Mustafa
Adak
Metöken als Wohltäter Athens Untersuchungen zum sozialen Austausch zwischen ortsansässigen Fremden und der Bürgergemeinde in klassischer und hellenis tischer Zeit (ca. 500-150 v. Chr.)
tuduv
QUELLEN UND FORSCHUNGEN ZUR ANTIKEN WELT Herausgeber: Prof. Dr. Peter Funke · Universität Münster Prof. Dr. Hans-Joachim Gehrke · Universität Freiburg Prof. Dr. Gustav Adolf Lehmann · Universität Göttingen Prof. Dr. Carola Reinsberg · Universität des Saarlandes Prof. Dr. v. steuben, langjähriger Mitherausgeber, ist im Januar 2002 aus Altersgründen aus dem Herausgebergremium ausgeschieden. Band 40 zugl.: Universität Freiburg (Breisgau), Diss., 1999 ISBN 3-88073-591-3 "D 25" Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar
© 2003 by WF Verlag, Landshuter Allee 11,80637 München,
Tel.: 089/280 90 95 Fax: 089/280 95 28,
e-mail:
[email protected], www.wf-verlag.de Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdruckes und der Vervielfältigung des Buches, oder Teilen daraus, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren), auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung, reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Gesamtherstellung: digitalreprint gmbh, 83075 Bad Feilnbach. Printed in Germany.
Vorwort
Das vorliegende Buch ist eine streckenweise überarbeitete Fassung meiner Disserta tion, die im Wintersemester 1998/99 von der Philosophischen Fakultät der Universi tät Freiburg i. Br. angenommen wurde. Die seitdem erschienene Literatur habe ich so weit zu berücksichtigen versucht, wie sie mir von meiner neuen Wirkstätte Antalya aus zugänglich war. Zum Abschluß meiner "Metökenstudien" haben viele Kollegen und Freunde beigetragen, denen ich an dieser Stelle herzlich danken möchte. Mein erster Dank gilt meinem Lehrer Prof. Dr. Hans-Joachim Gehrke, der die Arbeit angeregt und mit großem Interesse und förderlicher Kritik begleitet hat. Das Korreferat übernahm dankenswerter Weise Prof. Dr. Jochen Martin, der zudem die Arbeit durch wertvolle Hinweise förderte. Dr. Werner Ekschmitt, Dr. Johannes Niehoff-Panagiotis und Martin Her mann haben das Manuskript aufmerksam gelesen und mich vor manchen Tücken der lingua teutonica bewahrt. Freunde vom "Griechisch-Türkischen Akademischen Kreis" haben für die nötige Abwechslung von der Schreibtischarbeit gesorgt. Die Graduiertenförderung des Landes Baden-Württemberg gewährte mir ein zweijähriges Promotionsstipendium. Allen genannten Personen und Instituten möchte ich von ganzem Herzen danken. Den Herren Professoren Funke, Gehrke, Lehmann und Frau Prof. Dr. Reinsberg fühle ich mich für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe "Quellen und For schungen zur Antiken Welt" verpflichtet. Daß es so lange gedauert hat, bis die Arbeit in Druck gehen kann, hängt in er ster Linie mit meiner Übersiedlung in die Türkei zusammen. Die Neugründung eines Instituts an der Universität von Antalya, die hohe Unterrichtsbelastung und andere Beschäftigungen ließen kaum Zeit für die nötige Revision. Gewidmet ist dieses Buch einem Gelehrten, der sich wie kaum ein anderer für die Förderung der klassisch humanistischen Bildung in der Türkei eingesetzt hat und dessen mutiger Kampf ge gen die Pseudo- und Möchtegernwissenschaftler chauvinistischer Ausprägung im Westen kaum wahrgenommen worden ist.
Antalya, im September 2002
Mustafa Adak
INHALT
I. EINLEITUNG
11
Π, ZWISCHEN "QUASIBÜRGER" U N D "ANTI-CITIZEN": DAS METÖKENBILD IN D E R MODERNEN FORSCHUNG
29
HI. DER MENTALITÄTSGESCHICHTLICHE RAHMEN
41
1. Soziale Reziprozität als zentrales Regelungsinstrumentarium zwischen Politen und Metöken
41
2. Motive der Metöken, der Polis Wohltaten zu erweisen
54
IV. DIE WOHLTATEN DER METÖKEN 1. "Obligatorische" Wohltaten
65 67
a. Kriegsdienst
67
b. Eisphorai
72
c. Liturgien
77
2, Euergesien freiwilligen Charakters a. Finanzielle und materielle Hilfeleistungen 1. Geldschenkungen/Epidoseis
95 95 95
a. Epidoseis für Kriegszwecke
100
b. Geldspenden für Nahrungsmittelbeschaffung
117
c. Finanzielle Unterstützung öffentlicher Bauprojekte
127
2. Schenkungen von Kriegsschiffen und Spenden für deren Ausrü stung 133 3.
Schenkungen von Kriegsgerät
140
b. Verdienste in der Nahrungsmittelversorgung
143
c. Auslösung v o n Bürgern aus Kriegsgefangenschaft und Sklaverei
161
d. Verdienste im außenpolitischen Bereich (Gesandtentätigkeit u.a.)
167
e. Freiwillige Hilfsleistungen militärischer Natur
184
10
e
istellung mit den Athenern be2üglich der Eisphorai ische Gleichstellung mit den Athenern >is a
Ehrungen: Belobigung, Bekränzung, Bewirtung im Prytaneion, TURTEIL ÜBER DIE METOKENEUERGESIEN ΓΖ IN DER GESCHICHTE ATHENS
Register
UND
277
I. EINLEITUNG
In einem unlängst erschienen Artikel wird die Forschungssituation zu der in den grie chischen Poleis längerfristig oder dauerhaft ansässigen Fremdbevölkerung mit fol genden Worten beurteilt: "Grundsätzlich ist festzuhalten, daß sich nur wenige Ge lehrte mit der politischen, sozialen und ökonomischen Position der Fremden in den griechischen Staatstaaten beschäftigt haben. Selbst zu der größten und am besten be zeugten Gruppe von Polis-Fremden, den athenischen Metoiken, ist die For schungslage alles andere als befriedigend".1 Dieses Urteil wirkt im Hinblick auf die at tischen Metöken auf den ersten Blick überraschend, wenn man bedenkt, daß es an Untersuchungen zu dieser Gruppe, darunter die breit angelegten Monographien von M. Clerc (1893) und D. Whitehead (1977), nicht fehlt. Allerdings standen in der bis herigen Forschung hauptsächlich Fragen nach dem Rechtsstatus der Metöken im Vordergrund und die gelehrten Positionen richteten sich im wesentlichen nur in der Qualifizierung dieses Sachverhalts. Daß das Abwägen der rechtlichen Vorzüge und Nachteile, die die Metökie mit sich brachte, zum Verständnis dieses Komplexes un zureichend ist, zeigt sich bereits daran, daß die Metöken mal zu "Quasibürgem", mal zu "anti-citizen" erklärt wurden (s. Kap. IT). Kaum beachtet wurde aber, daß die Metöken über ihre rechtlich fixierten Ver pflichtungen hinaus auch in einem sozialen Austausch mit der attischen Bürger gemeinde standen. Diese Beziehung war auf dem Prinzip einer strikten Gegensei tigkeit aufgebaut. Aussagen zahlreicher attischer Autoren verdeutlichen, daß der Bür gerverband von den Metöken bereits für die Gewährung des Bleiberechts bestimmte "Gegenleistungen", etwa in Form eines Kriegseinsatzes, erwartete. Andererseits muß ten Leistungen der Metöken für die Polis, die über ihre Pflichten hinausgingen, nach geltenden Normen vergolten werden. Dieser auf verschiedenen Ebenen in Erschei nung tretende Erwiderungsmechanismus scheint mir einen geeigneten Zugang zum Verständnis des Verhältnisses zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen zu gewäh ren (Kap. III). Auf diese Weise wird deutlich werden, wie vielfaltig sich Metöken für ihre "Gastpolis" engagieren konnten und welche Nutzen daraus Athen zog. Die Metöken waren eine für Athen in verschiedener Hinsicht wichtige Perso nengruppe. Dieser Tatsache waren sich viele Athener bewußt.2 So gestand bereits im dritten Viertel des 5. Jahrhunderts der Verfasser der pseudo-xenophontischen Schrift über den Staat der Athener ein, daß die Metöken für die Stadt unentbehrlich waren, weil sie im gesamten Bereich der handwerklichen Produktion und des Seewesens ge braucht wurden.3 Xenophon selbst schlug um 355 seinen Mitbürgern vor, den ansäs1
Rebenich, Fremdenfeindlichkeit in Sparta 356. Vgl. Austin/Vidal-Naquet, Wirtschaft und Gesellschaft 82; Bleicken, Demokratie 86ff. 3 [Xen.] Ath. pol. 1.12: διά τοϋτ' ούν ίσηγορίαν και τοϊς δούλοις προς τους ελευθέρους έποιήσαμεν, και τοις μετοίκοις προς τους αστούς, διότι δεϊται ή πόλις μετοίκων διά τε το πλήθος των τεχνών και διά το ναυτικον διά τούτο ούν και τοις μετοίκοις είκότως την ίσηγορίαν έποιήσαμεν. Eine Interpretation des Wortes ισηγορία bei Raaflaub, Entdeckung der Freiheit 279f. Zur Bedeutung des Ausdrucks το 2
12
I. Umleitung
sigen Fremden bestimmte Privilegien zukommen zu lassen, weil er der Auffassung war, daß diese aufgrund ihrer ωφελήματα eine der besten Einnahmequellen für die Polis darstellten.4 Dadurch versprach er sich nicht nur einen stärkeren Einsatz der Metöken für das Wohl der Stadt, sondern hoffte darauf, daß sich weitere Fremde da zu bereitfinden würden, sich in Athen niederzulassen. Xenophons Kalkül ist klar: Mit der Vermehrung der Metökenbevölkerung erhöhten sich auch die Einkünfte der Po lis.5 Athen zog nach den Perserkriegen eine große Zahl von Fremden aus allen Teilen der griechischen Welt und des östlichen Mittelmeeres an, die in der Wirtschaft Beschäftigung fanden. "Das blühende Wirtschaftsleben wurde zu einem beträchtli chen Teil von ihnen getragen, ja sie haben wohl für den Aufschwung im 5. Jahrhun dert überhaupt erst den Grund gelegt".6 Die Ursachen für den hohen Bedarf an Fremden liegen in erster Linie in den ökonomischen und politischen Strukturen der Stadt begründet. Die Expansionspolitik Athens und der demokratische Charakter seiner Verfassung brachten es mit sich, daß die Bürger für lange Zeit als Krieger bzw. Ruderer oder Politiker in Anspruch genommen wurden. Zudem zogen viele Bürger ihren Lebensunterhalt aus der Landwirtschaft, der städtische Wirtschaftsbereich hin gegen konnte durch sie nur partiell versehen werden. Aus diesen Gründen entstand hier eine Lücke für Arbeitskräfte, die nur mit Hilfe von Fremden (und Sklaven) ge schlossen werden konnte. Die überragende Bedeutung der Metöken im Wirtschaftsleben der Stadt, be sonders in den Zweigen Handwerk und Handel, ist gut bekannt, wenn auch eine tief greifende Untersuchung darüber noch aussteht.7 Da Athen im 5. Jahrhundert zudem zu einem blühenden kulturellen Zentrum avancierte, profitierte die Stadt auch von
ναυτικόν s.u. S.148. 4 Xen. vect. 2.1: εί δε προς τοις αύτοφυέσιν άγαθοΐς πρώτον μεν των μετοίκων επιμέλεια γένοιτο - αΰτη γαρ ή πρόσοδος των καλλίστων έ'μοιγε δοκεϊ είναι, έπείπερ αυτούς τρέφοντες και πολλά ώφελοϋντες την πόλιν ου λαμβάνουσι μισθόν, άλλα μετοίκιον προσφέρουσιν. Die einzelnen, im übrigen nicht verwirklichten Förderungsmaßnahmen lauten: Befreiung der Metöken vom lästigen Hoplitendienst; ehrenvolle Zulassung wohlhabender Metöken zur Reiterei; die Gewährung des Rechtes auf Grund- und Hausbesitz (Enktesis) an "würdige" Metöken. Zur Rolle der Metöken im Reformprogramm Xenophons s. Finley, Antike Wirtschaft 191 f. und Schütrumpf, Xenophons Vorschläge 3ff. mit Verweis auf frühere Darstellungen (Gauthier, Whitehead u.a.). 5 Xen. vect. 2.1 und 2.7. Zu den Einkünften s. Whitehead, Metic 126: 'Theproshodos here is surely not... metoikion only but metic revenues in the widest sense, arising from both metic-status itself (metoikiott, eisphorai, liturgies) and metics' economic activities (such as the xenika tele, and not least the harbour dues from a revitalised Piraeus)". Die Notwendigkeit, die Zahl der Metöken (und somit die Staatseinkünfte) zu erhöhen, hat ein Jahr vor der Abfassung der Poroi auch Isokrates (8.21) ausgesprochen: Mit dem Ende des Bundesgenossenkriegs οψόμεθα δε την πόλιν διπλασίας μεν ή νυν τάς προσόδους λαμβάνουσαν, μεστήν δέ γιγνομένην εμπόρων καί ξένων και μετοίκων, ων νυν έρημη καθέστηκεν. 6 Bleicken, Demokratie 88. 7 French, Athenian Economy 155f.; Ehrenberg, Aristophanes 169f. Die These von Hasebroek (Staat und Handel 2.29ff.; Wirtschafts- und Gesellschaftsgeschichte 28), die Metöken seien die alleinigen Träger der Wirtschaft gewesen, ist allerdings überspitzt und falsch. Eine angemessenere Beurteilung bei Thompson, Athenian Entrepreneur 53ff.
I. Einleitung
13
den Leistungen der Metöken in den Wissenschaften und der Kunst. Dieser Punkt ist der Forschung ebenfalls nicht entgangen.8 Gegenüber der Polis waren die Metöken denselben Pflichten unterworfen wie die Bürger: Sie leisteten Kriegsdienst, zahlten die Eisphorai und übernahmen Liturgi en (s. Kap. IV). Auch aus diesen Pflichten der Metöken zog die Stadt Nutzen. Einem wesentlichen Aspekt, der ebenfalls unter die Kategorie "Nutzen für die Polisgemeinschaft" fallt, wurde in der bisherigen Forschung allerdings kaum die ver diente Aufmerksamkeit geschenkt. Gemeint sind die auf freiwilliger Basis erbrachten Wohltaten einzelner Metöken, die verschiedener Art sein konnten.9 Eine wenig typi sche Wohltat war, wenn z.B. ein angesehener Maler wie Polygnot, der in der kimonischen Ära mehrere Jahre in Athen lebte, unentgeltlich (προίκα) die Stoa Poikile mit den Großtaten der Athener ausschmückte.10 Viel häufiger kamen hingegen Geld- und Sachspenden für Kriegs- und Verteidigungszwecke oder zur Finanzierung öffentli cher Bauprojekte sowie Preisnachlässe für aus dem Ausland herbeigeschaffte Nah rungsmittel vor, weswegen man diese als typische Metökenwohltaten bezeichnen kann. Während diese finanziellen und materiellen Hilfeleistungen wohlhabenden Metöken vorbehalten waren, konnten sich auch ärmere Metöken durch einen freiwil ligen militärischen Einsatz als Wohltäter der Athener hervortun. Genannt seien etwa die sogenannten Phyle- und Piräuskämpfer, denen bei der Wiedererrichtung der Demokratie (404/3) eine entscheidende Rolle zufiel.11 Ein Blick auf ihre Berufe, die in dem für sie erlassenen Ehrendekret IG II 10+ (= Osbome, Naruralization I, D6) ihren Namen beigefügt sind, zeigt, daß die meisten dieser "Retter der Demokratie" eher aus ärmlichen Verhältnissen stammten.12
8
Allgemein: Gerhardt, Metoikie 19f.; Aymard, Etrangers 129; Whitehead, Metic 18. Soucek, Fremde Künsder lff. enthält eine kleine Prosopographie von fremden Gelehrten und Künstlern, die im 5. Jahrhundert in Athen wirkten. Seine Zusammenstellung besteht aus 90 Personen, wobei es sich nur um einen Bruchteil derjenigen handeln dürfte, die tatsächlich in Athen lebten. Die überwiegende Mehrzahl dieser Gelehrten und Künsder sind Griechen. Nichtgriechischer Herkunft waren der skythische Tragödiendichter Akestor (Nr. 19) und der syrische Physiognomist Zopyros (Nr. 65). 9 Eine knappe Würdigung bei Pecirka, Role of Foreigners 23ff.; s. auch Gauthier, Bienfaiteurs 183f. zur Beteiligung der Metöken an den Epidoseis. 10 Plut. Kimon 4.6f.: και γάρ ούδ' άλλως την Έλπινίκην εΰτακτόν τίνα λέγουσιν, άλλα και προς Πολύγνωτον εξαμαρτείν τον ζωγράφον και δια τουτό φασιν εν τη Πεισιανακτείω τότε καλούμενη Ποικίλη δε ηϋν στοά γράφοντα τάς Τρωάδας το της Λαοδίκης ποιήσαι πρόσωπον εν είκόνι της Ελπινίκης, ό δέ Πολύγνωτος ουκ ην των βάναυσων, ούδ* άπ' εργολαβίας έγραφε την στοάν προίκα, φιλοτιμούμενος προς την πόλιν κτλ.; Harpokr. s.v. Πολύγνωτος: Λυκούργος εν τω περί της ίερείας- περί Πολυγνώτου του ζωγράφου, Θασίου μεν το γένος, υίου δέ και μαθητού Άγλαοφώντος, τυχόντος δέ της 'Αθηναίων πολιτείας ήτοι έπει την Ποικίλην στοάν έγραψε προίκα κτλ.; ähnlich auch Suda, s.v. Πολύγνωτος; vgl. Osborne, Naturalization ΙΠ, 23ff. T2 und Soucek, Fremde Künstler Nr. 84. 11 S. etwa die Urteile von Krentz, Thirty 129: "In a curious way it was the foreigners that enabled Thrasybul to succeed. Men who did not have to vote fought to preserve Athenian democracv ..." und Whitehead, Thousand New Athenians 8: "It was thus non-citizens who bore the main bürden of the democtraric katodos, 3. fact which will call for some readjustment of our grasp of the significance of the episode". 12 Zitat Kolbe, Ehrendekret 242. Zur sozialen Zusammensetzung der Kämpfer s.u. S. 192 Anm. 832.
I. 'Einleitung
14
Die Nichtbeachtung der Metökeneuergesien in der neueren Forschung über rascht insofern, als in den letzten 25 Jahren die Tendenz aufgekommen ist, die grie chische und römische Gesellschaft vom Phänomen der "politischen Schenkungen"13 an die Gesamtheit der Polisbürger (evergetisme) zu verstehen (P. Veyne, Ph. Gauthier, F. Quaß). Der Blick der Gelehrten, die sich mit dem Euergetismus beschäf tigen, richtet sich allerdings auf die staatstragenden Schichten und läßt die ansässigen Fremden beiseite, die an der Gestaltung der Politik keinen Anteil hatten.14 Eine Ursache dafür, weswegen Metökeneuergesien bislang nicht Gegenstand von Untersuchungen geworden sind, könnte darin liegen, daß man sie für unbedeu tend, ja geradezu für eine bloße Randerscheinung innerhalb der athenischen Ge schichte gehalten hat. Der Umstand jedoch, daß sich Isotelen, also Metöken mit pri vilegierter Rechtsstellung, zu der sie nur aufgrund gemeinnütziger Verdienste gelangt sein können, neben Grabinschriften, Ehrendekreten und literarischen Quellen auch in weniger typischen Dokumenten wie etwa in Baubeschlüssen, Epidosislisten, Pachturkunden, auf Hypothekenpfandsteinen (Horoi) oder in den sogenannten Phialai Exeleutherikai finden lassen (s. Tabelle auf S. 226f.), scheint auf das Gegenteil hin zudeuten. Nicht nur die Erwähnung von Isotelen in diesen recht lückenhaft überliefer ten Dokumenten, sondern auch der hohe Anteil der Metöken an der Gesamtbevölke rung gibt Anlaß zu der Annahme, daß ihre Euergesien in der athenischen Geschichte eine wichtige Rolle spielten. Bekanntlich lebten im Athen des ausgehenden 4. Jahr hunderts neben 21000 Bürgern 10000 Metöken im kriegsdienstfähigen Alter und es gibt Anzeichen dafür, daß die Zahl der Metöken im 5. Jahrhundert weitaus höher %15 Gewiß kann ein großer Bevölkerungsanteil noch kein Gradmesser für eine weite Verbreitung von Metökeneuergesien sein. Fremde gab es in ähnlichen Relatio nen zu verschiedenen Zeiten auch in anderen Staatswesen. Man denke etwa an die gerim im alten Israel, denen man im Alten Testament häufig begegnet, oder an die peregnni^ die in der Republik und der Kaiserzeit die Stadt Rom bewohnten.16 Auch haben einige westliche Industriestaaten einen hohen Ausländeranteil. Doch ist es in keinem der hier genannten Staatsgebilde zu nennenswerten Wohltaten einer fremden Bevöl kerungsgruppe gekommen. Euergesien ansässiger Fremder sind ein Spezifikum der 13
Veyne, Brot und Spiele 162. Vgl. Veyne, Brot und Spiele 163: "Schauplatz (sc. des Euergetismus) sind die unabhängigen oder autonomen griechischen Städte, und die Protagonisten sind deren Honoratioren". 15 Bevölkerungszahlen diskutiert bei: Clerc, Meteques 367ff.; Whitehead, Metic 97f.; DuncanJones, Metic Numbers 101 ff.; Hansen, Demography and Democracy 29ff.; Habicht, Athen 67f.; Bleicken, Demokratie 549. 16 Zu den gerim s. Bertholet, Stellung der Israeliten 27ff.; Hommel, Metoikoi 1456; Gaudemet/Fascher, Fremder 309ff.; C. van Houten, The Alien in Israelite Law, Sheffield 1991 (JSOT Suppl. 107), passim; C. Bultmann, Der Fremde im antiken Juda. Eine Untersuchung zum sozialen Typenbegriff "ger" und seiner Bedeutungswandlung in der alttestamentlichen Gesetzgebung, Göttingen 1992, passim. Die pengrini behandelt neuerdings D. Nov, Foreigners at Rome. Gtizens and Strangers, London 2000. 14
I. Einleitung
15
griechischen Poliswelt. In der vorliegenden Arbeit wird der Versuch unternommen, am Beispiel Athens die verschiedenen Beweggründe der Metöken, der Polis Wohlta ten zu erweisen, herauszuarbeiten und die Bedeutung dieser Euergesien für den athe nischen Staat zu bestimmen. Es versteht sich von selbst, daß Athen hinsichtlich der hohen Metökenbevölkerung und des Umfangs ihrer Euergesien eine Sonderstellung einnimmt. Da sich jedoch dieselben Elemente der attischen Metökie wie auch Metökeneuergesien in anderen Poleis wiederfinden lassen, können die hier erzielten Er gebnisse mutatis mutandis auch auf diese übertragen werden. Bekanntlich gelang es den Griechen aufgrund der vorherrschenden partikularistischen Gesinnung nicht, eine über den Kleinstaat hinausreichende politische Ein heit zu schaffen.17 Daher wurde nicht nur der Nichtgrieche (βάρβαρος), sondern auch der Bürger einer anderen griechischen Polis als ξένος betrachtet. Ließ sich ein ξένος in Athen oder in einer anderen Polis nieder, wurde er nicht in den Bürgerverband auf genommen, sondern erhielt einen eigenen Rechtsstatus, der von verschiedenen atti schen Autoren als μετοχκία bezeichnet wird.18 Die Metökie ist eine eigenartige Institution, zu der es in der Geschichte keine wirklichen Parallelen gibt.19 Innerhalb einer von der Bürgerschaft geschaffenen ein heitlichen Rechtsordnung lebten über Jahrhunderte hinweg Menschen verschiedener Herkunft, Bildung, unterschiedlichen Berufs und Vermögens. Metöke wurde ipso iu re jeder Fremde, der über eine festgesetzte Zeit hinaus in Attika blieb.20 Dabei spielte es keine Rolle, ob er aus einer griechischen Nachbarpolis oder aus dem fernen Ägyp ten kam, ob er in seiner Heimat zur sozialen Oberschicht gehört hatte oder ein Un bemittelter war, ob er seine Heimat freiwillig verlassen hatte oder von dort gewaltsam vertrieben wurde, ob er nur für eine bestimmte Phase in Athen zu leben beabsichtigte oder einen auf Dauer angelegten Aufenthalt plante. (Die Metökenbevölkerung erhielt
17
Dieser Punkt ist deutlich herausgearbeitet bei Brandt, Panhellenismus 191 ff.; s. auch Gauthier, Generosite romaine 207ff., der die politische Integrationsfälligkeit der Römer der Unfähigkeit der Griechen gegenüberstellt, eine mit der civitas Romana vergleichbare politischen Einheit zu bilden. « Aischyl. Eum. 1018; Soph. Am. 890; Thuk. 1.2.6; Lys. 6.49; Plat. leg. 850c; Xen. vect. 2.7. Zur Metökie außerhalb Athens s. Whitehead, Immigrant Communities 47ff. 19 Manche spezifischen Charakteristika, wie etwa die Zahlung einer Kopfsteuer oder die wegen des Enktesis-Verbots erzwungene Beschäftigung auf dem Gebiet des Handels, Handwerks und Bankwesens haben E. Meyer (Kleines Schriften I, Halle 1910, 125), J. Hasebroek (Staat und Handel 43; Wirtschafts- u. Gesellschaftsgeschichte 269) u.a. bei flüchtiger Beobachtung eine Nähe der Met öken zu den europäischen Juden des Mittelalters und der Neuzeit vermuten lassen. Eine Gleichset zung mit den Juden erweist sich jedoch als Fehlschluß, u.a. auch deshalb, weil eine soziale Distanz zwischen den Metöken und den Bürgern nicht existierte. Anders als die Juden waren Metöken keine gesellschaftlichen Außenseiter (s.u.). Im Gegensatz zu den Metöken war bei den Juden zur Bewah rung der kulturellen Selbständigkeit die Neigung zur (räumlichen) Ghettosierung vorhanden; vgl. hierzu A. Classen in: P. Dinzelbacher (Hrsg.), Europäische Mentalitätsgescheschichte, Stuttgart 1993, 433 mit Verweis auf weiterführende Literatur. Auch der Vergleich mit den heutigen "Gastarbeitern", wie ihn Bleicken, Demokrade 88f. zieht, ist problematisch. D i e Unterschiede überwiegen die Gemeinsamkeiten. 20 Die Zeitspanne, nach deren Ablauf sich ein Fremder als Metöke registrieren lassen mußte, be trug wahrscheinlich 30 Tage; s. dazu Whitehead, Immigrant Communities 55f.
16
I. Einleitung
neben den Nachkommen der freien Einwanderer weiteren Zuwachs durch die Frei gelassenen). Der Bürgerverband grenzte sich von den Metöken ab, indem er sie von einer politischen Betätigung und vom Grund- und Landerwerb ausschloß und eine Vermi schung mit ihnen durch Ehegesetze verhinderte.21 Die dadurch entstandene politische Minderberechtigung der Metöken lief jedoch weder auf eine soziale oder ökonomi sche Inferiorität hinaus noch hatte sie eine gesellschaftliche Isolierung zur Folge. Wie P. Spahn bemerkt, wurden die Metöken in kein Ghetto verbannt. "Sie waren auch nicht an ihrer Tracht zu erkennen. Und am gesellschaftlichen Leben der Bürger, an Gemeindefesten und Kultfeiem waren sie durchaus beteiligt".22 Auf V. Ehrenberg geht die Beobachtung zurück, daß sich die soziale Stellung der Metöken von der der Politen kaum unterschied. Es gab unter beiden Bevölke rungsgruppen eine soziale und geistige Elite sowie eine soziale Mittel- und eine Un terschicht. Der gesellschaftliche Verkehr zwischen Bürgern und Metöken gehörte zum Alltag Athens. Dabei legten Bürger aus der Oberschicht größeren Wert auf ei nen Umgang mit Angehörigen der "Metökenaristokratie", mit denen sie viel Gemein sames hatten, als mit unbemittelten Politen. Andererseits arbeiteten Bürger und Met öken bei öffentlichen Bauprojekten Hand in Hand und empfingen für dieselbe Tätig keit den gleichen Lohn, wie etwa aus den Abrechnungsurkunden des Erechtheion (IG I 475f.) und des eleusinischen Demeterheiligtums (IG II 1672f.) hervorgeht. Es ist zudem häufig betont worden, daß zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen keine Berufskonkurrenz und kein sich daraus ergebender Neid herrschte.23 Auch über Ressentiments hört man erstaunlich wenig. In der Komödie hält sich der Witz über Fremde in Grenzen. Die in einigen Gerichtsreden anzutreffenden Vorurteile gegen Metöken haben den Zweck, den Prozeßgegner in ein schlechtes Licht zu stellen. Als Zeugnisse von echtem Fremdenhaß sollten sie jedoch nicht ver wertet werden.24 Selbst die Ansässigen nichtgriechischer Herkunft, deren Anteil an der gesamten Metökenbevölkerung unter Berücksichtigung der Freigelassenen im 5. und 4. Jahrhundert 10-20 % betragen haben dürfte, waren akzeptiert.25 Die Metöken erreichten einen hohen Grad an Assimilation und engagierten sich auf vielfältige
21 Ein historischer Überblick zur politischen Exklusivität des Bürgerverbands am Beispiel Athens nachgezeichnet bei Raaflaub, Entdeckung der Freiheit 62.309f. 22 Spahn, Fremde und Metöken 56. 23 Ehrenberg, Aristophanes 157ff.; Lauffer, Bedeutung des Standesunterschiedes 498f.; Scholl, Attische Bildfeldstelen 176 mit Anm. 1195. 24 Zu den Vorurteilen der Bürger gegenüber den Metöken s. etwa Clerc, Meteques 225ff.; Seager, Getreidehändler 242ff., bes. 256ff. 25 Von einer langjährigen, innigen Freundschaft zwischen einem Bürger und einem Metöken ägyptischer Herkunft berichtet Isaios (5.7f. u. 40; s. dazu die Bemerkungen von Ehrenberg, Ajistophanes 168). Ein anderer Ägypter, der aus der 3. Rede des Hypereides bekannte Parfümhändler Athenogenes, legte sich sogar einen griechischen Namen zu, was eine starke Assimilationsbereitschaft signalisiert. Auf der Grundlage der Grabinschriften schätzt Urdahl, Foreigners in Athens 26f.44ff. das Verhältnis der Metöken "barbarischer" Herkunft zu den Griechen im 4. Jahrhundert auf eins zu sieben.
L Einleitung
17
Weise für die Belange der athenischen Polis, ohne in die Gemeinschaft voll integriert zu werden. Trot2 dieser sozialen Nähe zu den Bürgern waren sich die Metöken ihres infe rioren Rechtsstatus bewußt. Wer zu gemeinnützigen Wohtaten in der Lage war, konnte den Dank der Bürgerschaft gewinnen, der in der Verleihung rechtlicher Ver günstigungen und besonderer Ehrungen zum Ausdruck kam. Denn bei der die Wohl taten emfangenden Bürgerschaft entstand die Verpflichtung zur Erwiderung. Bei den Euergesien der Metöken war nicht nur der Wunsch nach Erlangung rechtlicher Ver günstigungen auschlaggebend. Als ein weiterer Beweggrund trat das Streben nach Ehre und Ansehen hinzu, das ein allgemein menschliches Bedürfnis ist, bei der stark kompetitiv geprägten griechischen Gesellschaft jedoch einen besonders hohen Stel lenwert hatte. Das Schlüsselwort hierzu ist die φιλοτιμία, die im 4. Jahrhundert zur meistgepriesenen Tugend wurde und die selbst in staatlichen Ehrendekreten ihren Niederschlag fand.26 "Diese φιλοτιμία ist ... keineswegs Tihrgeiz', sondern die Liebe zur Ehre, zur eigenen Ehre, eine Liebe, vermöge der jeder, um sich Ehre zu machen, das Beste tut und das Höchste leistet".27 Auf die Philotimie werde ich noch ausführ lich zu sprechen kommen (S. 59ff.). Eine Quellengattung, aus der sich Angaben über konkrete Wohltaten durch Metöken entnehmen lassen, sind Gerichtsreden. Um die Urteilsfallung der Richter zu ihren Gunsten zu beeinflussen, bedienten sich bei Prozeßreden Bürger wie Metöken des Mittels der Aufzählung eigener Verdienste um die Polis. Besonders aufschluß reich sind solche 'Leistungsberichte' im Falle der Metöken Lysias und Chrysippos. Von den Euergesien des Lysias erfährt man aus seinen in eigener Sache ver faßten Reden "Gegen Eratosthenes" und "Gegen Hippotherses". Als Erbe des Waf fenherrstellers Kephalos hatte er sich während des Peloponnesischen Krieges Ver dienste um die Polis erworben, indem er (jeweils zusammen mit seinem älteren Bru der Polemarch) nicht nur mehrere Choregien ausrüstete und mehrfach die Eisphora zahlte, sondern auch Geldsummen für die Auslösung von in Kriegsgefangenschaft geratenen Bürgern spendete.28 Als Wohltäter großen Stils erwies er sich im Bürger kriegsjahr 404/3, indem er den Kampf der Demokraten gegen das Regime der "Dreißig" in vielfältiger Weise unterstützte. Zu seinen Euergesien, die er für die Re stauration der Demokratie leistete, gehörten neben Beiträgen in Form von Waffen
26
Zur Philotimie s. etwa Whitehead, Competitive Outlay 55ff.; Lloyd-Jones, Ehre und Schande lff.; Gehrke, Rache 130ff. In einer Besprechung zu Kuenzi, Epidosis (1923) hielt H. Hommel, PhW 17, 1927, 495 fest: c<Eine Naturgeschichte des griechischen — oder was zunächst einfacher, aber daneben auch wohl für sich berechtigt wäre, des athenischen — Ehrbegriffs ist noch nicht geschrieben; jedenfalls könnte sie aus der ungeschminkten Hervorhebung der φιλοτιμία bei επιδόσεις manches gewinnen". Dieser Wunsch ist bis heute unerfüllt geblieben. 27 Wilhelm, Attische Urkunden V, 41 (= ders. Akademieschriften I, 677). 28 Lys. 12.20: άλλα πάσας τάς χορηγίας χορηγήσαντας, πολλάς δ' εισφοράς είσενεγκόντας, κοσμίους δ' ημάς αυτούς παρέχοντας και πάν το προσταττόμενον ποιούντας, έχθρόν δ' ούδένα κεκτημένους, πολλούς δ* Αθηναίων έκ των πολεμίων λυσαμένους. Mehr dazu s.u. S. 162f.
18
I. Einleitung
und Bargeld auch seine Bemühungen um Anwerbung von bezahlten Kämpfern sowie eine Reise nach Elis, wo er weitere Geldmittel beschaffte.29 In der 34. Rede des Demosthenischen Corpus tritt uns mit Chrysippos ein Metöke entgegen, der in der lykurgischen Ära zur Lebensmittelversorgung der Stadt bevölkerung beitrug, indem er Getreide nach Athen importierte und Seedarlehen an andere Händler gab.30 Chrysippos reiht sich und seinen Bruder unter die χρήσιμοι τω δήμω ein, weil sie in Krisenzeiten mit Geldspenden und Getreidelieferungen nicht geknausert hatten. Zum Beweis ihrer Loyalität Athen gegenüber schenkten sie der Stadt im Jahre 335 ein Silbertalent für Verteidigungszwecke, als die Athener nach der Auslöschung Thebens durch Alexander einen Angriff der Makedonen auf ihre Stadt befürchteten.31 Während der Versorgungskrise des Jahres 330/29 führten sie 10000 Medimnen Weizen ein und verkauften der Stadt den Medimnos zu fünf Drachmen, während andere Importeure sechzehn Drachmen forderten. Als sich im Jahre 328/7 ein noch größerer Getreidemangel einstellte, spendeten sie der Stadt zur Beschaffung von Getreide nochmals ein Talent im Rahmen eines Epidosis-Aufrufes.32 Allerdings bleiben die ohnehin in geringer Zahl erhaltenen Gerichtsreden für unsere Fragestellung unbefriedigend, weil nur die wenigsten von ihnen für Metöken verfaßt wurden. Daher muß man eine andere Quellengattung, nämlich Ehrendekrete, heranziehen, um mehr Informationen über Metökeneuergesien zu gewinnen. Diese Quellengattung bringt aber eigene Probleme mit sich. So wird aus den Ehreninschrif ten nicht auf Anhieb klar, ob es sich bei den Geehrten um Metöken, nur für kurze Zeit in Athen verweilende Fremde (sog. ξένοι παρεπιδημοϋντες, mit Clercs Termino logie die "etrangers de passage")33 oder im Ausland lebende Fremde handelt. Denn es werden alle drei Personengruppen in derselben Weise (Name + Patronymikon + Ethnikon) aufgeführt. Es ist nicht leicht nachvollziehbar, weshalb die Athener einen über längere Zeit hinweg unter ihnen lebenden Fremden in dem für ihn gesetzten öffentlichen 29 Lys. Frg. L6,lf. Gernet/Bizos (= P. Oxy. XIII, Nr. 1606, Z. 165ff.); [Plut] vit. X orat. (mor.) 835F. ' 30 Mehr zu Chrysippos s. Seager, Getreidehändler 257ff. und Erxleben, Außenhandel 476. 482ff. Laut Erxleben "ist Chrysippos kein aktiver emporos^ sonden gehört als Metöke zur Klasse der Finanziers" (476). Aus [Demosth.] 34.38f. (s.u. Anm. 32) geht aber eindeutig hervor, daß er sich (neben Kreditgeber) auch als Emporos betätigte. In diesem Sinne Seager, Getreidehändler 262. 31 S.u. S. 105f. 32 [Demosth.] 34.38f.: Φορμίων τοίνυν τούτω χρώμενος κοινωνώ και μάρτυρι οϊεται δεΐν αποστέρησα! τα χρήμαθ' ημάς, οϊ γε σιτηγούντες διατετελέκαμεν εις τό ύμέτερον έμπόριον, και τριών ήδη καιρών κατειληφότων τήν πόλιν, εν οίς ύμεϊς τους χρησίμους τω δήμω έξητάζετε, ούδενός τούτων άπολελείμμεθα, αλλ' οτε μεν εις Θήβας "Αλέξανδρος παρήει, έπεδώκαμεν ύμϊν τάλαντον αργυρίου· οτε δ' ό σίτος έττετιμήθη τό πρότερον και έγένετο έκκαίδεκα δραχμών, είσαγαγόντες πλείους ή μυρίους μεδίμνους πυρών διεμετρήσαμεν ύμϊν της καθεστηκυίας τιμής, πέντε δραχμών τον μέδιμνον, και ταύτα πάντες ϊοτε εν τω πομπείω διαμετρούμενοι* πέρυσι δ' εις τήν σιτωνίαν τήν υπέρ του δήμου τάλαντον ύμϊν έπεδώκαμεν εγώ τε και ό αδελφός. Die beiden letztgenannten Wohltaten lassen sich unter Zuhilfenahme der Herakleides-Inschrift (IG II 360) und anderer fest datierter Dokumente zeitlich sicher bestimmen: s. Garnsey, Famine 154ff.; Marchetti, Revue Beige de Numismatique 122, 1976, 51ff. und SEG XXVI 79. 33 Clerc, Meteques 250.
L Einleitung
19
Ehrendenkmal nicht mit seinem der Realität entsprechenden Status als μέτοικος, son dern als Bürger seiner Heimatstadt bezeichneten.34 Denn durch die bloße Nennung des Ethnikon wurde die Tatsache verschleiert, daß die Geehrten als in Athen Ansäs sige ein Bestandteil der Polis waren, ohne freilich vollwertige Mitglieder des Ge meinwesens zu sein.35 Dies befremdet umso mehr, wenn man bedenkt, daß unter den privilegierten Metöken selbst viele sowohl im öffentlichen Leben als auch auf ihren Grabsteinen einen von den Athenern verliehenen Ehrentitel (Isoteles oder Proxenos) ihrem Ethnikon vorzogen.36 Unter Beachtung einiger Kriterien ist es dennoch möglich, die Metöken von den beiden anderen Gruppen zu scheiden. Im Motivkatalog einiger Ehrendekrete werden Fremde neben anderen Verdiensten auch für Zahlungen von Vermögens steuern (είσφοραί) und für die Leistung des Kriegsdienstes (στρατείαι) gelobt. Weil solche Pflichten nur Metöken auferlegt wurden, sind die Geehrten als solche zu iden tifizieren.37 Allerdings gingen die Athener erst relativ spät, nämlich im letzten Viertel des 4. Jahrhunderts, dazu über, solche "obligatorischen" Verdienste in den Motivka talog der Ehrenbeschlüsse aufzunehmen. Zahlreiche Ehreninschriften erwähnen Geldschenkungen durch Fremde, die während eines Epidosis-Aufrufes geleistet wurden, wobei der Zweck der Epidosis mit εις τήν σωτηρίαν/φυλακήν της πόλεως, εις τήν σιτωνίαν o.a. stets angegeben ist. Zu solchen Spendenaktionen wurden üblicherweise nur Bürger und ansässige Fremde aufgefordert.38 Daher hat man davon auszugehen, daß es sich bei den EpidosisTeilnehmem um Metöken handelt (s.u. S. 98ff.) In einigen Dekreten werden fremden Händlern Privilegien verliehen, weil sie ihr nach Attika importiertes Getreide zu einem verbilligten Preis verkauften. Im See handel tätige Metöken hatten eine höhere Motivation als auswärts lebende, mit Athen ohnehin nur in einem lockeren Geschäftsverhältnis stehende Fremde, sich durch die Hinnahme eines beträchtlichen Gewinnverlustes als Wohltäter der Athener hervorzu tun. Denn die dadurch erzielten Statusverbesserungen brachten ihnen größere Vor teile als einem im Ausland lebenden Fremden, für den die verliehenen Privilegien und Ehren nur eine symbolische Bedeutung besaßen. 34 Anders verfuhren die Bürger von Kolophon, indem sie in einem um 334 erlassenen Ehrende kret (B.D. Meritt, Inscriptions from Colophon, AJPh 56, 1935, 377ff. Nr. 3, Z. lOf.) dem Namen und Ethnikon des Geehrten μέτοικων εν τηι πόλει hinzufügten. 35 Vgl. Whitehead, Metic 30: "... it is very clear that on this type of inscriptions the Athenians found a way of flattering individual metics by the use of a designation, their ethnikon, which represented them as non-residents, unconnected with the city in which they lived and which was doing them honour". 36 Ausführlich hierzu s.u. S. 221 f. 37 Whitehead, Metic 21 mit Belegen. 38 Vgl. Whitehead, Metic 29f.: "Epidoseis ... were also, I believe, contributed by residents only. Gifts, in cash or kind, migth be certainly sent to Athens by (non-resident) foreign rulers and others, but the one surviving rubric concerning epidoseis proper (IG ΙΓ 791, 247/4) invites contributions from τους βουλομενους τ[ών πολιτών και των άλ]λων των οικούντων έν τη πόλει (15-6), and Ι see no grounds for denying that this was standart practice"; bei der Behandlung der Epidosis-Institution (s.u. S. 98f.) führe ich weitere Gründe dafür auf, daß sich der Spenderkreis auf Bürger und in Attika ansässige Fremde beschränkte.
20
L Umleitung
Manche dieser Inschriften erwähnen neben Preisnachlaß für Getreide auch Geldspenden, die die Geehrten während eines Epidosisaufrufes leisteten (z.B. IG II 283; 360; 499; 744). Es handelt sich also um dieselben Wohltaten, wie sie uns im oben erwähnten Fall des Chrysippos begegnet sind. Man fragt sich, was einen Fremden, der in seiner eigenen Heimat lebte und Athen nur zur Löschung seiner Schiffsladung aufsuchte, dazu bewegt haben sollte, eine mehrere tausend Drachmen betragende Geldschenkung an den attischen Staat vorzunehmen. Vielmehr wird man in diesen Personen Metöken erkennen müssen, die sich durch solche materiellen Opfer rechtli che Statusverbesserungen erhofften. Die Verleihung der Proxenie an solche Händler ist kein Grund, an ihrem Metökenstatus zu zweifeln, weil die Athener selbst keine Schwierigkeiten damit hatten, auch einen Metöken zum Proxenos zu ernennen (s.u. S. 201ff.). Einen zuverläsigen Indikator zur Identifizierung von Metöken bilden solche Dekrete, die mehrere, ψ unterschiedlichen Zeiten und in Athen erfolgte Verdienste verzeich nen.39 Im Motivkatalog der Ehreninschrift: IG II 374 wird die Bürgerrechtsverlei hung an Euenor aus dem akarnanischen Argos damit begründet, daß er als "Arzt frü her dem Demos ganze Wohlgesinnung bewies und sich gemäß seines Handwerkes al ler bedürftigen Bürger und der übrigen Bewohner der Stadt annahm und jetzt bereit willig für die Rüstung ein Silbertalent spendete".40 In einem anderen Dekret wird von dem Phaseliten Euxenides gesagt, daß er "im vorigen (sc. Lamischen) Krieg freiwillig zwölf Ruderer bereitstellte und jetzt (sc. im Vierjährigen Krieg) Sehnen für Katapulte spendete".41 In einem in zweifacher Abschrift vorliegenden Ehrenbeschluß aus dem Jahr 266/5 heißt es von Strombichos, daß dieser im Jahre 287/6 "dem Aufruf des Volkes zur Freiheit folgte und auf der Seite der Stadt kämpfte, da er der Ansicht war, man dürfe nicht dem Interesse der Stadt sich in den Weg stellen, sondern müsse mit beitragen zur Rettung, auch an der Belagerung des Museion teilnahm auf der Seite des Volks, und als die Stadt in diesen Angelegenheiten ihr Ziel erreicht hatte, er auch die sonstigen Dienste unermüdlich und vorbehaklos erwiesen hat, an seinem Wohl wollen für das Volk unverbrüchlich festgehalten hat", und zwei Jahrzehnte später, "als der Krieg ausbrach, sich verdient gemacht hat um das Volk und bei seinem Kampf für dessen Interesse alles tat, was angeordnet wurde vom Strategen".42 Die » Z.B.: IG I3 125; IG II2 1186; IG II2 283; IG Π2 351; IG II2 360; IG II2 374; Moretti, ISE Nr. 4; IG II2 421; IG II2 505; IG II2 554; IG Π 2 479 + 480; IG II2 499; IG II2 715; IG II2 740; IG II2 748; IG i f 835; IG II2 786; IG II2 903. 40 IG II 374 (= Osborne, Naturalization I, D50), Z. 4-10: επειδή Εύήνωρ ό ί]ατρός πρότερόν τε π||[άσαν ευνοιαν άποδέ]δεικται τώι δήμωι και | [χρήσιμον εαυτόν πα]ρέσχηκεν κατά τήν τεχ|[νην τοίς δεομένοις] τώμ πολιτών και των άλ|[λων τών οΐκούντων έ]ν τηι πόλει και νυν έπι|[δέδωκεν προθύμως ε]ΐς τήν παρασκευή ν τάλ||[αντον αργυρίου. 41 IG ΙΓ 554, Ζ. 6-16: έ[π]ειδή Εύξ|ενίδης διατελεί [ε]ύνους ων τ|ώι δήμωι τώι Άθην[α]ίων και... εν τώι πολέ[μ]|ωι τώι πρότερόν εθελοντής [ν]|αύτας δώδεκα ένεβίβασεν, κα||Ί νυν είς τους καταπάλτας ν[ε|υ]ράς έπέδωκεν. « IG II2 666, Ζ. 7-21 (vgl. IG II2 667, Ζ. 1-11; Osborne, Naturalization I, D78): επειδή 5<τ>ρόμβιχος στρατευόμενος πρότερο [ν] | παρά Δημητρίωι και καταλειφθεις έν τώι άστει μετά Σ[πι]|νθάρου, λαβόντος του δήμου τα όπλα υπέρ της έλευθ[ερ]||ίας και παρακαλουντος και τους στρατιώτας τίθεσθα[ι π]|ρός τήμ πόλιν ύπήκουσεν τώι δήμωι είς τήν έλευτερίαν [κ]|αί εθετο τά όπλα μετά της πόλεως
I. Einleitung
21
Erwähnung von Verdiensten, die zu unterschiedlichen Zeitabschnitten in Athen ge leistet wurden, kann nur zu dem Schluß führen, daß diese Personen über mehrere Jahre hinweg in Athen als Metöken lebten. Solche Kriterien sind jedoch nur bei Ehrendekreten anwendbar, die nach ca. 340 erlassen wurden. Bei den früheren Beschlüssen steht man vor dem Problem, daß diese die konkreten Leistungen des Wohltäters überhaupt nicht oder nur in seltenen Ausnahmen nennen. Weil die übliche Formel, mit der dort die Verdienste der Geehr ten zum Ausdruck gebracht werden, "der zu Ehrende ist ein άνήρ αγαθός, der bereit war, ποιεΐν ο τι δύναται αγαθόν" lautet, geben sie über den Wohnsitz und somit den Status des Geehrten keine verläßliche Auskunft. Schaut man sich aber unter den we nigen Dekrete des 5. Jahrhunderts um, die handgreifliche Einzelverdienste enthalten, stellt man fest, daß einige von ihnen Metöken gelten, u.Z.: IG I 30; 98; 102; 125; 164; 174; 175; 182; 227; IG II2 10+. Ich werde diese Inschriften an passender Stelle erör tern. Eine spätarchaische Grabinschrift legt Zeugnis darüber ab, daß sich ansässige Fremde auch schon vor dem 5. Jahrhundert bereitfanden, der Polis Athen Wohltaten zu erweisen. Diese 1962 im Keramaikos gefundene Inschrift, die sich nur ungenau in die beiden letzten Jahrzehnte des 6. Jahrhunderts datieren läßt, aber wahrscheinlich erst nach den Kleisthenischen Reformen anzusetzen ist, ist in doppelter Hinsicht von Wichtigkeit: Zum einen läßt sich aus ihr entnehmen, daß sich die Metökie als selb ständiges Rechtsstatus bereits am Ende des 6. Jahrhunderts etabliert hatte, zum ande ren informiert sie über den ersten namentlich genannten Metökeneuergeten Athens. Dieses Grabepigramm stellt einen gewissen Anaxilas aus Naxos als einen um Athen vedienten Metöken (in archaischer Form als μετάοικος) vor. In der mittleren Partie des Epigramms ist zu lesen: "Unter den Naxiem haben die Athener in besonderem Maße den Metöken (sc. Anaxilas) für seine Besonnenheit (σωφροσύνη) und Tapferkeit (αρετή) geehrt".43 Obwohl die Verdienste des Anaxilas nicht konkretisiert werden, zieht K. Baba wegen der Verwendung des Wortes αρετή, das mehrere Bedeutungen haben kann, in jener Zeit jedoch meist kriegerische Leistungen kennzeichnet, in Er wägung, daß der Naxier den Athenern militärische Hilfe geleistet und sich dabei be sonders ausgezeichnet hatte.44 Die Wendung τίεσκον Άθεναϊοι (Ζ. 3) scheint m.E. dar-
οίόμενος δεϊν μη ένίσ[τ]|ασθαι τώι της πόλεως συμφέροντι αλλά συναίτιος γενέσ[θ]|αι τεί σωτηρίαι, συνεπολιόρκει δε και το Μουσεϊον μετά τ[ο]||ϋ δήμου και συντελεσθέντων τεϊ πόλει των πραγμάτω[ν κ]|αΐ τάς λοιπάς χρείας άπροφασίστως παρασχόμενος [διατ]|έλεκεν και διαμεμενηκεν εν τεϊ του δήμου εύν[ο]ί[αι, και] του πολέμου γενομένου <ά>νήρ αγαθός ην κ[ κ|αι άγ]ωνιζόμενος ύπη[ρέτηκεν άπαντα οσα παραγγέλλοι ό | στρατη]γός και εί[ς το λοιπόν επαγγέλλεται χρείας παρέξ|εσθαι τώι δήμωι τώι Αθηναίων (Übers.: Brodersen u.a., HGIÜ II, 125f. Nr. 324). 43 IG I31357: δακρυόεν πολυπενθές Άναχσίλα έδ' όλοφ|υδνόν λάινον έστεκα μνέμα καταφθιμέ|<με>νο: Ναχσίο ον τίεσκον Άθεναϊοι μεταοικον έχ|σοχα σοφροσυνες ένεκεν έδ' αρετές: τοι μ' επί Τιμ|όμαχος γεγαρόν κτέρας οία θανόντι θεκεν ΆΙρίστονος παίδι χαριζόμενος 44 Baba, Formation 3 mit der Vermutung, daß die militärische Hilfe des Naxiers im Jahre 506 während des Feldzugs der Spartaner im Bund mit Böotien und Chalkis erfolgte. Arete als militärische Tugend wird auch im Epithaphios des Lysias im Zusammenhang mit den während der Restaurierung der Demokratie (403/2) gefallenen Metöken gebraucht (Lys. 2.66).
22
L Einleitung
auf hinzudeuten, daß Anaxilas durch einen öffentlichen Beschluß des Demos oder der Boule geehrt wurde.45 Weil aber die Aufzeichnung von Ehrendekreten auf Stein erst in der Mitte des 5. Jahrhunderts einsetzt, werden früher erlassene Dekrete wie das für Anaxilas in ver gänglichem Material festgehalten und archiviert worden sein. Dies könnte eine weite re Erklärung dafür bieten, weshalb wir über Metökeneuergesien vor dem Peloponne sischen Krieg kaum etwas wissen. Allerdings werden Wohltaten von Metöken in der Pentekontaetia zwischen den Perserkriegen und dem Peloponnesischen Krieg kaum besonders ins Gewicht gefallen sein. Denn in diesem Zeitabschnitt herrschten in Athen nicht nur recht stabi le politische Verhältnisse, sondern es war auch um die Staatseinkünfte außergewöhn lich gut bestellt. Gerade die Pboroi des Seebundes könnten eine hemmende Wirkung auf die Euergesiebereitschaft der Metöken gehabt haben. Wahrscheinlich lud die Bürgerschaft im Vertrauen auf ihre Finanzkraft die Wohlhabenden unter den Met öken nur selten zu Euergesien ein. Dieser Zustand änderte sich mit dem Peloponnesischen Krieg, als einerseits durch Kriegsführung bedingt - die Ausgaben des Staates stiegen, andererseits aber die Einkünfte der Athener sanken.46 Nicht zufällig fallen der erste bekannte Aufruf zu freiwilligen Spenden (Epidosis) und die Einführung einer Vermögenssteuer (Eisphora) in die Frühphase des Peloponnesischen Krieges.47 Die meisten Informationen über Metökeneuergesien stammen aus dem 4. Jahrhundert. Die starke Konzentration der Quellen auf die zweite Hälfte dieses Jahr hunderts läßt den Eindruck entstehen, daß gerade in dieser Zeit Wohltaten ansässiger Fremder für den athenischen Staat von eminenter Bedeutung waren. Im 3. Jahrhundert ging die Metökenbevölkerung stark zurück. Diese demo graphische Veränderung läßt sich anhand von Grabinschriften gut nachvollziehen. Im Bereich des Piräus etwa, von jeher einer der attraktivsten Wohnorte der Metöken, sind bislang 110 Grabinschriften von Fremden gefunden worden, die in das 4. Jahr hundert datiert werden. Im Vergleich dazu beträgt die Zahl für die gesamte hellenisti sche Epoche lediglich 34.48 Verschiedene Ursachen liegen diesem Bevölkerungsrück gang zugrunde. Als ein wichtiger Faktor kommt die schwere Wirtschaftskrise in Be tracht, von der Athen Ende des 4. Jahrhunderts heimgesucht wurde. Neuere Er kenntnisse über diese Wirtschaftskrise bringen siedlungsarchäologische Untersu chungen, die in den letzten Jahren von H. Lohmann durchgeführt wurden. Lohmann konstatiert eine Entsiedelung weiter Bereiche Attikas, die mit dem Übergang zum 3. Jahrhundert erfolgte.49 Er spricht von einem "allgemeinen wirtschaftlichen Nieder-
45
Bereits der Erstherausgeber der Inschrift, Willemsen, Archaische Grabbasen 143, hat in Erwägung gezogen, daß dem Metöken Anaxilas bestimmte Privilegien verliehen wurden. 46 Vgl. Schmitz, Wirtschaftliche Prosperität 136. 47 Migeotte, Souscriptions pubüques lOf. 48 Garland, Piraeus 62ff.; vgl. auch Salta, Attische Grabstelen 188. 49 Lohmann, Atene 248ff., bes. 252f.
I. Einleitung
23
gang", der "offenbar immer mehr Bürger in die Emigration" trieb.50 Auch Metöken werden unter den Auswanderern gewesen sein, die Attika zugunsten ökonomisch günstigerer Orte wie Delos, Rhodos oder Alexandria verließen oder noch weiter in den Osten zogen, um sich in den neugegründeten Städten der hellenistischen Monar chien niederzulassen. Nichtsdestotrotz hielt die Bereitschaft der Metöken, Athen wohltätige Dienste zu erweisen, auch im 3. Jahrhundert an. Allerdings stehen uns für diesen Zeitraum nicht mehr so viele Zeugnisse zur Verfügung wie für das 4. Jahrhundert. Einige Eh rendekrete bezeugen das Weiterbestehen von für Metöken typischen Euergesien wie Geldschenkungen, Getreidelieferungen und militärische Hilfeleistungen. Als eine neue Form tritt die Vergabe von zinslosen Darlehen an den Staat in Erscheinung.51 Dies scheint viel häufiger vorgekommen zu sein, als man aus dem ohnehin äußerst schmalen epigraphischen Befund erkennen kann. Die Vergabe von Darlehen wurde geradezu ein Merkmal reicher Metöken, das sogar anekdotisch ausgemünzt wurde. Eine solche Anekdote ist in das Lexikon des Patriarchen Photios und in die Suda eingegangen: In einer Sitzung der Ekklesie stellen die Athener zur Zeit der Diadochen fest, daß ihnen Geldmittel zur Finanzierung wichtiger Staatsausgaben fehlen. Ein Metöke, der während der Volksversammlung ebenfalls anwesend ist (sie!), erklärt sich in aller Eile bereit, die notwendige Geldsumme zu leihen.Weil er sich dabei aber sprachlich nicht korrekt ausdrückt (δια τον βαρβαρισμόν), wird sein großzügiges An gebot von den stolzen Athenern zurückgewiesen. Nachdem der Fremde sein Ange bot bei einem zweiten Versuch in fehlerfreiem Attisch vorträgt, nehmen ihn die Bür ger unter Beifall an.52 Im 3. Jahrhundert läßt sich femer in größerem Maße das Engagement von Metöken als Gesandte beobachten (s.u. S. 169ff.). Es sind meist Häupter der einzel nen Philosophenschulen, die der athenische Staat mit einer diplomatischen Mission betraute. Diese waren wegen ihrer rhetorischen Ausbildung und ihrem Ansehen, daß sie in der ganzen greichischen Welt genossen, sowie wegen ihren Kontakten zu ma kedonischen Herrschern für eine solche Aufgabe geradezu prädestiniert. Ich habe auch im 3. Jahrhundet von "Metöken" gesprochen, weil ich die weit verbreitete Ansicht, wonach in Athen die Institution der Metökie um 300 aufgegeben worden sei, nicht teile.53 Frühere Gelehrte wie U. v. Wilamowitz-Moellendorff, U. 50
Lohmann, Chora Athens 515. Zuerst bezeugt in IG II 480, Z. 14 (Dat. ca. 305; s. Migeotte, Emprunt public 27). Solche zinslosen Darlehen werden ferner in den Ehrendekreten für Apollas (IG II 835) und Aristokreon (IG . ΙΓ 786) erwähnt. Zu den Dekreten s. Migeotte, Emprunt public 32. 52 Phot. und Suda, s.v. θεριώ: τους Αθηναίους φασιν αθρόως εις έκκλησίαν συναθροισθέντας επί των διαδόχων, επειδή εις άπορίαν καθειστήκεσαν χρημάτων, έπειτα τις πλουσίων ύπισχνείτο άργύριον, οΰτω πως λέγων ότι εγώ ύμίν δανεΐω, θορυβεΐν και ούχ άνέχεσθαι λέγοντος δια τον βαρβαρισμόν και ουδέ λαβείν τό άργύριον έθέλειν έως αίσθανόμενος ό μέτοικος ή και ύποβαλόντος αύτω τινός, έφη· δανείσω ύμΐν τούτο τό άργύριον τότε δε έπαινέσαι καί λαβείν. Zur Anekdote s. auch Migeotte, Emprunt public 380 und Gauthier, Bienfaiteurs 184. 53 In dem Kapitel "The end of the metoikia" schreibt Whitehead, Metic 164f.: "... while foreigners were living in Attica in the third Century and beyond ... the metoikos, the man or woman obliged to register in a deme, pay metoikion^ and live a Kfe of tighdy regulated consessions and responsibilities, 51
24
L Einleitung
Kahrstedt und H. Hommel gingen davon aus, daß ein königlicher Erlaß durch Demetrios Poliorketes oder Antigonos Gonatas alle die Metökie betreffenden gesetzli chen Regelungen (Metoikion, Wahl eines Prostates, die obligatorische Demenregi strierung u.s.w.) aufhob und auf diese Weise der Unterschied zwischen den Bürgern und den Metöken zum Erliegen kam. M. Rostovtzeff dagegen glaubte, daß ehemals politisch stark engagierte Bürger in den Alexander dem Großen folgenden Genera tionen zunehmend ökonomische Interessen verfolgten und so mit den Metöken ver schmolzen. Das Verschwinden des Gegensatzes zwischen dem Bürger als homo politicus und dem Metöken als homo oeconomicus habe ganz von selbst das Ende des Statusunterschiedes bewirkt. D. Whitehead hat mit Verweis auf die in der hellenisti schen Epoche weiterhin aufrechterhaltene politische Exklusivität der Athener alle diese Thesen als unzutreffend zurückgewiesen.54 Er selbst erklärt das Ende der Met ökie mit dem Verzicht der Athener, an der in klassischer Zeit gültigen Unterschei dung zwischen den Metöken und den ξένοι παρετηδημοΰντες weiterhin festzuhalten. Die regulierenden Mechanismen der Metökie seien aufgehoben worden, was zur Fol ge hatte, daß die freie Bevölkerung Attikas sich nur noch aus xenoi und politai zusam mensetzte. Gründe für die Bereitschaft der Athener, diese Mechanismen zu beseiti gen, die auch ein Verzicht auf wichtige Einkünfte (Metoikion u.a.) zur Folge haben mußten, nennt er nicht. H.W. Pieket bietet in Auseinandersetzung mit Whitehead eine andere Deu tung für das Ende der Metökie: Einerseits sei die Exklusivität der Athener dahinge schwunden. Weil dadurch die Aufnahme in den Bürgerverband leichter wurde, konn ten Fremde sich das attische Bürgerrecht ohne großen Aufwand erkaufen. Anderer seits seien Fremde aus den unteren Schichten nicht mehr bereit gewesen, sich in Attika niederzulassen, wofür der Niedergang der wirtschaftlichen Prosperität Athens verantwortlich gemacht wird. Nach Athen kamen überwiegend nur noch "well-to-do metics (scholars (ephebes!), tourists, rieh merchants), who did not settle down but passed by since their social-economic position at home made it not at all attractive (semi-)permanendy to leave their patris". Durch das Zusammenwirken beider Fakto ren sei die Metökie "verwelkt".55 Eine solche Konstruktion erweist sich aus folgenden Gründen als unhisto risch: Der Metökenstatus war niemals von der Bevölkerungsdichte abhängig. Nicht nur Handelszentren wie Athen, Ägina, Rhodos und Byzantion, sondern auch kleine, vorwiegend agrarisch geprägte Poleis, in denen die Anzahl eingewanderter Fremden sehr gering gewesen sein dürfte, zogen im 5. und 4. Jahrhundert eine scharfe Tren nung zwischen μέτοικος und παρεπίδημος.56 Im Hellenismus hielten viele Poleis diese Unterscheidung weiterhin aufrecht (s.u.). Es erscheint daher als unwahrscheinlich,
disappeared about the turn of the fourth Century". 54 Whitehead, Metic 165. 55 H.W. Pieket, Rez. zu Whitehead, Metic, Mnemosyne 34, 1981, 192: "Those who really wanted to settle in Athens for cultural reasons, snob-value vel-sim.y could be naturalized via sale of citizenship; permanent poor settlers were hardly available, so that metoikia withered awav". 56 Z.B. Chaleion (IG IX 123, 717; Dat.: 475-450); Argos (IG IV 552 und 615; Dat.: 5. Jh.).
L Einleitung
25
daß die Athener trotz des nicht zu bezweifelnden Rückganges der Metökenbevölkerung die Metökie als Institution aufgaben und auf diese Weise auf nicht zu unter schätzende Einkünfte aus der Metökie verzichteten.57 Allein das metoikion brachte der athenischen Staatskasse in spätklassischer Zeit jährlich rund 20 Talente ein. Diese keineswegs geringe Summe reichte z.B. zur Deckung der gesamten Besoldung der 350 Magistrate oder der 500 Ratsmitglieder aus.58 Hinzu kommt, daß die Athener das Bürgerecht weiterhin als ein kostbares Gut empfanden und an ihrer Exklusivität festhielten. Alles, was der Metöke Apollas am Ende des 3. Jahrhunderts für seine über eine längere Periode erfolgten Euergesien, darunter mehrere Geldspenden und ein Darlehen, dem Bürgerverband abringen konnte, war die Proxenie und die Enktesis.59 Davon, daß sich die politeia gegen Bezah lung leicht erkaufen ließ, kann demnach im 3. Jahrhundert nicht die Rede sein. Eine liberale Bürgerrechtsverleihung setzte in Athen nach der eingehenden Analyse von MJ. Osbome erst in der Mitte des 2. Jahrhunderts ein.60 Allerdings sollte man den freigiebigen Umgang der Athener mit ihrem Bürgerrecht nicht überschätzen. Anlaß zu solchen Hypothesen gab die völlige Absenz von als Metöken be zeichneten Personen in den attischen Quellen - man muß eigentlich sagen, der In schriften, weil literarische Zeugnisse aus Athen selbst so gut wie vollkommen fehlen - der hellenistischen Zeit. Darüber hinaus ließen sich die für das 5. und 4. Jahrhun dert typischen Merkmale der Metökie, wie die Metökensteuer, Demenregistrierung oder die Heranziehung ansässiger Fremder zum Militärdienst oder zu Liturgien, nicht mehr nachweisen.61 Jedoch warnen Analogien aus anderen griechischen Poleis vor einem argu mentum e silentio. Während der ganzen hellenistischen Periode sind in zahlreichen griechischen und hellenisierten Poleis Metöken als Terminus bezeugt.62 Verschiedent lich erwähnte Regelungen wie die Zahlung einer besonderen Steuer und die Wahl ei nes Prostates durch die Metöken legen eine Verwandtschaft zur klassischen attischen Metökie nahe.63 Zudem wurde an vielen Orten weiterhin zwischen länger ansässigen und vorübergehend verweilenden Fremden unterschieden und den Metöken Liturgi en, wie z.B. die Choregie, auferlegt.64 57
In diesem Sinne N.R.E. Fisher, How to Be an Alien. Rez. zu Whitehead, Melde, CR 93, 1979,
268. 58
Gerhardt, Metoikie 26f.; Jones, Economic Basis 6. IG II 2 835 = Maier, Mauerbauinschriften Nr. 16, 80ff. mit Kommentar. 60 Osborne, Naturalization III-TV, 204ff. bes. 207. 61 Whitehead, Metic 164f.; ders., Metic: Some Pendants 149ff. 62 Tegea (3. Jh.): IG V 2, 36; Ilion (3. Jh.): OGIS 218; Ivllion 25; Rhodos (1. Jh.): G. Jacopi, Clara Rhodos II, 1932, 177ff. Nr. 6, col. I, Z. 16-20. 31, col. II, Z. 21-39 und BCH 113, 1993, 347ff. col. 1.24.26.38.51. Weitere Belege aus Rhodos bei Fräser, Citizens 70ff.; Kyme (2. Jh.): IvKyme 13; Knidos (ohne Datierung): IvKnidos 409: Hippokume/Lykien: ΤΑΜ II 168, Ζ. 56f. 58f.; Patara/Lvkien: ΤΑΜ II 432; Kyzikos (1. Jh. n. Chr.): Syll/ 799, Z. 25. 63 Besteuerung der Metöken in einer Inschrift aus Koreseia auf Kos erwähnt (Syll. 958; Dat.: Anf. 3. Jh.); Zeugnisse für die Prostasie stammen ebenfalls aus Kos (Herondas, Mimiamb. II, V. 10ff.39f.), sowie aus Rhodos (1. Jh.: G. Jacobi, Clara Rhodos II, 1932, 177ff. Nr. 6, col. I, Z. 16-20. 31, col. II, Z. 21-39) und Xanthos (ΤΑΜ II 283; ohne Datierung). 64 Belegstellen bei Ph. Gauthier, Epigraphie et institutions grecques, AEHE (TV* sect.) 1978/79 59
26
I. Umleitung
Aber auch in Athen selbst gibt es Spuren für das Fortbestehen der Metökie. Isotelen werden in attischen Grabinschriften bis in das erste Jahrhundert v. Chr. hin ein genannt.65 Man kann sich schwer vorstellen, daß die Isotelie in hellenistischer Zeit zu einem inhaltslosen Titel herabgesunken war. Vielmehr müssen mit ihr nach wie vor bestimmte finanzielle Erleichterungen verbunden gewesen sein. Die Verleihung der Isotelie scheint nahezulegen, daß in Athen bis in die späthellenistische Zeit hinein eine Art Kopfsteuer (Metoikion?) für ansässige Fremde fortexistierte.66 Zu diesem bereits bekannten Material kommt die unlängst veröffentlichte Eh reninschrift für Archandros von Piräus hinzu, in der Metöken erwähnt werden. Als Paraliastratege verordnete Archandros im Archontat des Diomedon (? 244/3) u.a., daß auch die in Rhamnus ansässigen Fremden (μέτοικοι) Wachdienst leisteten.67 Somit ergibt sich, daß der Kriegsdienst der Metöken in der Mitte des 3. Jahrhunderts wei terhin fortbestand. Die früheste lexikalische Notiz über die Metökie stammt aus der Feder des Aristophanes von Byzanz (ca. 257-180 v. Chr.). Er definiert den Metöken a) dadurch, daß er diesen vom παρεπίδημος, dem sich nur vorübergehend aufhaltenden Fremden, unterscheidet und b) durch die Tatsache, daß der Metöke bestimmte Steuern abfüh ren muß, wovon der παρεπίδημος befreit ist.68 Bislang ließ man die Gültigkeit dieser Definition meist nur für die klassische Zeit gelten.69 Doch legen die Belege aus Athen und anderen griechischen Poleis den Schluß nahe, daß die Unterscheidung zwischen μέτοικος und παρεπίδημος in hellenistischer Zeit weiterhin fortbestand und Aristo phanes durchaus die Metökie seiner eigenen Zeit vor Augen hatte, als er um 200 v. Chr. seine Angaben niederschrieb. Das Fehlen aussagekräftiger Quellen macht es schwierig, das Ende der Met ökie in Athen exakt zu bestimmen. Meine Vermutung geht dahin, daß sie im Laufe des 1. Jahrhunderts v. Chr. allmächlich aufgegeben wurde. Man könnte ihr Ver schwinden indirekt mit der römischen Herrschaft über Griechenland in Zusammen hang bringen. Seit dem 2. Jahrhundert ließen sich immer mehr Römer und Italiker in Attika nieder.70 Es erscheint als unwahrscheinlich, daß die Athener von den bei ihnen ansässigen Römern, die immerhin einer Nation angehörten, welche weite Teile der griechenschen Welt unter ihrer Abhängigkeit gebracht hatte, Steuern erhoben oder [1982], 324. Als Metöken bezeichnete Choregen sind aus Delphi (SGDI 2521, 2524 und Syll.3 437), Delos (IG XI.2 105ff.; Dat.: 3. Jh.), Rhodos (IG ΧΠ 1, 157; 383; 762) und der karischen Polis Iasos (Ivlasos 196; Dat.: Anf. 2. Jh.) bekannt. Vgl. Domingo Gvgax, Lvkische Gemeinwesen 52f. 65 2. Jh. v. Chr.: IG II 2 7862, IG II 2 7872, IG Π2 7876; 2./1. Jh. v. Chr.: IG II2 7867; 1. Jh. v. Chr.: IG II 2 7866, IG II 2 7878. 66 In diesem Sinne Gauthier, Epigraphie et institutions grecques 151. 67 B. Petrakos, Ό δήμος του 'Ραμνοϋντος Π, Athen 1999, Nr. 27; vgl. ders., CRAI 1997, 622; Ha bicht, Athen 346 Anm. 51; Dreyer, Athen 169f. und SEG XLVII Nr. 151. 68 Aristoph. Byzan. Λέξις Frg. 38 Nauck: μέτοικος δε οπόταν τις άπό ξένης έλθών ένοικη τη πόλει, τέλος τελών εις τεταγμένας τινάς χρείας της πόλεως· έως μεν ούν ποσών ήμερων παρεπίδημος καλείται και ατελής εστίν, εάν δε ύπερβή τον ώρισμένον χρόνον, μέτοικος ήδη γίνεται και υποτελής. 69 Gerhardt, Metoikie 9ff.; Whitehead, Metic 166. 70 Habicht, Athen 340ff.
I. Einleitung
27
sie durch Gesetz dazu bestimmten, sich unter den Athenern einen Prostates zu wäh len. Die Ausklammerung der Römer von der Metökie wird allmächlich dazu geführt haben, daß die Mechanismen der Metökie auch auf die griechischen und hellenisierten Fremden nicht mehr angewandt wurden. Dabei wird der im 2. Jahrhundert zu beobachtende mentale Wandel auf dem Gebiet der Ephebie und der Heiratspraktiken die Aufhebung der Metökie stark gefördert haben. Irgendwann zu Beginn des 2. Jahrhunderts erkannte der Staat die Ehe zwischen einem Athener und einer Fremden als legitim an.71 Diese Aufhebung des Bürgerrechtsgesetztes von 451 bewirkte eine aus den Grabinschriften deutlich erkennbare Zunahme von Eheschließungen zwi schen Bürgern und Fremden.72 Im letzten Viertel des 2. Jahrhunderts gewährte Athen den Söhnen wohlhabender Fremder den Eintritt in die Ephebie. O.W. Reinmuth und C. Habicht nehmen an, daß diese nach Absolvierung der Ephebie automatisch das athenische Bürgerrecht erwarben.73 Metökeneuergesien lassen sich über die Mitte des 2. Jahrhunderts hinaus nicht verfolgen. Ehreninschriften mit Bürgerrechts-, Proxenie- und Isotelieverleihungen, die im 3. Jahrhundert ohnehin spärlich flössen, brechen um 140 abrupt ab.74 Authen tische literarische Zeugnisse aus Athen selbst sind nicht vorhanden. Daher be schränkt sich unser Wissen über Metökeneuergesien in der 1. Hälfte des 2. Jahrhun derts auf die Beteiligung von Metöken an zwei Epidoseis und die berühmte Philoso phengesandtschaft nach Rom (156/55). 75
71
Belege bei Vatin, Mariage 125 f. Diese Tendenz läßt sich auch in der Epidosis-Urkunde IG II 2 2332, Z. 95-99 des Jahres 183/2 beobachten: Unter den Spendern befinden sich auch der Bürger Euangelos und seine Frau Soteris, die aus Akamanien stammte (s. Pope, Non-Athenians 28). 73 Epheben unter der Rubrik ξένοι zum ersten Mal in IG II 2 1008 aus dem Jahr 1 1 9 / 1 8 erwähnt (s. Reinmuth, Foreigners, passim; Pelekides, Ephebie 186ff.). Die Politie-Verleihung an ausländische Epheben begründet O.W. Reinmuth, Ephebate and Citizenship in Attica, TAPhA 79, 1948, 219ff. mit dem Verzicht auf eine Unterscheidung zwischen athenischen und ausländischen Epheben in den kaiserzeitlichen Epheben-Inschriften; Habicht, Athen 343 leitet den Erwerb des Bürgerrechts durch die Epheben u.a. aus der im 1. Jh. v. Chr. häufig bezeugten Ämtertätigkeit der Römer her. 74 Osborne, Naturalization IV, 144; Habicht, Athen 343. 75 Epidoseis: IG II 2 2332, IG II 2 2334; mehr bei Migeotte, Souscriptions publiques 39ff. Nr. 19, 20; Philosophengesandschaft: s.u. S. 180ff. 72
II. ZWISCHEN «QUASIBÜRGER" UND «ANTI-CITIZEN": DAS METÖKENBILD IN DER MODERNEN FORSCHUNG Von jeher galt es als das Hauptanliegen der Forscher, den Metökenstatus zu bestim men, den man hauptsächlich aus den rechtlichen Bedingungen, unter denen Fremde in Athen lebten, herzuleiten versuchte. Dabei hat man sich meist darauf beschränkt, nach den "positiven" und "negativen" Merkmalen der Metökie zu suchen und diese gegeneinander abzuwägen. Gewöhnlich werden Zugeständnisse wie das Bleiberecht, Rechtschutz, freie Berufsausübung und die religiöse Freiheit als positiv eingestuft, während das Fehlen politischer Rechte, Ausschluß vom Immobilienerwerb, Zahlung des Metoikion, Prostasiepflicht, Militärdienst und Benachteiligungen im Strafrecht die wichtigsten negativen Charakteristika bilden. Je nach Gewichtung der einzelnen Aspekte fallen die Meinungen über den Metökenstatus unterschiedlich aus: Während einige in den Metöken eine Personengruppe sehen, die eine bürgemahe Stellung ge noß und ihren rechtlichen Status als erwünscht betrachtete, werden die Metöken von anderen als eine unterpriviligierte Schicht aufgefaßt, die von den athenischen Bürgern als eine Minorität mit geringem Prestige empfunden wurde. Unter diesem Gesichtspunkt läßt sich die Erforschung der attischen Metökie vereinfacht in drei Phasen einteilen.76 Die erste Phase wird mit der 1785 vorgetrage nen und erst 1808 veröffentlichten Studie des Franzosen G. de Sainte-Croix eingelei tet.77 Er stellte die rechtlichen Nachteile in den Vordergrund, durch die die Metöken von den Bürgern geschieden wurden. Wegen der von einer engherzigen Bürgerschaft errichteten rigiden Statusbarriere seien die Bedingungen, unter denen die Metöken lebten, beklagenswert ("triste") gewesen. Weil der Metökenstatus eine "Last" war, habe es gegolten ihn nach Möglichkeit zu vermeiden.78 In der zweiten Phase, die 1880 mit H. Schenkls Untersuchung "De metoecis atticis" einsetzt, wird die Metökie als "Vorzug" betrachtet.79 Gerade in der deutsch sprachigen Altertumswissenschaft des ausgehenden 19. Jahrhunderts richtete man sein Augenmerk auf die gastfreundliche Aufnahme von Fremden seitens der atheni76
Forschungsüberblick bei Clerc, Meteques lff.; Whitehead, Metic lff.; Bleicken, Demokratie 549f. Die Phaseneinteilung orientiert sich an Whitehead, Metic lf. 77 Memoire sur les meteques ou etrangers domicilies a Athenes, in: Memoires de Γ Academie des Inscriptions et Belles-Lettres 48, 1808,176-207. 78 G. de Sainte-Croix spricht von "distinctdons les plus injustes" (zitiert nach Clerc, Meteques 3). Sein Aufsatz ist die erste wissenschaftliche Abhandlung über die Metökie. Vor ihm haben etwa Samuell Petit (1635) und L.C. Valckenäer (1739) ebenfalls auf die Nachteile der Metökie hingewiesen. Vgl. Clerc, Meteques 2f. und 225. 79 Vgl. etwa Schenkl, De metoecis atticis 182: "Sed quanquam viri nonnulli prüdentes usuque periti probe intellexerunt metascos benigne tractandos atque omnibus modis adjuvandos esse, tarnen vulgus civium longe aliter sentiebat. Nam ad omnia atque invidias, quae ubique et omnibus temporibus in homines locupletiores gerere solent ii, qui ex infima et pauperrima plebe sunt orti, accessit Athenis licentia populi, ut in urbe δημοκρατουμένη, indomita atque effrenata inquilinorumque parum firma neque satis tuta condictio ...".
30
17". Zwischen "Quasibürger"und "anti-än%en"
sehe Bürgerschaft und charakterisierte die rechtliche Stellung der Metöken als "be neidenswert".80 Als Vergleichsgröße zog man nicht mehr nur die attische Bürger schaft heran, sondern die kurz in Athen verweilenden Fremden (ξένοι παρεπιδημουντες), die nach der damaligen Auffassung einer größeren rechtlichen Benachteilung ausgesetzt waren als die Metöken, weil ihnen u.a. der staatliche Rechtschutz fehlte.81 Diese idealisierende Tendenz erreicht ihren Höhepunkt in dem "Quasibürger"-Modell, das U. v. Wilamowitz-Moellendorff in einem Artikel mit dem provokan ten Titel cT)emotika der Metoeken" (1887) entworfen hat. Dieses Modell beruht auf eine Reihe von teilweise voneinander abhängigen Annahmen, die sich bei einer ge naueren Betrachtung als Fehlschlüsse erweisen. Besonders auffallig an seinem stark juristisch ausgerichteten Konzept ist die Verharmlosung der rechtlichen, politischen und ökonomischen Barrieren, die zwischen den Metöken und dem historisch ge wachsenen Bürgerverband bestanden. Als Ausgangspunkt für Wilamowitz-Moellendorffs Überlegungen dient das von den Metöken in offiziellen Dokumenten geführte "Demotikon". Diese mit οίκων εν (+ Name des Demos) erscheinende Bezeichnung war zuvor von A. Böckh, B. Haussoullier und anderen für eine bloße Angabe des Wohnsitzes gehalten worden. Wilamowitz-Moellendorff gab sich mit dieser Erklärung nicht zufrieden, sondern sah hinter dem 'T)emotikon" eine zentrale Bedeutung für die Rechtsstellung der Met öken. Darin komme ein "Rechstverhältnis" zwischen einem Metöken und einer athe nischen Demengemeinde zum Ausdruck, das sich in der Übertragung von Rechten und Pflichten an jenen manifestiert habe ,82 Durch die Heranziehung zu ähnlichen Leistungen, wie sie auch von den Demoten erfüllt wurden, und durch die Gewährung gewisser Rechte sei der Metöke Mitglied eines Demos geworden und habe dort - konsequenterweise — ein "Quasi bürgerrecht" besessen.83 Die Zugehörigkeit zu einem Demos äußere sich nicht zuletzt in dessen Teilnahmeberechtigung an den Kulten und Festen der Gemeinde. Als Be weis wird das um 460 erlassene Gesetz von Skambonidai (jetzt IG I 245) herangezo gen, das die Zulassung von Metöken zum Fest des Phylenheros Leos bezeugt.84 Diese sollen, in gleicher Weise wie die Skamboniden, Opferfleisch im Wert von 2 Obolen erhalten. Verallgemeinernd hält Wilamowitz-Moellendorff es für selbstverständlich, daß diese - ansonsten nicht bezeugte — Praxis der Zulassung zu den Kulten in allen Demen, in denen sich Metöken niedergelassen hatten, üblich war.85 Interessant, wenn auch verfehlt, ist die Theorie vom Erwerb der "Quasibür gerschaft" des Metöken. Sie sei mit der Aufnahme des Metöken in das Demenregister 80
Thumser, Attische Metöken 51. Kritik an der rechtlichen Besserstellung der Metöken gegenüber den ξένοι παρεπιδημοϋντες er hebt Whitehead, Metic 96f. 82 Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 214. 83 Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 213ff. 84 Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 221: 4iDie Zugehörigkeit der Metoeken zur Einzelgemeinde ist also nicht blos aus den Demotika gefolgert, sondern sie ist in einem concreten Fall überliefert ...". 85 Eine solche Verallgemeinerung lehnt Whitehead, Metic 86f. vehement ab. 81
Das Metökenbild in der modernen Forschung
31
vollzogen worden. Wurde der Athener erst durch die Eintragung seinen Namens in das Demenregister zum Demoten, so habe dies auch beim Metöken der Fall sein müssen.86 Mit diesem Rechtsakt habe er die Berechtigung zum dauernden Mitwohnen erworben. Voraussetzung hierfür sei der Verzicht auf das Bürgerrecht seiner früheren Heimatstadt gewesen. Man habe nicht Bürger einer anderen Polis sein und zugleich in Athen ein "Quasibürgerrecht" besitzen können.87 Hier zeigt sich, wie stark Wilamowitz-Moellendorff vom römischen Recht voreingenommen war. Sei der Metöke kraft Rechtsvertrag Mitglied eines Demos geworden, habe er auch einer Phyle angehört und zugleich "eine Art von athenischem Bürgerrecht" be sessen.88 Beweise hierfür lagen für Wilamowitz-Moellendorff auf der Hand: Der Met öke sei für den athenischen Staat in den Krieg gezogen. Er habe die Eisphorai abge führt und sei zu Liturgien herangezogen worden. Nicht nur solche Pflichten habe er mit den Bürgern geteilt, sondern auch deren Rechte. Verwiesen wird auf eine "Rechtsgleichheit auf allen privatrechtlichen Gebieten".89 Auf das Fehlen politischer Rechte der Metöken ging Wilamowitz-Moellendorff allerdings nicht ein. Darin zeigt sich die Schwäche seiner Vorgehensweise. Er beschränkt sich auf eine Herausarbei tung der Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen. Das Tren nende wird nicht gesucht oder bewußt übergangen. Eine besonders gewichtige Stütze für die bürgemahe Stellung der Metöken bildet deren Teilnahmeberechtigung an den staatlichen Kulten.90 Daraus schließt Wi lamowitz-Moellendorff, daß die Metöken als "Quasibürger" in die athenische Staats gemeinschaft voll integriert waren und keinen eigenen "Stand" bildeten, der sich etwa in einem Zusammenschluß zu einem gemeinsamen Kult geäußert hätte.91 Diesem Po86
Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 231; vgl. auch 228. Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 239. 88 Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 215: "Antheil an der Sammtgemeinde ist die notwendige Folge des Gemeindebürgerrechts. Folglich haben die Metoeken eine Art von athenischem Bürgerrecht besessen, und müssen an den bürgerlichen Rechten und Pflichten in gewisser Weise Antheil gehabt haben"; s. auch 215: "Die Zugehörigkeit der Metoeken zu den Phylen folgt aus der Choregie ganz ebenso wie aus dem Dienst in der Infanterie". 89 Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 248. Vgl. 227: "Der Metoeke geniesst die Testierfreiheit, das Weisenrecht, den Schützt der Erbtochter, das Recht der nächsten Verwandtschaft auf dieselbe, und was sonst für das attische Familienrecht bezeichnend ist". 90 Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 219: "Allgemein ist bekannt, dass die Metoeken, Männer und Weiber, Jünglinge und Jungfrauen bei den Panathenaeen mit im Festzug gehen. Athena empfängt an ihrem Geburtstage die Huldigung ihres Volkes und in diesem Volke erscheinen die Metoeken, natürlich gesondert. Erichthonios, der Pflegling Athenas, ist ja nicht ihr Ahn; sie stehen dem Herzen der Göttin ferner. Aber sie nimmt doch auch von ihnen Gaben entgegen, sie spendet doch auch ihnen ihre Gnade. Kann es deutlicher ausgesprochen werden, dass die Metoeken Quasibürger sind?" 91 Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 221 f.: "Die Götter Athens sind die Götter der Metoeken. Damit ist eigentlich alles gesagt. Hätten die Metoeken einen Stand für sich gebildet, so würde diese Stellung ihren Ausdruck in der Verehrung besonderer Götter gefunden haben, wie Phyle, Phratrie, Geschlecht, Gemeinde, jedes κοινόν überhaupt seinen besonderen Cult hat; oder die Metoeken würden sich wenigstens in den Schutz eines bestimmten Gottes, der dazu berufen schien, begeben haben, wie die Gilde der ναύκληροι in den des Ζευς σωτήρ, das Schützencorps in den des Apollon. Von all dem ist keine Spur vorhanden ... So lehrt das Fehlen gesonderter Culte, dass es eine gesonderte Organisation der Metoeken nicht gab". 87
32
71 Zwischen 'Quasibürger"und "anti-ati%en"
stulat ist zweierlei entgegenzuhalten. Zuerst stellt sich unausweichlich die Frage, wie es zur Herausbildung eines Standesbewußseins und zur Organisation in einem ge meinsamen Gesamtkult hätte kommen sollen. Die Metökenbevölkerung war sehr in homogen, was nicht nur auf ethnische Differenzen (die Metöken kamen aus allen Teilen des Mittelmeeres und waren nicht durchwegs Hellenen), sondern auch auf Be sitz- und Bildungsunterschiede, durch die eine soziale Hierarchie geschaffen wurde, zurückzuführen ist. Aufgrund solcher Differenzen hat sich kein Gruppen- und Iden titätsbewußtsein entwickelt, was die notwendige Voraussetzung zu einem Zusam menschluß und für ein gemeinsames Agieren gewesen wäre.92 Einer Identitäsbildung stand zudem die bei vielen Metöken vorhandene Neigung im Wege, sich die Bürger zum Vorbild zu nehmen. Diese Neigung findet ihren Ausdruck in dem häufig zu beobachtenden Streben nach rechtlichen Privilegien, die sie in die Nähe der Bürger aufrücken ließen (s. Kap. III.2). Das von Wilamowitz-Moellendorff hoch bewertete Zugeständnis der Politen an die Metöken zur Teilnahme an den öffentlichen Kulten und Festen der Stadt und der Demen hatte seine Grenzen.93 Es sind nur wenige Feste bekannt, die die Anwe senheit von Metöken bezeugen. An den Panathenäen, dem wichtigsten Fest der Polis, waren Metöken zwar zugelassen und leisteten hierbei auch gesonderte Liturgien. Da gegen scheinen sie von den anschließenden Kulthandlungen und Opferschmaus aus geschlossen worden zu sein. Während den Kultfesten fiel den Metöken eine passive Rolle zu. Aktiv konnten sie nicht werden, weil ihren wichtige Rechte, darunter die ίερωσύνη, d.h. das Recht, ein Priesteramt zu bekleiden, fehlte.94 Aus den Angaben klassischer Autoren und späterer Lexikographen haben Ge lehrte vor Wilamowitz-Moellendorff erschlossen, daß jeder Metöke in einer auf Dau er angelegten Abhängigkeitsbeziehung zu einem als προστάτης fungierenden Athener stand. Aristoteles (pol. 1275a 7-14) gibt an, daß der Metöke ohne die Beihilfe seines Prostates nicht vor Gericht auftreten konnte. Harpokration und die Suda gehen sogar einen großen Schritt weiter und teilen mit, daß sich der Prostates um alle privaten und öffentlichen Angelegenheiten des Metöken gekümmert habe.95 Aus diesen Quel lenbelegen war klar, daß die Prostasie die Handlungsfreiheiten des Metöken - in wel chem Ausmaß auch immer — einschränkte. Der Widerspruch zum "Quasibürger"Modell stellte sich ein: Konnte ein Metöke "Client" einer Einzelperson und zugleich "Quasibürger" des athenischen Staates sein?96 92 Man fragt sich, ob bei Vorhandensein eines Standes- und Solidaritätsbewußtseins ein Lysias gegen die von der Hand in den Mund lebenden Metöken-Sitopolai eine mit rhetorischen Kniffen und Doppeldeutigkeiten versehene Gerichtsrede verfaßt hätte, die sie ans Messer lieferte. Zur rhetorischen Taktik der Rede s. überzeugend Seager, Getreidehändler 246ff. 93 Ausfuhrlich Clerc, Meteques 148ff.; Whitehead, Metic 86ff. 94 Demosth. 57.48. 95 Harpokr. s.v. άπροστασίου: ... τινά προστησόμενον περί πάντων των ιδίων και των κοινών; Suda, s.v. άπροστασίου δίκη: τον προστησόμενον αύτω περί πάντων των ιδίων και των κοινών; vgl. Anecd. 1.201,11 Bekker s.v. άπροστασίου: ... προστάτην, τον έπιμελησόμενον και τών ιδίων καί τών δημοσίων υπέρ αυτού, ώσπερ έγγυητην όντα. 96 Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 214: 'T>er Metoeke kann nicht einerseits in Clientel zu einem Athener gestanden haben, andererseits in irgend einem Rechtsverhältnisse zu einer Gemeinde.
Das Metökenbild in der modernen Forschung
33
Weil ein solches "CHentelverhältniss" mit seiner Vorstellung von der "Quasi bürgerschaft" nicht vereinbar war, hat Wilamowitz-Moellendorff viel Mühe darauf verwendet, die geläufige Ansicht vom Prostasiezwang zu widerlegen.97 Dies geschah auf zwei Wegen. In einem historischen Rückblick leitet er die Entstehung der Metökie aus der "privaten Clientel", "einem Treueverhältniss zwischen zwei Personen" (232) her Neben dem Gastrecht habe in homerischer und archaischer Zeit als ein weiteres "Rechtsverhältniss" auch die "Clientel" bestanden. Wer die angestammte Heimat verlassen und sich an einem anderen Ort niedergelassen habe, habe einen Be schützer gebraucht Für die Gewährung des Schutzes sei der Fremde seinem "Pa tron" Gehorsam und Dank schuldig gewesen. Dieses freiwillig gewählte und auf rechterhaltene Klientelverhältnis zwischen zwei Individuen sei mit der Poliswerdung Athens abgeschafft, der Metöke nun Klient des athenischen Staates worden.98 Weil die Nachricht des Isokrates (8.53), wonach der Metöke nach dem Ansehen seines Prostates beurteilt wurde, nicht ignoriert werden durfte, hat WilamowitzMoellendorff die Figur des Prostates doch nicht völlig beseitigen können. Seine Lö sung war: Ein Fremder brauchte für den Erwerb des Quasibürgerrechts einen Vermitder aus den Reihen der Bürger.99 Das kostbare Quasibürgerrecht habe ja nicht an jeden dahergelaufenen Fremden verliehen werden dürfen. Daher sei ein Prostates in der Funktion eines εγγυητής notwendig gewesen, der die Aufnahme des Fremden in das Demenregister überwachte. Mit diesem Akt habe die Tätigkeit des Prostates auf gehört und der zum Quasibürger gewordene Metöke sei in die Klientel des atheni schen Staates übergegangen. Dies sei allerdings nur in Athen geschehen. Andere Po leis hätten die Prostasie eines Bürgers über einen Metöken weiterhin aufrechtgehal ten. Nicht zuletzt damit begründete Wilamowitz-Moellendorff die günstige Rechts stellung der attischen Metöken gegenüber anderen Poleis.100 Ein solches Konstrukt war unumgänglich, gerade weil der stets verläßliche Aristoteles im dritten Buch der Politik festhält, daß die Metöken an vielen Orten nicht selbständig vor den Gerichten auftreten konnten, sondern der Beihilfe eines Prostates bedurften.101 Athen habe eben eine Ausnahme von der Regel dargestellt.
Denn im ersten Falle ist der Stand des Metoeken auf eine private Uebereinkunft gegründet, im anderen hat er Theil an einer staatlichen Gemeinschaft. Unter jener Annahme ist der Client dem Sklaven vergleichbar, unter dieser Annahme besitzt er ein Quasibürgerrecht". 97 Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 223ff.232ff.236ff. 98 Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 239. 99 Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 232. 100 Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 226f.: "... die Befreiung vom Patronatszwang ist eine Bevorzugung, und dass die Metoeken in Athen besser standen als irgendwo sonst, bezweifelt niemand. ... Wenn also der Metoeke in vielen anderen Staaten, ζ. Β. in Megara und Oropos, unter einem Pa tron stand, in Athen nicht, so wissen wir nun, worin der Vorzug des Metoekenrechts in Athen be stand ..." 101 Aristot. Pol. 1275a 7-14: ό δε πολίτης ού τω οίκεΐν που πολίτης εστίν και γαρ μέτοικοι και δούλοι κοινωνοοσι της οίκήσεως- ούδ' οι των δικαίων μετέχοντες ούτως ώστε καί δίκην ύπέχειν και δίκάζεσθαΓ τούτο γαρ υπάρχει και τοις από συμβόλων κοινωνούσιν, καί γαρ ταύτα τούτοις υπάρχει — πολλαχου μεν ούν ουδέ τούτων τελέως οί μέτοικοι μετεχουσιν, άλλα νεμειν ανάγκη προστατην, διό ατελώς πως μετέχουσι της τοιαύτης κοινωνίας κτλ.
34
U. Zwischen 'Quanbiirger" und "anti-ati%en"
Mit der ihm eigenen Gewißheit hat Wilamowitz-Moellendorff auch gefordert, daß es im attischen Staatsgebiet neben den μέτοικοι und παρετπδημοϋντες eine dritte Kategorie von ξένοι gab. Diese ξένοι hätten über Jahre hinweg in Attika leben dürfen, ohne in die Metökie aufgenommen zu werden und ohne ihr eigenes Bürgerrecht auf zugeben.102 Zu dieser Kategorie gehörten nicht nur δημιουργοί (Ärzte, Rhapsoden u.a.), denen von Wilamowitz-Moellendorff eine ccbesondere internationale Rechsstellung" bescheinigt wird, und die ξένοι από συμβόλων.103 Auch Personen wie der liier Nikander und der Ephesier Polyzelos hätten ihr angehört, nur weil sie in ihrem Eh rendekret (IG II 505) mit ihren Ethnika sowie mit dem Kompositum κατοικοΰντες Άθήνησι gekennzeichnet sind, nicht aber als μέτοικοι oder mit dem "Demotikon" als οίκοϋντες εν τω δεΐνι δήμω aufgeführt werden.104 Dabei hatten Nikander und Polyzelos mehrfach Kriegsdienst geleistet und ein volles Viertel Jahrhundert lang Jahr für Jahr die Eisphorai abgeführt, also die von ihm aufgestellten Kriterien eines "Quasibür gers" bestens erfüllt. Weil sie aber das 'Ttemotikon" nicht fuhren, konnten sie und (muß man hinzufügen) mit ihnen alle jene, die in den Ehreninschriften mit ihrem Ethnikon aufgeführt werden, auf keinen Fall Metöken gewesen sein. Hier trägt der Philologe Wilamowitz-Moellendorff über den Historiker Wilamowitz-Moellendorff den Sieg davon.105 Als ein schwerwiegender Fehler ist auch die Auffassung zu bewerten, wonach Einschränkungen wie Ausschluß von einer politischen Teilnahme und das Verbot von Immobilienerwerb, die das attische Metökenrecht mit sich brachte, von den Met öken als geringfügig betrachtet und gerne hingenommen worden seien. WilamowitzMoellendorff argumentiert damit, daß alle Metöken von Hause aus unpolitisch waren und sich in Athen des materiellen Gewinns wegen niederließen.106 Dabei trägt er der Tatsache nicht Rechnung, daß sich unter den Metöken viele politische Flüchtlinge befanden, die in ihren Heimatstädten nicht selten eine wichtige politische Rolle ge-
102 Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 233: icWir haben alle angenommen, dass zwischen einem Fremden und einem Metoeken kein bedeutender Unterschied wäre. Wer sich längere Zeit in Athen aufhalte, der werde eo ipso Metoeke, und demnach sei jede Person, der sich längere Zeit in Athen aufgehalten hat, ζ. Β. Anaxagoras, Aristoteles, Theophrastos ohne weiteres als Metoeke zu betrach ten. Das fällt hin, wenn erst die Aufnahme in das Demenregister zum Metoeken macht". 103 Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 240 Anm. 1. 104 Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 218 Anm. 4. 105 Seiner Ansicht, daß es in Athen diese dritte Kategorie von Fremden gab, haben sich auch Gelehrte wie Francotte, Condition des etrangers 216f.; W. Bannier, Zu griechischen Inschriften, RhM 70, 1915, 389-415, 402f. und Busolt, Staatskunde I, 292 Anm. 2f. angeschlossen. Selbst als Lipsius, Metökenrecht 9f. diesen Irrtum mit stichhaltigen Argumenten korrigiert hatte, hielt man lange danach am Postulat Wilamowitz-Moellendorffs fest, wie z.B. Hommel, Metoikoi 1415; Kahrstedt, Staatsgebiet 312. Vgl. Gauthier, Symbola 109. 106 Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 248: "Die Gewährung des Quasibürgerrechts an die zuwandernden war eine Lockung, so lange draussen die Noth, in Athen Ordnung war. Der zuwandernden Bevölkerung war mit dem Besitze der Handelsfreiheit und der Rechtsgleichheit auf allen privatrechtlichen Gebieten, mit der Garantie ihres Familienstandes ziemlich dasselbe geboten, was sie zu Hause gehabt hatten. Die Lasten waren in gewöhnlichen Zeiten ganz gering. Politische Rechte hatten die Kaufleute und Handwerker %u Hause, auch wenn sie aus Demokratien kamen, kaum ausgeübt" (meine
Hervorhebung).
Das Metökenbild in der modernen Forschung
35
spielt hatten. Es war das von den Bürgern geschaffene Metökenrecht, das die ansässi gen Fremden vom politischen Leben ausschloß, nicht die Desinteresse der Metöken an der athenischen Politik. Fälle wie der Klazomenier Herakleides, der nach seiner Einbürgerung am Ende des 5. und zu Beginn des 4. Jahrhunderts zu einem der füh renden Politiker Athens aufstieg, neben der Strategie mehrere andere Staatsämter übernahm und für die Erhöhung des Ekklesiastensolds auf drei Obolen verantwort lich war (Aristot. Ath. pol. 41.3), müssen als Hinweis dafür genommen werden, daß sich nicht wenige Metöken an den politischen Aufgaben der Polis beteiligt hätten, wenn ihnen das μετέχειν κρίσεως και αρχής zugestanden worden wäre.107 Waren nun Metöken Angehörige eines Demos, einer Phyle und des atheni schen Staates? Sie waren es mit Sicherheit nicht. Die mit οίκων εν (+ Name des De mos) wiedergegebene Formel beweist nicht melir als die Registrierung eines Metöken in einem attischen Demos. Sie impliziert keineswegs eine volle Zugehörigkeit zum jeweiligen Demos. Der entscheidende Punkt ist, daß die dort lebenden Metöken an den politischen Rechten der Demenmitglieder keinen Anteil hatten. Sie können daher nicht als Demoten angesehen werden.108 Die Quasibürger-Theorie wurde bereits vier Jahre nach dem Erscheinen der "Demotika der Metoeken" tief erschüttert. Aus der neu entdeckten aristotelischen Athenaion Politeia ging eindeutig hervor, daß die Metöken keine Phylenmitglieder waren und somit auch keine Demoten und "Quasibürger" sein konnten. Dies zeigte die unterschiedliche Behandlung in der Rechtspflege: Bei Privatklagen, in die nur Bürger involviert waren, wandte sich der Ankläger direkt an die Phylenrichter des Prozeßgegners. Wenn es sich bei dem Angeklagten dagegen um einen Metöken han delte, konnte dieser Weg nicht beschritten werden. Man mußte den Polemarchen konsultieren, der den Fall nach dem System der Auslosung an die Phylenrichter überwies. Diese beauftragten dann ihrerseits die öffentlichen Schiedsmänner (Diaiteten) mit der Entscheidung;109 "und wenn es hier nicht zu einer Schlichtung kam, brachten die Phylenrichter den Fall vor die Heliaia, ein Gericht, das sich auf Ge schworene aus der Bürgerschaft stützte und bei dem sie den Vorsitzt hatten".110 Ich habe mich ausfuhrlich mit den Hypothesen von Wilamowitz-Moellendorff aufgehalten, weil er als eine Autorität auf dem Gebiet der Altertumswissenschaften das Metökenbild nachfolgender Forscher stark beeinflußt hat. Dabei kam es mir nicht darauf an, alle seine Irrtümer Punkt für Punkt zu berichtigen. Dieser Aufgabe hat sich ja schon D. Whitehead mit großem Ernst gewidmet. Gewiß haben sich bereits zu Lebzeiten Wilamowitz-Moellendorffs kritische Stimmen gemeldet, die das Bild von der Quasibürgerschaft ablehnten.111 So reagierte 107
Zu Herakleides s. Funke, Homonoia und Arche 116; weitere Beispiele für politische Karrieren von eingebürgerten Fremden gibt Osborne, Naturalization IV, 139. 108 Whitehead, Metic 72ff. mit ausführlicher Begründung. 109 Arist. Ath. pol. 58.2. Vgl. J.H. Lipsius, Über das neugefundene Buch des Aristoteles vom Staat der Athener, Ber. d. sächs. Gesellsch. d. Wiss. Leipzig. Phil.-hist. Kl. 43, 1891, 55; Hitzig, Fremdenprozeß 219; Gauthier, Symbola 137 Anm. 101; Whitehead, Metic 73f. 110 Hopper, Handel und Industrie 130. 111 Z.B. Lipsius, Metökenrecht 5f.; Busolt, Staatskunde I, 295 Anm. 1.
IL Zwischen t(Quasibürger"und "ann-citi%en"
36
bereits wenige Jahre nach dem Erscheinen des Artikels G. Gilbert mit den Worten: Aus der Formel οικών έν τω δεΐνι δήμω "kann man ein athenisches Quasibürgerrecht des Metöken mit demselben Rechte erschliessen, wie wenn man schliesst, dass ein Engländer, weil er als in Göttingen wohnhaft bezeichnet wird, ein deutscher Staats bürger sein müsse". An einer anderen Stelle fügte er die Bemerkung hinzu, daß Wilamowitz-Moellendorffs "Ausführungen durch die Sicherheit, mit welcher sie vorge tragen werden, keineswegs haltbarer werden".112 Trotz vereinzelter Ablehnung war dem Bild von der Quasibürgerschaft der Metöken über längere Zeit ein großer Erfolg beschieden.113 Whitehead spricht mit Recht davon, daß es den Rang einer "modern orthodoxy" einnahm.114 Selbst in einem vielgelobten Buch wie "Gesellschaft und Wirtschaft im alten Griechenland" (franz. Orginal 1972) von M. Austin und P. Vidal-Naquet, das sich ansonsten um eine be wußte Abgrenzung von modernistischen Konzepten bemüht, ist unter Berufung auf Wilamowitz-Moellendorff die Rede davon, daß "die Metöken des 5. Jahrhunderts fast schon Bürger gewesen seien".115 Die dritte Phase der Erforschung der attischen Metökie beginnt mit dem 1977 erschienen Buch "The Ideology of the Athenian Metic" von D . Whitehead. Auch dort steht die Analyse der rechtlichen Institution der Metökie im Vordergrund. Zwar ist sich Whitehead durchaus bewußt, daß man die athenische Gesellschaft auch auf die sozio-ökonomischen Faktoren hin untersuchen kann.116 Er streitet nicht ab, daß es unter Metöken wie unter Bürgern eine wohlhabende und eine ärmere Schicht gab. Die Ansicht, daß die Bürger in sozialer Hinsicht eine exklusive Gruppe gebildet hät ten, die von den Metöken streng getrennt wäre, wird in Anlehnung an V. Ehrenberg zurückgewiesen: "horizontal criteria" wie Besitz, Bildung und Beruf "were potent, and Plato has more in common with Cephalus than with many a Citizen banausos". Dennoch läßt Whitehead dem sozio-ökonomischen Status gegenüber dem rechtli chen Status eine stark untergeordnete Bedeutung zukommen, weil die von den Bür gern errichtete fundamentale politisch-rechtliche Barriere ("vertical demarcation") von keinem Metöken, nicht einmal von einer wohlhabenden und gebildeten Person wie Kephalos, überwunden werden konnte. Whitehead lehnt die Vorstellung vom privilegierten Status der Metöken ab, weil diese keines der wichtigen Merkmale eines Bürgers besässen hätten. Die ihnen fehlenden Rechte, an der Politik zu partizipieren, Grundbesitz zu erwerben und ein 112
Gilbert, Staatsaltertümer I, 195 Anm. 2; 196 Anm. 3. S. e.g. Kahrstedt, Staatsgebiet 278: "... die Metoikie ist ein Vorzug, sie wird verliehen und besteht nicht nur aus Pflichten und Lasten, von denen der ξένος frei bleibt. Diese Verleihungen sind als Ehre und eventuell direkt als Belohnung gedacht". 114 Whitehead, Metic, passim. 115 Austin/Vidal-Naquet, Wirtschaft und Gesellschaft 236. 116 Whitehead, Metic 19: "notably the economic criterion (i.e. economic activity and material prosperity itself) and the intellectual yardstick which above all confounds juristic Status. Witness the portrayal of Cephalus which opens Republic. It might be ironic, but I doubt it: Cephalus has simply reached the stage - economically, socially, intellectually - where Plato is oblivious of any connection between him and the metoikoi and xenoi, who in a democratic polis, tend (deplorably) to become assimilated to astoi (563A)!" 113
Das Metökenbild in der modernen Vorsehung
37
öffentliches Priesteramt zu bekleiden, hätten eine "exclusion from the whole politicaL, social, economic and religious nucleus of Athenian life" zur Folge gehabt.117 Zuge ständnisse gleich welcher Art konnten diese fundamentale Abgrenzug nicht ausglei chen. Daher empfindet Whitehead den Gegenbegriff des "anti-citizen" als zutreffen der. 118 Auch die angebliche Besserstellung der Metöken gegenüber den vorüberge hend in Athen anwesenden Fremden hat Whitehead zu widerlegen versucht. Auf dem Gebiet der Rechtspflege sei der ξένος (παρεπίδημος) in der Theorie zwar rechts los gewesen, doch hätten ihm in der Praxis mehrere Wege offengestanden, sich durch den Zugang zu attischen Gerichten Recht zu verschaffen. Wenn er aus einer Polis ge stammt habe, mit der Athen Rechtshilfeverträge (συμβολαί) abgeschlossen hatte, sei er "rechtsfähig" gewesen. Als Kaufmann sei seit der Mitte des 4. Jahrhunderts jeder Fremde zu den Handelsklagen (δίκαι εμπορικού) zugelassen gewesen. Im 5. und der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts, d.h. vor der Einführung der δίκαι εμπορικού, habe sich die Fremdenbevölkerung in Athen fast ausschließlich aus Metöken, Angehörigen einer Polis mit einem Symbola-Vertrag und aus rechtlich priviligierten Personen wie etwa Proxenoi zusammengesetzt. Sollte es neben solchen doch eine kleine Minderheit von Fremden gegeben haben, die tatsächlich rechdos gewesen sei, habe diese bei Be darf gerichtlicher Hilfe die zur Aufnahme in die Metökie notwendige Zeit abwarten und als Metöke die Hilfe der Gerichte erwirken können.119 Die Aufnahme in die Metökie habe eine Reihe von Belastungen, darunter Zahlung einer Kopfsteuer, Heranziehung zur Eisphora und Liturgien sowie Kriegs dienstpflicht, mit sich gebracht, von denen der ξένος verschont geblieben sei. Daher habe dieser gegenüber einem Metöken erhebliche Vorteile genossen und habe es als Privileg betrachtet, nicht in die Metökie aufgenommen zu werden, um so den Ver pflichtungen zu entkommen.120 Whitehead hat in den Quellen eine Antwort darauf gesucht, welche Einstel lungen die Athener gegenüber dem Metökenstatus hatten: "In the literary testimony metoikos often suggest pathos, Submission and restriction".121 Zwar hätten die Athener die mannigfaltigen Vorteile erkannt, die sich durch die Anwesenheit der Metöken für die Polis ergaben und hätten diese ganz bewußt ausgenutzt, doch hätten sie selber keine Metöken sein wollen, weil sie einen solchen Status als unangenehm (distasteful) und entwürdigend (disgraceful) empfunden hätten.122 Die Metöken selbst seien auf ihren Status nicht stolz gewesen. Sie hätten ihn nicht auf ihre Grabsteine oder auf andere Denkmäler geschrieben, weil "at best me-
117
Whitehead, Metic 70. Whitehead, Metic 70. 119 Whitehead, Metic 97. ™ Whitehead, Metic 96. 121 Whitehead, Metic 57. 122 Whitehead, Metic 55. 118
38
IL Zmschen "Quasibürger"und "anti-cin%en"
toikos was an unattractive piece of nomenclature and at worst a ready-made jibe, a reminder of exclusion and ineradicable gulfs".123 Die hier zusammengefaßten Ergebnisse Whiteheads haben eine breite Zu stimmung gefunden und wurden sogar im deutschsprachigen Raum, wo der Einfluß Wilamowitz-Moellendorffs länger fortlebt, übernommen.124 Es kommt Whitehead das Verdienst zu, das früher geläufige Bild der Metöken als eine privilegierte Perso nengruppe in entscheidenden Punkten korrigiert zu haben. Dennoch bleibt fraglich, ob die von ihm angewandte Methode der politischen Ausgrenzung ("status dissonance") von der Bürgergemeinschaft als Maßstab zur angemessenen Beurteilung der Me töken ausreichend ist. Der gesellschaftliche Rang wurde nicht ausschließlich durch politische Statusschranken bestimmt. Faktoren wie Vermögensstand, Bildung, Beruf und Herkunft haben im tatsächlichen Leben eine nicht zu unterschätzende Rolle ge spielt. Ein unbemittelter Bürger, der für das tägliche Überleben hart arbeiten mußte und an einer politischen Partizipation wenig interessiert war, hätte ohne Zögern sei nen rechtlichen Status mit einem Metöken wie Kephalos getauscht, wenn ihm als Gegenleistung von diesem sein Besitz überlassen worden wäre. Es muß künftigen Untersuchungen vorbehalten bleiben, durch die Berücksichtigung sowohl des recht lich-politischen als auch des sozio-ökonomischen Status zu einer differenzierteren Beurteilung der Metökenbevölkerung zu gelangen. Bei allen bisherigen Arbeiten zur Metökie fallt ein Mangel stark auf. Fremde, deren Aufenthalt eine gewisse Dauer überschritt, konnten nicht als Gäste und Besu cher behandelt werden. Es bedurfte der Schaffung gewisser Mechanismen, die das Zusammenleben zwischen den fremden "Mitwohnern" und Bürgern regelten. Für das Zustandekommen dieser Mechanismen waren nicht nur die politische Exklusivi tät der Bürger und deren auf Pragmatismus zurückzuführende Neigung, durch die Verpflichtung der Metöken zu Abgaben, Militärdienst und anderen materiellen und finanziellen Leistungen Profit zu erzielen, ausschlaggebend, auf denen letzlich White heads "anti-citizen^-These beruht. In besonders starkem Maße haben auch die sozia len Normvorstellungen und Mentalitäten, die in der Lebenswelt der Griechen ihren Sitz hatten und das Verhalten der Individuen und Gruppen in Athen leiteten, bei der Schaffung der der Metökie eigenen Mechanismen mitgewirkt. Auf diese Faktoren hat man bisher keine Rücksicht genommen. Daher sollen im folgenden Kapitel einige einsclilägige Belege zur Metökie unter diesem Gesichtspunkt diskutiert werden. Auf 123
Whitehead, Metic 57. S. die überaus positive Aufnahme seines Buches durch die Rezensenten N.R.E. Fisher, CR 93, 1979, 266ff.; M.M. Austin, Phoenix 33, 1979, 170ff.; M. Moggi, Gnomon 52, 1980, 340ff.; H.W. Pieket, Mnemosyne 34, 1981, 189ff. In der deutschsprachigen Wissenschaft ist sein Einfluß zu sehen etwa bei Bleicken, Demokratie 86ff.472f.; Brandt, Panhellenismus 192ff.; Spann, Fremde und Metöken 56; Weisenberger, Dokimasiereden des Lysias 168, wo etwas überspitzt sogar von der Erbärmlichkeit des Metöken-Status" gesprochen wird. Eine ablehnende Haltung hingegen bei Thür, Wo wohnen die Metöken 118: iCDie von David Whitehead ... polemisch aufgestellte These, die Metöken seien keine den Xenoi gegenüber privilegierte Schicht gewesen, sondern in der Mehrzahl eher ausgebeutete 'Gastarbeiter', ist nicht schlüssig erwiesen; die Abwägung der rechtlichen Vorzüge und Nachteile kann hierfür letztlich nicht den Ausschlag geben". 124
Das Metökenbild in der modernen Forschung
39
diese Weise ist eine differenziertere Gesamtbeurteilung der Metökie als Phänomen möglich und es läßt sich m.E. ein besseres Verständnis der wechselseitigen Beziehung der beiden Bevölkerungsgruppen erreichen.
III. DER MENTALITÄTSGESCHICHTLICHE RAHMEN 1. Soziale Reziprozität als zentrales Regelungsinstrumentarium zwi schen Politen und Metöken Die früheste Literaturgattung, die Einblicke in die Metökie gewährt, ist die Tragödie. Daß dort unter dem Deckmantel eines mythischen Stoffes aktuelle Themen behan delt wurden, ist allgemein bekannt und inzwischen gut erforscht.125 Auch im Hinblick auf die Metöken hat die Tragödie einen hohen Aussagewert, weil die Tragiker in manchen Stücken allgemeine Einstellungen der Bürger zu den Metöken eingearbeitet haben. Dies haben bereits Ph. Gauthier und D. Whitehead erkannt und für ihre je weiligen Fragestellungen herangezogen.126 In den "Hiketiden" des Aischylos ist der Umgang mit Fremden und deren richtige Behandlung eines der zentralen Themen.127 Die Aufnahme der Danaiden in die Metökie (V. 605-614) ist als Spiegelbild für die Ansiedlung einer großen Zahl von Fremden im vorperikleischen Attika zu verstehen. Dies zeigt sich u.a. in der Erwäh nung von "einförmigen Häusern" (μονορρύθμοι δόμοι, V. 961), die mit den - im Zuge des Ausbaus des Piräus entstandenen - Typenhäusern gleichzusetzen sind.128 Mit der Aufforderung an die Danaiden, in diesen typisierten Reihenhäusern Wohnung zu be ziehen, reflektiert Aischylos über die Unterbringung von Metöken in einer für seine Zeit neuartigen Hausform. Im Zusammenhang mit der Aufnahme der Danaiden in die Metökie ist von 'Vereinbarungen' (εύξύμβολοι, V. 701) zwischen den Politen und den Metöken die Rede. Diese 'Vereinbarungen' legen beiden Bevölkerungsgruppen eine Reihe von Pflichten und Verhaltensregeln auf, die als Grundlage für eine friedliche Koexistenz dienen sollen. Einige Teilaspekte dieser 'Vereinbarungen' hat Aischylos im Stück ver arbeitet: So werden die Bürger dazu angehalten, den Metöken gewisse Rechte zu ge währen und diese nicht zu diskriminieren.129 Sie sollen die Metöken nicht nur mit den 12
s Easterling, Anachronism lff.; Meier, Politische Kunst 75f.99.110.238f.; Furley, Herakleidai 77f. Gauthier, Symbola 11 lff.; Whitehead 34. Anders Clerc, Meteques 225, der die Informationen der Tragiker als unverwertbare Fantasieprodukte abtat. Vgl. Vidal-Naquet, Foreigners in Athenian Tragedy 109ff. 127 Wichtige Bemerkungen hierzu bei Spahn, Fremde und Metöken 37ff. und Bakewell, Metoikia 209ff. 128 Auf einem Kolloquim in Konstanz (1987) wies P. Spahn darauf hin, daß es sich um eine Anspielung auf jene Typenhäuser handelt, die im Zuge der hippodamischen Bauplanung kurz nach den Perserkriegen im Piraus gebaut wurden. Seine Erklärung hat breite Zustimmung gefunden; s. Spahn, Fremde und Metöken 42f.; Rösler, Typenhäuser 109ff.; Thür, Wo wohnen die Metöken 117ff.; Meier, Politische Kunst 110; Bakewell, Metoikia 226. 129 Aischyl. Suppl. 701-703: ξένοισί τ εύξυμβόλους, / πριν έξοπλίζειν "Αρη, / δίκας άτερ τρημάτων διδοΐεν. ("Den Fremden soll man vereinbarungsgemäß, / eh man Ares Waffen anlegt, / ihre Rechte ohne Kränkung zugestehen"). Ein aktueller Bezug dieser Zeilen, hier Vereinbarungen mit Fremden, dort eine sich ankündigende militärische Auseinandersetzung, läßt sich nicht abstreiten, zumal sie unmittelbar nach der Lobpreisung der Volksherrschaft folgen. O b Aischylos mit πριν έξοπλίζειν Άρη an den 3. Messenischen Krieg, an dem sich Athen aufgrund der Bemühungen Kimons mit der Entsendung eines Hilfsheeres 126
42
III. Ό er mentalitätsgeschichtliche 'Rahmen
Gesetzen ihrer Polis, sondern auch mit ihrer eigenen Person schützen, damit diese als die Schwächeren kein Unrecht erleiden. Bei Nichteinhaltung dieses Gebots droht ih nen das in der Volksversammlung verabschiedete Psephisma mit der Atimie.130 Weil dieser Volksbeschluß allen Bürgern die Pflicht auferlegt, eine Beschützerfunktion der Metöken zu übernehmen, kann Aisychlos an einer späteren Stelle (V. 963f.) von einer kollektiven Prostasie des Demos über die Metöken sprechen. Im Gegenzug wird von den Danaiden als künftigen Mitbewohnerinnen) ein "sittsames" Verhalten (σωφρόνων, V. 193; το σωφρονεΐν, V. 1013) verlangt.131 Hinter σωφρονεΐν steht wohl der von späteren Autoren wiederholt geäußerte Gedanke, daß sich der Fremde den Sitten und Bräuchen der Polis anpassen muß.132 Aischylos weist an einer anderen Stelle des Stückes darauf hin, daß die Danaiden als Fremde auf kei nen Fall dreist und frech auftreten dürfen, um bei den Bürgern nicht Mißgunst und Zorn zu erzeugen (V. 197-204). Den Kriegsdienst als eine Pflicht der Metöken hat Aisychlos in einem frühe ren Stück, "Sieben gegen Theben", thematisiert und ihm eine ethische Grundlage ge geben. Einer der sieben Helden, die gegen Theben zogen, war Parthenopaios. Dieser galt in der älteren Tradition als Argiver und war der Bruder des König Adrastos.153 Aischylos gestaltet Parthenopaios zu einem in Argos lebenden Metöken aus Arkadien um und gibt als Grund für dessen Teilnahme am Feldzug eine Art Erwiderungsprin zip an: Παρθενοπαΐος Αρκάς... άνήρ μέτοικος, Άργει δ' έκτίνων καλάς τροφάς.134
beteiligte, gedacht hat, oder aber, was wahrscheinlicher ist, an die sich anbahnenden innenpolitischen Auseinandersetzungen, die mit der Entmachtung des Areopags, dem Sturz Kimons und der Ermor dung des Ephialtes endeten, kann hier nicht weiter verfolgt werden. Wichtiger ist die Frage, wer die ξένοι waren, und welcher Gedanke sich hinter dem Adjektiv εύσύμβολος, das in dieser Form in Kol lokation mit δίκαι sonst nicht vorkommt, verbirgt. Wilamowitz-Moellendorff, Aischylos-Interpretationen 40f., hat eine innere Abhängigkeit zwischen den Versen 702 und 701/703 vermutet und sie als einen Ratschlag des Aischylos an die Athener gedeutet, Konflikte mit anderen griechischen Staaten auf Grundlage der δίκαι άπό ξυμβόλων zu lösen anstatt auf militärischem Weg. Seitdem wird der Gleichsetzung der εύσύμβολοι δίκαι mit den δίκαι άπό ξυμβόλων generell zugestimmt (Lit. bei Friis Johansen/Whittle, Suppliants III 62f.). Zwei Gründe sprechen allerdings gegen diese Deutung. Zum einen war die Institution der δίκαι άπό συμβόλων zur zwischenstaatlichen Konfliktlösung denkbar ungeeignet, weil sie nur einzelne Privatpersonen berücksichtigt, denen sie während ihres kurzen Aufenthaltes in dem Staat, mit dem solche Verträge (συμβολαί) geschlossen wurden, bei Rechtstreitigkeiten prozeßrechtliche Vorteile verschafft (frühere Beispiele für solche Rechtshilfeverträge aus Athen bei Gauthier, Symbola 157ff.). Zum anderen verbietet der Gesamtzusammenhang, in der diese Zeilen stehen, die ξένοι mit den nur kurz in Athen verweilenden Fremden, nach der späteren Terminologie mit den ξένοι παρεπιδημουντες, gleichzusetzen; vielmehr muß Aischylos bei den ξένοι an Metöken gedacht haben, weil der Anlaß für deren Erwähnung die Aufnahme der Danaiden in die Metökie ist. 130 Aischvl. Suppl. 610ff. Die Stelle ist ausführlich behandelt bei E. Berneker, s.v. ξενίας γραφή, RE IX A2,1967,1457. 131 Aischylos verwendet το σωφρονεΐν als Synonym für σωφροσύνη, die sich für die Metrik nicht eignet; vgl. Friis Johansen/Whittle, Suppliants III, 303 mit Parallelstellen. 132 S. etwa Plat. leg. 850a-c. 133 Zum Überlieferungswandel s. Wilamowitz-Moellendorff, Aischylos-Interpretationen lOOf. und HJ. Rose, Art. Parthenopaios, in: The Oxford Classical Dictionarv ^1970), 785. 134 Aischyl. Sept. 547f.
/. Sociale Re%prO%'tät als ^zentrales Rßgelungnnstmmentarium Mit dieser lapidaren Formulierung wird zum Ausdruck gebracht, daß ein Metöke als "Gegenleistung" für die Gewährung des Wohnrechts und für die gute Be handlung durch die Politen am Krieg des Bürgerverbands teilnehmen muß. Ein mo demer Betrachter steht dieser Vorstellung fremd gegenüber, und damit mag es zu sammenhängen, daß Whitehead die Wendung έκτίνων καλάς τροφός als eine höhni sche Bemerkung des Dichters abtat.135 Allerdings enthält diese Vorstellung einen der wichtigsten Grundsätze der griechischen Mentalität, nämlich die Obligation der Er widerung. Auffälligerweise benutzt Aischylos mit τροφή einen Begriff, der in der Eltem-Kind-Beziehung einen wichtigen Stellenwert einahm. In den Quellen wird un zählige Male der Grundsatz ausgesprochen, daß sich Eltern aus pragmatischen Gründen um eine gute Erziehung ihrer Kinder bemühem müssen.136 War doch "das Verhältnis von Eltern und Kindern jenseits aller emotionalen Aspekte auch und nicht selten wohl primär ... ein sozusagen geschäftliches Verhältnis auf Gegenseitigkeit, do ut des: Ich erziehe dich, dafür bist du meine Altersversorgung und meine Bestattungs garantie".137 Durch die aischyleische Übertragung desselben Grundsatzes auf die Be ziehung Bürgerverband/Polis-Metöken werden beide Bevölkerungsteile demselben obligatorischen Erwiderungsmechanismus unterworfen. Man könnte den Einwand erheben, daß die von Aischylos gegebene Begrün dung des Kriegsdienstes der Metöken eine individuelle Meinung des Dichters war, der auf diese Weise eine harte, von einer tyrannischen Bürgerschaft verhängte Maß nahme rechtfertigen wollte. Allerdings operieren andere athenische Autoren mit ähn lichen Argumenten (s.u.), was zu der Annahme berechtigt, daß Aisychlos eine unter der athenischen Bevölkerung weit verbreitete Überzeugung aussprach. Weil unter den Athenern die Ansicht geläufig war, von den Metöken für das ihnen eingeräumte Privileg, in Athen unbefristet leben zu dürfen, auch eine militäri sche Unterstützung zu verlangen, hatte ein Komödiendichter wie Aristophanes auch keine Schwierigkeiten, diese Auffassung zu parodieren. Dies geschah durch die Über tragung dieses Grundsatzes in die Welt der Vögel: Nach ihrer Ankunft bei den Vö geln verkünden die beiden Protagonisten Peithetairos und Euelpides, daß sie sich bei ihnen niederzulassen beabsichtigen. Auf diesen Wunsch hin stellt der Chor der Vögel die Frage, wie die beiden Ankömmlinge ihnen den gewährten Aufenthalt zu belohnen gedenken und ob die Bereitschaft vorhanden ist, ihren Gastgebern in der Not ein Helfer zu sein und gemeinsam ihren Feinden zu schaden: opgt τι κέρδος ένθάδ' άξιον μονής, δτω πέποιθ' έμο\ ξυνών κρατεΐν αν ή τον έχθρόν ή φίλοισιν ώφελεΐν εχειν;138 135
In Anlehnung an T.G.Tucker, The Seven against Thebes of Aeschylos, London 1908, 110, hat Whitehead, Metic 35, die zentrale Aussage des Aischylos mißverstanden. Tucker glaubte in zweierlei Hinsicht einen verächtlichen Unterton festzustellen: "within the play (that an Arkas should dare to threaten Thebes) and to the Athenian audience (the reference to Argos)". Whitehead fügt dem hinzu: "Certainly even the 'fine upbringing' seems scornful, and the whole cameo unfavourably coloured". 136 Einige Belege hierzu gesammelt bei Bolkestein, Wohltätigkeit 79ff.ll8f. 137 Gehrke, Rache 148. 138 Aristoph. Av. 418-421:
43
44
III. Der mentalitätsgeschichtliche Rahmen
In einem konkret historischen Fall begegnet diese Überzeugung bei Thukydides wieder. Nikias mahnt die während der Sizilischen Expedition auf den Schiffen als ναυται dienenden Metöken vor dem letzten Seegefecht im Hafen von Syrakus auf folgende Weise: "... ein Erfreuliches solltet ihr euch überdies zu Gemüte führen, nämlich das wertvolle Bewußtsein, daß man euch für Athener hält, auch wenn ihr es nicht seid, und daß man euch in ganz Hellas wegen eurer Beherrschung der attischen Sprache und wegen eurer Befolgung der attischen Lebensformen bewundert, endlich auch, daß ihr Teilhaber unserer Herrschaft seid, so gut wie wir selber, und den Vor teil habt, daß die Untertanen euch fürchten und niemand euch zu nahe tritt. Da ihr also die einzigen wahrhaftig freien Teilhaber unserer Herrschaft seid, ist es gerecht, uns jetzt nicht im Stich zu lassen".139 Die mahnenden und ermutigenden Worte des thukydideischen Nikias an die Metöken sind keineswegs als eine bloße Schmeichelei aufzufassen, wie dies Whitehead tut.140 Vielmehr stellen sie einen Appell an das Schamgefühl (αιδώς) der Met öken dar, der in ihnen den geschuldeten Dank an die athenische Polis wachrufen soll. Sie sind in den Augen eines Atheners moralisch dazu verpflichtet - je nach Bedarf als Fußsoldaten oder Ruderer - , für die Sache des Demos zu kämpfen, weil sie durch die Gewährung des Wohnrechts in Athen in den Genuß einer Reihe von Vorteilen ge kommen sind, die es zu vergelten gilt: materieller Gewinn an den für öffentliche Bau vorhaben und Besoldung der Ruderer eingesetzten Tributen der Bundesgenossen, Handels vorteile und Rechtssicherheit innerhalb der attischen Arche, u.a.m.141 Ohne erkennbaren Sinnzusammenhang läßt Euripides in seiner gleichnamigen Tragödie durch Medea verkünden, daß einem Fremden die Pflicht zukomme, die Po lis aktiv zu unterstützen: χρή δε ξένον μεν κάρτα προσχωρεϊν πόλει.142 Weil das Stück im Jahre 431, also im ersten Jahr des Peloponnesischen Krieges, aufgeführt wurde, hatte der Dichter in erster Linie wohl den Kriegseinsatz der Metöken im Sinn, wobei er möglicherweise auch an die Übernahme von Liturgien durch wohlhabende Met139 Thuk. 7.63 (vgl. auch 6.30): τοις δε ναύταις παραινώ και εν τώ αύτώ τώδε και δέομαι μη έκπεπλήχθαί τι ταίς ξυμφοραίς άγαν, την τε παρασκευή ν άπό των καταστρωμάτων βελτίω νϋν έχοντας και τάς ναϋς πλείους, έκείνην τε την ήδονήν ένθυμεϊσθαι ώς αξία εστί διασώσασθαι, οι τέως Αθηναίοι νομιζόμενοι, και μη οντες, ημών της τε φωνής τη επιστήμη και τών τρόπων τη μιμήσει έθαυμάζεσθε κατά τήν Ελλάδα, και της αρχής της ημετέρας ουκ έλασσον κατά το ώφελεΐσθαι, ες τε το φοβερόν τοϊς ύπηκόοις και το μή άδικεΐσθαι πολύ πλεϊον, μετείχετε. ώστε κοινωνοί μόνοι ελευθέρως ήμϊν της αρχής οντες δικαίως [αν] αυτήν νυν μή καταπροδίδοτε κτλ. Die hier angeredeten Ruderer werden von Thukydides nicht mit ihrem Rechtsstatus genannt. Al lerdings wurden sie bereits von einem antiken Scholiasten mit Metöken gleichgesetzt ναυται: τους μετοίκους λέγει (Schol. in Thuc, ed. K. Hude; vgl. Clerc, Meteques 63 und Whitehead, Metic 43). 140 Whitehead, Metic 43. 141 Einen ähnlichen Gedankengang aus dem 4. Jh., dieses Mal als ein Negativbeispiel, habe ich an einer späteren Stelle (S. 68f.) zusammengetragen: Der Metöke Athenogenes wird von Hypereides der Undankbarkeit gegenüber der Polis bezichtigt, der er seinen materiellen Wohlstand verdankte, weil er i j . 338 in der Schlacht bei Chaironeia nicht mitgekämpft hatte. Er entzog sich dieser Pflicht durch die Flucht ins sichere Ausland. 142 Eurip. Med. 222. Liddle - Scott - Jones (A Greek-English Lexicon, Oxford 91940 [1985], s.v.) übersetzen unter Verweis auf diese Stelle προσχωρεϊν mit "to support", während dieses Verb in den meisten deutschen Euripidesübersetzungen unzutreffend mit "sich fugen" wiedergegeben wird.
/. Sociale Resgprvsgtät ah centrales
'Kegelungnnstrumentanum
öken oder die freiwilligen Bereitstellung von Geldern für Rüstungsausgaben sowie anderweitige finanzielle Unterstützung des Staates gedacht haben kann.143 Euripides scheint hier ein Thema aufgegriffen zu haben, über das gerade in jener Zeit viel dis kutiert wurde, nämlich ob man die Metöken im bevorstehenden großen Krieg einset zen solle. Es ist kein Zufall, daß im gleichen Jahr für den Einmarsch der Athener in die Megaris unter Perikles nicht weniger als 3000 Metökenhopliten rekrutiert wur den.144 Nach den bisherigen Beispielen läßt sich die Frage beantworten, weshalb laut Euripides sich die Metöken für die Interessen der Polis einsetzen müssen. Hier geht es ebenfalls um eine Erwiderung auf die Gewährung des Bleiberechts; die sich daraus ergebenden Vorteile sollen vergolten werden. Euripides gewährt uns in einem anderen Stück ein eindrucksvolles Bild davon, welche Erwartungen die Bürgerschaft an die Metöken stellte. In den "Hiketiden" hat er in Anlehnung an Aischylos die Figur des Parthenopaios mit mehr Inhalt versehen und auf diese Weise einen "Idealmetöken" kreiert. Als "guter Mitbewohner" wählt Parthenopaios seine Handlungen so, daß dadurch der Polis keine Nachteile entste^ hen. Neid gegenüber den Politen empfindet er nicht, strebt demnach nicht nach Rechten, die die Bürger sich selbst vorbehalten haben. Auch ist er nicht auf Streit aus, fügt sich also gegebenenfalls lieber einem erlittenen Unrecht, als gleich einen gericht lichen Prozeß anzustrengen. Er legt eine absolute politische Solidarität an den Tag, indem er in guten Zeiten an den Freuden der Bürger teilnimmt, in schweren Krisen dagegen deren Sorgen mitträgt und, wenn die Polis in einen Krieg verwickelt ist, sich neben die Politen in die Schlachtreihe stellt. Indem er sich von jeglichen Fehltritten fernhält, gewinnt er die Sympathien der Politen.145 Die oben herangezogenen Textstellen lassen den Schluß zu, daß es in der Be ziehung der Politen zu den Metöken eine bestimmte Erwartungsebene gab: Die Athener fühlten sich berechtigt, den unter ihnen lebenden Fremden Pflichten aufzu erlegen aus keinem anderen Grund als aus der Überzeugung heraus, daß die gewährte freundliche Aufnahme und der damit zusammenhängende volle Rechtschutz nicht nur durch die Gesetze der Stadt, sondern auch durch einen als Prostates fungieren den Athener vergolten werden muß. Die Athener empfanden diese Zugeständnisse an die Metöken als einen überaus großzügigen Akt und waren stolz auf ihre Frem denfreundlichkeit (φιλοξενία).146 Dieser Stolz schien in ihren Augen durchaus wohlbe143
Die Eisphorai kommen nicht in Frage, weil sie laut Thuk. 3.19.1 erst im J. 428/27 eingeführt wurden. 144 Thuk. 2.31. 145 Eurip. Suppl. 888-900: ό της κυναγοϋ δ' άλλος 'Αταλάντης γόνος / παις Παρθενοπαΐος, είδος έξοχώτατος, / Αρκάς μεν ην, έλθών δ' έπ' Ίνάχου ροάς / παιδεύεται κατ' Άργος. εκτραφείς δ' έκεϊ / έχων έφρούρει μηδέν έξαμαρτάνειν. / πρώτον μέω, ώς χρή τους μετοικούντας ξένους, / λυπηρός ουκ ην, ούδ* έπίφθονος πόλει / ούδ' έξεριστής των λόγων, όθεν βαρύς / μάλιστ' αν εϊη δημότης τε και ξένος. / λόχοις δ' ένεστώς ώσπερ Αργεΐος γεγώς / ήμυνε χώρα, χώπότ' ευ πράσσοι πόλις, / έχαιρε, λυπρώς δ' έφερεν, ει τι δύστυχοι. / πολλούς δ' έραστάς καπό θηλειών όσας / έχων έφρούρει μηδέν έξαμαρτάνειν. 146 Die athenische φιλοξενία kommt am klarsten in der Rede des Perikles auf die Gefallenen zum Ausdruck (Thuk. 2.39): την τε γαρ πόλιν κοινήν παρέχομεν και ουκ εστίν οτε ξενηλασίαις άπειργομέν τίνα ή μαθήματος ή θεάματος, ο μή κρυφθέν αν τις των πολεμίων ίδών ώφεληθείη, πιστεύοντες ού ταΐς
45
46
III Der mentalitätsgeschichtliche Rahmen
gründet, wußten sie doch z.B. aus dem Umgang mit den Epen Homers, daß in frü hen Zeiten Fremde außerhalb jeder Rechtsordnung standen. Ein Fremder durfte un gestraft beraubt oder getötet werden, weil weder dessen heimatliches Recht aner kannt wurde noch das des "Gastlandes" auf ihn Anwendung fand.147 Sie konnten auch auf Poleis wie Sparta verweisen, in denen noch in ihren Tagen Fremde ungast lich aufgenommen und bisweilen mit Gewalt vertrieben wurden.148 In ihrer Großzügigkeit weiterzugehen und den Metöken weitere Rechte zu gewähren oder gar in den eigenen Bürgerverband zu integrieren, lag außerhalb ihres Horizontes. Damit ist zu begründen, daß in der attischen Literatur eine Diskussion darüber, ob man den Metöken politische Rechte zugestehen soll, vollkommen fehlt.149 In den Quellen wird mit keinem Wort gesagt, daß ansässige Fremde an den politi schen Entscheidungen der Polis teilhaben oder Grundbesitz erwerben sollen. Auch ihre Beteiligung an den staatlichen Fürsorgemaßnahmen (kostenlose Getreidevertei lungen, Waisen- und Invalidenrente, Theorikon u.a.) kam nicht in Frage.150 Stattdes sen wird immer wieder die Bereitschaft der Athener betont, Fremden ein Bleiberecht zu gewähren sowie deren Besitz und Person durch die Gesetze der Polis zu schüt zen.151 In diesen Kontext hinein gehört auch die Figur des Prostates, der in den Au gen der Athener keine geringere Aufgabe hatte, als die Interessen der Metöken wahr zunehmen, worunter auch der Schutz vor Unrecht mit eingeschlossen war. Über die Prostasie ist viel gerätselt worden.152 Bei einigen antiken Autoren tritt der Prostates in der Funktion eines Beschützers der Metöken in Erscheinung. Dieser wesentliche Punkt ist bisher wenig beachtet worden. Auf die Hiketiden des Aischylos habe ich bereits oben verwiesen.153 Nach der Überzeugung der Danaiden "ist jeder bereit, zu tadeln und zu schmähen, wer ihm fremd ist7'.154 Hier verordnet der Staat ei nen Prostates, um die Fremden zu schützen. In den "Fröschen" des Aristophanes ist die Aussage trotz der komödienhaften Überspitzung klar: Bei seinem Besuch in der παρασκευαίς το πλέον και άπάταις ή τω αφ' ημών αυτών ες τα έργα εύψύχω. Weitere Zeugnisse über die Philoxenie der Athenen Isokr. 4.41; Strab. 10.471; 14.673f.; Diod. 13.27. 147 Gaudemet/Fascher, Fremder 31: "Grundsätzlich hat der Fremde kein Recht. Jedes gesetzlichen Schutzes beraubt (IL 9, 648), kann er als Sklave verkauft werden (Od 20, 384)". 148 Zur spartanischen Xenelasie s. neuerdings Rebenich, Fremdenfeindlichkeit in Sparta 336ff. 149 Meier, Athen 399: Eigenartigerweise hat die griechische politische Theorie nie die außerordentlich weitgehende Exklusivität der Poleis zum Gegenstand des Nachdenkens gemacht. Sklaverei mußte man rechtfertigen, die Abgrenzung der Bürgerschaft - auch den ... Metöken gegenüber — nicht". 150 S. dazu Davies, Athenian Citizenship 105ff. 151 Hierher gehören auch weitere Zugeständnisse der Polis, wie z.B.: ungehinderte Ausübung des Berufes, Nichteinmischung in die religiösen Angelegenheiten der Metöken, Gewährung einer beschränkten Teilnahme an den öffentlichen Kulten und Festen. 152 Die einzelnen Lehrmeinungen über die Prostasie hat zuletzt Thür, Wo wohnen die Metöken 119f. zusammengefaßt. 153 Im "Agamemnon" des Aischylos werden in einem Gleichnis die Vögel als die Metöken der Götter bezeichnet (V. 57). Die richtige Interpretation haben P. Groeneboom (Aeschylos' Agamemnon [1944] 130) und E. Fraenkel (Aeschylos: Agamemnon [1950] II 36f.) gegeben: Im Himmel sind nur die Götter vollberechtigte Bürger, die Vögel dagegen leben dort als geduldete Mitbewohner. Sie stehen unter dem Schutz der Götter, die eine Prostates-Funktion ausüben; vgl. Whitehead, Metic 35. 154 Aischyl. Suppl. 972f.: πας τις έπειπεϊν ψόγον άλλοθρόοις εΰτυκος.
/. Sociale Rtfgprosgtät als centrales Regelungnnstrumentanum Unterwelt hatte Herakles bei den Gastwirtinnen Platane und Pandokeutria die Zeche nicht bezahlt. Wie in den Vögeln transferiert Aristophanes auch hier die athenischen Verhältnisse an einen anderen Ort, dieses Mal in den Hades, w o die beiden Wirtinnen als Metöken leben. Diese wenden sich nämlich nicht an ihre Ehemänner (oder andere männliche Verwandte, die ihre κύριοι gewesen wären), sondern an Kleon und Hyperbolos, um Herakles zu belangen. Die beiden Demagogen werden ausdrücklich als ih re Prostatai genannt. Platane fordert ihren προστάτης Kleon auf, Herakles (eigentlich ist es sein Halbbruder Dionysos) vor Gericht zu ziehen und für das ihr zugefugte Un recht Schadenersatz zu verlangen.155 Aussagekräftiger ist der um 270 als Parodie auf die attische Gerichtsreden ent standene Mimiambus Πορνοβόσκος des Herondas. Dort führt der Bordellwirt Battaros gegen den Getreidehändler Thaies eine Klage wegen αίκία, weil dieser ihm eines seiner Mädchen entführt und geschändet hat. Beide Prozeßgegner sind Metöken auf Kos und haben sich unter den dortigen Bürgern jeweils einen Prostates gewählt. Battaros wundert sich über die Kühnheit des Thaies. Denn er hätte sich vor dessen Pro states furchten müssen (V. 39f.), da dieser kein geringerer war als ein Ringer mit dem aristokratischen Namen Aristophon. Battaros hebt hervor, daß Aristophon noch immer aktiv Ringsport treibt und er daher mit seinem Prostates bestens "gepanzert" ([τ]εθώρηγμαι, V. 15) ist.156 Es wird also neben der sozial hohen Stellung des Prostates 155 Aristoph. Ran. 554-578. In den Zeilen 577f. spricht Platane: αλλ' ειμ επί τον Κλέων, δς αυτού τήμερον / έκπηνιεϊται ταύτα προσκαλούμενος. L. Seeger übersetzt: "Zum Kleon geh ich jetzt, der haspelt dir / Vor Amt das alles wieder aus dem Bauch!" 156 Heron. Mimiamb. II, V. 8-15 (mit der Übersetzung von K. und U. Treu): [ούτο]ς μέ[το]ι[κος] εστί της [πό]λιος κήγώ, / [και ζ]ώμεν ουκ ώς βουλό[μεσ]θ αλλ* ώς ημέρας / '[ό και]ρός έλκει· προστάτην [εχ]ει Μέννεν, / [εγώ] δ' Άρι[στοφ]ώντα· πυξ [νε]νίκηκεν / [Μέν]νες, [Αρισ]τοφών δε κ[ήτι] νυν άγχει· / [κει μ]ή έστ [άλη]θέα ταύτα, το[ύ ή]λίου δύντος / [έξέλ]θετ' ώς [σπ]ών άνδρες .[..] είχε χλαϊαν / [...]γνώσετ* οϊωι προστάτ[ηι τ]εθώρηγμαι. 'Tm Bürgerrecht hat er (sc. Thaies) mir nichts voraus, / Gastbürger ist er eurer Stadt — ich ebenso. / Man lebt, wie's geht, nicht, wie man gerne möchte. / Er hat zum Anwalt (προστάτης) Mennas sich / genommen, ich den Aristophon. Gesiegt hat / Mannas als Boxer — Ringer ist Aristophon, / noch jetzt aktiv; ob's wahr ist, könnt ihr Herren / erfahren, sobald die Sonne und der Mantel sinkt. / Mit diesem Anwalt bin ich gut gerüstet." Vgl. auch V. 28-40: öv χρήν εαυτόν όστις εστί κάκ ποίου / πηλού πεφύρητ' είδότ ώς εγώ ζώειν / των δημοτέων φρίσσοντα και τον ήκιστον / νύν δ' οι μεν έόντες της πόλιος καλυπτήρες / και τήι γενηι φυσώντες ουκ ϊσον τούτωι / προς τους νόμους βλέπουσι κημέ τον ξείνον / ουδείς πολίτης ήλόησεν ούδ* ήλθεν / προς τάς θύρας μευ νυκτός ούδ' έχων δαιδας / την οίκίην ύπηψεν ουδέ των πορνέων / β[ί]ηι λαβών οϊχωκεν αλλ' ό Φρύξ ούτος, / ό νύν Θαλής έών, πρόσθε δ\ άνδρες, 'αρτίμμες, / απανατα ταυτ' έπρηξε κούκ έπηιδέσθη / ούτε νόμον ούτε προστάτην ούτ' άρχοντα. "Er sollte wissen, wer er ist, aus welchem Lehm / gemacht, und leben so wie ich, sich ducken / vor jedem Bürger, sei er noch so einfach. / Dagegen hält die Prominenz der Stadt, / von stolzer Herkunft, ungleich diesem Menschen, / das Recht in Ehren. Mich, den Fremden, hat / kein Bürger je geschlagen, kam auch nie / vor meine Tür bei Nacht, hat nie mit Fackeln / das Haus mir angesteckt noch mir ein Mädchen / gewaltsam fortgeschleppt. Doch dieser Phryger, / der heute Thaies heißt, 2uvor jedoch Artimmes, / hat alles das getan, für nichts geachtet Recht / und Gesetz, Anwalt (προστάτης), Magistrat". Zum Rechts fall s. Hitzig, Fremdenprozeß 220 f. Die bisherige Metökenforschung hat, soweit ich sehe, diesen Mimiambus nicht zur Kenntnis genommen. Der Πορνοβόσκος berührt wichtige Aspekte der Metökie und stellt daher eine Quelle ersten Ranges dar. Er karikiert bestimmte Metöken-Typen, die allem Anschein nach auch auf Kos nicht fehlten. Das Stück ist als Parodie attischer Gerichtsreden konzipiert, was nicht nur aus der Imitation bestimmter Elemente deutlich wird, die ein fester Bestandteil attischer Gerichtsreden waren, sondern auch aus der Anspielung auf einen konkreten histo-
47
48
ΠΙ. Der mentalitätsgeschichtliche Rahmen
auch auf seine Körperstärke angespielt, die bei Bedarf seinem Schützling Battaros zugute kommen kann. Die von Aischylos angesprochenen '^Vereinbarungen" zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen, für die sich unter Hinzunahme anderer Autoren einige Bei spiele finden ließen, wurden auch von den Metöken akzeptiert. Dies zeigt sich u.a. an deren Teilnahme an den Kriegseinsätzen für Athen, die vom fünften bis in das dritte Jahrhundert hinein dutzende Male bezeugt ist (s.u. S. 67ff.). Wie diese ''Vereinbarun gen" aus der Sicht eines Metöken aufgefaßt wurden, läßt sich aus einigen Gerichtsre den des Lysias konkretisieren.157 Lysias macht wichtige Aussagen darüber, was ein Metöke von der Bürger schaft erwarten durfte und wie er sich der Polis gegenüber zu verhalten hatte. Bei ihm lassen sich zwei Erwartungsebenen erkennen: Hat sich jemand dazu ent schlossen, als Metöke in einer fremden Polis zu leben, muß er sich den Gesetzen die ser Stadt unterordnen und die ihm von der Bürgergemeinde auferlegten Pflichten er füllen. Die Polis hat ihm als Antwort für sein loyales Verhalten Schutz und eine gute Behandlung zu gewähren. Setzt sich femer der Fremde über seine von der Polis fest gelegten Pflichten hinaus mit seinem Vermögen oder Leben für ihr Wohlergehen ein, kann er erwarten, in irgendeiner sichtbaren Form vom Bürgerverband belohnt zu werden. Diesen bei Lysias oft wiederkehrenden Grundsatz der Wechselseitigkeit hat bereits Whitehead erkannt: "In several passages Lysias puts forward the idea of metic-status as a kind of bargain, a 'contract' between metic znapotis - good, law-abiding behaviour deserving fair treatment, and beyond that, special efforts meriting their re ward".158 Jedoch sah er dahinter nicht mehr als eine von Lysias eigenwillig konstruier te "theory of metic-status", die "militant and pragmatic" und daher "atypical" gewe sen sein soll.159 Ein Vergleich mit den oben besprochenen Aussagen athenischer Au toren kann aber zeigen, daß Lysias Überzeugungen zur Sprache bringt, die im Be wußtsein vieler Metöken und Bürger fest verankert waren, da sie als zentrale, das Zu-
rischen Fall: Die berühmte Entblößung der Hetäre Phryne durch Hypereides stand Pate für die sich ebenfalls vor den Augen der Richter abspielende - Entkleidung der angeblich von Thaies geschändeten Myrtale durch Battaros (V. 65ff.; die Phryne-Episode wird von [Plut.] vit. X orat. (mor.) 849E, Athenaios 13.591e und Quintil. 1.5.61;10.5.2 erzählt. Weitere Einzelheiten bei Engels, Hypereides 67 ff.). Unter den von Herondas imitierten Elementen seien folgende hervorgehoben: —V. 28ff.: Unterordnung des Metöken unter die Gesetze der Polis, wie sie bei Lysias und einigen Demosthenischen Reden anzutreffen sind (s. dazu Seager, Getreidehändler 251 ff.). —V. 16ff.: Die starke Hervorhebung der eigenen Verdienste um die Polis und die Herabsetzung der Verdienste des Prozeßgegners. —V. 37ff.: Vorwurf der angeblichen barbarischen Herkunft des Gegners. 157 Andere schriftstellerisch tätige Metöken (Isaios, Deinarch, Theophrast) machen in ihren erhaltenen Werken keine direkten Äußerungen über ihre Einstellung zum athenischen Staat. In den Schriften des Aristoteles werden Metöken kaum berücksichtigt, weil seine Aufmerksamkeit bekanntlich mehr der κοινωνία των πολιτών galt. Daher bleibt für die Beziehung eines Metöken zu Athen Lysias der einzige Gewährsmann. 158 Whitehead, Metic 58. *» Whitehead, Metic 57.
/. Soyale Rßf^prot^tät ah zentrales Rßgelungsinstrumentarium
49
sammenleben zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen regelnde Mechanismen be trachtet wurden.160 Besonders aufschlußreich über das Verhältnis der Metöken zur attischen Polis sind die Äußerungen, die Lysias über sich selbst und seine Familie macht. Sein Vater Kephalos hat als Metöke "dreißig Jahre hier gewohnt, mit niemandem haben wir, weder er noch wir Söhne, je einen Prozeß geführt, weder als Kläger noch als Ange klagte, sondern lebten während der Volksherrschaft, ohne jemandem Unrecht zu tun oder auch Unrecht zu leiden".161 Lysias und sein älterer Bruder Polemarch hatten der Polis keinen Schaden zugefügt, sondern im Gegenteil "alle Choregien geleistet, viele Eisphorai bezahlt, uns stets κόσμιοι162 gezeigt und alle uns auferlegten Pflichten pünktlich erfüllt. Wir harten uns keine Feinde gemacht, viele Athener aus der Kriegs gefangenschaft losgekauft".163 Die ungeschriebenen Verhaltensnormen, die die Ko existenz zwischen den Metöken und der Bürgerschaft sichern sollen, werden nach Abschaffung der Demokratie von den "Dreißig" übertreten, indem diese seinen Bru der Polemarch hinrichten und den Besitz der Familie beschlagnahmen; für Lysias be deutet dies Ungerechtigkeit aufgrund der Mißachtung geltender Regeln: "Eine solche Behandlung hatten wir von der Stadt nicht verdient ... So lohnten sie es uns, die wir uns als Metöken viel besser aufführten als diese mit dem vollen Bürgerrecht".164 In der fragmentarisch erhaltenen Rede "Gegen Hippotherses" läßt Lysias durch seinen συνήγορος sagen, daß er nicht nur seine Pflichten gegenüber der Polis erfüllt harte, sondern darüber hinaus für die Restaurierung der Demokratie εύεργεσίαν την μεγίστην πεποιηκότα.165 Gemäß der Übereinkunft gehören diese - in der Rede ein zeln aufgezählten - Verdienste belohnt. Die Richter müssen sich den Vorwurf gefal len lassen, daß sie bis zum Zeitpunkt der Rede Lysias weder einen Dank (χάρις) abge stattet noch ihm rechtliche Vergünstigungen (δωρεά) gewährt hatten.166 Hier wird die Bürgerschaft offen beschuldigt, ihren Teil der Vereinbarungen nicht einzuhalten. 160 Ein Teil der von Lysias ausgesprochenen Gedanken kehren auch in einigen demosthenischen Reden wieder; s. dazu Seager, Getreidehändler 256ff. Vereinfacht gesprochen verwenden die als An kläger oder Angeklagte vor dem attischen Gericht auftretenden Metöken folgende Argumentationen. Sie haben sich den Gesetzen der Polis untergeordnet. Sie haben sich darüber hinaus sogar der Polis stets nützlich erwiesen, indem sie sich für die Nahrungsmittelversorgung u.a. einsetzten. Manche un ter den Metöken verweisen auch auf freiwillige Wohltaten, die sie der Bürgerschaft erwiesen. Daher fordern sie v o n den als Richter fungierenden athenischen Bürgern, ihnen Geltung zu verschaffen und die Gesetze der Stadt auf sie anzuwenden, um ein erlittenes Unrecht wiedergutzumachen. 161 Lys. 12.4: ούμός πατήρ Κέφαλος έπείσθη μεν υπό Περικλέους εις ταύτην τήν γήν άφικέσθαι, έτη δε τριάκοντα ωκησε, και ούδενί πώτοτε ούτε ήμεϊς ούτε εκείνος δίκην ούτε έδικασάμεθα ούτε έφυγομεν, αλλ' ούτως φκούμεν δημοκρατούμενοι ώστε μήτε εις τους άλλους έξαμαρτάνειν μήτε υπό των άλλων άδικεΐσθαι. 162 Der in den Gerichtsreden des Lysias zentrale Begriff κόσμιος "bedeutet im bürgerlichen Leben die Unterordnung des Einzelnen unter die Gesetze" (Seager, Getreidehändler 255, mit zahlreichen Belegstellen aus Lysias und Isokrates). 163 Lys. 12.20: αλλά πάσας τάς χορηγίας χορηγήσαντας, πολλάς δ' εισφοράς είσενεγκόντας, κοσμίους δ' ημάς αυτούς παρέχοντας και πάν το προοταττόμενον ποιουντας, έχθρόν δ' ούδένα κεκτημένους, πολλούς δ' "Αθηναίων εκ των πολεμίων λυσαμένους. 164 Ebd.: ου τούτων άξιους γε όντας τη πόλει, ... τοιούτων ήξίωσαν ούχ ομοίως μετοικοϋντας ώσπερ αυτοί έπολιτεύοντο. 16 * Lys. Frg. I.6,lf. Gemet/Bizos (= Ρ. Oxy. XIII, Nr. 1606, Ζ. 165ff.). 166 Lys. Frg. 1.6,2 Gernet/Bizos: και αντί τ[ο]ύτων ούδεμίαν χ[άρ]ιν ουδέ δωρεάν παρ' υμών κεκόμι-
50
ΙΠ. Der mentalitätsgeschichtUche Rahmen
Dies tat sie allerdings bei den Phyle- und Piräuskämpfern. In der Rede gegen Philon wird gesagt, daß die Bürger jene Metöken, die im Kampf gegen die
/. Sosgale Resgprosgtät ah zentrales fkßgelungnnstrumentanum
51
Das Mindeste, was die Polis von einem Metöken erwarten darf, war die Un terordnung des Einzelnen unter die Gesetze der Stadt. Als die äußerste Erwartung galt hingegen dessen militärischer Einsatz für sie. Daher haben attische Autoren die ses keineswegs unproblematische Thema häufig berührt, während andere Pflichten kaum zur Sprache kommen. Erfüllt er diese Erwartung und läßt hierbei für die Polis sein Leben, kennt ihre Dankbarkeit keine Grenzen und geht als. τιμή über den Tod hinaus. Diese höchste Stufe des Erwiderns zeigt sich im lysianischen Epithaphios im Zusammenhang mit den Phyle- und Piräuskämpfern: "Auch die Fremden, welche hier begraben liegen, verdienen es, daß ich zu ihrem Lob etwas sage. Sie sind dem Volk zu Hilfe geeilt und haben für unsere Rettung gekämpf. Ante mit patris gleichset zend, haben sie ein solches Lebensende gefunden. Als Antwort hierfür hat die Polis nicht nur um sie getrauert, sondern ihnen ein staatliches Begräbnis zukommen lassen und über alle Zeiten hinaus dieselben Ehren gewährt wie für ihre eigenen Bürger".172 Es ist demnach gerade die soziale Reziprozität, mit der sich manche Aspekte der Metökie besser verstehen lassen, weil sie als ein zentrales Regelungsintrumentarium zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen wirkte. Dies kann nicht überraschen, denn in einer vom ethnologischen Hintergrund her mit dem Begriff "shame-culture" charakterisierten Gesellschaft wie der griechischen war das Erwidern eine unumgäng liche soziale Verpflichtung. Diese Erkenntnis, daß soziale Reziprozität in der Le benswelt der Griechen einen wichtigen Platz einnahm, ist zwar nicht neu, auf die Me tökie wurde sie allerdings bisher nicht angewendet. Reziprozität galt gleichsam als ein zentrales Regelungsinstrumentarium jedweder Interaktion, nach der sich das indivi duelle Handeln richtete. Der holländische Gelehrte H. Bolkestein hat dies "das Prin zip der Gegenseitigkeit" bzw. "die Zweiseitigkeit des Vergeltungssprinzips" genannt, sie als eine der wichtigsten "Grundlagen des sozialen Verkehrs" erkannt und eine Fülle von Bereichen aufgezählt, in denen sie zur Anwendung kam.173 Dieser Faktor läßt sich nicht nur in allen zwischenmenschlichen Beziehungsgefügen (Familie, Ver wandtschaft, Freundschaft, Nachbarschaft u.a.) beobachten, sondern bestimmte dar über hinaus auch das Verhältnis von Poleis untereinander mit174 und spielte beim Verhalten der Griechen zu ihren Göttern eine nicht unwesentliche Rolle.175 Rezipro zität wird in stärkerem Maße gerade in jüngerer Zeit von der altertumswissenschaftli172
[Lys.] 2.66: άξιον δε και τους ξένους ιούς ένθάδε κείμενους έπαινέσαι, ο\ τω πλήθει βοηθήσαντες και περί της ημετέρας σωτηρίας μαχόμενοι, πατρίδα την άρετήν ήγησάμενοι, τοιαύτην του βίου τελευτήν έποιήσαντο· άνθ* ών ή πόλις αυτούς και έπένθησε και έθαψε δημοσία, και έδωκεν εχειν αύτοΐς τον άπαντα χρόνον τάς αύτάς τιμάς τοις άστοίς 173 In dem für die antike Mentalitätsgeschichte wichtigen und zu Unrecht vernachlässigten Buch 'Wohltätigkeit und Armenpflege im vorchristlichen Altertum. Ein Beitrag zum Problem 'Moral und Gesellschaft"', Utrecht 1939 (Nachdruck Groningen 1967), 158. 174 Dies kommt besonders deutlich in den Hiketiden des Euripides (V. 1165-1195) hervor. 175 K k r herausgearbeitet bei Burkert, Kulte des Altertums 158ff. (Kap.: "Kreislauf des Gebens"); vgl. auch Bolkestein, Wohltätigkeit 157 und Gehrke, Historischer Hintergrund 31: "Das soziale Leben, jede Beziehung, in den kleinen nucki bis hin zu dem Verhältnis zu den Göttern, war vom Grundsatz der Wechselseitigkeit durch und durch bestimmt. Man kann, mit Marcel Mauss, von den Regeln des Gabentausches sprechen, muß sich aber klarmachen, daß diese in den griechischen Gesellschaften zu einer differenzierten und umfassenden Obligatorik der Erwiderung gesteigert waren".
52
JE. Der mentalitätsgeschichtliche Rahmen
chen Forschung stärker in den Blick genommen, weswegen ich mich hier kurz fassen kann.176 Die aus den mentalen Vorstellungen der Bürger abgeleiteten Überzeugungen gegenüber den Metöken erfuhren seit dem 6. Jahrhundert eine allmähliche Verrechtlichung. Man kann hierbei durchaus von einer Verrechtlichung der sozialen Rezipro zität sprechen. Aischylos hat bei der Erwähnung des Psephisma im Kontext mit der Aufnahme der Danaiden in die Metökie, das den Schutz der Metöken durch die Bür ger anordnet, wahrscheinlich an einen existierenden attischen Volksbeschluß gedacht, der einen ähnlichen Inhalt trug. Auffälligerweise beginnt die Verordnung mit der of fiziellen Formel von Volksbeschlüssen: εδοξεν Άργείοισιν κτλ.177 Dieser Verrechtlichungsprozeß läßt sich aufgrund der mangelhaften Quellen lage nicht genau verfolgen. Manche Regelungen, wie etwa die Wahl eines Prostates und die Demenregistratur, können bereits mit den Reformen des Kleisthenes ge schaffen worden sein. Andere, wie etwa Militärpflicht, Liturgiepflicht und das Metoikion, kamen wahrscheinlich erst im Laufe des 5. Jahrhunderts hinzu. Allerdings lassen sich nicht alle Regelungen mit dem Konzept der Reziprozität erklären, weswegen man diesen Faktor als zentrales Regelungsinstrumentarium zwi schen den beiden Bevölkerungsgruppen nicht überbewerten sollte. Besonders rigide Regelungen, die im Bewußtsein der Metöken das Gefühl wachrufen mußten, daß sie trotz ihrer bürgernahen Dienste keine vollwertigen Mitglieder in der Polisgemeinschaft waren, haben andere Wurzeln. Hier gehört an erster Stelle deren Benachteili gung im Strafrecht genannt. Der Mord an einem Metöken wurde im Palladion ent schieden, während der Areopag über den Mord an einem Bürger urteilte.178 Die Kon sultierung zweier unterschiedlicher Instanzen wäre an sich nicht weiter von Belang, wenn die Urteilsfällung nicht gravierende Unterschiede aufweisen würde. Das Palla dion konnte als höchste Strafe nur die Verbannung fallen, während der Areopag bei überführtem Mord Todesurteile aussprach.179 Daraus hat bereits M. Clerc den Schluß gezogen, daß das Leben eines Metöken vor dem Gesetz weniger zählte als das eines Bürgers.180 Eine andere Maßnahme, die den Unterschied zu den Bürgern besonders krass zum Ausdruck brachte, war die Zahlung des Metoikion. Diese Kopfsteuer par excellence wurde von einer Bürgerschaft verhängt, die selbst eine direkte Besteuerung als eine tyrannische Maßnahme empfand und daher vermied.181 Gerade die Regelmäßig176
Ausführlich mit reichen Beobachtungen Gehrke, Rache 130ff., bes. 145ff. Weitere neuere Arbeiten zum Thema sind aufgeführt bei Seaford, Redprocity and Ritual, passim; Burkert, Kulte des Altertums 159ff.; Reden, Exchange, passim. 177 Aischvl. Suppl. V.605. "»AristAth. pol. 57.3. 179 Demosth. 23.45; Anecd. Bekk. 11.194,11: εάν μέτοικον τις άποκτείνη, φυγής μόνον καταδικάζετο· έαν μέντοι άστόν, θάνατος ή ζημία. Dieser Unterschied wurde von Wilamowit2-Moellendorff, Aristote les und Athen II, 219 Amn. 4 nicht beachtet: "Aber daß der Metöke vor Gericht den Bürgern so gut wie gleich steht, soll man eben wissen und schätzen". 180 Clerc, Meteques 99; s. auch Whitehead, Metic 93f. 181 Die Beobachtung, wonach eine direkte Besteuerung deshalb unmöglich war, weil sie als ein Zeichen der Untertänigkeit galt und daher mit dem bürgerlichen Freiheitsbegriff unvereinbar schien,
/. Sonate Rß^zprO^ität ab spntrales Regelungsinstrumentarium
53
keit der Bezahlung des Metoikion muß den Metöken immer wieder bewußt gemacht haben, daß sie Fremde und daher nicht Teil der Gemeinschaft waren. Solche Be stimmungen müssen vor dem Hintergrund gesehen werden, daß die Bürger gewisse Ängste davor hatten, bei den ihnen in vielerlei Hinsicht ähnlichen Metöken könnte sich eine Bürgeridentität entwickeln, die ein Aufgehen dieser Fremden im Bürgerver band zur Folge gehabt hätte.182 Daher ist es wahrscheinlich, daß das Metoikion erst wesentlich später, mögli cherweise in der Mitte des 5. Jahrhunders, als sich bereits eine große Zahl von Frem den angesiedelt hatte, eingeführt wurde. Man könnte es mit dem Bürgergesetz des Perikles in Zusammenhang bringen, das die politische Exklusivität der Politen end gültig festigte183
geht auf Böckh, Staatshaushaltung I, 366f. zurück 182 In diesem Sinne Bleicken, Demokratie 87. 183 Vgl. N.R.E. Fisher, How to Be an Alien. Rez. zu Whitehead, Metic, CR 93, 1979, 268.
2. Motive der Metöken,' der Polis Wohltaten zu erweisen Im vorangegangenen Abschnitt habe ich versucht aufzuzeigen, daß die Wechselbe ziehung zwischen Politen und Metöken in starkem Maße von den Regeln der sozialen Reziprozität bestimmt wurde. Unter Berücksichtigung dieses Faktors lassen sich auch die Euergesien der Metöken besser verstehen. Weil in der Lebenswelt der Griechen Erwidern eine unumgängliche Verpflichtung war, mußte auch der Bürgerverband ei ne ihm erwiesene Wohltat belohnen. Wie es Demosthenes ausgesprochen hat, ge schah dies unabhängig von Herkunft oder Ruf des Wohltäters.184 Die Gewißheit einer Belohnung veranlaßte Metöken, bei denen eine Bereitschaft zur Leistung von Wohl taten vorhanden war, diese in die Tat umzusetzen. Demosthenes geht in der Rede gegen Leptines ausfuhrlich darauf ein, weshalb sich die Polis diesem Mechanismus nicht zu entziehen vermochte. Von Bürgern, Me töken und anderen Fremden erwiesene Wohltaten kamen der Gemeinschaft zugute und gewährleisteten das Überleben der Polis.185 Aufschlußreich in diesem Zusam menhang ist die Aussage, daß die Demokratie durch den 'Wetteifer der guten Män ner" (ή των αγαθών ανδρών άμιλλα) bewahrt bleibt, die mit ihren gemeinnützigen Verdiensten danach streben, vom Volk δωρειαί zu erhalten.186 Weil Wohltaten für die Existenz der Polis von eminenter Bedeutung waren, lag es im Interesse der Stadt, um sie verdiente Personen zu belohnen. Die Vergabe von rechtlichen Vergünstigungen und Ehren an einen Wohltäter förderte nicht nur dessen Bereitschaft, der Polis wei terhin Dienste zu erweisen, sondern stärkte darüber hinaus in der durch und durch kompetitiv geprägten griechischen Gesellschaft die Euergesiebereitschaft anderer.187 Dieses agonale Element berücksichtigen auch die staatlichen Ehrenbeschlüsse, die durch die Aufforderung anderer Personen zur Nachahmung der Taten der Geehrten neben ihrem eigentlichen Zweck (Ehrung einer verdienten Person) zugleich die Funktion von Paradigmata erfüllten.188 Denn in ihnen bekannte sich seit dem ausge henden 5. Jahrhundert der Demos dazu, jedem, der dem Beispiel des Geehrten folgte und gemeinnützige Leistungen erbrachte, den gebührenden Dank (χάρις) abzustat ten.189 184 Demosth. 20.57: κοινή δ' ή πόλις και ό δήμος, όστις άν αυτόν εύ ποιη και σώζη, τούτο δ'ού γένει και δόξη κρινόμενον Ιδιοι τις άν, αλλ' έργω. 185 Demosth. 20.17.49. Den Hintergrund dieser in vielerlei Hinsicht lehrreichen und von mir an mehreren Stellen heangezogenen Rede gab der i j . 356 eingereichte Antrag des Leptines, der den Entzug der bereits verliehenen Atelie und die Abschaffung dieses Rechtes für künftige Zeiten vorsah. Ziel des Leptines war, die Zahl der liturgiepflichtigen Bürger und Metöken zu erhöhen (Demosth. 20.18ff.l27ff.) und einen Mißbrauch dieses Rechtes — einige ortsansässige Proxenoi machten von der Atelie Gebrauch, obwohl sie ihnen nicht verliehen worden war: Demosth. 20. 131 ff. - zu verhindern. 186 Demosth. 20.108. 187 Demosth. 20.5. 188 Demosth. 20.64; vgl. auch § 9 und 41. Zu deren παραδείγματα—Funktion s. Rosen, Ehrende krete 287ff. 189 Frühester Beleg ist IG I3, 182, Z. 13f. (Dat.: ca. 410-407): [ηόπος άν ho δεμο]ς ηος περί πολλο ποιδ[ν φαίνεται τός έσάγ|οντας κο]πέας [κα]ι χάριν άποδόσιν το λ[οιπόν κτλ.]. Während sich hier der
2. Monve derMetöken, derPoäs Wohltaten sp erweisen
55
Demosthenes unterläßt es nicht auf die Konsequenzen einzugehen, die sich bei der Nichterfüllung dieser Erwiderungsobligatorik für die Polis ergaben. Die Un dankbarkeit der Bürgerschaft bringt ihrer Stadt Schande, den Ruf der Treulosigkeit und den Vorwurf des Neides ein.190 Die Wohltäter einer undankbaren Polis fühlen sich von ihr betrogen und werden sich künftig nicht mehr für ihr Wohl einsetzen.191 Der Wegfall von Belohnungen verhindert darüber hinaus die Euergesiebereitschaft bei anderen, weil sie ihres wichtigsten Antriebes beraubt sind.192 Auf diese Weise fügt sich die Polis selbst großen Schaden zu.193 In derselben Rede ist neben einer pragmatischen, auf den Erhalt des Staates hinzielenden Begründung auch eine agonale Komponente erkennbar: Die Stadt darf mit der Vergabe von δωρειαί an verdiente Personen nicht hinter anderen Poleis zu rückbleiben, sondern muß versuchen, nach Möglichkeit diese zu übertreffen.194 Da durch erhöht sich das Ansehen und der gute Ruf Athens im Ausland. Hier wird ein mal mehr deutlich, daß die Regeln der interindividuellen Beziehungen auf die Polis selbst übertragen werden.195 Einige Rednerstellen erwecken den Eindruck, als ob die Athener bei der Ver gabe von Ehren großzügiger verfahren wären als die Bürgerschaften anderer Poleis. Lykurg etwa lobte im Jahre 330 seine Mitbürger mit den Worten: "ihr versteht als einzige unter den Griechen, die guten Männer zu ehren ..., ihr teilt den Wohltätern die größten Ehren zu ..."196 Zwei Dezennien zuvor hielt Demosthenes in der Rede gegen Aristokrates den Athenern vor, sogar eine zwielichtige Gestalt wie den Söld nerführer Charidemos aus Oreus mit dem kostbaren Bürgerrecht ausgezeichnet zu haben, obwohl er die athenischen Interessen im thrakischen Raum verraten habe. Der Redner fügt hinzu, daß nicht einmal die Ägineten eine solche Großzügigkeit an Appell noch an einen bestimmten Kreis (Lieferanten von Schiffsbauholz) richtet, werden in späteren Ehrendekreten alle angesprochen, die zur Leistung von Wohltaten in der Lage sind; vgl. z.B. IG II 196, Z. llff. (Dat.: ante 353/2), IG i f 300, Z. 2-5 (Dat.: "ante a. 336/5"): όπως [αν κα]|[ί το λοιπόν άπαντ]ες φιλοτιμώνται, είδό[τ]|[ες ο]τι ό δήμος χάριτας άποδ[ί]δωσιν τοις ε|ίς εαυτόν φιλοτι[μο]υμένος; oder IG ΙΓ 360, Ζ. 63-65 (Dat.: 325/4): όπως αν και οί άλλοι φιλοτιμώνται εϊδότες, οτι τιμάι και στέ φανοι ή βουλή τους φ[ι]λοτιμουμένους. Weitere Beispiele bei Whitehead, Competitive Outlay 63 mit Anm.27. wo Demosth. 20.6.9f.20f.ll3.134.157.164f. wi Demosth. 20.22.134. 192 Demosth. 20.155. W3 Demosth. 20.50. Demosth. 20.154f.: έτσι γάρ, ώ άνδρες Αθηναίοι, πάντας μεν τους νόμους ύμϊν, ώς εγώ νομίζω, σπουδαστέον ώς κάλλιοτ έχειν, μάλιστα δε τούτους δΓ ων ή μικράν ή μεγάλην εστ είναι τήν πόλιν. είσι δ' ούτοι τίνες; ο'ί τε τοις αγαθόν τι ποιοϋσι τάς τιμάς δίδοντες και οί τε τοις τάναντία πράττουσι τάς τιμωρίας εί γάρ άπαντες ώς αληθώς τάς εν τοις νόμοις ζημίας φοβούμενοι του κακόν τι ποιείν αποσταϊεν, και πάντες τάς επί ταϊς εύεργεσίαις δωρειάς ζηλώσαντες ά χρή πραττειν προέλοιντο, τί κωλύει μεγίστην είναι την πόλιν και πάντας χρηστούς και μηδέν* είναι πονηρόν; 194 Demosth. 20.81; Nach Demosth. 20.141 ist keine Einzelperson in der Lage, ihren Wohltäter so überschwenglich zu belohnen wie die Polis. 195 Zahlreiche Belege zum Ansehen der Stadt und ihrer Behandlung als Person sind zusammengestellt bei Dover, Populär Morality 226ff. Vgl. auch Lloyd-Jones, Ehre und Schande 18. 196 Lyk Leokr. 51: ... ώ 'Αθηναίοι, μόνοι των Ελλήνων τους αγαθούς άνδρας τιμάν ..., τοίς εύεργέταις μεγίστας τιμάς απονέμετε κτλ.
56
IIL Der mentalitätsgeschichtliche Rahmen
den Tag legten, obwohl sie eine unbedeutende Insel bewohnten und kaum etwas vorzuweisen hätten, worauf sie stolz sein könnten. Den unter ihnen lebenden Metöken Lampis hätten sie trotz seiner großen Verdienste um Ägina nicht eingebürgert, sondern ihm mit Mühe und Not die Zahlung der Metökensteuer erlassen. Dabei sei er als Besitzer mehrerer Handelsschiffe der größte Naukleros in ganz Hellas gewesen und Äginas Lebensmittelversorgung liege völlig in seiner Hand.197 Ob solche Behauptungen der Redner der Wahrheit entsprachen, wird sich schwerlich beweisen lassen, weil Vergleichsmaterial aus anderen Poleis nicht in genü gendem Umfang zur Verfügung steht. Man kann jedoch aus solchen Stellen den Schluß ziehen, daß die Athener selbst an ihre unübertreffbare Großzügigkeit geglaubt haben. Von diesem Vergeltungsprinzip konnte sich selbst Piaton nicht befreien, der sich ansonsten von den Normen und Wertvorstellungen seiner Zeit weit entfernt hat.198 In der von ihm entworfenen fiktiven Idealpolis Magnesia haben auch Metöken ihren festen Platz. Piaton erwartet von ihnen als Gegenleistung für das Bleiberecht, das er auf zwanzig Jahre beschränkt, σωφροσύνη. Gelingt es einem Metöken, sich in nerhalb dieses Zeitabschnitts durch Verdienste (προς εύεργεσίαν) um die Polis einen achtbaren Namen zu schaffen, gewährt sie ihm — und das ist die Belohnung eines Metökens seitens der Bürgerschaft nach Piatons Auffassung — einen lebenslänglichen Aufenthalt oder zumindest einen Aufschub seines Abzugs. Andernfalls muß er aus wandern. Denselben Regelungen sind auch die Nachkommen der Metöken unter worfen, deren Aufenthaltsrecht mit ihrer Registrierung im fünfzehnten Lebensalter beginnt.199 Athen ging mit seinen Metökenwohltätem bei weitem großzügiger um, als es das utopische Magnesia Piatons getan hätte. Gerade führenden Politikern muß der Nutzen von Metökeneuergesien deutlich geworden sein, weswegen sie diese förder ten. Thrasybul hat im Bürgerkrieg von 404/3 mit der Versprechung auf eine ange messenen Belohnungen mit Erfolg mehr als 1000 Metöken dazu bewogen, der de mokratischen Partei militärische Hilfe zu leisten (s.u. S. 186ff.). Von Demosthenes ist bekannt, daß er sich für eine Bürgerrechtsverleihung an verdiente Metöken, darunter der Salzfischhändler Chairephilos und die Trapeziten Konon und Epigenes, einge setzt hat.200 Lykurg, der in den Jahren zwischen der Schlacht von Chaironeia und dem Lamischen Krieg wie kein anderer Athen seinen Stempel aufgedrückt hat, tritt in nicht weniger als 5 Ehrenbeschlüssen an Fremde als Antragsteller in Erscheinung.201 197
Demosth. 23.211. Vgl. Szanto, Bürgerrecht 45. Pearson, Populär Ethics 210ff.; Dover, Populär Morality lf.; Gehrke, Rache 124; Lloyd-Jones, Ehre und Schande 21. 199 Plat. leg. 850a-c. 200 Dein. 1.43. Demosthenes ließ sich für seine Bemühungen angeblich gut bezahlen. 201 IG II 2 328 (= Schwenk, Laws and Decrees, Nr. 15): Ehrung für den Sohn eines Eupor-, dessen Verdienste nicht erhalten sind (Dat.: 336/5); IG II 337 (= Schwenk, Laws and Decrees, Nr. 27): Enktesis an die sidonischen Emporoi für den Bau eines Aphrodite-Heiligtums (Dat.: 333/2); IG II 345 (= Schwenk, Laws and Decrees, Nr. 36): Ehrung für den Platäer, Sohn eines -demos, aufgrund einer Geldspende und weiterer, nicht erhaltener Verdienste (Dat.: 332/1); IG II 351+624 (= 198
2. Motive derMetökeriy derPolis Wohltaten %u erweisen
57
Die Geehrten sind überwiegend Metöken, wie etwa der Platäer Eudemos, der sich mit der Durchführung der Arbeiten am Panathenäischen Stadion am Lykurgischen Bauprogramm beteiligt hatte (IG II 351+624), oder wie ein weiterer, namentlich un bekannter Platäer, der mehrere Geldschenkungen an den Staat vorgenommen hatte (IG II2 345). Metöken konnten vielfältige Motive haben, dem Bürgerverband Wohltaten zu erweisen. Bei den meisten stand wohl an erster Stelle der Wunsch nach rechtlichen Statusverbesserungen. Darüber hinaus lag hierin generell die Chance auf einen be trächtlichen Gewinn an Ehre und Ansehen, midiin an sozialer Geltung. Zudem konnten sie mit ihren Wohltaten ihre Verbundenheit mit der Gastpolis beweisen und sich somit das Wohlwollen des Bürgerverbandes sichern. Schließlich waren sie Frem de in einer historisch gewachsenen Gemeinschaft, deren Bürger ihnen so lange mit Mißtrauen begegneten, bis sie von ihnen ein Zeichen ihrer Loyalität erhielten. Aus ei genem Antrieb erbrachte Verdienste um die Polis lieferten aber den besten Loyali tätsbeweis. Nach diesen allgemeinen Bemerkungen gilt es nachzuprüfen, bei welchen Per sonen innerhalb der recht inhomogenen Metökenbevölkerung überhaupt eine Euergesiebereitschaft bestand und ob sich in den Quellen über ihre Motive etwas in Er fahrung bringen läßt. Über arme und mittelständische Metöken ist zu wenig bekannt, so daß eine befriedigende Antwort auf die Frage, wieviele von ihnen eine rechtliche Statusverbes serung anstrebten, nicht gegeben werden kann. Dies hing nicht zuletzt von der Dauer ihres Aufenthaltes in Athen ab. Wer sich nur für eine kurze Phase in Athen niederließ und die Absicht auf eine baldige Rückkehr in die Heimat vor Augen hatte, wird sich um rechtliche Besserstellung seines Metökenstatus kaum bemüht haben. Man denke hierbei etwa an Handwerker aus den Nachbarpoleis, die bei den staatlichen Bauvor haben eine saisonelle Beschäftigung fanden. Langzeitmigranten oder deren Nach kommen hingegen werden jede sich ergebende Gelegenheit aufgegriffen haben, die eine Status Verbesserung in Aussicht stellte. Mehrere Autoren erwähnen ein unrechtmäßiges Eindringen mancher Metöken in die Bürgerlisten.202 Diese Hinweise hat man als ein Zeichen dafür zu nehmen, daß bei einigen der Wunsch nach den Rechten der Bürger so hoch war, daß sie mit ihrer Anmaßung den Verkauf in die Sklaverei in Kauf genommen haben.203 Für gewöhnliche Metöken gab es andere Wege, eine Statusverbesserung welcher Form diese auch haben mochte — zu erreichen. Die Sykophantentätigkeit von Metöken, die verschiedentlich bezeugt ist, muß vor dem Hintergrund gesehen Schwenk, Laws and Decrees, Nr. 48): Euergesiebeschluß für den Platäer Eudemos wegen seiner Hilfe am Bau des Panathenäischen Stadions (Dat.: 330/29); J. McKL Camp, Hesperia 43, 1974, 322ff. Nr. 3: Proxeniebeschluß für Sopatros aus Akragas aufgrund einer größeren Getreidelieferung nach Athen. Bei dem Geehrten scheint es sich um einen Metökenemporos zu handeln (Dat.: ca. 331-324). 202 Aristoph. Av. 31f.; weitere Belege bei Whitehead, Metic 50.151.162. Laut Aristoteles (pol. 1326b 20f.) war es in großen Poleis wie Athen leicht, bürgerliche Rechte 2u usurpieren (vgl. Whitehead, Metic 59f.ll3; M. Austin, Rez. zu Whitehead, Metic, Phoenix 33,1979,172). *»AristAth. pol. 42.1.
58
ΙΠ. Der mentatitätsgeschichtliche Rahmen
werden, daß sie sich mit einem solchen Dienst für den Staat Belohnungen in Gestalt von rechtlichen Vergünstigungen erhofften.204 Einige Metöken gingen so weit, indem sie für eine Statusverbesserung sogar vor kühnen Taten nicht zurückschreckten. Ein Extrembeispiel hierfür liefern Thrasybul aus Kalydon und seine Helfer, die im Jahre 411/0 den Oligarchen Phrynichos ermordeten und für diesen vom Demos als eine große Tat anerkannten Anschlag höchst großzügig belohnt wurden.205 Thukydides (8.92) gibt an, daß der Haupttäter (Thrasybul) zum Zeitpunkt des Anschlags in der Stadt als Wachsoldat (περίπολος) diente. Weder er noch seine Mithelfer scheinen vermögende Personen gewesen zu sein. Reiche Metöken hätten eine solche waghalsi ge Tat nicht begangen, zumal beim Scheitern des Plans die Todessstrafe drohte. Ei ner der Mittäter, ein Argiver, ist ja tatsächlich ergriffen, von den Vierhundert peinlich verhört und mit großer Wahrscheinlichkeit mit dem Tod bestraft worden.206 Die Bürgerschaft selbst rechnete damit, daß eine Statusverbesserung bei vielen Metöken willkommen war. Sonst hätten für den Kampf der Demokraten gegen die "Dreißig" nicht so viele Metökenkämpfer gewonnen werden können, deren Zahl weit über 1000 lag. Xenophon sagt ausdrücklich, daß Thrasybul als Anreiz Beloh nungen in Gestalt rechtlicher Vergünstigungen in Aussicht stellte (s.u. S. 186). An dernfalls hätte auch das unmittelbar nach der Niederlage von Chaironeia auf Antrag des Hypereides beschlossene Psephisma seine Wirkung verfehlt, das eine Bürger rechtsverleihung an alle Metöken zum Inhalt hatte.207 Mit dieser Notstandsmaßnahme sollte die Abwehrkraft der Stadt gegen einen befürchteten Angriff Philipps auf Athen gestärkt und eine zu erwartende, wenn auch durch ein Gesetz verbotene, Massen auswanderung der Metöken verhindert werden. Daß das Psephisma nicht zur An wendung kam, weil der Angriff der Makedonen ausblieb, steht auf einem anderen Blatt.208 Man gewinnt nach diesen Beispielen den Eindruck, daß bei vielen gewöhnli chen Metöken eine Bereitschaft zu freiwilligen Leistungen für die Polis vorhanden war. Bei jeder sich bietenden Situation wurde diese Bereitschaft in die Tat umgesetzt. Unter den reichen Metöken herrschte eine wesentlich stärkere Euergesiebereitschaft vor. Verwundern kann dies nicht, denn diese waren aufgrund ihres materi ellen Wohlstands eher in die Lage, sich häufiger als Wohltäter Athens hervorzutun. Das Quellenmaterial belehrt uns, daß die Mehrzahl der Euergesien von dieser Schicht erbracht wurde. Indizien dafür, daß rechtliche Vergünstigungen bei Vertretern dieser
204
Thuk. 6.27f. u. 53.2: Weil die Stadt "große Belohnungen" in Aussicht stellt, zeigen auch Metöken die Hermenfrevler an; vgl. auch Andok. 1.15. Weitere Belege für Metökensykophanten bei Christ, Ostracism 340f. und ders., Litigious Athenian 32.56. 205 Alle Belege hierzu finden sich zusammengestellt bei Osborne, Naturalization II, 16ff. D2. Thrasybul aus Kalydon und Apollodoros aus Megara bekamen die Politie, ihre Helfer wurden mit Enktesis und anderen Privilegien belohnt. 2 <* Thuk. 8.92. 207 Alle Belege dazu zusammengestellt bei Osborne, Naturalization III, 67f. T67. 208 Bereits Schäfer, Demosthenes ΠΙ, 9f. mit Anm. 3 hat völlig richtig aus Dion Chrys. 15.21 abgeleitet, daß die von Hypereides beantragte Verleihung des Bürgerrechts erst im Falle eines makedonischen Angriffs auf Athen wirksam werden sollte. Vgl. auch Engels, Hypereides 104ff. Anm. 191.
2. Motive der Metöken, der Poäs Wohltaten ψ erweisen
59
Schicht begehrt waren, sind durchaus vorhanden. Stumme Zeugen sind die Ehrende krete, die die Verdienste wohlhabender Metöken und die als Antwort gewährte Dankbarkeit des Bürgerverbandes in Gestalt rechtlicher Vergünstigungen und ehre bringender Auszeichnungen festhalten. Einige Ehrendekrete teilen interessanterweise mit, daß sich Metöken nach erbrachten Wohltaten bisweilen an die Boule gewandt und dort um Privilegien nachgesucht haben.209 Offensichtlich wollten manche nicht darauf warten, bis das Volk von sich aus aktiv wurde, oder sie befürchteten, daß der Demos den Grad der Belohnung zu niedrig veranschlagen würde, so ergriffen sie selbst die Initiative und ließen die Ratsmitglieder wissen, welche Privilegien ihnen an gemessen erschienen. Politische Flüchtlinge und Verbannte, die in Athen Zuflucht fanden, waren in der Regel an einer baldigen Rückkehr in ihre alte Heimat interessiert.210 Dieses Rück kehrbegehren wird bei ihnen eine Euergesiebereitschaft und darüber hinaus eine Be reitschaft zur Integration in die athenische Polisgemeinschaft verhindert haben: "das Bemühen der gastgebenden Polis um die Homogenität und Exklusivität ihrer eigenen Bürgergemeinde und das Rückkehrbegehren der Flüchtlinge, der φυγάδες, ergänzten sich hier".211 Doch wurde für nicht wenige von ihnen der Zufluchtsort zu einem län geren oder dauerhaften Aufenthaltsort, sei es, weil sich die politische Lage in der Heimat nicht besserte, sei es, weil man sich in der neuen "Heimat" als Metöke eine neue Existenz aufgebaut hatte, die man nicht gern aufgeben wollte. Wenn der kaiser zeitliche Verfasser der Lysias-Vita seine Nachricht aus einer zuverlässigen Quelle entnahm, war der Schildfabrikant Kephalos ein solcher φυγάς.212 Weil Athen nur den wenigsten Flüchtlingen die Enktesis gewährte, waren viele, die in ihrer früheren Hei mat wohl zum großen Teil Landbesitzer waren, gezwungen, neue Beschäftigungsfel der zu suchen. Wer in seinem Beruf ein gewisses Geschick für die χρηματική entwikkelte, konnte es zu Wohlstand bringen. Gerade bei diesen Leuten muß das Verlan gen, in die alte Heimat zurückzukehren, geschwunden und die Bereitschaft, in Athen durch Euergesien Statusverbesserungen zu erlangen, hoch gewesen sein. Die Freigelassenen, gleichsam ein Bestandteil der Metökie, haben keine andere Heimat als Athen. Es liegt in der Natur der Sache, daß einige ehrgeizige nach Status verbesserungen strebten. Besonders ehrgeizigen Freigelassenen wie Pasion oder Phormion gelang es sogar, aufgrund großzügiger Schenkungen das attische Bürger recht zu erlangen.213 Der Kreis der euergesiewilligen Metöken erhöht sich, wenn man weitere Mo tive mitberücksichtigt. Es ging ja auch um den Erwerb an Ehre und Ansehen, wes wegen selbst solche Metöken, die sich nur für eine befristete Dauer in Athen aufhiel-
209 I G II2 276, Z. 9; IG II 2 505, Z. 44-48; weitere Beispiele für "mentions de demandes" bei Gauthier, Bienfaiteur 184ff. und Zelnick-Abramovitz, Supplication and Request 554ff. 21 <> Gehrke, Stasis 229ff. 211 Brandt, Panhellenismus 195. 212 [Plut.] vit. X orat (mor.) 835C mit Schindel, Lysias 281 ff. 213 Belege: Osborne, Naturalization III T30 (Pasion) und T48 (Phormion). Zu ihren Wohltaten s.u. S. 134ff. Vgl. auch Lauffer, Bedeutung des Standesunterschiedes 498f.
ΣΠ. Oermentalitätsgeschichtliche 'Rahmen
60
ten, potentielle Wohltäter waren. Dies zeigt sich etwa im Falle des um 394 "zu Han dels- und Besichtigungszwecken" in Athen verweilenden Bosporaners, der aus dem "Trapezitikos Logos" des Isokrates als Prozeßgegner Pasions bekannt ist.214 Weil ihm viel daran gelegen war, in seiner neuen Umgebung Prestige (δόξα) zu gewinnen, be zahlte er bei einer Eisphora-Erhebung die höchste Summe unter den Metöken.215 Wie wichtig vielen Metöken der Gesichtspunkt der Wertschätzung und Aner kennung durch die Athener gewesen ist, lehrt eine andere Gerichtsrede: Der Metökenemporos Chrysippos gibt als Triebfeder für die diversen materiellen Gaben, die er und sein namentlich nicht genannter Bruder zwischen 335 und 328/7 der Polis zukommen ließen, ebenfalls δόξα an, die sie bei den Athenern (παρ' ύμΐν) erwerben wollten.216 Solche direkten Äußerungen aus dem Mund eines Metöken werden erst voll verständlich, wenn man sich die zentrale Bedeutung der Ehre in der Lebenswelt der Griechen klarmacht. Als Repräsentant der allgemeinen sozial-ethischen Normen sei ner Zeit sagt Xenophon über die τιμή, sie sei "etwas ganz Großes, da im Streben nach ihr die Menschen sich jeder Mühe unterziehen und jede Gefahr bestehen", wäh rend Aristoteles sie für das größte von allen äußeren Gütern hält.217 Die Stellung des Individuums in der Gesellschaft hing ganz entscheidend von der τιμή, d.h. von der Einschätzung und Anerkennung ab, die einem von der Gemeinschaft zugeteilt wur de. Daher konnte Aristoteles auch aussprechen, daß derjenige keine Ehre besaß, der sich nicht für das Wohl der Gemeinschaft engagierte.218 Das tiefe Bedürfnis der Griechen nach Ehre und Prestige zeigt sich bereits in ihrer Neigung, beinahe jede geistige und körperliche Tätigkeit in Form eines Wett streits auszutragen.219 Um aus dieser kompetitiven Mentalität, die in dem Ehrstreben (φιλοτιμία) einzelner wurzelte, Nutzen für die Gemeinschaft zu ziehen, rief bisweilen die Polis selbst zu einem Wettstreit auf und förderte ihn, indem sie besondere Eh renpreise in Aussicht stellte. Wir können dies beispielsweise aus dem Dekret für den Getreidehändler Herakleides nachvollziehen: Nachdem es im Jahre 330/29 in weiten 214
Isokr. 17.4 nennt als Grund für seinen Aufenthalt πυνθανόμενος δε και περί τήσδε της πόλεως και περί της άλλης 'Ελλάδος έπεθύμησ' άποδημήσαι- γεμίσας ούν ό πατήρ μου δύο ναϋς σίτου και χρήματα δούς έξέπεμψεν άμα κατ' έμπορίαν και κατά θεωρίαν. 215 Isokr. 17.41: προς δε τούτοις εισφοράς ύμϊν προσταχθείσης και έτερων έπιγραφέων γενομένων εγώ πλείστον έισήνεγκα των ξένων, αυτός θ' αίρεθείς έμαυτω μεν έπέγραψα την μεγίστην είσφοράν. Diese wich tige Stelle wird unten (S. 72) im Zusammenhang mit den Eisphorai nochmals erörtert. Weil das Vermögen der Metöken nicht aus Grundbesitz bestand, sondern in der Regel zur Kategorie des "Unsichtbaren" gehörte, das leicht zu unterschlagen war, kam es bei der Zahlung der Vermögenssteuer viel auf den guten Willen der Zahler an. Vgl. dazu Whitehead, Metdc 79; Gluskina, Sozialökonomische Verhältnisse 132. 21 * [Demosth.] 34.40. 217 Xen. Hier. 7.1: μέγα τι είναι ή τιμή, ης όρεγόμενοι οί άνθρωποι πάντα μεν πόνον υποδύονται, πάντα δε κίνδυνον ύπομένουσι. Arist. eth. Nie. 1123b 20f.: τοιούτον δ'ή τιμή* μέγιστον γάρ δή τούτο των έκτος αγαθών. 218 Arist. eth. Nie. 1163b 6ff.: ου γάρ τιμάται ό μηδέν αγαθόν τω κοινω πορίζων το κοινόν γάρ δίδοται τω το κοινόν εύεργετουντι, ή τιμή δέ κοινόν. 219 Einen kurzen Überblick über einige Gebiete, in denen Agone ausgetragen wurden, geben Bolkestein, Wohltätigkeit 152 und Davies, Griechenland 137ff., bes. 141.
2. Motive der Metoken, der Poäs Wohltaten φ erweisen
61
Teilen Griechenlands zu Engpässen in der Getreideversorgung kam und die Getrei depreise stiegen, versprach die Stadt, jene mit Goldkränzen zu ehren, die als erste ihr Getreide unter Preisnachlaß verkauften. Es war der Metöke Herakleides, der - von seiner φιλοτιμία220 und εύνοια dem Demos gegenüber dazu getrieben — als πρώτος τών καταπλευσάντων ένπόρων der Sitonika-Behörde seine Schiffsladung (3000 Medimnen Weizen aus dem nördlichen Pontosgebiet) zu einem erheblich verbilligten Preis ver äußerte.221 Für diese Wohltat wurde er vom Demos u.a. mit einen Goldkranz im Wer te von 500 Drachmen belohnt. Diesem "Agon" schlössen sich auch Chrysippos und sein Bruder an, von denen bereits oben die Rede war. Im gleichen Jahr erhielt die Si tonika-Behörde von den beiden Brüdern 10000 Medimnen Getreide nicht zum da mals üblichen Preis von sechzehn Drachmen, sondern wie von Herakleides zu fünf Drachmen pro Medimnos.222 Der hier skizzierte Fall läßt sich gut rekonstruieren, weil die Stadt in einer anderen Situation ähnlich verfahren ist. Im Jahre 325/4 beschlossen die Athener die Gründung einer eigenen Apoikie an der Adriaküste. Begründet wird dieses Projekt in dem erhaltenen Psephisma IG II 1629 mit der Notwendigkeit eines eigenen Empo rions und mit der Sicherung der Transportwege aus den Getreideanbaugebieten des italienisch-sizilischen Marktes gegen tyrrhenische Piraten.223 Daher sollte das vom Oikisten Miltiades aus der Philiadenfamilie geleitete Unternehmen durch eine unbe kannte Anzahl von Trieren unterstützt werden. Weil die Ausfahrt der Flotte eine be sondere Dringlichkeit erforderte, rief der Demos die Trierarchen zu einem in der In schrift ausdrücklich erwähnten Agon (Z. 198) auf: Unter ihnen sollten jene drei, die ihre Schiffe innerhalb der vorgegebenen Frist als erste abfahrbereit ausrüsteten, mit Goldkränzen geehrt werden.224 Der für den ersten Sieger vorgesehene Kranz hatte 220
In dem 80 Zeilen langen Inschriftenkonvolut IG ΙΓ 360 wird φιλοτιμία als Charakterzug des Herakleides verbal und substantivisch sechs Mal (Z. 6,13,16, 34, 64 und 77) verwendet. 221 IG II 360, Z. 5-10: έττειδ|ή 'Ηρακλείδης Σαλαμίνιος διατελεί φιλοτιμ|ούμενος προς τον δήμον τον 'Αθηναίων και ποιών οτι δ|ύναται αγαθόν, και πρότερόν τε έπέδωκεν εν τήι σ|πανοσιτία : XXX : μεδίμνους πυρών π(έντε) δράχμου||ς πρώτος τών καταπλευσάντων ένπόρων κτλ. 222 [Demosth.] 34.39. 223 IG Π2 1629 (= Tod, GHIII 200), Ζ. 217-232: όπως δ' αν ύπάρχηι | [τώ]ι δήμωι εις τον άπαντα | [χρ]όνον εμπορία οικεία και || [σιτ]οπομπία, καί, ναυστάθμου | [οίκ]είου κατασκευασθέν|[το]ς, ύπάρχηι φυλακή επί | [Τυρ]ρηνούς, καί Μιλπά|[δης] ό οικιστής και οί εποι||[κοι έχ]ωσιν χρήσθαι οίκεί|[ωι ναυ]τικώι, καί τών Έλ|[λήνων] καί βαρβάρων οί | [πλέοντε]ς τήν θάλατταν | [καί αυτοί ε]ίσπλεωσιν εί||[ς το ναύ σταθμων το 'Αθηναίων, | [πλοΐά τε εξον]τες καί τά άλ|[λα έμ βεβαίωι, είδό]τες οτι | [—]. Zu den Einzelhei ten der Unternehmung s. Engels, Hypereides 257ff. und Cargill, Athenian Settlements 31 ff. 224 IG II2 1629, Z. 173-204: όπως αν τήν | [ταχίσ]την πράττηται || [τά δεδ]ογμένα τώι δήμωι | [περί] της εις τον Άδρίαν | [άποι]κίας, έψηφίσθαι τώι | [δήμ]ωι, τους μεν τών νε|[ωρί]ων έπιμελητάς πα||[ραδο]ϋναι τοις τριηράρ[χ|οις τ]άς ναύς καί τά σκεύη | [κατά τ]ά δεδογμενα τώι δή|[μωι, το]ύς δε τριηράρχους | [τους κα]θεστηκότας παρα|| [κομίζει]ν τάς ναυς επί το | [χώμα έ]ν τώι Μουνιχιώνι | [μηνί π]ρό της δεκάτης | [ίσταμέ]νου καί παρέχειν | [παρεσ]κευαμενάς είς || [πλουν]· τον δε πρώτον πα|[ρακομί]σαντα στεφανωσά|[τω ό δή]μος χρυσώι στεφά|[νωι ά]πό : Γ*1: δραχμών, | [τον δε] δεύτερον άπό : ΗΗΗ || [δραχμ]ών, τον δε τρίτον ά|[πό : ΗΗ] : καί άναγορευσά|[τω ό κή]ρυξ της βουλής θαρ|[γηλίων] τώι άγώνι τους στε|[φάνους], τους δε άποδέκτας || [μερίσα]ι το άργύριον το | [είς τού]ς στεφάνους, οπω|[ς αν ήι] φανερά ή φιλοτι|[μία ή εί]ς τον δήμον τοις | [τριηρ]άρχοις. Für ihre Aufsicht über die effektive Vorbereitung der Ausfahrt wurden auch die Ratsmitglieder mit Kränzen im Wert von 100 Drachmen bekränzt (Z. 258-263). Es wird allgemein angenommen,
62
ΠΙ. Der mentalitätsgeschichtliche nahmen
wie bei Herakleides einen Wert von 500 Drachmen. Wie bei den Emporoi richtete sich der Appell der Stadt an die φιλοτιμία (Ζ. 203f.) der Trierarchen, die diese zu be sonderen Leistungen für das Gemeinwesen anspornen sollte. Einen besonderen Anreiz zum Wetteifer, zum Überbieten eines anderen Metöken oder gar eines Bürgers boten die seit dem Peloponnesischen Krieg regelmäßig praktizierten Epidosis-Aufrufe. Dabei wurde der Wetteifer durch die Polis selbst for ciert, die verschiedene Mittel anwandte, um die Spendenbereitschaft unter der Bevöl kerung zu erhöhen.225 Eines dieser Mittel war die staatliche Veröffentlichung der Spenderlisten, in denen die Teilnehmer mit Namen und der Höhe der geleisteten Geldsumme aufgeführt wurden. Diejenigen, welche die höchsten Beiträge leisteten, hatten ein Anrecht darauf, an die Spitze der Liste gesetzt zu werden. Durch ein sol ches Verfahren wurde allen sichtbar gemacht, wer sich in einer besonders großzügi gen Weise für das Wohl des Gemeinwesens eingesetzt hatte. Der Staat kannte aber auch Sanktionen gegen jene, die trotz eines vorausgegangenen Versprechens (ύπόσχεσις, επαγγελία) die Zahlung einer Spende unterließen. Eine solche Sanktion war die Publikation einer gesonderten Liste mit den Namen derer, die ihrem Zah lungsversprechen nicht nachgekommen waren.226 Ein weiteres, besonders wirksames Mittel war die Bekränzung der Spender und die öffentliche Ausrufung ihrer Namen in Gestalt eines Lobes.227 Zusätzlich zu solchen Ehrungen ging die Polis bereits im 4. Jahrhundert dazu über, Metöken für überdurchschnittlich hohe Epidosis-Beiträge mit rechtlichen Vergünstigungen wie Isotelie, Proxenie und Enktesis auszuzeichnen. In ihrem Falle setzte die Stadt dem nach nicht nur auf deren Streben nach Ehre und Prestige, sondern berücksichtigte auch die statusrechtliche Komponente. Das Zusammenwirken beider Motive hat da zu geführt, daß reiche Metöken außergewöhnlich hohe Summen, die manchmal bis zu drei Talente betrugen, geschenkt haben (s. Tabelle S. 100f.). Es wird nicht selten vorgekommen sein, daß mancher Metöke eine größere Geldzahlung geleistet hat als ein Bürger und daher an die Spitze einer Epidosis-Liste gesetzt wurde. Bedauerlicherweise sind bisher keine solchen Listen aus der Zeit vor 244/3 gefunden worden. Diese und die späteren Epidosis-Urkunden sind in diesem Zusammenhang nicht sehr aufschlußreich, weil in ihnen die Stadt Maximalwerte fest-
daß die Koloniegründung zustandegekommen ist. Allerdings ist über das weitere Schicksal der Apoikie nichts bekannt. Einige Spekulationen darüber bei Engels, Hypereides 259ff. 225 S. auch Quaß, Honoratiorenschicht 93f. 226 Isaios (5.38) zitiert aus einem solchen auf der Agora ausgestellten Beschluß, um den Prozeßgegner Dikaiogenes, dessen Name έπ'αίσχίστω έπιγράμματι gesetzt wurde, weil er sich um einen ange kündigten Epidosis-Beitrag gedrückt hatte, vor den Richtern ins schlechte Licht zu stellen: οϊδε εις σωτηρίαν της πόλεως υποσχόμενοι τφ δήμω είσοίσειν χρήματα έθελονταί ουκ εισήνεγκαν. Vgl. auch Kuenzi, Epidosis 17 und Veyne, Brot und Spiele 193. 227 Bezeugt sind solche Ehrungen in der Epidosis-Liste des Jahres (?) 244/43 (IG II 2 791, Z. 20ff.: είναι δε τοις έπιδοϋσι [στεφανωβήναι τε κα]ί έπαινεθήναι και τιμηθηναι ύπό του δή[μου καθότι αν ήι αξι]ος έκαστος αυτών. Diese Urkunde ist die erste erhaltene Liste mit Namen der Spender. Ob die dort er wähnten Ehrungen auch bei früheren Epidoseis üblich waren, laßt sich nicht klären.
2. Motive der Aletöken, derPolis Wohltaten %u erweisen setzte und der Spendenfreudigkeit Einzelner einen Riegel vorschob. Die Höhe der zugelassenen Beiträge bewegt sich bei allen drei Urkunden unter 200 Drachmen.228
228
Migeotte, Souscriptions publiques 34ff. Nr. 18-20.
63
IV. DIE WOHLTATEN DER METÖKEN Sucht man nach einer allgemeinen Definition für das Wort ευεργεσία, so fallen darun ter alle Leistungen, die der Bewahrung, Sicherung und Verbesserung des Lebens in der Polis dienten.229 Diese konnten sich von einfachen Geld- oder Sachspenden für den Erhalt des Staatswesens bis hin zum persönlichen Einsatz im Krieg erstrecken.230 Selbst mit dieser weitläufigen Definition, wie sie etwa Aristoteles gegeben hat, wird man dem Wort nicht vollends gerecht, weil neben der Polis, d.h. der Bürgerschaft in ihrer Gesamtheit, auch Eltern, Verwandte, φίλοι, ξένοι und andere Personengruppen zu den Empfängern einer Wohltat gehörten.231 Die Armen hingegen bleiben vom Kreis der Wohltatempfänger ausgeschlossen: εύεργετεΐν, ευ ποιεΐν, αγαθόν ποιεΐν u.a. Begriffe des "Wohltuns" sind von den Griechen niemals für Almosengaben verwen det worden.232 Naturgemäß waren die Formen des εύεργετεΐν / ευ ποιεΐν zwischen Individuen mannigfaltig. Allein die Aufzählung von auf privater Ebene erbrachten Wohltaten würde ein ganzes Buch füllen. Daher begnüge ich mich mit zwei Beispielen. Herodot (3.139f.) zufolge kam Syloson, der jüngere Bruder des Polykrates, nach seiner Ver treibung aus Samos zum persischen Königshof και εφη, Δαρείου ευεργέτης είναι. Der Flüchtling begründete seinen Anspruch, Wohltäter des Großkönigs zu sein, damit, daß er diesem lange vor dessen Herrschaftsantritt ein purpurnes Gewand geschenkt hatte. Dareios erwiderte diese Wohltat, indem er Syloson auf seine Bitte hin zur Herrschaft über Samos verhalf. Mit dieser Geschichte, mag sie einen wahren Kern haben oder erfunden sein, konnte Herodot seinen Zuhörern vor Augen fuhren, daß jemand selbst für die Schenkung eines Gewandes einen Dankesbeweis erwarten durf te. Daß der Dank des Dareios besonders großzügig ausfiel, wird von den Griechen mit Erstaunen aufgenommen worden sein. Xenophon berichtet von sich, daß er während des Zugs der Zehntausend von seinen Söldnerkollegen πατήρ und ευεργέτης genannt wurde, da er ihnen Gefälligkeiten erwiesen und in Notlagen gute Ratschläge erteilt hatte.233 Dieser Fall erscheint mir deshalb einer Erwähnung würdig, weil er sehr klar zeigt, daß der Euergetes-Titel nicht nur zur Kennzeichnung eines ausländischen Wohltäters durch den Staat, sondern auch im interindividuellen Verkehr verwendet wurde. 229 Daher gibt Aristotetes in der Rhetorik (1361a 30ff.) für 'Wohltat" folgende Umschreibung: ευεργεσία δέ ή εις σωτηρίαν και οσα αίτια του είναι, ή εις πλοϋτον, ή εις π των άλλων αγαθών, ών μη ραδία ή κτήσις ή ενταύθα ή τότε. 230 Natürlich wurden auch militärische Hilfeleistungen zur Kategorie "Wohltat" gerechnet, u.a. von Lysias 6.40. Vgl auch Thuk. 3.59: Bei ihrem Aufnahmegesuch in Athen nach der Zerstörung ihrer Stadt 427 verweisen die Platäer auf den militärischen Beitrag ihrer Vorfahren während der Perserkriege, die daher als εύεργέται της Ελλάδος dargestellt werden. 231 S. dazu mit reichhaltigen Belegen Skard, Euergetes 6ff., bes. 27ff., 35ff. und Bolkestein, Wohl tätigkeit 95ff. 232 Grundlegend zum Fehlen einer Armenpflege sowohl auf privater als auch auf staatlicher Ebene Bolkestein, Wohltätigkeit 101 f. 233 Xen. an. 7.6.38 mit den Ausführungen von Skard, Euergetes 47.
IV. Die Wohltaten der Metöken
66
Dem Thema der Arbeit entsprechend will ich solche Wohltaten auf interindividuelle Ebene außer acht lassen und mich auf das την πόλιν εύεργετεΐν konzentrieren. Ein Bürger Athens hat nicht nur aus freiem Entschluß erbrachte Verdienste zu den εύεργεσίαι für die Gemeinschaft gerechnet, sondern auch die λειτουργίαι, είσφοραί und den Kriegsdienst, denen ein obligatorischer Charakter anhaftete. Weil auch diese per Gesetz vorgeschriebenen Leistungen dem Erhalt der Polis dienten, werden sie in Gerichtsreden von Bürgern wie Metöken immer wieder als Beweis für ihre Verbundenheit mit der Polis aufgeführt.234 Erinnert sei etwa an Lysias (12.20), der von sich und seinem ermordeten Bruder sagt: άλλα πάσας τάς χορηγίας χορηγήσαντας, πολλάς δ' εισφοράς είσενεγκόντας, κοσμίους δ' ημάς αυτούς παρέχοντας και πάν το προσταττόμενον ποιοϋντας, έχθρόν δ' ούδένα κεκτημένους, πολλούς δ' Αθηναίων εκ των πολεμίων λυσαμένους. Hier vermischen sich abverlangte Leistungen (Liturgien und Sondersteuern für den Krieg) mit freiwilligen Beiträgen (Spenden für die Auslösung von Kriegsgefangenen). Der Redner empfand wohl alles als εύεργετεΐν. Daher wäre eine Trennung zwischen "obligatorisch" und "freiwillig", wie ich sie hier vornehme, einem Polisgriechen verwunderlich vorgekommen. 235 Es bedarf also keiner besonderen Rechtfertigung, neben den freiwilligen Euergesien auch die λειτουργίαι, είσφοραί und στρατείαι der Metöken mitzubehandeln. Deren Berücksichtigung scheint mir aber auch deshalb unverzichtbar, weil sie Aufschluß darüber geben, bis zu welchem Grad die Integration der Metöken in der Polis erwünscht war. Andererseits wird in den Ehrendekreten der Metöken mit εθελοντής oder εκ των ιδίων die Freiwilligkeit mancher Verdienste ausdrücklich vermerkt. Selbst hier gilt zu bedenken, was A. Andreades in seiner "Geschichte der Griechischen Staatswirtschaft" festgehalten h a t "Wenn man die attischen Sitten und Gebräuche kennt, kommt man zu der Überzeugung, daß die Bereitwilligkeit, mit der die Metoeken mehr als die Bürger zur Erleichterung von Fiskus und Volk beitrugen — z.B. durch große Geschenke in Geld und Waren, durch Lieferung von Korn zu einem Drittel seines Preises usw. — nicht ganz aus eigenem Antrieb kam".236 Die Übergänge zwischen "freiwillig" und "obligatorisch" waren fließend.
234
Einige Beispiel bei Veyne, Brot und Spiele 173. Die Ambivalenz zwischen "obligatorisch" und "freiwillig" macht Veyne, Brot und Spiele 172f. am Beispiel der Liturgien deutlich: "Da nur die Reichen liturgische Verpflichtungen hatten, waren Liturgien keine Steuern, sondern eine Mission. Ferner galten Liturgien als Mäzenatentum, da sie eine Zuwendung in Naturalien darstellten, da das Geld der Liturgen sich nicht in den öffentlichen Kassen mit den Zahlungen anderer Bürger vermischte und die ganze Stadt mit eigenen Augen ein Fest oder das Schiff sah, die ein Liturg persönlich geleistet hatte. Also besaß das System der Liturgien insgesamt jenen zweideutigen Charakter, mit dem der Euergetismus spielte: Es war einerseits auferlegt, anderseits freiwillig". 236 Andreades, Staatswirtschaft 298, der in Anm. 5 noch hinzufügt: "In der Tat bedeutete es im Athen des 4. Jahrhunderts ein Verbrechen, reich zu sein. Und wenn schon die wohlhabenden Bürger genötigt waren, das Volk durch ihre Freigebigkeit milde zu stimmen, wieviel mehr noch die Metoeken? Was femer die Furcht nicht bewerkstelligte, besorgte der Ehrgeiz. Und auch heute noch. Wie vielfach erleben wir nicht, daß Leute, griechische "Metoeken", höchst geizig sind gegen ihre Stammgenossen, dagegen bestrebt sind, durch reichliche Zuwendungen zu den Gründungen des Landes, in dem sie nun wohnen, gesellschaftliche Stellung und Titel zu erwerben". 235
67
1. "Obligatorische" Wohltaten a. Kriegsdienst Der Verfasser eines kaiserzeitlichen Synonymenlexikons hielt es für angebracht, unter das Lemma ίσοτελής και μέτοικος auch folgenden Hinweis aufzunehmen: Die ortsan sässigen Fremden πολλάκις συνεστράτευον μετά των Αθηναίων.237 Dieses auf den er sten Blick gar nicht so selbstverständliche Phänomen, daß nämlich Athen in Kriegszeiten auch seine Metökenbevölkerung zu den Waffen rief und mitkämpfen ließ, ist in der bisherigen Forschung eher registriert als wirklich erklärt worden. Man hat sich nicht einmal ernsthaft darum bemüht, eine Antwort darauf zu finden, bis zu welchem Grad die Polis vom militärischen Potential der ortsansässigen Fremden Gebrauch machte: Hoben die Athener bei dem meisten oder sogar allen ihrer militärischen Unternehmungen Kontingente von Metökenhopliten und Leichtbewaffneten aus, wie es der eben zitierte Passus aus dem Lexikon des Ammonios nahelegt, oder beschränkte sich deren Mobilisierung nur auf Ausnahmesituationen? Es muß einleuchtend erscheinen, daß man aus der Beantwortung dieser Frage einiges über die Einstellung der Bürger zu den Metöken erfahren kann. Als ausgemacht gilt, daß die Metöken für die Stadt weiter nichts waren als eine Art "Reservearmee", auf die die Politen nur in äußersten Notlagen zurückgrif fen. Die Metöken seien nur zum unmittelbaren Schutz Attikas eingesetzt, von einer Teilnahme an Feldzügen in fremden Gebieten dagegen üblicherweise ausgeschlossen worden.238 Ich kann mich dieser Ansicht nicht anschließen. Bekanntlich trägt die Schuld für die scheinbar unbedeutende militärische Rolle der Metöken Thukydides, der deren Mobilisierung als Hopliten während des ganzen Peloponnesischen Krieges nur in drei Fällen erwähnt. Daraus zog etwa P.R. Duncan-Jones den folgenden Schluß: "The reason for their continued absence from our source (sc. Thukydides) must surely be that metics as such were not part of the front-line army, and could not usually be called on for expeditions, presumably because they were needed at home, or because they were not to be relied on overseas".239 Ein ganz anderes Bild vermittelt aber das Material aus dem 4. Jahrhundert, das in der bisherigen Diskussion weitgehend unberücksicht geblieben ist. An erster Stelle 237
[Ammon.] diff. 247, s.v. ίσοτελής και μέτοικος. Von der Möglichkeit, ansässige Fremde für den Kriegsdienst zu rekrutieren, machten auch andere Poleis Gebrauch. Belegt ist dies für Ägina (Xen. hell. 4.1.11-13), Kolophon (B.D. Meritt, AJPh 56, 1935, 377ff. [Dekret Nr. 3, Z. 13ff.]) und Megalopolis (Diod. 18.70.1). 238 Clerc, Meteques 48f.; Busolt, Staatskunde 297; Gerhardt, Metoikie 42ff.; Whitehead, Metic 82ff.; Duncan-Jones, Metic Numbers 103ff. Auf den militärischen Beitrag der Metöken geht Burckhardt, Bürger und Soldaten 79 Anm. 12 nur beiläufig ein: "Die Metöken in Athen, die sowohl in der Flotte als auch im Landheer bisweilen mitkämpften, bilden einen Sonderfall. Die Definition im Text macht sie zu einer Art Zwitter: Sie sind zwar Fremde von ihrem Bürgerrecht her gesehen, können aber in keiner Weise als professionelle Soldaten, die für fremde Interessen kämpfen, angesehen werden; von ihrer Einstellung zum und ihrem Verhalten im Krieg her dürften sie Bürgern viel näher gestanden haben als Söldnern". 239 Duncan-Jones, Metic Numbers 105.
68
IV. Die Wohltaten der Metöken
verdienen fünf Ehrendekrete aus dem letzten Viertel des 4. Jahrhunderts Beachtung, die mit τάς στρατείας έστράτευται πάσας μετά του δήμου oder ähnlichen Formulierun gen unmißverständlich kundtun, daß die geehrten Metöken bei allen militärischen Unternehmungen der Athener rekrutiert wurden und, sofern es zu einer Schlacht kam, mitgekämpft hatten.240 Der dort (meist zusammen mit Eisphora-Zahlungen) er wähnte Waffendienst ist nicht der eigentliche Anlaß für die Auszeichnung dieser Me töken gewesen, sondern hängt mit der Erweiterung des Motivkatalogs zusammen, die man seit der Lykurgischen Ära in manchen Ehrendekreten beobachten kann. Aus diesen Zusatzinformationen wird ersichtlich, daß es damals üblich war, Metökenhopliten an allen Feldzügen« teilnehmen zu lassen. Die beiden frühesten Ehrenbeschlüsse, die die Formel τάς στρατείας έστράτευ ται πάσας μετά του δήμου aufweisen, stammen aus dem Jahr 319/18 (Moretti, ISE Nr. 4 und IG II 421). Die στρατείαι (und είσφοραί), an denen die beiden geehrten Metö ken Apoll- mit unbekanntem Ethnikon und -kies aus Amphipolis teilnahmen, lagen aber etliche Jahre zurück, weil sie am Beginn des in chronologischer Reihenfolge ge ordneten Motivkatalogs genannt werden. (Der eigentliche Anlaß für die Ehrung, der mit και νυν eingeleitet wird, ist in beiden Fällen — wie in vielen Ehreninschriften - lei der verloren). Da Athen aber in der Phase zwischen der Kapitulation vor Antipatros und dem Beschlußjahr keine Kriege führte, kommt als Zeitpunkt für die στρατείαι nur der Lamische Krieg in Frage. Weil aber der Lamische Krieg außerhalb Anikas ausgetragen wurde, hat man diese Inschriften als Zeugnisse für die Einsetzung von Metökenhopliten im Ausland zu bewerten. Möglicherweise lebten Apoll- und der Amphipolite schon seit geraumer Zeit in Athen, um auch für die Schlacht von Chaironeia eingezogen zu werden. Ganz si cher läßt sich dies von den beiden im Jahre 302/1 geehrten Nikander und Polyzelos sagen, die, wie es in ihrem Isoteliebeschluß heißt, συνεστράτευνται δε και τάς στρα[τε]ί[ας] πάσας τάς τε ναυτικός και τάς πεζάς κτλ. Da die beiden Metöken bereits im Archontat des Themistokles (347/6) anfingen, die Eisphorai abzuführen, dürften sie auch an der Schlacht von Chaironeia teilgenommen haben.241 Einziger Gewährs mann dafür, daß in dieser epochalen Schlacht die Athener Metökenhopliten aufgebo ten haben, ist Hypereides. Nach dem beliebten Rezept, der Protgßgegner meines Klienten 240 Moretti, ISE 6f. Nr. 4 (= Athenian Agora XVI, Nr. 102), Z. 11-20: επειδή Απολ[ εν] | τε τώι εμπροσσθεν χ[ρόνωι διετέ]|λει εύνους ων τώι δή[μωι τώι Άθην]|αίων και τάς στρατ[είας άπάσας έ]||στράτευται και τ[άς εισφοράς εί]|σενήνοχεν όσας ά[πήιτει ό δήμος] και νυν κτλ.; IG II 421, Ζ. 4-12: [επειδή .||.]κλής Σωταίρου Αμφιπ[ολίτης πρότε|ρ]όν τε διετέλει εύνο[υς ών τώι δήμωι | τώι] Αθηναίων και αύ[τός και οϊ πρόγο|νοι] αύτου και τάς [τε εισφοράς άπάσα|ς εΐσ]ενηνόχασιν, [ας οι νόμοι αύτοΐς | προστ]άττουσιν κ[αί τάς στρατείας έ|στράτευ]νται πάσ[ας μετά του δήμου κ|αλώς και φιλ]οτίμως — ; IG Π" 505, Ζ. 36-41: (Nikander und Polyzelos) συνεστράτευνται δε και τάς στρα[τε]ί|[ας] πάσας τάς τε ναυτικάς και τάς πεζάς τά οπλ[α με|τά] τ|οϋ δήμου τιθέμενοι καλώς και φιλοτίμω[ς] έχ τ|[ώ]ν ιδίων και δσα πώποτε αύτοΐς υπό του δήμου [προ|σ]ετάχθη άπαντα καλώς και φιλοτίμως πεποιή[κασιν]; IG ΙΓ 554, Ζ. 16-19: επειδή Εύξενίδης ... και οσα έπετά|χθη αύτώι υπό τών στρατηγών | και των ταξιαρχών άπαντα πρ|οθύμως ύπηρέθηκεν κτλ.; IG II 715, Ζ. 1-7: έ|πει]δή Έρμαΐ[ος ... διατ|έλεϊ] εύνους ών [εν παντί καιρώι τώι δήμωι | και] τάς τε στρατ[είας στρατεύται μετά τ|ου δ]ήμου και κατ[οικών Αθήνησιν 7...|.. τά]ς εισφοράς [άπάσας οσαι υπό του δήμο|υ έπε]τάχθησαν α[ύτώι, καλώς είσενήνοχεν] κτλ. *» IG II2 505, Ζ. 13ff. und 36ff.
/. 'Obligatorische" Wohltaten: Kriegsdienst, Eisphorai, Liturgien
69
hat es am nötigen Einsät^ für die Gemeinschaß fehlen lassen, weil er sich von dieser und jener
"Pflicht gedrückt haty versucht der Logograph in einer um 330 abgefaßten Gerichtsrede den Ägypter Athenogenes vor den Richtern in ein denkbar schlechtes Licht 2u rükken. Dafür fand er in dessen Leben eine geeignete Episode aus dem zeitlichen Um feld der Chaironeia-Krise. Die Richter bekommen nämlich zu hören, daß der durch und durch hellenisierte Ägypter, Besitzer einiger Parfumläden und nebenbei als Lo gograph tätig, vor der Schlacht seinen Wohnort von Athen nach Troizen verlegt und sich durch diesen Umzug vor seiner Athen geschuldeten Pflicht gedrückt habe, bei Chaironeia gegen die Makedonen zu kämpfen: εν δε τω πολεμώ τω προς Φίλιππον μικρόν προ της μάχης άπέ[λιπε] την πόλιν, και μεθ' υμών μεν ου συνεστρατεύσ[ατ]ο εις Χαιρώνειαν, έξφκησε δε εις Τ[ροι]ζήνα κτλ.242 Diese mit der Anklage selbst in keiner Verbindung stehende '^Verfehlung" des nach der Schlacht wieder nach Athen zu rückgekehrten "Drückebergers" Athenogenes bekommt in der Rede insofern eine moralische Komponente, als sie ihm von Hypereides als ein Akt der Undankbarkeit gegenüber Athen angerechnet wird, der Stadt also, in der er es zu materiellem Wohlstand gebracht hatte.243 Entscheidend an diesem Passus ist die Art und Weise, wie Hypereides gegen den Metöken argumentiert: durch seinen Umzug in das nicht bedrohte Troizen entzog Athenogenes sich der Teilnahme an der Schlacht gegen den athenischen Erzfeind Philipp. Daraus muß man notwendigerweise folgern, daß, falls er in Athen geblieben wäre, er mit den dortigen Bürgern (μεθ' υμών) für die Schlacht rekrutiert worden wäre. Demnach sind andere Metöken im Hoplitenzensus, die dem schmachvollen Beispiel des Athenogenes nicht gefolgt und ausgewandert sind, bei Chaironeia zum Einsatz gekommen. Geht man in der Geschichte Athens weiter zurück, findet man den Kriegsein satz von Metöken in den Poroi Xenophons belegt επιμέλεια (sc. τών μετοίκων) γε μην ήδ' αν άρκεΐν μοι δοκεΐ, ει άφέλοιμεν μεν οσα μηδέν ώφελουντα την πόλιν ατιμίας δοκεϊ τοις μετοίκοις παρέχειν, άφέλοιμεν δε και το συνστρατεύσθαι όπλίτας μετοίκους τοις άστοΐς* μέγας μεν γαρ ό κίνδυνος απών, μέγα δέ και το άπό τών τεχνών και τών οικιών άπιέναι. άλλα μεν και ή πόλις γ' αν ώφεληθείη, ει οί πολΐται μετ' αλλήλων στρατεύοιντο μάλλον ή ει συντάττοιντο αύτοις, ώσπερ νυν, Λυδοί και Φρύγες και Σύροι και άλλοι παντοδαποι βάρβαροι* πολλοί γαρ τοιούτοι τών μετοίκων, προς δε τω άγαθώ τω τούτους [εκ] τού συντάττεσθαι άφεθήναι και κόσμος αν τη πόλει εϊη, ει δολοΐεν Αθηναίοι εις τάς μάχας αύτοΐς μάλλον πιστεύειν ή άλλοδαποΐς.244 Es war sinnvoll, die späteren Zeugnisse dieser in verschiedener Hinsicht wichtigen Nachricht Xenophons voranzustellen, weil man aus ihnen sehen kann, daß der hier unterbreitete Vorschlag, Metöken vom 242 Hypereid. 3.29. Eine ausfuhrliche Behandlung dieser Rede, bei der es sich wahrscheinlich um den ersten Teil einer Deutorologie handelt, bei Engels, Hypereides 241 ff., bes. 245f. Auf den Metökenstatus des Athenogenes wird in der Rede mehrmals hingewiesen. 243 Hypereides (3.29) greift zu dem Argument, daß der Ägypter seine Töchter [εν] τη παρ' ύμΐν εύδα[ιμον]ίς( großgezogen hat. Athenogenes scheint vor seinem Wegzug aus Athen seine Töchter zur Sicherung seiner dortigen Geschäftsgrundlage verheiratet und zurückgelassen zu haben, um bis zu seiner beabsichtigten Rückkehr nach der Krise keine materiellen Einbußen zu erleiden. Allerdings ist der Text dort lückenhaft und läßt auch eine andere Interpretation zu. 244 Xen. vect. 2.2-4 mit der Diskussion der Stelle bei Schütrumpf, Xenophons Vorschläge 5f.
70
IV. Die Wohltaten der Metöken
Kriegsdienst freizustellen, bei der breiten athenischen Öffentlichkeit auf taube Ohren gestoßen ist. Der Demos war eben nicht bereit, auf das bedeutende militärische Po tential der ortsansässigen Fremden zu verzichten. Wie läßt sich der im 4. Jahrhundert häufig nachweisbare Kriegseinsatz von Metöken mit den kargen Angaben des Thukydides für das 5. Jahrhundert in Einklang bringen? Sollte man den Befund in dem Sinne interpretieren, daß die Athener erst nach dem Peloponnesischen Krieg dazu übergingen, von dem militärischen Potential der Metöken in verstärktem Maße Gebrauch zu machen, indem sie diese bei den meisten militärischen Unternehmungen mitstreiten ließen? Wohl kaum. Dagegen sprechen die im 3. Kapitel ausgewerteten Stellen aus den Hiketiden des Aischylos und des Euripides sowie den Vögeln des Aristophanes, die zeigen, daß die ideologi sche Grundlage für den Kriegsdienst der Metöken bereits im 5. Jahrhundert vorhan den war. Möglicherweise kann bei der Beantwortung dieser Frage das epigraphische Material weiterhelfen, das, soweit ich sehe, bislang außer acht gelassen worden ist. Ich denke dabei an drei zwischen ca. 430 und 410 erlassene Proxeniedekrete, in denen die Honoranden mit dem Privileg είναι δε αύτοΐς και φροράς και στρατείας άτέλειαν von der Gamisonspflicht und von der Teilnahme an den Kriegszügen freigestellt wer den.245 Die übrigen Ehrendekrete dieser Zeit, bei denen es sich zumeist um Proxenieverleihungen handelt, verzeichnen dieses auch in späterer Zeit nicht vorkommende Privileg nicht, so daß es kein fester Bestandteil der Proxenie gewesen sein kann. Da diese seltene Vergünstigung speziell auf Metöken zugeschnitten ist, dürften die Beliehenen damals in Athen gelebt haben. Dies findet sich auch im dritten dieser Dekrete für [Ti|manax (Sohn des Asßdepios] oder As[klepiades]) und seinen namentlich nicht bekannten Arztkollegen bestätigt. Den Anlaß für ihre Auszeichnung gab nämlich ihre Tätigkeit als Gemeindeärzte, [δια το λοιμ]δ δεμοσιεύεν, wie es in dem Zusatzantrag heißt.246 Wie verschiedentlich gedeutet wurde, haben die beiden δημόσιοι ιατροί wohl während der Großen Seuche (430/29-427/6) die hilfsbedürftigen Bewohner Athens medizinisch betreut.247 Die Verleihung der ατέλεια στρατείας και φροράς an diese er gibt durchaus einen Sinn. Denn sie hatten mit der medizinischen Betreuung der von der Seuche befallenen und im Krieg verwundeten Bewohner Attikas wichtigere Auf gaben zu bewältigen als in den Krieg eingezogen zu werden. Läßt sich aus der Tatsa che, daß Athen einigen auserlesenen Metöken das Recht auf Freistellung von den στρατείαι eingeräumt hat, etwas anderes folgern, als daß die übrigen Metöken eben häufig eingezogen wurden?24« 2« IG I 3 28b, Z. 1-4 (= Walbank, Proxenies Nr. 34); IG I 3 159, Z.llf. (= Walbank, Proxenies Nr. 37); IG I 3 164, Z. 28-30 (= Walbank, Proxenies Nr. 55). 246 IG Γ 164, Z.12f., ergänzt nach Reiter, Proxenoi und Euergetai Nr. 39. 247 Eine ausführliche Erörterung der Inschrift zuletzt bei Reiter, Proxenoi und Euergetai 268ff. 248 Grabinschriften bieten über den Kampfeinsatz von Metöken außerhalb Attikas keinen großen Aufschluß. IG I 1353 berichtet in überschwenglicher Sprache von den Taten des Megarers Pythion, der im Jahre 446/45 drei attische Einheiten rettete, indem er sie von Pylai über Böotien sicher nach Attika führte. Es läßt sich aber nicht mit Sicherheit sagen, ob Pythion bereits zum Zeitpunkt der Expedition den Status eines Metöken hatte und als solcher für den Hoplitendienst verpflichtet worden war. IG Γ 1361, als ein eindrucksvolles Dokument nach Paris verschleppt, lobt den phrygischen
/. 'Obligatorische" Wohltaten: Kriegsdienst, Eisphorai, Liturgien
71
Wenn der Kriegseinsat2 von Metöken im Peloponnesischen Krieg viel häufi ger gewesen ist, als es das Werk des Thukydides widerspiegelt, so fragt man sich, weshalb er dieser Sache nicht Rechnung getragen hat. Was bei diesem Historiker ins Auge springt, ist die Erwähnung von Metöken bei größeren Mobilmachungen,249 wo bei er in diesem Zusammenhang auffalligerweise auch Zahlen angibt Bei dem Einfall in die Megaris i j . 431 führte Perikles neben 10000 athenischen nicht weniger als 3000 Metökenhopliten mit sich;250 zur Durchführung der Überfälle auf die Peloponnes wurden i j . 428 genau 100 Schiffe mit Bürger- und Metökenhopliten bemannt;251 für die Expedition nach Delion wurden i j . 424 alle verfügbaren Athener, Metöken sowie ξένοι παρεπιδημοϋντες aufgeboten.252 Die Beteiligung von Metöken in kleineren militä rischen Operationen bleiben m.E. deshalb nicht ausdrücklich vermerkt, weil dies Thukydides als selbstverständlich angesehen hat. Beim Geleitzug für die im ersten Jahr des Peloponnesischen Krieges Gefalle nen waren neben Bürgern auch Metöken (ξένοι) anwesend.253 Es ist zu vermuten, daß einige unter den Metöken die eigenen Familienangehörigen zu ihrer letzten Ruhestät te begleiteten. Ist diese Annahme richtig, so bot Athen bereits im ersten Kriegsjahr Metökenkontigente auf, wobei es auch unter den Metöken Gefallene gab.254 Weniger Probleme macht der Einsatz von Metöken als Ruderer in der atti schen Flotte, der aus literarischen wie epigraphischen Quellen hinreichend belegt ist.255 Mit M. Amit "we may say that there were sailors of various origin in Athenian ships, among them foreign mercenaries and slaves, butthe core ofthe crews andthe basis of the existence of the fleet were permanent free residents of Athens, Citizens and metics" .2S6 Im Unter
schied zu dem obligatorischen Hoplitendienst wurden sie bis in die Mitte des 4. Jahr hunderts gewöhnlich als Freiwillige angeworben. Allerdings stellten sich bereits im 5. Jahrhundert mehrmals Situationen ein, in denen die angeworbenen Ruderer für die Bemannung der Flotte nicht ausreichten. In solchen Fällen wurden Metöken für den Waldarbeiter Mannes, der im Krieg für Athen sein Leben ließ. Wilhelm, Beiträge 35ff. vermutet, daß der Phryger zu Beginn des Peloponnesischen Krieges in einem auf attischem Boden ausgetragenen Gefecht ums Leben kam. Eine andere Schlacht außerhalb Attikas ist allerdings ebenfalls denkbar. Vgl. auch O. Masson, BCH 111,1987, 274f. 249 Dies hat bereits Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 216f. erkannt: "Ganz bodenlos ist es, deshalb, weil Thukydides der Metoeken nur bei allgemeiner Mobilmachung gedenkt, anzunehmen, sie wären überhaupt nur als Landsturm verwendet worden, und hätten eigentlich gar nicht ins Tref fen kommen sollen. Wozu legt man ihnen denn die kostspielige Verpflichtung auf, sich als Schwer bewaffnete zu equipieren? Und der Zug des Hippokrates, der bei Delion zu kläglichem Ende kam, war doch nur deshalb mit dem Aufgebot aller Kräfte unternommen, weil er die Unterwerfung von ganz Boeotien nach dem Vorbilde der Expedition des Mydonides zum Ziel hatte. Allerdings, bei den einzelnen Expeditionen weder der Flotte noch der Hopliten pflegt der Metoeken Erwähnung zu ge schehen, und ebenso wenig sind sie auf den Verlustlisten von den Bürgern gesondert". 2 *o Thuk. 2.31. 251 Thuk. 3.16. 252 Thuk. 4.90. 253 Thuk. 2.34. 254 Bei dem Einfall in die Megaris, der im selben Jahr stattfand, gab es keine Verluste (Thuk. 2.35). 255 Clerc, Meteques 19; Amit, Sailors 157ff.; Jordan, Athenian Navy 210ff.; Whitehead, Metic 84ff.; Schmitz, Wirtschaftliche Prosperität 19ff., bes. 22ff. 256 Amit, Sailors 177 (meine Hervorhebung).
72
IV. Die Wohltaten der Metöken
Ruderdienst zwangsverpflichtet.257 Wahrscheinlich befanden sich unter diesen Rude rern auch Metöken, die den Hoplitenzensus erfüllten. Spätestens seit 362 ging Athen dazu über, die Bemannung seiner Flotte durch Zwangsaushebung von Bürgern und Metöken zu gewährleisten.258 Zu dieser Maß nahme sah sich die Stadt wohl deshalb gezwungen, weil Geldmittel für die Anwer bung von auswärtigen Ruderern nicht mehr in ausreichendem Umfang zur Verfü gung standen. Erleichtert wurde die Rekrutierung der Metöken durch eine Namensli ste, die vom Polemarchen geführt wurde. Die Existenz einer solchen Liste geht so wohl aus der ersten Philippica des Demosthenes (4.36) als auch aus dem "Themistokles-Dekret" hervor. Demosthenes spricht davon, daß die Einschiffung von Met öken- und Bürgemautai separat erfolgte, d.h. auf Grundlage zweier verscheidener Kataloge vorgenommen wurde. Wesentlich aufschlußreicher ist das ThemistoklesDekret (Meiggs/Lewis, GHI 23), bei dem es sich um die Abschrift: eines im 4. Jahr hundert entstandenen literarischen Textes zu handeln scheint.259 Man kann ihm für unseren Zusammenhang soviel entnehmen, daß die Rekrutierung von Metöken im 4. Jahrhundert mit Hilfe eines beim Polemarchen geführten Verzeichnisses erfolgte.260 Fraglich bleibt, ob die Metöken bereits im Jahre 480 zum Ruderdienst auf den Kriegsschiffen herangezogen wurden, wie es das Dekret vorgibt. Weil in Athen zu jenem Zeitpunkt eine echte Notsituation vorherrschte, dürften die Schiffe auch mit den ortansässigen Fremden bemannt worden sein. Allerdingst wird die Zahl der Metökenruderer damals nicht sehr groß gewesen sein, weil die große Einwanderungswel le erst nach den Perserkriegen einsetzte.
b. Eisphorai Zur Deckung von Kriegskosten und für den Bau militärischer Anlagen sah sich die Stadt in dem Zeitraum zwischen dem Peloponnesischen und dem Lamischen Krieg mehrmals gezwungen, ihren reichen Bürgern und Metöken eine außerordentliche Steuer (εισφορά) aufzuerlegen. Deren Einführung im Jahre 428/27 261 wurde notwen257
So etwa in der Schlacht von Salamis, i j . 428, für die Sizilische Expedition und während der Arginusenschlacht. Vgl. Amit, Sailors 166f. 258 Amit, Sailors 177f. mit Belegstellen. 259 Habicht, Falsche Urkunden lff., bes. 9 mit Anm. 2. 260 In den Zeiten 27-31 des Dekrets (Meiggs/Lewis, GHI 23) werden die Strategen aufgefordert, Listen der Schiffsbesatzungen auf geweißten Tafeln aufzuschreiben, die Athener auf der Grundlage der ληξιαρχικά γραμματεία, die Fremden aber auf der Grundlage des beim Polemarchen geführten Katalogs: άναγράψα|ι δε κα[ΐ τους άλλους κατά] ναυν τους στρατηγούς εις λ|ευκώ[ματα, τους μεν Ά]θηναίους εκ των ληξιαρχικών γρ||αμματεί[ων, τους] δέ ξ[έν]ους εκ των απογεγραμμένων πα[ρ]ά τώι [πολε]μ[άρχ]ω[ι]. Zur Interpretation der Stelle s. Jordan, Athenian Navy 228ff., bes. 240. 261 Thuk. 3.19.1. Die Erhebung dieses Jahres brachte der Staatskasse 200 Talente ein, die für.die Belagerung von Mytilene verwendet wurden. Weitgehend abgelehnt wird die These von Thomsen, Eisphora 119ff., wonach die Eisphora bereits von Themistokles zur Finanzierung seiner Flottenpolitik eingeführt und seitdem bis zum Jahr 428/27 wegen der guten Finanz Situation Athens ausgesetzt worden sei. Vgl. den Forschungsüberblick bei Bleicken, Demokratie 615.
/. 'Obligatorische" Wohltaten: Kriegsdienst, Eisphorai, Uturgen dig, weil zum einen die Staatskasse und der Schatz der Athena vor allem durch die gewaltige Baupolitik des Perikles erschöpft war und die früher so reichlich fließenden Einnahmequellen (besonders die Bundesgenossentribute und Handelsüberschüsse) zurückgingen, zum anderen aber die finanziellen Anforderungen des Krieges ständig wuchsen.262 Da Lysias und Polemarch bis zum Jahr 404/3 πολλάς εισφοράς abgeführt hatten, muß während des Peloponnesischen Krieges mehrmals eine außerordentliche Vermögenssteuer erhoben worden sein.263 Als Grundlage für ihre Erhebung diente das Vermögen, welches jeder steuerpflichtige Bürger und Metöke selbst anzugeben harte. Hierbei sprach der Eisphorazahler von εαυτόν επιγράφε™, wie es der junge Bosporaner im Trapezitikos Logos des Isokrates (17.41) tut. Über die Organisation des Eisphorasystems ist bis zu dessen Reformierung im Archontat des Nausinikos (378/77) kaum etwas bekannt. Fest steht, daß in dieser er sten Phase (428/27-378/77) neben Bürgern auch Metöken herangezogen wurden.264 Ob sie auch schon damals nach einem anderen, womöglich höheren Hebesatz be steuert wurden als die Bürger, läßt sich jedoch aus Mangel an Quellen nicht bestim men. Sicher ist nur, daß sich die Metöken in dieser Frühphase des Eisphorasystems selbst einzuschätzen hatten.265 Diese Information aus dem Trapezitikos des Isokrates legt nahe, daß die Eisphorai einen progressiven Charakter trugen, der Steuersatz also von der Höhe des jeweils deklarierten Vermögens abhängig war. Mit der Eisphora-Reform von 378/77 wurde die Zahl der steuerpflichtigen Bürger auf 1200 festgelegt, die in 20 Symmorien zu je 60 Mann eingeteilt wurden. Ein weiterer Bestandteil dieser Reform war die Durchführung einer Vermögensschatzung (τίμημα), die nach Demosthenes (14.19.30) 6000 Talente ergab.266 Dieses steuerpflich tige Vermögen wurde gleichmäßig auf die neuformierten Symmorien verteilt. Aus mehreren Stellen des Demosthenes geht hervor, daß die Bürger einen bei jeder Um lage besonders festgelegten Prozentsatz des eingeschätzten Vermögens zu zahlen hat ten. Dieser in Prozenten ausgedrückter Steuersatz bewegte sich gewöhnlich zwischen 1% (εκατοστή) und 2% (πεντηκοστή).267 So brachte die einprozenrige Eisphora des Jahres 352 eine Summe von 60 Talenten ein ( / 1 0 0 der auf 6000 Talente festgelegten Gesamttimema) ,268 Die Metöken scheinen bei der Gesamtschatzung von 6000 Talenten nicht be rücksichtigt worden zu sein. Sie waren in von den Bürgern getrennten Symmorien organisiert und zahlten die Eisphora nach einem anderen Steuersatz als die Bürger.269 262
Zur finanziellen Lage Athens während des Peloponnesischen Krieges s. etwa Schmitz, Wirtschaftliche Prosperität 136ff. 263 Lys. 12.20. 264 Lys. 12.20; Isokr. 17.41. 265 Isokr. 17.41: προς δε τούτοις εισφοράς ύμΐν προσταχθείσης και έτερων έτπγραφέων γενομένων εγώ πλείστον έισήνεγκα των ξένων, αυτός θ' αίρεθεϊς έμαυτω μεν έπέγραψα τήν μεγίστην εΐσφοράν. 266 Ste. Croix, Timema 36ff. Polybios (2.67.7) gibt die Vermögensschatzung mit 5750 Talente an. 267 Ste. Croix, Timema 34 mit Belegstellen; ders., Rez. zu Thomsen, Eisphora, CR 16, 1966, 90ff. Vgl. auch Bleicken, Demokratie 250. 268 Demosth. 3.4.5. 269 Steuerverbände der Metöken (μετοικικαί συμμορίαι) werden erwähnt in IG II 2 244, Z. 26 (= Maier, Mauerbauinschriften Nr. 10). Hypereides Frg. 149 Kenyon (ap. Poll. 8.144) spricht von einem
73
74
IV. Die Wohltaten der Metöken
Gemäß einer Rede des Demosthenes aus dem Jahre 355 soll Androtion, der mit der Eintreibung überfälliger Eisphorai beauftragt worden war, in der Volksversammlung einen steuersäumigen Bürger beleidigt haben, indem er von diesem sagte: τον μεν αυτών, οτι πάντων ακουόντων υμών εν τω δήμω δουλον εφη (sc. Ανδροτίων) και εκ δούλων εΐναι, και προσηκειν αύτω το έκτον μέρος εισφερειν μετά τών μετοίκων, τω δέ παΐδας εκ πόρνης είναι, του δέ τον πατέρ' ήταιρηκέναι, του δέ την μητέρα πεπορνευσθαι, κτλ.270 Im Kontext mit den Eisphorai der Metöken begegnet die Wendung το έκτον μέρος εισφερειν nochmals in einem Dekret aus dem Jahr 337, das die Erhebung einer Eisphora zur Finanzierung der Reparaturen an den Piräusbefestigungen anordnet [? εισφερειν μέν τους Άθηεναίους κατά το τίμημα], εισφερειν δέ και τους μετοίκους το έκτον μέ[ρος].271 Die Erwähnung des έκτον μέρος bei zwei unterschiedlichen EisphoraErhebungen legt den Schluß nahe, daß dieser Steuersatz für die Metöken bereits mit der Reform von 378/77 (oder schon 428/7?) festgelegt und bei allen darauffolgeden Vermögensabgaben beibehalten worden ist. Über die Bedeutung des έκτον μέρος sind mehrere Vermutungen angestellt worden.272 Nach einer bereits 1808 von G. de Sainte-Croix geäußerten These, die von U. Kahrstedt abgesehen keine Befürworter ge funden hat, hätten die Metöken den sechsten Teil ihres Gesamtvermögens als Eisphora abzuführen gehabt.273 Man erkennt die Unmöglichkeit dieser These, wenn man sich vor Augen führt, daß nach mehreren hintereinanderfolgenden Eisphorai, was im 4. Jahrhundert keine Seltenheit war, das Vermögen der Metöken völlig aufge braucht gewesen wäre.274 Die meisten Gelehrten gehen davon aus, daß die Metöken als geschlossene Gruppe bei jeder Eisphora-Erhebung lediglich ein Sechstel der Gesamtsumme auf zubringen harten.275 Auch diese These ist aus mehreren Gründen als unzutreffend zuμετοικικής συμμορίας ταμίας; s. Ste. Croix, Timema 56. 270 Demosth. 22.61. Bei dem mit δούλος und anderen Schimpfwörtern Beleidigten, dessen Namen Demosthenes verschweigt, könnte es sich um einen ehemaligen Freigelassenen handeln, der aufgrund irgendwelcher Verdienste eingebürgert worden war. Als Sklave, Freigelassener oder freigeborener Metöke hätte er in der Volksversammlung (εν τω δήμω) nichts zu suchen gehabt. 271 IG II 2 244, Z. 20 (= Maier, Mauerbauinschriften Nr. 10 mit ausfuhrlichem Kommentar 40ff.). 272 Die verschiedenen Deutungen zusammengefaßt bei Maier, Mauerbauinschriften 42 und Thomsen, Eisphora 99ff. 273 G. de Sainte-Croix, Memoire sur les meteques ou etrangers domicilies a Athenes, in: Memoires de Γ Academie des Inscriptions et Belles-Lettres 48, 1808, 185. Kahrstedt, Staatsgebiet 292f.: "Gele gentlich sind eisphorai auch nur den Metöken unter Schonung der Bürger auferlegt wurden. Die Einzelheiten gehören in die Darstellung der Staatsfinanzen, hier sei aber hingewiesen auf IG ΙΓ 244, 10ff., wo den Metöken offenbar der exorbitante Satz von einem Sechstel ihres Vermögens erhoben wird, und diese Höhe scheint nach Demos th. 22.61 sogar, wenn nicht die Regel, so doch häufig gewesen zu sein". 274 In diesem Sinn Gerhardt, Metoikie 35f. und Thomsen, Eisphora 100, der zu Recht hervorhebt, daß "if there had been such an oppressive tax on metics, they would certainly all have left Athens for good". Eisphorai sind nachweisbar für die Jahre 395-389, 388/7-287/6, 378/7-376/5, 374/3-370/69, 366/5, ca. 265/4, 363/2-362/1, 358/7-356/5 und 347/6-323/2; s. dazu P.A. Brunt, Rez. zu Thomsen, Eisphora, JHS 86,1966,245.247f. und Brun, Eisphora-Syntaxis-Stratiotika 55 mit Belegstellen. 275 C. Lecrivain, s.v. Eisphora, in: Daremberg-Saglio, Dictionnaire des antiquites grecques et romaines II, 510; Clerc, Meteques 31 f.; Busolt, Staatskunde I, 296f.; Andreades, Staatswirtschaft
/. 'Obligatorische" Wohltaten: Kriegsdienst, Eisphorai, Liturgien rückzuweisen. Eine solche Steueraufteilung zwischen Bürgern und Metöken hätte für die letzteren bei einer gleichen Vermögensangabe eine geringere Belastung zur Folge gehabt. Denn die Metökenbevölkerung fiel zu keiner Phase des 4. Jahrhunderts auf ein Sechstel der Bürgerbevölkerung zurück, sondern verhielt sich zu ihr 1:2 bis minimal 1:3 (oder in besonderen Krisensituationen, in der die Metöken in größerer Zahl ausgewandert sein können, möglicherweise 1:4). Dieser Widerspruch wird bisweilen durch die Annahme zu lösen versucht, daß der Prozentanteil der Armen innerhalb den Metökenbevölkerung höher lag als innerhalb der Bürgerschaft.276 Es gibt aber Hinweise darauf, daß es sich gerade umgekehrt verhielt.277 Ein weiteres Argument, das gegen die geringere Belastung der Metöken ins Feld geführt werden kann, ist die Verleihung des Privilegs an verdiente Metöken, die Eisphorai unter gleichen Bedingungen zu zahlen wie die Bürger (τάς εισφοράς είσφέρειν μετά Αθηναίων).273 Wären die Bürger höher belastet gewesen, hätte dieses als Auszeichnung gedachte Privileg den Metöken keine finanziellen Vorteile gebracht. Sie hätten im Gegenteil die Sondersteuem nach dem höheren Steuersatz der Bürger zu zahlen gehabt, wären also eher bestraft als belohnt worden, was der Absicht dieser Auszeichnung widerspricht. Zudem scheint mir die Formulierung des Demostheses προσήκειν αύτω το έκτον μέρος είσφέρειν μετά των μετοίκων nahezulegen, daß ein jeder steuerpflichtige Metöke dem έκτον μέρος unterworfen war, d.h. als Einzelperson diesen Hebesatz als Steuer ab führte. Das έκτον μέρος ist daher keineswegs als ein Zeugnis dafür zu verwerten, daß die Metöken ein Sechstel des Gesamtbeitrags aufzubringen gehabt hätten. Androtion forderte den unbekannten Bürger dazu auf, seine Steuerabgabe nach dem für die Metöken gültigen Hebesatz des έκτον μέρος zu leisten, nicht aber nach dem Steuer satz der Bürger, der gewöhnlich bei ein bis zwei Prozent des eingeschätzten Vermögens lag. Weil sich das Gesamtvermögen4" der Metöken nicht leicht einschätzen ließ, da es keinen Grund- und Hausbesitz umfaßte, und weil mit einer Fluktuation innerhalb der Metökenbevölkerung zu rechnen war, scheint die Bürgerschaft der Idee verfallen zu sein, jeden einzelnen Metöken, dessen Vermögen eine bestimmte Größe überstieg, dazu zu verpflichten, einen festgesetzten Prozentsatz, eben das έκτον μέρος, vom selbst eingeschätzten Vermögen als Eisphora abzuführen. Um die Zahl der Metökensymmorien in gleicher Höhe zu halten, kann das Mindestvermögen der zur Eisphora verpflichteten Metöken bei Bedarf geändert worden sein. Wenn die Deutung dieser zentralen Passage richtig ist, dann besteht kein Grund, eine Proportionalität zwischen der von allen steuerpflichtigen Metöken erhobenen Eisphora-Summe und der von den 1200 Bürgern erbrachten Gesamtsumme zu suchen. 297ff.350f.; Diller, Race Mixture 133; Thomsen, Eisphora 100; Gluskina, Sozial-ökonomische Verhältnisse 132f.; Whitehead, Metic 78f. 276 So etwa Gluskina, Sozial-ökonomische Verhältnisse 132f.; Whitehead, Metic 79 mit Anm. 72. 277 Laut Hansen, Athenian Democracy 93 und ders., Three Studies lOff. liegt die Zahl der Metöken, die für ihre Frauen eine Grabstele aufstellen ließen, proportional höher als die Zahl der Bürger. Diese Analyse der Grabinschriften legt nahe, daß es unter den Metöken mehr Wohlhabende gab als unter den Bürgern. 278 Das epigraphische Material zusammengetragen bei Henry, Honours 249f.; zum Privileg s. meine Ausführungen auf S. 231.
75
76
IV. Die Wohltaten derMetöken
Diese Überlegungen lassen es als wahrscheinlich erscheinen, daß die Metöken nach einem höheren Hebesatz besteuert wurden als die Bürger. Angesichts der oben angeführten Argumente scheint mir die Erklärung von W. Wayte die einzig denkbare zu sein, wonach das έκτον μέρος als einen Zuschlag (προσκατάβλημα) von ein Sechstel aufzufassen ist, den die Metöken zusätzlich zu dem auch für sie gültigen Steuersatz der Bürger zahlen mußten.279 Möglicherweise war der höhere Hebesatz der Metöken bei den Eisphorai als Ausgleich mit den Lasten der Bürger bei den Liturgien gedacht. Die kostspielige Trierarchie hatten sie, von seltenen Ausnahmen abgesehen, nicht zu leisten. Auch bei den enkyklischen Liturgien (Choregie u.a.) haben die Bürger die hö heren Lasten getragen, wie im nächsten Abschnitt gezeigt werden wird. Obwohl die Eisphora der Idee nach eine außerordentliche Steuer war, mußte der athenische Staat zur Finanzierung seiner Ausgaben spätestens nach dem Zusam menbruch des Zweiten Attischen Seebundes auf diese Art von Besteuerung regelmä ßig zurückgreifen.280 So ist in dem für die Metökeneuergeten Nikander und Polyzelos erlassenen Ehrendekret festgehalten, daß in dem Zeitraum von 347/46 bis 323/22 jährlich eine Eisphora erhoben wurde. Mit diesen Beiträgen wurden der Bau von Schiffshäusern (νεωσοίκοι) und der Skeuothek Philons, unmittelbar nach der Schlacht bei Chaironeia aber auch die Reparaturen an den Piräusbefestdgungen finanziert.2«1 Beachtung verdient der Umstand, daß die Athener im letzten Viertel des 4. Jahrhunderts dazu übergingen, die ordnungsgemäße und pünkliche Bezahlung der Eisphorai in den Verdienstkatalog der Ehrendekrete der Metöken aufzunehmen.282 Man könnte diese Neuerung als ein Zeichen dafür deuten, daß die Bereitschaft zur Zahlung einer Vermögenssteuer unter der Bevölkerung immer mehr schwand und die Eisphora als zunehmend lästig empfunden wurde. Nur damit läßt sich erklären, daß die Eisphora im 3. Jahrhundert durch andere Formen zur Geldbeschaffung (Epidosis und zinslose Anleihe bei begüterten Bürgern und Metöken) ersetzt wur-
279 y$j% Wayte, s.v. Eisphora, in: W. Smith - W. Wayte, Α Dictionary of Greek and Roman Antiquities I, London 1890,713. Seiner Deutung folgen Ste. Croix, Timema 32 Anm. 5 ("the metics paid an additionai sixt, over and above the normal amount of eisphora: an obol in the drachma would certainly be a very appropriate rate for a surtax") und mit Zurückhaltung Whitehead, Metic: Some Pendants 146. Unklar ist, wie Bleicken, Demokratie 250 und 529 zu der Annahme kommt, die Metöken hätten sechs Prozent ihres eingeschätzten Vermögens als Eisphora abzuführen gehabt. 280 S. etwa Brun, Eisphora-S\Titaxis-Stratiotika 49ff. 281 IG II 2 505 + Add. S. 661 (= Maier, Mauerbauinschriften Nr. 13), Z. 13-18: εις τ|[ε] τήν οΐκοδομίαν των νεωσοίκων και της σκευοθή||[κ]ης είσφέροντες τάς εισφοράς καθ' έκαστον τον έ|[ν]ιαυτόν τάς εις τά δέκα τάλαντα καλώς και προθύ|[μ]ως από Θεμιστοκλέους άρχοντος μέχρι Κηφισοδ|[ώρ]ου. Die Finan zierung der Reparaturen an den Piräusbefestigungen durch die Eisphorai i.J. 337/6 geht aus IG II 244 (= Maier, Mauerbauinschriften Nr. 10) hervor. Ausführlich zur Skeuothek s. E. Fabricius, Die Skeuothek des Philon, Hermes 17, 1882, 551-594; W. Dörpfeld, Die Skeuothek des Philon, MDAI(A) 8, 1883, 147-164; Judeich, Topographie von Athen 86f. und Will, Athen und Alexander 88ff. Zur Person Philons s. Davies, APF 555f. 282 Eisphora-Zahlungen werden neben der bereits erwähnten Inschrift IG II 2 505 auch in den Dekreten IG II 2 421, M. Crosby, Hesperia 6, 1937, 442ff. Nr. 1 = Moretti, ISE Nr. 4, IG II 2 554, IG II 2 715 und IG II 2 748 genannt.
/. 'Obligatorische" Wohltaten: Kriegsdienst, Eisphomi, Uturgen de.283 Während die Eisphora ein Zwangsmittel darstellte, kam es bei der Epidosis und der zinslosen Anleihe auf die Freiwilligkeit und den guten Willen der Geber an.284
c. Liturgien Nach den in den obigen Abschnitten erzielten Ergebnissen wurden die Metöken in so gut wie allen athenischen Kriegszügen eingesetzt und bei den Eisphorai nach einem höheren Hebesatz besteuert. Sollte man daraus eine ebenso rege Beteiligung an den Liturgien ableiten? Der äußerst schmale Quellenbefund läßt eine sichere Aussage darüber, bis zu welchem Ausmaß die Metöken zu den Liturgien herangezogen wurden, nicht zu. Die Forschung tendiert eher zu der Annahme, daß die Möglichkeiten für wohlhabende Metöken, als Liturgen zu dienen, stark begrenzt waren. Von der Trierarchie seien sie vollkommen freigestellt gewesen, in "religio-cultural liturgies" jedoch hätten sie "a small share" gehabt.285 Die Haupdast der Liturgien wäre demnach von den wohlhabenden Bürgern getragen worden. Trifft diese Behauptung zu und, wenn ja, wo sind die Gründe dafür zu suchen? Beginnen wir mit der Trierarchie. Deren Übertragung an einen Metöken war nach vorherrschender Meinung mit den Prinzipien der athenischen Demokratie unvereinbar, fielen in ihr doch Liturgie und das aktive Kommando über das Schiff zusammen:286 Die Trierarchie war nicht nur mit der Unterhaltung und Ausbesserung eines Kriegsschiffs verbunden, sondern sie war zugleich "ein außerordentlich bedeutungsvolles Amt, über dessen Führung nach Ablauf der Amtszeit Rechenschaft zu geben war".287 Da die Metöken von den Ämtern generell ausgeschlossen blieben, konnten sie als Trierarchen nicht in Frage kommen.288 Selbst als sich im 4. Jahrhun283 Der letzte Beleg für die Eisphora sind die Ehrendekrete IG ΙΓ 715 und IG II 748 , die an den Anfang des 3. Jahrhunderts datiert werden. Allerdings könnten sich die dort erwähnten EisphoraZahlungen (des Metöken Hermaios und eines Unbekannten) auf eine frühere Zeit beziehen. Zur Ablösung der Eisphora durch die Epidosis und das Mittel der zinslosen Anleihe s. Quaß, Honoratiorenschicht 366ff. 2M In diesem Sinne Quaß, Honoratiorenschicht 368. 285 Whitehead, Metic 82 mit der Zusammenfassung früherer Ansichten. 286 Ablehnung der Teilnahme der Metöken an der Trierarchie: Schenkl, D e metoecis atticis 190.199; Thumser, Attische Metöken 60; Fränkel in Böckh, Staatshaushaltung II Anh. 124 Anm. 840; Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 216 Anm. 1; Hermann, Staats altertümer 425; Clerc, Meteques 72ff.; Busolt, Staatskunde 297; Hommel, Metoikoi 1448; Gerhardt, Metoikie 40; Diller, Race Mixture 133; Amit, Athens and the Sea 111; Katayama, Liturgies 45ff.; Whitehead, Metic 81f.; Μ Clark, The Date of IG II 2 1604, ABSA 85,1990, 65f.; Gabrielsen, Financing 61. Eine beschränkte Zulassung der Metöken zur Trierarchie vertreten Böckh, Seeurkunden 170; Kahrstedt, Staatsgebiet 226 Anm. 1; Jordan, Athenian Navy 90. 287 Zitat Gerhardt, Metoikie 40. D i e Rechenschaftsablegung der Trierarchen erwähnen Aischin. 3.19 und Demosth. 50.30. Eine ausfuhrliche Begründung hierfür (der Trierarch erhielt vom Staat Schiffsrumpf, Schiffsgeräte und Geld für die Besoldung der Ruderer) bei Böckh, Staatshaushaltung I, 634ff. Zu den Pflichten des Trierarchen s. neben Böckh, Staatshaushaltung 639ff. auch Jordan, Athenian Navy 61 ff. 288 Vgl. auch Whitehead, Metic 81: "It has been generally held that only Citizens were trierarchs,
77
78
IV. Die Wohltaten
derMetöken
dert der finanzielle und militärische Charakter der Trierarchie voneinander zu lösen begannen, weil zum einen nach der Schaffung der Hierarchischen Symmorien nur ein Bruchteil der zum Unterhalt der Flotte herangezogen Mitglieder zum Trierarchen de signiert werden konnte, und weil zum anderen nicht wenige Trierarchen das aktive Kommando angemieteten Vertretern mit Berufserfahrung — wie dem ägyptischen Metöken Pamphilos (Demosth. 21.163) — übergaben, sei der Brauch, ausschließlich Bürger zum Trierarchen zu bestellen, nicht aufgegeben worden.289 So einleuchtend diese Erklärungen auch sind, läßt sich die These vom völligen Ausschluß der Metöken von der Trierarchie nicht halten. Es liegen nämlich sichere Zeugnisse dafür vor, daß die Athener durch die Ernennung von Metöken zu regulären Trierarchen dem Prinzip des Bürgermonopols über die Trierarchie einige Male untreu geworden sind. Bevor wir nach Gründen für die Bestellung von Metöken zu Trierarchen su chen, sei das Material zusammengestellt. In den Inventarlisten der νεωρίων επιμελητού (IG II 1604-1653) des 4. Jahr hunderts, die wir einfachheitshalber Seeurkunden nennen wollen, finden sich die Namen mehrerer Trierarchen mit fremden Ethnika. Bereits in der ersten dieser See urkunden ist ein Fremder, Antimachos aus Chios (Davies, APF, Cl), genannt, dem im Gründungsjahr des Zweiten Attischen Seebundes (378/7) das Kommando über die alte Triere Aphrodisia anvertraut worden war.290 Antimachos begegnet uns noch mals in einem Zusatzantrag zu dem Sytnmachievertrag IG II 40 zwischen Athen, Theben und Mytilene, der in das Jahr seiner Trierarchie fiel. Er hatte entweder auf der von ihm befehligten Triere die Gesandten von Mytilene nach Athen befördert oder sich in irgendeiner Weise am Zustandekommen des Vertrages beteiligt, wofür er gelobt und mit einer Einladung zum Gastmahl in das Prytaneion geehrt wurde.291 Von verschiedenen Seiten ist behauptet worden, daß Antiochos zum Zeitpunkt seiand this must be correct: metic trierarchy is not mentioned where it might have been expected, e.g. Demos. 20.18-21 (where the implication, indeed, is Citizens only), and n o literary text or inscnption proves it... Yet there was wofinancial reason why wealthy metics should not have been called on. The crucial point is that the original conception was finanaal outlay plus activ command of the ship - liturgy here overlapping with military service and even with magistracy {to arrhein)". Wenige Paragra phen später führt Demosthenes (20.26) jedoch aus, daß keiner der Reichen von der Trierarchie und von den Eisphorai frei sei: "Wenn also einer viel im Vermögen hat, so wird er, wer es auch sei, ganz notwendiger Weise hierbei um so stärker in Anspruch genommen" (ούκοϋν ό πολλά κεκτημένος ούτος, όστις άν ή, πόλλ' εις ταύτα συντελεί' πας' άνάνκη). Hier ist keineswegs klar, o b der Redner nur an Bür ger dachte. 289 Vgl. Whitehead, Metic 81: "... even if the Service could be delegated to a metic, the glory was still monopolised by the Citizen and the fundamentally civic character o f trierarchy preserved". Zu den trierarchischen Symmorien und zum Brauch, die Leitung des Schiffes an "Unternehmer" zu ge ben, s. Jordan, Athenian Navy 73ff.79f. 290 IG II 1604, Z. 79: Αφροδισία παλαιά, ην ό Ξϊος ειχεν 'Αντίμαχος. Gabrielsen, Financing 241 Anm. 25 schließt aus ungenannten Gründen Antimachos als Trierarch aus. 291 IG II 2 40 + Add. S. 657, Z. 10-12 (nach der Ergänzung von A. Wilhelm, Prosopographische Bemerkungen, WS 34,1912, 417): έπαινέσαι] δε και Άντίμαχον τόγ Ξ|[ΐον και τον Μυ]τιληναίον και καλέσα|[ι επί δεϊπνον (oder: ξένια) ες το πρ]υτανεΐον ες αύριον. In den vorhergehenden Zeilen werden die Gesandten von Theben sowie die Athener Theopompos und der Trierarch Aristomaches zum Gastmahl (bei den Gesandten in Z. 3 ξένια, bie den beiden Athenern in Z. 9 δείπνον gebraucht) eingeladen.
/. 'Obligatorische" Wohltaten: Knegsdiensty Eisphorai, Liturgien
79
ner Trierarchie im Besitz des athenischen Bürgerrechts gewesen sei.292 Dieses Hilfskonstrukt e silentio läßt sich jedoch nicht halten. Eingebürgerte werden in den staatli chen Dokumenten stets mit ihren attischen Demotika gekennzeichnet. So führt etwa in der Seeurkunde IG II2 1609, Z. 85f. und 87 der Trapezit Pasion (PA 11672) hinter seinem Namen das Demotikon Άχαρν(εύς). Er hatte der Flotte Schiffsanker und Schiffstaue gespendet In einer anderen Seeurkunde (IG II 1631, Ζ. 622) wird Pheidippos (PA 15187), der zusammen mit seinem Vater, dem Fischhändler Chairephilos, das Bürgerrecht erhalten hatte, mit seinem aus anderen Quellen bekannten Demoti kon Παια(νιεύς) vermerkt. Er hatte als Trierarch das Schiff Khytheria Aristokratous instandgesetzt und befehligt. Die Athener haben rund zehn Jahre nach Antimachos mit dem Siphnier Kallaischros (Davies, APF, C12) einen anderen Fremden zur Trierarchie verpflichtet. Er wird in der Seeurkunde ebenfalls mit seinem Ethnikon und als Trierarch eines atheni schen Schiffes (des Dorkas) vermerkt.293 Auch Kallaischros ist aus anderen Quellen bekannt. Er gehörte in der auf den Tod des Trapeziten Pasion folgenden Generation zu den reichsten Metöken der Stadt. Sein Reichtum gründete sich auf den Abbau der Silbergruben von Laureion, was aus mehreren Pachtlisten der Poletai zu entnehmen ist.294 Aus den Poroi Xenophons wissen wir, daß auch Metöken erlaubt war, Erzgru ben in Pacht zu nehmen.295 Kallaischros war nicht nur Grubenpächter, sondern er verfügte im Laureion-Gebiet auch über Grundbesitz (χωρίρν).296 Die Athener müssen ihm demnach im Gegenzug für erbrachte Euergesien die Enktesis verliehen haben. 292
Wilhelm, WS 34, 1912, 417f.; Rhodes, Ξένια and δεΐττνον 194. Anlaß für die Vermutung, Anti machos und der Mytilener hätten das Bürgerrecht gehabt, ist Wilhelms willkürliche Ergänzung des vollständig zerstörten Wortes δεΐττνον in Z. 12. Die Einladung zum Gastmahl auf Staatskosten wird in der Regel bei Bürgern mit δεΐττνον, bei Fremden hingegen mit ξένια zum Ausdruck gebracht. In der entscheidenden Zeile 12 könnte, wie in Z. 3, anstelle des δεΐττνον auch ξένια gestanden haben. Selbst wenn das Wort δεΐττνον gelautet hat, würde es nicht beweisen, daß Antimachos (und der Mytilener) im Besitz des attischen Bürgerrechts waren; δεΐττνον wird nämlich auch für in Athens Diensten ste hende Fremde verwendet: so wurde z.B. der ortsansässige Philosoph Prytanis aus Karystos nach ei ner diplomatischen Mission für seine Gastheimat έτη δεΐττνον (Moretti, ISE Nr. 28, Z. 44f.) eingela den, obwohl er das Bürgerecht nicht besaß. 293 IG II 1609, col. I, Z. 26ff.: τρ[ιήραρχο Κάλλαισ]χρος Σίφνιο|[ς ] Δορκάς, τρι[ήραρχο κτλ. Davies, APF 591 datiert die Trierarchie des Siphniers in das Jahr 366/5. Vgl. Osbome/Bryne, Foreign Residente 294 Nr. 6882. 294 Crosby, Leases 263 Nr. 20, Z. 3 mit Kommentar auf S. 265 (Dat.: ca. 340/39); 273, Nr. 25 Z. 29 (Dat.: ca. 350/49); 240 Nr. 15, Z. 4, 10 (Dat.: ca. 345/4-340/39); 210 Nr. 5, Z. 2 (Dat.: ca. 350/49); Crosby, More Fragments 3 S2, Z. 8 mit Kommentar auf S. 6 (Dat.: ca. 340/39). Neue Edi tion der Inschriften: Athenian Agora XIX, P29, Z. 3; PI 8, Z. 63; P25, Z. 4, 10; P13, Z.2; P9, Z. 8. Zur Person des Kallaischros s. auch Hopper, Silver Mines 242f. 295 Xenoph. vect. 4.12: παρέχει γούν (sc. ή ττόλις) επί ΐσοτελεία και των ξένων τω βουλομένω έργαζεσθαι εν τοις μετάλλοις. Wie bereits Lauffer, Bergwerkssklaven 209 mit Anm. 2f. gesehen hat, verwendet Xenophon das Wort ίσοτέλεια, um zum Ausdruck zu bringen, daß die Bedingungen, ins besondere die Pachtgebühren für eine Erzgrube, für Fremde wie Bürger dieselben waren; weitere Li teraturhinweise bei Schütrumpf, Xenophons Vorschläge 95 Anm. 19f. 296 Crosby, Leases 263 Nr. 20, Z. 5 (= Athenian Agora XIX, P29, Z. 5), S. 241 Nr. 15 Z. 10, S. 273 Nr. 25 Z.29 und Crosby, More Fragments 2 Nr. S2, Z. 8 (= Athenian Agora XIX, P9, Z. 8); Vgl. auch Lauffer, Bergwerkssklaven 209 Anm. 3, Davies, APF 591 und Gluskina, Sozial-ökonomische Verhältnisse 133f.
80
IV. Die Wohltaten derMetöken
Das Bürgerrecht hatte er jedoch nicht, da sowohl sein Sohn als auch sein nach ihm benannter Enkel in späteren Poletai-Inschriften und Seeurkunden weiterhin das Ethnikon Σίφνιος fuhren (s.u.). Es ist sehr wahrscheinlich, daß es sich bei dem in der Rede gegen Meidias als Hegemon einer Steuersymmorie erwähnten und unter den πλουσιώτατοι eingereihten Kallaischros und dem Siphnier um dieselbe Person han delt.297 Ein Licht auf seinen großen Reichtum wirft die Heranziehung zur kostspieli gen Trierarchie. Mir ist rätselhaft, wie Whitehead dem Irrtum verfallen konnte, Kal laischros den Metökenstatus abzustreiten und zu behaupten, er habe die Trierarchie in Athen als Bürger — und im Auftrage — eines verbündeten Staates geleistet!298 Nicht nur das bisher Gesagte, sondern auch die Informationen über seine Nachkommen lassen nur den einen Schluß zu, daß er sein Domizil auf permanenter Basis in Attika hatte. Denn auch sein Sohn Stesileides, der dem ertragreichen Bergbaugeschäft im Laureion weiterhin nachging, und seine Enkel lebten und starben als Metöken in Athen.299 Nach Ausweis der Seeurkunden bekam Stesileides von seiner Gastheimat mindestens vier Mal (!) die Trierarchie übertragen.300 Während einer seiner Trierarchien stand er im Jahre 335/4 unter dem Oberbefehl des Diotimos, dem die Säuberung der Meere von Piraten aufgegeben war.301 Ein weiterer Nichtbürger, den die Athener mit der regulären Trierarchie betrauten, ist Herakleides aus Erythrai (Davies, APF, C4). Seine Trierarchie fällt in den Vierjährigen Krieg.302 Damals existierten die Epimeleten der νεώρια nicht mehr.
297 Demosthenes (21.157) sagt von sich selbst ήγεμών συμμορίας ύμΐν έγενόμην εγώ έτη δέκα, ϊσον Φορμίωνι και Λυσιθείδρ και Καλλαίσχρω και τοις πλουσιωτάτοις κτλ. Auch Davies, APF 591, hält den hier genannten Kallaischros für den in der Seeurkunde erwähnten Trierarchen aus Siphnos. Da neben Symmorien der Bürger auch solche für Metöken existierten, war es nur folgerichtig, ihn aufgrund seines Reichtums zum Hegemon einer Metökensymmorie zu ernennen. 298 Whitehead, Metic 103 Anm. 86. Er begründet dies mit dem Fehlen der οίκων εν—Formel in der Seeurkunde. Der Siphnier wird aber auch in den oben genannten Listen der Poletai nicht mit οίκων εν τω δεϊνι δήμω aufgeführt, sondern mit seinem Ethnikon. Bestimmte staatliche Dokumente (Seeurkunden, Poletai-Listen) scheinen die οίκων έν-Formel nicht verwendet zu haben. 299 Stesileides wird in der Poletenliste des Jahres (?) 340/39 als Minenpächter und Besitzer eines Landstücks erwähnt, in der auch sein Vater mitgenannt ist Hesperia 19, 1950, 263 Nr. 20, Z. 3ff. = Athenian Agora XIX, P29, Z. 4f. 500 1) Trierarch auf der Euphrainousa Archeneo i.J. 335/4 oder davor (IG II 1623, Z. 204f.; vgl. IG II2 1631, 430f. mit Davies, APF 591: "His dept on the ship had been doubled by 324/3 and was paid by his heirs in that year"); 2) Syntrierarch (gemeinsam mit Antimachos vom Demos Acharnai) auf Nemeas Lvsikleidou (IG II 1623, 251 f.; Dat.: vor 334/3); 3) Trierarch auf der Iaso Lvsikratous i j . 334/3 (IG II 2 1623, 268f.; vgl. IG II 2 1627, 194f.: Die von ihm hinterlassen«! Schulden in Höhe von 2299 Drachmen wurden i.J. 330/29 von seinem Sohn Kallaischros bezahlt); 4) Trierarch auf dem Vierruderer Petomene Aristokratous (IG II 1631, 430f£; seine Schulden zahlte i.J. 323/2 Leodikos, ebenfalls ein Syphnier). 301 Diotimos als Flottenkommandant gegen die Seeräuber IG II 1623, Z. 278; Lykurg beantragte für ihn nach Abwehr der Seeräuber eine Ehrung: IG II 2 414, Z. llf.; [Plut.] Vit. X orat. (mor.) 844A; Schweigert, Hesperia 9, 1940, 340f. Zur Person mit weiteren Belegen s. Lauffer, Attische Grubenpachtlisten 289ff. ** IG II 2 1491, Z. 26; IG II 2 1492, Z. 106 und 116. Davies, APF 586, datiert die Trierarchie des Herakleides in das Jahr 306/5 oder 305/4; Vgl. Osbome/Bryne, Foreign Residents 68 Nr. 1568.
/. "Obligatorische" Wohltaten: Kriegsdienst, Eispbonai, Uturgen
81
Deshalb bekam Herakleides die Schiffsgeräte und das für die Besoldung der Schiffs ruderer nötige Geld von den Tamiai der Athena gestellt.303 Spuren für die Übertragung der Trierarchie an Metöken sind auch in Ehren dekreten zu finden. Der Herakleote Pyrjrias] gehörte zu den großzügigsten Metökeneuergeten Athens. Seine Ehrenurkunde, die in zwei bruchstückhaften Abschriften IG II2 479 und 480 vorliegt, zählt für die letzte Dekade des 4. Jahrhunderts eine beachtli che Anzahl von Wohltaten auf, u.a. fünf Geldschenkungen (darunter 4000 Drachmen und 3 Talente) und ein Darlehen für militärische Ausgaben der Stadt.304 Pyr[rias] hat zudem, wie die sichere Wiederherstellung der betreffenden Zeilen durch A. Wilhelm zeigt, mit einem Athener die Trierarchie geteilt ([συ]νετρ[ιηράρχησε]), u.z. auf einem der athenischen Schiffe, die zur Unterstützung des Demetrios Poliorketes εις την Άσίαν ausgeschickt wurden.305 Der Herakleote scheint auch die Unkosten, die über die Trierachie hinausgingen, freiwillig (έκ των ιδίων) getragen zu haben. Man könnte dabei etwa an die Zahlung des Soldes an die Ruderer denken, wie dies z.B. Pasions Sohn Apollodor praktiziert hat.306 Pyr[rias] dürfte während seiner Syntrierarchie nicht nur den Geldgeber gespielt haben. Die Syntrierarchen (meist zwei Personen) bestrit ten nicht nur die anfallenden Kosten gemeinsam, sondern befehligten auch — in der Regel nacheinander — das ihnen unterstellte Schiff.307 Im Jahre 302/1 ehrte der athenische Demos die beiden Freunde Nikander und Polyzelos für ihren vierzig Jahre währenden, mannigfachen Einsatz um das Wohl des Gemeinwesens mit der Isotelie. Ihre Isoteüeurkunde verzeichnet auch Verdienste um die Ausrüstung der Flotte während des Lamischen Krieges (IG II 505, Z. 17-22): επί του Ελληνικού πολέμου εις τάς ναυς | [τάς] μετ' Εύε[τι]ωνος έκπλευσάσας εις τε την πρώτη|[ν σύστ]ασιν καλώς και φιλοτίμως συνεπεμελήθησ||[αν όπως] αν έκπλεύσωσιν, και πάλιν άπό της ναυμαχ|[ίας κατα]πλευσασών των νεών της ...Α.. της έξα.|...8... παρανγείλασιν [ ]. Nikander und Polyzelos haben zusammen mit anderen dafür ge sorgt (συνεπεμελήθησ[αν]), daß die attischen Flotte auslaufen konnte, und haben so deren ersten großen Zusammenstoß (πρώτη[ν σύσήασιν308 bzw. ναυμαχ[ίαν]) mit dem Feind erst möglich gemacht. Diese Worte laufen auf nichts anderes hinaus, als daß die beiden Metöken als Schiffsausriister fungiert haben, 7AM Kennzeichnung dieser Tätigkeit ist 303 IG II21492, Z. 105f. und 115f. Zu den Tamiai der Athena und anderer Götter als Nachfolger der νεωρίων έπιμεληται s. Jordan, Athenian Navy 177f. 304 Die Geldspenden des Herakleoten werden in den folgenden Abschnitten über die Epidoseis für Rüstungszwecke und Getreidebeschaffung ausführlich behandelt. 305 IG II2 479, Z. 1-5 in der Wiederherstellung von A. Wilhelm, Beschluß der Athener 2u Ehren eines Herakleoten, AnzWien 1942, 69 (= Wilhelm, Akademieschriften III, 102; die in der zweiten Abschrift IG II 480, Z. 16-19 erhaltenen Buchstaben sind unterstrichen): Γκαι των Ι νεών έκπλεουσών εις την Ασίαν μετά του βασιλέίως Δηιιητρίου συ]νετρ[ιηράρχησε τοις πολίταις ? | έπανηλωκώς έκΊ των ιδίων [τά γενόμενα άναλώμα|τα]. Hier scheint eine Anspielung auf die Seeschlacht bei Salamis (Zypern) i.J. 307/6 vorzuliegen, in der Demetrios nach seinem Sieg über Ptolemaios den Königstitel annahm. Bei dieser Seeschlacht kämpften athenische Schiffe auf der Seite des Demetrios mit: Diod. 20.50.3. 306 [Demosth.] 50.7 und 35 mit Böckh, Staatshaushaltung 643; vgl. auch Isokr. 18.60. 307 Teilung des Kommandos z.B. bezeugt durch [Demosth.] 50.37.40.68; zur Syntrierarchie, die zum ersten Mal in der letzten Phase des Peloponnesischen Kriegs belegt ist (Lys. 32.24), s. Böckh, Staatshaushaltung 637ff. und Jordan, Athenian Navy 70ff. 308 Ergänzungsvorschlag von Morrison, Athenian Sea-Power 96.
82
IV. Die Wohltaten der Metoken
die Verwendung des Verbes συνετημελεΐσθαι aufschlußreich. In den attischen Inschrif ten dient έτπμελεΐσθαι sehr häufig zur Beschreibung von Aufgaben athenischer Amsträger. Verdienste von Fremden werden hingegen äußerst selten mit diesem Verb zum Ausdruck gebracht.309 Dabei kann man eine bestimmte Einschränkung des Wor tes feststellen: έτπμελεΐσθαι beschreibt entweder die Fürsorge, die jemand in seiner Heimatstadt den athenischen Gesandten angedeihen läßt, oder, wie im Falle des Metöken Euenor aus Akamanien, eine Tätigkeit als Gemeindearzt.310 Da dem Wort έτπμελεΐσθαι sehr stark ein "amtlicher" Charakter anhaftet, möchte ich meinen, daß Nikander und Polyzelos mit der regulären Trierarchie, d.h. mit der Instandsetzung eines Kriegsschiffes, betraut wurden.311 Möglicherweise kann hier der historische Kontext, der durch die Erwähnung Euetions (Z. 19) und durch den Hinweis πάλιν από της ναυμαχίας καταπλευσασών των νεών (Ζ. 21f.) einigermaßen klar ist, weiterhel fen. Auf die Kunde vom überraschenden Tod Alexanders in Babylon (Juni 323) er klärten die Athener Antipatros den Krieg mit dem Ziel der βεβαίωσις της των Ελλήνων ελευθερίας.312 Das bei Diodor (18.10.1-3) überlieferte athenische Kriegspsephisma vom Ende August oder Anfang September 323/2 ordnet die Mobilisie rung der Land- und Seestreitkräfte (und im zweiten Teil den Aufbau des Hellenen bundes) an. Für den Seekrieg wird in diesem Beschluß die kampffertige Ausrüstung von 240 Schiffen vorgesehen.313 Aus dem Bewußtsein heraus, sich auf einen großen Land- und Seekrieg einzulassen, der mit hohen finanziellen Anforderungen verbun den war, griff die Stadt zu der Maßnahme, neben liturgiepflichtigen Athenern auch wohlhabende Metöken zur Ausrüstung der 200 Trieren und 40 Tetreren umfassen den Kriegsflotte heranzuziehen.314 Daß der finanzielle Beitrag, den die Stadt von Po lyzelos und Nikander zur Instandsetzung der Flotte gefordert hat, in das Jahr 323/22 zu datieren ist, in das Programm zur Ausrüstung der 240 Schiffe gehört und bereits vor der ersten Schlacht mit der makedonischen Flotte geleistet wurde, ist über jeden Zweifel erhaben. Der chronologisch verfahrende Verdienstkatalog teilt vor den be treffenden Zeilen mit, daß die beiden Metöken bis zum Archontat des Kephisodoros (323/2), also dem Beginn des Lamischen Krieges, die Eisphorai abgeführt haben (Z. 309
Veligianni-Terzi, Wertbegriffe 212f. mit Belegen und Hinweisen auf die ältere Literatur. Aus den wenigen Ehrendekreten, in denen das Verb die Verdienste eines Nichtatheners zum Ausdruck bringt, meint Veligianni-Terzi, Wertbegriffe 212f., darauf schließen zu können, daß "mit έπιμελείσθαι die eigentliche Aufgabe der Proxenoi Athens" gekennzeichnet wird. Sie bedenkt jedoch nicht, daß die Honoranden erst nach ihrer Fürsorge für die athenischen Gesandten zu Proxenoi ernannt werden. So etwas wie eine "eigentliche Aufgabe der Proxenoi" hat es nicht gegeben (s. dazu meine Ausführungen über die Proxenie S. 201 ff., bes. 209ff.). 311 Vgl. die Diskussion bei Clerc, Meteques 74f., der die Übertragung der Trierachie an die beiden Metöken mit der Einschränkung für möglich hält: "Mais cet exemple, etant unique, ne prouve nullement que les meteques aient participe regulierement aux charges de la trierarchie sans en avoir les honneurs". ™ Hyp. 6.10.15-17 und 24; vgl. Diod. 18.10.1-3. 313 Zum Psephisma s. Morrison, Athenian Sea-Power 88ff., Engels, Hypereides 344ff. und Schmitt, Lamischer Krieg 66ff. 314 Es handelt sich dabei um keinen Flottenneubau, wie Morrison, Athenian Sea-Power 90 meint, sondern um die Instandsetzung bereits vorhandener Schiffe. In diesem Sinne Engels, Hypereides 345 Anm. 709. 310
/. 'Obligatorische" Wohltaten: Kriegsdienst, Eisphomi, Liturgien 13-18). Der Lamische Krieg wurde von den Zeitgenossen noch nicht unter diesem Namen, sondern, wie in unserer Inschrift (Z. 18), als "Hellenischer Krieg" bezeich net315 Der in den Z. 19 genannte Euerion war, wie man aus Diodor weiß, während des Lamischen Kriegs Oberbefehlshaber über die athenischen Flottenverbände.316 Die Inschrift für die beiden Metöken teilt auch eine interessante Einzelheit aus der frühen Phase des Seekrieges mit. Die erste große Seeschlacht (σύστασις, Ζ. 20 bzw. ναυμαχία, Ζ. 21 f.) mit den Makedonen (unter Admiral Kleitos) endete nicht mit einer vollständigen Niederlage Amens, da Euetions Flotte in der Lage war, die beschädig ten Schiffe in Schlepptau in den Piräus einzufahren, wie J. Morrison aus den Zeilen 21f. erschlossen hat.317 Ob diese erste der drei großen Seeschlachten im Malischen Golf, am Eingang des Hellespont oder, wie Morrison meint, bei Amorgos stattge funden hat, läßt sich aus Unkenntnis über den genauen Verlauf des Seekrieges nicht sicher bestimmen.318 Während des Lamischen Krieges haben die beiden Metöken ihrer Gastheimat einen weiteren Dienst erwiesen, der ebenfalls etwas mit der Flotte zu tun hatte. Der genaue Charakter dieses Dienstes läßt sich wegen der großen Lücke in den Zeilen 2327 nicht rekonstruieren. Fest steht, daß er unmittelbar auf die Rückkehr der Flotte nach der ersten Seeschlacht (και πάλιν από της ναυμαχίας καταπλευσασών των νεών, Ζ. 21 f.) folgte und mit dem Flottenkommandanten Euetion, der in Zeile 26 nochmals erwähnt wird, in Verbindung stand. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Stadt nach den Verlusten der ersten Seeschlacht Nikander und Polyzelos für die Ausrüstung wei terer Schiffe verpflichtet hat. Für diesen Dienst wurden die beiden Metöken noch während des Krieges mit jeweils einem Goldkranz im Wert von [300] Drachmen ge315
N.G- Ashton, The Lamian War - stat magni nominis umbra, JHS 104, 1984, 152 mit Belegen für Lamischen, 153ff. für Hellenischen Krieg. Vgl. auch Engels, Hypereides 327f.: 'Der Name Lamischer Krieg wurde erst in den 60er Jahren des 3. Jahrhunderts v. Chr. durch Hieronymos von Kardia in seinem Geschichtswerk über die frühe Diadochenzeit geprägt". 316 Nach der ausführlichen Darstellung des für den Hellenenbund erfolgreichen Landkrieges gegen Antipater in Thessalien wendet sich Diodor (18.15.8-9) dem Seekrieg zu: και τα μεν κατά τους 'Έλληνας εν τοιαύταις εύημερίαις υπήρχε, των δε Μακεδόνων θαλασσοκρατούντων oi Αθηναίοι προς ταίς ύπαρχούσαις ναυσίν άλλας κατεσκεύασαν, ώστε γενέσθαι τάς πάσας εκατόν έβδομήκοντα. των δε Μακεδόνων νέων ούσών διακοσίων και τεσσαράκοντα την ναυαρχίαν είχε Κλεϊτος. ούτος δε ναυμαχήσας προς Εύετίωνα τον 'Αθηναίων ναύαρχον ένίκεσε δυσιν ναυμαχίαις και συχνάς των πολεμίων νεών διέφθειρε περί τάς καλουμένας Έχινάδας νήσους. 317 Morrison, Athenian Sea-Power 96. Laut Plutarch (Demetr. 11.3) wurden die Schiffstrümmer nach der Schlacht von Amorgos in den Piräus zurückgebracht. Diese Nachricht hat Morrison, 95, dazu inspiriert, die in der Ehreninschrift für Nikander und Polyzelos erwähnte Seeschlacht auf Amorgos zu beziehen. 318 Wenig wahrscheinlich erscheint mir Amorgos, wo wohl die letzte große Seeschlacht stattfand. (Eine Diskussion über die Reihenfolge der Seeschlachten bietet zuletzt Engels, Hypereides 384ff. und Schmitt, Lamischer Krieg 130ff.). Laut Morrison, Athenian Sea-Power 95, trafen sich die Flotten Euetions und des Kleitos zuerst im Malischen Golf, dann im Hellespont und zuletzt bei Amorgos. Er meint aber dann, daß die im Ehrendekret für Nikander und Polyzelos erwähnte "naumachia after which the fleet retumed to port must be Amorgos. For the purpose of the decree, twenty years after the campaign, Amorgos had become the sea-beattle par excellence as it had for the Marmor Parium. The phrase 'first encounter' is well chosen if it refers to the skirmisch in the Malian gulf, which was Euetion's Erst contact with the enemy but which was not a formal naumachia as the subsequent encounters were".
83
84
TV. Die Wohltaten derMetöken
ehrt (Z. 28). Dies scheint eher darauf hinzudeuten, daß es sich bei diesem zweiten Dienst nicht um die Verpflichtung zur Trierarchie, sondern um eine freiwillige Lei stung gehandelt hat. Ich glaube, in dem bruchstückhaft erhaltenen Ehrendekret IG II 506 aus dem Jahr (?) 302/1 einen weiteren Metöken gefunden zu haben, der während des Lamischen Krieges die Ausrüstung eines Schiffes finanziert hat. Der Honorand, ein gewis ser [Men]oit[e]s, hatte neben anderen Verdiensten auch ein Schiff instandgesetzt (παρασκεύαζε[ι], Z. 8), das gegen die Kleitosflotte ([τρι]ήρεις Κλει-, Ζ. 12) fuhr, u.Z. (έτη) του πολέμ[ου γενομένου του Έλληνι]κοϋ (Ζ. 9f.). Auch hier liegt die Übertragung der Trierarchie an einen Metöken vor, ohne daß dies beim Namen genannt wird. Ob [Men]oit[e]s, Nikander und Polyzelos neben der Instandsetzung eines Schiffes auch das Kommando darüber geführt haben, läßt sich nicht mit Sicherheit beantworten. Zugegebenermaßen ist die Zahl uns bekannter Trierarchen aus dem Metökenstand nicht sehr groß, weswegen man aus diesem mageren Befund sich nicht zu der Annahme verleiten lassen darf, daß die Trierarchie der Metöken weit verbreitet war. Was sich aber folgern läßt, ist, daß die Athener bereit waren, nach heute nicht mehr nachvollziehbaren Kriterien den einen oder anderen Metöken mit dem Unterhalt ei nes Kriegsschiffs zu belasten und somit in Kauf nahmen, daß der Fremde auch das Kommando darüber führte. Man kann als Erklärung mehrere Überlegungen ins Feld führen. Die Trierarchie war eine sehr kostenaufwendige Angelegenheit, die manchen Bürgerfamilien den finanziellen Ruin brachte.319 Schon früh hat die Stadt die Not wendigkeit erkannt, nach Wegen zur Entlastung und Erleichterung ihrer trierarchiepflichtigen Bürger zu suchen. Daher wurde die Trierarchie auf ein Jahr begrenzt und die Syntrierarchie geschaffen, die bereits für die Endphase des Peloponnesischen Krieges belegt ist; spätere Maßnahmen sind das um 358/7 erlassene Gesetz des Peri ander zur Einführung der trierarchischen Symmorien und die Reformierung des Symmoriensystems durch Demosthenes im Jahre 340. Trotz dieser Reformversuche nahmen viele Athener die Last der Trierarchie nur unwillig auf sich. Überhaupt ist, wie W. Nippel nachgewiesen hat, im 4. Jahrhundert bei den Bürgern die Tendenz zu beobachten, sich den finanziellen Anforderungen der Polis zu entziehen.320 Nicht je der wohlhabende Athener hatte den Ehrgeiz, wie ein Demosthenes bereitwillig glanzvolle Liturgien zu übernehmen, um so öffentliches Ansehen zu gewinnen und zu einer politischen Führungsrolle zu gelangen. Viele reiche Athener werden es als Unrecht empfunden haben, daß das Vermögen wohlhabender Metöken von der Trie rarchie unangetastet blieb, während sie sich finanziell ruinierten. Daher dürfte unter den liturgiepflichtigen Bürgerkreisen die Forderung laut geworden sein, einen Teil der für die Instandhaltung der Flotte erforderlichen Kosten auf Metöken abzuwälzen, um die eigene erschöpfte Finanzlage wieder aufzubessern. Wir wissen nicht, wann der Demos dieser Forderung stattgegeben und zum ersten Mal einen Metöken mit der 319
Daher gibt Antiphanes Frg. 202 Kassel/Austin (ap. Athen. 3.103e) den Reichen mit der der Komödie anhaftenden Überspitztheit den Rat, sich gleich bei der Ernennung zum Trierarchen aufzuhängen. Zu den Kosten der Trierarchie s. Böckh, Staatshaushaltung 669ff. 320 Nippel, Misch Verfassungstheorie Ulf. 114.
/. 'Obligatorische" Wohltaten: Kriegsdienst, Eisphorai, Liturgien Trierarchie betraut hat. Denkbar wäre die Endphase des Peloponnesischen Krieges. Damals vertraute die Stadt auch frisch eingebürgerten Metöken wie Apollodoros aus Kyzikos, Herakleides aus Klazomenai und Phanosthenes aus Andros die Strategie an, die ein viel bedeutenderes Amt gewesen ist als die Trierarchie, was man auch daran sehen kann, daß die Strategen die Trierarchen designierten.321 Diese Praxis der Über tragung des Strategenamtes an ehemalige Fremde dürfte es den Bürgern leichter ge macht haben, einige auserlesene Metöken zur Trierarchie zuzulassen. Die Übertragung der Trierarchie an einen Metöken wurde um den hohen Preis erkauft, daß man ihm zugleich auch das Kommando über das wertvolle Schiff anvertraute und ihn so zum Vorgesetzten über die als Ruderer dienenden athenischen Bürger machte. Aus diesem Grund dürften die als Trierarchen in Frage kommenden Metöken sehr genau geprüft worden sein. Die Bürger mußten von deren Loyalität Athen gegenüber überzeugt sein, weswegen unter die Auswahl nur solche fallen konnten, die schon lange in der Stadt lebten und sich durch gemeinnützige Leistun gen eine Vertrauensbasis geschaffen hatten. Diese Kriterien finden sich bei einigen der uns bekannten Metökentrierarchen bestätigt. Die Verleihung der Enktesis an Kallaischros ist ein Indiz dafür, daß er der Stadt Wohltaten erwiesen hatte. Er dürfte bis zu seiner Trierarchie schon etliche Jahre in der Stadt verbracht haben, was im Falle seines Sohnes, der in den Seeurkunden als viermaliger Trierarch in Erscheinung tritt, ganz sicher ist. Nikander und Polyzelos hatten bereits im Jahre 347/6 ihre ersten Eisphorai abgeführt (und an allen Kriegen Athens teilgenommen), waren demnach bis zu ihrer während des Lamischen Krieges erfolgten Tätigkeit als Schiffsausrüster mindestens ein Vierteljahrhundert lang in Athen assässig, möglicherweise sogar dort geboren. Ein längerer Aufenthalt vor seiner Syntrierarchie, die an den Anfang des Vierjährigen Krieges (307/6) fällt, dürfen wir auch im Falle des Pyr[rias] annehmen. H. Pope und A. Wilhelm vermuten in ihm den Nachkommen eines der beiden aus ihrem Ehrendekret IG II 408 bekannten Metöken Mnemon und [Pyrr]ias, die eben falls aus Herakleia (Pontike) stammten. Diese hatten um 335/4 unter dem Schutz der Diotimosflotte Getreide aus Sizilien eingeführt und es der Stadt zu einem verbilligten Preis verkauft.322 Auch Antimachos, [Men]oit[e]s, Herakleides und andere Metöken werden etliche Jahre in der Stadt gelebt und sich dort eine Vertrauensstellung erwor ben haben, bis die Bürger ihnen die bedeutende Aufgabe der Trierarchie übertrugen. Man muß des weiteren die Möglichkeit ins Auge fassen, daß die reichsten Metöken in die trierarchischen Symmorien der Bürger aufgenommen wurden und wie Kallaischros (Demosth. 21.157) Hegemon solcher Verbände werden konnten.323 Wenig wahrscheinlich ist hingegen die Annahme von B. Jordan, wonach die Stadt nach dem Bürgermodell auch trierarchische Symmorien für Metöken eingerichtet hat, 321
Plat. Ion 541cd; Osbome, Naturalization III, T8, T9 und T27 mit weiteren Belegstellen. Zur Ernennung der Trierarchen durch die Stragen s. Jordan, Athenian Navy 61 ff. 322 Pope, Non-Athenians 28 Anm. 11; Wilhelm, Akademieschriften III, 104f. 323 Die in Symmorien verteilten 1200 συντελείς führten jährlich Abgaben für die Unterhaltung der Flotte ab. Aus ihrem Kreis wurden die Trierarchen designiert. Alledings fallen die Trierarchien des Antimachos und Kallaischros in die Zeit vor der Einführung dieser Symmorien.
85
IV. Die Wohltaten derMetöken
86
während Metökensymmorien für die Eisphorai (s.o) sicher existiert haben.324 Jordan, der in den Quellen lediglich zwei Metökentrierarchen gefunden hat, greift als Erklärung für diesen Sachverhalt darauf zurück, daß es unter den ortsanssäsigen Fremden nur sehr wenige Wohlhabende gegeben habe. 325 Dieses Argument verdient wenig Glauben. Wir werden in den folgenden Abschnitten einer nicht zur verachtenden Zahl von Metöken begegnen, die kostenaufwendige Wohltaten erbringen konnten, was ein Indiz dafür ist, daß der Kreis wohlhabender Metöken nicht zu gering veranschlagt werden darf. Dagegen verdient seine Vermutung Beachtung, daß die Metöken "were probably more punctilious in obeying the regulations of the neoria and very careful to avoid litigation, so that there was n o need to record their arrears".326 Man hat also damit zu rechnen, daß die Zahl der zur Trierarchie herangezogenen Metöken wesentlich höher lag, als aus dem mageren Befund erkennbar ist. Die Trierarchie hat gezeigt, daß "die Frage der μετοικικαι λειτουργίαι nicht recht geklärt" ist und solange nicht befriedigend erklärt werden kann, bis irgendwelche neue Quellen auftauchen.327 Auch hinsichtlich der Beteiligung der Metöken an den enkyklischen Liturgien, deren wichtigste die Choregie gewesen ist, bleibt vieles im Dunkeln. Weil auch hierüber die Quellen keinen sicheren Aufschluß geben, "we come up against problems in savouring the ideology".328 Daher gehen die Meinungen von der völligen Überschätzung des Ausmaßes der Metöken als Träger liturgischer Funktionen (V. Thumser) bis zu deren Minimalisierung (Y. Katayama, D. Whitehead) auseinander. Eine der wenigen Stellen, die die Heranziehung der Metöken zu den enkyklischen Liturgien zur Sprache bringt, ist die Leptinea des Demosthenes (20.18-21). Leptines hatte 357/6 ein Gesetz beantragt, das die Abschaffung der unumschränkten Atelie vorsah. 329 Der Demos sollte dieses Privileg nicht nur künftig nicht mehr erteilen, sondern die Atelie auch denen entziehen, die sie bereits erworben hatten. Absicht des Leptines war es, den zur Übernahme der enkyklischen Liturgien zur Verfügung stehenden Personenkreis zu vergrößern, da die Inhaber der Atelie von diesen freigestellt waren. Um dieses Gesetz zur Fall zu bringen, griff Demosthenes u.a. zu dem Argument, daß die Zahl der mit dem Atelierecht belohnten Metöken und Bürger ganz und gar sehr gering sei und sgisammengenommen maximal 30 betrage (10 bis 20 Metöken und bis zu 10 Athener). Um diese 30 Personen für die Liturgien, genannt werden die Choregie, Gymnasiarchie und die Hestiasis, zu gewinnen, lohne sich nach Demosthenes weder die Abschaffung noch die Kassierung der Atelie. Der Kreis 324
Jordan, Athenian Navy 90. Ebenda. Die beiden Trierarchen sind Kallaischros und sein Sohn. Jordan hat auch den in den Seeurkunden IG II 1628, 334ff. und IG U 1629, 859ff. erwähnten Samier Meidon für einen Trierarchen gehalten. Meidon hat jedoch dieses Amt nicht bekleidet. S. dazu meine Ausführungen im Abschnitt über die Epidoseis für Getreidebeschaffung (S. 121 f.). 326 Jordan, Athenian Navy 90. 327 Zitat Andreades, Staatswirtschaft 298 Anm. 2. 32 * Whitehead, Metic 80. 329 Eine Behandlung der unumschränkten Atelie (ατέλεια πάντων) erfolgt im Kapitel V (S. 228ff.) über die Vergabe rechtlicher Vergünstigungen an Metöken. 325
/. 'Obligatorische" Wohfraten: Kriegsdienst, Eisphorai, Liturgien der Liturgiewilligen sei ohnehin groß, der Antrag des Leptines daher ungerechtfertigt. Diese Ausfuhrungen des Redners machen klar, daß die Metöken zumindest drei regu läre Liturgien (Choregie, Gymnasiarchie und Hestiasis) zu leisten hatten und durch die Verleihung der Atelie von diesen entbunden werden konnten, wie bereits V. Thumser aus dem Text richtig erschlossen hat.330 Die Unterscheidung des Demosthenes zwischen metökischen und bürgerli chen Liturgien (αϊ των μετοίκων λητουργίαι κ α \ α | πολιτικού) hat Thumser aber zu der völlig irrigen Mutmaßung verleitet, daß Metöken und Bürger jeweils "für sich, ge trennt von einander, wenn auch bei denselben Festen, den betreffenden Leistungen sich unterziehen mussten".331 Man mache sich die Folgen einer solchen Regelung klar Eine Phyle hätte die Hestiasis jeweils einem reichen Bürger und einem Metöken aufgetragen, so daß die Pyleten und Metöken, sofern diese zugelassen waren, zur glei chen Zeit eine doppelte Speisung erhielten. Bei ein und demselben Agon hätten zwei Fackelläufe stattgefunden, von denen den einen der zum Gymnasiarchen designierte Metöke, den anderen aber ein Bürger bezahlt hätte. Während der städtischen Feste hätten die Metökenchoregen untereinander um den Sieg geeifert, während die Bür gerchoregen unter sich in Konkurrenz getreten wären. Dies alles hätte einer schwieri gen Organisation bedurft und unnötige Kosten verursacht, weswegen ich an einer separaten Erbringung einer Liturgie bei ein und derselben Gelegenheit durch die bei den Bevölkerungsgruppen nicht glauben kann. Die Inschrift: auf einer erst 1970 ge fundenen Hermenbase zeigt, daß dem Metökenchoregen Sosikrates der athenische Komödiendichter Nikochares als Chordidaskalos zugeteilt worden war, daß also bei de Bevölkerungsgruppen einen Chor zusammen einstudieren konnten.332 Aus der In schrift läßt sich ferner entnehmen, daß während desselben Festes Sosikrates als Chorege eines komischen Chores, Stratonikos jedoch, der ein athenischer Bürger war, als Chorege eines dramatischen Chores den Sieg davon getragen hatten. Der Athener dürfte mit Metökenchoregen und der Metöke mit athenischen Choregen um den Sieg in Konkurrenz getreten sein. Die Herme war zu Beginn des 4. Jahrhunderts von Onesippos geweiht worden, in dessen Amtsjahr als Basileus die Schaupiele stattge funden hatten. Aus der aristotelischen Athenaion Politeia (57.1) wissen wir, daß der Basileus die Choregen für die* Lenäen zusammenstellte. Bei dem Fest, an dem der
330
Thumser, Attische Metöken 57ff. Ebd. 58, wo es noch heißt: "Daß aber wirklich Bürger und Beisassen getrennt, neben einander bei einem und demselben Feste eine und dieselbe Liturgie leisteten, entnehmen wir (hinsichtlich der εύανδρία und εύοπλία bei den Theseen) aus C. I. A. II 446 Col. a. 44ff." Aus dieser Inschrift (nun mehr IG II 958), die in die Mitte des 2. Jahrhunderts gehört, geht dies aber gar nicht hervor. Dort werden lediglich die siegreichen Athleten (zuerst die Athener, dann die aus anderen Städten) aufgelistet. Wir können nicht einmal dessen sicher sein, ob die Metöken zur εύανδρία und εύοπλία überhaupt verpflichtet waren. Vgl. Fränkel in Böckh, Staatshaushaltung II Anh. 125 Anm. 840 und Gerhardt, Metoikie 39, die Thumser folgen. 332 T.L. Shear, The Athenian Agora. Excavations of 1970, Hesperia 40, 1971, 256 Nr. 4. Die Inschrift ist nochmals im Nachtrag zu Pickard-Cambridge, Dramatic Festivals 360f. abgedruckt und diskutiert. 331
87
88
IV. Die Wohltaten derMetöken
Metöke Sosikrates und der Polite Stratonikos gesiegt haben, dürfte es sich daher mit hoher Wahrscheinlichkeit um die Lenäen gehandelt haben.333 Außer der genannten Demosthenes-Stelle liegen keine weiteren Nachrichten über die Übertragung der Gymnasiarchie und Hestiasis an Metöken vor. Das Schwei gen der Quellen über diese Liturgien könnte seinen Grund u.a. darin haben, daß die Choregie ein Sammelbegriff für verschiedene enkyklischen Liturgien gewesen ist, was mehrere Rednerstellen nahelegen.334 Die Hestiasis und die Gymnasiarchie gehörten wegen der nicht geringen materiellen Belastung zu den bedeutenderen Liturgien. So erzählt etwa ein athenischer Klient des Lysias, seine Gymnasiarchie habe ihm bei den Hephaistäen 1200 Drachmen gekostet.335 Die kostenaufwendigste und prestigeträch tigste Liturgie war jedoch die Choregie, die jemandem, der eine glänzende Inszenie rung auf die Bühne bringen wollte, bis zu einem Talent kosten konnte.336 Wir kennen nur wenige Metöken, die einen Chor ausgestattet haben. Sosikrates habe ich bereits genannt. Lysias rühmt sich in der Rede gegen Erathostenes, er und sein Bruder hät ten πάσας τάς χορηγίας, die ihnen der Demos aufgetragen habe, pflichtgemäß er füllt.337 Es ist sehr bedauerlich, daß der Kephalpssohn es bei dieser allgemeinen Wen dung belassen und nicht konkretisiert hat, an welchen Festen sie Choregien geleistet haben und wieviel Geld sie dafür aufgewandt haben, wie er in Reden für athenische Klienten ausgeführt hat.338 D.M. Lewis hat eine in mehrere Stücke zerbrochene Stele mit der Auflistung mehrerer Choregen ediert. Dort finden sich neben einigen Bür gern auch Timon und ein Unbekannter, deren Metökenstatus durch die Zusätze έν Λακιαδών οίκων und έμ Μελίτηι οίκων unbezweifelbar ist. Dem Metöken, dessen Na me in der Stele abgebrochen ist, hatte die Stadt die Ausrüstung eines tragischen Cho res, Timon hingegen wahrschienlich eines komischen Chores aufgetragen.339 Alle in der Stele verzeichneten Choregen hatten im Jahre 331/30 der Stadtgöttin Silberphialen geweiht. Lewis glaubt mit guten Gründen, daß die Athener ihre Choregie wäh-
333
So schon der Herausgeber T.L. Shear, Hesperia 40, 1971, 256 Anm. 37. Vgl. auch Whitehead, Metic 80, dem ich weitgehend gefolgt bin. 334 Thumser, Attische Metöken 59f. mit Belegnachweisen. 335 Lys. 21.3f.: επειδή δε κατέπλευσα έπΐ 'Αλεξίου άρχοντος, ευθύς έγυμνασιάρχουν εις Προμήθεια, και ένίκων άναλώσας δώδεκα μνάς. Zu den vornehmlichen Aufgaben des Gymnasiarchen gehörte die Ausrichtung der Fackelläufe, die zu verschiedenen Festen (u.a. Panathenaia, Theseia, Prometheia) stattfanden. S. dazu Deubner, Attische Feste 258 s.v. Fackellauf. Zur Gymnasiarchie und Hestiasis noch immer grundlegend Böckh, Staatshaushaltung I, 548ff. 336 Nach Lysias 21.3 hat ein namenlich unbekannter Athener für einen Männerchor bei den Dionysien 5000 Drachmen ausgegeben. Weitere Beispiele bei Böckh, Staatshaushaltung I, 543ff. 337 Lys. 12.20. Mit χορηγίας χορηγεϊν könnten hier neben der Ausrichtung von Theateraufführungen auch andere Liturgien, etwa die Gymnasiarchie und die Hestiasis, gemeint sein. In einer anderen Rede des Lysias (19.57) heißt es von Aristophanes: ό τοίνυν έμός πατήρ άρχειν μεν ούδεπώποτε έπεθύμησε, τάς δε χορηγίας άπάσας κεχορήγηκε, τετριηράρχηκε δε έπτάκις, εισφοράς δε πολλάς και μεγάλας είσενήνοχεν. Als sehr wohlhabender Bürger dürfte Aristophanes neben der Choregie sicher andere enkyklische Liturgien übertragen bekommen haben. In diesem Sinne Thumser, Attische Metöken 59 f. 338 Z.B. Lys. 21.1ff. 339 Lewis, Dedications of Phialai 376 Nr. 51, Z. 46-50: [ έν Λα]|κιαδώ[ν οίκων ] | χορηγοί τρ]αγωδίας] | Τίμων [ έμ Με]||λίτηι ο[ίκών ].
/. 'Obligatorische" Wohltaten: Kriegsdienst, Eisphorai, Liturgien rend der Städtischen Dionysien geleistet haben.340 Die Choregie der beiden Metöken weist er hingegen den Lenäen zu, denn "there is no evidence that metics could be choregoi at the Dionysia, but at the Leneai they could".341 Da die Fragmente dersel ben Stele angehören, ist die Choregie der beiden Metöken an den Dionysien wahr scheinlicher. Eine sichere Entscheidung darüber ist leider nicht möglich, da an der betreffenden Stelle nur ein Iota erhalten ist, was beide Ergänzungen, [Ληνα]ί[οις] und [Διονυσ]ί[οις] (Ζ. 45), zuläßt. In einem Scholion zu Aristophanes heißt es, daß sich die Choregie der Met öken nur auf die Lenäen beschränkt habe.342 Falls dieser Nachricht ein wahrer Kern zugrundeliegt, wären die Zugeständnisse an die Metöken, durch die Ausstattung eines Chores Prestige zu erlangen, äußerst beschnitten gewesen. Die zu Ehren des Diony sos gefeierten Lenäen waren lediglich eines unter den zahlreichen städtischen Festen, für die jährlich insgesamt weit mehr als 100 Choregen benötigt wurden.343 Zudem wa ren die Lenäen, wenn man sie mit den Städtischen Dionysien oder Panathenäen ver gleicht, eher ein zweitrangiges Fest ohne panhellenischen Charakter, da sie in den Winter fielen und wegen der ruhenden Schiffahrt von Auswärtigen nicht besucht werden konnten. Aristophanes macht in einem schönen Wortspiel klar, daß die Bür ger ("das attischreine Weizenkorn") und die Metöken ("die Spreu", die vom Weizen schwer zu trennen ist), an diesem Fest unter sich waren. Auswärtige Fremde, darun ter auch die Gesandten der Bündner, würden erst zu den Dionysien im Elaphebolion (März/April) kommen und den Tribut mitbringen.344 Hat sich die Choregie der Metöken wirklich nur auf dieses zweitrangige Fest begrenzt, wie uns der Scholiast glauben machen möchte? Diese Ansicht erfreut sich einer breiten Zustimmung.345 Katayama und Whitehead haben auch Gründe dafür gebracht, weshalb der athenische Demos nicht gewillt war, den Metöken weitere Konzessionen zuzugestehen. Die Choregie sei zu eng mit politischen Karrieren und Ambitionen ehrgeiziger Bürger aus der Oberschicht verknüpft, die mittels der Aus richtung glänzender theatralischer Aufführungen danach trachteten, politischen Ein340
Ebd. 378f. Ebd. 380. 342 Schol. Aiistoph. Plut. 953: ουκ έξήν δε ξένον χορεύειν εν τω άσπκω χορω*... εν δε τω Ληναίω έξήν έπει και μέτοικοι έχορήγουν. 343 Allein für die Städtischen Dionysien mußten nicht weniger als 28 Choregen bestellt werden, u.z. 20 für den Dithyrambus, 3 für die Tragödie, 5 für die Komödie. Vgl. Blume, Theaterwesen 32 und J.K. Davies, Demosthenes on Liturgies, JHS 87, 1967, 33ff. bes. 40, wo einige Zahlen angegeben werden. 344 Aristoph. Ach. 502-508: ου γάρ με νυν γε διαβάλει Κλέων οτι / ξένων πατόντων την πόλιν κακώς λέγω. / αύτοι γάρ έσμεν ούπί Ληναιω τ' άγων, / κούπω ξένοι πάρεισιν οΰτε γαρ φόροι / ήκουσιν ούτ' εκ των πόλεων οι ξύμμαχοι· / αλλ' έσμεν αύτοι νυν γε περιεπτισμένοι* / τους γάρ μετοίκους άχυρα των αστών λέγω. Eine Diskussion der Stelle bei Whitehead, Metic 39. Zu den Lenäen s. Deubner, Attische Feste 123ff.; Pickard-Cambridge, Dramatic Festivals 25ff.; Blume, Theaterwesen 26ff. 345 Böckh, Staatshaushaltung I, 624.; Schenkl, De metoecis atticis 190f.; Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 219; Clerc, Meteques 169ff.; Hommel, Metoikoi 1447f.; Pickard-Cambridge, Dramatic Festivals 41; Davies, Demosthenes on Liturgies 34; Katayama, Liturgies 43f.; Whitehead, Metic 80f. 341
89
90
IV. Die Wohltaten derMetöken
fluß zu gewinnen und daher die Konkurrenz der Metöken auf ein Minimum reduziert sehen wollten. Katayama zieht zudem in Erwägung, "that Citizens and metics did not compete directly each other".346 Es sei offensichtlich, daß den Metöken nur wenig Gelegenheit geboten worden sei, durch Ausführung von Liturgien Ehre und Ansehen zu erwerben.347 Daß für solche Bürger, die eine politische Führungsrolle anstrebten, die Ausrüstung aufwendiger Choregien ein wichtiges Mittel zur Gewinnung öffentli chen Ansehens gewesen ist, läßt sich nicht von der Hand weisen. Doch auf wieviele traf dies zu? Wir hören in den Quellen mehrfach von sich einstellenden Schwierigkei ten, für ein bevorstehendes Fest genügend Finanziers zu finden, weil viele Bürger die beträchlichen Kosten der Choregie scheuten. cT)ie Klagen über diese Belastung sind eine Legion".348 Im Jahre 406/5 stellte sich das Problem ein, genügend Choregen für die Dionysien ausfindig zu machen. Daher griff man zum Ausweg, durch die Einrich tung der Synchoregie die Lasten auf einen größeren Personenkreis zu verteilen.349 In der Rede gegen Meidias erzählt Demosthenes, daß die Epimeleten der Phyle Pandionis im Jahre 349 trotz Mühewaltung aus mangelnder Bereitschaft unter den reichen Bürgern noch keinen Choregen designiert hätten, obwohl der Festtag heranrücke, was zu einer heftigen Auseinandersetzungen in der Versammlung gefuhrt habe. Erst das Angebot des Demosthenes, die Choregie freiwillig zu übernehmen, befreite die Epimeleten von ihren Sorgen.350 Das einige Jahre zuvor beantragte Gesetz des Leptines dürfte seinen realen Hintergrund in der schwindenden Zahl der Liturgiewilligen haben, dem er durch die Kassierung und Abschaffung der Atelie entgegenwirken wollte, auch wenn uns sein Kontrahent Demosthenes vom Gegenteil überzeugen möchte (dieser selbst unterbreitet in der gleichen Rede den Vorschlag, entsprechend dem bei den Eisphorai und der Trierarchie geübten Verfahren eine Syntelie für die Choregie zu schaffen).351 Leptines rechtfertigte seinen Antrag auch damit, daß einige ortsansässige Fremde sich unrechtmäßig als Inhaber der Atelie ausgegeben hätten und auf diese Weise sich um die Liturgien herumdrücken würden.352 Diese unehren hafte Drückebergermentalität einiger Metöken mißfiel Leptines und anderen Bürgern. Diese Beispiele, denen man zahlreiche andere zur Seite stellen könnte,353 lassen erkennen, daß es nicht immer unproblematisch war, seit dem ausgehenden 5. Jahr hundert für die zahlreichen Choregien genügend Finanziers zu finden. Aus der schwindenden Bereitschaft, eine kostspielige Choregie zu übernehmen, zog Demetrios von Phaleron die unausweichliche Konzequenz, diese und andere Liturgien abzu346
Zitat Whitehead, Metic 80; vgl. Katayama, Liturgies 44. Whitehead, Metic 81. 348 Gehrke, Demetrios von Phaleron 172 mit Quellenverweisen. 349 Schol. Aristoph. Ran. 404 mit dem Kommentar von Pickard-Cambridge, Dramatic Festivals 87. Nach K.J. Maidment, The Later Comic Chorus, CQ 29, 1935, 3f.8f. bestand die Synchoregie bis 394 fort. Die Synchoregie ist aus IG II 3095 und 3096 auch für die Ländlichen Dionysien bezeugt. Vgl. Pickard-Cambridge, Dramatic Festivals 48.50. 350 Demosth. 21.13 und 156. »ι Demosth. 20.23. 352 Demosth. 20.1.85.131 ff. 353 Z.B. [Xenoph.] Ath. pol. 1, 13; Xenoph. oec. 2,6; Antiphanes Frg. 204 IC; Aristot pol. 1309a 17ff., 1320b 3f.; Theophr. char. 26.6; Demetrios Phal. Frg. 136 Wehrli (= FGrHist 228, Frg. 25). 347
/. 'Obligatorische" Wohltaten: Kriegsdienst, Eisphorai, Uturgen schaffen bzw. umzugestalten.354 Die Vorbereitung und Finanzierung der Chöre für die dramatischen und lyrischen Agone oblag nunmehr einem Agonotheten, der hier für staatliche Gelder bekam, was dazu führte, daß der Staat selbst als Chorege auftrat (ό δήμος έχορήγει), wie in einigen Inschriften zu lesen ist.355 Wie sollte da, bevor es zu dieser Maßnahme kam, die Bürgerschaft nicht Zuflucht zu der Alternative gesucht haben, spendenfreudigen Metöken auch außerhalb der Lenäen die Choregie anzuver trauen?356 In den amtlichen Aufzeichnungen über dramatische Agone, seien es solche für die Dionysien oder anderer Feste, finden sich neben Choregen mit Demotika auch solche, hinter deren Namen das Demotikon fehlt.357 Sollten alle diese Personen ohne Demotika ausschließlich Bürger gewesen sein? In dem am Ende des 4. Jahrhunderts (vor 307/6) beschlossenen Ehrendekret IG II2 551 wird der Metöke Nikostratos für seine langjährige, ständige Unterstützung (επιμέλεια) der Choregen an den Städtischen Dionysien mit der Verleihung der Isotelie, der Enktesis und mit einem Efeukranz ausgezeichnet.358 Der Honorand ist verschie dentlich für einen Schauspieler oder Flötenspieler gehalten worden.359 Waren die Choregen, die seine Hilfe angenommen haben, Athener oder Metöken? In den Reden gegen den jüngeren Alkibiades ([Andok.] 4.20), gegen Meidias (Demosth. 21.56.147) und in der Phokion-Vita Plutarchs (§ 30) wird ein Gesetz erwähnt, das einem atheni schen Choregen verbot, in seine Chormannschaft Nichtbürger aufzunehmen. Demades hatte diesem Gesetz getrotzt, was ihm eine hohe Geldstrafe eintrug.360 Falls das Gesetz strikt eingehalten wurde, durfte Nikostratos einem athenischen Choregen ganz und gar nicht dienen. Hier hätten wir ein Indiz für die Übertragung der Chore gie an Metöken auch für das städtische Dionysienfest. Wenn Nikostratos jedoch nicht Schauspieler oder Flötenspieler gewesen ist, sondern ein Dichter, was sich nicht ausschließen läßt, wird unsere Vermutung hinfallig. Dichter mit Metökenstatus konn ten wahrscheinlich ihre Stücke auch mit athenischen Choregen einstudieren. Wie war es mit der Übertragung der Choregie an Metöken durch die einzelnen Demen bestellt? In einigen Demen (Melite, Piräus, Kollytos, Alopeke, Kydathenaion, Skambonidai) war der Anteil der Metöken an der Gesamtbevölkerung besonders
354
Gehrke, Demetrios von Phaleron 171 ff.; Quaß, Honoratiorenschicht 275ff.; Habicht, Athen
66. 355
IG II 2 3073, 3077 u.a. Auch andere Poleis hatten Probleme, unter den Bürgern genügend freiwillige Choregen zu finden. So werden in einer Inschrift aus Lindos (IG XII 762) die έπιστάται aufgefordert, in solchen Fällen Metöken zu Choregen zu bestellen. 357 Sie z.B. das Material bei Pickard-Cambridge, Dramatic Festivals 101 ff. und H.-J. Mette, Urkunden dramatischer Auffuhrungen in Griechenland, Berün-New York 1977, passim. 358 IG II 551, Z. 2-8: [επειδή Νικόσ|τρ]ατος διατελεί περ[ί τον αγώνα τον | Δι]ωνυσίων φιλοτιμο[ύμενος και περ||ι τ]ήν αύτου έ7πμέλεια[ν και τοϊς χορη|γο]ΐς τοις αίεΊ χορηγο[ϋσιν πρόθυμος | ύ]πηρετών τά περί τού[ς θεούς, έπαινέ|σ]αι Νικόστρατον κτλ. 359 S.A. Koumanoudis, ArchEph 1886,106; Α. Wilhelm, Hermes 24, 1889, 330; ders., Urkunden dramatischer Auführungen 221; Pecirka, Enktesis 85; Stelzer, Enktesis 78. 360 Plut. Phok. 30: νόμου γαρ οντος Άθήνησι τότε με χορεύειν ξένων ή χιλίας άποτίνειν τον χογηγόν, απαντάς είσαγαγών (sc. Δημάδης) ξένους τους χορεύοντας εκατόν όντας, άμα και τήν ζημίαν άνά χιλίας υπέρ εκάστου είσήνεγκεν εις το θέατρον. 356
91
92
IV. Die Wohltaten der Metöken
hoch.361 In Handels- und Gewerbezentren wie Piräus dürften die Metöken die Zahl der Bürger erreicht und möglicherweise übertroffen haben. Wenn sich beweisen lie ße, daß manche Demen ihre ortsansässigen Fremden mit der Ausfuhrung ihrer länd lichen Feste betraut haben, müßte man daraus auch Rückschlüsse auf die städtischen Feste ziehen können. Aus Eleusis, wo der Anteil der Metöken nicht sehr hoch gewesen zu sein scheint (es sind aus diesem Demos nur 10 Metöken bekannt),362 liegen mehrere Eh renbeschlüsse für dort lebende Fremde vor.363 Einer dieser Beschlüsse galt dem Thebaner Damasias. Dieser hatte um 350 für die Ländlichen Dionysien einen Männerund einen Knabenchor finanziert. Seine beiden Choregien werden in der Inschrift als Gaben für Demeter, Köre und Dionysos bezeichnet.364 Der Metöke hatte zur Freude der Festbesucher tief in seine Tasche gegriffen, όπως ώς κάλλιστα γένηται τά Διονύσια, wofür er mit der Verleihung eines Goldkranzes und verschiedener anderer Ehren und rechtlichen Vergünstigungen reichlich belohnt wurde.365 Nichts spricht dafür, daß wir es hier mit "unofficial choregiaF zu tun haben, wie Whitehead zu glauben meint.366 Ein Psephisma des Demos Ikaria aus der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts enthält die interessante Bestimmung, daß nur einer der beiden Choregen für tragische Auffuhrungen Demenangehöriger sein soll. Der zweite Chorege sei unter denen zu wählen, die in Ikaria ihren Wohnsitz haben.367 Hier braucht man nicht gleich an nach Ikaria gezogene Athener zu denken.368 Nur wenige Bürger dürften aus ihren ange stammten Demen weggezogen sein und sich in einer anderen Gemeinde niedergelas sen haben. Daher können die Ikarioten mit der Choregie sehr wohl unter ihnen le bende Metöken betraut haben. Man hat hierbei die Lage des Demos zu berücksichti gen, der am Nordostrand des für seine Marmorsteinbrüche berühmten Pentelikon liegt. Obwohl durch Quellen nicht abgesichert, hat man dennoch mit einer hohen Metökenbevölkerung in diesem Demos zu rechnen, die mit dem Abbau und dem Transport des gefragten pentelischen Marmors zusammenhing. Wenn die Demen wohlhabenden Metöken die Choregie übertrugen, dürfte dies auch die Stadt getan haben. Man hat demnach mit einer höheren Beteiligung von 361
S. zuletzt Whitehead, Demes of Attica 81 ff. mit Zahlenangaben. Whitehead, Demes of Attica 83. 363 IG II2 1185,1186 (zwei Dekrete auf derselben Stele), 1192,1193. 364 IG II 1186, Z. 1-15: έπε[ιδή] Δαμασίας Διονυσίου Θηβαίος οί[κ|ήσ]ας Έλευσΐνι κόσμιος τε ώ[ν] διατετ[έ|λ]εκε και φιλάνθρωπος έχει προς πάντ||[α]ς τους εν τοΐ δήμοι οίκοϋντας και α[ύ|τ]ός και οι μαθηταί αύτδ, και Διονύσ[ια | π]οιούντων Ελευσίνιων έσπούδασε[ν κ|]αΐ έφιλοτιμήθη προς τους θεούς κ[αί τ|]όν δήμον τον Αθηναίων και Έλευσιν[ίω|ν], όπως ώς κάλλιστα γένηται τά Διονύ[σ]|ια, και παρασκευάσας τοις αύτου τέλ[ε|σ]ι χορούς δύο, τον μεν παίδων, τον δε άν|[δ]ρών έπέδωκεν τεϊ Δήμητρι [κ]αι τεϊ Κό|ρει και τοΐ Διονύσωι, δεδόχθαι Έλευσ|ινίοις, κτλ. 365 Auf diese Ehren und Privilegien komme ich bei der Behandlung der Atelie (S. 231) zu spre chen. 366 Whitehead, Demes of Attica 151. 367 IG I3 254, Z. 3f.: [...5..]ι τον δεμοτον και τδν Ίκα[ριοΐ οίκόντ|ον δύο] τον άχορεγέτον. 368 So Whitehead, Demes of Attica 152 Anm. 11: "I take this to mean other Athenian residents"; vgl. ebd. 76 mit Anm. 41. 362
/. 'Obligatorische" Wohltaten: Kriegsdienst, Eisphorai, Uturgien Metökenchoregen an den städtischen Festen zu rechnen, als Katayama und Whitehead anzunehmen bereit sind. Ob die Metöken außerhalb der Lenäen nur dann als Choregen in Frage kamen, wenn sich keine Bürger fanden, bleibt dahingestellt. Je denfalls deutet die Übernahme von πάσας τάς χορηγίας durch Lysias und Polemarch darauf hin, daß sie mehrfach Gelegenheit hatten, als Träger liturgischer Funktionen in Erscheinung zu treten. Neben den bisher behandelten Liturgien nach dem Bürgermodell hatten die Metöken an den Panathenäen und Dionysien spezielle kultische Dienste, genannt werden σκαφηφορία, σκιαδηφορία und ύδριαφορία, zu leisten, von denen die Bürger ausgenommen waren.369 Die Skaphephorie bestand für die mit purpurnen Chitonen bekleideten Metöken darin, während des Panathenäenfestzuges goldene und silberne Kultgegenstände (σκάφαι) auf die Akropolis zu tragen, die mit Opfergaben (Honig waben und Kuchen) gefüllt waren.370 £T)aß ihre Chitone von purpurner Farbe waren, wird keine religiöse Bedeutung haben, sondern ebenso dem Prunkbedürfnis entspre chen wie die Saffrangewänder der Wagenlenker".371 Die Hydriaphorie und Skiadephorie wurde von den Gattinnen und Töchtern der Metöken geleistet372 In der Parodie auf den Panathenäenfestzug weist Aristophanes (Eccl. 738f.) einer Kitharodin den Platz hinter einer Hydriaphorin zu. Dies deckt sich mit dem Parthenonfries, wo die Musiker den Skaphephoren und Hydriaphoren folgen.373 Ob es sich bei den Schirmen, die von Metökinnen getragen wurden, um Kultgegenstände für die Stadt göttin handelte, oder ob diese zum Schutz der Kanephoren vor der Sonne dienten, ist bislang nicht schlüssig erwiesen worden.374 Es scheint jedoch klar zu sein, daß alle diese "geringe(n) und ehrenrührige(n) Dienste der Schutzverwandten", die zudem mit keinen oder nur geringfügigen Kosten verbunden waren, ursprünglich als ein po sitives Zugeständnis konzipiert waren.375 Sie drücken die Bereitschaft der Athener aus, am Fest ihrer Göttin die ortsansässigen Fremden, auch wenn es sich bei dem da für in Frage kommenden Kreis nur um wenige Auserwählte gehandelt haben dürfte, in gewissem Maße teilnehmen zu lassen. Freilich haben einige Dichter der Neuen Komödie nicht davor Halt gemacht, die napftragenden Metöken (σκαφεΐς) auf die 369
Eine ausführliche Behandlung dieser Liturgien bei Clerc, Meteques 154ff. Vgl. auch Diller, Race Mixture 124ff., Whitehead, Metic 87f. und H.W. Parke, Athenische Feste, Mainz 1987, 62f. 370 Ail. var. 6.1; Poll. 3.55; Harpokr. und Suda, s.v. σκαφηφορία; Hesych. s.v. σκαφηφόροι; Anecd. Bekk. 1.298,27; Etym. magn. 155.7; Suda, s.v. άσκοφορεΐν weist darauf hin, daß sich die Skaphephorie der Metöken nicht nur auf die Prozession der Panathenäen, sondern auch auf die Dionysien erstreckt hat. 371 Deubner, Attische Feste 28. 372 Ail. var. 6.1; Poll. 3.55; Clerc, Meteques 163ff. 373 Deubner, Attische Feste 28. 374 Wilamowitz-Moellendorff, Demotika 220: "Wie stolz werden die Metoekenmädchen gewesen sein, die heiligen Stühle oder Schirme tragen zu dürfen: die verworfene Moralistenschwindelei ent würdigt den Gottesdienst zur Bedienung der Bürgermädchen"; ebenda Anm. 1: "die Schirme gehö ren natürlich Athena, und dass sie den Kanephoren die Julisonne abhalten sollten, ist erst Scherz ge wesen, dann zum Vorwurf verdreht". Vgl. aber Deubner, Attische Feste 31 Anm. 14: "Daß der Schirm kein Kultgerät ist, sondern dazu dient die vornehme Jungfrau (gemeint sind die Kanephoren, M.A.) vor den Strahlen der Sonne zu schützen ..., halte ich für zweifellos". 375 Zitat Böckh, Staatshaushaltung I, 624.
93
94
IV. Die Wohltaten der Metöken
Schippe zu nehmen, was zur Folge hatte, "that what was originally intended to be a real honour for the metics ... later, inexplicably, rurned sour".376 Solche Spöttereien haben einen späteren Autor wie Aelian zu dem völlig verfehlten Urteil veranlaßt, daß die Athener als ein hybrides Volk ihre fremden Ortsansässigen mit der Übertragung solcher diffamierenden Liturgien schikaniert hätten.377
376
Whitehead, Metic 88; vgl. auch Clerc, Meteques 155 mit Belegstellen. Ail. var. 6.1: Αθηναίοι δέ ύβρισαν και έκείνην την ϋβριν* ευτυχίας γάρ λαβόμενοι την εύπραγίαν σωφόνως ουκ ήνενκαν. τάς νουν παρθένους των μετοίκων σκιαδηφορεΐν έν ταίς πομπαϊς ήνάνκαζον ταΐς εαυτών κόραις, τάς δέ γυναίκας ταΐς γυναιξί, τους δέ άνδρας σκαφηφορεΐν. 377
95
2· Euergesien freiwilligen Charakters a. Finanzielle und materielle Hilfeleistungen 1. Geldschenkungen/Epidoseis Auf Stein gemeißelte Ehrendekrete des Staates stellen die Hauptinformationsquelle für Metökeneuergesien dar. Die Auswertung dieser Dekrete zeigt, daß Geldschenkungen an die Gemeinschaft die häufigste Art von Wohltaten bildeten, die von Metöken erbracht wurden.378 Man kann dies allerdings nur an den spätklassischen und hellenistischen Dekreten überprüfen, setzt sich doch erst gegen 340 die Praxis durch, die konkreten Verdienste des Geehrten, die zu der Ehrung führten, in den Motivkatalog des Dekrets aufzunehmen. In der überwiegenden Mehrzahl der davor beschlossenen Ehrendekrete werden handfeste Einzelleistungen nicht genannt, so daß sich aus ihnen nicht entnehmen läßt, welcher Anlaß zu der Ehrung eines Fremden führte. Das Urkundenformular begnügt sich dort mit der allgemeinen Feststellung, daß der Honorand der Polis gegenüber ein άνήρ αγαθός war und ihr nach Möglichkeit Gutes tat. N u r wenige Ausnahmen weichen von dieser kargen, über den Wohnsitz und den Rechtsstatus des geehrten ξένος nichts aussagenden Formulierung ab.379 Von den Eh rendekreten mit Verleihung der Proxenie, Euergesie, Isotelie oder Politie an Fremde, die zwischen der Mitte des 5. und des 4. Jahrhunderts beschlossen wurden und deren Anzahl bei gut 300 liegen dürfte, fuhren allerhöchstens 20 handgreifliche Einzelverdienste auf. Unter diesen ist IG I 125 (Dat.: 405/4) die einzige Urkunde, die Geldschenkungen eines Fremden verzeichnet. Bei dem Geehrten handelt es sich um den Kyreneer Epikerdes. Die verstümmelte Inschrift, die die Überschrift Έτπκέρ[δης Κυρηναΐος] εύερ[γέτης] trägt, läßt sich aus den Angaben des Demosthenes (20.41-45), der aus diesem Dekret zitiert, gut ergänzen. Epikerdes hatte kurz nach der sizilischen Katastrophe (413) den von den Syrakusanern gefangengesetzten Athenern 100 Minen gegeben und sie, wie der Redner hinzufugt, so vor dem Hungertod bewahrt.380 Diese Angabe deutet darauf hin, daß die Tat des Epikerdes in Sizilien erfolgte und die Spende dazu bestimmt war, die Versorgung der Gefangenen mit Nahrungsmitteln zu 378
S. die Listen S. lOOf. und S. 257ff. S. dazu die Ausführungen von Rosen, Ehrendekrete 277ff. Rosen selbst ist diesem Schweigen der Ehrendekrete zum Opfer gefallen. Er bezeichnet auf S. 278 den in IG I 112 geehrten Thrasybul, der den Anschlag auf den Oligarchen Phrynichos verübte, als einen Athener. Thrasybul war aber ein Fremder, dem mit dieser Urkunde die Politie verliehen wurde. Auch seine Helfer waren Fremde. Zudem ist seine Behauptung, Phrynichos sei einer der Dreißig gewesen, ein Irrtum. Er war einer der Vierhundert. 380 Demosth. 20.42: ούτος γαρ άνηρ, ώς το ψήφισμα τούτο δηλοΐ το τότ' αύτω γραφέν, τοίς άλοΰσι τότ' έν Σικελία των πολιτών, εν τοιαύτη συμφορά κατεστηκοσιν, έδωκε μνας εκατόν και του μη τω λιμώ ττάντας αυτούς άττοθανεϊν αΐπώτατος έγένετο. και μετά ταύτα δοθείσης άτελείας αύτω δια ταύτα παρ' υμών κτλ. Aufgrund dieser Angaben schlägt Reiter, Proxenoi und Euergetai 231 Nr. 31, für die Zeilen 6-14 des Dekrets IG I 125 folgende Ergänzung vor: [έπ]αινέσαι Έπ|[ικέρδει τώι Κυρηναί]ωι ώς οντι άνδρ|[ι άγαθώι και τότε αίτ]ίωι γεγενημέν|[ωι τός άλόντας πολίτ]ας τός εξ Σικελ||[ίας το μη άποθανέν έ]ν τώι πολεμωι· αύ|[τός γαρ μνάς εκατόν] εθελοντής ες σω|[τηρίαν ήνενκεν άνά]λωσιν Άθηναίοι|[ς αύτώι άτελείας δε]δομένης ύπό το δ|[ήμο κτλ. Vgl. auch Veligianni-Terzi, Wertbegriffe 42f. (A43). 379
IV. Die Wohltaten der Metöken
96
sichern.3*1 Wenn diese Interpretation richtig ist, hielt sich Epikerdes zum Zeitpunkt dieser Wohltat in Sizilien auf. Er könnte ein wohlhabender Naukleros oder Emporos gewesen sein, der für Handelszwecke dorthin gereist war.382 Es sind aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts mehrere in Athen ansässige Händler bekannt, die während ihrer Handelsfahrten ähnliche Verdienste erwarben.383 Epikerdes trat kurz vor der Machtergreifung der "Dreißig" erneut als Wohltäter Athens auf, indem er der leerge wordenen Staatskasse 1 Talent schenkte.384 Die Stadt ehrte ihn für diese zweite Tat mit der Verleihung der Euergesie, der Enktesis und eines Goldkranzes, wie aus dem vorliegenden Beschluß IG I 125 hervorgeht. Er dürfte damals in Athen als Metöke gelebt haben. Seiner Geldspende war die Zusage eines offiziellen Versprechens (έπαγγειλάμενος) vorausgegangen, wie es sowohl in der Inschrift (Z. 16) als auch bei Demosthenes (20.42) heißt. Eine solche επαγγελία erfolgte gewöhnlich während eines staatlich organisierten Epidosis-Aufrufes. An den Epidoseis nahmen jedoch außer halb Attikas lebende Personen nicht teil (s.u.). Auch in literarischen Zeugnissen der Zeit vor 340 hören wir wenig über Geld schenkungen.385 Genaugenommen sind es drei Stellen bei den Rednern Lysias, Andokides und Isaios, die über solche von Metöken geleisteten Spenden berichten. Bevor Lysias während der Restauration der Demokratie (404/3) als Euerget großen Stils 581
Unzutreffend scheint mir dagegen der Vorschlag von B.D. Meritt, Ransom of the Athenians by Epikerdes, Hesperia 39, 1970, 113 und Reiter, Proxenoi und Euergetai 232, zu sein, wonach die Spende zum Freikauf der Kriegsgefangenen geführt habe. Dazu ist die Summe zu gering, die Zahl der Gefangenen lag laut Thukydides (7.87) bei 7000. In diesem Sinne Pritchett, War V, 272: "But the phrase ες σωτηρίαν refers not to ephodia, but means "for their preservation" from hunger, as reflected in the words τω λιμω in Demosthenes. Moreover, the bequest of 100 mnai applied to "all" (πάντας) the captives, which could not to be true if it were ransom money. The Syrakusans apparently allowed Epikerdes to provide good for the starving captives in the quarries". Auch Bielman, Retour a la liberte 5ff. geht davon aus, daß Epikerdes mit seiner Geldspende einem Teil der Gefangenen das Überleben bis zum Freikauf sicherte. 382 Auch Pritchett, War V, 273 vermutet in Epikerdes "a wealth grain merchant". 3 « S.u. S. 165f. 384 Demosth. 20.42: όρων εν τω πολεμώ προ των τριάκοντα μικρόν σπανίζοντα τον δήμον χρημάτων, τάλαντον έδωκεν αυτός έπαγγειλάμενος. Pritchett, War V, 273 setzt σπάνις mit σπανοσιτία gleich und meint, daß die Spende für Getreidebeschaffung verwendet wurde. 385 Die einzige Stelle, die eine Geldschenkung durch einen in seiner Heimat ansässigen Fremden erwähnt, ist m.W. Demosthenes (23.199). Der Redner erzählt, daß der Pharsalite Menon zur Finanzierung der Belagerung von Eion (477) den Athenern zwölf Silbertalente gab. Dieser unterstützte das Unternehmen zudem mit 300 Reitern, die aus seiner eigenen Gefolgschaft stammten. Menon gehörte zum thessalischen Adel und besaß in seiner Heimat beträchtliche Ländereien. Er wurde aufgrund dieser Verdienste mit dem attischen Bürgerrecht ausgezeichnet und ließ sich bald darauf in Athen nieder. Dort avancierte er zu einem einflußreichen Politiker, was sich auch daran zeigt, daß sein Name unter den Ostrakismos-Kandidaten auftaucht. Alle Belege zur Person Memnons zusammengestellt bei Osbome, Naturalization ΠΙ, 20f. T l . Es würde nicht überraschen, wenn Menons Geldschenkung manche Metöken ckzu veranlaßte, ihm nachzuahmen, zumal dessen Präsenz in Athen allen gegenwärtig war. Daß wir in dieser quellenarmen Zeit von Geldschenkungen durch wohlhabende Metöken nichts hören, läßt sich damit begründen, daß sich deren Summen wahrscheinlich in einem viel bescheideneren Rahmen bewegten. Zumindest ist bereits für diese Zeit mit einer wohlhabenden Metökenschicht zu rechnen, wobei sich deren Reichtum hauptsächlich auf den Flottenbau und den sich einsetzenden Ausbau des Piräus begründet haben dürfte.
2. Euergesien freiwilligen Charakters
97
auftrat, hatte er zusammen mit seinem älteren Bruder Polemarch mit freiwilligen Geldzuwendungen zur Auslösung athenischer Kriegsgefangener beigetragen.386 Andokides berichtet nach seiner durch die allgemeine Amnestie 403 möglich geworde nen Rückkehr, daß während des Peloponnesischen Krieges viele Fremde den atheni schen Staat mit Geldspenden unterstützt hatten und dafür mit großzügigen Ehren und rechtlichen Vergünstigungen belohnt worden waren. Er dürfte dabei nicht nur an Epikerdes, Lysias und Polemarch gedacht haben, sondern an zahlreiche andere ortsansässige ξένοι, über die wir nichts wissen. Alle diese Spenden gehören natürlich in die letzte Phase des Peloponnesischen Krieges. Dies wird auch dadurch ersichtlich, daß Andokides im selben Atemzug auf die für ihre Kriegseinsätze mit dem Bürger recht belohnten Metöken und Sklaven zu sprechen kommt. Bei diesen Personen kann es sich nur um diejenigen gehandelt haben, die in der Seeschlacht bei den Arginusen (406/5) und am Kampf gegen die Dreißig Tyrannen (404/3) teilgenommen hatten. Dieselbe Großzügigkeit sollte der Demos auch bei ihm an den Tag legen und ihm das volle Bürgerrecht zurückgeben, da auch er während seiner Verbannung seine Heimat in vielfältiger Weise unterstützt hatte.387 Die von Isaios (5.37f.) erwähnte Geldspende des Kreters Kleonymos erfolgte während einer zu Beginn des 4. Jahrhunderts veranstalteten Epodosis-Aktion. Über haupt wurden die meisten der (überwiegend aus Ehrendekreten bekannten) Geld schenkungen der Metöken im Rahmen einer Epidosis geleistet. Wie bereits bei der Behandlung der Eisphorai erwähnt wurde, reichten nach dem Rückgang der Bundes genossenbeiträge die regulären Staatseinnahmen nicht aus, um aufwendige Unternehnungen, in erster Linie Kriegs- und Verteidigungsausgaben, dann aber auch den Aufkauf von Getreide in Versorgungskrisen oder öffentliche Bauprojekte, zu finan zieren. Daher schuf Athen am Beginn des Peloponnesischen Krieges mit der Erhe bung einer Vermögenssteuer (εισφορά) sowie der Sammlung freiwilliger Beiträge (έπίδοσις) zwei neue Finanzierungsinstrumente, die sich in der Folgezeit bewährten. Zur Leistung einer Epidosis konnte — anders als zu der Vermögenssteuer — niemand gezwungen werden. Gerade auf diese ihr innewohnenden Freiwilligkeit ist es zurück zuführen, daß sie die Eisphora um etliche Jahrhunderte überlebte und in hellenisti scher und römischer Zeit zu einem weit verbreiteten Mittel der Geldbeschaffung wurde. Aus Adien sind für den Zeitraum ca. 425-150 v. Chr. etwa 30 solcher Epidosis-Aktionen belegt.388 Von der Existenz mancher Epidoseis wissen wir nur aus De kreten, die zu Ehren von Fremden beschlossen wurden. Die früheste bekannte Epi dosis fallt in die Frühphase des Peloponnesischen Krieges. Sie wird in der Alkibiades-
38
6 S.u. S. 162f. Andok. 2.23: όρώ δέ ύμας πολλάκις και δούλοις άνθρώποις και ξένοις παντοδαποΐς πολιτείαν τε δίδοντας και εις χρήματα μεγάλας δωρείας, οι αν ύμας φαίνωνται ποιοϋντές τι αγαθόν, και ταύτα μέντοι ορθώς ύμεΐς φρονουντες δίδοτε· οΰτω γαρ αν υπό πλείστων ανθρώπων ευ πασχοιτε. εγώ τοίνυν τοσούτον υμών μόνον δέομαι. 388 Die Liste bei Kuenzi, Epidosis 51 ff. ist unvollständig. Auch Migeotte, Souscriptions publiques Nr. 1-20 ist nicht um Vollständigkeit bemüht. Vgl. M. Adak, Die Epidosis-Aktion der Piräus-Partei im Bürgerkriegsjahr 403 (Lys. 31.15f.), Klio 85, 2003 (im Druck). 387
IV. Die Wohltaten der Metöken
98
Vita des Plutarch erwähnt. Laut Plutarch soll die Teilnahme des Alkibiades an einer Epidosis dessen öffentliches Auftreten in der Ekklesie eingeleitet haben.389 Die Organisation und der Ablauf der Epidoseis können seit den eingehenden Untersuchungen von A. Kuenzi und L. Migeotte zu dieser Institution als hinreichend bekannt gelten. F. Quaß hat aus den Ausfuhrungen des Demosthenes die wichtigsten Motive zusammengetragen, die einen wohlhabenden Bürger zur Teilnahme an den Epidoseis bewogen.390 Ich habe an einer früheren Stelle ausgeführt, daß bei den Met öken, die hohe Summen aufgebracht haben, neben φιλοτιμία der Wunsch nach Er langung eines rechtlichen Privilegs ausschlaggebend war (s.o. 57ff.). Was noch einer näheren Betrachtung bedarf, ist die Frage nach dem Rechtsstatus der Spender. Be schränkte sich der Kreis der Geber nur auf Bürger und in Athen ansässige Fremde, oder konnten sich auch außerhalb Attikas lebende Personen an den Epidoseis beteili gen? Von der Beantwortung dieser Frage hängt ab, ob es sich bei den in Ehrendekre ten aufgrund ihrer Epidosisbeiträge geehrten Fremden um Metöken oder um auswär tige Spender handelt. In dem berühmten Epidosisbeschluß aus dem Archontat des Diomedon er geht die Aufforderung zur Teilnahme an einer Geldumlage ausschließlich an Bürger und die übrigen Bewohner Attikas: τους βουλομένους τ[ών πολιτών και των άλ]|λων των οίκούντων έν τη πόλει έπιδιδό[ναι εις τήν σωτηρία]|ν της πόλεως και την φυλακήν της χώρας έ[παγγείλασθαι τίμ β]||ουλεΐ ή προς τους στρατηγούς άπογραψα[σθαι εντός μηνός Μο]|υνιχιώνος.391 Angesprochen wird derselbe Adressatenkreis auch in einer ei nige Jahrzehnte älteren Epidosisurkunde aus Ioulis, einer der vier Poleis der vor Attika gelegenen Insel Keos. Der einzige Unterschied zu Athen besteht darin, daß in Iou lis neben Bürgern und ansässigen Fremden (κατοικοϋντες, Ζ. 3f.) auch die Bürger frauen (Z. 3) um die Leistung freiwilliger Beiträge (neben Geld- auch Sachspenden) gebeten wurden. Diese sollten für die Durchführung von Mauerarbeiten verwendet werden.392 Diese beiden Inschriften teilen expnssis verbis mit, daß Fremde, die ihren Wohnsitz außerhalb von Attika (bzw. Ioulis) hatten, nicht zum Kreis der Geber ge hörten. Es lassen sich noch weitere Gründe anführen, die gegen eine Teilnahme aus wärts lebender Personen an den Epidoseis sprechen. Die Veranstaltung einer Epido sis hatte meist den Zweck, einer kritischen oder kritisch werdenden Situation entge genzusteuern. Die Bürgerschaft griff zu diesem Mittel, wenn etwa der Feind an den Grenzen der Polis stand oder bereits in das Polisgebiet eingefallen war, oder aber, wenn Engpässe in der Getreideversorgung aufgetreten waren, denen man durch den staatlichen Aufkauf von Getreide entgegensteuern wollte. Solche Notsituationen 389
Plut. Alkib. 10.1; vgl. Migeotte, Souscriptions publiques lOf. Quaß, Honoratiorenschicht 93f. 391 IG Π2 791 (= SEG XXXVI, 118 = Athenian Agora XVI, 213), Z. 15-19. Ein ausführlicher Kommentar bei Habicht, Studien 26ff. 392 Maier, Mauerbauinschriften Nr. 38 und Migeotte, Souscriptions publiques Nr. 56. Anders als in Athen, wo Geldzahlungen die übliche Form der Epodoseis bildeten, konnten in Ioulis für Mauerarbeiten neben Geld auch άλλο π των χρησίμων (Ζ. 5) gespendet werden. Nähere Einzelheiten bei Maier, Mauerbauinschriften 161 f. und Migeotte, Souscriptions publiques 169ff. 390
2. Euergesienfreiwilligen Charakters
99
erzwangen die Einzahlung der Epidosisbeiträge innerhalb einer sehr kurzen Zeit. Nach Verabschiedung einer Epidosis durch die Ekklesie mußten die Teilnahmewilli gen zuallererst ihre Beitragszahlung innerhalb einer festgesetzten Frist bei einer vor geschriebenen Instanz melden. Als Meldestellen nennt der oben zitierte Beschluß aus dem Archontat des Diomedon die Ekklesie, Boule und die Strategen. Die Meldefrist wird je nach der jeweiligen Situation einige Tage oder Wochen betragen haben. Erst nach erfolgter Anmeldung zahlten die Teilnahmewilligen ihre Spenden an eine von der Volksversammlung bestimmte Behörde.393 Bei den damaligen Kommunikationsmitteln gelangte die Kunde von einer Epidosis wahrscheinlich oft erst nach Ablauf der Melde- und Einzahlungsfrist ins Ausland. Selbst wenn die Nachricht rechtzeitig eingetroffen sein sollte, wird kaum ei ner die Strapazen auf sich genommen und sich nach Athen begeben haben, um an der Epidosis teilzunehmen. Die Athener hingegen schickten keine Beauftragten ins Ausland, um ihre dortigen Freunde zu einer Epidosis einzuladen. Jedenfalls ist davon nichts bekannt. Nach diesen Überlegungen kann man es als Regel ansehen, daß sich die Epidosiszahler aus den βουλομένους των πολιτών και των άλλων των οίκούντων εν τη πόλει zusammensetzten, wobei die letztgenannte Gruppe von den Metöken dominiert wurde. Daher sind Fremde, die in den Decreta honoraria für geleistete Epidoseis ge ehrt werden, als Metöken zu identifizieren. Dies gilt auch für diejenigen, in deren In schriften andere Hinweise auf den Status des Honoranden völlig fehlen. Nicht bei jeder in den Ehrendekreten genannten Geldschenkung läßt sich mit letzter Sicherheit bestimmen, ob sie während einer von der Volksversammlung ver abschiedeten Epidosisaktion erfolgte, oder aber ob die Spende unabhängig von einer Geldumlage aus eigenem Antrieb geleistet wurde. Da also eine solche Zuweisung nicht immer möglich ist, werde ich alle Geldspenden beieinander unter der Über schrift "Epidosis" behandeln und jeweils an betreffender Stelle danach fragen, wel chen Charakter sie trugen. Es erscheint als sinnvoll, die verschiedenen Kategorien von Epidoseis in sepa raten Abschnitten zu behandeln. Das folgende Verzeichnis enthält in chronologischer Reihenfolge die Namen von Fremden, die einen Epidosis-Beitrag leisteten.
393
Kuenzi, Epidosis 15ff.
W^mZ&evkd^
geleistete Surrpne
piUiemHgder ■QitellennäehwMm^
Spende für ? Getreidebeschaffung εις τήν σωτηρίαν της πόλεως
1 Talent
405/4
IG Ρ 125,14; Dernosth. 20.42
1
1 Kleonymos (Kreta)
> 300 Dr.
392/1
Isaios 5.37f.
|
1 Ph[üoi]os (Salamis)
εις τήν φυλακήν
1 Talent
?338
IG II2 283,12f.
|
? εις τήν σωτηρίαν
? 1 Talent
?335
IG 112 345,12
1) (εις την σωτηρίαν; Deinosth. 18.312) 2) εις σιτωνίαν εις τή]ν σκηγίήν και τήν όρχήστραν του θεάτρου του Διονύσου δωρίεάς εις σιτωνίαν εις τα σιτωνικα [εις τήν σωτηρίαν τ]ής πόλεως ε]ίς τήν παρασκευήν Μις τήν παρασκευήν του π]ολέμου και τήν σωτηρία[ν] όλεως τίκπ τήν παρασκευήν του π]ολέμου και τήν σωτηρία[ν] [εϊϊς όλεως της π 1) εΐ[ς της Μουν]ιχίας 2) του και εις σ 3) εις τα σ[ιτωνίκά ? 4) εί]ς τήν σωτηρίαν του δήμ[ου] 5) εις τήν σιτωνίαν εις τα σιτων[ίκά
1 Talent 1 Talent ?
335 328/7 ? 330/29
Pemosth.] 34.38 |Demosth.l 34.39 Hesperia 55,1986,177, Z. 4f.
3000 Dr. 1000 Dr.
328/7 328/7-326/5
? 1 Talent 1000 Dr.
319/8 319/8 od. 307/6 319/8 od. 307/6
IG IG IG IG
1000 Dr.
319/8 od. 307/6
IG Π2 505,28f.
500 Dr. 4000 Dr. 3 Talente ? ? 1 Sibertalent ? 1000 Dr.
P307/6 P307/6 307/6 ? 306/5 305/4 ? 307/6
IG IP 480,6f. IG Π2 480, llf. IG IP 479,4f.; IG IP 480,20f. IG IP 479,8; IG II2 480,24 IGIP479,llff.. IG IP 499,17ff.
|
? ? ?
307/6-304/3
IG IP 553,9f. (Osbome, Natural. D44)
|
? 307/6
IGIP489,24f.
|
? 307/6-304/3
?
? 307/6-304/3
IG II2 740, 2ff. = Maier, Mauerbauinschr. Nr. 14 IG IP 747 + add. p. 666
| Epikerdes (Kyrene)
N . N . (Plataia)
1 Qirysippos + αδελφός 1 N . N . (mehrere Fremde) 1 Herakleides (Salamis) Meidon (Samos) Alkimachos (Apollonia) Euenor (Argos/Akamanien) Nikander (Ilion) 1 Polyzelos (Ephesos) Pyr[rias ?] (Herakleia)
N . N . (Getreidehändler) | Neaios
ε]ίς τον πόλεμον
1 -ykrates N.N.
Mauerbau- und Rüstungsepidosis
N.N. Hermaios N.N. N.N. N . N . (Sikyon) | 5 Rhodier
| Thibron 1 Zenon d. Philosoph (Kition)
εις τήν παρασ]κ[ευ]ήν του [πολέμου
επιδόσεων εις τήν τ[ειχοποίαν έπέδωκε ικανά χρή]ματ[α] ποιείται εις τήν σωτηρίαν του δήμ]ου και τή[ν φυλακήν της χώρας [εις τήν της πόλεως φυλα]κήν [εις τήν της πόλεως φυ]λακ[ή]ν [εις τήν τη]ς [π]όλεως σω[τηρίαν [εις τήν σι]τωνίαν εις σι[τωνίαν εις έπισκευήν του λουτρωνος
10 Minen 1000 Dr,
? 307/6-304/3 ? 307/6-304/3 ? 307/6-304/3 ? 10000+?00 Dr ? 307/6-304/3 ? um 280 ? ? 280/79 ? ca.27 5-262 ?
IP 360,11 f. und 70 IF1628,366; IG IP1629,887 IP391 = Osbome, Natural D37 IP 3 7 4 j 9 = Osbome, Natural. D50
IG IP 505,28f.
IG Π 2 715 + add. P. 666, lOf. IG Π 2 729,2 IG Π 2 739,7 IG IP 744, 3ff. Hesperia 49,1989,252ff. Nr. 1 IGIP670,11 Diog. Laert. 7.12
|
|
Adienian Agora XVI, Nr. 191, llffc
1
1) εις την [ο]ΐκο[δομίαν ] 2) εις τάς ν]αυς έπ[έ]δωκε[ν J εί[ς τά\ δ[ημόσια έργα και εις τήν] της πό[λεω]ς [φ]υλακην
? 26&-262 ? ? 268-262 ? ? 1 Sibertalent 253/2-251/0
ε
»ζ τι ΐ ν σωτηρίαν της πόλεως και τήν φυλακήν της χώρας εις τήν σωτηρίαν της πόλεως και τήν φυλακήν της χώρας εις τήν σωτηρίαν της πόλεως και τήν φυλακήν της χώρας εις τήν σωτηρίαν της πόλεως και τήν φυλακήν της χώρας εις τήν σωτηρίαν της πόλεως και τήν φυλακήν της χώρας εις τήν σωτηρίαν της πόλεως και τήν φυλακήν της χώρας
200 Dr. 200 Dr. 200 Dr. 200 Dr. 200 Dr. 50 Dr.
? ? ? ? ? ?
Dionysios (Sohn des Vorigen)
εις τήν σωτηρίαν της πόλεως και τήν φυλακήν της χώρας
Apollas, Tharrynom, Agamedes
50 Dr. Höchstsatz Höchstsatz
1 Atistokreon (Seleukeia)
1) εις τήν σωτηρίαν τώμ π[ολιτών] 2) (εις) [τήν όχ]ύρωσιν του εν Ζέαι λιμένος εις τήν χώσιν [των λιμένων]
?
? 244/43 vor 230/29 ca. 229/8 ca. 229/8
| A n o n y m e r Trapezit
εΐςτή[ν ?
? 1 Talent 5-30 Dr.
ante a. 224/3 P183/2
IG Π 2 857,13ff. IG Π 2 2332; Migeotte, Souscriptions publi-1 ques Nr. 19
ει[ς τήν] κατασκευήν του θεά[τρου
5 Dr.
ca. 150
IG Π 2 2334; Migeotte, Souscriptions publi-1 ques Nr. 20 |
Ι Ν . Ν . (Sparta) Ι pAisch]ias (Pergamon)
Lykon d. Philosoph (Alexandr./Troas) P h i ^ o k l e s (Korinth) Ι Hekataios (Mesembria) Ι [ZJophyros (Syrakus) 1 [Diogen]es, Makedonc 1 Sosibios (Isotele)
27 Ortsansässige mit N a m e n und
244/43 244/43 244/43 244/43 244/43 244/43
1 Ethnika Diokles (Thespos)
IG II 2 768+802; Wilhelm, Akademieschriften I, 435ft; Migeotte, Souscriptions publiquesl Nr. 15 Athenian Agora XVI, 213, col. 1,71 Adienian Agora XVI, Nr. 213, col. 1, 65 | Athenian Agora XVI, Nr. 213, col. 1,73 Athenian Agora X M , Nr. 213, col. 1, 59 | Athenian Agora XVI, Nr. 213, col. 1,48 Athenian Agora X M , Nr. 213, col. 2, 52 | Adienian Agora X M , Nr. 213, coL 2, 53f.
|
IG Π 2 835; Maier, Mauerbauinschr. 16
1
IG Π 2 786,6
102 a. Epidoseis für Kriegszwecke Es hat den Anschein, daß während des Peloponnesischen Krieges mehr als einmal Epidoseis veranstaltet wurden. Darauf deutet nicht nur die von Plutarch erzählte Beteiligung des Alkibiades hin, sondern auch drei Stellen aus Lysias, der mehrfache Geldspenden seiner KHenten zur Sprache bringt.394 Aus diesen kargen Nachrichten lassen sich die konkreten Situationen, die die Athener zum Aufruf dieser Epidoseis veranlaßten, nicht rekonstruieren. Auch über die Beteiligung von Metöken an diesen Epidoseis wissen wir nichts. Von der frühesten Geldspende eines Metöken im Rahmen einer Epidosis erfahrt man eher beiläufig in einer von Isaios verfaßten Gerichtsrede. Sie wurde im Jahre 392/1 von dem Kreter Kleonymos geleistet. Es war ein prozeßtaktischer Grund, der Isaios zu dieser Erwähnung veranlaßte. Damit wollte er den Richtern einreden, daß Dikaiogenes, der Prozeßgegner seines Mandaten, weniger Gemeinsinn besaß als ein Fremder. 395 Dikaiogenes hatte sich nämlich nicht nur zögernd zu einer Spende "zur Rettung des Gemeinwesens" bereiterklärt, sondern zahlte auch nur einen Beitrag von 300 Drachmen, "also weniger als der Kreter Kleonymos". 396 Die geringe Spende des Dikaiogenes ist für eine Person seines Standes in der Tat unwürdig, wenn man bedenkt, daß er mit einem jährlichen Einkommen von 80 Minen einer der reichsten Athener und häufig zu kostspieligen Liturgien herangezogen worden war.397 O b Isaios den Kreter in die Rede gerade deshalb einbezog, weil er lediglich ein Fremder war, oder aber, weil er den Laienrichtern — möglicherweise als eine zwielichtige Gestalt — gut bekannt war, läßt sich nicht klären. Auf jeden Fall wird er kein allzu wohlhabender Mann gewesen sein, da sonst der Angriff auf Dikaiogenes bei den Richtern seine Wirkung verfehlt hätte. Isaios bringt diese Epidosis-Aktion mit dem korinthischen Hafen Lechaion in Verbindung. Xenophon berichtet über die Hintergründe, die die Athener zu einer solchen Maßnahme veranlaßten.398 Der spartanische Polemarch Praxitas hatte zuvor mit Hilfe einiger korinthischer Kollaborateure Lechaion eingenommen und hierauf Teile der Befestigungsanlagen schleifen lassen. Weil die Athener nach der Zerstörung dieser Befestigungen einen Angriff Spartas über den Isthmos befürchteten, rückten sie in einer spontanen Aktion mit ihrem gesamten Heer in die Korinthia ein und bauten die Mauern in wenigen Tagen wieder auf.399 Die hierfür nötigen Geldmittel wur39
* Plut. Alkib. 10.1; Lys. 19.43; 30.26; 31.15. Ä h n l i c h e Taktik auch s c h o n bei Lysias (6.48f.) gegenüber A n d o k i d e s . 396 Isaios 5.37f.: εισφορών τοίνυν τοσούτων γεγενημένων πάσι τοις πολίταις εις τον πόλεμον και την σωτηρίαν της πόλεως, Δικαιογένης ουκ έσπν ήντινα είσενήνοχε* πλην οτε Λέχαιον έάλω, κληθείς υπό έτερου έπέδωκεν εν τω δήμω τριακοσίας δραχμάς, έλαττον ή Κλεώνυμος ό Κρής· και τούτο έπέδωκεν, ουκ είσήνεγκεν, αλλ' έπ' αίσχίστω έπιγράμματι εξετέθη αύτου τούνομα έμπροσθεν των επωνύμων, οτι οϊδε εις σωτηρίαν της πόλεως υποσχόμενοι τω δήμω είσοίσειν χρήματα έθελονταί ουκ εΐσήνεγκαν. S. dazu die B e m e r k u n g e n v o n Migeotte, Souscriptions publiques 12ff. N r . 2. 397 D e t a i l s über d e n W o h l s t a n d des Dikaiogenes bei D a v i e s , A P F 145ff. N r . 3773. 39 * X e n . hell. 4.4,7-18. 399 X e n . hell. 4.4,18: oi δ' αύ 'Αθηναίοι φοβούμενοι τήν ρώμην των Λακεδαιμονίων, μη έπει τά μακρά 395
2. EuergenenfreiwilligenCharakten
103
den durch einen Epidosis-Aufruf zusammengebracht, und die ganze Aktion zeigt, daß die Athener unverzüglich auf diese Situation reagierten.400 Nachrichten von einer Geldumlage fehlen bis in die Chaironeia-Krise. In den 50er und 40er Jahren rief die Stadt aber einige Male zu Schenkungen von Trieren auf. Demosthenes, Hypereides und andere haben sich an solchen Schiffsschenkungen be teiligt, die von verschiedenen Autoren ausdrücklich als freiwillige Epidoseis bezeich net werden.401 Der Frage, ob solche Schenkungen auch Metöken vornahmen, soll in einem eigenen Abschnitt (S. 133ff.) nachgegangen werden. Über eine Geldumlage unmittelbar nach der Niederlage bei Chaironeia liegen mehrere Nachrichten vor.402 Obwohl laut Deinarch (1.80) die Zahl der Teilnehmer an dieser Epidosis für die Rettung der Stadt (εις τήν ύμετέραν σωτηρίαν) sehr groß war, ließ sich unter den Gebern bislang nur Demosthenes ausfindig machen. Dieser hatte laut seines posthum eingereichten Ehrengesuchs, der als Anhang zu den Vitae Decem Oratorum beigefügt ist, μετά τήν εν Χαιρώνεια μάχην ein Talent beigesteuert.403 Eine kaum beachtete Ehreninschrift (IG II 283) für einen gewissen Phfiloitjios404 aus Salamis verzeichnet eine Geldspende des Geehrten εις τήν φυλακήν (της πόλεως). Die se Spende in derselben Höhe wie die des Demosthenes scheint m.E. ebenfalls wäh rend der Epidosis des Jahres 338 geleistet worden zu sein (s.u.). Nach ihrer Einschätzung Philipps IL rechneten die Athener damit, daß er nach der gewonnenen Schlacht in Attika einfallen und die Stadt belagern würde. Er hatte nach seinen früheren Siegen, etwa über die Phoker und Olynthier, nicht anders gehandelt. Andererseits war dessen mit energischem Einsatz durchgeführte Belage rung von Byzantion erfolglos verlaufen, was die Athener auf ein erneutes Scheitern Philipps vor ihren eigenen Stadtmauern hoffen ließ. Auf jeden Fall war Athen zum äußersten Widerstand gegen die Makedonen entschlossen, wie man aus dem Bündel von Notstandsmaßnahmen, die in den Wochen zwischen der Niederlage von Chai roneia und den Friedensvermirdungen des Demades beschlossen und zum Teil aus geführt wurden, ersehen kann.405 Für die Bewaffnung der Bewohner, für die Anleτείχη των Κορινθίων διήρητο, έλθοιεν έτπ σφάς, ήγήσαντο κράτιστον είναι άνατειχίσαι τά διπρημένα ύττό Πραξίτα τείχη, και έλθόντες πανδημεί μετά λιθολόγων και τεκτόνων το μεν προς Σικυώνος και προς εσπέρας εν όλίγαις ήμέραις πάνυ καλόν έξετείχισαν, το δέ έωον μάλλον κατά ήσυχίαν έτείχιζον. 400 Zu den historischen Hintergründen dieser Episode s. Funke, Homonoia und Arche 86ff. Dort (88 Anm. 55) wird irrtümlicherweise angenommen, daß die Geldmittel durch 'Tiisphorazahlungen" zusammengebracht wurden. 401 Ein Überblick darüber bei Migeotte, Souscriptions atheniennes 139ff. 402 Demosth. 18.171: oi μετά ταϋτα τάς μεγάλας επιδόσεις έπιδόντες (Pritchett, War V, 477 datiert diese Geldspenden unmittelbar nach der Besetzung von Elateia durch Philipp II. im Sommer 339); Dein. 1.80: ... μετά τήν μάχην την εν Χαιρώνεια ... ήνίχ' οί άλλοι πάντες εκ των ιδίων έπεδίδοσαν εις τήν ύμετέραν σωτηρίαν. [Plut.] Vit. Χ orat. (mor.) 851 AB: και μετά τήν έν Χαιρώνεια μάχην έπέδωκε (sc. Demosthenes) τάλαντον; vgl. Schäfer, Demosthenes III, 14; Kuenzi, Epidosis 40f. Wankel, Rede für Ktesiphon 861; Migeotte, Souscriptions publiques 18f. Nr. 6 und Quaß, Honoratiorenschicht 92. 403 [Plut.] Vit. X orat. (mor.) 851AB. 404 Die Ergänzung des Namens geht zurück auf einen Vorschlag von A.M. Woodward, ABSA 1956, 7. 405 Die einzelnen Maßnahmen zur Verteidigung Athens sind dargestellt bei Schäfer, Demosthenes III, 7ff. und Engels, Hypereides 99ff.
104
IV. Die Wohltaten derMetöken
gung von Gräben und Verschanzungen, vor allem aber für die Ausbesserung der Mauern waren, wie Demosthenes (18.248) betont, Geldmittel notwendig, die einen Aufruf zu einer Epidosis vollends rechtfertigten. Der Staat tätigte damals auch Ge treideaufkäufe und übertrug diese Aufgabe Demosthenes.406 Möglicherweise wurden die dafür notwendigen Summen ebenfalls aus den eingebrachten Epidoseis bezahlt. Die von dem Salaminier Ph[iloit]ios für Verteidigungszwecke gespendete Summe von einem Talent läßt sich nicht mit letzter Sicherheit in das Jahr 338 datie ren, weil das Präskript der Inschrift mit dem Archonnamen verloren ist. Daher hat Kirchner die Inschrift unbestimmt "ante a. 336/5" gesetzt. Man kann jedoch zwei Gründe anführen, die m.E. für eine Datierung der Spende in das Jahr 338 sprechen. In der unvollständigen Motivation werden in chronologischer Reihenfolge drei Mo mente genannt, in denen der Honorand als Wohltäter Athens hervortrat. Der Sala minier hatte zuerst den Athenern Getreide, das er aus Ägypten eingeführt hatte, zu einem verbilligten Preis überlassen. Hierauf folgt der nicht konkrete Satz, daß er den Athenern bei allen Notlagen und widrigen Umständen (έμ παντί καιρώι) zur Seite ge standen habe. Als ein weiteres Verdienst wird die in Sizilien erfolgte Auslösung von athenischen Bürgern und deren sicherer Transport nach Athen erwähnt. Die letzte, mit και νυν eingeleitete Wohltat bildet die Geldspende für die Verteidigung Athens.407 Die Tatsache, daß Athen einen Emporos wie den Salaminier um den Verkauf seiner Schiffsladung unter Preisnachlaß bittet, deutet darauf hin, daß dort die Getreidepreise gestiegen waren, weil die Nahrungsmittelversorgung Attikas nicht mehr einwandfrei funktionierte. Man kann dabei eigentlich nur an die späten 340er Jahre denken, als aufgrund der Blockade des Hellespont durch Philipp II. die aus dem Pontos kom menden Getreideschiffe nicht nach Athen gelangten.408 Daher mußten die Naukleroi und Emporoi andere Getreideanbaugebiete wie Ägypten und Sizilien aufsuchen, was der Salaminier auch tat. Wenn die hier gebotene Interpretation dieser Urkunde richtig ist, kann die für die Verteidigung Athens geleistete Spende des Salaminiers von einem Silbertalent nur im Jahre 338 erfolgt sein, weil Athen in den Jahren unmittelbar davor keine Gelder εις την φυλακήν (της πόλεως) benötigte. Ph[iloit]ios scheint seinen festen Wohnsitz in Attika gehabt zu haben, wohin er nach Erledigung seiner überseeischen Geschäfte immer wieder zurückkehrte. Zu einem anderen Schluß kann man aufgrund seiner auf Athen bezogenen Verdienste kaum kommen.409 Der untere Teil der Urkunde, der die Verleihung von Ehrungen
406
Demosth. 18.248. IG II2 283, Z. 2-13: [έσιτ]ήγησεν έξ Αιγύπτου Τ... | 14....ΥΛΛΩΝ εύωνοτέρων ύπη ... | ...14 κ]αί προαιρούμενος τώι δ||[ήμωι τώι Αθηναίων κ]αί έν τοις άλλοις τοις | [της πόλεως άγώσι χρ]ήσιμον εαυτόν παρασ[κ|ευάζων διατετέλεκ]εν έμ παντί καιρώι κα[ι | πολλούς των πολιτών] λυτρωσάμενος έξ Σικ|[ελίας απέστειλε Αθ]ήναζε τοις αυτού άναλ||[ώμασιν και ίδίαι κα]ί κοινηι προς τον δήμο|[ν άποδέδεικται τ]ήν εϋνοιαν ην έχων διατ|[ελεΐ έκ προγόνων και νυν εις την φυλακήν | [έπέδωκε τάλαντον] αργυρίου. Zur Inschrift s. neuerdings Veligianni-Terzi, Wertbegriffe 83f. AI35. 408 S. etwa Gamsey, Famine 143f. und Engels, Hypereides 92. 409 Veligianni-Terzi, Wertbegriffe 84, glaubt, daß der Salaminier "einer proathenischen Familie angehörte". Sie scheint sich den Geehrten nicht als Metöken, sondern als in seiner Heimat ansässig vorzustellen. 407
Ζ Euergesien freiwilligen Charakters
105
und Privilegien enthielt, ist verloren. Es würde mich jedoch nicht wundem, wenn die Ehrung des Händlers in der Proxenie bestand, weil die Ernennung eines Emporos zum Proxenos nichts Außergewöhnliches darstellte. Rund eine Dekade später wurde der Emporos Herakleides, der ebenfalls ein Salaminier aus Zypern war, für seine ähn lichen Verdienste (Getreideverkauf unter Preißnachlaß und eine Spende von 3000 Drachmen im Rahmen einer Epidosis für Getreidebeschaffung), gleichfalls mit der Proxenie ausgezeichnet.410 Die 338 begonnenen Reparaturarbeiten an den Stadtbefestigungen wurden in den folgenden Jahren fortgesetzt, wie aus einem gewöhnlich in das Jahr 337 datierten Volksbeschluß, der Reperaturen an den Piräusbefestigungen und den Langen Mauern anordnet, hervorgeht. Allerdings wurden für die Fortsetzung dieser Arbeiten keine Epidoseis mehr erhoben. Die Finanzierung erfolgte durch die Erhebung einer Eisphora, zu der sowohl Bürger als auch Metöken herangezogen wurden.411 Der nächste Epidosis-Aufruf Heß jedoch nicht lange auf sich warten. Im Sep tember 335 war der auf ein Gerücht hin für tot erklärte Makedonenkönig Alexander plötzlich in Böotien einmarschiert und hatte binnen weniger Tage die rebellierende Stadt Theben eingenommen und zerstört. In Athen traf die Nachricht vom Fall The bens während der Feier der großen Mysterien ein. Die völlig überraschten und er schrockenen Athener brachen sofort die heiligen Festhandlungen ab, evakuierten die Landbevölkerung in die Stadtbefestigungen und ergriffen Notstandsmaßnahmen zur Verteidigung ihrer Stadt. "In der Angst, das Schicksal Thebens teilen zu müssen, griff man nach jedem rettenden Strohhalm".412 Diese Angst war durchaus berechtigt, da die gesamte Polis Athen die Verträge von Korinth gebrochen und so Alexander kompromittiert hatte. Athen hatte den Befreiungskampf Thebens gegen die makedo nische Besatzung nicht nur propagandistisch, sondern auch materiell unterstützt, in dem es die thebanischen Verbannten mit Waffen ausrüstete. Es wurde sogar eine athenische Truppenabteilung zur Hilfe entsandt, die aber kurz vor der Überschrei tung der attischen Grenze zurückkehrte, da ihr die Ankunft Alexanders vor Theben gemeldet wurde.413 Einer der Maßnahmen, zu der Athen nach dem Bekanntwerden der Zerstö rung Thebens Zuflucht suchte, war der Aufruf zu einer Geldspende. Aus dem Mund des Metöken Chrysippos hören wir, daß dieser zusammen mit seinem Bruder der Stadt ein Talent geschenkt hatte, δτε ... εις Θήβας 'Αλέξανδρος παρήει.414 In einer Pas sage der Kranzrede greift Demosthenes seinen Gegner Aischines an, weil dieser, im Gegensatz zu vielen anderen, keinen freiwilligen Beirag εις σωτηρίαν des Staatswesens 410
S. dazu u.S. 153f. Maier, Mauerbauinschriften Nr. 10, Z. 20. 412 Gehrke, Phokion 69. 413 Schäfer, Demosthenes III, 132ff.; Engels, Hypereides 153ff.; Habicht, Athen 26f. 414 [Demosth.] 34.38. Gamsey, Famine 154 glaubt, daß die Spende der beiden Brüder zum Aufkauf von Getreide bestimmt war. Aus der Tatsache, daß Athen 335/4 eine Flotte gegen Piraten losschickte (IG IT 1623, Z. 285), leitet er eine Versorgungskrise in Attika her. Da aber Chrysippos die Spende mit Alexanders Kriegszug gegen Theben in Zusammenhang bringt, ist es eher wahrscheinlich, daß sie für die Verteidigung Athens verwendet wurde. 411
106
IV. Die Wohltaten derMetöken
geleistet habe (Dem. 18. 312). Unter den Spendern taucht auch der Name des Aristonikos auf, der zuvor der Atimie verfallen war und durch seinen Epidosisbeitrag in den Besitz seines früheren Bürgerrechts gelangte. A. Schäfer hat zwei schlagkräftige Argumente dafür vorgebracht, diese von Demosthenes berichtete Epidosis in das Jahr 335 zu setzen.415 Das im Jahr 332/1 auf Antrag Lykurgs erlassene Dekret IG II 345 zu Ehren eines Platäers (Sohn des [? Eujdemos verzeichnet eine frühere Geldschenkung in Hö he von wohl einem Talent (Z. 12). Diese Spende des Platäers gehört wahrscheinlich ebenfalls in das Verteidigungsprogramm des Jahres 335. Eine Epidosis ist wieder für das Jahr 328/7 bezeugt. Ihr Zweck war aber nicht militärischer Natur; vielmehr dienten die eingebrachten Gelder zum staatlichen Auf kauf von Getreide.416 Es ist nicht klar, ob Athen den Lamischen Krieg teilweise durch Epidoseis finanzierte. Die Metöken Nikander, Polyzelos und [Men]oit[e]s spendeten damals zur Ausrüstung und Bemannung der Flotte Gelder, der Phaselite Euxenides stellte sogar zwölf seiner Sklaven für den Ruderdienst.417 Sicher werden solchen Lei stungen offizielle Aufforderungen durch die Ekklesie vorausgegangen sein. Man kann sie daher als Epidoseis im eigentlichen Sinne betrachten. Im Frühjahr 318 vollzog sich in Athen als Folge des Freiheitsediktes Polyperchons und mit dessen maßgeblicher Hilfe die Rückkehr zur Demokratie, die rund 12 Monate lang bestehen sollte. Die schwierige Lage, in der sich die Stadt damals be fand, hätte einen Epidosisaufruf notwendig gemacht. Kassanders Truppen hielten seit Winter 319/8 den ganzen Piräus mit seinen Häfen besetzt und gefährdeten damit die Lebensmittelversorgung Athens. Die Demokraten waren aus vitalen Gründen daran interessiert, Piräus in ihre Hand zu bringen. Außerdem mußte ihnen klar sein, daß Kassander bei nächster Gelegenheit versuchen würde, auch das Asty in seine Abhängigkeit zu bringen und die Verfassung durch eine erneute Oligarchie zu erset zen. Die Athener brauchten Geldmittel, um die Eroberung des Piräus, an der sich auch Polyperchons Truppen beteiligten, zu finanzieren und die Stadt gegen Kassan ders Angriffe, der sich seit Juli oder August 318/317 persönlich in Piräus aufhielt, in Verteidigungsbereitschaft zu setzen.418 In den Inschriften gibt es Indizien dafür, daß Athen in diesem politisch schwierigen Klima seine Bewohner zu Geldspenden aufforderte. Die für Alkimachos aus Apollonia erlassene Ehrenurkunde IG II 391 verzeichnet eine Schenkung [εις
415 Schäfer, Demosthenes III, 136 Anm. 1 und Wankel, Rede für Ktesiphon 1318f. Schäfer bemerkt, daß alle άπμοι nach der Niederlage von 338 auf Antrag des Hypereides (Frg. 21 Jensen) durch eine Amnestie wieder in den Besitz des vollen Bürgerrechts gelangten. Zudem gehört die in diesem Zusammenhang von Demosthenes berührte Revision des trierarchischen Gesetzes in die Zeit nach Chaironeia. Diese beiden Gründe lassen nur den einen Schluß zu, daß nämlich Aristonikos erst Jahre nach Chaironeia, am wahrscheinlichsten im Jahre 335, επίτιμος wurde. «6 S.u. S. 121. «7 S.o. S. 81ff. und s.u. S. 139f. 418 Die zeitliche Abfolge der Ereignisse der Jahre 319/18 und 318/17 findet sich zusammenge stellt bei J.M. Williams, Α Note on Athenian Chronology 319/18-318/17 B.C., Hermes 112, 1984, 300-305. Zu den Folgen des Freiheitsedikts s. Gehrke, Phokion 107ff. und Habicht, Athen 57ff.
107
2. Euergesien freiwilligen Charakters
την σωτηρίαν (oder: εις την παρασκευή ν) τ] ης πόλεως. Aufgrund dieser Spende wurde dem Apollonier ein im Archontat des Nikokrates (333/2) verliehenes Privileg, das ihm während der Oligarchie 322/1-319/8 aberkannt worden war, erneuert. Bei die sem Privileg handelte es sich entweder um π[ολιτεία] oder π[ροξενία].419 Die Inschrift mit der Erneuerung des Privilegs wird in der Forschung einstimmig in die demokrati sche Phase des Jahres 319/18 datiert.420 Weil dort der Anagrapheus vorkommt, des sen Amt mit dem Beginn des neuen Archonjahrs (Juli 317) abgeschafft wurde, muß die (mit και νυν ansetzende) Schenkung des Alkimachos und der kurz darauf verab schiedete Volksbeschluß in den letzten Monaten des Jahres 318 erfolgt sein, als die Verteidigungsmaßnahmen gegen Kassander voll im Gang waren.421 Man könnte eine weitere Inschrift (IG II 374), in der der akarnanische Arzt Euenor mit dem Bürgerrecht geehrt wird, mit dem Verteidigungsprogramm des Jah res 318 in Zusammenhang bringen. Den Anlaß für die Verleihung der Polirie an Euenor gab die Spende von einem Talent, die [ε]ίς την παρασκευήν bestimmt war. Da wieder das Präskript verloren ist, wurde die Urkunde unterschiedlich in das Jahr 319/18 bzw. 318/17, oder aber in die Jahre bald nach 307 datiert.422 Seitdem M. Wal2
2
bank die Zusammengehörigkeit von IG ΙΓ 242 und IG IV 373 erkannt hat, in der zwei frühere Beschlüsse für Euenor vereint sind, ist klar, daß der Arzt spätestens seit 338/7 in Athen lebte. Er war wegen vorausgegangenen medizinischen Hilfeleistun gen im Archontat des Phrynichos (337/6) mit der Proxenie und im Archontat des Philokles (322/1) mit der Verleihung der Enktesis ausgezeichnet worden. Mit Wal bank ist die frühere Datierung der Rüstungsspende in die demokratische Phase zwi schen der gemäßigten Oligarchie Phokions und der Herrschaft des Demetrios von Phaleron vorzuziehen, weil der Arzt ja schon lange Jahre in Athen lebte und zudem die nächstbeste Gelegenheit ergriffen haben dürfte, die die Verleihung des Bürger rechts in Aussicht stellte.423 Dennoch bleibt die Datierung der Spende in das Jahr 318 unsicher. Hier sei eine dritte Ehreninschrift (IG II 505) aufgeführt, die uns bezüglich der Datierung zweier Geldspenden [ε]ίς [την παρασκευήν του π]ολέμου και την σωτηρία[ν] της π[όλεως] vor dieselben Schwierigkeiten stellt. Im Jahre 302/1 ehrte die Polis mit Nikander und Polyzelos zwei Metöken, deren zahlreiche Verdienste bis weit in die Zeit vor dem Lamischen Krieg zurückreichen. Der Motivkatalog nennt hinter einander Eisphorazahlungen (bis 323/2), zwei während des Lamischen Krieges (Ελληνικός πόλεμος, Ζ. 18) für Flottenexpeditionen verwendete Geldspenden, an schließend einen Beitrag von jeweils 1000 Drachmen für die Verteidigung und Ret419
Politie ergänzt von Osbome, Naturalization I D37. Es könnte auch π[ροξενία] gestanden ha ben, was W. Gawantka, Rez. zu Osbome, Naturalization I, Gnomon 53, 1983, 599 mit plausibler Be gründung vorschlägt: "Da der Titular dieser Bestätigutigsuikande mit seinem heimatlichen Ethnikon angesprochen wird, ist die Ergänzung im Sinne einer Proxeniebestätigung eindeutig vorzuziehen". 420 Datierungsfragen bei Osbome, Naturalization II, 102f. 421 In diesem Sinne Kuenzi, Epidosis 41. 422 Die Jahre 307/6-303/2 als Datierung vorgeschlagen von Kuenzi, Epidosis 44; Osbome, Naturalization II, 130 und Migeotte, Souscriptions pubüques 22 Anm. 42. «3 Walbank, Proxenia for Euenor 199ff.
108
IV. Die Wohltaten der Metoken
tung der Stadt [δτε Αθηναίοι έ]θεντο τάς επιδόσεις (Ζ. 28f.)> und zuletzt Beiträge für den Mauerbau unter dem Archontat des Koroibos (306/5). Da die Verdienste in chronologischer Reihenfolge angeordnet sind, fand die Epidosis [ε]ίς [την παρασκευήν του π]ολέμου και την σωτηρία[ν] της π[όλεως], an der sich Nikander und Polyzelos mit jeweils 1000 Drachmen beteiligten, zwischen 322/1 und 306/5 statt. A. Kuenzi und L. Migeotte setzen sie in das Jahr 307/6. 424 Eine Datierung in das Jahr 318 ist eben falls denkbar. Aus dem ausgehenden 4. Jahrhundert liegen uns eine stattliche Zahl von Ehreninschriften vor, die für verdiente Metöken beschlossen wurden. Wie wir bereits am Beispiel des Iliers Nikander und des Ephesiers Polyzelos beobachten konnten, verzeichnen einige diese Dekrete (z.B. IG ΙΓ 505, IG ΙΓ 554, IG ΙΓ 715) auch frühe re Verdienste, die bereits vor und während des Lamischen Krieges geleistet worden waren. Das seit 307/6 wieder demokratische Athen verzichtete aber aus verständli chen Gründen darauf, Verdienste, die eventuell während der Regentschaft des Demetrios von Phaleron (318/7-307/6) erworben wurden, in den Motivbericht dieser Eh rendekrete aufzunehmen. Daher wissen wir nicht, ob auch Demetrios wohlhabende Metöken zu Geldschenkungen oder anderen Wohltaten aufforderte. Dies dürfte al lerdings kaum der Fall gewesen sein, zumal Demetrios laut Duris von Samos für die Verteidigung und Verwaltung Athens sehr wenig Geld ausgab und die Stadt unter seiner Herrschaft eine bis dahin nicht gekannte friedliche Phase erleben durfte.425 Gleichwohl ist bekannt, daß er befreundeten Metöken zu Privilegien verhalf. Aus ei ner von Demetrios selbst verfaßten Schrift geht hervor, daß sein Freund und Lehrer Theophrast, dem als Metöken das Recht auf Grundbesitz verwehrt war, durch seine Vermittlung ein Grundstück erwerben konnte.426 Nach der Absetzung des Phalereers und der Vertreibung der Truppen Kassanders aus dem Piräus (Juni 308/7) durch den makedonischen Prinzen Demetrios erlangte Athen im Juli 307 erneut seine demokratische Verfassung zurück, die sich jedoch alsbald mit der spürbaren Abhängigkeit von Demetrios als eine "halbfreie Demokratie" erweisen sollte.427 Bereits im ersten Jahr der Demokratie forderte Athen seine Bewohner mehr als einmal zu Geldspenden auf. Am deutlichsten läßt sich dies aus einem Dekret zu Ehren des Pyr[rias?] aus Herakleia am Pontos ablesen, das 305/4 oder bald danach beschlossen wurde. Dieser Beschluß liegt in zweifacher Ab schrift vor. Der in beiden Stelen unvollständig erhaltene Motivbericht zählt hinter einander eine ganze Reihe von Verdiensten des Herakleoten auf: zwei Geldschen kungen (500 und 4000 Drachmen), die mit der Festung Munychia in Verbindung ge bracht werden; ein Darlehen an den Staat, das für militärische Ausgaben verwendet worden zu sein scheint, da Strategen und Demetrios (er führt den Königstitel) ge424
Kuenzi, Epidosis 43; Migeotte, Souscriptions publiques 21 f. Habicht, Athen 68; Lehmann, Oligarchische Herrschaft 70f. 426 F. Wehrli, Die Schule von Aristoteles 4, Basel 21968, Frg. 5; Diog. Laert. 5.39; vgl. J. Christes, Bildung und Gesellschaft, Darmstadt 1975, 59 Anm. 160; Habicht, Athen 63; Scholz, Philosoph und Politik 19. 42 ? Habicht, Athen 76ff., bes. 85ff. 425
2. RuergenenfreiwilligenCharakters
109
nannt werden; H e r a n z i e h u n g z u einer Trierarchie; i m Archontat des Anaxikrates
(307/6) eine Geldspende in Höhe von 3 Talenten, die wohl der Sitonika-Behörde ausgehändigt wurde; eine weitere Spende [εί]ς την σωτηρίαν του δήμ[ου]; zuletzt erneut eine Spende, die für Getreidebeschaffung bestimmt war und im Archontat des Euxenippos (305/4) geleistet wurde.428 Vier der fünf Geldspenden des Pyr[rias] gehören in das Jahr 307/6. Die bei den ersten hatten irgend etwas mit der Festung Munychia zu tun, die im Dekret drei Mal genannt ist. Man kann allerdings den Sinnzusammenhang aus den stark zerstör ten Zeilen nicht klar erschließen. Munychia fiel nach zweimonatiger Belagerung durch die Truppen Athens und des Demetrios erst im August 307/6. Die Festung war zuvor mit Wällen und Gräben eingeschlossen worden.429 Die Beträge des Herakleoten in Höhe von 500 und 4000 Drachmen dürften für die Belagerung der Mu nychia verwendet worden sein. Unklar bleibt, ob Pyr[rias] sich von einem in der Ekklesie beschlossenen Epidosisaufruf leiten ließ oder die Schenkungen aus eigenem Antrieb anbot. Die Spende von 3 Talenten für Getreidebeschaffung erfolgte mit hoher Wahr scheinlichkeit im Rahmen einer Epidosis. Dafür spricht, daß wir weitere Personen kennen, die im Jahre 307/6 Beiräge zum Aufkauf von Getreide gaben. In IG II 499 aus dem Jahr 302/1 wird ein Kaufmann geehrt, weil er eine Getreidelieferung aus Si zilien zu einem verbilligten Preis verkauft und sowohl in seinem als auch im Namen einer ihm nahestehenden Person zwei Geldbeträge εις τά σιτων[ικά] gespendet hatte, bevor er im Vierjährigen Krieg (και νυ]ν εν τώι πολέμ[ωι]) weitere (nicht erhaltene) Verdienste vollbrachte. Da der Krieg mit Kassanders Angriffen auf Attika 306 be gann, ist die zweifache Spende des Händlers in das Jahr 307/6 zu datieren und in die zeitliche Nähe der Spende des Pyr[rias] zu rücken.430 Die vierte, [εί]ς την σωτηρίαν του δήμ[ου] bestimmte Spende des Pyr[rias] dürfte ebenfalls nach einem Epidosisaufruf erfolgt sein. Sie paßt gut in das Rüstungspro gramm des Jahres 307/6. Die Inschrift IG II 1487, Z. 53-90 verzeichnet für das Ar chontat des Anaxikrates (307/6) die Lagerung von schweren Waffen (aufgezählt werden Katapulte, Steilfeuergeschützte für Steingeschosse und flachfeuernde Pfeilge schütze) mit dazugehöriger Munition auf der Akropolis. In Athen wurde bereits gleich nach der Wiederherstellung der Demokratie für den bevorstehenden Vierjähri gen Krieg (τετραετής πόλεμος) schwer gerüstet. Mit einem großangelegten Rüstungs und Mauerbauprogramm unternahm die Stadt alle Anstrengungen, um sich vor dem erneuten Verlust der Freiheit zu schützen. Man rechnete damit, daß sich Kassander mit dem Verlust seiner Positionen in Attika nicht abfinden und daher mit seinen Truppen bald angreifen werde. Bekanntlich ließ der Angriff nicht lange auf sich war428 I G Π2 479 und 480. Eine ergänzte Version des Dekrets bietet A. Wilhelm, Beschluß der Athener zu Ehren eines Herakleoten, AnzWien 1942, 67ff. (= Wilhelm, Akademieschriften III, 98ff.); vgl. auch Migeotte, Emprunt public 27f. 429 Plut. Demetr. 9 mit Habicht, Athen 75. 430 Diese Spenden werden auch von Kuenzi, Epidosis 42, in das Jahr 307/6 datiert und mit einer Epidosis in Zusammenhang gebracht.
110
IV. Du Wohüaten der Metöken
ten, sondern erfolgte noch im selben Jahr.431 Es ist sehr gut möglich, daß die Rü stungskosten — zumindest teilweise — durch eine Epidosis finanziert wurden. In den Jahren 307/6-303/2 wurden die Befestigungen der Stadt einschließlich der Langen Mauern und der Piräusbefestdgungen verstärkt und durch neue Türme er setzt.432 Daneben ließ Athen an den Befestigungen neue Waffen aufstellen. Dieses Mauerbau- und Rüstungsprogramm wurde partiell durch Privatpersonen finanziert. Aus dem langen Ehrendekret für die Metöken Polyzelos und Nikander wissen wir, daß sie im Jahre 306/5 die vollen Baukosten für den Wiederaufbau eines Teils der Langen Mauern — der ihnen zugewiesene Bauabschnitt schloß mehrere Türme mit ein — zur Verfügung stellten. Sie waren zu dieser freiwilligen Leistung durch den Stra tegen Hegesias "eingeladen" worden.433 Trotz offizieller Aufforderung dürfte es sich bei diesem Mauerbaubeitrag um keine Epidosis im eigentlichen Sinne gehandelt ha ben. Wie F.G. Maier bemerkt, waren Türme "immer ein beliebtes Objekt solcher pri vater Baubeiträge; sich inschriftlich als Stifter an 'seinem' Turm verewigt zu sehen ... bot mehr Anreiz als die zu einem gewissen Grad anonyme einfache Geldspende".434 Ein ähnlicher Fall scheint in dem stark verstümmelten Ehrendekret IG II 740 (Dat.: Ende 4./ Anf. 3. Jh.) vorzuliegen, wo im Zusammenhang mit einem Turm und Kriegsereignissen eine Geldspende verzeichnet ist.435 Ein anderer Metöke, Euxenides aus Phaseiis, stiftete zu einem unbekannten Zeitpunkt des Vierjährigen Krieges Seile für Katapulte.436 Auch diese individuelle Schenkung sollte nicht mit einer Epidosis in Verbindung gebracht werden, zumal aus Athen keine Epidoseis in Form von Natura lien bekannt sind. Man kann jedoch mit einiger Gewißheit sagen, daß Athen während des Vier jährigen Krieges zur Deckung von Rüstungs- und Verteidigungsausgaben seine Be wohner mehrmals zu einer Geldumlage aufrief. Mindestens sechs Ehrendekrete aus dem ausgehenden 4. und dem Anfang des 3. Jahrhunderts erwähnen Geldschenkun gen εις την φυλακήν (bzw. σωτηρίαν) της πόλεως. Da in keinem der Dekrete der Zeit punkt der Spenden genannt wird, sind wir außer Stande, diese in die jeweiligen Pha sen des Krieges einzuordnen.437
431
Habicht, Athen 82 mit Belegen. Die Ausführung der einzelnen Mauerbauabschnitte wurde auf dem Wege der μίσθωσις privaten Bauunternehmern übertragen. Der Baubeschluß IG II 463 (= Maier, Mauerbauinschriften Nr. 11) Z. 123f. nennt auch zwei Isotelen, die als Bauunternehmer fungierten. Vgl. die Ausführungen von Maier, Mauerbauinschriften 56ff. 433 IG ΙΓ505, Z. 31-37 mit dem Kommentar von Maier, Mauerbauinschriften 72f. 434 Maier, Mauerbauinschriften 73. 43 5 Maier, Mauerbauinschriften 73f. Nr. 14 mit einer Neuedition und Kommentar. 4 * S.u. S. 137f. 437 IG II 2 489, Z. 24f. für -ykrates, Sohn des Sokrates aus dem Jahr 303/2); IG Π2 729, Z.2f. für einen Unbekannten aufgrund einer Spende von 1000 Dr. [εις την της πόλεως φυλα]κήν (Dat.: init. s. III.); IG II2 739, Ζ. 7 für einen weiteren Unbekannten (Dat.: init. s. III.); IG II 2 744, Z. 3ff. für einen Getreidehändler (?) aus Sikyon, der 10000 Dr. [εις τήν τη]ς [π]όλεως σω[τηρίαν und -00 Dr. an die Ge treidekasse (?) spendete (Dat.: init. s. ΙΠ); IG II 747 + Add. S. 666, Z. 6ff. für einen Unbekannten, der [γενομέ]νων επιδόσεων εις τήν τ[ειχοποιίαν έπέδωκε ικανά χρή]ματ[α] (Dat.: init. s. III). 432
2. Euergenenfreimlägen Charakters
111
Während des Vierjährigen Krieges fiel Kassander mit seinen Truppen minde stens zwei Mal (307/6 und 304/3) in Attika ein. Zur Abwehr wurden auch Metöken eingesetzt, was wiederum nur aus Ehrendekreten zu erfahren ist. Nikander und Polyzelos dienten nach ihren Mauerbaubeiträgen (306/5) und vor ihrer Ehrung (302/1) μετά του δήμου in der Flotte und bei der Infanterie. Deren Heranziehung zum Mili tärdienst überrascht insofern, als sie damals das kriegsdienstfähige Alter von 60 Jah ren überschritten haben dürften. Sie waren bereits 347/6 volljährig, weil sie in jenem Jahr zum ersten Mal eine Eisphora gezahlt hatten. Auch der Phaselite Euxenides wurde zu den Waffen gerufen, u.Z. ebenfalls während des Vierjährigen Krieges, da sein Kriegsdienst im Motivbericht hinter der Schenkung der Katapultseile plaziert ist.438 Im ausgehenden 4. oder am Anfang des. 3. Jahrhunderts ehrte Athen mit Hermaios einen weiteren Metöken für seine langjährigen Verdienste. Der Leistungsbe richt nennt Kriegsdienst (στρατείαι), Eisphorazahlungen und eine Spende von 10 Mi nen, die nach der Ergänzung von A. Wilhelm für die Rettung der Stadt und den Schutz des Hinterlandes bestimmt war.439 Anders als bei den Ehrendekreten für Ni kander, Polyzelos und Euxenides ist dort der Kriegsdienst an erster Stelle genannt. Da wir nicht wissen, ob mit den Eisphorai jene Sondersteuem gemeint sind, die vor 323/2 in die Kasse der zehn Talente bezahlt wurden, bleibt unklar, wann Hermaios Kriegsdienst leistete. Da in seinem Dekret von στρατείαι im Plural die Rede ist, kann Hermaios sowohl vor als auch während des Vierjährigen Krieges an Kriegseinsätzen teilgenommen haben. Seine Spende von 10 Minen fällt auf jeden Fall in die Zeit kurz vor die Ehrung, also in die letzten Jahre des ausgehenden 4. Jahrhunderts, weil sie den unmittelbaren Anlaß für die Ehrung gab. Die Athener verliehen im Jahr 304/3 einem gewissen Neaios das Bürgerrecht, weil er während des Krieges mindestens zwei Geldschenkungen vorgenommen und sich an den Kämpfen, die nahe Eleusis stattfanden, in besonderer Weise ausgezeichnet hatte.440 Bei Neaios könnte es sich ebenfalls um einen in Athen ansässigen Metöken handeln, obzwar M. Osbome die Ansicht vertritt, daß er kein Metöke, sondern ein Vertrauensmann des Demetrios war.441 Wie oft Athen in seiner wechselvollen Geschichte des 3. Jahrhunderts für Verteidigungs- und Rüstungszwecke Zuflucht zu Epidoseis suchte, wird sich bei der dürftigen Quellenlage kaum ermitteln lassen. Die Zahl der Volksbeschlüsse geht stark 43Ä
IG II 2 554, Z. 16-19. IG Π 715 4- Add. S. 666, 2 . 9ff.: έπέδωκε δ||έ και δ]έκα μνάς ά[ργυρίου εις την σωτηρίαν | του δήμ]ου και τη [ν φυλακήν της χώρας 440 IG Π2 553 = Osbome, Naturalization Ι, D44. 441 Osbome, Naturalization Π, 117ff. rückt Neaios deshalb in die Nähe des Demetrios, weil er naturalisiert wurde, während Metöken wie Polyzelos, Nikander, Euxenides oder Hermaios für ihre Verdienste mit weniger hohen Privilegien (Isotelie, Enktesis u.a.) bedacht wurden. Man sollte allerdings bedenken, daß einige Jahre zuvor der Arzt Euenor, der eindeutig ein Metöke war, für eine hohe Geldspende (1 Talent) ebenfalls mit dem athenischen Bürgerrecht belohnt worden ist. Möglicherweise hat Neaios große Summen geschenkt und sich zudem während des Kampfeinsatzes nahe Eleusis durch besondere Tapferkeit ausgezeichnet. Es ist zudem denkbar, daß Neaios einflußreiche athenische Politiker zu Freunden hatte, die sich für die Politieverleihung eingesetzt haben könnten. Demnach könnte Neaios sehr wohl ein Metöke gewesen sein. 439
112
IV. Die Wohltaten derMetöken
zurück, wofür nicht zuletzt die lange Abhängigkeit der Stadt von den Antigoniden verantwortlich ist. Erhalten sind aus diesem Jahrhundert lediglich etwa 10 Ehrende krete für Metöken, die nach wie vor unsere Primärquelle für deren Euergesien bil den.442 Sie alle stammen aus den Phasen, in denen die Stadt ganz oder teilweise unab hängig war. In 8 Fällen gaben Geldschenkungen den Anlaß für die Ehrung, wobei unklar bleibt, wieviele dieser Spenden während einer Epidosis geleistet wurden. Um das Jahr 255 erhielt Phaidros von Sphettos für seine gesamte politische Tätigkeit von vierzig Jahren die hohen Ehren, die hochverdienten Politikern im Alter zuerkannt wurden. Im Beschluß, der diese Ehren verzeichnet, wird Phaidros neben seinen vielen anderen Verdiensten auch dafür gelobt, daß er sich an allen Epidoseis, die vom Volk ausgerufen worden waren, beteiligt hatte.443 Diese Notiz ist ein sicherer Beleg dafür, daß in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts mehrere Epidoseis stattfan den. Aus einem Ehrendekret für den Metöken Thibron und aus der Vita des Philo sophen Zenon sind wir über zwei solcher Epidoseis unterrichtet. Sie dienten aller dings nicht Rüstungszwecken, sondern dem Aufkauf von Getreide und der Reparatur einer Therme.444 Nur wenige Jahre nach der Ehrung des Phaidros von Sphettos rief Athen im Archontat des Antimachos zu einer Epidosis auf, die für die Verteidigung der Stadt bestimmt war. Diese Epidosis ist aus dem Dekret IG II 768+802 bekannt, das zu Ehren des in Athen ansässigen Pergameners [?Aisch]ias beschlossen wurde: έπ[ειδή Αΐσχίας ευ|νου]ς ών διατε[λεϊ τ]ώι δήμ[ωι τ]ώι [Αθηναίων καί νυ||ν γεν]ομένων έ[πιδό]σ[ε]ων ει[ς τά] δ[ημόσια έργα και ε|ίς την] της πό[λεω]ς [φ]υλακήν [έπέδ]ω[κε ίο }.. και άργυρ[ίου J.445 Der Pergamener wurde noch im selben Jahr für seinen Epidosisbeitrag, bei dem es sich um mehrere Minen oder ein Talent gehandelt haben muß, mit der Isotelie (?) und mit dem Recht der Enktesis belohnt.446 Das Jahr, in wel442 IG II 2 744; IG II 2 715 + Add. S. 666; (?) IG II 2 651; IG II 2 670; IG II 2 666+667; (?) Hesperia 3, 1934, 7f. Nr. 9 = Athenian Agora XVI, Nr. 191; IG II2 768+802; IG II 2 835; IG II 2 786; IG II2 857. Das bruchstückhaft erhaltene Ehrendekret IG II 748 (Dat.: init. s. III.) dürfte ebenfalls einem Metöken gegolten haben, da Eisphorazahlungen des Geehrten genannt werden und das Verb εύεργετεϊν (Ζ. 2) bei den Dekreten für verdiente Politen nicht gebraucht wird. Anlaß für die Ehrung des Metöken war anscheinend eine Geldspende, da in Z. 5 χρήμα[τα] genannt werden. An den Anfang des Jahrhunderts gehören die Dekrete IG II 744 für den Getreidehändler aus Sikyon und IG II 715 + add. p. 666 für Hermaios (die in beiden Beschlüssen genannten Geldschenkungen können sehr wohl auch in den letzten Jahren des 4. Jahrhunderts geleistet worden sein; s.o. S. 105 mit Anm. 438. *» IG ΙΓ 682, Z. 62f.: και οσαι επιδόσεις γεγόνασιν εν τώι δήμωι πα|σών μετέσχηκεν. Näheres zu hohen Ehrungen von athenischen Politikern s. Gauthier, Bienfaiteurs 77ff. und Habicht, Studien 124ff. 444 Thibron: IG Π 670, Ζ. 11; Zenon: Diog. Laert. 7.12. Dagegen scheint die von einem unbe kannten Spartaner während des Chremonideischen Krieges geleistete Spende εις την [ο]ίκο[δομίαν — - ]κοντα τάλαντα [ τη]ς [π]όλεως keine Epidoseis zu sein (B.D. Meritt, Hesperia 3, 1934, 7f. Nr. 9 = Athenian Agora XVI, 191, Z. 11-13); der Geehrte hat wohl auch die Flotte mit einem Beitrag unterstützt (Z. 15: εις τάς ν]αυς έπ[έ]δωκε[ν ). 445 Ζ. 8-12. Mit den von Wilhelm, Akademieschriften III, 398 ergänzten δημόσια έργα können Reparaturen an den Stadtbefestigungen gemeint sein. In diesem Sinne Migeotte, Souscriptions publiques 26f. Die Ergänzung des Namens Aischias stammt von Habicht, Studien 23. 446 IG II 2 768+802 (= Wilhelm, Akademieschriften I, 436), Z. 19-23: [έπαινέσαι Αίσ||χ]ίαν Άκροτ[ίμο]υ Περγαμη[νόν εύνοιας ένεκεν τ|ής] ττρός την β[ου]λήν καί τόν δ[ήμον τον 'Αθηναίων κ|αί]
2. Euergenen freiwilligen Charakters
113
chem Antimachos das Archontat bekleidete, ist bislang noch nicht gesichert. In Frage kommen nur die Jahre 255/4-250/49. Während C. Habicht eine Datierung in die Mitte der 50er Jahre vorschlägt, hat sich M. Osbome für die Jahre 253/2-251/0 aus gesprochen.447 Weil die durch die Epidosis zusammengebrachten Gelder zur Dekkung von Verteidigungskosten verwendet wurden, muß Athen damals in kriegerische Handlungen verwickelt gewesen sein. Davon, daß Attika in der Mitte der 50er Jahre durch einen Krieg unmittelbar gefährdet war, ist bisher nichts bekannt. In den späten 50er Jahren hingegen war eine Bedrohung durch Alexander, den Neffen des Antigonos Gonatas, gegeben. Nach seinem Abfall von Antigonos bedrohte Alexander von seinen Stützpunkten Korinth und Euböa aus Attika. Zwei attische Inschriften bezeu gen, daß es zu Kämpfen mit Alexanders Truppen kam.448 Der Beschluß zu Ehren des argivischen Tyrannen Aristomachos (IG II 774) gibt zudem Auskunft darüber, daß durch dessen Vermittlung zwischen Athen und Alexander ein Frieden geschlossen wurde (ca. 249/8). Die Epidosis zur Verteidigung der Polis, an der sich der Pergamener beteiligte, scheint in die Zeit zu gehören, in der Alexanders Truppen in Attika einfielen. Demnach wäre das Archontat des Antimachos in die späten 50er Jahre zu datieren. Im Beschluß IG ΙΓ 798 zu Ehren eines Bürgers aus Kydathen, den C. Habicht in das dem Archontat des Antimachos folgende Jahr setzt, ist eine Epidosis εις την φυλακήν της χώρας genannt. Der Athener, dessen Name verloren ist, hatte επί άρχοντος Α - als Agonothet aus eigenen Mitteln zur Ausgestaltung der Dionysien bei gesteuert und zu einem späteren Zeitpunkt einen Epidosisbeitrag zum Schutz der Chora geleistet. Habicht hat den verstümmelten Archonnamen zu A[ntimachos] er gänzt (die Ergänzung A[thenodoros] ist ebenfalls möglich, von dem wir wissen, daß er in der zweiten Hälfte der 50er Jahre ebenfalls das Archontenamt bekleidete)449 und zudem angenommen, daß die Epidosis εις τήν φυλακήν της χώρας noch während des sen Archontat stattgefunden habe. Er geht noch einen Schritt weiter mit der Annah me, die in dem Ehrendekret des Pergameners genannte Epidosis ει [ς τα] δ[ημόσια έργα και εις την] της πό[λεω]ς [φ]υλακήν sei mit der Epidosis εις την φυλακήν της χώρας identisch. Gegen die Gleichsetzung beider Epidoseis spricht jedoch der voneinander abweichende Zweck beider Geldumlagen.450 Zudem ist die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, daß die Epidosis des Atheners aus Kydathen in dem Jahr geleistet worden ist,
δεδόσθαι [αύ]τώι και έγγ[όνοις ίσοτέλειαν κα|ί ε]νκτησι[ν οίκί]α[ς] πμήμα[τος XXX?] κτλ. 447 Habicht, Studien 23; MJ. Osbome, The Chronology of Athens in the Mid Third Century B.C., ZPE 78,1989, 234ff. 448 IG II 2 1225 und 774. Zum Inhalt der Inschriften s. Habicht, Athen 165. Dort ist auch ein Grabepigramm genannt (Moretti, ISE 24), in dem ein in Kämpfen um Salamis gefallener Athener für seine militärische Tapferkeit gepriesen wird. 449 Osbome, ZPE 78, 1989, 237 datiert das Archontat des Athenodoros in das Jahr 254/3 und das Archontat des Antimachos in das Jahr 252/1. Dort findet sich auf S. 235 eine Edition von IG II2 798 mit den neuen Fragmenten, die zuerst in Hesperia 4,1935, 583 veröffentlicht worden sind. 450 Habicht, Untersuchungen 129f.; s. auch die gegen Habicht vorgebrachten Einwände von Migeotte, Souscriptions publiques 27.
114
IV. Die Wohltaten derMetöken
aus welchem auch das Dekret stammt, d.h. nach dem Archontat des Antimachos. Somit hätten wir aus den späten 50er Jahren zwei Epidoseis gesichert. Wußte man von den bisher behandelten Epidoseis nur aus Ehrendekreten und literarischen Quellen, gibt die beinahe vollständig erhaltene Urkunde IG II 791 aus dem Archontat des Diomedon sowohl vom Aufbau eines Epidosis-Beschlusses als auch über den genauen Ablauf einer solchen Umlage eine gute Vorstellung.451 Auf ei ne in größeren Buchstaben geschriebene Überschrift (Ταμίας στρατιω[τικών] | Ευκλείδης Μικίωνος [Κηφισιεύς]) folgt der eigentliche Beschluß (Z. 3-29). Ihm schlie ßen sich als zweiter Teil der Urkunde eine weitere Überschrift (οϊδε έπέδωκαν εις την σω[τ]ηρίαν της π[ό]|λεως και τήν φυλακήν της [χ]ώρας κατά τ[ό] | ψή[φ]ισμα του δήμου, Ζ. 30-32) und darunter, auf drei Kolumnen verteilt, die Namen der Spender an (Z. 33-81). Die Bürger sind durch das ihrem Namen hinzugefügte Demotikon erkennbar, während Fremde mit ihren Ethnika, nicht aber mit der Formel οίκων έν τω δεΐνι δήμω, wie zu erwarten wäre, gekennzeichnet sind.452 Abweichungen von dieser Regel stellen Sosibios, dessen Namen der Ehrentitel ίσοτέ(λης) hinzugefugt ist (col. II, Z. 52), und Lykon mit dem Zusatz φιλόσο(φος) dar. Bei Letzterem handelt es sich um den dama ligen Leiter des Peripatos, der aus Alexandria in der Troas stammte.453 Mit dem Beschluß werden alle Bewohner Afrikas aufgefordert, einen freiwilli gen Beitrag für die Rettung der Polis und zum Schutz des Umlandes zu leisten. Ge meldet werden soll die Spende innerhalb der beiden nächsten Monate in der Ekklesie, bei der Boule oder bei den Strategen. Als untere Grenze für die zu spendende Sum me werden 50 Drachmen und als Maximum 200 Drachmen festgesetzt. Eine solche Vorschrift im Hinblick auf die Höhe der zu spendenden Summe scheint es in den früheren Epidosis-Aufrufen nicht gegeben zu haben, denn sie haben zu Spenden ge führt, die mehrere tausend Drachmen oder gar mehrere Talente betrugen. Anders als in den Ehrendekreten wird der Zweck der Epidosis hier noch wei ter konkretisiert: Die in die Kasse des ταμίας των στρατιωτικών eingezahlten Beiträge sollen diesen (es war Eukleides von Kephisia, der spätere Freiheitsheld von 229) in die Lage versetzen, die zur Einbringung der Feldfrüchte (nicht Getreide, da nur von καρποί die Rede ist) notwendigen Ausgaben zu bestreiten. Man hat hier wohl vor nehmlich an die Besoldung der Truppen zu denken, die mit dem Schutz der Chora betraut wurden. Allem Anschein nach war es in den dem Beschluß vorausgegangenen Jahren zu Schwierigkeiten oder Gefahren bei der Einbringung der Ernte gekommen, denen man durch die Stationierung von Truppen in der Chora entgegentreten wollte. Auffallig ist, daß unter den Spendern die Metöken in geringer Zahl vertreten sind. Soweit erkennbar, enthält die Liste neben ca. 78 Bürgern nur 7 Fremde. Mögli451 IG II 2 791 mit der Publikation neuer Fragmente in Hesperia 11, 1942, 287ff. Nr. 56. Der gesamte Text findet sich neuerdings in SEG XXXII 118 und Athenian Agora XVI, Nr. 213. Ausführliche Kommentare zum Beschluß bei Habicht, Studien 26ff. und Migeotte, Souscriptdons publiques 28ff. 452 Bei den Fremden handelt es sich um pDiogenjes aus Makedonien (col. I, 48), [ZJophyros aus Syrakus (col. I, 59), Phi[I]okles aus Korinth (col. I, 65), Hekataios aus Mesembria (col. I, 73), den Philosophen Lykon und den Isotelen Sosibios, der für sich und seinen Sohn spendete. 453 Athenian Agora XVI, 213, co. I, Z. 71; vgl. Sonnabend, Freundschaften 272.
2. Euergenen freiwilligen Charakters
115
cherweise war der Zweck der Epidosis für viele Metöken, die überwiegend in den städtischen Demen lebten und daher für die Belange des Umlandes wenig Interesse aufgebracht haben werden, nicht attraktiv genug. Bestätigen scheint sich dies durch Fergusons Beobachtung, wonach sich an der Epidosis auch sehr wenige Bürger aus den städtischen Demen beteiligt haben. Bei der überwiegenden Mehrzahl der Spen der handelt es sich um Bürger, die in den Demen der Mesogaia lebten.434 Gerade die se wären im Falle der Vernichtung der Feldfrüchte die Hauptbetroffenen gewesen, was ihre starke Repräsentanz an der Spenden-Aktion erklären würde. Allerdings könnte sich in diesen Zahlen auch die Relation der Metöken zu den Bürgern wider spiegeln. Es ist jedenfalls sicher, daß im 3. Jahrhundert die Metökenbevölkerung stark abnahm.455 Diese Geldumlage aus dem Archontat des Diomedon wird von C Habicht in das Frühjahr 243 datiert. Er vermutet als Auslöser dieser Aktion einen von den Athenern befürchteten Angriff von selten der Achäer unter Arat. "Da Arat sich un verhofft ... einem größeren Ziel (sc: nämlich der Eroberung Akrokorinths) zuwandte, ist die Gefahr damals nicht akut geworden, sondern erst etwa neun Monate später, im zeitigen Frühjahr 242, beim ersten Einfall Arats nach Attika und Salamis".456 Die Achäer setzten in den 30er Jahren ihre Einfalle in Attika in regelmäßigen Abständen fort. Mit diesem gewaltsamen Mittel, das auch die Verwüstung der atti schen Chora mit einschloß, verfolgte Arat das Ziel, die Athener zum Eintritt in den Achäischen Bund zu zwingen. Er unternahm auch zum wiederholten Mal Versuche, den seit 295/4 von den Truppen der Antigoniden besetzten Piräus zu erobern.457 Dieser achäische Plünderungskrieg war mit Angriffen gekoppelt, die die Ätoler als Verbündete der Achäer von der See her auf Attika unternahmen.458 In das Klima die ser Jahre gehört die Epidosis εις την σωτηρίαν τώμ π[ολιτών], die im Proxeniedekret für den Metöken Apollas genannt ist. Auch für diese Geldumlage war ein Minimalund ein Maximalbeitrag festgesetzt, deren Höhe allerdings das Dekret verschweigt. Apollas zahlte den höchsten zulässigen Beitrag, u.z. gleich drei Mal (für sich und sei ne beiden Söhne).459 Daß diese Epidosis in das hier vorgeschlagene Jahrzehnt zu datieren ist, legen die beiden anderen im Motivkatalog aufgeführten Verdienste des Apollas nahe. Nach 454
Ferguson, Hellenistic Athens 204; Habicht, Studien 28f. S. o. S. 22f. Ganz ähnliche ist die Relation in einer weiteren Epidosisliste, die rund 60 Jahre später beschlossen wurde (IG II 2332; Dat.: P183/2). In dieser Liste, die die Überschrift οϊδε έπ[έδωκαν εις τ έπι Ερμογένους] | άρχ[οντος] trägt, waren ursprünglich etwa 400 Namen verzeichnet. Sicher zu erkennen sind 251 Bürger und 27 Fremde. Diese fremden Spender waren laut Migeotte, Souscriptions publiques 41, "sans doute des meteques". Zu ihren Herkunftsländern s. auch Pope, Non-Athenians 28. 456 Habicht, Studien 29f. Einwände gegen die Datierung s. Dreyer, Athen 191f. Anm. 332. 457 Plut Arat. 33. 458 Habicht, Athen 166f. 45 * IG II 2 835, Z. 1-5 (in der Herstellung von A. Wilhelm, Akademischriften II, 545): [....9...]v ό δήμος εξ έπιδόσε[ων ..5..|....9....]ν εις την σωτηρίαν τώμ ττ[ολιτών | εν πρώ]τοις [έ]πέδωκε και υπέρ έαυτο[ϋ και ύ|πέρ τώ]ν ύώ[ν] αμφοτέρων όσον πλείστον [ην έν||δεχό]με[νον]. Der verlorene Teil des Motivberichts führte früherere Verdienste des Apollas auf. 455
116
IV. Die Wohltaten der Metoken
dieser Geldspende half Apollas der Stadt mit einem Darlehen in Höhe von 2000 Drachmen, das "für die Freiheit" Athens verwendet wurde (προδανεισμός χρημάτων εις την έλευθερίαν, Ζ. 6f.). Zuletzt trug er (im Jahr des Beschlusses) mit einer Spende zur Befestigung des Zea-Hafens bei.460 Da Athen erst wieder 230/29 durch die Wie dervereinigung mit dem Piräus in den Besitz des Zea-Hafens kam und das im Ehren dekret des Staatsmannes Eurykleides von Kephisia festgehaltene Programm zum Wiederaufbau der Mauern von Asty und Piräus kurz danach begonnen wurde, muß sich ελευθερία auf die mit dem Abzug der makedonischen Besatzungen aus Attika wiedergewonnene Freiheit Athens von 230/29 beziehen.461 Man kann auch eine pas sende Erklärung dafür finden, weshalb Athen damals zur Wiedererlangung seiner Freiheit den Weg zur Aufnahme von Anleihen beschritt. Nach dem Tod des Demetrios II. (230/29) erklärte sich der in Attika kommandierende Statthalter Diogenes bereit, gegen eine Ablösesumme von 150 Talente Piräus und andere besetzte Teile Atrikas zu räumen.462 Diese Summe brauchte er zur Abfindung der ihm unterstellten Truppen. Um sie möglichst bald zusammenzubringen, machte die Polis eine Anleihe bei wohlhabenden Bewohnern Attikas.463 Neben Apollas ist ein weiterer in Athen an sässiger Fremder bekannt, der der Aufforderung folgte und den Athenern zum Zweck der Auszahlung der makedonischen Garnison ein Darlehen gab. Es handelt sich dabei um Aristokreon aus Soloi, den Neffen des Stoikers Chrysippos.464 Bald nach Abzug der makedonischen Garnisonen begann das nunmehr freie Athen mit dem Wiederaufbau der Mauern von Asty und Piräus sowie mit der Befe stigung seiner Hafenanlagen. Im Ehrenbeschluß für Eukleides wird die Initiative für diese notwendige Maßnahme ihm und seinem Buder Mikion zugeschrieben.465 Wäh rend über die Finanzierung der Stadt- und Piräusmauem keine genauen Nachrichten vorliegen, machen mehrere Zeugnisse klar, daß die Neubefestigung der Häfen durch private Spenden ermöglicht wurde. Daß die zur Befestigung (όχύρωσις) des ZeaHafens erforderlichen Mittel durch eine Epidosisaktion aufgebracht wurden, geht aus 460
IG i f 835 (A. Wilhelm, Akademischriften Π, 545) Z. 5-15: [κατ]ά δε τόμ ττροδανεισ[μόν χρη|μά]των [ει]ς την έλευθερίαν [πάλιν εν πρώ|τοις] δισχιλίας προεισήνενκεν δραχμά[ς ούχ ύπό | του δήμ]ο[υ άξι]ωθείς, άλλα αυτός εκών [της του | δήμο]υ [χρ]ε[ί]ας στοχαζόμενος· και νυν [Αθηναίων || την όχύ]ρωσιν του εν Ζέαι λιμένο[ς ψηφισα|μενων] ού[δέ] ταύτης άπολέλευτται τ[ής έπιδό|σεως], άλλα τοίς πολίταις ένάμιλλο[ν παρασ|κευάζω]ν εαυτόν είσενήνοχεν οσο[νπερ ό δή|μος ην έ]φηφισμένος και υπέρ εαυτού κ[αί υπέρ || των ύ]ώ[ν Θ]αρρύνοντος και Αγαμή[δ]ου; s. dazu die Kommentare bei Maier, Mau erbauinschriften 81 f. und Migeotte, Souscriptions publiques 35ff. 461 So die einhellige Meinung: Maier, Mauerbauinschriften 82; Pecirka, Enktesis 114f.; Habicht, Studien 81; Migeotte, Souscriptions publiques 35ff.; Dreyer, Athen 192 Anm. 335. 462 Diogenes war wahrscheinlich athenischer Bürger und mit den Eteobutaden verschwägert. Nach der Räumung des Piräus stifteten die Athener ihm einen Kult, der sich bis in das 3. Jahrhundert, n. Chr. nachweisen läßt. Belege bei Maas, Prohedrie 92. Vgl. auch Ph. Gauthier, REG 99, 1986, 127. 463 Da diese hohe Summe möglichst schnell aufzubringen war, werden die Athener auch von befreundeten Staaten Darlehen aufgenommen haben. Arat soll damals laut Plut. (Arat. 35) 20 Talente beigesteuert haben. Vgl. Wilhelm, Akademischriften I, 477; Habicht, Studien 79ff.; ders., Athen 176f. «* IG Π 786, Ζ. 3-5 ; zur Person Aristokreons s. Sonnabend, Freundschaften 283ff. «* IG II 2 834, Z. 15ff.: και τους λιμένας ώχυρωσ[ε και τα τείχη του] | άστεως και του Πειραιέως έπισκεύα' [σε ματά Μικίωνος του] | αδελφού κτλ.
2. Buergenen freiwilligen Charakters
117
der Ehreninschrift für Apollas hervor. Der Metöke hat wie einige Jahre zuvor auch bei dieser Epidosis den höchsten zulässigen Beitrag drei Mal gezeichnet und so dafür gesorgt, daß auch die Namen seiner beiden Söhne in die (verlorene) Epidosisliste und in das (erhaltene) Ehrendekret mit aufgenommen wurden. Wohl etwa zur selben Zeit nahmen Aristokreon aus Soloi εις την χώσιν [των λιμένων] und ein Unbekannter [εις τάς προ]σχώσεις [των λ]ιμένων Geldschenkungen vor.466 C Habicht setzt diese Spen den mit der im Apollas-Dekret genannten έπίδοσις εις την όχύρωσιν του εν Ζέαι λιμένος gleich.467 Auch wenn diese Vermutung nicht unmöglich ist, könnte man ebenso an Geldspenden denken, die unabhängig von einer Epidosis geleistet wurden.468 Weitere Epidoseis für Rüstungs- und Verteidigunszwecke sind aus der späteren Geschichte Athens nicht belegt.
b. Geldspenden für Nahningsmittelbeschafiung Eines der größten Probleme, die das klassische und hellenistische Athen zu bewältigen hatte, war die Versorgung seiner Bevölkerung mit Getreide, das wichtigste Grundnahrungsmittel überhaupt, sicherzustellen.469 Dieses Problem stellte sich vor allem deswegen, weil die Eigenproduktion an Getreide nur einen Bruchteil (ca. ein Viertel bis ein Drittel) der tatsächlich verbrauchten Menge ausmachte. Eine weitaus größere Menge mußte daher aus dem Ausland importiert werden. Da die Lebensfähigkeit der Stadt von Getreidezufuhren abhing, wurden Fragen "der Getreideversorgung und der Landesverteidigung" von der Volksversammlung regelmäßig behandelt.470 Überhaupt gab es in klassischer Zeit keine vergleichbare Polis, die annähend soviel Getreide einfuhren mußte wie das bevölkerungsreiche Athen.471 Allerdings sind genaue Angaben über das jährliche Importvolumen an Getreide kaum möglich. Dies hat seinen Grund darin, daß quantitative Werte über den Umfang der Eigenproduktion und über die importierten Getreidemengen sowie über die Bevölkerungszahlen nur unzureichend überliefert sind. Der Mangel an zuverlässigen Angaben hat in der Forschung zu recht unterschiedlichen Schätzungen geführt.472 466
IG Π2 786, Z. 6; SEG XIV 67. Habicht, Studien 82 Anm. 18. 468 Auch IG II2 857, Z. 14 aus den Jahren 229-214 dürfte sich auf diese Epidosis beziehen; der darin Geehrte, ein Trapezit, hat wenigstens ein Talent gespendet; vgl. Habicht, Studien 82 Anm. 18. 469 Foxhall/Forbes, Sitometria 41 ff. veranschlagen den Anteil der Getreideprodukte an der Gesamternährung auf ca. 70-75%. Fleischprodukte wurden von der breiten Bevölkerung nur in geringen Mengen konsumiert, weil sie gemessen an Getreidepreisen zu teuer waren. Die Preise für das 4. Jahrhundert zusammengestellt bei Zimmermann, Freie Arbeit 102f. Zu den Mehl- und Getreidepreisen s. femer F. Heichelheim, Art. Σίτος, RE Suppl. VI, 1935, 887ff. 470 Xen. mem. 6.13; Aristot. rhet. 1360a; Aristot. Ath. pol. 43.3f. 471 Demosth. 20.31: πλείστω των ανθρώπων ήμεϊς έπεισάκτω σίτω χρώμεθα. Vgl auch Demosth. 18.87.241. 472 Grundlage jeder Diskussion über die Gesamthöhe eingeführten Getreides sind die Angaben von Demos thenes (20.31 f.): Aus dem Bosporanischen Reich Leukons bezog die Stadt i.J. 357 400000 Medimnen Getreide; diese Menge bildet laut Demosthenes die Hälfte des jährlich nach Athen im467
118
IV. Die Wohltaten
derMetöken
Solange Athen im 5. Jahrhundert mit seiner Flotte neben der Ägäis auch die Zufahrtswege zum Pontos Euxeinos kontrollierte, war die Getreideversorgung seiner Bevölkerung sichergestellt.473 Mit dem Zusammenbruch der Arche setzte in der End phase des Peloponnesischen Krieges eine lange Periode ein, in der Getreideknappheit häufig auftrat/Die Kapitulation vor Sparta (404) wurde letzlich durch die Aushunge rung Athens herbeigeführt, nachdem Lysander durch eine Seeblockade die Kornzu fuhr in die Stadt unterbunden hatte.474 Im 4. Jahrhundert gab es keine Dekade, in der sich die athenische Bevölkerung nicht mindesten einmal mit Getreideengpässen kon frontiert sah.475 Auf die Ursachen der so oft bezeugten Getreideknappheit kann hier nur summarisch eingegangen werden.476 Ein großes Übel für Athen stellten die bevölkerungsreichen Städte des Pontos und der Propontis (Herakleia Pontike, Byzantion, Chalkedon und Kyzikos) dar, die Getreideschiffe auf der Rückfahrt nach Piräus kaperten, um mit dieser widerrechtli chen Maßnahme ihren eigenen Bedarf zu decken. Zeugnisse für solche "Raubritter methoden der Bosporusstädte" auf Kosten Athens liegen aus dem 4. Jahrhundert mehrfach vor.477 Auf die Lebensmittelversorgung Athens in starkem Maße störend portiertierten Getreidevolumens. Diese Angaben fanden in der Forschung (A. Böckh, KJ. Beloch, F. Heichelheim, IC Köster u.a.) weitgehend Akzeptanz, zumal Demosthenes auf Eingangslisten der Sitophylakes verweist und zu erwarten ist, daß er als Staatsmann über die wichtige Frage der Getreide versorgung gut unterrichtet war. Daher kommt dem jährlichen Importvolumen an Getreide für die Mitte des 4. Jahrhunderts mit ca. 1000000 Medimnen eine hohe Wahrscheinlichkeit zu. Wegen der größeren Bevölkerungsdichte dürfte der Getreideimport in der Zeit des Perikles sogar etwas höher gewesen sein. Eine Diskussion der älteren Literatur bei Köster, Lebensmittelversorgung 34ff.; Erxleben, Verhältnis 366. Vgl. auch Isager/Hansen, Athenian Society 11 ff.; Hopper, Handel und Industrie 83ff. bes. 105ff.; Will, Athen und Alexander 107ff. Laut Isager/Hansen, Athenian Society 62, "Ath ens required a minimum o f six hundred shiploads of grain to cover ist annual needs". Als überhöht abzulehnen sind die Zahlen von L. Gernet, L' approvisionnement d'Athenes en ble au V et au I V siecles, Paris 1909, 296ff.: 3,5-4 Millionen Medimnen eingeführtes und 600000 Me dimnen in Attika erwirtschaftetes Getreide bei einer Gesamtbevölkerung von 500000-600000 Men schen. Als verfehlt sind auch die Zahlen zu betrachten, die Garnsey, Grain for Athens 62ff. und ders., Famine 99ff. mit Tab. 6 auf S. 101 vorgelegt hat. Nach seinen Berechnungen war im 4. Jh. 5,4 % der Gesamtfläche Attikas für den Getreideanbau geeignet. Gamsey stützt sich dabei auf die in IG Π 1672 für das Jahr 3 2 9 / 8 genannten Aparchezahlungen an das Eleusinische Heiligtum. Damals erwirt schaftete Athen auf 12930 ha Anbaufläche 27062 Medimnen Weizen und 339925 Medimnen Gerste. Diese Menge habe zur Ernährung von 53000-58000 Menschen (bei einer geschätzten Gesamtbevöl kerung von 150000-200000) ausgereicht. In der (keineswegs gesicherten) Annahme, daß die Ernte von 329/8 unter dem Durchschnitt lag, kommt Gamsey, Famine 104, zu dem Ergebnis, daß die atti sche Eigenproduktion an Getreide (Weizen + Gerste) "under normal conditions" 120000-150000 Menschen, d.h. den Großteil der Bevölkerung, ernähren konnte und nur eine geringe Menge an aus wertigem Getreide benötigte. 473 S. die Ausführungen von Köster, Lebensmittelversorgung 24ff., der allerdings bereits für die 420er Jahre und für die Ausgangsphase des Peloponnesischen Krieges mehrere Getreideengpässe konstatiert. 474 Die einzelnen Etappen der Blockade vom Lebensmittelmangel bis zur schweren Hungersnot gut herausgearbeitet bei Kohns, Hungersnot und Hungerbewältigung llOff. 475 Beispiele aus dem 4. Jahrhundert bei Gamsey, Famine 17ff. und Pritchett, War V, 465ff. 476 Zu den Versorgungskrisen und ihren Ursachen allgemein s. die reichen Beobachtungen von Quaß, Honoratiorenschicht 230ff. 477 Zitat Köster, Lebensmittelversorgung 77 (dort 43f., bei Erxleben, Außenhandel 461 und
2. Euergesienfivimltigen
Charakters
119
wirkten sich femer die florierende Piraterie und die unaufhörlichen kriegerischen Verwicklungen, insbesondere die durch das ganze 4. Jahrhundert andauernde unsi chere Lage in der Propontis, aus.478 Die Stadt versuchte bis in die Alexanderzeit mit wechselndem Erfolg, den Zugang zum Pontes unter ihre Kontrolle zu bringen.479 Zur Kriegsfuhrung der Gegner, Athen aus der Propontisregion zu verdrängen, gehörte auch der Zugriff auf athenische Getreideschiffe. So hat etwa Philipp im Jahre 340 bei Hieron am thrakischen Bosporus 230 größtenteils athenische Getreideschiffe abge fangen und die Ladung samt der Besatzung verkauft.480 Zur Unterbindung solcher Übergriffe durch fremde Städte, Herrscher und Piraten blieb der Stadt nichts anderes übrig, als den Getreideschiffen militärischen Schutz beizugeben.481 Eine weitere Ursa che für die Getreideknappheit können Dürreperioden gewesen sein, die laut J. McK. Camp im 4. Jahrhundert Attika mehrmals heimsuchten.482 Falls tatsächlich Dürre in Attika geherrscht hat, mußte sie Mißwachs und Emteausfalle herbeifuhren. Angesichts der im 4. Jahrhundert häufig auftretenden Versorgungskrisen war es eine Frage der Zeit, bis Athen zur Finanzierung des Getreideaufkaufs seine wohl habenden Bewohner zu Spenden aufforderte. Dies wurde umso dringlicher, da regu läre Staatseinnahmen nicht mehr in ausreichender Höhe zur Verfugung standen. Wann genau die Stadt zum ersten Mal zu dieser Maßnahme griff, läßt sich nicht aus machen. Vor der Schlacht bei Chaironeia sind weder Epidoseis noch von ihr unab hängige Geldschenkungen bezeugt, die zur Nahrungsmittelbeschaffung verwendet wurden. Solche Spendenaktionen setzten voraus, daß die Stadt den Einkauf von Ge treide selbst in die Hand nahm. Solange Getreide von den Emporoi und Naukleroi in genügendem Umfang nach Attika geschafft und von den Kapeloi an die Verbraucher weiterverkauft wurde, war die staatliche Organisation des Getreideaufkaufs und seine Kohns, Hungersnot und Hungerbewältigung 117 zahlreiche Beipiele). Hinzu kommen Demosth. 45.64; [Demosth.] 50.6,17 und die athenischen Proxeniedekrete IG ΙΓ 117 (Dat. 361/0) und IG II2 360 (Dat.: 330/29 bzw. 325/4) für die Händler Protomachos und Herakleides. Die Schiffe beider Händler wurden durch Herakleia Pontike beschlagnahmt. Die Athener erreichten die Freigabe der Schiffe durch diplomtische Mittel; vgl. Maximowa, Seeweg 117f. Pntchett, War V, 465 meint, "... protection of the grain route played such a great part in Athenian strategy, and capture of the grain fleet resulted in one of the largest figures for booty known to us ...". Dort 330ff. Belege für "Convoy of Grain Traid" durch athenische Trieren. 478 Andok. 1.138; Xen. hell. 2.1.30; 3.4.19; 4.8.35; 5.1.1; Isokr. 4.115; Diod. 16.5.3; Demosth. 7.3; Weitere Zeugnisse für Piraterie bei Pritchett, War V, 336ff. Allgemein s. Isager/Hansen, Athenian Society 55f. Vgl. Hopper, Handel und Industrie 99: "Der Getreidehandel im 4. Jahrhundert war also in Anbe tracht der langwierigen Kriege und der von Seeräubern heimgesuchten Meere zweifellos im höchsten Grad gefährdet". 479 Köster, Lebensmittelversorgung 29ff. 43. 400 S. dazu die Kommentare bei Wankel, Rede für Ktesiphon 437ff. (zu Demosth. 18.73) und Pritchett, War V, 202f. Angeblich soll Philipp dabei einen Gewinn von 700 Talenten erzielt haben. 481 Unter dem Stichwort "Convoy of Grain Traid" sind Maßnahmen zur Sicherung des Getreide imports mit Belegmaterial bei Pritchett, War V, 330ff. zusammengestellt. 482 McK. Camp, Drought and Famine 9ff. konstatiert aus literarischen, epigraphischen und ar chäologischen Zeugnissen eine längere Dürreperiode in Attika vor allem für die zweite Hälfte des 4. Jh.s. Seine These, Attika hätte zwischen ca. 330 und 325 regelmäßig Dürre erlebt, wird von Engels, Anmerkungen 118 Anm. 79 zurückgewiesen.
120
IV. Die Wohltaten derMetöken
Distribution nicht notwendig, damit gab es auch keinen Grund für Epidoseis. Wir hören von Demostfienes (20.33), daß Athen während der Hungersnot des Jahres 357 vom bosporanischen Herrscher Leukon so viel Getreide bezog, daß ein Teil dessen noch an andere Not leidende Poleis mit Gewinn weiterverkauft werden konnte. Hier liegt ein Großaufkauf unter staatlicher Regie vor, der daduch bestätigt wird, daß der athenische Demos den Kallisthenes zum Verwalter der 15 Talente bestellte, die aus dem Weiterverkauf des Getreideüberschusses an andere Städte erwirtschaftet worden waren. Laut Demosthenes (20.40) hatte Leukon zudem ein Guthaben in Athen. Dies hat man wohl so zu verstehen, daß die Stadt die Schulden, die sich aus der Getreide lieferung des Jahres 357 ergaben, je nach ihrer Finanzlage auf das Konto Leukons (wahrscheinlich bei einem Trapeziten) einzahlen wollte.483 Aus dem Ehrendekret für die Söhne Leukons geht hervor, daß die Stadt ihre Schulden noch im Jahre 347/6 nicht in vollem Umfang zurückerstattet hatte. Athen beschloß damals, die Rückzah lung seiner Schulden an die Erben Leukons baldmöglichst vorzunehmen.484 E. Erxleben meint, daß der Ausgleich der seit zehn Jahren anstehenden Schulden nach einem Spendenaufruf an die Bevölkerung erfolgt sei. Auch wenn sich diese Vermutung nicht beweisen läßt, ist eine Epidosis für das Jahr 347/6 durchaus wahrscheinlich, wenn man bedenkt, daß nach den Worten des Demosthenes (20.25) die Staatskassen fast leer waren.485 Der staatlich organisierte Getreideaufkauf (σιτωνία), der von einem gewählten Gremium von Beamten (σντώναι) durchgeführt wurde, tritt nochmals nach der Kata strophe von Chaironeia in Erscheinung. Bekanntlich übertrug die Volksversammlung diese schwierige Aufgabe im Jahre 338 keinem geringeren als Demosthenes.486 Sobald sich der staatlich organisierte Aufkauf von Getreide etabliert hatte, wurde es auch zur Regel, die dafür notwendigen Geldsummen durch Spendenaktionen zusammenzu bringen. Dieser Weg wurde allerdings nur dann beschritten, wenn okkasionelle, meist durch Kriege verursachte Notsituationen eintraten und man unverzüglich darauf rea gieren mußte. Epidoseis zur Getreidebeschaffung sind aus den 320er Jahren, wäh rend des Vierjährigen Krieges und aus den 280er Jahren bezeugt. Der Zufall der Überlieferung will es, daß sie in den meisten Fällen in Ehrendekreten für Metökenemporoi erwähnt werden, die sich um Athens Versorgung in einer anderen Weise, 483
S. dazu Ziebarth, Seeraub 65f. IG II 2 212, Z. 53ff. 485 Erxleben, Außenhandel 461. Ein Licht auf die schwache Finanzlage Athens in den 350er und 340er Jahren werfen auch die zahlreichen Schenkungen von Kriegsschiffen und Spenden für deren Ausrüstung, die von reichen Bürgern wie Demosthenes und Hypereides, möglicherwise aber auch durch Metöken vorgenommen wurden. Zu dem Belegen s. Pritchett, War V, 473ff. 486 Demosth. 18.248; vgl. Quaß, Honoratiorenschicht 238. Entgegen seiner Ansicht war es nicht die Regel, daß die Sitonai das Getreide im Ausland beschafften. Die Regel war, daß die Großhändler auf eigene Regie das Getreide nach Athen brachten und die Sitonai es ihnen abkauften. In diesem Sinne Ziebarth, Seeraub 66. Ein Getreideankauf der Sitonai ist aus [Demosth.] 34.39 belegt Die beiden Metöken Chrysippos und sein namentlich nicht genannter Bruder, beide Naukleroi und im Besitz mehrerer Schiffe, führten (im Jahre 330/29) 10Ö00 Medimnen Getreide ein und verkauften es der Getreidebehörde. Das Getreide wurde im Pompeion gewogen, das wahrscheinlich auch als Lager- und Distributionsstelle diente. 484
2. EuergesienfreiwilligenCharakters
121
nämlich durch den Verkauf ihrer Schiffsladungen unter Preisnachlaß, verdient mach ten.487 Neben Epidoseis waren Anleihen bei Privatpersonen ein weiteres Mittel zur Finanzierung des Getreideaufkaufs. Dieser Weg scheint bereits in den 330er Jahren eingeschlagen worden zu sein.488 Als es durch das Zusammentreffen einer Reihe von Faktoren zwischen ca. 331 und 320 im gesamtgriechischen Mutterland zu schweren Versorgungskrisen kam, sah sich Athen gezwungen, zum Aufkauf von Getreide Privatpersonen zu Geldspenden aufzufordern.489 Eine Epidosis εις (την) σιτωνίαν ist durch das Proxeniedekret für den Getreidehändler Herakleides aus dem zyprischen Salamis für das Jahr 328/7 belegt.490 Zu den Teilnehmern gehörten neben Herakleides auch die Metöken Chrysippos und sein Bruder, die jeweils 3000 Drachmen spendeten, und Demosthenes mit einem Bei trag in doppelter Höhe.491 Ein fragmentarischer Ehrenbeschluß für fünf Rhodier, den 1980 M. Walbank publiziert hat, erwähnt irgendein Verdienst der Honoranden [εις την σι]τωνίαν (Ζ.II).492 Der Herausgeber hält die Rhodier für Händler, die den athenischen Sitonai (nach seiner Datierung zwischen 331 und 324) Getreide verkauften. Dies geht aus der Inschrift allerdings nicht hervor. Vielmehr scheint der Ausdruck [εις την σι] τω vi αν na hezulegen, daß die Rhodier Geld spendeten, das für den staatlichen Getreideankauf bestimmt war.493 Ob diese Geldzuwendungen um 328/7 anzusetzen sind, muß mit einem Fragezeichen versehen werden. Neuerdings wird diese Inschrift von St. Tracy aufgrund des Buchstabenduktus in die 280er Jahre datiert.494 In zwei Seeurkunden (IG II 2 1628, 366ff.; IG II21629, 886ff.) wird der Samier Meidon genannt, dessen Metökenstatus durch den Zusatz έμ Πειραεΐ οίκων gesichert ist. Beiden Stelen ist zu entnehmen, daß der Samier in die zum Aufkauf von Getreide eingerichtete Kasse (εις τα σιτωνικά) 1000 Drachmen eingezahlt hatte. Meidon ist ver schiedentlich für einen Trierarchen gehalten worden.495 Es kam zwar gelegentlich vor,
487
S.u. S. 149ff. Sofern die Ergänzung von Kirchner und Wilhelm richtig ist, wird im Ehrenbeschluß IG II 2 423 aus den 330er Jahren ein Darlehen zur Beschaffung von Getreide genannt. Der dort geehrte Philomelos war kein Athener (s. dazu Veligianni-Terzi, Wertbegriffe 103 A170). Er dürfte ein Metöke gewesen sein. Nach dem Zeugnis von [Aristot] oec. 2.3 lieh sich der Demos von Byzantion bei wohlhabenden Metöken Geld, um Korn aufzukaufen. 489 Zu den verschiedenen Ursachen dieser Krise, von der neben Athen auch andere griechische Poleis betroffen waren, s. die ausführliche Diskussion bei Engels, Anmerkungen 112ff. 490 IG IT 360, Z. 10-12: και πάλιν Ι οτε αϊ επιδόσεις ήσαν έπέδωκε :ΧΧΧ: δραχμάς εί|ς σιτωνίαν. Der Zeitpukt der Epidosis geht aus den Zeilen 70f. desselben Dekrets hervor: και πάλιν έπ' Εύθυκρίτου άρχοντος έπέδωκεν τώι (δήμωι) εις σιτωνίαν XXX δ|ραχμάς. 491 Die Zeugnisse sind bei Garnsey, Famine 154ff. und Migeotte, Souscriptions publiques 20f. Nr. 8 zusammengestellt. 492 M.W. Walbank, Greek Inscriptions from the Athenian Agora, Hesperia 49, 1980, 252ff. Nr. 1. 493 Von (ortsansässigen) Fremden geleistete Geldspenden εις την σιτωνίαν sind in [Demosth.] 34.39, IG Π 2 360, Z. llf., 70, IG II2 479, 11 und IG II2 670, Z. 11 erwähnt. 494 Tracy, Letter Cutters 340-290, 35. 495 Etwa von Kahrstedt, Staatsgebiet 292 und Jordan, Athenian Navy 90. 488
122
IV. Die Wohltaten der Metoken
daß Metöken mit der Ausrüstung einer Triere betraut wurden.496 Bei Meidon lag die Sache jedoch anders. Mit der Spende für den Getreidefond half er einem befreunde ten Athener namens Konon, daß dieser einen Teil der Summe erlassen bekam, die er als gewesener Trierarch dem Staat noch schuldig war. Beide Urkunden erwähnen nämlich den έτη Χρέμητος άρχοντος (326/5) v o m Volk angenommenen Antrag des Redners Demades, der darauf hinauslief, daß säumigen Trierarchen diejenigen Sum men abgezogen wurden, die sie oder ihre Freunde εις τά σιτωνικά abführten.497 Neben dem Samier entlasteten einige Bürger mit ihren in die Getreidekasse eingezahlten Bei trägen ihnen nahestehende Trierarchen von deren Schulden.498 Dieser in der atheni schen Geschichte sonst nicht bezeugte Fall zeigt, daß Athen in den 320er Jahren gro ße Summen zum Ankauf von Getreide benötigte. A. Kuenzi und P. Gamsey gehen davon aus, daß diese Beträge während der Epidosis des Jahres 328/7 eingezahlt wur den. Da der Antrag des Demades 326/5 angenommen wurde, ist es ebenfalls mög lich, daß die Spenden in den beiden der Epidosis nachfolgenden Jahren eingezahlt wurden.499 Die Versorgungskrise hielt jedenfalls bis 325/4 an. Laut P. Garnsey war die Epidosisaktion des Jahres 328/7 in der Geschichte Athens "the only instance where money was contributed for the purchase of food rather than, for example, to finance a public building project".500 Diese Behauptung ist nicht richtig. Ich möchte mich nicht bei der Frage aufhalten, ob die Beiträge εις τά σιτωνικά, die in den oben genannten Tabuhe Curatorum Navalium zu finden sind, wäh rend der Epidosis von 328/7 oder in den darauffolgenden Jahren geleistet wurden. Darüber ist ein sicheres Urteil kaum möglich. Fest steht hingegen, daß im ausgehen den 4. und zu Beginn des 3. Jahrhunderts in die Sitonika-Kasse mehrfach Epidoseis einflössen. Bei den uns bekannten Spendern handelt es sich ohne Ausnahme um Fremde. Im Archontat des Nikokles (302/1) ehrte die Bürgerschaft einen Getreide händler, der sich sowohl vor als auch während des Vierjährigen Krieges mehrfach um Adien verdient gemacht hatte (II 499). Die [και νϋ]ν εν τώι πολέμ[ωι] (Ζ. 20) erwiese nen Wohltaten sind verloren, da der Stein hier abgebrochen ist. Erhalten sind hinge gen zwei Leistungen, die vor dem Krieg mit Kassander, der 307/6 begann, erbracht worden waren. Der Geehrte hatte 5000 Medimnen Gerste, die wahrscheinlich aus Si zilien (Z.14) stammte, zu einem günstigen Preis verkauft. Bald darauf spendete er in seinem Namen und für einen anderen (es könnte sich um den Sohn oder einen nähe ren Verwandten des Geehrten handeln) eine Summe von wenigstens 1000 Drach men, die den Verwaltern des Getreidefonds (εις τά σιτωνι[κά], Ζ. 17) ausgehändigt
«* S.o. S. J8ff. 4
*7 IG II2 1628, 334ff.; IG II2 1629, 859ff. Der richtige Zusammenhang erstmals von Kuenzi, Epidosis 8, erkannt. Ihm haben sich Davies, APF 590 (C10) und Gamsey, Famine 155, angeschlossen. 498 Ihre Namen finden sich bei Garnsey, Famine 156 Tab. 8 zusammengestellt. 4 *> Davies APF 590 (C10) datiert den Beitrag des Meidon in das Jahr 326/5. 500 Gamsey, Famine 155. Vgl. auch S. 163: "This special subscription (epidosis) has no known parallel in Athenian history".
2. Euergesienjreimlägen Charakters
\2h
wurde.501 Trotz der Lücken im Stein ist klar, daß die doppelte Spende des Geehrten bei ein und derselben Gelegenheit geleistet wurde. Jenen Personen, die sich durch zwei- oder mehrfache Geldbeiträge besonders freigebig zeigen wollten, war die Mög lichkeit dazu eigentlich nur während einer Epidosisakrion gegeben. Wie man aus spä teren Epidosislisten sehen kann, wurde dann auf der Spenderliste neben dem Geber auch derjenige verzeichnet, in dessen Namen die Spende erfolgte. Daher ist die dop pelte Spende des Händlers mit einer Epidosis in Zusammenhang zu bringen. Da zum Zeitpunkt der Spende der Krieg gegen Kassander noch nicht begonnen hatte, kommt für die Epidosis das Jahr 307/6 in Betracht. Diese Datierung wird dadurch wahrscheinlich gemacht, daß damals auch der Metöke Pyr[rias] eine Summe spendete, die mit Getreidebeschaffung verbunden war. Denn das Ehrendekret für den Herakleoten erwähnt für das Archontat des Anaxikrates (307/6) einen außerge wöhnlich hohen Beitrag von 3 Talenten εις τα σ-. Auf der Grundlage von ΙΓ 499 könnte man die Lücke zu εις τά σ[ιτωνικά] ergänzen. Wenig wahrscheinlich ist hingegen die von A. Wilhelm vorgeschlagene Ergänzung εις τά[ς σιτομετρίας]. Einerseits kommt σιτομετρία in den attischen Inschriften des 4. Jahrhunderts kein einziges Mal vor. Andererseits steht für das Wort im Stein kein ausreichender Raum zur Verfügung, wie Wilhelm selbst erkannt hat.502 Die beiden Inschriften legen nahe, daß Athen im Jahre 307/6 zur Beschaffung von Getreide seine Bewohner zu einer Geldumlage aufforderte. Die Epidosis ging zeitlich dem ersten Angriff Kassanders auf Attika voraus, der damit den Vierjährigen Krieg einleitete. Weil der erste Angriff Kassanders noch im Archontat des Anaxikra tes (vermutlich im Frühjahr 306) erfolgte, muß die Epidosis in den dem Frühling vo rausgegangenen Monaten des Jahres 307/6 veranstaltet worden sein.503 Athen benö tigte damals größere Getreidemengen als in den vorausgegangenen Jahren unter De metrios von Phaleron. Neben der eigenen Bevölkerung mußten auch die zur Befrei ung der Stadt gekommenen Truppen des Antigonos Monophtalmos versorgt werden. Diese an sich plausible Erklärung wird durch das Ehrendekret des Pyr[rias] gestützt. Dort ist im Zusammenhang mit der Geldspende des Herakleoten εις τά σ[ιτωνικά] auch von τοις συμ- die Rede. Wilhelm hat die betreffenden Zeilen wie folgt herge stellt: [έπέδωκεγ (sc. Πυρ[ρίας]) δε] και τοκ συμ[μαχήσασι των Ελλήνων | έπι Άνα£ικράτ]ους άρχοντος εις τάς [σιτομετρί|ας άργυρίο]<υ> ιΤΤΤ:504 Bei den Symmachoi kann es sich nur um die Truppen des Antigonos gehandelt haben, die die Befreiung Athens herbeiführten. Plutarch gibt an, daß Demetrios (Poliorketes) gleich nach der Erstürrnung von Munychia (August 307/6) im Namen seines Vaters eine große Ge treidespende (150000 Medimnen) versprach. Diodor teilt ergänzend mit, daß nach
501
IG II2 499, Z.14-20: Σικελίας 13 ||....7... έ7τέδωκ]εν τώ[ι δ]ήμωι πεν[τακι|σχιλίους μεδί]μνους 7τυρών της κ[αλώς | έχούσης τιμή]ς και εις τά σιτων[ίκά ..| 12....]ι και αυτός και ...6...|....13....της χιλίας δρ[αχμάς ά||μφότεροι και νυ]ν εν τώι πολεμ[ωι ]. 502 Wilhelm, Akademieschriften ΠΙ, 101. 503 Zum Angriff s. Habicht, Athen 82 Anm. 22. 504 IG II2 479 (in der Wiederherstellung von Wilhelm, Akademieschriften III, 102), Z. 3-5. Die unterstrichenen Buchstaben sind im zweiten Exemplar des Dekrets (IG II 480, Z. 19f.) erhalten.
124
IV. Die Wohltaten der Metoken
diesem Versprechen athenische Gesandte zu Antigonos geschickt wurden, um mit diesem die Einzelheiten der Getreidespende zu regeln.505 Die Lieferung des Antigo nos dürfte demnach erst etliche Monate nach der Verkündigung des Demetrios in Athen eingetroffen sein.506 Daher ist die Epidosis zum Ankauf von Getreide, an der Phyr[rias] und der unbekannte Getreidehändler teilnahmen, nicht nur dem ersten Angriff Kassanders, sondern auch dem Eintreffen der antigonidischen Getreidespen de zeitlich voranzustellen. Kassanders Truppen fielen während des τετραετής πόλεμος regelmäßig in Attika ein. Bei diesen Einfallen dürfte die einheimische Ernte systematisch vernichtet worden sein, obzwar diese Vermutung in den Quellen keine Bestätigung findet. Als Folge des Emteausfalls wird es mehrmals zu Engpässen in der Nahrungsmittelver sorgung gekommen sein. Daher war es für Athen nur natürlich, seine wohlhabenden Bewohner zu Geldopfem zum Ankauf von importiertem Getreide aufzufordern. Ei ne solche Aufforderung erhielt im Archontat des Euxenippos (305/4) der Herakleote Pyr[rias], der sich schon früher durch Geldspenden, Darlehen und der Übernahme einer Syntrierarchie als nützlicher Helfer in der Not erwiesen hatte. Obwohl die Hö he der Spende εις την σιτωνίαν verloren ist, dürfte es sich um eine ansehnliche Summe gehandelt haben, zumal die früheren Geldschenkungen (darunter 4 000 Drachmen und 3 Talente) respektabel waren. Nicht zu beantworten ist die Frage, ob die Spende im Rahmen einer Epidosis eingezahlt wurde, oder ob der Herakleote eine 'Sonderein ladung' erhielt. Das Dekret erwähnt hingegen das Gremium, das mit der Spendenbit te an den Metöken herantrat Es war der Areopag, der damals über bestimmte Son derbefugnisse verfügt zu haben scheint. Im Zusammenhang mit der Spende ist auch ein ταμίας genannt. Aus dem lückenhaften Text glaubte Wilhelm darauf schließen zu können, daß Pyr[rias] selbst "zum ταμίας der von ihm είς την σιτωνίαν gespendeten Summe gewählt wurde",507 Man kann sich jedoch schwerlich vorstellen, daß die Athener einen Metöken, so wohlhabend und kompetent er auch sein mochte, mit dem wichtigen Amt eines Kassenwarts für den Getreidefond betrauten. Paral lelbeispiele aus der athenischen Geschichte liegen nicht vor. Wahrscheinlich ist der ταμίας dort deswegen aufgeführt, weil er die Summe von Pyr[rias] ausgehändigt be kam. Es ist wohl ein Zufall der schlechten Überlieferung, daß wir außer Pyr[rias] keine weiteren Personen kennen, die während des Vierjährigen Krieges zum Aufkauf von Getreide Geldschenkungen vornahmen. Man erinnere sich daran, daß in diesen Jahren auch ein großangelegtes Mauerbau- und Rüstungsprogramm durchgeführt wurde. Selbst zur Finanzierung dieser Projekte standen keine ausreichenden staatli-
505
Plut. Demetr. 10; Diod. 20.46.4. Ferguson, Hellenistic Athens 112, vermutet, daß ein Teil der Lieferungen (neben Getreide auch Bauholz für 100 Trieren) bereits im Herbst 307/6 in Attika eintraf. Vgl. Habicht, Athen 78. 507 A. Wilhelm, Akademieschriften III, 103. Auf diese Vermutung hin stellt Wilhelm die Frage: "wird er (sc. Pyr[rias]) nicht Großkaufmann und Getreidehändler gewesen sein und sich für eine solche Wahl ebenso durch seine Opferwilligkeit wie durch seine Geschäftskenntnis empfohlen haben?" 506
2. Euergesien freiwilligen Charakters
125
chen Mittel zur Verfügung, so daß ein Teil der nötigen Summen durch freigebige Pri vatpersonen aufgebracht werden mußte.508 Athen litt im Ausgang des 4. und zu Beginn des 3. Jahrhunderts unter akuten Versorgungsschwierigkeiten. Spätestens seit 301 hörten die Getreidelieferungen durch Demetrios auf, als die Stadt nach dem ungünstigen Ausgang der Schlacht bei Ipsos von ihrem einstigen Befreier abfiel. Lieferungen oder Spenden anderer Diadochen trafen nur unregelmäßig und in ungenügender Menge ein.509 Der rapide Rück gang von Ehrenbeschlüssen für Getreideimporteure könnte ein Anzeichen dafür sein, daß immer weniger Kaufleute ihre Schiffsladungen in den Piräus brachten. Es war eine von C. Habicht in das Jahr 300 datierte Hungersnot, die ein Söldnerfiihrer namens Lachares auszunutzen verstand, um sich zum Tyrannen über Athen zu erhe ben.510 Nur fünf Jahre später stellte sich eine weitere Hungersnot ein, ccwie Athen sie vermutlich noch nie erlebt hatte".511 Sie war das Ergebnis einer von Demetrios Poliorketes herbeigeführten Seeblockade, wodurch die Stadt von jeglicher Zufuhr abge schnitten wurde. Aufgrund dieser schweren Hungersnot sahen sich die Athener ge zwungen, vor Demetrios zu kapitulieren. Er hat durch Stationierung von Truppen auf dem Museionhügel, im Piräus und in den attischen Festungen sowie durch Ein griffe in die Verfassung den Handlungsfreiraum Athens stark beschnitten. Solange die Stadt unter seiner Abhängigkeit stand (295/4-287/6), dürfte Demetrios für die Getreideversorgung der athenischen Bevölkerung aufgekommen sein.512 Als die Stadt nach der Erstürmung des Museionhügels (287/6) ihre Freiheit wiedererlangte, mußte sie die Getreideversorgung ihrer Bevölkerung selbst in die Hand nehmen. Wir können aus dem epigraphischen Material vier Mittel aufgreifen, die in den folgenden Jahrzehnten zur Sicherung der Lebensmittelversorgung ange wandt wurden. Aus mehreren Ehrenbeschlüssen für verdiente Bürger, zumeist Stra tegen, ist zu entnehmen, daß die Stadt für den Schutz ihres Hinterlandes und der landwirtschaftlichen Produktion große Mühen aufwandte. "Es heißt in diesen Do kumenten, die Honoranden hätten für den Schutz (φυλακή) des Landes (χώρα) und für die Sicherheit der landarbeitenden Bevölkerung (γεωργουντες) gesorgt, sie hätten das Einbringen der Ernte, vor allem des Getreides, aber auch der Oliven und anderer Produkte (κάρποι) gesichert, die Weinstöcke vor Schaden bewahrt, bei der Rettung des Weideviehs geholfen usw. ... Offensichtlich spielten in dieser Zeit die landwirt schaftlichen Erzeugnisse Attikas für die Ernährung der Bevölkerung Attikas eine ent scheidende Rolle. Eine Beeinträchtigung oder gar eine Vernichtung der Ernte würde empfindliche Versorgungsschwierigkeiten verursacht haben".513 Die Bedeutung des attischen Territoriums sollte allerdings nicht überbewertet werden. Athen war im so» S.o. S. llOf. 509
Alle bekannten Getreidelieferungen- und spenden der Diadochen finden sich für den Zeitraum 322 bis ca. 280 zusammengestellt bei Marasco, Approwigionamento di cereali 286ff. «° Habicht, Athen 90. 511 Habicht, Athen 93. 512 Zur zweiten Herrschaftsphase des Demetrios über Athen s. Habicht, Athen 94ff.; Dreyer, Athen 114ff. 513 Quaß, Honoratiorenschicht 231 mit Belegen.
126
IV. Die Wohltaten derMetöken
dritten Jahrhundert nach wie vor auf importiertes Getreide angewiesen. Daher waren die Aufnahme und Intensivierung diplomatischer Beziehungen mit dem ägyptischen Königshof und mit anderen Herrschern gewiß ein wichtiges Mittel zur Getreidebe schaffung. Ptolemaios I. Soter und sein Nachfolger Ptolemaios II. Philadelphos hal fen auf Bitte der Athener der Stadt in den 280er Jahren durch Getreidesendungen. Dasselbe taten auch der bosporanische Herrscher Spartokos und Audoleon von Paionien.514 Daneben versuchte die Stadt nach dem bewährten Mittel, durch besonde re Auszeichnungen im Seehandel tätige Personen dazu zu bewegen, Getreide nach Athen zu importieren und unter Preisnachlaß zu verkaufen. Ein solcher Ehrenbe schluß liegt aus dem Archontat des Diokles (286/5) vor. Bei den Geehrten handelt es sich um den Nesioten Martias und um Habron, der ebenfalls ein Fremder war. Aus dem stark verstümmelten Verdienstkatalog läßt sich nicht eindeutig erkennen, ob die beiden Händler nur Getreide nach Athen lieferten, oder aber ihre Fracht zu einem günstigen Preis verkauften. Da Habron und Martias für ihre Wohltat mit hochkaräti gen Privilegien (Proxenie und Enktesisrecht für Land und ein Haus) sowie mit jeweils einem Goldkranz geehrt wurden, scheint es nahezuliegen, daß sie ihre Lieferung billi ger verkauften als andere Händler.515 Bester Beweis für die desolate Finanzlage Athens ist die Tatsache, daß Ptole maios I. kurz nach der Befreiung der Stadt neben σιτον auch χρήματα (IG II 682, Z. 30) zukommen ließ, was sein Sohn im Jahre 282 mit 50 Talenten wiederholte.516 Auch für den Getreideankauf reichten die staatlichen Mittel nicht aus. Wieder mußten rei che Bürger und Metöken um Geldspenden gebeten werden. Ein solcher Spendenauf ruf zur Beschaffung von Getreide findet sich für die zweite Hälfte der 280er Jahre in einem Ehrendekret für den Metöken Thibron.517 Thibrons Metökenstatus ist über je den Zweifel erhaben, weil das Dekret auf seinen Wohnsitz Bezug nimmt. Er ist dort unter die κατοικουντες Άθήνησι eingereiht (Ζ. 7). Mit demselben Kompositum waren auch Nikander und Polyzelos (IG II 505, Z. 12) sowie Hermaios (IG II 715, Z. 5) bezeichnet worden, die wir aufgrund ihrer Heranziehung zum Kriegsdienst und zu den Eisphorai als Metöken identifiziert haben.518
5 " Ptolemaios I.: IG Π 2 682, Z. 28ff.; IG IT 650, Z. 15ff.; Ptolemaios II.: Hesperia Suppl. 17, Nr. 3, Z. 47ff.; Spartokos von Bosporos: IG II 653, Z. 21 ff.; Audoleon von Paionien: IG Π 654, 25ff.; IG II 655, Z. 11 ff. Zum Umfang und zur Datierung der Getreidelieferungen s. Marasco, Approwigionamento di cereali 292ff. 515 IG II 2 651; zum Dekret s. Pecirka, Enktesis 92f. und Stelzer, Enktesis 90f. 516 Shear, Kallias of Sphettos 3, Z. 45ff.; vgl. Quaß, Honoratiorenschicht 102. 517 IG II 670, Z. 11 f.: [ εκ των ιδίων χρη]μάτων εις σι[τωνίαν προσεδαπάνησε και τ|ά άλλα δια τελεί πρό]ς τον δήμον εΰ[νους ων και φιλοτιμούμενος]. Die von Kirchner versuchsweise in das Jahr 284/3 gesetzte Inschrift gehört wahrscheinlich in das Jahr 280/79; s. dazu B.D. Meritt, Metonic Intercalations in Athens, Hesperia 38, 1969, 109f. Thibrons Beitrag für den Ankauf von Getreide bildet die letzte Wohltat in der Verdienstkette. Die früheren Verdienste, für die 5 Zeilen zur Verfugung stehen, sind wegen des stark fragmentarischen Zustandes der Inschrift nicht sicher zu ermitteln. Habicht, Athen 140 mit Anm. 47 hält Thibron für einen fremden Getreidehändler. Dies geht aber aus der Inschrift nicht hervor. Thibron wurde nicht für die Lieferung von Getreide, sondern für eine Geldspende zur Beschaffung von Getreide geehrt. sie S.o. S. 19f.
2. EuergesienfreiwilligenCharakters
127
Diese Inschrift ist das einzige Zeugnis aus dem 3. Jahrhundert, die eine Spende für den Getreideankauf erwähnt 519 Man sollte sich aber durch sie nicht zu der Annahme leiten lassen, daß der Staat für die Beschaffung von Getreide von seinen Bewohnern keine Geldspenden mehr forderte. Athen war im 3. Jahrhundert mehrmals Kriegsschauplatz (Chremonideischer Krieg, Aufstand Alexanders, Einfälle Arats und der Ätoler in Attika). Die einheimische Ernte war wegen dieser auf der attischen χώρα ausgetragenen militärischen Konflikte sehr oft gefährdet. Daher mußte ausländisches Getreide importiert werden.520 Angesichts der schwachen Staatsfinanzen kann man sicher davon ausgehen, daß Spenden, sei es in Form von Epidoseis oder als individuelle Beiträge, viel häufiger vorkamen, als man in dem trümmerhaft überlieferten Quellenmaterial erkennen kann.
c. Finanzielle Unterstützung öffentlicher Bauprojekte Mit dem Übergang zur radikalen Demokratie, die durch die Entmachtung des Areopags eingeleitet wurde, kamen Finanzierungen öffentlicher Bauten durch Privatpersonen, wie sie Kimon noch vorgenommen hatte, zum Erliegen. Solche Leistungen für die Polis, die nicht in Form von Liturgien (und später der Eisphorai und der Epidoseis) erbracht wurden und somit auf eine potentiell unangemessene Herausstellung eines Einzelnen hinausliefen, waren bei den breiten Schichten der Bürger lange Zeit hindurch nicht erwünscht. Ein Volksbeschluß aus den 430er Jahren verzeichnet die Offerte des Perikles und seiner Erben, die Kosten für den Bau einer öffentlichen Wasserversorgungsanlage zu übernehmen. In der Ekklesie wurde dieses Angebot dankend abgelehnt. Der Demos gab der akzeptableren Alternative den Vorzug, das Bauwerk aus öffentlichen Mitteln, d.h. aus den Tributen der Bundesgenossen, zu finanzieren.521 Im 4. Jahrhundert wurden die Mittel für aufwendige Bauten, genannt seien der Wiederaufbau der Langen Mauern in den 390em sowie die Schiffshäuser und die Skeuothek, die unter Eubulos begonnen und von Lykurg zum Abschluß gebracht wurden, zu einem erheblichen Teil durch Eisphoraerhebungen zusammengebracht.522 519 Falls das Ehrendekret für die fünf Rhodier, wo Beiträge [εις τήν σι]τωνίαν genannt sind, eben falls in die 280er Jahre gehört, wie Tracy, Letter Cutters 340-290, 35 meint, hätten wir ein weiteres Zeugnis. 520 Die Abhängigkeit Athens von Getreideimporten wird durch die Ehreninschrift IG II 2 903 für das erste Viertel des 2. Jahrhunderts nahegelegt. Der Honorand, ein namentlich nicht genannter Händler, hatte i j . 176/5 während einer Ölknappheit eine Ölladung und im darauffolgenden Jahr Getreide nach Athen befördert und für beide Produkte Preissubventionen gewährt. Vgl. Köster, Lebensmittelversorgung 63. 521 IG I3 49, Z. 13f. = ATL Π, D19. Neben der dort angegebenen Literatur s. auch Nippel, Heim kehr der Argonauten 29. 522 Die von Isokrates (17.41) und Isaios (5.37) erwähnten Eisphorai für die Zeit um 395-392 beziehe ich auf die Finanzierung der Langen Mauern. Die Verwendung der Eisphorai für den Bau der Schiffshäuser und der Skeuothek geht aus dem Ehrendekret IG II 505, Z. 13ff. für die beiden Met-
128
IV. Die Wohltaten derMetöken
Die Abneigung, Privatpersonen qua Geldschenkungen an den städtischen Bauprojek ten zu beteiligen, scheint sich bis zum Krisenjahr 338 gehalten zu haben. Offenbar fehlte bis dahin bei der Bürgerschaft der Wille und die Bereitschaft, auch von groß zügigen Metöken Spenden zur Finanzierung öffentlicher Bauten anzunehmen. Jeden falls liegen bis in die lykurgische Ära keinerlei Hinweise auf solche Spenden vor. Auffallig ist, daß die ersten Spenden zur Durchführung öffentlicher Baupro jekte von athenischen Amtsträgem geleistet wurden. Im Jahre 338 steuerte Demosthenes als τειχοποιός 100 Minen für die Reparaturarbeiten an den Mauerbefestigun gen bei.523 Neoptolemos aus Melite ließ in den späten 330em während der Ausübung seines Amtes als πολλών (δημοσίων) έργων επιστάτης den Apollonaltar auf der Agora aus eigenen Mitteln vergolden, wofür er auf Antrag Lykurgs mit einer Statue und ei nem Goldkranz geehrt wurde.524 Derselbe finanzierte zudem in seiner Heimatge meinde Melite den Wiederaufbau des einst von Themistokles gestifteten Tempels der Artemis Aristoboule.525 Aus dem 333/2 beschlossenen Ehrendekret für Phytheas aus Alopeke geht hervor, daß dieser während seiner Amtszeit als επιμελητής των κρηνών auf eigene Kosten im städtischen Ammonheiligtum einen Brunnen baute, die Quelle des Amphiareion zu Oropos instandsetzte und die dortigen Wasserleitungen ausbes serte.526 In der Kranzrede (18.114) spricht Demosthenes unter Nennung von Namen wie die des Neoptolemos die Selbstverständlichkeit aus, daß es einem Amtsträger zu komme, eigene Geldmittel für die Belange der Polis einzusetzen. Zum Zeitpunkt die ser Rede ist der Übergang zum Honoratiorenregime, das in der eigenartigen Verquikkung von öffentlicher Funktion und deren Bezahlung zum Ausdruck kommt und im Hellenismus geradezu charakteristisch wird, teilweise bereits vollzogen. Nunmehr übernahmen auch Inhaber von außerliturgischen Amtern die vollen oder partiellen Kosten für Aufgaben, die in ihren Amtbereich fielen. Eines der spezifischen Charakteristika der "Ära Lykurg" (338-322) war die re ge Baupolitik, die nicht nur militärischen und religiösen Bedürfnissen diente, sondern auch zur repräsentativen Selbstdarstellung der Stadt nach der Niederlage bei Chaironeia. Die Bauten in der Zeit Lykurgs waren nicht minder ambitioniert als die unter Perikles: Dionysostheater und Panathenäenstadion, der Umbau der Pnyx, aber auch die Neugestaltung der Agora, kurzum "ein Bauboom ohnegleichen", der "selbst die öken Polyzelos und Nikander hervor. Zu diesen Bauten s. neuerdings Hintzen-Bohlen, Kulturpolitik 14ff. Gemäß dem Baubeschluß IG II 2 244, Z. 12ff. aus dem Jahr 337/6 wurde ein Teil der Reparaturarbeiten an den Langen Mauern und den Piräusbefestigungen ebenfalls durch Eisphorai finanziert; s. dazu Maier, Mauerbauinschriften 42. 523 Aischin. 3.17.23; [Plut.] Vit. X orat. (mor.) 846A; Demosth. 18.113 mit dem Kommentar von Wankel, Rede für Ktesiphon 608ff. zur Stelle. Hintzen-Bohlen, Kulturpolitik 115, nennt weitere Personen, die während ihrer Amtszeit Spenden vorgenommen haben. 524 Demosth. 18.14 mit Wankel, Rede für Ktesiphon 625f. und [Plut.] Vit. X orat. (mor.) 843F844A. 525 Belegt durch die von J. Threpsiades und E. Vanderpool, Themistokles' Sanctuary of Artemis Aristoboule, ADelt 19, 1964, 31ff. Nr. 1 publizierten Inschrift. Einzelheiten bei Will, Athen und Alexander 85 und Hintzen-Bohlen, Kulturpolitik 50f. 526 IG II 2 338, Z. 13ff. = Schwenk, Laws and Decrees 146ff. Nr. 28. S. auch Hintzen-Bohlen, Kulturpolitik 55.
2. EuergesienfreimlligenCharakters
129
Quantität öffentlicher Bauten des 5. Jhs. deutlich übertrifft".527 Im Gegensatz zum perikleischen Bauprogramm wurde ein erheblicher Teil der unter der Ägide Lykurgs entstandenen Bauwerke durch Mittel finanziert, die Privatpersonen aufbrachten. An der Verwirklichung des lykurgischen Bauprogramms hatten nicht nur athenische Amtsträger und andere Bürger Anteil, sondern auch Metöken. Hierbei hat man nicht so sehr an Personen wie Polyzelos, Nikander, Euxenides oder Hermaios zu denken, die durch Eisphorazahlungen den Bau der Schiffshäuser, der Skeuothek und der Maueranlagen mitfinanzierten, sondern an Metöken wie Eudemos, die freiwillige Op fer zur architektonischen Ausgestaltung der Stadt darbrachten. Zu den größeren öffentlichen Projekten dieser Zeit gehört das von Lykurg in itiierte Panathenäische Stadion, welches unter maßgeblicher materieller Hilfe des Platäers Eudemos im August 330/29 fertiggestellt wurde.528 Der Bau dieses Stadions war mit der Absicht verknüpft, während der Panathenäen einer größeren Zuschauermen ge die Teilnahme an den gymnischen Agonen zu ermöglichen. Die Agora, wo bislang die Laufwettbewerbe stattfanden, schien dieser Anforderung nicht mehr zu genü gen.529 Das abschüssige Tal, in dem das Stadion errichtet wurde, gehörte dem reichen Deineias. Lykurg konnte diesen dazu überreden, das Grundstück der Stadt zu über lassen.530 Dieses Grundstück ist wahrscheinlich südlich des Ilissos-Flusses und west lich des Ardettos-Hügels zu lokalisieren, wo heute das für die ersten neuzeitlichen Olympischen Spiele von 1896 gebaute Stadion liegt.531 Für die Durchfuhrung der eigentlichen Bauarbeiten fand sich der Platäer Eu demos bereit. Gemäß dem Wortlaut seines Ehrendekrets "stellte er für den Bau des Stadions und des Panathenäischen Theaters tausend Ochsenpaare zur Verfügung und stellte sie alle vor dem (nächsten) Panathenäenfest (zu diesem Zweck) ab, wie er ver sprochen hatte". Diese Wohltat des Eudemos steht mit einer früheren Ankündigung
527 Zitat Knell, Überlegungen 475; zum Bauprogramm Lykurgs s. jetzt Knell, Athen; HintzenBohlen, Kulturpolitik, passim. 528 Daß die Initiative für den Bau des Stadions von Lykurg ausging, wird sowohl aus seiner postumen Ehrenurkunde (IG II 457, Z. 5ff.) als auch aus seiner Vita ([Plut] Vit. X orat. (mor.) 841D) deutlich. 529 wüi ? Athen und Alexander 87: "Raummangel und der Wunsch, die Agone einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, nötigten Lykurg zu dieser Verlegung der Spiele von der Agora und damit zum Bau des Παναθηναϊκόν οτάδιον. Er verlieh damit dem Hauptfest des attischen Staates, zu dessen Programm die vermutlich penterische Feier der gymnischen Agone zählten, einen noch glanzvolleren Rahmen". 530 [Plut.] Vit. X orat. (mor.) 841D: και τω σταδίω τω Παναβηναϊκω την κρηπΐδα περιέβηκεν, έξεργασάμενος τουτό τε και τήν χαράδραν όμαλήν ποιήσας, Δεινίου τινός, δς έκέκτητο τοϋτο το χωρίον, άνέντος τη πόλει, προείπαντος αύτω χαρίσασθαι Λυκούργου. 531 Dies ist opinio communis seit den Ausgrabungen von E. Ziller am römischen Stadion, das an der Stelle des lykurgischen Stadions errichtet worden zu sein scheint. Vgl. Ziller, Zeitschrift für Bauwesen 20, 1870, 485ff.; Judeich, Topographie von Athen 417ff.; Travlos, Bilderlexikon 498ff.; Will, Athen und Alexander 87; Hintzen-Bohlen, Kulturpolitik 38f.; Knell, Athen 167ff. Da vom lykurgischen Stadion bisher keine Übereste nachgewiesen worden sind, schlägt D.G. Romano, The Panathenaic Stadium and Theater of Lykourgos, AJA 89, 1985, 441 ff. eine Lokalisierung auf der Pnyx vor. Man fragt sich aber, ob es auf der Pnxy private Grundstücke gab. Seine Lokalisierung wird von G.R. Stanton und PJ. Bicknell, GRBS 28,1987, 88f. verworfen.
130
IV. Die Wohltaten derMetöken
in Verbindung, im Falle eines Krieges der Stadt 4000 Drachmen zu spenden.532 Die ses Spendenversprechen erfolgte wahrscheinlich während des Agiskrieges (331/0), als ein Teil der athenischen Bürger daran dachte, den Spartanerkönig bei dessen Auf stand gegen die Makedonen zu unterstützen.533 Athen entschied sich jedoch für eine Neutralitätspolitik, so daß die Spende des Platäers hinfällig wurde. Lykurg, der nach der Ferstigstellung des Stadions die Ehrung des Eudemos beantragte, griff auf dieses Angebot zurück und übertrug dem Metöken die Aufgabe, am Bau des Stadions mit zuwirken, was viel ehrenvoller war als eine bloße Geldspende. In der Lykurgvita ist von Steinschwellen (κρηπίς), in der Ehrenurkunde für Eudemos sogar von einem θεάτρον die Rede, die das Stadion umfaßten. Demnach verfugte die Anlage über eine Zuschauertribüne, die wie die κρηπίς wahrscheinlich aus Steinblöcken gebaut war. Die von Eudemos bereitgestellten Zugtiere dürften ne ben der Planierung des abschüssigen Kampfplatzes auch Steinblöcke für die κρηπίς und das θεάτρον herbeigeschafft haben. Obwohl für diese Arbeiten eine große Zahl von Zugtieren zum Einsatz gekommen sein müssen, ist dennoch zu bezweifeln, ob die in der Inschrift angebenen tausend Ochsenpaare wörtlich zu nehmen sind. Keine Einzelperson wird in Attika 2000 Arbeitstiere im Besitz gehabt haben oder in der La ge gewesen sein, so viele Tiere zu mieten und deren Unterhalt während der ganzen Bauperiode zu bestreiten. Vielmehr hat man davon auszugehen, daß die Zahl eine reine Rechengröße bildete und die von Eudemos gestellten Gespanne in Wirklichkeit viel weniger waren. Wahrscheinlich ist Wilhelms Vermutung richtig, wonach die Zug tiere so lange eingesetzt wurden, bis die von ihnen geleistete Arbeit der Tagesarbeit von tausend Gespannen gleichkam.534 Obwohl gemeinhin angenommen wird, daß Eudemos ein athenischer Metöke war, ist bislang die Frage ausgeblieben, weshalb er ein öffentliches Projekt anstelle ei ner üblichen Geldspende mit der (kostenlosen) Bereitstellung von Zugtieren unter stützte.535 Der Demos kann von einem Metöken nicht verlangen, daß dieser für ein öffentliches Bauprojekt erst Zugtiere mieten muß, sondern hätte es vorgezogen, von ihm eine Geldspende zu erbitten und die eigentlichen Arbeiten einem Bauunterneh mer zu übertragen. Daher meine ich, daß Eudemos der Eigentümer dieser Tiere war und sich deshalb für die ihm übertragene Aufgabe eignete. Zwar fehlte ihm während der Bauarbeiten das Recht auf Landbesitz, das ihm erst nach der Fertigstellung des Stadions zusammen mit anderen Privilegien verliehen wurde (Z. 29); dennoch stand
532
IG II 351 = Schwenk, Laws and Decrees 233f. Nr. 48, Z. 11-21: επειδή | [Εΰδη]μος πρότερόν τε έττη[γ]γ[εί|λατο τ]ώι δήμωι έπιδώσειν [εί]ς | [τον π]όλεμον ει τ[ι] δέ[οι]το [ΧΧΧ]Χ || [δ]ραχμάς και νυν [έ7τ]ι[δέδ]ωκεν | εις την ποίησιν του στσδ[ί]ου | και του θεάτρου του Παναθη[ναϊ]|κοϋ χίλια ζεύγη και ταύτα | πέπομφεν άπαντα ττ[ρό Π]αναθη||ναίων καθά ύπέσ[χετο, δ]εδόχθ[αι] | τώι δήμωι κτλ. 533 Engels, Hypereides 212f. s* Α. Wilhelm, Sitz.-Ber. Akad. Wien, phil.-hist. Kl. 1910, 49; vgl. auch A.M. Woodward, JHS 68, 1948,161; K. Clinton, EphArch 1971,105; Loomis, Wages HOf. 535 Metökenstatus: A.v. Velsen, AA 124, 1859, 74 (Beibl. zu AZ 18, 1959); WilamowitzMoellendorff, Demotika 245 Anm. 3; Pecirka, Enktesis 70; Stelzer, Enktesis 69; Whitehead, Metic 24 Anm. 74, 29f.; Gauthier, Bienfaiteurs 23; Prandi, Platea 143ff.; Hennig, Immobilienerwerb 312; Veligianni-Terzi, Wertebegriffe 92 Α 153; Osborne/Byme, Foreign Residents Nr. 6091.
2. Euergesien freiwlligen Charakters
131
den Metöken der Weg offen, Land in Pacht zu nehmen (und dort Tiere zu halten), was inschriftlich mehrfach bezeugt ist. Wir finden unter den Metöken neben Päch tern auch Bauunternehmer, die von der Stadt mit öffentlichen Projekten betraut wurden.536 Es ist denkbar, daß auch Eudemos sich als Bauunternehmer betätigte und zu diesem Zweck Zugtiere hielt. Eudemos war nicht der einzige Fremde, der in der Ära Lykurgs zur architek tonischen Ausgestaltung Athens beitrug. Ein 1986 veröffentlichter Ehrenbeschluß bezeugt, daß mehrere namentlich nicht bekannte Metöken Mittel (δωρεαί) für den Bau einer σκηνή beisteuerten.537 Die beiden Herausgeber der fragmentarischen In schrift glauben, daß es sich bei der σκηνή um das Steinauditorium des Dionysosthea ters handelte.538 Der steinerne Ausbau des Dionysostheaters, das in seinem Endstadi um Platz für 17000 Besucher bot, gehörte zu den größeren Projekten Lykurgs.539 Die im Zusammenhang mit der lykurgischen Baupolitik getroffene Aussage von W. Will, Lykurg habe es verstanden, als "Garant stabiler Verhältnisse ... die begüterten Bürger Athens für die Belange der Stadt zu engagieren und sie zu materiellen und ideellen Opfern zu bewegen", muß dahingehend korrigiert werden, daß sich das auch auf manche Metöken bezieht.540 Ein größeres Bauprogramm nahm die Stadt erst wieder währed des Vierjähri gen Krieges gegen Kassander in Angriff. Dieses Programm trug allerdings nur einen rein militärischen Charakter und beschränkte sich auf den Mauer- und Festungsbau sowie auf die Kriegsrüstung. Ich habe bereits im Abschnitt über Epidoseis für Rü stungszwecke die Belege dafür zusammengestellt, daß dieses Bauprogramm durch Spenden zahlreicher Metöken mitfinanziert wurde.541 Wie andere Poleis ging Athen spätestens im ausgehenden 4. Jahrhundert dazu über, die Kosten für Bau und Reparatur von Tempelanlagen und öffentlichen Ge bäuden durch Epidoseis zusammenzubringen. Um 300 rief die Stadt auf Antrag eines gewissen Dioskurides zu einer Epidosis auf, aus deren Ertrag ein Heiligtum instand gesetzt wurde. Dieser Epidosisbeschluß trägt die Überschrift: [οϊδε έπέδωκαν εις τήν έπι]σκευήν του ίεροϋ και κατασκευ[ήν | κατά] το ψήφισμα ο Διοσκουρίδης | εΐπεν].542 Obwohl sich die Namen der Spender, die auf die Überschrift folgten, nicht 536
Pächter von öffentlichem Tempelland: M.B. Walbank, Hesperia 52, 1983, 132; Bauunternehmer Maier, Mauerbauinschriften Nr. 11, col. III, Z. 123 und 124. 537 AJ. Heisserer und R.A. Moysey, An Athenian Decree Honoring Foreigners, Hesperia 55, 1986, 177, Ζ. 4f.: [έπέδωκεν εις τή]ν σκην[ήν και τήν όρχήστραν του θεάτρου του Διονύσου δωρ]εάς. Ob es sich bei den δωρεαί um Geldmittel oder Spenden in Naturalien (Baumaterial o.a.) gehandelt hat, läßt sich nicht sagen. 538 Ebd. 181. Eine Datierung in die 330er bzw. 320er Jahre scheint durch einen Buchstabenvergleich mit fest datierten Inschriften und durch die Erwähnung des Wortes μετοίκιον (Ζ. 7), das nach 321/0 epigraphisch nicht mehr belegt ist, gesichert. Im 4. Jahrhundert ist nur noch der Bau einesTheaters in Munychia bezeugt. Da die vorliegende Urkunde ein Volksbeschluß, nicht aber ein Demenbeschluß ist, dürfte es sich in der Tat um die Skene des Dionysostheaters gehandelt haben. 539 Einzelheiten zum Dionysostheater bei Will, Athen und Alexander 80ff.; Hintzen-Bohlen, Kulturpolitik 21ff.; Knell, Athen 126ff. 540 Will, Athen und Alexander 86. 541 Vgl. auch Maier, Mauerbauinschriften Nr. 11-14 mit Kommentar. 542 IG II 2330, Z. lff.; vgl. auch Kuenzi, Epidosis 13 und Migeotte, Souscriptions publiques 24f.
132
IV. Die Wohltaten derMetöken
erhalten haben, kann man mit einiger Gewißheit sagen, daß darunter auch Metöken waren, die sich bis dahin an jeder Geldumlage beteiligt hatten. Eine glaubwürdige Episode aus dem Leben des Philosophen Zenon, die Dio genes Laertius der Philosophengeschichte des Antigonos von Karystos (3. Jh. v. Chr.) entnahm, erzählt, daß auch Zenon mit einer Geldspende zur Ausbesserung eines Ba des beigetragen habe. Als der Begründer der Stoa in der veröffentlichten Spenderliste nur mit Ζήνων (ό) φιλόσο(φος) verzeichnet worden sei, habe der auf seine phönikische Herkunft stolze Gelehrte darauf bestanden, daß sein Ethnikon Κιτιεύς auf der Stele hinzugesetzt werde.543 In Athen scheinen auch während des Chremonideischen Krieges öffentliche Bauprojekte mit privaten Spenden finanziert worden zu sein. Eine vom Herausgeber B.D. Merkt in diese Zeit (267-62) datierte Urkunde für einen Spartaner verzeichnet eine Spende εις την [ο]ίκο[δομίαν (Ζ. 11), wobei aus dem lückenhaften Text nicht her vorgeht, um welche Art Bauwerk es sich handelte.544 Im Zusammenhang mit dieser Spende ist von -κοντά τάλαντα (Ζ. 12) die Rede. Da unwahrscheinlich ist, daß eine Einzelperson in der Lage war, der Stadt 20 oder mehr Talente zu schenken, könnte es sich um eine öffentliche Kasse handeln, in die der Beitrag eingezahlt wurde. Unter Eubulos und Lykurg hatte es die Kasse der 10 Talente (δέκα τάλαντα) gegeben, in die die Eisphorai zur Errichtung öffentlicher Militär- und Verteidigungsanlagen flös sen.545 Die -κοντά τάλαντα könnten nach diesem Vorbild eine ähnliche Kasse be zeichnen. In der Inschrift (Z. 10) lesen wir noch [εις τάς ν]αυς έπ[έ]δωκε[ν ]. Der Honorand hat also auch für den Bau von Schiffen oder zu deren Ausrüstung eine weitere Spende vorgenommen. Er könnte damals sehr wohl als Metöke in Athen ge lebt haben. Eine Epidosis zur Kostendeckung öffentlicher Bauprojekte ist aus dem Eh rendekret für den Metöken [?Aisch]ias für das Archontat des Antimachos belegt, das wahrscheinlich in die späten 250er Jahre fiel.546 Der Zweck der Epidosis lautet έπ[ειδή Άισχίας ... καί νυ|ν γεν]ομένων έ[τπδό]σ[ε]ων εί[ς τα] δ[ημόσια έργα και ε|ίς τήν] της πό[λεω]ς [φ]υλακήν [έπέδ]ω[κε ίο |-- και άργυρ[ίου ]. 547 Sofern Wilhelms Er gänzung richtig ist, kamen die eingegangenen Gelder sowohl τα δημόσια έργα als auch
Nr. 13. 543 Diog. Laert. 7.12: φησι δ' Αντίγονος ό Καρύοπος ουκ άρνεΐσθαι αυτόν είναι Κιτιέα. των γάρ εις έτπσκευήν του λουτρώνος συμβαλλομένων εις ων και αναγραφόμενος εν τη στήλη «Ζήνωνος του φιλοσόφου», ήξίωσε και το Κιτιεύς προοτεθηναι. Diese Spendenaktion wird von Migeotte, Souscriptions publiques 25f. zwischen 278 und 262 datiert; vgl. auch Sonnabend, Freundschaften 211.320. Daß die Philosophen in den athenischen Epidosislisten in der von Antigonos beschriebenen Wei se aufgezeichnet worden sind, sehen wir aus dem Spendenverzeichnis IG ΙΓ 791 (col. 1, Z. 29) des Jahres (?) 244/3 im Falle des Peripatetikers Lykon aus Alexandria/Troas. 544 B.D. Merkt, Hesperia 3,1934, 7f. Nr. 9 = Athenian Agora XVI, Nr. 191. 5*5 Genannt in IG II2 224, Z. 19 (= Maier, Mauerbauinschriften Nr. 10) und IG II2 505, Z. 16 (= Maier, Mauerbauinscririften Nr. 13). 546 S.o. S. 112f. ™ IG II2 768+802, Z. 8-12 (= Wilhelm, Akademieschriften I, 436).
2. EuergesienfreiwilligenCharakters
133
der Bestreitung von Rüstungskosten zugute. Mit den δημόσια έργα können Ausbesserungen an den Stadtbefestigungen gemeint sein.548 Nach dem Abzug der makedonischen Garnison aus dem Piräus und anderen Teilen Attikas im Jahre 230/29 befestigte die Stadt die Hafenanlagen im Piräus neu. Aus den im Abschnitt über Epidoseis für Kriegs- und Verteidigungszwecke besprochenen Ehrendekreten für die Metöken Apollas und Aristokreon geht hervor, daß die Bauarbeiten an den Kriegshäfen durch einen Spendenaufruf ermöglicht wurden.*49 Eine im Piräus gefundene Spenderliste aus der Mitte des 2. Jahrhunderts ist insofern beachtenswert, da sie zeigt, daß neben der Bürgergemeinde auch einzelne Demen den Weg zu Epidoseis suchten, um Gelder für öffentliche Bauprojekte zusammenzubringen. Die Geldumlage aus dem Piräus diente der Errichtung eines Theaters. Auf der unvollständigen Stele sind unter der Überschrift οϊδε έπέδωκαν ει[ς την] κατασκευήν του θεά[τρου] die Namen von etwa 40 Spendem erhalten.550 Unter ihnen läßt sich nur ein ansässiger Fremder, Diokles aus Thespeia (Z. 59 ), ausfindig machen. Auch für diese Geldumlage waren Maximal- und Minimalwerte festgelegt, da sich die Spenden zwischen 5 und 100 Drachmen bewegen.
2. S c h e n k u n g e n v o n Kriegsschiffen u n d S p e n d e n für deren A u s r ü s t u n g Dem Staat ein Kriegsschiff zu schenken war eine Wohltat, die sich nur wenige Reiche leisten konnten. Hinweise auf eine solche kostspielige Schenkung sind jedoch nicht selten.551 Auch konnte die Anzahl der gespendeten Schiffe unter Umständen beträchtlich sein. So wurde im Jahre 341/0 ein Flottenkontingent von 40 Trieren gänzlich aus privaten Spenden aufgestellt und nach Euböa entsandt (s.u). W.K. Pritchett vermutet, daß die Zahl der für eine frühere Euböa-Expedition (357) gestifteten Schiffe sogar noch höher lag.552 Ganz anders als Gebäudestiftungen scheint der Demos Schiffsschenkungen bedenkenlos angenommen zu haben. Das schnelle Altem der Schiffe und die desolate Finanzlage des Staates seit dem Peloponnesischen Krieg boten neben wohlhabenden Bürgern auch Metöken eine willkommene Gelegenheit, durch die Schenkung von Schiffsrümpfen oder zumindest Geldspenden für deren Ausrüstung Wohlwollen zu erlangen. Die Bereitstellung einer Triere für den Krieg ist bereits im 5. Jahrhundert mehrfach belegt. In der Schlacht am Artemision (480) kämpfte Kleinias, Vater des Alkibiades, auf einem Schiff, das ihm gehörte und das er auf eigene Kosten ausgerüstet und bemannt hatte.553 Wir wissen nicht, ob das Schiff nach der Schlacht in seinem Besitz blieb, oder ob er es, wie später etwa Demosthenes und Hypereides, der 548 In diesem Sinne auch Mgeotte, Souscriptions publiques 26f. *»S.o.S. 116f. 550 IG Π 2334 mit einem ausführlichen Kommentar bei Migeotte, Souscriptions publiques 43ff. 551 Zum Folgenden s. Jordan, Athenian Navy 91ff. und Pritchett, War V, 473ff., bes. 478f. 552 Pritchett, War V, 478f. 553 Hdt. 8.17; PlutAlkib. 1.1.
134
IV. Die Wohltaten der Metöken
Stadt vermachte. Eine Notiz in der Perüdes-Vita, in der von "seiner Triere" die Rede ist, deutet darauf hin, daß auch Perikles ein Schiff besaß, das er selbst kommandier te.554 Wenn man Diodor glauben darf, steuerten einige Privatleute für die große Sizilische Expedition Trieren bei, andere wiederum spendeten für die Ausrüstung der Flotte sowie für die Verpflegung und Besoldung der Schiffsmannschaften Geld.555 Diese Gelegenheit dürften neben Bürgern auch einige Metöken ergriffen und für das Gelingen der Unternehmung finanzielle Opfer dargebracht haben. Die beiden Schif fe, die Antiphon, der 404/3 den Dreißig Tyrannen zum Opfer fiel, έν τω πολεμώ ... παρείχετο (Xenoph. hell. 2.3.40), können durchaus in diesen Kontext gehören.556 Alkibiades segelte damals auf einer eigenen Triere nach Syrakus.557 Bei der Kapitulation vor Sparta (404) mußte Athen seine gesamte Flotte bis auf 12 Schiffe abliefern.558 In den nächsten Jahrzehnten wurde der Schiffsbestand durch Neubauten ständig erhöht, so daß die Stadt bei der Gründung des Zweiten At tischen Seebundes (378/7) mit 112 Trieren wieder über eine ansehnliche Flotte ver fügte.559 Angesichts der schwachen Staatsfinanzen war es nur natürlich, einen Teil der Schiffsbauten durch private Spendenmittel zu finanzieren. Von dem reichen Trapeziten Pasion ist bekannt, daß er — wohl zwischen 391 und 386, also während des Ko rinthischen Krieges, - fünf Schiffsrümpfe schenkte und sie anschließend auf eigene Kosten ausrüstete und bemannte. Sein Sohn Apollodor nennt Jahre nach dessen Tod als die größten und erinnerungswürdigsten Wohltaten des Trapeziten: ούμός ύμΐν πατήρ χιλίας έδωκεν ασπίδας, και πέντε τριήρεις εθελοντής έπιδούς και παρ' εαυτού πληρώσας έτριηράρχησε τριηραρχίας.560 Die Schilde wurden im άσπιδοπηγεΐον, das Pa sion gehörte (Demosth. 36.4 und 11), hergestellt und wahrscheinlich noch vor desses Einbürgerung gestiftet. Wie verhält es sich aber mit den Schiffsschenkungen und wie hat man sich den ganzen Vorgang vorzustellen? Zuallerst dürfte Pasion von sich aus angeboten haben, die Kosten für den Bau einiger Schiffsrümpfe zu übernehmen. Nachdem die Ekklesie auf diese Offerte einging, wird er den τριηροποιοί, die die Auf sicht über den Bau neuer Kriegsschiffe hatten, das hierfür nötige Geld ausgehändigt haben.561 Wahrscheinlich wurden die fünf Schiffe nicht auf einen Schlag gebaut, son dern über mehrere Jahre hinweg. Nach der Fertigstellung der Schiffsrümpfe wird die Stadt ihrerseits bei Pasion nachgefragt haben, ob er auch das Zubehör für "seine Schiffe" zu stellen gewillt war. Er stattete die Schiffe aus - in der Invertarliste einer Seeurkunde (IG II 1609, Z. 85f. und 87) werden von ihm gespendete Schiffstaue 554
Plut. Perikl. 35.2 mit Jordan, Athenian Navy 91. Diod. 13.2.2: των δε ιδιωτών οί ταϊς ούσίαις εύποροϋντες τη προθυμία του δήμου χαρίζεσθοα βουλόμενοι τινές μεν ιδίας τριήρεις κατεσκεύσαν, τινές δε χρήματα δώσειν εις τάς τροφάς της δυνάμεως έπηγγέλλοντο. 556 Zur Person Antiphons s. Davies, APF 327. 557 Thuk. 6.50.1; 6.61.6. 558 Xen. hell. 2.2.21. 559 Wilson, Military Finances 310. 560 Demosth. 45.85. 561 Zu den Aufgaben der τριηροποιοί s. Jordan, Athenian Navy 46ff. 555
2. EuergesienfreiwilligenCharakters
135
und Schiffsanker vermerkt - und bezahlte darüber hinaus den Sold der Ruderer. Apollodor sagt, daß sein Vater dies alles freiwillig (εθελοντής) ausführte, daß er also nicht zum regulären Trierarchen ernannt wurde. Pasion tat das, was man bei späteren Schiffsepidoseis beobachten kann: Dem Staat Schiffe zu schenken und anschließend auf jedem dieser Schiffe für ein Jahr als "Ehrentrierach" zu dienen. Aus der von Apollodor verfaßten und von Theomnestos, dem athenischen Schwiegersohn Pasions, gehaltenen Rede gegen Neaira erfahren wir, daß der Trapezit das Bürgerrecht aufgrund erwiesener Wohltaten erwarb.562 Wenn Pasion außer den Schilden und Schiffen andere nennenswerte Schenkungen vorgenommen hätte, wä ren diese von seinem Sohn gewiß nicht verschwiegen worden. Da eine Spende von tausend Schilden für die Verleihung des Bürgerrechts kaum ausgereicht haben wird, dürften auch die Schiffsschenkungen in einer Zeit erfolgt sein, als Pasion noch Metöke war.563 Mit der Begründung, daß die Trierarchie den Metöken versperrt blieb, setzt neuerdings J. Trevett die Schiffsspenden Pasions nach dessen Einbürgerung.564 Hierbei gilt zu bedenken, daß der Trapezit erst nach Fertigstellung der Schiffe und freiwillig die Trierarchie übernahm. Er kann eingebürgert worden sein, während die Schiffe noch gebaut wurden. Selbst dies ist nicht zwingend. Oben wurden sichere Zeugnisse dafür vorgelegt, daß auch Metöken zum Trierarchen bestellt wurden.565 Bei Pasion könnte derselbe Sachverhalt vorgelegen haben. Nur beiläufig sei bemerkt, daß der zum Trierarchen designierte Trapezit das Kommando über die Schiffe wahrscheinlich einem von ihm bezahlten Stellvertreter anvertraute, eine Praxis, die auch athenische Bürger wie Meidias (Demosth. 21.163) vorzogen. Die Stadt zeichnete nach Pasion weitere Trapeziten — bekannt sind Phormion, Konon und Epigenes — mit dem Bürgerrecht aus. Der eigentliche Anlaß für ihre Ein bürgerung ist nicht überliefert Man kann aber mit einiger Gewißheit sagen, daß sie nicht aufgrund von bloßen Geldspenden eingebürgert wurden. Aus dem 4. Jahrhun dert ist kein einziger Fremder bekannt, der allein aufgrund einer Geldschenkung, wie hoch sie auch sein mochte, das athenische Bürgerrecht erhielt.566 Dies wäre von vielen Athenern als ein Verkauf des wertvollen Bürgerrechts aufgefaßt worden, dem sich die stolzen Erechtheussöhne vehement widersetzten. Daher können die Spenden der drei Trapeziten analog zu denen Pasions militärischer Natur gewesen sein, auch wenn sich dies nicht beweisen läßt.
562 [Demosth.] 59.2: ψηφισαμένου γάρ του δήμου του 'Αθηναίων Αθήναιον είναι Πασίωνα και έκγόνους τους εκείνου διά τάς ευεργεσίας τάς είς την πόλιν κτλ. 563 In diesem Sinne Davies, APF 430. Er datiert die Schild- und Schiffspenden Pasions an den Anfang der 380er Jahre und bringt sie mit dessen Einbürgerung in Zusammenhang. Vgl. auch Osbome, Naturalization III, 48 T30 und Trevett, Apollodoros 21 ff. 564 Trevett, Apollodoros 22: "Although there is no reason to doubt that metics could donate triremes to the city, it is natural to assume that the gift of the triremes and the trierarchies belong together, and it appears that metics either did not (or could not) serve as trierarchs". 565 S.o. S. 78f. 566 Der Akamane Euenor stellt eine Ausnahme dar. Denn für dessen Naturalisierung war neben der ein Talent betragenden Geldspende seine jahrzehntelange medizinische Fürsorge als hochspezialisierter Arzt ausschlaggebend.
136
TV. Die Wohltaten derMetöken
Phormions Einbürgerung fällt in das Jahr 361 /0. 567 Er übernahm nach Pasions Tod (370/69) für dessen unmündigen Sohn Pasikles die Leitung der Bank, scheint sich aber als Bankier bald selbständig gemacht zu haben.568 Pasions älterer Sohn ApoUodor wählte die Schildfabrik zu seinem Erbteil (Demosth. 36.11-13), so daß Phormion keine Schildspenden vorgenommen haben kann wie sein einstiger Besitzer Pasion. Gleichwohl ist bekannt, daß Phormoin neben seiner Bankierstätigkeit mehre re Schiffe erwarb, die für Handelszwecke in die Pontosregion führen.569 Er könnte demnach den Athenern auch Getreide gespendet haben. Die Bürgerrechtsverleihung an Konon und Epigenes wird erst in der im Jahre 323 gegen Demosthenes gehaltenen Rede des Deinarch erwähnt, kann aber etliche Jahre oder gar Jahrzehnte zurückliegen.570 Sucht man nach einer passenden Gelegen heit, kämen Schiffsepidoseis in Frage, zu denen die Ekklesie zwischen 357 und 340/39 mehrmals aufrief. Die beiden Trapeziten können während einer dieser Epidoseis Trieren geschenkt sowie Geldmittel für deren Ausrüstung und Bemannung be reitgestellt und auf diese Weise ihre Einbürgerung erwirkt haben. Für deren Aufnah me in die Reihen der Bürger setzte sich Demosthenes ein, von dem man weiß, daß er an mehreren Schiffsepidoseis teilnahm. Möglicherweise begründete er seinen Antrag damit, daß auch die beiden Trapeziten unter den Schiffsspendern waren. Über eine bloße Vermutung kommt man aber nicht hinaus. Aus den Ausführungen des Demosthenes gegen Meidias (21.161-163) wird er sichtlich, daß der Geschäftsgang bei den Schiffsepidoseis derselbe war wie bei ande ren Umlagen, mit dem Unterschied, daß die freiwilligen Beiträge nicht aus Geld, son dern aus Schiffen bestanden: Die Ekklesie rief zu einer Epidosis von Trieren auf, um ein Flottenkontingent zusammenzustellen, das zur Unterstützung eines bedrängten Staates ausgeschickt wurde. Die Quellen sprechen dabei einstimniig von τριήρη (bzw. ναυν) έπιδοΰναι. So heißt es etwa bei Demosthenes (21.165): αυτών έκαστος εκών έπιδούς τριήρη, und in dem von Demochares für Demosthenes postum beantragten Ehrengesuch: και έτπδόνπ (sc. Δημοσθένης) τάλαντα οκτώ και τριήρη, οτε ό δήμος ήλευθέρωσεν Ευβοιαν, και ετεραν, οτε εις Έλλήσποντον Κηφισόδωρος έξέπλευσε- και ετεραν, οτε Χάρης και Φωκίων στρατηγοί έξεπέμφθησαν εις Βυζάντιον υπό του δήμου.571 In der Forschung wird τριήρη έτηδουναι wörtlich genommen und als "eine Triere schenken" verstanden, wogegen ich keine Einwände erheben möchte.572 In den See567
[Demosth.] 46.13; vgl. Osbome, Naturalization ΙΠ, 55 T48. Davies, APF 435. 569 Demosth. 45.64: Phormions Schiffe wurden bei der Rückfahrt von der Stadt Byzantion aufgehalten; vgl. Davies, APF 436. 570 Dein. 1.43. Osborne, Naturalization ΙΠ, 78 T81 denkt daran, daß Konon und Epigenes "during the great com shortage of the early 320s" "donations or contributions of some kind to the State" erbrachten und dafür eingebürgert wurden. Dies erscheint mir jedoch wenig wahrscheinlich. Die Wohltat, die die beiden Trapeziten während einer Getreideknappheit erweisen konnten, wäre eine Geldspende für den staatlichen Aufkauf von Getreide gewesen. Aufgrund einer bloßen Geldspende war es jedoch nicht möglich, das Bürgerrecht zu erwerben (s.u. S. 158). 571 [Plut.] Vit. X orat. (mor.) 850F-851A. 572 Böckh, Staatshaushaltung 657 Anm. d: "Τριήρη έπιδοΰναι bezieht sich auf das Schiff selber"; Kuenzi, Epidosis 20.24.36ff.; Jordan, Athenian Navy 92f.; Migeotte, Souscriptions atheniennes 568
2. Euergesien freiwilligen Charakters
137
Urkunden det 330er Jahre sind ja einige gespendete Schiffe durch έπιδόσιμος τριήρης sicher als solche gekennzeichnet.573 Man fragt sich aber, weshalb die Stadt zwischen 357 und 340/39 mindestens fünf Flottenkontingente durch private Schiffsschenkun gen aufstellen ließ, obwohl sie doch selbst über einen genügenden Schiffsbestand ver fügte. Möglicherweise waren alle seetüchtigen Trieren im Einsatz, so daß für eine weitere, dringend erforderliche Expedition neue Schiffe gebraucht wurden. Der Fra ge, wie die Spender in einer kurzen Zeit zu ihren Schiffen kamen und ob diese in den Schiffswerften neu gebaut wurden, ist bisher niemand nachgegangen. Die Beteiligung von Metöken an den Schiffsepidoseis wird nirgends erwähnt, was aber bei der ohnehin spärlichen Quellenlage nicht überrascht. Demosthenes (21.161.165) nennt neben sich lediglich Meidias und drei weitere Athener (Nikeratos, Euktemon und Euthydemos), um darzulegen, daß diese sich als wahre Patrioten ver hielten, weil sie im Jahre 348 die von ihnen gespendeten Schiffe auch kommandier ten, während sein Kontrahent Meidias zuerst an seiner Stelle den ägyptischen Met öken Pamphilos ausschickte und danach doch selbst das Schiff bestieg, um nicht als hippeis dienen zu müssen. Neben diesen ist nur noch Hypereides bekannt, der für sich und seinen Sohn zwei der vierzig Trieren stiftete, die im Jahre 340 nach Euböa fuh ren.574 Jedoch spricht nichts dagegen, daß die Stadt ebenso von reichen Metöken eine Schiffsspende annahm. Auch die Tatsache, daß einige der Spender auf ihren Schiffen als "Ehrentrierarchen" dienten, oder wie Meidias, sich Stellvertreter wählten, kann diese Vermutung nicht widerlegen. Laut Demosthenes fanden im Zeitraum zwischen 357 und 348 drei Schiffs epidoseis statt.575 Die früheste dieser Epidoseis, die an den Beginn des Bundesgenos senkriegs fiel, soll die erste ihrer Art gewesen sein.576 Sie diente dazu, die Thebaner zum Abzug aus Euböa zu bewegen und einige Städte der Insel für den Seebund zu rückzugewinnen, was den Athenern auch tatsächlich gelang.577 Weil diese Expedition 139ff.; ders., Souscriptions publiques 15ff.; Pritchett, War V, 478f.; Quaß, Honoratiorenschicht 93 mit Anm. 60. «3 IG Π2 1628, Z. 439; IG II 2 1629, Z. 960; IG II2 1623, Z. 310f. 574 [Plut.] Vit. X orat. (mor.) 849F: Φιλίππου δε πλεϊν έπ* Ευβοίας παρεσκευασμένου και των 'Αθηναίων εύλαβώς εχόντων, τεσσαράκοντα τριήρεις ήθροισεν έξ επιδόσεως και πρώτος υπέρ αύτου καί του παιδός έπέδωκε δύο τριήρεις. 575 Demosth. 21.161: έγένοντ' εις Εύβοιαν επιδόσεις παρ' ύμΐν πρώται* τούτων ουκ ην Μειδιάς, αλλ' εγώ, καί συντριήραρχος ην μοι Φιλϊνος ό Νικοστράτου. έτεραι δεύτεραι μετά ταύΥ είς Όλυνθον ουδέ τούτων ην Μειδιάς, καίτοι τόν γε φιλοτιμον πανταχού προσήκει έξετάζεσθαι. τρίται νυν αύται γεγόνασιν επιδόσεις· ένταυθ' έπέδωκε. 576 Jordan, Athenian Navy 92 erklärt die Wendung πρώται επιδόσεις so: "He (sc. Demosthenes) probably means to say that this was the first occasion on which an entire fleet had been financed from private donations". Vgl. auch Pritchett, War V, 477. Möglicherweise gehört die im Ehrengesuch für Demosthenes ([Plut.] Vit. X orat. 850F) genannte erste Triereschenkung des Redners, die dort mit der Befreiung Euböas in Verbindung gebracht wird, in das Jahr 357. Migeotte, Souscriptions atheniennes 142 mit Anm. 65 glaubt allerdings, daß sie während der dritten Euböa-Expedition im Jahr 341 erfolgte. Er ist S. 140f. zudem der Ansicht, daß 357 möglicherweise keine Schiffsepidoseis stattfanden, sondern einige Bürger lediglich als freiwillige Trierarchen dienten. Demosthenes spricht in der Mediana (21.161) jedoch ausdrücklich von einer Schiffsepidosis. 577 Zu den Hintergründen dieser Euböa-Expedition s. Wankel, Rede für Ktesiphon 538ff.
IV. Die Wohltaten derMetöken
138
in mehreren anderen Reden des Demosthenes, aber auch von Aischines und weiteren Autoren erwähnt wird, meint Pritchett, daß "the war in Euboia in 357 B.C. ... was a very populär one, and many had made voluntary donations. [...] It is easy to believe that the epidosis before the expedition recieved widespread and sizeable voluntary contrubitions, and the fact that Meidias did not contribute was used as a mark against him".578 Die δεύτεραι und τρίται επιδόσεις aus der Mediana fallen in die Jahre 349 und 348, als die Stadt nacheinander zwei Flottenexpeditionen nach Olynth und Euböa entsandte.579 Eine vierte Schiffsepidosis wurde 341 auf Antrag des Hypereides veranstaltet. Während dieser Epidosis wurden vierzig Schiffe geschenkt, zwei davon vom An tragsteller selbst. Dieser Epidosisaufruf war nach der Hypereides-Vita eine Reaktion auf das Ausgreifen Philipps IL auf Euböa.580 Mit dessen Hilfe hatten 343 oder 342 in Oreos und Eretria makedonenfreundliche Tyrannen die Macht an sich gerissen. Mit der durch Spenden aufgestellten Flotte unternahmen die Athener im Sommer und Herbst 341/0 zwei erfolgreiche Feldzüge nach Euböa. Im ersten unter der Leitung des Kephisophon wurde Philistides, der Tyrann von Oreos, getötet und im zweiten unter Phokion die Herrschaft des Kleitarch in Eretria beendet und dieser vertrie ben.581 Als Philipp im Herbst 340/39 180 Getreideschiffe kapern ließ, die sich bei Hieron im Bosporus zur Weiterfahrt nach Atrika gesammelt hatten, und anschließend Byzantion angriff, antwortete Athen auf Antrag des Demosthenes mit einer Kriegserklärung.582 Die Stadt faßte sogleich den Beschluß, Kriegsschiffe zu mobilisieren und dem belagerten Byzantion zu Hilfe zu kommen. Infolge des Beschlusses wurden zwei Geschwader nach Byzantion geschickt, von denen das erste Chares und das zweite Phokion unterstellt war.583 Aus dem Ehrengesuch für Demosthenes geht hervor, daß dieser eine Triere geschenkt hatte, οτε Χάρης και Φωκίων στρατηγοί έξεπέμφθησαν εις Βυξάντιον υπό του δήμου. Es hat den Anschein, daß Demosthenes zugleich bei der Kriegserklärung auch zu einer Schiffsepidosis aufforderte und, als diese bewilligt wurde, mit gutem Beispiel vorangehend ein Schiff spendete. Nach dem Zeugnis desselben Ehrengesuches hatte Demosthenes zuvor ein anderes Schiff geschenkt, οτε εις Έλλήσποντον Κηφισόδωρος (wohl Verschreibung für Κηφισοφών)584 έξέπλευσε.
57
8 Pritchett, W a r V , 4 7 7 mit Belegstellen; vgl. auch W a n k e l , R e d e für K t e s i p h o n 538ff.
579
Zur Chronologie der beiden Epidoseis s. Kuenzi, Epidosis 36f., H. Hommel, PhW 17, 1927, 498f., Migeotte, Souscriptions atheniennes 141 f.; ders., Souscriptions publiques 17. 580 [Plut], Vit. X orat (mor.) 849F: Φιλίππου δε πλεϊν έπ' Ευβοίας παρεσκευασμένου και των Αθηναίων εύλαβώς εχόντων, τεσσαράκοντα τριήρεις ήθροισεν εξ επιδόσεως και πρώτος υπέρ αύτοϋ και του παιδός έπέδωκε δύο τριήρεις *" Gehrke, Phokion 44ff.; Wankel, Rede für Ktesiphon 451 ff.; Engels, Hypereides 84f. 582 Gehrke, Phokion 46f.; Wankel, Rede für Ktesiphon 437ff., bes. 441.; Engels, Hypereides 92f. 5 *3 Gehrke, Phokion 47ff. und Wankel, Rede für Ktesiphon 456. 482ff. mit Einzelheiten. 584 Daß die Stelle verderbt und Kephisophon statt Kephisodoros zu lesen ist, gilt seit Schäfer, Demosthenes 454 als ausgemacht: Kuenzi, Epidosis 38; Migeotte, Souscriptions atheniennes 144; Quaß, Honoratiorenschicht 93.
2, Euergesienfreiwilligen Charakters
139
Aus den Seeurkunden wissen wir, daß Kephisophon im Jahre 340/39 Stratege war und in der Propontis operierte.585 Kuenzi hat diese Informationen miteinander kombiniert und daraus erschlossen, daß die Athener zuerst Chares nach Byzantion entsandt hätten und, als er mit der kleinen Flotte nichts habe ausrichten können, Kephisophon und schließlich Phokion mit jeweils einer neuen Flotte in die Propontis gesegelt seien. Demosthenes soll die beiden Schiffe während ein und derselben Epidosis gespendet haben, von denen das eine im Geschwader Kephisophons und das andere kurz darauf unter der Obhut Phokions fuhr.586 Das Ehrengesuch trennt aber säuberlich zwischen einem Schiff, das unter Kephisophon in die Propontis segelte, und einem anderen, das unter Chares und Phokion nach Byzantion entsandt wurde. Demosthenes (18.80) sagt ausdrücklich, daß er mehrere Flottenexpeditionen veran laßt habe, "in deren Verlauf die Chersones gerettet wurde sowie Byzanz und alle Verbündeten dort". Es ist denkbar, daß die Stadt, noch bevor sie den Frieden mit Philipp aufkündigte, eine Hilfsflotte unter Führung Kephisophons an die Chersones entsandt hatte, die ebenfalls durch eine Epidosis aufgestellt worden war.587 Demnach könnten 340/39 gleich zwei Schiffsepidoseis, eine für die Chersones und eine andere für Byzantion, veranstaltet worden sein. Von Schiffsepidoseis hören wir in der weiteren Geschichte Athens nicht mehr. Es gab aber, solange Athen über eine Kriegsflotte verfügte, weniger aufwendi ge Formen der Unterstützung. Wir können sie am besten während des Lamischen Krieges fassen. Damals haben Metöken wie [Men]oit[e]s, Nikander und Polyzelos Geldmittel für die Ausstattung der Flotte aufgebracht, die beiden letztgenannten so gar gleich zwei Mal.588 Ich habe bei der Behandlung der Trierarchie erklärt, daß diese Leistungen wahrscheinlich nicht ganz freiwillig erfolgten, sondern die Metöken zur Ausrüstung jeweils eines Schiffes verpflichtet wurden (s.o. S. 83f.). In einem anderen tsoteliedekret wird allerdings die Freiwilligkeit einer anders gearteten Hilfeleistung für die Flotte hervorgehoben. Der Phaselite Euxenides, wie Nikander und Polyzelos langjähriger Eisphorazahler und Kriegsteilnehmer, trug für den Seekrieg gegen die Kleitosflotte mit der Bereitstellung von zwölf Ruderern bei: εν τώι πολέ[μ]|ωι τώι πρότερον εθελοντής [ν]|αύτας δώδεκα ένεβίβασεν.589 "Da in Athen Privatpersonen keine Söldner anwerben durften und der Terminus ναϋται als Oberbegriff auch unfreie Ru derer bezeichnete ..., ist anzunehmen, daß es sich hier um Sklaven des Euxenides handelte".590 Im nächsten Krieg gegen Kassander erhielt die Stadt von Euxenides Sehnen (νευραί) für Katapultgeschosse (IG II 554, Z. 15f.). Eine solche Spende ist untypisch und sonst nicht bezeugt. Das Übliche, womit Bürger und Metöken für die Rüstung und Verteidigung beitrugen, waren Geldmittel, was während des Vierjähri5« IG Π 2 1628, Z. 436ff.; IG II 2 1625, Z. 35ff.; vgl. Migeotte, Souscriprions atheniennes 144. 586 Kuenzi, Epidosis 38ff. 5S7 Vgl. Wankel, Rede für Ktesiphon 457. 588 I G II2 505, Z. 17ff.; I G II2 506, Z. 8ff. 589 I G II2 554, Z. 12-14. 590 Welwei, Unfreie I, 102f. So schon Kahrstedt, Staatsgebiet 322 Anm. 5: "Das müssen seine Sklaven sein, Anwerbung von Söldnern durch Privatpersonen kennt Athen nicht".
140
IV. Die Wohltaten der Metöken
gen Krieges viele auch taten, keineswegs aber Sachspenden. D a eine Spende von Sehnen ungewöhnlich und sehr spezifisch ist, vermute ich in Euxenides den Besitzer eines Betriebs, in dem Taue, Seile und Sehnen hergestellt wurden. Die Sklaven, die der Phaselite der Stadt als Ruderer überließ, könnten deshalb mit der Seilproduktion beschäftigt gewesen sein. Man hat damit zu rechnen, daß während des Lamischen Krieges neben Euxenides weitere Sklavenbesitzer aufgefordert wurden, Personal für den Ruderdienst abzustellen. Der Stadt gelang es damals immerhin, 170 oder vielleicht sogar 184 Schiffe zu mobilisieren, während im Kriegspsephisma 240 vorgesehenen waren.591 Allein aus Bürgern und Metöken hätte solch eine große Flotte, für die etwa 30000 Ruderer benötigt wurden, nicht bemannt werden können, zumal ein Teil der Bürger und Metöken im Landheer diente.592 U. Kahrstedt meint, daß die Sklaven des Euxenides bei ihrer Abstellung als ναυται in das Eigentum des Staates übergingen.593 Er beruft sich dabei auf eine Analogie aus dem Jahr 406, als die für die Arginusenflotte rekrutierten Sklaven nach der Schlacht nicht ihren Besitzern zurückgegeben, sondern freigelassen wurden. Dies war nur möglich, weil die früheren Eigentümer auf Besitzrechte über ihre seediensttauglichen Sklaven verzichtet hatten. Die Massenemanzipation nach der Arginusenschlacht war jedoch ein Einzelfall, der sich nicht wiederholte. Der Staat dürfte die Sklaven des Euxenides nach getanem Ruderdienst wieder ihrem einstigen Besitzer zurückgegeben haben.
3· S c h e n k u n g e n v o n Kriegsgerät Unser Kenntnisstand über die kleinen und größeren Betriebe, die für das Heer und die Flotte Waffen und andere Gerätschaften herstellten, ist sehr spärlich. Wesentlich besser unterrichtet sind wir hingegen über den Bausektor, vor allem dank der Abrechnungsurkunden vom Erechtheion und der Eleusinischen Säulenhalle.594 Die mangelhafte Quellenlage zur "Rüstungsindustrie" ist u.a. damit zu begründen, daß der Staat die Beschaffung von Waffen den Hopliten selbst überließ. Auch werden in den Seeurkunden die Hersteller oder Lieferanten von für die Ausstattung der Kriegsschiffe notwendigen Geräten nicht verzeichnet. Dennoch muß dieser Wirtschaftssektor einen beachtlichen Umfang gehabt haben. Genaugenommen kennen wir aus Athen nur zwei Waffenbetriebe. Es handelt sich in beiden Fällen um Schildwerkstätten, von denen die eine von Kephalos und seinen Söhnen und die andere von Pasion betrieben wurde.595 Beide Betriebe fielen
591
Zu den Einzelheiten s. Schmitt, Lamischer Krieg 67f. Zu den Zahlen s. Schmitt, Lamischer Krieg 68 mit Anm. 114. 593 Kahrstedt, Staatsgebiet 322f., von Welwei, Unfreie 1,103 mit Recht angezweifelt. 594 S. dazu die Überblicksdarstellung bei Hopper, Handel und Industrie 148ff., bes. 165ff. 595 In der Messermanufaktur, die dem Vater des Demosthenes (27.9-11) gehörte und wo 33 Sklaven beschäftigt waren, können auch Kriegsgeräte (Schwerter und Schilde) hergestellt worden sein. Vgl. Hasebroek, Staat und Handel 76ff. und Davies, APF 128ff. 592
2, Euergesienfreimlägen Charakters
141
hinsichtlich ihrer Größe aus dem üblichen Rahmen.596 In der Werkstatt, die Polemarch und Lysias von ihrem Vater übernommen hatten, waren bei der Machtergrei fung der Dreißig etwa 100 Sklaven beschäftigt.597 Die Zahl der Sklaven, die in der Schildmanufaktur Pasions arbeiteten, wird von E. Erxleben auf etwa 66 geschätzt.598 Die Tatsache, daß die Besitzer beider Schildmanufakturen keine gebürtigen Athener waren, ist gewiß kein ausreichendes Indiz dafür, daß die Herstellung von Kriegsgerät ein Zweig war, der überwiegend von Metöken beherrscht wurde. Es fällt aber auf, daß sich kein einziger Athener nachweisen läßt, der der Stadt Kriegsgerät aus der Eigenproduktion spendete,599 während Lysias, Pasion und andere Metöken solche Schenkungen vornahmen. Dies scheint darauf hinzudeuten, daß sich atheni sche Bürger aus der Rüstungsbranche weitgehend heraushielten. Zu den Wohltaten, die Lysias während des Bürgerkriegs 404/3 um der Wie derherstellung der Demokratie willen erbrachte, gehörte auch eine Spende von 200 Schilden.600 Lysias scheint es verstanden zu haben, vor seiner Flucht aus Athen einen Teil seines Vermögens, darunter neben Geld auch Schilde, nach Megara zu transfe rieren, als sich abzeichnete, daß die Dreißig den Besitz einiger mit deren Herrschaft unzufriedener Metöken einziehen würden. Die Spende von 1000 Schilden durch Pasion erfolgte wahrscheinlich Anfang der 380er Jahre, als der Korinthische Krieg noch andauerte.601 Im Todesjahr des Trapeziten (370/69) lagerten 778 dieser Schilde auf der Chalkothek, wie aus der Inven tarliste der Schatzmeister der Athena hervorgeht.602 J.C. Trevett ist der Ansicht, daß die Schildspende erst nach der Einbürgerung Pasions erfolgt sein müsse, weil der Trapezit als Metöke wegen des fehlenden Enktesisrechts keine Schildmanufaktur ha be erwerben können.603 Dem ist entgegenzuhalten, daß Metöken auch ohne Enktesis die Möglichkeit offenstand, Gebäude für gewerbliche Zwecke, aber auch Bergwerks596 Vgl etwa Hasebroek, Staat und Handel 75ff. 597 Lysias (12.19) gibt die Zahl der Sklaven, die von den Dreißig baschlagnahmt wurden, mit 120 an; vgl. auch Lys. 12.9. Bei einem Teil von ihnen dürfte es sich allerdings um Haussklaven gehandelt haben. Irrig erscheint mir die Ansicht von Ferckel, Lysias und Athen 16f., wonach Polemarch und Lysias die Schildmanufaktur nach ihrer Rückkehr aus Thurioi neu gegründet hätten. Vielmehr dürfte es sich um die Werkstatt ihres Vaters gehandelt haben, die sie für die Dauer ihres Aufenthalts in Thurioi verpachtet hatten. 598 Erxleben, Pasion 128ff. 599 In eine andere Kategorie fallen die Schildschenkungen, die Diotimos oder der eingebürgerte Charidemos während ihrer Strategie i.J. 338 vornahmen: Demosth. 18.114f.; IG II2 1496, Z. 22; s. dazu Lauffer, Attische Grubenpachtlisten 290; Wankel, Rede für Ktesiphon 623ff.; Pritchett, War V, 479. «» [Plut.] Vit. X orat. (mor.) 835F. 601 Demosth. 45.85. Zur Datierung s. Davies, APF 430 und Trevett, Apollodor 22ff. 602 IG II2 1424a, S. 803. Z.128f. 139f.; s. dazu die Bemerkungen von A.M. Woodward, The Golden Nikai of Athene, EphArch 1937,169 und Trevett, Apollodor 23. 603 Trevett, Apollodor 22f.: "Nor is the gift of shilds unproblematic: diese were clearly produced by the slaves who worked in Pasion's shild-factory (Dem. 36.4 etc.), but Pasion could not have owned the factory until he was Citizen. It is clear that at time of his death he owned the Workshop (the references are always to the building {aspidopegeion) rather than to the slaves). It is of course possible that he owned the slaves (as a metic) before he bought the factory, but if he did not, then the gift of shilds must also be dated later than his acquisition of the citizenship".
142
IV. Die WohUaten der Metöken
gruben oder Grundstücke zu pachten.604 Außerdem gilt es zu bedenken, daß Pasion δια τάς ευεργεσίας τάς εις την πόλιν das athenische Bürgerrecht erhielt und daß Apollodor außer den Schild- und Schiffsschenkungen keine nennenswerten Wohltaten seines Vaters aufzählt.605 Daher dürfte Pasion die Schilde auf jeden Fall vor seiner Einbürgerung geschenkt haben. Solange ihm die Enktesis verwehrt war, dürfte er das Ergasterion, in dem seine Sklaven die Schilde herstellten, gepachtet haben. Eine weitere Sachspende für Kriegszwecke, dieses Mal in Gestalt von Sehnen (νευραί) für Katapultgeschosse, wird in dem Ehrendekret für den Phaseliten Euxenides vermerkt (IG II 554, Z. 15f.). Diese Spende des Metöken gehört in die Zeit des Vierjährigen Krieges. Das Übliche, womit Bürger und Metöken für die Rüstung und Verteidigung beitrugen, waren Geldmittel, die viele während des Vierjährigen Krieges auch spendeten, keineswegs aber Sachspenden. Da eine Spende von Sehnen sehr spezifisch und sonst nicht bezeugt ist, vermute ich in Euxenides den Besitzer einen Betriebs, in dem Taue, Seile und Sehnen hergestellt wurden.606 Zuvor hatte Euxenides während des Lamischen Krieges zwölf seiner Sklaven für den Ruderdienst abgestellt Die Annahme ist naheliegend, daß diese Sklaven im Ergasterion des Metöken mit der Seilherstellung beschäftigt waren. Der Phaselite wurde bald nach der Sehnenspende u.a. mit der ένκτησις οικίας belohnt. Diese Beschränkung auf den Erwerb eines Hau ses allein ist sehr merkwürdig, da die Stadt ihren fremden Wohltätern gewöhnlich die Privilegien ενκτησις γης und ενκτησις οικίας zusammen verlieh.607 Man könnte daher vermuten, daß Euxenides bereits zu einem früheren Zeitpunkt für den Bau seines Ergasterions zur Seilherstellung mit dem Privileg der ενκτησις γης belohnt worden war. Angesichts der schlechten Quellenlage ist es anzunehmen, daß sich neben Lysias, Pasion und Euxenides weitere Metöken bereitfanden, in Kriegszeiten dem Staat Rüstungsgerät zu spenden, das in ihren Betrieben hergestellt worden war.
604
S. 79 Anm. 295; S. 131 Anm. 536; S. 235 Anm. 1013. «κ [Demosth.] 59.2. 606 Erxleben, Verhältnis 383 hat vielfältige Belege dafür zusammengetragen, daß Seile und Taue in Athen selbst hergestellt wurden. Dies kann nicht verwundern, da deren Bedarf für die Flotte, für Handelsschiffe, das Bauwesen und für allerlei private Zwecke sehr hoch war. 607 S. die epigraphischen Belege bei Henry, Honours 207ff.
143
b . Verdienste i n der N a h r u n g s m i t t e l v e r s o r g u n g In diesem Abschnitt geht es um den im Außenhandel tätigen Personenkreis, dem bei der Nahrungsmittelversorgung der athenischen Bevölkerung eine außerordentlich wichtige Rolle zufiel. Im Zentrum steht die oft behandelte Frage nach dem Anteil der Metöken unter den Emporoi und Naukleroi sowie den Seedarlehensgebem.608 In diesem Kontext soll eine Antwort darauf gesucht werden, ob unter den fremden Femhändlem, die für ihre Verdienste im Getreidesektor (zumeist mit der Verleihung der Proxenie) geehrt wurden, auch Metöken anzutreffen sind. Daß das klassische (und hellenistische) Athen "auf Gedeih und Verderb von überseeischem Getreide abhängig" war, ist ein altbekanntes Faktum, das auch nach der Unterschätzung des Getreideimportvolumens durch P. Gamsey bestehen bleibt.609 Die Ursachen dieser Abhängigkeit, die vor allem in der unzureichenden Eigenproduktion an Getreide lagen, sind bei der Behandlung der Geldspenden für Nahrungsmittelbeschaffung bereits angeschnitten worden. Vermögendere Athener aus den ersten Zensusklassen dürften ihre Nahrungsmittelbedürfnisse aus Eigenanbau gedeckt und überdies einen Teil ihrer Agrarprodukte auf den Lokalmärkten verkauft sowie Produkte wie Wein und Öl exportiert haben. Die Masse der Bürgerschaft und andere Einwohner mußten hingegen ihren Lebensmittelbedarf auf dem Markt kaufen. Der Hauptteil der verbrauchten Getreidemengen sowie Salzfisch, der ein weiteres Volksnahrungsmittel war, wurden aus dem Ausland importiert.610 Man erkennt die eminente Bedeutung der Naukleroi und Emporoi, in deren Hand die Durchführung der lebenswichtigen Importe lag, sowie ihrer Kreditgeber, wenn man sich klarmacht, wie rudimentär die Vorkehrungen waren, die der athenische Staat zur Sicherung der Nahrungsmittelversorgung seiner Bevölkerung und zur Förderung des Außenhandels traf. Für das 4. Jahrhundert kann man diese Maßnahmen stichwortartig wie folgt wiedergeben:611 Diplomatische Arrangements mit den Getreideexportländern, allen voran mit den Spartokiden des Bosporanischen Reiches, die für Athen tätigen Händlern Vorkaufsrechte einräumten und bisweilen auf Zolleinnahmen verzichteten; Geleitschutz für Getreideschiffe in der Propontis, der Ägäis und im Ionischen Meer durch athenische Kriegsschiffe; Einsatz der attischen Flotte zur Bekämpfung der Seeräuber; Handelsbeschränkungen für ortsansässige Händler (Bürger, Metöken), die nur nach Athen und nicht in andere Poleis liefern durften; eine entsprechende Beschränkung für die Darlehensvergabe, die ausschließ608
Unter den jüngeren Untersuchungen zum Thema seien hervorgehoben: Isager/Hansen, Athenian Society 64ff.; Erxleben, Außenhandel 460ff.; Hopper, Handel und Industrie 83ff.l27ff.; Nippel, Heimkehr der Argonauten 9ff.; Thompson, Athenian Entrepreneur 53ff.; Millett, Maritime Loans 36ff.; Mosse, Emporium 53ff.; Hansen, Athenian Trade 71 ff.; Montgomery, Citizens and Foreigners 43ff.; Engels, Anmerkungen 105ff. 609 Zitat Köster, Lebensmittelversorgung 85. Die These von Gamsey, Famine 104, lautet, daß die Getreideernte aus dem eigenen Territorium 120000 bis 150000 Menschen, also gut die Hälfte der attischen Bevölkerung ernähren konnte, wenn sie durchschnittlich ausfiel (s.o. S. 117 Anm. 472). 6io Vgl. Köster, Lebensmittelversorgung 14ff. 611 Wesentlich ausführlicher ist die Darstellung von Nippel, Heimkehr der Argonauten 12ff.
144
IV. Du Wohltaten derMefoken
lieh dem Transport nach Athen dienen durfte; Schaffung von Handelsgerichten, die die Rechtsstreitigkeiten der Seehändler untereinander oder mit ihren Kreditgebern im Schnellverfahren regelten und in denen die Nichtbürger den Athenern privatrechtlich gleichgestellt waren; Kontrolle des Handels in der Stadt zur Vermeidung spekulativer Ankäufe und Preisabsprachen, Verbot unbegrenzter Aufkäufe durch die Lokalhänd ler (κάπηλοι), Gewinnbeschränkungen beim Getreide-, Mehl- und Brotverkauf, Überwachung der Maße durch die Metronomoi; in Versorgungsnotlagen Übertra gung des Getreideankaufs an staatliche Beamte, die zudem eine Abgabe zu her kömmlichen Preisen organisierten und der Versuch, fremde Händler durch die Aus sicht auf reale Privilegien und äußere Ehrungen (Proxenie, Enktesis, Goldkranz etc.) zu Getreidespenden oder wenigstens zu Preissubvensionen sowie zu weiteren Komlieferungen zu bewegen. Auf den letzten Punkt komme ich weiter unten ausfuhrlich zu sprechen. Eine weitere Maßnahme war schließlich die Gründung von Kleruchien als Ventil für den Bevölkerungsüberschuß.612 Doch "eine aktive Handelspolitik kann das alles nicht genannt werden" und "von einer Exportförderung attischer Erzeugnisse ist überhaupt nichts zu hören" re sümiert E. Erxleben in seiner Untersuchung über die im Außenhandels- und Seedar lehensgeschäft beteiligten Bevölkerungsgruppen.613 Von einem "administered trade", d.h. einer Lenkung des Getreidefemhandels unter staatlicher Regie durch Diktate zur Regulierung der Preise unter Ausschaltung der Marktmechanismen, die K. Polanyi für das klassische Athen konstatiert hat, kann daher nur bedingt die Rede sein.614 Mit den oben aufgezählten "Vorkehrungen zur Sicherung der Lebensmittelversorgung der Stadt ist damit wahrscheinlich annähernd das Höchstmaß an 'administrativen' Maßnahmen erreicht, das für einen Staat denkbar ist, der allein auf der Selbstorgani sation der Bürgerschaft beruht und ohne Verwaltungsstab auskommt".615 Der athenische Staat überließ die gesamte Durchführung des Seehandels Pri vatpersonen.616 Selbst wenn er das Getreide von den Exportländern direkt aufkaufte, wie etwa im Jahr 357, lag der eigentliche Transport immer noch in den Händen der 612
Jetzt grundlegend Cargill, Athenian Settlements. Zitate Erxleben, Außenhandel 499.501; vgl. auch ebd. 503f:
2, Euergesienfreiwilligen
Charakters
145
Händler, weil Athen keine eigenen Handelsschiffe besaß.617 Wahrscheinlich wurde in solchen ganz seltenen Fällen der Transport an private Schiffsbesitzer verpachtet.618 In der Regel kauften die Femhändler das Getreide bei den Produzenten ein und ver kauften es im Piräus oder anderen attischen Häfen an die Kapeloi/Sitopolai, was un ter staatlicher Kontrolle ablief.619 Seit der Schaffung der Sitonia-Behörde in der Ära Lykurgs oder kurz davor kauften die Sitonai in Notsituationen das Getreide von den Fernhändlem ein und sorgten für dessen Distribution an die Verbraucher zu einem 'gerechten Preis', worunter nichts anderes als der übliche Marktpreis gemeint war.620 Solche staatlichen Direktaufkäufe unter Ausschaltung der Kapeloi liegen mehrfach vor.621 Die Emporoi und Naukleroi brachten neben Nahrungsmitteln auch Rohstoffe und Genußmittel sowie Luxusartikel nach Attika. Allerdings konzentrierte sich die Mehrzahl dieser Fernhändler in erster Linie auf den Nahrungsmittelimport, in der Hauptsache auf Getreide, zumal die Käuferschicht von Konsumgütern und Luxusar tikeln nicht sehr groß war.622 Die Frage nach der Rechtsstellung der am Seehandel beteiligten Personen bleibt nach wie vor eines der meistdiskutierten Themen der antiken Wirtschafts- und Sozialforschung. Die antiken Verhältnisse stark vereinfachend, haben die "Minimalisten" von J. Hasebroek bis M. Finley immer wieder betont, daß sowohl der Handel als auch die handwerkliche Produktion, also "das, was wir Wirtschaft nennen, eigent lich das ausschließliche Geschäft von Außenseitern war".623 Die Bürgerschaft habe sich aufgrund der allgemeinen Geringschätzung der nichtagrarischen Tätigkeiten von einer direkten Beschäftigung mit Handel und Manufaktur herausgehalten und einzig die Landwirtschaft als standesgemäße Tätigkeit betrachtet, weil nur sie soziales Anse hen verschafft habe und statuserhaltend gewesen sei. Zu den kühnsten Thesen Hasebroeks gehört, daß die Metöken und Xenoi die alleinigen Träger des Handels gewe sen seien. Da diese Seehändler über kein eigenes Kapital verfugt hätten, sei den Bür gern die Rolle der Darlehensgeber zugefallen.624 Eine solche überspitzt formulierte Trennung zwischen Nichtbürgem, die den Handel besorgten, und Bürgern, die als Kreditgeber fungierten, existierte jedoch nicht.
617
Xen. vect. 3.13 mit Ziebarth, Seeraub 66. Ziebarth, Seeraub 66f. 619 Vgl. Figueira, Sitopolai and Sitophylakes 151 f. 620 Z u m 'gerechten Preis' s. Nippel, Heimkehr der Argonauten 13 mit weiteren Referenzen. « ι S. 119f£ mit Anm. 486; S. 149ff. Anm. 640. 622 Eine auf breiter Quellenbasis geschriebene Darstellung der Importgüter bietet Erxleben, Ver hältnis 365ff. 623 Zitat M. Finley, Aristoteles und die ökonomische Analyse, Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 1971, 105. Vgl. auch Hasebroek, Staat und Handel 21: "Handel und Gewerbe ruhen in der griechi schen Welt in weitestgehendem Maße auf einer in den einzelnen Städten und Staaten ansässigen, po litisch degradierten, nichtbürgerlichen Fremdenbevölkerung"; 26f.: *T)ie Bedeutung der Metoikie gibt untrüglich zu erkennen, in wie geringem Maße das athenische Vollbürgertum Träger des ge werblichen Lebens tatsächlich ist. Wie mancher der uns als Gewerbetreibende entgegentretenden Vollbürger wird zudem erst auf dem Wege über die Metoikie zum Vollbürgertum gelangt sein". 624 Hasebroek, Staat und Handel 21.43. 618
146
IV. Die Wohltaten der Metöken
Dieses Bild ist für das klassische Athen in den letzten 25 Jahren durch eine Reihe von Untersuchungen berichtigt worden. W.E. Thompson hat recht vielfältige Zeugnisse zusammengestellt, die auf eine stärkere Beteiligung der Bürgerschaft an der handwerklichen Produktion und im Handel hindeuten, als es von den "Minimalisten" wahrgenommen worden war.625 Für den Bereich des Außenhandels, der uns hier in teressiert, haben E. Erxleben und M.V. Hansen nach gründlicher Durchsicht der Ge richtsreden des 4. Jahrhunderts statistische Zahlen vorgelegt, die eine differenzierte Beurteilung der im Handels- und Seedarlehensgeschäft beteiligten Bevölkerungs gruppen ermöglichen. Auch wenn beide, was Zahlen betrifft, zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, ist der Befund doch eindeutig: Es lassen sich sowohl Bürger nachweisen, die den Beruf des Femhändlers ausübten, als auch Metöken und Xenoi, die als Kreditgeber auftraten.626 Somit ist Hasebroeks Ansicht, wonach "sämtliche Naukleroi und Emporoi, die uns in den attischen Prozeßreden begegnen und deren Streitigkeiten vor athenischen Gerichten verhandelt werden, keine athenischen Bür ger" waren, eindeutig widerlegt.627 Als unzutreffend erweist sich auch Hasebroeks Ansicht, als Kreditgeber seien ausschließlich die Bürger in Erscheinung getreten. Ne ben Bürgern betätigten sich natürlich auch Metöken und Xenoi als Kreditgeber. Um stritten bleibt allerdings die Frage, welche Bevölkerungsgruppe in dieser Branche dominierte. Zu den korrekturbedüftigen Behauptungen Hasebroeks gehört auch, daß die Händler in der Regel "kapitallos" und daher zur Durchführung ihrer Geschäfte auf fremde Kredite angewiesen gewesen seien. In den Gerichtsreden treten aber mehrere Emporoi und Naukleroi selbst als Kreditgeber auf.628 Daraus geht eindeutig hervor, daß bei weitem nicht alle aktiv an der Durchführung des Seehandels tätigen Personen kapitallos waren. Diese Beobachtung wird auch durch einige Ehrendekrete bestätigt Dort werden fremde Emporoi und Naukleroi nicht nur für Getreideliefe rungen, sondern auch für — zum Teil bemerkenswert hohe — Geldschenkungen an den Staat geehrt, was zeigt, daß diese Personen recht wohlhabend waren (s.u.). Erxleben fand Hasebroeks - allerdings stark modifizierte — These, wonach die Metöken im Handel stärker engagiert gewesen seien als die Bürger, während diese
626
Thompson, Athenian Entrepreneur 53ff. Erxleben, Außenhandel 460ff. und Hansen, Athenian Trade 71-91 mit Belegen: EMPOROI / NAUKLEROI SEEDARLEHENSGEBER
Ί
Bürger Metöken+Xenoi Bürger Metöken+Xenoi Erxleben 11 (min.) - 15 (max.) 14 8 (min.) - 41 (max.) 12 (min.) - 28 (max.) Hansen 14 15 13 18 Hansens Zahlen stützen sich auf die Vorarbeiten von Isager/Hansen, Athenian Society 70ff. Die unterschiedlichen Zahlen rühren daher, daß der Status der Personen in den Gerichtsreden nicht immer eindeutig besimmbar ist. Berechtigte Einwände an den Zahlen Erxlebens bei Millet, Maritime Loans 37f. 627 Hasebroek, Staat und Handel 21. 628 Hansen, Athenian Trade 88: "Out of the Isager & Hansen examples mentioned of maritime loans, no less than ten of the Investors have hitherto been taken to be merchants or skippers, while the last fourteen are described as private Investors. The division between the different population groups among the investing merchants and skippers is five Citizens, six metics and foreigners and one slave, and out of the Investors the majority, in all eight or possibly nine, were merchants".
2. Euergesien freiwilligen Charakters
147
wiederum die Mehrzahl der Kreditgeber gestellt hätten, bestätigt: "Mit dem Zustrom von Fremden, die ... in Athen ständig Wohnsitz nehmen, erfolgt der fast vollständige Übergang der aktiven Handelstätigkeit in die Hände der athenischen Metoiken und der Fremden. Athens Bürger beschränkten sich im Außenhandel auf die Rolle des Kreditgebers".629 Hansens polemische Antwort darauf war, daß die Metöken nicht in absoluten Zahlen, sondern nur gemessen an ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung im aktiven Außenhandel (maritime trade) dominierend gewesen seien.630 Eine solche weitreichende Behauptung ist jedoch mit folgender Begründung als unzutreffend zu rückzuweisen: Hansen stützt sich einzig auf Gerichtsreden, in denen der Rechtsstatus der am Handel beteiligten Personen häufig unklar bleibt. Die von ihr außer acht ge lassenen epigraphischen Zeugnisse ergeben aber ein ganz anderes Bild. Allein in der Gattung der Phialai Exeleutherikai mit den Weihungen der Silberphialen an die Stadtgöttin aus dem letzten Drittel des 4. Jahrhunderts finden wir sechs Metökenemporoi verzeichnet, die ihre Sklaven freiließen.631 Hingegen ist dort lediglich ein Bürger aufgeführt, der den Beruf eines Emporos ausübte.632 Weiterhin ist auffallig, daß aus Athen kein einziger Volksbeschluß vorliegt, mit dem ein Naukleros oder Emporos aus dem Bürgerstand geehrt wurde. Alle zu Ehren von verdienten Getreidehändlem beschlossenen Dekrete sind ohne Ausnahme an Metöken und Xenoi adressiert. Be kanntlich stammen die meisten dieser Dekrete aus den 330er und 320er Jahren (s.u.), aus einer Zeit also, in der es bereits üblich geworden war, neben Fremden auch ver diente Bürger mit Ehreninschriften und anderen δωρεαί auszuzeichnen. Dieses epi graphische Material ist als ein sicheres Zeichen dafür zu verwerten, daß die Metöken (und Xenoi) in der aktiven Durchführung des athenischen Außenhandels den Bür gern zahlenmäßig weit überlegen waren. Einen plausiblen, bislang kaum beachteten Grund für diesen Sachverhalt hat H. Montgomery in die Diskussion gebracht. Was die Bürger von verstärkten Handelsaktivitäten abhielt, waren eher die für den Femund Außenhandel notwendigen umfangreichen technischen und nautischen Kennt nisse, während ethische Gründe (schlechte Reputation, Chrematistik, Rentiergesin nung) oder rechtlich-soziale Hemmnisse in der Polisstruktur eher in den Hintergrund traten.633 "Im Gegensatz zu anderen Wirtschaftsbereichen, in denen die Athener rechtliche Positionsvorteile gegenüber Nichtbürgem hatten, gab es im Bereich des Handels eine offene Konkurrenzsituation zwischen Bürgern und Nichtbürgem, die sich überdies nach Montgomery auf lange Erfahrung und eventuell ein System gegen seitigen Informationsaustauschs durch Kultgemeinschaften oder Kaufmannsgruppen stützen konnten. Die Bürger blieben daher völlig natürlich und aus guten ökonomi schen Gründen in den Bereichen, in denen sie Vorteile leichter in Gewinne umsetz ten konnten, vorzüglich der Investition in Landbesitz und Landwirtschaft oder risi-
629
Erxleben, Außenhandel 501. Hansen, Athenian Trade 76.89. 631 Belegstellen bei Erxleben, Außenhandel 494 mit Anm. 252. 632 Lewis, Dedications of Phialai 371, Z. lOf. 633 Montgomery, Citizens and Foreigners 48.57. 630
148
IV. Die Wohltaten derMetöken
koreicher Bergbauaktivitäten (Laureion) und Kapitalgeschäfte (Seedarlehen, Hypo theken usw.) ".634 Obwohl wir uns im 5. Jahrhundert in großer Quellennot befinden, hatten wahrscheinlich damals bereits Metöken und Xenoi die Bürger aus dem aktiven Au ßenhandel zurückgedrängt und in diesem Zweig eine zahlenmäßige Übedegenheit er reicht. Darauf weisen die Bemerkungen des "Alten Oligarchen" und des Lysias (6.49) über die Bedeutung der im Seehandel tätigen Metöken sowie fünf Ehrenbeschlüsse für fremde Händler (IG I3 30; IG I 3 174; IG I3 175; IG I3 182; IG I3 98) hin, während über Emporoi oder Naukleroi aus dem Bürgerstand kaum etwas zu hören ist. Die Ehrenbeschlüsse (soweit feststellbar, meist Proxenieverleihungen) sind deshalb bemerkenswert, weil sie zeigen, daß Athen bereits in der Blütezeit seine Ab hängigkeit von den Fernhändlern erkannt hatte und bereit war, diese für Lieferungen von Getreide und Schiffsbauholz mit rechtlichen Vergünstigungen und Ehren zu ho norieren.635 Das erste dieser Dekrete für die Getreidehändler Theramenes und Lakedaimonios fallt bereits in die Zeit um 450. Hier setzt eine Politik ein, die ihren Höhe punkt in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts findet. In der pseudo-xenophontischen Schrift "Athenaion Politeia" (1.10-12), die kurz vor oder zu Beginn des Peloponnesischen Kreiges entstanden ist, behauptet der "Alte Oligarch", der Demos habe auch Metöken das Recht auf freie Rede (ισηγορία) zugestanden, weil diese δια τε το πλήθος των τεχνών και δια το ναυτικόν gebraucht wurden. Merkwürdigerweise übersetzt Hasebroek το ναυτικόν mit "Seedarlehensge schäft", obwohl dies mit seiner Hauptthese, daß das Seedarlehen eine Domäne der Bürger blieb, nicht zu vereinbaren ist.636 Diese Deutung des Wortes scheint mir aber zu eng gefaßt zu sein. Weil το ναυτικόν als Pendant zu den τέχναι verwendet wird, ist darunter das gesamte Seewesen mit seinen verschiedenen Zweigen zu verstehen. Man hat also nicht nur an die Beteiligung der Metöken im Außenhandel (als Naukleroi, Emporoi und Darlehensgeber), sondern auch im Flottenbau sowie als Ruderer in der Kriegsflotte zu denken. Viel klarer können wir die Bedeutung der Metöken in der Lebensmittelversor gung in der sechsten Rede des Lysias (Gegen Andokides) greifen, die um 400 ent stand. Andokides hatte sich nach seinen Verwicklungen im Hermenfrevel, für die er mit der Atdmie belegt worden war, ins Ausland begeben und sich dort als Händler betätigt. Nach seiner Rückkehr machte ihm Lysias zum Vorwurf, daß er sich - anders als die Metökenemporoi - um die Belange Athens nicht gekümmert habe. Obwohl sich Andokides durch Reichtum und Macht auszeichne, mit einflußreichen Persön lichkeiten wie dem makedonischen König Archelaos und den zyprischen Dynasten in guter Beziehung stehe und zudem im Besitz eines Schiffs sei, habe die Polis nicht einmal in schweren Zeiten, in denen sie sich "in Angst und Gefahr befand", in ir634
Engels, Anmerkungen 108f. Man fragt sich, ob einige der zahlreichen Proxeniedekrete aus dem 5. Jahrhundert (und später), die keinerlei konkrete Hinweise über den eigentlichen Anlaß der Ehrung enthalten, doch nicht Händlern gegolten haben. 636 Hasebroek, Staat und Handel 24. 635
2. Euergesien freiwilligen Charakters
149
gendeiner Weise Nutzen von ihm erfahren.637 Im Gegensatz zu ihm hätten Metöken und Xenoi (in dieser Reihenfolge!) durch außerordentlich wichtige Getreideimporte den Bürgern ihres Gaststaates Hilfe (ώφελία) erwiesen.638 Zugegebenermaßen benutzt Lysias hier althergebrachte Topoi. Doch sagen selbst Topoi viel aus. Was in dieser Passage ins Auge springt, ist die Erwähnung von fremden Emporoi, während von im Seehandel tätigen Bürgern nicht gesprochen wird. Wegen den recht häufig auftretenden Versorgungskrisen war Athen im 4. Jahrhundert von den Getreideimporteuren in stärkerem Maße als je zuvor abhän gig.639 Diese Abhängigkeit erhellt keine Quellengattung besser als die in großer Zahl erhaltenen Volksbeschlüsse zu Ehren fremder Kaufleute.640 Damit während einer 637 Hier arbeitet Lysias mit Scheinargumenten. Andokides unterstützte seine Heimatstadt sehr wohl von außen, indem er ihr Getreide und Metalle lieferte (Andok. 2.13). 633 Lys. 6.49: και επισταμένος έν πολλω σάλω και κινδύνω την πάλιν γεγομενην, ναυκληρων ουκ έτόλμησεν έπαρθεις σίτον είσαγών ώφελήσαι την πατρίδα, αλλά μέτοικοι μεν και ξένοι ένεκα της μετοικίας ώφέλουν την πόλιν εΐσάγοντες- συ δε τί και αγαθόν ποίησας, ώ Ανδοκίδη, ποία αμαρτήματα άνακαλεσάμενος, ποία τροφεία άνταποδούς κτλ. 639 Hopper, Handel und Industrie 99ff., bes. 101. 640 Die folgende Liste gibt einen Überblick über die Volksbeschlüsse zu Ehren fremder Getreide importeure. Dynasten sind unberücksichtigt. Die gebotenen Datierungen sind übernommen aus Tracy, Letter Cutters 340-290, 30ff.: - IG I 30 (= Walbank, Proxenies Nr. 16): Theramenes und Lakedaimonios versorgten während einer Getreideknappheit das athenische Heer mit Getreide (Dat.: ca. 450). - IG I 3 174 (= Walbank, Proxenies Nr. 50): Der Naukleros Lykon aus Achaia wird um 420 für nicht näher spezifizierte Verdienste mit der Proxenie ausgezeichnet. Er darf mit seinem Schiff in al len von den Athenern kontrollierten Gebieten Handel treiben, mit Ausnahme eines in Z. 17f. er wähnten "Golfes". Vgl. Veligianni-Terzi, Wertbegriffe A25. - IG I 175 (= Walbank, Proxenies Nr. 51): Die stark verstümmelte Inschrift trägt nach der Re konstruktion von Walbank denselben Inhalt wie der Proxeniebeschluß für Lykon. - IG I 3 98 (= Walbank, Proxenies Nr. 75; Reiter, Proxenoi und Euergetai Nr. 20): ProxenieVerleihung für Pythophanes aus Karystos (Dat.: 399 [Erneuerung eines Dekrets von 411/10]). Die Verdienste des Geehrten werden nicht konkretisiert, aber er war im Besitz eines Schiffes (Z. 18), was auf Verdienste in der Lebensmittelversorgung schließen läßt. Privileg der Asylia auf allen seinen Handelsreisen von und nach Athen. - IG Ϋ 182 (= Reiter, Proxenoi und Euergetai Nr. 41): Proxenieurkunde für Phanosthenes und Antiochides, die Schiffsbauholz nach Athen herbeigeschafft hatten. Dat.: ca. 410-407. Phanosthenes wird gewöhnlich mit dem Andrier identifiziert, der bald nach der Zerstörung seiner Heimatstadt i.J. 411 nach Athen übersiedelte und dort bald nach seiner Ernennung zum Proxenos auch eingebürgert wurde. Er bekleidete i.J. 4 0 7 / 6 das Strategenamt; s. die Diskussion bei Reiter, Proxenoi und Euerge tai 286ff. - IG II 2 117 (Dat. 361/0): Proxenie-Dekret für Protomachos, dessen Schiff mit der Getreidela dung (?) anscheinend von den Herakleoten beschlagnahmt wurde. Die Athener beschlossen, einen Gesandten nach Herakleia zu schicken und Protomachos zu seinem Recht zu verhelfen. Zur Inter pretation der Inschrift s. Maximowa, Seeweg 117f. - IG ΙΓ283: Ehrendekret für Phfüoit] ios aus Salamis (vor 336). Verdienste: Getreidelieferung aus Ägypten; Freikauf und Rückführung athenischer Gefangener aus Sizilien; Rüstungsepidosis in Höhe von 1 Talent (vgl. S. 104f. und 165f.). - IG II 2 342 + SEG XXIV 104 (= MB.Walbank, Athens, Carthage and Tyre, Z P E 59, 1985, 107ff.; SEG XXXV 70): Proxenie für Apses und seinen Vater Hieron aus Tyros. Verdienste: Getrei delieferungen aus Italien und wahrscheinlich aus Sizilien. Nach der Vermutung von Walbank beför derten die Händler während ihrer Geschäftsreise auch karthagische Gesandte nach Athen. Dat.: 350320.
150
IV. Die Wohltaten derMetöken
- J. McK. Camp, Hesperia 43, 1974, 322ff. Nr. 3: Sopatros aus Akragas brachte eine größere Getreidemenge nach Athen und wurde dafür auf Antrag des Redners Lykurg mit der Proxenie, Euergesie und Enktesis ausgezeichnet. Zum Zeitpunkt des Beschlusses hielt er sich in Athen auf. Er wird in das Prytaneion zum Ehrengastmahl eingeladen. Zudem wird ihm die ganz selten bezeugte Prohedrie erteilt: Er darf beim nächsten Dionysienfest die Feierlichkeiten von einem Ehrenplatz aus verfolgen. Der Demos rechnete wohl mit einem längeren Aufenthalt des Honoranden in Athen, zumindest bis zu den nächsten Dionysien. Das Ehrendekret des Sopatros enthält die erste Prohedriebewilligung an einen fremden Wohltäter durch Athen (Henry, Honours 292). Sopatros muß nicht unbedingt in seiner Heimatstadt gelebt haben, sondern könnte ein Metökenemporos gewesen sein. Dat.: ca. 338-324. - IG II 337 (Dat.: 333/32): Enktesisrecht für den Bau eines Aphroditetempels an die Emporoi aus Kition. - IG II 408 (Dat.: um 330): Ehrendekret für die beiden Herakleoten Mnemon und {? Pyrr]ias, die unter dem Schutz des vom Strategen Diotimos beauftragten Dionysodoros Getreide nach Athen einführten und zu einem für den Demos vorteilhaften Preis verkauften (4000 Medimnen Weizen zu 9 Drachmen und eine unbestimmte Menge Gerste zu 5 Drachmen). Die Lieferung stammte wahrscheinlich aus Sizilien (vgl. A. Wilhelm, Attische Urkunden V, Wien 1942,152ff.). Der i j . 335/4 zum Strategen ernannte Diotimos wurde mit der Flotte gegen die Piraten gesandt: Schwenk, Laws and Decrees 136; Develin, Athenian Officials 373. - IG II 409 (Dat.: um 330): Die Kornhändler Potamon und ein Unbekannter aus Sinope (?) werden für Lieferungen nach Athen geehrt; vgl. Veligianni-Terzi, Wertbegriffe 90f. AI 51. - Schweigert, Hesperia 9, 1940, 332f. Nr. 39: Pandios aus Herakleia brachte, wie auch sein Vater zuvor, Getreide nach Athen. Dat.: um 330; vgl. Veligianni-Terzi, Wertbegriffe 89 A149. - IG II 360 (Dat. 325/24): Proxeniebeschluß für den Emporos Herakleides aus Salamis wegen Verkaufs von Getreide unter Preisnachlaß und einer Geldspende (vgl. u. S. 153f.). - IG II 2 416 (Dat.: um 331-324): Proxeniedekret für Praxiades aus Kos. "Der Geehrte sorgte dafür, daß die athenischen Schiffe, die ihre Ladung in Samos gelöscht hatten, Korn als Rückfracht nach Athen erhielten. Seine Epimeleia für die Naukleroi und Emporoi ist zu unterstreichen" (VeligianniTerzi, Wertbegriffe 91); vgl. auch Marek, Handel und Proxenie 75f. Praxiades lebte nicht in Attika. - IG II 2 343 + SEG XXTV 103 (= Schwenk, Laws and Decrees Nr. 84). Proxeniedekret für Apollonides aus Sidon (Dat. 323/2). - IG II 2 407 + SEG XXXII 94 (= M.B.Walbank, Π2 407 and SEG XXXII 94. Honours for a Milesian Grain-Dealer, ZPE 67, 1987, 165f.; ders., ABSA 1990, 444f.; SEG XL 79; Veligianni-Terzi, Wertebegriffe H2): Ehrendekret für einen Milesier (?), der Getreide nach Athen einführte. Er verspricht dafür zu sorgen, daß weitere Lieferungen aus Zypern kommen. D a t um 321/0-319/8. - IG Π 400 (Dat.: ca. 320/19): Eucharistos (aus ?Chios) war aufgrund früherer Getreidelieferungen bereits zum Proxenos und Euergetes ernannt worden. Anlaß der vorliegenden Ehrung ist der Verkauf von 8000 Medimnen Getreide zu einem für die Stadt vorteilhaften Preis. Eucharistos verspricht eine weitere Getreidelieferung von 4000 Medimnen. - IG II 2 398a + 438 (= M.B. Walbank, Athens Grants Citizenship to Α Benefactor. II 2 398a + 438, AHB 1, 1987, 10ff.). Der mit der Politie geehrte Unbekannte rettete während des Lamischen Kriegs im Hellespontgebiet zahlreiche Athener, die einer Seeschlacht entkommen waren, und half bei ihrer Rückführung nach Athen. Zu einem späteren Zeitpunkt schickte er während einer Nahrungsmittelkrise Getreide nach Athen. Der Geehrte hatte seinen Wohnsitz in Kleinasien. Dat.: 322/1-320/19. - Schweigert, Hesperia 9, 1940, 335ff. Nr. 42 = Osborne, Naturalization D25 (Dat.: 323/2): In diesem stark fragmentarischen Beschuß werden ein Unbekannter mit der Politie und weitere Personen mit geringeren Privilegien ausgezeichnet. Nach der Ergänzung von Schweigert hatte die naturalisierte Person vor dem Lamischen Krieg Athen mit Getreide versorgt und während des Krieges eine Geldspende (?) vorgenommen. Osborne hält ihn ohne plausible Argumente für einen bosporanischen "state leader". - IG II 499 (Dat.: 302/1). Der anonyme Händler hatte vor dem Vierj ährigen Krieg der SitonikaBehörde 5000 Medimnen sizilische Gerste zu einem günstigen Preis abgegeben und einen zweifachen Epidosisbeitrag für den Ankauf von Getreide gespendet. - M.W. Walbank, Hesperia 49, 1980, 252ff. Nr. 1. Ehrenbeschluß für 5 Rhodier. Aus dem Aus-
Ζ Euergesien freiwilligen Charakters
151
σιτοδεία bzw. σπανοσιτία eine ausreichende Getreidemenge nach Athen kam, appel lierte die Stadt an die φιλοτιμία und εύνοια der Händler und stellte ihnen Belohnungen in Aussicht. Die Chance auf eine Statusverbesserung wird die Metöken viel eher ab die Xenoi dazu motiviert haben, ihre Getreidelieferungen unter Preisnachlaß zu verkaufen. Soweit die Ehrendekrete konkrete Einzelverdienste nennen, handelt es sich meist um verbilligte Einfuhren. Von Getreidespenden hört man dagegen eher selten. In manchen Dekreten findet sich zudem das Versprechen der Händler, Athen auch in Zukunft mit Getreide zu versorgen.641 Im Widerspruch zu der opinio communis glaube ich, daß diese Ehrenbeschlüsse mehrheitlich Metöken galten. Die Schwierigkeit, unter den Geehrten zwischen Metöken und auswärtigen Fremden zu trennen, ist zweifacher Natur: Zum einen herrscht die generelle Praxis vor, in den Dekreten einen um Athen verdienten Ortsansässigen nicht als μέτοικος, sondern mit seinem höchsten Status als Bürger seiner Heimatstadt zu bezeichnen. 642 Zu dieser Undifferenz in der urkundlichen Formularsprache tritt zum anderen der Punkt hinzu, daß die Getreidehändler (neben anderen Privilegien und Ehren) mit der Proxenie ausgezeichnet wurden. Gerade der letzgenannte Punkt hat in der Forschung die Tendenz aufkommen lassen, in den Geehrten eher auswärts lebende Fremde als Metöken zu erkennen, weil sich viele mit der Vorstellung schwer tun, daß auch Ortsansässigen die Proxenie verliehen werden konnte.643
druck [εις τήν σι]τωνίαν (Ζ.11) geht nicht klär hervor, ob diese Getreide geliefert oder Gelder für den staatlichen Ankauf von Getreide gespendet hatten. Die von Walbank ca. 331-324 dauerte Inschrift wird neuerdings von Tracy, Letter Cutters 340-290, 35 in die 280er Jahre gesetzt. - IG II 651 (Dat.: 286/85): Proxeniebeschluß für die Nesioten Habron und Matrias wegen Getreidelieferungen nach Athen. - IG i r 744 (3. Jh.): Ehrenbeschluß für einen Händler aus Sikvon, der den Sitonai Getreide verkaufte. Der Geehrte hatte zuvor 10000 Drachmen für die Rettung der Stadt gespendet. - IG ΙΓ 903 (Dat.: 175/4): Ehrung eines unbekannten Händlers für zweimalige Preissubventionen. Er hatte i.J. 176/5 während einer Ölknappheit eine Ölladung und im darauffolgenden Jahr Getreide nach Athen befördert. Vgl. Köster, Lebensmittelversorgung 63. 641 IG II 342 + SEG XXIV 104, Z. 6f.: και εις τον λοιπ]όν χρόνον έπαγ[γέλεται σ]ιτ[ηγήσει]ν Αθηναζε;Κ;Π 2 400,Ζ. 8f. <*2 Zum Problem s.o. S. 18f. 643 Vgl. z.B. M. Walbank, ZPE 59, 1985, 110: "I do not believe that the Athenians would have made a grant of the proxenia during the Period from 350-320 B.C. to anyone who was not in a position to carry out the duties of a proxenos". Ein Extrembeispiel stellt die Interpretation dieser Ehrendekrete durch Erxleben, Außenhandel 495, dar "Aber im allgemeinen haben diese Dekrete nach meiner Überzeugung emporoi und naukleroi oder sonstwie mit der Getreidelieferung verbundenen Personen aus fremden Städten gegolten, in jedem Fall, wo von der Verleihung der proxenia die Rede ist; denn zu dieser Zeit war das noch kein bloßer Ehrentitel. Außerdem wird der Metoike gewöhnlich mit dem bloßen Namen oder mit Zufügung von οίκων εν (Demenname) oder mit το γένος (Ethnikon) bezeichnet [...] Daß wir ... keine Metöken unter den Geehrten finden, wird seinen Grund darin haben, daß eine wirkliche Auszeichnung für sie nur in der Verleihung des Bürgerrechts hätte bestehen können, womit man nicht nur in Athen in dieser Zeit sparsam verfuhr". Alle drei Einwände Erxlebens lassen sich ohne Schwierigkeiten widerlegen: Metöken wurde (bereits im 5. Jh.) sehr wohl die Proxenie verliehen (s.u. S. 203ff.); die οϊκών έν-Formel wurde in den Ehrenbeschlüssen durchweg vermieden (s. dazu Whitehead, Metic 28ff.); auch der dritte Punkt, zur "wirkliche (n) Auszeichnung" eines Metöken-Wohltäters habe es einer
152
IV. Die Wohltaten der Metoken
Nach der vorherrschenden Meinung war die Proxenie eine Art "Amt" und der Träger des Titels ein c<Wahlkonsul", der in seiner Heimatstadt in vielfältiger Weise die Interessen der ihn ernennenden Stadt vertrat. Zu den ihm übertragenen "Aufgaben und Pflichten" gehörte vor allem die Fürsorge und der Schutz für die Bürger dieser Stadt, die sich für private oder offizielle Zwecke vorübergehend in dessen Wohnort aufhielten. Er gewährte ihnen in seinem Haus Unterkunft, diente als Beistand vor den Gerichten und vermittelte ihnen den Zutritt zu den Behörden. Um diese Funktionen erfüllen zu können, mußte der Proxenos in seiner Heimatstadt leben und dort ein (einflußreicher und angesehener) Vollbürger sein.644 Jedoch hält dieses juristisch konzipierte Modell der Proxenie einer Überprüfung an den athenischen Quellen des 5. und 4. Jahrhunderts nicht stand, weil wir auch Metöken begegnen, die von der Stadt zu Proxenoi ernannt wurden. Ich nenne hier nur die Ärzte [Ti] manax und Euenor, von denen der erstere für seine medizinische Fürsorge während der großen Seuche bereits um 428 mit der Proxenie geehrt wurde, und den Komödiendichter Amphis sowie die Freigelassenen Lykidas und Dionysios, die der Demos um 360 mit der Proxenoi auszeichnete, und verweise ansonsten auf meine Ausführungen im nächsen Kapitel.645 Es sei hier nur sowiel gesagt, daß diese Personen auch nach ihrer Ernennung weiterhin in Athen wohnten, was für Euenor und die beiden Freigelassenen ganz sicher ist. Die athenische Bürgerschaft selbst kann nicht damit gerechnet haben, daß diese Metöken in ihren Heimatstädten die ihnen von vielen Forschem bescheinigten "Pflichten" eines Proxenos je erfüllen würden. Dies wäre zumindest bei Lykidas und Dionysios, die als ehemalige Sklaven ohnehin nirgends das Bürgerrecht besaßen, eine absurde Vorstellung gewesen. Diesem Quellenbefund wird viel eher das modifizierte Modell gerecht, das C. Marek bezüglich des Wesens der Proxenie entworfen hat. Marek deutet als einziges Ziel der Proxenie die Schaffung und Aufrechterhaltung von "Beziehungen zu den für das Gemeinwohl wichtigen Fremden, gleichgültig, wo sie sich aufhielten".646 Den Anlaß für die Ernennung eines Fremden zum Proxenos gaben stets die von diesem der Gemeinde erwiesenen Wohltaten. Weil der künftige Proxenos mit seiner Ernennung keinerlei Pflichten und Aufgaben übertragen bekam, spielten weder dessen Wohnsitz noch der Ort, an dem die Wohltaten erbracht wurden, eine Rolle. Daher finden wir neben Proxenoi, die in ihren Heimatstädten lebten, auch solche, die ihre Wohnsitze in der die Proxenie verleihenden Stadt selbst oder an anderen Orten (ζ. Β. in Königshöfen) hatten.647 Bürgerrechtsverleihung bedurft, kann nicht richtig sein, wenn man bedenkt, wie schwer es den Athenern fiel, einem Fremden die kostbare Poütie zukommen zu lassen. Es gab durchaus eine Reihe von Privilegien wie Enktesis etc., an denen Metöken sehr wohl interessiert waren. Es sei an die Bemerkung von Whitehead, Metic 34, erinnert, daß etwa die Isotelen in ihren Grabinschriften diesen Titel höher schätzten als ihren eigenen Bürgerstatus. 644 Einen Forschungsüberblick bietet Marek, Proxenie lff. Vgl. auch Bleicken, Demokratie 550f. <*s S.u. S. 201 ff. 646 Marek, Proxenie 390. 647 Marek, Handel und Proxenie 76: "Gute Kontakte zu den Händlern oder Kreditgebern, von denen man im Notfall eine Getreidespende oder wenigstens einen günstigen Preis oder Kredit oder
2. Euergesien freiwilligen Charakters
153
Nachdem alle Einwände gegen die Ernennung eines Metöken zum Proxenos behoben sind, können wir uns der eigentlichen Frage zuwenden, ob einige der Proxeniedekrete für fremde Getreideimporteure nicht doch an Metöken adressiert wa ren. Dafür sprechen m.E. folgende Punkte: Anlaß für die Ehrung der Naukleroi und Emporoi war zumeist der, daß sie in Zeiten des Getreidemangels, der eine Preiserhö hung nach sich zog, ihr nach Attika gebrachtes Getreide zu verbilligten Preisen ver kauften. Die im Seehandel tätigen Metöken hatten eine höhere Motivation als aus wertige Fremde, sich durch die Hinnahme eines erheblichen Gewinnverlustes als Wohltäter der Athener hervorzutun. Denn die auf diesem Wege erreichten Statusver besserungen brachten ihnen größere Vorteile als im Ausland lebenden Fremden. Die se standen mit Athen ohnehin nur in einem lockeren Geschäftsverhältnis. Außerdem besaßen die verliehenen Privilegien (Enktesis, Steuergleichheit etc.) für diese doch nur einen symbolischen, jedoch keinen realen Wert. Manche dieser Inschriften erwähnen neben dem Preisnachlaß für Getreide auch Geldspenden, die die geehrten Händler während eines Epidosisaufrufes leiste ten (z.B. IG II2 283; 360; 499; 744). Man fragt sich, welchen Grund ein Händler, der außerhalb von Attika lebte und den Piräus nur zur Löschung seiner Schiffsladung an fuhr, haben sollte, dem attischen Staat eine hohe Summe Geldes (1000-10000 Drachmen!) zu schenken. Daß diese Spenden beachtlich waren, zeigt sich am Ver gleich mit dem durchschnittlichen Tageslohn eines gelernten Handwerkers, der ein bis zwei Drachmen betrug.64* Vielmehr wird man diese Spender als Metöken identifi zieren dürfen, die sich durch solche materielle Opfer rechtliche Statusverbesserungen erhofften. Die überwiegende Mehrzahl der Metökenemporoi hatte wahrscheinlich ih re Familien in Athen, zu der sie nach Beendigung ihrer Seereisen zurückkehrten. Anhand einiger Beobachtungen, die sich dem ungewöhnlich ausführlichen Proxeniedekret IG II 360 für Herakleides entlocken lassen, möchte ich weitere Gründe dafür anführen, weshalb Händler wie der zum Proxenos ernannte Heraklei des Metöken gewesen sein müssen. Das sich aus fünf Dekreten zusammensetzende Inschriftenkonvolut gewährt uns Einblick in eine Periode von sechs Jahren, die zwi schen der ersten Wohltat des Emporos (330/29) und der Verleihung der Proxenie an diesen (325/4) liegen. In diesem Zeitraum ist nirgends eine Verbindung des Hera kleides zu seiner zyprischen Heimatstadt Salamis erkennbar. Vielmehr unternahm er - wie viele andere auch — seine Handelsreisen vom Piräus aus. Das Getreide, welches auch nur die Einwilligung erbitten konnte, überhaupt Korn 2u liefern, sind ein Motiv, das sich mit anderen Motiven der Proxenieverleihung eng zusammenschließt: mit den Kontakten zu königlichen Funktionären und Offizieren, die der Stadt Zahlungen und Leistungen erließen, K o m lieferten, Kre dit gaben und für öffentliche Bauten spendeten, mit den Richtern, die unentgeltlich für die Schlich tung von Streit und die Aufrichtung einer zerrütteten Rechtsprechung sorgten, mit Künstlern und Ärzten, die ihre Leistungen unter Verzicht auf Lohn erbrachten oder sich überhaupt dort einfanden, wo für sie nicht viel zu gewinnen war, mit Bankiers, Unternehmern und Funktionären in der Verwal tung der Heiligtümer und Veranstaltung der Feste, die ab und zu oder regelmäßig in ihre Tasche grif fen, um dem Staat die Finanzierung der Getreideversorgung, des Mauerbaus, der Agone und Prozes sionen zu erleichtern oder zu ermöglichen. [...] In dem Maße, in dem die Gemeinde die Beteiligung Fremder suchte, bediente sie sich der Proxenieverleihung als eines wirksamen Instrumentes". 648 Zimmermann, Freie Arbeit 98ff.; Loomis, Wages 104ff.
154
IV. Die Wohltaten derMetöken
Herakleides nach Athen transportierte, stammte aus dem nordpontischen Gebiet. Auf einer dieser Handelsreisen versuchte die Stadt Herakleia Pontike im Jahre 330 die Weiterfahrt des Händlers nach Athen zu verhindern, indem sie die Segel seines Schif fes beschlagnahmte. Mit einem solchen Gewaltakt sollte Herakleides wohl dazu ge nötigt werden, seine Getreidefracht den Heraklioten zu überlassen. Möglicherweise war damals Herakleia selbst von einer σπανοσιτία betroffen. Als die Nachricht von diesem Übergriff in Athen bekannt wurde, reagierte die Ekklesie auf diese αδικία (Ζ. 39f.) sofort mit der Entsendung eines Gesandten nach Herakleia. Diese Maßnahme wird voll verständlich, wenn man bedenkt, daß die attische Bevölkerung gerade unter Getreidemangel (Z. 9) litt. Der athenische Gesandte Thebagenes bewirkte bei Dionysios, dem Tyrannen der Stadt, die Freigabe der Segel, so daß Herakleides seine Rück fahrt nach Athen fortsetzen konnte. Darüber hinaus nahm er dem Tyrannen das Ver sprechen ab, künftig alle im Dienste Athens stehenden Händler unbehelligt durchzie hen zu lassen.649 Da hier Athen in seiner lebenswichtigen Nahrungsmittelversorgung betroffen war, ist es nicht ausgeschlossen, daß der Gesandte Thebagenes den Herakleoten mit einem Krieg drohte. Zumindest war Athen noch immer eine mächtige Polis, da sie über eine große Kriegsflotte verfugte. Nach seiner Ankunft überließ Herakleides den Athenern 3000 Medimnen Weizen zu 5 Drachmen, während im selben Jahr andere Getreideimporteure ihre Schiffsladungen zu überhöhten Preisen (16 Drachmen pro Medimnos) verkauften.650 Bei der Entscheidung, seine Fracht unter Preisnachlaß abzugeben, dürfte neben dem Goldkranz, mit dem er für diese Wohltat noch im gleichen Jahr geehrt wurde, auch seine Dankbarkeit für die ihm in Herakleia erwiesene diplomatische Hilfe Athens ausschlaggebend gewesen sein. Da die Ankaufsumme, die Herakleides im Pontos für das Getreide bezahlte, nicht bekannt ist, bleibt ungewiß, ob diese Paraprasis-Aktion für ihn ein Verlußtgeschäft darstellte. (Auch wissen wir nicht, ob er neben den 3000
649 IG II 360, Z. 35-42: επειδή δε καταχθεΐς ύπό Ήρακλεωτών πλέων Άθή|ναζε παρειρέθη τά ιστία υπ' αυτών, έλέσθαι πρέσβ|ευτήν ενα άνδρα εξ Άθνηναίων απάντων, όστις άφικόμενος ε|ίς Ήράκλειαν ώς Διονύσιον αξιώσει άποδοϋναι τ|ά ίστία Ήρακλείδου και το λοιπόν μηδέν' άδικε||ϊν τών Άθήναζε πλεόντων και ταύτα ποιών τά τε δί|καια ποιήσει και ούθενός ατυχήσει του δήμου τ[ο]υ Ά|[θνηναίων] τών δικαίων κτλ. Der Name des Gesandten (Thebagenes von Eleusis) ist in Z. 45 genannt. 650 IG Π 2 360, Z. &-10: και πρότερόν τε έπέδωκεν εν τήι σ|πανοσιτίαι : XXX : μεδίμνους πυρών :Γ: δράχμου||ς πρώτος τών καταπλευσάντων ένπόρων; vgl. auch Ζ. 66-68: επειδή 'Ηρακλείδης Σαλαμίνιος καταπλεύ|σας Αθήναζε σίτων άγων έπ Αριστοφώντος άρχοντος έπέδωκεν τώι δήμωι XXX με|δίμνους Γ δράχμους και δια ταύτα ό δήμος έψηφισατο κτλ. Die Bedeutung, die die Polis der Vorgehensweise des Herakleides zukommen ließ, indem sie ihm im gleichen Jahr (330/29) mit einem Goldkranz im Wert von 500 Drachmen auszeichnete und fünf Jahre später (325/4) mit wichtigen Privilegien und Ehren belohnte, wird erst durch den Zusatz verständlich, er sei der erste (Z. 10) unter den Emporoi gewesen, der sein Getreide billig verkaufte. Mit dieser beispielhaften Geste bewog er weitere Emporoi dazu, ihre Getreideladungen ebenfalls billig abzugeben. Darüber, daß andere Getreidehändler dem Vorgehen des Herakleides in der Tat Folge leisteten, legt eine pseudo-demosthenische Gerichtsrede (34.39) Zeugnis ab, worin sich der Ankläger Chrysippos rühmt, er und sein Bruder hätten dem Staat 10000 medimnoi Getreide nicht zu 16 Drachmen wie zu jenem Zeitpunkt üblich, sondern zu fünf Drachmen pro medimnos verkauft. Das Getreide wurde im Pompeion gemessen, d.h. es handelte sich wie im Falle des Herakleides um einen staatlichen Aufkauf.
2. Euergesien freimlligen Charakters
155
Medimnen Weizen weitere Getreidemengen mitfiihrte).651 Allerdings dürften die bosporanischen Getreideproduzenten den Getreidemangel, der zu jener Zeit im ge samten griechische Raum herrschte, ausgenutzt und für ihre gefragte Ware überhöhte Preise verlangt haben. Zudem mußte Herakleides in jedem Hafen, den er auf seiner Rückfahr anlief, Zollgebühren zahlen und, falls er das Schiff nur gemietet hatte, an den Schiffseigner Transportkosten entrichten.652 Aus all dem läßt sich vermuten, daß ihm seine Handelsreise in jenem Jahr keinen allzu großen materiellen Gewinn ein brachte. Herakleides' Teilnahme an der Epidosis des Jahres 328/7 scheint darauf hin zudeuten, daß er auf permanenter Basis in Athen ansässig war. Damals schenkte er auf dem Höhepunkt der Emährungskrise der Sitonika-Behörde 3000 Drachmen zur Beschaffung von Getreide (Z. 11 ff. und 70f.). Ob er selbst unmittelbar vor der Spen de pontisches Getreide nach Athen beförderte, wird in der Inschrift: verschwiegen.653 Für seine Verdienste auf dem Getreidesektor wurde Herakleides im Jahre 325/4 in zweifacher Weise geehrt: Die Ekklesie setzte ihm einen zweiten Goldkranz auf und fand die Verleihung der Proxenie, Euergesie und der Enktesis an den Händ ler sowie dessen Gleichstellung mit den Athenern bezüglich der Steuern und des Kriegsdienstes als angemessen. Es handelt sich dabei keineswegs um außergewöhnli che Privilegien. Die Auszeichnung eines Händlers mit der Proxenie wurde bereits im 5. Jahrhundert praktiziert. Als neue Form der Ehrung fand sich der Demos bereit, die vier früheren - im Archiv gelagerten Dekrete — zusammen mit dem jetzigen Proxeniebeschluß auf einer einzigen Marmorstele zu veröffentlichen. Bei diesem auf der Akropolis aufgestellten 'AktenfaszikeP handelt es sich nicht mehr nur um die Beur kundung der verliehenen Privilegien, sondern um ein regelrechtes "Ehrendenkmal für den Beliehenen".654 Die Anregung zu dieser gesteigerten Ehrung dürfte nicht vom Demos, sondern von Herakleides selbst gekommen sein. Der Bürgerverband erfüllte ihm seine Bitte, weil er nicht nur hoffte, sondern von Herakleides auch erwartete, daß dieser künftig Athen weiterhin mit Getreide versorgte. Bekanntlich knüpfen Wohlta ten und Geschenke ein moralisches Band zwischen Gebendem und Nehmendem.655 Indem Herakleides die Geschenke des athenischen Demos entgegennahm, unterwarf er sich der moralischen Verpflichtung, der Stadt weiterhin zu Diensten zu stehen. 651
D a nach Casson, Ships and Seamanship 183ff. die Ladekapazität eines durchschnittlichen Handelsschiffes 3000 Medimnen betrug (vgl. auch Figueira, Sitopolai and Sitophylakes 156f. Anm. 20), dürfte Herakleides bei seiner Fahrt kein weiteres Getreide eingeführt haben. 652 Da Herakleides in der Inschrift mehrmals als Emporos bezeichnet wird, dürfte er selbst kein eigenes Schiff besessen haben. Anders Velissopoulos, Naucleres 47 Anm. 200.51.153, die ihn für ei nen Naukleros und Emporos zugleich hält. 653 Laut Gamsey, Famine 155 f. war der Getreidemangel des Jahres 3 2 8 / 2 "especially severe. The nature of the responses of Herakleides, Chrysippus and his brother points in the same direction: they contnbuted not grain but money. In the previous crisis they were able to furnish cut-price grain. The inference is that there was less grain available in 328/7 than in 330/29. N o n e of our three generous traders appears to have had any. Alternatively and less probaply, they had previously brought in grain and it was not enough. There was still a grave deficiency". 654 U. Köhler, Attische Psephismen aus der Zeit der Theuerung, MDAI(A) 8, 1883, 220. 655 Vgl. Bringmann, König als Wohltäter 88.
156
IV. Die Wohltaten derMetöken
Mancher wird sich fragen, weshalb die Bürgerschaft Herakleides und andere im Seehandel tätige Metöken nicht mit dem "typischen" Metökenprivileg der Isotelie, sondern mit der Proxenie belohnte. Die Antwort ist Der Proxenos genoß unter der Bevölkerung ein größeres Ansehen als ein Isotele. Die Isotelie war nämlich nicht nur jüngeren Datums, sondern zugleich ein Bestandteil der Proxenie.656 Um die Händler zu Preissubventionen oder zu weiteren Getreidelieferungen, auf die die Bevölkerung in starkem Maße angewiesen war, zu veranlassen, mußten die Bürger die prestige trächtigere Ehrung anbieten.657 Daß diese Kalkulation durchaus aufging, kann man z.B. aus der Inschrift IG II 400 sehen. Der Händler Eucharistos war aufgrund frühe rer Getreideimporte vor oder während des Lamischen Krieges bereits zum Proxenos ernannt worden. Dieser Händlerproxenos brachte auch im Jahre 320/19 Getreide nach Athen und verkaufte seine Ladung zu einem für das Volk vorteilhaften Preis. Für diese Wohltat sowie für das Versprechen, bald eine weitere Getreidelieferung folgen zu lassen, wurde er im selben Jahr auf Antrag des Redners Demades mit wei teren, nicht erhaltenen Privilegien (Bürgerrecht?) belohnt. Athen fuhr auch im 3. und 2. Jahrhundert fort, fremde Seehändler für ihre Verdienste um die Ernährung der Stadt mit Ehren und Privilegien auszuzeichnen.658 Allerdings sind die Zeugnisse hierfür recht dürftig, was aber bei den ohnehin nicht sehr zahlreichen Inschriften nicht überrascht. Habron und Martias, die im Jahre 286/5 für ihre Getreidelieferungen mit der Proxenie und Enktesis ausgezeichnen wurden, könnten durchaus Metöken gewesen sein.659 Wegen des Bevölkerungsrück gangs besaßen Getreideeinfuhren nach Attika im 3. Jahrhundert wahrscheinlich einen weniger großen Umfang als in der klassischen Zeit. Daß Athen auch im 3. Jahrhun dert auf eingeführtes Getreide angewiesen war, wird im Reisebericht des Herakleides Kretikos ausdrücklich erwähnt.660 Daher werden fremde Getreidehändler, Xenoi wie auch Metöken, im 3. Jahrhundert weiterhin den Piräus angelaufen haben. Die Sitonika-Behörde, die sich ausschließlich um die Beschaffung von Getreide kümmerte, scheint damals eine permanente Einrichtung geworden zu sein.661 Daß "Fische neben dem Brot das Hauptnahrungsmittel der Stadtbevölkerung bildeten", ist anhand einschlägiger Belege von der Forschung längst festgestellt wor den.662 Hierbei hat man zwischen diversen Fischsorten, die an den Küsten Anikas ge656
Daß den Proxenoi bei ihrer Ernennung zugleich die Isotelie verliehen wurde, ist in IG ΙΓ 287, 2. 3 ausdrücklich vermerkt. Vgl. u. S. 217. 657 Eine Politieverleihung stand hingegen außer Debatte, weil die Händler nicht bereit waren, Getreide zu spenden; sie haben vielmehr Preisnachlaß gewährt. <*8 IG II2 651 (Dat.: 286/85); ? IG II 2 670 (Dat.: ca, 280); IG II2 744 (3. Jh.); IG II 2 903 (Dat.: 175/4). Vgl. Köster, Lebensmittelversorgung 59ff.; Marasco, Approwigionamento di cereali 286ff. 659 IG Π2 651 mit Pecirka, Enktesis 92f. und Stelzer, Enktesis 90f. Historischer Hintergrund Ha bicht, Athen 140. 660 Herakl. Cret. Frg.1,1; vgl. Habicht, Athen 174. 661 Vgl. Quaß, Honoratiorenschicht 239. 662 Zitat Ehrenberg, Aristophanes 138f. Auf die Bedeutung von konserviertem Fisch, der einem größeren Konsumentenkreis zugute kam, aber auch auf Fischarten, die als Delikatessen dienten, gehen ein: Köster, Lebensmittelversorgung 14f. mit Anm. 7; Gehrke, Jenseits von Athen und Sparta
2. Huergesienfreiwilligen Charakters
157
fangen wurden und frisch auf den Markt kamen, und Salz fisch (τάριχος), der aus dem Pontes und der Propontis importiert wurde, zu differenzieren. Der Salzfisch stellte ein ausgesprochenes Massennahrungsmittel dar, weil er mit einfachen Mitteln kon serviert werden konnte und daher billiger war als der einheimische Frischfisch.663 We gen der hohen Nachfrage spezialisierten sich manche Händler auf Salzfischimport. Einen solchen Salzfischhändler (ταριχοπώλης) lernen wir mit dem Metöken Chairephilos kennen, der in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts zusammen mit seinen Söhnen Pheidon, Pamphilos und Pheidippos den attischen Markt mit diesem belieb ten Produkt versorgte. Überhaupt gehören er und seine Söhne zu den wenigen gut bekannten Metökenfamilien Athens, weil sie in verschiedenen literarischen und epi graphischen Quellen erwähnt werden.664 So wissen wir z.B., daß die Familie einen aufwendigen Lebensstil pflegte, wozu etwa der Umgang mit kostspieligen Hetären gehörte. Vom großen Vermögen der Familie zeugen auch die Übernahme diverser Leiturgien und die Haltung von Pferden durch die Chairephilossöhne sowie ein Weihgeschenk des Chairephilos an den delphischen Apollon.665 Zudem stand die Familie in enger Verbindung mit den führenden Rhetoren Demosthenes und Hypereides, von denen der erstere die Einbürgerung des Chairephilos beantragte und der letztere zwei Verteidigungsreden für den Salzfischhändler verfaßte. Der kaiserzeitliche Autor Athenaios stellte mit Erstauen die Beliebtheit des Salzfisches bei den Athenern fest, da diese sogar Salzfischhändler wie Chairephilos und seine Söhne mit dem Bürgerrecht ausgezeichnet hätten.666 Die aus anderen Quel len sicher nachweisbare Einbürgerung des Chairephilos in den 340er oder 330er Jah ren wird von Athenaios und dem Komödiendichter Alexis damit begründet, daß sich der Händler durch Salzfischeinfuhren um die Lebensmittelversorgung der Polis ver dient gemacht hatte.667 Obwohl der eigentliche Grund für die Aufnahme der Chai27; Curtis, Garum and salsamenta, passim. Der Stellenwert von Fisch sollte allerdings nicht überbewertet werden, da er gemessen an Getreide nur zweitrangig war. Damit ist zu erklären, daß wir in Athen keine Ehrendekrete für Fischhändler finden. 663 Als Ausfuhrgebiete von Salz fisch werden der Hellespont (Hermippos Frg. 63 Kassel/Austin; Antiphanes Frg. 78 Kassel/Austin), der Pontos (Kratinos Frg. 44 Kassel/Austin; Eupolis Frg. 199 Kassel/Austin; Poll. 4.48) und der Kimmerische Bosporos ([Demosth.] 35.31.34) genannt. Die in großer Zahl auf der Krim entdeckten Fischeinsalzungsbassins gewähren einen guten Einblick in die Methoden der Fischkonservierung und in Produktionsmengen. Allein die 59 in Tyritake und 8 in Myrmekion freigelegten Zisternen sollen nach Aussage des Ausgräbers V.F. Gajdukevic (Das Bosporanische Reich, Berlin 1971, 376 mit Abb. 95ff.) 160 Tonnen Rohfisch zum Salzen aufgenommen haben. Viel lehrreiches Material über Fischsorten, Fischfang und Verarbeitung im Schwarzen Meer hat Chr.M. Danoff, Art. Pontos Euxeinos, RE Suppl. IX, 1962, 955-986 zusammengetragen. Vgl. auch meine Bemerkungen in Epigraphica Anatolica 28, 1997, 23f. 664 Die Zeugnisse zu dieser Familie sind zu finden bei Davies, APF 566ff., Osbome, Naturalization III, 75f. T75 und Engels, Hypereides 238ff. <*s FdD ΠΙ.4, 204. 666 Athen. 3.119f-120a: τοσαύτην δ' Αθηναίοι σπουδήν έποιοϋντο επί το τάριχος ώς και πολίτας άναγράψαι τους Χαιρεφίλου του ταριχοπώλου υιούς, ώς φησιν Άλεξις εν Επίδαυρο) (Frg. 77 Kas sel/Austin), οΰτος: τους Χαιρεφίλου δ' υίεΐς 'Αθηναίους οτι είσήγαγεν τάριχος, ους και Τιμοκλής ίδών έτπ των Ϊ7ΠΓων δύο σκόμβρους έφη εν τοις Σατύροις είναι. 667 Die Bürgerrechtsverleihung an Chairephilos und seine Söhne wird allgemein in die Versor-
158
IV. Die Wohltaten derMetöken
rephilosfamilie in die Reihen der Bürger nirgends konkretisiert ist, spricht manches dafür, daß der Bürgerverband während einer Versorgungskrise von Chairephilos eine beeindruckend große Salzfischmenge als Geschenk erhielt. Als Alternativen bieten sich ein Preisnachlaß oder, wie M. Osborne vorschlägt, eine Geldspende an.668 Aus den oben behandelten Ehrenbeschlüssen für Getreidehändler kann man ersehen, daß sich die Athener niemals bereitfanden, für verbilligte Einfuhren das kostbare Bürger recht zu verleihen. Die Händler mußten sich als Gegengabe für ihre Preisnachlässe mit der Proxenie begnügen. Was die zweite Alternative betrifft, ist mir aus dem 4. Jahrhundert kein einziger Metöke bekannt, der allein aufgrund einer Geldschenkung, wie hoch sie auch sein mochte, das athenische Bürgerrecht erhielt.669 Dies wäre von vielen Athenern als ein Verkauf des wertvollen Bürgerrechts aufgefaßt worden, dem sich die stolzen Erechtheussöhne — im Gegensatz etwa zu den Byzantiern, die die nothoi gegen die Zahlung von drei Minen naturalisierten ([Aristot.] oec. 2, 2.23) - ve hement widersetzten. Da der Verkauf des Bürgerrechts Schwäche demonstriert hätte, wurde er von den traditionsbewußten Athenern zumindest im 4. Jahrhundert durch weg vermieden, so leer die Staatskasse auch sein mochte. Viel eher als die Staatskasse dürfte Chairephilos die Taschen des Demosthenes mit Drachmen gefüllt haben. Deinarch behauptet nämlich, der führende Redner der Stadt habe sich für seine Bemü hungen um die Bürgerrechtsverleihung an den Fischhändler von diesem gut bezahlen lassen.670 Wir können nicht einmal sicher sein, daß Demosthenes von Chairephilos Geld erhielt, da Deinarch mit seinem Vorwurf der Bestechlichkeit des Demosthenes dessen politische Karriere zu zerstören trachtete. Den Rednern war bekanntlich jedes Mittel recht, um den Gegner zu diskreditieren. Selbst wenn Deinarchs Behauptung einen wahren Kern hat und Demosthenes eifrig darum bemüht war, Chairephilos das Bürgerrecht zu verschaffen, hätte nicht einmal dieser begabte Redner die athenische Ekklesie zu einem Bürgerrechtsbeschluß zu überreden vermocht, wenn den Athenern die Verdienste der Politie unwürdig erschienen wären. Daher kommt der Vermutung, daß Chairephilos die Politie aufgrund einer von den Athenern als außergewöhnlich großzügig empfundenen Salzfischspende erworben hat, eine hohe Wahrscheinlichkeit zu.
gungskrise um 330/29 datiert (s. z.B. Schäfer, Demosthenes III, 296f.; Davies APF 566, Erxleben, Außenhandel 486 (i.J. 328); Osborne, Naturalisation III, 75 f.; Engels, Hypereides 240). Der früheste Hinweis auf den Bürgerstatus der Familie ist die Bouleutentätigkeit des Pamphilos i.J. 327/6 (B.D. Meritt, Hesperia 3,1934, 3f. Nr. 5 = Schwenk, Laws and Decrees, Nr. 59). Da es aber unwahrscheinlich ist, daß einer der Söhne des Chairephilos sehr bald nach der Naturalisierung zum Bouleuten ausgelost wurde, muß die Einbürgerung früher, wohl in den 330er Jahren, stattgefunden haben. M.H. Hansen, GRBS 24, 1983, 176 setzt mit ca. 345 die Einbürgerung wohl zu früh an. Zuletzt hat Worthington, Chaerephilus' Citizenship 296ff. erneut eine Datierung um 330 vorgeschlagen und die Einbürgerung mit Verdiensten der Familie während der Versorgungskriese in Zusammenhang gebracht. 668 Osborne, Naturalization IV, 196. 669 Vgl. o. S. 135 mit Anm. 566. 670 Dein. 1. 43: είπατε μοι προς Διός, ώ άνδρες, προίκα τούτον οϊεσθε γράψαι Διφίλω την εν πρυτανείω σίτησιν, και την εις την άγοράν άνατεθησομένην εικόνα; ή το ποιήσαι πολίτας υμετέρους Χαιρέφιλον και Φείδωνα και Πάμφιλον και Φείδιππον, ή πάλιν Έτπγένην και Κόνωνα τους τραπεζίτας;
2. Euergenen freiwilligen Charakters
159
Von verschiedenen Seiten ist angezweifelt worden, daß Chairephilos ein Salz fischimporteur war. Laut Erxleben beschränkte sich seine Tätigkeit lediglich auf die eines "Finanziers", "der sein Geld den emporoi vorgestreckt hat und sich dabei auf Seekredit an Salzfisch importierende emporoi spezialisiert hat".671 J. Engels hält ihn für den Besitzer eines auf dem Fischmarkt des Piräus gelegenen "Familienbetriebes", in dem der von anderen gelieferte Fisch an die Konsumenten weiterverkauft wurde.672 Trotz gegenteiliger Behauptungen war Chairephilos weder Kreditgeber noch bloßer Fischaufkäufer, sondern ein aktiver Handelsfahrer, der Salzfisch nach Athen beför derte. Seine Tätigkeit wird vom zeitgenössischen Komödiendichter Alexis mit είσήγαγεν τάριχος exakt beschrieben.673 Daß auch seine Söhne Salzfisch nach Athen ein führten, macht ein anderes Fragment desselben Autors an Pheidippos klar. Φείδιππος έτερος τις ταριχηγός ξένος.674 Da in den Ehrenbeschlüssen der Getreidehändler deren Importtätigkeit in gleicher Weise mit σΐτον + αγειν (= σιτηγεΐν) gekennzeichnet wird, liegt kein Grund vor, die Händlertätigkeit des Chairephilos und seiner Söhne in Zwei fel zu ziehen.675 Bald nach 320 ließ der gleichnamige Enkel des Chairephilos den Sklaven Philon frei, dessen Beruf in einer Manumissionsliste als ταριχοπώ(λης) angegeben ist.676 Aus dieser Inschrift läßt sich entnehmen, daß die Einnahmequelle der Nachkommen des Chairephilos weiterhin aus Salzfischhandel bestand. Man fragt sich allerdings, ob die Söhne nach ihrer Einbürgerung weiterhin auf Handels fahrten gingen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß sie den Salzfischimport ihren Sklaven überließen und sich vol lends ihren bürgerlichen Pflichten widmeten.677 Einen schwachen Hinweis darauf lie671
Erxleben, Außenhandel 487. Engels, Hypereides 239: "Chairephilos betrieb mit seinen Söhnen als Familienbetrieb einen größeren Handel mit Fischen im Piräus auf dem Basar (Deigma)". Auch seine Bemerkungen auf S. 241 machen deutlich, daß er sich Chairephilos als lokalen Fischverkäufer, nicht aber als Importeur vorstellt <ΉypeΓeides hat die Verteidigung des Chairephilos nicht nur aus persönlicher Gefälligkeit gegenüber Demosthenes, dem "Patron" des Chairephilos, übernommen. Vermutlich hat er damit gerechnet, daß ein Verfahren gegen einen der reichen und bekannten Fischhändler eine gute Gelegenheit 2u einem öffentlichkeitswirksamen Auftritt bieten könnte. Außerdem haben wir ja auch noch antike Zeugnisse über die Lebensweise des Hypereides, nach denen er täglich als Gourmet über den Fischmarkt Athens zu schlendern pflegte. Immerhin wäre es deshalb gut vorstellbar, daß Hypereides als Kunde und Freund die Familie des Chairephilos gekannt hat". Ich bezweifle allerdings, ob es auf dem Fischmarkt Athens überhaupt dermaßen große "Familienbetriebe" gab, die zu großem Reichtum wie dem der Chairephilosfamilie verhelfen konnten. Die lokalen Fischhändler, wie man sie etwa aus den Komödien des Aristophanes kennt, waren in der Regel arm. 6 ™ Alexis Frg. 77 Kassel/Austin (s.o. S.157 Anm. 666). 674 Alexis Frg. 221 Kassel/Austin. Diese Stelle zeigt zudem, daß es in Athen neben Chairephilos und seinen Söhnen weitere Salzfischimporteure gab. 675 Genannt seien etwa IG II 283, Z. 2: [έσιτ]ήγησεν εξ Αιγύπτου; IG ΙΓ 400, Ζ. 6: [σϊ]τον άγων Αθήνα[ζε]; vgl. auch [Demosth.] 34.36: εάν τις βούληται Άθήναζε εις το Άττικόν έμπόριον σιτηγεΐν. 676 Lewis, Manumissions 219 Ζ. 510-514:. Φίλων ταριχοπώ έ[ν] Κο|λλυ οίκω αποφυγών | Ξαιρέφιλον Φείδωνο | Παια φίαλ σταθμό: Η. Lewis undDavies (APF 566f.) haben durch mehrere Beobachtungen wahrscheinlich gemacht, daß es sich bei dem Freilasser eher um den Enkel des Chairephilos handelt. . 677 Als Analogie bietet sich der ältere Sohn des Trapeziten Pasion an, von dem wir mehr wissen: Apollodor verzichtete auf die Ausübung des väterlichen Berufes. Zu seinem Erbteil wählte er nicht die Bank, sondern die Schildmanufaktur seines Vaters. Diese betrieb er aber nicht selbst, sondern 672
160
IV. Die Wohltaten derMetöken
fem einige Komödienstellen und Inschriften: Zumindest zwei der Chairephilossöhne ließen sich zur Reiterei einteilen, obwohl kein Bürger verpflichtet gewesen zu sein scheint, als Reiter Dienst zu tun. Pheidon wurde sogar zum Kommandanten der jun gen Hippeis ernannt.678 Wegen des Zeitaufwands, der mit dem Pferdetraining ver bunden war, und den hohen finanziellen Belastungen der Reiter waren nach der Mitte des 4. Jahrhunderts immer weniger Angehörige der athenischen Oberschicht befeit, als Kavalleristen zu dienen.679 Femer wissen wir von Pamphilos, daß er sich im Jahre 327/6 zum Ratsherrn wählen ließ.680 Als reiche Athener führten die Chairephilossöh ne zahlreiche Liturgien aus.681 An der Chairephilosfamilie läßt sich am besten verdeut lichen, wie korrekturbedürftig das Bild Hasebroeks von den in der Regel "kapitallo sen", d.h. armen Naukleroi und Emporoi ist.682 Bereits aus den Gerichtsreden und Ehrendekreten konnte man sehen, daß es relativ reiche Händler gab, die zu verbillig ten Getreideeinfuhren, hohen Geldschenkungen an den Staat oder zur Vergabe von Darlehen an andere Händler in der Lage waren.
gab sie in Pacht (Demosth. 36.11-13). Statt dessen schlug er als Redner eine politische Karriere ein. Apollodor gab für seine zahlreichen Liturgien überdurchschnittlich hohe Summen aus. Zur Person Apollodors s. Trevett, Apollodor, passim. 678 Mnesimachos Frg. 4 und Alexis Frg. 77 Kassel/Austin. 679 Burchhardt, Bürger und Soldaten 20. 680 Hesperia 3,1934, 3 Nr. 5 Z. 5f. mit Index I-X (122). Der Archon Hegemon ist in den Zeilen 1 (teilweise ergänzt) und 8 (ganz erhalten) genannt. 681 Auf die bekannten Leirurgien verweist Davies, APF 567. 682 Hasebroek, Staat und Handel 7ff.
161
c. A u s l ö s u n g v o n Bürgern aus Kriegsgefangenschaft u n d Sklaverei Man wird die Verdienste der Fernhändler um die Nahrungsmittelversorgung der Stadt angemessen würdigen und besser schätzen lernen, wenn man sich die hohen Risiken verdeutlicht, die mit der Schiffahrt verbunden waren. Nicht nur Seestürme und andere Widrigkeiten der Natur gefährdeten die Händler zu höchst, sondern auch der überall verbreitete Seeraub (ληστεία).683 Als ehemaliger Naukleros weiß Andokides von diesen Gefahren aus eigener Erfahrung zu berichten: ετι δε πολέμου γενομένου και τριηρών άεί κατά θάλατταν ούσών και ληστών, ύπ' ων πολλοί ληφθέντες, άπολέσαντες τα οντά, δουλεύοντες τον βίον διετέλεσαν, οΰσης δε χώρας βαρβάρου, εις ην πολλοί ήδη έκπεσόντες αΐκείαις ταΐς μεγίσταις περιέπεσον και τα σφέτερα αυτών σώματα αικισθέντες άπέθανον.684 Nicht jedem Opfer war das Los beschieden, sein Leben in der Sklaverei zu beenden; mancher wurde gleich beim Überfall getötet. Davon zeugen nicht nur unzählige Beispiele von Tötungen, sondern auch das Wort καταποντιστής, neben ληστής und πειρατής eine weitere Bezeichnung für den Räuber. Wie der Name selbst sagt, war ein καταποντιστής jemand, der seine Opfer im Meer ertränkte, um keine Zeugen für seine Untat zu hinterlassen.685 Aus der Andokides-Stelle könnte zudem der falsche Eindruck entstehen, daß Seeraub nur in Kriegszeiten betrieben wurde.686 Er war vielmehr eine alltägliche Erscheinung, weil er nicht nur von professionellen Räubern betrieben, sondern auch von den einzelnen Staaten instrumentalisiert und gefördert wurde.687 Selbst im 5. Jahrhundert, als die Ordnungsmacht Athen die Meere beherrschte und um die Bekämpfung des Seeraubs bemüht war, konnte er nicht völlig eingedämmt werden.688 Wie groß die Bedrohung durch Seeräuber im 4. Jahrhundert war, zeigt sich unter anderem daran, daß nicht einmal der Piräus vor Piratenüberfallen verschont blieb. "Damals war Athen zur See so schwach, daß der Spartaner Teleutias es im Jahre 387 v. Chr. wagen konnte, den Piräus zu überfallen, Kaufleute von dort zu entfuhren ... und längs der Küste Attikas nach Sunion zu segeln und dort Fischerboote und getreidebeladene Kauffahrer aufzubringen".689 Im Jahre 361 schickte der von Xenophon als άδικος ληστής κατά γήν και κατά θάλατταν charakterisierte Alexander von Pherai Piratenschiffe auf den Piräus los, deren Besatzungen auf dem Deigma die
6«3 Neuere Arbeiten zum Thema sind: Pritchett, War V, 312ff.; Ph. de Souza, Piracy in the Graeco-Roman World, Cambridge 1999; S. §ahin, Piratenüberfall auf Teos, Epigraphica Anatolica 23, 1994, 1-40 stellt einen interessanten Volksbeschluß (3Jh.) aus Teos vor, der die Finanzierung von Erpressungsgeldern an Piraten zum Inhalt hat. 68 * Andok 1.138. Zur Stelle s. Ziebarth, Seeraub 12. 685 Pritchett, War V, 317. 686 Das Piratenphänomen von seinem sozialen Aspekt her beleuchtend weist McKechnie, Outsiders 105f. darauf hin, daß sich auch unbeschäftigte Söldner als Räuber betätigten. 687 Kaletsch, Seeraub und Seeräubergeschichten 480ff.; Hopper, Handel und Industrie 91 f.; Quaß, Honoratiorenschicht 112. 688 Ziebarth, Seeraub 1 lf.; Pritchett, War V, 327ff. 689 Hopper, Handel und Industrie 95 zu Xen. hell. 5.1.21f.
162
IV. Die Wohltaten der Metoken
Barbestände der Trapeziten raubten.690 In hellenistischer Zeit schließlich war das atti sche Land selbst häufig Raub- und Plünderungszügen der Piraten ausgesetzt und das epigraphische Material legt nahe, daß die Bekämpfung der Seeräuberplage nach dem Verlust der attischen Seemachtstellung nur geringe Erfolge brachte.691 Piraterie in ihren verschiedenen Formen florierte oft als Begleiterscheinung von Kriegen, von denen für die Menschen eine weitere Gefahr ausging, getötet oder gefangen und versklavt zu werden. Nach der Statistik von Y. Garlan führte das klassi sche Athen "durchschnittlich alle zwei bis drei Jahre Krieg, und keine Friedensphase dauerte auch nur zehn Jahre".692 Nicht Krieg und Seeraub als solche sollen hier das Thema bilden, sondern vielmehr die Bemühungen, die mit der Auslösung von in Kriegsgefangenschaft geratenen oder durch Piraten gefangengesetzten Bürgern ver bunden waren.693 Hierbei bleibt der staatlich organisierte Freikauf (oder Tausch) von Kriegsgefangenen gegenüber den Initiativen von Privatpersonen eher im Hinter grund. Der vorgegebenen Gesamtthematik folgend, werde ich mich dabei auf die Verdienste der Metöken konzentrieren. Auch auf diesem Gebiet werde ich nichts Neues bieten können, zumal zuletzt W.K. Pritchett mit großer Gelehrsamkeit im fünften Band seines großen Werks "The Greek State at War" das Material gesammelt und ausgewertet hat. In der Rhetorik des Aristoteles findet sich eine Sammlung von Topoi, deren man sich vor Gerichten oder in der Ekklesie mit dem Zweck bediente, sich mehr Geltung zu verschaffen und den Gegner in Mißkredit zu bringen. Einer dieser Topoi lautet: ccEr hat niemals jemandem Geld geliehen, ich dagegen habe viele von euch losgekauft".694 Wie beliebt dieser Topos bei den attischen Rhetoren war, zeigt die Tatsache, daß er in mindestens zehn Reden überliefert ist.695 Daraus läßt sich ersehen, daß die Bereitstellung von Geld für die Auslösung von Bürgern durch Privatpersonen weit verbreitet war. Natürlich praktizierten neben Athenern auch wohlhabende Met öken diese Art von Wohltätigkeit. Das ist durchaus verständlich, denn die rettende Person erwarb nicht nur die Dankbarkeit des Geretteten, sondern gewann in der öf fentlichen Meinung auch ein hohes Ansehen. Damit ist zu erklären, daß Lysias in der Prozeßrede gegen den Mörder seines Bruders unter Weglassung seiner zahlreichen während der Restauration der Demokratie (404/3) erbrachten — Wohltaten, die bei den Richtern in frischer Erinnerung waren, den Loskauf athenischer Kriegsgefange ner aufführt: πολλούς δ' 'Αθηναίων εκ των πολεμίων λυσαμένους κτλ.696
6
*> Xen. hell. 6.4.35; Diod. 20.95; Polyaen. 6.2.2. S. dazu die Ausführungen bei Quaß, Honoratiorenschicht 113ff. 692 Garlan, Mensch und Krieg 63. 693 Unter den Arbeiten, die die verschieden Auslösungsarten behandeln, sind hervorzuheben Ducrey, Prisonniers de guerre 238ff.; Pritchett, War V, 245 ff. und zuletzt Bielman, Retour a la liberte; vgl. auch Bolkestein, Wohltätigkeit 97f. 694 Aristot. rhet. 1400a 23: και ούτος μεν ού δεδάνεικε πώποτε ουδέν, εγώ δε και πολλούς λέλυμαι υμών. 6* Lvs. 12.20; 19.59; 26.24; Isaios 5.43; Demosth. 8.70; 18.268; 19.169ff.; Aischin. 2.100; Hyper. Frg. 76 Kenvon. Vgl. Pritchett, War V, 269ff. 696 Lvs.12.20 (s.o. S. 17 Anm. 28). 691
2 Euergesienfreiwilligen Charakters
163
Lysias und Polemarch müssen während des Peloponnesischen Krieges große Summen aufgebracht haben, da es sich bei den losgekauften Kriegsgefangenen um "viele" Athener handelte. Auch duften sie als die reichsten Metöken ihrer Zeit mehr als einmal die Gelegenheit zum Freikauf von Bürgern (und Metöken?) ergriffen ha ben. Darauf scheint auch die Benutzung von Feinden im Plural hinzudeuten. Aus den kargen Worten des Lysias läßt sich nicht entnehmen, ob sich die Verdienste der bei den Brüder nur auf Geldsummen beschränkten, die zur Auslösung bestimmt waren, oder ob sie darüber hinaus auch bei dem Lösungsakt selbst vermittelnd mitwirkten. Ein persönlicher Einsatz in Form von Verhandlungen mit den Gegnern ist bei den internationalen Beziehungen der Kephalossöhne durchaus denkbar. Denn Kephalos und seine Söhne hatten einflußreiche Freunde in anderen griechischen Poleis, und ih re Beziehungen werden bis nach Syrakus, der Heimatstadt des Kephalos, gereicht ha ben. Lysias war bekanntlich später in der Lage, von einem Gastfreund aus Elis - es handelte sich um Thrasydaios, der im Krieg gegen Sparta großen Ruhm erwarb - , zwei Talente zu leihen, die dem Freiheitskampf Thrasybuls zugute kamen.697 Die in ternationalen Beziehungen der Familie werden sich teilweise aus dem Waffenhandel ergeben haben. Aus den Rednerstellen erfährt man kaum etwas über die Motive, die reiche Metöken oder Bürger zur Auslösung von Kriegsgefangenen aus eigenen Mitteln be wogen. Der einzige, der sich zu diesem Punkt mit nur wenigen Worten äußerte, ist m.W. Demosthenes, der in den 350er und 340er Jahren mehrmals von Philipp gefan gengesetzte Athener freikaufte.698 In der Kranzrede (18.257) zieht er eine strikte Trennung zwischen seinen Verdiensten für das Gemeinwesen (τά δημόσια) und sol chen im privaten Leben (τά ϊδια). Der Loskauf von Kriegsgefangenen wird dem pri vaten Bereich zugeordnet und im selben Atemzug mit der Mitgift genannt, die der Rhetor seinen ärmeren Mitbürgern zur Ausstattung ihrer Töchter gab. Solche Hilfe leistungen fuhrt er auf seinen Charakter zurück, der mit κοινός και φιλάνθρωπος και τοις δεομένοις επαρκών umschrieben wird (18.268). In diesen Worten kommt ein ge wisses Pflicht- und Verantwortungsgefühl zum Ausdruck, das ein Angehöriger der Oberschicht gegenüber hilfsbedürften Mitbürgern empfand. Nicht alle Reichen waren wie die Kephalossöhne oder Demosthenes freigebig und zahlten die Auslösungssummen aus eigener Tasche. Daher blieb einem Gefan genen oft nur der Ausweg, die für seinen Freikauf notwendigen Summen von Freun den oder Fremden zu leihen, wofür es in den attischen Gerichtsreden mehrfach Bei spiele gibt.699 Wie kompliziert sich solche Eranos-Anleihen manchmal gestalten konn ten, verdeutlicht der von Pasions Sohn Apollodor geschilderter Fall des Nikostratos. 697 Lys. Frg. 1.6,1 f. Gemet/Bi2os; [Plut.] Vit. X orat. (mor.) 835F. Zu Trasydaios s. Xen. hell. 3.2.21-31; Diod. 14.17ff. 34.1; Paus. 3.8.3ff. 698 Demosth. 8.70; 18.268; 19.169ff. In seinem postum beantragten Ehrengesuch, der in den Vitae Decem Oratorum (Plut. mor. 851A) als Anhang beigefügt ist, heißt es von Demosthenes: και λυτρωσαμένω πολλύς των άλόντων εν Πύδνη και Μεθώνη και Όλύνθω ύπο Φιλίππου. Zur Stelle s. Pritchett, War V, 266. 699 Z.B. [Demosth.] 53.6ff.; Isaios 7.8 mit Pritchett, War V, 285. Zu den verschiedenen Bedeutun gen des Wortes έρανος s. Gluskina, Sozial-ökonomische Verhältnisse 127ff.
164
IV. Die Wohltaten der Metoken
Dieser war während der Suche nach drei entlaufenen Sklaven von Piraten geraubt und auf Ägina in die Sklaverei verkauft worden. Sein Besitzer zeigte sich bereit, ihn gegen eine ungewöhnlich hohe Auslösesumme von 2600 Drachmen freizulassen. Nachdem Nikostratos seinen Bruder als Geisel gestellt hatte, kehrte er nach Athen zurück, um die Summe aufzutreiben. Da seine Familienangehörigen über keine Bar bestände verfügten, bat er seinen Nachbarn und Freund Apollodor um ein Darlehen. Dieser verpfändete Luxusgegenstände, darunter einen seinem Vater von der Stadt verliehenen Goldkranz, und borgte ihm 1000 Drachmen. Für die Zahlung der restli chen 1600 Drachmen fanden sich nicht näher gekennzeichnete ξένοι bereit. Diese wollten jedoch nach Ablauf von 30 Tagen die doppelte Summe zurückfordern. Hier zeigt sich besonders deutlich, daß manche aus einer mißlichen Lage eines anderen Geschäfte machten. Um diese hohen Zinsen nicht zahlen zu müssen, bat Nikostratos erneut Apollodor um Hilfe. Apollodor brachte das nötige Geld zusammen, indem er eine Hypothek auf seine Immobilien aufnahm.700 Nach dem Verkauf eines Kriegsgefangenen oder Geraubten in die Sklaverei war es nicht immer einfach, dessen Aufenthaltsort ausfindig zu machen. Bis zum Freikauf konnte bisweilen eine lange Zeit, manchmal mehrere Jahre, vergehen. Eine solche Begebenheit weiß Euxitheos von seinem Vater Thukritos aus dem Demos Halimus zu berichten. Dieser war als junger Mann im Dekeleischen Krieg gefangenge setzt und hierauf nach Leukas verschleppt worden. Dort teilte er längere Jahre (ττολλοστω χρόνω) das Schicksal eines Sklaven, bis der Schauspieler Kleandros auf ihn aufmerksam wurde und seine Freilassung bewirkte.701 Als Sklave auf Leukas hatte Thukritos das Attische verlernt und sich einen westgriechischen Dialekt angeeignet, wofür er nach seiner Rückkehr in die Heimat bei seinen Mitbürgern Geringschätzung erntete.702 Der Schauspieler Kleandros, der die Auslösung des Thukritos herbeiführte, war vermutlich zur Ausübung seines Berufes zu einem Fest nach Leukas gekommen. Ob er Thukritos aus eigenen Mitteln auslöste oder aber dessen Angehörige in Athen benachrichtigte, entzieht sich unserer Kenntnis. Kleandros wird gemeinhin mit dem tragischen Schauspieler identifiziert, der bei den Dionysien des Jahres 387/6 einen Sieg davontrug. Ob er ein Athener oder Metöke war, läßt sich nicht mit letzter Si cherheit entscheiden.703 700
Eine genaue Analyse des Falles bei Millett, Lending and Borrowing 53ff. Demosth. 57.18: διαβεβλήκσσι γαρ μου τον πάτερ', ώς έξένιζεν και οτι μεν όλους υπό των πολεμίων υπό των Δεκελεικόν πόλεμον και πραθεις εις Λευκάδα, Κλεάνδρω περιτυχών τω υποκριτή προς τους οικείους έσώθη δευρο πολλοοτω χρόνω, παραλελοίπασιν, ώσπερ δε δέον ήμας δΓ έκείνας τάς ατυχίας άπολέσθαι, το ξενίζειν αύτοϋ κατηγορήκασιν. εγώ δ* εξ αυτών τούτων μάλιστ οιμαι ύμϊν έμαυτόν Αθήναιον οντ' έπιδείξειν. 702 Dies ging so weit, daß ihm nach dessen Tod seine attische Herkunft angezweifelt wurde. Einem seiner Söhne kam die heikle Aufgabe zu, vor Gericht den Bürgerstatus seines Vaters und somit seiner selbst nachzuweisen. 703 Sowohl im Siegesverzeichnis (Wilhelm, Urkunden dramatischer Auffuhrungen 24) als auch in Demosth. 57.18 ist Kleandros nur mit seinem Beruf als υποκριτής gekennzeichnet. M. Bonario, s.v. Kleandros (6b), RE Suppl. 10 (1965), 349 hält ihn ohne Begründung für einen Athener. Vermutlich hat er sich dabei von der Vorstellung leiten lassen, daß Schauspielern mit Metökenstatus die Mitwirkung an den Dionysien verboten war. Das ist jedoch nicht richtig; z.B. hat der Schauspieler Myniskos 701
2. Euergesienfreiwilligen Charakters
165
Künsder, Dichter und Gelehrte waren aufgrund einer Reihe von Eigenschaf ten zur Auslösung von Gefangenen besonders gut geeignet. Sie hielten sich häufig im Ausland auf, konnten also auf Bitten eines Verschleppten dessen Angehörigen In formationen zukommen lassen. Da sich zudem viele einer polisübergreifenden Be liebtheit erfreuten und folglich einen gewissen Einfluß besaßen, konnten sie von Staaten oder Herrschern die Freilassung von Kriegsgefangenen erbitten. Wenn ein Staat sich von ihnen einen gewissen Erfolg versprach, konnte er sie auch mit einer offiziellen Gesandtschaft betrauen, wie etwa Athen im Falle des Schauspielers Aristodemos. Dieser, von der Herkunft ein Metapontier, gehörte zu den ganz großen "Stars55 seiner Zeit. Er hielt sich längere Zeit als Metöke in Athen auf, wo er an den Lenäen zwei Siege errang. Er war wohl auch am makedonischen Königshof aufgetre ten und dort ein gemgesehener Gast. Weil er nach Aussage von Aischines (2.12) "wegen seiner Kunst bekannt und beliebt war'5, wurde er 347 von den Athenern als πρεσβευτής zu Philipp II. geschickt, um mit diesem über athenische Bürger zu ver handeln, die nach dem Fall Olynths (348) in Gefangenschaft geraten waren. Aristodemos, dem keine weiteren Gesandten beigegeben waren, erreichte von Philipp die Freilassung der betreffenden Personen ohne Lösegeld und brachte darüber hinaus nach Athen Philipps Nachricht mit, er sei zu Friedensverhandlungen mit Athen be reit Für diese diplomatische Tätigkeit wurde Aistodemos auf Antrag des Demosthe nes mit einem Kranz und nicht näher spezifizierten δωρεαί geehrt. Er reiste übrigens auf Betreiben des Demosthenes im Jahre 346 ein zweites Mal in offiziellem Auftrag nach Pella, u.Z. als einer der zehn Gesandten (darunter waren auch Aischines, Philokrates und Demosthenes), die mit Philipp den sogenannten Philokratesfrieden ver einbarten. Aristodemos ist der erste athenische Metöke, dem man eine Gesandtentä tigkeit nachweisen kann.704 Nach der Schlacht von Chaironeia haben weitere Metöken (vomemlich Philosophen) öfters als Gesandte gedient, worauf im nächsten Abschnitt eingegangen wird. Händler bildeten eine weitere Personengruppe, die sich aufgrund ihrer Ge schäftsreisen, die sie in weite Gebiete der damals bekannten Welt führten, für die Rettung oder Auslösung Verschleppter gut eigneten. Ich will nicht sagen, daß sie von den Städten mit einer solchen Aufgabe betraut worden wären, jedoch konnten sie Nachrichten an die Angehörigen von Verschleppten weitervermitteb oder bisweilen den Freikauf selbst betreiben. Verwiesen sei etwa auf den Metökenemporos Ph[iloit]ios, der sich durch mehrere Wohltaten den Athenern nützlich erwies. Er führte nicht nur ägyptisches Getreide ein und verkaufte es zu einem verbilligten Preis, sondern gab auch ein Silbertalent für die Verteidigung Athens. Zudem kaufte er während eines Aufenthalts auf Sizilien athenische Bürger frei und kam für ihre Rückführung in die Heimat auf.705 Sowohl die Lösegeldsummen als auch den Rück aus Chalkis, der oft mit Aischylos zusammenarbeitete, an den Dionysien des Jahres 422 gesiegt: Wilhelm, Urkunden dramatischer Aufführungen 188. 704 Die beiden Gesandtschaftsreisen nach Pella bei Aischin. 2.15ff. Weitere Belege zu Aristodemos s.u. S. 170f. 705 IG II 2 283, Z. 8-12: κα[ι | πολλούς των τπλιτών] λυτρωσάμενος έξ Σικ|[ελίας απέστειλε Άθΐήναζε
166
IV. Die WohÜaten derMetöken
transport scheint er aus eigenen Mitteln bezahlt zu haben. Ob er nach seiner Rück kehr in Athen von den Erretteten die für ihre Auslösung aufgebrachten Summen zu rückforderte oder ihnen erließ, wird in seinem Ehrendekret bezeichnenderweise ver schwiegen. Des weiteren bleibt offen, ob die Athener von Piraten geraubt und auf dem sizilischen Sklavenmarkt zum Verkauf angeboten oder während eines Krieges gefangengesetzt wurden. Die Buchstabenformen weisen die Inschrift: in die Zeit vor 336 (so Kirchner, IG II 283). Ich habe aufgrund der beiden anderen Verdienste des Händlers an früherer Stelle darauf hingewiesen, daß sie Ende der 340er und zu Be ginn der 330er Jahre stattgefunden haben dürften.706 Daher liegt die Vermutung nahe, daß die von Ph[iloit]ios freigekauften Athener Söldner waren, die an der Seite des Timoleon gegen die sizilischen Tyrannen oder Karthager kämpften und um 340 auf Sizilien in Kriegsgefangenschaft geraten waren.707 Trotz der spärlichen Daten ist offenkundig, daß sich neben Bürgern (und xenoi) auch athenische Metöken in verschiedener Weise um die Auslösung (λύτρωστς) gefangengesetzter Personen verdient machten. Das ist bei den häufigen Kriegen, die griechische Staaten miteinander führten und dem weit verbreiteten Menschenraub durch Piraten nicht anders zu erwarten und dürfte öfter vorgekommen sein, als man aus der trümmerhaften Quellensituation erfassen kann.
τοϊς αύτου άναλ||[ώμασιν και ίδίαι κα]ί κοινή» προς τόν δήμο|[ν άποδέδεικται τ]ήν εΰνοιαν ην έχων διατ|ελεϊ έκ των προγόνων κ]αί νυν κτλ. 7 <* S.o. S. 104f. 707 Die Auslösung der Athener durch Ph[üoit]ios ist unterschiedlich datiert worden. Panagopoulos, Captives and Hostages 141 f. Anm. 4 und McKechnie, Outsiders 119 beziehen sie auf die Zeit unmittelbar nach der großen sizilischen Katastrophe von 413. Laut McKechnie handelt es sich bei der Inschrift um eine spätere Abschrift des Orginalbeschlusses um 410. Diese Annahme ist aus verschiedenen Gründen als unzutreffend zurückzuweisen, weil: a) die Motivation der Inschrift ungewöhnlich lang ist und andere Verdienste des Geehrten aufzählt; das alles gibt es in den Dekreten des 5. Jahrhunderts nicht; b) zu den Verdiensten gehört auch eine Geldspende für den Schutz der Stadt; επιδόσεις εις την φυλακή ν της πόλεως sind im 5. Jahrhundert nicht bezeugt. Pritchett, War V, 273f. mit Anm. 386 datiert sie in die Mitte der 360er Jahre und nimmt an, daß Athen um diese Zeit eine Expedition nach Sizilien unternahm, "that is not treated in modern histories" (273 Anm. 386). Garnsey, Famine 151 mit Anm. 6 setzt die Inschrift in die von mir vorgeschlagene Zeit und meint über die von Ph[iloit]ios ausgelösten Personen: "It is unclear whether these Athenians were mercenaries (which might point to a date in the late 340s) or captives of pirates".
167 d. Verdienste i m außenpolitischen Bereich (Gesandtentätigkeit u.a.) Um auf den Beitrag von Nichtathenem für das geistige und kulturelle Leben der Stadt aufmerksam zu machen, hat J. Soucek eine kleine, 90 Namen umfassende Prosopographie von fremden Denkern und Künsdem erstellt, die sich im 5. Jahrhundert vorübergehend oder für längere Jahre als Metöken in Athen aufhielten. In seiner Prosopographie findet man eine Reihe bekannter Namen: den Philosophen Anaxagoras aus Klazomenai, die Geschichtsschreiber Ion aus Chios und Herodot aus Halikarnass, die Lyriker Simonides aus Iulis und Pindar aus Theben, den Architekten Hippodamos aus Milet, die Maler Polygnot aus Thasos und Zeuxis aus Herakleia, die Sophisten Protagoras aus Abdera und Thrasymachos aus Chalchedon, den Rhetoren Theodoros aus Byzanrion, den Platon (Phaidr. 266e) für den besten Redner seiner Zeit hielt, sowie Lysias.708 Viele der in Souceks Prosopographie aufgeführten Personen unterhielten Beziehungen zur politisch führenden Oberschicht in anderen Poleis; manche verfügten über überragende rhetorische Fähigkeiten oder sogar über politische Erfahrungen. Auch wenn diesen Fremden die Möglichkeiten der politischen Betätigung innerhalb der Polis versagt blieb, hätte Athen aus deren polisübergreifenden Kontakten und persönlichen Talenten auf vielfältige Weise Nutzen für seine Außenpolitik ziehen können. Doch fehlt bis in die Mitte des 4. Jahrhunderts jeder Hinweis für eine außenpolitische Tätigkeit von Metöken. Diese Beobachtung muß zu dem Schluß führen, daß der Bürgerverband lange Zeit nicht bereit und gewillt war, Metöken für seine außenpolitischen Ziele einzuspannen, geschweige denn sie mit einer Gesandtschaft zu betrauen.709 Dieser Befund überrascht umso mehr, als Metöken spätestens seit dem Peloponnesischen Krieg zu Liturgien und Kriegsdienst verpflichtet wurden und sich darüber hinaus durch freiwillige Geldschenkungen und andere Euergesien um Athen Verdienste erwarben. Das alles sind Anzeichen dafür, daß sie zumindest partiell in die Polis eingebunden waren. Hinzu kommt, daß gerade die geistige Elite unter den Metöken zum engen Freundeskreis führender athenischer Politiker gehörte. Weshalb haben demnach diese und der Demos es unterlassen, von den Verbindungen der Metöken außenpolitisch zu profitieren? H. Sonnabend hat am Beispiel der fremden Gelehrten deutlich gemacht, daß eine der wesentlichen Ursachen dafür in den demokratischen Polisstrukturen, in erster Linie in den Freundscbaßsbe^iehungen zwischen den athenischen Politikern und den Fremden zu suchen ist, die von der breiten athenischen Öffentlichkeit "als eine Bedrohung demokratischer Verfahrensweisen und als eine Kollision mit dem Gesamtinteresse der Polis betrachtet" wurden.710 Wie argwöhnisch der Demos solchen Freund708
Soucek, Fremde Künstler lff. Voraussetzung für die Wahl eines Gesandten war der Besitz des Bürgerrechts, wie einige athenische Inschriften aus dem 4. Jh., die D. Kienast, Art. Presbeia, RE Suppl. ΧΠΙ, 1973, 527 zusam mengetragen hat, deutlich machen. 710 Sonnabend, Freundschaften 196. 709
168
IV, Die Wohltaten der Metöken
Schäften begegnete, wird in der Beziehung des Perikles zum Philosophen Anaxagoras besonders klar. Der Klazomenier verbrachte eine lange Phase seines Lebens - laut Diogenes Laertius (2.7) waren es 30 Jahre — in Athen und gehörte dort zum engsten Freundeskreis des Perikles. Wie nahe sich die beiden standen und welchen Einfluß der Gelehrte auf den Politiker hatte, machen die Worte Plutarchs deutlich: ό δε πλεί στα Περικλεΐ συγγενόμενος και μάλιστα περιθείς ογκον αύτω και φρόνημα δημαγωγίας έμβριθέστερον, όλως τε μετεωρίας και συνεξάρας το αξίωμα του ήθους, 'Αναξαγόρας ην ό Κλαζομένιος.711 Die Beziehung der beiden Männer überschritt jedoch die private Ebene nicht. Perikles verzichtete darauf, seinem Freund Anaxagoras eine öffentliche Aufgabe in der Innen- oder Außenpolitik zu verschaffen, um nicht die Mißgunst sei ner Mitbürger zu erregen und den Verdacht antidemokratischen Verhaltens auf sich zu ziehen. Daß die Freundschaft von der breiten Bevölkerung dennoch nicht toleriert wurde, zeigt der Asebieprozeß gegen Anaxagoras. Bereits antike Kritiker haben den Prozeß als einen Angriff auf Perikles selbst aufgefaßt, eine Vermutung, die unter Be rücksichtigung der anderen Anklagen gegen weitere Perikles nahestehende Personen hohe Wahrscheinlichkeit gewinnt.712 "Auf jeden Fall ist die Akzeptanz der Freund schaft zwischen Perikles und Anaxagoras in Athen gering gewesen, sie war ein Fak tor, der im demokratischen Athen als schwer vereinbar mit den gemeinschaftlichen Interessen angesehen wurde".713 Diese am Beispiel der fremden Gelehrten gewonnenen Einsichten Sonn abends lassen sich ohne Weiteres auf alle Angehörigen der "Metökenaristokratie" ausweiten. Diese hätten nur unter Einsatz von Freunden aus der athenischen Ober schicht vor der Volksversammlung mit einer außenpolitischen Aufgabe betraut wer den können. Jedoch wird kein Athener einen solchen Schritt gewagt haben, aus Furcht, den Zorn des Demos auf sich zu ziehen und somit sein eigenes Ansehen zu gefährden. Wir wissen nicht, was ein Durchschnittsathener, der in der Ekklesie über die Belange der Polis entschied, über einen reichen Metöken wirklich dachte. Er dürf te in ihm nicht nur jemanden gesehen haben, der außerhalb der Polisordnung stand, sondern ihm gegenüber wegen seines Reichtums auch Neid empfunden haben. Auch Lysias stellt keine Ausnahme von dieser Regel dar, obwohl er eine Reihe von Voraussetzungen erfüllte, die Athen für seine Außenpolitik hätte verwerten kön nen. Zu seinem Freundeskreis gehörten einflußreiche Persönlichkeiten der atheni schen Oberschicht; er war mit aeijeunesse doree der Stadt aufgewachsen und mit dieser zusammen erzogen worden und hatte eine intensive sophistische Ausbildung erhal711
Plut. Perikl. 6. Weitere Angaben zur Beziehung zwischen Anaxagoras und Perikles machen Isokrates (15.235) und Piaton (Phaidr. 269e-270e). Mehr dazu bei Sonnabend, Freundschaften 187. 712 Plut. Perikl. 32: και ψήφισμα Διοπείθης εγραψεν είσαγγέλλεσθαι Τ°ύς τα θεια μή νομίζοντας ή λόγους περί των μεταρσίων διδάσκοντας, άπερειδόμενος εις Περικλεα δΓ Άναξαγόρου την ύπόνοιαν. Die Prozesse gegen Perikles' zweite Gattin, die Milesierin Aspasia, und gegen den Bildhauer Pheidias werden von Plutarch ebenfalls als Unternehmungen gegen Perikles bewertet. Bereits um 450 war der athenische Sophist und Musiker Dämon wegen seines starken Einflusses auf Perikles aufgrund des Verdachts, er strebe nach der Tyrannis, ostrakisiert worden; Belege bei Gehrke, Politische Parteiungen 559 Anm. 81 und Sonnabend, Freundschaften 186. 713 Sonnabend, Freundschaften 189.
2. Euergenen jmmlligen
Charakters
169
ten.714 Während seines Aufenthaltes in Thurioi konnte er politische Erfahrungen sammeln, da er in dieser Kolonie das Bürgerrecht besaß. Da άτπκισμός als Grund für seine Verbannung aus Thurioi angegeben wird, dürfte er dort zu den Anhängern Athens gezählt haben.715 Von seinen exellenten Verbindungen zu Angehörigen ande rer Poleis zeugt seine Freundschaft mit dem Eleer Thrasydaios, von dem er im Jahre 403 zwei Talente lieh, die er dem Freiheitskampf Thrasybuls zur Verfügung stellte. Thrasydaios hatte eine dominante Führungsrolle im politischen Leben von Elis inne und erwarb sich im Krieg gegen Sparta großen Ruhm.716 Aus dem umfangreichen Quellenmaterial zu Lysias, das sich aus Selbstzeugnissen (die Reden "Gegen Eratosthenes" und "Gegen Hippotherses") und Viten späterer Autoren (Dionysios von Halikamass, Pseudo-Plutarch) zusammensetzt, ist nirgends eine politische Betätigung in Athen erkennbar. M. Clerc und P. Cloche haben angenommen, daß Lysias im Auf trag des athenischen Politikers Thrasybul und als dessen Unterhändler agierte, als er im Bürgerkriegsjahr 403 300 Söldner anwarb und eine Reise nach Elis unternahm.717 In Lysias einen politischen Amtsträger zu sehen, wäre allerdings verfehlt, weil seine Einsätze für die Sache der Demokraten durch keinen offiziellen Volksbeschluß legi timiert waren, auch wenn sie im Einvernehmen mit Thrasybul erfogt sein dürften. Vielmehr nahm Thrasybul als Verbannter die Hilfsangebote des Lysias an, weil sie ihm im Kampf gegen das Regime der Dreißig von großem Wert waren. In einer als historisches Zeitdokument lehrreichen Doktorarbeit von 1937 wird Lysias als jemand charakterisiert, der sich mehr als mangelhaft für die Belange Athens eingesetzte, weil ihm "jene echte, innere Verbundenheit" mit der Stadt und "die Hingabe für die Nation" gefehlt habe.718 Zur Verteidigung des Kephalos-Sohnes wäre zu sagen, daß die Athener ihm als Metöken keinerlei Möglichkeiten einräumten, eine politische Aufgabe zu übernehmen. Um 350 trat eine Wende ein. Zwar blieb den Metöken eine Teilnahme in der Innenpolitik weiterhin versagt. Der athenische Bürgerverband empfand aber nichts 714
Dion. Hai. Lys. 1; [Plut.] Vit. X orat. (mor.) 835C. Zum gesellschaftlichen Umgang der Kephalosfamilie mit den Vertretern der athenischen Oberschicht s. die Ausführungen von Dover, Lysias 31ff., bes. 52f. 71 * Dion. Hai. Lys. 1. llff.; [Plut.] Vit. X orat. (mor.) 835E. ™ Xen. hell. 3.2.21-31; Diod. 14.17ff. und 34.1; Paus. 3.8.3ff. 717 Clerc, Meteques 437; Cloche, Restauration democratique 467. 718 Ferckel, Lysias und Athen 144: "Das Bild des Lysias weist im Gan2en gesehen wenig erfreuli che Züge auf. Jene echte, innere Verbundenheit mit Athen, die man ihm auf Grund mancher patrio tischer Äußerungen zuzuerkennen geneigt war, mußte bei näherer Betrachtung seines Handelns sehr fragwürdig erscheinen"; S. 145: "Seine Profitgier machte auch nicht vor seinen Standesgenossen halt, mit denen er sich ebenfalls in keiner Weise verbunden fühlte. D e n Athenern gegenüber erwies er sich nicht als treuer, aufrichtiger Sohn der Stadt, für die Demokraten konnte er ebensowenig als ein innerlich überzeugter Parteigenosse gelten und in den Augen der Metöken mußte er als höchst be denkliches Glied ihres Standes erscheinen". In Ferckels Arbeit, die voller antisemitischer Töne ist, werden mehrere Parallelen zwischen Met öken und Juden gezogen. Vgl. z.B. S.161: D e m Juden fehle wie dem Metöken "ein Verankertsein im Volk und Vaterland, fehlt die Hingabe an die Nation, die v o m Staatsbürger Kräfte und Energien fordert; indem aber der Fremde all sein Interesse auf seine Tätigkeit konzentriert, gewinnt er den Vorrang vor den andern".
170
IV Die Wohltaten der Meto'ken
Unerhörtes mehr dabei, von manchen ortsansässigen Fremden eine Unterstützung in einer außenpolitischen Angelegenheit zu fordern. Dies geschah vornehmlich da durch, daß man sie mit einer Gesandtschaft betraute. Auffallig ist dabei nicht so sehr die Quantität der Metökengesandschaften (Bürger stellen noch immer das Hauptkon tingent der Gesandten),719 sondern die politische Situation, in der sie als Diplomaten agierten: Dies geschah meist in Krisensituationen, etwa nach einer militärischen Nie derlage, in der es darauf ankam, für Athen günstige Friedensbedingungen auszuhan deln. Begünstigt wurde die Einschaltung der Metöken im zwischenstaatlichen Ver kehr durch die Verschiebung der Machtverhältnisse zugunsten Makedoniens. Daher war der makedonische König das Reiseziel fast jeder "Metökengesandtschaft". So weit erkennbar, waren Tragödienschauspieler die ersten Fremden, die von der atheni schen Bürgergemeinde eine diplomatische Mission übertragen bekamen.720 Der be kannteste unter ihnen war wohl Aristodemos aus Metapont, von dem Cicero später sagen konnte, daß die Athener ihn "häufig in den bedeutendsten Angelegenheiten im Krieg und Frieden als Gesandten zu Philipp geschickt haben".721 Die Initiative für die Ernennung des Aristodemos zum Gesandten, der dreimal Philipp aufsuchte, ging üb rigens von Demosthenes aus, der sich in der Ekklesie für den Schauspieler einsetzte und zweimal dessen Bekränzung beantragte.722 Anlaß für seine erste Reise nach Pella im Jahr 348/7 war die Auslösung der in Olynth gefangenen Athener, deren Freilas sung er erwirkte.723 Aristodemos war auch der erste, der den Athenern die Kunde von
719
S. die Gesandtenliste bei D. Kienast, Art. Presbeia, RE Suppl. ΧΠΙ, 1973, 595ff. Neben Athen haben auch die makedonischen Könige Schauspieler als Gesandte eingesetzt. Vgl. D. Kienast, Art. Presbeia, RE Suppl. XIII, 1973, 533: 'Wegen der ασφάλεια, die sie genossen, und wegen der Gunst, in der sie vielfach bei den Machthabern standen, wurden gelegentlich auch Schauspieler mit einer Gesandtschaft betraut ... Alexander schickte den tragischen Schauspieler Thessalos mit diplomatischem Auftrag zu Pixodaros nach Karien, um die geplante Ehe der Tochter des Pixodaros mit Philippos Arrhidaios zu hintertreiben: Plut. Alex. 10. Zuvor hatte König Philipp den Aristokritos ... in der gleichen Heiratsangelegenheit als seinen Gesandten geschickt"; vgl. auch Pickard-Cambridge, Dramatic Festivals 279ff. 721 Cic. resp. 4.13: Aeschines Atheniensis vir eloquentissimus, cum adulescens tragoedias actitavisset, rem publicam capessevit, et Aristodemum, tragicum item actorem, maximis de rebus pacis ac belli legatum ad Philippum Athenienses saepe miserunt. Seine Herkunft aus Metapont erwähnt Schol. Aischin. 2.15 (Dindorf): Άριστόδημον ούτος έπεκαλεΐτο μεν Στεμφύλος, Μεταποντϊνος δ' ην το γένος, και ένίκα δις έπι Ληναίων, δια την γνώμην δε ήτοι γνώσιν ή διάνοιαν, ώς οντος αγαθού. Die beiden Lenäensiege sind auch auf einer Inschrift (Wilhelm, Urkunden dramatischer Aufführungen 145) verzeichnet. Weiteres zur Person s. ebd. 138ff.l88ff; O'Connor, Actors and Acting 82ff. Nr. 66; Ghiron-Bistagne, Acteurs 312; Wankel, Rede für Ktesiphon 218ff. und Mitchell, Bearing Gifts 195 s.v. Aristodemos of Metapont. 722 Aischin. 2.15-19; 3.83. 723 Aischin. 2.15: ύπό δε τους αυτούς καιρούς Όλυνθος έάλω, και πολλοί των ημετέρων έγκατελήφθησαν πολιτών, ών ην Ίατροκλής ... υπέρ δη τούτων ίκετηρίαν θέντες οί οικείοι έδέοντο υμών έπιμέλειαν ποιήσθαι. παρελθόντες δ' αύτοΐς συνηγορούν Φιλοκράτης και Δημοσθένης, αλλ' ούκ Αισχίνης, και πέμπουσι πρεσβευτήν Αριστόδημον τον ύποκριτήν προς Φίλιππον, δια την γνώσιν και φιλανθρωπίαν της τέχνης. In der Ehreninschrift IG II 2 264, Ζ. 3 und 9ff. für den Athener Iatrokles (PA 7442), der unter den Gefangenen war, wird die Entsendung eines Gesandten erwähnt. Bei diesem dürfte es sich um Aristodemos handeln. 720
2. Euergesienfreimltigen Charakters
171
der Bereitschaft Philipps 211m Frieden überbrachte.724 Er gehörte zudem zu den offi ziellen Mitgliedern beider Gesandtschaften nach Pella, die März/April 346 zum so genannten Philokrates frieden führten.725 Wir hören von zwei weiteren Gesandt schaftsreisen des Aristodemos, die ihn in den späten 340er Jahren nach Thessalien und Magnesia führten.726 Die Athener trugen dem Schauspieler vermutlich auf, in den Thessalem und Magneten Verbündete gegen Philipp zu gewinnen.727 Die Bemerkun gen des Aischines machen klar, daß der Schauspieler Demosthenes nahestand und ein loyaler Anhänger Athens war, was seine mehrmalige Wahl zum Gesandten mit erklärt. Beim Zustandekommen des Philokrates friedens wirkten neben Aristodemos auch die Schauspieler Neoptolemos aus Skyros und Ktesiphon (nicht identisch mit dem im Kranzprozeß angeklagten Athener) mit.728 Demosthenes (5.6-9) bezeichnet Neoptolemos als einen Agenten Philipps in Athen und brandmarkt ihn als Verräter athenischer Interessen. Er soll später seinen Besitz in Athen veräußert und seinen Wohnsitz nach Makedonien verlegt haben. Von Ktesiphon ist weiter nichts bekannt Den Ausschlag für die Ernennung dieser Schauspieler zu Gesandten dürften in der Ekklesie nicht so sehr ihre politische Erfahrungen oder ihre Anhänglichkeit zu Athen (sie hielten sich ja nicht immer in Athen auf, sondern hatten auch Gastauftritte in an deren Staaten) gegeben haben, sondern ihr Bekannt- und Beliebtheitsgrad in ganz Hellas sowie die Gunst, in der sie bei Philipp standen, worauf Aischines (2.15) im Falle des Aristodemos ausdrücklich hinweist. G.E. Benseier, H. Wankel, M. Osbome u.a. haben e silentio angenommen, daß diese Schauspieler zum Zeitpunkt ihrer Ge sandtentätigkeit im Besitz des attischen Bürgerrechts gewesen sein müssen.729 Dies ist aber nicht zwingend, da bald nach diesen weitere Fremde mit Gesandtschaften be traut wurden, die zum Zeitpunkt ihrer Mission nachweislich Metöken waren. Danach treten unter den Metöken überwiegend Philosophen als Gesandte Athens in Erscheinung. Von den acht Philosophen, denen man eine Gesandtschafts tätigkeit nachweisen kann, war nur Krates ein gebürtiger Athener. Die anderen hatten 724 Demosth. 18.21: ό μεν πρώτος ειπών και μνησθείς υπέρ της ειρήνης 'Αριστόδημος ην κτλ. mit dem Kommentar von Wankel, Rede für Ktesiphon 218ff. 725 Aischin. 2.19; Hypothesis 2.4 ad Demosth. 19; Hypothesis ad Aischin. 2. Ausführlich zu den Gesandtschaften an Philipp im J. 346 s. Mitchell, Bearing Gifts 152ff. 726 Aischin. 3.83: (Φίλιππος) 'Αλόννησον έδίδοιν ό (Δημοσθένης) δ* άπηγόρευε μη λαμβάνειν, ει δίδωσιν, αλλά μη άποδίδωσι περί συλλαβών διαφερόμενος. και το τελευταϊον στεφανώσας τους μετά Αριστοδήμου εις Θετταλίαν και Μαγνησιαν παρά τάς της ειρήνης συνθήκας πρεσβεύσαντας, την μεν είρήνην διέλυσε, τήν δε συμφοράν και τον πόλεμον κατεσκεύασεν. 727 Develin, Athenian Officials 327 datiert die beiden Gesandtschaftsreisen in das Jahr 342 und bringt sie mit der Streitfrage über Halonessos in Verbindung. 728 Neoptelemos: Demosth. 19.12.316; 5.6-9; weitere Belege bei Ghiron-Bistagne, Acteurs 345; Ktesiphon: Demosth. 18.21; 19.12.97.316; Hypothesis 2.4 ad Demosth. 19; Aischin. 2.13. Vgl. Wankel, Rede für Ktesiphon 219. 729 G.E. Benseier erklärt in seiner griechisch-deutschen Aischines-Ausgabe (Bd. II, Leipzig 1859, S. 124), daß die Athener Aristodemos vor seiner ersten Gesandschaft nach Pella das Bürgerrecht verliehen haben müssen, "weil er sonst weder die attische Bühne hätte betreten (sie!) noch Gesandter werden können"; In diesem Sinne auch Wankel, Rede für Ktesiphon 219f. und Osborne, Naturalizationin/IV, 112PT134.
172
IV. Du Wohltaten derMetöken
sich in Athen als Fremde niedergelassen. Keiner von ihnen scheint zum Zeitpunkt ih rer diplomatischen Mission im Besitz des athenischen Bürgerrechts gewesen zu sein.730 Die Gründe der Athener, im zwischenstaatlichen Verkehr Philosophen einzu schalten, hat H. Sonnabend anhand einiger Fallbeispiele in aller Breite untersucht.731 Persönliche Freundschaftsbeziehungen zu den jeweiligen Verhandlungspartnern bil deten eines der wesentlichen Kriterien für die Wahl eines Gesandten.732 Die Philoso phen standen in guten Beziehungen zu den makedonischen Königen. Darüber hinaus wird man ihre rhetorischen und intellektuellen Fähigkeiten geschätzt haben, und auch Kompetenz, Erfahrung und Bildung können in diesem Zusammenhang als Begrün dung angeführt werden.733 Verfahrt man chronologisch, ist Xenokrates aus Chalkedon, der 339 bis zu seinem Tod 314 Leiter der Akademie war, an die Spitze der Philosophen zu setzten, die für Athen diplomatisch tätig wurden. Aristoteles hingegen scheint trotz einer Nachricht bei Diogenes Laertius niemals von den Athenern mit einer Gesandtschaft betraut worden zu sein. Dieser Nachricht zufolge, die auf den hellenistischen Gelehr ten Hermippos von Smyma (Ende 3. Jh.) zurückgeht, sei die "Gesandtschaftsreise des Aristoteles zum König Philipp zur Wahrung der Interessen Athens" zeitlich mit der Wahl des Xenokrates zum Haupte der Akademie zusammengefallen.734 Dieser diplQmatische Einsatz des Philosophen bei Philipp wird von einigen Gelehrten mit ei nem athenischen Ehrendekret in Verbindung gebracht, dessen Text Ibn Abi Usaibi'a (13. Jh.) in seiner Aristoteles-Vita paraphrasierend und in indirekter Rede wiederge geben hat. E. Drerup unternahm sogar den Versuch, unter Zuhilfenahme erhaltener Ehrendekrete den Orginalwortlaut dieser Inschrift wiederherzustellen und kam zu dem Ergebnis, daß die Athener Aristoteles mit diesem Beschluß zum Proxenos er nannten.735
730 Vgl. C. Habicht, Hellenistic Athens and her Philosophers, in: ders., Gesammelte Aufsätze, 240. Sonnabend, Freundschaften 7ff. 732 S. etwa D. Kienast, Art. Presbeia, RE Suppl. ΧΙΠ, 1973, 532ff.; Mosley, Envoys and Diplomacy 44; A. Chaniotis, ZPE 71,1988,154ff. 733 Vgl. Sonnabend, Freundschaften 10.178f. 734 Diog. Laert. 5.2 (FGrH III. 45): φησί δ' Έρμιππος εν τοις Βίοις δτι πρεσβεύοντος αύτοϋ προς Φιλίππου υπέρ Αθηναίων σχολάρχης έγένετο της εν Άκαδημεία σχολής Ξενοκράτης. 735 Drerup, Proxeniedekret für Aristoteles 377: ... επειδή Αριστοτέλης Νικόμαχου Στσγειρίτης ... και επιμελείται 'Αθηναίων των άφικνουμένων ως Φίλιππον πράττων αγαθόν οτι δύναται Αθηναίοις παρά Φιλίππου, δεδόχθαι τω δήμω κτλ. Auch Α. Wilhelm, Attische Urkunden V, Wien 1942, 17 (= Akade mieschriften I, 633) hat nicht daran gezweifelt, daß dem Philosophen die Proxenie verliehen wurde: "Aristoteles war von den Athenern, vermutlich zur Zeit seines Aufenthaltes in Pella, zum Proxenos und Euergetes gemacht, die Stele aber während des Ελληνικός πόλεμος auf Betreiben des Himeraios, des Bruders des Demetrios von Phaleron, eines eifrigen Gegners der Makedonen, beseitigt worden; als dieser wieder maßgebend geworden waren, erneuerte Stephanos ... die Ehren". Der arabische Text bei F.A. Müller, Königsberg-Kairo 1898, Bd. I, 54-69; eine englische Übersetzung bei Düring, Biographical Tradition, 213-216, 215. Einem Proxeniebeschluß stimmen zu: Gigon, Aristoteles-Viten 162ff.; ders., Vita Aristotelis Marciana 58f.; Choust, Proxenia on Aristotle 187ff.; ders., Aristotle I, 138ff.; Wörle, Schüler 24. Whitehead, Aristotle the Metic 96, vermutet, daß die Ehrung aus einem einfachen Lob (έπαινος) bestanden haben könnte. 731
2. Euergesienfreiwilligen Charakters
173
Legt man die Angabe des Hermippos zugrunde, fand die diplomatische Missi on des Aristoteles in Pella 339 statt, weil die Wahl des Xenokrates zum Leiter der Akademie in diesem Jahr erfolgte.736 Ein von der athenischen Ekklesie ernannter πρεσβευτής kann Aristoteles zu diesem Zeitpunkt allerdings schwerlich gewesen sein, da er sich zwischen 342 und 335 als Erzieher Alexanders in Makedonien aufhielt. A.H. Chroust, A. Wörle und H. Sonnabend haben diesen Widerspruch mit der Annah me zu lösen versucht, "daß der Gelehrte nicht zu den regulären Mitgliedern der Ge sandtschaft zählte, sondern, daß er, als die Gesandtschaft bei Philipp erschien, dieser mit Rat und Tat zur Seite stand".737 Selbst ein solches Hilfskonstrukt kann nicht be friedigen, wenn man die antimakedonische Stimmung bedenkt, die in jenen Jahren in Athen herrschte. Der Philosoph dürfte wegen seinen allzu engen Beziehungen zum argeadischen Königshaus (sein Vater hatte als königlicher Hofarzt fungiert und er selbst war seit Jahren als Erzieher des makedonischen Kronprinzen tätig!) von der breiten athenischen Öffentlichkeit als Makedonenfreund angesehen worden sein. Daher wird keiner der athenischen Gesandten es gewagt haben, Aristoteles in irgend einer Weise in die Verhandlungen mit einzubeziehen, weil er fürchten mußte, nach seiner Rückkehr sich dem Vorwurf des μακεδονισμός auszusetzen. Zudem sprechen mehrere Einwände gegen die Historizität eines Proxeniebeschlusses. Die Proxenie wurde in der Regel zusammen mit der Enktesis vergeben (s.u. S. 216f.). Aristoteles scheint dieses Privileg in Athen allerdings nicht besessen zu haben, da diese wichtige Tatsache in der literarischen Überlieferung sicher vermerkt worden wäre. Da zudem keine Quelle von Aristoteles als dem athenischen Proxenos zu berichten weiß, scheint das athenische Psephisma für den Philosophen in den Bereich der literari schen Fiktion zu gehören. Ebenfalls skeptisch zu betrachten ist die wiederum nur bei Diogenes Laertius (4.8f.) genannte Gesandtschaftsreise des Xenokrates zu Philipp IL73* Dagegen ist des sen mehrfach überlieferte Teilnahme an der Gesandtschaft zu Antipatros im Jahre 322 nie angezweifelt worden. Als damals Phokion, Demades und Demetrios von Phaleron von ihrer Mission aus Theben zurückkehrten, wo Antipatros die Vorberei tungen für den Einmarsch in Attika vorbereitete, und die Friedensbedingungen des 736
Zu den verschiedenen Datierungsansätzen s. Sonnabend, Freundschaften 141. Zitat Sonnabend, Freundschaften 143 mit Bezug auf die Arbeiten von Chroust, Aristotle I, 138 und Wörle, Schüler 24. Sonnabend fugt hinzu: "Dabei mag bei den Athenern das Kalkül eine Rolle gespielt haben, daß der Freund des Königs und der Erzieher des Königssohnes, der zudem bis dato fast 20 Jahre lang in Athen gelebt hatte, nicht den schlechtesten Fürsprecher abgeben würde. Als ziemlich sicher kann gelten, daß für die Athener die Qualifikation des Aristoteles in seinen per sönlichen Beziehungen zum makedonischen Herrscherhaus bestand. Einmal mehr wurde hier also der Versuch unternommen, die Freundschaften eines Philosophen in der zwischenstaatlichen Politik zu verwerten" (143). Auch die in der Vita Marciana erwähnten Verdienste des Aristoteles (§20: πολλά δε και Αθηναίους εύηργέτησεν έν τοις κατά Φίλιτπτον γράμμασιν, ώς Αθηναίους εν τη άκροπόλει ανδριάντα άναθεΐναι) möchte Sonnabend, Freundschaften 156 "ohne Schwierigkeiten auf die Vorgänge des Jahres 339 v. Chr. beziehen". 736 Die verschiedenen Lehrmeinungen über die Historizität der Gesandtschaft zusammengefaßt bei Sonnabend, Freundschaften lOOff. 737
174
IV. Die Wohltaten derMetöken
Siegers bekanntgaben, beschloß der athenische Demos, der zweiten Gesandtschaft, die die Einzelheiten der Bedingungen aushandeln sollte, Xenokrates beizugeben. Ein wichtiges Kriterium für die Entsendung des Gelehrten nach Theben dürfte das Kal kül gewesen sein, er werde aufgrund seiner persönlichen Beziehungen zu Antipatros diesem eher Zugeständnisse endocken können.739 'T)abei spielte vielleicht auch die Hoffnung eine Rolle, er werde, zusammen mit seinem athenischen Freund Phokion, den Mitgesandten Demades an allzu großen Konzessionen an Antipatros hindern können".740 Trotz der recht breiten Quellenlage741 sind wir außerstande, die Rolle des Xenokrates bei den Verhandlungen einigermaßen zu rekonstruieren. Details über das Auftreten des Philosophen liefern der Index Akademicorum und die Phokion-Vita Plutarchs, die aus einer gemeinsamen (uns unbekannten) Quelle schöpfen, sowie drei Fragmente aus Philodems Rhetorik. Alle diese Berichte haben das eine gemeinsam, nämlich daß der Philosoph als Diplomat versagt habe. Im Index tritt Xenokrates als großer Patriot und als Advokat der Demokratie dem Antipatros entgegen und wider spricht ihm, als dieser seine Absichten (i.e. die Verfassung zu ändern und in Munychia eine Garnison zu legen) äußert. Dieses kühne Auftreten des Xenokrates habe dazu geführt, daß der Makedone dem gelehrten Gast seinen Gunst entzog und die Verhandlungen unter Ausschluß des Xenokrates fortsetzte.742 Diese Version ist un glaubwürdig. "Man stelle sich ausgerechnet das Haupt der Akademie als sozusagen letzten Vorkämpfer des athenischen Patriotismus und der demokratischen Verfas sung vor!"743 Plutarch (Phok. 27) zufolge soll Xenokrates von Antipatros erst gar nicht begrüßt worden sein, und als er das Anliegen ihres Besuches zur Sprache brach te, von diesem abrupt unterbrochen und schroff zum Schweigen gebracht worden sein. Diese Version wird von W. Crönert, H. Dörrie und D . Whitehead für authen tisch gehalten. Dörrie ging davon aus, daß der Gelehrte von Antipatros nicht als legi times Mitglied der Gesandtschaft anerkannt wurde. Andererseits sei Xenokrates an die Instruktionen seiner Mitgesandten nicht gebunden gewesen. "Sein herbes Wort über die despotische Leutseligkeit des Antipatros gibt Zeugnis von seinem Freimut, aber auch von seiner Sonderstellung".744 Whitehead griff Dörries These von der "Sonderstellung" des Xenokrates wieder auf und führte dessen Mißachtung durch Antipatros auf den Metökenstatus des Philosophen zurück. Antipatros habe mit ihm nicht verhandeln wollen, weil er kein Bürger Athens war; daher sei Xenokrates die
739
Gehrke, Phokion 88; vgl. auch Wörle, Schüler 39; Sonnabend, Freundschaften 110. Sonnabend, Freundschaften 124. 741 Ind. Acad. col. Vllf. ed. Gaiser; Plut. Phok. 27; Diog. Laert. 4.9; Philod. Rhet. I 350, II 173 Sudhaus (= Crönert, Kolotes 67 und Isnardi Parente, Senocrate Frg. 37-39). Zur Quellenkritik s. Sonnabend, Freundschaften 114ff., dem ich hier weitgehend folge. 742 Ind. Acad. col. VII 22ff. Gaiser. 743 Gehrke, Phokion 89 Anm. 16. 744 H. Dörrie, Art. Xenokrates (4), RE IX A2, 1972, 1513; vgl. auch Crönert, Kolotes 56. Dörrie 1513 glaubt aus Plut. Phok. 27 irrtümlich darauf schließen zu können, daß Xenokrates seinen Aufenthalt in Theben dazu nutzte, "dem Gefolge des Antipatros philosophische Vorlesungen zu halten". Wie hätte er dies tun sollen, wenn Antipatros ihm durch seine schroffe Behandlung eine Kränkung zugefügt hätte? 740
2. Ruergesien freiwilligen Charakters
175
Rolle eines "Statisten" zugefallen.745 Ich kann nicht recht daran glauben, daß der Makedone am Metökenstatus des Xenokrates etwas auszusetzen hatte. "Wenn ihn der juristische Status von Gesandten überhaupt interessiert hat, so war ihm Xenokrates doch als ein schon lange in Athen lebender Gelehrter bekannt".746 Philodem hat in seiner Rhetorik über das Verhalten des Xenokrates ein we sentlich schlechteres Zeugnis ausgestellt. Nach seiner Version, die auf Demetrios von Phaleron zurückgeht, soll der Philosoph von seinen Mitgesandten aufgefordert wor den sein, als erster das Wort zu ergreifen. Der diplomatisch unerfahrene Xenokrates habe jedoch einen philosophischen Vortrag gehalten und so gesprochen, wie er es in der Akademie gewohnt war. Dieser weitschweifige Vortrag sei den Verhandlungen nicht förderlich gewesen, weil er die Geduld des Antipatros mit dem Ergebnis über strapaziert habe, daß dieser dem Gelehrten nicht mehr zuhörte.747 Xenokrates wird von Philodem bzw. Demetrios von Phaleron zudem der Vorwurf gemacht, er habe es bei seinem Auftreten vor Antipatros an rhetorischen Fähigkeiten fehlen lassen.74» Mit der Begründung, daß Philodem seine Informationen Demetrios von Phaleron entlehnte, der die Verhandlungen als Augenzeuge miterlebt hatte, wird bisweilen auch dieser Version eine Historizität zugesprochen.749 Faktum ist aber, daß dem Metöken Xenokrates bald nach den Verhandlungen das athenische Bürgerrecht angebo ten wurde.750 Dieses äußerst großzügige Angebot der Athener wird nur unter der An nahme verständlich, daß der Einsatz des Philosophen in Theben für die Sache Athens von den Bürgern seiner Wahlheimat als ein Erfolg angerechnet wurde. Xeno krates kann sich demnach gar nicht so undiplomatisch verhalten haben, wie es die Version des Philodem bzw. Demetrios von Phaleron erscheinen lassen möchte.751 Die Hintergründe darüber, wie die Gerüchte über das sonderbare Verhalten des Xenokrates in Theben entstanden, lassen sich kaum erklären. Wahrscheinlich wa ren die Gesandten wegen ihres mißlungenen Versuchs, Munychia von einer makedo nischen Besatzung freizuhalten, öffentlicher Kritik ausgesetzt. Dies rief Demetrios, als Peripatetiker dem Xenokrates ohnehin nicht wohlgesonnen, auf den Plan, den Metöken für das Versagen der Verhandlungen verantwortlich zu machen. Vermutlich brachte Demetrios die Gerüchte von der vermeintlichen diplomatischen und rhetori schen Inkompetenz des Xenokrates erst nach dessen Tod in Umlauf. Die Anhänger des Xenokrates reagierten auf diese Vorwürfe, indem sie ihn einerseits zum aufrech ten Demokraten hochstilisierten und andererseits den angeblichen Mißerfolg der Ge sandtschaft auf die sicherlich erfundene unfreundliche Behandlung des Philosophen durch Antipatros zurückführten.752 Wahrscheinlich lagen ihnen keine genauen Nach745
Whitehead, Xenocrates 240f. Sonnabend, Freundschaften 125 Anm. 337. 747 Philod. Rhet. II 173 Sudhaus (= Isnardi Parente, Senocrate Frg. 38). 748 Papyr. Herc. 453 Frg. 4 (= Isnardi Parente, Senocrate Frg. 39). 749 So etwa von Gehrke, Phokion 89 und Scholz, Philosoph und Politik 197f. Whitehead, Xenocrates 238ff. hat die Schilderung der Ereignisse in Philodems Rhetorik völlig ignoriert! ™ Ind. Acad col. VIII1-11 Gaiser; Plut. Phok 29.4. 751 In diesem Sinne Sonnabend, Freundschaften 114.125. 752 Vgl. die Vermutungen von Sonnabend, Freundschaften 114ff. über das Zustandekommen der 746
176
IV. Die Wohtaten derMetöken
richten über den Verlauf der Verhandlungen vor. Keiner der oben paraphrasierten Versionen gibt sicheren Aufschluß darüber, was sich in Theben tatsächlich abspielte und wie sich Xenokrates bei den Verhandlungen verhielt. Nach Xenokrates können wir in Krates einen weiteren Philosophen fassen, dem die Athener in einer politischen Notlage eine Gesandtschaft übertrugen. Im Frühjahr 287 gelang es den Athenern, die in der Stadt stationierte makedonische Garnison zu überwältigen. Demetrios Poliorketes nahm diesen Abfall nicht hin, son dern fiel noch im gleichen Jahr mit einer großen Streitmacht von der Peloponnes her in Attika ein und begann eine scharfe Belagerung der Stadt. Nachdem Versuche, mit Unterstützung ptolemäischer Söldner die Belagerer zu vertreiben, gescheitert waren, wurde der Philosoph Krates zu Demetrios entsandt.753 Seine heikle Aufgabe bestand darin, Demetrios zur Aufhebung der Belagerung zu bewegen, was ihm auch gelang. Plutarch, der als einziger von dieser erfolgreichen Gesandtschaft berichtet, teilt über Krates weiter nichts mit, als daß dieser Philosophie betrieb und ein άνηρ ένδοξος και συνετός war.754 Da das Ethnikon oder die Schule des Krates unerwähnt blieben und mehrere Philosophen diesen Namen fuhren, hat man ihn bald mit dem Kyniker aus Theben, bald mit dem Athener, der 279/8-276/5 die Akademie leitete, gleichge setzt.755 Nach den — freilich mit Anektoden durchsetzten — Vitae des Diogenes Laertius (6.85-93; 4.21-23) können sowohl der Thebaner als auch der Athener für sich in Anspruch nehmen, άνήρ ένδοξος και συνετός zu sein. Beide Philosophen waren viel seitig literarisch tätig. Der Thebaner gehörte zu den namhaften Schülern des Kynikers Diogenes. Daß er sich auch in Athen aufhielt, kann als gesichert gelten: Zenon hörte ihn dort, bevor er um 300 selbst anfing, in der Stoa Poikile Vorlesungen zu hal ten; zudem wurde Krates von Menander und Philemon wegen seines alten Mantels verspottet, wie noch erhaltene Komödienfragmente deutlich machen.756 Allerdings warnt manches davor, in ihm den Gesandten des Jahres 287 zu erkennen. Zuerst ist
verschiedenen Legenden über Xenokrates* Verhalten i j . 322. 753 Zu den Ereignissen s. Shear, Kallias of Sphettos 75ff.; Habicht, Untersuchungen 45ff. 754 Plut. Demetr. 46: Αθηναίοι δ' άπέστησσν αύτοϋ, και τόν τε Δίφιλον, δς ην ιερεύς των Σωτήρων άναγεγραμμένος, εκ των επωνύμων άνεΐλον, άρχοντας αίρεϊσθαι πάλιν ώσπερ ήν πάτριον ψηφισάμενοι, τόν τε Πύρρον εκ Μακεδονίας μετεπέμποντο, μάλλον ή προσεδόκησαν ισχύοντα τόν Δημήτριον όρώντες. ό δε οργή μεν έπηλθεν αύτοΐς και πολιορκίαν περί το άστυ συνεστήσατο καρτεράν, Κρατερός δε του φιλοσόφου πεμφθέντος υπό του δήμου προς αυτόν, ανδρός ενδόξου και συνετού, τά μεν οίς υπέρ των Αθηναίων έδεΐτο πεισθείς, τά δ' εξ ών έδίδασκε περί των έκείνω συμφερόντων νοήσας, έλυσε τήν πολιορκίαν, και συναγαγών οσαι νηες ήσαν αύτω, και στρατιώτας μύριους και χίλιους σύν ΐππεύσιν έμβιβάσας, επί τήν Άσίαν επλει, Λυσιμάχου Καρίαν και Λυδίαν άποστήσων. 755 Für Krates von Theben plädieren: Clerc, Meteques 182; Whitehead, Xenocrates 241; K. Ziegler, Plutarch. Große Griechen und Römer 5, Zürich-München 1960, 412. Krates von Athen hat mehr Befürworter gefunden: Furgeson, Hellenistic Athens 149; D. Kienast, Art. Presbeia, RE Suppl. XIII, 1973, 614; Shear, Kallias of Sphettos 77 Anm. 212; Habicht, Gesammelte Aufsätze 240; Sonnabend, Freundschaften 313ff. Fälschlicherweise ist von Wehrli, Antigone et Demetrios 184f. auch der Stoiker Krates von Mallos ins Gespräch gebracht worden. Dies ist zeitlich nicht möglich: er lebte im 2. Jahrhundert und war Lehrer des Panaitios. 756 Diog. Laert. 6.87.93.
2. Buergesien freiwilligen Charakters
177
zu fragen, ob der Thebaner aufgrund seiner Lehren und Lebensweise als Diplomat überhaupt geeignet war. Man kann sich schwer vorstellen, daß die Athener in einer höchst mißlichen Lage ausgerechnet einen Kyniker zum Verhandlungspartner des Demetrios Poliorketes ernannten. Dieser war als ausgesprochener Lebemann be kannt, jener predigte ein enthaltsames Leben und lief in zerlumpten Kleidern herum. Zudem dürfte der Thebaner zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben gewesen sein, da die 113. Olympiade (328/7-325/4) als seine ακμή angegeben wird.757 Auch Anekdo ten, die von seinen Begegnungen mit Philipp IL, Alexander d. Gr., Theophrast und Demetrios von Phaleron erzählen, bestätigen, daß seine philosophischen Aktivitäten eher in das 4. Jahrhundert gehören. Hinzu kommt, daß Menander (gestorben 294/3) die Vergangenheitsform benutzt, als er auf Krates zu sprechen kommt.758 Nicht nur aus den eben genannten Gründen ist Krates der Akademiker als Gesandter von 287 zu identifizieren. Dies wird auch durch seine Lebensdaten und durch eine seiner Schriften bekräftigt. Unter dem literarischen cevre des Atheners, der nacheinander Schüler des Xenokrates und Polemons war und nach dessen Tod (279/8) die Leitung der Akademie übernahm, befand sich auch ein Werk über Gesandtscbapsreden™ Offenbar wurde er zur Abfassung eines solchen Werkes durch sei ne eigene, erfolgreich verlaufene VerhancUungsfuhrung mit Demetrios inspiriert. Für die Motive der Athener, die Gesandtschaft Krates zu übertragen, scheint Plutarch in seiner Quellenvorlage keine Erklärung gefunden zu haben. Daher begnügte er sich mit der allgemeinen Feststellung, daß Krates berühmt und einflußreich war. Aller dings dürften bei der Auswahl andere Kriterien ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Möglicheweise setzten die Bürger auf eine zwischen Krates und dem König beste hende Freundschaft. Die Gelegenheit, mit Demetrios Kontakte zu knüpfen, war ge geben, da sich der einstige Befreier Athens seit 307 öfters in der Stadt aufhielt. Plutarchs Schilderung erweckt den Eindruck, daß der erfolgreiche Ausgang der Verhandlungen allein Krates zu verdanken war. Allerdings dürfte den äußeren Umständen (Herannahen des Pyrrhos und einer ägyptischen Flotte) und Demetrios' Ungeduld (er hatte bereits einen größeren Plan, nämlich die Rückeroberung der ehe mals von seinem Vater beherrschten kleinasiatischen Gebiete von Lysimachos, ge faßt) bei dessen Entscheidung, die Belagerung abzubrechen, ein stärkeres Gewicht zugefallen sein.760 Jedenfalls schloß Demetrios sowohl mit Ptolemaios als auch mit Pyrrhos Frieden und setzte unmittelbar darauf mit seiner gesamten Streitmacht nach Kleinasien über, um sich mit Lydien und Karien ein neues Reich zu erobern.761 757
Diog. Laert. 6.87. Diog. Laert. 4.93: μέμνηται δε αύτοϋ και Μένανδρος εν Διδύμαις οϋτως (Kock 117, 118)· συμπεριπατήσεις γαρ τρίβων' εχουσ' έμοί, ώσπε Κράτητι τω κυνικω ποθ' ή γυνή, και θυγατέρ' έξέδωκ' εκείνος, ώς έ'φη αύτος, επί πείρα δούς τριάκονθ' ημέρας 759 Diog. Laert. 4.23: άπέλιπε βιβλία τα μεν φιλοσοφούμενα, τα δε περί κωμωδίας τα δε λόγους δημεγοριλούς και πρεσβευτικούς. 760 Man kann mit Shear, Kallias of Sphettos 75, vermuten, daß Pyrrhos und die von Ptolemaios zur Hilfe entsandte Flotte bereits vor Athen eingetroffen waren, als die Verhandlungen zwischen Demetrios und Krates noch liefen. 761 Nähere Einzelheiten bei Habicht, Untersuchungen 62ff. 758
178
IV. Die Wohltaten derMetöken
Nach dem Tod des Krates wurde mit Arkesilaos aus Pitane wieder ein Metöke zum Vorsteher der Akademie gewählt (Scholarchat: 276/75-241/40). Die Überliefe rung betont, daß er die meiste Zeit in der Akademie verbrachte und sich — wie alle seine Vorgänger auch — aus den politischen Geschäften ganz heraushielt. Der als ge sellig und freigebig bekannte Philosoph hatte einen großen Kreis von Freunden und näheren Bekannten und verfugte zudem über Kontakte zu Monarchen, auch wenn er die Mauern der Akademie selten verlassen haben dürfte.762 Trotz seiner Abstinenz von der Politik kam der Gelehrte einmal dem Wunsch der Bürgerschaft nach und rei ste nach Demetrias, um dort mit Antigonos Gonatas zu verhandeln. Allerdings stößt man bei dieser diplomatischen Mission des Arkesilaos auf eine Schwierigkeit Bei Diogenes Laertius, der als einziger von der Gesandtschaft berichtet, wird die beauf tragende Polis πατρίς genannt.763 Meint er mit πατρίς Pitane, die natürliche Heimat stadt des Arkesilaos, oder dessen zur zweiten Heimat gewordene Wohnsitz Athen? Man kann zwar nicht von vornherein ausschließen, daß Arkesilaos als Gesandter von Pitane tätig wurde, obwohl er seiner Heimatstadt bereits in jungen Jahren für immer den Rücken gekehrt hatte.764 Der Kontext, in den Diogenes Laertius (4.39f.) die Ge sandtschaft eingebettet hat, macht aber wahrscheinlich, daß eher Athen der Auftrag geber war: Wenn sich Antigonos Gonatas in Athen aufhielt, verstand es Arkesilaos, einen Besuch bei ihn zu vermeiden, um nicht als Schmeichler verdächtigt zu werden; nicht einmal Hierokles, Kommandant der in Piräus stationierten makedonischen Garnison und mit Arkesilaos eng befreundet, konnte ihn dazu überreden, dem König seine Aufwartung zu machen; selbst als viele Athener den König nach einem Seesieg gratulierten und ihm Glückwünsche zusandten, verharrte Arkesilaos in Schweigen. Doch hat er ihn einmal in seiner Funktion als Gesandter υπέρ της πατρίδος aufge sucht, sich aber ansonsten aus der Politik herausgehalten und zumeist in der Akade mie verweilt. Angemerkt sei, daß in manchen athenischen Dekreten dieser Zeit für verdien te Fremde die Formel aufkommt, der Geehrte habe sich für Athen in der Weise ein gesetzt, wie man dies gewöhnlich für die eigene πατρίς zu tun pflegt.765 Könnte es sein, daß Diogenes Laertius das Wort πατρίς aus einem athenischen Ehrenbeschluß für Arkesilaos übernommen hat? Auch wenn man dem nicht zustimmen möchte, könnte es sein, daß der im 3. Jahrhundert n.Chr. lebende Autor den Begriff πατρίς 762 Zum Bekanntenkreis des Arkesilaos s. Mette, Zwei Akademiker 81 ff. (dort S. 44ff. auch alle Testimonien zusammengestellt) und Sonnabend, Freundschaften 316, der ebenda 2ur politischen Abstinenz des Gelehrten bemerkt, daß diese "nichts mit einer grundsätzlich unpolitischen Einstellung oder seinem Status als Metöken zu tun gehabt zu haben (scheint), sondern vielmehr damit, daß der Gelehrte aus Pitane mit seinen Freundschaften in Athen keinen politischen Argwohn erregen wollte". 763 Diog. Laert. 4.39: αλλ' ούν όμως υπέρ της πατρίδος έπρέοβευσαν εις Δημητριάδα προς Άντίγονον και ούκ επέτυχε. 764 Diog. Laert. 4.38 gibt an, daß Arkesilaos in Pitane noch über Grundbesitz verfugte, dessen Erträge ihm jährlich nach Athen entsandt wurden. Sonnabend, Freundschaften 318 nimmt πατρίς wörtlich und läßt den Philosophen als Gesandten von Pitane agieren. 765 So etwa in den Ehrenbeschlüssen Moretti, ISE 28 für den Philosophen Prytanis aus Karystos und IG II 786 für Aristokreon.
2. EuergesiettfreiwilligenCharakters
179
nicht nur in dessen ursprünglicher Bedeutung als Geburtsstadt, sondern erweitert als Wohnort auffaßte. Da Arkesilaos bei den Athenern ein hochgeachteter Mann war (Diog. Laert 4.44: αποδεχθείς προς Αθηναίων ώς ουδείς), ist es gar nicht so abwegig, daß sie ihn wegen seiner Kontakte zu den Makedonen um eine Gefälligkeit baten und als Gesandten nach Demetrias schickten. Den epigraphischen Nachweis für die Gesandtentätigkeit eines Philosophen liefert ein 1933 während der Agora-Ausgrabungen freigelegter Ehrenbeschluß vom September des Jahres 226/5. Er gilt dem Peripatetiker Prytanis aus Karystos, der da für gelobt wird, auf Wunsch des Demos eine Gesandtschaft übernommen zu haben, ohne dabei Ausflüchte zu nehmen und weder Mühe, noch Gefahr und Kosten zu scheuen. Der Philosoph habe dabei die Interesse seiner Wahlheimat mit einer Frei mut (μετ[ά] παρ<ρ>ησίας) so vertreten, als hätte sein Einsatz der eigenen Heimatstadt gegolten.766 An wen die Gesandtschaft ging, ist in der sonst gut erhaltenen Inschrift nicht zu lesen, da die entsprechenden Angaben in Zeile 16 und 19 durch tief ein schneidende Rasur getilgt sind. Schon in der Erstpublikation hat Meritt die Tilgung mit der im Jahre 201 über die Antigoniden verhängten damnatio memoriae begrün det. Daher kann es sich bei dem Adressaten der Mission des Prytanis nur um Antigonos Doson gehandelt haben, zu dem das Verhältnis der Stadt nach der Erlangung ih rer Freiheit im Jahre 229 gespannt war.767 In welcher Angelegenheit der Philosoph mit dem makedonischen König Unterhandlungen führte, bleibt ungewiß, da die In schrift über den offiziellen Auftrag des Prytanis keinerlei Auskunft gibt. Es ist mit Habicht zu vermuten, daß die athenische Regierung sich um die Anerkennung des Status quo durch Antigonos bemühte und das Einvernehmen mit dem König suchte, um einer Isolierung Athens entgegenzuwirken: Man faßte die sowohl beim Achäischen als auch beim Böotischen Bund sichtbare Bereitschaft, mit Makedonien eine Allianz einzugehen, als eine Bedrohung auf, da nach einer solchen Konstellation auch eine makedonische Intervention auf dem Isthmos und auf der Peloponnes zu be fürchten war.768 Ob Prytanis die an ihm gestellten Erwartungen erfüllte, muß mit ei nem Fragezeichen versehen werden, da im Dekret von einem Erfolg der Gesandt schaft nichts vermerkt ist. Dagegen läßt sich eine Antwort darauf finden, weshalb die
766
B.D. Meritt, Hesperia 4, 1935, 526 (= Moretti, ISE 28 und Agora XVI, 224), Z. 10-27: έ|πειδή Πρύτανις εϋνους ων τώι δήμωι και πολ|λάκις τήν άπόδειξιν αύτοϋ και πρότερον πεπο|ημένην άποφηναμένων των στρατηγών, παρα|κληθείς υπό του δήμου και δούς εαυτόν άπροφ[α]||σίστως εις τήν κοινήν χρείαν της πόλεως άπ[ε]|δήμησεν 1111111111111111111111 οϋτε πό|νον ούτε κίνδυνον υπολογιζόμενος ούθένα | των έσωμένων ούτε δαπάνης ουδεμίας φροντί|σας, και παραγενόμενος ||||||||| κα[ι] διαλ[ε]||χθείς υπέρ των κοινεϊ χρησίμων μετ[ά] παρ<ρ>η|σίας ώς αν υπέρ ίδία<ς> π[α]τ[ρ]ίδος τήν πάσαν σπου|δήν ποι<ο>ύμενος άπήγγελκεν τώι δήμωι περ[ί] τού|των έν ουθενι καιρώι προθυμίας ουθέν έν[λ]ελοι|π<ώς π>οτ' ουδέ τών καθηκόντων εις τήν του δήμου || χρείαν παραλείπον, όπως αν ούν ό δήμος έμ παν|τΐ καιρώι μεμνημένος φαίνηται τών εκτενώς | τάς χρείας αύτώι παρεσχημένων. 767 Meritt, Hesperia 4, 1935, 529: "The words erased in line 16 may have been προς τον βασιλέα Αντίγονον, and in line 19 τώι βασιλεϊ ΆνπγόνωΓ. Sein Ergänzungsvorschlag ist nie in Zweifel gezogen worden: Moretti, ISE 28, S. 62f.; Habicht, Studien 102ff.; ders., Athen 180f.; Kassel, Prytanis 23f.; Erksine, Hellenistic Stoa 95f.; Le Bohec, Antigone Doson 184ff.; Sonnabend, Freundschaften 280ff. 768 Habicht, Studien 102ff.; ders., Athen 180f.; vgl. Sonnabend, Freundschaften 281.
180
IV. Die Wohltaten derMetöken
Athener mit dieser als heikel769 empfundenen Aufgabe an den Philosophen herantra ten: Der von Polybios unter den επιφανών ανδρών εκ του Περιπάτου eingereihte Pry tanis war mit Antigonos Doson befreundet und genoß dessen Vertrauen, was man daran sehen kann, daß er den Philosophen im Jahre 223 zum Nomotheten der durch Kleomenes verwüsteten Stadt Megalopolis bestellte.770 Die letzte hier anzusprechende diplomatische Tätigkeit von Metöken kann für sich in Anspruch nehmen, zugleich die spektakulärste gewesen zu sein. Die soge nannte 'Thilosophengesandtschaft" nach Rom (156/5) hat wie keine andere Ge sandtschaft die Aufmerksamkeit der Zeitgenossen und der Nachwelt auf sich gezo gen.771 Berühmt geworden ist diese Gesandtschaft bekanntlich deshalb, weil dessen Mitglieder (es waren der Akademiker Kameades aus Kyrene, der Pcripatetiker Kritolaos aus Phaseiis und der Stoiker Diogenes aus Seleukeia am Tigris) "die Zeit ihres Aufenthalts in Rom, ehe sie vor den Senat geladen wurden, auch dazu nutzten, vor einer großen und staunenden Publikum öffentliche Demonstrationen ihrer rhetori schen und dialektischen Fähigkeiten zu geben, die von großer augenblicklicher Wir kung und noch größerer Nachwirkung waren und dem alten Zensor Cato geradezu jugendgefährdend erschienen. Ihm war es ganz unfaßlich, daß Kameades an einem Tag für die Gerechtigkeit als Prinzip der internationalen Politik sprach, am folgenden Tag jedoch, mit offenbar ebenso aufrichtiger Überzeugung und gleicher Eindring lichkeit, dagegen".772 Man staunt darüber, daß es den Athenern gelang, die Häupter der drei großen, miteinander konkurrierenden Philosophenschulen zu einer gemeinsamen Gesandt schaftsreise zu überreden.773 Nach welchen Kriterien sie für diese diplomatische Auf gabe ausgesucht wurden, liegt auf der Hand: Hier setzten die Athener in erster Linie auf den immensen dialektischen Scharfsinn und die große rednerische Begabung der drei Gelehrten. Kaum ins Gewicht gefallen werden hingegen persönliche Kontakte zu den Verhandlungspartnern, die wahrscheinlich überhaupt nicht vorhanden waren, da die Zahl römischer Aristokraten, die Athen für philosophische Studien aufsuch ten, damals recht gering gewesen sein dürfte.
769 Habicht, Studien 103 Anm. 112:
2. EuergesienfreiwilligenCharakters
181
Die Bereitschaft der Philosophen, untereinander bestehende Konkurrenzen dem Wohl ihrer Wahlheimat unterzuordnen und deren Interessen vor dem römi schen Senat zu vertreten, zeugt von ihrer VerbundenÄit mit Athen. Daß sie bei den Athenern beliebt waren und in großem Maße deren Vertrauen genossen, sieht man daran, daß ihnen keine Athener als Mitgesandte beigegeben wurden und die ihnen aufgetragene Aufgabe durchaus sehr ernst war: Es ging immerhin um die gewaltige Summe von 500 Talenten, zu deren Zahlung die Athener wegen ihres militärischen Versuchs, die damals unabhängige Nachbarpolis Oropos in ihr Staatsgebiet einzuver leiben, verurteilt worden waren.774 Die Philosophen haben die auf sie gesetzten Er wartungen durchaus zur Zufriedenheit Athens erfüllt: Ihr Plädoyer vor den Senat er wirkte, daß der an Oropos zu zahlende Schadensersatz auf 100 Talente herabgesetzt wurde.775 Wahrscheinlich wurde allen drei Gelehrten als Belohnung für ihren erfolgrei chen Einsatz in Rom das athenische Bürgerrecht angeboten. Seit der Auffindung ei ner Statuenbasis im Jahre 1880 weiß man aus dessen Weihinschrift, daß Karneades eingebürgert und in den Demos Azenia eingeschrieben war.776 Allerdings ist die Bür gerrechtsverleihung an Karneades bislang nicht mit dessen Gesandtentätigkeit i j . 156/5 in Verbindung gebracht worden, weil man bis vor wenigen Jahren noch an nahm, daß er damals bereits eingebürgert war und somit seine Reise nach Rom als naturalisierter Athener antrat. Verursacht hat diesen Irrtum die Gleichsetzung der Statuenstifter mit Attalos IL und Ariarathes V. Diese beiden miteinander verschwä gerten Könige hielten sich in ihrer Jugendzeit vorübergehend in Athen auf und ge hörten dort zum Schülerkreis des Karneades. Eine Nachricht bei Diogenes Laertius (4.65), von Kameades seien an den Kappadokierkönig Ariarathes adressierte Briefe im Umlauf gewesen, sowie die Tatsache, daß die Statuenbasis nahe der Attalos-Stoa gefunden wurde, dienten als weitere Argumente für die Identifizierung. Zum Zeit punkt der Weihung seien die Stifter noch Prinzen gewesen, da sie in der Weihinschrift den Königstitel nicht führten, sondern - als naturalisierte Athener - sich als Angehörige des attischen Demos Sypalettos aufzeichnen ließen. An dem Umstand, daß sich künftige Könige auf einem Statuensockel als Bürger von Athen auffuhren ließen, empfand man nichts Sonderbares, sondern sah darin ein Zeichen einer großen Anhänglichkeit der beiden Prinzen zur Stadt. Da Ariarathes seine Herrschaft über Kappadokien i j . 163/2 (Attalos hingegen erst 159), antrat, diente dieses Jahr als terminus ante quem sowohl für die Aufstellung der Weihung als auch für die Bürger rechtsverleihung an Kameades. Bedenken gegen diese einhellige Meinung kamen von H.B. Mattingly, der darauf hinwies, daß der pergamenische Prinz in einem Demos eingeschrieben sein mußte, der zur Phyle Attalis gehörte. Diese Phyle war im Jahre 774
Einen guten Überblick über die Hintergründe der Gesandtschaft liefert Habicht, Athen 265ff. Paus. 7.11.5. Mit dieser Entscheidung des Senats war die Angelegenheit allerdings noch nicht aus der Welt geschafft: Habicht, Athen 267ff. ™ IG II 2 3781: Καρνεάδην Άζηνέα | Άτταλος και Άριαράθης Συπαλήτπ[οι] | άνέθηκαν. Aus dem Umstand heraus, daß auch Piaton und Speusipp zum Demos Azenia gehörten, könnte man vermuten, daß sich Kameades seine Eintragung in denselben Demos erbeten hat. 775
182
IV. Die Wohltaten der Metoken
200 zur Ehren seines Großvaters, Attalos L, neu eingereichtet worden. Der Demos Sypalettos gehörte aber nicht der Phyle Attalis, sondern Kekropis an. Außerdem vermutete er, daß die kappedokische Herrscherdynastie wahrscheinlich erst in sullanischer Zeit das athenische Bürgerrecht erhalten hatte. Daher sah er in den Stiftern der Karneades-Statue zwei aus anderen Inschriften des 2. Jahrhunderts bekannte atheni sche Brüder an, die Söhne eines gewissen Polemaios aus dem Demos Sypalettos wa ren und dieselben Namen wie die beiden Prinzen trugen.777 Mattinglys Vermutung, die nur wenig Anhänger fand, hat sich durch einen neuen Inschriftenfund als richtig erwiesen. Aus einer 1990 von St. Tracy und C. Habicht edierten Urkunde, die für die Jahre 170/69-162/1 die Sieger der Panathenäischen Spiele verzeichnet, geht eindeutig hervor, daß sowohl Prinz Attalos IL (col. I 48) als auch sein Vater, König Eumenes II. (col. I 38 und III 24), zur Phyle Attalis gehörten.778 "The donors of the statue of Karneades were bom Athenian Citizens, as Mattingly rightly recognized, and were not enfranchised princes".779 Die Gesandtentätigkeit des Kameades dürfte einen geeigneten Anlaß für die Bürgerrechtsverleihung gegeben haben.780 Dafür spricht auch, daß man in der an für sich recht umfangreichen Überlieferung zu Karneades von keinerlei weiteren spezifi schen Verdiensten um Athen hört. Die vom Bruderpaar Attalos und Ariararthes ge stiftete Statue des Karneades dürfte irgendwann in der Zeit zwischen 156/5 und 129/8, dem Todesjahr des Philosophen, aufgestellt worden sein.781 Die Verdienste der Philosophen um Athen bleiben keineswegs auf Gesand tentätigkeiten beschränkt. Vor allem ihre guten Beziehungen zu Königen sind der Stadt immer wieder zugute gekommen. Man denke etwa an Theophrast, der im Jahre 292, ohne von der Bürgerschaft einen offiziellen Auftrag erhalten zu haben, Demetrios Poliorketes überredete, mehreren Athenern, die im Jahre 307 wegen ihrer An hängerschaft zu Kassander mit der Verbannung aus Athen bestraft worden waren, die Rückkehr in ihre Heimat zu bewilligen.782 Lykon aus Alexandreia in der Troas, der nach Theophrast und Straton 44 Jahre lang den Peripatos leitete (ca. 270-226) und dem wir bereits als Epidosiszahler begegnet sind (o. S. 114), πολλάκις τε πολλά
777
Mattingly, Attic Prosopography 28ff. mit der Diskussion früherer Ansichten. Tracy/Habicht, Panathenaic Victor Lists 187ff. (= Habicht, Gesammelte Aufsätze 73ff. mit dem Kommentar auf S. 114). 779 Habicht, Athens and the Attalids (in: Gesammelte Aufsätze 196; dort 194ff. eine ausfuhrliche Zusammenfassung der verschiedenen Ansichten). 780 Daß es sich bei dem Karneades der Inschrift IG II 3781 dennoch um den Philosophen handelt, ergibt sich daraus, daß die Basis eine Sitzstatue trug. Sitzend pflegten im Hellenismus gewöhnlich nur Philosophen und Gelehrte dargestellt zu werden; vgl. Zanker, Maske des Sokrates 174ff. 781 BJ. Meritt hat die Weihinschrift der Statuenbasis aufgrund der Buchstabenformen in die zeitliche Nähe zu zwei weiteren Statuenbasen gerückt, von denen er die eine ca. 150, die andere in die Regierungsphase des Attalos II. (159-138) datiert: Hesperia 30,1961, 269 Nr. 97 und Hesperia 23,1954, 252 Nr. 33. Vgl. auch Mattingly, Attic Prosopography 31. 782 Dies geht aus der Deinarch-Vita hervor, die in den Moralia (859D) Plutarchs überliefert ist. Unter den Rückkehrern befand sich auch der aus Korinth gebürtige Redner Deinarch, der vor seiner Verbannung mehrere Jahrzehnte in Athen als Metöke gelebt hatte. Vgl. Habicht, Gesammelte Aufsätze 240 und ders., Athen 114. 778
2. Euergesien freimlägen Charakters
183
συμβουλεύσας Άθηναίοις, τά μέγιστα αυτούς ώφέλησεν.783 Welche konkrete Form diese politische Beratertätigkeit des Lykon nahm, entzieht sich unserer Kenntnis. Man kann aber aufgrund seiner engen Kontakte zu den Attaliden vermuten, daß er bei den Königen ein gutes Wort für Athen einlegte und somit erreichte, daß diese die Stadt mit finanziellen Mitteln unterstützen.784 Eine ähnliche Vermittlerrolle dürfte auch sein Zeitgenosse Arkesilaos aus Pitane gespielt haben, der von Habicht als "ptincipal agent... of Eumenes I" bezeichnet wird.785
783
Diog. Lart. 5.66. Zu den Kontakten s. Habicht, Athen und die Seleukiden (in: Gesammelte Aufsätze 166) und diers., Athen and the Attalids (in: Gesammelte Aufsätze 184) sowie Sonnabend, Freundschaften 273 mit der Vermutung, daß die "politische Beratertätigkeit Lykons sich auch auf Vermittlerdienste zwischen seinen pergamenischen Freunden (gemeint sind Eumenes I. und Attalos I.) und den Politikern seiner Wahlheimat Athen erstreckte". 785 Gesammelte Aufsätze 184. 784
184
e. Freiwillige Hilfsleistungen militärischer N a t u r Die Zwangsrekrutierung von Metöken zum Kriegsdienst stand der Möglichkeit einer freiwilligen Waffenhilfe im Wege. Dennoch boten sich für die Metöken bisweilen Situationen, in denen sie sich durch militärischen Einsatz auf freiwilliger Basis Verdienste um die Polis erwerben konnten. Ein solcher freiwilliger Einsatz lag wahrscheinlich bei Polykles, Peraieus und pMandrjobolos vor, die nach Ausweis ihres Ehrendekretes IG I 106 in der letzten Phase des Peloponnesischen Krieges (409/8 ?) von ihrem Wohnort Athen in den Hellespont entsandt wurden, um den dort operierenden Strategen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.786 Den Ausschlag für diese Mission gaben wohl ihre Ortskenntnisse vom Hellespont. Möglicherweise waren sie vor ihrer Wohnsitznahme in Athen in ihren Heimatstädten am Hellespont einflußreiche Persönlichkeiten, und die Athener erhofften sich von ihrer Unterstützung, ihren Einfluß in den hellespontischen Städten zu stärken. O b die drei vor ihrer Mission in Athen als politische Flüchtlinge lebten, läßt sich nicht eindeutig beantworten.787 Zumindest zahlten sie dort die Metökensteuer, von der sie nach ihrer Mission befreit wurden. Andere dort verweilende Verbannte waren oft bereit, an den gegen ihre Heimatstädte gerickteten militärischen Operationen der Athener teilzunehmen. Genannt seien etwa die beiden Gruppen aus Thespiai und Orchomenos, die unter der Führung des Potamodoros von Orchomenos bei dem gegen Böotien gerichteten Unternehmen der Athener im Jahre 424 tatkräftige Hilfe leisteten.788 Bei ihren militärischen Hilfeleistungen wurden Verbannte von anderen Motiven geleitet als Langzeitimmigranten. Durch das militärische Eingreifen der Athener und deren Unterstützung erhofften sie sich eine politische Veränderung in ihren Heimatstädten zu ihren Gunsten. Nur eine politische Veränderung konnte eine sichere Rückkehr in die Heimat gewährleisten, was das eigentliche Ziel der Verbannten war.789 Für Langzeitmigranten hingegen war neben der Aussischt auf eine Statusverbesserung die Sicherung oder Wiederherstellung der demokratischen Verhältnisse in Athen selbst ausschlaggebend. Diese Motive sind bei den sogenannten Phyle- und Pi786
IG I 3 106 + Add. S. 947, Z. 16-19: ες [δ]έ Έ[λ]λέσπον[τον] ός τός στρατεγό[ς άπο]στελάντον Πολ|[υκλε]α και Περαια και [Μανδρ]όβολον hoi ένθάδ[ε] στρατεγοί hog ά|[ν δύνο]νται τάχιστα κα[ί άσφ]αλέστατα επί τριέρος συνπράξοντ|[ας και] ξυμβουλεύσοντ[ας] ho π αν δύνονται αγαθόν Άθεναίοις. Weitere Editionen: Walbank, Proxenies, Nr. 85; Reiter, Proxenoi und Euergetai Nr. 21. Die Honoranden wurden für ihren Einsatz von der Metökensteuer befreit und im Prytaneion bewirtet. O b sie darüber hinaus mit der Enktesis und der Verleihung der Proxenie belohnt wurden, bleibt offen. Vgl. Reiter, Proxenoi und Euergetai 147 und Veligianni-Terzi, Wertbegriffe, 34f. A32. 787 Für Flüchtlinge gehalten von A. Wilhelm, JÖAI 21/22, 1922/24, 153f. und A. Andrewes, The Generals in the Hellespont 410-407 B.C., JHS 73, 1953, 8. Weitere bibliographische Hinweise bei Veligianni-Terzi, Wertbegriffe 34f. 788 ThuL 4.76; IG I 3 72; IG I3 73 und IG I 3 97 mit dem Kommentar von Pecirka, Enktesis 1-8. 789 S. z.B. Seibert, Politische Flüchtlinge 399f.
2. EuergesienfreiwilligenCharakters
185
räuskämpfem besonders greifbar, die mit ihrer militärischen Hilfe entscheidend zur Restauration der Demokratie im Jahre 403/2 beitrugen. Bald nach der Kapitulation Athens (16. Munichion/April 404) wurde dort auf Betreiben des spartanischen Feldherm Lysander die demokratische Verfassung durch die Oligarchie der 'T>reißig" ersetzt (ca. Juli/August 404/3). 790 Die Terrorherrschaft der Dreißig, der ca. 1500 Bürger und 1000 Fremde zum Opfer gefallen sein sollen, zwang viele Anhänger der Demokratie, Attika zu verlassen und im Ausland Zuflucht zu suchen.791 Mit der Besetzung der attischen Grenzfestung Phyle durch etwa 70 ver bannte Demokraten unter der Führung Thrasybuls von Steiria begann im Winter 404/3 ein Bürgerkrieg, der erst Herbst 403/2 mit der Wiederherstellung der Demo kratie seinen Abschluß fand.792 Nachdem diese demokratischen Rebellen einen ersten Angriff der Dreißig und ihrer Truppen erfolgreich abgewehrt hatten, wuchs ihre Zahl in Phyle bereits auf 700 Mann an,793 von denen lediglich etwa 100 bis max. 200 atti sche Bürger waren.794 Der Rest setzte sich aus Metöken, die sich freiwillig zu den Demokraten nach Phyle begeben hatten, und den 300 von Lysias angeworbenen Söldnern zusammen.795 Diese Truppenstärke reichte aus, um etwa im April in einem 790
Die von Lehmann, Machtergreifung der 4T)reißig" 201 ff., erstellte Chronologie der Ereignisse ist zuverlässiger als die von Krentz, Thirty 28ff. Dieser versucht 125ff., die Terrorherrschaft der Dreißig zu rehabilitieren. Vgl. dazu die berechtigten Einwände von Lehmann, Oligarchische Herrschaft 53f. Anm. 62. 791 Hinrichtungen unter den Dreißig: Schol. Aischin. 1.30 unter Berufung auf eine verlorene Lysias-Rede; Isokr. 20.11; 4.113; 7.67; Aischin. 3.235; Aristot. Ath. pol. 35.4; vgl. auch Lehmann, Oligarchische Herrschaft 52ff. In den acht Monaten seiner Herrschaft war das Regime der Dreißig bestrebt, eine antidemokratische Ordnung zu schaffen, die sich deutlich am Vorbild Sparta orientierte (s. dazu D. Whitehead, Sparta and the Thirty Tyrants, AS 13/14, 1982/83, 105-130). Unter diesem Blickwinkel ist auch die Politik gegenüber den Metöken zu verstehen, die durch die Konfiskation der Besitztümer einiger wohlhabender Metöken, deren Verfolgung und Hinrichtung sowie durch die Vertreibung ärmerer Metöken aus dem asty in die Vororte Athens und nach Piräus zum Ausdruck kam (Lys. 12.6ff.; Xen. hell. 2.3.21 ff. und 41 ff.; Diod. 14.5.6). Daß das brutale Vorgehen der Dreißig gegenüber den Metöken nicht einzig aus der schlechten Finanzlage Athens und der persönlichen Habgier der Oligarchen erklärbar ist, sondern daß vielmehr ideologische Komponenten ausschlaggebend waren, hat Whitehead bereits früher (Metic 154ff.) hervorgehoben. 792 Einnahme von Phyle: Xen. hell. 2.4.2; Aristot. Ath. pol. 37.1; Diod. 14.32.1; Justin 5.9.6; vgl. Krentz, Thirty 70 mit Anm. 4. 79 * Xen. hell. 2.4.5. 794 Nach der Restauration der Demokratie erhielten 100 aus Phyle zurückgekehrte Bürger auf Antrag des Archinos öffentliche Ehrengaben (je einen Olivenzweig und eine Spende in Höhe von 10 Drachmen für Weihe- und Opferzwecke): Dies geht sowohl aus Aischin. 3.187ff. als auch aus der ursprünglich im Metroon aufgestellten Inschrift hervor, deren Fragmente A.E. Raubitschek, The Heroes of Phyle, Hesperia 10, 1941, 284-295, ediert und kommentiert hat. Natürlich war die Zahl der Athener, die sich an der kathodos von Phyle an beteiligt hatten, höher, da einige in den darauffolgenden Kämpfen gegen die Dreißig fielen. 795 Versucht man die von Xenophon (hell. 2.4.5) gegebene Zahl 700 mit anderen Quellen in Übereins tirnmung zu bringen, muß folgende Berechnung angestellt werden. Zu den aus Phyle zurückgekehrten 100 Athenern müssen die 300 Söldner addiert werden, die Lysias auf Agina angeworben hatte (Lys. Frg. 1,6.1 Gernet/Bizos; Schol. Aischin. 3.195; [Plut.] Vit. X orat. (mor.) 835F). Dazu kommen die Metöken, die in der Ehrenurkunde IG ΙΓ 10+ (Osborne, Naturalisation I, D6) aufgeli stet sind. Nach der Analyse der Inschrift durch Osborne (Naturalisation II, 42: "category" I) müssen die letzteren, die die kathodos von Phyle an mitgemacht und den Bürgerkrieg überlebt hatten, ca. 90
186
IV. Die Wohltaten der Metoken
Überraschungsangriff das mit Peloponnesiem verstärkte Heer der Dreißig nördlich von Achamai zu besiegen.796 Als die Demokraten wenige Tage nach dieser Schlacht in Piräus einmarschierten, war ihre Stärke bereits auf etwa 1000 Mann angewach sen.797 Die Entscheidungsschlacht zwischen dem Heer Thrasybuls und den Dreißig fand im April oder Mai in Munychia in der Nähe des Artemis-Heiligtums statt, in de ren Verlauf wichtige Führer der Dreißig (u.a. Kritias und Hippomachos) fielen.798 Trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit gingen hier die Demokraten als Sieger hervor, u.a. deswegen, weil sie von den dortigen Umwohnern Unterstützung erhielten, die im Kampf leichte Waffen und Steine einsetzten.799 Wie D.F. Middleton nachgewiesen hat, befanden sich unter diesen Helfern auch Thraker, die vom Tempel ihrer Gottheit Bendis oder aus ihren Behausungen in der näheren Umgebung des Heiligtums her beigeeilt waren, um am Kampfgeschehnis teilzunehmen.800 Die Demokraten rechneten nach dieser Schlacht mit weiteren Kämpfen gegen die Stadtpartei, die nach ihrer Niederlage die Dreißig abgesetzt und die Regierungs gewalt einem gewählten Zehnmännerkollegium übertragen hatte.801 Darum sahen sie sich zur Anwerbung weiterer Mitstreiter genötigt. Dies erreichten sie, indem sie allen für die Sache der Demokratie kampfbereiten Fremden Belohnungen versprachen. Xenophon teilt mit, daß die Anführer der Demokraten ummittelbar nach der Schlacht von Munychia πιστά δόντες, οϊτινες συμπολεμήσιαν, και ει ξένοι είεν, ίσοτέλειαν εσεσθαι.802 Aus der Athenaion Politeia des Aristoteles wissen wir, daß Thrasybul unmittelbar nach der Wiedereinführung der Demokratie eine Bürger rechtsverleihung an die Fremden beantragt hatte, um auf diese Weise seinem Ver sprechen nachzukommen.803 Eine größere Schlacht mit den astoi, die nicht nur Lysander, sondern auch den Spartanerkönig Pausanias, der mit drei Ephoren und einer peloponnesischen Truppe
Personen gewesen sein. Somit ergibt sich für die Phylekämper unabhängig von Xenophon die Zahl ca. 500. Doch ist hierbei die Verlustziffer unberücksichtigt. Da die Demokraten in mindestens drei Schlachten (Achamai, Munychia, Piräus) verwickelt waren, können wir, um auf die Zahl Xenophons zu gelangen, eine realistische Größe von 200 Gefallenen kalkulieren. Wird diese Verlustziffer proportional auf Bürger, Metöken und Söldner verteilt, kann man von den 700 Phylekämpfem etwa 150 als Metöken und eine gleiche Zahl als Athener betrachten. Anders Krentz, Thirty 84 Anm. 54, der — ohne die Verluste zu berücksichtigen - die Metöken mit 300 berechnet. Zur Zusammensetzung der 700 Mitstreiter s. auch Flaig, Amnestie und Amnesie 130 Anm. 3. 796 Xen. hell. 2.4.4-7; Diod. 14.33.1. 797 Xen. hell. 2.4.10; vgl. auch Com. Nepos, Thrasyb. 2.1 f. 798 Xen. hell. 2.4.10-22; Aristot. Ath. pol. 38.1; Diod. 14.33.2-4; Com. Nepos, Thrasyb. 2.5-7; Justin 5.9.1.4-10; Oros. 2.17.1 lf.; nähere Einzelheiten über die Schlacht bei Cloche, Restauration democratique 47ff. und Krentz, Thirtv 89ff. 799 Xen. hell. 2.4.12. 800 D.F. Middleton, Thrasyboulos' Thracian Support, CQ 32,1982, 298-303. Einige der in der Ehrenurkunde IG II 10+ (= Osborne, Naturalization I, D6) verzeichneten Namen sind thrakischen Urprungs: Garys, Blepon, Egersis, Epiktas, Dexios und Bendiphanes. soi Xen. hell. 2.4.24. 802 Xen. hell. 2.4.25. 803 Aristot. Ath. pol. 40.2.
2. Euergesien freiwilligen Charakters
187
nach Anika herbeigeeilt war, zur Seite hatten, bleib aus.804 Vielmehr nahmen die Bür gerkriegsparteien unter maßgeblicher Beteiligung des Pausanias Verhandlungen auf und einigten sich auf eine Aussöhnung, die Anfang Oktober 403/2 zur Wiederverei nigung der Piräuspartei mit den astoi sowie zur Restauration der Demokratie führte.805 Bald nach der Wiedererrichtung der demokratischen Ordnung stellte Thrasy bul in der Ekklesie den Antrag, allen aus Piräus zurückgekehrten Mitstreitern nicht athenischer Provenienz das Bürgerrecht zu verleihen. Nach dem Zeugnis der Athenaion Politeia wurde der Antrag durch Archinos, der gegen Thrasybul eine γραφή παρανόμων erhob, zu Fall gebracht, angeblich deshalb, weil sich unter den Kandida ten auch Sklaven befanden.806 Es ist nicht ausgeschlossen, daß im Antrag auch Skla ven berücksichtigt waren und daß deren Besitzer sie nicht freigeben wollten. Auch dürfte bei vielen Athenern der Wille und die Bereitschaft gefehlt haben, mit ehemali gen Sklaven das Bürgerrecht zu teilen. Die eigentliche Ursache für die Kassierung des Antrages dürfte aber viel tiefer liegen und muß in den Streitigkeiten zwischen Thra sybul und Archinos und ihrer Anhängerschaften im Hinblick auf die Neugestaltung der Demokratie gesucht werden. Während Thrasybul eine radikale Richtung vertrat und möglicherweise auf Vergeltung an den astoi, die die Terrorherrschaft der Dreißig geduldet und unterstützt hatten, spekulierte, strebte Archinos als gemäßigter Demo krat auf einen Ausgleich zwischen den Bürgerkriegsparteien, der durch die völlige Amnestie zum Ausdruck kam.807 Doch läßt sich dieser Dualismus wegen der mageren Quellenlage nicht zufriedenstellend verfolgen.808 Diesem Dualismus ist auch Lysias zum Opfer gefallen, dessen Bürgerrecht, das anscheinend unabhängig vom Antrag der Phyle- und Piräuskämpfer eingebracht worden war, bald nach der Verleihung wieder kassiert wurde.809 804 Zur Vermittlerrolle des Pausanias bei der Aussöhnung s. Lys. 12.58ff.; Xen. hell. 2.4. 28-36 mit P. Harding, King Pausanias and the Restrauration of Democracy at Athens, Hermes 116, 1988, 186ff. Zwischen den Peloponnesiern und den Demokraten kam es lediglich zu zwei Kampfhandlungen, in deren Verlauf die letzteren 30 Leichtbewaffnete (Xen. hell. 2.4.33) und 150 Hopliten (Xen. hell. 2.4.34f.) verloren. 805 Die wichtigsten Vereinbarungen des Versöhnungsvertrages (u.a. Sicherungs- und Rehabilitierungsgarantien für die astoi sowie Amnestiebestimmungen) erwähnt Aristot. Ath. pol. 39. S. dazu die detaillierte Untersuchung von T.C. Loening, The Reconcilation Agreement of 403/2 B.C. in Athens. Its Content and Application, Stuttgart 1987 (Historia Einzelschriften 53). 806 Aristot. Ath. pol. 40.2. 807 Aufschlußreich ist hierbei, daß Thrasybul seine Mitstreiter in der von Xenophon (hell. 2.4.13ff.) wiedergegebenen Rede vor der Schlacht von Munychia mit Appellen an die Rache und an den Willen zum bloßen Sieg anfeuert. Flaig, Amnestie und Amnesie 144 Anm. 76 bemerkt zu dieser Rede, daß sie "ein Paradestück des agonalen und rachefreudigen Ethos" ist. 808 S. dazu die Bemerkungen von Cloche, Restauration democratique 452ff. 809 [Plut.] Vit. X orat. (mor.) 835F; Phot. Bibl. cod. 262. Pseudo-Plutarch gibt als Grund einen Formfehler an — der Antrag auf Einbürgerung des Lysias war ohne Zustimmung des damals noch nicht gebildeten Rates erfogt - , den Archinos zum Vorwand nahm, gegen Thrasybul, den Initiator. des Antrags, ins Feld zu ziehen. Es wäre allerdings zu einfach, wollte man die Aberkennung des Bürgerrechts von Lysias einzig auf einen Formfehler zurückfuhren, der zudem durch einen neuen Antrag hätte leicht ausgeglichen werden können! Der eigentliche Anlaß ist wiederum in den Streitigkeiten zwischen den führenden Politikern Archinos und Thrasybul zu suchen.
188
IV. Die Wohltaten der Metoken
In einer entspannteren Atmosphäre haben Kreise um Thrasybul etwa zwei Jahre nach dessen gescheitertem Versuch bei der Ekklesie die Belohnung der Metökenkämpfer durchgebracht. Dies geht aus der 1884 auf der Akropolis gefundenen Inschrift IG II 10+ hervor, die zu den meistdiskutierten epigraphischen Funden aus Athen zählt, nicht zuletzt deshalb, weil ihr fragmentarischer Zustand im Hinblick auf die Art der Belohnung verschiedene Alternativen zuläßt. Die Interpretation dieser Urkunde hat in den letzten Jahren durch P. Krentz, MJ. Osbome und D. Whitehead neue Impulse erhalten. Als opinio communis haben sich unter diesen Gelehrten vier Punkte ergeben, an denen nicht mehr gerüttelt werden kann: 1) Der Beschluß wurde im Jahre 401/1 gefaßt, in dem [Ξεναίνετ]ος (Ζ. 2) das Archontenamt bekleidete.810 2) Die Anzahl der Fremden, die eine Belohnung erhielten, belief sich unter Berück sichtigung der von D . Hereward (New Fragments of IG II 2 10, BSA 47,1952,102ff.) veröffentlicheten Ägina-Fragmente, die ursprünglich auf der Rückseite der Stele an gebracht waren, auf 1000-1200.811 3) Diese wurden, eingeteilt in drei Gruppen, in die Liste der 10 attischen Phylen aufgenommen. Als Kriterium für die Einteilung in Gruppen diente der Zeitpunkt ihrer Beteiligung an der kathodos.^2 4) Der in Zeile 9 erwähnte Begriff έ]γγύεσις ist entgegen früherer Interpretationen nicht als Synonym zu έτπγαμία (legitime Ehe mit Athenerinnen, die ihren Nachkom men das athenische Bürgerrecht in Aussicht stellte) zu verstehen, sondern als das Versprechen auf eine rechtliche Vergünstigung, das Thrasybul 404/3 den fremden Mitstreitern zugesichert hatte.813 Umstritten bleibt wegen der Lücke im Stein die Kernfrage nach dem Grad der Belohnung. Erhielten die Metöken das Bürgerrecht, das laut Aristoteles der erste, ge scheiterte Antrag Thrasybuls 403/2 vorsah, oder die von Xenophon genannte Isotelie? Krentz spricht sich dafür aus, daß alle drei Gruppen mit der Isotelie belohnt wurden.814 Nach Osborne, der sich auf traditionellen Bahnen bewegt, wurde die erste Gruppe von 70-90 Metöken, die von Phyle an dabei gewesen war, eingebürgert, die übrigen Mitstreiter hingegen mit der Isotelie ausgezeichnet.815 Whitehead jedoch hat 810 Osborne, Naturalisation II, 29ff.; Whitehead, Thousand New Athenians 8; Krentz, Rewards 201 Anm. 1. 811 Krentz, Foreigners 305; ders., Rewards 203; Osborne, Naturalisation II, 35ff.; Whitehead, Thousand New Athenians 8. 812 Die Benennungen der drei Gruppen lauten im Dekret (zitiert nach der Rekonstruktion von Osborne, Naturaüzation I, D6): α) οϊδε συνκατηλθον άττό Φυλής (Α, Ζ. 4 [vollständig erhalten] und A, col. Ι, Ζ. 1 [ergänzt]); β) οϊδε συνεμάχησαν τήμ μάχη ν την Μονιχίασιν (Α, Ζ. 7 [erhalten], Α, col. Π [voll ständig ergänzt]); γ) οϊδε [ττ]αρέμ[ενον τώι] | έμ Περαιεϊ δ[ήμωι] (Β, col. II, Ζ. 27f.); vgl. Osborne, Natu raüzation II, 37; Whitehead, Thousand New Athenians 8f.; Krentz, Rewards 203f. 813 Osborne, Naturaüzation II, 35: "pledge"; Whitehead, Thousand New Athenians 8f.: "... the only sadisfactory Interpretation ... is to take egguesis in the general sense of a solemn undertaking or pledge, so that this group are being rewarded 'in accordance with the pledge given' (κατά την δοθεϊσαν έ]γγύεσιν, Osborne)"; Krentz, Rewards 202. 814 Krentz, Foreigners 304; ders., Thirty HOff. und ders., Rewards 201 ff. 815 Osborne, Naturaüzation II, 32ff. Die Zeilen 4-9 hat Osborne, Naturaüzation I, D6 wie folgt hergesteUt: όπως αν αξίας χάριτας κομίσωνται oi ξέν]οι όσοι συνκατηλθον από Φυλής ή τοις κατελ[θδσι
2. Euergesien freiwilligen Charakters
189
stichhaltige Argumente dafür gebracht, daß alle drei Gruppen das attische Bürgerrecht erhielten.816 Die wichtigste Beobachtung Whiteheads, die für die Verleihung der Politie an alle 1000-1200 Mitstreiter spricht, ist der Umstand, daß sie alle in die zehn attischen Phylen aufgenommen wurden. Im Dekret sind ihre Namen unter den einzelnen Phylen aufgelistet. Dies kann nur bedeuten, daß sie in die Listen der Phylen eingetragen wurden, also athenische Bürger wurden. Aus der Athenaion Politeia des Aristoteles geht nämlich klar hervor, daß weder gewöhnliche Metöken noch Isotelen Angehörige einer Phyle waren: Eine Privatklage gegen athenische Bürger wurde bei den Phylenrichtern eingereicht.817 Wenn es sich bei den Angeklagten aber um Metöken, Isotelen oder Proxenoi handelte, mußte der Ankläger den Polemarchen konsultieren. Dieser gab den Fall nach dem System der Auslosung an die Phylenrichter weiter.818 Ein solcher komplizierter Rechtsweg wäre gemieden worden, wenn auch die ortsansässigen Fremden in den Listen der Phylen aufgeführt gewesen wären. Daß die Isotelen keiner Phyle angehörten, beweist auch eine 1983 von M. Walbank publizierte Abrechnungsurkunde der Poletai aus der Mitte des 4. Jahrhunderts, die Whitehead nicht berücksichtigt hat. Dort ist der Isotele Apemon, der öffentliches Tempelland in Pacht genommen hatte, nicht mit dem Demorikon, sondern als "in Piräus wohnhaft" vermerkt.819 Dieser Beleg zeigt deutlich, daß Isotelen nicht in den Demen- und Phylenlisten eingeschrieben waren, sondern in einem zentralen Katalog, den der Polemarch führte. Es sei hinzugefügt, daß keiner der Isoteliedekrete die Bestimmung enthält, man solle die Honoranden einem Demos oder einer Phyle zuweisen. Die im Dekret IG Ι Γ 10+ vorgenommene Zuteilung der fremden Mitstreiter Thrasybuls in die Phylen ist einzigartig und deutet auf deren Einbürgerung hin. Beachtung verdient auch die Klausel νόμοις δέ τοις αύτοΐς περί αυτών τάς αρχάς χρ[ήσθαι οίς κ|αι περί τών άλλων 'Αθηναίων κτλ.] in den Zeilen 6-7, deren Ergänzung durch Osbome aufgrund von Parallelformeln in anderen Politiedekreten gesichert zu sein scheint. Eine solche Bestimmung ergibt aber nur einen Sinn, wenn sie eine Bürgerrechtsverleihung beinhaltet, worauf Osbome selbst hinwies.820 Einzige Grundlage für die Verfechter einer Isotelieverleihung ist die zentrale Stelle bei Xenophon, nach der Thrasybul und die übrigen Anfuhrer der Demokraten in Piräus πιστά δόντες, οϊτινες συμπολεμήσιαν, και ει ξένοι είεν, ίσοτελειαν εσεσθαι.821 Welche vielfältige Bedeutung ίσοτέλεια einnehmen kann, ersieht man aus einem andeσυνελάβ||οντο ες την κάθοδον την εις Περαιά, περί μεν τούτων] έψηφίσθαι 'Αθηναίος είναι αύτοΐς και έκγόν[οις πολιτεί|αν και νεμαι αυτός αύτίκα μόλα ες τάς φυλάς δέκαχα], νόμοις δέ τοις αύτοίς περί αυτών τάς αρχάς χρ[ήσθαι οΐς κ|αί περί τών άλλων Αθηναίων όσοι δέ ήλθον ύστερον], συνεμάχησαν δέ τημ μάχην τήμ Μονιχίασιν, τον δέ [Περαιά δ|ιέσωισαν, όσοι δέ παρέμενον τώι έμ Περαιεΐ δήμωι ο]τε αϊ διαλλαγαί εγενοντο, και εποιδν τά προστατ[τόμενα, τ|ότοις έναι ίσοτελειαν οίκοσι Άθήνησιν κατά την δοθεΐσαν έ]γγύεσιν καθάπε[ρ Ά]θηναίος τός δέ [ ]. 816 Whitehead, Thousand New Athenians 8ff. 817 Arist.Ath. pol. 53.8. 818 Arist. Ath. pol. 58.2 mit Whitehead, Thousand New Athenians 9f. 819 MB. Walbank, Hesperia 53, 1983, 108, Frg. c, Z. 2-4 (= Athenian Agora XIX, 183 Nr. L6, Z.133-135): Άπημων'Αδε[..|....ΐ3....] ίσοτ(ελής) έμ Πειραιεϊ ο|[ίκών. 820 Osbome, Naturalisation Π, 33 mit Parallelstellen. 821 Xen. hell. 2.4.25.
190
IV. Die Wohltaten der Metoken
ren Passus Xenophons. 822 In den Poroi heißt es, der Staat habe auch den Metöken das Recht zugestanden, in den attischen Bergwerken Konzessionen zu erwerben: παρέχει γουν (sc. ή πόλις) επί ισοτελείςκ και των ξένων τω βουλομένω έργαζεσθαι εν τοις μετάλλοις.823 Wie bereits S. Lauffer gesehen hat, verwendet Xenophon ίσοτέλεια, um zum Ausdruck zu bringen, daß die Bedingungen, insbesondere die Pachtgebühren für den Erwerb einer Erzgrube, für Fremde wie Bürger επί ίσοτέλεια, d.h. dieselben wa ren.824 Auch in seinen Hellenika verwendet er ίσοτέλεια im metaphorischen Sinne: Die fremden Mitstreiter sollten gemäß Thrasybuls Versprechen in der neuen demokrati schen Ordnung, die nach einem Sieg über die Stadtpartei entstehen sollte, unter den gleichen Bedingungen wie die Bürger leben, also athenische Bürger werden.825 Daß Xenophon nichts anderes gemeint haben kann, wird auch aus der Notiz der Athenaion Politeia deutlich, nach der der erste Versuch Thrasybuls, mit dem Bürgerrechsantrag an die fremden "Retter der Demokratie" sein Versprechen zu erfüllen, am Wi derstand der Mehrheit des Demos gescheitert war. Nach einer solchen Deutung der zentralen Xenophonpassage ist allen, die in Anlehnung daran in der Urkunde IG II 10+ eine Isotelieverleihung ergänzt haben, jegliche Beweiskraft entzogen. Die Einbürgerung von 1000-1200 Fremden im Jahre 401/0, die keinen ge wöhnlichen Akt darstellte, hat auch in den schriftlichen Quellen ihren Niederschlag gefunden. Eigenartig ist nur, daß diese in der bisherigen Forschungsliteratur keine Berücksichtigung erfahren haben. In einer 399/8 gehaltenen Rede schmeichelt Andokides (2.23) den athenischen Richtern mit dem Argument, όρώ δε υμάς πολλάκις και δούλοις άνθρώποις και ξένοις παντοδατιοϊς πολιτείαν τε δίδοντας και εις χρήματα μεγάλας δωρείας, οι αν υμάς φαίνωνται ποιουντές τι αγαθόν, και ταύτα μέντοι ορθώς ύμεΐς φρονοϋντες δίδοτε* ούτω γαρ αν υπό πλείστων ανθρώπων ευ πάσχοιτε. Andokides dürfte bei den mit der Politie belohnten Fremden in erster Linie an die Ruderer, die bei den Arginusen zum Sieg über die spartanische Flotte beigetragen hatten, und an die Phyle- und Piräuskämpfer gedacht haben. Er hatte gute Gründe, die "großzügige" Einbürgerungspolitik der Athener gutzuheißen, weil er auf diese Weise seine Mitbür ger dazu bewegen wollte, die Atimie aufzuheben, die über ihn verhängt worden war. Isokrates hingegen gingen die Masseneinbürgerungen im ausgehenden 5. Jahrhundert eindeutig zu weit. In der 356 abgefaßten Rede über den Frieden wirft er den Athe nern nach Aufzählung der Verluste während des Peloponnesischen Krieges vor, sie hätten einerseits die öffentlichen Gräber mit Bürgern angefüllt, andererseits aber zahlreichen Fremden den Weg in die Phratrien und Demenlisten eröffnet, obwohl diese keinen Bezug zur Polis gehabt hätten: τελευτώντες δ* έλαθον σφάς αυτούς τους μεν τάφους τους δημοσίους των πολιτών έμπλήσαντες, τάς δε φρατρίας και τα γραμμα-
822 Zum vielfältigen Gebrauch des Wortes τέλος und seiner Komposita s. auch meine Bemerkun gen S. 224. 823 Xen.vect. 4.12. 824 Lauffer, Bergwerkssklaven 209 mit Anm. 2f.; weitere Literaturhinweise bei Schütrumpf, Xenophons Vorschläge 95 Anm. 19f. 825 In diesem Sinne auch Whitehead, Thousand New Athenians 9; vgl. auch ders., Isoteleia 22.
2. EuergesienfreiwilligenCharakters
191
τεΐα τα ληξιαρχικά των ουδέν τη πόλει προσηκόντων.826 Aus dieser Stelle läßt sich soviel entnehmen, daß sich Isokrates' Beschwerde gegen Masseneinbürgerungen richtete, die in die letzten Jahre des 5. Jahrhunderts fielen. Auch wenn er keine genauen An haltspunkte über die Situationen gibt, in denen die Politieverleihungen erfolgt waren, hatte er m.E. auch die Phyle- und Piräuskämpfer vor Augen. Möglicherweise können wir in dem κήρυξ Eukles (PA 5732) einen der Freiheitskämpfer von 404/3 greifen, die 401/0 das Bürgerrecht erhielten. Um dies zu verdeutlichen, ist allerdings ein Umweg nötig. Eukles war bereits um 415 Herold des Rats und der Ekklesie und ist in dieser Funktion in der Rede des Andokides über die Mysterien genannt.827 Aus zwei — auf derselben Stele IG II 145 verzeichneten - Eh rendekreten für ihn und seinen Sohn wissen wir, daß er die kathodos mitgemacht hat te. Sein Name muß daher im ursprünglichen Gesamtverzeichnis IG II 10+ mit den übrigen 1000-1200 Kämpfern gestanden haben, fehlt aber in den erhaltenen Frag menten. Für seine Teilname an der kathodos wurde er unmittelbar nach der Wieder herstellung der Demokratie erneut zum Herold des Rats und der Ekklesie gewählt. Er erhielt damals auch Zugang (πρόσοδος) zum Rat; zudem wurde sein Gehalt (μισθοφορία) neu geregelt.828 Aus der Tatsache, daß der Demos ihm Proshodos ver lieh, wird ersichtlich, daß er zum Zeitpunkt seiner Ehrung noch kein athenischer Bürger war. Die Geschichte des Euklesgeschlechts läßt sich aus einer Fülle von In schriften bis in das 1. Jahrhundert v. Chr. nach verfolgen, weil auch seine Nachkom men als öffentliche Ausrufer tätig waren.829 In der Prytanenliste des Jahres 305/4 er scheint der gleichnamige Enkel (oder Urenkel) des Eukles nicht nur als Herold, son dern auch als athenischer Bürger, der im Demos Τρινεμεία eingeschrieben war.830 Zur Frage, in welchem Zeitraum zwischen 403/2 und 305/4 die Familie eingebürgert wurde, muß folgende Überlegung angestellt werden: Die Herolde Athens waren ent weder Staatssklaven oder Freigelassene und daher in der Regel nicht sehr vermö-
826
Isokr. 8.88. m Andok. 1.112.115. 828 IG II 2 145, Z. 4-10: είναι 7τρόσοδ]ον Εύκλεΐ άνδραφαθίας || [ένεκα και προθυμίας], επειδή άνήρ αγαθός έγέ|[νετο περί τον δήμον τ]όν Αθηναίων και τήν κάθ|[οδον του δήμο του Άθην]αίων και τήν έλευθερί|[αν κηρυκεύεν δ' αυτόν τ]ήι βολήι και τώι δήμω[ι | τώι 'Αθηναίων, την δε μι]σθοφορίαν είναι αύτώ||[ι ]. Seine Beteiligung an der kathodos war ein Grund dafür, daß das Amt des Herolds auch auf seinen Sohn Philokles überging (Z. 14-16 desselben Dekrets: έπειδ[ή] άνήρ αγαθός || [έγένετο ό πατήρ το Φ]ιλοκλέους περί τ[ό]ν δήμο|[ν τον 'Αθηναίων και τ]ήγ κάθοδον του δήμο, έψηφ|[ισθαι] ... εϊναι τήγ κη|[ρυκείαν Φιλοκλεϊ καθάπ]ερ τωι πατρί αύτδ κτλ,). 829 Sie werden als Herolde erwähnt in den Inschriften (unvollständig): IG ΙΓ1673, Z. 60 (Dat.: ca. 327/6); Athenian Agora XV, Nr. 58, col. I, Z. 35 (Dat.: 305/4); IG II 2 678, Z.9 (Dat.: vor 276/5); IG II 2 848, Z. 44f. und Frg. b, Z. 20 (Dat.: ca. 209/8); IG II2 912, Z. 16f. (Dat.: um 200); IG II2 913, Z. 4f. u. 33 (Dat.: um 200); IGlf 914 (Dat.: um 200); IG II 2 915, Z. 23f. (Dat.: um 200); IG II2 952, Z. 14f. (Dat. ca. 161/0); IG II2 972, Z. 7 (Dat.: um 140); hinzu kommen eine Grabinschrift aus dem 1. Jahrhundert und weitere Belege, die Wilhelm, Beiträge 85f. ausgewertet hat; s. daneben auch die prosopographischen Bemerkungen bei Pope, Non-Athenians 50. 830 Athenian Agora XV, Nr. 58, col. I, Z. 35. Er dürfte mit dem in IG II21673, Z. 60 (Dat.: ca. 327/6) genannten Herold Eukles identisch sein. Auch seine Nachkommen führen in einigen der in der vorigen Anmerkung genannten Inschriften das Demotikon Τρινεμεεύς.
192
IV. Die Wohltaten der Metöken
gend.831 Auch der Vermögensstand des Eukles und seiner Nachkommen dürfte recht bescheiden gewesen sein. Daher können weder Eukles' Sohn Philokles noch sein Enkel (oder Urenkel) den Status eines Atheners — etwa durch Geldspenden an den Staat - erlangt haben. Vielmehr ist davon auszugehen, daß Eukles selbst das Bürger recht in seine Familie einbrachte, u.z. im Jahre 401/0, als er zusammen mit den übri gen Phyle- und Piräuskämpfem geehrt wurde. Vermutlich waren alle 1000-1200 mit dem Bürgerrecht belohnten Freiheits kämpfer Metöken, obwohl laut Aristoteles der erste Antrag Thrasybuls angeblich daran gescheitert war, weil er auch zahlreiche Sklaven berücksichtigt hatte. Nun erscheinen auf der Rückseite der Inschrift IG II 10+ alle Honoranden mit ihren technitika**2· Ein solches Epitheteton war aber nur für Metöken und Freigelassene üblich, während Sklaven in den staatlichen Urkunden mit den Namen ihrer Besitzer aufge führt werden.833 Deshalb liegt es nahe, in den δούλοι des Aristoteles Freigelassene zu sehen, die zum Zeitpunkt der Kämpfe längst Metöken geworden waren.834 IG II 10+ ist das wichtigste Zeugnis dafür, daß der Freiheitskampf gegen die Dreißig Tyrannen zu einem erheblichen Teil von den ansässigen Fremden mitgetra gen wurde.835 Während die Bürgerschaft in zwei Kriegsparteien gespalten war, ent schieden sich die Metöken aus verständlichen Gründen für die Sache der Demokra tie. Die Terrorherrschaft der Dreißig, die auch vor Hinrichtungen an Metöken und der Beschlagnahme ihres Vermögens nicht haltmachte, hatte sie belehrt, daß eine friedliche Existenz mit den Bürgern nur in einer demokratischen Ordnung möglich war. Allein dieses "ideologische" Motiv wäre für viele Metöken ausreichend gewesen, für die Piräuspartei die Waffen zu ergreifen. Als kluger Politiker stellte Thrasybul sei nen fremden Mitstreitern zudem das Bürgerrecht in Aussicht, was deren besonders hohen Zulauf letztlich erklärt. M.E. sind die oben genannten Indizien ausreichend genug, um zu der Schlußfolgerung zu kommen, daß die Athener nach 401/0 mit 1000-1200 Fremden alle Vorzüge und Nachteile eines Bürgers teilten.
»i S. z.B. IG II 2 120, Z. 12, wo ein Herold als Staatssklave (δημόσιος) bezeichnet wird. Sicher ergänzbar sind Berufsbezeichnungen von nur 69 Metöken, die alle in der zweiten und dritten Gruppierung aufgelistet sind: Zwei Emporoi, mehrere georgoi (nicht landbesitzende Bauern, wie Ehrenberg, Aristophanes 162, annahm, sondern Pächter), Handwerker (Maurer, Tischler, Schmiede, Sattler und Walker) und kapeloi sowie Personen mit noch "niedrigeren" Berufen (Tagelöhner, Maul- und Eseltreiber, Lastträger). Auch ist ihre ethnische Zusammensetzung vielfältig: neben in der Mehrzahl genuin griechischen Namen kommen ebenso thrakische und ägyptische Namen vor. Nähere Einzelheiten zu den Berufen bei Tod, Freedmen's Professions 18ff.; Gluskina, Sozialökonomische Verhältnisse 122; Jameson, Agriculture and Slavery 134f.; s. auch Spahn, Fremde und Metöken 51. 833 Als Beispiele seien genannt IG II2 1553-1578 (Listen der φιάλαι έξελευθερικαί); IG II2 1672f. (Bauabrechnungsurkunden aus Eleusis); IG IT 1631, Z. 513ff, und 1951, Z. 102f. (Seeurkundeh). Weitere Belege bei Diller, Race Mixture 161.178f.; Tod, Freedmen's Professions 22ff.; Gluskina, So zial-ökonomische Verhältnisse 119ff.; Whitehead, Metic 32 mit Anm. 36; Jameson, Agriculture and Slavery 132ff. 834 Ähnlich Whitehead, Metic 158. 835 S. dazu auch die Bemerkungen von Krentz, Thirty 129 und Whitehead, Thousand New Athenians 8. 832
2. EuergesienfreiwilligenCharakters
193
In der weiteren Geschichte Athens bot sich den Metöken keine weitere Gele genheit für freiwillige militärische Hilfeleistungen großen Ausmaßes. Allerdings be stand immer die Möglichkeit, während eines obligatorischen Kriegseinsatzes beson dere Tapferkeit an den Tag zu legen und so den Dank des Demos zu ernten, der zur Verleihung rechtlicher Vergünstigungen fuhren konnte. Die Triebkraft zu solchen tollkühnen Taten, die man in einigen Ehrendekreten greifen kann, war wahrschein lich in erster Linie die Aussicht auf eine Belohnung, was bei der stark geprägten dout-des-Mentälität nicht überrascht. Um 342/1 wurde der Metöke Asklepiodoros mit der Isotelie, einem Kranz und einem Gastmahl im Prytaneion geehrt, weil er sich während einer Seeschlacht auf dem Schiff des Chares von Aixone durch besondere Tapferkeit (άνδραφαθία) ausgezeichnet hatte: επειδή [Ασκ]λητη[όδω|ρος άνήρ] αγαθός έγένετο μ[αχό]μενος π[ρ|ός τους] πολεμίους π[λέω]ν έ[πί] της τριήρ|[ους της] Χάρητος του Αίξων[έω]ς, έπαινέ[σ||αι αύτό]ν και στεφανώσαι θα[λ]λοϋ σθεφ[ά|νωι άν]δραφαθίας ένεκα και καλέσαι έ[π|ί ξένι]α εις το πρυτανεΐον εις αυριον [ε|ΐν]αι δε αύτώι και ισοτέλειαν και έκγ[ό]|νοις οικοϋντι Άθήνησιν καθάπερ τοΐ[ς] || άλλοις ισοτελέσιν, όπως αν ει[δ]ώσιν π[ά]|ντες όσοι αν στρατεύωνται μετ' Άθηνα[ί]|ων ΟΉ τιμαι δ δήμος τους άνδρας τους [ά|γ]αθούς κτλ.836 Beachtung verdient das Bekenntnis des Demos in den Zeilen 16-18, er wisse jeden, der im Krieg hervorragende Taten zu vollbringen in der Lage ist, ge bührend zu belohnen. Dieser Appell richtet sich in erster Linie an Metöken, aus de ren Mitte der Geehrte stammte. Überdurchschnittliche militärische Leistungen wäh rend eines Krieges bezeugt auch das in zweifacher Abschrift (IG II2 666 und 667) vorliegende Ehrendekret für den im Kriegshandwerk erfahren Metöken Strombichos. Bevor er athenischer Metöke wurde, stand er im Dienst des Demetrios Poliorketes, wechselte aber während der Erhebung von 287/6 die Seiten und hat den athenischen Strategen Olypiodoros bei der erfolgreichen Erstürmung des Museionhügels unter stützt.837 Beim Ausbruch des Chremonideischen Krieges (268/7) ergriff Strombichos wieder die Waffen και αγωνιζόμενος ύπ[η|ρέτηκεν άπαντα οσα παραγγ]έλλ<ο>ι ό στρατηγός.838 Für sein militärisches Engagement in den Jahren 268/7-266/5 wurde er mit dem athenischen Bürgerrecht und einem Goldkranz ausgezeichnet.839 Das sind ganz besondere Ehren, so daß man annehmen muß, daß er hervorragende militäri sche Taten vollbracht hatte. Den anderen Metöken, die während des Chremonidei schen Krieges als Hopliten dienten, wurden solche Ehren nicht zuerkannt.
836
IG II 276, Z. 6-18 = Schwenk, Laws and Decrees, Nr. 12 mit ausführlichem Kommentar. Zur Datierung s. auch Veligianni-Terzi, Wertbegriffe 74 Anm. 231. Die Grabinschrift IG II2 7879 (Φίλων | Άσκλητποδώρου | ίσοτελής) dürfte seinem Sohn gegolten haben. Vgl. Whitehead, Metic 29. «7 I G II 2 666, Z. 7-17 (= Osborne, Naturalization I, D78 A). 838 IG II 2 667, Z. 8f. (mit der Wiederherstellung von Osborne, Naturalization I, D78 B). Zwischen 287/6 und dem Ausbruch des Chremonidischen Krieges (268/7) scheint Strombichos in Athen ein friedliches Leben geführt zu haben. Verdienste während dieser Zeit werden im ansonsten sehr ausfuhrlichen Dekret zumindest nicht vermerkt. Vgl. Osborne, Naturalization II, 164ff.; Habicht, Athen 152. «9 IG II 2 667, Z. 19-24 (= Osborne, Naturalization I, D78 B).
V· DIE "DANKBARKEIT" DER POLIS: VERGABE VON PRI VILEGIEN UND EHREN AN METÖKEN
Leistungen der Metöken, die über die von der Polis festgelegten Pflichten hinausgin gen, pflegten gewöhnlich kurze Zeit nach ihrer Erbringung honoriert zu werden. In den meisten Fällen erfolgte die Belohnung des Demos noch im Jahr der Wohltat. Daraufweist das im erweiterten Motivbericht vieler Ehrendekrete des 4. und S.Jahr hunderts anzutreffende Partikel και νυν hin, das als Trennglied zwischen den frühe ren, ehrenhalber aufgeführten Verdiensten des Geehrten und der letzten, den Be schluß veranlassenden Wohltat fungiert. Solche erweiterten Motivberichte ermögli chen darüber hinaus zu bestimmen, welche Leistungen einer Belohnung für wert be funden wurden. Dazu greife ich das lange Ehrendekret IG II 505 für Nikander und Polyzelos aus dem Jahr 302/1 heraus, das an Ausführlichkeit seiner Motivation alle anderen für Metöken erlassenen Beschlüsse übertrifft. Dort sind Präskript (Z. 1-8) und Privilegienkatalog (Z. 42-65) zusammengenommen kürzer als die 35 Zeilen um fassende Motivation (Z. 8-42), die mehrere Verdienste der beiden Freunde nennt. Um die Würde der Geehrten hervorzuheben, werden darin neben ihren freiwillig ge leisteten Wohltaten auch die ihnen von der Polis auferlegten Pflichten aufgezählt: Ni kander und Polyzelos hatten in ihrem langen Leben bei keinem Kriegseinsatz der Athener gefehlt, sondern leisteten sowohl in der Infanterie als auch in der Flotte Wehrdienst (Z. 37ff.). Der Leser erfährt in diesem Zusammenhang ausnahmsweise auch, daß die beiden Metöken ihre Kriegsausrüstung stets aus eigenen Mitteln bestrit ten und auf diese Weise der Polis keine Kosten verursacht hatten, was im Falle wohl habender Hopliten an für sich eine Selbstverständlichkeit war. Ferner führten sie in den Jahren 347/6 bis 323/2 regelmäßig die den Metöken auferlegte Eisphorai ab (Z. 13ff.). Solche Dienste wurden natürlich nicht belohnt, weil sie obligatorisch waren. Ihre erste freiwillige Wohltat erfolgte im Lamischen Krieg in Form von Geldspen den, die der Ausrüstung zweier Flottenunternehmungen zugute kamen (Z. 18ff.). Be vor die nächste Wohltat zur Sprache kommt, ist eine Information eingeschoben, die in den anderen Ehreninschriften meistens fehlt Nikander und Polyzelos erhielten für diese Spenden noch während des Lamischen Krieges Goldkränze im Wert von je weils 300 Drachmen (Z. 28). Aus dieser seltenen Nachricht kann man mehrere Fol gerungen ziehen. Der Demos honorierte "kleine" Wohltaten ebenfalls, u.z. sehr bald nach ihrer Darbringung, sei es auch nur mit einem Kranz. Solche unbedeutenden Euergesien wurden für sich allein genommen jedoch nicht auf Stein verewigt, weswe gen wir von ihnen selten hören, obwohl sie sehr oft vorgekommen sein dürften. Da für, daß die beiden Geldspenden des Nikander und Polyzelos mehr als zwanzig Jahre nach ihrer Darbringung gleichsam als "Anhängsel" späterer Leistungen mitgenannt werden, ist der seit ca. 330 zu beobachtenden Formwandel verantwortlich, der darin
196
V. Die Dankbarkeit der Polis
zum Ausdruck kommt, daß die Motivation mancher Ehrendekrete "barockhaft" aus gedehnt wird.840 Ebenfalls als "Anhängsel" sind die Epidosisbeiträge von jeweils 1000 Drach men anzusehen, die Nikander und Polyzelos im Jahre 319/8 oder 307/6 [ε]ίς [τήν παρασκευήν του π]ολέμου και τήν σωτηρία[ν] της π[όλεως] abgeführt hatten (Ζ. 28ff.). Eine Spende von 1000 Drachmen war für den Demos anscheinend jedoch zu gering, um gleich vergolten zu werden. Andernfalls wäre deren Belohnung in der ansonsten ausführlichen Motivation nicht verschwiegen worden. Ihre größte (und letzte) Wohl tat erwiesen die beiden Metöken im Jahre 306/5, als sie auf eigene Kosten den Wie deraufbau eines Teils der südlichen Langen Mauer mit mehreren dazugehörigen Türmen finanzierten (Z. 31 ff.). Angesicht so vieler Wohltaten, die sich über mehrere Jahrzehnte erstreckten, könnte man meinen, daß hier nicht einzelne Verdienste honoriert wurden, sondern der gesamte Einsatz der beiden Metöken für die Polis. Auffallig an diesem Dekret ist ja auch, daß keinem der Verdienste eine besondere Bedeutung beigemessen wird, sondern alle Leistungen als gleichwertig gewichtet werden. Ich bin allerdings der Meinung, daß der mit großen finanziellen Belastungen verbundene Wiederaufbau der Langen Mauern der eigentliche Auslöser der großen Ehrungen (s.u.) war, die der Demos den beiden Metöken im Jahre 302/1 zukommen ließ, während die früheren Leistungen allenfalls auf den Grad der Belohnung einwirkten, diese aber nicht unmit telbar veranlaßten. Im Dekret wird ausdrücklich vermerkt, daß Nikander und Polyzelos um ihre Ehrungen selbst nachsuchten, u.z. erst vier Jahre nach ihrer finanziellen Unterstüt zung des großen Mauerbauprogramms (Z. 45ff.). Überhaupt scheint der Demos die Beantragung von Ehrungen selten selbst vorgenommen, sondern in der Regel seinen Wohltätern überlassen zu haben. Um zu seiner verdienten Belohnung zu kommen, reichte ein Wohltäter nach erbrachten Leistungen bei der Boule ein schriftliches Eh rengesuch (αίτησις) ein, das zum ersten Mal in den Poroi Xenophons (2.6) und in der Rede des Demosthenes gegen Leptines, ansonsten in einigen Ehrendekreten für ver diente Bürger und Metöken erwähnt wird.841 Ein solches Ehrengesuch umfaßte zum einen die konkreten Taten, die die Ehrung begründen sollten, zum anderen aber auch Angaben über die Art der Ehrungen, die man sich vom Demos erbat. Daß solche Bittschriften zum Teil sehr lang sein konnten, haben wir im Dekret für Nikander und Polyzelos gesehen. Das ist durchaus verständlich, weil man sich durch die Aufzäh lung aller für die Polis erbrachten Leistungen möglichst große Ehrungen erhoffte. Die Ekklesie behielt sich allerdings selbst vor, wieviele von diesen Leistungen in die Motivation des zur Veröffentlichung bestimmten Ehrenbeschlusses aufgenommen wurden. 840
Zum Formwandel der athenischen Ehrendekrete s. Rosen, Ehrendekrete 277ff. Zum Institut der αίτησις s. Gauthier, Bienfaiteurs 83ff.l84ff. sowie Zelnick-Abramovitz, Supplication and Request 554ff. mit dem Nachweis, daß diese Form des Ehrengesuches bereits im 5. Jahrhundert existierte; s. femer Quaß, Honoratiorenschicht 27 und Hennig, Immobilienerwerb 316f. mit Anm. 39. 841
Vergabe von Privilegien und'Ehrungenan Metöken
197
Anders als ein Polite kann der Metöke sein Ehrengesuch schwerlich in eigener Person eingereicht haben, weil ihm der Zutritt (πρόσοδος) zum Rat (und zur Volks versammlung) verwehrt war. Vielmehr wurde dieses Recht einigen Metökeneuergeten durch Volksbeschluß erst nach dem Ehrengesuch zusammen mit den übrigen Ehren und Privilegien zugestanden, u.z. mit der Formel είναι αύτώι πρόσοδον προς την βουλήν και τον δήμον, όταν δέηται (so auch im Ehrendekret für Nikander und Polyzelos, Z. 59f.).842 Da dieses Recht zum Zeitpunkt des Ehrengesuchs den meisten Met öken fehlte, dürfte der Antrag beim Rat meist von einem befreundeten Athener ge stellt worden sein. Beim Antragsteller könnte man z.B. an den Prostates des Metöken denken, von dessen Aktivitäten man kaum etwas erfahrt. Nach der Einreichung des Ehrengesuchs beim Rat unterzogen die amtieren den Prytanen die darin genannten Leistungen und erbetenen Ehrungen einer sorgfäl tigen Prüfung und erstellten ein Gutachten (προβούλευμα) für die nächste Sitzung der Ekklesie. Das Gutachten enthielt, wie das Ehrengesuch auch, die Leistung des Wohl täters und dessen Belohnung, der sich einerseits aus zur Befriedigung der eigenen Philotimie gedachten Auszeichnungen, andererseits aber aus rechtlichen Vergünsti gungen zusammensetzte (merkwürdigerweise wurde zwischen realen Privilegien wie Politie, Enktesis oder Isotelie und profanen Auszeichnungen wie Kränze, Speisung im Prytaneion oder Prohedrie bei staatlichen Agonen begrifflich nicht unterschieden, son dern alles unter dem Ausdruck δωρεαί oder τιμαί subsumiert).843 Während die Diskus sion über die Gestalt der profanen Ehren, die ohne besonderen Aufwand zu bewerk stelligen waren, kaum Zeit in Anspruch genommen dürfte, muß den Prytanen als ei ner aus der gesamten Bürgerschaft ausgelosten und somit alle Schichten repräsentie renden Gruppe die Entscheidung darüber, welche der als sehr kostbar empfundenen bürgerlichen Rechte den Fremden gewährt werden sollten, große Schwierigkeiten be reitet haben. Weil es dem "über sein Bürgerrecht eifersüchtig wachenden Bürgerver band"844 nicht leicht fiel, rechtliche Vergünstigungen wie Enktesis oder gar das Bür gerrecht selbst an Fremde zu verleihen, galt es, die Leistungen genau zu prüfen, sie gleichsam wie in einer Waagschale abzumessen und ihren Gegenwert aus der breiten Latte der zur Verfügung stehenden Privilegien zu bestimmen.845 Anders ist die Fülle von Privilegien mit unterschiedlichem Inhalt, von denen viele bereits im 5. Jahrhun dert geschaffen und wohlüberlegt als Einzelprivileg oder in Kombination mit ande ren den fremden Wohltätern je nach Verdienst vergeben wurden, gar nicht zu erklä-
842
Zahlreiche Beispiele für Proshodos bei Henry, Honours 191ff. Die Ehrendekrete IG I 3 55, Z. 1-5 und IG I 165, Z. 18-22 enthalten auch Strafbestimmungen gegen die amtierenden Prytanen, wenn sie die Geehrten auf deren Wunsch hin nicht vor Boule und Demos führen. Vgl. Koch, Seebundangelegenheiten 443. 843 Kahrstedt, Staatsgebiet 328 Anm. 1: "Amtlich heißt δωρεά jede Bewilligung des Volkes an eine Einzelperson, in der Regel sogar des Bürgerrechts ..."; s. auch Bolkestein, Wohltätigkeit 164 mit zahlreichen Belegen. 844 Gehrke, Stasis 232. 845 In der Leptinea des Demosthenes (20.122f.) heißt es, der Demos müsse sich um eine proportio nale Belohnung seiner Wohltäter bemühen: δει τούνυν μεμερίσθαι και τα των δωρειών, V ής αν άξιος ων έκαστος φαίνεται, ταύτην παρά του δέμου λαμβάνη την δωρειάν.
198
V. Die Dankbarkeit der Polis
ren. Wie vielfältig solche δωρεαί (rechtliche Privilegien + Ehren) im 4. Jahrhundert sein konnten, mag das Ehrendekret für die beiden Freunde Polyzelos und Nikander verdeutlichen: όπως αν ούν ίχπασιν ήι φανερόν οτι ή βουλή και ό | [δ]ήμος ό Αθηναίων έπίσταται χάριτας άποδιδόνα|[ι κ]αταξίας τοις φιλοτιμουμένοις ει[ς] έα[υτ]ό[ν, άγ|α]θήι τύχηι, δεδόχθαι τεΐ βουλεΐ τους προέδρους || [οι] αν λάχωσιν προεδρεύειν εν τώ[ι] δ[ήμωι] εις τή[ν π|ρώ]τ[η]ν έκκλησία[ν] χρηματίσαι περί αύ[τ]ώ[ν κ]αθά[πε|ρ αύτ]ο[ι δέ]ονται, γνώμην δε συμβάλλεσθαι [της βουλ|ής ε]ί[ς] τον δήμον οτι δοκεΐ τεΐ βουλεΐ, έπα[ινέσαι | Νίκα]νδρον Άντιφάνους Ίλιέα και Πολύ[ζηλ]ον [Απο||λλοφ]άνους ΤΕφέσιον και στεφανώσαι θαλλοϋ [στεφ]|άν[ω]ι έκάτερον αύτων είναι δε αύτοΐς κα[ι ί]σ[οτέλ|ειαν] παρά του δήμου και αύτοΐς και τοις έγγό[νοι|ς αύτ]ώ[ν] και γης και οικίας ενκτησιν και τά[ς εισφ|οράς] αυτούς εισφέρειν μετ' 'Αθηναίων και [τάς στρ||ατε]ίας στρατεύεσθαι δταν και Αθηναίοι [στρατε|ύων]τα[ι]· έπιμελεΐσθαι δε αύτ[ών] και [τήν β]ουλ[ήν τή|ν] αεί βουλεύουσαν και τους στρατηγούς, όπως αν | [μ]ηδ' ύφ' ενός άδικώνται* και είναι αύτοΐς πρόσοδο| [ν] προς τήν βουλήν και τον δήμον δταν δέωνται.846 Obwohl Nikander und Po lyzelos mit der uneingeschränkten Enktesis, Isotelie und der Gleichstellung mit den Bürgern im Militärdienst sowie bei der Bezahlung der Eisphorai an rechtlichen Privi legien das Höchste erhielten, was unterhalb der Bürgerrechtsverleihung vergeben wurde, umfaßt ihre langer Ehrenkatalog bei weitem nicht alle δωρεαί, die die Athener im 4. Jahrhundert für ihre Wohltäter bereithielten: Dort fehlen etwa an rechtlichen Vergünstigungen die verschiedenen Formen der Atelie, an Auszeichnungen die Er nennung zum Proxenos und Euergetes und an einfacheren Ehren Einladung zum Gastmal im Prytaneion (ξένια), Prohedrie u.a.847 Ich habe ausführlich aus dem Dekret für Nikander und Polyzelos zitiert, weil man aus den die Ehrungen einleitenden Zeilen 48f. entnehmen kann, daß die Volks versammlung die im Gutachten der Boule empfohlenen δωρεαί ohne Änderungen zum Beschluß erhob, was nicht immer der Fall war.*48 Die Volksversammlung war die über den Grad der Belohnung letztlich entscheidende Instanz, in der der vom Rat empfohlene Antrag in Rede und Gegenrede nochmals erörtert und die Würdigkeit des Wohltäters und dessen Verdienste einer erneuten Prüfung unterzogen wurden.849 Natürlich hatte die Ekklesie die Hoheit darüber, den vom Rat empfohlenen Antrag abzulehnen oder umzuändern. Dies konnte geschehen, wenn manche Bürger mit der Begründung der Ehrung oder mit den von den Prytanen vorgeschlagenen Ehrungen nicht einverstanden waren, weil diese als zu gering oder zu hoch empfunden wurden. Davon zeugen einige in der Ekklesie getroffene Bestimmungen, die als Ergänzungen zum Probouleuma in manche Ehrendekrete eingegangen sind. Ein schönes Beispiel hierfür bietet der Beschluß IG II 29 für den Parionier Phanokritos aus dem Jahr 387/6: Das vom Rat erstellte Gutachten sah die Ernennung des Phanokritos zum Euergetes Athens vor mit der Begründung, daß dieser die im Hellespont gegen Antalkidas operierenden athenischen Strategen über die feindliche Flottenbewegung beM« IG II 2 505, Z. 42-59. Zu den verschiedenen Ehren und Privilegien s. Kahrstedt, Staatsgebiet 327ff. 848 IG ΙΓ 505, Z. 47f.: γνώμην δε συμβάλλεσθαι [της βουλ|ής ε]ΐ[ς] τον δήμον οτι δοκεί τεΐ βουλεΐ κτλ. ™ Demosth. 20.139. 847
Vergabe von Pnvilegen und Ehrungen an Metöken
199
nachrichtigt hatte. Die Ekklesie war mit dieser Begründung nicht einverstanden, son dern fügte auf Antrag eines gewissen Kephalos der Motivation ergänzend hinzu: Phanokritos "hat den Strategen den Anmarsch der Schiffe gemeldet, und wenn die Stra tegen auf ihn gehört hätten, wären die gegnerischen Trieren genommen worden" (Z. 11-15). Auch
die vom Rat vorgeschlagene Belohnung schien der Ekklesie als zu gering veran schlagt, weswegen Phanokritos zusätzlich zum Euergetes auch zum Proxenos er nannt wurde (hier zeigt sich einmal mehr, daß Proxenie kein Amt ist, sondern als Be lohnung für geleistete Dienste vergeben wird) und einen Teil der den Spartanern ab genommenen Beute zugesprochen bekam.850 Sofern Amendements der Ekklesie in das Ehrenkatalog einer Inschrift über haupt Eingang gefunden haben, beinhalten sie ausnahmslos δωρεαί, die zusätzlich zu jenen im Probouleuma vorgesehenen Ehrungen zugunsten des Konzepienten be schlossen wurden. Nicht aufgenommen wurden hingegen von der Ekklesie abgewiese Ehrungen. Das ist verständlich, denn der Demos hätte durch eine solche Zurschau stellung der verweigerten Ehren seine Euergeten erniedrigt, was der Absicht eines veröffentlichten Steindokuments widersprach. Auch nach dem Inkrafttreten des Volksbeschlusses konnte es dazu kommen, daß einem Wohltäter die verliehenen δωρεαί wieder entzogen wurden, weil jeder Athener daß Recht besaß, gegen den Beschluß eine gerichtliche Anklage zu erheben. Das prominenteste Opfer unter den Metöken war Lysias, dessen Bürgerrecht angeb lich eines Formfehlers wegen bald nach der Verleihung annuliert wurde.851 Jedoch kamen Kassierungen verliehener Ehren während der Volksherrschaft selbst selten vor, häufiger hingegen nach oligarchischen Umstürzen, wenn die herrschenden Krei se in dem von den Demokraten Geehrten einen Gegner der neuen Verfassung sahen. Allerdings wurden die Privilegien nach einer demokratischen Restauration gewöhn lich wieder erneuert und die umgestürzten Stelen neu abgefaßt.852
850
IG ΙΓ 29, Z. 6-22: Κέφαλος είπε* τά μεν άλλα καθάπερ [τ]|ήι βόλεϊ, άναγράψαι δε Φανόκριτο[ν] | τον Παριανόν πρόξενον και εύεργ[έ]|την αυτόν και τός έκγόνος εν στήλ[η]||ι λιθίνει και στησαι εν άκροπόλε[ι | τ]όγ γραμματέα της βολής, επειδή π[α|ρ]ήγγελε τοις στρατηγοίς περί [των | ν]εών το παράπλο, και ει οί στρατ[ηγο|ι] έπίθοντο, έάλωσαν αν α[ί] τρ[ι]ήρε[ι]ς || αί πολέμιαι* αντί τούτων είναι [κ]αι τ|ήν προξενίαν και τήν εύεργεσί[αν κ]|αϊ καλέσαι αυτόν επί ξένια εις τ[ό π]|ρυτανεΐον εις αύριον μερίσαι δε τ|ό αργύριον το είρημενον τός άποδέ||κτας εκ των καταβαλλομένων χρημά|[τ]ων, έπειδάν τά έκ των νόμων μερ[ίσω|σι]. Zur historischen Einordnung des Dokuments s. Judeich, Kleinasiatische Studien 104f. mit Anm. 1 und Rosen, Ehrendekrete 281. Wahrscheinlich kehrte Phanokritos von einer Geschäftsreise von Pontos nach Athen zurück, als er irgendwo im Hellespont den Strategen die Kunde vom Herannahen der feindlichen Flotte brachte. Man könnte bei ihm an einen im Dienste Athens stehenden und dort ansässigen Naukleros denken, der die Stadt mit pontischem Getreide versorgte. Jedenfalls hielt er sich zum Zeitpunkt des Beschlusses in Athen auf, wo er für den darauffolgenden Tag zum Gastmahl ins Prytaneion eingeladen wurde. (Man fragt sich, wieviele Proxenos-Kandidaten überhaupt von ihren Heimatstädten nach Athen reisten, um zum Zeitpunkt ihrer Ernennung dort anwesend zu sein. Phanokritos hingegen konnte nicht einmal sicher sein, daß die Athener ihm überhaupt die Proxenie verleihen würden). 851 [Plut.] Vit. X orat. (mor.) 835F-836A mit Loening, Autobiographical Speeches 282ff. 852 Beispiele bieten IG I 3 227; IG II 2 6; IG II 2 9; IG II 2 66c; IG Π2 391; IG IT 448; vgl. Wilhelm, Akademieschriften I, 631 ff.
200
V. Die Dankbarkeit derPo/is
Bereits seit den ersten Tagen der Demokratie erkannte Athen seinen fremden Wohltätern Privilegien und Ehren zu, sowohl solchen, die als Metöken in der Stadt lebten, als auch solchen, die ihren Wohnsitz im Ausland hatten. Allein die Verdienste zählten, nicht der Aufenthaltsort des Wohltäters. Dies ist umso bemerkenswerter, als die Stadt - von seltenen Ausnahmen abgesehen - relativ spät dazu überging, auch den eigenen Bürgern Ehrungen zuzuerkennen. Erst gegen 340 kommt der Brauch auf, abtretende Beamten, Prytanen und Bouleuten zu ehren, wobei der Grad der Eh rung selten über Bekränzung und Belobigung hinausging. Höhere Ehrungen wie Sitesis, Prohedrie und Statuen wurden erst gegen Ende des 4. Jahrhunderts vergeben, u.z. nicht für herausragende Einzelleistungen, sondern "in Würdigung einer jahrzehnte langen, ebenso verdienstvollen wie untadeligen politischen Tätigkeit".853 Daher muß ten athenische Politiker bis ins hohe Lebensalter warten, bis sie solche höheren Eh rungen für sich beanspruchen konnten.
853
Habicht, Studien 124. Vgl. ders., Untersuchungen 50f. und Quaß, Honoratiorenschicht 23f.
201
1. Rechtliche Vergünstigungen a. Proxenie Wie bereits bei der Behandlung um Athens Lebensmittelversorgung verdienter Emporoi und Naukleroi berührt (S. 151 f.), wurden auch Metöken zu athenischen Proxe noi ernannt, u.Z. nicht erst seit dem 4., sondern bereits im 5. Jahrhundert. Die Verlei hung der Proxenie an ortsansässige Fremde erfolgte in einem viel größeren Umfang als es von der Forschung bislang wahrgenommen worden ist.854 Damit sich diese Be hauptung nicht als haidos erweist, seien zunächst einige dies belegende Zeugnisse vorgestellt, bevor wir uns der eigentlichen Frage nach dem Wesen der Proxenie zu wenden und auf das Bild der Proxenie in der Forschung eingehen. In den für wirtschaftliche und soziale Fragen höchst wichtigen Phialai Exeleutherikai aus den 320er Jahren finden wir neben fremden Emporoi und Isotelen auch mehrere Proxenoi verzeichnet, die ihre Sklaven freiließen.855 Als diese Manumissionslisten abgefaßt wurden, lebten diese Proxenoi in Athen. Dies gilt ebenso für den Proxenos Antiphilon, der auf einem Hypotekenpfandstein aus dem Jahr 267/6 er wähnt wird.856 Grabinschriften aus Attika sind weitere Zeugen dafür, daß manche Proxenoi ihren Wohnsitz in Athen hatten. Beispielsweise zeigt ein Epigramm aus der Mitte des 5. Jahrhunderts, daß der athenische Proxenos Pythagoras aus Selymbria in der Stadt starb und auf Staatskosten im Kerameikos bestattet wurde;857 oder. Als Gat tin und Tochter des Megarers Diogeitos irgendwann im 4. Jahrhundert in Athen ver starben, ließ dieser athenische Proxenos für sie eine Grabstele errichtete.858 Literari sche Quellen liefern weitere Beispiele dafür, daß athenische Proxenoi in der Stadt selbst lebten. So ist etwa im Geschichtswerk des Thukydides (8.92) für das Jahre 411 festgehalten, daß sich ein mit dem Historiker namensgleicher Pharsalite als Schlichter einschaltete, als zwischen den Vierhundert und dem gemäßigten Flügel der Oligarchen unter Theramenes wegen der Befestigung der Eetioneia ein heftiger Konflikt entstand. Der Geschichtsschreiber erwähnt ausdrücklich, daß sein Namensvetter aus Pharsalos damals seinen Wohnsitz als Proxenos in Athen hatte. Gelehrte wie H. Francotte,859 E. Erxleben,8^ M. Walbank861 und viele andere, die eine Proxenie854
Die früheren Ansichten über die Ernennung von Metöken zum Proxenos finden sich bei Whitehead, Metic 62 Anm. 10 knapp zusammengefaßt. Er schließt sich Wilhelms Meinung an, "that, exeptionally, 'honorific' proxenie might be given to resident foreigners ... Such men, together with any exiled proxenoi, formed a special category of residents with proxenos as their offical designation". 855 IG II21556, Z. 42 und 44; IG II 2 1561, Z. 33 sowie IG II2 1570, Z. 22. 85 * Athenian Agora XIX, S. 48 H117, Z..4f. (= Finley, Horos-Inscriptions 190, 164A). 857 IG I31154; weitere Editionen: Peek, GIV 45 = GG (1960) 55f. Nr. 20 und Walbank, Proxenies Nr. 9 (s. 79ff. mit älterer Lit.); vgl. Pope, Non-Athenians 75; F. Gschnitzer, Art. Proxenos, RE Suppl. XII, 1973, 714; Marek, Proxenie 387. 858 IG II 9304: Άριστομάχη | Διογείτου | Μεγαρέως | προξένου || γυνή Πολυκρατίς | Διογείτου | Μεγαρέως | προξένου || θυγάτηρ Zu zwei weiteren Grabinschriften von Proxenoi s. Salta, Attische Grabstelen 242. 859 De la condition des etrangers dans les cites grecques, in: ders., Melanges de droit public grec,
202
V. Die Dankbarkeit der Po/is
Verleihung an Metöken von vornherein für unmöglich erklären, weil sie die Proxenie als ein fest definiertes "Amt" mit Pflichten und Aufgaben begreifen, die der Proxenos nur in seiner Heimatstadt erfüllen konnte, werden zum Argument greifen, daß al le oben genannten Proxenoi erst nach ihrer Ernennung nach Athen umsiedelten. Da her komme ich nicht umhin, noch nach aussagekräftigeren Belegen zu suchen. Eine zentrale und, soweit ich sehe, bislang gar nicht herangezogene Stelle, aus der die Vergabe der Proxenie an Metöken hervorgeht, ist die gegen Leptines gehalte ne Rede des Demosthenes (20.131-133). Leptines begründete seinen kühnen, 356 eingereichten Antrag, allen Fremden und Bürgern die Atelie abzuerkennen und dieses Privileg künftig nicht mehr zu verleihen, u.a. damit, daß einige in Athen lebende Pro xenoi sich unrechtmäßig als Inhaber der Atelie ausgegeben und sich so vor bestimm ten Leistungen wie der Übernahme einer Choregie gedrückt hatten.862 Demosthenes, der diesem Antrag energisch entgegentrat und verhinderte, daß er zum Beschluß er hoben wurde, gesteht zu, daß die Behauptung des Leptines der Wahrheit entsprach. Es sei richtig, daß die Atelie kein notwendiger Bestandteil der Proxenie war, sondern von ihr unabhängig nur Personen zuerkannt wurde, die sich durch besonders hervor ragende Leistungen um Athen verdient gemacht hatten. Daher sei es in der Tat eine Frechheit und unehrenhaft, wenn einige Proxenoi von der Atelie Gebrauch machten, obwohl ihnen der Demos dieses Privileg gar nicht verliehen habe. Erfreulicherweise nennt der Rhetor jene Proxenoi, die sich die Atelie angemaßt hatten: Leute aus Megara und Messene, laut Demosthenes "eine ganze Volksschar" (es waren wohl Flücht linge); neben diesen aber auch "eine Anzahl von Sklaven und Taugenichtse, wie Ly kidas und Dionysios und solches Gesindel mehr [...] Zur Proxenie freilich ist durch euere Politiker gar manchem diesen Schlags verholfen worden, und einer von diesen ist Lykidas".863 Diesen (in Athen lebenden) Lykidas bezeichnet Demosthenes als ei nen Sklaven des Strategen Chabrias.864 Dionysios und einige weitere Proxenoi von ih rem Schlage würden gleichfalls dem Sklavenstand angehören.865 Die Vedeihung irgendeines Privilegs an einen Sklaven ist jedoch undenkbar. Daher waren Lykidas, Dionysios und die anderen namenlich nicht genannten Proxenoi zum Zeitpukt ihrer Ernennung sicher bereits freigelassen, besaßen damals also den Rechtsstatus eines Metöken. Demosthenes macht einige bestochene Politiker dafür verantwortlich, das Volk dazu verführt zu haben, unwürdige Personen wie Lykidas und seinesgleichen mit der Proxenie auszuzeichnen.866 Auch diese Behauptung des Redners bedarf einer Lieges-Paris 1910, 216ff. 860 S.o. S. 151 Anm. 643. 861 MB.Walbank, Athens, Carthage and Tyre, ZPE 59, 1985,110. 862 Vgl. auch Demosth. 20.1 und 85. 863 Demosth. 20.131 f.: έτι τοίνυν ίσως επισύροντες ώς Μεγαρείς και Μεσσήνιοί τίνες είναι φάσκοντες, έπειτ' ατελείς είσιν αθρόοι, παμπληθεΐς άνδρωποι, καί τίνες άλλοι δούλοι και μαστιγίαι, Λυκίδας καί Διονύσιος, και τοιούτους τινάς έξειλενμενοι... πρόξενοι μέντοι πολλοί δια των πολιτευομεμων γεγόνασι παρ' ύμϊν τοιούτοι, ων εις έστιν ό Λυκίδας. ^Demosth. 20.133. «« Ebd. 866 Demosth. 20.132: αλλ' έτερον πρόξενόν έστ' είναι καί άτελειαν εύρήσθαι. μη δη παραγόντων ύμας, μηδ', οτι δούλος ων ό Λυκίδας καί Διονύσιος καί τις Ίσως άλλος δια τους μισθού τα τοιαύτα γράφοντας
/. Rechtliche Vergünstigungen
203
Korrektur: Diese ehemaligen Sklaven werden sich in irgendeiner Weise um das Wohl der Athener verdient gemacht haben, denn sonst wären sie - trotz einflußreicher Hel fer - nicht mit der Proxenie belohnt worden. Wenn es demnach die stolzen Bürger Athens über das Herz brachten, Freigelassene mit der Proxenie auszuzeichnen, wie sollten sie das bei den freigeborenen Griechen, die unter ihnen als Metöken lebten, nicht getan haben? Daß dem so war, belegen zahlreiche Inschriften mit Proxenieverleihungen. Ich kann natürlich nicht alle erhaltenen athenischen Proxeniedekrete, deren Anzahl wahr scheinlich 300 übersteigt, nach dem Status des Konzepienten hin untersuchen (was ohnehin nicht möglich wäre, weil in den meisten Dekreten konkrete Taten, die über den Aufenthaltsort und somit den Status des Geehrten Auskunft geben könnten, gar nicht oder nur unzureichend verzeichnet sind und zudem viele Stelen stark zerstört sind), sondern treffe eine Auswahl (IG I3 164; IG I3 182; IG I3 227; IG II2 242+373; IG II2 347; IG II2 835). In der ersten Phase des Peloponnesischen Krieges ernannte der Demos [Tijmanax, Sohn des As[klepios] oder As[klepiades] (sein Name deutet darauf hin, daß auch er ein Arzt war), und einen weiteren, namentlich unbekannten Arzt zu Pro xenoi und Euergetai. Der Zusatzantrag im Dekret IG I 164 begründet ihre Aus zeichnung mit ihrer Tätigkeit als Gemeindeärzte (δημόσιοι ιατροί).867 Wie verschie dentlich gedeutet wurde, haben die beiden in ihrer Funktion als öffenliche Ärzte wohl während der großen Seuche die hilfsbedürftigen Bewohner Athens medizinisch betreut ([δια το λοιμ]δ δεμοσιεύεν, Ζ. 12f.).868 Sie erhielten zusätzlich zu anderen Privi legien Befreiung von der Garnisonspflicht und wahrscheinlich vom Militärdienst.869 Solche Vergünstigungen sind speziell auf Metöken zugeschnitten und belegen wie die Arzttätigkeit der beiden Geehrten, daß diese zum Zeitpunkt des für sie abgefaßten Proxenie-Beschlusses in Athen lebten. In Piatons Ion (541cd) lobt Sokrates seine athenischen Mitbürger dafür, daß sie Apollodoros aus Kyzikos, Herakleides aus Klazomenai und Phanosthenes aus Andros zu ihren Strategen gewählt und ihnen andere wichtige Ämter übertragen ha ben, weil diese xenoi "gezeigt haben, daß sie bedeutende Männer sind". Im Falle des Phanosthenes (PA 14083) bestätigt Xenophon (hell. 1.5.18), daß dieser im Jahre 407/6 das Strategenamt bekleidete. Bevor der Andrier das Bürgerrecht erhielt (und έτοιμως πρόξενοι γεγόνασι, δια τοϋθ' έτερους άξιους και ελευθέρους και πολλών αγαθών αιτίους, άς έλαβον δικαίως παρ' υμών δωρειάς άφελέσθαι ζητούντων. 867 IG Ι 164, Ζ. 9-13 in der Ergänzung von Reiter, Proxenoi und Euergetai Nr. 38. Δεμοκλείδες [είπε· τά μεν άλλα καθ]||άπερ τέι βολε|Υ υπέρ δε το δέμο Τι]|μάνακτα τον Άσ[κλεπιδ διά το λοιμ]|ο δεμοσιεύεν [ ]. Dort 268ff. eine ausführliche Behandlung des Dekrets und eine Zusammenfassung der Forschungsliteratur. 868 Bereits A. Wilhelm, JÖAI 1, 1898, Beiblatt 44, hat evident erschlossen, daß die Honoranden als öffentliche Arzte tätig waren; s. auch Reiter, Proxenoi und Euergetai 268ff.272ff. mit einer genauen Begründung der Datierung. 869 IG I 3 164, Z. 28-30 in der Wiederherstellung von Wilhelm, Attische Urkunden IV, 33 (= Akademieschriften I, 554): [και μεφικίο άτέ]λειαν εϊν[αι αύτοϊν Άθέ|νεσι και φ]ροράς και [στρατείας]. Wil helms Ergänzung übernehmen auch Walbank, Proxenies Nr. 68 und Reiter, Proxenoi und Euergetai Nr. 38.
204
V. Die Dankbarkeit der Po/is
Stratege werden konnte), wurde er zusammen mit einem gewissen Antiochides zum athenischen Proxenos ernannt. Als Grund für diese Auszeichnung gibt seine ge wöhnlich in die Zeit zwischen 410/9 und 407/6 datierte Proxenieurkunde IG I 182 die Herbeischaffung von Schiffsbauholz an.870 Wie A.E. Raubischek richtig vermutet hat, siedelte Phanosthenes spätestens im Jahre 411 (Zerstörung von Andros), mögli cherweise schon zu einem früheren Zeitpunkt, nach Athen über, wo er nacheinander die Proxenie und die Politie erhielt.871 Dort betätigte er sich als Importeur von — für die Stadt lebensnotwendigen — Schiffsbauholz, wie aus seinem Proxeniebeschluß ein deutig hervorgeht (viele, die in ihren Heimatstädten der Oberschicht angehörten, wandten sich im Ausland zeitweise dem Handel zu. Bestes Beispiel dafür ist der Athener Andokides [PA 828], ein Zeitgenosse des Phanosthenes). Phanosthenes bie tet demnach ein weiteres Beispiel dafür, daß der Demos in der Stadt ansässige Frem de zum Proxenos ernannte. Dies könnte bei dem von Sokrates im selben Atemzug mit Phanosthenes er wähnten Herakleides aus Klazomenai (PA 6489) ebenfalls der Fall sein. Bevor Hera kleides zu einem unbekannten Zeitpunkt des Peloponnesischen Krieges eingebürgert wurde und eine wichtige Rolle in der athenischen Innenpolitik zu spielen begann Aristototeles (Ath. poL 41.34) schreibt ihm die Erhöhung des Ekklesiastensolds von 2 auf 3 Obolen zu! —, war er wie Phanosthenes zum athenischen Proxenos ernannt worden.872 Gemäß seiner um 424/3 beschlossenen und ca. 399/8 neu abgefaßten Proxenieurkunde IG I 227 (die ursprüngliche Stele war wahrscheinlich zusammen mit dem Politiebeschluß von den Dreißig umgestürzt worden) hatte Herakleides sei ne Belohnung (neben Proxenie auch wertvolle Privilegien wie Atelie, uneingeschränk te Enktesis und strafrechtliche Gleichstellung mit den Athenern) sich damit verdient, daß er zwei athenische Gesandtschaften bei den Verhandlungen mit dem persischen Großkönig unterstützt hatte: Die Gesandten berichten in der Ekklesie, "daß Hera kleides mit ihnen eifrig zusammenwirkte beim Abschluß des Vertrags mit dem König und beim anderen, wozu sie ihn aufgefordert hätten".873 Leider wissen wir nicht, ob Herakleides sein Domizil bereits vor der Ernennung zum Proxenos in Athen hatte und den Gesandten deshalb als Beistand mitgegeben worden war, weil er über gute Kontakte zum Königshof verfugte, oder aber sich als Gefolgsmann des Großkönigs 870 IG I3 182, Z. 6ff. Zur Datierung des Dekrets s. Merkt, Hesperia 14, 1945, 129ff. (411/10407/6); B.R. MacDonald, The Phanosthenes Decree. Taxes and Timber in Late Fifth-Century, Hes peria 1981, 141ff. (410/9-407/6); Osborne, Naturalization III, 32f. (T9), Reiter, Proxenoi und Euergetai 296ff. (410/9-408/7). 871 Raubitschek, Art. Phanosthenes, RE XIX, 1938, 1786. Zum Fall von Andros i.J. 411 s. auch Th. Saucius, Andros, Wien 1914, 65ff. Alle Testimonien zu Phanosthenes sind gesammelt und disku tiert bei Osborne, Naturalization III, 31 ff. T9. 872 Funke, Homonoia und Arche lllff., bes. 116f. reiht ihn unter die führenden Politiker der 390er Jahre. 873 IG I 227, Z. 15-19: επειδή δε oi πρέσβες | oi π]αρά βασιλέως ηκ[οντες άγγέλλοσι Ή|ρακ]λείδην συμπράτ[τεν έαυτοΐς προθύ|μως] ες τε τάσπονδάς [τάς προς βασιλέα έ|ς τε ά]λλο ö π ε7ταγγέ[λειαν κτλ.]. Bei den Gesandtschaften dürfte es sich um die von 425/4 und 424/3 handeln, die zum Epilykosfrieden führten; s. dazu M.B. Walbank, Herakleides and the Great King, EMC 33, 1989, 347ff.; Reiter, Proxenoi und Euergetai 310f. und Veligianni-Terzi, Wertbegriffe 22f.
/. Rechtliche Vergünstigungen
205
in dessen näherer Umgebung aufhielt. Daher habe ich ihn bei meinen obigen Aus führungen über die diplomatischen Hilfeleistungen von Metöken ausgeklammert. Von den nicht wenigen Proxenie-Dekreten, die im 4. Jahrhundert für Met öken beschlossen wurden, genügt es, wenn ich die Urkunden für den Arzt Euenor und den Komödiendichter Amphis näher erörtere.874 Der ιατρός Euenor aus dem akamanischen Argos ist aus drei Ehrendekreten bekannt, aus denen sich der Aufstieg eines Fremden vom einfachen Metöken zum Proxenos und anschließend zum athenischen Bürger rekonstruktieren läßt.875 Die Zusammensetzung von IG ΙΓ 242+373 durch M. Walbank hat unlängt bewiesen, daß die Proxenieverleihung an den Arzt in das Jahr 337/6 ([έ]πί Φρυνίχ[ο]υ α[ρχοντος, IG II 2 242, Ζ. 2) fällt.87* Wegen der zeitli chen Nähe zu der Schlacht von Chaironeia vermutet Walbank, daß Euenor sich seine Ernennung zum Proxenos und Euergetes durch seine medizinische Betreuung der in der Schlacht Verwundeten verdient hatte. Das in seine Proxenieurkunde eingegange ne προβούλευμα umschreibt seine Auszeichnung nur mit einer allgemeingehaltenen, über den Anlaß der Ernennung nichts aussagenden Formulierung: έ[πειδ]ή Εύή[νωρ] Άκαρνάν<ιος> πρόθυμος έστι[ν] || περί τον δήμον τον Αθηναίων και ποεΐ οτ[ι] | δύναται αγαθόν, είναι {δε} αυτόν πρόξενο[ν] | και εύεργέτην του δήμου του 'Αθηναίων κα|ί αυτόν και έκγόνους (IG II 373, Ζ. 4-8). Die Begründung der Ekklesie, die dem Probouleuma vorangestellt war (IG II 242, Z. 8ff.), ist leider stark zerstört und läßt keine siche re Ergänzung zu. Allerdings nimmt das zweite, auf derselben Stele angebrachte Psephisma für Euenor aus dem Jahr 322/1 auf den früheren Proxeniebeschuß Bezug: [έπ]ειδή δε Εύήνωρ Εύηπίου δι* εύεργεσίαν πρόξεν|[ο]ς έγένετο του δήμου του 'Αθηναίων και άπαντα οσ||[α] προσέταξεν αύτώι ό δήμος ό 'Αθηναίων και ιδίαι | και κοινεΐ έτπμέλεται κτλ. (IG II 373, Ζ. 23-26). J.H. Lipsius hat άπαντα οσα προσέταξεν αύτώι ό δήμος ό 'Αθηναίων και ιδίαι και κοινεΐ έπιμέλεται so verstanden, daß der Akarnane von den Athenern zum Gemeindearzt ernannt worden war.877 Daher ist seine medizinische επιμέλεια für die bei Chaironeia verwundeten Athener und Metöken als Grund für seine Ernennung zum Proxenos sehr wahrscheinlich. Der Arzt hielt sich spätestens seit 338 permanent in Athen auf, wo er im Jahre 337/6 Proxenos und Euergetes wurde, im Jahre 322/1 die Enktesis und im Jahre 319/18 (oder 307/6) aufgrund sei ner langjährigen medizinischen Hilfe sowie einer Spende von einem Talent [ε]ίς τήν παρασκευήν das athenische Bürgerrecht erhielt.878 Walbank hält Euenor für einen Verbannten, der kurz vor seiner Ernennung zum Proxenos zusammen mit anderen akamanischen φυγάδες nach Athen kam.879 Diese Annahme erscheint mir wenig wahrscheinlich, weil den anderen akamanischen Flüchtlingen, die 338 in Athen aufgenommen wurden, noch im selben Jahr die Enk tesis gewährt wurde, während ihren Anführern Phormion und Karphinas das Bürger874
S. auch die oben S. 149ff. besprochenen Händler und das Gesamtverzeichnis S. 257ff. Schwenk, Laws and Decrees 440ff. Nr. 88 und Osborne, Naturalisation I, D50, II 129f. 876 Walbank, Proxenia for Euenor 199ff.; vgl. auch Veligianni-Ter2i, Wertebegriffe lOOf. 877 Lipsius, Metökenrecht 12. Euenor wird erst im Dekret IG IT 374, Z. 4, als [ί]ατρός bezeichnet. 878 Osborne, Naturalization II 129f. 879 Walbank, Proxenia for Euenor 201; vgl. auch Veligianni-Terzi, Wertbegriffe 101. 875
206
V. Die Dankbarkeit der Po/is
recht aktualisisert wurde.880 Euenor hingegen erhielt die Enktesis nachweislich erst 322/1 (IG II 373, Z. 29f.). Daher dürfte er gar kein φυγάς gewesen sein und sich in Athen bereits vor 338 niedergelassen haben. Diese Überlegungen sind aber für unse re Fragestellung nicht von allzu großer Bedeutung. Viel wichtiger ist Walbanks Zuge ständnis, daß Euenor bereits in Athen lebte, als er zum Proxenos ernannt wurde.881 Diese richtige Erkenntnis dürfte ihm nicht leicht gefallen sein, denn sie widerspricht seiner wenige Jahre zuvor im Zusammenhang mit der Proxenieverleihung (IG II 342) an zwei Emporoi aus Tyros geäußerten These, daß die Athener "during the Period from 350-320" (und natürlich auch vorher) keinem die Proxenie verliehen hät ten, "who was not in a position to carry out the duties of a proxenos".882 Walbank sieht - wie viele andere vor und nach ihm — in der Proxenie ein konsularisches Amt383 mit fest umrissenen "duties": Weil nach der opinio communis ein Proxenos die ihm mit seiner Ernennung übertragenen Aufgaben nur in seiner Heimat erfüllen konnte, kamen seiner Ansicht nach Metöken als Empfanger der Proxenie gar nicht in Frage. Daher hat er an keiner einzigen Stelle seiner kommentierten Edition der athenischen Proxenie-Verleihungen des 5. Jahrhunderts die Möglichkeit der Ernennung eines in Athen ansässigen Fremden zum Proxenos in Betracht gezogen. Amphis aus Andros gehörte zu den hervorragenden Dichtem der Mittleren Komödie. Aus seinem cevre kennen wir 27 Titel und 50 Fragmente.884 Eine lange Pha se seines Lebens verbrachte er in Athen, weswegen er vom Verfasser der Suda trotz seines nichtattischen Namens für einen Athener gehalten wurde.885 Er schrieb bereits zu Lebzeiten Piatons, den er im Stück Amphikrates wegen dessen Auschauungen über das αγαθόν verspottet.886 Der Dichter ist erst im fortgeschrittenen Alter [έτη Ν]ικήτου άρχοντος (332/1) für seine langjährigen Verdienste um Athen zum Proxe nos ernannt worden: [έ]πειδή "Ανφις Δι...| ... Ά]νδριος διατελεί ε[πιε|ικής ώ]ν τώι δήμωι τώι Άθ[ηνα|ίων κα]ί νυν και εν τώι παρ[ελε||λυθό]τι χρόνωι, δεδόχθαι [τώι | δήμωι] έπαιγέσαι Άμφιν Δι[.| ] Άνδριον και σπεφ[ανώ|σαι κι]ττου [στε]φάνωι άρ[ετη|ς ένεκα και δικ]αιοσυν[ης· εΐ||ναι δε αυτόν πρ]όξενον [και ε|ύεργέτην του] δήμου τ[ου Άθη|ναίων και έκγό]νο[υς ]. 887 Da nur Dichter und Künsder mit Efeukränzen geehrt wurden 880 I G ΙΓ 237 + Add. S. 659 (= Schwenk, Laws and Decrees Nr. 1; Osborne, Naturalization I, D16); vgl. auch Gehrke, Stasis 18 und Hennig, Immobilienerwerb 313. 881 Walbank, Proxenia for Euenor 201. »κ M.B.Walbank, Athens, Carthage and Tyre, ZPE 59,1985, 110. 883 Der Begriff "Amt" als Definition der Proxenie u.a. benutzt von F. Gschnitzer, Art. Proxenos, RE Suppl. XII, 1973, 643.724. Vgl. Skard, Euergetes 9: "Die προξενιά ist ein Amt mit Pflichten und Funktionen; das Wort ist juristisch klar definierbar, wie es noch im Neugriechischen 'Konsul' bedeu tet". 8 <* Kassel/Austin, PCG II (1991), 213-235. 885 Suda, s.v. Amphis: Άμφις, κωμικός, Αθηναίος. Diese Information ist allerdings von Wilhelm, MDAI(A) 1890, 221f. und BPhW 1902, 1097f., Schwenk, Laws and Decrees 195, Osborne, Naturali zation III, 113 PT138 und Veligianni-Terzi, Wertbegriffe 88 Α147, so gedeutet worden, daß Amphis nach seiner Ernennung zum Proxenos auch das athenische Bürgerrecht erhalten habe. 886 Amphis Frg. 6 Kassel/Austin (vgl. Diog. Laert. 3.27). Die Behauptung von Osborne, Naturalization III, 113, Piaton sei ein junger Mann gewesen, als ihn Amphis aufs Korn nahm, ist unbegründet. Das Fragment enthält keinerlei Anspielungen auf das Alter des Piaton. 88 ? IG IT.347, Z. 11-22 (= Schwenk, Laws and Decrees Nr. 38).
7. Rechtliche Vergünstigungen
207
und der Name Amphis in Athen sonst nicht belegt ist, hat bereits Wilhelm den Konzepienten dieses Dekrets mit dem Komödiendichter gleichgesetzt. Seine Identifizie rung ist vorbehaltslos akzeptiert worden.888 Athen hielt auch in hellenistischer Zeit den Brauch aufrecht, Metöken für ihre Verdienste um die Stadt mit der Proxenie auszuzeichnen. Diese Tatsache läßt sich nirgends besser nachvollziehen als aus dem bald nach 229/8 beschlossenen Proxeniedekret IG ΙΓ 835 für Apollas, aus dem man aufgrund der Nennung mehrerer konkreter Leistungen den Aufenthalt des Konzepienten in der Stadt über längere Jah re feststellen kann: Als die Athener in den 230er Jahren zur Verteidigung ihrer Stadt gegen die Achäer und Ätoler Geldmittel benötigten und zu diesem Zweck eine Epidosis ας τήν σωτηρίαν τώμ π[ολιτών] veranstalteten^ erhielten sie von Apollas gleich drei Beiträge. Als sich ihnen im Jahre 230/29 die lang ersehnte Chance bot, gegen ei ne Zahlung von 150 Talenten wieder in den Besitz des Piräus und anderer von den Makedonen besetzten Örtlichkeiten zu gelangen, half der Metöke seiner Wahlheimat mit einem Darlehen von 2000 Drachmen εις τήν έλευθερίαν aus. Zuletzt hat er an ei ner Geldumlage, aus deren Erlös der nunmehr wieder athenisch gewordene ZeaHafen neu befestigt wurde, nochmals den höchst zulässigen Beitrag drei Mal ge zeichnet Für diese Geldzuwendungen und für frühere - in der Inschrift nicht erhal tene Verdienste (der Stein setzt mitten im Motivbericht ein), wurde er mit einem Oli venkranz geehrt und erhielt für sich und seine Nachkommen die Proxenie sowie für sich allein die Enktesis: είναι δε αυτόν πρόξενον [αυτόν και έκ|γόν]ους* ύπάρχειν δ' αύτώι και εγκ[τησιν οικίας έν|τός ταλά]ντου, γης δέ δυεΐν ταλάντ[ων].Μ9 In seiner 1933 erschienenen Doktorarbeit über cT)ie attische Metoikie im vier ten Jahrhundert" behauptet P. Gehrhardt "In Athen ansässige Metöken aber wurden nie mit der Proxenie ausgezeichnet, denn das wäre eine ebenso sinnlose wie für den die Proxenie verleihenden Staat wertlose Maßnahme gewesen".890 Diesen Irrtum konnte Gehrhardt nur begehen, weil bereits Gelehrte des 19. Jahrhunderts unter dem Rückgriff auf das gut bekannte Konsularwesen des Mittelalters891 und der Neuzeit den Mythos von der Proxenie als "ein Amt mit Pflichten und Funktionen", als eine quasikonsularische Einrichtung geschaffen haben, die es in der griechischen Realität nicht gegeben hat. Nach diesem noch heute als opinio communis geltenden Modell wählte sich jede Polis unter den Bürgern einer anderen Polis einen Proxenos, damit dieser für sie in seiner Heimat vertraglich geregelte Aufgaben wahrnahm. Zur Erbringung welcher Aufgaben sich der Proxenos mit seiner Ernennung verpflichtet habe, kann man etwa bei J. Bleicken nachlesen: "Er wirkt in seiner Heimatstadt in vielfaltige Weise für die ihm so anvertrauten Bürger der fremden Stadt, leistet ihnen 888 Wilhelm, MDAI(A) 1890, 221f.; Billheimer, Naturalization 77.84; Pope, Non-Athenians 15; Schwenk, Laws and Decrees 195; Osbome, Naturalization III, 113; Veligianni-Terzi, Wertbegriffe 88 A147. 889 IG II 2 835, Z. 25-27 (= Maier, Mauerbauinschriften, 80£ Nr. 16). Detaillierte Ausfuhrungen der Verdienste des Apollas oben S. 115f. 890 Gehrhardt, Metoikie 77. 891 S. etwa den Vertrag zwischen Narbonne und Pisa aus dem 12. Jh., auf dessen Inhalt Marek, Handel und Proxenie 69, eingeht.
V. Die Dankbarkeit derPoü's
208
etwa vor den Gerichten seiner Heimatstadt Beistand, gewährt ihnen, mag ihr Reise2weck nun offiziell oder privater Natur sein, in seinem Haus Aufnahme oder ver schafft Gesandten der von ihm betreuten Stadt Zutritt zu den Behörden, ist, kurz ge sagt, die erste Anlaufstelle für jeden Ankömmling, dem er mit Rat und Tat zur Seite steht. Der Proxenos ist also mit dem modernen Konsul zu vergleichen (der allerdings heute meist Angehöriger des fremden Staates ist, für deren Bürger er wirkt), und er war dem Charakter und dem Umfang seiner Aufgaben entsprechend meist ein ein flußreicher und vermögender Mann in seiner Heimatstadt, der auch weite internatio nale Verbindungen besaß".892 Diese konstruierte Funktion der Proxenie deutet sich bereits in den Titeln der ersten umfangreichen Untersuchungen zu diesem Institut an: 'T)e proxenia sive de publico Graecorum hospitio" von M.H.E. Meier (Diss. Halle 1843) und "Des proxenies grecques et de leur analogie avec les institutions consulaires modernes" von Ch.J. Tissot (Dijon 1863).*>3 Erstaunlich ist aber, daß wir in den umfangreichen zeitgenössischen Zeugnis sen zur Proxenie nirgends irgend etwas von solchen Pflichten eines Proxenos hören, worauf schon Chr. Marek hingewiesen hat.894 Wenn diese Pflichten wirklich bestan den hätten, wären sie in der literarischen Überlieferung und in den Proxeniedekreten, die sich aus dem gesamtgriechischen Raum zu tausenden erhalten haben, gewiß zur Sprache gekommen. Stattdessen geben die Quellen immer nur die Motive an, die eine Stadt dazu bewogen, jemandem zu ihrem Proxenos zu ernennen: Der Fremde hat sich seine Ernennung zum Proxenos durch Wohltaten verdient, die er der Stadt er wiesen hat. Bereits in den ersten erhaltenen athenischen Proxeniedekreten aus der Mitte des 5. Jahrhunderts tritt dies deutlich hervor: έπειδέ ευ ποεΐ Αθηναίος, άναγράφσαι (oder είναι) πρόξενον και εύεργέτην Αθηναίων o.a. lautet die Begründung.895 Nur einige wenige Urkunden des 5. Jahrhunderts nennen konkrete Einzelverdienste, die die Verleihung der Proxenie veranlaßt haben: Getreide- und Holzlieferungen (IG I 30; IG I3 174; IG I3 182; IG I3 98), medizinische Fürsorge (IG I3 164), diplomatische 3
3
3
Unterstützung (IG I 227) sowie gastliche Betreuung von Athenern (IG I 80; IG I 110). Manche dieser Wohltaten wurden gar nicht in der Heimatstadt des künftigen Proxenos erbracht, sondern in Athen selbst oder - wie im Falle des Herakleides aus
Kkzomenai - an einem anderen Ort. Dieser karge Befund zeigt bereits für das 5.
Jahrhundert, was man für die späteren Jahrhunderte besser fassen kann, nämlich, daß bei Ernennung eines Wohltäters zum Proxenos dessen Wohn- bzw. Aufenthaltsort keine wesentliche Rolle gespielt hat. Das bestätigt auch die literarische Überlieferung. Beispielsweise wurde bereits in kimonischer Zeit der Dichter Pindar zum athenischen Proxenos ernannt, weil er in einer Ode Athen als "Bollwerk von Hellas" (έρεισμα της 892
Bleicken, Demokratie 89; vgl. auch Reiter, Proxenoi und Euergetai 319. Weitere Studien, die diesen Mythos gefestigt haben, sind P. Schubert, De proxenia Attica, Diss. Leipzig 1881; P. Monceaux, Les proxenies grecques, Paris 1886; A. Schaube, Proxenie im Mit telalter. Ein Beitrag zur Geschichte des Konsularwesens, Bericht über das Schuljahr 1898/9, erstattet von Dr. Paetzold, Königliches Gymnasium zu Brieg. Einen Forschungsüberblick bietet Marek, Proxenie 2ff. und ders., Handel und Proxenie 67ff. 894 Marek, Proxenie lff.387ff. 893
895
S. 2.B. IG I 3 159, Z. 7-10.
7. Rechtliche Vergünstigungen
209
Ελλάδος) gepriesen hatte.896 Diese Nachricht des Isokrates (15.166) erscheint mir durchaus glaubwürdig,897 zumal einige Jahre später der Maler Polygnot für ein ähnli ches Verdienst (Darstellung athenischer Großtaten auf den Wänden der Stoa Poikile) sogar mit dem Bürgerrecht ausgezeichnet wurde.898 Hätten die Athener Wert darauf gelegt, daß der künftige Proxenos in seiner Heimatstadt leben und dort die Interessen Athens wahrnehmen soll, mußte ihnen Pindar für diese Aufgabe denkbar ungeeignet erscheinen: Der Dichter hielt sich zeitweise in Athen selbst auf, ansonsten aber in den Adels- und Tyrannenhöfen des gesamtgriechischen Raumes oder in den großen Kultzentren, selten jedoch in seiner böotischen Heimat. Noch etwas anderes muß einen stutzig machen: Dem Proxenos wird in der Regel gleichzeitig mit seiner Ernennung auch der Titel eines Euergetes verliehen. Wie verträgt es sich, jemand als Wohltäter zu ehren (den Euergetes-Titel durfte er bis zu seinem Tod führen und - wie die Proxenie, Isotelie und Politie auch - an seine Nachkommen weitervererben) und ihm im selben Moment die "oft drückenden Ver pflichtungen" eines Proxenos aufzubürden?899 Eine solche Kombination von Ehrung und Übertragung von Aufgaben ist mit den griechischen Vorstellungen unvereinbar. Die ehrende Stadt und erst recht der Geehrte hätten dies eher als Bestrafung denn als wirkliche Belohnung für geleistete Euergesien aufgefaßt, wenn solche "Aufgaben und Pflichten" die eigentliche zentrale Funktion der Proxenie gewesen wären. Daher sehe ich die Proxenie in erster Linie als eine Auszeichnung und Beloh nung für erbrachte Wohltaten. Diesen Charakter trägt sie schon im 5. Jahrhundert, wenn wir sie zum ersten Mal richtig fassen können. Die Proxenie war eine δωρεά wie die Politie und die Isotelie auch, die freilich jünger sind. Man wird der Proxenie am besten gerecht, wenn man sie als eine ritualisierte Freundschaft zwischen einer Bür gergemeinde und einem Fremden begreift. Diese φιλία kommt auffälliger Weise be reits im frühesten Zeugnis zur Proxenie, einem Grabepigramm aus Kerkyra für den Oiantheer Menekrates, klar zutage. In dieser um 600 eingemeißelten Inschrift wird Menekrates als πρόξεν/ος δάμου φίλος bezeichnet.900 Der erste athenischer Proxenos, den wir mit Namen kennen, war der Makedonenkönig Alexander I. Seine Ernennung zum Proxenos fällt an den Anfang des 5. Jahrhunderts. Herodot bezeichnet den Ma kedonenkönig bald als πρόξενος και ευεργέτης (8.136), bald als πρόξενος και φίλος (8.143) der Athener. Die Verbindung der eng zueinander gehörenden Begriffe πρόξενος—φίλος—εύερνέτη ς macht deutlich, daß sich der Makedonenkönig seine in der Proxenie zum Ausdruck gebrachte Freundschaft mit den Athenern durch eine oder mehrere Wohltaten (man könnte an Holzlieferungen aus den makedonischen Wäl dern für das Flottenbauprogramm des Themistokles denken) erworben hatte; einen 896
Pind. Frg. 64 Bowra (ap. Isokr. 15.166). Walbank, Proxenies 78, hält sie für "propandistic fktion". 898 S.o. S. 13 Anm. 10; vgl. auch Soucek, Fremde Künstler 2 Nr. 4 (Pindar) und 7 Nr. 84 (Polygnot). 899 Zitat Reiter, Proxenoi und Euergetai 329. 900 Meiggs/Lewis, GHI Nr. 4, Z. 3. Man beachte auch, daß sich das Grab des ersten namentlich überlieferten Proxenos nicht in seiner Heimat befunden hat, sondern in der Stadt, deren Proxenos er war! Vgl. Marek, Proxenie 387. 897
210
V. Die Dankbarkeit der Polis
König als "Konsul" agieren zu sehen, der bei ihm verweilende Athener auch aus niederen Schichten gastlich aufnimmt und betreut, fallt mir schwer! Vorläufer der Proxenie waren die individuellen Gastfreundschaften zwischen zwei Adeligen, die durch Geschenke geschaffen und aufrechterhalten wurden. 901 Nach diesem Vorbild wählte sich seit dem 7. Jahrhundert auch der Demos einen Fremden zu seinem Freund. Geschenke dienten als konstitutives Element auch dieser ungleichen Freundschaft. Der Fremde mußte sich die Freundschaft des Demos durch ein "Geschenk" in Gestalt irgendeiner Wohltat verdienen. Der Demos erwiderte diese Wohltat seinerseits mit Geschenken, nämlich mit der Vergabe von rechtlichen Vergünstigungen und Ehren (s.u.). Dieser ritualisierte und auf einer komplizierteren Ebene stattfindende "Gabenaustausch" knüpfte ein moralisches Band zwischen den ungleichen φίλοι. Als δήμου φίλος fühlte sich der Proxenos moralisch dazu verpflichtet, dem Demos Gefälligkeiten zu erweisen. Daher war es für ihn eine Selbstverständlichkeit, einem Angehörigen des Demos Hilfe zu leisten, wenn er darum gebeten wurde, wozu auch die gastliche Aufnahme in seiner Heimatstadt gehören konnte. Solches tat er aber als φίλος und nicht in irgendeiner Funktion als "Amtsträger". Darin scheint mir der wesentliche Unterschied zum modernen Konzept der Proxenie zu liegen. Erklärungsbedürftig ist auch der Name proxenos, den eine Polis ihrem φίλος gab. Dies geschah, um ihn vom fremden Gastfreund (ξένος) eines einzelnen Bürgers abzuheben. Vom Standpunkt der Polis kam der Freund (ξένος/φίλος) des Demos vor (προ) dem Gastfreund eines Einzelnen, er zählte mehr als dieser. Verfehlt hingegen scheint mir die übliche Ableitung zu sein, wonach der Proxenos "anstelle eines Gast freundes" (προ ξένου) fungiert habe.902 Auch die Deutung von Marek, der Proxenos sei jemand, "der sich (schützend und vermittelnd) vor den Fremden stellf\ scheint mir in eine falsche Richtung zu weisen.903 Die Proxenie war vom frühesten Stadium an nicht als ein fest umrissener Auftrag konzipiert, sondern als eine Auszeichnung, die zwischen einer Polis und einem Fremden eine starke, emotionale Bindung herstellte. Um es mit Mareks Worten auszudrücken: Proxenien sollten "Beziehungen schaffen und halten zu den für das Gemeimwohl wichtigen Fremden, gleichgültig, wo sie sich aufhielten".904 Da das Moment der Auszeichnung für geleistete Dienste schon immer im Vordergrund stand, bildeten im 5. Jahrhundert (möglicherweise auch schon im 6. Jahrhundert) die ortsansässigen Fremden eine neue Zielgruppe, wenn diese der Stadt von Nutzen waren. Den Athenern dürfte es — trotz gegenteiliger Meinungen — ganz und gar nicht schwer 901
Ein eindrucksvolles Bild von die Entstehung solcher Gastfreundschaften vermittelt Homer (Od. 11.13-35): Der junge Odysseus und Iphitos, einander gan2 unbekannt, begegnen sich im Haus eines Dritten, des Orsilochos in Messene. Bei dieser Begegnung schenkt Iphitos Odysseus einen Bogen, dieser erwidert das Geschenk mit einem Schwert und einer Lanze; dieser Gabenaustausch besiegelt "den Beginn einer vertrauten Gastfeunschaft"(αρχήν ξεινοσύνης προσκηδέος, Hom. Od. 11.18). Vgl. auch M. Finley, Die Welt des Odysseus, München 1979, 61ff.l02ff.; Murray, Griechenland 61ff. und Nippel, Heimkehr der Argonauten 10. 902 S. etwa F. Gschnitzer, Art. Proxenos, RE Suppl. XII, 1973, 632. 903 Marek, Proxenie 387. 904 Marek, Proxenie 390.
/. Rechtliche Vergünsngungen
211
gefallen sein, auch um die Polis hochverdiente Metöken mit der Proxenie auszu zeichnen, zumal es im 5. Jahrhundert so gut wie keine anderen Alternativen gab: Das kostbare Bürgerrecht verlieh man nicht gern (der Metöke hätte von den Rechten des Politen ohne Zweifel Gebrauch gemacht!), und die — der Proxenie nahe verwandte, jedoch keineswegs so angesehene — Isotelie (s.u. S. 218ff.) wurde erst gegen 400 ge schaffen. Unter den athenischen Metöken des 5. Jahrhunderts finden wir Händler, Ärzte und Dichter als Proxenoi, seit dem 4. Jahrhundert als eine neue Zielgruppe auch wohlhabende Metöken, die sich ihre Auszeichnung durch Geldzuwendungen an den Staat verdienten. Die Verleihung der Proxenie an Metöken ist einigen wenigen Gelehrten, dar unter A. Wilhelm und U. Kahrstedt, nicht entgangen. Sie haben aus diesem Sachver halt allerdings falsche Schlüsse gezogen, da auch sie die zentrale Funktion der Proxe nie an der gastlichen Aufnahme und Betreuung gemessen haben. Wilhelm verwies auf die Dekrete für Euenor und Apollas, meinte aber, daß Metöken nur "ausnahms weise" und "ehrenhalber" zu Proxenoi ernannt wurden, weil sie "nicht in die Lage kommen konnten, Angehörigen des verleihenden Staates in ihrer Heimat als Proxe noi Dienste zu leisten".905 Kahrstedt hingegen erklärte alle ortsansässigen Proxenoi schlichtweg für Exulanten (φυγάδες) und kündigte somit "die Theorie von der grund sätzlichen Unvereinbarkeit von Proxenie und Metoikie" als gelöst an.906 Eine gründli chere Quellenforschung hätte ihn vor einer solchen unsinnigen Lösung bewahrt. In welcher Heimat hätten die Freigelassesen Lykidas und Dionysios (s.o. S. 202f.) das Bürgerrecht besitzen sollen, aus der sie hätten verbannt werden können? Eine Auseinandersetzung mit der Proxenie würde unbefriedigend wirken, wenn man nicht die Frage nach den Rechten stellte, die dem künftigen Proxenos zu standen. Als ευεργέτης und δήμου φίλος mußte der Proxenos bei seiner Ernennung beschenkt werden, u.z. nicht nur mit Ehrungen wie Belobigung durch Ausrufung sei ner Verdienste und Bekränzung vor dem gesammelten Volk oder Einladung zum Gastmal in das Prytaneion für den auf seine Ernennung in der Ekklesie folgenden Tag (dies geschah regelmäßig), sondern mit regelrechten Privilegien. Die Proxeniedekrete des 5. Jahrhunderts enthalten eine Vielzahl rechtlicher Vergünstigungen: diverse Schutz- und Unverletzlichkeitsgaranrien für die Person, Familie und Besitz des Ge ehrten; Zugangsrecht zum Rat und zur Volksversammlung; Befreiung vom Heeres und Wachdienst; das Recht auf freie Ein- und Ausfuhr von Waren, Befreiung von Hafengebühren und andere Handelsprivilegien; Befreiung von der Metökensteuer; verschiedene Formen der Atelie; Enktesis. Im 4. Jahrhundert treten Privilegien wie militärische und steuerliche Gleichstellung mit den Bürgern hinzu, während manche der Privilegien des 5. Jahrhunderts nicht mehr aufgeführt werden. Welche der ge nannten Privilegien waren ein fester Bestandteil der Proxenie und welche wurden zu sätzlich, je nach Bedürfnissen des einzelnen Proxenos, gewährt? Dieses Problem ist
905 906
Wilhelm, Attische Urkunden V, 59 (= Akademieschriften I, 675). Kahrstedt, Staatsgebiet 289 mit Anm. 2
212
V. Die Dankbarkeit derPolis
gar nicht einfach zu lösen, weil man in den Proxeniedekreten eine klare Einheitlich keit vermißt: in manchen fehlen diese, in anderen aber jene Privilegien.907 Obzwar nicht alle, so enthalten doch viele Proxeniedekrete die έπιμελεΐσθαι— Klausel, durch die athenische Magistrate angewiesen werden, mit allen Mitteln dafür Sorge zu tragen, daß dem Proxenos kein Unrecht zugefügt wird. Bei den Magistraten, die diese Schutzfunktion übernehmen, handelt es sich in der Regel um die Boule (manchmal ergeht die Anordnung auch direkt an die amtierenden Prytanen) sowie um die Strategen. Bisweilen werden neben diesen auch andere athenische Amtsträger als Adressaten dieser Pflicht genannt, so etwa im Proxeniedekret für Oiniades von Altskiathos der auf Skiathos amtierende athenische Archon.908 Aus einer solchen (al lerdings ganz selten anzutreffenden) Zusatzinformation geht eindeutig hervor, daß der Proxenos in seiner Heimatstadt lebt.909 In dem Ehrenbeschluß (Proxeniedekret?) für den Halikarnassier Leonides aus den 430er Jahren gilt der Schutz sogar im gesam ten attischen Herrschaftsbereich: "(ihm) Unrecht zu tun soll man weder in Athen zu lassen noch in (denjenigen Poleis), welche die Athener beherrschen. Dafür sorgen, daß ihm kein Unrecht geschieht, sollen in Athen die Prytaneis und die Boule, in den anderen Poleis diejenigen Athener, die in der Fremde Archonten sind, soweit es für einen jeden möglich ist".910 Die regelmäßige Wiederkehr der Formel έπιμέλεσθοα δε αύτου (bzw. αυτών) την βουλήν και τους στρατηγούς, όπως αν μη άδικήται in zahlreichen Proxenieurkunden des 5. und 4. Jahrhunderts macht deutlich, daß sich der athenische Demos verpflichtet fühlte, seinen Proxenos zu beschützen, und zwar nicht nur in Athen, sondern nach Möglichkeit auch in den unterworfenen Städten, auch wenn Letzteres selten ausge sprochen wird. Man geht daher nicht fehl, die Schutzgarantie als einen integralen Be standteil der Proxenie anzusehen. Wir stellen allerdings fest, daß die έπιμελεΐσθαι— Klausel nicht nur in Proxenieurkunden, sondern in derselben Weise auch in anderen Dekreten für verdiente Fremde anzutreffen ist.911 Ich erwähne nur die Metöken, die im Jahre 411/10 Thrasybul bei der Ermordung des Oligarchen Phrynichos Beistand geleistet haben (IG I3 102, Z. 32ff.) und die Isotelen Nikander und Polyzelos (S. 198). Dieser Befund zeigt, daß jeder fremde Wohltäter Anspruch auf einen besonderen Schutz durch athenische Magistrate hatte, also neben Proxenoi auch Isotelen und solche, die nur zu Euergetai ernannt wurden. Ein über die einfache έπιμελεΐσθαι-Klausel hinausgehendes Zugeständnis war die Asylie: Der Demos erklärte die Person und den Besitz des Proxenos für unver-
907
Zu den Privilegien des Proxenos allgemein s. F. Gschnitzer, Art. Proxenos, RE Suppl. ΧΠ, 1973, 710ff. mit Belegstellen. 908 IG I 3 110, Z. 16ff. mit Koch, Seebundangelegenheiten 441. 909 Ausnahmsweise wird im Falle des Oiniades auch durch die Motivierung des Dekrets bestätigt, daß er in seiner Heimatstadt lebt Er hat "den Athenern, die nach Skiathos kommen, Wohltaten" erwiesen und soll deswegen athenischer Proxenos sein. 910 IG Γ 156, Ζ. lff. in der Übersetzung von Koch, Seebundangelegenheiten 632 Anm. 31. 911 Henry, Honours 171 f., zählt (mit Belegstellen) auf, daß neben Proxenoi auch "euergetai, isoteleis, allies, exiles and naturalized foreigners" von der έτπμελεΐσθαι-Klausel mit erfaßt wurden.
/. Rechtliche Vergünstigungen
213
letzlich (ασυλος). Allerdings ist die Asylie sehr rar.912 Ich kann in den attischen Dekre ten nur zwei Proxenoi finden, die der Asylie für würdig gefunden wurden: Pythopha nes im Jahre 4 1 1 / 1 0 (IG I 98; es handelt sich um eine Neuabfassung des Dekrets i. J. 399/8) und ein anonymer Wohltäter im 4. Jahrhundert (IG II2 286, Z. 6ff.; Kirch ner datiert die Inschrift "ante a. 336/5"). Die Asylie für Pythophanes aus [Kary]stos oder [Phaisjtos wird umschrieben mit: "An den χρήματα, die dem Pythophanes in Athen oder anderswo im athenischen Herrschaftsbereich gehören, und an dem be sagten Schiff und an seiner Fracht (χρήματα) soll sich niemand vergreifen; er und sei ne χρήματα sollen bei der Ein- und Ausreise ασυλος sein'5.913 Wegen der Erwähnung eines Schiffes könnte der Geehrte ein Naukleros gewesen sein.914 Durch welche Tat er seine Proxenie verdient hat und weshalb der Demos es für nötig hielt, ihn, sein Schiff und seinen gesamten Besitz für ασυλος zu erklären, bleibt im Dunkeln. Seine Tat wird mit der nichtssagenden Formel [ευ ποεΐ ο τι δύνατ]|αι τήν πόλιν τήν Άθ[ηναίων και την ? Καρυ]|στίων (Ζ. 10f.) wiedergegeben. Da ein starkes Gewicht darauf gelegt wird, das Schiff und die darin mitgeführte Ladung (diese Bedeutung tragen wohl die auf ναυς folgenden χρήματα) besonders zu schützen, könnte man daran denken, daß Pythophanes wichtige Güter (Getreide oder Bauholz für die Flotte?) nach Athen ein führte, die man wegen ihrer hohen Bedeutung für die Stadt durch eine religiöse Sank tion (diese Eigenschaft ist ja der Asylie eigen) für unantastbar erklären wollte. Mögli cherweise stand Pythophanes auch im Dienste der Götter (er könnte mit seinem Schiff Material für den Bau eines Tempels o.a. herbeigeschafft haben, was die sonst so gut wie nicht anzutreffende Asylie plausibel machen würde). Allerdings ist die hier gebotene Deutung unsicher. Pythophanes könnte sich auch durch eine politische Tat in seiner Heimatstadt (falls richtig ergänzt, werden in der Motivierung seine Lands leute neben den Athenern ebenfalls als Empfanger von Wohltaten erwähnt) als Par teigänger Athens verdient gemacht haben und wegen seiner dort gefährdeten Stellung für sakrosankt erklärt worden sein.915 Noch schwieriger ist es, die zweite bekannte Asylieverleihung aus Athen an mehrere Proxenoi des 4. Jahrhunderts zu erklären. Die Motivierung des Dekrets ist verloren. Im erhaltenen Teil des Beschlusses werden den namentlich unbekannten Geehrten Proxenie und Euergesie verliehen. Anschließend gewährt der Demos ihnen, ihren Nachkommen und ihrem Besitz die Asylie, die so wohl in Kriegs- wie auch in Friedenszeiten gelten soll, sowie das seltene Privileg der
912
F. Gschnitzer, Art. Proxenos, RE Suppl. XII, 1973, 714 nennt einige Asyüedekrete aus anderen Poleis. 913 IG I 98, Z. 15-21: τά δέ] | χρήματα, α έστιν Πυθοφά[νει Άθήνησιν] | ή άλλοθι πο ών 'Αθηναίοι κ[ρατσσιν, και] | περί της νεώς ά λέγει και [περί των χρη|μ]άτων, μή άδικεν μηδένα κ[αί άσυλίαν έ]||ναι αύτώι και τοίς χρήμα[σι αύτο και ά]|νιόντι και άπιόντι. 914 Veligianni-Terzi, Wertbegriffe 31 hält den Geehrten für einen Händler. Sie meint zudem: "Es mag sein, daß im Hintergrund des zweiten Dekrets für Pythophanes die Seehandelsprobleme Athens zu dieser Zeit stehen und das Streben Athens ersichtlich ist, einen Händler zum Nutzen der Stadt zu engagieren. Ebenfalls ist ungewiß, ob er aus Karystos oder Phaistos stammte und ob die Ehren von den Vierhundert oder eher von den Fünftausend erteilt wurden". 915 Die früheren Lösungsvorschläge sind bei Reiter, Proxenoi und Euergetai 141, zusammengefaßt.
214
V. Die Dankbarkeit derPolis
uneingeschränkten Atelie.916 Sowohl die Bewilligung der Asylie als auch der ατέλεια πάντων zeigt, daß die Geehrten in den Augen der Athener sehr wichtige Personen waren. Mehr gibt das Dekret jedoch nicht her. Es sei nur nebenbei bemerkt, daß die Athener (wohl während des Korinthischen Krieges) aus unbekanntem Anlaß auch einem Wohltäter aus Megara die Asylie gewährten, der jedoch nicht zum Proxenos, sondern lediglich zum Euergetes ernannt wurde.917 Die Tatsache, daß von den mehre ren hundert athenischen Proxenieurkunden nur zwei die Asylie enthalten und wir auch aus den literarischen Zeugnissen keine Proxenoi kennen, die für sakrosankt er klärt wurden, macht klar, daß die Asylie kein Bestandteil der Proxenie gewesen sein kann. Die mit dem Schutz der Proxenoi betrauten Magistrate Athens konnten nicht immer verhindern, daß manchen von ihnen bisweilen doch Unrecht zugefugt wurde. Einige wenige Proxeniedekrete des 5. Jahrhunderts lassen erkennen, daß die Athener bestimmte Mechanismen schufen, um ihrem Proxenos zu seinem Recht zu verhelfen oder, wenn dieser getötet wurde, an den Tätern Rache (τιμωρία) zu nehmen.918 Grundsätzlich stand dem Proxenos bei den attischen Jurisdiktionsträgern und Ge richten eine Vorzugsbehandlung zu, wenn er wegen einer an ihm begangenen βλάβη eine Privatklage in Athen einreichte. Der für die Dikai der Proxenoi zuständige Polemarch hatte die Pflicht, denjenigen, der dem Proxenos Unrecht zugefugt hatte, durch eine offizielle Ladung vor sich rufen zu lassen. cT)ie Ladung kann sich an Athener und Symmachoi gleichermaßen richten".919 Man hat anzunehmen, daß dieje nigen Angeklagten, die nicht in Attika, sondern im attischen Herrschaftsbereich leb ten, durch athenische Behörden nach Athen geführt wurden. Chr. Koch meint, daß der Polemarch innerhalb von fünf Tagen nach der Zustellung der Ladung920 an den Angeklagten den Prozeß einleiten mußte. Andernfalls drohte dem Amtsträger eine Geldstrafe sowie eine Popularklage.921 Er hat zudem wahrscheinlich gemacht, daß im 5. Jahrhundert die Pro2esse der Proxenoi in einem vom Polemarchen zusammenge rufenen und geleiteten Dikasterion entschieden wurden.922 Dieses Verfahren war zü giger und einfacher als das des 4. Jahrhunderts, bei dem der Polemarch die Dikai der Proxenoi nebst denen der Metöken und Isotelen an die Phylenrichter wies, u.z. nach dem Auslosungsverfahren; die Phylenrichter wiederum übertrugen den Fall zur ent gültigen Urteils fallung den Diaiteten bzw. an die Heliaia.923 Manche attische Proxe niedekrete des 5. Jahrhunderts sprechen die Proxenoi auch von Gerichtsgebühren 916
IG II 286, Z. 4-9: εινα[ι δε αύ||τοΐ]ς άτέλειαν πά[ντων | και] άσυλίαν και αύτοΐ|ς και χ]ρήμασιν κα[ί πολ|έμου ο]ντος και εί[ρήνη|ς -'■—];zu ατέλεια πάντων s.u. S. 228ff. 917 IG Π2 81, Ζ. 6f. mit Henry, Honours 255 Anm. 40. 918 Dazu s. neuerdings die detaillierten Ausfuhrungen von Koch, Seebundangelegenheiten 425ff. Auch ihm ist nicht aufgefallen, daß einige der attischen Proxenoi Metöken waren. 919 Koch, Seebundangelegenheiten 438 mit Verweis auf IG I 55, Z. 5. 920 Diese Frist war von dem Moment an gültig, in dem die Ladung dem Beklagten ausgehändigt wurde. 921 Koch, Seebundangelegenheiten 442ff. 922 Koch, Seebundangelegenheiten 434. 923 Aristot. Ath. pol. 53.1-3 und 58.2 mit PJ. Rhodes, Α Commentary on the Aristotelian Athenaion Politeia, Oxford 1981, 587ff.652ff.
/. Rechtliche Vergünstigungen
215
frei.924 Eine Vorzugsbehandlung der Proxenoi in der Rechtspflege ist auch für andere Poleis bezeugt. Beispielsweise stand dem Proxenos in Delphi, Pherai, Kyme oder Ilion das Recht der προδικία zu, d.h. sein Fall wurde vor allen anderen anstehenden Prozessen behandelt.925 Schwerwiegender waren die Sanktionen, die Athen zur Verhinderung der Er mordung eines Proxenos aussprach. In der Proxenieurkunde für den Metöken {Tijmanax und seinen Arztkollegen, die während der großen Seuche im öffentlichen Auftrag medizinische Hilfe geleistet hatten, aber auch in einigen anderen Proxeniebeschlüssen des 5. Jahrhunderts, lesen wir: "Wenn irgendwer welche von ihnen (bei den) eines gewaltsamen Todes sterben läßt oder fesselt oder abführt, dann soll die Timoria (dieselbe) sein, wie es für die Athener beschlossen ist".926 Dafür, daß die Athener diese Timoria sehr ernst nahmen und den Mord an einem ihrer Proxenoi ahndeten, gibt es durchaus Belege. So verurteilte die athenische Boule während des Zweiten Attischen Seebundes den Antipatros von Keos zum Tode, weil er "gegen die Beschlüsse des Volkes der Athener" einen athenischen Proxenos getötet hatte.927 Für den Mord eines Proxenos wurde nicht nur der Täter bestraft, sondern auch die Stadt, in der die Tat geschah, sofern sie dem attischen Seereich angehörte. Dies zeigen zwei Ehrendekrete (IG I3 19 und 161) aus der Zeit des Ersten Seebundes, bei denen aller dings nicht ganz sicher ist, ob sie Proxenieverleihungen enthielten. In dem früheren Ehrendekret aus der Mitte des 5. Jahrhunderts heißt es:
Koch, Seebundangelegenheiten 436. F. Gschnitzer, Art. Proxenos, RE Suppl. XII, 1973, 715 mit Belegen. 926 IG I 164, Z. 23-27 (Koch, Seebundangelegenheiten 420, T40): έ|άν δε τ]ινας αυτόν άπ[οκτένει βιαί||οι θαν]άτοι ε δέσει ε [άγει, είναι αύ|τοϊς τέ]ν τιμορίαν κ[αθάπερ Άθενα|ίοις έφ]σέφισται. 927 IG Π 2 111, Ζ. 37ff. mit F. Gschnitzer, Art. Proxenos, RE Suppl. XII, 1973, 714. 928 IG I 19, Z. 7-11 (= Koch, Seebundangelegenheiten 408, T15): εάν δε τις άπο[κτένει Άχελοΐον|α έ τ]ον παίδον τιν[ά εν τινι τον.πόλε|ον ο]σον Αθεναίο[ι κρατοσιν, τέν πόλ||ιν π]έντε τάλαντ[α όφέλεν ός εάν Άθε|ναί]ον τις άποθά[νει. Vgl. IG Ι 3 161, Ζ. 1-6 (= Koch, Seebundangelegenheiten 419, Τ38): εν των πόλεων ων | Άθηναί]οι κρατο[ϋσιν, τήν πόλιν πέντε τά|λαντα ό]φείλεν ΑΘ[ηναίοις, ώς εάν Άθηναί|ων τις άπ]οθάνει# τ[ήν δέ τιμωρίαν είναι περί αύτο κα]θάπερ έ[άν τίς τίνα 'αθηναίων έ||ν τηι ύπερο]ρίαι β[ιαίωι θανάτωι άποκτε|ινηι ]. Koch übersetzt: "In denjenigen Poleis, über welche die Athener herrschen, soll die Polis den Athenern fünf Talente schulden, wie ein Athener getötet worden wäre. Die Timoria soll gegenüber diesen so (bemessen) sein, wie wenn jemand einen Athener in der Fremde eines gewaltsamen Todes sterben läßt". 925
216
V. Die Dankbarkeit derPo/is
unter denen sich auch Metöken befanden, im Strafrecht den athenischen Bürgern gleichgestellt waren.929 Einige Forscher haben aus den Strafbestimmungen der Proxeniedekrete abgeleitet, daß die Proxenoi als quasiathenische "Amtsträger" in ihren Heimatstädten und als dortige Parteigänger Athens stark gefährdet waren und daher eines besonderen Schutzes bedurften. Ich kann mich dieser Meinung nicht anschließen. Zum einen lassen sich viele Urkunden mit den τιμωρία—Klauseln wegen ihres fragmentarischen Zustandes nicht mit Sicherheit als Proxeniedekrete identifizieren. Manche dieser Dekre te könnten ebenfalls Euergeten (die Athener verliehen die Euergesie bisweilen auch ohne die Proxenie!) oder Isotelen gegolten haben (allerdings sind Isoteliedekrete — in Gegensatz zu Euergesiedekreten — aus dem 5. Jahrhundert nicht bekannt). Zum anderen genossen neben den Athenern und ihren Proxenoi, mochten diese in ihren Heimatstädten oder in Athen leben, auch einfache athenische Metöken im gesamten Seereich Rechtschutz. So interpretiere ich jedenfalls die bereits in einem anderen Zusammenhang behandelten Worte, die Thukydides (7.63) dem Feldherrn Nikias in den Mund legt: "... man hält euch für Athener, obwohl ihr es nicht seid" (angesprochen sind die auf den attischen Trieren als Ruderer dienenden Metöken), "... und ihr habt den Vorteil, daß unsere Untertanen euch furchten und daß (euch) kein Unrecht zufügt wird" (και της αρχής της ημετέρας ουκ έλασσον κατά το ώφελεΐσθαι, ες τε το φοβερόν τοις ύπηκόοις και το μη άδικεΐσθαι [πολύ πλεΐον], μετείχετε). Warum fürchteten die Bewohner der von Athen unterworfenen Städte auch die einfachen Metöken und weshalb hielten sie sich vor Gewalttaten gegen diese zurück? Doch nur, weil sie wußten, daß Athen ihnen eine hohe τιμωρία auferlegen würde, wenn sie sich auch an einem athenischen Metöken vergriffen! Der athenische Proxenos wurde nicht nur geschützt, sondern er erhielt auch rechtliche Vergünstigungen. In der um 423/22 abgefaßten Proxenieurkunde für den späteren "athenischen" Politiker Herakleides Klazomeneus erscheint (neben der timoria-Klausel) zum ersten Mal die Formel, er "soll das Recht zum Erwerb von Grund und Haus in Athen sowie Abgabenfreiheit haben ebenso wie die anderen Pwxenoi".9y) Der in mehreren Beschlüsen des 4. Jahrhunderts ebenfalls anzutreffende Zusatz καθάπερ τοις άλλοις προξένοις zeigt, daß Enktesis und Atelie dem Proxenos gewöhnlich zustanden. Viele Proxeniedekrete bestätigen dieses Bild auch, weil sie im Ehrenkatalog diese Rechte aufführen. Allerdings sind die Athener mit der Vergabe dieser Privilegien sehr inkonsequent verfahren. Dazu zwei Beispiele: Die Ernennung des Epichares zum Proxenos war bereits im Gutachten des Rates vorgesehen. Jedoch willigten die Athener dem Geehrten erst nach einen in der Ekklesie gestellten Antrag die Enktesis zu (IG II 80, Z. 8ff.). Noch interessanter ist der Fall des Metöken Eue-
929 S.O. S. 5 2 .
930 I Q i° 2 2 7 , Z. 19ff.: [ε(ι)ναι Ήρακλε|ίδηι] γης εγκτησιν κα[ί οικίας Άθήνησι|ν και ά]τέλειαν καθάπ[ερ τοις άλλοις πρ|οξένο]ις D i e Formel είναι αύτώι εγκτησιν γης και οικίας Άθηνησιν και άτέλειαν καθάπερ τοις άλλοις προξένοις erscheint n o c h in: I G II 2 8 6 , Ζ . 12ff. (Pecirka, Enktesis 34; Stelzer, Enktesis 4 9 ) ; I G II 2 2 6 5 , Z. 4ff. (Stelzer, Enktesis 6 1 ) ; I G II 2 3 0 8 , Z . 4ff. (Pecirka, Enktesis 58f.; Stelzer, Enktesis 66; hier allerdings o h n e ατέλεια);
/. Rechtliche Vergünstigungen
217
nor. Der Arzt wurde ein Jahr nach der Schlacht bei Chaironeia mit der Proxenie aus gezeichnet, erhielt jedoch durch einen weiteren Beschluß erst 322/1 das Recht auf Enktesis (IG II2 373, Z. 29ff.). Er lebte demnach sechzehn Jahre als Proxenos in Athen, ohne im Besitz der Enktesis zu sein. Der Fall des Akamanen zeigt, daß es kein Gesetz gab, das dem Proxenos bei seiner Ernennung automatisch die Enktesis zusicherte. Es war üblich, den Proxenoi das Recht auf Enktesis zuzugestehen, damit es aber rechtsverbindlich wurde, mußte es im Proxenie-Beschluß unbedingt mit auf geführt werden.931 Ähnlich verhält es sich mit der Atelie. Aus der oben angeführten Demosthenes-Stelle (20.131-133) geht eindeutig hervor, daß ein Proxenos nicht im Besitz der Atelie war, sofern diese nicht durch einen Beschluß ausdrücklich verliehen wurde. Die meisten Proxeniedekrete des 4. Jahrhunderts enthalten das Recht, die Sondersteuer unter gleichen Bedingungen abzuführen wie die Athener, sowie das Recht der militärischen Gleichstellung mit den Bürgern (τάς εισφοράς εισφέρειν και τάς στρατείας στρατεύεσθαι μετά Αθηναίων). Das waren die Vorrechte der Isotelen (s.u. S. 225). Daraus folgt, daß die Athener, als sie um 400 mit der Isotelie einen neu en Status für verdiente Fremde schufen, die Vorrechte der Isotelen auch ihren Proxenoi bewilligt haben. Das bestätigen auch drei Proxeniedekrete (II 83, 287 und 288), in denen dem Geehrten ausdrücklich die ισοτέλεια mit verliehen wird. Demnach war der Proxenos im 4. Jahrhundert zugleich auch ein ίσοτελής. Er führte diesen Titel jedoch nicht, weil der Isotele in der Gesellschaft bei weitem nicht das hohe Ansehen eines Proxenos genoß. Es hat den Anschein, daß die Athener einen Fremden, dessen Verdiensten sie eine größere Bedeutung beimaßen oder ihn in besonderer Weise aus zeichnen wollten, zum Proxenos, einen anderen aber, der für die Polis weniger be deutende Wohltaten erwiesen hatte, zum Isotelen ernannt haben. Interessant ist zu dem, daß im 4. Jahrhundert Flüchtlingsgruppen, die in Athen Aufnahme fanden, manchmal die Proxenie, manchmal aber auch nur die Isotelie verliehen wurde.932 Daß dem Proxenos eine höhere Ehre und Hochachtung gebührte als einem Isotelen, konnte antiken Autoren natürlich nicht entgehen. Daher lesen wir in einem Kom mentator der attischen Gerichtsreden: οι προτιμώμενοι των ξένων ύπ' 'Αθηναίων πρόξενοι έκαλοϋντο, οι δε λοιποί ισοτελεΐς, οι δε μετοίκιον τελούντες μέτοικοι.933 Beach tung verdient, daß hier die Proxenoi und Isotelen nach der Ehre (τιμή) beurteilt wer den, die ihnen von der Öffentlichkeit zuerkannt wurde. Darüber, daß die Proxenoi in ihren Heimatstädten, die Isotelen hingegen in Athen leben müßten, wird nichts ge sagt, weil eine solche Differenzierung nicht getroffen wurde. Nach diesem Ausschlußverfahren läßt sich mit einiger Sicherheit bestimmen, welche der bei unserem Ausgangspunkt genannten Vorrechte dem Proxenos zustan den und welche als iCBonus" hinzutreten konnten. Als fester Bestandteil der Proxenie lassen sich nennen: der Anspruch auf persönlichen Schutz durch die athenischen 931
In diesem Sinne F. Gschnitzer, Art. Proxenos, RE Suppl. XII, 1973, 711. Proxenie an Flüchtlingsgruppen aus Megara und Messenien: Demosth. 20.131; Isotelie an Flüchtlinge aus Theben, Delphi und Tenos: IG II2 37 + Add. S. 656; IG II2 109; IG II2 660. 933 AnecdBekk. 1.298, 27. 932
218
V. Die Dankbarkeit der Po/is
Magistrate; völlige Gleichstellung mit den Athenern im Strafrecht; Vergünstigungen vor athenischen Gerichten; Zugangsrecht zum Rat und zur Volksversammlung; Befreiung von der Metökensteuer; Enktesis; hinzu trat seit ca. 400 die Isotelie. Alles, was darüber hinausging, waren fakultative Zutaten: Asylie; ατέλεια πάντων; Befreiung vom Heeres- und Wachdienst; Handelsprivilegien wie das Recht auf freie Ein- und Ausfuhr von Waren und Befreiung von Hafengebühren. Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen, sei eines klargestellt: Proxenoi aus dem Metökenstand gab es nicht wenige; ihre Zahl dürfte um ein Vielfaches größer gewesen sein, als man aus den trümmerhaften Quellen entnehmen kann; ein Teil der Proxeniedekrete, die keine konkreten Leistungen des Geehrten nennen und auch keinerlei Angaben über dessen Aufenthaltsort enthalten, dürften Metöken gegolten haben. Die ortsanssässigen Fremden stellten aber nicht die absolute Mehrzahl der Proxenoi. Dazu war die Zahl der Metöken, die zu großen Wohltaten in der Lage waren, gemessen an dem Personenkreis, der außerhalb Athens lebte, einfach zu gering. Man tun der historischen Realität Unrecht, wenn man in den Proxenoi nur Metöken oder aber nur in ihren Heimatstädten lebende Personen sieht. Die Proxenoi waren auch keine 'Werkzeuge des athenischen Imperialismus"934 und bildeten erst Recht keine "fünfte Kolonne", die gegen die Interessen der eigenen Polis zugunsten Athens interveniert habe.935
b. Isotelie Während die Isotelie in den attischen Inschriften zum ersten Mal im ersten Viertel des 4. Jahrhunderts begegnet, gibt es in der literarischen Überlieferung einen einzigen Hinweis darauf, daß die Athener einen Fremden bereits im ausgehenden 5. Jahrhundert mit der Isotelie belohnten. Der unter dem Namen Pseudo-Plutarch kursierende kaiserzeitliche Verfasser einer "von Anekdoten vollständig freie(n), sachliche(n) Lysias-Biographie"936 bemerkt, der Sohn des Kephalos habe nach der Kassierung des ihm verliehenen attischen Bürgerrechts (403/2) die restlichen Jahre seines Lebens als ίσοτελής verbracht.937 Diese Nachricht erscheint mir durchaus glaubwürdig. Lysias dürfte zum Zeitpunkt seiner Einbürgerung bereits den Status eines Isotelen besessen 934
S. z.B. D J . Mosley, in: E. Olshausen (Hrsg.), Antike Diplomatie (WdF 462), Darmstadt 1979, 167f.207f.; W. Schuller, Die Herrschaft der Athener im Ersten Attischen Seebund, Berlin - New York 1974, 38ff.49f.99f.107f.127f.132f. mit den Einwänden von Reiter, Proxenoi und Euergetai 320f. 935 Die These der Proxenoi als "fünfte Kolonne" bei A. Gerolymatos, Espionage and Treason. Α Study of the Proxenia in Political and Military Intelligence Gathering in Classical Greece, Amsterdam 1986, passim. Vgl. die Stellungnahme von C. Marek, Gnomon 60, 1988, 594ff. und Reiter, Proxenoi und Euergetai 20f.321. 936 Zitat Schindel, Lysias 265. 937 [Plut.] Vit. X orat. (mor.) 836A: και οΰτως απελαθείς της πολιτείας τον λοιπόν ώκησε χρόνον ϊσοτελής ών κτλ. Frühere Ansichten über die Isotelie des Lysias zusammengefaßt bei Loening, Autobiographical Speeches 283.
/. Rechtliche Vergünstigungen
219
haben. Er und sein älterer Bruder Polemarch hatten sich durch die Übernahme von Liturgien und durch Bereitstellung von Geldern zur Auslösung von Kriegsgefange nen bekanntlich schon vor der Machtergreifung der Dreißig um Athen Verdienste erworben.938 Diese oder andere Leistungen könnten den Anlaß für die Ernennung der beiden Brüder zu Isotelen geliefert haben. Wenig wahrscheinlich erscheint mir hinge gen, daß Lysias die Isotelie erst 403/2 oder wenig später, gleichsam als Ersatz für die zurückgezogene Politie, erhielt. Man muß sich die psychische Verfassung des Lysias nach der Annulierung seiner Politie vergägenwärtigen: Er hatte nach seiner Überzeu gung im Bürgerkriegsjahr 404/3 für die Sache der athenischen Demokratie die größ ten Euergesien erbracht.939 Daher stand ihm nach den Geboten der Reziprozität das Bürgerrecht voll zu. Mit der Widerrufung seiner Einbürgerung fugten ihm die Athe ner eine tiefe Kränkung zu, die durch die Verleihung der Isotelie nicht behoben wor den wäre. Er hätte nach den großen Opfern unter den Dreißig (Ermordung des Bru ders, Konfiskation des Besitzes) und im Bürgerkrieg (mannigfaltige materielle Unter stützung der Demokraten) und nach seiner Kränkung durch die Zurücknahme des Bürgerrechts das mindere Privileg der Isotelie nicht angenommen! Die Tatsache, daß Lysias vielen oligarchisch gesinnten Athenern Anklage- und Verteidigungsreden ver faßt hat, könnte ein Ausdruck dieser Kränkung sein. Indem er die inneren Feinde der Demokratie mit Gerichtsreden unterstützte, nahm er für die Kassierung des ihm ver liehenen Bürgerrechts auf seine Weise Rache an der athenischen Bürgerschaft.940 Nicht wenige Gelehrte des 19. und 20. Jahrhunderts haben ihre Verwunderung dar über ausgesprochen, wie der überzeugte Demokrat Lysias durch raffinierte und brilliante Reden die inneren Feinde der Demokratie habe nur unterstützen können.941 Er konnte es sehr wohl und tat dies auch, weil die Undankbarkeit der Bürgerschaft nach Vergeltung schrie. Der Fall des Lysias macht wahrscheinlich, daß die Isotelie irgendwann im letz ten Viertel des 5. Jahrhunderts geschaffen wurde. Grabinschriften legen nahe, daß dieser Rechtsstatus in Athen bis in das 1. Jahrhundert v. Chr. bestand. Anders als die Proxenie war die Isotelie ein speziell für verdiente Metöken konzipiertes Privileg. Wir stehen allerdings vor einem Dilemma. Während sich von den mehreren Hundert Proxeniedekreten aus dem klassischen und hellenistischen Athen einige Dutzend Me töken zuweisen lassen, bilden die Dekrete mit Isotelieverleihungen in Relation zu den Proxenieurkunden eine kleine Minderheit.942 Eigentlich haben sich aus dem 4. und 3. Jahrhundert nur dreizehn Isotelie-Dekrete auf Stein erhalten, wenn man die unsiche ren Fälle mitberücksichtigt. Von diesen Dekreten wurden drei gar nicht für Einzel personen, sondern für Flüchtlingsgruppen aus Theben, Delphi und Tenos beschlös se Lvs. 12.20. 939
S.o. S. 49. Diese These läßt sich allerdings etwas relativieren, wenn man in Betracht zieht, daß der aristokratisch erzogene Lysias mit einigen seiner oligarchischen Klienten in einen engen Freundschaftsverhältnis gestanden haben mag. Vgl. dazu Dover, Lysias 47ff. 941 Zum modernen Lysias-Bild s. den Forschungsüberblick bei Ferckel, Lysias und Athen 3ff. 942 Vgl. M. Osbome, BS Α 67, 1972, 145 Anm. 66: "Isoteleia does not figure very often as a privilege in Athenian decrees". Zu den Isotelie-Dekretes s. Henry, Honours 246ff. 940
220
V. Die Dankbarkeit der Polis
sen. Nach diesem Befund müßten die Athener den Metöken viel häufiger die Proxenie als die Isotelie verliehen haben. Dem widersprechen aber andere Inschriftengat tungen. Während wir unter den attischen Grabinschriften nur vier Mal einen Proxenos genannt finden,943 beträgt die Zahl der Grabinschriften für Isotelen ganze sechs undzwanzig. In den Manumissionslisten sind drei Proxenoi, aber fünf Isotelen mit Namen und Titel aufgeführt. Während weitere Isotelen auch in anderen Inschriften gattungen (z.B. Baubeschlüsse, Hypothekenpfandsteine, Pachturkunden und Epidosislisten) anzutreffen sind, taucht der Titel eines Proxenos nur auf einem Horosstein auf. Ich habe am Ende dieses Abschnittes (S. 226f.) alle bekannten Isotelen mit Be legstellen und, soweit möglich, mit Verdienstnachweisen aufgelistet, so daß hier auf eine Fußnote verzichtet werden kann. Aus dem quantitativen Befund lassen sich mehrere Schlußfolgerungen ziehen. Bis zum Aufkommen der Isotelie verliehen die Athener den ortsansässigen Fremden neben dem seltenen Bürgerrecht meist die Proxenie und Euergesie oder in manchen Fällen nur die Euergesie. Seit dem ausgehenden 5. Jahrhundert wurden an Metöken — je nach dem Grad der Verdienste - alle drei Auszeichnungen nebeneinander verge ben. Nach der Einrichtung der Isotelie lebte in Athen nach Ausweis vor allem der Privatdenkmäler eine um ein Vielfaches größere Gruppe von Isotelen als Proxenoi oder Euergetai. Viele der Isoteliedekrete dürften nicht auf Stein gehauen, sondern auf Holztafeln niedergeschrieben und in Archiven gelagert worden sein. Nur mit dieser Erklärung läßt sich die oben festgestellte Diskrepanz zwischen den Proxenie- und Isoteliedekreten einerseits und die höhere Zahl der Isotelen in anderen Inschriften gattungen andererseits in Einklang bringen. Dem etwaigen Einwand, daß einige der in nichtstaatlichen Inschriftengattungen genannten Isotelen diesen Titel gar nicht selbst verliehen bekamen, sondern von einem Vorfahren ererbt haben, kann man damit begegnen, daß auch die Nachkommen der Proxenoi ein Anrecht auf den väter lichen Titel hatten. Was die Flüchtlingsgruppen betrifft, wurden, wie ich bei der Be handlung der Proxenie angeschnitten habe, einigen die Proxenie, anderen aber die Isotelie verliehen. Die Anzahl der Isotelen bzw. Proxenoi unter den φυγάδες dürfte in etwa gleich gewesen sein (man fragt sich, ob Flüchtlinge, deren größter Wunsch die schnelle Rückkehr in die Heimat war, im Falle eines erzwungenen lebenslänglichen Exils von dem ihnen zustehenden Titel des Proxenos oder Isoteles überhaupt Ge brauch machten; viele dieser in der Fremde verstorbenen Flüchtlinge dürften in ihren Grabinschriften das Ethnikon den ihnen von ihren Gastgebern verliehenen Titeln vorgezogen haben). Bevor wir der umstrittenen Frage nach den Vorrechten der Isotelen nachge hen, sei einiges über das gesellschaftliche Ansehen der Inhaber dieses Titels gesagt. Ein solches Vorgehen kann dazu beitragen, das Wesen der Isotelie besser zu begrei fen. Da fallt zuerst auf, daß die athenischen Behörden die Isotelen als eine eigenstän dige, von den einfachen Metöken geschiedene Gruppe behandelten. Der Träger die ses Titels wird in den offiziellen Dokumenten als ίσοτελής aufgeführt, auch wenn er 943
Salta, Attische Grabstelen 242.
/. Rechtliche Vergünstigungen
221
die dem Metöken anhaftende Angabe οίκων έν τω δεΐνι δήμω nicht los wird.944 Wenn ein Isotele z.B. an einer Epidosis teilnahm, wurde er in der veröffentlichten Spender liste mit seinem Titel, nicht aber wie die gewöhnlichen Metöken mit seinem Ethnikon vermerkt.945 Daß die Isotelen als eine selbständige Gruppe angesehen wurden, macht auch die Angabe des Aristoteles (Ath. pol. 58.2) deutlich: der Polemarch war nicht nur für die Dikai der Metöken zuständig, sondern auch für die der privilegierten Iso telen und Proxenoi. Hinweise auf das hohe Prestige von Isotelen liefern zwei Gerichtsreden aus dem Corpus Demosthenicum. Bei privaten Rechtsstreitigkeiten wurde der Isotele Theodotos von Fremden wie Bürgern immer wieder als Schlichter konsultiert, bevor ihre Fälle vor die regulären Gerichte kamen.946 Diese Schlichterfunktion des Theodo tos zeigt, daß er unter der Bevölkerung ein hohes Maß an Vertrauen genoß, das nicht nur auf seine Person und Kompetenz in juristischen Angelegenheiten, sondern auch auf seinen ehrwürdigen Titel zurückzuführen sein dürfte. Die Beliehenen selbst waren besonders stolz auf ihren Isotelen-Titel. Dies läßt sich nirgends besser beobachten als in den Grabinschriften. Gewöhnliche Metöken ließen auf ihren Grabsteinen zu ihrem eigenen Namen den ihrer Heimatstadt hinzu fügen. Die Isotelen hingegen verzichteten auf die Erwähnung des Ethnikon und ga ben der vom athenischen Bürgerverband verliehenen Auszeichnung den Vorzug. "They wanted to be remembered not as Citizens of whereever it might be but as men honoured by their city of residence".947 Aus diesem Sachverhalt läßt sich der Schluß ziehen, daß die Isotelen diesen Titel nicht nur benutzten, um ihre soziale Überlegen heit über andere Metöken zu demonstrieren, sondern auch, daß sie ihn höher schätz ten als ihren eigenen Bürgerstatus. Allerdings sind Zweifel angebracht, ob auf den Grabsteinen der Isotelen wirk lich immer das Ethnikon durch den Isotelen-Titel ersetzt worden ist. Viele ortsansäs sige Fremde besaßen eine starke emotionale Bindung zu ihren Heimatstädten, die in den Grabsteinen durch das Ethnikon zum Ausdruck kommt. Die starke Bindung zur Heimatpolis läßt sich am besten beim Philosophen Zenon aufzeigen, der immerhin ein halbes Jahrhundert lang in Athen als Metöke zugebracht hat. Als der Begründer der Stoa nach der Teilnahme an einer Epidosis auf der Spenderliste mit Ζήνων (ό) φιλόσο(φος) vermerkt wurde, bestand Zenon darauf, daß der Steinmetz auf die Stele sein Ethnikon (Κιτιεύς) hinzumeißelte. Antigonos von Karystos erzählt diese Ge schichte, um seinen Lesern nahezubringen, daß sich Zenon seiner phönikischen Her kunft aus Kition keineswegs geschämt habe.948 Von Plutarch erfahren wir außerdem, 944
Einziger Beleg hierfür ist die in Athenian Agora XIX, S. 183 Nr. L6, Z. 133ff. publizierte Poletenliste aus dem Jahr 343/2: Άττήμων... ΐσοτ(ελής) έμ Πειραιεϊ ο[ίκών]. 945 Athenian Agora XVI, 213, col. II, Ζ. 52. 946 [Demosth.] 34.18; 34.44; Demosth. 35.14. 947 Whitehead, Metic 34. 94Ä Diog. Laert. 7.12. Daß die Philosophen in den athenischen Epidosislisten in der von Antigonos beschriebenen Weise aufgezeichnet wurden, sehen wir aus dem Spendenverzeichnis IG II 2 791 (col. 1, Z. 29) des Jahres 244/3 (?) im Falle des etwas jüngeren Peripatetikers Lykon aus Alexandria/Troas.
222
V. Die Dankbarkeit derPolis
daß die Athener Zenon und seinem Kollegen und Schüler Kleanthes das Bürgerrecht angeboten haben. Die beiden Stoiker hätten diese große Ehre zurückgewiesen mit der Begründung, sie wollten nicht in den Ruf geraten, ihren Heimatstädten untreu zu werden.949 Zenons Liebe zu seiner Heimatstadt dürften viele Isotelen (und Proxenoi) ge teilt haben. Sie standen vor der Wahl, auf ihren Grabsteinen als Angehörige ihrer Heimat oder als Isotelen bzw. Proxenoi erinnert zu werden. Einige Isotelen und Pro xenoi dürften dem Ethnikon den Vorzug gegeben haben. Dies erschwert die Anferti gung einer Statistik über das zahlenmäßige Verhältnis von Isotelen und Proxenoi zu den einfachen Metöken auf der Grundlage attischer Grabinschriften. Für Freunde von Zahlenspielen seien folgende Angaben genannt. Etwa 700 Grabinschriften er wähnen fremde Ethnika,950 26 Isotelen und 4 den Titel eines Proxenos. Eine Definition der attischen Isotelie aus der Zeit ihres Bestehens (ca. 400-100 v. Chr.) fehlt. Spätere Lexikographen und Grammatiker haben sich um eine genaue Definition der Isotelen mit den ihnen zustehenden Rechten bemüht. Da sie jedoch in der Kaiserzeit oder in einer noch späteren Epoche lebten und die Isotelie nicht aus der zeitlichen Nähe kannten, haben sie widersprüchliche Deutungen geliefert. So heißt es etwa in der Suda und in einem Scholion zu Demosthenes, der Isotele habe alle Rechte eines athenischen Bürgers besessen.951 Daß diese Definition nichts taugt, versteht sich von selbst. Eine zweite Gruppe von Lexikographen sieht im Isotelen jemanden, der außer den politischen Partizipationsrechten (πλην αρχής) über alle an deren bürgerlichen Rechte verfügte.952 Nach dieser Definition wäre also auch das wichtige Privileg der Enktesis ein integraler Bestandteil der Isotelie gewesen. Laut Harpokration brachte die Isotelie dem Beliehenen die Befreiung von der Metökensteuer sowie von weiteren Abgaben mit sich, die von den Metöken erhoben wurden. Er beruft sich bei seiner Definition auf eine Lysias-Rede und auf die Nomoi des Theophrast.953 Eine letzte Gruppe von Lexikographen spricht den Isotelen von der
949
Plut. mor. 1034a; vgl. Sonnabend, Freundschaften 320f. ° IG I31340-1381; IG II2 7882-10530. 951 Schol. in Demosth. 466.6: ίσοτελείς μεν λέγει τους ξένους τους τετυχηκότας της ίσης τιμής τοις πολίταις. Suda, s.v. ίσοτελεΐς: οι άπό του μετοικεϊν κατά τίνα τιμήν παρά του δήμου γενομένην κατά ψήφισμα μεταβαίνοντες εις το των δημοποιητών δίκαιον ίσοτελεΐς ώνομάζοντο. Vgl. Gehrhardt, Metoikie 68. 952 [Ammon.] diff. 247, s.v. ίσοτελής και μέτοικος: πάντα έχων τά αυτά τοις πολίταις πλην του άρχειν. Ptolem., περί διαφοράς λέξεων ed. G. Heylblut, Hermes 22, 1887, 408: μέτοικος και ίσοτελής διαφέρει* μέτοικος μεν γάρ έ'στιν ό μετοικήσας εις έτέραν πόλιν εκ της έαυτοϋ πατρίδος και του μέν ξένου πλέον τι έχων, του δε πολίτου έλαττον. έτέλει δέ ό μέτοικος κατ' ένιαυτόν. ίσοτελής δέ έστιν μέτοικος τετιμημένος εν τω ίσω τάγματι τοις πολίταις και το μετοίκοιν μή τελών, τάντα δέ έχων τά αυτά τοις πολίταις πλην του άρχειν. Thomas Mag. ed. Ritschi, S. 185.8: ίσοτελή έκάλουν τον των νόμων και πάντων πραττομένων ματέχοντα ξένον οί παλαιοί, πλην αρχής. Moiris ed Bekker 99.12: ίσοτελής ό ξένος ό μετέχων των νόμων και των πραττομένων πάντων πλην αρχής 953 Harpokr. s.v. ίσοτελής και ίσοτέλεια: Ισαίος εν τω κατ' Έλπαγόρου πολλάκις τιμή τις διδομένε τοις άξίοις φανείσι των μετοίκων, καθ' ην και του μετοικίου άφεσις άυτοΐς έγίγνετο, ώς Λυσίας εν τω προς Σώστρατον ύβρεως, ει γνήσιος, οτι δέ και των άλλων ων επραττον οί μέτοικοι άφεσιν εϊχον οί ίσοτελεϊς Θεόφραστος εϊρηκει εν ια' των Νόμων. 95
/. Rechtliche Vergünstigungen
223
Entrichtung der Metökensteuer frei und läßt ihn die übrigen Abgaben unter den glei chen Bedingungen zahlen wie die Athener.954 Nicht minder unterschiedlich ist die Beurteilung der Isotelie in der Forschung ausgefallen. A. Böckh, M. Clerc, G. Busolt und andere meinten, Privilegien wie τάς εισφοράς εΐσφέρειν και τάς στρατείας στρατεύεσθαι μετά 'Αθηναίων sowie die εγκτησις γης και οικίας seien in der Isotelie eo ipso enthalten gewesen, weil sie in den meisten Isotelie-Dekreten mitgenannt werden.955 Böckh hat zudem als erster in Erwägung ge zogen, daß der Isotele von der Prostasiepflicht befreit wurde, dem sich Busolt ange schlossen hat.956 P. Gehrhardt hingegen hielt sich ausschließlich an der Ethymologie des Wortes ίσοτέλεια: "Die Isotelie verlieh nur Steuergleichheit mit den Bürgern".957 Alle anderen Rechte, die in den Isotelie-Dekreten mit verliehen wurden, seien als "Sonderprivilegien" zu betrachten. Hier widerspricht er sich jedoch selbst. Denn auch das Privileg τάς εισφοράς εΐσφέρειν μετά Αθηναίων, das laut Gehrhardt ein Be standteil der Isotelie gewesen ist, wird in den Dekreten von dieser gesondert aufge führt. Die letzte größere Abhandlung über die Isotelen stammt aus der Feder von Whitehead, der die in der ίσοτέλεια einbezogenen Rechte zu sehr minimalisiert hat: "Its equality (ison) consisted in exemption from the special taxes falling only on noncitizens: metoikion, market-taxt and possibly others of which we are Ignorant".958 Nach seiner Auffassung fiel nicht einmal das Privileg τάς εισφοράς εΐσφέρειν μετά Αθηναίων unter die Isotelie. Bei einer solchen Minimalisierung der Rechte der Isotelen fragt man sich allerdings, worauf dann die oben festgestellte hohe Wertschätzung dieses Titels sowohl bei ihren Trägern wie auch in der Gesellschaft beruht haben sollte, wenn der sich aus der Verleihung ergebende materielle Vorteil so gering war. Der Wegfall des Metoikion (12 Drachmen pro Jahr) dürfte den in der Regel wohlhaben den Isotelen keine große Befriedigung verschafft haben. Auch die Freistellung von den wenigen Oboloi Marktsteuer (ξενικά τέλη) dürfte für sie belanglos gewesen sein. Dies hätte höchstens ein Kapelos aus dem Metökenstand zu schätzen gewußt, der auf der Agora eine bescheidene Verkaufsbude unterhielt. Ob andere, nur den Met öken auferlegte "taxes" überhaupt existierten, bezweifele ich. Wir müssen zusehen,
954 Anecd. Bekk. 1.267,1fr: ΐσοτελείς- μέτοικοι, τά μεν ξενικά τέλη (nicht als eine von Fremden er hobene Marktsteuer [Demosth. 57.31], sondern als das Metoikion zu verstehen) μη τελευντες, τα δέ ϊσα τοις άστοΐς τελεϋντες. Hesych. s.v. ίσοτελεΐς: μέτοιχοι (sie), ϊσα τοις άστοΐς τέλη δίδοντες. Hesych. s.v. ίσοτελής: ό έξελεύθερος, και μετέχων των νόμων, μετοικίον δέ ού φέρων. Phot. s.v. ίσοτελεϊς: ϊσα τελευντες, ϊσα τοΐς άστοΐς δ έστι τοις πολίταις τέλη δίδοντες. 955 Böckh, Staatshaushalt Ι, 626ff. Clerc, Meteques 201ff., bes. 213ff.; Busolt, Staatskunde 299f.; T. Thalheim, Art. Isoteleis, RE IX, 1916, 2231ff., schließt die Enktesis vor der eigentlichen Isotelie aus. 956 Böckh, Staatshaushalt I, 627; Busolt, Staatskunde 299. 957 Gehrhardt; Metoikie 70; vgl. ders. S. 66: "Natürlich bedeutet die Isotelie eine Verbesserung für den Metöken, die - hält man sich zunächst nur an die Ethymologie - vermutlich darin bestand, daß der μέτοικος ίσοτελής das jährliche Metoikion und die Fremdenmarktsteuer nicht mehr zu zahlen hatte und bei einer Eisphora in gleicher Weise wie ein Bürger vom gleichen Vermögensstande besteuert wurde". 958 Whitehead, Metic 12.
224
V. Die Dankbarkeit derPolis
ob die Isotelie doch nicht mehr Rechte umfaßte, als Whitehead glauben machen möchte. Bevor ich eine eigene Definition der Isotelie versuche, möchte ich anhand der Komposita ισο-τέλεια und ά-τέλεια auf den vielfältigen Gebrauch des Wortes τέλος durch die Athener hinweisen. Xenophon benutzt ισοτέλεια an zwei Stellen seines Werkes. Aus den Poroi (4.12) erfahren wir, daß der Staat auch den Metöken das Recht zugestand, in den attischen Bergwerken Konzessionen zu erwerben: παρέχει γουν (sc. ή πόλις) έπι ίσοτελείςι και των ξένων τω βουλομενω έργάζεσθαι εν τοις μετάλλοις. Wie bereits S. Lauffer gesehen hat, verwendet Xenophon an dieser Stelle das Wort ισοτέλεια, um zum Ausdruck zu bringen, daß die Bedingungen, insbesonde re die Pachtgebühren für eine Erzgrube, für Fremde wie Bürger dieselben waren.959 Ein zweites Mal gebraucht Xenophon ισοτέλεια in seinen Hellenika (2.4.25) im Zu sammenhang mit den Piräuskämpfem. Nach der Besetzung des Piräus durch die Demokraten wollten diese für den Krieg gegen die Dreißig weitere Kämpfer gewin nen. Daher haben Thrasybul und andere Anfuhrer πιστά δόντες, οϊτινες συμπολεμήσιαν, και ει ξένοι ειεν, ισοτέλειαν έσεσθαι. Aus Aristoteles Ath. pol. 40.2. wissen wir, daß der ursprüngliche Antrag Thrasybuls zur Belohnung der fremden Piräuskämpfer das Bürgerrecht vorsah. Demnach dürfte er den Piräuskämfern in der Tat nicht die Isotelie, wie man aus Xenophon erschließen wollte, sondern das Bürgerrecht ver sprochen haben. In Anlehnung an Whitehead habe ich anhand anderer Indizien wahrscheinlich gemacht, daß die Piräuskämpfer durch einen zweiten, in Kraft getre tenen Antrag (IG II 10+) die ihnen ursprünglich versprochene Politie erhielten (s.o. S. 189f.). Xenophon benutzt ισοτέλεια also im metaphorischen Sinne als die Gewäh rung einer gleichen Behandlung mit den Bürgern. Er wollte mit diesem Wort zum Ausdruck bringen, daß die fremden Mitkämpfer über alle Rechte der Bürger verfugen sollten. Aufschlußreicher ist das Kompositum ά-τέλεια. Verschiedene Dekrete des 5. und 4. Jahrhunderts sprechen die Geehrten mit ατέλεια und einem jeweiligen Zusatz vom Wehrdienst (ατέλεια στρατείας), von der Gamisonspflicht (ατέλεια φρορας) und von der Metökensteuer (ατέλεια του μετοικίου) frei.960 Dank der Rede des Demosthenes gegen Leptines wissen wir, welche Rechte das selten verliehene Privileg ατέλεια πάντων betraf. Der Redner macht an mehreren Stellen deutlich, daß die Atelie nicht nur die Freistellung von diversen Abgaben, sondern auch die Befreiung von den enkyklischen Liturgien (Choregie, Gymnasiarchie, Hestiasis) zum Inhalt hatte.961 Diese Beispiele sind sehr lehrreich, weil sie zeigen, wie mannigfaltig das Wort τέλος ver wendet werden konnte. In den Augen der Athener waren die τέλη nicht nur fiskali sche Abgaben, wie man aus dem Wort τέλος auf den ersten Blick schließen möchte, sondern alle möglichen Leistungen für die Polis, also auch Liturgien sowie der Wehr dienst. 959 Lauffer, Bergwerkssklaven 209 mit Anm. 2f; weitere Literaturhinweise bei Schütrumpf, Xenophons Vorschläge 95 Anm. 19f. 960 Zu den Belegen s. Henry, Honours 241ff. 96i Demosth. 20.18 und 130.
/. Rechtliche Vergünstigungen
225
Da demnach die Athener auch den Wehrdienst und die Eisphorai zu den τέλη mitrechneten, steht nichts im Wege anzunehmen, daß die in den Dekreten von der ίσοτέλεια gesondert genannten Privilegien τάς εισφοράς είσφέρειν μετά 'Αθηναίων und τάς στρατείας στρατεύεσθαι μετά 'Αθηναίων in der Isotelie mit eingeschlossen waren. Eine Entscheidung darüber können nur die Ehreninschriften bringen. In einer atti schen Urkunde aus der Mitte des 4. Jahrhunderts, mit der ein Unbekannter zum [Proxenos] und [Eujergetes ernannt wurde, lesen wir. και δ[εδόσθαι] | αύτοΐς ίσοτέ[λ]ειαν οίκοβσιν Ά]|θήνησιν και τά[ς] εισφοράς είσφ||έρειν καί τά τέλη τελεΐν καθάπ|ερ Αθηναίοι και τάς στρατείας | στρατέ[ύ]εσθαι μετά Αθηναίων (IG II 287, Ζ. 2-7). An schließend folgen Ζ. 7-12 als weitere Privilegien: ε|[Γ]ναι δε αύτοΐς και γης και οικί|ας ενκτησιν έπιμελεΐσθαι δε α||ύτών την [β]ουλήν την άει βουλε|ύουσαν και τους στρατηγούς οπ|ως αν μηδ' ύφ* ενός άδικώνται. In den in dieser Form einzigartigen Zeilen 4-7 dieser Inschrift liegt eine Umschreibung der Isotelie vor. Mit der Verleihung der ίσοτέλεια werden der Geehrte und seine Nachkommen in den Eisphorai und übrigen τέλη so wie dem Wehrdienst den Bürgern gleichgestellt. Diese Rechte waren ein zwingender Bestandteil der Isotelie. Ferner brachte die Isotelie die Befreiung von der Metökensteuer (meinethal ben auch von der unbedeutenden Marktsteuer) mit sich, was in der Forschung nie bestritten worden ist. Die ατέλεια (bzw. άφεσις) του μετοικίου als ein Privileg der Isotelen hat Lysias in der nicht erhaltenen Rede προς Σώστρατον angeführt, aus der Harpokration geschöpft hat. Als um den athenischen Demos verdiente Personen hatten die Isotelen in der gleichen Weise wie die Proxenoi auch einen Anspruch auf Schutz durch die Magistrate der Stadt und, wenn sie mit einer Bitte in eigener Sache vor die Volksversammlung treten wollten, ein Zugangsrecht zur Boule. Diese beiden in eini gen Isoteliedekreten mit den Formeln έπιμελεΐσθαι δε αύτου την βουλήν και τους στρατηγούς όπως αν μηδ' ύφ' ενός άδικήται und είναι αύτώι πρόσοδον προς την βουλήν και τον δήμον, όταν δέηται genannten Privilegien sehe ich ebenfalls als einen festen Bestandteil der Isotelie an. Alle übrigen Privilegien, die über die genannten hinaus gingen, sind als fakultative Zutaten zu betrachten. Böckh, Clerc u.a., die die in den Isoteliedekreten häufig erwähnte Enktesis der Isotelie zurechneten, haben sich geirrt. Sie stand nicht einmal den Proxenoi zu, wie wir aus dem Beispiel Euenors erschlos sen haben (s.o. S. 216f.), sondern wurde als Sonderprivileg vergeben. Der von Demosthenes zitierte Antrag des Leptines deutet darauf hin, daß Isotelen bisweilen auch das große Privileg der umumschränkten Atelie (ατέλεια πάντων) zuerkannt wurde.962 Natürlich war auch dieses Privileg, das in den uns vorliegenden Isoteliedekreten fehlt, ein Zusatz zur Isotelie, mit dem die Bürger überdurchschnittliche Leistungen hono rierten.
962
Demosth. 20.29: έτι δ\ ώ άνδρες δικασταί, δια το γεγράφθαι εν τω νόμω διαρρήδην αύτου "μηδένα μήτε των πολιτών μήτε των ίσοτελών μήτε των ξένων είναι ατελή", μή διηρήσθαι δ' οπού ατελή, χορηγίας ή τίνος άλλου τέλους, αλλ' απλώς "ατελή μηδένα πλην τών αφ' 'Αρμοδίου και Άριοτογείτονος", καί εν μεν τω "μηδένα" πάντας περιλαμβάνειν τους άλλους, εν δε τω "τών ξένων" μή διορίζειν τών οίκοϋντων Αθήνησιν, αφαιρείται καί Λευκωνα τον άρχοντα Βοσπόρου καί τους παϊδας αύτου τήν δωρειάν ην ύμεΐς έδοτ' αύτοΐς.
V. Die Dankbarkeit der Polis
226
Im Grunde standen die Isotelen, gemessen an den ihnen zuerkannten Rech ten, den Proxenoi kaum nach. Was die Proxenoi über die Isotelen hob, war der alt ehrwürdige Titel. Bei dem Wort πρόξενος wohnte der Aspekt der φιλία zwischen dem Träger dieses Titels und der Bürgerschaft inne, was bei dem etwas nüchterneren Be griff ίσοτελής nicht der Fall war. V. Thumser hat als einziger die Möglichkeit erwogen, daß die Verleihung der Isotelie auch eine Befreiung von den kultischen Liturgien σκαφηφορία, υδριαφορία und σκιαδηφορία, die nur von Metöken geleistet wurden, mit sich gebracht haben muß.963 Eine Entscheidung darüber zu treffen, ist bei der desolaten Quellenlage gar nicht möglich. Man muß sich aber im klaren darüber sein, daß die Übertragung sol cher Liturgien, die im übrigen keine oder doch nur geringe Kosten verursachten, eine große Ehre darstellte, auch wenn Aelian ein anderes Urteil darüber abgegeben hat.964 Auf Wunsch der Bürger der Athena, der Beschützerin ihrer Gastpolis, kultische Dienste zu erweisen, wird viele Metöken mit großem Stolz erfüllt haben. Daher dürf ten die Isotelen gar keine Interesse daran gehabt haben, von solchen Liturgien freige stellt zu werden.
N a m e der Isotelen Lvsias Drornon Nikostratos Onesimos, S. d. Mnesikles Pataikos N.N. Flüchtlinge aus ? Theben N.N. Flüchtlinge aus Delphi
Datierung vor 4 0 4 / 3 4. Th. 4.1h. 4.Th. 4.Th. 4.Th. nach 383 vor 378/7 363/2
N.N Phanostratos Dionvsios, S. d. Philippos Kallistratos, S. d. Dexandndes Theodotos Apollodoros Sparton fAtalrbos, S. d. AischApemon Asklepiodoros Philon, S. d. Asklepiodoros N.N. N.N. Mvs, S. d. Hermios, Toreut Silanion Dionvsios
362/1 362/1 Mitte 4. ]h. Mitte 4. Jh.
N.N.
Mitte 4. Th. nach 350 nach 350 347/6 vor 343/2 vor 337/6 4.Th. vor 337/6 vor 337/6 vor 331/0 Ende 4. Th. um 330 um 330
Quellennachweis fPlut.l Vit. X orat. 836A IG II 2 7865 IG II 2 7869 IG II 2 8652 IG II 2 7875 IG II 2 7881 IGII 2 37+add.p.656,5 IG II 2 83,8 IG II2109,20 (Osbome, Natural. D i l ) IG II 2 113,2 IG II 2 113,2 IG II 2 7868 IG II 2 7864 (Pieket, Inscript. Levden 71) Demosth. 34.18.44; 35.14 IG II 2 7873 IG II 2 7877 IG II 2 214,8 Athen. Agora XIX, 183 L6 IGII 2 276,13ff. IG II 2 7879 IGII 2 287,3ff. IG II 2 288 (ισοτέλεια ergänzt) IG II21496,218 SEG XXI 940 IG II21554,12,16 (SEG XVIII 36, Α coL 1,102,106) IG II21558,53 (SEG XVIII 36, Β coL 1,99)
Anlaß der Verleihung PGeldspende (vgl. Lvs. 12.20) ? ? ? ? ? ? ? ? ? ? ? ? ? ? ? ? }
Tapferkeit ? ? ? ? ? ? ?
963 Thumser, Attische Metöken 65: Die Isotelen waren "entbunden von der Zahlung des Schutzgeldes, der Steuern während des Friedens, der Gewerbesteuer, von der σκαφηφορία, υδριαφορία, σκιαδηφορία und zahlten die Kriegssteuern nach den für die Bürger geltenden Bestimmungen". ** S.o. S. 94 Anm. 377.
/. Rechtliche Vergünstigungen -doros N.N. Gervs Theophilos Nikostratos Euxenides v. Phaseiis
um 330 um 330 vor 317/6 vor 317/6 vor 309/8 um 305/4
IGII 2 1565,4f. IG II 2 1565,20 IG II2 7863 IG II2 7863 IG II2 551 (ισοτέλεια ergänzt) IG II2 554,28
Nikander v. Ilion
302/1
IG II2 505, 51
Polyzelos v. Ephesos
302/1
TG II2 505, 51
-tas, S. d. Menekrates, Bauunternehmer r-s v. Herakleia, Baunternehmer N.N. Flüchtlinge aus Tenos N.N. 1 Charias I Hermaios, S. d. Hermo— N.N. 1 [Aischjias v. Pergamon 1 Afischvllion 1 Sosibios 1 Kairos 1 Kntodemos, S- d. Kriton 1 Nikias 1 Noufsl 1 Agathon 1 Kteson 1 Menon 1 Simvlos, S. d. Konon | Eirenokles 1 Doros Philon, S. d. Philon 1 -mos, S. d. Nikomachos 1 Melanthios, S. d. Glvkios 1 Soteles
307/6
Athen. Agora XVI, 109, col. 1,123 Athen. Agora XVI, 109, coL 307/6 111,124 Ende 4. Th. IG II2 583,6 Ende 4. ]h. IG II2 660,6 Ende 4. Th. IG II2 516 (ισοτέλεια ergänzt)^ IG II2 2657 (=Firüev, Horos 302/1 Nr. 116) IG II2 715+add.p. 666,16 3.]h. IG II2 747+add. p. 666 3. Jh. (ισοτέλεια ergänzt) um 252/1 IG II2 768+802 (ισοτέλεια er gänzt) Mitte 3. Th. IG II21291,11 f. um 244/3 Athen. Agora XVI Nr. 213, coL 2,52 3.Th. IG II2 7870 3. Th. | IG II2 7871 3.Th. IG II2 7874 Athen. Agora XVII,90 Nr.385 3./2.Th. IG II2 7862 2.Th. 2.Th. | IG II2 7872 SEG XVI 204 2.Th. IG II2 7876 2. Th. 2./l.Th. IG II2 7867 l.Th. IG II2 7866 IG II2 7878 l.Th. IG II2 7880 ? } SEGXXVI,311 } SEG XXVI,312
227 ? " " 1 ? | ? | ? Unterstützung bei den Dionvsien 1 Bereitstellung von Ruderern; 1 Spende von Katapultseilen Beiträge für die Flotte, Rüstung uJ Mauerbau Beiträge für die Flotte, Rüstung uJ Mauerbau | ? ? ? ? ? ? Spende für Verteidigungs zwecke Epidoseis für Befestigungsbauten Epidosis für Verteidigungszwekke ? ? ? ? ? ? ? ? ? ? ? ? ? ? ? ?
|
c. Atelie Der vielfältige Gebrauch des Wortes Atelie, die sowohl Befreiung von Abgaben als auch von persönlichen Diensdeistungen
(Kriegsdienst und Liturgien)
umfassen
konnte, hat in der Forschung manche Irrtümer aufkommen lassen. So heißt es etwa in der "Griechischen Staatskunde" von G. Busolt, "die Ateleia der ortsansässigen Fremden" sei mit der Isotelie identisch gewesen.965 Um das Jahr 367 wurden die
965
Busolt, Staatskunde 300: 4T)ie ihnen bewilligte Ateleia von den Abgaben und Leistungen, die ihnen als Metoiken oblagen, entband sie noch nicht von denjenigen, zu denen die Bürger der staatlichen Gemeinschaft verpflichtet waren, an der sie zwar nur in 'unvollkommener Weise* teilnahmen, aber doch Anteil hatten. So wurde die Ateleia der ortsansässigen Fremden zur Isoteleia".
228
V. Die Dankbarkeit derPolis
Kaufleute aus Sidon von der Zahlung der Metökensteuer, von den Eisphorai sowie von der Heranziehung zur Choregie freigestellt966 Das war ein höchst großzügiges und beispielloses Zugeständnis des attischen Demos, denn laut Demosthenes (20.18.26) waren nicht einmal die Inhaber des seltenen Privilegs ατέλεια πάντων von den Eisphorai befreit. U. Kahrstedt jedoch konnte allen Ernstes behaupten, daß mit der Verleihung dieser drei Privilegien an die Sidonier "praktisch dasselbe erreicht (wird), wenn, wie in der Regel, nur die Isotelie verliehen wird".967 Vor ihnen hat H. Schenkl die ebenfalls nicht zutreffende These aufgestellt, die Atelie sei zu Beginn des 4. Jahrhunderts durch die Isotelie ersetzt worden.968 Wir sehen jedoch aus den Eh rendekreten, daß die Atelie (sowohl alleinstehend als auch mit den Zusätzen του μετοικίου und πάντων) danach weiterhin erteilt wurde.969 Wegen dieser und anderer Irrtümer scheint es sinnvoll, die Atelie hier gesondert zu behandeln, obwohl in den vorangegangenen Absenkten schon einiges darüber gesagt wurde und die Gefahr ei ner Wiederholung gegeben ist. Das übliche, womit die Stadt verdiente Fremde belohnte, war die Befreiung von der Metökensteuer (ατέλεια του μετοικίου). Sie stand jedem Proxenos, Euergetes und Isotelen zu, auch wenn sie nicht in allen Dekreten aufgeführt wird. Alle übrigen Formen der Atelie sind als Sonderprivilegien zu betrachten, die nur selten bewilligt wurden. Die Freistellung vom Wehrdienst und von der Gamisonspflicht (ατέλεια στρατείας και φρορας) kommt nur in drei Proxeniedekreten aus der Zeit des Peloponnesischen Kriegs vor. Während in zwei dieser Urkunden (IG I3 28; IG I3 159) sich weder die Namen noch die Verdienste der Geehrten erhalten haben, handelt es sich bei den Empfängern des dritten Dekrets (IG I 164) um zwei ortsansässige Ge meindeärzte. Die Verleihung der ατέλεια στρατείας και φρορας an diese ergibt durch aus einen Sinn. Denn diese hatten mit der medizinischen Betreuung der von der Seu che befallenen und im Krieg verwundeten Bewohner Attikas wichtigere Aufgaben zu bewältigen als in den Krieg eingezogen zu werden. Nicht zahlreicher sind die eben falls nur in den Proxeniedekreten des 5. Jahrhunderts anzutreffende Befreiung von Hafengebühren, das Recht auf freie Ein- und Ausfuhr von Waren und andere Han delsprivilegien. Sie sind speziell auf Händler zugeschnitten und wurden gewöhnlich nur ihnen verliehen.970 Das höchste, was die Stadt ihren fremden Wohltätern wie auch verdienten Bürgern erteilen konnte, war die unumschränkte Atelie (ατέλεια πάντων). Weil sie den Anlaß für die gegen Leptines gehaltene Rede des Demosdienes gab, sind wir über dieses Privileg relativ gut unterrichtet. Der erfolglose Antrag des Leptines bezweckte, jedem, der mit der ατέλεια πάντων ausgezeichnet worden war, dieses Privileg zu ent ziehen. Zudem sollte sie künftig nicht mehr verliehen werden.971 Mit dem Antrag zur 9
<* IG Π2 141 (= Tod, GHIII139), Z. 30ff. Kahrstedt, Staatsgebiet 296. 968 Schenkl, De metoecis atticis 186ff.; vgl. Gehrhardt, Metoikie 70. 969 Inschriftliche Belege bei Henry, Honours 241 ff. 970 IG I3 174; IG I3 164; IG I3 182. 971 Demosth. 20.160. 967
/. Rechtliche Vergünsngungen
229
Aufhebung der Atelie war die Absicht verknüpft, die Zahl der liturgiepflichtigen Bür ger und Metöken zu erhöhen. Demosthenes spricht mehrmals aus, daß ατέλεια πάντων die Befreiung von den enkyklischen Liturgien (Choregie, Gymnasiarchie, Hestiasis) zum Inhalt hatte, zu denen sowohl Bürger als auch Metöken herangezogen wurden.972 Die Trierarchie und die Eisphorai hingegen waren im Privileg nicht mit erfaßt, "da beide zur Kriegsfuhrung und zur Sicherung des Staates dienen".973 Eine Befreiung von diesen Leistungen scheinen die Athener so gut wie nie in Erwägung gezogen zu haben. Die oben ange führte Freistellung der sidonischen Kaufleute von den Eisphorai hat keine Parallele. Aus den Angaben des Demosthenes ist ersichtlich, daß nur wenige Personen im Besitz der ατέλεια πάντων und somit von den enkyklischen Liturgien befreit wa ren. Der Redner glaubt, unter seinen in Attika lebenden Zeitgenossen nicht mehr als sechzehn (fünf bis sechs Bürger und etwa zehn Metöken) ατελείς πάντων ausfindig machen zu können. Die Zahl der Inhaber dieses Privilegs könne auch zwanzig bis maximal dreißig betragen haben.974 Nicht mitberücksichtigt sind auswärtige Wohltäter Athens, wie etwa Leukon, der Herrscher über den Kimmerischen Bosporus, der als Getreideproduzent großen Stils und wegen der Vorzugsbehandlung der in atheni schen Diensten stehenden Händler ehrenhalber mit der unumschränkten Atelie und dem athenischen Bürgerrecht ausgezeichnet worden war.975 Demosthenes weist auch darauf hin, daß ατέλεια πάντων den Proxenoi eo ipso nicht zustand. Die Argumenta tion seines Gegners Leptines baute ja besonders auf den Mißbrauch dieses Rechts durch einige Proxenoi auf. Diese hatten unter der Vorgabe, ατελείς (πάντων) zu sein, sich den enkyklischen Liturgien entzogen.976 Mit großer Wahrscheinlichkeit war die sen von Demosthenes als "Schurken" markierten Proxenoi die Atelie allein, d.h. ohne irgendeinen Zusatz, verliehen worden, wie man sie in den Dekreten mehrmals an trifft:.977 Aufgrund dieser Undefinierten Atelie waren Mißverständnisse vorprogram miert: Manche Inhaber dieses Privilegs werden sie als ατέλεια πάντων aufgefaßt ha ben, die Athener hingegen dürften mit ihr lediglich die Freistellung von den Metökenabgaben gemeint haben. Während die Undefinierte Atelie, unter die wahrschein lich nicht sehr viel mehr als die Befreiung vom Metoikion fiel, in den Ehrendekreten oft anzutreffen ist, begegnet man der ατέλεια πάντων nur in einer einzigen Proxenieurkunde (IG II 286) aus der Mitte des 4. Jahrhunderts. Dies und die von Demosthe nes genannten Zahlen, auch wenn er sie für seinen Zweck zu niedrig gehalten haben mag, beweisen, wie selten die unumschränkte Atelie verliehen wurde. Um dieses Pri vileg zu erhalten, mußten besondere Leistungen vorliegen. Einige der ατέλεια πάντων 972
Demosth. 20.18.62.130. Demosth. 20.18 (vgl. 20.26): είσι γαρ δήπου παρ' ήμΐν αϊ τε τών μετοίκων λητουργίαι και αί πολιτικαί, ών εκατερων εστί τοις εύρημένοις ή ατέλεια ην ούτος αφαιρείται, τών γαρ εις τον πόλεμον και τήν σωτηρίαν της πόλεως εισφορών καί τριηραρχιών ορθώς και δικαίως ουδείς έστ ατελής εκ τών παλαιών νόμων, ούδ' ους ούτος έγραψε, τους αφ' 'Αρμοδίου καί Άριοτογείτονος. 974 Demosth. 20.20f. 97 5 Demosth. 20.30ff. 97 6 Demosth. 20.1 und 131ff. 977 Belege für "undefined ateleia" bei Henry, Honours 241 ff. 973
230
V. Die Dankbarkeit derPolis
würdige Taten werden von Demosthenes auch genannt. Der (?) Naukleros Epikerdes aus Kyrene hatte sie um 412 dadurch erworben, daß er den nach der Sizilischen Ka tastrophe in den Bergwerken von Syrakus gefangengehaltenen Athenern zur Beschaf fung von Nahrungsmitteln hundert Minen spendete και του μη τω λιμω πάντας αυτούς άποθανεΐν αίτιώτατος έγένετο.978 Rund zwei Dekaden später wurden einige φυγάδες aus Korinth mit der unumschränkten Atelie belohnt, weil sie dem athenischen Heer Eintritt in ihre Heimatstadt verschafft: hatten.979 Ekphantos und andere Thasier er hielten die Atelie, weil sie im Jahre 389/8 "Thasos euch zuführten, die lakedaimonische Besatzung mit Waffen verjagten, den Thrasybul dort einsetzten und so ihre Heimat mit euch befreundeten und die ganze thrakische Küste in eure Interesse zo gen".980 Ganz ähnlicher Art waren die Verdienste des Archebios und Herakleides, die durch die Übergabe von Byzantion (390/89) an Thrasybul κυρίους ύμας εποίησαν του Ελλησπόντου, ώστε την δεκάτην άποδόσθαι και χρημάτων εύπορήσαντας Λακε δαιμονίους άνανκάσαι τοιαύτην, οϊαν ύμΐν έδόκει, ποίησασθαι την είρήνην. Nach ihrer Verbannung aus Byzantion "habt ihr ihnen die Belohnung bewilligt, welche ihr Wohltätern, die euretwillen landesflüchtig geworden waren, schuldig wart Proxenie, Euergesie und die unumschränkte Atelie".981 D e m Strategen Konon, den Demosthe nes zu einem zweiten Themistokles aufbaut, verlieh seine Heimatstadt die Atelie, weil er viele Poleis den Spartanern entrissen und den Wiederaufbau der Langen Mauer in itiiert hatte.982 Wegen seiner militärischen Leistungen hatte auch Chabrias die Atelie erhalten.983 Bei den wenigen Inhabern der ατέλεια πάντων, die in Athen als Metöken leb ten, dürfte es sich überwiegend um Verbannte gehandelt haben. Andere, die aus frei em Entschluß ihre Heimatstädte verlassen und Athen zur zweiten Heimat gewählt hatten, scheinen die unumschränkte Atelie selten erlangt zu haben. Nicht einmal der ehemalige Sklave Pasion, der als der reichste Mann Athens galt, war im Besitz dieses Privilegs. Dabei hat er sich durch die Schenkung von fünf Kriegsschiffen und tau send Schilden als Wohltäter ersten Ranges erwiesen. Wir sehen nämlich, daß seinem älteren Sohn Apollodor die Choregie übertragen wurde, obwohl dieser sich häufig in Geldverlegenheiten befand.984 Wäre seinem Vater die Atelie verliehen worden, hätte er davon Gebrauch gemacht, da sie, wie alle anderen vom Staat bewilligten Privilegi en auch, in der Regel vererbt wurde.985 978
Demosth. 20.42. ^ Demosth. 20.51 ff. 980 Demosth. 20.59: τούτο μεν τοίνυν Θαοίους τους μετ' Έκφάντου πώς ούκ αδικήσετε, εάν άφαιρήσθε τήν άτέλειαν, οι τταραδόντες ύμΐν Θάσον και την Λακεδαιμονίων φρουράν μεθ' οπλών έκβαλόντες και Θρασύβουλον είσαγαγόντες και παράσχοντες φίλην ύμΐν τήν αυτών πατρίδα αίτιοι τοΰ γενέσθαι σύμμαχον τον περί Θράκην τόπον ύμΐν έγένοντο; 981 Demosth. 20.60: μετά ταυτ έκπεσόντων έψηφίσασθ' άπερ, οιμαι, φεύγουσιν εύεργέταις δι' υμάς προσηκε, προξενίαν, εύεργεσίαν, άτέλειαν απάντων. 982 Demosth. 20.68ff. 98 3 Demosth. 20.79ff.84f. 984 Ausführlich zu den Liturgien des Pasion-Sohnes s. Travett, Apollodoros 39ff. 985 So hat laut Demosth. 20.75 Chabrias seinem Sohn die Atelie "als rechtmäßig erworbenes Eigentum hinterlassen" (δικαίως παρ' υμών λαβών κατέλιπεν). Die Erblichkeit der ατέλεια πάντων geht 9
/. Kßchtäche Vergünstigungen
231
Die Atelie wurde auch von den einzelnen Demen bewilligt, auch wenn Belege hierfür recht rar sind. So heißt es etwa in einem vom Demos Eleusis gefaßten Ehrenbeschluß aus der Zeit um 350, Damasias aus Theben und seine Nachkommen sollen von allen τέλη frei sein, ων είσιν κύριοι Ελευσίνιοι (IG II 1186, Ζ. 25f.). Damasias wurde nicht nur "from those taxes, over which the Eleusinians have authority" frei gestellt, wie Whitehead den Satz übersetzt, sondern auch von den auf der DemenEbene erbrachten Liturgien. In jener Inschrift wird auch die Choregie ausdrücklich unter die τέλη eingereiht. Anlaß für die Verleihung der Atelie waren nämlich zwei von dem Thebaner besonders aufwendig ausgestattete Choregien, die Epidoseis für Demeter, Köre und Dionysos genannt werden.986
d. Gleichstellung m i t d e n Athenern b e z ü g l i c h der E i s p h o r a i Eines der üblichen Privilegien, die zur Belohnung eines Metökeneuergeten dienten, war das durch die Formel τάς εισφοράς είσφέρειν μετά Αθηναίων zum Ausdruck ge brachte Recht, die Sondersteuer unter gleichen Bedingungen wie die Bürger zu zahlen.987 Welche Bedeutung diesem Privileg zukam, hängt von der Frage ab, in welchem Verhältnis die Eisphora-Zahlungen der Metöken zu den Beiträgen der Bürger standen. Verfechter der These einer geringeren Belastung der Metöken haben für das Privileg Erklärungen geboten, die unbefriedigend wirken. Laut Clerc brachte es den Begünstigten die Aufnahme in die Bürgersymorien mit sich, was eine besondere Ehrung dargestellt habe.988 Whitehead fugt hinzu, daß unter wohlhabenden Metöken die Bereitschaft zu einer höheren Eisphora-Zahlung groß gewesen sei, weil sie auf diese Weise in einer agonal geprägten Gesellschaft ein größeres Ansehen erlangen konnten.989 Schenkl hat in Erwägung gezogen, daß den Metöken häufiger Eisphorai auferlegt worden seien als den Bürgern.990 Ein Metöke, der mit dem Privileg τάς εισφοράς είσφέρειν μετά 'Αθηναίων ausgezeichnet worden sei, habe demnach eine Vermögenssteuer nur dann abgeführt, wenn sie auch von den Bürgern erhoben wurde. Als Grundlage für diese These dient ihm die Formulierung τά|ς εισφοράς άπ[άσ]ας, όσας εψ||ήφισται ό δήμος ε[ί]σενενκεϊ|ν τους μετοίκους, ε[ύ]τάκτως [ε]|ίσενήνοχεν, die in dem
auch aus IG i r 286, der einzigen inschriftlich bezeugten Verleihung dieses Privilegs, hervor. 9 »6 Whitehead, Demes of Attica 82 (meine Hervorhebung). IG II 2 1186, llff. Bei dieser Inschrift drängt sich ein Vergleich mit den staadichen Ehrendekreten mit Proxenie- und Isotelieverleihungen auf. Damasias wurde, wie die Proxenoi und Isotelen, öffentlich belobigt und mit einem Kranz (aus Gold) geehrt. Wie bei den Proxenie- und Isoteliedekreten wird durch eine έτπμελεϊσθαι—Klausel dem Demarch von Eleusis die Pflicht auferlegt, den Thebaner zu schützen. Zusätzlich beehrten die Elcusier den Thebaner mit der Prohedrie. ™ Erhalten in den Ehrendekreten IG II 2 218, Z. 33f.; IG II 2 287, Z. 4f.; IG II 2 237, Z. 27f.; IG II 2 351, Z. 31f.; IG II 2 360, Z. 20f.; IG Π 2 505, Z. 53f.; (?) IG II 2 516, Z. 2f. Zu den Variationen in der Formularsprache s. Henry, Honors 250. m Clerc, Meteques 205. 989 Whitehead, Metic 79f. 990 Schenkl, D e metoecis atticis 191.199.
232
V. Die Dankbarkeit der Polis 2
Ehrendekret IG II 554, Z. 8-12, für den Phaseliten Euxenides festgehalten ist. Dieser Passus beweist m.E. nicht mehr als, daß die Metöken die Eisphora nach einem anderen Steuersatz zahlten als die Bürger. Als ein Beweis für besondere MetökenEisphora kann er nicht verwertet werden.991 Alle diese Spekulationen erweisen sich als unnötig, wenn man akzeptiert, daß die Metöken einen höheren Prozentsatz ihres eingeschätzten Vermögens als Eisphora abführten, wofür ich oben mehrere Argumente angeführt habe (S. 75f.). Das Privileg der Gleichstellung mit den Bürgern bei der Bezahlung der Eisphorai brachte den Metöken finanzielle Vorteile, weil sie nach dem niedrigeren Steuersatz der Bürger besteuert wurden. Der letzte Beleg für dieses Privileg ist IG II 505 aus dem Jahr 3 0 2 / 1 . Die Vergabe dieses Privilegs noch im ausgehenden 4. Jahrhundert scheint darauf hinzudeuten, daß sich die Athener in dieser Phase noch immer dem Mittel der Eisphora zur Finanzbeschaffung bedienten und erst nach 300 zugunsten anderer Mittel (Epidosis und zinslose Anleihe) aufgaben. Denn es ist nicht vorstellbar, daß die Bürger als Belohnung verdienter Metöken ein Privileg verliehen haben, das inhaltlich wertlos war und der Vergangenheit angehörte.
e. Militärische Gleichstellung m i t d e n Athenern Verdienten Metöken wurde mit der Formel τάς στρατείας στρατεύεσθαι μετά 'Αθηναίων ein Recht zugestanden, dessen Inhalt verschieden gedeutet worden ist. Festgehalten ist dieses Privileg in mehreren Ehrendekreten, die alle aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts stammen.992 Die Formel selbst ist nicht einheitlich gefaßt, sondern weist leichte Variationen auf.993 Die übliche und m.E. plausibelste Interpretation dieses Privilegs lautet, daß mit ihm den Metöken das Recht eingeräumt wurde, in der Schlachtreihe der Bürger mitzukämpfen. Diese Deutung zwingt zu dem Schluß, daß der Bürgerverband die Metöken gewöhnlich nicht unter sich, sondern in separaten Einheiten kämpfen ließ.994 Die Idee von den separaten Abteilungen der Metöken wurde von Wilamowitz-Möllendorff zurückgewiesen mit der Begründung, die Überlieferung berichte weder von solchen Abteilungen, noch von ihren Offizieren, "die doch v o m Volke hätten gewählt werden müssen".995 Die Athener nahmen jedoch selbst die Platäer, die 991
Vgl. die Diskussion darüber bei Thumser, Attische Metöken 55ff.; Gehrhardt, Metoikie 36f. und Whitehead, Metic 79. 992 IG II 2 218 (Dat.: 346/5); 287; 351; 360; 505; 545; Hesperia 2,1933, 396f. Nr 16. 993 Alle Variationen aufgelistet bei Henry, Decrees, 250. 994 Für separate Metökenabteilungen sprechen sich aus: Thumser, Attische Metöken 63 Anm. 70; Clerc, Meteques, 53ff.; Busolt, Staatskunde I, 296f.; Hommel, Metoikoi 1447; Kahrstedt, Staatsgebiet 290; Maffi, Strateuesthai meta Athenaion 950f.; Whitehead, Metic 83f.; Hansen, Demography and Democracy 31. 995 Wilamowitz-Möllendorf, Demotika 216f. Für Wilamowit2-Möllendorff war es "etwas selbstverständliches, dass der Metoeke, der in der τάξις Λεωντίς diente, auch 2u der πυλή Λεωντίς gehörte,
/. Ikßchtliche
Vergünstigungen
22>2>
traditionell als die treuesten Verbündete galten und für diese Treue nach der Zerstö rung ihrer Stadt im Jahre 427 mit dem attischen Bürgerrecht ausgezeichnet wurden, nicht in ihre eigenen Abteilungen auf, sondern ließen sie als eigenständige Einheit kämpfen.996 Man wird dies als Hinweis dafür nehmen dürfen, daß es sich bei den Metöken nicht anders verhielt. Gestützt wird die Existenz von separaten Metökeneinheiten durch die gele gentlich in die Diskussion gebrachten Verlustlisten aus dem 5. Jahrhundert, die aber letzlich doch keine Gewißheit darüber bringen.997 In diesen Listen sind die Namen der gefallenen Metöken nicht unter den nach Phylen angeordneten Athenern einge reiht, sondern von diesen getrennt unter der Rubrik χσένοι verzeichnet.998 Ganz ab wegig ist es, in den ξένοι Söldner oder mit Ph. Gauthier athenische Verbündete zu sehen.999 Denn bei den in den Verlustlisten verzeichneten Gefallenen der Symmachoi werden die Ethnika angegeben.1000 Die Gleichsetzung der in diesen Listen als ξένοι bezeichneten Personen mit Metöken findet eine Bestätigung im Schiffskatalog IG II 1951, in dem unter der Rubrik ξένοι auch solche Personen gefaßt sind, die sich durch die Hinzufügung ihres Wohnsitzes (mit der Formel οίκων έν + Name eines attischen Demos) eindeutig als Metöken erweisen.1001 Die getrennte Aufzeichnung der Metöken in den Verlustlisten legt die Annahme nahe, daß sie auch als seperate Abteilungen ge kämpft hatten. Sicher ist, daß die Metöken bei der Mobilmachung der Flotte gesondert aus gehoben wurden.1002 Nicht anders werden die Athener bei der Rekrutierung der Met öken zum Heeresdienst vorgegangen sein. Die separate Aushebung von Metöken zum Kriegsdienst beweist aber nicht entgültig, daß die Metöken in separate Kampfeinheiten gegliedert waren. Daß den Athenern dennoch die Bereitschaft und der Wille fehlte, alle kriegsdienstpflichtigen Metöken in ihre eigenen Abteilungen auf zunehmen, läßt sich daher nur durch allgemeine Erwägungen gewinnen. Eine Reihe
dass der Demarch der Skamboniden die έν Σκαμβωνιδών οίκοϋντες aushob" (217). Seine These, die Metöken hätten in den Bürgerabteilungen gekämpft, fand einzig Zustimmung bei Mosse, Democratie athenienne 168. 996 Thuk. 4.67; 7.57. Vgl. Diller, Race Mixture 109; Davies, Athenian Citizenship 107; Brandt, Panhellenismus 196; Alle Belege, die mit der Bürgerrechtsverleihung für die Platäer im Zusammenhang stehen, sind bei Osborne, Naturalization II, 11 ff. behandelt. 997 Clerc, Meteques 44ff.; G. Smith, Athenian Casualty Lists, CP 14, 1919, 358f.; Bradeen, Casualty Lists 150f.; Ph. Gauthier, Xenoi 60ff; Stupperich, Staatsbegräbnis 11; Clairmont, Patrios Nomos 50.145f. 998 IG I3 1180a, Z. 5; IG I31184, Z. 89; IG I31190, col. I, Z. 65. 999 Gauthier, Xenoi 60ff. Er widerlegt dort die Deutung der ξένοι als Söldner. 1000 E S w a r üblich, die Namen von gefallenen Verbündeten in separaten Stelen zu verzeichnen. Beispiele bei Bradeen, Casualty Lists 149f.; Stupperich, Staatsbegräbnis 10f.; Clairmont, Patrios Nomos J. 43.136ff. Eine Ausnahme stellt IG I 1144 dar, wo die gefallenen Madytier und Byzantier unter den Athenern aufgelistet sind. Auch wurden die Platäer, die an der Sizilischen Expedition als Hopliten teilnahmen, laut Paus. 1.29.12 auf derselben Stele unter den Athenern verzeichnet. looi I G II 2 1951, Z. 229 bzw. 451ff. So auch Bradeen, Casualty Lists 150 mit Anm. 12. Vgl. auch Burckhardt, Bürger und Soldaten 105f., mit Hinweis auf die neuere Forschung. 1002 o i e s geht sowohl aus Demosth. 4.36, als auch aus dem sog. 'Themisthokles-Dekret" (Meiggs/Lewis, GHI Nr. 23, Z. 27-31) hervor; s.o. S. 72.
234
V. Die Dankbarkeit derPo/is
von Bestimmungen, durch die die Metöken gegenüber den Bürgern benachteiligt wa ren, wurden im Kapitel 3 damit erklärt, daß sie als Maßnahmen der Ausgrenzung ge schaffen worden waren. Weitere Bestimmungen wie die höhere Besteuerung oder die Auferlegung einer obligaten und sich von den Bürgern unterscheidenden Tracht wäh rend der Panathenäen müssen ebenfalls als Zeichen der Ausgrenzung gedeutet wer den. Nach diesen Überlegungen können wir uns der Frage zuwenden, worin der ei gentliche Wert des Priviles τάς οτρατείας οτρατεύεσθαι μετά Αθηναίων gelegen hat. Die Metöken waren nachweislich zur Ephebie nicht zugelassen.1003 Über irgendwel che militärischen Übungen von Metökenhopliten gibt es in den Quellen nicht den ge ringsten Hinweis, während Bürgerhopliten regelmäßig an Manövern teilnahmen-1004 Daraus ist zu folgern, daß die Metöken in ihrer Mehrheit über weniger Kampferfah rung verfügten als die Bürgerhopliten. Aufgrund mangelhafter Erfahrungen war eine Metökenabteilung in einem Schlachteinsatz, wo ein jeder Hoplitenkämpfer auf seinen rechten Nachbarn angewiesen war, der ihm mit seinem Schild Deckung gewährte, ge fährdeter als die erfahrenere Bürgerphalanx.1005 Somit bot das Privileg, in einer Schlachtreihe mit den Bürgern zu kämpfen, mehr Sicherheit.1006 Dieses Privileg ist von Gehrhardt anders gedeutet worden. Mit der allgemei nen Erschlaffung der traditionellen Gebundenheit an die Polis seien die Bürger im 4. Jahrhundert, für das dieses Privileg belegt ist, immer seltener in den Krieg gezogen. Die Metöken dagegen seien gezwungen worden, zusammen mit den Söldnern an al len Feldzügen Athens teilzunehmen. Der eigentliche Wert dieses Privilegs habe dem nach darin bestanden, daß dessen Inhaber nur dann zu einem Feldzug aufgeboten werden konnte, wenn gleichzeitig auch die Politen eingezogen wurden.1007 Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, daß die These vom Nachlassen des soldatischen En gagements und Enthusiasmus der Bürger im 4. Jahrhundert nicht der historischen Wirklichkeit entspricht. Vielmehr ist "klar, daß Athens Bürger ihrer Wehrpflicht im 4. Jahrhundert im allgemeinen getreu nachkamen".1008 Von den Inhabern wird das Zugeständnis der Athener, in ihren Abteilungen mit eingereiht zu werden, sicherlich nicht nur als eine Ehre, sondern auch als ein Pri vileg aufgefaßt worden sein, das Vorteile bot. Nicht zufällig erscheint dieses Privileg in den Dekreten stets in Begleitung mit dem Recht, die Eisphorai unter den gleichen ioo3 Whitehead, Melde 82. 1004 S. dazu Garlan, Mensch und Krieg 91. ioo5 £ur Hoplitenphalanx s. etwa Murray, Griechenland 159ff.; Gehrke, Jenseits von Athen und Sparta 39. 1006 Diese These geht auf P.E. Lengard, Strateuesthai meta Athenaion, REG 15, 1902, 144ff. und Francotte, Condition des etrangers 203f. zurück. Auch wenn in ihrem Kern richtig, sollte man die Überlegenheit der Bürgerphalanx nicht verabsolutieren. Viele Metöken ließen sich erst im Erwachsenenalter in Athen nieder, hatten demnach in ihren Heimatstädten bereits militärische Erfahrungen gesammelt. Zudem konnte ein Metöke, der den Hoplitenzensus erfüllte, seinem Sohn den Besuch eines privaten Gymnasiums ermöglichen, in dem dieser sich durch körperliches Training für einen Militäreinsatz vorbereiten konnte. 10 °7 Gehrhardt, Metoikie 73. ioo8 Burckhardt, Bürger und Soldaten 257.
/. Rschtliche Vergünstigungen
235
Bedingungen wie die Bürger zu zahlen.1009 Oben konnte gezeigt werden, daß die Gleichstellung der Metöken mit den Bürgern bei der Bezahlung der Sondersteuer diesen eine finanzielle Erleichterung brachte. In einigen Verlustlisten aus dem 5. Jahrhundert sind Fremde vereinzelt zwischen den Namen gefallener Bürger eingereiht. Man erkennt sie an den ihren Namen beigefügten Ethnika.1010 Wenn es sich bei der Anbringung dieser Namen zwischen gefallenen Athener nicht um ein Versehen des Schreibers handelt, kann man davon ausgehen, daß den Metöken das Privileg der Einreihung in die Abteilungen der Bürger bereits im 5. Jahrhundert verliehen worden ist.1011
f. Enktesis Einer der erheblichen Nachteile, die die Metökie mit sich brachte, war die Bestimmung, daß ein im Land ansässiger Fremder kein Grund- und Hausbesitz erwerben durfte. Dieser allgemeingültige Rechtsgrundsatz zwang die Metöken dazu, Gebäude oder Räume, die sie zu Wohn- und beruflichen Zwecken benötigten, zu mieten.1012 Zudem waren solche Metöken, die sich in der Landwirtschaft betätigen wollten, darauf angewiesen, Grundstücke zu pachten.1013 Dieser generelle Ausschluß vom Immobilienbesitz brachte den Metöken nicht nur soziale Nachteile, sondern schränkte auch deren geschäftliche Aktivitäten ein. Eine der sich daraus ergebenden Konsequenzen war, daß Metöken kein Kredit auf Ländereien und Gebäude als Sicherheit geben konnten, weil ihnen der Zugriff auf die Pfänder verwehrt war. Dies macht der immer wieder herangezogen Fall des Trapeziten Phormion besonders deutlich. Phormion nahm in den späten 370em die Bank Pasions, seines einstigen Besitzers, in Pacht. Pa10
°9 Henry, Decrees 251. Nur in zwei Fällen bezeuge 1) IG I 3 1150, Z. 13: Δηλόδοτος Κείο[ς]; 2) IG I 3 1190, Z.13f.: Κάλλιτπτος | Έρετριεύς. 1011 So Busolt, Staatskunde 297 Anm. 1: Das Privileg τάς στρατείας στρατεύεσθαι μετά Αθηναίων schützte "auch gegen willkürliche Aushebungen, aber die Hauptsache war doch die Einreihung in die Abteilungen der Bürger. Der Δηλόδοτος Κεΐος, der vereinzelt unter 32 Bürgern, deren Namen sich erhalten haben, in der Verlustliste IG I 434 (nunmehr IG Γ 1150, Ζ. 13) erscheint, war höchst wahr scheinlich ein Metoikos, der das Privilegium erhalten hatte". Pope, N o n Athenians 70 und Bradeen, Casualty Lists 149 Anm. 2, glauben, daß in IG Γ 1150, Ζ. 13 das Ethnikon Κεϊος von einer anderen Hand zu einem späteren Zeitpunkt hinzugefügt wurde. Damit habe man ein Versehen des ersten Schreibers berichtigen wollen. In den Seeurkunden IG II2 1951, Z. 230-240 und IG II 2 1958, Z.15 sind aber die Keier von den athenischen Bürgern gesondert verzeichnet. 1012 D e r Vorschlag von Thür, Wo wohnen die Metöken 115ff., eine zentrale Funktion des Prosta tes habe darin bestanden, dem Metöken Wohnraum zur Verfügung zu stellen, entbehrt jede Grund lage. ioi3 Beispiele von Berufspächtern mit Metökenstatus bei Gluskina, Sozial-ökonomische Verhält nisse 118ff. Hinzu kommt eine von Walbank, Hesperia 52, 1983, lOOff. veröffentlichte Poletenliste aus der Mitte des 4. Jh.s mit dem Namensverzeichnis von Personen, die öffentliches Tempelland in Pacht nehmen. Unter den Pächtern befinden sich auch der Isotele Apemon sowie Phoryskos, "a metic who lived in Alopeke and rented a chorion in Salamis" (132). 1010
236
V. Die Dankbarkeit derPo/is
sion jedoch hatte als naturalisierter Athener zahlreichen Bürgern insgesamt 11 Talen te auf deren Immobilien als Sicherheit ausgeliehen. Phormion wollte diese Hypothe ken nicht übernehmen mit der Begründung, ihm als Freigelassenen mit Metökenstatus fehle die Enktesis und daher der Zugriff auf die Pfänder. Das Problem wurde da durch gelöst, daß Pasion selbst gegenüber Phormion als nomineller Schuldner die Haftung für diese Außenstände übernahm.1014 M. Finley hat die geschilderte Episode so gedeutet, daß Metöken grundsätzlich vom Erwerb von Grundpfandrechten ausge schlossen waren, sofern sie nicht enktesisberechtigt waren.1015 Daher konnten atheni sche Bürger, wenn sie Geld benötigten, nicht ohne weiteres bei Metöken Darlehen auf Immobilien aufnehmen, es sei denn, man schaltete enktesisberechtigte Mittels männer ein, die, wie Pasion, Zugriff auf die Pfander hatten.1016 Diese Mauer zwischen Landbesitz und flüssigem Kapital hatte ohne Zweifel eine hemmende Wirkung auf die athenische Wirtschaft.1017 Was aber noch stärker hervorgehoben zu werden verdient, sind die sozialen Vorurteile, die sich aus dem Ausschluß vom Immobilienerwerb für die Metöken er gaben. Dadurch waren sie gezwungen Berufe auszuüben, die außerhalb der Landwirt schaft lagen und einen geringeren sozialen Status besaßen. Daher kam in einer Ge sellschaft, in der der Status eines Bürgers über den Besitz von Grund und Boden de finiert wurde, der Erlaubnis zum Grund- und Hausbesitz (εγκτησις γης και οικίας) an verdiente Metöken ein hoher Wert zu. Die Bedeutung dieses Privilegs kann kaum überbewertet werden, weil es aus einer Zeit stammt, in der der Boden für die Politen nicht nur eine Vermögensgrundlage bildete, sondern den sozialen Wert, der sozialen Rang bestimmte.1018 Die Gewährung der Enktesis an die Metöken erweiterte nicht nur die Mög lichkeiten ihrer ökonomischen Tätigkeit, sondern diente auch der Erhöhung ihres ge sellschaftlichen Prestiges. Gerade das letztere wird für viele Anlaß gegeben haben, von ihrem Recht Gebrauch zu machen. Allerdings war die Enktesisbewilligung einer Reihe von gesetzlichen Be schränkungen unterworfen, aus denen sich die Bemühungen der Bürgerschaft erken nen lassen, den Landerwerb durch Metöken (und andere Fremden, die im Falle ihrer Übersiedlung nach Attika auch von dem ihnen zugestandenen Recht auf Immobiliioi4 Demosth. 36.6. Einzelheiten des Falles bei Finley, Horos-Inscriptions 74ff. Vgl. auch Stelzer, Enktesis 178ff.; Millett, Lending and Borrowing 224ff. und Hennig, Immobilienerwerb 305 mit Verweis auf neuere Literaur. ioi5 Finley, Horos-Inscriptions 77. ioi6 N a c h Millett, Lending and Borrowing 22fff. war die Praxis, daß Metöken "trough Citizen agents" Kredit an Bürger gaben, weit verbreitet. Ion Μ Finley, Land, Dept and the Man of Property in Classical Athens, in: ders., Economy and Society in Ancient Greece, London 1981, 72f.; vgl. ders., The Ancient Economy, Berkeley u.a. 1984, 48: "Cephalus could own neither farmland nor a vineyard nor the house he lived in; he could not even lend money on land as security since he had no right of foreclosure. In tum, Athenian Citizens who required cash could not easily borrow from non-citizens, the main money-leaders. This wall between the land and liquid capital was an impediment in the economy, but, the product of a juridically defined and enforced social hierarchv, it was too ürmly based to be torn down". 101 * Vgl. Stelzer, Enktesis 1 lff.
/. Rechtliche Vergünstigungen
237
enerwerb Gebrauch machen konnten) in Grenzen zu halten. So berechtigte die Enktesis nach allgemeiner Anschauung nur zum einmaligen Erwerb eines Hauses bzw. Grundstücks und war damit verbraucht, sofern das Privileg die Nachkommen des Begünstigten nicht miterfaßte.1019 Interessant ist der Fall des Metöken Apollas, der um 228 für diverse Geldzuwendungen für sich und seine Nachkommen die Proxenie erhielt; die ihm zusätzlich bewilligte Enktesis schloß aber seine beiden Söhne Tharrynos und Agamedes vom Grunderwerb aus: είναι δε αυτόν πρόξενον [αυτόν και έκ|γόν]ους* ύπάρχειν δ* αύτώι και εγκ[τησιν οικίας έν|τός ταλά]ντου, γης δε δυεΐν ταλάντ[ων].1020 Was geschah mit dem Grundstück und dem Haus des Apollas nach seinem Ableben? Durfte er sie seinen beiden Söhnen Tharrynos und Agamedes wei tervererben? D . Hennig hat die Vermutung geäußert, daß "in allen Fällen, in denen die Enktesis auf die Person des Geehrten beschränkt blieb, der Fortbesitz der Erben nicht geschützt war, und diese äußerstenfalls sogar gezwungen sein konnten, die von ihren Vätern erworbenen Immobilien wieder zu veräußern".1021 Daß der Demos die Söhne eines um die Polis verdienten Mannes dazu zwingen konnte, den von diesem erworbenen Grundbesitz zu verkaufen, halte ich für ausgeschlossen. Sie konnten zwar keine weiteren Immobilien erwerben, weil sie nicht enktesisberechtigt waren, den Grundbesitz des Vaters aber als ihnen zustehendes Erbe behalten.1022 Gut die Hälfte der ca. 65 inschriftlich belegten Enktesisbewilligungen aus Athen enthält den Zusatz, daß auch die Nachkommen der Honoranden von der Enktesis Gebrauch machen sollen.1023 Diesen Klausel hat man wohl so aufzufassen, daß die Söhne und deren Nachkommen unabhängig von der einem Honoranden ver liehenen Enktesis in gesetzlich zulässigem Rahmen Grundbesitz erwerben konn ten.1024 In einigen Ehrendekreten des 4. und 3. Jahrhunderts wird ausdrücklich her vorgehoben, daß der Erwerb eines Grundstücks und Hauses κατά τον νόμον zu ge schehen hatte.1025 Hinter dieser Formel hat man allgemeingültige gesetzliche Regelun gen zu verstehen, die u.a. Höchstwerte für die zu erwerbenden Gründstücke oder Häuser festsetzten.1026 Im 3. Jahrhundert gingen die Athener schließlich dazu über, in den Ehrenbeschlüssen die Höchstwerte für die zu erwerbenden Objekte präzise an zugeben. Die Wertgrenzen betragen bei Grundstücken ein bis zwei Talente, bei Häu sern 500 bis 3000 (in IG II2 835 möglicherweise 6000) Drachmen.102? Man wird C. Mosse Recht geben, die die gesetzliche Festlegung von Wertgrenzen als eine Ab1019
Steher, Enktesis 242ff.; Hennig, Immobilienerwerb 317ff. 1020 I G Π2 835, Z. 25-27 (= Maier, Mauerbauinschriften, 80f. Nr. 16). 1021 Hennig, Immobilienerwerb 318. 1022 In diesem Sinne auch Pecirka, Enktesis 149 und Steher, Enktesis 242ff. 1023 Steher, Enktesis 242 mit Belegstellen. 1024 So Pecirka, Enktesis 149 und Steher, Enktesis 243.247. Vgl. aber Hennig, Immobilienerwerb 317: iCEs ist wenig wahrscheinlich, daß auch den Nachkommen zugestandene Enktesis jede Generation erneut zum Kauf von Immobilien berechtigte". 1025 Belege bei Steher, Enktesis 215 und Henry, Honours 214f. 1026 Pecirka, Enktesis 144; Steher, Enktesis 215ff und Henry, Honours 214f. mit der Zusammenfassung früherer Ansichten. 1027 S. die Tabelle bei Pecirka, Enktesis 147; zu der Größe der zu erwerbenden Grundstücke und Häuser s. Hennig, Immobilienerwerb 314f.
238
V. Die Dankbarkeit derPoüs
wehrmaßnahme auffaßt, mit der der Ausverkauf wertvoller Ländereien und Gebäude an Nichtbürger in Schranken gehalten werden sollte.1028 In einigen Ehrendekreten des 3. und 2. Jahrhunderts erhalten die Thesmotheten die Aufforderung, nach Ablauf ei ner bestimmten Frist oder bei der nächsten Sitzung eines Geschworengerichtshofs eine δοκιμασία της δωρεάς einzuleiten.1029 Auffallig ist, daß diese gerichtliche Nachprü fung nur in den Dekreten erwähnt wird, in denen Wertgrenzen für Häuser und Grundstücke festgelegt sind. Daher ist es wahrscheinlich, daß lediglich die festgesetz ten Grenzwerte gerichtlich überprüft wurden, nicht aber die Rechtsmäßigkeit der Eh rung selbst.1030 Ob auch der bereits realisierte Erwerb eines Landstücks und Gebäudes durch einen Metöken eine Überprüfung nach sich zog, ist zwar nirgends belegt, aber sehr wahrscheinlich.1031 In einigen Fällen beschränkte sich die Gewährung der Enktesis nur auf ein Haus, so etwa bei den Metöken Euxenides aus Phaseüs (IG II 554) und [Aisch]ias aus Pergamon (IG II 768+802).1032 Zwar schloß dieses Recht das Grundstück wohl mit ein, auf dem das Gabäude errichtet war oder errichtet werden sollte; dennoch verdeutlicht eine solche Beschränkung, wie wohlüberlegt und sparsam die Athener mit diesem kostbaren Privileg umgingen. Von allen hier genannten Beschränkungen waren jene Fremde ausgenommen, die mit dem Bürgerrecht ausgezeichnet wurden. Die Bürgerrechtsverleihung erlaubte ihnen, von allen Rechten eines Atheners Gebrauch zu machen, wozu auch der unein geschränkte Erwerb von Grundeigentum zählte. Von dem Trapeziten Pasion wissen wir, daß er nach seiner Einbürgerung Immobilien (έγγειος ουσία) im Wert von 20 Ta lenten erwarb.1033 Eine über die Gewährung der Enktesis hinausgehende Form, besonders ver diente Metöken zu belohnen, war die Schenkung eines Grundstückes oder Hauses. So schenkte der athenische Demos um 410/9 Apollodoros aus Megara zum Dank für seine Beteiligung an der Ermordung des Oligarchen Phymichos das konfiszierte Grundstück eines gewissen Peisander. Der Metöke hat das Grundstück, das in einem bewohnten Gebiet lang, etwa fünf Jahre lang bebaut und kurz vor der Machtüber1028
C. Mosse, Meteques et etrangers a Athenes aux IVe-Iüe siecles avant notre ere, in: Symposion 1971. Vorträge zur griechischen und hellenistischen Rechtsgeschichte, hrsg. v. H J . Wolff, KölnWien 1975, 208f. 1029 Festgehalten in den Dekreten IG II2 706; 732 (?); 768+802; 801; 947 und 810. Vgl. Steher, Enktesis 263ff. und Henry, Honours 221 ff. 1030 In diesem Sinne Hennig, Immobilienerwerb 316. Stelzer, Enktesis 263, hingegen bezieht die Dokimasie auf die gesamte Ehrung: 4<Es kommt aber praktisch nur eine Prüfung dahin in Betracht, ob Voraussetzung, Form und Verfahren der Verleihung ordnungsgemäß waren". 1031 Laut Theophrast (ap. Ioannes Stobaios, Anthologion IV.2.20, ed. Hense) existierte in Athen ein Gesetz, nach dem der Verkauf von Immobilien binnen einer festgelegten Zeitfrist bei einer namentlich nicht genannten Behörde angezeigt werden mußte und darüber hinaus der Käufer ein Hundertstel der Kaufsumme als Grundwertsteuer abführen mußte. Man kann sich vorstellen, daß in diesem Zusammenhang — sofern es sich bei dem Käufer um einen enktesisberechtigten Metöken handelte — geprüft wurde, ob der Kauf gesetzlich zulässig war und die festgesetzten Maximalgrenzen gewährleistet waren. 1032 Weitere Belege bei Pecirka 147ff.; Stelzer, Enktesis 194 und Henry, Honours 205ff. 1033 Demosth. 36.5.36 mit Erxleben, Pasion 127f.
/. Rechtliche Vergünsngungen
239
nähme der Dreißig veräußert.1034 Allerdings dürften Landschenkungen an Fremde nicht sehr oft vorgekommen sein. Zumindest aus Athen sind keine weiteren Beispiele für eine solche Praxis belegt.1035
g. Politeia Nach den Worten Apollodors war die Verleihung des Bürgerrechts το κάλλιστον και το σεμνότατον δωρον, mit dem die Polis einen fremden Euergeten belohnte.1036 Als jemand, der durch die Verdienste seines Vater Pasion in den kostbaren Besitz der Politie gelangt war und sie in vollem Umfang zu gebrauchen verstand, wußte Apollodor, wovon er sprach. Daß Athen eine zurückhaltende Einbürgerungspolitik betrieb, ist bekannt, auch wenn anderer Poleis (z.B. Ägina, Megara oder Sparta) mit Politieverleihungen noch sparsamer umgingen.1037 Nur selten begegnet die Bürgerrechtsverlei hung an Metöken. Von den rund dreihundert aus Inschriften und literarischen Quel len bekannten Fällen attischer Politieverleihungen, die M. Osbome für den Zeitraum von 479 bis ca. 100 v. Chr. gesammelt hat, betreffen nicht mehr als dreißig die Met öken.1038 Den Athenern fiel es um etliches leichter, außerhalb Anikas lebende Euerge ten mit dem Bürgerecht auszuzeichnen, weil sie wußten, daß diese nicht (oder selten) nach Attika übersiedeln und die ihnen zustehenden Rechte in Anspruch nehmen würden. Ortsansässige Fremde hingegen belohnte der Demos vorzugsweise mit den geringeren Rechten eines Isotelen oder Proxenos, um die Zahl der Bürger möglichst gering zu halten. Moderne Gelehrte mit liberalen Einstellungen haben die geizige und selektive Einbürgerungspolitik der Athener häufig als Anlaß zur Kritik genommen, so etwa R. Flaceliere: "Selbst Athen, gewiß die freieste aller griechischen Städte, scheint uns oft eine selbstsüchtige, grausame und harte, ja um es geradeheraus zu sagen, eine wirklich 'totalitäre' Stadt. Mit welcher Sparsamkeit verlieh es namentlich das begehrte atheni sche Bürgerrecht!"1039 Ganz andere Töne gaben manche Athener von sich, die die Bürgerrechtsverleihung an Metöken mißbilligten. Die Worte des Isokrates, in Athen
1034
Lys. 7.4: ην μεν γαρ τούτο Πεισάνδρου το χωρίον, δημευθέντων δ' εκείνου των όντων Απολλόδωρος ό Μεγαρεύς δωρειαν παρά του δήμου λαβών τον μεν άλλον χρόνον έγεώργει, όλίγω δέ προ των τριάκοντα Άντικλής παρ' αύτου πριάμενος έξεμίσθωσεν. Daß das Grundstück im bewohnten Gebiet lag, geht aus § 28 derselben Rede hervor. Die Identifizierung des Apollodoros mit dem Mitattentäter Thrasybuls ergibt sich aus Lysias 13.71, wo er ebenfalls als Megarer bezeichnet wird, und IG V 102, Z. 40f. Vgl. Osborne, Naturalization II, 16ff. 1035 Bisweilen wurden auch athenische Bürger mit Staatsland beschenkt, wie z.B. Lysimachos, Sohn des Aristeides, der auf Antrag des Alkibiades zu Ehren seines Vaters Baumland auf Euböa erhielt (Demosth. 20.115; Plut. Arist. 27.1). Vgl. Stelzer, Enktesis 7. Einige außerathenische Bespiele für Landschenkungen bei Hennig, Immobilienerwerb 337f. «>* [Demosth.] 59.88f. 1037 Vgl. Szanto, Bürgerrecht 45. 1038 Osbome, Naturalization IV, 186ff., bes. 194ff. mit der Liste 210ff. 1039 Flaceliere, Griechenland 371.
240
V. Die Dankbarkeit derPolis
sei die Einbürgerung leichter als bei den Nvilden' Triballem, waren gewiß nicht als ein Kompliment an seine Mitbürger gedacht.1040 Aus einem anderen Passus des Isokrates, die Athener hätten, "ohne es zu merken, einerseits die öffentlichen Gräber mit Bür gern angefüllt, andererseits aber die Phratrien und die Demenlisten mit Menschen, die keine Beziehung zur Polis hatten", könnte der falsche Eindruck entstehen, es ha be in Athen von eingebürgerten Metöken nur so gewimmelt.1041 Andererseits hat es an wohlwollenden Stimmen nicht gemangelt, die wie Andokides, eine Einbürgerung von Metöken als Gegenleistung für große Verdienste guthießen.1042 Andokides ist m.W. auch der einzige, der ausdrücklich darauf hinweist, daß die Athener δι' άπορίαν ανδρών Einbürgerungen vornahmen.1043 Allerdings dürfte der Mangel an athenischen Bürgern bei so gut wie keiner Politieverleihung eine Rolle gespielt haben, nicht zu letzt deshalb, weil es eine genügende Zahl von Metöken gab, die auch ohne die Aus sicht auf eine Politieverleihung ihrem Kriegsdienst nachkamen. Eine kollektive For derung von Seiten ortsansässiger Fremder, nur im Falle ihrer Einbürgerung als Hopliten oder Ruderer in den Krieg zu ziehen, kennt die athenische Geschichte nicht. Da her sind Masseneinbürgerungen eine Seltenheit und wurden zudem nur durch Notsi tuationen erzwungen.1044 Eine solche Notsituation lag im Jahre 407/6 vor, als nach der Einschließung eines Großteils der attischen Flotte im Hafen von Mytilene die Athener sich gezwungen sahen, eine große Entsatzflotte von 110 Trieren nach Lesbos zu entsenden. Um die benötigten Mannschaften aufzubringen, holten sie in die ser verzweifelten Situation "alle auf die Schiffe, die im wehrfähigen Alter waren, gleich ob Sklaven oder Freie".1045 Denen, die sich zum Ruderdienst meldeten, wurde das attische Bürgerrecht versprochen. Der Demos hielt sein Wort und nahm nach dem siegreichen Ausgang der Seeschlacht bei den Arginusen eine Bürgerrechtsverlei hung en bloc an alle nichtathenischen Mitruderer vor.1046 Der Aspekt der απορία ανδρών diente auch für die Einbürgerung der ca. 1000 Phyle- und Piräuskämpfer in sofern als Motiv, weil es den Demokraten um Thrasybul darauf ankam, für den Kampf gegen die "Stadtpartei" genügend Mitstreiter zu gewinnen.1047 Hingegen stand weder hier noch bei der Masseneinbürgerung nach der Arginusenschlacht das Ziel im 1040
Isokr. 8.50. Isokr. 8.88 (s.o. S. 190f.). Auch die Klage des Demosthenes (23.199£f.), das athenische Bürgerrecht würde scharenweise verliehen werden, ist nicht richtig. Vgl. Osbome, Naturalization IV, 198 Anm. 85. 1042 Andok. 2.23 (s.o. S. 97 Anm. 387). 1043 Andok. 1.149. Vgl. hierzu Osbome, Naturalization IV, 145. 1044 Hier lasse ich die Politieverleihung an die Flüchtlingsgruppen aus Platäa i. J. 427 (Osbome, Naturalization I Dl) und aus Samos i. J. 405/4 und 403/2 (Osbome, Naturalization I D4 und D5) außer Betracht. Vgl. Osbome, Naturalization IV, 181 ff. 1045 Xen. hell. 1.6.24: oi δε Αθηναίοι τά γεγενημένα και τήν πολιορκίαν έπεί ήκουσαν, έψηφίσαντο βοηθεΐν ναυσίν εκατόν και δέκα, εΐσβιβάζοντες τους εν τη ηλικία οντάς απαντάς καί δούλους και ελευθέρους· καί πληρώσαντες τάς δέκα καί έκάτον εν τριάκοντα ήμέραις άπηραν. Eine detaillierte Darstel lung über die Hintergründe liefert Welwei, Unfreie I, 95ff. 1046 Osbome, Naturalization III, 33ff. T10, hat alle Testimonien zusammengestellt und ausgewertet. Nach seiner Ansicht umfaßte die Einbürgerung "both slave and foreign volunteer" (34). Welwei, Unfreie I, 100f., ist der Auffassung, daß die Sklaven lediglich freigelassen wurden. 1047 S.o. S. 186. 1041
/. Rechtliche Vergünstigungen
241
Vordergrund, die hohen Verluste der eigenen Bürger während des Peleponnesischen Krieges durch die Aufnahme neuer Bürger auszugleichen. Bürgerrechtsverleihungen an orstansässige Fremde en bloc kamen in der weiteren Geschichte der Stadt nicht vor. Die überwiegende Mehrzahl der Bürgerrechtsvedeihungen ist an Einzelperso nen und deren Nachkommen gerichtet. Bei diesen πολίται κατά ψήφισμα handelt es sich zumeist um vermögende Personen, die sich ihre Einbürgerung durch materielle Wohltaten um die Stadt erwirkten.1048 Hinweise auf ein politisches Engagement der Neubürger sind nicht selten, da ihnen — von unbedeutenden Einschränkungen wie dem Ausschluß vom Archontat und den Priesterämtern abgesehen - alle bürgerli chen Rechte zustanden.1049 Wie die politischen Karrieren von Menon aus Pharsalos, ApoUodoros aus Kyzikos, Phanosthenes aus Andros, Herakleides aus Klazomenai, Charidemos aus Oreos oder Telesias aus Troizen zeigen, lagen den Neubürgern hohe Amter, darunter auch die Strategie, durchaus im Rahmen des Erreichbaren.1050 Zu dem übernahmen viele dieser Neubürger, wie in anderen Gesellschaften auch, eine demonstrativ patriotische, eher konservativ angepaßte Einstellung, wie man am be sten am Beispiel des Pasion-Sohnes Apollodor sehen kann, "(who) entered fully into Äthenian public life - figuring ostentatiously in the ecclesia and the dikasteria^ and embarking upon (and constandy boasting of) numerous liturgies".1051
1048 in d e r " c heck list of naturalized Citizens" nennt Osbome, Naturalization IV, 210-221, auch die jeweiligen Anlässe für die Verleihung der Politie. 1049 Di e den Neubürgern auferlegten Einschränkungen behandelt Osbome, Naturalization IV, 173ff. 1050 Nähere Einzelheiten zu den genannten Personen bei Osbome, Naturalization IV, 139 und 206 mit Anm. 137. 1051 Zitat Osbome, Naturalization IV, 196. Zu Apollodor s.o. S. 159f. Anm. 677.
2. Äußere Ehrungen: Belobigung, Bekränzung, Bewirtung im Prytaneion, Prohedrie Da Ehre in den griechischen Gesellschaften viel zählte, belohnte der Demos seine fremden Wohltäter nicht nur mit realen Privilegien, sondern ließ ihnen darüber hinaus verschiedene äußere Ehren zukommen. In Athen war die einfachste und häufigste Form der Ehrung der έπαινος, also die feierliche Belobigung des Geehrten in der Ekklesie, die auf jeden Beschluß folgte.1052 Vor der versammelten Bürgerschaft rief der Herold zusammen mit dem Abstimmungsergebnis die Verdienste des Geehrten auf. Dieser Moment dürfte im Leben der meisten Euergeten ein großes Ereignis dargestellt haben, zumal sie im Anschluß an den έπαινος in der Regel auch bekränzt wurden. Die verdienten Metöken waren am Tag des für sie gefaßten Beschlusses ausnahmsweise in der Ekklesie auf der Pnyx gegenwärtig, um dort für ihre αρετή, άνδραγαθία, εύνοια, φιλοτιμία oder sonstige Tugenden, die die Wohltat veranlaßt hatten, den ihnen zustehenden Kranz in Empfang zu nehmen. 1053 Für überdurchschnittliche Leistungen konnte der Demos einen zweiten, κήρυγμα genannten έπαινος bewilligen, der an einem der städtischen Feste vor einem größeren Publikum erfolgte. Dieser Brauch begegnet zum ersten Mal in dem Bürgerrechtsdekret für den Metöken Thrasybul, der im Jahre 411/10 den Oligarchen Phrynichos erdolcht und mit dieser Tat den Anstoß für die Restaurierung der Demokratie gegeben hatte. Die Ekklesie trug dem Herold auf, bei der nächsten Dionysienfeier zu verkünden, aus welchem Anlaß Thrasybul bekränzt worden war.1054 Wie das nur fünf Jahre nach der Bürgerrechtsverleihung an Thrasybul beschlossene Euergesiedekret für Epikerdes zeigt, konnte sich der Demos bereits für eine größere Geldspende dazu entschließen, ein κήρυγμα im Theater anzuordnen.1055 Für diesen Entschluß (der Kyreneer hatte dem Staat ein Silbertalent geschenkt) dürfte die desolate Finanzlage Athens am Ausgang des Peloponnesischen Krieges verantwortlich gewesen sein.1056 Eine solche feierliche Belobigung vor einem großen Theaterpublikum, worunter sich neben Bürgern auch ortsansässige und aus dem Ausland angereiste Fremde befanden, gereichte ja nicht nur dem Wohltäter zur Ehre, sondern hatte auch einen beabsichtigten Nebeneffekt, nämlich weitere Personen dazu zu motivieren, nach dem Beispiel des Geehrten für die Belange der Polis materielle Opfer zu bringen. Bei der Bewilligung eines κήρυγμα dürfte im Falle des Epikerdes auch sein früheres Verdienst, eine Spende von 100 Minen zugunsten der in Sizilien in Gefangenschaft geratenen Athener, eine Rolle gespielt haben. Nach Meritts1057 Ergänzungen wurde es vor dem Fest1052 1053
Henry, Honours lff. mit zahlreichem epigraphischen Quellenmaterial. Aischin. 3.34.
1054 I G γ
10 2,
Z. 12ff.
w55 IG I 3 125, Z. 23ff. 1056 Rund fünfzig Jahre später stellt Demosthenes (20.41 ff.) den Epikerdes als Paradigma für einen großen Wohltäter hin, weil dieser in einer Zeit der größten Not sein bescheidenes Eigentum dem Demos zur Verfügung gestellt hatte. 1057 B.D. Meritt, Hesperia 39, 1970, lllff.
2. Äußere Ehrungen
243
publikum mit ausgerufen. Nach dem Vorbild der städtischen Ekklesie ordneten auch die einzelnen Demen eine einmalige Ehrenverbündigung im Theater an, wie man z.B. aus dem eleusinischen Ehrenbeschluß für den Metöken Damasias sehen kann.1050 Um 300 kommt als eine gesteigerte Ehrung der Brauch auf, die Verkündigung gleich an zwei oder sogar drei Festen vornehmen zu lassen. So heißt es etwa im D e kret für den ortsansässigen Peripatetiker Prytanis aus Karystos, der im Jahre 226/5 auf Bitten der Athener diplomatische Verhandlungen mit Antigonos Doson geführt hatte, der Herold solle sowohl während der Schauspiele bei den Dionysien als auch bei den Panathenäen ausrufen, weshalb der Demos den Philosophen mit einem Goldkranz ausgezeichnet hatte.1059 Bereits in der Ära Lykurgs stellten sich Mißbräuche ein. Aischines (3.41 ff.) beklagt sich darüber, daß manche Bürger und Fremde durch einen angemieteten Herold ihre Ehrungen, die sie von der Polis und ihren Untereinheiten oder sogar einem auswärtigen Staat erhalten hatten, während der Schauspiele ausposaunten, ohne dazu durch einen Volksbeschluß befugt zu sein. Obwohl sich nach Aischines das Theaterpublikum, die Choregen und die Schauspieler belästigt fühlten, scheint der Staat diesen Mißbrauch geduldet zu haben. Nach Aischines' Empfehlung sollten Ehrenausrufungen nur noch mit der Genehmigung der Ekklesie zugelassen werden. O b er damit Erfolg hatte, ist ungewiß. Beachtung verdient, daß bei allen von der Ekklesie anberaumten κηρύγματα der Kranz im Mittelpunkt stand: Der Herold soll vor dem versammelten Theaterpu blikum bekanntmachen, aufgrund welcher Tugenden und daraus resultierenden Lei stungen der Geehrte einen Kranz empfangen hatte.1060 Bereits dieser Usus beweist zur Genüge, welche hohe Bedeutung der Verleihung eines Ehrenkranzes beigemessen wurde. M. Blech hat auf die Gemeinsamkeiten zwischen einem vom Staat verliehenen Ehrenkranz und einem bei einem Agon erworbenen Siegeskranz hingewiesen. Beiden Hegt die Vorstellung zugrunde, daß hervorragende Leistungen, hier Sieg in einem Wettkampf, dort eine Wohltat für die Polis, eine besondere Arete bezeugen und daher durch eine öffentliche Bekränzung ausgezeichnet werden müssen.1061 Wie kein anderer hat Aischines (3.189) klar zum Ausdruck gebracht, daß, so wie ein Olympiasieger bekränzt wird, auch ein um die Polis verdienter Mann einen Anspruch auf Bekränzug hat. Die Verleihung eines Kranzes fehlt in so gut wie keinem attischen Ehrendekret.1062 Daher macht es keinen Sinn, die Anlässe, die zur Verleihung eines Ehrenkranzes führten, hier zu sammeln.1063 In Athen bekam ein Wohltäter gewöhnlich
lose I G π 2 Π86, Z. 19f. (s.u. S. 249 Anm. 1097). 1059 Moretti, ISE Nr. 28, Z. 36ff. Weitere Beispiele bei Henry, Honours 32f. Eine periodische Be kränzung an allen wichtigen Festen und Agonen und die damit verbundene Ausrufung anderer Ehren, wie man sie aus vielen Orten der hellenistischen und römischen Zeit kennt (Beispiele bei Quaß, Honoratiorenschicht 37 mit Anm. 99), ist für Athen der von mir behandelten Zeit nicht bezeugt. 1060 Epigraphische Belege bei Henry, Honours 28ff. i06i Blech, Studien zum Kranz 153ff. und 162 mit Referenzen auf frühere Untersuchungen zum Ehrenkranz. 1062 S. die reiche Materialsammlung bei Henry, Honours 22-44. 1063 Einen guten Überblick darüber kann man sich bei Kahrstedt, Staatsgebiet 328ff., verschaffen.
244
V. Die Dankbarkeit derPoHs
einen grünen Olivenkranz (στέφανος θαλλοϋ) überreicht.1064 Seit dem Peloponnesischen Krieg wurden für größere Leistungen auch Goldkränze verliehen, die einem Olivenzweig nachgebildet waren. Der früheste Beleg für einen goldenen Kranz ist das Dekret für den oben genannten Thrasybul, dem Mörder des Phrynichos. Dieser Kranz hat bereits den Wert von tausend Drachmen, der später zur Norm wird.1065 Der Händler Herakleides erhielt für eine Getreidesubvention und für einen Epidosisbeitrag von dreitausend Drachmen gleich zwei Goldkränze (330/29 und 325/4), die auf der Stele IG II 360 auch bildlich dargestellt wurden. Aufgrund von Geldspenden zur Ausrüstung der Flotte wurden Nikander und Polyzelos im Lamischen Krieg ebenfalls mit Goldkränzen belohnt (IG II 505). Diese Beispiele zeigen, daß in Kri sensituationen schon durchschnittliche Verdienste die Verleihung eines Goldkranzes nach sich ziehen konnten. Dennoch sind die Worte des Aischines (3.187), einst sei selbst der einfache Grünkranz in großer Ehre gehalten worden, in seiner eigenen Zeit aber sei sogar der Goldkranz wegen der häufigen Verleihung seiner Wertschätzung beraubt, sicherlich übertrieben. Er stellt die Bekränzung der Kämpfer von Phyle mit einem Olivenzweig dem für Demosthenes beantragten Goldkranz entgegen, wobei er natürlich unter Herabsetzung der Verdienste seines Gegners glauben machen möch te, daß dieser eines Goldkranzes nicht würdig war. Dichter, Künstler und Choregen, die im Dienste des Dionysos standen, erhielten Ehrenkränze aus Efeu.1066 Eleusis ver lieh Ehrenkränze aus Myrte.1067 Der Goldkranz, den der Thebaner Damasias um 350 von den Eleusiniem als Preis für die Ausstattung von zwei Chören erhielt, dürfte die Nachbildung eines Myrtenlaubes gewesen sein. Der Kranz diente in manchen Ehrendekreten auch als Motiv für eine bildliche Darstellung. So wird etwa auf dem Bildfeld eines Proxeniedekrets aus der Zeit um 430 der Geehrte, Apollophanes von Kolophon, von der Stadtgöttin Athena be kränzt.1068 Häufiger trifft man einfache Kranzdarstellungen an, die den Platz unter dem Text schmücken.1069 Kahrstedt meint, man habe erwartet, daß der Geehrte seinen vom Staat über reichten Kranz in einem Heiligtum weihte. In der Tat zeigen Tempelinventare und Weihinschriften, daß sich sowohl Bürger als auch Metöken und ξένοι dieser Sitte fug ten.1070 Eine Vorschrift zur Weihung des Kranzes an eine Gottheit hat es jedoch nicht gegeben.1071 Daher vermochte mancher, darunter auch der reiche Trapezit Pasion, 1064
Belege aus den Ehrendekreten bei Henry, Honours 38ff. Kahrstedt, Staatsgebiet 329 und Henry, Honours 24f. mit Wertangaben. 1066 Blech, Studien zum Kranz 208. 1067 Blech, Studien zum Kranz 253. 1068 I G I 3 65. Abbildungen bei Schöne, Griechische Reliefs Nr. 96 Taf. 22 und Walbank, Proxenies Nr. 39 Taf. 19; vgl. Blech, Studien zum Kranz 156 und 175. 1069 So etwa in den Inschriften für die Metöken Herakleides (IG II 360: Photo bei A. Lambrechts, Tekst en Uitzicht van de Atheense Proxeniedecreten tot 323 v.C, Brüssel 1958, Taf. 13) und Nikander/Polyzelos (IG II2 505: Photo bei Maier, Mauerbauinschriften I, Taf. 8 Abb. 19). 1070 Kahrstedt, Staatsgebiet 329f. mit Quellenverweis und Blech, Studien zum Kranz 160. Vgl auch das Ehrendekret für die Söhne des Leukon (IG II 212, Z. 54ff.): Diese weihen ihre von Athen verliehenen Goldkränze im Wert von jeweils 2000 Drachmen der Athena Poüas. 1071 Vgl. Aischin. 3.46. 1065
2. Äußere Ehrungen
245
sich von seinem Kran2 doch nicht zu trennen, zumal dann nicht, wenn er aus Gold war. Apollodor verpfändete Jahre nach dem Tod seines Vaters den diesem vom Demos verliehenen Goldkranz, um seinem Freund Nikostratos, der in die Sklaverei verkauft worden war, die Lösesumme bereitzustellen.1072 Eine weitere Ehrung, die in den Decreta Honoraria Erwähnung findet, war die gastliche Bewirtung im Prytaneion (ξένια bzw. δεΐπνον).1073 Diese naturale Form der Ehrung ist ein Erbe aus früheren Zeiten. Sie ist schon Solon geläufig, dürfte aber noch älter sein.1074 Von den Fremden pflegten neben auswärtigen Gesandten auch Proxenoi, Euergetai, Isotelen sowie φυγάδες auf Staatskosten im Prytaneion bewirtet zu werden.1075 Unter den zum Gastmahl Eingeladenen sind einige als Metöken auszumachen.1076 Die übliche Formel, mit der die Einladung zum Ausdruck gebracht wurde, lautet καλέσαι δέ αυτούς έτη ξένια εις το πρυτανειον εις aiSpotv.1077 Es handelte sich also stets um eine einmalige Bewirtung, die am Tag nach der Ernennung zum Proxenos, Euergetes oder Isoteles erfolgte. Betraf die Bewirtung hingegen Bürger oder Eingebürgerte, wurde das Wort δεΐπνον benutzt In ganz seltenen Fällen wird allerdings für die Einladung von Fremden δεΐπνον (εις αιίροιν) anstelle des üblichen Wortes ξένια gebraucht, ohne daß ein Unterschied bei der Bewirtung erkennbar wäre.1078 Während die Stadt etwa den Metöken Asklepiodoros, der sich während eines Gefechts auf dem Kriegsschiff des Chares von Aixone durch besondere Tapferkeit (άνδραγαθία) ausgezeichnet hatte und dafür um 340 mit der Isotelie belohnt wurde, έπι ξένια einlud, wurde der ebenfalls in Athen lebende Philosoph Prytanis aus Karystos nach seiner diplomatischen Mission bei Antigonos Doson έπι δεΐπνον gerufen.1079 Diese terminologische Unterscheidung hat Anlaß zu manchen unnötigen Spekulationen gegeben, die darauf hinauslaufen zwischen δεΐπνον und ξένια einen graduellen Unterschied festzumachen. W. Larfeld meinte, δεΐπνον habe eine "erhöhte Auszeichnung für Auswärtige" dargestellt.1080 Eine in dieselbe Richtung gehende Erklärung bietet S.G. Miller an: £ T)eipnon would appear to have been the Tiigher' honour, either because of a better menu, or because of some religious ceremony closed to noncitizens".1081 MJ. O s b o m e hingegen vermutet, daß diejenigen Fremden, die zu einem 1072 [Demosth.] 53.9 mit Millett, Lending and Borrowing 53ff. und 77. 1073 Von den neueren Untersuchungen zum Thema seien hervorgehoben: S.G. Miller, The Pryta neion: Its Function and Architectual Form, Berkeley - Los Angeles - London 1978; MJ. Osbome, Entertainment in the Prytaneion at Athens, ZPE 41, 1981, 153-170; P.J. Rhodes, Ξένια and δεΐπνον in the Prytaneum, Z P E 5 7 , 1 9 8 4 , 193-199. 1074 p j u t Solon 24 und Athen. 6.137e mit Kahrstedt, Staatsgebiet 334. 1075 Eing u m Vollständigkeit bemühte Belegsammlung bei Miller, Prytaneion (Appendix Α, Α11267). Auf einige von Miller übersehene Fälle verweist Osborne, Entertainment 154 Anm. 4. 107 * So etwa in: IG I 3 106; IG II2 40, Z. 9f.; IG II 2 276 ( = Schwenk, Laws and Decrees Nr. 12), Z. 15f.; Moretti, ISE Nr. 28, Z. 44f. 1Q 77 Miller, Prytaneion 4 und Appendix A, passim; Henry, Honours 262ff. 1078 Diese Abweichungen zusammengestellt bei Miller, Prytaneion 6; Osborne, Entertainment 154ff.; Rhodes, Ξένια and δεΐπνον 193ff.; Henry, Honours 271 ff. 1079 Asklepiodoros: IG II 276, Z. 15f. (= Schwenk, Laws and Decrees, Nr. 12); Prytanis: Moretti, ISE Nr. 28, Z. 44f. 1080 w . Larfeld, Handbuch der griechischen Epigraphik II, Leipzig 1902, 811. 1081 Miller, Prytaneion 6.
246
Κ Die Dankbarkeit derPolis
δεΐπνον eingeladen wurden, im cclub' der illustren Bürger speisten, welche ein Anrecht auf permanente Sitesis hatten; demnach hätten im Prytaneion die Gäste επί ξένια von denen έτη δεϊττνον räumlich getrennt gespeist. Möglicherweise sei ξένια aber auch eher ein einfacher 'Empfang' (reception) denn "a füll scale meal" gewesen.1082 Keiner die ser Lösungsvorschläge wirkt befriedigend. Man muß sich die Absicht dieser hohen Ehrung, die längst nicht allen fremden Wohltätern zuerkannt wurde, vergegenwärti gen: Der Demos wollte mit der öffentlichen Bewirtung jenen Fremden, die sich durch große Verdienste ausgezeichnet hatten, seinen Dank bekunden. Wären diese anders behandelt worden als die im Prytaneion speiseberechtigten Bürger, indem man ihnen eine kargere Mahlzeit vorsetzte oder es sogar bei einem bloßen Empfang beließ, wären sie mit Recht gekränkt worden. Bei einem έτη ξένια eingeladenen Proxenos handelte es sich immerhin um den φίλος des Demos.1083 Beim Gastmahl hörten die Statusschranken auf. Wenn die επί ξένια eingeladenen Fremden ein anderes Menü erhalten haben als die Bürger oder die ganz wenigen Fremden, die επί δεϊττνον gerufen wurden, woran ich nicht glaube, dann doch wohl ein besseres! Was die kultischen Ze remonien betrifft, die Miller in die Diskussion gebracht hat, so wurden diese doch wohl nur von Priestern ausgeführt, nicht aber von allen im Prytaneion anwesenden Bürgern. Nichts spricht dagegen, daß die Fremden in der gleichen Weise wie die Bür ger bei den Zeremonien passiv teilnahmen. Ein faktischer Unterschied zwischen επί ξένια und επί δεϊττνον dürfte demnach nicht existiert haben. Auffällig ist, daß es sich bei denjenigen ganz wenigen Nichtbürgern, die επί δεΐπνον eingeladen wurden, ent weder um Leute handelt, die die Politie oder Isopolitie erhielten, oder um solche, die, wie der Trierarch Antimachos aus Chios oder der Philosoph Prytanis, in staatlichem Auftrag bzw. als athenische Amtsträger fungierten.1084 Bei den wenigen epigraphischen Belegen, in denen dies nicht feststellbar ist, liegt wahrscheinlich eine Nachläs sigkeit des Grammateus oder des Steinmetzes vor. Soweit rekonstruierbar, enthält gut jedes dritte bis vierte athenische Proxeniedekret des 5. und 4. Jahrhunderts die Formel καλέσαι δέ αυτούς επί ξένια εις το πρυτανεΐον εις αυροιν.1085 Daraus wird ersichtlich, daß sehr viele Proxenoskandidaten, die ja mehrheitlich in ihren Heimatstädten lebten, zu ihrer Ernennung nach Athen reisten. Diese hohe Mobilität verwundert keineswegs, zumal, wie wir gesehen haben, die Ernennung mit einer Reihe von äußeren Ehren wie Belobigung und Bekränzug 1082 Osborne, Entertainment 155; Osbornes Vermutungen werden von Rhodes, Ξένια and δεΐπνον 196 mit vollem Recht als unbegründet zurückgewiesen. 1083 Proxenoi werden immer επί ξένια, niemals aber im δεΐπνον eingeladen! Einzige Ausnahme von der Regel stellt IG II 2 365 dar. 1084 Die Fälle diskutiert bei Osborne, Entertainment 154ff. und Rhodes, Ξένια and δεϊττνον 193ff. "»5 Ξένια in Proxenieurkunden: IG I 3 173, IG I 3 57, IG I 3 163, IG I 3 167. IG I 3 172, IG I 3 169, IG I 3 171, IG I 3 91, IG I 3 106, IG I 3 118, IG I 3 110, IG I 3 180, IG f 107, IG Γ 182 a, IG Π2 2, IG II 2 6, IG II 2 19, IG Π 2 51, IG II2 53, IG II 2 54, IG II2 29, IG Π2 69, IG II 2 95,1 Delos 88 I, ? IG II 2 146, IG II 2 132, IG II 2 133,? IG II 2 151, IG II 2 161, ? IG II 2 168, IG II 2 182, IG II 2 188, IG II 2 193, ? IG II 2 197, IG II 2 206, IG II 2 265, IG II 2 288, IG II2 290, ? IG II 2 302, ? IG H2 346, IG II 2 446, ? IG II 2 427, ? IG II 2 434, Hesperia 43, 1974, S. 323, IG Π2 365,? IG Π2 510, ?IG II 2 528, ? IG II 2 594; ξένια in Euergesiedekreten: IG Π2 48, IG II2 81, ? IG Π2 173; ξένια in Isoteliedekreten: IG II 2 276 (= Schwenk, Laws and Decrees Nr. 12).
2. Äußere Ehrungen
247
verbunden war und für den Geehrten ein geradezu öffentliches Spektakel darstellte. Allerdings vermißt man die Einladung zu einem Gastmahl auch in solchen für Metöken beschlossenen Proxeniedekreten, so etwa bei dem Arzt Euenor, dem Dichter Amphis oder dem Händler Herakleides, die zum Zeitpunkt ihrer Auszeichnung si cher in Athen lebten. Auch in Beschlüssen, wo sie zu erwarten wäre, wie etwa in dem Politiedekret für Thrasybul, dem sein geglückter Anschlag auf Phrynichos von der breiten athenenischen Öffentlichkeit als eine große Tat angerechnet wurde, fehlt sie gänzlich. Soll man daraus ableiten, daß diese Personen keine Einladung zum Gast mahl erhielten, oder aber doch öffentlich bewirtet wurden, ohne daß dies in ihren Dekreten vermerkt wurde? Die Einladung zum Ehrengastmahl wurde gewöhnlich in der Ekklesie be schlossen. In ganz seltenen Fällen erfolgte sie auch durch die Boule, wie etwa im Fal le des Diokleides, der für seine Bereitschaft, Informationen über die Hermenfrevler zu liefern, von den Bouleuten spontan bekränzt und im Prytaneion bewirtet wur de.1086 Fremde sind so gut wie nie mit der lebenslänglichen und erblichen Bewirtung auf Staatskosten ausgezeichnet worden, während es unter den Bürgern eine kleine Gruppe von άείσιτοι gab.1087 Die fünf bekannten Verleihungen dieses Privilegs an Nichtbürger gehören der Zeit nach 314/13 an.1088 Die permanente Sitesis ist bei allen fünf Fällen mit der Verleihung des Bürgerrechts und der Prohedrie, manchmal auch mit einer Ehrenstatue, verknüpft. Die Geehrten lebten nicht oder nur vorübergehend in Athen, so daß sie von ihrem Recht kaum Gebrauch gemacht haben werden. In der Forschung ist man sich einig, daß Athen mit der Gewährung der Theaterprohedrie an einheimische wie fremde Wohltäter sehr sparsam verfuhr.1089 Vor der Zeit Lykurgs ist kein einziger Fremder namhaft zu machen, der für seine Verdienste 1086
Andok 1.45. Kahrstedt, Staatsgebiet 334ff.; Miller, Prytaneion 9; vgl. auch Henry, Honours 276ff. 1088 Diese sind IG II 2 450 = Osbome, Naturalization I, D42 (Dat.: 314/3) für den Makedonen Asandros, Satrap von Karien. IG II 2 385b = Osborne, Naturalization I, D49 (Dat.: ca. 307-303/2) für Aristonikos von Karystos. Der Geehrte war "a famous ball-player in the entourage of Alexander the Great" (Osbome, Naturalization II, 127). IG II 467 = Osborne, Naturalization I, D43 (Dat.: 306/5) für Timotheos von Karystos, der den Athenern im Kampf gegen Kassander militärischen Beistand geleistet hat. ? IG II 510 (Dat.: post a. 307/6) für einen Umbekannten. Verdienste und Herkunft des Geehrten sowie der Grad der Belohnung wegen des schlechten Erhaltungszustandes nicht erkennbar. IG Π2 646 = Osbome, Naturalization I, D68 (Dat.: ca. 295/4) für Herodoros, ein hoher Funktionär aus dem Kreis des Demetrios Poliorketes. Herodoros "helped the Athenian envoys in their negotiations for peace with Demetrios after the flight of Lachares and aided in the restauration of democracy" (Osbome, Naturalization II, 144). IG ΙΓ 937 = SIG 24.135 für Z/Menodoros (Dat.: ca. 180-170). Der Geehrte war τροφεύς Antiochos' IV. Vgl. Osbome, Naturalization ΠΙ, 98 T107. 1089 M.J. Osborne, Some Attic Inscriptions, ZPE 42,1981,174: "Grants of proedria in Athens are uncommon". Das epigraphische Material zur Prohedrie ist ebenda 174-177 und bei Henry, Honours 291ff. zusammengestellt. Henry ordnet die Belege nach "permanent front seats of honour" und "seats for a single festival". Zur Prohedrie allgemein s. Maas, Prohedrie 77ff. mit einem Quellen überblick1087
248
V. Die Dankbarkeit der Polis
mit einem Ehrenplatz bei öffentlichen Spielen ausgezeichnet worden wäre.1090 Xenophon empfahl am Ausgang des Bundesgenossenkrieges, zur Ankurbelung der athenischen Wirtschaft und zur Vermehrung der Staatseinnahmen diejenigen Emporoi und Naukleroi mit der Prohedrie (und der öffentlichen Bewirtung) zu ehren, "von denen man glaubt, daß sie durch besonders gute Schiffe und Waren der Stadt Nutzen bringen. Denn die so Geehrten dürften nicht nur um des Gewinnes, sondern auch um der Ehrung willen wie zu Freunden herbeieilen".1091 Dieser gutgemeinte Ratschlag stieß bei den athenischen Staatsmännern anscheinend auf taube Ohren, denn in den gut ein Dutzend Ehrendekreten für Emporoi und Naukleroi aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts begegnet man der Prohedrie nur ein einziges Mal.1092 Der auf Antrag Lykurgs mit der Prohedrie geehrte Getreidelieferant, Sopatros aus Akragas, durfte beim nächsten Dionysienfest in den unteren Reihen der Cavea sitzen, während Metöken, Xenoi, Frauen und Sklaven die Schauspiele von den oberen Theaterrängen hinter den Bürgern verfolgten.1093 D e m Sopatros dürfte wahrscheinlich kein marmorner Prohedriethron in der Kerkis angeboten worden sein, der nur auserlesenen Personen (Priestern und hohen Beamten der Stadt) zustand, sondern ein Sitzplatz in den vordersten Steinsitzstufen der Cavea.1094 Überhaupt liegt in der Proxenieurkunde für Sopatros die erste Erwähnung der Prohedrie für einen Nichtathener vor, dem aufgrund einer Euergesie diese Ehre zuteil wurde (die ausländischen Gesandten, die nach überkommener Sitte ein Anrecht auf Prohedrie hatten,1095 gehen uns hier nichts an) .Von den Demen gewährte Prohedrie an Fremde ist hingegen schon früher bezeugt. So ehrte etwa Eleusis in der Mitte des 4. Jahrhunderts mehrere Metöken, darunter auch den bereits erwähnten Damasias, mit der Prohedrie.1096 Die Urkunde für Damasias enthält auch Einzelheiten über das Prohedrierecht, die in staatlichen Eh1090 B e i den v o n Maas, Prohedrie 81, als mögliche Prohedrie fälle angegebenen Inschriften IG I 33 (jetzt IG I3 20 = Walbank, Proxenies Nr. 10) und IG II 2 20a aus der Mitte des 5. und dem Anfang des 4. Jahrhunderts sind starke Zweifel angebracht. Nichts deutet bei diesen stark zerstörten Inschriften auf die Verleihung des Prohedrierechts hin. 1091 Xen. vect. 3.4 (Üb. E. Schütrumpf): αγαθόν δέ και καλόν και προεδρίαις τιμασθαι εμπόρους και ναυλκήρους, και επί ξένια γ' εστίν δτε καλεΐσθαι, οι αν δοκώσιν άξιολόγοις και πλοίοις και έμπορεύμασιν ώφελεΐν τήν πόλιν. ταύτα γάρ τιμώμενοι ου μόνον του κέρδους αλλά και της ένεκεν ώς προς φίλους έπισπεύδοιεν άν. In seiner fiktiven Idealpolis Magnesia fordert Piaton (leg. 881b) Prohedrie für Metöken und Fremde, die den von ihren Kindern mißhandelten Eltern zu Hilfe eilen. Bei Unterlassung einer Hilfeleistung sollen sie des Landes verwiesen werden. 1092 J. McK. Camp, Hesperia 43, 1974, 323, Ζ 28ff. 1093 Zur Zusammensetzung des Theaterpublikums s. Kolb, Theaterpublikum 345ff. mit dem wichtigen Hinweis, daß das griechische Theaterpublikum "relativ getreu die rechtlichen und sozialen Strukturen der Polis" repräsenrierte (347). 1094 Zum Kreis der Prohedrieberechtigten s. die Ausführungen von Maas, Prohedrie 82, 90ff. und Kolb, Theaterpublikum 347. 1095 Henry, Honours 292. 1096 Prohedrie in eleusinischen Ehrendekreten für Nicht-Athenen IG II 1185, Z. 4 für einen unbekannten Thebaner; IG ΙΓ 1186, Z. 24 für Damasias aus Theben; IG II 2 1192, Z. 7 für Pylasios; IG II 1193, Z. 24 für Smikythion aus Kephallenia; Myrrhinus: IG II 1182, Z. 2 für einen Unbekannten. Der Honorand dürfte kein Athener gewesen sein, da er als Euergetes bezeichnet wird; weitere Belege bei Maas, Prohedrie 82.
2. Außen Ehrungen
249
rendekreten fehlen: Der Geehrte wird während der Dionysien durch den Demarchos, dem höchsten Beamten der Deme, zur Prohedrie im Theater geleitet. Nach der Zu weisung eines Prohedrieplatzes erfolgt die Ausrufung der Tugenden und der Bekrän zung des Metöken.1097 Hier ist eine starke Zusammengehörigkeit zwischen Ehrenaus rufung (κήρυγμα) und Prohedrie erkennbar. Ich möchte daher meinen, daß diejenigen mit einer κήρυγμα—Bewilligung durch die athenische Ekklesie ganz automatisch das Prohedrierecht hatten, d.h. während ihrer Belobigung im Theater an einem Ehrensitzplatz saßen, ohne das letzteres im Ehrenbeschluß vermerkt wurde. Dies würde die ganz seltene Erwähnung der Prohedrie in den athenischen Ehrendekreten der klassi schen und hellenistischen Zeit erklären. Es war nicht notwendig, nach der Erteilung eines κήρυγμα die Bewilligung der Prohedrie gesondert auf zufuhren, weil es sich von selbst verstand, daß dem Geehrten am Tag seiner Bolobigung ein Ehrensitzplatz im Theater angeboten werden würde.
1097 I G ii 1186, Z. 19-24: άνειπάτω δε αυτόν ό μετά Γναθιν δήμα||ρχος Διονυσίων των Έ[λ]ευσΐνι τοις τρ|αγοιδοΐς, οτι ό δήμος ό 'Ελευσίνιων στ|εφανοΐ Δαμασίαν Διονυσίου Θηβαϊον | σωφροσύνης ένεκα και ευ σέβειας της | προς τω θεώ' έστω δέ αύτώι προεδρία κτλ. Weitere Beispiele bei Maas, Prohedrie 87f.
VI. GESAMTURTEIL ÜBER DIE METÖKENEUERGESIEN UND IHREN PLATZ IN DER GESCHICHTE ATHENS
Im Bewußtsein der meisten Altertumswissenschafder ist die Vorstellung, nur atheni sche Bürger hätten sich für die Belange ihrer Polis eingesetzt, fest verankert. Dabei wird leicht übersehen, daß auch Metöken durch allerlei Aufopferungen für das Wohl ergehen ihres Gaststaates beitrugen. Ich möchte diese einseitige Betrachtungsweise anhand einiger willkürlich gewählter Beispiele verdeutlichen. Die Notwendigkeit, seit den 420er Jahren zur Finanzierung von Kriegen Epidoseis zu organisieren, wird von H. Hommel folgendermaßen erklärt: icDie früher so reichlich fließenden Einnahme quellen des athenischen Staates (besonders Bundestribute und Handelsüberschüsse) ebbten ab, der Staatsschatz und sogar mehr und mehr auch der größtenteils ungemünzte Schatz der Athene erschöpfte sich, die finanziellen Anforderungen des Krie ges wuchsen dagegen ständig; kein Wunder, daß man die Bürger sicher schon seit dem archidamischen Krieg in zunehmendem Maße heranziehen mußte, was in der für die Griechen nächstliegenden Form, nämlich durch agonistische Anspannung der Gebefreudigkeit und der φιλοπμία des Einzelnen geschah".1098 Die Antwort von O. Schmitt auf die Frage, wie Athen die Mittel für den Lamischen Krieg aufbrachte, lau tet "Über einen speziellen Fonds, der schon in Friedenszeiten für künftige militäri sche Auseinandersetzungen angelegt worden wäre, verfugten die Athener bei Kriegsausbruch nicht. Zur Deckung der unmittelbar anfallenden Kosten wurden vielmehr die beschlagnahmten Gelder des Harpalos verwendet. Sobald diese Gelder erschöpft waren, mußte Athen die Kosten vor allem durch finanzielle Leistungen der eigenen Bürger und durch etwaige Beiträge von Bundesgenossen finanzieren".1099 P. Veyne hält bezüglich den Liturgien lapidar fest "Jedes Jahr verteilte das Volk Athens Hunderte von Liturgien unter den wohlhabenden Bürgern" und "Trimitive' Großzü gigkeit und demokratische Liturgien — sie waren das Schicksal eines reichen Athe ners".1100 In diesen Zitaten, denen man zahlreiche andere hinzufugen könnte,1101 ist nur von athenischen Bürgern die Rede. Zur Richtigstellung solcher Äußerungen ist jedoch jeweils der Zusatz notwendig, daß auch Metöken zu Liturgien herangezogen wurden und — mit zum Teil bemerkenswert hohen Spendenbeiträgen — an den Epi doseis teilnahmen. Gegen Schmitt wäre zu sagen, daß neben Bürgern auch zahlreiche Metöken den Lamischen Krieg etwa durch die Bereitstellung von Flottengeldern und Ruderern mittrugen.1102 Ich habe im Kapitel IV der vorliegenden Untersuchung die Belege für die Wohltaten der Metöken zusammengestellt. Trotz der großen Lücken im Quellenma1098
H. Hommel, PhW 17, 1923, 494. Schmitt, Lamischer Krieg 71. noo Veyne, Brot und Spiele 170 und 164. 1101 Z.B. Will, Athen und Alexander 86 (s.o. S. 131); Garlan, Mensch und Krieg 89. 1102 IG II 2 505; IG II 2 506; IG II2 554 (s.o. S. 81 ff. und 139f.). 1099
252
VI. Gesamturteil über die Metökeneuergesien
terial wage ich nun ein Gesamturteil. Die Bedeutung der Metökeneuergesien wird erst vor dem Hintergrund der Finanzlage Athens verständlich. Die wohl größte Anforde rung, der sich die attische Demokratie gegenübergestellt sah, war die ständige Frage nach der Aufbringung von Geldmitteln zur Deckung staatlicher Ausgaben. Die Kla gen über die Finanznöte des Staates durchziehen die gesamte attische Literatur des ausgehenden 5. und des 4. Jahrhunderts.1103 Mit den internen, ordentlichen Einkünf ten der Stadt konnte nur ein geringer Teil der Ausgaben bestritten werden, weswegen die Stadt auf andere Geldquellen angewiesen war.1104 Vor allem die Kosten für Heer und Flotte waren enorm, und zwar nicht nur im Krieg, sondern auch in Friedenszei ten.1105 Die Phoroi der Bundesgenossen wurden zum größten Teil von den Ausgaben für die Flotte und die Marineanlagen aufgesogen.1106 Die finanzielle Abhängigkeit der Stadt von den wohlhabenden Metöken setzte während des Peloponnesischen Krieges ein. Das hängt mit dem Zerfall der Attischen Arche zusammen. Denn der Ausfall der Bundesgenossentribute zwang Athen dazu, zur Deckung der Staatskosten immer mehr seine reichen Bewohner heranzuziehen, weshalb damals zu der traditionellen Vermögensauflage (λειτουργία) die allgemeine Vermögensabgabe (εισφορά) hinzutrat.1107 Die Eisphora war der Idee nach zwar eine außerordentliche Vermögensumlage, auf die nur bei Bedarf zurückgegriffen werden sollte, doch wurde sie recht bald zu einer regulären Einnahmequelle, weil sie häufig (im 4. Jahrhundert durchschnittlich jedes zweite Jahr) erhoben wurde.1108 Ebenfalls seit dem Peloponnesischen Krieg ging die Stadt dazu über, zunächst in Kriegszeiten, dann auch bei Getreideteuerung und anderen akuten Finanznöten, von den reichen Bürgern und Metöken Geldspenden zu fordern. Die Epidosis stellte neben der Eisphora ein wichtiges Mittel zur Behebung von Finanzierungslücken dar und ver dient daher mehr Beachtung, als man ihr bislang geschenkt hat. Ich weiß nicht, ob die Aussage von Andreades, die wohlhabenden Metöken hätten mit ihren Spenden "mehr als die Bürger zur Erleichterung von Fiskus und Volk" beigetragen,1109 zutref fend ist, da die Stadt im 5. und 4. Jahrhundert ihren Bürgern nur selten Ehrenin schriften aufgestellt hat und daher das epigraphische Material zugunsten der Metöken spricht. Wenn man allerdings bedenkt, daß die Metöken neben der Philotimie auch von der Aussicht auf rechtliche Vergünstigungen zu Spenden motiviert wurden, was 1103
Als die wichtigsten Stellen seien genannt: Lys. 19.11; 28.2-8.11 f. 17; 29.1f.4.9; 30.22; Xen. hell. 4.8.27-31; 5.4.66; 6.2.1; 6.2.11f.; 6.2.36f.; Xen. mem. 3.4.5; Isokr. 7.8f.; 15.108f.lllff.; Demosth. 2.28; 3.20; 4.24; 8.8f.l9.21-28.46f.; 18.114; 19.332; 20.25.60; 23.61.171.209; 24.96-101; [Demosth.] 12.3; 49.6-8.9-21; 50.7-18.23-25.35f.53.55f.; Aischin. 2.71; weitere Belege für "Athens' lack of State funds" finden sich bei Ste. Croix, Class Struggle 293 mit Anm. 37. 1104 Zu den öffentlichen Einkünften (Pacht- und Gerichtsgebühren, Handelszölle, Marktabgaben, Metoikion) s. etwa Böckh, Staatshaushalt I, 366ff.; Andreades, Staatswirtschaft 285ff.; Bleicken, Demokratie 249ff. 1105 Bleicken, Demokratie 252f. 1106 Jones, Economic Basis 5ff.; Bleicken, Demokratie 319f. 1107 Lauffer, Finanzpolitik 117 spricht von einer "planmäßig durchgeführten Methode der Lastenaufbringung", wodurch "die direkte Besteuereung der Besitzenden zum System gemacht (wurde)". iio8 Eine chronologische Übersicht bei Brun, Eisphora-S\Titaxis-Stratiotika 55. 1109 Andreades, Staatswirtschaft 298.
VI. Gesamturteil über die Metökeneuergesien
253
bei den Bürgern nicht gegeben war, kommt der Vermutung von Andreades eine hohe Wahrscheinlichkeit zu. Aus den Ehrendekreten wird deutlich, daß die Bedeutung der Metöken und ihrer Wohltaten gerade in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts und besonders in der Zeit Lykurgs ihren Höhepunkt erreichte,1110 was im übrigen sehr gut mit der Zu nahme der markanten und monumentalen Graber von Metöken aus demselben Zeit raum zusammenpaßt. Wahrscheinlich waren damals in so gut wie jeder Sitzung der Ekklesie auch einige Metöken anwesend, um dort auf der Pnyx für erbrachte Wohlta ten mit realen Privilegien und Ehrungen ausgezeichnet zu werden. Bisweilen wird den Athenern vorgeworfen, ihre Unfähigkeit, eine angemesse ne Finanzierungsgrundlage zu schaffen, habe in erster Linie den Untergang Athens als unabhängiger Stadt herbeigeführt.1111 Diese Behauptung ist insofern unzutreffend, weil die Stadt auch im 4. Jahrhundert ihre Finanzbedürfhisse - vor allem durch den starken Rückgriff auf das Vermögen der reichen Bürger und Metöken - ausreichend gelöst hat.1112 Im Zusammenhang mit den durch eine Eisphoraerhebung eingegange nen Geldern sagte Demosthenes im Jahre 354: "Geld ist dann da, wenn es gebraucht wird, vorher nicht".1113 Diese Worte sind sehr lehrreich, weil sie u.a. auch zeigen, daß die Besitzenden Geldmittel aufbrachten, wenn sich Finanzierungslücken einstellten, was häufig der Fall war. Erst vor diesem Hintergrund werden die Klagen einiger Rei cher verständlich, sie seien die δούλοι des Demos, der danach trachtete, sie durch die Auferlegung von Liturgien, Eisphorai oder Epidoseis zu ruinieren.1114 Es dürfte deutlich geworden sein, daß die Stadt angesichts eines unausrei chenden Staatsetats seit dem Beginn des Peloponnesischen Krieges zunehmend auf finanzielle Beiträge ihrer reichen Bürger, in einem starken Maße aber auch auf die der besitzenden Metöken angewiesen war. Man kann dabei ohne Übertreibung von einer regelrechten Abhängigkeit sprechen. Zu dieser Abhängigkeit trug bis zu einem gewis sen Grad auch die wirtschaftliche Mentalität der Bürger bei. Denn die Mehrheit der Bürger Athens bezog ihren Lebensunterhalt aus der Landwirtschaft und überließ die anderen Wirtschaftszweige den Fremden. Aufgrund der Monopolisierung von Grund und Boden durch die Bürger lebten die Metöken notwendigerweise von der Manu faktur, vom Handel und vom Geldverleih. Dies hatte zur Folge, daß ein Großteil des verfügbaren Geldes nicht bei den Bürgern, sondern in den Händen von Fremden lag. Unter Heranziehung der Grabdenkmäler könnte man meinen, daß die Zahl der rei chen Metöken zumindest im 4. Jahrhundert der der Bürger gleich war, sie mögli cherweise sogar überstieg. Eine in Kopenhagen vorgenommene Auswertung attischer 1110
In diesem Sinne auch Pecirka, Role of Foreigners 23ff. So etwa Lauffer, Finanzpolitik 115 und Brun, Eisphora-Syntaxis-Stratiotika 185. Vgl aber die berechtigten Einwände, die Bleicken, Demokratie 529, gegen Brun erhebt. 1112 Hierbei sollte auch nicht vergessen werden, daß sich die finanzielle Lage der Stadt durch die Schaffung großer Finanzämter unter Eubulos und Lykurg verbesserte. Zu diesem Aspekt s. neuerdings Leppin, Entwicklung 557ff. 1113 Demosth. 14.26: χρήματα μεν δη φημ' τότε, αν ώς άλητώς δέη, πρόρερον δ' ου. 1114 Xen. sympos. 4.32.45; [Xen.] Ath. pol. 1.13. Vgl. den Abschnitt "Le riche victime de la cite" bei Vannier, Finances publiques 169ff. 1111
254
VI. Gesamturteil über die Metökeneuergesien
Grabinschriften hat ergeben, daß mehr Metöken für ihre Frauen Grabstelen aufstel len ließen als Bürger.1115 Zudem stammen viele der monumentalen Grabanlagen aus Attika gerade von Metöken.1116 Aus Ehrendekreten wird ersichtlich, daß viele wohl habende Metöken ihr aus den gewinnbringenden Wirtschaftszweigen erzieltes Ver mögen für das Wohl der Bürger ausgaben, um deren Sympathien zu gewinnen und um als Gegenleistung ihrerseits mit rechtlichen Privilegien belohnt zu werden. Die Stadt profitierte nicht nur von den Liturgien, Eisphorai und den Geld spenden der Metöken. Es gab eine Reihe anderer, berufsspezifisch bedingte Wohlta ten, die der Gemeinschaft zugute kamen. An erster Stelle seien die Naukleroi und Emporoi genannt, die Getreide nach Attika förderten und bei auftretenden Versor gungsschwierigkeiten ihre Ladungen nicht selten zu verbilligten Preisen verkauf ten.1117 Andere Metöken stifteten der Stadt bei Bedarf Kriegsgerät (Schilde, Sehnen für Katapulte u.a.), das in ihren Betrieben hergestellt worden war.1118 Bauunternehmer wie der Platäer Eudemos fanden sich zur kostenlosen Durchführung öffentlicher Bauprojekte bereit.1119 Die medizinische Versorgung der Bevölkerung war eine Do mäne der Metöken, weil Athener dem Arztberuf trotz seines hohen Ansehens in der Gesellschaft fernblieben.1120 Um ihren Bürgern eine kostenlose medizinische Behand lung zur Verfügung zu stellen, nahm die Stadt besonders kompetente Ärzte unter Vertrag, die aus den öffentlichen Fonds bezahlt wurden.1121 Einige dieser δημόσιοι ιατροί verzichteten zur finanziellen Entlastung der Stadt auf eine öffentliche Vergü tung.1122 Gelehrte und Künstler nichtathenischer Herkunft hatten auf dem Gebiet der παιδεία und der Musenkunst einen wichtigen Anteil und wurden daher häufig mit dem Bürgerrecht und anderen Privilegien ausgezeichnet.1123 Zudem wurden aus die sen Kreisen einige Schauspieler und Philosophen seit der Mitte des 4. Jahrhunderts
1115 Vestergaard/Hansen u.a., Typology of Women 178: "Of the Citizens recorded 34% (about 1500 persons) are women, of the metics and foreigners the percentage is even larger (41%). Vgl. auch Hansen, Athenian Democracy 93 und ders., Three Studies lOff. 1116 Scholl, Πολυτάλαντα μνημεία 252ff. 255f. reiht die literarisch belegten Grabbauten des Tragödiendirchters Theodektes aus Phaseiis und eines Rhodiers unter die besonders aufwändig gestalteten Grabdenkmäler Anikas ein. Zu den Grabnaiskoi der Metöken s. Bergemann, Demos und Thanatos 138ff. und Engels, Funerum sepulcrorumque magnifkentia 121 ff. Eine Abbildung des KallitheaMonuments, das einer reichen Metökenfamilie aus Histria gehörte, bei Garland, Piraeus 62f. mit Abb. 11. 1117 S.o. S. 149ff. 1118 S.o. S. 140ff. 1119 S.o. S. 129f. 1120 Zu dieser Folgerung berechtigt der Umstand, daß wir aus Athen nur fremde Ärzte kennen: Hdt. 3.131; Aristoph. Ach. 1030-1032. 1222; Aristoph. Vesp. 1432; IG I 3 164; IG Π2 242+373; IG II2 304+604 (= Schwenk, Laws and Decrees Nr. 14); IG II 483; IG II 2 772; IG Π2 946. Die Mehr zahl dieser Ehrendekrete sind an Gemeindeärzte adressiert. 1121 Die Gemeindeärzte wurden von der Volksversammlung gewählt (Plat. Gorg. 455b-456c; 514d-e). Zum Institut der Gemeindeärzte s. neben L. Cohn-Haft, The Public Physicians of Ancient Greece, Northampton/Mass. 1956 auch Bolkestein, Wohltätigkeit 274f. und Marek, Proxenie 371 f. 1122 Dies belegt der Ehrenbeschluß IG II2 483 für den Rhodier Pheidias aus dem Jahr 304/3. 1123 Isokr. epist. 8.4; Osbome, Naturalisation IV, 200ff.
VI. Gesamturteil über die Metökeneuergenen
255
als Gesandte eingesetzt, weil sie über gute Kontakte zu den makedonischen Machthabern verfugten.1124 Die Stadt belohnte nach den Regeln der Reziprozität um sie verdiente Metöken mit rechtlichen Privilegien. Vergünstigungen wie Isotelie und Enktesis verrin gerten die rechtlichen Differenzen zu den Bürgern, ohne sie freilich aufzuheben, weil auch den priviligierten Metöken die politische Partizipation versagt blieb.1125 Zudem trugen diese Privilegien neben anderen Faktoren mit dazu bei, daß sich innerhalb der sehr inhomogenen Metökenbevölkerung kein eigenständig ausgeprägtes Standesbe wußtsein entwickeln konnte.1126 Ohne Zweifel mußte die Metökenbevölkerung aufgrund ihrer rechtlichen Zu rücksetzung etliche Benachteilungen hinnehmen. Trotz dieser Benachteiligungen soll te man sich nicht dazu verleiten lassen, sie als eine stigmatisierte Außenseitergruppe abzutun, auf die die Athener mit sozialer Geringschätzung herabgeschaut hätten, wie es in den letzten zwanzig Jahren häufig geschieht.1127 Die Behauptung von P. Scholz, athenische Bürger hätten in den Metöken "nicht mehr als heimadose Privatmänner" gesehen, "die für sich lebten", kann nicht richtig sein.1128 Viele Athener waren sich darüber bewußt, daß die Metöken auch für die Stadt lebten und ihr von großem Nut zen waren, weil sie als Ruderer und Hopliten dienten, Eisphorai abführten, Liturgien leisteten, vielfältige Wolhtaten erwiesen und nicht zuletzt, weil sie als Handwerker und Händler die Bevölkerung mit dem Lebensnotwendigen versorgten. Daher fielen ihre Urteile über die Metöken günstiger und zutreffender aus. So setzte etwa Aristophanes die Bürger mit Weizenkorn und die Metöken mit Kleie (άχυρα) gleich, um mit diesem Metapher zum Ausdruck zu bringen, daß beide Bevölkerungsgruppen für die Polis notwendig waren, wie Mehl und Kleie nötig sind, um Brot zu backen.1129 Aus dem Mund eines oligarchischen Gegners der Demokratie kam das Geständnis, daß die Athener ihre Metöken gut zu behandelt pflegten, weil der Demos "um der Menge der Gewerbe als auch des Seewesens willen" auf sie angewiesen war.1130 Die Metöken selbst waren sich um ihrer Bedeutung für den attischen Staat bewußt. Dies schlug sich auch auf die Selbstdarstellung dieser Bevölkerungsgruppe in den Grabdenkmä lern nieder. Mehrere Untersuchungen der letzten Jahre haben gezeigt, daß die Met öken nicht nur die artischen Grabformen übernahmen, sondern daß sie darüber hin aus zur Selbstdarstellung Bildmotive wählten, die den athenischen Bürgern eigen wa1124
S.o. S. 169ff. Davies, Athenian Citizenship 107 und Raaflaub, Entdeckung der Freiheit 19 mit Anm. 71, ziehen eine Parallele zwischen den Isotelen und den römischen cives sine suffragio. 1126 S.o. S. 31 sowie Spann, Fremde und Metöken 55f. 1127 Whitehead, Metic, passim; Mosse, Emporium 58ff.; Baslez, Etranger 23f.90f. 142.197.204; Weiler, Soziale Randgruppen 11 ff.; ders., Fremde als stigmatisierte Randgruppe 53ff. 1128 Scholz, Philosoph und Politik 54: 'T>en athenischen Bürgern galten die Zugereisten' Fremden als keine wirklich 'freien' Menschen; aus ihrem Blickwinkel waren sie nicht mehr als heimadose Privatmänner, die für sich lebten. Ruhm und Ehre, Identität und Selbstbewußtsein waren nach Meinung der Athener nur über die Zugehörigkeit zum Büxgerverband, also über die lebenslange Teilnahme an allen politischen Entscheidungen und städtischen Kulten, zu erlangen". 1129 Aristoph. Ach. 507f. Vgl. dazu Ehrenberg, Aristophanes 160 und Whitehead, Metic 39. "30 [Xen.] Ath. pol. 1.12 (s.o. S. 11 Anm. 3). 1125
256
1/7. Gesamturteil über die Metökeneuergesien
ren.1131 Besonders aufschlußreich dabei ist die Selbstdarstellung der Metöken als Hopliten, Reiter oder Epheben, wodurch sie wohl auf mehr hinweisen wollten als auf ih ren militärischen Beitrag für ihre Gastpolis.1132 Indem die Bürgerschaft die Benutzung solcher Bildmotive durch die Metöken zuließ, bekannte sie sich gewissermaßen zu der Einsicht, daß auch sie sich über den vielfaltigen Nutzen dieser Bevölkerungs gruppe für die Stadt bewußt war.
1131
Scholl, Attische Bildfeldstelen 175; Bergemann, Demos und Thanatos 131ff., bes. 146ff.; Engels, Funerum sepulcrorumque magnificentia 122ff. Von den bürgerlichen Bildschemata wichen laut Bergemann, Demos und Thanatos 147f. nur etwa 10% der Metöken ab, indem sie auf ihre Grabstelen Hinweise auf ihren Beruf aufnahmen. Ein auffälliges Beispiel hierzu ist das sog. "Charonrelief', auf dem nach Scholl, Charonrelief 353ff. ein Metökenemporos aus dem skythischen Raum dargestellt ist. ii32 Bergemann, Demos und Thanatos 146.
Chronologisches Verzeichnis um Athen verdienter Metöken (Personen, deren Metokenstatus nicht eindeuting ist, sind mit einem -Φ* vor ihren Namen gekenn zeichnet; privilegierte Metöken, über deren Euergesien nichts bekannt ist, wurden nicht aufgenommen)
Abkürzungen: Α = nicht näher definierte Atelie AskP = Freistellung vom Kriegs- und Wachdienst EGkO=Enktesis ges kai oikias E m A = Gleichstellung mit den Athenern bezügl. den Eisphorai E O = Enktesis oikias E P = Epimeleia durch attische Magistrate EU=Euergesie G K = Goldkranz
1 Name (und Herkunft) Anaxilas (Naxos) ^Pindar (Theben) Polygnot (Thasos)
IS=Isotelie OK=OHvenkranz PH = Prohedrie P H D = Zugangsrecht zur Boule und zur Ekklesie PO = Politie PRO = Proxenie SmA = Militärische Gleichstellung mit den Athenern X = Bewirtung im Prytaneion
Verdienste
? Verdienste auf militärischem Gebiet Lobgedicht auf Athen Kostenlose Ausschmückung der Wände der Stoa Poikile mit Gemälden "Φ-Theramenes, Versorgung der Bevölkerung und des Heeres mit Ge Lakedaimonios treide -♦■Lykon (Achaia) ? Getreidelieferung [Ti]manax (?Kos) Medizinische Hilfe während der großen Seuche als Ge meindearzt N.N. Medizinische Hilfe während der großen Seuche als Gemeindeafzt -Φ*Herakleides (Klazomcnai) Diplomatische Hilfe beim Großkönig Einbürgerung aufgrund unbekannter Verdienste Lieferung von Schiffsbauholz Phanosthenes (Andros) Politie für nicht bekannte Dienste Lieferung von Schiffsbauholz ι Antiochides (? And tos) Spende von 100 Minen für Kriegsgefangene Epikerdes (Kyrene) Spende von 1 Talent (für Getreidebeschaffung?)
Ehren + Privilegien
Datierung
Quellennachweis
< < <
ca. 506/5 um 475 um 460
> ? > PRO > POL
IG Ρ 1357 Isokr. 15.166 Harpokr./Suda, s.v. Polygnotos
<
um 450
> PPRO
IG Ρ 30; Walbank, Prox. Nr. 16
< <
um 450 um 428/7
> EU; PRO > ASkP; EP; EU; PRO
IG Ρ 174 IG Ρ 164
<
um 428/7
> ASkP; EP; EU; PRO
IG Ρ 164
< < < < < < <
424/3 vor 400 a. 410-407 ca. 407/6 ca. 410-407 ca. 413/2 405/4
> > > > > > >
A; EgkO; EP; PRO POL EU; PRO POL EU; PRO Α EgkO; EU; GK
IG Ρ 227; Osbome, Natur. III T27 IG Ρ 182 Osbome, Natur. IIIT29 IG Ρ 182 IG Ρ 125; Demosth. 20.41 ff.
'
> Asylie; EP; EU; PRO > EP; GK; POL > POL; Land Schenkung
-♦-Pythophanes ([Karylstos) ? Getreidelieferung Thrasybul (Kalydon) Attentat auf den Oligarchen Phrynichos Apollodor (Megara) Mithilfe bei der Ermordung des Phrynichos
< < <
411/0 411/0 411/0
Polvkles, Peraieus, [Mandrlobolos Polemarch (Syrakus) Lysias (Syrakus)
Entsendung in den Hellespont zur Unterstützung atheni scher Strategen Geldspende zur Auslösung von Kriegsgefangenen Geldspende zur Auslösung von Kriegsgefangenen Spende von Schilden; Anmietung von 300 Söldnern
<
ca. 409/8
> AtM; EU; PRO
< < <
vor 404/3 vor 404/3 404/3
> PISO > PISO > POL (kassiert)
Ruderer d. Arginusenflotte Phyle- u. Piräuskämpfer Eukles
Ruderdienst Milit. Unterstütz, der Demokraten im Bürgerkrieg Teilnahme an der katbodos
Kleonymos (Kreta) Pasion
Geldspende im Rahmen einer Epidosis Spende von 1000 Schilden und 5 Schiffen
< 407/6 406/5 > < 404/3 401/0 > < 404/3 404/3> 401/0> < 392/1 < um 380 >
Phomiion -Φ-Protomachos Damasias (Theben) Aristodemos (Metapont)
? Getreidespende Getreidelie ferung Besondere Aufwendungen als Chorege in Eleusis Verhandlungen mit Philipp IL zwecks Freilassung von Kriegsgefangenen Mitwirkung beim Philokrastesfrieden Gesandtschaft nach Thessalien und Magnesia Auszeichnung während eines Seegefechts Getreidelieferung aus dem Westen Getreidelieferung aus Ägypten Auslösung athenischer Gefangener in Sizilien Geldspende (1 Talent) είς την φυλακήν ? Salzfischspende ? Schiffsepidosis ? Schiffsepidosis Medizinische Hilfeleistungen u. andere Euergesien Tätigkeit als Gemeindearzt Rüstungsepidosis (1 Talent) Geldspende oder Darlehen zur ? Beschaffung von Ge treide
Asklepiodoros ^-Apses, Hieron (Tyros) Ph[iloit]ios (Salamis)
Chairephilos Epigenes Konon Euenor (Argos/Akaman.)
Philomelos
< 361/0 < 361/0 < ca. 350 < 348/7
> > >
<346 < ca. 346-340 < ca. 342 > < 350-320 > < ?um 340 P338/7 > um 340 338/7 < ca. 340-330 > < ?um 340 > < ?um 340 > < 338/7 337/6 > < vor 322/1 322/1 > < P319/8 P318/7 > < post a. 336
IG Ρ 98 IG Ρ 102; Osbome, Natur. I D2 IG Ρ 102; Lys. 7.4; Osbome, Na tur. I D2 IG Ρ 106
Lys. 12.20 Lys. 12.20 Lys. Frg. 1.6 Gemet/Bizos; [Plut.] Vit. X orat. (mor.) 835F Osbome, Natur. III T10 POL IG II2 10+; Osbome, Natur. I D6 POL Ernennung zum Herold IG II2 145 ?POL Isaios 5.37f. Pemosth.] 46.85; 59.2; Osbome, GK; POL Natur. III T30; IG II2 3039 Osbome, Natur. III T48 1 POL IG II2 117 EU; PRO IG II2 1186 A; GK; PHD Aischin. 2.15; 3.83; Demosth. 18.21
ISO; OK; X EGkO, GK; EU; PRO [OK]; PPRO
IG II2 276 IG II2 342 + SEG XXIV 104 IG II2 283
POL POL POL PR EgkO; EP; OK POL
Osbome, Natur. III T75 Osbome, Natur. IIIT80 Osbome, Natur. III T81 IG II2 242 + 373 IG II2 242 + 373 IG II2 374; Osbome, Natur. I D50 IG II2 423
Ι Ν.Ν. (Plataia) Chrysippos + αδελφός
Geldspende Rüstungsepidosis (1 Talent) Getreidelieferung unter Preisnachlaß Epidosis für Getreideaufkauf (1 Talent) Mnemon, [Pyrjias (HerakL) Getreidelieferung unter Preisnachlaß Amphis (Andros) Verdienste im kulturellen Bereich als Dichter Eudemos (Plataia) Bereitstellung von Zugtieren für den Bau des Panathenäenstadions mehrere Fremde Beiträge für die Errichtung der Skene [und der Orchestra des Dionysostheaters] Getreidelieferung -^Sopatros (Akragas) -♦"Potamon, N.N. (PSinope) Getreidelieferung Herakleides (Salamis) Getreidelieferung unter Preisnachlaß Epidosis εις σιτωνίαν (3000 Dr.)
Meidon (Samos) Xenokrates (Chalkedon)
Geldspende (1000 Dr.) zum Ankauf von Getreide Gesandtschaft zu Antipatros
Eucharistos (PChios)
Getreidelieferung unter Preisnachlaß Getreidelieferung unter Preisnachlaß Getreidelieferung Militärdienst Eisphora-Zahlungen weitere Verdienste verloren Eisphora-Zahlungen Militärdienst weitere Verdienste vedoren ? Geldspende für Rüstungszwecke Eisphorazahlungen Beiträge zur Ausrüstung der Flotte Epidosisbeirag für Rüstungszwecke (1000 Dr.) Mauerbaubeitrag Eisphorazahlungen Beiträge zur Ausrüstung der Flotte Epidosisbeirag für Rüstungszwecke (1000 Dr.) Mauerbaubeitrag
♦ N . N (Milet) Apol-
-kles (Amphipolis)
Alkimachos (Apollonia) Nikander (Ilion)
Polyzelos (Ephesos)
< P335/4 < 335/4 < 330/29 < 328/7 < ca. 335/4 < 332/1 Κ 330/29 ^
um 330
IG II2345 Pemosth.] 34.38f.
> LGiq >\ Efeukr.; EU; PRO > EgkO; EmA; EU; C i d SmA > AtM; PPRO
f ca. 330 > EU; GK; PH k ca. 330 Κ 330/29 330/29 > GK k 328/27 325/4 > GK; EGkO; EmA; EU; PRO; SmA k 328/6 od. 326/5 < 322/1 < vor 320/19 > < 320/19 > < 321/0-319/8 > < vor 322/1 319/8 > < vor 323/2
EU; PRO ?POL GK ?
< vor 323/2 319/8 > ? < 324/3-323/2 < < < < < < < < < <
332/1 319/8 vor 323/2 323/2 323/2 302/1 319/8 od. 307/6 306/5 vor 323/2 323/2 323/2 302/1 319/8 od. 307/6 306/5
> > > >
1
IG II2 408 IG II2 347 IG II2 351 | Hesperia 55, 1986,177 Hesperia 43,1974, 322ff. Nr. 3 IG II2 409 IG II2 360
IG II21628, 366; IG II21629, 887 Plut. Phol. 27; Ind. Acad. CoL Vllf.; Philod. Rhet. I 350, II173 IG II2 400 IG II2407+ SEG XXXII 34 Moretti, ISE Nr. 4
IG II2 421
IG II2391; Osbome, Natural. I D37 P[OL] oder P[RO] Erneuerung des Priv. GK IG II2 505 EP; EGkO; EmA; ISO; OK; PHD; SmA
IG II2 505 > GK > EP; EGkO; EmA; ISO; OK; PHD; SmA
Euxenides (Phaseiis)
Arkesilaos (Pitane) [?Aisch]ias (Pergamon)
< um 260 < ca. 252/1
Lykon (Alexandria/Troas)
Epidosis (200 Dr.) zur Einbringung der Feld fruchte
< P244/3
[Men]oit[e]s Nikostratos Pyr[ias] (Herakleia)
N.N.
-♦-Neaios Hermaios N.N. N.N. «Φ-Ν.Ν. ♦N.N. N.N. (Sikyon)
N.N. Strombichos Habron, Matrias (Nesos) <>5 Rhodier Thibron Zenon (Kition) N.N. (Sparta)
k < < <
vor 324/3 306/5 > EO; ISO; OK 323/2 ca. 306/5 323/2 ?303/2 > ?
Eisphorazahlungen Besoldung von Ruderern Spende von Katapultseilen Instandsetzung einer Triere Weitere Verdieste verloren Fortwährende Hilfeleistungen bei den Dionysien Spende zur Befreiung v. Mounichia (500, 4000 Dr.) Darlehen in unbekannte Höhe Spende (3 Talente) zur Getreidebeschaffung Spende für Rüstungs zwecke Spende für Getreideaufkauf (? 1 Talent) Getreidelieferung unter Preisnachlaß Zweifache Spende εις τά σιτων[ίκά] Weitere Verdienste im Vierjährigen Krieg Spende für Verteidigung, militärische Auszeichnung Eisphora—Zahlungen Geldspende (10 Minen) für Verteidigungszwecke Eisphora-Zahlungen Geldspende Spende von 1000 Dr. für Verteidigungszwecke Geldspende für Verteidigungszwecke Mauerbaubeitrag und ? militär. Verdienste Spende von 10. 000 Dr. für Rüstungs zwecke Getreidelieferung aus Sizilien Epidosisbeitrag für Mauerbauarbeiten Mithilfe bei der Erstürmung des Museion-Hügels Milit. Verdienste während des Chremonid. Krieges Getreidelieferung Geldspende für Getreideaufkauf Geldspende für Getreideaufkauf Geldspende für die Reparatur einer Therme Geldspende für die Errichtung eines öffentlichen Ge bäudes und für Schiffsbau Verhandlungen mit Antigonos Gonatas Epidosisbeitrag (?1 Talent) für Verteidigungszwecke
IG II2 554
IG II2 506
< vor 308/7 > Efeukr.; [EGkO]; [ISO] IG II2 551 IG II2 479; IG II2 480 307/6 305/4 > ? 307 < 307/6 < ? 306/5 < 305/4 IG II2 499 < P307/6 302/1 > ? < P307/6 > GK; POL > ISO; [OK]
IG II2 553; Osbome, Natur. I D44 IGII 2 715 + add. p. 666
> ?
IG II2 748
< < < < < < < < <
ca. 307/6-304/3 ?bis 323/2 ca. 300 307/6-303/2 ?bis 323/2 ca. 300 307/6-303/2 307-303 ca. 300 307-303 ca. 300 307-303 ca. 300 307-303 ca. 300
< < < < < < < <
307-303 ca. 300 > 287/6 266/5 > 268/7-266/5 286/5 > ?ca. 280 > P280/79 > ca.275-262 P268-262
> > > >
II2 729 II2 739 II2 740 II2 744
? ? ? ?
IG IG IG IG
iisoi
IG II2 747 + add. p. 666 IG II2 666f.; Osbome, Natur. I D50
GK; POL EGkO; GK; PRO ? GK ?
> EO; [ISO]; [PRO]
IG II2 651 Hesperia 49, 1989, 352ff. Nr. 1 IGII2 670 Diog. Laert. 7.12 Athenian Agora XVI, 191 Diog. Laert. 4.39 IG IF 768 + 802; Wilhelm, Akademieschriten I, 435 ff. Athenian Agora XVI,213col 1,71
I Phifllokles 1 Hekataios fZlophyros [Diogen]es Sosibios Apollas
(Korinth) (Mesembria) (Syrakus) (Makedonien)
Aristokreon (Soli) <^N.N., Trapezit Prytanis (Karystos) 27 Metöken mit Namen und Ethnika ^N.N., Händler
Epidosis (200 Dr.) zur Einbringung der Feld fruchte Epidosis (200 Dr.) zur Einbringung der Feldfrüchte Epidosis (200 Dr.) zur Einbringung der Feldfrüchte Epidosis (200 Dr.) zur Einbringung der Feld fruchte Epidosis (100 Dr.) zur Einbringung der Feldfrüchte Dreifacher Epidosisbeitrag für Verteidigungszwecke Darlehen (2000 Dr.) zur Befreiung der Stadt Dreifacher Epidosisbeitrag für die Befestigung des ZeaHafens Darlehen zur Befreiung der Stadt Spende für Hafenbefestigungen Geldspende (1 Talent) Verhandlungen mit Antigonos Doson Geldspende im Rahmen einer Epidosis (5-30 Dr.)
Verkauf von Öl unter Preisnachlaß Verbilligte Getreideeinfuhr Kameades (Kvrene) Gesandtschaft nach Rom Kritolaos (Phaseiis) Gesandtschaft nach Rom Diogenes (Seleuk. a. Tigris) Gesandtschaft nach Rom Diokles ^Thespos) Geldspende für den Bau eines Theaters in Piräus
< < < < < < < <
P244/3 P244/3 P244/3 ?244/3 P244/3 vor 230 ca.229/8 :H EGkO; OK; PRO 230/29 ca. 229/8
< 230/29 ca. 229/8 > EGkO; OK; [PRO] < ca. 229/8 < ante a. 224/3 ^\ ? < 226/5 > ? < ?183/2 < 176/5 175/4 < 175/4 < 156/5 < 156/5 < 156/5 < ca. 150
> ? > ?POL > ?POL > ?POL
Athenian Agora XVI, 213 col. 1, 65 1 Athenian Agora XVI, 213 coL 1, 73 | Adienian Agora XVI, 213 coL 1, 59 Athenian Agora XVI, 213 col. 1, 48 Athenian Agora XVI, 213 coL 2, 52 IG II2 855
IG II2 786 IG II2 857 Moretti, ISE Nr. 26 IG II2 2332; Migeotte, Souscriptions publiques Nr. 19 IG II2 903 Lustrum 27, 1985, 66ff.; IG II2 3781 Lustrum 27, 1985, 66ff. Lustrum 27, 1985, 66ff. IG II2 2334
BIBLIOGRAPHIE
Agora XVI
A.G. Woodhead, The Athenian Agora XVI. Inscriptions: The Decrees, Princeton 1997
Agora XVTI
D.W. Bradeen, The Athenian Agora XVII. Inscriptions: The Funerary Monuments, Princeton 1974
Agora XIX
G.V. Lalonde - MX. Langdon - M.B. Walbank, The Athenian Agora XIX. Inscriptions: Horoi, Poletae Records, Leases of Public Lands, Princeton 1991
Amit, Sailors
M Amit, The Sailors of the Athenian Fleet, Athenaeum 40,1962, 157-178
Amit, Athens and the Sea
M. Amit, Athens and the Sea. A Study in Athenian Sea-Power, Brüssel 1965
Andreades, Staatswirtschaft
A. Andreades, Geschichte der Griechischen Staatswirtschaft I. Von der Heroenzeit bis zur Schlacht bei Chairenoia, München 1931 (ND Hildesheim 1965)
Austin/Vidal-Naquet, Wirtschaft und Gesellschaft
M. Austin - P. Vidal-Naquet, Gesellschaft und Wirtschaft im alten Griechenland, München 1984
Aymard, Étrangers
A. Aymard, Les étrangers dans les cités grecques aux temps classiques, Recueils de la Société Jean Bodin 9, 1958, 119-139 (wiederabgedruckt in: ders, Études d'histoire ancienne, Paris 1967, 300-313)
Baba, Formation
K. Baba, On Keramaikos Inv. 388 (SEG XXII 79): A Note on the Formation of the Athenian Metic-Status, ABSA 79, 1984, 1-5 G.W. Bakewell, Metoikia in the Supplices of Aeschylus, ClAnt 16/2,1997, 209-228
. Bakewell, Metoikia Basiez, Étranger
M.-L. Basiez, L'Étranger dans la Grèce antique, Paris 1984
Bergemann, Demos und Thanatos J. Bergemann, Demos und Thanatos. Untersuchungen zum Wertsystem der Polis im Spiegel der attischen Grabreliefs des 4. Jahrhunderts v. Chr. und zur Funktion der gleichzeitigen Grabbauten, München 1997 Bertholet, Stellung der Israeliten
A. Bertholet, Die Stellung der Israeliten und der Juden zu den Fremden, Leipzig 1896
Bielman, Retour à la liberté
A. Bielman, Retour à la liberté. Libération et sauvetage des prisonniers en Grèce ancienne. Recueil d'inscriptions honorant des sauveteurs et analyse critique, Paris 1994 (Études épîgraphiques 1) A. Billheimer, Naturalization in Athenian Law and Practice, Diss. Gettysburg/Pennsylvania 1922
Billheimer, Naturalization Blass, Beredsamkeit
F. Blass, Die attische Beredsamkeit I-III, Leipzig 31887-1898 (ND Ilildesheim 1962)
Blech, Studien zum Kranz
Bleicken, Demokratie
M. Blech, Studien zum Kranz bei den Griechen, Berlin - New York 1982 (Religionsgeschichtliche Versuche und Vorarbeiten 38) J. Bleicken, Die athenische Demokratie, Paterbom "1994
Blume, Theaterwesen
H.D. Blume, Einführung in das antike Theaterwesen, Darmstadt
264
Bibliographie 1991
Böckh, Staatshaushaltung
A. Böckh, D i e Staatshaushaltung der Athener I-II, Berlin 1886, hrsg. v. M. Fränkel
Bolkestein, Wohltätigkeit
H. Bolkestein, Wohltätigkeit und Armenpflege im vorchristlichen Altertum. Ein Beitrag zum Problem *Moral und Gesellschaft', Utrecht 1939 ( N D Groningen 1967)
Bradeen, Casualty Lists
D.W. Bradeen, The Athenian Casualty Lists, CQ 19, 1969, 145159
Brandt, Panhellenismus
H. Brandt, Panhellenismus, Partikularismus und Xenophobie. Fremde in griechischen Poleis der klassischen Zeit, Eos 80, 1992, 191-202
Bringmann, König als Wohltäter
K. Bringmann, Der König als Wohltäter, in: Frankfurter Althi storische Studien 13. Colloquium aus Anlaß des 80. Geburtstags von Alfred Heuß, hrsg. von J. Bleicken, Frankfurt 1993, 83-95
Brodersen u.a., H G I Ü
K. Brodersen - W. Günther - H.H. Schmitt, Historische griechi sche Inschriften in Übersetzung I-III, Darmstadt 1992-1999
Brun, Eisphora-Syntaxis-Stratiotika P. Brun, Eisphora-Syntaxis-Stratiotika, Recherches sur les finan ces militaires d'Athènes au IVe siècle a. J.-C, Paris 1983 Burckhardt, Bürger und Soldaten
L.A. Burckhardt, Bürger und Soldaten. Aspekte der politischen und militärischen Rolle athenischer Bürger im Kriegswesen des 4. Jahrhunderts v. Chr., Stuttgart 1996 (Histork-Einzelschriften 101)
Burkert, Kulte des Altertums
W. Burkert, Kulte des Altertums. Biologische Grundlagen der Religion, München 1998
Busolt, Staatskunde
G. Busolt, Griechische Staatskunde I-II, München 3 1920/1926
Cargill, Athenian Settlements
J. Cargill, Athenian Settlements of the Fourth Century B.C., Lei den-New York-Köln 1995
Cas son, Ships and Seamanship
L. Casson, Ships and Seamanship in the Ancient World, Prince t o n / N e w Jersey 1971
Choust, Proxenia on Aristotle
A.-H. Choust, Athens Bestows the Decree of Proxenia on Aris totle, Hermes 101, 1973,187-194
Choust, Aristotle I
A.-H. Choust, Aristode. N e w Light on his Life and on some of his Lost Works I, London 1973
Christ, Ostracism
M.R. Christ, Ostracism, Sycophancy, and Deception of the Demos: [Arist.] Ath. Pol. 43.5, CQ 42,' 1992, 336-346
Christ, Litigious Athenian
M.R. Christ, The Litigious Athenian, Baltimore 1998
Clairmont, Patrios N o m o s
C.W. Clairmont, Patrios Nomos. Public Burial in Athens during the Fifth and Fourth Centuries B.C., I-II, Oxford 1983
Clerc, Métèques
M. Clerc, Les métèques athéniens. Etude sur la condition légale, la situation morale et le role sociale et économique des étrangers domiciliés d'Athènes, Paris 1893 (BEFAR 64)
Cloché, Restauration démocratique P. Cloché, La restauration démocratique à Athènes en 403 avant J.-C, Paris 1915 Crönert, Kolotes
W. Crönert, Kolotes und Menedemos, Leip2ig 1906
Crosby, Leases
M. Crosby, The Leases of the Laureion Mines, Hesperia 19, 1950,189-312
Crosby, More Fragments
M. Crosby, More Fragments of Mining Leases from the Athenian Agora, Hesperia 26,1957,1-23
Bibliographie
265
Curtis, Garum and salsamenta
R.I. Curtis, Garum and salsamenta. Production and Commerce in materia medica, New York - Kopenhagen - Köln 1991 (Studies in Ancient Medicine 3)
Davies, APF
J.K Davies, Athenian Propertied Families 600-300 B.C., Oxford 1971
Davies, Athenian Gtizenship
J.K Davies, Athenian Gtizenship: The Descent Group and the Alternatives, CJ 73,1977,105-121
Davies, Griechenland
J.K Davies, Das klassische Griechenland und die Demokratie, München 31986
Deubner, Attische Feste
L. Deubner, Attische Feste, Berlin 1932 (ND Darmstadt 1956)
Develin, Athenian Officials
R. Develin, Athenian Officials 684-321 B.C., Cambridge 1989
Diller, Race Mixture
A. Diller, Race Mixture among the Greeks before Alexander, Urbana/Illinois 1937
Domingo Gygax, Lykische Gemeinwesen
M. Domingo Gygax, Untersuchungen zu den lykischen Gemeinwesen in klassischer und hellenistischer Zeit, Bonn 2001
Dover, Popular Morality
KJ. Dover, Greek Popular Morality in the Time of Plato and Aristotle, Oxford 1974
Dover, Lysias
KJ. Dover, Lysias and the Corpus Lysiacum, Berkley - Los Angeles 1968
Drerup, Proxeniedekret für Aristo- E. Drerup, Ein athenisches Proxeniedekret fur Aristoteles, MDAI(A) 13,1898, 369-381 teles B. Dreyer, Untersuchungen zur Geschichte des spätklassischen Dreyer, Athen Athen (322 - ca. 230 v. Chr.), Stuttgart 1999 (Historia Einzelschriften 137) Ducrey, Prisonniers de guerre Duncan-Jones, Metic Numbers
P. Ducrey, Le traitaient des prisonniers de guerre dans la Grèce antique, Paris 1968 R.P. Duncan-Jones, Metic Numbers in Periclean Athens, Chiron 10,1980,101-109
Easterling, Anachronism
P.E. Easterling, Anachronism in Greek Tragedv, JHS 105, 1985, 110
Ehrenberg, Aristophanes
V. Ehrenberg, Aristophanes und das Volk von Athen. Eine Soziologie der attischen Komödie, Zürich - Stuttgart 1968
Engels, Anmerkungen
J. Engels, Anmerkungen zum "Ökonomischen Denken" im 4. Jh. v. Chr. und zur wirtschaftlichen Entwicklung des lykurgischen Athen, MBAH 7/1,1988, 90-133
Engels, Funerum sepulcrorumque J. Engels, Funerum sepulcrorumque magnificentia: Begräbnisund Grabluxusgesetze in der griechisch-römischen Welt, Stuttmagnificentia gart 1998 (Hermes Einzelschriften 78) Engels, Hypereides
J. Engels, Studien zur politischen Biographie des Hypereides. Athen in der Epoche der lykurgischen Reformen und des makedonischen Universalreiches, München "1993
Erksine, Hellenistic Stoa
A. Erksine, Hellenistic Stoa, London 1990
Erxleben, Außenhandel
E. Erxleben, Die Rolle der Bevölkerungsklassen im Außenhandel Athens im 4. Jh.v.u.Z., in: E.C. Welskopf (Hrsg.), Hellenische Poleis I, Berlin-Ost 1974, 460-520
Erxleben, Pasion
E. Erxleben, Das Kapital der Bank des Pasion und das Privatvermögen des Trapeziten, Klio 55,1973,117-134
Erxleben, Verhältnis
E. Erxleben, Das Verhältnis des Handels zum Produktionsauf-
266
bibliographie kommen in Attika im 5. und 4. Jh., Klio 57,1975, 365-398
Ferckel, Lysias und Athen
F. Ferckel, Lysias und Athen. Des Redners politische Stellung zum Gaststaat, Diss. Würzburg 1937
Ferguson, Hellenistic Athens
W.S. Ferguson, Hellenistic Athens, London 1911
Figueira, Sitopolai and Sitophylakes
T. Figueira, Sitopolai and Sitophylakes in Lysias' "Against the Graindealers": Governmental Intervention in the Athenian Economy, Phoenix 40,1986,149-171
Finley, Antike Wirtschaft
M. Finley, Die antike Wirtschaft, München 1993
Finley, Horos-Inscriptions
M.I. Finley, Studies in Land and Credit in Ancient Athens, 500200 B.C. The Horos-Inscriptions, New Brunswick/ N.J. 1952
Flacelière, Griechenland
R. Flacerière, Griechenland. Leben und Kultur in klassischer Zeit, Stuttgart 21979 E. Flaig, Amnestie und Amnesie in der griechischen Kultur. Das vergessene Selbstopfer fur den Sieg im athenischen Bürgerkrieg 403 v. Chr., Saeculum 42, 1991,129-149
Flaig, Amnestie und Amnesie
Foxhall/Forbes, Sitometria
L.F. Foxhall - H.A. Forbes, IiTO^eTpia: The Role of Grain as a Stable Food in Classical Antiquity, Chiron 12,1982, 41-90
Francotte, Condition des étrangers H. Francotte, De là condition des étrangers dans les cités grecques, in: ders., Mélanges de droit public grec, Lièges-Paris 1910, 167-220 (ND Rom 1964) Fraser, Citizens
P.M. Fraser, Citizens, Demesmen and Metics in Athens and Elsewhere, in: M.H. Hansen (Hrsg.), Sources for the Ancient Greek City State, Kopenhagen 1995,64-90
French, Athenian Economy
A. French, The Growth of the Athenian Economy, London 1964 H. Friis Johansen - E.W. Whittle, Aeschylus. The Suppliants III, o.O. [Kopenhagen] 1980
Friis Johansen/Whittle, Suppliants III Funke, Homonoia und Arche
P. Funke, Homonoia und Arche. Athen und die griechische Staatenwelt vom Ende des Peloponnesischen Krieges bis zum Königsfrieden (404/3-387/6 v. Chr.), Wiesbaden 1980 (HistoriaEinzelschriften 37)
Furley, Herakleidai
W.D. Furley, Zur Aktualität der euripideischen Herakleidai, Philologus 139,1995, 76-88
Gabrielsen, Financing
V. Gabrielsen, Financing the Athenian Fleet. Public Taxation and Social Relations, Baltimore 1994
Garlan, Mensch und Krieg
Y. Garlan, Der Mensch und der Krieg, in: J.-P. Vemant (Hrsg.), Der Mensch der griechischen Antike, Frankfurt a.M. 1996, 63-97
Garland, Piraeus
R. Garland, The Piraeus from the Fifth to the First Century B.C., Ithaca/N.Y. 1987
Gamsey, Famine
P. Gamsey, Famine and Food Supply in the Graeco-Roman World. Responses to Risk and Crisis, Cambridge 1988
Garnsey, Grain for Athens
P. Gamsey, Grain for Athens, in: P.A. Cartiedge - F.D. Harvey (Hrsgg.), Crux. Essays presented to G.E.M. de Ste. Croix on his 75th Birthday, Exeter 1985, 62-75
Gaudemet/Fascher, Fremder
J. Gaudemet - E. Fascher, Art. Fremder, RAC 8,1972, 306-347
Gauthier, Bienfaiteurs
Ph. Gauthier, Les cités grecques et leurs bienfaiteurs, AthènesParis 1985 ÇBCH Suppl. 12)
Gauthier, Générosité romaine
Ph. Gauthier, Générosité romaine et avarice grecque, in: Mélanges d'histoire ancienne offerts à M. Seston, Paris 1974, 207-215
bibliographie
267
Gauthier, Symbola
Ph. Gauthier, Symbola. Les étrangers et la justice dans les cités grecques, Nancy 1972
Gauthier, Xenoi
Ph. Gauthier, Les xenoi dans les textes athéniens de la second moitié du V e siècle av. J . - C , REG 8 4 , 1 9 7 1 , 44-79
Gehrke, Demetrios von Phaleron
H.-J. Gehrke, Das Verhältnis von Politik und Philosophie im Wirken des Demetrios von Phaleron, Chiron 8,1978,149-193
Gehrke, Historischer Hintergrund H.-J. Gehrke, Der historische Hintergrund der pseudoxenophontischen Athenaion politeia, in: M. Gigante - G. Maddoli (Hrsgg.), L'Athenaion Politeia dello Pseudo-Senofonte, Pe rugia 1997,25-45 Gehrke, Jenseits von Athen und Sparta
H.-J. Gehrke, Jenseits von Athen und Sparta. Das Dritte Grie chenland und seine Staatenwelt, München 1986
Gehrke, Phokion
H.-J. Gehrke, Phokion. Studien zur Erfassung seiner historischen Gestalt, München 1976 (Zetemata 64)
Gehrke, Politische Parteiungen
H.-J. Gehrke, Zwischen Freundschaft und Programm. Politische Parteiungen im Athen des 5. Jahrhunderts v. Chr., HZ 239, 1984, 529-564
Gehrke, Rache
H.-J. Gehrke, D i e Griechen und die Rache. Ein Versuch in histo rischer Psychologie, Saeculum 38,1987,121-149
Gehrke, Stasis
H.-J. Gehrke, Stasis. Untersuchungen zu den inneren Kriegen in den griechischen Staaten des 5. und 4. Jahrhunderts v. Chr., München 1985 (Vestigia 35)
Gerhardt, Metoikie
P. Gerhardt, Die attische Metoikie im vierten Jahrhundert, Diss. Königsberg 1933
Ghiron-Bistagne, Acteurs
P. Ghiron-Bistagne, Recherches sur les acteurs dans le Grèce, Paris 1976
Gigon, Aristoteles-Viten
O. Gigon, Interpretationen zu den antiken Aristoteles-Viten, MH 19,1958,147-193
Gigon, Vita Aristotelis Marciana
O. Gigon, Vita Aristotelis Marciana, Berlin 1962
Gilbert, Staatsaltertümer
G. Gilbert, Handbuch der griechischen Staatsaltertümer I, Leip zig 2 1883
Gluskina, Sozial-ökonomische Verhältnisse
L.M. Gluskina. Studien zu den sozial-ökonomischen Verhältnis sen in Attika im 4. Jh. v. u. Z., Eirene 12, 1974,111-138
Habicht, Athen
C. Habicht, Athen. Die Geschichte der Stadt in hellenistischer Zeit, München 1995
Habicht, Falsche Urkunden
C. Habicht, Falsche Urkunden zur Geschichte Athens im Zeital ter der Perserkriege, Hermes 89,1961,1-35
Habicht, Gesammelte Aufsätze
C. Habicht, Athen in hellenistischer Zeit. Gesammelte Aufsätze, München 1994
Habicht, Studien
C. Habicht, Studien zur Geschichte Athens in hellenistischer Zeit, Göttingen 1982 (Hypomnemata 73)
Habicht, Untersuchungen
C. Habicht, Untersuchungen zur politischen Geschichte Athens im 3. Jahrhundert v. Chr., München 1979 (Vestigia 30)
Hansen, Athenian Democracy
M.H. Hansen, The Athenian Democracy in the Age of Demos thenes, Oxford 1991
Hansen, Demography and D e m o M.H. Hansen, Demography and Democracy: The Number of cracy Athenian Citizens in the Fourth Century B.C., Heming 1985 Hansen, Three Studies
M.H. Hansen, Three Studies in Athenian Demography, Kopen-
268
Bibliographie
hagen 1988 Hansen, Athenian Trade
M.V. Hansen, Athenian Trade in the Fourth Century B.C. Operation and Finance, C&M 35,1984, 71-91
Hasebroek, Staat und Handel
J. Hasebroek, Staat und Handel im Alten Griechenland, Tübingen 1928
Hasebroek, Wirtschafts- und Ge- J. Hasebroek, Griechische Wirtschafts- und Gesellschaftsgesellschaftsgeschichte schichte, Tübingen 1931 Hennig, Immobilienerwerb
D. Hennig, Immobilienerwerb durch Nichtbürger in der klassischen und hellenistischen Polis, Chiron 24, 1994, 304-344
Henry, Honours
A.S. Henry, Honours and Privileges in Athenian Decrees. The Principal Formulae of Athenian Honorary Decrees, Hildesheim Zürich-New York 1983 K.F. Hermann, Lehrbuch der griechischen Staatsaltertümer, Freiburg i. Br. 61889
Hermann, Staatsaltertümer Hintzen-Bohlen, Kulturpolitik
B. Hintzen-Bohlen, Die Kulturpolitik des Eubulos und des Lykurg. Die Denkmäler- und Bauprojekte in Athen zwischen 355 und 322 v. Chr., Berlin 1997
Hitzig, Fremdenprozeß
H.F. Hitzig, Der griechische Fremdenprozeß im Licht der neueren Inschriftenfunde, ZRG 28, 1907, 211-253
Hommel, Metoikoi
H. Hommel, Art. Metoikoi, RE XV, 1932,1413-1458
Hopper, Handel und Industrie
RJ. Hopper, Handel und Industrie im klassischen Griechenland, München 1982 R.J. Hopper, The Attic Silver Miles in the Fourth Century B.C., BSA 48,1953, 200-254 S. Isager - M.H. Hansen, Aspects of Athenian Society in the Fourth Century B.C., Odense 1975
Hopper, Silver Mines Isager/Hansen, Athenian Society Isnardi Parente, Senocrate
M. Isnardi Parente, Senocrate. Ermodoro. Frammenti. Edizione, traduzione e commento, Neapel 1982
Jameson, Agriculture and Slavery
M.H. Jameson, Agriculture and Slavery in Classical Athens, CQ 73,1977,122-145
Jones, Economic Basis
A.H.M. Jones, The Economic Basis of the Athenian Democracy, in: ders., Athenian Democracy, Oxford 1957, 3-22
Jordan, Athenian Navy
B. Jordan, The Athenian Navy*in the Classical Period. A Study of Athenian Naval Administration and Military Organization in the Fifth and Fourth Centuries B.C., Berkeley - Los Angeles - London 1975 W. Judeich, Kleinasiatische Studien. Untersuchungen zur griechisch-persischen Geschichte des 4. Jahrhunderts v. Chr., Marburg 1892 (ND Hildesheim u.a. 1987)
Judeich, Kleinasiatische Studien
2
Judeich, Topographie von Athen Kahrstedt, Staatsgebiet
W. Judeich, Topographie von Athen, München 1931 U. Kahrstedt, Staatsgebiet und Staatsangehörige in Athen, Stuttgart 1934
Kaletsch, Seeraub und Seeräuber- H. Kaletsch, Seeraub und Seeräubergeschichten des Altertums, geschienten in: Studien zur Alten Geschichte II, Festschrift S. Lauffer, hrsg. v. H. Kalcyk u.a., Rom 1986, 471-500 Kassel, Prytanis
R. Kassel, Der Peripatetiker Prytanis, ZPE 60,1985, 23-24
Katayama, Liturgies
Y. Katayama, The Social Significance of Liturgies from the Viewpoint of the Participation of Metics, JCS 18, 1970, 40-51
Bibliographie
269
(japanisch mit engl. Zusammenfassung) Knell, Athen
H. Knell, Athen im 4. Jahrhundert v. Chr. Eine Stadt verändert ihr Gesicht, Darmstadt 2000
Knell, Überlegungen
H. Knell, Überlegungen zur öffentlichen Architektur des IV. Jahrhunderts in Athen, in: W. Eder (Hrsg.), Die athenische De mokratie im 4. Jahrhundert v. Chr., Stuttgart 1995, 475-514
Koch, Seebundangelegenheiten
Chr. Koch, Volksbeschlüsse in Seebundangelegenheiten. Das Verfahrensrecht Athens im Ersten attischen Seebund, Frankfurt a.M - Bern - New York - Paris 1991
Köster, Lebensmittelversorgung
K Köster, Die Lebensmittelversorgung der altgriechischen Polis, Diss. Berlin 1939
Kohns, Hungersnot und Hunger H.P. Kohns, Hungersnot und Hungerbewältigung in der Antike, in: H. Kloft (Hrsg.), Sozialmaßnahmen und Hungerbewältigung bewältigung in der Antike, Graz 1988, 103-121 Kolb, Theaterpublikum
F. Kolb, Theaterpublikum, Volksversammlung und Gesellschaft in der griechischen Welt, Dioniso 59/2,1989, 345-351
Kolbe, Ehrendekret
W. Kolbe, Das Ehrendekret für die Retter der Demokratie. IG II 2 10, Klio 17,1921,242-248
Krentz, Foreigners
P. Krentz, Foreigners against the Thirty. IG if 10 again, Phoenix 34,1980, 298-306
Krentz, Rewards
P. Krentz, The Rewards for Thrasyboulos' Supporters, ZPE 62, 1986, 201-204
Krentz, Thirty
P. Krentz, The Thirty at Athens, Ithaca - London 1980
Kuenzi, Epidosis
A. Kuenzi, Epidosis. Sammlung freiwilliger Beiträge zur Zeit der Not in Athen, Diss. Bern 1923
Lauffer, Attische Grubenpachtlisten
S. Lauffer, Prosopographische Bemerkungen zu den attischen Grubenpachtlisten, Historia 6,1957, 287-305
Lauffer, Bedeutung des Standes unterschiedes
S. Lauffer, Die Bedeutung des Standesunterschiedes im klassi schen Athen, HZ 185,1958, 497-514
Lauffer, Bergwerkssklaven
2
Lauffer, Finanzpolitik Le Bohec, Antigone Doson Lehmann, Machtergreifung der "Dreißig"
S. Lauffer, Die Bergwerkssklaven von Laureion, Wiesbaden 1979, S. Lauffer, Zur Finanzpolitik der athenischen Demokratie, in: Festgabe für W. Will, Köln-Berlin-Bonn-München 1966, 115-120 S. le Bohec, Antigone Doson roi de Macédoine, Nancy 1993 G.A. Lehmann, Die revolutionäre Machtergreifung der "Dreißig" und die staatliche Teilung Attikas 404-401/0 v. Chr., in: Antike und Universalgeschichte. Festschrift für H.-E. Stier, Münster 1972,201-233
Lehmann, Oligarchische Herr schaft
G.A. Lehmann, Oligarchische Herrschaft im klassischen Athen. Zu den Krisen und Katastrophen der attischen Demokratie im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr., Opladen 1997
Leppin, Entwicklung
H. Leppin, Zur Entwicklung der Verwaltung öffentlicher Gelder im Athen des 4. Jahrhunderts v. Chr., in: W. Eder (Hrsg.), Die athenische Demokratie im 4. Jahrhundert v. Chr., Stuttgart 1995, 557-572.
Lewis, Manumissions
D.M. Lewis, Attic Manumissions, Hesperia 28,1959,208-238
Lewis, Dedications of Phialai
D.M, Dedications of Phialai at Athens, Hesperia 37, 1968, 368380
270
Bibliographie
Lipsius, Metökenrecht
J.H. Lipsius, Lysias' Rede gegen Hippotherses und das attische Metökenrecht, Berichte über die Verhandlungen der sächsischen Akademie der Wisenschaften zu Leipzig, phil.-hist. Klasse 71, 1919,1-12
Lloyd-Jones, Ehre und Schande
H. Lloyd-Jones, Ehre und Schande in der griechischen Kultur, Antike und Abendland 33,1987,1-28
Loening, Autobiographical Speeches
T.C. Loening, The Autobiographical Speeches of Lysias and the Biographical Tradition, Hermes 109,1982, 280-294
Lohmann, Atene
H. Lohmann, Atene. Forschungen zu Siedlungs und Wirtschaftsstruktur des klassischen Attika, Köln 1993
Lohmann, Chora Athens
Loomis, Wages
H. Lohmann, Die Chora Athens im 4. Jahrhundert v. Chr.: Festungswesen, Bergbau und Siedlungen, in: W. Eder (Hrsg.), Die athenische Demokratie im 4. Jahrhundert v. Chr., Stuttgart 1995, 515-553 W.T. Loomis, Wages, Welfare Costs and Inflation in Classical Athens, Ann Arbor/Mich. 1998
McK. Camp, Drought and Famine J. McK. Camp, Drought and Famine in the 4th Century B.C., in: Studies in Athenian Architecture, Sculpture and Topography presented to H.A. Thompson, Princeton 1982, 9-17 (Hesperia Suppl. 20) Maas, Prohedrie
M. Maas, Die Prohedrie des Dionysostheaters in Athen, München 1972 (Vestigia 15)
McKechnie, Outsiders
P. McKechnie, Outsiders in the Greek Cities in the Fourth Century B.C., London - New York 1989
Maffi, Strateuesthai meta Athenai- A. Maffi, Strateuestai meta Athenaion. Contributo alio studio on dell' isoteleia, RIL 107,1973, 939-964 Maier, Mauerbauinschriften
F.G. Maier, Griechische Mauerbauinschriften I-II, Heidelberg 1959/1961 (Vestigia 1/2)
Marasco, Approwigionamento di G. Marasco, Sui problemi dell' approwigionamento di cereali in cereali Atene nell' età dei Diadochi, Athenaeum 62,1984, 286-294 Marek, Proxenie
C. Marek, Die Proxenie, Frankfurt a.M. 1984
Marek, Handel und Proxenie
C. Marek, Handel und Proxenie, MBAH 4/1,1985, 67-78
Mattingly, Attic Prosopography
H.B. Mattingly, Some Problems in Second Century Attic Prosopography, Historia 20,1971, 26-46
Maximowa, Seeweg Meier, Athen
M. Maximowa, Der kurze Seeweg über das Schwarze Meer im Altertum, Klio 1959, 101-118 C. Meier, Athen. Ein Neubeginn der Weltgeschichte, Berlin 1993
Meier, Politische Kunst
C. Meier, Die politische Kunst der griechischen Tragödie, München 1988
Meiggs/Lewis, GHI
R. Meiggs - D. Lewis, A Selection of Greek Historical Inscriptions, Oxford 1989
Mette, Zwei Akademiker
J J. Mette, Zwei Akademiker heute: Kran tor von Soloi und Arkesilaos von Pitane, Lustrum 26, 1984, 7-94
Mette, Weitere Akademiker
J J . Mette, Weitere Akademiker heute: Von Lakydes bis zu Kleitomachos, Lustrum 27,1985, 39-148
Migeotte, Emprunt public
L. Migeotte, L'emprunt public dans les cités grecques. Recueil des documents et analyse critique, Québec-Paris 1984
Migeotte, Souscriptions athénien-
L. Migeotte, Souscriptions athéniennes de la période classique,
Bibliographie
271
Historia 32,1983,129-148 Migeotte, Souscriptions publiques L. Migeotte, Les souscriptions publiques dans les cités grecques, G e n f - Q u é b e c 1992 Miller, Prytaneion
S.G. Miller, The Prytaneion: Its Function and Architectual Form, B.C., Berkeley - Los Angeles-London 1978
Millett, Lending and Borrowing
P. Millett, Lending and Borrowing in Ancient Athens, Cambridge 1991
Millett, Maritime Loans
P. Millett, Maritime Loans and the Structure of Credit in Fourth Century Athens, in: P. Garnsey - K. Hopkins - C.R. Whittaker (Hrsgg.), Trade in the Ancient Economy, London 1983, 36-52
Mitchell, Bearing Gifts
L.G. Mitchell, Greeks Bearing Gifts. The Public Use o f Private Relationships in the Greek World, 435-323 B.C., Cambridge 1997
Montgomery, Citizens and For eigners
H. Montgomery, "Marchants Fond of Corn": Citizens and For eigners in the Athenian Grain Trade, SO 61,1986, 43-61
Moretti, ISE
L. Moretti, Iscrmoni storiche ellenistice I-II, Florenz 1967/1975
Morrison, Athenian Sea-Power
J.S. Morrison, Athenian Sea-Power in 3 2 3 / 2 B.C.: Dream and Reality, JHS 107, 1987, 88-97
Mosley, Envoys and Diplomacy
D J . Mosley, Envoys and Diplomacy in Ancient Greece, Wiesba den 1973 (Historia Einzelschriften 22)
Mossé, Démocratie athénienne
C. Mossé, La fin de la démocratie athénienne. Aspects sociaux et politiques de déclin de la cité grecque au IV* siècle av. J . - C , Paris 1962
Mossé, Emporium
C. Mossé, The "World of the Emporium" in the Private Speeches of Demosthenes, in: P. Garnsey - K. Hopkins - C.R. Whittaker (Hrsgg.), Trade in the Ancient Economy, London 1983, 53-63
Murray, Griechenland
O. Murray, Das frühe Griechenland, München 1986
Nippel, Heimkehr der Argonauten W. Nippel, Die Heimkehr der Argonauten aus der Südsee. Öko nomische Anthropologie und die Theorie der griechischen Ge sellschaft in klassischer Zeit, Chiron 12, 1982,1-39 Nippel, Mischverfassungsthéorie
W. Nippel, Mischverfassungs théorie und Verfassungsrealität in Antike und früher Neuzeit, Stuttgart 1980
O'Connor, Actors and Acting
J.B. O'Connor, Chapters in the History of Actors and Acting in Ancient Greece, Diss. Chicago 1908
Osborne, Entertainment
MJ. Osborne, Entertainment in the Prytaneion at Athens, ZPE 41, 1981,153-170
Osborne, Naturalization Osborne/Bryne, Foreign Resi dents
MJ. O s b o m e , Naturalization in Athens, I-IV, Brüssel 1981-1983 MJ. Osborne — S.G. Bryne, The Foreign Residents of Athens. An Annex to the Lexicon of Greek Personal Names: Attica, Leuven 1996 (Studia Hellenistica 33)
PA
J. Kirchner, Prosopographia Attica I-II, Berlin 1901/1903
Panagopoulos, Captives and Hos A. Panagopoulos, Captives and Hostages in the Peloponnesian War, Athen 1978 tages Pearson, Popular Ethics
L. Pearson, Popular Ethics in Ancient Greece, Stanford 1962
Pecirka, Enktesis
J. Pecirka, The Formula for the Grant of Enktesis in Attic In scriptions, Prag 1966
Pecirka, Role of Foreigners
J. Pecirka, A Note on Aristotele's Conception of Citizenship and
272
Bibliographie the Role of Foreigners in Fourth Century Athens, Eirene 6,1967, 23-26
Pélèkides, Éphébie
C. Pélèkides, Histoire de Téphébie attique, Paris 1968
Pickard-Cambridge, Dramatic Fe A. Pickard-Cambridge, The Dramatic Festivals of Athens, Ox ford 2 1988 stivals Pope, Non-Athenians
H. Pope, Non-Athenians in Attic Inscriptions, Diss. N e w York 1935
Prandi, Platea
L. Prandi, Platea. Momenti e problemi délia storia di una polis, Padua 1988
Pritchtett, War V
W.K. Pritchtett, The Greek State at War V, Berkeley - Los Ange les - Oxford 1991
Quaß, Honoratiorenschicht
F. Quaß, Die Honoratiorenschicht in den Städten des griechi schen Ostens. Untersuchungen zur politischen und sozialen Entwicklung in hellenistischer und römischer Zeit, Stuttgart 1993
Raaflaub, Entdeckung der Freiheit K. Raaflaub, Die Entdeckung der Freiheit. Zur historischen Se mantik und Gesellschaftsgeschichte eines politischen Grundbe griffes der Griechen, München 1985 (Vestigia 37) Rebenich, Fremdenfeindlichkeit in S. Rebenich, Fremdenfeindlichkeit in Sparta? Überlegungen zur Tradition der spartanischen Xenelasie, Klio 80/2, 1998, 336-359 Sparta Reden, Exchange
S. von Reden, Exchange in Ancient Greece, London 1995
Reinmuth, Foreigners
O.W. Reinmuth, The Foreigners in the Athenian Ephebia, Lin coln/Nebraska 1929
Reiter, Proxenoi und Euergetai
H.A. Reiter, Athen und die Poleis des Delisch-Attischen Seebun des. Die Proxenoi und Euergetai des attischen Demos in den Po leis des Delisch-Attischen Seebundes im Lichte der attischen Proxenie und Euergesiebeschlüsse des 5. Jahrhunderts v. Chr., Regensburg 1991
Rhodes, Sévict and ÔEÎTTVOV
PJ. Rhodes, 5évta and OETTTVOV in the Prytaneum, ZPE 57,1984, 193-199
Rosier, Typenhäuser
W. Rosier, Typenhäuser bei Aischylos?, in: W. Schuller — W. Hoepfner - E.L. Schwandner (Hrsgg.), Demokratie und Archi tektur. Der hippodamische Städtebau und die Entstehung der Demokratie, München 1989, 109-114
Rosen, Ehrendekrete
K. Rosen, Ehrendekrete, Biographie und Geschichtsschreibung. Zum Wandel der griechischen Polis im frühen Hellenismus, Chi ron 17, 1987, 277-292
Ste. Croix, Class Struggle
G.E.M. de Ste.Croix, The Class Strugle in the Ancient Greek World, London 1981
Ste. Croix, Timema
G.E.M. de Ste.Croix, Demosthenes' timema and the Athenian eisphora in the Fourth Century B.C., C&M 14,1953, 30-70
Salta, Attische Grabstelen
M. Salta, Attische Grabstelen mit Inschriften. Beiträge zur Topo graphie der Nekropolen von Athen, Attika und Salamis vom Peloponnesischen Krieg bis zur Mitte des 4. Jhs. v. Chr., Diss. Tü bingen 1991
Schäfer, Demosthenes
A. Schäfer, Demosthenes und seine Zeit I-III, Leipzig "18851887 (ND Hildesheim 1966)
Schenk!, D e metoecis atticis
H. Schenkl, D e metoecis atticis, WS 2, 1880,161-225
Schindel, Lysias
U. Schindel, Untersuchungen zur Biographie des Redners Lysias, RhM 110, 1967, 32-52 (wiederabgedruckt in: Kleinere Attische
Bibliographie
273
Redner, hrsg. v. A. Anastassiou - D . Irmer, Darmstadt 1977 [WdF 127], 264-291) Schmitt, Lamischer Krieg
O. Schmitt, D e r Lamische Krieg, Diss. Bonn 1992
Schmitz, Wirtschaftliche Prosperi- W. Schmitz, Wirtschaftliche Prosperität, soziale Integration und die Seebundpolitik Athens. Die Wirkung der Erfahrungen aus dem Ersten Attischen Seebund auf die athenische Außenpolitik in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr., München 1988 Scholl, Attische Bildfeldstelen
A. Scholl, Die attischen Bildfeldstelen des 4. Jhs. v. Chr. Unter suchungen zu den kleinformatigen Grabreliefs i m spätklassischen Athen, Berlin 1996 (MDAI(A) Beiheft 17)
Scholl, Charonrelief
A. Scholl, Das "Charonrelief' im Kerameikos, J D A I 108, 1993, 353-373
Scholl, noXuTÔXavra juvr^eia
A. Scholl, noXuTOXavra juvnjueia. Zur literarischen und monu mentalen Überlieferung aufwendiger Grabmäler im spätklassi schen Athen, p A I 109,1994, 239-271
Scholz, Philosoph und Politik
P. Scholz, Der Philosoph und die Politik. D i e Ausbildung der philosophischen Lebensform und die Entwicklung des Verhält nisses von Philosophie und Politik, Stuttgart 1998
Schütrumpf, Xenophons Vorschlä E. Schütrumpf, Xenophon. Vorschläge zur Beschaffung von Geldmitteln oder über die Staatseinkünfte, Darmstadt 1982
ge
Schwenk, Laws and Decrees
CJ. Schwenk, Athens in the Age of Alexander. The Dated Laws and Decrees of the "Lykourgan Era", 338-322 B.C., Chicago 1985
Seaford, Reciprocity and Ritual
R. Seaford, Reciprocity and Ritual. Homer and Tragedy in the Developing City-State, Oxford 1995
Seager, Getreidehändler
R. Seager, Lysias gegen die Getreidehändler, in: Kleinere Attische Redner, hrsg. v. A. Anastassiou — D . Irmer, Darmstadt 1977 (WdF 127), 242-263
Seibert, Politische Flüchtlinge
J. Seibert, Die politischen Flüchtlinge und Verbannte in der grie chischen Geschichte, Darmstadt 1979
Shear, Kallias of Sphettos
T.L. Shear, Kallias of Sphettos and the Revolt o f Athens in 286 B.C., Princeton 1978 (Hesperia Suppl. 17)
Skard, Euergetes
E. Skard, Zwei religiös-politische Begriffe: Euergetes - Concor dia, Oslo 1932
Sonnabend, Freundschaften
H. Sonnabend, Die Freundschaften der Gelehrten und die zwi schenstaatliche Politik im klassischen und hellenistischen Grie chenland, Hildesheim - Zürich - Rom 1996 (Altertumswissen schaftliche Texte und Studien 30)
Soucek, Fremde Künsder
J. Soucek, Die fremden Künstler und Denker in der athenischen Kultur des 5. Jahrhunderts v. u. Z., Listy filologické 110, 1987, 110
Spann, Fremde und Metöken
P. Spann, Fremde und Metöken in der athenischen Demokratie, in: A. Demandt (Hrsg.), Mit Fremden leben. Eine Kulturge schichte von der Antike bis zur Gegenwart, München 1995, 3757
Stelzer, Enktesis
E. Stelzer, Untersuchungen zur Enktesis im attischen Recht, Diss. München 1971
Stupperich, Staatsbegräbnis
R. Stupperich, Staatsbegräbnis und Privatgrabmal im klassischen Athen, Diss. Münster 1977
274
Bibliographie
Szanto, Bürgerrecht
E. Szanto, Das griechische Bürgerrecht, Freiburg i.Br. 1892
Thompson, Athenian Entrepreneur
W.E. Thompson, The Athenian Entrepreneur, AC 51, 1982, 5385
Thomsen, Eisphora
R. Thomsen, Eisphora. A Study in Direct Taxation in Ancient Athens, Kopenhagen 1964 (Humanitas 3)
Thür, W o wohnen die Metöken
G. Thür, Wo wohnen die Metöken?, in: W. Schuller — W. Hoepfher — E.L. Schwandner (Hrsgg.), Demokratie und Archi tektur. Der hippodamische Städtebau und die Entstehung der Demokratie, München 1989,115-119
Thumser, Attische Metöken
V. Thumser, Untersuchungen über die attischen Metöken, WS 7, 1885,45-68
Tod, Freedmen's Professions
M.N. Tod, Epigraphical Notes o n Freedmen's Professions, Epigraphica 12,1950, 3-26
Tod,GHI
M.N. Tod, Greek Historical Inscriptions, Chicago 1985
Tracy, Letter Cutters 229-86
St.V. Tracy, Attic Letter Cutters o f 229 to 86 B.C., Berkeley 1990
Tracy, Letter Cutters 340-290
St.V. Tracy, Athenian Democracy in Transition. Attic Letter Cut ters of 340 to 290 B.C., Berkeley - Los Angeles - London 1995
Tracy/Habicht, Panathenaic Vic tor Lists
St.V. Tracy - C. Habicht, N e w and Old Panathenaic Victor Lists, Hesperia 59, 1990, 187-236 (= Habicht, Gesammelte Aufsätze 73-139)
Travlos, Bilderlexikon
J. Travlos, Bilderlexikon zur Topographie des antiken Athen, Tübingen 1971
Trevett, Apollodoros
J.C. Trevett, Apollodoros the Son of Pasion, Oxford 1992
Urdahl, Foreigners in Athens
L.B. Urdahl, Foreigners in Athens. A Study of the Grave Monu ments, Diss. Chicago 1959
Vannier, Finances publiques
F. Vannier, Finances publiques et richesses privees dans le discours athenien aux V* et IV* siecles, Paris 1988
Vatin, Mariage
C. Vatin, Recherches sur le mariage et la condition de la femme mariee a Pepoque hellenistique, Paris 1970
Veligianni-Terzi, Wertbegriffe
C. Veligianni-Terzi, Wertbegriffe in den attischen Ehrendekreten der klassischen Zeit, Stuttgart 1997
Velissaropoulos, Naucleres
J. Velissaropoulos, Les naucleres grecs. Recherches sur les institutions maritimes en Grece et dans P Orient hellenisme, GenfParis 1980
Vestergaard/Hansen u.a., Typology o f W o m e n
T. Vestergaard - M.H. Hansen et. al., A Typology of the Women recorded on Gravestones from Attica, AJAH 10, 1985,178-190
Veyne, Brot und Spiele
P. Veyne, Brot und Spiele. Gesellschaftliche Macht und politi sche Herrschaft in der Antike, Frankfurt a.M. 1989
Vidal-Naquet, Foreigners in Athenian Tragedy
P. Vidal-Naquet, The Place and Status of Foreigners in Athenian Tragedy, in: Chr. Pelling (Hrsg.), Greek Tragedy and the Historian, Oxford 1997,109-119
Walbank, Proxenia for Euenor
M B . Walbank, Proxenia for Euenor Son of Euepios of Argos in Akamania, ZPE 86,1991,199-202
Walbank, Proxenies
M.B. Walbank, Athenian Proxenies of the Fifth Century B.C., Toronto 1978
Wankel, Rede für Ktesiphon
H. Wankel, Rede für Ktesiphon über den Kranz I-II, Heidelberg 1976
Bibliographie
275
Weiler, Soziale Randgruppen
I. Weiler, Soziale Randgruppen in der antiken Welt, in: ders. (Hrsg.), Soziale Randgruppen und Außenseiter im Altertum, Graz 1988, ll^K)
Weiler, Fremde als stigmatisierte Randgruppe
I. Weiler, Fremde als stigmatisierte Randgruppe in Gesellschafts systemen der Alten Welt, Klio 71,1989, 51-59
Weisenberger, Dokimasiereden des Lysias
M. Weisenberber, Die Dokimasiereden des Lysias, Frankfurt a.M. 1987
Wehrli, Antigone et Démétrios
C. Wehrli, Antigone et Démétrios, Genf 1968
Welwei, Unfreie
K.W. Welwei, Unfreie im antiken Kriegsdienst I-II, Mainz 1974/1977
Whitehead, Aristotle the Metic
D . Whitehead, Aristotle the Metic, PCPhS 21,1975, 94-99
Whitehead, Competitive Outlay
D . Whitehead, Competitive Outlay and Community Profit. OiXoTinict in Democratic Athens, C&M 34,1983, 55-74
Whitehead, Demes of Attica
D . Whitehead, The Demes of Attica, 508/7-ca. 250 B.C. A Po litical and Social Study, Princeton 1986
Whitehead, Immigrant Communi D . Whitehead, Immigrant Communities in the Classical Polis. Some Principles for a Synoptic Treatment, AC 53,1984,47-59 ties Whitehead, Isoteleia
D . Whitehead, Isoteleia. A Metaphor in Xenophon, Eirene 16, 1978,19-22
Whitehead, Metic
D . Whitehead, The Ideology of the Athenian Metic, Cambridge 1977 (PCPhS Suppl. 4)
D . Whitehead, The Ideology of the Metic. Some Pendants and a Whitehead, Metic: Some Pendants Reappraisal, PCPhS 212,1986,145-158 Whitehead, Thousand N e w Athe nians
D . Whitehead, A Thousand New Athenians. O n IG i f 10, LCM 9,1984, 8-10
Whitehead, Xenocrates
D . Whitehead, Xenocrates the Metic, RhM 124, 1984, 223-244
Wilamowitz-Moellendorff, Aischy- U. v. Wilamowitz-Moellendorff, Aischylos-Interpretationen, Ber lin 1914 los-Interpretationen Wilamowitz-Moellendorff, D e m o U. v. Wilamowitz-Moellendorff, Demotika der attischen Metoeken, Hermes 22, 1887, 107-128, 211-259 (wiederabgedruckt in: tika Kleine Schriften V / 1 , 272-342) Wilhelm, Akademieschriften
A. Wilhelm, Akademieschriften zur Inschriftenkunde I-III, Leip zig 1974
Wilhelm, Beiträge
A. Wilhelm, Beiträge zur griechischen Inschriftenkunde, Wien 1909
Wilhelm, Urkunden dramatischer Aufführungen
A. Wilhelm, Urkunden dramatischer Aufführungen in Athen, Wien 1906
Will, Athen und Alexander
W. Will, Athen und Alexander. Untersuchungen zur Geschichte der Stadt von 338 bis 322 v. Chr., München 1983
F. Willemsen, Archaische Grabbasen aus der Athener Stadtmau Wülemsen, Archaische Grabbasen er, MDAI(A) 78, 1963,104-153 Wilson, Military Finances
C.H. Wilson, Athenian Military Finances 3 7 8 / 7 to the Peace of 375, Athenaeum 48, 1970, 302-326
Wörle, Schüler
A. Wörle, D i e politische Tätigkeit der Schüler Piatons, Darm stadt 1981
Worthington, Chaerephilus' Citi zenship
I. Worthington, The Date of Chaerephilus' Citizenship, ZPE 130,2000,296-298
276 Zanker, Maske des Sokrates
Bibliographie P. Zanker, Die Maske des Sokrates. Das Bild des Intellektuellen in der antiken Kunst, München 1995
Zelnick-Abramovitz, Supplication R. Zelnick-Abramovitz, Supplication and Request. Application and Request by Foreigners to the Athenian polis, Mnemosyne 51, 1998, 554573 Ziebarth, Seeraub
E. Ziebarth, Beiträge zur Geschichte des Seeraubs und Seehan dels im alten Griechenland, Hamburg 1929
Zimmermann, Freie Arbeit
H.D. Zimmermann, Freie Arbeit, Preise, Löhne, in: E.C. Wels kopf (Hrsg.), Hellenische Poleis I, Berlin-Ost 1974, 92-107
Register
A. Quellen 1. Autoren Ailianos varia historia 6.1: 93 A. 370; 93 A. 372; 94 A. 377 Aischines 2.12: 165 2.13: 171 A. 728 2.15: 170 A. 723; 171 2.15ff.: 165 A. 704; 170 A. 722 2.19: 171 A. 725 2.71: 252 A. 1103 2.100: 162 A. 695 3.17: 128 A. 523 3.19: 77 A. 287 3.23: 128 A. 523 3.34: 242 A. 1053 3.41ff.: 243 3.46: 244 A. 1071 . 3.83: 170 A. 722; 171 A. 726 3.187ff.: 185 A. 794; 244 3.189: 243 3.195: 185 A. 795 3.235: 185 A. 791 Aischylos Agamemnon 57: 46 A. 153 Eumenides 1018: 15 A. 18 Septem contra Thebas 547f.: 42 A. 134 Supplices 193: 42 197-204: 42 605: 52 A. 177 605-614: 41 610ff.: 42 A. 130 701-703: 41 A. 129 961: 41 963f.: 42 972f.: 46 A. 154 1013: 42 Alexis fr. 77 K./A.: 157 A. 666; 159 A. 673; 160 A. 678 fr. 221 K./A.: 159 A. 674
[Ammonios] de adfinium vocabulorum differentia s.v. iaoTEAiîç Kai jiétoiKoç: 67 A. 237; 222 A. 952 Amphis fr. 6 K./A.: 206 A. 886 Andokides 1.15: 58 A. 204 1.45: 247 A. 1086 1.112: 191 A. 827 1.115:191 A. 827 1.138: 119 A. 478; 161 A. 684 1.149: 240 A. 1043 2.13: 149 A. 637 2.23: 97 A. 387; 190; 240 A. 1042 [Andokides] 4.20: 91 Anecdota Graeca, ed. I. Bekker 1.201,11, s.v. àTrpoaraaioi): 32 A. 95 I.267,lff.:223A. 954 1.298,27: 93 A. 370; 217 A. 933 11.194,11: 52 A. 179 Antiphanes fr. 78 KL/A.: 157 A. 663 fr. 202 KL/A.: 84 A. 319 fr. 204 K./A.: 90 A. 353 Aristophanes Achernenses 502-508: 89 A. 344 507f.:255A. 1129 1030-1032: 254 A. 1120 1222: 254 A. 1120 aves 31f.:57A. 202 418-421: 43 A. 138 ecclesiazusae 738f.: 93 ranae 554-578: 47 A. 155 vespae 1432: 254 A. 1120
278
Quellenregster
Aristophanes Bjsçantinus fr. 38 Nauck 26 A. 68 Aristoteles Athenaion politeia 35.4: 185 A. 791 37.1: 185 A. 792 38.1: 186 A. 798 40.2: 186 A. 803; 187 A. 806; 224 42.1: 57 A. 203 41.3: 35 41.34: 294 43.3f.:117A.470 53.1-3: 214 A. 923 53.8: 189 A. 817 57.1: 87 57.3: 52 A. 178 58.2: 35 A. 109,189 A. 818; 214 A. 923; 221 Ethica Nicomachae 1123b 20f.: 60 A. 217 1163b 6ff.: 60 A. 218 Politica 1275a 7-14: 32; 33 A. 101 1309a 17ff.: 90 A. 353 1320b 3f.: 90 A. 353 1326b 20f.: 57 A. 202 Rhetorica 1360a: 117 A. 470 1361a 30ff.: 65 A. 229 1400a 23: 162 A. 694 [Aristoteles] oeconomica 2.2.3: 158 2.3: 121 A. 488 Atbenaios 3.103e:84A.319 3.119f-120a:157A. 666 6.137e: 245 A. 1074 13.591e: 48f. A. 156 Cicero Lucullus 137: 180 A. 773 de re publica 4.13: 170 A. 721 Cornelius Nepos Thrasybulus 2.1f.: 186 A. 797 2.5-7: 186 A. 798 Deinarchos 1.43: 56A. 200; 136 A. 570; 158 A. 670
1.80: 103 Demetrios Phalereus fr. 5 Wehrli: 108 A. 426 fr. 136Wehrli:90A.353 Demosthenes 2.28: 252 A. 1103 3.4.5: 73 A. 268 3.20: 252 A. 1103 4.24: 252 A. 1103 4.36: 72; 233 A. 1002 5.6-9: 171 A. 728 7.3: 119 A. 478 8.8f.:252A. 1103 8.19: 252 A. 1103 8.21-28: 252 A. 1103 8.46f.:252A. 1103 8.70: 162 A. 695; 163 A. 698 14.19: 73 14.26: 253 A. 1113 14.30: 73 18.21: 171 A. 724; 171 A. 728 18.14: 128 A. 524 18.73: 119 A. 480 18.80: 139 18.113: 128 A. 523 18.114: 128; 141 A. 599; 253 A. 1103 18.241: 117 A. 471 18.248: 104 A. 406; 120 A. 486 18.257: 163 18.268: 162 A. 695; 163 A. 698 19.12: 171 A. 728 19.97: 171 A. 728 19.169ff.: 162 A. 695; 163 A. 698 19.316: 171 A. 728 19.332: 253 A. 1103 20.1: 90 A. 352; 202 A. 862; 221 A. 976 20.5: 54 A. 187 20.6: 55 A.190 20.9f.:54A.188;55A. 190 20.17: 54 A. 185 20.18ff.: 54 A. 185; 77f. A. 288; 224 A. 961; 228; 229 A. 972f. 20.20f£: 55 A. 190; 229 A. 974 20.22: 55 A. 191 20.23: 90 A. 351 20.25: 120; 253 A. 1103 20.26: 77f. A. 288; 228; 229 A. 973 20.29: 225 A. 962 20.30ff.:229A.975 20.31: 117 A. 471 20.31f.:117A. 472 20.33: 120 20.40: 120
Autoren und Inschriften 20.41: 54 A. 188 20.41-45: 95; 242 A. 1056 20.42: 95 A. 380; 96 A. 384; 230 A. 978 20.49: 54 A. 184 20.50: 55 A. 193 20.51 ff.: 221 A. 976 20.57: 54 A. 184 20.59: 230 A. 980 20.60: 230 A. 981; A. 1103 20.62: 229 A. 972 20.64: 54 A. 188 20.68ff.: 230 A. 982 20.75: 230 A. 985 20.79ff.: 230 A. 983 20.81: 55 A. 194 20.84f.: 230 A. 983 20.85: 90 A. 352; 202 A. 862 20.108: 54 A. 186 20.113: 55 A. 190 20.115: 239 A. 1035 20.122f.: 197 A. 845 20.127ff.:54A. 185 20.130: 229 A. 972 20.131ff.: 90 A. 352; 202 A. 863ff.; 217 A. 224 A. 961; 229 A. 976 20.132: 202 A. 866 20.134: 55 A. 190; 55 A. 191 20.137: 55 A. 190 20.139: 198 A. 849 20.141: 55 A. 194 20.154f.: 55 A. 193 20.155: 55 A. 192 20.160: 228 A. 971 20.164f.: 55 A. 190 21.13: 90 A. 350 21.156: 90 A. 350 21.157: 80 A. 297; 85 21.161: 137 A.575f. 21.161-163: 136 21.163: 78; 136 21.165: 136f. 22.61: 74 A. 270 23.45: 52 A. 179 23. 61: 252 A. 1103 23.171: 252 A. 1103 23.199ff.: 96 A. 384; 240 A. 1041 23.209: 252 A. 1103 23.211: 56 A. 197 24.96-101: 252 A. 1103 27.9-11: 140 A. 595 35.14: 221 A. 946 36.4: 141 A. 603 36.5: 238 A. 1033 36.6: 134; 236 A. 1014 36.11: 134
279
36.11-13: 136; 159f.A. 677 36.36: 238 A. 1033 45.54: 136 A. 569 45.64: 118f. A. 477 45.84: 141 A. 601 45.85: 134 A. 560 50.30: 77 A. 287 51.56: 91 51.147: 91 57.18: 164 A. 701; 164 A. 703 57.31: 223 A. 954 57.48: 32 A. 94 [Demosthenes] 12.3: 252 A. 1103 34.18: 221 A. 946 34.38: 105 A. 414 34.38f.: 18 A. 30; 18 A. 32 34.39: 61 A. 222; 120 A. 486; 121 A. 493; 154 A. 650 34.40: 60 A. 216 34.44: 221 A. 946 35.31: 157 A. 663 35.34: 157 A. 663 46.13: 136 A. 567 49.6-8: 252 A. 1103 49.9-21: 252 A. 1103 50.6: 118f. A. 477 50.7: 81 A. 306 50.7-18: 252 A. 1103 50.17:118f.A.477 50.23-25: 252 A. 1103 50.35: 81 A. 306 50.35f.: 252 A. 1103 50.37: 81 A. 307 50.40: 81 A. 307 50.53: 252 A. 1103 50.55f.: 252 A. 1103 50.68: 81 A. 307 53.6ff.: 163 A. 699 53.9: 245 A. 1072 59.2: 135 A. 562; 142 A. 605 59.88: 239 A. 1036 Diodoros 13.27: 45f. A. 146 14.5.6: 185 A. 791 14.17ff.: 163 A. 697; 169 A. 716 14.32.1: 185 A. 792 14.33.1: 186 A. 796 14.33.2-4: 186 A. 798 14.34.1: 163 A. 697; 169 A. 716 16.5.3: 119 A. 478 18.10.1-3: 82 A. 312 18.15.8-9: 83 A. 316
280 18.70.1: 67 A. 237 20.46.4: 124 A. 505 20.50.3: 81 A. 305 20.95: 162 A. 690 Diogenes Laertios 2.7: 168 3.27: 206 A. 886 4.8f.: 173 4.9: 174 A. 741 4.21-23: 176 4.23: 177 A. 759 4.38: 178 A. 764 4.39: 178 A. 763 4.44: 179 4.65: 181 4.93: 177 A. 758 5.2: 172 A. 734 5.39: 108 A. 426 5.66: 183 A. 783 6.85-93: 176 6.87: 176 A. 756f. 6.93: 176 A. 756 7.12: 112 A. 444; 132 A. 543; A. 221 948 Dionysios v. Halikarnassos de Lvsia 1: 169 A. 714 l.llff.:169A. 715 Etymologcon Magnum 155.7: 93 A. 370 Hupolis fr. 199 K./A.: 157 A. 663 TLuripides Medea 222: 44 A. 142 Supplices 888-900: 45 A. 145 1165-1195: 51 A. 174 Harpokration s.v. àTTpocrraaiou: 32 A. 95 s.v. iaoreXriç Kai iaoréXeia: 222 A. 953 s.v. noXuvviûToç 13 A. 10 s.v. OKa<j)Ti(t>opia: 93 A. 370 Herakleides Kretikos £.1,1:156 A. 660 Hermippos fr. 63 K./A.: 157 A. 663
Quellenregster Herodotos 3.131: 254 A. 1120 3.139f.: 65 8.17: 133 A. 553 8.136: 209 8.143: 209 Herondas Mimiambus II 8-15: 47 A. 156 lOff.: 25 A. 63 15:47 16ff.: 47 A. 156 28-40: 47 A. 156 37ff.: 47 A. 156 39f.: 25 A. 63; 47 65ff.: 47 A. 156 Hesychios s.v. iooTzksxç. 223 A. 954 s.v. iooTEXiîç: 223 A. 954 s.v. cnca(t>r|<J)ôpoi: 93 A. 370 Homeros Ilias 9.648: 46 A. 147 Odyssea 11.13-35: 210 A. 901 11.18: 210 A. 901 20.384: 46 A. 147 Hypereides 3: 16 A. 25; 44 A. 141 3.29: 69 A. 242f. 6.10.15-17: 82 A. 312 6.10.24: 82 A. 312 fr. 76 K.: 162 A. 695 fr. 149 K.: 73 A. 269 Hypothesis adAzschin. 2: 171 A. 725 Hypothesis ad Demostk 19 2A: 171 A. 725; 171 A. 728
Ind. Acad. col. Vllf. éd. Gaiser: 174 A. 741 col. VII 22ff. Gaiser: 171 A. 742 col. VIII1-11 Gaiser: 175 A. 750 Isaios 5.7f.: 16 A. 25 5.37f.: 97; 102 A. 396; 127 A.522 5.38: 62 A. 226 5.40: 16 A. 25
Autoren und Inschrifien 5.43:162 A. 695 7.8: 163 A. 699 hokrates 4.41: 45f. A. 146 4.113: 185 A. 791 4.115: 119 A. 478 7.8-10: 252 A. 1103 7.15: 252 A. 1103 7.67: 185 A. 791 7.108f.: 252 A. 1103 7.111ff.: 252 A. 1103 8.21: 12 A. 5 8.50: 240 A. 1040 8.53: 33 8.88: 191 A. 826; 240 A. 1041 15.166: 209 15.235: 168 A. 711 17.4: 60 A. 214 17.41: 60 A. 215; 73 A. 264f.; 127 A. 522 18.60: 81 A. 306 20.11: 185 A. 791 epist. 8.4: 254 A. 1123
281
19.59: 162 A. 695 21.1ff.:88A. 338 21.3f.: 88 A. 335f. 22.5: 50 A. 171 26.24: 162 A. 695 28.2-8: 252 A. 1103 28.11f.: 252 A. 1103 28.17: 252 A. 1103 29.1f.: 252 A. 1103 29.4: 252 A. 1103 29.9: 252 A. 1103 30.22: 252 A. 1103 30.26: 102 A. 394 31.15: 102 A. 394 31.29: 50 A. 167 fr. I.6,lf- G./B.: 18 A. 29; 49 A. 165; 163 A. 697; 185 A. 795 fr. 1.6,2 G./B.: 49 A. 166 [Lysias] 2.66: 51 A. 172 Menandros fr. 117f. Kode 177 A. 758
Justinus 5.9.6: 185 A. 792 5.9.1.4-10: 186 A. 798
Mnestmachos £r. 4 KL/A.: 160 A. 678
Kraiinos fr.44K./A.: 157 A. 663
Moins 99.12 Bekker: 222 A. 952
Lykurgos Leokr. 51: 55 A. 196
Orvsios 2.17.11f.: 186 A. 798
Lysias 2.66: 21 A. 44 5.2: 50 A. 170 5.3: 50 A. 169 5.4: 50 A. 168 6.40: 66 A. 230 6.48f.: 102 A. 395 6.49: 15 A. 18; 149 A. 638 7.4: 239 A. 1034 7.28: 239 A. 1034 12.4: 49 A. 161f. 12.6ff.: 185 A. 791 12.9: 141 A. 597 12.19: 141 A. 597 12.20: 17 A. 28; 66; 73 A. 263f.; 88 A. 337; 162 A. 695f.; 219 A. 938 12.58ff.: 187 A. 804 13.71: 239 A. 1034 19.11: 252 A. 1103 19.43: 102 A. 394 19.57: 88 A. 337
Pausam'as 1.29.12: 233 A. 1000 3.8.3ff.: 163 A. 697; 169 A. 716 7.11.5: 181 A. 775 Phibdemos Rhet 1350 Sudhaus: 174 A. 741 II173 Sudhaus: 174 A. 741; 175 A. 747 Photion s.v. ÖEpiu: 23 A. 52 s.v. iooTEAeïç: 223 A. 954 Bibl. cod. 262: 187 A. 809 Pindaros fr. 64 Bowra: 209 A. 896 Piaton Gorgias 455b-456c: 254 A. 1121 514d-e: 254 A. 1121
282
Quellenregster
Ion 541cd: 203 leges 850a-c:42A. 132; 56 A. 199 850c: 15 A. 18 881b: 248 A. 1091 Phaidr. 266e: 167 269e-270e: 168 A. 711 Plutarchos vitae Alcibiades 1.1: 133 A. 553 10.1: 98 A. 389; 102 A. 394 Aratus 33: 115 A. 457 35: 116 A. 463 Aristides 27.1: 239 A. 1035 Cimon 4.6f.: 13 A. 10 Demetrius 9: 109 A. 429 10: 124 A. 505 11.3: 83 A. 317 46: 176 A. 754 Pericles 6: 168 A. 711 32: 168 A. 712 35.2: 134 A. 554 Phocion 27: 174 A. 741; 174 A. 744 29.4: 175 A. 750 30: 91 A. 360 Solon 24: 245 A. 1074 mor. 1034a: 222 A. 949 [Plutarchos] vit. X orat. (mor.) 835C: 59 A. 212; 169 A. 714 835E: 169 A. 715 835F: 18 A. 29; 141 A. 600; 163 A. 697; 185 A. 795; 187 A. 809 835F-836A: 199 A. 851 836A:218A.937 841D: 129 A. 528; 129 A. 530 843F-844A: 128 A. 524 844A: 80 A. 301; 128 A. 523 849E: 47f. A. 156 849F: 137 A. 574; 138 A. 580 850F: 136 A. 576 850F-851A: 136 A. 571
851A:163A.698 859D.182A. 782 Pollux 3.55: 93 A. 370; 93 A. 372 4.48: 157 A. 663 8.144: 73 A. 269 Polyainos 6.2.2: 162 A. 690 Polybios 2.67.7: 73 A. 266 5.93.8: 180 A. 770 Ptolemaios jrepi Ôia(l>opà<; XÉÇECÛV ed. G. Heylblut, Hermes 22,1887, 408: 222 A. 952 Quintilianus 1.5.61: 47f. A. 156 10.5.2: 47f. A. 156 Scholia Schol. Aischin. 1.30: 185 A. 791 2.15(Dindorf):170A.721 Schol. Aristoph. Plut. 953: 89 A. 342 Ran. 404: 90 A. 349 Schol. Demosth. 466.6: 222 A. 951 Schol. Thucyd., éd. K. Hude s.v. VGCÛTCCÎ: 44 A.
139
Sophokles Antigone 890: 15 A. 18 Stobaios Anthologion IV 2.20: 238 A. 1031 Strabon 10.471: 45f. A. 146 14.673f.: 45f. A. 146 Suda s.v. arrpoaraaiou h\rx\\ 32 A. 95 s.v. àaKO
op£Ïv: 93 A. 370 s.v. oepicû: 23 A. 52 s.v. iaoTeXeiç: 222 A. 951 s.v. noXuvvcûToç: 13 A. 10 s.v. ametropia: 93 A. 370
Autoren und Inschriften Theophrastos characteres 26.6: 90 A. 353 Thomas Mag. ed. Ritschi, S. 185.8: 222 A. Thukydides 1.2.6: 15 A. 18 2.31: 45 A. 144; 71 A. 250 2.34: 71 A. 253 2.35: 71 A. 254 2.39: 45 A. 146 3.16: 71 A. 251 3.19.1: 45 A. 143; 72 A. 261 3.59: 65 A. 230 4.67: 233 A. 996 4.76: 184 A. 788 4.90: 71 A. 252 6.27f.: 58 A. 204 6.30: 44 A. 139 6.50.1: 134 A. 557 6.53.2: 58 A. 204 6.61.6: 134 A. 557 7.57: 233 A. 996 7.63: 44 A. 139; 216 7.87: 96 A. 381 8.92: 58 A. 206; 201 Xenophon anabasis 7.6.38: 66 A. 233 hellenika 1.5.18: 203 1.6.24: 240 A. 1045 2.1.30: 119 A. 478 2.2.21: 134 A. 558 2.3.21ff.: 185 A. 791 2.3.40: 134 2.3.41ff.: 185 A. 791 2.4.2: 185 A. 792 2.4.5: 185 A. 793; 185 A. 795 2.4.4-7: 186 A. 796 2.4.10: 186 A. 797 2.4.10-22: 186 A. 798 2.4.12: 186 A. 799 2.4.13ff.: 187 A. 807 2.4.24: 186 A. 801 2.4.25: 186 A. 802; 189 A. 821; 224 2.4.28-36: 187 A. 804 2.4.33: 187 A. 804 2.4.34f.: 187 A. 804 3.2.21-31: 169 A. 716 3.4.19: 119 A. 478 4.1.11-13: 67 A. 237 4.4,7-18: 102 A. 398
4.4,18: 102f. A. 399 4.8.27-31: 252 A. 1103 4.8.35: 119 A. 478 5.1.1: 119 A. 478 5.4.66: 252 A. 1103 6.2.1: 252 A. 1103 6.2.11f.:252A. 1103 6.2.36f.: 252 A. 1103 6.4.35: 162 A. 690 Hieron 7.1: 60 A. 217 memorabilia 3.4.5: 252 A. 1103 6.13: 117 A. 470 oeconomicus 2,6: 90 A. 353 symposium 4.32.45: 253 A. 1114 de vectigalibus 2.1: 12 A. 4; 12 A. 5 2.2-4: 69 A. 244 2.6: 196 2.7: 12 A. 5; 15 A. 18 3.4: 248 A. 1091 3.13: 145 A. 617 4.12: A. 295; 190 A. 823; 224 [Xenophon] Athenaion politeia 1.10-12: 148 1.12:11 A. 3; 255 A. 1130 1.13: 90 A. 353; 253 A 1114 Vita Marciana 20: 173 A. 737
2. Inschriften ADelt 19,1964, 31ff. Nr. 1: 128 A. 525
AJPh 56,1935, 377ff. Nr. 3: 19 A. 34; 67 A. 237 Athenian Agora XV 58,1 35: 191 A. 829f. Athenian Agora XVI 102,11-20: 68 A. 240 191: 112 A. 442 191,11-13: 112 A. 444; 132 A. 544 213: 98 A. 391; 114 A. 451
284
Quellenregster
213,171: 114 A. 453 213, II 52: 221 A. 945 224: 179 A. 766 Athenian Agora XIX H117,4f.: 201 A. 856 L6,133-135: 189 A. 819; 221 A. 944 P9,8: 79 A. 294; 79 A. 296 P13,2: 79 A. 294 P18,63: 79 A. 294 P25,4: 79 A. 294 P29,3: 79 A. 294 P29,4f.: 80 A. 299 P29,5: 79 A. 296 P25,10: 79 A. 294
37,1968, 376 51,45: 89 37,1968, 376 51,46ff.: 88 A. 339 37,1968, 371,10f.: 147 A. 632 40,1971, 256 Nr. 4: 87 A. 332 43, 1974, 322ff. Nr. 3: 56 A. 201; 150 A. 640; 246 A. 1085; 248 A. 1092 49,1980, 252ff. Nr. 1: 121 A. 492; 150f. 640 53, 1983, 108: 131 A. 536; 189 A. 819; 1013 A. 1013 55,1986,177,4f.: 131 A. 537 59,1990,187ff.: 182 A. 778 Hesperia SuppL 17 3,47ff.: 126 A. 514
IDe'los ATLII D19: 127 A. 521 BCH 113,1993,347ff.:25A. 62
BSA 47,1952,102f£: 188 Clara Rhodos II, 1932, 177ff. Nr. 6: 25 A. 62f. FdDUI 4, 204: 157 A. 665 Finley, Horos-Inscriptions 164A: 201 A. 856 Hesperia 2.1933, 396f. Nr. 16: 232 A. 992 3.1934, 3f. Nr. 5: 157f. A. 667; 160 A. 680 3.1934, 7f. Nr. 9: 112 A. 442; 112 A. 444 4.1935, 526,10-27: 179 A. 766 4,1935, 583: 113 A. 449 6,1937, 442ff. Nr. 1: 76 A. 282 9,1940, 335ff. Nr. 42: 150 A. 640 10.1941, 284ff.: 185 A. 794 11.1942, 287 Nr. 56: 114 A. 451 19,1950, 210 Nr. 5,2: 79 A. 294 19,1950, 240 Nr. 15,4: 79 A. 294 19,1950, 240 Nr. 15,10: 79 A. 294; 79 A. 296 19, 1950, 263 Nr. 20,3: 79 A. 294; 80 A. 299 19,1950, 263 Nr. 20,5: 79 A. 296 19,1950, 273 Nr. 25,29: 79 A. 294 19,1950, 273 Nr. 25,29: 79 A. 296 23,1954, 252 Nr. 33:182 A. 781 26,1957, 3 S2,8: 79 A. 294; 79 A. 296 28,1959, 219,510-514: 159 A. 676 30,1961, 269 Nr. 97: 182 A. 781
88 I: 246 A. 1085
IGIJ 19:215 19,7-11: 215 A. 928 20: 248 A. 1090 28: 228 28b,l-4: 70 A. 245 30: 21; 148; 149 A. 640; 208 49,13f.: 127 A. 521 55,1-5: 197 A. 842 55,5: 214 A. 919 57: 246 A. 1085 65: 244 A. 1068 72: 184 A. 788 73: 184 A. 788 80: 208 91: 246 A. 1085 97: 184 A. 788 98: 21; 148; 149 A. 640; 298; 213; 98,15-21: 213 A. 913 102: 21 102,12ff.: 242 A. 1054 102,32ff.: 212 102,40f.: 239 A. 1034 106: 184; 245 A. 1076; 246 A. 1085 106,16-19: 184 A. 786 107: 246 A. 1085 110: 208; 246 A. 1085 110,16ff.:212A. 908 118: 246 A. 1085 125: 20 A. 39; 21; 95; 96 125,6-14: 95 A. 380 125,23ff.: 242 A. 1055 156,lff.:212A. 910 159: 228 159,7-10: 208 A. 895 159,llf.:70A.245 161:215
Autoren und Inschriften 161,1-6: 215 A. 928 163: 246 A. 1085 164: 21; 203; 208; 228; 228 A. 970; 254 A. 1120 164,9-13: 203 A. 867 164,12f.: 70 A. 246 164,23-27: 215 A. 926 164,28-30: 70 A. 245, 203 A. 869 165,18-22: 197 A. 842 167: 246 A. 1085 169: 246 A. 1085 171: 246 A. 1085 172: 246 A. 1085 173: 246 A. 1085 174: 21; 148; 149 A. 640; 208; 228 A. 970 175: 21; 148; 149 A. 640 180: 246 A. 1085 182: 21; 148; 149 A. 640; 203; 228 A. 970; 246 1085 182,6ff.:204A. 870 182,13f.: 54 A. 189 182a: 246 A. 1085 227: 21; 199 A. 852; 203f.; 208 227,15-19: 204 A. 873 227,19ff.: 216 A. 930 245: 30 254,3f.: 92 A. 367 475: 16 476: 16 1080a,5: 233 A. 998 1144: 998A. 1000 1150,13: 235 A. lOlOf. 1154: 201 A. 857 1.184,89: 233 A. 998 1190,1 65: 233 A. 998 1190,13f.: 235 A. 1010 1340-1381: 22 A. 950 1353: 70 A. 248 1357: 21 A. 43 1361: 70 A. 248 IG II2 2: 246 A. 1085 6: 199 A. 852; 246 A. 1085 9: 199 A. 852 10+: 13; 21; 185f. A. 795; 186 A. 800; 188ff. 19: 246 A. 1085 20a: 248 A. 1090 29: 198; 246 A. 1085 29,6-22: 199 A. 850 37: 127 A. 932 40:78 40,9f.: 245 A. 1076 40,10-12: 78 A. 291 48: 246 A. 1085
285
51: 246 A. 1085 53: 246 A. 1085 54: 246 A. 1085 66c: 199 A. 852 69: 246 A. 1085 80, 8ff.: 216 81: 246 A. 1085 81,6f.:214A. 917 83: 217 86,12ff.: 216 A. 930 95: 246 A. 1085 109: 217 A. 932 lll,37ff.: 215 A. 927 117:118f.A.477;149A.640 120,12: 192 A. 831 132: 246 A. 1085 133: 246 A. 1085 141,30ff.: 228 A. 966 145: 191 145,4-10: 191 A. 828 145,14-16: 191 A. 828 146: 246 A. 1085 151: 246 A. 1085 161: 246 A. 1085 168: 246 A. 1085 173: 246 A. 1085 182: 246 A. 1085 188: 246 A. 1085 193: 246 A. 1085 196,1 Iff.: 54f. A. 189 197: 246 A. 1085 206: 246 A. 1085 212,53ff.: 120 A. 484 212,54ff.: 244 A. 1070 218: 232 A. 992 218,33f.: 231 A. 987 224,19: 132 A. 545 237,27f.: 231 A. 987 242+373: 107; 203; 205; 254 A. 1120 242,2: 205 242,8ff.: 205 244: 76 A. 281 244,10ff.: 74 A. 273 244,12ff.: 127f. A. 522 244,20: 74 A. 271 244,26: 73 A. 269 264,3: 170 A. 723 264,9ff.: 170 A. 723 265: 246 A. 1085 265,4ff.: 216 A. 930 276: 246 A. 1085 276,6-18: 193 A. 836 276,9: 59 A. 209; 245 A. 1076; 245 A. 1079; 246A. 1085 276,15f.: 245 A. 1076; 245 A. 1079
286
Quellenregister
283: 20 A. 39; 103; 149 A. 640; 153; 166 283,2: 159 A. 675 283,2-13: 104 A. 407 283,8-12: 165 A. 705 286: 229; 230f. A. 985 286,4-9: 214 A. 916 286, 6ff.: 213 287: 217; 232 A. 992 287,3: 156 A. 656 287,2-7: 225 287,4f.: 231 A. 987 287,7-12: 225 288: 217; 246 A. 1085 290: 246 A. 1085 300,2-5: 54f. A. 189 302: 246 A. 1085 304+604: 254 A. 1120 308,4ff.: 216 A. 930 328: 56 A. 201 337: 56 A. 201; 150 A. 640 338,13ff.: 128 A. 526 342+SEG 24.104: 149 A. 640 342+SEG 24.104,6f.: 151 A. 641 343+SEG 24.103: 150 A. 640 345: 56 A. 201; 57; 106 346: 246 A. 1085 347: 203 347,11-22: 206 A. 887 351+624: 20 A. 39; 56 A. 201; 57; 232 A. 992 351,11-21: 130 A. 532 351,31f.: 231 A. 987 360: 18 A. 32; 20 A. 39; 61 A. 220; 118f. A. 477; 150 A. 640; 153f.; 232 A. 992; 244 A. 1069 360,5-10: 61 A. 221 360,8-10: 154 A. 650 360,10-12: 121 A. 490 360,1 If.: 121 A. 493 360,20f.: 231 A. 987 360,35-42: 154 A. 649 360,63-65: 54f. A. 189 360,70: 121 A. 493 365: 246 A. 1085 373: 107; 203; 205; 254 A. 1120 373,4-8: 205 373,23-26: 205 373,29f.: 206; 217 374: 20; 20 A. 39f.; 107 374,4: 205 A. 877 385b: 247 A. 1088 391: 106; 199 A. 852 398a+438: 150 A. 640 400: 150 A. 640 400,6: 159 A. 675 400,8f.: 151 A. 641
407+SEG 32.94: 150 A. 640 408: 150 A. 640 409: 150 A. 640 414,llf.:A.301 416: 150 A. 640 421: 20 A. 39 421,4-12: 68 A. 240; 76 A. 282 423: 121 A. 488 427: 246 A. 1085 434: 246 A. 1085 446: 246 A. 1085 448: 199 A. 852 450: 247 A. 1088 457,5ff.: 129 A. 528 463,123f.: 110 A. 432 467: 247 A. 1088 479: 20 A. 39; 81; 109 A. 428 479,1-5: 20 A. 39; 81 A. 305; 109 A. 428 479,3-5: 123 A. 504 479,11: 121 A. 493 480: 20 A. 39; 23 A. 51; 81; 109 A. 428 480,16-19: 81 A. 305 480,19f.: 123 A. 504 483: 254 A. 1120; 254 A. 1122 489,24f.:110A.437 499: 20 A. 39; 109; 122f.; 150 A. 640; 153 499,14-20: 123 A. 501 505: 20 A. 39; 34; 76 A. 282; 107f.; 195ff.; 232 A. 992; 244 A. 1069; 251 A. 1102 505,12: 126 505,13ff.: 68 A. 241; 127f. A. 522 505,13-18: 76 A. 281 505,16: 132 A. 545 505,17ff.: 139 A. 588 505,17-22: 81 505,31-37: 110 A. 433 505,36ff.: 68 A. 241 505,36-41: 68 A. 240 505,42-59:198 A. 846 505,44-48: 59 A. 209 505,47f.: 198 A. 848 505,53f.: 231 A. 987 506: 84; 251 A. 1102 506,8ff.:139A. 588 510: 246 A. 1085; 247 A. 1088 516,2f.: 231 A. 987 528: 246 A. 1085 545: 232 A. 992 551: 91 551, 2-8: 91 A. 358 553: 111 A. 440 554: 20 A. 39; 76 A. 282; 108; 238; 251 A. 1102 554,6-16: 20 A. 41 554,8-12: 232
Autoren und Inschriften 554,12-14: 139 A. 589 554,15f.: 139; 142 554,16-19: 68 A. 240; 111 A. 438 594: 246 A. 1085 646: 247 A. 1088 650,15ff.: 126 A. 514 651: 112 A. 442; 126 A. 515; 151 A. 640; 156 A. 658f.; 653,21ff.: 126 A. 514 654,25ff.: 126 A. 514 655,llff.:126A.514 660: 217 A. 932 666: 112 A. 442; 193 666,7-17: 193 A. 837 666,7-21: 20 A. 42 667: 112 A. 442; 193 667,1-11: 20 A. 42 667,8f.: 193 A. 838 667,19-24: 193 A. 839 670: 112 A. 442; 156 A. 658 670,11: 112 A. 444; 121 A. 493 670,llf.:126A.517 678,9: 191 A. 829 682,28ff.: 126 A. 514 682,30: 126 682,62f.: 112 A. 443 706: 238 A. 1029 715: 20 A. 39; 76 A. 282; 77 A. 283; 112 A. 442; 108 715,1-7: 68 A. 240 715,5: 126 715,9ff.:lllA. 439 729,2f.:110A.437 732: 238 A. 1029 739,7: 110 A. 437 740: 20 A. 39;110 744: 20; 112 A. 442; 151 A. 640; 153; A. 658 744,3ff.:110A.437 747,6ff.:110A.437 748: 20 A. 39; 76 A. 282; 77 A. 283; 112 A. 442 768+802: 112 A. 442; 238 A. 1029 768+802,8-12: 132 A. 547 768+802,19-23: 112 A. 446 772: 254 A. 1120 774: 113 A. 448 786: 20 A. 39; 23 A. 51; 112 A. 442; 178 A. 765 786,3-5: 116 A. 464 786,6: 117 A. 466 791: 19 A. 38; 114 A. 451 791,15-19: 20 A. 391 791,20ff.: 62 A. 227 791,col. 1,29: 132 A. 543; 221 A. 948 798: 113 A. 449
287
801: 238 A. 1029 810: 238 A. 1029 834,15ff.:116A.465 835: 20 A. 39; 23 A. 51; 25 A. 59; 112 A. 442; 203; 207; 237 835,1-5: 115 A. 459 835;5-15: 116 A. 460 835,25-27: 207 A. 889,237 A. 1020 848,44f.: 191 A. 829 848b,20: 191 A. 829 903: 20 A. 39; 127 A. 520; 151 A. 640; 156 A. 658 912,16f.: 191 A. 829 913,4f.: 191 A. 829 913,33: 191 A. 829 914: 191 A. 829 915,23f.: 191 A. 829 937: 247 A. 1088 946: 254 A. 1120 947: 238 A. 1029 952,14f.: 191 A. 829 958: 87 A. 331 972,7: 191 A. 829 1008: 27 A. 73 1182,2: 248 A. 1096 1185: 92A. 363 1185,4: 248 A. 1096 1186: 20 A. 39;92A. 363 1186,1-15: 92 A. 364 1186,llff.:231A.986 1186,19f.: 243 A. 1058 1186,19-24: 249 A. 1097 1186,24: 248 A. 1096 1186,25f.:231 1192: 92A. 363 1192,7: 248 A. 1096 1193: 92 A. 363 1193,24: 248 A. 1096 1225: 113A. 448 1487,53-90: 109 1491,26: 80 A 302 1492,105f.: 81 A. 303 1492,115f.: 81 A. 303 1496,22: 141 A. 599 1553-1578: 192 A. 833 1556,42: 201 A. 855 1556,44: 201 A. 855 1561,33: 201 A. 855 1570,22: 201 A. 855 1604,79: 78 A. 290 1609,85f.: 79; 134 1609,87: 79; 134 1609,1 26ff.: 79 A. 293 1623,204f.:79A. 300 1623,251f.: 79 A. 300
Quellenregster IG XI 2 105ff.: 25f. A. 64
A. 497
'IG XU 157: 25f. A. 64 383 : 25f. A. 64 762 : 25f. A. 64; 91 A. 356 Ivläon 25 : 25 A. 62 Ivlasos 196: 25f. A. 64
A. 497 IvKnidos 409: 25 A. 62 IvKyme 13: 25 A. 62 Alaier, Mauerbauinschriften 10: 76 A. 281 10,19: 132 A. 545 10,20: 74 A. 271; 105 A. 411 10,26: 73 A. 269 11: 131 A. 541 11,111 123f.: 110 A. 432; 131 A. 536 12: 131 A. 541 13: 131 A. 541 13,13-18: 76 A. 281 13,16: 132 A. 545 14: 131 A. 541 16,25-27: 207 A. 889; 237 A. 1020 16,80ff.: 25 A. 59 38: 98 A. 392 50
Meiggs/Uwis, GHI 4,3: 209 A. 900 23:72 23,27-31: 72 A. 260; 233 A. 1002 Migeotte, Souscriptions publiques 8: 121 A. 491 13: 131 A. 542 18: 63 A. 228 19: 27 A. 75; 63 A. 228 20: 27 A. 75; 63 A. 228 56: 98 A. 392 Morettij ISE 4: 20 A. 39; 76 A. 282 4,11-20: 68 A. 240 24: 113 A. 448 28: 178 A. 765 28,10-27: 179 A. 766
Autoren und Inschriften 28,36ff.: 243 A. 1059 28,44f.: 79 A. 292; 245 A. 1076; 245 A. 101
88: 205 A. 875
OGIS
XIV 67: 117 A. 466 XXIV 103: 150 A 640 XXIV 104: 149 A. 640; 151 A. 641 XXVI 79: 18 A. 32 XXXII 94: 150 A. 640 XXXII118: 114 A. 451 XXXV 70: 149 A. 640 XXXVI118: 98 A. 391; 114 A. 451 XL 79: 150 A. 640
SEG 218: 25 A. 62 Osborne, Naturalisation I Dl: 240 A 1044 D2: 58 A. 205 D4: 240 A. 1044 D5: 240 A. 1044 P6: 13; 185f. A. 795; 186 A. 800; 188 A. 188f. A 815 D16: 206 A. 880 D25: 150 A. 640 D37: 107 A 419 D42:247A. 1088 D43: 247 A. 1088 D44: 111 A 440 D49:247A. 1088 D50: 205 A. 875 D50,4-10: 20 A. 40 D68: 247 A. 1088 D78 A, 7-21: 20 A 42 D78 B,8f.: 193 A. 839 Petrakos, O örjyoc rod 'Pajuvoûvroç II 27: 26 A 67 Reiter, Proxenoi und Euergetai 20: 149 A. 640 21: 184 A. 786 31: 95 A. 380 38: 203 A. 867; 203 A. 869 39: 70 A. 246 41: 149 A. 640 Schwenk, Laws and Decrees 1: 206 A 880 12: 245 A. 1076; 246 A. 1085 12,6-18: 193 A. 836 12,15f.: 245 A. 1079 14: 254 A. 1120 15: 56f. A. 201 27: 56f. A. 201 28: 128 A. 526 36: 56f. A. 201 38,11-22: 206 A. 887 48: 56f. A 201 48,11-21: 130 A. 532 59: 157f. A. 667 84: 150 A. 640
SGDI 2521: 25f. A. 64 2524: 25f. A. 64 SylL5 437: 25f. A. 64 799,25: 25 A. 62 958: 25 A. 63 TAMII 168,56f.: 25 A. 62 283: 25 A. 63 432: 25 A. 62
Tod, GHI 139,30ff.: 228 A. 966 200,217-232: 61 A. 223 Walbank, Proxenies 9: 201 A. 857 10: 248 A. 1090 16: 149 A. 640 34,1-4: 70 A. 245 37,llf.:70A245 39: 244 A. 1068 50: 149 A. 640 51: 149 A. 640 55,28ff.: 70 A. 245 68: 203 A. 869 75: 149 A. 640 85: 184 A. 786 Wilhelm, Akademieschriften I, 436: 112 A 446; 132 A. 547 I, 554: 203 A. 869 II, 545: 115 A. 459; 116 A. 460 III, 98ff.: 109 A. 428 III, 102: 81 A. 305; 123 A. 504 III, 398: 112 A. 445
B. Personen, Orte und Ethnika
Achäer/Achäischer Bund, 115,179, 207 Achamai, 186 Acheloion, Proxenos, 215 Adrastos, König v. Argos, 42 Agamedes, S. des Apollas, 237 Ägäis, 118,143 Ägina, 24, 56, 67,164,185,239 Agis HL, 130 Ägypten, 15, 104,149 Ägypter, 16, 69, 290 Äischines, Redner, 105,165,171, 243 [Aisch]ias v. Pergamon, 112,133, 238 Aischylos, Dichter, 41 ff., 45ff., 52, 70,165 Akestor, Skythe, 13 Alexander I., 209 Alexander III., 18, 24, 82,105,173,177 Alexander v. Pherai, 161 Alexander, Neffe des Gonatas, 113,127 Alexandria Troas, 114 Alkibiades, Stratege, 98,102,134, 239 Alkimachos v. Apollonia, 106 Alopeke, 91, 235 Amorgos, 83 Amphiareion, 128 Amphis, Komödiendichter, 152, 205f., 247 Anaxagoras v. Klazomenai, 163f. Anaxikrates, Archon, 109,123 Anaxilas v. Naxos, 21 f. Andokides, Redner, 97, 148, 149, 161, 190, 204, 240 Andros, 204 Androtion v. Gargettos, 74f. Antigonos Doson, 179, 243, 245 Antigonos Gonatas, 24, 113, 178 Antigonos Monophtalmos, 123 Antimachos v. Chios, 78f., 85, 246 Antimachos, Archon, 112f., 133 Antiochides, Proxenos, 149, 204 Antipatros, 68, 82, 173,175 Antipatros v. Keos, 215 Antiphilon, Proxenos, 201 Antiphon, Athener, 134 Apemon, Isotele, 189,235 Apoll-, Metöke, 68 Apollas, Proxenos, 25, 115,117, 133, 207, 211, 237
Apollodor, S. des Pasion, 81, 134, 135f., 142, 163f., 230, 239, 241, 245 Apollodoros v. Kyzikos, 85, 203, 241 Apollodoros v. Megara, 58, 238 Apoüonides v. Sidon, 150 Apollophanes v. Kolophon, 244 Apses v. Tyros, 149 Arat v. Sikyon, 115f., 127 Archandros, athen. Stratege, 26 Archebios v. Byzantion, 230 Archelaos v. Makedonien, 148 Archinos v. Koile, 185,187 Ardettos, 129 Areopag, 5 2 , 1 2 4 , 1 2 7 , 215 Arginusen, 97,190, 240 Argos, 24, 42 Ariarathes V., 181 Aristodemos v. Metapont, 165,170f. Aristokreon v. Soloi, 116f., 133,178 Aristomachos v. Argos, 113 Aristonikos v. Karystos, 247 Aristonikos, Athener, 106 Aristophanes v. Byzanz, 26 Aristophanes, Komödiendichter, 4 3 , 4 7 , 70 Aristoteles v. Stagiros, 32, 48, 60, 65, 172f. Arkadien, 42 Arkesilaos v. Pitane, 178f., 183 Artemis Aristoboule, 128 Artemision, 134 Asandros, Makedone, 247 Asklepiodoros, Isotele, 193, 245 Aspasia, Milesierin, 168 Athena, 73, 81,141, 226, 244 Athenodoros, Archon, 113 Athenogenes, Ägypter, 16, 44, 69 Ätoler, 115, 127,207 Attalis, 181, 182 Attalos L, 182 Attalos II., 181,182,183 Audoleon v. Paionien, 126 Azenia, 181 Babylon, 82 Battaros, 47f. Bendis, 186 Bosporaner, 73 Bosporanisches Reich, 118
Personen, Ethnika und Orte Böotien, 2 1 , 7 0 , 1 0 5 , 1 8 4 Böotischer Bund, 179 By2antion, 2 4 , 1 0 3 , 1 1 9 , 1 2 1 , 1 3 6 , 1 3 8 , 2 3 0 Cato d. Zensor, 180 Chabrias, Stratege, 202, 230 Chairephilos, Salzfischhändler, 56, 7 9 , 1 5 7 , 1 5 9 Chaironeia, 44, 56, 58, 68f., 76, 103, 106, 120, 129,165,205,217 Chaleion, 24 Chalkedon, 119 Chalkis, 21 Chalkothek, 141 Chares v. Aixone, 193,245 Chares, Stratege, 138 Charidemos v. Oreos, 55,141,241 Chersones, 139 Chrysippos v. Soloi, 116 Chrysippos, Getreidehändler, 17, 18, 20, 60, 61,105, 121,154 Damasias v. Theben, 92, 231, 243f., 248 Dämon, Sophist, 168 Danaiden, 41f., 47,52 Dareios I., 65 Deigma, 161 Deinarch v. Korinth, 4 8 , 1 8 2 Deineias, Athener, 129 Delion, 71 Delos, 23,26 Delphi, 2 6 , 2 1 5 , 2 1 7 , 2 1 9 Demades, Redner, 9 1 , 1 0 3 , 1 2 2 , 1 5 6 , 1 7 3 Demeter, 92, 231 Demetrias, 178,179 Demetrios IL, 116 Demetrios Poliorketes, 24, 81, 109, 111, 124f., 176f., 182,193,247 Demetrios v. Phaleron, 90, 107f., 123, 172f., 175,177 Demosthenes, Redner, 54ff., 84, 86, 103ff., 120f., 128, 134, 136ff., 141, 157f., 163, 165,170, 202, 228, 253 Dikaiogenes, Athener, 62, 102 Diogeitos v. Megara, 201 Diogenes v. Seleukeia, 180 Diogenes, Kyniker, 176 Diogenes, maked. Statthalter, 116 Diokles v. Thespeia, 133 Diokles, Archon, 126 Diomedon, Archon, 26, 98f., 114f. Dionysios v. Herakleia Pontike, 154 Dionysios, Freigelassener, 152, 202, 211 Dionysodoros, Athener, 150 Dionysos, 47, 89, 92,231, 244 Dionysostheater, 129, 131 Dioskurides, Athener, 132
291
Diotimos, Stratege, 8 0 , 1 4 1 , 1 5 0 Dreißig, 17, 49f., 58, 96L, 134, 141, 169, 185ff., 192, 2 0 4 , 2 1 9 , 2 2 4 , 2 3 9 Eetioneia, 201 Ekphantos v. Thasos, 230 Elateia, 103 Eleusis, 9 2 , 1 1 1 , 1 9 2 , 2 3 1 , 244, 248 Elis, 18,163,169 Ephialtes, athen. Politiker, 42 Epichares, Proxenos, 216 Epigenes, Trapezit, 56, 135 Epikerdes v. Kyrene, 95, 97, 230, 242 Erechtheion, 16, 140 Eretria, 138 Euangelos, Athener, 27 Euböa, 113,133,137L, 239 Eubulos, 128,132, 253 Eucharistos, Getreidehändler, 150,156 [?Eu]demos v. Platäa, 106 Eudemos v. Platäa, 57,129ff., 254 Euelpides, Athener, 43 Euenor, akaman. Arzt, 20, 82, 107, 136, 152, 205,206,211,217,247 Euetion, Stratege, 82f. Eukleides v. Kephisia, 114 Eukles, Herold, 191f. Euktemon, Athener, 137 Eumenes L, 183 Eumenes IL, 182 Euripides, Dichter, 44f., 52, 70 Eurykleides v. Kephisia, 116 Euthydemos, Athener, 137 Euxenides v. Phaseiis, 20, 106, HOL, 129, 139,142,232,238 Euxenippos, Archon, 109, 124 Euxitheos, S. des Thukritos, 164 ■-,.; Habron,Getreidehändler, 1 2 6 , 1 5 1 , 1 5 6 ;;: ! Harpalos, 251 Hegesias, Stratege, 110 Hekataios v. Mesembria, 114 Heliaia, 35, 214 Hellenenbund, 82 Hellespont, 83, 1 0 4 , 1 5 7 , 1 8 4 , 1 9 8 L Herakleia Pontike, 85, 119, 154 Herakleides v. Byzantion, 230 Herakleides v. Erythrai, 80, 85 Herakleides v. Klazomenai, 35, 85,203f.,> 216,241 |jUj Herakleides v. Salamis, 60, 62, 105, 1 2 J ] | | 153ff., 244, 247 vjjf* Hermaios, Metöke, 77, 11 IL, 127,129 • fyifj Herodot v. Halikamass, 6 5 , 1 6 7 .:':i,'^jj Herondas, Dichter, 47 rj$f Hierokles, Makedone, 178 i '•]
Namenregster 3|5i|feij<Jäm Bosporus, 119, 138 HpPii^'^ryros, 149 J^ppodamos v. Milet, 167 i^p^kume, 25 Hippomachos, athen. Tyrann, 186 Histria,254 Homer, 46, 210 Hyperbolos, athen. Politiker, 47 Hypereides, Redner, 48, 58, 68, 103, 134, ;.\j\ 137f., 157 lasos, 26 ktrpkles, Athener, 170
P^^92 lfion,25,215 Discos, 129 loh v. Chios, 167 Ionisches Meer, 143 ioixlis,98 Ipsos, 125 Isaios v. Chalkis, 48, 102 Isokrates, 12, 33,49,60, 73,128,190,209,239 Israel, 14 Isthmos, 102,179 Julien, 15,169 Källaischros v. Siphnos, 79, 85 Kallias, Getreidehändler, 50 kallisthenes, Athener, 120 Kappadokien, 181 Karlen, 177 Kärneades v. Kyrene, 180,181,182 Karphinas, Akarnane, 205 Karthager, 166 Kassander, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 123, 1 j :f- 124,131,140,182,247 Keos, 98 KÜephalos, Athener, 199 Kephalos v. Syrakus, 17, 36, 38, 49, 59, 141, \f} 163,218 Kephisodoros, Archon, 82 fltephisophon, Stratege, 138f. Keramaikos, 21 Kerkyra, 209 Kimmerischer Bosporos, 157 Kimon, Stratege, 41,127 Kition, 150, 221 Kleandros, Schauspieler, 164 Kleanthes, Stoiker, 222 Kleinias, Athener, 134 Kleisthenes, 21, 52 Kleitarch, Tyrann v. Eretria, 138 ^Cieitos, maked. Admiral, 83 Kleomenes v. Sparta, 180 Kleon, athen. Politiker, 47 i|feonymos, Kreter, 97,102
-kies v. Amphipolis, 68 Knidos, 25 Kollytos, 91 Kolophon, 19, 67 Konon, Athener, 122 Konon, Stratege, 230 Konon, Trapezit, 56,135 Köre, 92, 231 Koreseia, 25 Korinth, 105, 113,182, 230 Korinthia, 102 Koroibos, Archon, 108 Kos, 25, 47, 48 Krates, Kyniker, 176f. Krates, Peripatetiker, 171,176ff. Kritias, athen. Tyrann, 186 Kritolaos v. Phaseiis, 180 Ktesiphon, Schauspieler, 171 Kydathenaion, 91 Kyme, 25, 215 Kyzikos, 25,119 Lachares, athen. Tyrann, 125 Lakedaimonios, Getreidehändler, 148f. Lampis, Metöke auf Ägina, 56 Laureion, 79f., 148 Lechaion, 102 Leonides v. Halikarnass, 212 Leos, Phylenheros, 30 Leptines v. Koüe, 54, 86, 90,202, 225,228f. Lesbos, 240 Leukas, 164 Leukon, bospor. Herrscher, 118, 120, 229, 244 Lydien, 177 Lykidas, Freigelassener, 152,202,211 Lykon v. Achaia, 149 Lykon v. Alexandreia Troas, 114, 132, 182, 221 Lykurg, Redner, 55f., 106, 128ff., 150, 248, 253 Lysander, Spartaner, 118,185f. Lysias, S. des Kephalos, 17, 32, 48f., 66, 73, 88, 93, 97, 141, 162, 167ff., 185, 187, 199,218f. Magnesia, 56,171 Makedonien, 114,170ff., 179 Malischer Golf, 83 pMandrjobolos, Flüchtling, 184 Mannes, Phryger, 71 Martias, Getreidehändler, 126,151,156 Megalopolis, 67,180 Megara, 33,141,202, 214,217, 239 Megaris, 45, 71 Meidias v. Anagyrous, 135,137
Personen, Ethnika und Orte Meidon, Samier, 8 6 , 1 2 2 Melite, 91 Menekrates, Oiantheer, 209 [Men]oit[e]s, 84f., 106,139 Menon v. Pharsalos, 96, 241 Mesogaia, 115 Messene, 202, 210 Mikion v. Kephisia, 117 Milesier, 150 Miltiades, Athener, 61 Mnemon v. Herakleia, 8 5 , 1 5 0 Munychia, 109,124,131,174f., 186 Museion, 125,193 Myniskos v. Chalkis, 165 Myrmekion, 157 Myulene, 72, 7 8 , 2 4 0 Nausinikos, Archon, 73 Naxos, 21 Neaios, 111 Neaira, Hetäre, 135 Neoptolemos v. Melke, 128 Neoptolemos v. Skyros, 171 Nikander v. IHon,' 34, 68, 76, 81ff., 106ff., 110f., 127ff., 139,195ff.,244 Nikeratos, Athener, 137 Nikias, Stratege, 44, 216 Nikochares, Komödiendichter, 87 Nikokles, Archon, 123 Nikokrates, Archon, 107 Nikostratos, Athener, 163, 245 Nikostratos, Metöke, 91 Odysseus, 210 Oiniades v. Altskiathos, 212 Olynth, 138,165,170 Olynthier, 103 Olypiodoros, Stratege, 193 Onesippos, Athener, 87 Orchomenos, 184 Oreos, 138 Oropos, 33,128, 181 Palladion, 52, 215 Pamphilos, Ägypter, 78, 137 Pamphilos, S. des Chairephilos, 157,160 Panathenäenstadion, 57, 129 Pandionis, 90 Pandios v. Herakleia, 150 Pandokeutria, 47 Parthenopaios, 42, 45 Pasikles, S. des Pasion, 136 Pasion, Trapezit, 59, 79, 134f., 141 f., 230, 236, 23f., 244 Patara, 25 Pausanias, spart. König, 186 Peisander, Athener, 238
293
Peithetairos, Athener, 43 Pella, 165,170f. Peloponnes, 7 1 , 1 7 6 , 1 7 9 Pentelikon, 92 Peraieus, Flüchtling, 184 Periander, Athener, 84 Perikles, Stratege, 45, 53, 71, 73, 118, 127, 129,134,168 Ph[iloit]ios v. Salamis, 103f., 149,165 Phaidros v. Sphettos, 112 Phanokritos v. Parion, 198f. Phanosthenes v. Andros, 85,149,203f., 241 Pheidias v. Rhodos, 254 Pheidias, Bildhauer, 168 Pheidippos, S. des Chairephilos, 79,157,159 Pheidon, S. des Chairephilos, 157 Pherai, 215 Phi[I]okles v. Korinth, 114 Philipp IL, 58, 69, 103f., 119, 138, 163, 165, 170ff., 177 Philistides, Tyrann v. Oreos, 138 , Philokles, Archon, 107 Philokles, Herold, 191 f. p" Philomelos, Metöke, 121 A. 488 ! Philon, Architekt, 76 Philon, Athener, 50 ', Philon, Sklave, 159 Phoker, 103 Phokion, Stratege, 1 0 7 , 1 3 8 , 1 7 3 Phormion, Akarnane, 205 Phormion, Trapezit, 59,135f., 235 ! Phryne, Hetäre, 48 Phrynichos, Archon, 107 Phrynichos, athen. Oligarch, 58, 95, 212,242,
'244,247
.;.
..^JfJ
Phyle, 1 8 5 , 1 8 8 ^v Phyle- und Piräuskämpfer, 13, 50f., 1 8 5 ^ l | j l i90ff.,24o ' \ m Phytheas v. Alopeke, 128 IM Pindar v. Theben, 167, 208 , *) \ % 1f f f Piräus, 22, 41, 74, 83, 91, 96, 106,108, ijt 119, 125, 133, 145, 153, 156, 161^ ' 185ff., 189, 2 0 7 , 2 2 4 Pitane, 178 v/^;, ':% ,;.i]jj Platäa, 240 ': ' ^
Namenregister P | | j | t e | Flüchtling, 184 Polykratesi Tyrann v. Samos, 65 Polyperchon, Makedone, 106 Polyzelcis jy. Ephesos, 34, 68, 76, 81ff., 85, ;106^ llOf., 127,129,139,195ff., 244 P o r ^ e ^ 120, 154 P o r i t o s Ä : i l 8 f : , 136,154,157,199 v. Orchomenos, 184 :treidehändler, 150 Cos, 150 rtaner, 102 9,139,143,157 Abdera, 167 i Getreidehändler, 119,149 [arystos, 79, 178, 179, 180, 243, koter, 81,126,177 '.. Philadelphos, 126 >iros, 177 (^rJiaij^.Herakleia, 85 PJSp^jy. Herakleia, 81, 85,108f., 123f. Pythagoras v. Selymbria, 201 Pyxhion'v. Megara, 70 Pythophanes, Proxenos, 149, 213 Rhamnus, 26 Rhodos, Rhodier, 23ff., 121,127,150,254 Rom, 14, 27,180f. Römer, 15, 26,27,176 Salamis, 72, 81,113,115,153,235 Samosi 65, 240 Sidon, 228 Sikyon,lll, 112,151 Simonides v. Iulis, 167 Sizilien,'85, 95,104,109,123,149f., 165,242 Skambonidai, 30, 91 Skeuothek, 76,128f. Sokrates, Philosoph, 203 Solon, 245, 282 Sopatros v. Akragas, 150, 248 Sosibios, Isotele, 114 Sosikrates, Metöke, 87f. Soteris, Akamanin, 27 Sparta, 46,118,134,163,169, 239 Spartaner, 21,112,132,161 Spartokos, bospor. Herrscher, 126 Stesileides, S. des Kallaischros, 80 StoaPoikile, 13,176,209 Stratonikos, Athener, 87f. Strombichos, 20,193 Sunion, 161 Syloson v. Samos, 65 Sypalettos, 181 Syrakus, 44,134,163, 230
Tegea, 25 Telesias v. Troizen, 241 Teleutias, Spartaner, 161 Tenos, 217,219 Teos, 161 Thaies, Getreidehändler, 47f. Tharrynos, S. des Apollas, 237 Thebagenes, Athener, 154 Theben, 18, 78,105,173,175,217, 219 Themistokles, Archon 347/6, 68 Themistokles, Stratege, 72, 128, 209, 230 Theodektes v. Phaseiis, 254 Theodoros v. Byzantion, 167 Theodotos, Isotele, 221 Theomnestos, Athener, 135 Theophrast v. Eresos, 48,108,177,182 Theramenes, Athener, 201 Theramenes, Getreidehändler, 148f. Thespiai, 184 Thessalien, 171 Thibron, Metöke, 112,126f. Thraker, 186 Thrasybul v. Kalydon, 58, 95, 212, 242, 244, 247 Thrasybul v. Steiria, 56, 58, 163, 169, 185ff., 188ff., 192, 224, 230, 240 Thrasydaios v. Elis, 163,169 Thrasymachos v. Chalchedon, 167 Thukritos v. Halimus, 164 ThuWdides v. Pharsalos, 201 Thukydides, Historiker, 44, 58, 67, 70f. 96, 216 Thurioi, 141,169 [Ti]manax, Arzt, 70,152,203, 215 Timoleon v. Korinth, 166 Timon, Metöke, 88 Timotheos v. Kan^tos, 247 Triballer, 240 Troizen, 69 Tyritake, 157 Tyros, 206 Xanthos, 25 Xenokrates v. Chalkedon, 172f., 175ff. Xenophon, 11, 58, 60, 65, 69, 79, 102, 161, 185ff., 189, 203, 224, 248 [ZJophyros v. Syrakus, 114 Zea, 116f.,207 Zenon v. Kition, 132,176, 221 Zeuxis, 167 Zopyros, Syrer, 13 Zypern, 81,105,150
295
C. Sachen
Agiskrieg, 130 ciin]o\q, 196 Almosen, 65 ävöpotYaeia, 242, 245 dvnp avaööc;, 21, 95 Apoikie, 61 f. dpeni, 21, 242, 237 Asylie, 212f., 218 Atelie, 54, 86, 90, 198, 202, 204, 211, 214, 216, 224f., 226ff. ctT&Eia TTdvrcov, 86,214, 218, 224f., 228ff. ärskem otpareiac; Kai 4>popa<^ 70,228 Atimie, 42,106,148,190 dmKiojiog, 169 Bankwesen, 15 ßdpßocpoq, 15 Berufskonkurrenz, 16 Bleiberecht, 11,29, 45f., 56 Bundesgenossenkrieg, 12,137, 248 Bürgerrecht, 24f., 27, 31, 34, 55, 59, 80, 96f., 111, 135, 142, 152, 157, 175, 181, 187f., 191f., 197, 199, 203, 205f., 209, 211, 219ff., 224, 229, 233, 238ff. Choregie, 17, 25, 31, 76, 86, 88ff., 202, 224, 228ff. Chremonideischer Krieg, 112, 127,132,193 ÖeiTTvov, 78f., 245f. Demenregister, 24f., 30, 33f., 52 5ti|woupYoi, 33 ÖTmöaioi iarpoi, 70, 203,254 Demotikon, 30, 34, 79, 91,114,189 Diaiteten, 35, 214 5iicai £^TroptKai, 37 Dionysien, 88ff., 113,150,164f., 242f., 249 Dürre, 119 öcopeai, 50, 54f., 147,165,197,198f., 209 Efeukranz, 206, 244 EYYueoig, 188 Ehegesetze, 16 Ehre, 17, 36, 55ff., 59f£, 90, 217, 222, 226, 234, 242, 244, 248, 255 Eisphorai/eia<(>opai, 13, 19, 22, 31, 34, 37, 60, 66, 68, 72ff., 75ff., 82, 86, 90, 97, 105, 111, 127, 132, 195, 198, 223, 225, 228f., 231f., 234,252ff. EKTOV UEpOC,, 7 4 f f .
EXeuOepia, 116 Emporion, 61
Emporoi, 18, 56, 62, 96, 104f., 120,143,145, 146ff., 150,153ff., 160,192, 201,206,248, 254 Enktesis, 12, 25, 59, 62, 79, 96, 142, 144, 155f., 173, 197, 204f., 207, 211, 216, 218, 222,225,236ff., 255 EVKTTION; YHC 142
EVKTnaK; oiiciac., 142 E7raYYeXia, 62, 96 ETraivog, 172,242 Ephebie, 27, 234 Epidosis/£7riöoaig, 18f., 22,27, 62, 76f., 96ff., 102ff., HOff., 117, 120ff., 132ff., 136ff., 155, 207,221,232,252 E7n66öijLiog Tpir|pr|g, 137 '| " E7nMeXEio6ai, 82,198, 212,231 im\i£kz\a, 12, 91, 205 Ethnikon, 18f., 34, 68, 79f., 107, 132, 151, 176,220ff., 235 Euergesie, Euepveaia, 65,220 Euergetes, EuepveTTjc;, 65,150, 172, 198, 205f., 209, 211,214,228, 245^48 suvota, 61,151,242 , j | Flüchtlinge, 34, 59,217 ;/??;, Freigelassene, 16, $9,74,1$2,191f., 203,2b6 Fremdenhaß, 16 r Gastarbeiter, 15, 38: Gemeindearzt, 82, 205 , '|,( Gemeindeärzte, 70,203, 22Ö, 254 gerim, 14 ,■., \ ,. ;;> \-m\ Getreidemangel, 18,154£!"S Getreideversorgung,';6jU , 17f., 125,153 Goldkranz, 61, 83, ^26*1$ 193,195,243ff. "" Gymnasiarchie, 86, 88, 22j G\-mnasium, 208,234 Handel, 12, 15, 35-/ 159£f.,204,207fi;i253)l Handwerk, 12, 15 ; ;| Hellenenbund, 82 - "M Hephaistäen, 88 .1( . . Hestiasis, 86ff., 224,229!'' homo oeconomicus, 24 homo politicus, 24 ,; Hoplitendienst, 12, 70, 7l Hungersnot, 118ff., 125 Hydriaphorie/i iEpcoouvn, 32
1
Sachregister
w^if!!4,131,196'm' [sotele/iaoTeX^i4,26^67, 110, 114,152,156, '189,1195,2011012; 214, 216ff., 220ff., 226, ■/.i 228,231,23$iji39,245,255 i^te&/iooT^t(|j%, 62^ 79, 81, 91, 95, 111, | | ^ 3 ; l 156, : l | 4 f | | ^ 3 , 197, 209, 211, 217ff.,
p ^ ^ K ä ^ S p O , 124,145, 192,223
j f l ^ l p i ^ ^ m i ^ 34,127
R|ierjlfo,53 f|prkthischer 'Krieg,141,214 P a r t e i , 1^5jJ^Sj(i242ff. E^egsäiens^lS,1^'.'26, 34, 42f., 66f., 70,111, §: 127,1155,:i0f 184,227,233, 240 Kriegsgefang^eiöö, Sf6f^.l62ff., 219 ^egs^fang^schaft, l 17, ; 49,166 timischer Krte|, 20, 56, '68, 72, 81ff., 106ff., j; 139f., 142j1l!50,,156; 195, 244, 251 iindwirtschaftj 12, 145, 147, 235f., 253 Lebensmittelversorgung, 18, 56, 106, 118f., ! : 125y 127, lbff., 148f£;, 151,156f., 201 Lenäen, 87, 89, 91, 93,165 KT\öTE\a/\r\aTT]^ 1 6 1
t/iturgien/XeiTOupYiat, 13, 25, 31 f., 37, 45, 66, I,; 76f., 84, 8Öff., 90, 93, 102, 127, 160, 167, i: 219, 224,226f., 229, 231, 251 ff. tob, 62 kuTpLüdic;, 166 uaKEÖovio^cx;, 173 Masseneinbürgerung, 240 Menschenraub, 166 Uerdoikcx;, 21 Nietoikion, 24ff., 29,52f., 223, 229, 252 Metökenaristokratie, 16, 168 Metökensteuer, 25, 56, 184, 211, 218, 222, 224f., 228 Metökensymmorien, 75, 86 Metökie/^ETotKia, 11, 15, 21, 23ff., 29, 33f., Ü 36ff, 41f., 48, 51f., 59, 235 iiEToiKog, 19, 24,26, 43, 51, 67,151,223 Metronomoi, 144 Militärdienst, 25,29,38,111, 198, 203 Myrtenkranz, 244 tö vauriKov, 11 f., 148 Mahrungsmittelversorgung, 49, 104, 124, 143, 154,161
Naukleros, 56, 96, 104, 120, 121, 143, 145ff^ 149f., 153, 155, 160f., 199, 201, 213, 230, 248, 254 Neid, 1 6 , 4 5 , 5 5 , 1 6 8 veupai, 1 4 0 , 1 4 2 &via, 78, 79,198f., 245f. £EVOI, 18, 24, 27, 30, 34, 42, 6 5 , 7 1 , 89, 95,97, 149,164,186,189,210,224, 233,244 £evoi änö aupßöXiov, 34 ?evoi 7rap£7nör|MoövTe^, 18, 24, 3 0 , 4 2 , 7 1 oiicöv ev, 30, 35, 36, 8 0 , 1 1 4 , 1 5 1 , 2 2 1 , 2 3 3 Olivenkranz, 2 0 7 , 2 4 4 Panathenäen, 32, 88, 89, 93, 129,234,243 7rape7tiÖrmog, 24, 26, 34, 37 Parthenonfries, 93 TTGCTpic;, 178 Peloponnesischer Krieg, 17, 22, 45, 62, 67, 70ff., 81, 84f., 9 7 , 1 0 2 , 118,134, 163,167, 1 8 4 , 1 9 0 , 203f., 228,241f., 244,252f. Pentekontaetia, 22 peregrini, 14 Perserkriege, 12, 22, 41, 65, 72 Phialai Exeleutherikai, 14,147, 201 Philokratesfrieden, 165,171 Philosophengesandtschaft, 2 7 , 1 8 0 Philotimie, 17, 197, 252 Phratrien, 190, 240 Phylenrichter, 35,189 Piraten, 61, 80,105,119,150,161ff., 164,166 Piraterie, 1 1 9 , 1 6 2 Polemarch, 35, 72, 9 7 , 1 0 2 , 1 8 9 , 2 1 4 , 2 2 1 Poletai, 79f., 189 Politie, 27, 58, 95, 107, 150, 152, 158, 189E, 197, 204, 209, 219, 224, 2 3 9 , 2 4 1 , 246 Prestige, 29, 60, 62, 89,221 7rpoßot3X£una, 197, 205 jrpoötKia, 215 Prohedrie, 150,197, 2 0 0 , 2 3 1 , 2 4 7 , 2 4 8 npöooboQ, 191,197 Prostasiepflicht, 29,223 Prostates/7TpoardTTig, 24f., 27, 32f., 46f.,52, 197, 235 Proxenie, 20, 25, 62, 70, 95, 105, 143£,:15l£» 155f., 158, 173, 199, 201f., 206, 208f., 211ff., 216ff., 219ff., 230, 237 Proxenos, 19f., 37, 54, 70, 82, 95f., 105,149f., 152f., 156, 172f., 184, 189, 198f., 201f£, 207ff., 211 ff., 220ff., 225ff., 231, 245f., 290 Prytaneion, 78, 150, 184, 193, 197, 199, 211, "245, 247 Prytanen, 197f., 200, 212 Rechtschutz, 29f., 46, 216 Ruderdienst, 7 2 , 1 0 6 , 1 4 0 , 1 4 2 , 2 4 0
Sachregster Salzfisch, 143,157,159 Schiffshäuser, 128f. Schiffsschenkungen, 103,133ff., 137,142 Seebund, 22,138, 218 Seedarlehen, 18,148 Seehandel, 19,126,145,148f., 153,156 Seeräuber, 80, 143,161 Sitesis, 200, 246, 2 oiTOöeict, 151 Sitonai/airövai, 120f., 145,151 Sitonika/aiTtoviKd, 61,109,122,150,155f. Sitopolai, 32, 50,145 Sizilische Expedition, 44, 72,134, 233 OKact>eic,, 93 Skaphephorie/aKa<|)Ti<|>opia, 93,226 ai, 89 Skiadephorie/oKiaÖTi<|)opia, 93, 226 Sklaven, 12, 33, 50, 97, 106, 140, 141f., 147, 152,159, 164,187,192, 201ff. 240, 248 Sklaverei, 46, 57,161,164, 245 orravoarria, 96,151,154 Staatssklaven, 191 oTporciai, 19,66, 68, 70,111 Strategie, 35, 85,141, 241 Sykophanten, 57 auußoAai, 37, 42 Symmorien, 73, 78, 84f. Syntrierarchie, 81, 84f., 124
297
oco((>poauvii, 21,42, 56 : rapiag TÖV oTpantöTiKÖv, 114 Tctpixoq, 157,159 TapixoTUüXnc,, 157,159 Theorikon, 46 Theseia, 88 ' nun, 51, 60, 217 Tijiima, 73f. Trapeziten, 56, 79, 120, 134ff., 141, 159';162, 235,238 jii Trierarchie, 76ff., 80ff., 90,109,135,22$ • TptIlp07TOlOi, 135
ri
Tpirjpq ETTIÖOÖVCU, 137
-}
Tpor|, 4 3
U7röoxcoig, 62 j( J^4>iaXai E^eXeuöepiKai, 192 ♦iXia, 180,209,226 $ (t>iXol;Evi(x, 46 *)$ <))!XoTiMia, 17, 60, 62, 98,151, 242,251 ; | Versorgungskrise, 18,105,122,158 it; Vierhundert, 58 ■,£ Vierjähriger Krieg, 20, 80, 85, 109f£l|ll21, 123,125,131,140,142,150 Wehrdienst, 105,224f„ 228 jjj Xdpig,50,54 ,<;'. ■'( Xenelasie, 46« ■■■■ Zweiter Attis^ier Seebund, 76, 78,134,2!JL5