anpassung an Beschäftigungsschwankungen die zeitliche, intensitätsmäßige, quantitative und selektive („mutative“) Anpassung der Betriebsmittel. Maßstab zur Beurteilung der Unternehmensflexibilität ist dabei der Stückkostenverlauf alternativer Anpassungsmaßnahmen bei unterschiedlichen Beschäftigungsgraden und einem konstanten Produktionsprogramm. GUTENBERGS Anpassungsmaßnahmen schließen dabei (kurzfristige) qualitative Anpassungen des Produktionsprogramms aus, wie sie durch artmäßig veränderte Nachfragepräferenzen auftreten. BERG
Spätere Arbeiten berücksichtigen sowohl zeitliche als auch personale Flexibilitätsaspekte, die bei der qualitativen Umrüstung von Fertigungsanlagen bedeutend sein können.1 Auch die theoretische Untermauerung produktionswirtschaftlicher Flexibilitätsaussagen wird in jüngster Zeit verstärkt vorangetrieben. So versucht MAIER auf Basis eines funktionalen sowie strukturalen Erklärungsmodells der Flexibilität ein allgemeines Konstruktionsprinzip zur theoriegeleiteten Generierung von Lösungsvorschlägen zu erarbeiten.2 Einen ähnlichen Ansatz verfolgt BEHRBOHM mit seinem Projektionsmodell industrieller Produktionssysteme. Auf der Basis einer umfangreichen Systematisierung von Flexibilisierungstatbeständen in der Produktion kommt er zu einer Typologisierung produktionswirtschaftlicher Flexibilitätsprozesse.3 Die konjunkturelle Früherkennung periodischer Absatzschwankungen bezieht DORMAYER explizit in die produktionswirtschaftlichen Flexibilitätsüberlegungen ein.4 Ingenieurswissenschaftliche Überlegungen innerhalb des Flexibilitätsansatzes werden von SCHAEFER vertreten. Er unterscheidet bei den Möglichkeiten der Planung des Flexibilitätsbedarfs im industriellen Fertigungsbereich eine betriebliche Planungsebene und eine betriebliche Nutzungsebene.5 Die finanzierungstheoretische Flexibilitätsforschung beschäftigt sich im Wesentlichen mit dem aus Volumen und Struktur von Finanzmitteln ergebenen Flexibilitätspotenzial,6 da „die Anpassungsfähigkeit im leistungswirtschaftlichen Bereich einer Unternehmung […] in entscheidendem Maße auch von der Verfügbarkeit über Geldkapital“7 abhängt. Bereits früh wurde unter den Begriffen der kapital- bzw. finanzwirtschaftlichen Elastizität untersucht, inwieweit ein Unternehmen seine Kapitalausstattung an verschiedene Entwicklungen der eigenen Unternehmenssituation anpassen kann. Im Wesentlichen erfolgt dabei eine Übertragung von entscheidungstheoretischen Erkenntnissen.8 Für die diesem Forschungszweig ebenfalls zuordnenbaren investitionstheoretischen Entscheidungskalkülen, die sich mit den Flexibili1 2 3 4 5 6 7 8
Vgl. Wicharz (1983), S. 159 ff.; Hopfmann (1989), S. 39 ff. Vgl. Maier (1982), S. 198 ff. und insbesondere S. 205 f. Vgl. Behrbohm (1985), S. 182 ff. und S. 217 ff. Vgl. Dormayer (1986), S. 116 ff. Vgl. Schaefer (1980), S. 17 ff. und S. 21 f.; Eversheim/Schaefer (1980), S. 235. Vgl. Börner (1967); Mössner (1982), S. 65. Meffert (1968), S. 266. Vgl. Fricke (1931).
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Grundlagen der Untersuchung
tätsauswirkungen der Kapitalintensität und Kapitalbindungsdauer von Investitionsprojekten beschäftigen, trifft diese Erkenntnis ebenfalls zu.1 Seit der Formulierung der Optionspreistheorie und ihrer Übertragung auf reale Investitionsobjekte liegt mit der Realoptionstheorie seit Ende der 1970er Jahre ein eigenständiges und theoretisch fundiertes Flexibilitätskalkül in diesem Forschungsfeld vor. Dabei wird der Aufbau eines Handlungsspielraums für unsichere zukünftige Entwicklungen als Kauf einer Option interpretiert. Die sich durch reale Investitions- oder Desinvestitionsprojekte ergebenen Handlungsspielräume werden durch einen Vergleich mit handelbaren Finanzoptionen bewertet, die über denselben oder einen ähnlichen Zahlungsstrom verfügen. Die Relevanz der Realoptionstheorie als Flexibilitätskalkül hängt von den Eigenschaften des zu bewertenden Investitionsobjekts und der sich hieraus ergebenen tatsächlichen Übereinstimmung der Zahlungsströme des Investitionsobjekts und der Finanzoption ab.2 Die absatztheoretischen Flexibilitätsansätze können sich prinzipiell auf nahezu alle Komponenten des absatzpolitischen Instrumentariums (Produktpolitik, Preispolitik, Distributionsund Kommunikationspolitik) beziehen.3 Die überwiegende Anzahl der Arbeiten basieren aber weitgehend auf den Erkenntnissen der mikroökonomischen Preistheorie und vermitteln daher lediglich ein rudimentäres Flexibilitätsverständnis.4 Gegenstand der Untersuchungen ist die Frage, inwieweit unterschiedliche Markt- und Wettbewerbsbedingungen eine Anpassung an eine grundsätzlich unsichere und damit im Zeitablauf schwankende Nachfrage unter Berücksichtigung preispolitischer Instrumente ermöglicht, um negative Auswirkungen auf den Beschäftigungsgrad zu verhindern. Dabei stellt die Ausklammerung von Unsicherheit und Risiko durch entsprechende Prämissen in der klassischen Preistheorie ein zentrales Defizit im Hinblick auf die Flexibilität dar.5 In späteren Arbeiten zur Preissetzung unter Unsicherheit wird dieses Defizit zwar behoben, dabei erfolgt aber lediglich eine Übertragung entscheidungstheoretischer Erkenntnisse.6 Weiterhin fällt auf, dass sich lediglich HAUSCHILDT/LEKER in ihrem absatzwirtschaftlichen Flexibilitätsbeitrag von der Preistheorie lösen.7 Insgesamt ist festzuhalten, dass Flexibilitätsaussagen, die den Absatzbereich betreffen, für die betriebswirtschaftliche Flexibilitätsforschung bei weitem nicht die zentrale Bedeutung haben, wie die kosten- und produktionstheoretischen Flexibilisierungsansätze. Es handelt sich somit
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Vgl. Jacob (1967), S. 155 ff. Siehe dazu auch Abschnitt 2.2.1.3.1. Vgl. Mahlmann (1976), S. 106 ff. Vgl. von der Oelsnitz (1994), S. 42; Burmann (2002), S. 44. Vgl. Behrbohm (1985), S. 76 f. Vgl. Lange (1945); Krelle (1957). Vgl. Hauschildt/Leker (1990).
Flexibilität als Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Forschung
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um ein noch weitgehend unerschlossenes Forschungsfeld.1 Eine eigenständige absatzpolitische Flexibilitätskonzeption ist nicht vorhanden.2 Neben der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung liegen auch eine Reihe von Flexibilitätserkenntnissen in anderen Forschungsdisziplinen vor. Zu nennen sind hier insbesondere die Soziologie, die Psychologie, die Arbeitswissenschaften, das Arbeits- und Sozialrecht und die fertigungstechnisch orientierten Ingenieurswissenschaften. Obwohl die aufgeführten Forschungsdisziplinen in ihren jeweiligen Erkenntnisräumen über eine Vielzahl auch betriebswirtschaftlich verwertbarer Flexibilitätskonzeptionen verfügen, soll an dieser Stelle auf eine detaillierte Darstellung verzichtet werden.3 2.1.2 Aufgaben einer Flexibilitätstheorie Flexibilität wird in der Literatur als Anpassung an Veränderungen in der Unternehmensumwelt beschrieben.4 Trotz der Allgegenwärtigkeit des Begriffs „Flexibilität“ in der Literatur ist sein Bedeutungsinhalt nicht immer ganz eindeutig.5 Der Grund für die Schwierigkeit einer einheitlichen Definition ist, dass die Definitionen auf forschungsspezifischen Situationen und Problemen beruhen.6 Dabei wird Flexibilität als multidimensionales Konstrukt gesehen, sodass eine Organisation in einer Hinsicht sehr und in anderen Belangen weniger flexibel sein kann.7 Daher ist es auch nicht wirklich möglich, von „einem“ flexiblen System zu sprechen. Dies wird durch die Erkenntnis unterstützt, dass Flexibilität ein polymorpher Begriff ist, der in unterschiedlichen Kontexten verschiedene Bedeutungen hat.8 Es wird daher gefordert, verschiedene Arten der Flexibilität zu identifizieren und sie in ihre Komponenten zu zerlegen, um diese zu priorisieren, zu messen und zu verbessern.9 Bereits früh wurde daher die Forderung erhoben, eine geschlossene Flexibilitätstheorie zu entwickeln. Trotz der vielfältigen betriebswirtschaftlichen Forschungsansätze zur Flexibilität in Unternehmen sowie erster Schritte in diese Richtung10 findet sich in der Literatur keine umfassende betriebswirtschaftliche Flexibilitätstheorie.11 Eine geschlossene Flexibilitätstheorie muss gemäß KALUZA drei Aufgaben erfüllen: Existenz-, Bedingungs- und Wirkungsanaly-
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Vgl. von der Oelsnitz (1994), S. 39, 42; Janssen (1997), S. 3; Narasimhan/Das (2000), S. 876. Vgl. Behrbohm (1985), S. 78. Für weitere Literaturangaben sei an dieser Stelle auf von der Oelsnitz (1994), S. 51 ff. verwiesen. Vgl. Gupta/Goyal (1989), S. 120; Mascarenhas (1981); Upton (1995a); Vickery/Calantone/Dröge (1999), S. 16. Vgl. Evans (1991), S. 73; Golden/Powell (2000), S. 376; Upton (1995b), S. 76. Vgl. Upton (1994), S. 73. Vgl. Upton (1994), S. 73; Suarez/Cusumano/Fine (1995), S. 31. Vgl. Evans (1991), S. 73. Vgl. Upton (1994), S. 89; Upton (1995b), S. 83 f. Vgl. Meffert (1968); Maier (1982), 50 ff. und 103 ff.; Thielen (1993); Burmann (2002), S. 45 ff. Vgl. Reichwald/Behrbohm (1983), S. 834; Hillmer (1987), S. 5; Kaluza (1993), Sp. 1183; Janssen (1997), S. 10; Burmann (2002), S. 45.
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Grundlagen der Untersuchung
se der Flexibilität.1 Im Rahmen einer Existenzanalyse muss eine geschlossene Flexibilitätstheorie zunächst die verschiedenen Flexibilitätsarten beschreiben, systematisieren und die Ansätze für eine Messung aufzeigen. In einem zweiten Schritt muss sie im Rahmen einer Bedingungsanalyse erklären, unter welchen Voraussetzungen bzw. Bedingungen bestimmte Arten der Unternehmensflexibilität entstehen und welche Ansatzpunkte die Gestaltung eines Flexibilitätsmanagements besitzt. So muss eine Flexibilitätstheorie in der Lage sein zu erklären, wie die Marketingflexibilität eines Unternehmens entsteht. Im Rahmen einer Wirkungsanalyse muss eine Flexibilitätstheorie abschließend auch erklären, welche Wirkung die Flexibilität auf den Unternehmenserfolg hat und wie diese Wirkung beeinflusst werden kann. Diese drei Anforderungen an eine Flexibilitätstheorie bilden im folgenden Teil die Rahmenbedingungen für die Frage, welche Vorarbeiten die bisherige betriebswirtschaftliche Flexibilitätsforschung bereits geleistet hat und inwieweit der in der vorliegenden Untersuchung zu entwickelnde Ansatz einer Marketingflexibilität den von KALUZA postulierten Anforderungen entspricht. 2.1.2.1 Existenzanalyse In der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung findet sich als Folge der verschiedenen Forschungsansätze eine kaum überschaubare Vielfalt von Flexibilitätsarten und -definitionen. Der Begriff „Flexibilität“ hat seinen Ursprung im lateinischen Wort „flexibilis“ (biegsam, anpassungsfähig, geschmeidig). Dabei ist eine Übertragung des ursprünglichen Bedeutungsinhalts auf Unternehmen problematisch, da sich diese Wortbedeutung an der Eigenschaft physikalischer Objekte orientiert. Es wird davon ausgegangen, dass nach einer Phase der „Verbiegung“ die Objekte wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückkehren; es wird ein statisches Gleichgewicht unterstellt. Dieses Flexibilitätsverständnis entspricht weitgehend der Flexibilität einzelner Aggregate, wie es in der produktions- und kostentheoretischen Flexibilitätsliteratur vorfindet. Die Flexibilität eines ganzen Unternehmens als soziales System bzw. eines Funktionsbereichs als dessen Teilssystem entspricht eher einem dynamischen Gleichgewicht, d. h. als Sicherung der Überlebensfähigkeit durch eine dauerhafte Anpassung an Veränderungen der Unternehmenssituation.2 Die Bedeutung des Flexibilitätsbegriffs bei Unternehmen entspricht damit eher der langfristigen Anpassungsfähigkeit organischer Systeme im Sinne einer evolutorischen Anpassung. Die Überlebensfähigkeit eines Unternehmens lässt sich somit als dauerhafte Zielerreichung interpretieren. Ein Unternehmen kann nur dann als flexibel bezeichnet wer-
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Vgl. Kaluza (1993), Sp. 1183. Burmann (2002), S. 46 f.
Flexibilität als Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Forschung
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den, wenn es die Fähigkeit besitzt, sich unter Sicherung eines Mindestzielerreichungsgrads1 an neue interne und externe Situationsbedingungen anzupassen. Dabei wird die Anpassungsfähigkeit als „Existenz von Freiheitsgraden, d. h. Handlungsspielräumen bei der zielgeleiteten Entscheidungsfindung und -realisation“2 definiert. Der in den frühen Arbeiten zur betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung vorherrschende Begriff „Elastizität“ war neben dieser Anpassungsfähigkeit auch dadurch gekennzeichnet, dass er als „eine Maßzahl, die durch das Verhältnis der relativen Veränderungen funktional verknüpfter Variablen definiert wird“3, belegt war. In der heutigen Flexibilitätsforschung hat sich aber weitgehend die Erkenntnis durchgesetzt, diesen Elastizitätsbegriff nur noch in dem zuletzt genannten Sinn zu verwenden. Ist hingegen Anpassungsfähigkeit gemeint, wird heute der Flexibilitätsbegriff verwendet.4 Um zu einer begrifflichen Klarheit für die Untersuchung zu gelangen, soll deshalb zunächst der Flexibilitätsbegriff von einer Reihe verwandter Konzepte – die auch häufig simultan mit dem Flexibilitätsbegriff verwendet werden – abgegrenzt werden (vgl. Tabelle 1). Diese Begrifflichkeiten sind zwar teilweise wesensverwandt, mit dem hier verwendeten Flexibilitätsbegriff inhaltlich aber keineswegs deckungsgleich. Verwandte Konstrukte
Inhaltliche Bedeutung und Abgrenzung
Agilität, Beweglichkeit (Agility)
verweist auf die Fähigkeit, in einer neuartigen Situation in eine günstige Ausgangslage zu kommen bzw. die Fähigkeit Gefahren auszuweichen
Elastizität (Elasticity)
ermöglicht es den ursprünglichen Normalzustand nach einer Phase der Expansion, Kontraktion oder Verwerfung wieder herzustellen
Hedging
entstammt der Überlegung „not putting all eggs in one basket“5 verhindert Kosten im Zusammenhang mit Risiko auf Kosten der Nutzung von Chancen
Liquidität (Liquidity)
beschreibt die Fähigkeit zur Montearisierung eines Anlagegegenstands ohne große Kosten Liquidität ermöglicht somit finanzielle Flexibilität6
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Vgl. zum Mindestzielerreichungsgrad Behrbohm (1985), S. 188. Behrbohm (1985), S. 183. Siehe dazu auch Mahlmann (1976), S. 26. Pack (1974), Sp. 1251. Vgl. Kaluza (1993), Sp. 1174. Vgl. Ansoff (1965). Vgl. Goldman (1974); Jones/Ostroy (1976); Goldman (1978); Jones/Ostroy (1984).
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Belastbarkeit (Resilience)
Grundlagen der Untersuchung
bezeichnet die Fähigkeit, Schocks ohne anhaltenden Schaden zu widerstehen Begriff aus der Systemforschung, um die Fähigkeit eines Systems zu beschreiben, sich von Katastrophen zu erholen1
Widerstandsfähigkeit, Robustheit ermöglicht die Folgen einer unerwarteten Änderung zu (Robustness) absorbieren, ihnen auszuweichen bzw. sie auszuhalten2 Vielseitigkeit (Versatility)
Tabelle 1:
beschreibt die Fähigkeit, mit neuartigen Situationen zurechtzukommen Sie wird durch den Aufbau geeigneter Fähigkeiten, um sich einer großen Bandbreite von Szenarien anzupassen, bzw. durch Erzielung einer raschen Anpassung an die geänderten Verhältnisse ermöglicht Verwandte Begriffe und Konzepte sowie ihre Bedeutungsinhalte3
Für eine Klassifikation der zahlreichen Flexibilitätsarten in der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung soll in dieser Untersuchung auf einen Systematisierungsansatz von KALUZA zurückgegriffen werden, der von BURMANN erweitert wurde.4 In diesem Ansatz wird zunächst bezüglich des Objekts der Flexibilität nach der Ziel- und Mittelflexibilität unterschieden (vgl. Abbildung 8). Die Zielflexibilität kann sich sowohl auf das Zielsystem als Ganzes als auch auf einzelne Ziele eines Unternehmens beziehen. Die Flexibilität des Zielssystems ist durch die Veränderung der Menge an Zielen (z. B. Aufnahme neuer Ziele in das Zielsystem des Unternehmens) und der Zielhierarchie beeinflussbar. Die Flexibilität einzelner Ziele betrifft beispielsweise Veränderungen des als angemessen befundenen Zielerreichungsgrads, des zeitlichen Bezugs oder des Zielinhalts. Auf eine Analyse der Zielflexibilität wird in dieser Untersuchung verzichtet, da die übergeordneten Unternehmensziele als gegeben angesehen werden und durch die Marketingflexibilität lediglich eine verbesserte Zielerreichung der Unternehmensziele ermöglicht werden soll.
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Vgl. Holling (1973); Grümm (1976); Grümm/Breitenecker (1981); Hashimoto/Loucks/Stedinger (1982); Hashimoto/Stedinger/Loucks (1982). Vgl. Rosenhead/Elton/Gupta (1972), Rosenhead (1980a), Rosenhead (1980b), Best/Parston/Rosenhead (1986). Vgl. Evans (1991), S. 73 ff. Der auch weitere verwandte Begriffe wie Fügsamkeit (Corrigibility), Formbarkeit (Malleability), Plastizität (Plasticity) sowie Biegsamkeit (Pliability) anführt. Weiterhin finden sich beispielsweise bei von der Oelsnitz (1994), S. 25 sowie bei Behrbohm (1985), S. 182 ähnlich erschöpfende Begriffssammlungen sowie spezielle Literaturnachweise. Vgl. Kaluza (1993), Sp. 1174-1180; Burmann (2002), S. 48. Alternative Systematisierungsansätze finden sich bei Meffert (1968), S. 84-137; Mössner (1982), S. 62-72; von der Oelsnitz (1994), S. 62-70 sowie Volberda (1999), S. 80-89.
Flexibilität als Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Forschung
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Die Mittelflexibilität kennzeichnet die Flexibilität in der Auswahl der Mittel zur Erreichung der festgelegten Ziele des Unternehmens. Dabei ist eine Unterscheidung in reale und dispositive Mittelflexibilität möglich. Die reale Mittelflexibilität (Flexibilität des Leistungssystems) ist auf der physischen Ebene angesiedelt und bezieht sich auf die klassischen Produktionsfaktoren Arbeitsleistung, Betriebsmittel und Werkstoffe. Die Flexibilität der Werkstoffe beschreibt die Breite der möglichen Einsatzbereiche. Weiterhin kann die reale Flexibilität der Betriebsstoffe und der menschlichen Arbeitsleistung vor dem Hintergrund quantitativer und qualitativer Aspekte untergliedert werden.1 Die quantitative reale Mittelflexibilität umfasst die mengenmäßige, zeitliche und intensitätsmäßige Anpassungsfähigkeit der Betriebsmittel und der menschlichen Arbeitsleistung an eine Veränderung der Beschäftigung. Die qualitative reale Mittelflexibilität bezieht sich sowohl auf die Breite und Tiefe des Einsatzfeldes der Mitarbeiter als auch die Vielseitigkeit und Umrüstbarkeit der Betriebsmittel. Die dispositive Mittelflexibilität (Flexibilität des Führungssystems) beschreibt die Anpassungsfähigkeit des Unternehmens im Bereich der Planung, Entscheidung, Organisation und Kontrolle.
Objektdimension
Zeitdimension
Einstellungsdimension Build-in-Flexibilität (defensiv)
Zielflexibilität
Mittelflexibilität
Bestandsflexibilität I und II (kurzfristige Flexibilität)
Handlungsflexibilität (offensiv)
Wirkungsdimension externe Flexibilität • Machtausübung • Innovation interne Flexibilität
Aktionsflexibilität (Handlungsspielraum) reale Mittelflexibilität (Leistungssystem) dispositive Mittelflexibilität (Führungssystem)
Abbildung 8:
Entwicklungsflexibilität I und II (langfristige Flexibilität)
Prozessflexibilität (Handlungsgeschwindigkeit)
Gesamtunternehmen
Strukturflexibilität (Handlungsbereitschaft)
Funktionsbereiche
Systematisierung von Flexibilitätsarten2
Bezüglich der Zeitdimension der Flexibilität ist nach JACOB eine Unterscheidung zwischen den beiden Grundformen Bestands- und Entwicklungsflexibilität möglich.3 Die Bestandsflexibilität umfasst die kurzfristige Anpassungsfähigkeit unter Ausnutzung der vorhandenen Mittelausstattung des Unternehmens. Hier wird untersucht, inwieweit das Unternehmen in der
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KALUZA führt an dieser Stelle zusätzlich die „strukturelle reale Flexibilität“ an, die sich inhaltlich auf dispositive Entscheidungen der Gestaltung organisatorischer Strukturen und Prozesse (also dem Führungssystem der Unternehmung) bezieht und in dieser Untersuchung dementsprechend der dispositiven Flexibilität zugeordnet wird. In Anlehnung an Burmann (2002), S. 48. Vgl. Jacob (1974), S. 324; Jacob (1990), S. 18 f.
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Grundlagen der Untersuchung
Lage ist, auf der Grundlage der als konstant unterstellten Kapazitäten eines Unternehmens und eines gegebenen Produktions- und Leistungsprogramms, sich kurzfristig an den Schwankungen des Beschäftigungsgrads anzupassen.1 Die in der Abbildung 8 aufgeführte Mittelflexibilität bezieht sich stets auf die bestehende, als konstant angenommene Mittelausstattung eines Unternehmens und damit auf die Bestandsflexibilität. Deshalb könnte auf die Zeitdimension verzichtet und stattdessen alternativ die Objektdimension der Flexibilität in die Kategorien der Zielflexibilität, der Flexibilität der Mittelbestände und der Entwicklungsflexibilität unterteilt werden.2 Die langfristige Fähigkeit sich an unvorhergesehene, in der Zukunft liegende Veränderung der internen und externen Unternehmenssituation anzupassen, beschreibt die Entwicklungsflexibilität. Auf einer ersten Stufe (Entwicklungsflexibilität I) wird von einem gegebenen, dauerhaft unveränderlichen Produktions- und Leistungsprogramm ausgegangen. Untersuchungsgegenstand sind die Kosten und die Geschwindigkeit, mit denen der Bestand an Produktionsfaktoren quantitativ an größere und dauerhafte Nachfrageänderungen angepasst werden kann. Bestimmungsfaktoren dieser primär dem Produktionsbereich zurechenbaren Entwicklungsflexibilität I sind der Zeitbedarf und die Kosten der Auflösung bestehender Bindungen, Art der eingegangenen Bindungen und die Weiterverwendbarkeit vorhandener Produktionsmittel.3 Vor dem Hintergrund der jeweiligen Zielsetzung des Unternehmens wird nach einer Produktionsmittelausstattung gesucht, die es erlaubt, im Sinne einer Risikoreduktion negative Auswirkungen eines Nachfragerückgangs zu mindern oder eine schnelle und umfassende Nutzung eines Nachfrageanstiegs zu ermöglichen. Anders als bei der Bestandsflexibilität wird von variablen Kapazitäten beim Unternehmen ausgegangen. Die Prämisse eines gegebenen Produktions- und Leistungsprogramms wird in einer zweiten Stufe aufgegeben. Diese Entwicklungsflexibilität II wird von JACOB als strategische Flexibilität bezeichnet.4 Ausgangspunkt der Untersuchung sind Anpassungen an generell alle Veränderungen in der Unternehmensumwelt, deshalb soll sowohl die Bestandsflexibilität als Fähigkeit zur kurzfristigen Anpassung als auch die langfristige Entwicklungsflexibilität analysiert werden. Bei der Grundeinstellung des Managements wird in der Literatur regelmäßig zwischen der Built-in-Flexibilität und der Handlungsflexibilität unterschieden.5 Dabei kann die Built-in-
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Jacob (1990) differenziert weiterhin zwischen der Bestandsflexibilität I und II. Diese Differenzierung basiert auf der Unterscheidung zwischen ein- und mehrwertigen Erwartungen des Unternehmens hinsichtlich zukünftiger Umweltsituationen. Hat das Unternehmen mehrwertige Erwartungen, so legt ein Unternehmen seinen Planungen mehrere Szenarien über mögliche Umweltzustände zugrunde und entwickelt alternative Handlungsprogramme für jedes Szenario. Vgl. dazu auch Adam (1996), S. 196 und S. 215 ff. Vgl. Burmann (2002), S. 51. Vgl. Jacob (1990), S. 41. Vgl. Jacob (1990), S. 57. Vgl. Meffert (1985a), S. 125; Mascarenhas (1985).
Flexibilität als Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Forschung
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Flexibilität als eine defensiv-passive Risikovorsorge durch eine entsprechende Gestaltung des Geschäftsfeldportfolios und der Unternehmensstruktur verstanden werden. Dadurch lassen sich beispielsweise die Beschäftigungsrisiken in verschiedenen Geschäftsfeldern kompensieren. Das offensiv-aktive Reaktionsvermögen ist dagegen Gegenstand der Handlungsflexibilität. Sie dient der Ausschöpfung und Bewältigung neuer Chancen und Risiken, die sich aus einer veränderten internen und externen Unternehmenssituation ergeben. Nach MEFFERT kann sich die Handlungsflexibilität auf den Handlungsspielraum, die Handlungsgeschwindigkeit und die Handlungsbereitschaft beziehen.1 Die Marketingflexibilität soll im Hinblick auf Maßnahmen und Möglichkeiten zur Reaktion auf Veränderungen analysiert werden. Dementsprechend wird die offensiv-aktive Handlungsflexibilität im Marketingbereich untersuch. Die defensiv-passive Risikovorsorge im Sinn einer Built-in-Flexibilität wird nicht weiter betrachtet. Die letzte Dimension des Systematisierungsansatzes von KALUZA beschäftigt sich mit der Wirkungsrichtung der Flexibilität. Hier kann zwischen der externen und internen Flexibilität unterschieden werden.2 Diese Unterscheidung basiert auf systemtheoretischen Überlegungen und erfordert die Festlegung der Systemgrenzen.3 Die externe Flexibilität bezieht sich auf die gezielte Einflussnahme eines Unternehmens auf seine Umwelt. Möglichkeiten der Umsetzung bieten hier beispielsweise die Ausübung von Macht oder die Markteinführung von Produktinnovationen.4 Ein großes Unternehmen kann bei einem unerwarteten Nachfragerückgang seine Lieferanten zu außerplanmäßigen Preisnachlässen zwingen oder den Staat durch Hinweis eines möglichen Arbeitsplatzabbaus zu einer Subventionierung drängen. Der Handlungsspielraum des Unternehmens wird durch beide machtpolitischen Maßnahmen vergrößert.5 Demgegenüber kennzeichnet die interne Flexibilität die Veränderung unternehmensinterner Struktur- und Prozessvariablen, ohne dass damit eine direkte Einflussnahme auf die Unternehmensumwelt angestrebt wird. Als Reaktion auf ein rückläufiges Preisniveau kann das Unternehmen beispielsweise Rationalisierungsmaßnahmen durchführen, um die ursprüngliche Ertragssituation wieder zu erreichen und damit z. B. die Handlungspotenziale zur Entwicklung einer neuen Produktgeneration zu sichern. Die interne Flexibilität kann sich dabei auf das gesamte Unternehmen als auch auf einzelne Funktionsbereiche beziehen. Abschließend ist jedoch für diese Flexibilitätsdimension festzuhalten, dass eine ganze Reihe von Flexibilitätsarten sowohl interne als auch externe Wirkungen entfalten. Diese Arbeit soll sich auf eine Flexibilitätsbetrachtung des Funktionsbereichs Marketing / Vertrieb als wichtigen, bisher aber
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Vgl. Meffert (1985a), S. 125. Vgl. Ansoff (1966), S. 74 ff.; Ansoff (1976), S. 139 f. Vgl. zu einer umfassenden systemtheoretischen Diskussion der Unternehmensgrenzen Meffert (1968), S. 7289; von der Oelsnitz (1994), S. 83-135. Vgl. Meffert (1968), S. 118. Vgl. Kaluza (1993), Sp. 1175.
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Grundlagen der Untersuchung
weitgehend unbeachteten Bereich konzentrieren. Dabei soll auch die externe Flexibilität mit betrachtet werden. Zusammenfassend kann die Marketingflexibilität in Anlehnung an die Flexibilitätsdefinition von JACOB als Handlungspotenzial (Handlungsbreite und Handlungsschnelligkeit1) des Funktionsbereichs Marketing / Vertrieb, zur offensiv-aktiven Anpassung an veränderte Gegebenheiten und als Anknüpfung daran, an veränderte Aufgaben durch Veränderung der zur Verfügung stehenden Bestände sowie durch Veränderung des Produktions- und Leistungsprogramms definiert werden. In der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung sind in Bezug auf die Definition und Abgrenzung der Marketingflexibilität bisher nur sehr wenige Aussagen zu finden. Oftmals wird sie lediglich genannt, ohne sie weiter zu definieren und abzugrenzen.2 Für MEFFERT beinhaltet die Marketingflexibilität „alle zukunftsgerichteten Überlegungen der langfristigen Schaffung und Sicherung von Handlungsspielräumen zur Begegnung von Risiken und Wahrnehmung von Chancen“.3 Angesichts dieser Defizite kann die Beschreibung der Marketingflexibilität als wichtigste Aufgabe einer Existenzanalyse erst durch die obige Definition und Abgrenzung als erfüllt erachtet werden. Die Frage nach einem geeigneten Messinstrument muss an dieser Stelle noch offen bleiben. Diese zweite Aufgabe der Existenzanalyse wird Gegenstand der Konzeptionalisierung der Marketingflexibilität im Kapitel 3 und der empirischen Untersuchung im Kapitel 4 der Arbeit sein. 2.1.2.2 Bedingungsanalyse Die Bedingungsanalyse untersucht im Rahmen einer Flexibilitätstheorie die Frage, „wovon es abhängt, daß sich bestimmte Flexibilitätsformen herausbilden. Welche Konsequenzen haben strategische Entscheidungen für die Flexibilität? Es geht darum, Zusammenhänge zu erklären und den Gestaltungsspielraum der Flexibilität zu definieren.“4 Gemäß dieser Forderung müsste eine Flexibilitätstheorie beispielsweise erklären können, wie Marketingflexibilität in einem Unternehmen entsteht. Als Theoriefundierung sind hierfür ressourcentheoretische Ansätze besonders geeignet.5 Es besteht in der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung ein Konsens darüber, dass Flexibilität im Unternehmen als Anpassungsfähigkeit zu verstehen ist. Da es sich bei Unternehmen letztlich um Kollektive handelt, 1
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Die Handlungsbereitschaft als dritte Teilkomponente der Handlungsflexibilität wird als Voraussetzung für ein schnelles Handeln aufgefasst und wird somit bereits in der Handlungsschnelligkeit mit berücksichtigt. Vgl. Dyson/Foster (1983), S. 72; Vickery/Calantone/Dröge (1999), S. 16. Meffert (1988), S. 362. Kaluza (1993), Sp. 1183. Vgl. Burmann (2002), S. 54.
Flexibilität als Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Forschung
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deren Mitglieder in vielfältige Interaktionsprozesse eingebunden sind, sind gerade die neueren ressourcentheoretischen Erklärungsansätze in der Lage, die Anpassungsfähigkeit durch die Form des Zusammenwirkens dieser Kollektive zu erklären. Sie versuchen die Formen des Zusammenwirkens der Mitarbeiter durch das im Unternehmen verfügbare Wissen zu erklären. Vor diesem Hintergrund werden im Abschnitt 2.2.1.3.2 zunächst sowohl die Geeignetheit als auch die Grundlagen der ressourcentheoretischen Erklärungsansätze dokumentiert, um dann in Kapitel 3 einen ressourcentheoretischen Erklärungsansatz der Marketingflexibilität zu entwickeln. An dieser Stelle kann daher auf eine differenzierte Ausführung zur Erklärung der Marketingflexibilität verzichtet werden. Die zweite Teilaufgabe einer Bedingungsanalyse ist das Aufzeigen von Gestaltungsspielräumen eines Flexibilitätsmanagements. Eine Analyse der verschiedenen Meinungen in der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsliteratur zeigt, dass darunter im Wesentlichen die Aufgabe der zielgerichteten Gestaltung und Nutzung von Flexibilitätspotenzialen verstanden wird.1 Hierzu stellt HILLMER fest: „Aus dem Vermögen zur Anpassung folgt nicht notwendigerweise der tatsächliche Vollzug von Anpassungen. Die Bandbreite reicht hier vom Anpassungsverzicht trotz vorhandener Flexibilität bis zum Anpassungszwang.“2 In einer weiterführenden Analyse kann man zwischen dem strategischen und dem operativen Flexibilitätsmanagement unterscheiden. Während das operative Flexibilitätsmanagement im Bereich strukturierter Entscheidungssituationen angesiedelt ist, beispielsweise beim Management der Bestandsflexibilität I, zielt das strategische Flexibilitätsmanagement auf die Gestaltung und Nutzung von Flexibilitätspotenzialen in schlechtstrukturierten Entscheidungssituationen unter Unsicherheit ab.3 Für eine Konkretisierung der Aufgaben eines Flexibilitätsmanagements soll im Rahmen dieser Untersuchung auf JANSSEN zurückgegriffen werden. Er greift bei der Operationalisierung des Flexibilitätsmanagements als einer der wenigen Autoren neben anderen Ansätzen auch auf ressourcentheoretische Ansätze zurück. Nach JANSSEN ist es die Aufgabe des Flexibilitätsmanagements, „die Entfaltung der Fähigkeit, die Verfügungsmöglichkeiten über solche Ressourcen und Fähigkeiten zu erwerben, deren Eigenschaften bzw. Einsatzmöglichkeiten (temporäre) Marktasymmetrien verursachen können, diese Ressourcen und Fähigkeiten zur Abschöpfung ökonomischer Renten zu nutzen und die Verfügungsmöglichkeiten nach Beseitigung der Marktasymmetrien wieder aufzugeben.“4
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Vgl. Thielen (1993), S. 134; Janssen (1997), S. 40; Klimecki/Probst/Gmür (1993), S. 24. Hillmer (1987), S. 21. Vgl. Janssen (1997), S. 42. Janssen (1997), S. 115.
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Grundlagen der Untersuchung
Diese Definition ist sehr umfassend und derart breit gefasst, dass sie zur Konkretisierung der Aufgaben eines Flexibilitätsmanagements der Marketingflexibilität nur ungenügend in der Lage ist. Dieses unbefriedigende Ergebnis zum Stand der Literatur ist allerdings nicht verwunderlich, da die einem Flexibilitätsmanagement vorausgehende Erklärungsaufgabe bislang nur unzureichend erfüllt ist.1 Seitens der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung ist die Erklärung für die Entstehung der Marketingflexibilität und für die Wirkung derselben nur in rudimentären Ansätzen geleistet. Ein normativ ausgerichtetes Flexibilitätsmanagement kann erst dann sinnvoll entwickelt werden, wenn diese Erklärungsaufgaben durch eine integrierte Flexibilitätstheorie erfüllt sind. Aufgrund des Fehlens dieser integrierten Flexibilitätstheorie für die Marketingflexibilität im Sinne von KALUZA steht nicht ein normativ ausgerichtetes Flexibilitätsmanagement, sondern die Entwicklung eines Erklärungsansatzes der Marketingflexibilität im Zentrum der hier vorliegenden Untersuchung. Um den Anforderungen einer Bedingungsanalyse gerecht zu werden, erscheint es dennoch notwendig, zumindest den Gestaltungsspielraum eines Flexibilitätsmanagements zu skizzieren. Daher wird in dieser Untersuchung die Basisaufgabe des Flexibilitätsmanagement, die Planung und Nutzung von Handlungspotenzialen, näher analysiert. Dabei werden sowohl der Spielraum bei der Planung von Handlungspotenzialen als auch die zu berücksichtigenden Zielkonflikte untersucht und die Flexibilitätswirkungen systematisiert. Auch die Nutzung von Handlungspotenzialen wird eingehend untersucht. Hierbei sollen vor allem situative Kontextbedingungen beschrieben und Veränderungswiderstände identifiziert werden. Die Nutzung von Handlungspotenzialen muss mit den dazugehörigen organisationalen Fähigkeiten abgestimmt sein. Dementsprechend wird mit der Entwicklung eines geschlossenen ressourcentheoretischen Ansatzes zur Erklärung der Marketingflexibilität untersucht, welche organisationalen Fähigkeiten vorhanden sein müssen und wie diese entwickelt werden können. 2.1.2.3 Wirkungsanalyse Bei der Analyse der Wirkungen der Flexibilität zeigt sich das grundsätzliche Dilemma der Flexibilitätsplanung. Es besteht ein Trade-off zwischen zusätzlichen Kosten durch flexibilitätssteigernde Maßnahmen einerseits und dem Unternehmensziel der Kostenwirtschaftlichkeit
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Arbeiten jüngeren Datums, die sich explizit mit dem Flexibilitätsmanagement befassen, beziehen sich nicht auf die Marketingflexibilität. So beschäftigen sich z. B. KALUZA und JANSSEN nur mit dem Produktionsbereich, BERNARD nur mit der Arbeitsorganisation und der betrieblichen Weiterbildung, HARRIGAN nur mit dem Flexibilitätsmanagement beim Marktaustritt und VON DER OELSNITZ nur mit dem Krisenmanagement. Vgl. Harrigan (1985); Kaluza (1989); von der Oelsnitz (1994); Janssen (1997); Bernard (2000). Andere Arbeiten verzichten sogar weitgehend auf eine Erklärung für die Entstehung von Flexibilität. Vgl. beispielsweise Mössner (1982); Hillmer (1987); Thielen (1993).
Flexibilität als Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Forschung
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andererseits.1 Um die Auswirkung der Marketingflexibilität auf den Unternehmenserfolg und damit die langfristige Vorteilhaftigkeit von Marketingflexibilitätspotenzialen beurteilen zu können, sind die Kosten und der Nutzen der Marketingflexibilität zu bestimmen und Investitionskalküle durchzuführen.2 Für die Beurteilung der Wirkungen der Marketingflexibilität fehlen meines Wissens allerdings solche Investitionskalküle. In der Literatur liegen zur Erfassung der Flexibilitätskosten, insbesondere für den Produktionsbereich, einige Beiträge vor.3 Die Erfassung der Flexibilitätskosten ist aber immer von der zu bewertenden Flexibilitätsart abhängig.4 Dabei kann man zum einen Kosten für den Aufbau von Flexibilitätspotenzialen und zum anderen Kosten des Einsatzes der Flexibilitätspotenziale unterscheiden.5 Flexibilität muss dabei allerdings nicht immer mit zusätzlichen Kosten verbunden sein.6 In vielen Situationen ist der Aufbau von Flexibilitätspotenzialen sogar mit gar keinen Kosten verbunden.7 Flexibilität und speziell die Marketingflexibilität ist jedoch ebenso wie beispielsweise Liquidität kein Selbstzweck.8 Vielmehr hat sich die Bewertung des Flexibilitätsnutzens an der Verbesserung des Zielerreichungsgrads – hier insbesondere der Marketingziele – zu orientieren9 und dabei die Risikopräferenzen der Entscheidungsträger zu berücksichtigen10. Dabei kann sich der Nutzen der Marketingflexibilität in zweifacher Hinsicht ausdrücken: Auswirkungen negativer Umweltveränderungen können abgeschwächt bzw. sich bietende Chancen genutzt werden.11 Eine Analyse empirischer Arbeiten über die Beziehung zwischen Flexibilität und Unternehmenserfolg zeigt fast immer eine positive Wirkung der Flexibilität auf den Unternehmenserfolg.12 Es kann für die vorliegende Untersuchung daher von der Prämisse ausgegangen werden, dass die Auszahlungen zum Aufbau der Marketingflexibilität niedriger waren als die 1
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Vgl. unter anderem Meffert (1985a), S. 123; Eppink (1978), S. 11; Aaker/Mascarenhas (1984), S. 80; Burmann (2000), S. 22 f. Vgl. Janssen (1997), S. 37 f. Vgl. Meffert (1969), S. 793 f.; Maier (1982), S. 64; Behrbohm (1985), S. 92 ff.; Kaluza (1989), S. 393 ff.; Jacob (1990), S. 25 f.; Schneeweiß/Kühn (1990), S. 384 f.; Ettlie/Penner-Hahn (1994), S. 1446. Vgl. Burmann (2001), S. 182. Vgl. Slack (1983), S. 7; Meffert (1988), S. 370; Slack (1988), S. 25; Hauschildt/Leker (1990), S. 964. Vgl. Hart (1940). Vgl. Evans (1991), S. 74. Vgl. Meffert (1968), S. 26; Reichwald/Behrbohm (1983), S. 840; Meffert (1985b), S. 12; Slack (1987), S. 40; Meffert (1988), S. 370. Vgl. Slack (1987), S. 40; Suarez/Cusumano/Fine (1991), S. 25; Kaluza (1993), Sp. 1180; Burmann (2001), S. 182. Die Erfassung dieser Risikopräferenzen stellt dabei ebenso ein Problem dar wie die Bestimmung des Risikos geplanter Investitionen. Vgl. Jacob (1982); Mössner (1982), S. 57; Kaluza (1993), Sp. 1173. Vgl. Swamidass/Newell (1987), S. 519; Kekre/Srinivasan (1990), S. 1224 ff.; Sluti (1992); Suarez/Cusumano/ Fine (1995), S. 29 f.; Suarez/Cusumano/Fine (1996), S. 233 ff.; Narasimhan/Das (1999), S. 711; Vickery/Calantone/Dröge (1999), S. 21; Narasimhan/Talluri/Das (2004), S. 91.
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Grundlagen der Untersuchung
durch die Marketingflexibilität bedingten Einzahlungen, wenn im empirischen Teil der Untersuchung ein signifikanter positiver Einfluss der Marketingflexibilität auf den Unternehmenserfolg nachgewiesen werden kann (vgl. Kapitel 4). 2.2
Wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis
Im Rahmen des folgenden Abschnitts werden grundsätzlich zwei Ziele verfolgt. Zum einen sollen die wissenschaftstheoretischen Grundlagen der Untersuchung dargelegt (Abschnitt 2.2.1) als auch die terminologische Basis der Untersuchung festgelegt werden (Abschnitt 2.2.2). 2.2.1
Wissenschaftstheoretische Grundlagen
Unter den wissenschaftstheoretischen Grundlagen sollen im Folgenden die methodologischen Leitideen (Abschnitt 2.2.1.1), die eine Art Orientierungssystem der vorliegenden Untersuchung in methodologischer Hinsicht darstellen und das grundlegende Forschungsdesign (Abschnitt 2.2.1.2) behandelt werden. Abschluss dieses Kapitels bildet die Wahl des theoretischen Ansatzes, die auch eine Erörterung der theoretischen Bezugspunkte der Untersuchung umfasst (Abschnitt 2.2.1.3). Hierbei wird die Zielsetzung verfolgt, durch verschiedene Theorien die relevanten Bezugspunkte für das Konstrukt „Marketingflexibilität“ zu entwickeln. 2.2.1.1 Methodologische Leitideen Realwissenschaftliche Forschungsaktivitäten werden nach allgemeiner Auffassung durch grundlegende Forschungs- oder Erkenntnisprogramme geprägt, die Orientierungssysteme des wissenschaftlichen Handelns darstellen.1 Diese wissenschaftstheoretische Grundorientierung, der die Forscher auch unbewusst folgen können, bezieht sich nicht nur auf die anzuwendenden Verfahrensweisen, sondern beeinflusst – meist unausgesprochen – sowohl die Definition der Problemfelder als auch die Gestalt der Problemlösungsmittel bzw. Theoriekonzeptionen erheblich. Man kann sagen, dass ohne diese Orientierungsleistung wissenschaftliche Forschung gar nicht möglich ist. Die Skizzierung der wissenschaftstheoretischen Position der vorliegenden Untersuchung wird anhand der methodologischen Leitideen dargelegt.2 Auf eine
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Vgl. Bohnen (1975), S. 4; Abel (1983), S. 1. Vgl. Bohnen (1975), S. 4; Popper (1979), S. 219, 321. Methodologische Leitideen legen die gültigen und legitimen formalen Erkenntnis- und Erklärungsprinzipien für einen Objektbereich fest. Vgl. Bohnen (1975), S. 4. Sie grenzen demnach den forschungslogischen Rahmen der Untersuchung ab, indem sie beispielsweise formale Anforderungen an die Aussagen der Untersuchung stellen oder bestimmte Problemlösungsverfahren und -ergebnisse für zulässig bzw. unzulässig erklären. Vgl. Fritz (1984b), S. 73.
Wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis
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ausführliche Darstellung sowie die Diskussion alternativer wissenschaftstheoretischer Konzepte wird jedoch verzichtet.1 Das oberste Ziel der Realwissenschaft besteht gemäß POPPER in der Erklärung. Er führt an: „Ich nehme an, daß es das Ziel der empirischen Wissenschaft ist, befriedigende Erklärungen zu finden für alles, was uns einer Erklärung zu bedürfen scheint.“2 Gerade das Programm der Erklärung aller in Betracht kommenden Tatbestände auf der Grundlage von Gesetzmäßigkeiten kennzeichnet das in den theoretischen Realwissenschaften weitgehend akzeptierte allgemeine Erkenntnisprogramm.3 Der Idee der Erklärung kann unter den methodologischen Leitideen insoweit eine besondere Bedeutung beigemessen werden. Zunächst sollen im Rahmen der Erklärungsidee die zu erklärenden Sachverhalte (Explananda) möglichst präzise herausgearbeitet und beschrieben werden. Erst im Anschluss dran wird nach dem zugehörigen empirisch gehaltvollen Erklärungshintergrund (Explanantia), d. h. den Gesetzeshypothesen und Randbedingungen, gesucht.4 Allerdings wird insbesondere bei innovativen Fragestellungen die präzise Herausarbeitung der erklärungsbedürftigen Phänomene selbst schon zu einer wesentlichen Teilaufgabe erklärungsorientierter Forschung. Da die zu erklärenden Sachverhalte in der vorliegenden Untersuchung zum Teil komplexe Phänomene darstellen, zu deren Abbildung und Erfassung geeignete Modellvorstellungen und Ansätze der Operationalisierung erst noch zu entwickeln und zu überprüfen sind, ist die präzise Herausarbeitung der erklärungsbedürftigen Phänomene eine wichtige Teilleistung. Vor dem explikativen (erklärenden) Untersuchungsschritt muss dieser deskriptive (beschreibende) Schritt notwendigerweise vorausgehen.5 Die Idee der Erklärung erhält auch in dieser Untersuchung unter den methodologischen Leitideen eine Schlüsselrolle, da hier das Ziel verfolgt wird, das Konstrukt der Marketingflexibilität zu konzeptionalisieren, zu operationalisieren und empirisch zu messen sowie seine Erfolgswirkung unter Einbezug situativer Kontextfaktoren nachzuweisen. Somit verfolgt die vorliegende Untersuchung ein primär am Erkenntnisinteresse orientiertes Wissenschaftsziel.6 Die Konkretisierung der grundlegenden Erklärungsidee erfolgt in der vorliegenden Untersuchung nach dem wissenschaftstheoretischen Leitbild des kritischen Rationalismus, das wesentlich durch POPPER geprägt wurde7 und dem im methodologischen Schrifttum eine hohe
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Vgl. im Folgenden Fritz (1995), S. 20 ff., der eine vergleichbare Argumentationslinie verfolgt und auch alternative wissenschaftstheoretische Ansätze darstellt. Popper (1973), S. 213. Vgl. Albert (1987), S. 102. Vgl. Popper (1973), S. 213 f. Vgl. hierzu die Konzeptionalisierungen im Kapitel 3. Vgl. zum Erkenntnis- und Gestaltungsinteresse in der Betriebswirtschaftslehre Fischer-Winkelmann (1971), S. 22 ff.; Schanz (1988), S. 6 f. Vgl. Popper (1965), S. 46.
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Grundlagen der Untersuchung
Relevanz für die Erklärung betriebswirtschaftlicher Sachverhalte attestiert wird.1 Der kritische Rationalismus ist sowohl im klassischen Rationalismus, der die Vernunft als Quelle der Erkenntnis in den Mittelpunkt stellt, als auch im klassischen Empirismus verwurzelt, der die Beobachtung als wichtigste Quelle der Erkenntnis ansieht.2 Nach POPPER lehnt der kritische Rationalismus in Anlehnung an HUME die Induktion – die Ableitung von allgemeinen Gesetzmäßigkeiten bzw. einem theoretischen System aus Beobachtungen – ab und verfolgt vielmehr das Prinzip der Deduktion. Demnach werden aus einem theoretischen System auf deduktiv-logischem Wege Folgerungen abgeleitet, welche dann empirisch mit der Realität (also mit den Beobachtungen) zu konfrontieren sind.3 Eine Aussage, die einen gegebenen, zu erklärenden Sachverhalt beschreibt (Explanandum), wird somit aus einer erklärenden Aussagenmenge (Explanans) logisch deduziert und damit erklärt (Hempel-Oppenheim-(bzw. Popper)-Schema).4 Da in der vorliegenden Untersuchung eine logische Ableitung des Explanandum aus dem Explanans nur auf der Basis deterministischer Gesetzmäßigkeiten möglich ist, soll die Präzisierung der grundlegenden Erklärungsidee jedoch nicht nach Maßgabe dieses Schemas erfolgen.5 Für die Sozial- und Wirtschaftwissenschaften ist diese deterministische Ableitungsmethodik in ihrer Reinform so gut wie nicht anwendbar, da hier in der Regel nur stochastische
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Siehe die ausführliche Diskussion des Konzeptes hierzu beispielsweise bei Fischer-Winkelmann (1971), S. 45-49; Abel (1981), S. 107 ff.; Fritz (1984b), S. 77 ff.; Schanz (1988), S. 56 ff.; Raffée (1993), S. 18 ff.; Chmielewicz (1994), S. 151 ff.; Kieser (1995a), S. 7. Vgl. Kern (1979), S. 12. Vgl. Popper (1965), S. 42 ff. In diesem Zusammenhang spricht MEYER vom „Induktions- oder HUME’schen Problem“. Vgl. Meyer (1979). Auch SCHANZ vertritt die theoriegeleitete empirische Forschung, die er als „Empirismus2“ bezeichnet und dem theorielosen „Empirismus1“ gegenüberstellt. Die Kritik am Empirismus1 entwickelte sich auf der Basis der Forschungsarbeiten der „Empirischen Theorie der Unternehmung“ um WITTE, die er vornehmlich als eine auf Zufallsprobleme bezogene Datensammlung darstellte. Vgl. hierzu Schanz (1975b), S. 327 ff.; Schanz (1975a), S. 801 ff.; Schanz (1977c), S. 290. Hierunter versteht er, dass ohne den Rückgriff auf allgemeine Erklärungsprinzipien Vermutungen über Zusammenhänge zwischen unmittelbar beobachtbaren Phänomenen aufgestellt werden. Siehe hierzu Schanz (1977b), S. 67. Eng mit der Ablehnung der Induktion ist auch die Einschätzung verknüpft, dass es unmöglich ist, Aussagen und Theorien empirisch zu verifizieren. Als Abgrenzungskriterium wird somit das Verifikationsprinzip des logischen Positivismus (vgl. zum logischen Positivismus Hunt (1991), S. 268) aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts durch das Falsifikationsprinzip abgelöst (vgl. Popper (1965), S. 55). Wissenschaftlicher Erkenntnisfortschritt vollzieht sich folglich als iterativer Prozess durch die deduktive Formulierung empirisch prüfbarer Theorien und Hypothesen und deren wiederholte empirische Falsifikationsversuche. Mit der Anzahl der gescheiterten Falsifikationsversuche steigt folglich die Leistungsfähigkeit einer Theorie, auch wenn die Bestätigung einer Theorie niemals erreicht werden kann (vgl. Popper (1965), S. 33-59; Popper (1982), S. 3-21; Anderson (1983)). Vgl. Hempel/Oppenheim (1948), S. 136-140; Popper (1982), S. 31 ff. Das Explanans beinhaltet dabei zwei verschiedene Arten von Aussagen: (a) mindestens eine, zumeist als Wenn-dann-Aussage formulierte nomologische Hypothese (Gesetzeshypothese) und (b) mindestens eine singuläre, deskriptive Aussage über die Antezedenzbedingungen, der entnommen werden kann, ob die von der Wenn-Komponente der nomologischen Hypothese postulierten Bedingungen faktisch vorliegen. Bei der Induktion wird umgekehrt vorgegangen, das Explanans wird durch das Explanandum erklärt. Vgl. Hempel/Oppenheim (1948), S. 136-140; Stegmüller (1973), S. 82 f.; Schwemmer (1976), S. 61; Raffée (1993), S. 20.
Wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis
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Tendenzaussagen für Erklärungen zur Verfügung stehen.1 Vielmehr soll auf das PropensitätsModell der Erklärung zurückgegriffen werden. Dieses Modell wurde vor dem Hintergrund der Anwendungsschwierigkeiten des „Hempel-Oppenheim-Schemas“ von POPPER entwickelt und stellt eine Generalisierung des deduktiv-nomologischen Erklärungsmodells dar.2 Hiernach werden Propensitäten als eine objektive, probabilistische Verwirklichungstendenz bzw. eine „Verwirklichungstendenz eines Dings, in einer bestimmten Situation eine bestimmte Eigenschaft oder einen bestimmten Zustand anzunehmen“3 verstanden, die sich als Wahrscheinlichkeit interpretieren lassen.4 Mit der Propensitätsidee wird somit eine formale Analyse nicht nur deterministischer, sondern auch indeterministischer (probabilistischer) Erklärungen von Ereignissen möglich. Der Spezialfall eines eindeutig deterministischen Erklärungsfalls liegt vor, wenn die Wahrscheinlichkeit einer Verwirklichungstendenz gleich eins ist. Die Erklärungshypothese gibt in diesem Fall die vollständige Ursache für die zu erklärenden Ereignisse an. Indeterministische (probabilistische) Erklärungen greifen dagegen auf Erklärungshypothesen zurück, deren Propensität je nach Situation bei Wahrscheinlichkeiten zwischen Null und Eins liegt. Die Ursachen für die zu erklärenden Ereignisse werden somit nur unvollständig erfasst.5 Die Konsequenzen des Propensitäts-Modells der Erklärung für die wirtschaftswissenschaftliche Forschungspraxis soll im Folgenden skizziert werden.6 Das Propensitäts-Modell trägt indeterministischen, interdependenten und nur mittels Wahrscheinlichkeiten messbaren Sachverhalten durch die Möglichkeit unvollständiger Ursachen Rechnung.7 Diese unvollständigen Ursachen weisen dabei Aspekte der Multikausalität von Geschehen auf, da hierbei eben andere Ursachen zusätzlich erklärungsrelevant sind.8 FRITZ führt hierzu aus: „Unvollständige Ursachen führen dazu, daß deren Wirkung im komplexen Gefüge wirtschaftlicher bzw. sozialer Zusammenhänge durch die Wirkung anderer Faktoren beeinflusst wird und erst deren Zusammenspiel mit den übrigen Einflussfaktoren den zu erklä-
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Hierzu schreibt WITTE: „Bezüglich der Forderung nach deterministischen Aussagen ist ebenfalls und naturgemäß eine Nichterfüllung durch die betriebswirtschaftliche Forschung festzustellen. Es ist geradezu ein Wesenszug wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Zusammenhänge, daß sie stochastischer Natur sind.“ Witte (1981), S. 19. Siehe auch Raffée (1974), S. 42; Kubicek (1975), S. 49; Schwemmer (1976), S. 61; Lenk (1986), S. 176 f., 182; Kieser (1995a), S. 8. Vgl. hierzu Popper (1979), S. 312. Siehe hierzu auch die Orientierung der Untersuchung von Fritz (1995), S. 21 ff. Popper/Eccles (1982), S. 48. Vgl. hierzu Popper (1974), S. 1129 f.; Popper/Eccles (1982), S. 49; Popper (1982), S. 107, 251, 411. Vgl. Popper (1974), S. 1130; Popper (1979), S. 312; Popper/Eccles (1982), S. 49-55. Siehe auch Fritz (1984b), S. 82 ff.; Fritz (1995), S. 22. Siehe zu den folgenden Ausführungen auch Fritz (1995), S. 22 ff. Vgl. hierzu Fritz (1984b), S. 87. Vgl. Popper/Eccles (1982), S. 49 ff.
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Grundlagen der Untersuchung
renden Sachverhalt vollständig hervorzubringen vermag.“1 Somit müssen wissenschaftliche Erklärungsversuche dieser Multikausalität prinzipiell Rechnung tragen. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wird der Multikausalität anhand multipler Kausalfaktoren für die Konzeptionalisierung der Marketingflexibilität Rechnung getragen. Ferner ist davon auszugehen, dass die Marketingflexibilität vermutlich nur eine Teilursache des Unternehmenserfolgs darstellt, da auch noch andere Teilursachen denkbar sind. Die oben dargelegte Propensitätsidee bezieht sich neben den Multikausalitätsaspekten auch auf eine Situationsabhängigkeit. Danach wird der situative Kontext – zumindest bei indeterministischen Ereignissen2 – bestimmte Ereignis- bzw. Wirkungspropensitäten aktivieren, verstärken oder abschwächen.3 Stimmt man der Annahme zu, dass das Propensitäts-Modell der Erklärung nicht nur unter seinem formalen Aspekt, sondern auch in seinem materialen Gehalt prinzipiell auf die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften übertragbar ist,4 dann ist insbesondere der situative Ansatz in diesem Zusammenhang zu nennen. Gerade der situative Ansatz fordert explizit die Berücksichtigung der Situationsabhängigkeit des unternehmerischen Geschehens. STAEHLE formuliert mit Blick auf die Managementlehre die Leitidee der situativen Ansätze wie folgt: „Es gibt nicht eine generell gültige, optimale Handlungsalternative, sondern mehrere, situationsbezogen angemessene.“5 Den Allgemeingültigkeitsanspruch zahlreicher betriebswirtschaftlicher Aussagen empfinden die Vertreter des situativen Ansatzes (engl. „contingency theory“ bzw. „contingency approach“)6 als unrealistisch und fordern dessen Aufgabe zu Gunsten situationsadäquater Bezüge.7 In jedem Fall sind auf der Basis von empirischen Untersuchungen die Situationen zu präzisieren, in denen betriebswirtschaftliche Aussagen ihre Gültigkeit beanspruchen.8 Dementsprechend ordnen ZEITHAML/VARADARAJAN/ZEITHAML situative Ansätze wie folgt ein: „Contingency approaches are positioned within management as mid-range theories between the two extreme views which state either that universal principles of organisation and management exist or that each organisation is unique and each situation must be analyzed seperately.“9
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Fritz (1995), S. 22. Die Situationsabhängigkeit ist lediglich für den Spezialfall deterministischer Ereignisse auszuschließen. Siehe hierzu Popper (1979), S. 312. Vgl. Popper/Eccles (1982), S. 49 f.; Popper (1995), S. 31 f. Vgl. Fritz (1984b), S. 87 ff. Staehle (1981), S. 215. Vgl. Venkatraman/Camillus (1984), S. 513 ff. Vgl. Staehle (1981), S. 216. Vgl. Kast/Rosenzweig (1979), S. 116 ff.; Staehle (1981), S. 215 f.; Welge (1987), S. 76 ff.; Picot (1991), S. 156 ff.; Kieser/Kubicek (1992), S. 45 ff.; Kieser (1995b), S. 155. Zeithaml/Varadarajan/Zeithaml (1988), S. 37.
Wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis
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Somit ist jeweils der situative Kontext des zu erklärenden Sachverhalts mit einzubeziehen. In dieser Untersuchung erfolgt die Berücksichtigung des situativen Ansatzes explizit durch die vierte Untersuchungsfragestellung, die sich mit dem Einfluss situativer Faktoren auf die Beziehung zwischen der Marketingflexibilität und dem Unternehmenserfolg beschäftigt. Dabei wird insbesondere auf den Flexibilitätsbedarf eingegangen. Dem Vorwurf der Theorielosigkeit des situativen Ansatzes1 wird im Rahmen dieser Untersuchung dadurch begegnet, dass das situative Denken als ein methodologisches Prinzip aufgefasst wird und nur solche situative Faktoren näher analysiert werden, deren potenzieller Einfluss sich theoretisch begründen, zumindest aber mithilfe theoretischer Überlegungen plausibilisieren lässt. Der Einfluss dieser Umfeldfaktoren lässt sich somit durch spezifische Theorien erklären und wird nicht auf den situativen Ansatz selbst zurückgeführt. Auch die Leitidee des theoretischen Pluralismus wird häufig aus der Leitidee der Multikausalität abgeleitet. Gemäß diesem Ansatz sollte prinzipiell die Möglichkeit mehrerer in Frage kommender Theorien oder Theorieansätze berücksichtigt werden.2 Ziel ist es dabei, jene Theorie herauszufiltern, die sich im Wettbewerb alternativer Theorien am besten behauptet, also über die größte Erklärungskraft und über den größten Bewährungsgrad verfügt.3 Dabei wird der theoretische Pluralismus oft in einer weiter gefassten Form verwendet, in der die verschiedenen Theorien als weitgehend konkurrenzfrei und komplementär angesehen werden.4 Dabei sollen theoretische Ansätze einbezogen werden, die sich bei der Erklärung der interessierenden Sachverhalte gegenseitig ergänzen können, ohne zwangsläufig miteinander zusammenzuhängen oder gar ineinander überführbar zu sein.5 Für die vorliegende Untersuchung stellt sich damit zunächst die Frage, ob der theoretische Pluralismus im Sinne einer Stützung auf eine beste Theorie aus vielen Theorien (monotheoretisches Vorgehen) oder im Sinne einer Stützung auf mehrere Theorien (eklektisches Vorgehen) angewendet werden soll. In der Forschergemeinschaft ist diese Frage nicht unumstritten. Die „Pragmatiker“ fordern, alle Problemstellungen unter dem Blickwinkel mehrerer Theorien
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Vgl. z. B. Vanberg (1975), S. 114-120; Abel (1979a), S. 141 f.; Kubicek/Kieser (1980), Sp. 1543-1547; Schanz (1982), S. 264; Staehle (1999), S. 52 f.; Türk (1989), S. 3. Vgl. Spinner (1974), S. 74, 89; Albert (1980), S. 49, 51 f.; Fritz (1984b), S. 116-120; Fritz (1984a); Popper (1984), S. 27. Vgl. Albert (1980), S. 49; Popper (1982), S. 73. Vgl. hierzu Feyerabend (1965a), S. 149; Feyerabend (1965b), S. 227; Feyerabend (1967), S. 179; Spinner (1974), S. 80 ff.; Popper (1979), S. 118 f. Eine Diskussion unterschiedlicher Perspektiven des theoretischen Pluralismus findet sich bei Spinner (1971), S. 30-37; Schanz (1973), S. 133-138. Vgl. Radnitzky (1971), S. 135 f., 161. HERRMANN hat darauf hingewiesen, dass in der psychologischen Forschung statt einer echten Theorienkonkurrenz in der Regel ein konkurrenzfreier Theorienpluralismus anzutreffen ist, etwa in Gestalt mehrerer, nicht ineinander überführbarer Theorien, die sich auf unterschiedliche Gegenstandsbereiche beziehen. Vgl. Herrmann (1971), S. 195; Herrmann (1979), S. 49 f.; Radnitzky (1971), S. 180 f. Für die soziologische und wirtschaftswissenschaftliche Forschung vgl. Klima (1971), S. 199-201; Schanz (1973), S. 131; Opp (1979), S. 99, 153; Fritz (1984a), S. 2.
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Grundlagen der Untersuchung
zu betrachten.1 Insgesamt soll durch die Nutzung verschiedener Theorien und ihrer Perspektiven eine höhere Erklärungskraft für die untersuchten Phänomene erreicht werden.2 Ein eklektisches Vorgehen ermöglicht darüber hinaus erst die interdisziplinäre Forschung und das Auffinden alternativer Erklärungen für den Untersuchungsgegenstand.3 Der Kombination unterschiedlicher Ansätze stehen „Puristen“ dagegen mit Skepsis gegenüber. Sie führen an, dass unterschiedliche Theorien nahezu regelmäßig von unterschiedlichen Voraussetzungen ausgehen.4 Eine Kombination der unterschiedlichen Erkenntnisse kann zu einem zentralen Problem und verfälschten Ergebnissen führen, wenn nicht gleichzeitig eine Beachtung entsprechender Integrationskriterien zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Voraussetzungen erfolgt.5 Beim monotheoretischen Vorgehen werden daher die Untersuchungsfragen anhand einer einzigen Theorie analysiert, die zur Beantwortung der Forschungsfragestellung besonders geeignet erscheint. Dabei ist eine eingehendere und tiefer greifende Betrachtung aus dem gewählten Blickwinkel möglich, als dies aus forschungspragmatischen Gründen im Fall des eklektischen Vorgehens durchführbar wäre. Insbesondere bei empirisch zu bearbeitenden Fragestellungen bietet sich eine fokussiertere monotheoretische Vorgehensweise an. Bei einem eklektischen Vorgehen würde eine kaum mehr zu überblickende Anzahl von zu berücksichtigenden Aspekten aufgeworfen werden, sodass eine ansonsten sinnvolle empirische Überprüfung in einem Totalmodell (inklusive der Wirkungsbeziehungen zwischen den einzelnen Variablen) so nicht mehr möglich wäre. Diese Überlegungen führen für die vorliegende Untersuchung zur Anwendung des monotheoretischen Vorgehens. Insbesondere die Vielzahl möglicher Erfolgsfaktoren der Marketingflexibilität lässt eine Einschränkung und Fokussierung auf eine Theorie notwendig erscheinen. Die Wahl der zu nutzenden Theorie wird in Abschnitt 2.2.1.3 näher diskutiert. Das forschungsprogrammatische Fundament der vorliegenden Untersuchung umfasst eine weitere methodologische Leitidee, die für den kritischen Rationalismus typisch ist, nämlich die Idee des liberalen methodologischen Individualismus.6 Demnach können soziale Phänomene mithilfe von Aussagen über individuelles Verhalten erklärt werden.7 Dabei wird explizit die Möglichkeit eingeschlossen, Institutionen als „Quasi-Handlungsträger“ zu begreifen, über deren „Quasiverhalten“ Aggregathypothesen formuliert werden können. Hierfür besteht aber 1
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An dieser Stelle ist auf den Eklektizismus zu verweisen, zu dem sich beispielsweise DUNNING in seiner „Theorie der internationalen Unternehmung“ bekennt. Vgl. Dunning (1980) und Dunning (1988). Eklektische Forschung stellt darauf ab, dass unterschiedliche Theorieansätze zur Aufarbeitung eines Beobachtungsphänomens herangezogen werden. Vgl. Fleischmann (1966), S. 26; Fritz (1984b), S. 117. Vgl. Fritz (1984b), S. 119 f. Vgl. z. B. Freiling (2001b), S. 15 ff. Vgl. Freiling (2001b), S. 16. Vgl. Opp (1979), S. 151 f.; Fritz (1984b), S. 107-116; Fritz (1995), S. 28. Vgl. beispielsweise Popper (1970), S. 115; Popper (1971), S. 107; Watkins (1972), S. 338; Schanz (1988), S. 60.
Wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis
35
die Voraussetzung, dass sich die Hypothesen im Prinzip auf Hypothesen über individuelles Verhalten – z. B. auf das Verhalten der Mitglieder der Institution – zurückführen lassen.1 Mit dieser Annahme wird es zulässig, soziale Institutionen als „Ganzheiten“ zu betrachten, ohne damit zugleich eine vom individuellen Verhalten völlig unabhängige eigene Existenz dieser Institutionen zu behaupten, was einem Bekenntnis zum methodologischen Kollektivismus oder Holismus gleichkäme. Dies ist insbesondere dadurch begründet, dass Institutionen von Personen gebildet und gesteuert werden und daher zur Beschreibung, Erklärung und Gestaltung von institutionalen Strukturen und institutionalem Handeln immer auf die Eigenschaften und das Verhalten der institutionenkonstituierenden Personen abzustellen ist.2 In den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften ist dem liberalen Individualismus3 vielfache Zustimmung zuteil geworden, da dieser entscheidende Schwierigkeiten vermeidet, mit denen der kategorische oder radikale Individualismus behaftet ist.4 Die Leitidee des liberalen Individualismus liefert eine methodologische Rechtfertigung dafür, dass in der vorliegenden Untersuchung die Marketingflexibilität im institutionalen Sinne analysiert werden darf, obwohl das Konstrukt letztlich in hohem Maß eine Konsequenz des individuellen Verhaltens der Organisationsteilnehmer ist. Auch wenn dem kritischen Rationalismus ein wesentlicher Einfluss auf die wissenschaftstheoretische Orientierung der Betriebswirtschaftslehre zuerkannt wird,5 ist der Ansatz vielfach der Kritik ausgesetzt,6 weshalb oftmals eine Ausrichtung am wissenschaftlichen Realismus7 vorgenommen wird.8 Zum einen wird die Möglichkeit eines rein deduktiven Arbeitens wegen der unzulänglichen theoretischen Durchdringung vieler Teilgebiete der Betriebswirtschaftslehre negiert.9 In dieser Untersuchung wird allerdings davon ausgegangen, dass die in Abschnitt 1.1 hergeleitete Problemstellung sehr wohl eine deduktive Annäherung ermöglicht. 1
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Vgl. Popper (1969b), S. 122; Watkins (1972), S. 338; Popper (1971), S. 107; Schanz (1977a), S. 290-294; Vanberg (1982), S. 8-15; Schanz (1988), S. 67. Vgl. hierzu Raffée (1993), S. 7. Vgl. Opp (1979), S. 151 f. Vgl. z. B. Kirsch (1971), S. 96 f.; Homans (1972), S. 62; Kirsch (1977), S. 96 f.; Abel (1979b), S. 61; Segler (1981), S. 261; Martin (1989), S. 300 f., 339; Raffée (1993), S. 7. Vgl. hierzu von Kortzfleisch (1971), S. 3; Kern (1979), S.11; Meyer (1979), S. 29; Schanz (1988), S. 53 ff.; Albach (1993), S. 9; Raffée (1993), S. 18. Siehe hierzu auch die wissenschaftstheoretische Orientierung der Arbeiten von Fritz (1984b), S. 37 ff.; Fritz (1995), S. 19 ff. Vgl. hierzu Feyerabend (1970), S. 228; Kuhn (1970), S. 146 f.; Kubicek (1977), S. 11; Laudan (1977), S. 27 ff.; Witte (1977), S. 271 f.; Anderson (1983), S. 21; Martin (1989), S. 32; Homburg (1995), S. 55 ff. Der wissenschaftliche Realismus, im englischsprachigen Schrifttum auch als „scientific realism“ oder „modern empiricism“ bezeichnet, ist durch eine realistische Orientierung und die Akzeptanz der induktiven Schlussweise („inductive realism“) gekennzeichnet. Vgl. Hunt (1990), S. 9; Homburg (1995), S. 58 f. Letztlich ist der wissenschaftliche Realismus durch die Überzeugung der Unvollkommenheit der Messinstrumente geprägt. Alle Variablen in einer Theorie werden als latente Konstrukte angesehen, die nur durch mehr oder weniger fehlerbehaftete Indikatoren messbar sind. Siehe hierzu Hunt (1991), S. 386. Siehe hierzu beispielhaft die wissenschaftstheoretische Orientierung bei Homburg (1995), S. 58; Eggert (1999), S. 58; Ernst (2001), S. 12. Vgl. Kubicek (1977), S. 10 f.; Witte (1981), S. 18 f.; Martin (1989), S. 184; Homburg (1995), S. 56.
36
Grundlagen der Untersuchung
Dies wird auch in Abschnitt 2.2.1.3, in dem die Wahl des theoretischen Ansatzes erläutert wird, noch näher begründet werden. Zum anderen wird die strenge Anwendung des Falsifikationsprinzips als nicht durchführbar erachtet, da aufgrund des Einflusses von nicht vollkommen kontrollierbaren Kontextfaktoren, der probabilistischen Natur von sozialwissenschaftlichen Hypothesen und der Messfehlerproblematik bei komplexen sozialwissenschaftlichen Konstrukten eine Hypothese im Grunde nie zweifelsfrei falsifiziert werden kann.1 Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung soll allerdings davon ausgegangen werden, dass der Einfluss nicht vollkommen kontrollierbarer Kontextfaktoren durch die Verfolgung des situativen Ansatzes berücksichtigt wird. Auch der probabilistischen Natur von Hypothesen wird durch den Bezug auf das oben auch unter diesem Gesichtspunkt erläuterten Propensitäts-Modell der Erklärung entsprochen.2 Die Messfehlerproblematik wird sogar schon von POPPER selbst aufgegriffen und begründet somit nicht die Ablehnung des Falsifikationsprinzips des kritischen Rationalismus, sondern vielmehr die Forderung nach einer möglichst hohen Reliabilität und Validität der Messungen:3 „Aus der methodologischen Forderung nach möglichst strenger Prüfbarkeit der Theorien […] folgt die nach möglichster Steigerung der Meßgenauigkeit.“4 So konstatiert PETER bezüglich der zentralen Rolle der Konstruktmessung im Forschungsprozess: „Valid measurement is the sine qua non of science. […] If the measures used in a discipline have not been demonstrated to have a high degree of validity, that discipline is not a science.“5 2.2.1.2 Grundlegendes Forschungsdesign Zur Bestimmung des grundlegenden Forschungsdesigns soll an dieser Stelle auf FRITZ zurückgegriffen werden, der zwischen den beiden Dimensionen Untersuchungsziel und Aussagenart unterscheidet.6 Bezüglich des Untersuchungsziels lassen sich grundsätzlich exploratorische Untersuchungen und konfirmatorische Untersuchungen unterscheiden. Hierbei stellt die zuerst genannte Form auf die Erkundung oder Entdeckung von Strukturen und Zusammenhängen ab, wohingegen sich die zuletzt genannte Form mit der Prüfung von Hypothesen befasst. Beide Untersuchungsarten können auf deskriptive (beschreibende), explikative (erklärende) oder instrumentelle (gestaltungsorientierte) Aussagen abzielen.
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Vgl. hierzu Kubicek (1977), S. 8; Laudan (1977), S. 27; Jacoby (1978), S. 91 ff.; Witte (1981), S. 18; Anderson (1983), S. 21; Chalmers (1986), S. 76; Martin (1989), S. 23 f.; Nelson (1995), S. 62; Homburg (1995), S. 56 f. HOMBURG selbst verweist in der Diskussion dieser Problematik auf das Propensitätsmodell der Erklärung, geht allerdings nicht weiter auf dieses Problem ein. Vgl. hierzu Homburg (1995), S. 56 f. Vgl. hierzu Fritz (1984b), S. 98. Popper (1982), S. 87. Peter (1979), S. 6. Vgl. hierzu auch die Ausführungen zur Bedeutung von Messung sowie dem Zusammenhang zwischen Theoriebildung und Messung als untrennbaren Prozess bei Blalock (1982), S. 25. Vgl. zu den nachfolgenden Aussagen Fritz (1995), S. 60 ff.
Wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis
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Trotz des frühen Forschungsstadiums im Bereich der Marketingflexibilität soll die vorliegende Untersuchung nach dem konfirmatorisch-explikativen Forschungsdesign durchgeführt werden. Zwar werden exploratorische Forschungsdesigns in frühen Stadien des Forschungsprozesses sowie bei innovativen Forschungsproblemen wie der vorliegenden Problemstellung empfohlen,1 vor dem Hintergrund der forschungsprogrammatischen Leitideen des kritischen Rationalismus sowie insbesondere unter dem Aspekt des Postulats theoriengeleiteter Forschung sind jedoch möglichst konfirmatorische, d. h. explizit formulierte Aussagen prüfende Forschungsdesigns anzustreben.2 Es werden daher theoretisch deduzierte Hypothesen zur Marketingflexibilität formuliert und anschließend einem empirischen Test unterzogen. Die explikative Aussagenart leitet sich aus dem erklärenden Charakter der Hauptfragestellung ab, ob und wie die Marketingflexibilität auf den Unternehmenserfolg wirkt (Untersuchungsfragestellung 2). Weil zur Erfüllung der Erklärungsaufgabe aber nicht unmittelbar auf geeignete Modelle und Konzepte der Marketingflexibilität zurückgegriffen werden kann, sondern ein solches Konzept erst noch zu entwickeln ist, bedarf das konfirmatorisch-explikative Design einer Erweiterung um eine deskriptive Komponente. Vor der empirischen Prüfung der Wirkungsbeziehungen steht somit die Entwicklung des Konzepts der Marketingflexibilität (also Konzeptionalisierung und Operationalisierung) vor dem Hintergrund theoretischer Überlegungen (Untersuchungsfragestellung 1).3 Ein solches Vorgehen entspricht der grundlegenden methodologischen Leitidee der Erklärung, die u. a. die Forderung nach einer präzisen Deskription der relevanten Konstrukte umfasst. Das Forschungsdesign der vorliegenden Untersuchung weist über diese deskriptiven und explikativen Perspektiven hinaus noch einen spezifischen instrumentellen Charakter auf, da auch die praktische Konsequenz der empirischen Befunde und damit gestaltungsorientierte Empfehlungen verdeutlicht werden sollen. Soweit nämlich Gestaltungsvorschläge für die Managementpraxis formuliert werden, handelt es sich um technologisch transformierte explikative und damit instrumentelle Aussagen.4 Da die Gestaltungsaussagen aus jenen Befunden abgeleitet worden sind, die sich mithilfe des konfirmatorisch-explikativen Forschungsdesigns haben gewinnen lassen, kommt diesen Aussagen bzw. Empfehlungen allerdings keine eigenständige Bedeutung im Sinne eines separaten instrumentellen Designs zu.
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Vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (1997), S. 675. Vgl. u. a. Kromrey (1980), S. 20-24; Martin (1989), S. 341-343; Friedrichs (1990), S. 60-62; Nieschlag/ Dichtl/Hörschgen (1997), S. 670 ff. zum Postulat theoriengeleiteter Forschung. Vgl. zur theoretischen Herleitung Kapitel 3. Vgl. Popper (1972), S. 52; Prim/Tilmann (1975), S. 104 f.
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Grundlagen der Untersuchung
2.2.1.3 Wahl des theoretischen Ansatzes In der Vergangenheit gab es bereits eine Reihe unterschiedlicher betriebswirtschaftlicher Theorieansätze, die sich mit der Flexibilität im Unternehmen befassen. Eine zentrale Bedeutung haben in konzeptionellen und empirischen Untersuchungen vor allem die Realoptionstheorie und der Resource-based View erlangt.1 Deshalb sollen in den folgenden Abschnitten diese beiden Ansätze hinsichtlich ihrer Geeignetheit für das Untersuchungsproblem untersucht werden. Abschließend soll zur Beantwortung der Fragestellungen für diese Untersuchung geeigneter Ansatz ausgewählt werden. 2.2.1.3.1 Realoptionstheorie Im Folgenden sollen zunächst die Grundlagen der Realoptionstheorie dargestellt werden (vgl. Abschnitt 2.2.1.3.1.1). Außerdem wird überprüft, inwieweit sich die Realoptionstheorie für das in dieser Untersuchung zu konzipierende Flexibilitätskonzept nutzbar machen lässt (vgl. Abschnitt 2.2.1.3.1.2). 2.2.1.3.1.1
Grundlagen des theoretischen Ansatzes
In der betriebswirtschaftlichen Forschung wird das Modell der Realoptionen erst seit knapp 30 Jahren diskutiert.2 Dabei prägte der MIT-Professor STEWART C. MYERS den Begriff „Realoption“ (engl. „real options“) für die Handlungsspielräume bei der Realisierung von Investitionsprojekten3, als er die in den 1970er-Jahren von den späteren Nobelpreisträgern Fischer Black, MYRON S. SCHOLES und ROBERT C. MERTON entwickelte Optionspreistheorie4 aufnahm und sie von Finanzoptionen auf reale Handlungsalternativen übertrug. Die Grundidee des Realoptionsansatzes5 besteht in der expliziten Berücksichtigung der in Investitionsprojekten enthaltenen Handlungsspielräume als zusätzliche Wertkomponente. Der durch die Berücksichtigung der Handlungsspielräume erweiterte Kapitalwert einer Investition (EC0) ergibt sich wie folgt:6 (1) EC0
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C0 HS ,
Die subjektive Auswahl der vorgestellten Theorien ist danach erfolgt, welche Ansätze in konzeptionellen und empirischen Arbeiten zur Flexibilität im Unternehmen am häufigsten angetroffen wurden. Angeblich hat der griechische Philosoph THALES VON MILET bereits um 600 v. Chr. mit Realoptionen gearbeitet. So soll er den Besitzern der örtlichen Olivenpressen bereits im Frühjahr zu einem festen Preis die Option abgekauft haben, die Maschinen in der Erntezeit zum Marktpreis zu vermieten. Vgl. Myers (1977), der hier zum ersten Mal reale Investitionen als Wachstumsoptionen diskutiert. Vgl. Merton (1973). Vgl. umfassend zum Realoptionsansatz sowie praxisorientierten Anwendungsbeispielen u. a. Trigeorgis (1993); Bowman/Hurry (1993); Buckley (1997); Meise (1998); Trigeorgis (1998); Amend (2000); Amram/Kulatilaka (1999); Tomaszewski (2000); Damisch (2002). Vgl. Meise (1998), S. 47.
Wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis
wobei: Co HS
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= klassischer Kapitalwert, = Optionswert der Handlungsspielräume.
Dadurch werden neben der klassischen Bewertung mithilfe von abdiskontierten Zahlungsströmen auch noch die sich aus der Investition ergebenen zukünftigen Handlungsmöglichkeiten bewertet, die dem Investitionsprojekt inhärent sind. Die bis dahin übliche DiscountedCashflow-Methode zinst in der Zukunft erwartete Finanzströme mit dem Marktzins auf den Investitionszeitpunkt ab. Sie geht von einem einzigen Zukunftsszenario ohne investitionsspezifische Handlungsspielräume (Durchführung einer Erweiterungsinvestition) aus. Unternehmerischen Entscheidungen wird bei diesem Bewertungskalkül nicht genügend Flexibilität eingeräumt, da ein Investitionsprojekt nur sofort und vollständig oder gar nicht realisiert werden kann.1 In der Unternehmenspraxis spielt die Bewertung von Investitionsprojekten seit den 1990er-Jahren eine größere Rolle. Vorreiter waren hier Unternehmen der Rohstoffindustrie, die bereits auf umfassende Erfahrungen bei der Bewertung erwarteter Preise ihrer Produkte durch die Terminbörsen zurückgreifen konnten. Um die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit einer Investition mithilfe der Realoptionen zu ermöglichen, werden die finanzmathematischen Grundlagen der Optionspreistheorie auf die Bewertung von Investitionsprojekten übertragen. Der Wert (C) einer europäischen Kaufoption auf eine Aktie, die nur zum Verfallstermin T ausgeübt werden kann, ergibt sich nach dem Modell von BLACK und SCHOLES:2 (2) C wobei: K B T T-t ı N(d)
d
K u N d e r (T t ) u B u N d V
T t ,
= aktueller Aktienkurs, = Ausübungspreis, = Verfallstermin, = Restlaufzeit der Option, = erwartete Volatilität des Aktienkurses, = Optionsdelta,
V2 · §K· § ¸ u T t ln¨ ¸ ¨¨ r 2 ¸¹ ©B¹ © mit r { ln 1 i , = V T t
e r T t = Diskontierungsfaktor bis zum Ende der Laufzeit.3
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Vgl. Burmann (2002), S. 69 f. Vgl. Black/Scholes (1972); Black/Scholes (1973), S. 644. Weitere Prämissen der in der Gleichung (2) wiedergegebenen Formel sind die konstante Volatilität der Aktie, der konstante Diskontierungszinssatz, dass bis zum Ende der Restlaufzeit keine Dividenden gezahlt werden und der Kursverlauf der Aktie einer geometrischen Brown’schen Bewegung folgt.
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Grundlagen der Untersuchung
Analysiert man die einzelnen Determinanten des Werts einer europäischen Kaufoption und ihre Auswirkungen, so wird deutlich, dass deren Wert und somit der Wert eines Handlungsspielraums dann am größten ist, wenn die folgenden drei Faktoren zusammen auftreten: eine hohe Unsicherheit über den zukünftigen Verlauf der Investition, Möglichkeiten bestehen, flexibel auf diese Unsicherheiten reagieren zu können, und der Investitionswert ohne diese Flexibilität liegt nahe der Gewinnschwelle. Eine hohe Unsicherheit1 bedeutet, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass die Entscheider im Unternehmen in der Realisierungsphase des Investitionsprojekts neue Informationen erhalten. Die Option zu handeln ist also dann besonders sinnvoll, wenn die Grundsituation des Unternehmens als unsicher zu charakterisieren ist und der Entscheider über Reaktionsmöglichkeiten verfügt. Allerdings liegt dann der Wert dieser Investition ohne diese Flexibilität gegebenenfalls weit abseits der Gewinnschwelle, denn mit steigendem Risiko verringert sich der Wert einer Investition. Steht bei einer Investition ohne Betrachtung der Handlungsspielräume jedoch fest, dass niemals ein Gewinn zu erwarten ist, so wird sie auch durch die Verwendung der Handlungsspielräume nicht in die Gewinnzone kommen. Die Handlungsspielräume haben daher einen relativ geringen Wert für das Unternehmen. Ist hingegen mit der traditionellen Discounted-Cashflow-Methode absehbar, dass die Investition weit in der Gewinnzone liegt, so ist es unwahrscheinlich, dass die Handlungsspielräume, die eine zusätzliche Flexibilität bieten, ausgeübt werden. Sie haben dann ebenfalls einen relativ geringen Wert für das Unternehmen. Den höchsten Wert erreicht daher der Handlungsspielraum in der Grauzone der Gewinnschwelle. Hier kann die Flexibilität den Ausschlag geben, ob ein Investitionsprojekt sinnvoll ist oder nicht.
1
Unsicherheit wird gemeinhin als die Möglichkeit des Abweichens von einem erwarteten Wert oder einer erwarteten Situation erklärt. Handelt es sich um eine positive Abweichung, spricht man von einer Chance, eine negative Abweichung wird im weiteren Sinn Risiko genannt. Als Risikomaß wird hierzu üblicherweise die Varianz bzw. die Standardabweichung verwendet. Dabei lässt sich die Unsicherheit in das Risiko im engeren Sinn und in die Ungewissheit unterteilen. Der Begriff Risiko im engeren Sinn beschreibt eine Situation, bei der dem Entscheider objektive, zumindest jedoch subjektiv wahrgenommene Wahrscheinlichkeiten vorliegen, die ihm eine Nennung alternativer Zielwerte ermöglicht. Objektive Wahrscheinlichkeiten werden dabei aus empirischen Untersuchungen oder Ergebnissen gleichwertiger Entscheidungssituationen gewonnen. Häufig können diese Wahrscheinlichkeiten aufgrund statistischer Daten exakt berechnet werden. Subjektive Wahrscheinlichkeiten sind Erfahrungswerte, die sich statistisch oder empirisch nicht überprüfen lassen oder die bisher nicht überprüft worden sind. Die Ungewissheit bezeichnet eine Situation, in welcher der Entscheidungsträger überhaupt keine Vorstellung davon hat, wie sich die Situation entwickeln könnte. Es liegen weder objektive noch subjektive Wahrscheinlichkeiten vor. Eine rationale Entscheidung zwischen verschiedenen Handlungsalternativen wird hier so gut wie unmöglich. Vgl. Keppler (1990), S. 610 ff.; Adam (1996), S. 5 f.; Perridon/Steiner (1999), S. 98 f.
Wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis
41
Es gibt in einem Unternehmen unendlich viele Handlungsspielräume, die als Realoption betrachtet werden könnten.1 Dabei haben vor allem die folgenden acht Realoptionstypen eine besondere Bedeutung erfahren:2 1. Verzögerungsoption (option to defer investment) 2. Wachstumsoption (option to innovate) 3. Abbruchsoption (option to abandon for salvage value) 4. Einschränkungsoption (option to contract) 5. Option auf mehrstufige Investitionen (option to stage investment) 6. Erweiterungsoption (option to expand) 7. Option zur vorübergehenden Schließung und Wiedereröffnung (option to temporary shut down) 8. Option zur Variation des Inputs/ Outputs (option to switch). 2.2.1.3.1.2
Zusammenfassung der Bezugspunkte und Erkenntnisbeitrag
Die Realoptionstheorie verdeutlicht die Bedeutung der Schaffung von Handlungspotenzialen im Unternehmen und zeigt, dass die Schaffung von Handlungsspielräumen einen hohen Wert an sich für das Unternehmen hat. Der Nutzen der Realoptionstheorie liegt dabei vor allem in der Erfassung und der Quantifizierung dieses Werts, der sich aus der Schaffung von Handlungspotenzialen ergibt. Die Realoptionstheorie gibt Hinweise auf die Vorteilhaftigkeit der Flexibilität im Unternehmen und deren Erfolgswirkungen. Weiterhin wird durch die Bewertung der Handlungsspielräume die systematische Suche nach Flexibilitätspotenzialen gefördert. Darüber hinaus verdeutlicht die Realoptionstheorie die Bedeutung von Unsicherheit, die für ein Unternehmen nicht nur der Grund für die Schaffung zusätzlicher Handlungsspielräume ist, sondern auch Einfluss auf den Wert dieser Handlungsspielräume hat. Die Realoptionstheorie gibt aber kaum Hinweise darauf, aus welchen Gründen ein Unternehmen über Handlungsspielräume verfügt und wie es diese einsetzt. Sie gibt also keine Hinweise auf die Aspekte des Managements der Marketingflexibilität. So kann die Realoptionstheorie weder erklären, wie die Marketingflexibilität in einem Unternehmen entsteht, noch kann sie Gestaltungsspielräume eines Flexibilitätsmanagements aufzeigen. Vor diesem Hintergrund
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Vgl. Damisch (2002), S. 176. Vgl. Trigeorgis (1988), S. 145; Trigeorgis (1993), S. 210 ff. Vgl. zu vergleichbaren Kategorisierungen von Realoptionen Copeland/Weiner (1990); Copeland/Keenan (1998b); Copeland/Keenan (1998a), S. 47 ff.; Gintschel (1999), S. 70 ff.
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Grundlagen der Untersuchung
soll die Realoptionstheorie nicht weiter zur theoretischen Fundierung dieser Untersuchung herangezogen werden. 2.2.1.3.2 Resource-based View und seine Weiterentwicklungen Die verschiedenen Definitionen der Flexibilität im Unternehmen verfügen über die Gemeinsamkeit, dass Flexibilität als eine „ability“1 bzw. „capability“2 angesehen wird, die eine Organisation besitzt, um sich zu verändern oder zu reagieren3. Flexibilität wird in der Literatur als eine Fähigkeit bzw. Kompetenz beschrieben, welche die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens in einer von Unsicherheit und Veränderung geprägten Unternehmensumwelt sichern bzw. erhöhen kann. Der Resource-based View (RBV) und seine Weiterentwicklungen beschäftigen sich explizit mit Fähigkeiten bzw. Kompetenzen; es lässt sich über den Fähigkeitsbegriff somit eine direkte Beziehung zum RBV herstellen.4 Darüber hinaus beschäftigen sich sowohl der RBV als auch die Flexibilitätsforschung mit der Frage, wie Unternehmen in dynamischen, von Unsicherheit geprägten Marktumfeldern bestehen können.5 In diesem Abschnitt werden – wie bereits zuvor für die Realoptionstheorie – die Grundaussagen der ressourcentheoretischen Erklärungsansätze dargestellt (Abschnitt 2.2.1.3.2.1), um anschließend auf die Eignung und möglichen Anknüpfungspunkte dieser Ansätze einzugehen (Abschnitt 2.2.1.3.2.2). 2.2.1.3.2.1
Grundlagen des theoretischen Ansatzes
Die Ressourcentheorie, oft auch Resource-based View (RBV)6 genannt, ist eine Ende der 1980er-Jahre durch unabhängig voneinander publizierte Beiträge von RUMELT7 und WERNER8 9 10 FELT wiederbelebte und maßgeblich von BARNEY und PETERAF vorangetriebene Theorie zur alternativen Erklärung von Wettbewerbsvorteilen von Unternehmen, die in der Folge zu über-
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Vgl. u. a. Slack (1983), S. 7; Aaker/Mascarenhas (1984), S. 74; Frazelle (1986), S. 17; Piore (1989), S. 10; Bolwijn/Kumpe (1990); Suarez/Cusumano/Fine (1991), S. 2; Sanchez (1993), S. 251; Upton (1994), S. 73; Monteiro/Macdonald (1996), S. 171; Sanchez/Heene/Thomas (1996), S. 14; Lau (1996), S. 11; Sanchez/ Heene (1996), S. 45; Lau (1999), S. 328; Grewal/Tansuhaj (2001), S. 72; Combe/Greenley (2004), S. 1456. Vgl. u. a. Scott (1965); Kieser (1969), S. 273; Eppink (1978), S. 9 und S. 14; Zelenovic (1982), S. 323; Mascarenhas (1985), S. 118; Jacob (1990), S. 18; Upton (1995a), S. 205; De Leeuw/Volberda (1996), S. 130; Volberda (1996b), S. 362 f.; Volberda (1996a), S. 236 f.; Janssen (1997), S. 17; Hitt/Keats/DeMarie (1998), S. 26; De Toni/Tonchia (1998), S. 1590; Hamel et al. (1998); Koste/Malhotra (1999b), S. 78; Golden/Powell (2000), S. 373; Beach et al. (2000b), S. 42; Narasimhan/Talluri/Das (2004), S. 96. Vgl. Gustavsson (1984); Upton (1995a); Golden/Powell (2000), S. 376. Vgl. Burmann (2001), S. 174; Burmann (2002), S. 8. Vgl. Sanchez (1993), S. 269; Narasimhan/Talluri/Das (2004), S. 91 f. Die Begriffe Resource-based View, RBV, Ressourcenansatz, ressourcentheoretischer Ansatz und Ressourcentheorie sollen im Weiteren synonym verwendet werden. Vgl. Rumelt (1984). Vgl. Wernerfelt (1984), der auch den Begriff „Resource-based View“ prägte. Vgl. Barney (1986b); Barney (1991). Vgl. Peteraf (1993).
Wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis
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durchschnittlichen Kapitalrenditen führen.1 Der RBV versteht das Unternehmen als ein Bündel von Ressourcen mit tangiblen (materiellen) sowie intangiblen (immateriellen) Merkmalen.2 Wettbewerbsvorteile werden dabei als das Ergebnis besonderer Ressourcen und Fähigkeiten eines Unternehmens verstanden.3 In den ressourcentheoretischen Ansätzen wird der Begriff der Ressource in den Mittelpunkt der Analyse gestellt. Diese Ressourcen ermöglichen dem Unternehmen die Durchführung bestimmter Aktivitäten, die im Zeitpunkt t zum Erfolg des Unternehmens beitragen. Befindet sich das Unternehmen in einem anderen Unternehmensumfeld, d. h., kommt es zu Änderungen in dem Unternehmensumfeld, so können diese Aktivitäten und die ihnen zugrundeliegenden Ressourcen und Fähigkeiten jedoch irrelevant für den Unternehmenserfolg sein und gegebenenfalls zu einer Belastung für das Unternehmen werden. Die bislang bestehenden Wettbewerbsvorteile können sich somit im Zeitpunkt t + 1 zu Wettbewerbsnachteilen wandeln.4 Wettbewerbsvorteile sind somit immer auf eine bestimmte Markt- und Wettbewerbssituation bezogen. Die Ressourcen im weiteren Sinne eines Unternehmens umfassen nach BARNEY „all assets, capabilities, organizational processes, firm attributes, information, knowledge, etc. controlled by a firm that enable the firm to conceive of and implement strategies that improve efficiency and effectiveness.“5 Bei Ressourcen im engeren Sinne6 handelt es sich um in Märkten beschaffbare Inputgüter, die durch Veredelungsprozesse zu unternehmenseigenen Merkmalen für die Wettbewerbsfähigkeit weiterentwickelt worden sind und hinsichtlich derer die Möglichkeit besteht, Rivalen von der Nutzung dieser Ressourcen nachhaltig auszuschließen.7 Dabei wird im Rahmen des wissensbasierten Ansatzes (auch Knowledge-based View (KBV)) gerade in der Ausstattung der Unternehmung mit spezifischem Wissen sowie der Fähigkeit, ihren Wissensbestand durch Lernprozesse zu verändern, eine wesentliche Ressource des Unternehmens und damit Ursache für Erfolgsunterschiede gesehen.8 Hier wird insbesondere der 1
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Auf die Bedeutung von Ressourcen für den Unternehmenserfolg wurde zum ersten Mal durch Penrose (1959) und Selznick (1957) hingewiesen. Ausgangspunkt der Wiederbeschäftigung mit diesem Ansatz war die empirische Beobachtung, dass es Ergebnisunterschiede innerhalb von Industriezweigen gibt. Vgl. dazu beispielsweise Jacobsen (1988); Cool/Schendel (1988); Rumelt (1991). Vgl. Wernerfelt (1984), S. 171 f.; Penrose (1995), S. xi; Eisenhardt/Martin (2000), S. 1105. Die Erklärung für beobachtbare Performanceunterschiede zwischen Unternehmungen (Explanandum) auf der Basis verfügbarer Ressourcen und Kompetenzen (Explanans) ist die Grundlage der ressourcentheoretischen Ansätze. Vgl. dazu ausführlich Seisreiner (1999), S. 169 ff. Vgl. Leonard-Barton (1992). Barney (1991), S. 101. Synonym wird hierfür auch der Begriff „Assets“ verwendet. Vgl. Freiling (2001a), S. 22. Vgl. Richardson (1960); Thompson (1967); Galbraith (1974); Teece (1982); Teece (1986); Kogut/Zander (1992); Henderson/Cockburn (1994); Leonard-Barton (1995); Zander/Kogut (1995); Grant (1996b); Grant (1996a); Kogut/Zander (1996); Grant (1997); Teece (1998). Siehe zu einer grundlegenden Diskussion des Ansatzes Al-Laham (2004).
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Grundlagen der Untersuchung
Umgang mit Daten, Informationen und Wissen auf der Grundlage lerntheoretischer Ansätze in den Fokus der Untersuchung gestellt.1 Damit diese Unternehmensressourcen allerdings zu Wettbewerbsvorteilen führen, müssen sie über bestimmte Eigenschaften (VRIN-Attribute von Ressourcen) verfügen.2 Die Werthaltigkeit von Ressourcen ist deren erste erfolgskritische Eigenschaft. Wertvoll sind Ressourcen, wenn sie zur Erreichung der Unternehmensziele beitragen und damit die Nutzung von Chancen bzw. die Abwehr von Risiken ermöglichen. Darüber hinaus müssen diese Ressourcen im Umfeld der aktuellen und potenziellen Wettbewerber knapp, schwer substituierbar und nur begrenzt imitierbar sein.3 Dabei weisen intangible Ressourcen tendenziell eher die VRINEigenschaften einer wettbewerbsvorteilsrelevanten Ressource auf und sind daher von besonderer Relevanz.4 Sind diese Eigenschaften gegeben, so sind die notwendigen Bedingungen für den Aufbau von Wettbewerbsvorteilen erfüllt. Die richtige Kombination dieser Ressourcen führt zu Wettbewerbsvorteilen und lässt sich als hinreichende Bedingung für den Aufbau von Wettbewerbsvorteilen interpretieren.5 Es ist denkbar, dass ein Unternehmen zwar über wertvolle, knappe und nur begrenzt imitierbare und substituierbare Ressourcen verfügt, aber trotzdem keine nennenswerten Wettbewerbsvorteile besitzt. Es ist nicht in der Lage, die vorhandenen Ressourcen zur Schaffung eines dem Wettbewerb überlegenden Kundennutzens einzusetzen. Hier setzt der Begriff „organisationale Fähigkeiten“ (Capability)6 an, der nach AMIT/SCHOEMAKER „a firm’s capacity to deploy resources“ umfasst.7 Es bedarf somit verschiedenartiger Fähigkeiten, um aus den verfügbaren Ressourcen tatsächlich Wettbewerbsvorteile zu realisieren und damit verbundene Performancevorteile zu generieren.8 Eine besondere Aufmerksamkeit erfuhr die Berücksichtigung von Fähigkeiten durch die Veröffentlichungen von HAMEL und PRAHALAD, die maßgeblich an der Entstehung der Kernkompetenzperspektive beteiligt waren.9 Der im RBV verankerte Kernkompetenzansatz verengt das Feld potenziell wettbewerbsrelevanter Ressourcen eines Unternehmens auf be-
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Vgl. Gersch/Freiling/Goeke (2005), S. 11. Vgl. Barney (1991), S. 105 ff. Vgl. Barney (1999), S. 141 f. Die begrenzte Imitierbarkeit hängt dabei von vier Ressourcenmerkmalen ab. Vgl. Hall (1992), S. 135 ff.; Hall (1993), S. 607 ff.; Rasche (1994), S. 76, 83; Ray/Barney/Muhanna (2004), S. 26. Vgl. Kogut/Zander (1992); Kogut/Zander (1997); Burmann (2000), S. 24. In dieser Untersuchung sollen die beiden Begriffe Kompetenzen und Fähigkeiten synonym verwendet werden. Da aus der Sicht des Ressourcenansatzes auf eine Unterscheidung zwischen Kompetenzen und Fähigkeiten aufgrund des fehlenden Erkenntniszuwachs verzichtet werden kann. Siehe hierzu Day (1994a), S. 38; Freiling (2001a), S. 24; Burmann (2002), S. 157. Amit/Schoemaker (1993), S. 35. Vgl. Gersch/Freiling/Goeke (2005), S. 10. Vgl. Prahalad/Hamel (1990); Hamel/Prahalad (1994).
Wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis
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stimmte Kompetenzen des Unternehmens. Weiterhin rückten im Verlauf der Ausdifferenzierung des ressourcentheoretischen Ansatzes stärker Fähigkeiten in den Mittelpunkt, die sich auf eine Verbesserung der existierenden Ressourcenausstattung konzentrieren.1 Hier setzt der Dynamic-Capability-Ansatz (DCA)2 an, der auf Prozesse fokussiert, durch die Unternehmen firmenspezifische Fähigkeiten und Ressourcen neu entwickeln und bestehende anpassen und weiterentwickeln, um sich an neue Marktanforderungen anzupassen.3 „Whereas
Penrose and the resource-based scholars recognize the competitive importance of firmspecific capabilities, researchers of the dynamic capabilities approach attempt to outline specifically how organizations develop and renew internal competencies.“4 Der DCA hat seine geistigen Quellen5 im Resource-based View, Knowledge-based View und in der Evolutionsökonomik6 und entwickelte sich Anfang der 1990er-Jahre, als der RBV den Fähigkeitenansatz aus der Routinen-basierten Evolutionsökonomik absorbierte.7 Die Hauptforschungsfragen des Dynamic-Capability-Ansatzes sind in Anlehnung an den RBV: Wie und warum können Unternehmen einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil in dynamischen Märkten schaffen und aufrechterhalten.8 Wieso sind Unternehmen unterschiedlich erfolgreich.9 Der Dynamic-Capability-Ansatz stellt im Wesentlichen eine Erweiterung des RBVs dar und versucht zu erklären, aus welchen Gründen einige Unternehmen in Situationen von rapiden und unvorhersehbaren Umfeldänderungen einen Wettbewerbsvorteil haben.10 Obwohl bereits der RBV als dynamischer Ansatz zu charakterisieren ist, erhält die Beachtung von Auswir-
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Vgl. Makadok (2001), S. 387. Synonym werden häufig auch die Begriffe Kompetenzansatz, Competence-based View, CBV verwendet. Vgl. Christensen (1996), S. 116; Eisenhardt/Martin (2000), S. 1107; Helfat/Peteraf (2003), S. 997. Augier/Teece (2004), S. 13. Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 515. Die Evolutionsökonomik oder „evolutorische Ökonomik“ (engl. „evolutionary economics“) ist ein Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaften, in deren Mittelpunkt der Wandel von Märkten steht. Im Gegensatz zur Neoklassik, die auf physikalischen Denkmustern beruht und vornehmlich von der Existenz wirtschaftlicher Gleichgewichte auf Märkten ausgeht, rekonstruiert die Evolutionsökonomik Wirtschaftsprozesse analog zur biologischen Evolution: Es existiert für keinen Markt und damit auch für kein Unternehmen ein anzustrebender Gleichgewichtszustand, sondern ein permanenter Wettbewerb zwischen Produkten, Dienstleistungen, Unternehmensformen und sogar Wirtschaftsystemen. Dieser Wettbewerb sorgt dafür, dass nur die Wettbewerbsteilnehmer weiterbestehen können, die zum einen den jeweiligen Umweltanforderungen entsprechen und sich zum anderen an die laufend wechselnden Wettbewerbsbedingungen anpassen können. Die Hauptaufgabe des Managements stellt daher die Herstellung neuer, besser geeigneter Ressourcenkombinationen dar. Vgl. Schumpeter (1934); Schumpeter (1942); Cyert/March (1963); Nelson/Winter (1982); Cantner/Hanusch (1997). Vgl. Silverman (2002), S. 233 ff. Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 515; Eisenhardt/Martin (2000), S. 1106. Vgl. Zott (2003), S. 97. Vgl. Eisenhardt/Martin (2000), S. 1106.
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Grundlagen der Untersuchung
kungen starker Veränderlichkeit und wirksamer Diskontinuitäten im Rahmen des DynamicCapability-Ansatzes ein deutlich stärkeres Gewicht.1 Aus Sicht des DCA sichert vor allem die Weiterentwicklung der Ressourcen- und Fähigkeitsbasis eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit. Zentrale Aufgabe des Managements ist daher die Entwicklung und Ausnutzung der Unternehmensressourcen.2 Hier setzt der DCA an, der sich mit den organisatorischen Prozessen beschäftigt, die ein erfolgreiches Agieren auf dynamischen Märkten ermöglichen. Kernaussage des DCA ist, dass die Fähigkeiten eines Unternehmens zur Ressourcenrekombination / -rekonfiguration, d. h. die dynamischen Fähigkeiten, den Wettbewerbsvorteil dieses Unternehmens bei sich ändernden Umfeldbedingungen bestimmen.3 Die Abbildung 9 fasst die Argumentationslogik des Dynamic-Capability-Ansatzes zusammen.
Unternehmen Lieferanten
Kunden dynamische Fähigkeiten (first- und higher-order)
funktionale Fähigkeiten (zero-order)
Routinen
Produktionsfaktoren
Ressourcen Assets
Produkte
Rekombination / Rekonfiguration
Abbildung 9:
Unternehmensmodell der ressourcentheoretischen Ansätze4
Folgt man dem Verständnis des Dynamic-Capability-Ansatzes von TEECE und EISENHARDT kann man drei organisationale Routinen unterscheiden, die zur Herausbildung dynamischer Fähigkeiten beitragen: Routinen der Umweltwahrnehmung, Routinen des Lernens und Routinen der Integration und Koordination.5 Dabei determiniert eine Reihe von Faktoren die Her1 2
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Vgl. Freiling (2004a); Freiling (2004b). Vgl. Teece/Pisano (1994), S. 542; Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 516; Sambamurthy/Bharadwaj/Grover (2003), S. 240. Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 516; Eisenhardt/Martin (2000), S. 1106. Vgl. zur Definition dynamischer Fähigkeiten Abschnitt 2.2.2. Grafische Umsetzung von Informationen bei Teece/Pisano/Shuen (1997) sowie Eisenhardt/Martin (2000). Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997); Eisenhardt/Martin (2000). Siehe dazu auch die Aufstellung von Pavlou/El Sawy (2005), S. 7.
Wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis
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ausbildung einzigartiger dynamischer Fähigkeiten von Unternehmen. TEECE/PISANO/SHUEN sprechen hier vor allem Unternehmenspositionen (Positions) und Entwicklungspfade (Paths) an.1 Sie führen dabei aus: „Capabilities (and hence competitive advantage) of a firm rest fundamentally on processes, shaped by positions and paths.”2 Die dynamischen Fähigkeiten basieren also auf Prozessen bzw. Routinen, die wiederum durch die derzeitige Position des Unternehmens und seinen Entwicklungspfad bestimmt werden. Folglich können die Position und der Entwicklungspfad als Determinanten der dynamischen Fähigkeiten erachtet werden. Abbildung 10 versucht diese Struktur des Dynamic-Capability-Ansatzes zu visualisieren.
Entwicklungspfade
dynamische Fähigkeiten (organisationale Routinen)
Wettbewerbsvorteil
Unternehmenserfolg
Unternehmenspositionen
Abbildung 10: Struktur des Dynamic-Capability-Ansatzes3
Unter dem Begriff „Unternehmensposition“ ist die „location at any point in time with respect to its business assets”4 zu verstehen. Es ist die unternehmensspezifische Ausstattung mit tangiblen und intangiblen Ressourcen, die sich auf die dynamischen Fähigkeiten des Unternehmens auswirkt.5 Dabei restringieren die Art, die Anzahl und die Qualität der zur Verfügung stehenden Ressourcen eines Unternehmens nicht nur den Umfang der organisationalen Routinen,6 sondern auch die Effektivität und Effizienz der Routinen.7 Unternehmenspositionen
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Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 518. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 524. Ähnlich auch Iansiti/Clark (1994), S. 565: „An effective capability building process will have to frame the search for new possibilities in light of existing characteristics.” Grafische Umsetzung von Informationen von Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 518 ff. Teece/Pisano (1994), S. 545. Vgl. Pierce/Boerner/Teece (2002), S. 89. Vgl. Grant (1991), S. 122; Burmann (2002), S. 171; Verona/Ravasi (2003), S. 601. Vgl. Ray/Barney/Muhanna (2004), S. 35.
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Grundlagen der Untersuchung
beschreiben einzigartige, nicht imitierbare und nicht substituierbare Kombinationen von Assets bzw. Ressourcen im engeren Sinne, da ihre Herausbildung vom Unternehmenskontext abhängig ist, und sie ihrer Natur nach tazit und von kausaler Ambiguität geprägt sind.1 Zu nennen sind hier insbesondere (a) technologische, (b) komplementäre, (c) finanzielle, (d) reputationale, (e) strukturale, (f) institutionale und (g) Markt(struktur)-Assets.2 Daneben ist die Herausbildung dynamischer Fähigkeiten von dem spezifischen Entwicklungspfad des Unternehmens abhängig.3 Hierunter sind nicht nur der in der Vergangenheit beschrittene Entwicklungspfad („path it has traveled“4), sondern auch die zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten („opportunities that lie before it“5) eines Unternehmens zu subsumieren. Insbesondere dem in der Vergangenheit beschrittenen Entwicklungspfad wird im Rahmen der ressourcentheoretischen Diskussion von Pfadabhängigkeiten eine hohe Aufmerksamkeit geschenkt.6 2.2.1.3.2.2
Zusammenfassung der Bezugspunkte und Erkenntnisbeitrag
Die vorangegangenen Ausführungen dienten zur Darstellung der Ressourcentheorie und speziell des Dynamic-Capability-Ansatzes, mit denen Einsichten über das Phänomen „Marketingflexibilität“ gewonnen werden sollen. Der Ressourcenansatz bejaht die Unsicherheit als Grundproblem ökonomischen Handelns, das nicht beseitigt, sondern nur in Grenzen verringert werden kann.7 In turbulenten Unternehmensumwelten muss sich ein Unternehmen ständig verändern und anpassen, d. h. flexibel reagieren.8 Man kann Flexibilität daher als eine Fähigkeit ansehen, die in unterschiedlichen Ausprägungen im gesamten Unternehmen existiert.9 Im Rahmen des RBV werden organisationale Fähigkeiten und damit auch Flexibilität
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Vgl. Lippman/Rumelt (1982); Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 521. Es ist aber wichtig, auf die Annahme von EISENHARDT/MARTIN zu verweisen, dass diese strickten Annahmen nicht notwendig sind und das Assets als substituierbar und equifinal angesehen werden können. Vgl. Eisenhardt/Martin (2000), S. 1111. Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 521 f. In der Literatur gibt es eine Reihe von Ressourcentypologien. Eine Übersicht über alternative Ressourcentypologien findet sich bei Enders (2004), S. 13 f. Neben der zugrundeliegenden Typologie für diese Arbeit haben jene von BARNEY besondere Bedeutung erlangt. Er unterscheidet zwischen Physical Capital Resources (z. B. Firmengebäude, Geräte), Human Capital Resources (Fertigkeiten individueller Unternehmensmitglieder) sowie Organizational Capital Resources (z. B. Beziehungen zwischen Mitgliedern und Gruppen innerhalb des Unternehmens, Unternehmensstrukturen und -systeme). Vgl. Barney (1991), S. 101. Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 522 ff. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 522. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 523. Vgl. zum Konzept der Pfadabhängigkeit. insbesondere Penrose (1959), S. 48; Dierickx/Cool (1989), S. 506 f.; Barney (1991), S. 108; Collis (1991), S. 50 f.; Dosi/Teece/Winter (1992), S. 193 ff.; Mahoney/Pandian (1992), S. 369 f.; Rasche (1994), S. 199 ff.; Teece et al. (1994), S. 17; Hunt/Morgan (1995), S. 9; Hunt/Morgan (1996), S. 110 f.; Eriksen/Mikkelsen (1996), S. 57; Ghemawat/del Sol (1998), S. 28 ff. Vgl. Freiling (2001a), S. 80 f.; Foss (1993), S. 127 ff. Vgl. Freiling (2004a), S. 41, der auf Teece/Pisano/Shuen (1997) sowie Leonard-Barton (1992) verweist. Vgl. Koste/Malhotra (1999b), S. 78; Burmann (2000), S. 23.
Wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis
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als eine Ressource des Unternehmens aufgefasst.1 Flexibilität wird von verschiedenen Autoren sogar als Schlüsselfähigkeit bzw. Kernkompetenz des Unternehmens gesehen, um im Wettbewerb bestehen zu können.2 Da sich organisatorische Routinen zu einer Quelle von Inflexibilität entwickeln können (engl. „core rigidities“), bietet sich die Entwicklung von dynamischen Fähigkeiten an, um die Routinen des Unternehmens zu überwachen und zu verändern.3 Marketingflexibilität kann deshalb als eine dynamische Fähigkeit aufgefasst werden, die eine ständige Anpassung der (funktionalen) Marketingfähigkeiten an sich verändernde Verhältnisse erlaubt und hilft, die Unterschiede im Unternehmenserfolg zu erklären.4 Insofern stellen der RBV und seine Weiterentwicklungen einen adäquaten Zugang zum Verständnis für das Wesen der Marketingflexibilität dar. Diese Einschätzung wird auch dadurch untermauert, dass in der letzten Zeit verstärkt Anstrengungen unternommen werden, die Flexibilität im Unternehmen mithilfe des ressourcentheoretischen Ansatzes zu erklären.5 Die Marketingflexibilität eines Unternehmens soll somit im Sinne des Dynamic-CapabilityAnsatzes als eine dynamische Fähigkeit eines Unternehmens interpretiert und im Weiteren auch in dieser Form konzeptionalisiert werden. Diese unternehmensspezifische Fähigkeit versetzt das Unternehmen in die Lage, bei sich verändernden Umweltbedingungen eine Änderung der bisher verfolgten Marketingaktivitäten erfolgreich durchzuführen. Die Marketingflexibilität ermöglicht einem Unternehmen, bei neuen Chancen mit den Mitteln des Marketings zu reagieren und diese zu nutzen. Der Erfolg dieser Änderungen drückt sich dabei in einem nachhaltigen Wettbewerbsvorteil des Unternehmens aus, der zu überdurchschnittlichen Kapitalrenditen führt. Dynamische Fähigkeiten haben dabei wie auch die Flexibilität nichts mit Ad-hoc-Management und Improvisation zu tun, da Ad-hoc-Problemlösung nicht mit Routinen in Beziehung steht.6 Der Rückgriff auf den RBV und seine Weiterentwicklungen kann somit einen wichtigen Beitrag zur theoretischen Untermauerung und Konzeptionalisierung der Marketingflexibilität bieten. Der Dynamic-Capability-Ansatz stellt einen geeigneten Bezugsrahmen für die Strukturierung dieser Probleme dar7 und soll daher als Basistheorie für die vorliegende Untersuchung herangezogen werden. Um die dynamischen Fähigkeiten und damit die Marketingflexibilität
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Vgl. Winter (1995), S. 150; Montgomery (1995), S. 263; Burmann (2002), S. 149. Vgl. Koste/Malhotra/Sharma (2004), S. 171. Vgl. Leonard-Barton (1992); Bartlett (1993), S. 296. Vgl. Götze/Mikus (1999), S. 37; Burmann (2000), S. 30; Bessant et al. (2002), S. 485 f.; Verdú-Jover/Lloréns-Montes/García-Morales (2005), S. 133 f.; Chung/Beamish (2005), S. 335 f., die eine ähnliche Sicht auf die Flexibilität als dynamische Fähigkeit im Unternehmen haben. Vgl. Rasche (2000); Burmann (2002); Chung/Beamish (2005); Fredericks (2005). Vgl. Winter (2003), S. 992; Meffert (1985b), S. 8. Vgl. Sanchez/Heene (1996); Sanchez/Heene (1997), S. 15.
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Grundlagen der Untersuchung
eines Unternehmens zielgerichtet gestalten zu können, ist daher eine differenzierte Analyse der Ressourcenpositionen, des historischen Entwicklungspfads und der organisationalen Prozesse eines Unternehmens erforderlich (vgl. Abbildung 10). 2.2.2 Terminologische Basis Der Gegenstandsbereich der vorliegenden Untersuchung ist wesentlich durch die beiden Begriffe „Marketingflexibilität“ und „Fähigkeit“ geprägt. Bisher wurde im Rahmen der Existenzanalyse (Abschnitt 2.1.2.1) das Begriffsverständnis der Marketingflexibilität einer präzisen Definition und Abgrenzung unterworfen. In diesem Abschnitt soll näher auf den Begriff der „Fähigkeit“ eingegangen werden. Ziel ist es, diesen Begriff für die vorliegende Untersuchung abschließend zu definieren und abzugrenzen. Abgeschlossen wird dieser Abschnitt durch eine Zusammenführung der beiden zentralen Begriffe der Untersuchung, um nach Möglichkeit den Begriff „Marketingflexibilität“ weiter zu konkretisieren. In vielen Bereichen der Betriebswirtschaftlehre werden die Begriffe „Fähigkeiten“ und „Kompetenzen“ regelmäßig verwendet, wobei das Begriffsverständnis in den jeweiligen betriebswirtschaftlichen Disziplinen variiert.1 So wird der Begriff „Kompetenz“ in Arbeiten aus dem Bereich der Organisationslehre und der Personalwirtschaft häufig als Handlungsspielraum verstanden, den ein Akteur als Inhaber einer Stelle übertragen bekommt.2 Für die vorliegende Untersuchung ist hingegen ein Begriffsverständnis bedeutsam, das die entsprechenden Fähigkeiten nicht auf individueller sondern auf organisationaler Ebene konzeptionalisiert. Im Ressourcenansatz ist dieses Begriffsverständnis gegeben.3 Organisationale Fähigkeiten werden dabei zu den Ressourcen eines Unternehmens gezählt.4 Eine gemeinsame Verwendung der beiden Begriffe für diese Untersuchung dient daher der Differenzierung zwischen organisationalen Fähigkeiten sowie den materiellen und immateriellen Ressourcen des Unternehmens. Wird hingegen allgemein von Ressourcen gesprochen, so umfasst dieser Begriff auch organisationale Fähigkeiten.5 Ähnlich wie der Begriff „Flexibilität“ ist auch der Begriff „organisationale Fähigkeiten“ in der Literatur oftmals ganz unterschiedlichen Interpretationen unterworfen.6 COLLIS kommt sogar zu dem Schluss: „There are almost as many definitions of organizational capabilities 1 2 3
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Vgl. Freiling (2001a), S. 24. Vgl. Bleicher (1980), Sp. 1056 f. Vgl. Chandler (1990), S. 36; Mahoney (1995), S. 94; Hammann/Freiling (2000), S. 4; Schreyögg/Kliesch (2006), S. 457. Vgl. Barney (1991), S. 101; Collis (1994), S. 146; Winter (1995), S. 149 f.; Montgomery (1995), S. 263. Siehe dazu auch die Ausführungen in Abschnitt 2.2.1.3.2. Vgl. Burmann (2002), S. 161. Vgl. Rasche (1994), S. 398; Freiling (2001a), S. 24; Burmann (2002), S. 143; Freiling (2002), S. 3. Dosi/Nelson/Winter (2000), S. 3 führen sogar aus: „The term ‘capabilities’ floats like an iceberg in a foggy Arctic sea, one iceberg among many, not easily recognized as different from several icebergs near by.”
Wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis
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as there are authors on the subject“.1 Gerade diese uneinheitliche Terminologie und die damit verbundene Verwirrung werden dem Resource-based View und seinen Weiterentwicklungen immer wieder zum Vorwurf gemacht.2 Um der vorliegenden Untersuchung in Bezug auf den Fähigkeitsbegriff ein begriffliches Fundament zu geben, soll zunächst festgelegt werden, was unter organisationalen Fähigkeiten genau zu verstehen ist. Dazu wird es als zweckmäßig angesehen, die Definitionsansätze der Literatur einander gegenüberzustellen, um dadurch ein grundlegendes Verständnis von Fähigkeiten im Sinne des Ressourcenansatzes zu generieren. Im Anschluss daran soll eine Definition des Begriffs abgeleitet und diese näher erläutert werden. Tabelle 2 zeigt eine Übersicht einer Reihe von wichtigen Definitionen zum Begriff „Fähigkeiten“. Autor(en)
Definition
Grant (1991), S. 122
Fähigkeiten „involve complex patterns of coordination between people and people and other resources. […] A capability is, in essence, a routine, or a number of interacting routines.“
Amit/Schoemaker S. 35
(1993), „Capabilities, in contrast, refer to a firm’s capacity to deploy Resources, usually in combination, using organizational processes, to effect a desired end.“
Collis (1994), S. 145
„Organizational capabilities as the socially complex routines that determine the efficiency with which firms physically transform inputs into outputs.“
Day (1994a), S. 38
„Capabilities are complex bundles of skills and collective learning, exercised through organizational processes, that ensure superior coordination of functional activities.“
Sanchez/Heene/Thomas (1996), S. 8
„Competence is an ability to sustain the coordinated deployment of assets in a way that helps a firm achieve its goals. Here we use the word ability in the ordinary language meaning of a “power to do something”.“
Lieberman/Montgomery (1998), S. 1112
„‘Capabilities’ or ‘competencies’ represent the organization’s collective capacity for undertaking a specific type of activity.“
Winter (2000), S. 983
„An organizational capability is a high-level routine (or collection of routines) that, together with its implementing input flows, confers upon an organization’s management a set of decision options for producing significant outputs of a particular type.“
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Collis (1994), S. 144 f. Vgl. Williamson (1999), S. 1087; Hammann/Freiling (2000), S. 3 f.
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Grundlagen der Untersuchung
Makadok (2001), S. 389
Tabelle 2:
Eine „‘capability’ is defined as a special type of resource specifically, an organizationally embedded nontransferable firm-specific resource whose purpose is to improve the productivity of the other resources possessed by the firm.“
Zentrale Definitionen von Fähigkeiten
In Anlehnung an FREILING soll für die vorliegende Untersuchung folgende Definition gelten: Fähigkeiten sind wiederholbare, nicht auf Zufälligkeiten basierende Möglichkeiten zum kollektiven Handeln, die das Unternehmen befähigen, Ressourcen in auf die Marktanforderungen ausgerichtete Prozesse in einer Form zu kombinieren, sodass sich das Unternehmen in Marktprozessen behaupten kann.1 Diese Definition verdeutlicht, dass es sich bei Fähigkeiten im Sinn des Ressourcenansatzes um ein organisationales Phänomen handelt. Es sind nicht einzelne Individuen, die als Träger von Fähigkeiten betrachtet werden.2 Diese Erkenntnis wird umso mehr deutlich, dass im ressourcentheoretischen Schrifttum einerseits kollektives Handeln und andererseits Komplementaritäten bzw. Synergien als notwendige Voraussetzungen für Fähigkeiten erachtet werden.3 Die (organisationale) Fähigkeit wird erst durch die Kombination von Individualfähigkeiten erzielt. Sie ist dabei größer als die Summe der individuellen Einzelkompetenzen.4 Weiterhin lässt sich festhalten, dass sich Fähigkeiten in organisationalen Routinen5 niederschlagen.6 Routinen stellen erlernte, sich wiederholende, regelbasierte und überindividuelle Verhaltensmuster für interdependente Handlungen im Unternehmen dar7, die nicht notwendigerweise als reine Automatismen zu verstehen sind, sondern auch gezielt eingesetzte Fertigkeiten verkörpern können.8
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Vgl. Freiling (2001a), S. 27. In der ressourcentheoretischen Forschung wird eher der Begriff „skills“ verwendet, um auf individuelle Fähigkeiten abzustellen. Vgl. Dosi/Nelson/Winter (2000), S. 4 f. Vgl. Burmann (2002), S. 153. Vgl. Adobor (2002), S. 86 f., der ausführt: „Organizational capabilities permit the entire enterprise to be more than the sum of its parts. They give it a life of its own above and beyond those of the individuals involved. Individuals come and go, the organization remains.” Synonym zum Begriff Routine werden oftmals auch die Begriffe Prozess und Prozedur verwendet. Vgl. Pierce/Boerner/Teece (2002), S. 87 f.; Ray/Barney/Muhanna (2004), S. 24. Vgl. Nelson/Winter (1982), S. 96 ff.; Grant (1991), S. 122; Teece/Pisano (1994), S. 540, 554; Collis (1996), S. 149; Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 518; Petroni (1998), S. 180; Eisenhardt/Martin (2000), S. 1106 f.; Dosi/Nelson/Winter (2000), S. 4; Levinthal (2000), S. 366; Burmann (2001), S. 175; Burmann (2002), S. 158, 170; Pierce/Boerner/Teece (2002), S. 89; Wheeler (2002), S. 129; Zollo/Winter (2002), S. 340; Helfat/Peteraf (2003), S. 999; Winter (2003), S. 991; Ray/Barney/Muhanna (2004), S. 24 ff.; Pavlou/El Sawy (2005), S. 7; Schreyögg/Kliesch (2006), S. 457. Vgl. Nelson/Winter (1982), S. 96 ff.; Rasche (1994), S. 98; Teece/Pisano (1994), S. 541, 545; Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 520; Bessant et al. (2002), S. 490; Burmann (2002), S. 162; Winter (2003), S. 991. Vgl. ausführlich zum Konzept organisationaler Routinen Freiling (2001a), S. 127 ff.; Feldman/Pentland (2003), S. 94 ff. Vgl. Pentland/Rueter (1994), S. 484 ff.; Freiling (2001a), S. 129.
Wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis
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Ein weiteres Merkmal ist, dass es sich im Rahmen der Fähigkeit um ein zielgerichtetes Management handelt. Die Eigenschaft der Zielgerichtetheit bedeutet, dass zufällige Aktionen keinesfalls einer Fähigkeit zuzuschreiben sind.1 Der Begriff „Management“ unterstellt, dass unterschiedliche Aufgaben unter den Begriff „Fähigkeit“ zu subsumieren sind.2 Der Wirkungsbereich von Fähigkeiten erstreckt sich sowohl auf Ressourcen als auch auf Aktivitäten.3 Die Ressourcen eines Unternehmens stellen nur ein generell zur Verfügung stehendes Potenzial dar, das erst durch die Fähigkeiten ausgenutzt werden kann.4 Der Wirkungsbereich von Fähigkeiten betrifft auch funktionale Aktivitäten im Unternehmen, da sie ebenfalls wie Ressourcen eines zielgerichteten Managements bedürfen.5 Die Definition berücksichtigt ebenfalls, dass das Ziel von Fähigkeiten in der Schaffung von Wettbewerbsvorteilen besteht.6 Während einige Definitionen in Bezug auf den Zweck von Fähigkeiten ausschließlich auf die Zielerreichung verweisen, wird dies an dieser Stelle insofern konkretisiert, als dass Fähigkeiten letztlich in der Lage sind, einen Wettbewerbsvorteil zu begründen bzw. eine nachhaltig überdurchschnittliche Rentabilität herbeizuführen.7 Untergeordnete Ziele (z. B. Produktinnovation, Flexibilität) können dabei als zwischengeschaltete Größen dienen. Ausgehend von der Definition organisationaler Fähigkeiten soll eine weitere Begriffsdifferenzierung erfolgen, da es in dieser Untersuchung notwendig erscheint, zwischen den statischen (auch component, zero-order, functional, operational) Fähigkeiten und den dynamischen (auch integrative, first- und higher-order, Meta-) Fähigkeiten weiter zu differenzieren.8 Die statischen Fähigkeiten beziehen sich dabei auf funktionale Unternehmensbereiche.9 Sie ermöglichen dem Unternehmen zusammen mit den organisationalen Ressourcen die Erfüllung von Aufgaben im Tagesgeschäft und damit die Erzielung von Umsätzen.10 Beispiele für stati-
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Vgl. Freiling (2001a), S. 25. Vgl. Grant (1991), S. 122; Collis (1994), S. 145; Day (1994a), S. 38 f.; Dosi/Teece (1998), S. 284; Helfat/Peteraf (2003), S. 999; Dutta/Narasimhan/Rajiv (2005), S. 278. Vgl. Schreyögg/Kliesch (2006), S. 458. Vgl. Seisreiner (1999), S. 195 ff.; Freiling (2001a), S. 25; Makadok (2001), S. 389. Vgl. Stalk/Evans/Shulman (1992), S. 66; Day (1994a), S. 38 f.; Dosi/Teece (1998), S. 284; Lieberman/Montgomery (1998), S. 1112. Vgl. dazu auch Abschnitt 2.2.1.3.2. Vgl. Dosi/Teece/Winter (1992), S. 197 f.; Freiling (2001a), S. 26. Vgl. Klein/Edge/Kass (1991), S. 4 ff.; Collis (1994), S. 145 ff.; Day (1994a), S. 38; Henderson/Cockburn (1994), S. 65 ff.; Christensen (1996), S. 115; Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 516; Yeoh/Roth (1999), S. 640 ff.; Danneels (2002), S. 1112 ff.; Winter (2003), S. 992 ff.; Pavlou/El Sawy (2005), S. 3; Pavlou/El Sawy (2006a), S. 2. Vgl. Stalk/Evans/Shulman (1992), S. 66; Henderson/Cockburn (1994), S. 65 f.; Helfat/Peteraf (2003), S. 999. Vgl. Henderson/Cockburn (1994), S. 65 f.; Vorhies/Harker (2000); Winter (2003), S. 992; Dutta/Zbaracki/ Bergen (2003), S. 618 f.
54
Grundlagen der Untersuchung
sche Fähigkeiten sind etwa operative Produktions-, Logistik- oder Marketingfähigkeiten.1 Abbildung 11 visualisiert die Beziehung zwischen der Marketingflexibilität und den funktionalen Marketingfähigkeiten.
Ebene der dynamischen Fähigkeiten
Marketingflexibilität
Ebene der statischen Fähigkeiten
funktionale Marketingfähigkeiten
Abbildung 11: Beziehung zwischen Marketingflexibilität und Marketingfähigkeiten
Dynamische Fähigkeiten bilden das Hauptuntersuchungsobjekt des Dynamic-CapabilityAnsatzes, der für die vorliegende Untersuchung als zentraler theoretischer Ansatz spezifiziert wurde.2 Im Vergleich zu den statischen Fähigkeiten befinden sich dynamische Fähigkeiten auf einer höher gelegenen Metaebene. Sie beziehen sich nicht auf einzelne funktionale Tätigkeiten wie etwa die Produktion oder Aktivitäten in Marketing und Vertrieb. Dynamische Fähigkeiten haben ebenfalls keinen direkten Einfluss auf den Output des Unternehmens. Vielmehr haben dynamische Fähigkeiten eine indirekte Wirkung, indem sie die Ressourcen und statischen Fähigkeiten eines Unternehmens verändern.3 TEECE/PISANO/SHUEN stellen daher auch fest: „The term ‘dynamic’ refers to the capacity to renew competences so as to achieve congruence with the changing business environments“.4 Tabelle 3 gibt einen Überblick über ausgewählte Definitionen für den Begriff „dynamische Fähigkeit“. Autor(en)
Definition
Teece/Pisano (1994), S. 541
„Dynamic capabilities are the subset of the competences/capabilities which allow the firm to create new products and processes, and respond to changing market circumstances.“
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Vgl. Stalk/Evans/Shulman (1992), S. 66; Collis (1994), S. 145; Christensen (1996), S. 115; Götze/Mikus (1999), S. 37; Danneels (2002), S. 1098. Siehe dazu Abschnitt 2.2.1.3. Vgl. Helfat/Peteraf (2003), S. 999; Winter (2003), S. 992. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 515.
Wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis
55
Collis (1996), S. 149
Dynamische Fähigkeiten sind „the firm’s dynamic routines that enable it to generate continuous improvement in the efficiency or effectiveness of its performance of product market activities.“
Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 516
Dynamische Fähigkeiten „as the firm’s ability to integrate, build, and reconfigure internal and external competences to address rapidly changing environments.“
Teece (1998), S. 72
Dynamische Fähigkeiten beinhalten „the ability to sense and then to seize new opportunities, and to reconfigure and protect knowledge assets, competencies, and complementary assets and technologies to achieve sustainable competitive advantage.“
Yeoh/Roth (1999), S. 640
„Integrative capabilities reflect the ability to deploy or use both resources and component capabilities in new or flexible ways to support organizational renewal.“
Eisenhardt/Martin (2000), S. 1107
„The firm’s processes that use resources – specifically the processes to integrate, reconfigure, gain and release resources – to match or even create market change. Dynamic capabilities thus are the organizational and strategic routines by which firms achieve new resources configurations as market emerge, collide, split, evolve and die.“
Galunic/Eisenhardt (2001), S. 1229
„Broadly defined, dynamic capabilities are the organizational and strategic processes by which managers manipulate resources into new productive assets in the context of changing markets.“
Griffith/Harvey (2001), S. 598
„A global dynamic capability is the creation of difficult-toimitate combinations of resources, including effective coordination of inter-organizational relationships, on a global basis that can provide a firm a competitive advantage.“
Zahra/George (2002), S. 185
„Dynamic capabilities are embedded in organizational processes and are directed toward enabling organizational change and evolution. These capabilities enable the firm to reconfigure its resource base and adapt to changing market conditions in order to achieve a competitive advantage.“
Wheeler (2002), S. 127
„This capability is dynamic because the firm must continually build, adapt, and reconfigure internal and external competences.“
Zollo/Winter (2002), S. 340
„A dynamic capability is a learned and stable pattern of collective activity through which the organization systematically generates and modifies its operating routines in pursuit of improved effectiveness.“
Winter (2003), S. 991
„Dynamic capabilities as those that operate to extend, modify or create ordinary capabilities.“
56
Grundlagen der Untersuchung
Zahra/Sapienza/Davidsson (2006), S. 918 Tabelle 3:
Dynamische Fähigkeiten sind „the abilities to reconfigure a firm’s resources and routines in the manner envisioned and deemed appropriate by its principal decision-maker(s).“
Zentrale Definitionen dynamischer Fähigkeiten
Aus diesen Definitionen lässt sich für eine Synthese festhalten, dass dynamische Fähigkeiten wiederholbare, nicht auf Zufälligkeiten basierende Möglichkeiten zum kollektiven Handeln darstellen, die das Unternehmen zur Veränderung der existierenden Ressourcen- und Fähigkeitsbasis im Unternehmen befähigen, um bei ändernden Umfeldbedingungen einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen und sich so in den Marktprozessen zu behaupten. Diese Definition hebt hervor, dass wie allgemein alle Fähigkeiten im Sinn des ressourcentheoretischen Ansatzes auch die dynamischen Fähigkeiten in organisationalen Routinen verankert sind.1 Einige Autoren sehen in diesem Punkt einen Widerspruch bzw. ein Problem, da in dynamischen Umfeldern Routinen eher hinderlich seien.2 In der vorliegenden Untersuchung wird jedoch die Auffassung vertreten, dass in dynamischen Umfeldern durchaus Prozesse in Form von dynamischen Routinen für die Erlangung von Wettbewerbsvorteilen bedeutend sind und sich dynamische Fähigkeiten auf diese Routinen stützen.3 Die dynamischen Routinen dienen dabei der Anpassung der statischen Routinen bzw. Fähigkeiten an neue Umfeldbedingungen.4 EISENHARDT/MARTIN führen in diesem Zusammenhang aus: „dynamic capabilities actually consist of identifiable and specific routines that often have been the subject of extensive empirical research in their own right.“5 Während es nicht möglich ist, alle erdenklichen Teilfähigkeiten dynamischer Fähigkeiten zu identifizieren6, so werden in der Literatur doch immer wieder spezifische Routinen angeführt. Auf Basis einer Synopsis der in der Literatur genannten, den dynamischen Fähigkeiten zugrunde liegen Routinen, lassen sich drei Bereiche von Prozessen identifizieren, die besonders häufig angeführt werden. Dabei handelt es sich um die Routinen der Wahrnehmung, des Lernens sowie der der Koordination / Integration.7 Diese Prozesse sind die Mittel zur Erreichung der zuvor beschriebenen Zielsetzung der Veränderung der Ressourcen- und Fähigkei-
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4 5 6 7
Vgl. Collis (1996), S. 149 f.; Eisenhardt/Martin (2000), S. 1107; Galunic/Eisenhardt (2001), S. 1229; Zollo/Winter (2002), S. 340. Vgl. Schreyögg/Kliesch (2006), S. 460 ff. Vgl. Lei/Hitt/Bettis (1996), S. 550 ff.; Luo (2000), S. 371; Schroeder/Bates/Junttila (2002), S. 108; Zollo/ Winter (2002), S. 340 f. Vgl. Pisano (2000), S. 150 f.; Schroeder/Bates/Junttila (2002), S. 108. Eisenhardt/Martin (2000), S. 1107 Vgl. Day (1994a), S. 40. Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 517; Teece (1998), S. 73; Eisenhardt/Martin (2000), S. 1107; Adner/ Helfat (2003), S. 1012; Pavlou/El Sawy (2005), S. 14; Pavlou/El Sawy (2006b), S. 201. Für eine umfassende Literatursynthese zu den Schlüsselroutinen dynamischer Fähigkeiten vgl. Pavlou/El Sawy (2005), S. 7. Siehe zu den einzelnen Routinen auch Abschnitt 3.1.2.
Wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis
57
tenbasis im Unternehmen. Die Ressourcen- und Fähigkeitenbasis1 des Unternehmens ist der Wirkungsbereich von dynamischen Fähigkeiten.2 Wie zuvor ausgeführt, sind es die Ressourcen und funktionalen Fähigkeiten, die aus Sicht des ressourcentheoretischen Ansatzes für den Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens verantwortlich sind. Ziel und Zweck der dynamischen Fähigkeiten sind damit in der Veränderung der existierenden Ressourcen- und Fähigkeitenbasis eines Unternehmens zu sehen. Diese Veränderung der Ressourcen- und Fähigkeitenbasis eines Unternehmens kann sich dabei sowohl in einer Modifikation bzw. neuartigen Anwendung bestehender Ressourcen und statischer Fähigkeiten manifestieren3 als auch die Etablierung neuer Ressourcen und Fähigkeiten im Unternehmen zur Folge haben.4 Für eine Reaktion auf veränderte Umfeldbedingungen ist eine Veränderung der Ressourcen- und Fähigkeitenbasis des Unternehmens von entscheidender Bedeutung für den Unternehmenserfolg.5 Insofern kommen den dynamischen Fähigkeiten in dynamischen bzw. High-Velocity-Märkten6 eine besonders hohe Bedeutung für die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen zu.7 Trotzdem sind dynamische Fähigkeiten grundsätzlich auch in weniger dynamischen Märkten für Wettbewerbsvorteile relevant.8 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass im Vergleich zu den Merkmalen allgemeiner Fähigkeiten auffällt, dass sich dynamische Fähigkeiten insbesondere dadurch hervorheben, dass sie die Veränderung der bestehenden Ressourcen- und Fähigkeitenbasis betreffen.9 Bei der Marketingflexibilität handelt es sich also um eine spezifische und abgrenzbare dynamische Fähigkeit, die es einem Unternehmen erlaubt, sich durch Veränderung der zur Verfügung stehenden Bestände sowie durch Veränderung des Produktions- und Leistungsprogramms an veränderte Gegebenheiten und daraus resultierend, an veränderte Aufgaben offensiv-aktiv anzupassen. Es ist für ein Unternehmen daher nicht ausreichend, allein die Notwendigkeit für Routinen zur Entwicklung der Marketingfähigkeiten und -ressourcen zu erkennen, sondern vielmehr derartige Routinen durch das Unternehmen zu entwickeln. Als Arbeitsgrundlage soll die Marketingflexibilität somit als spezifische dynamische Fähigkeit verstanden werden. Die weitere Spezifizierung der Bestandteile findet nun im Rahmen der nun anstehenden Konzeptionalisierung der Marketingflexibilität in Abschnitt 3.1 statt.
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In diesem Zusammenhang sind bei der Fähigkeitenbasis die statischen Fähigkeiten gemeint. Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 517; Teece (1998), S. 73; Wheeler (2002), S. 127. Vgl. Yeoh/Roth (1999), S. 640; Galunic/Eisenhardt (2001), S. 1229; Wheeler (2002), S. 127; Zollo/Winter (2002), S. 340; Luo (2002), S. 48; Adner/Helfat (2003), S. 1012. Vgl. Teece/Pisano (1994), S. 541; Eisenhardt/Martin (2000), S. 1107; Wheeler (2002), S. 127; Zollo/Winter (2002), S. 340; Adner/Helfat (2003), S. 1012. Vgl. Collis (1996), S. 149 f.; Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 517; Eisenhardt/Martin (2000), S. 1107. Vgl. Bourgeois III/Eisenhardt (1988); Eisenhardt/Bourgeois III (1988); Eisenhardt (1989). Vgl. Teece/Pisano (1994), S. 541; Eisenhardt/Martin (2000), S. 1111; Galunic/Eisenhardt (2001), S. 1229. Vgl. Eisenhardt/Martin (2000), S. 1111 f. Vgl. Schreyögg/Kliesch (2006), S. 463.
3
Entwicklung des Untersuchungsmodells
In diesem Kapitel soll das Untersuchungsmodell zur Erklärung der organisationalen Fähigkeit der Marketingflexibilität entwickelt werden. Wegen der inhaltlichen Konkretisierung der einzelnen, theoretisch hergeleiteten Faktoren wird sowohl auf die Literatur zur Flexibilität im Unternehmen als auch auf das ressourcentheoretische Schrifttum zurückgegriffen. Gemäß den Untersuchungsfragestellungen lässt sich das Untersuchungsmodell in vier Bereiche unterteilen. In Abschnitt 3.1 soll zur Beantwortung der ersten Untersuchungsfragestellung das zentrale Konstrukt dieser Untersuchung, d. h. die Marketingflexibilität, konzeptionalisiert werden. Daran schließt sich eine Hypothesenentwicklung und Konzeptionalisierung der abhängigen Variablen an (Abschnitt 3.2). In Abschnitt 3.3 werden zur Beantwortung der dritten Untersuchungsfragestellung die Determinanten der Marketingflexibilität konzeptionalisiert und Hypothesen zu ihrer Wirkung auf die Marketingflexibilität hergeleitet. Und in einem letzten Schritt werden in Abschnitt 3.4 dann die moderierenden Faktoren der Beziehung zwischen der Marketingflexibilität und der abhängigen Variablen hergeleitet und die vierte Forschungsfragestellung beantwortet. Das Kapitel 3 endet mit einer Zusammenfassung der Untersuchungshypothesen. Abbildung 12 zeigt die Einordnung des Kapitels in den Gesamtzusammenhang der Untersuchung.
1
Einleitung
2 Grundlagen der Untersuchung
• Ausgangspunkt der Untersuchung • Problemstellung und Zielsetzung der Untersuchung • Eingrenzung des Untersuchungsbereichs • Vorgehensweise und Aufbau der Untersuchung
• Flexibilität als Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Forschung • wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis • theoretische Bezugspunkte der Untersuchung
Forschungsfragestellung
Untersuchungsgrundlagen und Identifikation der Forschungslücke
3 Entwicklung des Untersuchungsmodells • Konzeptionalisierung der Konstrukte • Entwicklung der Untersuchungshypothesen
empirisch zu prüfendes Modell und Hypothesen
4
5
empirische Untersuchung
Zusammenfassung und Implikationen der Untersuchung
• Grundlagen der Strukturgleichungsanalyse • Vorgehensweise zur Operationalisierung von Konstrukten • Datengrundlage und Datenerhebung • Überprüfung der Messmodelle • Überprüfung des Strukturmodells • Analyse des Einflusses situativer Variablen
Grundlagen der Empirie und empirische Befunde
• Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung • wissenschaftliche Bewertung und Ansatzpunkte weiterer Forschung • Implikationen für die Unternehmenspraxis
Implikationen der Untersuchung
Abbildung 12: Kapitel 3 der Untersuchung
3.1
Entwicklung des Konstrukts der Marketingflexibilität
Theoriegeleitete empirische Forschung im Sinne einer Hypothesenprüfung, wie sie mit dieser Untersuchung angestrebt wird, setzt den Rückgriff auf vorhandene bzw. zu entwickelnde Theorien voraus, die als Generatoren zur Deduktion der forschungslenkenden Hypothesen dienen. Im Rahmen der angestrebten Konzeptionalisierung der Marketingflexibilität ergibt
60
Entwicklung des Untersuchungsmodells
sich das Problem, dass für den Marketingbereich keine systematische Entwicklung eigenständiger Flexibilitätskonzepte besteht.1 Um im Rahmen dieser Untersuchung nicht in ein ungerichtetes „Datenpooling“ (Kübeltheorie)2 abzugleiten, soll für die weitere Konzeptionalisierung der Marketingflexibilität und des gesamten Untersuchungsmodells ein Bezugsrahmen verwendet werden. Dieses Vorgehen ermöglicht die Gestaltung und Zulässigkeit empirischer Forschung auch in Bereichen mit mangelnder theoretischer Durchdringung und erlaubt die Erfüllung der Anforderungen an die Theorie- und Hypothesenbildung (Entdeckungszusammenhang).3 Der hier zur Anwendung kommende heuristische Bezugsrahmen dient dabei zur Strukturierung des bereits vorhandenen Wissens aus der allgemeinen betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung und des Dynamic-Capability-Ansatzes. Im Abschnitt 2.2.1.3.2.2 wurden die prinzipielle Eignung und die möglichen Anknüpfungspunkte des RBVs und seiner Weiterentwicklungen gezeigt. Die ressourcentheoretischen Ansätze ermöglichen einen adäquaten Zugang zum Verständnis für das Wesen der Marketingflexibilität. Somit kann dieser Bezugsrahmen als Theorieersatz zur Deduktion einer Prüfprozedur dienen und ermöglicht einen intersubjektiv nachvollziehbaren Hypothesenbildungsprozess. Der Bezugsrahmen dient als Integrationsinstrument mit Hypothesencharakter, der die isoliert vorliegenden Hypothesen und Erkenntnisse aus dem konkreten Forschungskontext der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung und des Dynamic-Capability-Ansatzes integriert. Dabei ist dieser Bezugsrahmen nicht nur auf das systematisieren und dokumentieren der bisherigen Erkenntnisse ausgelegt, sondern soll neben Kategorien, Dimensionen und den Wirkungsbeziehungen auch Operationalisierungsvorschriften enthalten, die der Objektivierung dienen. Somit erfüllt dieser theoretische Bezugsrahmen die Anforderungen an das wissenschaftliche Arbeiten im Sinne des kritischen Rationalismus. Die hierauf aufbauenden Falsifikationsversuche haben somit die explorative Forschungsphase verlassen, da der hier zu Anwendung kommende Bezugsrahmen bereits einen relativ umfassenden Gültigkeitsanspruch im Sinne einer Theorie umfasst. Der Bezugsrahmen enthält neben dem fokalen Konstrukt „Marketingflexibilität“ als grundsätzliche Kategorie des Untersuchungsmodells ein abhängiges Erfolgskonstrukt, Determinanten und moderierende Faktoren als weitere Kategorien.4 Diese Kategorien korrespondieren mit dem grundlegenden Modell dynamischer Fähigkeiten (vgl. Abbildung 10). Es ist somit ein hohes Maß an Übereinstimmung festzustellen. Dabei konnten diese bisher abstrakten Kategorien stellenweise bereits verfeinert werden. Auf Basis der Erkenntnisse des Dynamic-
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Vgl. von der Oelsnitz (1994), S. 42. Siehe dazu auch die Abschnitte 1.1.1, 2.1.1 und 2.1.2. Vgl. Popper (1969a), S. 29 f. Vgl. im Folgenden grundlegend zum Wesen und Aufgaben eines Bezugsrahmens Rößl (1990), S. 99 ff. Siehe dazu auch das grobe Untersuchungsmodell der Abbildung 4 und die Zielsetzung der Untersuchung in Abschnitt 1.1.2.
Entwicklung des Konstrukts der Marketingflexibilität
61
Capability-Ansatzes wurde mit den wesentlichen Ressourcenpositionen und des historischen Entwicklungspfads die Kategorie der Determinanten der Marketingflexibilität bereits genauer gefasst. Auch die Kategorie moderierender Faktoren der Untersuchungsfragestellung konnte durch die Umfelddynamik näher bestimmt werden. Eine weitere Spezifikation der Marketingflexibilität steht jedoch noch aus. Bislang wurde die Marketingflexibilität als eine spezifische und abgrenzbare dynamische Fähigkeit definiert, die es einem Unternehmen erlaubt, sich durch Veränderung der zur Verfügung stehenden Bestände sowie durch Veränderung des Produktions- und Leistungsprogramms an veränderte Gegebenheiten und daraus resultierend, an veränderte Aufgaben offensiv-aktiv anzupassen. Diese Definition gibt Hinweise darauf, dass man zwischen einer kurzfristigen (operativen) Marketingflexibilität, die eine Anpassung an sich verändernde Gegebenheiten durch eine Veränderung der Verfügung stehenden Bestände ermöglicht, und einer langfristigen (strategischen) Marketingflexibilität, die eine Anpassung durch eine Veränderung des Produktionsund Leistungsprogramms ermöglicht, unterscheiden kann.1 Eine Durchsicht der Literatur zur Flexibilität bestätigt diese grundsätzliche Unterscheidung zwischen einer operativen und strategischen Flexibilität.2 Beide Flexibilitätsarten zusammen ermöglichen es einem Unternehmen, auf bekannte und unbekannte Umweltänderungen zu reagieren und die funktionalen Fähigkeiten des Unternehmens der neuen Unternehmenssituation anzupassen. Die operative Marketingflexibilität ist kurzfristig orientiert. Sie betrifft vor allem das Tagesgeschäft und bezieht sich unmittelbar auf die funktionalen Marketingfähigkeiten.3 Die operative Marketingflexibilität als dynamische Fähigkeit zielt auf eine Veränderung der statischen Marketingfähigkeiten im Unternehmen ab. Wenn die Umweltänderungen so stark sind, dass sie „competence destroying“ auf Ebene der dynamischen Fähigkeit erster Ordnung sind, so sind dynamische Fähigkeiten höherer Ordnung notwendig, die wiederum die dynamischen Fähigkeiten erster Ordnung verändern.4 COLLIS merkt allerdings nicht zu Unrecht an, dass man diese Logik zumindest theoretisch unendlich fortsetzen kann: „It is from here that we advance into the realm of what might be called meta-capabilities. The capability that wins tomorrow is the capability to develop the capability to develop the capability that innovates faster (or better), and so on.“5 So ist es denkbar, fortwährend eine Fähigkeit herzuleiten, die
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2
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Siehe dazu die Ausführugnen im Rahmen der Existenzanalse der Marketingflexibilität in Abschnitt 2.1.2.1. Siehe dazu auch MEFFERT, der explizit zwischen der strategischen Marketingflexibilität und der operativen Marketingflexibilität unterscheidet. Vgl. Meffert (1985a); Meffert (1985b); Meffert (1988). Vgl. beispielsweise Reichwald/Behrbohm (1983), S. 847; Gustavsson (1984), S. 803; Frazelle (1986), S. 17; Carlsson (1989), S. 186 ff.; Hayes/Pisano (1994), S. 78; Bowman/Hurry (1993), S. 763; Volberda (1996a), S. 236 f.; Buckley (1997), S. 75; Johnson et al. (2003), S. 75. Vgl. Volberda (1996a), S. 236; Volberda (1996b), S. 362. Vgl. Winter (2003), S. 994. Collis (1994), S. 148.
62
Entwicklung des Untersuchungsmodells
auf einer höheren Abstraktionsebene liegt und dazu dient, die darunter liegende Fähigkeit zu modifizieren.1 Um dieses Unendlichkeitsproblem einer praktischen Lösung zuzuführen, schlägt COLLIS vor, kontextspezifisch zu unterscheiden, bis zu welcher Abstraktionsstufe wertvolle Fähigkeiten gefunden werden können.2 WINTER bemerkt dazu weiterhin, dass ab einer gewissen Abstraktionsstufe auch kaum noch von Routinen und somit von Fähigkeiten gesprochen werden könne. Aufgrund mangelnder Prognostizierbarkeit notwendiger Änderungen in der darunter liegenden Fähigkeit handele es sich auf höheren Abstraktionsebenen viel eher um ein Ad-hocProblemlösen und nicht mehr um Fähigkeiten.3 Die Betrachtung von Fähigkeiten scheint daher nur bis zu einer gewissen Abstraktionsstufe sinnvoll zu sein. Jedoch bestehen bisher keine allgemeinen Hinweise dafür, in welchen Kontexten Fähigkeiten auf welcher Abstraktionsstufe potenziell werthaltig sind. Für den Flexibilitätskontext gibt es allerdings solche Hinweise, und man sieht die Notwendigkeit der Entwicklung einer strategischen Marketingflexibilität, sodass Unternehmen „less
vulnerable to, or better able to respond successfully to, unforseen environmental changes“ sind.4 In Krisenzeiten ist gerade die strategische Marketingflexibilität erfolgswirksam.5 Die strategische Marketingflexibilität ist somit der operativen Marketingflexibilität vorgelagert6 und entwickelt diese im Sinne einer dynamischen Fähigkeit höherer Ordnung weiter. Die strategische Marketingflexibilität wird dabei als Fähigkeit verstanden, unternehmensspezifische Optionen zu generieren, die das Handlungspotenzial der operativen Marketingflexibilität weiterentwickeln. Insofern sind derartige Routinen auf einer abstrakteren Ebene über den klassischen dynamischen Fähigkeiten angesiedelt. Dabei ist zu beachten, dass die strategische Marketingflexibilität nicht nur eine Reaktion auf Umweltänderungen ermöglicht, sondern auch proaktiv eingesetzt werden kann.7 Die strategische Marketingflexibilität kann demnach im Sinne von COLLIS als dynamische Fähigkeit höherer Ordnung interpretiert werden.8 Abschließend lässt sich der theoretische Bezugsrahmen, der zur Erklärung der Marketingflexibilität auf Basis des Dynamic-Capability-Ansatzes aufgespannt wurde, wie in der Abbildung 13 darstellen. Im Zentrum der Abbildung ist der in Bezug auf die Untersuchungsfragestellungen spezifizierte theoretische Bezugsrahmen dargestellt. Er kombiniert sowohl das grundlegende theoretische Modell des Dynamic-Capability-Ansatzes als auch die vorhan1 2 3 4 5 6 7 8
Collis (1994), S. 148. Vgl. ebenfalls Winter (2003), S. 992. Vgl. Collis (1994), S. 150. Vgl. Winter (2003), S. 992 ff. Johnson et al. (2003), S. 76. Siehe auch Eppink (1978), S. 9 ff. Vgl. Grewal/Tansuhaj (2001), S. 75 ff.; Combe/Greenley (2004), S. 1456. Vgl. Fredericks (2005), S. 558. Vgl. Evans (1991), S. 75 f.; Johnson et al. (2003), S. 77. Vgl. Collis (1994), S. 148; Winter (2003), S. 992.
Entwicklung des Konstrukts der Marketingflexibilität
63
denen betriebswirtschaftlichen Flexibilitätserkenntnisse. So kann die Marketingflexibilität mit ihren beiden Dimensionen der operativen und der strategischen Marketingflexibilität in enger Anlehnung an die Ressourcentheorie unter Rückgriff auf spezielle Erkenntnisse der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung entwickelt werden. Den dargestellten theoretischen Bezugsrahmen gilt es, in den nachfolgenden Abschnitten weiter zu konkretisieren und in ein empirisch messbares Kausalmodell zur Erklärung der Marketingflexibilität zu überführen.
Dynamic-Capability-Ansatz betriebswirtschaftliche Flexibilitätsforschung Spezifizierung in Bezug auf die Untersuchungsfragestellung
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Determinanten
1 Marketingflexibilität
historischer Entwicklungspfad
strategische Marketingflexibilität
Ressourcenpositionen
operative Marketingflexibilität
situativer Kontext
2 Unternehmenserfolg
nachhaltiger Wettbewerbsvorteil
Umweltdynamik
Abbildung 13: Theoretischer Bezugsrahmen der Untersuchung
In weiterer Folge werden die Kategorien des theoretischen Bezugsrahmens durch Dimensionen weiter konkretisiert und ausdifferenziert, die in Bezug auf die Ziele der Untersuchung als relevant beurteilt werden. Diese Konkretisierung bedeutet eine stärkere Operationalisierung: Der sehr abstrakte, prästrukturierte Bezugsrahmen besteht bisher im Wesentlichen aus postulierten aber nicht konkretisierten Interrelationen. Er wird im Folgenden weiter konkretisiert, wodurch parallel sein Gültigkeitsanspruch steigt. Im Zuge dessen werden in einem letzten Schritt Hypothesen über die Relationen zwischen den Dimensionen generiert, die vor dem Hintergrund der Zielsetzung der Untersuchung als relevant erscheinen. Dabei werden Operationalisierungsvorschriften hinsichtlich der Dimensionen als auch Hinsichtlich der Relationen mit identifiziert, um das Messproblem und das Problem der intersubjektiven Überprüfbarkeit anzugehen.
64
Entwicklung des Untersuchungsmodells
Im Verlauf des sich anschließenden Abschnitts 3.1.1 soll zunächst die operative Marketingflexibilität betrachtet werden, um dann im Abschnitt 3.1.2 auf die strategische Marketingflexibilität näher einzugehen. 3.1.1 Operative Marketingflexibilität Zur Konzeptionalisierung der operativen Marketingflexibilität und ihrer einzelnen Dimensionen, Elemente und Messgrößen1 ist zunächst die Identifizierung der funktionalen bzw. statischen Marketingfähigkeiten notwenig, auf die sich die operative Marketingflexibilität als dynamische Fähigkeit unmittelbar bezieht. Eine der ersten expliziten Betrachtungen der Marketingfähigkeiten im Unternehmen stammt von MÖLLER/ANTTILA.2 Für diese Autoren ist die „marketing capability of a firm a multi-faced phenomenon. It is a complex combination of the human resources or assets, market assets, and organisational assets [Fähigkeiten, Anmerkung des Verfassers] of a firm“3 Die Marketingfähigkeiten eines Unternehmens sind „reflected in its ability to differentiate products and services from competitors and build successful brands“4 und „represent the organization’s stock of knowledge about the conduct of its marketing activities.“5 Marketingfähigkeiten „enable the business to add value to its products and services“6 und ermöglichen „implementing effective marketing programs. This category includes skill in segmentation, targeting, pricing, and advertising.“7 Damit gehören Marketingfähigkeiten zu der von DAY beschriebenen Kategorie von „spanning capabilities“.8 Dabei werden die Marketingfähigkeiten als ein wesentlicher Erfolgsfaktor im Unternehmen angesehen9, denen man die VRINAttribute beimessen kann.10 Für die Marketingfähigkeiten lässt sich festhalten, dass sie „designed to apply the collective knowledge, skills, and resources of a firm to the market-related needs of its business, enabling the business to add value to customer value creation and be competitive.“11
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Auf die Entwicklung der einzelnen Messinstrumente der Dimensionen der operativen Marketingflexibilität wird im Verlauf der Operationalisierung in Abschnitt 4.3.1.1 eingegangen. Vgl. Möller/Anttila (1987), S. 185 ff. Möller/Anttila (1987), S. 187. Kotabe/Srinivasan/Aulakh (2002), S. 82. Fahy et al. (2000), S. 69. Weerawardena/O'Cass (2004), S. 420. Di Benedetto/Song (2003), S. 518. Vgl. Day (1994a), S. 41 f. Vgl. Day (1994a); Song/Parry (1997); Dutta/Narasimhan/Rajiv (1999); Hooley et al. (1999); Fahy et al. (2000); O'Driscoll/Carson/Gilmore (2000), S. 184; Moore/Fairhurst (2003), S. 393 f.; Di Benedetto/Song (2003), S. 519; Tsai/Shih (2004), S. 528. Vgl. Fahy et al. (2000), S. 69; Vorhies/Harker (2000), S. 149; Tsai/Shih (2004), S. 526; Greenley/Hooley/ Rudd (2005), S. 1484. Tsai/Shih (2004), S. 526.
Entwicklung des Konstrukts der Marketingflexibilität
65
Bisher wurden relevante funktionale Marketingfähigkeiten in der Literatur noch nicht umfassend katalogisiert.1 Betrachtet man empirische und theoretische Untersuchungen, die funktionalen bzw. statischen Marketingfähigkeiten ressourcentheoretisch konzeptionalisieren, so ist festzustellen, dass es keine einheitliche Konzeptionalisierung von statischen Marketingfähigkeiten gibt.2 WEERAWARDENA untersucht beispielsweise neben einzelnen Marketingressourcen die Marktforschungskompetenz, die Kundenservicekompetenz, die Differenzierungskompetenz, die Produktentwicklungskompetenz und die Verkaufsförderung als Marketingfähigkeiten eines Unternehmens.3 DUTTA/ZBARACKI/BERGEN betrachten in ihrer Untersuchung hingegen detailliert die Preissetzungskompetenz als zentrale Marketingkompetenz eines Unternehmens.4 VORHIES wiederum untersucht in verschiedenen Arbeiten die Kommunikationskompetenz, die Produktpolitik / Produktentwicklungskompetenz, die Preissetzungskompetenz, die Distributionskompetenz / Kanalmanagementkompetenz / Verkaufskompetenz, die Marktforschungskompetenz, die Marketingmanagementkompetenz / Marketingplanungskompetenz / Marketingimplementierungskompetenz.5 TSAI/SHIH betrachten in ihrer Untersuchung die Marketingfähigkeiten in den Bereichen der Distribution, der Produkte und Dienstleistungen, der Kommunikation und der Preisgestaltung.6 Und SLOTEGRAAF und DICKSON untersuchen schließlich dezidiert die Marketingplanungskompetenz.7 Es ist daher nicht verwunderlich, dass VORHIES fordert: „the most important issue concerns the need to define better what is meant by the term marketing capabilities.“8 Allerdings stellt DAY fest: „It is not possible to enumerate all possible capabilities, because every business develops its own configuration of capabilities that is rooted in the realities of its competitive market, past commitments, and anticipated requirements. Nonetheless, certain types of capabilities can be recognized in all business, corresponding to the core processes for creating economic value.“9 Betrachtet man allerdings in Summe die Untersuchungen zu funktionalen Marketingfähigkeiten im Unternehmen, so lässt sich festhalten, dass in der Literatur oftmals der Marketingmix als heuristischer Ausgangspunkt genommen wird, um spezifische funktionale Marketingfä-
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Vgl. Menon et al. (1999), S. 19; Moorman/Slotegraaf (1999), S. 240 f. Vgl. Vorhies (1998); Capron/Hulland (1999); Hooley et al. (1999); Fahy et al. (2000); Vorhies/Harker (2000); Moore/Fairhurst (2003); Weerawardena (2003); Dutta/Zbaracki/Bergen (2003); Slotegraaf/Dickson (2004); Vorhies/Morgan (2005). Vgl. Weerawardena (2003). Vgl. Dutta/Zbaracki/Bergen (2003). Vgl. Vorhies (1998); Vorhies/Harker (2000); Vorhies/Morgan (2005). Vgl. Tsai/Shih (2004). Vgl. Slotegraaf/Dickson (2004). Vorhies (1998), 17 f. Day (1994a), S. 40. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommen Tsai/Shih (2004), S. 526.
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higkeiten zu identifizieren und zu konzeptionalisieren.1 Der Marketingmix deckt die Schlüsselbereiche der funktionalen Marketingfähigkeiten ab und lässt sich für eine ressourcentheoretische Konzeptionalisierung von funktionalen Marketingfähigkeiten heranziehen.2 Auch in der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung findet der Marketingmix als heuristischer Bezugspunkt seine Anwendung. So zog MEFFERT bereits im Jahre 1985 den Marketingmix zur konzeptionellen Clusterung von flexibilitätssteigernden Maßnahmen im operativ-taktischen Marketing heran.3 Das Konzept „Marketingmix“ geht auf BORDEN zurück, der damit eine Idee von CULLITON aufgreift.4 Die dieser Untersuchung zugrunde liegende Unterteilung der funktionalen, statischen Marketingaktivitäten in die vier Bereiche Produkt (Product), Distribution (Place), Kontrahierung (Price) und Kommunikation (Promotion) geht auf McCarthy zurück.5 In der Praxis wie auch in der Marketingforschung hat sich diese Kategorisierung der Aktivitäten im operativen Marketing trotz Kritik fest- und weitgehend durchgesetzt.6 Das 4P-Konzept kann daher als die traditionelle Klassifikation der funktionalen Marketingaktivitäten bezeichnetet werden und soll auch in dieser Untersuchung zur Konzeption der operativen Marketingflexibilität herangezogen werden. Die Produktpolitik beschäftigt sich mit den Produkten oder Dienstleistungen, welche ein Unternehmen am Markt anbietet.7 Die Produkte und Dienstleistungen stellen den Kern der gesamten Unternehmensaktivitäten dar und bilden die Basis jeden unternehmerischen Erfolgs. Die Produktpolitik umfasst alle Überlegungen, Entscheidungen und Handlungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Kombination und Variation der Eigenschaften des Produktes oder der Dienstleistung stehen. Hierzu zählen vor allem die Planung des Sortiments, die Qualität und der Service, aber auch die Verpackung, der Markierung und die Produktgestaltung sowie die produktbegleitenden Dienstleistungen. Dabei kann das Produktangebot hinsichtlich zweier Dimensionen gestaltet werden: Angebotstiefe und Angebotsbreite. Die Angebotstiefe gibt die Anzahl der Produktvarianten in einer Produktlinie an. Im Gegensatz dazu beschreibt die Angebotsbreite die Anzahl der nebeneinander existierenden Produktlinien. Ändern sich die Kundenbedürfnisse, so muss das Produktprogramm diesen angepasst werden. Das Produktprogramm kann durch Produktinnovation, welche die Entwicklung neuer Pro1
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Vgl. Day (1994a), S. 41; Ailawadi/Lehmann/Neslin (2001), S. 44 f.; Vorhies/Morgan (2003), S. 106; Slotegraaf/Moorman/Inman (2003), S. 296; Vorhies/Morgan (2005), S. 82. Vgl. Moore/Fairhurst (2003), S. 387; Tsai/Shih (2004), S. 527; Vorhies/Morgan (2005), S. 82. Vgl. Meffert (1985a), S. 126 f.; Meffert (1985b), S. 11 f. Ähnliche Hinweise lassen sich Mahlmann (1976), S. 106 ff. finden. Vgl. Culliton (1948); Borden (1964), S. 2 ff. Vgl. McCarthy (1960). Vgl. van Waterschoot/Van Den Bulte (1992), S. 84; Webster Jr. (1992), S. 12. Vgl. im Folgenden Meffert (2000), S. 327 ff.; Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (2002), S. 577 ff.; Homburg/ Krohmer (2006), S. 561 ff.
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duktlinien beinhaltet und somit zur Produktdifferenzierung und Produktdiversifikation im Unternehmen führt, durch Produktvariation und durch Produktelimination angepasst werden. Die Nutzung von Marktchancen durch eine den Kundenwünschen entsprechende Gestaltung des Leistungspotenzials des Unternehmens ist von hoher Bedeutung für den Aufbau und den langfristigen Erhalt einer vorteilhaften Wettbewerbsposition. Entsprechende Routinen lassen sich unter dem Begriff „Produktkonfigurationskompetenz“ zusammenfassen.1 Diese Kompetenz umfasst Prozesse, mit denen Unternehmen das Produktangebot entwickeln und organisieren.2 Die Produktflexibilität bezeichnet dementsprechend die Fähigkeit der effektiven und effizienten Nutzung des aktuell vorhandenen Handlungspotenzials der Produktpolitik und der sich darin ausdrückenden funktionalen Marketingfähigkeiten. Sie lässt sich als das Ausmaß der Fähigkeit operationalisieren, das Produktangebot zielführend an veränderte Umweltbedingungen anzupassen. Im Rahmen der Distributionspolitik werden alle Entscheidungen und Handlungen des Unternehmens im Zusammenhang mit dem Weg eines Produkts vom Hersteller bis zum Endverbraucher getroffen.3 Dabei lässt sich zwischen der akquisitorischen Distribution (Wahl der Absatzwege bzw. der Akquisitionsmethode) und der physischen Distribution (Marketinglogistik) unterscheiden. Die Möglichkeiten der Distributionspolitik sind vielfältig, wobei sich die verschiedenen Möglichkeiten der Distribution nicht zwangsläufig gegenseitig ausschließen. So stellt sich im Handel die Frage, ob die Produkte in einer klassischen Verkaufsstätte (POS, Geschäft) verkauft oder ob sie direkt zum Kunden geliefert werden (Versandhandel). Häufig bieten Unternehmen Kombinationen oder mehrere Distributionskanäle nebeneinander an. Zur Schaffung und Aufrechterhaltung langfristiger Kundenbeziehungen hat neben den intraund interpersonellen Faktoren bezüglich der Vertriebs- und Verkaufsmitarbeiter insbesondere das Verkaufsmanagement eine positive Wirkung auf den Verkaufserfolg.4 Die Routinen der Distributionsfähigkeit ermöglichen es dem Unternehmen, Distributionskanäle zu etablieren und zu organisieren, die effizient und effektiv den Endkonsumenten nutzen und zur Schaffung und langfristigen Aufrechterhaltung von Kundenbeziehungen führen.5 Die Distributionsflexibilität bezeichnet demnach die Fähigkeit der effektiven und effizienten Nutzung des aktuell vorhandenen Handlungspotenzials der Distributionspolitik und der sich darin ausdrückenden
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Vgl. Bharadwaj/Varadarajan/Fahy (1993), S. 89; Weerawardena (2003), S. 19 f.; Vorhies/Morgan (2005), S. 82. Vgl. Dutta/Narasimhan/Rajiv (1999), S. 550 f.; Vorhies/Morgan (2005), S. 82. Vgl. im Folgenden Meffert (2000), S. 600 ff.; Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (2002), S. 880 ff.; Homburg/ Krohmer (2006), S. 863 ff. Vgl. Grant/Cravens (1999), S. 947; Katsikea/Skarmeas (2003), S. 1728 f.; Vorhies/Morgan (2005), S. 82. Vgl. Weitz/Jap (1995); Vorhies/Morgan (2005), S. 82.
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funktionalen Marketingfähigkeiten. Sie lässt sich als das Ausmaß der Fähigkeit operationalisieren, die Distribution zielführend an veränderte Umweltbedingungen anzupassen. Unter die Kontrahierungspolitik bzw. Konditionenpolitik fallen alle Entscheidungen bzw. Handlungen des Unternehmens im Zusammenhang mit den vertraglichen Konditionen (Bedingungen), die in Zusammenhang mit einem Angebot stehen.1 Hierunter fallen z. B. Entscheidungen über Rabatte, Bonifikationen, Kredite sowie Lieferungs- und Zahlungsbedingungen. Die Preispolitik ist somit ein Teil der Kontrahierungspolitik, wenn gleich sie auch das zentrale Element der Kontrahierungspolitik darstellt. Im Allgemeinen wird daher von der Preis- und Kontrahierungspolitik gesprochen, um der besonderen Bedeutung der Preispolitik Rechnung zu tragen. Die Preispolitik umfasst alle Entscheidungen, die Einfluss auf die Höhe des Preises sowie die Art und Weise der Preisfestlegung und -durchsetzung haben. In Bezug auf die Preispolitik gibt es für ein Unternehmen zwei wesentliche Gestaltungsmöglichkeiten: zum einen das Preisniveau und zum anderen die Preisdifferenzierung. Aufgrund der Komplexität der mit der Kontrahierung verbundenen Prozesse stellen die zugrundeliegenden Routinen eine Kompetenz mit dem Potenzial zu Schaffung eines Wettbewerbsvorteils dar: „processes for setting or changing prices are capabilities that a firm can use as a basis for competitive advantage.“2 Unternehmen mit einer ausgeprägteren Kontrahierungskompetenz sind besser in der Lage, den optimalen Marktpreis und die sonstigen Konditionen zu bestimmen. Als Kontrahierungsflexibilität wird die Fähigkeit der effektiven und effizienten Nutzung des aktuell vorhandenen Handlungspotenzials der Kontrahierungspolitik und der sich darin ausdrückenden funktionalen Marketingfähigkeiten des Unternehmens bezeichnet. Sie lässt sich als das Ausmaß der Fähigkeit operationalisieren, die Kontrahierung zielführend an veränderte Umweltbedingungen anzupassen. Unternehmen mit einer ausgeprägten Kontrahierungsflexibilität sind somit besser in der Lage Marktpotenziale auszuschöpfen als ihre Wettbewerber.3 Unter der Kommunikationspolitik werden Ziel- und Maßnahmenentscheidungen zur Gestaltung aller das Produkt betreffenden Informationen verstanden.4 Durch die Steuerung von Meinungen, Einstellungen, Erwartungen und Verhaltensweise der Zielgruppe sollen Bekanntheitsgrad oder Produktwissen der Konsumenten gesteigert, ihr Empfinden gegenüber dem Produkt verbessert und schließlich das Verhalten der Empfänger nachhaltig beeinflusst werden, um den Umsatz zu sichern bzw. zu erhöhen. Die wesentlichen Instrumente der Kommu-
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Vgl. im Folgenden Meffert (2000), S. 482 ff.; Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (2002), S. 731 ff.; Homburg/ Krohmer (2006), S. 667 ff. Dutta/Zbaracki/Bergen (2003), S. 616. Vgl. Dutta/Zbaracki/Bergen (2003), S. 627 f. Vgl. im Folgenden Meffert (2000), S. 678 ff.; Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (2002), S. 984 ff.; Homburg/Krohmer (2006), S. 761 ff.
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nikationspolitik sind Werbung, persönlicher Verkauf, Sponsoring, Messen, Events und Öffentlichkeitsarbeit (Einschließlich der Corporate Identity). Die der Kommunikationspolitik zugrundeliegenden Routinen der Kommunikation sind erforderlich, um den Nachfragern der Unternehmensleistungen das Leistungspotenzial des Unternehmens zu verdeutlichen.1 Unternehmen mit einer ausgeprägteren Kommunikationskompetenz sind besser in der Lage, die Konsumenten von den Vorteilen der Leistungen des Unternehmens zu überzeugen und diese an sich zu binden. Die Kommunikationsflexibilität bezeichnet dementsprechend die Fähigkeit der effektiven und effizienten Nutzung des aktuell vorhandenen Handlungspotenzials der Kommunikationspolitik und der sich darin ausdrückenden funktionalen Marketingfähigkeiten. Sie lässt sich als das Ausmaß der Fähigkeit operationalisieren, die Kommunikation zielführend an veränderte Umweltbedingungen anzupassen. Die Definition der operativen Marketingflexibilität lässt sich somit weiter konkretisieren. Sie lässt sich als die dynamische Fähigkeit auffassen, um die funktionalen, statischen Marketingfähigkeiten an kurz- und mittelfristige (bekannte) Umweltänderungen unter Nutzung der vorhandenen Mittelausstattungen effektiv und effizient anzupassen (Anpassungsfähigkeit der funktionalen Marketingfähigkeiten). Die operative Marketingflexibilität umfasst vier Dimensionen: die Produktflexibilität, die Distributionsflexibilität, die Kontrahierungsflexibilität und die Kommunikationsflexibilität. Ebenso wie die ihr zugrundeliegenden funktionalen Marketingfähigkeiten ist die operative Marketingflexibilität in den organisationalen Routinen des Unternehmens verankert und somit relativ immobil und nicht einfach durch Wettbewerber zu kopieren. Sie ist ebenso wie alle organisationalen Fähigkeiten als knapp zu bezeichnen und nur schwer durch andere Fähigkeiten zu substituieren. Der operativen Marketingflexibilität und ihrer Dimensionen können somit die VRIN-Attribute beigemessen werden. Die operative Marketingflexibilität stellt ein wesentlicher Erfolgsfaktor im Unternehmen dar, da sie eine Veränderung der existierenden funktionalen Marketingfähigkeiten ermöglicht, um bei ändernden Umfeldbedingungen einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen und sich so in den Marktprozessen zu behaupten. Den Zusammenhang zwischen den spezifizierten Dimensionen der operativen Marketingflexibilität und den funktionalen Marketingfähigkeiten stellt die Abbildung 14 noch einmal überblicksartig dar.
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Vgl. McKee et al. (1992), S. 17 ff.; Vorhies/Harker (2000), S. 149 f.; Vorhies/Morgan (2005), S. 82.
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operative Marketingflexibilität
Produktflexibilität
Distributionsflexibilität
Kontrahierungsflexibilität
Kommunikationsflexibilität
Produktpolitik
Distributionspolitik
Kontrahierungspolitik
Kommunikationspolitik
funktionale Marketingfähigkeiten
Abbildung 14: Dimensionen der operativen Marketingflexibilität auf Basis der zugrundeliegenden funktionalen Marketingfähigkeiten
Nachdem mit der Produktflexibilität, der Distributionsflexibilität, der Kontrahierungsflexibilität und der Kommunikationsflexibilität die Dimensionen der operativen Marketingflexibilität identifiziert wurden, sollen im Folgenden die Elemente der einzelnen Dimensionen der operativen Marketingflexibilität herausgearbeitet werden. Wie in Abschnitt 2.1.2.1 bereits ausgeführt, lässt sich das Handlungspotenzial einer Flexibilitätsdimension durch die Handlungsbreite und Handlungsschnelligkeit weiter ausdifferenzieren. Dies ist konsistent mit den verfügbaren Arbeiten, die operative Flexibilitätsdimensionen konzeptionalisieren.1 So stellte beispielsweise UPTON fest, dass sich jede Dimension der operativen Flexibilität im Produktionsbereich durch zwei Elemente repräsentiert werden kann: die Handlungsbreite (engl. „range“) der möglichen Anpassungen und die Handlungsschnelligkeit (engl. „mobility“) dieser Anpassungen.2 Diese Elemente einer operativen Flexibilitätsdimension lassen sich auch für die Dimensionen der operativen Marketingflexibilität übernehmen. So zog MEFFERT in seinen konzeptionellen Arbeiten für die Marketingflexibilität die Handlungsbreite und Handlungsschnelligkeit heran.3
BROWNE ET AL. waren eine der ersten, welche die Notwendigkeit diskutierten, die Bandbreite, innerhalb der in einer Flexibilitätsdimension gearbeitet werden kann (Handlungsbreite), für eine weitere Betrachtung heranzuziehen. Die Autoren benutzten dafür den Begriff „range of flexibility“, wenn sie den Flexibilitätsgrad eines Systems diskutierten.4 SWAMIDASS nahm diese
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Vgl. D'Souza/Williams (2000), S. 580. Vgl. Upton (1995b), S. 76. Vgl. Meffert (1985a), S. 126 ff.; Meffert (1985b), S. 11 f. Vgl. Browne et al. (1984), S. 114 ff.
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Idee auf und führte als zweites Element die Handlungsschnelligkeit ein, mit der Änderungen vorgenommen werden konnten.1 Diese Schnelligkeit bzw. Mobilität die GERWIN auch als „flexibility responsiveness“ bezeichnet2, korrespondiert mit der Idee der „ease of movement“, die von SLACK eingeführt wurde.3 Später wurden beide Konzepte durch GERWIN und UPTON kombiniert.4 Dimensionen der operativen Flexibilität, wie die hier vorliegenden Dimensionen der operativen Marketingflexibilität lassen sich daher durch die beiden Elemente Handlungsbreite und Handlungsschnelligkeit messen. Je größer die Handlungsbreite möglicher Anpassungen ist, desto größer ist die Flexibilität. Das gleiche gilt für die Handlungsschnelligkeit. Die beiden Elemente operativer Flexibilitätsdimensionen wurden in empirischen Untersuchungen immer wieder bestätigt.5 Aufbauend auf den vorangegangenen Überlegungen dieses Abschnitts lassen sich folgende deskriptive und explikative Untersuchungshypothesen aufstellen:
H1: Die operative Marketingflexibilität ist ein mehrdimensionales Konstrukt 3. Ordnung und setzt sich aus den Dimensionen Produktflexibilität, Distributionsflexibilität, Kontrahierungsflexibilität und Kommunikationsflexibilität zusammen. H2: Die operative Marketingflexibilität trägt zum Unternehmenserfolg bei. 3.1.2 Strategische Marketingflexibilität Die strategische Marketingflexibilität kann als das Resultat spezifischer Ressourcen und Fähigkeiten eines Unternehmens interpretiert werden6, die dem Unternehmen die Fortentwicklung der operativen Marketingflexibilität erlaubt: „The extent of flexibility and hence adaptation that a firm is able to achieve is determined by other management processes.“7 Das Suchfeld der für die strategische Marketingflexibilität zugrundeliegenden Routinen liegt dabei im Bereich der Prozesse der Wahrnehmung (Sensing), des Lernens und der Koordination / Integration.8 Zur weiteren Konzeptionalisierung der strategischen Marketingflexibilität sollen die drei Bereiche von Routinen in den folgenden Abschnitten 3.1.2.1 bis 3.1.2.3 näher erläutert
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Vgl. Swamidass (1988), S. 1 ff. Vgl. Gerwin (1993), S. 407. Vgl. Slack (1983), S. 6. Vgl. Gerwin (1993), S. 398; Upton (1994), S. 77. Vgl. dazu die umfangreiche Untersuchung von D'SOUZA/WILLIAMS und insbesondere die Studie von KOSTE/MALHOTRA/SHARMA, die einen umfangreichen Skalenentwicklungsprozess durchlaufen haben und diese beiden Grundelemente bestätigen konnten. Vgl. D'Souza/Williams (2000), S. 586 ff.; Koste/Malhotra/Sharma (2004), S. 181 ff. Vgl. Jacob (1990), S. 18; Sanchez (1993), S. 252; Hamel et al. (1998); Burmann (2001), S. 170. Greenley/Hooley/Saunders (2004), S. 936. Vgl. Hatum/Pettigrew (2006), S. 117. Siehe dazu auch Abschnitt 2.2.2.
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und ihr Bezug zur strategischen Marketingflexibilität weiter dargelegt werden. Abgeschlossen wird die Konzeptionalisierung der strategischen Marketingflexibilität durch eine Zusammenführung der Erkenntnisse in Abschnitt 3.1.2.4. 3.1.2.1 Wahrnehmen der Unternehmensumwelt Das Wachstumspotenzial eines Unternehmens ist von der Identifikation und Ausschöpfung so genannter „productive opportunities“ abhängig. Diese lassen sich als „a perception of the ways in which they [die Fähigkeiten, Anmerkung des Verfassers] might be used“1 charakterisieren und gehen auf PENROSE zurück.2 Dazu ist es notwendig, dass das Unternehmen seine Unternehmensumwelt und die in ihr stattfindenden Veränderungen wahrnimmt und versteht.3 Die dafür erforderlichen Routinen der Wahrnehmung (engl. „sensing“) spiegeln sich in einer hohen Wachsamkeit gegenüber Umfeldinformationen (insbesondere der Markt- und Technologieentwicklung) wieder.4 TEECE stellt dabei fest, dass Umweltwahrnehmung eine notwendige Bedingung für dynamische Fähigkeiten darstellt.5 TEECE/PISANO/SHUEN führen an anderer Stelle aus: „The ability to calibrate the requirements for change and to effectuate the necessary adjustments would appear to depend on the ability to scan the environment, to evaluate markets and competitors, and to quickly accomplish reconfiguration and transformation ahead of competition.“6 In verschiedenen Studien konnte die Erfolgswirksamkeit derartiger Such- bzw. Wahrnehmungsroutinen belegt werden.7 Ebenso wird in der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung die Wahrnehmung der Unternehmensumwelt als wichtiges Element der strategischen Marketingflexibilität betont.8 Ihre positive Wirkung konnte ebenfalls empirisch nachgewiesen werden.9 Die Routinen der Wahrnehmung versetzen das Unternehmen in die Lage, seine Umwelt zu verstehen, Markterfordernisse zu erkennen und neue Möglichkeiten im Markt zu identifizieren.10 Sie dienen der kontinuierlichen Beobachtung der Unternehmensumwelt sowie der Erkennung und Nutzung von Marktchancen durch konkrete Produktangebote.11 Die Wahrnehmung der Unternehmensumwelt gewährleistet, dass handlungsrelevante Informationen über die Unternehmensumwelt in 1 2 3 4 5 6 7
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11
Loasby (1998), S. 177. Vgl. Penrose (1959), S. 31 ff. Vgl. Pfeffer/Salancik (1978); Day (1994a), S. 41; Hatum/Pettigrew (2006), S. 129. Vgl. Teece/Pisano (1994), S. 545; Zaheer/Zaheer (1997), S. 1496. Vgl. Teece (1998), S. 73. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 521. Vgl. Miller/Friesen (1982); Luo (2003); Wirtz/Mathieu (2005); Kirca/Jayachandran/Bearden (2005). Siehe weiterhin Atuahene-Gima/Slater/Olson (2005), S. 464 f. mit weiteren Literaturnachweisen. Vgl. Greenley/Hooley/Saunders (2004), S. 944 f.; Fredericks (2005), S. 561. Vgl. Shimizu/Hitt (2004), S. 45; Hatum/Pettigrew (2006), S. 115 ff. und 129 ff. Vgl. Sinkula (1994), S. 35 ff.; Day (1994a), S. 43; Galunic/Rodan (1998), S. 1194; Zahra/George (2002), S. 185 ff.; Pavlou/El Sawy (2005), S. 7. Vgl. Day (1994a), S. 40 f.; Srivastava/Fahey/Christensen (2001), S. 786; Weerawardena (2003), S. 18.
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das Unternehmen hineinfließen.1 Veränderungen der Unternehmensumwelt, beispielsweise eine Änderung der Kundenpräferenzen oder der Wettbewerbssituation, können auf Basis dieser Informationen analysiert und sich ergebende Marktchancen erkannt werden. Die Nutzung der Marktchancen erfolgt durch die Aktivierung der unternehmensspezifischen Ressourcenbasis mit dem Ziel, den Kundenbedürfnissen entsprechende Produkt- und Serviceangebote zu entwickeln.2 Unternehmen, die Signale aus der Unternehmensumwelt aufnehmen und Ressourcen mobilisieren können, agieren stärker proaktiv und sind dadurch in der Lage durch die Umwelt induzierte Veränderungen durchzustehen.3 Die Wahrnehmung der Unternehmensumwelt ermöglicht damit die Implementierung des Marketingkonzepts im Unternehmen, da ein verbessertes Verständnis der Umwelt, die Fähigkeit zur Durchführung ausgezeichneter und überdurchschnittlicher Marketingaktivitäten verbessert.4 Das Konzept des Sensing findet sich weiterhin in einer Reihe sehr ähnlicher, dem ressourcentheoretischen Ansatz naher Konzeptionen wieder. So sprechen ZAHEER/ZAHEER und SAMBAMURTHY/BHARADWAJ/GROVER beispielsweise von Wachsamkeit als „capability of a firm to explore its marketplace, detect areas of marketplace ignorance, and determine opportunities for action.“5 NELSON/WINTER thematisieren organisationale Suchroutinen, die sich auf das kontinuierliche Abtasten des Marktumfelds beziehen und mögliche Modifikationen der Ressourcen- und Fähigkeitenbasis aufspüren.6 Die von LANGLOIS entwickelte Idee der Rezeptionsfähigkeit bezeichnet die Fähigkeit, neue Wege zur Verbesserung der Ressourcen und Fähigkeiten des Unternehmens zu erkennen und Möglichkeiten für deren Einsatz zu suchen.7 Auf die besondere Bedeutung der Fähigkeit zur Identifikation schwacher Signale hat in diesem Zusammenhang bereits ANSOFF hingewiesen.8 Die Terminologie des Sensing schließlich wurde durch TEECE geprägt, der sich damit auf Routinen zur Suche und Aufnahme von Informationen in der Unternehmensumwelt bezieht.9 All diese Ansätze lassen erkennen, dass es sich bei der Wahrnehmung der Unternehmensumwelt um ein zentrales den dynamischen Fähigkeiten zugrunde liegendes Konstrukt handelt.10
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Vgl. Day (1994a), S. 40 f.; Srivastava/Fahey/Christensen (2001), S. 786 f. Vgl. Vorhies (1998), S. 8; Weerawardena (2003), S. 18. Vgl. Pettigrew/Whipp (1991); Garg/Walters/Priem (2003), S. 726 ff.; Hatum/Pettigrew (2006), S. 129 f. Vgl. Deshpandé/Farley (1998), S. 213; Foley/Fahy (2004), S. 220; Weerawardena/O'Cass (2004), S. 419, 421. Sambamurthy/Bharadwaj/Grover (2003), S. 250. Vgl. auch Zaheer/Zaheer (1997), S. 1496. Zum Konzept der Suchroutinen vgl. Nelson/Winter (1982); Nelson (1995), S. 68 ff. Vgl. ebenso Pierce/Boerner/Teece (2002), S. 91. Vgl. Langlois (1997), S. 76. Vgl. Ansoff (1976), S. 129 ff.; Mössner (1982), S. 157 ff.; Krystek/Müller-Stewens (1993), S. 20. Vgl. Teece (1998), S. 73. Vgl. auch zu der Terminologie des Sensing Kiesler/Sprouli (1982), S. 548; Teece/Pisano (1994), S. 545; Pierce/Boerner/Teece (2002), S. 90; Tippins/Sohi (2003), S. 751; Pavlou/El Sawy (2005), S. 7. Vgl. Day (1994a), S. 43; Teece (1998), S. 73; Aragón-Correa/Sharma (2003), S. 74.
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„Having one‘s antennae out“1 ermöglicht einerseits die Antizipation zukünftiger Umfeldentwicklungen und damit das frühzeitige Erkennen der Notwendigkeit für eine Veränderung der Ressourcen- und Fähigkeitenbasis.2 Andererseits werden durch die Wahrnehmungsroutinen nicht nur Notwendigkeiten erkannt, sondern ebenfalls neue Möglichkeiten (z. B. neuartige Strategien, alternative Produktionstechniken) identifiziert.3 TEECE fasst dies folgendermaßen zusammen: „In order for an organization to exhibit dynamic capabilities, it must sense the opportunity and the need for change“.4 Die Eigenschaft als organisationale Fähigkeit wird dadurch unterstrichen, dass laut DAY einige Unternehmen bessere Wahrnehmungsroutinen aufweisen als andere: „processes for gathering, interpreting, and using market information are more systematic, thoughtful, and antipatory than in other firms.“5 Die Wahrnehmung der Unternehmensumwelt kann durch das Konstrukt „Marktorientierung“ dargestellt werden.6 KOHLI/JAWORSKI definieren „Marktorientierung“ im Kern als ein Konstrukt zur Wahrnehmen der Unternehmensumwelt: „Market orientation is the organisationwide generation of market intelligence pertaining to current and future customer needs, dissemination of the intelligence across departments, and organisationwide responsiveness to it.“7 Bei der Entwicklung ihres Konstrukts nahmen KOHLI/JAWORSKI immer wieder Bezug auf die von DAY beschriebene Market-Sensing-Fähigkeit.8 Marktorientierung reflektiert die Fähigkeit eines Unternehmens, die Umwelt und die Marktbedingungen wahrzunehmen und die Bedürfnisse der Konsumenten und die Dynamik des Wettbewerbs zu verstehen.9 Marktorientierung lässt sich dabei als Prozess der Generierung, der Verbreitung und der Reaktion auf Informationen aus dem Markt hinsichtlich der Bedürfnisse der Kunden beschreiben.10 Die Subprozesse der Marktorientierung wurden bereits im Rahmen der ressourcentheoretischen Ansätze beschrieben. Zunächst müssen Unternehmen ihre Umwelt laufend beobachten und Informationen sammeln, um ihre Umwelt zu verstehen und neue Kundenbedürfnisse und Veränderungen im Wettbewerb zu identifizieren. Die Sammlung von Informationen über den Markt11 steht mit dem Erkennen von Markttrends durch die Entdeckung von neuen Chancen
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Zaheer/Zaheer (1997), S. 1496. Vgl. Teece/Pisano (1994), S. 545; Lee/Lee/Pennings (2001), S. 618; Pierce/Boerner/Teece (2002), S. 90; Augier/Teece (2004), S. 9 f. Vgl. Zott (2003), S. 104; Augier/Teece (2004), S. 9 f.; Pavlou/El Sawy (2005), S. 7. Teece (1998), S. 73. Day (1994a), S. 43. Vgl. Foley/Fahy (2004), S. 219; Pavlou/El Sawy (2005), S. 8; Pavlou/El Sawy (2006b), S. 202. Kohli/Jaworski (1990), S. 9. Vgl. Day (1994a), S. 43; Jaworski/Kohli (1996), S. 121. Vgl. Pavlou/El Sawy (2005), S. 10. Vgl. Kohli/Jaworski (1990), S. 6; Jaworski/Kohli (1993), S. 53; Grewal/Tansuhaj (2001), S. 69 f. Vgl. Sinkula (1994), S. 35; Slater/Narver (1995), S. 63.
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im Markt1 und dem Verfügen über externe Kommunikationsbeziehungen2 in Verbindung. Die Verteilung bzw. die Verbreitung von Informationen über den Markt beinhaltet die Fähigkeit Informationen weiterzugeben, zu analysieren und zu interpretieren3 und Marktintuition zu haben.4 Reaktion auf Informationen über die Unternehmensumwelt verweist auf die Fähigkeit auf Markttrends zu reagieren5 und auf die Fähigkeit Pläne zu initiieren, zu entwickeln und durchzuführen, die dieses Wissen über die Umwelt ausnutzen.6 Zusammenfassend lässt sich also sagen: Die Marktorientierung stellt eine wichtige Dimension der strategischen Marketingflexibilität dar. Sie soll dabei die Effektivität widerspiegeln, die Umwelt und die Marktbedingungen wahrzunehmen und die Bedürfnisse der Konsumenten sowie die Dynamik des Wettbewerbs zu verstehen. Sie beruht dabei auf den Prozessen der Generierung, der Verbreitung und der Reaktion auf Marktinformationen hinsichtlich der Kundenbedürfnisse. 3.1.2.2 Lernen Es gibt viele, unterschiedlichste Definitionen des Begriffs „Lernen“. Jedes planmäßige, organisationale Lernen beinhaltet aber nach all diesen Definitionen den Erwerb von neuem, im Unternehmen bis dahin unbekanntem Wissen und dessen Nutzbarmachung durch das Unternehmen.7 Lernen ist danach also eine – wenn nicht die – wesentliche Grundlage für unternehmerisches Denken; durch Lernen wird neues Wissen begründet und es ermöglicht erst, existierende Ressourcen und Fähigkeiten der einzelnen Abteilungen und Mitarbeiter neu zu ordnen bzw. umzugestalten.8 TEECE/PISANO/SHUEN schreiben daher diesen Lernprozessen eine zentrale Bedeutung als Element dynamischer Fähigkeiten zu9 und untermauern dies mit Erkenntnissen aus der Organizational-Learning-Literatur.10 Auch in der Literatur zur betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung wird die Bedeutung der Fähigkeit zu lernen für die strategische Marketingflexibilität immer wieder betont.11 Organisationales Lernen verbessert die Marketingfähigkeiten im Unternehmen und ist eine Voraussetzung für die Entwicklung
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Vgl. Galunic/Rodan (1998), S. 1193 ff. Vgl. Ancona/Caldwell (1992), S. 634 ff. Vgl. Kogut/Zander (1996), S. 502 ff. Vgl. Eisenhardt (1989), S. 555. Vgl. Amit/Schoemaker (1993), S. 35. Vgl. D'Aveni (1994). Vgl. Kumar/Nti (1998), S. 358. Vgl. Prahalad/Hamel (1990); Pisano (1994); Zollo/Winter (2002); Pavlou/El Sawy (2005), S. 7. Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 520. Vgl. Argyris/Schön (1978); Levinthal/March (1981); Nelson/Winter (1982); Levitt/March (1988); LeonardBarton (1995). Vgl. Greenley/Hooley/Saunders (2004), S. 942; Matthyssens/Pauwels/Vandenbempt (2005), S. 548.
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und Implementierung von Marketingmixstrategien, um die anvisierten Marktsegmente zu erreichen.1 Kontinuierlich lernende Unternehmen sind stets auf der Suche nach neuen, besseren Lösungen und stellen den aktuellen Zustand, die geltende Organisation, immer wieder in Frage.2 Lernprozesse sensibilisieren die Unternehmen, mögliche Diskrepanzen zwischen den Markterfordernissen und der bestehenden Ressourcen- und Fähigkeitenbasis zu erkennen und den daraus herrührenden Nachteilen entgegenzuwirken. Darüber hinaus begründet das Lernen selbst schon den eigentlichen Wandel der Ressourcen- und Fähigkeitenbasis.3 „Learning builds new thinking, generates new knowledge, and enhances existing resources.“4 Lernen ist insofern zentraler Bestandteil dynamischer Fähigkeiten.5 Im Rahmen des Dynamic-Capability-Ansatzes unterscheidet man zwischen zwei Arten des Lernens: dem internen und dem externen Lernen.6 Internes Lernen bezieht sich dabei auf Problemlösungsprozesse, die ausschließlich innerhalb eines Unternehmens stattfinden. Hierunter fallen zum Beispiel interne Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sowie das interne Vorschlags- oder Verbesserungswesen.7 Von externem Lernen spricht man hingegen, wenn in Zusammenarbeit mit externen Partnern neue Erkenntnisse gewonnen werden oder wenn derartige neue Kenntnisse von außerhalb des Unternehmens liegenden Quellen aufgenommen und in die organisationale Wissensbasis des Unternehmens integriert werden. Solch ein externes Lernen findet beispielsweise im Rahmen von Akquisitionen und Partnerschaften mit anderen Unternehmen oder Institutionen statt.8 Die Lernfähigkeit reflektiert somit die Fähigkeit zu lernen und die existierenden Fähigkeiten im Unternehmen umzugestalten. Dies gelingt durch die Identifikation, Aufnahme, Transformation und Nutzung vorhandener Wissensressourcen, um dadurch neues Wissen zu generieren.9 Die Aneignung von Wissen10 verweist auf „Knowledge Brokering“1, die Aufnahme von 1 2 3 4 5
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Vgl. Weerawardena/O'Cass (2004), S. 421, 424 f. Vgl. Baker/Sinkula (1999), S. 299 f. Vgl. Müller-Stewens (1994), S. 4 f.; Teece/Pisano (1994), S. 544; Pisano/Bohmer/Edmondson (2001), S. 752. Pavlou/El Sawy (2005), S. 7. Vgl. ähnlich Pisano/Bohmer/Edmondson (2001), S. 752. Vgl. Mowery/Oxley/Silverman (1996), S. 77; Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 520; Pisano/Bohmer/Edmondson (2001), S. 752; Zahra/George (2002), S. 185; Lenox/King (2004), S. 331; McEvily/Eisenhardt/Prescott (2004), S. 713; Malhotra/Gosain/El Sawy (2005), S. 151; Pavlou/El Sawy (2005), S. 7. Vgl. Kogut/Zander (1992), S. 385; Iansiti/Clark (1994), S. 565 f.; Slater/Narver (1995), S. 64; Christensen (1996), S. 115 f.; Grant (1996a), S. 383; Powell/Koput/Smith-Doerr (1996), S. 119.; Coombs/Metcalfe (2000), S. 211 ff.; Kessler/Bierly/Gopalakrishnan (2000), S. 213 ff.; Burmann (2002), S. 243 f.; Schroeder/ Bates/Junttila (2002), S. 107 f.; Caloghirou/Kastelli/Tsakanikas (2004), S. 29 ff. Vgl. Lei/Hitt/Bettis (1996), S. 556; Burmann (2002), S. 244; Schroeder/Bates/Junttila (2002), S. 107. Vgl. Burmann (2002), S. 244. Vgl. Cohen/Levinthal (1990), S. 128; Zahra/George (2002), S. 186 f.; Pavlou/El Sawy (2006b), S. 202. Die Fähigkeit, wertvolle Wissensressourcen zu erkennen, zu assimilieren und zu nutzen, wird auch als absorptive Kapazität bezeichnet. Siehe Cohen/Levinthal (1990). Vgl. Powell/Koput/Smith-Doerr (1996), S. 119 f.
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von Wissen2 auf die Wissensartikulation und -kodifikation3; Beide Prozesse sind zentrale Treiber dynamischer Fähigkeiten.4 Die Transformation von Wissen5 beinhaltet die Herausbildung neuen Denkens6, Brainstormings und Experimentierens7, innovativen Problemlösens8 und von Vielfalt9. Die Nutzung von Wissen verweist auf die Verfolgung neuer Initiativen10 und die Identifikation von Lösungen.11 Die Lernfähigkeit eines Unternehmens steht mit der Marktorientierung in vielfältigen Beziehungen; beide Routinen stellen aber zwei unterschiedliche Prozesse in einem Unternehmen dar.12 Während sich die Wahrnehmung der Unternehmensumwelt bzw. die Marktorientierung auf „whether and what to do“ auf Basis der Informationen aus dem Markt konzentriert, bezieht sich die Lernfähigkeit auf die Grundlage des internen Wissens mit dem „how to do“13. Die Lernfähigkeit erhöht die Aufmerksamkeit, Veränderungen und Gelegenheiten im Markt zu entdecken und hilft, den Wert der Informationen aus der Unternehmensumwelt einzuschätzen.14 Auf der anderen Seite stimuliert die Wahrnehmung der Unternehmensumwelt das Lernen im Unternehmen.15 Folglich wird die Lernfähigkeit als eine Dimension der strategischen Marketingflexibilität konzeptionalisiert. Sie reflektiert dabei die Fähigkeit zu lernen und die existierenden Fähigkeiten im Unternehmen umzugestalten. Dies gelingt durch die Identifikation, Aufnahme, Transformation und Nutzung vorhandener Wissensressourcen, um neues Wissen zu generieren. 3.1.2.3 Koordination Koordinationsprozesse16 sollen eine effiziente und effektive Steuerung von Aktivitäten, Ressourcen und Fähigkeiten eines Unternehmens zur Erreichung der Unternehmensziele sicher-
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Eisenhardt/Martin (2000), S. 1107. Vgl. Daft/Weick (1984), S. 284 ff. Vgl. Zander/Kogut (1995), S. 79. Vgl. Zollo/Winter (2002), S. 340. Vgl. Zahra/George (2002), S. 190. Vgl. Henderson/Cockburn (1994), S. 66 f. Vgl. Pisano (1994), S. 88 ff. Vgl. Iansiti/Clark (1994), S. 557; Kim (1998), S. 507. Vgl. Zott (2003), S. 98, 104 f. Vgl. Van Den Bosch/Volberda/De Boer (1999), S. 552 f. Vgl. Zott (2003), S. 99, 105 f. Vgl. zur empirischen Untermauerung dieser Abgrenzung Sinkula (1994); Hurley/Hult (1998). Pavlou/El Sawy (2006a), S. 7. Siehe auch Slater/Narver (1995), S. 63. Vgl. Cohen/Levinthal (1990), S. 128 ff.; Zahra/George (2002), S. 186; Foley/Fahy (2004), S. 223; AtuaheneGima/Slater/Olson (2005), S. 469. Vgl. Sinkula (1994), S. 36 f.; Day (1994b), S. 9 ff.; Slater/Narver (1995), S. 63. Synonym sprechen Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 518 auch von Integrationsprozessen und Galunic/Eisenhardt (2001), S. 1229 von Managementprozessen.
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stellen.1 Die Notwendigkeit dafür ergibt sich aus den Abhängigkeiten zwischen eben diesen unterschiedlichen Aktivitäten, Ressourcen und Fähigkeiten eines Unternehmens.2 Dass derartige Koordinationsprozesse sinnvoll sind, konnte in einer Reihe empirischer Studien belegt werden. Danach besteht zwischen den Koordinationsprozessen eines Unternehmens und dem unternehmerischen Erfolg ein nachweisbarer Zusammenhang.3 Koordinationsprozesse stellen eine wichtige Schlüsselroutine dynamischer Fähigkeiten dar.4 Man kann feststellen, dass eine dynamische Fähigkeit „is embedded in distinct ways of coordinating“.5 Koordinationsprozesse überführen die bestehende Ressourcen- und Fähigkeitenbasis in „new productive assets“6 und „useful actions“7. Sie tragen auf diese Weise zur Erzielung neuer Wettbewerbsvorteile bei. Auch in der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung wird auf die Bedeutung der Koordination für die strategische Marketingflexibilität hingewiesen.8 Der Gegenstand der Koordinationsroutinen bezieht sich insbesondere auf die Sicherstellung einer effizienten und effektiven Steuerung von Aktivitäten und Ressourcen im Sinne der Unternehmensziele.9 Wichtig sind nach TEECE/PISANO/SHUEN sowie auch EISENHARDT/MARTIN insbesondere Koordinationsroutinen auf operativer und strategischer Ebene.10 Operative Koordinationsroutinen betreffen die verschiedenen Einzeltätigkeiten in Projekten, Prozessen und Aufgaben, während strategische Koordinationsroutinen der Steuerung der Geschäftsaktivitäten dienen und das Gesamtunternehmen für die Zukunft ausrichten. Ebenso werden in der Literatur zum Thema der Flexibilität im Unternehmen zwei zentrale Koordinationsaufgaben unterschieden: die intraorganisationale Koordination auf der einen, und die Koordination der strategischen Optionen (Portfoliokoordination) auf der andern Seite.11 Dabei stehen die Routinen der Koordination und Integration in vielfältigen Beziehungen zu den Routinen der Umweltwahrnehmung und des Lernens. Während sich die Marktorientie-
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Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 518; Galunic/Eisenhardt (2001), S. 1229; Burmann (2002), S. 174; Pavlou/El Sawy (2005), S. 10. Vgl. Pavlou/El Sawy (2006b), S. 202. Für Malone/Crowston (1994), S. 90 gilt daher: „Coordination is managing dependencies”. Vgl. beispielsweise Garvin (1988); Henderson/Clark (1990); Clark/Fujimoto (1991). Vgl. z. B. Henderson (1994), S. 608; Day (2000), S. 25; Pierce/Boerner/Teece (2002), S. 88; Augier/Teece (2004), S. 14; Ettlie/Pavlou (2006), S. 121. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 519. Galunic/Eisenhardt (2001), S. 1229. Iansiti/Clark (1994), S. 563. Vgl. Shimizu/Hitt (2004), S. 45; Fredericks (2005), S. 558, 561 f. Vgl. Galunic/Eisenhardt (2001), S. 1229; Burmann (2002), S. 17. Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 518 ff.; Eisenhardt/Martin (2000), S. 1107. Weiterhin wird hier auch die sowie die Unternehmenskultur als nichtstrukturelle Koordinationsform erwähnt, diese wird aber an anderer Stelle wieder aufgegriffen. Siehe Abschnitt. 3.3.1. Vgl. Sanchez (1993), S. 259, 269; Sanchez (1995), S. 145 ff.
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rung auf die Identifizierung und Aufnahme von Informationen in der Unternehmensumwelt und den dafür notwendigen Marktbeobachtungsinstrumenten konzentriert, beschäftigt sich Routinen der Koordination mit der angemessenen Verteilung dieser Ressourcen.1 Die Koordinationsfähigkeit ermöglicht die Verbreitung von Marktwissen. Folglich verbessert die Koordination von Wissen die Marktorientierung eines Unternehmens.2 Die Lernfähigkeit fokussiert sich drauf, Wissen zu managen, wohingegen sich die Koordinationsfähigkeit damit beschäftigt, Wissen zu verteilen.3 Teece/Pisano/Shuen argumentieren, dass Lernen koordinierende Prozeduren voraussetzt.4 Durch die Koordination der Verteilung von Zeit und Ressourcen können Gruppen Wissen kreieren.5 Koordinationsroutinen lassen sich somit als einen integralen Treiber der Lernfähigkeit auffassen.6 Die intraorganisationale oder auch funktionale Koordination bezieht sich auf verschiedene operative Tätigkeiten in einzelnen Projekten, Prozessen und Aufgaben. Im Kontext der strategischen Marketingflexibilität bedeutet dies vor allem die Schaffung von einzelnen Optionen zur Weiterentwicklung der operativen Marketingflexibilität beispielsweise der Erschließung neuer Marktsegmente oder der Neugestaltung der Vertriebskanäle. Derartige Aufgaben sind komplexe, dynamische, funktionsbereichübergreifende und hoch interdependente Prozesse. Wesentliche Elemente derartiger Koordinationsprozesse sind unter anderem die Ressourcenallokation, die Aufgabenzuweisung und die Synchronisation von Aktivitäten.7 Neue Konfigurationen von Fähigkeiten benötigen neue Wege bei der Ressourcenallokation.8 Dabei versteht man unter Ressourcenallokation die Verteilung und Zuweisung von Wissen und Ressourcen auf einzelne Abteilungen und Mitarbeiter.9 Aufgabenzuweisung meint hingegen die Benennung der richtigen Personen für entsprechende Aufgabe im Unternehmen.10 Und die Aktivitätensynchronisation11 tangiert schließlich das Konzept des „Coevolving“:12 Durch eine ge-
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Vgl. zu dieser Abgrenzung Day (1994a), S. 43. Vgl. Cannon-Bowers/Salas/Converse (1993), S. 221 ff.; Marcus/Nichols (1999), S. 482; Vorhies/Harker (2000), S. 148 f. Vgl. Kogut/Zander (1996); Pisano (1994) sowie Tsai (2002). Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 518 f. Vgl. Nonaka (1994), S. 17 ff. Vgl. Van Den Bosch/Volberda/De Boer (1999), S. 556 f. Vgl. Malone/Crowston (1994), S. 91 ff.; Crowston (1997), S. 159 ff. Vgl. im Folgenden auch Pavlou/El Sawy (2005), S. 11; Ettlie/Pavlou (2006), S. 121. Im Folgenden siehe Pavlou/El Sawy (2006a), S. 8. Vgl. Helfat/Peteraf (2003), S. 1000 f.; Ettlie/Pavlou (2006), S. 121. Vgl. Burgelman (1994), S. 43 f.; Okhuysen/Eisenhardt (2002), S. 374. Vgl. Eisenhardt/Brown (1999), S. 81. Vgl. Henderson/Clark (1990), S. 17 f. Vgl. zum Konzept des Coevolving ausführlich EISENHARDT/GALUNIC. Sie thematisieren in ihrer Arbeit die Verknüpfung von Personen, Aufgaben, Ressourcen, Strategien und Geschäftseinheiten in einer Art, die zur bestmöglichen Ausnutzung von Synergiemöglichkeiten führen. Vgl. Eisenhardt/Galunic (2000), S. 91 f.
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schickte Abstimmung sucht man mit der Aktivitätensynchronisation, Synergieeffekte zwischen Aufgaben und Ressourcen zu erzielen.1 Wie bereits erwähnt, soll mit der Koordination der strategischen Optionen (Portfoliokoordination) neben der intraorganisationalen Koordination noch eine weitere Art der Koordination aufgegriffen werden. Strategische Marketingprojekte lassen sich als Entwicklungsoptionen des Unternehmens auffassen, die somit wiederum selbst eine Ressource für das Unternehmen darstellen und einer Koordination bedürfen. Diese strategischen Koordinationsprozesse richten das Gesamtunternehmen auf die Zukunft aus. Hierbei werden strategische Entscheidungen mittel- und langfristiger Natur getroffen, um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu sichern.2 Die Planung, Steuerung und Kontrolle der Gesamtheit aller aktuellen und zukünftigen strategischen Marketingprojekte im Unternehmen ist eine solche wichtige strategische Aufgabe. Während sich die intraorganisationale Koordination auf das Management einzelner strategischer Optionen bezieht, geht es bei der Koordination der strategischen Optionen um das Management der Gesamtheit strategischer Entwicklungsoptionen eines Unternehmens. Die verschiedenen strategischen Projekte im Unternehmen bedürfen hierbei in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht einer Koordination, um die Abhängigkeiten zwischen den verschiedenen strategischen Marketingprojekten zu managen.3 Dabei erstreckt sich dieser Koordinierungsbedarf auf die Identifikation von Interdependenzen, die Vermeidung von Dopplungen und auf die Sicherstellung der Hebung von Synergien. Die Berücksichtigung der Koordination der strategischen Optionen (Portfoliokoordination) ist dabei konsistent mit den von EISENHARDT/MARTIN genannten Managementprozessen im Rahmen des Dynamic-Capability-Ansatzes: „strategic decision making is a dynamic capability in which managers pool their various business, functional, and personal expertise to make the choices that shape the major strategic moves of the firm.“4 Im Rahmen der Koordination der strategischen Optionen (Portfoliokoordination) sind in diesem Sinne strategische Entscheidungen zum Poolen der einzelnen strategischen Projekte zu treffen. Auf diese Weise wird eine von TEECE ET AL. als erfolgskritisch postulierte Kohärenz der Unternehmensaktivitäten angestrebt.5 Der Charakter der Koordination der strategischen Optionen (Portfoliokoordination) als Element einer dynamischen Fähigkeit wird schließlich auch daran deutlich, dass sie es dem Unternehmen ermöglicht, die existierenden strategischen Projekte vor dem Hintergrund sich ändernder Umfeldbedingungen zu adaptieren, um auf diese Weise eine Veränderung der Ressourcen- und Fähigkeitenbasis des Unternehmens zu ermöglichen.
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Vgl. Brown/Eisenhardt (1997), S. 24; Verona/Ravasi (2003), S. 579. Vgl. Eisenhardt/Martin (2000), S. 1107. Vgl. Götze/Mikus (1999), S. 45. Eisenhardt/Martin (2000), S. 1107. Vgl. Teece et al. (1994), S. 1 ff.
Entwicklung des Konstrukts der Marketingflexibilität
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Zusammenfassend sollen die intraorganisationale Koordinationsfähigkeit und Koordination der strategischen Optionen (Portfoliokoordination) als weitere Dimensionen der strategischen Marketingflexibilität konzeptionalisiert werden. In Anlehnung an bestehende Definitionen soll die intraorganisationale Koordinationsfähigkeit (im Folgenden als Koordinationsfähigkeit bezeichnet) als Ausmaß der Fähigkeit definiert werden, die Abhängigkeiten zwischen Ressourcen und Aufgaben zu gestalten, um neue Wege der Erfüllung bestimmter Aktivitäten zu ermöglichen. Die Koordination der strategischen Optionen soll hingegen als das Ausmaß der Fähigkeit definiert werden, die einzelnen strategischen Projekte aufeinander abzustimmen. 3.1.2.4 Zusammenfassung der Konzeptionalisierung der strategischen Marketingflexibilität In den vorangegangenen Abschnitten wurde mit der Marktorientierung, Lernfähigkeit, Koordinationsfähigkeit und Koordination der strategischen Optionen auf Basis des DynamicCapability-Ansatzes und der Literatur zur Flexibilität im Unternehmen die vier Dimensionen des Konstrukts der strategischen Marketingflexibilität hergeleitet, inhaltlich konkretisiert und definiert. Der Zusammenhang zwischen den spezifizierten Dimensionen der strategischen Marketingflexibilität und dem Dynamic-Capability-Ansatz stellt die Abbildung 15 noch einmal überblicksartig dar.
Basisroutinen dynamischer Fähigkeiten
Wahrnehmung
Marktorientierung
Lernen
Lernfähigkeit
Koordination / Integration
Koordinationsfähigkeit
Koordination der strategischen Optionen
strategische Marketingflexibilität
Abbildung 15: Dimensionen der strategischen Marketingflexibilität auf Basis des DynamicCapability-Ansatzes
Auf Basis dieser Ausführungen ist es möglich, die strategische Marketingflexibilität zu definieren: Strategische Marketingflexibilität eines Unternehmens ist eine dynamische Fähigkeit höherer Ordnung, die auf den Prozessen der Umweltwahrnehmung, des Lernens, der Koordination basiert. Die strategische Marketingflexibilität erlaubt es, sich an unvorhergesehene, in der Zukunft liegende Veränderungen der internen und externen Unternehmenssituation anzupassen und das Handlungspotenzial in den Bereichen der operativen Marketingflexibilität
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Entwicklung des Untersuchungsmodells
weiter zu entwickeln. Sie stellt die Fähigkeit eines Unternehmens dar, sich durch Veränderungen des Produktions- und Leistungsprogramms dergestalt an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen, dass sowohl die noch verbliebenen ursprünglichen Marktchancen als auch die durch die veränderten Rahmenbedingungen entstandenen neuen Marktchancen optimal genutzt werden können. Die strategische Marketingflexibilität verhilft dem Unternehmen zu einem ausgeprägten Wettbewerbsvorteil, da diese Fähigkeit zum Umgang mit dynamischen und wechselnden Umweltbedingungen wahrscheinlich schwer durch Wettbewerber imitierbar ist.1 Erfolgreiche Anpassung mittels der strategischen Marketingflexibilität führt zu einer überdurchschnittlichen Unternehmensleistung und erschwert die Imitation der Marketingaktivitäten durch den Wettbewerber.2 Dabei unterstützen die beschriebenen Routinen der strategischen Marketingflexibilität jede der vier Dimensionen der operativen Marketingflexibilität und die operative Marketingflexibilität in ihrer Gesamtheit. Die Konzeptionalisierung der strategischen Marketingflexibilität berücksichtigt somit alle drei Bereiche von Basisroutinen dynamischer Fähigkeiten. Sicher umfassen die im Rahmen dieser Untersuchung hergeleiteten Routinen im Unternehmen nicht alle Prozesse, welche die strategische Marketingflexibilität ermöglichen, sie stellen aber zumindest ein repräsentatives Abbild dieser Prozesse dar. Zusammenfassend können basierend auf den bisherigen Ausführungen zur strategischen Marketingflexibilität die folgenden deskriptiven und explikativen Untersuchungshypothesen aufstellt werden:
H3: Die strategische Marketingflexibilität ist ein mehrdimensionales Konstrukt 2. Ordnung und setzt sich aus den Dimensionen Marktorientierung, Lernfähigkeit, Koordinationsfähigkeit und Koordination der strategischen Optionen zusammen. H4: Die strategische Marketingflexibilität trägt zur operativen Marketingflexibilität bei. H5: Die strategische Marketingflexibilität trägt zum Unternehmenserfolg bei. 3.2
Erfolgskonstrukt
Im Verlauf dieses Abschnitts soll zur Beantwortung der zweiten Untersuchungsfragestellung die Konzeptionalisierung der abhängigen Variablen erfolgen. Aufbauend auf den Annahmen von Faktormarktinsuffizienz, Unsicherheit im wirtschaftlichen Handeln und heterogener Res-
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Vgl. Sanchez (1993), S. 254 f.; Sanchez (1995), S. 138; Combe/Greenley (2004), S. 1457. Vgl. Combe/Greenley (2004), S. 1457.
Erfolgskonstrukt
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sourcenausstattung1 versuchen die ressourcentheoretischen Ansätze zu erklären, wie es zu nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen von Unternehmen kommt.2 Darüber hinaus zeigt die Definition dynamischer Fähigkeiten im Abschnitt 2.2.2, dass diese letztendlich auf die Generierung eines Wettbewerbsvorteils abzielen. Der Wettbewerbsvorteil stellt somit die zentrale Zielgröße des ressourcentheoretischen Ansatzes dar. Dabei kann unter einem Wettbewerbsvorteil eine im Wettbewerbsvergleich überlegende Leistung eines Unternehmens verstanden werden.3 Wie bereits mehrfach betont, geht von den dynamischen Fähigkeiten aus Sicht des Dynamic-Capability-Ansatzes eine positive Wirkung auf den Wettbewerbsvorteil von Unternehmen aus.4 Während dies nicht auf alle denkbaren Unternehmensprozesse und -routinen zutrifft, so lässt sich die Wettbewerbsvorteilsrelevanz der dynamischen Fähigkeiten durch ihre VRIN-Eigenschaft5 erklären.6 Zunächst sind dynamische Fähigkeiten als werthaltig zu bezeichnen, da sie „allowing the organization to continuously improve the performance of its product market activities, continually advancing the production frontier.”7 Auch das Attribut der Knappheit kann ihnen beigemessen werden: „While this sort of organizational readaptation is observed […], it is relatively rare.”8 Weiterhin sind dynamische Fähigkeiten aufgrund ihrer Pfadabhängigkeiten, ihrer Intangibilität, ihrer Komplexität und ihrer organisationalen Eingebundenheit nur schwer imitierbar.9 HENDERSON führt hierzu aus: „although these competences may be readily identifiable in the sense that simple indicator variables […] may be indicative of their presence, they are in reality complex entities that evolve slowly over time.“10 Insofern ist es zwar Außenstehenden (und somit auch dem Forscher) möglich, dynamische Fähigkeiten auf einem abstrakten Level zu messen, eine Imitation ist jedoch nur sehr schwierig zu vollziehen. Abschließend kann man festhalten, dass dynamische Fähigkeiten schwer zu substituieren sind. Während dies auf statische Fähigkeiten in den meisten Fällen nicht zutrifft, kann gerade eine Fähigkeit, vorausschauend und proaktiv Änderungen der Markterfordernisse zu erkennen und darauf entsprechend zu reagieren, schwer substituiert werden:11 „Indeed, because organizational
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Vgl. Barney (1986b), S. 1231 ff.; Dierickx/Cool (1989), S. 1504 ff.; Barney (1991), S. 99 ff.; Freiling (2001a), S. 84 ff. Siehe dazu auch Abschnitt 2.2.1.3.2. Vgl. Homburg/Simon (1995), Sp. 2754. Vgl. Teece/Pisano (1994), S. 552 f.; Eisenhardt/Martin (2000), S. 1117; Gold/Malhotra/Segars (2001), S. 196; Ray/Barney/Muhanna (2004), S. 25. Siehe auch Abschnitt 2.2.2. Vgl. Barney (1991), S. 105 ff. und die Ausführungen in Abschnitt 2.2.1.3.2.1. Vgl. Ray/Barney/Muhanna (2004), S. 26. Collis (1996), S. 150. Collis (1996), S. 154. Vgl. Grant (1991), S. 127; Day (1994a), S. 38; Collis (1996), S. 146, 151 ff.; Yeoh/Roth (1999), S. 642; Gibson/Birkinshaw (2004), S. 209 f. Henderson (1994), S. 626. Vgl. Day/Wensley (1988), S. 2.
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Entwicklung des Untersuchungsmodells
capability [statische Fähigkeiten, Anmerkung des Verfassers] can only generate profit to the extent that it is committed to a single strategy, substitution is almost unavoidable. The only way to overcome it would be to build an organization capable not only of continuous improvement in a single direction, but also adaptable enough to be able to proactively change the direction of improvement as well.”1 Die VRIN-Eigenschaften treffen also auf dynamische Fähigkeiten und somit auf die operative und die strategische Marketingflexibilität in besonderer Weise zu und tragen somit zum nachhaltigen Wettbewerbsvorteil des Unternehmens bei. Der nachhaltige Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens lässt sich als überlegende Marktposition eines Unternehmens im Vergleich zum Wettbewerb auffassen.2 Dabei manifestiert sich dieser Wettbewerbsvorteil im Markterfolg (z. B. Kundenzufriedenheit, Marktanteil) und im finanziellen Erfolg.3 In der Vergangenheit gab es hinsichtlich der Konzeptionalisierung des Unternehmens- bzw. des Marketingerfolgs in ressourcentheoretischen Arbeiten immer wieder verschiedene Ansätze.4 Dabei ist anzumerken, dass sich die Erfolgsmaße, die zur Messung des Unternehmenserfolgs (overall firm performance oder business performance)5, des Marketingerfolgs (marketing performance) bzw. des Vertriebserfolg des Unternehmens bzw. der Organisation (sales organization performance oder sales organization effectiveness)6 in den verschiedenen Arbeiten herangezogen werden, sich häufig nicht unterscheiden, auch wenn die Bezeichnung des Erfolgskonstrukts namentlich variiert. Die Konzeptionalisierungen und Operationalisierung von overall firm performance / business performance, marketing performance und sales organization performance sind in vielen Arbeiten identisch oder sehr ähnlich.7 Ihnen ist gemein, das sie den Unternehmenserfolg als eine „summary evaluation of overall organizational outcomes“8 definieren. Nach Untersuchungen von AMBLER/KOKKINAKI9 sind Umsatz (sowie Umsatzwachstum), Marktanteil und Erfolgsbeitrag die am häufigsten in den einschlägigen Marketing-Journalen10 1 2
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Collis (1996), S. 154. Vgl. Fiol (1991), S. 191: „Sustainable competitive advantage is the unique position of a firm in relation to its competitors that allows it to outperform them consistently.“ Siehe ebenfalls Weerawardena (2003), S. 21. Vgl. Grant (1991), S. 118; Bharadwaj/Varadarajan/Fahy (1993), S. 87; Fahy/Smithee (1999), S. 4; Wiggins/ Ruefli (2002), S. 84 ff.; Weerawardena/O'Cass (2004), S. 422. Vgl. Vorhies/Harker (2000), S. 154. Vgl. Vorhies/Morgan (2005), S. 82, 85 und 92. Vgl. Baldauf/Cravens/Piercy (2001), S. 113 und 122. Siehe weiterhin Cravens et al. (1993), S. 55 und 58. Piercy/Cravens/Morgan (1999), S. 97. Vgl. Cravens et al. (1993), S. 55 und 58; Piercy/Cravens/Morgan (1999), S. 97; Baldauf/Cravens/Piercy (2001), S. 113 und 122. Cravens et al. (1993), S. 50. Siehe auch Churchill et al. (2000), S. 634; Grant/Cravens (1999), S. 945. Vgl. Ambler/Kokkinaki (1997). Dies waren das Journal of Marketing, Journal of Marketing Research, Journal of Consumer Research, Marketing Science, Journal of the Academy of Marketing Science, International Journal of Research in Marketing und das Strategic Management Journal. Vgl. Ambler/Kokkinaki (1997), S. 672.
Erfolgskonstrukt
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verwendeten Maße für den Marketingerfolg.1 Dies deckt sich mit der Bedeutung dieser Maße in der Praxis. Im Rahmen einer empirischen Studie konnten AMBLER/KOKKINAKI/PUNTONI2 feststellen, dass Gewinn bzw. Profitabilität, Umsatzvolumen, Bruttogewinn und Marktanteil (in Mengengrößen oder wertmäßig), die am meisten von den Unternehmen genutzten Marketingerfolgsmaße sind.3 Auch in der Flexibilitätsforschung sind Erfolgsmaße, die Markterfolg und Profitabilität widerspiegeln, von besonderer Bedeutung.4 Neben diesen Erfolgsmaßen ist sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis die Kundenzufriedenheit ein weiteres häufig verwendetes und wichtiges Maß für den Marketingerfolg (synonym: Vertriebserfolg)5. Dadurch wird erreicht die internen Erfolgsmaße durch ein externes Erfolgsmaß zu ergänzen.6 So messen BALDAUF/CRAVENS/PIERCY „sales unit effectiveness“ anhand der Dimensionen Umsatz und Marktanteil, Profitabilität und Kundenzufriedenheit.7 Ähnlich messen PIERCY/CRAVENS/MORGAN wie auch GRANT/CRAVENS „sales organization effectiveness“ anhand der Dimensionen Umsatzvolumen, Marktanteil, Profitabilität and Kundenzufriedenheit.8 Die Erfolgsmaße von CRAVENS ET AL. aus dem Jahr 1992 beinhalten Umsatzvolumen, Umsatzwachstum, Profitabilität und Kundenzufriedenheit.9 CRAVENS ET AL. betrachten „sales organization effectiveness“ als Erfolgsgröße und fassen darunter zum einen die „financial effectiveness“, welche Kennzahlen wie Umsatz, Umsatzwachstum, Profitabilität enthält, und „customer satisfaction effectiveness“, welche die Kundenzufriedenheit abbildet.10 Und schließlich betrachten VORHIES/MORGAN zur Messung ihrer „overall firm performance“ die drei Dimensionen Kundenzufriedenheit, Markteffektivität und Profitabilität.11 Insoweit soll in dieser Untersuchung der Unternehmenserfolg und damit der Erfolg der Marketingflexibilität anhand der Dimensionen „Profitabilität“ (z. B. ROI, Gewinn, Eigenkapitalrentabilität), „Markteffektivität“12 (z. B. Marktanteil und Absatzvolumina) sowie „Kundenzufriedenheit“ abgebildet werden, welche die wesentlichen Unternehmensziele darstellen und zur Erfolgsbeurteilung von Marketingfähigkeiten regelmäßig herangezogen werden.13 Die Konzeptionalisierung des Unternehmenserfolgs folgt also dem Zielansatz (engl. „goal appro-
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Vgl. Ambler/Kokkinaki (1997), S. 672. Zu dem gleichen Ergebnis kommen auch Day (1990) und Green/ Barclay/Ryans (1995). Vgl. Ambler/Kokkinaki/Puntoni (2004). Vgl. Ambler/Kokkinaki/Puntoni (2004), S. 489. Vgl. Vickery/Calantone/Dröge (1999), S. 19; Grewal/Tansuhaj (2001), S. 74; Johnson et al. (2003), S. 83 f. Vgl. Ambler/Kokkinaki (1997), S. 672; Ambler/Kokkinaki/Puntoni (2004), S. 489. Vgl. Grant/Cravens (1999), S. 947. Vgl. Baldauf/Cravens/Piercy (2001), S. 122. Vgl. Piercy/Cravens/Morgan (1999), S. 111; Grant/Cravens (1999), S. 951. Vgl. Cravens et al. (1992), S. 7. Vgl. Cravens et al. (1993), S. 58. Vgl. Vorhies/Morgan (2005), S. 85 und 92. Synonym wird häufig auch der Begriff „Markterfolg“ verwendet. Vgl. Vorhies/Morgan (2005), S. 82.
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Entwicklung des Untersuchungsmodells
ach“) von ETZIONI1. Es wird angenommen, dass Unternehmen Ziele verfolgen – unabhängig davon, ob dies bewusst erfolgt oder nicht und ob die Ziele von den Unternehmen selber oder von anderen definiert werden – und dass das Ausmaß des Erfolgs durch das Ausmaß der Erreichung dieser Ziele definiert wird. Daher wird – auch wenn primär der Marketingerfolg von Relevanz ist – in dieser Untersuchung wie auch bei AMBLER/KOKKINAKI und WEBSTER JR. nicht unterschieden zwischen strategischem Marketingerfolg, Unternehmenserfolg (business performance) und Marketingerfolg.2 Im Speziellen wird in dieser Untersuchung auf das Erfolgskonstrukt aus der aktuellsten der oben genannten Arbeiten, nämlich auf die Konzeptionalisierung von VORHIES/MORGAN zurückgegriffen. Demzufolge soll der Erfolg eines Unternehmens über die drei Dimensionen Kundenzufriedenheit, Markteffektivität und Profitabilität erfasst werden. Dabei wird der Erfolg eines Unternehmens in Relation zu den wichtigsten Wettbewerbern gemessen.3 Die Anwendung relativer Messinstrumente ist aus zwei Gründen sinnvoll. Einerseits können die Key Informants4 die Fragen beantworten, ohne vertrauliche Informationen über Umsatz und Gewinn zu offenbaren. Andererseits können so Verzerrungen beim Vergleich unterschiedlicher Branchen vermieden werden, da Unterschiede aufgrund der jeweiligen Branche und bezüglich der Wettbewerbsintensität in der Branche bei der Betrachtung relativer Größen nicht ins Gewicht fallen. Dies ist sinnvoll, da die Zielsetzung darin besteht, Gruppen von Unternehmen mit hoher und niedriger Performanz zu identifizieren und nicht genau zu messen, wie hoch der Unterschied zwischen den verschiedenen Unternehmen ist.5 Zusammenfassend lässt sich aus der dargelegten Argumentation die folgende deskriptive Untersuchungshypothese ableiten:
H6: Der Unternehmenserfolg ist ein mehrdimensionales Konstrukt 2. Ordnung und setzt sich aus den Dimensionen Kundenzufriedenheit, Markteffektivität und Profitabilität zusammen. Der Unternehmenserfolg soll dabei mittels einer subjektiven Einschätzung der Zufriedenheit der erreichten Ausprägungen im Vergleich zu den Wettbewerbern erhoben werden.6 Um die
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Vgl. Etzioni (1964). Vgl. Ambler/Kokkinaki (1997), S. 666; Webster Jr. (1992). So auch Cravens et al. (1992), S. 7; Buzzell/Gale (1987), S. 40. Zur Funktion des Key Informants und sehr Wahl für die vorliegende Untersuchung siehe ausführlich Abschnitt 4.2.2.1. Vgl. Cravens et al. (1992), S. 7. Vgl. Grewal/Tansuhaj (2001), S. 74; Vorhies/Morgan (2005), S. 82.
Determinanten der Marketingflexibilität
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Nachhaltigkeit des Wettbewerbsvorteils zu erfassen, wird um eine Einschätzung für die letzten drei Jahre gebeten.1 3.3
Determinanten der Marketingflexibilität
Die Frage, welche Faktoren zur Herausbildung der Flexibilität in einer Organisation führen, wird in der Flexibilitätsforschung immer wieder gestellt und gilt als ein wichtiges Element, welches von einer Flexibilitätstheorie beantwortet werden muss.2 Auch der ressourcentheoretische Ansatz beschäftigt sich mit der Frage, welche Eigenschaften und Faktoren die Herausbildung von dynamischen Fähigkeiten begünstigen.3 Erst durch ein Verständnis der Determinanten wird es letztendlich möglich, dynamische Fähigkeiten sowie ihre Erfolgswirkung vollständig zu erfassen.4 „Capabilities cannot function in isolation – they must fit with the broad context of the organization.“5 Zur Beantwortung der dritten Untersuchungsfragestellung sollen daher die zentralen Bestimmungsgrößen und Voraussetzungen der Marketingflexibilität identifiziert werden. Dabei lassen sich auf Basis des ressourcentheoretischen Ansatzes verschiedene Eigenschaften theoretisch deduzieren, welche die Herausbildung der Marketingflexibilität bestimmen. Diese Antezedenzien spiegeln dabei Sachverhalte wider, die sich begünstigend auf die Marketingflexibilität im Unternehmen auswirken und grenzen sich insofern, von der Marketingflexibilität ab, als sie keine Routinen des Managements der Marketingflexibilität betreffen. Im Folgenden sollen daher zunächst die Determinanten der Unternehmenskultur (Abschnitt 3.3.1), der Organisationsstruktur (Abschnitt 3.3.2) und der Unternehmenshistorie (Abschnitt 3.3.3) aus der Theorie abgeleitet werden. Abschließend wird dann auf die Wirkung der Produktionsressourcen (Abschnitt 3.3.4) und der Marketingressourcen (Abschnitt 3.3.5) auf die Marketingflexibilität eingegangen. 3.3.1
Unternehmenskultur
Der Unternehmenskultur wird ebenso wie der Organisationsstruktur eine besonders große Bedeutung als Ressource im Unternehmen beigemessen.6 Beide lassen sich den strukturalen
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Als Nachhaltig ist ein Wettbewerbsvorteil zu bewerten, wenn dieser eine längere zeitliche Periode überdauert. Vgl. dazu beispielsweise Reed/DeFillippi (1990), S. 98; Wiggins/Ruefli (2002), S. 84 ff. Vgl. Koste/Malhotra (1999a), S. 5. Siehe dazu auch Abschnitt 2.1.2. Vgl. Kor/Mahoney (2005), S. 489 f. Vgl. Teece/Pisano (1994), S. 548 der ausführt: „Each component of this capability framework needs to be analyzed in a strategic audit. We submit that if one can identify each of these components and understand their interrelationships, one can at least predict the performance of the firm under various assumptions about changes in the external environment.“ Iansiti/Clark (1994), S. 565. Vgl. Barney (1986a), S. 663; Barney (1991), S. 101; Barney (1992), S. 50.
88
Entwicklung des Untersuchungsmodells
Ressourcen eines Unternehmen zuordnen.1 Sowohl die Unternehmenskultur als auch die Organisationsstruktur werden zu jenen Ressourcen gezählt, welche die Unternehmensprozesse und damit organisationalen Fähigkeiten in besonderer Weise bestimmen.2 Dabei ist die Unternehmenskultur ein Beispiel „für hochgradig sozial komplexe Ressourcen. Diese sind oft nur langfristig zu verändern, basieren auf vielschichtigen, rückgekoppelten sozialen Interaktionsprozessen und sind deshalb sehr schwer imitierbar.“3 Man kann der Ressource Unternehmenskultur somit die VRIN-Attribute beimessen. Die Unternehmenskultur wird allgemein als „complex set of values, beliefs, assumptions, and symbols that define the way in which a firm conducts its business“ verstanden.4 Dabei beeinflusst die Unternehmenskultur nicht nur stark die Wahl von Unternehmenszielen, sondern auch die Wahl der Mittel, diese Ziele zu erreichen.5 Zu diesen Mitteln der Zielerreichung gehören die organisationalen Prozesse, deren Art und Ausmaß demnach von der Organisationskultur stark beeinflusst werden.6 Dies geschieht durch die Unterstützung der organisationalen Prozesse aufgrund der in der Unternehmenskultur verankerten Normen und Werte, die als Leitlinien der Entscheidungsfindung und Handlungsausrichtung fungieren.7 Somit werden die dynamischen Fähigkeiten und damit die Marketingflexibilität ebenfalls durch die Unternehmenskultur determiniert, da sie sich durch organisationale Prozesse konstituieren. LEONARDBARTON veranlasst dies zu der Aussage, dass „values, norms and attitudes […] support a core capability“.8 Die Organisationskultur ist somit als eine Schlüsselressource im Unternehmen aufzufassen9 und stellt eine wichtige Determinante der Marketingflexibilität dar.10 In empirischen Untersuchungen zur Flexibilität im Unternehmen kommt der Ressource Unternehmenskultur als einer der wichtigsten Ressourcenpositionen ein hoher Erklärungsanteil zu.11 Die Unternehmenskultur determiniert, inwieweit die Mitarbeiter im Unternehmen gegenüber Veränderung und Flexibilität aufgeschlossen bzw. grundsätzlich positiv eingestellt sind. Eine solche offene Unternehmenskultur beinhaltet Teamorientierung und ein gewisses 1 2 3 4
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Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 521 f. Vgl. Jayachandran et al. (2005), S. 179; Menguc/Auh (2006), S. 65. Burmann (2002), S. 148. Barney (1986a), S. 657. Vgl. auch Smircich (1993), S. 344; Deshpandé/Webster Jr. (1989), S. 3; O'Reilly III/Chatman/Caldwell (1991), S. 491; Deshpandé/Farley/Webster Jr. (1993), S. 24; Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 520; Smith/Collins/Clark (2005), S. 349. Vgl. Jayachandran et al. (2005), S. 179. Vgl. Moorman (1995), S. 320; Hurley/Hult (1998), S. 43. Vgl. Rühli (1992), Sp. 1173; Teece (1996), S. 205. Leonard-Barton (1992), S. 119. Vgl. ähnlich auch Eriksen/Mikkelsen (1996), S. 61; Teece (1996), S. 206; Coombs/Metcalfe (2000), S. 219; Gold/Malhotra/Segars (2001), S. 189; Verona/Ravasi (2003), S. 601. Vgl. Barney (1986a), S. 663; Wernerfelt (1989), S. 7;Barney (1991), S. 101; Barney (1992), S. 50; Hall (1993), S. 610 ff.; Teece (1996), S. 206; Hult/Ketchen Jr./Nichols Jr. (2002), S. 578; Verona/Ravasi (2003), S. 601. Vgl. Volberda (1996a), S. 237 f.; Volberda (1996b), S. 364 f. Vgl. Burmann (2002), S. 327 ff. Siehe auch Eppink (1975), S. 7 f.; Eppink (1978), S. 11 f.
Determinanten der Marketingflexibilität
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Maß an Risikofreude.1 Als ein Proxi für eine offene Organisationskultur, die Flexibilität und Aufgeschlossenheit gegenüber Veränderung erfasst, lässt sich die „adhocracy culture“ von DESHPANDÉ/FARLEY/WEBSTER JR. heranziehen. Diese „adhocracy culture, emphasizes values of entrepreneurship, creativity, and adaptability. Flexibility and tolerance are important beliefs and effectiveness is defined in terms of finding new markets and new directions for growth.”2 Zusammenfassend sollen die beiden folgenden explikativen Untersuchungshypothesen zur Determinante Unternehmenskultur formuliert werden:
H7: Die Unternehmenskultur determiniert die strategische Marketingflexibilität. Je offener die Unternehmenskultur für Veränderungen ist, desto höher ist die strategische Marketingflexibilität. H8: Die Unternehmenskultur determiniert die operative Marketingflexibilität. Je offener die Unternehmenskultur für Veränderungen ist, desto höher ist die operative Marketingflexibilität. 3.3.2 Organisationsstruktur Neben der bereits diskutierten Unternehmenskultur wurde die Organisationsstruktur als eine weitere bedeutende strukturale Ressource im Unternehmen identifiziert, welche die Unternehmensprozesse und damit die dynamischen Fähigkeiten in herausragender Weise bestimmt.3 Die organisatorischen Strukturen gehören zu den internen immateriellen Ressourcen eines Unternehmens und erfüllen aufgrund ihrer historischen Bedingtheit die VRINAttribute.4 Die klassische Definition der Organisationsstruktur stammt von CHANDLER: „Structure can be defined as the design of organization through which the enterprise is administered. This design, whether formally or informally defined, has two aspects. It includes, first, the lines of authority and communication between the different administrative offices and officers and, second, the information and data that flow through these lines of communication and authority.“5 Die formalen Strukturen und Abläufe eines Unternehmens stellen die bewusst gestaltete Organisation dar. Während die Abläufe bereits in den vorherigen Abschnitten durch die Prozesse und Routinen der Marketingflexibilität berücksichtigt wurden (Ablauforganisation), bezieht sich dieser Abschnitt lediglich auf die Organisationsstruktur (Aufbauorganisation).
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Vgl. Smith/Collins/Clark (2005), S. 349 f. Vgl. Deshpandé/Farley/Webster Jr. (1993), S. 26. Vgl. Barney (1991), S. 101; Jayachandran et al. (2005), S. 179. Vgl. Becker (2004), S. 295. Vgl. Chandler (1966), S. 14.
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Entwicklung des Untersuchungsmodells
In Anlehnung an BURMANN soll die Organisationsstruktur anhand folgender drei Merkmale konzeptionalisiert werden: Anzahl der Hierarchieebenen, Grad der Formalisierung organisatorischer Abläufe und Grand der Entscheidungszentralisation.1 Die Anzahl der Hierarchieebenen kann dabei als Maß für die Größe eines Unternehmens interpretiert werden. Der Formalisierungsgrad beschreibt hingegen, inwieweit formale im Gegensatz zu informalen Kommunikations- und Entscheidungswege in einem Unternehmen genutzt werden. Der Zentralisierungsgrad beschreibt in welchem Ausmaß Teilaufgaben, die hinsichtlich eines Merkmals gleichartig sind, zentral zusammengefasst sind. Bei einer Dezentralisierung (niedriger Zentralisierungsgrad) werden gleichartige Aufgaben getrennt und in verschiedenen Einheiten innerhalb der Organisation wahrgenommen.2 Aufgaben werden somit eher delegiert. Dabei ergeben sich durch die Dezentralisierung Entlastungs-, Kommunikations- sowie Motivationsvorteile.3 Als Nachteil einer Dezentralisierung stellen sich hingegen vor allem das Auftreten potenzieller Doppelarbeiten, Konformität bei der Willensbildung sowie erschwerte Kontrolle der delegierten Aufgaben dar.4 Einer sehr zentralistischen Organisationsstruktur mit zahlreichen Hierarchieebenen und hohen Formalisierungsgrad kann dazu führen, dass die Organisationsmitglieder weit entfernt vom Kunden agieren. Ihnen entgeht somit das unmittelbare Feedback vom Markt, der den Mitarbeitern ein schnelles, unverzerrtes und daher besonders glaubwürdiges Bild von der Aktualität und ökonomischen Wertigkeit der eigenen Fähigkeiten erlaubt.5 Neben einer Störung der Wissensabsorption kann es auch zu einer Beeinträchtigung des effektiven Wissenstransfers im Unternehmen und somit insgesamt zu einer Reduktion des Handlungspotenzials kommen.6 Die Routinen, die dem Unternehmen eine Anpassung an Veränderungen in der Unternehmensumwelt und damit die Marketingflexibilität erlauben, werden somit beeinträchtigt.7 Eine Flexibilität unterstützende Organisationsstruktur ermöglicht es einem Unternehmen auch bei starken Veränderungen in der Unternehmensumwelt erfolgreich zu sein.8 Diese erfordert neben dezentrale Entscheidungsfindung, geringe Formalisierung und eine hohe Durchlässigkeit der Unternehmensgrenzen.9 Dies konnte auch in empirischen Untersuchungen zur Flexibilität im Unternehmen belegt werden.10 Ein hoher Grad der Entscheidungszentralisation und der
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Vgl. Burmann (2002), S. 383. Vgl. Beuermann (1992), Sp. 2613; Hill/Fehlbaum/Ulrich (1994), S. 174 ff.; Bühner (1999), S. 125. Vgl. Bühner (1999), S. 128. Vgl. Staehle (1999), S. 699. Vgl. Burmann (2002), S. 312. Vgl. Nahapiet/Ghoshal (1998), S. 251; Burmann (2002), S. 224 ff.; 261. Vgl. Miles/Miles/Snow (1998), S. 97 f., 104 f. Vgl. Volberda (1996a), S. 237 f.; Volberda (1996b), S. 364; Foss (2003), S. 331 ff. Vgl. Overholt (1997), S. 22 ff.; Hatum/Pettigrew (2006), S. 117. Vgl. Hatum/Pettigrew (2006), S. 125 ff.
Determinanten der Marketingflexibilität
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Formalisierung kann sich somit negativ auf die Marketingflexibilität eines Unternehmens auswirken.1 Aufbauend auf diesen Überlegungen können die folgenden explikativen Untersuchungshypothesen abgeleitet werden:
H9: Die Organisationsstruktur determiniert die strategische Marketingflexibilität. Je flacher und durchlässiger die Organisationsstruktur ist, desto höher ist die strategische Marketingflexibilität. H10: Die Organisationsstruktur determiniert die operative Marketingflexibilität. Je flacher und durchlässiger die Organisationsstruktur ist, desto höher ist die operative Marketingflexibilität. 3.3.3 Unternehmenshistorie Eine weitere wichtige Determinante der Marketingflexibilität, die auf Basis des DynamicCapability-Ansatzes hergeleitet werden soll, ist die Unternehmenshistorie. Hierzu wurde bereits auf Basis des Konzepts der Pfadabhängigkeiten die positive Wirkung von Erfahrung auf dynamische Fähigkeiten fundiert: „The notion of path dependencies recognizes that ‚history matters.’“2 Die gegenwärtigen Handlungsoptionen eines Unternehmens sind im hohen Maße durch dessen Entwicklung in der Vergangenheit determiniert.3 BURMANN führt dazu aus: „Die historische Entwicklung eines Unternehmens begrenzt die ‚dynamic capabilities’ eines Unternehmens in starkem Maße“.4 Ursache hierfür ist das lokale Lernverhalten von Unternehmen. Die Gelegenheiten für das Lernen sind stark von den vergangenen Aktivitäten im Unternehmen abhängig und werden daher stark von den vergangenen Erfahrung mit Umfelddynamik, der daraus resultierenden Unsicherheit und Flexibilität geprägt sein, da das Lernen ein Prozess von Versuch, Informationsrückkopplung und Bewertung ist.5 Ein Unternehmen sieht sich somit über den Verlauf der Zeit einer größeren Anzahl von verschiedenen Kombinationen aus Prozessen, Inputs und Ergebnissen ausgesetzt und erhält mit der zunehmenden Erfahrung vermehrt die Möglichkeit, Rückschlüsse über die Effizienz und Effektivität seiner Routinen zu ziehen und anschließend die besten auszuwählen.
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Vgl. Eppink (1975), S. 9 f.; Eppink (1978), S. 12; Meffert (1985b), S. 10 f.; Kim (1991), S. 8; Hatum/Pettigrew (2006), S. 117. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 522. Vgl. Sambamurthy/Bharadwaj/Grover (2003), S. 241. Burmann (2002), S. 171. Vgl. Teece (1988); Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 523.
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Entwicklung des Untersuchungsmodells
Da effektives organisationales Lernen neuer Sachverhalte nur innerhalb bestimmter Grenzen möglich ist, kann sich ein Unternehmen nur einem beschränkten Neuigkeitsgrad aussetzen.1 Wenn sich das Aktionsfeld eines Unternehmens zu drastisch verändert, d. h. also zu viele Parameter gleichzeitig verändert werden, wird es für ein Unternehmen zunehmend schwieriger, Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zu erkennen und die entsprechende Aktivität effizient und effektiv durchzuführen.2 Weiterhin werden die gegenwärtigen Möglichkeiten eines Unternehmens durch die irreversiblen Investitionsentscheidungen der Vergangenheit und den damit verbundenen hohen Sunk- und Switching-Kosten bestimmt.3 Übertragen auf den Kontext dynamischer Fähigkeiten bedeutet dies, dass ein Unternehmen bereits über gewisse Erfahrung mit jenen organisationalen Prozessen verfügen muss, welche die dynamische Fähigkeit konstituieren.4 Um die Prozesse effizient und effektiv durchführen zu können, müssen sie zuvor wiederholt ausgeübt worden sein:5 „The seeds of today‘s capabilities are shown in yesterday‘s experience.“6 Demnach stellt die Erfahrung eine wichtige Determinante dynamischer Fähigkeiten dar.7 Diese positive Wirkung der Erfahrung lässt sich analog auch auf die Flexibilität als organisationale Fähigkeit des Unternehmens übertragen.8 Die Erfahrungen mit Umweltdynamik und daraus resultierender Umweltunsicherheit sind ein entscheidender Auslöser von Flexibilisierungsbemühungen und des Aufbaus von Flexibilitätspotenzialen im Unternehmen. Ein Unternehmen, das mit einer großen Zahl von Flexibilisierungsanlässen konfrontiert wird, entwickelt ein breites Repertoire an eigenen Routinen des Managements der Marketingflexibilität. Hiervon sind sowohl die operative Marketingflexibilität als auch die strategische Marketingflexibilität, mit ihren Routinen der Wahrnehmung, des Lernens als auch der Koordination, betroffen. Als Folge des Aufbaus dieser Routinen gilt, dass Unternehmen mit einem reichhaltigen Erfahrungsschatz mit der Flexibilität im Marketing zu einem effizienteren und effektiveren Einsatz der Marketingflexibilität in der Lage sind und somit eine höhere Marketingflexibilität aufweisen. Die Unternehmenshistorie kann folglich als zentrale Determinante der Marketingflexibilität angesehen werden. Dabei soll die Unternehmenshistorie als Ausdruck der kumulierten Erfahrungen mit Umweltdynamik, Unsicherheit und Marketingflexibilität in der
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Vgl. von Weizsäcker (1974), S. 99; Kogut/Zander (1992), S. 392; Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 523. Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 523. Vgl. Caves/Ghemawat (1992), S. 2; zu Knyphausen (1993), S. 781 ff.; Rasche (1994), S. 71 f.; Ghemawat/del Sol (1998), S. 28. Vgl. Teece/Pisano (1994), S. 553; Burmann (2002), S. 171. Vgl. Cohen/Levinthal (1990), S. 135 f.; Rasche (1994), S. 80 f.; Teece/Pisano (1994), S. 545; Freiling (2001a), S. 148 f.; Winter (2003), S. 993. Pisano (2000), S. 150. Vgl. ebenfalls Grant (1991), S. 123; Teece/Pisano (1994), S. 553; Eisenhardt/Martin (2000), S. 1114; Freiling (2001a), S. 130. Vgl. Eisenhardt/Martin (2000), S. 1117. Vgl. Burmann (2002), S. 167 ff.
Determinanten der Marketingflexibilität
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Vergangenheit aufgefasst werden. Die entsprechenden explikativen Untersuchungshypothesen lauten folgerichtig:
H11: Die Unternehmenshistorie determiniert die strategische Marketingflexibilität. Je mehr Erfahrungen ein Unternehmen in der Vergangenheit mit Umfelddynamik und Flexibilität gesammelt hat, desto höher ist die strategische Marketingflexibilität. H12: Die Unternehmenshistorie determiniert die operative Marketingflexibilität. Je mehr Erfahrungen ein Unternehmen in der Vergangenheit mit Umfelddynamik und Flexibilität gesammelt hat, desto höher ist die operative Marketingflexibilität. 3.3.4 Produktionsressourcen Die Marketingflexibilität kann als Resultat spezifischer Ressourcen und Fähigkeiten eines Unternehmens interpretiert werden:1 „flexibility depends significantly on the firm’s resource portfolio.“2 Ressourcenreiche Firmen besitzen eine höhere Flexibilität und somit auch eine höhere Marketingflexibilität. Neben der bereits identifizierten Unternehmenskultur und der Organisationsstruktur als Ausdruck von strukturalen Ressourcen sind die Produktionsressourcen bzw. technologische Ressourcen eine weitere wichtige Ressourcenkategorie.3 Auch in der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung stellen die Produktionsressourcen eine wichtige und oftmals untersuchte Antezedente von Flexibilität im Unternehmen dar. Dabei stehen insbesondere die fortschrittlichen Produktionstechnologien im Zentrum der Diskussion.4 Sie werden als Enabler der Flexibilität im Unternehmen gesehen5, wobei ihre positive Wirkung auch in empirischen Untersuchungen bestätigt werden konnte.6 Eine fortschrittliche Produktionstechnologie ist dabei Ausdruck von technologischen und komplementären Ressourcen, die das Reaktionsvermögen auf Umfeldveränderungen erhöhen.7 In Beiträgen zum RBV werden Produktionsressourcen immer wieder als wichtige Ressourcenkategorie für einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil genannt.8
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Vgl. Sanchez (1993), S. 252. Johnson et al. (2003), S. 78. Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 521 die sie auch als „Kronjuwelen“ eines Unternehmens bezeichnen. Vgl. Kim (1991), S. 9; Hitt/Keats/DeMarie (1998), S. 31 f.; Narasimhan/Talluri/Das (2004), S. 93. Vgl. Browne et al. (1984), S. 114; Swamidass/Newell (1987), S. 510; Swamidass (1988), S. 14 ff.; Meredith (1988), S. 3 ff.; Lei/Goldhar (1990), S. 195 ff.; Volberda (1996a), S. 237 ff.; Volberda (1996b), S. 364; Lei/Hitt/Goldhar (1996), S. 502, 505; Hitt/Keats/DeMarie (1998), S. 31. Vgl. Safizadeh et al. (1996); McDermott/Greis/Fischer (1997). Vgl. Hitt/Keats/DeMarie (1998), S. 31. Vgl. Amit/Schoemaker (1993); Teece/Pisano (1994); Chatterjee/Wernerfelt (1991).
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Entwicklung des Untersuchungsmodells
Produktionsressourcen sollen im Rahmen der Untersuchung als das Ausmaß des Zugriffs auf fortschrittliche Produktionstechnologien definiert werden. Dabei umfasst „The term ‚ad-
vanced manufacturing technology’ includes computer controlled systems used for design and manufacture, current management practices such as JIT production, and the use of real-time information to eliminate waste and implement a pull system in a plant.“1 Dabei erfordern die fortschrittlichen Produktionsressourcen „coordination amongst manufacturing personnel and […] complex linkages with other parts of the firm such as sales and marketing systems“2 Die Produktionsressourcen sind damit nicht handelbar, da sie nicht nur historisch gewachsen, sondern auch sozial komplex und fest im Unternehmen verankert sind. Damit lassen sich den Produktionsressourcen auch die VRIN-Attribute unterstellen. Aufbauend auf diesen Überlegungen lassen sich folgende explikative Untersuchungshypothesen ableiten:
H13: Die Produktionsressourcen determinieren die strategische Marketingflexibilität. Je überragender die Produktionsressourcen sind, desto höher ist die strategische Marketingflexibilität. H14: Die Produktionsressourcen determinieren die operative Marketingflexibilität. Je überragender die Produktionsressourcen sind, desto höher ist die operative Marketingflexibilität. 3.3.5 Marketingressourcen Die letzte wichtige Determinante der Marketingflexibilität, die auf Basis des DynamicCapability-Ansatzes hergeleitet werden soll, stellen die Marketingressourcen eines Unternehmens dar. Im Sinne von TEECE/PISANO/SHUEN handelt es sich bei Marketingressourcen um reputationale Ressourcen sowie Marktstrukturressourcen.3 Marketingressourcen besitzen dabei für das Unternehmen eine nicht zu unterschätzende Bedeutung: „Among the various resources that can be owned by firms, marketing resources have been recognized as a crucial subset.“4 Auch in der Flexibilitätsforschung wird die besondere Bedeutung der Marketingressourcen für die Flexibilität im Unternehmen erkannt und festgestellt: „these resources lie at the heart of the firm‘s competitive position.“5
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Narasimhan/Talluri/Das (2004), S. 93. Siehe auch Hitt/Keats/DeMarie (1998), S. 31 f. Capron/Dussauge/Mitchell (1998), S. 635. Siehe auch Hayes/Wheelwright (1988); Tranfield et al. (1991), S. 216; Chi (1994); Lei/Hitt/Goldhar (1996), S. 511 ff. Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 521. Capron/Hulland (1999), S. 41. Siehe weiterhin Dierickx/Cool (1989), S. 1504 ff.; Kapferer (1992); Day (1994a), S. 38; Homburg/Bucerius (2005), S. 96. Johnson et al. (2003), S. 78.
Determinanten der Marketingflexibilität
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Marketingressourcen sind zum einen „outcomes of the relationship between a firm and key external stakeholders”1, d. h. sie stellen beziehungsbasierte (relationale) Marketingressourcen dar. Zum anderen umfassen die Marketingressourcen die Wissensbasis des Unternehmens, d. h. sie stellen intellektuelle Marketingressourcen dar.2 Weiterhin kann man Marketingressourcen als „those resources that can create value in the market place“3 charakterisieren. Sie verkörpern „the resource endowments the firm has acquired or built over time and that can be deployed to advantage in the market place.”4 Marketingressourcen entstehen durch die Beziehungen des Unternehmens zu seinen externen Stakeholdern in den Absatz- oder Beschaffungsmärkten sowie in der weiteren Unternehmensumwelt.5 Die Determinante Marketingressourcen soll daher im Rahmen der Untersuchung als das Ausmaß des Besitzes überragender Marketingressourcen definiert werden. Zu diesen immateriellen Marketingressourcen, die ein Unternehmen entwickeln und nutzen kann, gehören unter anderem Image und Bekanntheitsgrad von Produkt- und Unternehmensmarken im Absatzmarkt, Qualität und Größe des Kundenstamms, der Reputation des Unternehmens bei Lieferanten, Banken, potenziellen Arbeitnehmern und anderen relevanten Anspruchsgruppen. Aber auch das akkumulierte Expertenwissen im Marketing sowie die Vertriebsorganisation des Unternehmens zählt hierzu.6 Dabei kann man konstatieren, dass „marketing resources have been identified as resources that meet the previously mentioned requirements [VRIN-Attribute, Anmerkung des Verfassers] for relevancy for firm performance.“7 Marketingressourcen sind überwiegend nicht nur nicht handelbar, sondern sie sind darüber hinaus historisch gewachsen und sozial komplex und somit fest im Unternehmen verankert.8 Dabei gelten die VRIN-Attribute insbesondere für die beziehungsbasierten (relationalen) Marketingressourcen, wie der Kundenbeziehungen sowie den Produkt- und Unternehmensmarken, denen daher eine verstärkte Aufmerksamkeit
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Srivastava/Shervani/Fahey (1998), S. 5. Vgl. Hunt/Morgan (1995), S. 10 ff.; Sanchez/Heene/Thomas (1996), S. 7; Srivastava/Shervani/Fahey (1998), S. 4 f.; Capron/Hulland (1999), S. 43 f. Hooley et al. (2001), S. 507. Hooley et al. (2001), S. 508. Vgl. Sanchez/Heene (1996), S. 42; Srivastava/Shervani/Fahey (1998), S. 5 f.; Slotegraaf/Moorman/Inman (2003), S. 300. Vgl. Capron/Dussauge/Mitchell (1998), S. 635; Srivastava/Shervani/Fahey (1998), S. 4 f.; Götze/Mikus (1999), S. 37; Hooley et al. (2001), S. 508; Johnson et al. (2003), S. 78.; Homburg/Bucerius (2005), S. 96; Hooley et al. (2005), S. 19 f. Homburg/Bucerius (2005), S. 96. Siehe auch Capron/Hulland (1999), S. 44. Vgl. Capron/Dussauge/Mitchell (1998), S. 635; Capron/Hulland (1999), S. 43 f.
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Entwicklung des Untersuchungsmodells
entgegengebracht wird.1 In empirischen Untersuchungen konnte man nachweisen, dass Marketingressourcen einen starken Einfluss auf den Unternehmenserfolg haben.2 Basierend auf den Ausführungen sollen folgende explikative Untersuchungshypothesen zur Determinante der Marketingressourcen aufgestellt werden:
H15: Die Marketingressourcen determinieren die strategische Marketingflexibilität. Je überragender die Marketingressourcen sind, desto höher ist die strategische Marketingflexibilität. H16: Die Marketingressourcen determinieren die operative Marketingflexibilität. Je überragender die Marketingressourcen sind, desto höher ist die operative Marketingflexibilität. 3.4
Moderierende Effekte
Wenn man sich mit der Analyse organisationaler Fähigkeiten wie der Marketingflexibilität beschäftigt, so wird durch die ressourcentheoretischen Literatur wiederholt gefordert, verstärkt auch den spezifischen Unternehmenskontext zu berücksichtigen.3 Insbesondere bei der Abschätzung der Werthaltigkeit organisationaler Fähigkeiten wird zur Modellierung moderierender Variablen angehalten. Auch die Flexibilitätsliteratur fordert explizit zur Berücksichtung des Flexibilitätsbedarfs bei der Untersuchung der Erfolgswirkung der Flexibilität auf. Dieser Forderung soll mit dem nachfolgenden Abschnitt nachgekommen werden, indem zur Beantwortung der vierten Forschungsfrage der Einfluss moderierender Faktoren auf die Beziehung zwischen Marketingflexibilität und dem Unternehmenserfolg betrachtet wird. Dabei wurde mit der Umfelddynamik und der daraus resultierenden Unsicherheit der wohl wichtigste Faktor identifiziert, der den Flexibilitätsbedarf im Unternehmen determiniert und die Erfolgswirkung der Flexibilität beeinflusst.4 Den dynamischen Fähigkeiten wird insbesondere bei hoher Umfelddynamik eine besondere Bedeutung zugesprochen.5 Dabei bezieht sich die Umfelddynamik auf das Ausmaß und die
1
2
3
4
5
Vgl. Srivastava/Shervani/Fahey (1998), S. 6; Gouthier/Schmid (2001), S. 229 ff.; Gouthier/Schmid (2003), S. 119 ff.; Mellewigt/Nothnagel (2004), S. 216 ff. Vgl. Dutta/Narasimhan/Rajiv (1999), S. 564; Slotegraaf/Moorman/Inman (2003), S. 303; Hooley et al. (2005), S. 25. Vgl. Brush/Artz (1999), S. 223 f.; Priem/Butler (2001), S. 32; Aragón-Correa/Sharma (2003), S. 75; Song et al. (2005), S. 262. Flexibilitätsbedarf ist neben den Zielen und verfolgten Strategien insbesondere vom situativen Umfeld des Unternehmens abhängig. Vgl. Meffert (1985a), S. 124; Thielen (1993), S. 94. Siehe hierzu auch die Abschnitte 1.1.1, 1.2 und 2.2.1.3.2.2. Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 509 ff.; Eisenhardt/Martin (2000), S. 1106; Danneels (2002), S. 1095.
Moderierende Effekte
97
Häufigkeit unvorhergesehener Änderungen im Unternehmensumfeld.1 Neben der Unsicherheit im Verhalten der Marktteilnehmer bzw. Unternehmenspartner, gibt es auch Unsicherheiten, die sich aus der weiteren Unternehmensumwelt ergeben.2 Die Dynamik in der Unternehmensumwelt ist somit durch eine Reihe verschiedener Faktoren determiniert. Dabei haben die Mikrofaktoren der Unternehmensumwelt einen unmittelbaren und besonders starken Einfluss auf das Unternehmen (vgl. Abbildung 16).
Mikrofaktoren der Unternehmensumwelt Kunden Lieferanten
nationale und internationale Wirtschaft
Wettbewerber
Sozialstruktur
Umfelddynamik
demografische Struktur
Technologie
Makrofaktoren der Unternehmensumwelt
Regierung
natürliche Umwelt
Makrofaktoren der Unternehmensumwelt
Abbildung 16: Quellen der Umfelddynamik3
Untersuchungen haben gezeigt, dass sich die Unternehmen aufgrund ihrer Bedeutung insbesondere auf vier Quellen der Umweltunsicherheit konzentrieren: Kunden, Lieferanten, Wettbewerber und Technologie.4 Die Umfelddynamik lässt sich somit weiter konkretisieren und als das Ausmaß und die Häufigkeit unvorhergesehener Änderungen bei den Kunden, Lieferanten, Wettbewerber und Technologie definieren.5 Die Unsicherheit bei Kunden ist dabei durch das Ausmaß und die Häufigkeit unvorhergesehener Änderungen bei den Kundenbedürfnissen, den Präferenzen und dem Kaufverhalten bestimmt.6 Die Unsicherheit bei den Lieferanten ist hingegen durch das Ausmaß und die Häufigkeit unvorhergesehener Änderungen in den Lieferungen von Lieferanten, dem Design und den Produktionskapazitäten bestimmt.7 Die Unsicherheit aufgrund von Wettbewerbern ist wiederum durch das das Ausmaß und die 1
2 3 4 5
6 7
Vgl. Miller (1987), S. 74; Teece/Pisano (1994), S. 538; Jap (1999), S. 464; Wiklund/Shepherd (2003), S. 1925 f.; Sidhu/Volberda/Commandeur (2004), S. 918. Vgl. Rese/Roemer (2004), S. 501. In Anlehnung an Grant (2002), S. 67. Vgl. Child (1972), S. 2; Ettlie/Reza (1992), S. 795; Zhang/Vonderembse/Lim (2002), S. 564. Vgl. Cyert/March (1963); Skinner (1985), S. 64 ff.; Doll/Vonderembse (1991), S. 401 f.; Loch/Stein/Terwiesch (1996), S. 4; Zhang/Vonderembse/Lim (2002), S. 562. Vgl. Bacon et al. (1994), S. 40 ff.; Gerwin (1987), S. 39 f.; Khurana/Rosenthal (1997), S. 105. Vgl. Gerwin (1987), S. 39 f.; Khurana/Rosenthal (1997), S. 105.
98
Entwicklung des Untersuchungsmodells
Häufigkeit unvorhergesehener Änderungen in dem Verhalten der Wettbewerber und ihrer Aktionen hinsichtlich Produktentwicklung und Technologieadaption bestimmt.1 Die Unsicherheit in der technologischen Entwicklung ist schließlich durch das Ausmaß und die Häufigkeit unvorhergesehener Änderungen der technologischen Basis in der Branche determiniert.2 Diese vier Quellen der Änderung in der Unternehmensumwelt und der damit verbunden Unsicherheit lassen sich weiter zu zwei Clustern – Marktdynamik und Technologiedynamik – verdichten.3 Dabei wird die Unsicherheit aufgrund der Marktdynamik durch das Ausmaß und die Häufigkeit unvorhergesehener Änderungen in der Marktnachfrage und Aktionen von Wettbewerbern im Umfeld des Unternehmens und die Unsicherheit aufgrund der Technologiedynamik durch das Ausmaß und die Häufigkeit unvorhergesehener Änderungen im Unternehmensumfeld aufgrund technologischer Durchbrüche bestimmt. Der Großteil der ressourcentheoretischen Diskussion zum Einfluss von Umfelddynamik konzentriert sich auf die Relevanz dynamischer Fähigkeiten für den Wettbewerbsvorteil von Unternehmen.4 Dabei wird unterstellt, dass bei hoher Umfelddynamik die dynamischen Fähigkeiten von besonders großer Erfolgsrelevanz sind: „Moreover, in high-velocity industries […] the ability to engage in rapid and relentless continuous change is a crucial capability for survival.“5 Gerade in Situationen, die durch schnelle und zum Teil unvorhersehbare Änderungen im Unternehmensumfeld gekennzeichnet sind, wird die bestehende Ressourcen- und Fähigkeitenbasis eines Unternehmens besonders schnell obsolet.6 Für die Unternehmen besteht daher fortwährend eine Diskrepanz zwischen den existierenden und den für die derzeitige Situation idealen Ressourcen und Fähigkeiten.7 Das Unternehmen muss folglich ständig seine Ressourcen- und Fähigkeitenbasis an die neuen Anforderungen anpassen, um weiterhin am Markt bestehen zu können: „But in a context where technological, regulatory, and competitive conditions are subject to rapid change, persistence in the same operating routines quickly becomes hazardous.“8
1 2 3 4
5
6 7 8
Vgl. Gupta/Wilemon (1990), S. 24; Khurana/Rosenthal (1997), S. 105. Vgl. Gerwin/Tarondeau (1982); Gupta/Wilemon (1990), S. 24; Bensaou (1997), S. 110. Vgl. Jap (2001), S. 24; Pavlou/El Sawy (2005), S. 19; Pavlou/El Sawy (2006b), S. 209. Gleichzeitig fungieren die Umfelddynamik und die daraus resultierende Umweltunsicherheit auch als Anreiz zur Bildung von dynamischen Fähigkeiten. Vgl. Eisenhardt/Martin (2000), S. 1110 ff.; Zollo/Winter (2002), S. 341; Pavlou/El Sawy (2005), S. 19. Brown/Eisenhardt (1997), S. 1. Siehe auch Bensaou/Venkatraman (1995), S. 1471 ff.; Winter (2003), S. 994; Van Den Bosch/Volberda/De Boer (1999), S. 552. Vgl. Tushman/Nelson (1990), S. 1 ff.; Meyer/Utterback (1993), S. 35. Vgl. Fredrickson/Mitchell (1984), S. 404 f.; Pavlou/El Sawy (2005), S. 20. Zollo/Winter (2002), S. 341.
Moderierende Effekte
99
Dagegen sind dynamische Fähigkeiten in stabilen Märkten nicht sonderlich wettbewerbsrelevant und können sich sogar negativ auf den Unternehmenserfolg auswirken.1 Mit der Entwicklung, der Implementierung und der Nutzung von organisationalen Routinen sind stets Kosten verbunden. Die entsprechende Fähigkeit muss daher auch oft genug zum Einsatz kommen, damit diese Investitionen ökonomischen Sinn machen. Bietet sich kein Anlass zu einer Veränderung der Ressourcen- und Fähigkeiten und damit zum Einsatz der dynamischen Fähigkeit, so führen die dynamischen Fähigkeiten nicht nur zu unnötigen Kosten, sondern sie verkümmern auch: „successful maintenance of a skill or routine typically requires frequent exercise.“2 Schlimmstenfalls wäre es sogar denkbar, dass ein Unternehmen trotz mangelnden Anlasses seine dynamischen Fähigkeiten einsetzt, um ihr Vorhandensein auf diese Weise zu rechtfertigen. Es würde ein zu hohes Maß an Veränderung und Neuigkeit generiert, das sich erneut in Kosten für das Unternehmen niederschlagen würde. WINTER fasst zusammen: „If opportunities for competitively significant change are sparse enough to realize, then the added cost of dynamic capabilities will not be matched by corresponding benefits on average.“3 Dagegen ergeben sich in hochdynamischen Umfeldern ständig neue Möglichkeiten, die es den Unternehmen erlauben, seine dynamischen Fähigkeiten häufig und sinnvoll einzusetzen.4 Insgesamt ist daher der Umfelddynamik eine moderierende Rolle in der Beziehung zwischen dynamischen Fähigkeiten und Unternehmenserfolg zuzuschreiben. Analog kann man in Bezug auf die Wettbewerbsvorteilswirkung der Marketingflexibilität argumentieren. Das Ausmaß, zu dem die Marketingflexibilität zum Unternehmenserfolg beiträgt, ist abhängig von der Notwendigkeit einer Änderung der Ressourcen- und Fähigkeiten.5 Diese ist im Falle hoher Umfelddynamik als besonders hoch einzustufen. Basierend auf diesen Ausführungen werden die folgenden explikativen Untersuchungshypothese zur Wirkung der Umfelddynamik auf den Zusammenhang zwischen der operativen und der strategischen Marketingflexibilität und dem Unternehmenserfolg aufgestellt:
H17: Je größer die Dynamik im Unternehmensumfeld, desto größer ist der Beitrag der operativen Marketingflexibilität zum Unternehmenserfolg. H18: Je größer die Dynamik im Unternehmensumfeld, desto größer ist der Beitrag der strategischen Marketingflexibilität zum Unternehmenserfolg. 1
2 3 4 5
Vgl. im Folgenden Zollo/Winter (2002), S. 341; Winter (2003), S. 993. Eine parallele Diskussion findet sich auch in der Flexibilitätsforschung. Vgl. dazu den Abschnitt 2.1.2.3. Winter (2003), S. 993. Winter (2003), S. 994. Vgl. Pavlou/El Sawy (2005), S. 19. Vgl. Johnson et al. (2003), S. 82 ff. Empirische Arbeiten zur Flexibilität zeigen, dass Umfelddynamik und die daraus resultierende Unsicherheit die Erfolgswirkung der Flexibilität beeinflussen. Vgl. Kekre/Srinivasan (1990); Sluti (1992); Suarez/Cusumano/Fine (1996); Narasimhan/Das (1999); Narasimhan/Talluri/Das (2004).
100
Entwicklung des Untersuchungsmodells
Die strategische Marketingflexibilität dient zur Fortentwicklung der operativen Marketingflexibilität.1 Gerade in Zeiten hoher Umfelddynamik sollte die strategische Marketingflexibilität von besonderer Relevanz für die Anpassung der operativen Marketingflexibilität sein. Weiterhin soll daher die folgende explikative Untersuchungshypothese zur Wirkung der Umfelddynamik auf den Zusammenhang zwischen der strategischen und der operativen Marketingflexibilität postuliert werden:
H19: Je größer die Dynamik im Unternehmensumfeld, desto größer ist der Beitrag der strategischen Marketingflexibilität zur operativen Marketingflexibilität. 3.5
Das Gesamtmodell im Überblick
Nachdem die operative und die strategische Marketingflexibilität auf Basis ressourcentheoretischer Erkenntnisse und unter besonderer Berücksichtigung des Dynamic-Capability-Ansatzes als die beiden Komponenten der Marketingflexibilität konzeptionalisiert und in ihr nomologisches Netz eingebunden wurden, soll zum Abschluss des dritten Kaptitels die Darstellung des Untersuchungsmodells in einer konsolidierten Form erfolgen. Die Abbildung 17 enthält in einer integrierten Form die wichtigsten Ergebnisse und Wirkungsbeziehungen.
Kontrollvariablen
Marktorientierung
Lernfähigkeit
Koordinationsfähigkeit
Koordination der strategischen Optionen
Unternehmenskultur Organisationsstruktur
Kundenzufriedenheit
strategische Marketingflexibilität Unternehmenserfolg
Unternehmenshistorie
Markteffektivität
operative Marketingflexibilität
Produktionsressourcen
Profitabilität
Marketingressourcen
Umfelddynamik Produktflexibilität
Distributionsflexibilität
Kontrahierungsflexibilität
Kommunikationsflexibilität Marktdynamik
Technologiedynamik
Abbildung 17: Integrierte Gesamtdarstellung des theorie- und hypothesengeleiteten Modells der Untersuchung
1
Siehe Abschnitt 3.1.
Das Gesamtmodell im Überblick
101
Dieses Untersuchungsmodell beinhaltet insgesamt 19 Untersuchungshypothesen, die in Tabelle 4 dargestellt sind und im nun folgenden Kapitel 4 einer empirischen Überprüfung zugeführt werden. Dabei wird neben der Hypothesenbeschreibung auch immer die Art der Untersuchungshypothese (deskriptiv oder explikativ) sowie der Abschnitt mit aufgeführt, in dem die Hypothese hergeleitet wurde. Nr.
Hypothese
Art
Abschnitt
H1
Die operative Marketingflexibilität ist ein mehrdimensi- deskriptiv onales Konstrukt 3. Ordnung und setzt sich aus den Dimensionen Produktflexibilität, Distributionsflexibilität, Kontrahierungsflexibilität und Kommunikationsflexibilität zusammen.
3.1.1
H2
Die operative Marketingflexibilität trägt zum Unterneh- explikativ menserfolg bei.
3.1.1
H3
Die strategische Marketingflexibilität ist ein mehrdimen- deskriptiv sionales Konstrukt 2. Ordnung und setzt sich aus den Dimensionen Marktorientierung, Lernfähigkeit, Koordinationsfähigkeit und Koordination der strategischen Optionen zusammen.
3.1.2
H4
Die strategische Marketingflexibilität trägt zur operati- explikativ ven Marketingflexibilität bei.
3.1.2
H5
Die strategische Marketingflexibilität trägt zum Unter- explikativ nehmenserfolg bei.
3.1.2
H6
Der Unternehmenserfolg ist ein mehrdimensionales Kon- deskriptiv strukt 2. Ordnung und setzt sich aus den Dimensionen Kundenzufriedenheit, Markteffektivität und Profitabilität zusammen.
3.2
H7
Die Unternehmenskultur determiniert die strategische explikativ Marketingflexibilität. Je offener die Unternehmenskultur für Veränderungen ist, desto höher ist die strategische Marketingflexibilität.
3.3.1
H8
Die Unternehmenskultur determiniert die operative Mar- explikativ ketingflexibilität. Je offener die Unternehmenskultur für Veränderungen ist, desto höher ist die operative Marketingflexibilität.
3.3.1
H9
Die Organisationsstruktur determiniert die strategische explikativ Marketingflexibilität. Je flacher und durchlässiger die Organisationsstruktur ist, desto höher ist die strategische Marketingflexibilität.
3.3.2
H10
Die Organisationsstruktur determiniert die operative explikativ Marketingflexibilität. Je flacher und durchlässiger die Organisationsstruktur ist, desto höher ist die operative Marketingflexibilität.
3.3.2
102
Entwicklung des Untersuchungsmodells
H11
Die Unternehmenshistorie determiniert die strategische explikativ Marketingflexibilität. Je mehr Erfahrungen ein Unternehmen in der Vergangenheit mit Umfelddynamik und Flexibilität gesammelt hat, desto höher ist die strategische Marketingflexibilität.
3.3.3
H12
Die Unternehmenshistorie determiniert die operative explikativ Marketingflexibilität. Je mehr Erfahrungen ein Unternehmen in der Vergangenheit mit Umfelddynamik und Flexibilität gesammelt hat, desto höher ist die operative Marketingflexibilität.
3.3.3
H13
Die Produktionsressourcen determinieren die strategi- explikativ sche Marketingflexibilität. Je überragender die Produktionsressourcen sind, desto höher ist die strategische Marketingflexibilität.
3.3.4
H14
Die Produktionsressourcen determinieren die operative explikativ Marketingflexibilität. Je überragender die Produktionsressourcen sind, desto höher ist die operative Marketingflexibilität.
3.3.4
H15
Die Marketingressourcen determinieren die strategische explikativ Marketingflexibilität. Je überragender die Marketingressourcen sind, desto höher ist die strategische Marketingflexibilität.
3.3.5
H16
Die Marketingressourcen determinieren die operative explikativ Marketingflexibilität. Je überragender die Marketingressourcen sind, desto höher ist die operative Marketingflexibilität.
3.3.5
H17
Je größer die Dynamik im Unternehmensumfeld, desto explikativ größer ist der Beitrag der operativen Marketingflexibilität zum Unternehmenserfolg.
3.4
H18
Je größer die Dynamik im Unternehmensumfeld, desto explikativ größer ist der Beitrag der strategischen Marketingflexibilität zum Unternehmenserfolg.
3.4
H19
Je größer die Dynamik im Unternehmensumfeld, desto explikativ größer ist der Beitrag der strategischen Marketingflexibilität zur operativen Marketingflexibilität.
3.4
Tabelle 4:
Zusammenfassung der Untersuchungshypothesen
4
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Nachdem in den vorangegangenen Abschnitten der Bezugsrahmen der Untersuchung spezifiziert, die zu untersuchenden Konstrukte theoriebasiert konzeptionalisiert und das Hypothesensystem aufgestellt wurden, soll im Folgenden deren empirische Überprüfung erfolgen.1 Dazu wird eingangs auf das für diese Untersuchung zentrale multivariate Datenanalyseverfahren eingegangen. Im Anschluss wird auf der Basis von theoretischen und methodischen Überlegungen das stufenweise Verfahren zur Operationalisierung der einzelnen Faktoren im Untersuchungsmodell dargestellt (Abschnitt 4.1). Daran schließt sich in Abschnitt 4.2 eine Beschreibung der Datengrundlage und der Datenerhebung an. Abschließend erfolgt die empirische Überprüfung der verwendeten Messmodelle und der aufgestellten Hypothesen (Abschnitt 4.3). Abbildung 18 stellt die Einordnung des Kapitels im Gesamtzusammenhang der Untersuchung dar.
1
Einleitung
2 Grundlagen der Untersuchung
• Ausgangspunkt der Untersuchung • Problemstellung und Zielsetzung der Untersuchung • Eingrenzung des Untersuchungsbereichs • Vorgehensweise und Aufbau der Untersuchung
• Flexibilität als Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Forschung • wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis • theoretische Bezugspunkte der Untersuchung
Forschungsfragestellung
Untersuchungsgrundlagen und Identifikation der Forschungslücke
3 Entwicklung des Untersuchungsmodells • Konzeptionalisierung der Konstrukte • Entwicklung der Untersuchungshypothesen
empirisch zu prüfendes Modell und Hypothesen
4
5
empirische Untersuchung
Zusammenfassung und Implikationen der Untersuchung
• Grundlagen der Strukturgleichungsanalyse • Vorgehensweise zur Operationalisierung von Konstrukten • Datengrundlage und Datenerhebung • Überprüfung der Messmodelle • Überprüfung des Strukturmodells • Analyse des Einflusses situativer Variablen
Grundlagen der Empirie und empirische Befunde
• Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung • wissenschaftliche Bewertung und Ansatzpunkte weiterer Forschung • Implikationen für die Unternehmenspraxis
Implikationen der Untersuchung
Abbildung 18: Kapitel 4 der Untersuchung
4.1
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
In der vorliegenden Untersuchung kommt als zentrales Datenanalyseverfahren die Analyse von Strukturgleichungsmodellen2 zum Einsatz. Die Analyse von Strukturgleichungsmodellen fand in den letzten Jahren immer stärke Verbreitung und hat sich seit den 1970er Jahren zu einem Quasistandard bei der Erforschung komplexer Wirkungszusammenhänge in den Wirt-
1 2
Vgl. Fritz (1995), S. 95. Synonym werden im Schrifttum auch die Begriffe „Kausalanalyse“ oder „Pfadanalyse“ verwendet.
104
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
schafts- und Sozialwissenschaften entwickelt.1 Dabei verbindet die Analyse von Strukturgleichungsmodellen miteinander zwei Traditionen:2 eine ökonomische Perspektive zur Analyse von komplexen Abhängigkeitsstrukturen zwischen direkt messbaren Variablen, die sich auf Voraussagen fokussiert. eine psychometrische Perspektive, die theoretische Konstrukte als latente (nicht direkt beobachtbare) Konstrukte modelliert, die durch verschiedene manifeste (beobachtbare) Variablen3 operationalisiert sind. Die Analyse von Strukturgleichungsmodellen besteht aus einer Verbindung von regressionsund faktoranalytischen Ansätzen und erlaubt es somit dem Forscher, pfadanalytische Modellierungen mit latenten Variablen vorzunehmen. Aus dieser Kombination ergibt sich eine enorme Leistungskraft. Deshalb wird die Analyse von Strukturgleichungsmodellen auch als ein Beispiel für „a second generation of multivariate analysis“ bezeichnet.4 Gegenüber den Verfahren der ersten Generation, wie der multiplen Regression, der multiplen Diskriminanzanalyse oder der Varianzanalyse, zeichnet sich die Analyse von Strukturgleichungsmodellen insbesondere dadurch aus, dass sie dem Forscher mehr Flexibilität im Zusammenspiel von Theorie und empirischer Datenlage gestattet.5 So ist es gegenüber den Verfahren der ersten Generation möglich, (a) multiple exogene und endogene Variablen in die Analyse mit einzubeziehen, (b) latente Variablen zu konstruieren, (c) Messfehler für beobachtbare Variablen zu modellieren und (d) statistische Tests von theoretischen Überlegungen vor dem Hintergrund der empirischen Datenlage (d. h. eine konfirmatorische Anwendung) durchzuführen.6 Die Analyse von Strukturgleichungsmodellen eignet sich somit besonders gut zur empirischen Analyse der im Rahmen der vorliegenden Untersuchung aufgeworfenen Forschungsfragestellungen. Die im Zentrum der Untersuchung stehenden Variablen entziehen sich nicht nur einer direkten Messung, sondern es soll auch eine komplexe Kausalstruktur untersucht werden. Dabei kann man zwischen zwei Ansätzen unterscheiden, die eine Analyse von Strukturgleichungsmodellen gestatten: die Kovarianzstrukturanalyse mit latenten Variablen (LISRELAnsatz) sowie die Varianzstrukturanalyse mit latenten Variablen (PLS-Pfadanalyse).7 Die
1
2 3 4 5 6 7
Vgl. Förster et al. (1984), S. 346; Bollen (1989), S. 4 ff.; Bliemel et al. (2005), S. 10; Homburg/Klarmann (2006), S. 727. Vgl. Chin (1998a), S. vii; Chin/Newsted (1999), S. 307. Synonym werden im Schrifttum auch die Begriffe „Indikatoren“ oder „Messitems“ verwendet. Fornell (1987), S. 408. Siehe auch Fornell (1982), S. 1. Vgl. Chin (1998a), S. vii. Vgl. Fornell (1982), S. 3 f.; Fornell (1987), S. 411, Chin (1998a), S. vii; Chin/Newsted (1999), S. 308. Vgl. Rigdon (1998), S. 252 f.; Chin (1998b), S. 295; Gefen/Straub/Boudreau (2000), S. 3; Haenlein/Kaplan (2004), S. 285.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
105
multivariate Verfahren der zweiten Generation
Kovarianzstrukturanalyse mit latenten Variablen wie auch die Varianzstrukturanalyse mit latenten Variablen stellen zwei generelle Methoden der kanonischen Korrelation dar, die die anderen Analyseverfahren als Spezialfälle enthalten.1 Abbildung 19 zeigt eine Übersicht über die wichtigsten multivariaten Verfahren der ersten und zweiten Generation sowie ihre Beziehungen untereinander. Hervorzuheben ist dabei, dass die Varianzstrukturanalyse mit latenten Variablen lediglich hinsichtlich der mathematischen Struktur und nicht bezüglich der statistischen Schätzverfahren ein Allgemeinfall der Mehrgleichungsmodelle2 bzw. der Strukturgleichungsmodelle mit beobachtbaren Variablen3 darstellt.
Varianzstrukturanalyse mit latenten Variablen (PLS)
Kovarianzstrukturanalyse mit latenten Variablen (LISREL)
kanonische Korrelation
Mehrgleichungsmodelle mit beobachtbaren Variablen
multivariate Verfahren der ersten Generation
multiple Regression multiple Diskriminanzanalyse Varianzanalyse
Faktorenanalyse (Hauptachsenverfahren)
Kovarianzanalyse
Faktorenanalyse (Hauptkomponentenverfahren) A ĺ B: A ist ein Spezialfall von B
4
Abbildung 19: Beziehung zwischen multivariaten Verfahren
Der Kovarianzstrukturanalyse liegt dabei die Idee zugrunde, die Parameter der Gleichungsmodelle so zu wählen, dass die aus dem Modell theoretisch ableitbare Kovarianzmatrix der manifesten Variablen eine möglichst gute Annäherung an die empirische Kovarianzmatrix erfährt. Dadurch ist es möglich, die Hypothese statistisch zu überprüfen, dass diese beiden Kovarianzmatrizen übereinstimmen, wodurch wiederum eine Ablehnung oder Unterstützung des Strukturgleichungsmodells und der sich darin ausgedrückten Theorien ableitbar ist. Hier-
1 2 3 4
Vgl. Fornell (1987), S. 412; Tenenhaus et al. (2005). Vgl. Eckey/Kosfeld/Dreger (2001), S. 289 ff. Vgl. Schulze (1999). In Anlehnung an Fornell (1987), S. 412.
106
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
bei wird keine explizite Kenntnis der latenten Variablen verlangt, allerdings sind insbesondere zur Modellbewertung Informationen über die Verteilungseigenschaften der Variablen notwendig.1 Einen etwas anderen Weg verfolgt die Varianzstrukturanalyse. Die Varianzstrukturanalyse zielt auf eine bestmögliche Reproduktion der tatsächlichen Datenstruktur, d. h. der Indikatorwerte ab.2 Dazu werden mithilfe eines zweistufigen Vorgehens zunächst konkrete Schätzwerte für die latenten Variablen bestimmt. Auf der zweiten Stufe werden mit diesen Schätzwerten die übrigen Parameter geschätzt. Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass nur wenige Voraussetzungen an die Verteilung der Variablen gestellt werden. Dies führt aber auch dazu, dass es für die globale Modellbewertung keine Möglichkeiten für interferenzstatistische Tests gibt.3 Für eine vertiefte Darstellung der Spezifika der einzelnen Verfahren der Strukturgleichungsanalyse muss auf andere Arbeiten verwiesen werden.4 Für beide Ansätze der Strukturgleichungsanalyse gibt es heute eine Vielzahl von leistungsfähigen Computerprogrammen. So stehen für die Kovarianzstrukturanalyse seit vielen Jahren ausgereifte Softwarepakete wie LISREL, AMOS und EQS zur Verfügung. Für die Varianzstrukturanalyse stand hingegen lange nur das Softwarepaket LVPLS in der Version 1.8 von LOHMÖLLER zur Verfügung. Erst in den letzten Jahren wurde das Angebot an Softwareimplementierungen erheblich ausgebaut. Der Anwender hat heute unter anderem die Auswahl zwischen den Programmen PLS-Graph, SmartPLS und SPAD-PLS. Die Tabelle 5 bietet eine Gegenüberstellung der beiden Ansätze der Analyse von Strukturgleichungsmodellen. Kriterium
Varianzstrukturanalyse
Hauptziel
prognoseorientiert: Erklärung parameterorientiert: Erklärung latenter und / oder Indikatorva- empirischer Datenstrukturen riablen
Methodenansatz
varianzbasiert
kovarianzbasiert
Annahmen
Prädikatorspezifikation
Multinormalverteilung und unabhängige Beobachtung
Parameterschätzer
konsistent, wenn Fallzahl und konsistent Indikatorenzahl hoch („consistency at large“)
1 2 3 4
Kovarianzstrukturanalyse
Vgl. Betzin/Henseler (2005), S. 50. Vgl. Herrmann/Huber/Kressmann (2006), S. 44. Vgl. Betzin/Henseler (2005), S. 50. Der interessierte Leser sei beispielsweise auf Jöreskog (1973), Bagozzi (1980), Bollen (1989) oder Balderjahn (1986) für eine Darstellung der Kovarianzstrukturanalyse verwiesen. Der Ansatz der Varianzstrukturanalyse ist beispielsweise bei Wold (1982a), Wold (1982c), Lohmöller (1989), Barclay/Higgins/Thompson (1995), Chin (1998b) und Chin/Newsted (1999) dargestellt.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
107
latente Variable
Werte explizit geschätzt
Messmodell
reflektiv/formativ
reflektiv/formativ
Theorieanforderungen
flexibel
hoch
Modellkomplexität
hochkomplexe lysierbar
Stichprobengröße
auch für kleine Stichproben hoch (> 200) geeignet
Implikation
optimal für Prognosegenauig- optimal für Parametergenauigkeit keit
Tabelle 5:
Modelle
Werte nicht determiniert
ana- begrenzt
Methodenvergleich zwischen varianz- und kovarianzbasierter Verfahren der Analyse von Strukturgleichungsmodellen1
Die Varianzstrukturanalyse ist dabei kein konkurrierender Ansatz bei der Analyse von Strukturgleichungsmodellen, sondern ergänzt sich mit dem kovarianzbasierten Ansatz.2 Diesen Umstand macht sich auch die vorliegende Untersuchung zunutze und kombiniert die beiden Ansätze und ihre jeweiligen Stärken. Im Rahmen dieser Untersuchung findet die Kovarianzstrukturanalyse bei der Durchführung der konfirmatorischen Faktorenanalyse ihre Anwendung, um eine Beurteilung der Güte der eingesetzten Messmodelle vorzunehmen. Die Verwendung der Kovarianzstrukturanalyse für die Durchführung der konfirmatorischen Faktorenanalyse ermöglicht eine strengere Überprüfung der Übereinstimmung der empirischen Daten mit der theoretischen Faktorstruktur. Gleichzeitig wird eine umfangreiche Überprüfung der verwendeten Messmodelle hinsichtlich ihrer Reliabilität und Validität ermöglicht.3 Die Varianzstrukturanalyse hat gegenüber der Kovarianzstrukturanalyse den Vorteil, das Multinormalverteilung, intervallskalierte Skalen oder große Stichprobenumfänge nicht notwendig sind.4 Während die Kovarianzstrukturanalyse ein stärkeres Gewicht auf die generelle Modellanpassung legt und dadurch „closer to the model, more confirmatory, and more model analytic“5 ist, ist die Varianzstrukturanalyse eher vorhersageorientiert und versucht die erklärte Varianz in den Konstrukten zu maximieren. Dadurch ist dieses Verfahren „closer to the data, more exploratory, and more data analytic“6.
1 2 3 4 5 6
Vgl. Fornell (1987), S. 413; Chin/Newsted (1999), S. 314; Bliemel et al. (2005), S. 11. Vgl. Chin/Newsted (1999), S. 308. Vgl. Bagozzi (1980). Vgl. dazu auch Abschnitt 4.1.1.3. Vgl. Fornell/Bookstein (1982b), S. 449. Barclay/Higgins/Thompson (1995), S. 302. Barclay/Higgins/Thompson (1995), S. 302.
108
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Nach CHIN/NEWSTED1 sollte daher die Varianzstrukturanalyse gegenüber der Kovarianzstrukturanalyse bei der Analyse von Strukturmodellen bevorzugt werden, wenn eine der folgenden Bedingungen für die jeweilige Untersuchung zutreffend ist: Eine Multinormalverteilung der Daten ist nicht gegeben. Der Stichprobenumfang ist relativ gering. Modell ist sehr komplex und weist viele Indikatoren auf. Das Modell enthält latente Variablen, die mit formativen Messmodellen operationalisiert sind. Das zu erforschende Phänomen ist neuartig und bewährte Messmodelle liegen noch nicht vor. Die Beobachtungswerte sind nicht unabhängig voneinander. Es sollen Vorhersagen getroffen werden. Für die Verwendung der Varianzstrukturanalyse im Rahmen der Untersuchung des Strukturmodells spricht dabei vor allem die mangelnde Normalverteilung der Daten und die hohe Komplexität des Untersuchungsmodells.2 Die Kombination beider Verfahren zu Strukturgleichungsanalyse hat in der letzten Zeit eine immer stärkere Verbreitung gefunden.3 Es spricht somit einiges für das Ziel der vorliegenden Untersuchung, die Vorteile der jeweiligen Verfahren zu kombinieren. Im Folgenden wird zunächst auf die Grundlagen von Strukturgleichungsmodellen eingegangen. 4.1.1
Grundlagen von Strukturgleichungsmodellen
Strukturgleichungsmodelle mit latenten Variablen setzen sich aus zwei Submodellen zusammen: dem Strukturmodell und den Messmodellen. Auf beide Submodelle wird in der Folge gesondert eingegangen. Daran schließen sich Überlegungen zur Beurteilung der Modellgüte der beiden Submodelle an. Abgeschlossen wird dieser Abschnitt mit einer Darstellung der Untersuchung und Beurteilung moderierender Effekte.
1 2
3
Vgl. Chin/Newsted (1999), S. 336. Siehe auch Lohmöller (1992); Falk/Miller (1992), S. 5 f. Vgl. dazu Abschnitt 4.2.3.2. Weiterhin ist anzumerken, dass Untersuchungen im Bereich des Marketings selten die Voraussetzung der Multinormalverteilung erfüllen. Vgl. Fornell/Bookstein (1982b), S. 440; Chou/Bentler (1995), S. 38. Vgl. Teo/Wei/Benbasat (2003).
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
109
4.1.1.1 Das Strukturmodell Theorien befassen sich in der Regel mit dem Zusammenhang verschiedener theoretischer Konstrukte untereinander. Diese theoretisch erwarteten Wirkungszusammenhänge (Forschungshypothesen) zwischen den latenten, nicht direkt messbaren Konstrukten bildet das Strukturmodell ab. Abbildung 20 zeigt exemplarisch ein Strukturmodell mit jeweils zwei exogenen und zwei endogenen latenten Konstrukten.
Strukturmodell
Formatives Messmodell
Reflektives Messmodell
] G
x1
O [
G
x2 x3
O
J
O O E
J
O O G
J
y1
H
y2
H
y3
H
y4
H
K
I [
x4
J
O
K O ]
Messmodell der latenten exogenen Variablen
Messmodell der latenten endogenen Variablen
Abbildung 20: Grundlegende Struktur eines Strukturgleichungsmodells
Im Strukturmodell werden die latenten Konstrukte mit gerichteten Pfeilen verbunden, welche die aufgrund von Theorien oder qualitativen Voruntersuchungen vermuteten Wirkungszusammenhänge ausdrücken. Dabei darf es innerhalb des Strukturmodells keine kausalen Schleifen geben (Grundsatz der Rekursivität), d. h., es darf von keinem latenten Konstrukt eine Kette von Pfeilen ausgehen, die direkt oder indirekt über andere latente Konstrukte wieder auf das ursprüngliche latente Konstrukt gerichtet ist.1 In einem Strukturmodell wird dabei zwischen exogenen und endogenen latenten Konstrukten unterschieden. Von entscheidender Bedeutung für diese Unterscheidung sind dabei Vorgänger/Nachfolger-Beziehungen. Ein latentes Konstrukt, das von keinem anderen latenten Konstrukt abhängt, wird als exogen bezeichnet. Im anderen Fall spricht man von einem endogenen Konstrukt. Latente exogene Konstrukte haben – anders als endogene Konstrukte – keinen Vorgänger. Im Schrifttum werden exogene latente Konstrukte mit ȟ bezeichnet, während man latente endogene Konstrukte
1
Vgl. Henseler (2005), S. 71.
110
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
mit Ș kennzeichnet. Damit lässt sich ein Strukturmodell mathematisch folgendermaßen darstellen:1 (3) K K B [ * ] , wobei: Ș ȟ ī B ȗ
= Vektor der endogenen latenten Konstrukte, = Vektor der exogenen latenten Konstrukte, = Matrix der Beziehungen zwischen exogenen und endogenen Variablen, = Matrix der Beziehungen zwischen endogenen Variablen untereinander, = Vektor der unerklärten Varianz (Residualwerte).
4.1.1.2 Die Messmodelle Spricht man von theoretischen Konstrukten, handelt es sich dabei um a priori nicht direkt messbare, d. h. latente Größen. Um die Beziehungen zwischen den theoretischen Konstrukten in einem so genannten Strukturmodell abbilden zu können, ist deren Operationalisierung mithilfe eines Messmodells in einem vorausgehenden Schritt notwendig.2 In der Regel sind dem jeweils interessierenden Konstrukt mehrere beobachtbare Variablen zuzuordnen, „um so etwaige Verzerrungen in einzelnen Indikatoren aufzufangen“3. Dabei wird dem Verhältnis von Konstrukten und den ihnen zugeordneten Maßen oftmals nur unzureichende Beachtung geschenkt. Die exakte Beschreibung dieser Beziehung (Korrespondenzbeziehung) ist aber von entscheidender Bedeutung, da sie die Verbindung von nicht beobachtbaren Abstrakta und messbaren empirischen Phänomenen darstellt. Ohne solche expliziten Hilfssätze ist ein sinnvolles Testen von Theorien über Zusammenhänge von Konstrukten mehrdeutig und damit hinfällig.4 Bereits Mitte der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts hat BLALOCK darauf hingewiesen, dass latente Konstrukte auf zwei unterschiedliche Arten operationalisiert werden können.5 Deshalb soll im Folgenden kurz auf die messtheoretischen Grundlagen der Operationalisierung von latenten Konstrukten eingegangen werden, um dann die beiden Arten von Messmodellen näher zu beleuchten. Daran schließt sich eine Darstellung der Kriterien zur Bestimmung der Spezifikationsart der Messmodelle an. Abgeschlossen wird dieser Abschnitt durch eine Beschreibung mehrdimensionaler Konstrukte.
1 2 3 4 5
Vgl. Ringle et al. (2006), S. 82. Vgl. Anderson/Gerbing (1982), S. 453. Homburg/Dobratz (1991), S. 214. Vgl. Blalock (1985a); Blalock (1985b); Costner (1989). Vgl. Blalock (1964), S. 163. Siehe hierzu beispielsweise auch Bollen/Lennox (1991), S. 305 f.; Homburg (1995), S. 72 f.; Law/Wong (1999), S. 144-146; Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 269.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
111
4.1.1.2.1 Messtheoretische Grundlagen Die moderne Messtheorie basiert aus wissenschaftstheoretischer Sicht auf der Zweisprachentheorie von CARNAP.1 Die Zweisprachentheorie postuliert, dass bei der Entwicklung, Darstellung und Überprüfung wissenschaftlicher Theorien zwischen zwei Sprachebenen zu unterscheiden ist (siehe Abbildung 21).
theoretische Sprache
theoretische Variablen
Korrespondenzregeln
Sprachen
Beobachtungssprache
beobachtbare Variablen
Abbildung 21: Schematische Darstellung der Zweisprachentheorie2
Auf der theoretischen Sprachebene arbeitet der Forscher mit theoretischen Begriffen. Da sich diese einer unmittelbaren Beobachtung entziehen, werden sie in der empirischen Forschung auch als hypothetische Konstrukte oder latente Konstrukte bezeichnet. Eine Theorie kann aber nicht nur auf der Ebene der theoretischen Sprache ausformuliert werden, sondern auch auf der Ebene der Beobachtungssprache. In der empirischen Forschung werden die beobachtbaren Variablen als Indikatoren bezeichnet.3 Wenn die theoretischen und die beobachtbaren Variablen mithilfe von Korrespondenzregeln in einen Zusammenhang gebracht werden, liegt eine empirisch gehaltvolle, „positive“ Theorie vor.4 Abbildung 22 verdeutlicht an einem fiktiven Beispiel die Umsetzung der Zweisprachentheorie in der empirischen Forschung. Auf der theoretischen Ebene wird zwischen den beiden theoretischen Begriffen Ș1 und Ș2 durch die Hypothese H ein Zusammenhang hergestellt. Auf der beobachtbaren Ebene wird der theoretische Begriff Ș1 durch die beiden beobachtbaren Variablen y1 und y2 und der theoretische Begriff Ș2 durch die beobachtbare Variable y3 abgebildet. Die Korrespondenzregeln Ȝ1, Ȝ2 und Ȝ3 verbinden die Variablen auf den beiden Sprachebenen miteinander. Da die beiden beobachtbaren Variablen y1 und y2 denselben theoretischen Begriff Ș1 repräsentieren, besteht zwischen ihnen eine mit r1 bezeichnete Kovarianz. Die Kovari1 2 3
4
Carnap (1966). Vgl. im Folgenden auch Fassott/Eggert (2005). In Anlehnung an Bagozzi (1984), S. 12. Siehe auch Bagozzi (1998), S. 49. Weiterhin werden die Synonyme manifeste Variablen oder Messitems verwendet. Vgl. dazu auch Homburg/Giering (1996), S. 6. Vgl. Bagozzi (1998), S. 51 f.
112
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
anzen r2 und r3 stellen das zu der auf theoretischer Sprachenebene formulierten Hypothese H beobachtbare Gegenstück dar. Je stärker der theoretisch begründete Zusammenhang zwischen den theoretischen Begriffen Ș1 und Ș2 ist, desto höher fallen (unter der Voraussetzung geeigneter Korrespondenzregeln Ȝ1, Ȝ2 und Ȝ3) die empirisch beobachtbaren Kovarianzen r2 und r3 aus.
K
theoretische Ebene
Korrespondenzregeln
Beobachtungsebene
Ȝ
K
H Ȝ
y1
Ȝ
y2 r1
y3 r2
r3
Abbildung 22: Umsetzung der Zweisprachentheorie in der empirischen Forschung1
Da die Korrespondenzregeln die theoretische Ebene mit der Beobachtungsebene verbinden und einem theoretischen Begriff zu seinem empirischen Gehalt verhelfen, kommt ihnen in der Messtheorie eine besondere Bedeutung zu.2 Trotzdem wird in der empirischen betriebswirtschaftlichen Forschung den Korrespondenzregeln wenig Beachtung geschenkt. „Seldom are correspondence rules specified, and even less seldom are observational implications of the correspondence rules investigated. […] Failure to specify correspondence rules and employ valid measurements of concepts in our theories not only creates a lacuna between theory construction and hypothesis testing but prevents one from addressing the degree of confirmatory or falsifiability of theories.“3 Insbesondere wird dabei der Frage zu wenig Beachtung geschenkt, welche Richtung die Korrespondenzregeln besitzen. Hier sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden:
1 2 3
In Anlehnung an Bagozzi (1984), S. 13. Siehe auch Bagozzi (1998), S. 50. Vgl. Fornell (1989), S. 160. Bagozzi (1998), S. 52 f.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
113
Der theoretische Begriff verursacht die ihm zugeordneten empirischen Variablen, d. h., die Korrespondenzregeln sind von der theoretischen Ebene auf die Beobachtungsebene gerichtet. In diesem Fall spricht man von einem reflektiven Messmodell. Der theoretische Begriff wird als das Resultat seiner ihm zugeordneten empirischen Variablen aufgefasst, d. h., die Korrespondenzregeln sind von der Beobachtungsebene auf die theoretische Ebene gerichtet. In diesem Fall spricht man von einem formativen Messmodell. Aus wissenschaftstheoretischer Sicht korrespondiert die Unterscheidung zwischen einem reflektiven und formativen Messmodell mit der Wahl zwischen einem deduktiven und induktiven Forschungsansatz. „Simply speaking, in the deductive case we take the observation as dependent upon the abstract theoretical model, whereas in induction the theoretical variables are takes as dependent upon the observed variables.“1 4.1.1.2.2 Das reflektive Messmodell In einem reflektiven Messmodell geben die Korrespondenzregeln eine Kausalitätsrichtung vor, die von der theoretischen Ebene zur Beobachtungsebene weist. Es wird damit implizit unterstellt, dass das latente Konstrukt die ihm zugeordneten Indikatoren verursacht.2 Ein reflektiv operationalisiertes Messmodell mit drei Indikatoren ist in Abbildung 23 beispielhaft dargestellt.3 Dabei findet die in der Literatur zu Strukturgleichungsmodellen übliche Nomenklatur Verwendung. In mathematischer Schreibweise hat das reflektive Messmodell die folgende Form:4 (4) & wobei: ɏ ȁx ǻ
1 2
3
4
/x [ ' , = Vektor der Indikatoren (x1, …, xn), = Vektor der Gewichtungsfaktoren (Ȝ1, …, Ȝn), = Vektor der Residualgrößen (į1, ..., įn).
Fornell (1989), S. 163. Vgl. zur Definition von Kausalität zwischen Konstrukt und Messmodell und eine ausführliche Diskussion des Kausalitätsbegriffs in diesem Zusammengang Edwards/Bagozzi (2000), S. 157-160. Reflektive Messmodelle mit drei oder mehr Indikatoren sind im Rahmen einer kovarianzbasierten Analyse von Strukturgleichungsmodellen (LISREL-Ansatz) statistisch identifiziert und können bestimmt werden. Vgl. Edwards/Bagozzi (2000), S. 161.
114
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
G[
[
O
[
O
x1
x2
x3
G
G
G
Ȝ
Ȝ
O
x1
x2 r1
reflektives Messmodell
Ȝ
x3 r2
r3 formatives Messmodell
Abbildung 23: Reflektive und formative Messmodelle im Vergleich1
Messfehlerbedingte Verzerrungen in einzelnen Indikatoren können dabei durch die Zuweisung von mehreren Indikatoren zu einem reflektiv operationalisierten latenten Konstrukt aufgefangen werden.2 Der Anteil der allen Indikatoren gemeinsamen Varianz wird dabei als Maß für die tatsächliche, von Messfehlern bereinigte Varianz des latenten Konstrukts interpretiert. Besonders gut geeignet für die Messung mit einem reflektiven Messmodell sind menschliche Charakterzüge wie Sparsamkeit und Trägheit. Die vielfältigen Manifestationen unterschiedlicher Verhaltensweisen können als Indikatoren des verursachenden Charakterzugs herangezogen werden.3 Ändert sich in einem reflektiven Messmodell die Ausprägung des latenten Konstrukts ȟ, so tritt diese Veränderung, unter Vernachlässigung von Messfehlern, auch bei den Werten der Indikatoren x1, …, xn ein. Daher werden diese Indikatoren als „reflektiv“4, „effects“5 oder „eliciting“6 bezeichnet. Im Fall der fehlerfreien Messung des latenten Konstrukts durch seine Indikatoren besäßen alle Indikatoren untereinander einen Korrelationskoeffizienten von Eins. Je höher der Messfehler įi eines Indikators xi ausfällt, desto geringer ist ceteris paribus dessen Korrelation mit den übrigen Indikatoren. In einem reflektiven Messmodell sollten alle Indikatoren untereinander stark korrelieren, da sie austauschbare Messungen des latenten Konstrukts
1 2 3 4 5 6
In Anlehnung an Bollen/Lennox (1991), S. 306. Vgl. Homburg/Dobratz (1998), S. 450. Vgl. Rossiter (2002), S. 316. Vgl. Fornell/Bookstein (1982b), S. 441 f. Vgl. Bollen/Lennox (1991), S. 305 f. Vgl. Rossiter (2002), S. 316.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
115
darstellen.1 Das Ausmaß der Korrelation der Indikatoren kann daher zur Beurteilung der Güte der Operationalisierung eines latenten Konstrukts durch ein reflektives Messmodell herangezogen werden. Eine hohe Korrelation wird als Hinweis auf ein reliables und valides Messmodell interpretiert.2 Diese Vorstellung entspricht dem so genannten „Domain-Sampling Model“3, nach dem die Definition eines hypothetischen Konstrukts gleichzeitig seine „Domain“ (definitorisches Feld) umreißt. Dabei wird unterstellt, dass dieses definitorische Umfeld alle beobachtbaren Variablen umfasst, die das unbeobachtbare Konstrukt konzeptionell ausmachen.4 Bei der Zusammenstellung geeigneter Indikatoren besteht in reflektiven Messmodellen eine weitreichende Wahlfreiheit. Der Forscher kann aus der Gesamtheit aller möglichen Indikatoren sowohl eine zufällige Auswahl treffen5 als auch eine Auswahl unter bestimmten Gesichtspunkten, wie die Verständlichkeit für die ausgewählten Teilnehmer der Befragung, vornehmen6. Zur Steigerung der Güte des betrachteten Messmodells empfehlen die etablierten Verfahren zur Skalenbeurteilung eine Elimination gering korrelierter Indikatoren.7 Durch dieses Vorgehen kann die Güte eines Messmodells ex post gesteigert werden. Diese Elimination von einzelnen Indikatoren ist aus messtheoretischer Sicht unproblematisch, da die Indikatoren in einem reflektiven Messmodell grundsätzlich austauschbare Messungen des latenten Konstrukts darstellen. Vielfach wird in der neueren Literatur beklagt, dass in der Vergangenheit ein Großteil der Untersuchungen mit latenten Konstrukten ausschließlich und ohne weitere Diskussion reflektive Messmodelle herangezogen bzw. unterstellt hat.8 So stellte BOLLEN bereits relativ früh fest: „Most researchers in the social sciences assume that indicators are effect [reflektive, Anmerkung des Verfassers] indicators. Cause [formative, Anmerkung des Verfassers] indicators are neglected despite their appropriateness in many instances“9. Deshalb soll im Folgenden auf das formative Messmodell und seine Eigenschaften eingegangen werden. 4.1.1.2.3 Das formative Messmodell In einem formativen Messmodell geben die Korrespondenzregeln eine Kausalitätsrichtung vor, die von der Beobachtungsebene zur theoretischen Ebene weist. Abbildung 23 zeigt bei-
1 2 3 4 5 6 7
8 9
Vgl. Bollen/Lennox (1991), S. 308. Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 8 ff. und die Ausführungen in Abschnitt 4.1.1.3. Vgl. Nunnally (1967), S. 175-181; Nunnally/Bernstein (1994), S. 216-220. Vgl. Eberl (2004), S. 3. Vgl. DeVellis (2003), S. 64 Vgl. Fassott/Eggert (2005), S. 38. Vgl. Churchill (1979); Anderson/Gerbing (1982); Homburg/Giering (1996) und die Ausführungen dazu in den Abschnitten 4.1.1.3.1 und 4.1.2. Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 269. Bollen (1989), S. 65.
116
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
spielhaft ein formatives Messmodell mit drei manifesten Variablen.1 In diesem Modell wird das latente Konstrukt ȟ durch seine beobachtbaren Indikatoren x1, …, xn verursacht.2 Die Grundidee formativer Messmodelle geht auf CURTIS/JACKSON zurück.3 Die formativen Messmodelle stellen somit eine Erweiterung der „Operational Definition“-Ansätze dar, unter denen theoretischen Konzepten definitorisch nur die Bedeutung ihrer Messvariablen zuerkannt wurde.4 Dieser sehr strikte Operationalismus wurde mit dem Ansatz einer multiattributiven formativen Messung weiterentwickelt.5 Das latente Konstrukt konstituiert sich aus den es beeinflussenden Indikatoren. Die Indikatoren stehen damit dem latenten Konstrukt auch kausal vor. Ändert sich einer der Indikatoren, so verändert sich zwar notwendigerweise auch der Wert des latenten Konstrukts ȟ, die Ausprägungen der übrigen Indikatoren können hiervon jedoch unbeeinflusst bleiben. Daraus folgt, dass die Korrelationen zwischen den Indikatoren alle Werte aus dem Bereich von -1 bis +1 annehmen können.6 Die Indikatoren können somit voneinander unabhängig sein.7 Damit stellen die Indikatoren des latenten Konstrukts in diesem Messmodell in der Regel keine austauschbaren Messungen dar.8 Umgekehrt gilt aber auch, dass bei einer Änderung im latenten Konstrukt nicht notwendiger weise eine Veränderung aller oder auch nur einiger Indikatoren eintritt.9 Es kann durchaus auftreten, dass sich bei einer Änderung des latenten Konstrukts lediglich eine Veränderung eines Indikators beobachten lässt. Die Indikatoren dieses Messmodells stellen somit „Bausteine“ des latenten Konstrukts dar: „they ‘make the attribute [latente Variable, Anmerkung des Verfassers] appear’“10. Diese Indikatoren werden daher auch als „formativ“11, „causes“1 oder auch „formed“2 bezeichnet. Ein oft zitiertes Beispiel für ein
1
2
3 4 5
6 7
8 9 10 11
Das hier abgebildete Messmodell ist im Rahmen einer kovarianzbasierten Analyse von Strukturgleichungsmodellen (LISREL-Ansatz) statistisch unteridentifiziert. Isolierte formative Messmodelle sind generell unteridentifiziert und bedürfen der Einbettung in einen größeren Kontext. Siehe für Möglichkeiten MacCallum/Browne (1993); Jarvis/MacKenzie/Podsakoff (2003), S. 214 sowie MacKenzie/Podsakoff/Jarvis (2005), S. 726. Für die Ausführungen in diesem Abschnitt soll dieses Problem jedoch zunächst vernachlässigt werden. Aufgrund dieses Unterschieds zum reflektiven Messmodell darf auch der Begriff Indikator für die folgenden Ausführungen nicht im konventionell faktorenanalytischen Sinn verstanden werden. „Rather, they are exogenous measured variables that influence the composite defined as a causally indicated variable.“ MacCallum/Browne (1993), S. 534. Vgl. Curtis/Jackson (1962), S. 199. Vgl. Bagozzi (1982b), S. 15. Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 270. Auf eine weitergehende wissenschaftstheoretische Diskussion des formativen Messmodells soll an dieser Stelle verzichtet werden. Der interessierte Leser sei an dieser Stelle insbesondere auf Bagozzi (1984), S. 22 f. verwiesen. Vgl. Nunnally/Bernstein (1994), S. 489. Auch eine völlige Unkorreliertheit ist möglich. Bollen (1984), S. 377 spricht daher auch von einer „No Necessary Relationship“-Sichtweise. Auch wenn diese Möglichkeit explizit zugelassen wird. Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 271. Vgl. Jarvis/MacKenzie/Podsakoff (2003), S. 201 f. Rossiter (2002), S. 314. Vgl. Fornell/Bookstein (1982b), S. 441 f.; Bagozzi (1994b), S. 332; Edwards/Bagozzi (2000), S. 162.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
117
formatives Messmodell stellt der sozialökonomische Status von HAUSER dar.3 Die Indikatoren Bildung, Einkommen, Prestige des Berufs müssen nicht miteinander korrelieren und bilden dennoch die definitorischen Bestandteile des Zielkonstrukts. Die kausale Richtung von den Indikatoren hin zum latenten Konstrukt bedeutet also, dass sich das latente Konstrukt als Linearkombination aus den Indikatoren ergibt.4 Wie sich bereits aus Abbildung 23 und den Ausführungen ergibt, ist ein wesentliches Merkmal des formativen Messmodells, dass die Indikatoren keine Fehlerterme besitzen. Die Indikatoren sind ja die kausalen Bestandteile des latenten Konstrukts. Während ein reflektiv spezifiziertes latentes Konstrukt in einem einfachen Messmodell5 keinen direkten Messfehlerterm aufweist6, ist dies bei einem einfachen formativen Messmodell allgemein der Fall. Messfehler werden als im Rahmen eines formativen Messmodells beim latenten Konstrukt aufgefangen.7 In mathematischer Schreibweise ergibt sich für das formative Messmodell folgende Darstellung:8 (5) [
O1 x1 O2 x2 On xn G [ ,
wobei: Ȝ1, …, Ȝn įȟ
= Gewichte der Indikatoren bei ihrer linearkombinatorischen Verrechung zum latenten Konstrukt, = Fehlerterm bei einem fehlerbehafteten Messmodell.
Nachdem nun die beiden Spezifikationsarten von Messmodellen erläutert wurden, geht es im folgenden Abschnitt um die Bestimmung der Spezifikationsart der Messmodelle von latenten Konstrukten. 4.1.1.2.4 Wahl und Bestimmung der Spezifikationsart der Messmodelle Die Beantwortung der Frage nach der Operationalisierung eines latenten Konstrukts mithilfe formativer oder reflektiver Indikatoren ist für eine Untersuchung von zentraler Bedeutung.9 Latente Konstrukte können in der Regel immer sowohl mithilfe formativer als auch mithilfe
1 2 3 4
5 6
7 8 9
Vgl. Blalock (1964), S. 163 f. Vgl. Rossiter (2002), S. 314. Vgl. Hauser (1973), S. 268. Aus diesem Grund wird in Zusammenhang mit formativen Indikatoren auch oftmals eher von einem Index als von einem formativen Konstrukt gesprochen. Siehe Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 269. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung werden beide Begriffe synonym verwendet. Vgl. dazu Abbildung 23. Allerdings ändert sich dieser Zustand sobald ein latentes Konstrukt mit einem reflektiven Messmodell als endogene Größe im Rahmen eines umfassenderen Strukturmodells auftritt. Vergleiche dazu die Abbildung 20. Vgl. zur Interpretation des Fehlerterms bei formativen Konstrukten Diamantopoulos (2006). Vgl. Bollen/Lennox (1991), S. 306. Vgl. Herrmann/Huber/Kressmann (2006), S. 46. Die potenziellen Probleme und Konsequenzen aufgrund der Fehlspezifikation von Messmodellen wurden immer wieder herausgearbeitet. Siehe hier beispielsweise Law/Wong (1999), S. 150 ff.; Jarvis/MacKenzie/Podsakoff (2003), S. 207 ff.; MacKenzie/Podsakoff/Jarvis (2005), S. 716 ff.; Albers/Hildebrandt (2006), S. 16 ff.; Diamantopoulos/Siguaw (2006), S. 266 ff.
118
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
reflektiver Messmodelle operationalisiert werden.1 Trotzdem lässt sich festhalten, dass „little attention has been devoted to the conditions in which measures should be specified as reflective or formative in the first place“2. Die Wahl einer formativen oder reflektiven Spezifikation der Messmodelle zur Operationalisierung latenter Konstrukte sollte durch den Forscher vor dem Hintergrund der Ziele der Untersuchung aufgrund einer inhaltlich begründeten Entscheidung getroffen werden.3 Ist es das Ziel der Untersuchung, Handlungsempfehlungen im Sinn einer Erforschung von Erfolgsfaktoren für die Unternehmenspraxis zu entwickeln, so sollte das Messmodell formativ spezifiziert werden. Die der Messung zugrunde liegenden Maßnahmen dienen in diesem Fall als Input für das latente Konstrukt und reflektieren nicht dessen Output.4 Ein formatives Konstrukt erlaubt in diesem Fall Aussagen darüber, wie das latente Konstrukt hervorgerufen wird und positiv zu beeinflussen ist. Die reflektive Messung ermöglicht es dagegen, das latente Konstrukt durch seine mit Messfehlern behafteten Indikatoren zu erfassen.5 In der vorliegenden Untersuchung wurden bis auf zwei Konstrukte (Marketingressourcen und Produktionsressourcen) alle latenten Konstrukte reflektiv spezifiziert. Für die abschließende Beurteilung, ob die Operationalisierung eines latenten Konstrukts als formativ oder als reflektiv anzusehen ist, wurden die Definitionen bzw. Beschreibungen der latenten Konstrukte und die Formulierungen bzw. Beschreibungen der jeweiligen Indikatoren noch einmal analysiert. Aus den diskutierten Eigenschaften formativer und reflektiver Indikatoren lassen sich mehrere Entscheidungskriterien zur Überprüfung der Spezifikationshypothesen ableiten. Dabei zeigt eine Analyse der bisherigen Empfehlungen im Schrifttum, dass sich die Bestimmung der Spezifikationsart hauptsächlich auf eine Beurteilung durch Experten6 oder durch eine subjektive Entscheidung des Forschers anhand von Entscheidungsfragen7 stützt.8 Die im Schrifttum angeführten, oftmals sehr ähnlichen Entscheidungskriterien lassen sich zu zwei Oberkriterien verdichten, welche die Entscheidung zu Gunsten einer Spezifikationsart aus theoretischen Vorüberlegungen deduzierbar machen: die Richtung der Kausalität
1 2 3
4 5 6 7 8
Vgl. Bliemel et al. (2005), S. 12; Fassott/Eggert (2005), S. 41; Homburg/Klarmann (2006), S. 731. Edwards/Bagozzi (2000), S. 156. Vgl. Costner (1969); Zaltmann/Pinson/Angelmar (1973), S. 14; Albers/Hildebrandt (2006), S. 10 f.; Herrmann/Huber/Kressmann (2006), S. 46; Auf diese Begründung wird aber oftmals verzichtet. Vgl. Eggert/Fassott (2003), S. 6; Fassott/Eggert (2005), S. 43. Vgl. Albers/Hildebrandt (2006), S. 4. Vgl. Albers/Hildebrandt (2006), S. 11; Herrmann/Huber/Kressmann (2006), S. 49. Vgl. Rossiter (2002), S. 306 sowie Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 271. Vgl. Chin (1998a), S. 9 oder Jarvis/MacKenzie/Podsakoff (2003), S. 203. Auf eine Bestimmung der Spezifikationsart der Messmodelle auf Basis mathematischer Verfahren (vgl. Bollen/Ting (2000)) wird im Rahmen der Untersuchung verzichtet, da diese Verfahren auf die Untersuchung von Korrelationen zwischen den Indikatoren abstellen. Korrelationen können aber auch bei formativen Messmodellen auftreten (vgl. Abschnitt 4.1.1.2.3). Diese Verfahren sind somit in letzter Konsequenz nicht in der Lage, formative und reflektive Messmodelle sicher zu unterscheiden. Vgl. dazu auch Eberl (2004). 19 ff.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
119
zwischen Konstrukt und Indikator sowie die Austauschbarkeit der Indikatoren als gleich valide Messungen ein und desselben Konstrukts.
EDWARDS/BAGOZZI schlagen zur Ermittlung der Kausalitätsrichtung zwischen dem Konstrukt und seinen Indikatoren eine Besinnung auf die wissenschaftstheoretischen Bestandteile von Kausalität vor: (1) die Unterschiedlichkeit von Ursache und Wirkung im Sinne eigenständiger Phänomene, (2) Kovariation von Ursache und Wirkung, (3) zeitliche Vorgänger/NachfolgerBeziehung und (4) Ausschluss alternativer Erklärungsmöglichkeiten.1 Hervorzuheben ist dabei vor allem die dritte Komponente, da sie am stärksten die Kennzeichnung eines Phänomens als Ursache und des anderen als Wirkung bestimmt. Diese Frage kann natürlich Experten vorgelegt werden, die diese Entscheidungsfrage beantworten sollen – auch der Forscher selbst kann sie in seiner Entscheidung zugrunde legen. BOLLEN befürwortet hierfür Gedankenexperimente.2 EDWARDS/BAGOZZI schlagen jedoch vor, die Anwendung von Experimenten in diesem Zusammenhang in Erwägung zu ziehen.3 Dieses Vorgehen – auch wenn bei den genannten Autoren nur kurz als Möglichkeit angerissen – verdient jedoch zweifelsohne eine vertiefende Analyse. Die Anwendung von Experimenten hätte zudem den Vorteil, dass bei geschicktem Design auch zusätzlich Bedingungskonstanz geschaffen werden kann und Bedingung (4) zumindest größtenteils bereits erfüllt wäre. Dieses Vorgehen ist jedoch aufgrund seines eher hypothesenprüfenden Charakters erst dann geeignet, wenn a-priori-Hypothesen über eine kausale Richtung bestehen und wiederum durch Experten oder den Forscher selbst gewonnen werden müssen. Für diesen Aspekt kann die Entscheidungsfrage von CHIN eine amgemessene Formulierung sein „Is it necessarily true that if one of the items (assuming all coded in the same direction) were to suddenly change in a particular direction, the others will change in a similar manner?“4. Analog zu FORNELL/BOOKSTEIN stellt sich auch die Frage, ob das Konstrukt eine hinter der beobachteten Variable stehende Erklärung oder vielmehr eine erläuternde Kombination aus den Beobachteten ist5. Die Austauschbarkeit der Messungen für das Konstrukt lässt sich dagegen nur aus der Konzeptionalisierung des latenten Konstrukts ableiten. Das bedeutet, dass die Frage nach der inhaltlichen Vergleichbarkeit letztlich nur subjektiv durch den Forscher beantwortet werden kann und sich einer starren Überprüfbarkeit entzieht. Damit wird auch hier eine a-prioriBewertung durch den Forscher oder die Befragung von Experten unumgänglich. Hierbei müsste insbesondere die Frage gestellt werden, ob sich ein Konstrukt inhaltlich verändert, 1 2 3 4 5
Vgl. Edwards/Bagozzi (2000), S. 157-160. Vgl. Bollen (1989), S. 66; ähnlich Edwards/Bagozzi (2000), S. 160. Vgl. Edwards/Bagozzi (2000), S. 159. Chin (1998a), S. ix. Vgl. Fornell/Bookstein (1982a), S. 292.
120
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
wenn und soweit einer der Indikatoren herausgenommen wird.1 Daneben ist auch eine direkte Frage hinsichtlich der beliebigen Austauschbarkeit der Indikatoren des latenten Konstrukts untereinander denkbar.2 Zur Überprüfung der Spezifikationshypothesen wird dieser Untersuchung der von JARVIS/MACKENZIE/PODSAKOFF entwickelte Fragenkatalog zugrunde gelegt und sukzessive für jedes latente Konstrukt beantwortet. Die hinter den einzelnen Fragen angegebenen Antworten weisen auf ein reflektives (erste Antwort) oder formatives (zweite Antwort) Messmodell hin.3
Sind die Indikatoren definierende Charakteristika oder Manifestationen des latenten Konstrukts? (Manifestationen / definierende Charakteristika) Würden Änderungen in der Ausprägung der Indikatoren eine Veränderung des latenten Konstrukts verursachen? (ja / nein) Würden Änderungen in der Ausprägung des latenten Konstrukts eine Veränderung der Indikatoren verursachen? (ja / nein)4 Haben die Indikatoren den gleichen beziehungsweise einen ähnlichen Inhalt oder beziehen sich auf ein gemeinsames Thema? (ja / nicht erforderlich)5 Würde die Elimination eines Indikators den konzeptionellen Inhalt des latenten Konstrukts verändern? (nein / möglich) Sind Veränderungen in der Ausprägung eines Indikators mit gleichgerichteten Veränderungen der übrigen Indikatoren verbunden? (ja / nicht erforderlich)6 Haben die Indikatoren dieselben Antezedenzien und Konsequenzen? (ja / nicht erforderlich)7 Bei diesem Gedankenexperiment wurden Konstrukte als formativ eingestuft, wenn keine der Fragen mit der Antwort auf der linken Seite beantwortet werden konnten.8 In der Regel ist die Überprüfung der Spezifikationshypothesen anhand eines solchen Fragenkatalogs für den Forscher problemlos und eindeutig. Es ergeben sich für den Forscher aber auch immer Situatio1 2 3 4
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6
7
8
Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 273. Vgl. Jarvis/MacKenzie/Podsakoff (2003), S. 203. Vgl. Jarvis/MacKenzie/Podsakoff (2003), S. 203. Vgl. auch Edwards/Bagozzi (2000), S. 158: „A researcher imagines a change in the construct and then considers whether a change in the measure is likely.“ Vgl. auch Chin (1998a), S. ix: „One needs to look at all the items and determine whether they are tapping into the same underlying issue or factor.“ Vgl. auch Chin (1998a), S. ix: „Is it necessarily true that if one of the items (assuming all coded in the same direction) were to suddenly change in a particular direction, the others will change in a similar manner?“ Hier wird der Aspekt des Ausschlusses alternativer kausaler Erklärungen aufgegriffen. Vgl. Edwards/Bagozzi (2000), S. 160. Vgl. Fassott (2006), S. 72.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
121
nen, wo „the directionality of the relationship is far from obvious.“1 Die Untersuchung der Spezifikationshypothesen mittels des Fragenkatalogs ergab, dass die a priori festgelegten Spezifikationen der Messmodelle zumindest nicht verworfen werden konnten. 4.1.1.2.5 Messmodelle zweiter Ordnung In der betriebswirtschaftlichen Forschung werden mehrdimensionale Konstrukte immer häufiger bei der Konzeptionalisierung und Operationalisierung theoretischer Konstrukte angewendet.2 Von einem mehrdimensionalen Konstrukt kann gesprochen werden, wenn zwar unterschiedliche, jedoch verwandte Dimensionen als ein einheitliches theoretisches Konstrukt aufgefasst werden.3 Abzugrenzen sind mehrdimensionale Konstrukte daher von unidimensionalen Konstrukten, die sich auf ein einfaches latentes Konstrukt beziehen4 sowie von miteinander verwandten unidimensionalen Konstrukten, die aber kein einheitliches theoretisches Konzept bilden.5 Abbildung 24 stellt grafisch den Unterschied zwischen unidimensionalen und mehrdimensionalen Konstrukten dar. Die linke Seite der Darstellung zeigt ein einfaches, unidimensionales Konstrukt, das in der Literatur auch als latentes Konstrukt erster Ordnung geführt wird. Auf der rechten Seite der Abbildung findet sich ein mehrdimensionales Konstrukt zweiter Ordnung. Es konstituiert sich aus einer Reihe von Konstrukten erster Ordnung, die in diesem Zusammenhang als Dimensionen bezeichnet werden. In der Abbildung werden darüber hinaus verschiedene Ebenen angedeutet. Die oberste stellt die theoretisch-konzeptionelle Ebene dar, während die unterste die Beobachtungsebene abbildet. Die Ebenen dazwischen stellen empirische Abstraktionen der 1. und 2. Ordnung dar, wobei jedoch auch grundsätzlich Abstraktionen höherer Ordnung denkbar sind.6 Die latenten Konstrukte – hier der 1. und 2. Ordnung – stellen empirische Abstraktionen dar, um ein theoretische Konstrukt formal zu beschreiben. Dabei stellt das mehrdimensionale Konstrukt gegenüber dem unidimensionalen Konstrukt eine konzeptionelle Ausdifferenzierung dar. In der Literatur ist häufig parallel zur tieferen theoretischen Erschließung ein Thema eine chronologische Weiterentwicklung von einem einfachen, unidimensionalen Konstrukt hin zu einem komplexeren, mehrdimensionalen Konstrukt zu beobachten.7 Die Entscheidung, ein theoretisches Konstrukt unidimensional oder mehrdimensional zu konzeptionalisieren, ist letztlich
1 2
3 4 5 6 7
Fayers et al. (1997), S. 395. Vgl. Law/Wong (1999), S. 145; Edwards (2001), S. 144. Beispiele für Anwendungen mehrdimensionaler Konstrukte in der betriebswirtschaftlichen Forschung jüngster Zeit finden sich z. B. bei Pavlou/Fygenson (2006); Erdogan/Liden/Kraimer (2006); Tanriverdi (2006); Cui/Griffith/Cavusgil (2005); Doty et al. (2006); Luo/Slotegraaf/Pan (2006); Fritz/Dees (2005); Yi/Davis (2003); Guinot/Latreille/Tenenhaus (2001). Vgl. Law/Wong/Mobley (1998), S. 741; Edwards (2001), S. 144. Vgl. Hattie (1985), S. 140 f. Vgl. Law/Wong/Mobley (1998), S. 741; Edwards (2001), S. 144. Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 6. Vgl. Bagozzi (1984), S. 11 f.; Bagozzi (1994b), S. 334.
122
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
konzeptionelle Abstraktion
em A pi 2. bstr risc Or ak he dn tio un n g
theoretisches Konstrukt
latentes Konstrukt
latentes Konstrukt
Dimension 1
Dimension 2
empirische Abstraktion
B eb eob en ac e htu ng s-
Dimension m
em A pi 1. bstr risc Or ak he dn tio un n g
theoretisches Konstrukt
th Eb eor en eti e sch
e
davon abhängig, wie differenziert ein Sachverhalt im Rahmen des Forschungsvorhabens erfasst werden soll.1 Die Wahl wird insbesondere dadurch beeinflusst, ob das betreffende Konstrukt im Fokus der Untersuchung steht oder nur einen Nebenaspekt abbildet.2 Weiterhin erlauben hochkomplexe Sachverhalte oftmals nur eine Modellierung mittels eines mehrdimensionalen Konstrukts.3
konzeptionelle Differenzierung
Abbildung 24: Mögliche Konzeptionalisierung latenter Konstrukte4
Mehrdimensionale Konstrukte lassen sich anhand verschiedener Merkmale unterscheiden. Das wohl gängigste Differenzierungskriterium ist die Art der Korrespondenzbeziehungen zwischen dem mehrdimensionalen Konstrukt und seinen Dimensionen.5 Für ein Verständnis der Natur dieser Korrespondenzbeziehungen ist es wichtig festzuhalten, dass das mehrdimensionale Konstrukt nicht unabhängig von seinen Dimensionen existiert6, da es über diese Dimensionen konzeptionalisiert ist. Die Korrespondenzbeziehungen zwischen dem mehrdimensionalen Konstrukt und seinen Dimensionen „are not causal forces linking separate concept-
1 2 3 4 5
6
Vgl. Chin (1998a), S. x; Jarvis/MacKenzie/Podsakoff (2003), S. 204. Vgl. MacKenzie/Podsakoff/Jarvis (2005), S. 713 f. Vgl. Subramanian/Nilakanta (1996), S. 633 f.; Hulland (1999), S. 196 f. In Anlehnung an MacKenzie/Podsakoff/Jarvis (2005), S. 714. Vgl. Ones/Viswesvaran (1996); Schneider/Hough/Dunnette (1996); Law/Wong/Mobley (1998), S. 741; Law/Wong (1999), S. 143; Edwards (2001), S. 145. Vgl. Edwards (2001), S. 145 f.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
123
tual entities, but instead represent associations between a general concept and the dimensions WKDWUHSUHVHQWRUFRQVWLWXWHWKHFRQVWUXFW³1 Anhand der Korrespondenzbeziehung lassen sich die beiden Typen reflektiver und formativer Modelle unterscheiden (vgl. Abbildung 25).2 Eine analoge Typologie wurde in der betriebswirtschaftlichen Forschung bereits auf 1. AbVWUDNWLRQVHEHQH ± IU GLH .RUUHVSRQGHQ]EH]LH hung zwischen Indikatoren und Konstrukt erVWHU 2UGQXQJ ± DXVIKUOLFK GLVNXWLHUW3 Die Erkenntnisse aus dieser Diskussion lassen sich in weiten Teilen auch auf eine abstraktere Ebene ]ZHLWHU2UGQXQJ EHUWUDJHQ4
reflektives Modell
formatives Modell
Dimension 1
Dimension 2
Dimension 1
Dimension 3
Dimension 2
Dimension 3
5
Abbildung 25: Typen mehrdimensionaler Konstrukte
Reflektive mehrdimensionale Konstrukte6 stehen auf einer höheren Abstraktionsstufe als die Dimensionen, durch die sie konstituiert werden. Die Dimensionen verhalten sich analog zu reflektiven Messitems, die als manifeste Indikatoren ihrer dahinter liegenden Konstrukte erster Ordnung dienen.7 Das reflektive mehrdimensionale Konstrukt entspricht somit dem Kerngedanken der klassischen Testtheorie, d. h., das reflektive mehrdimensionale Konstrukt ist
1 2
3
4 5 6
7
Edwards (2001), S. 146. LAW/WONG/MOBLEY identifizieren neben reflektiven und formativen mehrdimensionalen Konstrukten noch den weiteren Typ des Profilmodells. Vgl. Law/Wong/Mobley (1998), S. 748. In der betriebswirtschaftlichen Forschung wurden bisher jedoch fast ausschließlich reflektive und formative Konzeptionalisierungen mehrdimensionaler Konstrukte empirisch behandelt. Vgl. Law/Wong (1999), S. 143 f.; Edwards (2001), S. 148. Vgl. Fornell/Bookstein (1982b); Bollen/Lennox (1991); Diamantopoulos/Winklhofer (2001); Jarvis/MacKenzie/Podsakoff (2003). Siehe dazu auch den Abschnitt 4.1.1.2. Vgl. Jarvis/MacKenzie/Podsakoff (2003), S. 204; Lin/Sher/Shih (2005), S. 323. In Anlehnung an Law/Wong (1999), S. 145. In der Literatur werden diese Konstrukte auch unter den Begriffen Ä/DWHQW 0RGHO³, Ä)DFWRU 0RGHO³ oder Ä6XSHURUGLQDWH &RQVWUXFWV³ JHIKUW 9JO /DZ:RQJ0REOH\ 6 /DZ:RQJ 6 Edwards (2001), S. 145. Vgl. Bollen/Lennox (1991), S. 305 f.; Edwards/Bagozzi (2000).
124
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
empirisch durch die gemeinsame Varianz unter seinen Dimensionen definiert (visualisiert durch den schwarzen Bereich in Abbildung 25). Die klassische Testtheorie unterstellt, dass die Varianz in den Werten der Indikatoren eines latenten Konstrukts (hier der Konstrukte erster Ordnung für das Konstrukt zweiter Ordnung) eine Funktion der „wahren“ Werte plus Messfehler ist. Für reflektive mehrdimensionale Konstrukte stellen die Dimensionen Ausprägungen dar, die durch das mehrdimensionale Konstrukte erklärt werden.1 Während das reflektive mehrdimensionale Konstrukt unterstellt, dass die Dimensionen Manifestationen des mehrdimensionalen Konstrukts sind, ist das formative mehrdimensionale Konstrukt2 als eine Zusammensetzung seiner Dimensionen zu verstehen. Keine der Dimensionen kann allein das Gesamtkonstrukt repräsentieren. Das formative mehrdimensionale Konstrukt existiert nur als Gesamtheit seiner Dimensionen. Empirisch drückt sich das darin aus, dass das formative mehrdimensionale Konstrukt durch die gesamte Varianz seiner Dimensionen definiert ist (vgl. die gesamte graue Fläche in Abbildung 25). Nur als Summe erfassen die Dimensionen den konzeptionellen Rahmen des formativen Konstrukts zweiter Ordnung. Die Dimensionen stellen somit Komponenten des formativen mehrdimensionalen Konstrukts dar. Die Art der Spezifikation eines mehrdimensionalen Konstrukts und damit dessen theoretische Bedeutung sind durch das Erkenntnisinteresse des Forschers determiniert. Am Beginn des Entwicklungsprozesses eines mehrdimensionalen Konstrukts hat daher zunächst eine klare Definition des Konstrukts mit all seinen Facetten (Dimensionen) zu erfolgen. Die Dimensionen des Konstrukts und deren Korrespondenzbeziehungen zum übergeordneten Konstrukt bestimmen dabei nicht nur dessen inhaltlichen Bereich, sondern auch die Reichweite der Aussagen, die aus dem Modell abgeleitet werden können.3 Tabelle 6 fasst die wesentlichen Eigenschaften reflektiver und formativer mehrdimensionaler Konstrukte noch einmal zusammen.
1 2
3
Vgl. Law/Wong/Mobley (1998), S. 743. In der Literatur werden diese Konstrukte auch unter den Begriffen „Aggregate Model“, „Composite Model“ oder „Emergent Model“ untersucht. Vgl. Chin/Gopal (1995), S. 49; Law/Wong/Mobley (1998), S. 743; Law/Wong (1999), S. 145 f. Vgl. Albers/Hildebrandt (2006), S. 10 f.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
Kriterium
125
reflektives mehrdimensio- formatives mehrdimensionales Konstrukt nales Konstrukt
Varianz des mehrdimensio- Nur die gemeinsame Varianz Die gemeinsame Varianz der nalen Konstrukts (Vgl. der Dimensionen (schwarze Dimensionen, die spezifische Abbildung 25) Fläche). Varianz der Dimensionen soDie spezifische Varianz der wie die von den Dimensionen Dimensionen (weiße Fläche) geteilte Varianz (graue Fläund die von den Dimensionen che). geteilte Varianz (schraffierte Nur die zufällige Varianz wird Fläche) sowie die zufällige als Messfehler betrachtet. Varianz werden als Messfehler betrachtet. Natur der Dimensionen
Die Dimensionen stellen Ma- Die Dimensionen sind Komnifestationen des Konstrukts ponenten des mehrdimensiodar. nalen Konstrukts.
Messfehler
Messfehler werden auf der Messfehler werden auf der Ebene der Dimensionen be- Ebene des Konstrukts berücksichtigt. rücksichtigt.
Richtung der Pfeile im Pfad- Die Pfeile sind vom Kon- Die Pfeile sind von den Didiagramm (vgl. Abbildung 26) strukt auf die Dimensionen mensionen auf das Konstrukt gerichtet. gerichtet. Tabelle 6:
Zusammenfassung der Eigenschaften reflektiver und formativer mehrdimensionaler Konstrukte1
Die Unterscheidung der beiden Typen mehrdimensionaler Konstrukte bereitet immer wieder Schwierigkeiten.2 Um die inhaltliche Bedeutung des mehrdimensionalen Konstrukts abschätzen zu können, muss es jedoch zwingend bis hin zu seiner höchsten Abstraktionsstufe spezifiziert werden.3 Dazu ist zunächst zwischen den Messmodellen auf den verschiedenen Abstraktionsstufen zu unterscheiden. Das Messmodell auf der ersten Abstraktionsstufe (Messmodell 1) ordnet die manifesten Variablen den latenten Konstrukten erster Ordnung zu. Auf der nächsthöheren Abstraktionsstufe ordnet ein weiteres Messmodell (Messmodell 2) die Konstrukte erster Ordnung dem mehrdimensionalen Konstrukt zweiter Ordnung zu. Dabei ist es möglich, dass die Messmodelle der verschiedenen Abstraktionsstufen unterschiedliche (formative bzw. reflektive) Zuordnungen aufweisen, sodass sich vier prototypische Alternativen für die Modellierung mehrdimensionaler Konstrukte ergeben (vgl. Abbildung 26).4 Dabei sei erwähnt, dass neben diesen vier Grundformen eines Konstrukts zweiter Ordnung auch Misch1 2 3 4
Vgl. Lin/Sher/Shih (2005), S. 323. Vgl. Law/Wong (1999), S. 143. Vgl. Law/Wong/Mobley (1998), S. 745. Vgl. Jarvis/MacKenzie/Podsakoff (2003), S. 205; MacKenzie/Podsakoff/Jarvis (2005), S. 713.
126
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
formen möglich sind, die sowohl reflektive als auch formative Konstrukte erster Ordnung enthalten.1
Konstrukt 2. Ordnung
1. Ebene ist reflektiv und 2. Ebene formativ
1. und 2. Ebene sind reflektiv
Ȗ1
Ȗ2
ȗ1 Komponente 1 Ȝ1
Ȝ2
Ȝ3
Ȝ1
Ȝ2
Ȗ4
Ȗ3
ȗ2
Komponente 2
ȗ3
ȗ4
Komponente 3
Ȝ3
Ȝ1
Ȝ2
Komponente 4
Ȝ3
y1
y2
y3
y4
y5
y6
y7
y8
İ1
İ2
İ3
İ4
İ5
İ6
İ7
İ8
Ȝ1
Ȝ2
Ȝ3
y9
y10
y11
y12
İ9
İ10
İ11
İ12
ȗ Konstrukt 2. Ordnung
Ȗ1 Komponente 1 Ȝ1
Ȝ2
Ȗ2
Ȝ3
Ȝ1
Ȗ4
Ȗ3
Komponente 2 Ȝ2
Komponente 3
Ȝ3
Ȝ1
Ȝ2
Komponente 4
Ȝ3
Ȝ1
Ȝ2
Ȝ3
y1
y2
y3
y4
y5
y6
y7
y8
y9
y10
y11
y12
İ1
İ2
İ3
İ4
İ5
İ6
İ7
İ8
İ9
İ10
İ11
İ12
1. Ebene ist formativ und 2. Ebene reflektiv
1. und 2. Ebene sind formativ
ȗ5 Konstrukt 2. Ordnung
Ȗ1
Ȗ2
ȗ1 Komponente 1 Ȝ1 y1
Ȝ2
Komponente 2
Ȝ3
y2
Ȝ1 y3
Ȝ2
y4
Ȝ1 y1
Ȝ2 y2
Ȝ1 y6
Ȝ1 y3
y4
Ȝ2
y7
Ȗ2
Ȝ3
y8
Ȝ1 y9
y10
Ȝ2
Ȝ3
y11
y12
Ȝ2 y5
Ȗ4
Ȗ3
ȗ2
Komponente 2
Ȝ3
ȗ4 Komponente 4
Konstrukt 2. Ordnung
Ȗ1 ȗ1 Komponente 1
ȗ3
Komponente 3
Ȝ3
y5
Ȗ4
Ȗ3
ȗ2
ȗ3
ȗ4
Komponente 3
Ȝ3
Ȝ1 y6
y7
Ȝ2 y8
Komponente 4
Ȝ3
Ȝ1 y9
y10
Ȝ2 y11
Ȝ3 y12
Abbildung 26: Alternative Konstrukte zweiter Ordnung2
Für die Unterscheidung zwischen formativen und reflektiven Zuordnungen lassen sich die Entscheidungsregeln einer formativen oder reflektiven Messmodellkonzeption des vorhergehenden Abschnitts verallgemeinern und können auch zur Unterscheidung reflektiver und formativer mehrdimensionaler Konstrukte herangezogen werden.3 Mathematisch lässt sich ein reflektives mehrdimensionales Konstrukt 2. Ordnung wie folgt ausdrücken:4
1 2 3
4
Vgl. Jarvis/MacKenzie/Podsakoff (2003), S. 204. Siehe hierzu auch Fornell (1982), S. 8 f. In Anlehnung an Jarvis/MacKenzie/Podsakoff (2003), S. 205. Vgl. MacKenzie/Podsakoff/Jarvis (2005), S. 713; Lin/Sher/Shih (2005), S. 323. Siehe hier auch Abschnitt 4.1.1.2.4. Vgl. Rindskopf/Rose (1988), S. 52 f.; Bollen (1989), S. 314 ff.; Bagozzi (1994b), S. 339; Bagozzi/Yi/Nassen (1999), S. 398.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise (6) K j wobei: Șj ī ȟk ȗj
(7) Y wobei: Y ȁy Șj Ǽi
127
* [k ] j , = Vektor der Konstrukte 1. Ordnung (latente endogene Variablen), = Koeffizientenmatrix der postulierten Beziehungen zwischen den ȟ- und Ș-Variablen (Faktorladungen 2. Ordnung), = Vektor der Konstrukte 2. Ordnung (latente exogene Variablen), = Vektor der Residuen der Konstrukte 1. Ordnung (Messfehler 2. Ordnung).
/ y K j ( i , = Vektor der Indikatorvariablen von Șj (yi, ..., yn), = Matrix der Koeffizienten der Pfade (Faktorladungen 1. Ordnung) zwischen den Indikatorvariablen yi und den Șj-Variablen, = Vektor der Konstrukte 1. Ordnung (latente endogene Variablen), = Vektor der Messfehler von yi (Messfehler 1. Ordnung).
Beide Gleichungen sind als Messmodelle verschiedener Hierarchiestufen zu interpretieren. Gleichung (6) stellt ein Messmodell zweiter Ordnung dar, das angibt, in welcher Weise die Konstrukte erster Ordnung den Konstrukten zweiter Ordnung zugeordnet sind. Die in der Matrix ī zusammengefassten Koeffizienten sind als Faktorladungen zweiter Ordnung zwischen den Konstrukten erster Ordnung und den Konstrukten zweiter Ordnung zu interpretieren. Anhand ihrer relativen Ausprägungen sind Aussagen über die Relevanz der Konstrukte erster Ordnung im Hinblick auf die Konstrukte zweiter Ordnung ableitbar. Darüber hinaus ist ein Messmodell erster Ordnung erforderlich, wie es in Gleichung (7) angegeben ist, das die postulierten Beziehungen zwischen den Indikatoren und den Konstrukten erster Ordnung spezifiziert. Dieses hierarchische Modell zweiter Ordnung kann auch zur Modellierung von höheren Ordnungen wie zum Beispiel 3. oder 4. Ordnung erweitert werden.1 Für solche Modellierungen lässt sich die Gleichung (6) erweitern: (8) K j
% K j * [ k ] j .
Der Term % K j repräsentiert dabei die Konstrukte höherer Ordnung bis auf das Konstrukt auf der höchsten Abstraktionsstufe, die hier durch den Term * [ k repräsentiert ist.2
1 2
Vgl. Marsh/Hocevar (1985), S. 571. Vgl. Edwards/Bagozzi (2000); Edwards (2001), S. 153 ff.
128
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Auf der Basis dieser Überlegungen wurden sowohl die operative und strategische Marketingflexibilität als auch der Unternehmenserfolg als mehrdimensionale Konstrukte konzeptionalisiert.1 Für dieses Vorgehen spricht nicht nur der Anspruch, die zentralen Konstrukte der Untersuchung möglichst differenziert zu betrachten, sondern es gibt sowohl in der Literatur zur betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung als auch in Literatur zu dynamischen Fähigkeiten eine Vielzahl von Hinweisen, dass es sich bei der operativen und strategischen Marketingflexibilität um hochkomplexe Gebilde handelt. So wird, wie bereits mehrfach ausgeführt, die Flexibilität als ein mehrdimensionales Konstrukt gesehen.2 Auch für dynamischer Fähigkeiten gilt dies: „capabilities are complex, structured and multidimensional“.3 Im Rahmen von ressourcentheoretischen Studien wird sogar explizit die Verwendung von Strukturen zweiter oder höherer Ordnung zur Konzeptionalisierung organisationaler Fähigkeiten angeregt.4 Ähnliches gilt für die Konzeptionalisierung des Unternehmenserfolgs.5 Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass es gerechtfertigt und sinnvoll ist, sowohl die operative und strategische Marketingflexibilität als auch den Unternehmenserfolg als mehrdimensionales Konstrukt zu definieren. 4.1.1.3 Beurteilung der Modellgüte Obwohl es zu wünschen wäre, wenn jede Messung genau dem originalen Wert entspräche, beinhaltet jede Messung immer ein gewisses Maß an Ungenauigkeit. Aufgrund von unterschiedlichen Faktoren, die mehr oder weniger stabil, situationsbezogen und variierend sein können, gibt es jedoch unter Umständen gravierende Abweichungen der Messungen von der Wirklichkeit. Der Messwert (xO) kann daher wie folgt beschrieben werden:6 (9) xO
xT xERR .
Wobei xO der Messwert (observed value), xT der wahre Wert (true value) und xERR der Messfehler (error) ist. Dieser Messfehler wird zur besseren Analyse und Problemlösung in zwei Arten unterteilt: erstens in die zufälligen Fehler xR (random error), die durch die Höhe der Reliabilität angezeigt werden, sowie zweitens in die systematischen Fehler xS (systematic error), die durch die Höhe der Validität ausgedrückt werden.7 Gibt es bei einer Messung keine zufälligen Fehler (xR = 0), so ist sie vollständig reliabel. Die Zufallsfehler werden auch als transitorische Fehler bezeichnet, die durch bestimmte Merkmale einer Person oder eine be-
1 2 3 4 5 6 7
Siehe dazu die Abschnitte 3.1 und 3.2. Siehe Abschnitt 2.1.2. Winter (2003), S. 992. Vgl. ebenso Coombs/Metcalfe (2000), S. 217; Prencipe (2001), S. 305. Vgl. Hult/Ketchen Jr./Nichols Jr. (2002), S. 578. Siehe dazu die Ausführungen in Abschnitt 3.2. Vgl. Peter (1979), S. 7. Vgl. Churchill (1979), S. 65.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
129
sondere Situation gekennzeichnet sind, während die systematischen Fehler konstante Fehler sind, die etwa auf einer falschen Eichung eines Messinstruments beruhen.1 Gibt es keine systematischen Fehler (xS = 0), so liegt ein vollständig valides Messergebnis vor.2 Zur Beurteilung der Qualität der dieser Untersuchung zugrunde liegenden Messmodelle ist die Überprüfung der Reliabilität (Zuverlässigkeit) und der Validität (Gültigkeit) der Indikatoren erforderlich. Begriff und Kriterium „Reliabilität“ bezieht sich auf das Verfahren einer Messung oder Untersuchung. PETER definiert Reliabilität wie folgt: „the degree to which measures are free from error and therefore yield consistent results“.3 Ein Untersuchungsverfahren ist dann zuverlässig, wenn es genau das Merkmal exakt misst, das es messen soll. Ein Messmodell ist als reliabel anzusehen, wenn ein wesentlicher Anteil der Varianz der verwendeten Indikatoren durch die zugehörigen Faktoren erklärt wird. Der Einfluss von Zufallsfehlern durch die Messung sollte sich demzufolge als möglichst gering erweisen.4 Ein ideal reliabler Test liefert zu unterschiedlichen Zeitpunkten und unterschiedlichen Umweltbedingungen immer die gleichen Ergebnisse. Dabei kann eine Messung jedoch nicht zuverlässiger sein als die Stabilität des untersuchten Merkmals. Dagegen wird unter dem Begriff und Kriterium „Validität“ die konzeptionelle Richtigkeit eines Erhebungsinstruments verstanden: „A measure is valid when the differences in observed scores reflect true differences on the characteristic one is attempting to measure and nothing else“5. Die Frage ist also, inwiefern ein theoretisches Konstrukt durch die Indikatoren überhaupt gemessen und erfasst wird, d. h. die Messung frei von systematischen Fehlern ist.6 Reliabilität und Validität können nicht voneinander getrennt betrachtet werden. Eine Messung sollte möglichst gleichzeitig hohe Werte für die Reliabilität und die Validität aufweisen. Reliabilität einer Messung stellt dann zwar eine notwendige, jedoch nicht hinreichende Bedingung für die Validität einer Messung dar.7 In der Literatur finden sich zahlreiche Ausführungen bezüglich der beiden Gütekriterien Reliabilität und Validität.8 HILDEBRANDT liefert hierzu eine Übersicht über die in der empirischen Forschung verwendeten Reliabilitäts- und Validitätskriterien (vgl. Tabelle 7 und Tabelle 8).9
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Vgl. Churchill (1979), S. 75. Vgl. Churchill (1979), S. 65. Peter (1979), S. 6. Vgl. Peter/Churchill (1986), S. 4. Churchill (1979), S. 65. Vgl. Heeler/Ray (1972), S. 361; Peter (1981), S. 134; Bagozzi (1984), S. 14. Vgl. Peter (1979), S. 6; Hildebrandt (1984), S. 42. Vgl. z. B. Zaltmann/Pinson/Angelmar (1973), S. 44. Vgl. im Folgenden dazu Hildebrandt (1984), S. 41 ff.
130
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Reliabilitätskriterien
Definition
(1)
Test-Retest-Reliabilität
Korrelation mit einer Vergleichsmessung desselben Messinstruments zu einem zweiten Zeitpunkt
(2)
Parallel-Test-Reliabilität
Korrelation mit einer Vergleichsmessung auf einem äquivalenten Messinstrument
(3)
Inter-Rater-Reliabilität
Korrelation mit einer Vergleichsmessung desselben Messinstruments bei einem zweiten Befragten
(4)
Interne-Konsistenz-Reliabilität
Korrelation zwischen zwei Hälften der Items eines Messinstruments
Tabelle 7:
Kriterien der Reliabilität von Messungen1
Die Test-Retest-Reliabilität, auch Stabilitätskoeffizient genannt, bestimmt die Konsistenz von Messungen von einem Zeitpunkt zum nächsten. Sie korreliert die Ergebnisse zweier Untersuchungen, die mit demselben Messinstrument innerhalb eines bestimmten Zeitraumes wiederholt an der gleichen Auswahl von Beobachtern unter möglichst gleichen Bedingungen vorgenommen wurden. Diese Vorgehensweise setzt voraus, dass inzwischen keine substanzielle Veränderung im gemessenen Konstrukt stattgefunden hat. Die Länge des Zeitraums zwischen zwei verschiedenen Messungen ist entscheidend und führt in den allermeisten Fällen zu unterschiedlichen Ergebnissen. In der Regel ist davon auszugehen, dass bei kurzen Zeiträumen zwischen den Messungen eine hohe und bei langen Zeiträumen eine niedrige Korrelation zu erwarten ist. Die Gründe liegen vor allem in Lerneffekten der Beobachter (Gelerntes wird im Lauf der Zeit vergessen.) und den Veränderungen in der Umwelt. (Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass das Konstrukt veraltet.) Zur Bestimmung der Parallel-Test-Reliabilität werden zwei verschiedene, jedoch vergleichbare Erhebungsinstrumente denselben Beobachtern vorgelegt und deren Ergebnisse miteinander korreliert. Die Korrelation zwischen diesen beiden Formen ist die Schätzung dieser Reliabilität. Das Hauptproblem dieser Anwendung ist eine Menge von Messitems zu entwickeln, die wirklich streng vergleichbar sind, dass der Durchschnitt, die Varianz und die Interkorrelation der Items äquivalent sind. Daher stammt auch die Bezeichnung Äquivalenzkoeffizient für diesen Reliabilitätsschätzer. Die Inter-Rater-Reliabilität misst den Grad in dem zwei unterschiedliche Beobachter konsistente Einschätzungen eines Phänomens abgeben. Unterschiedliche Beobachter produzieren unterschiedliche Resultate aufgrund der Natur des Menschen. So reagieren die Menschen anders auf Störungen von innen und außen, sie differieren in Ihrer Art Informationen wahrzu-
1
In Anlehnung an Hildebrandt (1984), S. 41 f.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
131
nehmen, aufzunehmen und zu interpretieren. Die Korrelation zwischen den beiden Messungen ist die Schätzung für die Inter-Rater-Reliabilität. Die Interne-Konsistenz-Reliabilität bestimmt die Konsistenz von Resultaten zwischen Variablen innerhalb eines Tests. Die interne Konsistenz ist sehr wichtig für das Ergebnis, weil inkonsistente Fragen widersprüchlich wären und die Aussagekraft der Untersuchung erheblich herabsetzen oder gar aufheben würden. Validitätskriterien
Definition
(1)
Der Grad, zu dem ein Messmodell den inhaltlichen (semantischen) Bereich eines theoretischen Konstrukts abbildet.
(2)
(3)
Inhaltsvalidität
Kriteriumsvalidität (a) Prognosevalidität
Der Grad, zu dem die Messung eines theoretischen Konstrukts die Messung eines kausal abhängigen, zeitlich nachgelagert erhobenen Konstrukts prognostiziert.
(b) Konkurrentvalidität
Der Grad, zu dem die Messung eines theoretischen Konstrukts mit der Messung eines theoretisch abhängigen, aber zeitgleich erhobenen Konstrukts zusammenhängt.
Konstruktvalidität (a) Konvergenzvalidität
Der Grad, zu dem zwei maximal unterschiedliche Messungen des gleichen Konstrukts in ihren Werten übereinstimmen.
(b) Diskriminanzvalidität
Der Grad, zu dem zwei gleiche Messmodelle bei unterschiedlichen Konstrukten zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.
(c) Nomologische Validität
Der Grad, zu dem die Kausalbeziehung zweier theoretischer Konstrukte in einem nomologischen Netzwerk (einer komplexen Hypothesenstruktur) bestätigt wird.
Tabelle 8:
Validitätskriterien für Messungen1
Die Inhaltsvalidität prüft die inhaltlich semantische Übereinstimmung zwischen dem vorliegenden Messinstrument und dem Konstrukt auf Plausibilität. Sie erfordert, dass die Untersuchungsinhalte eine repräsentative Auswahl der zu erfassenden Merkmale (Facetten) darstel-
1
In Anlehnung an Hildebrandt (1984), S. 41 f.
132
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
len. Dabei ist Inhaltsvalidität entweder offensichtlich (Augenschein- oder Face-Validität) oder wird durch Experten als valide beurteilt (Expertenvalidität). Bei der Kriteriumsvalidität dient die Messung eines angemessenen Vergleichskriteriums als Basis und ist gegeben, wenn die Messung eines interessierenden Konstrukts mit der Messung des anders gemessenen („externen“) Kriteriums korreliert. Unterschieden werden hier nach dem Erhebungszeitpunkt des Kriteriums die Prognose- und die Konkurrentvalidität. Die Prognosevalidität stellt auf die Übereinstimmung mit einer zeitlich später erfolgenden Messung ab. Die Konkurrent- bzw. Übereinstimmungsvalidität bezeichnet den Vergleich von Messungen, die zum gleichen Zeitpunkt vorliegen. Die Validitätsform, die sich direkt mit der Validierung der Umsetzung des theoretischen Konstrukts in die Realität beschäftigt, ist die Konstruktvalidität. Sie misst den Grad der Übereinstimmung zwischen dem Konstrukten und seiner Messung. Sie stellt das anspruchvollste Kriterium zum Nachweis der Validität der Messung eines Konstrukts dar.1 Die Konvergenzvalidität beschreibt die Übereinstimmung mehrerer Messungen mit verschiedenen Messmethoden. Die Diskriminanzvalidität bestimmt sich durch den Grad, in dem andere Konstrukte bei der Messung ausgeschlossen sind. Die nomologische Validität misst den Grad, zu dem eine Prognose innerhalb eines Systems von Hypothesen zu bestätigen ist. Es ist somit eine Einbindung des Konstrukts in einen übergeordneten theoretischen Rahmen erforderlich. 4.1.1.3.1 Gütebeurteilung reflektiver Messmodelle Zur Überprüfung der Reliabilität und Validität reflektiver Messmodelle wird im Allgemeinen zwischen den Kriterien der ersten Generation und den Kriterien der zweiten Generation unterschieden. Die Kriterien und Verfahren der ersten Generation finden in der psychometrischen Forschung bereits seit den 1950er-Jahren eine Anwendung und basieren im Wesentlichen auf der exploratorischen Faktorenanalyse.2 Die neueren und unter vielen Gesichtspunkten leistungsfähigeren Verfahren der zweiten Generation etablierten sich im Zug der Entwicklung der konfirmatorischen Faktorenanalyse. Als Kriterium zur Einschätzung der Reliabilität der vorliegenden reflektiven Messmodelle wird die interne Konsistenz der Indikatoren betrachtet. Hierfür werden die Item-to-Total-Korrelationen, das Cronbach’sche Alpha, die Indikatorreliabilitäten, die Faktorreliabilitäten und die durchschnittlich erfasste Varianz als Beurteilungsmaßstab herangezogen.3
1 2
3
Vgl. Bagozzi (1980), S. 113 ff.; Peter (1981). Vgl. hierzu die richtungsweisenden Untersuchungen von Cronbach (1947); Cronbach (1951); Cronbach/ Meehl (1955); Campbell/Fiske (1959); Campbell (1960) und den Grundlagenartikel von Churchill (1979). Vgl. Cronbach (1951); Peter (1979), S. 8; Nunnally (1978), S. 279 f.; Bagozzi (1982a), S. 156; Fornell/Larcker (1981), S. 45 f.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
133
Item-to-Total-Korrelationen beziehen sich auf eine Gruppe von Indikatoren, die ein latentes Konstrukt messen. Die Item-to-Total-Korrelation eines einzelnen Indikators gibt an, wie stark dieser mit der Summe aller dem latenten Konstrukt zugeordneten Indikatoren korreliert.1 Dabei sollte diese Korrelation möglichst hoch sein, denn es gilt folgender Grundsatz: „the items that correlate most highly with total scores are the best items for a general-purpose test“.2 Es existiert allerdings kein allgemein gültiger Mindestwert.3 Das Cronbach’sche Alpha4 stellt das in den Sozialwissenschaften wohl am häufigsten eingesetzte Reliabilitätsmaß auf Basis der internen Konsistenz dar.5 Das Cronbach’sche Alpha stellt den Mittelwert sämtlicher Korrelationen dar, die sich ergeben, wenn die Menge der Indikatoren eines latenten Konstrukts auf alle möglichen Arten in zwei Hälften gespalten wird und die Summe der jeweils resultierenden Variablenhälften miteinander korreliert wird.6 Der Wertebereich der Größe erstreckt sich von Null bis Eins, wobei hohe Werte auf eine hohe interne Konsistenz und ein hohes Maß an Reliabilität hindeuten. (10)
wobei: k
Dc
k 2 k §¨ ¦i 1V i ·¸ 1 , 2 k 1¨ Vt ¸ © ¹
= Anzahl der Indikatoren, die einem Faktor zugeordnet sind,
V i2
= Varianz des i-ten Indikators,
V i2
= Varianz der Summe aller Indikatoren des Faktors.
Über die Höhe des akzeptablen Werts für das Cronbach’sche Alpha besteht in der Literatur Unklarheit.7 In praktischen Anwendungen wird für vier oder mehr Indikatoren, basierend auf den Ausführungen von NUNNALLY, typischerweise ein Cronbach’sches Alpha von mindestens 0,7 gefordert.8 Dabei ist dieser Wert als eine Untergrenze für erste grobe Voruntersuchungen zu verstehen, während für die detaillierte Hauptuntersuchung wesentlich höhere Werte (0,9 oder 0,95) erreicht werden sollten.9 Darüber hinaus findet man in der Literatur zahlreiche, als
1 2 3 4 5
6 7 8
9
Vgl. Nunnally (1978), S. 274. Nunnally (1978), S. 274. Vgl. Olderog (2003), S. 244. Vgl. Cronbach (1951). Vgl. Nunnally (1978); Peter (1979), S. 8 f.; Churchill (1979), S. 68; Gerbing/Anderson (1988), S. 190; Cortina (1993b), S. 98. Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 8. Vgl. Homburg (1995), S. 81. Vgl. Nunnally (1978), S. 245; Homburg (1995), S. 81; Homburg/Giering (1996), S. 8. Allerdings betrug dieser Grenzwert für „early stages of research“ zunächst 0,60 oder 0,50. Vgl. Nunnally (1967), S. 226. Vgl. Nunnally (1978), S. 245 f.; Peterson (1994), S. 382.
134
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
akzeptabel angesehene Messmodelle mit einem Cronbach’schen Alpha unterhalb von 0,7.1 Da das Cronbach’sche Alpha positiv von der Anzahl der zugeordneten Indikatoren beeinflusst wird, werden bei zwei oder drei Indikatoren auch Werte von mindestens 0,4 akzeptiert.2 Als weiteres Kriterium zur Beurteilung der Adäquatheit der Höhe des Cronbach’schen Alphas ist auch eine interferenzstatistische Beurteilung möglich.3 In der Literatur werden diese Interferenzstatistiken jedoch nicht verwendet und daher auch in der vorliegenden Untersuchung nicht herangezogen. In dieser Untersuchung wird ein Cronbach’sches Alpha von mindestens 0,7 als akzeptabel angesehen. Solange das Cronbach’sche Alpha für einen Faktor zu gering erscheint, wird sukzessive die Variable mit der niedrigsten Item-to-Total-Korrelation eliminiert, bis der Faktor einen akzeptablen Wert für die Reliabilität aufweist.4 Die Indikatorreliabilitäten geben für jeden einzelnen Faktor an, wie groß der Anteil der Varianz eines Indikators ist, der durch den zugehörigen Faktor erklärt wird. Dabei wird die übrige Varianz durch den Messfehler gebildet.5 Die Indikatorreliabilität entspricht der quadrierten standardisierten Faktorladung eines Indikators und berechnet sich aus den standardisierten Pfadkoeffizienten.6 (11) wobei: Oi
pi
Oi2 ,
= standardisierte Faktorladung des i-ten Indikators.
Der Wertebereich der Indikatorreliabilität erstreckt sich von Null bis Eins, wobei höhere Werte für eine bessere Indikatorreliabilität sprechen. Ab wann die Indikatorreliabilität als akzeptabel anzusehen ist, ist im Schrifttum umstritten und hängt erheblich vom Stichprobenumfang ab. So werden bei größeren Stichprobenumfängen selbst relativ geringe Indikatorreliabilitäten von 0,1 noch als akzeptabel angesehen, während für besonders kleine Stichprobenumfänge (weniger als 100 Beobachtungen) Werte von mindestens 0,6 gefordert werden.7 Für die vorliegende Untersuchung werden Werte von mindestens 0,4 für die Indikatorreliabilität gefordert, die der gängigen Forschungspraxis entsprechen.8
1
2 3 4 5 6 7 8
Vgl. z. B. Jaworski/Kohli (1993), S. 65 ff. und Deshpandé/Farley/Webster Jr. (1993), S. 30, aber auch die Metaanalysen von Churchill/Peter (1984), S. 362 f. und Peterson (1994), S. 384 ff. Vgl. Peter (1997), S. 180; Unterreitmeier (2004), S. 118 f. Vgl. Iacobucci/Duhachek (2003); Duhachek/Coughlan/Iacobucci (2005). Vgl. zu dieser Vorgehensweise Churchill (1979), S. 68. Vgl. Fritz (1995), S. 135 ff.; Homburg (1995), S. 83. Vgl. Fritz (1995), S. 131. Vgl. Balderjahn (1986), S. 117. Vgl. z. B. Balderjahn (1986), S. 117; Bagozzi/Baumgartner (1994), S. 402; Fritz (1995), S. 132; Homburg/ Giering (1996), S. 13; Homburg (1995), S. 83; Backhaus et al. (2003), S. 372.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
135
Die Faktorreliabilität (FR) zeigt auf, wie gut der Faktor durch die Gesamtheit der Indikatoren gemessen wird.1 Die Faktorreliabilität wie auch die durchschnittlich erfasste Varianz berücksichtigt im Gegensatz zum Cronbach’schen Alpha Messfehlereinflüsse.2 Für standardisierte Variablen ergibt sich die Faktorreliabilität wie folgt:3 (12)
pc [
¦ O , ¦ O ¦ varG 2
k
i
k
i
i 1
wobei: Oi
2
k
i 1
i 1
i
= standardisierte Faktorladung des i-ten Indikators,
Gi
= Messfehler des i-ten Indikators,
k
= Anzahl der Indikatoren, die einem Faktor zugeordnet sind.
Der Wertebereich der Faktorreliabilität liegt zwischen Null und Eins. Für die Faktorreliabilität werden dabei Werte von mindestens 0,6 gefordert.4 Die durchschnittlich erfasste Varianz (DEV) eines Faktors gibt an, wie groß die Erklärung der Gesamtvarianz der dem Faktor zugewiesenen Indikatoren durch diesen Faktor ist. Somit bestimmt sich die durchschnittlich erfasste Varianz wie folgt: (13) wobei: Oi k
DEV [
¦
k i 1
k
Oi2
,
= standardisierte Faktorladung des i-ten Indikators, = Anzahl der Indikatoren, die einem Faktor zugeordnet sind.
Der Wertebereich der durchschnittlich erfassten Varianz erschreckt sich wiederum von Null bis Eins, wobei höhere Werte als erstrebenswert gelten. Als Mindestwert wird im Schrifttum zumeist ein Wert von 0,5 angegeben.5 Als Validitätskriterien kommen für reflektive Messmodelle die Konvergenz- und Diskriminanzvalidität in Betracht. Konvergenzvalidität „is the degree to which two or more attempts to measure the same concept through maximally dissimilar methods are in agreement.“6 Die Beurteilung der Konvergenzvalidität reflektiver Messmodelle erfolgt dabei anhand der Stärke der Assoziation zwischen Indikatorvariablen, die demselben latenten Konstrukt zugeordnet sind. Starke Assoziationen sprechen dabei für ein hohes Maß an Konvergenzvalidität. Erste 1 2 3 4 5 6
Vgl. Bagozzi/Yi (1988), S. 80; Bagozzi/Baumgartner (1994), S. 402 f. Vgl. Bagozzi (1978). Vgl. Fritz (1995), S. 134. Vgl. Fornell/Larcker (1981), S. 46; Bagozzi/Yi (1988), S. 82; Homburg (1995), S. 83. Vgl. Bagozzi/Yi (1988), S. 82. Bagozzi/Phillips (1982), S. 468; siehe auch Campbell/Fiske (1959), S. 81; Peter (1981), S. 136; Peter/Churchill (1986), S. 4; Bagozzi/Yi/Phillips (1991), S. 425.
136
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Anhaltspunkte hinsichtlich der Konvergenz- wie auch der Diskriminanzvalidität liefert die exploratorische Faktorenanalyse.1 Bei der exploratorischen Faktorenanalyse wird eine Gruppe von Indikatoren auf die ihnen zugrunde liegende Faktorenstruktur hin untersucht,2 ohne dass diesbezüglich ex-ante Hypothesen formuliert werden.3 Dabei kann von einer ausreichenden Konvergenzvalidität ausgegangen werden, wenn für jeden zu einem Faktor gehörenden Indikatorensatz genau ein Faktor extrahiert wird und die einzelnen Faktorladungen ausreichend hoch sind. Dabei werden Faktorladungen von mindestens 0,4 als ausreichend hoch angesehen.4 Darüber hinaus sollte die durch die Indikatoren erklärte Varianz des zugrunde liegenden Faktors mindestens 0,5 betragen.5 Anderenfalls erfolgt die sukzessive Reduktion der Indikatorenmenge, wobei Indikatoren mit einer nicht ausreichenden Ladung potenzielle Kandidaten für die Elimination darstellen.6 Zur Einschätzung der Konvergenzvalidität eines latenten Konstrukts werden ebenfalls die im Rahmen der konfirmatorischen Faktorenanalyse ermittelte Faktorreliabilität und die durchschnittlich erfasste Varianz verwendet. Zusätzlich wird auch der Signifikanztest der Faktorladungen herangezogen. Für die Faktorreliabilität wird ein Mindestwert von 0,6 gefordert, die durchschnittlich erfasste Varianz sollte mindestens 0,5 betragen7. Wenn die Faktorladungen aller Indikatoren eines Konstrukts signifikant von Null verschieden sind, kann vom Vorhandensein von Konvergenzvalidität ausgegangen werden.8 Hierfür kann der t-Wert der Faktorladungen herangezogen werden, der dem Quotienten aus der geschätzten Faktorladung und dem geschätzten Standardfehler des Schätzers entspricht.9 Eine Faktorladung ist auf dem Signifikanzniveau von 5 % dann signifikant von Null verschieden, wenn der t-Wert mindestens 1,645 beträgt.10 Die Diskriminanzvalidität gibt an, in welchem Ausmaß sich ein Konstrukt von anderen unterscheidet.11 Die Beurteilung der Diskriminanzvalidität erfolgt dabei über die Stärke der Assoziation zwischen den Indikatoren, die verschiedenen latenten Konstrukten zugeordnet sind. Dabei wird in der Regel gefordert, dass diese Assoziationen schwächer sind als zwischen Indikatoren, die dasselbe latente Konstrukt messen.12 Von einer ausreichenden Diskriminanzva-
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Vgl. Churchill (1979), S. 69; Homburg (1995), S. 80. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 260. Vgl. Bollen (1989), S. 228. Vgl. Bagozzi/Yi/Phillips (1991), S. 425; Homburg/Giering (1996), S. 8. Vgl. Homburg (1995), S. 86. Vgl. Homburg (1995), S. 86. Vgl. Fornell/Larcker (1981), S. 45 f.; Fornell/Tellis/Zinkhan (1982), S. 406; Fritz (1995), S. 135 f. Vgl. Bagozzi/Yi/Phillips (1991), S. 434. Vgl. Jöreskog/Sörbom (1989), S. 41. Vgl. Homburg (1995), S. 84. Vgl. Bagozzi/Phillips (1982), S. 469. Vgl. z. B. Bagozzi/Yi/Phillips (1991), S. 425.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
137
lidität kann ausgegangen werden, wenn bei einer exploratorischen Faktorenanalyse über alle zum Messmodell gehörenden Indikatoren die zugehörigen Faktoren erkannt werden. Darüber hinaus sollten alle zu einem Faktor gehörenden Indikatoren ausreichend hoch auf diesen laden und gleichzeitig wesentlich geringere Ladungen auf andere Faktoren aufweisen.1 Weiterhin wird die Diskriminanzvalidität dann als vorhanden betrachtet, wenn die Korrelation der Konstrukte signifikant kleiner als Eins ist.2 Die Diskriminanzvalidität kann mithilfe des Ȥ2-Differenztests und des Fornell/Larcker-Kriteriums beurteilt werden. Bei dem zuerst genannten Verfahren wird ein allgemeines Messmodell, bei dem die Korrelation der Konstrukte durch die konfirmatorische Faktorenanalyse geschätzt wurde, mit einem speziellen Modell verglichen, bei dem die Korrelation zwischen den latenten Variablen auf Eins fixiert wird. Die Einführung dieser Restriktion hat eine Verschlechterung der Modellanpassung zur Folge, wodurch sich der Ȥ2-Wert erhöht. Bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 % kann von einer Diskriminanzvalidität ausgegangen werden, wenn die Differenz der Ȥ2-Werte größer ist als 3,841.3 Ein weiteres, wesentlich strengeres Verfahren zur Überprüfung der Diskriminanzvalidität ist das Fornell/Larcker-Kriterium.4 Demnach sind zwei Konstrukte als diskriminanzvalide einzuschätzen, wenn die durchschnittlich erfassten Varianzen jeweils größer sind als die quadrierte Korrelation zwischen den beiden Faktoren. Die Überprüfung weiterer Reliabilitäts- und Validitätskriterien für reflektive Messmodelle wird in der vorliegenden Untersuchung nicht als sinnvoll erachtet.5 Neben den oben beschriebenen Kennzahlen werden üblicherweise weitere globale Anpassungsmaße herangezogen, um die Anpassungsgüte des Gesamtmodells an den Datensatz zu beurteilen. Deshalb wird in diesem Zusammenhand auch von dem Fit eines Messmodells gesprochen. Dabei haben unter den Globalkriterien, die zur Beurteilung eines Modells in seiner Gesamtheit herangezogen werden, insbesondere die folgenden eine besondere Bedeutung erlangt:6
der Ȥ2-Wert, der Root-Mean-Square-Error-of-Approximation (RMSEA), der Goodness-of-Fit-Index (GFI), der Adjusted-Goodness-of-Fit-Index (AGFI), der Comparative-Fit-Index (CFI), 1 2 3
4 5 6
Vgl. Olderog (2003), S. 244. Vgl. Fritz (1995), S. 137. Vgl. Jöreskog (1971), S. 117 ff.; Bagozzi (1980), S. 144; Bentler/Bonett (1980), S. 593 f.; Bagozzi/Phillips (1982), S. 476; Jöreskog/Sörbom (1982), S. 408; Anderson/Gerbing (1988), S. 416; Homburg (1995), S. 85. Vgl. Fornell/Larcker (1981), S. 46. Vgl. hierzu ausführlich Unterreitmeier (2004), S. 112 ff. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 372.
138
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
der Tucker-Lewis-Index (TLI). Der Ȥ2-Wert ergibt sich aus der Differenz der aus der vorgegebenen Modellstruktur resultierenden Kovarianzmatrix und der aus den erhobenen Daten resultierenden empirischen Kovarianzmatrix. Je kleiner dieser Wert ist, desto besser ist die Anpassung der spezifizierten Modellstruktur an die Daten. Unter der Voraussetzung, dass die Stichprobe ausreichend groß ist, entspricht das Ȥ2-Anpassungsmaß einer Likelihood-Ratio-Teststatistik, welche die Überprüfung der Validität des Messmodells gestattet. Hierbei wird die Nullhypothese geprüft, dass die empirische Kovarianzmatrix der modelltheoretischen Kovarianzmatrix entspricht. Kann die Nullhypothese nicht verworfen werden, wird die Modellanpassung als ausreichend gut angenommen. Der Ȥ2-Anpassungstest ist allerdings mit einer Reihe von Schwachstellen behaftet und wird gewöhnlich für hochproblematisch angesehen. Sehr strenge Verteilungsannahmen und rigide Voraussetzungen stellen meist ein Problem für die praktische Anwendung der Inferenz dar.1 Bei ausreichend großem Stichprobenumfang wird zudem nahezu jedes Modell abgelehnt.2 Darüber hinaus ist es nicht möglich, die Gütefunktion der Ȥ2-Statistik und damit den Fehler zweiter Art anzugeben.3 Daher wird auf einen inferenzstatistischen Test für den Ȥ2Wert verzichtet. Stattdessen wird der Quotient aus dem Ȥ2-Wert und der Anzahl der Freiheitsgrade als rein deskriptives Maß zur Beurteilung der Anpassungsgüte des Gesamtmodells herangezogen.4 Der noch als akzeptabel anzusehende Grenzwert für diesen Quotienten ist im Schrifttum umstritten. Es werden hier Werte zwischen 2,5 und 5 genannt.5 Für die vorliegende Untersuchung wird gefordert, dass dieser Quotient kleiner als 5 sein soll.6 Neben dem Ȥ2-Anpassungstest ist der Root-Mean-Square-Error-of-Approximation (RMSEA) eines der beiden bekanntesten inferenzstatistischen Gütekriterien zur Beurteilung der Anpassungsgüte.7 Um die beschriebenen Probleme des Ȥ2-Maßes zu umgehen, wird die Anwendung des RMSEA empfohlen:8 (14)
1
2 3 4 5 6 7 8
RMSEA
Cˆ df , n g df
Vgl. Bentler/Bonett (1980), S. 591 f.; Fornell (1983), S. 446 f.; Pedhazur/Schmelkin (1991), S. 650 f.; Bagozzi/Baumgartner (1994), S. 399; Backhaus et al. (2003), S. 373. Vgl. Bentler/Bonett (1980), S. 588; Jöreskog/Sörbom (1982), S. 408. Vgl. Förster et al. (1984), S. 361; Zinnbauer/Eberl (2004), S. 10. Vgl. Jöreskog/Sörbom (1982), S. 408; Wheaton (1987), S. 127 f. Vgl. Balderjahn (1986), S. 109; Fritz (1995), S. 126; Homburg/Baumgartner (1995), S. 172. Vgl. Balderjahn (1986), S. 109. Vgl. Homburg/Baumgartner (1995), S. 166. Vgl. Browne/Cudeck (1993).
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
wobei: Cˆ df n g
139
= Minimum der Diskrepanzfunktion, = Anzahl der Freiheitsgrade im Modell, = Stichprobenumfang, = Anzahl der Gruppen (im Normalfall g = 1).
Der RMSEA hat einen Wertebereich zwischen Null und Eins, wobei ein Wert von Null für eine perfekte Anpassung steht. Werte kleiner als 0,08 stehen für eine akzeptable Anpassung, während Werte ab 0,1 nur auf einen moderaten Fit schließen lassen.1 Diesen Empfehlungen wird auch in der vorliegenden Untersuchung gefolgt. Im Gegensatz zu den interferenzstatistischen Anpassungsmaßen erfolgt die Beurteilung der Anpassungsgüte mithilfe deskriptiver Gütekriterien nicht auf der Basis von statistischen Tests, sondern anhand von Faustregeln.2 Dabei lassen sich die deskriptiven Gütemaße dahingehend unterscheiden, ob sie die Zahl der Freiheitsgrade des Modells mit berücksichtigen oder nicht. Die zuletzt genannte Gruppe von deskriptiven Gütekriterien hat jedoch eine „sehr begrenzte Aussagekraft“3, da gegebenenfalls überparametrisierte Modelle bevorzugt werden. Zu dieser zweiten Gruppe gehört der Goodness-of-Fit-Index (GFI). Der GFI misst die relative Menge an Varianz und Kovarianz, der das Modell insgesamt Rechnung trägt, und entspricht dem Bestimmtheitsmaß im Rahmen der Regressionsanalyse.4 Der Wertebereich des GFI liegt zwischen Null und Eins5, wobei für einen GFI = 1 alle empirischen Varianzen und Kovarianzen durch das Modell exakt wiedergegeben werden und somit ein perfekter Modellfit vorliegt. Für den GFI wird in der vorliegenden Untersuchung ein Mindestwert von 0,9 gefordert.6 Allerdings werden in der Literatur bei komplexen Modellen7 und für neue Modelle8 häufig auch niedrigere Werte akzeptiert. Die Berechnung des GFI erfolgt nach folgender Formel:9 (15)
1 2 3 4 5
6 7
8 9
GFI 1
Fˆ , ˆ F6 0
Vgl. Browne/Cudeck (1993), S. 136 ff.; MacCallum/Browne/Sugawara (1996). Vgl. Homburg/Baumgartner (1995), S. 166. Homburg/Baumgartner (1995), S. 166. Vgl. Tanaka (1993), S. 19; Backhaus et al. (2003), S. 374. Theoretisch sind auch negative Werte für den GFI möglich. Vgl. Jöreskog/Sörbom (1982), S. 408; Pedhazur/ Schmelkin (1991), S. 655. Vgl. Cole (1987), S. 586; Homburg/Baumgartner (1995), S. 172; Kline (2005), S. 145. Vgl. Atuahene-Gima/Li (2004), S. 589; Subramaniam/Youndt (2005), S. 456; Zheng Zhou/Yim/Tse (2005), S. 50; Naveh/Katz-Navon/Stern (2005), S. 954. Vgl. Bollen (1989), S. 274. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 374.
140
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
wobei: Fˆ Fˆ
6 0
= Minimalwert der Diskrepanzfunktion, = Wert der Diskrepanzfunktion, wenn die modelltheoretische Kovarianzmatrix gleich Null gesetzt wird.
Ferner ist festzuhalten, dass der GFI gegenüber dem Ȥ2-Wert grundsätzlich robuster gegenüber nicht normalverteilten Daten und variierenden Stichprobenumfängen ist.1 Ist allerdings die Anzahl der Freiheitsgrade im Modell relativ groß im Vergleich zum Stichprobenumfang, dann ist der GFI zum Teil erheblich nach unten verzerrt. Dies ist allerdings nicht der Fall, wenn auch die Anzahl der zu schätzenden Modellparameter sehr groß ist.2 Für diesen Fall hat STEIGER einen korrigierten GFI entwickelt, der nach folgender Formel berechnet wird: 3 (16)
wobei: p df C n
GFI
p mit Fˆ p 2 Fˆ
C df , n 1
= Anzahl der Modellparameter, = Anzahl der Freiheitsgrade, = Ȥ2-Wert für das Modell, = Stichprobenumfang.
In der vorliegenden Untersuchung wird diese Korrektur für die Messmodelle der 2. und höheren Ordnung zum Einsatz kommen, da dort die genannten Voraussetzungen gegeben sind. Der Adjusted-Goodness-of-Fit-Index (AGFI) ist ebenfalls ein Maß für die im Modell erklärte Varianz und stellt eine Erweiterung des GFI um die Freiheitsgrade des Modells dar. Er berücksichtigt somit auch die Modellkomplexität4 und lässt sich wie folgt berechnen:5 (17) wobei: k df
AGFI 1
k k 1 1 GFI , 2 df
= Anzahl der Indikatoren im Modell, = Anzahl der Freiheitsgrade im Modell.
Der Wertebereich des AGFI liegt zwischen Null und Eins6, wobei der Fit des Modells umso besser ist, je mehr sich der AGFI an Eins annähert. Für die vorliegende Untersuchung wird analog zu den Erkenntnissen in Literatur ein Mindestwert für den AGFI von 0,8 gefordert.7
1 2 3 4 5 6
7
Vgl. Jöreskog/Sörbom (1982) S. 408; Marsh/Balla/McDonald (1988), S. 396; Fritz (1995), S. 127. Vgl. Steiger (1989), S. 85; Steiger (1990), S. 178. Vgl. Steiger (1989), S. 84; Steiger (1990), S. 178. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 374. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 374. Theoretisch sind auch hier negative Werte für den AGFI möglich. Vgl. Jöreskog/Sörbom (1982), S. 408; Pedhazur/Schmelkin (1991), S. 655. Vgl. Cole (1987), S. 586; Sharma (1996), S. 159.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
141
Wie auch der GFI ist auch der AGFI bei denselben Voraussetzungen nach unten verzerrt. Hierfür kann ebenfalls ein korrigierter AGFI berechnet werden. Dazu wird in Gleichung (17) der korrigierte GFI verwendet. In dieser Untersuchung wird die Korrektur für die Messmodelle der 2. Ordnung zum Einsatz kommen, da dort die genannten Voraussetzungen gegeben sind. Neben den bisher betrachteten absoluten Gütemaßen gibt es auch inkrementelle Anpassungsmaße. Bei diesen Gütekriterien wird untersucht, inwieweit sich die Anpassungsgüte beim Übergang eines so genannten Basismodells, das keine inhaltliche Plausibilität aufweist, zum relevanten Modell (Mk) verbessert. Als Basismodell (Mi) dient dabei ein besonders schlecht angepasstes Modell, in dem alle gemessenen Variablen als unkorreliert angenommen werden (Unabhängigkeitsmodell). Im Gegensatz dazu ist das so genannte saturierte Modell (Ms) das am besten an die Daten angepasste Modell, in dem überhaupt alle möglichen Parameter auf Schätzungen beruhen. Der Normed-Fit-Index (NFI) setzt die Ȥ2-Werte des relevanten Modells zu den Ȥ2-Werten des Basismodells in Relation, wobei als Basismodell das Unabhängigkeitsmodell herangezogen wird:1 NFI 1
(18)
Cˆ Cˆ
1
b
wobei: Cˆ Cˆ
Fˆ , Fˆb
= Diskrepanzfunktion des relevanten Modells zum Basismodell, b
= Ȥ2-Wert des Basismodells.
Der Wertebereich des NFI liegt zwischen Null und Eins, wobei der Fit des Modells umso besser ist, je mehr sich der NFI an Eins annähert. Dabei können Werte ab 0,9 erfahrungsgemäß als zufriedenstellend betrachtet werden.2 Für die vorliegende Untersuchung soll dabei nicht der NFI als Kriterium herangezogen werden, sondern zwei Gütemaße, die auf der Idee das NFI aufbauen und diese weiterentwickelt haben. Der Comparative-Fit-Index (CFI) berücksichtigt im Vergleich zum NFI die Anzahl der Freiheitsgrade im Modell.3 (19)
1 2 3
CFI 1
max Cˆ df ;0 , max Cˆ b df ;0
Vgl. Bentler/Bonett (1980), S. 588 ff. Vgl. Bentler/Bonett (1980), S. 600. Vgl. Bentler (1990), S. 238 ff.
142
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
wobei: Cˆ Cˆ
= Diskrepanzfunktion des relevanten Modells zum Basismodell, b
df
= Ȥ2-Wert des Basismodells, = Anzahl der Freiheitsgrade im Modell.
Der Wertebereich des CFI erstreckt sich von Null bis Eins, wobei der Fit des Modells umso besser ist, je mehr sich der CFI an Eins annähert. Insgesamt zählt der CFI zu den besten Indizes für die Beurteilung der globalen Modellanpassung, da er über die Berücksichtigung der Modellkomplexität hinaus auch unabhängig vom Stichprobenumfang ist.1 Für die vorliegende Untersuchung wird in Anlehnung an das Schrifttum ein Wert von mindestens 0,9 für den CFI gefordert.2 Der Tucker-Lewis-Index (TLI) ist ein um den Stichprobenumfang bereinigtes Maß.3 Es ist auch als Non-Normed-Fit-Index (NNFI) bekannt und berechnet sich wie folgt:4
(20)
wobei: C Cˆ
TLI
Cˆ b C df b df , Cˆ b 1 df b
= Ȥ2-Wert für das Modell, b
df
= Ȥ2-Wert des Basismodells, = Anzahl der Freiheitsgrade.
Der TLI ist nicht normiert, sodass auch Werte jenseits des Wertebereichs von Null bis Eins möglich sind. Der Fit eines Modells ist umso besser, je mehr sich der TFI an Eins annähert. Allerdings ist mit dem TLI das Problem verbunden, das er bei kleinen Stichprobenumfängen wahre Modelle eher ablehnt.5 Für die vorliegende Untersuchung wird in Anlehnung an das Schrifttum für den TLI ein Mindestwert von 0,9 gefordert.6 Es gilt aber zu beachten, dass die globalen Anpassungsmaße lediglich der Beurteilung der Reliabilität und der Konvergenzvalidität, nicht aber der Diskriminanzvalidität dienen.7 Abbildung 27 enthält eine Zusammenfassung der in dieser Untersuchung verwendeten Gütekriterien für reflektive Messmodelle im Rahmen der Kovarianzstrukturanalyse. In ihr sind
1 2 3 4 5 6 7
Vgl. Bagozzi/Baumgartner (1994), S. 400. Vgl. Homburg/Baumgartner (1995), S. 172; Backhaus et al. (2003), S. 375. Vgl. Tucker/Lewis (1973). Vgl. Hu/Bentler (1999), S. 3. Vgl. Hu/Bentler (1999), S. 1. Vgl. Bentler/Bonett (1980), S. 600. Vgl. Fritz (1995), S. 135 ff.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
143
neben der Bezugsebene des Kriteriums auch die Mindestanforderungen an die Kennzahlen aufgeführt.
Kriterium 1. Generation
Bezugsebene
Kriterium für
Anforderung
Cronbach‘sches Alpha
Faktor
Reliabilität
0,7
Item-to-Total-Korrelation
Indikator
Reliabilität
Erkennen der Struktur erklärte Varianz 0,5
exploratorische Faktorenanalyse
Indikator und Faktor
Reliabilität und Konvergenzvalidität
Indikatorreliabilität
Indikator
Reliabilität
0,4
Faktorreliabilität
Faktor
Reliabilität und Kovergenzvalidität
0,6
durchschnittlich erfasste Varianz
Faktor
Reliabilität und Kovergenzvalidität
0,5
Signifikanz der Faktorladungen
Indikator
Reliabilität und Kovergenzvalidität
einseitiger Test auf dem 1, 5 und 10 % Niveau
2. Generation
Faktorladungen 0,4
ȋ2-Differenztests
Gesamtmodell
Diskriminanzvalidität
ȋ2-Differenz 3,841
Fornell/Larcker-Kriterium
Gesamtmodell
Diskriminanzvalidität
DEV > als die quadrierten Korrelation
ȋ2/df
Gesamtmodell
5
Gesamtmodell
0,9
Goodness-of-Fit (GFI) Adjusted-Goodness-of-Fit (AGFI) Comparative-Fit-Index (CFI) Tucker-Lewis-Index (TLI) Root Mean Square Error of Approximation (RMSEA)
0,8
Gesamtmodell Reliabilität und Konvergenzvalidität Gesamtmodell
0,9
Gesamtmodell
0,9
Gesamtmodell
0,08
Abbildung 27: Kriterien zur Beurteilung der Güte reflektiver Messmodelle
Hierbei ist anzumerken, dass die genannten Anspruchsniveaus keine allgemein verbindlichen Normen repräsentieren. Problematisch ist insbesondere die Abhängigkeit mehrerer Gütekriterien von Stichprobengröße und Modellkomplexität.1 Geringfügige Verletzungen einzelner Kriterien werden daher als akzeptabel betrachtet und führen nicht zu einer Ablehnung des gesamten Modells. Die Nichterfüllung mehrerer Kriterien wird dagegen als Hinweis für eine Modellmodifikation angesehen.2 Die Ausführungen im Abschnitt 4.1.1.2.3 verdeutlichen, dass die Vorgehensweise und die Kriterien für die Beurteilung der Güte reflektiver Messmodelle nicht auf die Beurteilung formativer Messmodelle zu übertragen sind. Die einzelnen Indikatoren sind – auch wenn nicht miteinander korreliert – unabhängig voneinander für das latente Konstrukt bestimmend. Sie können daher in der Regel nicht ohne Validitätsverlust für das Konstrukt ausgetauscht bzw. eliminiert werden. Dieser Umstand bleibt nicht ohne Auswirkungen für die Beurteilung der
1
2
Vgl. z. B. Bentler/Bonett (1980), S. 591; Tanaka (1993), S. 29 ff.; Bagozzi/Baumgartner (1994), S. 399 ff.; Baumgartner/Homburg (1996), S. 153. Vgl. auch Homburg (1995), S. 85.
144
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Güte formativer Messmodelle. Der folgende Abschnitt beschäftigt sich daher eingehend mit der Vorgehensweise und den Kriterien für Beurteilung der Güte formativer Messmodelle. 4.1.1.3.2 Gütebeurteilung formativer Messmodelle Die im Abschnitt zuvor dargstellten klassischen multivariaten Verfahren zur Beurteilung der Reliabilität und Validität eines reflektiven Messmodells nach dem Paradigma von CHUR1 CHILL können nicht für formative Messmodelle angewendet werden. Insbesondere die bei reflektiven Indikatoren verwendbaren Verfahren der exploratorischen Faktorenanalyse und des Cronbach’schen Alphas stellen unter anderem im Prozess der Skalenbereinigung und Itemselektion auf die Korreliertheit der Indikatoren eines Konstrukts ab. Korrelationen unter den formativen Indikatoren können, müssen aber nicht vorhanden sein. Da im Fall der formativen Spezifikation des Messmodells die Indikatoren jedoch nicht beliebig austauschbare Messungen ein und desselben Sachverhalts darstellen, würde eine Itemselektion mithilfe von Korrelationsmaßen das Konstrukt als solches (und somit dessen Inhaltsvalidität) verändern. „Unfortunately, traditional validity assessments and classical test theory do not cover cause indicators.“2 BAGOZZI zeigt, dass ein grundsätzlich anderes Verständnis von der Güte einer Messung bei formativen Indikatoren verlangt wird: „Reliability in the internal consistency sense and construct validity in terms of convergent and discriminant validity are not meaningful when indexes are formed as a linear sum of measurements“.3 BOLLEN fügt dieser Überlegung hinzu: „Indeed, use of internal-consistency checks on cause-indicators may lead researchers to discard valid measures improperly“.4 Eine Vorgehensweise zur Gütebeurteilung formativer Messmodelle wurde von DIAMANTOvorgeschlagen5 und liegt auch dieser Untersuchung zugrunde. Ausgangspunkt der Beurteilung der Güte formativer Messmodelle ist die Überprüfung der Multikollinearität. Unter Multikollinearität versteht man den Grad der linearen Abhängigkeit unter den Indikatoren. Während hohe Korrelationen zwischen den Indikatoren eines reflektiven Messmodells gewünscht sind (faktoranalytisches Weltbild) und für die Validität der Messung sprechen, sind diese bei einem formativen Messmodell problematisch. Sind zwei Indikatoren miteinander hoch korreliert, kann auch im formativen Fall auf einen der Indikatoren verzichtet werden, ohne substanziell die Messung des latenten Konstrukts zu verändern.6 POULOS/WINKELHOFER
1 2 3 4 5 6
Vgl. Churchill (1979). Bollen (1989), S. 222. Bagozzi (1994b), S. 333. Bollen (1984), S. 381. Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 271 ff. Vgl. Bollen/Lennox (1991), S. 308; Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 272.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
145
Wie in Gleichung (5) dargestellt wurde, entspricht ein formatives Messmodell dem multivariaten Regressionsansatz. Da die Regressionskoeffizienten ī aus Gleichung (5) den Einfluss des einzelnen Indikators auf das latente Konstrukt aufzeigen, sind sie als Hinweis auf die Validität der Indikatoren für das latente Konstrukt interpretierbar.1 Bei zunehmender Multikollinearität werden die Standardfehler der Koeffizienten Ȝ1, …, Ȝn größer; damit sind die Regressionskoeffizienten unter Umständen nicht mehr eindeutig bestimmbar bzw. wird ihre Schätzung unzuverlässiger.2 Bei einer hohen Multikollinearität ist die Bestimmung des Einflusses der einzelnen Indikatoren auf das latente Konstrukt nicht mehr feststellbar bzw. problematisch.3 Dies führt insbesondere bei der Prüfung der Indikatorvalidität zu Problemen. Eine Betrachtung der Korrelationsmatrix der Indikatoren kann einen ersten Hinweis auf Multikollinearität liefern. Korrelationskoeffizienten nahe |1| deuten auf ein hohes Maß an Multikollinearität hin.4 Ein weiteres Maß der Multikollinearität stellt die Toleranz (T) eines Indikators dar:5 (21) wobei: R 2j
Tj
1 R 2j ,
= Bestimmtheitsmaß für die Regression des Indikators xj auf die übrigen Indikatoren eines formativen Messmodells.
Die Toleranz eines Indikators kann Werte zwischen Null und Eins annehmen. Ein damit verwandtes Maß ist der Varianz Inflation Factor (VIF):6 (22)
VIF j
1 1 R 2j
1 . Tj
Der VIF stellt den Kehrwert der Toleranz eines Indikators dar. Das Ausmaß der Multikollinearität kann als unbedenklich angesehen werden, solange die kleinste Toleranz eines Indikators den Wert von 0,1 nicht unter- und der VIF den Wert von 10 nicht überschreitet.7 Stellt das Ausmaß der Multikollinearität vor dem Hintergrund der angegebenen Grenzwerte für einen Indikator ein Problem dar, so wird der betreffende Indikator im Rahmen der Untersuchung aus dem Messmodell eliminiert.8 1 2 3
4 5 6 7
8
Vgl. Bollen (1989), S. 222. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 88. Vgl. Bollen/Lennox (1991), S. 307; Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 272; Götz/Liehr-Gobbers (2004), S. 729. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 89. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 90. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 90. Vgl. beispielsweise Kleinbaum et al. (1998), S. 241. Allerdings können bereits niedrigere Werte für den VIF (z. B. Umkehr von Vorzeichen) aufgrund von Multikollinearität zu Problemen führen. So sehen Schneider (2006), S. 192 bereits Werte von 2 für den VIF als kritisch an. Vgl. Götz/Liehr-Gobbers (2004), S. 729.
146
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Wie oben dargelegt wurde, gestattet die Natur formativer Messmodelle nicht die Untersuchung der Reliabilität anhand der internen Konsistenz und die Untersuchung der Konstruktvalidität. „The best we can do to assess reliability and validity is to examine how well the index relates to measures of other variables (e.g. test-retest reliability; criterion related validity).“1 Als Validitätskriterium kommt für formative Messmodelle somit nur die Kriteriumsvalidität in Betracht. Die Kriteriumsvalidität bezieht sich auf den Zusammenhang zwischen den empirisch gemessenen Ergebnissen des Messinstruments und einem anders gemessenen empirischen („externen“) Kriterium.2 Als externem Kriterium bzw. Außenkriterium bedient man sich zeitgleich erhobener Indikatoren, die als redundante reflektive Operationalisierung das betreffende latente Konstrukt erfassen.3 Die Einschätzung der Kriteriumsvalidität eines Indikators erfolgt dabei jeweils anhand der Stärke und Richtung sowie der Signifikanz des Zusammenhangs mit dem Außenkriterium. DIAMANTOPOULOS/WINKLHOFER schlagen als Methoden zur Überprüfung der Kriteriumsvalidität bivariate Korrelationen und Multiple Indicators Multiple Causes (MIMIC) Modelle vor.4 Eine erste Möglichkeit der Überprüfung der Kriteriumsvalidität stellt die Analyse der bivariaten Korrelationen der einzelnen Indikatoren mit einer Prüffrage dar. Als Prüffrage dient ein globaler Indikator aus der redundanten reflektiven Operationalisierung, der den Kern des latenten Konstrukts erfasst.5 Diejenigen Indikatoren, die nicht signifikant mit dieser Prüffrage korrelieren, werden aus der weiteren Untersuchung ausgeschlossen.6 Die Validierung formativer Indikatoren anhand der bivariaten Korrelationen stellt allerdings nur die erste Stufe dar, die durch die zweite Möglichkeit der Überprüfung der Kriteriumsvalidität ergänzt werden sollte.7 Die zweite Möglichkeit zur Überprüfung der Kriteriumsvalidität stellt ein MIMIC-Modell8 dar. Das MIMIC-Modell erlaubt im Gegensatz zu den bivariaten Korrelationen die gemeinsame Überprüfungen aller formativen Indikatoren unter Berücksichtigung der internen Beziehungen (vgl. Abbildung 28). Die redundante reflektive Operationalisierung dient bei der Ko-
1 2 3
4
5 6 7 8
Vgl. Bagozzi (1994b), S. 333. Vgl. Schnell/Hill/Esser (2005), S. 155. Somit wird konkret die Kongruent- bzw. Übereinstimmungsvalidität als spezielle Form der Kriteriumsvalidität überprüft. Siehe dazu Abschnitt 4.1.1.3. Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 272-274; Winklhofer/Diamantopoulos (2002); Diamantopoulos/ Siguaw (2006). Auf eine Betrachtung des oftmals mit angeführten Zwei-Konstrukt-Modells soll an dieser Stelle verzichtet werden. Jedes Konstrukt, unabhängig davon, ob es formativ oder reflektiv gemessen wird, sollte in seinem nomologischen Netzwerk eingebunden und überprüft werden. Vgl. Herrmann/Huber/Kressmann (2006), S. 51. Siehe dazu Abschnitt 4.3.2 und der Betrachtung der latenten Konstrukte im gesamten Strukturmodell. Vgl. Fayers et al. (1997), S. 394; Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 272. Vgl. Spector (1992), S. 29 ff. und 43 f.; Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 272. Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 272. Vgl. Hauser/Goldberger (1971); Jöreskog/Goldberger (1975).
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
147
varianzstrukturanalyse zur Identifikation des Gesamtmodells.1 Hauptproblem zur Umsetzung des MIMIC-Modells ist somit die Identifikation geeigneter reflektiver Indikatoren.2 WINKLHOFER/DIAMANTOPOULOS sehen in der Replikation der Kovarianzmatrix und den damit verbundenen globalen Fitmaßen einen Vorteil kovarianzbasierter Verfahren bei der Schätzung von MIMIC-Modellen.3 Ein guter Fit des MIMIC-Modells kann dabei als Beleg für die Eignung des formativen Messmodells dienen.4 Die Betrachtung der Regressionskoeffizienten ī erlaubt die Einschätzung des Beitrags der einzelnen Indikatoren und deren Signifikanz.5
İ
İ
y1
y2 Ȗ
Ȗ
G[
[ Ȝ
Ȝ x1
Ȝ
x2 r1
x3 r2
r3
Abbildung 28: MIMIC-Modell
Die zentralen Vorteile eines MIMIC-Modells liegen gerade darin, dass sich sowohl die relative Bedeutung der formativen Indikatoren zur Vorhersage des latenten Konstrukts als auch deren gemeinsame Vorhersagekraft abschätzen lassen. Die relative Wichtigkeit eines formativen Indikators entspricht dabei der Höhe des standardisierten Gewichts in Relation zu den Gewichten der übrigen formativen Indikatoren. Weiterhin besteht die Möglichkeit, die Gewichte der formativen Indikatoren gleichzusetzen (Ȝ1 = Ȝ2 = Ȝ3) und den Fit der Modelle miteinander zu vergleichen. Die erklärte Varianz des Konstrukts gibt die gemeinsame Vorhersagekraft (Prädikationsgüte) der Indikatoren an.6 Zur Verbesserung des Modellfits besteht die
1
2 3 4
5
6
Vgl. Bollen (1989), S. 331; Jarvis/MacKenzie/Podsakoff (2003), S. 214; MacKenzie/Podsakoff/Jarvis (2005), S. 726. Vgl. Herrmann/Huber/Kressmann (2006), S. 51. Vgl. Winklhofer/Diamantopoulos (2002), S. 154. Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 272. Für die Einschätzung des Fits der Modelle werden die in Abschnitt 4.1.1.3.1 beschriebenen globalen Anpassungsmaße mit ihren jeweiligen Anspruchsniveaus herangezogen. Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 272. Es gibt in der Literatur aber keine Standards hinsichtlich der Höhe der Ȝ-Parameter. Vgl. Winklhofer/Diamantopoulos (2002), S. 153 f.; Schlegelmilch/Diamantopoulos/Kreuz (2003), S. 127 f.
148
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Möglichkeit, Indikatoren mit nichtsignifikanten Regressionskoeffizienten ī aus dem Messmodell sukzessiv zu entfernen.1 Dabei wird mit der Entfernung desjenigen Indikators begonnen, der den kleinsten t-Wert aufweist. Die Überprüfung einer formativen Operationalisierung mithilfe eines MIMIC-Modells ermöglicht eine Gütebeurteilung formativer Indikatoren vor einer Einbindung in einen umfassenderen Modellkontext und die frühzeitige Identifikation möglicher Schwachstellen.2 Als abschließender Schritt erfolgt die Untersuchung der verbliebenen Indikatoren hinsichtlich der definitorischen Grenzen des zu erfassenden Konstrukts. Dies wird im Rahmen der vorliegenden Untersuchung als notwendig erachtet, da „indicator elimination – by whatever means – should not be divorced from conceptual considerations when a formative model is involved.“3 Es gilt zu überprüfen, ob die verbliebenen Indikatoren noch die gesamte definitorische Bandbreite des latenten Konstrukts abdecken oder ob es im Zug der Eliminierung einzelner Indikatoren zu einer Veränderung des Inhalts des latenten Konstrukts und zu einem Verlust an Inhaltsvalidität kam.4 Anders als bei der Gütebeurteilung reflektiver Messmodelle kommt es bei der Beurteilung der Güte formativer Messmodelle zu einer Verbindung von statistischen Aspekten und theoretischen Erwägungen.5 Abbildung 29 fasst die in dieser Untersuchung zur Anwendung kommenden Kriterien zur Beurteilung der formativen Messmodelle und ihr jeweiliges Anspruchsniveau im Rahmen der Kovarianzstrukturanalyse zusammen.
Kriterium
Anforderung
Varianz Inflation Factor (VIF)
10
signifikante Korrelation mit Prüffrage
zweiseitiger Test auf dem 1, 5 und 10 % Niveau
ȋ2/df
5
Goodness-of-Fit (GFI) Adjusted-Goodness-of-Fit (AGFI) Comparative-Fit-Index (CFI) Tucker-Lewis-Index (TLI) Root Mean Square Error of Approximation (RMSEA)
0,9 0,8 0,9 0,9 0,08
Abbildung 29: Kriterien zur Beurteilung der Güte formativer Messmodelle
1
2 3 4
5
Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 273. Nichtsignifikante Regressionskoeffizienten sprechen für eine mangelnde Validität der Indikatoren. Siehe Diskussion zu Beginn des Abschnitts. Vgl. Herrmann/Huber/Kressmann (2006), S. 51. Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 273. Vgl. Bollen/Lennox (1991), S. 308; Nunnally/Bernstein (1994), S. 101-104; Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 273. Vgl. Herrmann/Huber/Kressmann (2006), S. 50 und S. 51; Diamantopoulos/Siguaw (2006), S. 271.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
149
4.1.1.3.3 Beurteilung des Strukturmodells Für das mithilfe einer Varianzstrukturanalyse geschätzte Strukturmodell lässt sich das vom statistischen Verfahren der Regressionsanalyse bekannte Bestimmtheitsmaß R2 ermitteln. „This is obtained because the case values of latent variables are determined by the weight relations.“1 Das Bestimmtheitsmaß R2 latenter endogener Konstrukte ist das zentrale Beurteilungskriterium für das Strukturmodell2 und entspricht in seiner inhaltlichen Interpretation der des traditionellen Regressionsansatzes3. Demnach misst das Bestimmtheitsmaß R2 die Güte der Anpassung der Regressionsfunktion an die empirischen Daten. Das latente endogene Konstrukt ist in einem solchen multiplen linearen Regressionsmodell die abhängige Variable (Regressand), während die latenten exogenen Konstrukte die unabhängigen Variablen (Regressoren) darstellen und das Bestimmtheitsmaß R2 den über die lineare Regressionsgleichung bestimmten Anteil der erklärten Varianz an der Gesamtvarianz angibt. Sowohl für die Beurteilung des Bestimmtheitsmaßes R2 als auch für die geschätzten Werte der Regressionskoeffizienten in den mithilfe der Varianzstrukturanalyse untersuchten Strukturmodellen liegen unterschiedliche Empfehlungen vor. Häufig werden im Schrifttum für das Bestimmtheitsmaß R2 Werte von 0,4 akzeptiert.4 Einschlägige, allgemeingültige Empfehlungen für die Beurteilung des Bestimmtheitsmaßes R2 sind aber nicht zu finden. Es ist ferner festzuhalten, dass die Höhe des Bestimmtheitsmaßes R2 stark von der untersuchten Problemstellung abhängig ist.5 Bei einem Wertebereich von Null bis Eins sind aber grundsätzlich hohe Ausprägungen wünschenswert. Entsprechend der von CHIN6 gekennzeichneten Richtwerte ist im Rahmen dieser Untersuchung ein Bestimmtheitsmaß von 0,67 als „substanziell“ zu bezeichnen, während Ergebnisse in Höhe von 0,33 und 0,19 als „durchschnittlich“ bzw. „schwach“ einzustufen sind. Pfadkoeffizienten in einer Höhe 0,1 werden von LOHMÖLLER7 in die Analyse mit aufgenommen, während CHIN8 signifikante Werte erst ab 0,2 feststellt. Für die Pfadkoeffizienten wird in Anlehnung an LOHMÖLLER eine Höhe von mindestens 0,1 gefordert. Zudem lässt sich im Rahmen der Varianzstrukturanalyse untersuchen, ob ein unabhängiges (exogenes) latentes Konstrukt einen substanziellen Einfluss auf ein abhängiges (endogenes) latentes Konstrukt ausübt. Dies wird über die Effektstärke ƒ² ermittelt:9
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Chin/Newsted (1999), S. 316. Vgl. Hansmann/Ringle (2005), S. 226. Vgl. Chin (1998b), S. 316. Vgl. Ringle (2004), S. 15. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 96. Vgl. Chin (1998b), S. 323. Vgl. Lohmöller (1989), S. 60 f. Vgl. Chin (1998b), S. 324 f. Vgl. Chin (1998b), S. 316 f.
150
(23)
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
f2
2 2 Rinklusive Effekt Rexklusive Effekt 2 1 Rinklusive Effekt
,
2 2 wobei Rinklusive Effekt und Rexklusive Effekt die Bestimmtheitsmaße eines abhängigen (endogenen)
latenten Konstrukts unter Einschluss bzw. Ausschluss eines bestimmten, über das Strukturmodell mit ihm in Beziehung stehenden unabhängigen (exogenen) latenten Konstrukts darstellen. Entsprechend der für die multiple Regressionsanalyse operationalisierten Definition von COHEN1 gelten ƒ²-Werte von 0,02, 0,15 und 0,35 als Beurteilungsmaßstab dafür, ob ein exogenes latentes Konstrukt einen geringen, mittleren oder großen Einfluss auf ein zu ihm in Beziehung stehendes endogenes Konstrukt ausübt. Eine weitere Modellbeurteilungsmethode, die Bestimmung der Prognoserelevanz (Q²), berücksichtigt die Ansätze einer Kreuzvalidierung und stützt sich auf die Nutzung der Ergebnisse der von STONE und GEISSER2 entwickelten Technik zur Wiederverwertung von Daten bzw. sample reuse technique: „This technique represents a synthesis of cross-validation and function fitting with ‘the perspective that the prediction of observables or potential observables is of much greater relevance than the estimation of what are often artificial constructparameter’.“3 „The sample reuse technique has been argued as fitting the soft modelling approach of PLS ‘like hand in glove’.“4 Die Umsetzung dieses Vorgehens im Rahmen der Varianzstrukturanalyse erfolgt durch eine so genannte Blindfolding-Prozedur5, über die Teile der empirisch erhobenen Daten für einen bestimmten Block manifester Variablen ausgelassen und anschließend mithilfe der Ergebnisse der Varianzstrukturanalyse geschätzt werden. Diese Prozedur wird solange durchgeführt, bis eine Auslassung und Schätzung aller Fälle vorliegt, wobei vor einer erneuten Auslassung der ursprüngliche Datensatz wieder einbezogen wird. „As a result of this procedure, a generalized cross-validation measure and jackknife standard deviations of parameter estimates can be obtained.“6 Im Zuge der Blindfolding-Prozedur lässt sich die Summe quadrierter Fehler für die geschätzten Werte (E) ebenso wie die Summe der quadrierten Fehler für den Durchschnittswert der Schätzung ermitteln (O); D gibt den Abstand zwischen zwei nacheinander auszulassenden und daraufhin zu schätzenden Fällen an (vgl. die nachfolgende Gleichung). Daraufhin lässt sich mit der nachfolgenden Gleichung das Q² als Maß für die Prognoserelevanz eines Blocks 1 2 3 4 5 6
Vgl. Cohen (1988), S. 412 ff. Vgl. Geisser (1974) und Stone (1974). Chin (1998b), S. 317. Vgl. dazu auch Geisser (1975), S. 320. Chin (1998b), S. 317. Vgl. dazu auch Wold (1982a), S. 30. Vgl. die ausführliche Darstellung der einzelnen Schritte der Blindfolding-Prozedur Chin (1998b), S. 317. Chin (1998b), S. 317.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
151
manifester Variablen berechnen, also dafür, wie gut empirisch erhobene (beobachtete) Werte – ohne den Verlust von Freiheitsgraden – durch das Modell und seine Parameterschätzungen rekonstruiert werden können:1 (24)
Q2 1
6 D ED . 6 D OD
Sofern Q² größer als Null ist, hat das Modell eine Prognoserelevanz. Dagegen liegt bei einem Q² kleiner als Null eine fehlende Prognoserelevanz eines Blocks manifester Variablen vor und die darüber erfolgte Bestimmung eines latenten Konstrukts ist als unsicher anzusehen. Ebenso wie zuvor für den ƒ²-Wert können Veränderungen der Ergebnisse für das Q² genutzt werden, um den relativen Einfluss der Beziehungen im Strukturmodell auf die beobachteten Werte latenter endogener Konstrukte zu bestimmen:2 (25)
q2
2 2 Qinklusive Effekt Qexklussive Effekt 2 1 Qinklusive Effekt
.
Für die vorliegende Untersuchung wird in Anlehnung an das Schrifttum der gleiche Beurteilungsmaßstab für die q2-Werte der Prognoserelevanz angelegt wie für die Effektstärke ƒ². q2Werte von 0,02, 0,15 und 0,35 geben in diesem Fall an, ob für ein exogenes latentes Konstrukt eine geringe, mittlere oder große Prognoserelevanz vorliegt. Unterschiedliche Formen des Q² lassen sich abhängig davon bestimmen, welche Art der Schätzung gewählt wird3; ferner sollte der Abstand zwischen den zu verändernden Fällen eine Primzahl sein, die zwischen der Anzahl der Indikatoren eines latenten Konstrukts und der Anzahl empirisch erhobener Fälle liegt.4 Außer diesen Maßen zur Beurteilung der Modellgüte lassen sich im Zug der Blindfolding-Prozedur – gewissermaßen als Nebenresultat – Jackknifing-Standardabweichungen gewinnen: „Because a set of weights, loadings, structural paths, and latent component scores and correlations is obtained during each round, jackknife estimates of standard errors can be calculated. The smaller the error, the more stable and more precise the parameter estimates.“5
1 2 3
4 5
Vgl. Chin (1998b), S. 317. Vgl. Chin (1998b), S. 318. Dazu schreibt Chin (1998b), S. 318: „A cross-validated communality Q² is obtained if prediction of the data points is made by underlying latent variable score, whereas a cross-validated redundancy is obtained if prediction is made by those LVs [latente Variablen, Anmerkung des Verfassers] that predict the block in question. One would use the cross-validated redundancy measure to examine the predictive relevance of one’s theoretical/structural model.“ Vgl. Wold (1982a). Siehe dazu auch Chin/Marcolin/Newsted (1996); Chin/Marcolin/Newsted (2003). Chin (1998b), S. 318.
152
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Neben einer Überprüfung der latenten Konstrukte im Strukturmodell muss festgestellt werden, ob es sich bei deren zueinander bestehenden gerichteten Beziehungen und den dafür berechneten Gewichten um statistisch signifikante Ergebnisse handelt. Dafür geeignet sind das Jackknifing und das Bootstrapping – zwei nicht-parametrische Verfahren, mit denen sich die Qualität von Schätzergebnissen im Rahmen der Varianzstrukturanalyse beurteilen lässt, ohne bestimmte Verteilungsannahmen zu treffen.1 Im Allgemeinen sind beide Methoden dadurch gekennzeichnet, dass eine bestimmte Anzahl an Fällen, typischerweise ein Fall, aus den empirisch erhobenen Daten unterdrückt wird, um anschließend das Modell zu schätzen. Beispielsweise ergeben sich aus einem Datensatz von 100 Fällen bei Unterdrückung von zwei Fällen 50 Subsamples mit jeweils 98 Fällen.2 Über alle Subsamples lassen sich daraufhin Erwartungswerte und Standardabweichungen eines jeden Modellparameters schätzen, wodurch für die Beurteilung des vollständigen Strukturmodells robuste Konfidenzintervalle ermittelt sowie mithilfe eines t-Tests die jeweilige Signifikanz der Schätzergebnisse bestimmt werden können. Einer solchen Überprüfung mittels der Varianzstrukturanalyse geschätzter Strukturmodelle fällt eine zentrale Bedeutung zur Feststellung des Vorliegens robuster Parameterergebnisse und damit eines stabilen und reliablen Gesamtmodells zu. In der vorliegenden Untersuchung soll dabei das Bootstrapping-Verfahren zum Einsatz kommen. Abbildung 30 fasst die Kriterien zur Beurteilung des Strukturmodells und ihr jeweiliges Anspruchsniveau im Rahmen der Varianzstrukturanalyse zusammen.
Kriterium Bestimmtheitsmaß
Anforderung R2
0,19 (schwach), 0,33 (durchschnittlich) und 0,67 (substanziell) 0,1
Höhe der Pfadkoeffizienten Effektstärke
f2
0,02 (gering), 0,15 (mittel) und 0,35 (groß)
Prognoserelevanz Q2
0
Prognoserelevanz q2
0,02 (gering), 0,15 (mittel) und 0,35 (groß)
Signifikanz der Schätzergebnisse
zweiseitiger Test auf dem 1, 5 und 10 % Niveau
Abbildung 30: Kriterien zur Beurteilung des Strukturmodells
1 2
Vgl. zu diesen Verfahren ausführlich Bollen/Stine (1993) und Efron/Tibshirani (1993). Jackknifing und Bootstrapping unterscheiden sich vor allem darin, dass beim Bootstrapping das Subsample über eine bestimmte Anzahl zufällig ausgewählter Fälle geschätzt wird, während beim Jackknifing aus allen Fällen eine festgelegte Anzahl zu unterdrückender Fälle nach einem vorgegebenen Schema bestimmt wird, um anschließend das Modell für jedes Subsample zu schätzen. Daher benötigt das Jackknifing weniger Zeit zur Berechnung der Ergebnisse, allerdings zu Lasten der Ergebnisqualität (et vice versa), und gilt als eine Annäherung an die über das Bootstrapping ermittelten Ergebnisse: „In general, both the jackknife and bootstrap standard errors should converge.“ Chin (1998b), S. 320.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
153
4.1.1.4 Untersuchung und Beurteilung moderierender Effekte BARON/KENNY definieren eine moderierende (oder situative) Variable als eine „qualitative […] or quantitative […] variable that effects the direction and/or strength of the relation between an independent or predictor variable and a dependent or criterion variable“.1 Das Prinzip einer moderierten Wirkbeziehung ist in Abbildung 31 schematisch verdeutlicht.
moderierende Variable
exogene Variable
endogene Variable
Abbildung 31: Schematische Darstellung eines Moderatoreffekts2
Moderierende Variablen beeinflussen demnach nicht nur Stärke des Wirkungszusammenhangs zwischen einem exogenen und einem endogenen Konstrukt, sondern können auch auf die Form des Wirkungszusammenhangs Einfluss nehmen.3 Im Schrifttum wird immer wieder auf die große Bedeutung und gleichzeitig auf die fehlende Berücksichtigung moderierender Variablen hingewiesen4, sodass im Folgenden die Grundlagen zur Modellierung moderierender Wirkbeziehungen vorgestellt und die Berechnung der Wirkung im Rahmen der Varianzstrukturanalyse detailliert erläutert werden.
exogenes Konstrukt a
Moderatorvariable
b
endogenes Konstrukt
c
Interaktionsvariable
Abbildung 32: Moderator-Modell5
1 2 3 4
5
Baron/Kenny (1986), S. 1174. In Anlehnung an Eggert/Fassott/Helm (2005), S. 104. Vgl. Sharma/Durand/Gur-Arie (1981), S. 291. Vgl. Sharma/Durand/Gur-Arie (1981), S. 291; Cortina (1993a), S. 915; Homburg/Giering (2001), S. 47; Chin/Marcolin/Newsted (2003), S. 193. In Anlehnung an Baron/Kenny (1986), S. 1174.
154
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Abbildung 32 zeigt, dass zur Analyse der Effekte einer moderierenden Variable neben der Beziehung zwischen dem exogenen und endogenen Konstrukt (a) und dem direkten Effekt der Moderatorvariable auf das endogene Konstrukt (b) auch die Wirkung einer so genannten Interaktionsvariable (c) gemessen. Dabei ergibt sich diese Interaktionsvariable als Produkt des exogenen Konstrukts und der Moderatorvariablen. Grundsätzlich gilt dabei, dass die Hypothese bezüglich des moderierendes Effekts unterstützt wird, wenn die Interaktionsbeziehung (Pfad c in Abbildung 32) signifikant ist – also ein signifikanter Interaktionseffekt gegeben ist – und das Vorzeichen der postulierten Wirkungsbeziehung aufweist.1 Die Beurteilung der Hypothese ist dabei ganz unabhängig von der Ausprägung der Pfadkoeffizienten a (direkte Wirkung der exogenen Variablen) oder b (direkte Wirkung der Moderatorvariablen).2 Moderierende Interaktionseffekte können mithilfe dieses Ansatzes im Rahmen der Varianzstrukturanalyse relativ einfach gemessen werden. Bei einer Anwendung dieses Ansatzes im Rahmen der Kovarianzstrukturanalyse besteht das Problem, dass diese grundsätzlich von unkorrelierten Fehlertermen der Indikatoren ausgeht. Die Indikatoren der Interaktionsvariable teilen sich aber zwangsläufig einen bestimmten Anteil ihrer Varianz mit den Indikatoren der Ausgangsvariablen, da diese durch eine multiplikative Verknüpfung entstehen.3 CHIN/MARCOLIN/NEWSTED stellen daher auch fest: „While problematic if not accounted for within covariance-based modelling software such as LISREL, these correlations may actually help provide more accurate estimation of the interaction effect when using PLS.“4 Die Berechnung von Interaktionsvariablen im Strukturmodell hängt davon ab, ob das exogene Konstrukt und die moderierende Variable mithilfe eines reflektiven oder formativen Messmodells operationalisiert wurden.5 Liegen ausschließlich reflektive Messmodelle vor, so werden deren Indikatoren in einem ersten Schritt standardisiert (Mittelwert = 0; Standardabweichung = 1) und daran anschließend die Indikatoren der Interaktionsvariable mit einer Multiplikation berechnet.6 Liegt mindestens ein formativ operationalisiertes Konstrukt vor, kann eine Indikatormultiplikation nicht durchgeführt werden. Dann wird eine andere Vorgehensweise gewählt. „Since formative indicators are not assumed to reflect the same underlying construct (i. e.
1 2 3 4 5 6
Vgl. Baron/Kenny (1986), S. 1174. Vgl. Baron/Kenny (1986), S. 1174; Eggert/Fassott/Helm (2005), S. 107. Vgl. Cortina/Chen/Dunlap (2001), S. 336; Eggert/Fassott/Helm (2005), S. 107. Chin/Marcolin/Newsted (2003), S. 197 f. Vgl. Eggert/Fassott/Helm (2005), S. 108. Durch die Standardisierung der Indikatoren wird dem Multikollinearitätsproblem begegnet, das sich aus der Multiplikation der Indikatoren ergibt. Darüber hinaus erleichtert dies die Interpretation der Pfadkoeffizienten a, b und c. Vgl. dazu Eggert/Fassott/Helm (2005), S. 108. Eine ebenfalls mögliche Zentrierung der Indikatoren (Mittelwert = 0) sollte nur dann durchgeführt werden, wenn es zur Interpretation der Pfadkoeffizienten unbedingt erforderlich ist, die Messeinheiten zu erhalten oder wenn aufgrund theoretischer Erwägungen einzelne Indikatoren für die Messung des Konstrukts wichtiger erscheinen als andere. Vgl. dazu Chin/Marcolin/ Newsted (2003), S. 199.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
155
can be independent of one another and measuring different factors), the product indicators between two sets of formative indicators will not necessarily tap into the same underlying interaction effect.“1 Hier werden stattdessen die standardisierten Faktorwerte für das exogene Konstrukt und die moderierende Variable berechnet und die Interaktionsvariable durch Multiplikation bestimmt. Dieser Ansatz wird in der Literatur auch als Zwei-Phasen-Ansatz beschrieben.2 Der Wert des mittels der Varianzstrukturanalyse bestimmten Pfadkoeffizienten a gibt dabei an, wie stark der Einfluss der exogenen Variable auf die endogene ist, wenn die Moderatorvariable ihren Mittelwert (d. h. Null) annimmt. Steigt die Moderatorvariable um eine Standardabweichung, so nimmt der Einfluss der exogenen Variable auf die endogene auf a + c. Die Güte des Interaktionseffekts kann durch Berechnung der Effektstärke ƒ2 ermittelt werden. Diese ergibt sich aus der Veränderung des Bestimmtheitsmaßes (R2) des endogenen Konstrukts, wenn zusätzlich zum exogenen Konstrukt und der Moderatorvariablen (Haupteffektmodell) auch die Interaktionsvariable zur Bestimmung der Varianz des endogenen Konstrukts berücksichtigt wird.3 (26)
f2
2 2 Rmit Interaktionsvar iable RHaupteffektmodell 2 1 RHaupteffek tmodell
.
Als Beurteilungsmaßstab dafür, ob eine moderierende Variable einen geringen, mittleren oder großen Einfluss auf Stärke des Wirkungszusammenhangs zwischen einer exogenen und einer endogenen Variable ausübt, werden wiederum die Richtwerte von 0,02, 0,15 und 0,35 herangezogen.4 Jedoch bewerten CHIN/MARCOLIN/NEWSTED auch geringere Werte als aussagekräftig: „Even a small interaction effects can be meaningful under extreme moderating conditions, if resulting beta changes are meaningful, then it is important to take these conditions into account.“5 Dies liegt daran, dass die Effektstärke ƒ2 nur eine Aussage über die zusätzlich erklärte Varianz der endogenen Variable nach Einführung der Interaktionsvariablen erlaubt. Die Veränderung des Bestimmtheitsmaßes R2 bleibt allerdings gering, wenn der Effekt der Interaktionsvariablen hauptsächlich auf Kosten der Haupteffekte zurückzuführen ist. Ergänzend zu den Kriterien der Beurteilung des Strukturmodells und der jeweiligen Anspruchsniveaus (Abbildung 30) fasst Abbildung 33 abschließend die Kriterien zur Beurteilung von moderierenden Interaktionseffekten zusammen.
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Chin/Marcolin/Newsted (2003), Appendix D. Vgl. Chin/Marcolin/Newsted (2003), Appendix D zur genauen Vorgehensweise. Vgl. Chin/Marcolin/Newsted (2003), S. 211. Vgl. dazu die Ausführungen im vorangegangenen Abschnitt sowie Chin/Marcolin/Newsted (1996), S. 21 ff. Chin/Marcolin/Newsted (2003), S. 211.
156
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Kriterium
Anforderung
Effektstärke f2
0,02 (gering), 0,15 (mittel) und 0,35 (groß)
Signifikanz des Pfadkoeffizienten der Interaktionsvariable
zweiseitiger Test auf dem 1, 5 und 10 % Niveau
Abbildung 33: Kriterien zur Beurteilung moderierender Effekte
4.1.2 Zusammenfassung der Vorgehensweise Aufbauend auf den bisherigen Überlegungen wird im Folgenden die Vorgehensweise für die Überprüfung der Operationalisierung theoretischer Konstrukte sowie der Überprüfung des gesamten Strukturmodells skizziert. Das gewählte Prüfschema orientiert sich an im internationalen Schrifttum etablierten Vorgehensweisen1 und stellt eine Synthese der kovarianz- und varianzbasierten Verfahren der Strukturgleichungsanalyse dar. Die Untersuchung reflektiver Messmodelle startet für die einzelnen Faktoren erster Ordnung mit den Methoden der ersten Generation. Zunächst wird sukzessiv solange derjenige Indikator, der dem Faktor zugeordnet ist, mit der geringsten Item-to-Total-Korrelation aus der weiteren Analyse ausgeschlossen, bis der geforderte Mindestwert des Cronbach’schen Alphas von 0,7 erreicht ist.2 Mit den verbleibenden Indikatoren des Konstrukts wird anschließend eine einfaktorielle exploratorische Faktorenanalyse durchgeführt.3 Für die exploratorischen Faktorenanalysen wird die Hauptachsenanalyse als Extraktionsverfahren verwendet. Dabei darf mithilfe der exploratorischen Faktorenanalyse auf der Ebene der einzelnen Dimensionen nach dem Kaiser-Kriterium nur ein Faktor extrahiert werden.4 Nur wenn ein Faktor extrahiert wurde, kann überhaupt eine Konvergenzvalidität der Indikatoren vorliegen.5 Zusätzlich soll der extrahierte Faktor mindestens 50 % der Varianz der zugehörigen Indikatoren erklären. Gegebenenfalls ist auf dieser Stufe wieder eine Elimination von Indikatoren notwendig, wobei Indikatoren mit Faktorladungen unter 0,4 eliminiert werden.6 Die noch verbliebenen Indikatoren werden in einer weiteren Untersuchungsstufe mithilfe einer konfirmatorischen Faktorenanalyse erster Ordnung untersucht, wobei eine einfaktorielle 1
2
3
4
5 6
Vgl. Churchill (1979), S. 68 ff.; Gerbing/Anderson (1988), S. 187 ff.; Homburg/Giering (1996), S. 12 f.; Diamantopoulos/Winklhofer (2001). Vgl. Churchill (1979), S. 68, der ausführt „Coefficient alpha absolutely should be the first measure one calculates to assess the quality of the instrument.“ Siehe auch Homburg/Giering (1996), S. 12. Diese Vorgehensweise folgt der Empfehlung von Churchill (1979), S. 69. Dabei sollte das Kaiser-MeyerOlkin-Maß einen Wert von mindestens 0,5, besser aber größer 0,8 erreichen, um die Eignung der Korrelationsmatrix für eine Faktoranalyse sicherzustellen. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 276. Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 12; Gerbing/Anderson (1988), S. 190. Nach dem Kaiser-Kriterium entspricht die Zahl der zu extrahierenden Faktoren die Zahl der Faktoren mit Eigenwerten größer als 1. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 295. Vgl. Homburg (1995), S. 86. Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 12. Nach einer Elimination von Indikatoren müssen die vorhergehenden Untersuchungsschritte erneut durchgeführt werden. Vgl. auch Churchill (1979), S. 69.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
157
Struktur postuliert wird. Die Anpassung der modelltheoretischen an die empirische Korrelationsmatrix und damit die Geeignetheit des Messmodells wird anhand der lokalen und globalen Gütekriterien aus Abbildung 27 beurteilt. Weitere Indikatoren sind aus der Analyse zu entfernen, wenn mehrere dieser Anpassungsmaße deutlich verletzt werden, wobei jeweils der Indikator mir der geringsten Indikatorreliabilität eliminiert wird.1 Alternativ kann auch der Indikator mit der geringsten Spaltensumme der absoluten Werte in der residualen Kovarianzmatrix entfernt werden.2 Mit diesem Schritt endet die isolierte Analyse einzelner Faktoren und das faktorübergreifende Analyseverfahren wird mit den verbleibenden Indikatoren für die Analyse des gesamten Messmodells durchgeführt. Dabei wird zunächst anhand einer exploratorischen Faktorenanalyse überprüft, ob die postulierte Faktorenstruktur erkannt wird. Dafür muss zum einen die Anzahl der extrahierten Faktoren der vermuteten Anzahl entsprechen und zum anderen die einem Faktor zugeordneten Indikatoren auf diesen Faktor wesentlich höher laden als auf alle anderen. Auch in diesem Untersuchungsschritt sind nicht eindeutig zugeordnete Indikatoren gegebenenfalls zu eliminieren. Da hier von der unrealistischen Annahme der Unabhängigkeit (Orthogonalität) der Faktoren eines Messmodells nicht ausgegangen werden kann, wird eine schiefwinklige OBLIMIN-Rotation3 eingesetzt.4 Im nächsten Untersuchungsschritt werden die vermutete Dimensionalität und die Zuordnung der einzelnen Indikatoren zu den entsprechenden Dimensionen anhand einer konfirmatorischen Faktorenanalyse erster Ordnung überprüft. Hierbei werden wiederum die globalen und lokalen Anpassungsmaße zur Beurteilung der Anpassungsgüte herangezogen. Die Diskriminanzvalidität der einzelnen Dimensionen wird anhand des Ȥ2-Differenztests und des Fornell/Larcker-Kriterium überprüft. Sofern die Diskriminanzvalidität nicht erfüllt ist, stimmen die Hypothesen hinsichtlich der Dimensionalität des betreffenden Konstrukts nicht mit den erhobenen Daten überein und sind aus empirischer Sicht zu verwerfen.5 Damit sind alle Untersuchungsschritte für die Konstrukte erster Ordnung abgeschlossen. Für die Faktoren erster Ordnung, die zu einem mehrdimensionalen Konstrukt zweiter Ordnung gehören, wird abschließend anhand einer konfirmatorischen Faktorenanalyse zweiter Ordnung überprüft, ob die identifizierten Dimensionen tatsächlich Bestandteil eines übergeordneten Konstrukts sind. Dazu kommt eine konfirmatorische Faktorenanalyse höherer Ord-
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Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 12. Vgl. Schwarz (2004), S. 180. Mit į = 0. Vgl. Harman (1967); Homburg (1995), S. 80; Backhaus et al. (2003), S. 300. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 378.
158
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
nung zum Einsatz.1 Dabei wird neben den globalen und lokalen Anpassungsmaßen auch die in dem Messmodell zweiter Ordnung modellierten Faktorladungen zwischen den einzelnen Dimensionen und dem übergeordneten Konstrukt auf ihre Signifikanz überprüft. Weisen einzelne Dimensionen keine signifikante Faktorladung zu dem Konstrukt zweiter Ordnung auf, stehen sie in keinem Zusammenhang zum Konstrukt und sind von der weiteren Analyse auszuschließen. Um die Existenz eines Modells zweiter Ordnung zu überprüfen, schlagen MARSH/HOCEVAR ein zusätzliches Gütemaß, den Target Koeffizient (T) vor.2 Er stellt den Quotienten der Ȥ2-Werte des Modells erster Ordnung und des Modells zweiter Ordnung dar und hat als oberes Limit 1. Ein Modell zweiter Ordnung sollte aber mindestens den Grenzwert von 0,9 überschreiten.3 Der Target Koeffizient (T) misst die Fähigkeit des Modells zweiter Ordnung, die Kovarianz unter den Faktoren erster Ordnung zu erklären, und unterstellt, dass die Einführung eines Faktors zweiter Ordnung den Ȥ2-Wert nicht wesentlich erhöht.4 Bei reflektiven Konstrukten noch höherer Ordnung wird analog zu der hier beschriebenen Vorgehensweise vorgegangen. Neben reflektiven Messmodellen erster und zweiter Ordnung werden im Rahmen der Untersuchung auch formative Messmodelle zur Operationalisierung der latenten Konstrukte herangezogen. Die Überprüfung formativer Messmodelle folgt dem von DIAMANTOPOU5 LOS/WINKLHOFER vorgeschlagenen Schema. Dessen Ausgangspunkt bildet zunächst die Untersuchung hinsichtlich der Multikollinearität einzelner Indikatoren (VIF < 10). Anschließend erfolgt in zwei Teilschritten die Untersuchung der Validität des Messinstruments anhand eines externen Kriteriums, das einer redundanten reflektiven Operationalisierung entstammt. In einem ersten Schritt werden die bivariaten Korrelationen mit der Prüffrage untersucht. Diejenigen Indikatoren, die nicht signifikant mit den Prüffragen korrelieren, werden von der weiteren Analyse ausgeschlossen. In einem zweiten Schritt werden MIMIC-Modelle spezifiziert und mithilfe der Kovarianzstrukturanalyse geschätzt. Sollten für das spezifizierte Modell mehrere globale Anpassungsmaße verletzt sein, werden sukzessive die Indikatoren aus dem Modell eliminiert, die den kleinsten t-Wert aufweisen. Abschließend wird untersucht, ob die verbliebenen Indikatoren noch die gesamte definitorische Bandbreite des Konstrukts abdecken.
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Die historischen Wurzeln der Analyse mehrdimensionaler Konstrukte im Rahmen der Kovarianzstrukturanalyse lassen sich bis Jöreskog (1970) zurückverfolgen, der hierfür die theoretischen Grundlagen geschaffen hat. Gerbing/Anderson (1984) und Rindskopf/Rose (1988) entwickelten diese theoretische Basis weiter und beschäftigten sich in ihren Arbeiten mit der Bedeutung der Faktoren sowie deren Interpretation. Die ersten empirischen Arbeiten, die kovarianzbasierte Verfahren zur Analyse von Strukturgleichungsmodellen einsetzen, stammen von Weeks (1978), Weeks (1980) sowie Bentler/Weeks (1980). Vgl. Marsh/Hocevar (1985), S. 570 f.; Marsh (1987), S. 25 f. Vgl. Goldman/Greenbaum/Darkes (1997), S. 150. Vgl. Segars/Grover (1998), S. 153. Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 271-274.
Grundlagen, Methodik und Vorgehensweise
159
In der vorliegenden Untersuchung kommt bei der Überprüfung der Messmodelle für alle Methoden und Gütekriterien der ersten Generation, also das Cronbach’schen Alpha, die Item-toTotal-Korrelation und die exploratorische Faktorenanalyse, das Softwarepaket SPSS 14.0 zum Einsatz. Die Durchführung der kovarianzbasierten konfirmatorischen Faktorenanalysen erfolgt mithilfe des Softwarepakets EQS 6.1. Abbildung 34 fasst abschließend die Vorgehensweise der Überprüfung der Messmodelle zusammen.
reflektive Messmodelle 1. Ordnung
Cronbach‘sches Alpha/ Item-to-Total-Korrelationen pro Dimension
reflektive Messmodelle 2. Ordnung
exploratorische Faktorenanalyse über alle verbliebenen Indikatoren
ja
nein
externe Validität (bivariate Korrelationen mit Kontrollfrage)
Modellmodifikation hinsichtlich nicht diskriminanzvalider Dimensionen
nein signifikante Korrelationen mit Kontrollfrage?
ja
konfirmatorische Faktorenanalyse zweiter Ordnung
externe Validität (MIMIC-Modell)
Ausschluss der Dimensionen mit nichtsignifikanten Faktorladungen
Entfernen des Indikators mit der geringsten Indikatorreliabilität nein
Entfernen von Indikatoren mit insignifikanten Korrelationen
nein
globale, lokale Anpassungsmaße/ Ȥ2-Differenztest/ Fornell/Larcker erfüllt?
ja
ja konfirmatorische Faktorenanalyse erster Ordnung pro Dimension
globale und lokale Anpassungsmaße erfüllt?
ja
konfirmatorische Faktorenanalyse erster Ordnung für alle Dimensionen
Entfernen des Indikators mit der geringsten Faktorladung 1 Faktor? erklärte Varianz > 50%? Faktorladungen > 0,4?
nein VIF < 10
ja
exploratorische Faktorenanalyse pro Dimension
Entfernen von Indikatoren mit zu hohem VIF
nein
Erkennen der vermuteten Faktorstruktur?
nein
Prüfung auf Multikollinearität
Entfernen von nicht eindeutig zugeordneten Indikatoren
Entfernen des Indikators mit der geringsten ITK Į > 0,7?
formative Messmodelle
globale, lokale Anpassungsmaße erfüllt/ signifikante Faktorladungen/ Target Koeffizient > 0,9?
nein
Entfernen von Indikatoren mit insignifikanten Ladungen
globale Anpassungsmaße erfüllt?
nein
ja ja finales Messmodell
ja finales Messmodell
Abbildung 34: Vorgehensweise zur Analyse der Messmodelle im Rahmen der Kovarianzstrukturanalyse1
Nach dem Abschluss der Operationalisierung aller Faktoren im Modell ist die erste Forschungsfragestellung beantwortet.2 Zugleich sind nun die Voraussetzungen geschaffen, die verbleibenden Forschungsfragestellungen im Rahmen der Analyse des Strukturmodells zu beantworten.3 Ziel ist die Überprüfung der hypothetischen Beziehungen zwischen den Konstrukten. Eine sich in den Strukturbeziehungen ausdrückende explikative Hypothese ist dann nicht abzulehnen, wenn die in Abbildung 30 darlegten Kriterien erfüllt sind. Für die Untersuchung des Strukturmodells im Rahmen der Varianzstrukturanalyse bestehen verschiedene Möglichkeiten, mehrdimensionale Konstrukte zu berücksichtigen. Besondere Beachtung hat
1 2 3
In Anlehnung an Giere/Wirtz/Schilke (2006), S. 686, 688. Vgl. Abschnitt 1.1.2. Vgl. Abschnitt 1.1.2.
160
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
im Schrifttum das Hierarchical Component Model von WOLD gefunden.1 Es wird auch im Rahmen dieser Untersuchung zur Modellierung von mehrdimensionalen Konstrukten bei der varianzbasierten Analyse von Strukturgleichungsmodellen verwendet. Die Überprüfung des Strukturmodells und die Untersuchung moderierender Effekte erfolgt mithilfe der Software SmartPLS 2.0 M3. 4.2
Datengrundlage und Datenerhebung
Im folgenden Abschnitt werden die Grundgesamtheit der Erhebung (Abschnitt 4.2.1) und die Vorgehensweise bei der Datenerhebung (Abschnitt 4.2.2) beschrieben. Die Ausführungen des Abschnitts schließen mit einer Beschreibung der Charakteristika der Datenbasis ab (Abschnitt 4.2.3). 4.2.1 Grundgesamtheit der Erhebung Die Identifikation der für die vorliegende Untersuchung relevanten Grundgesamtheit erfolgt anhand der bestehenden Klassifikation der Wirtschaftszweige aus dem Jahr 2003 (WZ 2003) des Statistischen Bundesamts.2 Als Grundgesamtheit der vorliegenden Untersuchung sollen die Unternehmen aus den Branchen mit den WZ 2003-Codes 30, 31, 32, 33 dienen. Die Unternehmen mit diesen Codes bilden die Gesamtheit der deutschen Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (vgl. Tabelle 9). Code WZ 2003
Beschreibung
30
Herstellung von Büromaschinen, Datenverarbeitungsgeräten und -einrichtungen
31
Herstellung von Geräten der Elektrizitätserzeugung, -verteilung u. ä.
32
Rundfunk- und Nachrichtentechnik
33
Medizin-, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik, Optik, Herstellung von Uhren
Tabelle 9:
Grundgesamtheit der Untersuchung nach der WZ 2003-Klassifikation des Statistischen Bundesamts3
Nachdem die Grundgesamtheit der Erhebung festgelegt wurde, ist nun ein möglichst umfassendes Verzeichnis der in der Grundgesamtheit enthaltenen Unternehmen zu identifizieren. Da von Seiten der amtlichen Statistik kein vollständiges, aktuelles Verzeichnis der Unternehmen innerhalb der Branchen-Codes vorliegt, wurde der Erhebung die Einkaufsdatenbank der
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Vgl. Wold (1980); Wold (1982b), S. 40-43. Siehe auch Lohmöller (1989), S. 130-133. Vgl. Statistisches Bundesamt (2002). Vgl. Statistisches Bundesamt (2002).
Datengrundlage und Datenerhebung
161
deutschen Elektrotechnik- und Elektronikindustrie vom ZVEI – Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V. in der Ausgabe von 2005 zugrunde gelegt. Dieses Verzeichnis umfasst weit über 6.000 Unternehmen und kann als umfassendes Verzeichnis der deutschen Elektrotechnik- und Elektronikindustrie angesehen werden. Diese Daten wurden in einem zweiten Schritt durch namhafte Adressanbieter weiter qualifiziert1, d. h., fehlende Ansprechpartner, Änderungen der Anschrift und Telefonnummern etc. wurden ergänzt bzw. korrigiert. Nach einer Bereinigung der Daten umfasste die relevante Grundgesamtheit noch 6.388 Unternehmen. 4.2.2 Datenerhebung Im Folgenden soll zunächst auf die Methode der Datenerhebung (Abschnitt 4.2.2.1) und daran anschließend auf die Entwicklung des Erhebungsinstruments (Abschnitt 4.2.2.2) und auf das Verfahren der Haupterhebung (Abschnitt 4.2.2.3) eingegangen werden. 4.2.2.1 Methode der Datenerhebung Aufgrund der zu untersuchenden Fragestellung und des Fehlens ausreichend archivierter Daten muss die betriebswirtschaftliche Forschung oftmals auf die Befragung von Personen aus den Untersuchungsobjekten zurückgreifen.2 Man bezeichnet die befragten Personen als Informanten, da sie nicht aufgefordert sind, persönliche Einstellungen, Meinungen bzw. Verhaltensweisen zu schildern, sondern angehalten sind, generalisierbare Aussagen zu machen3: „about patterns of behavior, after summarizing either observed (actual) or expected (prescribed) organization relations“4 Die Auswahl der Informanten erfolgt dabei nicht nach Maßgabe der Repräsentativität für das Unternehmen im statistischen Sinn, sondern ganz bewusst unter der Annahme, dass diese Personen einen besonderen Kenntnisstand im Hinblick auf den zu untersuchenden Sachverhalt haben und darüber hinaus die Absicht haben, über diesen Sachverhalt entsprechend Auskunft zu geben.5 In diesem Zusammenhang wird von so genannten „Key Informants“6 gesprochen. Dieses Vorgehen kann in zahlreichen empirischen Arbeiten auf dem Gebiet der Betriebswirtschaftslehre beobachtet werden7 und liegt auch dieser Untersuchung zugrunde.8
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Hierzu wurde insbesondere die Firmendatenbank von Hoppenstedt herangezogen. Vgl. Kumar/Stern/Anderson (1993), S. 1633 f. Vgl. Campbell (1955), S. 339. Seidler (1994), S. 817. Vgl. Kumar/Stern/Anderson (1993), S. 1634. Vgl. Phillips (1981), S. 396; Bagozzi/Yi/Phillips (1991), S. 423; Kumar/Stern/Anderson (1993), S. 1634. Vgl. Bagozzi/Yi/Phillips (1991); Kumar/Stern/Anderson (1993). Die Methode der Beobachtung scheidet ebenfalls aus, da sie zu zeitintensiv ist und sich die meisten Unternehmen nicht zu einer so intensiven Beobachtung bereitgefunden hätten. Vgl. Möller (1983), S. 40 f.
162
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Dabei erfolgt die Datenerhebung durch eine Befragung von unternehmensinternen Experten, die mit allen Aspekten des Unternehmens hinreichend gut vertraut sind, um die Fragen zu den einzelnen Facetten der Untersuchung kompetent beantworten zu können.1 Hierunter fallen beispielsweise Geschäftsführer, leitende Manager aus den Bereichen Marketing / Vertrieb oder dem Strategiebereich. Die Voruntersuchungen für die Fragebogenentwicklung und der quantitative Test-Pilot haben gezeigt, dass die anvisierten Key Informants durchaus in der Lage waren, die einzelnen Facetten des Untersuchungsmodells zu beurteilen. Darüber hinaus können die hohe erzielte Rücklaufquote2 und die hohe Vollständigkeit der Antworten als ein weiteres Indiz dafür herangezogen werden, dass seitens der Key Informants eine hohe Eignung und Kompetenz hinsichtlich der angesprochenen Sachverhalte vorlag.3 Wie andere Forschungsmethoden weist auch der Key-Informant-Ansatz einige Probleme auf, die in der Marketingforschung kontrovers diskutiert werden.4 So kann durch die Befragung einzelner Key Informants aufgrund der subjektiven Bewertung ein systematischer Messfehler durch Verzerrungen entstehen. In der Literatur wird dieser Messfehler als „Informant Bias“ bezeichnet.5 Als wesentliche Ursachen für das Auftreten eines Informant Bias werden unterschiedliche Motive, beschränkte Informationsverarbeitungskapazitäten, Wahrnehmungsunterschiede und divergierende Informationsstände zwischen einzelnen Informanten genannt.6 In der Literatur wurden zum Teil deutliche Unterschiede im Antwortverhalten verschiedener Informanten bei Befragungen zum gleichen Sachverhalt festgestellt.7 Der Informant Bias kann somit zu einer erheblichen Einschränkung der Konstruktvalidität führen8, die ein zentrales Thema der empirischen Forschung darstellt.9 Ein besonderes Problem des Key-Informant-Ansatzes stellt der Common Method Bias dar, der auftreten kann, wenn zwei Konstrukte beim selben Key Informant gemessen werden und die Korrelation zwischen diesen beiden Konstrukten interpretiert werden soll.10 „Because both measures come from the same source, any defect in that source contaminates both measures, presumably in the same fashion and the same direction.“11 Die Common-Method-
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2 3
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Die Kompetenz der Befragten stellt eine notwendige Bedingung für ein unverzerrtes Antwortverhalten dar. Vgl. Ernst (2001), S. 87. Siehe hierzu die Ausführungen in Abschnitt 4.2.2.3. Vgl. die Argumentation von Homburg (1995), S. 74. Siehe dazu auch die speziellen Analysen in Abschnitt 4.2.3.1. Siehe dazu die Beiträge von Ernst (2003) und Hurrle/Kieser (2005). Vgl. Campbell/Fiske (1959); Bagozzi/Yi/Phillips (1991), S. 424; Kumar/Stern/Anderson (1993), S. 1634. Vgl. Ernst (2001), S. 87; Ernst (2003), S. 1250. Vgl. Molnar/Rogers (1979). Vgl. Phillips (1981), S. 408 f.; Ernst (2003), S. 1250. Vgl. Bagozzi/Yi/Phillips (1991), S. 421; Bagozzi (1998). Siehe hierzu die Ausführungen in Abschnitt 4.1.1.3. Vgl. Podsakoff/Organ (1986), S. 533. Podsakoff/Organ (1986), S. 533.
Datengrundlage und Datenerhebung
163
Varianz1 (Varianz, die sich auf die Methode der Messung statt auf die latenten Konstrukte zurückführen lässt) erhöht künstlich die beobachtete Korrelation zwischen zwei Konstrukten und führt zu Verzerrungen bei den Parameterschätzungen. Dabei hat der Common Method Bias viele Gründe, beispielsweise Konsistenz-Motive bei den Key Informants oder implizite Theorien oder Überlegungen hinsichtlich der soziale Erwünschtheit der Antworten.2 Um dem Problem des Informant Bias und des Common Method Bias zu begegnen, wurden in der Literatur verschiede verfahrenstechnische und statistische Hilfsmittel entwickelt.3 In der vorliegenden Untersuchung wurden einige dieser Maßnahmen ergriffen, um vorsorglich Probleme zu beheben bzw. diese aufzudecken: Anordnung der Skalen: Diese von SALANCIK/PFEFFER vorgeschlagene Methode4 versucht die Effekte zu reduzieren, die sich aus der Abfolge der Indikatoren ergeben. Sie schlagen für Untersuchungen vor, dass Indikatoren für die abhängigen Größen den Indikatoren für die unabhängigen Größen in der Befragung folgen. In dem Rahmen der Untersuchung wurden daher die Angaben zum Unternehmenserfolg im Anschluss an die Fähigkeiten und Ressourcen des Unternehmens abgefragt. mehrere Informanten: Um auf das Vorhandensein und das Ausmaß eines eventuellen systematischen Informant Bias zu testen, wurde in dieser Untersuchung für einen Teil der Grundgesamtheit zwei Informanten pro Untersuchungsobjekt befragt.5 Dazu wurde der erste Key Informant am Ende der Befragung gebeten, einen weiteren Informanten aus dem Unternehmen zu benennen. Insgesamt konnten so bei sieben Unternehmen zwei Key Informants befragt werden.6 In einem ersten Schritt wurden zunächst die Angaben des ersten
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3 4 5
6
Siehe hierzu Campbell/Fiske (1959); Fiske (1982). Vgl. dazu Podsakoff/Organ (1986), S. 534-536 und Podsakoff et al. (2003), S. 881 ff.; Homburg/Klarmann (2006), S. 733. Vgl. siehe hierzu ausführlich Parkhe (1993), S. 810 f. Vgl. Salancik/Pfeffer (1977), 447 ff. Vgl. Bagozzi/Yi/Phillips (1991); Kumar/Stern/Anderson (1993). Die Befragung mehrerer Personen aus dem Untersuchungsobjekt ist nach ERNST die beste Lösung für das Problem eines Informant Bias. Vgl. Ernst (2001), S. 93. Insgesamt wurde von 54 Befragungsteilnehmern ein zweiter Ansprechpartner angegeben. Nach einer Bereinigung um Kontaktdaten von Befragten, die fälschlicherweise die eigenen Kontaktdaten erneut hinterlassen hatten, waren noch 37 verwertbare Kontaktdaten vorhanden. Somit lag eine Rücklaufquote von 18,9 % vor. Dass insgesamt die Anzahl der Angabe eines zweiten Ansprechpartners im Unternehmen so gering ist, liegt neben dem Aufwand für die Beantwortung des Fragebogens und der Vielzahl von Anfragen hinsichtlich der Teilnahme an Umfragen sicher in der Unternehmensgröße und im Hierarchielevel des ersten Ansprechpartners begründet. Die meisten Unternehmen der deutschen Elektrotechnik- und Elektronikindustrie sind relativ klein, sodass oftmals kein zweiter kompetenter Ansprechpartner benannt werden konnte. Weiterhin war eine große Anzahl der ersten Teilnehmer der Befragung Geschäftsführer, Vorstände oder sogar Inhaber des betreffenden Unternehmens. Sie zeigten in der Regel wenig Interesse oder die Notwendigkeit die eigenen Angaben zum Unternehmen durch Dritte „überprüfen“ zu lassen. Vgl. zu ähnlichen Erfahrungen Lee/Lee/Pennings (2001), S. 625.
164
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Informanten mit den Angaben des zweiten Informanten paarweise verglichen.1 Bei 952 (136 × 7) möglich Antworten ergaben sich in 250 Fällen Abweichungen, die eine Abstufung auf einer 7-stufigen Likert-Skala überschritten. In 702 Fällen (73,7 %) waren die Angaben der beiden Informanten aus einem Unternehmen gleich bzw. betrug die Abweichung lediglich eine Stufe. Ein Umstand, der auf eine hohe Übereinstimmung zwischen den Informanten hinweist. Weiterhin wurde die Korrelation zwischen den Antworten der beiden Informanten aus einem Unternehmen ermittelt.2 Signifikante, positive Korrelationen zwischen den Antworten der Informanten eines Untersuchungsobjekts gaben hinreichende Belege dafür, dass eine hohe Reliabilität hinsichtlich des Antwortverhaltens vorlag.3 Diese hohe Übereinstimmung im Antwortverhalten zwischen den verschiedenen Informanten eines Untersuchungsobjekts stärkte das Vertrauen in die Validität der Befragung der Key Informants.4 Faktorenanalyse: Der abschließende Test hinsichtlich eventueller Probleme mit dem Informant Bias beinhaltet Harmans-Ein-Faktor-Test.5 Dazu wurden alle Indikatoren der Untersuchung einer exploratorischen Faktorenanalyse zugeführt. Falls im Rahmen der Untersuchung ein Common Method Bias vorliegt, wird nur ein einziger Faktor extrahiert, oder es zeigt sich zumindest ein „genereller Faktor“, der die Mehrheit der Varianz aller Indikatoren beinhaltet.6 Zur praktischen Umsetzung des Harmans-Ein-Faktor-Tests wurde eine Hauptkomponentenanalyse mit VARIMAX-Rotation durchgeführt.7 Hier wurden insgesamt 25 Faktoren erkannt. Unter diesen Faktoren befand sich auch kein „genereller Faktor“, der die Mehrheit der Varianz beinhaltete.8 Eine andere Art der Ausgestaltung von Harmans-Ein-Faktor-Test basiert auf einer konfirmatorischen Faktorenanalyse. Hier wird der Modellfit des hergeleiteten Modells mit dem 1-Faktor-Modell verglichen.9 Auch hier deutete die drastische Verschlechterung der Fitmaße darauf hin, dass der Common Method Bias kein substanzielles Problem für die der Untersuchung darstellt. Eine weitere grundlegende Entscheidung im Rahmen einer jeden empirischen Untersuchung bezieht sich auf die Wahl der Datenerhebungsmethode. Grundsätzlich lassen sich hier schriftliche Befragungen von telefonischen oder persönlichen Interviews unterscheiden. In der vorliegenden Untersuchung wurde die schriftliche, standardisierte Befragung gegenüber einem 1 2 3
4 5 6 7 8 9
Vgl. zu diesem Vorgehen Kotha/Vadlamani (1995), S. 77. Vgl. Jones et al. (1983); O'Donnell (2000), S. 534. Diese Übereinstimmung der beiden Key Informants kann als eine Art Reliabilitätsstatistik für die Messung aufgefasst werden. Siehe dazu die Ausführungen zur Inter-Rater-Reliabilität in Abschnitt 4.1.1.3. Vgl. zu dieser Argumentation Parkhe (1993), S. 810; Lee/Lee/Pennings (2001), S. 625. Vgl. Harman (1967). Vgl. Podsakoff/Organ (1986), S. 536; McFarlin/Sweeney (1992), S. 630. Vgl. Guthrie/Coate/Schwoerer (1998), S. 384. Die erste Komponente in der unrotierten Lösung weist eine erklärte Varianz von lediglich 25,2 % auf. Vgl. McFarlin/Sweeney (1992), S. 630.
Datengrundlage und Datenerhebung
165
mündlichen Interview präferiert. Die folgenden Gründe gaben den Ausschlag für diese Entscheidung:1 Bei identischem Ressourceneinsatz können bei einer schriftlichen Befragung mehr Erhebungseinheiten angesprochen werden als mithilfe mündlichen Interviews. Gerade bei großen Grundgesamtheiten (über 6.000 Unternehmen der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie) ist eine Erhebung mit einer umfangreichen Stichprobe durch mündliche Interviews kaum durchführbar.2 In der Erhebung werden ausschließlich präzise formulierte und strukturierte Untersuchungsfragen mit klaren Antwortvorgaben vorgenommen. Eine standardisierte Fragebogenerhebung erlaubt bei gegebener zeitlicher Belastung der Befragungsteilnehmer die Erhebung eines größeren Informationsvolumens als bei mündlichen Interviews.3 Aufgrund der höheren Standardisierung bei der Frageformulierung und Antwortmöglichkeiten in Rahmen von schriftlichen Befragungen ist die unternehmensübergreifende Vergleichbarkeit von Erhebungsdaten tendenziell höher als bei mündlichen Interviews.4 Bei schriftlichen Befragungen wird der Effekt ausgeschaltet, der von der Präsens des Interviewers und dem Interviewerverhalten bei mündlichen Befragungen auf das Antwortverhalten der Zielperson ausgeht. Insbesondere bei Fragen zur Beurteilung von Aspekten des Unternehmenserfolgs ist die Eliminierung dieser Verzerrungsaspekte wichtig.5 Der Befragungsteilnehmer kann den Zeitpunkt frei wählen, an dem er den Fragebogen ausfüllt. Damit ist es mit dieser Methode oft viel leichter, zeitnah Auskünfte von einer größeren Anzahl von Key Informants zu erhalten, die sonst nur schwer zu erreichen sind.6 Zusammengenommen überwiegen diese Vorteile einer schriftlichen Befragung eindeutig gegenüber den möglichen Nachteil, dass die befragten Key Informants bei eventuellen Missverständnissen oder Verständnisproblemen nur über eingeschränkte Möglichkeiten der Rückfrage verfügen (Kommunikationsprobleme). Bei der Formulierung der Fragen wurde daher auf eine leicht verständliche und klare Sprache geachtet.7 Diese Anforderung wurde insbesondere durch eine dreistufige Entwicklung des Fragebogens und die Einbeziehung eines Germanisten bei der Formulierung der Indikatoren zur Sicherstellung einer lebensnahen Sprache genüge
1 2 3 4 5 6 7
Vgl. Scheuch (1962), S. 167; Selltiz et al. (1972), S. 11 f.; Hafermalz (1976), S. 22 f.; Nederhof (1981), S. 41. Vgl. Kanuk/Berenson (1975), S. 440; Fritz (1995), S. 94; Berekoven/Eckert/Ellenrieder (2001), S. 113. Vgl. Gerpott (1993), S. 284. Vgl. Gerpott (1993), S. 285. Vgl. Bungard/Lück (1974), S. 73; Hippler (1988), S. 244. Vgl. Kanuk/Berenson (1975), S. 440. Vgl. Friedrichs (1990), S. 238.
166
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
getan.1 Weiterhin wurden eine Telefonnummer und eine E-Mail-Adresse angegeben, die es den Teilnehmern der Befragung ermöglichte, Rückfragen zu stellen. 4.2.2.2 Entwicklung des Erhebungsinstruments Aufbauend auf der Konzeptionalisierung in Kapitel 3 wurde eine erste Version des Fragebogens für die Haupterhebung entwickelt. Dabei stellt die Form der Abfrage der Indikatorvariablen einen weiteren wichtigen Aspekt dar. Die in der Untersuchung angewendete Faktorenanalyse und Strukturgleichungsanalyse setzen zumindest intervallskalierte Daten voraus.2 Eine Verletzung dieser Annahme kann zu einer Unterschätzung von Korrelationen, Faktorladungen, Standardfehlern sowie zu hohen Werten für die Ȥ2-Teststatistik führen.3 Die häufig in der empirischen betriebswirtschaftlichen Forschung herangezogenen Ratingskalen dürfen aber nach der Meinung von Pragmatikern, sofern äquidistant, als quasimetrisch betrachtet werden.4 Um trotz diskreter Messung die kausalanalytischen Annahmen stetiger Variablen nicht zu verletzen, werden aber mindestens fünf5 bzw. eher sieben Skalenpunkte empfohlen6. In der vorliegenden Untersuchung wurden daher die einzelnen Indikatoren der jeweiligen latenten Konstrukte über 7-stufige Likert-Skalen abgefragt.7 Ein wesentlicher Grund für die Verwendung der Likert-Skala im Rahmen dieser Erhebung ist, dass diese Skala als annähernd intervallskaliert angesehen wird.8 Wo immer es möglich war, wurden als Ausgangspunkt der Fragebogenentwicklung Indikatoren von bereits in der Literatur vorhandenen Messinstrumenten verwendet. Es wurde daher eine umfangreiche Recherche nach etablierten, reliablen und validen Operationalisierungen von latenten Konstrukten durchgeführt. Für neue Messinstrumente und in der Literatur bereits vorhandenen, jedoch stark an den Untersuchungsgegenstand angepassten Messinstrumenten wurde der empfohlene Prozess für die Entwicklung von Messinstrumenten durchgeführt.9 Abbildung 35 zeigt die Vorgehensweise für die Konzeptionalisierung der Messmodelle.
1 2 3 4 5 6 7
8
9
Vgl. hierzu den folgenden Abschnitt 4.2.2.2. Vgl. Bagozzi (1981a), S. 200; Bagozzi (1981b), S. 380; Backhaus et al. (2003), S. 31. Vgl. Homburg/Klarmann (2006), S. 733. Vgl. Bortz (2005), S. 25 ff.; Jaccard/Wan (1996), S. 4. Vgl. Bagozzi (1981b), S. 390; Bollen/Barb (1981), S. 234 ff. Vgl. Bagozzi (1981a), S. 200. Grundlage für die Verwendung einer 7-stufigen Skala war, eine hinreichende Differenzierung und Präzision der Antworten zu ermöglichen ohne die Diskriminierungsfähigkeit der Befragten zu überfordern. Siehe hierzu Berekoven/Eckert/Ellenrieder (2001), S. 76. Interessant sind an dieser Stelle auch die Ergebnisse von Alwin (1997), S. 333 f., der zwar eine Überlegenheit der 11-stufigen Skalen gegenüber 7-stufigen nachweist, aber zugleich auf die fehlende Praktikabilität und die Notwenigkeit einer theoretischen Rechtfertigung für Skalen mit mehr als sieben Stufen hinweist. Vgl. Bagozzi (1994b), S. 14. Vgl. zur generellen Einteilung von Daten in nominal-, ordinal-, intervall- und ratioskalierte Daten und deren verschiedenen Eigenschaften Pedhazur/Schmelkin (1991), S. 17 ff.; Backhaus et al. (2003), S. 4 ff. Vgl. Churchill (1979); Bagozzi/Phillips (1982); Gerbing/Anderson (1988); Boudreau/Gefen/Straub (2001).
Datengrundlage und Datenerhebung
167
Start
Frühere Methoden zur Operationalisierung, bestehende Skalen, exploratorische Forschung
Messinstrumente für die latenten Variablen im Modell verfügbar?
Nein Entwicklung neuer Indikatoren für die latente Variable
Ja Identifikation potenziell relevanter, manifester Variablen, die als Indikatoren für die latenten Variablen dienen
Sind multiple Indikatoren für alle latenten Variablen vorhanden? Ja
Nein
Nein
Auswahl manifester Variablen zur Verwendung im Messmodell
Ist die Nutzung eines einzelnen Indikators realistisch? Ja
Abbildung 35: Vorgehensweise zur Konzeptionalisierung der Messmodelle
Die Überarbeitung und Anpassung der anfänglich gefundenen Operationalisierung der einzelnen latenten Konstrukte im Modell erfolgte in einem mehrstufigen Prozess, der neben der Durchführung von Experteninterviews, einen Item-Sorting-Pretest nach ANDERSON/GERBING1 und die Durchführung eines Test-Piloten mit dem Erhebungsinstrument zum Inhalt hatte (vgl. Abbildung 36). Diese verschiedenen Arten von Pretests und der Test-Pilot dienen zur Sicherstellung der Validität des Messinstruments.2 Nach ALRECK/SETTLE handelt es sich bei einem Pretest um einen vorbereitenden Test einiger oder aller Aspekte eines Messinstruments, um sicherzustellen, dass keine unerwarteten Probleme im Rahmen der Hauptuntersuchung auftreten.3 Die Experteninterviews wurden im Anschluss an die theoretischen Überlegungen hinsichtlich der Konzeptionalisierung und Hypothesenbildung aus Kapitel 3 durchgeführt. Insgesamt wurden von Mitte Januar bis Mitte März 2006 16 qualitative Interviews mit Experten aus der Un-
1 2
3
Vgl. Anderson/Gerbing (1991), S. 732 ff. Vgl. Straub (1989), S. 161, der auch generell einen stärkeren Einsatz dieser Instrumente in der empirischen Forschung anregt. Vgl. Alreck/Settle (1995). Siehe dazu weiterhin Boudreau/Gefen/Straub (2001), S. 4.
168
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
ternehmenspraxis sowie fünf Tiefeninterviews mit Experten aus der Wissenschaft durchgeführt.1 Dabei wurden mit den Expertengesprächen verschiedene Ziele verfolgt: Erlangung eines Gefühls für die Relevanz und Inhaltsvalidität des anfänglichen theoretischen Modells. Dazu wurden das zugrunde gelegte Verständnis von Marketingflexibilität und die einzelnen Bestandteile des Modells mit den Experten diskutiert. Die Ergebnisse der Interviews wurden dabei nicht als Validierung der Untersuchungshypothesen gesehen, sondern als qualitative Bestätigung dafür, dass das Modell mit den Erfahrungen der Praxis übereinstimmt. Weiterhin wurden die Expertengespräche dazu genutzt, die Theorieentwicklung voranzutreiben und die theoretischen Überlegungen durch die Praxisperspektive zu ergänzen. Insbesondere war es das Ziel, weitere Erfolgsfaktoren und Kernfähigkeiten, die zuvor nicht Teil des Modells waren, zu identifizieren und besser zu verstehen. Die Interviews dienten auch dazu, die Konstruktvalidität der Messinstrumente zu verbessern.2 Dazu wurden die inhaltlichen Facetten der einzelnen Dimensionen erörtert und die potenziellen Indikatoren zur Messungen der Konstrukte diskutiert und gegebenenfalls modifiziert.3 Die Gespräche wurden anhand eines Gesprächsleitfadens geführt, der neben halb-strukturierten Fragen auch offene Fragen beinhaltete. Die Ergebnisse der Gespräche unterstützten die theoretischen Überlegungen aus Kapitel 3; alle aus der Theorie entwickelten Facetten des Modells wurden als relevant bewertet. Daneben kam es aufgrund der Expertengespräche zu einer Modifizierung des Untersuchungsmodells. Zwei weitere Faktoren wurden aufgenommen, sodass für diese Faktoren eine erneute Literaturauswertung und Theorieentwicklung notwendig wurde. Weiterhin konnte eine weitere Verfeinerung der Operationalisierung vorgenommen werden. Für die Prognostizierung der Leistungsfähigkeit von Indikatoren in einer konfirmatorischen Faktorenanalyse haben ANDERSON/GERBING eine spezielle Art eines Pretests entwickelt. In der vorliegenden Untersuchung wurde dieser Item-Sorting-Pretest als zweiter Schritt für die Entwicklung des Messinstruments eingesetzt.4 Ziel des Item-Sorting-Pretests ist die Ermittlung der „Substantive Validity“ für jeden Indikator. Diese wird wie folgt definiert: „the extent to which that measure is judged to be reflective of, or theoretically linked to, some construct of
1 2 3
4
Eine Auflistung der geführten Experteninterviews findet sich im Anhang 1. Vgl. Straub (1989), S. 150 f. Gerade die Erkenntnisse von Experten sind bei der Entwicklung von neuen Messinstrumenten sehr wichtig. Vgl. Churchill (1979). Vgl. Anderson/Gerbing (1991), S. 732 ff.
Datengrundlage und Datenerhebung
169
interest.”1 Die substanzielle Validität eines einzelnen Indikators wird hierbei als notwendige Voraussetzung für die Validität einer Mehrzahl von Indikatoren hinsichtlich der Messung eines Konstrukts interpretiert.2 Dabei können die Probanden sowohl Wissenschaftler als auch Key Informants der anvisierten Grundgesamtheit sein.3 Als geeignete Samplegröße für einen Item-Sorting-Pretest gelten 12 bis 30 Personen.4 Die Teilnehmer erhalten zunächst eine kurze Definition der theoretischen Konstrukte und eine zufällige Anordnung aller Indikatoren, die der Messung der theoretischen Konstrukte dienen sollen. Ihre Aufgabe ist es, die einzelnen Indikatoren demjenigen Konstrukt zuzuordnen, zu dem sie nach eigener subjektiver Ansicht am besten passen.5 Zur Ermittlung der substanziellen Validität schlagen ANDERSON/GERBING die beiden Indizies „Proportion of Substantive Agreement“ und „Substantive-Validity Coefficient“ vor:6 (27) wobei: nc N
p sa
nc , N
= Anzahl der richtigen Zuordnungen, = Anzahl der Testpersonen, die den Indikator zugeordnet haben.
Die „Proportion of Substantive Agreement“ bezeichnet den Anteil der Personen, die den jeweiligen Indikator dem richtigen Konstrukt zuordnen und dient der Beurteilung der Eindeutigkeit der Zuordnung der Indikatoren. Der Wertebereich dieser Testgröße liegt zwischen Null und Eins. Die substanzielle Validität des Indikators ist umso höher, je näher psa bei Eins liegt. Während der Index Erkenntnisse darüber liefern kann, wie gut ein Indikator das zu messende Konstrukt widerspiegelt, kann er nicht aufzeigen, wie stark der Indikator sich auf ein anderes, ihm nicht zugeordnetes Konstrukt bezieht. Hierüber gibt der „Substantive-Validity Coefficient“ Aufschluss: (28) wobei: nc no N
c sv
nc no , N
= Anzahl der richtigen Zuordnungen, = Anzahl der häufigsten Zuordnung zu einem anderen Konstrukt, = Anzahl der Testpersonen, die den Indikator zugeordnet haben.
Der Wertebereich dieser Testgröße liegt zwischen -1 und 1. Dabei gilt, die substanzielle Validität des Indikators ist umso höher, je näher csv bei Eins liegt. Geht der Wert der Testgröße 1 2 3 4 5 6
Anderson/Gerbing (1991), S. 732. Vgl. Anderson/Gerbing (1991), S. 732. Vgl. Anderson/Gerbing (1991), S. 733. Vgl. Hunt/Sparkman/Wilcox (1982), S. 270. Vgl. Anderson/Gerbing (1991), S. 734. Vgl. im Folgenden Anderson/Gerbing (1991), S. 734.
170
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
gegen -1, so scheint der Indikator ein anderes Konstrukt widerzuspiegeln. Somit kann der csvIndex auch als ein Maß der inhaltlichen Relevanz des Indikators für das latente Konstrukt aufgefasst werden. ANDERSON/GERBING schlagen für den Substantive-Validity Coefficient einen Test auf statistische Signifikanz vor.1 Ende März bis Mitte April 2006 wurde ein Item-Sorting-Pretest nach ANDERSON/GERBING für diese Untersuchung durchgeführt. Neben der Ermittlung der substanziellen Validität der Indikatoren zur Abschätzung der Prognose der Konvergenz-, Diskriminanz- und Inhaltsvalidität war ein wesentliches Ziel die Überprüfung der Verständlichkeit und Eindeutigkeit der Indikatoren und der Definitionen der einzelnen latenten Konstrukte im Modell. An dem Test beteiligten sich insgesamt 23 Experten aus Wissenschaft und Praxis. Ausgangspunkt des ItemSorting-Pretests waren die im Rahmen der Expertengespräche verfeinerten Messmodelle der latenten Konstrukte des Modells. Die Teilnehmer erhielten eine zufällige Anordnung von 113 Indikatoren sowie eine Definition der einzelnen latenten Konstrukte im Modell2, mit der Bitte, diese zuzuordnen. Im Anschluss wurden die beschriebenen Kennzahlen psa und csv berechnet und der dazugehörige Test durchgeführt. Die Ergebnisse des Item-Sorting-Pretests wurden mit drei weiteren Experten aus der Wissenschaft sowie einzelnen Probanden diskutiert. Basierend auf der Auswertung und der daran anschließenden Diskussion wurden insgesamt 10 Indikatoren eliminiert. Zusätzlich wurden drei neue Indikatoren formuliert. Weiterhin wurden aufgrund der qualitativen Anmerkungen einzelne Indikatoren eindeutiger und verständlicher formuliert. Im Anschluss an den Item-Sorting-Pretest wurde der Fragebogen für die Haupterhebung entwickelt und sein Layout festgelegt. Dazu wurden die Indikatoren verschiedenen Themengebieten zugeordnet. Um eine erste Abschätzung der Reliabilität und Validität der Indikatoren3 vorzunehmen und nochmals die Verständlichkeit und Eindeutigkeit der Indikatoren zu überprüfen, wurde ein abschließender quantitativer Pretest4 durchgeführt. Weiteres Ziel dieses letzten Pretests war es, auch den technischen Ablauf der Erhebung zu simulieren und eventu-
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2
3
4
Vgl. Anderson/Gerbing (1991), S. 734 f. Ausgangsszenario für den Test ist eine gleichmäßige Zuordnung eines Indikators zu zwei Konstrukten, sodass die Zuordnungswahrscheinlichkeit für eine richtige Zuordnung bei 0,5 liegt. Auf Basis einer Binomialverteilung kann die kritische Anzahl richtiger Zuordnungen berechnet werden, ab der die substanzielle Validität des Indikators statistisch signifikant ist. Getestet wird hierbei die Nullhypothese, dass die Wahrscheinlichkeit einer richtigen Zuordnung kleiner als 0,5 ist. Ist csv größer als der kritische Wert, kann die Nullhypothese auf dem gewählten Signifikanzniveau verworfen werden. Zur Reduzierung des Aufwands für die Testtestnehmer wurden aus dem komplexen Untersuchungsmodell nur die Messmodelle der zentralen Konstrukte der operativen und strategischen Marketingflexibilität sowie der Determinanten im Item-Sorting-Pretest betrachtet. Dazu wurden die Verfahren der ersten Generation herangezogen (siehe Abschnitt 4.1.1.3). Vgl. zur Bedeutung des Pretests und den entsprechenden Auswertungen Bagozzi (1994a), S. 42 f. Test-Piloten oder „Pilot Sudies“ sind kurze, der eigentlichen Untersuchung vorausgehende Befragungen, welche oft eine kleine, nach Kriterien der Zweckmäßigkeit zusammengestellte Stichprobe verwenden. Vgl. Alreck/Settle (1995).
Datengrundlage und Datenerhebung
171
elle Probleme der internetgestützten Befragung aufzudecken, die auch im Rahmen der Haupterhebung angeboten wurde. Da dieser Pretest wie auch die Haupterhebung mit Unterstützung eines Call Centers durchgeführt wurde, war auch die Sicherstellung funktionierender Prozesse beim Call Center ein wichtiges Ziel dieses Test-Piloten.1 Aus der im Abschnitt 4.2.1 festgelegten Grundgesamtheit wurden aus der Adressdatenbank mittels des Verfahrens der systematischen Zufallsauswahl eine Stichprobe von 150 Unternehmen gezogen.2 Die Unternehmen der Stichprobe wurden Anfang Mai 2006 telefonisch kontaktiert. Zunächst wurde versucht, sich mit einem kompetenten Gesprächspartner (entsprechend des festgelegten Key Informants) im Unternehmen verbinden zu lassen.3 In dem Telefongespräch wurde das Forschungsvorhaben kurz vorgestellt und um Unterstützung durch das Ausfüllen eines Fragebogens gebeten. Als Anreiz wurde eine Zusammenfassung der Forschungsergebnisse in Aussicht gestellt. Weiterhin wurde die strikte Anonymität und Vertraulichkeit der Auswertung zugesichert.4 Sofern Interesse an einer Teilnahme bestand, wurde dem Gesprächspartner eine E-Mail gesendet.5 Diese E-Mail enthielt neben weiteren Informationen zum Forschungsvorhaben einen Hinweis auf die verschiedenen Möglichkeiten, an der Befragung teilzunehmen. Die erste Möglichkeit bestand darin, den als PDF-Dokument der E-Mail beigefügten Fragebogen auszudrucken, auszufüllen und entweder per Post oder Fax zurückzusenden. Als weitere Möglichkeit wurde in der E-Mail ein Link auf eine Internetadresse hinterlegt, unter welcher der Fragebogen online ausgefüllt werden konnte. Nach etwa einer Woche wurde eine Erinnerungs-E-Mail an diejenigen Ansprechpartner verschickt, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht geantwortet hatten, und nochmals auf die besondere Bedeutung ihrer Mitarbeit für das Gelingen des Forschungsprojekts hingewiesen.6 Nach zwei Wochen konnte auf diese Weise ein Rücklauf von 25 verwertbaren Fragebögen erreicht werden. Basierend auf den Daten wurden für die einzelnen latenten Konstrukte das Cronbach’sche Alpha und die Item-to-Total-Korrelationen berechnet sowie eine einfaktorielle Faktorenanalyse durchgeführt. Dadurch sollten erste Hinweise auf die Reliabilität und Validität der Messmodelle gewonnen werden. Die entsprechenden Analysen führten zu einer Eliminierung von sieben Indikatoren. Weiterhin wurden neun Indikatoren in der Formulierung geschärft und vier neue Indikatoren formuliert. Der überarbeitete Fragebogen stellt das Erhebungsinstru1 2 3 4
5 6
Als Grundlage für die Schulung der Call-Center-Mitarbeiter diente ein umfangreicher Gesprächsleitfaden. Vgl. zur Ziehung einer Stichprobe per Zufallsauswahl Berekoven/Eckert/Ellenrieder (2001), S. 52. Vgl. dazu Abschnitt 4.2.2.1. In der Anonymität der schriftlichen Befragung wird ein großer Vorteil gegenüber etwa telefonischen Befragungen gesehen, da die Anonymität zu größerer Ehrlichkeit bei den Antworten führt. Vgl. Tyebjee (1979), S. 77. Vgl. das Anschreiben in Anhang 2. Vgl. zur Durchführung und Bedeutung von Nachfassaktionen bei Befragungen Kanuk/Berenson (1975), S. 441; Friedrichs (1990), S. 239; Berekoven/Eckert/Ellenrieder (2001), S. 116 f.
172
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
ment der Haupterhebung dar und umfasst 136 Indikatoren, die 16 thematischen Schwerpunkten zugeordnet sind.1 Abbildung 36 stellt die drei Schritte bei der Entwicklung des Erhebungsinstruments zusammenfassend dar.
Ergebnis
Durchführung und Auswertung
Teilnehmer
Ziel
Experteninterviews
Item-Sorting-Pretest
Test-Pilot des Erhebungsinstruments • Abschätzung der Reliabilität und Validität der Messmodelle • Überprüfung der Verständlichkeit der einzelnen Indikatoren • Identifikation eventuell auftretender technischer Probleme bei der Durchführung der Erhebung, bspw. bei der Programmierung des Online-Fragebogens
• Ergänzung der theoretischen Überlegungen durch die Praxisperspektive • Prüfung der Verständlichkeit und der Relevanz der entwickelten Modellbestandteile • Erörterung der inhaltlichen Facetten der latenten Variablen sowie der potenziellen Indikatoren ihrer Messung
• Vorhersage der Leistungsfähigkeit der Messmodelle (Prognose der Konvergenz-, Diskriminanz- und Inhaltsvalidität) • Überprüfung der Verständlichkeit und Eindeutigkeit der Indikatoren sowie der Definitionen der Konstrukte
• 16 Key Informants aus der Unternehmenspraxis • 5 sonstige Experten aus der Wissenschaft
• kleine Stichprobe aus der Grundgesamt• 23 Probanden (Mitarbeiter des Lehrstuhls heit sowie Experten aus Forschung und Praxis) • insgesamt 25 verwertbare Rückläufer
• Interviews mittels eines Gesprächsleitfadens, der sowohl offene als auch halbstrukturierte Fragen beinhaltet • qualitative Auswertung zur Identifikation von Strukturen und Gemeinsamkeiten
• Probanden wurden gebeten, die Indikatoren den Konstrukten zuzuordnen • Bitte um Anmerkungen zu unverständlichen Formulierungen und Problemen bei der Zuordnung der Indikatoren • Auswertung des Anteils der richtigen Zuordnung des jeweiligen Indikators zur entsprechenden latenten Variablen • qualitative Analyse der Anmerkungen der Probanden
• Umformulierung von 4 Indikatoren • Gespräche bestätigen nochmals die • Streichung von 10 Indikatoren Relevanz des Themas und die • Formulierung 3 neuer Indikatoren Konzeptionalisierung • Erweiterung des Modells um zwei Faktoren • Umformulierung von 12 Indikatoren • Streichung von 25 Indikatoren • Formulierung von 23 neuen Indikatoren
• Befragungsteilnehmer wurde gebeten, den vollständigen Fragebogen auszufüllen • Bestimmung des Cronbach‘schen Alphas und der Item-to-Total-Korrelationen zur Abschätzung der Reliabilität der einzelnen Indikatoren • Einfaktorielle exploratorische Faktorenanalyse zur Abschätzung der Konvergenzvalidität • Umformulierung von 9 Indikatoren • Streichung von 7 Indikatoren • Formulierung 4 neuer Indikatoren
Abbildung 36: Mehrstufige Vorgehensweise der Entwicklung des Erhebungsinstruments
4.2.2.3 Verfahren der Haupterhebung Wie bereits ausgeführt besteht die Grundgesamtheit der Erhebung aus 6.388 Unternehmen der deutschen Elektrotechnik- und Elektronikindustrie. Abzüglich der Unternehmen, die schon für den Test-Piloten kontaktiert wurden, umfasst die der Untersuchung zugrunde gelegte Datenbank noch 6.238 relevante Unternehmen. Mithilfe einer systematischen Zufallsauswahl wurde wiederum eine Stichprobe von 2.000 Unternehmen gezogen. Ende Mai 2006 wurden diese Unternehmen auf die gleiche Art und Weise wie im Test-Piloten (vgl. vorherigen Abschnitt) telefonisch kontaktiert und eine E-Mail mit den verschiedenen Möglichkeiten der Teilnahme an die interessierten Ansprechpartner gesendet. Nach ca. zwei Wochen wurde eine erste Erinnerungs-E-Mail an diejenigen Ansprechpartner versendet, die noch nicht geantwortet oder abgesagt hatten. Hier wurde nochmals auf die besondere Bedeutung der Mitarbeit für das Gelingen des Dissertationsprojekts hingewiesen. Nach dieser ersten
1
Vgl. hierzu den Fragebogen der Haupterhebung im Anhang 4.
Datengrundlage und Datenerhebung
173
Erinnerungs-E-Mail wurde nach einer Woche eine zweite Erinnerungs-E-Mail an diejenigen Ansprechpartner versendet, die noch nicht geantwortet oder abgesagt hatten.1 Insgesamt konnte auf diese Weise ein Rücklauf von 434 verwertbaren Fragebögen erreicht werden.2 Von den ursprünglich 2.000 Unternehmen erwiesen sich 48 Unternehmen als nicht kontaktierbar oder die Adressdaten waren in der Zwischenzeit erloschen. Von den erreichten 1.952 Unternehmen (Bruttostichprobe) zeigten 557 Unternehmen kein Interesse am Forschungsprojekt. Bezogen auf die erreichten Unternehmen ergab sich mit den 434 Unternehmen der Nettostichprobe eine akzeptable Rücklaufquote von 22,2 %3. Angesichts der anvisierten Key Informants der Untersuchung und der teilweise sehr sensiblen und vertraulichen Informationen4, stellt die erzielte Rücklaufquote einen guten Wert dar. 4.2.3 Charakteristika der Datenbasis Im Anschluss an die eingehende Analyse der Repräsentativität und Validität der Datenbasis erfolgen diesem Abschnitt eine ausführliche Untersuchung weiterer stichprobenbedingter Einflussfaktoren, wie der zugrunde liegenden Verteilung der Daten (Abschnitt 4.2.3.2), eine Analyse eventueller Ausreißer in den Daten (Abschnitt 4.2.3.3) und eine Ausführung zu der Behandlung fehlender Werte (Abschnitt 4.2.3.4). Abgeschlossen wird dieser Abschnitt mit Erläuterungen zum Stichprobenumfang und zur Sampleteilung (Abschnitt 4.2.3.5).5 4.2.3.1 Repräsentativität und Validität der Datenbasis Auch wenn eine Rücklaufquote von 22,2 % einen beachtlichen Erfolg darstellt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Nettostichprobe frei von Verzerrungen6 ist. Hierbei ist insbesondere die Repräsentativität, d. h. die Übereinstimmung der Stichprobe hinsichtlich wesentlicher Strukturmerkmale mit der Grundgesamtheit, ein unerlässlicher Aspekt. Erst wenn die Repräsentativität der Stichprobe nachgewiesen wurde, lassen sich die im Rahmen der Analyse gewonnenen Erkenntnisse verallgemeinern und auf die Grundgesamtheit übertra-
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4 5
6
Vgl. hierzu die beiden Erinnerungsschreiben im Anhang 3. Dieser sehr gute Wert für den Rücklauf ist umso erstaunlicher, da während der Ansprache durch das Call Center und somit in der Phase des höchsten Rücklaufs die Server der Universität für mehr als zwei Tage nicht zu erreichen waren. Gemäß MEFFERT liegt in der Regel die durchschnittliche Rücklaufquote von schriftlichen Befragungen zwischen 5-30 %. Vgl. Meffert (1992), S. 202. Siehe dazu auch Green/Tull (1982), S. 139; Kühn/Fankhauser (1996), S. 69. Inhaltlich und methodisch verwandte Studien weisen durchaus vergleichbare Rücklaufquoten auf. Vgl. etwa Vickery/Calantone/Dröge (1999), S. 18; Beach et al. (2000a), S. 13 f.; Narasimhan/Talluri/Das (2004), S. 97; Verdú-Jover/Lloréns-Montes/García-Morales (2005), S. 137. Hier ist insbesondere auf die Fragen zur Einschätzung des Unternehmenserfolgs zu verweisen. Gerade die Überprüfung der Daten auf Aspekte wie die vorliegende Verteilung, Ausreißer und fehlende Werte wird als empfehlenswert bzw. sogar notwendig angesehen. Vgl. Baumgartner/Homburg (1996), S. 148; Kline (2005), S. 48 ff.; Backhaus/Blechschmidt/Eisenbeiß (2006). Zur sprachlichen Vereinfachung wird im Folgenden Stichprobe und Nettostichprobe synonym verwandt.
174
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
gen.1 In der vorliegenden Untersuchung wurde die Repräsentativität anhand der beiden Strukturmerkmale Branchenzugehörigkeit und Unternehmensgröße (auf Basis der Mitarbeiterzahl) untersucht.2 Um die Übereinstimmung mit der Grundgesamtheit zu überprüfen, wurde ein Ȥ2Homogenitätstest durchgeführt. Für die Analyse hinsichtlich der Branchenzugehörigkeit der Unternehmen ergibt sich ein Ȥ2Wert von 30,950. Er liegt damit unter dem 95 %-Quantil einer Ȥ2-Verteilung mit 22 Freiheitsgraden in Höhe von 33,924. Damit lässt sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen der Grundgesamtheit und der Stichprobe aufdecken, was für die Repräsentativität der Stichprobe spricht. Die Abbildung 37 fasst die Ergebnisse dieser Analyse zusammen.
1 2
Vgl. Bamberger (1994), S. 44. Vgl. hierzu die Fragen 17.7 und 17.5 des Fragebogens in Anhang 4.
Datengrundlage und Datenerhebung
175
Verteilung der Grundgesamtheit Branchenzugehörigkeit
Verteilung der Stichprobe
Residuen (absolut)
erwartete Anzahl
Anteil (in %)
beobachtete Anzahl
Anteil (in %)
Automation
61,4
21,03
57
19,52
4,420
Batterien
4,5
1,54
4
1,37
0,489
Consumer Electronics
6,3
2,17
9
3,08
2,674
Electric Components & Systems
36,7
12,58
51
17,47
14,270
Elektrische Lampen
3,1
1,05
7
2,40
3,939
Elektro-Haushalts-Großgeräte
4,1
1,40
1
0,34
3,081
Elektro-Haushalts-Kleingeräte
7,1
2,45
5
1,71
2,142
Elektro-Hauswärmetechnik
6,5
2,24
6
2,05
0,530
9
3,07
7
2,40
1,978
Elektroleuchten
25,5
8,74
22
7,53
3,507
Elektromedizinische Technik
20,8
7,13
18
6,16
2,813
Elektroschweißgeräte
3,7
1,26
1
0,34
2,673
Elektrowerkzeuge
4,5
1,54
5
1,71
0,511
Elektrowärmeanlagen
2,4
0,84
4
1,37
1,551
Energietechnik
9,4
3,21
16
5,48
6,614
Fahr- und Freileitungsbau
5,3
1,82
2
0,68
3,305
Installationsgeräte und -systeme
32,6
11,18
31
10,62
1,648
Kabel und isolierte Drähte
7,5
2,59
9
3,08
1,450
Satellit & Kabel
4,5
1,54
2
0,68
2,489
Sicherheitssysteme
11,0
3,77
15
5,14
3,981
Starkstromkondensatoren
2,4
0,84
2
0,68
0,449
Transformatoren & Stromversorgung
16,7
5,73
14
4,79
2,732
Wehrtechnik
6,7
2,31
4
1,37
2,734
Elektrobahnen und -fahrzeuge
Fälle mit fehlenden Angaben: 142 ȋ2 = 30,950 95%-Quantil der ȋ2-Verteilung mit 22 Freiheitsgraden: 33,924 Nicht signifikant verschieden 57
60
51 50 40 31 30
22 18
20 9
10
4
7
5 1
6
16
15
14
9
7
5 1
4
2
2
2
4
El e
ct ro ni
c
C
C
Au to m at io on n Ba su tte m om e ri e n po r El ec ne t ro nt ni s & cs El El ek Sy ek t ri st tro sc em -H he s El au L ek sh am t ro al t-G pen -H au ro El ßg sh ek al er tro t-K ät El -H e ek le au in tro sw ge ba rä är hn te m en et ec un hn d ik El -f a ek hr El tro ze ek m ug tro ed e le iz uc in ht is El ch en ek e tro Te sc ch hw ni k ei El ßg ek er tro El ät w ek e er t ro kz wä eu rm ge ea nl En Fa ag In er hr en st gi -& al et la Fr ec tio eil hn ns eit ik ge un Ka rä g sb te be au & lu -s nd ys is te oli m er e te Sa D rä te ht llit Si e c & h St er Ka ar he b ks el its tro sy m st k em Tr on St an de e ro sf ns m or a v e m to rs at ren or o r gu en n W g & eh en rte ch ni k
0
Abbildung 37: Verteilung der Grundgesamtheit und der Stichprobe hinsichtlich der Branchenzugehörigkeit1
Auf die gleiche Weise wurde anhand eines Ȥ2-Homogenitätstests auch die Repräsentativität der Stichprobe hinsichtlich des zweiten Strukturmerkmals „Unternehmensgröße“ auf Basis der Mitarbeiterzahl untersucht.2 Auch auf Grundlage dieses zweiten Strukturmerkmals konnte kein signifikanter Unterschied zwischen der Stichprobe und der Grundgesamtheit festgestellt 1 2
Quelle für Branchenzahlen: ZVEI - Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V. (2005). Die Heranziehung der Mitarbeiterzahl für die Bestimmung der Unternehmensgröße ist in der empirischen Forschung die am weitesten verbreitete Vorgehensweise. Vgl. Brynjolfsson et al. (1994), S. 1629.
176
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
werden. Hier beträgt der Ȥ2-Wert 8,461 und liegt damit unter dem 95 %-Quantil einer Ȥ2Verteilung mit 4 Freiheitsgraden (9,488) (vgl. Abbildung 38). Die bisherigen Analysen haben die Vermutung nicht widerlegen können, dass die Stichprobe im Hinblick auf die beiden Strukturmerkmale „Branchenzugehörigkeit“ und „Unternehmensgröße“ ein repräsentatives Abbild der Grundgesamtheit ist.
Größe der Unternehmen (Anzahl Mitarbeiter)
Verteilung der Grundgesamtheit
Verteilung der Stichprobe
erwartete Anzahl
Anteil (in %)
beobachtete Anzahl
Anteil (in %)
Residuen (absolut)
< 100
296,20
70,02
286
67,61
10,20
100 - 249
75,81
17,92
68
16,08
7,81
250 - 499
28,07
6,64
38
8,98
9,93
500 - 999
13,09
3,09
20
4,73
6,91
> 1.000
9,84
2,33
11
2,60
1,16
fehlende Angaben (Fälle): 11 ȋ2 = 8,461 95%-Quantil der ȋ2-Verteilung mit 4 Freiheitsgraden: 9,488 Nicht signifikant verschieden
250 - 499 9%
500 - 999 5%
> 1.000 3%
100 - 249 16%
< 100 67%
n = 423
Abbildung 38: Verteilung der Grundgesamtheit und der Stichprobe hinsichtlich der Unternehmensgröße auf Basis der Mitarbeiterzahlen1
Neben der Prüfung der Repräsentativität der Stichprobe ist auch zu klären, ob ein Nonresponse Bias vorliegt, d. h. ob es systematische Unterschiede zwischen den Teilnehmern und den Nichtteilnehmern gibt.2 Dies könnte dann der Fall sein, wenn die antwortenden Personen ein spezifisches Interesse am Untersuchungsthema hätten.3 Falls solche Unterschiede vorliegen, wäre die Aussagekraft der Untersuchung erheblich eingeschränkt. Die Ergebnisse würden
1 2 3
Quelle für Unternehmensgröße: Statistisches Bundesamt (2006), S. 34. Vgl. Armstrong/Overton (1977), S. 396. Vgl. Hafermalz (1976), S. 29; Friedrichs (1990), S. 244 f.
Datengrundlage und Datenerhebung
177
lediglich für die erhobene Stichprobe gelten und wären nicht verallgemeinerbar.1 Aufgrund des begrenzten Informationsstands über die Merkmale der Nichtteilnehmer ist ein systematischer Vergleich der Teilnehmer und Nichtteilnehmer in der Regel nur eingeschränkt möglich. Dieses Defizit kann eine gezielte Nacherhebung in der Gruppe der Nichtteilnehmer erforderlich machen2, die jedoch in dieser Untersuchung nicht möglich war. In einer ersten Annäherung an das Problem wurden daher die Gründe einer Nichtteilnahme analysiert. Dazu wurde die umfangreiche E-Mail-Korrespondenz mit den Befragungsteilnehmern ausgewertet. Insgesamt konnten auf diese Weise von 192 der 961 Nichtteilnehmer3 die Gründe für die Nichtteilnahme ermittelt werden. Über die angeführten Gründe informiert Abbildung 39. Es zeigt sich, dass vor allem Zeitmangel und Vertraulichkeit der erhobenen Informationen – trotz generellem Interesse an der Untersuchung – Gründe für den Verzicht der Teilnahme darstellen. Es gibt somit keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass themenbedingte Selektionseffekte vorhanden sind, die auf einen Nonresponse Bias schließen lassen würden.
genannte Ablehnungsgründe
Anzahl der Nennungen
Arbeitsüberlastung / genereller Zeitmangel
95
Fragebogen nicht ausreichend firmenindividuell gestaltet
38
grundsätzlich keine Teilnahme an Befragungen
31
besondere Unternehmenssituation (hoher Dienstleistungsanteil, sehr junges Unternehmen, verteilte Verantwortlichkeit bei Marketing
15
persönliche Gründe (Adressat ist ausgeschieden, erkrankt, im Urlaub)
13
insgesamt
192
Abbildung 39: Gründe für die Nichtteilnahme an der Befragung
Für die zweite Annäherung an das Problem des Nonresponse Bias wurde in dieser Untersuchung die allgemeine Vermutung genutzt, dass die relativ spät antwortenden Teilnehmer den Nichtteilnehmern am ähnlichsten sind.4 Auf Basis dieser Annahme kann man nun untersuchen, ob sich die spät eintreffenden Antworten von den früh eintreffenden Antworten signifikant unterscheiden. Liegt dieser Fall vor, müsste man einen Nonresponse Bias unterstellen. 1 2 3
4
Vgl. Viswesvarab/Barrick/Ones (1993), S. 551. Vgl. Kanuk/Berenson (1975), S. 448; Hafermalz (1976), S. 170. Als Nichtteilnehmer werden hier die Unternehmen verstanden, die zunächst ihre Bereitschaft zur Teilnahme signalisiert haben, jedoch an der Befragung nicht teilnahmen. Vgl. Kanuk/Berenson (1975), S. 449; Armstrong/Overton (1977), S. 397; Friedrichs (1990), S. 242.
178
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Zur Prüfung des Nonresponse Bias wurde daher der Datensatz anhand des Rücklaufdatums in drei etwa gleich große Teile aufgespalten und die erste Gruppe mit der dritten Gruppe bezüglich sämtlicher 136 Indikatoren verglichen.1 Die erste Gruppe umfasste dabei 162 Unternehmen, die sofort nach Erhalt der ersten E-Mail geantwortet hatten. Die Gruppe der Spätantworter umfasste 145 Unternehmen, die erst nach der ersten Erinnerungs-E-Mail an der Befragung teilnahmen. Der Mann-Whitney-U-Test2 ergab, dass nur bei 2 (1,5 %) der Indikatoren signifikante Unterschiede auf dem 5 %-Niveau zwischen den beiden Teilstrichproben existieren. Es kann somit davon ausgegangen werden, dass kein (wesentlicher) Nonresponse Bias vorliegt. Die durchgeführten Analysen zu den Strukturmerkmalen der Stichprobe sowie zum Nonresponse Bias erfassen die Probleme der vollständigen Nichtbeantwortung von Fragebögen (Total Nonresponse). Das Problem unvollständig ausgefüllter Fragebögen (Partial Nonresponse) wird hingegen nicht erfasst.3 Daher soll die Analyse des Response-Problems um ein Maß ergänzt werden, das den Vollständigkeitsgrad der Antworten beurteilt. Ein solches Maß stellt die Response Rate Ratio dar, welche die Anzahl der erhaltenen Antworten je Fragebogenitem in Beziehung zum Umfang der Grundgesamtheit setzt:4 (29)
response rate ratio
number of responses to a given item . number of people in sample
Dieses Maß kann Werte annehmen, die gleich groß oder kleiner als die Rücklaufquote sind. Für die vorliegende Untersuchung weisen 90,4 % aller Indikatoren Antwortquoten von mehr als 21,3 % auf. 67,7 % der Indikatoren weisen sogar Antwortquoten von mehr als 22 % auf. Die durchschnittliche indikatorenbezogene Antwortquote beläuft sich für die gesamte Untersuchung auf 21,9 % und liegt damit nur geringfügig unter der Rücklaufquote von 22,2 %. Dieses Ergebnis ist als durchaus zufriedenstellend zu beurteilen und spricht, wie auch die vorherigen Ergebnisse, nicht für ein größeres Repräsentativitätsproblem.5 Eine Zusammenstellung der indikatorenbezogenen Antwortquoten enthält Abbildung 40.
1 2
3
4 5
Vgl. zu dieser Vorgehensweise Becker (1999), S. 66. Der Mann-Whitney-U-Test stellt das verteilungsfreie Analogon zum t-Test für zwei unabhängige Stichproben dar. Der t-Test kann hier nicht angewendet werden, da er eine Normalverteilung der einzelnen Indikatoren voraussetzt, die in der vorliegenden Untersuchung nicht gegeben ist. Vgl. hierzu die Ausführungen in Abschnitt 4.2.3.2. Vgl. zur Unterscheidung des Nonresponse Bias in Total Nonresponse Bias und Partial Nonresponse Bias Ferber (1966), S. 399. Vgl. Berdie/Anderson (1976), S. 73. Vgl. zu dieser Argumentation auch Fritz (1995), S. 99.
Datengrundlage und Datenerhebung
179
Antwortquote (%)
Anzahl fehlender Antworten
Anzahl der Indikatoren
Indikatorenanteil
kumulierte Indikatorenanteile
22,23 22,18 22,13 22,08 22,03 21,98 21,93 21,88 21,82 21,77 21,72 21,67 21,47 21,41 21,31 20,75 20,44 20,39 20,34 20,29 20,24 20,13 20,03 19,83 19,47
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 15 16 18 29 35 36 37 38 39 41 43 47 54
3 20 19 20 30 13 5 1 2 3 1 2 2 1 1 1 1 2 3 1 1 1 1 1 1
2,21 14,71 13,97 14,71 22,06 9,56 3,68 0,74 1,47 2,21 0,74 1,47 1,47 0,74 0,74 0,74 0,74 1,47 2,21 0,74 0,74 0,74 0,74 0,74 0,74
2,21 16,91 30,88 45,59 67,65 77,21 80,88 81,62 83,09 85,29 86,03 87,50 88,97 89,71 90,44 91,18 91,91 93,38 95,59 96,32 97,06 97,79 98,53 99,26 100,00
Summe 136
Summe 100
Durchschnitt 21,86
Abbildung 40: Indikatorbezogene Antwortquoten
Ein weiteres Problem für schriftliche Befragungen stellt das Identitätsproblem dar. Es resultiert aus dem für schriftliche Befragungen typischen Risiko, dass nicht die namentlich ausgewählten Adressaten den Fragebogen ausfüllen, sondern eine andere Person, die möglicherweise nicht über die notwendige Kompetenz zur Beantwortung der Fragen verfügt.1 Insbesondere bei Mitgliedern der Geschäftsführung könnte das Problem häufig auftreten, die aufgrund ihrer hohen Arbeitsbelastung dazu neigen dürften, den Fragebogen zur Beantwortung an ihre Mitarbeiter weiterzugeben.2 Um eventuelle Probleme dieser Art aufzudecken, wurde im Fragebogen auch die Position des Antwortenden abgefragt.3 Die Verteilung der Positionen der Antwortenden ist in Abbildung 41 dargestellt.
1 2 3
Vgl. Hafermalz (1976), S. 31 f. Vgl. Fritz (1995), S. 100. Vgl. hierzu Frage 17.1 des Fragebogens in Anhang 4.
180
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Mitarbeiter aus dem Marketing 24%
Sonstige 5%
Geschäftsführung 24%
Leitende Position im Marketing 47% n = 421
Abbildung 41: Position der Befragten im Unternehmen
Die Auswertung der Angaben hinsichtlich der Position im Unternehmen zeigt, dass bei der Erhebung ganz überwiegend die anvisierte Zielgruppe erreicht wurde. Hierbei gaben 102 Befragte (24 %) an, Mitglieder der Geschäftsführung zu sein. 198 Befragte (47 %) bekleiden eine leitende Position im Marketing des Unternehmens, 102 Befragte (24 %) sind in der Marketingabteilung ihres Unternehmens beschäftigt und lediglich 19 Befragte (5 %) sind in einer anderen Position (z. B. Assistenz der Geschäftsführung) innerhalb des Unternehmens tätig. Damit gab es lediglich 13 Fälle, in denen sich die Befragten keiner der vorgegebenen Positionen zuordnen konnten bzw. wollten. Insgesamt erscheint die Schlussfolgerung gerechtfertigt, dass das Identitätsproblem in Rahmen dieser Untersuchung nicht ins Gewicht fällt. Im Zuge der Überprüfung des Identitätsproblems soll auch eine vertiefende Analyse der Charakteristika der befragten Key Informants erfolgen. Dies erscheint notwendig, da die vorliegende Untersuchung auf den Wahrnehmungen und Einschätzungen der Key Informants beruht. Im Rahmen der Erhebung wurden daher ebenfalls die Länge der Zugehörigkeit zum Unternehmen, eine Selbsteinschätzung über die Kenntnisse im Marketing des Unternehmens und eine Selbsteinschätzung der eigenen Fähigkeiten, die vorgelegten Fragen zu beantworten, mit erhoben.1 Im Durchschnitt waren die Befragten 9,6 Jahre in ihren Unternehmen beschäftigt (der Medianwert beträgt 7 Jahre).2 Es kann davon ausgegangen werden, dass sich die Teilnehmer aufgrund der langen Unternehmenszugehörigkeit gut mit den Aspekten des Marketings ihres Un-
1 2
Vgl. dazu Phillips (1981), S. 398; Heide/Miner (1992), S. 273; Ulaga/Eggert (2006), S. 128 f. Vgl. hierzu Frage 17.2 des Fragebogens in Anhang 4.
Datengrundlage und Datenerhebung
181
ternehmens auskennen. Diese Schlussfolgerung wird auch durch die Selbsteinschätzung der Kenntnisse im Marketing des Unternehmens weiter fundiert.1 Diese wurde mittels einer 5stufigen Likert-Skala abgefragt. Über die Hälfte der Befragten bestätigte, sich sehr gut mit dem Marketing des Unternehmens in all seinen Facetten auszukennen. 36 % der Befragten gaben an, sich immerhin eher gut mit dem Marketing ihres Unternehmens auszukennen. Im Durchschnitt ergab sich eine Einschätzung der Kenntnis des Marketings des Unternehmens von 4,4. Abbildung 42 fasst die Ergebnisse zusammen.
sehr schlecht 1%
eher schlecht 1% mittel 9%
sehr gut 53%
eher gut 36%
n = 422
Abbildung 42: Selbsteinschätzung hinsichtlich der eigenen Kompetenz im Marketing
Wie auch die Selbsteinstufung über die Kenntnisse im Marketing des eigenen Unternehmens wurde die Selbsteinschätzung hinsichtlich der Fähigkeiten, die Fragen des Fragebogens zu beantworten, mithilfe einer 5-stufigen Likert-Skala abgefragt.2 55 % der Befragten gaben an, eher gut in der Lage gewesen zu sein, die Fragen des Fragebogens sicher und eindeutig zu beantworten; 14 % konnten dies sogar sehr gut. Im Durchschnitt ergab sich für die Fähigkeit, die Fragen des Fragebogens sicher und eindeutig zu beantworten, eine Einschätzung von 3,8. Dies stellt vor dem Hintergrund der sehr komplexen Fragen einen beachtlichen Wert dar. Abbildung 43 zeigt die Verteilung der Selbsteinschätzung der Befragten, die Fragen des Fragebogens sicher und eindeutig zu beantworten. Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass eine hohe Eignung der Key Informants zur Beantwortung des Fragebogens sichergestellt werden konnte. 1 2
Vgl. hierzu Frage 17.3 des Fragebogens in Anhang 4. Vgl. hierzu Frage 17.4 des Fragebogens in Anhang 4.
182
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
eher schlecht 2% sehr gut 14%
mittel 29%
eher gut 55% n = 419
Abbildung 43: Selbsteinschätzung der Sicherheit bei der Beantwortung der Fragen
Die vorausgegangenen Analysen beweisen letztlich nicht zwingend die Repräsentativität und Validität der Stichprobe.1 Trotzdem kann von der begründeten Vermutung ausgegangen werden, dass die Daten der vorliegenden Untersuchung einer Stichprobe entstammen, die im Hinblick auf relevante Merkmale ein repräsentatives Bild der Grundgesamtheit zeigt. Es scheint nichts dagegen zu sprechen, die im Rahmen der Analyse gewonnenen Erkenntnisse zu verallgemeinern und auf die Grundgesamtheit zu übertragen. Insgesamt lässt sich festhalten, dass alle Voraussetzungen für eine zuverlässige und aussagekräftige Datenanalyse gegeben sind. Die folgenden vier Abschnitte beschäftigen sich daher mit einigen speziellen Aspekten der Datenanalyse. Die folgenden Ausführungen beziehen sich dabei im Speziellen auf die Kovarianzstrukturanalyse, da diese im Vergleich zur Varianzstrukturanalyse höhere Anforderungen an das Datenmaterial stellt und bei einer Berücksichtigung dieser Anforderungen jedoch auch ein höheres Leistungs- und Anwendungspotenzial aufweist.2 Die im Folgenden behandelten Probleme lassen sich aber auch auf die Varianzstrukturanalyse übertragen. 4.2.3.2 Verteilung der Daten Eine Voraussetzung für die Anwendung zahlreicher Schätz- und Testverfahren ist, dass die Daten einer Normalverteilung folgen müssen. Beispielsweise sind zwar die Parameterschätzungen des Maximum-Likelihood-(ML)-Schätzers kaum von einer mangelnden multivariaten Normalverteilung betroffen, die mittels des ML-Schätzers bestimmten Ȥ2-Werte und Stan1 2
Vgl. Schnell/Hill/Esser (2005), S. 305 f. Vgl. Scholderer/Balderjahn (2006), S. 67; Backhaus/Blechschmidt/Eisenbeiß (2006), S. 712.
Datengrundlage und Datenerhebung
183
dardfehler der Parameterschätzungen sind allerdings verzerrt.1 Damit steigt mit zunehmender Abweichung von einer multivariaten Normalverteilung auch die Gefahr, dass der Forscher versucht ist, unsachgemäße Modellanpassungen vorzunehmen, die in anderen Studien nicht repliziert werden können.2 Nun besteht das Problem, dass eine multivariate Normalverteilung in den Daten nur sehr schwer zu prüfen ist.3 Eine notwendige Voraussetzung für eine multivariate Normalverteilung ist, dass jeder einzelne Indikator einer einfachen Normalverteilung folgt. Zur Prüfung einer univariaten Normalverteilung wurden daher eine Reihe von Analysen durchgeführt. Neben einer Betrachtung der üblichen Verteilungsparameter Schiefe (Skewness) und Wölbung (Kurtosis) wurden die Histogramme sowie die Normal-Probability-(QQ)Plots für jeden Indikator untersucht. Weiterhin wurden jeweils der Kolmogorov-Smirnov-Test und der Jarque-Bera-Test auf univariate Normalverteilung durchgeführt. Dies folgt den üblichen Empfehlungen und Vorgehensweisen zur Untersuchung der Verteilung der Daten.4 Dabei ist es für die vorliegende Untersuchung ausreichend, wenn zumindest annähernd normalverteilte Daten vorliegen. Die univariate Normalverteilung ist zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für die multivariate Normalverteilung.5 Zum daran anschließenden Test auf multivariate Normalverteilung wurde eine Kombination von grafischen und kennzahlenbasierten Verfahren gewählt. So wurde der QQ-Plot der quadrierten Mahalanobis-Distanzen betrachtet und Mardia’s Koeffizient multivariater Wölbung bestimmt. Da die multivariate Wölbung gerade für die Kovarianzstrukturanalyse ein Problem darstellt6, fiel die Wahl bei den kennzahlenbasierten Verfahren auf Mardia’s Koeffizient multivariater Wölbung. Zur Durchführung der einzelnen Tests auf univariate und multivariate Normalverteilung wurde auf das Programm SPSS 14.0.2 und auf ein SPSS-Makro von DECARLO zurückgegriffen.7 Die verschiedenen Tests ergaben, dass von einer Normalverteilung in den Daten nicht auszugehen ist. Allerdings ist die Abweichung von der Normalverteilung nicht dramatisch. In dieser Untersuchung sollen aber trotzdem verteilungsfreie Testverfahren angewendet werden. Ein spezielles Problem stellt die mangelnde Normalverteilung im Rahmen der Kovarianzstrukturanalyse dar. Hier verlangt der üblicherweise verwendete ML-Schätzer eine Multinormalverteilung in den Daten.8 In der Literatur finden sich im Wesentlichen vier Lösungs-
1 2 3 4 5 6 7 8
Vgl. Nevitt/Hancock (2001), S. 354. Vgl. West/Finch/Curran (1995), S. 73. Vgl. Pedhazur/Schmelkin (1991), S. 650. Vgl. etwa Bagozzi/Baumgartner (1994), S. 393 f. Vgl. DeCarlo (1997), S. 296 f. Vgl. DeCarlo (1997), S. 297. Vgl. DeCarlo (1997), S. 304 ff. Vgl. Chou/Bentler (1995), S. 38.
184
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
vorschläge, um Verzerrungen aufgrund der mangelnden multivariaten Normalverteilung der Daten zu verhindern:1 Normalisierung der Daten durch Transformation und Anwendung des ML-Schätzers,2 Verwendung des ML-Schätzers mit Korrekturverfahren,3 Verwendung eines Schätzers, die keine oder nur geringe Verteilungsannahmen voraussetzt,4 Verwendung des ML-Schätzers und Durchführung eines nicht-parametrischen Bootstrapping5. In der vorliegenden Untersuchung soll für die Kovarianzstrukturanalyse der ML-Schätzer in Kombination mit einem Korrekturverfahren verwendet werden. Als Korrekturverfahren kommt dabei die Satorra-Bentler-Ȥ2-Statistik zum Einsatz. In Simulationsstudien konnte gezeigt werden, dass die Satorra-Bentler-Ȥ2-Statistik gute Resultate erzielt.6 Die Grundidee der Satorra-Bentler-Ȥ2-Statistik ist es, den Ȥ2-Wert des ML-Schätzers um den Grad der beobachteten multivariaten Wölbung in den Daten zu korrigieren. Sie gestattet es nicht nur, alle globalen Anpassungsmaße zu berechnen, sondern stellt gegenüber dem ML-Schätzer auch keine größere Ansprüche hinsichtlich des Stichprobenumfangs. 4.2.3.3 Ausreißer in den Daten Ausreißer sind Antworten „with a unique combination of characteristics identifiable as distinctly different from the other observations.“7 Ausreißer haben somit eine extreme Ausprägung bei einem Indikator bzw. mehreren Indikatoren und/oder insgesamt ein untypisches Antwortverhalten. Mit Ausreißern sind bei empirischen Analysen verschiedene Effekte verbunden. So können Ausreißer zu Verzerrungen in der empirischen Analyse führen und der Forscher muss sich fragen, ob die in der Stichprobe identifizierten Ausreißer repräsentativ für die Grundgesamtheit sind.8 Die Eliminierung von Ausreißern kann weiterhin dazu beitragen,
1 2 3
4
5 6 7 8
Vgl. Kline (2005), S. 194 ff. Vgl. Kline (2005), S. 50 f. und die hier angegebenen Probleme infolge einer Transformation der Daten. Vgl. Satorra/Bentler (1988); Satorra/Bentler (1994); Satorra (1999); Satorra/Bentler (1999); Satorra/Bentler (2001). In der Regel sind dies Schätzer aus der Familie der Generalized Least Squares (GLS). Ein Beispiel hier für sind der Asymptotically Distribution Free / Arbitrary Distribution Function (ADF) Schätzer von Browne (1984), ganz ohne Verteilungsannahme, oder Schätzer auf Basis der Elliptical Distribution Theory von Bentler/Dijkstra (1985), die lediglich symmetrische Verteilungen voraussetzen. Vgl. Bollen/Stine (1992). Vgl. Chou/Bentler (1995); West/Finch/Curran (1995), S. 73. Hair et al. (2005), S. 73. Vgl. West/Finch/Curran (1995), S. 61; Hair et al. (2005), S. 73.
Datengrundlage und Datenerhebung
185
dass die Daten eher einer multivariaten Normalverteilung folgen.1 Dabei sind insbesondere multivariate Methoden der Identifikation von Ausreißern dazu geeignet, komplette Datensätze zu analysieren. Eine Methode zur Identifikation mehrdimensionaler Ausreißer basiert auf der quadrierten Mahalanobis-Distanz (D2), welche die Abweichungen des individuellen Antwortverhaltens von dem durchschnittlichen Antwortverhalten misst. Hohe Werte für die quadrierte Mahalanobis-Distanz deuten auf Antworten hin, die weit entfernt von der generellen Verteilung der Antworten liegen. Die quadrierte Mahalanobis-Distanz hat verschiedene statistische Eigenschaften, die eine Interpretation durch den Forscher ermöglicht. Es sind somit prinzipiell Tests auf statistische Signifikanz durchführbar. So folgt in großen Stichproben die quadrierte Mahalanobis-Distanz annähernd einer Ȥ2-Verteilung, wobei die Anzahl der Freiheitsgrade der Anzahl der Indikatoren entspricht.2 Zur besseren Interpretation sollte der Quotient aus den quadrierten Mahalanobis-Distanzen und der Anzahl der Indikatoren (D2/df) gebildet werden. Dieser Quotient folgt annähernd einer t-Verteilung. Es gilt, dass in kleinen Stichproben der Quotient den Wert von 2,5 nicht überschreiten sollte. Für große Stichprobenumfänge werden Grenzwerte von 3 oder 4 genannt.3 Die Analyse der quadrierten Mahalanobis-Distanzen ergab, dass vier Fälle eine starke Abweichung vom durchschnittlichen Antwortverhalten aufweisen. Eine genauere Analyse der als Ausreißer identifizierten Datensätze ergab, dass zwei der entsprechenden Teilnehmer fast ausschließlich die Antwortmöglichkeiten 1 und 7 nutzten bzw. „Muster“ angekreuzt haben. Ein Ausschluss der beiden Datensätze erscheint somit gerechtfertigt. In die weiteren Analysen gehen somit nur die verbleibenden 432 Datensätze ein. 4.2.3.4 Behandlung fehlender Werte Die Untersuchung auf Partial-Non-Response-Bias hat gezeigt, dass einige Rückläufer der Nettostichprobe fehlende Werte aufweisen. Fehlende Daten stellen ein häufig anzutreffendes Problem der empirischen Forschung dar.4 Die herkömmlichen, auf vollständigem Datenmaterial basierenden multivariaten Analyseverfahren können in diesem Fall nicht mehr ohne weiteres angewendet werden. In empirischen Studien ist es daher unerlässlich, sich mit den Auswirkungen von fehlenden Daten zu beschäftigen und die daraus entstehenden Folgen in der angewandten Statistik zu berücksichtigen. Eine Analyse von Fehlwerten trägt nicht nur zur Verbesserung der Studie bei, sondern ermöglicht darüber hinaus das Erkennen möglicher
1 2 3 4
Vgl. Kline (2005), S. 49. Vgl. Kline (2005), S. 51. Vgl. dazu Hair et al. (2005), S. 75. Vgl. Hair et al. (2005), S. 49.
186
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Verzerrungen. Die Auswahl geeigneter Methoden zum Umgang mit fehlenden Werten kann dabei wesentlich zur Steigerung der Effizienz der zur Auswertung eingesetzten statischen Verfahren beitragen. Grundsätzlich lassen sich zwei Arten fehlender Werte unterscheiden:1 erwartete fehlende Werte: Sie stellen keinen echten Datenausfall dar, da das betrachtete Merkmal in der Realität nicht existiert und zwingenderweise ein fehlender Wert auftritt. Ein Beispiel hierfür ist die Beurteilung der Kundenzufriedenheit durch Nichtkunden. unerwartete fehlende Werte: Sie stellen einen echten Datenausfall im Rahmen einer Untersuchung dar. Das betrachtete Merkmal existiert zwar in der Realität, es sind aber zu diesem Merkmal keine Daten vorhanden. Ein Beispiel hierfür wäre, wenn die Frage zur Kundenzufriedenheit von Probanden, der Kunde ist, übersehen wurde. In dieser Untersuchung spielen nur unerwartet fehlende Werte eine Rolle und sollen im Folgenden ausschließlich betrachtet werden. Das Untersuchungsdesign war so gewählt, dass die jeweils betrachteten Merkmale bei den Untersuchungsobjekten vorzufinden sind. Die Gründe für das unerwartete Fehlen von Daten können vielfältig sein.2 So kann der Forscher den Umfang der Untersuchung und die sich daraus resultierende Belastung des Key Informants unterschätzen. Andere Ursachen fehlender Werte können auf das Erhebungsinstrument (z. B. unklare Fragen, unpassende Antworten, mangelnde Übersichtlichkeit), auf die Key Informants (z. B. mangelnde Aufmerksamkeit, Scham, unzureichende Antwortmotivation), auf die Dateneingabe (z. B. unzuverlässige Hilfskräfte, Codierungsfehler, Übertragungsfehler), auf die Datenaufbereitung / Auswertung (z. B. „Divison by Zero Error“, Ausschluss von Ausreißern) und auf sonstigen Fehlerquellen (z. B. Datenverlust durch EDV-Probleme, Fehler der Post, Faxgerät) zurückzuführen sein. Ein sorgfältig ausgearbeitetes Untersuchungsdesign kann bereits im Vorfeld der Erhebung zu einer deutlichen Reduzierung oder gänzlichen Vermeidung von fehlenden Werten beitragen. Im Vorweg der Erhebung wurde deshalb sichergestellt, dass der Kreis der befragten Personen (Key Informants) sowohl über die notwendige Kompetenz als auch über eine ausreichende Motivation zur Beantwortung der Fragen verfügte.3 Bei der Entwicklung des Erhebungsinstruments wurde weiterhin darauf geachtet, keine missverständlichen Fragen oder ungebräuchlichen Redewendungen zu verwenden. Da auch sensitive Fragen erhoben wurden, wurde zur Vermeidung von Antwortverweigerungen den Befragten strikte Anonymität und Vertraulichkeit zugesichert.4
1 2 3 4
Vgl. Schafer/Graham (2002), S. 148. Vgl. dazu Schnell (1986), S. 24-58. Vgl. dazu die Abschnitte 4.2.1 und 4.2.2.1. Vgl. dazu Abschnitt 4.2.2.2.
Datengrundlage und Datenerhebung
187
Die angesprochenen Ausfallursachen können zu einer unvollständigen Datenbasis, d. h. einer Datenmatrix mit fehlenden Werten führen. Die kompletten Daten Ycom lassen sich aufteilen in:1 (30) wobei: Yobs Ymis
Ycom
Yobs ,Ymis ,
= beobachtete Werte, = fehlende Werte.
Den fehlenden Werten muss dabei durch die Einbeziehung des jeweiligen Ausfallmechanismus Rechnung getragen werden. Abhängig vom zugrundeliegenden Ausfallmechanismus können nicht nur Verzerrungen in den Daten und Ergebnissen auftreten, ihre Analyse ist eine Vorbedingung für die Auswahl von Methoden zur Behandlung fehlender Werte.2 In der Literatur werden verschiedene Muster fehlender Werte (R) anhand der zugrunde liegenden Missing-Data-Prozesse unterschieden:3 Missing Completely at Random (MCAR): R ist unabhängig von Yobs und Ymis MCAR beschreibt einen rein zufälligen Antwortausfall. Das Auftreten eines fehlenden Werts in der Variable Y ist nicht von der Ausprägung der Variable Y selbst oder den restlichen Variablen X1 bis Xn im Datensatz abhängig. Ein Beispiel hierfür wäre ein Fehler bei der Dateneingabe wie Tippfehler. Missing at Random (MAR): R ist unabhängig von Ymis Bei MAR kann der Datenausfall zumindest durch andere beobachtete Variablen „erklärt“ werden. Das Auftreten eines fehlenden Werts in einer Variable Y ist vollständig durch die Ausprägungen der restlichen Variablen X1 bis Xn erklärbar. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Umsatzangabe bei Großunternehmen häufiger verweigert wird als bei Kleinbetrieben und die Unternehmensgröße etwa gemessen durch die Beschäftigtenzahl bekannt ist. Missing Not at Random (MNAR): R ist abhängig von Ymis MNAR beschreibt einen systematischen Antwortausfall. Hier ist das Auftreten von fehlenden Werten in der Variable Y von der (unbekannten) Ausprägung der Variable Y abhängig und nicht durch die Ausprägungen der übrigen Variabeln X1 bis Xn erklärbar. In diesem Fall würden Unternehmen den Umsatz beispielsweise dann mit einer höheren Wahrscheinlichkeit nicht angeben, wenn sie einen besonders hohen Umsatz haben.
1 2 3
Vgl. Rubin (1976). Vgl. Enders (2001), S. 352. Vgl. im Folgenden Rubin (1976); Rubin (1987); Little/Rubin (1987).
188
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Ferner wird unterstellt, dass sich die Parameter ȟ des den Datenausfall generierenden Prozesses und die Parameter ș des Modells der vollständigen Daten nicht gegenseitig beeinflussen, d. h. variationsfrei sind. Liegen Variationsfreiheit und mindestens ein MAR-Ausfall vor, spricht man von einem ignorierbaren Datenausfallmechanismus. Ignorierbar deshalb weil man nun zeigen kann, dass Likelihood-basierte Schlussfolgerungen über den interessierenden Parameter ș des Modells der vollständigen Daten möglich sind, ohne ein Modell für den Antwortmechanismus explizit spezifizieren zu müssen.1 Zur genaueren Analyse des Datenausfalls wurden verschiedene Diagnoseschritte unternommen. Insgesamt fehlen in der Datenmatrix 979 Werte, dies entspricht einem Anteil von 1,67 %. Der Anteil fehlender Werte pro Datensatz sowie pro Indikator überstieg nur für 14 Fälle und bei 2 Indikatoren den Anteil von 10 %. Auf Basis der Indikatormatrix der Fehlwerte konnten keine häufig auftretenden Muster fehlender Werte identifiziert werden, die auf ein systematisches Auftreten fehlender Werte hinweisen würden. Auch die im Abschnitt 4.2.3.1 durchgeführten Analysen zu eventuellen Gruppenunterschieden der Teilnehmer und Nichtteilnehmer zeigten keine Auffälligkeiten. Es kann daher von der begründeten Vermutung ausgegangen werden, dass dem Datenausfall der vorliegenden Untersuchung ein ignorierbarer Missing-at-Random-Ausfall zugrunde liegt.2 Wie bereits angedeutet wurde, setzen die hier angewendeten multivariaten Analyseverfahren komplette Datensätze voraus. In der Literatur wurden verschiedene Methoden entwickelt, um mit Datenausfall umzugehen. Die einfachste Möglichkeit stellt die Analyse kompletter Fälle dar. Sie beruht auf einem listenweisen Fallausschluss, bei dem alle unvollständigen Fälle von der Analyse ausgeschlossen werden. Eine etwas weniger restriktive Variation hiervon stellt der paarweise Fallausschluss dar. Hier werden alle gültigen Fälle der in die Berechnung eingehenden Variablen ausgewertet. Diese Verfahren führen bei multivariaten Analyseverfahren in der Regel zu einem hohen Datenverlust. In der vorliegenden Untersuchung müssten so bei einem listenweisen Fallausschluss 162 bzw. 37,5 % der Fälle eliminiert werden. Eine derartige Reduktion der Fallzahl würde nicht nur die Aussagekraft des Kausalmodells negativ beeinflussen3, auch die Repräsentativität der Stichprobe und die Anwendung der Analyseverfahren wären nicht mehr gesichert.4 Weiterhin setzen diese Verfahren einen MCAR-Ausfall voraus, der für diese Untersuchung nicht unterstellt werden kann. Das Problem des teilweise hohen Informationsverlusts bei den Eliminierungsverfahren versucht man durch die Anwendung so genannter Ersetzungsverfahren (Imputation) zu beseiti1 2
3 4
Vgl. Little/Rubin (1987), S. 89. Es ist zu beachten, dass es nicht möglich ist, die Annahme der Ignorierbarkeit an den beobachteten Daten zu überprüfen. Siehe dazu auch ausführlich Little/Rubin (1987); Schafer/Graham (2002), S. 152. Vgl. Gerbing/Anderson (1993), S. 48 ff. Vgl. Rässler (2000), S. 67.
Datengrundlage und Datenerhebung
189
gen. Mithilfe dieser Verfahrensklasse werden fehlende Werte geschätzt und die Datenlücken vervollständigt. Da auch hier eine vollständige Datenmatrix erzeugt wird, kann anschließend ohne Einschränkung mit allen Standardverfahren weitergearbeitet werden. Grundsätzlich kann man hier zwischen der einfachen Ersetzung und der multiplen Ersetzung unterscheiden:1 Mittelwertersetzung: (einfache, Ad-hoc-Imputation) Bei der Mittelwertersetzung erfolgt eine spalten- oder zeilenweise Ersetzung der fehlenden Werte pro Indikator durch den Mittelwert der gültigen Werte des jeweiligen Indikators / des jeweiligen Indikatorenblocks. Alternativ wird zum Mittelwert auch häufig der Median oder der Modus verwendet. Die Mittelwertersetzung setzt einen MCAR-Ausfall voraus und ist nur bei der Berechnung von Summen und Mittelwerten verzerrungsfrei. Bei der Anwendung dieses Ersetzungsverfahrens kann es nicht nur zu einer Verzerrung der wahren Verteilung der Daten kommen, sondern auch zu einer Unterschätzung der wahren Varianz und der wahren Zusammenhänge. Cold-Deck- und Hot-Deck-Imputation: (einfache, Ad-hoc-Imputation) Bei dieser Ersetzungsmethode stammen die Ersetzungen der fehlenden Werte aus einer anderen Quelle. Bei der Hot-Deck-Imputation werden die Werte aus einem anderen Fall derselben Erhebung entnommen, der ein ähnliches Antwortverhalten aufweist. Bei der Cold-Deck-Imputation kommen die ersetzten Werte aus einer externen Quelle (z. B. ältere Studien oder andere Stichproben). Die Cold-Deck- und die Hot-Deck-Imputation setzen einen MCAR-Ausfall voraus. Regressionsbasierte Imputation: (einfache, Ad-hoc-Imputation) Dieses Ersetzungsverfahren verwendet Regressionsanalysen, um die fehlenden Werte eines Indikators auf der Grundlage seiner Beziehungen zu anderen Indikatoren in der Datenmatrix zu schätzen. Nach einer Schätzung der Regressionsparameter für jeden Indikator aus den vollständig ausgefüllten Antworten erfolgt anschließend eine Berechnung der fehlenden Daten für jeden Indikator auf Basis der Regressionsparameter. Auch diese Methode setzt einen MCAR-Ausfall voraus und ist mit einer Reihe von Nachteilen verbunden. Die regressionsbasierte Imputation verstärkt nicht nur die bereits vorhandenen Beziehungen zwischen den Indikatoren, sondern sie führt auch zu einer Unterschätzung der wahren Varianz und unter Umständen zu Ersetzungen nicht beobachtbarer Werte. Weiterhin setzt sie in ihrer Anwendung Beziehungen zwischen den Indikatoren voraus.
1
Vgl. im Folgenden Schafer (1999), S. 7 ff.; Rässler (2000), S. 86 ff.; Enders (2001), S. 353 f.; Enders/Bandalos (2001), S. 431 ff.; Sinharay/Stern/Russell (2001), S. 318 ff.; Schafer/Graham (2002), S. 155; Vriens/Melton (2002); Hair et al. (2005), S. 60 ff.
190
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
EM/FIML-Algorithmus: (einfache, modellbasierte Imputation) Der Expectation-Maximization-(EM)-Algorithmus ermöglicht die Schätzung fehlender Werte mithilfe einer Maximum-Likelihood-Schätzung auf Grundlage der Parameter der sonstigen Daten im Modell. Der Anteil fehlender Werte kann bis zu 30 % betragen. In seiner Anwendung setzt der EM-Algorithmus eine multivariate Normalverteilung voraus. Weiterhin sollten zumindest ein MAR-Ausfall und ein großer Stichprobenumfang gegeben sein. Die Methode erfordert allerdings die Spezifikation komplexer Modelle durch den Forscher. Multiple Imputation: (multiple, modellbasierte Imputation) Der Data-Augmentation-DA-Algorithmus kann als bayesianisch-stochastische Variante des EM-Algorithmus aufgefasst werden.1 Voraussetzungen für die multiple Imputation sind daher neben dem Vorliegen einer multivariaten Normalverteilung in den Daten, ein MAR- oder MCAR-Ausfall, große Stichprobenumfänge und eine akzeptabler Anteil fehlender Werte. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung findet die den konventionellen Ad-hoc-Verfahren überlegene multiple Imputation Anwendung.2 Sie ist diesen Verfahren aufgrund ihrer theoretischen Fundierung nicht nur überlegen, sondern sie verlangt auch schwächere Voraussetzungen beim Datenausfall (MAR statt MCAR). Darüber hinaus verursacht dieses Ersetzungsverfahren geringere Verzerrungen (Erhalt der Datenstruktur) und bietet eine größere Effizienz (kein Fallausschluss).3 Im Gegensatz zum EM/FIML-Algorithmus ist die multiple Imputation unabhängig vom spezifizierten Modell und leichter umzusetzen.4 Somit kann die multiple Imputation zu Beginn der Analysen durchgeführt werden und der komplette Datensatz in der späteren Analyse für verschiedene Modelle verwendet werden. Dem Forscher wird mehr Flexibilität in der Anwendung gestattet. Außerdem können weitere Daten zur Verbesserung der Schätzung der fehlenden Daten mit einfließen, die nicht in die späteren Analysen aufgenommen werden.5 Darüber hinaus gestattet die multiple Imputation, die fehlenden Werte unter Annahme der Normalverteilung zu schätzen und in der späteren Analyse robuste Verfahren zu verwenden.6
1 2
3 4 5
6
Vgl. Rubin/Stern/Vehova (1995); Rässler (2000), S. 77; Schafer/Graham (2002), S. 154. Zur ausführlichen Darstellung der technischen Grundlagen der multiplen Imputation siehe Schafer/Olsen (1998). Vgl. Collins/Schafer/Kam (2001), S. 330; Schafer/Graham (2002), S. 147. Vgl. Sinharay/Stern/Russell (2001), S. 320. Vgl. Schafer/Graham (2002), S. 170. Siehe dazu auch Meng (1994); Schafer/Olsen (1998), S. 551; Collins/Schafer/Kam (2001). Vgl. dazu Schafer/Graham (2002), S. 170 und die umfassende Diskussion der Problematik dieser hybriden Vorgehensweise. Siehe dazu auch Abschnitt 4.2.3.2.
Datengrundlage und Datenerhebung
191
In der vorliegenden Untersuchung kann zwar keine multivariate Normalverteilung unterstellt werden. Allerdings weicht der Datensatz lediglich leicht von einer multivariaten Normalverteilung ab.1 Simulationsstudien zeigen darüber hinaus, dass die multiple Imputation relativ stabil gegen (moderate) Verletzungen ihrer Voraussetzungen ist.2 Die Voraussetzungen für die Anwendung der multiplen Imputation lassen sich damit für die vorliegende Untersuchung als gegeben annehmen. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurde die multiple Imputation mit dem Programm Norm in der Version 2.03 vorgenommen, da dieses Programm in seiner Anwendung sehr verbreitet ist und einen Quasistandard darstellt. Der EM-Algorithmus zur anfänglichen Schätzung der Parameter konvergierte bereits nach 45 Iterationen. Für den sich anschließenden DA-Algorithmus wurden 135 Iterationen festgelegt, um eine Konvergierung des DAAlgorithmus zu gewährleisten.3 Für die anstehenden Analysen wurde als vollständiger Datensatz die letzte Ersetzung des DA-Algorithmus verwendet.4 4.2.3.5 Stichprobenumfang und Sampleteilung Die Bedeutung der Stichprobengröße für die Analyse von Strukturgleichungsanalysen ist enorm. Mit wachsendem Stichprobenumfang steigt die Reliabilität der geschätzten Parameter (Regressionsgewichte, Varianzen, Kovarianzen), d. h., die Vertrauensintervalle der Parameter werden kleiner und die Ergebnisse der Modellschätzung sind zuverlässiger. Weiterhin steigt mit wachsendem Stichprobenumfang auch die Reliabilität der globalen Anpassungsmaße. Gerade die Kovarianzstrukturanalyse ist deshalb immer noch eine Technik, die große Stichprobenumfänge benötigt. Es ist somit elementar für eine empirische Untersuchung zu bestimmen, wie groß die Stichprobe sein muss, damit die Ergebnisse hinreichend zuverlässig sind. Im Schrifttum existieren vor allem Faustregeln. Je nach Empfehlung liegt der minimale Stichprobenumfang bei 5 bis 10 Fälle pro zu bestimmenden Modellparameter.5 Als groben Richtwert kann man für die Kovarianzstrukturanalyse daher Stichprobenumfänge von 200
1 2
3
4 5
Vgl. dazu Abschnitt 4.2.3.2. Vgl. Schafer (1997), S. 136; Fichman/Cummings (2003), S. 289. So konnten Simulationsstudien zeigen, dass es selbst bei der irrtümlichen Annahme von MAR kaum zu größeren Verzerrungen kommt. Vgl. Schafer (1997), S. 26 f.; Collins/Schafer/Kam (2001). Gleiches gilt für die Annahme der multivariaten Normalverteilung (vgl. Graham/Schafer (1999); Schafer/Graham (2002), S. 167 f.) und den Stichprobenumfang (vgl. Graham/Schafer (1999)). Vgl. Schafer/Olsen (1998), S. 555. Sie führen aus, dass der DA-Algorithmus weniger Zyklen als der EMAlgorithmus benötig um zu konvergieren. Zur Sicherheit wurde die Anzahl der Iterationen des DAAlgorithmus aber auf die dreifache Anzahl festgelegt. Vgl. Schafer (1999), S. 7. Vgl. Bentler/Chou (1987), S. 91; Nevitt/Hancock (2004), S. 439.
192
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
anführen.1 Allerdings sind die Angaben widersprüchlich. So betrachtet KLINE einen Stichprobenumfang von 100 zwar als Minimum, empfiehlt jedoch Stichprobenumfänge von größer 200 als besseren Richtwert.2 BOOMSMA empfiehlt als Stichprobenumfang hingegen mehrere Hundert.3 Andere Autoren lehnen Faustregeln explizit ab und empfehlen die Durchführung von Poweranalysen zur Bestimmung des notwendigen Stichprobenumfangs.4 In der Regel gibt es bei Signifikanztests vier gegenseitig voneinander abhängende Determinanten: Alphafehler, Stichprobengröße, Effektstärke, Power (Teststärke).5 Die Teststärke ergibt sich dabei als 1 - Betafehler. Das heißt, die Power ist die Wahrscheinlichkeit, die Alternativhypothese zu bestätigen, falls sie tatsächlich wahr ist. Dabei ergibt sich ceteris paribus: je kleiner Alpha (also je besser), desto kleiner die Power (also schlechter), je größer N, desto größer die Power, je größer die minimal relevante Effektstärke, desto größer die Power. Stehen drei der genannten Determinanten fest, kann die vierte Determinante berechnet werden. Dabei wird in der Regel Alpha mit 0,05 und die Teststärke mit 0,80 festgelegt. Im Rahmen der Kovarianzstrukturanalyse stellt sich für die Poweranalyse die Frage: Wie groß muss der Stichprobenumfang sein, um sicher sagen zu können, ob ein Modell gut oder schlecht ist? Ansatzpunkt der Poweranalyse sind hier also die Indikatoren des globalen Modellfits und nicht die einzelnen geschätzten Parameter. Nun besteht allerdings beim Ȥ2-Test das Problem, dass mit steigendem Stichprobenumfang auch die Wahrscheinlichkeit größer wird, dass der Ȥ2-Wert signifikant von Null abweicht. Mit wachsendem Stichprobenumfang sollte es jedoch leichter sein, zu zeigen, dass ein Modell gut ist, wenn es in Wahrheit gut ist. Deshalb hat sich der RMSEA als eine bessere Alternative zur Bestimmung erforderlicher Stichprobenumfänge herausgebildet. Nicht nur seine Verteilungseigenschaften sind bekannt, sondern kann für den RMSEA auch ein Konfidenzintervall bestimmt werden. MACCALLUM/BROWNE/SUGAWARA beschreiben drei Verfahren, wie auf der Grundlage des RMSEA eine Berechnung der erforderlichen Stichprobengröße erfolgen kann:6 Test of Exact Fit, Test of Close Fit, Test of Not-Close Fit. 1 2 3 4 5 6
Vgl. Hair et al. (2005), S. 741. Vgl. Kline (2005), S. 110 f. Vgl. Boomsma (2000), S. 471. Vgl. MacCallum/Austin (2000), S. 216; Kline (2005), S. 111. Vgl. im Folgenden Cohen (1992). Vgl. MacCallum/Browne/Sugawara (1996).
Datengrundlage und Datenerhebung
193
Der Test of Not-Close Fit wird von MACCALLUM/BROWNE/SUGAWARA zur Berechnung der Power bzw. zur Berechnung der erforderlichen Stichprobengröße empfohlen. Diesem Test liegt dabei eine umgekehrte Testlogik zugrunde. Es ist nicht Ziel zu testen, ob der RMSEA gut ist (Test of Close Fit), sondern darauf zu testen, ob der RMSEA schlecht ist (Test of Not-Close Fit). Die Nullhypothese (H0) ist hierbei, dass das Modell die Daten nicht gut genug beschreibt (RMSEA Anspruchsniveau). Die Alternativhypothese (H1) lautet daher: Das Modell beschreibt die Daten hinreichend gut (RMSEA < Anspruchsniveau). Es ist somit hier das Ziel zu zeigen, dass das Modell gut ist (H1). Für die Berechnung ist die Operationalisierung der minimal relevanten Effektstärke erforderlich; dies kann über konkrete Werte für H0 und H1 erreicht werden. Für H0 wird dieser Untersuchung der Cutoff-Wert für den RMSEA von 0,08 zugrunde gelegt.1 Für H1 wird im Rahmen dieser Untersuchung mit 0,01 ein guter Wert für den RMSEA gewählt. Für die Bestimmung der erforderlichen Stichprobengröße wird für Alpha ein Wert von 0,05 und für die Power ein Wert von 0,80 festgelegt. Somit sind Alpha, die Effektstärke und die Power gegeben und der erforderliche Stichprobenumfang kann bestimmt werden. Allerdings müssen auch hier die Freiheitsgrade des Modells berücksichtigt werden. Geplant sind u. a. Messmodelle mit bis zu 292 Freiheitsgraden.2 Erforderlich ist somit ein Stichprobenumfang von ca. 46 Fällen, damit der RMSEA mit hinreichender Sicherheit nicht größer als 0,08 ist, wenn der RMSEA in Wahrheit 0,01 beträgt. Der erforderliche Stichprobenumfang hängt also lediglich von der Zahl der Freiheitsgrade ab, wenn Alpha, die Effektstärke und die Teststärke festgelegt sind (vgl. Abbildung 44).3
1 2 3
Vergleiche dazu die Ausführungen zum RMSEA in Abschnitt 4.1.1.3.1. Vgl. dazu den Abschnitt 4.3.1.1.2. Mit wachsender Zahl der Freiheitsgrade sinkt der erforderliche Stichprobenumfang. Je sparsamer ein Modell ist, desto einfacher ist es zu zeigen, dass es gut mit den Daten übereinstimmt. Ist hingegen ein Modell nicht sparsam, ist der Modellfit automatisch besser, sodass es schwieriger ist zu testen, ob der gute Modellfit zufällig oder systematisch zustande gekommen ist.
194
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Anzahl Freiheitsgrade (df)
Nmin für Test of Not-Close Fit
25
154
50
101
75
80
100
68
125
60
150
54
175
49
200
46
Power
0,8
H0
0,08
Alpha
0,05
H1
0,01
Abbildung 44: Minimaler Stichprobenumfang für ausgewählte Freiheitsgrade zur Erzielung einer Teststärke von 0,81
Da nicht nur die Power des Not-Close Fit vom Stichprobenumfang abhängt, sondern auch die Reliabilität der geschätzten Parameter, darf der Stichprobenumfang nicht zu klein sein.2 Als Faustregel kann deshalb weiter gelten, dass der Stichprobenumfang auf jeden Fall größer als 100 und noch besser größer als 200 sein sollte. In der Regel führt der in Abschnitt 4.1.2 beschriebene Ablauf einer Operationalisierung latenter Konstrukte zu einer erheblichen Reduktion der anfänglichen Zahl von Indikatoren und damit zu einer Modifikation der Messmodelle.3 Obwohl die Bedeutung einer Kreuzvalidierung modifizierter Messmodelle immer wieder betont wird, wird dieser Forderung in der Praxis allerdings kaum nachgekommen.4 Die Nettostichprobe der vorliegenden Untersuchung verfügt nach der Bereinigung um Ausreißer noch über 432 Datensätze. Dies erlaubt eine Teilung der Stichprobe, da mit jeweils 216 Fällen die Umfänge der Teilstichproben den empfohlenen Stichprobenumfang von ca. 200 Fällen übersteigen. Die erste Teilstichprobe (im Folgenden Lernstichprobe genannt) dient der Bereinigung der Messinstrumente der einzelnen Konstrukte in der Untersuchung.5 Die zweite Stichprobe (im Folgenden Kreuzvalidierungsstichprobe genannt) dient zur konfirmatorischen Überprüfung der bereinigten Messinstrumente. Die Zuordnung der Datensätze zu den beiden Teilstichproben erfolgte dabei zufäl-
1
2 3 4 5
Zur Berechnung des Stichprobenumfangs wurde das Makro von MacCallum/Browne/Sugawara (1996), S. 148 f. verwendet. Genaue Angaben sind jedoch bei MacCallum/Browne/Sugawara (1996), S. 144 nicht angegeben. Vgl. Homburg (1995), S. 80. Vgl. MacCallum/Roznowski/Necowitz (1992). Vgl. Chou/Bentler (1990), S. 115. Dieses eher exploratorische Vorgehen im Rahmen der so genannten „Specification Searches“ dient zur Erzielung einer besseren Anpassung an die zugrunde liegende Datenstruktur.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
195
lig.1 Dieses Vorgehen wurde gewählt, um das Problem der Überanpassung (engl. „overfitting“) zu vermeiden, das bei der Bereinigung der Messmodelle auftreten kann.2 Überanpassung beschreibt das Problem verbesserter Anpassungen, die allein durch die Abbildung spezifischer, ausschließlich für die vorliegende Stichprobe gültiger Datenstrukturen erzielt werden. Dadurch könnte das Problem auftreten, dass die Ergebnisse eines Modells nicht auf die Grundgesamtheit übertragbar sind.3 4.3
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
Analog zu der beschriebenen Methode der statistischen Analyse in den vorangegangenen Abschnitten werden in diesem Abschnitt die Ergebnisse der empirischen Untersuchung dargestellt. Dazu werden zunächst in Abschnitt 4.3.1 die relevanten Konstrukte hinsichtlich ihrer Reliabilität und Validität überprüft und die Fragestellung 1 der Untersuchung beantwortet. Im Anschluss daran erfolgt zur Beantwortung der Untersuchungsfragestellungen 2 und 3 auf Basis dieser Messmodelle die Analyse der Erfolgswirkung der Marketingflexibilität und des Einflusses ihrer Determinanten im gesamten Strukturmodell (vgl. Abschnitt 4.3.2). Abschließend wird in Abschnitt 4.3.3 durch Berücksichtigung des situativen Faktors der Umfelddynamik die Fragestellung 4 beantwortet. 4.3.1 Analyse der Messmodelle Im Rahmen der Operationalisierung der Konstrukte geht es um die Messbarmachung der Marketingflexibilität (Abschnitte 4.3.1.1 und 4.3.1.2), des Unternehmenserfolgs als abhängige Variable (Abschnitt 4.3.1.3), der Determinanten der Marketingflexibilität (Abschnitt 4.3.1.4) und des situativen Faktors (Abschnitt 4.3.1.5). Die Operationalisierung der Konstrukte stellt eine wesentliche Voraussetzung für die Analyse der Erfolgswirkung der Marketingflexibilität dar. So führten bereits ANDERSON/GERBING aus: „The reason for drawing a distinction between the measurement model and the structural model is that proper specification of the measurement model is necessary before meaning can be assigned to the analysis of the structural model.“4 Die einzelnen Schritte der Überprüfung und Bereinigung der einzelnen Messmodelle werden für die Lernstichprobe dokumentiert. Die Ergebnisse für die Kreuzvalidierungsstichprobe werden jeweils für das finale Messmodell des jeweiligen Konstrukts angegeben.
1
2 3 4
Vgl. dazu Anderson/Gerbing (1988), S. 412 und zur praktischen Vorgehensweise Steenkamp/Baumgartner (1998), S. 85; Martínez Caro/Martínez García (2007), S. 64. Vgl. Baumgartner/Steenkamp (1996), S. 126. Vgl. Backhaus/Blechschmidt/Eisenbeiß (2006), S. 712. Anderson/Gerbing (1982), S. 453.
196
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
4.3.1.1 Operationalisierung der operativen Marketingflexibilität Die operative Marketingflexibilität wurde als dynamische Fähigkeit erster Ordnung aufgefasst und dementsprechend definiert.1 In Anlehnung an die Flexibilitätsliteratur sowie den Dynamic-Capability-Ansatz wurden die vier Elemente Produktflexibilität, Distributionsflexibilität, Kontrahierungsflexibilität und Kommunikationsflexibilität als Hauptdimensionen der operativen Marketingflexibilität konzeptionalisiert. Jede der vier Hauptdimensionen wird dabei entsprechend der Diskussion in der Flexibilitätsliteratur jeweils durch die beiden Subdimensionen Handlungsbreite und Handlungsschnelligkeit näher bestimmt. Dabei beinhaltet die Handlungsbreite die Bandbreite und Unterschiedlichkeit der möglichen Positionen, die ein Unternehmen einnehmen kann. Die Handlungsschnelligkeit verweist auf das Reaktionsvermögen des Unternehmens, diese unterschiedlichen Positionen einzunehmen.2 In den folgenden Unterabschnitten wird die Operationalisierung des mehrdimensionalen Konstrukts der operativen Marketingflexibilität vorgenommen, die der in Abschnitt 4.1.2 skizzierten und in Abbildung 34 zusammengefassten Vorgehensweise folgt. Hierzu wird in einem ersten Schritt anhand der Lernstichprobe zunächst eine Skalenbereinigung vorgenommen. Anschließend werden die resultierenden Messinstrumente der einzelnen Dimensionen anhand der Kreuzvalidierungsstichprobe nochmals validiert. Ergebnis dieses ersten Schritts stellt die valide und reliable Indikatorenmenge für jede der vier Dimensionen der operativen Marketingflexibilität dar (Abschnitt 4.3.1.1.1). In einem zweiten Schritt wird dann überprüft, ob diese vier Dimensionen tatsächlich konvergenz- und diskriminanzvalide ein übergeordnetes Konstrukt „operative Marketingflexibilität“ beschreiben (Abschnitt 4.3.1.1.2). 4.3.1.1.1 Operationalisierung der einzelnen Dimensionen Im folgenden Abschnitt wird zunächst die Prüfung der Reliabilität und Validität der einzelnen Hauptdimensionen des Konstrukts der operativen Marketingflexibilität vorgenommen, die jeweils aus den beiden Elementen Handlungsbreite und Handlungsschnelligkeit bestehen.3 Hierzu werden für jede Dimension des Konstrukts die Prüfkriterien der ersten und zweiten Generation dargestellt. 4.3.1.1.1.1
Produktflexibilität
Die erste identifizierte Hauptdimension der operativen Marketingflexibilität ist die Produktflexibilität. Die Produktflexibilität bezieht sich auf das Ausmaß der Fähigkeit, das Produktan-
1 2 3
Siehe Abschnitt 3.1.1. Vgl. Koste/Malhotra (1999b), S. 78 ff.; Koste/Malhotra/Sharma (2004), S. 172. Im Rahmen der Untersuchung der einzelnen Dimensionen der operativen Marketingflexibilität wird auf eine Durchführung der konfirmatorischen Faktorenanalyse zweiter Ordnung verzichtet. Mit jeweils zwei Subdimensionen ist das Konstrukt zweiter Ordnung unteridentifiziert. Vgl. Bagozzi (1994b), S. 326.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
197
gebot zielführend an veränderte Umweltbedingungen anzupassen und umfasst die beiden Subdimensionen Handlungsbreite und Handlungsschnelligkeit.1 Da zur Messung des Konstrukts der Produktflexibilität kein umfassendes, etabliertes Messinstrument vorhanden war, wurde entsprechend den Hinweisen in der Flexibilitätsliteratur und den Erkenntnisse aus den Expertengesprächen ein neues Messmodell mit insgesamt acht Indikatoren formuliert.2 Die Subdimension Handlungsbreite zeigte zunächst ein befriedigend hohes Cronbach’sches Alpha von 0,817. Da aber in der anschließend durchgeführten einfaktoriellen exploratorischen Faktorenanalyse nur eine ungenügende Varianzerklärung in Höhe von 49,7 % des extrahierten Faktors stattfand, wurde der Indikator 5.5 aus der weiteren Untersuchung ausgeschlossen. Die erklärte Varianz konnte so auf 58,1 % gesteigert werden, wobei das Cronbach’sches Alpha für die verbliebenen 4 Indikatoren 0,837 beträgt. Für die Subdimension Handlungsschnelligkeit traten keinerlei derartige Probleme auf. Hier betrug das Cronbach’sche Alpha 0,840 und in der exploratorischen Faktorenanalyse wurde ein Faktor mit einer Varianzerklärung von 65,2 % extrahiert. Die postulierte zweifaktorielle Struktur wurde in der anschließend durchgeführten exploratorischen Faktorenanalyse erkannt, wobei beide Faktoren gemeinsam ca. 62,2 % der Varianz erklären. Zur Extraktion wurde dabei eine Hauptachsen-Faktorenanalyse eingesetzt und eine schiefwinklige OBLIMIN-Rotation durchgeführt.3 Auch die anschließend durchgeführte konfirmatorische Faktorenanalyse zeigte ein durchweg positives Bild. Sowohl die lokalen als auch die globalen Anpassungsmaße weisen sehr gute Werte auf und erreichen ihr gefordertes Anspruchsniveau deutlich. Die Faktorreliabilität und die durchschnittlich erfasste Varianz liegen mit 0,843 und 0,575 für die Subdimension Handlungsbreite sowie mit 0,855 und 0,670 für die Subdimension Handlungsschnelligkeit deutlich über den geforderten Mindestwerten. Die Indikatorreliabilitäten der verbliebenen Indikatoren betragen zwischen 0,415 und 0,840 und liegen somit auch über den Grenzwert von 0,4. Die Abbildung 45 fasst die Werte der einzelnen Gütekriterien zusammen, wie sie sich für die Lernstichprobe ergaben. Die Gütemaße zeigen, dass das Messmodell der Produktflexibilität mit seinen beiden Subdimensionen sehr gut die empirischen Daten widerspiegelt.
1 2 3
Siehe Abschnitt 3.1.1. Vgl. hierzu die Fragen 5.1, 5.2, 5.3, 5.4, 5.5, 5.6, 5.7, 5.8 und 5.9 des Fragebogens in Anhang 4. OBLIMIN mit į = 0.
198
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Produktflexibilität Indikatoren
Item-to-TotalKorrelation
Handlungsbreite
Handlungsschnelligkeit
5.1
Wir bieten eine große Anzahl von Produktlinien (Programmbreite) an.
0,732
0,838
0,444
5.2
Wir bieten eine große Anzahl von Produktvarianten mit verschiedenen Produkteigenschaften, Optionen, Größen, Farben etc. (Programmtiefe) an.
0,762
0,875
0,482
5.3
Wir führen jedes Jahr eine große Anzahl neuer Produkte (Produktinnovationen / Produktvariationen) ein.
0,618
0,686
0,558
5.4
Die angebotenen Produktlinien und Produktvarianten sind sehr unterschiedlich.
0,580
0,631
0,454
5.6
Wir können unser Produktangebot sehr schnell verändern.
0,724
0,466
0,805
5.7
Wir besitzen die Fähigkeit, schnell viele neue Produktvariationen einzuführen.
0,785
0,527
0,916
5.8
Neue Produkte können wir schnell am Markt einführen.
0,618
0,474
0,684
Erklärte Varianz
50,367%
11,783%
0,837
0,840
Deskriptive Beurteilungskennzahl Cronbach‘sches Alpha Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse Extraktionsmethode
Hauptachsen-Faktorenanalyse (Oblimin-Rotation)
Anzahl extrahierter Faktoren
2
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
0,820
Erklärte Varianz (kumuliert)
62,150%
Lokale Anpassungsmaße Indikatorreliabilität
Indikatoren 5.1
Wir bieten eine große Anzahl von Produktlinien (Programmbreite) an.
0,686
5.2
Wir bieten eine große Anzahl von Produktvarianten mit verschiedenen Produkteigenschaften, Optionen, Größen, Farben etc. (Programmtiefe) an.
0,751
5.3
Wir führen jedes Jahr eine große Anzahl neuer Produkte (Produktinnovationen / Produktvariationen) ein.
0,484
5.4
Die angebotenen Produktlinien und Produktvarianten sind sehr unterschiedlich.
0,415
5.6
Wir können unser Produktangebot sehr schnell verändern.
0,662
5.7
Wir besitzen die Fähigkeit, schnell viele neue Produktvariationen einzuführen.
0,840
5.8
Neue Produkte können wir schnell am Markt einführen.
0,460
Faktorladung (konfirmatorisch) 0,82 8**** 0,866****
0,696**** 4**** 0,64
FR: 0,843; DEV: 0,575
Produktflexibilität Handlungsbreite *Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
0,592****
0,814****
0,917****
Produktflexibilität
* 0,678***
Handlungsschnelligkeit FR: 0,855; DEV: 0,670
Globale Anpassungsmaße ȋ2/df
26,195 / 13 = 2,015
TLI
0,964
GFI
0,958
RMSEA
0,069
AGFI
0,910
p
0,016
CFI
0,978
Modell identifiziert
Ja
Abbildung 45: Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Produktflexibilität (Lernstichprobe)
Nachdem der Nachweis der Konvergenzvalidität der beiden Subdimensionen gelungen ist und sich in der exploratorischen Faktorenanalyse über beide Subdimensionen erste Hinweise auf deren Diskriminanzvalidität ergaben, steht nun die endgültige Bestätigung ihrer Diskriminanzvalidität aus. Sowohl gemäß des Kriteriums des Ȥ2-Differenztests als auch des Fornell/ Larcker-Kriteriums zeigen die beiden Subdimensionen der Produktflexibilität ein ausreichend hohes Maß an Diskriminanzvalidität. Der Satorra-Bentler-Scaled-ǻȤ²-Wert beträgt 76,267 und liegt damit deutlich über dem geforderten Grenzwert. Wie der Abbildung 46 zu entnehmen ist, ist auch das Fornell/Larcker-Kriterium für die beiden Subdimensionen der Produktflexibilität erfüllt. Der Vergleich zeigt, dass die durchschnittlich erfasste Varianz der jeweiligen Subdimensionen die quadrierte Korrelation zwischen den beiden Subdimensionen deutlich übersteigt.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
199
Handlungsschnelligkeit
Dimensionen
Handlungsbreite
Handlungsbreite
0,575
Handlungsschnelligkeit
0,350
0,670
Fornell/LarckerKriterium
9
9
Diagonalelemente sind die durchschnittlich erfassten Varianzen
Abbildung 46: Überprüfung der Diskriminanzvalidität der beiden Subdimensionen der Produktflexibilität anhand des Fornell/Larcker-Kriteriums (Lernstichprobe)
Da sich auch im Rahmen der Kreuzvalidierungsstichprobe ähnlich gute Werte für das spezifizierte Messmodell der Produktflexibilität ergaben, wird das Messinstrument mit sieben Indikatoren in zwei Subdimensionen nicht zurückgewiesen. 4.3.1.1.1.2
Distributionsflexibilität
Die zweite Hauptdimension der operativen Marketingflexibilität ist die Distributionsflexibilität, die als Ausmaß der Fähigkeit, die Distribution zielführend an veränderte Umweltbedingungen anzupassen, aufgefasst werden kann.1 Das ebenfalls im Zuge der Entwicklung des Erhebungsinstruments neu gebildete Messmodell der Distributionsflexibilität umfasst insgesamt 8 Indikatoren, die sich den beiden Subdimensionen Handlungsbreite sowie Handlungsschnelligkeit zuordnen lassen.2 Beide Subdimensionen zeigten zunächst sowohl ein ausreichend hohes Cronbach’sches Alpha als auch eine befriedigende Varianzerklärung im Rahmen der einfaktoriellen exploratorischen Faktorenanalyse. Auch in der anschließend durchgeführten exploratorischen Faktorenanalyse über beide Subdimensionen wurde die zweifaktorielle Struktur erkannt.3 Im Rahmen der konfirmatorischen Faktorenanalyse kam es allerdings zu unbefriedigenden Gütemaßen für das Messmodell, sodass es zu einer Eliminierung von Indikatoren (6.4 und 6.6) kam. In Zuge weiterer Analysen wurde die Anzahl der Indikatoren in der Subdimension Handlungsschnelligkeit auf zwei reduziert. Um eine Identifikation des Messmodells dieser Subdimension zu gewährleisten, wurden die Ladungen beider Indikatoren gleichgesetzt. Das finale zweifaktorielle
1 2 3
Siehe Abschnitt 3.1.1. Vgl. hierzu die Fragen 6.1, 6.2, 6.3, 6.4, 6.5, 6.6, 6.7, 6.8 und 6.9 des Fragebogens in Anhang 4. Zur Extraktion wurde dabei eine Hauptachsen-Faktorenanalyse eingesetzt und eine schiefwinklige OBLIMINRotation mit į = 0 verwendet.
200
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Messmodell erfüllt alle Anspruchsniveaus der verschiedenen Gütekriterien. In Abbildung 47 sind die Gütemaße für die Lernstichprobe dokumentiert.
Distributionsflexibilität Item-to-TotalKorrelation
Handlungsbreite
Handlungsschnelligkeit
6.1
Wir verfügen über eine große Zahl von Absatzwegen bzw. Distributionswegen.
0,754
0,794
0,374
6.2
Wir erreichen unsere Kunden über unterschiedliche Absatzkanäle.
0,896
0,967
0,462
6.3
Unsere Kunden können sehr unterschiedliche Absatzkanäle nutzen.
0,853
0,904
0,484
6.5
Die verwendeten Absatzkanäle sind sehr unterschiedlich.
0,717
0,752
0,537
6.7
Die benötigte Zeit, um unsere Distributionspolitik zu verändern, ist sehr kurz.
0,848
0,484
0,864
6.8
Wir können unsere Distributionspolitik sehr schnell anpassen.
0,848
0,490
0,981
Erklärte Varianz
61,675%
16,570%
0,914
0,918
Indikatoren
Deskriptive Beurteilungskennzahl Cronbach‘sches Alpha Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse Extraktionsmethode
Hauptachsen-Faktorenanalyse (Oblimin-Rotation)
Anzahl extrahierter Faktoren
2
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
0,800
Erklärte Varianz (kumuliert)
78,245%
Lokale Anpassungsmaße Indikatorreliabilität
Indikatoren 6.1
Wir verfügen über eine große Zahl von Absatzwegen bzw. Distributionswegen.
0,644
6.2
Wir erreichen unsere Kunden über unterschiedliche Absatzkanäle.
0,912
6.3
Unsere Kunden können sehr unterschiedliche Absatzkanäle nutzen.
0,820
6.5
Die verwendeten Absatzkanäle sind sehr unterschiedlich.
0,579
6.7
Die benötigte Zeit, um unsere Distributionspolitik zu verändern, ist sehr kurz.
0,829
6.8
Wir können unsere Distributionspolitik sehr schnell anpassen.
0,867
Faktorladung (konfirmatorisch) 0,80 2**** 0,955****
FR: 0,920; DEV: 0,744
Distributionsflexibilität
0,905****
1**** 0,76
Handlungsbreite *Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
0,519****
0,911****
Distributionsflexibilität
*** 0,931*
Handlungsschnelligkeit FR: 0,918; DEV: 0,848
Globale Anpassungsmaße ȋ2/df
20,699 / 9 = 2,300
TLI
0,980
GFI
0,962
RMSEA
0,078
AGFI
0,912
p
0,014
CFI
0,988
Modell identifiziert
Ja
Abbildung 47: Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Distributionsflexibilität (Lernstichprobe)
Ferner wurden beide Kriterien zum Nachweis der Diskriminanzvalidität in einer sehr deutlichen Weise eingehalten. Der Satorra-Bentler-Scaled-ǻȤ²-Wert beträgt 165,929. Die Zweifaktorlösung bietet gegenüber der Einfaktorlösung eine signifikant bessere Anpassung an die empirischen Daten. Wie aus der Abbildung 48 ersichtlich, ist auch das Fornell/LarckerKriterium für die beiden Subdimensionen erfüllt. Der Vergleich zeigt, dass die durchschnittlich erfasste Varianz der jeweiligen Subdimensionen die quadrierte Korrelation zwischen den beiden Subdimensionen deutlich übersteigt.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
201
Handlungsschnelligkeit
Dimensionen
Handlungsbreite
Handlungsbreite
0,744
Handlungsschnelligkeit
0,269
0,848
Fornell/LarckerKriterium
9
9
Diagonalelemente sind die durchschnittlich erfassten Varianzen
Abbildung 48: Überprüfung der Diskriminanzvalidität der beiden Subdimensionen der Distributionsflexibilität anhand des Fornell/Larcker-Kriteriums (Lernstichprobe)
Für die Kreuzvalidierungsstichprobe ergaben sich ähnlich gute Werte für das Messmodell der Distributionsflexibilität. Daher wird das Messinstrument mit sechs Indikatoren in zwei Subdimensionen nicht verworfen. 4.3.1.1.1.3
Kontrahierungsflexibilität
Die dritte Hauptdimension der operativen Marketingflexibilität, die im Rahmen dieser Untersuchung vorgeschlagen wird, ist die Kontrahierungsflexibilität. Sie bezieht sich auf das Ausmaß der Fähigkeit, die Kontrahierung zielführend an veränderte Umweltbedingungen anzupassen.1 Die auf Basis der Diskussion in der Flexibilitätsliteratur sowie den Expertengesprächen neu entwickelte Itembatterie umfasst 8 Indikatoren, die den beiden Subdimensionen Handlungsbreite sowie Handlungsschnelligkeit zuzuordnen sind.2 Die Subdimension Handlungsbreite zeigte zunächst mit 0,809 einen guten Wert für das Cronbach’sche Alpha. In der anschließend durchgeführten einfaktoriellen exploratorischen Faktorenanalyse wurde wie erwartet ein einziger Faktor extrahiert. Allerdings betrug die durch den Faktor erklärte Varianz in den zugehörigen Indikatoren lediglich 46,6 %. Es kam infolge der sich anschließenden Analysen zu einer Entfernung des Indikators 7.1. Die durch die Indikatoren erklärte Varianz des Faktors lies sich so auf annehmbare 49,9 % steigern. Das Cronbach’sche Alpha für dieses reduzierte Set an Indikatoren betrug 0,794. Für die Subdimension Handlungsschnelligkeit waren derartige Probleme nicht zu beobachten. Hier betrug das Cronbach’sche Alpha 0,890 und in der exploratorischen Faktorenanalyse wurde ein Faktor mit einer Varianzerklärung von 74,4 % extrahiert.
1 2
Siehe Abschnitt 3.1.1. Vgl. hierzu die Fragen 7.1, 7.2, 7.3, 7.4, 7.5, 7.6, 7.7, 7.8 und 7.9 des Fragebogens in Anhang 4.
202
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Die anschließend durchgeführte exploratorische Faktorenanalyse für die gesamten verbliebenen Indikatoren der beiden Subdimensionen führte zu der postulierten zweifaktoriellen Struktur, wobei die Indikatoren jeweils deutlich höher auf den ihnen zugeordneten Faktor laden.1 Auch die anschließend durchgeführte konfirmatorische Faktorenanalyse bestätigte dieses positive Bild. Die Werte der einzelnen Gütekriterien für die Lernstichprobe sind in der Abbildung 49 zusammengefasst. Die deutliche Erfüllung der verschiedenen lokalen und globalen Gütemaße zeigt, dass das Messmodell der Kontrahierungsflexibilität mit seinen beiden Subdimensionen sehr gut die empirischen Daten widerspiegelt.
Kontrahierungsflexibilität Item-to-TotalKorrelation
Handlungsbreite
Handlungsschnelligkeit
7.2
Wir bieten unterschiedliche Lieferungs- und Zahlungsbedingungen an.
0,610
0,327
0,723
7.3
Innerhalb der Rabattpolitik bieten wir unterschiedliche Rabattformen (Mengenrabatte, Treuerabatte, Skonti, Zugaben) an.
0,610
0,363
0,690
7.4
Wir nutzen sehr unterschiedliche Strategien zur Festsetzung der Preise.
0,532
0,437
0,610
7.5
Die angebotenen Lieferungs- und Zahlungsbedingungen unterscheiden sich sehr stark.
0,670
0,349
0,795
7.6
Wir können unsere Preise, Rabatte, Vertragsbedingungen etc. sehr schnell anpassen.
0,870
0,987
0,493
7.7
Die benötigte Zeit, um unsere Preise, Rabatte etc. zu verändern, ist sehr kurz.
0,789
0,841
0,406
7.8
Wir passen unsere Kontrahierungsmodalitäten (Vertragsgestaltung, Preisgestaltung etc.) schnell den Markterfordernissen an.
0,703
0,742
0,394
Erklärte Varianz
14,835%
46,077%
0,794
0,890
Indikatoren
Deskriptive Beurteilungskennzahl Cronbach‘sches Alpha Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse Extraktionsmethode
Hauptachsen-Faktorenanalyse (Oblimin-Rotation)
Anzahl extrahierter Faktoren
2
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
0,791
Erklärte Varianz (kumuliert)
60,913%
Lokale Anpassungsmaße Indikatorreliabilität
Indikatoren 7.2
Wir bieten unterschiedliche Lieferungs- und Zahlungsbedingungen an.
0,518
7.3
Innerhalb der Rabattpolitik bieten wir unterschiedliche Rabattformen (Mengenrabatte, Treuerabatte, Skonti, Zugaben) an.
0,477
7.4
Wir nutzen sehr unterschiedliche Strategien zur Festsetzung der Preise.
0,401
7.5
Die angebotenen Lieferungs- und Zahlungsbedingungen unterscheiden sich sehr stark.
0,603
7.6
Wir können unsere Preise, Rabatte, Vertragsbedingungen etc. sehr schnell anpassen.
0,975
7.7
Die benötigte Zeit, um unsere Preise, Rabatte etc. zu verändern, ist sehr kurz.
0,717
7.8
Wir passen unsere Kontrahierungsmodalitäten (Vertragsgestaltung, Preisgestaltung etc.) schnell den Markterfordernissen an.
Faktorladung (konfirmatorisch) 0,72 0*** * 0,691****
0,633**** * 6*** 0,77
FR: 0,797; DEV: 0,496
Kontrahierungsflexibilität Handlungsbreite *Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
0,506****
0,988 ****
0,540
0,847****
Kontrahierungsflexibilität
**** 0,735
Handlungsschnelligkeit FR: 0,899; DEV: 0, 751
Globale Anpassungsmaße ȋ2/df
17,776 / 13 = 1,367
TLI
0,988
GFI
0,971
RMSEA
0,041
AGFI
0,939
p
0,166
CFI
0,993
Modell identifiziert
Ja
Abbildung 49: Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Kontrahierungsflexibilität (Lernstichprobe) 1
Zur Extraktion wurde dabei eine Hauptachsen-Faktorenanalyse eingesetzt und eine schiefwinklige OBLIMINRotation mit į = 0 verwendet.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
203
Zum Nachweis der Diskriminanzvalidität der beiden Subdimensionen der Kontrahierungsflexibilität wurden wiederum sowohl der Ȥ²-Differenztest als auch das Fornell/Larcker-Kriterium herangezogen. Der Satorra-Bentler-Scaled-ǻȤ²-Wert beträgt 121,030 und liegt damit deutlich über dem geforderten Grenzwert. Ferner überstieg auch die durchschnittlich erfasste Varianz in den beiden Subdimensionen die gemeinsame quadrierte Korrelation deutlich (vgl. Abbildung 50).
Handlungsschnelligkeit
Dimensionen
Handlungsbreite
Handlungsbreite
0,496
Handlungsschnelligkeit
0,256
0,751
Fornell/LarckerKriterium
9
9
Diagonalelemente sind die durchschnittlich erfassten Varianzen
Abbildung 50: Überprüfung der Diskriminanzvalidität der beiden Subdimensionen der Kontrahierungsflexibilität anhand des Fornell/Larcker-Kriteriums (Lernstichprobe)
Da sich ebenfalls im Rahmen der Kreuzvalidierungsstichprobe ähnlich gute Werte für das zweifaktorielle Messmodell der Distributionsflexibilität ergaben, wird das Messinstrument mit sieben Indikatoren in zwei Subdimensionen nicht abgelehnt. 4.3.1.1.1.4
Kommunikationsflexibilität
Die letzte zu operationalisierende Hauptdimension der operativen Marketingflexibilität ist die Kommunikationsflexibilität. Sie bezeichnet das Ausmaß der Fähigkeit des Unternehmens, die Kommunikation zielführend an veränderte Umweltbedingungen anzupassen.1 Die im Rahmen der Entwicklung des Erhebungsinstruments neu entwickelte Messskala der Kommunikationsflexibilität umfasste acht Indikatoren, die sich den beiden Subdimensionen Handlungsbreite sowie Handlungsschnelligkeit zuordnen lassen.2 Nach Beendigung der einzelnen Prüfschritte konnten insgesamt sechs dieser Indikatoren für das Messinstrument der die Kommunikationsflexibilität beibehalten werden: drei Indikatoren für die Subdimension Handlungsbreite sowie drei Indikatoren für die Subdimension Handlungsschnelligkeit. Die drei Indikatoren der Handlungsbreite weisen ein Cronbach’sches Al-
1 2
Siehe Abschnitt 3.1.1. Vgl. hierzu die Fragen 8.1, 8.2, 8.3, 8.4, 8.5, 8.6, 8.7, 8.8 und 8.9 des Fragebogens in Anhang 4.
204
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
pha von 0,956 auf, während sich das Cronbach’sche Alpha für die Handlungsschnelligkeit auf 0,892 beläuft. In der exploratorischen Faktorenanalyse über beide Subdimensionen wurde die postulierte zweifaktorielle Struktur erkannt, wobei beide Faktoren zusammen ca. 81,2 % der Varianz erklären.1 Alle Indikatoren weisen eine hohe Faktorladung auf den Faktor auf, dem sie zugeordnet sind, und deutlich geringere Ladungen auf den jeweils anderen Faktor. Im Rahmen der konfirmatorischen Faktorenanalyse wurde ebenfalls eine positive Bilanz gezogen. Sowohl die lokalen als auch die globalen Gütekriterien erreichen die geforderten Anspruchsniveaus deutlich (vgl. Abbildung 51).
Kommunikationsflexibilität Item-to-TotalKorrelation
Handlungsbreite
Handlungsschnelligkeit
8.2
Wir können eine Reihe unterschiedlicher Kommunikationsinstrumente einsetzen (Mailings, Kundenveranstaltungen, Fachmessen etc.).
0,886
0,909
0,678
8.3
Wir erreichen unsere Kommunikationsziele über unterschiedliche Maßnahmen.
0,936
0,981
0,664
8.4
Wir können unsere Kunden mit sehr unterschiedlichen kommunikationspolitischen Maßnahmen erreichen.
0,898
0,924
0,684
8.6
Wir können neue Werbekampagnen schnell entwickeln und durchführen.
0,790
0,675
0,860
8.7
Wir können bestehende Werbekampagnen schnell ändern.
0,807
0,592
0,890
8.8
Die benötigte Zeit, um unsere Kommunikationspolitik zu verändern, ist sehr kurz.
0,769
0,604
0,823
Erklärte Varianz
70,246%
10,935%
Indikatoren
Deskriptive Beurteilungskennzahl Cronbach‘sches Alpha
0,956
0,892
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse Extraktionsmethode
Hauptachsen-Faktorenanalyse (Oblimin-Rotation)
Anzahl extrahierter Faktoren
2
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
0,856
Erklärte Varianz (kumuliert)
81,181%
Lokale Anpassungsmaße Indikatorreliabilität
Indikatoren
Faktorladung (konfirmatorisch)
8.2
Wir können eine Reihe unterschiedlicher Kommunikationsinstrumente einsetzen (Mailings, Kundenveranstaltungen, Fachmessen etc.).
0,836
8.3
Wir erreichen unsere Kommunikationsziele über unterschiedliche Maßnahmen.
0,942
8.4
Wir können unsere Kunden mit sehr unterschiedlichen kommunikationspolitischen Maßnahmen erreichen.
0,867
8.6
Wir können neue Werbekampagnen schnell entwickeln und durchführen.
0,775
0,880
8.7
Wir können bestehende Werbekampagnen schnell ändern.
0,743
0,862****
8.8
Die benötigte Zeit, um unsere Kommunikationspolitik zu verändern, ist sehr kurz.
0,685
0,915 ****
FR: 0,957; DEV: 0,881
0,970****
Kommunikationsflexibilität Handlungsbreite
*** 0,931*
0,828
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
0,725****
****
****
Kommunikationsflexibilität Handlungsschnelligkeit FR: 0,893; DEV: 0,736
Globale Anpassungsmaße ȋ2/df
14,487 / 8 = 1,811
TLI
0,986
GFI
0,971
RMSEA
0,061
AGFI
0,925
p
0,070
CFI
0,993
Modell identifiziert
Ja
Abbildung 51: Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Kommunikationsflexibilität (Lernstichprobe)
1
Zur Extraktion wurde dabei eine Hauptachsen-Faktorenanalyse eingesetzt und eine schiefwinklige OBLIMINRotation mit į = 0 verwendet.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
205
Auch für die Hauptdimension der Kommunikationsflexibilität wurde abschließend die Diskriminanzvalidität der beiden Subdimensionen untersucht. Der Satorra-Bentler-Scaled-ǻȤ²Wert beträgt 229,999. Somit kann das Kriterium des Ȥ²-Differenztests als erfüllt betrachtet werden. Ferner wurde das Fornell/Larcker-Kriterium eingehalten: Die quadrierte Korrelation zwischen den beiden Subdimensionen ist kleiner als die jeweils durchschnittlich erfasste Varianz in den beiden Subdimensionen. Abbildung 52 fasst die Werte für diesen Analyseschritt nochmals zusammen.
Handlungsschnelligkeit
Dimensionen
Handlungsbreite
Handlungsbreite
0,881
Handlungsschnelligkeit
0,526
0,736
Fornell/LarckerKriterium
9
9
Diagonalelemente sind die durchschnittlich erfassten Varianzen
Abbildung 52: Überprüfung der Diskriminanzvalidität der beiden Subdimensionen der Kommunikationsflexibilität anhand des Fornell/Larcker-Kriteriums (Lernstichprobe)
Im Rahmen der Kreuzvalidierungsstichprobe ergaben sich ähnlich gute Werte für das Messmodell der Kommunikationsflexibilität. Das Messinstrument für die Kommunikationsflexibilität mit sechs Indikatoren in zwei Subdimensionen wird damit nicht zurückgewiesen. 4.3.1.1.2 Untersuchung des mehrdimensionalen Konstrukts Nachdem durch die im vorangegangenen Abschnitt durchgeführte Überprüfung der Reliabilität und Validität der einzelnen Hauptdimensionen der operativen Marketingflexibilität es zu einer ersten Bereinigung der Ausgangsmenge der Indikatoren kam, wird nun zur Untersuchung des gesamten Konstrukts der operativen Marketingflexibilität eine exploratorische Faktorenanalyse für die verbliebenen 26 Indikatoren durchgeführt. Hierdurch sollen erste Hinweise hinsichtlich der vermuteten Faktorenstruktur und der Konvergenz- bzw. Diskriminanzvalidität gewonnen werden. Der Wert für das Kaiser-Meyer-Olkin-Maß von 0,809 deutet auf eine besonders gute Eignung der Indikatoren für die nun anstehende Faktorenanalyse hin. Zur Extraktion wurde wiederum eine Hauptachsen-Faktorenanalyse eingesetzt und eine schiefwinklige OBLIMIN-Rotation durchgeführt.1 Wie der Abbildung 53 zu entnehmen ist, wird
1
OBLIMIN mit į = 0.
206
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
die postulierte Faktorenstruktur der operativen Marketingflexibilität mit vier Hauptdimensionen erkannt. Darüber hinaus laden alle Indikatoren mit Werten über dem geforderten Mindestwert von 0,4 auf den ihnen zugehörigen Faktor. Die Faktorlösung kann somit akzeptiert werden.
Indikator
Faktor 1
Faktor 2
Faktor 3
Faktor 4
5.1
0,204
-0,013
0,025
-0,757
5.2
0,218
-0,006
0,137
-0,781
5.3
0,177
-0,160
0,119
-0,744
5.4
0,179
-0,023
0,091
-0,632
5.6
0,209
-0,100
0,302
-0,616
5.7
0,243
-0,072
0,340
-0,686
5.8
0,296
-0,263
0,252
-0,613
6.1
0,746
-0,097
-0,034
-0,315
6.2
0,889
-0,185
0,016
-0,225
6.3
0,867
-0,142
0,014
-0,239
6.5
0,792
-0,100
0,046
-0,185
6.7
0,638
-0,081
0,214
-0,175
6.8
0,642
-0,138
0,175
-0,198
7.2
0,066
0,003
0,498
-0,144
7.3
0,141
-0,173
0,508
-0,203
7.4
0,103
-0,062
0,559
-0,255
7.5
0,066
-0,013
0,513
-0,177
7.6
-0,010
-0,175
0,889
-0,070
7.7
0,067
-0,215
0,795
-0,096
7.8
0,063
-0,198
0,690
-0,031
8.2
0,096
-0,868
0,032
-0,057
8.3
0,179
-0,876
0,125
-0,110
8.4
0,204
-0,876
0,119
-0,112
8.6
0,159
-0,814
0,113
-0,090
8.7
0,053
-0,758
0,184
-0,041
8.8
0,143
-0,752
0,236
-0,121
Erklärte Varianz
21,858%
13,749%
11,535%
8,452%
Kumulierte erklärte Varianz
21,858%
35,434%
46,969%
55,421%
Produktflexibilität
Distributionsflexibilität
Kontrahierungsflexibilität
Kommunikationsflexibilität
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium: 0,809
Extraktionsmethode: Hauptachsen-Faktorenanalyse
Rotationsmethode: Oblimin
Abbildung 53: Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse für die operative Marketingflexibilität (Lernstichprobe)
Weiterhin wurde die vermutete Faktorenstruktur der operativen Marketingflexibilität auch im Rahmen der konfirmatorischen Faktorenanalyse in einem Gesamtmodell überprüft. Die Abbildung 54 zeigt die Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse zweiter Ordnung für das vier Dimensionen umfassende Messmodell der operativen Marketingflexibilität.1 Bis
1
Um die Identifikation der Hauptdimensionen zu gewährleisten, wurden die Ladungen beider Subdimensionen gleichgesetzt.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
207
auf den GFI und den AGFI erfüllen alle globalen Gütekriterien die aufgestellten Anforderungen deutlich. Da die Anzahl von 290 Freiheitsgraden im Vergleich zur Fallzahl sehr hoch ist, kann von einem Vorliegen der von STEIGER angeführten Voraussetzungen für eine systematische, negative Verzerrung der Gütekriterien GFI und AGFI ausgegangen werden.1 Wie bereits in Abschnitt 4.1.1.3.1 ausgeführt, werden für die Beurteilung der globalen Anpassung der Messmodelle zweiter Ordnung daher die korrigierten Gütekriterien GFI und AGFI mit herangezogen. Für den korrigierten GFI ergibt sich dabei ein Wert von 0,965 und für den korrigierten AGFI ein Wert von 0,958. Insgesamt deuten diese Werte der globalen Gütekriterien – insbesondere vor dem Hintergrund der Modellkomplexität – auf eine beachtlich hohe Anpassungsgüte der Modellstruktur hin. Auch die Analyse der lokalen Anpassungsmaße, die vollständig erfüllt sind, bestätigt dieses Bild. Die in dem spezifizierten Modell abgebildeten Messmodelle zweiter Ordnung der Hauptdimensionen der operativen Marketingflexibilität erfüllen somit das Kriterium der Konvergenzvalidität.
5.2
5.1
***
5.3 0,8 71*
5.4
0 0,7
0,835*
** 0**
***
Handlungsbreite 0,7 43 *
6.1 6.2
6.5 6.7 6.8
0,907* ** **** 0,935*
0, 80 2* *
**
1 0,9
* ** 6*
5.8
0,678*
***
Handlungsschnelligkeit *
*** 01 0,8
***
Produktflexibilität Handlungsbreite
Handlungsschnelligkeit
*** 2* 42 0,
0,7 3
0 0,7
5** ** ** 4**
Distributionsflexibilität
0,131
6.3
0,80 5**** 0,955* *** *** 0,906* 2**** 0,76
5.7
5.6
*** 9* 64 0,
0,086
*** 84
8.2
8.3
*
0,
93
19 0,
Kommunikationsflexibilität *
Handlungsbreite *** 71 0,9
2* ** *
8.4
*** 98 0,7
Kontrahierungsflexibilität
0, 23 7* *
0,8
*** 0,915*
0, 32 2* **
0,6 4
* 9*
Handlungsbreite
1**** 0,72 9**** 0,69 0,640* *** 0,77 1****
Handlungsschnelligkeit
*** 83* 0,9 0,849**** 0,7 35* ***
7.2 7.3 7.4 7.5
2* ***
7.6 7.7 7.8
0,8 18 *** *
Handlungsschnelligkeit ** 0,8 ** 7 61 *** 87 0, *
8.6
0,828* ***
8.7
8.8
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
ȋ2/df
528,618 / 290 = 1,823
TLI
0,926
GFI AGFI CFI
0,813 0,773 0,934
RMSEA p Modell identifiziert
0,062 0,000 Ja
Abbildung 54: Konfirmatorische Faktorenanalyse 2. Ordnung des Vier-Dimensionen-Modells der operativen Marketingflexibilität (Lernstichprobe)
1
Vgl. Steiger (1989), S. 85 f.; Steiger (1990), S. 178.
208
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Für die abschließende Überprüfung der Diskriminanzvalidität der vier Hauptdimensionen der operativen Marketingflexibilität werden der Ȥ2-Differenztests und das Fornell/LarckerKriterium herangezogen. Der Satorra-Bentler-Scaled-ǻȤ²-Wert beträgt 122,434 und deutet auf eine hinreichende Diskriminanzvalidität der vier Dimensionen der operativen Marketingflexibilität hin. Auch das Fornell/Larcker-Kriterium ist für alle Paare der Dimensionen erfüllt (vgl. Abbildung 55). Der Vergleich zeigt, dass keine quadrierte Korrelation zwischen zwei Dimensionen die durchschnittlich erfasste Varianz der jeweiligen Dimensionen übersteigt. Insgesamt ist das vorliegende Vier-Dimensionen-Modell der operativen Marketingflexibilität aufgrund der Erfüllung der globalen und lokalen Gütemaße und der vollständigen Erfüllung des Ȥ2Differenztests und des Fornell/Larcker-Kriteriums hinsichtlich der Diskriminanzvalidität nicht abzulehnen.
Dimensionen
Produktflexibilität
Produktflexibilität
0,594
Distributionsflexibilität
Kontrahierungsflexibilität
Kommunikationsflexibilität
Distributionsflexibilität
0,178
0,517
Kontrahierungsflexibilität
0,104
0,007
0,496
Kommunikationsflexibilität
0,017
0,056
0,040
0,721
Fornell/LarckerKriterium
9
9
9
9
Diagonalelemente sind die durchschnittlich erfassten Varianzen
Abbildung 55: Überprüfung der Diskriminanzvalidität der vier Dimensionen der operativen Marketingflexibilität anhand des Fornell/Larcker-Kriteriums (Lernstichprobe)
Die Korrelationen zwischen den Dimensionen der operativen Marketingflexibilität deuten auf ein Konstrukt dritter Ordnung hin, das die gemeinsame Varianz unter den Dimensionen erklären kann. Daher wurde eine konfirmatorische Faktorenanalyse dritter Ordnung durchgeführt. Hierbei wird zum einen anhand der Signifikanz der Faktorladungen überprüft, ob die vier Hauptdimensionen wirklich ein übergeordnetes Konstrukt dritter Ordnung beschreiben, zum anderen wird anhand der Faktorladungen die Relevanz der Dimensionen für dieses Konstrukt gemessen. Die Abbildung 56 stellt für die Lernstichprobe das Modell der konfirmatorischen Faktorenanalyse dritter Ordnung sowie die globalen Gütemaße dar. Da auch hier die Anzahl der Freiheitsgrade mit 292 im Vergleich zur Fallzahl sehr hoch ist, wird das Korrekturverfahren von STEIGER für den GFI und den AGFI angewendet. Für den korrigierten GFI ergibt sich dabei ein Wert von 0,963 und für den korrigierten AGFI ein Wert von 0,956.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
5.2 5.3 5.4 5.6 5.7 5.8 6.2 6.3
Handlungsbreite
0,804*
*** 0,912**** *** 0,681* 0,80 7**** 0,955**** 0,907**** 2**** 0,76
Handlungsschnelligkeit
Handlungsbreite
6.5 6.7 6.8 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 7.8 8.2 8.3 8.4 8.6 8.7 8.8
0,908**** 0,932****
0,71 7**** 0,696**** 0,639**** **** 70 0,7
Handlungsschnelligkeit
Handlungsbreite
0,984* *** 0,850**** *** 0,737*
Handlungsschnelligkeit
0,915* *** 0,971**** *** 0,932*
Handlungsbreite
0,878*
*** 0,861**** * 0,828***
Handlungsschnelligkeit
0,74 6
****
* 0*** 0,80
0,73 3*** * 7**** 0,70
0,79 8*** * 8 0,63
****
0,88 6*** * 7**** 0,81
Produktflexibilität
* *** 30 0,7
6.1
0,83 5**** 0,869**** 0,702**** *** 9* 64 0,
Distributionsflexibilität
0,5 56 **
** 79 0,3
Kontrahierungsflexibilität
Operative Marketingflexibilität
0, 28 3* *
5.1
209
Kommunikationsflexibilität *Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
ȋ2/df
533,921 / 292 = 1,828
TLI
0,926
GFI AGFI
0,812 0,774
RMSEA p
0,062 0,000
0,933
Modell identifiziert
CFI (T) Koeffizient
Ja 0,990
Abbildung 56: Konfirmatorische Faktorenanalyse 3. Ordnung des Vier-Dimensionen-Modells der operativen Marketingflexibilität (Lernstichprobe)
Die Kreuzvalidierungsstichprobe zeigt für die konfirmatorische Faktorenanalyse dritter Ordnung ein ähnliches Ergebnis für das mehrdimensionale Modell der operativen Marketingflexibilität (vgl. Abbildung 57). Für den korrigierten GFI ergibt sich dabei ein Wert von 0,973 und für den korrigierten AGFI ein Wert von 0,968.
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
5.1 5.2 5.3 5.4 5.6 5.7 5.8 6.2 6.3
Handlungsbreite
0,876*
*** 0,877**** *** 0,772* 0,72 9**** 0,865**** 0,837**** 1**** 0 0,8
Handlungsschnelligkeit
Handlungsbreite
6.5 6.7 6.8 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 7.8 8.2 8.3 8.4 8.6 8.7 8.8
0,949**** 0,959****
0,72 2**** 0,674**** 0,754**** **** 0,719
Handlungsschnelligkeit
Handlungsbreite
0,975* *** 0,871**** *** 0,790*
Handlungsschnelligkeit
0,888* *** 0,944**** *** 0,892*
Handlungsbreite
0,887*
*** 0,912**** * 0,808***
Handlungsschnelligkeit
0,79 0
****
* 1*** 0,78
0,77 5*** * 7**** 0,66
1,00 0*** * 6 0,73
****
0,81 6*** * 2**** 0,72
Produktflexibilität
* *** 62 0,7
6.1
0,84 7**** 0,759**** 0,691**** *** 0,756*
Distributionsflexibilität
0,9 47 *** *
* *** 47 0,3
Kontrahierungsflexibilität
Operative Marketingflexibilität
0, 45 7* ***
210
Kommunikationsflexibilität *Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
ȋ2/df
466,690 / 292 = 1,598
TLI
0,943
GFI AGFI
0,823 0,787
RMSEA p
0,053 0,000
0,949
Modell identifiziert
CFI (T) Koeffizient
Ja 0,993
Abbildung 57: Konfirmatorische Faktorenanalyse 3. Ordnung des Vier-Dimensionen-Modells der operativen Marketingflexibilität (Kreuzvalidierungsstichprobe)
Die Erfüllung sowohl der lokalen als auch der globalen Gütemaße deutet auf die Eignung der postulierten Modellstruktur hin. Es lässt sich somit festhalten, dass das Modell dritter Ordnung eine bessere Reproduktion der beobachtbaren Daten erlaubt und darüber hinaus den theoretischen Überlegungen entspricht. Auch der speziell im Rahmen der konfirmatorischen Faktorenanalyse zweiter Ordnung berechnete Target Koeffizient (T) überschreitet in der Lernstichrobe mit 0,990 (in der Kreuzvalidierungsstichprobe 0,993) deutlich den geforderten Mindestwert von 0,9. Aufgrund der Ergebnisse der letzten beiden Prüfstufen kann die deskriptive Untersuchungshypothese H1 nicht abgelehnt werden. Die operative Marketingflexibilität ist ein mehrdimensionales Konstrukt dritter Ordnung und setzt sich aus den Dimensionen Produktflexibilität, Distributionsflexibilität, Kontrahierungsflexibilität und Kommunikationsflexibilität zusammen. Die relative Bedeutung der einzelnen Dimensionen für die operative Marketingflexibilität kann anhand der Höhe der Faktorladungen abgeleitet werden. Allerdings ist das Bild für die Lernstichprobe und die Kreuzvalidierungsstichprobe uneinheitlich. Es kann aber festgehalten werden, dass die Produktflexibilität und die Distributionsflexibilität eine höhere Bedeutung für die operative Marketingflexibilität haben als die Kontrahierungsflexibilität und die Kommunikationsflexibilität. Abbildung 68 visualisiert abschließend die relative Bedeutung der vier Dimensionen für das Konstrukt der operativen Marketingflexibilität.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
1,0
211
0,947
0,9 0,8
0,730
0,762
0,7 0,556
0,6
0,457
0,5 0,379
0,4
0,347 0,283
0,3 0,2 0,1 0
Produktflexibilität
Distributionsflexibilität
Lernstichprobe
Kontrahierungsflexibilität
Kommunikationsflexibilität
Kreuzvalidierungsstichprobe
Abbildung 58: Relative Bedeutung der vier Hauptdimensionen der operativen Marketingflexibilität
Mit der konfirmatorischen Faktorenanalyse des Vier-Dimensionen-Konstrukts der operativen Marketingflexibilität ist nun die erste Hälfte der ersten Untersuchungsfragestellung nach der Operationalisierung der Marketingflexibilität beantwortet worden. Die Analysen führen für die vorliegende Datenbasis zum Ergebnis, dass die operative Marketingflexibilität ein hierarchisches mehrdimensionales Konstrukt ist, das aus vier theoretisch hergeleiteten Hauptdimensionen und acht Subdimensionen (Faktoren) besteht, die über 26 Indikatoren reliabel und valide gemessen werden können. Mit der reliablen und validen Operationalisierung der operativen Marketingflexibilität ist zugleich eine notwendige Voraussetzung für die Überprüfung des Einflusses der operativen Marketingflexibilität auf den Unternehmenserfolg im Rahmen des Strukturmodells geschaffen. 4.3.1.2 Operationalisierung der strategischen Marketingflexibilität Die strategische Marketingflexibilität wurde als dynamische Fähigkeit höherer Ordnung aufgefasst und dementsprechend definiert.1 In Anlehnung an die Flexibilitätsliteratur sowie den
1
Siehe Abschnitt 3.1.2.
212
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Dynamic-Capability-Ansatz wurden die vier Grundelemente Marktorientierung, Lernfähigkeit, Koordinationsfähigkeit und Koordination der strategischen Optionen als Dimensionen der strategischen Marketingflexibilität konzeptionalisiert. Im folgenden Abschnitt wird die Operationalisierung des mehrdimensionalen Konstrukts der strategischen Marketingflexibilität vorgenommen, die der in Abschnitt 4.1.2 skizzierten und in Abbildung 34 zusammengefassten Vorgehensweise folgt. Hierzu wird wie zuvor in einem ersten Schritt zunächst anhand der Lernstichprobe eine Skalenbereinigung vorgenommen und anschließend anhand der Kreuzvalidierungsstichprobe die Reliabilität und Validität der einzelnen Dimensionen nochmals geprüft. Das Ergebnis dieses ersten Schritts stellt die valide und reliable Indikatorenmenge für jede der vier Dimensionen der strategischen Marketingflexibilität dar (Abschnitt 4.3.1.2.1). In einem zweiten Schritt wird dann überprüft, ob die vier Dimensionen tatsächlich konvergenz- und diskriminanzvalide ein übergeordnetes Konstrukt „strategische Marketingflexibilität“ beschreiben (Abschnitt 4.3.1.2.2). 4.3.1.2.1 Operationalisierung der einzelnen Dimensionen Im folgenden Abschnitt wird zunächst die Prüfung der Reliabilität und Validität der einzelnen Dimensionen des Konstrukts der strategischen Marketingflexibilität vorgenommen. Hierzu werden für jede Dimension des Konstrukts die Prüfkriterien der ersten und zweiten Generation dargestellt. 4.3.1.2.1.1
Marktorientierung
Die Dimension Marktorientierung wurde als die Fähigkeit eines Unternehmens definiert, die Umwelt und die Marktbedingungen wahrzunehmen und die Bedürfnisse der Konsumenten sowie die Dynamik des Wettbewerbs zu verstehen.1 Für das Messinstrument des Konstrukts wurden basierend auf den Arbeiten von JAWORSKI/KOHLI und PAVLOU2 insgesamt neun Indikatoren formuliert.3. Das anfängliche Messinstrument der Marktorientierung zeigte zwar ein ausreichend hohes Cronbach’sches Alpha von 0,889; bei der exploratorischen Faktorenanalyse zeigte sich jedoch, dass zwei Faktoren extrahiert wurden. Es wurden die Indikatoren 1.3 und 1.4 eliminiert, da diese am stärksten auf den zweiten Faktor geladen haben. Im Zuge der konfirmatorischen Faktorenanalyse kam es aufgrund einer mangelnden Konstruktvalidität zu einer weiteren Eliminierung von Indikatoren (1.5, 1.8 und 1.9). Das finale Messmodell der Marktorientierung umfasst vier Indikatoren und erfüllt alle geforderten lokalen und globalen Gütekriterien. Ein ähnliches Bild zeigte sich für das finale Mess-
1 2 3
Siehe Abschnitt 3.1.2.1. Vgl. Jaworski/Kohli (1993), S. 65 ff.; Pavlou (2004), S. 112. Vgl. hierzu die Fragen 1.1, 1.2, 1.3, 1.4, 1.5, 1.6, 1.7, 1.8 und 1.9 des Fragebogens in Anhang 4.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
213
instrument bei der Kreuzvalidierungsstichprobe. Vor dem Hintergrund des Gesamteindrucks der Gütemaße der ersten und zweiten Generation wird für die Dimension Marktorientierung der strategischen Marketingflexibilität das Messmodell mit vier Indikatoren nicht zurückgewiesen. Abbildung 59 stellt die Ergebnisse der ersten und zweiten Generation und die Spezifikation des Messmodells für die Lernstichprobe zusammenfassend dar.
Marktorientierung Indikatoren
Item-to-TotalKorrelation
Faktorladung (exploratorisch)
1.1
Wir untersuchen regelmäßig die Unternehmensumwelt, um neue Chancen im Markt zu identifizieren.
0,724
0,815
1.2
Wir behalten unser Umfeld im Auge und beobachten Marktentwicklungen aufmerksam, um Gelegenheiten für neue Marketingaktivitäten zu identifizieren.
0,699
0,779
1.6
Wir untersuchen regelmäßig, wie Marktentwicklungen unsere Kunden möglicherweise beeinflussen.
0,706
0,781
1.7
Beim Identifizieren und Verfolgen von Möglichkeiten für Marketingaktivitäten sind wir besonders proaktiv und reaktionsfähig.
0,643
0,702
Deskritive Beurteilungskennzahl Cronbach‘sches Alpha
0,851
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse Extraktionsmethode
Hauptachsen-Faktorenanalyse
Anzahl extrahierter Faktoren
1
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
0,810
Erklärte Varianz
59,331%
Lokale Anpassungsmaße Indikatorreliabilität
Indikatoren 1.1
Wir untersuchen regelmäßig die Unternehmensumwelt, um neue Chancen im Markt zu identifizieren.
0,673
1.2
Wir behalten unser Umfeld im Auge und beobachten Marktentwicklungen aufmerksam, um Gelegenheiten für neue Marketingaktivitäten zu identifizieren.
0,615
1.6
Wir untersuchen regelmäßig, wie Marktentwicklungen unsere Kunden möglicherweise beeinflussen.
0,598
1.7
Beim Identifizieren und Verfolgen von Möglichkeiten für Marketingaktivitäten sind wir besonders proaktiv und reaktionsfähig.
0,486
Faktorreliabilität
0,852
Faktorladung (konfirmatorisch) 0,82 0*** * 0,784****
0,773**** * 3*** 0,67
Marktorientierung
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001 durchschnittlich erfasste Varianz 59,128%
Globale Anpassungsmaße ȋ2/df
4,608 / 2 = 2,304
TLI
0,974
GFI
0,987
RMSEA
0,078
AGFI
0,937
p
0,100
CFI
0,991
Modell identifiziert
Ja
Abbildung 59: Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Marktorientierung (Lernstichprobe)
4.3.1.2.1.2
Lernfähigkeit
Der Faktor Lernfähigkeit bezieht sich auf das Ausmaß der Fähigkeit zu lernen. Dies gelingt durch die Identifikation, Aufnahme, Transformation und Nutzung vorhandener Wissensressourcen, um neues Wissen zu generieren.1 Zur Operationalisierung der Dimension Lernfähigkeit wurde auf Arbeiten von Cohen/Levinthal, Huber, Sobrero/Roberts, Zahra/George, Pavlou und Ettlie/Pavlou zurückgegriffen.2 Insgesamt wurden zehn Indikatoren formuliert, deren
1 2
Siehe Abschnitt 3.1.2.2. Vgl. Cohen/Levinthal (1990); Huber (1991); Sobrero/Roberts (2001); Zahra/George (2002), S. 189; Pavlou (2004), S. 111; Ettlie/Pavlou (2006), S. 145 f.
214
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Cronbach’sches Alpha 0,955 betrug.1 Die exploratorische Faktorenanalyse demonstrierte noch eine sehr ausreichende Konvergenzvalidität dieser zehn Indikatoren und führte zu einer Extrahierung eines Faktors mit rund 68,4 % Varianzerklärung. Bei der konfirmatorischen Faktorenanalyse wurden allerdings die Gütemaße nicht erfüllt, sodass es zu einer sukzessiven Elimination von Indikatoren kam. Abbildung 60 zeigt in einer Zusammenfassung die Ergebnisse der ersten und zweiten Generation und die Spezifizierung des finalen Messmodells. Vor dem Hintergrund des Gesamteindrucks der Anpassungsmaße für die Lernstichprobe wird das Messmodell für die Dimension Lernfähigkeit mit vier Indikatoren nicht abgelehnt. Dieser Eindruck wurde ebenfalls durch die Kreuzvalidierungsstichprobe bestätigt.
Lernfähigkeit Item-to-TotalKorrelation
Faktorladung (exploratorisch)
2.1
Wir besitzen im Marketing die Fähigkeit zu lernen.
0,662
0,710
2.6
Wir verfügen im Marketing über geeignete Routinen, uns das neu erworbene Wissen zu Eigen zu machen.
0,688
0,733
2.8
Wir können vorhandene Informationen in neues Marketingwissen transformieren.
0,830
0,923
2.9
Wir überführen die gewonnenen internen und externen Informationen in konkrete Marketinganwendungen.
0,783
0,855
Indikatoren
Deskritive Beurteilungskennzahl Cronbach‘sches Alpha
0,878
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse Extraktionsmethode
Hauptachsen-Faktorenanalyse
Anzahl extrahierter Faktoren
1
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
0,802
Erklärte Varianz
65,596%
Lokale Anpassungsmaße Indikatorreliabilität
Indikatoren 2.1
Wir besitzen im Marketing die Fähigkeit zu lernen.
0,513
2.6
Wir verfügen im Marketing über geeignete Routinen, uns das neu erworbene Wissen zu Eigen zu machen.
0,522
2.8
Wir können vorhandene Informationen in neues Marketingwissen transformieren.
0,854
2.9
Wir überführen die gewonnenen internen und externen Informationen in konkrete Marketinganwendungen.
Faktorladung (konfirmatorisch) 0,71 6*** * 0,723****
Lernfähigkeit 0,924**** * 7*** 0,85 0,734 *Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001 durchschnittlich erfasste Varianz 65,728%
Faktorreliabilität
0,883
ȋ2/df
6,211 / 2 = 3,106
TLI
0,958
GFI
0,987
RMSEA
0,099
AGFI
0,934
p
0,045
CFI
0,986
Modell identifiziert
Ja
Globale Anpassungsmaße
Abbildung 60: Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Lernfähigkeit (Lernstichprobe)
4.3.1.2.1.3
Koordinationsfähigkeit
Die Dimension Koordinationsfähigkeit bezeichnet das Ausmaß der Fähigkeit, die Abhängigkeiten zwischen Ressourcen und Aufgaben zu gestalten, um neue Wege der Erfüllung be-
1
Vgl. hierzu die Fragen 2.1, 2.2, 2.3, 2.4, 2.5, 2.6, 2.7, 2.8, 2.9 und 2.10 im Fragebogen in Anhang 4.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
215
stimmter Aktivitäten zu ermöglichen.1 Der Faktor Koordinationsfähigkeit sollte über neun Indikatoren gemessen werden2, die sich an Arbeiten von MALONE/CROWSTON, MOHR/SPEK3 MAN, CROWSTON, PAVLOU und ETTLIE/PAVLOU orientieren. Das Cronbach’sche Alpha dieses Indikatorensets lag bei 0,951 und auch die exploratorische Faktorenanalyse führte zur Extraktion eines Faktors mit einer Varianzerklärung von 69,0 %. Im Rahmen der konfirmatorischen Faktorenanalyse kam es allerdings zur Eliminierung von drei Indikatoren.
Koordinationsfähigkeit Item-to-TotalKorrelation
Indikatoren
Faktorladung (exploratorisch)
3.2
Generell sind unsere Mitarbeiter im Marketing gut aufeinander abgestimmt.
0,819
0,862
3.3
Wir stellen im Marketing sicher, dass die Arbeitsergebnisse einzelner Arbeitsgruppen / Mitarbeiter gut aufeinander abgestimmt sind (Synchronisation der Arbeitsabläufe).
0,831
0, 877
3.4
Wir stellen sicher, dass die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen / Mitarbeiter in einer „nutzbaren“ Form zum gewünschten Zeitpunkt zur Verfügung stehen.
0,829
0,875
3.5
Wir stellen eine effiziente Verteilung von Ressourcen (z. B. Informationen, Zeit) im Marketing sicher.
0,801
0,840
3.7
Wir verfügen über Routinen zur Koordination der Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen im Unternehmen.
0,702
0,727
3.8
Mitarbeiter im Marketing werden entsprechend ihren Fähigkeiten und ihres Wissens den Aufgaben zugeteilt.
0,731
0,756
Deskritive Beurteilungskennzahl Cronbach‘sches Alpha
0,925
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse Extraktionsmethode
Hauptachsen-Faktorenanalyse
Anzahl extrahierter Faktoren
1
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
0,909
Erklärte Varianz
68,059%
Lokale Anpassungsmaße Indikatorreliabilität
Indikatoren 3.2
Generell sind unsere Mitarbeiter im Marketing gut aufeinander abgestimmt.
0,747
3.3
Wir stellen im Marketing sicher, dass die Arbeitsergebnisse einzelner Mitarbeiter gut aufeinander abgestimmt sind (Synchronisation der Arbeitsabläufe).
0,792
3.4
Wir stellen sicher, dass die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen / Mitarbeiter in einer „nutzbaren“ Form zum gewünschten Zeitpunkt zur Verfügung stehen.
0,779
3.5
Wir stellen eine effiziente Verteilung von Ressourcen (z. B. Informationen, Zeit) im Marketing sicher.
0,704
3.7
Wir verfügen über Routinen zur Koordination der Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen im Unternehmen.
0,508
3.8
Mitarbeiter im Marketing werden entsprechend ihren Fähigkeiten und ihres Wissens den Aufgaben zugeteilt.
0,545
Faktorladung (konfirmatorisch)
0, 8 64 *** * 0, 8 90* *** 0,883 **** 0,839**** **** 0,712 * 8*** 3 ,7 0
Koordinationsfähigkeit
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001 durchschnittlich erfasste Varianz 67,198%
Faktorreliabilität
0,925
ȋ2/df
14,052 / 9 = 1,561
TLI
0,985
GFI
0,958
RMSEA
0,051
AGFI
0,903
p
0,120
CFI
0,991
Modell identifiziert
Ja
Globale Anpassungsmaße
Abbildung 61: Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Koordinationsfähigkeit (Lernstichprobe)
Auf Grundlage der Gütekriterien der verbliebenen Indikatoren des Messinstruments für die Lernstichprobe kann das Messmodell für die Dimension Koordinationsfähigkeit mit sechs 1 2 3
Siehe Abschnitt 3.1.2.3. Vgl. hierzu die Fragen 3.1, 3.2, 3.3, 3.4, 3.5, 3.6, 3.7, 3.8 und 3.9 des Fragebogens in Anhang 4. Vgl. Malone/Crowston (1994); Mohr/Spekman (1994); Crowston (1997), S. 160; Pavlou (2004), S. 111; Ettlie/Pavlou (2006), S. 145 f.
216
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Indikatoren nicht verworfen werden (vgl. Abbildung 61). Dieses Ergebnis bestätigte sich auch im Rahmen der Kreuzvalidierungsstichprobe. 4.3.1.2.1.4
Koordination der strategischen Optionen
Die Koordination der strategischen Optionen beschreibt die Fähigkeit, die einzelnen strategischen Projekte aufeinander abzustimmen.1 Für die Dimension Koordination der strategischen Optionen konnte auf kein umfassendes, etabliertes Messinstrument zurückgegriffen werden, sodass fünf Indikatoren neu entwickelt wurden.2 Das Cronbach’sche Alpha lag anfänglich bei 0,939 und auch in der exploratorischen Faktorenanalyse wurde ein Faktor extrahiert, der 76,1 % der Varianz erklärte. Bei der konfirmatorischen Faktorenanalyse wurden allerdings die Gütemaße nicht erfüllt, sodass das spezifizierte Modell abgelehnt wurde. In der Folge der Analysen wurden zwei Indikatoren eliminiert. Mit den verbliebenen drei Indikatoren wurde im Anschluss erneut eine konfirmatorische Faktorenanalyse durchgeführt. Ein Messmodell mit nur drei Indikatoren ist genau identifiziert und verfügt über keine Freiheitsgrade. Das Gleichungssystem ist in diesem Fall eindeutig lösbar. Allerdings werden alle empirischen Informationen zur Berechnung der Parameter benötigt, sodass keine Informationen mehr für den Test der Modellstruktur zur Verfügung stehen.3 Demnach sind die globalen Anpassungsmaße bedeutungslos. Allerdings vermittelt die Analyse der lokalen Anpassungsmaße eines derart spezifizierten Messmodells wichtige Informationen hinsichtlich der Reliabilität und Validität.4 Die Faktorreliabilität, die durchschnittlich erfasste Varianz, die Indikatorreliabilitäten und die Faktorladungen liegen alle über den geforderten Mindestwerten. Das gleiche Bild ergab sich für das Messinstrument bei der Kreuzvalidierungsstichprobe. Die Dimension Koordination der strategischen Optionen wird somit durch drei Indikatoren gemessen. Abbildung 62 stellt die Ergebnisse der ersten und zweiten Generation und die Spezifizierung des Messmodells zusammenfassend dar.
1 2
3 4
Siehe Abschnitt 3.1.2.3. Hair et al. (2005), S. 752 empfehlen zur Messung latenter Konstrukte eine Ausgangsmenge von mindestens vier Indikatoren. Vgl. zu den neu entwickelten Indikatoren die Fragen 4.1, 4.2, 4.3, 4.4 und 4.5 des Fragebogens in Anhang 4. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 360. Vgl. Homburg (1995), S. 97.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
217
Portfoliokoordination Item-to-TotalKorrelation
Faktorladung (exploratorisch)
4.1
Wir überprüfen, wie sich die verschiedenen strategischen Marketingprojekte gegenseitig beeinflussen (Erkennen von Interdependenzen).
0,868
0,914
4.2
Wir überprüfen, ob Dopplungen und Überschneidungen zwischen verschiedenen strategischen Marketingprojekten bestehen.
0,887
0,941
4.3
Wir stellen sicher, dass mögliche Synergien zwischen strategischen Marketingprojekten voll genutzt werden.
0,834
0,868
Indikatoren
Deskritive Beurteilungskennzahl Cronbach‘sches Alpha
0,933
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse Extraktionsmethode
Hauptachsen-Faktorenanalyse
Anzahl extrahierter Faktoren
1
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
0,758
Erklärte Varianz
82,483%
Lokale Anpassungsmaße Indikatorreliabilität
Indikatoren 4.1
Wir überprüfen, wie sich die verschiedenen strategischen Marketingprojekte gegenseitig beeinflussen (Erkennen von Interdependenzen).
0,835
4.2
Wir überprüfen, ob Dopplungen und Überschneidungen zwischen verschiedenen strategischen Marketingprojekten bestehen.
0,888
4.3
Wir stellen sicher, dass mögliche Synergien zwischen strategischen Marketingprojekten voll genutzt werden.
0,752
Faktorladung (konfirmatorisch) 0,914** **
0,942**** Portfoliokoordination **** 0,867 *Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001 durchschnittlich erfasste Varianz 82,801%
Faktorreliabilität
0,935
ȋ2/df
---
TLI
---
GFI
---
RMSEA
---
AGFI
---
p
---
CFI
---
Modell identifiziert
Gerade
Globale Anpassungsmaße
Abbildung 62: Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Koordination der strategischen Optionen (Lernstichprobe)
4.3.1.2.2 Untersuchung des mehrdimensionalen Konstrukts Nach einer ersten Bereinigung der Ausgangsmenge von Indikatoren durch die im vorangegangenen Abschnitt durchgeführte Überprüfung der Reliabilität und Validität für die einzelnen Dimensionen der strategischen Marketingflexibilität wird nun zur Untersuchung des gesamten Konstrukts eine exploratorische Faktorenanalyse für die verbliebenen 17 Indikatoren durchgeführt. Hierdurch sollen erste Hinweise hinsichtlich der vermuteten Faktorenstruktur und der Konvergenz- bzw. Diskriminanzvalidität gewonnen werden. Der Wert für das KaiserMeyer-Olkin-Maß von 0,936 deutet auf eine besonders gute Eignung der Indikatoren für eine Faktorenanalyse hin. Zur Extraktion wurde wiederum eine Hauptachsen-Faktorenanalyse eingesetzt und eine schiefwinklige OBLIMIN-Rotation durchgeführt (OBLIMIN mit į = 0). Wie aus Abbildung 63 ersichtlich wird die postulierte Faktorenstruktur mit vier Dimensionen erkannt. Darüber hinaus laden alle Indikatoren mit Werten über dem geforderten Mindestwert von 0,4 auf den ihnen zugehörigen Faktor. Die Faktorlösung kann somit akzeptiert werden.
218
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Indikator
Faktor 1
Faktor 2
Faktor 3
Faktor 4
1.1
0,441
0,368
0,838
0,464
1.2
0,429
0,331
0,795
0,549
1.6
0,535
0,489
0,755
0,586
1.7
0,631
0,401
0,701
0,685
2.1
0,610
0,475
0,580
0,721
2.6
0,636
0,543
0,505
0,737
2.8
0,658
0,554
0,584
0,924
2.9
0,664
0,561
0,556
0,845
3.2
0,865
0,526
0,487
0,628
3.3
0,885
0,553
0,494
0,639
3.4
0,874
0,593
0,485
0,667
3.5
0,841
0,570
0,518
0,633
3.7
0,719
0,566
0,453
0,593
3.8
0,754
0,552
0,600
0,671
4.1
0,607
0,917
0,445
0,564
4.2
0,587
0,938
0,464
0,594
4.3
0,665
0,871
0,440
0,602
Erklärte Varianz
53,718%
7,277%
5,553%
3,459%
Kumulierte erklärte Varianz
53,718%
60,996%
66,549%
70,008%
Marktorientierung
Lernfähigkeit
Koordinationsfähigkeit
Portfoliokoordination
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium: 0,936
Extraktionsmethode: Hauptachsen-Faktorenanalyse
Rotationsmethode: Oblimin
Abbildung 63: Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse für die strategische Marketingflexibilität (Lernstichprobe)
Weiterhin wurde die vermutete Faktorenstruktur der strategischen Marketingflexibilität auch im Rahmen der konfirmatorischen Faktorenanalyse in einem Gesamtmodell überprüft. Abbildung 64 zeigt die konfirmatorische Faktorenanalyse erster Ordnung für das vier Dimensionen umfassende Messmodell der strategischen Marketingflexibilität. Bis auf den GFI erfüllen alle globalen Gütekriterien deutlich die aufgestellten Anforderungen. Da die Anzahl der Freiheitsgrade mit 113 im Vergleich zur Fallzahl sehr hoch ist, ist von einem Vorliegen der von Steiger benannten Voraussetzungen für eine systematische, negative Verzerrung der Gütekriterien GFI und AGFI auszugehen.1 Wie bereits in Abschnitt 4.1.1.3.1 ausgeführt werden für die Beurteilung der globalen Anpassung der Messmodelle zweiter Ordnung daher die korrigierten Gütekriterien GFI und AGFI mit herangezogen. Für den korrigierten GFI ergibt sich dabei ein Wert von 0,984 und für den korrigierten AGFI ein Wert von 0,978. Insgesamt
1
Vgl. Steiger (1989), S. 85 f.; Steiger (1990), S. 178.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
219
deuten diese Werte der globalen Gütekriterien – insbesondere vor dem Hintergrund der Modellkomplexität – auf eine beachtlich hohe Anpassungsgüte der Modellstruktur hin. Die Analyse der lokalen Anpassungsmaße, die vollständig erfüllt sind, bestätigt dieses Bild. Auf der Konstruktebene erfüllen alle Faktorreliabilitäten und alle Werte für die durchschnittlich erfasste Varianz deutlich die geforderten Mindestausprägungen. Auch auf der Indikatorebene werden alle Mindestwerte erfüllt. Die in dem spezifizierten Modell abgebildeten Messmodelle erfüllen somit das Kriterium der Konvergenzvalidität.
FR: 0,853; DEV: 0,592
1.2
1.6
1.7
2.8
0,751 **** *** 94*
0,667****
Lernfähigkeit 0,7
0,8
* *** 61 0,8
** * 0, 76 4* 54
*** 14* 0 ,9
3* ***
Portfoliokoordination
*** 82* 0,6
83 *** *
**** 0,933 0,8 79* ***
4.1
4.2
4.3
Koordinationsfähigkeit
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
3.4
3.5
* ** 5*
3.3
72 0,
3.2
* *** 41 0,8
*** 56* 0,8
0, 88 0* ** *
2.9
ȋ2/df GFI AGFI CFI
0,
* *** 44 0,7
34 * ***
0,8 81 *** *
2.6
0,7
FR: 0,935; DEV: 0,828
Marktorientierung
2.1
0,665****
FR: 0,886; DEV: 0,,663
* ** 2* 76 0,
* *** 56 0,7
0,7 92 ***
*
1.1
0,7 57* ***
3.7
3.8
FR: 0,926; DEV: 0,676
184,420 / 113 = 1,632 0,880 0,837 0,964
TLI RMSEA p Modell identifiziert
0,957 0,054 0,000 Ja
Abbildung 64: Konfirmatorische Faktorenanalyse 1. Ordnung des Vier-Dimensionen-Modells der strategischen Marketingflexibilität (Lernstichprobe)
Für die abschließende Überprüfung der Diskriminanzvalidität der vier Dimensionen der strategischen Marketingflexibilität werden der Ȥ2-Differenztests und das Fornell/LarckerKriterium herangezogen. Der Satorra-Bentler-Scaled-ǻȤ²-Wert beträgt 320,791 und deutet auf eine hinreichende Diskriminanzvalidität der vier Dimensionen der strategischen Marketingflexibilität hin. Auch das Fornell/Larcker-Kriterium ist für alle Paare von Dimensionen erfüllt (vgl. Abbildung 65). Der Vergleich zeigt, dass keine quadrierte Korrelation zwischen zwei Dimensionen die durchschnittlich erfasste Varianz der jeweiligen Dimensionen übersteigt. Insgesamt ist das vorliegende Vier-Dimensionen-Modell der strategischen Marketingflexibilität aufgrund der überwiegenden Erfüllung der globalen Gütemaße, der vollständigen Erfüllung der lokalen Gütemaße und der vollständigen Erfüllung des Ȥ2-Differenztests und des Fornell/Larcker-Kriteriums hinsichtlich der Diskriminanzvalidität nicht abzulehnen.
220
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Dimensionen
Marktorientierung
Lernfähigkeit
Koordinationsfähigkeit
Portfoliokoordination
Markorientierung
0,592
Lernfähigkeit
0,554
0,663
Koordinationsfähigkeit
0,442
0,613
0,676
Portfoliokoordination
0,295
0,445
0,465
0,828
Fornell/LarckerKriterium
9
9
9
9
Diagonalelemente sind die durchschnittlich erfassten Varianzen
Abbildung 65: Überprüfung der Diskriminanzvalidität der vier Dimensionen der strategischen Marketingflexibilität anhand des Fornell/Larcker-Kriteriums (Lernstichprobe)
Auch wenn die hoch signifikanten Korrelationen zwischen den vier Dimensionen der strategischen Marketingflexibilität (vgl. die eingezeichneten Korrelationen in Abbildung 64) bereits darauf hindeuten, dass die identifizierten Dimensionen alle zu einem übergeordneten Konstrukt gehören, so soll dieser Zusammenhang im Folgenden anhand einer konfirmatorischen Faktorenanalyse zweiter Ordnung überprüft werden. Hierbei wird zum einen anhand der Signifikanz der Faktorladungen überprüft, ob die vier Dimensionen wirklich ein übergeordnetes Konstrukt zweiter Ordnung beschreiben, zum anderen wird anhand der Faktorladungen die Relevanz der Dimensionen für dieses Konstrukt gemessen. Abbildung 66 stellt für die Lernstichprobe das Modell der konfirmatorischen Faktorenanalyse zweiter Ordnung sowie die globalen und lokalen Anpassungsmaße dar. Da auch hier die Anzahl der Freiheitsgrade mit 115 im Vergleich zur Fallzahl sehr hoch ist, wird das Korrekturverfahren von STEIGER für den GFI und den AGFI angewendet. Für den korrigierten GFI ergibt sich dabei ein Wert von 0,982 und für den korrigierten AGFI ein Wert von 0,977.
1.2 1.6
0,766* *** 0,754****
0,558****
FR: 0,886; DEV: 0,664
2.6 2.8 2.9 3.2
FR: 0,926; DEV: 0,675
3.3 3.4 3.5 3.7
* ** 2* 78 0,
2.1
Marktorientierung
0,797****
1.7
0,733 **** 0,751****
0,894****
Lernfähigkeit
0, 9 11* ***
0,862**** 0,85 7*** * 0,881** ** 0,881****
6 0,8
Strategische Marketingflexibilität
** 8**
Koordinationsfähigkeit
0,841**** * 0,724*** **** 0,758
**
1.1
221
0, 74 5* *
FR: 0,853; DEV: 0, 593
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
FR: 0,935; DEV: 0,829
3.8 4.1
0,914****
4.2
0,935**** *** 0,877*
4.3
Portfoliokoordination *Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
ȋ2/df
188,095 / 115 = 1,636
TLI
0,956
GFI AGFI
0,879 0,839
RMSEA p
0,054 0,000
0,963
Modell identifiziert
CFI (T) Koeffizient
Ja 0,980
Abbildung 66: Konfirmatorische Faktorenanalyse 2. Ordnung des Vier-Dimensionen-Modells der strategischen Marketingflexibilität (Lernstichprobe)
Die Kreuzvalidierungsstichprobe zeigt für die konfirmatorische Faktorenanalyse zweiter Ordnung ein ähnliches Ergebnis für das mehrdimensionale Modell der strategischen Marketingflexibilität (vgl. Abbildung 67). Für den korrigierten GFI ergibt sich dabei ein Wert von 0,971 und für den korrigierten AGFI ein Wert von 0,961.
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
1.2 1.6
0,775* *** 0,713****
0,794****
FR: 0,893; DEV: 0,681
2.6 2.8 2.9 3.2
FR: 0,935; DEV: 0,707
3.3 3.4 3.5 3.7
* ** 8* 83 0,
2.1
Marktorientierung
0,659****
1.7
0,711 **** 0,806****
0,877****
Lernfähigkeit
0, 9 73* ***
0,873**** 0,89 8*** * 0,934** ** 0,911****
4 0,8
Koordinationsfähigkeit
0,796**** * 0,733*** **** 0,774
Strategische Marketingflexibilität
** 0**
** *
1.1
0, 72 3*
FR: 0,825; DEV: 0, 543
222
FR: 0,953; DEV: 0,871
3.8 4.1
0,921****
4.2
0,967**** * 0,911***
4.3
Portfoliokoordination *Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
ȋ2/df
236,745 / 115 = 2,059
TLI
0,943
GFI AGFI
0,855 0,807
RMSEA p
0,070 0,000
0,952
Modell identifiziert
CFI (T) Koeffizient
Ja 0,965
Abbildung 67: Konfirmatorische Faktorenanalyse 2. Ordnung des Vier-Dimensionen-Modells der strategischen Marketingflexibilität (Kreuzvalidierungsstichprobe)
Die Erfüllung der globalen Anpassungsmaße in beiden Stichproben deutet auf eine gute Modellanpassung hin. Die lokalen Anpassungsmaße sind vollständig erfüllt. Auf Basis der globalen und lokalen Anpassungsmaße wird das vorliegende Modell nicht abgelehnt. Darüber hinaus ist den Faktorladungen zu entnehmen, dass alle vier Dimensionen ausnahmslos hoch signifikant auf den übergeordneten Faktor der strategischen Marketingflexibilität laden. Auch der speziell im Rahmen der konfirmatorischen Faktorenanalyse zweiter Ordnung berechnete Target Koeffizient (T) überschreitet in der Lernstichprobe mit 0,980 (in der Kreuzvalidierungsstichprobe 0,965) deutlich den geforderten Mindestwert. Zusammenfassend kann aufgrund der Ergebnisse der letzten beiden Prüfstufen die deskriptive Untersuchungshypothese H3 nicht abgelehnt werden. Die strategische Marketingflexibilität ist ein mehrdimensionales Konstrukt zweiter Ordnung und setzt sich aus den Dimensionen Marktorientierung, Lernfähigkeit, Koordinationsfähigkeit und Koordination der strategischen Optionen zusammen. Die relative Bedeutung der einzelnen Dimensionen für die strategische Marketingflexibilität kann anhand der Höhe der Faktorladungen abgeleitet werden. Die Dimension Lernfähigkeit besitzt demnach die höchste Relevanz, gefolgt von der Koordinationsfähigkeit, der Marktorientierung und der Koordination der strategischen Optionen. Abbildung 68 visualisiert abschließend die relative Bedeutung der vier Dimensionen für das Konstrukt der strategischen Marketingflexibilität.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
1,0 0,911
223
0,937 0,868
0,9
0,840
0,838 0,782
0,8
0,745
0,723
0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0
Lernfähigkeit
Koordinationsfähigkeit
Lernstichprobe
Marktorientierung
Portfoliokoordination
Kreuzvalidierungsstichprobe
Abbildung 68: Relative Bedeutung der vier Dimensionen der strategischen Marketingflexibilität
Mit der konfirmatorischen Faktorenanalyse erster und zweiter Ordnung des VierDimensionen-Konstrukts der strategischen Marketingflexibilität ist nun die zweite Hälfte der Untersuchungsfragestellung 1 nach der Operationalisierung der Marketingflexibilität beantwortet.1 Für die vorliegende Datenbasis kann davon ausgegangen werden, dass die strategische Marketingflexibilität ein Konstrukt mit den vier theoretisch hergeleiteten Dimensionen darstellt, das über 17 Indikatoren reliabel und valide gemessen werden kann. Mit der reliablen und validen Operationalisierung der strategischen Marketingflexibilität ist zugleich eine notwendige Voraussetzung für die Überprüfung des Einflusses der strategischen Marketingflexibilität auf den Unternehmenserfolg im Rahmen des Strukturmodells geschaffen. 4.3.1.3 Operationalisierung des Unternehmenserfolgs Nachdem in den letzten beiden Abschnitten die Messmodelle der operativen und strategischen Marketingflexibilität einer empirischen Überprüfung unterzogen und notwendige Modifikationen vorgenommen wurden, soll im Folgenden eine entsprechende Überprüfung des Modells
1
Vgl. hierzu Abschnitt 1.1.2.
224
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
des Unternehmenserfolgs erfolgen. Das Vorgehen orientiert sich hierbei an der Überprüfung der Messmodelle der operativen und strategischen Marketingflexibilität. 4.3.1.3.1 Operationalisierung der einzelnen Dimensionen Die folgende Analyse widmet sich der Operationalisierung des Unternehmenserfolgs. Der Unternehmenserfolg wurde in Abschnitt 3.2 als dreidimensionales Konstrukt mit den Dimensionen Kundenzufriedenheit, Markteffektivität und Profitabilität konzeptionalisiert.1 In den folgenden drei Abschnitten werden zunächst die drei Dimensionen des Unternehmenserfolgs operationalisiert und anhand der Prüfkriterien der ersten und zweiten Generation die relevanten Indikatoren ausgewählt. Abschließend wird das Gesamtmodell des Unternehmenserfolgs untersucht. 4.3.1.3.1.1
Kundenzufriedenheit
Das Konstrukt der Kundenzufriedenheit bezieht sich auf den Grad der Zufriedenheit der Kunden mit dem Unternehmen.2 Für die Dimension Kundenzufriedenheit wurden basierend auf den Arbeiten von FORNELL ET AL. und VORHIES/MORGAN3 insgesamt vier Indikatoren formuliert.4. Das zunächst angewandte Messinstrument für die Kundenzufriedenheit zeigte ein ausreichend hohes Cronbach’sches Alpha von 0,865. Auch die im Folgenden durchgeführte exploratorische Faktorenanalyse demonstrierte noch eine sehr ausreichende Konvergenzvalidität dieser vier Indikatoren und führte zu einer Extrahierung eines Faktors mit rund 63,9 % Varianzerklärung. Bei der konfirmatorischen Faktorenanalyse wurden allerdings die globalen Gütemaße nicht erfüllt, sodass es im Zuge von weiteren Analysen zu einer Elimination des Indikators 16.1.4 kam. Abbildung 69 zeigt für die Lernstichprobe die Ergebnisse der 1. und 2. Generation und die Spezifizierung des finalen Messmodells. Vor dem Hintergrund des Gesamteindrucks der Faktorreliabilität (0,867), der durchschnittlich erfassten Varianz (0,690), der Indikatorreliabilitäten (zwischen 0,395 und 0,870) und der Faktorladungen (zwischen 0,628 und 0,933) wird das Messmodell für die Dimension Lernfähigkeit mit 3 Indikatoren nicht abgelehnt. Dieser Eindruck bestätigte sich ebenfalls für die Kreuzvalidierungsstichprobe.
1 2 3 4
Siehe Abschnitt 3.2. Siehe Abschnitt 3.2. Vgl. Fornell et al. (1996), S. 10; Vorhies/Morgan (2005), S. 92. Vgl. hierzu die Fragen 16.1.1, 16.1.2, 16.1.3 und 16.1.4 des Fragebogens in Anhang 4.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
225
Kundenzufriedenheit Item-to-TotalKorrelation
Faktorladung (exploratorisch)
16.1.1
Die Zufriedenheit unserer Kunden ist hervorragend.
0,806
0,931
16.1.2
Wir befriedigen die Bedürfnisse unserer Kunden in einem sehr hohen Maß.
0,793
0,907
16.1.3
Wir konnten in den letzten 3 Jahren die Beziehungen zu unseren wichtigsten Kunden aufrechterhalten.
0,602
0,629
Indikatoren
Deskritive Beurteilungskennzahl Cronbach‘sches Alpha
0,856
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse Extraktionsmethode
Hauptachsen-Faktorenanalyse
Anzahl extrahierter Faktoren
1
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
0,672
Erklärte Varianz
69,520%
Lokale Anpassungsmaße Indikatorreliabilität
Indikatoren 16.1.1
Die Zufriedenheit unserer Kunden ist hervorragend.
16.1.2
Wir befriedigen die Bedürfnisse unserer Kunden in einem sehr hohen Maß.
16.1.3
Wir konnten in den letzten 3 Jahren die Beziehungen zu unseren wichtigsten Kunden aufrechterhalten.
Faktorladung (konfirmatorisch) 0,933** ** 0,906**** 0,821 Kundenzufriedenheit ** ** 8 0,62 0,395 *Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001 durchschnittlich erfasste Varianz 69,014% 0,870
Faktorreliabilität
0,867
ȋ2/df
---
TLI
---
GFI
---
RMSEA
---
---
p
---
---
Modell identifiziert
Gerade
Globale Anpassungsmaße
AGFI CFI
Abbildung 69: Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Kundenzufriedenheit (Lernstichprobe)
4.3.1.3.1.2
Markteffektivität
Die Markteffektivität wurde als Grad der Erreichung der marktbezogenen Unternehmensziele definiert.1 Für die Operationalisierung der Dimension Markteffektivität wurde auf Arbeiten von Vorhies/Morgan zurückgegriffen2 und wiederum insgesamt 4 Indikatoren formuliert.3 Das Cronbach’sche Alpha dieses Indikatorensets lag bei 0,921 und auch die exploratorische Faktorenanalyse führte zur Extraktion eines Faktors mit einer Varianzerklärung von 75,5 %. Auch die anschließend durchgeführte konfirmatorischen Faktorenanalyse zeigte ein ähnlich positives Bild. Die Faktorreliabilität (0,926), die durchschnittlich erfasste Varianz (0,759) und die Indikatorreliabilitäten (zwischen 0,542 und 0,911) liegen deutlich über den geforderten Mindestwerten. Auch die globalen Anpassungsmaße weisen sehr gute Werte auf. Vor dem Hintergrund des sehr zufriedenstellenden Gesamteindrucks der Anpassungsmaße für die Lernstichprobe wird das Messmodell für die Dimension Markteffektivität mit 4 Indikatoren nicht abgelehnt. Dieser Eindruck wurde ebenfalls durch die Kreuzvalidierungsstichprobe bes-
1 2 3
Siehe Abschnitt 3.2. Vgl. Vorhies/Morgan (2003), S. 112; Vorhies/Morgan (2005), S. 92. Vgl. hierzu die Fragen 16.2.1, 16.2.2, 16.2.3 und 16.2.4 des Fragebogens in Anhang 4.
226
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
tätigt. Abbildung 70 zeigt für die Lernstichprobe in einer Zusammenfassung die Ergebnisse der ersten und zweiten Generation und die Spezifizierung des finalen Messmodells.
Markteffektivität Item-to-TotalKorrelation
Faktorladung (exploratorisch)
16.2.1
In den letzten 3 Jahren hatten wir im Verhältnis zu unseren wichtigsten Wettbewerbern ein stärkeres Marktanteilswachstum.
0,887
0,943
16.2.2
In den letzten 3 Jahren hatten wir im Verhältnis zu unseren wichtigsten Wettbewerbern ein höheres Umsatzwachstum.
0,890
0,951
16.2.3
In den letzten 3 Jahren waren wir im Verhältnis zu unseren wichtigsten Wettbewerbern erfolgreicher bei der Gewinnung von Neukunden.
0,788
0,825
16.2.4
In den letzten 3 Jahren waren wir im Verhältnis zu unseren wichtigsten Wettbewerbern erfolgreicher bei der Ausweitung des Umsatzes mit bestehenden Kunden.
0,714
0,738
Indikatoren
Deskritive Beurteilungskennzahl Cronbach‘sches Alpha
0,921
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse Extraktionsmethode
Hauptachsen-Faktorenanalyse
Anzahl extrahierter Faktoren
1
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
0,824
Erklärte Varianz
75,490%
Lokale Anpassungsmaße Indikatorreliabilität
Indikatoren 16.2.1
In den letzten 3 Jahren hatten wir im Verhältnis zu unseren wichtigsten Wettbewerbern ein stärkeres Marktanteilswachstum.
0,883
16.2.2
In den letzten 3 Jahren hatten wir im Verhältnis zu unseren wichtigsten Wettbewerbern ein höheres Umsatzwachstum.
0,911
16.2.3
In den letzten 3 Jahren waren wir im Verhältnis zu unseren wichtigsten Wettbewerbern erfolgreicher bei der Gewinnung von Neukunden.
0,684
16.2.4
In den letzten 3 Jahren waren wir im Verhältnis zu unseren wichtigsten Wettbewerbern erfolgreicher bei der Ausweitung des Umsatzes mit bestehenden Kunden.
0,542
Faktorladung (konfirmatorisch) 0,93 9*** * 0,954**** 0,827**** * 6*** 0,73
Markteffektivität
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001 durchschnittlich erfasste Varianz 75,926%
Faktorreliabilität
0,926
ȋ2/df
3,187 / 2 = 1,594
TLI
0,992
GFI
0,989
RMSEA
0,053
AGFI
0,947
p
0,203
CFI
0,997
Modell identifiziert
Ja
Globale Anpassungsmaße
Abbildung 70: Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Markteffektivität (Lernstichprobe)
4.3.1.3.1.3
Profitabilität
Die Dimension Profitabilität sollte über 5 Indikatoren gemessen werden1, die auf Arbeiten von MORGAN/CLARK/GOONER und VORHIES/MORGAN beruhten.2 Zunächst wurde das Messmodell der Profitabilität mittels exploratorischer Techniken hinsichtlich seiner Reliabilität und Unidimensionalität untersucht. In dieser Phase der Untersuchung wurden vor dem Hintergrund der empfohlenen Anspruchsniveaus der Kriterien keine Indikatoren eliminiert. So betrug das Cronbach’sche Alpha 0,934 und es wurde nur ein Faktor extrahiert, der 77,8 % der Varianz erklärte. Im zweiten Schritt der konfirmatorischen Faktorenanalyse konnten ebenfalls alle Indikatoren im Messmodell beigehalten werden. Die Indikatorreliabilitäten lagen mit einem Wertebereich von 0,405 bis 0,972 ausnahmslos über dem geforderten Mindestmaß von
1 2
Vgl. hierzu die Fragen 16.3.1, 16.3.2, 16.3.3, 16.3.4 und 16.3.5 des Fragebogens in Anhang 4. Vgl. Morgan/Clark/Gooner (2002), S. 367; Vorhies/Morgan (2005), S. 92.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
227
0,4. Auch die Faktorreliabilität (0,936) und die durchschnittlich erfasste Varianz (0,742) erreichten die im Schrifttum geforderten Werte. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse und der durchweg erfüllten globalen Anpassungsmaße wird das Messmodell der Dimension Profitabilität mit fünf Indikatoren nicht zurückgewiesen. Das gleiche Bild zeigte sich für die Kreuzvalidierungsstichprobe. Die Ausprägungen der einzelnen Gütekriterien werden in der Abbildung 71 anhand der Lernstichprobe noch einmal dargestellt.
Profitabilität Item-to-TotalKorrelation
Faktorladung (exploratorisch)
16.3.1
In den letzten 3 Jahren hatten wir im Verhältnis zu unseren wichtigsten Wettbewerbern eine höhere Profitabilität.
0,839
0,874
16.3.2
In den letzten 3 Jahren hatten wir im Verhältnis zu unseren wichtigsten Wettbewerbern eine höhere Gesamtkapitalrentabilität (Return on Investments ROI).
0,903
0,949
16.3.3
In den letzten 3 Jahren hatten wir im Verhältnis zu unseren wichtigsten Wettbewerbern eine höhere Umsatzrentabilität (Return on Sales ROS).
0,931
0,979
16.3.4
In den letzten 3 Jahren hatten wir im Verhältnis zu unseren wichtigsten Wettbewerbern ein höheres EBIT.
0,885
0,929
16.3.5
In den letzten 3 Jahren haben wir unsere finanziellen Zielsetzungen erreicht.
0,623
0,634
Indikatoren
Deskritive Beurteilungskennzahl Cronbach‘sches Alpha
0,934
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse Extraktionsmethode
Hauptachsen-Faktorenanalyse
Anzahl extrahierter Faktoren
1
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
0,869
Erklärte Varianz
77,799%
Lokale Anpassungsmaße Indikatorreliabilität
Indikatoren 16.3.1
In den letzten 3 Jahren hatten wir im Verhältnis zu unseren wichtigsten Wettbewerbern eine höhere Profitabilität.
0,734
16.3.2
In den letzten 3 Jahren hatten wir im Verhältnis zu unseren wichtigsten Wettbewerbern eine höhere Gesamtkapitalrentabilität (Return on Investments ROI).
0,924
16.3.3
In den letzten 3 Jahren hatten wir im Verhältnis zu unseren wichtigsten Wettbewerbern eine höhere Umsatzrentabilität (Return on Sales ROS).
0,972
16.3.4
In den letzten 3 Jahren hatten wir im Verhältnis zu unseren wichtigsten Wettbewerbern ein höheres EBIT.
0,840
16.3.5
In den letzten 3 Jahren haben wir unsere finanziellen Zielsetzungen erreicht.
0,405
Faktorladung (konfirmatorisch) 0,8 57* *** 0,961*** *
0,986****
Profitabilität
* 0,916*** * 6*** 0,63
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001 durchschnittlich erfasste Varianz 74,214%
Faktorreliabilität
0,935
ȋ2/df
10,086 / 10 = 1,009
TLI
0,988
GFI
0,960
RMSEA
0,069
AGFI
0,881
p
0,073
CFI
0,994
Modell identifiziert
Ja
Globale Anpassungsmaße
Abbildung 71: Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Profitabilität (Lernstichprobe)
4.3.1.3.2 Untersuchung des mehrdimensionalen Konstrukts Im Anschluss an die isolierte Analyse der Dimensionen des Unternehmenserfolgs erfolgt nun die Betrachtung des Gesamtmodells. Ausgangspunkt hierfür ist eine exploratorische Faktorenanalyse über alle verbliebenen zwölf Indikatoren der drei Dimensionen des Unternehmenserfolgs. Der Wert für das Kaiser-Meyer-Olkin-Maß von 0,883 demonstriert eine besonders gute Eignung der Korrelationsmatrix für eine Faktorenanalyse. Zur Extraktion wurde
228
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
wiederum eine Hauptachsen-Faktorenanalyse eingesetzt und zur besseren Interpretation der Ergebnisse eine schiefwinklige OBLIMIN-Rotation durchgeführt.1
Indikator Kundenzufriedenheit
Markteffektivität
Profitabilität
Faktor 1
Faktor 2
Faktor 3
16.1.1
0,392
0,923
0,376
16.1.2
0,360
0,895
0,293
16.1.3
0,266
0,652
0,293
16.2.1
0,676
0,375
0,943
16.2.2
0,681
0,305
0,952
16.2.3
0,599
0,280
0,822
16.2.4
0,586
0,435
0,745
16.3.1
0,873
0,350
0,688
16.3.2
0,951
0,347
0,657
16.3.3
0,981
0,372
0,687
16.3.4
0,928
0,345
0,669
16.3.5 Erklärte Varianz Kumulierte erklärte Varianz Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium: 0,883
0,636
0,382
0,496
54,887%
13,240%
7,510%
54,887%
68,126%
Extraktionsmethode: Hauptachsen-Faktorenanalyse
75,636% Rotationsmethode: Oblimin
Abbildung 72: Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse für den Unternehmenserfolg (Lernstichprobe)
Wie in Abbildung 72 zu sehen ist, wurde die postulierte Faktorstruktur erkannt, wobei die Ladungen aller Indikatoren über 0,4 und somit über dem Mindestmaß liegen. Auch laden die Faktoren jeweils stärker auf den dazugehörigen Faktor als auf die anderen Faktoren. Die Faktorenlösung kann folglich akzeptiert werden. Des Weiteren wurde die vermutete Faktorenstruktur im Rahmen einer konfirmatorischen Faktorenanalyse überprüft. Abbildung 73 zeigt für die Lernstichprobe die konfirmatorische Faktorenanalyse erster Ordnung für das drei Dimensionen umfassende Messmodell des Unternehmenserfolgs.
1
OBLIMIN mit į = 0.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
229
FR: 0,867; DEV: 0,690
16.1.2
16.1.3
0,895****
* 4*** 0,94
0,62 7*** *
16.1.1
16.2.3
**
0,95
0,8
0**** *** 27*
0,8
0,708****
Markteffektivität
0,6 3
16.2.4
16.3.1
1**** 16.3.2 0,96 0,9 85* *** 0,9 16.3.3 18 *** *
Profitabilität
* *** 44 0,7
*** 61*
8*
***
16.3.4
FR: 0,935; DEV: 0,744
16.2.2
0,9 42* *
0,3 71* **
16.2.1
*** 91* 0,3
FR: 0,926; DEV: 0,761
*
Kundenzufriedenheit
16.3.5
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
ȋ2/df
88,047 / 51 = 1,73
TLI
0,969
GFI AGFI
0,916 0,871
RMSEA p
0,058 0,000
CFI
0,976
Modell identifiziert
Ja
Abbildung 73: Konfirmatorische Faktorenanalyse 1. Ordnung des Drei-Dimensionen-Modells des Unternehmenserfolgs (Lernstichprobe)
Die lokalen und globalen Anpassungsmaße erfüllen bei allen Gütekriterien deutlich die gestellten Anforderungen. Das in dem spezifizierten Modell abgebildete Messmodell des Unternehmenserfolgs erfüllt somit das Kriterium der Konvergenzvalidität. Zur abschließenden Überprüfung der Diskriminanzvalidität der drei Dimensionen des Unternehmenserfolgs werden wiederum der Ȥ2-Differenztest und das Fornell/Larcker-Kriterium herangezogen. Der SatorraBentler-Scaled-ǻȤ²-Wert beträgt 395,968 und deutet auf eine hinreichende Diskriminanzvalidität der drei Dimensionen des Unternehmenserfolgs hin. Wie der Abbildung 74 zu entnehmen ist, ist auch das Fornell/Larcker-Kriterium für alle Paare von Dimensionen erfüllt. Der Vergleich zeigt, dass keine quadrierte Korrelation zwischen zwei Dimensionen die durchschnittlich erfasste Varianz der jeweiligen Dimensionen übersteigt. Insgesamt ist das vorliegende Drei-Dimensionen-Modell des Unternehmenserfolgs aufgrund der Erfüllung der globalen Gütemaße, der vollständigen Erfüllung der lokalen Gütemaße und der vollständigen Erfüllung des Ȥ2-Differenztests und des Fornell/Larcker-Kriteriums hinsichtlich der Diskriminanzvalidität nicht abzulehnen.
230
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Dimensionen
Kundenzufriedenheit
Kundenzufriedenheit
0,690
Markteffektivität
0,138
0,761
Profitabilität
0,153
0,501
0,744
9
9
9
Fornell/LarckerKriterium
Markteffektivität
Profitabilität
Diagonalelemente sind die durchschnittlich erfassten Varianzen
Abbildung 74: Überprüfung der Diskriminanzvalidität der drei Dimensionen des Unternehmenserfolgs anhand des Fornell/Larcker-Kriteriums (Lernstichprobe)
Nachdem die bisherigen Prüfschritte durchgängig zu einem positiven Ergebnis hinsichtlich der Reliabilität und Validität des Messmodells des Unternehmenserfolgs geführt haben, soll abschließend mithilfe einer konfirmatorischen Faktorenanalyse zweiter Ordnung überprüft werden, ob die identifizierten Dimensionen zu dem übergeordneten Konstrukt Unternehmenserfolg gehören. Die hochsignifikanten Korrelationen zwischen den drei Dimensionen des Unternehmenserfolgs (vgl. die eingezeichneten Korrelationen in Abbildung 73) geben bereits Anlass für die Bestätigung dieser Vermutung. Die Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse zweiter Ordnung sowie die zugehörigen lokalen und globalen Anpassungsmaße werden für die Lernstichprobe in Abbildung 75 dokumentiert. Eine Betrachtung der lokalen und globalen Anpassungsmaße ergibt, dass das vorliegende Messmodell des Unternehmenserfolgs nicht abgelehnt werden kann. Darüber hinaus ist den Faktorladungen zu entnehmen, dass alle drei Dimensionen ausnahmslos hoch signifikant auf den übergeordneten Faktor des Unternehmenserfolgs laden. Dem speziell im Rahmen der konfirmatorischen Faktorenanalyse zweiter Ordnung berechneten Target Koeffizient (T) kann hier keine weitere Information entnommen werden, da das Modell zweiter Ordnung mit drei Dimensionen gerade identifiziert ist.
16.1.2
0,944****
Kundenzufriedenheit
0,895**** *** 0,627*
16.1.3 16.2.1
0,942 ****
16.2.2
0,950****
16.2.3
Markteffektivität
0,827****
0,820****
Unternehmenserfolg
*** 0,744*
16.3.1
0,860** **
16.3.2
0,961****
16.3.3
3* ** *
16.2.4 0, 86
FR: 0,935; DEV: 0, 744
16.1.1
231
* ** 3* 45 0,
FR: 0,926; DEV: 0,761
FR: 0,867; DEV: 0,690
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
Profitabilität
0,985**** *** 0,918* * 8*** 0,63
16.3.4 16.3.5
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
ȋ2/df
88,056 / 51 = 1,73
TLI
0,969
GFI AGFI
0,916 0,871
RMSEA p
0,058 0,00098
0,976
Modell identifiziert
CFI (T) Koeffizient
Ja 1
Abbildung 75: Konfirmatorische Faktorenanalyse 2. Ordnung des Drei-Dimensionen-Modells des Unternehmenserfolgs (Lernstichprobe)
Abbildung 76 vermittelt für die konfirmatorische Faktorenanalyse zweiter Ordnung im Rahmen der Kreuzvalidierungsstichprobe ein ähnliches Bild. Zusammenfassend kann aufgrund der Ergebnisse der letzten beiden Prüfstufen die deskriptive Untersuchungshypothese H6 nicht abgelehnt werden. Der Unternehmenserfolg lässt sich als ein mehrdimensionales Konstrukt zweiter Ordnung verstehen, das sich aus den Dimensionen Kundenzufriedenheit, Markteffektivität und Profitabilität zusammensetzt.
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
16.1.2
0,878****
Kundenzufriedenheit
0,937**** *** 0,598*
16.1.3 16.2.1
0,897 ****
16.2.2
0,890****
16.2.3
Markteffektivität
0,879****
0,964****
Unternehmenserfolg
*** 0,839*
16.3.1
0,939** **
16.3.2
0,954****
16.3.3
4* ** *
16.2.4 0, 70
FR: 0,949; DEV: 0, 789
16.1.1
* ** 2* 37 0,
FR: 0,931; DEV: 0,772
FR: 0,849; DEV: 0,659
232
Profitabilität
0,974**** *** 0,945* * 3*** 0,69
16.3.4 16.3.5
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
ȋ2/df
83,645 / 51 = 1,64
TLI
0,977
GFI AGFI
0,922 0,881
RMSEA p
0,055 0,00267
0,982
Modell identifiziert
CFI (T) Koeffizient
Ja 1
Abbildung 76: Konfirmatorische Faktorenanalyse 2. Ordnung des Drei-Dimensionen-Modells des Unternehmenserfolgs (Kreuzvalidierungsstichprobe)
Die relative Bedeutung der einzelnen Dimensionen für den Unternehmenserfolg soll wiederum anhand der Höhe der Faktorladungen abgeschätzt werden (vgl. Abbildung 77). Dabei zeigt sich zwischen der Lernstichprobe und der Kreuzvalidierungsstichprobe ein leicht uneinheitliches Bild. Es kann aber festgehalten werden, dass die beiden Dimensionen Markteffektivität und Profitabilität eine relativ höhere Bedeutung für das Konstrukt Unternehmenserfolg haben als die Kundenzufriedenheit.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
233
0,964
1,0 0,9
0,863 0,820
0,8 0,704 0,7 0,6 0,453
0,5
0,372
0,4 0,3 0,2 0,1 0
Profitabilität
Lernstichprobe
Markteffektivität
Kundenzufriedenheit
Kreuzvalidierungsstichprobe
Abbildung 77: Relative Bedeutung der drei Dimensionen des Unternehmenserfolgs
Mit der reliablen und validen Messung des Unternehmenserfolgs über die 12 Indikatoren der drei Dimensionen ist nun die Voraussetzung für die Beantwortung der Untersuchungsfragestellung 2 im Rahmen der Analyse des Strukturmodells gegeben. 4.3.1.4 Operationalisierung der Determinanten der Marketingflexibilität In diesem Abschnitt sollen die einzelnen Determinanten der Marketingflexibilität einer empirischen Analyse unterzogen und somit die Grundlagen für die Beantwortung der Untersuchungsfragestellung 3 gelegt werden. Auch hier werden die reflektiv operationalisierten Messmodelle dem bekannten Analyseschema unterzogen. Für die beiden formativ operationa-
234
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
lisierten Messmodelle der Produktions- und Marketingressourcen wird das in Abschnitt 4.1.2 skizzierte und in Abbildung 34 dargelegte Untersuchungsschema von DIAMANTOPOULOS/WIN1 KLHOFER herangezogen. 4.3.1.4.1 Unternehmenskultur Im Rahmen der der Betrachtung der Unternehmenskultur sollte die Offenheit der Organisationsmitglieder gegenüber Veränderungen erfasst werden.2 Für die Messung des Konstrukts Unternehmenskultur wurde auf Arbeiten von O'REILLY III/CHATMAN/CALDWELL, DESHPAN3 DÉ/FARLEY/WEBSTER JR. und BURMANN zurückgegriffen. Aufbauend auf diesen Skalen wurden insgesamt 10 Indikatoren formuliert, die in den Fragebogen einflossen.4 Das Cronbach’sches Alpha betrug zunächst 0,943, und auch im Rahmen der exploratorischen Faktorenanalyse wurde der postulierte Faktor mit einer Varianzerklärung von 62,7 % extrahiert. Bei der anschließenden konfirmatorischen Faktorenanalyse wurden allerdings die globalen Gütemaße nicht erfüllt, sodass es im Zuge von weiteren Analysen zu einer Elimination des Indikators 11.2 kam. Abbildung 78 zeigt für die Lernstichprobe die Ergebnisse der ersten und zweiten Generation sowie die Spezifizierung des finalen Messmodells. Das spezifizierte Messmodell erfüllt alle Anforderungen der Gütemaße der ersten Generation. Bei den Gütemaßen der zweiten Generation werden lediglich die Anspruchsniveaus für den GFI und den RMSEA leicht verfehlt. Vor dem Hintergrund des Gesamteindrucks wird das Messmodell für die Unternehmenskultur mit neun Indikatoren nicht abgelehnt. Dieser Eindruck bestätigte sich ebenfalls für die Kreuzvalidierungsstichprobe. Die Gütemaße zeigen hier, dass das Messmodell sehr gut die empirischen Daten widerspiegelt (vgl. Abbildung 79).
1 2 3
4
Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer (2001), S. 271-274. Siehe Abschnitt 3.3.1. Vgl. O'Reilly III/Chatman/Caldwell (1991), S. 550 f.; Deshpandé/Farley/Webster Jr. (1993), S. 34 bzw. Anhang 7; Burmann (2002), S. 329, 383. Vgl. hierzu die Fragen 11.1, 11.2, 11.3, 11.4, 11.5, 11.6, 11.7, 11.8, 11.9 und 11.10 des Fragebogens in Anhang 4.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
235
Unternehmenskultur Item-to-TotalKorrelation
Faktorladung (exploratorisch)
11.1
Unsere Unternehmenskultur ist durch ein hohes Maß an Offenheit und gegenseitigem Vertrauen geprägt.
0,731
0,727
11.3
Ständige Veränderungsbereitschaft ist ein Grundpfeiler unserer Unternehmenskultur.
0,685
0,710
11.4
Dynamisches und unternehmerisches Denken und Handeln sind bei den Mitarbeitern verankert. Die Mitarbeiter sind gewillt Risiken einzugehen.
0,729
0,700
11.5
Konstruktive Kritik aller Mitarbeiter an Entscheidungen übergeordneter Ebenen wird bei uns aktiv gefördert („Streitkultur“).
0,756
0,807
11.6
Die Werte und Normen unseres Unternehmens fördern Flexibilität.
0,803
0,863
11.7
Die Mitarbeiter erfahren eine große Motivation und Unterstützung im Unternehmen.
0,868
0,866
11.8
Unsere Unternehmenskultur zeichnet sich durch Team-Orientierung aus.
0,775
0,814
11.9
In unserem Unternehmen ist eine flexible Grundhaltung verankert.
0,817
0,847
Unsere Unternehmenskultur ist offen für Veränderung.
0,819
0,842
Indikatoren
11.10
Deskriptive Beurteilungskennzahl Cronbach‘sches Alpha
0,942
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse Extraktionsmethode
Hauptachsen-Faktorenanalyse
Anzahl extrahierter Faktoren
1
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
0,923
Erklärte Varianz
64,694%
Lokale Anpassungsmaße Indikatorreliabilität
Indikatoren 11.1
Unsere Unternehmenskultur ist durch ein hohes Maß an Offenheit und gegenseitigem Vertrauen geprägt.
0,579
11.3
Ständige Veränderungsbereitschaft ist ein Grundpfeiler unserer Unternehmenskultur.
0,487
11.4
Dynamisches und unternehmerisches Denken und Handeln sind bei den Mitarbeitern verankert. Die Mitarbeiter sind gewillt Risiken einzugehen.
0,550
11.5
Konstruktive Kritik aller Mitarbeiter an Entscheidungen übergeordneter Ebenen wird bei uns aktiv gefördert („Streitkultur“).
0,618
11.6
Die Werte und Normen unseres Unternehmens fördern Flexibilität.
0,660
11.7
Die Mitarbeiter erfahren eine große Motivation und Unterstützung im Unternehmen.
0,815
11.8
Unsere Unternehmenskultur zeichnet sich durch Team-Orientierung aus.
0,674
11.9
In unserem Unternehmen ist eine flexible Grundhaltung verankert.
0,712
Unsere Unternehmenskultur ist offen für Veränderung.
0,724
11.10
Faktorladung (konfirmatorisch) 0, 76 1 0,6 **** 98 *** * 0, 7 42* *** 0,786 ****
0,813**** **** 0,903 * 1*** 2 ,8 0 ** 4** 4 8 * 0, ** 1* 85 0,
Unternehmenskultur
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001 durchschnittlich erfasste Varianz 64,473%
Faktorreliabilität
0,942
ȋ2/df
71,926 / 27 = 2,664
TLI
0,945
GFI
0,894
RMSEA
0,088
AGFI
0,823
p
0,000
CFI
0,959
Modell identifiziert
Ja
Globale Anpassungsmaße
Abbildung 78: Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Determinante Unternehmenskultur (Lernstichprobe)
236
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Unternehmenskultur Item-to-TotalKorrelation
Faktorladung (exploratorisch)
11.1
Unsere Unternehmenskultur ist durch ein hohes Maß an Offenheit und gegenseitigem Vertrauen geprägt.
0,691
0,714
11.3
Ständige Veränderungsbereitschaft ist ein Grundpfeiler unserer Unternehmenskultur.
0,706
0,725
11.4
Dynamisches und unternehmerisches Denken und Handeln sind bei den Mitarbeitern verankert. Die Mitarbeiter sind gewillt Risiken einzugehen.
0,638
0,653
11.5
Konstruktive Kritik aller Mitarbeiter an Entscheidungen übergeordneter Ebenen wird bei uns aktiv gefördert („Streitkultur“).
0,815
0,843
11.6
Die Werte und Normen unseres Unternehmens fördern Flexibilität.
0,867
0,897
11.7
Die Mitarbeiter erfahren eine große Motivation und Unterstützung im Unternehmen.
0,811
0,842
11.8
Unsere Unternehmenskultur zeichnet sich durch Team-Orientierung aus.
0,782
0,811
11.9
In unserem Unternehmen ist eine flexible Grundhaltung verankert.
0,830
0,861
Unsere Unternehmenskultur ist offen für Veränderung.
0,826
0,856
Indikatoren
11.10
Deskriptive Beurteilungskennzahl Cronbach‘sches Alpha
0,941
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse Extraktionsmethode
Hauptachsen-Faktorenanalyse
Anzahl extrahierter Faktoren
1
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
0,941
Erklärte Varianz
64,666%
Lokale Anpassungsmaße Indikatorreliabilität
Indikatoren 11.1
Unsere Unternehmenskultur ist durch ein hohes Maß an Offenheit und gegenseitigem Vertrauen geprägt.
0,512
11.3
Ständige Veränderungsbereitschaft ist ein Grundpfeiler unserer Unternehmenskultur.
0,519
11.4
Dynamisches und unternehmerisches Denken und Handeln sind bei den Mitarbeitern verankert. Die Mitarbeiter sind gewillt Risiken einzugehen.
0,422
11.5
Konstruktive Kritik aller Mitarbeiter an Entscheidungen übergeordneter Ebenen wird bei uns aktiv gefördert („Streitkultur“).
0,716
11.6
Die Werte und Normen unseres Unternehmens fördern Flexibilität.
0,802
11.7
Die Mitarbeiter erfahren eine große Motivation und Unterstützung im Unternehmen.
0,713
11.8
Unsere Unternehmenskultur zeichnet sich durch Team-Orientierung aus.
0,663
11.9
In unserem Unternehmen ist eine flexible Grundhaltung verankert.
0,745
Unsere Unternehmenskultur ist offen für Veränderung.
0,728
11.10
Faktorladung (konfirmatorisch) 0, 71 6 0,7 **** 20 *** * 0, 6 50* *** 0,846 ****
0,895**** **** 0,844 * 4*** 1 ,8 0 ** 3** 6 8 * 0, ** 3* 85 0,
Unternehmenskultur
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001 durchschnittlich erfasste Varianz 59,557%
Faktorreliabilität
0,942
ȋ2/df
57,132 / 27 = 2,116
TLI
0,970
GFI
0,914
RMSEA
0,072
AGFI
0,857
p
0,001
CFI
0,978
Modell identifiziert
Ja
Globale Anpassungsmaße
Abbildung 79: Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Determinante Unternehmenskultur (Kreuzvalidierungsstichprobe)
4.3.1.4.2 Organisationsstruktur Der Faktor Organisationsstruktur soll das Ausmaß der Unterstützung von Veränderung durch die Organisationsstruktur abbilden.1 Das Messmodell der Determinante Organisationsstruktur basiert auf Arbeiten von BURMANN und BECKER.2 Die fünf Indikatoren, die in den Fragebogen
1 2
Siehe Abschnitt 3.3.2. Vgl. Burmann (2002), S. 383; Becker (2004), S. 295.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
237
eingingen1, zeigten anfänglich ein noch annehmbares Cronbach’sches Alpha von 0,753. In der exploratorischen Faktorenanalyse wurden allerdings zwei Faktoren extrahiert. Nähere Analysen führten zur Eliminierung des Indikators 12.4. Für die verbliebenen Indikatoren stieg danach das Cronbach’sche Alpha auf gute 0,800 und es wurde lediglich ein Faktor extrahiert, der 50,8 % der Varianz erklärt. Die anschließend durchgeführte konfirmatorische Faktorenanalyse bestätigt dieses Bild. Mit Ausnahme des Indikators 12.2, bei dem die Indikatorreliabilität leicht unter dem geforderten Grenzwert von 0,4 liegt, erreichen alle Kriterien ihr gefordertes Anspruchsniveau. Die einzelnen Analysewerte sind für die Lernstichprobe noch einmal in Abbildung 80 dargestellt. Das Messmodell für die Determinante Organisationsstruktur mit vier Indikatoren wird somit nicht abgelehnt.
Organisationsstruktur Indikatoren
Item-to-TotalKorrelation
Faktorladung (exploratorisch)
12.1
Wir verfügen über wenige Hierarchieebenen („vom Auszubildenden bis zum Vorstand“).
0,616
0,707
12.2
Der Grad der Entscheidungszentralisation ist gering (Local Empowerment).
0,549
0,620
12.3
Der Grad der Formalisierung organisatorischer Abläufe und Prozesse ist gering.
0,680
0,803
12.5
Unsere Organisationsstruktur ermöglicht es, dass wichtige Entscheidungen schnell und unbürokratisch getroffen werden können.
0,614
0,711
Deskriptive Beurteilungskennzahl Cronbach‘sches Alpha
0,800
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse Extraktionsmethode
Hauptachsen-Faktorenanalyse
Anzahl extrahierter Faktoren
1
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
0,790
Erklärte Varianz
50,831%
Lokale Anpassungsmaße Indikatorreliabilität
Indikatoren 12.1
Wir verfügen über wenige Hierarchieebenen („vom Auszubildenden bis zum Vorstand“).
0,491
12.2
Der Grad der Entscheidungszentralisation ist gering (Local Empowerment).
0,383
12.3
Der Grad der Formalisierung organisatorischer Abläufe und Prozesse ist gering.
0,646
12.5
Unsere Organisationsstruktur ermöglicht es, dass wichtige Entscheidungen schnell und unbürokratisch getroffen werden können.
0,514
Faktorladung (konfirmatorisch) 0,70 0**** 0,619**** 0,804**** 7**** 0,71
Organisationsstruktur
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001 durchschnittlich erfasste Varianz 50,432%
Faktorreliabilität
0,802
ȋ2/df
0,764 / 2 = 0,382
TLI
1,020
GFI
0,998
RMSEA
0,000
AGFI
0,989
p
0,682
CFI
1,000
Modell identifiziert
Ja
Globale Anpassungsmaße
Abbildung 80: Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Determinante Organisationsstruktur (Lernstichprobe)
Im Rahmen der Kreuzvalidierungsstichprobe bestätigt sich dieses Bild. Alle Gütekriterien der ersten und zweiten Generation werden erfüllt (vgl. Abbildung 81).
1
Vgl. hierzu die Fragen 12.1, 12.2, 12.3, 12.4 und 12.5 des Fragebogens in Anhang 4.
238
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Organisationsstruktur Item-to-TotalKorrelation
Faktorladung (exploratorisch)
12.1
Wir verfügen über wenige Hierarchieebenen („vom Auszubildenden bis zum Vorstand“).
0,627
0,702
12.2
Der Grad der Entscheidungszentralisation ist gering (Local Empowerment).
0,646
0,732
12.3
Der Grad der Formalisierung organisatorischer Abläufe und Prozesse ist gering.
0,696
0,793
12.5
Unsere Organisationsstruktur ermöglicht es, dass wichtige Entscheidungen schnell und unbürokratisch getroffen werden können.
0,641
0,726
Indikatoren
Deskriptive Beurteilungskennzahl Cronbach‘sches Alpha
0,825
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse Extraktionsmethode
Hauptachsen-Faktorenanalyse
Anzahl extrahierter Faktoren
1
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
0,793
Erklärte Varianz
54,596%
Lokale Anpassungsmaße Indikatorreliabilität
Indikatoren 12.1
Wir verfügen über wenige Hierarchieebenen („vom Auszubildenden bis zum Vorstand“).
0,483
12.2
Der Grad der Entscheidungszentralisation ist gering (Local Empowerment).
0,549
12.3
Der Grad der Formalisierung organisatorischer Abläufe und Prozesse ist gering.
0,636
12.5
Unsere Organisationsstruktur ermöglicht es, dass wichtige Entscheidungen schnell und unbürokratisch getroffen werden können.
0,516
Faktorladung (konfirmatorisch) 0,69 5
**** 0,741**** * *** 98 0,7 8**** 0,71
Organisationsstruktur
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001 durchschnittlich erfasste Varianz 54,720%
Faktorreliabilität
0,827
ȋ2/df
4,206 / 2 = 2,103
TLI
0,969
GFI
0,983
RMSEA
0,072
AGFI
0,915
p
0,122
CFI
0,990
Modell identifiziert
Ja
Globale Anpassungsmaße
Abbildung 81: Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Determinante Organisationsstruktur (Kreuzvalidierungsstichprobe)
4.3.1.4.3 Unternehmenshistorie Die Unternehmenshistorie umfasst die kumulierten Erfahrungen mit der Umfelddynamik, Unsicherheit und Marketingflexibilität in der Vergangenheit.1 Bei der Itemformulierung für das Konstrukt Unternehmenshistorie diente die Messung von BURMANN als Ausgangsbasis.2 Insgesamt wurden fünf Indikatoren für das Messinstrument formuliert.3 Das Cronbach’sche Alpha für diese Ausgangslösung zeigte einen guten Wert von 0,830. Auch in der anschließend durchgeführten exploratorischen Faktorenanalyse wurde lediglich ein Faktor extrahiert, der immerhin 50,7 % der Varianz erklärt. Allerdings zeigte die konfirmatorische Faktorenanalyse deutliche Probleme bei den globalen Anpassungsmaßen, sodass sukzessive zwei Indikatoren eliminiert wurden. Globale Anpassungsmaße ließen sich aufgrund der genauen Identifikation des Messmodells mit drei Indikatoren nicht ermitteln. Jedoch zeigen die Faktorreliabilität (0,800), die durchschnittlich erfasste Varianz (0,577), die Indikatorreliabilitäten (zwischen 0,382 und 0,847) sowie die Faktorladungen (zwischen 0,618 und 0,919) sehr befriedigende 1 2 3
Siehe Abschnitt 3.3.3. Vgl. Burmann (2002), S. 332. Vgl. hierzu die Fragen 13.1, 13.2, 13.3, 13.4 und 13.5 des Fragebogens in Anhang 4.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
239
Werte. Sie liegen bis auf die Indikatorreliabilität des Indikators 13.2 alle über den geforderten Mindestwerten. Die einzelnen im Rahmen der Lernstichprobe ermittelten Analysewerte sind in Abbildung 82 noch einmal dargestellt.
Unternehmenshistorie Item-to-TotalKorrelation
Faktorladung (exploratorisch)
13.2
In der Vergangenheit haben wir beträchtliche Erfahrungen mit Flexibilität im Marketingbereich gesammelt.
0,561
0,618
13.4
In der Vergangenheit haben wir flexibel auf Umfeldveränderungen reagieren können.
0,725
0,919
13.5
In der Vergangenheit haben wir eine Reihe von Veränderungen erfolgreich durchlebt.
0,635
0,740
Indikatoren
Deskriptive Beurteilungskennzahl Cronbach‘sches Alpha
0,792
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse Extraktionsmethode
Hauptachsen-Faktorenanalyse
Anzahl extrahierter Faktoren
1
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
0,665
Erklärte Varianz
59,130%
Lokale Anpassungsmaße Indikatorreliabilität
Indikatoren 13.2
In der Vergangenheit haben wir beträchtliche Erfahrungen mit Flexibilität im Marketingbereich gesammelt.
0,382
13.4
In der Vergangenheit haben wir flexibel auf Umfeldveränderungen reagieren können.
0,847
13.5
In der Vergangenheit haben wir eine Reihe von Veränderungen erfolgreich durchlebt.
0,546
Faktorreliabilität
0,800
Faktorladung (konfirmatorisch) 0,618** ** 0,921**** * ** 9* 73 0,
Unternehmenshistorie
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001 durchschnittlich erfasste Varianz 57,664%
Globale Anpassungsmaße ȋ2/df
---
TLI
---
GFI
---
RMSEA
---
AGFI
---
p
---
CFI
---
Modell identifiziert
Gerade
Abbildung 82: Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Determinante Unternehmenshistorie (Lernstichprobe)
Auch die anschließend durchgeführten Analysen für das spezifizierte Messmodell anhand der Kreuzvalidierungsstichprobe konnten das Bild bestätigen. Die Faktorreliabilität (0,796), die durchschnittlich erfasste Varianz (0,568), die Indikatorreliabilitäten (zwischen 0,390 und 0,737) sowie die Faktorladungen (zwischen 0,625 und 0,858) weisen sehr befriedigende Werte auf. Auch diese Werte liegen bis auf die Indikatorreliabilität des Indikators 13.2 alle über den geforderten Mindestwerten der Anspruchsniveaus. Abbildung 83 fasst die Ergebnisse zusammen. Auf Basis dieser Ergebnisse wird das Messmodell für die Unternehmenshistorie mit drei Indikatoren nicht abgelehnt.
240
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Unternehmenshistorie Item-to-TotalKorrelation
Faktorladung (exploratorisch)
13.2
In der Vergangenheit haben wir beträchtliche Erfahrungen mit Flexibilität im Marketingbereich gesammelt.
0,564
0,625
13.4
In der Vergangenheit haben wir flexibel auf Umfeldveränderungen reagieren können.
0,694
0,856
13.5
In der Vergangenheit haben wir eine Reihe von Veränderungen erfolgreich durchlebt.
0,665
0,794
Indikatoren
Deskriptive Beurteilungskennzahl Cronbach‘sches Alpha
0,793
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse Extraktionsmethode
Hauptachsen-Faktorenanalyse
Anzahl extrahierter Faktoren
1
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
0,683
Erklärte Varianz
58,505%
Lokale Anpassungsmaße Indikatorreliabilität
Indikatoren 13.2
In der Vergangenheit haben wir beträchtliche Erfahrungen mit Flexibilität im Marketingbereich gesammelt.
0,390
13.4
In der Vergangenheit haben wir flexibel auf Umfeldveränderungen reagieren können.
0,737
13.5
In der Vergangenheit haben wir eine Reihe von Veränderungen erfolgreich durchlebt.
0,629
Faktorreliabilität
0,796
Faktorladung (konfirmatorisch) 0,625** ** 0,858**** * ** 3* 79 0,
Unternehmenshistorie
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001 durchschnittlich erfasste Varianz 56,758%
Globale Anpassungsmaße ȋ2/df
---
TLI
---
GFI
---
RMSEA
---
AGFI
---
p
---
CFI
---
Modell identifiziert
Gerade
Abbildung 83: Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Determinante Unternehmenshistorie (Kreuzvalidierungsstichprobe)
4.3.1.4.4 Überprüfung der Diskriminanzvalidität der Determinanten Die bisher durchgeführten Analysen für die einzelnen reflektiv operationalisierten Determinanten der Marketingflexibilität zeigten bisher eine ausreichende Konvergenzvalidität der Konstrukte. Die nun folgenden Analysen sollen die Diskriminanzvalidität der einzelnen Determinanten überprüfen. Dazu wird zunächst eine exploratorische Faktorenanalyse über alle der verbliebenen 16 Indikatoren der drei reflektiv operationalisierten Determinanten der Marketingflexibilität durchgeführt. Hierdurch sollen erste Hinweise hinsichtlich der vermuteten Faktorenstruktur und der Konvergenz- bzw. Diskriminanzvalidität gewonnen werden. Der Wert für das Kaiser-Meyer-Olkin-Maß von 0,908 deutet auf eine besonders gute Eignung der Indikatoren für eine Faktorenanalyse hin. Zur Extraktion wurde wie zuvor auch eine Hauptachsen-Faktorenanalyse eingesetzt und zur einfacheren Interpretation der Ergebnisse eine schiefwinklige OBLIMIN-Rotation durchgeführt (OBLIMIN mit į = 0). Wie die Abbildung 84 für die Lernstichprobe dokumentiert, wird die postulierte Faktorenstruktur mit drei Faktoren erkannt. Darüber hinaus laden alle Indikatoren mit Werten über dem geforderten Mindestwert von 0,4 auf den ihnen zugehörigen Faktor und wesentlich geringer auf andere Faktoren. Die Faktorlösung kann somit akzeptiert werden.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
Indikator
241
Faktor 1
Faktor 2
Faktor 3
11.1
0,760
0,341
0,446
11.3
0,693
0,594
0,324
11.4
0,739
0,512
0,386
11.5
0,793
0,269
0,455
11.6
0,819
0,461
0,420
11.7
0,912
0,345
0,412
11.8
0,813
0,310
0,424
11.9
0,843
0,406
0,524
11.10
0,845
0,437
0,417
12.1
0,414
0,134
0,711
12.2
0,365
0,137
0,613
12.3
0,312
0,145
0,816
12.5
0,544
0,284
0,710
13.2
0,292
0,638
0,074
13.4
0,473
0,871
0,222
Unternehmenskultur
Organisationsstruktur
Unternehmenshistorie
0,328
0,759
0,232
Erklärte Varianz
13.5
45,840%
9,232%
6,862%
Kumulierte erklärte Varianz
45,840%
55,072%
61,934%
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium: 0,908
Extraktionsmethode: Hauptachsen-Faktorenanalyse
Rotationsmethode: Oblimin
Abbildung 84: Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse der drei reflektiven Determinanten der Marketingflexibilität (Lernstichprobe)
Für die abschließende Überprüfung der Diskriminanzvalidität der drei reflektiv operationalisierten Determinanten der Marketingflexibilität werden wie zuvor auch der Ȥ2-Differenztests und das Fornell/Larcker-Kriterium herangezogen. Der Satorra-Bentler-Scaled-ǻȤ²-Wert beträgt 257,533 und deutet auf eine hinreichende Diskriminanzvalidität der drei Faktoren hin. Auch das Fornell/Larcker-Kriterium ist für alle Paare von Determinanten erfüllt (vgl. Abbildung 85). Der Vergleich zeigt, dass keine quadrierte Korrelation zwischen zwei Determinanten die durchschnittlich erfasste Varianz der jeweiligen Determinanten übersteigt. Insgesamt lässt sich festhalten, dass für die drei reflektiv operationalisierten Determinanten der Marketingflexibilität aufgrund Ȥ2-Differenztests und des Fornell/Larcker-Kriteriums deren Diskriminanzvalidität nicht abzulehnen ist.
242
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Dimensionen
Unternehmenskultur
Organisationsstruktur Unternehmenshistorie
Unternehmenskultur
0,645
Organisationsstruktur
0,355
0,501
Unternehmenshistorie
0,274
0,087
0,577
Fornell/LarckerKriterium
9
9
9
Diagonalelemente sind die durchschnittlich erfassten Varianzen
Abbildung 85: Überprüfung der Diskriminanzvalidität der drei reflektiven Determinanten der Marketingflexibilität anhand des Fornell/Larcker-Kriteriums (Lernstichprobe)
4.3.1.4.5 Produktionsressourcen Die Determinante Produktionsressourcen wurde definiert als das Ausmaß des Besitzes überragender Produktionsressourcen.1 Den Ausgangspunkt der Itemformulierung bildete eine Arbeit von NARASIMHAN/TALLURI/DAS. Weitere Hinweise für die Formulierung von Indikatoren ergaben sich aufgrund von Arbeiten von WARD/LEONG/BAYER, SNELL/DEAN JR. und TRANFIELD ET AL. sowie durch die während der Entwicklung des Erhebungsinstruments durchgeführten Expertengespräche.2 Insgesamt wurden für die Determinante Produktionsressourcen sieben formative Indikatoren sowie zusätzlich zwei Indikatoren für die redundante reflektive Operationalisierung entwickelt.3 Zunächst wurde der Grad der Multikollinearität unter den einzelnen Indikatoren anhand des VIFs überprüft. Ein hoher Grad der Multikollinearität führt bei formativen Messinstrumenten zu Problemen, da der Einfluss der einzelnen Indikatoren auf das latente Konstrukt nicht mehr sicher bestimmt werden kann.4 Wie der Abbildung 86 zu entnehmen ist, stellte jedoch die Multikollinearität unter den Indikatoren kein Problem dar. Der VIF der Indikatoren liegt zwischen 1,347 und 1,945 und damit weit unter dem Grenzwert von 10.
1 2
3 4
Siehe Abschnitt 3.3.4. Vgl. Narasimhan/Talluri/Das (2004), S. 98; Ward/Leong/Bayer (1994); Snell/Dean Jr. (1992), S. 481; Tranfield et al. (1991), S. 212 f. Vgl. hierzu die Fragen 14.1, 14.2, 14.3, 14.4, 14.5, 14.6, 14.7, 14.8 und 14.9 des Fragebogens in Anhang 4. Siehe dazu die Ausführungen in Abschnitt 4.1.1.3.2.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
Indikatoren
14.1
14.2
14.3
243
14.4
14.5
14.6
14.7
14.1
VIF 1,468
14.2
0,426**
14.3
0,444**
0,314**
1,441
14.4
0,344**
0,463**
0,506**
14.5
0,418**
0,410**
0,421**
0,561**
14.6
0,291**
0,253**
0,342**
0,389**
0,524**
14.7
0,203**
0,219**
0,334**
0,450**
0,365**
0,370**
14.8
0,303**
0,385**
0,390**
0,536**
0,472**
0,428**
0,558**
14.9
0,224**
0,313**
0,316**
0,445**
0,404**
0,301**
0,412**
1,559 1,945 1,888 1,477 1,347
** Die Korrelationen sind auf dem Niveau von 0,01 zweiseitig signifikant
Abbildung 86: Multikollinearität und externe Validität der Indikatoren der Determinante Produktionsressourcen (Lernstichprobe)
Anschließend wurde der Validität des Messinstruments anhand eines externen Kriteriums untersucht. Dazu wurden in einem ersten Schritt die Korrelationen der formativen Indikatoren mit den globalen Messitems bestimmt. Diese Korrelationen waren alle positiv, ausreichend hoch und hochgradig signifikant, sodass kein Indikator von der weiteren Analyse ausgeschlossen werden musste. Die einzelnen Werte sind in der Abbildung 86 dokumentiert. In einem zweiten Schritt wurde ein MIMIC-Modell spezifiziert und mithilfe der Kovarianzstrukturanalyse geschätzt. Die zwei reflektiven Indikatoren decken dabei die Essenz des Besitzes überragender Produktionsressourcen ab. Da die globalen Anpassungskriterien zunächst nicht den geforderten Anspruchsniveaus entsprachen, kam es sukzessive zu einer Elimination der Indikatoren 14.1, 14.3, 14.5. Das finale MIMIC-Modell umfasst vier Indikatoren und zeigte einen guten Fit (vgl. Abbildung 87).
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
14.9
* *** 97 0,9
6** **
14.8
0,7 6
244
Produktionsressourcen
** 54 0,1 14.2
0,2
*** 43
*
14.4
0, 16 4* **
0, 3 56 * *** 14.6
14.7
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
ȋ2/df GFI AGFI CFI
1,417 / 3 = 0,472 0,997 0,979 1,000
TLI RMSEA p Modell identifiziert
1,018 0,000 0,702 Ja
Abbildung 87: Gütemaße für das Messmodell der Determinante Produktionsressourcen (Lernstichprobe)
Auch die anschließend durchgeführten Analysen für das spezifizierte Messmodell anhand der Kreuzvalidierungsstichprobe konnten das Bild bestätigen. Die globalen Gütekriterien weisen sehr befriedigende Werte auf. Sie liegen alle über den geforderten Mindestwerten der Anspruchsniveaus. Abbildung 88 fasst die Ergebnisse zusammen. Die Indikatoren des finalen Messmodells wurden abschließend nochmals dahingehend überprüft, ob sie noch die gesamte Bandbreite des Konstrukts Produktionsressourcen abdecken. Auf Basis dieser Ergebnisse wird das Messmodell für die Produktionsressourcen mit vier Indikatoren nicht abgelehnt.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
245
* *** 10 0,9
3** **
14.9
0,8 2
14.8
Produktionsressourcen
0,0
60
14.2
0,3
*** 81
*
14.4
0, 2 42 * ***
0, 15 9* * 14.6
14.7
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
ȋ2/df GFI AGFI CFI
0,381 / 3 = 0,127 0,999 0,995 1,000
TLI RMSEA p Modell identifiziert
1,037 0,000 0,994 Ja
Abbildung 88: Gütemaße für das Messmodell der Determinante Produktionsressourcen (Kreuzvalidierungsstichprobe)
4.3.1.4.6 Marketingressourcen Die Determinante Marketingressourcen wurde ähnlich wie die Determinante Produktionsressourcen als das Ausmaß des Besitzes überragender Marketingressourcen definiert.1 Den Ausgangspunkt für die Formulierung der Itembatterie des zu messenden Konstrukts bildete eine Arbeit von JOHNSON ET AL. Weitere Hinweise ergaben sich in den Arbeiten von HOOLEY ET 2 AL., CAPRON/HULLAND, DAY und DIERICKX/COOL. Insgesamt wurden auf diese Weise für die Determinante Marketingressourcen sechs formative Indikatoren sowie zusätzlich zwei Indikatoren für die redundante reflektive Operationalisierung entwickelt.3 Zunächst wurde wie bei den Produktionsressourcen der Grad der Multikollinearität unter den einzelnen Indikatoren der Marketingressourcen anhand des VIFs überprüft. Wie der Abbildung 89 zu entnehmen ist, stellte jedoch die Multikollinearität unter den Indikatoren kein Problem da. Der VIF der Indikatoren liegt zwischen 1,230 und 2,347 und damit weit unter dem Grenzwert von 10.
1 2
3
Siehe Abschnitt 3.3.5. Vgl. Johnson et al. (2003), S. 78; Hooley et al. (2001), S. 508; Capron/Hulland (1999), S. 43 f.; Day (1994a), S. 38; Dierickx/Cool (1989), S. 1506. Vgl. hierzu die Fragen 15.1, 15.2, 15.3, 15.4, 15.5, 15.6, 15.7 und 15.8 des Fragebogens in Anhang 4.
246
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Indikatoren
15.1
15.2
15.3
15.4
15.5
15.6
15.1
VIF 1,339
15.2
0,426**
15.3
0,451**
0,623**
1,983
15.4
0,294**
0,313**
0,563**
15.5
0,261**
0,262**
0,336**
0,236**
15.6
0,337**
0,568**
0,496**
0,278**
0,383**
15.7
0,324**
0,443**
0,456**
0,238**
0,347**
0,703**
15.8
0,310**
0,412**
0,327**
0,136**
0,237**
0,610**
2,347 1,482 1,230 1,666
** Die Korrelationen sind auf dem Niveau von 0,01 zweiseitig signifikant
Abbildung 89: Multikollinearität und externe Validität der Indikatoren der Determinante Marketingressourcen (Lernstichprobe)
Anschließend wurde der Validität des Messinstruments für die Determinante Marketingressourcen anhand eines externen Kriteriums untersucht. Dazu wurden zunächst die Korrelationen der formativen Indikatoren mit den globalen Messitems bestimmt. Diese waren alle positiv sowie hochgradig signifikant, sodass keiner der Indikatoren von der weiteren Analyse ausgeschlossen werden musste. Die einzelnen Werte sind ebenfalls in der Abbildung 89 dokumentiert. Anschließend wurde ein MIMIC-Modell spezifiziert und mithilfe der Kovarianzstrukturanalyse geschätzt. Die zwei reflektiven Indikatoren decken dabei die Essenz des Besitzes überragender Marketingressourcen ab. Da die globalen Anpassungskriterien zunächst nicht den geforderten Mindestwerten entsprachen, kam es sukzessive zu einer Elimination der beiden Indikatoren 15.3 und 15.6. Das finale MIMIC-Modell umfasst vier Indikatoren und zeigte einen guten Modellfit. Die einzelnen Werte für die Gütekriterien sind in der Abbildung 90 dokumentiert.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
247
* *** 35 0,9
3** **
15.8
0,8 0
15.7
Marketingressourcen
* 36 0,1
15.1
0,3
* 55
***
0,2 18 ***
0, 03 4
15.4
15.2
15.5
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
ȋ2/df
5,280 / 3 = 1,760
TLI
0,963
GFI AGFI
0,990 0,931
RMSEA p
0,059 0,152
CFI
0,993
Modell identifiziert
Ja
Abbildung 90: Gütemaße für das Messmodell der Determinante Marketingressourcen (Lernstichprobe)
Auch im Rahmen der Kreuzstichprobe zeigte das spezifizierte Messmodell der Marketingressourcen sehr befriedigende Werte für die globalen Gütekriterien. Sie liegen alle über den geforderten Mindestwerten der jeweiligen Anspruchsniveaus. Die Abbildung 91 fasst die Ergebnisse dieser Analyse zusammen. Abschließend wurden die Indikatoren des finalen Messmodells der Determinante Marketingressourcen nochmals dahingehend überprüft, ob sie noch die gesamte Bandbreite des Konstrukts abdecken. Auf Basis dieser Ergebnisse wird das Messmodell für die Marketingressourcen mit vier Indikatoren nicht abgelehnt.
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
15.8
* *** 88 0,9
4** **
15.7
0,7 5
248
Marketingressourcen
*** 21 0,3
*
15.1
0,1
** 95
0, 10 9
0,0 7
15.4
15.2
6
15.5
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
ȋ2/df
6,166 / 3 = 2,055
TLI
0,938
GFI AGFI
0,988 0,913
RMSEA p
0,070 0,104
CFI
0,988
Modell identifiziert
Ja
Abbildung 91: Gütemaße für das Messmodell der Determinante Marketingressourcen (Kreuzvalidierungsstichprobe)
4.3.1.5 Operationalisierung des situativen Faktors Im Rahmen der Modellherleitung wurde die Umfelddynamik als wesentlicher situativer Faktor identifiziert.1 Für die empirische Untersuchung ihres Einflusses im Gesamtmodell sollen die beiden wesentlichen Quellen der Umfelddynamik in diesem Abschnitt einer empirischen Analyse unterzogen und die Grundlage für die Beantwortung der Untersuchungsfragestellung 4 gelegt werden. 4.3.1.5.1 Marktdynamik Das Konzept der Marktdynamik bezeichnet das Ausmaß und die Häufigkeit unvorhergesehener Änderungen in der Marktnachfrage und Aktionen von Wettbewerbern im Umfeld des Unternehmens. Zu diesem Konstrukt gibt es eine Reihe gut dokumentierter Messinstrumente. Für diese Untersuchung wurde im Wesentlichen auf die Arbeit von JAWORSKI/KOHLI zurückgegriffen. Weitere Hinweise ergaben die Arbeiten von MILLER/FRIESEN, JAP und PAVLOU/EL SAWY.2 Insgesamt wurden anhand dieser Arbeiten fünf Indikatoren für das Konstrukt in die
1 2
Siehe Abschnitt 3.4. Vgl. Jaworski/Kohli (1993), S. 68 f.; Miller/Friesen (1982), S. 17 f.; Jap (1999), S. 473; Pavlou/El Sawy (2006b), S. 225.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
249
Untersuchung mit aufgenommen.1 Das Cronbach’sche Alpha betrug zunächst akzeptable 0,778. Im Rahmen der exploratorischen Faktorenanalyse wurde wie postuliert ein einzelner Faktor extrahiert. Da die erklärte Varianzerklärung allerdings zunächst nur 43,2 % betrug, wurde der Indikator 10.1.4 aus der weiteren Untersuchung ausgeschlossen. Auch in der anschließend durchgeführten konfirmatorischen Faktorenanalyse sind die Ergebnisse bis auf zwei Ausnahmen als sehr zufrieden stellen zu bewerten. Fast alle Kriterien erreichen ihr gefordertes Anspruchsniveau. Bei den lokalen Gütekriterien lagen die Indikatorreliabilitäten der Indikatoren 10.1.3 und 10.1.5 mit 0,338 bzw. 0,347 leicht unter dem geforderten Grenzwert von 0,4. Bei den globalen Gütekriterien lag der RMSEA über seinen Grenzwert von 0,08. Die Nichteinhaltung einzelner Grenzwerte soll jedoch nicht als Grund für das Zurückweisen eines Messmodells verstanden werden. Vielmehr ist das Gesamtbild der verschiedenen Gütekriterien entscheidend.2 Dies ist aber bis auf die beiden Ausnahmen sehr zufriedenstellend. Die einzelnen Analysewerte werden für die Lernstichprobe noch einmal in Abbildung 92 dargestellt.
1 2
Vgl. hierzu die Fragen 10.1.1, 10.1.2, 10.1.3, 10.1.4 und 10.1.5 des Fragebogens in Anhang 4. Siehe hierzu auch Abschnitt 4.1.2.
250
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Marktdynamik Item-to-TotalKorrelation
Faktorladung (exploratorisch)
10.1.1
In unserer Branche ändern sich die Präferenzen der Konsumenten laufend.
0,661
0,790
10.1.2
Nachfrage und Geschmack der Kunden sind schwer vorhersehbar.
0,646
0,770
10.1.3
In unserer Branche ändern sich die verfolgten Marketingpraktiken ständig.
0,539
0,605
10.1.5
Aktionen von Wettbewerbern sind schwer vorhersehbar.
0,545
0,614
Indikatoren
Deskriptive Beurteilungskennzahl Cronbach‘sches Alpha
0,788
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse Extraktionsmethode
Hauptachsen-Faktorenanalyse
Anzahl extrahierter Faktoren
1
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
0,752
Erklärte Varianz
49,055%
Lokale Anpassungsmaße Indikatorreliabilität
Indikatoren 10.1.1
In unserer Branche ändern sich die Präferenzen der Konsumenten laufend.
0,653
10.1.2
Nachfrage und Geschmack der Kunden sind schwer vorhersehbar.
0,623
10.1.3
In unserer Branche ändern sich die verfolgten Marketingpraktiken ständig.
0,338
10.1.5
Aktionen von Wettbewerbern sind schwer vorhersehbar.
0,347
Faktorreliabilität
0,794
Faktorladung (konfirmatorisch) 0,80 8**** 0,790**** 0,582**** 9**** 0,58
Marktdynamik
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001 durchschnittlich erfasste Varianz 50,024%
Globale Anpassungsmaße ȋ2/df
7,116 / 2 = 3,558
TLI
0,934
GFI
0,982
RMSEA
0,109
AGFI
0,910
p
0,029
CFI
0,978
Modell identifiziert
Ja
Abbildung 92: Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Marktdynamik (Lernstichprobe)
Auch die anschließend durchgeführten Analysen für das spezifizierte Messmodell anhand der Kreuzvalidierungsstichprobe konnten das Bild bestätigen. Die Faktorreliabilität (0,826), die durchschnittlich erfasste Varianz (0,550), die Indikatorreliabilitäten (zwischen 0,292 und 0,730) sowie die Faktorladungen (zwischen 0,540 und 0,854) weisen sehr befriedigende Werte auf. Auch diese Werte liegen bis auf die Indikatorreliabilität des Indikators 10.1.5 alle über den geforderten Mindestwerten der Anspruchsniveaus. Abbildung 93 fasst die Ergebnisse zusammen. Auf Basis dieser Ergebnisse wird das Messmodell für die Marktdynamik mit vier Indikatoren nicht abgelehnt.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
251
Marktdynamik Item-to-TotalKorrelation
Faktorladung (exploratorisch)
10.1.1
In unserer Branche ändern sich die Präferenzen der Konsumenten laufend.
0,720
0,842
10.1.2
Nachfrage und Geschmack der Kunden sind schwer vorhersehbar.
0,707
0,816
10.1.3
In unserer Branche ändern sich die verfolgten Marketingpraktiken ständig.
0,645
0,722
10.1.5
Aktionen von Wettbewerbern sind schwer vorhersehbar.
0,506
0,551
Indikatoren
Deskriptive Beurteilungskennzahl Cronbach‘sches Alpha
0,819
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse Extraktionsmethode
Hauptachsen-Faktorenanalyse
Anzahl extrahierter Faktoren
1
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
0,778
Erklärte Varianz
55,010%
Lokale Anpassungsmaße Indikatorreliabilität
Indikatoren 10.1.1
In unserer Branche ändern sich die Präferenzen der Konsumenten laufend.
0,730
10.1.2
Nachfrage und Geschmack der Kunden sind schwer vorhersehbar.
0,673
10.1.3
In unserer Branche ändern sich die verfolgten Marketingpraktiken ständig.
0,505
10.1.5
Aktionen von Wettbewerbern sind schwer vorhersehbar.
0,292
Faktorladung (konfirmatorisch) 0,85 4
**** 0,821**** * *** 10 0,7 0**** 0,54
Marktdynamik
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001 durchschnittlich erfasste Varianz 55,039%
Faktorreliabilität
0,826
ȋ2/df
1,931 / 2 = 0,966
TLI
1,001
GFI
0,993
RMSEA
0,000
AGFI
0,964
p
0,381
CFI
1,000
Modell identifiziert
Ja
Globale Anpassungsmaße
Abbildung 93: Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Marktdynamik (Kreuzvalidierungsstichprobe)
4.3.1.5.2 Technologiedynamik Der Faktor Technologiedynamik soll das Ausmaß und die Häufigkeit unvorhergesehener Änderungen im Unternehmensumfeld aufgrund technologischer Durchbrüche beschreiben.1 Für die Messung des Konstrukts Technologiedynamik wurde auf Arbeiten von JAWORSKI/KOHLI sowie MILLER/FRIESEN und PAVLOU/EL SAWY zurückgegriffen.2 Aufbauend auf diesen Skalen wurden insgesamt fünf Indikatoren formuliert, die in den Fragebogen einflossen.3 Das Cronbach’sche Alpha betrug zunächst 0,852 und auch im Rahmen der exploratorischen Faktorenanalyse wurde der postulierte Faktor mit einer Varianzerklärung von 55,2 % extrahiert. Bei der anschließenden konfirmatorischen Faktorenanalyse wurden allerdings die globalen Gütemaße nicht erfüllt, sodass es im Zuge von weiteren Analysen zu einer Elimination des Indikators 10.2.2 kam. Abbildung 94 zeigt für die Lernstichprobe die Ergebnisse der ersten und zweiten Generation und die Spezifizierung des finalen Messmodells. Bei den globalen
1 2 3
Siehe Abschnitt 3.4. Vgl. Jaworski/Kohli (1993), S. 68 f.; Miller/Friesen (1982), S. 17 f.;Pavlou/El Sawy (2006b), S. 225. Vgl. hierzu die Fragen 10.2.1, 10.2.2, 10.2.3, 10.2.4 und 10.2.5 des Fragebogens in Anhang 4.
252
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Gütemaßen erfüllt das spezifizierte Messmodell alle Anforderungen. Bei den lokalen Gütemaßen wird lediglich das Anspruchsniveau für die Indikatorreliabilität beim Indikator 10.2.3 leicht verfehlt. Vor dem Hintergrund des Gesamteindrucks wird das Messmodell für die Technologiedynamik mit vier Indikatoren nicht abgelehnt. Dieser Eindruck bestätigte sich ebenfalls für die Kreuzvalidierungsstichprobe. Die Gütemaße der ersten und zweiten Generation zeigen hier, dass das Messmodell die empirischen Daten sehr gut widerspiegelt (vgl. Abbildung 95).
Technologiedynamik Item-to-TotalKorrelation
Faktorladung (exploratorisch)
10.2.1
Die den Produkten unserer Branche zugrunde liegende Technologie ändert sich ständig und tief greifend.
0,740
0,822
10.2.3
In unserer Branche sind viele neue Produkte erst durch technologische Durchbrüche ermöglicht worden.
0,541
0,583
10.2.4
Bedeutende technologische Veränderungen kommen häufig in unserer Branche vor.
0,843
0,967
10.2.5
Produkte und Methoden veraltern in unserer Branche sehr schnell.
0,654
0,717
Indikatoren
Deskriptive Beurteilungskennzahl Cronbach‘sches Alpha
0,850
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse Extraktionsmethode
Hauptachsen-Faktorenanalyse
Anzahl extrahierter Faktoren
1
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
0,769
Erklärte Varianz
61,639%
Lokale Anpassungsmaße Indikatorreliabilität
Indikatoren 10.2.1
Die den Produkten unserer Branche zugrunde liegende Technologie ändert sich ständig und tief greifend.
0,664
10.2.3
In unserer Branche sind viele neue Produkte erst durch technologische Durchbrüche ermöglicht worden.
0,357
10.2.4
Bedeutende technologische Veränderungen kommen häufig in unserer Branche vor.
0,929
10.2.5
Produkte und Methoden veraltern in unserer Branche sehr schnell.
0,519
Faktorreliabilität
0,860
Faktorladung (konfirmatorisch) 0,81 5
**** 0,598**** 0,964**** 0**** 0,72
Technologiedynamik
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001 durchschnittlich erfasste Varianz 61,051%
Globale Anpassungsmaße ȋ2/df
1,137 / 2 = 0,569
TLI
1,007
GFI
1,000
RMSEA
0,000
AGFI
0,996
p
0,566
CFI
0,981
Modell identifiziert
Ja
Abbildung 94: Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Technologiedynamik (Lernstichprobe)
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
253
Technologiedynamik Item-to-TotalKorrelation
Faktorladung (exploratorisch)
10.2.1
Die den Produkten unserer Branche zugrunde liegende Technologie ändert sich ständig und tief greifend.
0,655
0,706
10.2.3
In unserer Branche sind viele neue Produkte erst durch technologische Durchbrüche ermöglicht worden.
0,611
0,658
10.2.4
Bedeutende technologische Veränderungen kommen häufig in unserer Branche vor.
0,829
0,932
10.2.5
Produkte und Methoden veraltern in unserer Branche sehr schnell.
0,760
0,839
Indikatoren
Deskriptive Beurteilungskennzahl Cronbach‘sches Alpha
0,863
Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse Extraktionsmethode
Hauptachsen-Faktorenanalyse
Anzahl extrahierter Faktoren
1
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
0,793
Erklärte Varianz
62, 605%
Lokale Anpassungsmaße Indikatorreliabilität
Indikatoren 10.2.1
Die den Produkten unserer Branche zugrunde liegende Technologie ändert sich ständig und tief greifend.
0,497
10.2.3
In unserer Branche sind viele neue Produkte erst durch technologische Durchbrüche ermöglicht worden.
0,454
10.2.4
Bedeutende technologische Veränderungen kommen häufig in unserer Branche vor.
0,863
10.2.5
Produkte und Methoden veraltern in unserer Branche sehr schnell.
0,692
Faktorladung (konfirmatorisch) 0,70 5
**** 0,674**** * *** 29 0,9 2**** 0,83
Technologiedynamik
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001 durchschnittlich erfasste Varianz 63,648%
Faktorreliabilität
0,872
ȋ2/df
3,745 / 2 = 1,873
TLI
0,988
GFI
0,991
RMSEA
0,064
AGFI
0,953
p
0,154
CFI
0,996
Modell identifiziert
Ja
Globale Anpassungsmaße
Abbildung 95: Gütemaße der ersten und zweiten Generation für das Messmodell der Dimension Technologiedynamik (Kreuzvalidierungsstichprobe)
4.3.1.5.3 Überprüfung der Diskriminanzvalidität Im Anschluss an die isolierte Analyse der beiden Quellen der Umfelddynamik erfolgt nun deren gemeinsame Betrachtung. Ausgangspunkt hierfür ist eine exploratorische Faktorenanalyse über alle verbliebenen acht Indikatoren der beiden Dimensionen der Umfelddynamik. Der Wert für das Kaiser-Meyer-Olkin-Maß von 0,809 demonstriert eine besonders gute Eignung der Korrelationsmatrix für eine Faktorenanalyse. Zur Extraktion wurde wiederum eine Hauptachsen-Faktorenanalyse eingesetzt und zur besseren Interpretation der Ergebnisse eine schiefwinklige OBLIMIN-Rotation durchgeführt (OBLIMIN mit į = 0). Wie der Abbildung 96 zu entnehmen ist, wurde die postulierte Faktorstruktur erkannt, wobei die Ladungen aller Indikatoren über 0,4 und somit über dem Mindestmaß liegen. Außerdem laden die Indikatoren jeweils stärker auf den dazugehörigen Faktor als auf den anderen Faktor. Die Faktorenlösung kann folglich akzeptiert werden.
254
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Indikator
Faktor 1
Faktor 2
10.1.1
0,421
0,791
10.1.2
0,298
0,784
10.1.3
0,408
0,604
10.1.5
0,358
0,608
10.2.1
0,833
0,478
10.2.3
0,573
0,303
10.2.4
0,970
0,474
10.2.5
0,712
0,349
Erklärte Varianz
42,881%
13,121%
Kumulierte erklärte Varianz
42,881%
56,001%
Marktdynamik
Technologiedynamik
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium: Extraktionsmethode: 0,809 Hauptachsen-Faktorenanalyse
Rotationsmethode: Oblimin
Abbildung 96: Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse für die Umfelddynamik (Lernstichprobe)
10.1.1
10.1.2
10.1.3
0, 8 14 *** * 0,755 **** * * * 06* 0, 6 * *** 06 0,6
*** 24* 0,8
0,510****
Marktdynamik
Technologiedynamik
10.2.1
**** 10.2.3 0,599 0,9 54* *** 0 ,7 10.2.4 25 *** *
10.2.5
10.1.5
FR: 0,860; DEV: 0,612
FR: 0,795; DEV: 0,500
Des Weiteren wurde die vermutete Faktorenstruktur im Rahmen einer konfirmatorischen Faktorenanalyse überprüft. Abbildung 97 zeigt für die Lernstichprobe die konfirmatorische Faktorenanalyse erster Ordnung für das zwei Facetten umfassende Messmodell der Umfelddynamik.
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
ȋ2/df
35,560 / 19 = 1,872
TLI
0,965
GFI AGFI
0,954 0,912
RMSEA p
0,064 0,012
CFI
0,976
Modell identifiziert
Ja
Abbildung 97: Konfirmatorische Faktorenanalyse 1. Ordnung des Zwei-Dimensionen-Modells der Umfelddynamik (Lernstichprobe)
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
255
Zur abschließenden Überprüfung der Diskriminanzvalidität der beiden reflektiv operationalisierten Quellen der Umfelddynamik werden wie zuvor auch der Ȥ2-Differenztests und das Fornell/Larcker-Kriterium herangezogen. Der Satorra-Bentler-Scaled-ǻȤ²-Wert beträgt 140,118 und deutet auf eine hinreichende Diskriminanzvalidität der beiden Faktoren hin. Auch das Fornell/Larcker-Kriterium ist erfüllt (vgl. Abbildung 98). Der Vergleich zeigt, dass die Korrelation zwischen den beiden Quellen der Umfelddynamik die durchschnittlich erfasste Varianz der beiden Faktoren nicht übersteigt. Insgesamt lässt sich somit festhalten, dass für die beiden reflektiv operationalisierten Quellen der Umfelddynamik aufgrund Ȥ2-Differenztests und des Fornell/Larcker-Kriteriums deren Diskriminanzvalidität nicht abzulehnen ist.
Dimensionen
Marktdynamik
Technologiedynamik
Marktdynamik
0,500
Technologiedynamik
0,260
0,612
Fornell/LarckerKriterium
9
9
Diagonalelemente sind die durchschnittlich erfassten Varianzen
Abbildung 98: Überprüfung der Diskriminanzvalidität der beiden Dimensionen der Umfelddynamik anhand des Fornell/Larcker-Kriteriums (Lernstichprobe)
Nachdem die Operationalisierung aller Konstrukte des Untersuchungsmodells abgeschlossen ist, kann nun mit der Analyse ihrer Beziehungen im Strukturmodell fortgefahren werden. Ziel dieser Analysen ist die Beantwortung der drei verbliebenen Untersuchungsfragestellung sowie der ausstehenden Untersuchungshypothesen. Dazu wird das Analyseverfahren gewechselt. Wie eingangs ausgeführt wird für die weiteren Analyseschritte die Varianzstrukturanalyse zur Anwendung kommen.1 4.3.2 Analyse des Strukturmodells Nachdem in dem vorangegangenen Abschnitt valide und reliable Messmodelle für die verschiedenen theoretischen Konstrukte identifiziert wurden, ist die empirische Überprüfung des theoretisch entwickelten Wirkungsmodells das Ziel des folgenden Abschnitts. Dazu wird in Abschnitt 4.3.2.1 die Messung der Erfolgswirkung der Marketingflexibilität durchgeführt, um in Anschluss die Wirkung der Determinanten näher zu untersuchen (Abschnitt 4.3.2.2).
1
Siehe dazu die Abschnitte 4.1 und 4.1.2.
256
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
4.3.2.1 Messung der Erfolgswirkung der Marketingflexibilität Der folgende Abschnitt zielt auf die Beantwortung der zweiten Untersuchungsfragestellung der vorliegenden Untersuchung und der damit verbundenen Untersuchungshypothesen, die sich mit der Erfolgswirkung der Marketingflexibilität befasst.1 Dazu werden die reliablen und validen Messmodelle der operativen und strategischen Marketingflexibilität mit dem verifizierten Messmodell des Unternehmenserfolgs in einem Strukturmodell zusammengeführt, um die Beziehungen zwischen den Konstrukten zu untersuchen. Die Abbildung 99 und die Abbildung 100 fassen die Ergebnisse zusammen, wie sie sich für die Lernstichprobe und die Kreuzvalidierungsstichprobe ergaben.
f2: 0,06 q2: 0,03 strategische Marketingflexibilität
0,21 4***
0, 592****
Unternehmenserfolg
R2: 0,244 Q2: 0,137
6**** 0,33
operative Marketingflexibilität f2: 0,10 q2: 0,05 *Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001 Abbildung 99: Strukturgleichungsmodell zum Einfluss der operativen und strategischen Marketingflexibilität auf den Unternehmenserfolg (Lernstichprobe)
Alle Pfadkoeffizienten zeigen die postulierte, hochsignifikante Wirkungsbeziehung. So beträgt der Einfluss der operativen Marketingflexibilität auf den Unternehmenserfolg 0,336 (0,288 für die Kreuzvalidierungsstichprobe) und ist zudem auf dem 0,1 %-Niveau signifikant. Auch der direkte Effekt der strategischen Marketingflexibilität in Höhe von 0,214 (0,182 für die Kreuzvalidierungsstichprobe) ist hochsignifikant. Weiterhin ist der Einfluss der strategi1
Vgl. hierzu Abschnitt 1.1.2.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
257
schen Marketingflexibilität auf die operative Marketingflexibilität mit 0,592 bzw. 0,531 in beiden Stichproben sehr hoch und darüber hinaus hochsignifikant. Der Totaleffekt der strategischen Marketingflexibilität auf den Unternehmenserfolg beläuft sich dabei auf 0,413 (0,335 für die Kreuzvalidierungsstichprobe). Damit macht der indirekte Effekt ca. 51,8 % (54,3 % für die Kreuzvalidierungsstichprobe) des totalen Einflusses der strategischen Marketingflexibilität auf den Unternehmenserfolg aus.1
f2: 0,03 q2: 0,02 strategische Marketingflexibilität
0,18 2**
0, 531****
Unternehmenserfolg
R2: 0,172 Q2: 0,094
8**** 0,28
operative Marketingflexibilität f2: 0,07 q2: 0,04 *Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001 Abbildung 100: Strukturgleichungsmodell zum Einfluss der operativen und strategischen Marketingflexibilität auf den Unternehmenserfolg (Kreuzvalidierungsstichprobe)
Der Anteil der erklärten Varianz an der Gesamtvarianz des Unternehmenserfolgs ist mit 24,4 % für die Lernstichprobe zwar nicht sehr hoch (Kreuzvalidierungsstichprobe: 17,2 %) und die Höhe des Bestimmtheitsmaßes R2 ist eher als schwach zu charakterisieren. Trotzdem sind die Ergebnisse insgesamt sehr ermutigend, da auch jeweils die Analyse der Effektstärke ƒ2 ihnen eine schwache Wirkung bescheinigt und eine Prognoserelevanz sowohl der operativen wie auch der strategischen Marketingflexibilität für den Unternehmenserfolg gegeben ist. Der sich ergebene Q2-Wert liegt bei 0,137 (Kreuzvalidierungsstichprobe: 0,094) und signalisiert eine hohe Prognosevalidität des Modells. Die q2-Werte der Prognoserelevanz liegen für
1
Vgl. zu dieser Methodik MacKinnon/Dwyer (1993).
258
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
beide Stichproben zwischen 0,02 und 0,05 und bescheinigen der operativen und strategischen Marketingflexibilität zumindest eine schwache Wirkung. Die niedrige Ausprägung des Bestimmtheitsmaßes R2 darf keinesfalls als ein Merkmal geringer Güte des Strukturmodells interpretiert werden, vielmehr hängen diese Ergebnisse von der Fragestellung ab und müssen inhaltlich begründet werden.1 Die Marketingflexibilität kann zwar einen gewissen Beitrag zum Unternehmenserfolg liefern, diesen aber niemals vollständig erklären. Vielmehr ist eine Reihe von weiteren Faktoren denkbar, die den Unternehmenserfolg unmittelbar beeinflussen. Vor diesem Hintergrund sind die Werte für das Bestimmungsmaß R2 in Höhe von 24,4 bzw. 17,2 % als akzeptabel anzusehen. Außerdem lassen sie darüber hinaus den Schluss zu, dass ein Modell mit substanzieller Aussagekraft gewonnen wurde und zentrale Einflussgrößen des Unternehmenserfolgs identifiziert werden konnten. Auf der Grundlage der Ergebnisse der untersuchten Wirkungsbeziehungen des Strukturgleichungsmodells lassen sich die explikativen Untersuchungshypothesen H2, H4 und H5 nicht zurückweisen. Die empirischen Ergebnisse der Untersuchung entsprechen den auf Basis von theoretischen Überlegungen postulierten Wirkungszusammenhängen. Sowohl die operative als auch die strategische Marketingflexibilität tragen wirksam zum Unternehmenserfolg bei. Darüber hinaus trägt die strategische Marketingflexibilität zur operativen Marketingflexibilität bei. 4.3.2.2 Messung der Wirkung der Determinanten Im Rahmen des folgenden Untersuchungsabschnitts wird die dritte Untersuchungsfragestellung beantwortet.2 Dazu werden sukzessive die spezifischen Wirkungen der einzelnen Determinanten Unternehmenskultur, Organisationsstruktur, Unternehmenshistorie, Produktionsressourcen und Marketingressourcen im erweiterten Strukturmodell analysiert.3 Die erste Determinante, der eine nähere Untersuchung zuteil wird, ist die Unternehmenskultur. Die Ergebnisse der Pfadanalyse zeigen, dass durchgängig signifikante Wirkungsbeziehungen zwischen dem Konstrukt Unternehmenskultur und der operativen und strategischen Marketingflexibilität bestehen. So liegen die Pfadkoeffizienten alle deutlich über 0,1 und sind mindestens auf dem 1 %-Niveau signifikant. Auch die Prognoserelevanz ist für die Unternehmenskultur sehr erfreulich. Lediglich die Prognoserelevanz q2 zeigt für die Lernstichprobe mit 0,1 einen ungenügenden Wert und bleibt unter dem Grenzwert von 0,2. Folglich lassen sich die explikativen Untersuchungshypothesen H7 und H8 nicht zurückweisen. Je ausgeprägter die Unternehmenskultur ist, desto ausgeprägter ist die operative wie auch die strategische 1 2 3
Siehe dazu die Ausführungen in Abschnitt 4.1.1.3.3. Vgl. hierzu Abschnitt 1.1.2. Die jeweiligen Messmodelle der Determinanten wurden in Abschnitt 4.3.1.4 operationalisiert.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
259
Marketingflexibilität. Beim Vergleich der beiden Wirkungspfade der Unternehmenskultur fällt auf, dass der Einfluss der Unternehmenskultur auf die strategische Marketingflexibilität höher ausfällt als deren Einfluss auf die operative Marketingflexibilität. Abbildung 101 fasst die Ergebnisse zusammen.
R2: 0,210 Q2: 0,115
0,4
Unternehmenskultur f2: 0,05 q2: 0,01
0,1 93* **
0,21
4***
0, 503****
Lernstichprobe
strategische Marketingflexibilität *** 58*
Unternehmenserfolg
R2: 0,244 Q2: 0,138
Unternehmenserfolg
R2: 0,172 Q2: 0,094
6**** 0,33
operative Marketingflexibilität R2: 0,379 Q2: 0,083
strategische Marketingflexibilität *** 38* 0,4
Unternehmenskultur f2: 0,08 q2: 0,02
0,2 63*
0,18 3
**
0, 413****
Kreuzvalidierungsstichprobe
R2: 0,192 Q2: 0,111
* 8*** 0,28
***
operative Marketingflexibilität R2: 0,335 Q2: 0,092 *Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
Abbildung 101: Strukturgleichungsmodell zum Einfluss der Unternehmenskultur
Auch die beiden explikativen Untersuchungshypothesen H9 und H10 bezüglich der Wirkung der Organisationsstruktur auf die operative und strategische Marketingflexibilität lassen sich aufgrund der ermittelten Ergebnisse nicht zurückweisen (vgl. Abbildung 102). Auch hier liegen die Pfadkoeffizienten zwischen der Organisationsstruktur und der operativen bzw. strategischen Marketingflexibilität über den Grenzwert von 0,1 und sind zumindest auf dem 5 %Niveau signifikant. Die Prognoserelevanz der Organisationsstruktur für die operative und strategische Marketingflexibilität erscheint gegeben, wenn auch die Prognoserelevanz q2 in der Lernstichprobe den Grenzwert verfehlt. Beim Vergleich der Pfadkoeffizienten fällt auf, dass der Einfluss der Organisationsstruktur auf die strategische Marketingflexibilität geringer ausfällt als deren Einfluss auf die operative Marketingflexibilität.
260
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
R2: 0,019 Q2: 0,010
Organisationsstruktur 0,2 0
f2: 0,06 q2: 0,01
0,21
4***
0, 561****
Lernstichprobe
strategische Marketingflexibilität * 39* 0,1
4** **
Unternehmenserfolg
R2: 0,244 Q2: 0,137
Unternehmenserfolg
R2: 0,172 Q2: 0,094
7**** 0,33
operative Marketingflexibilität R2: 0,388 Q2: 0,086
strategische Marketingflexibilität * 64* 0,1
Organisationsstruktur f2: 0,14 q2: 0,03
0,3 08*
0,18 3
**
0, 477****
Kreuzvalidierungsstichprobe
R2: 0,027 Q2: 0,014
* 8*** 0,28
***
operative Marketingflexibilität R2: 0,370 Q2: 0,102 *Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
Abbildung 102: Strukturgleichungsmodell zum Einfluss der Organisationsstruktur
Die Ergebnisse der Pfadanalyse für die Determinante Unternehmenshistorie zeigen, dass durchgängig hochsignifikante Wirkungsbeziehungen zwischen dem Konstrukt Unternehmenshistorie und der operativen und strategischen Marketingflexibilität bestehen. So liegen die Pfadkoeffizienten alle deutlich über 0,1 und sind mindestens auf dem 0,1 %-Niveau signifikant. Auch die Prognoserelevanz ist für die Unternehmenshistorie sehr erfreulich. Folglich lassen sich die explikativen Untersuchungshypothesen H11 und H12 nicht zurückweisen. Je ausgeprägter die Unternehmenshistorie ist, desto ausgeprägter ist die operative wie auch die strategische Marketingflexibilität. Beim Vergleich der beiden Wirkungspfade der Unternehmenshistorie fällt auf, dass der Einfluss der Unternehmenshistorie auf die strategische Marketingflexibilität sehr viel höher ausfällt als deren Einfluss auf die operative Marketingflexibilität. Abbildung 103 fasst die Ergebnisse der Analysen zusammen.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
261
R2: 0,322 Q2: 0,178
Unternehmenshistorie 0,3 4
f2: 0,14 q2: 0,02
0,21
3***
0, 399****
Lernstichprobe
strategische Marketingflexibilität *** 68* 0,5
0** **
Unternehmenserfolg
R2: 0,244 Q2: 0,138
Unternehmenserfolg
R2: 0,172 Q2: 0,094
8**** 0,33
operative Marketingflexibilität R2: 0,429 Q2: 0,094
strategische Marketingflexibilität *** 65* 0,5
Unternehmenshistorie f2: 0,16 q2: 0,03
0,3 79*
0,18 2
**
0, 315****
Kreuzvalidierungsstichprobe
R2: 0,319 Q2: 0,187
* 9*** 0,28
***
operative Marketingflexibilität R2: 0,378 Q2: 0,103 *Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
Abbildung 103: Strukturgleichungsmodell zum Einfluss der Unternehmenshistorie
Die Ergebnisse der Pfadanalyse für die Wirkung der Produktionsressourcen auf die operative wie auch die strategische Marketingflexibilität zeigen ein gemischtes Bild. In der Lernstichprobe werden alle Kriterien bis auf die Prognoserelevanz q2 eingehalten. Diese zeigt mit 0,1 einen ungenügenden Wert und bleibt hinter dem Grenzwert von 0,2 zurück. Die Pfadkoeffizienten liegen alle deutlich über 0,1 und sind zumindest auf dem 5 %-Niveau signifikant. In der Kreuzvalidierungsstichprobe zeigt sich für die Wirkung der Produktionsressourcen auf die strategische Marketingflexibilität eine ungenügende Höhe für den Pfadkoeffizienten von 0,083. Er ist darüber hinaus nicht einmal auf dem 10 %-Niveau signifikant, denn sein t-Wert beträgt lediglich 1,239. Die Produktionsressourcen wären damit keine Determinante der strategischen Marketingflexibilität. Diese Aussage ist dahingehend einzuschränken, dass aufgrund eines nichtsignifikanten Pfadkoeffizienten die dem Signifikanztest zugrunde liegende Nullhypothese (Pfadkoeffizient gleich Null bzw. vernachlässigbar klein) nicht automatisch bestätigt wird.1 Hierzu ist die Teststärke (Power) genauer zu analysieren. Diese gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein
1
Vgl. Bortz (2005), S. 119 ff. Siehe zu der nachfolgenden Argumentation auch Eggert/Fassott/Helm (2005), S. 112-114.
262
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
tatsächlich von Null verschiedener Pfadkoeffizient durch den verwendeten statistischen Test aufgedeckt werden könnte.1 Angesichts der postulierten Wirkung der Produktionsressourcen auf die strategische Marketingflexibilität soll daher ausgeschlossen werden, dass die Nullhypothese (hier: der Pfadkoeffizient ist nicht von Null verschieden bzw. vernachlässigbar klein) zutreffen könnte. Für einen solchen Test wird eine Teststärke von mindestens 0,95 für erforderlich gehalten, wenn die Bestätigung einer Nullhypothese angestrebt wird.2 Aus tabellierten Werten für die Teststärke von t-Tests ergibt sich unter der Annahme einer geringen Effektstärke von 0,2 sowie dem verwendeten Signifikanzniveaus des zweiseitigen Tests (p < 0,05) und der Stichprobengröße (n = 216) eine Teststärke von etwa 0,545.3 Diese liegt weit unterhalb des geforderten Niveaus von 0,95. Die Nullhypothese, die dem Signifikanztest zugrunde liegt, (Pfadkoeffizient gleich Null bzw. vernachlässigbar klein) kann also nicht bestätigt werden, da die Wahrscheinlichkeit, dass ein tatsächlich von Null verschiedener Pfadkoeffizient durch den verwendeten statistischen Test aufgedeckt werden könnte, unter dem geforderten Niveau liegt. Dieses Ergebnis untermauert die sich aus der Lernstichprobe ergebene Aussage, dass die Produktionsressourcen einen Einfluss auf die strategische Marketingflexibilität aufweisen. Folglich lassen sich die explikativen Untersuchungshypothesen H13 und H14 nicht begründet zurückweisen. Je ausgeprägter die Produktionsressourcen eines Unternehmens sind, desto ausgeprägter ist die operative wie auch die strategische Marketingflexibilität in einem Unternehmen. Abbildung 104 fasst die Ergebnisse für beide Stichproben zusammen.
1 2 3
Vgl. Cashen/Geiger (2004), S. 154. Vgl. Bortz (2005), S. 123. Da Cohen (1988), S. 37 nur Werte für Stichprobenumfänge von 200 (hier ergibt sich ein Werte von 0,51 und für n = 250 (0,61) tabelliert, wurde der exakte Werte mit dem Programm G*Power bestimmt. Vgl. dazu Erdfelder/Faul/Buchner (1996).
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
263
R2: 0,046 Q2: 0,025
Produktionsressourcen 0,1
f2: 0,02 q2: 0,00
0,21
8***
0, 554****
Lernstichprobe
strategische Marketingflexibilität ** 14* 0,2
48* *
Unternehmenserfolg
R2: 0,243 Q2: 0,137
Unternehmenserfolg
R2: 0,171 Q2: 0,093
2**** 0,33
operative Marketingflexibilität R2: 0,364 Q2: 0,081
strategische Marketingflexibilität 83 0,0
Produktionsressourcen f2: 0,08 q2: 0,02
0,2 40*
0,18 4
**
0,506****
Kreuzvalidierungsstichprobe
R2: 0,007 Q2: 0,004
* 6*** 0,28
***
operative Marketingflexibilität R2: 0,334 Q2: 0,092 *Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
Abbildung 104: Strukturgleichungsmodell zum Einfluss der Produktionsressourcen
Ebenso wie die vorangegangenen Analysen wurde abschließend auch die Wirkung der Marketingressourcen auf die operative bzw. die strategische Marketingflexibilität untersucht. Auch die beiden explikativen Untersuchungshypothesen H15 und H16 bezüglich der Wirkung der Marketingressourcen auf die operative und strategische Marketingflexibilität lassen sich aufgrund der Datenlage nicht zurückweisen (vgl. Abbildung 105). Auch hier liegen die Pfadkoeffizienten zwischen den Marketingressourcen und der operativen bzw. strategischen Marketingflexibilität über den geforderten Grenzwert von 0,1. Darüber sind alle Pfadkoeffizienten zumindest auf dem 1 %-Niveau signifikant. Die Prognoserelevanz der Marketingressourcen für die operative und strategische Marketingflexibilität erscheint auch gegeben, wenn auch die Prognoserelevanz q2 in der Lernstichprobe den Grenzwert von 0,2 knapp verfehlt. Beim Vergleich der Pfadkoeffizienten fällt zudem auf, dass der Einfluss der Marketingressourcen auf die strategische Marketingflexibilität höher ausfällt als deren Einfluss auf die operative Marketingflexibilität.
264
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
R2: 0,232 Q2: 0,126
Marketingressourcen f2: 0,06 q2: 0,01
0,2 25* **
0,21
4***
0, 482****
Lernstichprobe
strategische Marketingflexibilität *** 82* 0,4
Unternehmenserfolg
R2: 0,244 Q2: 0,138
Unternehmenserfolg
R2: 0,172 Q2: 0,093
6**** 0,33
operative Marketingflexibilität R2: 0,387 Q2: 0,085
strategische Marketingflexibilität *** 37* 0,5
Marketingressourcen f2: 0,08 q2: 0,02
0,2 74*
0,18 2
**
0, 383****
Kreuzvalidierungsstichprobe
R2: 0,288 Q2: 0,169
* 8*** 0,28
***
operative Marketingflexibilität R2: 0,335 Q2: 0,091 *Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
Abbildung 105: Strukturgleichungsmodell zum Einfluss der Marketingressourcen
Insgesamt kann nach Abschluss der Analysen zur Beantwortung der dritten Untersuchungsfragestellung festgehalten werden, dass die theoretisch entwickelten Wirkungsbeziehungen der identifizierten Determinanten der operativen und strategischen Marketingflexibilität einer empirischen Überprüfung standgehalten haben und die explikativen Untersuchungshypothesen H7 bis H16 nicht zurückgewiesen werden konnten. Unternehmenskultur, Organisationsstruktur, Unternehmenshistorie, Produktionsressourcen und Marketingressourcen beeinflussen die operative und strategische Marketingflexibilität eines Unternehmens. 4.3.3 Analyse des Einflusses situativer Variablen Zur Beantwortung der noch ausstehenden vierten Untersuchungsfragestellung wird im Rahmen dieses Abschnitts die Wirkung von Kontextfaktoren untersucht, die den Wirkungszusammenhang zwischen der operativen und der strategischen Marketingflexibilität auf der einen Seite und dem Unternehmenserfolg auf der anderen Seite beeinflussen.1 Weiterhin soll die Wirkungsbeziehung zwischen der strategischen und der operativen Marketingflexibilität eingehend analysiert werden. Gerade erst die Untersuchung, unter welchen Umständen ein
1
Vgl. hierzu Abschnitt 1.1.2.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
265
Zusammenhang besonders stark oder schwach ausgeprägt ist, leistet einen bedeutenden Erkenntnisfortschritt.1 Darüber hinaus wird dieses Vorgehen der dieser Untersuchung zugrundeliegenden wissenschaftstheoretischen Leitidee des situativen Ansatzes und auch dem speziellen Forschungsgegenstand der Flexibilität im Unternehmen gerecht. Die Überprüfung der moderierenden Wirkung der Umfelddynamik wird dabei anhand der in Abschnitt 4.1.1.4 beschriebenen Vorgehensweise vorgenommen. Die Hypothese hinsichtlich der moderierenden Wirkung der Moderatorvariable (in der vorliegenden Untersuchung sind dies die Marktdynamik und die Technologiedynamik als die beiden wesentlichen Quellen der Umfelddynamik), wenn der Interaktionseffekt signifikant ist und über das theoretisch postulierte Vorzeichen verfügt. Der erste Zusammenhang, der einer genaueren Analyse unterzogen wurde, bezieht sich auf die Erfolgswirkung der operativen Marketingflexibilität. Wie der Abbildung 106 zu entnehmen ist, sind in der Lernstichprobe die Interaktionseffekte sowohl für die Markt- als auch die Technologiedynamik zumindest auf dem 1 %-Niveau signifikant. Die beiden Interaktionseffekte verfügen nicht nur über das postulierte Vorzeichen, sondern sie können auch als substanziell bezeichnet werden, da die Höhe der Pfadkoeffizienten das geforderte Niveau von 0,1 übersteigt und eine zumindest geringe Effektstärke nachgewiesen werden konnte. Im Rahmen der Kreuzvalidierungsstichprobe wird dieses Ergebnis ebenfalls bestätigt. Auf Basis dieser Ergebnisse lässt sich die explikative Untersuchungshypothese H17 nicht zurückweisen. Je größer die Dynamik im Unternehmensumfeld ausgeprägt ist, desto größer ist der Beitrag der operativen Marketingflexibilität zum Unternehmenserfolg.
1
Vgl. Eggert/Fassott/Helm (2005), S. 103.
266
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Marktdynamik
Kreuzvalidierungsstichprobe
Lernstichprobe
operative Marketingflexibilität
Marktdynamik
0,4 84 **
Technologiedynamik
operative Marketingflexibilität **
-0,040
Unternehmenserfolg
R2: 0,306
Technologiedynamik
Interaktionseffekt
Interaktionseffekt
f2: 0,04
f2: 0,09
Marktdynamik
0,4 02 **
operative Marketingflexibilität **
0,045
0,076
Unternehmenserfolg
R2: 0,345
* *** 67 0,2
*** 88 0,1
operative Marketingflexibilität
0,4 93 *** *
Unternehmenserfolg
R2: 0,284
Technologiedynamik
* *** 12 0,3
0,3 83 ***
*** 30 0,2
Interaktionseffekt
Interaktionseffekt
f2: 0,11
f2: 0,06
*
0,052
Unternehmenserfolg
R2: 0,246
*
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
Abbildung 106: Moderierende Wirkung der Umfelddynamik auf die Erfolgswirkung der operativen Marketingflexibilität
Weiterhin wurde untersucht, ob und in welchem Ausmaß die Erfolgswirkung der strategischen Marketingflexibilität ebenfalls durch die Umfelddynamik beeinflusst wird. In der Lernstichprobe sind die Interaktionseffekte sowohl für die Markt- als auch die Technologiedynamik zumindest auf dem 1 %-Niveau signifikant. Die beiden Interaktionseffekte verfügen darüber hinaus nicht nur über das postulierte Vorzeichen, sondern sie können auch als substanziell bezeichnet werden. Die Höhe der Pfadkoeffizienten übersteigt in beiden Fällen das geforderte Niveau von 0,1 deutlich und für die Technologiedynamik kann zumindest eine geringe Effektstärke nachgewiesen werden. Für die Marktdynamik ist die Effektstärke des Interaktionseffekts sogar als mittel stark zu bezeichnen. Im Rahmen der Kreuzvalidierungsstichprobe wird dieses Ergebnis ebenfalls bestätigt. Auf Basis dieser Ergebnisse lässt sich die explikative Untersuchungshypothese H17 nicht zurückweisen. Je größer die Dynamik im Unternehmensumfeld ausgeprägt ist, desto größer ist der Beitrag der strategischen Marketingflexibilität zum Unternehmenserfolg. Die Abbildung 107 fasst die wichtigsten Analyseergebnisse sowohl für die Lernstichprobe als auch für die Kreuzvalidierungsstichprobe zusammen.
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
267
Marktdynamik
Kreuzvalidierungsstichprobe
Lernstichprobe
strategische Marketingflexibilität
Marktdynamik
0,4
Technologiedynamik
strategische Marketingflexibilität
27 *** *
0,009
*** 65 0,3
Unternehmenserfolg
R2: 0,312
Technologiedynamik
*
Interaktionseffekt
f2: 0,16
f2: 0,11
Marktdynamik
0,3
strategische Marketingflexibilität
59 *** *
-0,015
0,065
Unternehmenserfolg
R2: 0,272
Unternehmenserfolg
R2: 0,159
*** 95 0,2
Interaktionseffekt
strategische Marketingflexibilität
0,4 41 *** *
Unternehmenserfolg
R2: 0,162
Technologiedynamik
* *** 09 0,2
0,3 14 *** *
0,060 *** 03 0,2
Interaktionseffekt
Interaktionseffekt
f2: 0,05
f2: 0,05
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
Abbildung 107: Moderierende Wirkung der Umfelddynamik auf die Erfolgswirkung der strategischen Marketingflexibilität
Abschließend soll der moderierende Einfluss der Umfelddynamik auf die Beziehung zwischen der strategischen und operativen Marketingflexibilität untersucht werden. Sowohl für die Marktdynamik als auch für die Technologiedynamik sind die Interaktionseffekte nicht signifikant und erreichen nicht das geforderte Anspruchsniveau in Bezug auf die Höhe der Pfadkoeffizienten. Darüber hinaus weist der Interaktioneffekt für die Technologiedynamik nicht das postulierte Vorzeichen auf. In der Kreuzvalidierungsstichprobe wird ein gewisser Effekt für die Marktdynamik nachgewiesen, wobei die geforderten Anspruchsniveaus für die verschiedenen Gütekriterien allerdings nur knapp erreicht werden. Bei der Technologiedynamik werden wiederum alle Kriterien eindeutig verletzt. Die einzelnen Testergebnisse, wie sie sich für die Lern- als auch für die Kreuzvalidierungsstichprobe ergeben, sind in der Abbildung 108 zusammengefasst. Auf Basis dieser Analyseergebnisse ist die explikative Untersuchungshypothese H19 abzulehnen. Das Ausmaß der Dynamik im Unternehmensumfeld hat keine Auswirkungen auf den Einfluss der strategischen Marketingflexibilität auf die operative Marketingflexibilität.
268
Empirische Untersuchung der dargestellten Wirkungszusammenhänge
Marktdynamik
Kreuzvalidierungsstichprobe
Lernstichprobe
strategische Marketingflexibilität
Marktdynamik
0,6
Technologiedynamik
strategische Marketingflexibilität
54 *** *
0,152**
operative Marketingflexibilität
R2: 0,505
Technologiedynamik
Interaktionseffekt
Interaktionseffekt
f2: 0,01
f2: 0,01
Marktdynamik
0,5
strategische Marketingflexibilität
16 *** *
0,290****
0,051
operative Marketingflexibilität
R2: 0,506
operative Marketingflexibilität
R2: 0,423
40 -0,0
34 0,0
strategische Marketingflexibilität
0,6 88 *** *
operative Marketingflexibilität
R2: 0,446
Technologiedynamik
* 01 0,1
0,5 85 *** *
0,137***
37 -0,0
Interaktionseffekt
Interaktionseffekt
f2: 0,02
f2: 0,01
*Į 0,10; **Į 0,05; ***Į 0,01; ****Į 0,001
Abbildung 108: Moderierende Wirkung der Umfelddynamik auf den Einfluss der strategischen Marketingflexibilität auf die operative Marketingflexibilität
Mit der Betrachtung der Wirkungsbeeinflussung durch den moderierenden Faktor der Umfelddynamik ist die Darstellung der empirischen Ergebnisse dieser Untersuchung abgeschlossen.
5
Zusammenfassung und Implikationen der Untersuchung
Das folgende Kapitel stellt zunächst zusammenfassend die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung dar (Abschnitt 5.1). Im Anschluss daran werden die Untersuchung und ihre Ergebnisse bewertet und theoretische sowie empirische Implikationen für eine weiterführende Forschung aufgezeigt (Abschnitt 5.2). Das Kapitel schließt in Abschnitt 5.3 mit den Erkenntnisses der Analysen ab, die für die Unternehmenspraxis abgeleitet werden können. Die Abbildung 109 stellt die Einordnung des abschließenden Kaptitels in den Gesamtzusammenhang der Untersuchung dar.
1
Einleitung
2
3
4
5
Grundlagen der Untersuchung
Entwicklung des Untersuchungsmodells
empirische Untersuchung
Zusammenfassung und Implikationen der Untersuchung
• Ausgangspunkt der Untersuchung • Problemstellung und Zielsetzung der Untersuchung • Eingrenzung des Untersuchungsbereichs • Vorgehensweise und Aufbau der Untersuchung
• Flexibilität als Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Forschung • wissenschaftstheoretische Einordnung und terminologische Basis • theoretische Bezugspunkte der Untersuchung
Forschungsfragestellung
Untersuchungsgrundlagen und Identifikation der Forschungslücke
• Konzeptionalisierung der Konstrukte • Entwicklung der Untersuchungshypothesen
empirisch zu prüfendes Modell und Hypothesen
• Grundlagen der Strukturgleichungsanalyse • Vorgehensweise zur Operationalisierung von Konstrukten • Datengrundlage und Datenerhebung • Überprüfung der Messmodelle • Überprüfung des Strukturmodells • Analyse des Einflusses situativer Variablen
Grundlagen der Empirie und empirische Befunde
• Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung • wissenschaftliche Bewertung und Ansatzpunkte weiterer Forschung • Implikationen für die Unternehmenspraxis
Implikationen der Untersuchung
Abbildung 109: Kapitel 5 der Untersuchung
5.1
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung
Den Ausgangspunkt der Untersuchung bildete die Beobachtung, dass die Flexibilität im Unternehmen in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen hat. Diese Flexibilität wird als Voraussetzung dafür angesehen, in einer unsicheren Unternehmensumwelt das Überleben des Unternehmens zu gewährleisten. Die Aufarbeitung des aktuellen Stands der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung hat gezeigt, dass im Gegensatz zu vielen anderen, umfassend untersuchten Erscheinungsformen der Flexibilität die Marketingflexibilität bislang kaum untersucht wurde und keine systematische Entwicklung eigenständiger Flexibilitätskonzepte vorliegt. Dieses Ergebnis war umso erstaunlicher, als das gerade der Marketingbereich, einen besonders engen Bezug zur betriebswirtschaftlichen Unsicherheitsproble-
270
Zusammenfassung und Implikationen der Untersuchung
matik aufweist und der Marketingflexibilität eine entscheidende Bedeutung beigemessen wird.1 Das Primärziel der vorliegenden Untersuchung lag in der theoretischen Konzeptionalisierung und der Messung der Marketingflexibilität (Untersuchungsfragestellung 1). Ferner sollten die Wirkung der Marketingflexibilität auf den Unternehmenserfolg (Untersuchungsfragestellung 2) und ihre wesentlichen Determinanten (Untersuchungsfragestellung 3) theoretisch hergeleitet und empirisch untersucht werden. Dem situativen Leitprinzip folgend wurden im Rahmen der vierten Untersuchungsfragestellung moderierenden Größen betrachtet. Als geeignete Basis zur Bearbeitung dieser Fragestellungen wurde der Dynamic-CapabilityAnsatz unter Zuhilfenahme allgemeiner ressourcentheoretischer Erkenntnisse herangezogen.2 Es ließ sich zeigen, dass die Marketingflexibilität als eine spezifische dynamische Fähigkeit verstanden werden kann, die es dem Unternehmen erlaubt, seine bestehenden funktionalen Marketingfähigkeiten durch Veränderung der zur Verfügung stehenden Bestände sowie durch Veränderung des Produktions- und Leistungsprogramms an veränderte Gegebenheiten und daraus resultierend, an veränderte Aufgaben auf effiziente und effektive Weise offensiv-aktiv anzupassen.3 Unter Rückgriff auf die Erkenntnisse des Dynamic-Capability-Ansatzes und der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung konnten mit der operativen und der strategischen Marketingflexibilität die beiden Dimensionen der Marketingflexibilität identifiziert und konzeptionalisiert werden, die jeweils über vier Subdimensionen näher bestimmt werden konnten.4 Ferner wurde auf Basis des Dynamic-Capability-Ansatzes und der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung die Einsicht gewonnen, dass sich die operative wie die strategische Marketingflexibilität direkt auf den Unternehmenserfolg auswirken.5 Daneben wurden fünf Determinanten theoriebasiert hergeleitet, die positiv auf die Herausbildung der Marketingflexibilität wirken: Unternehmenskultur, Organisationsstruktur, Unternehmenshistorie, Produktionsressourcen und Marketingressourcen.6 Da die Marketingflexibilität wie allgemein dynamische Fähigkeiten insbesondere in dynamischen Märkten von hoher Bedeutung ist, wurde mit der Umfelddynamik ein moderierender Faktor theoretisch deduziert, der die Erfolgswirkung der Marketingflexibilität beeinflusst.7
1 2 3 4 5 6 7
Siehe Abschnitt 1.1.1. Siehe Abschnitt 2.2.1.3.2. Siehe Abschnitt 2.2.2. Siehe Abschnitt 3.1. Siehe Abschnitt 3.2. Siehe Abschnitt 3.3. Siehe Abschnitt 3.4.
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung
271
Das Untersuchungsmodell der Marketingflexibilität wurde anschließend mithilfe von Strukturgleichungsmodellen empirisch überprüft.1 Hierzu wurden für sämtliche Konstrukte entsprechend ihrer definitorischen Abgrenzung – soweit vorhanden – etablierte Messmodelle recherchiert und im Rahmen von Expertengesprächen und einer Reihe von Pretests verfeinert.2 Weil die Marketingflexibilität vor allem in solchen Märkten von Bedeutung ist, die sich häufig und im starken Maße verändern, wurde die Elektrotechnik- und Elektronikindustrie als Untersuchungsobjekt gewählt. Diese Unternehmen sind in Märkten tätig, die durch ein hohes Maß an technologischer und strategischer Unsicherheit gekennzeichnet sind und aus diesem Grund einen hohen Flexibilitätsbedarf und Veränderungsintensität aufweisen. In diesem Umfeld sollte eine hohe Marketingflexibilität sehr viel deutlicher zum Unternehmenserfolg beitragen. Darüber hinaus kann die Elektrotechnik- und Elektronikindustrie als der klassische Untersuchungsgegenstand für empirische Flexibilitätsarbeiten bezeichnet werden. Aus der dieser Untersuchung zugrunde gelegten Datenbank, welche 6.388 relevante Unternehmen enthielt, wurde mittels des Verfahrens der systematischen Zufallsauswahl eine Stichprobe von 2.000 Unternehmen herangezogen. Insgesamt konnte mittels der fragebogenbasierten Erhebung ein Rücklauf von 434 verwertbaren Fragebögen erreicht werden.3 Die Repräsentativität sowie das Nichtvorhandensein eventueller Verzerrungen konnte nachgewiesen werden.4 Aufgrund des sehr guten Rücklaufs war eine Teilung in zwei Teilstichproben (Lernstichprobe und Kreuzvalidierungsstichprobe) möglich, um das Problem der Überanpassung infolge der Skalenbereinigung zu vermeiden. Für die Überprüfung der Reliabilität und Validität der Messmodelle wurde ein kovarianzbasiertes Verfahren gewählt. Die anschließende Untersuchung der Wirkungsbeziehungen zwischen den Konstrukten im Untersuchungsmodell wurde mittels eines varianzbasierten Verfahrens vorgenommen. Die empirischen Analysen haben gezeigt, dass die operative Marketingflexibilität über die vier reflektiven Dimensionen Produktflexibilität, Distributionsflexibilität, Kontrahierungsflexibilität und Kommunikationsflexibilität mit insgesamt 26 Indikatoren reliabel und valide gemessen werden kann.5 Ebenso konnte gezeigt werden, dass die strategische Marketingflexibilität über die vier reflektiven Dimensionen Marktorientierung, Lernfähigkeit, Koordinationsfähigkeit und Koordination der strategischen Optionen mit insgesamt 17 Indikatoren reliabel und valide gemessen werden kann.6 Dadurch war die erste Untersuchungsfragestellung beantwortet und die Grundlage für die Beantwortung der übrigen Fragestellungen gelegt. So konnte im Strukturmodell gezeigt werden, dass der Einfluss der strategischen Marketingflexibilität auf die operative Marketing1 2 3 4 5 6
Siehe Abschnitt 4.1. Siehe Abschnitt 4.2.2.2. Siehe Abschnitt 4.2.2.3. Siehe Abschnitt 4.2.3.1. Siehe Abschnitt 4.3.1.1. Siehe Abschnitt 4.3.1.2.
272
Zusammenfassung und Implikationen der Untersuchung
flexibilität mit 0,592 bzw. 0,531 in beiden Stichproben sehr hoch und darüber hinaus hochsignifikant ist.1 Für die Beantwortung der zweiten Untersuchungsfragestellung wurde der Einfluss der operativen wie auch der strategischen Marketingflexibilität auf den Unternehmenserfolg betrachtet.2 Alle Pfadkoeffizienten zeigen die postulierte, hochsignifikante Wirkungsbeziehung. So beträgt der Einfluss der operativen Marketingflexibilität auf den Unternehmenserfolg 0,336 (0,288 für die Kreuzvalidierungsstichprobe) und ist zudem auf dem 0,1 %-Niveau signifikant. Auch der direkte Effekt der strategischen Marketingflexibilität in Höhe von 0,214 (0,182 für die Kreuzvalidierungsstichprobe) ist hochsignifikant. Ferner beläuft sich der Totaleffekt der strategischen Marketingflexibilität auf den Unternehmenserfolg, der auch den indirekten Effekt über die operative Marketingflexibilität inkludiert, auf 0,413 (0,335 für die Kreuzvalidierungsstichprobe). Damit macht der indirekte Effekt ca. 51,8 % (54,3 % für die Kreuzvalidierungsstichprobe) des totalen Einflusses der strategischen Marketingflexibilität auf den Unternehmenserfolg aus. Zur Beantwortung der dritten Untersuchungsfragestellung wurde der Einfluss der Determinanten auf die operative und strategische Marketingflexibilität überprüft.3 Alle fünf Determinanten weisen einen signifikanten positiven Effekt auf die operative und auf strategische Marketingflexibilität auf. Lediglich in der Kreuzvalidierungsstichprobe zeigt sich für die Wirkung der Produktionsressourcen auf die strategische Marketingflexibilität eine ungenügende Höhe für den Pfadkoeffizienten von 0,083, der darüber hinaus nicht einmal auf dem 10 %-Niveau signifikant war. Weitere Analysen ließen insbesondere vor dem Hintergrund der sehr guten Werte für diese Beziehung im Rahmen der Lernstichprobe den Schluss zu, dass die entsprechende Hypothese über den positiven Einfluss der Produktionsressourcen auf die strategische Marketingflexibilität nicht begründet zurückgewiesen werden kann. Die letzte der vier Forschungsfragestellungen fokussierte auf die Untersuchung der Wirkung moderierender Einflüsse. Im Zentrum steht dabei ihre Wirkung auf die Beziehung zwischen der operativen und der strategischen Marketingflexibilität und ihren Einfluss auf den Unternehmenserfolg. Weiterhin wurde die Wirkung der strategischen auf die operative Marketingflexibilität vor dem Hintergrund situativer Einflüsse untersucht.4 Dazu wurden Interaktionsvariablen berechnet, um die Interaktionseffekte zu bestimmen. Im Rahmen dieser Analyse konnte für die Umfelddynamik gezeigt werden, dass diese Umfelddynamik die Wirkungsbeziehung der operativen wie auch der strategischen Marketingflexibilität auf den Unternehmens-
1 2 3 4
Siehe Abschnitt 4.3.2.1. Siehe Abschnitt 4.3.2.1. Siehe Abschnitt 4.3.2.2. Siehe Abschnitt 4.3.3.
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung
273
erfolg beeinflusst. Insbesondere in Unternehmensumfeldern mit einer hohen Dynamik sind die operative wie auch die strategische Marketingflexibilität für den Wettbewerbsvorteil wichtig. Nicht signifikant ist hingegen der moderierende Einfluss der Umfelddynamik auf die Wirkungsbeziehung der strategischen Marketingflexibilität auf die operative Marketingflexibilität. Das Ausmaß der Umfelddynamik scheint also nicht die Wirksamkeit der strategischen Marketingflexibilität auf die operative Marketingflexibilität zu bestimmen, sondern ausschließlich das Ausmaß der strategischen Marketingflexibilität. Die strategische Marketingflexibilität ist also unabhängig von der Höhe der Umfelddynamik wichtig für die Weiterentwicklung der operativen Marketingflexibilität. Wie in Abschnitt 5.2 dargelegt wird, wären zur Erforschung des entsprechenden Zusammenhangs weitere Untersuchungen wünschenswert. Die empirischen Ergebnisse zu allen theoriegeleiteten Hypothesen dieser Untersuchung sind zusammenfassend in Tabelle 10 dargestellt. Nr.
Hypothese
Fazit
H1
Die operative Marketingflexibilität ist ein mehrdimensionales Kon- bestätigt strukt 3. Ordnung und setzt sich aus den Dimensionen Produktflexibilität, Distributionsflexibilität, Kontrahierungsflexibilität und Kommunikationsflexibilität zusammen.
H2
Die operative Marketingflexibilität trägt zum Unternehmenserfolg bestätigt bei.
H3
Die strategische Marketingflexibilität ist ein mehrdimensionales bestätigt Konstrukt 2. Ordnung und setzt sich aus den Dimensionen Marktorientierung, Lernfähigkeit, Koordinationsfähigkeit und Koordination der strategischen Optionen zusammen.
H4
Die strategische Marketingflexibilität trägt zur operativen Marke- bestätigt tingflexibilität bei.
H5
Die strategische Marketingflexibilität trägt zum Unternehmenserfolg bestätigt bei.
H6
Der Unternehmenserfolg ist ein mehrdimensionales Konstrukt 2. bestätigt Ordnung und setzt sich aus den Dimensionen Kundenzufriedenheit, Markteffektivität und Profitabilität zusammen.
H7
Die Unternehmenskultur determiniert die strategische Marketingfle- bestätigt xibilität. Je offener die Unternehmenskultur für Veränderungen ist, desto höher ist die strategische Marketingflexibilität.
H8
Die Unternehmenskultur determiniert die operative Marketingflexi- bestätigt bilität. Je offener die Unternehmenskultur für Veränderungen ist, desto höher ist die operative Marketingflexibilität.
H9
Die Organisationsstruktur determiniert die strategische Marketing- bestätigt flexibilität. Je flacher und durchlässiger die Organisationsstruktur ist, desto höher ist die strategische Marketingflexibilität.
274
Zusammenfassung und Implikationen der Untersuchung
H10
Die Organisationsstruktur determiniert die operative Marketingfle- bestätigt xibilität. Je flacher und durchlässiger die Organisationsstruktur ist, desto höher ist die operative Marketingflexibilität.
H11
Die Unternehmenshistorie determiniert die strategische Marketing- bestätigt flexibilität. Je mehr Erfahrungen ein Unternehmen in der Vergangenheit mit Umfelddynamik und Flexibilität gesammelt hat, desto höher ist die strategische Marketingflexibilität.
H12
Die Unternehmenshistorie determiniert die operative Marketingfle- bestätigt xibilität. Je mehr Erfahrungen ein Unternehmen in der Vergangenheit mit Umfelddynamik und Flexibilität gesammelt hat, desto höher ist die operative Marketingflexibilität.
H13
Die Produktionsressourcen determinieren die strategische Marke- bestätigt tingflexibilität. Je überragender die Produktionsressourcen sind, desto höher ist die strategische Marketingflexibilität.
H14
Die Produktionsressourcen determinieren die operative Marketing- bestätigt flexibilität. Je überragender die Produktionsressourcen sind, desto höher ist die operative Marketingflexibilität.
H15
Die Marketingressourcen determinieren die strategische Marketing- bestätigt flexibilität. Je überragender die Marketingressourcen sind, desto höher ist die strategische Marketingflexibilität.
H16
Die Marketingressourcen determinieren die operative Marketingfle- bestätigt xibilität. Je überragender die Marketingressourcen sind, desto höher ist die operative Marketingflexibilität.
H17
Je größer die Dynamik im Unternehmensumfeld, desto größer ist der bestätigt Beitrag der operativen Marketingflexibilität zum Unternehmenserfolg.
H18
Je größer die Dynamik im Unternehmensumfeld, desto größer ist der bestätigt Beitrag der strategischen Marketingflexibilität zum Unternehmenserfolg.
H19
Je größer die Dynamik im Unternehmensumfeld, desto größer ist der nicht bestätigt Beitrag der strategischen Marketingflexibilität zur operativen Marketingflexibilität.
Tabelle 10:
5.2
Empirische Ergebnisse der Hypothesenüberprüfung
Wissenschaftliche Bewertung und Ansatzpunkte weiterer Forschung
Die vorliegende Untersuchung behandelt einen in der betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung zwar häufig diskutierten, jedoch bislang nicht in umfassender Weise konzeptionalisierten und operationalisierten Untersuchungsgegenstand.1 Die Untersuchung liefert einen Beitrag für ein besseres Verständnis der Marketingflexibilität im Unternehmen sowohl hin1
Siehe Abschnitt 1.1.
Wissenschaftliche Bewertung und Ansatzpunkte weiterer Forschung
275
sichtlich ihrer inhaltlichen Elemente als auch hinsichtlich ihres strukturellen Aufbaus. Der wissenschaftliche Beitrag dieser Untersuchung lag zum einen in der theoretischen Weiterentwicklung des Flexibilitätsbegriffs für den Marketingbereich und allgemein der dynamischer Fähigkeiten im Unternehmen und zum anderen in einer empirischen Untersuchung ihrer Erfolgswirkung. Hierbei wurde besonderer Wert auf die theoretische Fundierung des Hypothesensystems sowie der Reliabilität und Validität der Messinstrumente gelegt.1 Damit erfüllt diese Untersuchung die Forderung der Unternehmenspraxis als auch der Forschung nach der Generierung geeigneten Messskalen für verschiedene Flexibilitätsarten. Darüber hinaus ermöglicht die Untersuchung erstmalig die Marketingflexibilität zusammen mit anderen Flexibilitätsarten im Unternehmen, beispielsweise der Flexibilität im Produktionsbereich oder der Flexibilität im Beschaffungsbereich, gemeinsam zu analysieren, um so die Beziehung zwischen den unterschiedlichen Arten von Flexibilitätstypen weiter zu erforschen. Darüber hinaus trägt die vorliegende Untersuchung zum besseren Verständnis dynamischer Fähigkeiten bei und vermag einen wichtigen Beitrag zum Dynamic-Capability-Ansatz zu leisten. Die Forschung im Bereich dynamischer Fähigkeiten ist oft der Kritik ausgesetzt, da sie wenige empirische Untersuchungen konkreter dynamischer Fähigkeiten vorweisen kann.2 In der Literatur wird daher immer wieder die Forderung nach einer Operationalisierung von dynamischen Fähigkeiten erhoben.3 Die Konzeptionalisierung und Operationalisierung der Marketingflexibilität trägt dazu bei, diese Lücke weiter aufzufüllen. Insbesondere konnte dem Tautologievorwurf dadurch begegnet werden,4 dass gezeigt werden konnte, dass die Marketingflexibilität insbesondere bei hoher Umfelddynamik wettbewerbsvorteilsrelevant ist. Ferner konnte mit den fünf Determinanten Hinweise dafür geliefert werden, wie diese Marketingflexibilität aufgebaut werden kann. Hierdurch konnte dem von HELFAT aufgezeigtem Forschungsdefizit in Ansätzen begegnet werden: „We still, however, know relatively little about how it is that, over time, some firms manage to become successful using their capabilities, while other firms do not.“5 Weiterhin ergeben sich für die weitere Forschung eine Reihe vielversprechender Anknüpfungspunkte. Insbesondere in Bezug auf die abzulehnende Hypothese scheint weiterhin Forschungsbedarf zu bestehen, um die betreffenden Wirkungsbeziehung besser vorhersagen zu können. So konnte keine moderierende Wirkung der Umfelddynamik auf die Wirkungsbeziehung der strategischen Marketingflexibilität auf die operative Marketingflexibilität nachgewiesen werden. Dies überrascht insofern, weil die strategische Marketingflexibilität gerade
1 2 3 4 5
Siehe Kapitel 3 und Abschnitt 4.3.1. Vgl. Mosakowski/McKelvey (1997), S. 66 f.; Williamson (1999); Priem/Butler (2001). Vgl. Dutta/Narasimhan/Rajiv (2005), S. 284. Vgl. Rasche/Wolfrum (1994), S. 511; Williamson (1999), S. 1093. Helfat (2000), S. 955.
276
Zusammenfassung und Implikationen der Untersuchung
bei einer hohen Umfelddynamik für die Weiterentwicklung der operativen Marketingflexibilität von hoher Bedeutung sein sollte. Somit wäre es von besonderem Interesse, die betreffende Wirkungsbeziehung genauer zu analysieren. Weiterhin wäre die Untersuchung der Möglichkeit eines nicht-linearen Zusammenhangs ein interessanter Ansatzpunkt für die weitere Forschung. Aufgrund der Zielsetzung der Untersuchung, einen Ansatz zur Erklärung der Marketingflexibilität zu entwickeln, blieb die Frage der Gestaltung der Marketingflexibilität weitgehend offen.1 Gegenstand weiterführender betriebswirtschaftlicher Forschungen könnte daher insbesondere die Frage nach der Effizienz und Effektivität von Maßnahmen zur Steigerung der Marketingflexibilität eines Unternehmens sein. Eine besondere Herausforderung stellt dabei die Unternehmenskultur dar. Einerseits kommt der Unternehmenskultur für die konkrete Ausprägung insbesondere der strategischen Marketingflexibilität eines Unternehmens eine hohe Bedeutung zu, andererseits ist in der Forschung seit langem bekannt, wie schwierig und langwierig die Gestaltung der Unternehmenskultur ist.2 Weiterer Forschungsbedarf besteht darüber hinaus aufgrund der verwendeten Untersuchungsmethode. Die Ergebnisse für das Untersuchungsmodell sind insgesamt sehr befriedigend. Die vorliegend durchgeführte Querschnittsanalyse konnte allerdings nur eine Momentaufnahme realisieren, die nur ungenügend Rückschlüsse auf die Prozesse der Entwicklung der Marketingflexibilität zulässt. Im Rahmen zukünftiger empirischer Forschungen sollten daher auch Längsschnittanalysen durchgeführt werden, die schwerpunktmäßig die Entwicklung der Marketingflexibilität und ihrer zugrundeliegenden Routinen erfassen. Darüber hinaus könnte untersucht werden, wie sich die Marketingflexibilität auf Dauer auf den Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens auswirkt und ob dabei über die Zeit Schwankungen zu beobachten sind. Schließlich wäre auch eine vollständige Replikation der vorliegenden Untersuchung und eines Tests des Modells in anderen Branchen und Ländern sinnvoll, um weitere Einblicke in das Wesen der Marketingflexibilität zu erhalten. Insbesondere wären weitere branchenspezifische Analysen wünschenswert, um die situativen Einflussfaktoren der Marketingflexibilität und ihrer Erfolgswirkung besser zu kontrollieren. Darüber hinaus würde eine Replikation der vorliegenden Untersuchung in anderen Branchen und Ländern die Reliabilität der hier entwickelten Messinstrumente und die Validität der Ergebnisse verifizieren. Zwar konnte der Gefahr einer Überanpassung der Messmodelle im Zuge ihrer Bereihnigung durch die Teilung der Stichprobe begegnet werden, durch eine Verbreiterung der empirischen Basis würde die Verallgemeinerung der Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung unterstützt werden.
1 2
Siehe Abschnitt 2.1.2. Vgl. beispielsweise Heinen (1987).
Implikationen für die Unternehmenspraxis
277
Die an einigen Stellen dieser Untersuchung aus theoretisch-konzeptioneller Sicht zwar hinterfragte, letztlich aber für alle Analysen im empirischen Teil der Untersuchung unterstellte Linearitätsprämisse begrenzt ebenfalls die Aussagekraft der Ergebnisse. Dies trifft vor allem auf den Zusammenhang zwischen der Marketingflexibilität und dem Unternehmenserfolg zu. Fortschritte sind in der empirischen betriebswirtschaftlichen Forschung erst dann zu erwarten, wenn leistungsfähigere Verfahren zur Analyse multivariater nicht-linearer Beziehungen zur Verfügung stehen. Eine weitere viel versprechende Forschungsmethode stellen Simulationsstudien dar. Es konnte gezeigt werden, dass die positive Wirkung der operativen und strategischen Marketingflexibilität durch die Umfelddynamik moderiert wird. In einer sehr stabilen Unternehmensumwelt könnte sich die Marketingflexibilität aufgrund der erforderlichen Kosten, die mit dem Aufbau dieser Potenziale verbunden sind, und ihrer mangelnden Nutzung sogar negativ auswirken. Es besteht also ein Trade-off zwischen dem Nutzen und den Kosten der Marketingflexibilität. Simulationsstudien könnten an dieser Stelle hilfreich sein, um ein optimales Level an Marketingflexibilität für spezifische Kontextbedingungen zu bestimmen. 5.3
Implikationen für die Unternehmenspraxis
Die ressourcentheoretische Forschung wurde bisher vor allem wegen der nun unzureichenden Generierung von praxisrelevanten Handlungsempfehlungen kritisiert:1 „Thus, we are driven to the conclusion that the usefulness of the RBV is of a descriptive rather than explanatory nature and as such does not equip strategists with practical competitive advantage-building propositions.“2 Für die Unternehmenspraxis sind besonders relevant – und weitgehend unbeantwortet – die Fragen nach der Identifikation wettbewerbsrelevanter Ressourcen und Fähigkeiten und die Möglichkeit ihrer Entwicklung.3 Dabei spiegeln diese Fragen die beiden Hauptmanagementaufgaben des Dynamic-Capability-Ansatzes wider: „The strategic problem facing an innovating firm in a world of Schumpeterian competition is to decide upon and develop difficult-to-imitate processes and paths most likely to support valuable products and services.“4 Das Forschungsdesign der vorliegenden Untersuchung ist im Wesentlichen deskriptiv und explikativ ausgerichtet und zielte nicht auf die Generierung normativer Handlungsempfehlungen zur Gestaltung der Marketingflexibilität. Die Ergebnisse zeigen, dass die Marketingflexibilität einen wichtigen Erfolgbeitrag im Wettbewerb leisten kann und einen wichtigen Erfolgsfaktor darstellt. Die Untersuchung konnte zeigen, dass die Marketingflexibilität eine wettbewerbsrelevante dynamische Fähigkeit im Unternehmen ist. Allerdings darf dies nicht 1 2 3 4
Vgl. McGuinness/Morgan (2000), S. 213 f. Connor (2002), S. 312. Vgl. Connor (2002), S. 313. Teece/Pisano (1994), S. 552.
278
Zusammenfassung und Implikationen der Untersuchung
dazu führen, dass die Marketingflexibilität zum dominierenden oder sogar alleinigen Unternehmensprinzip erhoben wird. Der Marketingflexibilität kommt eher eine flankierende statt einer dominanten Rolle zu.1 Mit dem entwickelten Messinstrument ist es dem Unternehmen möglich, eine Einschätzung über den Grad der eigenen Flexibilität im Marketing zu erhalten. Darüber hinaus haben die empirischen Analysen an einigen Stellen erste Hinweise für die Gestaltung der Marketingflexibilität gegeben. Das vorhandene Untersuchungsmodell kann als nützliche Hilfestellung bei der Entscheidungsfindung dienen, auf welche Entscheidungsgrößen das Management seine Aufmerksamkeit lenken sollte. So wurden sowohl die operative als auch die strategische Marketingflexibilität über jeweils vier Dimensionen gemessen und diese auch priorisiert. Für das Management der Marketingflexibilität besteht zunächst die Möglichkeit, eine Analyse der eigenen Marketingflexibilität vorzunehmen. Somit werden durch ein Assessment der eigenen Marketingflexibilität die spezifischen Schwachpunkte der Marketingflexibilität des Unternehmens aufgedeckt, die es in Zukunft durch gezielte Maßnahmen zu verbessern gilt. Weiterhin stehen die unanhängigen Variablen und hier insbesondere die Determinanten einem gezielten Management offen, die durch die Unternehmensführung zumindest mittelfristig beeinflusst werden können. Somit können aus den Ergebnissen konkrete Hinweise zur Erreichung einer hohen Marketingflexibilität abgeleitet werden. So sollte die Unternehmensführung dafür sorgen, dass organisationale Ressourcen wie die Unternehmenskultur und die Organisationsstruktur die Marketingflexibilität unterstützen. Nur durch die Offenheit der Organisationsmitglieder gegenüber Veränderung kann sichergestellt werden, dass die Organisationsmitglieder gegenüber der Flexibilität aufgeschlossen bzw. grundsätzlich positiv eingestellt sind. Ferner sollte das Management darauf achten, dass die Erfahrungen mit Unsicherheit und Veränderung in der Unternehmensumwelt zu sammeln und für das Unternehmen nutzbar zu machen. Abschließend lässt sich festhalten, dass noch viele Fragen offen und das Problemfeld der Flexibilität im Marketing sicherlich nicht abschließend geklärt ist. Diese Untersuchung stellt aber zumindest einen Versuch dar, eine gewisse Klarheit auf diesem bislang nahezu unerforschten Gebiet zu schaffen.
1
Vgl. Meffert (1985b), S. 13.
Anhang Anhang 1
Liste der teilstrukturierten Expertengespräche
Nr.
Unternehmen/ Institution
1
Marco Aldag Medienproduktion
Unternehmensführung
2
ELMOS Semiconductor AG
Marketing
3
Microsoft Deutschland GmbH
Unternehmensbereich SMS/P
4
MSF Microtechnology Services Frankfurt (Oder) GmbH
Unternehmensführung
5
Verband der Leiterplattenindustrie e.V.
Vorstand
6
STMicroelectronics GmbH
Business Development Automotive
Wolfgang Reiss
7
ZVEI - Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V.
Fachverband Electronic Components and Systems
Dr. Bernd Fodi
8
Carl Zeiss AG
Bereich
Ansprechpartner Marco Aldag (Inhaber und Geschäftsführer)
Mathias Kukla (Senior Manager)
Thomas C. Aschenbrenner (Manager Partner Marketing)
Hans Möhr (Geschäftsführer)
Dr. Christoph Weiß (Referent)
Business Group Microscopy
(Marketing&Application Manager)
(Fachreferent)
Willi Rogl (Marketing Manager)
Art des Interviews Persönliches Interview
• 23.01.2006 • 18:00 – 19:30
Telefonisches Interview
• 16.02.2006 • 10:10 – 11:05
Telefonisches Interview
• 16.02.2006 • 13:50 – 15:00
Telefonisches Interview
• 17.02.2006 • 13:50 – 14:53
Telefonisches Interview
• 20.02.2006 • 13:00 – 13:45
Telefonisches Interview
• 21.02.2006 • 13:54 – 15:15
Persönliches Interview
• 23.02.2006 • 12:50 – 15:10
Telefonisches Interview
• 24.02.2006 • 15:50 – 15:30
Telefonisches Interview
• 27.02.2006 • 09:00 – 10:04
Telefonisches Interview
• 27.02.2006 • 11:45 – 12:19
Telefonisches Interview
• 27.02.2006 • 14:02 – 14:50
Telefonisches Interview
• 01.03.2006 • 10:00 – 10:43
Persönliches Interview
• 02.03.2006 • 10:00 – 11:35
Telefonisches Interview
• 03.03.2006 • 09:55 – 10:45
Telefonisches Interview
• 03.03.2006 • 12:25 – 13:25
Telefonisches Interview
• 03.03.2006 • 12:25 – 13:25
Stefan R. Granitzer 9
10
Teradyne GmbH Sharp Electronics (Europe) GmbH
11
Philips Semiconductors GmbH
12
devolo AG
13
Philips Semiconductors GmbH
14
Siemens AG
15
Micronas GmbH
ATD Services / Support
(Business Development Manager Asia)
Peter Thiele Solar
(General Manager Solar Business Group Germany/Austria)
Karsten Danziger Vertrieb
(BenQ Mobile Global Account Manager)
Christoph Roesseler Marketing
(Director Marketing & Public Relations)
Jürgen Lange Marketing/Vertrieb
(Business Line Marketing Manager)
Communications Mobile Networks
Dr. Jan C. Cron (VP Sales Northern Europe
Peter Rost Consumer Electronics and PC
Peter Rost
16
Philips Semiconductors GmbH
Consumer Electronics and PC
Nr.
Unternehmen/ Institution
Bereich
1
Universität Bremen
2
Ruhr-Universität Bochum
3
Universität Bremen
4
5
Fachbereich, Wirtschaftswissenschaft
(Business Line Manager High Line TV)
Ansprechpartner
Fachbereich, Wirtschaftswissenschaft
Art des Interviews
Univ.-Prof. Dr. Cristoph Burmann (Lehrstuhl für innovatives Markenmanagement(LiM))
Fakultät für Wirtschaftswissen- Dr. rer. oec. Martin Gersch (Institut für Unternehmensführung) schaft
Fachhochschule für Wirtschaft Fachbereich II „Berufsaka(FHW) Berlin demie” Universität Wien
(Business Line Manager High Line TV)
• 14.12.2006 • 19:00 – 20:15
Email-Kontakt
• 20.12.2006 – 09.01.2006
Email-Kontakt
• 20.12.2006 – 09.01.2006
Klaus Brenninger (Industrie und International Business Persönliches Interview Administration)
Univ.-Prof. Dr. Adamantios Fakultät für WirtschaftswissenDiamantopoulos schaften (Internationales Marketing)
Datum/ Zeit
Persönliches Interview
Prof. Dr. Jörg Freiling (Lehrstuhl für Mittelstand, Existenzgründung und Entrepreneurship)
Datum/ Zeit
Email-Kontakt
• 20.01.2006 • 13:00 – 14:45 • 06.02.2006 – 08.03.2006
280
Anhang 2
Anhang
E-Mail-Anschreiben des Pretests und der Haupterhebung
Anhang
Anhang 3
281
Erinnerungsanschreiben der Erhebung
282
Anhang 4
Anhang
Fragebogen der Haupterhebung
Anhang
283
284
Anhang
Anhang
285
286
Anhang
Anhang
287
288
Anhang
Anhang 5
Mittelwerte, Extremwerte, Standardabweichung und Korrelationen der Indikatoren (Lernstichprobe) Standardabweichung
1.1
1.2
1.6
1.7
2.1
2.6
2.8
2.9
3.2
3.3
3.4
3.5
3.7
3.8
Indikator
Mittelwert
1.1
4,63
1,495
1
1.2
5,31
1,334
0,668 (**)
1.6
4,05
1,544
0,629 (**)
0,582 (**)
1
1.7
4,10
1,519
0,543 (**)
0,537 (**)
0,587 (**)
1
2.1
5,63
1,198
0,408 (**)
0,519 (**)
0,440 (**)
0,532 (**)
1
2.6
4,16
1,477
0,346 (**)
0,345 (**)
0,502 (**)
0,577 (**)
0,526 (**)
2.8
4,83
1,326
0,395 (**)
0,485 (**)
0,522 (**)
0,591 (**)
0,679 (**)
0,650 (**)
1
2.9
4,64
1,421
0,402 (**)
0,458 (**)
0,479 (**)
0,567 (**)
0,577 (**)
0,651 (**)
0,793 (**)
1
3.2
4,87
1,442
0,367 (**)
0,353 (**)
0,415 (**)
0,518 (**)
0,555 (**)
0,519 (**)
0,557 (**)
0,530 (**)
3.3
4,71
1,460
0,364 (**)
0,359 (**)
0,463 (**)
0,534 (**)
0,516 (**)
0,526 (**)
0,569 (**)
0,573 (**)
3.4
4,89
1,465
0,340 (**)
0,370 (**)
0,457 (**)
0,522 (**)
0,517 (**)
0,569 (**)
0,587 (**)
0,598 (**)
0,746 (**)
0,803 (**)
1
3.5
4,59
1,453
0,379 (**)
0,352 (**)
0,501 (**)
0,563 (**)
0,469 (**)
0,549 (**)
0,539 (**)
0,582 (**)
0,713 (**)
0,734 (**)
0,756 (**)
3.7
4,67
1,611
0,357 (**)
0,309 (**)
0,386 (**)
0,465 (**)
0,464 (**)
0,502 (**)
0,525 (**)
0,520 (**)
0,603 (**)
0,614 (**)
0,611 (**)
0,601 (**)
1
3.8
5,22
1,489
0,450 (**)
0,469 (**)
0,489 (**)
0,560 (**)
0,604 (**)
0,523 (**)
0,579 (**)
0,558 (**)
0,657 (**)
0,611 (**)
0,629 (**)
0,636 (**)
0,643 (**)
1
4.1
4,18
1,634
0,359 (**)
0,309 (**)
0,452 (**)
0,349 (**)
0,446 (**)
0,496 (**)
0,512 (**)
0,503 (**)
0,506 (**)
0,515 (**)
0,539 (**)
0,521 (**)
0,537 (**)
4.1
4.2
4.3
1
1
1 0,790 (**)
1 1
0,511 (**)
1
4.2
4,32
1,691
0,327 (**)
0,347 (**)
0,494 (**)
0,393 (**)
0,467 (**)
0,512 (**)
0,532 (**)
0,513 (**)
0,464 (**)
0,491 (**)
0,559 (**)
0,517 (**)
0,490 (**)
0,499 (**)
0,861 (**)
1
4.3
4,57
1,583
0,359 (**)
0,297 (**)
0,426 (**)
0,403 (**)
0,451 (**)
0,519 (**)
0,524 (**)
0,575 (**)
0,541 (**)
0,577 (**)
0,583 (**)
0,575 (**)
0,566 (**)
0,552 (**)
0,792 (**)
0,817 (**)
5.1
5,05
1,855
0,114
0,077
0,163 (*)
0,084
0,100
0,172 (*)
0,100
0,149 (*)
0,105
0,134 (*)
0,127
0,092
0,167 (*)
0,086
0,148 (*)
0,166 (*)
0,091
5.2
5,61
1,708
0,006
0,027
0,018
0,015
0,070
0,126
0,043
0,103
0,081
0,076
0,137 (*)
0,063
0,090
0,019
0,072
0,104
0,040
0,234 (**)
0,221 (**)
0,109
0,266 (**)
0,187 (**)
0,160 (*)
0,178 (**)
0,189 (**)
0,151 (*)
0,209 (**)
0,130
0,180 (**)
0,195 (**)
0,041
0,069
0,125
5.3
4,03
1,892
0,275 (**)
0,237 (**)
0,159 (*)
4,59
1,888
0,023
-0,082
0,112
0,017
0,097
0,086
0,132
0,110
0,017
0,087
0,076
0,012
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** Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant. * Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant.
Anhang
Indikator
5.1
289
5.2
5.3
5.4
5.6
5.7
5.8
6.1
6.2
6.3
6.5
6.7
6.8
7.2
7.3
7.4
7.5
7.6
7.7
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5.2
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0,012
-0,026
0,043
0,030
** Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant. * Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant.
290
Indikator
Anhang
7.8
8.2
8.3
8.4
8.6
8.7
8.8
10.1.1
10.1.2
10.1.3
10.1.5
10.2.1
10.2.3
10.2.4
10.2.5
11.1
11.3
11.4
11.5
1.1 1.2 1.6 1.7 2.1 2.6 2.8 2.9 3.2 3.3 3.4 3.5 3.7 3.8 4.1 4.2 4.3 5.1 5.2 5.3 5.4 5.6 5.7 5.8 6.1 6.2 6.3 6.5 6.7 6.8 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 7.8
1
8.2
0,107
1
8.3
0,179 (**)
0,890 (**)
8.4
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0,567 (**)
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1 1 1 0,760 (**)
1
8.8
0,211 (**)
0,573 (**)
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0,170 (*)
** Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant. * Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant.
Anhang
Indikator
11.6
291
11.7
11.8
11.9
11.10
12.1
12.2
12.3
12.5
13.2
13.4
13.5
14.2
14.4
14.6
14.7
14.8
14.9
15.1
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16.3.4
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0,064
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16.3.5
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** Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant. * Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant.
0,064
0,020
0,181 (**)
16.3.1
0,028
0,069
0,071
292
Indikator
Anhang
15.2
15.4
15.5
15.7
15.8
16.1.1
16.1.2
16.1.3
16.2.1
16.2.2
16.2.3
16.2.4
16.3.1
16.3.2
16.3.3
16.3.4
16.3.5
1.1 1.2 1.6 1.7 2.1 2.6 2.8 2.9 3.2 3.3 3.4 3.5 3.7 3.8 4.1 4.2 4.3 5.1 5.2 5.3 5.4 5.6 5.7 5.8 6.1 6.2 6.3 6.5 6.7 6.8 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 7.8 8.2 8.3 8.4 8.6 8.7 8.8 10.1.1 10.1.2 10.1.3 10.1.5 10.2.1 10.2.3 10.2.4 10.2.5 11.1 11.3 11.4 11.5 11.6 11.7 11.8 11.9 11.10 12.1 12.2 12.3 12.5 13.2 13.4 13.5 14.2 14.4 14.6 14.7 14.8 14.9 15.1 15.2
1
15.4
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0,579 (**)
1
** Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant. * Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant.
1
1 0,607 (**)
1
1
Anhang
293
Anhang 6
Mittelwerte, Extremwerte, Standardabweichung und Korrelationen der Indikatoren (Kreuzvalidierungsstichprobe) Standardabweichung
1.1
1.2
1.6
1.7
2.1
2.6
2.8
2.9
3.2
3.3
3.4
3.5
3.7
3.8
Indikator
Mittelwert
1.1
4,60
1,622
1
1.2
5,30
1,379
0,623 (**)
1.6
4,04
1,605
0,531 (**)
0,464 (**)
1
1.7
4,05
1,569
0,581 (**)
0,537 (**)
0,522 (**)
1
2.1
5,42
1,236
0,471 (**)
0,393 (**)
0,269 (**)
0,479 (**)
1
2.6
4,01
1,543
0,507 (**)
0,479 (**)
0,509 (**)
0,609 (**)
0,549 (**)
2.8
4,60
1,417
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0,503 (**)
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1
2.9
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3.2
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3.3
4,60
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4,72
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16.3.3
16.3.1
4,53
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294
Indikator
Anhang
5.1
5.2
5.3
5.4
5.6
5.7
5.8
6.1
6.2
6.3
6.5
6.7
6.8
7.2
7.3
7.4
7.5
7.6
7.7
1.1 1.2 1.6 1.7 2.1 2.6 2.8 2.9 3.2 3.3 3.4 3.5 3.7 3.8 4.1 4.2 4.3 5.1
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Anhang
Indikator
7.8
295
8.2
8.3
8.4
8.6
8.7
8.8
10.1.1
10.1.2
10.1.3
10.1.5
10.2.1
10.2.3
10.2.4
10.2.5
11.1
11.3
11.4
11.5
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296
Indikator
Anhang
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11.7
11.8
11.9
11.10
12.1
12.2
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13.2
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14.2
14.4
14.6
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14.9
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Anhang
Indikator
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297
15.4
15.5
15.7
15.8
16.1.1
16.1.2
16.1.3
16.2.1
16.2.2
16.2.3
16.2.4
16.3.1
16.3.2
16.3.3
16.3.4
16.3.5
1.1 1.2 1.6 1.7 2.1 2.6 2.8 2.9 3.2 3.3 3.4 3.5 3.7 3.8 4.1 4.2 4.3 5.1 5.2 5.3 5.4 5.6 5.7 5.8 6.1 6.2 6.3 6.5 6.7 6.8 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 7.8 8.2 8.3 8.4 8.6 8.7 8.8 10.1.1 10.1.2 10.1.3 10.1.5 10.2.1 10.2.3 10.2.4 10.2.5 11.1 11.3 11.4 11.5 11.6 11.7 11.8 11.9 11.10 12.1 12.2 12.3 12.5 13.2 13.4 13.5 14.2 14.4 14.6 14.7 14.8 14.9 15.1 15.2
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0,143 (*)
1
16.1.2
0,290 (**)
0,266 (**)
0,483 (**)
0,140 (*)
0,085
0,824 (**)
1
16.1.3
0,255 (**)
0,200 (**)
0,561 (**)
0,085
0,031
0,506 (**)
0,565 (**)
1
16.2.1
0,327 (**)
0,235 (**)
0,293 (**)
0,204 (**)
0,303 (**)
0,326 (**)
0,296 (**)
0,322 (**)
1
16.2.2
0,273 (**)
0,195 (**)
0,214 (**)
0,213 (**)
0,303 (**)
0,223 (**)
0,200 (**)
0,210 (**)
0,826 (**)
1
16.2.3
0,391 (**)
0,290 (**)
0,352 (**)
0,221 (**)
0,295 (**)
0,323 (**)
0,307 (**)
0,323 (**)
0,798 (**)
0,751 (**)
16.2.4
0,340 (**)
0,293 (**)
0,271 (**)
0,287 (**)
0,357 (**)
0,311 (**)
0,308 (**)
0,284 (**)
0,714 (**)
0,738 (**)
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1 0,772 (**)
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16.3.1
0,267 (**)
0,253 (**)
0,217 (**)
0,230 (**)
0,255 (**)
0,264 (**)
0,243 (**)
0,187 (**)
0,564 (**)
0,634 (**)
0,577 (**)
0,611 (**)
1
16.3.2
0,239 (**)
0,214 (**)
0,177 (**)
0,260 (**)
0,271 (**)
0,244 (**)
0,224 (**)
0,117
0,493 (**)
0,571 (**)
0,514 (**)
0,555 (**)
0,888 (**)
16.3.3
0,239 (**)
0,199 (**)
0,176 (**)
0,217 (**)
0,270 (**)
0,234 (**)
0,208 (**)
0,139 (*)
0,554 (**)
0,635 (**)
0,573 (**)
0,608 (**)
0,914 (**)
0,932 (**)
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16.3.4
0,217 (**)
0,221 (**)
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0,242 (**)
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0,244 (**)
0,215 (**)
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0,515 (**)
0,580 (**)
0,524 (**)
0,580 (**)
0,887 (**)
0,910 (**)
0,916 (**)
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16.3.5
0,261 (**)
0,154 (*)
0,271 (**)
0,226 (**)
0,152 (*)
0,263 (**)
0,238 (**)
0,266 (**)
0,476 (**)
0,546 (**)
0,475 (**)
0,514 (**)
0,683 (**)
0,636 (**)
0,667 (**)
0,659 (**)
** Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant. * Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant.
1
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