Springer-Lehrbuch
Gerald Karp
Molekulare Zellbiologie Aus dem Amerikanischen çbersetzt von Kurt Beginnen, Sebastian Vogel und Susanne Kuhlmann-Krieg
Mit 789 çberwiegend vierfarbigen Abbildungen und 36 Tabellen
12
1. deutsche Auflage
Gerald Karp, Hollywood
Ûbersetzer
Dr. Kurt Beginnen, Kæln Dr. Sebastian Vogel, Kerpen Susanne Kuhlmann-Krieg, Eppelheim Peter van der Geer Universitåt von San Diego, war maûgeblich verantwortlich fçr die Ûberarbeitung von Kapitel 15
Die vierte Auflage der englischen Originalausgabe Cell and Molecular Biology ± Concepts and Experiments erschien 2005. Copyright ° 1996, 1999, 2002, 2005 John Wiley & Sons, Inc. All rights reserved. Alle Rechte vorbehalten. Autorisierte Ûbersetzung der von John Wiley & Sons, Inc. publizierten englischen Originalausgabe.
ISBN 3-540-23857-3 Springer Berlin Heidelberg New York Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet çber
abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschçtzt. Die dadurch begrçndeten Rechte, insbesondere die der Ûbersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfåltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfåltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulåssig. Sie ist grundsåtzlich vergçtungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de ° Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2005 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wåren und daher von jedermann benutzt werden dçrften. Produkthaftung: Fçr Angaben çber Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewåhr çbernommen werden. Derartige Angaben mçssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit çberprçft werden. Planung: Iris Lasch-Petersmann, Heidelberg Redaktion: Stefanie Wolf, Heidelberg Herstellung: Karl-Heinz Winter, Heidelberg Satz: K + V Fotosatz GmbH, Beerfelden Einbandgestaltung: deblik Berlin Titelbild: links: Werner A. Mçller, Heidelberg (aus Developmental Biology, Vol. 275, Mçller et al., Totipotent migratory stem cells in a hydroid, pp 215±224, Copyright 2004, mit freundlicher Genehmingung von Elsevier; rechts: Peter Mombaerts, New York (aus Cell, Vol. 117, Feinstein, Mombaerts: A Contextual Model for Axonal Sorting into Glomeruli in the Mouse Olfactory System, pp 817±846, Copyright 2004, mit freundlicher Genehmigung von Elsevier) Gedruckt auf såurefreiem Papier ± 29/3150WI ± 5 4 3 2 1 0
Geleitwort
Der Kærper eines Erwachsenen besteht aus çber 50 000 Milliarden Zellen und ihren Produkten. Was wir physisch zu leisten vermægen, beruht auf Leistungen unserer extrem verschiedenen Zelltypen. Selbst unsere psychischen Fåhigkeiten setzen das Funktionieren der Nervenzellen in unserem komplexen Gehirn voraus. Aber nicht nur bei uns, sondern bei allen Lebewesen, von den kleinsten Einzellern bis zu den aus Millionen von Zellmilliarden aufgebauten Riesen des Tier- und Pflanzenreiches ± çberall fungiert die Zelle als Basiselement. Sie stellt das kleinste, fçr sich lebensfåhige System dar, den Mikrokosmos des Biologen. Ihr obliegt auch die pråzise Vervielfåltigung der in Nucleinsåuremolekçlen digital gespeicherten Erbinformation und ihre Weitergabe an kçnftige Generationen. In jeder einzelnen Zelle laufen die vielen Fåden zusammen von den molekularen Dimensionen herauf bis zu den Signalen aus Umwelt und çbergeordneten Steuerzentren im vielzelligen Organismus. Daher fållt der Zellbiologie im Verein mit Biochemie und Molekularbiologie, Genetik und Bioinformatik zwischen den Themengiganten Entwicklungsbiologie und Physiologie, Evolution und Systematik, Úkologie und Verhaltensbiologie in der Wissenschaft vom Leben eine zentrale Rolle zu. Das spiegelt sich auch in der modernen Medizin: Stichworte wie Krebs und Metastasen, Immunsystem und Killerzellen, Stammzellen, Zellpiraten oder programmierter Zelltod tauchen ståndig in den Medien auf. Schon vor knapp 150 Jahren war der Klassiker ,Cellularpathologie` des Mediziners Rudolf Virchow erschienen. Virchow hatte auch den Satz geprågt: ± Zellen kænnen nur aus Zellen entstehen. Eineinhalb Jahrzehnte vorher war die allgemeine Verbreitung des zellulåren Baues bei Tieren und Pflanzen bekannt geworden, 20 Jahre vor Darwins und 60 Jahre vor der Wiederentdeckung der Mendelschen Regeln. Damals also begann die breite Erforschung des mikroskopischen Zellbaues, der Zellteilung und Zellverschmelzung. Bald wurde klar, dass in der
Lebensevolution mit immer gleichen Modulen gespielt wurde ± eben mit Zellen. Allerdings stieû der Fortschritt nach und nach an eine methodische Grenze, nåmlich die Auflæsungsgrenze des Lichtmikroskops. Erst vor etwa 50 Jahren konnte diese dann auf breiter Front çberschritten werden. Neue Geråte wie Elektronenmikroskop und Ultrazentrifuge, neue Methoden wie Zellkultur und Zellfraktionierung, schlieûlich die rasante Entwicklung der Biochemie als zellulåre, subzellulåre und makromolekulare Chemie ermæglichten den Start der modernen Zellbiologie. Ihr Aufstieg hat sich seither immer weiter beschleunigt und zu einer explosiven Vermehrung von Wissen und neuen Einblicken gefçhrt. Diese Medaille hat nun freilich auch ihre Kehrseite. Wer heute Zellbiologie studiert, hat Gewaltiges vor ± viel Faszinierendes, aber eben auch gewaltig vieles. Da ist man auf solide Hilfe angewiesen. Das Buch, das Sie jetzt in der Hand halten, bietet sie Ihnen, bewåhrt und mustergçltig. Es ist klar gegliedert und strukturiert, ausgezeichnet bebildert, Zusammenfassungen, Fragen, Literatur, Weblinks, handliches Register, Erklårung der Fachausdrçcke, dazu immer wieder Ausblicke in medizinische und experimentelle Bereiche . . . und und und. Ûbrigens werden nicht nur den Lernenden, sondern auch den Lehrenden umfangreiche Hilfen geboten çber eine Internet Seite fçr Dozenten. Man spçrt es in jedem Kapitel, dass Gerald Karp seine Lehrtåtigkeit als Professor aufgegeben hat, um sich ganz der Optimierung dieses Buches zu widmen. Vor allem wird man ihm danken, dass er bei voller Aktualitåt den Umfang dieses Werkes durch den beispielhaft klaren und kompakten Text in handlichen Grenzen zu halten vermochte. Ich wçnsche dem Buch die Verbreitung, die es verdient. Und allen seinen Benutzern viel Freude und Erfolg im Zaubergarten der Zellbiologie! Peter Sitte
Vorwort zur 4. Auflage
Bevor ich mit der Arbeit an der ersten Ausgabe dieses Buches begonnen habe, habe ich eine Reihe von Grundregeln aufgestellt, die mein geplantes Buch erfçllen sollte. Mein Buch war als Begleitmaterial zu einem ein Semester oder zwei Halbsemester langen Kurs gedacht, wie ihn Studenten im ersten oder zweiten Jahr belegen. Daher begann ich, einen Text von ungefåhr 800 Seiten zu entwerfen, der diese Studenten weder çberfordern noch entmutigen sollte. In meinem Buch sollten grundlegende Zusammenhånge ausfçhrlich zur Sprache kommen: die Beziehung zwischen Struktur und Funktion im molekularen Bereich, die Dynamik zellulårer Organellen, die Nutzung chemischer Energie fçr die Zellaktivitåten und die korrekte Synthese von Makromolekçlen, die Einheit und Vielfalt auf der Ebene der Makromolekçle und Zellen sowie die Art, wie die Zellaktivitåten reguliert werden. Ich wollte meine Darstellung auf den experimentellen Ûberlegungen aufbauen, mit denen man sich dem jeweiligen Problem genåhert hatte. Die Zell- und Molekularbiologie ist eine experimentelle Wissenschaft, und wie die meisten Dozenten glaube ich, dass Studenten etwas darçber erfahren sollten, wie wir zu unserem Wissen kommen. Daher beschloss ich, dem experimentellen Charakter des Themas auf zweierlei Weise gerecht zu werden. Zum einen fçhre ich in allen Kapiteln gençgend experimentelle Belege an, damit man die zahlreichen Schlussfolgerungen, die gezogen wurden, nachvollziehen kann; dabei hebe ich die entscheidenden Punkte hervor, auf die es bei den wichtigen experimentellen Verfahren ankam. Zum anderen verweise ich die Leser auf eine ausfçhrlichere Erærterung im letzten Kapitel, in dem die Methoden behandelt werden. Kapitel 8 und 9 enthalten beispielsweise einfçhrende Abschnitte çber Techniken, die sich als åuûerst wichtig fçr die Analyse der Cytomembranen beziehungsweise des Cytoskeletts erwiesen haben. Im Hauptteil der jeweiligen Kapitel stelle ich auûerdem kurz ausgewåhlte Experimente vor, die fçr das jeweilige Thema besondere Bedeutung haben, um nochmals die ex-
perimentelle Basis unseres Wissens zu betonen. Die Methoden werden dann im letzten Kapitel ausfçhrlicher beschrieben, weil ich n die Erærterung eines bestimmten Themas nicht durch einen groûen Abschnitt çber Techniken, der das Thema nur am Rande berçhrt, unterbrechen wollte, n festgestellt habe, dass manche Dozenten eine bestimmte Technologie lieber unter verschiedenen Aspekten statt nur in Zusammenhang mit einem Thema erærtern mæchten. Fçr Studenten und Dozenten, die sich intensiver mit den jeweiligen experimentellen Ansåtzen auseinandersetzen mæchten, habe ich am Ende jedes Kapitels als Exkurs die Rubrik ¹Experimentelle Verfahrenª eingefçgt. Darin werden einige entscheidende experimentelle Befunde beschrieben, denen wir unseren aktuellen Wissensstand çber ein bestimmtes, fçr das jeweilige Kapitel relevantes Thema verdanken. Weil sich diese Berichte auf einen begrenzten Bereich konzentrieren, kann der experimentelle Ansatz ausfçhrlicher dargestellt werden. Die Abbildungen und Tabellen in diesen Abschnitten sind oft den Originalarbeiten entnommen. Dadurch hat der Leser die Mæglichkeit, sich die ursprçnglichen Daten anzusehen und davon zu çberzeugen, dass die Analyse diesen Rahmen nicht verlåsst. Die Rubrik ¹Experimentelle Verfahrenª verdeutlicht auûerdem, dass sich wissenschaftliche Erkenntnis schrittweise vollzieht und dass die Untersuchungsergebnisse oft neue Fragen aufwerfen, die dann zu weiteren Untersuchungen fçhren. Mein Buch sollte anregend und lesenswert sein. Um es fçr die Studenten, vor allem die Medizinstudenten, im Einfçhrungskurs attraktiver zu machen, habe ich als weiteren Exkurs die Rubrik ¹Aus der Sicht des Menschenª eingefçhrt. Diese Abschnitte zeigen, dass man praktisch såmtliche menschlichen Krankheiten auf eine Stærung von Aktivitåten auf zellulårer und molekularer Ebene zurçckfçhren kann. Darçber hinaus offenbaren sie, wie wichtig die Grundlagenforschung sowohl fçr das Verståndnis als auch letztlich fçr die Behandlung der meisten
Vorwort zur 4. Auflage
Krankheiten ist. In der Rubrik ¹Aus der Sicht des Menschenª von Kapitel 11 wird beispielsweise beschrieben, wieso kleine synthetische siRNAs zu einem wichtigen neuen Hilfsmittel fçr die Therapie von Krebs- und Virenerkrankungen einschlieûlich Aids werden kænnten. Im selben Kapitel erfåhrt der Leser, dass man aufgrund von Untersuchungen an Nematoden herausgefunden hat, wie solche RNAs wirken. Es wird deutlich, dass man die praktische Bedeutung der zell- und molekularbiologischen Grundlagenforschung nie vorhersagen kann. Darçber hinaus habe ich mich bemçht, çberall im Buch relevante Informationen zur Biologie des Menschen und zu klinischen Anwendungen mit einzubeziehen. Die Illustrationen sollten qualitativ hochwertig sein, damit sich die Studenten die komplexen zellulåren und molekularen Prozesse besser vorstellen kænnen. Dafçr wurden viele Abbildungen aufgeteilt, so dass die Information, die verarbeitet werden muss, strukturiert und çberschaubar ist. Die Ereignisse, die sich bei jedem Schritt abspielen, werden in den Legenden der Abbildungen und/oder im dazu gehærenden Text beschrieben. Ich habe auch versucht, zahlreiche mikroskopische Aufnahmen hereinzunehmen, um den Studenten die meisten erærterten Themen konkret vor Augen zu fçhren. Unter den Photographien sind auch viele Fluoreszenzaufnahmen, auf denen entweder deutlich wird, welche Dynamik Zellen besitzen, oder die eine Mæglichkeit bieten, die Position eines bestimmten Proteins oder einer speziellen Nucleinsåuresequenz zu bestimmen. Wann immer es mæglich war, habe ich versucht, den graphischen Darstellungen die entsprechenden mikroskopischen Aufnahmen gegençber zu stellen, damit die Studenten die idealisierte und die reale Form einer Struktur miteinander vergleichen kænnen. Ich habe mich sehr çber die Zuschriften von Dozenten und Studenten gefreut, welche die ersten drei Auflagen gelobt und kritisiert haben. Bei der Vorbereitung der vierten Auflage habe ich mich von diesen Kommentaren sowie von zahlreichen treffenden Kritiken am aktuellen Manuskript leiten lassen. Die wichtigsten Verånderungen in der vierten Auflage:
Unser Wissen çber die Zell- und Molekularbiologie ist ståndig im Fluss, woraus unser Fachgebiet einen Groûteil seiner Faszination bezieht. Obwohl seit der Veræffentlichung der dritten Auflage nur drei Jahre vergangen sind, wurde fast jedes Thema im Buch mehr oder weniger umgeschrieben, ohne dass allerdings die Kapitel långer geworden sind. Mehrere Exkurse der Rubrik ¹Experimentelle Verfahrenª aus der ersten Auflage sind nicht mehr im Buch vorhanden, wurden aber ins Internet gestellt. Von den 17 ursprçnglichen Exkursen sind noch neun im Buch (Kapitel 1, 2, 4, 8, 11, 14, 16, 17), wåhrend die çbrigen sieben unter www.wiley.com/college/karp im Netz zu finden sind. Letztere sind mit einem Maussymbol markiert, wenn sie im Text erwåhnt werden. Die Texte der Exkurse wurden, soweit es nætig war, auf den neuesten Stand gebracht. Der Exkurs ¹Experimentelle Verfahrenª aus Kapitel 3 çber den Mechanismus der Lysozymkatalyse wurde aufgrund neuer Befunde, die vieles davon als çberholt erscheinen lassen, herausgenommen. Zwei Exkurse aus der Rubrik ¹Aus Sicht des Menschenª aus der dritten Auflage wurden ersetzt. An die Stelle des Exkurses in Kapitel 9 çber Muskeldystrophie trat eine Diskussion çber Krankheiten, die durch eine anomale Cilienfunktion ausgelæst werden, wåhrend der in Kapitel 11 çber den Einsatz von Ribozymen und AntisenseOligonucleotiden durch eine Erærterung der potenziellen Anwendungsmæglichkeiten von siRNAs zur Therapie von Krankheiten ersetzt wurde. Alle Abbildungen der dritten Auflage wurden einer genauen Ûberprçfung unterzogen und viele Illustrationen, die in der vierten Auflage wieder verwendet wurden, wurden, falls erforderlich, modifiziert. Viele Zeichnungen aus der dritten Auflage wurden herausgenommen, um Platz fçr etwa 65 neue zu schaffen. Dozenten haben sich besonders fçr Abbildungen ausgesprochen, in denen Zeichnungen und mikroskopische Aufnahmen nebeneinander gestellt sind; daher findet man in der vierten Auflage håufiger diese Art der Darstellung. Insgesamt enthålt die vierte Auflage etwa 90 neue mikroskopische Aufnahmen und mit dem Computer bearbeitete Bilder, die alle aus den Originalarbeiten stammen.
Ûber den Autor
Gerald C. Karp hat seinen Bachelor-Grad an der UCLA erworben und an der University of Washington promoviert. Er arbeitete als Postdoc am Medical Center der University of Colorado, bevor er begann, an der University of Florida zu lehren. Gerry hat zahlreiche Artikel çber die Zell- und Molekularbiologie der frçhen Entwicklung geschrieben. Zu seinen Forschungsgebieten gehærten die RNA-Synthese frçher Embryonen, die Bewegung mesenchymaler Zellen wåhrend der Gastrulation sowie die Zelldetermination bei Schleimpilzen. Er hat an der University of Flori-
da 13 Jahre lang Kurse in Molekular-, Zell- und Entwicklungsbiologie gegeben. In dieser Zeit schrieb er zusammen mit N. John Berrill ein Buch çber Entwicklungsbiologie und verfasste ein Buch çber Zell- und Molekularbiologie. Da Gerry es schwierig fand, seine Lehrtåtigkeit und die Arbeit als Autor unter einen Hut zu bringen, gab er seine Stellung an der Fakultåt auf und konzentrierte sich ganz auf das Schreiben. Er hofft, alle drei Jahre eine çberarbeitete Fassung dieses Buchs herausbringen zu kænnen.
Fçr die Studenten
Zu der Zeit, als ich auf das College gegangen bin, gehærte Biologie zu den Hauptfåchern, die am wenigsten beliebt waren. Ich schrieb mich in einen Kurs fçr physische Anthropologie ein, um die Anforderungen fçr die Biowissenschaften mit so wenig Aufwand wie mæglich zu erfçllen. In diesem Kurs erfuhr ich zum ersten Mal etwas çber Chromosomen, Mitose und genetische Rekombination und war fasziniert davon, welch komplizierte Prozesse in einem so kleinen Raum wie einer Zelle ablaufen kænnen. Im nåchsten Semester belegte ich die Einfçhrungsvorlesung in die Biologie und begann ernsthaft darçber nachzudenken, Zellbiologe zu werden. Ich erzåhle Ihnen diese trivialen Geschichten aus meinem Leben, damit Sie verstehen, warum ich dieses Buch geschrieben habe, und um Sie vor mæglichen Konsequenzen zu warnen. Obwohl inzwischen viele Jahre vergangen sind, halte ich die Zellbiologie immer noch fçr das faszinierendste Forschungsgebiet und verbringe meine Tage gerne damit, die Forschungsergebnisse meiner Fachkollegen zu studieren. Ein Buch çber Zellbiologie zu schreiben, ist daher fçr mich ein ausgezeichneter Grund und eine gute Gelegenheit, mich in meinem Fachgebiet auf dem Laufenden zu halten. Ich schreibe dieses Buch vor allem deshalb, weil ich in den Studenten das Verståndnis und die Bewunderung fçr die Aktivitåten der riesigen Molekçle und winzigen Strukturen dieser zellulåren Lebenswelt wecken mæchte. Ein weiteres Ziel besteht darin, den Lesern einen Einblick darin zu verschaffen, welche Art Fragen sich Zell- und Molekularbiologen stellen und mit welchen experimentellen Ansåtzen sie nach Antworten suchen. Denken Sie, wenn Sie dieses Buch lesen, wie ein Wissenschaftler! Sehen Sie sich an, welche Beweise pråsentiert werden, suchen Sie nach alternativen Erklårungen, planen Sie Experimente, die zu neuen Hypothesen fçhren kænnten! Sie kænnten etwa damit beginnen, indem sie sich eine der vielen elektronenmikroskopischen Aufnahmen ansehen, die es in diesem Buch gibt. Um diese Aufnahmen zu machen, sitzen Sie in einem kleinen, vællig dunklen Raum vor einem groûen metallischen Apparat mit einer Såule,
die mehrere Meter çber Ihren Kopf hinausragt. Sie blicken durch ein Binokular auf einen belebten hellgrçnen Schirm. Die Teile der Zelle, die Sie untersuchen, erscheinen dunkel und farblos vor dem hellgrçnen Hintergrund. Sie sind dunkel, weil sie mit Schwermetallionen gefårbt wurden, die einen Teil der Elektronen innerhalb eines Strahls ablenken, der durch groûe elektromagnetische Linsen in der Såulenwand auf den Bildschirm zentriert wird. Die Elektronen, die auf den Schirm auftreffen, werden durch das Vakuum in der Såule mit einer Stårke von Zehntausenden von Volt beschleunigt. In der Hand haben Sie vielleicht einen Knopf, mit dem Sie die Vergræûerung der Linsen einstellen kænnen. Durch einfaches Drehen an diesem Knopf kann sich das Bild vor Ihren Augen von einer Gesamtansicht der Zellen zu einem winzigen Teil einer Zelle wie etwa einigen Ribosomen oder einem kleinen Abschnitt einer einzigen Membran verengen. Mit Hilfe anderer Knæpfe kænnen Sie verschiedene Bereiche des Objekts çber den Schirm gleiten sehen, so dass Sie das Gefçhl haben, als wçrden Sie in einer Zelle herumfahren. Wenn Sie eine Struktur gefunden haben, die Sie interessiert, kænnen Sie an einer Kurbel drehen, die den Schirm aus dem Blickfeld klappt, so dass der Elektronenstrahl auf den Film auftrifft und ein photographisches Abbild des Untersuchungsmaterials entsteht. Weil zur Untersuchung der Zellfunktion insgesamt ein betråchtliches Instrumentarium wie beispielsweise das gerade beschriebene Elektronenmikroskop erforderlich ist, hat der Forscher keinen direkten Zugang zu seinem Untersuchungsobjekt. Zellen åhneln stark winzigen Blackboxes. Wir haben zwar viele Mæglichkeiten entwickelt, diese Kåsten zu untersuchen, tappen jedoch immer in einem Bereich herum, der nicht richtig ausgeleuchtet werden kann. Wenn eine Entdeckung gemacht oder eine neue Technik entwickelt wird, dringt ein neuer dçnner Lichtstrahl in den Kasten ein. Weitere Arbeiten vertiefen unser Verståndnis von seinem Aufbau oder einem darin ablaufenden Prozess, stellen uns aber auch immer wieder vor neue Fragen. Wir erarbeiten immer komplexere und raffinier-
Fçr die Studenten
tere Modelle, kænnen aber nie sicher sein, wie weit wir uns mit unserer Vorstellung schon der Realitåt angenåhert haben. In dieser Hinsicht lassen sich die Forschungsarbeiten in der Zellund Molekularbiologie mit der Untersuchung eines Elefanten vergleichen, zu der in einem alten indischen Mårchen sechs blinde Månner antreten. Die sechs besuchen einen in der Nåhe gelegenen Palast, um etwas çber die Natur von Elefanten zu erfahren. Als sie angekommen sind, nåhert sich jeder von ihnen dem Elefanten und beginnt, ihn zu betasten. Der erste Blinde befçhlt die Flanke des Elefanten und kommt zu dem Schluss, dass ein Elefant glatt wie eine Wand ist. Der zweite berçhrt den Rçssel und meint, ein Elefant sei rund wie eine Schlange. Die anderen Mitglieder der Gruppe fassen einen Stoûzahn, ein Bein, ein Ohr beziehungsweise den Schwanz des Elefanten an, und ihre Eindrçcke vom Tier sind jeweils von den eigenen begrenzten Erfahrungen geprågt. Die Erkenntnisse, die Zellbiologen mithilfe einer bestimmten Technik oder eines experimentellen Ansatzes gewinnen kænnen, sind åhnlich beschrånkt. Obwohl jede neue Information unser Wissen erweitert und so zu einer besseren Vorstellung von der untersuchten Aktivitåt fçhrt, bleibt das Gesamtbild jedoch weiterhin undeutlich. Bevor ich diese Einleitung beende, mæchte ich mir die Freiheit nehmen, den Lesern einige Ratschlåge zu geben: Glauben Sie nicht alles, was sie lesen! Man sollte aus mehreren Grçnden skeptisch sein. Dieses Buch enthålt bestimmt Fehler, weil der Autor bestimmte Dinge nicht gewusst oder irgendeinen Aspekt der wissenschaftlichen Literatur falsch gedeutet hat. Wichtiger ist
aber, dass wir uns das Wesen wissenschaftlicher Forschung vor Augen halten. Biologie ist eine empirische Wissenschaft ± nichts ist je exakt bewiesen. Wir sammeln Daten çber ein bestimmtes Zellorganell, eine bestimmte Stoffwechselreaktion, intrazellulåre Bewegung usw. und ziehen daraus unsere Schlçsse. Bei manchen Schlussfolgerungen sind die Beweise stichhaltiger als bei anderen. Aber selbst wenn sich Wissenschaftler çber die ¹Faktenª zu einem bestimmten Phånomen einig sind, kann man diese Daten oft noch unterschiedlich interpretieren. Es werden Hypothesen aufgestellt, die im Allgemeinen zu weiteren Forschungsarbeiten und so zu einer Neubewertung der ursprçnglichen These fçhren. Selbst die meisten Hypothesen, die ihre Gçltigkeit behalten, machen eine Art Evolution durch und sollten, wenn sie im Buch dargestellt werden, nicht als vollkommen richtig oder falsch angesehen werden. Zellbiologie ist ein Gebiet, das sich schnell wandelt, und einige der besten Hypothesen werden oft sehr kontrovers diskutiert. Obwohl das hier ein Lehrbuch ist, von dem man erwartet, dass es nur ausreichend fundiertes Wissen beinhaltet, gibt es doch viele Abschnitte, in denen neue Ideen vorgestellt werden. Diese Ideen werden oft als Modelle bezeichnet. Ich habe solche Modelle mit aufgenommen, weil sie, selbst wenn sie spekulativ sind, widerspiegeln, welche Vorstellungen gerade auf dem entsprechenden Gebiet vorherrschen. Sie verstårken den Eindruck, dass Zellbiologen an vorderster Front der Wissenschaft operieren, einem Gebiet zwischen Bekanntem und Unbekanntem. Bewahren Sie sich also ihre Skepsis!
Danksagung
An der Entstehung dieses Buches waren viele Personen beteiligt. Ich mæchte als erstes Peter van der Geer vom Department of Chemistry and Biochemistry der University of California, San Diego, danken. Peter war so freundlich, die Hauptverantwortung fçr die Ûberarbeitung des Kapitels 15 zu çbernehmen, das dem Thema Zellkommunikation gewidmet ist. Ich danke Geraldine Osnato, die eine auûergewæhnliche Herausgeberin ist. Wir haben das Verfahren fçr diese Ûberarbeitung gemeinsam festgelegt, und auch spåter konnte ich mich immer auf ihr vernçnftiges Urteil verlassen. Vielen Dank, Geraldine, fçr deine Hilfe und Ratschlåge! Zu besonderem Dank verpflichtet bin ich dem Produktionsteam von John Wiley & Sons, das schlicht das beste ist. Barbara Russiello, die fçr die Herstellung verantwortlich war, hat sich schon bei den letzten drei Ausgaben im wahrsten Sinne des Wortes als ¹treibende Kraftª erwiesen. Barbara will immer mæglichst das beste Buch herstellen ± egal, wie viel Zeit und Energie sie dafçr in ein Projekt investieren muss. Hilary Newman und Anna Melhorn waren fçr die Photos beziehungsweise Graphik verantwortlich. Es war ein Glçcksfall fçr mich, bei allen vier Ausgaben des Buches mit Hilary zusammenarbeiten zu kænnen. Hilary ist clever und beharrlich, und ich habe græûtes Zutrauen zu ihrer Fåhigkeit, jedes Bild zu bekommen, um das man sie bittet. Es war auch eine groûe Freude, zum zweiten Mal mit Anna zusammen zu arbeiten. Das Programm fçr die Illustration dieses Buches ist sehr kompliziert, aber Anna hat es wunderbar geschafft, die vielen Einzelheiten im Auge zu behalten und zu koordinieren, die fçr die Fertigstellung erforderlich waren. Ich hatte auch wieder mal das Glçck, dass Harry Nolan fçr die graphische Gestaltung verantwortlich war. Harry hat Dynamik in das Layout der Kapitel gebracht und der Titelseite Eleganz verliehen. Clay Stone war bei der letzten Ausgabe ein phantastischer Marketingdirektor, was mir die Zuversicht gibt, dass er es auch bei der anstehenden Aufgabe sein wird. Ich mæchte auch gerne den Kçnstlern von Imagineering fçr all die neuen Zeichnungen danken. Besonders Kierstan Hong hat eine wich-
tige Rolle bei der Koordination des Kunstprogramms gespielt. Ich war sehr zufrieden mit den auûergewæhnlich guten Graphiken, die das Studio erstellt hat. Mein Dank gilt auch den Professoren David Asai und Ken Robinson von der Purdue University, die zu den Kapiteln 2 und 5 eine Reihe interessanter Fragen zur Selbstçberprçfung beigesteuert haben. Ein spezieller Dank geht an Dana Kasowitz, çber die çberwiegend die redaktionelle Kommunikation lief und die immer eine groûe Hilfe war. Darçber hinaus mæchte ich Brian Rose danken, der das Manuskript lektoriert hat, Steve Ingle, der den Index erstellt hat, sowie Dr. Elizabeth Coolidge-Stolz, die das Glossar verfasst hat. Besonders dankbar bin ich den zahlreichen Biologen, die fçr dieses Buch mikroskopische Aufnahmen zur Verfçgung gestellt haben. Mehr als jedes andere Element sorgen diese Bilder dafçr, dass die Erforschung der Zellbiologie selbst auf gedrucktem Papier lebendig wird. Schlieûlich mæchte ich mich im Voraus fçr såmtliche Fehler im Buch entschuldigen und mein tiefes Bedauern darçber ausdrçcken. Kommentare und Kritik jeglicher Art sind sehr willkommen und kænnen an folgende Adresse geschickt werden: Biology Editor, John Wiley & Sons, 111 River Street, Hoboken, NJ 07030. Bei der Abfassung der Endversion des Manuskripts zur 3. Auflage habe ich zahlreiche Wissenschaftler um Rat gefragt, deren Arbeit ich bewundere. Ich habe diese Personen gebeten, ein oder zwei Kapitel durchzusehen; die meisten von ihnen waren so freundlich, mir bei dem Projekt zu helfen. Folgenden Personen bin ich fçr ihre konstruktive Kritik und guten Ratschlåge dankbar: William E. Balch The Scripps Research Institute Wendy A. Bickmore Medical Research Council, Groûbritannien Sharon K. Bullock Virginia Commonwealth University Roderick A. Capaldi University of Oregon
Danksagung
Gordon G. Carmichael University of Connecticut Health Center
Andrew Newman Cambridge University
Ratna Chakrabarti University of Central Florida
Alan Nighorn University of Arizona
Dennis O. Clegg University of California ± Santa Barbara
Jonathan Nugent University of London
Orna Cohen-Fix National Institute of Health, Laboratory of Molecular and Cellular Biology
Joel L. Rosenbaum Yale University
Philippa D. Darbre University of Reading Roger W. Davenport University of Maryland Barry J. Dickson Research Institute of Molecular Pathology Jennifer A. Doudna Yale University Evan E. Eichler Case Western University School of Medicine Jacek Gaertig University of Georgia Reginald Halaby Montclair State University Robert Helling University of Michigan
Wolfram Saenger Freie Universitåt Berlin E. D. Salmon University of North Carolina ± Chapel Hill Trina Schroer Johns Hopkins University David Schultz University of Louisville Katie Shannon University of North Carolina ± Chapel Hill Joel B. Sheffield Temple University Dennis Shevlin College of New Jersey Harriette Smith-Somerville University of Alabama
Gregory D. D. Hurst University College London
Colleen Talbot California State University
Ken Jacobson University of North Carolina
Giselle Uhibaudeau Mississippi State University
Haig H. Kazazian, Jr. University of Pennsylvania
Jeffrey L. Travis University at Albany ± Suny
Laura R. Keller Florida State University
Paul Twigg University of Nebraska ± Kearney
Nemat O. Keyhani University of Florida
Ajit Varki University of California ± San Diego
Nancy Kleckner Harvard University
Andrew Webber Arizona State University
Robert C. Liddington Burnham Institute
Beverly Wendland Johns Hopkins University
Jeannette M. Loutsch Arizona State University
Eric V. Wong University of Louisville
Charles Mallery University of Miami
Gary Yellen Harvard Medical School
Thomas McKnight Texas A&M University
Masasuke Yoshida Tokyo Institute of Technology
Michelle Moritz University of California ± San Francisco
Robert A. Zimmerman University of Massachusetts
Linda Amos MRC Laboratory of Molecular Biology Gerald T. Babcock Michigan State University James Barber Imperial College of Science ± Wolfson Laboratories John D. Bell Brigham Young University Daniel Branton Harvard University Thomas R. Breen Southern Illinois University K. H. Andy Choo Royal Children's Hospital ± the Murdoch Institute
Danksagung
Jennifer W. Schuler Wake Forest University Rod Scott Wheaton College Bruce Stillman Cold Springs Harbor Laboratory Nigel Unwin MRC Laboratory of Molecular Biology Chris Watters Middlebury College David J. Asai Purdue University John D. Bell Brigham Young University Barbara Berg University of Puget Sound Niels Bols University of Waterloo, Ontario, Canada
Ronald H. Cooper University of California ± Los Angeles
Thomas R. Breen Southern Illinois University ± Carbondale
Michael Edidin The Johns Hopkins University
David K. Bruck San Jose State University
Robert Fillingame University of Wisconsin Medical School
Mitchell Chernin Bucknell University
Arthur Horwich Yale University School of Medicine
Thomas C. Chiles Boston College
Joel A. Huberman Roswell Park Cancer Institute
Randy W. Cohen California State University ± Northridge
Werner Kçhlbrandt Max-Planck-Institut fçr Biophysik
Dennis O. Clegg University of California ± Santa Barbara
James Lake University of California ± Los Angeles
Guy E. Farish Adams State College
Vishwanath R. Lingappa University of California ± San Francisco
Susannah Gal Suny, Binghamton
Ardythe A. McKracken University of Nevada ± Reno
Francine S. Glazer Kean University
Mike O'Donnell Rockefeller University
Margaret Johnson University of Alabama
Hugh R. B. Pelham MRC Laboratory of Molecular Biology
David Knecht University of Connecticut ± Storrs
Jonathan Pines Wellcome/Crc Institute
Robert N. Leamson University of Massachusetts ± Dartmouth
Randy Schekman University of California ± Berkeley
Esther M. Leise University of North Carolina ± Greensboro
Sandra Schmid The Scripps Research Institute
Alan C. Leonard Florida Institute of Technology
Danksagung
Edward J. Macarak University of Pennsylvania
David Fromson California State University ± Fullerton
Luis A. Materon University of Texas ± Pan American
David S. Gilmour Pennsylvania State University ± University Park
Elizabeth J. Moore Rowan University
R. Jane Hanas University of Central Oklahoma
Dennis G. Searcy University of Massachusetts Diane Shakes College of William and Mary David H. Vickers University of Central Florida Anne E. K. Zayaitz Kutztown University
Robert E. Bast Cleveland State University Catherine P. Chia University of Nebraska ± Lincoln Sherri Clark Eastern New Mexico University
Thomas Kistenmacher Johns Hopkins University Hallie M. Krider The University of Connecticut Mary Lee S. Ledbetter College of the Holy Cross Joel Piperberg Millersville University of Pennsylvania Nancy L. Pruitt Colgate University Thomas M. Roberts Florida State University Robert Seagull Hofstra University Joel Sheffield Temple University Sheldon Shen Iowa State University
Julia Dragolovich University of Maryland
John Tyson Virginia Polytechnic Institute
Karl Drlica Public Health Research Institute
Fred Warner Syracuse University
Terrence G. Frey San Diego State University
Xilin Zhao Public Health Research Institute
Inhaltsçbersicht
1
Einfçhrung in die Zell- und Molekularbiologie
2
Die chemischen Grundlagen des Lebens
41
3
Bioenergetik, Enzyme und Stoffwechsel
109
4
Struktur und Funktion der Plasmamembran
155
5
Die Zellatmung und das Mitochondrium
233
6
Photosynthese und der Chloroplast
277
7
Wechselwirkungen zwischen Zellen und ihrer Umgebung
309
8
Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
353
Cytoskelett und Zellbewegungen
419
10
Gene und Genom
491
11
Die Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
541
12
Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
609
13
DNA-Replikation und DNA-Reparatur
679
14
Fortpflanzung von Zellen
713
15
Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
771
16
Krebs
829
17
Die Immunantwort
869
18
Techniken der Zell- und Molekularbiologie
911
9
Glossar
1
971
Nobelpreise Zell- und Molekularbiologie seit 1958
1003
Sach- und Personenverzeichnis
1007
Inhaltsverzeichnis
1
Einfçhrung in die Zellund Molekularbiologie
1
1.1
Die Entdeckung der Zellen
2
1.2
Die elementaren Eigenschaften von Zellen 3 Zellen sind hochkomplex und hochorganisiert 4 Zellen besitzen ein genetisches Programm sowie die Mittel, es zu benutzen 6 Zellen kænnen sich selbst vermehren 6 Zellen gewinnen und verbrauchen Energie 6 In Zellen laufen viele verschiedene chemische Reaktionen ab 7 Zellen fçhren zahlreiche mechanische Aktivitåten durch 7 Zellen kænnen auf Reize reagieren 7 Zellen kænnen sich selber regulieren 7 Zellen durchlaufen eine Evolution 8
1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4 1.2.5 1.2.6 1.2.7 1.2.8 1.2.9 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3
1.3.4
1.4 1.4.1
Zwei grundverschiedene Zellarten 9 Merkmale, in denen sich prokaryotische und eukaryotische Zellen unterscheiden 11 Prokaryotische Zelltypen 16 Eukaryotische Zelltypen: Zellspezialisierung 19 Aus Sicht des Menschen: Aussichten einer Zellersatztherapie
Die Græûe der Zellen und ihrer Bestandteile 25 Viren 26 Viroide 30
22
2
Die chemischen Grundlagen des Lebens 41
2.1 2.1.1 2.1.2
Kovalente Bindungen 42 Polare und unpolare Molekçle 44 Ionisierung 44
2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4
Såuren, Basen und Puffer
2.4
Die Eigenschaften biologischer Molekçle 53 Funktionelle Gruppen 54 Eine Klassifizierung biologischer Molekçle aufgrund ihrer Funktion 54
2.4.1 2.4.2 2.5 2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.5.5 2.6 2.6.1
Experimentelle Verfahren: Wie sind die eukaryotischen Zellen entstanden? 31
51
Vier Arten von biologischen Molekçlen 56 Kohlenhydrate 56 Lipide 62 Proteine 64
Aus Sicht des Menschen: Proteinfaltung mit tædlichen Folgen
Nucleinsåuren 95
82
Die Bildung komplexer makromolekularer Strukturen 97 Der Aufbau der Partikel und ribosomalen Untereinheiten des Tabakmosaikvirus 98
Experimentelle Verfahren: Chaperone helfen Proteinen, sich richtig zu falten 99
Zusammenfassung 104
Zur Selbstçberprçfung 39 Weiterfçhrende Literatur 40
Nichtkovalente Bindungen 46 Ionenbindungen: Anziehungskråfte zwischen geladenen Atomen 47 Wasserstoffbrçcken 47 Hydrophobe Wechselwirkungen und van-der-Waals-Kråfte 48 Die lebenserhaltenden Eigenschaften des Wassers 49
2.3
Zusammenfassung 38
1.5
Aus Sicht des Menschen: Fçr den Alterungsprozess sind freie Radikale verantwortlich 45
Zur Selbstçberprçfung 106 2.7
Weiterfçhrende Literatur 107
Inhaltsverzeichnis
3
Bioenergetik, Enzyme und Stoffwechsel 109
4.4.2
3.1 3.1.1
Bioenergetik 110 Die Gesetze der Thermodynamik und der Begriff der Entropie 110 Freie Enthalpie 113
4.4.3 4.4.4
3.1.2 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5
3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4
3.4
Enzyme, die biologischen Katalysatoren 120 Die Eigenschaften von Enzymen 121 Ûberwindung der Schwelle der Aktivierungsenergie 122 Das aktive Zentrum und die Spezifitåt der Molekçle 124 Mechanismen der enzymatischen Katalyse 126 Enzymkinetik 129
Aus Sicht des Menschen: Das wachsende Problem der Antibiotikaresistenz 134
Stoffwechsel 137 Ein Ûberblick çber den Stoffwechsel 137 Oxidation und Reduktion ± eine Sache der Elektronen 138 Energiegewinnung und -verbrauch 139 Regulation des Stoffwechsels 145
4.5 4.5.1 4.5.2 4.5.3 4.5.4 4.6 4.6.1 4.6.2 4.6.3 4.7 4.7.1
Zusammenfassung 149
4.7.2
Zur Selbstçberprçfung 151
4.7.3 4.7.4
Weiterfçhrende Literatur 153
4.8
4
Struktur und Funktion der Plasmamembran 155
4.1
Ein Ûberblick çber die Funktionen der Plasmamembran 157
4.2
4.3 4.3.1 4.3.2 4.4 4.4.1
4.8.1 4.8.2 4.8.3 4.8.4
Eine kurze Geschichte der Untersuchungen zur Struktur der Plasmamembran 158
Membranlipide und die Fluiditåt der Membran 175 Die Bedeutung der Fluiditåt einer Membran 176 Die Aufrechterhaltung der Membranfluiditåt 177 Die Asymmetrie der Membranlipide 177 Lipidflæûe 178 Dynamische Prozesse in der Plasmamembran 179 Die Diffusion der Membranproteine nach der Zellfusion 180 Einschrånkungen der Proteinund Lipidmobilitåt 180 Die Struktur der Plasmamembran am Beispiel des roten Blutkærperchens 186 Wie Substanzen Zellmembranen passieren 189 Die Energetik der Bewegung gelæster Stoffe 190 Diffusion von Substanzen durch Membranen 191 Erleichterte Diffusion 201 Aktiver Transport 202
Aus Sicht des Menschen: Eine Erbkrankheit, die durch defekte Ionenkanåle verursacht wird 206
Membranpotenziale und Nervenimpulse 210 Das Ruhepotenzial 211 Das Aktionspotenzial 212 Weiterleitung von Aktionspotenzialen als Impuls 214 Signalçbertragung im Nervensystem: Wie der synaptische Spalt çberbrçckt wird 215 Experimentelle Verfahren: Der Acetylcholinrezeptor 220
Die chemische Zusammensetzung der Membranen 161 Membranlipide 161 Kohlenhydrate in der Membran 165 Struktur und Funktionen von Membranproteinen 167 Integrale Membranproteine 168
Untersuchung der Struktur und Eigenschaften integraler Membranproteine 169 Periphere Membranproteine 174 Im Lipid verankerte Membranproteine 175
Zusammenfassung 226 Zur Selbstçberprçfung 228 4.9
Weitere Literatur 230
5 5.1 5.1.1 5.1.2 5.2 5.2.1 5.2.2
Inhaltsverzeichnis
Die Zellatmung und das Mitochondrium
6.3 6.3.1
Die Lichtabsorption 283 Photosynthetisch aktive Pigmente 283
Struktur und Funktion der Mitochondrien 234 Mitochondrienmembranen 235 Die mitochondriale Matrix 236
6.4
Der oxidative Stoffwechsel in den Mitochondrien 237 Der Citratzyklus 238 Die Bedeutung der reduzierten Coenzyme fçr die ATP-Synthese 242
6.4.2
Photosynthese-Einheiten und Reaktionszentren 285 Sauerstoffbildung: Koordination der Aktionen zweier verschiedener Photosynthesesysteme 286 Unkrautbekåmpfung durch Hemmung des Elektronentransports 293
233
Aus Sicht des Menschen: Die Bedeutung des anaeroben und aeroben Stoffwechsels fçr das kærperliche Training 243
5.3 5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.4
5.5 5.5.1 5.5.2 5.5.3
5.6
Die Bedeutung der Mitochondrien fçr die ATP-Produktion 245 Redoxpotenziale 245 Elektronentransport 247 Typen von Elektronencarriern 248
6.4.1
6.5 6.5.1
Photophosphorylierung 294 Nichtzyklische und zyklische Photophosphorylierung 294
6.6
Kohlendioxidfixierung und Kohlenhydratsynthese Kohlenhydratsynthese in C3-Pflanzen 295 Kohlenhydratsynthese in C4-Pflanzen 301 Kohlenhydratsynthese in CAM-Pflanzen 303
6.6.1 6.6.2 6.6.3
Der Protonenfluss und die Erzeugung einer protonenmotorischen Kraft 255 Der Apparat fçr die ATP-Synthese 257 Die Struktur der ATP-Synthase 258 ATP-Synthese durch Bindungswechsel 260 Weitere Aufgaben der protonenmotorischen Kraft neben der ATP-Synthese 266 Peroxisomen 267 Aus Sicht des Menschen: Krankheiten aufgrund defekter Mitochondrien oder Peroxisomen 269
Zusammenfassung 272 Zur Selbstçberprçfung 274 5.7
Zur Selbstçberprçfung 305 6.7
Weitere Literatur 307
7
Wechselwirkungen zwischen Zellen und ihrer Umgebung 309
7.1 7.1.1
Der extrazellulåre Raum 310 Die extrazellulåre Matrix 311
7.2
Wechselwirkungen zwischen Zellen und extrazellulåren Materialien 320 Integrine 320 Fokalkontakte und Hemidesmosomen verankern Zellen auf ihrer Unterlage 323
7.2.1 7.2.2
Weiterfçhrende Literatur 275
Photosynthese und der Chloroplast
277
6.1
Struktur und Funktion des Chloroplasten 279
6.2
Ein Ûberblick çber den Photosynthesestoffwechsel 281
295
Zusammenfassung 303
7.3
6
7.3.1 7.3.2 7.3.3
7.3.4
Wechselwirkungen zwischen Zellen 327 Selectine 327 Immunglobuline und Integrine 329 Cadherine 330
Aus Sicht des Menschen: Die Rolle der Zelladhåsion bei Entzçndungsprozessen und Metastasenbildung 333
Adhårenzverbindungen und Desmosomen: Verankerung von Zellen an anderen Zellen 335
7.3.5
7.4 7.5
Inhaltsverzeichnis
Die Rolle von Zell-AdhåsionsRezeptoren bei der transmembranen Signalçbertragung 338 Tight Junctions versiegeln den extrazellulåren Raum 339
7.5.1
Gap Junctions und Plasmodesmen vermitteln bei der intrazellulåren Kommunikation 342 Plasmodesmen 344
7.6
Zellwånde
8.5 8.5.1 8.5.2 8.5.3 8.5.4
345
Zusammenfassung 349
8.6
Weiterfçhrende Literatur 351
8
Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport 353
8.1
Das Endomembransystem: ein Ûberblick 354
8.2
Untersuchungsverfahren fçr Endomembranen 357 Neue Erkenntnisse durch Autoradiographie 357 Erkenntnisse, gewonnen durch die Verwendung des grçn fluoreszierenden Proteins 358 Erkenntnisse durch biochemische Analyse subzellulårer Fraktionen 358 Erkenntnisse durch Verwendung zellfreier Systeme 360 Erkenntnisse aus der Untersuchung genetischer Mutanten 361
8.2.1 8.2.2 8.2.3 8.2.4 8.2.5 8.3 8.3.1 8.3.2 8.3.3
8.4 8.4.1 8.4.2
Das endoplasmatische Retikulum 363 Das glatte endoplasmatische Retikulum 363 Funktionen des rauen endoplasmatischen Retikulums 365 Vom ER zum Golgi-Apparat: der erste Schritt des Vesikeltransports 376 Der Golgi-Apparat 376 Glycosylierung im Golgi-Apparat 377 Die Wanderung von Substanzen durch den Golgi-Apparat 379
Lysosomen
392
Aus Sicht des Menschen: Krankheiten durch Funktionsstærungen der Lysosomen 394
Zur Selbstçberprçfung 350 7.7
Typen des Vesikeltransports und ihre Funktionen 382 COPII-Coated-Vesicles: Substanztransport vom ER zum Golgi-Apparat 384 COPI-Coated-Vesicles: Rçcktransport entwischter Proteine ins ER 385 Jenseits des Golgi-Apparats: Sortierung der Proteine im TGN 386 Gerichteter Vesikeltransport in bestimmte Kompartimente 388
8.7
Die Vakuole der Pflanzenzellen
8.8
Der Endocytoseweg: Transport von Membranen und Substanzen ins Zellinnere 397 Endocytose 398 Phagocytose 404
8.8.1 8.8.2 8.9
8.9.1 8.9.2 8.9.3
396
Aufnahme fertig synthetisierter Proteine durch Peroxisomen, Mitochondrien und Chloroplasten 406 Aufnahme von Proteinen in Peroxisomen 406 Aufnahme von Proteinen in Mitochondrien 406 Aufnahme von Proteinen in Chloroplasten 408 Experimentelle Verfahren: Rezeptorvermittelte Endocytose
409
Zusammenfassung 414 Zur Selbstçberprçfung 416 8.10
Literatur 417
9
Cytoskelett und Zellbewegungen 419
9.1
Die wichtigsten Funktionen des Cytoskeletts: eine Ûbersicht 420
9.2
Die Untersuchung des Cytoskeletts 422 Fluoreszenzmikroskopie 422 Videomikroskopie und Laserstrahlen im In-vitro-Beweglichkeitsassay 423
9.2.1 9.2.2
Inhaltsverzeichnis
9.2.3
Zellen mit verånderter Genexpression 424
9.3 9.3.1 9.3.2 9.3.3
Mikrotubuli 426 Aufbau und Zusammensetzung 426 Mikrotubuliassoziierte Proteine 427 Mikrotubuli als Strukturgerçst und Organisatoren 427 Mikrotubuli als Hilfsmittel fçr Bewegungen im Zellinneren 429 Motorproteine und ihre Wanderung an den Mikrotubuli des Cytoskeletts 429 Mikrotubuli-Organisationszentren (MTOCs) 435 Die dynamischen Eigenschaften der Mikrotubuli 439
9.3.4 9.3.5 9.3.6 9.3.7
9.3.8 9.3.9 9.4 9.4.1 9.4.2 9.5 9.5.1 9.5.2
Aus Sicht des Menschen: Die Bedeutung der Cilien fçr Entwicklung und Krankheitsentstehung 444
Cilien und Flagellen: Struktur und Funktion 445 Der Aufbau von Cilien und Flagellen 446
Intermediårfilamente 453 Auf- und Abbau der Intermediårfilamente 454 Typen und Funktionen von Intermediårfilamenten 456 Mikrofilamente 457 Auf- und Abbau von Mikrofilamenten 458 Myosin: der molekulare Motor der Actinfilamente 460
9.6 9.6.1
Muskelkontraktion 466 Das Gleitfasermodell der Muskelkontraktion 468
9.7
Bewegungsvorgånge auûerhalb der Muskeln 473 Actin bindende Proteine 473 Beweglichkeit und Kontraktionsfåhigkeit auûerhalb der Muskeln: Beispiele 476
9.7.1 9.7.2
9.8
10
Gene und Genom
10.1
Der Begriff des Gens als Einheit der Vererbung 492
10.2
Chromosomen: die materiellen Tråger der Gene 493 Die Entdeckung der Chromosomen 493 Chromosomen als Tråger der genetischen Information 494 Genetische Analyse bei 496 Crossing over und Rekombination 497 Mutagenese und Riesenchromosomen 498
10.2.1 10.2.2 10.2.3 10.2.4 10.2.5
491
10.3 Die chemische Natur der Gene 500 10.3.1 Die Struktur der DNA 500 10.3.2 Die Idee von Watson und Crick 502 10.4 Der Aufbau des Genoms 508 10.4.1 Die Komplexitåt des Genoms 508
Aus Sicht des Menschen: Krankheiten, die durch Vermehrung von Trinucleotidwiederholungen entstehen 512
10.5 Die Stabilitåt des Genoms 518 10.5.1 Verdoppelung ganzer Genome (Polyploidisierung) 518 10.5.2 Verdoppelung und Verånderung einzelner DNA-Sequenzen 518 10.5.3 ¹Springende Geneª und die dynamischen Eigenschaften des Genoms 521 10.6
Sequenzierung von Genomen: die genetischen Grundlagen des Menschseins 525 10.6.1 Vergleichende Genomanalyse: ¹Was konserviert ist, muss wichtig seinª 527
Aus Sicht des Menschen: Die medizinische Anwendung der Genomanalyse 529 Experimentelle Verfahren: Die chemische Natur der Gene 531
Zusammenfassung 485
Zusammenfassung 537
Zur Selbstçberprçfung 488
Zur Selbstçberprçfung 539
Literatur 490
10.7
Literatur 540
11
Inhaltsverzeichnis
Die Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation 541
11.1
Die Beziehung zwischen Genen und Proteinen 542 11.1.1 Informationsfluss in den Zellen: ein Ûberblick 544
11.8 11.8.1 11.8.2 11.8.3 11.8.4
Experimentelle Verfahren: RNA als Katalysator 599
Transkription bei Pro- und Eukaryoten: eine Ûbersicht 546 11.2.1 Transkription bei Prokaryoten 548 11.2.2 Transkription und RNA-Processing bei Eukaryotenzellen 550
Zusammenfassung 603
11.2
11.3 11.3.1 11.3.2 11.3.3 11.3.4 11.4 11.4.1 11.4.2 11.4.3 11.4.4 11.4.5
Synthese und Weiterverarbeitung von ribosomaler RNA und Transfer-RNA 551 Die Synthese des rRNA-Vorlåufers 552 Die Weiterverarbeitung des rRNAVorlåufers 553 Synthese und Processing der 5S-rRNA 558 Transfer-RNA 558 Synthese und Weiterverarbeitung der Messenger-RNA 559 Der Apparat fçr die Transkription der mRNA 560 Gestçckelte Gene: eine unerwartete Entdeckung 563 Das Processing eukaryotischer Messenger-RNA 567 Gestçckelte Gene und RNA-Spleiûen: ihre Bedeutung fçr die Evolution 575 Herstellung neuer Ribozyme im Labor 577
11.5
Kleine nicht codierende RNAs und RNA-Interferenz 578 11.5.1 Mikro-RNAs: Hunderte von RNAs mit unbekannter Funktion 579
Zur Selbstçberprçfung 606 11.9
Literatur 608
12
Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression 609
12.1 Der Kern einer Eukaryotenzelle 610 12.1.1 Die Kernhçlle 610 12.1.2 Chromosomen und Chromatin 616 Aus Sicht des Menschen: Chromosomenaberrationen
12.2
Steuerung der Genexpression bei Prokaryoten 638 12.2.1 Das Bakterienoperon 638 12.3
Steuerung der Genexpression bei Eukaryoten 642
12.4
12.4.5
Steuerung auf Transkriptionsebene 644 Die Bedeutung von Transkriptionsfaktoren fçr die Steuerung der Genexpression 648 Die Struktur von Transkriptionsfaktoren 649 Transkriptions-Regulationsstellen auf der DNA 652 Transkriptionsaktivierung: Enhancer, Promotoren und Coaktivatoren 656 Transkriptionsrepression 660
12.5
Steuerung auf Processing-Ebene 664
12.4.1
12.4.3
11.6
Die Codierung der genetischen Information 582 11.6.1 Die Eigenschaften des genetischen Codes 582
12.4.4
12.6
11.7
585
628
12.1.3 Der Zellkern als organisiertes Organell 635
12.4.2
Aus Sicht des Menschen: Potenzielle klinische Anwendungsgebiete der RNA-Interferenz 581
Decodierung der Codons: die Funktion der Transfer-RNA 11.7.1 Die Struktur der tRNA 586
Die Translation der genetischen Information 590 Initiation 590 Elongation 594 Termination 596 mRNA-Ûberwachung: Unsinn wird nicht geduldet 597
Steuerung auf Translationsebene 666 12.6.1 Lokalisierung der mRNA im Cytoplasma 666 12.6.2 Steuerung der Translation 667 12.6.3 Steuerung der mRNA-Stabilitåt 669
12.7
Inhaltsverzeichnis
Steuerung nach der Translation: Proteinstabilitåt 671
14.3 Meiose 747 14.3.1 Die Stadien der Meiose
749
Aus Sicht des Menschen: Nondisjunction in der Meiose und die Folgen 755
Zusammenfassung 673
14.3.2 Genetische Rekombination in der Meiose 757
Zur Selbstçberprçfung 676 12.8
Experimentelle Verfahren: Die Entdeckung und Charakterisierung des MPF 759
Literatur 677
Zusammenfassung 764
13
DNA-Replikation und DNAReparatur 679
Zur Selbstçberprçfung 767
13.1 13.1.1 13.1.2 13.1.3
DNA-Replikation 680 Semikonservative Replikation 680 Replikation in Bakterienzellen 682 Struktur und Funktion von Polymerasen 691 13.1.4 Replikation in Eukaryotenzellen 695 13.2 13.2.1 13.2.2 13.2.3 13.2.4
DNA-Reparatur 702 Nucleotid-Excisionsreparatur 703 Basen-Excisionsreparatur 704 Fehlpaarungsreparatur 705 Reparatur von Doppelstrangbrçchen 706
13.3
Zwischen Replikation und Reparatur 706 Aus Sicht des Menschen: Defekte der DNA-Reparatur und ihre Folgen 707
Zusammenfassung 709 Zur Selbstçberprçfung 711 13.4
Literatur 712
14
Fortpflanzung von Zellen
14.2.1 14.2.2 14.2.3 14.2.4 14.2.5 14.2.6 14.2.7
Die M-Phase: Mitose und Cytokinese 725 Prophase 726 Prometaphase 733 Metaphase 735 Anaphase 736 Telophase 741 Kråfte fçr die Bewegungen in der Mitose 742 Cytokinese 743
Literatur 768
15
Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen 771
15.1
Grundelemente zellulårer Signalçbertragungssysteme 772
15.2
Eine Ûbersicht çber extrazellulåre Botenstoffe und ihre Rezeptoren 774
15.3
Mit G-Proteinen gekoppelte Rezeptoren und ihre second messengers 775 15.3.1 Signaltransduktion çber G-Protein-gekoppelte Rezeptoren 776
Aus Sicht des Menschen: Krankheiten im Zusammenhang mit G-Protein-gekoppelten Rezeptoren 780
713
14.1 Der Zellzyklus 714 14.1.1 Zellzyklen 715 14.1.2 Die Steuerung des Zellzyklus 716 14.2
14.4
15.3.2 Die Entdeckung eines : cyclisches AMP 782 15.3.3 Von Lipiden abgeleitete 783 15.3.4 Die Spezifitåt G-Proteingekoppelter Reaktionen 787 15.3.5 Die Regulation des Blutglucosespiegels 788 15.3.6 Die Rolle G-Protein-gekoppelter Rezeptoren bei der sensorischen Wahrnehmung 791 15.4
Die tyrosinspezifische Proteinphosphorylierung als Mechanismus der Signalçbertragung 793 15.4.1 Der Ras-MAPK-Signalweg 798 15.4.2 Die Signalçbertragung im Falle des Insulinrezeptors 802 15.4.3 Signalwege bei Pflanzen 806
Inhaltsverzeichnis
15.5
Calcium als intrazellulårer Botenstoff 807 15.5.1 Die Regulation der Calciumkonzentration in Pflanzenzellen 811 15.6
Konvergenz, Divergenz und Crosstalk zwischen verschiedenen Signalwegen 812 15.6.1 Beispiele fçr Konvergenz, Divergenz und Crosstalk zwischen verschiedenen Signalwegen 813 15.7
Stickstoffmonoxid (NO) als interzellulårer Botenstoff
Apoptose (programmierter Zelltod) 816 15.8.1 Der extrinsische Apoptosesignalweg 818 15.8.2 Der intrinsische Apoptosesignalweg 819 Zusammenfassung 821 Zur Selbstçberprçfung 824 Weiterfçhrende Literatur 826
17.2
Die Theorie der klonalen Selektion bei B-Zellen 873 17.2.1 Impfung 876 17.3
T-Lymphozyten: Aktivierung und Wirkungsmechanismus 877
17.4
Ausgewåhlte Aspekte der zellulåren und molekularen Grundlagen der Immunitåt 881 Die modulare Struktur von Antikærpern 881 DNA-Umordnungen bei den Genen fçr B- und T-Zell-Rezeptoren 884 Membrangebundene AntigenRezeptor-Komplexe 888 Der Haupthistokompatibilitåtskomplex 888 Die Unterscheidung zwischen Kærpereigenem und Kærperfremdem 894 Lymphozyten werden durch Zelloberflåchen-Signale aktiviert 896 Signaltransduktionswege bei der Aktivierung von Lymphozyten 897
17.4.1 17.4.2 17.4.3 17.4.4 17.4.5
17.4.7
Krebs 829
16.1
Grundeigenschaften einer Krebszelle 830
16.2
Krebsursachen
Aus Sicht des Menschen: Autoimmunerkrankungen 899 Experimentelle Verfahren: Die Rolle des Haupthistokompatibilitåtskomplexes fçr die Antigenpråsentation 902
833
Zur Genetik von Krebserkrankungen 834 16.3.1 Tumorsuppressor-Gene und Oncogene: Bremsen und Gaspedale 839
Zusammenfassung 908
16.3
16.4 16.4.1 16.4.2 16.4.3 16.4.4
Neue Strategien der Krebsbehandlung 855 Immuntherapie 855 Gentherapie 857 Hemmung der Aktivitåt krebsfærdernder Proteine 857 Hemmung der Blutgefåûbildung (Angiogenese) 858 Experimentelle Verfahren: Die Entdeckung der Oncogene 859
Zusammenfassung 866 16.5
Literatur 868
869
Ein Ûberblick çber die Immunantwort 870 17.1.1 Angeborene Immunreaktionen 871 17.1.2 Adaptive Immunreaktionen 872
17.4.6
16
Die Immunantwort
17.1
814
15.8
15.9
17
17.5
Literatur 910
18
Techniken der Zellund Molekularbiologie
18.1 18.1.1 18.1.2 18.1.3 18.1.4
911
Das Lichtmikroskop 912 Auflæsung 913 Visibilitåt 914 Phasenkontrastmikroskopie 915 Fluoreszenzmikroskopie und verwandte Techniken 916 18.1.5 Videomikroskopie und Bildverarbeitung 918 18.1.6 Konfokale Raster-Mikroskopie 918 18.1.7 Pråparation von Objekten fçr die Lichtmikroskopie 919
18.2
Transmissionselektronenmikroskopie 920 18.2.1 Die Pråparation von Objekten fçr die Elektronenmikroskopie 922 18.3
Rasterelektronenmikroskopie 927
18.4
Der Einsatz von Radioisotopen
18.5
Zellkultur
18.6
Die Fraktionierung des Zellinhalts durch differenzielle Zentrifugation 933
929
930
18.7
Isolierung, Aufreinigung und Fraktionierung von Proteinen 934 18.7.1 Die selektive Pråparation 934 18.7.2 Såulenchromatographie 934 18.7.3 Polyacrylamid-Gelelektrophorese 938 18.8
Inhaltsverzeichnis
Strukturbestimmung bei Proteinen 941
18.9
Aufreinigung und Fraktionierung von Nucleinsåuren 942 18.9.1 Auftrennung von DNA durch Elektrophorese 943 18.10 Konzentrationsbestimmung bei Proteinen und Nucleinsåuren 943
18.11 Ultrazentrifugation 944 18.11.1 Das Sedimentationsverhalten von Nucleinsåuren 946 18.12 Nucleinsåurehybridisierung 946 18.13 Techniken der DNA-Rekombination 948 18.13.1 Restriktionsendonucleasen 948 18.13.2 Die Herstellung von rekombinierter DNA 950 18.13.3 Die Klonierung von DNA 950 18.13.4 Chemische Synthese und Oligonucleotidmutagenese 957 18.13.5 Gentransfer in eukaryotische Zellen und Såugerembryos 958 18.13.6 Die enzymatische Amplifikation von DNA mittels PCR 963 18.13.7 Die Sequenzierung von DNA 964 18.14 Der Einsatz von Antikærpern
Glossar
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Nobelpreise Zellund Molekularbiologie seit 1958 Sach- und Personenverzeichnis
1003 1007
Einfçhrung in die Zell- und Molekularbiologie
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1.1 Die Entdeckung der Zellen 1.2 Die elementaren Eigenschaften von Zellen 1.3 Zwei grundverschiedene Zellarten 1.4 Viren Aus Sicht des Menschen: Aussichten einer Zellersatztherapie Experimentelle Verfahren: Wie sind die eukaryotischen Zellen entstanden?
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Die Zellen und die Strukturen, aus denen sie bestehen, sind zu klein, um sie mit unseren Sinnen direkt wahrnehmen, sehen oder anfassen zu kænnen. Trotz dieses enormen Handikaps erscheinen Jahr fçr Jahr Tausende von Artikeln çber Zellen, in denen nahezu jeder Aspekt der winzigen Zellstrukturen minutiæs untersucht wird. Die zell- und molekularbiologische Forschung verdankt sehr viel der Wissbegierde und Entdeckungslust des Menschen sowie seiner kreativen Intelligenz, mit der er komplexe Instrumente erfindet und Techniken entwickelt, mit denen diese Entdeckungen gemacht werden kænnen. Das bedeutet natçrlich nicht, dass nur Zellbiologen mit diesen speziellen Wesenszçgen ausgestattet wåren. An dem einen Ende des wissenschaftlichen Spektrums suchen Astronomen die åuûeren Rånder des Universums nach schwarzen Læchern und Quasaren ab, deren Eigenschaften fçr uns im Vergleich zu denjenigen,
die bisher auf der Erde bekannt sind, unvorstellbar zu sein scheinen. Am anderen Ende des Spektrums richten Kernphysiker ihre Aufmerksamkeit auf subatomare Partikel, die ebenfalls schwer vorstellbare Eigenschaften haben. Sicher tun sich in unserem Universum immer wieder neue Welten auf, deren Erscheinungsformen allesamt Anlass fçr faszinierende Forschungen sind. Im vorliegenden Buch wird sich immer wieder zeigen, dass die Zell- und Molekularbiologie reduktiv arbeitet; das heiût, sie geht davon aus, dass man das Ganze aufgrund der Kenntnis seiner Teile erklåren kann. Bei diesem Ansatz kann es leicht passieren, dass wir, anstatt uns den Wundern und Mysterien des Lebens anzunåhern, alles so erklåren mçssen, als funktioniere das lebende System praktisch wie eine ¹Maschineª. Dieser emotionale Verlust kann, soweit er eintritt, hoffentlich dadurch wettgemacht werden, dass man genauso von der Schænheit und
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Einfçhrung in die Zell- und Molekularbiologie
Komplexitåt der Mechanismen fasziniert ist, die der zellulåren Aktivitåt zugrunde liegen.
1.1 Die Entdeckung der Zellen Wegen ihrer geringen Græûe kann man die Zellen nur unter einem betrachten, einem Instrument, mit dem man ein winziges Objekt vergræûern kann. Wir wissen nicht, wann Menschen zum ersten Mal die bemerkenswerte Fåhigkeit gekrçmmter Glasoberflåchen entdeckt haben, das Licht zu beugen und Bilder zu erzeugen. Die ersten Brillen wurden im 13. Jahrhundert in Europa hergestellt und die ersten Lichtmikroskope mit einem Linsensystem gegen Ende des 16. Jahrhunderts gebaut. Bis Mitte des 17. Jahrhunderts war es einer Handvoll wissenschaftlicher Pioniere mit Hilfe ihrer selbst gebauten Mikroskope gelungen, eine Welt zu erschlieûen, die mit dem unbewaffneten Auge niemals entdeckt worden wåre. Die Entdeckung der Zellen (Abb. 1.1 a) wird allgemein Robert Hooke zugeschrieben, einem englischen Mikroskopbauer, der mit 27 Jahren zum Kurator der Royal Society in London, Englands åltester wissenschaftlicher Akademie, ernannt wurde. Eine der vielen Fragen, die Hooke zu beantworten versuchte, war, warum Pfropfen aus Kork, einem Teil der Baumrinde, so gut verhinderten, dass Luft aus einer Flasche entwich. 1665 schrieb er: ¹Ich nahm ein gereinigtes Stçck Kork und schnitt mit einem Federmesser, das so scharf wie ein Rasiermesser war, ein Stçck davon ab. . . Als ich es unter dem Mikroskop untersuchte, schien es mir etwas poræs zu sein . . . etwa wie eine Honigwabe.ª Hooke nannte die Poren ¹Zellenª, weil sie ihn an die Zellen erinnerten, in denen die Mænche in einem Kloster leben. In Wirklichkeit hatte Hooke die Wånde leerer Zellen eines abgestorbenen Pflanzengewebes gesehen, Wånde, die ursprçnglich von den lebenden Zellen gebildet worden waren, die diese Wånde dann umschlossen hatten. Wåhrenddessen verbrachte Anton van Leeuwenhoek, ein Hollånder, der seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Kleidern und Knæpfen bestritt, seine Freizeit damit, Linsen zu schleifen und einfache Mikroskope von bemerkenswerter Qualitåt herzustellen (Abb. 1.1 b). 50 Jahre lang sandte er an die Royal Society in London Briefe, in denen er seine mikroskopischen Beobachtungen beschrieb ± zusammen mit ausschweifenden Abhandlungen çber seine tåglichen Gewohnheiten und seine gesundheitliche Verfassung. Leeuwenhoek war der erste, der einen
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b n Abb. 1.1 a, b. a ( ; 9 ( ! . !' . ) < 9 ( ) " ' 2 !' = > b ? . " ( . ' ? ( $ . " @* ' :A0 ( BC B ( ' 5"/D l " ' ( !' ? + < , 8 7 + 55 1 8 1
Tropfen Teichwasser unter dem Mikroskop betrachtete und zu seiner Ûberraschung herausfand, dass er voller mikroskopisch kleiner ¹animalculaª war, die vor seinen Augen hin und her flitzten. Er hat auch als erster verschiedene Bakterienformen beschrieben, die er aus Wasser, in dem er Pfeffer hatte ziehen lassen, sowie aus Belag, den er von seinen Zåhnen abgeschabt hatte, gewonnen hatte. Seine ersten Briefe an die Royal Society, in denen er diese bisher noch unbekannte Welt beschrieb, wurden mit so viel Misstrauen aufgenommen, dass die Gesellschaft ihren Kurator Robert Hooke beauftragte, diese
Die elementaren Eigenschaften von Zellen
Beobachtungen zu beståtigen. Genau das tat Hooke, und Leeuwenhoek war bald eine weltweite Berçhmtheit, die in Holland Peter den Groûen von Russland sowie die englischen Kænigin als Besucher empfing. Erst in den 1830er Jahren erkannte man die groûe Bedeutung der Zellen. 1838 kam Matthias Schleiden, ein deutscher Anwalt, der Botaniker geworden war, zu dem Schluss, dass Pflanzen trotz der Unterschiede in der Struktur der verschiedenen Gewebe aus Zellen bestehen und dass der Pflanzenembryo aus einer einzigen Zelle hervorgeht. 1839 veræffentlichte Theodor Schwann, ein deutscher Zoologe und Kollege Schleidens, einen umfassenden Bericht çber die zellulåre Grundlage des Tierlebens. Schwanns Schlussfolgerung lautete, dass die Zellen von Pflanzen und Tieren åhnliche Strukturen besitzen. Er stellte die beiden folgenden Lehrsåtze der auf: n Alle Organismen bestehen aus einer oder mehreren Zellen. n Die Zelle ist die strukturelle Einheit des Lebens. Bei der Frage nach dem der Zellen erwiesen sich die Vorstellungen von Schleiden und Schwann allerdings als nicht ganz so hellsichtig; beide waren çbereinstimmend der Meinung, dass Zellen aus nichtzellulåren Materialien hervorgehen konnten. Aufgrund des Ansehens, das die beiden Wissenschaftler in der wissenschaftlichen Welt genossen, dauerte es eine Reihe von Jahren, bis die Beobachtungen anderer Biologen akzeptiert wurden, die zeigen konnten, dass Zellen genauso wenig auf diese Weise entstehen, wie Organismen spontan gezeugt werden. 1855 lieferte Rudolf Virchow, ein deutscher Pathologe, einen çberzeugenden Beweis fçr den dritten Grundsatz der Zelltheorie:
/
1.2 Die elementaren Eigenschaften von Zellen Genauso, wie Pflanzen und Tiere leben, sind auch Zellen lebendig. Lebendig zu sein, ist sogar die elementarste Eigenschaft von Zellen; sie sind damit die kleinsten Einheiten, die diese Eigenschaft aufweisen. Im Gegensatz zu den Zellteilen, die einfach zugrunde gehen, wenn sie isoliert werden, kænnen ganze Zellen von einer Pflanze oder einem Tier abgelæst und in einem Labor in Kultur genommen werden, wo sie heranwachsen und sich çber långere Zeitråume hinweg vermehren. Wenn sie falsch behandelt werden, kænnen sie allerdings sterben. Man kann den Tod als einen elementaren Bestandteil des Lebens ansehen ± denn nur etwas, was gelebt hat, kann sterben. Bemerkenswerter Weise sterben Zellen innerhalb des Kærpers generell ¹von eigener Handª ± als Opfer eines internen Programms, das dafçr sorgt, dass Zellen sich selbst umbringen, wenn sie nicht mehr benætigt werden oder zu entarten drohen. 1951 hat George Gey von der Johns Hopkins University die erste Kultur menschlicher Zellen angelegt. Die Zellen stammten von einem malignen Tumor ab und wurden nach der Spenderin Henrietta Lacks ¹HeLa-Zellenª genannt. HeLaZellen, die durch Zellteilungen aus dieser ersten Zellprobe hervorgegangen sind, wachsen heute noch immer in Laboratorien çberall auf der Welt (Abb. 1.2). Da Zellen, die (also in einer
n Zellen kænnen nur durch Teilung aus bereits existierenden Zellen hervorgehen. n Abb. 1.2. 9 . ' ' " & & ' ) ' 7 ' ! ! ! " . ! 2&B ! " B 9 . ! ) ' "
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Einfçhrung in die Zell- und Molekularbiologie
Zellkultur auûerhalb des Kærpers) wachsen, sehr viel leichter zu untersuchen sind als Zellen innerhalb des Kærpers, sind sie zu einem wichtigen Hilfsmittel der Zell- und Molekularbiologen geworden. Viele Befunde, die in diesem Buch erærtert werden, wurden letztlich mithilfe von Zellen erhoben, die in Labors in Zellkulturen gewachsen sind. Die mikroskopische Aufnahme in Abb. 1.2 wurde mit einem hochauflæsenden Mikroskop, einem , aufgenommen, das es Forschern ermæglicht, die Zelloberflåchen detailliert zu untersuchen. Wie in Kap. 18 erærtert wird, arbeitet man in einem Elektronenmikroskop mit einem gebçndelten Elektronenstrahl, um ein auûerordentlich genaues Abbild der Zelle und der Zellteile zu erzeugen. Mit Hilfe eines anderen Typs von Elektronenmikroskop, des !
" gelang es, die innere Zellstruktur in allen Einzelheiten darzustellen. Die in den frçhen 1950er Jahren gemachten transmissionselektronenmikroskopischen Aufnahmen lieferten den Forschern einen ersten Eindruck von der komplizierten Struktur, die sich innerhalb der Grenzen einer winzigen Zelle verbirgt. Wir beginnen unsere Erkundung der Zellen, indem wir uns zunåchst einigen ihrer elementaren Eigenschaften zuwenden. 1.2.1 Zellen sind hochkomplex und hochorganisiert Komplexitåt ist eine Eigenschaft, die zwar offensichtlich, aber nur schwer zu beschreiben ist. Fçr den Anfang stellen wir uns Komplexitåt vielleicht am besten mit Hilfe der Begriffe Ordnung und Beståndigkeit vor. Je komplexer eine Struktur ist, je mehr Teile an ihrem Platz sein mçssen, desto geringer ist die Toleranz gegençber Fehlern bei der Beschaffenheit und den wechselseitigen Beziehungen ihrer Elemente und umso mehr muss reguliert und kontrolliert werden, um das System zu erhalten. Im weiteren Verlauf dieses Buches werden sich noch æfter Betrachtungen darçber ergeben, wie komplex das Leben auf den verschiedenen Ebenen ist. Wir werden erærtern, wie Atome kleine Molekçle bilden, wie sich diese Molekçle zu riesigen Polymeren zusammenfinden und wie sich die verschiedenen Typen von polymeren Molekçlen zu Komplexen arrangieren, die wiederum in subzellulåren Organellen und letztlich in Zellen organisiert sind. Dabei wird klar werden, dass auf jeder Ebene sehr vieles gleich bleibt. So zeigt jeder Zelltyp unter dem Elektronenmikroskop ein
gleichbleibendes Erscheinungsbild; das heiût, seine Organellen haben bei allen Individuen einer Spezies eine bestimmte Form und Lage. Genauso besteht jeder Typ von Organell immer wieder aus den gleichen Makromolekçlen, deren Anordnung einem bestimmten Schema folgt. Sehen Sie sich nur die Zellen an, die unseren Darm auskleiden und dafçr verantwortlich sind, dass die Nåhrstoffe aus unserem Verdauungstrakt aufgenommen werden (Abb. 1.3). Die Epithelzellen, die den Darm auskleiden, sind so fest miteinander verbunden wie die Ziegel in einer Mauer. Die apikalen Seiten dieser Zellen, die zum Verdauungstrakt hin ausgerichtet sind, haben lange Fortsåtze, die Mikrovilli, welche die Absorption von Nåhrstoffen erleichtern. Die Mikrovilli kænnen aus der apikalen Zelloberflåche herausragen, weil sie in ihrem Innern ein Gerçst aus Filamenten besitzen; diese wiederum bestehen aus Protein(Aktin)-Monomeren, die in einer charakteristischen Anordnung zu Polymeren verbunden sind. An den basalen Enden der Darmzellen befinden sich zahlreiche Mitochondrien, welche die Energie liefern, die fçr die verschiedenen Transportprozesse durch die Membran benætigt wird. Jedes Mitochondrium ist nach einem festen Schema aus internen Membranen aufgebaut, die wiederum aus immer gleich angeordneten Proteinen bestehen; dazu gehært auch ein ATP-synthetisierendes Enzym, das wie eine auf einem Stock befestigte Kugel aus der inneren Membran herausragt. Jede dieser verschiedenen Organisationsebenen wird in den Bildern von Abb. 1.3 veranschaulicht. Zum Glçck fçr die Zell- und Molekularbiologen hat sich die biologische Organisation, mit der sie sich beschåftigen, im Laufe der Evolution nur ganz allmåhlich veråndert. Wåhrend sich etwa ein Mensch und eine Katze in ihrer Anatomie stark unterscheiden, sind die Zellen, aus denen ihre Gewebe bestehen, sowie die Organellen, aus denen ihre Zellen aufgebaut sind, sehr åhnlich. Das in Abb. 1.3. Ausschnitt 3 dargestellte Aktinfilament sowie das ATP-synthetisierende Enzym aus Ausschnitt 6 sind bei so unterschiedlichen Organismen wie Menschen, Schnecken, Hefe und Kçstensequoien annåhernd gleich strukturiert. Håufig kann man die Informationen, die man beim Studium der Zellen eines Organismentyps erhålt, ohne Umschweife bei anderen Lebensformen anwenden. Viele der ganz grundlegenden Prozesse wie die Proteinsynthese, die Erhaltung chemischer Energie oder der Aufbau einer Membran sind bei allen Lebewesen erstaunlich åhnlich.
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Die elementaren Eigenschaften von Zellen
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Einfçhrung in die Zell- und Molekularbiologie
1.2.2 Zellen besitzen ein genetisches Programm sowie die Mittel, es zu benutzen Der Aufbau der Organismen richtet sich nach den Informationen, die in einer Ansammlung von Genen festgelegt sind. Wenn man das genetische Programm des Menschen in Wærter çbersetzen wçrde, enthielte es gençgend Informationen, um Millionen von Textseiten zu fçllen. Umso beachtlicher ist es, dass diese riesige Informationsmenge in einer Reihe von Chromosomen verpackt ist, die den Raum eines Zellkern einnimmt, der hundertmal kleiner ist als der Punkt auf diesem . Gene kænnen nicht nur Informationen speichern: Sie bilden die Vorlagen, nach denen Zellstrukturen aufgebaut werden, sie geben die Richtung fçr die laufenden Zellaktivitåten sowie das Programm vor, nach dem sie sich selber vermehren. Aufgrund der molekularen Struktur der Gene kann es zu Ønderungen in der genetischen Information, den Mutationen, kommen, die dazu fçhren, dass Individuen abgewandelt werden und so die Basis fçr eine biologische Evolution bilden. Die Entdeckung der Mechanismen, mit denen Zellen ihre genetische Information benutzen, war einer der græûten wissenschaftlichen Fortschritte in den letzten Jahrzehnten. 1.2.3 Zellen kænnen sich selbst vermehren Ebenso wie individuelle Organismen entstehen auch einzelne Zellen durch Reproduktion. Zellen vermehren sich durch Teilung, einen Prozess, bei dem der Inhalt einer ¹Mutterª-Zelle auf zwei ¹Tochterª-Zellen aufgeteilt wird. Vor der Teilung wird das genetische Material originalgetreu verdoppelt, so dass jede Tochterzelle einen vollståndigen identischen Anteil der genetischen Information erhålt. In den meisten Fållen sind die beiden durch Teilung entstandenen Tochterzellen in etwa gleich groû. In einigen Fållen aber, etwa wenn sich eine menschlichen Eizelle teilt, kann eine der Zellen nahezu das gesamte Cytoplasma erhalten, obwohl sie nur die Hålfte des genetischen Materials bekommt (Abb. 1.4).
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Sonnenstrahlen. Diese Lichtenergie wird durch lichtabsorbierende Pigmente in den Membranen photosynthetischer Zellen eingefangen. Sie wird durch Photosynthese in chemische Energie umgewandelt, die in Form von energiereichen Kohlenhydraten wie Saccharose oder Stårke gespeichert wird. Die Energie fçr die meisten Tierzellen ist oft bereits in Form des Zuckers Glucose abgepackt. Beim Menschen wird die Glucose von der Leber ins Blut abgegeben, mit dem sie durch den Kærper zirkuliert und alle Zellen mit chemischer Energie versorgt. Sobald die Glucose in die Zelle gelangt ist, wird sie so gespalten, dass ihr Energiegehalt in einer leicht verfçgbaren
1.2.4 Zellen gewinnen und verbrauchen Energie Um die Komplexitåt entwickeln und aufrechterhalten zu kænnen, muss permanent Energie bereit gestellt werden (Abb. 1.5). Fast die gesamte Energie, die fçr das Leben auf der Erdoberflåche erforderlich ist, stammt aus elektromagnetischen
n Abb. 1.5. '. B B 8 " !! B ! " ' % ' # I ' +? G F # ; 1
Form ± in der Regel als ATP ± gespeichert werden kann; diese Depots werden dann spåter bei unzåhligen Zellaktivitåten eingesetzt, fçr die Energie benætigt wird. 1.2.5 In Zellen laufen viele verschiedene chemische Reaktionen ab Zellen funktionieren wie kleine chemische Fabriken. Selbst die einfachste Bakterienzelle kann Hunderte von verschiedenen chemischen Umwandlungsprozessen durchfçhren, die in der unbelebten Natur allesamt hæchstens ganz langsam ablaufen. Fçr fast alle chemischen Verånderungen, die in Zellen stattfinden, sind #$% erforderlich ± Molekçle, welche die Geschwindigkeit, mit der eine chemische Reaktion ablåuft, stark erhæhen. Die Summe såmtlicher chemischer Reaktionen einer Zelle bezeichnet man als ihren &' . 1.2.6 Zellen fçhren zahlreiche mechanische Aktivitåten durch Zellen sind sehr geschåftig. Materialien werden hin und her transportiert, Strukturen auf- und spåter schnell wieder abgebaut, und in vielen Fållen bewegt sich die gesamte Zelle von einem Aufenthaltsort zum anderen. Diese Aktivitåten basieren auf dynamischen, mechanischen Verånderungen innerhalb der Zellen, von denen die meisten durch Formverånderungen von ¹Motorª-Proteinen ausgelæst werden. Motorproteine sind nur eine von vielen Arten molekularer ¹Maschinenª, mit deren Hilfe Zellen ihre mechanischen Aktivitåten ausfçhren. 1.2.7 Zellen kænnen auf Reize reagieren Bei einigen Zellen sind die Reaktionen auf Reize ganz offensichtlich. Ein einzelliger Protist beispielsweise steuert um ein Objekt herum, das auf seinem Weg liegt, oder bewegt sich auf eine Nahrungsquelle zu. Wie die Zellen einer vielzelligen Pflanze oder eines vielzelligen Tieres reagieren, ist nicht so leicht zu erkennen. Auf den meisten Zellen sitzen çberall $, die hochspezifisch auf Substanzen in ihrer Umgebung reagieren. Zellen besitzen Rezeptoren fçr Hormone, Wachstumsfaktoren, extrazellulåre Materialien, aber auch fçr Substanzen auf der Oberflåche anderer Zellen. Die Rezeptoren einer Zelle sorgen dafçr, dass externe Faktoren in den Zielzellen spezielle Reaktionen hervorrufen kæn-
Die elementaren Eigenschaften von Zellen
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nen. So reagieren Zellen unter Umstånden auf bestimmte Reize, indem sie ihre Stoffwechselaktivitåten åndern, sich auf eine Zellteilung vorbereiten, von einer Stelle zur anderen bewegen oder sogar Selbstmord begehen. 1.2.8 Zellen kænnen sich selber regulieren Damit ein komplexer, geordneter Zustand erhalten bleibt, ist nicht nur Energie, sondern auch eine permanente Kontrolle dieses Zustands erforderlich. Wie wichtig solche Regulationsmechanismen fçr die Zelle sind, wird besonders deutlich, wenn sie ausfallen. So kann sich etwa eine Mutation einstellen, die den Organismus schwåcht, wenn die Zelle einen Fehler bei der DNA-Verdoppelung nicht korrigieren kann, oder die Zelle kann sich, wenn ihre Wachstumskontrolle ausfållt, in eine Krebszelle verwandeln, die den gesamten Organismus zerstæren kann. Wir lernen zwar allmåhlich immer mehr darçber, wie die Zelle ihre Aktivitåten steuert, sehr vieles ist aber noch ungeklårt. Stellen Sie sich folgendes Experiment vor, das Hans Driesch, ein deutscher Embryologe, 1891 durchgefçhrt hat. Driesch trennte die ersten beiden oder ersten vier Zellen eines Seeigelembryos voneinander und fand dabei heraus, dass sich jede der Zellen zu einem normalen Embryo entwickelte (Abb. 1.6). Wie kann eine Zelle, die normalerweise dazu bestimmt ist, nur einen bestimmten Bereich eines Embryos zu bilden, ihre eigenen Aktivitåten so steuern, dass aus ihr ein vollståndiger Embryo hervorgeht? Wie erkennt die isolierte Zelle, dass ihre Nachbarzellen fehlen, und wie schafft sie es aufgrund dieses Wissens, den Verlauf ihrer Entwicklung neu auszurichten? Wie kann ein Teil eines Embryos einen Sinn fçr das Ganze haben? Diese Fragen kænnen wir heute immer noch nicht besser beantworten als vor çber 100 Jahren, als Hans Driesch dieses Experiment durchgefçhrt hat. Wir werden in diesem Buch immer wieder Prozesse erærtern, bei denen einzelne Schritte in einer bestimmten, festgelegten Reihenfolge ablaufen mçssen ± so wie bei der Montage eines Autos am Flieûband, bei der die Arbeiter bestimmte Teile einbauen, entfernen oder spezielle Justierungen vornehmen, wåhrend sich der Wagen auf dem Band fortbewegt. Bei der Zelle befinden sich die Konstruktionsplåne fçr das Produkt in den Nucleinsåuren, und die Arbeiter, die das Ganze zusammensetzen, sind in erster Linie die Proteine. Daher sorgen diese beiden Makromolekçle mehr als alle anderen Faktoren in der Zelle dafçr, dass dort die chemischen Ablåufe
E
Einfçhrung in die Zell- und Molekularbiologie
das an einer bestimmten Aktivitåt beteiligt ist, ferner herausfinden, wie diese Elemente miteinander wechselwirken und wie diese Interaktionen gesteuert werden. 1.2.9 Zellen durchlaufen eine Evolution
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vællig anders sind als in der unbelebten Natur. In der Zelle mçssen die Arbeiter agieren, ohne sich çber die Richtung im Klaren zu sein und den Ablauf bewusst steuern zu kænnen. Stattdessen muss jeder Schritt innerhalb eines Prozesses spontan so ablaufen, dass dadurch automatisch der nåchste Schritt ausgelæst wird. Såmtliche Informationen, die benætigt werden, um eine bestimmte Aktivitåt zu steuern ± sei es die Synthese eine Proteins, die Sekretion eines Hormons oder die Kontraktion einer Muskelfaser ± mçssen innerhalb des Systems selbst vorhanden sein. Zellen funktionieren in vieler Hinsicht åhnlich wie die in Abb. 1.7 dargestellte Orangenpresse, die ein ¹Professorª erfunden hat. Jeder Typ zellulårer Aktivitåt erfordert eine einzigartige Zusammenstellung hæchst komplizierter molekularer Hilfsmittel und Maschinen, die in Jahrmillionen natçrlicher Selektion und biologischer Evolution entstanden sind. Zell- und Molekularbiologen mæchten vor allem die molekulare Struktur und Rolle jedes Elements verstehen,
Wie sind Zellen entstanden? Von allen bedeutenden Fragen, die Biologen stellen, wird diese wahrscheinlich am ehesten unbeantwortet bleiben. Man nimmt an, dass sich die Zellen aus irgendeiner Art von pråzellulårer Lebensform entwickelt haben, die wiederum aus abiotischen organischen Materialien entstanden ist, die in den urzeitlichen Meeren vorhanden waren. Wåhrend der Ursprung der Zellen in einem fast undurchdringlichen Dunkeln liegt, kann man die Evolution der Zellen anhand der heute existierenden Organismen untersuchen. Wenn Sie die Merkmale einer Bakterienzelle, die in den menschlichen Atemwegen vorkommt (Abb. 1.18 a), sowie eine Zelle im menschlichen Verdauungskanal (Abb. 1.3) betrachten wçrden, wåren Sie erstaunt, wie stark sich beide Zellen unterscheiden. Trotzdem sind beide aus einer gemeinsamen Vorlåuferzelle hervorgegangen, die vor çber 3 Mrd. Jahren existiert hat. Die Strukturen, die diese beiden entfernt miteinander verwandten Zellen noch gemeinsam haben ± etwa ihre åhnliche Plasmamembran oder ihre Ribosomen ±, mçssen in der Urzelle vorhanden gewesen sein. Wir werden uns am Ende des Kapitels in den ¹Experimentellen Verfahrenª einige Ereignisse vor Augen fçhren, die sich im Laufe der Evolution der Zellen abgespielt haben. Man sollte immer daran denken, dass die Evolution nicht vorçber ist, sondern nach wie vor weitergeht und dabei die Eigenschaften von Zellen veråndert, die in Organismen vorhanden sein werden, die sich erst noch entwickeln mçssen.
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1.3 Zwei grundverschiedene Zellarten Nach der Einfçhrung und allgemeinen Verbreitung des Elektronenmikroskops konnten die Biologen die Strukturen im Inneren eines breiten Spektrums von Zellen untersuchen. Dabei fanden sie heraus, dass es zwei grundverschiedene Zellgruppen gibt ± prokaryotische und eukaryotische ±, die sich aufgrund ihrer Græûe und ihrer diversen internen Strukturen, der ( , unterscheiden (Abb. 1.8). Dass es zwei eigenståndige Zellgruppen ohne irgendwelche bekannten Zwischenstufen gibt, ist eine der elementarsten Aufteilungen in der evolutionåren Entwicklung innerhalb der Welt der Biologie. Zu den von der Struktur her einfacheren % gehæren die Bakterien, wåhrend die Protisten, Pilze, Pflanzen und Tiere zu den strukturell komplexeren % zåhlen. Man weiû nicht genau, wann prokaryotische Zellen zum ersten Mal auf der Erde aufgetreten sind. Belege fçr prokaryotisches Leben liefern Gesteine, die ungefåhr 2,7 Mrd. Jahre alt sind. Diese Felsen enthalten nicht nur versteinerte Mi-
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Einfçhrung in die Zell- und Molekularbiologie
n Abb. 1.8 b, c. % b # ! ! c
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kroben, sondern auch komplexe organische Molekçle, die fçr bestimmte Typen prokaryotischer Organismen einschlieûlich der Cyanobakterien charakteristisch sind. Es ist unwahrscheinlich, dass solche Molekçle abiotisch, also ohne dass Lebewesen daran beteiligt gewesen wåren, entstanden sind. Wann das Zeitalter der eukaryotischen Zellen begonnen hat, ist ebenfalls unge-
wiss. Komplexe vielzellige Tiere tauchen vor ungefåhr 600 Mio. Jahren relativ unvermittelt in den Versteinerungen auf, es gibt aber gute Belege dafçr, dass einfachere eukaryotische Organismen bereits çber 1 Mrd. Jahre frçher auf der Erde vorhanden waren. An Abb. 1.9 ist abzulesen, wann einige græûere Gruppen von Organismen schåtzungsweise erstmals auf der Erde erschie-
Zwei grundverschiedene Zellarten
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nen sind. Selbst wenn man nur einen kurzen Blick auf Abb. 1.9 wirft, ist gut zu erkennen, wie ¹schnellª das Leben nach der Entstehung der Erde und der Abkçhlung ihrer Oberflåche entstanden ist und wie lange es dann noch gedauert hat, bis sich komplexe Tiere und Pflanzen entwickelt haben. 1.3.1 Merkmale, in denen sich prokaryotische und eukaryotische Zellen unterscheiden Der folgende kurze Vergleich prokaryotischer und eukaryotischer Zellen offenbart viele grundlegende Unterschiede, aber auch zahlreiche Øhnlichkeiten zwischen beiden Typen (Abb. 1.8), die in Tabelle 1.1 zusammengefasst sind. In den gemeinsamen Eigenschaften spiegelt sich die Tatsache wider, dass eukaryotische Zellen hæchstwahrscheinlich aus prokaryotischen Vorlåuferzellen hervorgegangen sind. Wegen ihrer gemeinsamen Vorfahren benutzen beide Zelltypen dieselbe genetische Sprache, auûerdem zeigt sich ihre Verwandtschaft bei den Stoffwechselwegen sowie vielen strukturellen Eigenheiten. So sind beispielsweise beide Zelltypen von åhnlich aufgebauten Plasmamembranen umgeben, die als selektiv-permeable Trennwånde zwischen der lebenden und der unbelebten Welt fungieren. Beide Zelltypen kænnen von einer starren, abgestorbenen ' umgeben sein, welche die empfindliche Lebensform im Innern schçtzt. Obwohl die Zellwånde der Prokaryoten und Eukaryoten åhnliche Funktionen haben kænnen, haben sie eine vollkommen andere chemische Zusammensetzung.
In ihrem Innern sind eukaryotische Zellen strukturell und funktionell sehr viel komplexer als prokaryotische Zellen (Abb. 1.8). Wie stark sich die Komplexitåt der Strukturen voneinander unterscheiden, erkennt man deutlich auf den elektronenmikroskopischen Bildern einer Bakterien- beziehungsweise Tierzelle in den Abb. 1.18 a und 1.10. Beide enthalten eine Kernregion, die von Cytoplasma umgeben ist und in der das genetische Material der Zelle gespeichert wird. Bei einer prokaryotischen Zelle befindet sich das genetische Material in einem ) ± einer nur diffus abgegrenzten Zellregion ohne eigene Membran, die sie vom umgebenden Cytoplasma trennen kænnte. Eukaryotische Zellen dagegen besitzen einen * eine Region, die von einer komplizierten Membranstruktur, der so genannten , umgeben ist. Aus diesem Unterschied in der Kernstruktur leiten sich die Begriffe ( vor; : Nuss, Kern) und eukaryotisch ( : gut, echt) ab. Prokaryotische Zellen enthalten relativ wenig DNA: Die DNA eines Bakteriums umfasst etwa 0,6 Mio. bis fast 8 Mio. Basenpaare, was ausreicht, um mehrere Hundert bis mehrere Tausend Proteine zu codieren (ein DNA-Molekçl mit 8 Mio. Basenpaaren hat eine Långe von fast 3 mm.) Obwohl eine ¹einfacheª Båckerhefe nur etwas mehr DNA (12 Mio. Basenpaare codieren etwa 6200 Proteine) als die komplexesten Prokaryoten besitzt, enthalten die meisten eukaryotischen Zellen erheblich mehr genetische Information. Prokaryotische wie eukaryotische Zellen haben beide Chromosomen, die DNA enthalten. Eukaryotische Zellen besitzen eine Reihe gesonderter Chromosomen mit jeweils einem einzigen linea-
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Einfçhrung in die Zell- und Molekularbiologie
n Tabelle 1.1. I I Merkmale, die beide Zelltypen aufweisen n & # n 2 ' 8 ! n O ? , , " C & ; n %
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n O ? % ( ,# + #I # " I ? ? 1 n O # I ? + 8I 1 n O ? %I ( ? n O # +% " # 1 + I 1 Merkmale eukaryotischer Zellen, die man nicht bei Prokaryoten findet n 8I ) " ! # ' n ) $ 8 2
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ren DNA-Molekçl, wåhrend man bei nahezu allen bisher untersuchten Prokaryoten nur ein einziges ringfærmiges Chromosom findet. Wichtiger ist, dass die chromosomale DNA der Eukaryoten dicht mit Protein besetzt ist, wohingegen die einer prokaryotischen Zelle im Wesentlichen aus ¹nackterª DNA besteht.
Auch das Cytoplasma der beiden Zelltypen zeigt groûe Unterschiede. Das Cytoplasma einer eukaryotischen Zelle ist angefçllt mit einem breiten Spektrum an Strukturen, wie man auf fast jeder elektronenmikroskopischen Aufnahme einer Pflanzen- oder Tierzelle schon beim ersten Blick erkennen kann (Abb. 1.10). Selbst der einfachste Eukaryot, die Hefe, hat eine viel komplexere Struktur als eine gewæhnliche Bakterienzelle (vgl. die Abb. 1.18 a und b), obwohl diese beiden Organismen ungefåhr gleich viele Gene haben. Die eukaryotischen Zellen enthalten eine Reihe von Organellen, die von einer Membran umgeben sind:
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n Mitochondrien, die chemische Energie fçr die zellulåren Aktivitåten erzeugen; n ein endoplasmatisches Retikulum, in dem viele Zellproteine und -lipide synthetisiert werden; n einen Golgi-Apparat, in dem Materialien sortiert, modifiziert und weiter zu speziellen Bestimmungsorten in der Zelle transportiert werden; n eine Vielfalt an einfachen, unterschiedlich groûen membranumhçllten Vesikeln. Pflanzenzellen enthalten noch zusåtzliche von Membranen umschlossene Organellen wie die Chloroplasten, in denen die Photosynthese stattfindet, sowie håufig eine einzelne groûe Vakuole, die den græûten Teil der Zelle einnehmen kann. Insgesamt sorgen die Membranen der eukaryotischen Zelle dafçr, dass das Cytoplasma in verschiedene Kompartimente aufgeteilt wird, in denen es zu speziellen Aktivitåten kommt. Das Cytoplasma prokaryotischer Zellen enthålt dagegen praktisch çberhaupt keine Membranen. Die komplexen photosynthetischen Membranen der Cyanobakterien bilden allerdings eine wichtige Ausnahme von dieser Regel (Abb. 1.15). Die cytoplasmatischen Membranen eukaryotischer Zellen bilden ein System miteinander kommunizierender Kanåle und Vesikel, die fçr den Transport von Substanzen von einem Teil einer Zelle zu einem anderen sowie zwischen dem Zellinnern und seiner Umgebung sorgen. Wegen der geringen Græûe prokaryotischer Zellen ist die gerichtete Kommunikation innerhalb des Cytoplasmas dieser Zellen weniger wichtig, weil die Substanzen, falls erforderlich, allein durch Diffusion an ihren Platz gelangen kænnen. Eukaryotische Zellen besitzen darçber hinaus auch zahlreiche Strukturen, die nicht von einer Membran umgeben sind. Dazu gehæren die långlichen ! und +% , die fçr die Kontraktilitåt und Beweglichkeit der Zelle verantwortlich sind und die Zelle stçtzen. Bis vor kurzem hat man angenommen, dass prokaryotische Zellen çberhaupt kein Cytoskelett besitzen. In einigen Bakterien wurden jedoch primitive Cytoskelette gefunden. Man muss jedoch nach wie vor sagen, dass das Cytoskelett der Prokaryoten strukturell und funktionell wesentlich einfacher ist. Ribosomen findet man in Eukaryoten wie Prokaryoten; diese membranlosen Partikel fungieren als ¹Werkbånkeª, auf denen die zellulåren Proteine hergestellt werden. Obwohl die Ribosomen in prokaryotischen und eukaryotischen Zellen ganz unterschiedlich groû
sind ± die der Prokaryoten sind kleiner und enthalten weniger Bestandteile ±, ist der Mechanismus, mit dem sie zur Proteinsynthese beitragen, in beiden Zelltypen sehr åhnlich. Abbildung 1.11 zeigt eine kolorierte elektronenmikroskopische Aufnahme von einem Teil des Cytoplasmas im schmalen Randsaum eines einzelligen Eukaryoten. In diesem Bereich der Zelle finden sich håufig keine von Membranen umschlossenen Organellen. Die Aufnahme zeigt einzelne Filamente des Cytoskeletts (rot) sowie andere groûe makromolekulare Komplexe des Cytoplasmas (grçn). Die meisten dieser Komplexe sind Ribosomen. Solche Bilder zeigen deutlich, dass das Cytoplasma einer eukaryotischen Zelle extrem çberfçllt ist, so dass wenig Platz bleibt fçr die læsliche Phase des Cytoplasmas, die man als +% bezeichnet. Zwischen eukaryotischen und prokaryotischen Zellen sind noch weitere wichtige Unterschiede zu erkennen. Bei der Teilung eukaryotischer Zellen kommt es zur Mitose, einem komplizierten
n Abb. 1.11. 8I I ! ; ! I @ " ( 4 ' ' ( G !' ( @* ! 8 8I ' " ) $ +( ; 1 ' & +2 ( ? @ +:00:1 % :JE<5:55" ( G K :00:
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Prozess, bei dem sich die verdoppelten Chromosomen zu kompakten Strukturen verdichten, die durch einen raffinierten Apparat, der Mikrotubuli enthålt, getrennt werden (Abb. 1.12). Dieser Apparat, die , sorgt dafçr, dass jede Tochterzelle exakt die gleiche Ausstattung an genetischem Material erhålt. Prokaryoten komprimieren ihr Chromosom nicht und bilden auch keine Mitosespindel aus. Ihre DNA wird verdoppelt, und die beiden Kopien werden einfach und pråzise dadurch getrennt, dass zwischen ihnen eine Zellmembran einwåchst. Die meiste Zeit çber sind Prokaryoten keine sexuellen Lebewesen. Von dem einzigen Chromosom, das sie haben, besitzen sie nur eine Kopie, und es finden keine Vorgånge statt, die mit der Meiose, der Bildung der Gameten oder einer wirklichen Befruchtung vergleichbar wåren. Obwohl es also bei Prokaryoten keine richtige sexuelle Vermehrung gibt, kann es bei einigen zu einer , kommen, bei der ein Stçck DNA von einer Zelle auf eine andere çbertragen wird (Abb. 1.13). Der Rezipient erhålt jedoch fast nie das gesamte Chromosom des Donors, und der Zustand, in dem er zusåtzlich zu seiner eigenen DNA auch noch die seines Partners besitzt, ist nur vorçbergehend. Schon bald befindet sich in der Zelle wieder nur ein einziges Chromosom. Wåhrend eukaryotische Zellen çber viele verschiedene komplizierte Fortbewegungsmechanismen verfçgen, sind diese bei den Prokaryoten relativ einfach. Prokaryotische Zellen bewegen
n Abb. 1.13. )* ( ! )* !' " % ! ( P # ' ( 2 +? ( 8 8 " - - 81
sich beispielsweise mithilfe eines dçnnen Proteinfilaments, eines , das aus der Zelle herausragt und sich dreht (Abb. 1.14 a). Die Rotationen des Flagellums çben auf die umgebende Flçssigkeit Druck aus und sorgen so fçr den nætigen Antrieb, um die Zelle durch das Medium zu bewegen. Zwar besitzen bestimmte eukaryotische Zellen, z. B. viele Protisten und Spermien, ebenfalls Flagellen; diese sind jedoch viel komplexer als die schlichten Proteinfilamente der Bakterien (Abb. 1.14 b) und erzeugen die Bewegung çber einen anderen Mechanismus. In den vorigen Kapiteln haben wir bereits zahlreiche wesentliche Unterschiede zwischen der pro- und eukaryotischen Zellorganisation angesprochen, werden jedoch vieles davon noch in spåteren Kapiteln ausfçhrlicher behandeln.
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Einfçhrung in die Zell- und Molekularbiologie
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Die Prokaryoten sollten jedoch keinesfalls als minderwertig abgetan werden; man sollte sich stattdessen stets vor Augen halten, dass diese Organismen seit çber 3 Mrd. Jahren die Erde bevælkern und dass genau in diesem Augenblick Millionen von ihnen auf unserem Kærper sitzen oder sich an den Nåhrstoffen in unserem Verdauungstrakt weiden. Denken Sie daran, dass Prokaryoten hinsichtlich ihres Stoffwechsels åuûerst ausgeklçgelte, hochentwickelte Organismen sind. So kann z. B. ein Bakterium wie , ein normaler Bewohner des menschlichen Verdauungstrakts, der auch in den Kulturschalen der Labors zu Hause ist, in einem Medium leben und florieren, das nur eine oder zwei niedermolekulare organische Verbindungen und ein paar anorganische Ionen enthålt. Andere Bakterien besitzen sogar die Fåhigkeit, auf einem Medium zu leben, das nur aus anorganischen Substanzen besteht. Eine Bakterienspezies wurde in Schåchten gefunden, die çber 1000 Meter unterhalb der Erdoberflåche lagen; dort lebte sie auf Basaltfelsen und ernåhrte sich von molekularem Wasserstoff (H2), der aufgrund von Reaktionen anorganischer Stoffe entstand. Im Gegensatz dazu benætigen selbst diejenigen Zellen in unseren Kærper, die den raffiniertesten Stoffwechsel besitzen, eine Vielfalt an organischen Verbindungen wie etwa eine Reihe von Vitaminen und anderen essentiellen Substanzen, die sie nicht selber herstellen kænnen. Viele dieser essentiellen Nåhrstoffe werden von Bakterien synthetisiert, die normalerweise im Dickdarm leben. 1.3.2 Prokaryotische Zelltypen
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Pro- und eukaryotische Zellen unterscheiden sich vor allem in ihrer strukturellen Komplexitåt (Details in Tabelle 1.1) und nicht so sehr in ihrer phylogenetischen Beziehung. Die Prokaryoten unterteilt man in zwei groûe taxonomische Gruppen oder Ûberreiche: Archaea (oder Archaebakterien) und Eubacteria (oder Bakterien). Heute geht man davon aus, dass die Mitglieder der Archaea stårker mit den Eukaryoten als mit der anderen Prokaryotengruppe (den Eubacteria) verwandt sind. Die Experimente, die zu der Entdeckung fçhrten, dass das Leben durch drei verschiedene Ûberreiche repråsentiert wird, werden in der Rubrik ¹Experimentelle Verfahrenª erærtert. Zum Ûberreich der Archaea gehæren mehrere Organismengruppen, deren evolutionåre Verbindungen zueinander aufgrund von Øhnlichkeiten in der Nucleotidsequenz ihrer Nucleinsåuren entdeckt wurden. Die bekanntesten Archaea sind
Arten, die in extrem lebensfeindlichem Umfeld leben und daher håufig als ¹extremophilª bezeichnet werden. Zu den Archaea gehæren die Methanobacteria (Prokaryoten, die CO2- und H2-Gase in Methan [CH4] umwandeln kænnen), die Halobacteria (Prokaryoten, die an extrem salzigen Stellen wie dem Toten Meer oder dem Groûen Salzsee leben), Acidophile (såureliebende Prokaryoten, die selbst in einer Umgebung mit einem pH-Wert von 0 noch leben kænnen, wie man ihn etwa in Sickerwåssern von aufgegebenen Bergwerksschåchten findet) sowie die Thermophilen (Prokaryoten, die bei sehr hohen Temperaturen leben). Zur letzten Gruppe zåhlen auch Hyperthermophile wie , der in den hydrothermalen Schloten auf dem Meeresgrund leben und sich in çber den Siedepunkt hinaus erhitztem Wasser bei Temperaturen bis zu 113 8C vermehren kann. Bei Temperaturen unter 90 8C kann dagegen nicht wachsen. Alle anderen Prokaryoten gehæren zum Ûberreich der Eubacteria. Zu diesen zåhlen auch die kleinsten Lebewesen, die Mycoplasmen (0,2 lm Durchmesser), die auch die einzigen bekannten Prokaryoten ohne Zellwand sind. Bakterien findet man in jedem nur denkbaren Lebensraum auf der Erde: vom ewigen Eis in der Antarktis çber die trockensten Wçsten Afrikas bis zu den inneren Grenzschichten der Pflanzen und Tiere. Bakterien leben sogar in Gesteinsschichten, die sich mehrere Kilometer unterhalb der Erdoberflåche befinden. Man vermutet, dass einige dieser Bakteriengemeinschaften seit çber 100 Mio. Jahre keine Verbindung zum Leben auf der Erdoberflåche haben. Die komplexesten Prokaryoten sind die Cyanobakterien mit ihren raffiniert angeordneten cytoplasmatischen Membranen, an denen die Photosynthese stattfindet (Abb. 1.15 a). Die cytoplasmatischen Membranen der Cyanobakterien haben sehr groûe Øhnlichkeit mit den photosynthetisch aktiven Membranen in den Chloroplasten von Pflanzenzellen. Wie bei den eukaryotischen Pflanzen spalten die Cyanobakterien bei der Photosynthese Wassermolekçle und setzen dabei molekularen Sauerstoff frei. Viele Cyanobakterien kænnen nicht nur Photosynthese betreiben, sondern auch & - , indem sie Stickstoff(N2)-Gas in reduzierte Stickstoffformen wie Ammoniak (NH3) umwandeln, die Zellen zur Synthese stickstoffhaltiger organischer Verbindungen wie etwa Aminosåuren und Nucleotide verwenden kænnen. Denjenigen Spezies, die sowohl Photosynthese als auch Stickstofffixierung beherrschen, kænnen schon mit den elementarsten Ressourcen ± Licht, N2, CO2 und H2O ± çberleben. Es ist daher nicht
Zwei grundverschiedene Zellarten
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verwunderlich, dass Cyanobakterien in der Regel die ersten Organismen sind, die nackte Felsen besiedeln, auf denen die glçhend heiûe Lava eines Vulkanausbruchs såmtliches Leben vernichtet hat. Ein weiterer ungewæhnlicher Lebensraum, den Cyanobakterien besiedeln, ist in Abb. 1.15 b dargestellt. . / %0 Meistens sind Mikrobiologen nur mit den Mikroorganismen vertraut, die sie auch in einem Kulturmedium wachsen lassen kænnen. Wenn ein Patient, der an einer Infektion der Atemwege oder des Harntrakts leidet, seinen Arzt aufsucht, wird håufig zuerst einmal der Erreger in Kultur genommen. Sobald der Erreger auf dem kçnstlichen Nåhr-
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Einfçhrung in die Zell- und Molekularbiologie
boden wåchst, kann er identifiziert und die richtige Therapie verordnet werden. Wie sich herausgestellt hat, sind die meisten pathogenen Prokaryoten relativ einfach in Kultur zu nehmen; das gilt allerdings nicht fçr diejenigen, die ohne Wirt in freier Natur leben. Das Problem wird noch dadurch verschårft, dass Prokaryoten kaum unter dem Lichtmikroskop zu erkennen sind und ihre Morphologie oft nicht sehr charakteristisch ist. Bis heute sind noch nicht einmal 5000 Arten von Prokaryoten identifiziert worden; das ist weniger als ein Promille der Millionen prokaryotischer Spezies, die wahrscheinlich auf der Erde leben! In den letzten Jahren hat unser Bewusstsein fçr die Diversitåt prokaryotischer Lebensgemeinschaften rasant zugenommen, weil molekulare Techniken entwickelt wurden, fçr die man nicht extra einen bestimmten Organismus isolieren muss. Nehmen wir mal an, wir wollten etwas çber die Vielfalt der Prokaryoten erfahren, die in den oberen Schichten des Pazifischen Ozeans vor der Kçste Kaliforniens leben. Anstatt zu versuchen, solche Organismen zu kultivieren, was sich meist als sinnlos erweisen dçrfte, kænnte ein Wissenschaftler einfach die Zellen aus einer Meerwasserprobe konzentrieren, daraus die DNA extrahieren und bestimmte in der Pråparation vorhandene DNA-Sequenzen analysieren. Alle Organismen haben bestimmte Gene gemeinsam ± etwa diejenigen, welche die ribosomalen RNAs oder die Enzyme bestimmter Stoffwechselwege codieren. Auch wenn alle Organismen mæglicherweise solche Gene aufweisen, so unterscheiden sich die Sequenzen der Nucleotide, aus denen die Gene zusammengesetzt sind, doch von einer Spezies zur anderen erheblich. Darauf basiert die Evolution. Mithilfe von Techniken, mit denen man die vielfåltigen Sequenzen eines bestimmten Gens in einem bestimmten Lebensraum nachweisen kann, erfåhrt man direkt etwas darçber, wie viele Spezies in diesem Habitat leben. Indem man die Sequenzen in der extrahierten DNA sorgfåltig analysiert und sie mit den entsprechenden Sequenzen von bekannten Organismen vergleicht, kann man auûerdem etwas çber die phylogenetische Zuordnung der Organismen in diesem Lebensraum erfahren. Dieselbe molekulare Strategie wird angewandt, um die erstaunliche Vielfalt an Mikroben zu erforschen, die auf oder in unserem Kærper leben, in Lebensråumen wie dem Verdauungstrakt, dem Mund, der Vagina oder der Haut. Die Zahnfleischtaschen, also die Råume zwischen den Zåhnen und dem Zahnfleisch, beherbergen eine der bestuntersuchten Mikrobengemeinschaften. Zu diesen gehæren Bakterien, die dafçr
sorgen, dass Zåhne kariæs werden, sich das Zahnfleisch entzçndet und es zu Herzerkrankungen kommt. Eine Analyse der RNA-Sequenzen låsst vermuten, dass in unseren Zahnfleischtaschen etwa 415 verschiedene Bakterienspezies leben. Trotz intensiver, jahrzehntelanger Bemçhungen konnte bisher nur die Hålfte dieser Organismen in Kultur genommen werden. Mithilfe der molekularen Techniken, die sich die Sequenzen zunutze machen, haben Biologen herausgefunden, dass es in den meisten Lebensråumen auf der Erde nur so wimmelt von prokaryotischen Organismen, von denen man zuvor gar nichts wusste. Tabelle 1.2 liefert eine Schåtzung, wie viele Prokaryoten in den wichtigsten Habitaten der Erde existieren. Es ist bemerkenswert, dass man heute annimmt, dass sich çber 90 Prozent dieser Organismen in den Sedimenten unterhalb der Erdoberflåche befinden ± tief unter den Ozeanen und den oberen Bodenschichten. Noch vor etwa einem Jahrzehnt ging man davon aus, dass diese tieferen Sedimentschichten kaum von Lebewesen bevælkert sind. Tabelle 1.2 gibt auûerdem Schåtzwerte dafçr an, wie viel Kohlenstoff in den prokaryotischen Zellen dieser Welt gespeichert ist. Damit man sich diese Angabe etwas besser vorstellen kann: Diese Zahl entspricht in etwa der gesamten Menge an Kohlenstoff in såmtlichen Pflanzen auf der Erde.
n Tabelle 1.2.
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1.3.3 Eukaryotische Zelltypen: Zellspezialisierung Die in vieler Hinsicht komplexesten eukaryotischen Zellen findet man nicht in Pflanzen oder Tieren, sondern unter einzelligen Protisten, wie sie in Abb. 1.16 zu sehen sind. Die gesamte Maschinerie fçr die komplizierten Aktivitåten dieses Organismus ± das Wahrnehmen der Umwelt, die Jagd nach Nahrungsmitteln, das Ausstoûen çberflçssiger Flçssigkeit sowie die Flucht vor Jågern ± ist in einer einzigen Zelle untergebracht. Komplexe einzellige Organismen entsprechen einem der Wege, welche die Evolution eingeschlagen hat. Ein anderer hat zur Evolution vielzelliger Organismen gefçhrt, bei denen die verschiedenen Aktivitåten auf verschiedene spezialisierte Zellen verteilt sind. Die spezialisierten Zellen entstehen im Rahmen einer so genannten $ . Wenn ein Wirbeltierei befruchtet wird und die embryonale Entwicklung durch-
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låuft, gibt es Hunderte von Mæglichkeiten, sich zu differenzieren. Einige Zellen werden Teil einer bestimmten Verdauungsdrçse, andere gehæren zu einem groûen Skelettmuskel, wieder andere zu einem Knochen und so weiter (Abb. 1.17). Welchem Entwicklungsweg die einzelne embryonale Zelle folgt, hångt vor allem davon ab, welche Signale sie aus ihrer Umgebung empfångt; und dies hångt wiederum davon ab, an welcher Stelle sich die Zelle im Embryo befindet. Wie im Exkurs unter der Rubrik ¹Aus Sicht des Menschenª erærtert wird, erfahren die Wissenschaftler immer mehr darçber, wie sie den Differenzierungsprozess in der Kulturschale steuern kænnen und wenden ihr Wissen bei der Behandlung komplizierter menschlicher Krankheiten an. Aufgrund der Differenzierung sehen verschiedene Zelltypen unterschiedlich aus und sind ganz speziell ausgestattet. Skelettmuskelzellen enthalten ein Netzwerk von pråzise ausgerichteten Filamenten aus besonders kontraktilen Proteinen; Knorpelzellen sind von einer charakteristischen Matrix aus Polysacchariden und dem Protein Kollagen umgeben, die zusammen fçr mechanischen Halt sorgen; rote Blutkærperchen werden zu scheibchenfærmigen Såcken, die nur mit dem Protein Håmoglobin gefçllt sind, das Sauerstoff transportiert, und so weiter. Trotz der zahlreichen Unterschiede findet man in den verschiedenen Zellen der vielzelligen Pflanzen oder Tiere åhnliche Organellen. Mitochondrien beispielsweise gibt es in praktisch allen Zelltypen. Sie sind allerdings in einem Zelltyp eher rund und in einem anderen ausgeprågt långlich oder fadenfærmig. Auf jeden Fall hångt die Anzahl, das Erscheinungsbild und die Position der verschiedenen Organellen immer mit den Aktivitåten des jeweiligen Zelltyps zusammen. Dies låsst sich vielleicht mit der Vielfalt an Orchesterstçcken, die es gibt, vergleichen: Alle wurden mit denselben Noten komponiert, die unterschiedlichen Arrangements sorgen aber dafçr, dass jedes von ihnen einen einzigartigen Charakter hat und auf seine eigene, unverwechselbare Weise schæn ist. 0 Lebende Organismen zeigen eine enorme Vielfalt. Welche Ergebnisse man bei einem bestimmten Experiment erhålt, hångt mæglicherweise stark davon ab, welcher Organismus gerade untersucht wurde. Daher haben sich Zell- und Molekularbiologen bei einem Groûteil ihrer Forschungsaktivitåten auf nur wenige ¹repråsentativeª oder konzentriert, weil sie auf diese Weise hofften, diese Arten besonders gut kennenzulernen. Das bedeutet nicht, dass in der Zell- und Molekular-
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Einfçhrung in die Zell- und Molekularbiologie
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biologie nicht auch noch viele andere Organismen untersucht wçrden. Trotzdem haben vor allem sechs Modellorganismen ± ein Prokaryot und fçnf Eukaryoten ± die Aufmerksamkeit auf sich gezogen:
Jeder dieser Organismen hat spezielle Vorteile, die ihn als Forschungsobjekt fçr die Beantwortung bestimmter Fragen besonders wertvoll machen. Alle diese Organismen sind in Abb. 1.18 zu sehen, und in der dazu gehærenden Legende sind einige Vorteile dieser Forschungsobjekte aufgefçhrt. Wir wollen uns in diesem Buch auf die Ergebnisse von Untersuchungen an Såugersystemen konzentrieren, die vor allem an der Maus und an in Kultur genommenen Såugerzellen durchgefçhrt wurden, weil diese Befunde am ehesten auf Menschen çbertragen werden kænnen. Wir werden trotzdem noch viele Gelegenheiten haben, wissenschaftliche Arbeiten an
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das Bakterium , die Båckerhefe , die Blçtenpflanze ! , der Nematode " , die Taufliege , die Maus # .
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den Zellen anderer Spezies zu beschreiben. Sie werden çberrascht sein, wie sehr selbst Sie auf
zellulårer und molekularer Ebene diesen viel kleineren und einfacheren Organismen åhneln.
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Einfçhrung in die Zell- und Molekularbiologie
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Aus Sicht des Menschen
Aussichten einer Zellersatztherapie Wenn einem Menschen ein Herz- oder Leberversagen droht, bietet eine Organtransplantation die besten Aussichten, zu çberleben und normal weiterleben zu kænnen. Die Organtransplantation ist zwar ein groûer Erfolg der modernen Medizin, sie kann aber aufgrund der geringen Anzahl an verfçgbaren Spenderorganen und des hohen immunologischen Abstoûungsrisikos nur sehr begrenzt eingesetzt werden. Stellen Sie sich vor, was mæglich wåre, wenn wir Zellen und Organe im Labor wachsen lassen und damit kranke oder nicht funktionsfåhige Bestandteile unseres Kærpers ersetzen kænnten. Obwohl diese Aussichten çberwiegend ins Reich der Sciencefiction gehæren, hoffen die Forscher aufgrund von Untersuchungen aus den letzten Jahren, dass diese Art der Therapie eines Tages gang und gåbe sein kænnte. Um das Konzept der Zellersatztherapie besser verstehen zu kænnen, kænnen wir uns eine heutzutage gebråuchliche Prozedur wie die vorstellen, bei der aus den Beckenknochen eines Spenders Zellen entnommen und in den Kærper eines Empfångers injiziert werden. Mit einer Knochenmarkstransplantation werden vor allem Lymphome und Leukåmien behandelt, also Krebsarten, die den Charakter und die Anzahl der weiûen Blutkærperchen veråndern. Um die Transplantation durchfçhren zu kænnen, wird der Patient einer hohen Strahlendosis und/oder giftigen Chemikalien ausgesetzt, welche die Krebszellen, aber auch såmtliche Zellen tæten, die an der Bildung der roten und weiûen Blutzellen beteiligt sind. Diese Therapie hat deshalb Erfolg, weil die blutbildenden Zellen besonders empfindlich gegençber Strahlen und toxischen Substanzen sind. Sobald die blutbildenden Zellen eines Menschen zerstært sind, werden sie durch die Knochenmarkszellen eines gesunden Spenders ersetzt. Das Knochenmark kann das Blutsystem des Empfångers regenerieren, weil es einen kleinen Prozentsatz an Zellen enthålt, die proliferieren und somit das blutbildende Knochenmarksgewebe des Patienten wieder aufstocken kænnen.1 Man nennt diese blut1 Eine Knochenmarkstransplantation ist etwas anderes als eine einfache Bluttransfusion, bei welcher der Empfånger ausdifferenzierte Blutzellen ± vor allem rote Blutkærperchen und Blutplåttchen ± erhålt, die im Blutkreislauf vorhanden sind.
bildenden Zellen des Knochenmarks 1 & $ (oder 2& ). Sie haben normalerweise die Aufgabe, die Millionen von roten und weiûen Blutkærperchen zu ersetzen, die altern und tåglich in unserem Kærper absterben (Abb. 17.4). Erstaunlicherweise kann eine einzige HSZ das gesamte blutbildende System einer bestrahlten Maus wiederherstellen. Als & $ bezeichnet man undifferenzierte Zellen, die sich zum einen selber vermehren kænnen und zum anderen zu zwei oder mehr reifen Zelltypen entwickeln kænnen. HSZs des Knochenmarks sind nur eine Art von Stammzellen. Der ausgewachsene menschliche Kærper enthålt eine Vielzahl verschiedener Stammzelltypen, aus denen die spezialisierten Zellen der jeweiligen Gewebe hervorgehen, in denen sie gefunden werden. Stammzellen sind vielversprechend fçr den Ersatz von Geweben, die durch eine Verletzung oder Erkrankung zerstært wurden. Sie kænnen aber auch als ¹Rohmaterialª fçr Ersatz von Zellen dienen, weil sie in Kultur gut wachsen, sich teilen und dann zu zahlreichen spezialisierten Zellen entwickeln kænnen. Die meisten ausdifferenzierten Zellen kænnen dagegen nicht mehr wachsen oder sich teilen, so dass sie fçr eine Transplantation nicht in ausreichender Anzahl gewonnen werden kænnen. Forscher entwickeln gegenwårtig experimentelle Strategien, um Stammzellen dazu zu bringen, sich in einer Kulturschale in einen bestimmten gewçnschten Zelltyp wie etwa eine Pankreaszelle, die Insulin produziert, oder eine Nervenzelle, die Dopamin bildet, zu differenzieren, die dann fçr eine Transplantation verwendet werden kann. Einer der græûten potenziellen Einsatzbereiche fçr die Stammzelltherapie ist die Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen wie der Parkinson-Krankheit, die mit Zittern und Muskelstarre einhergeht. Bis vor kurzem hat man angenommen, dass das menschliche Gehirn nicht in der Lage ist, neue Nervenzellen zu bilden. Obwohl wir die çberwiegende Mehrheit unserer Nervenzellen bereits seit unserer Kindheit besitzen, hat man im Gehirn von Erwachsenen nun doch eine Reihe von Bereichen gefunden, in denen ståndig neue Nervenzellen gebildet werden. Das Foto auf dem Umschlag dieses Buches zeigt eine neu entstandene Nervenzelle im Hippocampus einer adulten Maus, einem Bereich des Gehirns,
Zwei grundverschiedene Zellarten
der beim Lernen und fçr das Gedåchtnis eine entscheidende Rolle spielt. Diese Nervenzellen stammen von einer Population & $ ab, die man aus Hirngewebe isolieren kann, das chirurgisch entfernt wurde. Wie håmatopoetische Stammzellen kænnen sich auch neuronale Stammzellen in einer Kulturschale vermehren. Je nach den Kulturbedingungen, kann man neuronale Stammzellen undifferenziert halten oder dazu bringen, sich zu spezialisierten Zelltypen zu entwickeln ± in der Regel zu Nerven- oder Gliazellen (Zellen des neuronalen Stçtzgewebes). Wenn man neuronale Stammzellen in das Gehirn einer Maus injiziert, kænnen sie sich zu Nervenzellen entwickeln, die in das Gehirn des Tieres integriert werden und die erforderlichen Funktionen erfçllen. Anfang der 1990er Jahre konnte man zeigen, dass man die Symptome der Parkinson-Krankheit beim Menschen wesentlich lindern kann, indem man Nervenzellen in den betroffenen Teil des Gehirns spritzt. Diese Nervenzellen stammten aus den Gehirnen menschlicher Feten, die abgetrieben worden waren. Abb. 1 zeigt einen Gehirn-Scan eines am ParkinsonSyndrom erkrankten Patienten, dem vor zehn Jahren fetale Nervenzellen in eine Seite des Gehirns injiziert worden waren. Viele der
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transplantierten Zellen leben immer noch und sind funktionsfåhig, obwohl das umgebende Gewebe durch die weiter fortgeschrittene Krankheit zerstært worden ist. Menschliche Feten kommen jedoch als Spender fçr eine Gewebetransplantation nicht in Frage. Es gibt wichtige ethische Bedenken gegençber diesem Verfahren und die Nachfrage nach solchen Zellen ist bei weitem græûer, als man aus den vorhandenen Feten gewinnen kann. Viele Jahre lang ist man davon ausgegangen, dass sich die adulten Stammzellen nur zu einem begrenzten Spektrum von Zelltypen entwickeln kænnen, in der Regel in Zellen aus dem Gewebe, aus dem sie stammen. So dachte man beispielsweise, dass aus håmatopoetischen Stammzellen nur Blutkærperchen werden kænnten, aus neuronalen Stammzellen nur Nervengewebe und aus epidermalen Stammzellen nur Haut werden kænnte. Diese Sichtweise, dass adulte Stammzellen nur ein sehr eingeschrånktes Entwicklungspotenzial haben, wurde in der Zeit von 1999 bis 2002 weitgehend aufgegeben. Nach Forschungsergebnissen von çber einem Dutzend prominenter Labors aus dieser Zeit konnte man gereinigte Pråparationen von Stammzellen aus adultem Blut, Hirn oder Haut in Labortiere injizieren, wo sie sich dann zu einem breiten Spektrum von Zelltypen entwickelten, das weit çber das hinausging, was man frçher fçr mæglich erachtet hatte. Diese Schlussfolgerungen aufgrund von Tierstudien wurden durch Beobachtungen an Frauen beståtigt, denen Knochenmark von månnlichen Spendern transplantiert worden war. Bei diesen Untersuchungen fand man funktionelle Spenderzellen an so unwahrscheinlichen Stellen wie der Leber, der Haut und dem Verdauungstrakt der Empfångerinnen. Den Berichten zufolge entwickelten sich adulte Stammzellen nicht nur zu diversen Zelltypen, sondern waren auch in der Lage, Tiere, denen sie transplantiert worden waren, von verschiedenen Arten von Krankheiten zu heilen. Laut einer der Untersuchungen differenzierten sich HSZs beispielsweise zu funktionellen Herzmuskelzellen und konnten in Måusen, bei denen ein Herzanfall induziert worden war, die zerstærten Zellen ersetzen. In einer anderen Studie stellte sich heraus, dass HSZs sich zu funktionellen Leberzellen entwickelten, und Tiere mit einer tædlichen Lebererkrankung retten konnten, die durch einen genetischen Fehler in einem entscheidenden Enzym im Stoff-
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Einfçhrung in die Zell- und Molekularbiologie
wechsel ausgelæst wird. Auf diese Flut von Berichten çber das auûergewæhnliche Differenzierungsvermægen adulter Stammzellen folgte eine Welle der Skepsis, die von Publikationen untermauert wurde, in denen die Autoren entweder frçhere Befunde nicht reproduzieren konnten oder aber zeigten, dass die beobachteten Ergebnisse nicht auf das Differenzierungsvermægen der Stammzellen zurçckzufçhren waren. So beruhte die Fåhigkeit der HSZs, Tiere von Lebererkrankungen zu heilen, nicht darauf, dass sich die Zellen zu Leberzellen entwickeln konnten, sondern darauf, dass sie mit vorhandenen Leberzellen fusionieren konnten und so ein Gen fçr ein normales Enzym erhielten. Wåhrend ich dieses Buch schreibe, çberprçfen Wissenschaftler gerade erneut das Differenzierungsvermægen adulter Stammzellen, diesmal nach strengeren experimentellen Kriterien. Wir haben die Erærterung bisher auf Stammzellen aus adulten Organismen begrenzt. Es sind jedoch nicht diese Studien an adulten Stammzellen, weswegen dieses Thema die Gemçter besonders erregt und welche die græûten Kontroversen auslæst, sondern Untersuchungen an % & $ 3#&4" die aus ganz jungen Såugerembryonen isoliert werden (Abb. 2). Das sind die Zellen des jungen Embryos, aus denen såmtliche verschiedenen Strukturen des fetalen Såugers hervorgehen. Anders als bei den adulten Stammzellen sind die Differenzierungsfåhigkeiten der ES-Zellen unbestritten. ES kænnen sich zu jedem Zelltyp im Kærper differenzieren ± sowohl in Zellkultur, als auch in einem als Spender vorgesehenen Embryo selbst. Langfristig besteht das Ziel der klinischen Forscher darin herauszufinden, wie man ES-Zellen dazu bringen kann, sich in Kultur in einen gewçnschten Zelltyp zu verwandeln, den man fçr eine Zellersatztherapie verwenden kann. Es hat einige Fortschritte in diese Hinsicht gegeben. So kann man beispielsweise durch Zugabe eines spezifischen Wachstumsfaktors (bFGF) und dann Nicotinamids (eines Derivats des Vitamins Niacin) eine Kultur von ES-Zellen dazu bringen, sich vor allem zu Insulin sezernierenden Beta-Zellen aus dem Pankreas zu entwickeln. Wenn man diese aus den ES-Zellen stammenden Beta-Zellen in eine diabetische Maus spritzt, sezernieren die Zellen geringe Mengen Insulin und verlångern das Leben des Tieres.
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Da menschliche ES-Zellen aus Embryonen gewonnen werden, sind sie ein wichtiges Politikum. Im August 2001 beschrånkte Pråsident Bush die von der Regierung gefærderte Forschung in den USA auf bereits etablierte ESZelllinien. Aufgrund dieser Entscheidung durften die meisten Forscher an akademischen Einrichtungen von Befruchtungskliniken keine neuen, noch nicht kultivierten ES-Zellen, die von çberzåhligen Embryonen abstammten, mehr erhalten, sondern mussten ihre Untersuchungen auf eine handvoll bereits existenter ES-Zelllinien beschrånken. Viele andere Lånder wie z. B. England haben derartige Einschrånkungen abgelehnt und planen stattdessen, Zellbånke einzurichten, in denen ES-Zellen gesammelt, charakterisiert und an Wissenschaftler verteilt werden kænnen. In den letzten Jahren ist heftig darçber diskutiert worden, ob adulte Stammzellen fçr eine Zellersatztherapie genauso vielversprechend sind wie ES-Zellen. Wie bereits erwåhnt, besitzen adulte Stammzellen offenbar nicht die gleichen Differenzierungsmæglichkeiten wie
Zwei grundverschiedene Zellarten
ES-Zellen.2 Andererseits haben adulte Stammzellen gegençber ES-Zellen den Vorteil, dass sie von der Person isoliert werden kænnen, die gerade behandelt wird, so dass bei einer anschlieûenden Zellersatztherapie mit diesen Zellen keine immunologischen Abstoûungsreaktionen zu befçrchten sind. Man kann ES-Zellen jedoch unter Umstånden soweit ¹anpassenª, dass sie genetisch den Zellen der Person entsprechen, die behandelt wird, und daher nicht vom Immunsystem des Empfångers angegriffen werden. Das kann man wahrschein2 In letzter Zeit richtete sich die Aufmerksamkeit auf einen zuvor nicht identifizierten Zelltyp namens MAPC, der unerklårlicherweise in Stammzellkulturen auftaucht, die aus dem Knochenmark erwachsener Menschen oder Nager stammen. MAPCs werden nur aus mesenchymalen Stammzellen des Knochenmarks, aber nicht aus håmatopoetischen Stammzellen gewonnen. Sie zeigen viele Øhnlichkeiten mit ES-Zellen (etwa bei den Proteinen, die sie exprimieren) und scheinen das Potenzial zu haben, sich in die meisten, wenn nicht alle ausdifferenzierten Zelltypen entwickeln zu kænnen. Ob sich MAPCs wirklich fçr Zellersatztherapien eignen, muss noch geklårt werden.
1.3.4 Die Græûe der Zellen und ihrer Bestandteile In Abb. 1.19 sind die relativen Græûen einiger zellbiologisch interessanter Strukturen, die fçr Zellbiologen von Interesse sind, angegeben. In der Regel beschreibt man Strukturen innerhalb einer Zelle mithilfe von zwei Einheiten eines linearen Maûstabs: dem (lm) und dem ) (nm). Ein lm entspricht 10±6 und ein nm 10±9 m. Obwohl das 5 (â), das einem Zehntel Nanometer entspricht, als metrisches Maû offiziell nicht mehr zugelassen ist, benutzen es die Molekularbiologen noch håufig im atomaren Bereich. Ein ângstræm entspricht in etwa dem Durchmesser eines Wasserstoffatoms. Die Dimensionen groûer biologischer Molekçle, der , werden entweder in ângstræm oder in Nanometern angegeben. Myoglobin, ein typisches globulåres Protein, hat ungefåhr die Ausmaûe 4,5 ´ 3,5 ´ 2,5 nm; sehr lange Proteine wie Kollagen oder Myosin sind çber 100 nm lang; und DNA ist etwa 2,0 nm breit. Komplexe Makromolekçle wie Ribosomen, Mikrotubuli oder Mikrofilamente haben einen Durchmesser von 5±25 nm. Obwohl sie winzig sind, sind diese Makromolekçle erstaunlich raffinierte ¹Nanomaschinenª, die verschiedenste mechanische, chemische und elektrische Aktivitåten durchfçhren kænnen.
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lich durch ein kompliziertes Verfahren erreichen, das in Abb. 2 dargestellt ist. Bei diesem Ansatz beginnt man mit einer unbefruchteten Eizelle, einer Zelle, die aus den Eierstæcken einer nicht verwandten Spenderin stammt. Dann wird der Kern der unbefruchteten Eizelle durch einen Zellkern des Patienten ersetzt, der behandelt werden soll. Auf diese Weise erhålt das Ei dieselbe chromosomale Zusammensetzung wie der Patient. Anschlieûend ermæglicht man es dem Ei, sich bis zu einem frçhen embryonalen Stadium zu entwickeln, entnimmt ihm die ES-Zellen, nimmt sie in Kultur und bringt sie dazu, sich zu dem vom Patienten benætigten Zelltyp zu differenzieren. Weil sich bei diesem Verfahren ein menschlicher Embryo entwickelt, der ausschlieûlich zur Herstellung von ES-Zellen benætigt wird, wirft es wichtige ethische Fragen auf, die geklårt werden mçssen, bevor diese Methode routinemåûig angewandt werden kann. Es gibt vielleicht auch andere Mæglichkeiten, an ES-Zellen heranzukommen, ohne einen lebensfåhigen menschlichen Embryo erzeugen zu mçssen. Man kann die Dimensionen von Zellen und ihren Organellen gut in Mikrometern angeben. So liegt der Durchmesser von Kernen etwa bei 5±10 lm, Mitochondrien sind etwa 2 m lang. Prokaryotische Zellen haben in der Regel eine Långe von ungefåhr 1±5 lm, eukaryotische Zellen dagegen von 10±30 lm. Es gibt mehrere Grçnde dafçr, warum die meisten Zellen so klein sind. Bedenken sie Folgendes: Fast alle eukaryotischen Zellen besitzen einen einzigen Kern, der von den meisten Genen nur zwei Kopien enthålt. Da Gene als Vorlagen fçr die Synthese informationstragender MessengerRNAs dienen, kann eine Zelle in einem bestimmten Zeitraum nur eine begrenzte Anzahl dieser Messenger-RNAs herstellen. Je græûer das Cytoplasma einer Zelle ist, desto långer dauert es, die fçr die Zelle erforderlichen MessengerRNAs zu synthetisieren. In dem Maû, wie eine Zelle græûer wird, nimmt bei ihr das Verhåltnis von Oberflåche zu Volumen ab. (Man kann diese Aussage çberprçfen, indem man die Oberflåchen eines Wçrfels mit einer Kantenlånge von 1 cm und eines Wçrfels mit einer Kantenlånge von 10 cm miteinander vergleicht. Das Verhåltnis von Oberflåche zu Volumen des kleineren Wçrfels ist betråchtlich græûer als das des græûeren Wçrfels.) Die Fåhigkeit einer Zelle, mit ihrer Umgebung Substanzen auszutauschen, ist proportional zu
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Einfçhrung in die Zell- und Molekularbiologie
Funktion und Ûberleben einer Zelle hången weitgehend von der ungerichteten Bewegung der Molekçle ab (). Sauerstoff beispielsweise muss von der Zelloberflåche durch das Cytoplasma ins Innere der Mitochondrien diffundieren. Wie lange die Diffusion dauert, ist proportional zum Quadrat der Entfernung, die zurçckgelegt werden muss. O2 benætigt beispielsweise nur 100 Mikrosekunden, um eine Entfernung von einem Mikrometer zu diffundieren, aber 106-mal långer, um eine Entfernung von einem Millimeter zurçckzulegen. Wenn eine Zelle græûer wird und die Entfernung von der Oberflåche ins Innere zunimmt, wird die Zeit, die erforderlich ist, damit Substanzen per Diffusion in eine metabolisch aktive Zelle eindringen und sie auch wieder verlassen, untragbar lang.
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Wiederholung 1. Vergleichen Sie eine prokaryotische und eine eukaryotische Zelle hinsichtlich ihrer strukturellen, funktionellen und metabolischen Unterschiede. 2. Worin liegt die Bedeutung der Zelldifferenzierung? 3. Warum sind Zellen fast immer mikroskopisch klein? 4. Wenn ein Mitochondrium zwei Mikrometer lang wåre, wie vielen â entspråche das? Wie vielen nm und wie vielen mm?
1.4 Viren
n Abb. 1.19. Relative Græûen von Zellen und Zellbestandteilen. Die Græûen der hier abgebildeten Strukturen unterscheiden sich um çber sieben Græûenordnungen
ihrer Oberflåche. Wçrde eine Zelle eine bestimmte Græûe çberschreiten, håtte sie nicht mehr gençgend Oberflåche, um all die Substanzen (etwa Sauerstoff, Nåhrstoffe) aufzunehmen, die sie fçr ihre Stoffwechselaktivitåten benætigt. Zellen wie etwa die im Darmepithel, die auf die Absorption gelæster Stoffe spezialisiert sind, besitzen in der Regel Mikrovilli, welche die fçr den Austausch verfçgbare Oberflåche stark vergræûern (Abb. 1.3). Das Innere einer groûen Pflanzenzelle ist in der Regel eher mit einer groûen, mit Flçssigkeit gefçllten Vakuole angefçllt als mit stoffwechselaktivem Cytoplasma (Abb. 8.36 b).
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hatten Louis Pasteur und andere die wissenschaftliche Welt mit ihren Arbeiten davon çberzeugt, dass Infektionen von Pflanzen und Tieren auf Bakterien zurçckzufçhren sind. Untersuchungen zur Tabakmosaik-Krankheit von Tabakpflanzen und der Maul- und Klauenseuche bei Rindern wiesen jedoch auf die Existenz eines anderen Erregertyps hin. Man fand beispielsweise heraus, dass der Saft einer kranken Tabakpflanze die Mosaikkrankheit auf eine gesunde Pflanze çbertragen konnte, obwohl der Saft keine Anzeichen fçr Bakterien zeigte, wenn man ihn unter dem Lichtmikroskop untersuchte. Um einen besseren Ûberblick çber die Græûe und die Art des Erregers zu bekommen, lieû Dimitri Iwanowski, ein russischer Biologe, den Saft einer erkrankten Pflanze durch Filter laufen, deren Poren so klein waren, dass die kleinsten bekannten Bakterien dadurch nur schwer durchtreten konnten. Das Filtrat war immer noch infektiæs, woraus Iwa-
nowski schloss, dass bestimmte Krankheiten durch Pathogene verursacht werden, die noch kleiner und vermutlich einfacher gebaut sind als die kleinsten bekannten Bakterien. Diese Erreger wurden unter der Bezeichnung . bekannt. 1935 berichtete Wendell Stanley vom Rockefeller Institut, dass das fçr die TabakmosaikKrankheit verantwortliche Virus kristallisiert werden konnte und dass die Kristalle infektiæs seien. Substanzen, die Kristalle bilden, besitzen eine hæchst geordnete, gut definierte Struktur und sind långst nicht so komplex wie die einfachsten Zellen. Stanley schloss daraus fålschlicherweise, dass das Tabakmosaikvirus (TMV) ein Protein sei. In Wahrheit ist TMV ein ståbchenfærmiges Partikel, das aus einem einzigen RNA-Molekçl besteht, das von einer helikalen Hçlle von Proteinuntereinheiten umgeben ist (Abb. 1.20).
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Viren
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Viren sind fçr Dutzende menschlicher Krankheiten wie AIDS, Polio, Influenza, Herpes, Masern und einigen Arten von Krebs verantwortlich (Kap. 16.2). Es gibt eine breites Spektrum an Viren mit ganz unterschiedlichen Formen, Græûen und jeweils anderer Zusammensetzung, alle haben jedoch bestimmte Eigenschaften gemeinsam. Alle Viren sind zwangslåufig intrazellulåre Parasiten; das heiût, sie kænnen sich nur innerhalb einer Wirtszelle vermehren. Je nach Virus kann der Wirt eine Pflanze, ein Tier oder eine Bakterienzelle sein. Auûerhalb einer lebenden Zelle ist das Virus ein Partikel oder . ± kaum mehr als ein makromolekulares Paket. Das Virion enthålt wenig genetisches Material, das je nach Virus einzel- oder doppelstrångig, RNA oder DNA ist. Erstaunlicherweise besitzen einige Viren nur drei oder vier verschiedene Gene, andere haben dagegen mehrere Hundert. Je weniger Gene es besitzt, desto mehr ist das Virus auf Enzyme und andere Proteine angewiesen, die von den Genen seiner Wirtszelle codiert werden. Das genetische Material des Virions ist von einer Proteinkapsel, einem " umgeben, das generell aus einer genau festgelegten Anzahl von Untereinheiten besteht. Eine solche Konstruktion aus Untereinheiten bietet zahlreiche Vorteile; besonders augenfållig ist die Úkonomie der genetischen Information. Wenn wie bei TMV eine virale Hçlle aus vielen Kopien eines einzigen Proteins oder wie bei den Hçllen vieler anderer Viren aus nur wenigen Proteinen besteht, muss das Virus nur ein oder wenige Gene fçr sein Behåltnis aus Proteinen codieren. Viele Viren besitzen ein Kapsid, dessen Untereinheiten in Form eines Polyeders, einer Struktur mit ebenen Flåchen, organisiert sind. Eine besonders håufige polyedrische Virenform ist der 20-seitige 6
. So hat beispielsweise das Adenovirus, das bei Såugern Atemwegsinfektionen verursacht, ein ikosaedrisches Kapsid (Abb. 1.21 a). Bei vielen Tierviren einschlieûlich des Aids-auslæsenden HI-Virus ( $
) ist das Proteinkapsid von einer lipidhaltigen åuûeren Hçlle umgeben, die der modifizierten Plasmamembran der Wirtszelle entnommen wird, wenn sich das Virus von der Oberflåche der Wirtszelle ablæst (Abb. 1.21 b). Bakterienviren oder 7 gehæren zu den kompliziertesten Viren (Abb. 1.21 c). Der T-Bakteriophage ± er wurde in den entscheidenden Experimenten eingesetzt, mit denen die Strukturen und Eigenschaften des genetischen Materials aufgeklårt wurden ± besteht aus einem polyedrischen Kopf, der DNA enthålt, einem zylindrischen Stiel, durch den die DNA in
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die bakterielle Zelle injiziert wird, sowie Schwanzfasern, die dem Partikel insgesamt das Aussehen eines Moduls fçr die Landung auf dem Mond geben. Jedes Virus hat auf seiner Oberflåche ein Protein, mit dem es sich an ein bestimmtes Oberflåchenelement seiner Wirtszelle anheften kann. So reagiert das Protein, das aus der Oberflåche des HIV-Partikels herausragt (gp120 in Abb. 1.21 b, was fçr Glycoprotein mit dem Molekulargewicht von 120 000 steht), spezifisch mit einem Protein namens CD4 auf der Oberflåche bestimmter weiûer Blutkærperchen und erleichtert so das Eindringen des Virus in seine Wirtszelle. Aus der Wechselwirkung zwischen den Proteinen des Virus und des Wirts ergibt sich die Spezifitåt des Virus, die bestimmt, in welche Arten von Wirtszellen das Virus eindringen und welche es infizieren kann. Einige Viren haben ein breites
und kænnen so Zellen vieler verschiedener Organe oder Wirtszellen infizieren. Das Virus, das Tollwut auslæst, kann beispielsweise viele verschiedene Såugerspezies wie Hunde, Fledermåuse und Menschen infizieren. Die meisten Viren haben dagegen ein relativ begrenztes Wirtsspektrum. Das gilt etwa allgemein
fçr Erkåltungs- und Grippeviren des Menschen, die nur die Epithelzellen der Atemwege des Menschen befallen kænnen. Ein Wechsel in der Wirtsspezifitåt kann einschneidende Konsequenzen haben. Das hat sich auf dramatische Weise bei der SARS-( $ $)Epidemie von 2003 gezeigt, an der çber 700 Menschen gestorben und çber 8000 erkrankt sind. Diese Krankheit wurde durch einen Stamm eines Coronavirus verursacht, von dem man annahm, dass er von exotischen Tieren, wie sie auf chinesischen Mårkten verkauft werden, auf die menschliche Population çbergegangen ist. Grippeviren sind fçr ihre Fåhigkeit bekannt, ihr Genom veråndern und von infizierten Schweinen oder Vægeln auf Menschen çbergehen zu kænnen. 1918 tætete ein hochvirulenter Stamm eines Influenzavirus weltweit çber 30 Mio. Menschen! Woher dieses tædliche Grippevirus stammte, ist weiterhin umstritten, obwohl Fragmente des Virusgenoms aus den aufbewahrten Geweben von drei Opfern isoliert werden konnten, die vor nahezu 90 Jahren gestorben sind. Virionen sind makromolekulare Aggregate, unbelebte Partikel, die sich selbst nicht vermehren, keine Substanzen umwandeln oder irgend-
welche anderen Aktivitåten ausçben kænnen, die man mit Leben verbindet. Aus diesem Grund betrachtet man Viren nicht als Organismen und zåhlt sie nicht zur belebten Natur. Diese Sichtweise wird durch einen kontrovers diskutierten Bericht beståtigt, der 2002 veræffentlicht wurde. Die Autoren dieser Untersuchung berichteten, dass sie ¹aus dem Nichtsª ein Virus geschaffen håtten. Ausgehend von der publizierten Sequenz des Poliovirus-Genoms synthetisierten die Forscher ein RNA-Molekçl, das diese spezifische Nucleotidsequenz enthielt. Diese RNA gaben sie zu einem menschlichen Zellextrakt, der anhand der genetischen Information in der RNA die darin codierten viralen Proteine synthetisierte. Die viralen Proteine wurden zu reifen PoliovirusPartikeln zusammengesetzt, die bei Måusen zu Låhmungen fçhren konnten. Obwohl die Viren extrem klein sind, hat man ihre Route durch eine lebende Zelle unter dem 8 verfolgt. Fçr dieses Meisterstçck hat man zuerst einmal alle Viruspartikel mit
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Viren
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einem einzelnen fluoreszierenden Molekçl versehen und hat sie dann verfolgt, als wåren sie winzige, hell beleuchtete Fahrzeuge. In Abb. 1.22 kann man die Bewegungen verschiedener einzelner Viruspartikel im Verlauf einer Infektion erkennen. Mithilfe dieses Verfahrens kann man beobachten, wie Viren die Plasmamembran einer Wirtszelle in weniger als einer Zehntelsekunde durchstoûen und innerhalb von 15 min zum Kern der Wirtszelle vordringen, wo sie die Kontrolle çber die Produktionskapazitåt der Zelle çbernehmen. Wie dieses Experiment zeigt, hat der Einsatz von Fluoreszenzmarkern zu einer Revolution in der Untersuchung zellulårer Aktivitåt gefçhrt, die es den Forschern erlaubt, Prozesse sichtbar zu machen, die ansonsten nicht beobachtet werden kænnten. Es gibt zwei grundlegende Formen einer Virusinfektion: n In den meisten Fållen unterbindet das Virus die normalen Synthesearbeiten des Wirts und bringt die Zelle dazu, die ihr zur Verfçgung stehenden Substanzen zur Herstellung von viralen Nucleotiden und Proteinen zu verwenden, die sich dann zu neuen Virionen zusammensetzen. Mit anderen Worten: Viren wachsen nicht wie Zellen heran, sondern werden aus verschiedenen Bestandteilen zu fertigen Virionen zusammengesetzt. Schlieûlich bricht die infizierte Zelle auf, sie wird lysiert, und setzt eine neue Generation von Viruspartikeln frei, die dann benachbarte Zellen infizieren kænnen. Ein Beispiel fçr diese Art von lytischem Zyklus ist in Abb. 1.23 a dargestellt. n In anderen Fållen fçhrt die Infektion durch das Virus nicht zum Tod der Wirtszelle, vielmehr baut das Virus seine DNA in die DNA des Wirtschromosoms ein. Die integrierte Virus-DNA wird als / 9 bezeichnet. Ein solches Provirus kann je nach Art des Virus und der Wirtszelle unterschiedliche Folgen haben: ± Bakterien, die ein Provirus enthalten, verhalten sich normal, bis sie etwa durch UV-Strahlung angeregt werden; dadurch wird die schlafende VirusDNA aktiviert, was zur Lyse der Zelle und zur Freisetzung einer neuen Virengeneration fçhrt.
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± Einige Tierzellen, die ein Provirus enthalten, bilden eine neue Virengeneration, die sich von der Zelloberflåche abschnçren, ohne die infizierte Zelle zu lysieren. Das HI-Virus verhålt sich so; eine infizierte Zelle kann eine Zeitlang çberleben und als Produktionsståtte fçr neue Virione dienen (Abb. 1.23 b). ± Einige Tierzellen, die ein Provirus enthalten, verlieren die Kontrolle çber ihr eigenes Wachstum und ihre Teilung und entarten. Dieses Phånomen kann man leicht in Labors studieren, wenn man kultivierte Zellen mit einem geeigneten Tumorvirus infiziert.
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Viren haben auch ihre Vorzçge. Weil virale Gene die Aktivitåt ihrer Wirtsgene nachahmen, haben Forscher mithilfe von Viren jahrzehntelang die Mechanismen der DNA-Replikation und Genexpression in ihren viel komplizierteren Wirten untersucht. Darçber hinaus werden Viren inzwischen benutzt, um fremde Gene in menschliche Zellen einzuschleusen, eine Technik, auf der man wahrscheinlich die Gentherapie fçr menschliche Krankheiten aufbauen kann. Letztlich spielen Viren, die Bakterien oder Insekten tæten, zunehmend eine Rolle bei der Bekåmpfung von bakteriellen Erregern und Insektenplagen. In Osteuropa und Russland wurden bakterielle Infektionen jahrzehntelang mithilfe von Bakteriophagen behandelt, wåhrend die Ørzte in den westlichen Låndern Antibiotika verschrieben haben. Angesichts der zunehmenden Antibiotikaresistenz von Bakterien kænnten Bakteriophagen aufgrund von vielversprechenden Untersuchungen an infizierten Måusen ein Comeback feiern. Mehrere biotechnologische Firmen haben mit der Produktion von Bakteriophagen begonnen und fçhren bereits klinische Studien durch. 1.4.1 Viroide
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Als sich 1971 herausstellte, dass Viren nicht die einfachsten Erreger sind, war das eine groûe Ûberraschung. Damals berichtete T. O. Diener vom US-Landwirtschaftsministerium, dass die Spindelknollenkrankheit der Kartoffel, die dazu fçhrt, dass die Kartoffeln knorrig werden und Risse bekommen, durch einen infektiæsen Erreger verursacht wird, der aus einem kleinen ringfærmigen RNA-Molekçl ohne jegliche Proteinhçlle besteht. Dieses Pathogen bezeichnete Diener als . . Die Viroid-RNA hat eine Græûe
Viren
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Experimentelle Verfahren
Wie sind die eukaryotischen Zellen entstanden? Wie wir in diesem Kapitel gesehen haben, ist es zweckmåûig, Zellen in zwei Gruppen einzuteilen: in pro- und eukaryotische Zellen. Seit diese Aufteilung des zellulåren Lebens erstmals vorgeschlagen wurde, suchen Biologen eine Antwort auf die hochinteressante Frage: Woher stammen die eukaryotischen Zellen? Jahrzehntelang war man sich allgemein darçber einig, dass die prokaryotischen Zellen vor den eukaryotischen Zellen entstanden sind und die eukaryotischen aus den prokaryotischen Zellen hervorgegangen sind. Die erste These kann direkt durch fossile Funde beståtigt werden, die belegen, dass prokaryotische Zellen schon in etwa 2,7 Mrd. Jahren alten Gesteinsschichten vorhanden waren (Kap. 1.3) und damit etwa 1 Mrd. Jahre ålter sind als die ersten eukaryotischen Funde. Die zweite These beruht auf der Tatsache, dass die beiden Zelltypen miteinander verwandt sein mçssen, weil sie viele komplexe Merkmale ± sehr åhnliche genetische Codes, Enzyme, Stoffwechselwege und Plasmamembranen ± gemeinsam haben, die sich in unterschiedlichen Organismen nicht unabhångig voneinander håtten entwickeln kænnen. Bis etwa 1970 nahm man generell an, dass eukaryotische Zellen aus prokaryotischen Zellen durch einen Prozess allmåhlicher Evolution hervorgegangen sind, in dessen Verlauf die Organellen der eukaryotischen Zellen allmåhlich immer komplexer wurden. Um 1970 herum verlor dieses Konzept schlagartig an Akzeptanz; dies lag vor allem an den Arbeiten von Lynn Margulis, die damals an der Boston University arbeitete. Margulis lieû eine Idee wieder aufleben, die bereits frçher einmal vorgeschlagen und dann wieder verworfen worden war, dass sich bestimmte Organellen einer eukaryotischen Zelle ± vor allem die Mitochondrien und Chloroplasten ± aus kleineren prokaryotischen Zellen entwickelt haben, die sich im Cytoplasma einer græûeren Wirtszelle eingenistet hatten.1,2 Diese Hypothese wird als # % bezeichnet, weil sie beschreibt, wie aus zwei oder mehr selbståndigen, einfachen Zellen, die in Symbiose miteinander leben, eine einzelne ¹zusammengesetzteª Zelle græûerer Komplexitåt hervorgehen kann.
Man hat angenommen, dass unsere frçhesten prokaryotischen Vorfahren anaerobe heterotrophe Zellen waren: , weil sie ihre Energie aus Nahrungsmitteln ohne Verbrauch von molekularem Sauerstoff (O2) gewannen, und , weil sie nicht in der Lage waren, organische Verbindungen aus anorganischen Vorlåufermolekçlen wie CO2 und Wasser zu synthetisieren, sondern stattdessen aus ihrer Umgebung vorgefertigte organische Verbindungen aufnehmen mussten. Einer Version der Endosymbiontentheorie zufolge nahm ein groûer anaerober heterotropher Prokaryot einen kleinen, aeroben Prokaryoten auf (Schritt 1, Abb. 1). Da der kleine, aerobe Prokaryot nicht innerhalb des Cytoplasmas abgebaut werden konnte, lieû er sich als permanenter Endosymbiont in der Zelle nieder. Er vermehrte sich zusammen mit der Wirtszelle, so dass schnell eine Kolonie dieser ¹zusammengesetztenª Zellen entstand. Ûber viele Generationen hinweg verloren die Endosymbionten zahlreiche Merkmale, die sie nicht mehr zum Ûberleben benætigten, so dass die frçher einmal unabhångigen, aeroben Mikroben zu Vorlåufern der heutigen Mitochondrien wurden (Schritt 2, Abb. 1). Aus einer Zelle, deren Vorlåufer, wie gerade beschrieben, durch eine Reihe von symbiotischen Ereignissen entstanden war, konnte eine Zelllinie hervorgehen, in der sich weitere grundlegende Eigenschaften eukaryotischer Zellen wie etwa ein Membransystem (aus Kernmembran, endoplasmatischem Retikulum, Golgi-Apparat und Lysosomen), ein komplexes Cytoskelett sowie eine durch eine Mitose geprågte Form der Zellteilung entwickelten. Man geht davon aus, dass diese Eigenschaften nicht auf einmal ± etwa durch die Aufnahme eines Endosymbionten ±, sondern im Rahmen eines allmåhlichen Evolutionsprozesses entstanden sind. Das endoplasmatische Retikulum und die Kernmembranen beispielsweise sind unter Umstånden aus einem Teil der åuûeren Plasmamembran der Zelle hervorgegangen, der in die Zelle aufgenommen und dann in einen anderen Membrantyp umgewandelt wurde (Schritt 3, Abb. 1). Eine Zelle, die vielleicht diese verschiedenen Kompartimente in ihrem Inneren ausgebildet hatte, ist dann unter Umstånden zum Vorlåufer einer heterotrophen eukaryotischen Zelle, beispielsweise einer Pilzzelle oder eines Protisten, geworden (Schritt 4,
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Abb. 1). Die åltesten Fossilien, von denen man annimmt, dass sie Ûberreste von Eukaryoten sind, stammen aus der Zeit von vor 1,8 Mrd. Jahren. Es wurde die These aufgestellt, dass durch die Aufnahme eines weiteren Endosymbionten, speziell eines Cyanobakteriums, aus einem frçhen heterotrophen Eukaryoten ein Vorlåufer der photosynthetisch aktiven Eukaryoten geworden sein kænnte: der Grçnalgen und Pflanzen (Schritt 5, Abb. 1). Die Aufnahme von Chloroplasten vor etwa 1 Mrd. Jahren muss einer der letzten Schritte im Rahmen der Endo-
symbiose gewesen sein, weil diese Organellen nur in Pflanzen und Algen vorhanden sind. Dagegen besitzen alle bekannten Gruppen von Eukaryoten entweder Mitochondrien oder zeigen definitiv, dass sie aus Organismen hervorgegangen sind, die diese Organellen besessen haben.3 Die Aufteilung såmtlicher Lebewesen in zwei Kategorien, Pro- und Eukaryoten, beruht auf einer grundlegenden Dichotomie der Zellstrukturen. Dabei handelt es sich aber nicht zwangslåufig um einen eindeutigen phylogenetischen Unterschied, das heiût, einen, der die evolutionåren Beziehungen zwischen den Lebewesen widerspiegelt. Nehmen wir fçr einen Augenblick mal an, dass die heute lebenden Eukaryoten (ohne ihre Mitochondrien und Chloroplasten) aus einer bestimmten Gruppe von Urprokaryoten hervorgegangen sind, wåhrend die meisten der heute existierenden Prokaryoten aus einer anderen Gruppe von Urprokaryoten entstanden sind. Dann kann man sich vorstellen, dass eine bestimmte Gruppe lebender Prokaryoten ± die von derselben Gruppe abstammen, aus der auch die ersten Eukaryoten hervorgegangen sind ± stårker mit lebenden Eukaryoten als mit anderen lebenden Prokaryoten verwandt ist. Wie bestimmt man die evolutionåren Beziehungen zwischen Organismen wie den Prokaryoten und Eukaryoten, die sich vor Milliar-
Viren
den von Jahren voneinander getrennt haben? Die meisten taxonomischen Einteilungen, mit denen man versucht, Organismen zu klassifizieren, beruhen vor allem auf anatomischen oder physiologischen Charakteristika. 1965 schlugen Emile Zuckerkandl und Linus Pauling einen anderen Ansatz vor, der auf einem Vergleich der Strukturen von Informationsmolekçlen wie Proteinen und Nucleinsåuren lebender Organismen beruht.a Unterschiede in der Aminosåuresequenz der Proteine oder in der Nucleotidsequenz der Nucleinsåuren beruhen auf Mutationen in der DNA, die an die Nachkommen weitergegeben wurden. Mutationen kænnen sich çber einen långeren Zeitraum in einem bestimmten Gen mit einer relativ konstanten Geschwindigkeit anhåufen. Daher kann man durch Vergleich der Aminosåure- oder Nucleotidsequenzen ermitteln, wie nah Organismen miteinander verwandt sind. So sollten beispielsweise zwei Organismen, die nah verwandt sind und sich somit erst in jçngerer Zeit von einem gemeinsamen Vorlåufer getrennt haben, in einem bestimmten Gen weniger Sequenzunterschiede aufweisen als zwei Organismen, die entfernt verwandt sind und somit keinen gemeinsamen Verwandten aus jçngerer Zeit haben. Mithilfe dieser Art von Sequenzdaten als ¹evolutionårer Uhrª kænnen Wissenschaftler phylogenetische Stammbåume aufstellen, die zeigen, auf welchen Wegen sich unterschiedliche Gruppen von Lebewesen im Verlauf der Evolution voneinander getrennt haben kænnten. Mitte der 1970er Jahre begannen Carl Woese und seine Mitarbeiter an der University of Illinois eine Reihe von Untersuchungen an verschiedenen Organismen, in denen sie die Nucleotidsequenzen des RNA-Molekçls verglichen, das sich in der kleinen Untereinheit des Ribosoms befindet. Diese RNA ± die 16S-rRNA von Prokaryoten oder die 18S-rRNA von Eukaryoten ± wurde ausgewåhlt, weil groa
Es gibt zahlreiche anaerobe einzellige Eukaryoten wie etwa den Darmparasiten %, die keine Mitochondrien besitzen. Jahrelang stçtzte sich die These, dass es erst spåt ± nach der Evolution dieser Gruppen, denen die Mitochondrien fehlen ± zur mitochondrialen Endosymbiose gekommen ist, auf diese Organismen. Neuere Analysen der Kern-DNA dieser Organismen deuten jedoch daraufhin, dass wahrscheinlich bestimmte Gene von den Mitochondrien in den Kern gewandert sind; das legt die Vermutung nahe, dass die Vorlåufer dieser Organismen ihre Mitochondrien im Verlauf der Evolution verloren haben.
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ûe Mengen von ihr in allen Zellen vorhanden sind, weil sie leicht zu reinigen ist und sich çber långere evolutionåre Zeitråume hinweg nur allmåhlich åndert. Deshalb kann man sie dazu verwenden, um die Beziehungen von sehr entfernt verwandten Organismen zu untersuchen. Es gab nur einen entscheidenden Nachteil: Die Sequenzierung von Nucleinsåuren war zu diesem Zeitpunkt sehr arbeits- und zeitaufwåndig. Bei ihrer Studie gingen die Wissenschaftler folgendermaûen vor: Sie reinigten die 16S-rRNA eines bestimmten Organismus, setzten dann der Pråparation das Enzym T1-Ribonuclease zu, welches das Molekçl in kurze Fragmente, die Oligonucleotide, spaltete. Anschlieûend wurden die Oligonucleotide dieses Ansatzes durch eine zweidimensionale Elektrophorese aufgetrennt und ein zweidimensionaler ¹Fingerabdruckª erstellt, wie er in Abb. 2 zu sehen ist. Nach der Auftrennung konnte die Nucleotidsequenz jeder dieser Oligonucleotide bestimmt und die Sequenzen der verschiedene Organismen miteinander verglichen werden. In einer ihrer ersten Untersuchungen analysierten Woese und seine Mitarbeiter die 16S-rRNA der Ribosomen von Chloroplasten des photosynthetisch aktiven Protisten .4 Sie fanden heraus, dass die Sequenz dieses rRNA-Molekçls des Chloroplasten viel mehr der Sequenz der 16S-rRNA åhnelte, die man in Ribosomen von Cyanobakterien gefunden hatte, als der in den entsprechenden Ribosomen des eukaryotischen Cytoplasmas. Diese Befunde deuteten stark darauf hin, dass die Chloroplasten von Cyanobakterien symbiotischen Ursprungs sind. 1977 veræffentlichten Woese und George Fox eine bahnbrechende Studie çber molekulare Evolution.5 Sie verglichen die gereinigten rRNA-Nucleotidsequenzen der kleinen Untereinheiten von 13 verschiedenen pro- und eukaryotischen Spezies. Die Daten eines Vergleichs aller mæglichen Kombinationen dieser Organismen sind in Tabelle 1 aufgefçhrt. Die Zahlen in der oberen Reihe stehen fçr die mit derselben Nummer in der ersten Spalte der Tabelle aufgefçhrten Organismen. Jeder Wert in der Tabelle sagt etwas darçber aus, wie stark sich die rRNA-Sequenzen der beiden miteinander verglichenen Organismen åhneln: Je kleiner die Zahl, desto weniger åhneln sich die Sequenzen. Woese und Fox fanden heraus, dass sich die Sequenzen, wie es in der Tabelle angegeben ist, in drei Gruppen aufteilen. Es ist gut zu erkennen, dass sich die rRNAs innerhalb
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Einfçhrung in die Zell- und Molekularbiologie
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der Gruppen 1±3, 4±9 und 10±13 untereinander sehr viel mehr åhneln als den rRNAs der beiden anderen Gruppen. Die erste Gruppe in der Tabelle enthålt nur Eukaryoten, die zweite die ¹typischenª Bakterien (gram-positive,
gram-negative sowie Cyanobakterien) und die dritte Gruppe besteht aus mehreren Spezies von Methanbildnern, das heiût, Methan bildenden Bakterien. Woese und Fox schlossen daraus, dass die methanogenen Bakterien zu
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ihrer Ûberraschung ¹den typischen Bakterien nicht mehr zu åhneln scheinen als den eukaryotischen Cytoplasmenª. Diese Ergebnisse deuteten darauf hin, dass die Mitglieder dieser drei Gruppen drei verschiedene evolutionåre Linien repråsentieren, die sich auf einem sehr frçhen Evolutionsstadium zellulårer Organismen voneinander getrennt haben. Entsprechend ordneten Woese und Fox diese Organismen drei verschiedenen Reichen zu, die sie als Urkaryoten, Eubacteria und Archaebacteria bezeichneten, eine Terminologie, welche die Prokaryoten in zwei Gruppen aufspaltet. Spåtere Forschungsarbeiten haben die Vorstellung beståtigt, dass man die Prokaryoten in zwei entfernt verwandte Linien aufteilen kann, und erweiterten die Reihen der Archaebakterien um mindestens zwei weitere Gruppen, die Thermophilen, die heiûe Quellen und Schlote auf dem Meeresboden bewohnen, und die Halophilen, die in sehr salzhaltigen Seen und Meeren leben. 1989 wurde der Lebensbaum durch zwei Veræffentlichungen beståtigt, in denen die These aufgestellt wurde, dass die Archaebakterien tatsåchlich enger mit den Eukaryoten als mit den Eubacteria verwandt sind.6,7 Beide Forschergruppen verglichen die Aminosåuresequenzen verschiedener Proteine, die in einem breiten Spektrum verschiedener Pround Eukaryoten, Mitochondrien und Chloroplasten vorhanden sind. Abbildung 3 zeigt einen phylogenetischen Stammbaum, der auf ribosomalen RNA-Sequenzen beruht und zu den gleichen Schlussfolgerungen kommt.8 In einem spåteren Artikel schlugen Woese und seine
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Mitarbeiter eine çberarbeitete taxonomische Einteilung vor, die weitgehend angenommen wurde. Darin werden die Archaebacteria, Eubacteria und Eukaryoten getrennten Ûberreichen zugeordnet, die als Archaea, Bacteria beziehungsweise Eukarya bezeichnet werden.b Jedes Ûberreich kann in ein oder mehrere Reiche unterteilt werden, die Eukarya etwa in die klassischen Reiche der Pilze, Protisten, Pflanzen und Tiere. Dem Modell in Abb. 3 zufolge entstehen bei der ersten græûeren Aufspaltung des Lebensbaums zwei Linien, von denen die eine zu den Bacteria und die andere zu den Archaea und Eukarya fçhrt. Wenn diese Sichtweise stimmt, hat ein Mitglied aus der Reihe der Archaebacteria und nicht eines aus der Linie der Eubacteria Symbionten aufgenommen und sich zu einer eukaryotischen Zelle entwickelt. Obwohl in diesen symbiotischen Beziehungen vermutlich ein Archaebacterium als Wirtsprokaryot fungierte, waren die Symbionten, die sich zu Mitochondrien und Chloroplasten entb
Viele Biologen mægen die Begriffe Archaebacteria und Eubacteria nicht. Obwohl diese Bezeichnungen allmåhlich aus der Literatur verschwunden sind und durch die Begriffe Archaea und Bacteria ersetzt wurden, benutzen viele, die auf diesem Gebiet forschen, in ihren Publikationen immer noch die alten Ausdrçcke. Angesichts der Tatsache, dass dies ein Einfçhrungskapitel in einem einfçhrenden Buch ist, habe ich mich dazu entschlossen, bei Archaebacteria und Eubacteria zu bleiben, um mægliche Verwirrungen wegen der Bedeutung des Begriffs ¹bakteriellª zu vermeiden. Der Leser sollte sich aber darçber im klaren sein, dass dies nicht die gångigen taxonomischen Begriffe sind.
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Einfçhrung in die Zell- und Molekularbiologie
wickelten, hæchstwahrscheinlich Eubacteria, wie man an ihrer nahen Verwandtschaft zu den heutigen Mitgliedern dieser Gruppe erkennt. Bis 1995 wurden phylogenetische Stammbåume, wie sie in Abb. 3 zu sehen sind, vor allem aufgrund der Analyse der Gene aufgestellt, die die 16S-18S rRNA codieren. Dann legten phylogenetische Vergleiche einer Reihe anderer Gene die Vermutung nahe, dass das in Abb. 3 skizzierte Bild mæglicherweise etwas zu stark vereinfacht ist. Mit der Veræffentlichung der vollståndigen Sequenzen einer Reihe prokaryotischer Genome sowohl von Archaebakterien als auch von Eubacteria und des Genoms eines Eukaryoten, der Hefe $ , wurden zwischen 1995 und 1997 wieder Fragen çber den Ursprung pro- und eukaryotischer Zellen hæchst aktuell. Wissenschaftler konnten nun die Sequenzen von Hunderten von Genen gleichzeitig miteinander vergleichen. Diese Analyse warf eine Reihe schwieriger Fragen auf und verwischte die Trennungslinien zwischen den drei Ûberreichen.9 So enthielten beispielsweise die Genome mehrerer Archaebakterien eine erhebliche Menge eubakterieller Gene. Meistens unterschieden sich diese Gene der Archaebakterien, deren Produkte an Informationsprozessen wie der Chromosomenstruktur, Transkription, Translation und Replikation beteiligt sind, deutlich von den entsprechenden Genen eubakterieller Zellen und åhnelten entsprechenden Genen eukaryotischer Zellen. Diese Beobachtung passt gut zum Schema in Abb. 3. Dagegen zeigten viele Gene von Archaebakterien, die Enzyme des Stoffwechsels codieren, einen unverkennbar eubakteriellen Charakter.10,11 Die Genome eubakterieller Spezies zeigten ebenfalls Anzeichen dafçr, dass sie nicht nur aus einer Quelle stammten, und enthielten håufig eine erhebliche Anzahl von Genen mit archaebakteriellem Charakter.12 Die meisten Forscher, die den Ursprung der Urorganismen untersuchen, halten an dem Grundschema des phylogenetischen Stammbaums fest, wie er in Abb. 3 skizziert ist. Ihrer Meinung nach låsst sich die Tatsache, dass bei Archaebakterien Gene mit eubakteriellem Charakter gefunden werden und umgekehrt, durch den Gentransfer von einer Spezies zur anderen erklåren, ein Phånomen, das als $ : bezeichnet wird.13 Nach der ursprçnglichen Pråmisse, auf welcher der phylogenetische Stammbaum in Abb. 3 beruht,
werden Gene von den Eltern und nicht von den Nachbarn geerbt. Aufgrund dieser Pråmisse kann ein Wissenschaftler annehmen, dass zwei Spezies eng miteinander verwandt sind, wenn sie beide ein Gen (beispielsweise das rRNA-Gen) mit einer åhnlichen Nucleotidsequenz besitzen. Wenn Zellen jedoch Gene von anderen Spezies aus ihrer Umgebung aufschnappen kænnen, dann kænnten auch zwei Arten, die in Wahrheit nicht verwandt sind, Gene mit einer sehr åhnlichen Sequenz besitzen. Wie bedeutend die horizontale Gençbertragung fçr der Evolution der Prokaryoten ist, zeichnete sich schon frçh in einer Untersuchung ab, in der die Genome zweier verwandter Eubakterien, und $
, miteinander verglichen wurden. Man fand heraus, dass 755 Gene oder fast 20% des $-Genoms aus ¹fremdenª Genen stammen, die in den letzten 100 Mio. Jahren in dieses Genom eingeschleust wurden, also seit der Zeit, als sich die beiden Spezies voneinander trennten. Diese 755 Gene wurden aus vielen verschiedenen Organismen bei mindestens 234 verschiedenen horizontalen Gentransfers çbernommen.14 (Wie sich die horizontale Gençbertragung auf die Antibiotikaresistenz auswirkt, wird in der Rubrik ¹Aus Sicht des Menschenª in Kapitel 3 erærtert.) Wenn die Gene eines Genoms von diversen Organismen abstammen, wie soll man dann entscheiden, welche Gene man zur Bestimmung eines phylogenetischen Stammbaums heranziehen soll? Die einen vertreten die Ansicht, dass Gene, die an der Informationsverarbeitung (Transkription, Translation, Replikation) beteiligt sind, sich am besten zur Bestimmung phylogenetischer Beziehungen eignen, weil diese Gene seltener horizontal çbertragen werden als Gene, die an Stoffwechselreaktionen beteiligt sind.15 Diese Autoren argumentieren, dass die Produkte der Informationsgene (etwa die rRNAs) zu græûeren Komplexen gehæren, deren Bestandteile mit vielen anderen Molekçlen wechselwirken mçssen. Es ist unwahrscheinlich, dass sich ein fremdes Genprodukt in die vorhandene Maschinerie integrieren låsst. Wenn ¹Informationsgeneª zum Vergleich herangezogen werden, werden Archaebakterien und Eubakterien håufig ganz verschiedenen Gruppen zugeteilt, wåhrend sich Archaebakterien und Eukaryoten håufig als evolutionår verwandt erweisen, wie man in Abb. 3 ablesen kann.
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Eine Analyse eukaryotischer Genome hat åhnliche Belege fçr ein gemischtes Erbe ergeben. Untersuchungen am Hefegenom zeigen eindeutig, dass es Gene enthålt, die von Archaebakterien und Eubakterien abstammen. Die ¹Informationsgeneª haben håufig einen archaebakteriellen Charakter, wåhrend die ¹Stoffwechselgeneª eubakterieller Natur sind.16 Es gibt mehrere Erklårungsmæglichkeiten dafçr, warum das eukaryotische Genom aus Genen verschiedener Organismen besteht. Eukaryotische Zellen kænnen aus archaebakteriellen Vorlåufern hervorgegangen sein und dann Gene von Eubakterien aufgegriffen haben, die mit ihnen zusammen lebten. Darçber hinaus stammen einige Gene im Kern einer eukaryotischen Zelle von eubakteriellen Genen ab, die aus dem Genom der Symbionten çbernommen wurden, die sich zu Mitochondrien und Chloroplasten entwickelt haben.17 Einige Wissenschaftler haben eine radikalere Position eingenommen und die These aufgestellt, dass das eukaryotische Genom ursprçnglich aus der Fusion einer archaebakteriellen mit einer eubakteriellen Zelle hervorgegangen ist, woraufhin es dann zu einer Integration beider Genome gekommen ist.18 Da es offensichtlich so viele verschiedene Wege gibt, Gene aufzunehmen, ist klar, dass die Evolution des vollståndigen Genoms eines Organismus nicht durch einen einfachen phylogenetischen Stammbaum wiedergegeben werden kann.Lit in 19 Unter Umstånden hat vielmehr jedes Gen oder jede Gengruppe eines bestimmten Genoms seinen eigenen, einzigartigen evolutionåren Stammbaum ± ein åuûerst verwirrender Gedanke fçr alle, die gerade den Ursprung unserer frçhesten Vorfahren zu ermitteln suchen.
von etwa 240±600 Nucleotiden und ist damit nur ein Zehntel so groû wie kleinere Viren. Es gibt keine Belege dafçr, dass die bloûe Viroid-RNA irgendwelche Proteine codiert. Vielmehr benætigen Viroide fçr ihre såmtlichen biochemischen Aktivitåten Wirtszellproteine. So benutzen sie beispielsweise bei der Verdopplung ihrer RNA
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innerhalb der infizierten Zelle die RNA-Polymerase II des Wirts ± ein Enzym, das normalerweise die Wirts-DNA in Messenger-RNA umschreibt. Man nimmt an, dass Viroide dadurch Krankheiten verursachen, dass sie in den normalen Verlauf der Genexpression eingreifen. Fçr die Ernte kann dies bæse Folgen haben: Eine Vi-
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Einfçhrung in die Zell- und Molekularbiologie
roid-Krankheit namens Cadang-Cadang hat auf den Philippinen die Plantagen der Kokosnusspalmen zerstært, und ein anderes Viroid hat in der Chrysanthemen-Industrie der USA verheerende Schåden angerichtet. Die Entdeckung einer anderen Art von Erreger, die sogar noch kleiner als ein Viroid ist, wird im Exkurs unter der Rubrik ¹Aus Sicht des Menschenª in Kapitel 2 beschrieben.
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Zusammenfassung Die Zelltheorie basiert auf drei Grundsåtzen.
n Alle Organismen bestehen aus einer oder mehreren Zellen. n Die Zelle ist die grundlegende organisatorische Einheit des Lebens. n Alle Zellen stammen von bereits existierenden Zellen ab (Kap. 1.1). 8 ' " 9 #
0 Zellen sind sehr komplex und ihre Substruktur ist hochgradig organisiert und vorhersagbar. Die Informationen fçr den Aufbau einer Zelle ist in den Genen niedergeschrieben. Zellen vermehren sich durch Zellteilung; fçr ihre Aktivitåten benætigen sie chemische Energie; in ihnen laufen chemische Reaktionen ab, die enzymatisch reguliert werden; sie verfolgen zahlreiche mechanische Aktivitåten; sie reagieren auf Reize und sie kænnen sich erstaunlich gut selbst regulieren (Kap. 1.2.1). ' % 0 Prokaryotische Zellen gibt es nur bei den Archaebakterien und Eubakterien, wåhrend alle anderen Arten von Organismen ± Protisten, Pilze, Pflanzen und Tiere ± aus eukaryotischen Zellen bestehen. Pro- und eukaryotische Zellen haben viele Gemeinsamkeiten wie eine åhnliche Zellmembran, dasselbe System zur Speicherung und Nutzung genetischer Information sowie åhnliche Stoffwechselwege. Prokaryotische Zellen sind einfacher und besitzen weder komplexe Organellen (wie endoplasmatisches Retikulum, Golgi-Apparat, Mitochondrien und Chloroplasten), die von Membranen umgeben sind, noch Chromosomen oder
ein Cytoskelett, wie sie fçr eukaryotische Zellen charakteristisch sind. Man kann beide Zelltypen an der Art ihrer Zellteilung, ihren Elementen zur Fortbewegung sowie an der Art ihrer Zellwand ± falls sie çberhaupt eine bilden ± unterscheiden. Komplexe Pflanzen und Tiere bestehen aus vielen unterschiedlichen Zelltypen, die jeweils auf bestimmte Aktivitåten spezialisiert sind (Kap. 1.3). 0 Bakterienzellen haben in der Regel eine Långe von 1±5 lm, eukaryotische Zellen eine von 10±30 lm. Es gibt verschiedene Grçnde, warum Zellen so klein sind: Sie haben in ihren Kernen von jedem Gen nur eine begrenzte Anzahl. Die Zelloberflåche, çber die der Austausch erfolgt, wird mit zunehmender Zellgræûe zum begrenzenden Faktor. Fçr manche Stellen im Zellinneren wird die Entfernung zur Zelloberflåche zu groû, so dass die Bedçrfnisse der Zelle nicht mehr allein durch einfache Diffusion gedeckt werden kænnen (Kap. 1.3.4). . $1 / "
9 0 Auûerhalb der Zelle existiert das Virus nur als Virion, als ein Partikel aus dichtgepackten Makromolekçlen. Es gibt viele verschiedene Formen und Græûen von Virionen, aber alle besitzen eine virale Nukleinsåure, die von einer Hçlle aus viralen Proteinen çberzogen ist. Bei einer viralen Infektion n wird entweder die Wirtszelle bei der damit verbundenen Bildung neuer Viren zerstært n oder es werden die Nucleinsåuren des Virus in die DNA der Wirtszelle eingebaut, wodurch sich håufig die Aktivitåten dieser Zelle åndern. Viren werden nicht als Lebewesen betrachtet (Kap. 1.4).
Zur Selbstçberprçfung
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Zur Selbstçberprçfung 1. Denken Sie sich eine Frage zur Zellstruktur oder -funktion aus, die Sie gerne beantwortet haben wçrden. Wåre es einfacher, die Daten, die zur Beantwortung Ihrer Frage nætig wåren, durch Arbeiten an einer gesamten Pflanze oder einem Tier oder aber an einer Zellkultur zu sammeln? Welche Vor- und Nachteile bietet die Arbeit an einem gesamten Organismus gegençber der Arbeit mit einer Zellkultur? 2. Abbildung 1.3 zeigt eine Epithelzelle des Darms mit zahlreichen Mikrovilli. Welche Vorteile hat der Organismus aufgrund dieser Mikrovilli? Was wçrde wahrscheinlich mit einer Person passieren, die aufgrund eines Erbfehlers keine solche Mikrovilli besitzt? 3. Die ersten menschlichen Zellen, die in Kultur genommen werden konnten, stammten aus einem malignen Tumor. Glauben Sie, dass das so war, weil Krebszellen eher zur Verfçgung standen oder lassen sich solche Zellen besser in Kultur nehmen? Und wenn ja, warum? 4. Auf den Zeichnungen von Pflanzen- und Tierzellen in Abb. 1.8 b, c erkennt man bestimmte Strukturen, die in der Pflanzenzelle, nicht aber in der Tierzelle vorhanden sind. Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach jede einzelne dieser Strukturen im Leben einer Pflanze? 5. Es wurde erwåhnt, dass Zellen auf ihrer Oberflåche Rezeptoren besitzen, mit denen sie auf spezifische Reize reagieren kænnen. Viele Zellen im menschlichen Kærper besitzen Rezeptoren, mit denen sie spezifisch Hormone binden kænnen, die sich im Blut befinden. Wofçr sind diese Hormonrezeptoren wichtig? Wie wçrde es sich auf die physiologischen Aktivitåten des Kærpers auswirken, wenn Zellen keine derartigen Rezeptoren oder alle Zellen denselben Rezeptoren besåûen? 6. Wenn Sie die Behauptung vertreten sollten, dass Viren Lebewesen sind, welche strukturellen und funktionellen Merkmale von Viren wçrden Sie dafçr ins Feld fçhren? 7. Wenn wir annehmen, dass die Aktivitåten innerhalb von Zellen genauso ablaufen, wie man das in dem Cartoon von Rube Goldberg in Abb. 1.7 sieht, inwieweit wçrde sich das von menschlichen Aktivitåten wie etwa der Herstellung eines Autos an einem Flieûband oder der Ausfçhrung eines Freiwurfs beim Basketball unterscheiden?
8. Anders als bei Bakterienzellen ist der Kern einer eukaryotischen Zelle von einer Doppelmembran umgeben, die mit kompliziert gebauten Poren durchsetzt ist. Wie beeinflusst das den Austausch zwischen der DNA und dem Cytoplasma einer eukaryotischen Zelle im Vergleich zu dem einer prokaryotischen Zelle? 9. Betrachten Sie das Foto des mit Cilien besetzten Protisten in Abb. 1.16 und çberlegen Sie sich einige Aktivitåten, an denen diese Zelle beteiligt ist, eine Muskel- oder Nervenzelle in Ihrem Kærper aber nicht. 10. Welcher Zelltyp hat wohl ein græûeres Volumen: eine vollkommen flache Zelle oder eine runde Zelle? Warum? 11. Angenommen Sie wåren ein Wissenschaftler in den 1890er Jahren und wçrden eine Krankheit untersuchen, die Tabakpflanzen befållt, das Wachstum der Pflanzen hemmt und Flecken auf den Blåttern der Pflanze hervorruft. Sie finden heraus, dass Sie die Krankheit auf die Pflanze çbertragen kænnen, wenn Sie den Saft einer erkrankten Pflanze auf eine gesunde Pflanze auftragen. Sie untersuchen den Saft mit dem besten Lichtmikroskopen der damaligen Zeit und finden keine Hinweise auf Bakterien. Sie lassen den Saft durch einen Filter laufen, dessen Poren so klein sind, dass sie das Durchlaufen der kleinsten bekannten Bakterien verzægern, doch die Flçssigkeit, die den Filter passiert hat, kann immer noch die Krankheit çbertragen. Wie Dimitri Iwanowski, der diese Experimente vor çber 100 Jahren durchfçhrte, wçrden Sie wahrscheinlich daraus schlieûen, dass der Erreger eine unbekannte Form eines auûerordentlich kleinen Bakteriums ist. Welche Art von Experiment wçrden Sie heute durchfçhren, um diese Hypothese zu testen? 12. Die meisten Evolutionsbiologen glauben, dass sich alle Mitochondrien aus einem einzigen Urmitochondrium und alle Chloroplasten aus einem einzigen Urchloroplasten entwickelt haben. Mit anderen Worten, es gab nur ein einziges symbiotisches Ereignis, bei dem diese Organellen jeweils entstanden sind. Wenn das stimmt, an welchen Stellen im phylogenetischen Stammbaum in Abb. 3 (Experimentelle Verfahren) wurden dann Ihrer Meinung nach die jeweiligen Organellen aufgenommen?
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Einfçhrung in die Zell- und Molekularbiologie
Internetseite www.wiley.com/college/karp Erweitern sie Ihr Verståndnis, indem sie Karps Internetseite ¹Zell- und Molekularbiologieª besuchen. Dort finden Sie ' die gestellten $ & , , die schwierige Sachverhalte und Begriffe verdeutlichen, , die Ihnen bei Prçfungsvorbereitungen helfen, sowie 8 zu interessanten Seiten im Netz. Zusåtzlich zu der Literaturliste unten kann man auf der Internetseite auch noch ' 8 finden.
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Die chemischen Grundlagen des Lebens
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6
2
Kovalente Bindungen Nichtkovalente Bindungen Såuren, Basen und Puffer Die Eigenschaften biologischer Molekçle Vier Arten von biologischen Molekçlen Die Bildung komplexer makromolekularer Strukturen
Aus Sicht des Menschen: Fçr den Alterungsprozess sind freie Radikale verantwortlich Proteinfaltung mit tædlichen Folgen Experimentelle Verfahren: Chaperone helfen Proteinen, sich richtig zu falten
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Wir beginnen dieses Kapitel mit einem kurzen Ûberblick çber die atomaren Grundlagen der Materie ± ein Thema, das in einem Biologielehrbuch erst einmal fehl am Platz zu sein scheint. Das Leben hångt jedoch von den Eigenschaften der Atome ab und unterliegt denselben chemischen und physikalischen Prinzipien wie alle anderen Formen der Materie. Die zellulåre und die atomare Organisationsebene sind gar nicht so weit voneinander entfernt. Das wird schnell klar, wenn wir untersuchen, wie wichtig die Bewegung einiger Atome in einem Molekçl fçr die
Aktivitåten der Zelle ist, beispielsweise fçr die Muskelkontraktion oder fçr den Transport von Substanzen durch Membranen. Welche Eigenschaften Zellen und ihre Organellen haben, hångt direkt von den Aktivitåten der Molekçle ab, aus denen sie bestehen. Betrachten Sie nur einmal einen Prozess wie die Zellteilung, deren Details man recht gut unter einem einfachen Lichtmikroskop verfolgen kann. Um diese Vorgånge zu verstehen, muss man zum Beispiel Folgendes kennen:
6:
Die chemischen Grundlagen des Lebens
n Die Wechselwirkungen zwischen der DNA und den Proteinen, die dazu fçhren, dass sich die Chromosomen zu dichten, stabfærmigen Strukturen verkçrzen, die dann auf verschiedene Zellen aufgeteilt werden kænnen, n den molekularen Aufbau der proteinhaltigen Mikrotubuli, der es ihnen erlaubt, in einem Augenblick in der Zelle auseinanderzufallen und im nåchsten an einer vollkommen anderen Stelle in der Zelle wieder zusammengesetzt zu werden, n die Eigenschaften von Lipidmolekçlen, die dafçr sorgen, dass die åuûere Zellmembran verformbar wird, so dass sie in die Zellmitte gezogen und so die Zelle zweigeteilt wird. Man kann unmæglich auch nur ansatzweise verstehen, wie eine Zelle funktioniert, wenn man nicht çber die Strukturen und Eigenschaften der wichtigsten Typen biologischer Molekçle einigermaûen Bescheid weiû. Dies ist die Aufgabe des vorliegenden Kapitels: Es soll den Lesern die notwendigen Informationen çber die Chemie des Lebens vermitteln, damit sie die Grundlagen des Lebens verstehen lernen. Wir beginnen mit der Betrachtung der Bindungstypen, die Atome miteinander eingehen kænnen.
2.1 Kovalente Bindungen Die Atome, aus denen ein Molekçl besteht, sind çber 9 7 miteinander verbunden; dabei teilen sich zwei Atome Elektronenpaare. Die Bildung einer kovalenten Bindung zwischen zwei Atomen unterliegt dem Grundprinzip, dass ein Atom dann am stabilsten ist, wenn seine åuûere Schale maximal gefçllt ist. Dementsprechend hångt die Anzahl der Bindungen, die ein Atom eingehen kann, davon ab, wie viele Elektronen es benætigt, um seine åuûere Schale aufzufçllen. In Abb. 2.1 ist die Elektronenverteilung bei einer Reihe von Atomen zu sehen. Die åuûere und einzige Schale eines Wasserstoff- oder Heliumatoms ist mit zwei Elektronen voll besetzt; die åuûeren Schalen der anderen Atome aus Abb. 2.1 sind dann gefçllt, wenn sie acht Elektronen aufweisen. Daher kann ein Sauerstoffatom mit sechs Elektronen auf der åuûeren Schale diese auffçllen, indem es zusammen mit zwei Wasserstoffatomen ein Wassermolekçl bildet. Das Sauerstoffatom ist mit jedem der Wasserstoffatome
çber eine $ kovalente Bindung verknçpft (was man mit H:O oder H-O beschreibt). Bei der Bildung einer kovalenten Bindung wird Energie freigesetzt, die spåter wieder zurçckgewonnen werden muss, wenn die Bindung wieder gelæst werden soll. Um die kovalenten Bindungen C-H, C-C oder C-O zu læsen, ist ziemlich viel Energie erforderlich ± in der Regel zwischen 80 und 100 Kilokalorien pro Mol (kcal/mol)1 Molekçle ±, weshalb diese Bindungen unter den meisten Bedingungen stabil sind. In vielen Fållen sind zwei Atome çber Bindungen miteinander verbunden, bei denen sie sich mehr als ein Elektronenpaar teilen. Wenn zwei Elektronenpaare geteilt werden, wie etwa beim molekularen Sauerstoff (O2), ist die kovalente Bindung eine , wenn drei Elektronenpaare geteilt werden (wie beim molekularen Stickstoff, N2) ist sie eine . Vierfachbindungen gibt es nicht. Welche Art von Bindung zwischen Atomen herrscht, hat entscheidende Folgen fçr die Form der Molekçle. So kænnen sich beispielsweise Atome, die çber Einfachbindungen miteinander verbunden sind, umeinander drehen, wåhrend das bei Doppel- oder Dreifachbindungen nicht mæglich ist. Wie man in Abb. 6.6 sieht, kænnen Doppelbindungen als Zentren der Energieaufnahme fungieren und dadurch so lebenswichtige Prozesse wie die Atmung oder Photosynthese færdern. Wenn ± wie beim H2 ± Atome desselben Elements eine Verbindung miteinander eingehen, teilen sich die beiden Atome die Elektronenpaare auf der åuûeren Schale zu gleichen Teilen. Wenn zwei ungleiche Atome kovalent miteinander verbunden sind, çbt der positiv geladene Kern eines der beiden Atome eine græûere Anziehungskraft auf die åuûere Schale aus als der andere. Daher befinden sich die gemeinsamen Elektronen håufig mehr in der Nåhe des Atoms mit der græûeren Anziehungskraft, also dem stårker 9 . Wie elektronegativ ein Atom ist, hångt von zwei Faktoren ab:
1
Eine Kalorie ist die Menge an thermischer Energie, die benætigt wird, um die Temperatur in einem Gramm Wasser um ein Grad Celsius zu erhæhen. Eine Kilokalorie (kcal) besteht aus 1000 Kalorien (oder einer groûen Kalorie). Auûer in Kalorien wird heutzutage Energie auch in Joule ausgedrçckt; dieser Begriff wurde historisch dazu verwendet, um die bei der Arbeit aufgewandte Energie zu messen. Eine Kilokalorie entspricht 4186 Joule ± und 1 Joule 0,239 Kalorien. Ein Mol entspricht der Avogadro'schen Zahl (6 ´ 1023) an Molekçlen. Ein Mol einer Substanz entspricht ihrem Molekulargewicht in Gramm.
Kovalente Bindungen
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n Der Anzahl an positiven Ladungen in seinem Kern (je mehr Protonen, desto elektronegativer), n der Entfernung der åuûeren Elektronen vom Kern (je græûer die Distanz, desto weniger elektronegativ).
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Wie elektronegativ håufige Atome sind, ist in Tabelle 2.1 auf einer Skala von 0 bis 4 angegeben. Stickstoff- und Sauerstoffatome, die in biologischen Molekçlen mit am håufigsten vorkommen, sind stark elektronegativ.
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Die chemischen Grundlagen des Lebens
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2.1.1 Polare und unpolare Molekçle Wir wollen uns ein Wassermolekçl ansehen. Das Sauerstoffatom des Wassers zieht sehr viel stårker Elektronen an als die beiden Wasserstoffatome. Daher bezeichnet man die O-H-Bindungen eines Wassermolekçls als , in dem Sinne, dass eines der Atome partiell negativ und das andere partiell positiv geladen ist. Das deutet man in der Regel folgendermaûen an:
Molekçle wie Wasser, bei denen die Ladung asymmetrisch verteilt ist, bezeichnet man als Molekçle. Biologisch wichtige polare Molekçle enthalten ein oder mehrere elektronegative Atome, in der Regel O, N, S und/oder P. Molekçle ohne elektronegative Atome oder polarisierte Bindungen, also etwa Molekçle, die nur aus Kohlenstoff- und Wasserstoffatomen bestehen, bezeichnet man als . Ob stark polarisierte Bindungen vorhanden sind, ist ganz entscheidend fçr die Reaktivitåt von Molekçlen. Groûe unpolare Molekçle wie Wachse und Fette sind håufig inert. Einige der interessanteren biologischen Molekçle wie Proteine und Phospholipide (s. unten) enthalten sowohl polare als auch unpolare Bereiche, die sich jeweils ganz unterschiedlich verhalten.
2.1.2 Ionisierung Einige Atome sind so stark elektronegativ, dass sie wåhrend einer chemischen Reaktion Elektronen von anderen Atomen einfangen kænnen. Wenn man beispielsweise die Elemente Natrium, ein silbriges Metall, und Chlor, ein giftiges Gas, mischt, wandert das einzige Elektron in der åuûeren Schale der Natriumatome jeweils zum Chloratom, dem Elektronen fehlen. Dadurch werden aus diesen beiden Elementen geladene Atome oder Ionen.
Da das Chlor-Ion ein (in Bezug auf die Anzahl der Protonen in seinem Kern) çberschçssiges Elektron besitzt, ist es negativ geladen (Cl±) und wird als bezeichnet. Das Natriumatom, das ein Elektron verloren hat, wird mit seiner çberzåhligen positiven Ladung (Na+) als bezeichnet. In kristalliner Form bilden diese beiden Ionen Natriumchlorid, das gewæhnliche Speisesalz. Die oben beschriebenen Na+- und Cl±-Ionen sind relativ stabil, weil ihre åuûeren Schalen maximal gefçllt sind. Eine andere Anordnung der Elektronen innerhalb eines Atoms kann zu einer hochreaktiven Form, einem
, fçhren. Die Struktur dieser freien Radikale sowie ihre Bedeutung fçr die Biologie wird im folgenden Exkurs aus der Rubrik ¹Aus Sicht des Menschenª erærtert.
Kovalente Bindungen
Box 2 a
6D
Aus Sicht des Menschen
Fçr den Alterungsprozess sind freie Radikale verantwortlich Warum haben Menschen eine maximale Lebenserwartung von etwa 100 Jahren, wåhrend unsere nahen Verwandten, die Schimpansen, nur etwa halb so lang leben? Viele Biologen glauben, dass wir altern, weil in den Geweben unserer Kærpers allmåhlich immer mehr Schåden auftreten. Am meisten geschådigt wird dabei wahrscheinlich die DNA. Durch die verånderte DNA wird die genetische Botschaft verfålscht und damit werden die Zellen immer stårker beeintråchtigt. Wie kommt es zu diesen Zellschåden und wie kann es sein, dass dieser Prozess bei Schimpansen schneller ablåuft als bei Menschen? Der Grund dafçr liegt mæglicherweise auf der atomaren Ebene. Atome sind stabil, wenn ihre Schalen maximal mit Elektronen besetzt sind. Elektronenschalen bestehen aus Orbitalen, von denen jedes hæchstens zwei Elektronen fasst. Atome oder Molekçle, bei denen ein Orbital nur ein einzelnes ungepaartes Elektron enthålt, sind håufig sehr unstabil ± man bezeichnet sie als . Freie Radikale kænnen entstehen, wenn eine kovalente Bindung so gelæst wird, dass jeder Teil die Hålfte der gemeinsamen Elektronen erhålt, oder wenn ein Atom oder Molekçl ein einzelnes Elektron aufnimmt, das bei einer Redox-Reaktion çbertragen wurde. So kann man beispielsweise aus Wasser freie Radikale herstellen, indem man es der Sonnenstrahlung aussetzt: H2O ? HO·+ H· Hydroxylradikal (¹·ª ist das Zeichen fçr ein freies Radikal) Freie Radikale sind åuûerst reaktiv und kænnen zahlreiche Molekçle wie Proteine, Nucleinsåuren oder Lipide chemisch veråndern. Die Bildung von Hydroxylradikalen ist wahrscheinlich ein wesentlicher Grund, warum Sonnenlicht so schådlich fçr die Haut ist. 1956 stellte Denham Harman von der University of Nebraska die These auf, dass das Altern durch Gewebeschåden hervorgerufen wird, die von freien Radikalen verursacht werden. Da die Biologen und Ørzte damals mit dem Thema freie Radikale nicht vertraut waren, stieû diese These nicht auf græûeres Interesse. 1969 entdeckten Joe McCord und Irwin
Fridovich von der Duke University das Enzym Superoxiddismutase (SOD), dessen einzige Funktion darin besteht, das Superoxidradikal (O2·±), eine Art von freiem Radikal, das entsteht, wenn molekularer Sauerstoff ein zusåtzliches Elektron aufnimmt, zu zerstæren. SOD katalysiert folgende Reaktion: + ·± O·± 2 + O2 + 2H ? H2O2 + O2 Wasserstoffperoxid
Wasserstoffperoxid ist ebenfalls eine hochreaktives Oxidationsmittel, das daher håufig als Desinfektions- oder Bleichmittel eingesetzt wird. Wenn H2O2 nicht schnell zerstært wird, kann es zu Hydroxylradikalen zerfallen, die in der Zelle Makromolekçle attackieren. In der Zelle wird Wasserstoffperoxid normalerweise durch die Enzyme Katalase oder Glutathionperoxidase abgebaut. Weitere Untersuchungen haben ergeben, dass Superoxidradikale beim normalen oxidativen Zellstoffwechsel entstehen und dass sich eine Superoxiddismutase in den Zellen diverser Organismen von Bakterien bis zum Menschen befindet. Tiere haben drei verschiedene SOD-Varianten (Isoformen): eine cytosolische, eine mitochondriale und eine extrazellulåre. Man schåtzt, dass 1±2 % des Sauerstoffs, der von menschlichen Mitochondrien aufgenommen wird, in Wasserstoffperoxid statt in Wasser, dem normalen Endprodukt der Atmung, umgewandelt werden. Wie wichtig die SOD ist, zeigte sich am deutlichsten bei Untersuchungen an mutierten Bakterien und Hefe, denen das Enzym fehlt. Diese Zellen kænnen in einer sauerstoffhaltigen Umgebung nicht wachsen. Ebenso sterben Måuse, die keine mitochondriale Variante des Enzyms (SOD2) besitzen, spåtestens eine Woche nach der Geburt. Dagegen leben Taufliegen, die genetisch so veråndert wurden, dass sie groûe Mengen SOD bilden, çber 40% långer als unbehandelte Kontrolltiere. Obwohl das Zerstærungspotenzial von freien Radikalen wie Superoxid oder Hydroxylradikalen unbestritten ist, wird die Bedeutung dieser Substanzen fçr den Alterungsprozess nach wie vor kontrovers diskutiert. Aus Harmans Hypothese çber den Zusammenhang zwischen freien Radikalen und dem Altern lassen sich bestimmte Vorhersagen ableiten. So wçrde man beispielsweise erwarten, dass Tiere mit einer græûeren Lebenserwartung weniger freie Radi-
6H
Die chemischen Grundlagen des Lebens
kale produzieren, besser in der Lage sind, freie Radikale abzubauen oder Zellschåden zu beheben, die durch Reaktion mit freien Radikalen entstanden sind. Diese Erwartungen wurden von einer jçngeren Untersuchung beståtigt, in der verglichen wurde, wie Fibroblastenkulturen von Maus und Mensch zum einen unter Standardbedingungen (20 % Sauerstoff), zum anderen unter verringerter Sauerstoffkonzentration (3 % Sauerstoff) wachsen. Die Mausfibroblasten (Bindegewebszellen), die unter reduzierten Sauerstoffbedingungen gehalten wurden, erlitten nur etwa ein Drittel der DNASchåden und durchliefen viel mehr Zellteilungen, bevor sie aufhærten, sich zu teilen, als dieselben Zellen, die man unter normalen Sauerstoffbedingungen wachsen lieû. Mausfibroblasten, die in 20 % O2 kultiviert wurden, zeigten drei Mal so viele Oxidationsschåden in ihrer DNA wie menschliche Fibroblasten, die unter denselben Bedingungen in Kultur genommen wurden. Menschliche Zellen scheinen viel besser als Mauszellen in der Lage zu sein, Oxidationsschåden in der DNA zu verhindern oder zu reparieren. Man kann die Lebensspanne von Såugern erhæhen, indem man die Anzahl der Kalorien in der Nahrung stark reduziert. Wie erstmals in den 1930er Jahren gezeigt wurde, leben Måuse, die auf eine sehr strenge Diåt gesetzt werden, in der Regel 30±40% långer als ihre Geschwister, deren Ernåhrung die normale Kalorienzahl enthålt. Untersuchungen zur Stoffwechselrate dieser Måuse haben widersprçchliche Daten ergeben. Es wird aber allgemein angenommen, dass Tiere mit einer kalorienreduzierten Ernåhrung deutlich weniger O·± 2 und
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H2O2 bilden, was ihre hæhere Lebenserwartung erklåren kænnte. Im Augenblick laufen Langzeitstudien an Affen, in denen untersucht werden soll, ob auch sie långer und gesçnder leben, wenn sie weniger Kalorien erhalten. Obwohl die Untersuchungsdauer noch nicht ausreicht, um sagen zu kænnen, ob sich die maximale Lebenserwartung von normalerweise etwa 40 Jahren bei Rhesusaffen und 28 Jahren bei Totenkopfåffchen erhæht, sprechen vorlåufige Ergebnisse dafçr, dass diese Tiere geringere Konzentrationen an Glucose, Insulin und Triglyceriden im Blut haben, was darauf hindeutet, dass sie weniger zu altersbedingten Krankheiten wie Diabetes oder koronarer Herzkrankheit neigen. Geringere Insulin-Konzentrationen im Blut sind mæglicherweise besonders wichtig fçr ein långeres Leben, da Untersuchung an Nematoden und Taufliegen ergeben haben, dass sich die Lebensspanne dieser Wirbellosen drastisch erhæht, wenn die Aktivitåt der insulinartigen Hormone reduziert wird. Ein verwandtes Forschungsgebiet ist die Untersuchung von Antioxidanzien, die freie Radikale zerstæren kænnen. Zu den gångigen Antioxidanzien, die man im Kærper findet, gehæren Substanzen wie Glutathion, die Vitamine E und C sowie Beta-Carotin ± der orangefarbene Farbstoff in Mæhren und anderen Gemçsesorten. Obwohl sich diese Substanzen in der Nahrung unter Umstånden als sehr vorteilhaft erweisen, weil sie freie Radikale zerstæren kænnen, haben Untersuchung an Ratten und Måusen keine çberzeugenden Belege dafçr ergeben, dass sie den Alterungsprozess aufhalten oder die maximale Lebenserwartung erhæhen.
2.2 Nichtkovalente Bindungen Kovalente Bindungen sind starke Bindungen zwischen den Atomen, aus denen ein Molekçl besteht. Wechselwirkungen zwischen Molekçlen (oder zwischen verschiedenen Teilen eines groûen biologischen Molekçls) hången von einer Vielzahl an schwåcheren Bindungen, so genannten nichtkovalenten Bindungen, ab. ) 9 7 beruhen nicht auf gemeinsamen Elektronen, sondern auf Anziehungskråften zwischen gegensåtzlich geladenen Atomen. Einzelne nichtkovalente Bindungen sind schwach (etwa 1±5 kcal/mol) und kænnen daher leicht gelæst und neu gebildet werden. Wie sich im
Nichtkovalente Bindungen
6A
weiteren Verlauf dieses Buches immer wieder zeigen wird, ist diese Eigenschaft der nichtkovalenten Bindungen ausschlaggebend dafçr, dass es zwischen den Zellmolekçlen zu dynamischen Wechselwirkungen kommt. Wåhrend einzelne nichtkovalente Bindungen schwach sind, addieren sich ihre Anziehungskråfte, wenn viele dieser Bindungskråfte wie etwa in den beiden Strången des DNA-Molekçls oder bei verschiedenen Teilen eines groûen Proteins zusammenwirken. Insgesamt gesehen verleihen sie der Struktur eine betråchtliche Stabilitåt. Wir wollen uns mehrere Typen nichtkovalenter Bindungen ansehen, die fçr Zellen wichtig sind. 2.2.1 Ionenbindungen: Anziehungskråfte zwischen geladenen Atomen Im Speisesalz werden die Kristalle jeweils durch elektrostatische Anziehungskråfte zwischen positiv geladenen Na+- und negativ geladenen Cl±Ionen zusammengehalten. Diese Art von Anziehung zwischen geladenen Teilchen bezeichnet man als 6 (oder Salzbrçcke). Ionenbindungen innerhalb eines Salzkristalls kænnen sehr stark sein. Wenn man aber einen Salzkristall in Wasser læst, ist jedes einzelne Ion von Wassermolekçlen umgeben. Dies verhindert, dass sich entgegengesetzt geladene Ionen nahe genug kommen, um eine Ionenbindung eingehen zu kænnen (Abb. 2.2). Weil Zellen çberwiegend aus Wasser bestehen, haben Bindungen zwischen Ionen kaum eine Bedeutung ± im Gegensatz zu schwachen Ionenbindungen zwischen entgegengesetzt geladenen Gruppen groûer biologischer Molekçle, die sehr wichtig sind. Sind beispielsweise negativ geladene Phosphatatome in einem DNA-Molekçl eng mit positiv geladenen Gruppen auf der Oberflåche eines Proteins assoziiert (Abb. 2.3), dann wird der Komplex durch Ionenbindungen zusammengehalten. Wegen des vorhandenen Wassers sind die Ionenbindungen in einer Zelle generell schwach (etwa 3 kcal/mol), aber tief im Innern eines Proteins, wo es håufig kein Wasser gibt, kann es starke derartige Bindungen geben.
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2.2.2 Wasserstoffbrçcken Wenn ein Wasserstoffatom kovalent an ein elektronegatives Atom, besonders an ein Sauerstoffoder Stickstoffatom, gebunden ist, wird das einzige gemeinsame Elektronenpaar stark zum Kern des elektronegativen Atoms hingezogen, so dass das Wasserstoffatom partiell positiv geladen ist. Das fçhrt dazu, dass sich der bloûe, positiv geladene Kern des Wasserstoffatoms einem Elektronenpaar auf der åuûeren Schale eines zweiten elektronegativen Atoms, das mit keinem anderen Atom geteilt wird, weit genug annåhern kann, um eine Anziehungskraft auf dieses Atom auszuçben (Abb. 2.4). Diese schwache Anziehungskraft bezeichnet man als
. Wasserstoffbrçcken bilden sich zwischen den meisten polaren Molekçlen; sie sind besonders wichtig fçr die Struktur und Eigenschaften von Wasser (s. unten). Wasserstoffbrçcken werden auch zwischen polaren Gruppen in groûen biologischen Molekçlen ausgebildet ± etwa zwischen den beiden Strången eines DNA-Molekçls (Abb. 2.3). Die DNA-Doppelhelix mit ihren zahlreichen Wasserstoffbrçcken zwischen den Strången ist sehr stabil, weil sich die Stårke der einzelnen Wasserstoffbrçcken addiert. Weil aber einzelne Wasserstoffbrçcken schwach sind (2±5 kcal/mol), kænnen die beiden Strånge partiell getrennt werden, um Enzymen den Zugang zu einzelnen DNA-Strången zu ermæglichen.
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Die chemischen Grundlagen des Lebens
n Wasserstoffbrçcken bilden sich zwischen einem gebundenen elektronegativen Atom wie Stickstoff oder Sauerstoff mit einer partiell negativen Ladung und einem gebundenen Wasserstoffatom, das eine partiell positive Ladung besitzt. Wasserstoffbrçcken (etwa 0,18 nm) sind etwa doppelt so lang wie die viel stårkeren kovalenten Bindungen
n Nichtkovalente Ionenbindungen sind wichtig, um das Proteinmolekçl auf der rechten Seite (gelbe Atome) am DNA-Molekçl auf der linken Seite zu halten. Die Ionenbindungen bilden sich zwischen den positiv geladenen Stickstoffatomen des Proteins und den negativ geladenen Sauerstoffatomen der DNA aus. Das DNA-Molekçl selbst besteht aus zwei verschiedenen Strången, die durch nichtkovalente Wasserstoffbrçcken zusammengehalten werden (Genaueres im folgenden Kap.). Obwohl eine nichtkovalente Bindung relativ schwach und leicht zu læsen ist, sorgt eine Vielzahl dieser Bindungen zwischen zwei Molekçlen wie bei den beiden DNA-Strången dafçr, dass der gesamte Komplex recht stabil ist. (Oberes Bild mit freundlicher Genehmigung von Stephen Harrison)
Polare Molekçle wie Zucker und Aminosåuren (Kap. 2.5.1 und 2.5.3) werden als oder ¹Wasser liebendª bezeichnet, weil sie mit Wasser in Wechselwirkungen treten kænnen. Unpolare Molekçle wie Steroide oder Fettmolekçle læsen sich praktisch nicht in Wasser, weil sie keine geladenen Bereiche besitzen, die sie zu den beiden Polen der Wassermolekçle ziehen wçrden. Wenn man unpolare Verbindungen mit Wasser mischt, werden die unpolaren, (¹Wasser fçrchtendenª) Molekçle dazu gezwungen, Aggregate zu bilden, in denen sie so wenig wie mæglich ihrer polaren Umgebung ausgesetzt sind (Abb. 2.5). Diese Assoziation unpolarer Molekçle bezeichnet man als
. Das ist der Grund, warum Træpfchen von Fettmolekçlen schnell wieder als Fettaugen auf der Oberflåche einer Rinder- oder Hçhnersuppe auftauchen, selbst wenn man die Flçssigkeit mit einem Læffel umgerçhrt hat. Das ist auch der Grund, warum sich die unpolaren Gruppen bei den meisten læslichen Proteinen eher im Innern befinden ± mæglichst weit entfernt von den Wassermolekçlen drum herum (Kap. 2.5.3).
Der eben beschriebene Typ von hydrophoben Wechselwirkungen gehært eigentlich nicht zu den Bindungen, weil er nicht auf einer Anziehungskraft zwischen den hydrophoben Molekçlen beruht.2 Neben dieser Art der Wechselwirkung kænnen hydrophobe Gruppen untereinander auch çber elektrostatische Anziehungskråfte schwache Bindungen eingehen. Polare Molekçle assoziieren, weil die Ladung innerhalb ihrer Strukturen permanent asymmetrisch verteilt ist. Eine genauere Untersuchung der kovalenten Bindungen, aus denen ein unpolares Molekçl (wie etwa H2 oder CH4) besteht, ergibt jedoch, dass auch hier die Elektronen nicht immer symmetrisch verteilt sind. Die Verteilung der Elektronen um das Atom herum zu einem bestimmten Zeitpunkt ist rein statistisch; die Verteilung selbst åndert sich von einem Augenblick zum nåchsten. Infolgedessen kann es vorkommen, dass die Elektronendichte auf einer Seite eines Atoms zu einem bestimmten Zeitpunkt græûer ist, obwohl sich das Atom die Elektronen gleichmåûig mit irgendeinem anderen Atom teilt. Diese vorçbergehenden Asymmetrien in der Elektronenverteilung fçhren zu einer vorçbergehenden Ladungstrennung (Dipole) innerhalb des Molekçls. Kommen sich zwei Molekçle mit vorçbergehendem Dipolcharakter in der richtigen Ausrichtung sehr nahe, entsteht zwischen ihnen eine schwache Anziehungskraft, die 9
, welche sie zusammenhålt. Darçber hinaus kann die Ausbildung einer temporåren Ladungstrennung in einem Molekçl eine åhnliche Trennung in einem Nachbarmolekçl auslæsen. Auf diese Weise kænnen zwischen unpolaren Molekçlen weitere Anziehungskråfte entstehen. Eine einzelne van-der-Waals-Kraft ist åuûerst schwach (0,1±0,3 kcal/mol) und hångt stark davon ab, wie weit die beiden Atome voneinander entfernt sind (Abb. 2.6 a). Wie wir allerdings in spåteren Kapiteln noch sehen werden, sind biologische Molekçle, die miteinander wechselwirken, wie etwa ein Antikærper und ein Protein auf der Oberflåche eines Virus, komplementår geformt. Dadurch kommen sich viele 2 Diese Aussage beruht auf der allgemein akzeptierten Hypothese, wonach hydrophobe Wechselwirkungen durch eine Zunahme der Entropie (Unordnung) begçnstigt werden. Wenn eine hydrophobe Gruppe in ein wåssriges Læsungsmittel ragt, ordnen sich die Wassermolekçle wie ein Gitter um die hydrophobe Gruppe herum an. Diese Ordnung der Læsungsmittelmolekçle wird aufgehoben, wenn die hydrophobe Gruppe aus dem umgebenden Læsungsmittel herausgezogen wird. Einer anderen These zufolge kommen hydrophobe Wechselwirkungen durch schwache Bindungen zustande (siehe P. L. Privalov, S. J. Gill, (1989) Pure Appl. Chem. 61:1097; oder G. I. Makhatadze, P. L. Privalov (1995) Adv. Prot. Chem. 47:308).
Nichtkovalente Bindungen
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n Abb. 2.5. I G ' +I 1 ? !' " ! " ' ' B G
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Atome der beiden Reaktionspartner unter Umstånden sehr nahe (Abb. 2.6 b), weshalb die vander-Waals-Kråfte fçr biologische Wechselwirkungen wichtig sind. 2.2.4 Die lebenserhaltenden Eigenschaften des Wassers Das Leben auf der Erde hångt vollkommen vom Wasser ab. Wasser ist im gesamten Universum eine unabdingbare Voraussetzung dafçr, dass sich Leben entwickelt. Obwohl ein Wassermolekçl nur aus drei Atomen besteht, hat es eine einzigartige Struktur, die ihm auûerordentliche Eigenschaften verleiht.3 Am wichtigsten davon sind folgende:
3
Eine Mæglichkeit, die Struktur des Wassers kennen zu lernen, besteht darin, es mit H2S zu vergleichen. Wie Sauerstoff besitzt auch Schwefel auf seiner åuûeren Schale sechs Elektronen und ist çber zwei Einfachbindungen mit Wasserstoffatomen verbunden. Weil Schwefel aber græûer ist, ist er nicht so elektronegativ wie Sauerstoff und kann daher nicht so gut Wasserstoffbrçcken bilden. Bei Raumtemperatur ist H2S gasfærmig und nicht flçssig. Genauer gesagt muss die Temperatur auf ±86 8C sinken, bis H2S zu einem festen Kærper gefriert.
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Die chemischen Grundlagen des Lebens
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n Wasser ist ein stark asymmetrisches Molekçl mit einem O-Atom an dem einen und den beiden H-Atomen am anderen Ende. n Jede der beiden kovalenten Bindungen des Molekçls ist stark polarisiert. n Alle drei Atome eines Wassermolekçls kænnen Wasserstoffbrçcken bilden. Auf diesen Merkmalen beruhen die lebenserhaltenden Eigenschaften des Wassers. Jedes Wassermolekçl kann mit bis zu vier anderen Wassermolekçlen Wasserstoffbrçcken bilden, wodurch ein sehr gut miteinander ver-
knçpftes Netzwerk von Molekçlen entsteht (Abb. 2.7). Eine Wasserstoffbrçcke wird dann ausgebildet, wenn sich ein Wassermolekçl so ausrichtet, dass der partiell positiv geladene Wasserstoff neben ein partiell negativ geladenes Sauerstoffatom eines anderen Wassermolekçls gelangt. Wegen ihrer ausgeprågten Wasserstoffbrçckenbildung zeigen Wassermolekçle eine ungewæhnlich starke Neigung, aneinander zu hången. Dieses Merkmal erkennt man am besten an den thermischen Eigenschaften des Wassers. Wenn beispielsweise Wasser erhitzt wird, wird die meiste thermische Energie dafçr verbraucht, die Wasserstoffbrçcken aufzubrechen, und nicht so sehr, um die Bewegung der Molekçle zu beschleunigen und dadurch die Temperatur zu erhæhen. Das Gleiche gilt fçr die Verdunstung der flçssigen in die gasfærmige Phase; auch hier mçssen erst die Wasserstoffbrçcken aufgehoben werden, welche die Wassermolekçle mit ihren Nachbarn verbinden. Daher erfordert es so viel Energie, Wasser in Dampf zu verwandeln. Såuger nutzen diese Eigenschaft, wenn sie schwitzen, weil die fçr die Verdunstung des Wassers erforderliche Wårme dem Kærper entzogen wird, so dass sich dieser abkçhlt. Das geringe Volumen an wåssriger Flçssigkeit in einer Zelle enthålt eine bemerkenswert komplexe Mischung an & $. Tatsåchlich kann Wasser mehr unterschiedliche Substanzen læsen als jedes andere Læsungsmittel. Wasser ist allerdings mehr als nur ein Læsungsmittel, es bestimmt auch, welche Strukturen biologische Molekçle annehmen und welche Art von Wechselwirkungen sie eingehen. Wasser ist
Nicht-kovalente Bindungen
die flçssige Matrix, die vom unlæslichen Zellgefçge umschlossen wird. Es ist darçber hinaus auch das Medium, durch das sich Materialien von einem Zellkompartiment zum anderen bewegen. Es ist in vielen Zellreaktionen entweder Reaktionspartner oder Reaktionsprodukt. Und es schçtzt die Zelle auf vielerlei Weise: vor zu groûer Hitze, vor zu groûer Kålte oder vor schådlicher Strahlung. Wasser ist so ein wichtiger Faktor in einer Zelle, weil es mit so vielen verschiedenartigen chemischen Gruppen schwache Wechselwirkungen eingehen kann. Erinnern Sie sich daran (Kap. 2.2.2), dass Wassermolekçle mit ihren stark polarisierten O-H-Bindungen eine Hçlle um Ionen herum bilden und so die Ionen auseinander drången. In åhnlicher Weise bilden Wassermolekçle mit organischen Molekçlen, die wie Aminosåuren und Zucker polare Gruppen enthalten (Abb. 2.8), sowie mit den groûen Makromolekçlen der Zelle Wasserstoffbrçcken. Da polare Molekçle mit Wasser schwache nichtkovalente Bindungen eingehen kænnen, læsen sie sich in der Zelle.
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2.3 Såuren, Basen und Puffer Protonen befinden sich nicht nur im Atomkern, sondern werden auch immer dann ins Medium abgegeben, wenn ein Wasserstoffatom ein gemeinsames Elektron verliert. So kann etwa Essigsåure, der charakteristische Bestandteil des Essigs, die folgende als
$ bezeichnete Reaktion durchmachen.
Ein Molekçl, das ein Wasserstoff-Ion abgeben kann, wird als &1 bezeichnet. Das von der Essigsåure in der obigen Reaktion freigesetzte Proton bleibt nicht frei, sondern wird von einem anderen Molekçl aufgenommen. Ein Proton kann an folgenden Reaktionen beteiligt sein: Zusammen mit einem Wassermolekçl bildet es ein Hydronium-Ion (H3O+): H+ + H2O ? H3O+ Zusammen mit einem Hydroxylion (OH±) bildet es ein Wassermolekçl: H+ + OH± ? H2O Zusammen mit einer Aminogruppe (±NH2) eines Proteins bildet es ein geladenes Amin: H+ + ±NH2 ? NH3+ Jedes Molekçl, das ein Proton aufnehmen kann, ist definitionsgemåû eine 7 . Såuren und Basen bilden Paare. Wenn eine Såure ein Proton verliert (wenn beispielsweise die Essigsåure ein Wasserstoff-Ion abgibt), wird sie zu einer Base (in diesem Fall einem Acetat-Ion), die als , 7 der Såure bezeichnet wird. Genauso entsteht, wenn eine Base (etwa eine ±NH2-Gruppe) ein Proton aufnimmt, eine Såure (in diesem Fall ±NH3+), die als , &1 dieser Base bezeichnet wird. Somit besitzt die Såure immer eine positive Ladung mehr als ihre konjugierte Base. Wasser ist ein Beispiel fçr ein
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H3O+ $ H+ + H2O $ OH± + H+ In Kap. 2.5.3 werden wir eine andere wichtige Gruppe amphoterer Molekçle besprechen: die Aminosåuren.
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Die chemischen Grundlagen des Lebens
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Såuren unterscheiden sich sehr stark darin, wie leicht sie ein Proton abgeben. Je leichter das Proton verloren geht, das heiût, je schwåcher die Anziehungskraft einer konjugierten Base fçr ihr Proton ist, desto stårker ist die Såure. Chlorwasserstoff ist eine sehr starke Såure, die ihr Proton leicht an Wassermolekçle abgibt. Die konjugierte Base einer starken Såure wie etwa HCl ist eine schwache Base (Tabelle 2.2). Essigsåure ist dagegen eine relativ schwache Såure, weil sie bei der Læsung in Wasser græûtenteils undissoziiert bleibt. In gewissen Sinn kann man sich den Dissoziationsgrad einer Såure als Maû fçr ihr Abschneiden beim Wettstreit um die Protonen vorstellen, den die einzelnen Bestandteile einer Læsung miteinander austragen. Weil Wasser dabei erfolgreicher, das heiût, eine stårkere Base als ein Chlorid-Ion ist, dissoziiert HCl vollståndig. Dagegen bleibt Essigsåure çberwiegend undissoziiert, weil ein Acetat-Ion eine stårkere Base als Wasser ist. Wie sauer oder basisch eine Læsung ist, bestimmt man anhand der Konzentration an Wasserstoffionen4; sie wird in Form des 2
ausgedrçckt: pH = ±log [H+] wobei [H+] die molare Protonenkonzentration ist. Beispielsweise hat eine Læsung mit einem pH-Wert von 5 eine Wasserstoffionenkonzentration von 10±5 M. Weil die pH-Skala logarithmisch ist, entspricht ein Anstieg um einen pHWert einer zehnfachen Abnahme der H+-Konzentration (oder einen zehnfachen Anstieg der OH±-Konzentration). In der Magensåure (pH 4
1,8) beispielsweise ist die H+-Konzentration fast eine Million Mal græûer als im Blut (pH 7,4). Wenn ein Wassermolekçl in ein Hydroxylion und ein Proton dissoziiert, (H2O ? H+ + OH± oder pråziser 2H2O ? H3O+ + OH±) kann man die Gleichgewichtskonstante fçr diese Reaktion folgendermaûen bestimmen:
In wåssriger Læsungen liegen Protonen nicht frei, sondern als Hydronium-Ionen (H3O+) vor. Der Einfachheit halber bezeichnen wir sie einfach als Protonen oder WasserstoffIonen.
Weil die Konzentration an reinem Wasser immer 55,51 M betrågt, kænnen wir eine neue Kostante KW, das 6t des Wassers einfçhren, KW = [H+][OH±] das bei 25 8C 10±14 betrågt. In reinem Wasser liegen die H+- und OH±-Konzentrationen bei etwa 10±7 M. Der åuûerst geringe Dissoziationswert von Wasser deutet darauf hin, dass es eine sehr schwache Såure ist. In Gegenwart einer Såure steigt die Wasserstoffionenkonzentration an und die Hydroxylionenkonzentration sinkt (weil sie zusammen mit Protonen Wasser bilden), so dass das Ionenprodukt weiter bei 10±14 liegt. Der pH-Wert hat auf die meisten biologischen Prozess groûen Einfluss, weil sich die Verånderungen in der Wasserstoffionenkonzentration auf den Ionisierungsgrad der biologischen Molekçle auswirken. Wenn beispielsweise die Wasserstoffionenkonzentration steigt, wird die ±NH2-Gruppe der Aminosåure Arginin zum ±NH3+ protoniert, das die Proteinaktivitåt insgesamt stæren kann. Selbst geringfçgige Verånderungen des pH-Werts kænnen biologische Reaktionen beeintråchtigen. / schçtzen Organismen und die Zellen, aus denen sie bestehen, vor Schwankungen des pH-Werts; diese Verbindungen fangen durch Reaktionen mit freien Wasserstoff- oder Hydroxylionen Verånderungen des pH-Werts auf. Pufferlæsungen enthalten in der Regel eine schwache Såure sowie ihre konjugierte Base. Blut beispielsweise ist mit Kohlensåure und Bikarbonat-Ionen gepuffert, wodurch der pH-Wert des Blutes normalerweise konstant bei 7,4 liegt. HCO±3 + H+ $ H2CO3 Wenn die Wasserstoffionenkonzentration steigt (etwa, wenn man sich anstrengt), reagieren die Bikarbonat-Ionen mit den çberschçssigen Protonen und entziehen sie der Læsung. Herrscht dagegen ein Ûberschuss an OH±-Ionen vor (etwa, wenn man hyperventiliert), so werden die Ionen durch Protonen aus der Kohlensåure neutrali-
Die Eigenschaften biologischer Molekçle
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siert. Der pH-Wert der Flçssigkeit in der Zelle wird auf åhnliche Weise durch ein Phosphatpuffersystem geregelt, das aus H2PO±4 und HPO2± 4 besteht.
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2.4 Die Eigenschaften biologischer Molekçle Organismen bestehen vorwiegend aus Wasser. Wenn das Wasser verdunstet ist, bleiben als Trockengewicht çberwiegend Molekçle zurçck, die Kohlenstoffatome enthalten. Als die kohlenstoffhaltigen Molekçle entdeckt wurden, glaubte man zunåchst, sie kåmen nur in Lebewesen vor, und bezeichnete sie daher als , um sie von den zu unterscheiden, die man in der unbelebten Natur findet. Als es den Chemikern gelang, immer mehr dieser kohlenstoffhaltigen Molekçle im Labor zu synthetisieren, verloren die organischen Verbindungen den Anschein des Geheimnisvollen, der mit ihnen verbunden war. Die Verbindungen, die von lebenden Organismen gebildet werden, bezeichnet man jetzt als & $. In der Chemie des Lebens dreht sich alles um die Chemie des Kohlenstoffatoms. Diese zentrale Rolle verdankt der Kohlenstoff der Besonderheit, dass er eine enorme Anzahl von Molekçlen bilden kann. Mit seinen vier Elektronen auf der åuûeren Schale kann ein Kohlenstoffatom mit bis zu vier anderen Atomen Bindungen eingehen (Abb. 2.1). Der entscheidende Punkt ist jedoch, dass jedes Kohlenstoffatom an andere Kohlenstoffatome binden kann, so dass Molekçle mit einem langkettigen Gerçst aus Kohlenstoffatomen entstehen kænnen. Solche kohlenstoffhaltigen Grundgerçste kænnen linear, verzweigt oder ringfærmig sein.
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Am Cholesterin, dessen Struktur in Abb. 2.9 zu sehen ist, lassen sich diverse Anordnungsmæglichkeiten der Kohlenstoffatome gut erkennen. Aufgrund seiner Græûe und der Anordnung seiner Elektronen eignet sich der Kohlenstoff auf einzigartige Weise dazu, viele verschiedene Molekçle zu bilden ± bisher kennt man mehrere Hunderttausend. Silizium dagegen, das sich im Periodensystem direkt unter dem Kohlenstoff befindet und ebenfalls vier Elektronen auf seiner åuûeren Schale hat (Abb. 2.1), ist zu groû, als dass sein positiv geladener Kern die Elektronen auf der åuûeren Schale benachbarter Atome stark genug anziehen kænnte, um so riesige Molekçle zusammen halten zu kænnen. Um die Eigenschaften biologischer Molekçle kennen zu lernen, beginnt man am besten mit der einfachsten Gruppe organischer Molekçle, den '
, die nur aus Kohlenstoff- und Wasserstoffatomen bestehen. Das Molekçl Ethan (C2H6) ist ein einfacher Kohlenwasserstoff,
der aus zwei Atomen Kohlenstoff besteht, die jeweils mit dem anderen Kohlenstoff sowie mit drei Atomen Wasserstoff verbunden sind. Wenn mehr Kohlenstoffatome dazu kommen, wird das Gerçst der organischen Molekçle långer und ihre Strukturen komplexer.
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Die chemischen Grundlagen des Lebens
2.4.1 Funktionelle Gruppen Die meisten Organismen besitzen keine nennenswerten Mengen an Kohlenwasserstoffen, obwohl diese den græûten Teil der fossilen Brennstoffe ausmachen, die aus den Ûberresten uralter Pflanzen und Tiere bestehen. Viele biologisch wichtige, organische Molekçle enthalten wie die Kohlenwasserstoffe Ketten von Kohlenstoffatomen, in denen aber bestimmte Wasserstoffatome durch verschiedene : ersetzt sind. Funktionelle Gruppen sind bestimmte Gruppierungen von Atomen, die oft als Einheit fungieren und organischen Molekçlen ihre physikalischen Eigenschaften, ihr chemisches Reaktionsvermægen sowie ihre Læslichkeit in wåssrigen Læsungen verleihen. Einige funktionelle Gruppen, die håufig vorkommen, sind in Tabelle 2.3 aufgelistet. Zwei der håufigsten Verbindungen zwischen funktionellen Gruppen sind # , die zwischen Carbonsåuren und Alkoholen, sowie , die zwischen Carbonsåuren und Aminen gebildet werden.
Die meisten Gruppen in Tabelle 2.3 enthalten ein oder mehrere elektronegative Atome (N, P, O und/oder S), durch die organische Molekçle polarer, besser wasserlæslich und reaktiver werden. Manche dieser funktionellen Gruppen kænnen Ionen bilden und positiv oder negativ geladen werden. Man kann leicht zeigen, wie sich eine Substitution verschiedener funktioneller Gruppen auf die Molekçle auswirkt. Der bereits angesprochene Kohlenwasserstoff Ethan (CH3CH3) ist ein giftiges, entflammbares Gas. Wenn man eines seiner Wasserstoffatome durch eine Hydroxylgruppe (±OH) ersetzt, wird das Molekçl zum wohlschmeckenden Ethylalkohol (CH3CH2OH). Hångt man stattdessen eine Carboxylgruppe
(±COOH) an, entsteht Essigsåure (CH3COOH), der geschmacksintensive Inhaltsstoff des Essigs. Ersetzt man den Wasserstoff durch eine Sulfhydrylgruppe (±SH), hat man Ethylmercaptan (CH3CH2SH) hergestellt, ein starkes, çbelriechendes Mittel, mit dem Biochemiker Enzymreaktionen untersuchen. 2.4.2 Eine Klassifizierung biologischer Molekçle aufgrund ihrer Funktion Die organischen Molekçle, die man håufig in lebenden Zellen findet, kann man entsprechend ihrer Bedeutung im Stoffwechsel folgendermaûen unterteilen: n . Makromolekçle sind groûe, hochgradig organisierte Molekçle, welche die Strukturen der Zellen bilden und ihre Aktivitåten ausfçhren; die Anzahl ihrer Kohlenstoffatome kann irgendwo zwischen einigen Dutzend bis zu Millionen liegen. Wegen der Græûe und der komplizierten Formen, die Makromolekçle annehmen kænnen, kænnen einige dieser molekularen Giganten sehr pråzise und effizient komplizierte Aufgaben ausfçhren. Mehr als allen anderen Merkmalen verdanken die Organismen besonders diesen Makromolekçlen die Eigenschaften, die das Leben ausmachen; durch sie unterscheiden sie sich chemisch von der unbelebten Welt. Man kann die Makromolekçle in vier groûe Gruppen einteilen: Proteine, Nucleinsåuren, Polysaccharide und bestimmte Lipide. Die ersten drei Gruppen sind /%. Sie werden durch /%
, einen Vorgang, der dem Ankoppeln von Eisenbahnwagen an einen Zug åhnelt, aus zahlreichen niedermolekularen Bausteinen oder zusammengesetzt (Abb. 2.10). Die Grundstrukturen und -funktionen all dieser Makromolekçltypen åhneln sich in allen Organismen. Man muss sich die spezifische Reihenfolge der Monomere, aus denen diese verschiedenen Makromolekçle bestehen, schon sehr genau ansehen, um
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55
Die Eigenschaften biologischer Molekçle
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b n Abb. 2.10 a, b. Monomere und Polymere ± Polymerisation und Hydrolyse. a Polysaccharide, Proteine und Nucleinsåuren bestehen aus Monomeren (Untereinheiten), die çber kovalente Bindungen miteinander verknçpft sind. Um diese Makromolekçle zu bilden, reicht es nicht aus, dass freie Monomere einfach miteinander reagieren; vielmehr muss jedes Monomer erst aktiviert werden. Dazu wird es
erst an ein Trågermolekçl gekoppelt, das dann das Monomer an das Ende des wachsenden Makromolekçls schleust. b Um ein Makromolekçl abzubauen, werden die Bindungen zwischen den Monomeren hydrolysiert. Bei der Hydrolyse wird eine Bindung mithilfe von Wasser aufgebrochen. All diese Reaktionen werden von spezifischen Enzymen katalysiert
zu erkennen, dass sie je nach Organismus doch sehr vielfåltig sind. n . Die meisten Makromolekçle innerhalb einer Zelle existieren im Vergleich zur Zelle nur eine kurze Zeit; mit Ausnahme der ZellDNA werden sie fortwåhrend abgebaut und durch neue Makromolekçle ersetzt. Daher besitzen die meisten Zellen einen Vorrat an niedermolekularen Vorstufen, die bereits so weit fertig sind, dass sie in Makromolekçle eingebaut werden kænnen. Dazu gehæren Zucker, die Vorstufen von Polysacchariden sind, Aminosåuren, die Bausteine von Proteinen, Nucleotide, die Grundelemente der Nucleinsåuren, sowie Fettsåuren, die in Lipide eingebaut werden n Die Molekçle einer Zelle sind komplizierte chemische Verbindungen, die ausgehend von spezifischen Ausgangsstoffen in einem schrittweisen Verfahren synthetisiert werden mçssen. In der Zelle bezeichnet man jede Abfolge chemischer Reaktion als . Die Zelle beginnt mit einer Substanz A, die sie in die Substanz B um-
wandelt, dann in die Substanz C und so weiter, bis irgendein Endprodukt wie beispielsweise ein Aminosåurebaustein eines Proteins entstanden ist, den man in anderen Reaktionen verwenden kann. Auf diesen Stoffwechselwegen entstehen bis zum Endprodukt immer wieder Verbindungen, die selbst keine Funktion haben; sie werden als bezeichnet. n . Das ist natçrlich ein breites Spektrum an Molekçlen, aber nicht so groû, wie man erwarten kænnte. Den græûten Anteil am Trockengewicht einer Zelle machen Makromolekçle und deren direkte Vorstufen aus. Zu den Molekçlen mit verschiedenartigen Funktionen gehæren solche Substanzen wie die Vitamine, die vor allem Zusatzstoffe von Proteinen sind: bestimmte Steroid- oder Aminosåure-Hormone, Molekçle wie ATP oder Kreatinphosphat, die zur Energiespeicherung dienen, regulatorische Molekçle wie zyklisches AMP sowie Stoffwechselabfallprodukte wie Harnstoff.
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Die chemischen Grundlagen des Lebens
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2.5 Vier Arten von biologischen Molekçlen Man kann die gerade beschriebenen Makromolekçle in vier Typen von organischen Molekçlen einteilen. Kohlenhydrate, Lipide, Proteine und Nucleinsåuren. In welchen Zellstrukturen sich diese Molekçle befinden, zeigt ein Ûberblick in Abb. 2.11. 2.5.1 Kohlenhydrate Zu den % gehæren einfache Zucker (oder
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chemischer Energie und als haltbare Baumaterialien fçr biologische Gefçge. Die meisten Zucker haben die allgemeine Formel (CH2O)n. Bei den fçr den Zellstoffwechsel wichtigen Zuckern liegen die Werte fçr n bei 3 bis 7. Zucker mit drei Kohlenstoffatomen nennt man ! , sind es vier Kohlenstoffatome spricht man von !
' bei fçnf Kohlenstoffatomen von / ' bei sechs von 2- und bei sieben von 2 & Jedes Zuckermolekçl besteht aus einem Gerçst von Kohlenstoffatomen, die çber einzelne Bindungen linear miteinander verknçpft sind. Jedes Kohlenstoffatom des Gerçsts ist bis auf eines, das eine Carbonylgruppe (C=O) trågt, mit einer einzelnen Hydroxylgruppe verbunden. Wenn sich die Carbonylgruppe im Innern des Molekçls befindet (und so eine Ketogruppe bildet) bezeichnet man den Zucker als , wie etwa die Fructose aus Abb. 2.12 a. Befindet sich die Carbonylgruppe an einem Ende des Zuckers, bildet sie eine Aldehydgruppe, und man bezeichnet das Molekçl als ; ein Beispiel dafçr ist die Glucose, die man in Abb. 2.12 b±f sieht. Obwohl sie fçr einen Strukturvergleich verschiedener Zucker gute Dienste leisten, erkennt man an den geradkettigen Darstellungen wie in Abb. 2.12 a, b nicht, dass sich Zucker durch eine intramolekulare Reaktion (Abb. 2.12 c) in ein geschlossenes oder ringfærmiges Molekçl verwandeln. Die Ringformen der Zucker werden in der Regel als flache Strukturen dargestellt (Abb. 2.12 d), die senkrecht aus der Papierebene herausragen, wobei die fettgedruckte Linie dem Leser zugewandt ist. Die H- und OH-Gruppen befinden sich parallel zur Papierebene und ragen oben oder unten aus dem Zuckerring heraus. In Wahrheit ist der Zuckerring nicht eben, sondern hat eine dreidimensionale Konformation, die einem Sessel åhnelt (Abb. 2.12 e, f). & Wie bereits erwåhnt, kann ein Kohlenstoffatom mit vier anderen Atomen Bindungen eingehen. Die Anordnung der Gruppen um ein Kohlenstoffatom herum kann man wie in Abb. 2.13 a veranschaulichen: Der Kohlenstoff steht im Zentrum eines Tetraeders, wåhrend die gebundenen Gruppen in die vier Ecken hineinragen. Abb. 2.13 b zeigt ein Molekçl Glycerinaldehyd, die einzige Aldotriose, die es gibt. Das zweite Kohlenstoffatom des Glycerinaldehyds ist mit vier verschiedenen Gruppen (±H, OH, ±CHO und ±CH2OH) verbunden. Wenn wie beim Glycerinaldehyd die vier mit einem Kohlenstoffatom ver-
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Vier Arten von biologischen Molekçlen
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Die chemischen Grundlagen des Lebens
bundenen Gruppen alle verschieden sind, dann gibt es zwei mægliche Konfigurationen, die man nicht zur Deckung bringen kann. Diese beiden Molekçle, die als & oder # bezeichnet werden, haben zwar beide das gleiche chemische Reaktionsvermægen, ihre Strukturen verhalten sich jedoch spiegelbildlich zueinander (åhnlich der rechten und linken Hand des Menschen). Einer Konvention zufolge bezeichnet man das Molekçl, bei dem die Hydroxylgruppe am zweiten Kohlenstoffatom rechts herausragt, als D-Glycerinaldehyd und dasjenige, bei dem es links herausragt, als L-Glycerinaldehyd (Abb. 2.13 c). Weil das zweite Kohlenstoffatom fçr die Stereoisomerie entscheidend ist, bezeichnet man es als % Kohlenstoffatom. Wenn das Gerçst der Zuckermolekçle långer wird, erhæht sich auch die Anzahl der asymmetrischen Kohlenstoffatome und damit die Anzahl der Stereoisomere. Aldotetrosen haben zwei asymmetrische Kohlenstoffatome und kænnen daher in vier verschiedenen Konfigurationen vorkommen (Abb. 2.14). Ebenso gibt es acht verschiedene Aldopentosen und sechzehn verschiedene Aldohexosen. Die Bezeichnung all dieser Zucker als D oder L basiert konventionsgemåû
auf der Anordnung der Gruppen an dem asymmetrischen Kohlenstoffatom, das am weitesten vom Aldehyd entfernt ist (das Kohlenstoffatom, das mit dem Aldehyd verbunden ist, wird als C1 bezeichnet). Wenn die Hydroxylgruppe dieses Kohlenstoffatoms nach rechts herausragt, ist die Aldose ein D-Zucker, wenn sie links herausragt, ein L-Zucker. Die Enzyme lebender Zellen kænnen zwischen den D- und L-Formen eines Zuckers unterscheiden. In der Regel verwenden Zellen nur eines der Stereoisomere (wie D-Glucose oder L-Fucose). Die interne Reaktion, bei der sich ein Glucosemolekçl mit einer geraden Kette in einen sechsgliedrigen Ring (Pyranose) umwandelt, ist in Abb. 2.12 c dargestellt. Anders als sein Vorlåufer in der offenen Kette trågt C1 im Ring ebenfalls vier verschiedene Gruppen und wird so zu einem neuen Asymmetriezentrum innerhalb des Zuckermolekçls. Wegen dieses zusåtzlichen asymmetrischen Kohlenstoffatoms gibt es von jedem Pyranosetyp - und -Stereoisomere (Abb. 2.15). Nach der Konvention ist das Molekçl eine -Pyranose, wenn die OH-Gruppe des ersten Kohlenstoffatoms nach unten aus der Ringebene herausragt, und eine -Pyranose, wenn die Hydroxylgruppe nach oben zeigt. Der Unterschied zwischen den beiden Formen hat entscheidende biologische Folgen und fçhrt beispielsweise dazu, dass Glykogen- und Stårkemolekçle eine kompakte Form haben, wåhrend Cellulose gestreckt ist (s. unten).
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Vier Arten von biologischen Molekçlen
xylgruppe eines anderen Zuckers; dabei entsteht zwischen den beiden Zuckern eine ±C-O-C-Bindung. Wie spåter noch erærtert wird (vgl. auch Abb. 2.16 und 2.17), kænnen Zucker çber ganz verschiedene glycosidische Bindungen miteinander verknçpft werden. Molekçle mit nur zwei Zuckereinheiten bezeichnet man als
(Abb. 2.16). Disaccharide fungieren vor allem als leicht verfçgbare Energiespeicher. Saccharose oder Rohrzucker ist ein wichtiger Bestandteil des Pflanzensafts, der chemische Energie aus einem Teil der Pflanze in einen anderen transportiert. Die in der Milch der meisten Såuger vorhandene Lactose versorgt neugeborene Såuger mit Energie fçr die ersten Wachstums- und Entwicklungsschritte. Die Lactose in der Nahrung wird durch das Enzym Lactase hydrolysiert, das in den Plasmamembranen der Zellen, die den Darm auskleiden, vorhanden ist. Viele Menschen verlieren dieses Enzym im Verlauf ihrer Kindheit und haben daher Verdauungsprobleme, wenn sie lactosehaltige Nahrungsmittel gegessen haben. Zucker kænnen auch zu kurzkettigen Molekçlen, den (
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denen sie dann aus der Zelloberflåche herausragen (Abb. 4.4 c). Weil Oligosaccharide aus vielen verschiedenen Kombinationen von Zuckereinheiten bestehen kænnen, kænnen diese Kohlenhydrate Informationen enthalten; das heiût, durch sie låsst sich ein Zelltyp vom anderen unterscheiden, so dass sie dazu beitragen, spezifische Wechselwirkungen einer Zelle mit ihrer Umgebung zu vermitteln (Erærterung in Kap. 7.1). /%
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts weiû man, dass das Blut von Personen, die an Diabetes leiden, aufgrund einer erhæhten Konzentration an Glucose, dem wichtigsten Zucker im Energiestoffwechsel, sçû schmeckt. Claude Bernard, ein bekannter franzæsischer Physiologe dieser Zeit, suchte nach der Ursache fçr Diabetes, indem er der Frage nachging, woher der Blutzucker stammte. Damals nahm man an, dass jeder Zucker, der in einem Menschen oder Tier vorhanden war, vorher einmal mit der Nahrung aufgenommen werden musste. Bei seiner Arbeit mit Hunden fand Bernard heraus, dass das Blut der Tiere selbst dann eine normale Menge an Glucose aufwies, wenn in ihrer Nahrung keine Kohlenhydrate enthalten waren. Offenbar konnte der Kærper aus andersartigen Verbindungen Glucose herstellen. Nach weiteren Untersuchungen fand Bernard heraus, dass die Glucose çber die Leber in das Blut gelangt. Lebergewebe, erkannte er, enthålt ein unlæsliches Polymer der Glucose, das er :% nannte. Bernard schloss daraus, dass verschiedene Substanzen aus der Nahrung (wie Proteine) zur Leber transportiert werden, wo sie chemisch in Glucose umgewandelt und in Form von Glycogen gespeichert werden. Wenn dann der Kærper als Brennstoff Zucker benætigt, wird das Glycogen in der Leber in Glucose umgewandelt und dann in das Blut freigesetzt, um Gewebe, die zu wenig Glucose haben, zu versorgen. Bernards Hypothese zufolge war das Gleichgewicht zwischen Glycogensynthese und -abbau in der Leber der entscheidende Faktor dafçr, um die Glucosekonzentration im Blut relativ konstant zu halten (Homæostase). Bernards Hypothese hat sich als richtig erwiesen. Das Molekçl, das er Glycogen nannte, ist eine Art /%
± ein Polymer aus Zuckereinheiten, die çber glycosidische Bindungen miteinander verknçpft sind.
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Die chemischen Grundlagen des Lebens
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#1 Glycogen ist ein verzweigtes Polymer, das nur aus einem Typ von Monomer besteht: Glucose (Abb. 2.17 a). Die meisten Zuckereinheiten eines Glycogenmolekçls sind çber (1 ? 4)-glycosidische Bindungen (Typ-2-Bindung in Abb. 2.17 a) miteinander verknçpft. Verzweigungspunkte enthalten einen Zucker, der statt mit zwei ± wie in den unverzweigten Abschnitten des Polymers ± mit drei Nachbareinheiten ver-
bunden ist. Der zusåtzliche Nachbar, der fçr die Verzweigung sorgt, wird çber eine (1 ? 6)-glycosidische Bindung (Typ-1-Bindung in Abb. 2.17 a) angehångt. Glycogen dient bei den meisten Tieren als Speichermolekçl fçr çberschçssige chemische Energie. So enthalten etwa die Skelettmuskeln des Menschen in der Regel Glycogen fçr eine 30-minçtige mittelschwere Beanspruchung. Abhångig von verschiedenen Faktoren hat Glycogen ein Molekulargewicht von 1±4 Millionen Dalton.
Das in den Zellen gespeicherte Glycogen ist stark konzentriert und erscheint auf elektronenmikroskopischen Aufnahmen in Form von dunkelgefårbten, unregelmåûigen Granula (Abb. 2.17 a, rechts). Die meisten Pflanzen speichern ihre çberschçssige chemische Energie in Form von &1 , die wie Glycogen ein Glucosepolymer ist. Kartoffeln und Getreide beispielsweise bestehen vor allem aus Stårke. Stårke ist eigentlich eine Mischung aus zwei verschiedenen Polymeren, der Amylose und dem Amylopectin. Amylose ist ein unverzweigtes helikales Molekçl, dessen Zucker çber (1 ? 4)-Bindungen (Abb. 2.17 b) miteinander verbunden sind, wåhrend Amylopectin verzweigt ist. Amylopectin unterscheidet sich von Glycogen jedoch dadurch, dass es viel weniger verzweigt ist und ein unregelmåûiges Verzweigungsmuster aufweist. Stårke wird in Form von dicht gepackten Granula oder Stårkekærnern gespeichert, die innerhalb der Pflanzenzelle in / , von Membranen umgebenen Organellen, eingeschlossen sind (Abb. 2.17 b). Obwohl Tiere keine Stårke synthetisieren, besitzen sie ein Enzym, die % , mit dem sie Stårkemolekçle leicht hydrolysieren kænnen. + " + :%
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9 & Wåhrend einige Polysaccharide leicht abbaubare Energiespeicher bilden, formen andere kråftige, haltbare Strukturmaterialien. Baumwolle und Leinen beispielsweise bestehen çberwiegend aus + , dem Hauptbestandteil von pflanzlichen Zellwånden. Textilien aus Baumwolle verdanken ihre Haltbarkeit den langen unverzweigten Cellulosemolekçlen, die in parallel verlaufenden Verbånden angeordnet sind. Die so entstandenen molekularen Seile (Photo, Abb. 2.17 c) sind wie geschaffen dafçr, um Zugkråfte aufzufangen. Wie Glycogen und Stårke besteht Cellulose ausschlieûlich aus Glucose-Einheiten, unterscheidet sich aber in seinen Eigenschaften erheblich von diesen anderen Polysacchariden, weil die Glucose-Einheiten mehr çber (1 ? 4)-Verbindungen (Bindung 3 in Abb. 2.17 c) als çber (1 ? 4)-Verbindungen miteinander verknçpft sind. Seltsamerweise besitzen vielzellige Tiere bis auf wenigen Ausnahmen kein Enzym zum Abbau von Cellulose, welche das auf der Erde am weitesten verbreitete organische Material ist und viel chemische Energie enthålt. Tiere wie Termiten und Schafe, die ¹sich damit durchschlagenª, Cellulose zu verdauen, kænnen das, weil sie Bakterien und Protozoen beherbergen, die das erforderliche Enzym, die Cellulase, synthetisieren.
Vier Arten von biologischen Molekçlen
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Nicht alle biologischen Polysaccharide bestehen aus Glucose-Einheiten. + ist ein unverzweigtes Polymer des Zuckers )-Acetylglucosamin, der von der Struktur her der Glucose åhnelt, aber anstelle einer Hydroxylgruppe eine Acetylaminogruppe besitzt, die mit dem zweiten C-Atom des Rings verknçpft ist.
Chitin ist ein unter Wirbellosen weit verbreitetes Strukturmolekçl, das besonders håufig im Auûenskelett von Insekten, Spinnen und Krustentieren vorkommt. Es ist ein strapazierfåhiges, unverwçstliches, aber trotzdem flexibles Material, das etwa bestimmten Kunststoffarten åhnelt. Insekten schulden einen Groûteil ihres Erfolgs diesem åuûerst anpassungsfåhigen Polysaccharid (Abb. 2.18). Eine andere Gruppe von Polysacchariden mit komplexerer Struktur sind die :%
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n Abb. 2.18. 8 9 &! C 9 + ; . ? 1
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Die chemischen Grundlagen des Lebens
(oder :: ). Im Gegensatz zu anderen Polysacchariden haben sie die Struktur ±A±B±A±B±, wobei A und B zwei verschiedene Zucker darstellen. Das am besten untersuchte GAG ist Heparin, das bei einer Gewebeverletzung von Lungen- und anderen Gewebezellen sezerniert wird. Es unterbindet die Blutgerinnung, und verhindert dadurch die Bildung von Thromben, die den Blutfluss zum Herzen oder in die Lungen blockieren kænnen. Das Heparin bringt dieses Kunststçck fertig, indem es einen Hemmstoff (Antithrombin) eines fçr die Blutgerinnung erforderlichen Schlçsselenzyms (Thrombin) aktiviert. Heparin, das normalerweise aus dem Gewebe von Schweinen extrahiert wird, wurde jahrzehntelang dazu benutzt, um bei den Patienten nach græûeren Operationen die Bildung von Blutgerinnseln zu verhindern. Im Gegensatz zum Heparin befinden sich die meisten GAGs in den Zellzwischenråumen; ihre Strukturen und Funktionen werden wir ausfçhrlich in Kap. 7.1 erærtern. Die komplexesten Polysaccharide findet man in den Zellwånden von Pflanzen (Kap. 7.6). 2.5.2 Lipide Lipide sind eine vielseitige Gruppe unpolarer biologischer Molekçle. Alle kænnen jedoch in organischen Læsungsmitteln wie Chloroform oder Benzol gelæst werden und sind wasserunlæslich ± eine Eigenschaft, die viele ihrer verschiedenartigen biologischen Funktionen erklårt. Zu den fçr die Zellfunktion wichtigen Lipiden gehæren Fette, Steroide und Phospholipide. Fette bestehen aus einem Glycerinmolekçl, das çber Esterbindungen mit drei Fettsåuren verknçpft ist; das gesamte Molekçl wird als ! % % bezeichnet (Abb. 2.19 a). Beschåftigen wir uns als erstes mit der Struktur der 1 . Fettsåuren sind lange, nicht verzweigte Kohlenwasserstoffketten mit einer einzigen Carboxylgruppe an einem Ende (Abb. 2.19 b). Weil die beiden Enden eines Fettsåuremolekçls jeweils vællig anders strukturiert sind, haben sie auch unterschiedliche Eigenschaften. Die Kohlenwasserstoffkette ist hydrophob, die Carboxylgruppe (±COOH), die bei physiologischem pH-Wert eine negative Ladung trågt, dagegen hydrophil. Molekçle, die sowohl hydrophobe als auch hydrophile Bereiche aufweisen, bezeichnet man als
; solche Molekçle haben ungewæhnliche, biologisch wichtige Eigenschaften. Welche Eigenschaften Fettsåuren besitzen, wird klar, wenn man sich den Einsatz eines vertrau-
n Abb. 2.19 a±d. & a ,I I + , I ! '1 I + 1 8$I & ( " %'&! & b % & " & & 5E )
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ten Produkts vor Augen fçhrt: der aus Fettsåuren bestehenden Seife. Fçr die Herstellung von Seifen hat man bis ins letzte Jahrhundert hinein Tierfett in starken Basen (NaOH oder KOH) erhitzt, um die Bindungen zwischen den Fettsåuren und dem Glycerin aufzubrechen. Heutzutage werden die meisten Seifen synthetisch hergestellt. Seifen verdanken ihre Fåhigkeit, Fett zu læsen, der Tatsache, dass ihr hydrophobes Ende in das Fett eindringen und gleichzeitig ihr hydrophiles Ende mit dem umgebenden Wasser reagieren kann. Dadurch werden die Fettsubstanzen in Komplexe (Mizellen) eingeschlossen und in dieser Form so fein im Wasser verteilt, dass sie abgespçlt werden kænnen (Abb. 2.20). Fettsåuren unterscheiden sich in der Långe ihrer Kohlenwasserstoffketten sowie darin, ob sie Doppelbindungen enthalten oder nicht. Die Fettsåuren in den Zellen bestehen aus 14 bis 20 Kohlenstoffatomen. Fettsåuren ohne Doppelbindungen wie Stearinsåure (Abb. 2.19 b) bezeichnet man als 1 , solche mit Doppelbindungen als 1 . Doppelbindungen (in -Konfiguration)
fçhren in die Fettsåurekette Knicke ein. Daher wird es immer schwieriger, diese langen Fettsåuren mæglichst dicht zu packen, je mehr Doppelbindungen sie enthalten. Dadurch sinkt die Temperatur, bei der fettsåurehaltige Lipide schmelzen. Tristearin, dessen Fettsåuren keine Doppelbindungen aufweisen (Abb. 2.19 c), ist ein håufiger Bestandteil tierischer Fette und bleibt auch bei Werten çber der Raumtemperatur noch in festem Zustand. Bei pflanzlichen Fetten ist dagegen ihre Fçlle an Doppelbindungen dafçr verantwortlich, dass diese Fette sowohl in der Pflanzenzelle als auch im Lebensmittelladen flçssig bleiben; diese Fette werden daher auch als ¹vielfach ungesåttigtª bezeichnet. Fette, die bei Raumtemperatur flçssig sind, nennt man ;. Abbildung 2.19 d zeigt die Struktur von Leinsamenæl, einem stark flçchtigen Lipid, das aus Leinsamen extrahiert wird und selbst bei einer sehr viel tieferen Temperatur als Tristearin noch flçssig bleibt. Festes Backfett wie Margarine stellt man her, indem man die Doppelbindungen ungesåttigter Pflanzenæle chemisch mit Wasserstoffatomen reduziert; dieser Prozess wird als
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2% bezeichnet. Ein Molekçl Fett kann drei identische Fettsåuren enthalten (Abb. 2.19 c) oder aus verschiedenen Fettsåuretypen zusammengesetzt sein (Abb. 2.19 d). Die meisten natçrlich vorkommenden Fette wie Olivenæl oder Butter sind ein Molekçlgemisch aus verschiedenen Fettsåurearten. Fette enthalten sehr viel chemische Energie. Ein Gramm Fett liefert mehr als doppelt soviel Energie wie ein Gramm Kohlenhydrate (die Grçnde dafçr werden in Kap. 3.1 erærtert). Kohlenhydrate dienen vor allem als kurzzeitige, schnell verfçgbare Energiequellen, wåhrend Fettreserven langfristig Energie speichern. Im Kærper einer Person mittlerer Græûe stehen schåtzungsweise 0,5 kg Kohlenhydrate ± vor allem in Form von Glycogen ± zur Verfçgung. Diese Menge an Kohlenhydraten liefert ungefåhr 2000 kcal Energie. Mit einem Tag anstrengender Arbeit kann man damit praktisch seinen gesamten Kohlenhydratspeicher aufbrauchen. Dem stehen durchschnittlich ungefåhr 16 kg Fett pro Person gegençber, was 144 000 kcal Energie entspricht. Wie wir alle wissen, kann es sehr lange dauern, bis dieser Fettvorrat aufgebraucht ist. Weil Fette keine polaren Gruppen besitzen, læsen sie sich åuûerst schlecht in Wasser und werden in Zellen in Form trockener Fetttræpfen
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Die chemischen Grundlagen des Lebens
gespeichert. Da Lipidtræpfchen im Gegensatz zu Glycogengranula kein Wasser enthalten, sind sie eine åuûerst kompakte Speicherform. Viele Tieren speichern Fette in speziellen Zellen, %, deren Cytoplasma mit einem oder einigen wenigen groûen Lipidtræpfchen angefçllt ist. Adipocyten zeigen die bemerkenswerte Fåhigkeit, ihr Volumen an die unterschiedlichsten, jeweils vorhandenen Fettmengen anpassen zu kænnen. & Steroide bestehen aus einem charakteristischen Kohlenwasserstoffgerçst mit vier Ringen. Eines der wichtigsten Steroide ist + , ein Bestandteil der Zellmembranen von Tieren und Grundbaustein fçr die Synthese einer Reihe von Steroidhormonen wie Testosteron, Progesteron und Ústrogen (Abb. 2.21). In Pflanzenzellen findet man kaum Cholesterin, weshalb pflanzliche Úle als ¹cholesterinfreiª bezeichnet werden, Pflanzenzellen kænnen aber groûe Mengen an verwandten Substanzen enthalten. / In Abb. 2.22 ist die chemische Struktur eines håufigen Phospholipids dargestellt. Das Molekçl åhnelt einem Fett (Triacylglycerin), hat aber nur
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zwei statt drei Fettsåureketten und ist daher ein %% . Die dritte Hydroxylgruppe des Glyceringerçsts ist kovalent an eine Phosphatgruppe gebunden, die, wie man in Abb. 2.22 sieht, wiederum kovalent mit einer kleinen polaren Gruppe wie einem Cholin verknçpft ist. Daher besitzen Phospholipide anders als Fettmolekçle zwei Enden mit ganz unterschiedlichen Eigenschaften: Das Ende mit der Phosphatgruppe hat einen ausgeprågt hydrophilen Charakter, wåhrend das andere Ende mit den zwei Fettsåureenden einen ausgesprochen hydrophoben Charakter besitzt. Da sich Phospholipide vor allem in Zellmembranen befinden und die Eigenschaften der Zellmembranen von ihren Phospholipidbestandteilen abhången, werden wir sie spåter zusammen mit den Zellmembranen in Kap. 4.3 besprechen. 2.5.3 Proteine
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Proteine sind die Makromolekçle, die fçr praktisch såmtliche Zellaktivitåten verantwortlich sind. Sie sind die molekularen Hilfsmittel und Maschinen, die alles in Schwung halten. Man schåtzt, dass die typische Såugerzelle bis zu 10 000 verschiedene Proteine besitzt, die vielfåltige Funktionen erfçllen. So sorgen sie als Enzyme dafçr, dass Stoffwechselreaktionen wesentlich schneller ablaufen, wirken als Seile strukturverstårkend und bieten innerhalb und auûerhalb von Zellen mechanische Unterstçtzung (Abb. 2.23 a), erfçllen als Hormone, Wachstumsfaktoren und Genaktivatoren viele verschiedene re-
gulatorische Aufgaben, bestimmen als Membranrezeptoren und Transportmolekçle, worauf eine Zelle anspricht und welche Art von Substanzen in eine Zelle eindringen und sie verlassen, und bilden als kontraktile Filamente sowie molekulare Motoren die Maschinerie fçr biologische Bewegungen. Zu ihren weiteren zahlreichen Aufgaben gehært es beispielsweise auch, Antikærper, Giftstoffe und Blutgerinnsel zu bilden, Licht zu absorbieren und zu brechen (Abb. 2.23 b) sowie Substanzen von einem Teil des Kærpers in einen anderen zu transportieren. Wie kann ein Molekçltyp so viele verschiedene Funktionen haben? Die Erklårung dafçr liegt in den praktisch unendlich vielen molekularen Strukturen, welche die Gruppe der Proteine annehmen kann. Jedes Einzelprotein hat allerdings eine einzigartige und hochgradig geordnete Struktur, die es ihm ermæglicht, eine bestimmte Funktion auszufçhren. Besonders wichtig ist dabei, dass Proteine aufgrund ihrer Formen und Oberflåchen gezielt mit anderen Molekçlen in Wechselwirkungen treten kænnen. Mit anderen Worten: Proteine sind hochgradig $ . So kann zum Beispiel ein bestimmtes Enzym, das DNA schneidet, einen DNA-Abschnitt mit einer bestimmten Sequenz von acht Nucleotiden erkennen, wåhrend es alle anderen 65 535 mæglichen Sequenzen mit acht Nucleotiden ignoriert.
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/ Proteine sind Polymere aus Aminosåure-Monomeren. Jedes Protein hat eine einzigartige Aminosåuresequenz, die dem Molekçl seine spezielle Fåhigkeiten verleiht. Viele dieser Fåhigkeiten werden schon allein dann offensichtlich, wenn man sich die chemischen Eigenschaften der Aminosåuren eines Proteins ansieht. Fçr den Proteinaufbau werden in der Regel 20 verschiedene Aminosåuren genutzt; dies gilt fçr Viren ebenso wie fçr den Menschen. Die Struktur der Aminosåuren låsst sich unter zwei Gesichtspunkten betrachten: man kann zum einen herausstellen, was allen gemeinsam ist, und zum anderen, was jede fçr sich so einzigartig macht. Wir beginnen mit den Gemeinsamkeiten. & 1 Alle Aminosåuren besitzen eine Carboxyl- und eine Aminogruppe, die durch ein einzelnes Kohlenstoffatom, das -Kohlenstoffatom, voneinander getrennt sind (Abb. 2.24 a, b). In einer neutralen wåssrigen Læsung verliert die -Carboxylgruppe ein Proton und ist daher negativ geladen (±COO±), wåhrend die Aminogruppe ein Proton aufnimmt und dadurch positiv geladen ist (±NH+3 ) (Abb. 2.24 b). Wie wir in Kap. 2.5.1 gesehen haben, kænnen Kohlenstoffatome, die mit vier verschiedenen Gruppen verbunden sind, zwei verschiedene (Stereoisomere) annehmen, die durch Aufeinanderlegen nicht in Ûbereinstimmung zu bringen sind.
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Bei der Proteinsynthese wird jede Aminosåure mit zwei anderen Aminosåuren zu einem langen, kontinuierlichen unverzweigten Polymer verknçpft, der /% . Die Aminosåuren, aus denen eine Polypeptidkette besteht, werden çber / aneinandergehångt; dabei wird die Carboxylgruppe einer Aminosåure mit der Aminogruppe ihrer benachbarten Aminosåure unter Eliminierung eines Wassermolekçls verknçpft (Abb. 2.24 c). Eine Polypeptidkette aus einer Reihe von Aminosåuren, die çber Peptidbindungen miteinander verknçpft sind, besteht aus folgendem Grundgerçst: c n Abb. 2.24 a±c. & a ) %? b ( & " ; ; + ::H1 c #
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Aminosåuren haben ebenfalls asymmetrische Kohlenstoffatome. Mit Ausnahme des Glycins ist das -Kohlenstoffatom der Aminosåuren mit vier verschiedenen Gruppen verbunden, so dass jede Aminosåure entweder in der D- oder L-Form vorliegt (Abb. 2.25). Fçr die Proteinsynthese am Ribosom werden ausschlieûlich L-Aminosåuren verwendet. Zur ¹Selektionª der L-Aminosåuren muss es bereits sehr frçh in der zellulåren Evolution gekommen sein; daran hat sich çber Milliarden von Jahren nichts veråndert. Mikroorganismen benutzen dagegen D-Aminosåuren, um bestimmte kleine Peptide beispielsweise der Zellwand zu synthetisieren; dazu gehæren auch verschiedene Antibiotika (wie etwa Gramicidin A).
Im Durchschnitt besteht eine Polypeptidkette aus etwa 450 Aminosåuren. Das långste bekannte Polypeptid gibt es im Muskelprotein Titin; es besteht aus çber 30 000 Aminosåuren. Sind die Aminosåuren erst einmal in eine Polypeptidkette eingebaut, nennt man sie . Den Rest an einem Ende der Kette, dem )! , bildet eine Aminosåure mit einer freien (ungebundenen) -Aminogruppe, wåhrend der Rest am entgegengesetzten Ende, dem +! , eine freie -Carboxylgruppe aufweist. Ûber die Aminosåuren hinaus gehæren zu vielen Proteinen noch andere Bestandteile, die erst nach der Polypeptidsynthese angehångt werden: etwa Kohlenhydrate (zur Bildung von Glycoproteinen), Gruppen, die Metall enthalten (und Metalloproteine bilden)
sowie organische Gruppen (beispielsweise Flavoproteine). # 9 & Das Grundgerçst oder die Hauptkette des Polypeptids wird aus dem Aminosåureanteil gebildet, der allen Aminosåuren gemeinsam ist. Welche & oder : (Abb. 2.24) am -Kohlenstoffatom hångt, ist bei den 20 Bausteinen ganz unterschiedlich, aber gerade dieser Variabilitåt verdanken die Proteine letztlich ihre unterschiedlichen Strukturen und Aktivitåten. Wenn man die verschiedenen Aminosåureseitenketten insgesamt betrachtet, so zeigen sie eine groûe Vielfalt an Strukturmerkmalen, die von vollståndig geladen bis zu hydrophob reichen; auûerdem enthalten sie ein breites Spektrum an kovalenten und nicht kovalenten Bindungen. Wie im folgenden Kapitel erærtert wird, kænnen die Seitenketten der ¹aktiven Zentrenª von Enzymen viele verschiedene organische Reaktion erleichtern (katalysieren). Die verschiedenartigen Eigenschaften der Aminosåureseitenketten sind sowohl fçr die Wechselwirkungen, die fçr die Struktur und Aktivitåt des Molekçls verantwortlich sind, als auch fçr die Wechselwirkungen wichtig, von denen die Beziehung eines Polypeptids zu anderen Molekçlen ± mæglicherweise auch anderen Polypeptiden ± abhångt (Kap. 2.5.3). Man unterscheidet die Aminosåuren nach der Beschaffenheit ihrer Seitenketten. Es gibt allgemein vier Gruppen: polar und geladen, polar und ungeladen, unpolar sowie solche mit besonderen Eigenschaften (Abb. 2.26). / 0 Zu den Aminosåuren dieser Gruppe gehæren Asparaginsåure, Glutaminsåure, Lysin und Arginin. Diese vier Aminosåuren besitzen Seitenketten, die vollståndig geladen sind; das heiût, es sind Seitenketten mit relativ starken organischen Såuren und Basen. In Abb. 2.27 sind die Ionisierungsreaktionen der Glutaminsåure und des 8% skizziert. Bei einem physiologischen pH-Wert befinden sich die Seitenketten dieser Aminosåuren fast immer in einem vollståndig geladenen Zustand. Daher kænnen sie Ionenbindungen mit anderen geladenen Molekçle in der Zelle eingehen. So sind beispielsweise die positiv geladenen Argininreste der Histonproteine çber Ionenbindungen mit den negativ geladenen Phosphatgruppen der DNA verbunden (Abb. 2.3). 2 wird ebenfalls als polare geladene Aminosåure angesehen, obwohl sie bei einem physiologischen pH-Wert meist nur teilweise geladen ist. Wegen seiner Fåhigkeit, in physiologischem Milieu Protonen an sich zu ziehen oder zu verlieren, ist Histidin tat-
Vier Arten von biologischen Molekçlen
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såchlich ein besonders wichtiger Rest im aktiven Zentrum vieler Proteine (Beispiel in Abb. 3.13). / 0 Weil die Seitenketten dieser Aminosåuren partiell negativ oder positiv geladen sind, kænnen sie mit anderen Molekçlen, unter anderem auch mit Wasser, Wasserstoffbrçcken eingehen. Diese Aminosåuren sind oft sehr reaktiv. Zu dieser Gruppe gehæren und : (die Amide der Asparaginsåure und Glutaminsåure, Kap. 2.4.1), ! , & sowie !% . 0 Die Seitenketten dieser Aminosåuren sind hydrophob und kænnen keine elektrostatischen Bindungen eingehen oder mit Wasser reagieren. Zu dieser Gruppe gehæren die Aminosåuren , . , 8 , 6 , !% , / % und . Die Seitenketten dieser unpolaren Aminosåuren enthalten generell keinen Sauerstoff oder Stickstoff. Sie unterscheiden sich vor allem in ihren Græûen und Formen. Deshalb kann die eine oder andere von ihnen in eine bestimmte Lçcke im Innern eines Proteins eingepasst sein, wo die Aminosåuren dann aufgrund von van-der-Waals-Kråften und hydrophoben Wechselwirkungen miteinander assoziiert sind. 1 ± Glycin, Prolin und Cystein ± haben ganz spezielle Eigenschaften, die sie von den anderen unterscheiden. Gerade weil ihre Seitenkette nur aus einem Wasserstoffatom besteht, ist :% eine sehr wichtige Aminosåure. Wegen dieser fehlenden Seitenkette entsteht durch einen Glycinrest eine Stelle, an der sich die Gerçste von zwei Polypeptiden (oder zwei Abschnitten desselben Polypeptids) sehr nahe kommen kænnen. Darçber hinaus ist Glycin flexibler als andere Aminosåuren; so wird es mæglich, dass sich Teile des Gerçsts bewegen oder ein Scharnier bilden kænnen. Das Besondere an / ist eine -Aminogruppe, die zu ei-
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Die chemischen Grundlagen des Lebens
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nem Ringsystem gehært und es zu einer Iminosåure macht. Prolin ist eine hydrophobe Aminosåure, die nicht ohne weiteres in eine Sekundårstruktur mit regelmåûiger Anordnung ± wie beispielsweise eine -Helix ± hineinpasst (Kap. 2.5.3). +% , das eine reaktive Sulfhydrylgruppe (±SH) aufweist, ist håufig çber eine (±SS±) kovalent an einen anderen Cysteinrest gekoppelt. Disulfidbrçcken entstehen oft zwischen zwei Cysteinen, die innerhalb eines PolypeptidGrundgerçsts weit voneinander entfernt sind
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oder sogar auf zwei unterschiedlichen Polypeptiden liegen. Sie tragen dazu bei, die komplizierten Proteinformen zu stabilisieren, besonders die, welche sich auûerhalb von Zellen befinden und daher zusåtzlichem physikalischem und chemischem Stress ausgesetzt sind. In den Proteinen kommt meist nur eine Auswahl der in diesem Kapitel beschriebenen Aminosåuren vor; auûerdem sind die verschiedenen Aminosåuren nicht gleichmåûig verteilt. In den Proteinen findet man darçber hinaus auch noch einige andere Aminosåuren; sie entstehen durch Abwandlung der Seitenketten der 20 Grundaminosåuren, allerdings erst nach deren Einbau in eine Polypeptidkette. Deswegen bezeichnet man sie auch als . Sie kænnen die Eigenschaften und Funktionen eines Proteins erheblich veråndern ± vor allem durch Modifikation seiner Wechselwirkungen mit anderen Molekçlen. Aufgrund der posttranslationellen Verånderungen kann aus einem einzelnen Polypeptid eine Reihe unterschiedlicher biologischer Molekçle hervorgehen. Der ionisierte, polare oder unpolare Charakter von Aminosåureseitenketten ist åuûerst wichtig fçr die Struktur und Funktion der Proteine. Bei den meisten læslichen Proteinen ± also solchen, die nicht in Membranen sitzen ± befinden sich die polaren Reste auf der Molekçloberflåche, wo sie mit dem umgebenden Wasser assoziiert sein kænnen und so zur Læslichkeit des Proteins in wåssriger Læsung beitragen (Abb. 2.28 a). Die unpolaren Reste befinden sich dagegen çberwiegend im Zentrum des Proteins (Abb. 2.28 b). Die hydrophoben Reste im Proteininnern liegen håufig dicht an dicht, wodurch sie eine Art dreidimensionales Puzzle bilden, von dem Wassermolekçle generell ausgeschlossen sind. Die hydrophoben Wechselwirkungen zwischen den unpolaren Seitenketten dieser Reste sind ein entscheidender Faktor fçr die Proteinfaltung (Kap. 2.5.3) und tragen wesentlich zur allgemeinen Stabilitåt des Proteins bei. Bei vielen Enzymen ragen reaktive polare Gruppen in das unpolare Innere hinein und ermæglichen so, dass das Enzym katalytisch aktiv ist. So kann etwa eine unpolare Umgebung ionische Wechselwirkungen zwischen geladenen Gruppen verstårken, die in einer wåssrigen Umgebung aufgrund der konkurrierenden Wassermolekçle abgeschwåcht wçrden. Einige Reaktionen, die in Wasser nur unmerklich langsam vorankåmen, laufen innerhalb des Proteins im Bruchteil einer Sekunde ab. / Nirgendwo in der Biologie kann man besser zeigen, wie stark die Funktion von der Form ab-
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hångt, als bei den Proteinen. Proteine sind riesige, komplizierte Molekçle, aber in einem beliebigen vorgegebenen Umfeld sind ihre Strukturen eindeutig definiert und vorhersagbar. Indem jede Aminosåure eines Proteins eine vorbestimmte Position innerhalb dieses riesigen Molekçls einnimmt, erhålt das Protein die Struktur und das Reaktionsvermægen, die es fçr seine jeweilige Aktivitåt benætigt. Man kann die Proteinstruktur auf mehreren Organisationsebenen beschreiben, bei denen jeweils ein anderer Aspekt betont wird und die jeweils von unterschiedlichen Formen der Wechselwirkung abhången. Ûblicherweise unterscheidet man vier solcher Ebenen: die Primår-' Sekundår-, Tertiår- und Quartårstruktur. Die erste, die Primårstruktur, betrifft die Aminosåuresequenz eines Proteins, wåhrend sich die drei anderen Ebenen auf die Organisation des Molekçls im Raum beziehen. Um die Aktionsmechanismen und die biologische Funktion eines Proteins verstehen zu kænnen, muss man unbedingt wissen, wie ein Protein aufgebaut ist.
die Anzahl der Aminosåuren in der Kette ist. Weil die meisten Polypeptide aus çber 100 Aminosåuren bestehen ± einige sogar aus mehreren Tausend ±, sind die Variationsmæglichkeiten an Sequenzen praktisch unbegrenzt. Die Information çber die genaue Anordnung der Aminosåuren in jedem einzelnen Protein, das ein Organismus synthetisieren kann, ist im Genom des entsprechenden Organismus codiert. Wie wir spåter noch sehen werden, steckt in der Aminosåuresequenz die Information, die erforderlich ist, um die dreidimensionale Form des Molekçls und damit seine Funktion festzulegen. Die Abfolge der Aminosåuren ist daher çberaus wichtig, und es kann zu Problemen fçhren, wenn sie aufgrund genetischer Mutationen in der DNA veråndert wird. Das frçheste und am besten untersuchte Beispiel dafçr ist eine Verånderung der Aminosåuresequenz des Håmoglobins, die zur & $ 1 fçhrt. Zu dieser schweren vererbbaren Form der Anåmie kommt es nur deshalb, weil eine einzige Aminosåure des Håmoglobin-Molekçls ausgetauscht wird: An die Stelle eines geladenen Glutaminsåurerestes tritt ein unpolarer Valinrest. Diese Verånderung in der Håmoglobinstruktur hat dramatische Folgen fçr die Form der roten Blutkærperchen, die statt einer Scheibenform die
/ 1 Die Primårstruktur eines Polypeptids ist die spezifische lineare Aminosåurefolge der Kette. Mit 20 verschiedenen Bausteinen kænnen 20n verschiedene Polypeptide gebildet werden, wobei
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von Hunderten von Organismen einschlieûlich des Menschen ermittelt. Aufgrund dieser Informationen werden Forscher letztlich såmtliche Proteine kennen lernen, die ein Organismus herstellen kann. Nach wie vor ist es allerdings çberaus schwierig, aufgrund der Primårsequenzdaten etwas çber die hæheren Ebenen der Proteinstruktur auszusagen.
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Form einer Sichel annehmen (Abb. 2.29); dadurch kommt es håufiger zu einem Verschluss kleiner Blutgefåûe, was Schmerzen und lebensbedrohliche Krisen verursachen kann. Nicht alle Aminosåureverånderungen haben derart dramatische Konsequenzen, wie man daran erkennen kann, dass ein Protein bei verwandten Organismen unterschiedliche Aminosåuresequenzen haben kann. Inwieweit Verånderungen in der Primårsequenz toleriert werden, hångt davon ab, inwieweit die Proteinform oder die entscheidenden funktionellen Reste veråndert wurden. Anfang der 1950er Jahre haben Frederick Sanger und seine Mitarbeiter an der Cambridge University erstmals die Aminosåuresequenz eines Proteins bestimmt. Sie hatten fçr ihre Untersuchung Rinderinsulin ausgewåhlt, weil dieses leicht verfçgbar war und auûerdem sehr klein ist: Es besteht aus zwei Polypeptidketten von 21 und 30 Aminosåuren. Die &<$
6 war eine herausragende Leistung auf dem neuen Gebiet der Molekularbiologie. Sie zeigte, dass Proteine, die kompliziertesten Zellmolekçle, eine definierbare Substruktur besitzen, die im Gegensatz zu derjenigen der Polysaccharide weder regelmåûig noch repetitiv ist. Jedes einzelne Polypeptid ± gleich, ob es Insulin oder ein anderes Protein ist ± hat eine pråzise Aminosåuresequenz, die bei allen Molekçlen immer gleich ist. Aufgrund der Entwicklung von Techniken zur schnellen DNA-Sequenzierung (Kap. 18.13) kann man die Primårstruktur eines Polypeptids aus der Nucleotidsequenz des codierenden Gens ableiten. In den letzten Jahren wurden die vollståndigen genomischen Sequenzen
&1 Såmtliche Materie hat eine råumliche Ausdehnung und ist daher dreidimensional. Durch die Verknçpfung einer enormen Anzahl von Atomen erhalten die Proteine eine komplizierte Form. Der Begriff bezieht sich auf die dreidimensionale Anordnung der Atome eines Molekçls, d. h. auf ihre råumliche Organisation. Die Sekundårstruktur beschreibt die Konformation bestimmter Bereiche einer Polypeptidkette. Die ersten Untersuchungen çber die Sekundårstruktur von Proteinen wurden von Linus Pauling und Robert Corey vom California Institute of Technology durchgefçhrt. Nachdem Pauling und Corey die Strukturen einfacher Peptide, die nur aus wenigen Aminosåuren bestanden, untersucht hatten, kamen sie zu dem Schluss, dass Polypeptidketten bevorzugt eine Konformation annehmen, bei der zwischen benachbarten Aminosåuren eine maximale Anzahl an Wasserstoffbrçcken ausgebildet wird. Zwei Konformationen wurden zur Diskussion gestellt. Bei der einen Konformation nahm das Polypeptidgerçst die Form einer zylindrischen, verdrehten Spirale, einer so genannten 3a4 2 -, an (Abb. 2.30 a). Das Rçckgrat befindet sich im Innern der Helix, wåhrend die Seitenketten nach auûen ragen. Die Helix wird durch Wasserstoffbrçcken stabilisiert, die sich zwischen den Atomen einer Peptidbindung und den auf der Spirale darçber oder darunter liegenden Atomen ausbilden (Abb. 2.30 b). Die in den 1950er Jahren entstandenen Ræntgenbeugungsmuster von Proteinen beståtigten dann die Existenz der -Helix ± erst fçr das Protein Keratin, das man in Haaren findet, spåter fçr verschiedene sauerstoffbindende Proteine wie Myoglobin und Håmoglobin (Abb. 2.34). Oberflåchen von gegençberliegenden Seiten einer -Helix kænnen ganz unterschiedliche Eigenschaften haben. In wasserlæslichen Proteinen befinden sich die polaren Reste der åuûeren Oberflåche einer -Helix håufig in Kontakt mit dem Læsungsmittel, wåhrend die nach innen gerichtete Oberflåche in der Regel unpolare Seitenketten aufweist. Als zweite Konformation schlugen Pauling und Corey das 7 3b4 vor, bei dem mehrere Polypeptidabschnitte nebeneinander
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Die chemischen Grundlagen des Lebens
n Abb. 2.30 a,b. 9 $ a # I 9 $ ! - ( & 9 $ +/H081
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liegen. Im Gegensatz zur spiraligen, zylindrischen Form der -Helix weist bei einem -Faltblatt das Rçckgrat jedes Polypeptidabschnitts (oder -Strangs) einen Knick nach dem anderen auf (Abb. 2.31 a). Wie die -Helix enthålt auch das -Faltblatt in der Regel zahlreiche Wasserstoffbrçcken, die allerdings senkrecht zur Långsachse der Polypeptidkette ausgerichtet sind und von einem Strang zum anderen herçberragen (Abb. 2.31 b). Wie die -Helix findet man auch das -Faltblatt in vielen verschiedenen Proteinen. Weil -Strånge sehr lang gestreckt sind, kann das -Faltblatt gut Zugkråfte aushalten. Seide besteht aus einem Protein mit einem groûen Anteil von -Faltblattstrukturen; die Seidenfasern verdanken ihre Stårke vermutlich diesem Strukturmerkmal. Erstaunlicherweise ist eine einzige Faser eines Seidenspinners, die nur etwa ein Zehntel so dick ist wie ein menschliches Haar, fçnf
n Abb. 2.31 a, b. a - # I
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Mal so stark wie eine Stahlfaser mit einem vergleichbaren Gewicht. Die Anteile einer Polypeptidkette, die weder eine -Helix noch -Faltblattstrukturen aufweisen, bestehen aus Gelenkverbindungen, Wendepunkten, Schleifen oder fingerartigen Ausstçlpungen. Oft sind das die flexibelsten Bereiche einer Polypeptidkette mit der græûten biologischen Aktivitåt. So sind beispielsweise Antikærper bekannt fçr ihre spezifischen Wechselwirkungen mit anderen Molekçlen (Antigenen), die durch eine Reihe von Schleifen an einem Ende des Antikærpermolekçls vermittelt werden (Abb. 17.12 und 17.13). Die verschiedenartigen Sekundårstrukturen wurden in Abb. 2.32 grob skizziert: -Helices als helikal verlaufende Bånder, -Strånge als flåchige Pfeile und Verbindungselemente als dçnne Strånge. ! 1 Die nåchste Ebene oberhalb der Sekundårstruktur ist die Tertiårstruktur, welche die Konformation des gesamten Proteins wiedergibt. Wåhrend der Sekundårstruktur vor allem die Wasserstoffbrçcken zwischen den Atomen der Peptidbindungen des jeweiligen Rçckgrats Halt verleihen,
n Abb. 2.32. & ; % %& & & 7 # ! # I ( 2, ! 8, !I &C % &
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wird die Tertiårstruktur durch eine Reihe nichtkovalenter Bindungen zwischen den verschiedenen Seitenketten des Proteins stabilisiert. Wåhrend die Sekundårstruktur çberwiegend auf einige wenige Konformationen beschrånkt ist, gibt es praktisch unendlich viele Tertiårstrukturen. Welche Tertiårstruktur ein Protein genau hat, wird in der Regel mithilfe der
% ermittelt.5 Bei dieser Methode ± die ausfçhrlicher in den Kap. 3.2 und 18.8 beschrieben wird ± wird ein Kristall des Proteins mit einem dçnnen Bçndel von Ræntgenstrahlen beschossen und die Strahlung, die an den Elektronen der Atome des Proteins gestreut wird, wird auf einer strahlungsempfindlichen Platte oder mit einem Detektor aufgefangen; so entsteht ein Bild aus Punkten, wie es in Abb. 2.33 zu sehen ist. Wenn ein Wissenschaftler dieses Streuungsmuster einer komplizierten mathematischen Analyse unterwirft, kann er daraus die ursprçngliche Struktur ableiten, die das Muster hervorgebracht hat. 5
Man kann die dreidimensionale Struktur kleiner Proteine (mit einem Molekulargewicht von unter 30) auch mithilfe einer NMR-Spektroskopie bestimmen, die nicht in diesem Buch besprochen wird (in der Beilage zur Juli-Ausgabe von Nature Struct. Biol 1998 sowie in Nature Struct. Biol 7:982, 2000 findet man Rezensionen zu dieser Technik)
Vier Arten von biologischen Molekçlen
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Aufgrund ihrer Gesamtkonformation unterscheidet man meist / , die eine stark långliche Form haben, von 1 / , die kompakt sind. Die meisten Proteine, die wie die Kollagene und Elastine des Bindegewebes auûerhalb lebender Zellen strukturelle Bedeutung haben, sind faserfærmig; dazu gehæren auch die Keratine im Haar, in der Haut und den Fingernågeln sowie die Seide. Diese Proteine kænnen gut Zug- und Scherkråfte aushalten. Dagegen sind die meisten Proteine im Innern von Zellen kugelfærmig. % 1 / "
! 1 '0 Die Polypeptidketten globulårer Proteine haben sich zu komplexen Formen gefaltet und verdreht. Dadurch kommt es, dass entfernte Bereiche aus der linearen Aminosåuresequenz letztlich dicht beieinander liegen und çber verschiedene Bindungsarten miteinander verknçpft werden. 1957 gelang es John Kendrew und seinen Mitarbeitern an der Cambridge University, einen ersten Blick auf die Tertiårstruktur eines globulåren Proteins zu werfen, indem sie durch Ræntgenstrukturanalysen ein Ræntgenstrahlenbeugungsmuster er-
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Die chemischen Grundlagen des Lebens
zeugten, wie man es in Abb. 2.33 sieht. Das Protein, das sie vorstellten, war Myoglobin. Myoglobin fungiert im Muskelgewebe als & . Das Sauerstoffmolekçl ist an ein Eisenatom im Zentrum einer Håmgruppe gebunden. (Die Håmgruppe ist ein Beispiel fçr eine : ± einen Teil eines Proteins, der nicht aus Aminosåuren besteht, sondern erst nach der Synthese am Ribosom an die Polypeptidkette angehångt wird.) Es ist die Håmgruppe des Myoglobins, die den meisten Muskelgeweben ihre rote Farbe verleiht. Bei der ersten Strukturuntersuchung des Myoglobins war die Auflæsung des Punktmusters noch gering, aber immerhin war schon zu erkennen, dass das Molekçl kompakt (kugelfærmig) und die Polypeptidkette auf komplizierte Weise in sich selbst zurçckgefaltet ist. Es gab keine Hinweise auf eine Ordnung oder Symmetrie innerhalb des Molekçls, wie man sie etwa bei der Beschreibung der DNA-Doppelhelix gefunden hatte. Das war nicht çberraschend, wenn man bedenkt, welch einzigartige Funktion die DNA hat, wåhrend Proteinmolekçle verschiedenartigste Aufgaben erfçllen. Im ersten groben Profil des Myoglobins zeigten sich acht stabfærmige Bereiche einer -Helix von 7±24 Aminosåuren Långe. Zusammen besitzen etwa 75% der 153 Aminosåuren in der Polypeptidkette eine -helicale Konformation. Das ist ein ungewæhnlich hoher Prozentsatz im Vergleich zu anderen Proteinen, die seitdem untersucht wurden. Es wurden keine -Faltblatt-Strukturen gefunden. Weitere Analysen des Myoglobins anhand von zusåtzlichen Ræntgenstrahlbeugungsdaten lieferten ein wesentlich detaillierteres Bild des Molekçls (Abb. 2.34 a). So konnte beispielsweise gezeigt werden, dass sich die Håmgruppe in einer Tasche einer hydrophoben Seitenkette befindet, die eine Bindung des Sauerstoffs ermæglicht, ohne dass das Eisenatom oxidiert wird (und Elektronen verliert). Myoglobin enthålt keine Disulfidbrçcken; die Tertiårstruktur des Proteins wird nur durch nichtkovalente Wechselwirkungen aufrechterhalten. Man fand såmtliche Arten von nichtkovalenten Bindungen, von denen man annimmt, dass sie zwischen Seitenketten von Proteinen ausgebildet werden: Wasserstoffbrçcken, Ionenbindungen und van-der-Waals-Kråfte (Abb. 2.35). Im Gegensatz zum Myoglobin enthalten die meisten globulåren Proteine sowohl -Helices als auch -Faltblatt-Strukturen. Wie in diesen frçhen bahnbrechenden Arbeiten gezeigt wurde, besitzt jedes Protein eine einzigartige Tertiårstruktur, die mit seiner Aminosåuresequenz und seiner biologischen Funktion in Verbindung gebracht werden kann.
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/ 1 90 Etwa 80% der eukaryotischen Proteine sind aus zwei oder mehr råumlich getrennten Modulen oder 1 zusammengesetzt, die sich unabhångig voneinander falten. So besteht beispielsweise das Såugerenzym Phospholipase C (Abb. 2.36 Mitte) aus vier verschiedenen Domånen, die in der Zeichnung farblich voneinander abgesetzt sind.
Vier Arten von biologischen Molekçlen
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Die verschiedenen Domånen eines Polypeptids entsprechen oft Bereichen, die teilweise unabhångig voneinander ihre Funktion erfçllen. So kænnen sie etwa an unterschiedliche Faktoren wie an ein Coenzym und ein Substrat oder an einen DNA-Strang und ein anderes Protein binden oder sich relativ unabhångig voneinander bewegen. Viele Polypeptide, die mehr als eine Domåne besitzen, sind, wie man glaubt, im Laufe der Evolution durch die Fusion von Genen entstanden, die verschiedene Urproteine codierten, wobei jede Domåne einen Teil repråsentiert, der einmal ein eigenståndiges Molekçl war. Zu jeder Domåne der Phospholipase C von Såugern hat man beispielsweise in einem anderen Protein eine homologe Einheit gefunden (Abb. 2.36). Einige Domånen scheinen wåhrend der Evolution weit verbreitet worden zu sein, weil sie in den verschiedensten Proteinen auftauchen, die in anderen Bereichen nur wenig oder çberhaupt keine Anzeichen einer evolutionåren Verwandtschaft zeigen. Durch die Verbreitung der Domånen entstehen neue Proteine mit einzigartigen Aktivitåtsmustern. In der Regel sind Såugerproteine håufig græûer und haben mehr Domånen als Proteine von weniger komplexen Organismen wie Taufliegen oder Hefe. Auf den ersten Blick scheint die dreidimensionale Architektur von Proteinen nahezu hoffnungslos kompliziert zu sein. Aber je mehr Tertiårstrukturen die Biochemiker bestimmen, umso mehr Substrukturen oder 9 werden ent-
n Abb. 2.36. # % & %& !I # 8 ( & " ( & I & !I & - & !I & # " ' ' ' + < 9 ." % 8 +5JJA1 % D<5HA1
deckt, die immer wiederkehren und aus einer definierten Anordnung von -Helices und/oder -Faltblåttern bestehen. Eines der håufigsten Motive, das an verschiedenen Stellen im Buch erwåhnt wird, ist die superspiralisierte Helix ( ; Abb. 2.37). In diesem Motiv sind zwei oder mehr -Helices wie verdrillte Kabelstrånge umeinander gewunden. Wie man am faserfærmigen Schwanz eines Myosinmolekçls erkennt (Abb. 2.37 a) halten superspiralisierte Helices oft zwei separate Polypeptide zusammen, so dass ein eng miteinander verwobener Komplex entsteht. -Helices, die als superspiralisierte Helices miteinander wechselwirken, haben eine charakteristische Primårstruktur; diese ist durch eine Sequenz von sieben Aminosåuren gekennzeichnet, die sich regelmåûig wiederholt. Der erste und vierte Rest (die mit und markiert sind) der Wiederholungssequenz haben unpolare Seitenketten und befinden sich auf einer Seite der Helix, wo sie mit entsprechenden Resten einer benachbarten Helix hydrophobe Wechselwir-
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Die chemischen Grundlagen des Lebens
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kungen eingehen kænnen (Abb. 2.37 b, c). Man kænnte es so umschreiben, als besåûe die eine Helix eine Reihe von ¹Knæpfenª und die andere eine Reihe von ¹Læchernª, in welche die Knæpfe passen. Zusammen bilden die umeinander gewundenen Helices eine relativ starre, stabfærmige Struktur. In den letzten Jahren hat das Interesse an der Proteinstruktur explosionsartig zugenommen. Ungefåhr 20 000 dreidimensionale Proteinstrukturen wurden bereits beschrieben. Aufgrund neuerer Fortschritte in der Proteinkristallisation und der Technik der Ræntgenstrahlbeugung nimmt die Anzahl der veræffentlichten Strukturen von Jahr zu Jahr zu. Dennoch åhnelt die çberwiegende Mehrheit der neu beschriebenen Strukturen den bereits bekannten Strukturen. Wie in Kap. 2.5.4 erærtert wird, kann man Proteine (oder die Domånen, aus denen sie bestehen) Familien zuordnen, deren Mitglieder allesamt åhnlich strukturiert sind. Bei allen Domånen, die einer Familie zugeordnet werden, besitzt das Rçckgrat ungefåhr dieselbe Konformation; daher sagt man, sie haben dieselbe . Wie Gensequenzierer alle Gene eines Genoms sequenzieren wollen, so wollen Strukturbiologen alle mæglichen Faltungen beschreiben, die es in der Natur gibt. Wir wissen nicht, wie viele verschiedene Faltungen es in der Welt der Proteine
gibt. Schåtzungen sprechen von etwa 5000, von denen ungefåhr 1000 bereits beschrieben wurden. Mit der Identifizierung immer neuer Proteine werden immer mehr Faltungen aufgedeckt, aber bei vielen von denen, die noch beschrieben werden mçssen, wird sich dies als ein hartes Stçck Arbeit erweisen, weil sie entweder nur bei sehr wenigen Proteinen vorkommen oder weil sie eine Struktur besitzen, die nur sehr schwer zu kristallisieren ist. % .1 9 / 0 Obwohl die Ræntgenkristallographie sehr detaillierte Bilder liefert, sind diese doch statisch und halten nur einen bestimmten Zeitpunkt fest. Proteine sind jedoch weder statisch noch unflexibel, sondern zeigen betråchtliche interne Bewegungen. Weil sie so klein sind ± ihre Græûe liegt im Nanobereich ±, kænnen Proteine durch die Energie in ihrer Umgebung stark beeinflusst werden. Zufållige, geringfçgige Schwankungen in der Anordnung der Bindungen innerhalb eines Proteins erzeugen eine ståndige thermische Bewegung innerhalb des Molekçls. Mithilfe spektroskopischer Untersuchungen wie der Kernspinresonanztechnik kann man dynamische Bewegungen innerhalb von Proteinen verfolgen; daraus geht hervor, dass Wasserstoffbrçcken verschoben werden, externe Seitenketten Wellenbewegungen vollfçhren und sich die aromatischen Ringe des Tyrosins und Phenylalanins vollståndig um eine der Einfachbindungen drehen. Wie wichtig solche Bewegungen fçr die Funktion eines Proteins sein kænnen, zeigen Untersuchungen an der Acetylcholinesterase, dem Enzym, das fçr den Abbau von Acetylcholin-Molekçlen verantwortlich ist, die zurçckbleiben, wenn ein Impuls von einer Nervenzelle auf eine andere çbertragen worden ist (Kap. 4.8). Als erstmals die Tertiårstruktur der Acetylcholinesterase durch eine Ræntgenstrukturanalyse bekannt wurde, war nicht erkennbar, wie Acetylcholin-Molekçle ins katalytische Zentrum des Enzyms gelangen kænnen, das sich am Boden eines tiefen Molekçleinschnitts befindet. Genauer gesagt, war der enge Zugang zu der Stelle vollståndig durch eine Reihe sperriger Aminosåureseitenketten blockiert. Mithilfe von Supercomputern gelang es Wissenschaftlern, die spontanen Bewegungen von Tausenden von Atomen innerhalb des Enzyms zu rekonstruieren. Diese Simulationsprozesse lieûen die Vermutung aufkommen, dass sich Seitenketten im Innern des Proteins kråftig bewegen und dadurch schnell ein ¹Torª geæffnet und wieder geschlossen wird, durch das Acetylcholin-Molekçle ins katalytische Zentrum des Enzyms diffundieren kænnen (Abb. 2.38).
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summe von Millionen Konformationsånderungen sind, die in den kontraktilen Proteinen unserer Muskeln stattfinden.
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Vorhersagbare (nicht zufållige) Bewegungen innerhalb eines Proteins, die durch die Bindung eines ganz bestimmten Molekçls ausgelæst werden, bezeichnet man als 1 . Vergleicht man die Polypeptide, die in den Abb. 3 a und 3 b in der Rubrik ¹Experimentelle Verfahrenª am Ende dieses Kapitels dargestellt sind, so erkennt man, welche dramatische Konformationsånderung in einem bakteriellen Protein (GroEL) ausgelæst wird, wenn es mit einem anderen Protein (GroES) in Wechselwirkungen tritt. Praktisch jede Aktivitåt, an der ein Protein beteiligt ist, wird von Konformationsånderungen innerhalb des Molekçls begleitet. Zu welcher Konformationsånderung es im Protein Myosin bei einer Muskelkontraktion kommt, erkennt man in den Abb. 9.61 und 9.62. In diesem Fall fçhrt die Bindung von Myosin an ein Aktin-Molekçl zu einer geringfçgigen Drehung des Myosinkopfes um 20 8, wodurch das damit verbundene Aktinfilament seine Position um 5±10 nm veråndert. Um eine Vorstellung von der Bedeutung dieses dynamischen Prozesses zu bekommen, sollte man sich vor Augen fçhren, dass unsere Kærperbewegungen letztlich die Gesamt-
= 1 Wåhrend mehrere Proteine wie das Myoglobin nur aus einer Polypeptidkette bestehen, sind die meisten Proteine aus mehr als einer Kette oder zusammengesetzt. Die Untereinheiten kænnen çber kovalente Disulfidbrçcken miteinander verknçpft sein, meist werden sie jedoch durch nichtkovalente Bindungen zusammengehalten, wie sie in der Regel zwischen hydrophoben ¹Bereichenª auf den komplementåren Oberflåchen benachbarter Polypeptid vorkommen. Von Proteinen, die aus Untereinheiten zusammengesetzt sind, sagt man, sie håtten eine = 1 . Je nach Protein kænnen die Polypeptidketten gleich oder verschieden sein. Ein Protein, das aus zwei identischen Untereinheiten besteht, bezeichnet man als Homodimer, ein Protein aus zwei verschiedenen Untereinheiten als Heterodimer. Abbildung 2.39 a zeigt ein Båndermodell eines homodimeren Proteins. Die beiden Untereinheiten des Proteins sind unterschiedlich gefårbt; die hydrophoben Reste, welche die komplementåren Kontaktstellen bilden, sind mit Gelb und Blau gekennzeichnet. Håmoglobin, das Protein der roten Blutkærperchen, das den Sauerstoff transportiert, ist das am besten untersuchte Protein mit vielen Untereinheiten. Ein Molekçl des menschlichen Håmoglobins besteht aus zwei - und zwei -Globin-Polypeptiden (Abb. 2.39 b), von denen jedes ein Molekçl Sauerstoff bindet. Die Entschlçsselung der dreidimensionalen Struktur des Håmoglobins durch Max Perutz von der Cambridge University war 1959 einer der ersten Meilensteine der molekularbiologischen Forschung. Perutz zeigte, dass jedes der vier Globin-Polypeptide des Håmoglobin-Molekçls eine Tertiårstruktur aufweist, welche der des Myoglobins åhnelt. Diese Tatsache deutete stark darauf hin, dass die beiden Proteine aus einem gemeinsamen Vorlåufer mit einem einheitlichen Mechanismus der Sauerstoff-Bindung hervorgegangen sind. Perutz verglich auch die beiden Formen, die das Håmoglobin annimmt, wenn es mit Sauerstoff beladen ist bzw. keinen Sauerstoff trågt. Dabei entdeckte er, dass sich das gebundene Eisenatom aufgrund der Bindung des Sauerstoffs mehr zur Ebene der Håmgruppe hin bewegt. Diese scheinbar belanglose Positionsverlagerung eines einzelnen Atoms zieht an einer -Helix, mit der das Eisen verbunden ist, was wiederum zu einer Reihe von immer græûeren Bewegungen innerhalb und zwischen den Untereinheiten fçhrt. Diese Beobach-
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tung zeigte zum ersten Mal, dass die komplizierten Funktionen von Proteinen unter Umstånden durch winzige Konformationsverånderungen hervorgerufen werden kænnen.
' $' / Obwohl das Håmoglobin aus vier Untereinheiten besteht, wird es immer noch als einzelnes Protein angesehen, das nur eine Funktion hat. Man kennt aber viele Beispiele, bei denen verschiedene Proteine mit jeweils einer spezifischen Funktion zusammen einen viel græûeren - bilden. Einer der ersten Multiproteinkomplexe, der entdeckt und untersucht wurde, war der Komplex der Pyruvatdehydrogenase des Bakteriums , der aus 60 Polypeptidketten und drei verschiedenen Enzymen besteht (Abb. 2.40). Die Enzyme des Komplexes katalysieren eine Reihe von Reaktionen, die zwei Stoffwechselwege verbinden, die Glycolyse und den Citratzyklus (Abb. 5.7). Weil die Enzyme eng miteinander assoziiert sind, kann das Produkt eines Enzyms direkt zum nåchsten Enzym in der Reaktionskette weitergeleitet werden, ohne im wåssrigen Medium der Zelle verdçnnt zu werden. Die Multiproteinkomplexe in der Zelle sind nicht durchweg so stabil wie etwa der der Pyruvatdehydrogenase. In Wirklichkeit gilt eher die allgemeine Regel, dass die meisten Proteine mit anderen Proteinen sehr dynamisch wechselwirken, indem sie je nach den Bedingungen, die zum jeweiligen Zeitpunkt in der Zelle herrschen, sich mit ihnen verbinden oder sich wieder von ihnen læsen. Proteine, die miteinander wechselwirken, haben håufig komplementåre Oberflåchen. Oft passt ein herausstehender Teil eines Molekçls in eine entsprechende Tasche seines Gegençbers. Wenn beide Molekçle erst einmal
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eng miteinander in Kontakt gekommen sind, wird ihre Wechselwirkung durch nichtkovalente Bindungen stabilisiert. Das rætlich gefårbte Objekt in Abb. 2.41 a ist eine SH3-Domåne; man findet sie in çber 200 verschiedenen Proteinen, die an der molekularen Signalgebung beteiligt sind. Die Oberflåche einer SH3-Domåne weist flache hydrophobe ¹Taschenª auf, in die komplementåre ¹Knæpfeª hineinpassen, die aus anderen Proteinen herausragen (Abb. 2.41 b). Man kennt eine groûe Anzahl verschiedener struktureller Domånen, die wie SH3 als Adaptoren Wechselwirkungen zwischen Proteinen ermæglichen. In vielen Fållen werden die
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Protein-Protein-Wechselwirkungen çber Modifikationen wie das Anhången einer Phosphatgruppe an eine entscheidende Aminosåure reguliert, was die Fåhigkeit, einen Proteinpartner zu binden, stark verbessern oder verschlechtern kann. Je mehr komplexe molekulare Aktivitåten entdeckt wurden, umso deutlicher zeigte sich, wie wichtig die Wechselwirkungen zwischen Proteinen ist. So werden beispielsweise so unterschiedliche Prozesse wie die DNA-Synthese, die ATPBildung sowie die Weiterverarbeitung der RNA durch ¹molekulare Maschinenª durchgefçhrt, die aus einer groûen Anzahl von miteinander wechselwirkenden Proteinen bestehen, von denen die einen stabile Beziehungen, die anderen dagegen vorçbergehende Verbindungen eingehen. Die meisten Wissenschaftler, die Protein-Protein-Wechselwirkungen untersuchen, wollen wissen, ob das Protein, an dem sie arbeiten, nennen wir es Protein X, mit einem anderen Protein, Protein Y, reagiert. Diese Art Frage kann man mit Hilfe eines * $+$(Y2H)-Systems beantworten, einer Technik, die in Kap. 18.7 erærtert wird und in Abb. 18.27 abgebildet ist. Dabei werden die Gene, welche die beiden zu untersuchenden Proteine codieren, in dieselbe Hefezelle eingebracht. Wenn die Hefezelle dann ein bestimmtes Reporterprotein aufweist, was durch einen gut sichtbaren Farbwechsel der Hefezelle angezeigt wird, dann mçssen die beiden fraglichen Proteine im Hefezellkern miteinander reagiert haben. In den letzten Jahren haben sich mehrere wissenschaftliche Arbeitsgruppen daran gemacht, in groû angelegten Versuchen die Wechselwirkungen zwischen Proteinen eines ganzen Organismus zu bestimmen. So mæchte man etwa beispielsweise såmtliche Wechselwirkungen zwischen den circa 6000 Proteinen, die das Genom der Båckerhefe codiert, erfassen. Da inzwischen das gesamte Genom dieser Hefe sequenziert wurde, ist jedes Gen des Genoms als einzelner DNAAbschnitt verfçgbar, den man klonieren und entsprechend seiner Fragestellung verwenden kann. Daher sollte es mæglich sein, mit Hilfe des Y2H-Tests såmtliche im Hefegenom codierten Proteine jeweils in Zweiergruppen auf eventuelle Wechselwirkungen hin zu çberprçfen. Obwohl dafçr die unglaubliche Anzahl von 18 Mio. verschiedener Tests (6000 ´ 6000 ´ 2±1) erforderlich waren, wurde dieses Experiment durchgefçhrt und vor mehreren Jahren veræffentlicht. Unter den Millionen mæglicher Kombinationen wurden 4549 Wechselwirkungen zwischen insgesamt 3278 Proteinen gefunden. Obwohl der Y2H-Test in den letzten 15 Jahren als das wichtigste Mittel zur Untersuchung von
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Protein-Protein-Wechselwirkungen diente, ist dieser Test doch indirekt (Abb. 18.27) und sehr unzuverlåssig. In der eben beschriebenen Untersuchung eines gesamten Genoms wurden beispielsweise bestimmte Wechselwirkungen zwischen spezifischen Proteinen nicht entdeckt, obwohl man weiû, dass sie stattfinden. Mit anderen Worten: Der Y2H-Test liefert eine erhebliche Anzahl falsch negativer Ergebnisse. Darçber hinaus ist auch bekannt, dass der Y2H-Test eine signifikante Anzahl falsch positiver Befunde liefert, d. h. er zeigt an, dass zwei Proteine miteinander reagieren kænnen, obwohl man aus anderen Untersuchungen weiû, dass sie es unter normalen Zellbedingungen nicht tun. Mithilfe verschiedener Arten von Korrekturverfahren ist man zu dem Ergebnis gekommen, dass die tatsåchliche Zahl an verschiedenen Protein-ProteinWechselwirkungen in der Hefe wahrscheinlich zwischen 15 000 und 25 000 liegt. Offenbar stehen die meisten Hefeproteine in der Regel in Beziehung zu mehreren Partnern. Die Befunde der groû angelegten Untersuchungen zu Protein-Protein-Wechselwirkungen kann man in Form eines Netzwerks darstellen, wie es in Abb. 2.42 zu sehen ist, in dem die potentiellen Bindungspartner eines bestimmten Proteins mit einer SH3-Domåne zu sehen sind (Abb. 2.41 a); auûerdem wird deutlich, wie komplex solche Wechselwirkungen auf der Ebene
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des gesamten Organismus sind. In dieser besonderen Abbildung sind nur die Wechselwirkungen dargestellt, die durch zwei vollkommen unterschiedliche Tests (Y2H sowie ein weiteres Verfahren) nachgewiesen wurden, wodurch die Schlussfolgerungen sehr viel zuverlåssiger sind, als wenn sie nur auf einer einzigen Methode beruhen wçrden. Was erfahren wir aus solchen groû angelegten Studien çber zellulåre Aktivitåten, auûer dass wir eine lange Liste $ Wechselwirkungen erhalten? Das Wichtigste ist, dass sie eine Orientierung fçr weitere Untersuchungen liefern. Aufgrund von Projekten, in denen Genome sequenziert wurden, kennen die Wissenschaftler die Aminosåuresequenzen einer riesigen Anzahl von Proteinen, von denen man zuvor oft gar nicht wusste, dass sie çberhaupt existieren. Welche Funktion haben diese Proteine? Ein Ansatz, die Funktion eines Proteins herauszufinden, besteht darin zu ermitteln, mit welchen Proteinen es assoziiert ist. Wenn man beispielsweise zeigen kann, dass ein bekanntes Protein eine Rolle bei der DNA-Replikation spielt, und man herausfindet, dass ein unbekanntes Protein mit dem bekannten reagiert, dann gehært wahrscheinlich auch das unbekannte Protein zum DNA-Replikationsapparat. Daher liefern diese groû angelegten Y2H-Studien (sowie andere, in denen andere Tests zum Einsatz kommen), unabhångig von ihren Beschrånkungen, einen Ausgangspunkt, um unzåhlige vorher unbekannte Protein-ProteinWechselwirkungen zu untersuchen ± und jede dieser Wechselwirkungen kann den Wissenschaftlern den Zugang zu einem vorher unbekannten biologischen Prozess eræffnen. / Mit der Entschlçsselung der Tertiårstruktur des Myoglobins Ende der 1950er Jahre begann man, die Komplexitåt der Proteinarchitektur zu begreifen. Das fçhrte sofort zu der Frage: Wie kann eine solch komplizierte, aufgefaltete, asymmetrische Struktur in der Zelle entstehen? Erste Einblicke in dieses Problem erhielt man 1956, als Christian Anfinsen an den National Institutes of Health (NIH) durch Zufall eine interessante Beobachtung machte. Anfinsen untersuchte die Eigenschaften der Ribonuclease A, eines kleinen Enzyms, das aus einer einzigen Polypeptidkette mit 124 Aminosåuren und vier Disulfidbrçcken besteht, die verschiedene Bereiche der Kette miteinander verbinden. Die Disulfidbrçcken eines Proteins lassen sich normalerweise durch ein Reduktionsmittel wie Mercaptoethanol (CH3CH2SH) læsen (reduzieren), das jede Disulfidbrçcke in zwei Sulfhydryl-(SH-)Gruppen verwandelt (siehe Redukti-
Vier Arten von biologischen Molekçlen
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onsschema auf Kap. 2.5.3). Anfinsen fand heraus, dass das Molekçl erst partiell entfaltet werden musste, damit das Reduktionsmittel an alle Disulfidbrçcken herankam. Den Prozess, bei dem ein Protein seine Faltung und Organisation verliert, bezeichnet man als . Dieser Prozess kann mit vielen unterschiedlichen Mitteln ausgelæst werden, die alle die verschiedenen Wechselwirkungen, welche die Tertiårstruktur eines Proteine stabilisieren, beeintråchtigen; dazu gehæren unter anderem: Detergenzien, organische Læsungsmittel, Strahlung, Hitze sowie Verbindungen wie Harnstoff und Guanidinchlorid. Als Anfinsen der Ribonuclease Mercaptoethanol und konzentrierten Harnstoff zusetzte, fand er heraus, dass das Pråparat keine enzymatische Aktivitåt mehr aufwies, was man erwarten sollte, wenn die Proteinmolekçle vollståndig ihre Faltung verloren haben. Als er aber den Harnstoff und das Mercaptoethanol wieder aus der Læsung entfernt hatte, entdeckte er zu seiner Ûberraschung, dass die Molekçle ihre normale enzymatische Aktivitåt wiedererlangt hatten. Die aktiven Ribonuclease-Molekçle, die sich aus dem ungefalteten Zustand heraus erneut gebildet hatten, unterschieden sich weder strukturell noch funktionell von den korrekt gefalteten (d. h. nativen) Molekçlen vom Beginn des Experiments (Abb. 2.43). Nachdem Anfinsen diese Vorgånge
eingehend analysiert hatte, kam er zu dem Schluss, dass die lineare Aminosåuresequenz såmtliche Informationen fçr die Bildung der dreidimensionalen Konformation des Polypeptids enthålt. Mit anderen Worten: Die Ribonuclease kann von sich aus die richtige Faltung annehmen. Wie im folgenden Kapitel erærtert wird, streben Prozesse einen Zustand geringerer Energie an. Dieser Vorstellung zufolge ist die Tertiårstruktur, die eine Polypeptidkette nach der Faltung annimmt, die Struktur mit der geringsten Energie; daher ist sie die thermodynamisch stabilste Struktur, die diese Kette einnehmen kann. Es gab zahlreiche Kontroversen zur Frage der Proteinfaltung. In einer ging es darum, wie die verschiedenen Stadien des Faltungsprozesses im Einzelnen ablaufen. In dem in Abb. 2.44 a veranschaulichten Verlauf wird die Proteinfaltung durch Wechselwirkungen zwischen benachbarten Resten ausgelæst, wodurch ein Groûteil der Sekundårstruktur des Molekçls ausgeprågt wird. Sobald die -Helices und -Faltblåtter vorhanden sind, beruht die weitere Faltung auf hydrophoben Wechselwirkungen, die unpolare Reste zwingen, gemeinsam in das Zentrum des Proteins auszuweichen. Einem anderen in Abb. 2.44 b dargestellten Modell zufolge besteht das erste wichtige Ereignis der Proteinfaltung darin, dass das Polypeptid kollabiert und eine kompakte
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Aus Sicht des Menschen
Proteinfaltung mit tædlichen Folgen Im April 1996 erschien im medizinischen Journal , eine Arbeit, die bei einem Groûteil der europåischen Bevælkerung Alarm auslæste. In dem Artikel wurde eine Untersuchung an zehn Personen beschrieben, die an der Creutzfeld-Jakob-Krankheit (CJD) erkrankt waren, einer seltenen tædlichen Krankheit, die das Gehirn angreift und zu einem Verlust der Bewegungskoordination und zu Schwachsinn fçhrt. Wie bei vielen anderen Krankheiten gibt es zwei Formen der CJD: Sie kann als Erbkrankheit und daher in bestimmten Familien gehåuft auftreten, oder aber auch spontan bei Personen ausbrechen, bei denen kein familiårer Hintergrund fçr diese Krankheit zu erkennen ist. Im Gegensatz zu praktisch allen anderen Erbkrankheiten kann man sich eine CJD aber auch zuziehen. Menschen, denen dies passiert ist, hatten bis vor kurzem noch Organe oder Organprodukte erhalten, die von jemandem stammten, bei dem die CJD unentdeckt geblieben war. Bei den Fållen, die 1996 in , beschrieben wurden, hatten sich die Personen die Krankheit ebenfalls angesteckt ± allerdings offenbar, weil sie Jahre vorher kontaminiertes Rindfleisch gegessen hatten. Das kontaminierte Rindfleisch stammte von Tieren aus englischer Zucht, die an einer neurodegenerativen Erkrankung litten. Diese Erkrankung hatte dazu gefçhrt, dass die Tiere ihre Bewegungskoordination verloren hatten und sich sonderbar verhielten. Die Krankheit wurde bald als ¹Rinderwahnsinnª bekannt. Es gibt allerdings etliche Unterschiede zwischen den Symptomen der CJD, die durch den Verzehr von kontaminiertem Rindfleisch verursacht wird, und denen, die bei den klassischen Formen der Krankheit auftreten. Bis Ende 2003 konnten çber 125 Fålle von CJD auf kontaminiertes europåisches Rindfleisch zurçckgefçhrt werden; es werden weiterhin Anstrengungen unternommen, um das Ausmaû der Epidemie zu ermitteln. Man kann eine familiår bedingte Krankheit immer auf einen Fehler in einem Gen zurçckfçhren, wohingegen Krankheiten, die durch eine Kontamination verursacht werden, immer durch einen Erreger ausgelæst werden. Wie kann es sein, dass ein und dieselbe Krankheit sowohl vererbt werden kann als auch ansteckend ist? Die Antwort auf diese Frage zeichnete sich im Laufe der letzten Jahrzehnte im-
mer klarer ab. Diese Entwicklung begann mit Beobachtungen, die D. Carleton Gajdusek in den 1960er Jahren bei Eingeborenen in PapuaNeu-Guinea gemacht hatte, die unter einer seltsamen Krankheit litten. Gajdusek zeigte, dass sich diese Insulaner wåhrend eines Begråbnisrituals, bei dem sie das Hirn von kurz vorher verstorbenen Verwandten aûen, eine tædliche neurodegenerative Erkrankung zugezogen hatten, die sie ¹Kuruª nannten. Bei der Autopsie der Gehirne von Patienten, die an Kuru gestorben waren, beobachtete man eine charakteristische pathologische Verånderung, die als #$ bezeichnet wurde: Bestimmte Hirnregionen waren voller mikroskopisch kleiner Læcher, wodurch das Gewebe einem Schwamm åhnelte. Bald erkannte man, dass die Gehirne der Inselbewohner, die Kuru gehabt hatten, unter dem Mikroskop erstaunliche Øhnlichkeiten mit Gehirnen von Personen aufwiesen, die an CJD erkrankt waren. Diese Beobachtung fçhrte sofort zu einer entscheidenden Frage: Enthielt das Gehirn von Personen, die an CJD litten, einen Erreger, obwohl man doch wusste, dass CJD eine Erbkrankheit ist? 1968 zeigte Gajdusek, dass sich bei einem geeigneten Labortier, dem man Extrakte aus Biopsiematerial des Gehirns von Patienten spritzte, die an CJD verstorben waren, tatsåchlich eine spongiforme Enzephalopathie entwickelte, die der bei Kuru oder CJD åhnelte. Offensichtlich enthielten die Extrakte einen Erreger, von dem man damals annahm, es sei ein Virus. 1982 veræffentlichte Stanley Prusiner von der University of California, San Francisco, einen Artikel, in dem er die Hypothese vertrat, dass das fçr CJD verantwortliche Agens im Gegensatz zu Viren keine Nucleinsåure enthalten und stattdessen nur aus Protein bestehen wçrde. Er nannte das Protein ¹/ ª. Diese ¹ $ ª-Hypothese wurde zuerst mit groûer Skepsis aufgenommen, weitere Untersuchungen von Prusiner und anderen Wissenschaftlern lieferten aber zahlreiche Belege, welche diese ursprçngliche Vermutung erhårteten. Anfangs ging man davon aus, dass das Prionprotein eine externe Substanz ist, so etwas wie eine virusåhnliche Partikel ± allerdings ohne Nucleinsåure. Es zeigte sich aber bald, dass das Prionprotein von einem -)-Gen auf den Chromosomen der kærpereigener Zellen codiert wird. Dieses Gen wird im normalen
Vier Arten von biologischen Molekçlen
Hirngewebe exprimiert und codiert ein ¹zellulåres Prionproteinª (PrPC), das sich an der Oberflåche von Nervenzellen befindet. Die genaue Funktion des PrPC ist weiterhin unbekannt. Gehirne von Menschen, die an CJD erkrankt sind, enthalten eine Variante dieses Proteins, ein Prionprotein Scrapie (PrPSc). Anders als das normale PrPC håuft sich die modifizierte Version des Proteins in Nervenzellen an und bildet dort Aggregate, die zum Tod der Zellen fçhren. In gereinigtem Zustand haben PrPC und PrPSc ganz unterschiedliche Eigenschaften. PrPC ist noch ein monomeres Molekçl, das in Salzlæsung gelæst und leicht durch Enzyme, die Proteine abbauen, zerstært werden kann. PrPSc-Molekçle dagegen interagieren miteinander und bilden dabei unlæsliche Fibrillen, die sich enzymatisch nicht abbauen lassen. Aufgrund dieser Unterschiede kænnte man erwarten, dass diese beiden Formen des PrP-Proteins aus ganz unterschiedlichen Aminosåuresequenzen bestehen; das ist aber nicht der Fall. Die beiden Formen kænnen dieselbe Aminosåuresequenz haben, sie unterscheiden sich aber darin, wie sich ihre Polypeptidketten zu einem dreidimensionalen Proteinmolekçl auffalten (Abb. 1). Wåhrend a
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ein PrPC-Molekçl fast nur aus -helicalen Bereichen besteht, die çber Spiralen miteinander verbunden sind, bestehen ungefåhr 45% des PrPScMolekçls aus -Faltblattstrukturen. PrP kann in vitro von einer læslichen, durch Protease abbaubaren Konformation in unlæsliche, Proteaseresistente Aggregate umgewandelt werden, indem man einfach nur die Bedingungen im Reagenzglas åndert.3 Es ist nicht schwer zu verstehen, dass ein mutiertes Polypeptid nicht so stabil ist und eher eine anomale PrPSc-Konformation annimmt. Doch wie kann ein solches Protein infektiæs sein? Nach der vorherrschenden Hypothese kann ein anomales Prionmolekçl (PrPSc) an ein normales Prion (PrPC) binden und dann als Vorlage dienen, nach der sich dann das normale Protein in eine anomale Form faltet. Man kann diesen Prozess in einem Reagenzglas demonstrieren: Gibt man PrPSc zu einer PrPC-Pråparation, so kænnen die PrPC-Molekçle eindeutig die Konformation der PrPScMolekçle annehmen. Dieser Hypothese zufolge beginnt mit dem Auftreten eines anomalen Proteins im Kærper ± entweder aufgrund einer seltenen falschen Faltung bei einer vereinzelt auftretenden Krankheit oder çber kontaminiertes Operationsbesteck ± eine Kettenreaktion, in der normale Proteinmolekçle in der Zelle allmåhlich in anomale Prione umgewandelt werden. CJD ist eine seltene Erkrankung, die durch ein Protein mit auûergewæhnlichen Infektionseigenschaften ausgelæst wird. Die AlzheimerKrankheit (AD) ist dagegen eine håufige Erkrankung, an der 10% aller Menschen erkranken, die çber 65 Jahre alt sind, und vielleicht 40% aller Personen, die 80 Jahre oder ålter sind. Personen, die AD haben, leiden an Gedåchtnisverlust, sind verwirrt und haben Defizite im Denkvermægen. CJD und AD haben eine Reihe wichtiger Merkmale gemeinsam. Beides sind tædliche neurodegenerative Erkrankungen, die entweder vererbt werden kænnen oder sporadisch auftreten. Wie bei CJD enthålt das Gehirn eines Alzheimer-Patienten fibrillåre Ablagerungen eines unlæslichen Materials, das als % bezeichnet wird (Abb. 2). In beiden Krankheiten bilden sich die toxischen fibrillåren Ablagerungen durch die Assoziation mehrerer identischer, çberwiegend aus -Faltblatt-Strukturen bestehender Polypeptide. Es gibt aber auch viele grundlegende Unterschiede zwischen beiden Krankheiten: Die Proteine, aus denen die pathogenen Aggregate bestehen,
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Die chemischen Grundlagen des Lebens
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haben nichts miteinander zu tun, es sind ganz unterschiedliche Bereiche des Gehirns betroffen, und das Protein, das fçr AD verantwortlich ist, verhålt sich nicht wie ein Erreger (d. h. es ist nicht çbertragbar). Die meisten Anzeichen sprechen dafçr, dass die Alzheimer-Erkrankung durch die Bildung des % b/ (A) verursacht wird. A gehært ursprçnglich zu einem græûeren Protein namens % .1/ (APP), das sich durch die Membran der Nervenzelle zieht. Das A-Peptid wird aus dem APP-Molekçl nach einer Spaltung durch zwei spezifische Enzyme, die - und -Secretase, freigesetzt (Abb. 3). Die Långe von A variiert etwas. Die vorherrschende Form (A40) hat eine Långe von 40 Aminosåuren, es gibt aber auch eine nicht so håufige Art (A42) mit zwei zusåtzlichen hydrophoben Resten. Beide Peptide kænnen in læslicher Form vorkommen, die vor allem aus -Helices besteht; A42 neigt jedoch dazu, spontan wieder eine andere Konformation anzunehmen, die einen groûen Anteil an -Faltblatt-Strukturen aufweist. Die A42-Variante hat das Potenzial, die Alzheimer-Krankheit auszulæsen, weil sie dazu neigt, mit sich selbst kleine Komplexe (Oligomere) oder groûe Aggregate zu bilden, die man unter dem Elektronenmikroskop als Fibrillen erkennen kann. Es bestehen noch betråchtliche Meinungsverschiedenheiten darçber, ob die læslichen Oligomere oder die unlæslichen Aggregate toxischer fçr die Nervenzellen sind. Auf jeden Fall tragen Personen, die an einer vererbbaren Form von AD leiden, eine Mutation, die zu einer verstårkten Bildung des A42-Peptids fçhrt. Die Ûberproduktion von A42 kann durch Mutationen im !-Gen oder in Genen
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Vier Arten von biologischen Molekçlen
wie man sie bei Menschen findet; bis 1995 gab es kein Tiermodell fçr AD. In diesem Jahr fanden Wissenschaftler heraus, dass sie einen Mausstamm herstellen konnten, bei dem sich im Gehirn senile Plaques bilden und der bei Aufgaben, die ein Gedåchtnis erforderten, schlecht abschnitt. Sie schufen diesen Stamm, indem sie der Maus gentechnisch ein mutiertes menschliches !-Gen einsetzten, eines, das dafçr verantwortlich ist, dass AD familiår gehåuft auftritt. Diese genetisch verånderten (transgenen) Måuse haben sich als von unschåtzbarem Wert fçr das Austesten potenzieller AD-Therapien erwiesen. 1999 veræffentlichten Dale Schenk und seine Mitarbeiter bei Elan Pharmaceuticals einen auûergewæhnlichen Befund. Sie hatten entdeckt, dass man die Bildung der Amyloid-Plaques bei Måusen, die das mutierte menschliche !Gen besaûen, verhindern kann, indem man den Tieren mehrfach gerade die Substanz spritzt, die das Problem verursacht: Aggregate des A42-Peptids. Im Prinzip haben die Wissenschaftler die Måuse gegen die Krankheit immunisiert, d. h. geimpft. Wenn junge (6 Wochen alte) Måuse mit A42 immunisiert wurden, lagerte sich in ihrem Gehirn, wenn sie ålter wurden, kein Amyloid ab. Wenn åltere (13 Monate alte) Måuse, in deren Gehirn sich bereits græûere Mengen Amyloid abgelagert hatten, mit A42 immunisiert wurden, konnte ein betråchtlicher Anteil der fibrillåren Ablagerungen aus dem Nervensystem abgebaut werden. Noch wichtiger war, dass die geimpften Måuse bei Gedåchtnisçbungen besser abschnitten als ihre nicht immunisierten Geschwister. Der çberwåltigende Erfolg dieser Experimente an Måusen sowie das Ausbleiben von Nebenwirkungen nach der Impfung veranlasste staatliche Kontrollbehærden, beschleunigt klinische Phase-I-Tests fçr den A42-Impfstoff zu genehmigen. Ein klinischer Test der Phase I ist der erste Schritt, wenn man ein neues Medikament oder Verfahren fçr den Menschen testet, und wird normalerweise erst nach Jahren von vorklinischen Tests an Zellkulturen und Tiermodellen durchgefçhrt. Phase-I-Tests werden nur an wenigen Menschen durchgefçhrt und sind mehr dazu da, die Sicherheit des Verfahrens zu çberprçfen, als dazu, seine Effizienz bei der Krankheitsbekåmpfung zu belegen. Keine der Personen in den beiden getrennten Phase-I-Tests mit dem A42-Impfstoff zeigte nach der Injektion des Amyloid-Peptids irgendwelche Nebenwirkungen. Daher erlaubte
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man den Forschern zur Phase II der klinischen Tests çberzugehen, an der mehr Personen teilnehmen und die dazu dient, die Effektivitåt des Verfahrens oder des Medikaments zu bestimmen. Dieser spezielle PhaseII-Test wurde als randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie durchgefçhrt. Bei dieser Art von Untersuchung n werden die Patienten $ auf zwei Gruppen aufgeteilt, die gleich behandelt werden, auûer dass einer Gruppe das Therapeutikum (Proteine, Antikærper, Arzneimittel usw.), das untersucht werden soll, verabreicht wird, wåhrend die andere Gruppe ein / erhålt (eine inaktive Substanz, die keine therapeutische Wirkung hat). n wird die Studie als durchgefçhrt, was bedeutet, dass weder Ørzte noch Patienten wissen, wer das Therapeutikum und wer das Placebo erhålt. Am Phase-II-Test fçr den A42-Impfstoff nahmen in den USA und Europa çber 350 Personen teil, bei denen eine milde bis mittelstarke Form der AD diagnostiziert worden war. Nachdem sie zwei Injektionen von synthetischem -Amyloid (oder ein Placebo) erhalten hatten, zeigte sich bei 6% der Patienten eine potenziell lebensbedrohliche Form der Hirnentzçndung. Die meisten dieser Patienten wurden erfolgreich mit Steroiden behandelt. Obwohl der Versuch wegen dieser ernsthaften Nebenwirkungen abgebrochen wurde, wurden die Patienten, die den Impfstoff erhalten hatten, weiter untersucht. Es gibt Grund zur Hoffnung. Die Autopsie bei einer Patientin, die an den Komplikationen der Entzçndung starb, ergab, dass die in bestimmten Bereichen ihres Gehirns vorhandene Amyloid-Plaques çberwiegend verschwunden waren. Dieser Bericht lieû darauf schlieûen, dass die aufgrund der Impfung gebildeten Antikærper in ihr Gehirn eingedrungen waren und die gewçnschte Wirkung erzielt hatten, genau wie bei den ursprçnglichen Untersuchungen an Måusen. Noch wichtiger war, dass Tests an 30 Patienten der Studie çberzeugende Hinweise darauf erbrachten, dass der Impfstoff das Fortschreiten der Krankheit erheblich verlangsamt. Augenblicklich besteht das Ziel darin, eine sicherere Impfstrategie zu entwickeln. Tierstudien beispielsweise zeigen, dass durch die Injektion bestimmter Fragmente des A-Peptids Antikærper gegen die Amyloid-Plaques gebildet werden, ohne dass eine Entzçndung ausgelæst
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wird. Der sicherste Weg, der wahrscheinlich bald an Menschen getestet wird, ist der, dass man gegen A gerichtete Antikærper spritzt, die auûerhalb des Kærpers gebildet wurden. Ein solcher Ansatz wird als
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Struktur ausbildet; erst dann kann sich erkennbar eine Sekundårstruktur entwickeln. Neuere Arbeiten deuten darauf hin, dass die beiden in Abb. 2.44 skizzierten Mæglichkeiten zwei Extreme darstellen und dass die meisten Proteine bei ihrer Faltung eine Art Mittelweg einschlagen, bei dem gleichzeitig die Sekundårstruktur ausgebildet und das Protein komprimiert wird. Wenn die Information fçr die Faltung in der Aminosåuresequenz eines Proteins verschlçsselt ist, fçhren Sequenzverånderungen mæglicherweise zu einer anderen Proteinfaltung, so dass ein Molekçl mit einer anomalen Tertiårstruktur entsteht. Tatsåchlich kennt man viele Mutationen,
positive Wirkung zeigen, wirken. Trotzdem sind beide Arten von Medikamenten bereits fçr den Einsatz beim Menschen zugelassen und regelmåûig von Zigmillionen Menschen genommen worden, weshalb sie ideale Therapeutika sind. Groûangelegte kontrollierte Versuchsreihen, in denen gezielt ihre Fåhigkeit, AD zu verhindern, untersucht werden soll, laufen bereits. Andere Arten von Medikamenten werden fçr die AD-Behandlung in Erwågung gezogen. Dazu gehæren n Verbindungen, welche die enzymatische Aktivitåt der - oder -Secretase hemmen, wodurch auch weniger A42 gebildet wçrde, n Verbindungen, die verhindern, dass A42 eine Konformation annimmt, die reich an -Faltblattstrukturen ist und leicht Aggregate bildet, n Verbindungen wie Clioquinol, die (durch Chelatbildung) Zink- oder Kupferionen entfernen. Diese beiden Ionen sind normalerweise in Amyloid-Plaques vorhanden; man nimmt daher an, dass sie die Plaquebildung begçnstigen. Bei transgenen Måuse, die dazu neigen, Alzheimer-Symptome zu entwickeln, fçhrt Clioquinol zu einer deutlichen Verringerung der Amyloid-Ablagerungen im Gehirn und einer generellen Verbesserung der Gesundheit. Aufgrund solcher Versuche wird das Medikament augenblicklich in klinischen Studien an Patienten mit schwachen bis mittelstarken AD-Symptomen getestet. Angesichts der groûen Vielfalt an potenziellen Therapien, die getestet werden, kann man mit gutem Grund optimistisch sein, dass es bald eine Behandlungsmæglichkeit fçr die Alzheimer-Krankheit geben wird.
die fçr Erbkrankheiten verantwortlich sind und die dreidimensionale Struktur eines Proteins veråndern. In einigen Fållen kann eine falsche Proteinfaltung tædliche Folgen haben. Zwei Beispiele solcher tædlich verlaufenden neurodegenerativen Krankheiten, die durch eine falsche Proteinfaltung hervorgerufen werden, werden im folgenden Beitrag ¹Aus Sicht des Menschenª vorgestellt. 7 + 0 Nicht alle Proteine kænnen spontan von sich aus ihre endgçltige Tertiårstruktur annehmen ± das liegt nicht daran, dass die Primårstruktur dieser Proteine etwa nicht die erforderlichen Informationen fçr die richtige Faltung enthielte, sondern
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daran, dass die Proteine bei der Faltung daran gehindert werden mçssen, in den vollgestopften Kompartimenten der Zelle unspezifisch mit anderen Molekçlen zu reagieren. Es sind daher mehrere Proteinfamilien entstanden, deren Funktion darin besteht, nicht oder falsch gefalteten Proteinen dabei zu helfen, ihre richtige dreidimensionale Konformation einzunehmen. Diese ¹Hilfsproteineª nennt man + : Sie erkennen und binden gezielt an kurze Bereiche hydrophober Aminosåuren, die håufig auûen auf Proteinen im nicht nativen Zustand sitzen, in Proteinen mit einer nativen Konformation jedoch verborgen sind. Abbildung 2.45 zeigt die Aktivitåten mehrerer Gruppen molekularer Chaperone, die im Cytosol eukaryotischer Zellen operieren. Polypeptidketten werden an Ribosomen synthetisiert, wobei ausgehend vom N-Terminus der Kette immer eine Aminosåure nach der anderen aneinander gereiht wird (Schritt 1, Abb. 2.45). Chaperone der Hsp70-Familie binden an die långer werdenden Polypeptidketten, wenn diese an einem Kanalausgang an der groûen Untereinheit des Ribosoms auftauchen (Schritt 2). Man nimmt an, dass Hsp70-Chaperone diese erst zum Teil fertiggestellten (d. h. wachsenden) Polypeptide daran hindern, sich an fçr sie ungeeigneten Wechselwirkungen zu beteiligen, die dazu fçhren wçrden, dass sie entweder an andere Proteine im Cytosol binden oder sich . Sobald die Synthese abgeschlossen ist (Schritt 3), werden viele dieser Proteine einfach vom Chaperon ins Cytosol entlassen, wo sie spontan ihre native Faltung annehmen (Schritt 4). Viele der græûeren Polypeptide werden jedoch von den Hsp70-Proteinen an einen anderen Chaperontyp, nåmlich an ein + (Schritt 5) çbergeben. Chaperonine sind zylindrische Proteinkomplexe mit einem zentralen Hohlraum, in
dem sich neu synthetisierte Polypeptide falten kænnen, ohne von anderen Makromolekçlen in der Zelle gestært zu werden. TriC ist ein Chaperonin, von dem man annimmt, dass es die Faltung von bis zu 15% der Polypeptide, die in Såugerzellen synthetisiert werden, unterstçtzt. Wie Hsp70 und die Chaperonine entdeckt wurden und wie sie wirken, wird ausfçhrlich im Beitrag ¹Experimentelle Verfahrenª erærtert. : / Bei all der Aufmerksamkeit, welche die Sequenzierung des Genoms in den letzten Jahren erhalten hat, kann man leicht die Tatsache aus den Augen verlieren, dass Gene in erster Linie nur fçr die Informationsspeicherung verantwortlich sind, wåhrend Proteine die Aktivitåten der Zelle steuern. Aufgrund der jçngeren Erfolge bei der Genomsequenzierung besitzen wir mittlerweile ein vollståndigeres Bild von der Welt der Proteine. Das menschliche Genom umfasst etwa 30 000 Gene, von denen jedes viele verschiedene Proteine codieren kann.6 Bis heute wurde nur ein Bruchteil dieser Molekçle charakterisiert. Das gesamte Arsenal an Proteinen, das ein Mensch oder ein anderer Organismus synthetisiert, wird als / des Organismus bezeichnet. Man benutzt den Begriff ¹Proteomª auch fçr den Gesamtheit aller Proteine in einem bestimmten Gewebe, einer Zelle oder einem Zellorganell. Weil augenblicklich ungeheuer viele Proteine untersucht werden, haben die Wissenschaftler versucht, Techniken zu entwickeln, mit denen sie die Eigenschaften oder Aktivitåten einer sehr groûen Anzahl von Proteinen auf ein6 Es gibt mehrere Mæglichkeiten, wie aus einem einzelnen Gen mehr als ein Polypeptid entstehen kann. Zwei der bekanntesten Mechanismen, das alternative Spleiûen und die posttranslationale Modifikation, werden in anderen Kapiteln des Buches erærtert.
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mal in einem einzigen Experiment bestimmen kænnen. Der neue Begriff der / wurde geprågt, um das expandierende Gebiet der Proteinbiochemie zu charakterisieren. In dem Begriff schwingt mit, dass diverse Proteingruppen in groû angelegten Studien mithilfe von Hochtechnologien und Supercomputern untersucht werden. Das ist im Grunde derselbe Ansatz, der sich im letzten Jahrzehnt bei der Untersuchung der Genome bewåhrt hat. Die Untersuchung der Proteomik ist jedoch schon von vornherein sehr viel komplizierter als die Untersuchung der Genome, weil es sehr viel schwerer ist, mit Proteinen als mit DNA zu arbeiten. Physikalisch gesehen unterscheiden sich die Gene nicht wesentlich voneinander, wåhrend jedes Protein einmalige chemische Eigenschaften besitzt und unterschiedlich behandelt werden muss. Proteinbiochemiker haben immer schon versucht, zu jedem Protein eine Reihe von Fragen zu beantworten. Dazu gehæren: Welche spezifische Aktivitåt zeigt das Protein und wie ermæglicht diese Aktivitåt, dass eine Zelle bestimmte Funktionen, wie etwa sich zu bewegen oder ihre DNA zu replizieren, ausfçhren kann? Welche dreidimensionale Struktur hat das Protein? Wann taucht das Protein in der Entwicklung des Organismus auf und in welchen Zelltypen? Wo ist es in der Zelle lokalisiert? Wird das Protein nach der Synthese durch Anhången chemischer Gruppen (beispielsweise Phosphate oder Zucker) modifiziert und, falls das so ist, wie wirkt sich das auf seine Aktivitåt aus? Wie viel Protein ist vorhanden und wie lang dauert es, bis es abgebaut wird? Øndert sich die
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Proteinkonzentration bei physiologischen Aktivitåten oder aufgrund einer Krankheit? Mit welchen anderen Proteinen in der Zelle tritt es in Wechselwirkung? Jahrzehntelang haben Biologen versucht, diese Fragen zu beantworten ± meist aber jeweils nur fçr ein Protein. Bei der Proteomik versuchen die Wissenschaftler åhnliche Fragen aber in einer umfassenderen Weise mit stårker automatisierten Verfahren in græûerem Maûstab zu beantworten (Abb. 2.46). Wir haben bereits gesehen, wie mit einem systematischen Ansatz Protein-Protein-Wechselwirkungen untersucht werden kænnen (Kap. 2.5.3). Wir wollen uns nun der auf den ersten Blick entmutigenden Aufgabe zuwenden, die unendlich vielen Proteine, die eine bestimmte Zelle synthetisiert, zu identifizieren. In Abb. 2.47 erkennt man Ausschnitte von zwei Gelen, auf denen ein Gemisch verschiede-
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ner Proteine aufgetrennt wurde, das aus demselben Teil des Gehirns eines Menschen (Abb. 2.46 a) oder Schimpansen (Abb. 2.46 b) extrahiert wurde. Die Proteine wurden durch eine zweidimensionale Polyacrylamidgel-Elektrophorese (ausfçhrliche Beschreibung in Kap. 18.7) aufgetrennt. Die Gele enthalten Hunderte verschieden gefårbter Flecken, von denen jeder ein einzelnes Protein oder hæchstens einige wenige Proteine mit sehr åhnlichen physikalischen Eigenschaften repråsentiert, die daher nur schwer aufzutrennen sind. Dieses Verfahren, das Mitte der 1970er Jahren entwickelt wurde, war das erste und ist immer noch eines der besten, um eine groûe Anzahl von Proteinen aus einem Gemisch aufzutrennen. Es ist offensichtlich, dass praktisch såmtliche Flecken auf einem Gel ein entsprechendes Pendant im anderen Gel haben; Flecken, die in beiden Gelen vorhanden sind, stammen von homologen Proteinen beider Spezies. Bestimmte Flecken sind mit roten Zahlen markiert. Die nummerierten Flecken entsprechen Proteinen, die in beiden Gelen unterschiedlich gelaufen sind, entweder weil die Proteine an eine etwas andere Stelle gewandert sind, was passiert, wenn die Proteine der beiden Organismen unterschiedliche Aminosåuresequenzen aufweisen (angedeutet durch die blauen Pfeile mit den beiden Pfeilspitzen), oder weil die Proteine in den Gehirnen der beiden Organismen in nachweislich unterschiedlichen Mengen vorkommen (grçne Pfeile). In jedem Fall geben diese Experimente aus dem Gebiet der Proteomik einen Ûberblick darçber, in wieweit sich die Proteinexpression in unserem Gehirn von der bei unserem nåchsten lebenden Verwandten unterscheidet. Es ist das eine, Proteine voneinander zu trennen, aber ganz etwas anderes, jedes aufgetrennte Molekçl auch zu identifizieren. In den letzten Jahren ist es durch die Kombination zweier Technologien ± Massenspektrometrie und Hochleistungscomputer ± mæglich geworden, auf einem Gel wie den in Abb. 2.47 abgebildeten eines der Proteine oder auch såmtliche Proteine zu identifizieren. Wie ausfçhrlicher in Kap. 18.7 erærtert wird, ist die Massenspektrometrie ein Verfahren, mit dem man das Gewicht eines Molekçls oder von Fragmenten eines Molekçls genau bestimmen kann; diese Daten kann man dann dazu benutzen, um das Molekçl zu identifizieren. Angenommen wir wollten genau das Protein identifizieren, das sich in dem Fleck mit der roten Nummer 1 befindet. Man kann das Protein, das den fraglichen Fleck bildet, aus dem Gel herausschneiden und mit dem Enzym Trypsin verdauen, welches das Polypeptid in Peptide spaltet, die an ihrem Carboxyl-Terminus entwe-
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der einen Lysin- oder Arginin-Rest haben. Wenn man diese Peptide in ein Massenspektrometer gibt, werden sie in ionisierte Gase verwandelt und entsprechend dem Verhåltnis von ihrer Masse zu ihrer Ladung (m/z) aufgetrennt. Die Ergebnisse werden als eine Reihe von Maxima mit bekanntem m/z-Verhåltnis dargestellt, wie das in Abb. 2.48 zu sehen ist. Das Peakmuster liefert einen åuûerst spezifischen /
dieses Proteins. Wie kann jedoch ein Protein aufgrund dieses Peptidmassenfingerprints identifiziert werden? Die Herstellung von Peptidmassenfingerprints ist ein Element der neuen Proteomik-Technologie, ein anderes macht sich die Fortschritte in
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der Computertechnologie zu Nutze. Sobald ein Genom sequenziert ist, kann man die Aminosåuresequenzen der codierten Proteine vorhersagen. Diese Liste ¹virtueller Proteineª kann man einer theoretischen Trypsinspaltung unterwerfen sowie die Gewichte der dabei entstandenen virtuellen Peptide berechnen und in eine Datenbank eingeben. Anschlieûend kann man die Peptidgewichte eines gereinigten Proteins, die im Massenspektrometer ermittelt wurden, mit den Gewichten vergleichen, die leistungsstarke Supercomputer aufgrund hypothetischer Spaltprozesse aller im Genom codierten Polypeptide vorhersagen. In den meisten Fållen kann man das isolierte und massenspektrometrisch untersuchte Protein çber eine derartige Suche in der Datenbank direkt finden. Das in den Gelen von Abb. 2.47 mit der Zahl 1 markierte Protein beispielsweise ist das Enzym Aldosereductase. Massenspektrometer kænnen in einem Arbeitsgang nicht nur ein gereinigtes Protein untersuchen, sondern kænnen auch Proteine in komplexen Gemischen analysieren (Kap. 18.7). Lassen Sie uns kurz erærtern, wie man mithilfe der letztgenannten Technologie die medizinische Praxis verbessern kann. 2002 berichteten Emanuel Petricoin, Lance Liotta und ihre Mitarbeiter am National Cancer Institute çber eine Untersuchung, in der sie mithilfe der Massenspektrometrie die Proteine im Blut von Patientinnen mit Eierstockkrebs mit denen im Blut gesunder Personen verglichen haben. Dabei fanden sie heraus, das beide Proteingruppen Unterschiede zeigten. Das Blut von Frauen mit Eierstockkrebs zeigte ein charakteristisches Peakmuster, das zahlreiche Proteine repråsentierte, deren Identitåt man nicht kannte. Als erst einmal der ¹Fingerabdruck des Eierstockkrebsesª ermittelt worden war, untersuchten die Forscher das Blut von 116 Frauen, von denen 50 Eierstockkrebs hatten, der sich bei 18 Personen noch im Frçhstadium befand. Anhand des ¹Fingerabdrucks des Eierstockkrebsesª als Kriterium konnten sie alle 50 Krebspatienten identifizieren, die erkrankt waren, was zeigt, dass der Test eine Sensitivitåt von 100% besitzt. Man hofft, aufgrund dieser Befunde, einen einfachen, nichtinvasiven Test entwickeln zu kænnen, um diese tædliche Krebsform in einem frçheren Stadium erkennen zu kænnen. Solch eine Vorsorgeuntersuchung håtte weitreichende Folgen, weil der Eierstockkrebs selten bereits in einem Frçhstadium erkannt wird, wenn er noch behandelt werden kann. Mit der klinischen Studie soll 2004 begonnen werden. Das Blut des Menschen enthålt Tausende von Proteinen, von denen die meisten nur in gerin-
ger Konzentration vorhanden sind. Wahrscheinlich hinterlassen viele, wenn nicht die meisten Erkrankungen des Menschen verråterische Muster von Blutproteinen, anhand derer man nach einer entsprechenden Krankheit oder einem bestimmten Typ von Erreger fahnden kænnte. Eines Tages wird es vielleicht mæglich sein, mit einem einfachen Bluttest eine Herz-, Leber- oder Nierenerkrankung in einem frçhen Stadium nachweisen zu kænnen, so dass man sie behandeln kann, bevor sie sich zu einer lebensgefåhrlichen Erkrankung entwickelt. Proteomische Studien bieten der medizinischen Praxis weitaus mehr Vorteile als lediglich bessere Vorsorgeuntersuchungen. Wahrscheinlich tragen Proteine, die man nur in kranken Geweben, jedoch nicht in den entsprechenden gesunden Geweben findet, mit zur Entstehung der Krankheit bei. Wenn diese Proteine erst einmal bekannt sind, kann man ihre Bedeutung fçr die Krankheitsentwicklung erforschen. Wenn klar ist, dass ein bestimmtes Protein wie etwa das Bcr-Abl-Protein, das bestimmte Leukåmien verursacht, ein entscheidender Krankheitsauslæser ist (Kap. 16.4), dann kænnte man unter Umstånden Medikamente entwickeln, die gegen dieses spezielle Protein gerichtet sind. Die Arzneimittel, die heutzutage auf dem Markt sind, sind gegen ungefåhr 500 verschiedene Proteine gerichtet, diese Anzahl kænnte jedoch in naher Zukunft aufgrund der Proteomik-Technologie erheblich zunehmen. Techniken zur Auftrennung von Proteinen und massenspektrometrische Verfahren sagen nichts çber die Funktion eines Proteins aus. Wissenschaftler an akademischen Instituten oder in biotechnologischen Firmen arbeiten zunehmend an der Entwicklung von Verfahren, mit denen man nicht nur jeweils die Funktion eines einzigen Proteins, sondern gleich in groûem Maûstab die Funktion zahlreicher Proteine bestimmen kann. Dabei sind mehrere neue Methoden entwickelt worden, die diesen Zweck erfçllen sollen. Wir wollen hier nur eine erærtern: den Einsatz von / %
oder / . Bei einem Protein-Mikroarray wird eine feste Oberflåche verwendet, meist ein Objekttråger aus Glas, der mit mikroskopisch kleinen Flecken çberzogen ist, die jeweils ein einzelnes Protein enthalten. Zur Herstellung der Protein-Mikroarrays werden winzige Volumina einzelner Proteine auf spezifische Stellen auf dem Objekttråger aufgetragen, so dass die Proteine wie in Abb. 2.49 a angeordnet sind. Die etwa 6000 Hefeproteine, die das Hefegenom codiert, passen so leicht als einzelne Flecken auf einen einzigen Glasobjekttråger.
Vier Arten von biologischen Molekçlen
Sobald der Protein-Mikroarray erstellt ist, kann man die Proteine, die sich darauf befinden, auf verschiedenartige Aktivitåten hin untersuchen. Nehmen wir nur mal die Rolle der Ca2+-Ionen. Diese spielen bei vielen Aktivitåten eine Schlçsselrolle, etwa bei der Ausbildung eines Nervenimpulses, der Freisetzung von Hormonen ins Blut sowie der Muskelkontraktion. In all diesen Fållen erzielen Ca2+-Ionen ihre Wirkung, indem sie sich an ein Calcium bindendes Protein heften. Wie in Kapitel 15 erærtert wird, ist Calmodulin ein wichtiges Calcium bindendes Protein ± selbst in der einzelligen Hefe. Abbildung 2.49 b zeigt einen kleinen Bereich eines Mikroarrays von Hefeproteinen, der in Gegenwart von Ca2+-Ionen mit dem Protein Calmodulin inkubiert wurde. Die grçn fluoreszierenden Proteine des Arrays waren wåhrend der Inkubation an Calmodulin gebunden und sind daher wahrscheinlich an der Signalgebung des Calciums beteiligt. Bei dieser speziellen Proteinsuche wurden 33 neue Proteine gefunden, die an Calmodulin binden. Mithilfe solcher Experimenten eræffnet die Proteomik eine Mæglichkeit, zahlrei-
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che Proteine zu analysieren, deren Funktion immer noch unbekannt ist. Man nimmt an, dass man Proteinchips eines Tages auch dazu verwenden wird, um nach Proteinen zu suchen, die fçr bestimmte Krankheiten charakteristisch sind. Diese Proteine wçrden hæchstwahrscheinlich zuerst massenspektrometrisch identifiziert werden, wie das schon in Zusammenhang mit dem Eierstockkrebs beschrieben wurde. Ob ein bestimmtes, fçr eine Krankheit charakteristisches Protein in einer Blutoder Urinprobe vorkommt und wie viel von diesem Protein vorhanden ist, låsst sich am einfachsten dadurch ermitteln, dass man seine Wechselwirkung mit einem spezifischen Antikærper austestet. Darauf basiert beispielsweise der PSA-Test, der zur Prostatakrebs-Vorsorgeuntersuchung bei Månnern eingesetzt wird. PSA ist ein Protein, das man im Blut gesunder Månner findet, dessen Konzentration aber bei Personen, die an Prostatakrebs erkrankt sind, erhæht ist. Man bestimmt die PSA-Konzentration, indem man misst, wie viel Protein aus der Blutprobe an Anti-PSA-Antikærper bindet. Es wird erwar-
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tet, dass biotechnologische Firmen in naher Zukunft Mikroassays mit Antikærpern herstellen werden, die an eine Reihe verschiedener Blutproteine binden kænnen. Ob çberhaupt solche Proteine vorliegen und wie viel jeweils davon vorhanden ist, ist dann ein Anzeichen dafçr, ob jemand an der einen oder anderen Krankheit aus einem breiten Krankheitsspektrum erkrankt ist. / Aufgrund der Fortschritte in der Molekularbiologie kann man mittlerweile andere Proteine als diejenigen, die von Lebewesen hervorgebracht werden, entwerfen und in Massenproduktion herstellen. Man kann mit gångigen DNA-Synthesemethoden kçnstlich ein Gen kreieren, mit dessen Hilfe dann ein Protein mit einer gewçnschten Aminosåuresequenz synthetisiert wird. Das Problem besteht aber darin, in Erfahrung zu bringen, welches aus der praktisch unbegrenzten Vielfalt an mæglichen Proteinen, die man herstellen kænnte, irgendeine nçtzliche Funktion besitzt. Stellen Sie sich beispielsweise eine pharmazeutische Firma vor, die ein Protein herstellen will, das an die Oberflåche des AIDS-Virus bindet und es aus einer wåssrigen Læsung wie etwa dem Blutstrom entfernt. Nehmen wir an, Computerprogramme kænnten vorhersagen, welche Form ein solches Protein haben mçsste, um an die virale Oberflåche binden zu kænnen. Wie mçsste die Aminosåuresequenz aussehen, damit ein solches Protein gebildet wird? Um diese Frage zu beantworten, muss man die Regeln, denen das Verhåltnis von Primår- zu Tertiårstruktur unterliegt, sehr gut kennen. In den letzten Jahren hat es groûe Fortschritte bei der Synthese kçnstlicher Gene gegeben, deren Peptidprodukte relativ einfache Sekundårstrukturen wie etwa Bçndel von -Helices oder 2±3 Strånge von -Faltblattstrukturen annahmen. Versuche, aus dem Nichts komplexere Polypeptidstrukturen zu kreieren, haben sich jedoch als sehr viel schwieriger erwiesen. Wissenschaftler erleben beispielsweise, dass die Form, die eine bestimmte Sequenz innerhalb eines vollståndigen Proteins annehmen wird, schwer vorherzusagen ist. Eine åhnliche Abfolge von Aminosåuren kann in verschiedenen Proteinen ± je nachdem, wie sie von anderen Molekçlabschnitten beeinflusst wird ± zu unterschiedlichen Sekundårstrukturen fçhren. Diese Schwierigkeiten fçhren uns einerseits immer wieder die hochgradige Komplexitåt der Proteine und andererseits unser beschrånktes Wissen darçber vor Augen, auf welche Weise die Natur eine lineare genetische Information in ein dreidimensionales Protein çbersetzt.
Ein alternativer Ansatz, ein neues Protein zu schaffen, besteht darin, Proteine abzuåndern, die bereits von Zellen synthetisiert wurden. Aufgrund neuerer Entwicklungen in der DNA-Technologie kænnen Wissenschaftler ein einzelnes Gen aus den Chromosomen des Menschen isolieren, seinen Informationsgehalt auf eine ganz genau festgelegte Weise åndern und dann das modifizierte Protein mit seiner verånderten Aminosåuresequenz synthetisieren. Diese ( kann sowohl in der Grundlagenforschung als auch in der angewandten Biologie fçr viele Zwecke eingesetzt werden. Wenn beispielsweise ein Forscher wissen will, welche Bedeutung ein bestimmter Rest fçr die Faltung oder Funktion eines Polypeptids hat, kann er das Gen so mutieren, dass eine Aminosåure durch eine mit einer anderen Ladung, mit hydrophobem Charakter oder anderen Wasserstoffbrçcken ersetzt wird. Dann kann man untersuchen, wie sich diese Substitution auf die Struktur und Funktion des modifizierten Proteins auswirkt. Wie wir in diesem Buch immer wieder sehen werden, ist die Oligonucleotidmutagenese von unschåtzbarem Wert fçr die Analyse spezifischer Funktionen kleinerer Bereiche von praktisch såmtlichen fçr Biologen interessanten Proteinen. Mithilfe der Oligonucleotidmutagenese werden auch die Strukturen klinisch interessanter Proteine modifiziert, um ihre Effizienz zu erhæhen oder unerwçnschte Nebeneffekte zu beseitigen. So befindet sich beispielsweise im Blut das Protein Thrombin ± ein Enzym, das je nach den Umstånden die Bildung von Blutgerinnseln færdern oder auch verhindern kann. Wissenschaftlern ist es gelungen, eine Variante des Thrombin-Molekçls herzustellen, die noch die Gerinnung hemmt, aber fast jegliche koagulationsfærdernde Aktivitåt verloren hat. Dieses gentechnologisch verånderte Protein ist ein vielversprechendes Mittel zur Behandlung bei Schlaganfållen und bei Krankheitsbildern koronarer Herzkrankheiten wie Angina pectoris oder Herzinfarkt. . / $ Den jçngsten Fortschritten in der molekularen Biologie ist nicht nur die Herstellung neuer Proteine zu verdanken. Eine weitere klinische Anwendung betrifft die Entwicklung neuer Arzneimittel, die aufgrund ihrer Bindung an Proteine deren Aktivitåt hemmen. Pharmazeutische Unternehmen haben Zugang zu chemischen ¹Bibliothekenª mit Hunderttausenden verschiedener organischer Verbindungen, die entweder aus
Pflanzen oder Mikroorganismen isoliert oder chemisch synthetisiert wurden. Eine Mæglichkeit, nach einem potentiellen Arzneimittel zu suchen, besteht darin, das fragliche Protein mit verschiedenen Kombinationen dieser Verbindungen zusammen zu geben und herauszufinden, welche Verbindungen, wenn çberhaupt, hochaffin daran binden kænnen. Ein anderer Ansatz, den man anwenden kann, wenn die Tertiårstruktur eines Proteins schon bekannt ist, besteht darin, mit Computern virtuelle Arzneimittelmolekçle herzustellen, die aufgrund ihrer Græûe und Form in die sichtbaren Risse und Spalten des Proteins passen und es so inaktivieren. Um diese Technologie zu veranschaulichen, werfen wir am besten einen Blick auf die neuartigen Aspirin åhnelnden Molekçle, die so zusammengesetzt wurden, dass die vom Aspirin (Acetylsalicylsåure) hervorgerufenen unerwçnschten Nebenwirkungen bei ihnen ausbleiben. Die entzçndungshemmende Wirkung des Aspirins beruht auf seiner Fåhigkeit, ein Enzym (die Cyclooxygenase-2 oder COX-2) zu hemmen, das fçr die Synthese bestimmter hormonartiger Verbindungen (Prostaglandine) benætigt wird, die Entzçndungen, Schmerzen und Fieber auslæsen. Bei einer långeren Einnahme von Aspirin oder einem anderen nicht steroidhaltigen entzçndungshemmenden Arzneimittel (NSAIDs wie Ibuprofen und Naproxen) kann die Magenschleimhaut angegriffen werden, weil diese Mittel ein verwandtes Enzym (die Cyclooxygenase-1 oder COX-1) hemmen, das zur Gesunderhaltung einer ganzen Reihe von Organen beitrågt. Obwohl diese beiden Enzyme einander sehr åhneln, gibt es zumindest einen entscheidenden Unterschied in ihrer Aspirin-Bindungsstelle: Bei COX-1 befindet sich an Position 523 ein Isoleucin, bei COX-2 dagegen ein Valin. Die Seitenkette des Isoleucins ist sperriger als beim Valin, so dass die Bindungsstelle fçr das Medikament kleiner ist als bei COX-2 (Abb. 2.50 a). Aufgrund dieses Unterschieds konnten aspirinartige Verbindungen geschaffen werden, die sehr viel stårker an COX-2 als an COX-1 binden (Abb. 2.50 b). Die ersten beiden COX-2-spezifischen Hemmstoffe, die unter den Markennamen Celebrex und Vioxx in den Handel kamen, haben sich als sicher und effizient erwiesen, besonders bei Patienten mit einer Arthritis, die dieses Medikament håufig nehmen mçssen. Im Gegensatz zum Aspirin senken allerdings COX-2-spezifische Hemmstoffe nicht das Risiko von Herz- und Schlaganfållen, was durch die Hemmung von COX-1 in den Blutplåttchen ermæglicht wird. Vor kurzem wurde im Gehirn ein drittes verwandtes Enzym, COX-3, entdeckt. Es gibt Anzeichen dafçr, dass COX-3
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der lang gesuchte Angriffspunkt fçr das Schmerzmittel Acetaminophen (Tylenol) ist.
#9 9 / Anpassungen sind Merkmale, welche die Ûberlebenschancen eines Organismus in einem bestimmten Umfeld erhæhen. Proteine sind biochemische Adaptationen, die genauso einer natçrlichen Selektion und evolutionårem Wandel unterworfen sind wie andere Arten von Merkmalen,
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beispielsweise die Augen oder das Skelett. Das zeigt sich am besten, wenn man die homologen Proteine von Organismen vergleicht, die unter ganz unterschiedlichen Umweltbedingungen leben. So sind beispielsweise bei den Proteinen halophiler (salzliebender) Archaebakterien Aminosåuren ausgetauscht worden, wodurch sie auch bei sehr hohen Salzkonzentrationen (bis zu 4 M KCl) im Cytosol ihre Læslichkeit und Funktion behalten. Im Gegensatz zu den entsprechenden Proteinen in anderen Organismen befinden sich auf der Oberflåche der halophilen Variante des Proteins Malatdehyrogenase Asparagin- und Glutaminsåurereste, deren Carboxylgruppe mit dem Salz um Wassermolekçle konkurrieren kænnen (Abb. 2.51). Man nimmt an, dass viele, wenn nicht die meisten Aminosåuresubstitutionen, die sich in Proteinen mit der Zeit ansammeln, neutrale Verånderungen sind, das heiût, zufållige Modifikationen, welche die Leistungsfåhigkeit des Molekçls nicht beeintråchtigen. Wird etwa eine unpolare Aminosåure im Zentrum eines Protein gegen eine andere ausgetauscht, so beeinflusst das die Struktur oder Funktion dieses Molekçls wahrscheinlich kaum. Tatsåchlich kænnen homologe Proteine verschiedener Organismen prak-
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tisch dieselben Formen und Faltungsmuster haben, obwohl sie vollkommen andere Aminosåuresequenzen aufweisen. Je weniger zwei Organismen evolutionår miteinander verwandt sind, desto mehr unterscheiden sich die Aminosåuresequenzen ihrer Proteine. In einigen Fållen gab es in einem besonders wichtigen Proteinbereich nur einige entscheidende Aminosåuren, die bei allen Organismen gleich waren, bei denen man das Protein untersucht hatte. So zeigte beispielsweise ein Vergleich von 226 Globin-Sequenzen, dass nur zwei Reste in all diesen Polypeptiden erhalten geblieben sind: einer ist ein Histidinrest, der eine entscheidende Rolle bei der Bindung und Freisetzung von O2 spielt. Diese Beobachtung zeigt, dass sich die Sekundår- und Tertiårstrukturen der Proteine im Verlauf der Evolution sehr viel langsamer åndern als ihre Primårstrukturen. Wir haben gesehen, dass im Lauf der Evolution in verschiedenen Organismen unterschiedliche Proteinvarianten entstanden sind. Die Evolution hat aber auch innerhalb einzelner Organismen zu diversen Proteinvarianten gefçhrt. Nehmen wir ein spezielles Protein mit einer bestimmten Funktion wie das Globin, Kollagen oder die Cyclooxygenase. Das menschliche Genom codiert von jedem dieser Proteine mehrere verschiedene Varianten. In den meisten Fållen sind die unterschiedlichen Versionen eines Proteins, die 6 , Anpassungen an die Funktion in unterschiedlichen Geweben oder unterschiedlichen Entwicklungsstadien. So besitzt beispielsweise der Mensch sechs verschiedene Gene fçr das kontraktile Protein Aktin. Zwei dieser Isoformen befinden sich in der glatten Muskulatur, eine in der Skelettmuskulatur, eine im Herzmuskel und zwei in praktisch allen anderen Zelltypen. Je mehr Aminosåuresequenzen und Tertiårstrukturen von Proteinen bekannt wurden, desto offensichtlicher wurde es, dass die meisten Proteine zu viel græûeren (oder & ) von verwandten Molekçlen gehæren. Die Gene, welche die verschiedenen Mitglieder einer Proteinfamilie codieren, stammen, wie man annimmt, von einem einzigen Urgen ab, das im Verlauf der Evolution mehrfach verdoppelt wurde (Abb. 10.25). Ûber lange Zeitråume hinweg drifteten die Nucleotidsequenzen der verschiedenen Kopien auseinander und es entstanden Proteine mit verwandten (homologen) Strukturen. Viele Proteinfamilien bestehen aus einer erstaunlichen Vielfalt an Proteinen, die verschiedenste Funktionen erhalten haben. Wegen der Expansion der Proteinfamilien ist eine groûe Vielfalt an Proteinen entstanden, die in
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den Genomen der heute lebenden komplexen Pflanzen und Tiere codiert ist. 2.5.4 Nucleinsåuren Nucleinsåuren sind Makromolekçle, die aus langen Ketten (&1) von Monomeren, den ) , bestehen. Die Funktion der Nucleinsåuren liegt vor allem in der Speicherung und Ûbertragung genetischer Information, sie kænnen aber auch strukturelle oder katalytische Aufgaben çbernehmen. Lebewesen besitzen zwei Typen von Nucleinsåuren: -%
1 3)4 und 1 3 )4. Wie bereits in Kapitel 1 erwåhnt, dient die DNA in allen zellulåren Organismen als genetisches Material, wåhrend diese Rolle bei vielen Viren die RNA çbernimmt. Die in der DNA gespeicherte Information steuert die Aktivitåten der Zelle durch die Bildung von Messenger-RNAs (Kap. 11). Im vorliegenden Kapitel wollen wir die Grundbausteine der Nucleinsåuren am Beispiel einer einzelstrångigen RNA untersuchen. Die DNA-Struktur wird dann in Kap. 10 in Zusammenhang mit ihrer Schlçsselrolle fçr die chemischen Grundlagen des Lebens abgehandelt. Jedes Nucleotid in einem RNA-Strang besteht aus drei Elementen (Abb. 2.52 a):
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n Einer Ribose, einem Zucker mit fçnf Kohlenstoffatomen, n einer stickstoffhaltigen Base, in deren Ring Stickstoffatome enthalten sind, n einer Phosphatgruppe. Der Zucker bildet zusammen mit der stickstoffhaltigen Base ein ) ; daher werden die Nucleotide eines RNA-Strangs auch als Ribonucleosid-Monophosphate bezeichnet. Das Phosphat ist mit dem 5'-Kohlenstoffatom des Zuckers und die stickstoffhaltige Base mit dem 1'-Kohlenstoff des Zuckers verknçpft. Wåhrend der Synthese eines Nucleinsåurestrangs wird die Hydroxylgruppe, die mit dem 3'-Kohlenstoffatom des Zuckers eines Nucleotids verknçpft ist, çber eine Esterbindung mit der Phosphatgruppe verbunden, die mit dem 5'-Kohlenstoff des nåchsten Nucleotids der Kette verknçpft ist. Daher sind die Nucleotide einer RNA (oder DNA) çber Zucker-Phosphat-Bindungen miteinander verknçpft (Abb. 2.52b), die als >'?'/ bezeichnet werden, weil das Phosphatatom mit zwei Sauerstoffatomen ± eines von jedem der beiden benachbarten Zucker ± verestert ist.
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Ein RNA-(oder DNA-)Strang besteht aus vier verschiedenartigen Nucleotiden, die man anhand ihrer stickstoffhaltigen Base unterscheiden kann. In Nucleinsåuren findet man zwei Arten von Basen: Pyrimidine und Purine (Abb. 2.53). /% sind kleiner und bestehen aus einem einzigen Ring. / sind græûer und bestehen aus zwei Ringen. RNAs enthalten zwei verschiedene Purine, und : , sowie zwei verschiedene Pyrimidine, +% und . In der DNA wird das Uracil durch Thymin ersetzt, einem Pyrimidin, an dessen Ring eine zusåtzliche Methylgruppe hångt (Abb. 2.53). Obwohl RNAs aus einem zusammenhångenden Einzelstrang bestehen, kænnen sie sich an sich selbst zurçckfalten und so Molekçle bilden, die ausgeprågte doppelstrångige Bereiche und komplexe dreidimensionale Strukturen haben. Das kann man an den beiden RNAs in Abb. 2.54 erkennen. Die RNA, deren Sekundårstruktur in Abb. 2.54 a zu sehen ist, gehært zur kleinen Untereinheit des bakteriellen Ribosoms (Abb. 2.55). Ribosomale RNAs sind keine Molekçle, die genetische Information enthalten; sie fungieren vielmehr als strukturelle Gerçste, an die sich die Proteine des Ribosoms anheften kænnen, sowie als Elemente, welche die verschiedenen læslichen Bestandteile, die fçr die Proteinsynthese erforderlich sind, erkennen und binden. Eine der ri-
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bosomalen RNAs der groûen Untereinheit dient als Katalysator fçr die Reaktion, bei der Aminosåuren wåhrend der Proteinsynthese miteinander verbunden werden. RNAs, die eine katalytische Funktion haben, werden als RNA-Enzyme oder $% bezeichnet. In Abb. 2.54 b ist die Tertiårstruktur des 2 $% dar-
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gestellt, das seinen eigenen RNA-Strang spalten kann. In beiden in Abb. 2.54 dargestellten Beispielen werden die doppelstrångigen Bereiche durch Wasserstoffbrçcken zwischen den Basen zusammengehalten. Nach demselben Prinzip werden auch die beiden Strånge eine DNA-Molekçls zusammengehalten. Nucleotide sind nicht nur wichtige Nucleinsåurebausteine, sondern haben auch wichtige eigenståndige Funktionen. Der græûte Teil der Energie, die jedes Lebewesen in jedem Augenblick verbraucht, stammt aus dem Nucleotid 3!/4. Welche Struktur und welche Schlçsselrolle im Zellstoffwechsel ATP besitzt, wird im folgenden Kapitel beschrieben. : 3:!/4 ist ein weiteres Nucleotid mit enormer Bedeutung fçr die Zellaktivitåten. GTP bindet an viele verschiedene Proteine (G-Proteine) und dient als Schalter, der ihre Aktivitåten auslæst (fçr ein Beispiel s. Abb. 11.50).
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2.6 Die Bildung komplexer makromolekularer Strukturen Inwieweit kann man die Erfahrungen aus den Untersuchungen der Proteinarchitektur auf komplexere Zellstrukturen anwenden? Kænnen Strukturen, die wie Membranen, Ribosomen und Elemente des Cytoskeletts aus verschiedenartigen Untereinheiten bestehen, sich auch von sich aus formieren? Inwieweit låsst sich die subzellulåre Organisation einfach dadurch erklåren, dass die Einzelteile in der stabilsten Anordnung zusammengefçgt wurden? Wie die Zellorganellen zusammengesetzt werden, ist kaum bekannt, es ist aber aufgrund der folgenden Beispiele offensichtlich, dass sich verschiedene Typen von Untereinheiten zu Arrangements hæherer Ordnung zusammenfinden kænnen.
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Die chemischen Grundlagen des Lebens
2.6.1 Der Aufbau der Partikel und ribosomalen Untereinheiten des Tabakmosaikvirus Dass Molekçle durch einen bestimmten Prozess von sich aus ihre endgçltige Form annehmen kænnen, erkennt man am besten daran, dass dieser Prozess unter physiologischen Bedingungen auch auûerhalb der Zelle ( ) mæglich ist, sofern nur solche Makromolekçle vorhanden sind, aus denen die Struktur letztlich besteht. 1955 zeigten Heinz Fraenkel-Conrat und Robley Williams von der University of California, Berkeley, dass TMV-Partikel ± lange RNA-Molekçle (etwa 6600 Nucleotide), die jeweils innerhalb einer helicalen Kapsel aus 2130 identischen Proteinuntereinheiten eine Helix bilden (Abb. 1.20) ± dazu fåhig sind. Bei ihren Experimenten reinigten sie separat RNA und Proteine des TMV, mischten diese unter geeigneten Bedingungen zusammen und erhielten nach einer kurzen Inkubationszeit fertige infektiæse Partikel. Obwohl in den letzten Jahren umstritten war, in welcher Reihenfolge sich die Ereignisse abspielen, ist man sich çberwiegend einig darçber, dass die beiden Bestandteile såmtliche Informationen fçr die Bildung der Partikel enthalten. Ribosomen bestehen wie TMV-Partikel aus RNA und Proteinen. Im Gegensatz zu dem einfacheren TMV enthalten Ribosomen allerdings mehrere unterschiedliche RNA-Typen sowie eine græûere Anzahl unterschiedlicher Proteine. Alle Ribosomen bestehen ± unabhångig davon, aus welcher Zelle sie stammen ± aus zwei verschieden groûen Untereinheiten. Obwohl die ribosomalen Untereinheiten in Zeichnungen oft symmetrisch dargestellt werden, sind sie in Wirklichkeit hæchst unregelmåûig geformt, wie man in Abb. 2.55 sehen kann. Die groûe (oder 50S) ribosomale Untereinheit von Bakterien besteht aus zwei Molekçlen RNA und ungefåhr 32 verschiedenen Proteinen. Die kleine (oder 30S) ribosomale Untereinheit enthålt nur ein RNA-Molekçl sowie 21 verschiedene Proteine. Welche Struktur und Funktion Ribosomen haben, wird ausfçhrlich in Kap. 11.6 erærtert. Es war ein Meilenstein in der Ribosomen-Forschung, als es Masayasu Nomura und seinen Mitarbeitern an der University of Wisconsin Mitte der 1960er Jahre gelang, vollståndige voll funktionsfåhige 30S-Untereinheiten neu zusammenzusetzen, indem sie die 21 gereinigten Proteine der kleinen Untereinheit mit gereinigter ribosomaler RNA fçr die kleine Untereinheit mischten. Offenbar besitzen die Bestandteile der kleinen Untereinheit såmtliche Informationen darçber, wie die gesamte Partikel zusammenge-
setzt wird. Eine Analyse der Zwischenprodukte, die wåhrend der Wiederherstellung gebildet werden, deutet darauf hin, dass die Untereinheit Schritt fçr Schritt in einer Weise zusammenbaut wird, die der stark åhnelt. Zumindest eines der Proteine der kleinen Untereinheit (S16) scheint nur fçr den Zusammenbau des Ribosoms zuståndig zu sein. Entfernt man dieses Protein aus dem Rekonstitutionsgemisch, so wird der Zusammenbau zwar stark verlangsamt, aber die Bildung voll funktionsfåhiger Ribosomen nicht unterbunden. Im nåchsten Jahrzehnt gelang es, die groûe Untereinheit des bakteriellen Ribosoms zu rekonstituieren. Man darf dabei jedoch nicht vergessen, dass es ungefåhr zwei Stunden dauert, bis das Ribosom bei 50 8C fertig ist, wåhrend das Bakterium dieselbe Struktur bei einer Temperatur von nur 10 8C in nur wenigen Minuten zusammensetzt. Eventuell benutzt das Bakterium etwas, das dem Forscher, der von gereinigten Bestandteilen ausgeht, nicht zur Verfçgung steht. Am Zusammenbau des Ribosoms innerhalb der Zelle sind mæglicherweise weitere Faktoren beteiligt, die wie etwa die Chaperone, die in der Rubrik ¹Experimentelle Verfahrenª beschrieben werden, die Proteinfaltung unterstçtzen. Tatsåchlich mçssen fçr die Bildung von Ribosomen in einer % Zelle vorçbergehend viele Proteine miteinander assoziiert sein, die in der endgçltigen Partikel nicht mehr benætigt werden; auûerdem muss ungefåhr die Hålfte der Nucleotide der groûen ribosomalen Vorlåufer-RNA entfernt werden (Abb. 11.3). Daher fehlt den Bestandteilen der reifen eukaryotischen Ribosomen die Information, mit der sie sich wieder aus sich selbst heraus formieren kænnen.
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Experimentelle Verfahren
Chaperone helfen Proteinen, sich richtig zu falten 1962 berichtete F.M. Ritossa, ein italienischer Biologe, der die Entwicklung der Taufliege untersuchte, von einem sonderbaren Befund.1 Als er die Temperatur, bei der sich Taufliegenlarven entwickeln, von den çblichen 25 8C auf 32 8C anhob, wurde eine Reihe neuer Stellen auf den Riesenchromosomen der Larvenzellen aktiviert. Wie wir noch in Kap. 10 sehen werden, liefern die Riesenchromosomen dieser Insektenlarven einen visuellen Beweis fçr die Genexpression (Abb. 10.8). Die Ergebnisse deuteten darauf hin, dass durch die Temperaturerhæhung die Expression neuer Gene induziert wurde, ein Befund, der ein Jahrzehnt spåter durch die Charakterisierung verschiedener Proteine beståtigt wurde, die in den Larven nach einer Temperaturerhæhung auftraten.2 Man fand schnell heraus, dass diese so genannte 2 $ nicht nur bei Taufliegen auftritt, sondern in vielen verschiedenen Zellen von praktisch jeder Art von Organismus ausgelæst werden kann ± von Bakterien bis zu Pflanzen und Tieren. Eine genauere Ûberprçfung ergab, dass man die Proteine, die wåhrend der Reaktion gebildet wurden, nicht nur in den mit einem Hitzeschock behandelten Zellen fand, sondern geringere Konzentration davon auch in Zellen unter normalen Bedingungen. Welche Funktion haben diese 2 $ 32 4? Diese Frage wurde mithilfe einer Reihe von Untersuchungen beantwortet, die scheinbar nichts miteinander zu tun hatten. Wie wir in Kap. 2.6.1 gesehen haben, kænnen sich einige komplexe Strukturen mit mehreren Untereinheiten ± etwa ein bakterielles Ribosom oder ein Tabakmosaikviruspartikel ± aus gereinigten Untereinheiten von sich aus wieder neu formieren. In den 1960er Jahren konnte man zeigen, dass die Proteine, aus denen Bakteriophagen (Abb. 1.21 c) bestehen, ebenfalls eine erstaunliche Fåhigkeit zur Selbstmontage besitzen, dass sie aber in der Regel nicht in der Lage sind, von sich aus einen komplexen aktiven Viruspartikel zu bilden. Experimente zum Zusammenbau von Phagen in Bakterienzellen haben beståtigt, dass Phagen dafçr die Hilfe von Bakterien benætigen. 1973 zeigte sich beispielsweise, dass ein bestimmter mutierter Bakterienstamm namens % beim Zusammenbau normaler Pha-
gen nicht helfen konnte. Je nach Phagentyp wurde entweder der Kopf oder Schwanz des Phagen falsch zusammengesetzt.3,4 Diese Studien sprachen dafçr, dass ein vom Bakterienchromosom codiertes Protein am Zusammenbau der Phagen beteiligt ist, obwohl dieses Wirtsprotein in den endgçltigen Phagenpartikeln fehlt. Da es offenbar nicht zur Unterstçtzung beim Phagenaufbau diente, musste das fçr den Phagenaufbau erforderliche bakterielle Protein irgendeine Rolle bei der normalen Zellaktivitåt spielen ± welche genau blieb allerdings unklar. Weitere Untersuchungen zeigten, dass der %-Locus im bakteriellen Chromosom in Wirklichkeit aus zwei verschiedenen Genen besteht: %, und %, die die beiden Proteine GroEL und GroES codieren. Unter dem Elektronenmikroskop zeigte sich, dass das gereinigte GroEL-Protein eine zylindrische Form besitzt und aus zwei runden Scheiben aufgebaut ist. Jede Scheibe besteht aus sieben Untereinheiten, die symmetrisch um die zentrale Achse herum angeordnet sind (Abb. 1).5,6 Mehrere Jahre spåter ergab eine Untersuchung an Erbsen, dass es in Chloroplasten von Pflanzen ein åhnliches Protein gibt, das den Zusammenbau unterstçtzt.7 Rubisco ist ein groûes Protein in Chloroplasten, das die Reaktion katalysiert, bei der aus der Atmosphåre
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aufgenommene CO2-Molekçle im Rahmen der Photosynthese kovalent mit organischen Molekçlen verbunden werden (Kap. 6.6). Rubisco besteht aus 16 Untereinheiten: acht kleinen Untereinheiten (Molekulargewicht 14 000) und acht groûen Untereinheiten (Molekulargewicht 55 000). Man fand heraus, dass groûe RubiscoUntereinheiten, die innerhalb des Chloroplasten synthetisiert werden, nicht frei vorkommen, sondern mit einem riesigen Proteinkomplex aus identischen Untereinheiten mit einem Molekulargewicht von 60 000 assoziiert sind. In ihrem Artikel erærterten die Wissenschaftler die Mæglichkeit, dass der Komplex aus der groûen Rubisco-Untereinheit und dem 60 000-Polypeptid ein Zwischenprodukt beim Zusammenbau eines vollståndigen Rubisco-Molekçls sein kænnte. Parallele Forschungsarbeiten an Såugerzellen haben ebenfalls ergeben, dass es Proteine gibt, die den Zusammenbau von Proteinen mit mehreren Untereinheiten færdern. Wie Rubisco bestehen auch Antikærper aus einem Komplex von zwei verschiedenen Typen von Untereinheiten: kleineren leichten und græûeren schweren Ketten. Die schweren Ketten eines Antikærperkomplexes verhalten sich genauso wie die groûen Untereinheiten von Rubisco, die mit einem anderen Protein assoziiert werden, das man nachher im Komplex nicht mehr findet.8 Dieses Protein, das mit neu synthetisierten schweren Ketten assoziiert ist, aber nicht mit schweren Ketten, die bereits an leichte Ketten gebunden sind, wurde als 7 oder BiP bezeichnet. BiP hat, wie sich spåter zeigte, ein Molekulargewicht von 70 000. Bisher haben wir zwei Forschungsrichtungen kennen gelernt: eine, die sich der Hitzeschockreaktion widmete, und die andere, die sich mit Proteinen befasste, die den Proteinzusammenbau færdern. Diese beiden Gebiete wurden 1986 vereinigt, als man zeigen konnte, dass eines der Proteine, das eine ganz wichtige Rolle bei der Hitzeschockreaktion spielt und das wegen seines Molekulargewichts 2 $
@A 32 @A4 genannt wurde, identisch ist mit BiP, dem Protein, das am Zusammenbau der Antikærper beteiligt ist.9 Bereits vor der Entdeckung der Hitzeschockreaktion wusste man, dass die Proteinstruktur temperaturempfindlich ist und dass bereits eine geringe Temperaturerhæhung ausreicht, dass diese empfindlichen Molekçle ihre Faltung verlieren. Durch diesen Prozess gelangen hydrophobe Reste, die vorher im Inneren des Proteins verborgen waren, nach auûen. Ge-
nauso wie Fettmolekçle in einer Suppenschçssel zu einem Fettauge verschmelzen, ergeht es auch Proteinen mit hydrophoben Anteilen auf ihrer Oberflåche. Daher werden, wenn eine Zelle einem Hitzeschock ausgesetzt wird, læsliche Proteine denaturiert und bilden Aggregate. 1985 zeigte eine Arbeit, dass neu synthetisierte hsp70-Molekçle nach einer Temperaturerhæhung in Zellkerne eindringen, sich dort an die Aggregate von Kernproteinen heften und dann die Aggregate wie molekulare Stemmeisen auflæsen.10 Wegen ihrer Rolle als Helfer beim Zusammenbau von Proteinen, bei denen sie unerwçnschte Wechselwirkungen unterbinden, bezeichnet man hsp70 und verwandte Molekçle als + .11 Es zeigte sich bald, dass das bakterielle Hitzeschockprotein GroEL und das Protein fçr den Zusammenbau von Rubisco in Pflanzen homologe Proteine sind. Genauer gesagt befinden sich in beiden Proteinen an fast der Hålfte aller çber 500 Reste des jeweiligen Molekçls dieselben Aminosåuren.12 Aufgrund der Tatsache, dass die beiden Proteine, die beide zur 2 BA+ gehæren, so viele identische Aminosåuren haben, wird deutlich, dass sie in den beiden Zelltypen åhnliche essentielle Funktionen haben. Aber welche? Damals glaubte man, dass ihre Hauptfunktion darin bestçnde, den Zusammenbau von Komplexen mit mehreren Untereinheiten wie etwa Bakteriophagen oder Rubisco zu ermæglichen. Diese Sichtweise ånderte sich aufgrund von Experimenten, bei denen molekulare Chaperone in Mitochondrien untersucht wurden. Es war bekannt, dass neu im Cytosol synthetisierte mitochondriale Proteine die åuûeren Mitochondrienmembranen in einer entfalteten, ausgestreckten monomeren Form durchqueren mçssen. Man fand eine Mutante, welche die Aktivitåt eines anderen Mitglieds der Hsp60-Chaperonfamilie ånderte, die sich in Mitochondrien befand. In Zellen, die dieses mutierte Chaperon enthielten, konnten Proteine, die in die Mitochondrien transportiert worden waren, nicht ihre aktive Form annehmen.13 Selbst Proteine, die nur aus einer einzigen Polypeptidkette bestehen, konnten nicht ihre native Konformation einnehmen. Diese Befunde haben die Auffassung von der Funktion der Chaperone von Grund auf veråndert: Heute glaubt man nicht mehr, dass sie den Zusammenbau bereits gefalteter Untereinheiten in græûere Komplexe færdern, sondern ist der Ansicht, dass sie die Polypeptidketten bei ihrer Faltung unterstçtzen.
Die Bildung komplexer makromolekularer Strukturen
Die Befunde dieser und anderer Untersuchungen zeigten, dass in Zellen mindestens zwei græûere Familien molekular Chaperone vorhanden sind: die Hsp70-Chaperone wie BiP sowie die Hsp60-Chaperone wie Hsp60, GroEL und das Rubisco-assembly-Protein (die auch als + bezeichnet werden). Wir wollen uns auf die Hsp60-Chaperonine wie GroEL konzentrieren, die am besten untersuchen sind. Wie 1979 erstmals deutlich wurde, ist GroEL ein riesiger molekularer Komplex aus 14 Polypeptid-Untereinheiten, die in zwei aufeinander gestapelten Ringen angeordnet sind.5,6 15 Jahre nach diesen ersten elektronenmikroskopischen Aufnahmen wurde die dreidimensionale Struktur des GroEL-Komplexes mithilfe einer Ræntgenstrukturanalyse ermittelt.14 Die Untersuchung zeigte, dass sich mitten im GroEL-Zylinder ein Hohlraum befindet. Spåtere Studien zeigten, dass dieser Hohlraum aus zwei getrennten Kammern besteht, jeweils eine an jedem Ende des Komplexes. Jede Kammer befindet sich im Zentrum eines der Ringe des GroEL-Komplexes und ist groû genug, um ein Polypeptid aufzunehmen, das sich gerade faltet. Aufgrund elektronenmikroskopischer Untersuchungen wissen wir auch etwas çber die Funktion eines zweiten Proteins, GroES, das mit GroEL wechselwirkt. Wie GroEL ist auch GroES ein ringfærmiges Protein mit sieben Untereinheiten, die symmetrisch um eine zentrale Achse herum angeordnet sind. GroES besteht allerdings nur aus einem Ring, und seine Unter-
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einheiten sind viel kleiner (Molekulargewicht 10 000) als die von GroEL (Molekulargewicht 60 000). GroES bildet eine Kappe oder Kuppel, die oben auf eines der beiden Enden eines GroEL-Zylinders passt (Abb. 2). Wenn sich GroES an ein Ende von GroEL heftet, fçhrt das zu einer drastischen Konformationsånderung des GroEL-Proteins, durch die sich das Volumen der Kammer im Innern an diesem Ende des Komplexes deutlich vergræûert.15 Wie wichtig diese Konformationsånderung ist, haben erstaunlich deutlich Ræntgenstrukturanalysen aus den Labors von Arthur Horwich und Paul Sigler an der Yale University offenbart.16 Wie in Abb. 3 zu sehen ist, ist die Bin-
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dung der GroES-Kappe mit einer Drehung der apikalen (roten) Domåne der Untereinheiten, aus denen der GroEL-Ring am Ende des GroELZylinders besteht, um 608 verbunden. Durch die Anheftung von GroES wird mehr als nur eine Konformationsånderung ausgelæst, durch die die GroEL-Kammer vergræûert wird. Vor der Anheftung von GroES ragen aus der Wand der GroEL-Kammer hydrophobe Reste, die der Wand einen hydrophoben Charakter verleihen. Nichtnative Polypeptide besitzen ebenfalls auf ihrer Auûenseite hydrophobe Reste, wåhrend diese bei nativen Polypeptiden im Innern verborgen sind. Weil hydrophobe Oberflåchen leicht Wechselwirkungen eingehen, bleibt die Oberflåche nichtnativer Polypeptide an der hydrophoben Auskleidung der GroEL-Kammer hången. Durch die Bindung von GroES an GroEL werden die hydrophoben Reste der GroELWand verdeckt und eine Reihe polarer Reste freigelegt, wodurch sich der Charakter der Kammerwand åndert. Durch diese Verånderung wird ein nichtnatives Polypeptid, das çber hydrophobe Wechselwirkungen mit der GroELWand verbunden war, in den freien Raum der Kammer abgedrångt. Wenn sich das Polypeptid
von der Kammerwand gelæst hat, kann es in diesem beschçtzten Raum seine richtige Konformation annehmen. Nach etwa 15 Sekunden trennt sich die GroES-Kappe vom GroEL-Ring und das Polypeptid wird aus der Kammer geschleudert. Hat das Polypeptid zu diesem Zeitpunkt noch nicht seine native Konformation erreicht, kann es erneut an dasselbe oder ein anderes GroEL binden ± und der Prozess beginnt von vorne. Ein Modell, das einige Schritte veranschaulicht, zu denen es vermutlich bei der von GroEL und GroES gefærderten Faltung kommt, findet man in Abb. 4. In einer Bakterienzelle kænnen Hunderte verschiedener Proteine mit GroEL wechselwirken.17 Wie ist es mæglich, dass ein Chaperon so viele verschiedene Polypeptide bindet? Die GroELBindungsstelle besitzt eine hydrophobe Oberflåche, die groûenteils aus zwei -Helices der apikalen Domåne besteht. Diese Domåne kann praktisch an jede Sequenz mit hydrophoben Resten binden, die bei einem teilweise oder vollkommen falsch gefalteten Polypeptid noch nicht verborgen sind.18 Wenn man die Kristallstruktur des ungebundenen GroEL-Molekçls mit der des GroEL-Molekçls vergleicht, das an meh-
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Die Bildung komplexer makromolekularer Strukturen
rere unterschiedliche Peptide gebunden ist, zeigt sich, dass die Bindungsstelle in der apikalen Domåne einer GroEL-Untereinheit ihre Position danach ausrichten kann, an welche Partner sie gebunden ist. Dieser Befund belegt, dass die Bindungsstelle eine strukturelle Flexibilitåt besitzt, die es ihr ermæglicht, ihre Form der des jeweiligen Polypeptid anzupassen, mit dem es wechselwirken muss. Wir halten Proteine fçr hochspezialisierte Molekçle mit einem enormen Einfluss auf nur sehr wenige Ereignisse. Die meisten Enzyme beispielsweise kænnen die Reaktionsgeschwindigkeit enorm beschleunigen ± aber nur bei einer oder nur wenigen verwandten Reaktionen. GroEL dagegen kann ein breites Spektrum unterschiedlicher Proteine bei seiner Faltung unterstçtzen, was ihm den Namen ¹Faltungsmaschine fçr viele, aber Meister von keinemª eingetragen hat.19 Nach dieser Vorstellung ist die GroEL-GroES-Struktur ein ¹Kompromissª, der es dem Chaperonin ermæglicht, vielen verschiedenen Proteinen in einem gewissem Ausmaû zu helfen, ohne irgendein Protein wesentlich unterstçtzen zu kænnen. Diese Vorstellung zum GroEL-GroES-Komplex wird durch eine Untersuchung untermauert, in der mithilfe der Oligonucleotidmutagenese ein kritischer Rest, Tyr71 in GroES, veråndert wurde, dessen Seitenkette aus der Decke der Faltungskammer herausragt.20 Wegen seines aromatischen Rings ist Tyrosin leicht hydrophob (Abb. 2.26). Wird Tyr 71 durch eine positiv oder negativ geladene Aminosåure ersetzt, kann diese GroEL-GroESVariante besser die Faltung eines spezifischen fremden Polypeptids, des grçn fluoreszierenden Proteins (GFP), unterstçtzen. Tyr71-Substitutionen, die diese Fåhigkeit verbessern, sorgen allerdings gleichzeitig dafçr, dass das Chaperonin seinen natçrlichen Substraten nicht so gut bei der Faltung helfen kann. Je stårker somit das Chaperonin auf eine Wechselwirkungen mit GFP spezialisiert ist, desto mehr verliert es seine generelle Fåhigkeit, Proteinen bei der Faltung zu assistieren, die eine andere Struktur aufweisen. Aufgrund dieses Befundes kann man vermuten, dass einzelne Aminosåuren in der Wand der Faltungskammer auf irgendeine Weise an der Faltung beteiligt sind. Mit anderen Worten: Chaperonine machen mehr, als nur eine passive Kammer zu bilden, in der sich Proteine ungestært falten kænnen. Man sollte daran denken, dass Chaperone keine Informationen çber den Faltungsprozess çbermitteln, sondern Proteine daran hindern,
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ihre normale Faltungsweise aufzugeben und sich falsch zu falten oder Aggregate zu bilden. Es hat sich bewahrheitet, was Anfinsen vor Jahrzehnten entdeckt hat: Mit der Aminosåuresequenz ist die dreidimensionale Proteinstruktur vorgegeben. Literatur 1. Ritossa F (1962) A new puffing pattern induced by temperature shock and DNP in Drosophila. Experentia 18:571±573 2. Tissieres A, Mitchell HK, Tracy UM (1974) Protein synthesis in salivary glands of Drosophila melanogaster: Relation to chromosomal puffs. J Mol Biol 84:389±398 3. Sternberg N (1973) Properties of a mutant of Escherichia coli defective in bacteriophage lambda head formation (groE). J Mol Biol 76:1±23 4. Georgopoulos CP et al (1973) Host participation in bacteriophage lambda head assembly. J Mol Biol 76:45±60 5. Hohn T et al (1979) Isolation and characterization of the host protein groE involved in bacteriophage lambda assembly. J Mol Biol 129:359±373 6. Hendrix RW (1979) Purification and properties of groE, a host protein involved in bacteriophage assembly. J Mol Biol 129: 375±392 7. Barraclough R, Ellis RJ (1980) Protein synthesis in chloroplasts. IX Biochim Biophys Acta 608:19±31 8. Haas IG, Wabl M (1983) Immunoglobulin heavy chain binding protein. Nature 306:387±389 9. Munro S, Pelham HRB (1986) An Hsp70-like protein in the ER: Identity with the 78 kD glucose-regulated protein and immunoglobin heavy chain binding protein. Cell 46:291±300 10. Lewis MJ, Pelham HRB (1985) Involvement of ATP in the nuclear and nucleolar functions of the 70kD heat-shock protein. EMBO J 4:3137±3143 11. Ellis J (1987) Proteins as molecular chaperones. Nature 328:378±379 12. Hemmingsen SM et al (1988) Homologous plant and bacterial proteins chaperone oligomeric protein assembly. Nature 333:330±334 13. Cheng MY et al (1989). Mitochondrial heat-shock protein Hsp60 is essential for assembly of proteins imported into yeast mitochondria. Nature 337:620±625 14. Braig K et al (1994) The crystal structure of the bacterial chaperonin GroEL at 2.8A. Nature 371:578±586 15. Chen S et al (1994) Location of a folding protein and shape changes in GroEL-GroES complexes. Nature 371:261±264 16. Xu Z, Horwich AL. Sigler PB (1997) The crystal structure of the asymmetric GroEL-GroES-(ADP)7 chaperonin complex. Nature 388:741±750 17. Houry WA et al (1999) Identification of in vivo substrates of the chaperonin GroEL. Nature 402:147±154 18. Chen l, Sigler P (1999). The crystal structure of a GroEL/peptide complex: plasticity as a basis for substrate diversity. Cell 99:757±768 19. Erbse A et al (2003) A folding machine for many but a master of none. Nature Struct Biol 10:84±86 20. Wang JD et al (2002) Directed evolution of substrateoptimized GroEL/S chaperonins. Cell 111:1027±1039
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Zusammenfassung C 9 7 ' $
. Kovalente Bindungen sorgen fçr stabile Beziehungen, die sich herausbilden, wenn sich Atome ihre Elektronen auf der åuûeren Schale teilen und so jedes seine Schale auffçllen kann. Kovalente Bindungen kænnen Einfach-, Doppeloder Dreifachbindungen sein, je nachdem, wie viele Elektronenpaare sich die Atome teilen. Wenn die Elektronen zwischen den an der Bindung beteiligten Atomen nicht exakt aufgeteilt werden, trågt das Atom mit der græûeren Anziehungskraft (das stårker elektronegative Atom) eine partiell negative Ladung, wåhrend das andere Atom eine teilweise positive Ladung aufweist. Molekçle ohne polare Bindungen haben einen unpolaren oder hydrophoben Charakter und sind daher wasserunlæslich. Molekçle mit polarisierten Bindungen haben einen polaren oder hydrophilen Charakter, wodurch sie sich im Wasser læsen. Biologisch wichtige polare Molekçle enthalten ein oder mehrere elektronegative Atome, normalerweise O, N, S oder P (Kap. 2.1). ) 9 7 9 ' $ 1 $'
9 9 7 $' $' . Nichtkovalente Bindungen sind entscheidend fçr den Strukturerhalt biologischer Molekçle und fçr die Vermittlung ihrer dynamischen Aktivitåten. Zu den nichtkovalenten Bindungen gehæren Ionenbindungen, Wasserstoffbrçcken und vander-Waals-Kråfte. Ionenbindungen bilden sich zwischen positiv und negativ geladenen Gruppen; Wasserstoffbrçcken bilden sich zwischen einem kovalent gebundenen Wasserstoffatom (das eine partiell positive Ladung trågt) und einem kovalent gebundenen Stickstoff- oder Sauerstoffatom (mit einer partiell negativen Ladung); van-der-Waals-Kråfte bilden sich zwischen zwei Atomen, die aufgrund einer vorçbergehenden asymmetrischen Elektronenverteilung zeitweise geladen sind. Unpolare Molekçle oder unpolare Anteile græûerer Molekçle assoziieren in wåssrigem Milieu håufig miteinander und bilden hydrophobe Wechselwirkungen. Zu diesen verschiedenen Typen nichtkovalenter Wechselwirkungen gehæren die Assoziation von DNA und Proteine çber Ionenbindungen, die Assoziation zweier DNAStrånge çber Wasserstoffbrçcken sowie die
Bildung des hydrophoben Kerns læslicher Proteine aufgrund von hydrophoben Wechselwirkungen und von van-der-Waals-Kråften (Kap. 2.1.1). 8 $ #
0 Die kovalenten Bindungen eines Wassermolekçls sind stark polarisiert. Daher ist Wasser ein ausgezeichnetes Læsungsmittel, das praktisch mit allen polaren Molekçlen Wasserstoffbrçcken bilden kann. Wasser bestimmt aber auch wesentlich sowohl die Struktur biologischer Molekçle als auch die Arten von Wechselwirkungen, die sie eingehen kænnen. Der pH-Wert einer Læsung ist ein Maû fçr ihre Wasserstoffionenkonzentration. Die meisten biologischen Prozesse sind sehr empfindlich gegençber dem pH-Wert, weil Verånderungen in der Wasserstoffionenkonzentration sich auf das Ausmaû der Ionisierung der biologischen Molekçle auswirken. Zellen werden durch Puffer ± Verbindungen, die mit Wasserstoff- oder Hydroxylionen reagieren ± vor Schwankungen des pH-Wertes bewahrt (Kap. 2.2.4). $ 7 . Jedes Kohlenstoffatom kann an bis zu vier andere Atome binden ± auch an andere Kohlenstoffatome. Aufgrund dieser Eigenschaft kænnen sich groûe Molekçle bilden, deren Gerçst aus einer Kette von Kohlenstoffatomen besteht. Molekçle, die nur aus Wasserstoff und Kohlenstoff bestehen, nennt man Kohlenwasserstoffe. Die meisten biologisch wichtigen Molekçle enthalten funktionelle Gruppen mit einem oder mehreren elektronegativen Atomen, durch die das Molekçl polarer, leichter wasserlæslich und reaktiver wird (Kap. 2.4). # 9 9 :
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0 Kohlenhydrate dienen vor allem als Speicher chemischer Energie und als belastbares Baumaterial fçr biologische Strukturen. Einfache biologische Zucker bestehen aus einem Gerçst von drei bis sieben Kohlenstoffatomen, von denen jedes mit einer Hydroxylgruppe verknçpft ist ± bis auf eines, das eine Carbonylgruppe trågt. Zucker mit fçnf oder mehr Kohlenstoffatomen bilden durch eine intramolekulare Reaktion ein ringfærmiges Molekçl.
Zusammenfassung
Aufgrund dieser Kohlenstoffatome im Zuckergerçst, die mit vier verschiedenen Gruppen verbunden sind, kommt es zur Ausbildung von Stereoisomeren ± einem Paar von Isomeren, die man nicht zur Deckung bringen kann. Anhand des asymmetrischen Kohlenstoffatoms, das am weitesten von der Carbonylgruppe entfernt ist, entscheidet sich, ob es sich um einen d- oder l-Zucker handelt. Zucker werden çber glycosidische Bindungen miteinander zu Disacchariden, Oligosacchariden oder Polysacchariden verbunden. Tiere speichern Zucker vor allem als verzweigtes Polysaccharid Glycogen ± eine schnell verfçgbare Energiequelle. Pflanzen speichern Glucosereserven in Form von Stårke, einer Mischung aus unverzweigter Amylose und verzweigtem Amylopectin. Die meisten Zucker in Glycogen und Stårke sind çber eine (1 ? 4) Bindung miteinander verbunden. Cellulose, ein strukturelles Polysaccharid und wichtiger Zellwandbestandteil, wird von Pflanzenzellen gebildet. Die Glucosemonomere in der Cellulose sind çber (1 ? 4)-Bindungen miteinander verbunden, die von Cellulase gespalten werden, einem Enzym, das Tiere nicht besitzen. Chitin ist ein strukturelles Polysaccharid, das aus )-Acetylglucosamin-Monomeren besteht (Kap. 2.5). 8 9 1
% & & . Fette bestehen aus einem Glycerinmolekçl, das mit drei Fettsåuren verestert ist. Fettsåuren unterscheiden sich in ihrer Kettenlånge sowie der Anzahl und Position ihrer Doppelbindungen (ungesåttigte Bindungen). Fette enthalten sehr viel chemische Energie; ein Gramm Fett enthålt mehr als doppelt soviel Energie wie ein Gramm eines Kohlenhydrats. Steroide sind eine Lipidgruppe mit einem charakteristischen Kohlenwasserstoffgerçst aus vier Ringen. Zu den Steroiden gehæren Cholesterin sowie zahlreiche Hormone (beispielsweise Testosteron, Ústrogen und Progesteron), die vom Cholesterin abgeleitet sind. Phospholipide sind Lipidmolekçle, die Phosphatgruppen enthalten und ein hydrophobes und ein hydrophiles Ende haben; sie sind von zentraler Bedeutung fçr die Struktur und Funktion von Zellmembranen (Kap. 2.5.2). / " 9 1 " / $ /% 9 0 Das vielfåltige Proteinspektrum umfasst Enzyme,
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Strukturelemente, Membranrezeptoren, Steuerungsfaktoren fçr Gene, Hormone, Transportmolekçle und Antikærper. In welcher Reihenfolge die 20 verschiedenen Aminosåuren zu einem Protein zusammengesetzt werden, ist in der Nucleotidsequenz der DNA festgelegt. Alle 20 Aminosåuren haben eine gemeinsame Struktur, die aus einem -Kohlenstoff besteht, der mit einer Aminogruppe, einer Carboxylgruppe sowie mit unterschiedlichen Seitenketten verbunden ist. Es gibt vier Typen von Seitenketten: Solche, die bei einem physiologischen pH-Wert geladen sind; solche, die polar, aber ungeladen sind und Wasserstoffbrçcken bilden kænnen; solche, die unpolar sind und mithilfe von van-der-WaalsKråften wechselwirken; ferner die drei Aminosåuren Prolin, Cystein und Glycin, die ganz spezielle Eigenschaften besitzen (Kap. 2.5.3). & / 9 9 # $ - 1 0 Die Aminosåuresequenz eines Polypeptids bestimmt die Primårstruktur; die dreidimensionale Struktur (Konformation) der Abschnitte des Polypeptidgerçsts entspricht der Sekundårstruktur; aus der Konformation des gesamten Polypeptids ergibt sich die Tertiårstruktur; und, wenn ein Protein aus mehr als einer Polypeptidkette besteht, ergibt sich aus der Anordnung der Untereinheiten die Quartårstruktur. Die -Helix und das -Faltblatt, stabile Sekundårstrukturen mit der maximalen Anzahl an Wasserstoffbrçcken, findet man in vielen Proteinen. Die Tertiårstruktur eines Proteins ist åuûerst komplex und einzigartig bei jedem der verschiedenen Proteintypen. Die meisten Proteine sind insgesamt kugelfærmig, wobei das Polypeptid eine kompakte Form annimmt, in der sich bestimmte Reste an strategisch wichtigen Stellen befinden, damit das Protein seine spezifische Aufgabe erfçllen kann. Die meisten Proteine bestehen aus zwei oder mehr Domånen, die voneinander strukturell und funktionell unabhångig sind. Mithilfe der Oligonucleotidmutagenese, bei der bestimmte Nucleotide ausgetauscht werden, kænnen Wissenschaftler herausfinden, welche Rolle bestimmte Aminosåurereste spielen. In den letzten Jahren ist das neue Gebiet der Proteomik entstanden, bei der mithilfe moderner Technologien wie der Massenspektrometrie und åuûerst schnellen Rechnern verschiedene Eigenschaften einer groûen Anzahl von Proteinen untersucht werden. So wurden beispielsweise die verschiedenen Wechselwirkungen zwischen allen etwa 6000 im Hefe-
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Die chemischen Grundlagen des Lebens
genom codierten Proteinen im groûen Maûstab analysiert (Kap. 2.5.3). 6 " " /% 9 " / 1 0 Einige Proteine kænnen von sich aus ihre endgçltige Konformation annehmen, andere benætigen die Hilfe unspezifischer Chaperone, die verhindern, dass partiell gefaltete Zwischenprodukte Aggregate bilden (Kap. 2.5.3). ) 1 1 6 " &1 9 ) 0 Jedes Nucleotid eines Strangs besteht aus einem Zucker, einem Phosphat und einer stickstoffhaltigen Base. Die Nucleotide werden çber Bindungen zwi-
schen der 3'-Hydroxylgruppe des Zuckers des einen Nucleotids und der 5'-Phosphatgruppe des benachbarten Nucleotids verknçpft. Sowohl RNA als auch DNA bestehen aus vier verschiedenen Nucleotidbausteinen; man unterscheidet die Nucleotide anhand ihrer Basen, die entweder ein Pyrimidin (Cytosin oder Uracil/Thymin) oder Purin (Adenin oder Guanin) sein kænnen. DNA ist eine doppelstrångige Nucleinsåure. RNA ist generell einzelstrångig, obwohl der Einzelstrang oft an sich selbst zurçckgefaltet ist und daher doppelstrångige Bereiche aufweist. Die Information der Nucleinsåure ist in der spezifischen Nucleotidsequenz codiert, aus der ein Strang besteht (Kap. 2.5.4).
Zur Selbstçberprçfung 1. Es kommt zu einer Sichelzellanåmie, wenn eine Glutaminsåure durch ein Valin ersetzt wird. Was wçrde passieren, wenn durch die Mutation ein Leucin an diese Stelle tråte? Oder eine Asparaginsåure? 2. Welche der Aminosåuren Glycin, Isoleucin und Lysin wçrde sich wahrscheinlich in einer sauren wåssrigen Læsung am besten læsen? Welche am schlechtesten? 3. Wie viele Strukturisomere kann ein Molekçl mit der Formel C5H12 bilden? Oder mit der Formel C4H8? 4. Glyceraldehyd ist die einzige Aldotetrose mit drei Kohlenstoffatomen; es gibt zwei Stereoisomere dieses Molekçls. Welche Struktur hat Dihydroxyaceton, die einzige Ketotriose? Wie viele Stereoisomere gibt es davon? 5. Bakterien veråndern bekanntlich die Fettsåuretypen, die sie synthetisieren, wenn sich die Temperatur in ihrer Umgebung åndert. Welche Arten von Verånderungen erwarten Sie in Fettsåuren, wenn die Temperatur sinkt? Warum wçrde das fçr ihre Anpassungsfåhigkeit sprechen? 6. Geben Sie an, wo sich im Polypeptidgerçst ±C±C±N±C±C±N±C±C±NH2 die -Kohlenstoffatome befinden. 7. Welche der folgenden Behauptungen sind wahr? Wenn man den pH-Wert einer Læsung erhæht, (1) verhindert man die Dissoziation einer Carbonsåure, (2) wird eine
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Aminogruppe stårker geladen, (3) erhæht sich die Dissoziation einer Carbonsåure, (4) verringert man die Ladung einer Aminogruppe. In welcher der vier Aminosåuregruppen kænnen die Seitenketten die meisten Wasserstoffbrçcken bilden? Welche Gruppe hat das græûte Potenzial, Ionenbindungen zu bilden? Hydrophobe Wechselwirkungen? Wenn die drei Enzyme des Pyruvat-Dehydrogenase-Komplexes isoliert wåren und keinen Komplex bilden wçrden, wie wçrde sich das auf die Geschwindigkeit der durch diese Enzyme katalysierten Reaktionen auswirken? Stimmen Sie der Behauptung zu, dass weder Ribonuclease noch Myoglobin eine Quartårstruktur haben? Warum oder warum nicht? Wie viele verschiedene Tripeptide kann es geben? Wie viele Carboxylenden haben die Polypeptidketten eines Håmoglobin-Molekçls? Sie haben ein Pentapeptid mit vier Glycinresten und einem Lysinrest isoliert, der sich am C-Terminus des Peptids befindet. Beantworten Sie mithilfe der Informationen aus der Legende zu Abb. 2.27 folgende Frage: Welche Struktur hat das Peptid bei pH 7, wenn der pK-Wert der Seitenkette des Lysins bei 10 und der pK-Wert der endståndigen Carboxylgruppe bei 4 liegt? Welche Struktur hat es bei pH 12?
Weiterfçhrende Literatur
13. Die Seitenketten der Glutaminsåure (pK 4,3) und Arginin (pK 12,5) kænnen unter bestimmten Bedingungen eine Ionenbindung eingehen. Zeichnen Sie die relevanten Anteile der Seitenketten und geben Sie an, ob bei den folgenden pH-Werten Ionenbindungen gebildet werden kænnen oder nicht: (1) pH 4; (2) pH 7; (3) pH 12; (4) pH 13. 14. Kann eine hochkonzentrierte Salzlæsung Ribonuclease denaturieren? Warum oder warum nicht? 15. Wie Sie der Rubrik ¹Aus Sicht des Menschenª entnommen haben, kænnen (1) Mutationen im -)-Gen die Wahrscheinlichkeit erhæhen, dass ein Polypeptid die PrPSc-Konformation annimmt und somit eine CJD auslæst, und kann (2) die Aufnahme des PrPSc-Prions zu einer Infektion fçhren, die ebenfalls CJD verursacht. Wie låsst sich das Auftreten seltener sporadischer CJD-Fålle bei Personen erklåren, die keine entsprechende genetische Veranlagung haben? 16. Ein Einwand von Wissenschaftlern, die bei Prionenerkrankungen nicht an die ¹$ $ ª-Hypothese glauben, ist der, dass
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die Menschen am håufigsten zwischen 50 und 60 Jahren und nicht spåter an CJD erkranken. Warum gibt es ± unter Berçcksichtigung Ihrer Antwort auf die vorige Frage ± einen Zusammenhang zwischen dem Alter der Patienten und der zugrunde liegenden Krankheitsursache? 17. Wie wir in Kap. 2.5.4 gesehen haben, haben sich in der Evolution Proteinfamilien entwickelt, die aus verwandten Molekçlen mit åhnlichen Funktionen bestehen. Man kennt auch einige Beispiele, in denen Proteine mit sehr åhnlichen Funktionen Primår- und Tertiårstrukturen haben, die keinerlei Anzeichen einer evolutionåren Verwandtschaft aufweisen. Subtilisin und Trypsin beispielsweise, zwei Enzyme, die Proteine spalten (Proteasen), zeigen keinerlei Anzeichen einer Homologie ± bis auf die Tatsache, dass sie ihre Substrate auf dieselbe Weise angreifen. Wie låsst sich diese Ûbereinstimmung erklåren? 18. Stimmen Sie der Behauptung zu, dass viele verschiedene Aminosåuresequenzen im Grunde dieselbe Tertiårstruktur haben kænnen? Welche Tatsachen sprechen fçr diese These?
2.7 Erweitern sie Ihr Verståndnis, indem sie Karps Weiterfçhrende Literatur Internetseite www.wiley.com/college/karp
Internetseite ¹Zell- und Molekularbiologieª besuchen. Dort finden Sie ' die gestellten $ & , , die schwierige Sachverhalte und Begriffe verdeutlichen, , die Ihnen bei Prçfungsvorbereitungen helfen, sowie 8 zu interessanten Seiten im Netz. Zusåtzlich zu der Literaturliste unten kann man auf der Internetseite auch noch ' 8 finden.
Allgemeine Biochemie Berg JM, Stryer L, Tymoczko JL (2003) Biochemie. Spektrum, Heidelberg Nelson DL et al (2000) Lehninger Principles of Biochemistry, 3rd ed. Freeman & Worth, New York Voet D, Voet JG (2004) Biochemistry 4. Ausg., 2 Bd. Wiley & Sons, New York
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Die chemischen Grundlagen des Lebens
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Bioenergetik, Enzyme und Stoffwechsel
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3.1 Bioenergetik 3.2 Enzyme, die biologischen Katalysatoren 3.3 Stoffwechsel Aus Sicht des Menschen: Das wachsende Problem der Antibiotikaresistenz
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Die Wechselbeziehung zwischen Struktur und Funktion zeigt sich auf allen Ebenen biologischer Organisation ± man findet sie bei den Molekçlen ebenso wie bei den Organismen. Wie wir im letzten Kapitel gesehen haben, besitzen die Proteine eine komplizierte dreidimensionale Struktur, die davon abhångt, dass sich die einzelnen Aminosåurereste genau an der richtigen Position befinden. In diesem Kapitel werden wir uns der groûen Proteingruppe der Enzyme zuwenden und betrachten, wie sie aufgrund ihrer komplexen Architektur die Geschwindigkeit bio-
logischer Reaktionen drastisch erhæhen kænnen. Um zu verstehen, wie Enzyme solche Leistungen vollbringen kænnen, muss man sich den Energiefluss beim Ablauf einer chemischen Reaktion vor Augen fçhren, was uns zum Thema Thermodynamik bringt. Ein kurzer Ûberblick çber die Prinzipien der Thermodynamik trågt ebenfalls dazu bei, viele Zellprozesse wie die Wanderung von Ionen durch Membranen, die Synthese von Makromolekçlen und den Aufbau cytoskelettaler Netzwerke zu erklåren, die in diesem und in den folgenden Kapiteln erærtert werden. Wie wir
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Bioenergetik, Enzyme und Stoffwechsel
noch sehen werden, låsst die thermodynamische Analyse eines Systems sofort erkennen, ob Ereignisse spontan ablaufen kænnen, und gibt uns, falls das nicht der Fall ist, ein Maû dafçr, wie viel Energie eine Zelle aufbringen muss, damit der Prozess ablaufen kann. Im letzten Abschnitt dieses Kapitels werden wir darauf eingehen, wie aus einzelnen chemischen Reaktionen ganze Stoffwechselwege entstehen und wie die Energieund Grundstoffzufuhr durch bestimmte Stoffwechselwege gesteuert werden kann.
3.1 Bioenergetik In einer lebenden Zelle ist immer etwas los. In ihr werden beispielsweise alle mæglichen Makromolekçle aus Rohmaterialien zusammengesetzt, es fallen Abfallprodukte an, die ausgeschieden werden, genetische Informationen werden vom Zellkern ins Cytoplasma transportiert, Vesikel vom Golgi-Apparat zur Plasmamembran geschleust und Ionen durch Zellmembranen gepumpt. Um all diese Aktivitåten auf Dauer durchfçhren zu kænnen, verbraucht eine Zelle Energie, mit der sie versorgt werden muss. Die Wissenschaft von den verschiedenen Arten der Energieumwandlung in Lebewesen bezeichnet man als 7 . 3.1.1 Die Gesetze der Thermodynamik und der Begriff der Entropie Als # definiert man die Fåhigkeit, Arbeit zu leisten, d. h. etwas zu åndern oder zu bewegen. ! % ist die Lehre von den
Energieverånderungen, die mit Ereignissen im Universum verbunden sind. Auf den folgenden Seiten werden wir uns auf eine Reihe von Begriffen konzentrieren, mit denen sich vorhersagen låsst, welche Richtung Ereignisse einschlagen und ob noch zusåtzlich Energie benætigt wird oder nicht, damit das betreffende Ereignis stattfinden kann. Mit thermodynamischen Messungen låsst sich allerdings nicht feststellen, wie schnell ein bestimmter Prozess ablåuft oder mithilfe welcher spezifischen Mechanismen eine Zelle den Prozess durchfçhrt. E0 2
$ ! % E0 2
$ ! % ist das Gesetz der Energieerhaltung. Es besagt, dass Energie weder erzeugt noch vernichtet werden kann. Energie kann jedoch von einer Form in eine andere ' werden. Wenn wir eine elektrische Uhr an die Steckdose anschlieûen, wird elektrische Energie in mechanische Energie verwandelt (Abb. 3.1 a), und wenn in einem Ofen Heizæl verbrannt wird, wird chemische Energie in thermische Energie umgewandelt. Zellen kænnen ebenfalls Energie umwandeln. Wie wir noch in spåteren Kapiteln erærtern werden, wird die in bestimmten biologischen Molekçlen wie ATP gespeicherte chemische Energie n in mechanische Energie umgewandelt, wenn sich Organellen von einem Platz in der Zelle an einen anderen bewegen, n in elektrische Energie umgewandelt, wenn Ionen durch eine Membran flieûen, n in thermische Energie umgewandelt, wenn bei der Kontraktion einer Muskelzelle Wårme entsteht (Abb. 3.1 b).
n Abb. 3.1 a±c. ' a 4 ' " b 4'
" c 4' .
Bioenergetik
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n Abb. 3.2 a, b. &
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Die wichtigste Energieumwandlung in der Welt der Biologie ist die Umwandlung von Sonnenlicht in chemische Energie, der Prozess der Photosynthese, bei dem die Energie gewonnen wird, die direkt oder indirekt die Aktivitåten fast aller Lebensformen ermæglicht.1 Eine Reihe von Tieren wie Glçhwçrmchen und Laternenfische kann chemische Energie wieder in Licht verwandeln (Abb. 3.1 c). Unabhångig vom Umwandlungsprozess bleibt allerdings die Gesamtmenge an Energie im Universum konstant. Um Energieumwandlungen im Bereich der Materie zu beschreiben, mçssen wir das Universum in zwei Bereiche aufteilen: Das &% , das untersucht wird, sowie das çbrige Universum, das wir als bezeichnen. Man kann unterschiedlich definieren, was ein System ist: Es kann ein bestimmter Raum im Universum oder eine bestimmte Menge Materie sein. So kann beispielsweise eine lebende Zelle ein System sein. Die Energieverånderungen, zu denen es wåhrend eines Ereignisses in einem System kommt, manifestieren sich auf zweierlei Weise: als eine Verånderung des Wårmegehalts eines Systems oder als Verrichtung von Arbeit. Das System verliert oder gewinnt zwar unter Um-
stånden Energie, doch nach dem 1. Hauptsatz der Thermodynamik muss dies durch einen entsprechenden Gewinn oder Verlust in der Umgebung ausgeglichen werden, so dass die Energiemenge im Universum konstant bleibt. Die Energie des Systems wird als # (E4 bezeichnet, deren Verånderung bei einer Umwandlung als D (Delta ) bezeichnet wird. Man kann den 1. Hauptsatz der Thermodynamik mit der Gleichung D = 0 ± 1 beschreiben, wobei 0 die Wårmeenergie und 1 die Arbeitsenergie ist. Je nachdem, um welchen Prozess es sich handelt, kann die innere Energie des Systems am Ende græûer, gleich oder geringer als zu Beginn sein; das hångt davon ab, in welcher Beziehung das System zu seiner Umgebung steht (Abb. 3.2). Mit anderen Worten: D kann positiv, Null oder negativ sein. Stellen Sie sich als System den Inhalt eines Reaktionsgefåûes vor. Solange sich der Druck oder das Volumen des Inhalts nicht åndert, hat weder das System an seiner Umgebung gearbeitet, also etwas veråndert oder bewegt, noch umgekehrt. In diesem Fall ist die innere Energie, wenn Wårme absorbiert wurde, græûer bzw., wenn Wårme freigesetzt wurde, geringer als zu Beginn. Reaktionen, bei denen Wårme freigesetzt wird, bezeichnet man als - , solche, bei denen Wårme aufgenommen wird, als ; beide Reaktionstypen sind sehr håufig. Weil D fçr eine bestimmte Reaktion positiv oder negativ sein kann, kænnen wir daraus
1 Von einigen Gemeinschaften von Organismen weiû man, dass sie von der Photosynthese unabhångig sind. Dazu zåhlen Gemeinschaften, die in den Schwarzen Rauchern am Boden des Meeresbodens leben und ihren Energiebedarf durch bakterielle Chemosynthese decken.
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Bioenergetik, Enzyme und Stoffwechsel
nicht ablesen, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein bestimmtes Ereignis eintritt. Um herauszufinden, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Umwandlung erfolgt, mçssen wir einige weitere Begriffe einfçhren. Der 2. Hauptsatz der Thermodynamik Der 2. Hauptsatz der Thermodynamik besagt, dass Ereignisse im Universum eine Richtung haben. Sie neigen dazu, ¹abwårtsª von einem energiereicheren zu einem energieårmeren Zustand zu verlaufen. Daher nimmt die Energie, die fçr die Verrichtung zusåtzlicher Arbeit zur Verfçgung steht, bei einer Energieumwandlung ab. Felsen fallen von Klippen herunter auf den Erdboden und kænnen dort nur noch sehr eingeschrånkt zusåtzliche Arbeit verrichten; es ist sehr unwahrscheinlich, dass sie aus eigener Kraft wieder nach oben auf die Klippen zurçckkehren. Genauso ziehen sich entgegengesetzte Ladungen normalerweise an und stoûen sich nicht ab, oder Wårme stræmt von einem wårmeren zu einem kålteren Kærper und nicht umgekehrt. Man sagt, solche Ereignisse erfolgen spontan, ein Ausdruck, der besagt, dass sie thermodynamisch gçnstig sind und ohne Energiezufuhr von auûen ablaufen. Der 2. Hauptsatz der Thermodynamik war ursprçnglich fçr Wårmemaschinen konzipiert. Der Hauptsatz beinhaltet die Vorstellung, dass es thermodynamisch unmæglich ist, ein Perpetuum mobile zu konstruieren. Mit anderen Worten: Eine Maschine kann nicht 100%ig effizient sein, was nætig wåre, damit sie ohne zusåtzliche Energie immer weiter låuft. Ein gewisser Anteil der Energie geht unwiederbringlich verloren, wenn die Maschine arbeitet. Øhnliches gilt auch fçr Lebewesen. Wenn beispielsweise eine Giraffe an den Blåttern eines Baumes knabbert oder ein Læwe eine Giraffe verzehrt, bleibt der græûte Teil der chemischen Nahrungsenergie fçr das Tier, das frisst, unerreichbar. Die verfçgbare Energie nimmt im Verlauf eines Prozesses ab, weil das Universum bei jeder Energieçbertragung zu verstårkter Zufålligkeit oder Unordnung hin tendiert. Diese Zunahme der Unordnung misst man mit dem Begriff der Entropie, und der Verlust an verfçgbarer Energie wird als D ausgedrçckt, wobei D der zwischen dem Anfangs- und Endzustand erfolgten Ønderung in der Entropie entspricht. Entropie ist mit den zufålligen Bewegungen von Materiepartikeln verbunden, mit denen, weil sie zufållig sind, keine gerichtete Arbeit geleistet werden kann. Dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik zufolge nimmt bei jedem Ereignis die Entropie im Universum zu. Wenn man beispielsweise ei-
nen Zuckerwçrfel in eine Tasse mit heiûen Wasser wirft, gehen die Molekçle spontan aus einem geordneten Zustand im Kristall in einen viel ungeordneteren Zustand çber, bei dem sich die Zuckermolekçle çberall in der Læsung verteilen (Abb. 3.3 a). Wenn sich die Molekçle des Zuckerwçrfels in der Flçssigkeit læsen, nimmt sowohl ihre Bewegungsfreiheit als auch die Entropie des Systems zu. Der Wechsel aus einem geordneten in einen ungeordneten Zustand beruht auf der Molekularbewegung. Die Zuckermolekçle verteilen sich letztlich gleichmåûig im verfçgbaren Raum, weil der Zustand einer gleichmåûigen Verteilung am wahrscheinlichsten ist.
n Abb. 3.3 a, b. Ereignisse gehen mit einer Zunahme der Entropie im Universum einher. a Ein Zuckerwçrfel besteht aus einer hochgradig strukturierten Anordnung von Saccharose-Molekçlen, bei denen die Bewegungsfreiheit der einzelnen Molekçle eingeschrånkt ist. Wenn sich der Wçrfel auflæst, erhæht sich die Bewegungsfreiheit der einzelnen Molekçle erheblich, und sie verteilen sich aufgrund ihrer ungerichteten Bewegung gleichmåûig im gesamten verfçgbaren Raum. Sobald das eingetreten ist, gibt es keine weiteren Tendenzen zur Umkehr dieser Verteilung mehr, und das System befindet sich in einem Zustand hæchster Entropie. b Zufållig in einer Læsung verteilte Zuckermolekçle kænnen wieder einen geordneten Zustand annehmen ± allerdings nur, wenn sich die Entropie der Umgebung erhæht, wozu es kommt, wenn die Wassermolekçle von dem geordneteren Zustand, den sie in der wåssrigen Phase aufweisen, durch Verdunsten in einen ungeordneteren Zustand çbergehen
Ein weiteres Beispiel fçr eine Zunahme der Entropie ist die Freisetzung von Wårme; dazu kommt es beispielsweise innerhalb der Zelle bei der Oxidation von Glucose oder aufgrund der Reibung, die entsteht, wenn Blut durch ein Gefåû flieût. Wenn Lebewesen thermische Energie freisetzen, erhæht sich die Geschwindigkeit der ungerichteten Bewegung der Atome und Molekçle; diese Energie kann nicht zur Verrichtung zusåtzlicher Arbeit umgeleitet werden. Da die Energie der molekularen und atomaren Bewegungen mit der Temperatur steigt, erhæht sich auch die Entropie. Nur am absoluten Nullpunkt (±273 8C), wenn såmtliche Bewegungen erstarren, ist die Entropie gleich Null. Wie bei anderen spontanen Ereignissen mçssen wir zwischen dem System und seiner Umgebung unterscheiden. Der 2. Hauptsatz der Thermodynamik besagt nur, dass die Gesamtentropie im Universum zunimmt. In einem Teil des Universums (dem System) kann dagegen die Unordnung auf Kosten seiner Umgebung abnehmen. So kann etwa beim gelæsten Zucker die Entropie abnehmen, wenn er durch Verdunstung des Wasser erneut kristallisiert (Abb. 3.3 b). Infolgedessen nimmt dann allerdings die Entropie in der Umgebung zu. Die erhæhte Bewegungsfreiheit der Wassermolekçle in der Gasphase gleicht den Freiheitsverlust der Molekçle in den Zuckerkristallen mehr als aus. Das Leben funktioniert nach einem åhnlichen Prinzip. Lebewesen kænnen ihre eigene Entropie senken, indem sie die Entropie in ihrer Umgebung erhæhen. Die Entropie in einem Organismus sinkt, wenn etwa in einer Muskelzelle aus relativ einfachen Molekçlen wie Aminosåuren komplexere Molekçle wie das Protein Myoglobin entstehen. Dafçr muss dann die Entropie in der Umgebung steigen; dies wird dadurch erreicht, dass komplexe, geordnete Molekçle wie das in der Leber oder dem Muskelgewebe gespeicherte Glycogen in Wårme umgewandelt werden und kleinere, weniger geordnete Verbindungen (wie CO2 und H2O) in die Umwelt freigesetzt werden. Aufgrund dieser Eigenschaft ihres Stoffwechsels gelingt es den Lebewesen, zumindest vorçbergehend einen so hochgeordneten und unwahrscheinlichen Zustand aufrechtzuerhalten. Ein anderes Maû fçr den Energiezustand eines Lebewesens ist der Informationsgehalt seiner Makromolekçle. Was Information ist, ist schwer zu definieren, aber leicht zu erkennen. Als Maû fçr die Information kann man den Organisationsgrad nehmen, in dem die Untereinheiten einer Struktur angeordnet sind. Wåhrend beispielsweise Proteine und Nucleinsåuren mit ihrer spezifischen hochgradig geordneten linearen Ab-
Bioenergetik
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folge von Untereinheiten nur wenig Entropie enthalten, ist ihr Informationsgehalt hoch. Um diesen Zustand aufrechterhalten zu kænnen, muss Energie aufgewandt werden. Greifen wir nur mal ein DNA-Molekçl in einer Leberzelle heraus. Diese Zelle hat Dutzende verschiedener Proteine, deren einzige Aufgabe darin besteht, an der DNA entlang zu patrouillieren, um nach Schåden Ausschau zu halten und diese zu reparieren (ausfçhrliche Erærterung in Kap. 13.2). Die Nucleotide einer aktiven Zelle kænnen so schwer geschådigt werden, dass der Informationsgehalt der DNA ohne den Energieaufwand schnell sinken wçrde. Wie bereits in ¹Aus Sicht des Menschenª in Kap. 2.1.2 erærtert wurde, haben diejenigen Organismen, welche die unausweichliche Entropiezunahme besser aufhalten kænnen, eine hæhere Lebenserwartung. 3.1.2 Freie Enthalpie Zusammen besagen der 1. und 2. Hauptsatz der Thermodynamik, dass die Energie im Universum konstant ist, aber die Entropie unaufhærlich zunimmt und einem Maximum entgegenstrebt. 1878 hatte der amerikanische Chemiker J. Willard Gibbs die Aussagen der ersten beiden Hauptsåtze zusammengefasst und mit der Gleichung D3 = D%+2D ausgedrçckt, wobei D% (Delta G) die Ønderung der Freien Enthalpie ist ± d. h. die im Laufe eines Prozesses auftretende Verånderung in der Energie, die zur Verrichtung von Arbeit zur Verfçgung steht; D3 entspricht der Verånderung der # oder des Gesamtenergiegehalts des Systems (fçr unsere Zwecke gleichzusetzen mit D), 2 ist die absolute Temperatur (K = 8C+273), und DS die Entropieånderung des Systems. Die Gleichung besagt, dass sich die Verånderung in der Gesamtenergie zusammensetzt aus der Summe der Verånderungen, die sich bei der fçr die Arbeit einsetzbaren Energie (D%) sowie bei der nicht fçr weitere Arbeit verfçgbaren Energie (2D) ergeben. Wenn man die Gleichung umstellt ± D% = D3± 2D 4, liefert sie ein Maû fçr die Spontaneitåt eines bestimmten Prozesses. Damit kann man vorhersagen, in welche Richtung und bis zu welchem Ausmaû ein Prozess verlaufen wird. Bei allen Energieumwandlungen muss D% negativ sein; d. h. der Prozess muss sich in Richtung eines Zustands geringerer Freier Enthalpie bewegen. Wie groû D% ist, sagt etwas darçber aus, wie viel Energie maximal noch fçr einen weiteren Prozess zur Verfçgung steht, låsst aber nicht erkennen, wie schnell der Prozess ablåuft. Prozesse, die spontan ablaufen kænnen, d. h. Pro-
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Bioenergetik, Enzyme und Stoffwechsel
zesse, die thermodynamisch begçnstigt sind (und ein ±D% aufweisen), bezeichnet man als -. Ein Prozess mit einem positiven D% kann dagegen nicht spontan ablaufen. Solche Vorgånge sind thermodynamisch ungçnstig und werden als bezeichnet. Wie wir noch sehen werden, kann man auch erreichen, dass Reaktionen, die normalerweise endergon sind, ablaufen, indem man sie mit Prozessen koppelt, bei denen Energie freigesetzt wird. D3 und D kænnen je nachdem, in welcher Beziehung System und Umgebung zueinander stehen, fçr eine bestimmte Umwandlung positiv oder negativ sein. (D3 ist positiv, wenn das System Wårme aufnimmt, und negativ, wenn Wårme verloren geht; D ist positiv, wenn die Unordnung im System zunimmt, und negativ, wenn es stårker geordnet wird.) Das Wechselspiel zwischen D3 und D låsst sich am besten an der Umwandlung von Eis in Wasser zeigen. Der Ûbergang des Wassers vom flçssigen in den festen Zustand ist mit einer Abnahme der Entropie (D ist negativ, s. Abb. 3.4) und der Enthalpie
(D3 ist negativ) verbunden. Damit es zu dieser Umwandlung kommt (d. h., damit D% negativ wird), muss D3 negativer sein als 2D ± was nur unter 0 8C mæglich ist. Diese Beziehung kann man in Tabelle 3.1 ablesen, in der jeweils die Werte fçr die verschiedenen Parameter angegeben sind, wenn ein Mol Wasser bei 10 8C, 0 8C oder ±10 8C in Eis umgewandelt wird. In såmtlichen Fållen hat Eis unabhångig von der Temperatur weniger Energie als die Flçssigkeit (D3 ist negativ). Bei der hæheren Temperatur ist jedoch der Entropie-Term in der Gleichung (2D) negativer als der Term fçr die Enthalpie; daher ist die Ønderung der Freien Enthalpie positiv, weshalb der Prozess spontan nicht ablåuft. Bei 0 8C befindet sich das System im Gleichgewicht; bei ±10 8C ist der Gefrierprozess bevorzugt, d. h. D% ist negativ. .1 # Nachdem wir jetzt einen allgemeinen Begriff von der Freien Enthalpie gewonnen haben, kænnen wir unser Wissen auf chemische Reaktionen in der Zelle anwenden. Alle chemischen Reaktionen in der Zelle sind reversibel; daher mçssen wir zwei Reaktionen berçcksichtigen, die gleichzeitig ablaufen: eine vorwårts und die andere rçckwårts. Nach dem Massenwirkungsgesetz ist die Geschwindigkeit einer Reaktion proportional zur Konzentration ihrer Reaktionspartner. Betrachten Sie beispielsweise folgende hypothetische Reaktion: A+B > C+D
n Abb. 3.4. G G
" " ' G
& ' '
" ' " ' " ' % +K 2 I" # F# ;
1
Die Geschwindigkeit der Hinreaktion ist direkt proportional zum Reaktionsprodukt der molaren Konzentrationen von A und B. Man kann die Geschwindigkeit der Hinreaktion mit 1[A][B] ausdrçcken, wobei 1 eine Geschwindigkeitskonstante der Hinreaktion ist. Die Geschwindigkeit der Rçckreaktion ist gleich 2[C][D]. Alle chemischen Reaktionen steuern ± wenn auch langsam ± auf einen Gleichgewichtszustand zu, d. h. auf einen Punkt, an dem die Geschwindigkeit der Hinreaktion der der Rçckreaktion ent-
n Tabelle 3.1. , I &
4' ( G
, + 881 D + F 1
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spricht. Im Gleichgewichtszustand werden pro Zeiteinheit genauso viele Molekçle A und B in die Molekçle C und D umgewandelt wie umgekehrt. Daher gilt im Gleichgewichtszustand 1[A][B] = 2[C][D] was man auch folgendermaûen schreiben kann 1/2 = [C][D]/[A][B] Das bedeutet: Im Gleichgewichtszustand kann man das Verhåltnis der Konzentration der Reaktionsprodukte zur Konzentration der Reaktionsteilnehmer berechnen. Dieses Verhåltnis, 1/2, bezeichnet man als : ' Keq (mitunter auch nur K). Mithilfe der Gleichgewichtskonstanten kann man vorhersagen, welche Reaktionsrichtung (vor- oder rçckwårts) unter bestimmten Bedingungen begçnstigt ist. Nehmen wir beispielsweise an, wir untersuchen die obige Reaktion und haben gerade die vier Substanzen (A, B, C, D) zusammengemischt, so dass jede zu Beginn mit einer Konzentration von 0,5 M vorliegt. [C][D]/[A][B] = [0,5][0,5]/[0,5][0,5] = 1 In welche Richtung die Reaktion verlåuft, hångt von der Gleichgewichtskonstanten ab. Wenn 5 6 græûer als 1 ist, werden in der Reaktion eher die Produkte C und D als A und B gebildet. Wenn beispielsweise 5 6 = 9,0 ist, dann haben die Reaktionsteilnehmer und Reaktionsprodukte im Gleichgewicht bei diesem speziellen Reaktionsansatz eine Konzentration von 0,25 beziehungsweise 0,75 M. [C][D]/[A][B] = [0,75][0,75]/[0,25][0,25] = 9 Wenn dagegen 5 6 kleiner als 1 ist, wird statt der Hinreaktion verstårkt die Rçckreaktion ablaufen, so dass die Konzentrationen von A und B auf Kosten der von C und D steigen. Daraus folgt, dass die Richtung, in der die Reaktion insgesamt in irgendeinem Augenblick verlåuft, von den relativen Konzentrationen der beteiligten Molekçle abhångt und berechnet werden kann, wenn 5 6 bekannt ist. Wir wollen zum Thema Energetik zurçckkehren. Das Verhåltnis der Reaktionsteilnehmer zu den Reaktionsprodukten im Gleichgewichtszustand wird durch die Menge an Freier Enthalpie bestimmt, welche die Reaktionsteilnehmer gegençber den Reaktionsprodukten besitzen. Solange die gesamte Freie Enthalpie der Reaktionsteilnehmer græûer ist als die gesamte Freie En-
Bioenergetik
55D
thalpie der Reaktionsprodukte, ist D% negativ und es entstehen in der Reaktion die Reaktionsprodukte. Je græûer D% ist, desto weiter ist die Reaktion vom Gleichgewichtszustand entfernt und desto mehr Arbeit kann das System leisten. Wenn die Reaktion weiterlåuft, nimmt der Unterschied an Freier Enthalpie zwischen den Reaktionsteilnehmern und Reaktionsprodukten solange ab (D% wird weniger negativ), bis er im Gleichgewichtszustand verschwunden ist (D% = 0) und keine Arbeit mehr geleistet werden kann. Weil D% fçr eine bestimmte Reaktion vom Reaktionsansatz zu einem bestimmte Zeitpunkt abhångt, eignet sich dieser Term nicht, um die Energetik verschiedener Reaktionen miteinander zu vergleichen. Um Reaktionen vergleichen und verschiedene Arten von Berechnungen anstellen zu kænnen, hat man die Konvention getroffen, wonach entscheidend ist, wie stark sich die Freie Enthalpie bei einer Reaktion unter einer Reihe von & åndert. Fçr biochemische Reaktionen hat man als Bedingungen willkçrlich eine Temperatur von 25 8C und einen Druck von 101,3 kPa festgelegt sowie eine Konzentration von 1,0 M fçr alle Reaktionsteilnehmer und Reaktionsprodukte ± bis auf Wasser, fçr das eine Konzentration von 55,6 M, und H+, fçr das eine Konzentration von 10±7 (pH 7,0) angenommen wird.2 Die G & 3D%8'4 zeigt an, wie viel Freie Enthalpie freigesetzt wird, wenn aus Reaktionsteilnehmern unter Standardbedingungen Reaktionsprodukte entstehen. Weil aber, wie man weiû, in der Zelle keine Standardbedingungen herrschen, muss man vorsichtig sein, wenn man die Werte fçr die Unterschiede in der freien Standardenthalpie zur Berechnung der Energetik der Zelle heranzieht. Fçr die Beziehung zwischen der Gleichgewichtskonstanten und der Ønderung der freien Standardenthalpie gilt: D%8' = ±-2 ln 5'eq Wenn man den natçrlichen Logarithmus (ln) in log 10 umwandelt, ergibt sich D%8' = ±2,303-2 log 5'eq
2 D%8' gilt fçr die Standardbedingungen bei pH 7, wåhrend D%8 fçr Standardbedingungen bei 1,0 M H+ (pH 0,0) gilt. Die Bezeichnung 5'eq bedeutet ebenfalls, dass die Reaktion bei pH 7 ablåuft.
55H
Bioenergetik, Enzyme und Stoffwechsel
n 9abelle 3.2. ! !' D)8' '' M :D 88 '' M
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50
wobei - die Gaskonstante (1,987 cal/mol´K) und 2 die absolute Temperatur (298 K) ist.3 Erinnern wir uns daran, dass der log von 1,0 Null ist. Daher ergibt sich aus der obigen Gleichung, dass Reaktionen mit einer Gleichgewichtskonstanten von çber 1,0 negative D%8'-Werte haben, was darauf hinweist, dass sie unter & spontan ablaufen kænnen. Reaktionen mit Gleichgewichtskonstanten von unter 1 haben positive D%8'-Werte und kænnen unter Standardbedingungen nicht spontan ablaufen. Mit anderen Worten: Wenn bei der folgenden Reaktion A+B > C+D D%8' negativ ist, verlåuft die Reaktion nach rechts, wenn die Reaktionsteilnehmer und -produkte bei pH 7 in einer Konzentration von 1,0 M vorliegen. Je negativer der Wert ist, desto weiter schreitet die Reaktion in diese Rich-
3
Die rechte Seite der Gleichung gibt an, wie viel Freie Enthalpie verloren geht, wenn die Reaktion von den Standardbedingungen auf den Gleichgewichtszustand zustrebt.
tung fort, bis der Gleichgewichtszustand erreicht ist. Unter denselben Bedingungen verlåuft die Reaktion nach links, wenn D%8' positiv ist; in diesem Fall ist dann die Rçckreaktion begçnstigt. Welche Beziehung zwischen D%8' und 5'eq besteht, zeigt Tabelle 3.2. G # &' Eine der wichtigsten chemischen Reaktionen in der Zelle ist die Hydrolyse von ATP (Abb. 3.5). In der Reaktion ATP+H2O ? ADP+Pi åndert sich die freie Standardenthalpie zwischen den Reaktionsprodukten und Reaktionsteilnehmern um ±7,3 kcal/mol. Daher ist klar, dass die ATP-Hydrolyse unter Standardbedingungen stark begçnstigt (exergon) ist; d. h. die Reaktion besitzt im Gleichgewicht ein hohes [ADP]/[ATP]Verhåltnis. Es gibt mehrere Grçnde, warum diese Reaktion so favorisiert ist; einer davon wird in Abb. 3.5 deutlich. Die elektrostatische Abstoûung durch die vier eng benachbarten negativen Ladungen in ATP4± wird durch die Bildung von ADP3± etwas abgeschwåcht. Es ist wichtig, sich den Unterschied zwischen D% und D%8' klar zu machen. D%8' ist ein feststehender Wert fçr eine bestimmte Reaktion, der die Richtung angibt, in der diese Reaktion ablåuft, wenn im System Standardbedingungen herrschen wçrden. Da aber in einer Zelle nie Standardbedingungen herrschen, eignen sich die
n Abb. 3.5. ,#9I I ( # !
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D%8'-Werte nicht, um vorherzusagen, in welche Richtung eine bestimmte Reaktion in einem bestimmten Moment in einem bestimmten Zellkompartiment ablåuft. Dafçr muss man D% kennen, das von den zu der Zeit herrschenden Konzentrationen der Reaktionsteilnehmer und Reaktionsprodukte abhångt. Bei 25 8C gilt D% = D%8'+2,303 -2 log [C][D]/[A][B] D% = D%8'+2,303 (1,987 cal/mol´K) ´ (298 K) log [C][D]/[A][B] D% = D%8'+(1,4 kcal/mol) log [C][D]/[A][B] wobei [A], [B], [C] und [D] die aktuellen Konzentrationen sind. Aus der Berechnung von D% geht hervor, in welcher Richtung die Reaktion in der Zelle ablåuft und wie weit sich die bestimmte fragliche Reaktion dem Gleichgewichtszustand nåhert. Typische zellulåre Konzentrationen von Reaktionsteilnehmern und Reaktionsprodukten bei der ATP-Hydrolyse sind etwa [ATP] = 10 mM; [ADP] = 1 mM; [Pi] = 10mM. Setzt man diese Werte in die Gleichung ein, so ergibt sich: D% = D%8'+2,303-2 log [ADP][Pi]/[ATP] D% = ±7,3 kcal/mol+(1,4 kcal/mol) log ´ [10±3][10±2]/[10±2] D% = ±7,3 kcal/mol+(1,4 kcal/mol) (±3) D% = ±11,5 kcal/mol (oder ±46,2 kJ/mol) Obwohl der D%8'-Wert fçr die ATP-Hydrolyse ±7,3 kcal/mol betrågt, liegt der typische D%Wert fçr diese Reaktion in der Zelle bei etwa ±12 kcal/mol, weil in der Zelle immer ein hohes [ADP]/[ATP]-Verhåltnis vorliegt. In Zellen laufen viele Reaktionen mit positiven D%8'-Werten ab, weil das Konzentrationsverhåltnis von Reaktionsteilnehmern und Reaktionsprodukten den Ablauf der Reaktionen begçnstigt. Das kann auf zweierlei Weise erreicht werden. An der ersten zeigt sich, wie wichtig der Unterschied zwischen D% und D%8' ist, und die zweite låsst erkennen, wie die Zufuhr gespeicherter chemischer Energie dafçr sorgt, dass Reaktionen mit positiven D%8'-Werten in der Zelle stattfinden kænnen. Betrachten wir die Glycolyse (Abb. 3.23), in welcher Dihydroxyacetonphosphat in Glycerinaldehyd-3-Phosphat umgewandelt wird. Obwohl der D%8'-Wert fçr diese Reaktion bei +1,8 kcal/ mol liegt, wird das Reaktionsprodukt in der Zelle gebildet. Die Reaktion låuft ab, weil das Verhåltnis von Reaktionsteilnehmern zu Reaktionsprodukten durch andere Zellreaktionen auf ei-
Bioenergetik
55A
nem Wert gehalten wird, der oberhalb des Wertes liegt, den die Gleichgewichtskonstante vorgibt. Solange das der Fall ist, bleibt D% negativ, und die Reaktion verlåuft spontan unter Bildung von Glycerinaldehyd-3-Phosphat ab. Daran zeigt sich eine wichtige Eigenschaft des Zellstoffwechsels: Einzelne Reaktionen kænnen nicht isoliert betrachtet werden, als liefen sie gesondert in einem Reaktionsgefåû ab. In der Zelle finden Hunderte von Reaktionen gleichzeitig statt. Und sie hången alle zusammen, weil das Reaktionsprodukt der einen Reaktion zum Substrat der nåchsten Reaktion in der Reaktionsfolge wird; und so geht es den gesamten Stoffwechselweg entlang und dann weiter zum nåchsten. Um zu gewåhrleisten, dass auf Kosten von Dihydroxyacetonphosphat Glycerinaldehyd-3-Phosphat gebildet wird, findet die Reaktion an einer Stelle im Stoffwechselweg statt, an der das Reaktionsprodukt von der nåchsten Reaktion in der Reaktionskette schnell genug abgefangen wird; dadurch bleibt das Konzentrationsverhåltnis der beiden Molekçle zueinander unveråndert gçnstig. - Reaktionen mit stark positiven D%8'-Werten werden in der Regel durch Zufuhr von Energie ermæglicht. Nehmen wir zum Beispiel die Bildung der Aminosåure Glutamin aus der Glutaminsåure durch das Enzym Glutaminsynthetase: Glutaminsåure+NH3 ? Glutamin D%8' = +3,4 kcal/mol Diese endergone Reaktion findet in der Zelle statt, weil Glutaminsåure in Wirklichkeit durch zwei nacheinander verlaufende exergone Reaktionen in Glutamin umgewandelt wird: 1. Reaktion: 2. Reaktion:
Glutaminsåure +ATP ? Glutamylphosphat +ADP Glutamylphosphat +NH3 ? Glutamin+Pi
Gesamtreaktion: Glutaminsåure+ATP+NH3 ? Glutamin+ADP +Pi D%8' = ±3,9 kcal/mol Die Glutaminsynthese ist, wie man sagt, an die ATP-Hydrolyse . Solange die Differenz zwischen dem negativen D% fçr die ATP-Hydrolyse und dem positiven D% fçr die Glutaminsynthese aus Glutaminsåure negativ ist, kann mit der ¹bergabª verlaufenden ATP-Hydrolyse die ¹bergaufª verlaufende Synthese von Glutamin
55E
Bioenergetik, Enzyme und Stoffwechsel
ermæglicht werden. Um die beiden chemischen Reaktionen miteinander zu koppeln, wird aus dem Produkt der ersten Reaktion das Substrat der zweiten. Die beiden Reaktionen werden durch ein
' miteinander verbunden ± in diesem Fall durch Glutamylphosphat. Im Prinzip handelt es sich dabei um die exergone Hydrolyse von ATP, die allerdings in zwei Schritten erfolgt. Im ersten Schritt wird auf die Glutaminsåure eine Phosphatgruppe çbertragen, die dann im zweiten Schritt durch NH3 ersetzt wird. Aufgrund der ATP-Hydrolyse kænnen in der Zelle Reaktionen ablaufen, die zur Bildung von Molekçlen wie Glutamin fçhren, weil die ATPKonzentration im Verhåltnis zur ADP-Konzentration auf einem viel hæheren Niveau als im Gleichgewichtszustand gehalten wird. Das kann man anhand folgender Berechnungen zeigen. Wie bereits erwåhnt, liegt die Konzentration von Pi in der Zelle in der Regel bei 10 mM. Um unter diesen Bedingungen das [ADP]/[ATP]-Verhåltnis im Gleichgewichtszustand zu berechnen, kænnen wir den D%-Wert fçr den Gleichgewichtszustand gleich Null setzen; dann erhalten wir fçr das [ADP]/[ATP]-Verhåltnis folgende Gleichung (s. o.):
fçr die Trennung der Ladungen an einer Membran, die Anreicherung gelæster Stoffe, die Bewegung von Filamenten in einer Muskelzelle sowie die Erzeugung von Wårme (Abb. 3.6). ATP kann fçr derart unterschiedliche Prozesse benutzt werden, weil seine endståndige Phosphatgruppe auf eine Vielzahl verschiedener Molekçltypen wie Aminosåuren, Zucker, Lipide und Proteine çbertragen werden kann. Bei den meisten gekoppelten Reaktionen wird die Phosphatgruppe in einem ersten Schritt von ATP auf einen Akzeptor çbertragen und dann in einem zweiten Schritt wieder entfernt (Abb. 4.45).
D% = D%8'+(1,4 kcal/mol) log [ADP][Pi]/[ATP] 0
= ±7,3 kcal/mol+(1,4 kcal/mol) ´ log[ADP][10±2]/[ATP]
0
= ±7,3 kcal/mol+(1,4 kcal/mol) ´ (log 10±2+log[ADP]/[ATP])
+7,3 kcal/mol = (1,4 kcal/mol) (±2) +(1,4 kcal/mol) log[ADP]/[ATP]) log[ADP]/[ATP]) = 10,1 kcal/mol/1,4 kcal/mol = 7,2 [ADP]/[ATP] = 1,6´107 Dementsprechend wçrde man im Gleichgewichtszustand eine ADP-Konzentration erwarten, die 107-mal græûer ist als die ATP-Konzentration, in Wirklichkeit liegt die ATP-Konzentration in den meisten Zellen aber 10- bis 100-mal çber der ADP-Konzentration. Das ist ein åuûerst wichtiger Punkt, weil das Konzentrationsverhåltnis zwischen ATP und ADP entscheidend ist. Wenn eine Zelle ein Gemisch aus gleich viel ATP, ADP und Pi enthalten wçrde, wåre es egal, wie viel ATP vorhanden wåre, weil die Zelle unter solchen Bedingungen ohnehin keine Arbeit verrichten kann. Die ATP-Hydrolyse ermæglicht die meisten endergonen Prozesse in der Zelle ± etwa fçr chemische Reaktionen, wie die gerade beschriebene,
n Abb. 3.6 a±e. ,#9I I ,# ! ( ' ' " a ? ! ! 7 b B %
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a Der Stoffwechsel im Gleichgewichtszustand im Vergleich zum Stoffwechsel im Flieûgleichgewicht Da Reaktionen einen Gleichgewichtszustand anstreben, sinkt die Freie Enthalpie, die fçr Arbeit zur Verfçgung steht, auf ein Minimum und die Entropie erreicht einen maximalen Wert. Daher gilt: Je weiter eine Reaktion vom Gleichgewichtszustand entfernt ist, desto weniger geht ihre Fåhigkeit, Arbeit zu verrichten, fçr den Anstieg der Entropie verloren. Die Reaktionen des Zellstoffwechsel verlaufen im Wesentlichen auûerhalb des Gleichgewichtszustands, so dass auch das Verhåltnis der Reaktionsprodukte zu den Reaktionspartnern in der Regel nicht den Werten im Gleichgewichtszustand entspricht. Das bedeutet jedoch nicht, dass es nicht auch Zellreaktionen gibt, die im oder nahe dem Gleichgewichtszustand ablaufen. Tatsåchlich kænnen sich sogar viele Reaktionen eines Stoffwechselweges fast im Gleichgewichtszustand befinden (Abb. 3.24). Doch zumindest eine, oft auch mehrere Reaktionen eines Stoffwechselweges sind von ihrem Gleichgewichtszustand weit entfernt, wodurch sie praktisch irreversibel sind. Das sind die Reaktionen, die dem Stoffwechselweg die Richtung vorgeben. An diesen Reaktionen setzt denn auch die Regulation der Zelle an, weil, je nachdem, ob die Aktivitåt der Enzyme, welche diese Reaktionen katalysieren, stimuliert oder gehemmt wird, erheblich mehr oder weniger Material auf diesem Stoffwechselweg verarbeitet werden kann. Diese Grundprinzipien der Thermodynamik wurden anhand abiotischer geschlossener Systeme (ohne Austausch von Materie zwischen dem System und seiner Umgebung) unter reversiblen Gleichgewichtsbedingungen aufgestellt. Die besonderen Umstånde des Zellstoffwechsels erfordern allerdings eine andere Sichtweise. Der Zellstoffwechsel kann sich selbst unter irreversiblen Bedingungen, die nicht dem Gleichgewichtszustand entsprechen, aufrechterhalten, weil die Zelle anders als bei Reaktionen in einem Reaktionsgefåû ein offenes System ist. Aus dem Kreislauf oder aus Kulturmedien erhålt die Zelle permanent Materialien und Energie. Wie viel der Zelle von auûen zugefçhrt werden muss, wird deutlich, wenn man einfach einmal den Atem anhålt. Wir sind auf eine ununterbrochene Sauerstoffzufuhr von auûen angewiesen, weil Sauerstoff ein åuûerst wichtiger Reaktionspartner im Zellstoffwechsel ist. Dank des kontinuierlichen Stroms von Sauerstoff und von anderen Substanzen in die Zelle und wieder aus ihr heraus kann sich der Zellstoffwechsel im Zustand des Flieûgleichgewichts halten (Abb. 3.7). In einem Flieû-
Bioenergetik
119
n Abb. Flieûgleichgewicht im Vergleich zum Gleichgewichtszustand. Solange diese Amæbe Nåhrstoffe von auûen aufnehmen kann, erhålt sie die nætige Energie, um die Konzentrationen bestimmter Verbindungen in einem Flieûgleichgewicht zu halten, das vom Gleichgewichtszustand weit entfernt sein kann. Die ATP- und ADPKonzentrationen im Flieûgleichgewicht werden durch die farbigen Punkte und das Histogramm angedeutet. Wenn die Amæbe stirbt, nåhern sich die ATP- und ADP-Konzentrationen (sowie die der anderen biochemischen Substanzen) ihrem Verhåltnis im Gleichgewichtszustand
gleichgewicht sind die Konzentrationen der Reaktionspartner und -produkte relativ konstant, obwohl sich die einzelnen Reaktionen nicht unbedingt im Gleichgewicht befinden mçssen. Weil Reaktionsprodukte einer Reaktion zu Substraten der nåchsten Reaktion werden, kænnen die Konzentrationen aller Stoffwechselzwischenprodukte im Wesentlichen konstant bleiben, solange von auûen neue Substrate zugefçhrt und Endprodukte entfernt werden.
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Bioenergetik, Enzyme und Stoffwechsel
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3.2 Enzyme, die biologischen Katalysatoren Ende des 19. Jahrhunderts entbrannte eine heftige Debatte darçber, ob fçr die Herstellung von Ethanol intakte Hefezellen benætigt werden oder nicht. Auf der einen Seite der Auseinandersetzung stand der organische Chemiker Justus von Liebig, der der Meinung war, dass die Gårungsreaktionen, bei denen der Alkohol entsteht, sich nicht grundsåtzlich von den organischen Reaktionen unterscheiden, die im Reaktionsgefåû ablaufen. Dagegen vertrat der Biologe Louis Pasteur die Ansicht, dass die Gårung nur innerhalb einer intakten, hoch organisierten lebenden Zelle stattfinden kænne. 1897, zwei Jahre nach Pasteurs Tod, stellten Hans Bçchner, ein Bakteriologe, und sein Bruder Eduard, ein Chemiker, ¹Hefesaftª her; um diesen Extrakt zu gewinnen, hatten sie Hefezellen mit Sandkærnern zermahlen und dann die Mixtur durch Filterpapier gegossen. Diesen Hefesaft wollten sie aufbewahren, um ihn spåter zu benutzen. Nachdem eine Konservierung des Extrakts mit keimtætenden Mitteln fehlgeschlagen war, versuchten sie, den Saft durch Zusatz von Zucker vor dem Verderben zu bewahren, ein Verfahren, das auch zur Konservierung von Marmeladen und Gelees angewandt wird. Statt die Læsung haltbar zu machen, bildete der Hefesaft
mit dem Zucker jedoch Gase und gårte tagelang. Nach einer weiteren Untersuchung entdeckte Eduard, dass bei der Gårung Ethanol sowie Kohlendioxidgase gebildet wurden. Bçchner hatte gezeigt, dass fçr die Gårung keine intakten Zellen nætig waren. Bald fand man allerdings heraus, dass sich die Gårung erheblich von den Reaktionen unterschied, welche die organischen Chemiker durchfçhrten. Fçr die Gårung benætigte man spezielle Katalysatoren, die es in der abiotischen Welt nicht gibt. Diese Katalysatoren nannte man #$% (nach 78 9, den griechischen Wærtern fçr ¹in Hefeª). Enzyme haben im Stoffwechsel die Funktion eines Vermittlers und sind fçr praktisch jede Zellreaktion verantwortlich. Ohne Enzyme wçrden Stoffwechselreaktionen so langsam ablaufen, dass man sie nicht wahrnehmen kænnte. Den ersten Hinweis darauf, dass Enzyme Proteine sind, erbrachte 1926 James Sumner von der Cornell University, als er aus Jackbohnen das Enzym Urease kristallisierte und seine Zusammensetzung bestimmte. Obwohl dieser Befund zu der damaligen Zeit nicht viel Anklang fand, zeigte sich bald, dass auch mehrere andere Enzyme Proteine sind. Daher wurde in den nåchsten Jahrzehnten allgemein angenommen, dass såmtliche biologischen Katalysatoren Proteine sind. In letzter Zeit stellte sich allerdings heraus, dass bestimmte biologische Reaktionen von RNA-Molekçlen katalysiert werden. Um Unklarheiten zu vermeiden, ist der Begriff ¹Enzymª nach wie vor den Proteinkatalysatoren vorbehalten, wåhrend fçr RNA-Katalysatoren der Begriff ¹Ribozymª verwendet wird. Wir werden uns in diesem Kapitel auf die Besprechung der Proteinkatalysatoren beschrånken und die Eigenschaften von RNA-Katalysatoren in Kap. 11 erærtern. Enzyme sind zwar Proteine, viele von ihnen aber konjugierte Proteine ± d. h. sie enthalten Anteile, die nicht aus Proteinen bestehen, + , die anorganisch (Metalle) oder organisch (+$%) sein kænnen. Wenn Cofaktoren vorhanden sind, sind sie wichtig fçr die Enzymfunktion und fçhren Aktivitåten aus, fçr die sich Aminosåuren nicht eignen. Beim Myoglobin beispielsweise ist, wie wir bereits im letzten Kapitel gesehen haben, das Eisenatom der Håmgruppe die Stelle, an welcher der Sauerstoff gebunden und so lange gespeichert wird, bis er im Zellstoffwechsel benætigt wird.
Enzyme, die biologischen Katalysatoren
'$! Die Eigenschaften von Enzymen Wie alle Katalysatoren haben Enzyme folgende Eigenschaften: n Sie werden nur in geringen Mengen benætigt. n Sie werden im Verlauf der Reaktion nicht irreversibel veråndert, weshalb jedes Enzym an einzelnen Reaktionen wiederholt beteiligt sein kann. n Sie beeinflussen nicht die Thermodynamik der Reaktion. Der letzte Punkt ist besonders wichtig. Enzyme sind keine Energielieferanten fçr eine chemische Reaktion und haben daher keinen Einfluss darauf, ob eine Reaktion thermodynamisch vorteilhaft (exergon) oder nachteilig (endergon) ist. Enzyme haben darçber hinaus auch keinen Einfluss auf das Verhåltnis von Reaktionsprodukten zu Reaktionsteilnehmern im Gleichgewichtszustand. Das sind vielmehr Eigenschaften der miteinander reagierenden Substanzen. Als Katalysatoren kænnen Enzyme nur die Geschwindigkeit erhæhen, mit der eine begçnstigte chemische Reaktion ablåuft. Zwischen der Græûe von D% fçr eine bestimmte Reaktion und der Geschwindigkeit, mit der diese Reaktion ablåuft, muss nicht unbedingt ein Zusammenhang bestehen. Die Græûe von D% sagt nur etwas aus çber den Unterschied an Freier Enthalpie zwischen dem Ausgangszustand und dem Gleichgewichtszustand. Sie ist vollkommen unabhångig davon, welcher Stoffwechselweg eingeschlagen wird oder wie lange es dauert, bis der Gleichgewichtszustand erreicht ist. Die Oxidation der Glucose beispielsweise ist ein åuûerst exergoner Prozess, was man daran ablesen kann, wie viel Energie bei der Verbrennung der Glucose frei wird. Glucosekristalle kann man jedoch praktisch unbegrenzte Zeit in einem Zimmer liegen lassen, ohne dass es in nennenswertem Umfang zu einer Umwandlung in energieårmere Substanzen kåme. Mit anderen Worten: Glucose ist stabil, auch wenn sie % unstabil ist. Selbst wenn der Zucker gelæst werden sollte, wçrde er nicht schnell zersetzt, solange die Læsung steril bleibt. Wenn man jedoch ein paar Bakterien hinzufçgen wçrde, wçrde der Zucker in kurzer Zeit von den Bakterien aufgenommen und enzymatisch abgebaut.
5:5
Enzyme sind bemerkenswert gute und leistungsfåhige Katalysatoren. Katalysatoren wie Såure, metallisches Platin und Magnesium, die organische Chemiker im Labor einsetzen, beschleunigen Reaktionen im Allgemeinen hundert- bis tausendfach gegençber dem Reaktionsverlauf ohne Katalysator. Enzyme erhæhen dagegen die Reaktionsgeschwindigkeit um das 108bis 1013fache (Tabelle 3.3). Wenn man von diesen Zahlen ausgeht, schaffen Enzyme in einer Sekunde das, was ohne Enzyme drei bis 300 000 Jahre dauern wçrde. Noch erstaunlicher ist, dass sie diese Leistung bei der måûigen Temperatur und dem pH-Wert vollbringen, wie man sie in der Zelle findet. Darçber hinaus sind Enzyme im Gegensatz zu den anorganischen Katalysatoren, wie sie Chemiker einsetzen, åuûerst spezifisch darin, welche Reaktionspartner sie binden und welche Reaktionen sie katalysieren kænnen. Die Reaktionsteilnehmer, an die ein Enzym bindet, nennt man & . Befindet sich beispielsweise das Enzym Hexokinase in einer Læsung mit Hunderten von niedermolekularen Verbindungen sowie seinem Substrat Glucose, erkennt das Enzym nur die Glucosemolekçle und geht mit ihnen eine Reaktion ein. Praktisch gesehen, kænnten die anderen Verbindungen ebenso gut fehlen. Diese Art von Spezifitåt ± gleich, ob zwischen Enzymen und ihren Substraten oder zwischen anderen Proteintypen und den Substanzen, an die sie binden ± ist entscheidend dafçr, dass die fçr das Leben erforderliche Ordnung erhalten bleibt. Enzyme besitzen allerdings nicht nur eine hohe Aktivitåt und Spezifitåt, sie lenken den Stoffwechsel auch noch so, dass Reaktionen, die von Enzymen katalysiert werden, sehr geordnet ablaufen: Es entstehen nur die richtigen Produkte. Das ist åuûerst wichtig, weil die Bildung chemischer Nebenprodukte rasch dazu fçhren wçrde, dass etwas so Fragiles wie eine Zelle abstirbt. Und als weiterer Vorteil kann die enzymatische Aktivitåt im Gegensatz zu der anderer Katalysatoren so gesteuert werden, dass die speziellen Bedçrfnisse, die eine Zelle zu einem bestimmten Zeitpunkt hat, befriedigt werden. Wie sich in diesem und auch in weiteren Kapiteln immer wieder zeigen wird, sind die Enzyme einer Zelle eine wirklich erstaunliche Ansammlung winziger molekularer Maschinen.
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Bioenergetik, Enzyme und Stoffwechsel
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'$$ Ûberwindung der Schwelle der Aktivierungsenergie Wieso sind Enzyme so effiziente Katalysatoren? Um dies herauszufinden, steht man als erstes vor der Frage, warum thermodynamisch begçnstigte Reaktionen ohne Enzyme nicht von selbst mit relativ groûer Geschwindigkeit ablaufen. Selbst ATP, dessen Hydrolyse so exergon verlåuft, ist in der Zelle im Grund stabil, bis es in einer regulierten Enzymreaktion abgebaut wird. Wenn das nicht so wåre, wåre ATP fçr die Zelle kaum von Nutzen. Fçr eine chemische Umwandlung mçssen bestimmte kovalente Bindungen in den Reaktionspartnern aufgelæst werden. Damit das passiert, mçssen die Reaktionsteilnehmer gençgend kinetische Energie (Bewegungsenergie) haben, um ein Hindernis çberwinden zu kænnen, die 9 3E4. Das wird im Diagramm von Abb. 3.8 deutlich, in dem man die Hæhe der Aktivierungsenergie am Verlauf der Kurven ablesen kann. Die Reaktionsteilnehmer einer chemische Reaktion werden oft mit einem Objekt verglichen, das oben auf einer Klippe liegt und nahe dran ist, herunterzufallen. Bliebe das Objekt sich selbst çberlassen, wçrde es hæchstwahrscheinlich fçr alle Zeiten dort bleiben.
Wenn allerdings jemand vorbeikåme und das Objekt mit gençgend Energie versehen wçrde, um die Reibung oder irgendein anderes kleines Hindernis auf seinem Weg zu çberwinden, und dafçr sorgen wçrde, dass es an den Rand der Klippe gelangen wçrde, wçrde es spontan herunterfallen. Sobald die kinetischen Barrieren beseitigt sind, besitzt das Objekt das Potenzial, einen niedrigeren Energiezustand zu erreichen. Bei Raumtemperatur befinden sich die Molekçle einer Læsung in einem Zustand ungerichteter Bewegung, wobei jedes von ihnen in einem bestimmten Augenblick eine bestimmte Menge kinetischer Energie besitzt. Die Energieverteilung einer Molekçlpopulation entspricht einer glockenfærmigen Kurve (Abb. 3.9): Einige haben nur wenig Energie, andere sehr viel mehr. Molekçle bleiben nur fçr kurze Zeit energiereich (aktivierte Molekçle), weil sie ihre çberschçssige Energie beim Aufeinandertreffen mit anderen Molekçlen verlieren. Wir wollen eine Reaktion betrachten, in der aus einem Molekçl zwei Molekçle werden. Wenn ein bestimmtes Molekçl, das an der Reaktion beteiligt ist, gençgend Energie besitzt, um die Aktivierungsschwelle zu çberwinden, kann es in zwei Reaktionsprodukte gespalten werden. Die Reaktionsgeschwindigkeit hångt davon ab, wie viele der an der Reaktion beteiligten Molekçle zu einem bestimmten Zeit-
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n 3.8. Aktivierungsenergie und enzymatische Reaktionen. Obwohl die Bildung von Glucose-6-phosphat thermodynamisch begçnstigt ist (D8' = ±4 kcal/mol), mçssen die Reaktionsteilnehmer gençgend Energie besitzen, um einen aktivierten Zustand zu erreichen, in dem die fçr die Reaktion erforderlichen atomaren Umstrukturierungen vorgenommen werden kænnen. Wie viel von dieser so genannten Aktivierungsenergie (A) erforderlich ist, kann man an der Hæhe der Kurve ablesen. Die Aktivierungsenergie ist
n Abb. 3.9. Auswirkung einer Absenkung der Aktivierungsenergie auf die Reaktionsgeschwindigkeit. Die glockenfærmige Kurve gibt an, wie viel Energie in einer Molekçlpopulation in einem Reaktionsansatz bei zwei unterschiedlichen Temperaturen vorhanden ist. Wenn man die Mischung erhitzt oder einen enzymatischen Katalysator zusetzt, erhæht man die Anzahl der an der Reaktion beteiligten Molekçle, die gençgend Energie besitzen, um in die Reaktion einzugehen. Wårme erhæht die Reaktionsgeschwindigkeit, weil sie den Energiegehalt der Molekçle erhæht, wåhrend ein Enzym dasselbe erreicht, indem es die fçr die Reaktion erforderliche Aktivierungsenergie senkt
Enzyme, die biologischen Katalysatoren
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kein feststehender Wert, sondern åndert sich je nach Reaktionsweg. A ist sehr viel geringer, wenn die Reaktionsteilnehmer an einen enzymatischen Katalysator binden. (Dieses Diagramm zeigt einen einfachen einstufigen Reaktionsmechanismus. Viele enzymatische Reaktionen verlaufen aber in zwei oder mehr Schritten, wobei Zwischenprodukte gebildet werden (Abb. 3.13). Jeder Reaktionsschritt hat eine charakteristische A sowie einen eigenen Ûbergangszustand)
punkt gençgend kinetische Energie haben. Eine Mæglichkeit, die Reaktionsgeschwindigkeit zu erhæhen, besteht darin, die Energie der Reaktionspartner zu erhæhen. Das kann man im Labor am einfachsten erreichen, indem man den Reaktionsansatz erwårmt (Abb. 3.9). Fçhrt man allerdings einer enzymatischen Reaktion Wårme zu, kommt es zu einer schnellen Inaktivierung des Enzyms, weil dieses denaturiert wird. Wenn sich Reaktionsteilnehmer auf dem Scheitelpunkt einer Energieschwelle befinden und im Begriff sind, in Reaktionsprodukte umgewandelt zu werden, sagt man, dass sie sich in einem Ûbergangszustand befinden (Abb. 3.8). An diesem Punkt bilden die Reaktionsteilnehmer vorçbergehend einen aktivierten Komplex, in dem Bindungen geknçpft und wieder gelæst werden. Wir kænnen die Eigenschaften einer solchen Struktur im Ûbergangszustand am Beispiel der Umwandlung der D- und L-Stereoisomere des Prolins zeigen ± einer Reaktion, die das bakterielle Enzym Prolinracemase katalysiert.
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Bioenergetik, Enzyme und Stoffwechsel
'$' Das aktive Zentrum und die Spezifitåt der Molekçle
Bei dieser Reaktion geht in beide Richtungen ein Proton vom -Kohlenstoffatom des Prolins verloren. Aufgrund dessen besitzt die Struktur im Ûbergangszustand ein negativ geladenes Carbanion, bei dem alle drei Bindungen des Kohlenstoffatoms in einer Ebene liegen. Im Gegensatz zum Unterschied in der freien Standardenthalpie, der fçr eine Reaktion immer gleich ist, ist die Aktivierungsenergie, die benætigt wird, um den Ûbergangszustand zu erreichen, kein feststehender Wert, sondern åndert sich, je nachdem, welcher Reaktionsmechanismus benutzt wird. Enzyme katalysieren Reaktionen, indem sie die Aktivierungsenergie herabsetzen. Daher fçhren Enzyme im Gegensatz zur Wårmekatalyse dazu, dass ihre Substrate åuûerst reaktiv sind, ohne dass sie auf ein besonders hohes Energieniveau gehoben werden mçssen. Abbildung 3.9 zeigt einen Vergleich des jeweiligen Prozentsatzes an reaktionsfåhigen Molekçlen bei einer enzymatisch katalysierten und einer nicht katalysierten Reaktion. Enzyme kænnen die Aktivierungsenergie herabsetzen, indem sie stårker an den Komplex im Ûbergangszustand als an die Reaktionsteilnehmer binden; auf diese Weise wird dieser aktivierte Komplex stabilisiert und seine Energie herabgesetzt. Die Bedeutung des Ûbergangszustands kann man auf verschiedene Arten zeigen:
Als Katalysatoren beschleunigen Enzyme sowohl die Bildung als auch das Aufbrechen von Bindungen. Um diese Aufgabe erfçllen zu kænnen, sind sie fest in die Reaktionsvorgånge zwischen den Reaktionspartnern eingebunden. Dazu bilden die Enzyme mit den Reaktionspartnern einen Komplex, den #$%& 3#&4 -. Abbildung 3.10 zeigt eine Skizze eines ESKomplexes; Bilder von ES-Komplexen findet man auf dem Bild zu Beginn des Kapitels sowie in Abb. 3.14. In den meisten Fållen erfolgt die Assoziation zwischen Enzym und Substrat nichtkovalent, obwohl man viele Beispiele kennt, in denen es vorçbergehend zu einer kovalenten Bindung kommt. Den Teil des Enzymmolekçls, der direkt an der Bindung des Substrats beteiligt ist, bezeichnet man als ¹ 9 ª. Das aktive Zentrum und das Substrat haben komplementåre Oberflåchen, so dass sie bei der Bindung so exakt wie die Stçcke eines Puzzles zusammenpassen. Die Bindung des Substrats an das Enzym erfolgt çber dieselben Arten von nichtkovalenten Wechselwirkungen (Ionenbindungen,
n Verbindungen, die dem Ûbergangszustand einer Reaktion åhneln, hemmen diese Reaktion oft sehr effektiv, weil sie so fest an das katalytische Zentrum des Enzyms binden kænnen. n Antikærper wirken normalerweise nicht wie Enzyme, sondern binden stattdessen einfach mit hoher Affinitåt an Molekçle. Antikærper, die mit einer Verbindung verknçpft sind, die einem Ûbergangszustand einer Reaktion åhnelt, kænnen jedoch håufig wie Enzyme agieren und den Abbau dieser Verbindung katalysieren. Wenn der Komplex im Ûbergangszustand in Reaktionsprodukte umgewandelt ist, nimmt die Affinitåt des Enzyms fçr das gebundene Molekçl ab und die Reaktionsprodukte werden freigesetzt.
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n 3.11 a±d. Das aktive Zentrum eines Enzyms. a Schema des aktiven Zentrums des Enzyms Ribulosebisphosphat-Carboxylase mit den verschiedenen Stellen fçr die Wechselwirkung zwischen den gebundenen Substraten (RuBP und CO2) und bestimmten Aminosåureseitenketten des Enzyms. Diese nichtkovalenten Wechselwirkungen bestimmen nicht nur die Substratbindungungseigenschaften des aktiven Zentrums, sondern veråndern auch die Eigenschaft des Substrats so, dass es beschleunigt in Reaktionsprodukte umgewandelt wird. b Karte der Elektronendichte des aktiven Zentrums einer viralen Thymidinkinase samt dem Substrat Deoxythymidin in der Kartenmitte (). Die Linien des Rastermusters entsprechen den åuûeren Råndern der Elektronenorbitale der Atome, aus denen das Substrat und die Seitenketten des Enzyms bestehen; sie verdeutlichen, welchen Raum die Atome im aktiven Zentrum einnehmen. c, d Beispiele dafçr, wie pråzise die Teile von Enzym und Substrat bei der Katalyse zusammenpassen. Diese beiden Beispiele zeigen, in welche råumliche Nåhe zum Substrat () c eine Glutaminsåure ( ) und d ein Histidin ( ) des Enzyms Triosephosphat-Isomerase gelangen. (a: Nach: Harris DA (1995) Bioenergetics at a Glance. Blackwell S. 88; b: Nachdruck mit Erlaubnis von Brown DG Sanderson MR et al (1995) Nature Str Biol 2:878; c, d: Nachdruck mit Erlaubnis von Knowles JR (2001) Nature 350:122; b, d: ° 1995, Macmillan Magazines)
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Bioenergetik, Enzyme und Stoffwechsel
&$ 1 verantwortlich. Wie bereits erwåhnt, kænnen die meisten Enzyme nur an ein einziges oder wenige nahe verwandte biologische Molekçle binden. '$ Mechanismen der enzymatischen Katalyse Wie kann ein Enzym dafçr sorgen, dass eine Reaktion hundertmal pro Sekunde ablåuft, die ohne Enzym nur mit nicht nachweisbarer Geschwindigkeit stattfindet? Verantwortlich dafçr ist der Enzym-Substrat-Komplex, der es ermæglicht, dass das Substrat beziehungsweise die Substrate der Læsung entnommen und an der Oberflåche des groûen katalytisch aktiven Molekçls festgehalten werden. Sobald sich das Substrat dort befindet, kænnen seine physikalischen und chemischen Eigenschaften vielfåltig beeinflusst werden; einige dieser Einflçsse werden in den folgenden Abschnitten beschrieben. &
Angenommen, Sie werfen eine Handvoll Schrauben und Muttern in einen Sack und schçtteln den Sack dann fçnf Minuten lang. Es ist hæchst unwahrscheinlich, dass irgendein Schraubenende nach dieser Aktion fest mit einer Mutter verbunden ist. Wenn Sie dagegen in die eine Hand eine Schraube und in die andere eine Mutter nehmen, kænnen sie die Schraube rasch in die Mutter drehen. Wenn man Schraube und Mutter richtig hålt, hat man die Entropie des Systems erheblich verringert ± genauso senken auch Enzyme die Entropie ihrer Substrate. An der Oberflåche eines Enzyms gebundene Substrate werden in genau der Ausrichtung, in der sie miteinander reagieren kænnen, sehr nahe zusammengebracht (Abb. 3.12 a). Wenn die Reaktionspartner dagegen in Læsung sind, kænnen sie alle mæglichen Seitwårtsbewegungen und Drehungen vollfçhren; auf diese Weise treffen selbst diejenigen, die gençgend Energie besitzen, nicht zwangslåufig so aufeinander, dass der Ûbergangszustand gebildet wird. G 9 1 &
Enzyme bestehen aus Aminosåuren mit vielen verschiedenen Arten von Seitenketten (R-Gruppen); das Spektrum reicht von vollståndig geladen bis hochgradig unpolar. Wenn ein Substrat an der Oberflåche eines Enzym gebunden ist, beeinflussen die benachbarten Seitenketten des Enzyms die Elektronenverteilung im Substrat (Abb. 3.12 b). Dadurch erhæht sich das Reaktionsvermægen des Substrats, der wåhrend der Reaktion gebildete Ûbergangskomplex stabili-
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siert sich. Zu diesen Ønderungen kommt es ohne Zufuhr externer Energie wie Wårme. Es gibt im Prinzip mehrere Mechanismen, mit denen die Reaktivitåt von Substraten aufgrund einer Assoziation mit Enzymen erhæht wird. Im Grunde åhneln diese Mechanismen denen, die organische Chemiker beschreiben, wenn sie die Mechanismen organischer Reaktionen in einem Reaktionsgefåû untersuchen. So kann man beispielsweise die Geschwindigkeit von Reaktionen durch Verånderungen im pH-Wert stark beeinflussen. Obwohl Enzyme den pHWert in ihrem Medium nicht veråndern kænnen, enthalten sie doch zahlreiche Aminosåuren mit sauren oder basischen Seitenketten. Diese Gruppen kænnen vom Substrat Protonen çbernehmen oder ihm geben, auf diese Weise den elektrostatischen Charakter des Substrats veråndern und es reaktiver machen. Die aktiven Zentren zahlreicher Enzyme enthalten Seitenketten mit einer partiell positiven
oder negativen Ladung. Solche Gruppen kænnen mit einem Substrat vorçbergehend eine kovalente Enzym-Substrat-Bindung eingehen. Chymotrypsin, ein Enzym, das im Dçnndarm Proteine aus der Nahrung spaltet, arbeitet so. Welche Reaktionen aufeinander folgen, wenn das Chymotrypsin eine Peptidbindung in einem Protein hydrolysiert, zeigt Abb. 3.13. Dabei spielen drei Aminosåuren aus dem aktiven Zentrum des Enzyms ± ein Serin, ein Histidin und eine Asparaginsåure ± eine entscheidende Rolle. In Abb. 3.13 ist die Reaktion in zwei Schritte aufgeteilt. Im ersten (Abb. 3.13 a) greift auf der Enzymseite das elektronegative Sauerstoffatom aus der Seitenkette eines Serins ein Kohlenstoffatom des Substrats an. Infolgedessen wird die Peptidbindung des Substrats hydrolysiert und zwischen dem Serin und dem Substrat eine kovalente Bindung hergestellt, wobei der çbrige Teil des Substrats als eines der Reaktionsprodukte freigesetzt wird. Wie in der Legende zur Abbildung erærtert wird, hångt die Fåhigkeit des Serins, diese Reaktion auszufçhren, von einem Histidinrest in der Nåhe ab, der dadurch, dass er das Proton von der Hydroxylgruppe des Serins anzieht, die Elektronegativitåt des Sauerstoffatoms der Gruppe erhæht. Im zweiten Schritt (Abb. 3.13 b) wird die kovalente Bindung zwischen Enzym und Substrat hydrolysiert. Dadurch wird das Enzym wieder frei und der Rest des Substrats als zweites Reaktionsprodukt freigesetzt. Obwohl Aminosåureseitenketten an vielen verschiedenen Reaktionen beteiligt sein kænnen, eignen sie sich nicht gut dazu, Elektronen abzugeben oder aufzunehmen. Wie wir noch im folgenden Abschnitt (und ausfçhrlicher in den Kap. 5 und 6) sehen werden, ist die Ûbertragung von Elektronen das zentrale Moment in den Redoxreaktionen, die im Zellstoffwechsel eine so zentrale Rolle spielen. Um diese Reaktionen zu katalysieren, besitzen die entsprechenden Enzyme Cofaktoren (Metallionen oder Coenzyme), welche die Reaktivitåt der Substrate erhæhen, indem sie Elektronen abziehen oder abgeben. #$ 9 & & Obwohl das aktive Zentrum eines Enzyms komplementår zu seinem Substrat sein kann, haben verschiedene Untersuchungen gezeigt, dass sich die Positionen bestimmter Atome im Enzym verschieben, sobald es an das Substrat gebunden ist. In vielen Fållen åndert sich die Konformation so, dass die Komplementaritåt von Enzym und Reaktionsteilnehmer noch verbessert wird (induzierte Anpassung) und die entscheidenden reaktiven Gruppen des Enzyms an die richtige Stelle kommen. Ein Beispiel fçr diese Art von
Enzyme, die biologischen Katalysatoren
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3 : ist in Abb. 3.14 dargestellt. Wenn sich bestimmte Bindungen innerhalb des Substrats erst einmal im ¹Griffª eines Enzyms befinden, kænnen sie einer physischen oder elektrischen Spannung ausgesetzt sein. Dadurch wird das Substrat destabilisiert, worauf es den Ûbergangszustand annimmt, in dem die Spannung geringer ist (Abb. 3.12 c). 9 1 % ' Wenn man genau wissen will, wie ein Enzym eine bestimmte Reaktion katalysiert, muss man fçr das Enzym wie fçr das Substrat die verschiedenen Ønderungen in der Struktur der Atome und Elektronen beschreiben, zu denen es wåhrend des Reaktionsverlaufs kommt. Wie wir im letzten Kapitel gesehen haben, kann man mithilfe von Ræntgenstrukturanalysen detailliert die Struktur eines groûen Enzyms ermitteln. Da 40±60% des Volumens eines typischen Proteinkristalls aus eingeschlossenem Læsungsmittel bestehen, haben die meisten kristallisierten Enzyme immer noch eine groûe enzymatische Aktivitåt. Es sollte daher mæglich sein, mithilfe der Ræntgenstrahlbeugung die Reaktionsmechanismen zu studieren. Einen græûeren Nachteil gibt es allerdings: die Versuchsdauer begrenzt den Einsatz des Verfahrens. Bei einer normalen kristallographischen Untersuchung mçssen die Enzymkristalle stunden- oder tagelang Ræntgenstrahlen ausgesetzt werden, bis die nætigen Daten zusammen sind. Dann erhålt man ein Bild von der Struktur des Molekçls, das çber die Zeit gemittelt ist. Aufgrund jçngerer Entwicklungen ist es allerdings inzwischen mæglich, mithilfe von Ræntgenstrukturanalysen auch die kurzzeiti-
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gen strukturellen Ønderungen zu beobachten, zu denen es im aktiven Zentrum kommt, wenn ein Enzym einen einzelnen Reaktionszyklus katalysiert. Zu diesem Ansatz, der $ , gehært beispielsweise Folgendes: n Verwendung åuûerst intensiver Ræntgenstrahlen, die von einem Synchroton erzeugt werden, einer Anlage, mit der Kernphysiker subatomare Partikel untersuchen. Auf diese Weise kann man die Bestrahlung mit Ræntgenstrahlen auf wenige Pikosekunden verkçrzen; das entspricht dem Zeitrahmen, den ein Enzym benætigt, um eine einzelne chemische Umwandlung zu katalysieren. n Abkçhlung der Enzymkristalle auf Temperaturen von 20±40 8C çber dem absoluten Nullpunkt. Dadurch wird die Reaktion zehnmilliardenfach verlangsamt und somit die Verweildauer der temporåren Zwischenprodukte stark verlångert. n Einsatz von Techniken, mit denen eine Reaktion zur gleichen Zeit im gesamten Kristall ausgelæst wird, so dass sich såmtliche Enzymmolekçle des Kristalls gleichzeitig im selben Reaktionszustand befinden. So kann man beispielsweise bei einer Reaktion, in der ATP das Substrat ist, die Enzymkristalle mit ATP-Molekçlen infiltrieren, die inaktiviert wurden, indem man sie çber eine photoempfindliche Bindung mit einer inerten Gruppe (etwa einer Nitrophenylgruppe) verknçpfte. Wenn die Kristalle dann einem kurzen Lichtpuls ausgesetzt werden, werden alle ¹einge-
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Enzyme, die biologischen Katalysatoren
sperrtenª ATP-Molekçle freigesetzt und damit wird an allen aktiven Zentren des gesamten Kristalls gleichzeitig eine Reaktion ausgelæst. n Einsatz von Enzymen mit Mutationen, die durch eine Oligonucleotidmutagenese (Kap. 2.5.3) gezielt eingebracht wurden; dies beeintråchtigt in spezifischen Reaktionsstadien die Kinetik des Prozesses und erhæht so die biologische Halbwertszeit bestimmter Zwischenprodukte. n Strukturbestimmung mit einer sehr starken Auflæsung (etwa 80 pm), bei der man Wasserstoffbrçcken und die Ûbertragung von Protonen erkennen kann, die es bei vielen Reaktion gibt. Durch eine Kombination dieser Verfahren ist es Wissenschaftlern gelungen, die dreidimensionale Struktur eines Enzyms wåhrend der aufeinander folgenden Stadien einer einzigen katalysierten Reaktion zu bestimmen. Wenn man diese einzel-
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nen ¹Schnappschçsseª aneinander reiht, entsteht ein ¹Filmª, in dem die verschiedenen Zwischenprodukte der Katalyse zu sehen sind, die im Verlauf der Reaktion auftreten und wieder verschwinden. Abbildung 3.15 zeigt ein Beispiel dafçr, welche Daten mithilfe dieser Ansåtze gesammelt werden kænnen. '$. "ymkinetik Enzyme sind ganz unterschiedlich dazu geeignet, Reaktionen zu katalysieren. Welche katalytische Aktivitåt ein Enzym besitzt, erkennt man, wenn man sich seine ansieht, also die Geschwindigkeit, mit der es eine Reaktion unter verschiedenen experimentellen Bedingungen katalysiert. 1913 veræffentlichten Leonor Michaelis und Maud Menten einen Artikel çber den mathematischen Zusammenhang zwischen der Substratkonzentration und der Geschwindigkeit enzymatischer Reaktionen. Dafçr maûen sie, wie viel Reaktionsprodukte in einem bestimmten Zeitraum gebildet (oder Substrat verbraucht) n Abb. 3.15 a±c. ?I = > ! B ;B ' ?I +?1% < & % " 8@? 9& " % ! ( ! 8@? +8@ ? % ' @:" 4
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Bioenergetik, Enzyme und Stoffwechsel
wurden. Diese Beziehung kann man in einer Gleichung (s. unten) ausdrçcken, die eine Hyperbel ergibt (Abb. 3.16). Statt dieser theoretischen Herangehensweise an die Enzymkinetik kænnen wir diese Kurve auch auf praktische Weise erhalten, wie man das fçr jedes Enzym tut, das man untersucht. Um die Reaktionsgeschwindigkeit zu bestimmen, inkubiert man bei entsprechender Temperatur einen Ansatz, in dem såmtliche erforderlichen Inhaltsstoffe enthalten sind, bis auf denjenigen, der die Reaktion startet, sobald er hinzugefçgt wird. Wenn bei Reaktionsbeginn kein Reaktionsprodukt im Ansatz vorhanden ist, dann erhålt man mit der Anzahl der Reaktionsprodukte, die pro Zeiteinheit gebildet werden, ein Maû fçr die Reaktionsgeschwindigkeit. Es gibt allerdings mehrere Umstånde, die diese Methode erschweren kænnen. So verringert sich bei einer zu langen Inkubationszeit die Substratkonzentration deutlich. Darçber hinaus kann ein Reaktionsprodukt, das gebildet wird, durch die Rçckreaktion, die das Enzym ebenfalls katalysiert, wieder in Substrat verwandelt werden. Daher bestimmt man am besten die ' , d. h. die Geschwindigkeit zu dem Zeitpunkt, an dem die Reaktion bereits låuft, aber noch kein Reaktionsprodukt entstanden ist. Um genaue Werte fçr die Anfangsgeschwindigkeit zu bekommen, inkubiert man kurz und verwendet empfindliche Messmethoden.
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Um eine Kurve wie in Abb. 3.16 zu erhalten, bestimmt man die Anfangsgeschwindigkeit bei mehreren Inkubationsansåtzen, die gleich viel Enzym, aber immer hæhere Substratkonzentrationen enthalten. Aus der Kurve geht klar hervor, dass die Anfangsgeschwindigkeit stark von der Substratkonzentration abhångt. Bei geringen Substratkonzentrationen treffen die Enzymmolekçle in einem bestimmten Zeitraum relativ selten auf Substrat. Das Enzym befindet sich sozusagen im ¹Leerlaufª ± d. h. die Anzahl der Substratmolekçle ist geschwindigkeitsbestimmend. Bei hohen Substratkonzentrationen treffen die Enzyme schneller auf Substratmolekçle, als diese in Reaktionsprodukte verwandelt werden kænnen. Dann arbeiten die einzelnen Enzymmolekçle mit maximaler Leistungsfåhigkeit; dann sind die Enzymmolekçle geschwindigkeitsbestimmend. Daher erreicht das Enzym, je græûer die Substratkonzentration im Reaktionsansatz ist, einen Såttigungszustand. Die Anfangsgeschwindigkeit bei diesem theoretischen Såttigungspunkt bezeichnet man als -
' 3V -4. Am einfachsten ist die katalytische Aktivitåt eines Enzyms anhand seiner $ zu bestimmen, die man aufgrund von ;max berechnen kann. Die Wechselzahl (oder %
cat) gibt an, wie viele Substratmolekçle ein Enzymmolekçl pro Zeiteinheit maximal in Reaktionsprodukte umwandeln kann. Enzyme haben in der Regel eine Wechselzahl (pro Sekunde) von 1 bis 103; allerdings sind auch Werte von çber 106 (fçr die Carboanhydrase) bekannt (Tabelle 3.3). Aufgrund dieser Werte ist klar, dass relativ wenige Enzymmolekçle schnell eine relativ groûe Anzahl von Substratmolekçlen in Reaktionsprodukte verwandeln kænnen. Neben dem ;max-Wert kann man aus einem Diagramm wie in Abb. 3.16 noch einen weiteren wichtigen Wert, die 3K4, ablesen; sie entspricht der Substratkonzentration bei halbmaximaler Reaktionsgeschwindigkeit. Wie der Name schon sagt, ist 5M fçr ein bestimmtes Enzym konstant und daher unabhångig von der Substrat- oder Enzymkonzentration. Welche Beziehung zwischen ;max und 5M besteht, kann man am besten beurteilen, wenn man sich die Michaelis-Menten-Gleichung ansieht, mit deren Hilfe man die Kurve in Abb. 3.16 auftragen kann. ; = ;max [S]/[S]+5M Dieser Gleichung zufolge entspricht die Reaktionsgeschwindigkeit (;) der halbmaximalen Reaktionsgeschwindigkeit (;max/2), wenn die Sub-
stratkonzentration [S] gleich 5M ist. Somit gilt 5M = [S], wenn ; = ;max/2. In den meisten Fållen ist der Wert fçr 5M ein Maû fçr die Affinitåt des Enzyms fçr sein Substrat. Je græûer 5M ist, umso græûer ist die Substratkonzentration, die erforderlich ist, um ;max/2 zu erreichen, und umso geringer ist somit auch die Affinitåt des Enzyms fçr sein Substrat. Bei den meisten Enzymen hat 5M einen Wert zwischen 10±1 und 10±7 M, ein typischer Wert liegt bei etwa 10±4 M. Andere Faktoren, von denen die Enzymkinetik stark abhångt, sind der pH-Wert und die Temperatur des Inkubationsansatzes. Jedes Enzym hat einen optimalen pH-Wert und eine optimale Temperatur, bei der es maximal aktiv ist (Abb. 3.17). Um eine Hyperbel wie in Abb. 3.16 zu erhalten und um die Werte fçr ;max und 5M genau bestimmen zu kænnen, mçssen zahlreiche Punkte aufgetragen werden. Eine einfachere und genauere Beschreibung erhålt man, wenn man die Geschwindigkeit und die Substratkonzentration reziprok gegeneinander auftrågt, wie es Hans Lineweaver und Dean Burk vorgeschlagen haben. Wenn man das tut, wird aus der Hyperbel eine Gerade (Abb. 3.18), deren Abschnitt auf der x-Achse ±1/5M, deren Abschnitt auf der y-Achse 1/;max und deren Steigung 5M/;max entspricht. Man kann die Werte von 5M und ;max dann leicht bestimmen, indem man die aus relativ wenigen Punkten erstellte Linie extrapoliert. 2 #$% 2 #$% sind Molekçle, die an ein Enzym binden und seine Aktivitåt senken kænnen. Die Zelle braucht Hemmstoffe (Inhibitoren), um die Aktivitåt vieler ihrer Enzyme zusteuern, Biochemiker benutzen Hemmstoffe, um die Eigenschaften von Enzymen zu untersuchen, und viele biochemische Firmen stellen Enzyminhibitoren her, die als Arzneimittel, Antibiotika oder Pestizide eingesetzt werden. Man kann die Hemmstoffe fçr Enzyme in zwei Gruppen einteilen: reversible und nicht reversible. Reversible Hemmstoffe wiederum kænnen kompetitiv oder nichtkompetitiv sein. 69 2 binden sehr fest an ein Enzym, wobei sie oft eine kovalente Bindung mit einem seiner Aminosåurereste eingehen. Aspirin ist ein irreversibler Hemmstoff der Cyclooxygenase (Kap. 2.5.3), weil es einen entscheidenden Serinrest im aktiven Zentrum des Enzyms acetyliert. Eine Reihe von Nervengasen wie Diisopropylphosphofluoridat sowie die phosphorhaltigen organischen Pestizide sind irreversible Hemmstoffe der Acetylcholinesterase. Dieses Enzym spielt eine entscheidende Rolle beim
Enzyme, die biologischen Katalysatoren
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Abbau von Acetylcholin, das als Neurotransmitter die Muskelkontraktion auslæst. Wenn das Enzym gehemmt wird, wird der Muskel ununterbrochen stimuliert und bleibt auf Dauer kontrahiert. Wie wir im Exkurs ¹Aus Sicht des Menschenª noch sehen werden, ist das Antibiotikum Penicillin ein irreversibler Hemmstoff eines Schlçsselenzyms fçr den Bau der Bakterienzellwand.
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?eversible Hemmstoffe binden dagegen nur lose an ein Enzym und werden daher auch leicht wieder verdrångt. 9 2 sind reversible Inhibitoren, die mit einem Substrat um den Zugang zum aktiven Zentrum des Enzyms konkurrieren. Da ein Substrat eine Struktur hat, die komplementår zum aktiven Zentrum ist, an das es bindet, mçssen kompetitive Hemmstoffe dem Substrat soweit åhneln, dass sie um dieselbe Bindungsstelle konkurrieren kænnen, sich aber von ihm soweit unterscheiden, dass sie nicht in ein Reaktionsprodukt umgewandelt werden (Abb. 3.19). Wenn man die Molekçle analysiert, die mit dem Substrat um die Bindungsstelle am Enzym konkurrieren kænnen, erfåhrt man etwas çber die Struktur des aktiven Zentrums und die Art der Wechselwirkungen zwischen dem natçrlichen Substrat und seinem Enzym. Auf der kompetitiven Enzymhemmung basiert, wie das folgende Beispiel zeigt, die Wirkung eines breiten Spektrums an gångigen Arzneimitteln. Das Angiotensin-Converting-Enzyme (ACE) ist ein proteolytisches Enzym, das von Angiotensin I, einem Peptid mit 10 Resten, zwei Reste abspaltet, so dass Angiotensin II entsteht. Menschen mit erhæhten Angiotensin-II-Konzentrationen haben ein erhæhtes Risiko fçr hohen Blutdruck (Hypertonie). In den 1960er Jahren begannen John Vane und seine Mitarbeiter bei der Firma Eli Lilly nach Verbindungen zu suchen, die ACE hemmen kænnten. Frçhere Studien hatten ergeben, dass das Gift der brasilianischen Grubenotter Hemmstoffe proteolytischer Enzyme enthålt, und man fand heraus, dass eine
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Verbindung dieses Gifts, ein Peptid namens Teprotid,
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ein starker kompetitiver Inhibitor von ACE ist. Obwohl man zeigen konnte, dass Teprotid bei Patienten mit Hypertonie den Blutdruck senkt, war es als Arzneimittel nicht sehr geeignet, weil ein Peptid bei oraler Einnahme schnell abgebaut wird. Weitere Bemçhungen, Hemmstoffe des Enzyms zu entwickeln, die keine Peptidstruktur besitzen, fçhrten zur Synthese einer Verbindung namens Captopril,
Enzyme, die biologischen Katalysatoren
das erste wirksame Medikament gegen Bluthochdruck, das çber eine Bindung an ACE wirkt. Wie effektiv ein kompetitiver Inhibitor ist, hångt von seiner Affinitåt zum Enzym ab. Unabhångig davon kann eine kompetitive Hemmung çberwunden werden, wenn das Verhåltnis von Substrat zu Hemmstoff groû genug ist. Mit anderen Worten: Wenn Enzym und Hemmstoff im Vergleich zu Enzym und Substrat relativ selten aufeinander treffen, ist die Wirkung des Inhibitors nur gering. Bei einer ausreichenden Substratkonzentration kann das Enzym trotz eines kompetitiven Inhibitors theoretisch weiterhin seine Maximalgeschwindigkeit erreichen. Bei 9 2 konkurrieren Substrat und Inhibitor nicht um dieselbe Bindungsstelle; vielmehr wirkt der Hemmstoff dann im Allgemeinen an einer anderen Stelle als am aktiven Zentrum des Enzyms. Wie stark die Hemmung ist, hångt nur von der Konzentration des Hemmstoffs ab und ist vollkommen unabhångig von der Substratkonzentration. Da in Gegenwart eines nichtkompetitiven Inhibitors ein
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bestimmter Anteil der Enzymmolekçle zu einem bestimmten Zeitpunkt inaktiv sein muss, kænnen die Enzymmolekçle nicht ihre Maximalgeschwindigkeit erreichen. Wie nichtkompetitive und kompetitive Hemmstoffe die Enzymkinetik beeinflussen, zeigt Abb. 3.20. In einem Fall ist ;max verringert und im anderen 5M erhæht. In beiden Fållen ist die Steigung (5M/;max) hæher als bei der ungehemmten Reaktion. Wie wir noch in Kap. 3.3.4 sehen werden, verwenden Zellen eine Form der nichtkompetitiven Hemmung, um die Aktivitåt der wichtigsten Stoffwechselenzyme zu regulieren (Abb. 3.29).
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5/6
Bioenergetik, Enzyme und Stoffwechsel
Box 3a
Aus Sicht des Menschen
Das wachsende Problem der Antibiotikaresistenz Vor nicht allzu langer Zeit war man noch allgemein der Ansicht, bakterielle Infektionen kænnten die Gesundheit der Menschen nicht mehr ernsthaft gefåhrden. Bakterielle Erkrankungen wie Tuberkulose, Pneumonie, Gonorrhæ sowie Dutzende andere konnten durch die Einnahme von irgendeinem der zahlreichen Antibiotika geheilt werden ± Verbindungen, die gezielt Bakterien tæten, ohne den menschlichen Wirt, in dem sich die Bakterien vermehren, zu schådigen. Angesichts dieses Erfolges reduzierten die pharmazeutischen Unternehmen ihren Forschungsaufwand zur Entwicklung neuer Arten von Antibiotika und wandten sich anderen Aufgaben zu. Mittlerweile zeigt sich jedoch nur allzu deutlich, dass es zu frçh war, vom Ende der bakteriellen Erreger zu sprechen. Die Ausbildung bakterieller Resistenzen ist ein ausgezeichnetes Beispiel fçr natçrliche Selektion. Durch den weltweiten Einsatz (und Missbrauch) dieser Arzneimittel wurden empfindliche Zellen getætet, so dass nur die seltenen resistenten çbrig blieben, mit denen sich dann die Reihen wieder fçllten. Die Folge davon war eine merkliche Zunahme antibiotikaresistenter Bakterienståmme darunter auch derjenigen, die Lungenentzçndung, Tuberkulose oder Sepsis auslæsen. Hier wollen wir uns kurz die Wirkungsweise von Antibiotika ansehen ± besonders solchen, die Enzyme angreifen, mit denen sich dieses Kapitel ja befasst ± sowie die Entwicklung einer bakteriellen Resistenz. Die meisten Antibiotika sind natçrliche Substanzen, die Mikroorganismen produzieren, um andere Mikroorganismen zu tæten. Folgende Elemente der Bakterienzellen haben sich dabei als besonders gute Angriffsziele erwiesen: n #$%" &% ' 0 Penicillin und seine Derivate åhneln in ihrer Struktur den Substraten einer Familie von Transpeptidasen; diese Enzyme katalysieren die abschlieûenden Verknçpfungsreaktionen, die der Zellwand ihre Festigkeit verleihen. Ohne diese Reaktionen kann
keine stabile Zellwand gebildet werden. Penicillin hemmt die Transpeptidasen irreversibel. Das Antibiotikum passt in das aktive Zentrum dieser Enzyme, wodurch ein kovalent gebundener Komplex entsteht, der nicht aufgelæst werden kann. Das Antibiotikum Vancomycin (das ursprçnglich aus einem Mikroorganismus stammt, der in Bodenproben aus Borneo gefunden wurde) hemmt die Transpeptidasen, indem es an das Substrat der Enzyme, ein Peptid, und nicht an das Enzym selbst bindet. Normalerweise endet das Substrat der Transpeptidase mit einem D-Alanin-D-Alanin-Dipeptid. Um gegençber Vancomycin resistent zu werden, muss ein Bakterium ein anderes Endstçck synthetisieren, an welches das Medikament nicht bindet ± das ist ein langwieriger Prozess, in dessen Verlauf mehrere neue enzymatische Aktivitåten entwickelt werden mçssen. Daher ist Vancomycin das Antibiotikum, gegen das Bakterien bisher noch am wenigsten Resistenzen entwickeln konnten; aus diesem Grunde kann es im åuûersten Notfall verwendet werden, wenn alle anderen Antibiotika versagen. Leider sind in den letzten Jahren Vancomycin-resistente Ståmme von mehreren pathogenen Bakterien, unter anderem auch und , aufgetreten. Diese resistenten Ståmme findet man håufig in Krankenhausstationen, weshalb es immer schwieriger wird, Infektionen zu behandeln, die man sich im Krankenhaus zugezogen hat. Man nimmt an, dass die Selektion auf vancomycinresistente Ståmme darauf zurçckzufçhren ist, dass in Europa bei der Tierfçtterung håufig ein verwandtes Antibiotikum (Avoparcin) zugesetzt wurde. Hygieniker raten Krankenhåusern dringend, bessere Hygienemaûnahmen zu ergreifen und drången den Gesetzgeber, den Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft zu verbieten. n 7 &% " 7 6 9 " 0 Obwohl pro- und eukaryotische Zellen ein åhnliches System besitzen, um ihre genetische Information zu speichern und zu benutzen, gibt es zwischen den beiden Zelltypen doch viele grundlegende Unterschie-
Enzyme, die biologischen Katalysatoren
de, die sich die Pharmakologen zu Nutze machen. Streptomycin und die Tetracycline beispielsweise binden zwar an pro-, aber nicht an eukaryotische Ribosomen. Chinolone, ein seltenes Beispiel fçr vollkommen synthetische Antibiotika (die also nicht auf natçrlichen Produkten basieren), hemmen das Enzym DNA-Gyrase, das fçr die DNAReplikation von Bakterien erforderlich ist. Ciprofloxacin (Markenbezeichnung Cipro) ist das Chinolon, das am håufigsten verschrieben wird. Cipro war das Medikament, das allen verabreicht wurde, die mit den Anthraxsporen in Kontakt gekommen waren, die im Herbst 2001 mit der Post verschickt worden waren (Abb. 1). Es war deshalb das Medikament der Wahl, weil es erst kurz vorher entwickelt worden war. Daher war es unwahrscheinlich, dass die fçr den Angriff verantwortliche(n) Person(en) Bakteriensporen besessen haben kænnte(n), die bereits gegen Cipro resistent geworden waren. Das kann bei kçnftigen Terrorakten anders sein. 2000 wurde in den USA ein vollkommen neuer Typ eines synthetischen Antibiotikums zugelassen ± das erste seit etwa 35 Jahren. Dieses Antibiotikum mit dem Namen Linezolid (Markenname Zyvox) wirkt nur auf bakterielle Ribosomen und greift in die Proteinsynthese ein. Nach
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etwa einem Jahr wurde erstmals eine Resistenz gegençber Zyvox bei beschrieben. Viele Wissenschaftler hoffen, dass Zyvox nur im åuûersten Notfall verwendet wird, damit mæglichst wenig Ståmme Resistenzen dagegen entwickeln. n #$%" $ & ' % 0 Sulfonamide beispielsweise sind effiziente Antibiotika, weil sie der Verbindung -Aminobenzoesåure (PABA) stark åhneln,
die Bakterien enzymatisch in das essentielle Coenzym Folsåure umwandeln. Da Menschen kein Enzym besitzen, das Folsåure synthetisiert, mçssen sie dieses essentielle Coenzym mit der Nahrung aufnehmen; daher kænnen Sulfonamide den menschlichen Stoffwechsel nicht stæren. Bakterien werden auf ganz unterschiedliche Weise resistent gegençber Antibiotika. Viele dieser Mechanismen kann man anhand von Penicillin veranschaulichen. Penicillin ist ein -Lactam, das heiût, es besitzt einen charakteristischen viergliedrigen -Lactam-Ring (farbig markiert).
Bereits 1940 entdeckten Forscher, dass bestimmte Bakterien ein Enzym namens -Lactamase (oder Penicillinase) besitzen, das den Lactam-Ring æffnen kann; dadurch wird die Verbindung fçr Bakterien ungefåhrlich. Als Penicillin im 2. Weltkrieg erstmals als Antibiotikum eingefçhrt wurde, besaû keines der pathogenen Bakterien ein -Lactamase-Gen. Das kann man çberprçfen, indem man die DNA von Bakterien aus Laborkulturen untersucht, die bereits vor der Øra der Antibiotika angelegt wurden. Heutzutage findet man das Lactamase-Gen in einem breiten Spektrum von bakteriellen Erregern. Die Penicillinresistenz be-
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Bioenergetik, Enzyme und Stoffwechsel
ruht çberwiegend auf der -Lactamase-Produktion dieser Zellen. Wie sind diese Spezies zu dem Gen gekommen? Die weite Verbreitung des -Lactamase-Gens zeigt deutlich, wie leicht Gene von einem Bakterium zum anderen weitergegeben werden kænnen ± nicht nur unter Zellen einer bestimmten Art, sondern auch zwischen unterschiedlichen Spezies. Dafçr gibt es mehrere Wege. Einer davon ist die Konjugation (Abb. 1.13), bei der DNA von einer Bakterienzelle auf eine anderen çbertragen wird; ein anderer die Transduktion, bei der ein bakterielles Gen durch ein Virus von einer Zelle zur anderen çbertragen wird; ein weiterer die Transformation, bei der eine Bakterienzelle nackte DNA aus dem sie umgebenden Medium aufnehmen kann. Die Pharmakologen haben versucht, der Verbreitung der -Lactamase entgegenzuwirken, indem sie Penicillin-Derivate wie Cefuroxim synthetisiert haben, die gegençber dem hydrolytischen Enzym stårker resistent sind. Wie zu erwarten war, sind aufgrund der natçrlichen Selektion schnell Bakterien entstanden, deren -Lactamase die neuen Antibiotika spalten kann. So kann, wie Julian Davies von der University of British Columbia es formuliert hat, ¹ein einziger Basenaustausch in einem Gen, das eine bakterielle -Lactamase codiert, pharmazeutische Forschungsarbeiten im Wert von 100 Millionen Dollar zunichte machenª. Nur begrenzten Erfolg hatte man mit dem Ansatz, Patienten mit zwei verschiedenen Medikamenten zu behandeln: einem penicillinartigen Antibiotikum, das die Transpeptidase hemmt, sowie einem anderen Enzymhemmer wie Clavulansåure, der die -Lactamase hemmt. Nicht alle Bakterien, die gegençber Penicillin resistent sind, besitzen ein -LactamaseGen. Einige sind resistent, weil sie ihre Zellwånde so veråndert haben, dass das Antibiotikum nicht eindringen kann. Andere, weil sie das Antibiotikum gezielt wieder ausschleusen
kænnen, sobald es in die Zelle eingedrungen ist. Wieder andere sind resistent, weil ihre Transpeptidasen so modifiziert sind, dass sie das Antibiotikum nicht mehr binden kænnen. So wird beispielsweise die bakterielle Meningitis durch das Bakterium ) verursacht, von dem man noch nicht weiû, ob es eine -Lactamase besitzt. Dennoch werden diese Bakterien resistent gegençber Penicillin, weil ihre Transpeptidasen die Affinitåt fçr das Antibiotikum verloren haben. Das Problem der Arzneimittelresistenz ist nicht auf bakterielle Erkrankungen beschrånkt, sondern ist auch ein wesentliches Thema bei der Aids-Therapie. Im Gegensatz zu Bakterien, deren Replikationsenzyme sehr genau arbeiten, macht das Replikationsenzym des Aids-Virus (HIV), die 9 ! , zahlreiche Fehler, die zu einer hohen Mutationsrate fçhren. Diese hohe Fehlerquote (etwa 1 Fehler pro 10.000 replizierten Basen) erhæht zusammen mit der enormen Vermehrung des Virus (in einer Person entstehen tåglich çber 108 neue Viruspartikel) die Wahrscheinlichkeit, dass in einem Patienten mit fortschreitender Infektion Varianten auftreten, die gegençber einem Medikament resistent sind. Dieses Problem kann man auf zweierlei Weise bekåmpfen: n Indem die Patienten mehrere verschiedene Medikamente nehmen, die gegen verschiedene virale Enzyme gerichtet sind. Dies verringert erheblich die Wahrscheinlichkeit, dass eine Variante auftritt, die gegençber allen Medikamenten resistent ist. n Indem man Arzneimittel entwickelt, die mit den stark konservierten Anteilen eines Zielenzyms wechselwirken, also den Anteilen, in denen es aufgrund von Mutationen hæchstwahrscheinlich zu einem Defekt im Enzym kommt. Dieser Punkt unterstreicht, wie wichtig es ist, die Struktur und Funktion des Zielenzyms zu kennen und zu wissen, wie das potenzielle Medikament mit dem Ziel reagiert (Abschnitt 2.5.3).
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3.3 Stoffwechsel Der Stoffwechsel besteht aus einer Reihe biochemischer Reaktionen in der Zelle, darunter auch einer enormen Vielfalt an molekularen Umwandlungsprozessen. Die meisten dieser Reaktionen gehæren zu den Stoffwechselwegen, Abfolgen chemischer Reaktionen, bei denen jede dieser Reaktionen von einem bestimmten Enzym katalysiert wird und das Reaktionsprodukt einer Reaktion das Substrat der nåchsten Reaktion ist. Normalerweise sind die Enzyme eines Stoffwechselweges auf einen spezifischen Bereich der Zelle wie etwa die Mitochondrien oder das Cytosol begrenzt. Immer mehr Hinweise deuten darauf hin, dass die Enzyme eines Stoffwechselweges oft physisch miteinander verbunden sind, so dass im Verlauf der Reaktionen das Reaktionsprodukt des einen Enzyms jeweils direkt als Substrat zum aktiven Zentrum des nåchsten Enzyms weitergeleitet wird. Die Verbindungen, die bei jeder Reaktion eines Stoffwechselweges entstehen, sind Stoffwechselzwischenprodukte oder Metaboliten, aus denen letztlich ein Endprodukt entsteht. Endprodukte sind Molekçle, die eine bestimmte Funktion in der Zelle haben ± wie etwa eine Aminosåure, die in ein Polypeptid eingebaut werden kann, oder ein Zuckermolekçl, das wegen seines Energiegehalts benætigt wird. Die Stoffwechselwege einer Zelle sind an verschiedenen Punkten miteinander vernetzt, so dass eine Verbindung, die auf einem Weg entstanden ist, in verschiedene Richtungen dirigiert werden kann, je nachdem, wo im Augenblick gerade Bedarf in der Zelle besteht. Wir wollen uns in diesem Abschnitt auf die Teile des Stoffwechsels konzentrieren, durch die es in der Zelle zur Ûbertragung und Nutzung von chemischer Energie kommt, weil dieses Thema im Verlauf dieses Buches immer wieder zur Sprache kommen wird.
Stoffwechsel
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wechselwegen freigesetzte Energie vorçbergehend in zwei Formen gespeichert: als energiereiche Phosphate (vor allem ATP) und als energiereiche Elektronen (vor allem in Form von NADPH). Bei anabolen Stoffwechselprozessen werden dagegen aus einfacheren Ausgangsmaterialien komplexere Verbindungen synthetisiert. Diese Prozesse benætigen Energie und nutzen die chemische Energie, die bei exergonen katabolen Stoffwechselprozessen freigesetzt wird. Abbildung 3.21 zeigt stark vereinfacht, wie die wichtigsten anabolen und katabolen Wege miteinander vernetzt sind. Makromolekçle werden zunåchst in ihre jeweiligen Bausteine zerlegt (hydrolysiert) (Stadium I, Abb. 3.21). Sobald die Makromolekçle in ihre Bestandteile ± Amino-
3.3.1 Ein Ûberblick çber den Stoffwechsel Es gibt zwei Arten von Stoffwechselwegen. Katabole Stoffwechselwege sorgen dafçr, dass komplexe Molekçle abgebaut werden und einfachere Produkte entstehen. Damit erfçllen sie zwei Funktionen: Sie sorgen dafçr, dass das Rohmaterial bereitgestellt wird, aus dem andere Molekçle synthetisiert werden kænnen, und sie liefern chemische Energie, die fçr viele Zellaktivitåten benætigt wird. Wie wir noch ausfçhrlich erærtern werden, wird die bei katabolen Stoff-
n Abb. 3.21. Drei Phasen des Stoffwechsels. Die katabolen Stoffwechselwege (grçne Pfeile, die nach unten zeigen) vereinigen sich, bilden gemeinsame Zwischenprodukte und fçhren in Phase III zur ATP-Synthese. Die anabolen Stoffwechselwege (blaue Pfeile, die nach oben zeigen) starten mit einigen Vorstufen aus Phase III und synthetisieren unter Verbrauch von ATP viele verschiedene Zellmaterialien. Die Stoffwechselwege fçr Nucleinsåuren sind viel komplizierter und hier nicht dargestellt. (Aus: Lehninger AL (1975) Biochemistry. 2. Ausg. Worth, New York)
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Bioenergetik, Enzyme und Stoffwechsel
såuren, Zucker und Fettsåuren ± zerfallen sind, kann die Zelle diese Bausteine direkt wieder dazu verwenden, um n andere Makromolekçle vom selben Typ herzustellen (Stadium I), n sie in andere Verbindungen umzuwandeln und so andere Reaktionsprodukte herzustellen, n sie weiter abzubauen (Stadien II und III, Abb. 3.21) und ihnen einen Teil ihrer Freien Enthalpie zu entziehen. Je nachdem, welche Verbindung abgebaut wird, unterscheiden sich die Abbauwege der verschiedenen Bausteine von Makromolekçlen. Letztlich werden jedoch alle diese Molekçle in eine kleine Anzahl verschiedener Verbindungen umgewandelt, die alle auf åhnliche Weise verstoffwechselt werden kænnen. Obwohl katabole Stoffwechselwege also von Makromolekçlen mit sehr unterschiedlichen Strukturen ausgehen, werden diese Substanzen letztlich alle in dieselben niedermolekularen Metaboliten umgewandelt. Daher sagt man, dass die katabolen Stoffwechselwege 9 . Erstaunlicherweise findet man die in diesem Kapitel beschriebenen chemischen Reaktionen und Stoffwechselwege praktisch in allen lebenden Zellen ± von den einfachsten Bakterien bis zu den komplexesten Pflanzen und Tieren. Offensichtlich haben sich diese Stoffwechselwege schon sehr frçh im Verlauf der biologischen Evolution entwickelt und sind die ganze Zeit çber erhalten geblieben. ''$ B7dation und Reduktion ± eine Sache der Elektronen Beim Abbau wie bei der Biosynthese gibt es entscheidende Reaktionen, in denen Elektronen von einem Reaktionsteilnehmer auf einen anderen çbertragen werden. Reaktionen, in denen die Elektronenzahl der Reaktionsteilnehmer veråndert wird, nennt man (- oder kurz - . Bei einer solchen Reaktion gehen Elektronen verloren oder werden gewonnen. Betrachten Sie die Umwandlung von metallischem Eisen (Fe0) in zweiwertiges Eisen (Fe2+), bei der das Eisenatom ein Elektronenpaar abgibt und dadurch positiv geladen wird. Wenn ein Atom ein oder mehrere Elektronen verliert, sagt man, es wird - . Die Reaktion ist reversibel, zweiwertiges Eisen
kann durch Aufnahme eines Elektronenpaars wieder in metallisches Eisen, einen stårker negativ geladenen Zustand, umgewandelt werden. Wenn ein Atom ein oder mehrere Elektronen aufnimmt, sagt man, es wird $ . Damit metallisches Eisen oxidiert wird, muss es eine Substanz geben, welche die freiwerdenden Elektronen aufnimmt. Umgekehrt muss es, damit zweiwertiges Eisen reduziert wird, eine Substanz geben, welche die erforderlichen Elektronen abgibt. Mit anderen Worten: Die Oxidation eines Reaktionsteilnehmers muss mit der Reduktion eines anderen Reaktionsteilnehmers einhergehen und umgekehrt. Beim Eisen kænnte eine solche Reaktion beispielsweise so aussehen Fe0+Cu2+ ? Fe2++Cu0 Die Substanz, die bei einer Redoxreaktion oxidiert wird, d. h. die die Elektronen verliert, bezeichnet man als , wåhrend man die Substanz, die reduziert wird und somit Elektronen erhålt, als (- bezeichnet. Bei der Oxidation oder Reduktion von Metallen wie Eisen oder Kupfer gehen die Elektronen vællig verloren oder werden vollståndig gewonnen. Das kann bei den meisten organischen Verbindungen aus folgendem Grund nicht passieren: An der Oxidation und Reduktion organischer Substrate im Zellstoffwechsel sind Kohlenstoffatome beteiligt, die kovalent mit anderen Atomen verbunden sind. Wenn sich zwei verschiedene Atome ein Elektronenpaar teilen, werden die Elektronen, wie bereits in Kapitel 2 erærtert wurde, von einem der beiden Atome in der polarisierten Bindung stårker angezogen. In einer C-H-Bindung zieht das Kohlenstoffatom die Elektronen zu sich herçber; daher kann man sagen, dass sich das Kohlenstoffatom in einem reduzierten Zustand befindet. Befindet sich das Kohlenstoffatom dagegen beispielsweise in einer C-O oder C-N-Bindung mit einem stårker elektronegativen Atom, werden die Elektronen vom Kohlenstoffatom abgezogen; dann ist das Kohlenstoffatom in einem oxidierten Zustand. Da Kohlenstoff auf seiner åuûeren Schale vier Elektronen besitzt, die es mit anderen Atomen teilen kann, kann es die verschiedensten Oxidationszustånde annehmen. Das kann anhand einer Reihe von Molekçlen mit nur einem Kohlenstoffatom veranschaulicht werden (Abb. 3.22), bei denen der Zustand des Kohlenstoffatoms von vollståndig reduziert wie im Methan (CH4) bis zu vollståndig oxidiert wie im Kohlendioxid (CO2) reicht. Fçr eine erste Abschåtzung des relativen Oxidationszustands eines organischen Molekçls
Stoffwechsel
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verrechnet man die Anzahl der Wasserstoffatome pro Kohlenstoffatom mit derjenigen der Sauerstoff- und Stickstoffatome pro Kohlenstoffatom. Wie wir bald sehen werden, ist der Oxidationszustand der Kohlenstoffatome eines organischen Molekçls ein Maû fçr den Gehalt an Freier Enthalpie in diesem Molekçl.
stoffwechsel von Pflanzen und Tieren. Bei der vollståndigen Oxidation von Glucose wird sehr viel Freie Enthalpie frei:
''' Energiegewinnung und -verbrauch Die chemischen Brennstoffe, mit denen wir unsere Úfen betreiben und Autos fahren, sind stark reduzierte organische Verbindungen wie Erdgas (CH4) und Petroleumderivate. Wenn diese Molekçle in Gegenwart von Sauerstoff verbrannt und die Kohlenstoffatome stårker oxidiert werden ± etwa zu Kohlendioxid oder Kohlenmonoxidgasen ±, wird Energie freigesetzt. Wie stark eine Verbindung reduziert ist, ist auch ein Maû fçr ihre Fåhigkeit, in der Zelle chemische Arbeit zu leisten. Je mehr Wasserstoffatome man einem ¹Brennstoffª-Molekçl entziehen kann, desto mehr ATP kann letztlich produziert werden. Kohlenhydrate sind so energiereich, weil sie an | einandergereihte H±C ±OH -Einheiten enthal|
ten. Fette enthalten aufgrund ihrer Ketten aus | noch stårker reduzierten H±C ±H -Einheiten |
sogar noch mehr Energie. Wir wollen uns im Folgenden auf Kohlenhydrate konzentrieren. Als einziger Baustein von Stårke und Glycogen ist Glucose ein Schlçsselmolekçl im Energie-
C6H12O6+6O2 ? 6CO2+6H2O D%8' = ±686 kcal/mol Zum Vergleich: Um ADP in ATP zu verwandeln, wird relativ wenig Freie Enthalpie benætigt,: ADP+Pi ? ATP+H2O
D%8' = +7,3 kcal/mol
Diese Zahlen verdeutlichen, dass durch die vollståndige Oxidation eines Molekçls Glucose zu CO2 und H2O gençgend Energie freigesetzt wird, um eine groûe Anzahl von ATP-Molekçlen zu bilden. Wie wir in Kap. 5 sehen werden, entstehen pro Molekçl Glucose, das unter den Bedingungen, die in den meisten Zellen herrschen, oxidiert wird, bis zu etwa 36 Molekçle ATP. Um diese Menge an ATP-Molekçlen zu produzieren, wird das Zuckermolekçl in vielen kleinen Schritten abgebaut. Diese Schritte, in denen sich die Freie Enthalpie zwischen den Reaktionsteilnehmern und Reaktionsprodukten relativ stark åndert, kann mit Reaktionen gekoppelt sein, in denen ATP gebildet wird. Der Abbau der Glucose besteht im Grunde aus zwei Phasen, die bei allen aeroben Organismen praktisch gleich sind. Die erste Phase, die Glycolyse, erfolgt in der læslichen Phase des Cytoplasmas, dem Cytosol, und fçhrt zur Bildung von Pyruvat. Die zweite Phase ist der + ! 1$% , der in den Mitochondrien eukaryotischer Zellen und im Cytosol
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Bioenergetik, Enzyme und Stoffwechsel
von Prokaryoten ablåuft und schlieûlich dazu fçhrt, dass die Kohlenstoffatome zu Kohlendioxid oxidiert werden. Die chemische Energie der Glucose wird çberwiegend in Form energiereicher Elektronen gespeichert, die entfernt werden, wenn die Substratmolekçle im Verlauf der Glycolyse oder des Citratzyklus oxidiert werden. Es ist die Energie dieser Elektronen, die letztlich fçr die ATP-Synthese genutzt wird. Wir wollen uns auf den folgenden Seiten auf die einzelnen Schritte der Glycolyse konzentrieren, der ersten Phase in der Oxidation der Glucose, die ohne Beteiligung von Sauerstoff ablåuft. Das ist vermutlich der Stoffwechselweg, den unsere ersten anaeroben Vorfahren zur Energiegewinnung genutzt haben, und es ist nach wie vor der wichtigste anabole Stoffwechselweg der heute lebenden anaeroben Organismen. Zur Ergånzung der Geschichte der Glucoseoxidation werden wir in Kap. 5 noch die Struktur der Mitochondrien und ihre Rolle bei der aeroben Atmung erærtern. :%% !/7 In Abb. 3.23 sind die Reaktionen der Glycolyse samt der Enzyme, die sie katalysieren, zusammengestellt. Bevor wir auf die einzelnen Reaktionen zu sprechen kommen, mæchte ich eine wichtige Anmerkung in Bezug auf die Thermodynamik des Stoffwechsels machen. In einer frçheren Erærterung wurde Wert auf den Unter-
schied zwischen D% und D%8' gelegt. Der D%Wert fçr eine bestimmte Reaktion gibt die Reaktionsrichtung in der Zelle vor. Aktuelle Messungen der Konzentration der Zwischenprodukte in der Zelle kænnen zeigen, wie groû D% zu einem bestimmten Zeitpunkt fçr eine Reaktion ist. In Abb. 3.24 sind die typischen D%-Werte angegeben, die fçr die Reaktionen der Glycolyse gemessen wurden. Im Gegensatz zu den D%8'-Werten aus Abb. 3.23 liegen die D%-Werte bei fast allen Reaktionen etwa bei Null; die Reaktionen befinden sich daher ± bis auf drei Ausnahmen ± fast im Gleichgewichtszustand. Die drei Reaktionen, die nicht in der Nåhe des Gleichgewichtszustands ablaufen und daher in der Zelle praktisch irreversibel sind, bilden sozusagen die treibende Kraft, welche die jeweiligen Zwischenprodukte in einer bestimmten Richtung durch die Glycolyse schleust. 1905 untersuchten zwei britische Chemiker, Arthur Harden und William Young, den Abbau von Glucose in Hefezellen, ein Vorgang, bei dem CO2-Gasblåschen entstehen. Harden und Young beobachteten, dass schlieûlich immer weniger Blåschen gebildet wurden und die Blåschenbildung dann ganz aufhærte, obwohl noch gençgend Glucose vorhanden war, die umgewandelt werden konnte. Offenbar waren einige andere essentielle Bestandteile der Nåhrlæsung aufgebraucht. Nachdem sie eine Reihe von Substanzen
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n Das Profil der Freien Enthalpie bei der Glycolyse in menschlichen Erythrocyten. Såmtliche Reaktionen liegen am oder in der Nåhe des Gleichgewichtszustands ± auûer denen, die von der Hexokinase, der Phosphofructokinase und der Pyruvatkinase katalysiert werden; nur in den letzteren åndert sich die Freie Enthalpie stark. In der Zelle muss bei allen Reaktionen die Freie Enthalpie sinken; die geringfçgige Zunahme an Freier Enthalpie, die man hier bei mehreren Schritten beobachten kann, ist auf Messfehler bei der Konzentration der Zwischenprodukte in den Experimenten zurçckzufçhren. (Aus: Lehninger AL (1975) Biochemistry. 2. Ausg. Worth, New York)
ausprobiert hatten, fanden die Chemiker, dass die Reaktion erneut einsetzte, wenn sie organische Phosphate zugaben. Daraus schlossen sie, dass Phosphate bei der Reaktion verbraucht werden, das erste Anzeichen dafçr, dass im Stoffwechsel Phosphatgruppen eine Rolle spielen. Wie wichtig die Phosphatgruppe ist, wird in den ersten Reaktionen der Glycolyse deutlich. Die Glycolyse beginnt damit, dass der Zucker unter Verbrauch eines ATP-Molekçls mit einer Phosphatgruppe verknçpft wird (Schritt 1, Abb. 3.23). Man kann den Verbrauch von ATP in diesem Stadium als eine Art energetischer Investition betrachten ± die Kosten, die aufgebracht werden mçssen, um mit der Oxidation der Glucose beginnen zu kænnen. Durch die Phosphorylierung wird der Zucker aktiviert, so dass er an den folgenden Reaktionen teilnehmen kann, bei denen Phosphatgruppen umarrangiert und auf andere Akzeptormolekçle çbertragen werden. Durch die Phosphorylierung sinkt auûerdem die Glucosekonzentration im Cytoplasma, was dazu fçhrt, dass ununterbrochen Zucker aus dem Blut
Stoffwechsel
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in die Zelle diffundiert. Glucose-6-phosphat wird in Fructose-6-phosphat und dann unter Verbrauch eines zweiten ATP-Molekçls in Fructose1,6-bisphosphat umgewandelt (Schritte 2, 3). Das Bisphosphat mit seinen sechs Kohlenstoffatomen wird in zwei Monophosphate mit drei Kohlenstoffatomen gespalten (Schritt 4); dadurch wird die erste exergone Reaktion ermæglicht, an welche die ATP-Synthese gekoppelt werden kann. Wir wollen uns jetzt der Bildung von ATP zuwenden. ATP wird auf zwei grundverschiedenen Wegen gebildet, die man beide anhand einer chemischen Reaktion aus der Glycolyse veranschaulichen kann: der Umwandlung von Glycerinaldehyd-3-phosphat in 3-Phosphogylcerat (Schritte 6, 7). Insgesamt entspricht die Reaktion einer Oxidation eines Aldehyds zu einer Carbonsåure (Beispiel Abb. 3.22); sie verlåuft in zwei Schritten, die von zwei verschiedenen Enzymen katalysiert werden (Abb. 3.25). Das erste dieser Enzyme benætigt einen Cofaktor, der kein Protein enthålt (ein Coenzym), namens NicotinamidAdenin-Dinucleotid (NAD), um die Reaktion katalysieren zu kænnen. Wie in diesem und den folgenden Kapiteln deutlich wird, spielt NAD eine entscheidende Rolle im Energiestoffwechsel, weil es Elektronen aufnimmt und abgibt. Die erste Reaktion (Abb. 3.25 a, b) ist eine Oxidation-Reduktion, bei der zwei Elektronen und ein Proton (entsprechend einem Hydridion : H±) von Glycerinaldehyd-3-phosphat (das oxidiert wird) auf NAD+ (das reduziert wird) çbertragen werden. Die reduzierte Form des Coenzyms ist NADH (Abb. 3.26). Ein Enzym, das eine solche Reaktion katalysiert, bezeichnet man als ; das Enzym, das die oben genannte Reaktion katalysiert, ist die . Das NAD+-Molekçl, das sich vom Vitamin Niacin ableitet, agiert als lose mit der Dehydrogenase assoziiertes Coenzym, welches das Hydridion (d. h. die Elektronen und das Proton) aufnehmen kann. Das in der Reaktion gebildete NADH wird dann vom Enzym freigesetzt und gegen ein neues Molekçl NAD+ ausgetauscht. Wir werden auf diese Reaktion schon bald wieder zurçckkommen, uns aber erst einmal weiter mit den Folgen der Bildung von NADH beschåftigen. NADH gilt als eine energiereiche Verbindung, weil es so leicht Elektronen auf andere Molekçle çbertragen kann, die Elektronen anziehen. (Man sagt, NADH habe im Vergleich zu anderen Elektronenakzeptoren der Zelle ein hohes Elektronençbertragungspotenzial, s. Tabelle 5.1.) Vom NADH aus werden die Elektronen normalerweise çber eine Reihe von in die
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Bioenergetik, Enzyme und Stoffwechsel
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Membran eingebetteten Elektronençbertrågern weiterçbertragen, die eine # bilden. Wenn die Elektronen entlang dieser Kette wandern, erreichen sie einen immer geringeren Zustand Freier Enthalpie und werden letztlich auf molekularen Sauerstoff çbertragen, wobei sie diesen zu Wasser reduzieren. Die beim Elektronentransport freigesetzte Energie wird dazu verwandt, um çber einen Prozess, der als
- 9 / % bezeichnet wird, ATP zu bilden. Der Elektronentransport sowie die oxidative Phosphorylierung werden ausfçhrlicher in Kap. 5 erærtert. Neben der indirekten Form der ATP-Bildung, an der NADH und eine Elektronentransportkette beteiligt sind, umfasst die Umwandlung von Glycerinaldehyd-3-phosphat zu 3-Phosphoglycerat auch noch eine direkte Form der ATP-Bildung.
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>m zweiten Schritt dieser Gesamtreaktion (Schritt 7, Abb. 3.23 und Abb. 3.25 c) wird eine Phosphatgruppe des 1,3-Bisphosphoglycerats auf ADP çbertragen und so ein Molekçl ATP gebildet. Die Reaktion katalysiert das Enzym / % . Diese direkte Form der ATPBildung bezeichnet man als & % , weil dabei eine Phosphatgruppe von einem Substrat (in diesem Fall 1,3-Bisphosphoglycerat) auf ADP çbertragen wird. Die çbrigen Reaktionen der Glycolyse (Schritte 8±10), zu denen noch eine zweite Substratkettenphosphorylierung von ADP (Schritt 10) gehært, sind in Abb. 3.23 zu sehen. Die Substratkettenphosphorylierung von ADP veranschaulicht einen wichtigen Punkt in Bezug auf ATP. Seine Bildung ist nicht stark endergon. ATP ist also nicht so energiereich, dass es nur unter groûem Aufwand bei Stoffwechselreaktionen gebildet werden kænnte. Bei zahlreichen phosphorylierten Molekçlen weist die Hydrolyse einen stårker negativen D%8'-Wert auf als die von ATP. In Abb. 3.27 sind die D%8'-Werte fçr die Hydrolyse mehrerer phosphorylierter Verbindungen einander gegençbergestellt. Jeder Donor, der weiter oben in der Skala steht, kann ein Molekçl, das weiter unten steht, phosphorylieren; dabei entspricht der D%8'-Wert dieser Reaktion der Differenz zwischen den beiden Werten aus der Abbildung. Beispielsweise liegt der D%8'-Wert fçr den Transfer einer Phosphatgruppe vom 1,3-Bisphosphoglycerat auf ADP unter Bildung von ATP bei ±4,5 kcal/mol (±11,8 kcal/mol+7,3
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kcal/mol). Mit diesem ! $ hat man eine gute Vergleichsmæglichkeit fçr verschiedene Donoren und Akzeptoren ± unabhångig davon, ob Protonen, Elektronen, Sauerstoff oder Phosphatgruppen çbertragen werden. Die Molekçle weiter oben in der Skala, deren Freie Enthalpie græûer ist (græûere ±D%8'-Werte) haben eine geringere Affinitåt fçr die Gruppe, die çbertragen wird, als die, welche weiter unten in der Skala stehen. Je geringer die Affinitåt ist, desto besser eignet sich das Molekçl als Donor. Je græûer die Affinitåt ist, desto besser eignet es sich als Akzeptor. Ein wichtiges Merkmal der Glycolyse ist, dass in ihr auch ohne Sauerstoff eine begrenzte Anzahl von ATP-Molekçlen synthetisiert werden kann. Weder fçr die Substratkettenphosphorylierung des ADP durch 1,3-Bisphosphoglycerat noch fçr eine spåtere durch Phosphoenolpyruvat (Schritt 10, Abb. 3.23) wird Sauerstoff benætigt. Somit kann man die Glycolyse als eine der ATP-Bildung betrachten, d. h. dass in ihr auch ohne molekularen Sauerstoff weiterhin ATP gebildet werden kann. In der Glycolyse entstehen pro Molekçl Glycerinaldehyd-3-phosphat, das zu Pyruvat oxidiert wird, durch Substratkettenphosphorylierung zwei Molekçle ATP. Da aus jedem Molekçl Glucose zwei Molekçle Glycerin-
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aldehyd-3-phosphat hervorgehen, werden pro Molekçl Glucose, das zu Pyruvat oxidiert wird, vier ATP-Molekçle produziert. Andererseits mçssen zwei Molekçle ATP hydrolysiert werden, damit die Glycolyse starten kann, so dass die Zelle insgesamt pro oxidierter Glucose zwei Molekçle ATP gewinnt. Die Gesamtreaktion der Glycolyse kann man folgendermaûen formulieren: Glucose+2 ADP +2 Pi+2 NAD+ ? 2 Pyruvat+2 ATP+2 NADH+2 H++2 H2O Pyruvat, das Endprodukt der Glycolyse, ist eine Schlçsselverbindung, weil sie am Ûbergang vom anaeroben (vom Sauerstoff unabhångigen) zum aeroben (vom Sauerstoff abhångigen) Stoffwechselweg steht. Ohne molekularen Sauerstoff wird Pyruvat fermentiert, was im folgenden Abschnitt erærtert wird. Ist jedoch Sauerstoff vorhanden, wird Pyruvat, wie in Kap. 5 beschrieben wird, bei der aeroben Atmung weiter abgebaut. (- 9 /%9 :1 Wie wir gesehen haben, erhålt die Zelle durch die Glycolyse pro Molekçl Glucose, das in Pyruvat umgewandelt wird, netto eine geringe Anzahl an ATP-Molekçlen. Da die Reaktionen der Glycolyse jedoch sehr schnell ablaufen, kann eine Zelle auf diese Weise recht viel ATP bilden. Eine Reihe von Zellen wie Hefezellen, Tumorzellen und Muskelzellen sind bei der ATP-Bildung sogar weitgehend auf die Glycolyse angewiesen. Dabei gibt es allerdings ein Problem, mit dem diese Zellen fertig werden mçssen. Eines der Produkte der Oxidation von Glycerinaldehyd3-phosphat ist NADH. NADH wird auf Kosten eines der Reaktionsteilnehmer, NAD+, gebildet, von dem in Zellen nur geringe Mengen zur Verfçgung stehen. Da NAD+ ein begehrter Reaktionspartner in dieser wichtigen Glycolysereaktion ist, muss es aus NADH wiedergewonnen werden. Wenn das nicht passiert, kann Glycerinaldehyd-3-phosphat nicht weiter oxidiert werden, und alle weiteren Reaktionen der Glycolyse fallen aus. Ohne Sauerstoff kann NADH allerdings nicht mithilfe der Elektronentransportkette zu NAD+ oxidiert werden, weil Sauerstoff als letzter Elektronenakzeptor in der Kette benætigt wird. Zellen kænnen allerdings NAD+ durch :1 regenerieren, wobei Elektronen von NADH auf Pyruvat, das Endprodukt der Glycolyse, oder auf eine Verbindung çbertragen werden, die vom Pyruvat abstammt (Abb. 3.28). Wie die Glycolyse findet auch die Gårung im Cytosol eukaryotischer Zellen statt. Fçr die meisten von O2 abhångigen Organismen ist die Gårung eine Notlæsung, um auch bei niedriger Sauerstoffkonzentration NAD+
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zu bilden, damit die Glycolyse weiterlaufen und weiter ATP produziert werden kann. Welches Produkt bei der Gårung entsteht, hångt vom Zelltyp oder von der Art des Organismus ab. Wenn sich Muskelzellen immer wieder kontrahieren mçssen, wird die Sauerstoffkonzentration zu gering, um den Anforderungen des Zellstoffwechsels gençgen zu kænnen. Unter diesen Bedingungen regenerieren Skelettmuskelzellen NAD+, indem sie Pyruvat in Lactat umwandeln. Wenn spåter wieder gençgend Sauerstoff zur Verfçgung steht, kann das Lactat erneut in Pyruvat umgewandelt werden, um weiter oxidiert zu werden. Anaerob lebende Hefezellen læsen dieses Problem mit einer anderen Stoffwechselvariante: Sie wandeln, wie Abb. 3.28 zeigt, Pyruvat in Ethanol um. Obwohl die Gårung fçr viele Organismen ein notwendiger Stoffwechselprozess ist und einige anaerobe Organismen ihre Stoffwechselenergie ausschlieûlich daher beziehen, bietet die Gly-
colyse im Vergleich zur vollståndigen Oxidation der Glucose zu Kohlendoxid und Wasser nur einen bescheidenen Energiegewinn. Wenn ein Mol Glucose vollståndig oxidiert wird, werden 686 Kilokalorien frei. Wenn dagegen dieselbe Menge Glucose unter Standardbedingungen in Ethanol umgewandelt wird, werden nur 57 Kilokalorien freigesetzt, und wenn sie in Lactat umgewandelt wird, sogar nur 47 Kilokalorien. In jedem Fall entstehen durch die Oxidation in Glycolyse und Gårung pro Glucose nur zwei Molekçle ATP; çber 90% der Energie gehen mit dem Fermentationsprodukt verloren ± was sich beispielsweise daran zeigt, dass Ethylalkohol leicht entzçndlich ist. In den ersten Phasen des Lebens auf der Erde, als es noch keinen Sauerstoff gab, waren Glycolyse und Gårung wahrscheinlich die wichtigsten Stoffwechselwege, mit denen primitive prokaryotische Zellen ihre Energie aus Zucker gewonnen haben. Nach dem Auftreten der Cyanobakterien stieg die Sauerstoffkonzentration in der Atmosphåre drastisch an, so dass sich eine aerobe Stoffwechselstrategie entwickeln konnte. Infolgedessen konnten die Reaktionsprodukte der Glycolyse vollståndig oxidiert und viel mehr ATP gewonnen werden. In Kapitel 5 werden wir sehen, wie das mæglich ist, wenn wir die Struktur und Funktion der Mitochondrien erærtern. 1 Die Energie, die erforderlich ist, um komplexe biologische Molekçle wie Proteine, Fette und Nucleinsåuren zu synthetisieren, stammt çberwiegend aus dem ATP, das in der Glycolyse und beim Elektronentransport gebildet wird. Viele dieser Materialien, vor allem Fette und andere Lipide, sind aber stårker reduziert als die Zwischenprodukte, aus denen sie aufgebaut sind. Fçr die Synthese von Fetten mçssen Metabolite reduziert werden; das geschieht durch die Ûbertragung energiereicher Elektronen von NADPH ± einer Verbindung, deren Struktur der von NADH åhnelt, die aber eine zusåtzliche Phosphatgruppe besitzt (Beschreibung in der Legende zu Abb. 3.26). Das NADPH-Reservoir der Zelle bildet seine 1 ± ein wichtiges Maû fçr den Energieanteil der Zelle, der genutzt werden kann. Den Einsatz von NADPH kann man anhand einer Schlçsselreaktion der Photosynthese veranschaulichen:
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In dieser Reaktion wird ein Elektronenpaar (samt einem Proton) von NADPH auf das Substrat 1,3-Bisphosphoglycerat çbertragen, wobei ein Kohlenstoffatom reduziert wird (rot hervorgehoben). Die oxidierte Form von NADPH, NADP+, wird durch folgende Reaktion aus NAD+ gebildet: NAD++ATP ? NADP++ADP NADPH kann durch Reduktion von NADP+ entstehen. Wie NADH ist auch NADPH wegen seines groûen Elektronençbertragungspotenzials eine energiereiche Verbindung. Durch die Ûbertragung von Freier Enthalpie in Form dieser Elektronen gelangt der Akzeptor in einen stårker reduzierten, energiereicheren Zustand. In der Aufteilung des Reduktionsvermægens auf zwei getrennte, aber verwandte Molekçle, NADH und NADPH, spiegelt sich eine Trennung ihrer primåren Funktionen im Stoffwechsel wider. NADH und NADPH werden als Coenzyme von verschiedenen Enzymen erkannt. Enzyme, die auf anabolen Stoffwechselwegen als Reduktionsmittel dienen, erkennen NADPH als ihr Coenzym, wåhrend Enzyme, die in katabolen Stoffwechselwegen als Dehydrogenasen fungieren, NAD+ erkennen. Obwohl sie ganz unterschiedlich eingesetzt werden, kann ein Coenzym das andere durch die folgende Reaktion reduzieren, die vom Enzym ! % katalysiert wird: NADH+NADP+ ? NAD++NADPH Wenn gençgend Energie vorhanden ist, ist die Bildung von NADPH begçnstigt; dadurch werden Elektronen zur Verfçgung gestellt, die fçr die Biosynthese neuer Makromolekçle, die fçr das Wachstum essentiell sind, benætigt werden. Wenn aber nur wenig Energie zur Verfçgung steht, werden die meisten energiereichen Elektronen des NADH fçr die ATP-Bildung benutzt und nur soviel NADPH gebildet, wie mindestens fçr die Biosynthese erforderlich ist. '' Regulation des Stoffwechsels Die Menge an ATP, die in einer Zelle in einem bestimmten Moment vorhanden ist, ist çberraschend gering. Eine Bakterienzelle enthålt beispielsweise ungefåhr 1 Mio. ATP-Molekçle, deren biologische Halbwertszeit sehr kurz ist (und in der Græûenordnung von ein bis zwei Sekunden liegt). Angesichts dieses begrenzten Vorrats kann das ATP-Molekçl nicht der Hauptenergiespeicher sein. Die Energiereserven einer Zelle werden
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vielmehr in Form von Polysacchariden und Fetten gespeichert. Wenn die Konzentration an ATP zu sinken beginnt, werden Reaktionen ausgelæst, die auf Kosten der energiereichen Speicherformen die ATP-Bildung erhæhen. Ebenso werden Reaktionen, die normalerweise zur ATP-Bildung fçhren, bei hohen ATP-Konzentrationen unterbunden. Die Zellen steuern diese wichtigen energiefreisetzenden Reaktionen, indem sie in einer Reihe von Stoffwechselwegen bestimmte Schlçsselenzyme regulieren. Die Funktion eines Proteins ist eng mit seiner Struktur (d. h. Konformation) verbunden. Es ist daher nicht çberraschend, dass Zellen ihre Proteinaktivitåt regulieren, indem sie die Konformation der entscheidenden Proteinmolekçle veråndern. Bei den Enzymen wird die katalytische Aktivitåt durch eine Modifikation der Struktur des aktiven Zentrums gesteuert. Zwei gångige Mechanismen, um die Form des aktiven Zentrums eines Enzyms zu veråndern, sind die 9 und die , die beide eine wesentliche Rolle bei der Steuerung der Oxidation der Glucose spielen.4 .1 $% 9 1 9 Mitte der 1950er Jahre untersuchten Edmond Fischer und Edwin Krebs von der University of Washington die Phosphorylase, ein Enzym, das man in Muskelzellen entdeckt hatte und das Glycogen in seine Glucoseuntereinheiten spaltet. Es gab eine inaktive und eine aktive Form des Enzyms. Fischer und Krebs stellten einen groben Extrakt aus Muskelzellen her und fanden heraus, dass sie inaktive Enzymmolekçle des Extrakts aktivieren konnten, indem sie dem Reaktionsgefåû einfach ATP zusetzten. Eine weitere Untersuchung ergab, dass ein zweites Enzym im Extrakt vorhanden war ± ein ¹Umwandlungsenzymª, wie sie es nannten ±, das eine Phosphatgruppe vom ATP auf eine der 841 Aminosåuren çbertrug, aus denen die Phosphorylase besteht. Durch die Phosphatgruppe ånderte sich die Form des aktiven Zentrums des Enzyms; auûerdem wurde seine katalytische Aktivitåt erhæht. Weitere Forschungsarbeiten zeigten, dass die 9 von Enzymen, wie man beim Anhången oder Entfernen von Phosphatgruppen sehen kann, ein genereller Mechanismus ist, um die Aktivitåt von Enzymen zu ver4 Der Stoffwechsel wird auch çber die Regulation der Enzymkonzentration gesteuert. Mit welcher relativen Geschwindigkeit Enzyme synthetisiert und abgebaut werden, wird in spåteren Kapiteln erærtert.
åndern. Enzyme, die Phosphatgruppen auf andere Proteine çbertragen, bezeichnet man als Proteinkinasen; sie regulieren so unterschiedliche Funktionen wie die Aktivitåt von Hormonen, die Zellteilung oder die Genexpression. Das ¹Umwandlungsenzymª, das Krebs und Fischer gefunden hatten, wurde spåter Phosphorylase-Kinase genannt; seine Regulation wird in Kap. 15.3 erærtert. Es gibt zwei grundlegend verschiedene Typen von Proteinkinasen: der eine Typ hångt Phosphatgruppen an spezielle Tyrosinreste in einem Substratprotein, der andere an spezielle Serin- oder Threoninreste im Substrat. Wie wichtig Proteinkinasen sind, spiegelt sich in der Tatsache wider, dass etwa 2% aller Gene einer Hefezelle (113 von ungefåhr 6200) Mitglieder dieser Enzymgruppe codieren. G #$% 9 1 Bei der wird die Aktivitåt eines Enzyms durch eine Verbindung gehemmt oder angeregt, die an das bindet, eine Stelle, die vom aktiven Zentrum des Enzyms råumlich getrennt ist. Wie bei einer Reihe von Dominosteinen, die nacheinander umfallen, låuft, sobald eine Verbindung an das allosterische Zentrum gebunden hat, eine ¹Welleª durch das Protein, durch die ± ob auf der gegençberliegenden Seite des Enzyms oder sogar auf einem anderen Polypeptid im Protein ± die Form des aktiven Zentrums definiert geåndert wird. Je nachdem, um welches Enzym und welchen allosterischen Modulator es sich handelt, kann die Formverånderung des aktiven Zentrums seine katalytischen Fåhigkeiten anregen oder hemmen. An der allosterischen Modulation wird deutlich, wie eng die Beziehung zwischen der molekularen Struktur und der Funktion ist. Winzige Verånderungen in der Struktur des Enzyms, die durch den allosterischen Modulator ausgelæst werden, kænnen zu deutlichen Verånderungen in der Enzymaktivitåt fçhren. Zellen sind hocheffiziente Produktionsståtten, in denen weder Energie noch Material zur Herstellung von Verbindungen verschwendet wird, die nicht gebraucht werden. Einer der Hauptmechanismen, wie Zellen anabole Synthesewege abschalten, ist eine Art der allosterischen Modulation, die . Dabei wird das Enzym, das den ersten Schritt in einem solchen Stoffwechselweg katalysiert, zeitweise inaktiviert, wenn das Endprodukt dieses Stoffwechselwegs ± etwa eine Aminosåure ± eine bestimmte Konzentration erreicht hat. Das kann man sich anhand des einfachen Stoffwechselweges in Abb. 3.29 vor Augen fçhren, in dem zwei
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Substrate, A und B, in das Endprodukt E umgewandelt werden. Wenn die Konzentration des Reaktionsprodukts E steigt, bindet E an das allosterische Zentrum des Enzyms BC und fçhrt zu einer Konformationsånderung seines aktiven Zentrums, durch welche die Enzymaktivitåt sinkt. Durch die Rçckkopplungshemmung wird die biosynthetische Aktivitåt einer Zelle direkt und hochempfindlich gesteuert. ! &' $
Im Folgenden werden wir kurz auf den anabolen Stoffwechselweg eingehen, der zur Synthese der Glucose (: ) fçhrt; an ihm werden einige wichtige Aspekte der Biosynthese deutlich. Die meisten Zellen kænnen Glucose zur
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gleichen Zeit aus Pyruvat synthetisieren und als ihre wichtigste chemische Energiequelle oxidieren. Wie ist es mæglich, dass Zellen diese beiden gegenlåufigen Stoffwechselwege gleichzeitig einschlagen kænnen? Erst einmal ist wichtig, dass die Reaktionen der Gluconeogenese nicht einfach eine Umkehr der Glycolyseschritte sind, obwohl Enzyme eine Reaktion in beide Richtungen katalysieren kænnen. In der Glycolyse gibt es drei thermodynamisch irreversible Reaktionen (Abb. 3.24), die irgendwie umgangen werden mçssen. Selbst wenn såmtliche Reaktionen der Glycolyse in entgegengesetzter Richtung ablaufen kænnten, wåre das fçr die Zelle nicht unbedingt die beste Art, ihre Stoffwechselaktivitåten zu regeln, weil sie die beiden Stoffwechselwege nicht unabhångig voneinander steuern kænnte. Sie kænnte dann nicht die Synthese der Glucose abschalten, um den Glucose-Abbau anzukurbeln, weil in beiden Richtungen dieselben Enzyme aktiv wåren. Wenn man Abbau und Synthese der Glucose miteinander vergleicht, wird klar, dass einige Reaktionen identisch sind, auch wenn sie in entgegengesetzter Richtung verlaufen, wåhrend andere ganz verschieden sind (Schritte 1±3, Abb. 3.30). Die thermodynamischen und regulatorischen Probleme, welche die Zelle hat, weil sie dieselben Molekçle gleichzeitig synthetisieren und abbauen kann, werden dadurch gelæst, dass bei den zwei entgegengesetzten Stoffwechselwegen jeweils unterschiedliche Schlçsselreaktionen von verschiedenen Enzymen katalysiert werden. Wir kænnen das besser erkennen, wenn wir die entscheidenden Enzyme der Glycolyse und Gluconeogenese nåher betrachten. Wie in Schritt 2 auf Abb. 3.30 deutlich wird, katalysiert die / , ein Enzym der Glycolyse, folgende Reaktion, Fructose-6-phosphat+ATP ? Fructose-1,6-bisphosphat+ADP die einen DG8'-Wert von ±3,4 kcal/mol hat und daher praktisch irreversibel ist. Die Reaktion hat einen so stark negativen DG8'-Wert, weil sie mit der Hydrolyse von ATP gekoppelt ist. Bei der Gluconeogenese wird die Bildung von Fructose6-phosphat durch das Enzym E"B 7 durch eine einfache Hydrolyse katalysiert: Fructose-1,6-bisphosphat+H2O $ Fructose-6-phosphat+Pi DG8' = ±3,9 kcal/mol
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eines Schlçsselenzyms der Gluconeogenese, wird dagegen durch erhæhte AMP-Konzentrationen gehemmt.5 Dank dieser verschiedenen Regulationsmæglichkeiten schwankt die ATP-Konzentration im Allgemeinen nicht, sondern bleibt hoch, auch wenn der Bedarf sehr unterschiedlich ist. Wir haben uns in diesem Kapitel auf die Speicherung der chemischen Energie in Form von ATP und seine Verwendung im Stoffwechsel konzentriert. Die im ATP gespeicherte Energie wird in zahlreichen verschiedenen Prozessen (Beispiel: Abb. 3.6) eingesetzt, von denen viele in diesem Buch besprochen werden. Man sollte hier noch anmerken, dass ATP nicht immer, wie in diesem Kapitel beschrieben wird, dazu benutzt wird, um phosphorylierte Zwischenprodukte wie Glutamylphosphat zu bilden. In einigen Fållen wird das Phosphat auch auf einen Aminosåurerest eines Proteins çbertragen, um ± wie etwa bei der Wanderung der Natrium- und Kaliumionen durch die Plasmamembran ± eine Konformationsånderung auszulæsen (Abb. 4.44).
n 3.30. Vergleich Glycolyse ± Gluconeogenese. Wåhrend die meisten Reaktionen in den beiden Stoffwechselwegen identisch sind, auch wenn sie in entgegengesetzte Richtungen laufen, werden die drei irreversiblen Reaktionen der Glycolyse (hier: Schritte 1±3) in der Gluconeogenese durch andere thermodynamisch vorteilhafte Reaktionen ersetzt
Die speziellen, oben beschriebenen Enzyme der Glycolyse und Gluconeogenese sind entscheidende Regulationsenzyme ihrer jeweiligen Stoffwechselwege. Obwohl ATP ein Substrat der Phosphofructokinase ist, dient es auch als allosterischer Hemmstoff, wåhrend AMP ein allosterischer Aktivator ist. Bei hohen ATP-Konzentrationen wird die Aktivitåt des Enzyms so weit verringert, dass in der Glycolyse kein ATP mehr gebildet wird. Sind dagegen die ADP- und AMPKonzentrationen hoch im Vergleich zur ATPKonzentration, wird die Aktivitåt des Enzyms erhæht und damit die ATP-Synthese angekurbelt. Die Aktivitåt der Fructose-1,6-bisphosphatase,
5 Die Aktivitåten der Phosphofructokinase und Fructose1,6-Bisphosphatase werden auch durch die Verbindung Fructose-2,6-bisphosphat gesteuert, die ein allosterischer Aktivator des ersten und ein kompetitiver Hemmstoff des zweiten Enzyms ist. Somit kann durch Ønderungen in der Konzentration des Fructose-2,6-bisphosphats zwischen den beiden gegenlåufigen Stoffwechselwegen Glycolyse und Gluconeogenese umgeschaltet werden. Man sollte noch erwåhnen, dass Synthese und Abbau von Fructose-2,6-bisphosphat ± zwei eigenståndige Reaktionen ± durch ein Enzym mit zwei verschiedenen Funktionen katalysiert werden; dieses Enzym besitzt in unterschiedlichen Domånen zwei verschiedene aktive Zentren.
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Zusammenfassung # " $ 9 0 Energie kann in unterschiedlicher Form gespeichert werden: in Form von chemischer, mechanischer oder thermischer Energie, Licht oder Elektrizitåt, die alle ineinander umgewandelt werden kænnen. Wenn Energie çbertragen wird, bleibt die Gesamtenergie im Universum immer konstant, wåhrend Freie Enthalpie ± d. h. Energie, mit der weiterhin Arbeit verrichtet werden kann ± verloren geht. Weil im Universum die Zufålligkeit und Unordnung zunimmt, geht nutzbare Energie in Form von Entropie verloren. Lebewesen sind Systeme mit geringer Entropie, die nur deshalb erhalten bleiben, weil sie ståndig von auûen Energie erhalten, die letztlich von der Sonne stammt (Kap. 3.1.1). &1 3-4 # 9 9 D # $ # H DG
9 . In einer chemischen Reaktion entspricht D% dem Unterschied an Freier Enthalpie zwischen den Reaktionsteilnehmern und den Reaktionsprodukten. Je græûer D% ist, desto weiter ist die Reaktion vom Gleichgewichtszustand entfernt. Mit fortschreitender Reaktion nimmt D% ab, im Gleichgewichtszustand ist D% gleich Null. Um vergleichen zu kænnen, wie stark sich die Energie bei verschiedenen chemischen Reaktionen åndert, bestimmt man die Unterschiede in der Freien Enthalpie zwischen Reaktionsteilnehmern und Reaktionsprodukten fçr eine Reihe von Standardbedingungen und erhålt so
D%8', fçr das folglich gilt: D%8' = ±2,303 -2 ´ log K'eq. Reaktionen, deren Gleichgewichtskonstanten >1 sind, haben negative D%8'-Werte. Man sollte daran denken, dass D%8' ein fester Wert ist, der ausdrçckt, in welcher Richtung eine Reaktion bei Standardbedingungen ablåuft. Mit ihm låsst sich nicht feststellen, in welche Richtung eine Zellreaktion zu einem bestimmten Zeitpunkt ablåuft; dafçr ist der D% -Wert zuståndig, der von den Konzentrationen der Reaktionsteilnehmer und Reaktionsprodukte zu diesem Zeitpunkt abhångt. In der Zelle kænnen auch Reaktionen mit positiven D%8'-Werten (wie die Reaktion, in der Dihydroacetonphosphat in Glycerinaldehyd-3phosphat umgewandelt wird) ablaufen, wenn das Verhåltnis der Reaktionsteilnehmer zu den Reaktionsprodukten græûer bleibt als der Wert, der von 5eq vorgegeben ist (Kap. 3.1.2). !/ 2%% 3DG8' I *@"> J4 " '. Wie das geschieht, låsst sich anhand der Glutaminsynthese aus Glutaminsåure und NH3 (D%8' = +3,4 kcal/mol) zeigen. Die Reaktion kann nur erfolgen, weil Glutamylphosphat, ein gemeinsames Zwischenprodukt gebildet wird. In solchen Prozessen kann die ATP-Hydrolyse eine wichtige Rolle spielen, weil das [ATP]/[ADP]-Verhåltnis in der Zelle erhæht ist und weit çber dem des Gleichgewichtszustands liegt, was zeigt, dass die Reaktionen im Zellstoffwechsel nicht unter Gleichgewichtsbedingungen ablaufen. Das heiût nicht, dass
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alle Reaktionen daran gehindert werden, ihren Gleichgewichtszustand zu erreichen. Vielmehr haben bestimmte Schlçsselreaktionen eines Stoffwechselweges stark negative D%-Werte, wodurch sie in der Zelle praktisch irreversibel sind und den gesamten Stoffwechselweg in Gang halten kænnen. Die Konzentrationen der Reaktionsteilnehmer und Reaktionsprodukte kænnen in der Zelle relativ konstant auf Werten gehalten werden, die nicht dem Gleichgewichtszustand entsprechen (Flieûgleichgewicht), weil permanent Material aus dem Medium in die Zelle eingeschleust wird und ståndig Abfallprodukte entfernt werden (Kap. 3.1.2). #$% / " ' :
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' '0 Wie alle echten Katalysatoren sind Enzyme nur in geringen Mengen vorhanden; sie werden im Verlauf der Reaktion nicht irreversibel veråndert und haben keinen Einfluss auf die Thermodynamik der Reaktion. Enzyme kænnen daher weder dafçr sorgen, dass eine Reaktion (mit positivem D%), die von alleine nicht ablaufen wçrde, ablåuft, noch kænnen sie das Verhåltnis von Reaktionsteilnehmern zu Reaktionsprodukten im Gleichgewichtszustand åndern. Als Katalysatoren kænnen Enzyme bei moderater Temperatur und einem pH-Wert, wie man ihn in der Zelle findet, nur die Geschwindigkeit gçnstiger Reaktionen beschleunigen. Charakteristisch fçr Enzyme sind darçber hinaus ihre Spezifitåt fçr ihre Substrate, eine hocheffiziente Katalyse praktisch ohne unerwçnschte Nebenprodukte sowie die Tatsache, dass ihre katalytische Aktivitåt reguliert werden kann (Kap. 3.2.1). #$% ' " 9 3E4 $ * # " " $ ' 0 Daher besitzt in Gegenwart eines Enzyms ein viel græûerer Anteil der an der Reaktion beteiligten Molekçle die nætige Energie, um in Reaktionsprodukte verwandelt zu werden. Enzyme verringern A, indem sie einen Enzym-Substrat-Komplex bilden. Der Anteil des Enzyms, der an das Substrat oder die Substrate bindet, das aktive Zentrum, besitzt auch die notwendigen Aminosåureseitenketten und/oder Cofaktoren, um so auf die Substrate einzuwir-
ken, dass ihre chemische Umwandlung erleichtert wird. Zu den Mechanismen, die eine Katalyse erleichtern, gehært, dass Enzyme Reaktionsteilnehmer passend ausrichten kænnen; sie kænnen die Substrate stårker aktivieren, indem sie auf ihre Elektronen einwirken; und sie kænnen im Substrat Spannungen erzeugen, durch die bestimmte Bindungen innerhalb des Substrats geschwåcht werden (Kap. 3.2.2). &' " 0 Man kann diese Reaktionen in Stoffwechselwege aufteilen, die aus einer Abfolge von chemischen Reaktionen bestehen, in der jede Reaktion durch ein spezifisches Enzym katalysiert wird. Man unterscheidet grob zwei Arten von Stoffwechselwegen: katabole, in denen Verbindungen gelæst und Energie freigesetzt wird, sowie anabole, in denen mithilfe der in der Zelle gespeicherten Energie komplexere Verbindungen aufgebaut werden. Verschiedene Makromolekçle werden durch katabole Stoffwechselprozesse zu relativ wenigen niedermolekularen Zwischenprodukten abgebaut; diese liefern dann das Rohmaterial, von dem die divergent verlaufenden, anabolen Stoffwechselwege ausgehen. In beiden Arten von Stoffwechselwegen kommen Redoxreaktionen vor, in denen Elektronen von einem Substrat auf ein anderes çbertragen werden, wodurch sie den Reduktionsgrad des Rezipienten und den Oxidationsgrad des Donors erhæhen (Kap. 3.3). " $
' " 1 D # 0 Ein Mol Glucose setzt 686 kcal frei, wenn es vollståndig zu CO2 und H2O oxidiert wird, wåhrend fçr die Umwandlung von einem Mol ADP zu ATP nur 7,3 kcal benætigt werden. Daher kann durch die Oxidation eines Glucosemolekçls gençgend Energie gebildet werden, um eine groûe Anzahl von ATP-Molekçlen herzustellen. Das erste Stadium des Glucoseabbaus ist die Glycolyse, bei der Glucose unter Nettogewinn von zwei Molekçlen ATP und zwei Molekçlen NADH in Pyruvat umgewandelt wird. Die ATP-Molekçle werden durch eine Substratkettenphosphorylierung gebildet, bei der eine Phosphatgruppe von einem Substrat auf ADP çbertragen wird. Die NADHs entstehen durch Oxidation eines Aldehyds zu einer Carbonsåure samt Transfer eines Hydridions (ein Proton und zwei Elektronen) vom Substrat auf NAD+. In Gegenwart von O2 oxidieren die
Zur Selbstçberprçfung
meisten Zellen NADH mithilfe einer Elektronentransportkette und bilden ATP durch aerobe Atmung. Ohne O2 wird NAD+ durch Gårung regeneriert, wobei energiereiche Elektronen vom NADH zur Reduktion von Pyruvat verwendet werden. NAD+ muss regeneriert werden, damit die Glycolyse weiterlaufen kann (Kap. 3.3.3). $% 9 1 ' ' $' 9 . Um eine kovalente Modifikation einzufçhren, wird meist in einer Reaktion, die von einer Proteinkinase katalysiert wird, eine Phosphatgruppe vom ATP auf eine oder mehrere Serin-, Threonin- oder Tyrosinreste des Enzyms çbertragen. Allosterische Modulatoren binden dagegen nichtkovalent an eine Stelle im Enzym, die vom aktiven Zentrum råumlich getrennt ist. Durch die Bindung des Modulators åndert sich die Konformation des aktiven Zent-
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rums, wodurch die katalytische Aktivitåt des Enzyms erhæht oder verringert wird. Ein gångiges Beispiel fçr eine allosterische Modulation ist die Rçckkopplungshemmung, bei der das Endprodukt eines Stoffwechselwegs allosterisch das erste Enzym hemmt, das fçr diesen Stoffwechselweg charakteristisch ist. Ein und dieselbe Verbindung kann in der Zelle durch einen katabolen Stoffwechselweg abgebaut werden und gleichzeitig das Endprodukt eines Biosyntheseweges sein. Glucose beispielsweise wird in der Glycolyse abgebaut und im Rahmen der Gluconeogenese synthetisiert. Wåhrend die meisten Enzyme in beiden Stoffwechselwegen vorkommen, gibt es jeweils drei Schlçsselenzyme, die nur in einem der beiden Stoffwechselwege vorkommen. Dadurch kann die Zelle beide Stoffwechselweg getrennt voneinander regulieren und Reaktionen, die sonst irreversibel wåren, rçckgångig machen (Kap. 3.3.4).
Zur Selbstçberprçfung 1. Wie wirkt sich eine Verringerung des pHWerts auf eine Reaktion aus, die von Chymotrypsin/von Lysozym katalysiert wird? Wie wirkt sich ein Anstieg des pH-Werts auf die beiden Reaktionen aus? 2. Eine Rçckkopplungshemmung veråndert in der Regel bevorzugt die Aktivitåt des ersten Enzyms eines Stoffwechselweges, nicht die eines spåteren Enzyms. Wieso zeugt das von einer Anpassungsfåhigkeit? 3. Erklåren Sie, nachdem Sie sich die Reaktionen der Glutaminbildung in Kap. 3.1.2 angesehen haben, warum folgende Aussagen zur dritten (Gesamt-)Reaktion jeweils wahr oder falsch sind. a. Wenn die Reaktion in entgegengesetzter Richtung verliefe, wçrde D%8' +3,9 kcal/ mol betragen. b. Wenn alle Reaktionsteilnehmer und Reaktionsprodukte zu Beginn eines Experiments die Standardbedingungen erfçllen wçrden, wçrde nach einer gewissen Zeit das [NH3]/[ADP]-Verhåltnis sinken. c. Wenn die Reaktion weiterlåuft, nåhert sich D%8' Null. d. Im Gleichgewichtszustand halten sich Vor- und Rçckreaktion die Waage und das [ATP]/[ADP]-Verhåltnis ist 1.
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e. In der Zelle kann Glutamin gebildet werden, wenn das [Glutamin]/[Glutaminsåure]-Verhåltnis çber 1 liegt. Sie haben gerade ein neues Enzym isoliert und die Reaktionsgeschwindigkeit bei drei verschiedenen Substratkonzentrationen gemessen. Sie finden heraus, dass pro Zeiteinheit bei allen drei Konzentrationen gleich viel Produkt gebildet wird. Was kann man daraus fçr die Bedingungen im Reaktionsansatz schlieûen? Lysozym ist ein Enzym, das langsam wirkt ± und etwa zwei Sekunden benætigt, um eine einzige Reaktion zu katalysieren. Wie groû ist die Wechselzahl des Lysozyms? Wenn in der Reaktion R P ein Mol des Reaktionsprodukts (P) dieselbe Freie Enthalpie besitzt wie ein Mol der Reaktionsteilnehmer (R), wie groû ist dann 5eq dieser Reaktion? Wie groû ist D%8'? Was bedeutet es fçr die Konzentrationsverhåltnisse, wenn man sagt, dass D% fçr die ATP-Hydrolyse in der Zelle bei etwa ±12 kcal/mol liegt, wåhrend D%8' ±7,3 kcal/mol betrågt? In der Zelle werden die Enzyme reguliert, deren Reaktionen in der Regel nicht unter Gleichgewichtsbedingungen ablaufen. Was
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Bioenergetik, Enzyme und Stoffwechsel
wçrde passieren, wenn ein Enzym allosterisch gehemmt wçrde, dessen Katalyse in der Nåhe des Gleichgewichtszustands erfolgt? Wie groû ist D%8' in der Reaktion A B, wenn 5'eq 103 ist? Wie groû ist D%8', wenn 5'eq 10±3 ist? Wie groû ist 5'eq der Hexokinase-Reaktion, die in Abb. 3.23 (Schritt 1) dargestellt ist? Die Reaktion Acetylphosphat+ADP Acetat+ATP hat ein D%8' von ±2,8 kcal/mol. Acetylphosphat besitzt (mehr, weniger, genauso viel) Freie Enthalpie als/wie ATP gegençber der entsprechenden dephosphorylierten Verbindung; ADP hat im Vergleich zum Acetat (eine hæhere, geringere, gleich groûe) Affinitåt fçr Phosphat. (Kreisen Sie die richtigen Antworten ein.) Kænnte man, wenn die Reaktion XA+Y XY+A einen D%8'-Wert von +7,3 kcal/ mol hat, diese Reaktion in der Zelle dadurch ablaufen lassen, dass man sie mit einer ATP-Hydrolyse koppelt? Warum bzw. warum nicht? Man hat herausgefunden, dass bei der Reaktionsfolge A ? B ? C ? D die Gleichgewichtskonstante fçr die zweite Reaktion (B ? C) 0,1 ist. Sie wçrden erwarten, dass die Konzentration von C in einer lebenden Zelle (1) gleich B, (2) ein Zehntel von B, (3) weniger als ein Zehntel von B, (4) das 10Fache von B, (5) mehr als das 10Fache von B betrågt. (Kreisen Sie alle richtigen Antworten ein.) Die Reaktion der Verbindung X mit der Verbindung Y zu einer Verbindung Z ist thermodynamisch nicht begçnstigt (D%8' = + 5 kcal/mol). Zeichnen Sie die chemischen Reaktionen auf, die ablaufen wçrden, wenn man die Reaktion mithilfe von ATP ermæglichen wçrde. ATP hat sich zum zentralen Molekçl des Energiestoffwechsels entwickelt. Kænnte 1,3-Bisphosphoglycerat dieselbe Funktion erfçllen? Warum beziehungsweise warum nicht? Berechnen Sie den D%-Wert fçr eine ATPHydrolyse in einer Zelle, in der das [ATP]/ [ADP]-Verhåltnis auf 100:1 angestiegen ist, wåhrend die Pi-Konzentration weiterhin bei 10 mM liegt. Was wçrde es fçr das [ATP]/[ADP]-Verhåltnis bedeuten, wenn sich die Reaktion im Gleichgewichtszustand befindet und die Pi-Konzentration weiter bei 10 mM liegt. Wie groû wåre D%,
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wenn fçr alle Reaktionsteilnehmer und Reaktionsprodukte Standardbedingungen (1 M) gelten wçrden? Betrachten Sie die Reaktion: Glucose+Pi Glucose-6-phosphat +H2O; D%8' = +3 kcal/mol. Wie groû ist die Gleichgewichtskonstante 5'eq fçr diese Reaktion? (Anmerkung: Die Konzentration von Wasser soll vernachlåssigt werden.) Bedeutet der positive Wert von D%8' der obigen Reaktion, dass die Reaktion niemals spontan von links nach rechts verlaufen kann? Unter physiologischen Bedingungen ist [Glucose] = 5 mM, [Glucose-6-Phosphat] = 83 mM und [Pi] = 1 mM. Verlåuft die Reaktion aus Frage 16 unter diesen Bedingungen spontan von links nach rechts? Falls nicht, wie hoch mçsste die GlucoseKonzentration sein, damit die Reaktion von links nach rechts verlaufen kænnte, wenn die Konzentrationen der anderen Reaktionsteilnehmer und Reaktionsprodukte so bleiben, wie es oben angegeben ist? Betrachten Sie die Reaktion: Glutamat +Ammoniak Glutamin+H2O; D%8' = + 3,4 kcal/mol. Welches Verhåltnis von Glutamat/Glutamin ist erforderlich, damit die Reaktion spontan bei 25 8C von links nach rechts verlåuft, wenn die AmmoniakKonzentration 10 mM betrågt? Es sollte klar sein, dass Glutamin in einer Zelle nicht in der in Aufgabe 18 beschriebenen Reaktion synthetisiert werden kann. In der tatsåchlich stattfindenden Reaktion ist die Glutamin-Synthese an die ATP-Hydrolyse gekoppelt: Glutamat+Ammoniak +ATP Glutamin+ADP+Pi Wie groû ist D%8' bei dieser Reaktion? Nehmen Sie an, dass såmtliche Reaktionsteilnehmer und Reaktionsprodukte auûer Ammoniak in einer Konzentration von 10 mM vorliegen. Welche Ammoniak-Konzentration wåre nætig, damit die Reaktion çberwiegend in Vorwårtsrichtung verlåuft und insgesamt Glutamin gebildet wird? Ein nichtkompetitiver Inhibitor hindert das Enzym nicht daran, an sein Substrat zu binden. Was wçrde passieren, wenn man die Substratkonzentration in Gegenwart eines nichtkompetitiven Inhibitors erhæhen wçrde? Glauben Sie, dass ein nichtkompetitiver Inhibitor ;max oder 5M des Enzyms veråndert? Erklåren Sie das kurz.
Weiterfçhrende Literatur
21. 1926 kam James Sumner zu dem Schluss, dass Urease ein Enzym ist, weil Kristalle des Enzyms positiv bei Reagenzien reagierten, die mit Proteinen reagierten, und negativ bei Reagenzien, die mit Fetten, Kohlenhydraten und anderen Substraten reagierten. Andere Enzymologen, die der
ternetseite www.wiley.com/college/karp Erweitern sie Ihr Verståndnis, indem sie Karps Internetseite ¹Zell- und Molekularbiologieª besuchen. Dort finden Sie ' die gestellten $ & , , die schwierige Sachverhalte und Begriffe verdeutlichen, , die Ihnen bei Prçfungsvorbereitungen helfen, sowie 8 zu interessanten Seiten im Netz. Zusåtzlich zu der Literaturliste unten kann man auf der Internetseite auch noch ' 8 finden.
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Ansicht waren, dass ihre hochaktiven Enzymlæsungen keine Anzeichen fçr ein Protein zeigten, haben seine Schlussfolgerung angezweifelt. Wie sind diese beiden scheinbar gegensåtzlichen Befunde miteinander in Einklang zu bringen?
3.4 Weiterfçhrende Literatur # Hammes GG (2000) Thermodynamics and Kinetics for the Biological Sciences Wiley & Sons, New York Harold FM (1986) The Vital Force: A Study of Bioenergetics. Freeman Harris DA (1995) Bioenergetics at a Glance. Blackwell, Oxford
#$% &' (siehe auch die in Kapitel 2 aufgefçhrten biochemischen Lehrbçcher)
Benkovic SJ, Hammes-Schiffer S (2003) A perspective on enzyme catalysis. Science 301:1196±1202 Falke JJ (2002) A moving story. Science 295:1480±1481 [dynamische Bewegungen wåhrend der Katalyse] Jencks WP (1997) From chemistry to biochemistry to catalysis to movement. Annu Rev Biochem 66:1±18 Knowles J (2003) Seeing is believing. Science 299:2002±2003 [çber enzymatische Katalyse] Kornberg A (1989) For the Love of Enzymes. Harvard Univ Press, Cambridge/MA Kraut DA et al (2003) Challenges in enzyme mechanism and energetics. Annu Rev Biochem 72:517±571 Kraut J (1988) How do enzymes work? Science 242:533±540 Palmer T (1995) Understanding Enzymes. Prentice-Hall Walsh C et al (2001) Reviews on biocatalysis. Nature 409: 226±268
Struktur und Funktion der Plasmamembran
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4.1 Ein Ûberblick çber die Funktionen der Plasmamembran 4.2 Eine kurze Geschichte der Untersuchungen zur Struktur der Plasmamembran 4.3 Die chemische Zusammensetzung der Membranen 4.4 Struktur und Funktionen von Membranproteinen 4.5 Membranlipide und die Fluiditåt der Membran 4.6 Dynamische Prozesse in der Plasmamembran 4.7 Wie Substanzen Zellmembranen passieren 4.8 Membranpotenziale und Nervenimpulse Aus Sicht des Menschen: Eine Erbkrankheit, die durch defekte Ionenkanåle verursacht wird Experimentelle Verfahren: Der Acetylcholinrezeptor ? ( I . # I + * ' !' ?I I
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Die Auûenwånde eines Hauses oder die Karosserie eines Autos sind stark und fest genug, um die Menschen darin vor der unkalkulierbaren und rauen Auûenwelt zu schçtzen. Man kænnte erwarten, dass die Auûenwand einer lebenden Zelle genauso wiederstandsfåhig und undurchdringlich ist, weil sie ebenfalls einen empfindlichen Inhalt vor einer unbelebten und oft unwirt-
lichen Umgebung schçtzen muss. Zellen sind jedoch durch eine dçnne, fragile Struktur von nur fçnf bis zehn Nanometer Dicke, die / , von der Auûenwelt getrennt. Man mçsste etwa 5000 Plasmamembranen çbereinander stapeln, um auf die Dicke einer einzigen Seite dieses Buches zu kommen.
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
<eil die Plasmamembran so dçnn ist, kann man nichts von ihr entdecken, wenn man sich im Lichtmikroskop einen Zellquerschnitt ansieht. Erst Ende der 1950er Jahre war die Technik der Pråparation und Fårbung von Gewebe so weit fortgeschritten, dass man die Plasmamembran unter dem Elektronenmikroskop erkennen konnte. Die ersten elektronenmikroskopischen Aufnahmen wie die von J. D. Robertson von der Duke University (Abb. 4.1 a) zeigten, dass die Plasmamembran aus drei Schichten besteht: aus zwei dunkel gefårbten åuûeren Schichten und einer hell gefårbten mittleren Schicht. Alle Membranen, die genauer untersucht wurden ± ob es nun Plasma-, Kern- oder cytoplasmatische Membranen (Abb. 4.1 b), Membranen von Pflanzen, Tieren oder Mikroorganismen waren ± wiesen dieselbe Feinstruktur auf. Die elektronenmikroskopischen Aufnahmen boten jedoch
nicht nur einen optischen Eindruck von dieser elementar wichtigen Zellstruktur, sondern entfachten auûerdem eine heftige Debatte darçber, aus welchen Molekçlen die verschiedenen Membranschichten bestehen, eine Diskussion, die geradewegs zum Thema der Membranstruktur und -funktion fçhrte. Wie wir bald sehen werden, besitzen Zellmembranen eine Lipiddoppelschicht; die beiden dunkel gefårbten Schichten in den elektronenmikroskopischen Aufnahmen von Abb. 4.1 entsprechen der inneren und åuûeren polaren Oberflåche der Doppelschicht (sie sind auf dem Bild zu Beginn des Kapitels gelb gefårbt). Wir werden spåter erneut auf die Membranstruktur zurçckkommen, uns aber erst einmal einen Ûberblick çber einige der wichtigsten Funktionen von Membranen im Leben einer Zelle verschaffen (Abb. 4.2).
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Ein Ûberblick çber die Funktionen der Plasmamembran
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4.1 Ein Ûberblick çber die Funktionen der Plasmamembran
n Abb. 4.2. Ûberblick çber die Membranfunktionen in einer Pflanzenzelle. (1) Ein Beispiel fçr eine Membrankompartimentalisierung, bei der hydrolytische Enzyme (saure Hydrolasen) in der von einer Membran umgebenen Vacuole gespeichert werden. (2) Beispiel fçr die Rolle cytoplasmatischer Membranen bei der Lokalisation von Enzymen. Die CO2-Fixierung in der Pflanzenzelle wird durch ein Enzym katalysiert, das mit der åuûeren Oberflåche der Thylakoidmembranen der Chloroplasten assoziiert ist. (3) Beispiel fçr die Bedeutung der selektiven Permeabilitåt von Membranen. Wassermolekçle kænnen die Plasmamembran schnell passieren, was dazu fçhrt, dass die Pflanzenzelle verfçgbaren Platz ausfçllt und Druck auf die Zellwand ausçbt. (4) Beispiel fçr den Transport gelæster Stoffe. Ein Transportprotein in der Plasmamembran pumpt Wasserstoffionen, die bei verschiedenen Stoffwechselprozessen im Cytoplasma entstehen, aus der Pflanzenzelle in den Extrazellularraum. (5) Beispiel fçr die Beteiligung von Membranen an der Informationsçbertragung von einer Seite zur anderen (Signalçbertragung). In diesem Fall sorgt ein Hormon (wie Abscisinsåure) durch seine Bindung an die åuûere Oberflåche der Plasmamembran dafçr, dass eine chemische Botschaft (wie IP3) ins Cytoplasma gelangt. Hier fçhrt IP3 zur Freisetzung von Ca2+-Ionen aus einem cytoplasmatischen Speicher. (6) Beispiel fçr die Bedeutung von Membranen bei der Kommunikation zwischen Zellen. Ûber Úffnungen zwischen benachbarten Pflanzenzellen, den Plasmodesmen, kann Material vom Cytoplasma einer Zelle direkt in das ihres Nachbarn gelangen. (7) Beispiel fçr die Rolle von Membranen bei der Energieumwandlung. ADP wird unter Mitwirkung der inneren Mitochondrienmembran in ATP umgewandelt
n Membranen sind kontinuierliche lçckenlose Schichten, die daher zwangslåufig Kompartimente bilden. Die Plasmamembran umhçllt den gesamten Inhalt einer Zelle, wåhrend die Kern- oder cytoplasmatischen Membranen diverse intrazellulåre Råume umgeben. In den verschiedenen, von Membranen umhçllten Kompartimenten einer Zelle befinden sich ganz unterschiedliche Inhaltsstoffe. Die Kompartimentalisierung durch die Membranen ermæglicht zum einen, dass in den Kompartimenten spezielle Aktivitåten stattfinden kænnen, die nicht von auûen gestært werden, und zum anderen, dass zellulåre Aktivitåten unabhångig voneinander reguliert werden. n Membranen umschlieûen nicht nur Kompartimente, sondern sind auch selber ein Kompartiment. Solange sich Reaktionspartner in einer Læsung befinden, kann ihre Lage zueinander nicht fixiert werden, so dass ihre Wechselwirkung davon abhångt, dass sie zufållig aufeinandertreffen. Dank ihres Aufbaus bieten die Membranen der Zelle jedoch ein ausgedehntes System oder Grundgerçst, in dem Bestandteile so angeordnet werden kænnen, dass eine effiziente Wechselwirkung mæglich wird. n Membranen sorgen dafçr, dass Molekçle nicht uneingeschrånkt von einer Seite zur anderen gelangen kænnen. Gleichzeitig bieten sie eine Kommunikationsmæglichkeit zwischen den Kompartimenten, die sie trennen. Man kann die Plasmamembran rund um eine Zelle mit einem Burg- oder Schlossgraben vergleichen: Beide stellen zwar generell ein Hindernis dar, haben aber regulierbare ¹Brçckenª, çber die bestimmte Elemente in den umschlossenen Lebensraum hineingelangen oder ihn verlassen kænnen. n Die Plasmamembran verfçgt çber Mechanismen, um Substanzen von einer Seite der Membran auf die andere zu schleusen ± oft aus einem Bereich, in dem die gelæste Substanz
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
nur in geringer Konzentration vorliegt, in einen Bereich, wo eine sehr viel hæhere Konzentration dieser Substanz vorhanden ist. Die Transportmechanismen der Membran ermæglichen es der Zelle, Substanzen wie Zucker und Aminosåuren anzuhåufen, die fçr den Stoffwechsel und den Aufbau ihrer Makromolekçle erforderlich sind. Die Plasmamembran kann auch bestimmte Ionen transportieren, so dass quer zu ihr ein Ionengradient aufgebaut wird. Diese Fåhigkeit ist besonders entscheidend fçr Nerven- und Muskelzellen. n - & 0 Die Plasmamembran spielt eine entscheidende Rolle bei der Reaktion einer Zelle auf externe Reize, ein Prozess, der als & bezeichnet wird. Membranen besitzen $, die sich mit ganz bestimmten Molekçlen (den 8 ), die eine komplementåre Struktur haben, verbinden. Unterschiedliche Zelltypen weisen in ihren Membranen auch unterschiedliche Rezeptoren auf, so dass sie jeweils andere Liganden in ihrem Umfeld erkennen und auf sie reagieren. Aufgrund der Wechselwirkung des Rezeptors einer Plasmamembran mit einem externen Liganden kann die Membran ein Signal aussenden, das Aktivitåten im Innern der Zelle færdert oder hemmt. Beispielsweise kænnen Signale, die an der Plasmamembran erzeugt wurden, eine Zelle dazu bringen, mehr Glycogen zu bilden, sich auf eine Zellteilung vorzubereiten, sich auf eine hæhere Konzentration einer bestimmten Verbindung hin zu bewegen, Calcium aus internen Speichern freizusetzen oder mæglicherweise sogar Selbstmord zu begehen. n 6$1 ' 0 Bei vielzelligen Organismen vermittelt die Plasmamembran als Auûenschicht der jeweiligen lebenden Zelle die Wechselwirkungen zwischen der Zelle und ihren Nachbarn. Mithilfe der Plasmamembran kænnen Zellen einander erkennen und Signale çbermitteln, sich, falls erforderlich, aneinander heften oder aber Material und Informationen austauschen. n # ' 0 Membranen sind eng an den Vorgången beteiligt, bei denen eine Energieform in eine andere umgewandelt wird (Energieumwandlung). Die
grundlegendste Form der Energieumwandlung erfolgt bei der Photosynthese, bei der Membranpigmente Sonnenlichtenergie absorbieren, in chemische Energie umwandeln und in Kohlenhydraten speichern. Membranen wirken auch mit, wenn chemische Energie aus Kohlenhydraten und Fetten auf ATP çbertragen wird. Bei Eukaryoten befindet sich der Apparat fçr diese Formen der Energieumwandlung in den Chloroplasten- und Mitochondrienmembranen. Wir wollen uns in diesem Kapitel zwar auf die Struktur und Funktionen der Plasmamembran konzentrieren, man sollte sich aber klar machen, dass die hier erærterten Prinzipien fçr alle Zellmembranen gelten. Spezielle Aspekte der Struktur und Funktionen von Membranen in Mitochondrien, Chloroplasten, im Cytoplasma und im Kern werden in den Kap. 5, 6, 8 und 12 erærtert.
$ Eine kurze Geschichte der Untersuchungen zur Struktur der Plasmamembran In den 1890er Jahren erhielt Ernst Overton von der Universitåt Zçrich erste Einblicke in die chemische Zusammensetzung der åuûeren Grenzschicht einer Zelle. Overton wusste, dass sich unpolare gelæste Stoffe besser in unpolaren als in polaren Læsungsmitteln læsen und polare gelæste Stoffe ein kontråres Læsungsverhalten zeigen. Daraus folgerte er, dass eine Substanz, die vom Medium her in eine Zelle eindringt, zuerst sich in der åuûeren Grenzschicht dieser Zelle læsen muss. Um die Permeabilitåt der åuûeren Grenzschicht zu untersuchen, tauchte Overton Wurzelhaare von Pflanzen in Hunderte verschiedener Læsungen mit einer Vielzahl von gelæsten Stoffen ein. Dabei fand er heraus, dass ein gelæster Stoff umso schneller in die Zellen der Haarwurzeln eindringen konnte, je besser fettlæslich er war (Kap. 4.7.2). Er schloss daraus, dass das Læsungsvermægen der åuûeren Grenzschicht der Zelle dem eines Úls entspricht. 1925 postulierten erstmals die beiden niederlåndischen Wissenschaftler E. Gorter und F. Grendel, dass Zellmembranen eine Lipiddoppelschicht enthalten. Die Wissenschaftler extrahierten die Lipide aus den roten Blutkærperchen des Menschen und bestimmten die Græûe der Ober-
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Eine kurze Geschichte der Untersuchungen zur Struktur der Plasmamembran
flåche, die sie bedecken wçrden, wenn sie çber eine Wasseroberflåche verteilt wçrden (Abb. 4.3 a). Da ausdifferenzierte rote Blutkærperchen von Såugern weder Zellkerne noch cytoplasmatische Organellen besitzen, ist die Plasmamembran die einzige lipidhaltige Struktur. Man kann daher davon ausgehen, dass såmtliche aus den Zellen extrahierten Lipide aus der Plasmamembran der Zellen stammen. Das Verhåltnis der Wasseroberflåche, die vom extrahierten Lipid bedeckt wird, zur errechneten Oberflåche der roten Blutkærperchen, aus denen das Lipid extrahiert wurde, schwankte zwischen 1,8 : 1 und 2,2 : 1. Gorter und Grendel nahmen daher an, dass das Verhåltnis in Wirklichkeit 2 : 1 war, und folgerten daraus, dass die Plasmamembran eine bimolekulare Lipidschicht, also eine aufweisen mçsste (Abb. 4.3 b). Sie schlugen darçber hinaus vor, dass die polaren Gruppen jeder Molekularschicht nach auûen zum wåssrigen Medium hin gerichtet sind, wie es Abb. 4.3 b, c zeigt. Das wåre die thermo-
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dynamisch gçnstigste Konstellation, weil die polaren Kopfgruppen der Lipide mit den sie umgebenden Wassermolekçlen reagieren kænnten ± und gleichzeitig die hydrophoben Fettsåureketten vor dem Kontakt mit dem wåssrigen Umgebung geschçtzt wåren (Abb. 4.3c). Somit wåren die polaren Kopfgruppen auf der einen Seite dem Cytoplasma und auf der anderen dem Blutplasma zugewandt. Obwohl Gorter und Grendel mehrere experimentelle Fehler machten (die sich glçcklicherweise aufhoben), kamen sie zu dem richtigen Schluss, dass Membranen eine Lipiddoppelschicht besitzen. In den 1920er und 1930er Jahren gewannen die Zellphysiologen Hinweise darauf, dass zur Membranstruktur noch mehr gehæren muss als nur eine Lipiddoppelschicht. Man fand beispielsweise heraus, dass die Fettlæslichkeit nicht der einzige bestimmende Faktor dafçr ist, ob eine Substanz die Plasmamembran passieren kann oder nicht. Auûerdem hatten Berechnungen ergeben, dass die Oberflåchenspannung bei
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c n 4.3 a±c. Die Plasmamembran enthålt eine Lipiddoppelschicht. a Berechnung der Oberflåche eines Lipidpråparats. Wenn eine Probe von Phospholipiden in einem organischen Læsungsmittel wie Hexan gelæst und çber eine Wasseroberflåche verteilt wird, bilden die Phospholipidmolekçle auf dem Wasser eine Schicht von der Dicke eines Molekçls: eine monomolekulare Schicht. Die hydrophilen Gruppen der Molekçle in der Schicht weisen zur Wasserflåche hin, wåhrend ihre hydrophoben Ketten in die Luft ragen. Um abzuschåtzen, wie groû die Oberflåche wåre, die die Lipide abdecken wçrden, wenn sie Teil einer Membran wåren, kann man die Lipidmolekçle mithilfe beweglicher Barrieren auf eine mæglichst kleine Flåche zusammenschieben. Mit einer solchen Apparatur, die man nach ihrem Erfinder Langmuir benannt ist, kamen Gorter und Grendel zu
dem Schluss, dass rote Blutkærperchen gençgend Lipid enthalten, um eine Schicht mit der Dicke von zwei Molekçlen auf ihrer Oberflåche zu bilden: eine Doppelschicht. b Das Innere einer Membran enthålt, wie Gorter und Grendel als erste postuliert haben, eine bimolekulare Schicht von Phospholipiden, deren wasserlæsliche Kopfgruppen der åuûeren Oberflåche zugewandt und deren hydrophile Fettsåureschwånze nach innen gerichtet sind. Die Strukturen der Kopfgruppen sind in Abb. 4.6 a dargestellt. c Modell einer vollståndig hydrierten Lipiddoppelschicht aus dem Phospholipid Phosphatidylcholin. Die Kopfgruppen der Phospholipids sind , die Wassermolekçle und
und die Fettsåureketten gefårbt (c aus: Chiu SW (1997) Trends in Biochem Sci 22:341, ° 1997, mit Genehmigung von Elsevier Science)
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
Membranen sehr viel geringer war als bei reinen Lipidstrukturen. Diese geringere Oberflåchenspannung lieû sich dadurch erklåren, dass in der Membran Protein vorhanden ist. 1935 stellten Hugh Davson und James Danielli die Hypothese auf, dass die Plasmamembran aus einer Lipiddoppelschicht besteht, die sowohl auf der Innen- als auch auf der Auûenseite mit einer Lage kugelfærmiger Proteine çberzogen ist. Anfang der 1950er Jahre çberarbeiteten sie ihr Modell, um der selektiven Permeabilitåt der Membranen
Rechnung zu tragen, die sie untersucht hatten. In revidierter Form (Abb. 4.4 a) besagt die Hypothese von Davson und Danielli, dass die Lipiddoppelschicht auûer den åuûeren und inneren Proteinschichten auch noch Poren aufweist, die von Proteinen eingefasst sind. Diese Poren stellen Kanåle dar, durch die polare gelæste Stoffe und Ionen in die Zelle gelangen und sie verlassen kænnen. Aufgrund Ende der 1960er Jahre durchgefçhrter Experimente wurde ein neues Konzept der
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Die chemische Zusammensetzung der Membranen
Membranstruktur entwickelt, das bis in die Details vom Flçssigmosaikmodell von S. Jonathan Singer und Garth Nicolson von der University of California, San Diego repråsentiert wird (Abb. 4.4 b). Im
, das drei Jahrzehnte lang als das ¹zentrale Dogmaª der Membranbiologie galt, bleibt die Lipiddoppelschicht zwar nach wie vor das Kernstçck der Membran, es wird jedoch vermehrt Wert auf den physikalischen Zustand der Lipide gelegt. Anders als in frçheren Modellen befindet sich die Doppelschicht einer Flçssigmosaikmembran in einem flçssigen Zustand, so dass sich einzelne Lipidmolekçle innerhalb der Membranebene seitwårts bewegen kænnen. Im Unterschied zu frçheren Modellen stellt das Flçssigmosaikmodell die Struktur und Anordnung der Membranproteine als ein ¹Mosaikª aus einzelnen Partikeln dar, die sich durch die Membranschicht ziehen (Abb. 4.4 b). Als wichtigste Neuerung werden die Zellmembranen im Flçssigmosaikmodell als dynamische Strukturen angesehen, deren Elemente sich bewegen und zusammenfinden kænnen, um die verschiedensten vorçbergehenden oder semipermanenten Wechselwirkungen einzugehen. In den folgenden Abschnitten werden wir uns einige der Belege genauer ansehen, die zur Entwicklung und Beståtigung dieses dynamischen Bildes von der Membranstruktur gefçhrt haben, sowie auf einige jçngere Befunde eingehen, durch die das Modell aktualisiert wird (Abb. 4.4 c).
4.3 b, c), die vor allem als strukturelles Rçckgrat dient und dafçr sorgt, dass wasserlæsliche Substanzen nicht einfach aufgrund ihrer Molekularbewegung in die Zelle gelangen oder sie verlassen kænnen. Die Proteine der Membran erfçllen dagegen die meisten der in Abb. 4.2 zusammengestellten spezifischen Funktionen. Bei jedem Zelltyp enthalten die ausdifferenzierten Zellen eine besondere Gruppe von Membranproteinen, die fçr die speziellen Funktionen dieses Zelltyps erforderlich sind (Beispiel in Abb. 4.31 d). In einer Membran schwankt das Verhåltnis von Lipid zu Protein je nach dem Typ der Zellmembran (Plasmamembran, endoplasmatisches Retikulum oder Golgi-Apparat), der Art des Organismus (Bakterium, Pflanze oder Tier) oder dem Zelltyp (Knorpel, Muskel oder Leber). So besitzt beispielsweise die innere Mitochondrienmembran ein sehr hohes Protein-Lipid-Verhåltnis im Vergleich zur Plasmamembran roter Blutkærperchen, bei der das Verhåltnis wiederum hoch ist gegençber dem in den Membranen der Myelinscheide, die sich in vielen Lagen um eine Nervenzelle wickeln (Abb. 4.5). Zu einem Groûteil sind diese Unterschiede auf die jeweiligen Grundfunktionen dieser Membranen zurçckzufçhren. Die innere Mitochondrienmembran enthålt die Proteincarrier der Elektronentransportkette und daher im Vergleich zu anderen Membranen relativ wenig Lipid. Dagegen dient die Myelinscheide vor allem zur elektrischen Isolation der Nervenzelle, um die sie sich wickelt; diese Funktion erfçllt am besten eine dicke Lipidschicht mit einem hohen elektrischen Widerstand und einem mæglichst geringen Proteinanteil. Membranen enthalten auch Kohlenhydrate, die, wie Abb. 4.4 c zeigt, an Lipiden und Proteinen hången.
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4.3 Die chemische Zusammensetzung der Membranen Membranen sind Strukturen aus Lipiden und Proteinen, die durch nichtkovalente Bindungen zu einer dçnnen Schicht verbunden werden. Wie bereits erwåhnt, besteht die Membran im Inneren aus einer bimolekularen Lipidschicht (Abb.
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4.3.1 Membranlipide Membranen enthalten ein breites Spektrum an Lipiden, die alle sind und somit sowohl hydrophile als auch hydrophobe Bereiche aufweisen. Es gibt drei Haupttypen von Membranlipiden: Phosphoglyceride, Sphingolipide und Cholesterin. / % Die meisten Membranlipide besitzen eine Phosphatgruppe und gehæren daher zu den / . Weil die meisten Phospholipide der Membranen ein Grundgerçst aus Glycerin besitzen, werden sie als / % bezeichnet (Abb. 4.6 a). Im Gegensatz zu Triglyceriden, die aus drei Fettsåuren bestehen (Kap. 2.5.2) und nicht amphipathisch sind, sind Membranglyceri-
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
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de Diglyceride ± nur zwei Hydroxylgruppen des Glycerins sind mit Fettsåuren verestert, die dritte dagegen mit einer hydrophilen Phosphatgruppe. Besitzt das Molekçl auûer der Phosphatgruppe und den beiden Fettsåureketten keine weiteren Substitutionen, nennt man es Phosphatidsåure, die in den meisten Membranen aber praktisch nicht vorkommt. Bei Membranphosphoglyceriden hångt dagegen eine zusåtzliche Gruppe an der Phosphatgruppe, meist Cholin (wodurch / % (PC) entsteht) oder Ethanol-
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Die chemische Zusammensetzung der Membranen
amin (wodurch / % (PE) entsteht), Serin (wodurch / % (PS) entsteht) oder Inositol (wodurch / % (PI) entsteht). Jede dieser Gruppen ist klein und hydrophil und bildet zusammen mit der negativ geladenen Phosphatgruppe, an der sie hångt, an dem einen Ende des Molekçls eine sehr gut wasserlæsliche Domåne, die . Beim physiologischen pH-Wert sind die Kopfgruppen von PS und PI insgesamt negativ geladen, wåhrend die von PC und PE neutral sind. Dagegen sind die Fettsåureketten hydrophobe, unverzweigte Kohlenwasserstoffe mit einer Långe von 16 bis 20 Kohlenstoffatomen (Abb. 4.6). Eine Fettsåure kann in der Membran vollkommen gesåttigt sein (d. h. keine Doppelbindungen enthalten), einfach ungesåttigt sein (d. h. nur eine Doppelbindung enthalten) oder vielfach ungesåttigt sein (d. h. mehr als eine Doppelbindung enthalten). Phosphoglyceride weisen håufig eine ungesåttigte und eine gesåttigte Fettsåurekette auf und sind mit den Fettsåureketten an dem einem Ende und einer polaren Kopfgruppe am anderen Ende ausgeprågt amphipathisch.
Abb. 4.5 dargestellte Myelinscheide weist einen hohen Anteil an einem speziellem Glycolipid auf, dem Galactocerebrosid (Abb. 4.6 b), das entsteht, wenn eine Galactose an ein Ceramid gehångt wird. Måuse, denen das Enzym fçr diese Reaktion fehlt, zeigen heftiges Muskelzittern bis hin zur Paralyse. Das Interesse an den Glycolipiden hat in den letzten Jahren zugenommen, nachdem man herausgefunden hat, dass Fumonisine, eine Gruppe von Pilztoxinen, die Synthese dieser Membranbestandteile hemmen. Fumonisine beeintråchtigen diverse Vorgånge wie das Zellwachstum, den Zelltod, die Wechselwirkungen zwischen Zellen sowie die Kommunikation zwischen der Zelle und ihrer Umgebung. Glycolipide spielen auch bei bestimmten Infektionskrankheiten eine Rolle; die Giftstoffe, welche Cholera und Botulismus verursachen, dringen beide in ihre Zielzelle ein, indem sie sich wie das Influenza-Virus zuerst an Ganglioside auf der Zelloberflåche heften.
& Eine seltenere Gruppe der Membranlipide sind die & , Derivate des Sphingosins, eines Aminoalkohols mit einer langen Kohlenwasserstoffkette (Abb. 4.6 b). Sphingolipide bestehen aus einem Sphingosin, das çber seine Aminogruppe an eine Fettsåure (R in Abb. 4.6 b) gekoppelt ist. Dieses Molekçl ist ein + . Bei den verschiedenen, auf das Sphingosin zurçckgehenden Lipiden sind mit dem endståndigen Alkohol des Sphingosinanteils noch zusåtzliche Gruppen verestert. Wenn es sich dabei um Phosphorylcholin handelt, heiût das Molekçl & % , das einzige Phospholipid in der Membran ohne Glycerinrçckgrat. Wenn ein Kohlenhydrat substituiert ist, bezeichnet man das Molekçl als :% . Ist das Kohlenhydrat ein einfacher Zucker, nennt man das Glycolipid + ; ist es ein Oligosaccharid, nennt man es : . Weil alle Sphingolipide an einem Ende zwei lange hydrophobe Kohlenwasserstoffketten und am anderen einen hydrophilen Bereich haben, sind sie amphipathisch und åhneln in ihrer Gesamtstruktur im Grunde den Phosphoglyceriden. Glycolipide sind interessante Membranbestandteile. Man weiû relativ wenig çber sie, obwohl manches dafçr spricht, dass sie eine groûe Bedeutung fçr die Zelle haben, was weitere Untersuchungen anregen kænnte. Das Nervensystem enthålt besonders viele Glycolipide. Die in
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+ Bestimmte Membranen enthalten als weiteren Lipidbestandteil das Sterol + (Abb. 2.21), dessen Anteil an den Lipidmolekçlen der Plasmamembran bei bestimmten Tierzellen bis zu 50% betragen kann. Die meisten Pflanzenzellen sowie såmtliche Bakterien enthalten dagegen kein Cholesterin. Cholesterin ist kleiner als andere Membranlipide und weniger amphipathisch. Wåhrend die kleinen hydrophilen Hydroxylgruppen der Cholesterinmolekçle zur Membranoberflåche hin ausgerichtet sind, ist der Rest des Molekçls in die Lipiddoppelschicht eingebettet (Abb. 4.7). Die hydrophoben Ringe des Cholesterinmolekçls sind flach und starr und beeintråchtigen die Bewegungen der Fettsåureschwånze der Phospholipide (Kap. 4.5). 7 7 8 Jede Art von Zellmembran hat eine eigene charakteristische Lipidzusammensetzung, die sich von den anderen im Lipidtyp, in der Beschaffenheit der Kopfgruppen und in der jeweiligen Art der Fettsåurekette(n) unterscheidet. Wegen dieser strukturellen Vielfalt enthalten einige biologische Membranen schåtzungsweise Hunderte chemisch unterschiedliche Arten von Phospholipiden. Wie groû der Anteil einiger der wichtigsten Lipidtypen bei einer Reihe von Membranen ist, zeigt Tabelle 4.1. Die Lipide einer Membran sind mehr als nur einfache Strukturelemente, sondern haben eine wichtige Bedeutung fçr die biologischen Eigenschaften der Membran. Die Lipidzusammensetzung hat Einfluss auf den
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
der Lipiddoppelschicht zusammengenommen çber eine Breite von etwa 3 nm erstrecken und dass mit jeder Reihe von Kopfgruppen (und der daran hångenden Hçlle aus Wassermolekçlen) weitere 1,5 nm dazukommen (s. die Abbildung am Anfang des Kapitels). Somit ist die gesamte Lipiddoppelschicht nur 6 nm dick. Dass die Membranen diese dçnne Doppelschicht amphipathischer Lipidmolekçle enthalten, hat beachtliche Auswirkungen auf die Zellstruktur und -funktion. Aus thermodynamischen Grçnden sind die Kohlenwasserstoffketten der Lipiddoppelschicht niemals dem umgebenden wåssrigen Milieu ausgesetzt. Daher haben Membranen nie ein freies Ende; sie verlaufen immer stetig und ohne Unterbrechungen, so dass sie in der Zelle ausgedehnte und zusammenhångende Netzwerke bilden. Wenn eine Plasmamembran einer Zelle mit einer feinen Mikronadel durchbohrt wird, schlieût sich die Membran sofort wieder, wenn man die Nadel herauszieht. Wegen der Flexibilitåt der Lipiddoppelschicht sind Membranen verformbar, was man erkennt, wenn sich ihre Gesamtform etwa bei der Zellbewegung (Abb. 4.8 a) oder Zellteilung (Abb. 4.8 b) åndert. Man nimmt an, dass die Lipiddoppelschicht die gesteuerte Fusion oder das Abknospen von Membranen erleichtert. Die Sekretion, bei der cytoplasmatische Vesikel mit der Plasmamembran fusionieren, umfasst ebenso wie die Befruchtung, bei der zwei Zellen miteinander verschmelzen (Abb. 4.8 c), Prozesse, bei denen zwei verschiedene Membranen aufeinandertreffen und eine zusammenhångende Schicht bilden (Abb. 8.32). Wie wichtig die Lipiddoppelschicht ist, um die richtige Zusammensetzung im Inneren einer Zelle aufrechtzuerhalten, die elektrischen Ladungen
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physikalischen Zustand einer Membran (Kap. 4.5) sowie die Aktivitåt bestimmter Membranproteine. Membranlipide dienen auch als Vorlåufer fçr hochaktive chemische Botenstoffe, welche die Zellfunktion regulieren (Kap. 15.3). Verschiedene Arten von Messungen zeigen, dass sich die Fettsåureketten der beiden Blåtter
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beiderseits einer Plasmamembran zu trennen, sowie fçr viele andere Zellaktivitåten, wird in diesem und folgenden Kapiteln deutlich werden. Ein anderes wichtiges Merkmal der Lipiddoppelschicht ist ihre Fåhigkeit, sich selbst zu organisieren, was man in einem Reaktionsgefåû besser zeigen kann als in einer lebenden Zelle. Wenn beispielsweise in einer wåssrigen Læsung etwas Phosphatidylcholin fein verteilt wird, lagern sich die Phospholipidmolekçle spontan zusammen und bilden die Wånde von flçssigkeitsgefçllten runden Vesikeln, den 8 . Diese Wånde bestehen aus einer durchgehenden Lipiddoppelschicht, die genauso aufgebaut ist wie die Lipiddoppelschicht einer natçrlichen Membran. Es hat sich erwiesen, dass Liposomen fçr die Membranforschung von unschåtzbarem Wert sind. Man kann etwa Membranproteine in sie einbauen und so deren Funktion in einer viel einfacheren Umgebung als einer natçrlichen Membran untersuchen. Liposomen werden auch daraufhin getestet, ob sie sich im Kærper als Transportmolekçle fçr Medikamente oder DNAMolekçle eignen. Man kann Medikamente oder die DNA an die Liposomenwand koppeln oder hohe Konzentrationen von ihnen ins Lumen geben (Abb. 4.9 a). Die Wånde der in diesen Untersuchungen eingesetzten Liposomen enthalten spezifische Proteine (wie Antikærper oder Hormone), mit denen die Liposomen selektiv an die Oberflåche bestimmter Zielzellen binden kænnen, zu denen Arzneimittel oder die DNA trans-
portiert werden sollen. Die meisten frçhen klinischen Untersuchungen mit Liposomen schlugen fehl, weil die Phagocyten des Immunsystems die injizierten Vesikel schnell wieder abbauten. Dieses Problem konnte durch die Entwicklung ¹getarnter Liposomenª gelæst werden, die mit einem synthetischen Polymer çberzogen sind, das die Liposomen vor einer Zerstærung durch das Immunsystem schçtzt (Abb. 4.9 b). Getarnte Liposomen, die Doxorubicin enthalten ± ein Mittel, das bei der Chemotherapie eingesetzt wird ±, sind zur Behandlung des Karposi-Sarkoms zugelassen; derzeit laufen auûerdem zahlreiche klinische Studien, um festzustellen, ob sie auch bei anderen Krebsformen wirksam sind. '$ =ohlenhydrate in der Membran Die Plasmamembranen eukaryotischer Zellen enthalten Kohlenhydrate, die kovalent an Lipide und Proteine gekoppelt sind (Abb. 4.4 c). Je nach Spezies und Zelltyp variiert der Kohlenhydratanteil der Plasmamembran zwischen 2 und 10 Gewichtsprozent. Ûber 90% der Kohlenhydrate der Membranen sind kovalent an Proteine gebunden und bilden somit Glycoproteine; die çbrigen Kohlenhydrate sind kovalent an Lipide gebunden und bilden Glycolipide, die in Kap. 4.3.1 vorgestellt wurden. Wie in Abb. 4.4 c zu sehen ist, sind alle Kohlenhydrate der Plasmamembran zum Extrazellularraum hin ausgerich-
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
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tet.1 Die Kohlenhydrate der inneren Zellmembran weisen ebenfalls nicht zum Cytosol hin ± der Grund dafçr wird in Abb. 8.14 erklårt. 1
Es sei hier darauf hingewiesen, dass Phosphatidylinositol zwar eine Zuckergruppe enthålt (Abb. 4.6), hier aber nicht als Teil des Kohlenhydratanteils der Membran betrachtet wird.
Beim Kohlenhydrat der Glycoproteine handelt es sich um kurze verzweigte Oligosaccharide mit in der Regel weniger als 15 Zuckern pro Kette. Im Gegensatz zu den meisten Kohlenhydraten mit einem hohen Molekulargewicht (wie Glycogen, Stårke oder Cellulose), die als Polymere nur aus einem einzigen Zucker bestehen, kænnen die an Membranproteine und -lipide gekoppelten Oligosaccharide in ihrer Zusammensetzung und Struktur stark variieren. Oligosaccharide kænnen ± hauptsåchlich çber zwei Verknçpfungsarten ± an mehrere verschiedene Aminosåuren gekoppelt sein (Abb. 4.10). Diese aus dem Molekçl herausragenden Kohlenhydrate spielen eine wichtige Rolle sowohl bei der Vermittlung von Wechselwirkungen einer Zelle mit ihrer Umgebung (Kap. 7) als auch bei der Verteilung der Membranproteine auf die verschiedene Zellkompartimente (Kap. 8). Die Kohlenhydrate der Glycolipide aus der Plasmamembran der roten Blutkærperchen legen fest, ob jemand die Blutgruppe A, B, AB oder 0 hat (Abb. 4.11). Hat eine Person die Blutgruppe A, so besitzt sie ein Enzym, das ein )-Acetylgalactosamin an das Ende der Kette anhångt, wåhrend eine Person mit Blutgruppe B ein Enzym besitzt, das eine Galactose mit dem Kettenende verbindet. Diese beiden Enzyme werden von alternativen Versionen desselben
Struktur und Funktionen von Membranproteinen
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4.4 Struktur und Funktionen von Membranproteinen
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Gens codiert, erkennen aber unterschiedliche Substrate. Menschen mit Blutgruppe AB besitzen beide Enzyme, wåhrend Menschen mit Blutgruppe 0 kein Enzym haben, das einen der beiden Zucker ans Ende anheften kænnte.
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Je nach Zelltyp oder Zellorganell kann eine Membran Hunderte verschiedener Proteine enthalten. Jedes Membranprotein hat seine eigene Art, sich gegençber dem Cytoplasma auszurichten, so dass sich die Eigenschaften der beiden Membranoberflåchen stark voneinander unterscheiden. In der Plasmamembran beispielsweise ragen die Abschnitte der Membranproteine, die mit anderen Zellen oder extrazellulåren Liganden wie Hormonen oder Wachstumsfaktoren wechselwirken, in den extrazellulåren Raum hinein, wåhrend die Bereiche der Membranproteine, die mit cytoplasmatischen Molekçlen wie G-Proteinen oder Proteinkinasen wechselwirken (Kap. 15), ins Cytoplasma ragen. Man kann die Membranproteine in drei verschiedene Gruppen einteilen, die sich darin unterscheiden, wie weit sie in die Lipiddoppelschicht integriert sind (Abb. 4.12). Dazu gehæren: n 6 / ziehen sich durch die Lipiddoppelschicht. Integrale Proteine sind ! ; d. h. sie durchziehen die Lipiddoppelschicht von einer Seite zur anderen und haben daher Domånen, die sowohl auf der extrazellulåren als auch auf der cytoplasmatischen Seite der Membran herausragen. Einige integrale Proteine haben nur ein Segment, das sich durch die Membran zieht, wåhrend andere mehrfach die Membran durchlaufen. Aufgrund der bisher sequenzierten Genome nimmt man an, dass etwa 30% aller codierten Proteine integrale Proteine sind. n / / befinden sich auf der cytoplasmatischen oder extrazellulåren Seite vollkommen auûerhalb der Lipiddoppelschicht, sind aber çber nichtkovalente Bindungen mit der Membranoberflåche assoziiert. n 8 9 / befinden sich auf der cytoplasmatischen oder extrazellulåren Seite auûerhalb der Lipiddoppelschicht, sind aber kovalent mit einem Lipidmolekçl verbunden, das innerhalb der Lipiddoppelschicht liegt.
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
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betteten Domånen haben meist hydrophile Oberflåchen, die mit wasserlæslichen Substanzen (niedermolekularen Substraten, Hormonen und anderen Proteinen) an der Membrangrenze wechselwirken. Mehrere groûe Familien von Membranproteinen besitzen im Innern einen Kanal, durch den die Lipiddoppelschicht durchquert werden kann, ohne das wåssrige Milieu verlassen zu mçssen. Die Wånde dieser Kanåle enthalten in der Regel an strategisch wichtigen Punkten hydrophile Reste. Wie wir spåter noch sehen werden, mçssen integrale Proteine nicht an bestimmten Stellen fixiert sein, sondern kænnen sich unter Umstånden seitwårts in der Membran bewegen. . : % Die Vorstellung, dass Proteine Membranen durchziehen und nicht einfach auûen auf der Doppelschicht sitzen, entstand vor allem aufgrund von Befunden, die mit der Technik des : gemacht wurden (Kap. 18.2). Bei diesem Verfahren wird Gewebe zu ei-
nem festen Block eingefroren, der dann mit einer Messerklinge in zwei Teile gespalten wird. Dabei verlåuft die Bruchlinie håufig zwischen den beiden Lagen der Lipiddoppelschicht (Abb. 4.13 a). Nach der Auftrennung der Membranen werden die zugånglichen Oberflåchen mit Metall çberzogen, um einen herzustellen, den man unter dem Elektronenmikroskop betrachten kann (Abb. 18.17). Wie Abb. 4.13 b zeigt, åhnelt die Kopie einem Straûenbelag aus Kieselsteinen, den ¹
$ / ª. Da die Bruchebene mitten durch die Doppelschicht verlåuft, sind diese Partikel meist integrale Proteine, die sich mindestens durch die Hålfte des Lipidkerns erstrecken. Wenn die Bruchlinie auf einen bestimmten Partikel trifft, umgeht sie ihn eher, als dass sie ihn aufbricht. Daher bleibt das Protein bei der Auftrennung der Membranschichten in der einen Hålfte der Plasmamembran stecken (Abb. 4.13 c) und hinterlåsst in der anderen Hålfte eine entsprechende Vertiefung (Abb. 7.30 c). Einer der groûen Vorteile der Gefrierbruchtechnik ist, dass man mit ihr die mikroskopisch kleinen Stellen untersuchen kann, an denen die Homogenitåt der Membran durchbrochen ist. Solche Unterschiede in Teilen der Membran ragen aus den Kopien heraus und kænnen identifiziert werden (wie man an der Kopie einer < in Abb. 7.3 d erkennen kann). Bei biochemischen Analysen fallen dagegen solche Unterschiede unter den Tisch.
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$ 4tersuchung der Struktur und Eigenschaften integraler Membranproteine Wegen ihrer hydrophoben Transmembrandomånen lassen sich integrale Membranproteine nur schwer in læslicher Form isolieren. Um diese Proteine aus der Membran zu læsen, muss man normalerweise Detergenzien wie das ionische (geladene) Detergens SDS benutzen, das Proteine denaturiert, oder nichtionische (ungeladene) Detergenzien wie Triton-X-100, das die Tertiårstruktur eines Proteins im Allgemeinen nicht angreift.
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cken. Einige der technischen Probleme bei der Pråparation kristalliner Membranproteine konnten mit Hilfe neuer Methoden und unter græûten Anstrengungen çberwunden werden. In einer jçngeren Untersuchung gelang es beispielsweise Wissenschaftlern, qualitativ hochwertige Kristalle eines bakteriellen Transportproteins herzustellen, nachdem man çber 95 000 verschiedene Kristallisationsbedingungen getestet und verbessert hatte. Trotz der zunehmenden Erfolge bei der Proteinkristallisation sind die Wissenschaftler bei den meisten Proteinen immer noch auf indirekte Ansåtze zur Bestimmung der dreidimensionalen Organisation angewiesen. In den folgenden Absåtzen werden wir einige dieser Methoden genauer beleuchten.
2 Bei vielen integralen Membranproteinen befindet sich ein græûerer Anteil im Cytoplasma oder im Extrazellularraum. In vielen Fållen wurde dieser læsliche Anteil von seiner Transmembrandomåne abgespalten, kristallisiert und seine Tertiårstruktur bestimmt. Dieser Ansatz liefert zwar wertvolle Daten çber das Protein, aber keine Informationen darçber, wie das Protein in der Membran ausgerichtet ist.
7 " ' ! / Welcher Teil eines integralen Plasmamembranproteins ragt ins Cytoplasma hinein und welcher aus der Zelle heraus? Das kann man experimentell mithilfe von Substanzen bestimmen, die nicht in die Membran eindringen, aber die Proteine entweder markieren oder modifizieren. Was wçrde etwa passieren, wenn man eine Pråparation intakter Zellen mit einem proteolytischen Enzym wie Trypsin behandelte, das zu groû ist, um in die Plasmamembran eindringen zu kænnen (Abb. 4.16 a, obere Reihe)? Die Anteile der Membranproteine auf der Auûenseite der Lipiddoppelschicht wçrden durch das Enzym abgespalten werden, wåhrend die Anteile in der Doppelschicht oder auf der cytoplasmatischen Seite der Membran nicht angegriffen wçrden.
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eine -helicale Sekundårstruktur annehmen.3 Wie eine einzelne Transmembranhelix chemisch zusammengesetzt ist, zeigt Abb. 4.17 am Beispiel der zweidimensionalen Struktur von Glycophorin A, einem wichtigen integralen Protein der Plasmamembran von Erythrocyten. Von den 20 Aminosåuren, aus denen die einzige -Helix des Glycophorins besteht (Aminosåuren 74±93 in Abb. 4.18), haben bis auf drei alle hydrophobe Seitenketten (bzw. im Fall der Glycin-Reste ein H-Atom); Ausnahmen sind Serin und Threonin, die nicht geladen sind. Wenn man die Aminosåuresequenz eines integralen Membranproteins kennt, kann man normalerweise mithilfe eines 2% herausfinden, welche Proteinbereiche sich in der Membran befinden. Dazu wird jeder Position im Polypeptid ein Wert zugeordnet, der ein Maû fçr die 2% $ 1 der Aminosåure an die-
6 $ 9 ! 1 Welche Abschnitte der Polypeptidkette sind tatsåchlich in die Lipiddoppelschicht eingebettet? Wo sich diese ! 1 befinden, kann man generell aufgrund der Aminosåuresequenz des Proteins herausfinden, die man aus der Nucleotidsequenz eines isolierten Gens ableiten kann. Die Proteinabschnitte, von denen man vorhersagen kann, dass sie sich durch die Membran ziehen, bestehen in der Regel aus 20 bis 30 vorwiegend unpolaren Aminosåuren, die
3 Wie bereits in Kap. 2.5.3 erwåhnt wurde, ist die Konformation der -Helix begçnstigt, weil sich dabei zwischen benachbarten Aminosåureresten eine maximale Anzahl von Wasserstoffbrçcken ausbilden kann und so eine åuûerst stabile (energiearme) Konfiguration entsteht. Das ist besonders wichtig fçr ein transmembranes Polypeptid, das von Fettsåureketten umgeben ist und daher keine Wasserstoffbrçcken mit einem wåssrigen Læsungsmittel ausbilden kann. Transmembranhelices sind mindestens 20 Aminosåuren lang, weil das Polypeptid mindestens so lang sein muss, um eine 3 nm breite Lipiddoppelschicht durchqueren zu kænnen.
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n Glycophorin A, ein integrales Protein mit einer einzelnen Transmembrandomåne. Die einzelne -Helix, die sich durch die Membran zieht, besteht çberwiegend aus hydrophoben Resten. Die vier positiv geladenen Aminosåurereste der cytoplasmatischen Domåne der Membran bilden Ionenbindungen mit den negativ geladenen Kopfgruppen der Lipide. Auf der extrazellulåren Seite wurden
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Kohlenhydrate an einige Aminosåurereste des Membranproteins angehångt (s. Ausschnitt). Bis auf eines sind alle 16 Oligosaccharide kleine -gekoppelte Ketten (die Ausnahme ist ein groûes Oligosaccharid, das bei Position 26 an den Asparaginrest gekoppelt ist). Die Funktion des Glycophorins in den Erythrocytenmembranen wird in Kap. 4.6.3 erærtert
n Hydropathieplot fçr Glycophorin A, ein Protein, das sich einmal durch die Membran erstreckt. Man bestimmt die Hydrophobizitåt, indem man misst, wie viel Freie Enthalpie erforderlich ist, um jedes Segment des Polypeptids aus einem unpolaren Læsungsmittel in ein wåssriges Umfeld zu transferieren. Bei positiven Werten ist Energie erforderlich (+Ds), was dafçr spricht, dass diese Segmente aus Aminosåureabschnitten mit vor allem unpolaren Seitenketten bestehen. Peaks oberhalb der roten Linie sind Anzeichen fçr eine Transmembrandomåne
Struktur und Funktionen von Membranproteinen
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Die Transmembrandomånen haben nicht bei allen integralen Membranproteinen die Form von -Helices. Eine Reihe von Membranproteinen besitzt einen relativ groûen Kanal, der von kreisfærmig angeordneten -Strången umgeben ist, die sich durch die Membran ziehen und eine Fassstruktur bilden (Abb. 5.4). Bisher wurden wåssrige Kanåle aus -Fåssern nur in den åuûeren Membranen von Bakterien, Mitochondrien und Chloroplasten gefunden. 7 1
Angenommen, Sie haben ein Gen fçr ein integrales Membranprotein isoliert und aufgrund seiner Nucleotidsequenz herausgefunden, dass es offensichtlich vier -Helices enthålt, die sich durch die Membran ziehen. Dann wollen Sie mæglicherweise wissen, wie diese Helices zueinander angeordnet sind und welche Aminosåureseitenketten bei jeder Helix nach auûen den Lipiden zugewandt sind. Obwohl man das ohne genaue Strukturmodelle nur schwer herausfinden kann, kann man doch schon eine Menge durch eine Oligonucleotidmutagenese erfahren, bei der man das Gen, welches das Protein codiert, gezielt veråndert (Kap. 18.13). So ist es mit diesem Verfahren beispielsweise mæglich, Aminosåurereste in benachbarten Helices gegen Cysteinreste auszutauschen. Wie in Kap. 2.5.3 erærtert wurde, kænnen zwei Cysteinreste eine kovalente Disulfidbrçcke bilden. Wenn zwei Transmembranhelices eines Polypeptids jeweils einen Cysteinrest besitzen und die beiden Cysteinreste miteinander eine Disulfidbrçcke bilden kænnen, dann dçrfen diese Helices nicht sehr weit voneinander entfernt sein. Die Ergebnisse einer sequenzspezifischen Quervernetzung der Lactose-Permease, einem Zuckertransportprotein aus den Zellmembranen von Bakterien, sind in Abb. 4.19 dargestellt. Es stellte sich heraus, dass sich die Helix VII ganz in der Nåhe der Helices I und II befindet. Wenn ein Wissenschaftler die råumlichen Zusammenhånge zwischen den Aminosåuren in einem Membranprotein untersucht, erhålt er unter Umstånden nicht nur Strukturdaten, sondern auch Informationen darçber, welche dynamischen Prozesse sich ereignen, wenn das Protein aktiv wird. Um etwas çber den Abstand zwischen ausgewåhlten Resten eines Proteins herauszubekommen, kann man beispielsweise chemische Gruppen einfçhren, deren Eigenschaften sich mit dem råumlichen Abstand voneinander veråndern. ) - sind chemische Gruppen mit einem ungepaarten Elektron, das bei einer # $3#& 4& ein cha-
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rakteristisches Spektrum erzeugt. Eine NitroxidGruppe kann an jeder beliebigen Stelle des Proteins eingefçhrt werden; man muss diese Stelle nur zuerst mutieren und dann das Nitroxid an die -SH-Gruppe des Cysteinrests anhången. Abbildung 4.20 zeigt, wie mithilfe dieses Verfahrens Konformationsånderungen in einem Membranprotein nachgewiesen wurden, dessen Kanal sich auf Verånderungen im pH-Wert des Mediums hin æffnet. Das fragliche Protein, ein K+-Kanal eines Bakteriums, ist ein Tetramer aus vier identischen Untereinheiten. Um die cytoplasmatische Úffnung des Kanals herum befinden sich vier Transmembranhelices, je eine von jeder Untereinheit des Proteins. Abbildung 4.20 a zeigt die ESRSpektren, die sich ergeben, wenn in jede Transmembranhelix nahe des cytoplasmatischen Endes ein Nitroxid eingefçhrt wurde. Die rote Linie zeigt, welches Spektrum man bei pH 6,5 erhålt, wenn der Kanal geschlossen ist, wåhrend die blaue Linie das Spektrum bei pH 3,5 zeigt, wenn der Kanal offen ist. Die Form der jeweiligen Linie hångt von der Nåhe der Nitroxide zueinander ab.
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
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Bei pH 6,5 ist das Spektrum breiter, weil die Nitroxidgruppen in den vier Untereinheiten bei diesem pH-Wert nåher zusammen sind, weshalb ihre ESR-Signale nicht so intensiv sind. Diese Befunde sprechen dafçr, dass die markierten Reste aus den vier Untereinheiten bei der Aktivierung des Kanals weiter auseinander geschoben werden (Abb. 4.20 b). Aufgrund des græûeren Durchmessers der Kanalæffnung kænnen dann Ionen aus dem Cytoplasma den eigentlichen Gang (rot) im Innern des Kanals erreichen, der nur K+-Ionen durchlåsst (Erærterung in Kap. 4.7.2). Wie man in Abb. 18.8 sieht, kann man auch mithilfe einer anderen Technik namens FRET bestimmen, wie sich der Abstand zwischen den markierten Gruppen innerhalb eines Proteins veråndert. ' -eriphere Membranproteine Periphere Membranproteine sind mit der Membran çber schwache elektrostatische Bindungen assoziiert (Abb. 4.12 b). Sie kænnen normalerweise durch Extraktion mit hochkonzentrierten Salzlæsungen in Læsung gebracht werden; damit schwåcht man die elektrostatischen Bindungen, çber welche die peripheren Proteine an der
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Membran gehalten werden. Man kann nicht immer eine klare Trennungslinie zwischen integralen und peripheren Proteinen ziehen, weil viele integrale Membranproteine aus mehreren Polypeptiden bestehen, von denen einige die Lipiddoppelschicht durchdringen, wåhrend andere an der Peripherie bleiben. Die am besten untersuchten peripheren Proteine befinden sich auf der Innenseite (cytosolischen Seite) der Plasmamembran, wo sie ein Netzwerk von Fibrillen bilden, das als eine Art ¹Membranskelettª dient (Abb. 4.31 d). Dadurch fungieren sie als mechanische Stçtze der Membran und als Anker fçr integrale Membranproteine. Andere periphere Proteine auf der Innenseite der Plasmamembran sind Enzyme, spezielle Beschichtungen (Abb. 8.25) oder Faktoren, die Signale çber Membranen çbertragen (Abb. 15.15). Mit der Auûenseite der Plasmamembran assoziierte periphere Proteine gehæren in der Regel zur extrazellulåren Matrix, deren vielfåltige Funktionen in Kapitel 7 erærtert werden (Abb. 7.5). Periphere Proteine stehen normalerweise in einem dynamischen Verhåltnis zur Membran, weil sie je nachdem, welche Bedingungen vorherrschen, entweder fçr die Membran rekrutiert oder von der Membran freigesetzt werden.
Membranlipide und die Fluiditåt der Membran
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4.5 Membranlipide und die Fluiditåt Man unterscheidet mehrere Arten von lipidver- der Membran % &1 8erankerte Membranproteine
ankerten Membranproteinen. Viele Proteine auf der Auûenseite der Plasmamembran sind mit der Membran çber ein kleines komplexes Oligosaccharid verbunden, das an ein Molekçl Phosphatidylinositol verknçpft ist, welches seinerseits in das åuûere Blatt der Lipiddoppelschicht eingebettet ist (Abb. 4.12 c). Periphere Membranproteine mit dieser Art von Glycosylphosphatidylinositol-Verbindung bezeichnet man als :/6 9 / . Sie wurden entdeckt, als man zeigen konnte, dass bestimmte Membranproteine durch eine Phospholipase freigesetzt werden kænnen, die speziell inositolhaltige Phospholipide erkennt und abspaltet. Neben verschiedenen Rezeptoren, Enzymen und Zelladhåsionsproteinen ist auch das normale zellulåre Scrapie-Protein PrPC (¹Aus Sicht des Menschenª in Kap. 2.5.3) ein GPI-verankertes Molekçl. Eine seltene Form von Anåmie, die paroxysmale nåchtliche Håmoglobinurie, beruht auf einem Fehler in der GPI-Synthese, durch den die roten Blutkærperchen leicht lysiert werden. Eine andere Proteingruppe auf der % Seite der Plasmamembran ist mit der Membran çber eine oder mehrere lange Kohlenwasserstoffketten verankert, die in die innere Lage der Lipiddoppelschicht eingebettet sind (Abb. 4.12 c samt Legende). Mindestens zwei Proteine, die mit der Plasmamembran auf diese Weise assoziiert sind (Src und Ras), sind an der Transformation einer normalen Zelle zu einer malignen Zelle beteiligt.
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Der physikalische Zustand des Lipids in einer Membran wird durch seine Fluiditåt (oder Viskositåt) charakterisiert.4 Stellen Sie sich eine einfache kçnstliche Doppelschicht aus Phosphatidylcholin und Phosphatidylethanolamin vor, deren Fettsåuren çberwiegend ungesåttigt sind. Herrscht in der Doppelschicht eine konstante Temperatur von etwa 37 8C, befindet sich das Lipid in einem relativ fluiden Zustand (Abb. 4.21 a). Bei dieser Temperatur kænnte man die Lipiddoppelschicht am besten als ein zweidimensionales Flçssigkristall charakterisieren. Wie in einem Kristall behalten die Molekçle ihre vorgegebene Anordnung bei; in diesem Fall neigen die Långsachsen der Molekçle dazu, sich parallel auszurichten, einzelne Phospholipide kænnen sich aber um ihre Achse drehen oder sich seitwårts in der Doppelschichtebene bewegen. Wenn man die Temperatur langsam senkt, wird ein Punkt erreicht, an dem sich die Doppelschicht merklich veråndert (Abb. 4.12 b). Die Flçssigkristallphase weicht einem Zustand, in dem das Lipid als gefrorenes kristallines Gel vorliegt und die Bewegungen der Phospholipid-Fettsåureketten stark eingeschrånkt sind. Die Temperatur, bei der es zu dieser Verånderung kommt, bezeichnet man als C 0 Welche Ûbergangstemperatur eine bestimmte Doppelschicht besitzt, hångt davon ab, wie dicht die Lipidmolekçle in ihr gestaffelt sind; dabei kommt es wiederum darauf an, aus welchen Lipiden die Doppelschicht besteht. Gesåttigte Fettsåuren åhneln geraden flexiblen Ståben, die Kette der -ungesåttigten Fettsåuren ist dagegen da, wo sich die Doppelbindungen befinden, gekrçmmt (Abb. 2.19 und 4.21). Daher kænnen Phospholipide mit gesåttigten Ketten dichter gestaffelt werden als solche mit ungesåttigten Ketten. Je mehr Doppelbindungen die Fettsåuren der Doppelschicht enthalten, desto ist die Temperatur, bei der die Doppelschicht den Gelzustand erreicht. Beim Molekçl Stearinsåure senkt beispielsweise eine einzige zusåtzlich eingefçhrte Doppelbindung den Schmelzpunkt auf
4 Die Begriffe Fluiditåt und Viskositåt bezeichnen gegensåtzliche Eigenschaften. Wåhrend Fluiditåt ein Maû dafçr ist, wie leicht etwas flieût, ist Viskositåt ein Maû dafçr, wie schwer etwas flieût.
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
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nahezu 60 8C (Tabelle 4.2).5 Ein anderer Faktor, der die Fluiditåt der Doppelschicht beeinflusst, ist die Långe der Fettsåureketten. Je kçrzer die Fettsåureketten eines Phospholipids sind, desto niedriger liegt der Schmelzpunkt. Der physikalische Zustand der Membran hångt auch vom Cholesterin ab. Wegen ihrer Ausrichtung in der Doppelschicht (Abb. 4.7) stæren die Cholesterinmolekçle die dicht gestaffelten Fettsåureketten und beeintråchtigen ihre Mobilitåt. Cholesterin verhindert håufig eindeutige Ûbergangstemperaturen und erzeugt einen Zustand mittlerer Fluiditåt. In physiologischer Hinsicht erhæht Cholesterin die Haltbarkeit einer Membran, verringert aber ihre Permeabilitiåt.
5 Wie sich die Schmelztemperatur veråndert, je nachdem wie viele Doppelbindungen eine Fettsåure enthålt, kann man an gångigen Nahrungsmitteln beobachten. Wåhrend Pflanzenæle im Kçhlschrank flçssig bleiben, ist Margarine fest. Pflanzenæle enthalten mehrfach ungesåttigte Fettsåuren, wåhrend die Fettsåuren der Margarine durch einen chemischen Prozess gesåttigt werden, bei dem die Doppelbindungen der als Ausgangsmaterial verwendeten Pflanzenæle hydriert wurden.
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.! Die Bedeutung der Fluiditåt einer Membran Wie wirkt sich der physikalische Zustand der Lipiddoppelschicht auf die biologischen Eigenschaften der Membran aus? Die Fluiditåt der Membran ist der optimale Mittelweg zwischen einer starren, geordneten Struktur ohne jegliche Mobilitåt und einer vollkommen flçssigen, nicht viskæsen Flçssigkeit, in der die Membranbestandteile nicht ausgerichtet werden kænnten und eine strukturelle Gliederung sowie eine mechanische Stçtze fehlen wçrden. Darçber hinaus kænnen dank der Fluiditåt Wechselwirkungen in der Membran stattfinden. So kænnen beispielsweise Cluster von Membranproteinen sich an bestimmten Stellen in der Membran sammeln und spezielle Strukturen wie interzellulåre Verbindungen, lichtabsorbierende photosynthetisch aktive Komplexe und Synapsen bilden. Auûerdem kænnen Molekçle, die miteinander wechselwirken, aufgrund der Membranfluiditåt aufeinandertreffen, die notwendigen Reaktionen ausfçhren und sich dann wieder trennen. Die Fluiditåt spielt auch eine wesentliche Rolle beim Zusammenbau der Membran, ein Thema, das in Kap. 8 behandelt wird. Membranen gehen nur aus bereits vorhandenen Membranen hervor und wachsen dadurch, dass Lipid- und Proteinelemente in die flçssige Matrix der Membranschicht integriert werden. Viele der elementarsten Zellprozesse wie Zellbewegung, Zellwachstum, Zellteilung, Bildung interzellulårer Verbindungen, Sekretion und Endocytose hången davon ab, dass sich die Membranbestandteile bewegen, und wåren wahrscheinlich unmæglich, wenn die Membranen starr und fest wåren.
.$ Die Aufrechterhaltung der Membranfluiditåt Die Temperatur der meisten Organismen (auûer den Vægeln und Såugern) schwankt mit der Temperatur ihrer Umgebung. Da es fçr viele Aktivitåten essentiell ist, dass die Zellmembranen in einem flçssigen Zustand bleiben, reagieren die Zellen auf sich veråndernde Bedingungen damit, dass die Phospholipide, aus denen die Membranen bestehen, gegen andere Phospholipidtypen ausgetauscht werden. Die Aufrechterhaltung der Membranfluiditåt, fçr die es vielfåltige Belege gibt, ist ein Beispiel fçr eine Homæostase auf Zellebene. Wenn man beispielsweise die Temperatur einer Zellkultur senkt, veråndern die Zellen ihren Stoffwechsel. Als Erstes bauen Enzyme die Membranen um, so dass die Zellen kålteresistenter werden. Beim Umbau werden aus Einfachbindungen in Fettsåureketten Doppelbindungen und die Ketten zwischen den verschiedenen Phospholipidmolekçlen umverteilt, so dass solche mit zwei ungesåttigten Fettsåuren entstehen, was den Schmelzpunkt der Doppelschicht stark herabsetzt. Die Einfçhrung von Doppelbindungen anstelle von Einfachbindungen wird durch
katalysiert. Fçr die Umverteilung sorgen / , welche die Fettsåuren vom Glycerinrçckgrat abspalten, sowie % , die sie auf ein anderes Phospholipid çbertragen. Darçber hinaus schaltet die Zelle auf die Synthese anderer Arten von Phospholipiden um und produziert bevorzugt solche, die mehr ungesåttigte Fettsåuren enthalten. Durch die Aktivitåten der verschiedenen Enzyme werden die physikalischen Eigenschaften der Zellmembranen den in ihrer Umgebung vorherrschenden Bedingungen angepasst. Dass die Fluiditåt der Membranen durch die Anpassung der Fettsåurezusammensetzung erhalten bleibt, konnte schon an vielen verschiedenen Organismen gezeigt werden; dazu gehæren Winterschlaf haltende Såugertiere, Fische im Teich mit erheblichen Unterschieden in der Kærpertemperatur zwischen Tag und Nacht, kålteresistente Pflanzen sowie Bakterien, die in heiûen Quellen leben. Um zu beweisen, dass die Einfçhrung zusåtzlicher Doppelbindungen in die Fettsåuren die Toleranz gegençber niedrigen Temperaturen erhæht, hat man Experimente mit Ståmmen von Cyanobakterien durchgefçhrt, denen bestimmte Desaturasen fehlen. Wenn man die Wachstumsraten des Wildtyps und der mutierten Ståmme bei einer Inkubationstemperatur von 34 8C miteinander vergleicht, sieht man kaum einen Unterschied. Fållt die Temperatur allerdings auf
Membranlipide und die Fluiditåt der Membran
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22 8C ab, verdoppeln sich die mutierten Zellen alle 59 Stunden, Zellen vom Wildtyp dagegen alle 22 Stunden. Wenn man das Gen fçr dieses Enzym ( !) in die mutierten Zellen einsetzt, beobachtet man eine Zunahme der Doppelbindungen in den Fettsåuren, und die Verdopplungszeit sinkt drastisch. 4.5.3 Die Asymmetrie der Membranlipide Die Lipiddoppelschicht besteht aus zwei unterschiedlichen Lagen mit jeweils deutlich anderer Lipidzusammensetzung. In einer Reihe von Experimenten, die zu diesem Befund gefçhrt haben, hat man sich zunutze gemacht, dass Enzyme, die Lipide abbauen, nicht in die Plasmamembran eindringen kænnen und daher nur Lipide abspalten kænnen, die sich in der åuûeren der beiden Schichten befinden. Wenn man zu einem intakten menschlichen Erythrocyten eine lipidabbauende Phospholipase gibt, werden zwar etwa 80% des Phosphatidylcholins (PC), aber nur 20% des Phosphatidylethanolamins (PE) und weniger als 10% des Phosphatidylserins (PS) der Membran hydrolysiert. Diese Daten sprechen dafçr, dass die åuûere Schicht im Vergleich zur inneren Schicht relativ viel PC (und Sphingomyelin), aber nur wenig PE und PS enthålt (Abb. 4.22). Daraus kann man schlieûen, dass die Lipiddoppelschicht wahrscheinlich aus zwei mehr oder weniger stabilen, unabhångigen Monolayern mit verschiedenen physikalischen und chemischen Eigenschaften besteht.
n Abb. 4.22. I # + 8 1 # II +%?< %I 7 #8< # I 7 #%< # I 7 #< # I 7 #< # I 7 8 < 8 1
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
<elche biologische Bedeutung die asymmetrische Lipidverteilung hat, weiû man bisher nur in wenigen Fållen. Alle Glycolipide befinden sich in der åuûeren Schicht, wo sie wahrscheinlich als Rezeptoren fçr extrazellulåre Liganden fungieren. Das in der inneren Schicht konzentrierte Phosphatidylserin ist bei einem physiologischen pH-Wert negativ geladen. Daher ist es ein Kandidat fçr die Bindung an die positiv geladenen Lysin- und Argininreste ± etwa die, die sich beispielsweise neben der die Membran durchziehenden -Helix des Glycophorins A in Abb. 4.17 befinden. Wenn auf der Auûenseite alternder Lymphocyten PS auftritt, ist das ein Zeichen dafçr, dass die Zellen durch Makrophagen zerstært werden, wåhrend es beim Auftreten von PS auf der Auûenseite von Blutplåttchen zur Blutkoagulation kommt. Das in der Innenschicht konzentrierte Phosphatidylinositol spielt eine Schlçsselrolle bei der Ûbertragung von Reizen von der Plasmamembran ins Cytoplasma (Kap. 15.3). . Lipidflæûe Wir sind bisher davon ausgegangen, dass die Lipidmolekçle in jedem der beiden Monolayer der Lipiddoppelschicht gleichmåûig verteilt sind und dass nur die Proteine in der Membran ein Mosaik bilden. Tatsåchlich sprechen aber zahlreiche Hinweise aus den letzten Jahren dafçr, dass die åuûere Schicht der Plasmamembran bei vielen Zellen spezialisierte Bereiche oder 1 mit einer speziellen Lipidzusammensetzung aufweist. Wie man in den 1980er Jahren entdeckt hat, bleibt eine betråchtliche Fraktion von Membranlipiden zurçck, wenn man Zellkulturen mit kalten, nichtionischen Detergenzien wie Triton-X-100 extrahiert. Weitere Analysen deuten darauf hin, dass die Membranreste, die nach der ersten Extraktion mit Detergenzien çbrig bleiben, vor allem aus Cholesterin und Lipiden mit langen gesåttigten Fettsåureschwånzen, besonders Sphingolipiden, bestehen. Wenn man Doppelschichten untersucht, so neigen Cholesterin und Sphingolipide dazu, sich eng zu Mikrodomånen zusammenzuschlieûen, die einen stårkeren Gelcharakter haben und besser geordnet sind als die umliegenden Bereiche, die vor allem aus Phosphoglyceriden bestehen. Wegen ihrer speziellen physikalischen Eigenschaften zeigen cholesterinreiche Mikrodomånen die Tendenz, auf der umgebenden kçnstlichen Doppelschicht mit ihrer hæheren Fluiditåt und geringeren Ordnung dahinzutreiben (Abb. 4.23 a). Daher werden diese cho-
lesterin- und sphingolipidhaltigen Stellen als K8 DL bezeichnet. Je nachdem, welche Proteine man den kçnstlichen Doppelschichten hinzufçgt, konzentrieren sich bestimmte Proteine in den Lipidflæûen, wåhrend andere eher auûerhalb bleiben. GPI-verankerte Proteine zeigen eine besondere Vorliebe fçr die geordneten Bereiche der Doppelschicht (Abb. 4.23 a). Ob Plasmamembranen lebender Zellen cholesterinreiche Lipidflæûe enthalten, hat unter Membranbiologen immer wieder zu heftigen Diskussionen gefçhrt. Neuere Studien beståtigen die Existenz dieser Lipidflæûe, lassen aber die Vermutung aufkommen, dass sie klein (10±25 nm Durchmesser) sind und ununterbrochen entstehen und auch wieder aufgelæst werden. Lipidflæûe sind vermutlich mehr als nur strukturelle Kompartimente innerhalb von Plasmamembranen. Es gibt die Hypothese, dass sie als treibende Plattformen bestimmte Proteine konzentrieren und so die Membran in funktionelle Einheiten gliedern (Abb. 4.23 b). So vermutet man beispielsweise, dass Lipidflæûe Rezeptoren auf der Zelloberflåche ein gçnstiges Umfeld bieten, um mit anderen Membranproteinen zu interagieren, die Signale aus dem extrazellulåren Raum in das Zellinnere çbertragen. Es wurde auch darçber spekuliert, ob zwei Proteine, die an der Ausprågung der AlzheimerKrankheit beteiligt sind, das Amyloid-VorlåuferProtein und die -Secretase (Abb. 3, ¹Aus Sicht des Menschenª in Kap. 2.5.3) vorzugsweise in Lipidflæûen konzentriert sind. Wenn das so wåre, wçrde es erklåren, warum Medikamente, die den Cholesterinwert senken, auch das Risiko verringern, an Alzheimer zu erkranken. Denn wegen der geringeren Cholesterinkonzentration wçrden auch weniger Flæûe entstehen und dadurch wahrscheinlich auch weniger Amyloid-Peptid gebildet, das fçr die Krankheitssymptome verantwortlich ist.
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Dynamische Prozesse in der Plasmamembran
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4.6 Dynamische Prozesse in der Plasmamembran
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Aus der bisherigen Erærterung geht hervor, dass die Lipiddoppelschicht in einem relativ flçssigen Zustand vorliegen kann. Daher kann sich ein Phospholipid in einer Schicht relativ einfach seitwårts bewegen. Man kann die Mobilitåt einzelner Lipidmolekçle in der Doppelschicht der Plasmamembran direkt unter dem Mikroskop beobachten, indem man die polaren Kæpfe der Lipide mit Goldpartikeln oder fluoreszierenden Verbindungen markiert (Abb. 4.28). Man schåtzt, dass ein Phospholipid ein bis zwei Sekunden benætigt, um von einem Ende eines Bakteriums zum anderen zu diffundieren. Dagegen hat ein Phospholipidmolekçl, das sich in Richtung der anderen Schicht bewegt, eine biologische Halbwertszeit von Stunden oder Tagen. Von allen Bewegungen, die einem Phospholipid mæglich sind, wird somit sein Wechsel auf die andere Seite der Membran am meisten behindert (Abb. 4.24). Dieser Befund ist nicht çberraschend. Damit es zu einer solchen Transversalbewegung kommt, muss die hydrophile Kopfgruppe des Lipids die innere hydrophobe Membranschicht passieren, was thermodynamisch ungçnstig ist. Zellen besitzen jedoch , Enzyme, die bestimmte Phospholipide aktiv von einer
b n Abb. 4.23 a, b. Lipidflæûe. a Oberseite einer Lipiddoppelschicht aus Phosphatidylcholin, das als schwarzer Hintergrund erscheint, und Sphingomyelinmolekçlen, die sich spontan zu den orange gefårbten Flæûen zusammenschlieûen. Die gelben Spitzen geben die Positionen eines GPI-verankerten Proteins an, das fast nur mit Flæûen assoziiert ist. Dieses Bild wurde mit einem Rasterkraftmikroskop aufgenommen, das die Hæhe der verschiedenen Teile der Probe in molekularem Maûstab misst. b Schema eines Lipidfloûes in einer Zelle. Die åuûere Schicht des Floûes besteht vor allem aus Cholesterin und Sphingolipiden (rote Kopfgruppen). Phosphatidylcholinmolekçle (blaue Kopfgruppen) mit langen gesåttigten Fettsåuren konzentrieren sich ebenfalls håufig in diesem Bereich. Das Floû enthålt ein GPI-verankertes Protein. Die Lipide der Auûenschicht des Floûes haben Einfluss darauf, wie sich die Lipide in der Innenschicht organisieren. So findet man in der Innenschicht çberwiegend Cholesterin und Glycerophospholipide mit gesåttigten Fettsåureschwånzen. In der Innenschicht konzentrieren sich håufig lipidverankerte Proteine wie die srcKinase, die an der Signalgebung in der Zelle mitwirkt (a aus: Saslowsky DE et al (2002) J Biol Chem 277, Frontseite von Nr. 30; mit freundlicher Genehmigung von J. Michael Edwardson)
n Abb. 4.24. Bewegungsmæglichkeiten von Phospholipiden in einer Membran. Die Bewegungsarten der Phospholipide in einer Membran sowie der ungefåhre Zeitrahmen fçr diese Bewegungen. Die Phospholipide bewegen sich nur sehr langsam von einer Schicht in die andere, kænnen aber innerhalb einer Schicht schnell seitwårts diffundieren
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Schicht in die andere schleusen. Diese Enzyme kænnten mit fçr die Ausbildung der Lipidasymmetrie verantwortlich sein und auch die langsame passive Bewegung durch die Membran hindurch aufheben. Weil die Lipide die Matrix stellen, in der die integralen Proteine einer Membran eingebettet sind, ist es fçr die Mobilitåt der integralen Proteine wichtig, in welchem physikalischen Zustand sich die Lipide befinden. Als gezeigt wurde, dass sich integrale Proteine in der Membranebene bewegen kænnen, war dies ein Meilenstein fçr die Konzeption des Flçssigmosaikmodells. Die dynamischen Eigenschaften der Membranproteine konnten mit verschiedenen Verfahren demonstriert werden. /! Die Diffusion der Membranproteine nach der Zellfusion Die ist ein Verfahren, durch das man zwei verschiedene Zelltypen oder Zellen zweier verschiedener Spezies zu einer Zelle mit einem gemeinsamen Cytoplasma und einer einzigen zusammenhångenden Plasmamembran verschmelzen kann. Zellen werden dazu angeregt, miteinander zu fusionieren, indem man ihre Auûenseite ¹klebrigª macht, so dass ihre Plasmamembranen aneinander hången bleiben. Dass kann auf verschiedene Weise erreichen: indem man n bestimmte inaktivierte Viren zusetzt, die sich an die Membranoberflåche heften, n die Verbindung Polyethylenglycol zusetzt, n ihnen einen schwachen elektrischen Schock versetzt. Die Zellfusion hat in der Zellbiologie eine wichtige Rolle gespielt und wird auch augenblicklich noch bei einer Technik eingesetzt, die von unschåtzbarem Wert fçr die Pråparation spezifischer Antikærper ist (Kap. 18.14). Bei den ersten Experimenten, die zeigten, dass sich die Membranproteine innerhalb der Membranebene bewegen kænnen, machten sich Larry Frye und Michael Edidin von der Johns Hopkins University 1970 die Zellfusion zunutze. Sie fusionierten Maus- und Menschzellen und verfolgten die Bewegungen spezieller Proteine in der Plasmamembran, nachdem beide Membranen vereint waren. Um die Verteilung der Membranproteine der Maus und des Menschen jeweils zu verschiedenen Zeiten nach der Fusion
zu beobachten, pråparierten sie Antikærper gegen den einen oder anderen Proteintyp und verknçpften sie kovalent mit fluoreszierenden Farbstoffen. Die Antikærper gegen die Mausproteine wurden mit einem Farbstoff verbunden, der grçn fluoresziert, und die Antikærper gegen menschliche Proteine mit einem rot fluoreszierenden Farbstoff. Nachdem die Antikærper den fusionierten Zellen zugesetzt worden waren, hefteten sie sich an die Mensch- beziehungsweise Mausproteine, weshalb man deren Lage mit einem Fluoreszenzmikroskop ermitteln konnte (Abb. 4.25 a). Zum Zeitpunkt der Fusion schien die Plasmamembran halb vom Mensch und halb von der Maus abzustammen; das heiût, die beiden Proteintypen befanden sich noch in ihrer jeweiligen Hålfte (Schritt 3, Abb. 4.25 a, b). Mit zunehmender Zeit nach der Fusion wanderten die Membranproteine durch Seitwårtsbewegungen in der Membran in die andere Hålfte. Nach etwa 40 Minuten waren die Proteine beider Spezies gleichmåûig çber die gesamte Membran der Hybridzelle verteilt (Schritt 4, Abb. 4.25 a). Als man das Experiment bei niedrigerer Temperatur wiederholte, nahm die Viskositåt der Lipiddoppelschicht zu und die Mobilitåt der Membranproteine sank (Abb. 4.25 c). Diese ersten Zellfusionsexperimente hinterlieûen den Eindruck, dass sich die integralen Membranproteine praktisch unbeschrånkt bewegen konnten. Wie wir bald sehen werden, haben weitere Untersuchungen gezeigt, dass die dynamischen Prozesse in der Plasmamembran viel komplexer sind, als man das zuerst gedacht hatte. 4.6.2 Einschrånkungen der Proteinund Lipidmobilitåt Es gibt verschiedene Techniken, mit denen Wissenschaftler die Bewegung von Molekçlen in Membranen lebender Zellen unter einem Lichtmikroskop verfolgen kænnen. Bei der $$ 8 3 /4 (Abb. 4.26 a) werden integrale Membranbestandteile in Zellkulturen zunåchst durch Kopplung mit einem Fluoreszenzfarbstoff markiert. Man kann ein bestimmtes Membranprotein mit einer spezifischen Sonde wie etwa einem fluoreszierenden Antikærper markieren. Anschlieûend legt man die Zellen unter das Mikroskop und bestrahlt sie mit einem stark gebçndelten Laserstrahl, der die fluoreszierenden Molekçle, auf die er trifft, bleicht und auf der Zelloberflåche einen runden Fleck (meist mit einem Durchmesser von 1 lm) hinterlåsst, der fast nicht mehr fluoresziert. Wenn die markierten Proteine in
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der Membran mobil sind, sollte der bestrahlte Kreis aufgrund der ungerichteten Bewegung dieser Molekçle allmåhlich wieder fluoreszieren. Wie schnell es dazu kommt (Abb. 4.26 b), ist ein direktes Maû fçr die Diffusionsgeschwindigkeit (die mit dem Diffusionskoeffizienten ausgedrçckt wird) der beweglichen Molekçle. Wie weit die ursprçngliche Fluoreszenz wiederhergestellt wird (ausgedrçckt als Prozentsatz der ursprçnglichen Intensitåt), liefert ein Maû dafçr, wie viel Prozent der markierten Molekçle frei diffundieren kænnen. Frçhe Untersuchungen mit der FRAP deuteten darauf hin, dass
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n Membranproteine in der Plasmamembran sehr viel langsamer wandern als in einer reinen Lipiddoppelschicht n ein erheblicher Anteil der Membranproteine (30±70%) nicht wieder in den bestrahlten Kreis zurçckkehren kann. Die FRAP-Technik hat aber auch ihre Nachteile. Man kann mit ihr nur verfolgen, wie schnell sich eine relativ groûe Anzahl markierter Molekçle (Hunderte bis Tausende) im Durchschnitt bewegt, wenn sie çber eine relativ groûe Entfernung (etwa 1 lm Durchmesser des bestrahlten Kreises) diffundiert. Daher kænnen Wissenschaftler mit FRAP nicht unterscheiden, ob Proteine wirklich unbeweglich sind oder in der vorgegebenen Zeit nur eine begrenzte Entfernung
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
zurçcklegen kænnen. Um dieses Problem zu læsen, wurden andere Verfahren entwickelt, mit denen Wissenschaftler die Bewegungen einzelner Proteinmolekçle çber sehr kurze Entfernungen beobachten und herausfinden kænnen, was sie eventuell behindert. Bei der 7'
% $ / 3 , SPT) markiert man einzelne Membranproteinmolekçle ± normalerweise mit Goldpartikeln (mit einem Durchmesser von etwa 40 nm), die mit Antikærpern beschichtet sind ±, und verfolgt die Bewegungen der markierten Molekçle mit einem vom Computer unterstçtzten Videomikroskop (Kap. 18.1). Die Ergebnisse dieser Untersuchung hången oft davon ab, welches Protein gerade beobachtet wird:
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n Einige Membranproteine bewegen sich ungerichtet durch die Membran (Abb. 4.27, Protein A), allerdings generell sehr viel langsamer als in einer kçnstlichen Lipiddoppelschicht. (Wçrde die Beweglichkeit der Proteine nur auf physikalischen Parametern wie der Viskositåt der Lipide und der Proteingræûe beruhen, so wçrde man erwarten, dass Proteine mit einem Diffusionskoeffizienten von etwa 10±8 bis 10±9 cm2 s±1 und nicht mit 10±10 bis 10±12 cm2 s±1 wandern wçrden, wie man das bei Molekçlen dieser Gruppe beobachtet.) Ûber die Frage, warum der Diffusionskoeffizient geringer ist, wurde diskutiert. n Einige Membranproteine kænnen sich nicht bewegen und gelten als unbeweglich (Abb. 4.27; Protein B). n In einigen Fållen steuert ein bestimmtes Protein sehr gezielt irgendeinen Teil der Zelle an (Abb. 4.27; Protein C). So kænnte etwa ein bestimmtes Membranprotein dazu neigen, sich zum vorderen oder hinteren Ende einer wandernden Zelle zu begeben. n Bei den meisten Untersuchungen zeigt die græûte Proteinfraktion zwar eine Molekularbewegung innerhalb der Membran, deren Geschwindigkeit mit der freien Diffusion (Diffusionskoeffizient von 5´10±9 cm2 s±1) zu vereinbaren ist, aber die Molekçle kænnen sich nicht mehr als wenige Zehntel Mikrometer frei bewegen. Ûber långere Strecken diffundieren die Molekçle zwar, aber offenbar aufgrund eines Systems von Hindernissen langsamer. Um welche Hindernisse es sich dabei handelt, wird in den folgenden Abschnitten erærtert.
& 7' 9 Offenbar kænnen sich Proteine aus der Plasmamembran nicht vollkommen frei auf dem ¹Lipidmeerª bewegen, sondern unterliegen den verschiedensten Einflçssen, die ihre Mobilitåt begrenzen. Einige Membranen sind voller Proteine, so dass die Molekularbewegung des einen Molekçls durch die des nåchsten behindert wird (Abb. 4.27, Protein D). Man geht davon aus, dass Faktoren direkt unterhalb der cytoplasmatischen Seite der Membran am stårksten auf integrale Membranproteine einwirken. Bei vielen Zellen besitzt die Plasmamembran ein Netzwerk aus Fibrillen oder ein ¹Membranskelettª aus peripheren Proteinen, die sich auf der cytoplasmatischen Membranseite befinden. Ein bestimmter Anteil der integralen Membranproteine ist entweder an das Membranskelett angeheftet (Abb. 4.27, Protein B) oder wird auf andere Weise durch dieses behindert. Inzwischen weiû man mehr çber Membranhindernisse, weil eine neue Technik entwickelt wurde, mit der die Wissenschaftler integrale Proteine einfangen und mithilfe einer Kraft, deren Græûe bekannt ist, durch die Plasmamembran ziehen kænnen. Diese Technik, bei der eine / $ eingesetzt wird, nutzt die winzigen optischen Kråfte eines gebçndelten Laserstrahls aus. Die integralen Proteine, die untersucht werden sollen, werden mit Kçgelchen versehen, die mit Antikærpern beschichtet sind und als Griffe dienen, die der Laserstrahl fassen kann. Man hat allgemein die Erfahrung gemacht, dass man ein integrales Protein mit optischen Pinzetten eine begrenzte Strecke lang ziehen kann, bis das Protein auf ein Hindernis trifft, wodurch es dem Laser entgleitet. Wenn das Protein frei ist, springt es in der Regel zurçck, was darauf schlieûen låsst, dass die Hindernisse elastisch sind. Um die Faktoren zu untersuchen, welche die Mobilitåt von Membranproteinen behindern, hat man unter anderem Zellen genetisch so veråndert, dass sie andere Membranproteine synthetisieren. Integrale Proteine, deren cytoplasmatische Anteile genetisch entfernt wurden, legen oft græûere Entfernungen zurçck als die unmodifizierten Pendants, was zeigt, dass sich die Hindernisse auf der cytoplasmatischen Seite der Membran befinden. Diese Befunde sprechen dafçr, dass das unter der Membran liegende Skelett um Teile der Membran ein Netzwerk von Zåunen errichtet; dadurch entstehen Kompartimente, welche die Strecke, die ein integrales Protein zurçcklegen kann, begrenzen (Abb. 4.27, Protein E). Durch Lçcken in den Zåunen gelan-
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gen Proteine allerdings von einem Kompartiment zum anderen. Man nimmt an, dass sich solche Úffnungen auftun und wieder verschwinden ± je nach den dynamischen Verånderungen innerhalb des Netzwerkes, dessen Teile sich voneinander læsen und erneut miteinander verflechten. Aufgrund solcher Membrankompartimente bleiben bestimmte Proteinkombinationen mæglicherweise nahe genug zusammen, um leichter miteinander interagieren zu kænnen. Integrale Proteine, denen der Teil, der normalerweise in den Extrazellularraum ragt, fehlt, wandern in der Regel sehr viel schneller als das entsprechende Wildtyp-Protein. Das spricht dafçr, dass Materialien auûerhalb der Zelle, in denen sich der externe Anteil des Proteinmolekçls verheddern kann, die Wanderung eines Transmembranproteins durch die Doppelschicht verlangsamen (Abb. 4.27, Protein F). 1 Weil Proteine riesig sind, ist es nicht verwunderlich, dass ihre Beweglichkeit innerhalb der Lipiddoppelschicht eingeschrånkt sein kann. Phospholipide sind dagegen klein und bilden das eigentliche Gefçge der Lipiddoppelschicht. Man kænnte annehmen, dass sie sich vollkommen un-
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
fusion des Phospholipids behindern. Wenn sich aber das Membranskelett unterhalb der Lipiddoppelschicht befindet, wie kann es dann die Bewegungen des Phospholipids stæren? Die Autoren dieser Untersuchung vermuten, dass die Zåune aus Reihen von integralen Membranproteinen bestehen, deren cytoplasmatische Domånen mit dem Membranskelett verbunden sind. Das entspråche in etwa der Einpferchung von Pferden und Rindern durch einen Lattenzaun, dessen Pfosten in den Boden gerammt sind.
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gehindert bewegen kænnen, mehrere Untersuchungen sprechen aber dafçr, dass auch die Diffusion der Phospholipide begrenzt ist. Wenn man einzelne Phospholipidmolekçle einer Plasmamembran markiert und ihre Bewegung mit einem lichtstarken Videomikroskop verfolgt, erkennt man, dass die Molekçle kurzzeitig eingeschrånkt sind und dann von einem umgrenzten Bereich in einen anderen springen. Abbildung 4.28 a zeigt, welchen Weg ein einzelnes Phospholipid in der Plasmamembran in 56 ms zurçcklegt. Computeranalysen sprechen dafçr, dass das Phospholipid in einem Kompartiment frei diffundiert (violett), dann çber den ¹Zaunª in ein benachbartes Kompartiment springt (blau) und çber einen weiteren Zaun in ein angrenzendes Kompartiment (grçn) und so weiter. Behandelt man die Membran mit Substanzen, die das darunter liegende Membranskelett zerstæren, so verschwinden auch einige Zåune, welche die Dif-
1 1 Untersuchungen der dynamischen Vorgånge in der Membran wie die oben geschilderten werden meist an der relativ homogenen Plasmamembran auf der Ober- oder Unterseite einer Zelle durchgefçhrt, die sich in einer Kulturschale befindet. Die meisten Membranen haben jedoch eine ganz charakteristische Proteinzusammensetzung und -mobilitåt, besonders in Zellen, deren verschiedene Oberflåchen spezielle Aufgaben haben. So sind beispielsweise die Epithelzellen der Darmwand oder der mikroskopisch kleinen Nierentubuli stark polarisierte Zellen, deren verschiedenen Oberflåchen unterschiedliche Funktionen erfçllen (Abb. 4.29). Untersuchungen zeigen, das die apikale Plasmamembran, die selektiv Substanzen aus dem Lumen aufnimmt, andere Enzyme besitzt als die seitliche Plasmamembran, die mit benachbarten Epithelzellen wechselwirkt, oder die basale Plasmamembran, die am darunter liegenden extrazellulåren Substrat (einer Basalmembran) haftet. In anderen Fållen finden sich die Rezeptoren fçr Neurotransmitter gehåuft in den Plasmamembranbereichen von Synapsen (Abb. 4.55), wåhrend die Rezeptoren fçr die Lipoproteine niedriger Dichte in solchen Anteilen der Plasmamembran konzentriert sind, die darauf spezialisiert sind, die Internalisierung zu erleichtern (Abb. 8.38). Von all den verschiedenen Zelltypen, die man in Såugern findet, sind vielleicht die Spermien am stårksten differenziert. Ein reifes Spermium besteht aus Kopf, Mittelteil und Schwanz, die alle jeweils eigene spezielle Funktionen haben. Ein Spermium ist, obwohl es in eine Reihe unterschiedlicher Bereiche gegliedert ist, mit einer kontinuierlichen Plasmamembran çberzogen, die, wie man mit einer Vielzahl von Verfahren herausgefunden hat, ein Mosaik verschiedener Typen lokalisierter Domånen bildet. Wenn man beispielsweise zum Spermium eine Reihe spezifischer Antikærper gibt, so lagert sich jeder Antikærper in einem charakteristischen Muster an die Zelloberflåche, worin sich die einzigartige Verteilung der speziellen Proteinantigene in der Plasmamembran widerspiegelt (Abb. 4.30).
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Dynamische Prozesse in der Plasmamembran
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n Unterschiedliche Funktionen der Plasmamembran einer Epithelzelle. Die apikale Oberflåche dieser Darmepithelzelle enthålt integrale Proteine, die am Ionentransport sowie der Hydrolyse von Disacchariden wie Saccharose und Lactose beteiligt sind; in der seitlichen
Oberflåche befinden sich integrale Proteine, die an interzellulåren Wechselwirkungen mitwirken; die basale Oberflåche besitzt integrale Proteine, die bei der Assoziation der Zelle mit der darunter liegenden Basalmembran eine Rolle spielen
n Differenzierung der Plasmamembran eines Såugerspermiums, dargestellt mithilfe fluoreszierender Antikærper. Drei Paare mikroskopischer Aufnahmen, von denen jedes mithilfe fluoreszierender Antikærper zeigt, wie ein bestimmtes Protein auf der Zelloberflåche verteilt ist. Die drei Proteine befinden sich in unterschiedlichen Tei-
len der kontinuierlichen Spermienmembran. Jedes Aufnahmenpaar zeigt das Fluoreszenzmuster des gebundenen Antikærpers sowie eine Phasenkontrastaufnahme derselben Zelle. Schema, das die Proteinverteilung zusammenfasst. ( aus: Myles DG, Primakoff P, Bellv AR (1981) Cell 23:434, mit Genehmigung der Cell Press)
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
/' Die Struktur der Plasmamembran am Beispiel des roten Blutkærperchens Von allen verschiedenen Membrantypen ist die Plasmamembran des menschlichen Erythrocyten (des roten Blutkærperchens) bisher am grçndlichsten untersucht worden, so dass man sie am besten kennt (Abb. 4.31). Es gibt mehrere Grçnde, weshalb man gerade diese Membran so gern fçr Untersuchungen nimmt. Es ist nicht teuer, an die Zellen heranzukommen, und man kann sie leicht in groûen Mengen aus dem Blut isolieren. Sie liegen bereits als einzelne Zellen vor und mçssen nicht aus einem komplexen Gewebe herausgelæst werden. Im Vergleich mit anderen Zelltypen sind Erythrocyten einfach gebaut und haben weder eine Kernmembran noch cytoplasmatische Membranen, die bei anderen Zellen zwangslåufig die Pråparationen der Plasmamembran kontaminieren. Darçber hinaus lassen sich intakte gereinigte Plasmamembranen von Erythrocyten einfach dadurch gewinnen, dass man die Zellen in eine verdçnnte (hypotonische) Salzlæsung gibt. Auf diesen osmotischen Schock hin nehmen die Zellen Wasser auf und schwellen an, ein Phånomen, das als 21% bezeichnet wird. Da die Oberflåche jeder Zelle zunimmt, wird die Zelle durchlåssig und der Inhalt ± fast ausschlieûlich gelæstes Håmoglobin ± stræmt aus der Zelle heraus; zurçck bleibt die Plasmamembran in Form eines so genannten ¹ª (Abb. 4.31 b). Wenn die Plasmamembranen der Erythrocyten isoliert wurden, kænnen die Proteine in Læsung gebracht und aufgetrennt (fraktioniert) werden, wodurch man eine bessere Vorstellung von der Vielfalt der Proteine in der Membran gewinnt. Die Fraktionierung der Membranproteine kann mithilfe einer Polyacrylamidgel-Elektrophorese (PAGE) in Gegenwart des ionischen Detergens Natriumdodecylsulfat (SDS) erfolgen. (Das Verfahren der SDS-PAGE wird in Kap. 18.7 beschrieben.) Aufgrund des SDS bleiben die integralen Proteine in Læsung, und die Proteine, mit denen es assoziiert ist, erhalten darçber hinaus noch zahlreiche negative Ladungen. Weil die Anzahl der geladenen SDS-Molekçle pro Gewichtseinheit des Proteins relativ konstant ist, werden die Molekçle nach ihrem Molekulargewicht aufgetrennt. Die græûten Proteine wandern am langsamsten durch das Molekularsieb des Gels. Die wichtigeren Proteine der Erythrocytenmembran werden in der SDS-PAGE in etwa ein Dutzend deutlich sichtbarer Banden aufgetrennt (Abb. 4.31 c). Unter den Proteinen befindet sich eine Vielzahl von Enzymen (wie Glyceraldhyd-
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Dynamische Prozesse in der Plasmamembran
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
3-Phosphat-Dehydrogenase, ein Enzym der Glycolyse), Transportproteinen (fçr Ionen und Zucker) sowie Gerçstproteinen (wie Spectrin). 6 / #% % Im Modell der Plasmamembran des Erythrocyten (Abb. 4.31 d) sind die wesentlichen Proteine zu sehen. Die håufigsten integralen Proteine dieser Membran sind ein Paar kohlenhydrathaltiger, die Membran durchziehender Proteine, die unter Bande 3 und Glycophorin A firmieren. Wie hochkonzentriert diese Proteine in der Membran vorliegen, kann man auf der Gefrierbruch-Aufnahme in Abb. 4.13 erkennen. Das Bande-3-Protein, das nach seiner Position in der Gelelektrophorese benannt wurde (Abb. 4.31 c), liegt als Dimer aus zwei identischen Untereinheiten vor. Jede Untereinheit zieht sich mindestens ein Dutzend Mal durch die Membran und enthålt eine relativ geringe Menge an Kohlenhydraten (6±8% des Molekulargewichts). Bande-3-Protein dient als Kanal, çber den durch die Membran hindurch passiv Anionen ausgetauscht werden. Wenn Blut durch die Gewebe flieût, wird Kohlendioxid im Blutplasma gelæst; dabei kommt es zur folgenden Reaktion: H2O + CO2 ? H2CO3 ? HCO±3 + H+ Die Bicarbonat-Ionen (HCO±3) gelangen im Austausch gegen Chlorid-Ionen, die die Zelle verlassen, in den Erythrocyten. In der Lunge, wo Kohlendioxid freigesetzt wird, verlåuft die Reaktion in entgegengesetzter Richtung: Bicarbonat-Ionen verlassen den Erythrocyten im Austausch gegen Chlorid-Ionen. HCO±3 und Cl± wandern offenbar in entgegengesetzter Richtung durch einen Kanal im Zentrum eines jeden Bande-3-Dimers. Glycophorin A war das erste Membranprotein, dessen Aminosåuresequenz ermittelt wurde. Wie die Polypeptidkette des Glycophorin A in der Plasmamembran angeordnet ist, zeigt Abb. 4.17. (Andere verwandte Glycophorine wie B, C, D oder E liegen ebenfalls in der Membran vor, allerdings in sehr viel geringeren Konzentrationen.) Im Gegensatz zu Bande 3 zieht sich Glycophorin A nur einmal durch die Membran und weist einen Kohlenhydratçberzug auf, der an die Zweige eines Buschs erinnert und aus 16 Oligosaccharidketten besteht, die zusammen etwa 60% des Molekulargewichts ausmachen. Man nimmt an, dass die Hauptfunktion der Glycophorine auf die groûe Anzahl an negativen Ladungen an der Sialinsåure zurçckzufçhren ist, dem Zuckerrest am Ende jeder Kohlenhydratkette. Wegen dieser Ladungen stoûen sich die roten Blutkærperchen gegenseitig ab, was die Zellen
daran hindert, miteinander zu verklumpen, wenn sie durch die winzigen Gefåûe im Kærper zirkulieren. Erstaunlicherweise zeigen Menschen, die weder Glycophorin A noch B in ihren roten Blutkærperchen haben, keinerlei Krankheitssymptome. Gleichzeitig sind bei diesen Personen jedoch die Bande-3-Proteine stårker glycosyliert, was offenbar die ansonsten fehlenden negativen Ladungen ausgleicht, mit denen die Wechselwirkungen zwischen den Zellen verhindert werden. Glycophorin ist zufållig auch der Rezeptor, çber den Protozoen, welche Malaria auslæsen, in Erythrocyten eindringen. Daher nimmt man an, dass Personen, deren Erythrocyten kein Glycophorin A und B aufweisen, vor Malaria geschçtzt sind. Anhand der Unterschiede in der Aminosåuresequenz des Glycophorins ergibt sich, ob jemand die Blutgruppe A, B oder 0 hat. #% % Die peripheren Proteine der Plasmamembran des Erythrocyten befinden sich auf der Innenseite, wo sie ein fibrillåres Membrangerçst bilden (Abb. 4.31 d, e). Dieses Gerçst ist maûgeblich daran beteiligt, dass der Erythrocyt eine bikonkave Form erhålt und dass die Bewegung der integralen Membranproteine eingeschrånkt wird. Der wichtigste Bestandteil des Gerçsts ist ein langgezogenes, fibræses Protein namens & ± ein etwa 100 nm langes Heterodimer, das aus einer - und einer -Untereinheit besteht, die umeinander gewickelt sind. Zwei solcher Dimere sind an ihren Kopfenden zu einem 200 nm langen tetrameren Filament verbunden, das sowohl flexibel als auch elastisch ist. Spectrin ist çber nichtkovalente Bindungen an % (die grçnen Kugeln in Abb. 4.31 d), ein anderes peripheres Protein, auf der Innenseite der Membran geheftet; Ankyrin wiederum ist nichtkovalent an die cytoplasmatische Domåne eines Bande3-Molekçls gebunden. Wie man auf Abb. 4.31 d und e erkennt, bilden die Spectrinfilamente ein hexagonales oder pentagonales Muster. Ein solches Netzwerk entsteht, weil die beiden Enden jedes Spectrinfilaments mit einem Bçndel von Proteinen verknçpft sind, zu dem auch ein kurzes - und !% -Filament gehæren ± Proteine, die charakteristischerweise an der Kontraktion beteiligt sind. Man hat nachweisen kænnen, dass 1% 1 " eine Reihe von Erbkrankheiten, bei denen die Erythrocyten eine verkçrzte Lebensdauer und anomale Formen haben, auf Mutationen im Ankyrin oder Spectrin zurçckzufçhren sind. Wenn die peripheren Proteine aus den Erythrocyten-Ghosts extrahiert werden, zerfållt die Membran in kleine Vesikel, was dafçr spricht,
Wie Substanzen Zellmembranen passieren
dass das innere Proteinnetzwerk erforderlich ist, um die Integritåt der Membran zu bewahren. Erythrocyten sind Zellen, die mit dem Blut durch den Kærper zirkulieren und dabei unter Druck durch mikroskopisch kleine Kapillaren gepresst werden, deren Durchmesser sehr viel kleiner ist als derjenige der Erythrocyten selbst. Um diese Engstellen Tag fçr Tag passieren zu kænnen, mçssen die roten Blutkærperchen stark verformbar und stabil sein sowie Scherkråfte aushalten kænnen, die sie zu zerreiûen drohen. Das Netzwerk aus Spectrin und Actin verleiht der Zelle die nætige Stårke, Elastizitåt und Geschmeidigkeit, um diese anspruchsvolle Aufgabe zu erfçllen. Als man das Membrangerçst des Erythrocyten entdeckte, hielt man es fçr eine einzigartige Struktur, die zu der besonderen Form und mechanischen Beanspruchung dieses Zelltyps passte. Bei der Untersuchung anderer Zellen stieû man jedoch auf vergleichbare Membrangerçste, die ebenfalls Mitglieder der Spectrin- und Ankyrin-Familien enthielten, was dafçr spricht, dass innere Membrangerçste weit verbreitet sind. Dystrophin beispielsweise ist ein Mitglied der Spectrinfamilie, das man im Membrangerçst von Muskelzellen findet. Mutationen im Dystrophin fçhren zu einer Muskeldystrophie, einer verheerenden Krankheit, durch die Kinder in ihrer Beweglichkeit eingeschrånkt, schlieûlich bewegungsunfåhig werden und sterben. Wie bei der cystischen Fibrose (¹Aus Sicht des Menschenª in Kap. 4.7.4) ist der Krankheitsverlauf am schlimmsten, wenn Mutationen zum vælligen Ausfall des Proteins in der Zelle fçhren. Die Plasmamembranen von Muskelzellen, die kein Dystrophin besitzen, werden offenbar durch den mechanischen Stress zerstært, der bei der Muskelkontraktion auf sie ausgeçbt wird. Deswegen sterben die Muskelzellen ab und werden letztlich nicht mehr ersetzt.
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4.7 Wie Substanzen Zellmembranen passieren Weil die Inhaltsstoffe einer Zelle vollkommen von einer Plasmamembran umgeben sind, muss jegliche Kommunikation zwischen Zelle und Extrazellularraum çber diese Struktur laufen. Dabei hat die Plasmamembran gewissermaûen eine Doppelfunktion. Einerseits muss sie die gelæsten Stoffe in der Zelle halten, damit sie nicht einfach in den Extrazellulårraum auslaufen, andererseits muss sie einen gewissen notwendigen Stoffaustausch zwischen der Zelle und ihrer Umgebung ermæglichen. Dass die Zelle geladene und polare gelæste Stoffe verliert, verhindert die Lipiddoppelschicht der Membran, die fçr diese Aufgabe wie geschaffen ist. Daher mçssen einige spezielle Maûnahmen getroffen werden, um die Aufnahme beziehungsweise Abgabe von Nåhrstoffen, Ionen, Abfallprodukten und anderen Verbindungen zu ermæglichen. Es gibt im Grunde zwei Mæglichkeiten, wie Substanzen eine Membran passieren kænnen: passiv per Diffusion oder aktiv durch einen Transportprozess, bei dem Energie verbraucht wird. Beide Bewegungsarten fçhren zu einem Nettostrom eines bestimmten Ions oder einer bestimmten Verbindung. Der Begriff ) deutet an, dass die Bewegungen der Substanz in die Zelle hinein (# ) und aus der Zelle heraus (
) nicht gleich groû sind, sondern dass die eine gegençber der anderen çberwiegt. Man kennt mehrere Prozesse, mit deren Hilfe Substanzen Membranen durchqueren kænnen: n Die einfache Diffusion durch die Lipiddoppelschicht, n die einfache Diffusion durch einen wåssrigen von Proteinen ausgekleideten Kanal, n die durch einen Proteintransporter erleichterte Diffusion, n den aktiven Transport, fçr den eine energieabhångige ¹Proteinpumpeª benætigt wird, die Substanzen gegen einen Konzentrationsgradienten anreichern kann (Abb. 4.32). Wir werden uns ihnen der Reihe nach zuwenden, wollen aber erst einmal die Energetik der Bewegungen gelæster Stoffe untersuchen.
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
Wie stark sich die Freie Enthalpie åndert, wenn ein ungeladener gelæster Stoff (ein Nichtelektrolyt) eine Membran passiert, hångt davon ab, wie steil der Konzentrationsgradient ist, das heiût, wie groû der Konzentrationsunterschied zwischen beiden Seiten der Membran ist. Folgende Gleichung beschreibt die Bewegung eines Nichtelektrolyten in die Zelle: D% = -2 ln [Ci]/[Co] a
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D% = 2,303 -2 log10 [Ci]/[Co], wobei D% die Ønderung der Freien Enthalpie (Kap. 3.1), - die Gaskonstante und 2 die absolute Temperatur ist, und [Ci]/[Co] das Verhåltnis der Konzentration an gelæsten Stoffen auf der Innen- (i) und der Auûenseite (o) der Membran angibt. Bei 25 8C gilt:
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2! Die Energetik der Bewegung gelæster Stoffe Die ist ein spontaner Vorgang, bei dem eine Substanz aus einem Bereich hoher Konzentration in einen Bereich mit niedriger Konzentration gelangt, wodurch letztlich der Konzentrationsunterschied zwischen beiden Regionen aufgehoben wird. Wie wir in Kap. 3.1.1 erærtert haben, hångt die Diffusion von der ungerichteten thermischen Bewegung gelæster Stoffe ab und ist ein exergoner Prozess, der durch eine Zunahme der Entropie begçnstig wird. Wir wollen uns bei der folgenden Erærterung auf die Diffusion von Substanzen durch Membranen beschrånken.
D% = 1,4 kcal/mol´log10 [Ci]/[Co] Wenn das Verhåltnis von [Ci]/[Co] unter 1 liegt, sind sowohl der entsprechende Logarithmus als auch D% negativ, und der Nettoeinstrom gelæster Stoffe ist thermodynamisch begçnstigt (exergon). Wenn etwa die externe Konzentration eines gelæsten Stoffes zehnmal græûer ist als die interne Konzentration, gilt: D% = ±1,4 kcal/mol. Daher entspricht die Erhaltung eines zehnfachen Konzentrationsgradienten einer Energiespeicherung von 1,4 kcal/mol. Wenn ein gelæster Stoff in die Zelle gelangt, sinkt der Konzentrationsgradient, die gespeicherte Energie verringert sich, und D% wird niedriger, bis es im Gleichgewicht Null erreicht. (Um D% fçr den Ausstrom eines gelæsten Stoffes aus der Zelle zu berechnen, åndert man den Term fçr das Konzentrationsverhåltnis in [Co]/[Ci]. Wenn der gelæste Stoff ein Elektrolyt ± und damit geladen ± ist, muss der Ladungsunterschied zwischen den beiden Kompartimenten berçcksichtigt werden. Aufgrund der gegenseitigen Abstoûung gleich geladener Ionen, ist es fçr ein Elektrolyt thermodynamisch ungçnstig, von einem Kompartiment in ein anderes zu wechseln, dessen Gesamtladung das gleiche Vorzeichen hat. Trågt die Ladung des Elektrolyts dagegen ein Vorzeichen, das dem des Kompartiments, in das es wandert, entgegengesetzt ist, ist der Prozess thermodynamisch begçnstigt. Je græûer der Ladungsunterschied (der Potenzialunterschied oder die Spannung) zwischen zwei Kompartimenten ist, desto græûer ist auch der Unterschied an Freier Enthalpie. Somit hångt die Tendenz eines Elektrolyts, von einem Kompartiment ins andere zu wechseln, von zwei Gra-
dienten ab: einem chemischen Gradienten, der durch den Konzentrationsunterschied der Substanz zwischen den beiden Kompartimenten bestimmt wird, und dem elektrischen Gradienten, der vom Ladungsunterschied abhångt. Zusammen bilden diese Unterschiede den : . Wie stark sich die Freie Enthalpie bei der Diffusion eines Elektrolyts in die Zelle åndert, kann man nach folgender Gleichung berechnen: D% = -2 ln [Ci]/[Co] + 7Dm Dabei ist 7 die Ladung des gelæsten Stoffes, die Faraday-Konstante (23,06 kcal/V´Øquivalent, wobei ein Øquivalent der Menge an Elektrolyten entspricht, die ein Mol eines einwertigen Stoffes aufweist) und Dm der Potenzialunterschied (in Volt) zwischen den beiden Kompartimenten. Wir haben im vorigen Beispiel gesehen, dass D% bei 25 8C und einem zehnfachen Konzentrationsunterschied eines Nichtelektrolyten an einer Membran ±1,4 kcal/mol betrågt. Angenommen, der Konzentrationsgradient bestçnde aus Na+-Ionen, deren Konzentration auûerhalb der Zelle zehnmal so hoch wåre wie im Cytoplasma. Weil an einer Zellmembran normalerweise eine Spannung von etwa ±70 mV (Kap. 4.8.1) besteht, betrçge die Ønderung der Freien Enthalpie fçr den Einstrom eines Mols Na+-Ionen in die Zelle unter diesen Bedingungen D% = ±1,4 kcal/mol + 7Dm D% = ±1,4 kcal/mol + (1)(23,06 kcal/V´mol) (±0,07 V) D% = ±3,1 kcal/mol Somit leisten der Konzentrationsunterschied und das elektrische Potenzial unter den gerade beschriebenen Bedingungen fast den gleichen Beitrag zur Speicherung der Freien Enthalpie an der Membran. Das Wechselspiel zwischen Konzentrationsund Potenzialunterschied kann man an der Diffusion der Kalium-Ionen (K+) aus der Zelle erkennen. Der Ausstrom des Ions wird durch einen K+-Konzentrationsgradienten begçnstigt, bei dem die K+-Konzentration in der Zelle hæher ist, aber durch den elektrischen Gradienten erschwert, der entsteht, weil die Diffusion des K+-Ions die Negativladung der Zelle vergræûert. Wir werden dieses Thema weiter erærtern, wenn wir in Kap. 4.8.2 zu den Membranpotenzialen und Nervenimpulsen kommen.
Wie Substanzen Zellmembranen passieren
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2$ Diffusion von Substanzen durch Membranen Bevor ein Nichtelektrolyt passiv durch eine Plasmamembran diffundieren kann, mçssen zwei Voraussetzungen erfçllt sein. Die Substanz muss auf einer Seite der Membran hæher konzentriert sein als auf der anderen Seite, und die Membran muss fçr diese Substanz permeabel sein. Eine Membran kann fçr einen bestimmten gelæsten Stoff permeabel sein, entweder weil dieser Stoff direkt die Lipiddoppelschicht durchdringen kann oder weil der Stoff durch eine wåssrige Pore wandern kann, welche die Membran durchzieht und den gelæsten Stoff davor bewahrt, mit den Lipidmolekçlen der Doppelschicht in Berçhrung zu kommen. Wir wollen mit Ûberlegungen zur ersten Mæglichkeit beginnen, bei der sich eine Substanz auf dem Weg durch die Membran in der Lipiddoppelschicht læsen muss. Dabei rçckt als erstes die Polaritåt eines gelæsten Stoffes ins Blickfeld. Ein einfaches Maû fçr die Polaritåt (oder fehlende Polaritåt) einer Substanz ist ihr . $ , d. h. das Verhåltnis der Læslichkeit der Substanz in einem unpolaren Læsungsmittel wie Octanol oder einem Pflanzenæl im Vergleich zu der in Wasser, wenn das unpolare Læsungsmittel mit Wasser gemischt ist. Abbildung 4.33 zeigt den Zusammenhang zwischen Verteilungskoeffizient und der Membranpermeabilitåt fçr eine Reihe von Chemikalien und Arzneimitteln. Es liegt auf der Hand, dass ein Stoff eine Membran umso schneller durchquert, je leichter er sich in Fett læst. Ein weiterer Faktor, der bestimmt, wie schnell eine Verbindung eine Membran durchqueren kann, ist ihre Græûe. Wenn zwei Molekçle etwa den gleichen Verteilungskoeffizienten haben, passiert das kleinere Molekçl die Lipiddoppelschicht einer Membran schneller als das græûere. Sehr kleine ungeladene Molekçle wandern sehr schnell durch Zellmembranen. Daher sind die Membranen hæchst durchlåssig fçr kleine anorganische Molekçle wie O2, CO2, NO und H2O, die vermutlich zwischen zwei benachbarten Phospholipiden hindurchschlçpfen. Dagegen kænnen græûere polare Molekçle wie Zucker, Aminosåuren oder phosphorylierte Zwischenprodukte eine Membran kaum passieren. Somit ist die Lipiddoppelschicht der Plasmamembran eine gut funktionierende Barriere, die diese wichtigen Metaboliten daran hindert, die Zelle zu verlassen. Einige dieser Molekçle wie Zucker und Aminosåuren mçssen aus dem Blut in Zellen gelangen, was allerdings durch einfache Diffusion nicht mæglich ist. Daher muss es spezielle
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
n 4.33. Zusammenhang zwischen Verteilungskoeffizient und Membranpermeabilitåt. In diesem Experiment wurde gemessen, wie schnell einige chemische Verbindungen und Arzneimittel die Plasmamembran von Zellen passieren kænnen, welche die Kapillaren des Gehirns auskleiden. Die Substanzen gelangen dorthin, indem sie die Lipiddoppelschicht dieser Zellen durchqueren. Der Verteilungskoeffizient gibt das Verhåltnis von der Læslichkeit eines gelæsten Stoffes in Octanol zu seiner Læslichkeit in Wasser wieder. Die Permeabilitåt wird als Durchdringungsvermægen (P) in cm s±1 ausgedrçckt. Bei allen Verbindungen bis auf wenige wie Vinblastin und Vincristin ist die Fåhigkeit, in die Zelle einzudringen, direkt proportional zur Fettlæslichkeit. (Aus: Abbott NJ, Romero IA (1996) Molec Med Today 2:110; ° 1996, mit Erlaubnis von Elsevier Science)
Mechanismen fçr ihre Passage durch die Plasmamembran geben. Solche Mechanismen ermæglichen es der Zelle, das Eindringen von Substanzen çber ihre Oberflåche zu regulieren. Wir werden spåter auf diese Membraneigenschaft zurçckkommen. Wassermolekçle wandern sehr viel schneller durch eine Zellmembran als gelæste Ionen oder kleine polare organische Stoffe in Læsung, welche die Membran praktisch nicht passieren kænnen. Wegen dieses Unterschieds im Durchdringungsvermægen von Wasser im Vergleich zu gelæsten Substanzen bezeichnet man Membranen auch als . Wasser dringt leicht durch eine semipermeable Membran, wenn diese sich zwischen einem Bereich mit einer niedrigeren Konzentration an und einem Bereich mit hæherer Konzentration befindet. Man kann diesen Prozess, die , leicht nachweisen, indem man eine Zelle in eine
Læsung gibt, die einen Stoff, der nicht die Membran passieren kann, in einer anderen Konzentration als in der Zelle enthålt. Wenn zwei Kompartimente mit unterschiedlichen Konzentrationen an gelæsten Stoffen von einer semipermeablen Membran getrennt sind, bezeichnet man das Kompartiment mit der hæheren Konzentration als (oder ) und das Kompartiment mit der geringeren Konzentration an gelæsten Stoffen als (oder ). Wenn man eine Zelle in eine hypotonische Læsung gibt, nimmt die Zelle per Osmose rasch Wasser auf und schwillt an (Abb. 4.34 a). In einer hypertonischen Læsung verliert sie in Folge der Osmose dagegen schnell Wasser und schrumpft (Abb. 4.34 b). Diese einfachen Beobachtungen zeigen, dass das Volumen einer Zelle çber den Unterschied zwischen der Konzentration an gelæsten Stoffen in und auûerhalb der Zelle reguliert wird. Das Anschwellen und Schrumpfen von Zellen in leicht hypotonischen und hypertonischen Medien ist nur ein vorçbergehender Prozess. Innerhalb weniger Minuten erholen sich die Zellen wieder und haben dann wieder ihr normales Volumen. In einem hypotonischen Medium erholt sich die Zelle, weil sie Ionen verliert und dabei ihren inneren osmotischen Druck verringert. In einem hypertonischen Medium erlangt eine Zelle wieder ihr ursprçngliches Volumen, indem sie Ionen aus dem Medium aufnimmt. Wenn die Konzentration an gelæsten Stoffen im Zellinnern (was einer hohen Konzentration an gelæsten Proteinen entspricht) der auûerhalb der Zelle entspricht, sind die Flçssigkeiten innen und auûen (oder ); daher ist dann weder ein Ausstræmen noch Einstræmen von Wasser zu beobachten (Abb. 4.34 c). Die Osmose spielt bei zahlreichen Kærperfunktionen eine wichtige Rolle. Unser Verdauungstrakt beispielsweise sezerniert tåglich mehrere Liter Flçssigkeit, welche die Zellen, die unseren Darm auskleiden, per Osmose resorbieren. Wenn diese Flçssigkeit ± etwa aufgrund eines starken Durchfalls ± nicht wieder aufgenommen wçrde, wçrde man sehr schnell austrocknen. Pflanzen nutzen die Osmose auf vielfåltige Weise. Im Gegensatz zu Tierzellen, die generell isotonisch gegençber dem Medium sind, in dem sie sich befinden, sind Pflanzenzellen im Allgemeinen hypertonisch gegençber dem Medium, das sie umgibt. Daher dringt Wasser in die Zellen ein, wodurch sich im Zellinneren ein Druck ( ) aufbaut, der gegen die Zellwånde drçckt (Abb. 4.35 a). Der Turgordruck trågt zur Straffung von nichtverholzten Pflanzen und nichtverholzten Pflanzenteilen wie den Blåttern
Wie Substanzen Zellmembranen passieren
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ei. Wenn man eine Pflanzenzelle in ein hypertonisches Medium gibt, schrumpft sie, weil sich die Plasmamembran von der sie umgebenden Zellwand ablæst, ein Prozess, der als / % bezeichnet wird (Abb. 4.35 b). Aufgrund des Wasserverlusts bei der Plasmolyse verlieren Pflanzen ihren Halt und erschlaffen. Viele Zellen sind so durchlåssig fçr Wasser, dass dies nicht mehr mit einer einfachen Diffusion durch die Lipiddoppelschicht zu erklåren ist. 1992 fanden Peter Agre und seine Mitarbeiter an der Johns Hopkins University eine Gruppe von integralen Proteinen, die < , welche die passive Bewegung von Wasser von einer Seite der Plasmamembran zur anderen ermæglichen. Jede Aquaporinuntereinheit enthålt in der Mitte einen Kanal, der vor allem von hydrophoben Aminosåureresten gesåumt wird und hochspezifisch fçr Wassermolekçle ist. Jeder Kanal kann pro Sekunde von Milliarden Wassermolekçlen passiert werden, die quasi im Gånsemarsch, eins hinter dem anderen, durch den Kanal wandern. H+-Ionen, die normalerweise an einer solchen Kette von Wassermolekçlen entlang springen, kommen bei diesen offenen Poren jedoch nicht mit durch. Neuere ræntgenkristallographische Untersuchungen geben erste Hinweise auf den Mechanismus, der diese Kanåle so selektiv werden låsst. Ganz in der Nåhe der engsten Stelle enthålt die Kanalwand exakt platzierte positive Ladungen, die die Sauerstoffatome der Wassermolekçle anziehen, wenn sie durch die Engstelle im Protein sausen. Durch diese Wech-
selwirkungen werden die Wasserstoffbrçcken zerstært, die benachbarte Wassermolekçle normalerweise verbinden.
Damit werden gleichzeitig die Verbindungen gekappt, die es den Protonen ermæglichen, von einem Wassermolekçl zum nåchsten zu springen. Aquaporine findet man besonders håufig in Zellen, bei denen die Passage des Wassers von entscheidender Bedeutung fçr die physiologischen Aktivitåt des Gewebes ist; dazu zåhlen beispielsweise die Zellen in Nierenkanålchen oder Pflanzenwurzeln. Das Hormon Vasopressin, das die Wasserretention in den Sammelrohren der Niere anregt, wirkt çber solche Kanåle. Einige Fålle der erblichen Form von konnten auf Mutationen in diesen Aquaporinkanålen zurçckgefçhrt werden. Menschen, die an dieser Krankheit leiden, scheiden riesige Mengen Urin aus, weil ihre Nieren nicht auf Vasopressin ansprechen.
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9 6 Geladene Substanzen wie die kleinen Ionen Na+, K+, Ca2+ oder Cl± kænnen die Lipiddoppelschicht, das Kernstçck biologischer Membranen, praktisch nicht passieren. Dennoch ist es bei vielen Zellaktivitåten entscheidend, dass sich diese Ionen schnell durch die Membranen bewegen ( 8 1 ); dazu zåhlen die Erzeugung und Weiterleitung von Nervenimpulsen, die Sekretion von Substanzen in den Extrazellularraum, die Muskelkontraktion, die Regulation des Zellvolumens sowie die Úffnung der Stomata in Pflanzenblåttern. Wie zu erwarten, kænnen Mutationen in Genen fçr Ionenkanåle
viele schwere Krankheiten verursachen (Tabelle 1 in ¹Aus Sicht des Menschenª in Kap. 4.7.4). 1955 postulierten Alan Hodgkin und Richard Keynes von der Cambridge University erstmals, dass Zellmembranen 6 1 enthalten, d. h. Membranæffnungen, die fçr spezifische Ionen durchlåssig sind. Ende der 1960er Jahre und in den 1970er Jahren fanden Bertil Hille von der University of Washington und Clay Armstrong von der University of Pennsylvania erste Belege dafçr, dass es solche Kanåle gibt. Den endgçltigen Beweis lieferten Ende der 1970er Jahre und Anfang der 1980er Jahre die Arbeiten von Bert Sakmann und Erwin Neher vom Max-Planck-Insitut, die Verfahren entwickelten, um den Ionenstrom in einem einzelnen Ionenkanal registrieren zu kænnen. Dies gelang mithilfe von Elektroden in sehr fein ausgezogenen Mikropipetten, die auf die åuûere Zelloberflåche aufgesetzt und durch den Sog an der Membran festgehalten wurden. Man kann dann die Spannung an der Membran auf jeden gewçnschten Wert einstellen und den Strom messen, der in dem kleinen Membranstçck innerhalb der Pipette flieût (Abb. 4.36). Mit dieser Vorrichtung gelang es erstmals, die Aktivitåten einzelner Proteinmolekçle zu untersuchen. Heute kennen Biologen eine irritierende Vielfalt an Ionenkanålen, von denen jeder aus integralen Membranproteinen besteht, die eine wåssrige Pore bilden. Die meisten Ionenkanåle sind hochspezifisch und lassen nur einen bestimmten Ionentyp durch. Wie bei der passiven Diffusion anderer Arten gelæster Stoffe durch die Membran diffundieren auch Ionen durch einen Kanal immer bergab ± d. h. von einem Zustand hæherer Energie zu einem Zustand niedriger Energie. Die meisten bisher entdeckten Ionenkanåle kænnen offen oder geschlossen sein; solche Kanåle bezeichnet man als . Das Úffnen und Schlieûen der Tore unterliegt einer komplizierten physiologischen Regulation und kann durch viele verschiedene Faktoren ausgelæst werden, die vom jeweiligen Kanal abhången. Es gibt zwei Hauptgruppen gesteuerter Kanåle: n & 1, deren Konformationszustand von den jeweiligen Ladungsunterschieden der Ionen beiderseits der Membran abhångt. n 8 1, deren Konformation von der Bindung eines spezifischen Molekçls (des Liganden) abhångt, bei dem es sich normalerweise nicht um den gelæsten Stoff handelt, der den Kanal passiert.
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a n 4.36 a, b. Messung der Leitfåhigkeit eines Ionenkanals mithilfe der Patch-clamp-Technik. a Bei dieser Methode setzt man eine exakt geschliffene Mikropipette aus Glas auf einen Teil der åuûeren Zelloberflåche auf und saugt den Rand der Pipette fest auf die Plasmamembran. Weil die Pipette als Elektrode (eine Mikroelektrode) ausgelegt ist, kann an das Membranstçck, das von der Pipette eingeschlossen wird, eine Spannung angelegt und der daraufhin einsetzende Ionenstrom durch die Membrankanåle gemessen werden. Wie auf der Abbildung zu sehen ist, kann die Mikropipette ein Membranstçck einschlieûen, in dem sich nur ein einziger Ionenkanal befindet. Auf diese
Weise kænnen Wissenschaftler das Úffnen und Schlieûen eines einzelnen gesteuerten Kanals samt seiner Leitfåhigkeit bei unterschiedlicher Spannung verfolgen. b Die mikroskopische Aufnahme zeigt eine Patch-clamp-Aufzeichnung von einer einzelnen Photorezeptorzelle der Retina eines Salamanders. Ein Teil der Zelle wird in eine Mikropipette aus Glas gesogen, wåhrend eine zweite Mikropipetten-Elektrode ( ) ein kleines Stçck der Plasmamembran eines anderen Zellbereichs umschlieût und abdichtet (b aus: Lamb TD, Matthews HR, Torre V (1986) J Physiology 372:319. Genehmigter Nachdruck)
Einige ligandengesteuerte Kanåle sind offen (oder geschlossen), wenn sich ein Molekçl an die Auûenseite des Kanals heftet, andere sind offen (oder geschlossen), wenn ein Ligand an die Innenseite des Kanal gebunden ist. Neurotransmitter wie Acetylcholin etwa wirken auf die Auûenseite bestimmter Kationenkanåle ein, wåhrend zyklische Nucleotide wie cAMP auf der Innenseite bestimmter Kalziumionenkanåle wirken. Wir werden uns im Folgenden auf die Struktur und Funktion von Kaliumionenkanålen konzentrieren, weil sie am besten untersucht sind. 1998 lieferten Roderick MacKinnon und seine Mitarbeiter von der Rockefeller University das erste Bild eines Ionenkanalproteins mit atomarer Auflæsung: Es zeigte einen bakteriellen K+-Ionenkanal namens KcsA. Auf diesen Meilenstein folgte eine Reihe von Untersuchungen, durch die man hinter die Mechanismen kam, mit denen diese erstaunlichen molekularen Maschinen çberwiegend K+-Ionen und keine Na+-Ionen auswåhlen und gleichzeitig K+-Ionen mit einer unglaublich hohen Leitfåhigkeit durch die Membranen schleusen. Wie wir in Kçrze sehen wer-
den, geht man davon aus, dass Ionenselektivitåt und Leitfåhigkeit im bakteriellen Kanal vermutlich nach åhnlichen Mechanismen ablaufen, wie man sie in den viel græûeren Kanålen von Såugern findet. Offensichtlich wurden die Grundprobleme bei der Funktion von Ionenkanålen bereits relativ frçh in der Evolution gelæst, obwohl dann çber kurz oder lang doch noch vieles verbessert wurde. Der KcsA-Kanal besteht aus vier Untereinheiten, von denen zwei in Abb. 4.37 dargestellt sind. Jede Untereinheit aus Abb. 4.37 umfasst zwei Transmembranhelices (M1 und M2) sowie eine Pore (P) am extrazellulåren Ende des Kanals. P besteht aus einer kurzen Porenhelix, die etwa ein Drittel der Kanalbreite einnimmt, sowie einer nichthelicalen Schleife (hellbraun in Abb. 4.37), die einen engen einfasst; der Filter wird so genannt, weil er die Aufgabe hat, nur K+-Ionen durchzulassen. Ausgekleidet wird der Selektivitåtsfilter von einem stark konservierten Pentapeptid: Gly-Tyr-Gly-Val-Thr ± oder GYGVT in dem Code, der mit Einzelbuchstaben arbeitet.
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<enn man sich die Ræntgenkristallstruktur des KcsA-Kanals ansieht, erkennt man, dass der Selektivitåtsfilter von den Carbonylgruppen (C=O) im Rçckgrat des konservierten Pentapeptids (Grundgerçst in Kap. 2.5.3) ausgekleidet wird. Die konservierten Reste des Selektivitåtsfilters bilden fçnf aufeinanderfolgende Ringe von Sauerstoffatomen (vier Ringe aus Carbonylsauerstoffen aus dem Polypeptid-Grundgerçst und einen Ring aus den Sauerstoffatomen der Threoninseitenkette). Jeder Ring besteht aus vier Sauerstoffatomen (eines von jeder Untereinheit) und hat einen Durchmesser von etwa 0,3 nm; damit ist er etwas græûer als der Durchmesser eines K+-Ions (0,27 nm), das seine normale Hydrathçlle verloren hat. Daher kænnen die elektronegativen O-Atome auf der Innenseite des Selektivitåtsfilters die Hçlle aus Wassermolekçlen ersetzen, die bei jedem K+-Ion, das in die Pore eindringt, abgestreift wird. In diesem Modell besitzt der Selektivitåtsfilter vier potenzielle K+-Ionenbindungsstellen. Wie der obere Teil von Abb. 4.37 zeigt, befindet sich ein K+-Ion, das an eine dieser vier Stellen gebunden ist, in der Mitte eines Raums, der oben und unten von jeweils vier O-Atomen begrenzt wird. Jedes K+-Ion, das sich an einer dieser Stellen befindet, kann also von acht O-Atomen des Selektivitåtsfilters ausgerichtet werden. Der Selektivitåtsfilter ist zwar genau auf ein dehydriertes K+-Ion abgestimmt, aber sehr viel græûer als der Durchmesser eines dehydrierten Na+-Ions (0,19 nm). Folglich kann ein Na+-Ion nicht optimal mit den acht Sauerstoffatomen wechselwirken, die fçr seine Stabilitåt in der Pore erforderlich wåren. Daher kænnen die kleineren Na+-Ionen die hæhere Energieschwelle nicht çberwinden, was nætig wåre, um durch die Pore zu schlçpfen. Von den vier potenziellen K+-Ionenbindungsstellen, die es gibt, sind jeweils nur zwei gleichzeitig besetzt. Man nimmt an, dass sich immer zwei Kaliumionen gleichzeitig von den Stellen 1 und 3 zu den Stellen 2 und 4 bewegen ± wie das in der Ausschnittsvergræûerung oben in Abb. 4.37 skizziert ist. Wenn ein drittes K+-Ion in den Selektivitåtsfilter eintritt, kommt es zu einer elektrostatischen Abstoûung, durch die das am entgegengesetzten Ende des Filters gebundene Ion hinausgeworfen wird. Verschiedenen Untersuchungen zufolge haben die Ionen beim Ûbergang von einer Bindungsstelle zur anderen praktisch keine Energieschwelle zu çberwinden, was erklårt, warum sie so extrem schnell durch die Membran flieûen. Insgesamt gesehen bieten diese Schlussfolgerungen zur K+-Ionenselektivitåt und -leitfåhigkeit ein wunderbares Beispiel dafçr, wie viel man çber eine biologische Funk-
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tion erfahren kann, wenn man die molekulare Struktur kennt. Der in Abb. 4.37 skizzierte KcsA-Kanal hat genau wie eukaryotische Kanåle eine Úffnung, noch ist aber unklar, welche Faktoren das Úffnen und Schlieûen dieses Tors in der Bakterienzelle regulieren. Wie sich der KcsA-Kanal bei einem sehr niedrigen pH-Wert æffnet, zeigt Abb. 4.20. Die in Abb. 4.37 dargestellte KcsA-Struktur ist genau genommen die geschlossene Konformation des Proteins (obwohl im Kanal Ionen zu sehen sind). Bisher ist es noch nicht gelungen, den KcsA-Kanal in offener Konformation zu kristallisieren; dies schaffte man bisher nur bei der offenen Form eines homologen prokaryotischen K+-Kanals (namens MthK), dessen Struktur auf diese Weise bestimmt wurde. Vergleiche zwischen der offenen MthK-Struktur und der geschlossenen Struktur des homologen Proteins KcsA deuten stark darauf hin, dass diese Kanåle çber Konformationsånderungen an den cytoplasmatischen Enden der inneren (M2)-Helices gesteuert werden. In der geschlossenen Konformation, wie wir sie in den Abb. 4.37 und 4.38 links sehen, sind die M2-Helices gerade und verlaufen çber Kreuz; auf diese Weise bilden sie ein ¹Helixbçndelª, das die cytoplasmatische Seite der Pore verschlieût. In dem Modell in Abb. 4.38 æffnet sich der Kanal, wenn die M2-Helices an einem bestimmten Punkt, einem Glycinrest, der als Scharnier dient, abknicken. Da wir jetzt wissen, wie diese prokaryotischen K+-Kanåle funktionieren, kænnen wir die Struktur und Funktion der komplizierteren eukaryotischen Kanaltypen besser verstehen, bei denen vermutlich åhnliche Mechanismen ablaufen. Es wurden bereits Gene fçr eine Reihe von unterschiedlichen spannungsgesteuerten K+- (oder Kv-) Kanålen isoliert und die molekulare Struktur ihrer Proteine analysiert. Diese eukaryotischen Kv-Kanåle enthalten membranassoziierte Helices namens S1-S6, deren zweidimensionale
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Strukturen in Abb. 4.39 zu sehen sind. Diese sechs Helices kann man zwei funktionell unterschiedlichen Domånen zuteilen: n Einer /1, welche dieselbe Grundstruktur aufweist wie der gesamte bakterielle Kanal in Abb. 4.37 und den Selektivitåtsfilter fçr die Passage der K+-Ionen enthålt. Die Helices 1 und 2 sowie das P-Segment des KcsA-Kanals von Abb. 4.37 sind homolog zu den Helices S5 und S6 und dem P-Segment der spannungsgesteuerten eukaryotischen Kanåle aus Abb. 4.39. Wie die M2-Helices von KcsA kleiden auch die S6-Helices einen Groûteil der Pore aus und ihre Konformation bestimmt, ob der Kanal geæffnet oder geschlossen ist. n Einer 1 $ &
aus den Helices S1±S4, welche die Spannung an der Plasmamembran registriert (s. unten). Wie der KcsA-Kanal besteht auch ein einzelner eukaryotischer Kv-Kanal aus vier homologen Untereinheiten, die symmetrisch um die zentrale ionenleitende Pore angeordnet sind. Wie wir noch in den Abschnitten çber die Aktionspotenziale und Nervenimpulse (Kap. 4.8) erærtern werden, werden Kv-Kanåle durch eine Spannungsånderung geæffnet. Das Tor eines Kv-Kanals wird von den inneren Enden der S6-Helices gebildet und vermutlich auf åhnliche Weise geæffnet und geschlossen wie die M2-Helices des Bakterienkanals (Abb. 4.38). Die S4-Helix, in deren Polypeptidkette sich mehrere positiv geladene Aminosåurereste befinden (Vergræûerung in Abb. 4.39), dient als Hauptspannungsmesser. Solange an der Membran das negative Ruhepotenzial herrscht (Kap. 4.8.1), bleibt das Tor zum Kanal geschlossen. Nimmt das Potenzial einen positiveren Wert an (Depolarisation, Kap. 4.8.2), wird auf die S4-Helix eine elektrische Kraft ausgeçbt. Dadurch, so nimmt man an, bewegt sich die S4-Helix derart, dass ihre positiv geladenen Reste von einer Position, in der sie dem Cytoplasma ausgesetzt sind, sich in eine Position verlagern, in der sie sich an der Auûenseite der Zelle befinden (Abb. 4.41). Wie kann die S4-Helix mit ihrer Bewegung das Kv-Tor æffnen? Dazu mçssen wir die dreidimensionale Struktur des Kv-Kanals betrachten. Abbildung 4.40 zeigt zwei vollkommen unterschiedliche Modelle von einer der Untereinheiten dieser Kanåle. Das in Abb. 4.40 a dargestellte
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Modell kann man als den ¹Klassikerª bezeichnen, der auf jahrelangen elektrophysiologischen und nichtkristallographischen Studien des Kanals beruht. In diesem Modell sind die vier mit der Membran assoziierten Segmente der spannungsmessenden Domåne (S1±S4) als typische Transmembranhelices dargestellt, die sich durch die Doppelschicht erstrecken. 2003 veræffentlichten MacKinnon und seine Mitarbeiter eine Ræntgenstrukturanalyse eines spannungsgesteuerten prokaryotischen K+-Kanals, von dem man annimmt, dass er dieselbe Grundstruktur wie sein eukaryotisches Pedant aus Abb. 4.39 besitzt. Dieses Modell ist in Abb. 4.40 b zu sehen (die -Helices sind als Zylinder dargestellt, damit klarer wird, wie sie ausgerichtet sind). Der wichtigste Unterschied zwischen den beiden Modellen betrifft die Lage der spannungsmessenden S4-Helix. Anstatt im Wesentlichen senkrecht zur Membranebene zu stehen, wie das im klassischen Modell der Fall ist, liegt die S4-Helix (und die sie begleitende S3-Helix) hier annåhernd parallel zur Membranebene. Diese beiden vollkommen unterschiedlichen Modelle sprechen ± wie in Abb. 4.41 deutlich wird ± fçr ganz unterschiedliche Arten der Spannungsmessung im Kv-Kanal. Dem klassischen Modell zufolge bewegt sich die S4-Helix im Schutz des Proteins wie eine Schraube oder ein Kolben in der Membran ¹auf und niederª (Abb. 4.41 a). Nach dem Modell, das auf der Ræntgenstrukturanalyse beruht, bewegt sich die S4-Helix dagegen wie
ein Paddel, das in die Lipiddoppelschicht eintaucht und zwischen der extra- und der intrazellulåren Membranseite hin- und hergeschwenkt wird, wie es in Abb. 4.41 b zu sehen ist. Kritiker des Paddelmodells halten diese Struktur fçr ein Artefakt, das bei der Kristallisation des Proteins entstanden ist. Wie bei allen fruchtbaren wissenschaftlichen Auseinandersetzungen arbeiten die Forscher nun verstårkt an entscheidenden Experimenten, um die beiden Modelle aus den Abbildungen 4.40 und 4.41 besser gegeneinander abgrenzen zu kænnen. Obwohl diese Kontroverse mæglicherweise bereits beendet ist, wenn das Buch veræffentlicht wird, ist sie doch ein ausgezeichnetes Beispiel dafçr, welch unterschiedliche Ergebnisse man mit verschiedenen experimentellen Ansåtzen erhalten kann. Wie auch immer die Bewegung der S4-Helix nach der Depolarisation der Membran im Einzelnen ablåuft, im Endeffekt fçhrt sie zu einer Konformationsånderung im Protein, durch die auf die S6-Helices ein Zug ausgeçbt und das Tor geæffnet wird. Sobald der Kanal offen ist, kænnen ihn pro Millisekunde çber 100 KaliumIonen passieren. Das entspricht in etwa der Geschwindigkeit, welche die Ionen erreichen wçrden, wenn sie in einer Læsung frei diffundieren kænnten. Wegen des starken Ioneneinstroms veråndern sich bereits bei der Úffnung relativ weniger K+-Kanåle die elektrischen Eigenschaften der Membran erheblich. Wenn der Kanal fçr einige Millisekunden geæffnet war, wird der Ein-
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
strom der K+-Ionen ¹automatischª durch eine Inaktivierung gestoppt. Um diesen Prozess zu verstehen, mçssen wir neben den beiden Transmembrandomånen, die wir vorgestellt haben, noch einen anderen Teil des Kv-Kanals betrachten. Der Kanal wird inaktiviert, indem der N-terminale, cytoplasmatische Anteil des Polypeptids durch die Úffnung der Pore wandert. Wie in Abb. 4.42 a skizziert ist, geht man davon aus, dass das am Ende einer herabhångenden Kette gelegene Inaktivierungspeptid durch eines der vier ¹Fensterª zwischen den langen Verbindungsstçcken, welche die S1-Helices in der Membran mit einer ¹hångendenª cytoplasmatischen Domåne verbinden, in die Pore gelangt. Wenn sich eines dieser herabhångenden Inaktivierungspeptide nach oben in die Porenæffnung schiebt (Abb. 4.42 a), wird der Ionendurchfluss unterbunden und der Kanal inaktiviert. In einem darauf folgenden Stadium des Zyklus wird das Inaktivierungspeptid freigesetzt und die Kanalæffnung geschlossen. Aus diesen Angaben geht hervor, dass der Kaliumkanal drei verschiedene Zustånde ± offen, inaktiviert und geschlos-
sen ± haben kann, was in Abb. 4.42 b schematisch dargestellt ist. Es gibt viele verschiedene Formen von Kaliumkanålen. Erstaunlicherweise findet man bei " , einem Nematoden, dessen Kærper nur aus 1000 Zellen besteht, çber 90 verschiedene Gene fçr K+-Kanåle. Offenbar besitzt eine einzelne Zelle ± gleich, ob sie zu einem Nematoden, einem Menschen oder einer Pflanze gehært ± eine Vielzahl verschiedener K+-Kanåle, die sich bei unterschiedlichen Spannungszustånden æffnen und schlieûen. Darçber hinaus kann die Spannung, die erforderlich ist, um einen bestimmten K+-Kanal zu æffnen oder zu schlieûen, variieren, je nachdem ob das Kanalprotein phosphoryliert ist oder nicht, was wiederum durch Hormone oder andere Faktoren reguliert wird. Es ist offensichtlich, dass die Funktion eines Ionenkanals von einer vielfåltigen, komplexen Gruppe von Regulationselementen gesteuert wird. Die Struktur und Funktion eines ganz andern Typs von Ionenkanal, des ligandengesteuerten nicotinischen Acetylcholinrezeptors, wird in den ¹Experimentellen Verfahrenª am Ende des Kapitels behandelt.
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2' Erleichterte Diffusion Substanzen diffundieren immer von der Seite mit der hæherer Konzentration auf die Seite mit der niedrigeren Konzentration durch eine Membran ± allerdings nicht immer durch die Lipiddoppelschicht oder durch einen Kanal. Oft bindet die diffundierende Substanz zuerst selektiv an ein Transportprotein, das sich durch die Membran erstreckt und eine erleichterte Diffusion katalysiert, einen K ª. Man nimmt an, dass diese Bindung auf der einen Seite der Membran zu einer Konformationsånderung des Proteins fçhrt, so dass fçr den gelæsten Stoff der Weg zur anderen Membranseite frei wird und er dann entlang seines Konzentrationsgradienten diffundieren kann. Abbildung 4.43 zeigt ein Beispiel fçr diesen Mechanismus. Weil passiv operieren, also nicht auf die Kopplung an ein Energie freisetzendes System angewiesen sind, færdern sie den Strom gelæster Stoffe in beide Richtungen gleich gut. In welche Richtung ein Stoff letztlich diffundiert, hångt davon ab, in welcher Konzentration er auf den beiden Membranseiten jeweils vorliegt. Die , wie dieser Prozess genannt wird, åhnelt in vieler Hinsicht einer enzymatisch katalysierten Reaktion. Wie Enzyme besitzen auch eine Spezifitåt fçr die Molekçle, die sie transportieren, und kænnen beispielsweise zwischen D- und L-Stereoisomeren unterscheiden (Kap. 2.5.1). Auûerdem zeigen sowohl Enzyme als auch Transporter Såttigungskinetiken (Abb. 4.44). Anders als Ionenkanåle, durch die pro Sekunde Millionen Ionen durchschlçpfen kænnen, kænnen die meisten nur Hunderte bis Tausende gelæste Molekçle pro Sekunde durch die Membran schleusen. Ein anderes wichtiges Kennzeichen der ist, dass wie bei Enzymen und Ionenkanålen ihre Aktivitåt reguliert werden kann. Die erleichterte Diffusion ist besonders wichtig, wenn es polaren gelæsten Stoffen wie Zucker und Aminosåuren, welche die Lipiddoppelschicht nicht durchdringen kænnen, ermæglicht werden soll, in die Zelle einzutreten oder sie wieder zu verlassen. Das wird im folgenden Abschnitt deutlich. : " 7 Glucose ist die wichtigste direkte Energiequelle des Kærpers. Die meisten Såugerzellen enthalten ein Membranprotein, das die Diffusion der Glucose vom Blutstrom in die Zelle erleichtert (Abb.
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4.43). Dadurch, dass der Zucker, nachdem er ins Cytoplasma gelangt ist, phosphoryliert und so die Glucosekonzentration in der Zelle gesenkt wird, bleibt ein Gradient erhalten, der die kontinuierliche Diffusion von Glucose in die Zelle begçnstigt. Menschen haben mindestens fçnf verwandte Proteine (Isoformen), die den Glucosetransport erleichtern. Diese Isoformen namens
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
GLUT1 bis GLUT5 unterscheiden sich in ihren kinetischen und regulatorischen Eigenschaften voneinander und kommen jeweils in anderen Geweben vor. Das Hormon Insulin wird von endokrinen Zellen der Bauchspeicheldrçse gebildet, die eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung des richtigen Blutzuckerspiegels spielen. Wenn die Glucosekonzentration im Blut ansteigt, wird Insulin sezerniert, was die Aufnahme von Glucose in verschiedene Zielzellen, besonders in die Zellen des Skelettmuskels und die Fettzellen, færdert. Alle Zellen, die auf Insulin reagieren, haben eine gemeinsame Isoform fçr den erleichterten Glucosetransport: GLUT4. Wenn die Insulinkonzentration gering ist, sitzen nur relativ wenige Glucosetransporter auf der Oberflåche dieser Zellen. Die Transporter befinden sich dann in den Membranen der cytoplasmatischen Vesikel. Steigt die Insulinkonzentration aufgrund eines erhæhten Blutzuckerspiegels an, sorgt das Hormon in den Zielzellen dafçr, dass die Vesikel aus dem Cytoplasma an die Zelloberflåche gelangen, wo die Transporter in die Plasmamembran eingebaut werden und Glucose in die Zelle schleusen (Abb. 15.21). 2 ktiver Transport Es gibt kein Leben unter Gleichgewichtsbedingungen (Kap. 3.1.2). Nirgendwo wird das deutlicher als bei der ungleichen Ionenverteilung beiderseits der Plasmamembran. In der Regel liegt die K+-Konzentration in einer Såugerzelle bei etwa 100 mM, wåhrend sie auûerhalb der Zelle nur etwa 5 mM betrågt. Daher gibt es einen steilen K+-Konzentrationsgradienten an der Plasmamembran, der die Diffusion von K+ aus der Zelle heraus begçnstigt. Natrium-Ionen sind ebenfalls sehr ungleich an der Plasmamembran verteilt, der Gradient verlåuft jedoch in entgegengesetzter Richtung: Auûerhalb der Zelle betrågt die Na+-Konzentration etwa 150 mM, in der Zelle dagegen 10±20 mM. Bei Ca2+ ist der Konzentrationsunterschied noch græûer: Wåhrend die Konzentration im Cytosol bei 10±7 liegt, ist sie auûerhalb der Zelle 10 fach geringer. So steile Konzentrationsgradienten kænnen weder mit einer einfachen noch mit einer erleichterten Diffusion, sondern nur mit Hilfe eines 9 ! entstehen. Wie die erleichterte Diffusion hångt auch der aktive Transport von integralen Membranproteinen ab, die einen bestimmten gelæsten Stoff selektiv binden und ihn in einem Prozess, der durch Konformationsånderungen im Protein
hervorgerufen wird, durch die Membran schleusen. Im Gegensatz zur erleichterten Diffusion erfordert der Transport eines gelæsten Stoffes gegen einen Gradienten allerdings Energie. Daher ist die endergone Bewegung von Ionen oder anderen gelæsten Stoffen durch die Membran gegen einen Konzentrationsgradienten an exergone Prozesse wie die ATP-Hydrolyse, die Lichtabsorption, den Elektronentransport oder den Strom anderer Substanzen entlang ihres Gradienten gekoppelt. Proteine, die einen aktiven Transport durchfçhren, werden oft als ¹Pumpenª bezeichnet. 9 !
!/2%% 1957 entdeckte Jens Skou, ein dånischer Physiologe, in den Nervenzellen einer Krabbe ein ATPhydrolysierendes Enzym, das nur aktiv war, solange auch Na+- und K+-Ionen vorhanden waren. Skou stellte die richtige These auf, dass das fçr die ATP-Hydrolyse verantwortliche Enzym auch die beiden Ionen aktiv transportiert. Das Enzym wurde als Na+/K+-ATPase oder ) / bezeichnet. Anders als bei der proteinvermittelten Bewegung einer erleichterten Diffusion, bei der die Substanzen gleich gut in beide Richtungen transportiert werden, schleust der aktive Transport die Ionen nur in eine Richtung. Die Na+/K+-ATPase sorgt dafçr, dass es auûerhalb der Zelle einen groûen Ûberschuss an Na+-Ionen und innerhalb der Zelle einen groûen Ûberschuss an K+-Ionen gibt. Die positiven Ladungen dieser beiden Kationen werden durch die negativen Ladungen verschiedener Anionen ausgeglichen, so dass die extra- und intrazellulåren Kompartimente græûtenteils elektrisch neutral sind. Auûerhalb der Zelle bilden græûere Konzentrationen an Chlorid-Ionen das Gegengewicht zu den Na+-Ionen, wåhrend die zahlreichen K+-Ionen in der Zelle vor allem durch çberschçssige negative Ladungen von Proteinen und Nucleinsåuren ausgeglichen werden. Zahlreiche Untersuchungen sprechen dafçr, dass das durch die Aktivitåt der Na+/K+-ATP entstandene Verhåltnis von Na+/K+ nicht 1 : 1, sondern 3:2 betrågt (Abb. 4.45). Mit anderen Worten: Fçr jedes hydrolysierte ATP werden drei Natrium-Ionen aus der Zelle heraus- und zwei Kalium-Ionen in die Zelle hineingepumpt. Durch diese Verteilung der Na+- und K+-Ionen erzeugt die Na+/K+-ATPase eine Spannung, was bedeutet, dass sie an der Ladungstrennung an der Membran direkt beteiligt ist. Die Na+/K+-ATPase ist ein Beispiel fçr eine Ionenpumpe vom P-Typ. Das ¹Pª steht fçr Phosphorylierung und deutet
Wie Substanzen Zellmembranen passieren
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darauf hin, dass die bei der ATP-Hydrolyse wåhrend des Pumpzyklus freigesetzte Phosphatgruppe auf einen Asparaginsåurerest des Transportproteins çbertragen wird, wodurch es wiederum im Protein zu einer wichtigen Konformationsånderung kommt. Konformationsånderungen sind nætig, um die Affinitåt des Proteins fçr die beiden Kationen, die transportiert werden, zu åndern. Sehen wir uns die Aktivitåt des Proteins genauer an. Es muss die Natrium- oder KaliumIonen aus einem Bereich aufnehmen, in dem sie in niedriger Konzentration vorliegen; die Affinitåt des Proteins zu den beiden Ionen muss daher relativ hoch sein. Dann muss das Protein die Ionen an der anderen Seite der Membran freisetzen, wo ihre Konzentration sehr viel hæher ist. Um das zu schaffen, muss die Affinitåt des Proteins fçr das betreffende Ion sinken. Somit muss das Protein auf den beiden Seiten der Membran fçr jedes Ion jeweils eine unterschiedliche Affinitåt haben. Dies wird durch eine Phosphorylierung erreicht, durch die sich die Form des Proteins åndert. Wie im folgenden Abschnitt er-
låutert wird, werden die Ionenbindungsstellen durch diese Konformationsånderung auf der jeweils anderen Membranoberflåche zugånglich. Die Abb. 4.45 zeigt einen hypothetischen Pumpzyklus der Na+/K+-ATPase. Wenn das Protein auf der Innenseite der Zelle drei Na+-Ionen bindet (Schritt 1) und phosphoryliert wird (Schritt 2), geht es von der E1- in die E2-Konformation çber (Schritt 3). Dadurch wird die Bindungsstelle zum extrazellulåren Raum hin zugånglich, und das Protein verliert seine Affinitåt fçr Na+-Ionen, die dann auûerhalb der Zelle freigesetzt werden. Sobald die drei Na+-Ionen freigesetzt sind, nimmt das Protein zwei KaliumIonen auf (Schritt 4), wird dephosphoryliert (Schritt 5) und nimmt erneut seine ursprçngliche Konformation E1 an (Schritt 6). In diesem Zustand æffnet sich fçr die gebundenen Ionen ein Zugang zur Innenseite der Membran und die Bindungsstelle verliert ihre Affinitåt fçr K+Ionen, die daraufhin in der Zelle freigesetzt werden. Der Zyklus beginnt dann erneut von vorne.
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nieren und damit beginnen, Såure zu sezernieren (Abb. 4.46). Magensåure hilft nicht nur bei der Verdauung, sondern kann auch Sodbrennen verursachen. Prilosec, ein Medikament, das viel gegen Sodbrennen eingesetzt wird, wirkt, indem es im Magen die H+/K+-ATPase hemmt. Andere Mittel gegen Sodbrennen (wie Zantac, Pepcid oder Tagamet), welche die Såurebildung unterbinden, hemmen nicht direkt die H+/K+-ATPase, sondern blockieren einen Rezeptor auf der Oberflåche der Parietalzellen. So wird verhindert, dass die Zellen durch das Hormon aktiviert werden. Im Gegensatz zu den Pumpen vom P-Typ nutzen Pumpen vom V-Typ die Energie aus dem ATP, ohne ein phosphoryliertes Proteinzwischenprodukt zu bilden. Pumpen vom V-Typ schleusen Wasserstoff-Ionen durch die Wånde von cytoplasmatischen Organellen und Vacuolen (daher die Bezeichnung V-Typ). Man findet sie in den Membranen von Lysosomen, in den sekretorischen Granula und in den Vacuolen von Pflanzenzellen, aber bei vielen verschiedenen Zelltypen auch in der Plasmamembran. So hilft beispielsweise eine Pumpe vom V-Typ in den Plasmamembranen von Nierentubuli, das Såure-Base-Gleichgewicht im Kærper aufrechtzuerhalten, indem sie in den Urin, der dort aus dem Primårharn entsteht, Protonen sezerniert. Von der Struktur her åhneln die Pumpen vom V-Typ der ATP-Synthase aus Abb. 5.23. Eine andere komplexe Proteingruppe, die aktiv Ionen transportiert, sind die 7+! oder !/7
! , die so heiûen, weil alle Mitglieder dieser Superfamilie eine gemeinsame homologe ATP-Bindungsdomåne besitzen. Der ABC-Transporter, der bisher am grçndlichsten untersucht wurde, wird in der folgenden Rubrik ¹Aus Sicht des Menschenª beschrieben. 9 6 9 8 3 (frçher 3 ) ist ein Archaebakterium, das in extrem salzigem Milieu lebt, wie man es im Toten Meer findet. Wenn es unter anaeroben Bedingungen wåchst, nimmt die Plasmamembran dieser Prokaryoten aufgrund eines besonderen Proteins, des Bacteriorhodopsins, eine violette Farbe an. Wie Abb. 4.47 zeigt, enthålt Bacteriorhodopsin Retinal, dieselbe prostethische Gruppe wie sie in Rhodopsin, dem lichtabsorbierenden Protein in den Ståbchen der Wirbeltierretina vorkommt. Die Absorption der Lichtenergie durch die Retinalgruppe læst im Protein eine Reihe von Konformationsånderungen aus, die dazu fçhren, dass
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ein Proton von der Retinalgruppe durch einen Kanal im Protein in den Extrazellularraum gelangt (Abb. 4.47). Das Proton, das von dem durch Licht angeregten Retinal stammt, wird durch ein anderes Proton ersetzt, das aus dem Cytoplasma auf das Protein çbertragen wird. Letztlich fçhrt dieser Vorgang zu einem Protonenfluss aus dem Cytoplasma in den Extrazellularraum, der zu einem steilen H+-Gradienten beiderseits der Plasmamembran fçhrt. Mithilfe dieses Gradienten phosphoryliert spåter ein ATP-synthetisierendes Enzym ADP, was im nåchsten Kapitel beschrieben wird.
wird, wie in Abb. 4.48 zu sehen ist, Glucose gegen einen Konzentrationsgradienten durch die apikale Plasmamembran der Epithelzellen hindurch transportiert. Ein 1 aktives Transportsystem (die Na+/K+-ATPase) in der basalen und seitlichen Plasmamembran sorgt dafçr, dass die Na+-Konzentration in den Zellen sehr gering bleibt, indem es die Natrium-Ionen gegen einen Konzentrationsgradienten aus der Zelle pumpt. Die Tendenz der Natrium-Ionen, wieder entlang ihres Konzentrationsgradienten durch die apikale Plasmamembran zurçckzudiffundieren, nutzt die Epithelzelle dazu, um den Cotransport von Glucosemolekçlen in die Zelle gegen einen Konzentrationsgradienten zu ermæglichen. Daher spricht man bei den Glucosemolekçlen von einem 1 9 ! . In diesem Fall bindet das Transportprotein namens ) MJ: + auf der åuûeren Oberflåche der apikalen Plasmamembran zwei Natrium-Ionen und ein Glucosemolekçl. Wenn die Natrium-Ionen auf der Innenseite der Zelle in die Læsung mit der geringeren NatriumKonzentration gelangen, åndert das Protein seine Konformation und verliert seine Affinitåt fçr das Glucosemolekçl, das dann in der Zelle freigesetzt wird. Sobald sie auf der Innenseite sind, diffundieren die Glucosemolekçle durch die Zelle und werden mithilfe der erleichterten Diffu-
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9 6 Durch den Aufbau von Konzentrationsgradienten wie den Na+-, K+- und H+-Gradienten kann in der Zelle Freie Enthalpie gespeichert werden. Die in den Ionengradienten gespeicherte potentielle Energie wird in der Zelle auf unterschiedliche Weise dazu benutzt, Arbeit zu verrichten ± etwa, um andere gelæste Stoffe zu transportieren. Nehmen wir als Beispiel die physiologische Aktivitåt des Darms. In seinem Lumen hydrolysieren Enzyme Polysaccharide mit groûem Molekulargewicht in einfache Zucker, die dann von den Epithelzellen des Darms absorbiert werden. Durch einen + mit Natrium-Ionen
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
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Aus Sicht des Menschen
Eine Erbkrankheit, die durch defekte Ionenkanåle verursacht wird Mehrere schwere Erbkrankheiten konnten auf Mutationen in Genen zurçckgefçhrt werden, die Proteine fçr Ionenkanåle codieren (Tabelle 1). Die meisten der in Tabelle 1 aufgefçhrten Krankheiten betreffen die Ionenbewegungen durch die Plasmamembran erregbarer Zellen (d. h. Muskel-, Nerven- oder Sinneszellen), so dass die Zellen nur noch eingeschrånkt Impulse (Aktionspotenziale, Kap. 4.8.2) erzeugen oder çbertragen kænnen. Der am besten untersuchte und am håufigsten vererbte Ionenkanaldefekt, die cystische Fibrose (Mukoviszidose), wird dagegen durch einen fehlerhaften Ionenkanal in Epithelzellen verursacht. Durchschnittlich eine von 25 Personen nordeuropåischer Abstammung besitzt eine Kopie des mutierten Gens, das eine cystische Fibrose auslæsen kann. Weil sie bei einem mutierten Gen keine Symptome haben, ist es den meisten Personen mit einer heterozygoten Mutation nicht bewusst, dass sie Tråger des Gens sind. Daher ist etwa eines von 2500 Kindern aus dieser Bevælkerungsgruppe (1/25´1/25´1/4) fçr diesen Locus homozygot rezessiv und wird mit einer cystischen Fibrose geboren. Obwohl bei der cystischen Fibrose verschiedene Organe wie der Darm, die Bauchspeicheldrçse, die Schweiûdrçsen sowie der Reproduktionstrakt betroffen sind, zeigen sich die schwersten Symptome vor allem an den Atemwegen. CFPatienten bilden einen eingedickten, klebrigen Schleim, der nur schwer abzuhusten ist. Die Patienten leiden in der Regel unter chronischen Lungeninfektionen und Entzçndungen, welche die Lungenfunktion immer mehr einschrånken. 1989 wurde das fçr die cystische Fibrose verantwortliche Gen isoliert. Nachdem die Sequenzen des CF-Gens bestimmt und daraus die Aminosåuresequenz des entsprechenden Polypeptids abgeleitet worden war, war klar, dass das Polypeptid zur Superfamilie der ABCTransporter gehært. Das Protein wurde als 8 1 =
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kçnstliche Lipiddoppelschichten eingebaut worden war; dadurch konnte man zeigen, dass es sich um einen Chloridkanal handelt, der durch zyklisches AMP reguliert wird, und nicht um einen Transporter. Weitere Untersuchungen machten deutlich, dass CFTR auch an der Weiterleitung von Bicarbonat (HCO3±)Ionen beteiligt ist. Die Zellen von CF-Patienten zeigen einen ungewæhnlich geringen Ausstrom von Chloridund/oder Bicarbonat-Ionen, wobei der Defekt im Einzelnen davon abhångt, welche Stelle im Protein genau mutiert ist. Nach wie vor kann man jedoch nicht mit Sicherheit sagen, wie es aufgrund dieses Fehlers auf der molekularen Ebene zu den chronischen Lungeninfektionen kommt. Dafçr hat es zahlreiche Erklårungsversuche gegeben: n Normalerweise fçhrt die Bewegung der Salze bei Epithelzellen zu einem osmotisch bedingten Wasseraustritt; bei einem CFTR-Defekt ist jedoch der Cl±-Ausstrom geringer, so dass sich auch der Flçssigkeitsfilm verringert, der die Epithelzellen in den Atemwegen çberzieht. Wenn weniger Oberflåchenfilm vorhanden ist, wird der sezernierte Schleim viskæser; dies kænnte die Funktion der Cilien beeintråchtigen, welche die Bakterien mit ihren Bewegungen aus den Atemwegen heraustreiben. n Unter den Bakterien, welche die Atemwege von CF-Patienten infizieren, ist $
das håufigste und aggressivste (Abb. 1). Dieses Bakterium findet man kaum in den Atemwegen von Personen, die an anderen Arten von Lungenleiden erkranken, und es ist nicht klar, warum CFPatienten so anfållig fçr dieses Bakterium sind. Untersuchungen deuten darauf hin, dass an das extrazellulåre Ende des CFTR-Proteins bindet, und man vermutet, dass die Epithelzellen das Bakterium dann in sich aufnehmen und zerstæren kænnten. Dies gelingt mæglicherweise nicht, wenn das CFTR-Protein in der Plasmamembran fehlt, was bei vielen CF-Patienten der Fall ist (s.u.), so dass sie ihren Respirationstrakt nicht von diesem Bakterium freihalten kænnen. Auûerdem wird vermutet, dass die verringerte Bicarbonat-Ionen-Sekretion den pH-Wert des Flçssigkeitsfilms, der die Atemwege çberzieht, senken und so gçnstige Bedingungen fçr ein bakterielles Wachstum schaffen kænnte.
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Im letzten Jahrzehnt haben die Wissenschaftler çber 800 verschiedene Mutationen gefunden, die zur cystischen Fibrose fçhren. Viele dieser Ønderungen wurden daraufhin untersucht, wie sie sich auf die Proteinstruktur auswirken (Abb. 2). Fast 70% aller Allele, die in den USA fçr die cystische Fibrose verantwortlich sind, haben dieselbe genetische Verånderung: DF508. Diesen Allelen fehlen in einer der nucleotidbindenden Domånen des CFTR-Polypeptids drei DNA-Basenpaare, die an Position 508 ein Phenylalanin codieren. Weitere Untersuchungen haben ergeben, dass CFTR-Polypeptide, denen diese spezielle Aminosåure fehlt, in den Membranen des endoplasmatischen Retikulums nicht richtig prozessiert werden und nie auf die Oberflåche der Epithelzellen kommen. Infolgedessen haben CFPatienten, die homolog fçr das DF508-Allel sind, in ihren Plasmamembranen keine CFTRChloridkanåle; bei ihnen ist die Erkrankung besonders schwer. Andere CF-Patienten mit weniger schweren Formen von CF besitzen mutierte Allele, die ein CFTR codieren, das zwar auf der Zelloberflåche exprimiert wird, dessen Leitfåhigkeit fçr Chlorid aber gering ist. Bei den mildesten Formen kommt es zu Unfruchtbarkeit mit nur geringen oder keinen Schåden an wesentlichen Kærperorganen. Einer Schåtzung zufolge muss die DF508-Mutation vor çber 50 000 Jahren aufgetreten sein, um so weit verbreitet zu sein. Die Tatsache, dass das CF-Gen so håufig ist, legt die Vermutung nahe, dass heterozygote Tråger gewisse selektive Vorteile gegençber denjenigen haben, die kein
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defektes Gen besitzen. Man hat die Hypothese aufgestellt, dass CF-Heterozygote vor der Cholera geschçtzt sind, einer Krankheit, die mit einer çbermåûigen Flçssigkeitssekretion der Darmwand einhergeht. Ein Problem an dieser Hypothese ist, dass vor den 1820er Jahren die Choleraepidemien in Europa nicht erfasst wurden. Eine andere Hypothese geht davon aus, dass Heterozygote vor Typhus geschçtzt sind, weil das fçr diese Krankheit verantwortliche Bakterium sich schlecht an die Darmwånde anheften kann, wenn diese weniger CFTR-Molekçle enthalten. Seitdem das fçr CF verantwortliche Gen isoliert wurde, ist es ein wichtiges Ziel der CF-Forscher, eine Gentherapie zu entwickeln, d. h. das defekte Gen durch eine normale Kopie zu ersetzen. Die cystische Fibrose eignet sich gut fçr die Gentherapie, weil die schwersten Symptome der Krankheit auf einer mangelhaften Aktivitåt der Epithelzellen beruhen, welche die Atemwege såumen und daher fçr Mittel zugånglich sind, die man durch Inhalation eines Aerosols aufnehmen kann. Es wurden klinische Studien mit mehreren unterschiedlichen Formen von Ûbertragungssystemen durchgefçhrt. In einer Gruppe von Versuchen wurde das normale CFTR-Gen in die DNA eines defekten Adenovirus eingebaut, eines Virustyps, der normalerweise die oberen Atemwege infiziert. Man sorgte dann dafçr, dass die rekombinanten Viruspartikel die Zellen der Atemwege infizieren
konnten, um das normale Gen auf die Zellen mit dem Gendefekt zu çbertragen. Ein groûer Nachteil des Adenovirus-Einsatz ist der, dass die virale DNA (samt dem normalen CFTRGen) nicht in die Chromosomen der infizierten Wirtszelle eingebaut wird und daher das Virus mehrfach verabreicht werden muss. Dadurch læst das Verfahren håufig eine Immunreaktion aus, durch die das Virus eliminiert und eine Lungenentzçndung ausgelæst wird. In anderen Studien wurde die DNA, die das normale CFTRGen codiert, an positiv geladene Liposomen gekoppelt (Kap. 4.3.1), die mit den Plasmamembranen der Zellen in den Atemwegen fusionieren und ihre DNA so in das Cytoplasma schleusen kænnen. Gegençber den Viren hat die lipidvermittelte Freisetzung zwar den Vorteil, bei den Patienten auch nach wiederholter Anwendung nicht so håufig Schåden aufgrund einer Immunreaktion hervorzurufen, ihr Nachteil ist allerdings, dass sie die Zielzellen nicht so effektiv genetisch veråndert. Bis heute hat keine der klinischen Studien zur Gentherapie zu einer deutlichen Verbesserung der physiologischen Prozesse oder der Krankheitssymptome gefçhrt. Wenn die CF mithilfe einer Gentherapie behandelt werden soll, mçssen effektivere DNAÛbertragungssysteme entwickelt werden, die einen græûeren Prozentsatz der Zellen in den Atemwegen genetisch veråndern.
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fçhren wir uns am besten kurz die Energetik des Na+/Glucose-Cotransporters vor Augen. Erinnern Sie sich (Kap. 4.7.2), dass die Freie Enthalpie beim Einstrom von einem Mol Na+-Ionen in die Zelle sich um ±3,1 kcal/mol åndert; somit wåren pro zwei Mol Na+-Ionen 6,2 kcal verfçgbar, um ein Mol Glucose gegen einen Konzentrationsgradienten in die Zelle zu transportieren. Wie bereits erwåhnt (Kap. 4.7.1), lautet die Formel fçr die Bewegung eines Nichtelektrolyten wie Glucose durch die Membran: D% = -2 ln [Ci]/[Co]
sion durch die basale Membran geschleust (Kap. 4.7.3). Um abschåtzen zu kænnen, welche Kraft Ionengradienten entwickeln, wenn sie andere Arten von gelæsten Stoffen in der Zelle anreichern,
D% = 2,303 -2 log10 [Ci]/[Co] Mit dieser Gleichung kænnen wir berechnen, wie steil der Glucose(X)-Gradient ist, den dieser Cotransporter erzeugen kann. Bei 25 8C gilt:
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±6,2 kcal/mol = 1,4 kcal/mol´log10 ? log10 ? = ±4,43 ? = 1/23 000 Aus dieser Berechnung ergibt sich, dass der Na+/Glucose-Cotransporter die Glucose gegen einen mehr als 20 000fachen Konzentrationsgradienten in die Zelle transportieren kann. Pflanzenzellen sind auf sekundåre Transportsysteme angewiesen, um viele unterschiedliche Nåhrstoffe wie Saccharose, Aminosåuren und Nitrate aufzunehmen. In Pflanzenzellen ist die Aufnahme dieser Verbindungen mehr an den Einstrom von H+-Ionen als von Na+-Ionen in die Zelle gekoppelt. Der sekundåre aktive Glucosetransport in die Epithelzellen des Darms oder der Saccharose in eine Pflanzenzelle sind Beispiele fçr einen &%, bei dem zwei verschiedene Arten von Molekçlen (Na+ und Glucose oder H+ und Saccharose) in eine Richtung transportiert werden. Es sind aber auch bereits zahlreiche Proteine fçr den sekundåren Transport isoliert worden, die fçr einen verantwortlich sind, bei dem zwei verschiedene Arten von Molekçlen in entgegengesetzte Richtungen transportiert werden. So halten Zellen beispielsweise oft den richtigen pH-Wert im Cytoplasma aufrecht, indem sie den ¹bergabª laufenden Na+-Einstrom mit einem H+-Ausstrom koppeln. Proteine, die fçr einen Antiport sorgen, nennt man gewæhnlich .
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4.8 Membranpotenziale und Nervenimpulse Alle Organismen reagieren auf Reize von auûen, eine Eigenschaft, die als Erregbarkeit bezeichnet wird. Selbst eine einzellige Amæbe reagiert, wenn man sie mit einer feinen Glasnadel anstæût: Sie zieht ihre Pseudopodien ein, rundet sich ab und wandert in eine andere Richtung. Die Erregbarkeit einer Amæbe hångt von denselben elementaren Membraneigenschaften ab, die auch zur Entstehung und Weiterleitung von Nervenimpulsen fçhren, dem Thema des restlichen Kapitels. )9$ (oder )) sind darauf spezialisiert, Informationen zu sammeln, weiterzuleiten und zu çbertragen, was in Form von elektrischen Impulsen geschieht, die schnell weitergeleitet werden. Abbildung 4.49 zeigt die Grundstruktur eines typischen Neurons. Der Zellkern des Neurons befindet sich in einem breiteren Bereich, dem Zellkærper, der das Stoffwechselzentrum der Zelle darstellt und in dem die meisten ihrer Inhaltsstoffe gebildet werden. Von den Zellkærpern der meisten Neurone gehen feine Auslåufer aus, die , die von auûen, in der Regel von anderen Neuronen ankommende Informationen empfangen. Darçber hinaus entspringt am Zellkærper noch ein einzelner kråftiger Auslåufer, das -, das die vom Zellkærper ausgehenden Impulse zu der/den Zielzelle(n) weiterleitet. Wåhrend einige Axone nur wenige Mikrometer lang sind, ziehen sich andere mehrere Meter durch einen groûen Vertebraten wie etwa eine Giraffe oder einen Wal. Die meisten Axone spalten sich an ihren Enden in kleinere Fortsåtze auf und enden jeweils in einer )9 , eine spezialisierten Stelle, an der Impulse vom Neuron auf die Zielzelle çbertragen werden. Einige Neurone in Gehirn
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haben Tausende von Nervenendigungen, wodurch diese Hirnzellen mit Tausenden potenzieller Zielzellen Informationen austauschen kænnen. Wie bereits in Kapitel 4.3.1 erwåhnt, sind die meisten Wirbeltierneuronen in eine lipidreiche % eingewickelt, deren Funktion spåter beschrieben wird. 5! Ruhepotenzial Wenn es wie bei der Innen- und Auûenseite einer Plasmamembran auf der einen Seite einen Ûberschuss an positiven Ionen und auf der anderen einen Ûberschuss an negativen Ionen gibt, herrscht zwischen beiden Seiten ein Spannungsunterschied oder ein Unterschied im elektrischen Potenzial. Man kann die Spannung an der Plasmamembran messen, indem man eine feine Glas- oder in das Cytoplasma einer Zelle und eine andere Elektrode in die extrazellulåre Flçssigkeit auûerhalb der Zelle eintaucht und dann beide Elektroden mit einem Spannungsmesser verbindet, einem Instrument, das einen Ladungsunterschied zwischen zwei Punkten misst (Abb. 4.50). Als dieses Experiment an einem Riesenaxon eines Kalmars erstmals durchgefçhrt wurde, wurde ein Potenzialunterschied von etwa 70 Millivolt (mV) gemessen, wobei die Innenseite negativ gegençber der
Membranpotenziale und Nervenimpulse
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Auûenseite war (angedeutet durch ein Minuszeichen: ±70 mV). Membranpotenziale findet man nicht nur bei Nervenzellen, sondern bei allen Zelltypen, wobei die Græûenordnung zwischen etwa ±15 und ±100 mV schwankt. Bei nicht erregbaren Zellen, also solchen, die weder Nervennoch Muskelzellen sind, wird diese Spannung einfach als $ bezeichnet. Bei einer Nerven- oder Muskelzelle nennt man dieses Potenzial dagegen $ , weil es sich, wie im folgenden Abschnitt erærtert wird, sehr stark åndern kann. Wie groû die Spannung an einer Plasmamembran ist und wo die positiv, wo die negativ geladene Seite ist, kann man anhand der Konzentrationsunterschiede der Ionen beiderseits der Membran sowie durch einen Vergleich ihrer jeweiligen Permeabilitåt bestimmen. Wie bereits frçher in diesem Kapitel erwåhnt, pumpt die Na+/K+-ATPase Na+ aus der Zelle heraus und K+ in die Zelle hinein; dabei entstehen die steilen Gradienten dieser beiden Ionen quer zur Plasmamembran. Wegen dieser Gradienten kænnte man annehmen, dass Kalium- und Natrium-Ionen wieder çber ihre jeweiligen Ionenkanåle aus
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
der Zelle heraus- bzw. in die Zelle hineinstræmen (Kap. 4.7.2). In der çberwiegenden Mehrheit sind die Ionenkanåle, die in der Plasmamembran einer Nervenzelle geæffnet sind, jedoch selektiv fçr K+ und werden daher auch oft als M& 1 bezeichnet. K+-Sickerkanåle gehæren offenbar zu einer Familie von K+-Kanålen, die keinen S4-Spannungsmesser (Kap. 4.7.2) haben und nicht auf Spannungsånderungen reagieren kænnen. Weil K+-Ionen die einzigen geladenen Ionen mit nennenswerter Membranpermeabilitåt in einer ruhenden Nervenzelle sind, bleibt bei ihrem Ausstrom durch die Membran ein Ûberschuss an negativen Ladungen auf der cytoplasmatischen Seite der Membran. Wåhrend der Konzentrationsgradient an der Membran einen permanenten K+-Ausstrom begçnstigt, begçnstigt der elektrische Gradient, der dadurch entsteht, dass auf der Innenseite ein Ûberschuss an negativen Ladungen herrscht, dass die K+-Ionen in der Zelle zurçckgehalten werden. Wenn diese beiden gegensåtzlichen Kråfte ausgeglichen sind, befindet sich das System im Gleichgewicht und insgesamt gesehen wandern keine weiteren K+-Ionen mehr durch die Membran. Mithilfe der folgenden Nernst-Gleichung kann man das Membranpotenzial (;m) berechnen, das man im Gleichgewichtszustand messen wçrde, wenn die Plasmamembran einer Nervenzelle nur fçr K+-Ionen permeabel wåre.6 In diesem Fall entspricht ;m dem Gleichgewichtspotenzial fçr Kalium (K): K = 2,303 -2/7 ´ log10 [Ko+]/[K+i ] Beim Riesenaxon des Kalmars liegt die interne [K+i ] bei etwa 350 mM, wåhrend die externe [Ko+] bei circa 10 mM liegt; daher gilt bei 25 8C und 7 = +1 (fçr das einwertige K+-Ion): K = 59 log10 0,028 = ±91 mV Eine åhnliche Berechnung des Gleichgewichtspotenzials fçr Natrium (Na) wçrde einen Wert von etwa +55 mV ergeben. Weil die Spannungsmessungen an der ruhenden Nervenmembran in Vorzeichen und Græûenordnung dem gerade berechneten Gleichgewichtspotenzial fçr Kalium åhneln (±70 mV), gilt die Bewegung der KaliumIonen an der Membran als wichtigstes Element bei der Bestimmung des Ruhepotenzials. Der Unterschied zwischen dem berechneten Gleich6 Die Nernst-Gleichung leitet sich von der Gleichung in Kapitel 4.7.1 ab, wenn man D% gleich Null setzt, was passiert, wenn sich die Ionenbewegungen im Gleichgewicht befinden. Walter Nernst war ein deutscher Physikochemiker, der 1920 den Nobelpreis erhielt.
gewichtspotenzial fçr K+ (±91 mV) und dem gemessenen Ruhepotenzial (±70 mV, Abb. 4.50) ist auf eine geringfçgige Permeabilitåt der Membran fçr Na+ und Cl± zurçckzufçhren. 5$ ktionspotenzial Unser heutiges Verståndnis von Membranpotenzialen und Nervenimpulsen beruht auf Forschungsarbeiten an Riesenaxonen von Kalmaren. Sie wurden Ende der 1940er Jahre und Anfang der 1950er Jahre von einer Gruppe britischer Physiologen durchgefçhrt wurden, zu deren bekanntesten Vertretern Alan Hodgkin, Andrew Huxley und Bernard Katz gehærten. Diese Axone, die einen Durchmesser von etwa 1 mm haben, leiten die Impulse mit sehr hoher Geschwindigkeit weiter, so dass der Kalmar Raubtieren rasch entkommen kann. Wenn die Membran eines ruhenden Kalmaraxons stimuliert wird, indem man sie mit einer feinen Nadel reizt oder ihr einen minimalen Stromstoû versetzt, æffnen sich einige ihrer Natriumkanåle und ermæglichen es einer begrenzten Anzahl von Natrium-Ionen, in die Zelle zu diffundieren. Diese Gelegenheit fçr positiv geladene Ionen, in die Zelle zu wandern, verringert das Membranpotenzial, so dass es weniger negativ wird. Weil diese Verånderung der Spannung an der Membran zu einer Abnahme der Polaritåt zwischen den beiden Seiten der Membran fçhrt, bezeichnet man sie als
. Wenn die Membran durch den Reiz um nur wenige Millivolt depolarisiert wird ± sagen wir von ±70 auf ±60 mV ±, kehrt sie schnell wieder zu ihrem Ruhepotenzial zurçck, sobald der Reiz aufhært (Abb. 4.51 a, linke Box). Wenn dagegen der Reiz die Membran çber einen bestimmten Punkt hinaus depolarisiert, læst das eine neue Folge von Ereignissen aus. Der & '' dafçr liegt bei etwa ±50 mV. Bei einer solchen Spannungsånderung æffnen sich dann die spannungsgesteuerten Natriumkanåle, so dass die Natrium-Ionen sowohl entlang ihres Konzentrations- als auch ihres elektrischen Gradienten frei in die Zelle diffundieren (Abb. 4.51 a, mittlere Graphik oben). Die erhæhte Permeabilitåt der Membran fçr Na+-Ionen und der entsprechende Einstrom positiver Ladungen in die Zelle fçhrt dazu, dass sich das Potenzial kurzzeitig umkehrt (Abb. 4.51 b) und etwa +40 mV erreicht, was fast dem Gleichgewichtspotenzial fçr Na+ (+55 mV) entspricht (Abb. 4.50). Nach etwa 1 ms werden die Natriumkanåle spontan inaktiviert und der weitere Einstrom von Na+-Ionen blockiert. Allgemein geht man
davon aus, dass dafçr die ungerichtete Diffusion eines Inaktivierungspeptids in die Úffnung der Kanalpore verantwortlich ist ± åhnlich wie es in Kap. 4.70.2 fçr K+-Kanåle beschrieben ist. Inzwischen fçhrt die Verånderung des Membranpotenzials durch den Na+-Einstrom zur Úffnung der spannungsgesteuerten Kaliumkanåle (Abb. 4.51 a, rechte Graphik oben). Infolgedessen diffundieren Kalium-Ionen entlang ihres steilen Konzentrationsgradienten frei aus der Zelle heraus. Aufgrund der geringeren Permeabilitåt der Membran fçr Na+ und der erhæhten Permeabilitåt fçr K+ erreicht das Membranpotenzial wieder einen Wert von etwa ±80 mV und damit fast das Gleichgewichtspotenzial fçr K+ (Abb. 4.50). Aufgrund des groûen negativen Membranpotenzials schlieûen sich die spannungsgesteuerten Kaliumkanåle wieder (Abb. 4.42 b), und damit kehrt die Membran in ihren Ruhezustand zurçck. Insgesamt werden diese Verånderungen im Membranpotenzial als $ bezeichnet (Abb. 4.51 b). Die gesamte Abfolge an Ønderungen wåhrend des Aktionspotenzials dauert im Axon des Kalmars nur etwa 5 ms und in myelinisierten Nervenzellen von Såugern noch nicht einmal 1 ms. Da sich die Natriumkanåle nach ihrer Inaktivierung mehrere Millisekunden lang nicht wieder æffnen kænnen, hat die Membran nach einem Aktionspotenzial eine kurze $ , in der sie nicht wieder stimuliert werden kann. Obwohl sich die Spannung an der Membran beim Aktionspotenzial dramatisch åndert, ist an n
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Membranpotenziale und Nervenimpulse
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jedem Aktionspotenzial nur jeweils ein geringer Prozentsatz der Ionen beiderseits der Membran beteiligt. Die auffålligen Verånderungen im Membranpotenzial, die man in Abb. 4.51 b sieht, werden nicht durch Konzentrationsverånderungen der Na+- und K+-Ionen auf den beiden Seiten der Membran hervorgerufen ± diese sind unbedeutend. Sie werden vielmehr durch Ladungsverschiebungen in die eine oder andere Richtung verursacht, die auf der kurzzeitigen Verånderung in der Permeabilitåt fçr diese Ionen beruhen. Diese Na+- und K+-Ionen, die wåhrend eines Aktionspotenzials ihre Plåtze an der Membran tauschen, werden schlieûlich wieder von der Na+/K+-ATPase zurçckgepumpt.
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
Selbst wenn die Na+/K+-ATPase blockiert ist, kann ein Neuron oft weiterhin Tausende von Impulsen feuern, bevor der durch die Aktivitåt der Pumpe erzeugte Ionengradient abgebaut ist. Wenn die Membran eines Neurons bis zum Schwellenwert depolarisiert wurde, wird ohne weitere Stimulation ein volles Aktionspotenzial ausgelæst. Dieses Merkmal einer Nervenzellfunktion wird als ) : $ bezeichnet. Es gibt nichts dazwischen; eine Depolarisation unterhalb des Schwellenwerts ist nicht in der Lage, ein Aktionspotenzial auszulæsen, wåhrend eine Depolarisation bis zum Schwellenwert automatisch eine maximale Reaktion hervorruft. Bemerkenswert ist ebenfalls, dass ein Aktionspotenzial keine Energie benætigt, sondern allein auf den Ionenstrom entlang des jeweiligen elektrochemischen Gradienten hin erfolgt. Die N+/K+-ATPase benætigt Energie, um quer zur Plasmamembran den steilen Ionengradienten aufzubauen, doch sobald dieser vorhanden ist, kænnen die verschiedenen Ionen durch die Membran flieûen, wenn die jeweiligen Ionenkanåle geæffnet sind. Der Ionenfluss durch die Plasmamembran von Nervenzellen bildet die Grundlage fçr die neurale Kommunikation. Bestimmte lokale Betåubungsmittel wie Procain und Novocain wirken, indem sie Ionenkanåle in den Membranen von Sinneszellen und Neuronen schlieûen. Solange diese Ionenkanåle geschlossen sind, kænnen die betroffenen Zellen keine Aktionspotenziale mehr hervorrufen und somit auch das Gehirn nicht darçber informieren, was in der Haut oder an den Zåhnen passiert. 5' 3eiterleitung von Aktionspotenzialen als Impuls Bis zu diesem Punkt haben wir uns bei der Erærterung auf Ereignisse an einer bestimmten
Stelle an der Membran der Nervenzelle beschrånkt, an der eine experimentelle Depolarisation das Aktionspotenzial ausgelæst hat. Sobald ein Aktionspotenzial ausgelæst wurde, bleibt es nicht an einer bestimmten Stelle, sondern wird als Nervenimpuls die gesamte Zelle entlang bis zu den Nervenendigungen weitergeleitet. Nervenimpulse werden entlang einer Membran weitergeleitet, weil sich ein Aktionspotenzial, das an einer Stelle stattfindet, auch auf die benachbarte Stelle auswirkt. Die starke Depolarisation, von der ein Aktionspotenzial begleitet wird, erzeugt einen Ladungsunterschied entlang der inneren und åuûeren Oberflåche der Plasmamembran (Abb. 4.52). Deshalb wandern positive Ionen an der Auûenseite der Membran zu der Stelle, an der die Depolarisation stattgefunden hat, wåhrend sie sie an der Innenseite verlassen (Abb. 4.52). Dieser lokal begrenzte Stromfluss fçhrt dazu, dass der benachbarte Membranbereich direkt vor dem Aktionspotenzial depolarisiert wird. Weil die mit dem Aktionspotenzial verbundene Depolarisation sehr massiv ist, wird der angrenzende Membranbereich leicht çber den Schwellenwert hinaus depolarisiert, wodurch sich die Natriumkanåle in dieser Nachbarregion æffnen und ein weiteres Aktionspotenzial erzeugen. Einmal angeregt laufen daher die Aktionspotenziale nacheinander das gesamte Neuron entlang, ohne an Intensitåt zu verlieren, und erreichen ihre Zielzelle mit derselben Stårke, die sie schon an ihrem Ausgangspunkt hatten. Weil alle Impulse, die entlang eines Neurons laufen, dieselbe Stårke haben, kænnen stårkere Reize keine ¹græûerenª Impulse auslæsen als schwåchere Reize. Trotzdem kænnen wir deutliche Unterschiede in der Reizstårke ausmachen. Die Fåhigkeit zwischen Sinnesreizen zu unterscheiden, beruht auf mehreren Faktoren. So kann beispielsweise ein stårkerer Reiz wie kochend heiûes Wasser mehr Nervenzellen aktivie-
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Membranpotenziale und Nervenimpulse
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en als ein schwåcherer Reiz wie warmes Wasser. Ein stårkerer Reiz aktiviert darçber hinaus auch Neuronen mit einem hohen Schwellenwert, die im Ruhezustand bleiben wçrden, wenn der Reiz schwåcher wåre. Die Reizstårke findet auch Ausdruck im Muster und der Frequenz, mit der Aktionspotenziale entlang eines bestimmten Neurons çbertragen werden. In den meisten Fållen gilt: Je stårker der Reiz, desto mehr Impulse werden ausgelæst. # : ' Je græûer der Durchmesser eines Axons, desto geringer ist der Widerstand gegençber dem lokalen Stromfluss und desto schneller kann ein Aktionspotenzial die Nachbarbereiche der Membran aktivieren. Einige Wirbellose wie Kalmare und Ræhrenwçrmer haben Riesenaxone, die diesen Tieren bei Gefahr die Flucht erleichtern. Es gibt allerdings eine Grenze fçr diese evolutionåre Entwicklung. Weil die Geschwindigkeit der Weiterleitung mit der Quadratwurzel der Zunahme des Durchmessers wåchst, kann ein Axon mit einen Durchmesser von 480 lm ein Aktionspotenzial nur vier mal so schnell weiterleiten wie eines mit einem Durchmesser von 30 lm. Wåhrend der Evolution der Wirbeltiere konnte die Weiterleitungsgeschwindigkeit weiter gesteigert werden, als das Axon in eine Myelinscheide eingewickelt wurde (Abb. 4.5 und 4.49). Weil die Myelinscheide aus vielen Schichten lipidhaltiger Membranen besteht, ist sie optimal geeignet, um zu verhindern, dass Ionen die Plasmamembran çberqueren. Darçber hinaus befinden sich fast alle Na+-Ionenkanåle eines myelinisierten Neurons in den nicht umwickelten Bereichen oder 9 & zwischen den benachbarten Schwannschen Zellen oder
Oligodendrocyten, aus denen die Scheide besteht (Abb. 4.49). Daher sind die Ranvierschen Schnçrringe die einzigen Stellen, an denen ein Aktionspotenzial erzeugt werden kann. Ein Aktionspotenzial an einem Schnçrring læst ein Aktionspotenzial am nåchsten Schnçrring aus (Abb. 4.53), was dazu fçhrt, dass der Impuls von Schnçrring zu Schnçrring springt, ohne die dazwischen liegende Membran aktivieren zu mçssen. Wird ein Impuls auf diese Weise weitergeleitet, spricht man von einer
# . Impulse werden mit Geschwindigkeiten von bis zu 120 Metern pro Sekunde entlang eines myelinisierten Axons weitergeleitet ± und damit çber 20-mal schneller als in einem unmyelinisierten Neuron mit demselben Durchmesser. Wie wichtig die Myelinisierung ist, kann man in dramatischer Weise an der Multiplen Sklerose (MS) erkennen, einer Krankheit, bei der die Myelinscheide, die in verschiedenen Teilen des Nervensystems Axone umhçllt, zerstært wird. Die Krankheit manifestiert sich in der Regel bei jungen Erwachsenen; den Patienten zittern die Hånde, und sie haben Probleme beim Gehen und Sehen. 5 Signalçbertragung im Nervensystem: Wie der synaptische Spalt çberbrçckt wird Neuronen sind mit ihren Zielzellen çber spezialisierte Verbindungsstellen, so genannte &%
, verbunden. Wenn man eine Synapse sorgfåltig untersucht, erkennt man, dass die beiden Zellen nicht direkt miteinander in Kontakt stehen, sondern durch einen engen Spalt von etwa 20±50 nm voneinander getrennt sind. Diese
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
Lçcke nennt man den % & . Der Impuls wird von einer 1 % (einer Sinnes- oder Nervenzelle) bis zur Synapse weitergeleitet und dort dann immer von einer % (einer Nerven-, Muskeloder Drçsenzelle) aufgefangen. Abbildung 4.54 zeigt eine Reihe von Synapsen zwischen den Endverzweigungen eines Axons und einer Skelettmuskelzelle; diese Art von Synapsen bezeichnet man als 1 . 0
Wie kann ein Impuls von einem pråsynaptischen Neuron çber den synaptischen Spalt hinweg auf die postsynaptische Zelle çberspringen? Aus Untersuchungen, die vor Jahrzehnten durchgefçhrt wurden, ging hervor, dass an der Ûbertragung eines Impulses von einer Zelle auf eine andere eine chemische Substanz beteiligt ist. Die Nervenendigungen der axonalen Verzweigungen scheinen unter dem Elektronenmikroskop zahlreiche % . fçr die Speicherung der chemischen Transmitter, die auf die postsynaptischen Zellen einwirken, zu enthalten (Abb. 4.54 linke Vergræûerung). Zwei der am besten untersuchten Neurotransmitter sind Acetylcholin und Noradrenalin, welche die Impulse im Kærper auf die Skelett- und Herzmuskulatur çbertragen. Die Abfolge der Prozesse bei der synaptischen Ûbertragung kann man folgendermaûen zusammenfassen (Abb. 4.55). Wenn ein Impuls eine Nervenendigung erreicht (Schritt 1, Abb. 4.55), fçhrt die damit verbundene Depolarisation zur Úffnung einer Reihe von spannungsgesteuerten Ca2+-Kanålen in der Plasmamembran dieses Teils der pråsynaptischen Nervenzelle (Schritt 2, Abb. 4.55). Im Neuron ist wie in allen Zellen normalerweise die Konzentration an Calcium-Ionen nur sehr gering (etwa 100 nM). Wenn sich die Kanåle æffnen, diffundieren Calcium-Ionen aus der Extrazellularflçssigkeit in die Nervenendigung des Neurons; dadurch steigt die Konzentration der Calcium-Ionen in begrenzten Mikrodomånen nahe der Kanåle çber 1000 fach an. Aufgrund der erhæhten Calciumionenkonzentra-
tion kommt es zu einer schnellen Fusion eines oder einiger weniger in der Nåhe liegender synaptischer Vesikel mit der Plasmamembran, wodurch Neurotransmittermolekçle in den synaptischen Spalt freigesetzt werden (Schritt 3, Abb. 4.55). Nach der Freisetzung aus den synaptischen Vesikeln diffundieren die Molekçle des Neurotransmitters durch den engen Spalt und binden selektiv an Rezeptoren, die dicht an dicht direkt auf der anderen Seite des Spalts in der postsynaptischen Plasmamembran sitzen (Schritt 4, Abb. 4.55). Je nachdem, an welchen Rezeptortyp der Neurotransmitter auf der Membran der Zielzelle bindet, kann eine der beiden gegensåtzlichen Wirkungen haben: n Durch die Bindung des Transmitters kænnen in der Membran kationenspezifische Kanåle geæffnet werden, was vor allem zu einem Einstrom von Natrium-Ionen und einem positiveren Membranpotenzial fçhrt. Diese Depolarisation der postsynaptischen Membran die Zelle, so dass sie eher bereit ist, auf diesen oder spåtere Reize mit einem eigenen Aktionspotenzial zu reagieren (Schritte 5a und 6, Abb. 4.55). n Durch die Bindung des Transmitters kænnen in der Membran anionenspezifische Kanåle geæffnet werden, was vor allem zu einem Einstrom von Chlorid-Ionen und einem negativeren (hyperpolarisierten) Membranpotenzial fçhrt. Aufgrund der Hyperpolarisation der postsynaptischen Membran sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass die Zelle ein Aktionspotenzial erzeugt, weil ein græûerer Natriumeinstrom erforderlich ist, um den Schwellenwert der Membran zu erreichen (Schritt 5b, Abb. 4.55). Die meisten Nervenzellen in Gehirn erhalten von vielen verschiedenen pråsynaptischen Neuronen sowohl excitatorische als auch inhibitorische Signale. Die Summe all dieser gegensåtzlichen Einflçsse entscheidet dann darçber, ob im postsynaptischen Neuron ein Impuls erzeugt wird oder nicht. Alle Nervenendigungen eines bestimmten Neurons setzen immer den- oder dieselben Neurotransmitter frei. Ein bestimmter Neurotransmitter kann aber an einer bestimmten postsynaptischen Membran stimulierend wirken und an einer anderen hemmend. Acetylcholin bei-
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spielsweise hemmt beim Herzen die Kontraktilitåt, das heiût, die Fåhigkeit, sich zusammenziehen, wåhrend es sie bei Skelettmuskeln færdert. Der wichtigste excitatorische Neurotransmitter im Gehirn ist Glutamat, wåhrend der Neurotransmitter Gammaaminobuttersåure (GABA) dort vor allem hemmt. Eine Reihe von Narkosemitteln sowie Valium und seine Derivate wirken, indem sie an den GABA-Rezeptor binden und die Aktivitåt des primåren ¹Ausª-Schalters des Gehirns verstårken.
9 &% Es ist wichtig, dass ein Neurotransmitter nur eine kurze biologische Halbwertszeit hat, nachdem er von einem pråsynaptischen Neuron freigesetzt wurde; sonst wçrde die Wirkung des Neurotransmitters långer anhalten und das postsynaptische Neuron kænnte sich nicht erholen. Es gibt zwei Mæglichkeiten, einen Neurotransmitter aus der Synapse zu entfernen: durch Enzyme, welche die Neurotransmittermolekçle im synaptischen Spalt abbauen, oder durch Proteine, welche die
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
n 4.55. Reihenfolge der Ereignisse an einer Synapse, wenn mithilfe von Acetylcholin (ACh) als Neurotransmitter ein Impuls çbertragen wird. Wåhrend der Schritte 1±4 gelangt ein Nervenimpuls zur Nervenendigung des Axons, es æffnen sich die Calciumkanåle, was zu einem Ca2+-Einstrom fçhrt, und die synaptischen Vesikel setzen Acetylcholin frei, das an die Rezeptoren auf der postsynaptischen Membran bindet. Wenn die Bindung des Neurotransmitters (wie in 5a) zu einer Depolarisation der postsynaptischen
Membran fçhrt, wird dort mæglicherweise ein Nervenimpuls gebildet (6). Wenn es dagegen aufgrund der Bindung des Neurotransmitters zu einer Hyperpolarisierung der postsynaptischen Membran kommt (5b), wird die Zielzelle gehemmt, so dass es schwerer wird, durch eine erneute excitatorische Stimulation einen Impuls in der Zielzelle zu erzeugen. Der Abbau des Neurotransmitters durch Acetylcholinesterase ist nicht dargestellt
Neurotransmittermolekçle zurçck zu den pråsynaptischen Nervenenden schleusen ± ein Prozess, der als çckspeicherung bezeichnet wird. Dank des Abbaus oder der Rçckspeicherung der Neurotransmittermolekçle wirkt ein Impuls nicht långer als wenige Millisekunden. Ist der Abbau oder die Rçckspeicherung der Neurotransmitter beeintråchtigt, kann es zu einschneidenden Folgen fçr physiologische Vorgånge und das Verhalten kommen. Das im synaptischen Spalt lokalisierte Enzym Acetylcholinesterase hydrolysiert Acetylcholin. Wenn dieses Enzym beispielsweise durch das Nervengas DFP gehemmt wird, reagiert der Kærper aufgrund der anhaltend hohen Konzentrationen von Acetylcholin mit heftigen Muskelkontraktionen. Kokain dagegen beeintråchtigt die Rçckspeicherung des Neurotransmitters Dopamin, den bestimmte Nervenzellen in einem Bereich des Gehirns freisetzen, der als limbisches System bezeichnet wird. Im limbischen System befinden sich die ¹Spaûª- und ¹Belohnungszentrenª des Gehirns. Das lange Verbleiben des Dopamin in den synaptischen Spalten des limbischen Systems låsst vorçbergehend ein Gefçhl von Euphorie aufkommen sowie den starken Wunsch, die Aktivitåt zu wiederholen. Mit der wiederholten Einnahme der Droge werden die angenehmen Wirkungen nach und nach geringer, wåhrend
sich die suchtfærdernden Eigenschaften der Droge verstårken. Amphetamine wirken ebenfalls auf Neuronen, die Dopamin freisetzen; man nimmt an, dass sie die pråsynaptischen Nervenendigungen zu einer çbermåûigen Freisetzung von Dopamin anregen und gleichzeitig die Rçckspeicherung der Neurotransmittermolekçle aus dem synaptischen Spalt behindern. Måuse, denen der Dopamintransporter (DAT), das Protein, das fçr die Rçckspeicherung von Dopamin verantwortlich ist, gentechnologisch entfernt wurde, zeigen ein åhnliches Verhalten wie normale Måuse, denen man Kokain oder Amphetamine verabreicht hat. Verabreicht man den Tieren, denen das DAT-Gen fehlt, Kokain oder Amphetamine, åndert dies nicht noch zusåtzlich etwas an ihrem Verhalten. Die aktive Verbindung im Marihuana (D9-Tetrahydrocannabinol) wirkt çber einen vollkommen anderen Mechanismus. Sie bindet an Cannabinoid(CB1)-Rezeptoren auf den pråsynaptischen Nervenendigungen bestimmter Neurone im Gehirn, wodurch die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass diese Neurone Neurotransmitter freisetzen. CB1-Rezeptoren wechselwirken normalerweise mit endocannabinoiden Verbindungen, die nach der Depolarisation von postsynaptischen Neuronen gebildet werden. Diese Substanzen diffundieren çber den synaptischen Spalt ¹zurçckª zur pråsynapti-
schen Membran, wo sie an CB1-Rezeptoren binden und die synaptische Aktivitåt unterbinden. CB1-Rezeptoren befinden sich in vielen Hirnbereichen wie dem Hippocampus und dem Cerebellum, was erklårt, warum Marihuana auf das Gedåchtnis und die Bewegungskoordination wirkt. / $ 1 &% Synapsen sind mehr als nur einfach Verbindungselemente zwischen benachbarten Neuronen. Sie sind auch wesentlich dafçr verantwortlich, auf welchen Routen die Impulse durch das Nervensystem geschickt werden. Die Milliarden Synapsen im komplexen Nervensystem eines Såugers wirken wie Tore, die entlang der verschiedenen Wege aufgestellt sind und es ermæglichen, dass einige Informationen von einem Neuron zum anderen gelangen, wåhrend sie andere Informationen zurçckhalten oder sie in andere Richtungen lenken. Synapsen gelten zwar oft als starr und unverånderlich, kænnen aber in Wirklichkeit eine erstaunliche Dynamik entwickeln, die als ¹Plastizitåt der Synapsenª bezeichnet wird. Diese Plastizitåt ist besonders wichtig im Såuglingsalter und der Kindheit, wenn die neuronalen Schaltkreise des Gehirns ihre endgçltige Form erhalten. Man kann die Plastizitåt der Synapsen am besten in Untersuchungen an Neuronen aus dem Hippocampus beobachten, einem Teil des Gehirns, der fçr das Lernen und Kurzzeitgedåchtnis essentiell ist. Der Hippocampus ist eine der wesentlichen Gehirnregionen, die bei der Alzheimer-Krankheit (¹Aus Sicht des Menschenª in Kap. 2.5.3) zerstært werden. Wenn die Neuronen im Hippocampus wiederholt kurzzeitig stimuliert werden, werden die Synapsen, die diese Neuronen mit ihren Nachbarn verbinden, ¹gestårktª: Es kommt zu einer Langzeitpotenzierung ( $ , LTP), die Tage, Wochen oder auch noch långer andauern kann. Die LTP-Forschung hat sich auf den NMDA-Rezeptor konzentriert ± einen von mehreren Rezeptortypen, an die der excitatorische Neuro-
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transmitter Glutamat bindet. Wenn Glutamat an einen postsynaptischen NMDA-Rezeptor bindet, æffnet sich ein interner Kationenkanal, der den Einstrom von Ca2+-Ionen in das postsynaptische Neuron ermæglicht, was eine Kaskade von biochemischen Verånderungen auslæst, die zu einer Stårkung der Synapse fçhrt. Synapsen kænnen nach einer LTP auch schwåchere Reize çbertragen und in postsynaptischen Zellen stårkere Reaktionen hervorrufen. Diese Verånderungen spielen, wie man glaubt, eine wesentliche Rolle bei der Codierung von neu erlernten Informationen oder Erinnerungen in den neuronalen Schaltkreisen des Gehirns. Wenn Labortiere Medikamente erhalten, die eine LTP unterbinden ± etwa solche, welche die Aktivitåt der NMDA-Rezeptors stæren ±, kænnen sie nur noch sehr eingeschrånkt neue Informationen aufnehmen. Es gibt noch zahlreiche andere Grçnde, warum die Untersuchung der Synapsen so wichtig ist. So nimmt man beispielsweise an, dass eine Reihe von Krankheiten des Nervensystems wie die Myasthenia gravis, die Parkinson-Krankheit, Schizophrenie und sogar die Depression auf Fehlfunktionen von Synapsen beruhen.
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Experimentelle Verfahren
Der Acetylcholinrezeptor 1843 verlieû Claude Bernard im Alter von 30 Jahren die kleine Stadt in Frankreich, in der er als Apotheker und aufstrebender Dramatiker gelebt hatte, und fuhr nach Paris, um dort seine literarische Karriere weiter zu verfolgen. Aber anders als geplant schrieb er sich an der medizinischen Fakultåt ein und wurde stattdessen der beste Physiologe des 19. Jahrhunderts. Zu seinen vielen Interessen gehærte auch die Frage, wie Nerven die Kontraktion von Skelettmuskeln stimulieren. Bei seinen Untersuchungen arbeitete er unter anderem auch mit Curare, einem hochgiftigen Mittel, das aus tropischen Pflanzen isoliert und seit Jahrhunderten von den eingeborenen sçdamerikanischen Jågern benutzt wurde, um Giftpfeile herzustellen. Bernard fand heraus, dass Curare zwar Skelettmuskeln låhmt, dabei aber weder die Weiterleitung der Impulse durch die Nerven zum Muskel noch die Kontraktionsfåhigkeit der Muskeln nach direkter Stimulation beeintråchtigt. Daraus schloss Bernard, dass Curare irgendeine Wirkung auf die Region ausçben mçsse, in der es zum Kontakt zwischen Nerv und Muskel kommt. Diese Hypothese wurde von John Langley, einem Physiologen an der Cambridge University, beståtigt und ergånzt. Langley untersuchte einerseits, inwieweit das Nikotin, eine andere aus Pflanzen gewonnene Substanz, isolierte Skelettmuskeln des Froschs zur Kontraktion anregen konnte, andererseits, ob Curare die Nikotinwirkung hemmen wçrde. 1906 kam Langley zu dem Schluss, dass ¹der Nervenimpuls nicht çber eine elektrische Entladung vom Nerv zum Muskel wandert, sondern durch die Sekretion einer speziellen Substanz am Ende des Nervsª.1 Er schlug vor, dass dieser ¹chemische Transmitterª an eine ¹rezeptive Substanzª auf der Oberflåche der Muskelzellen bindet ± an dieselbe Stelle, an die auch Nikotin und Curare binden. Diese Hypothesen erwiesen sich als weitsichtig. Langleys Vermutung, dass der Reiz durch eine chemische Substanz vom Nerv auf den Muskel çbertragen wird, hat der in Ústerreich geborene Physiologe Otto Loewi 1921 in einem genialen Experiment beståtigt. Den experimentellen Aufbau dazu hatte Loewi in einem Traum vor sich gesehen. Die Herzfrequenz eines Wirbeltiers wird von zwei antagonisti-
schen Nerven gesteuert. Loewi isolierte ein Froschherz, bei dem beide Nerven intakt waren. Wenn er den inhibitorischen Nerv (Vagus) reizte, wurde aus dem Herzpråparat eine Chemikalie in eine Salzlæsung freigesetzt, die man in ein Medium ablaufen lieû, in dem ein zweites isoliertes Herz schwamm. Die Herzfrequenz des zweiten Herzens sank daraufhin so drastisch, als ob sein eigener inhibitorischer Nerv aktiviert worden wåre.2 Loewi nannte die Substanz, die fçr die Hemmung des Froschherzens verantwortlich war, ¹Vagusstoffª. Innerhalb weniger Jahre konnte Loewi zeigen, dass die chemischen und physiologischen Eigenschaften des Vagusstoffs denen des Acetylcholin entsprachen; daraus schloss er, dass es sich bei der Substanz, die von den Enden der Nervenzellen, aus denen der Vagusnerv besteht, freigesetzt wurde, um Acetylcholin (ACh) handelte. 1937 besuchte David Nachmansohn, ein Neurophysiologe von der Sorbonne, die Weltausstellung in Paris, wo er mehrere lebende elektrische Fische der Spezies 2 $ sah, die dort gezeigt wurden. Diese Zitterrochen haben elektrische Organe, die so starke Stromstæûe (40±60 Volt) aussenden, dass sie damit potenzielle Beutetiere tæten kænnen. Damals untersuchte Nachmansohn gerade das Enzym Acetylcholinesterase; dieses Enzym baut das ACh ab, das von den Enden der motorischen Nerven freigesetzt worden ist. Nachmansohn, dem klar war, dass die elektrischen Organe dieses Fisches aus modifiziertem Skelettmuskelgewebe hervorgegangen sind (Abb. 1), fragte, ob er einige dieser Fische haben kænnte, wenn die Ausstellung zu Ende wåre. Bereits die Ergebnisse des ersten Tests zeigten, dass das elektrische Organ auûerordentlich viel Acetylcholinesterase enthielt.3 Auûerdem fand man sehr viele nicotinische Acetylcholinrezeptoren (nAChR)a; an diesen Rezeptor, der a
Der Rezeptor wird als nicotinisch bezeichnet, weil er von Nikotin und Acetylcholin aktiviert werden kann ± im Gegensatz zu muscarinischen Acetylcholinrezeptoren parasympathischer Nervensynapsen, die durch Muscarin, aber nicht durch Nikotin aktiviert werden kænnen und durch Atropin, aber nicht durch Curare gehemmt werden. Der Kærper von Rauchern ist an hohe Nikotinkonzentrationen gewæhnt. Die Entzugserscheinungen, die sich einstellen, wenn Raucher mit dem Rauchen aufhæren, treten auf, weil die postsynaptischen Neuronen mit ihren nAChRs nicht mehr im gewohnten Ausmaû stimuliert werden.
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auf postsynaptischen Membranen von Skelettmuskeln vorhanden ist, binden die von den Enden motorischer Nervenzellen freigesetzten ACh-Molekçle. Wenn man einen bestimmten Aspekt der Zellstruktur oder -funktion untersucht, kann es von unschåtzbarem Wert sein, wenn man ein ideales System findet. Die elektrischen Organe dieses Fisches waren ± wie die folgende Erærterung zeigen wird ± praktisch die einzige Quelle, um Material fçr die Untersuchung des nAChR zu erhalten. Der nAChR ist ein integrales Membranprotein. Verfahren, mit denen man solche Proteine isolieren kann, wurden erst in den 1970er Jahren entwickelt. Wie in Kap. 18 erærtert wird, benætigt man fçr die Reinigung eines bestimmten Proteins einen Test, mit dem man messen kann, wie viel von diesem Protein in einer bestimmten Fraktion vorhanden ist. Ideal fçr den Test auf nAChR war eine Verbindung, die selektiv und fest an dieses spezielle Protein bindet. 1963 fanden Chen-Yuan Lee und seine Mitarbeiter an der National Taiwan University eine solche Verbindung. Es war -Bungarotoxin, eine Substanz aus dem Gift einer taiwanesischen Schlange. Das -Bungarotoxin verursacht Låhmungserscheinungen, indem es fest an die nAChRs auf der postsynaptischen Membran von Skelettmuskelzellen bindet und so die Reaktion des Muskels auf ACh blockiert.4 Nachdem ein markiertes -Bungarotoxin, das in einem Test eingesetzt werden konnte, elektrische Organe als Quelle sowie ein Detergens, das Membranproteine in Læsung bringen
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konnte, zur Verfçgung stand, gelang es einigen Wissenschaftlern Anfang der 1970er Jahre, die Acetylcholinrezeptoren zu isolieren. In einer dieser Studien5 wurden die Membranen, die den nAChR enthalten, isoliert, indem man die elektrischen Organe in einem Mixer homogenisierte und die Suspension zentrifugierte, um die Membranfragmente abzuzentrifugieren. Aus diesen Membranfragmenten extrahierte man mithilfe von Triton-X-100 die Membranproteine (Kap. 4.4.2). Dann lieû man das Gemisch durch eine Såule voller winziger Kçgelchen laufen; diese Kçgelchen waren mit einer synthetischen Verbindung çberzogen, deren Ende von der Struktur her ACh åhnelte (Abb. 2 a). Beim Durchlauf der gelæsten Proteingemischs blieben nur nAChR und Acetylcholinesterase (AChE), die beiden Proteine, die Bindungsstellen fçr Acetylcholin aufweisen, an den Kçgelchen hången. Die çbrigen 90% des Proteinextrakts banden nicht an die Kçgelchen, sondern liefen einfach durch die Såule und wurden aufgesammelt (Abb. 2 b). Nachdem diese Gruppe von Proteinen durchgelaufen war, wurde eine 10±3 M Flaxedil-Læsung durch die Såule geschickt, die selektiv den nAChR von den Kçgelchen entfernte und die AChE zurçcklieû. Mit diesem Verfahren wurde der Acetylcholinrezeptor aufgrund seiner Bindung an -Bungarotoxin in einem einzigen Schritt mehr als 150 fach angereichert. Ein solches Verfahren wird als 1 bezeichnet; seine generelle Anwendung wird in Kap. 18.7 erærtert. Der nåchste Schritt bestand darin, Genaueres çber die Struktur des Acetylcholinrezeptors herauszufinden. Untersuchungen im Labor von Arthur Karlin an der Columbia University ergaben, dass der nAChR ein Pentamer ist, ein Protein, das aus fçnf Untereinheiten besteht. Jeder Rezeptor enthålt zwei Kopien einer Untereinheit namens und jeweils eine Kopie von der -, - und D-Untereinheit. Man konnte die Untereinheiten unterscheiden, indem man die Membranproteine mit Triton-X-100 extrahierte, den nAChR çber eine Affinitåtschromatographie reinigte und dann das gereinigte Protein einer Polyacrylamidgel-Elektrophorese (SDS-PAGE, Erærtertung in Kapitel 18.7) unterwarf, in der die einzelnen Polypeptide ihrer Græûe nach aufgetrennt wurden (Abb. 3).6 Die vier verschiedenen Untereinheiten erwiesen sich als homolog zueinander, jede Untereinheit enthielt vier homologe Transmembranhelices (M1±M4).
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
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Ein weiterer wichtiger Meilenstein bei der Untersuchung des nAChR war der Beweis, dass der gereinigte Rezeptor sowohl eine Bindungsstelle fçr ACh als auch ein Kationenkanal ist. Jahre zuvor hatte Jean-Pierre Changeux vom Institut Pasteur in Paris die Hypothese aufgestellt, dass die Bindung von ACh an den Rezeptor zu einer Konformationsånderung fçhrt, durch die ein Ionenkanal im Protein geæffnet wird. Der Einstrom von Na+-Ionen durch den Kanal kænnte dann zu einer Depolarisation der Membran und zur Aktivierung der Muskelzelle fçhren. In der zweiten Hålfte der 1970er Jahre gelang es Changeux und seinen
Mitarbeitern, gereinigte nAChR-Molekçle in kçnstliche Lipidvesikel einzubauen.7 Mithilfe von Vesikeln, die verschiedene Konzentrationen von markierten Natrium- und Kalium-Ionen enthielten, konnten sie zeigen, dass die Bindung von ACh an die Rezeptoren in der Lipiddoppelschicht einen Strom von Kationen durch die ¹Membranª auslæste. Damit war bewiesen, dass ¹das reine Protein in der Tat såmtliche Strukturelemente enthålt, die fçr die chemische Ûbertragung eines elektrischen Signals nætig sind: eine Acetylcholinbindungsstelle, einen Ionenkanal sowie einen Mechanismus, der diese Aktivitåten miteinander koppeltª.
Membranpotenziale und Nervenimpulse
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Wåhrend der letzten beiden Jahrzehnte haben sich die Wissenschaftler darauf konzentriert, die Struktur des nAChR und zu entschlçsseln, wie sich der Ionenkanal aufgrund der Bindung von Acetylcholin æffnet. Bei der Strukturanalyse wurden unterschiedliche Wege eingeschlagen. In einem Ansatz haben Wissenschaftler mithilfe der isolierten Gene die Aminosåuresequenzen bestimmt und dann durch eine Oligonucleotidmutagenese die jeweiligen Abschnitte des Polypeptids identifiziert, die sich durch die Membran ziehen, an den Neurotransmitter binden oder den Ionenkanal bilden. Diese nichtkristallographischen Untersuchungen zur molekularen Architektur eines Proteins åhneln prinzipiell denen, die in Kap. 4.4 beschrieben wurden. Ein weiterer Ansatz bediente sich des Elektronenmikroskops. Die ersten flçchtigen Eindrçcke vom nAChR stammten von elektronenmikroskopischen Aufnahmen von den Membranen der elektrischen Organe (Abb. 4).8 Die
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Rezeptoren schienen die Form eines Ringes mit 8 nm Durchmesser und einem zentralen Kanal von 2 nm Durchmesser zu haben und ragten aus der Lipiddoppelschicht in den externen Raum hinein. Nigel Unwin und seine Mitarbeiter am Medical Research Council of England entwickelten nach und nach ein immer detaillierteres Modell vom nAChR.9±13 Mithilfe der Elektronenkristallographie (Kap. 18.8), bei der elektronenmikroskopische Aufnahmen von gefrorenen Membranen aus elektrischen Organen mathematisch analysiert werden, charakterisierte Unwin die Anordnung der fçnf Untereinheiten rund um einen zentralen Kanal (Abb. 5). Der Ionenkanal besteht aus einer engen Pore (0,7±0,8 nm Durchmesser), deren Wand von fçnf inneren M2--Helices, jede aus einer anderen der umgebenden Untereinheiten, gebildet wird. Man geht davon aus, dass sich die Porenæffnung etwa in der Mitte der Membran befindet ± dort, wo jede der M2--Helices nach innen geknickt ist (am Scheitelpunkt des V-færmigen Balkens in Abb. 5 b) und der inaktivierte Rezeptor einen Knick bekommt. In jedem Knick ragt die Seitenkette eines Leucinrests nach innen. Bei diesem Modell bilden die Leucinreste der fçnf inneren Helices einen engen hydrophoben Ring, der die Ionen daran hindert, die Membran zu durchqueren. Die Pore æffnet sich, sobald zwei
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
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ACh-Molekçle, eines pro -Untereinheit, gebunden sind. Die Bindungsstellen fçr ACh befinden sich jeweils in einer Tasche einer -Untereinheit (Abb. 5b). Um zu untersuchen, zu welchen Verånderungen im nAChR es bei der Úffnung des
Kanals kommt, fçhrte Unwin folgendes Experiment durch.11 Pråparationen von nAChR-reichen Membranen wurden auf ein Stçtzgitter gelegt, das in einen Behålter, der mit flçssigem Stickstoff gekçhltes Ethan enthielt, eingetaucht wurde. Dadurch gefroren die Membranen. Etwa 5 ms, bevor sie die Oberflåche des Gefrierbades erreichten, wurden die Gitter mit einer ACh-Læsung besprçht; das Acetylcholin band an die Rezeptoren und læste die fçr die Úffnung des Kanals nætige Konformationsånderung aus. Durch den Vergleich der elektronenmikroskopischen Aufnahmen von nAChRs, die im offenen beziehungsweise geschlossenen Zustand eingefroren worden waren, fand Unwin heraus, dass es aufgrund der ACh-Bindung zu einer geringfçgigen Konformationsånderung in den extrazellulåren Domånen der Rezeptoruntereinheiten nahe der ACh-Bindungsstellen kommt. Diese Konformationsånderung pflanzt sich im Protein fort und fçhrt dazu, dass die -Helices, welche die Pore umgeben, anders ausgerichtet werden (Abb. 6). Wie sich die Konformation der inneren, die Pore auskleidenden Helices åndert, wenn der Ionenkanal offen beziehungsweise geschlossen ist, erkennt man bei einem Vergleich der weiûen und blauen Balken, die ganz rechts in Abb. 6 b çber die Helix projiziert wurden. Neuere und ausfçhrlichere Modelle der Struktur und des Steuerungsmechanismus des nAChR findet man in den Referenzen 12 und 13.
Membranpotenziale und Nervenimpulse
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Literatur
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
Zusammenfassung / 9 1D ' 0 Die Plasmamembran trennt die lebende Zelle von ihrer Umgebung; sie stellt ein selektiv permeables Hindernis dar, das den Austausch bestimmter Substanzen ermæglicht und gleichzeitig den anderer unterbindet; sie enthålt Vorrichtungen, mit deren Hilfe Substanzen von einer Seite der Membran auf die andere transportiert werden; sie besitzt Rezeptoren, an welche spezifische Liganden aus dem externen Raum binden und welche die Informationen an die Kompartimente in der Zelle weiterleiten; sie vermittelt Wechselwirkungen mit anderen Zellen; sie stellt ein Netzwerk zur Verfçgung, in dem Molekçle angeordnet werden kænnen; in ihr wird Energie von einer Form in eine andere çberfçhrt (Kap. 4.1). ' 9 & 8 / " 7 9 7 $
'. Die Membran ist eine geschlossene Hçlle aus einer Lipiddoppelschicht, die aus einer bimolekularen Schicht amphipathischer Lipide besteht, deren polare Kopfgruppen nach auûen und deren hydrophile Fettsåureschwånze nach innen gerichtet sind. Zu den Lipiden gehæren: n Phosphoglyceride wie Phosphatidylcholin, n Lipide, die wie das Phospholipid Sphingomyelin und die Kohlenhydrate enthaltenden Cerebroside und Ganglioside (Glycolipide) auf dem Sphingosin-Grundgerçst aufgebaut sind, n Cholesterin. Man kann die Proteine der Membran in drei Gruppen unterteilen: n integrale Proteine, die in die Lipiddoppelschicht hineinragen und sie durchdringen ± mit Anteilen, die sowohl auf der cytoplasmatischen als auch auf der extrazellulåren Membranseite herausragen, n periphere Proteine, die sich vollkommen auûerhalb der Lipiddoppelschicht befinden, aber mit den polaren Kopfgruppen der Lipiddoppelschicht oder mit der Oberflåche eines integralen Proteins nichtkovalent assoziiert sind,
n lipidverankerte Proteine, die sich auûerhalb der Lipiddoppelschicht befinden, aber kovalent mit einem Lipid verknçpft sind, das zur Doppelschicht gehært. Die Transmembransegmente der integralen Proteine bilden in der Regel eine -Helix, die çberwiegend aus hydrophoben Resten besteht. (Kap. 4.3). % &" & $ # 0 So sind alle Kohlenhydratketten der Membran vom Cytosol weg orientiert; viele integrale Proteine besitzen auf ihrer Auûenseite Stellen, die mit extrazellulåren Liganden wechselwirken, und auf ihrer Innenseite Stellen, die mit peripheren Proteinen wechselwirken, die einen Teil des inneren Membranskeletts bilden; auch der Anteil der Phospholipide ist in beiden Hålften der Doppelschicht sehr unterschiedlich. Wie die Proteine in der Membran organisiert sind, zeigen am besten Gefrierbruchabdrçcke, bei denen die Zellen eingefroren, ihre Membranen durch Bruchebenen, die durch die Mitte der Doppelschicht verlaufen, gespalten und die freiliegenden Innenflåchen mithilfe eines Metallabdrucks sichtbar gemacht werden (Kap. 4.4.1). Der physikalische Zustand der Lipiddoppelschicht ist entscheidend fçr die Seitwårtsbewegungen der Phospholipide und integralen Proteine. Die Viskositåt der Doppelschicht sowie die Temperatur, bei der es zum Ûbergang in die Gelphase kommt, hången davon ab, wie viele Doppelbindungen die Fettsåureketten der Phospholipide aufweisen und wie lang sie sind. Die Aufrechterhaltung der Fluiditåt der Membran ist fçr viele Zellaktivitåten wie die Signalçbertragung, die Zellteilung sowie die Bildung spezialisierter Membranbereiche entscheidend. Die Lateraldiffusion von Proteinen in der Membran, die ursprçnglich durch eine Zellfusion bewiesen wurde, kann man mithilfe von Verfahren messen, bei denen man die Proteinbewegungen anhand von fluoreszierenden Verbindungen oder elektronendichten Markern verfolgt. Messungen der Diffusionskoeffizienten integraler Proteine deuten darauf hin, dass die meisten von ihnen Einflçssen unterworfen sind, die ihre Mobilitåt einschrånken. Die Bewegungsmæglichkeiten von Proteine kænnen durch ihre Assoziation mit anderen integralen
Zusammenfassung
Coteinen oder mit peripheren Proteinen auf der Membranoberflåche begrenzt sein. Wegen dieser verschiedenen Einschrånkungen besitzen Membranen ein betråchtliches Maû an organisatorischer Stabilitåt, die fçr verschiedene Membranbereiche unterschiedlich sein kann (Kap. 4.5). / #% % 1 $' ' / " 7 > :% " '
& / 0 Jede Bande-3-Untereinheit zieht sich mindestens ein Dutzend Mal durch die Membran und enthålt im Innern einen Kanal, çber den Bikarbonat- und Chloridanionen ausgetauscht werden. Glycophorin A ist ein stark glycosyliertes Protein mit unbekannter Funktion und einer einzelnen Transmembrandomåne, die aus einer hydrophoben -Helix besteht. Die Hauptkomponente des Membranskeletts, das fibræse Protein Spectrin, gibt durch Wechselwirkung mit anderen peripheren Proteinen der Membran Halt und schrånkt die Diffusion der integralen Proteine ein (Kap. 4.6.3). / 9 0 : &
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1" 9 ! 0 Die Diffusion ist ein energieunabhångiger Prozess, bei dem ein gelæster Stoff entlang seines elektrochemischen Gradienten wandert, wobei die im Gradienten gespeicherte Freie Enthalpie aufgebraucht wird. Kleine gelæste anorganische Stoffe wie O2, CO2 und H2O sowie gelæste Stoffe mit einem groûen Verteilungskoeffizienten (hohe Fettlæslichkeit) kænnen die Lipiddoppelschicht leicht passieren. Ionen und polare gelæste organische Stoffe wie Zucker und Aminosåuren benætigen spezielle Transportmolekçle, um in die Zelle einzudringen oder sie wieder zu verlassen (Kap. 4.7.1).
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& 3 % 40 Die Osmose spielt bei vielen physiologischen Aktivitåten eine entscheidende Rolle. Bei Pflanzen beispielsweise erzeugt der Einstrom von Wasser einen Turgordruck gegen die Zellwand und kann so zum besseren Halt
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einer unverholzten Pflanze beitragen (Kap. 4.7.2). 6 / 9 $ 9 /
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0 Ionenkanåle werden in der Regel entweder çber eine Spannung oder çber chemische Liganden wie Neurotransmitter reguliert. Eine Analyse eines bakteriellen Ionenkanals (KcsA) hat gezeigt, dass Sauerstoffatome aus dem Grundgerçst des Polypeptids die normalerweise mit K+-Ionen assoziierten Wassermolekçle ersetzen kænnen, wodurch das Protein selektiv K+-Ionen durch seinen Zentralkanal schleusen kann. In den spannungsgesteuerten K+-Kanålen befindet sich ein geladener Helixabschnitt, der sich in Abhångigkeit von der Membranspannung bewegt und so den Kanal æffnet oder schlieût (Kap. 4.7.2). 9 ! / " &" ' " $ ' 0 benætigen fçr ihre Aktivitåt keine Energie und schleusen gelæste Stoffe entlang eines Konzentrationsgradienten in beide Richtungen durch die Membran. Man geht davon aus, dass sie bei ihren Operationen ihre Konformation åndern, wodurch die Bindungsstelle fçr die gelæsten Stoffe jeweils auf einer der beiden Membranseiten zugånglich ist. Der Glucosetransporter ist ein , der bei erhæhten Insulinkonzentrationen vermehrt in die Plasmamembran eingebaut wird. Proteine fçr den aktiven Transport benætigen Energie, um Ionen und gelæste Stoffe gegen einen Konzentrationsgradienten zu transportieren. Aktive Transporter vom P-Typ wie die Na+/K+-ATPase werden durch den Transfer einer Phosphatgruppe vom ATP zum Transporter aktiviert, weil sich dadurch ihre Affinitåt gegençber dem transportierten Ion åndert. Sekundåre aktive Transportsysteme transportieren mithilfe der in einem Ionengradienten gespeicherten Energie einen zweiten gelæsten Stoff gegen einen Gradienten. So ist beispielsweise der aktive Transport von Glucose durch die apikale Oberflåche einer Darmepithelzelle an den Cotransport von Na+ entlang seines elektrochemischen Gradienten gekoppelt (Kap. 4.7.3 und 4.7.4). $ / " ' $ / 1 M "
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
1 0 Das Ruhepotenzial einer typischen Nerven- oder Muskelzelle betrågt etwa ±70 mV (innen negativ). Wenn die Membran einer erregbaren Zelle nach Ûberschreiten des Schwellenwertes depolarisiert wird, treten Ereignisse ein, die zur Úffnung der gesteuerten Na+-Kanåle und einem Einstrom von Na+ fçhren, was man an der Spannungsumkehr an der Membran erkennen kann. Innerhalb von Millisekunden, nachdem die Na+-Tore geæffnet wurden, werden sie erneut geschlossen und die gesteuerten Kaliumkanåle geæffnet, was dazu fçhrt, dass K+ ausstræmt und das Ruhepotenzial wiederhergestellt wird. Diese Abfolge græûerer Ønderungen im Membranpotenzial nach der Depolarisation læst ein Aktionspotenzial aus (Kap. 4.8.2). $ ' " $ ' 0 Aktionspotenziale pflanzen sich weiter fort, weil die Depolarisation, von der ein Aktionspotenzial
an einer Stelle der Membran begleitet wird, ausreicht, um den benachbarten Membranabschnitt zu depolarisieren, was an dieser Stelle erneut ein Aktionspotenzial auslæst. In einem myelinisierten Axon kann ein an einem Ranvierschen Schnçrring ausgelæstes Aktionspotenzial gleich die Membran am nåchsten Schnçrring depolarisieren, so dass das Aktionspotenzial schnell von einem Schnçrring zum nåchsten springen kann. Wenn das Aktionspotenzial die Nervenendigungen eines Axons erreicht hat, æffnen sich die Tore der Calciumkanåle in der Plasmamembran, so dass Ca2+ einstræmen kann. Daraufhin fusionieren die Membranen von sekretorischen Vesikeln, die Neurotransmitter enthalten, mit der darçber liegenden Plasmamembran. Der Neurotransmitter diffundiert durch den synaptischen Spalt und bindet an Rezeptoren in der postsynaptischen Membran, wodurch die Zielzelle de- oder hyperpolarisiert wird (Kap. 4.8.3).
Zur Selbstçberprçfung 1. Welche Typen von integralen Proteinen befinden sich zwar in der Plasmamembran einer Epithelzelle, aber nicht in der eines Erythrocyten? Inwiefern spiegeln sich in solchen Unterschieden die verschiedenen Aktivitåten dieser Zellen wider? 2. Viele verschiedene Zelltypen besitzen Rezeptoren, die an Steroidhormone binden. Wo in der Zelle befinden sich solche Rezeptoren? Wo in der Zelle befindet sich der Insulinrezeptor? Warum? 3. Als erstmals ein dreischichtiger Aufbau der Plasmamembran beschrieben wurde, galten die Bilder als Beståtigung des Davson-Danielli-Modells zur Struktur der Plasmamembran. Warum wurden diese mikroskopischen Aufnahmen so interpretiert? 4. Angenommen, Sie wollten mithilfe von Liposomen Arzneimittel in einen bestimmten Zelltyp im Kærper beispielsweise in eine Fett- oder Muskelzelle çbertragen. Gibt es eine Mæglichkeit, die Spezifitåt des Liposoms zu erhæhen? 5. Wieso kænnen die Oligosaccharide auf der Oberflåche der Plasmamembran im Gegensatz zu Polysacchariden wie Stårke und Glycogen spezifische Wechselwirkungen einge-
hen? Wie kommt dieses Merkmal konkret zum Tragen, wenn vor einer Bluttransfusion die Blutgruppe des Empfångers bestimmt wird? 6. Das Enzym Trypsin kann die hydrophilen Anteile von Membranproteinen abbauen, aber nicht die Lipiddoppelschicht passieren und in eine Zelle eindringen. Wegen dieser Eigenschaften hat man Trypsin in Verbindung mit einer SDS-PAGE dazu benutzt, um zu bestimmen, welche Proteine eine extrazellulåre Domåne besitzen. Beschreiben Sie, wie man mithilfe von Trypsin experimentell bestimmen kann, auf welcher Seite der Erythrocytenmembran Proteinteile herausragen. 7. Betrachten sie die rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von Erythrocyten in Abb. 4.31 a. Die Form dieser abgeflachten Zellen, die auf jeder Seite eine kreisfærmige Delle aufweisen, wird als bikonkav bezeichnet. Welchen physiologischen Vorteil besitzt ein bikonkaver Erythrocyt gegençber einer kugelfærmigen Zelle? 8. Angenommen, Sie inkubieren eine Bakterienkultur bei 15 8C und erhæhen dann die Temperatur der Kultur auf 37 8C. Wie wirkt sich das auf die Zusammensetzung der Fett-
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såuren in der Membran aus? Auf die Ûbergangstemperatur der Lipiddoppelschicht? Auf die Aktivitåt der Desaturasen in der Membran? Welche Lipide aus Abb. 4.6 bewegen sich, Ihrer Meinung nach, wohl am schnellsten in Querrichtung zur Doppelschicht? Welche am langsamsten? Warum? Wenn Sie experimentell feststellen wçrden, dass sich Phosphatidylcholin am schnellsten transversal bewegen wçrde, wie wçrden Sie das erklåren? Wie schnell bewegen sich Phospholipide im Vergleich zu integralen Proteinen in transversaler Richtung? Warum? Wo liegt der Unterschied zwischen einer zweidimensionalen und einer dreidimensionalen Darstellung eines Membranproteins? Wie erhålt man die unterschiedlichen Profile und mit welchen kann man am meisten anfangen? Warum gibt es so viel mehr Proteine, von denen man die zweidimensionale Struktur kennt? Wenn Sie in das Riesenaxon eines Kalmars eine winzige Menge einer Læsung von 0,1 M NaCl und 0,1 M KCl injizieren wçrden, in der die Na+- und K+-Ionen radioaktiv markiert wåren, welche der radioaktiv markierten Ionen wçrden zuerst im Meereswassermedium auftauchen, wenn das Neuron im Ruhezustand bliebe? Wenn das Neuron dazu angeregt worden wåre, eine Reihe von Aktionspotenzialen weiterzuleiten? Wegen der hohen Diffusionsrate des Wassers durch die Lipiddoppelschicht war es schwierig, Proteine mit Wasserkanålen (d. h. Aquaporinen) zu isolieren. Warum erschwert das die Isolation von Aquaporinen? Gibt es eine Mæglichkeit, die Diffusion von Wasser durch die Lipiddoppelschicht von der durch Aquaporine zu unterscheiden? Der beste Ansatz zur Untersuchung des Verhaltens von Aquaporinen, bestand darin, die Aquaporin-Gene in Froschoocyten zu exprimieren. Gibt es irgendeinen Grund, warum sich diese Eizellen einer im Teich lebenden Amphibie besonders fçr solche Studien eignen? Wieso unterscheiden sich die Diffusionskoeffizienten von Membranlipiden weniger vom Diffusionskoeffizienten fçr die freie Diffusion als die Diffusionskoeffizienten integraler Proteinen in denselben Membranen? Angenommen, die Plasmamembran einer Zelle wåre plætzlich gleichermaûen fçr Na+
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und K+ permeabel und beide Ionen håtten einen etwa gleich groûen Konzentrationsgradienten. Wçrden Sie erwarten, dass beide Ionen gleich schnell die Membran durchqueren? Warum oder warum nicht? Die meisten im Meer lebenden Wirbellosen nehmen osmotisch weder Wasser auf noch geben sie welches ab, wåhrend die meisten Wirbeltiere in einem stark salzhaltigen Milieu permanent Wasser verlieren. Worauf beruht vermutlich dieser Unterschied und welche unterschiedlichen evolutionåren Wege der beiden Gruppen spiegeln sich darin wider? Wie groû ist die Konzentration eines gelæsten Stoffes in einer Pflanzenzelle im Vergleich zu der in der Extrazellularflçssigkeit? Gilt dasselbe auch fçr Tierzellen? Wie wçrde es sich auf die Weiterleitung eines Impulses auswirken, wenn sich die Na+-Kanåle sofort wieder æffnen wçrden, nachdem sie sich bei einem Aktionspotenzial geschlossen haben? Wie groû wåre das Gleichgewichtspotenzial fçr Kalium bei 25 8C, wenn die externe K+-Konzentration bei 200 mM und die interne Konzentration bei 10 mM liegen wçrde? Bei 37 8C? Wie in Kap. 4.7.4 erærtert wurde, schleust der Na+/Glucose-Cotransporter pro Glucosemolekçl zwei Na+-Ionen durch die Membran. Wie wçrde es sich auf die Glucosekonzentration auswirken, die der Transporter abtrågt, wenn das Verhåltnis statt 2 : 1 1 : 1 betragen wçrde? Ein Transmembranprotein hat in der Regel folgende Eigenschaften: (1) der Anteil der sich durch die Membrandoppelschicht erstreckt, besteht aus mindestens 20 Aminosåuren und çberwiegend oder ausschlieûlich aus unpolaren Resten; (2) im Anteil, çber den das Protein auf der Auûenseite verankert ist, gibt es zwei oder mehr aufeinanderfolgende saure Reste; und (3) der Anteil, çber den das Protein auf der cytoplasmatischen Seite verankert ist, enthålt zwei oder mehr aufeinanderfolgende basische Reste. Stellen Sie sich ein Transmembranprotein mit folgender Sequenz vor: NH2-MLSTGVKRKGAVLLILLFPWMVAGGPLFWLAADESTYKGS-COOH Zeichnen Sie auf, wie dieses Protein in der Plasmamembran sitzen wçrde. Markieren sie den N- und C-Terminus sowie die ex-
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Struktur und Funktion der Plasmamembran
terne und cytoplasmatische Seite der Membran (den Einbuchstabencode fçr Aminosåuren finden Sie in Abb. 2.26). 21. Bei vielen wirbellosen Meeresbewohnern, wie etwa dem Kalmar, åhnelt die Extrazellularflçssigkeit dem Meerwasser; daher haben sie eine viel hæhere intrazellulåre Ionenkonzentration als Såugetiere. Die Ionenkonzentrationen eines Kalmarneurons liegen bei
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Sind irgendwelche Ionen im Gleichgewicht, wenn das Ruhepotenzial der Plasmamembran ;m = ±70 mV betrågt? Wie weit in mV ausgedrçckt ist jedes Ion vom Gleichgewicht entfernt? In welche Richtung verliefe fçr jeden Ionentyp der Nettostrom durch einen offenen Kanal, der fçr das jeweilige Ion permeabel ist?
ternetseite www.wiley.com/college/karp Erweitern sie Ihr Verståndnis, indem sie Karps Internetseite ¹Zell- und Molekularbiologieª besuchen. Dort finden Sie ' die gestellten $ & , , die schwierige Sachverhalte und Begriffe verdeutlichen, , die Ihnen bei Prçfungsvorbereitungen helfen, sowie 8 zu interessanten Seiten im Netz. Zusåtzlich zu der Literaturliste unten kann man auf der Internetseite auch noch ' 8 finden.
22. Die Græûe des Membranpotenzials einer Zelle wird durch die relative Permeabilitåt der Membran fçr verschiedene Ionen bestimmt. Wenn Acetylcholin an seine Rezeptoren auf der postsynaptischen Membran einer Muskelzelle bindet, fçhrt das dazu, dass sich alle Kanåle, die gleichermaûen fçr Natrium und Kalium permeabel sind, æffnen. Unter diesen Bedingungen gilt: ;m = (;K++;Na+)/2 Wenn fçr die Muskelzelle gilt: [K+in] = 140 mM, [Na+in] = 10 mM, [Na+out] = 150 mM und [K+out] = 5 mM, wie groû ist dann das Membranpotenzial der neuromuskulåren Verbindung eines durch Acetylcholin stimulierten Muskels? 23. Transmembrandomånen bestehen aus einzelnen -Helices oder einem -Faltblatt mit einer Fassstruktur. Warum eignet sich eine einzelne -Helix besser als ein einzelnes -Faltblatt dazu, sich durch die Doppelschicht zu ziehen? Sehen sie sich dazu die Abb. 2.30 und 2.31 an. 24. Ihnen ist bekannt, wie die Selektivitåt des K+-Kanals fçr K+-Ionen zustande kommt. Schlagen Sie aufgrund dieses Wissens einen Mechanismus vor, durch den der Na+-Kanal fçr sein Ion selektiv wird. 25. Wie schnell bewegen sich Ionen, die einen Kanal passieren, im Vergleich zu Ionen, die aktiv von einer Pumpe vom P-Typ transportiert werden. Warum?
4.9 Weiterfçhrende Literatur & Anderson RGW, Jacobson K (2002) A role for lipid shells in targeting proteins to caveolae, rafts, and other lipid domains. Science 296:1821±1825 Brown DA (2001) Seeing is believing: visualization of rafts in normal membranes. Proc Nat Acad Sci USA 98: 10517±10518 Caffrey M (Hrsg) (2002) Membrane form and function in finer focus. Curr Opin Struct Biol 12:471±530 Edidin M (2003) Lipids on the frontier: a century of cellmembrane bilayers. Nature Revs MCB 4:414±418 Fyfe PK et al (2001) Probing the interface between membrane proteins and membrane lipids by X-ray crystallography. Trends Biochem Sci 26:106±112 Lai EC (2003) Lipid rafts make for slippery platforms. J Cell Biol 162:365±370 Maxfield FR (2002) Plasma membrane microdomains. Curr Opin Cell Biol 14:483±487
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Die Zellatmung und das Mitochondrium
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5.1 Struktur und Funktion der Mitochondrien 5.2 Der oxidative Stoffwechsel in den Mitochondrien 5.3 Die Bedeutung der Mitochondrien fçr die ATPProduktion 5.4 Der Protonenfluss und die Erzeugung einer protonenmotorischen Kraft 5.5 Der Apparat fçr die ATP-Synthese 5.6 Peroxisomen Aus Sicht des Menschen: Die Bedeutung des anaeroben und aeroben Stoffwechsels fçr das kærperliche Training Krankheiten aufgrund defekter Mitochondrien oder Peroxisomen ? %& " $ ! B & ' " 9 ? + 1 ? 8I +1 ? " ( 2 !' ; +( [
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>n den ersten 2 Mrd. Jahren, in denen es auf der Erde Leben gab, enthielt die Atmosphåre çberwiegend reduzierte Molekçle wie molekularen Wasserstoff (H2), Ammoniak (NH3) und H2O. In dieser Phase wurde die Erde von ( bevælkert ± Organismen, die ihre Energie aus sauerstoffunabhångigen (anaeroben) Stoffwechselprozessen wie der Glycolyse oder Gårung (Abb. 3.23 und 3.28) bezogen und nutzten. Vor etwa 2,7 Mrd. Jahren tauchten dann die Cyanobakterien auf ± eine neue Art von Organismus, der mithilfe eines neuartigen Photosyn-
theseprozesses Wassermolekçle spalten und molekularen Sauerstoff (O2) freisetzen konnte. Wie bereits in ¹Aus Sicht des Menschenª in Kapitel 2.1.2 erærtert wurde, kann molekularer Sauerstoff sehr toxisch sein, weil er zusåtzliche Elektronen aufnimmt und mit einer Vielzahl von biologischen Molekçlen reagiert. Der Sauerstoff in der Atmosphåre muss ein starker natçrlicher Selektionsfaktor gewesen sein. Mit der Zeit haben sich Arten entwickelt, die nicht nur vor der schådlichen Wirkung des molekularen Sauerstoffs geschçtzt waren, sondern auch Stoffwech-
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Die Zellatmung und das Mitochondrium
selprozesse entwickelt hatten, in denen das Molekçl fçr sie von groûem Vorteil war. Ohne die Fåhigkeit, Sauerstoff zu nutzen, konnten die Organismen nur begrenzt Energie aus der Nahrung gewinnen und mussten energiereiche Produkte wie Milchsåure und Ethanol wieder ausscheiden, weil sie nicht in der Lage waren, sie weiter abzubauen. Dagegen konnten Organismen, die O2 verstoffwechseln konnten, diese Verbindungen vollståndig zu CO2 und H2O oxidieren und dabei sehr viel mehr der in ihnen steckenden Energie fçr sich gewinnen. Diese Organismen, die von Sauerstoff abhångig wurden, waren die ersten ( der Erde; aus ihnen gingen spåter all die sauerstoffabhångigen Pround Eukaryoten hervor, die heute noch leben. Eukaryoten besitzen spezialisierte Organellen, die , in denen sie mit dem Sauerstoff Energie gewinnen. Wie in Kap. 1 erærtert wurde, sprechen zahlreiche Daten dafçr, dass die Mitochondrien aus einem sehr frçhen aeroben Bakterium hervorgegangen sind, das sich im Cytoplasma einer anaeroben Wirtszelle niedergelassen hatte.
Im Gegensatz zu den meisten Organellen im Cytoplasma sind Mitochondrien groû genug, um sie im Lichtmikroskop erkennen zu kænnen (Abb. 5.1 a). Dass sie in Zellen vorhanden sind,
ist seit çber 100 Jahren bekannt. Bereits vor 1900 wurden Mitochondrien aus Geweben isoliert, indem man die Zellen mit einer feinen Nadel æffnete; schon damals hat man zahlreiche Eigenschaften dieser Organellen beschrieben. Man konnte beispielsweise zeigen, dass Mitochondrien osmotisch aktiv sind, d. h. dass sie in einem hypotonischen Medium anschwellen und in einem hypertonischen Medium schrumpfen. Diese Eigenschaft sprach dafçr, dass Mitochondrien von einer semipermeablen Membran umgeben sind, die der Zellmembran nicht unåhnlich ist. Die Mitochondrienstruktur kann je nach Zelltyp stark variieren. Das reicht von Mitochondrien, die wie einzelne, wurstfærmige Organellen aussehen (Abb. 5.1 b) und zwischen einem und vier Mikrometer lang sind, bis zu Mitochondrien, die ein hochverzweigtes, miteinander verbundenes tubulåres Netzwerk bilden. Man erkennt diese Art von mitochondrialer Struktur auf der mikroskopischen Aufnahme zu Beginn des Kapitels. Beobachtungen von fluoreszenzmarkierten Mitochondrien in lebenden Zellen haben ergeben, dass sie dynamisch sind und ihre Form stark veråndern kænnen. Besonders wichtig ist, dass Mitochondrien miteinander fusionieren oder sich teilen kænnen (Abb. 5.2). Wahrscheinlich entscheidet das jeweilige Gleichgewicht zwischen Fusion und Teilung, welche Gestalt und Form ein Mitochondrium besitzt. Mitochondrien machen 15±20% des Volumens einer durchschnittlichen Leberzelle eines Såugers aus. Sie sind oft mit fettsåurehaltigen Últropfen
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assoziiert, von denen sie Rohmaterialien erhalten, die oxidiert werden sollen. Besonders auffållig sind die Mitochondrien in Spermien angeordnet, wo sie sich håufig im Mittelteil, direkt hinter dem Zellkern, befinden (Abb. 5.1 c). Ein Spermium bezieht die Energie fçr seine Bewegungen aus ATP, das in Mitochondrien produziert wird. Mitochondrien spielen auch in vielen Pflanzenzellen eine wesentliche Rolle; sie sind sowohl in nicht photosynthetisch aktiven Geweben als auch wåhrend der Dunkelphasen in photosynthetisch aktiven Blattzellen die wichtigsten ATP-Lieferanten. Wenn man sich die elektronenmikroskopische Aufnahme von Abb. 5.2 genauer ansieht, wird klar, dass ein Mitochondrium auûen von zwei Membranen umgeben ist, die als 1D und als bezeichnet werden. Die åuûere Mitochondrienmembran hçllt das Mitochondrium vollkommen ein und bildet seine åuûere Grenzschicht. Im Inneren des Organells befinden sich die + , eine Reihe doppelschichtiger Membranen, welche am Rand des Organells auf die innere Mitochondrienmembran stoûen. Die Rolle der Mitochondrien als Energieumwandler ist eng mit den Membranen der Cristae verbunden, die auf den elektronenmikroskopischen Aufnahmen dieser Organellen meist besonders ins Auge fallen. Die Cristae enthalten einen Groûteil der Membranoberflåche samt des Apparats, der fçr die Atmung und ATP-Bildung
Struktur und Funktion der Mitochondrien
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erforderlich ist (Abb. 5.21). Wie die Cristae organisiert sind, erkennt man deutlicher auf der rasterelektronenmikroskopischen Aufnahme in Abb. 5.3 a und der dreidimensionalen Rekonstruktion von Abb. 5.3 b. Bis vor kurzem ging man davon aus, dass die Cristae einfache Einstçlpungen der inneren Membran sind. Mittlerweile ist man aber allgemein der Ansicht, dass, wie man in Abb. 5.3 c erkennen kann, die innere Grenzmembran und die inneren Membranen der Cristae zwar eng miteinander verbunden sind, funktionell aber verschieden sind. Der Ûbersichtlichkeit halber werden die Cristae jedoch im weiteren Verlauf des Kapitels einfach als Teil der inneren Mitochondrienmembran behandelt. Die Membranen des Mitochondriums gliedern das Organell in zwei wåssrige Kompartimente, die - im Inneren des Mitochondriums, und den 6 zwischen åuûerer und innerer Membran. Die Matrix besitzt aufgrund einer hohen Konzentration an wasserlæslichen Proteinen (bis zu 500 mg/mL) eine gelfærmige Konsistenz. Der Intermembranraum scheint in den mikroskopischen Aufnahmen und Diagrammen der Abb. 5.2 und 5.3 relativ klein zu sein, kann sich jedoch bei der aktiven Atmung weiter ausdehnen. .!! Mitochondrienmembranen Die åuûeren und die inneren Membranen haben ganz unterschiedliche Eigenschaften. Die åuûere Membran besteht dem Gewicht nach zu etwa 50% aus Lipiden und enthålt eine merkwçrdige Kombination von Enzymen, die an so unterschiedlichen Aktivitåten wie der Oxidation von Adrenalin, dem Abbau von Tryptophan und der Verlångerung von Fettsåuren beteiligt sind. Dagegen enthålt die innere Membran çber 100 verschiedene Polypeptide und besitzt ein sehr hohes Protein-Lipid-Verhåltnis (çber 3 : 1 bezogen auf das Gewicht, was etwa einem Proteinmolekçl pro 15 Phospholipiden entspricht). In der inneren Membran befinden sich groûe Mengen des ungewæhnlichen Phospholipids Cardiolipin (Diphosphatidylglycerin, Struktur in Abb. 4.6), das fçr bakterielle Plasmamembranen charakteristisch ist, aus denen wahrscheinlich die innere Mitochondrienmembran hervorgegangen ist. Die åuûere Mitochondrienmembran ist vermutlich homolog zu einer åuûeren Membran, die bei bestimmten Bakterien zur Zellwand gehært (Abb. 5.4). Die åuûere Mitochondrienmembran und die åuûere Bakterienmembran enthalten beide / , integrale Proteine mit einem relativ groûen Kanal im Inneren (etwa 2±3 nm), der von
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Die Zellatmung und das Mitochondrium
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einer -Faltblatt-Fassstruktur umgeben ist. Die Porine der åuûeren Mitochondrienmembran sind nicht statisch, wie man frçher dachte, sondern werden entsprechend der Bedingungen in der Zelle reversibel geschlossen. Wenn die Porinkanåle weit offen sind, ist die åuûere Membran fçr Molekçle wie ATP, NAD und das Coenzym A permeabel, die fçr den Energiestoffwechsel des Mitochondriums essentiell sind. Dagegen ist die innere Mitochondrienmembran hochgradig impermeabel; praktisch alle Molekçle und Ionen benætigen spezielle Membrantransporter, um in die Matrix zu gelangen. Von den zahlreichen Proteinen der inneren Mitochondrienmembran sind mehrere an der Aufnahme und Freisetzung von Calcium-Ionen beteiligt. Calcium-Ionen sind wichtige Auslæser fçr zellulåre Aktivitåten (Kap. 15.5). Neuere Studien haben beståtigt, dass die Mitochondrien
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(zusammen mit dem endoplasmatischen Retikulum) an der Regulation der Ca2+-Konzentration im Cytosol beteiligt sind. Wie wir in den folgenden Abschnitten erærtern werden, ist die Zusammensetzung und Organisation der inneren Mitochondrienmembran entscheidend fçr die bioenergetischen Aktivitåten des Organells. Die Architektur der inneren Membran und die offensichtliche Fluiditåt ihrer Doppelschicht erleichtern die Wechselwirkungen von Komponenten, die fçr die ATP-Synthese benætigt werden. .!$ Die mitochondriale Matrix Neben den verschiedenen Enzymen enthålt die mitochondriale Matrix auch Ribosomen und mehrere DNA-Molekçle, die in hæheren Pflanzen
Der oxidative Stoffwechsel in den Mitochondrien
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der extrem hydrophoben Proteine der inneren Mitochondrienmembran codieren. Wir werden im weiteren Verlauf des Kapitels wieder auf den molekularen Aufbau der Mitochondrienmembran zurçckkommen, wollen aber zuerst die Rolle dieser Organellen in den grundlegenden oxidativen Prozessen eukaryotischer Zellen betrachten, die in Abb. 5.5 zusammengestellt sind. Es ist vielleicht hilfreich, diesen Ûberblick eingehender zu betrachten und die dazugehærige Legende zu lesen, bevor man sich den folgenden ausfçhrlichen Beschreibungen dieser Stoffwechselwege zuwendet.
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und Tieren ringfærmig sind (Abb. 5.3 c). Somit besitzen die Mitochondrien ihr eigenes genetisches Material sowie den Apparat, um ihre eigenen RNAs und Proteine herzustellen. Diese nichtchromosomale DNA ist wichtig, weil sie eine kleine Anzahl mitochondrialer Polypeptide codiert (13 beim Menschen), die zusammen mit Polypeptiden, die von Genen im Kern codiert werden, fest in die innere Mitochondrienmembran eingebunden sind. Die mitochondriale DNA des Menschen codiert darçber hinaus auch zwei ribosomale RNAs und 22 tRNAs, die fçr die Proteinsynthese im Organell benætigt werden. Die Mitochondrien-DNA ist ein urzeitliches Relikt. Sie stammt von einem einzelnen aeroben Bakterium ab, das sich im Cytoplasma einer primitiven Zelle niedergelassen hatte, aus der letztlich alle eukaryotischen Zellen hervorgegangen sind (¹Experimentelle Verfahrenª, Kap. 1). Die meisten Gene dieses uralten Symbionten gingen entweder verloren oder wanderten im Verlauf der Evolution in den Kern der Wirtszelle. Zurçck blieben nur einige wenige Gene, die einige
3ederholung 5 % " ! ' &
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5.2 Der oxidative Stoffwechsel in den Mitochondrien In Kap. 3 haben wir die ersten Stadien der Oxidation der Kohlenhydrate beschrieben. Ausgehend von Glucose katalysieren die GlycolyseEnzyme im Cytosol die ersten Schritte des Oxidationsprozesses (Abb. 5.5). Die zehn Reaktionen der Glycolyse sind in Abb. 3.23 zu sehen; in Abb. 5.6 findet man eine Zusammenfassung der wichtigsten Schritte dieses Stoffwechselweges. In der Glycolyse wird nur ein Bruchteil der in der Glucose steckenden Freien Enthalpie fçr die Zelle verfçgbar; das reicht insgesamt nur zur Synthese von zwei ATP-Molekçlen pro Molekçl oxidierter Glucose (Abb. 5.6). Die meiste Energie bleibt im Pyruvat zurçck. Jedes Molekçl NADH, das bei der Oxidation von Glyceraldehyd3-phosphat (Reaktionen 6, Abb. 5.6) gebildet wird, besitzt auch ein Paar energiereicher Elektronen.1 Pyruvat und NADH, die beiden Produkte der Glycolyse, kænnen auf zwei vællig unter1 Nicht alle Biochemiker sind mit den Begriffen ¹energiereiche Elektronenª und ¹energiearme Elektronenª einverstanden. Diese Begriffe vermitteln jedoch ein Bild, mit dem man etwas anfangen kann. Wie in Kap. 5.3.1 beschrieben, werden energiereiche Elektronen nicht so stark festgehalten und daher leichter von einem Donor auf einen Akzeptor çbertragen als energiearme Elektronen.
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Die Zellatmung und das Mitochondrium
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schiedlichen Wegen weiter abgebaut werden; das hångt ganz davon ab, in welchem Zelltyp sie entstehen und ob Sauerstoff vorhanden ist oder nicht. In Gegenwart von O2 kænnen aerobe Organismen aus dem in der Glycolyse entstandenen Pyruvat und NADH noch groûe Mengen zusåtzlicher Energie gewinnen: genug, um çber 30 weitere ATP-Molekçle zu synthetisieren. Diese Energie wird in den Mitochondrien gewonnen (Abb. 5.5). Wir beginnen mit Pyruvat und besprechen erst spåter, was mit NADH passiert. Jedes in der Glycolyse gebildete Pyruvatmolekçl wird çber die innere Mitochondrienmembran in die Matrix transportiert, wo es zu einer Acetylgruppe mit zwei Kohlenstoffatomen (-CH3COO±) decarboxyliert wird. Die Acetylgruppe wird dann auf Coenzym A (eine komplexe organische Verbindung, die vom Vitamin Panthothensåure abstammt) çbertragen und so Acetyl-CoA gebildet.
Pyruvat+HS-CoA+NAD+ ? Acetyl-CoA+CO2+NADH+H+ Die Decarboxylierung von Pyruvat und die Ûbertragung der Acetylgruppe auf CoA (Abb. 5.5 und 5.7) werden von dem riesigen Multienzymkomplex Pyruvat-Dehydrogenase katalysiert, dessen Struktur in Abb. 2.40 zu sehen ist. .$! Der Citratzyklus Sobald Acetyl-CoA entstanden ist, wird es in einen zyklischen Stoffwechselweg eingespeist, der als Citratzyklus bezeichnet wird und in dem das Substrat oxidiert und seine Energie konserviert wird. Mit Ausnahme der an die innere Membran gebundenen Succinat-Dehydrogenase befinden sich såmtliche Enzyme des Citratzyklus in der læslichen Phase der Matrix (Abb. 5.5). Der Citratzyklus wird nach dem britischen Bioche-
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Der oxidative Stoffwechsel in den Mitochondrien
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Die Zellatmung und das Mitochondrium
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miker Hans Krebs, der den Stoffwechselweg in den 1930er Jahren ausgearbeitet hat, auch als Krebszyklus bezeichnet. Als Krebs erstmals gençgend Belege fçr das Konzept eines Stoffwechselzyklus hatte, schickte er einen Artikel mit seinen Ergebnissen an die britische Zeitschrift ) . Einige Tage spåter erhielt er seine Arbeit zusammen mit einem Ablehnungsbescheid zurçck. Der Herausgeber war zu dem Schluss gekommen, dass sie nicht wichtig genug sei, um im Journal veræffentlicht zu werden. Im ersten Schritt des Citratzyklus wird die Acetylgruppe (zwei C-Atome) mit einem Oxalacetat (vier C-Atome) zu einem Citratmolekçl (sechs C-Atome) kondensiert (Abb. 5.7, Schritt 12). Im weiteren Verlauf des Zyklus wird das Citratmolekçl jeweils um ein Kohlenstoffatom abgebaut, bis wieder das Oxalacetatmolekçl (vier C-Atome) çbrig bleibt, das dann erneut mit einem Acetyl-CoA kondensiert werden kann. Die beiden Kohlenstoffatome, die im Citratzyklus
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Der oxidative Stoffwechsel in den Mitochondrien
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entfernt werden (es sind nicht dieselben, die mit der Acetylgruppe in den Zyklus eingespeist werden), werden vollståndig zu Kohlendioxid oxidiert. Wåhrend des Citratzyklus gibt es vier Reaktionen, in denen jeweils ein Elektronenpaar von einem Substrat auf ein Coenzym çbertragen wird, das Elektronen aufnimmt. In drei dieser Reaktionen wird NAD+ zu NADH, in einer FAD zu FADH2 reduziert (Abb. 5.7). Die Gesamtreaktion des Citratzyklus kann man folgendermaûen zusammenfassen: Acetyl-CoA+2 H2O+FAD+3 NAD++GDP+Pi ? 2 CO2+FADH2+3 NADH +3 H++GTP+HS-CoA Der Citratzyklus ist ein ganz entscheidender Stoffwechselweg. Wenn man seine Stellung im Gesamtstoffwechsel der Zelle betrachtet (Abb. 5.8 und 3.21), erkennt man, dass im Citratzyklus genau dieselben Verbindungen entstehen wie in
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Die Zellatmung und das Mitochondrium
den meisten anderen katabolen Stoffwechselwegen der Zelle. Acetyl-CoA beispielsweise ist ein wichtiges Endprodukt einer Reihe kataboler Stoffwechselwege wie etwa des Abbaus von Fettsåuren zu 2C-Einheiten in der Matrix der Mitochondrien (Abb. 5.8 a). Diese 2C-Verbindungen treten als Acetyl-CoA in den Citratzyklus ein. Beim Abbau der Aminosåuren, der Grundbausteine der Proteine, entstehen ebenfalls Metaboliten des Citratzyklus (Abb. 5.8 b), die çber spezielle Transportsysteme in der inneren Mitochondrienmembran in die Matrix gelangen. Offensichtlich werden såmtliche energieliefernden Makromolekçle (Polysaccharide, Fette und Proteine) zu Stoffwechselzwischenprodukten des Citratzyklus abgebaut. Auf diese Weise wird das Mitochondrium zur zentralen Anlaufstelle, an der unabhångig vom Ausgangsmaterial die abschlieûenden Schritte fçr die Speicherung der Energie stattfinden. .$$ Die Bedeutung der reduzierten Coenzyme fçr die ATP-Synthese Aus der Gesamtgleichung des Citratzyklus geht eindeutig hervor, dass die reduzierten Coenzyme FADH2 und NADH die wesentlichen Stoffwechselprodukte sind. Auf sie werden die energiereichen Elektronen çbertragen, die den verschiedenen Substraten bei ihrer Oxidation entzogen wurden. Das (zusammen mit Pyruvat) im Rahmen der Glycolyse im Cytosol gebildete NADH kann jedoch nicht in die Mitochondrien eingefçhrt werden. Stattdessen wird mithilfe der Elektronen des NADH ein Stoffwechselzwischenprodukt mit geringem Molekulargewicht reduziert, das entweder (çber einen Stoffwechselweg, der als Malat-Aspartat-Shuttle bezeichnet wird) in das Mitochondrium gelangt und dort NAD+ zu NADH reduziert oder (çber einen Stoffwechselweg, der als Glycerinphosphat-Shuttle bezeichnet wird; Abb. 5.9) seine Elektronen auf FAD çbertrågt und so FADH2 bilden kann. Ûber diese beiden Wege kænnen die Elektronen des NADH aus dem Cytosol in die mitochondriale Elektronentransportkette eingeschleust und zur ATP-Bildung benutzt werden. Nachdem wir nun erklårt haben, wie im Rahmen der Glycolyse und des Citratzyklus NADH und FADH2 gebildet werden, kænnen wir zu den Reaktionsschritten zurçckkehren, in denen diese reduzierten Coenzyme zur Bildung von ATP verwendet werden. Man kann den Gesamtprozess in zwei Schritte unterteilten, die man folgendermaûen zusammenfassen kann (Abb. 5.10): & E 30 ?0EA40 # # ' 9 2F )2 auf den
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Der oxidative Stoffwechsel in den Mitochondrien
ersten einer Reihe von Elektronencarriern in der Elektronentransportkette der inneren Mitochondrienmembran çbertragen. Die Elektronen durchlaufen die Atmungskette çber eine Reihe von Reaktionen, bei denen Energie freigesetzt wird. Diese Reaktionen gehen mit energieverbrauchenden Konformationsånderungen in Elektronencarriern einher, mit deren Hilfe die Protonen durch die innere Mitochondrienmembran nach auûen geschleust werden. Infolgedessen wird die Energie, die beim Elektronentransport freigesetzt wird, beiderseits der Membran in Form eines elektrochemischen Protonengradienten gespeichert. Letztlich werden die energiearmen Elektronen auf den terminalen Elektronenakzeptor, molekularen Sauerstoff (O2), çbertragen, der dadurch zu Wasser reduziert wird. & F 30 ?0EA40 C !/ %
#$% / ' $ und liefern so die Energie fçr die Phosphorylierung von ADP zu ATP. 1961 hat Peter Mitchell von der University of Edinburgh erstmals die Hypothese aufgestellt, dass die Protonenbewegungen fçr die ATP-Bildung wichtig ist. Die Experimente, die dazu gefçhrt haben, dass der " wie Mitchell es nannte, akzeptiert wurde, werden in den ¹Experimentellen Verfahrenª beschrieben, die man unter www.wiley.com/karp im Netz finden kann. Mit den beiden, hier nur skizzierten Schritten werden wir uns in einem Groûteil des restlichen Kapitels ausfçhrlicher befassen.
Box 5 a
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Jedes Elektronenpaar, das çber die Elektronentransportkette von NADH auf Sauerstoff çbertragen wurde, setzt gençgend Energie frei, um damit etwa drei Molekçle ATP zu bilden. Jedes Paar, das von FADH2 çbertragen wird, setzt gençgend Energie frei, um etwa zwei Molekçle ATP zu produzieren. Wenn man alle ATPs zusammenzåhlt, die von einem Molekçl Glucose gebildet werden, das çber die Glycolyse und den Citratzyklus vollkommen abgebaut wird, so kommt man auf 36 ATPs ± einschlieûlich des GTP, das in jeder Runde des Citratzyklus entsteht (Schritt 16, Abb. 5.7). Wie viel ATP wirklich pro oxidiertem Molekçl Glucose gebildet wird, hångt von den jeweiligen Aktivitåten der Zelle ab. Welche Bedeutung die Glycolyse im Vergleich zum Citratzyklus, d. h. der anaerobe gegençber dem aeroben oxidativen Stoffwechsel fçr den Skelettmuskel des Menschen hat, wird in der anschlieûenden Rubrik ¹Aus Sicht des Menschenª erærtert.
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Aus Sicht des Menschen
Die Bedeutung des anaeroben und aeroben Stoffwechsels fçr das kærperliche Training Die Muskelkontraktion erfordert viel Energie. Die meiste Energie wird dazu verwendet, die Actin- und Myosin-Filamente aneinander entlang gleiten zu lassen, wie das in Kapitel 9 beschrieben wird. Die Energie fçr die Muskelkontraktion stammt aus ATP. Wenn sich ein Skelettmuskel maximal kontrahiert, steigt die Geschwindigkeit der ATP-Hydrolyse um mehr als den Faktor 100 gegençber dem nicht kontrahierten Zustand an. Der durchschnittliche Skelettmuskel des Menschen hat gençgend ATP, um sich zwei bis fçnf Sekunden lang kråftig zu kontrahieren. Aber auch schon,
wenn ATP hydrolysiert wird, ist es wichtig, dass zusåtzlich ATP gebildet wird, weil sonst das ATP/ADP-Verhåltnis und damit die fçr die Kontraktion zur Verfçgung stehende Energie geringer wçrde. Muskelzellen speichern daher Creatinphosphat (CrP), eine der Verbindungen, deren Phosphatçbertragungspotenzial græûer als das von ATP ist (Abb. 3.27); mithilfe von Creatinphosphat kann dann auf folgende Weise ATP gebildet werden: CrP + ADP ? Cr + ATP In Skelettmuskeln ist normalerweise gençgend Creatinphosphat gespeichert, um etwa 15 Sekunden lang fçr eine erhæhte ATP-Konzentration zu sorgen. Weil die Muskelzellen nur eine begrenzte Menge an ATP und Creatinphosphat
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besitzen, muss fçr eine intensive oder langanhaltende Muskelaktivitåt zusåtzlich ATP çber den oxidativen Stoffwechsel gebildet werden. Die Skelettmuskeln des Menschen bestehen generell aus zwei Fasertypen (Abb. 1): Fasern, die sich sehr schnell (etwa 15±40 ms), und solche, die sich langsamer zusammenziehen (etwa 40±100 ms). Die schnellen Fasern enthalten, wie man unter dem Elektronenmikroskop sehen kann, praktisch keine Mitochondrien, woraus zu schlieûen ist, dass diese Zellen wohl kaum viel ATP durch aerobe Atmung erzeugen kænnen. Langsame Fasern enthalten dagegen groûe Mengen Mitochondrien. Diese beiden Fasertypen des Skelettmuskels eignen sich fçr unterschiedliche Aktivitåten. Wenn man Gewichte hebt oder sprintet, ist man vor allem auf die schnell kontrahierenden Fasern angewiesen, die mehr Kraft erzeugen kænnen als die langsamen. Schnelle Fasern gewinnen fast ihr gesamtes ATP anaerob çber die Glycolyse. Obwohl die Glycolyse im Vergleich zur Atmung nur etwa 5% der ATP-Molekçle pro oxidierter Glucose liefert, wird anaerob schneller ATP produziert als bei der aeroben Atmung, weil die Glycolyse viel schneller ablåuft als der Citratzyklus und der Elektronentransport. Die Probleme, die es bei der ATP-Synthese çber die Glycolyse gibt, bestehen darin, dass die (in Form von Glycogen) fçr die Faser verfçgbare Glucose schnell aufgebraucht ist und dabei ein unerwçnschtes Endprodukt, die Milchsåure, entsteht. Diesem letzten Aspekt wollen wir uns nåher zuwenden.
Rufen Sie sich dafçr ins Gedåchtnis zurçck, dass durch Gårung NAD+ gebildet werden muss, damit die Glycolyse weiterlaufen kann (Kap. 3.3.3). Die Muskelzellen erzeugen NAD+, indem sie Pyruvat, das Endprodukt der Glycolyse, zu Milchsåure reduzieren. Die Milchsåure diffundiert zum græûten Teil vom aktiven Muskel ins Blut, wo sie zur Leber transportiert und wieder in Glucose umgewandelt wird. Die in der Leber gebildete Glucose geht ins Blut çber, wo sie zu den aktiven Muskeln zurçckkehren kann, um weiterhin dafçr zu sorgen, dass die Glycolyse schnell ablaufen kann. Die Bildung der Milchsåure geht jedoch im Muskelgewebe mit einer Verringerung des pHWertes (von pH 7,00 auf 6,35) einher, was zu den Schmerzen und Kråmpfen fçhren kann, die mit eifrigem Trainieren verbunden sind. Wahrscheinlich sind der geringere pH-Wert sowie die Tatsache, dass die Glycogenspeicher leer sind, dafçr verantwortlich, dass beim Trainieren im anaeroben Bereich rasch das Gefçhl aufkommt, dass die Muskeln ermçden. Wenn man dagegen, anstatt Gewichte zu heben oder zu sprinten, aerob trainiert wie etwa beim Radfahren oder schnellen Gehen, kann man diese sportliche Betåtigung viel långer durchhalten, ohne dass die Muskeln schmerzen oder ermçden. Ein aerobes Training ist, wie der Name schon sagt, so ausgelegt, dass die Muskeln kontinuierlich aerob arbeiten, das heiût, das nætige ATP weiterhin çber den Elektronentransport und die oxidative Phosphorylierung erzeugen. Aerobe Ûbungen beruhen çberwiegend auf der Kontraktion der langsamen Skelettmuskelfasern. Mit diesen Fasern kann man zwar nicht so viel Kraft ausçben, dafçr kænnen sie aber lange Zeit ohne Unterbrechung eingesetzt werden, weil sie permanent ATP produzieren, ohne dass Milchsåure entsteht. Beim aeroben Training werden erst einmal Glucosemolekçle verfeuert, die als Glycogen in den Muskeln selber gespeichert werden. Doch bereits nach wenigen Minuten sind die Muskeln mehr und mehr auf freie Fettsåuren angewiesen, die aus dem Fettgewebe ins Blut gelangen. Je långer das Training dauert, desto græûer wird die Abhångigkeit von Fettsåuren. Nach 20 Minuten intensiver kærperlicher Bewegung im aeroben Bereich stammt schåtzungsweise etwa die Hålfte aller von den Muskeln verbrauchten Kalorien aus dem Fett. Aerobe Sportarten wie Joggen, schnelles Gehen, Schwimmen oder Radfahren sind daher eine der besten Mæglichkeiten ¹abzuspeckenª.
Die Bedeutung der Mitochondrien fçr die ATP-Produktion
Jeder Muskel hat eine anderes Verhåltnis von schnellen und langsamen Fasern. Die Haltungsmuskeln des Rçckens, die wir benætigen, um stehen zu kænnen, haben einen hæheren Anteil an langsamen Fasern als die Armmuskeln, die man braucht, um etwas zu werfen oder zu heben. Das genaue Verhåltnis von schnellen zu langsamen Fasern in einem bestimmten Muskel ist genetisch festgelegt und von Mensch zu Mensch verschieden, weshalb sich einzelne Personen bei bestimmten Sportarten auszeichnen. So haben beispielsweise Weltklassesprinter und -gewichtheber in ihren
.' Die Bedeutung der Mitochondrien fçr die ATP-Produktion Mitochondrien werden oft als winzige Kraftwerke bezeichnet. Wie diese gewinnen Mitochondrien Energie aus organischem Material und speichern sie vorçbergehend in Form von elektrischer Energie. Genauer gesagt, wird mithilfe der aus den Substraten gewonnenen Energie an der inneren Mitochondrienmembran ein Ionengradient aufgebaut. Solch ein Gradient ist eine Energieform, die Arbeit leisten kann. Wir haben in Kap. 4 gesehen, wie Darmzellen mithilfe eines Ionengradienten an ihrer Plasmamembran Zucker und Aminosåuren aus dem Darmlumen herausschleusen; Nervenzellen leiten mithilfe eines åhnlichen Gradienten Nervenimpulse. Um einen Ionengradienten als Energieform nutzen zu kænnen, sind mehrere Elemente erforderlich; dazu gehæren ein System zur Erzeugung eines Gradienten, eine Membran, an welcher der Gradient aufrechterhalten werden kann, sowie der Apparat, der den Gradienten zur Verrichtung von Arbeit nutzen kann. Mitochondrien nutzen fçr zahlreiche energieverbrauchende Aktivitåten einen Ionengradienten an ihrer inneren Membran; an erster Stelle ist hier die ATP-Synthese zu nennen. Wenn ATP mithilfe von Energie synthetisiert wird, die aus Elektronen freigesetzt wird, welche aus der Oxidation von Substraten stammen, bezeichnet man diesen Prozess als - 9 / % (Zusammenfassung: Abb. 5.10). Man kann die oxidative Phosphorylierung mit der Substratkettenphosphorylierung vergleichen, bei der ATP direkt aufgrund des Transfers einer Phosphatgruppe von einem Substratmolekçl auf ADP entsteht (Kap. 3.3.3). Einer Schåtzung zufolge sorgt
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Muskeln einen hæheren Anteil an schnellen Fasern als Langstreckenlåufer. Auûerdem fçhrt Training fçr Sportarten wie Gewichtheben zu einer unproportional starken Anreicherung der schnellen Fasern. Das Herzmuskelgewebe muss seine Aktivitåt ebenfalls verstårken, wenn man sich sehr anstrengt. Doch im Gegensatz zum Skelettmuskelgewebe kann das Herz ATP nur çber den aeroben Stoffwechsel bilden. Fast 40% des cytoplasmatischen Raums einer Herzmuskelzelle des Menschen sind angefçllt mit ATP-synthetisierenden Mitochondrien.
die oxidative Phosphorylierung in unserem Kærper jeden Tag fçr die Bildung von çber 2 ´1026 Molekçlen (>160 kg) ATP. Die Entschlçsselung des Grundmechanismus der oxidativen Phosphorylierung war eine der Glanzleistungen auf dem Gebiet der Zell- und Molekularbiologie. Es wird noch immer daran gearbeitet, die fehlenden Lçcken zu schlieûen. Um den Mechanismus der oxidativen Phosphorylierung zu verstehen, muss man zuerst darçber nachdenken, wie bei der Oxidation eines Substrats Energie freigesetzt werden kann. 5.3.1 Redoxpotenziale Wenn man eine Reihe von Oxidationsmitteln miteinander vergleicht, kann man sie nach ihrer Elektronenaffinitåt anordnen: Je græûer diese Affinitåt ist, desto stårker ist das Oxidationsmittel. Reduktionsmittel kann man ebenfalls entsprechend ihrer Elektronenaffinitåt anordnen: Je geringer ihre Affinitåt ist (je leichter sie Elektronen abgeben), desto stårkere Reduktionsmittel sind sie. Um dafçr messbare Græûen zu finden, werden Reduktionsmittel entsprechend ihres # $ angeordnet; Substanzen mit einem hohen Elektronençbertragungspotenzial wie NADH sind starke Reduktionsmittel, wåhrend solche mit einem geringen Elektronençbertragungspotenzial wie H2O schwache Reduktionsmittel sind. Oxidationsund Reduktionsmittel bilden ein Paar, wie NAD+ und NADH, das sich in der Anzahl ihrer Elektronen unterscheidet. Starke Reduktionsmittel sind mit schwachen Oxidationsmitteln gekoppelt und umgekehrt. So ist beispielsweise NAD+ (aus dem NAD+/NADH-Paar) ein schwaches Oxidationsmittel, wåhrend O2 (aus dem O2/H2O-Paar) ein starkes Oxidationsmittel ist.
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Die Zellatmung und das Mitochondrium
<eil es durch den Elektronenfluss zu einer Ladungstrennung kommt, kann man die Affinitåt der Substanzen fçr Elektronen mit Spannungsmessern bestimmen (Abb. 5.11). Dabei misst man fçr ein bestimmtes Paar das (- /$ (oder -$ ) gegençber dem Potenzial irgendeines Standardpaares. Als Standardpaar wurde willkçrlich Wasserstoff (H+/H2) festgelegt. Genauso wie man bei der Ønderung der Freien Enthalpie mit DG8, der Ønderung der Freien Standardenthalpie unter bestimmten feststehenden Bedingungen, einen Bezugspunkt eingefçhrt hat, hat man auch fçr Redoxpaare solche Standardbedingungen definiert. Das Standardredoxpotenzial 0 fçr ein bestimmtes Paar entspricht der von einer Messzelle (in der nur Mitglieder eines Paares vorhanden sind) erzeugten Spannung, wobei in der Messzelle alle Mitglieder eines Paares in Standardkonzentrationen vorliegen und Standardbedingungen herrschen (wie in Abb. 5.11). Als Standardkonzentrationen gelten 1,0 M fçr gelæste Stoffe und Ionen sowie 101,3 kPa (1 atm) Druck fçr Gase (wie H2) bei 25 8C. Das Standardredoxpotenzial fçr die Redoxreaktion des Wasserstoffs (2 H++2 Elektronen ? H2) betrågt 0,00 V. In Tabelle 5.1 findet man die Redoxpotenziale einiger biologisch wichtiger Paare. Beim Wasserstoffpaar liegt der Wert in der Tabelle nicht bei 0,00, sondern bei ±0,42 V. Dieser Wert gilt fçr eine H+-Konzentration von 10±7 (pH 7,0) und nicht fçr 1,0 M (pH 0,0), da eine solche Konzentration physiologisch bedeutungslos ist. Das Standardredoxpotenzial bei pH 7 wird mit dem Symbol '0 und nicht mit 0 angegeben. Das Vorzeichen des Potenzials (positiv oder negativ) der Paare ist willkçrlich gewåhlt; das wird in verschiedenen Fachbereichen unterschiedlich gehandhabt. Wir wollen folgende Ûbereinkunft treffen: Bei Paaren, bei denen die Reduktionsmittel bessere Elektronendonoren sind, ist das Redoxpotenzial stårker negativ. So betrågt beispielsweise das Standardredoxpotenzial fçr das NAD+/NADH-Paar ±0,320 V (Tabelle 5.1). Acetaldehyd ist ein stårkeres Reduktionsmittel als NADH, und das Acetat-Acetaldehyd-Paar hat ein Standardredoxpotenzial von ±0,580 V. Bei Paaren, deren Oxidationsmittel bessere Elektronenakzeptoren sind als NAD+, d. h. die eine græûere Elektronenaffinitåt haben als NAD+, ist das Redoxpotenzial stårker positiv. Genau wie bei irgendwelchen anderen spontanen Reaktionen geht auch bei Redoxreaktionen Freie Enthalpie verloren. Die Ønderung der freien Standardenthalpie wåhrend einer Reaktion vom Typ A(ox)+B(red) A(red)+B(ox)
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Die Bedeutung der Mitochondrien fçr die ATP-Produktion
kann man nach folgender Gleichung anhand der Standardredoxpotenziale der beiden Paare berechnen, die an der Reaktion beteiligt sind: D%8' = ± D'0 Dabei ist die Anzahl der in der Reaktion çbertragenen Elektronen, die Faraday-Konstante (23,063 kcal/V´mol) und D0' die Differenz in Volt zwischen den Standardredoxpotenzialen der beiden Paare. Je græûer der Unterschied im Standardredoxpotenzial zwischen zwei Paaren ist, desto weiter schreitet die Reaktion unter Standardbedingungen in Richtung der Bildung von Reaktionsprodukten fort, bevor ein Gleichgewichtszustand erreicht wird. Wir wollen uns die Reaktion genauer ansehen, in der NADH, ein starkes Reduktionsmittel, durch molekularen Sauerstoff, ein starkes Oxidationsmittel, oxidiert wird.
ermæglichen, in der das ATP/ADP-Verhåltnis sehr viel græûer ist als bei Standardbedingungen. Im Mitochondrium wird diese Energie in einer Reihe kleiner Schritte unter Freisetzung von Energie von NADH auf ATP çbertragen. Diese Schritte werden fçr den Rest des Kapitels im Mittelpunkt stehen. In den Mitochondrien werden von mehreren Substanzen des Citratzyklus wie Isocitrat, -Ketoglutarat, Malat und Succinat Elektronen auf NAD+ (oder FAD) çbertragen. Die ersten drei dieser Metaboliten haben Redoxpotenziale mit relativ stark negativen Werten (Tabelle 5.1), die ausreichen, um Elektronen auf NAD+ zu çbertragen.2 Dagegen geht mit der Oxidation von Succinat zu Fumarat, die ein stårker positives Redoxpotenzial hat, eine Reduktion von FAD, eines Coenzyms mit einer græûeren Elektronenaffinitåt als NAD+, einher. .'$ Elektronentransport
NADH+1/2 O2+H+ ? H2O+NAD+ Die Standardredoxpotenziale der beiden Paare sind: 1/2 O2+2H++2 ± ? H2O NAD++2H++2 ± ? NADH+H+
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'0 = +0,82 V 0' = ±0,32 V
Die Spannungsånderung der Gesamtreaktion entspricht dem Unterschied zwischen beiden 0' -Werten (D0' ): D'0 =+0,82 V ± (±0,32 V) = 1,14 V was ein Maû dafçr ist, wie viel Freie Enthalpie freigesetzt wird, wenn NADH unter Standardbedingungen mithilfe von molekularem Sauerstoff oxidiert wird. Wenn man diesen Wert in die obige Gleichung einsetzt, ergibt sich nach D%'0 = (±2)(23,063 kcal/V´mol)(1,14 V) = ±52,6 kcal/mol oxidiertes NADH eine Ønderung der freien Standardenthalpie (D%'0) von ±52,6 kcal/mol. Wie bei anderen Reaktionen hången die wirklichen D%-Werte davon ab, welche Konzentrationen der Reaktionspartner und Reaktionsprodukte (oxidierte und reduzierte Formen der Verbindungen) zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zelle vorliegen. Unabhångig davon scheint die Abnahme an Freier Enthalpie eines Elektronenpaars, das von NADH auf molekularen Sauerstoff (D%0' = ±52,6 kcal/ mol) çbergeht, auszureichen, um die Bildung mehrerer Molekçle ATP (D%'0 = +7,3 kcal/mol) selbst unter den Bedingungen in der Zelle zu
Fçnf der neun in Abb. 5.7 dargestellten Reaktionen werden von Dehydrogenasen katalysiert, Enzymen, die ein Elektronenpaar von Substraten auf Coenzyme çbertragen. Bei vier dieser Reaktionen entsteht NADH, bei einer FADH2. Anschlieûend dissoziieren die in der Mitochondrienmatrix gebildeten NADH-Molekçle von ihren jeweiligen Dehydrogenasen und binden an die NADH-Dehydrogenase, ein integrales Protein der inneren Mitochondrienmembran (Abb. 5.17). Die Succinat-Dehydrogenase, das Enzym, das die Bildung von FADH2 (Abb. 5.7, Reaktion 17) katalysiert, ist dagegen ± anders als die çbrigen Enzyme des Citratzyklus ± ein Bestandteil der inneren Mitochondrienmembran. In beiden Fållen werden die mit NADH oder FADH2 assoziierten energiereichen Elektronen in der inneren Mitochondrienmembran çber eine Reihe spezifischer Elektronencarrier, die dort die # (oder ) bilden, weiterçbertragen.
2 Wie in Tabelle 5.1 angedeutet, ist das Standardredoxpotenzial (0' ) des Paares Oxalacetat/Malat græûer als das von NAD+/NADH. Daher kann Malat nur dann zu Oxalacetat oxidiert werden, wenn das Verhåltnis der Reaktionsprodukte zu den Reaktionsteilnehmern geringer ist als unter Standardbedingungen. Das D% dieser Reaktion bleibt negativ, solange im Bereich um das aktive Zentrum des Enzyms herum die Malat- und/oder NAD+-Konzentration die von Oxalacetat oder NADH çbersteigt. Diese Situation entspricht der bei der Bildung von Glyceraldehyd-3-phosphat aus Dihydroxyacetonphosphat (Kap. 3.1.2).
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Die Zellatmung und das Mitochondrium
.'' 9ypen von Elektronencarriern Die Elektronentransportkette besteht aus fçnf Typen von membranståndigen Elektronencarriern: Flavoproteine, Cytochrome, Kupferatome, Ubichinon und Eisen-Schwefel-Proteine. Mit Ausnahme des Ubichinons sind alle Redoxzentren in der Atmungskette, die Elektronen annehmen und abgeben, prosthetische Gruppen, d. h. Elemente, die keine Aminosåuren enthalten, aber eng mit Proteinen assoziiert sind. n 9 bestehen aus einem Polypeptid, das eng mit einer von zwei verwandten prosthetischen Gruppen verbunden ist: entweder Flavin-Adenin-Dinucleotid (FAD) oder Flavin-Mono-Nucleotid (FMN) (Abb. 5.12 a). Die prosthetischen Gruppen der Flavoproteine, die vom Riboflavin (Vitamin B2) abstammen, kænnen jeweils zwei Protonen und Elektronen aufnehmen und abgeben. Die wichtigsten Flavoproteine der Mitochondrien sind die NADH-Dehydrogenase der Elektronentransportkette und die Succinat-Dehydrogenase des Citratzyklus. n +% sind Proteine mit prosthetischen Håmgruppen (wie die, welche in Kap. 2.50.3 fçr Myoglobin beschrieben werden). Das Eisenatom einer Håmgruppe wechselt nach Aufnahme oder Abgabe eines einzelnen Elektrons reversibel zwischen den Oxidationszustånden Fe3+ und Fe2+ (Abb. 5.12 b). Es gibt in der Elektronentransportkette drei unterschiedliche Cytochromtypen, , und , die sich aufgrund ihrer Substitutionen an der Håmgruppe (angedeutet durch die blauen Anteile in Abb. 5.12 b) unterscheiden. n , alle in einem einzigen Proteinkomplex der inneren Mitochondrienmembran (Abb. 5.19), nehmen ein einzelnes Elektron auf oder geben es ab, wenn sie zwischen den Oxidationszustånden Cu2+ und Cu3+ wechseln. n (UQ oder Coenzym Q) ist ein fettlæsliches Molekçl mit einer langen hydrophoben Kette aus Isopren-Einheiten mit fçnf Kohlenstoffatomen (Abb. 5.12 c). Wie die Flavoproteine kann jedes Ubichinon zwei Elektronen und Protonen aufnehmen und abgeben. Das teilweise reduzierte Molekçl ist das freie Radikal Ubisemichinon und das vollståndig reduzierte Molekçl
ist Ubichinol (UQH2). Ubichinon bleibt in der Lipiddoppelschicht der Membran, in der es schnell seitwårts diffundieren kann. n # & '/ sind eisenhaltige Proteine, deren Eisenatome sich nicht in einer Håmgruppe befinden, sondern in einem # & ' mit anorganischen Schwefelatomen verknçpft sind. Die håufigsten Zentren enthalten entweder zwei oder vier Eisen- und Schwefelatome ± gekennzeichnet als [2Fe-2S] beziehungsweise [4Fe-4S] ±, die çber Cysteinreste mit dem Protein verbunden sind (Abb. 5.13). Obwohl ein einzelnes Zentrum mehrere Eisenatome haben kann, kann der Gesamtkomplex nur ein einziges Elektron aufnehmen oder abgeben. Wie groû das Redoxpotenzial eines Eisen-Schwefel-Zentrums ist, hångt von der Hydrophobizitåt und Ladung der Aminosåurereste in seiner direkten Umgebung ab. Die Potenziale der Eisen-Schwefel-Proteingruppe insgesamt liegen innerhalb eines Spektrums von etwa ±700 mV bis +300 mV, je nachdem wie groû die Spanne ist, çber welche die Elektronen hinweg transportiert werden. Bisher hat man in Mitochondrien çber ein Dutzend EisenSchwefel-Zentren gefunden. Die Carrier in der Elektronentransportkette sind so angeordnet, dass ihr Redoxpotenzial immer weiter ansteigt (Abb. 5.14). Jeder Carrier wird durch die Aufnahme von Elektronen vom vorherigen Carrier in der Kette reduziert und spåter durch die Abgabe von Elektronen an den nåchsten Carrier oxidiert. Somit werden die Elektronen von einem Carrier auf den nåchsten çbertragen und verlieren bei dieser ¹Talfahrtª entlang der Kette Energie. Das letzte Glied in dieser Stafette von Donoren und Akzeptoren ist O2, das durch die Aufnahme von Elektronen, deren Energie aufgebraucht ist, zu Wasser reduziert wird. In welcher Reihenfolge die Carrier in der Elektronentransportkette genau angeordnet sind, haben Britton Chance und seine Mitarbeiter an der University of Pennsylvania mit einer Reihe von Hemmstoffen herausgefunden, die den Elektronentransport an bestimmten Stellen entlang der Route blockieren. Das Prinzip dieser Experimente ist in Abb. 5.15 skizziert. Jedes Mal wurde den Zellen ein Hemmstoff zugesetzt und der Oxidationszustand der verschiedenen Elektronencarrier in den blockierten Zellen ermittelt. Dazu kann man ein Spektrometer verwenden, das die Lichtabsorption einer Probe bei ver-
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schiedenen Wellenlången misst. Anhand dieser Messung låsst sich feststellen, ob sich ein bestimmter Carrier im oxidierten oder reduzierten Zustand befindet. In dem in Abb. 5.15 dargestellten Fall blockiert die Zugabe von Antimycin A den Elektronentransport so, dass NADH, FMNH2, QH2 und Cyt reduziert und die Cytochrome und oxidiert sind. Dieser Befund spricht dafçr, dass sich NAD, FMN, Q und Cyt stromaufwårts von der Blockadestelle befinden. Bei einem Hemmstoff (wie Rotenon), der zwischen FMN und Q wirkt, wåren dagegen nur NADH und FMNH2 reduziert. Man konnte somit die Reihenfolge der Carrier bestimmen, indem man untersuchte, welche Bestandteile in Gegen-
wart verschiedener Inhibitoren reduziert und welche oxidiert waren. Wie leicht Elektronen von einem Carrier zum nåchsten transportiert werden, hångt von der Potenzialdifferenz zwischen den beiden Redoxzentren, die Geschwindigkeit des Transfers hångt dagegen von den katalytischen Aktivitåten der beteiligten Proteine ab. Diese Unterscheidung zwischen Thermodynamik und Kinetik åhnelt der, die in Kap. 3.2.1 in Bezug auf die Enzymaktivitåt erærtert wurde. Untersuchungen sprechen dafçr, dass Elektronen zwischen benachbarten Redoxzentren betråchtliche Strecken (1±2 nm) zurçcklegen kænnen. Dabei flieûen sie wahrscheinlich durch spezielle ¹Tunnelsystemeª
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aus einer Abfolge von kovalenten Bindungen und Wasserstoffbrçcken, die sich çber Teile von mehreren Aminosåureresten hinweg erstrecken. Ein Beispiel fçr einen solchen postulierten Weg, an dem Cytochrom beteiligt ist, zeigt Abb. 5.16.
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# - Wenn die innere Mitochondrienmembran durch Detergenzien aufgelæst wurde, kann man die verschiedenen Elektronencarrier aus vier verschiedenen asymmetrischen, transmembranen Komplexen isolieren: den Komplexen I, II, III und IV (Abb. 5.17). Jeder dieser vier Komplexe hat im gesamten Oxidationsprozess eine spezielle Funktion. Zwei Elemente der Elektronentransportkette, Cytochrom und Ubichinon, gehæren allerdings zu keinem der vier Komplexe. Wåhrend Ubichinon einen Molekçlpool bildet, der in der Lipiddoppelschicht gelæst ist, ist Cytochrom ein læsliches Protein im Intermembranraum. Man nimmt an, dass Ubichinon und Cytochrom in oder entlang der Membran wandern und so Elektronen zwischen den groûen, relativ unbeweglichen Proteinkomplexen hin- und hertransportieren. Wenn sie dann in einem der groûen Multiproteinkomplexe sind, wandern die Elekt-
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onen auf definierten Wegen (Abb. 5.16) zwischen benachbarten Redoxzentren, deren Lage zueinander festgelegt ist. Wenn NADH Elektronen abgibt, gelangen diese çber Komplex I in die Atmungskette, der die Elektronen auf Ubichinon çbertrågt, wobei Ubichinol entsteht (Abb. 5.12 und 5.17). Im Gegensatz zu NADH, das von seinen læslichen Dehydrogenasen abdiffundieren kann, bleibt FADH2 kovalent an die Succinat-Dehydrogenase gebunden, die zum Komplex II gehært. Wenn der FADH2 Elektronen freisetzt, çberspringen diese das stromaufwårts liegende Ende der Kette, dessen Redoxpotenzial zu negativ ist, um die nicht so energiereichen Elektronen des Flavinnucleotids aufzunehmen, und werden direkt zum Ubichinon geleitet (Abb. 5.14). Wenn man die Redoxpotenziale der aufeinanderfolgenden Carrier in Abb. 5.14 untersucht, wird klar, dass beim Elektronentransport an drei Stellen græûere Mengen Freier Enthalpie freigesetzt werden. Jede dieser
befindet sich zwischen Carriern, die zu einem der drei Komplexe I, III und IV gehæren. Die Freie Enthalpie, die frei wird, wenn die Elektronen diese drei Stellen passieren, wird in einem Protonenstrom aus der Matrix durch die innere Membran in den Intermembranraum aufgefan-
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gen. Diese drei Proteinkomplexe werden daher oft als / bezeichnet. Mithilfe des Protonentransfers durch diese Elektronen transportierenden Komplexe entsteht der Protonengradient, der die ATP-Synthese ermæglicht. Um zu demonstrieren, wie gut diese erstaunlichen molekularen Maschinen in der Lage sind, als unabhångige protonentransferierende Einheiten zu agieren, isoliert man sie am besten jeweils und baut sie dann getrennt in kçnstliche Lipidvesikel ein. Mit einem entsprechenden Elektronendonor ausgestattet, kænnen diese proteinhaltigen Vesikel dann Elektronen aufnehmen und mithilfe der freigesetzten Energie Protonen çber die Vesikelmembran pumpen (Abb. 5.18). In den letzten Jahren hat es groûe Fortschritte bei der Entschlçsselung der molekularen Architektur såmtlicher Proteinkomplexe in der inneren Membran gegeben (Abb. 5.17 b). Wissenschaftler fragen sich nicht långer, wie diese Proteine aussehen, sondern versuchen, anhand der zahlreichen neuen Strukturdaten zu verstehen, wie sie funktionieren. Wir wollen kurz die Såugetiervarianten eines jeden der vier Elektronentransportkomplexe untersuchen, die zusammen etwa 70 verschiedene Polypeptide enthalten. Die bakteriellen Varianten sind erheblich einfacher als ihre Såugerpendants und bestehen auch aus weniger Untereinheiten. Die zusåtzlichen Untereinheiten der Såugerkomplexe enthalten keine Redoxzentren und spielen vermutlich eher bei der Regulation oder beim Zusammenbau des Komplexes als beim Elektronentransport eine Rolle. Mit anderen Worten: Der grundlegende Form des Elektronentransports bei der Atmung hat sich praktisch nicht geåndert, seit er vor Milliarden Jahren im Rahmen der Evolution unserer prokaryotischen Vorfahren entstanden ist. - 6 3 )2 % 4 Der Komplex I, mit dem die Elektronentransportkette beginnt, katalysiert die Ûbertragung eines Elektronenpaares von NADH zu Ubichinon (UQ), das dadurch zu Ubichinol (UQH2) wird. Die Såugervariante von Komplex I ist ein riesiges L-færmiges Konglomerat aus mindestens 45 verschiedenen Untereinheiten mit einem Molekulargewicht (MG) von 106. Sieben Untereinheiten ± alles hydrophobe Transmembranpolypeptide ± werden von Mitochondriengenen codiert und sind homolog zu den bakteriellen Polypeptiden. Wie in Abb. 5.17 b zu sehen, ist der Komplex I das einzige Element der Elektronentransportkette, dessen dreidimensionale Struktur zu dem Zeitpunkt, als dieses Buch geschrieben wurde, noch nicht ræntgenkristallographisch bestimmt worden ist. Komplex I enthålt: ein FMN-
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enthaltendes Flavoprotein, das NADH oxidiert, mindestens sieben unterschiedliche Eisen-Schwefel-Zentren sowie zwei gebundene Molekçle Ubichinon. Man glaubt, dass pro Elektronenpaar, das den Komplex I passiert, vier Protonen aus der Matrix in den Intermembranraum flieûen. - 66 3 & % 4 Der Komplex II besteht aus vier Polypeptiden: zwei hydrophoben Untereinheiten, welche das Protein in der Membran verankern, sowie zwei hydrophilen Untereinheiten, welche die SuccinatDehydrogenase, ein Enzym aus dem Citratzyklus, bilden. Komplex II bietet die Mæglichkeit, weniger energiereiche Elektronen (eines mit nahezu 0 mV) von Succinat çber FAD auf Ubichinon zu çbertragen (Abb. 5.14 und 5.17). Auf ihrem Weg von FADH2 im aktiven Zentrum des Enzyms zu Ubichinon mçssen die Elektronen eine Strecke von 4 nm çber drei verschiedene Eisen-Schwefel-Cluster zurçcklegen. Komplex II besitzt auch eine Håmgruppe, von der man annimmt, dass sie Elektronen, die entkommen sind, anzieht und so verhindert, dass zerstærerische Superoxidradikale entstehen (¹Aus Sicht des Menschenª in Kap. 2.1.2). Der Elektro-
- 666 3 +% bcE4 Der Komplex III katalysiert den Elektronentransport von Ubichinon zu Cytochrom . Experimentelle Messungen sprechen dafçr, dass fçr jedes Elektronenpaar, das den Komplex III passiert, vier Protonen çber die Membran gepumpt werden. Die Protonen werden dann in zwei Schritten in den Intermembranraum entlassen. Die Energie dafçr entsteht, wenn ein Elektronenpaar voneinander getrennt und auf verschiedenen Wegen durch den Komplex geschleust wird. Die beiden Protonen stammen aus dem Ubichinolmolekçl, das in den Komplex gelangt. Zwei weitere Protonen werden aus der Matrix entfernt und als Teil eines zweiten Ubichinolmolekçls durch die Membran geschleust. Diese Schritte werden ausfçhrlicher in Abb. 4 der ¹Experimentellen Verfahrenª beschrieben, die man im Netz auf der Internetseite www.wiley.com/college/karp abrufen kann. Drei Untereinheiten von Komplex III enthalten Redoxgruppen: Cytochrom enthålt zwei Håm--Molekçle mit unterschiedlichen Redoxpotenzialen, Cytochrom 1 und einem Eisen-Schwefel-Protein. Cytochrom wird als einziges Polypeptid des Komplexes von einem mitochondrialen Gen codiert. - 6. 3 +% c(- 4 Der letzte Schritt beim Elektronentransport in einem Mitochondrium besteht darin, dass entsprechend der folgenden Reaktion nacheinander Elektronen vom reduzierten Cytochrom auf Sauerstoff çbertragen werden: 2 Cyt 2++2 H++1/2 O2 ? 2 Cyt 3++H2O Um ein ganzes Molekçl O2 zu reduzieren: 4 Cyt 2++4 H++O2 ? 4 Cyt 3++2 H2O Die Reduktion von O2 katalysiert Komplex IV, eine riesige Polypeptidansammlung, die als +% (- bezeichnet wird. Die Cytochrom-Oxidase war das erste Element der Elektronentransportkette, von dem man zeigen konnte, dass es als Protonenpumpe fungiert. Das wird durch das Experiment belegt, das in Abb. 5.18 skizziert ist. Dabei wurde das gereinigte Enzym in Vesikel mit einer kçnstlichen Lipiddoppelschicht eingebaut (Liposomen). Wenn man dem Medium reduziertes Cytochrom zusetzte, wurden H+-Ionen aus den Vesikeln ausgeschleust. Dies war daran zu erkennen, dass der pH-Wert im umgebenden Medium sank. Der
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Die Zellatmung und das Mitochondrium
Cotonentransfer ist ± ob in einem Liposom oder der inneren Mitochondrienmembran ± immer mit Konformationsånderungen verbunden, die darauf zurçckzufçhren sind, dass bei der Elektronençbertragung Energie freigesetzt wird. Man geht davon aus, dass fçr jedes O2-Molekçl, das die Cytochrom-Oxidase reduziert, acht Protonen aus der Matrix aufgenommen werden. Vier dieser Protonen werden fçr die Bildung von zwei Molekçlen Wasser verbraucht (s. oben), wåhrend die anderen vier Protonen durch die Membran geschleust und im Intermembranraum freigesetzt werden (Abb. 5.17). Daher lautet die Gesamtreaktion: 4 Cyt 2++8 H+(Matrix)+O2 ? 4 Cyt 3++2 H2O+4 H+(Cytosol) Man sollte noch besonders darauf hinweisen, dass eine Reihe potenzieller Atmungsgifte wie Kohlenmonoxid (CO), Azid (N3±) und Cyanid (CN±) toxisch sind, weil sie an die Håm-3Bindungsstelle der Cytochrom-Oxidase binden. (Kohlenmonoxid bindet darçber hinaus auch an die Håmgruppe des Håmoglobins.) # 7 +% (- 1996 wurde die dreidimensionale Struktur der Cytochrom-Oxidase aus dem Rinderherz mit einer Auflæsung von 0,28 nm ermittelt. Dieses riesige Molekçl besteht aus 13 Untereinheiten mit einem Molekulargewicht von insgesamt 204 000. Die drei græûten Polypeptide des Komplexes werden vom mitochondrialen Genom codiert und enthalten alle vier Redoxzentren des Proteins. Der Mechanismus des Elektronentransports durch den Komplex IV wurde schon intensiv untersucht ± vor allem in den Labors von Mrten Wikstræm an der Universitåt von Helsinki in Finnland und von Gerald Babcock an der Michigan State University. Die Wissenschaftler stehen vor der nicht so leicht zu læsenden Aufgabe, eine Erklårung dafçr zu finden, wie Carrier, die nur einzelne Elektronen çbertragen kænnen, ein Molekçl O2 zu zwei Molekçlen Wasser reduzieren kænnen, ein Prozess, fçr den vier Elektronen (sowie vier Protonen) benætigt werden. Das Wichtigste ist, dass der Prozess sehr effizient ablaufen muss, weil die Zelle es mit sehr gefåhrlichen Substanzen zu tun hat; durch die unbeabsichtigte Freisetzung von teilweise reduzierten Sauerstoffmolekçlen kænnte praktisch jedes Makromolekçl in der Zelle geschådigt werden (¹Aus Sicht des Menschenª in Kap. 2.1.2).
Wie sich die Elektronen zwischen den Redoxzentren der Cytochrom-Oxidase bewegen, zeigt Abb. 5.19. Die Elektronen werden nacheinander vom Cytochrom çber ein bimetallisches Kupferzentrum (CuA) der Untereinheit II auf eine Håmgruppe (Håm ) der Untereinheit I çbertragen. Von dort werden die Elektronen zum Redoxzentrum in der Untereinheit I weitergeleitet, das weniger als 0,5 nm entfernt eine zweite Håmgruppe (Håm 3) und ein weiteres Kupferatom (CuB) enthålt. Durch die Aufnahme der ersten beiden Elektronen wird das $' a>+7 entsprechend folgender Gleichung reduziert ± 2+ 2+ + Fe3+ a3 +CuB +2 e ? Fe3 +CuB
Wenn das zweikernige Zentrum sein zweites Elektron aufgenommen hat, bindet ein O2-Molekçl an das Zentrum und nimmt ein Elektronenpaar auf, wobei wahrscheinlich ein reaktives Peroxi-Anion O22± gebildet wird. Fe2+±O
\\ O Cu1+
? Fe3+±O± \ O± Cu2+
Das Peroxy-Ion ist die Verbindung mit der hæchsten Energie in der Reaktionsfolge; es reagiert schnell und zieht entweder von der Håmgruppe selbst oder von einem Aminosåurerest in der Nåhe ein drittes Elektron ab. Gleichzeitig nimmt das zweikernige Zentrum zwei Protonen aus der Matrix auf, spaltet die kovalente O-O-Bindung und reduziert eines der Sauerstoffatome. Fe4+=O2±
Cu2+±OH2
Durch die Passage eines vierten Elektrons und der Aufnahme von zwei weiteren Protonen aus der Matrix entstehen zwei Molekçle Wasser: Fe3+
Cu2++2 H2O
Fçr jedes Proton, das die Matrix verlåsst, bleibt ein Ûberschuss an negativer Ladung (in Form von einem OH±) zurçck, was gleich zum elektrochemischen Gradienten an der inneren Mitochondrienmembran beitrågt. Wie bereits erwåhnt, werden die aus der Matrix aufgenommenen Protonen unterschiedlich eingesetzt. Fçr jedes O2-Molekçl, das die Cytochrom-Oxidase zu 2 H2O reduziert, werden in dieser chemischen Reaktion vier H+-Ionen verbraucht und vier weitere H+-Ionen çber die innere Mitochondrienmembran geschleust. Die
Der Protonenfluss und die Erzeugung einer protonenmotorischen Kraft
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senschaftler haben in dem Molekçl potenzielle Protonenleitungen gefunden, deren Bedeutung aber noch nicht experimentell gesichert werden konnte. Leider kann man anhand statischer Strukturmodelle nicht die dynamischen Prozesse aufklåren, die im aktiven Protein ablaufen. Mithilfe der bei der O2-Reduktion freigesetzten Energie åndert sich wahrscheinlich die Konformation, wodurch es auch zu Ønderungen im Ionisationsgrad und den genauen Positionen der Aminosåurenseitenketten in diesen Kanålen kommt. Diese Verånderungen kænnten wiederum die Bewegungen der H+-Ionen durch das Protein færdern.
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n Abb. 5.19. ? 8I@$ ?
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ersten vier Protonen kann man als ¹Substratª-Protonen und die anderen vier als ¹gepumpteª Protonen bezeichnen. Der Transfer beider Protonengruppen sorgt mit fçr den Aufbau eines elektrochemischen Gradienten an der Membran. Als die dreidimensionale Kristallstruktur der Cytochrom-Oxidase veræffentlicht war, konnte man untersuchen, welchen Weg die Substratund gepumpten Protonen mæglicherweise durch das riesige Protein nehmen. Anders als andere Ionen (wie Na+ oder Cl±), welche die gesamte Distanz selbst per Diffusion zurçcklegen mçssen, kænnen H+-Ionen im Austausch gegen andere Protonen, die sich auf dem Weg befinden, durch einen Kanal ¹hçpfenª. Man erkennt solche ¹Protonenleiterª daran, dass sie aus Reihen von sauren Resten, Resten, die çber Wasserstoffbrçcken miteinander verbunden sind, und eingeschlossenen Wassermolekçlen bestehen. Wis-
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5.4 Der Protonenfluss und die Erzeugung einer protonenmotorischen Kraft Wie wir gesehen haben, flieûen mithilfe der beim Elektronentransport freigesetzten Energie Protonen aus der Matrix in den Intermembranraum und ins Cytosol. Der Protonenstrom durch die innere Membranen erzeugt eine Spannung, weil sich im Intermembranraum und Cytosol mehr positive und in der Matrix mehr negative
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Die Zellatmung und das Mitochondrium
Ladungen ansammeln. Daher muss man beim Protonengradienten zwei Faktoren berçcksichtigen. Der eine ist der Konzentrationsunterschied an Wasserstoff-Ionen zwischen den beiden Seiten der Membran, der pH-Gradient (DpH). Der andere ist die Spannung (), die aufgrund der Ladungstrennung an der Membran erzeugt wird. Ein Gradient mit einer (chemischen) Konzentrations- und einer (elektrischen) Spannungskomponente ist ein : (Kap. 4.7.2). Man kann die Energie der beiden Komponenten des elektrochemischen Protonengradienten als 3D4 zusammenfassen, die in Millivolt gemessen wird. Dabei gilt Dp = ±2,3 (-2@) DpH Weil 2,3 -2@ bei 25 8C 59 mV entspricht, kann man auch schreiben3 Dp = ±59 DpH Wie groû der Anteil des elektrischen Potenzials beziehungsweise des pH-Gradienten am Aufbau der protonenmotorischen Kraft ist, hångt von der jeweiligen Permeabilitåt der inneren Membran ab. Wenn beispielsweise wåhrend des Elektronentransports zusammen mit den Protonen noch negativ geladene Chlorid-Ionen ausstræmen, sinkt das elektrische Potenzial (), ohne dass sich der Protonengradient (DpH) åndert. Messungen in verschiedenen Labors lassen darauf schlieûen, dass Mitochondrien bei einer aktiven Atmung eine protonenmotorische Kraft von etwa 220 mV an der inneren Membran entwickeln. In Såugermitochondrien entfallen ungefåhr 80% der Freien Enthalpie von Dp auf die Spannungskomponente, die restlichen 20% entsprechen dem Konzentrationsunterschied an Protonen (etwa 0,5 bis 1 pH-Einheiten Unterschied). Wenn der Konzentrationsunterschied an Protonen sehr viel græûer wåre, wçrde sich das wahrscheinlich auf die Aktivitåt der cytoplasmatischen Enzyme auswirken. Man kann die Spannung an der inneren Mitochondrienmembran mithilfe von positiv geladenen fettlæslichen Farbstoffen sichtbar machen, die sich entsprechend des elektrischen Potenzials beiderseits der Membran verteilen (Abb. 5.20).
3 Mit anderen Worten: Ein Unterschied von einer pH-Einheit, also ein Unterschied von einem Faktor 10 in der + H -Konzentration çber die Membran hinweg, entspricht einer Potenzialdifferenz von 59 Millivolt und damit der Ønderung der Freien Enthalpie um 1,37 kcal/mol.
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Wenn die Zellen mit bestimmten fettlæslichen Agenzien, vor allem 2,4-Dinitrophenol (DNP), behandelt werden, oxidieren sie weiterhin Substrate, ohne allerdings ATP bilden zu kænnen. Mit anderen Worten: Durch DNP werden Glucose-Oxidation und ADP-Phosphorylierung . Wegen dieser Eigenschaften benutzt man DNP in Labors håufig dazu, um die ATPSynthese zu blockieren. In den 1920er Jahren verschrieben einige Ørzte DNP sogar als Schlankheitsmittel. Wenn die korpulenten Patienten dieses Mittel einnahmen, oxidierten die Zellen weiterhin ihre Fettspeicher, ohne dabei allerdings normale ATP-Konzentrationen erreichen zu kænnen. Mit dieser Verschreibungspraxis war es zu Ende, als eine Reihe von Patienten, die das Medikament genommen hatten, starben. Mit der Formulierung der chemiosmotischen Theorie und dem Befund, dass Mitochondrien einen Protonengradienten aufbauen, war geklårt, wie
DNP wirkt. Dieses Arzneimittel kann die Oxidation von der Phosphorylierung abkoppeln, weil es mit den Protonen eine Verbindung eingeht und die Protonen aufgrund seiner Fettlæslichkeit entlang ihres elektrochemischen Gradienten durch die innere Mitochondrienmembran schleust. Damit die protonenmotorische Kraft erhalten bleibt, muss die innere Mitochondrienmembran fçr Protonen praktisch undurchlåssig bleiben. Ansonsten wird der durch den Elektronentransport etablierte Gradient schnell abgebaut, weil die Protonen wieder in die Matrix zurçckkehren und die Energie in Form von Wårme freigesetzt wird. Es war eine Ûberraschung, als man herausfand, dass die innere Mitochondrienmembran bei bestimmten Zellen Proteine enthålt, die als natçrliche (endogene) Entkoppler wirken. Diese so genannten / (+/ ) findet man besonders håufig im braunen Fettgewebe von Såugern, das an der Wårmebildung beteiligt ist. Erwachsene haben praktisch kein braunes Fettgewebe mehr, aber in den Mitochondrien der Skelettmuskelzellen und bestimmter anderer Gewebe des Menschen befinden sich noch erhebliche Mengen an UCPs. Man hat den UCPs eine entscheidende Rolle bei der Festlegung der Grundumsatzes eines Menschen zugeschrieben, was vielleicht dazu beitrågt, die physiologische Grundlage der Fettsucht besser zu verstehen. Zwei Personen mit ganz unterschiedlichen UCPAktivitåten kænnen dieselbe Menge an Nahrung zu sich nehmen und oxidieren, aber die Person mit der hæheren UCP-Konzentration wird wahrscheinlich einen græûeren Anteil der freigesetzten Energie in Wårme statt in Fett umwandeln. Diese Ansicht wurde durch eine Studie beståtigt, bei der Måuse genetisch so veråndert wurden, dass sie groûe Mengen an menschlichem UCP synthetisierten. Obwohl diese Måuse mit der Nahrung 25-50% mehr Kalorien zu sich nahmen als Kontrolltiere, besaûen sie weniger Fettgewebe, weil sie mehr Energie verbrauchten. Diese Untersuchungen haben eine Suche nach Schlankheitsmitteln ausgelæst, die das Gewicht durch Anregung der UCP-Aktivitåt reduzieren. Die Experimente, die dazu gefçhrt haben, dass die protonenmotorische Kraft als wichtiger Faktor bei der ATP-Bildung angesehen wird, werden in den ¹Experimentellen Verfahrenª besprochen, die man unter www.wiley.com/college/ karp im Netz finden kann.
Der Apparat fçr die ATP-Synthese
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5.5 Der Apparat fçr die ATP-Synthese Nachdem wir erlåutert haben, wie durch den Elektronentransport çber die innere Mitochondrienmembran hinweg ein elektrochemischer Protonengradient erzeugt wird, kænnen wir uns wieder dem molekularen Apparat zuwenden, der die in diesem Gradienten gespeicherte Energie nutzt, um ADP zu phosphorylieren. Anfang der 1960er Jahre untersuchte Humberto Fernandez-Moran vom Massachusetts General Hospital Mitochondrien mit der kurz zuvor entwickelten Methode der Negativfårbung. Dabei fand er auf der Innen(Matrix)-Seite der inneren Membran eine Schicht von Kçgelchen, die aus der Membran herausragten und çber Stiele mit ihr verbunden waren (Abb. 5.21). Wenige Jahre spåter isolierte Efraim Racker von der Cornell University die Kçgelchen der inneren Membran und nannte sie E oder einfach F1. Racker entdeckte, dass sich die F1-Kçgelchen wie ein Enzym verhielten, das ATP hydolysierte, also wie eine ATPase. Auf den ersten Blick schien das ein sonderbarer Befund zu sein. Warum sollten Mitochondrien so viel von einem Enzym besitzen, das die Substanz, die sie herstellen sollen, hydrolysiert? Wenn man bedenkt, dass die ATP-Hydrolyse die Rçckreaktion der ATP-Synthese ist, wird klarer, welche Funktion das F1-Kçgelchen hat: Es enthålt das katalytische Zentrum, in dem normalerweise ATP gebildet wird. Erinnern wir uns, dass n Enzyme keinen Einfluss auf die Gleichgewichtskonstante der Reaktion haben, die sie katalysieren, n Enzyme sowohl die Hin- wie die Rçckreaktion katalysieren kænnen.
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Die Zellatmung und das Mitochondrium
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Daher hångt die Richtung einer enzymatisch katalysierten Reaktion zu einem bestimmten Zeitpunkt von den herrschenden Bedingungen ab. Das kann man schæn in Experimenten mit anderen ATPasen wie der Na+/K+-ATPase der Plasmamembran zeigen (Kap. 4.7.4). Als dieses Enzym in Kapitel 4 vorgestellt wurde, wurde gesagt, dass es mithilfe der Energie aus der ATPHydrolyse ± gegen die jeweiligen Gradienten ± Na+ aus der Zelle heraus- und K+ in die Zelle einschleust. Das ist in der Zelle die einzige Funktion des Enzyms. Unter experimentellen Bedingungen kann dieses Enzym allerdings statt der Hydrolyse die Bildung von ATP katalysieren (Abb. 5.22). Um solche Bedingungen zu erhalten, pråpariert man Ghosts von roten Blutkærperchen (Kap. 4.6.3) mit einer sehr hohen K+-Konzentration im Innern und sorgt fçr eine sehr hohe Na+-Konzentration im Medium; beide Konzentrationen mçssen weit çber den normalen Konzentrationen in unserem Kærper liegen. Unter diesen Bedingungen stræmt K+ aus der ¹Zelleª heraus und Na+ in die ¹Zelleª hinein. Beide Ionen wandern entsprechend ihrem jeweiligen Gradienten, anstatt gegen den Gradienten, wie man es normalerweise von lebenden Zellen kennt. Wenn die Ghosts ADP und Pi enthalten, wird aufgrund des Ionenflusses ATP gebildet und nicht hydrolysiert. Experimente wie dieses fçhren uns vor Augen, was die theoretische Reversibilitåt fçr enzymatisch katalysierte Reaktionen wirklich bedeutet. Sie zeigen auch, wie mithilfe eines Ionengradienten eine Reaktion ermæglicht werden kann, in der ADP zu ATP
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phosphoryliert wird ± also genau das, was in Mitochondrien passiert. Die treibende Kraft dafçr ist die durch den Elektronentransport erzeugte protonenmotorische Kraft. ..! Die Struktur der ATP-Synthase Die F1-Kugel ist zwar der katalytische Anteil des Enzyms, das im Mitochondrium ATP synthetisiert, aber das ist noch nicht alles. Das Enzym, das ATP synthetisiert, die so genannte !/&% , ist ein pilzfærmiger Proteinkomplex (Abb. 5.23 a) mit zwei Hauptbestandteilen: einem kugelfærmigen F1-Kopf (von etwa 9 nm Durchmesser) und einem basalen Bereich F0, der in die innere Membran eingebettet ist. Hochauflæsende elektronenmikroskopische Aufnahmen deuten darauf hin, dass die beiden Teile çber zwei Achsen in der Mitte und am Rand miteinander verbunden sind (Abb. 5.23 b). Ein typisches Mitochondrium aus einer Såugerleber besitzt etwa 15 000 ATPSynthase-Molekçle. Homologe Varianten der ATP-Synthase findet man in der Plasmamembran von Bakterien, in der Thylakoidmembran von Pflanzenchloroplasten sowie in der inneren Membran von Mitochondrien. Die F1-Anteile der bakteriellen und mitochondrialen ATP-Synthasen sind hochgradig konserviert; beide enthalten fçnf verschiedene Polypeptide mit folgender stæchiometrischer Zusammensetzung: 33. Die - und -Untereinheiten sind im F1-Kopf alternierend angeordnet ± åhnlich wie Stçcke einer Apfelsine (Abb. 5.23 b
und 5.26 b). Auf zwei Aspekte sollte man fçr die spåtere Erærterung noch hinweisen: Jeder F1-Anteil besitzt fçr die ATP-Synthese drei katalytische Zentren, eine auf jeder -Untereinheit, und die -Untereinheit fçhrt von der åuûersten Spitze des F1-Kopfes durch die mittlere Achse zum
Der Apparat fçr die ATP-Synthese
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basalen F0-Element. Im mitochondrialen Enzym werden alle fçnf F1-Polypeptide von der KernDNA codiert, im Cytosol synthetisiert und nach der Translation ins Mitochondrium eingeschleust (Abb. 8.47). Der F0-Anteil der ATP-Synthase, der sich in der Membran befindet, besteht aus drei verschiedenen Polypeptiden mit folgendem stæchiometrischen Verhåltnis: 210±14 (Abb. 5.23 b). Die Anzahl der Untereinheiten im -Ring wird mit 10±14 angegeben, weil Strukturuntersuchungen ergeben haben, dass diese Anzahl variieren kann, je nachdem woher das Enzym stammt. Fçr die ATP-Synthasen aus den Mitochondrien der Hefe und aus nimmt man mittlerweile 10 -Untereinheiten an, wåhrend man beim Chloroplasten zeigen konnte, dass das Enzym 14 Untereinheiten besitzt (Abb. 5.24). Die F0-Basis
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Die Zellatmung und das Mitochondrium
enthålt einen Kanal, durch den Protonen aus dem Intermembranraum in die Matrix geleitet werden. Dass es einen Kanal durch die Membran gibt, wurde erstmals durch Experimente gezeigt, bei denen die innere Mitochondrienmembran zerstært wurde und sich aus den entstandenen Fragmenten Membranvesikel, die / " bildeten (Abb. 5.25 a). Intakte submitochondriale Partikel, in denen die ATPSynthase in die Vesikelmembran eingebettet ist, kænnen Substrate oxidieren, einen Protonengradienten aufbauen und ATP synthetisieren (Abb. 5.25 b). Wenn man allerdings die F1-Kugeln aus den Partikeln entfernt, kann die Vesikelmembran, selbst wenn weiterhin Substrat oxidiert und Elektronen transportiert werden, den Protonengradienten nicht mehr aufrechterhalten. Protonen, die beim Elektronentransport durch die Membran geschleust werden, kehren dann einfach wieder durch die ¹gekæpfteª ATP-Synthase zurçck, und die Energie geht verloren.
..$ 9-#*hese durch Bindungswechsel Wie kann ein elektrochemischer Protonengradient die fçr die ATP-Synthese erforderliche Energie liefern? Diese Frage beantwortete Paul Boyer von der UCLA 1979 mit einem vællig neuen Denkansatz; seine Hypothese vom 7 ' fand mittlerweile breite Anerkennung. Insgesamt besteht die Hypothese des Bindungswechsels aus mehreren Elementen, die wir hier der Reihe nach erærtern wollen. E0 /'
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1 9 !// 10 Wir stellen uns zellulåre Reaktion fçr gewæhnlich in einem wåssrigen Milieu vor, in dem die Wasserkonzentration 55 M betrågt und die Reaktionsteilnehmer und Reaktionsprodukte einfach im Medium gelæst sind. Unter diesen Bedingungen muss fçr die kovalen-
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Die Zellatmung und das Mitochondrium
gleich. Den scheinbaren Widerspruch zwischen der asymmetrischen Enzymstruktur und der einheitlichen Katalyse erklårte Boyer mit der Behauptung, dass jedes der drei katalytischen Zentren nacheinander die gleichen L-, E- und O-Konformationen durchlåuft (Abb. 5.27). >0 !/&% ' $ % " ' ! !/ &% ! 0 Um die aufeinander folgenden Verånderungen in der Konformation der katalytischen Zentren erklåren zu kænnen, postulierte Boyer, dass sich die - und -Untereinheiten, die im F1-Kopf einen hexagonalen Ring von Untereinheiten bilden (Abb. 5.23), gegençber der zentralen Achse drehen. In diesem als % bezeichneten Modell liefert der Protonenfluss durch die Membran, die çber den Kanal in der F0-Basis erfolgt, den Antrieb fçr die Drehung. Die im Protonengradienten gespeicherte elektrische Energie wird dabei in die mechanische Energie der rotierenden Achse umgewandelt, die dann wiederum in die in ATP gespeicherte, chemische Energie çberfçhrt wird. 7" ' 2% 9 7 '
% $ 1994 haben John Walker und seine Mitarbeiter am Medical Research Council in England mit ihrer Veræffentlichung eines detaillierten atomaren Modells des F1-Kopfes beachtliches Beweismaterial zur Unterstçtzung der Hypothese von Boyer geliefert. Zuerst einmal zeigte es die Struktur der verschiedenen katalytischen Zentren im statischen Enzym und beståtigte, dass sie sich in ihrer Konformation und Affinitåt fçr Nucleotide unterscheiden. In den katalytischen Zentren der drei -Untereinheiten wurden Strukturen gefunden, die der L-, E-, und O-Konformation entsprechen. Zweitens zeigte es, dass sich die -Untereinheit des Enzyms genau an der richtigen Stelle in der ATP-Synthase befindet, um Konformationsånderungen vom Membransektor in F0 zu den katalytischen Zentren in F1 zu çbertragen. Die -Untereinheit zieht sich wie ein Wellbaum vom F0-Sektor durch die Achse in eine zentrale Hæhlung in der F1-Kugel (Abb. 5.26 a), wo sie mit jeder der drei -Untereinheiten unterschiedlich in Kontakt kommt (Abb. 5.26 b). Das apikale Ende der -Untereinheit ist stark asymmetrisch. In jedem Augenblick wechselwirken unterschiedliche Seiten der -Untereinheit mit den verschiedenen -Untereinheiten und veranlassen diese dabei, unterschiedliche Konfor-
mationen (L, E und O) anzunehmen. Bei der Drehung interagiert jede Bindungsstelle der -Untereinheit nacheinander mit den drei -Untereinheiten von F1. In einem einzigen katalytischen Zyklus dreht sich die -Untereinheit einmal um die eigene Achse, wodurch jedes katalytische Zentrum nacheinander die L-, E- und O-Konformation durchlåuft. Dieser Mechanismus wird schematisch in Abb. 5.27 dargestellt und in der dazu gehærenden Legende ausfçhrlich besprochen. Wie Abb. 5.27 a zeigt, werden ADP und Pi zu ATP kondensiert, wenn sich die Untereinheit jeweils in der E-Konformation befindet. Wie in Abb. 5.23 b zu sehen ist, ist die -Untereinheit mit dem ¹unterenª Teil der -Untereinheit assoziiert und die beiden Untereinheiten drehen sich zusammen. In vielen verschiedenen Experimenten konnte die Rotation der -Untereinheit gegençber den -Untereinheiten direkt gezeigt werden. Wenn man nur das glauben kann, was man mit eigenen Augen gesehen hat, dann ist die Arbeit von Masasuke Yoshida und seinen Mitarbeitern vom Tokyo Institut of Technology und der Keio Universitåt in Japan dafçr der beste Beweis. Diese Wissenschaftler entwickelten ein geniales System, um das Enzym bei der Katalyse der Rçckreaktion, die in der Zelle normalerweise nicht vorkommt, beobachten zu kænnen. Zuerst verånderten sie gentechnologisch den funktionellen Bereich der ATP-Synthase mit den 3- und 3-Untereinheiten und einer -Untereinheit (33) (Abb. 5.28). Dieser Polypeptidkomplex wurde dann mit dem Kopfteil an ein Deckglas fixiert, wåhrend an das Ende der -Untereinheit, die in das Medium hineinragt, ein kurzes fluoreszenzmarkiertes Actinfilament angehångt wurde (Abb. 5.28). Als man das Pråparat mit ATP inkubiert hatte und unter dem Mikroskop beobachtete, sah man, dass sich die fluoreszierenden Actinfilamente wie mikroskopisch kleine Propeller drehten. Als Antrieb diente die Energie, die freigesetzt wurde, wenn ATP-Molekçle an die katalytischen Zentren der -Untereinheiten gebunden und hydrolysiert wurden. Berechnungen der verbrauchten Energie und der geleisteten Arbeit deuten darauf hin, dass mindestens 90% der bei der ATP-Hydrolyse freigesetzten, chemischen Energie in mechanische Energie umgewandelt werden, durch welche sich dann das angeheftete Actinfilament dreht. Diese Experimente zeigen eindeutig, dass die ATP-Synthase ein åuûerst effizienter Drehmotor ist. In unserer Industriegesellschaft sind Rotationsmaschinen weit verbreitet. Wir benutzen rotierende Turbinen, Bohrer, Råder und Propeller, um nur einige wenige zu nennen. In Lebewesen
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a n 5.26 a, b. Die strukturellen Grundlagen fçr die Konformation im katalytischen Zentrum. a Ein Schnitt durch den F1-Kopf zeigt, wie seine drei Untereinheiten im Raum angeordnet sind. Die c-Untereinheit besteht aus zwei langgezogenen a-Helices, die zu einer superspiralisierten Helix umeinander gewickelt sind. Diese helicale Achse ragt in die zentrale Hæhlung von F1 hinein und zwischen die aund b-Untereinheiten auf jeder Seite hindurch. Welche Konformation das katalytische Zentrum der b-Untereinheit (links) annimmt, richtet sich nach ihrem Kontakt mit der c-Untereinheit. b Blick von oben auf den F1-Kopf; man erkennt, wie die sechs a- und b-Untereinheiten (rot bzw.
Der Apparat fçr die ATP-Synthese
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b gelb) um die asymmetrische c-Untereinheit (blau) angeordnet sind. Die c-Untereinheit liegt so, dass sie sich gegençber den sie umgebenden Untereinheiten drehen kann. Es ist auch deutlich zu sehen, dass die c-Untereinheit mit jeder der drei b-Untereinheiten auf unterschiedliche Weise in Kontakt kommt und sie so dazu bringt, eine andere Konformation anzunehmen. bE entspricht der O-Konformation, bTP der L-Konformation und bDP der E-Konformation. (Genehmigter Nachdruck aus Abrahams JP et al; mit freundlicher Genehmigung von Walker JE (1994) Nature 370:624, 627. Copyright 1994, Macmillan Magazines)
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b n Abb. 5.27. Bindungswechsel fçr die ATP-Synthese. a Schema der Verånderungen in einem einzelnen katalytischen Zentrum wåhrend eines Katalysezyklus. Zu Beginn des Zyklus befindet sich das Zentrum in einer offenen (O)Konformation, in der die Substrate ADP und Pi in dieses Zentrum gelangen kænnen. In Schritt 1 wird aufgrund des Protonenflusses durch die Membran die lockere (L) Konformation angenommen, in der die Substrate lose gebunden sind. In Schritt 2 nimmt das Enzym nach weiteren Protonenbewegungen die enge (E)-Konformation an, in der die Affinitåt fçr die Substrate zunimmt und diese fest an das katalytische Zentrum gebunden werden. In Schritt 3, fçr den sich die Konformation nicht åndern muss, kondensieren das fest gebundene ADP und Pi spontan zu einem fest gebundenen ATP. In Schritt 4 fçhren weitere Pro-
tonenstræme zu einem Umklappen in die offene (O)-Konformation, in der die Affinitåt fçr ATP stark nachlåsst, so dass das Reaktionsprodukt aus dem Zentrum entlassen werden kann. Sobald sich ATP vom katalytischen Zentrum gelæst hat, kann dieses erneut Substrat binden und der Zyklus von vorne beginnen. b Schema, in dem man gleichzeitig die Verånderungen in den drei katalytischen Zentren des Enzyms verfolgen kann. Der Protonenfluss durch den F0-Anteil des Enzyms fçhrt zu einer Drehung der asymmetrischen c-Untereinheit, die den katalytischen Zentren drei verschiedene Seiten zuwendet. Wenn sich die c-Untereinheit dreht, læst sie in den katalytischen Zentren der b-Untereinheiten Konformationsverånderungen aus, wodurch jedes dieser katalytischen Zentren nacheinander die E-, O- und L-Konformation durchlåuft
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Die Zellatmung und das Mitochondrium
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/ 0 7 A !/&% 1997 hatte man zwar die genaue Funktionsweise des F1-Komplexes geklårt, die Beantwortung wesentlicher Fragen zur Struktur und Funktion des membranståndigen F0-Anteils des Enzyms stand aber noch aus. Zu den wichtigsten Fragen gehærte: Welchen Weg nehmen Protonen, wenn sie durch den F0-Komplex wandern, und wie fçhrt diese Bewegung zur Synthese von ATP? Es war postuliert worden, dass
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sind Rotationselemente jedoch åuûerst selten. Es gibt weder rotierende Organellen in eukaryotischen Zellen noch rotierende Gelenke bei Tieren oder Rotationsvorrichtungen fçr die Fçtterung in der biologischen Welt. Wir kennen tatsåchlich nur zwei biologische Strukturen mit Rotationselementen: ATP-Synthasen und bakterielle Flagellen (Abb. 1.14 a; kleines Bild), die man beide als ¹sich drehende Nanomaschinenª bezeichnen kænnte, weil ihre Græûe im Nanobereich liegt. Ingenieure haben begonnen, Apparate aus anorganischen Materialien im Nanobereich zu erfinden, die eventuell eines Tages verschiedene Arten submikroskopischer mechanischer Aktivitåten ausfçhren werden. Motoren im Nanobereich zu konstruieren, ist besonders schwer, und es wurden bereits Versuche unternommen, um mithilfe der ATP-Synthase einfache anorganische Apparate anzutreiben. Eines Tages werden die Menschen vielleicht einige ihrer empfindlichsten Geråte statt mit elektrischer Energie mit ATP betreiben.
n die -Untereinheiten der F0-Basis einen Ring bilden, der in der Lipiddoppelschicht sitzt (Abb. 5.23 b), n der -Ring direkt mit der -Untereinheit der Achse verbunden ist, n der Ring der -Untereinheiten aufgrund des ¹Bergabflussesª der Protonen sich durch die Membran drehen kann, n die Rotation des -Rings von F0 das Drehmoment fçr die Rotation der damit verbundenen -Untereinheit liefert, was dann letztlich zur Synthese und Freisetzung von ATP fçhrt. All diese Vermutungen wurden in den Jahren 1995 bis 2001 durch Befunde beståtigt. Wir wollen uns jeden dieser Punkte genauer ansehen. Eine Reihe von unter anderem ræntgenkristallographischen und rasterkraftmikroskopischen Befunden haben gezeigt, dass die -Untereinheiten tatsåchlich in einem Kreis angeordnet sind und einen ringfærmigen Komplex bilden (Abb. 5.24). Hochauflæsende elektronenmikroskopische Aufnahmen sprechen dafçr, dass sich die beiden -Untereinheiten und die einzelne -Untereinheit des F0-Komplexes auûerhalb des Rings der -Untereinheiten befinden, wie das in Abb. 5.23 b dargestellt ist. Man geht davon aus, dass die -Untereinheiten in erster Linie Strukturelemente der ATP-Synthase sind. Die beiden långlichen -Untereinheiten bilden eine , welche die F0- und F1-Anteile des Enzyms verbindet (Abb. 5.23 b) und zusammen mit der -Untereinheit von F1 die 33-Untereinheiten in einer bestimmten Position fixiert, wåhrend sich die -Untereinheit im Zentrum des Komplexes dreht. Dass sich der -Ring von F0 bei der ATP-Synthese dreht, konnte durch Experimente an Membranpråparaten gezeigt werden, die beståtigten, dass sowohl der -Ring als auch die -Untereinheit wåhrend der enzymatischen Katalyse als
?otoren fungieren. Wie sind diese beiden ¹Bewegungselementeª miteinander verbunden? Jede -Untereinheit ist wie eine Haarnadel gebaut: Sie enthålt zwei Helices, die sich durch die Membran ziehen und durch eine hydrophile Schleife miteinander verbunden sind, die in Richtung des F1-Kopfes heraussteht. Man nimmt an, dass die hydrophilen Schleifen oben an den -Untereinheiten eine Bindungsstelle fçr die Basiselemente der - und -Untereinheiten bilden, die zusammen wie ein ¹Fuûª agieren, der mit dem -Ring verbunden ist (Abb. 5.23 b und 5.29). Aufgrund dieser Verbindung dreht sich mit dem -Ring auch die damit verbundene -Untereinheit. Auf welche Weise die H+-Bewegungen zur Rotation des -Rings fçhren, ist komplizierter und noch nicht ganz geklårt. Abbildung 5.29 zeigt im Modell, wie H+-Ionen durch den F0-Komplex flieûen kænnten. Man sollte bei der folgenden Erærterung dieses Modells daran denken, dass die Untereinheiten des -Rings sich nacheinander an einer feststehenden -Untereinheit vorbeidrehen und die Protonen von jeder -Untereinheit einzeln aus dem Intermembranraum aufgenommen und vollståndig im Kreis herum gefçhrt werden, bevor sie in die Matrix entlassen werden. In diesem Modell enthålt jede -Untereinheit zwei Kanalhålften, die nicht zusammenhången. Eine Kanalhålfte fçhrt vom Intermembranraum (Cytosol) in die Mitte der -Untereinheit und die andere von der Mitte der -Untereinheit in die Matrix. Man hat postuliert, dass jedes Proton vom Intermembranraum durch die eine Kanalhålfte wandert und auf der Oberflåche der angrenzenden -Untereinheit an einen negativ geladenen Asparaginsåurerest bindet (Abb. 5.29). Durch die Bindung des Protons an die Carboxylgruppe kommt es zu einer græûeren Konformationsånderung in der -Untereinheit, die dazu fçhrt, dass sich die Untereinheit ungefåhr 308 gegen den Uhrzeigersinn dreht. Die Bewegung der kurz zuvor protonisierten -Untereinheit bringt die benachbarte Untereinheit im Ring (die in einem frçheren Schritt protonisiert wurde) in eine Position, in der sie sich der zweiten Kanalhålfte der -Untereinheit gegençber befindet. Daraufhin setzt die Asparaginsåure ihr assoziiertes Proton frei, das in die Matrix diffundiert. Anschlieûend nimmt die -Untereinheit wieder ihre ursprçngliche Konformation an und kann dann erneut ein Proton aus dem Intermembranraum aufnehmen und den Zyklus wiederholen. Diesem Modell zufolge wirkt die Asparaginsåure jeder -Untereinheit wie ein rotierender Protonencarrier. Ein Proton springt an einem bestimmten Zugang auf den Carrier auf, wird
Der Apparat fçr die ATP-Synthese
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dann im Kreis herumgefçhrt und an einer bestimmten Ablieferungsstelle wieder freigesetzt. Der Ring dreht sich aufgrund von Konformationsånderungen, die mit der aufeinanderfolgenden Anlagerung und Ablæsung von Protonen am Asparaginsåurerest jeder -Untereinheit einhergehen. In Kap. 5.5.1 wurde erwåhnt, dass der -Ring 10 bis 14 Untereinheiten besitzt, je nachdem, woher er stammt. Der Einfachheit halber gehen wir hier von einem -Ring mit 12 Untereinheiten aus (Abb. 5.29). Dann wçrde der Ring durch die eben beschriebene Aufnahme und Abgabe von vier Protonen um 1208 gedreht. Dadurch wçrde sich die mit dem c-Ring verbundene -Untereinheit ebenfalls um 1208 drehen und der F1-Komplex daraufhin ein neu synthetisiertes ATP-Molekçl freisetzen. Stæchiometrisch
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Die Zellatmung und das Mitochondrium
n Ûberblick çber die wesentlichen Aktivitåten bei der aeroben Atmung in einem Mitochondrium
wçrde somit die Verlagerung von 12 Protonen zu einer vollståndigen Drehung des -Rings und der c-Untereinheit um 3608 sowie der Synthese und Freisetzung von 3 ATP-Molekçlen fçhren. Wenn der Ring mehr oder weniger als 12 Untereinheiten aufweist, åndert sich das Verhåltnis von H+ zu ATP, was man aber leicht im Grundmodell der protonengetriebenen Drehung (Abb. 5.29) berçcksichtigen kann.4 Obwohl die ATP-Synthese die wichtigste Aktivitåt der Mitochondrien sein dçrfte, sind diese Organellen noch an zahlreichen anderen Prozessen beteiligt, die Energie benætigen. Im Gegensatz zu den meisten Organellen, die fçr ihre Aktivi4
Fçr die Erærterung der Folgen, die sich aus einer anderen Anzahl von Untereinheiten ergeben, sei der Leser auf folgende Artikel verwiesen: (2001) Nature Revs Mol Cell Biol 2:669; (2002) Trends Biochem Sci 27:154; (2003) Biochem Biophys Acta 545:61.
tåten vor allem auf die ATP-Hydrolyse angewiesen sind, sind Mitochondrien auf eine andere Energiequelle angewiesen: die protonenmotorische Kraft. Diese ermæglicht beispielsweise die Aufnahme von ADP und Pi in die Mitochondrien im Austausch gegen ATP und H+. Diese und andere Aktivitåten, die wåhrend der aeroben Atmung stattfinden, sind in Abb. 5.30 zusammengestellt. Es gibt noch andere Beispiele: Mithilfe der Energie aus der protonenmotorischen Kraft kænnen Calcium-Ionen ins Mitochondrium geschleust werden, kann die Transhydrogenasereaktion ablaufen, bei der NADPH, die Reduktionseinheit der Zelle (Kap. 3.3.4), gebildet wird, und kænnen Polypeptide, die ein bestimmtes Ziel haben, aus der Matrix in das Mitochondrium gelangen (Kap. 8.9). Wie wir in Kap. 3 gesehen haben, spielt ATP eine wichtige Rolle bei der Steuerung der Geschwindigkeit der Glycolyse und des Citratzyklus, indem es die Aktivitåt der Schlçsselenzyme reguliert. Im Mitochondrium ist die ADPKonzentration ein bestimmender Faktor fçr die Respirationsrate. Bei geringer ADP-Konzentration ist die ATP-Konzentration in der Regel hoch,
Peroxisomen
und es mçssen keine weiteren Substrate oxidiert werden, um die Atmungskette mit Elektronen zu beliefern. Unter diesen Bedingungen wird kaum ATP synthetisiert; daher kænnen keine Protonen mehr mithilfe der ATP-Synthase in die mitochondriale Matrix gelangen. Das fçhrt dazu, dass die protonenmotorische Kraft nachhaltig zunimmt, was wiederum das Pumpen von Protonen in der Elektronentransportkette sowie den Sauerstoffverbrauch der Cytochrom-Oxidase hemmt. Wenn das ATP/ADP-Verhåltnis sinkt, steigt der Sauerstoffverbrauch stark an. Man weiû zwar, dass die Atmungsgeschwindigkeit in den Mitochondrien von vielen Faktoren abhångt, aber kaum, wie die Atmung gesteuert wird.
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n Beide gehen durch Teilung aus bereits vorhandenen Organellen hervor, n beide Arten von Organellen schleusen fertige Proteine aus dem Cytosol ein (Kap. 8.9), n beide haben einen åhnlichen oxidativen Stoffwechsel. Mindestens ein Enzym, die Alanin-GlyoxylatAminotransferase, findet man sowohl in Mitochondrien einiger Såuger (wie Hunde und Kat-
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5.6 Peroxisomen /- sind einfache membranumschlossene Vesikel (Abb. 5.31 a) mit einem Durchmesser von 0,1 bis 1,0 lm und mitunter einem dichten kristallinen Kern aus oxidativen Enzymen. Peroxisomen (oder , wie sie auch genannt werden) sind multifunktionelle Organellen mit çber 50 Enzymen, die so verschiedene Aufgaben haben wie etwa die Oxidation sehr langer Fettsåureketten (VLCFAs: $ $
; eine Kette enthålt in der Regel 24 bis 26 Kohlenstoffatome) und die Synthese von Plasmalogenen, einer ungewæhnlichen Gruppe von Phospholipiden, in denen eine der Fettsåuren çber eine Etherbindung statt einer Esterbindung mit Glycerin verknçpft ist. Plasmalogene findet man sehr håufig in Myelinscheiden, welche die Axone im Gehirn isolieren (Kap. 4.3.1). Fehler in der Plasmalogensynthese kænnen zu einer schweren neurologischen Fehlfunktion fçhren. Auch das Enzym Luciferase, welches das Licht erzeugt, das Glçhwçrmchen aussenden, stammt aus Peroxisomen. Peroxisomen werden in dieses Kapitel mit aufgenommen, weil sie mit den Mitochondrien mehrere Eigenschaften gemeinsam haben:
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b n Abb. 5.31 a, b. % ( # $ a # $
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zen) als auch in den Peroxisomen anderer Såuger (wie Kaninchen und Menschen). Die Organellen wurden als ¹Peroxisomenª bezeichnet, weil in ihnen Wasserstoffperoxid (H2O2), ein sehr reaktionsfreudiges und toxisches Oxidationsmittel, synthetisiert und abgebaut wird. Wasserstoffperoxid wird von einer Reihe peroxisomaler Enzyme wie der Urat-Oxidase, Glycolat-Oxidase und den Aminosåureoxidasen gebildet, die ihre jeweiligen Substrate mithilfe von molekularem Sauerstoff oxidieren
(Abb. 5.31 b). Das in diesen Reaktionen gebildete H2O2 wird schnell wieder vom Enzym Katalase abgebaut, das in diesen Organellen in hohen Konzentrationen vorkommt. Wie wichtig die Peroxisomen fçr den menschlichen Stoffwechsel sind, wird in der folgenden Rubrik ¹Aus Sicht des Menschenª deutlich. Auch Pflanzen enthalten Peroxisomen. Såmlinge besitzen einen speziellen Typ von Peroxisom, das so genannte Glyoxysom (Abb. 5.32). Damit sich eine neue Pflanze entwickeln kann, sind die Såmlinge darauf angewiesen, dass gespeicherte Fettsåuren Energie und Material zur Verfçgung stellen. Eine der wichtigsten Stoffwechselaktivitåten dieser Keimlinge ist die Umwandlung gespeicherter Fettsåuren in Kohlenhydrate. Beim Abbau von gespeicherten Fettsåuren entsteht Acetyl-CoA, das mit Oxalacetat (OAA) zu Citrat kondensiert. Dieses wird dann mithilfe einer Reihe von Enzymen aus dem Glyoxylatzyklus, der im Glyoxysom ablåuft, in Glucose umgewandelt. Welche Bedeutung die Peroxisomen fçr den Stoffwechsel von Blattzellen haben, erlåutern wir in Kap. 6.6.
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Peroxisomen
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Aus Sicht des Menschen
Krankheiten aufgrund defekter Mitochondrien oder Peroxisomen 1962 berichtete Rolf Luft von der Universitåt Stockholm in einem Artikel çber eine Untersuchung der Mitochondrien einer Frau, die unter lang anhaltender Mçdigkeit und Muskelschwåche litt und bei der sowohl der Grundumsatz als auch die Kærpertemperatur erhæht war. Die aus dieser Patientin isolierten Mitochondrien unterlagen aus irgendeinem Grund nicht mehr der normalen Atmungsregulation. Wenn die ADP-Konzentration niedrig ist, hæren isolierte Mitochondrien normalerweise auf, Substrat zu oxidieren. In den Mitochondrien dieser Patientin blieb die Oxidationsrate dagegen unveråndert hoch, selbst wenn das ADP, das phosphoryliert werden sollte, fehlte, so dass sie, statt mechanische Arbeit zu leisten, Wårme erzeugten. Seit diesem ersten Artikel sind diverse Krankheiten bekannt geworden, die auf Abweichungen in der Struktur und Funktion von Mitochondrien zurçckzufçhren sind. Meist sind dabei Muskel- und Nervengewebe besonders betroffen, weil diese
Gewebe den græûten ATP-Bedarf haben. Je nach den Umstånden, die spåter erærtert werden, zeigen sich verschiedene Schweregrade; die Bandbreite reicht von Krankheiten, die bereits in der Kindheit zum Tod fçhren, çber Krankheiten, die zu Anfållen, Blindheit, Taubheit und/oder Zwischenfållen, die einem Schlaganfall åhneln, fçhren, bis zu leichten Krankheitserscheinungen, die von rascher Erschæpfung bei kærperlicher Bewegung oder bewegungsunfåhigen Spermien geprågt sind. Patienten mit schweren Erkrankungen weisen allgemein anomale Skelettmuskelfasern mit groûen peripheren Aggregaten von Mitochondrien auf (Abb. 1 a). Bei genauerer Untersuchung findet man in den Mitochondrien viele ungewæhnliche Einschlçsse, weshalb die Mitochondrien mitunter wie ein ¹Parkplatzª aussehen kænnen (Abb. 1 b). Ûber 95% der Polypeptide der Atmungskette werden von Genen aus dem Kern codiert; daher wçrde man erwarten, dass zahlreiche mitochondriale Krankheiten auf Mutationen im Kern zurçckzufçhren sind. Dennoch wurde erst 1995 die erste solcher krankheitsverursachenden Mutationen beschrieben und zwar im
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Die Zellatmung und das Mitochondrium
Gen fçr die Untereinheit des Flavoproteins aus dem Enzym Succinat-Dehydrogenase, das zum Citratzyklus gehært. Seitdem hat man zwar noch weitere Mutationen im Kern mit mitochondrialen Krankheiten in Zusammenhang gebracht, aber einen weitaus hæheren Anteil dieser Erkrankungen auf Mutationen in der mitochondrialen DNA oder mtDNA zurçckgefçhrt. Die schwersten Krankheiten werden in der Regel durch Mutationen (oder Deletionen) in den Genen fçr die mitochondrialen Transfer-RNAs verursacht, die fçr die Synthese aller 13 in menschlichen Mitochondrien gebildeten Polypeptide erforderlich sind. Weil alle Gene in der mtDNA Proteine codieren, die fçr die oxidative Phosphorylierung benætigt werden, sollte man annehmen, dass alle Mutationstypen in der mtDNA zu åhnlichen Krankheitserscheinungen fçhren. Das ist aber nicht der Fall. Die Vererbung mitochondrialer Erkrankungen widerspricht auf vielfache Weise den Mendelschen Vererbungsregeln fçr die Gene im Kern. Die Mitochondrien in den Zellen eines menschlichen Embryos stammen alle von den Mitochondrien ab, die sich zur Zeit der Empfångnis im Ei befanden ± das Spermium ist also nicht beteiligt. Daher zeigen mitochondriale Krankheiten einen maternalen Erbgang.a Darçber hinaus kænnen die Mitochondrien einer Zelle sowohl normale (d. h. Wildtyp) als auch mutierte mtDNA enthalten, was als 2 bezeichnet wird. Wie viel mutierte mtDNA eine Person besitzt, kann von Organ zu Organ schwanken; doch normalerweise treten nur dann klinische Symptome auf, wenn in einem bestimmten Gewebe Mitochondrien mit fehlerhaften genetischen Informationen çberwiegen. Wegen dieser Variabilitåt kænnen Mitglieder einer Familie, die alle dieselbe Mutation in der mtDNA aufweisen, ganz unterschiedliche Symptome haben. Personen mit einem hæheren Anteil an mutierten Mitochondrien erkranken vermutlich schwerer. Als weiterer Unterschied zwischen Kernund Mitochondrien-DNA wird erstere durch eine Reihe von DNA-Reparatursystemen vor Schåden bewahrt (Kap. 13.2), die in Mitochon-
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Diese Aussage gilt wohl nicht uneingeschrånkt. 2002 wurde ein Fall einer mitochondrialen Krankheit veræffentlicht, die auf die Mitochondrien des Vaters zurçckzufçhren war.
drien generell fehlen. Mitochondriale DNA kann auch hæheren Konzentrationen von mutagenen Sauerstoffradikalen (¹Aus Sicht des Menschenª in Kap. 2.1.2) ausgesetzt sein. Aus den genannten Grçnden ist die Mutationsrate der mtDNA zehnmal so hoch wie die der Kern-DNA. Bei Zellen von ålteren Personen findet man tatsåchlich mehr Mutationen in der mtDNA als bei entsprechenden Zellen jçngerer Personen. Man hat vermutet, dass solche Mutationen zu einer anomalen mitochondrialen Funktion fçhren kænnten, was wiederum bestimmte spåt ausbrechende Erkrankungen oder sogar den Altersprozess selbst auslæsen kænnte (¹Aus Sicht des Menschenª in Kap. 2.1.2). Mitochondriale Mutationen håufen sich besonders in Zellen an, die, wie etwa die Zellen im Nerven- und Muskelgewebe, fçr einen langen Zeitraum im Kærper verbleiben. Einige håufige neurologische Krankheiten, die erst spåt ausbrechen, besonders die ParkinsonKrankheit (PD), kænnten durch degenerative Verånderungen der Mitochondrienfunktion verursacht werden. Diese Mæglichkeit wurde erstmals Anfang der 1980er Jahre ins Auge gefasst, als mehrere junge Drogenabhångige ins Krankenhaus kamen wegen eines plætzlichen Ausbruchs von schwerem Muskelzittern, wie er fçr ein fortgeschrittenes Stadium der Parkinson-Krankheit bei ålteren Patienten charakteristisch ist. Man fand heraus, dass sich diese Personen intravenæs synthetisches Heroin gespritzt hatten, das mit einer Verbindung namens MPTP kontaminiert war. Weitere Studien ergaben, dass MPTP den Komplex I der Atmungskette in den Mitochondrien schådigt, was zum Untergang der Nervenzellen in der Substantia nigra fçhrt, dem Gehirnbereich, der auch bei Patienten mit PD geschådigt ist. Als man die Zellen aus der Substantia nigra von Parkinson-Patienten untersuchte, zeigten sie ebenfalls eine deutliche und selektive Abnahme der Komplex-I-Aktivitåt. In neuerer Zeit haben Untersuchungen ergeben, dass bestimmte Pestizide, speziell Rotenon, ein bekannter Hemmstoff von Komplex I, mæglicherweise Risikofaktoren fçr die Entwicklung einer PD sind. Wenn man Ratten Rotenon verabreicht, werden deren Dopamin produzierenden Neuronen zerstært, was auch fçr die menschliche Krankheit charakteristisch ist. Dieser mæglichen Verbindung zwischen Rotenon und der Parkinson-Krankheit wird nachgegangen.
Peroxisomen
/- Das Zellweger-Syndrom (ZS) ist eine seltene Erbkrankheit, die durch eine Vielzahl an neurologischen und visuellen Ausfållen sowie von Leberanomalien gekennzeichnet ist und bereits in der Kindheit zum Tod fçhrt. 1973 berichteten Sidney Goldfischer und seine Mitarbeiter vom Albert Einstein College of Medicine, dass die Leber- und Nierenzellen dieser Patienten keine Peroxisomen enthalten. Weitere Untersuchungen ergaben, dass die Zellen dieser Personen zwar Peroxisomen enthielten, dass es sich dabei aber um Membranhçllen, um ¹%ª handelte, also Organellen, denen die normalen peroxisomalen Enzyme fehlten. Diese Personen kænnen zwar peroxisomale Enzyme bilden, aber die Enzyme kænnen nicht in die Peroxisomen eingeschleust werden, so dass sie çberwiegend im Cytosol bleiben, wo sie ihre normalen Funktionen nicht erfçllen kænnen. Genetische Untersuchungen der Zellen von ZS-Patienten ergaben, dass die Krankheit durch Mutationen in mindestens 12 verschiedenen Genen verursacht werden kann, die alle Proteine fçr die Aufnahme peroxisomaler Enzyme aus dem Cytosol codieren. Als man Hefeståmme mit åhnlichen Defekten in der Peroxisomenentwicklung entdeckte, gab dies den Untersuchungen dieser Krankheit am Menschen erneut Auftrieb. Die fçr diese Defekte verantwortlichen Gene wurden bald isoliert ± zuerst aus Hefe, dann aus Menschen. Die Produkte dieser Gene fungieren entweder als Rezeptoren fçr peroxisomale Proteine oder gehæren zu dem Apparat, der diese Proteine çber die peroxisomale Membran transportiert
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(Kap. 8.9). Wird eine dieser Funktionen zerstært, entstehen nur leere Peroxisomen. Im Gegensatz zum Zellweger-Syndrom, bei dem eine breite Palette an peroxisomalen Funktionen betroffen sind, fehlt bei einer Reihe von Erbkrankheiten nur ein einziges peroxisomales Enzym. Eine dieser Krankheiten, die nur auf einem einzigen fehlerhaften Enzym beruhen, ist die Adrenoleukodystrophie (ALD), die 1993 im Film ¹Lorenzos Úlª thematisiert wurde. Jungen, die an ALD erkrankt sind, zeigen ab Mitte der Kindheit Symptome einer Insuffizienz der Nebennieren und einer neurologischen Fehlfunktion. Die Erkrankung beruht auf einem Defekt in einem Membranprotein, das sehr lange Fettsåureketten (VLCFAs) in die Peroxisomen transportiert, wo sie normalerweise abgebaut werden. Fehlt dieses Protein, håufen sich im Gehirn VLCFAs an und zerstæren dort die Myelinscheiden, welche die Nervenzellen isolieren. In ¹Lorenzos Úlª entdecken die Eltern des Jungen, der an ALD leidet, dass eine Ernåhrung, die reich an bestimmten Fettsåuren ist, das Fortschreiten der Krankheit verzægern kann. Folgeuntersuchungen kamen zu widersprçchlichen Ergebnissen, was den Wert dieser Ernåhrungsweise betrifft. Eine Reihe von ALD-Patienten wurde mit Erfolg behandelt, indem man ihnen Knochenmark transplantierte, das sie mit normalen Zellen versorgte, die VLCFAs abbauen kænnen, und Arzneimittel (wie Lovastatin) verschrieb, welche die VLCFA-Konzentration senken kænnen. Darçber hinaus sind klinische Studien zur Gentherapie geplant.
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Die Zellatmung und das Mitochondrium
Zusammenfassung D ( 1D 1
H $ ' 3+ 4" :D 0 Die åuûere Membran ist so poræs, weil sie integrale Proteine, die Porine, enthålt. Die Architektur der inneren Membran und die offensichtliche Fluiditåt ihrer Doppelschicht erleichtern Wechselwirkungen von Komponenten, die fçr den Elektronentransport und die ATP-Synthese erforderlich sind. Die innere Membran umgibt eine gelartige Matrix, in der sich neben Proteinen ein genetisches System befindet, das aus DNA, RNA, Ribosomen sowie dem gesamten Apparat besteht, der fçr die Transkription und Translation der genetischen Information erforderlich ist. Viele Eigenschaften der Mitochondrien sind auf ihre vermutliche Evolution aus frçhzeitlichen symbiotischen Bakterien zurçckzufçhren (Kap. 5.1).
- 9 ' " / 9 % " / # ' '" !/ ' 0 Pyruvat und NADH sind die beiden Reaktionsprodukte der Glycolyse. Pyruvat wird çber die innere Mitochondrienmembran geschleust, dann decarboxyliert und zusammen mit Coenzym A zur Synthese von Acetyl-CoA verwendet. Dieses wird dann mit Oxalacetat zu Citrat kondensiert, das dann in den Citratzyklus eingespeist wird. Wenn es die Reaktionen des Citratzyklus durchlåuft, werden aus dem Citrat zwei Kohlenstoffatome entfernt und als CO2 freigesetzt, der am stårksten oxidierten Form des Kohlenstoffatoms. Die den Substraten entzogenen Elektronen werden auf FAD und NAD+ çbertragen und so FADH2 und NADH gebildet. Fettsåuren werden zu Acetyl-CoA abgebaut, das in den Citratzyklus eingespeist wird, und alle 20 Aminosåuren werden entweder zu Pyruvat, Acetyl-CoA oder Metaboliten des Citratzyklus abgebaut. Daher ist der Citratzyklus der Stoffwechselweg, in den die wichtigsten katabolen Stoffwechselwege der Zelle mçnden (Kap. 5.2.1). #" 9 & 2F )2 '" ' 9 # (F ' 0 ' #
$" 2 : $ ' 0 Mithilfe des gesteuerten Protonenrçckflusses çber die Membran durch ein ATP-synthetisierendes Enzym wird am katalytischen Zentrum des Enzyms ATP gebildet. Jedes Elektronenpaar aus dem NADH setzt gençgend Energie fçr die Bildung von etwa drei ATPs frei, wåhrend die Energie, die von einem Elektronenpaar aus FADH2 freigesetzt wird, nur fçr die Bildung von zwei ATPs reicht (Kap. 5.2.1). 9 # $ ' " ' # 9 3 4
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0 Das Standardredoxpotenzial eines Paares wird unter Standardbedingungen gemessen und mit dem Paar H2/H+ verglichen. Das Standardredoxpotenzial von NADH/NAD+ betrågt ±0,32 V, worin sich die Tatsache widerspiegelt, dass NADH ein starkes Reduktionsmittel ist, also eines, das seine Elektronen leicht abgibt. Das Standardredoxpotenzial von H2O/O2 liegt bei +0,82 V; das erklårt sich dadurch, dass O2 ein starkes Oxidationsmittel ist, also eine groûe Elektronenaffinitåt aufweist. Der Unterschied von 1,14 V zwischen beiden Paaren liefert ein Maû dafçr, wie viel Freie Enthalpie entsteht (52,6 kcal/mol), wenn ein Elektronenpaar von NADH entlang der gesamten Elektronentransportkette auf O2 çbertragen wird (Kap. 5.3.1). 6 #
9 9 + +% 21" 9 9 " # & '/ " + 0 Flavoproteine und Chinone kænnen Wasserstoffatome aufnehmen und abgeben, Cytochrome, Kupferatome und Eisen-Schwefel-Proteine kænnen dagegen nur Elektronen aufnehmen und abgeben. Die Carrier der Elektronentransportkette sind so angeordnet, dass das positive Redoxpotenzial immer weiter ansteigt. Die verschiedenen Carrier sind in vier groûen Multiproteinkomplexen organisiert. Cytochrom und Ubichinon sind mobil und kænnen Elektronen zwischen den græûeren Komplexen hin- und hertransportieren. Wenn Elektronenpaare die Komplexe I, III und IV entlang wandern, wird eine spezifische Anzahl von Protonen von der
Zusammenfassung
Matrix çber die Membran in den Intermembranraum geschleust. Mithilfe dieses Protonenflusses bauen die Elektronentransportkomplexe den Protonengradienten auf, in dem Energie gespeichert wird. Der letzte Komplex ist die Cytochrom-Oxidase, die Elektronen vom Cytochrom auf O2 çbertrågt, und es so zu Wasser reduziert, ein Schritt, bei dem ebenfalls Protonen aus der Matrix abgezogen werden, so dass der Protonengradient noch steiler wird (Kap. 5.3.3). / $ /$ & "
$ 8 0 Der Protonengradient besteht daher aus zwei Komponenten ± einem Spannungs- und einem pHGradienten ±, deren Græûenordnung davon abhångt, inwieweit andere Ionen die Membran passieren. Zusammen bilden die beiden Anteile eine protonenmotorische Kraft (Dp). In Mitochondrien von Såugern liefert der Spannungsgradient etwa 80% der Freien Enthalpie von Dp und der pH-Gradient 20% (Kap. 5.4). #$%" !/7 %
" D - !/ &% 0 Die ATP-Synthase enthålt zwei verschiedene Elemente: einen F1-Kopf, der in die Matrix hereinragt und auch die katalytischen Zentren umfasst, sowie eine F0-Basis, die in die Lipiddoppelschicht eingebettet ist und einen Kanal bildet, durch den Protonen aus dem Intermembranraum in die Matrix geleitet wer-
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den. Nach der inzwischen allgemein akzeptierten Hypothese vom Bindungswechsel fçhrt der kontrollierte Protonenstrom durch den F0-Anteil des Enzyms zur Drehung der -Untereinheit des Enzyms, die sich durch die Achse zieht und die F0 und F1-Anteile des Enzyms verbindet. Die -Untereinheit dreht sich aufgrund der Rotation des -Rings der F0-Basis, die durch den Protonenstrom durch die Halbkanåle der -Untereinheit ausgelæst wird. Durch die Drehung der -Untereinheit kommt es zu Konformationsånderungen in den katalytischen Zentren von F1, so dass ATP gebildet werden kann. Es gibt Hinweise darauf, dass die Energie nicht fçr die Phosphorylierung von ADP, sondern fçr die Freisetzung des ATPs aus dem aktiven Zentrum benætigt wird, zu der es aufgrund der induzierten Konformationsånderungen kommt. Auûer fçr die ATPSynthese liefert die protonenmotorische Kraft auch die nætige Energie fçr eine Reihe von Transportvorgången; dazu gehæren ein Austausch von ATP, das ins Cytosol freigesetzt wird, gegen ADP, das in die Mitochondrien aufgenommen wird, ferner die Aufnahme von Phosphat- und Calcium-Ionen sowie der Import mitochondrialer Proteine (Kap. 5.5.1). /- % . " 9 9 &' ' " :% 1 (- " 2F(F (Kap. 5.6).
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Die Zellatmung und das Mitochondrium
Zur Selbstçberprçfung 1. Betrachten Sie die Reaktion A:H+B ? B:H+A. Wenn das Verhåltnis [B:H]/[B] im Gleichgewichtszustand 2,0 entspricht, so kann man daraus schlieûen, dass (1) B:H das stårkste Reduktionsmittel der vier Komponenten ist; (2) das Redoxpotenzial des Paares (A:H/A) stårker negativ ist als das der Paares (B:H/B); (3) keine der vier Komponenten ein Cytochrom ist; (4) die mit B assoziierten Elektronen mehr Energie enthalten als die mit A assoziierten. Welche dieser Aussagen sind wahr? Zeichnen Sie eine der Teilreaktionen dieser Redoxreaktion auf. 2. Das membranumhçllte Vesikel eines submitochondrialen Partikels kann nach der Entfernung der F1-Kugeln (1) NADH oxidieren; (2) aus O2 H2O bilden; (3) einen Protonengradienten erzeugen; (4) ADP phosphorylieren. Welche dieser Aussagen sind wahr? Was wçrde sich, wenn çberhaupt, an der Antwort åndern, wenn intakte submitochondriale Partikel untersucht wçrden, die mit Dinitrophenol behandelt worden wåren? 3. Protein A ist ein Flavoprotein mit einem Redoxpotenzial von ±0,2 V. Protein B ist ein Cytochrom mit einem Redoxpotenzial von +0,1 V. a. Zeichnen sie die Teilreaktionen fçr jeden dieser beiden Elektronencarrier auf. b. Geben Sie an, zu welcher Reaktion es kommen wçrde, wenn man reduzierte A-Molekçle mit oxidierten B-Molekçlen mischen wçrde. c. Welche der beiden Verbindungen aus der Reaktion in Teil b låge in hæherer Konzentration vor, wenn die Reaktion einen Gleichgewichtszustand erreicht håtte? 4. Welche der folgenden Substanzen ist das stårkste Reduktionsmittel und welche das stårkste Oxidationsmittel: Ubichinon, Cytochrom , NAD+, NADH, O2, H2O? Welche hat die græûte Elektronenaffinitåt? 5. Wie wçrde sich es auf die protonenmotorische Kraft an der inneren Mitochondrienmembran auswirken, wenn festgestellt wçrde, dass Chlorid-Ionen die innere Mitochondrienmembran leicht passieren kænnten? 6. Sehen Sie sich den Energieabfall beim Elektronentransport in Abb. 5.14 an. Wie wçrde sich diese Kurve åndern, wenn der ursprçngliche Elektronendonor FADH2 und nicht NADH wåre?
7. Wçrden Sie erwarten, dass die protonenmotorische Kraft durch den Import von Pi abnimmt? Warum? 8. In der Zusammenstellung der Standardredoxpotenziale in Tabelle 5.1 ist das Paar Oxalacetat/Malat nicht so negativ wie das Paar NAD+/NADH. Wie lassen sich diese Werte mit dem Elektronentransport von Malat auf NAD+ im Citratzyklus in Einklang bringen? 9. Wie viele energiereiche Triphosphate entstehen bei der Substratkettenphosphorylierung in jedem Citratzyklus, wenn man nur die Reaktionen des Citratzyklus berçcksichtigt? Wie viele werden bei der oxidativen Phosphorylierung gebildet? Wie viele Molekçle CO2 werden freigesetzt? Wie viele Molekçle FAD werden reduziert? Wie viele Elektronenpaare werden von ihrem Substrat abgezogen? 10. Protonen flieûen in beiden Richtungen durch die innere Mitochondrienmembran. In eine Richtung flieûen sie aufgrund des Elektronentransports. Was veranlasst sie, in die andere Richtung zu flieûen? 11. Pro Elektronenpaar sinkt D%8 um ±52,6 kcal/mol; bei der ATP-Synthese nimmt D%8 um +7,3 kcal/mol zu. Wenn pro Elektronenpaar, das seinem Substrat entzogen wird, drei ATP gebildet werden, kann man dann daraus schlieûen, dass die oxidative Phosphorylierung nur einen Wirkungsgrad von 21,9/52,6 oder 42% hat? Begrçnden Sie Ihre Antwort. 12. Erwarten Sie, dass stoffwechselaktive isolierte Mitochondrien das Medium, in dem sie sich befinden, saurer oder alkalischer machen? Wçrde Ihre Antwort genauso ausfallen, wenn Sie mit submitochondrialen Partikeln und nicht mit Mitochondrien arbeiten wçrden? Warum? 13. Angenommen, fçr die Synthese eines ATPMolekçls mçssten drei Protonen transferiert werden. Berechnen Sie, wie viel Energie durch die Passage dreier Protonen in die Matrix freigesetzt wçrde (weitere Informationen dazu in Kap. 5.3.3). 14. Kænnten isolierte Mitochondrien mithilfe der Glucose-Oxidation ATP bilden? Warum oder warum nicht? Welche Verbindung wçrde man einer Læsung mit isolierten Mitochondrien zusetzen, damit ATP synthetisiert wçrde?
Weiterfçhrende Literatur
15. Berechnen Sie, wie viel Energie freigesetzt wçrde, wenn FADH2 durch molekularen O2 unter Standardbedingungen oxidiert wçrde. 16. Beantworten Sie aufgrund ihres Wissens çber die Organisation des Mitochondriums und der ATP-Synthese folgende Fragen und erklåren Sie jeweils kurz ihre Antworten. a. Wie wçrde es sich auf die ATP-Produktion auswirken, wenn man eine Substanz (Protonophor) zusetzen wçrde, die die Mitochondrienmembran fçr Protonen durchlåssig macht? b. Wie wçrde es sich auf den pH-Wert der mitochondrialen Matrix auswirken, wenn der Sauerstoffvorrat reduziert wçrde? c. Angenommen, der Glucosevorrat der Zelle ist weitgehend aufgebraucht. Wie wçrde sich das auf die CO2-Produktion der Mitochondrien auswirken? 17. Angenommen, Sie kænnten das Potenzial der inneren Mitochondrienmembran eines isolierten Mitochondriums veråndern. Sie messen, dass der pH-Wert der mitochondrialen Matrix bei 8,0 und der der Nåhrlæsung bei 7,0 liegt. Sie fixieren das Potenzial der inneren Membran bei +59 mV ±
ternetseite www.wiley.com/college/karp Erweitern sie Ihr Verståndnis, indem sie Karps Internetseite ¹Zell- und Molekularbiologieª besuchen. Dort finden Sie ' die gestellten $ & , , die schwierige Sachverhalte und Begriffe verdeutlichen, , die Ihnen bei Prçfungsvorbereitungen helfen, sowie 8 zu interessanten Seiten im Netz. Zusåtzlich zu der Literaturliste unten kann man auf der Internetseite auch noch ' 8 finden.
5.7 Weiterfçhrende Literatur & Babcock GT (1999) How oxygen is activated and reduced in respiration. Proc Nat'l Acad Sci USA 96:12971±12973 Berry EA et al (2000) Structure and function of cytochrome bc complexes. Annu Rev Biochem 69:1005±1077 Bælter B, Soll J (2001) Ion channels in the outer membranes of chloroplasts and mitochondria: open doors or regulated gates. EMBO J 20:935±940
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d. h. sie zwingen die Matrix, 59 mV positiv gegençber der Nåhrlæsung zu sein. Kann das Mitochondrium unter diesen Bedingungen mithilfe des Protonengradienten ATP synthetisieren? Begrçnden Sie Ihre Antwort. 18. Angenommen, Sie kænnten eine ATP-Synthase ohne -Untereinheit synthetisieren. Was wçrde das fçr die katalytischen Zentren der -Untereinheiten eines solchen Enzyms bedeuten? Warum? 19. Man kann die ATP-Synthase in zwei funktionelle Bereiche unterteilen: einen ¹Statorª, dessen Untereinheiten sich wåhrend der Katalyse nicht bewegen, und einen ¹Rotorª, dessen Teile sich bewegen. Aus welchen Untereinheiten des Enzyms bestehen jeweils diese beiden Bereiche? Wie hången die unbeweglichen Teile des Stators in F0 strukturell mit den unbeweglichen Teilen des Stators von F1 zusammen? 20. Zellen besitzen ein Protein namens IF, das fest an das katalytische Zentrum der ATPSynthase bindet und dessen Aktivitåt unter bestimmten Bedingungen hemmt. Kænnen Sie sich Umstånde vorstellen, unter denen ein solcher Hemmstoff in der Zelle von Vorteil wåre?
Boyer PD (1997) The ATP synthase ± A splendid molecular machine. Annu Rev Biochem 66:717±749 Capaldi RA, Aggeler R (2002) Mechanism of the F1F0-type ATP synthase, a biological rotary motor. Trends Biochem Sci 27:154±160 Cecchini G (2003) Function and structure of complex II of the respiratory chain. Annu Rev Biochem 72:77±109 Cross RL (2004) Turning the ATP motor. Nature 427: 407± 408 Fillingame RH, Dmitriev OY (2002) Structural model of the transmembrane F0 rotary section of H+-transporting ATP synthase. Biochim Biophys Acta 1565:232±245 Garlid KD et al (2000) How do uncoupling proteins uncouple? Biochim Biophys Acta 1459:383±389 Gennis RB (1998) Cytochrome c oxidase: One enzyme, two mechanisms. Science 280:1712±1713 Harris DA (1995) Bioenergetics at a Glance. Blackwell, Oxford Hederstedt L (2003) Complex II is complex too. Science 299: 671±672 Senior AE, Weber J (2004) Happy motoring with ATP synthase. Nature Struct Biol 11:110±112 Slater EC (1981) The discovery of oxidative phosphorylation. Trends Biochem Sci 6:226±227 Weber J, Senior AE (2003) ATP synthase during proton transport in F1F0-ATP synthase. FEBS Lett 545:61±70 Westermann B, Neupert W (2003) ¹Omicsª of the mitochondrion. Nature Biotech 21:239±240 [Proteomik des Mitochondrions]
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Die Zellatmung und das Mitochondrium
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Photosynthese und der Chloroplast
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6.1 Struktur und Funktion des Chloroplasten 6.2 Ein Ûberblick çber den Photosynthesestoffwechsel 6.3 Die Lichtabsorption 6.4 Photosynthese-Einheiten und Reaktionszentren 6.5 Photophosphorylierung 6.6 Kohlendioxidfixierung und Kohlenhydratsynthese
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Die ersten Lebensformen auf der Erde mçssen ihre Grundsubstanzen und ihre Energie aus einfachen organischen Molekçlen erhalten haben, die in ihrer wåssrigen Umgebung gelæst waren. Diese organischen Molekçle mussten entstanden sein, d. h. aufgrund nichtbiologischer chemischer Reaktionen in den Meeren der Urzeit. Genauso wie wir çberleben, weil wir Nåhrstoffe aus unserer Umwelt zu uns nehmen, mçssen dies auch die ursprçnglichen Lebensformen getan haben. Organismen, die darauf angewiesen sind, von auûen organische Verbindungen zu erhalten, bezeichnet man als 0
Die Anzahl der heterotrophen Organismen, die auf der urzeitlichen Erde lebten, muss sehr begrenzt gewesen sein, weil organische Molekçle sich nur sehr langsam spontan bilden. Die Evolution des Lebens auf der Erde erlebte einen enormen Aufschwung, als Organismen mit einer vollkommen neuen Stoffwechselstrategie auftraten. Im Gegensatz zu ihren Vorgångern konnten diese Organismen ihre organischen Nåhrstoffe aus den einfachsten Formen anorganischer Molekçle wie Kohlendioxid (CO2) und Schwefelwasserstoff (H2S) selbst herstellen. Organismen, die mit CO2 als Hauptkohlenstoffquelle leben kænnen, werden als bezeichnet.
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Photosynthese und der Chloroplast
Um aus CO2 komplexe organische Molekçle herstellen zu kænnen, wird viel Energie benætigt. Im Verlauf der Evolution haben sich zwei Haupttypen von autotrophen Organismen entwickelt, die sich aufgrund ihrer Energiequelle unterscheiden. + nutzen die Energie anorganischer Molekçle (wie Ammoniak, Schwefelwasserstoff oder Nitrite), um CO2 in organische Verbindungen umzuwandeln, wåhrend / dafçr die Energie der Sonnenstrahlen verwenden. Weil alle chemoautotrophen Organismen Prokaryoten sind und sie insgesamt nur relativ wenig zur Bildung von Biomasse auf der Erde beitragen, wollen wir auf ihre Stoffwechselaktivitåt nicht weiter eingehen. Photoautotrophe Organismen sind dagegen dafçr verantwortlich, dass die Energie aufgefangen wird, welche die Aktivitåten der meisten Organismen auf der Erde ermæglicht. Zu den Photoautotrophen gehæren Pflanzen und eukaryotische Algen, verschiedene Protisten mit Flagellen sowie mehrere Gruppen von Prokaryoten. All diese Organismen betreiben / % , einen Prozess, bei dem die Energie des Sonnenlichts in chemische Energie umgewandelt, d. h. in Kohlenhydraten und anderen organischen Molekçlen gespeichert wird. Wåhrend der Photosynthese werden einer Donor-Verbindung relativ energiearme Elektronen entzogen und mithilfe der aus dem Licht absorbierten Energie in energiereiche Elektronen verwandelt.1 Diese energiereichen Elektronen werden dann zur Synthese reduzierter biologischer Molekçle wie Stårke und Úle verwendet. Wahrscheinlich benutzten die ersten Gruppen von Photoautotrophen, welche die Erde wohl 2 Mrd. Jahre lang beherrscht haben, Schwefelwasserstoff als Elektronenquelle fçr die Photosynthese ± und zwar nach folgender Reaktion
karyoten auf, der eine Elektronenquelle nutzen konnte, die sehr viel ergiebiger ist, nåmlich Wasser. Die Nutzung des Wassers erlaubte diesen Organismen, den Cyanobakterien, nicht nur, ein sehr viel breiteres Spektrum an Lebensråumen auf der Erde zu bewohnen (Abb. 1.15), sie lieferte auûerdem noch ein Abfallprodukt, das fçr alle Lebensformen enorme Konsequenzen hatte. Das Abfallprodukt war molekularer Sauerstoff (O2), der durch die Reaktion Licht
CO2 + H2O ! (CH2O) + O2 entstand. Die Umstellung von H2S auf H2O als Substrat fçr die Photosynthese ist allerdings doch komplizierter als nur einen Buchstaben in der Reaktionsformel auszutauschen. Das Redoxpotenzial des S/H2S-Paares betrågt ±0,25 V, wåhrend das fçr das O2/H2O-Paar bei +0,816 V liegt (Kap. 5.3.1). Mit anderen Worten: Das Schwefelatom im einem H2S-Molekçl hat eine viel geringere Affinitåt fçr seine Elektronen (und kann daher leichter oxidiert werden) als das Sauerstoffatom
Licht
CO2 + 2H2S ! (CH2O) + H2O + 2 S in der (CH2O) eine Kohlenhydrateinheit darstellt. Es gibt unter den heute lebenden Bakterien noch viele, die diese Art der Photosynthese betreiben; ein Beispiel dafçr zeigt Abb. 6.3. Da aber Schwefelwasserstoff heutzutage weder reichlich vorhanden noch weit verbreitet ist, sind Organismen, die von dieser Verbindung als Elektronenquelle abhångig sind, auf Lebensråume wie Schwefelquellen und Tiefseeschlote beschrånkt. Vor etwa 2,7 Mrd. Jahren tauchte auf der Erde ein neuer Typ von photosynthetisch aktiven Pro1 Zum Begriff ¹energiereiche Elektronenª siehe die entsprechende Fuûnote in Kap. 5.2.
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im einem H2O-Molekçl. Wenn daher ein Organismus eine -% Photosynthese betreibt, bei der Sauerstoff freigesetzt wird, muss er in seinem Photosynthesestoffwechsel ein sehr starkes Oxidationsmittel erzeugen, um dem Wasser die fest gebundenen Elektronen zu entreiûen. Fçr den Wechsel von H2S (oder anderen reduzierten Substraten) zu H2O als Elektronenquelle fçr die Photosynthese war daher eine Generalçberholung des Photosyntheseapparates erforderlich. Irgendwann lieû sich eines dieser urzeitlichen O2-produzierenden Cyanobakterien in einer prokaryotischen Zelle nieder, die Mitochondrien enthielt und nicht photosynthetisch aktiv war. Mit der Zeit wandelte sich das symbiotische Cyanobakterium von einem eigenståndigen Organismus, der in einer Wirtszelle lebte, in ein cytoplasmatisches Organell, den + . Im Verlauf der Evolution des Chloroplasten gingen die meisten Gene, die ursprçnglich im symbiotischen Cyanobakterium vorhanden waren, verloren oder wurden auf den Kern der Pflanzenzelle çbertragen. Daher werden die Polypeptide, die man in den heutigen Chloroplasten findet, sowohl vom Kern- als auch vom Chloroplastengenom codiert. Umfangreiche genetische Analysen der Chloroplastengenome sprechen dafçr, dass alle heutigen Chloroplasten aus einer einzigen urzeitlichen symbiotischen Beziehung hervorgegangen sind. Wegen ihrer gemeinsamen Herkunft åhneln sich Chloroplasten und Cyanobakterien in vielen grundlegenden Merkmalen, darunter auch ihrem Photosyntheseapparat, der auf den folgenden Seiten ausfçhrlich vorgestellt wird.
/! Struktur und Funktion des Chloroplasten Chloroplasten befinden sich çberwiegend in den Mesophyllzellen der Blåtter. Abb. 6.2 zeigt den Aufbau eines Blattes und die Anordnung der Chloroplasten rund um die zentrale Vakuole einer Mesophyllzelle. Die in der Regel 20 bis 40 Chloroplasten einer hæheren Pflanzenzelle sind im Allgemeinen linsenfærmig (Abb. 6.3), ungefåhr 2±4 lm breit und 5 bis 10 lm lang. Mit diesen Ausmaûen gehæren Chloroplasten zu den Riesen unter den Organellen ± sie sind so groû wie ein ganzes rotes Blutkærperchen eines Såugers. 1881 fand der deutsche Biologe T. Engelmann durch ein geschicktes Experiment heraus, dass die Photosynthese in Chloroplasten stattfindet. Engelmann beleuchtete Zellen der Grçnalge $ und entdeckte, dass sich in der Nåhe des groûen bandfærmigen Chloroplasten (Abb. 1.5)
Struktur und Funktion des Chloroplasten
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n Abb. 6.2. @ % % ( " 8I 8 ( 8 # I
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auûen auf der Zelle Bakterien ansammelten. Die Bakterien nutzten die winzigen Sauerstoffmengen, die bei der Photosynthese des Chloroplasten frei wurden, fçr ihre Atmung. Auûen ist ein Chloroplast von einer Hçlle aus zwei Membranen umgeben, die durch einen engen Zwischenraum getrennt sind (Abb. 6.3). Wie die åuûere Membran eines Mitochondriums enthålt auch die åuûere Membran eines Chloroplasten mehrere verschiedene Porine (Kap. 5.1.2). Obwohl die Kanåle in diesen Proteinen relativ groû sind (in der Græûenordnung von 1 nm), zeigen sie dennoch eine Selektivitåt fçr verschiedene gelæste Stoffen und sind daher fçr wichtige Metaboliten nicht so frei permeabel, wie das håufig zu lesen ist. Die innere Membran der Hçlle ist vollkommen undurchlåssig; diese
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Photosynthese und der Chloroplast
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Membran kænnen Substanzen nur mithilfe einer Reihe von Transportern passieren. Ein Groûteil des Photosyntheseapparats des Chloroplasten ± einschlieûlich seiner lichtabsorbierenden Pigmente, einer komplexen Kette von Elektronencarriern und eines ATP-Syntheseapparats ± gehært zu einem inneren Membransystem, das nirgendwo eine Verbindung zur doppelschichtigen Hçlle hat. Diese interne Chloroplastenmembran, in der sich der Apparat fçr die Energieumwandlung befindet, ist in Form abgeflachter Membransåcke, der ! % , angeordnet. Die Thylakoide liegen in ordentlichen Stapeln aufeinander, die : genannt werden (Abb. 6.3 und 6.4). Der Raum innerhalb eines Thylakoidsacks wird als 8 und der Raum auûerhalb des Thylakoids, aber innerhalb der Chloroplastenhçlle als & bezeichnet; dort befinden sich die Enzyme fçr die Kohlenhydratsynthese. Wie die Matrix eines Mitochondriums enthålt auch das Stroma eines Chloroplasten kleine dop-
pelstrångige kreisfærmige DNA-Molekçle sowie Ribosomen, die denen der Prokaryoten åhneln. Es wurde bereits erwåhnt, dass die Chloroplasten-DNA ein Relikt aus dem Genom eines urzeitlichen bakteriellen Endosymbionten ist. Sie enthålt je nach Organismus zwischen 60 und 200 Gene, die entweder an der Genexpression (etwa tRNAs, rRNAs, ribosomale Proteine) oder an der Photosynthese beteiligt sind. Die çberwiegende Mehrheit der schåtzungsweise 2000±3500 Polypeptide eines Pflanzenchloroplasten werden von der Kern-DNA codiert und im Cytosol synthetisiert. Diese Proteine mçssen mithilfe eines speziellen Transportapparats wieder in den Chloroplasten importiert werden (Kap. 8.9). Thylakoidmembranen weisen einen hohen Proteinanteil und ungewæhnlich wenig Phospholipid auf. Stattdessen besitzen sie einen hohen Prozentsatz an galactosehaltigen Glycolipiden, wie dem, das hier zu sehen ist.
Ein Ûberblick çber den Photosynthesestoffwechsel
Die beiden Fettsåuren dieser Lipide enthalten mehrere Doppelbindungen, wodurch die Lipiddoppelschicht der Thylakoidmembranen åuûerst fluide ist. Aufgrund dieser Fluiditåt der Lipiddoppelschicht kænnen Proteinkomplexe wåhrend der Photosynthese leichter lateral durch die Membran diffundieren. Wie auf der mikroskopischen Aufnahme am Anfang des Kapitel dargestellt, gehen Chloroplasten durch Teilung aus bereits vorhandenen Chloroplasten (oder deren nichtpigmentierten Vorlåufern, den / ) hervor.
Weil van Niel von einer grundsåtzlichen Øhnlichkeit der Photosyntheseprozesse aller Organismen ausging, schlug er folgende allgemeine Reaktion vor, die alle diese Aktivitåten umfasst:
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6.2 Ein Ûberblick çber den Photosynthesestoffwechsel Anfang der 1930er Jahre brachte eine Hypothese von C. B. van Niel, der damals Student an der Stanford University war, unser Verståndnis von den chemischen Photosynthesereaktionen ein wesentliches Stçck voran. Sehen Sie sich dazu an, wie die Gesamtreaktion der Photosynthese frçher lautete: Licht
CO2 + H2O ! (CH2O) + O2. 1930 war man noch allgemein der Ansicht, dass durch die Lichtenergie CO2 gespaltet, dadurch molekularer Sauerstoff freigesetzt und das Kohlenstoffatom auf ein Molekçl Wasser çbertragen wçrde, so dass eine Kohlenhydrateinheit (CH2O) entsteht. 1931 schlug van Niel einen anderen Mechanismus vor, auf den er bei seiner Arbeit mit Schwefelbakterien gekommen war. Dabei hatte sich gezeigt, dass diese Organismen CO2 mithilfe von Lichtenergie zu Kohlenhydrat reduzieren kænnen, ohne gleichzeitig molekularen O2 zu bilden. Die postulierte Reaktion fçr die Schwefelbakterien lautete: Licht
CO2 + H2S ! (CH2O) + H2O + 2 S.
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Licht
CO2 + H2A ! (CH2O) + H2O + 2 A. Fçr eine Hexose wie etwa die Glucose lautete damit die Reaktion: Licht
6 CO2 + 12 H2A ! C6H12O6 + 6 H2O + 12 A. Van Niel erkannte, dass die Photosynthese im Grunde genommen ein Redoxprozess ist. In der obigen Reaktion ist H2A ein Elektronendonor (Reduktionsmittel) wie H2O, H2S oder andere reduzierte Substrate, die verschiedene Bakterientypen verwenden. Kohlendioxid ist dagegen ein Oxidationsmittel, das in einer Pflanzenzelle nach folgender Reaktion zu Hexose reduziert wird: Licht
6 CO2 + 12 H2O ! C6H12O6 + 6 H2O + 6 O2. Die Sauerstoffmolekçle dieser Gleichung stammen nicht aus dem CO2, sondern aus dem Abbau von zwei Molekçlen H2O ± ein Prozess, der von der Lichtabsorption angetrieben wird. 1941 zeigten Samuel Ruben und Martin Kamen von der University of California, Berkeley, eindeutig, dass Wasser bei der Bildung von molekularem Sauerstoff eine entscheidende Rolle spielt. Die beiden experimentierten mit Suspensionen von Grçnalgen, in denen sie das çbliche Sauerstoffisotop 16O gegen ein spezifisch markiertes Isotop 18O austauschten. In einer Algensuspension befand sich markiertes C[18O2] und unmarkiertes Wasser, wåhrend eine andere unmarkiertes Kohlendioxid und markiertes H2[18O] enthielt. Die beiden Wissenschaftler stellten die einfache Frage: Welche der beiden Proben photosynthetisch aktiver Organismen setzt markiertes 18O2 frei? Es waren die Algen mit dem markierten Wasser, was zeigte, dass das bei der Photosynthese gebildete O2 aus dem H2O stammt. Der Sauerstoff, den die Algen mit dem markierten Kohlendioxid bildeten, war nicht radioaktiv, was beståtigte, dass O2 nicht aus einer chemischen Spaltung von CO2 hervorgeht. Entgegen der gångigen Meinung wurde nicht Kohlendioxid, sondern Wasser in zwei atomare Bestandteile gespalten. Die Hypothese von van Niel hatte sich als richtig erwiesen. Die von van Niel aufgestellte Hypothese tauchte die Photosynthese in ein neues Licht; sie wurde damit praktisch zu einer Rçckreaktion der mitochondrialen Atmung. Wåhrend bei der mitochondrialen Atmung Sauerstoff zu Wasser
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Photosynthese und der Chloroplast
eduziert wird, oxidiert die Photosynthese in den Chloroplasten Wasser zu Sauerstoff. Da im ersten Prozess Energie frei wird, musste der zweite Prozess Energie benætigten. Abbildung 6.5 gibt einen Ûberblick çber die Thermodynamik der Photosynthese und der aeroben Atmung. Wie auf den folgenden Seiten deutlich wird, gibt es zwischen beiden Stoffwechselaktivitåten zahlreiche Øhnlichkeiten. Man kann die Photosyntheseprozesse in zwei Reaktionsfolgen unterteilen n In der ersten Phase, den 8 , wird Energie aus dem Sonnenlicht absorbiert und als chemische Energie in zwei biologischen Schlçsselmolekçlen gespeichert: ATP und NADPH. Wie in Kap. 3 erærtert wurde, stammt der græûte Teil der chemischen Energie in der Zelle aus dem ATP, wåhrend NADPH der Zelle die meisten Reduktionsåquivalente liefert. n In der zweiten Phase, den 1 (oder ¹Dunkelreaktionenª, wie sie auch oft genannt werden), werden mithilfe der in ATP und NADPH gespeicherten Energie, die in den Lichtreaktionen gebildet wurden, aus Kohlendioxid Kohlenhydrate synthetisiert.
Man schåtzt, dass die auf der Erde vorhandenen Pflanzen pro Jahr insgesamt etwa 500 Mrd. t CO2 in Kohlenhydrate umwandeln; das ist eine Menge, die etwa 10 000-mal græûer ist als die weltweit produzierte Rindfleischmenge eines Jahres. Wir werden im folgenden zunåchst die komplexen Lichtreaktionen besprechen, bei denen nach wie vor noch einiges nicht vollståndig geklårt ist.
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n Abb. 6.5. P ! # I
/' Die Lichtabsorption Licht wandert in Energiepaketen (oder -quanten), den / , die man sich als ¹Lichtteilchenª vorstellen kann.2 Wie viel Energie ein Photon enthålt, hångt nach folgender Gleichung von der Wellenlånge des Lichts ab = /k wobei die Planck-Konstante (1,58´10±34 cal´s), die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum und k die Wellenlånge des Lichts ist. Je kçrzer die Wellenlånge ist, desto energiereicher ist das Licht. Ein Mol (6,02´1023) Photonen einer Wellenlånge von 680 nm, einer fçr die Photosynthese wichtigen Wellenlånge, enthålt ungefåhr 42 kcal Energie, was einer Ønderung im Redoxpotenzial von ungefåhr 1,8 V entspricht (dafçr teilt man die 42 kcal durch die Faraday-Konstante von 23,06 kcal/V). Bei jedem photochemischen Prozess ist die Lichtabsorption der erste Schritt. Wenn ein Molekçl ein Photon absorbiert, erhålt ein Elektron gençgend Energie, um von einem inneren auf ein åuûeres Orbital angehoben zu werden. Man sagt, das Molekçl wird von einem :$ in einen versetzt. Weil die Anzahl der Orbitale, auf denen sich ein Elektron befinden kann, begrenzt ist und jedes Orbital ein spezielles Energieniveau besitzt, kann jedes Atom oder Molekçl nur Licht bestimmter Wellenlången absorbieren. Der angeregte Zustand eines Molekçls ist instabil und kann schåtzungsweise nur etwa 10±9 Sekunden dauern. Je nach den Umstånden kann das fçr das angeregte Elektron verschiedene Folgen haben. Betrachten Sie ein Molekçl + %, das wichtigste lichtabsorbierende Pigment in der Photosynthese. Wenn das Elektron eines angeregten Chlorophyllmolekçls auf ein niedrigeres Orbital zurçckfållt, muss die Energie, die es absorbiert hatte, freigesetzt werden. Wenn diese Energie in Form von Wårme oder Licht (Fluoreszenz oder Phosphoreszenz) freigesetzt wird, ist das Chlorophyll in seinen ursprçnglichen Grundzustand zurçckgekehrt, ohne dass die Energie des absorbierten Photons genutzt wurde. Das ist genau das, was man beobachtet, wenn eine Pråparation von + 2 Aufgrund der Arbeiten von Max Planck und Albert Einstein kam zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Vorstellung auf, dass elektromagnetische Strahlung (wie Licht) sowohl Wellen- als auch Teilchencharakter hat; das war der Ausgangspunkt fçr die Erforschung der Quantenmechanik.
Die Lichtabsorption
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% in Læsung beleuchtet wird: Die Læsung fångt an, stark zu fluoreszieren, weil die absorbierte Energie mit einer långeren Wellenlånge (d. h. mit einer geringeren Energie) wieder abgestrahlt wird. Wenn man dagegen dasselbe Experiment mit + durchfçhrt, ist nur eine schwache Fluoreszenz zu beobachten, was dafçr spricht, dass nur sehr wenig der absorbierten Energie vergeudet wird. Die angeregten Elektronen der Chlorophyllmolekçle werden vielmehr auf Elektronenakzeptoren in den Chloroplastenmembranen çbertragen, bevor sie auf Orbitale mit einem geringeren Energieniveau zurçckfallen kænnen. Somit kænnen Chloroplasten die absorbierte Energie nutzbar machen, bevor sie abgestrahlt wird. 6.3.1 Photosynthetisch aktive Pigmente / sind Verbindungen, die farbig erscheinen, weil sie nur Licht einer oder mehrerer bestimmter Wellenlången im sichtbaren Spektrum absorbieren. Blåtter sind grçn, weil ihre Chloroplasten groûe Mengen des Pigments Chlorophyll enthalten, das am besten im blauen und roten Bereich absorbiert die dazwischen liegenden Wellenlången des grçnen Bereichs reflektiert. Abbildung 6.6 zeigt die Chlorophyllstruktur. Jedes Molekçl besteht aus zwei Teilen: einem Porphyrinring fçr die Lichtabsorption und einer hydrophoben Phytolkette, çber die das Chlorophyll in die photosynthetisch aktive Membran eingebettet ist. Im Gegensatz zu den roten, eisenhaltigen Porphyrinen (Håmgruppen) des Håmoglobins und Myoglobins enthålt das Porphyrin des Chlorophyllmolekçls ein Magnesiumatom. Da sich im Porphyrinring Einfach- und Doppelbindungen abwechseln, werden die Elektronen verteilt und befinden sich in einer Wolke um den Ring herum (Abb. 6.6). Derartige Systeme, die man als , bezeichnet, absorbieren sichtbares Licht sehr gut. Durch die absorbierte Energie kommt es zu einer Umverteilung der Elektronendichte im Molekçl, wodurch wiederum die Abgabe eines Elektrons an einen geeigneten Akzeptor erleichtert wird. Aufgrund des konjugierten Bindungssystems verbreitern sich die Absorptionspeaks, so dass einzelne Molekçle die Energie eines breiteren Spektrums an Wellenlången absorbieren kænnen. Dieses Merkmal kann man gut an einem Absorptionsspektrum von gereinigten Chlorophyllmolekçlen erkennen (Abb. 6.7). Beim
wird die Intensitåt des absorbierten Lichts gegen die Wellenlånge aufgetragen. Der Wellenlångenbereich, den Photosynthesepigmente in den Thylakoiden
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absorbieren, ist noch græûer, weil die Pigmente nichtkovalent mit einer Reihe verschiedener Polypeptide assoziiert sind. Photosynthetisch aktive Organismen haben mehrere Gruppen von Chlorophyllen, die sich in den Seitengruppen am Porphyrinring unterscheiden. Abbildung 6.6. zeigt die Strukturen dieser Pigmente. Chlorophylle sind zwar die primåren lichtabsorbierenden Photosynthesepigmente, Landpflanzen besitzen aber auch noch + , orangefarbene oder rote $
/ wie etwa -Carotin, das ein lineares System von konjugierten Doppelbindungen aufweist:
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Carotinoide absorbieren Licht vor allem im blauen und grçnen Bereich des Spektrums (Abb. 6.7), wåhrend sie die gelben, orangefarbenen und roten Bereiche reflektieren. Sie sind fçr die charakteristischen Farben der Mæhren und Orangen sowie fçr die herbstliche Blattfårbung einiger Pflanzen verantwortlich. Carotinoide haben vielfache Aufgaben: Sie fungieren bei der Photosynthese als sekundåre Lichtsammler, entziehen ferner den angeregten Chlorophyllmolekçlen çberschçssige Energie und verstræmen sie als Wårme. Wçrde diese çberschçssige Energie nicht von den Carotinoiden absorbiert, kænnte sie auf Sauerstoff çbertragen werden und eine åuûerst reaktionsfreudige Molekçlform namens Singulett-Sauerstoff (1O*) bilden, die biologische
Photosynthese-Einheiten und Reaktionszentren
Molekçle zerstæren und zum Zelltod fçhren kann. Weil das Licht, das auf ein Blatt fållt, ein breites Spektrum von Wellenlången enthålt, sorgen Pigmente mit unterschiedlichen Absorptionseigenschaften dafçr, dass ein græûerer Anteil der auftreffenden Photonen fçr die Photosynthese genutzt wird. Das erkennt man, wenn man sich ein
ansieht (Abb. 6.8), bei dem die relative Geschwindigkeit oder Effizienz der Photosynthese bei Licht mit verschiedenen Wellenlången aufgetragen wird. Im Gegensatz zum Absorptionsspektrum, bei dem einfach gemessen wird, welche Wellenlången des Lichts von bestimmten Pigmenten absorbiert werden, gibt ein Aktionsspektrum an, mit welcher Effizienz Wellenlången eine bestimmte physiologische Reaktion hervorrufen. Das Aktionsspektrum der Photosynthese entspricht weitgehend dem Absorptionsspektrum der Chlorophylle und Carotinoide, worin sich die Beteiligung dieser Pigmente am Photosyntheseprozess widerspiegelt.
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6.4 Photosynthese-Einheiten und Reaktionszentren 1932 fçhrten Robert Emerson und William Arnold vom California Institute of Technology ein Experiment durch, das darauf hindeutete, dass nicht alle Chlorophyllmolekçle eines Chloroplasten direkt an der Umwandlung von Lichtenergie in chemische Energie beteiligt sind. An Suspensionen der Grçnalge " bestimmten sie mit extrem kurzen Lichtblitzen mit såttigender Intensitåt, mit welchem Minimum an Licht ein Maximum an O2 bei der Photosynthese gebildet wird. Aus der Anzahl der Chlorophyllmolekçle im Pråparat errechneten sie, dass bei einem kurzen Lichtblitz pro 2500 Chlorophyllmolekçlen ein Molekçl Sauerstoff freigesetzt wird. Spåter zeigte Emerson, dass mindestens acht Photonen absorbiert werden mçssen, um ein Molekçl O2 zu bilden, was bedeutet, dass die Chloroplasten 300-mal mehr Chlorophyllmolekçle enthalten, als offenbar nætig wåre, um Wasser zu O2 zu oxidieren. Eine mægliche Erklårung fçr diesen Befund wåre, dass nur ein sehr geringer Prozentsatz der Chlorophyllmolekçle an der Photosynthese beteiligt ist. Das ist aber nicht der Fall. Vielmehr bilden mehrere Hundert Chlorophyllmolekçle eine / % # , in der nur ein Mitglied der Gruppe, das $ + %, tatsåchlich Elektronen auf einen Elektronenakzeptor çbertrågt. Das Gros der Pigmentmolekçle ist nicht direkt an der Umwandlung von Lichtenergie in chemische Energie beteiligt, sondern fçr die Lichtabsorption verantwortlich. Diese Pigmentmolekçle bilden eine
, die Photonen verschiedener Wellenlången absorbiert und diese Energie (die ) sehr schnell auf das Pigmentmolekçl im Reaktionszentrum çbertrågt. Die Ûbertragung der Anregungsenergie von einen Pigmentmolekçl auf ein anderes hångt sehr stark vom Abstand der Molekçle ab. Das Chlorophyllmolekçl einer Antenne wird mithilfe einer nichtkovalenten Bindung an integrale Polypeptide der Membran ganz in der Nåhe (unter 1,5 nm Abstand) gehalten. Eine ¹Regelª fçr Antennenpigmente besagt, dass die Energie nur auf ein Molekçl çbertragen werden kann, das gleich viel oder weniger Energie benætigt. Mit anderen Worten: Die Energie kann nur auf ein Pigmentmolekçl çbertragen werden, das im Vergleich zum Donormolekçl Licht der gleichen oder einer græûeren Wellenlånge (geringere Energie) absor-
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iert. Wenn die Energie durch eine Photosynthese-Einheit wandert (Abb. 6.9), wird sie wiederholt auf ein Pigmentmolekçl çbertragen, das eine græûere Wellenlånge absorbiert. Letztlich wird die Energie auf ein Chlorophyll des Reaktionszentrums çbertragen, das Licht græûerer Wellenlånge absorbiert als alle seine Nachbarn. Sobald die Energie vom Reaktionszentrum çbernommen wurde, kann das durch die Lichtabsorption angeregte Elektron auf seinen Akzeptor çbertragen werden. /! auerstoffbildung: Koordination der Aktionen zweier verschiedener Photosynthesesysteme Die Evolution von Organismen, die H2O als Elektronenquelle verwenden konnten, war mit groûen Verånderungen im Photosyntheseapparat verbunden. Warum es zu diesen Verånderungen kam, wird klar, wenn man die Energetik der oxygenen Photosynthese betrachtet. Das O2/H2O-Paar hat ein Standardredoxpotenzial von +0,82 V, das NADP+/NADPH-Paar eines von ±0,32 V (Tabelle 5.1; Kap. 5.3.1). Der Unterschied zwischen den Redoxpotenzialen dieser beiden Paare (1,14 V) ist ein Maû dafçr, wie viel Energie das System mindestens absorbieren muss, um H2O ein Elektron zu entziehen und es & auf NADP+ zu çbertragen. In Zellen herrschen jedoch keine
Standardbedingungen und die Ûbertragung von Elektronen von H2O auf NADP+ erfordert mehr als dieses Minimum an Energie. Man schåtzt, dass wåhrend der aktuellen Aktivitåten in einem Chloroplasten fçr diese Redoxreaktion çber 2 V Energie benætigt werden. (Der Wert von 2 V wurde unter Zuhilfenahme der linken Skala von Abb. 6.10, die von unter +1 V bis çber ±1 V reicht, geschåtzt.) Wie in Kap. 6.3 erwåhnt wurde, entspricht ein Mol Photonen von 680 nm Wellenlånge (rotes Licht) einer Verånderung des Redoxpotenzials um 1,8 V. Somit beruht der Prozess in der Zelle auf der gemeinsamen Aktion zweier verschiedener lichtabsorbierender Reaktionen, obwohl es theoretisch auch mæglich wåre, dass ein Photon aus rotem Licht ein Elektron auf ein Energieniveau anheben kænnte, das ausreichen wçrde, um NADP+ unter Standardbedingungen (wie 1,14 V) zu reduzieren. Die lichtabsorbierenden Photosynthesereaktionen finden in groûen Pigment-Protein-Komplexen, den / % , statt. Es werden zwei Typen von Photosystemen benætigt, um die beiden lichtabsorbierenden Reaktionen der oxygenen Photosynthese zu katalysieren. Jedes Photosystem treibt Elektronen einen Teil des Energiehçgels hinauf (Abb. 6.10), etwa so, wie ein Sessellift çber zwei Stationen Skifahrer auf einen Hang mit einem besonders langen Abfahrt befærdert. Ein Photosystem, / % 66 3/&664, treibt Elektronen von einem Energieniveau, das unter dem von Wasser liegt, auf einen Punkt in der Mitte der Strecke. Das andere Photosystem, / % 6 3/&64, hebt die Elektronen von dem Punkt in der Mitte auf ein Niveau weit oberhalb von NADP+. Die beiden Photosysteme agieren nacheinander. Diese beiden Systemtypen åhneln sich bei Pflanzen und photosynthetisch aktiven Bakterien in ihrer Proteinzusammensetzung und Gesamtarchitektur, obwohl ihre photochemischen Reaktionen vællig unterschiedlich sind. Die gemeinsamen Eigenschaften sprechen dafçr, dass alle photosynthetisch aktiven Reaktionszentren aus einer gemeinsamen urzeitlichen Struktur hervorgegangen sind, die sich çber 3 Mrd. Jahre erhalten hat. Das Reaktionszentrum von Photosystem II ist ein Chlorophylldimer, das als /BOA bezeichnet wird, wobei ¹Pª fçr Pigment und ¹680ª fçr die Wellenlånge des Lichts steht, das dieses spezielle Chlorophyllpaar am besten absorbiert. Das Reaktionszentrum von Photosystem I, ebenfalls ein Chlorophylldimer, wird aus entsprechenden Grçnden /@AA genannt. Wenn Sonnenlicht auf eine Thylakoidmembran trifft, absorbieren die Antennenpigmente von PSII und PSI die Energie
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und çbertragen sie auf ihre beiden Reaktionszentren. In beiden Reaktionszentren werden Elektronen der Pigmente auf ein åuûeres Orbital angehoben und jedes Elektron auf einen 1 # $ çbertragen. Nachdem die Chlorophylle der Reaktionszentren ihre Elektronen verloren haben, sind sie positiv geladen und werden daher als P680+ beziehungsweise P700+ bezeichnet. Die Elektronenakzeptoren wiederum sind dadurch negativ geladen. Im Grunde genommen macht allein diese Ladungstrennung in den Photosystemen die Lichtreaktion aus ± die Umwandlung von Lichtenergie in chemische Energie. Positiv geladene Reaktionszentren ziehen Elektronen an, und negativ geladene Akzeptoren liefern diese Elektronen. Infolgedessen bereitet die Ladungstrennung in den jeweiligen Photosystemen den Elektronenfluss entlang einer Kette von spezifischen Carriern vor.
Man kann die Strecke, die Elektronen bei der oxygenen Photosynthese, bei der die beiden Photosysteme nacheinander aktiv werden, zurçcklegen, in drei Abschnitte unterteilen: vom Wasser zu PSII, von PSII zu PSI und von PSI zu NADP+. Diesen als & bezeichneten Verlauf haben erstmals Robert Hill und Fay Bendall von der University of Cambridge vorgeschlagen. In Abb. 6.10 ist der Verlauf des Z-Schemas skizziert; wenn wir die drei Hauptabschnitte des Weges untersuchen, werden wir einige der spezifischen Elemente benennen. Wie die Mitglieder der mitochondrialen Atmungskette (Kap. 5) gehæren die meisten Elektronencarrier des Z-Schemas zu groûen Membranproteinkomplexen (Abb. 6.16). Im Laufe der Jahre haben Wissenschaftler ein immer genaueres Bild von der Struktur dieser Komplexe erarbeitet. Diese Bemçhungen gipfelten in den letzten Jahren in der Veræffentli-
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Photosynthese und der Chloroplast
chung ræntgenkristallographischer Strukturen von PSI und PSII durch Horst Witt, Wolfram Saenger und ihren Mitarbeitern in Berlin. Wie bei den Mitochondrien wird beim Elektronentransport Energie frei, mit der ein Protonengradient aufgebaut wird, der wiederum die ATP-Synthese ermæglicht. Wie in Kap. 6.6.1 erærtert, wird das im Chloroplasten gebildete ATP hauptsåchlich im Organell selbst zur Kohlenhydratsynthese eingesetzt, wåhrend das auûerhalb des Chloroplasten verwendete ATP çberwiegend aus den Mitochondrien der Pflanzenzellen stammt. PSII-Aktivitåten: Erzeugung von Elektronen durch Wasserspaltung Das Photosystem II benutzt die absorbierte Lichtenergie fçr zwei miteinander zusammenhångende Aktivitåten: um dem Wasser Elekt-
n 6.11. Die funktionelle Organisation des Photosystems II. Ein vereinfachtes Modell dieses riesigen ProteinPigment-Komplexes, der die lichtvermittelte Oxidation von Wasser und die Reduktion von Plastochinon katalysiert. Die gelben Pfeile geben an, welchen Weg die Elektronen nehmen. Der Prozess beginnt mit der Lichtabsorption eines Antennenpigments im åuûeren lichtabsorbierenden Komplex (LHCII). Von LHCII wird die Energie durch einen inneren Pigment-Protein-Komplex der Antennen auf ein Chlorophyll a des P680-Reaktionszentrums çbertragen, eines der vier dicht gestaffelten Chlorophyll-a-Molekçle (das P680-Dimer und zwei akzessorische Chlorophyll-a-Molekçle). Durch die Energieaufnahme von P680 wird ein Elektron angeregt und auf Pheophytin (Pheo) çbertragen (Schritt 1), den primåren Elektronenakzeptor von PSII. (Pheophytin ist ein Chlorophyllmolekçl, das kein Magnesium-Ion besitzt.) Daraufhin wird das Elektron çber ein Plastochinon PQA (Schritt 2) und ein Fe2+ ohne Håmgruppe auf PQB weitergeleitet (Schritt 3), wobei ein negativ geladenes freies
ronen zu entziehen und um einen Protonengradienten aufzubauen. Das PSII der Pflanzenzellen ist ein Komplex von çber 20 verschiedenen Polypeptiden, von denen die meisten in die Thylakoidmembran eingebettet sind. Zwei dieser Proteine, D1 und D2, sind besonders wichtig, weil sie zusammen an das P680 Chlorophylldimer des Reaktionszentrums und die Cofaktoren binden, die am Elektronentransport durch das Photosystem beteiligt sind (Abb. 6.11). Im ersten Schritt der PSII-Aktivierung absorbiert ein Antennenpigment Licht. Die meisten Antennenpigmente, die fçr PSII Licht absorbieren, sitzen in einem eigenen Pigment-ProteinKomplex, dem lichtabsorbierenden Komplex II oder einfach LHCII (light-harvesting complex II). LHCII-Proteine befinden sich auûerhalb des Photosystemzentrums und binden sowohl an Chlorophylle als auch an Carotinoide (Abb. 6.11). Wie in
Radikal PQ·± B entsteht. Nach der Absorption eines zweiten Photons wird ein zweites Elektron denselben Weg entlang geschickt und der Akzeptor in PQB2± umgewandelt (Schritt 4). Dann kommen zwei Protonen aus dem Stroma dazu (Schritt 5) und es entsteht PQH2, das in die Lipiddoppelschicht entlassen und durch ein frisch oxidiertes PQB-Molekçl ersetzt wird (Schritt 6). Wåhrend der oben genannten Prozesse flieûen Elektronen von H2O çber ein TyrZ zu dem positiv geladenen Pigment des Reaktionszentrums (Schritte B und A). Somit katalysiert PSII insgesamt den Elektronentransport von Wasser auf Plastochinon. Durch die Oxidation der beiden H2O-Molekçle unter Freisetzung von einem Molekçl O2 entstehen zwei Molekçle PQH2. Weil bei der Wasseroxidation Protonen in das Thylakoidlumen gelangen und bei der Reduktion von PQB2± aus dem Stroma Protonen abgezogen werden, leistet PSII einen groûen Beitrag zur Bildung eines H+-Gradienten. Abgebildet ist ein Monomer eines dimeren PSII-Komplexes
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den ¹Experimentellen Verfahrenª, die man im Netz unter www.wiley.com/college/karp abrufen kann, erærtert wird, ist LHCII nicht immer mit PSII assoziiert, sondern kann unter den entsprechenden Bedingungen die Thylakoidmembran entlang wandern und ist dann mit PSI assoziiert, fçr dessen Reaktionszentrum es ebenfalls als lichtabsorbierender Komplex fungiert. #
9 /&66 $ / Die Anregungsenergie flieût von den LHCII-Pigmenten der åuûeren Antenne zu einigen wenigen Chlorophyllmolekçlen der inneren Antenne im Kern von PSII. Von dort wird die Energie letztlich zum PSII-Reaktionszentrum weitergeleitet. Das Pigment (P680*) des angeregten Reaktionszentrums çbertrågt daraufhin ein einzelnes lichtangeregtes Elektron auf ein eng assoziiertes chlorophyllartiges Pheophytinmolekçl (Schritt 1, Abb. 6.10), den primåren Elektronenakzeptor. Dieser Elektronentransport fçhrt zu einer Ladungstrennung im PSII zwischen einem positiv geladenen Donor (P680+) und einem negativ geladenen Akzeptor (Pheo±). Wie wichtig die Bildung der zwei gegensåtzlich geladenen Spezies P680+ und Pheo± ist, wird klarer, wenn wir uns die Oxidations- und Reduktionsfåhigkeiten der beiden ansehen. P680+, dem Elektronen fehlen, kann Elektronen aufnehmen und ist daher ein Oxidationsmittel. Pheo± hat dagegen ein çberschçssiges Elektron, das relativ locker sitzt; daher ist es ein Reduktionsmittel. Dieser Prozess ± die Bildung eines Oxidations- und eines Reduktionsmittels mithilfe des Lichts ± beansprucht noch nicht einmal eine milliardstel Sekunde und ist der essentielle erste Schritt der Photosynthese. Aufgrund ihrer entgegengesetzten Ladungen wçrden P680+ und Pheo± natçrlich schnell miteinander reagieren. Dies wird aber dadurch verhindert, dass die getrennten Ladungen durch eine Passage çber mehrere verschiedene Stellen weiter voneinander getrennt werden ± letztlich auf entgegengesetzte Seiten der Membran. Pheo± çbertrågt sein Elektron erst einmal (Schritt 2, Abb. 6.11) auf ein Molekçl Plastochinon (PQA in Abb. 6.11), das nahe der Auûenseite (Stroma) der Membran gebunden ist. Plastochinon (PQ) ist ein fettlæsliches Molekçl (Abb. 6.12), das von der Struktur her Ubichinon (Abb. 5.12 c) åhnelt. Das Elektron von PQA wird auf ein zweites Plastochinon (PQB in Abb. 6.11) çbertragen (Schritt 3 in Abb. 6.11), wodurch eine halbreduzierte Form des Molekçls (PQ·± B ) entsteht, die fest mit dem D1-Protein des Reaktionszentrums verbunden bleibt. Mit jedem dieser Transfers gelangt
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das Elektron weiter auf die Stromaseite der Membran. Das positiv geladene Pigment (P680+) wird erneut zu P680 reduziert (s. unten), wodurch das Reaktionszentrum wieder zur Absorption eines weiteren Photons bereit ist. Bei der Absorption eines zweiten Photons wird ein zweites angeregtes Elektron von P680 çber Pheophytin und PQA auf (PQ·± B ) transferiert; dadurch entsteht PQ2± B (Schritt 4, Abb. 6.11), das zusammen mit zwei Protonen Plastochinol (PQH2) bildet (Schritt 5, Abb. 6.10; Abb. 6.12). Die zur Bildung von PQH2 verwendeten Protonen kommen aus dem Stroma, was zu einer Abnahme der H+-Konzentration im Stroma und damit wiederum zur Ausbildung des Protonengradienten beitrågt. Das reduzierte PQH2-Molekçl læst sich vom D1-Molekçl und diffundiert in die Lipiddoppelschicht. Es wird durch ein vollståndig oxidiertes PQ-Molekçl aus einer kleinen Gruppe von Plastochinonmolekçlen in der Doppelschicht ersetzt (Schritt 6, Abb. 6.11). Im folgenden Abschnitt verfolgen wir, was mit den Elektronen (und Protonen) von PQH2 weiter passiert. #
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$ /&66 Der Teil des Elektronenflusses vom Wasser zum NADP+, den man noch am wenigsten versteht, ist der erste Schritt zwischen H2O und PSII.
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Photosynthese und der Chloroplast
Ein PSII-Reaktionszentrum kann gleichzeitig allerdings nur eine positive Ladung (P680+) oder ein Oxidationsåquivalent erzeugen. Um 1970 herum schlugen Pierre Joliot und Bessel Kok eine Læsung fçr dieses Problem vor, mit ihrer Hypothese vom S-Zustand, der zufolge das Photosystem die vier fçr die Oxidation des Wassers benætigten Oxidationsåquivalente anhåufen kann. Auf der dem Lumen zugewandten Seite des PSII ist mit dem D1-Protein ein Cluster von vier Mangan(Mn)-Ionen assoziiert, das von einer Reihe peripherer Proteine stabilisiert und geschçtzt wird, die den
- bilden (Abb. 6.11). Das Mn-Cluster håuft vier Oxidationsåquivalente an, indem es gleichzeitig auf das benachbarte P680+ vier Elektronen çbertrågt. Der Transfer jedes Elektrons vom Mn-Cluster auf P680+ (Schritte B und A in Abb. 6.10) erfolgt çber einen dazwischen liegenden Elektronencarrier, einen Tyrosinrest am D1-Protein namens TyrZ. Nachdem jedes Elektron auf P680+ çbertragen wurde und damit P680 wiederhergestellt ist, wird das Pigment nach der Absorption eines weiteren Photons
durch das Photosystem erneut oxidiert (zurçck zu P680+). Somit sorgt das PSII-Photosystem durch die aufeinander folgende Absorption von vier Lichtphotonen dafçr, dass im Mn-Cluster nach und nach vier Oxidationsåquivalente gespeichert werden. Sobald das geschehen ist, kann das System eine Reaktion katalysieren, bei der 2 H2O-Molekçlen 4 e± entzogen werden, was folgendermaûen formuliert wird:
Dabei geben die Suffixe unter dem S an, wie viel Oxidationsåquivalente das Mn-Cluster gespeichert hat. Die bei der Photolyse gebildeten Protonen bleiben im Thylakoidlumen (Abb. 6.11), wo sie ihren Beitrag zum Protonengradienten leisten. Mithilfe der vier in der Photolysereaktion entstandenen Elektronen wird das Mn-Cluster wieder vollkommen reduziert (S0-Zustand), wåhrend O2 als Abfallprodukt in die Umgebung freigesetzt wird. Belege dafçr, dass nacheinander Oxidationsåquivalente angehåuft werden, fand man erstmals, als Algen kurzen Lichtpulsen (1 s) ausgesetzt wurden (Abb. 6.13). Man kann in dieser Auftragung sehen, dass die O2-Produktion nach jedem vierten Lichtblitz ein Maximum erreicht, was dafçr spricht, dass fçr die Freisetzung von O2 vier Photoreaktionen erforderlich sind. Bevor wir das Thema PSII verlassen, soll hier noch darauf hingewiesen werden, dass hohe
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Lichtintensitåten die Aktivitåt und Integritåt dieses Photosystems beeintråchtigen kænnen. Dieses Phånomen wird als / bezeichnet. Weil ein sehr starkes Oxidationsmittel gebildet wird und immer die Gefahr besteht, dass hochtoxische Sauerstoffformen entstehen, kann sich PSII aufgrund einer Ûbererregung des Systems selbst zerstæren. Am meisten scheint das Polypeptid (D1) geschådigt zu werden, das an die aktiven Redoxzentren und an das Mn-Cluster des Photosystems bindet. Chloroplasten besitzen einen Mechanismus, um D1 selektiv proteolytisch abzubauen und durch ein neu synthetisiertes Polypeptid zu ersetzen. . /&66 $ /&6 Es wurde bereits beschrieben, wie aufgrund der aufeinanderfolgenden Absorption von zwei Photonen durch das PSII-Reaktionszentrum ein vollkommen reduziertes PQH2-Molekçl entsteht. Dementsprechend entstehen bei der Bildung eines einzelnen O2-Molekçls, fçr das PSII vier Photonen absorbieren muss, zwei PQH2-Molekçle. PQH2 ist ein beweglicher Elektronencarrier, der durch die Lipiddoppelschicht der Thylakoidmembran diffundiert und an einen groûen Multiproteinkomplex, das +% bB f, bindet (Abb. 6.14). Cytochrom 6 åhnelt in Struktur und Funktion Cytochrom 1 aus der mitochondrialen Elektronentransportkette (Kap. 5.3.3). Beide Komplexe haben dieselben Redoxgruppen, beide kænnen durch einige çbereinstimmende Hemmstoffe gehemmt werden und beide sind an einem Q-Zyklus beteiligt, in dem pro Elektronenpaar 4 H+ çbertragen werden. Weil diese Protonen ursprçnglich aus dem Stroma stammen, fçhrt ihre Freisetzung ins Lumen zu einem Protonenfluss çber die Thylakoidmembran (Abb.
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Photosynthese-Einheiten und Reaktionszentren
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6.16). Die Elektronen von Cytochrom 6 werden einem anderen mobilen Elektronencarrier çbergeben, dem / % , einem wasserlæslichen peripheren Membranprotein, das Kupfer enthålt und sich auf der Lumenseite der Thylakoidmembran befindet (Abb. 6.14). Plastocyanin schleust Elektronen auf die luminale Seite von PSI, wo sie auf P700+ çbertragen werden, dem positiv geladenen Pigment des PSI-Reaktionszentrums. Wir sollten uns bewusst sein, dass alle in dieser Erærterung beschriebenen Elektronentransfers exergon sind und deshalb stattfinden, weil Elektronen auf Carrier mit einer immer græûeren Elektronenaffinitåt (immer positiverem Redoxpotenzial, Kap. 5.3.2) çbertragen werden. Wie wichtig mobile Elektronencarrier wie PQH2 und Plastocyanin sind, wurde deutlich, als man entdeckte, dass die beiden Typen von Photosystemen (PSII und PSI) in der Membran nicht nahe nebeneinander liegen, sondern vielmehr etwa 0,1 lm voneinander getrennt sind. Welche Experimente zu dieser Entdeckung gefçhrt haben, wird ausfçhrlich in den ¹Experimentellen Verfahrenª von Kapitel 6 beschrieben, die man im Netz unter www.wiley.com/college/karp aufrufen kann. /&6 9 1 7 9 )/2 2001 veræffentlichten Horst Witt und seine Mitarbeiter die dreidimensionale Struktur des PSI eines Cyanobakteriums mit einer Auflæsung von 0,25 nm. Dieses Modell lieferte die strukturelle Basis, um die Ereignisse zu verstehen, die sich in diesem groûen Pigment-Protein-Komplex von Bakterien und hæheren Pflanzen ereignen. Um ein Maû fçr seine Komplexitåt zu bekommen, muss man wissen, dass das PSI-Zentrum von Cyanobakterien zwælf verschiedene Polypeptide aufweist, die zusammen genommen an 96 Chlorophylle, 22 Carotinoide und mehrere andere Elemente binden. Die Polypeptide sorgen dafçr, dass diese funktionell wichtigen Molekçle einen bestimmten Abstand einhalten und eine gewisse Ausrichtung haben, um die Ûbertragung der Anregungsenergie und Elektronen durch das Photosystem zu erleichtern. Die photochemischen Prozesse im PSI beginnen mit der Absorption von Photonen durch die Chlorophyll- und -Carotinmolekçle des Kernkomplexes.3 Von diesen Antennenpigmenten wird die Energie auf das Pigment P700 des PSIReaktionszentrums, ein Chlorophyll--Dimer, 3 Im Cyanobakterium sind fast alle Antennenchlorophylle von PSI an dieselben Proteine gebunden, die auch an die fçr den Elektronentransport erforderlichen Redoxzentren binden. Auch hæhere Pflanzen haben ein eigenes Antennensystem namens LHCI.
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çbertragen (Abb. 6.15). Nach der Energieabsorption çbertrågt ein angeregtes Pigment aus dem Reaktionszentrum (P700*) ein Elektron auf ein anderes monomeres Chlorophyll-a-Molekçl (A0), das als primårer Elektronenakzeptor dient (Schritt 1, Abb. 6.14). Wie im PSII entstehen aufgrund der Lichtabsorption zwei geladene Molekçle, in diesem Fall P700+ und A0±. A0± ist ein starkes Reduktionsmittel mit einem Redoxpotenzial von ungefåhr ±1,0 V, das damit weit çber dem Wert liegt, der zur Reduktion von NADP+ (Redoxpotenzial: ±0,32 V) benætigt wird. Die positive Ladung des 700+-Pigments wird, wie bereits erwåhnt, durch ein Elektron vom Plastocyanin neutralisiert. Die anfångliche Ladungstrennung im PSI wird durch den Elektronfluss von A0± çber meh-
rere Cofaktoren ± angefangen mit einer Art Chinon namens Phyllochinon (A1) und dann çber drei Eisen-Schwefel-Cluster (FX, FB und FA) ± stabilisiert (Schritte 2±4, Abb. 6.15). P700 wird auf der Lumenseite der Membran zu P700+ oxidiert. Wie Abb. 6.15 zeigt, gelangt das Elektron, das auf den ersten Akzeptor çbertragen wurde, çber PSI zu den Eisen-Schwefel-Zentren, die auf der Stromaseite der Membran gebunden sind. Das Elektron wird dann vom PSI auf ein kleines, wasserlæsliches Eisen-Schwefel-Protein namens Ferredoxin çbertragen (Schritt 5, Abb. 6.15), das mit der Stromaseite der Membran assoziiert ist. Ferredoxin-NADP+-Reductase, ein groûes Enzym mit einer prosthetischen FAD-Gruppe, die zwei Elektronen aufnehmen und çbertragen kann (Kap. 5.3.3), katalysiert die Reduktion von NADP+ zu NADPH (Schritt 6, Abb. 6.15). Ein einzelnes Ferredoxinmolekçl kann nur ein Elektron abgeben, so dass es bei zwei Ferredoxinen zu folgendem Reduktionsprozess kommt: 2 Ferredoxinred + H+ + NADP+ Ferredoxin-NADP -Reductase ! 2 Ferredoxinox + NADPH. +
Durch den Abzug eines Protons aus dem Stroma erhæht sich der Protonengradient beiderseits der Thylakoidmembran. Damit kann man die Gesamtreaktion des PSI nach Absorption von vier Photonen wie beim PSII folgendermaûen formulieren: 4 e± + 2 HStroma+ + 2 NADP+ ! 2 NADPH. 4 Photonen
n 6.15. Funktionelle Organisation eines Photosystems I von Pflanzen. Die Prozesse beginnen mit der Lichtabsorption durch ein Antennenpigment und der Energieçbertragung auf ein P700-Chlorophyll im PSI-Reaktionszentrum. Aufgrund der Energieabsorption durch P700 wird ein Elektron angeregt und auf A0, den primåren Elektronenakzeptor von PSI, çbertragen (Schritt 1). Das Elektron wird dann zuerst auf A1 (Schritt 2) und spåter auf das Eisen-Schwefel-Zentrum FX transferiert (Schritt 3). Von FX gelangt es dann çber zwei weitere Eisen-Schwefel-Zentren (FA und FB), die an ein peripheres Protein auf der Stromaseite der Membran gebunden sind. Letztlich wird das Elektron dann auf Ferredoxin, ein kleines Eisen-Schwefel-Protein auûerhalb des PSI-Komplexes çbertragen (Schritt 5). Wenn zwei verschiedene Ferredoxinmolekçle ein Elektron aufgenommen haben, reduzieren sie zusammen ein Molekçl NADP+ zu NADPH (Schritt 6). Das Pigment P700+ des Reaktionszentrums, das zu wenig Elektronen besitzt, wird durch ein Elektron des Plastocyanins reduziert (Schritt A)
Nicht alle Elektronen, die auf Ferredoxin çbertragen werden, gelangen letztlich zum NADPH; je nach Organismus und Bedingungen kænnen sie auch fçr andere Aufgaben verwendet werden. So kænnen beispielsweise mithilfe der PSI-Elektronen verschiedene anorganische Akzeptoren reduziert werden. Diese Elektronenstræme kænnen letztlich Nitrat (NO±3) zu Ammoniak (NH3) oder Sulfat (SO2± 4 ) zu einer Sulfhydryl(-SH)-Gruppe reduzieren, den essentiellen Bestandteilen biologischer Molekçle. Somit werden mit dem Sonnenlicht nicht nur die meisten oxidierten Kohlenstoffatome (die in CO2), sondern auch stark oxidierte Formen von Stickstoffund Schwefelatomen reduziert. Ûberblick çber den Elektronentransport bei der Photosynthese Wenn wir auf den gesamten Prozess des Elektronentransports wåhrend der oxygenen Photosynthese zurçckblicken (Zusammenfassung in Abb. 6.16), sehen wir, dass Elektronen mithilfe von
a zwei lichtabsorbierenden Photosystemen vom Wasser zu NADP+ flieûen. Aufgrund von Prozessen im PSII entsteht ein starkes Oxidationsmittel, das aus Wasser O2 herstellen kann, wåhrend aufgrund von Ereignissen im PSI ein starkes Reduktionsmittel entsteht, das NADP+ zu NADPH reduzieren kann. Zwischen diesen beiden Prozessen liegt das gesamte Spektrum der Redoxchemie lebender Organismen. Wie bereits in Kap. 6.4.1 erwåhnt, mçssen fçr die Bildung eines O2-Molekçls zwei Molekçlen Wasser vier Elektronen entzogen werden. Dafçr wiederum mçssen vier Photonen absorbiert werden, eines fçr jedes Elektron. Gleichzeitig mçssen fçr die Reduktion von einem Molekçl NADP+ zwei Elektronen çbertragen werden. Wenn nur ein Photosystem Elektronen von H2O auf NADP+ çbertragen kænnte, wçrden daher vier Photonen gençgen, um zwei Molekçle NADPH zu bilden. Weil die Zelle aber mit zwei Photosystemen arbeitet, sind es acht: vier werden im PSII und
Photosynthese-Einheiten und Reaktionszentren
vier weitere im PSI verwendet. Mit anderen Worten: Die Zelle muss insgesamt acht Mol Photonen absorbieren, um ein Mol molekularen Sauerstoff und zwei Mol NADPH zu bilden. Wenn wir somit die Reaktionen von PSII (Kap. 6.4.1) und PSI (s.o.) zusammennehmen und die Photonen fçr einen Augenblick vergessen, kommen wir zu folgendem Reaktionsschema fçr alle Lichtreaktionen zusammen: 2 H2O + 2 NADP+ ! 1 O2 + 2 NADPH. 8 Photonen
Darçber hinaus entsteht aufgrund der Lichtreaktionen in der Photosynthese çber die Thylakoidmembran hinweg ein Protonengradient, mit dem ATP gebildet wird. Er entsteht, weil H+ aus dem Stroma abgezogen und ins Thylakoidlumen verfrachtet wird. Zum Aufbau des Protonengradienten (Abb. 6.16) tragen folgende Prozesse bei: n die Wasserspaltung im Lumen, n die Translokation von Plastochinol (PQH2) von der Stromaseite auf die Lumenseite samt anschlieûender Oxidation durch Cytochrom 6, bei der Protonen frei werden, n die Reduktion von NADP+ im Stroma.
6.4.2 Unkrautbekåmpfung durch Hemmung des Elektronentransports
n Abb. 6.16. !! !"# $ $% & '$& ( $ # & ) ! % & " & % *! " + !! (,+ $ - (+ +! & ." // 0% ,+ (*( 1& -." //0
Fçr die Lichtreaktionen in der Photosynthese werden zahlreiche Elektronencarrier benætigt, an denen die Wirkung vieler verschiedener Herbizide ansetzt. Eine Reihe gångiger Herbizide wie Diuron, Atrazin und Terbutryn wirken dadurch, dass sie sich an ein Kernprotein vom PSII heften. In Kap. 6.4.1 haben wir gesehen, wie aufgrund der Lichtabsorption durch das PSII ein PQH2-Molekçl entsteht, das spåter von der QBSeite vom PSII freigesetzt und durch ein PQ ersetzt wird. Die oben genannten Herbizide wirken, indem sie nach der Freisetzung von PQH2 an die offene QB-Seite binden und so den Elektronentransport çber PSII blockieren. Das Herbizid Paraquat hat Schlagzeilen gemacht, weil mit ihm Marihuana-Pflanzen vernichten werden und seine Reste fçr Menschen åuûerst toxisch sind. Paraquat stært die PSI-Funktion, indem es mit Ferredoxin um die Elektronen des PSI-Reaktionszentrums konkurriert. Elektronen, die zu Paraquat gelangen, werden von dort auf O2 çbertragen; dabei entstehen hochreaktive Sauerstoffradikale (¹Aus Sicht des Menschenª, Kap.
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Photosynthese und der Chloroplast
2.1.2), welche die Chloroplasten schådigen und zum Absterben der Pflanze fçhren. Paraquat zerstært menschliches Gewebe, indem es mithilfe von Elektronen aus dem Komplex I der Atmungskette Sauerstoffradikale erzeugt (Kap. 5.3.3).
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6.5 Photophosphorylierung Die auf den vorigen Seiten erærterten Lichtreaktionen liefern die Energie fçr die Reduktion von CO2 zu Kohlenhydraten. Fçr die Umwandlung von einem Mol CO2 zu einem Mol Kohlenhydrat (CH2O) werden drei Mol ATP und zwei Mol NADPH benætigt (Abb. 6.19). Wir haben gesehen, wie Pflanzenzellen das fçr die Kohlenhydratsynthese erforderliche NADPH bilden. Jetzt wollen wir untersuchen, wie dieselben Zellen das erforderliche ATP synthetisieren. Der Apparat fçr die ATP-Synthese eines Chloroplasten entspricht praktisch dem eines Mitochondriums oder einer Plasmamembran aerober Bakterien. Wie in diesen Fållen besteht die ATPSynthase (Abb. 6.16) aus einem Kopf (der in Chloroplasten als CF1 bezeichnet wird) mit dem katalytischen Zentrum des Enzyms sowie einer Basis (CF0), die sich durch die Membran zieht und einen Protonenfluss ermæglicht. Beide Teile sind çber eine sich drehende Achse miteinander verbunden. Die CF1-Kæpfe ragen entsprechend dem Protonengradienten, dessen Konzentration im Thylakoidlumen am hæchsten ist, nach auûen
ins Stroma (Abb. 6.16). Daher wandern Protonen von der hæheren Konzentration im Lumen çber die CF0-Basis der ATP-Synthase ins Stroma und ermæglichen so die Phosphorylierung von ADP, wie das bereits in Kap. 5 fçr das Mitochondrium beschrieben wurde. Messungen wåhrend der maximalen ATP-Synthese sprechen dafçr, dass sich die H+-Konzentrationen beiderseits der Thylakoidmembran um einen Faktor 1000 bis 2000 unterscheiden, was einem pH-Gradienten (DpH) von çber 3 Einheiten entspricht. Der Protonenfluss ins Lumen wåhrend des Elektronentransports wird durch einen Strom anderer Ionen neutralisiert, so dass kein græûeres Membranpotenzial entsteht. Wåhrend die protonenmotorische Kraft (Dp) in den Mitochondrien vor allem durch ein elektrochemisches Potenzial hervorgerufen wird, beruht die der Chloroplasten çberwiegend, wenn nicht ausschlieûlich, auf einem pH-Gradienten. 6.5.1 Nichtzyklische und zyklische Photophosphorylierung Man bezeichnet die ATP-Synthese im Rahmen der oxygenen Photosynthese als $% / % , weil die Elektronen linear (d. h. nicht in einem zyklischen Prozess) von H2O zu NADP+ wandern (Abb. 6.16). In den 1950er Jahren entdeckte Daniel Arnon von der University of California, Berkeley, dass isolierte Chloroplasten selbst dann ATP aus ADP herstellen kænnen, wenn im Ansatz weder CO2 oder NADP+ vorhanden war. Seine Experimente deuteten darauf hin, dass Chloroplasten fçr ihre Art der ATP-Bildung ohne die meisten Photosynthesereaktionen, in denen Sauerstoff gebildet, CO2 fixiert oder NADP+ reduziert wird, auskommen. Sie benætigten dafçr vielmehr nur Licht, Chloroplasten, ADP und Pi. Der von Arnon entdeckte Prozess, der spåter als $% / % bezeichnet wurde (Abb. 6.17), ist unabhångig vom PSII und wird vom PSI durchgefçhrt. Der Prozess beginnt damit, dass PSI ein Lichtquantum absorbiert und ein energiereiches Elektron auf den primåren Akzeptor çbertrågt. Von dort wird das Elektron wie immer dem Ferredoxin çbergeben, dann allerdings nicht auf NADP+, sondern auf das Reaktionszentrum çbertragen, dem Elektronen fehlen (Abb. 6.17), und so der Zyklus abgeschlossen. Wåhrend ein Elektron diesen Zyklus durchlåuft, wird gençgend Freie Enthalpie frei, dass der Cytochrom-6-Komplex Protonen (schåtzungsweise zwei H+/e±) durch die Membran schleust und ein Protonengradient aufgebaut wird, mit dem
Kohlendioxidfixierung und Kohlenhydratsynthese
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ATP synthetisiert werden kann. Man geht davon aus, dass durch die zyklische Photophosphorylierung zusåtzliches ATP gebildet wird, das fçr die Kohlenhydratsynthese (Abb. 6.19) sowie fçr andere ATP-verbrauchenden Prozesse des Chloroplasten (wie die Beteiligung molekularer Chaperone beim Proteinimport) benætigt wird. Nachdem wir nun gesehen haben, wie in den Lichtreaktionen der Photosynthese ATP und NADPH ± die fçr die Kohlenhydratsynthese erforderlichen Energiespeicher ± gebildet werden, kænnen wir uns nun den Reaktionen zuwenden, die zur Kohlenhydratsynthese fçhren.
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6.6 Kohlendioxidfixierung und Kohlenhydratsynthese Nach dem 2. Weltkrieg begannen Melvin Calvin von der University of California, Berkeley, und seine Kollegen Andrew Benson und James Bassham eine zehnjåhrige Untersuchung der enzymatischen Reaktionen, in denen Kohlendioxid in den organischen Molekçlen der Zelle fixiert wird. Mithilfe eines neuen langlebigen, radioaktiven Kohlenstoffisotops (14C) und einer neu-
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en Technik, der zweidimensionalen Papierchromatographie, begannen sie, alle markierten Molekçle zu identifizieren, die entstehen, wenn Zellen [14C]O2 aufnehmen. Sie begannen ihre Untersuchungen an Pflanzenblåttern, gingen aber bald zu einem einfacheren System çber, der Grçnalge " . Algenkulturen wurden in geschlossenen Kammern in Gegenwart von unmarkiertem CO2 wachsen gelassen; dann wurde dem Kulturmedium radioaktives CO2 zugesetzt. Nachdem die Kultur gençgend lange mit dem markierten CO2 inkubiert worden war, wurde die Algensuspension in ein Gefåû mit heiûem Alkohol entleert, wodurch mit einem Schlag die Zellen getætet, die Enzymaktivitåt gestoppt und die læslichen Molekçle extrahiert wurden. Die Zellextrakte wurde dann auf chromatographisches Papier aufgetragen und eine zweidimensionale Chromatographie durchgefçhrt. Um am Ende des Verfahrens die Positionen der radioaktiven Verbindungen bestimmen zu kænnen, wurde das Chromatogramm auf einen Ræntgenfilm gelegt und der Film im Dunkeln belichtet. Nachdem der Film entwickelt war, konnte man die radioaktiven Verbindungen auf dem Autoradiogramm aufgrund eines Vergleichs mit bekannten Markern und einer chemische Analyse der ursprçnglichen Flecken identifizieren. Wir wollen uns einige ihrer Befunde genauer ansehen. 6.6.1 Kohlenhydratsynthese in C3-Pflanzen Markiertes CO2 wurde sehr schnell in reduzierte organische Verbindungen eingebaut. Wenn die Inkubationszeit sehr kurz war (bis zu wenigen Sekunden), fand man auf dem Chromatogramm vor allem einen radioaktiven Fleck (Abb. 6.18). Wie sich herausstellte, war die Verbindung, aus welcher der Fleck bestand, 3-Phosphoglycerat (PGA), eines der Zwischenprodukte der Glycolyse. Calvins Gruppe dachte zuerst, dass CO2 kovalent mit einer Zwei-Kohlenstoff(2C)-Verbindung zum PGA-Molekçl (3C) verknçpft (oder - ) wird. Weil als erstes Zwischenprodukt ein Molekçl mit drei Kohlenstoffatomen gefunden wurde, wurden Pflanzen, die auf diese Weise CO2 aus der Atmosphåre fixieren, als +>/ $ bezeichnet. Nach langwierigen Untersuchungen stellte sich heraus, dass CO2 nicht zuerst in eine Verbindung mit zwei, sondern mit fçnf Kohlenstoffatomen eingebaut wird: in Ribulose-1,5-bisphosphat (RuBP), das mit CO2 zu einem Molekçl mit sechs Kohlenstoffatomen kondensiert. Diese 6C-Verbindung wird schnell in zwei PGA-Molekçle auf-
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geteilt, von denen eines das kurz zuvor aufgenommene Kohlenstoffatom enthålt. Die Kondensation von RuBP und die Teilung des 6C-Produkts (Abb. 6.19 a) katalysiert im Stroma ein groûes Enzym mit vielen Untereinheiten: die 7 + -% , die auch unter der Bezeichnung bekannt ist. Als Enzym, das dafçr zuståndig ist, dass anorganische Kohlenstoffatome in biologisch essentielle Molekçle umgewandelt wird, ist Rubisco eines der Schlçsselenzyme in der Biosphåre. Rubisco kann allerdings pro Sekunde nur etwa drei Molekçle CO2 fixieren und hat damit mæglicherweise die schlechteste Wechselzahl aller Enzyme (Tabelle 3.3). Um diese Ineffektivitåt auszugleichen, stellt Rubisco die Hålfte aller Proteine in den Blåttern. Mit nahezu 10 kg pro Mensch ist Rubisco das håufigste Protein auf der Erde. Als die Strukturen der verschiedenen Zwischenprodukte samt den Positionen der markierten Kohlenstoffatome bekannt waren, war klar, dass der Stoffwechselweg fçr die Umwandlung von CO2 in Kohlenhydrate zyklisch und kompliziert ist. Man findet diesen + 9 %
(oder + 9 7 % ) in Cyanobakterien sowie såmtlichen eukaryotischen, photosynthetisch aktiven Zellen. Abbildung 6.19 b zeigt eine vereinfachte Version dieses Zyklus, der drei wichtige Reaktionen enthålt: n die Carboxylierung von RuBP zu PGA, n die Reduktion von PGA zu einem Zucker (CH2O) mit der Bildung von Glyceraldehyd-3-phosphat (GAP) mithilfe von NADPH und ATP, das in den Lichtreaktionen entstanden ist, n die Regeneration von RuBP, fçr die auch ATP benætigt wird.
Man kann in Abb. 6.19 b erkennen, dass pro 6 Molekçlen CO2, die fixiert werden, 12 Molekçle GAP entstehen. (GAP ist der Fleck, der auf dem Chromatogramm in Abb. 6.18 als Triosephosphat bezeichnet wird.) Die Atome von 10 dieser GAPMolekçle (3C-Atome) werden so angeordnet, dass daraus 6 Molekçle des CO2-Akzeptors RuBP (5C) entstehen. Die çbrigen 2 GAP-Molekçle kann man als Produkte betrachten. Diese GAP-Molekçle kænnen im Austausch mit Phosphat-Ionen (Abb. 6.20) ins Cytosol geschleust und fçr die Synthese des Disaccharids Saccharose verwendet werden. GAP kann aber auch im Chloroplasten bleiben und dort in Stårke umgewandelt werden. Abbildung 6.20 ermæglicht einen Ûberblick çber den gesamten Photosyntheseprozess einschlieûlich der Lichtreaktionen (Lichtabsorption, Oxidation der Wassers, Reduktion von NADP+, Protonentransfer), der Phosphorylierung von ADP, des Calvin-Zyklus und der Stårke- oder Saccharosesynthese. Die im Cytosol aus den GAPs des Calvin-Zyklus gebildeten Saccharosemolekçle werden aus den Blattzellen ins Phloem geschleust, in dem sie zu verschiedenen nicht photosynthetisch aktiven Pflanzenorganen transportiert werden. Wåhrend bei den meisten Tieren die Glucose Energie und organische Bausteine liefert, çbernimmt diese Rolle bei den meisten Pflanzen die Saccharose. Stårke wird dagegen in Chloroplasten als Granula gespeichert (Abb. 2.17 b). Genau wie gespeichertes Glycogen Tiere bei Bedarf mit schnell verfçgbarer Glucose versorgt, beliefert die in den Blåttern einer Pflanze gespeicherte Stårke diese in der Nacht, wenn keine Lichtreaktionen mæglich sind, mit Zuckern. Aus den Reaktionen in Abb. 6.19 b geht hervor, dass die Kohlenhydratsynthese teuer erkauft ist. Fçr die Umwandlung von 6 Molekçlen CO2 in ein Zuckermolekçl mit sechs Kohlenstoffatomen und
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Photosynthese und der Chloroplast
n 6.20. Ûberblick çber verschiedenen Stadien der Photosynthese
n Abb. 6.21. Redoxkontrolle im Calvin-Zyklus. Im Hellen wird Ferredoxin reduziert und ein Teil dieser Elektronen auf das kleine Protein Thioredoxin çbertragen. Dieses reduziert die Disulfidgruppen bestimmter Enzyme des Calvin-Zyklus
die Regeneration von RuBP werden 12 Molekçle NADPH und 18 Molekçle ATP benætigt. Diese enorme Menge Energie ist erforderlich, weil CO2 die am stårksten oxidierte Kohlenstoffform ist. Im Verlauf dieses Buches werden wir diverse Mechanismen erærtern, mit denen Zellen die Aktivitåt von Proteinen steuern. Einer dieser Mechanismen, die
, erweist sich immer håufiger als Regulator grundlegender Zellprozesse wie der Proteinfaltung, Transkription und Translation. Wir erwåhnen sie hier, weil man sie hauptsåchlich als Regulator des Chloroplastenstoffwechsels kennt. Mehrere Schlçsselenzyme des Calvin-Zyklus sind nur im Hellen aktiv, wenn photosynthetisch ATP und NADPH gebildet werden. Fçr diese lichtabhångige Kontrolle der Chloroplastenenzyme sorgt ein kleines Protein namens Thioredoxin, welches in reduzierter oder oxidierter Form vorliegen kann. Wie in Kap. 6.4.1 erwåhnt, dienen nicht alle Elektronen, die Ferredoxin passieren, dazu, NADP+ zu reduzieren, einige von ihnen werden vielmehr auf Thioredoxin çbertragen. Thioredoxin reduziert, sobald es ein Elektronenpaar aufgenommen hat, bestimmte Disulfidbrçcken (-S-S-) gewisser Enzyme des Calvin-Zyklus zu Sulfhydrylgruppen (-SH) (Abb. 6.21). Diese kovalente Verånderung der Proteinstruktur aktiviert diese Enzyme und færdert die Kohlenhydratsynthese im Chloroplasten. Wenn in der Dunkelheit keine Photosynthese mehr mæglich ist, reduziert Ferredoxin nicht mehr Thioredoxin, und die Enzyme des Calvin-Zyklus erhalten wieder ihre Disulfidbrçcken (-S-S-) zurçck und werden so inaktiviert. Aus diesen Befunden geht hervor, dass man die Reaktionen des Calvin-Zyklus nicht einfach als ¹Dunkelreaktionenª bezeichnen kann.
und aktiviert so diese Enzyme nachhaltig. Im Dunkeln flieûen keine Elektronen mehr zum Thioredoxin; die Sulfhydrylgruppen der regulierten Enzyme werden zu Disulfidgruppen oxidiert und so die Enzyme inaktiviert
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bezeichnet. Weil dabei zuvor fixierte CO2-Molekçle freigesetzt werden, wird bei diesem Prozess Pflanzenenergie verschwendet. Tatsåchlich verlieren Nutzpflanzen, die bei starker Lichteinstrahlung wachsen, durch Photorespiration bis zur Hålfte ihres gerade fixierten Kohlendioxids. Daher hat man, wie zu erwarten war, jahrzehntelang versucht, Pflanzen zu zçchten,
die nicht so viel Photorespiration betreiben ± bisher allerdings erfolglos. Untersuchungen zur enzymatischen Aktivitåt von gereinigtem Rubisco zeigen, dass die Spezifitåt des Enzyms fçr CO2 kaum græûer ist als fçr O2. Das liegt daran, dass weder CO2 noch O2 an das aktive Zentrum des Enzyms binden (Abb. 3.11a). Das Enzym bindet vielmehr an RuBP in der Endiol-Form (Abb. 6.22). Diese RuBP-Form kann dann von CO2 oder O2 angegriffen werden. So betrachtet, scheint die Photorespiration eine unvermeidbare Folge der katalytischen Eigenschaften von Rubisco zu sein, einem Enzym, das sich vermutlich zu einer Zeit entwickelt hat, als in der Atmosphåre praktisch noch kein O2 vorhanden war. Unter den heutigen Bedingungen in der Atmosphåre konkurrieren O2 und CO2 miteinander, so dass es von dem fçr das Enzym verfçgbaren CO2/O2-Verhåltnis abhångt, welche der von Rubisco katalysierten Reaktionen çberwiegt. Wenn man Pflanzen in geschlossenen Råumen mit erhæhter CO2-Konzentration hålt, kænnen sie aufgrund ihrer erhæhten CO2-Fixierungsraten sehr viel schneller wachsen. Vermutlich ist der Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphåre im letzten Jahrhundert (von etwa 270 ppm 1870 auf 380 ppm heute) fçr den 10%igen Anstieg des Ernteertrags in diesem Zeitraum verantwortlich. Aufgrund der erhæhten CO2-Konzentration in der Atmosphåre kommt es
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auch, wie man annimmt, zu der globalen Erwårmung, das heiût, zur Zunahme der Durchschnittstemperatur auf unserem Planeten. Selbst ein geringer Temperaturanstieg kænnte fçr die Bedingungen auf dem Planeten fatale Folgen wie den Anstieg des Meeresspiegels und die Ausbreitung der Wçsten haben.
Mitochondriums. Diese Konstellation ist kein Zufall, sondern in ihr spiegelt sich eine biochemische Beziehung wider, bei der die Produkte des eines Organells zu Substraten des anderen werden. Welche Reaktionen in den verschiedenen Organellen ablaufen, wurde auf die mikroskopische Aufnahme in Abb. 6.23 gedruckt; die Reaktionen werden spåter zusammengefasst. Wie bereits erwåhnt, beginnt die Photorespiration damit, dass durch die Reaktion von RuBP mit O2 PGA und Phosphoglycolat, eine Verbindung mit zwei Kohlenstoffatomen (2C) entsteht (Abb. 6.22). Das Phosphoglycolat wird sofort in Glycolat umgewandelt und vom Chloroplasten ins Peroxisom geschleust. Dort wandelt das Enzym Glycolat-Oxidase Glycolat in Glyoxylat um, das dann in Glycin umgewandelt und in ein Mitochondrium transferiert werden kann. Im Mito-
/- / Welche Rolle die Peroxisomen, die cytoplasmatischen Organellen, im oxidativen Stoffwechsel spielen, wurde bereits in Kap. 5.6 erklårt. Untersuchungen an den Peroxisomen von Blattzellen haben deutlich gezeigt, wie abhångig die verschiedenen Organellen voneinander sind. Auf der elektronenmikroskopischen Aufnahme von Abb. 6.23 erkennt man ein Peroxisom einer Blattzelle, direkt neben zwei Chloroplasten und in der Nåhe eines
Kohlendioxidfixierung und Kohlenhydratsynthese
chondrium werden zwei Molekçle Glycin (2C) in ein Molekçl Serin (3C) umgewandelt und gleichzeitig ein Molekçl CO2 freigesetzt. Somit wird fçr jeweils zwei Molekçle Phosphoglycolat, die Rubisco herstellt, ein Kohlenstoffatom, das vorher fixiert worden war, in die Atmosphåre entlassen. Das im Mitochondrium gebildete Serin kann wieder ins Peroxisom zurçckgeschleust und in Glycerat umgewandelt werden, das dann zum Chloroplasten transportiert und nach Bildung von 3-PGA fçr die Kohlenhydratsynthese verwendet werden kann. Diese Reaktionsfolge ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafçr, wie abhångig die Zellorganellen voneinander sind, ein Charakteristikum, das bei Untersuchungen an einzelnen Zellstrukturen oft nicht berçcksichtigt wird. Zwei Pflanzengruppen, die C4- und CAMPflanzen, haben die negativen Folgen der Photorespiration ausgeschaltet, indem sie Stoffwechselmechanismen entwickelt haben, um das CO2/O2-Verhåltnis fçr die Rubisco-Enzyme zu vergræûern.
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1965 schrieb Hugo Kortschak in einem Artikel, dass, wenn man dem Zuckerrohr [14C]O2 anbietet, die Radioaktivitåt zuerst in organischen Verbindungen mit einem Molekçl mit vier Kohlenstoffatomen (4C) und nicht wie bei anderen Pflanzentypen im PGA (3C) auftritt. Weitere Analysen ergaben, dass diese 4C-Verbindungen (vor allem Oxalacetat und Malat) aus einer Verknçpfung von CO2 mit Phosphoenolpyruvat (PEP) hervorgehen; somit gibt es einen zweiten Mechanismus, mit dem Kohlendioxid aus der Atmosphåre fixiert werden kann (Abb. 6.24). Zuståndig fçr diese Verbindung zwischen CO2 und PEP ist die / %9 + -% , die den ersten Schritt des +P&' ' katalysiert. Pflanzen, die diesen Weg nutzen, heiûen +P/ $; zu ihnen gehæren vor allem tropische Gråser. Bevor wir uns ansehen, was aus diesem gerade fixierten Kohlenstoffatom wird, sollten wir besser erst einmal untersuchen, warum sich wahrscheinlich ein weiterer Stoffwechselweg fçr die CO2-Fixierung entwickelt hat.
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Photosynthese und der Chloroplast
<enn man die Photosyntheseaktivitåt einer C3-Pflanze, die in einem geschlossenen Raum gehalten wird, aufzeichnet, stellt sich heraus, dass sich die Rate der CO2-Freisetzung durch die Photorespiration und die Rate der CO2-Fixierung in der Photosynthese die Waage halten, wenn die Pflanze erst einmal die CO2-Konzentration in der Kammer auf etwa 50 ppm reduziert hat; daher wird dann kein Kohlenhydrat mehr synthetisiert. Eine Pflanze, die den C4-Weg einschlågt, kann dagegen weiter Kohlenhydrate synthetisieren, bis die CO2-Konzentration auf 1±2 ppm gesunken ist. C4-Pflanzen kænnen das, weil eine PEP-Carboxylase bei viel geringeren CO2-Konzentrationen als Rubisco arbeiten kann und in ihrer katalytischen Aktivitåt nicht durch O2 gehemmt wird. Allerdings muss man sich fragen, welchen Vorteil eine Pflanze davon hat, CO2 bei so geringen Konzentrationen fixieren zu kænnen, wenn die CO2-Konzentration in der Atmosphåre weit çber 300 ppm liegt? Welche Bedeutung der C4-Weg hat, wird klar, wenn C4-Pflanzen unter trockenen, heiûen Bedingungen gehalten werden ± åhnlich denen, bei denen viele von ihnen auch wachsen. Das græûte Problem fçr Pflanzen, die in einem solchen Klima wachsen, ist der Wasserverlust durch die Spaltæffnungen (Stomata) auf den Blattoberflåchen. Durch die offenen Stomata geht zwar Wasser verloren, sie enthalten aber auch den Kanal, durch den CO2 in die Blåtter gelangt. C4-Pflanzen sind gut an heiûe, aride Klimate angepasst, weil sie einerseits ihre Spaltæffnungen schlieûen und so einen Wasserverlust verhindern kænnen und andererseits trotzdem gençgend CO2 aufnehmen kænnen, um eine maximale Photosyntheserate zu ermæglichen. Das ist der Grund, warum sich die Bluthirse, eine C4-Pflanze, håufig in einem Rasen durchsetzt und die ursprçnglich gepflanzten einheimischen C3-Gråser verdrångt. Zuckerrohr, Mais und Sorghum sind die wichtigsten Nutzpflanzen, die den C4-Weg einschlagen. Weil die meisten C4-Pflanzen bei weitem nicht so gut bei kçhleren Temperaturen gedeihen, ist ihre Verbreitung auf Breitengrade um den Øquator herum beschrånkt. Wenn man verfolgt, was mit dem fixierten CO2 auf dem C4-Stoffwechselweg geschieht, stellt sich heraus, dass die CO2-Gruppe bald freigesetzt und dann erneut von Rubisco eingefangen und in Stoffwechselzwischenprodukte des C3-Weges umgewandelt wird (Abb. 6.24). Warum es zu diesen scheinbar paradoxen Stoffwechselreaktionen kommt, wird klar, wenn man die Blattanatomie von C4-Pflanzen untersucht. Im Gegensatz zu den C3-Pflanzen enthalten die Blåtter der C4-Pflanzen zwei konzentrische Zylinder
von Zellen. Der åuûere Zylinder besteht aus
%$ und der innere aus 8 (Abb. 6.24). In den åuûeren Mesophyllzellen wird CO2 an PEP fixiert. Die PEP-Carboxylase bleibt selbst dann aktiv, wenn die Spaltæffnungen der Blåtter fast vollkommen geschlossen sind und die CO2-Konzentration in den Zellen åuûerst gering ist. Sobald C4-Produkte entstanden sind, werden sie durch die Plasmodesmen in der benachbarten Zellwand (Kap. 7.5) in die dickwandigen Zellen der Leitbçndelscheide transportiert, in die keine atmosphårischen Gase eindringen kænnen. In den Zellen der Leitbçndelscheiden kann das zuvor fixierte CO2 vom C4-Carrier abgespalten werden. Dadurch reichert sich das CO2 in diesen inneren Zellen so stark an, dass dort Rubisco CO2 fixieren kann. Die Kohlendioxidkonzentrationen in den Zellen der Leitbçndelscheiden kænnen um einen Faktor 100 çber denen im Mesophyll liegen. Daher kann auf dem C4-Weg mithilfe des ineffizienteren C3-Wegs CO2 fixiert werden, indem CO2 in die Leitbçndelscheiden ¹gepumptª wird. Wenn CO2 von der C4-Verbindung abgespalten ist, kehrt das dabei çbrig bleibende Pyruvat in die Mesophyllzellen zurçck und wird dort als PEP erneut beladen (Abb. 6.24). Auf dem C4-Weg kænnen Pflanzen nicht nur Wasser sparen, sondern auch direkt um Rubisco herum fçr ein hohes CO2/O2-Verhåltnis sorgen und so den Prozess der CO2-Fixierung gegençber der Photorespiration begçnstigen. Tatsåchlich schlagen Versuche, in intakten Blåttern von C4-Pflanzen den Prozess der Photorespiration nachzuweisen, regelmåûig fehl. Bevor wir das Thema der C4-Photosynthese abschlieûen, soll hier noch darauf hingewiesen werden, dass eine Reihe von Pflanzenforschungslabors versuchen, Teile des C4-Photosyntheseapparats auf C3-Pflanzen zu çbertragen, um die Pflanzenproduktivitåt zu erhæhen. So wurde beispielsweise das PEP-Carboxylase-Gen des Mais (eine C4-Pflanze) in Reis (eine C3-Pflanze) eingebaut, weil man hoffte, in die Mesophyllzellen des Reis, die Rubisco besitzen, einen Mechanismus zur CO2-Konzentrierung einbringen zu kænnen. Einige Feldversuche an diesen genetisch verånderten Pflanzen waren ermutigend. Es ist aber noch zu frçh, um beurteilen zu kænnen, ob irgendwelche der beobachteten Verbesserungen in der Effizienz der Photosynthese auf eine erhæhte CO2-Assimilation, eine verringerte Photorespiration, eine verbesserte Resistenz gegençber Stressfaktoren oder irgendwelche anderen Prozesse zurçckzufçhren sind.
Kohlendioxidfixierung und Kohlenhydratsynthese
//' =ohlenhydratsynthese in CAM-Pflanzen
entstandene Malat çber die Tonoplastenmembran in die zentrale Zellvakuole geschleust. Dass Malat (das in der sauren Vakuole als Apfelsåure vorliegt) vorhanden ist, erkennt man am sauren ¹Morgengeschmackª der Pflanzen. Tagsçber, wenn die Spaltæffnungen geschlossen sind, gelangt die Apfelsåure ins Cytoplasma und gibt dort ihr CO2 ab. Dieses CO2 kann Rubisco dann bei den niedrigen O2-Konzentration, die herrschen, wenn die Spaltæffnungen geschlossen sind, fixieren. Kohlenhydrate werden dann mithilfe der in den Lichtreaktionen gebildeten Energie in Form von ATP und NADPH synthetisiert.
Viele Wçstenpflanzen wie Kakteen haben eine andere biochemische Besonderheit, mit der sie in sehr heiûen und trockenen Lebensråumen çberleben kænnen. Diese +/ $ fixieren wie C4-Pflanzen CO2 aus der Atmosphåre mit der PEP-Carboxylase.4 Im Gegensatz zu den C4-Pflanzen finden allerdings bei den CAM-Spezies die Lichtreaktionen und die CO2-Fixierung zu verschiedenen Tageszeiten statt und nicht in verschiedenen Blattzelltypen. Wåhrend C3- und C4-Pflanzen ihre Spaltæffnungen in den Blåttern æffnen und CO2 am Tag fixieren, sind die Spaltæffnungen der CAM-Pflanzen in den heiûen, trockenen Stunden des Tages geschlossen. In der Nacht, wenn sehr viel weniger Wasser verdunstet, æffnen sie dann ihre Spaltæffnungen und fixieren CO2 mithilfe der PEP-Carboxylase. Wåhrend in der Nacht in den Mesophyllzellen immer mehr Kohlendioxid fixiert wird, wird das 4 CAM ist eine Abkçrzung fçr (Såurestoffwechsel von Crassulaceen), die nach den Pflanzen aus der Familie der Crassulaceen benannt ist, in denen dieser Stoffwechselweg erstmals entdeckt wurde.
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Wiederholung 5 8 ( I % " ' ; B G ' 8 (I I ! L G
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Zusammenfassung 8 ' 9 ( H ' 9 1 " ' 0 ) 2 * ( " +(F 2 < 0 Die ersten Autotrophen haben vermutlich eine nichtoxygene Photosynthese betrieben, in der Verbindungen wie H2S als Elektronenquelle oxidiert wurden. Nachdem sich eine oxygene Photosynthese entwickelt hatte, bei der Wasser oxidiert und O2 freigesetzt wird, konnten Cyanobakterien ein viel breiteres Spektrum an Lebensråumen erobern und eine aerobe Atmung entwickeln (Kap. 6). + D ( " %
9 / % 9 0 Chloroplasten sind von einer Doppelmembran umgeben, die aufgrund der Poren in ihrer åuûeren Schicht poræs ist. Thylakoide sind abgeflachte Membransåcke, die in ordentlichen Sta-
peln, den Grana, angeordnet sind. Um die Thylakoide herum befindet sich flçssiges Stroma samt der DNA, den Ribosomen und dem Genexpressionsapparat (Kap. 6.1). 8 / % 9 8 % 9 / H ' # 1D ( " 9 ' # $ ' 0 Die wichtigsten lichtabsorbierenden Pigmente der Pflanzen sind Chlorophylle und Carotinoide. Jedes Chlorophyllmolekçl besteht aus einem Mg2+-haltigen Porphyrinring, der an der Lichtabsorption beteiligt ist, und einem Kohlenwasserstoffschwanz (ein Phytol), çber den das Pigment in der Doppelschicht verankert ist. Chlorophyll absorbiert sehr stark im blauen und roten, aber weniger im grçnen Bereich des sichtbaren Spektrums. Carotinoide absorbieren am besten im blauen und grçnen, aber nicht so sehr im roten und orangenfarbenen
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Photosynthese und der Chloroplast
Bereich. Das Aktionsspektrum der Photosynthese, das angibt, durch welche Wellenlången des Lichts die Photosynthese angeregt werden kann, stimmt sehr gut mit dem Absorptionsspektrum der Pigmente çberein. Photosynthesepigmente bilden funktionelle Einheiten, in denen nur ein Molekçl ± das Reaktionszentrum Chlorophyll ± Elektronen auf einen Elektronenakzeptor çbertrågt. Die Masse der Pigmentmolekçle formiert sich zu einer lichtsammelnden Antenne, die Photonen verschiedener Wellenlången einfångt und die Anregungsenergie auf das Pigmentmolekçl im Reaktionszentrum weiterleitet (Kap. 6.3). ' F . # / % ' 7 " ' + " #
9 2F( )/M 0 Photosystem II (PSII) hebt Elektronen von einem Energieniveau unter dem von Wasser auf ein mittleres Niveau, wåhrend Photosystem I (PSI) die Elektronen auf das hæchste Energieniveau noch çber dem von NADP+ hebt. Wåhrend Photonen vom jeweiligen Photosystem absorbiert werden, wird die Energie auf ihre jeweiligen Pigmente im Reaktionszentrum (P680 bei PSII und P700 bei PSI) çbertragen. Mithilfe der von den Chlorophyllmolekçlen im Reaktionszentrum absorbierten Energie wird ein Elektron auf ein åuûeres Orbital angehoben und von dort auf einen primåren Akzeptor çbertragen, wodurch das Pigment positiv geladen wird (P680+ bzw. P700+) (Kap. 6.4.1). $% #
9
$ /&66 $ /&6 )/M . 0 9 2F( $ /&660 Die meisten Antennenpigmente, die Licht fçr PSII sammeln, befinden sich in dem separaten Komplex LHCII. Vom LHCII flieût die Energie zum PSII-Reaktionszentrum, wo P680 ein Elektron einem primåren Akzeptor, einem chlorophyllartigen Pheophytinmolekçl, çbertrågt. Durch diesen Elektronentransfer entsteht ein starkes Oxidationsmittel (P680+) und ein schwaches Reduktionsmittel (Pheo±). Damit die Ladungen im PSII weiter getrennt bleiben, werden die entgegengesetzt geladenen Molekçle weiter voneinander entfernt, indem das Elektron von Pheophytin auf das Chinon PQA und dann auf PQB çbertragen wird. Wenn PSII nacheinander zwei Photonen absorbiert hat, werden zwei Elektronen auf PQB çbertragen; dabei entsteht PQB2±, das dann aus dem Stro-
ma zwei Protonen aufnimmt und zu PQH2 wird. Dieses reduzierte Plastochinon verlåsst das Reaktionszentrum und wird durch ein oxidiertes Plastochinon ersetzt, das weitere Elektronen aufnehmen kann. Wåhrend jedes Elektron von P680 auf den primåren Akzeptor und von dort weiter auf PQB çbertragen wird, wird das positiv geladene Pigment des Reaktionszentrums (P680+) durch ein Elektron aus einem Protein neutralisiert, das vier Mangan-Ionen enthålt. Wåhrend das Elektron jeweils auf P680 çbertragen wird, nimmt das Mn-haltige Protein ein Oxidationsåquivalent auf. Wenn das Protein vier Oxidationsåquivalente angehåuft hat, kann es dem Wasser vier Elektronen entziehen. Bei dieser Reaktion entsteht O2 und es werden vier H+ ins Thylakoidlumen geschleust, was mit zum Aufbau des Protonengradienten beitrågt (Kap. 6.4.1). 1 # 9 $ / - +% bB f '" / ! % H / 0 Elektronen von Cytochrom 6 werden auf Plastocyanin auf der Lumenseite der Thylakoidmembran und dann weiter auf P700+, das Pigment des PSI-Reaktionszentrums, çbertragen, das nach Absorption eines Photons ein Elektron verloren hatte. Wåhrend das Photon jeweils von P700 absorbiert wird, wird das Elektron einem primåren Akzeptor A0 çbergeben und dann çber mehrere EisenSchwefel-Zentren des PSI-Reaktionszentrums zum Ferredoxin weitergeleitet. Vom Ferredoxin werden Elektronen auf NADP+ transferiert; dabei entsteht NADPH, das, weil es ein Proton aus dem Stroma benætigt, zur Entstehung des Protonengradienten beitrågt. Insgesamt fçhrt der nichtzyklische Elektronenfluss zur Oxidation von H2O zu O2, zum Elektronentransfer auf NADP+ und zur Bildung von NADPH sowie zum Aufbau eines H+-Gradienten çber die Membran hinweg (Kap. 6.4.1). 8 / # 7 9 !/ + H /$
' / % $ 0 Der ATP-Synthese-Apparat des Chloroplasten entspricht praktisch dem des Mitochondriums; die ATP-Synthase besteht aus einen CF1-Kopfstçck, das ins Stroma hineinragt, sowie einer CF0-Basis, die in die Thylakoidmembran eingebettet ist. Indem Protonen von der hæheren Konzentration im Thylakoidlumen çber die CF0-Basis ins Stroma wandern
Zur Selbstçberprçfung
und dabei den H+-Gradienten abbauen, færdern sie die ATP-Synthese. ATP kann auch ohne die Oxidation von H2O synthetisiert werden: mithilfe der zyklischen Photophosphorylierung ohne Beteiligung des PSII. Licht wird von P700 aus dem PSI absorbiert, auf Ferredoxin çbertragen und dann çber Cytochrom 6 an das Reaktionszentrum vom PSI, das nicht gençgend Elektronen hat, zurçckgegeben. Wåhrend Elektronen den zyklischen Stoffwechselweg entlang flieûen, gelangen Protonen ins Thylakoidlumen und færdern so die ATPSynthese (Kap. 6.5). 1 1 ' )/2 !/
# % +(F % 0 CO2 wird auf dem C3-Weg (oder Calvin-Zyklus), auf dem die RuBP-Carboxylase (Rubisco) CO2 in einer Verbindung mit fçnf Kohlenstoffatomen, RuBP, fixiert, in Kohlenhydrate umgewandelt; dabei entsteht ein instabiles Zwischenprodukt mit sechs Kohlenstoffatomen, das dann in zwei Molekçle 3-Phosphoglycerinsåure (PGA) zerfållt. Mithilfe von NADPH und ATP werden PGA-Molekçle in Glyceraldehydphosphat (GAP) umgewandelt. Fçr jeweils 6 Molekçle CO2, die fixiert werden, kænnen 2 Molekçle GAP zur Bildung von Saccharose oder Stårke verwendet werden, wåhrend RuBP mithilfe der restlichen 10 GAPMolekçle fçr weitere Runden der CO2-Fixierung regeneriert werden kann (Kap. 6.6.1). % " (F +(F 9 7/ ' 0 In diesem Prozess, der Photorespiration, entstehen Verbindungen, die in Reaktionen, die zum Verlust von CO2 fçhren, abgebaut werden. Weil bei der Photorespiration O2 aufgenommen und CO2 freigesetzt wird, wird dabei Pflanzenenergie vergeudet. Wie schnell die Photorespiration im Vergleich zur
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CO2-Fixierung ist, hångt davon ab, welches CO2/O2-Verhåltnis Rubisco vorfindet. Zwei Pflanzengruppen, die C4- und CAM-Pflanzen, besitzen Mechanismen, um dieses Verhåltnis zu erhæhen (Kap. 6.6.1). +P +/ $ $ $ 1$ +(F - #$% /#/ + -% "
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0 +(F$ C4-Pflanzen besitzen eine einzigartige Blattstruktur mit einem åuûeren Zylinder aus Mesophyllzellen und einem inneren aus Zellen der Leitbçndelscheiden, in die keine Gase aus der Atmosphåre eindringen kænnen. Die PEPCarboxylase ist im Mesophyll aktiv, wo CO2 an die 3C-Verbindung Phosphoenolpyruvat (PEP) unter Bildung einer Såure mit vier Kohlenstoffatomen fixiert wird, die zu den Leitbçndelscheiden transportiert und dort decarboxyliert wird. Weil in den Leitbçndelscheiden CO2 freigesetzt wird, reichern sich dort hohe CO2-Konzentrationen an; das færdert die CO2-Fixierung an RuBP sowie die Bildung von PGA und GAP mithilfe des Calvin-Zyklus. Die Lichtreaktionen und die lichtunabhångigen Reaktionen der CAM-Pflanzen laufen zu verschiedenen Tageszeiten ab. In den heiûen und trockenen Stunden des Tages schlieûen die CAM-Pflanzen ihre Blattæffnungen und vermeiden so, Wasser zu verlieren. Nachts çber æffnen sie dann ihre Stomata und fixieren CO2 mithilfe der PEP-Carboxylase. Die bei diesen Reaktionen gebildete Apfelsåure wird bis zum Tagesanbruch in der Vakuole gespeichert; dann wird die Verbindung wieder in den Chloroplasten verlagert. Dort verliert sie ihr CO2, das Rubisco bereits bei niedrigen O2-Konzentrationen fixieren kann und das unter Verbrauch des in den Lichtreaktionen entstandenen ATP und NADPH in Kohlenhydrate umgewandelt werden kann (Kap. 6.6.2).
Zur Selbstçberprçfung 1. Welches der beiden Photosysteme ist bei dem stårker negativen Redoxpotenzial aktiv? Welches erzeugt das stårkste Reduktionsmittel? Welches muss in jeder Runde der nichtzyklischen Photophosphorylierung vier Photonen absorbieren?
2. Welcher Pflanzentyp (C3, C4 oder CAM) kommt bei heiûen, trockenen Bedingungen am besten mit permanentem Tageslicht zurecht? Warum? 3. Welche der folgenden Substanzen ist das stårkste Reduktionsmittel: PQH2, reduzier-
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Photosynthese und der Chloroplast
tes Cytochrom 6, reduziertes Ferredoxin, NADP+, NADPH, O2 oder H2O? Welche ist das stårkste Oxidationsmittel? Welche hat die græûte Elektronenaffinitåt? Welche hat die energiereichsten Elektronen? Angenommen, Sie wçrden den Entkoppler Dinitrolphenol (DNP, Kap. 5.4) zu einer Pråparation von Chloroplasten zugeben, die photosynthetisch aktiv sind. Welche der folgenden Aktivitåten wåre dann beeintråchtigt: (1) die Lichtabsorption, (2) die zyklische Photophosphorylierung, (3) der Elektronentransport zwischen PSII und PSI, (4) die nichtzyklische Photophosphorylierung, (5) die PGA-Synthese oder (6) die NADP+Reduktion? Berechnen Sie, welche protonenmotorische Kraft çber die Thylakoidmembran hinweg entstehen wçrde, an der ein 10 000 facher [H+]-Konzentrationsunterschied, aber keine elektrische Potenzialdifferenz herrscht. (Die Gleichung zur Berechnung der protonenmotorischen Kraft steht in Kap. 5.4). Unter welchen Bedingungen kommt es in einer Pflanze bevorzugt zu einer zyklischen Photophosphorylierung? Vergleichen Sie die Verånderung des pHWerts im Medium, die auftritt, wenn isolierte Chloroplasten photosynthetisch aktiv sind, mit der, wenn isolierte Mitochondrien eine aerobe Atmung betreiben. Im vorigen Kapitel wurde nicht darauf hingewiesen, dass sich die protonenmotorische Kraft in Mitochondrien çberwiegend als Spannung ausdrçckt. Die bei der Photosynthese erzeugte protonenmotorische Kraft findet dagegen ihren Niederschlag fast ausschlieûlich in einem pH-Gradienten. Wie låsst sich dieser Unterschied erklåren? Stellen Sie die Rollen von PSI und PSII bei der Erzeugung des elektrochemischen Gradienten einander gegençber, der çber die Thylakoidmembran hinweg aufgebaut wird. Stimmt es, dass eine C3-Pflanze pro CO2-Molekçl, das in Kohlenhydrat umgewandelt wird, mehr Energie aufbringen muss als eine C4-Pflanze? Warum ist das so oder warum nicht?
11. Bei der Photosynthese fçhrt die Absorption von Lichtenergie zur Freisetzung und anschlieûendem Transfer von Elektronen. Aus welchen Molekçlen stammen die Elektronen ursprçnglich? In welchen Molekçlen befinden sich diese Elektronen letztlich? 12. Wie viele Molekçle ATP und NADPH werden auf dem C3-Weg benætigt, um einen Zucker mit 6 Kohlenstoffatomen herzustellen? Wçrden in der nichtzyklischen Photophosphorylierung ohne zyklische Photophosphorylierung gençgend ATP und NADPH gebildet, wenn fçr die Synthese von einem Molekçl ATP vier Protonen erforderlich wåren? 13. Wenn Pheophytin und A0 (ein Chlorophyll--Molekçl) die primåren Elektronenakzeptoren von PSII beziehungsweise PSI sind, welches sind dann die primåren Elektronendonoren der jeweiligen Systeme? 14. Vergleichen Sie die Rollen der drei verschiedenen Metallatome in den Lichtreaktionen der Photosynthese. 15. Erwarten Sie, dass sich der Treibhauseffekt (der CO2-Anstieg in der Atmosphåre) mehr auf C4- oder C3-Pflanzen auswirkt? Warum? 16. Glauben Sie, dass der Wassergehalt in der Atmosphåre ein wichtiger Faktor dafçr ist, dass C3-Pflanzen so erfolgreich sind? Warum? 17. Es wurde die Hypothese aufgestellt, dass niedrige CO2-Konzentrationen in der Atmosphåre entscheidend dazu beitragen, dass die O2-Konzentration konstant bei 21% bleibt. Wie kænnte die CO2-Konzentration die O2-Konzentration in der Atmosphåre beeinflussen? 18. Angenommen, die CO2-Konzentration wçrde auf 600 ppm steigen, wie es wahrscheinlich vor etwa 300 Millionen Jahren war. Wie wçrde sich das auf die Konkurrenzsituation zwischen den C3- und C4-Pflanzen auswirken? 19. Angenommen, Sie wçrden eine C3-Pflanzen unter heiûen, trockenen Bedingungen halten und sie mit radioaktiv markiertem 18 O2 versorgen. In welchen Verbindungen wçrde man diese radioaktive Markierung finden?
ternetseite www.wiley.com/college/karp Erweitern sie Ihr Verståndnis, indem sie Karps Internetseite ¹Zell- und Molekularbiologieª besuchen. Dort finden Sie ' die gestellten $ & , , die schwierige Sachverhalte und Begriffe verdeutlichen, , die Ihnen bei Prçfungsvorbereitungen helfen, sowie 8 zu interessanten Seiten im Netz. Zusåtzlich zu der Literaturliste unten kann man auf der Internetseite auch noch ' 8 finden.
6.7 Weiterfçhrende Literatur Allen JF (2002) Photosynthesis of ATP7electrons, proton pumps, rotors, and poise. Cell 110:273±276 Barber J (2002) Photosystem II: a multisubunit membrane protein that oxidises water. Curr Opin Struct Biol 12:523±530 Bendall DS, Manasse RS (1995) Cyclic photophosphorylation and electron transport. Biochim Biophys Acta 1229:23±38 Breyton C (2000) The cytochrome b6 f complex: Structural studies and comparison with the bc1 complex. Biochim Biophys Acta 1459:467±474
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3echselwirkungen zwischen Zellen und ihrer Umgebung
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7.1 Der extrazellulåre Raum 7.2 Wechselwirkungen zwischen Zellen und extrazellulåren Materialien 7.3 Wechselwirkungen zwischen Zellen 7.4 Tight Junctions: Versiegelung des Extrazellularaums 7.5 Gap Junctions und Plasmodesmen vermitteln bei der intrazellulåren Kommunikation 7.6 Zellwånde Aus Sicht des Menschen: Die Rolle der Zelladhåsion bei Entzçndungsprozessen und Metastasenbildung
! ! ! 7 ( ' @ & ( &C M " ' '! M % " & ( # " ) ! ! ' " '& ;
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4wohl die Plasmamembran die Grenze zwischen einer lebenden Zelle und ihrer unbelebten Umgebung darstellt, sind Materialien, die sich auûerhalb der Plasmamembran befinden, åuûert wichtig fçr das Leben einer Zelle. Die meisten Zellen vielzelliger Pflanzen oder Tiere sind in klar abgegrenzte Gewebe eingebunden, in denen die jeweiligen Gewebezellen eine eindeutig definierte Beziehung zueinander sowie zu den extrazellulåren Materialien, die sich zwischen den Zellen befinden, haben. Selbst solche Zellen, die
keine feste Beziehung innerhalb eines Gewebeverbands haben, wie etwa die Leukocyten, die den Kærper çberwachen, mçssen åuûerst spezifisch mit anderen Zellen und extrazellulåren Materialien, mit denen sie in Kontakt kommen, wechselwirken. Diese Interaktionen regulieren so unterschiedliche Aktivitåten wie die Wanderung, das Wachstum und die Differenzierung der Zellen. Auûerdem legen sie fest, wie die Gewebe und Organe in der embryonalen Entwicklung råumlich angeordnet werden.
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Wechselwirkungen zwischen Zellen und ihrer Umgebung
nåher ansieht, erkennt man, dass sich auf der Auûenseite der Plasmamembran Rezeptoren befinden, welche die Wechselwirkungen zwischen den Zellen und den Bestandteilen ihrer Umgebung vermitteln (Ausschnittsvergræûerung unten rechts in Abb. 7.1). Diese Rezeptoren der Zelloberflåche interagieren nicht nur mit dem åuûeren Umfeld der Zelle, sondern stehen auûerdem noch çber ihr innen liegendes Ende mit verschiedenen cytoplasmatischen Proteinen in Kontakt. Rezeptoren dieses Typs eignen sich hervorragend, um Botschaften zwischen der Zelle und ihrer Umgebung zu çbermitteln.
n Abb. 7.1. P ( ' ' G ' $! & 4 % % 9 "
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2! Der extrazellulåre Raum Wenn wir uns von der Plasmamembran aus weiter nach auûen bewegen, kænnen wir die diversen extrazellulåren Elemente in der Umgebung verschiedener Zelltypen untersuchen. Wie in Kapitel 4 erwåhnt, tragen beinahe alle integralen Membranproteine sowie bestimmte Membranlipide Zuckerketten (Oligosaccharide) unterschiedlicher Långe, die aus der Plasmamembran
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Der extrazellulåre Raum
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herausragen (Abb. 4.4 c). Diese Kohlenhydrate gehæren zur :% %-, einer Schicht, die der Auûenseite der Plasmamembran eng anliegt (Abb. 7.2 a). Einige Zellen wie die Epithelzellen im Verdauungstrakt von Såugern haben besonders viel extrazellulåres Material (Abb. 7.2 b). Man nimmt an, dass die Glycocalyx Zell-Zellsowie Zell-Substrat-Interaktionen vermittelt, fçr Zellen einen mechanischen Schutz darstellt, Partikel, die sich auf die Plasmamembran zu bewegen, abhålt und wichtige regulatorische Faktoren bindet, die auf der Zelloberflåche wirken. 2!! Die extrazellulåre Matrix
b n Abb. 7.2 a, b. I I$ a @ & 9 I ? "
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Bei Tieren sind viele Zelltypen von einer - $1 - 3#4 umgeben ± einem geordneten Netzwerk extrazellulårer Materialien, das sich jenseits der unmittelbaren Umgebung der Plasmamembran befindet (Abb. 7.3). Die EZM ist mehr als ein inertes Verpackungsmaterial oder ein unspezifischer Klebstoff, der die Zellen zusammenhålt; sie spielt håufig eine entscheidende regulatorische Rolle, wenn çber die Form und Aktivitåten der Zelle entschieden wird. So gehen beispielsweise nach einem enzymatischen Abbau der EZM, die sich rund um in Kultur genommene Knorpelzellen oder Epithelzellen der Brustdrçse gebildet hat, die synthetischen beziehungsweise sekretorischen Aktivitåten dieser Zellen deutlich zurçck. Fçgt man der Kultur dagegen wieder extrazellulåre Matrixmaterialien hinzu, kann sich der differenzierte Status der Zellen wieder ausbilden, so dass sie ihre
n Abb. 7.3. $ $! & ?$ ) ! ) ! +8I 1 $! & ?$" 4
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Wechselwirkungen zwischen Zellen und ihrer Umgebung
n rund um Muskel- und Fettzellen, n unterhalb der basalen Seite epithelialer Gewebe wie der Epidermis der Haut (Abb. 7.1 und 7.4 a) oder der Schleimhaut des Verdauungs- und Atmungstraktes, n unter der inneren endothelialen Auskleidung von Blutgefåûen.
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normalen Zellprodukte erneut synthetisieren kænnen (Abb. 7.29). Eine der am besten untersuchten extrazellulåren Matrices ist die 7
. Sie stellt eine durchgehende, 50 bis 200 nm dicke Schicht dar. Man findet sie
Basalmembranen bieten den mit ihnen verbundenen Zellen mechanischen Halt, erzeugen Signale, die das Ûberleben der Zelle sichern, dienen als Untergrund bei der Zellwanderung, trennen benachbarte Gewebe innerhalb eines Organs voneinander und unterbinden die Passage von Makromolekçlen. In der letztgenannten Funktion çbernehmen Basalmembranen eine Schlçsselrolle, indem sie Proteine daran hindern, vom Blut ins Gewebe çberzutreten, sobald das Blut durch Kærperkapillaren mit ihren poræsen Wånden flieût. Dies ist besonders wichtig in der Niere, wo das Blut unter hohem Druck durch eine zweischichtige Basalmembran hindurchgepresst und gefiltert wird, welche die Kapillaren des Glomerulus von der Wand der Nierenkanålchen trennt (Abb. 7.4 b). Bei einem lange bestehenden Diabetes kann es daher zum Nierenversagen kommen, wenn sich die Basalmembranen rund um die Glomeruli abnorm verdickt haben. Die Basalmembranen kænnen auûerdem verhindern, dass Krebszellen in Gewebe eindringen. Auf die molekulare Anordnung der Basalmembranen werden wir spåter noch eingehen (Abb. 7.12). Die extrazellulåre Matrix kann zwar in verschiedenen Geweben und Organismen jeweils unterschiedliche Formen annehmen, besteht jedoch meist aus åhnlichen Makromolekçlen. Anders als die Proteine im Innern der Zelle, die kompakte, globulåre Molekçle sind, sind die extrazellulåren Proteine in der Regel lang gestreckt bzw. fibræs. Diese Proteine kænnen im Extrazellularraum ein eng miteinander verwobenes, dreidimensionales Netzwerk bilden, das in Abb. 7.5 skizziert ist und in den folgenden Abschnitten beschrieben wird. Die Proteine der EZM erfçllen diverse Funktionen: Sie fungieren unter anderem als Gerçste, Tråger, Dråhte und Klebstoff. Wie im Folgenden immer wieder erwåhnt wird, kænnen Verånderungen in der Aminosåuresequenz extrazellulårer Proteine ernste Erkrankungen zur Folge haben. Wir werden mit einem der wichtigsten und çberall vorhandenen Molekçl der EZM beginnen, dem Glycoprotein Kollagen.
Der extrazellulåre Raum
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n 7.5. Ûberblick çber die makromolekulare Organisation der extrazellulåren Matrix. Die Proteine und Polysaccharide, die hier zu sehen sind, werden in den folgenden Abschnitten besprochen. Die dargestellten Proteine (Fibronectin, Kollagen, Laminin) enthalten gegenseitige Bin-
dungsstellen, an denen sie sich jeweils aneinander heften, sowie Bindungsstellen fçr Rezeptoren (Integrine), die sich auf der Zelloberflåche befinden. Die Proteoglycane sind riesige Protein-Polysaccharid-Komplexe, die einen Groûteil des Platzes im Extrazellularraum einnehmen
umfassen eine Familie fibræser Glycoproteine, die nur in extrazellulåren Matrices vorhanden sind. Sie sind im gesamten Tierreich vorhanden und fçr ihre hohe Zugfestigkeit, das heiût ihren Widerstand gegençber Zugkråften, bekannt. Man schåtzt, dass eine Kollagenfaser von 1 mm Durchmesser ein Gewicht von 10 kg halten kann, ohne zu reiûen. Kollagen ist das Protein, von dem im menschlichen Kærper am meisten vorhanden ist (es macht çber 25% aller Proteine aus) ± darin zeigt sich, wie verbreitet extrazellulåre Materialien im Kærper sind. Kollagen wird bevorzugt von Fibroblasten gebildet, wie man sie in verschiedenen Bindegewebstypen, aber auch in glatten Muskelzellen und Epithelzellen findet. Es wurden bereits mehr als 20 unterschiedliche Kollagentypen identifiziert. Jeder Kollagentyp kommt nur an bestimmten Stellen im Kærpers vor, aber in ein und derselben EZM sind håufig zwei oder mehr verschiedene Typen vorhanden. Die funktionelle Komplexitåt wird noch dadurch erhæht, dass in ein und derselben Faser mehrere Kollagentypen vorkommen. Solche ¹heterotypischenª Fasern sind das biologische Pendant zu einer Metalllegierung. Wahrscheinlich resultieren aus den verschiedenen Kollagenkombinationen in den Fasern jeweils andere strukturelle und mechanische Eigenschaften. Obwohl es zwischen den Mitgliedern der Kollagenfamilie viele Unterschie-
de gibt, haben alle zumindest zwei wichtige strukturelle Eigenschaften gemeinsam. n Alle Kollagenmolekçle sind Trimere, die aus drei Polypeptidketten bestehen, so genannten -Ketten. n Ûber zumindest einen Teil ihrer Gesamtlånge sind die drei Polypeptidketten eines Kollagenmolekçls umeinander gewunden und bilden eine einzigartige stabartige Tripel-Helix (Abb. 7.6 a). Eine Reihe von Kollagenen, darunter Typ I, II und III, werden als bezeichnet, weil sie sich zu steifen, kabelåhnlichen Fibrillen zusammenlagern, die sich wiederum zu dickeren Fasern verbinden; letztere sind in der Regel so groû, dass man sie unter dem Lichtmikroskop erkennen kann. Abbildung 7.6 b zeigt, wie die Kollagen-I-Molekçlreihen dicht nebeneinander in eine Kollagenfibrille gepackt werden. Die einzelnen Kollagenmolekçle einer Fibrille sind nicht alle parallel angeordnet, sondern jeweils gegençber dem Nachbarn um etwa eine Viertellånge versetzt, was die mechanische Belastbarkeit des Komplexes erhæht und zu dem charakteristischen Bandenmuster der Kollagenfasern fçhrt (Abb. 7.6 c). Die Fibrillen werden zusåtzlich noch durch kovalente Querverbindungen
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zwischen Lysin- und Hydroxylysinresten auf benachbarten Kollagenmolekçlen verstårkt. Der Prozess, in dem diese Querverbindungen entstehen, geht im Laufe des Lebens unaufhærlich weiter, was vielleicht dazu bei trågt, dass die Elastizitåt der Haut im Alter abnimmt und die Knochen spræder werden. Unter den verschiedenen Bestandteilen der extrazellulåren Matrix sind es die Kollagenmolekçle, die das unlæsliche Grundgerçst bilden, das fçr viele mechanische Eigenschaften der Matrix verantwortlich ist. Tatsåchlich gibt es håufig einen Zusammenhang zwischen den Eigenschaften eines bestimmten Gewebes und der dreidimensionalen Anordnung seiner Kollagenmolekçle. Sehnen beispielsweise, die Muskeln und Knochen miteinander verbinden, mçssen bei der Muskelkontraktion enorme Zugkråfte aushalten
kænnen. In ihrer EZM sind die Kollagenfasern parallel zur Långsachse der Sehne und damit parallel zur Richtung der Zugkråfte angeordnet. Die Hornhaut des Auges (Cornea), ebenfalls ein bemerkenswertes Gewebe, muss einerseits auf der Oberflåche des Augapfels eine widerstandsfåhige Schutzschicht bilden, andererseits aber auch transparent sein, damit Licht durch die Linse auf die Netzhaut fallen kann. Als dicke Mittelschicht besitzt die Cornea ein bindegewebiges Gerçst oder Stroma ( ) mit relativ kurzen Kollagenfasern, die in verschiedenen Lagen angeordnet sind. Diese Schichtung des Stromas åhnelt dem Aufbau von Sperrholz: Die Fibrillen sind in jeder Lage parallel zu den anderen Fibrillen der Lage ausgerichtet, aber senkrecht zu den Fibrillen der beiden Lagen darçber und darunter (Abb. 7.7). Durch
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diese sperrholzartige Struktur erhålt das empfindliche Gewebe seine Festigkeit, wåhrend die einheitliche Græûe und die geordnete Schichtung der Fibrillen so weit wie mæglich verhindern, dass einfallende Lichtstrahlen gestreut werden, und so die Transparenz des Gewebes erhæhen. Da fibrillåre Kollagene so reichlich vorhanden und so weit verbreitet sind, ist es nicht verwunderlich, dass Abweichungen in ihrem Aufbau ernste Erkrankungen auslæsen kænnen. Verbrennungen oder Verletzungen innerer Organe durch Gewalteinwirkung kænnen zu vermehrtem Narbengewebe fçhren, das çberwiegend aus fibrillårem Kollagen besteht. Mutationen von Genen, die Typ-I-Kollagen codieren, kænnen eine ( hervorrufen, eine potenziell tædliche Krankheit, die von extrem brçchigen Knochen, dçnner Haut und schwachen Sehnen gekennzeichnet ist. Mutationen in Genen fçr Typ-II-Kollagen veråndern die Eigenschaften des Knorpelgewebes und verursachen so Zwergwuchs sowie Verformungen des Skeletts. Bei einer Reihe anderer Kollagen-Gene kænnen Mutationen zu einer Vielfalt verschiedener, aber zusammenhångender Defekte in der Struktur der Kollagenmatrix fçhren, die als # &% bezeichnet werden. Patienten, die an einem der verschiedenen Typen dieses Syndroms leiden, weisen çberstreckbare Gelenke und eine åuûerst dehnbare Haut (Hyperelastizitåt) auf. Nicht alle Kollagene bilden Fibrillen. Typ IV ist ein solches nichtfibrillåres Kollagen, das nur in Basalmembranen vorkommt. Basalmembranen sind dçnne Stçtzschichten, in denen die Typ-IVKollagenmolekçle ein Netzwerk bilden, das mechanischen Halt bietet und als Gitter dient, in
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das andere extrazellulåre Materialien eingelagert werden kænnen (Abb. 7.12). Im Gegensatz zum Typ-I-Kollagen, das aus einer langen, durchgångigen Tripel-Helix besteht, sind im Trimer des Typ-IV-Kollagens entlang des Molekçls nichthelicale Segmente eingesprengt, und am Ende befinden sich jeweils globulåre Domånen. Aufgrund der nichthelicalen Segmente ist das Molekçl flexibel, wåhrend es an den globulåren Enden zu Wechselwirkungen mit anderen Molekçlen kommt, wodurch der Komplex sein gitterartiges Aussehen erhålt (Abb. 7.8). Bei Patienten mit dem &%, einer Erbkrankheit der Nieren, bei der die glomerulåre Basalmembran (Abb. 7.4 b) defekt ist, hat man Mutationen in Genen fçr das Typ-IV-Kollagen gefunden. /% Neben dem Kollagen enthalten die Basalmembran und andere extrazellulåre Matrices in der Regel groûe Mengen /% " einen charakteristischen Protein-Polysaccharid-Komplex. Im Innern eines Proteoglycans (Abb. 7.9 a) befindet sich ein Proteinmolekçl (in Abb. 7.9 a schwarz dargestellt), an das kovalent Ketten von
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n 7.9 a±d. Die Struktur eines Proteoglycankomplexes vom Knorpeltyp. a Schematische Darstellung eines einzelnen Proteoglycans, das aus einem Kernprotein besteht, an das zahlreiche Glycosaminglycanketten (GAGs, ) gebunden sind. Ein Proteoglycan aus der Knorpelmatrix (z. B. Aggrecan) enthålt vielleicht ungefåhr 30 Keratansulfat- und 100 Chondroitinsulfatketten. Bei Proteoglycanen aus der Basalmembran (wie Perlecan und Agrin) sind nur wenige GAG-Ketten mit dem Kernprotein verbunden. b Strukturformeln der sich wiederholenden Disaccharide, aus denen jedes in dieser Abbildung gezeigte GAG besteht. Alle GAGs
tragen zahlreiche negative Ladungen ( ). c In der Knorpelmatrix sind einzelne Proteoglycane mit einem nichtsulfatisierten GAG (Hyaluronsåure oder Hyaluronan) verbunden. Dadurch entsteht ein riesiger Komplex mit einem Molekulargewicht von etwa 3 000 000. Der Kasten umschlieût eines der Proteoglycane, wie sie in a gezeigt werden. d Elektronenmikroskopische Aufnahme eines aus einer Knorpelmatrix isolierten Proteoglycan-Komplexes, der mit dem in c skizzierten Komplex vergleichbar ist. (d: Mit freundlicher Genehmigung von Lawrence C. Rosenberg)
gebunden sind (in Abb. 7.9 rot dargestellt). Jede Glycosaminglycankette besteht aus einem Disaccharid, das sich ståndig wiederholt, so dass sich die Struktur -A-B-A-B-A- ergibt; A und B stehen fçr zwei verschiedene Zucker. GAGs sind sehr sauer, weil an ihren Zuckerringen sowohl Sulfat- als auch Carboxylgruppen hången (Abb. 7.9 b). Proteoglycane der extrazellulåren Matrix kænnen gigantische Komplexe bilden, in denen ihre Kernproteine an ein gebunden sind ± ein GAG, das keine Sulfatgruppen aufweist (Abb. 7.9 c). Abb. 7.9 d zeigt, wie ein solcher Komplex, der so viel Raum wie eine Bakterienzelle einnehmen kann, im Mikroskop aussieht. Wegen der negativen Ladungen auf den sulfatierten GAGs binden Proteoglycane riesige Mengen Kationen, die wiederum zahlreiche Wassermolekçle binden. Im Endeffekt bilden Proteoglycane daher ein poræses, wasserhaltiges Gel, das den Extrazellularraum wie ein Verpackungsmaterial anfçllt (Abb. 7.5) und den Druck auffångt, der entsteht, wenn der Raum zusammengepresst wird. Diese Eigenschaft ergånzt die der benachbarten Kollagenmolekçle, die Zugkråften widerstehen und das Gerçst fçr die Proteoglycane stellen. Zusammen verleihen Kollagene und Proteoglycane dem Knorpel und anderen extrazellulåren Matrices Festigkeit und Widerstandsfåhigkeit ge-
gen verformende Kråfte. Die extrazellulåre Matrix des Knochens besteht ebenfalls aus Kollagenen und Proteoglycanen, erhårtet jedoch, weil sie mit Calciumphosphatsalzen imprågniert wird. Die GAG-Ketten der Proteoglycane fungieren auûerdem als Bindungsstellen fçr zahlreiche Wachstumsfaktoren und beeinflussen so deren Wechselwirkung mit Rezeptoren auf der Zelloberflåche.
Aus dem Ausdruck ¹Matrixª geht hervor, dass es sich um eine Struktur handelt, die aus einem Netzwerk miteinander wechselwirkender Elemente besteht. Daher ist er fçr die extrazellulåre Matrix sehr treffend, denn sie enthålt neben dem Kollagen und den Proteoglycanen noch eine Reihe von Proteinen, die jeweils in hochspezifischer Weise miteinander interagieren (Abb. 7.5).
besteht wie einige andere hier in diesem Kapitel angesprochene Proteine aus verschiedenen linear angeordneten ¹Bausteinenª, was zu einem modularen Aufbau der einzelnen Polypeptide fçhrt (Abb. 7.10 a). Jedes Fibronectinpolypeptid setzt sich aus einer Folge von ungefåhr 30 unabhångig voneinander gefalteten Fn-Modulen zusammen, von denen zwei in der Ausschnittsvergræûerung oben in Abb. 7.10 a zu sehen sind. Zwar wurden Module vom Fn-Typ erstmals im Fibronectin entdeckt, man findet sie aber in vie-
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len Proteinen ± das Spektrum reicht von Blutgerinnungsfaktoren çber Membranrezeptoren (Abb. 7.22) bis zu anderen Proteinen der EZM. Wie in Kap. 2.5.3 angesprochen, spricht die Tatsache, dass man bestimmte Segmente in verschiedenen Proteinen findet, stark dafçr, dass viele heutige Gene im Lauf der Evolution durch Fusion von Teilen einzelner frçherer Gene entstanden sind. Beim Fibronectin bildet eine Kombination von etwa 30 Strukturbausteinen zusammen fçnf oder sechs græûere funktionelle Domånen, die in Abb. 7.10 a als farbige Zylinder dargestellt sind. Jede der beiden Polypeptidketten, aus denen das Fibronectin-Molekçl besteht, enthålt: n Bindungsstellen fçr andere Bestandteile der EZM wie beispielsweise Kollagene und Proteoglycane. Diese Bindungsstellen erleichtern Wechselwirkungen, durch welche diese verschiedenen Molekçle zu stabilen, engmaschigen Netzwerken verknçpft werden (Abb. 7.5).
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n Bindungsstellen fçr Rezeptoren auf der Zelloberflåche. Ûber diese Bindungsstellen bleibt die EZM fest mit der Zelle verbunden (Abb. 7.5). Was ein fibronectinhaltiges Substrat fçr die Anheftung der Zelle bedeutet, erkennt man, wenn man sich die mikroskopische Aufnahme zu Beginn dieses Kapitels ansieht. Diese in Kultur genommene Endothelzelle hat eine Form, die keine Øhnlichkeit mehr mit irgendwelchen Formen hat, die sie im Kærper håtte; sie hat sich stattdessen çber eine verfçgbare quadratische Flåche ausgebreitet, die ihr von einem Ûberzug aus Fibronectin vorgegeben wurde. Die Bedeutung von Fibronectin und anderen extrazellulåren Proteinen wird besonders offensichtlich, wenn Gewebe wie etwa bei der Embryonalentwicklung dynamisch in ihren Aktivitåten sind. Die Entwicklung ist durch Migrationswellen von Zellen gekennzeichnet, bei denen verschiedene Zellen auf unterschiedlichen Routen von einem Teil des Embryos zu einem anderen gelangen (Abb. 7.11 a). Die Zellen werden bei ihrer Wan-
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derung von Proteinen wie etwa Fibronectin geleitet, die es in dem molekularen Bereich, den die Zellen gerade passieren, gibt. So wandern beispielsweise die Zellen der Neuralleiste, die vom sich entwickelnden Nervensystem aus zu praktisch allen Teilen des Embryos unterwegs sind, auf Wegen, die viele Fibrillen aus Fibronectin aufweisen (Abb. 7.10 b). Welche Bedeutung Fibronectin fçr die Wanderung der Neuralleistezellen hat, erschlieût sich sofort anhand der Kulturschale, die in Abb. 7.10 c zu sehen ist. Wenn man Antikærper, die an Fibronectin binden, in Embryos injiziert, kænnen die Zellen der Neuralleiste nicht mehr mit Fibronectinmolekçlen aus der umgebenden Matrix interagieren; dadurch wird die Bewegung der Zellen gestoppt. Antikærper gegen Fibronectin kænnen, wie aus Abb. 7.10 d, e hervorgeht, auch noch andere Entwicklungsprozesse stæren. Im Kærper werden zahlreiche Organe wie die Speicheldrçsen, Nieren und Lungen durch einen Verzweigungsvorgang gebildet, bei dem die Epithelschicht durch eine Reihe von Spalten unterteilt wird (Abb. 7.10 d). Wie wichtig Fibronectin fçr die Bildung dieser Spalten ist, wird anhand der Speicheldrçse in Abb. 10 e deutlich, die mit Antikærpern gegen Fibronectin inkubiert wurde. Durch die Inaktivierung der Fibronectinmolekçle sind die Spaltenbildung und die Verzweigung ausgeblieben. 8 Bei den 8 handelt es sich um eine Familie extrazellulårer Glycoproteine, die aus drei verschiedenen Polypeptidketten bestehen. Diese Ketten sind durch Disulfidbrçcken miteinander verbunden und so angeordnet, dass ein kreuzfærmiges Molekçl mit drei kurzen und einem langen Arm entsteht (Abb. 7.5). Man kennt mindestens 15 verschiedene Laminine. Wie Fibronectin kænnen auch extrazellulåre Laminine das Wanderungs-, Wachstums- und Differenzierungspotenzial einer Zelle stark beeinflussen. So spielen Laminine etwa bei der Wanderung primordialer Keimzellen eine entscheidende Rolle. Diese Zellen entstehen im Dottersack, der sich auûerhalb des Embryos befindet, und wandern dann mit dem Blut und durch embryonales Gewebe zu den sich entwickelnden Gonaden, wo sie schlieûlich zur Bildung von Spermien oder Eizellen fçhren (Abb. 7.11 a). Wåhrend ihrer Wanderung çberqueren die primordialen Keimzellen Oberflåchen, die stark lamininhaltig sind. Wie aus Untersuchungen hervorgeht, besitzen die primordialen Keimzellen auf ihrer Oberflåche ein Protein, das sich fest an eine der Untereinheiten des Lamininmolekçls heftet.
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Laminine binden nicht nur fest an Rezeptoren der Zelloberflåche, sondern auûerdem noch an andere Lamininmolekçle, Proteoglycane sowie weitere Bestandteile von Basalmembranen (Abb. 7.5). Man geht davon aus, dass die Lamininund Typ-IV-Kollagenmolekçle von Basalmembranen zwar getrennte, aber miteinander verknçpfte Netzwerke bilden, wie es in Abb. 7.12 dargestellt ist. Dank dieser miteinander verwobenen Netzwerke sind die Basalmembranen sowohl fest als auch biegsam. Basalmembranen mit einem solchen Aufbau findet man nicht nur bei Wirbeltieren, sondern çberall im Tierreich. Eine Analyse der Genomsequenzen von Taufliegen und Nematoden zeigt beispielsweise, dass auch diese Wirbellosen Gene besitzen, welche Laminine, Proteoglycane sowie Typ-IV-Kollagen codieren. In den mikroskopischen Aufnahmen und Zeichnungen des ersten Abschnitts dieses Kapitels wird die EZM als statisch dargestellt, was insofern stimmt, als sich diese Materialien auûerhalb der lebenden Zelle befinden. In Wirklichkeit kann die EZM aber sowohl råumlich als auch zeitlich durchaus dynamische Eigenschaften entfalten. Råumlich gesehen kænnen sich beispielsweise Fibrillen der EZM çber ein Mehrfaches ihrer Normallånge hinaus dehnen, wenn sie von Zellen mitgezogen werden, und sich dann wieder zusammenziehen, wenn die Spannung nachlåsst. Zeitlich gesehen unterliegen die Bestandteile einer EZM einem ståndigen Abund Aufbau. Diese Prozesse dienen der Erneuerung der Matrix, die auf diese Weise im Verlauf der Embryonalentwicklung oder nach einer Ge-
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websverletzung umstrukturiert werden kann. Selbst die verkalkte Matrix unserer Knochen, die wir fçr eine stabile, unverånderliche Struktur halten, wird ståndig erneuert. Fçr den Abbau extrazellulårer Materialien sorgt neben Zelloberflåchenproteinen vor allem eine Familie zinkhaltiger Enzyme, die - (/ ). Sie werden entweder in den Extrazellularraum sezerniert oder an der Plasmamembran verankert. Als Gruppe kænnen die MMPs fast alle die diversen EZM-Bestandteile abbauen; einzelne Familienmitglieder sind allerdings in den Arten von extrazellulåren Molekçlen, die sie angreifen kænnen, beschrånkt. Wie man es von Enzymen erwarten wçrde, deren normale Funktion die Zerstærung extrazellulårer Materialien ist, kommt es durch eine çbermåûige oder unangemessene Aktivitåt der MMPs håufig zu Erkrankungen. Tatsåchlich wurden die MMPs schon mit einer Reihe pathologischer Zustånde wie Arthritis, Hepatitis, Arteriosklerose, Erkrankungen der Zåhne und des Zahnfleisches sowie fortschreitenden Tumorerkrankungen in Verbindung gebracht (¹Aus Sicht des Menschenª in Kap. 7.3.3).
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7.2 Wechselwirkungen zwischen Zellen und extrazellulåren Materialien Wie bereits erwåhnt, kænnen Bestandteile der EZM wie Fibronectin, Laminin, Proteoglycane und Kollagen an Rezeptoren auf der Zelloberflåche binden (Abb. 7.5). Die wichtigste Rezeptorfamilie, durch die Zellen an ihrer extrazellulåren Mikroumgebung angeheftet werden, sind die Integrine. 7.2.1 Integrine Die 6 sind eine Familie integraler Membranproteine, die es nur in Tieren gibt und die an spezifische Substanzen (Liganden) in der ex-
trazellulåren Umgebung binden. Sie bestehen aus zwei Polypeptidketten, einer - und einer -Kette, die sich durch die Membran hindurchziehen und nichtkovalent miteinander verbunden sind. Bislang hat man 18 verschiedene und 8 verschiedene -Ketten gefunden. Obwohl theoretisch çber 100 Paarungen von - und -Ketten mæglich sind, hat man bisher auf den Zelloberflåchen nur etwa zwei Dutzend verschiedene Integrine gefunden; jedes von ihnen weist eine spezifische Verteilung im Kærper auf. Die meisten Zellen besitzen eine Vielzahl verschiedener Integrine, und umgekehrt sind die meisten Integrine auf einer Vielzahl verschiedener Zelltypen anzutreffen. Aus elektronenmikroskopischen Untersuchungen von Integrinmolekçlen, mit denen man in den spåten 1980er Jahren begann, ging hervor, dass die beiden Untereinheiten so orientiert sind, als bildeten sie einen kugelfærmigen extrazellulåren Kopf, der çber ein Paar verlångerter ¹Beineª mit der Membran verbunden ist (Abb. 7.5). Die Beine jeder Untereinheit ziehen sich als eine einzelne Transmembranhelix durch die Lipiddoppelschicht und enden in einer kleinen cytoplasmatischen Domåne aus etwa 20 bis 70 Aminosåuren.1 Jedes Integrin kann eine Reihe zweiwertiger Kationen wie Ca2+, Mg2+ und Mn2+ binden, obwohl nach wie vor unklar ist, inwieweit die jeweiligen Ionen die Struktur und die Fåhigkeiten zur Ligandenbindung des Proteins beeinflussen kænnen. 2001 wurde die erste ræntgenkristallographisch ermittelte Struktur des extrazellulåren Anteils eines Integrins veræffentlicht. Sie wies ein hæchst unerwartetes Merkmal auf: Anstatt, wie vorausgesagt, ¹aufrecht zu stehenª, war das Integrin V3 in den ¹Knienª so weit gebeugt, dass der Kopf eher der åuûeren Oberflåche der Plasmamembran als dem Extrazellularraum zugewandt war (Abb. 7.13 a). Elektronenmikroskopische Aufnahmen wie die in Abbildung 7.13 a beståtigten, dass dieser Befund einer nach vorne gebeugten Integrinstruktur kein Artefakt war, das wåhrend des Kristallisationsvorgangs entstanden war, wie einige vermutet hatten. Um die Bedeutung dieser Beugung zu verstehen, mçssen wir uns nåher mit den Eigenschaften der Integrine befassen. Viele Integrine, unter ihnen auch das in Abb. 7.13 dargestellte, kænnen auf der Oberflåche einer Zelle in einer inaktiven Konformation vorliegen. Durch Ereignisse im Zellinneren, welche 1
Von diesem molekularen Aufbau weicht nur die 4-Kette ab; bei ihr gehæren noch etwa 1000 Aminosåuren zusåtzlich zur cytoplasmatischen Domåne. Aufgrund dieser immensen Erweiterung kænnen sich 4-Integrine sehr viel tiefer ins Cytoplasma erstrecken (Abb. 7.19).
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die Konformation der cytoplasmatischen Domånen der Untereinheiten des Integrins veråndern, kænnen sie dann rasch aktiviert werden. Diese Konformationsånderungen breiten sich im Molekçl weiter aus und erhæhen so die Affinitåt des Integrins fçr einen extrazellulåren Liganden. So
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aggregieren beispielsweise die Blutplåttchen bei der Blutgerinnung (Abb. 7.15) nur dann, wenn IIb3-Integrine vom Cytoplasma aus aktiviert werden und sich dadurch ihre Affinitåt fçr Fibrinogen erhæht. Eine derartige Verånderung wie bei der Affinitåt der Integrine, die durch Verånderungen im Zellinnern ausgelæst wird, bezeichnet man als ¹ $ ª-Signalçbertragung. Ohne das Signal aus dem Zellinnern bleibt das Integrin inaktiv, so dass der Kærper davor geschçtzt ist, zum falschen Zeitpunkt Blutgerinnsel zu bilden. Aufgrund einer wachsenden Anzahl von Belegen kann man wohl ziemlich sicher davon ausgehen, dass die gebeugte Konformation eines Integrins, wie sie in Abb. 7.13 a zu sehen ist, dem inaktiven Zustand des Proteins entspricht, das heiût, einem Zustand, in dem kein Ligand gebunden werden kann. Tatsåchlich liegt ein V3-Integrin, das man analysiert, wenn es einen Liganden gebunden hat, nicht mehr in gebeugter Form vor, sondern hat vielmehr eine aufrechte Konformation (Abb. 7.13 b). Der Ligand bindet am Kopf des Integrins in einem Bereich, in dem die - und die -Einheiten aufeinander treffen (Abb. 7.14). Wenn die gebeugte und die aufrechte Struktur wirklich jeweils dem inaktiven bzw.
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dem aktiven Zustand entsprechen, muss man sich çberlegen, durch welche Art von Reiz die Konformation des Proteins so stark veråndert werden kann. Untersuchungen zufolge hångt es von der råumlichen Anordnung der cytoplasmatischen - und -Schwånze auf der Innenseite der Membran ab, ob der Kopf des Integrins, der auf der Auûenseite der Plasmamembran herausragt, Liganden binden kann. Diese Interpretation passt ausgezeichnet zu zahlreichen Beweisen, die fçr eine Signalçbertragung aus dem Zellinnern nach auûen ( $ ) sprechen, wie sie am Beispiel der Bindung von IIb3-Integrinen an Fibrinogen in den Blutplåttchen erlåutert wurde. Die cytoplasmatischen Domånen von Integrinen binden ein breites Spektrum an Proteinen, darunter auch Molekçle wie Talin, das die Trennung der - und -Einheiten auslæst (Abb. 7.14). Man vermutet, dass es durch die Trennung der cytoplasmatischen Enden der Integrine zu einer Konformationsånderung in den Beinen des Integrins kommt. Dadurch stellt sich das Molekçl aufrecht, wodurch der Kopf des Proteins spezifisch mit seinem Liganden interagieren kann. Integrine wurden fçr zwei wichtigen Aktivitåten verantwortlich gemacht: die Adhåsion von Zellen an ihre Unterlage (oder an andere Zellen) sowie die Ûbertragung von Signalen aus der åuûeren Umgebung ins Zellinnere, was als ¹ $ $ ª-Signalçbertragung bezeichnet wird. Die Bindung eines Liganden wie Fibronectin oder Kollagen an die extrazellulåre Domåne eines Integrins kann an den cytoplasmatischen Enden des Integrins eine Konformationsånderung auslæsen. Verånderungen an den cytoplasmatischen Enden kænnen wiederum die Wechselwirkungen des Integrins mit nahegelegenen cytoplasmatischen Proteinen wie dem Enzym Fokale Adhåsionskinase (FAK) veråndern (Abb. 7.17 c). Wenn daher Integrine an einen extrazellulåren Liganden binden, kænnen sie damit cytoplasmatische Proteinkinasen wie FAK aktivieren, die dann andere Proteine phosphorylieren und so eine Kettenreaktion auslæsen kænnen. In einigen Fållen fçhrt die Kettenreaktion sogar bis in den Zellkern hinein, wo unter Umstånden eine spezifische Gruppe von Genen aktiviert wird. ¹ $ ª-Signale, die von Integrinen (oder anderen Molekçlen auf der Zelloberflåche) çbertragen werden, kænnen das Verhalten der Zellen in vieler Hinsicht beeinflussen ± das gilt fçr die Differenzierung, die Beweglichkeit, das Wachstum und sogar das Ûberleben der Zelle. Welche Bedeutung Integrine fçr das Ûberleben der Zelle haben, veranschaulicht am besten ein Vergleich zwischen normalen und malignen Zellen. Die
meisten bæsartig verånderten Zellen kænnen selbst dann wachsen, wenn sie in einem flçssigen Kulturmedium suspendiert wurden. Normale Zellen dagegen wachsen und teilen sich nur, wenn sie auf einer festen Unterlage kultiviert werden; wenn man sie als Suspension hålt, gehen sie zugrunde. Dies erklårt man sich damit, dass ihre Integrine dann nicht mit extrazellulåren Substraten interagieren und daher auch keine lebensrettende Signale ins Zellinnere senden kænnen. Wenn Zellen entarten, hångt ihr Ûberleben nicht mehr von der Integrinbindung ab. An der Frage, welche Rolle die Integrine bei der Signalçbertragung spielen, wird zur Zeit in der Zellbiologie besonders intensiv gearbeitet. Wir werden in Kapitel 7.3.5 nåher darauf eingehen. In Tabelle 7.1 ist eine Reihe bekannter Integrine samt der entscheidenden extrazellulåren Liganden aufgelistet, an die sie binden. Wenn die Integrine an diese Liganden binden, kommt es zu einer Anheftung der Zellen an ihrer Umgebung. Weil individuelle Zellen eine Vielzahl verschiedener Integrine auf ihrer Oberflåche exprimieren kænnen, sind sie auch in der Lage, an entsprechend viele verschiedene extrazellulåre Elemente zu binden (Abb. 7.5). Trotz der offensichtlichen Ûberschneidungen scheinen die meisten Integrine doch eindeutige Funktionen zu haben, da Knockout-Måuse (Kap. 18.13), denen unterschiedliche Integrinuntereinheiten fehlen, jeweils auch verschiedene Phånotypen aufweisen. So sind beispielsweise bei Knockout-Måusen ohne 8 die Nieren, bei Måusen ohne 4 das Herz und bei Måusen ohne 5 die Gefåûe geschådigt. Viele extrazellulåre Proteine, die an Integrine binden, tun dies, weil sie die Aminosåuresequenz Arginin-Glycin-Asparaginsåure (im Einbuchstabencode fçr Aminosåuren: RGD) enthalten. Dieses Tripeptid findet man in den Zellbindungsstellen von Proteoglycanen, Fibronectin, Laminin sowie diversen anderen extrazellulåren Proteinen. Abbildung 7.10 zeigt die zellbindende Domåne von Fibronectin mit ihrer langen RGDhaltigen Schlaufe. Als die Bedeutung der RGD-Sequenzen entdeckt wurde, ergaben sich mit einem Mal Mæglichkeiten fçr neue Therapieansåtze bei Leiden, bei denen Wechselwirkungen zwischen Rezeptor und Ligand eine Rolle spielen. Durch die Bildung eines Blutgerinnsels (Thrombus) in einer geschådigten Arterie kann die Blutzufuhr zu wichtigen Organen blockiert werden; das ist eine der Hauptursachen fçr Herzinfarkte und Schlaganfålle. Ein Blutgerinnsel entsteht, wenn Blutplåttchen miteinander aggregieren; das sind kernlose Zellen, die sich im Blutkreislauf befinden. Wie bereits erwåhnt, muss, damit die Blut-
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plåttchen verklumpen, ein fçr diese Zellen spezifisches Integrin (IIb3) mit læslichen Blutproteinen wechselwirken, die RGD enthalten und als Bindeglieder zwischen den Blutplåttchen fçr deren Zusammenhalt sorgen (Abb. 7.15, oben); Beispiele fçr solche læslichen Blutproteine sind Fibrinogen und der Willebrand-Faktor. In Tierexperimenten konnten RGD-haltige Peptide die Thrombenbildung hemmen, indem sie die Bindung des Integrins der Blutplåttchen an Blutproteine verhinderten (Abb. 7.15, unten). Diese Befunde fçhrten zur Entwicklung einer neuen Gruppe von Antithrombosemitteln (Aggrastat und Integrelin), die der RGD-Struktur åhneln, aber selektiv an das Integrin der Blutplåttchen binden. Ein spezifischer Antikærper (ReoPro) gegen die RGD-Bindungsstelle des IIb3-Integrins kann bestimmte Patienten bei risikoreichen gefåûchirurgischen Eingriffen ebenfalls vor Blutgerinnseln schçtzen. Eine Reihe von Verbindungen, mit denen gezielt Integrine beeinflusst werden, die bei anderen Krankheiten eine Rolle spielen, wird derzeit in klinischen Versuchen getestet. Die cytoplasmatischen Domånen von Integrinen enthalten Bindungsstellen fçr viele verschiedene cytoplasmatische Proteine, darunter auch einige, die als Adaptoren fçr die Ankopplung des Integrins an Actinfilamente des Cytoskeletts fungieren (Abb. 7.17). Wie Integrine daran mitwirken, dass eine Verbindung zwischen der EZM und dem Cytoskelett zustande kommt, wird am
besten an zwei speziellen Strukturen deutlich: den Fokalkontakten und den Hemidesmosomen. 2$$ okalkontakte und Hemidesmosomen verankern Zellen auf ihrer Unterlage Wie Zellen mit dem Boden ihrer Kulturschale wechselwirken, låsst sich viel einfacher untersuchen als die entsprechende Wechselwirkung mit einer extrazellulåren Matrix im Innern eines Tieres. Folglich stammt ein Groûteil unseres Wissens çber die Wechselwirkungen zwischen Zellen und Matrix aus der Beobachtung der Anheftung von Zellen an diverse Substraten
. Abbildung 7.16 zeigt die verschiedenen Stadien des Anheftungsvorgangs am Beispiel einer Zelle auf der Oberflåche einer Kulturschale. Zuerst ist die Zelle abgerundet, wie es Tierzellen, die in wåssrigen Medien suspendiert sind, generell sind. Sobald die Zelle mit ihrer Unterlage in Berçhrung kommt, schickt sie Auslåufer aus, çber die es nach und nach zu einer stabilen Anbindung kommt. Mit der Zeit wird die Zelle flacher und breitet sich auf der Unterlage aus. Wenn sich Fibroblasten oder Epithelzellen auf dem Boden einer Kulturschale ausbreiten, wird ihre Unterseite nicht immer gleichmåûig gegen die Unterlage gedrçckt. Die Zelle ist vielmehr nur an unregelmåûig verteilten, vereinzelten Stellen, den , auf der Oberflåche der Schale verankert (Abb. 7.17 a). Fokalkontakte
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sind dynamische Strukturen, die rasch wieder aufgelæst werden kænnen, wenn die angeheftete Zelle dazu stimuliert wird, sich zu bewegen oder in die Mitose einzutreten. In der Plasmamembran findet man im Bereich eines Fokalkontakts gehåuft groûe Ansammlungen von Integrinen; dabei handelt es sich oft um v3, das Integrin, dessen Struktur in Abb. 7.13 wiedergegeben ist. Die cytoplasmatischen Domånen des Integrins werden çber diverse Verbindungsstçcke an die Actinfilamente des Cytoskeletts gekoppelt (Abb. 7.17 b, c). In Abb. 7.17 c wird darçber hinaus deutlich, wie die Bindung eines extrazellulåren Liganden, etwa Fibronectin oder Laminin, Proteinkinasen wie FAK aktivieren kann, die Signale
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in alle Teile der Zelle, einschlieûlich des Zellkerns, weiterleiten kænnen. Fokalkontakte wurden auch mit der allgemeinen Zelladhåsion und/oder -fortbewegung in Verbindung gebracht, obwohl man sich noch nicht einig ist, welche Rolle sie genau dabei spielen, zumal diese Rolle mæglicherweise auch von ihrer spezifischen Græûe und Anordnung abhångt. Auf jeden Fall kænnen Fokalkontakte mechanische Kråfte entwickeln oder darauf reagieren. Das kann auch von einer Struktur erwartet werden, die Actin und Myosin enthålt, zwei wichtige kontraktile Elemente der Zelle. In Abb. 7.18 sieht man einen Fibroblasten in einer Zellkultur, der sich an eine gelierte Oberflåche geheftet hat, die durch lokale Kråfte verformt werden kann. Das gleichfærmige Gittermuster der ursprçnglichen Oberflåche wurde durch Zugkråfte (Festhalten/Ziehen) verzerrt, die von Fokalkontakten an der Unterseite der Zelle ausgehen. Fokalkontakte beobachtet man vor allen bei Zellen, die sich vermehren, obwohl man åhnliche Arten von adhåsiven Kontakten auch bei bestimmten Geweben wie Muskeln und Sehnen gefunden hat. Im Kærper befindet sich die stabilste Verbindung zwischen einer Zelle und ihrer extrazellulåren Matrix an der basalen Oberflåche von Epithelzellen, wo die Zellen mit einer speziellen adhåsiven Struktur namens 2 in der darunter liegenden Basalmembran verankert sind (Abb. 7.1, 7.19). Hemidesmosomen enthalten auf der Innenseite der Plasmamembran einen dichten Belag, der mit Filamenten besetzt ist, die nach auûen in das Cytoplasma ziehen. Im Gegensatz zu den Filamenten der Fokalkontakte, die aus Actin bestehen, sind die Filamente der Hemidesmosomen dicker und bestehen aus dem Protein Keratin.
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Keratinhaltige Filamente gehæren in die Gruppe der intermediåren Filamente, die vor allem unterstçtzende Funktionen haben (was in Kap. 9.4 ausfçhrlich behandelt wird). Die Keratinfilamente des Hemidesmosoms sind mit der extrazellulåren Matrix çber Integrine wie 64 verbunden, die sich durch die Membran ziehen (Abb. 7.19 b). Wie ihre Pendants in den Fokalkontakten çbertragen auch diese Integrine Signale aus dem EZM, welche die Form und die Aktivitåt der angehefteten Epithelzelle beeinflussen. Die Bedeutung der Hemidesmosomen zeigt sich an einer seltenen Krankheit, dem / . Bei diesem Krankheitsbild produzieren die Betroffenen Antikærper, die an Proteine (Bullæse-Pemphigoid-Antigene) in diesen adhåsiven Strukturen binden. Krankheiten, die dadurch verursacht werden, dass Antikærper gegen kærpereigene Gewebe (Autoantikærper) gebildet werden, bezeichnet man als Autoimmunkrankheiten; sie sind fçr ein breites Spektrum an Beschwerden verantwortlich. Durch die Autoantikærper geht die Anbindung der unteren Epidermisschicht an die Basalmembran und damit an das darunter liegende Bindegewebe der Lederhaut verloren. Wenn Flçssigkeit in den Raum unterhalb der Epidermis einsickert, bilden sich ausgedehnte Blasen in der Haut. Eine åhnliche blasenbildende Erbkrankheit, # %
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ten, bei denen eines der zahlreichen Proteine aus den Hemidesmosomen, etwa die 6- oder der 4-Untereinheit des Integrins oder Laminin-5, genetisch veråndert ist. Andere Epithelien des Kærpers, beispielsweise im Magendarmoder Harntrakt, kænnen bei dieser Krankheit ebenfalls betroffen sein.
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7.3 Wechselwirkungen zwischen Zellen Wenn man einen Dçnnschnitt durch eines der græûeren Kærperorgane eines Tieres genauer betrachtet, erkennt man einen komplexen Aufbau mit einer Vielzahl verschiedener Zelltypen. Bisher weiû man wenig darçber, wie es zu diesen komplexen dreidimensionalen Zellarrangements wåhrend der Organentwicklung kommt. Man vermutet, dass dieser Vorgang sehr stark von selektiven Interaktionen abhångt, die sich zwischen Zellen gleichen Typs sowie zwischen verschiedenen Zelltypen abspielen. Es gibt Belege, die dafçr sprechen, dass Zellen die Oberflåchen anderer Zellen erkennen kænnen, weil sie mit den einen interagieren, wåhrend sie die anderen ignorieren. Es ist sehr schwer, die zellulåren Wechselwirkungen zu untersuchen, die sich innerhalb der winzigen Organe eines sich entwickelnden Embryos abspielen. Bei den ersten Versuchen, mehr çber die Erkennung und Adhåsion der Zellen untereinander zu erfahren, entfernte man aus dem Embryo eines Hçhnchens oder einer Amphibie ein sich entwickelndes Organ, læste das Organgewebe auf, stellte eine Suspension einzelner Zellen her und untersuchte, inwieweit die in Kultur genommenen Zellen wieder zusammen-
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finden konnten. Bei Experimenten, bei denen Zellen von zwei verschiedenen, sich entwickelnden Organen getrennt und dann wieder miteinander gemischt wurden, bildeten die Zellen zunåchst einen Zellhaufen mit verschiedenen Zellen. Mit der Zeit begannen die Zellen jedoch innerhalb dieses Aggregats zu wandern und sich voneinander abzusondern, so dass schlieûlich jede Zelle nur noch an Zellen desselben Typs haftete (Abb. 7.20). Sobald sie einen homogenen Haufen gebildet hatten, differenzierten sich diese Zellen håufig noch in viele Strukturen, die auch in einem intakten Embryo entstanden wåren. Solange man noch nicht çber Techniken verfçgte, um integrale Membranproteine zu reinigen und ± in spåterer Zeit ± die Gene zu isolieren und zu klonieren, die diese Protein codieren, wusste man noch wenig çber die Molekçle, welche die Adhåsion zwischen Zellen vermitteln. Mittlerweile hat man Dutzende verschiedenster Proteine identifiziert, die an der Zelladhåsion beteiligt sind. Man geht davon aus, dass je nach Zelltyp unterschiedliche Ansammlungen dieser Molekçle auf den Zelloberflåchen dafçr verantwortlich sind, ob es in komplexen Geweben zu spezifischen Interaktionen zwischen den Zellen kommt. Bei der Vermittlung der Adhåsion zwischen den Zellen spielen vier verschiedene Familien integraler Membranproteine eine græûere Rolle: n Selectine, n bestimmte Mitglieder der ImmunglobulinSuperfamilie (IgSF), n bestimmte Mitglieder der Integrinfamilie, n Cadherine.
7.3.1 Selectine In den 1960er Jahren entdeckte man ein Phånomen, das als ¹Homing der Lymphocytenª bezeichnet wurde: Lymphocyten, die man aus peripheren Lymphknoten entfernt, radioaktiv markiert und erneut in den Kærper injiziert hatte, kehrten wieder an die Stellen zurçck, aus denen sie ursprçnglich stammten. Anschlieûend fand man heraus, dass dieses Phånomen auch untersucht werden konnte; dafçr musste man den Lymphocyten nur die Mæglichkeit bieten, sich an Gefrierschnitte lymphoider Organe anzuheften. Unter diesen experimentellen Bedingungen hefteten sich die Lymphocyten selektiv an die endotheliale Auskleidung von Venolen (der kleinsten Venen) der peripheren Lymphknoten.
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Die Bindung der Lymphocyten an die Venolen konnte durch Antikærper unterbunden werden, die an ein spezifisches Glycoprotein auf der Oberflåche der Lymphocyten binden. Dieses Glycoprotein bekam den Namen LEU-CAM1 und spåter L-Selectin. Selectine sind eine Familie integraler Membranglycoproteine. Sie erkennen eine bestimmte Zuckerkonstellation in den Oligosacchariden, die aus der Oberflåche anderer Zellen herausragen, und binden dann daran (Kap. 4.3.2). Der Name fçr diese Rezeptorgruppe der Zelloberflåche leitet sich aus dem Wort ¹Lectinª ab, das allgemein eine Verbindung bezeichnet, die an spezifische Kohlenhydratgruppen bindet. Selectine besitzen eine kleine cytoplasmatische Domåne, eine einzelne Transmembrandomåne sowie ein groûes
extrazellulåres Segment, das aus einer Reihe separater Module besteht, einschlieûlich der ganz auûen sitzenden Domåne, die als Lectin fungiert (Abb. 7.21). Bisher kennt man drei Selectine: E-Selectin, das auf Endothelzellen vorhanden ist, P-Selectin, das man auf Blutplåttchen und Endothelzellen findet, sowie L-Selectin, das auf Leukocyten (den weiûen Blutkærperchen) anzutreffen ist. Alle drei Selectine erkennen eine bestimmte Zuckergruppierung (Abb. 7.21), die auf den Enden von Kohlenhydratketten bestimmter komplexer Glycoproteine vorhanden sind. Fçr die Bindung von Selectinen an ihre KohlenhydratLiganden wird Calcium benætigt. Die Gruppe der Selectine sorgt in entzçndeten Bereichen und an den Stellen" wo Blutgerinnsel entstanden sind, fçr kurze Interaktionen zwischen den Leukocyten im Blut und den Wånden von Blutgefåûen. Sie haben aber mæglicherweise noch andere Aufgaben bei der Wechselwirkung zwischen Zellen, etwa wenn sich Såugerembryonen bei der Implantation in der Uteruswand einnisten. Welche Rolle sie bei Entzçndungen spielen, wird spåter im Kapitel in der Rubrik ¹Aus Sicht des Menschenª nåher erlåutert.
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2'$ Immunglobuline und Integrine Als in den 1960er Jahren die Struktur der Antikærpermolekçle im Blut aufgeklårt wurde, war dies ein Meilenstein zum Verståndnis der Immunreaktion. Man fand heraus, dass Antikærper ± ein Proteintyp, der als Immunglobulin (Ig) bezeichnet wird ± aus Polypeptidketten bestehen, die aus einer Reihe åhnlicher Domånen aufgebaut sind. Jede dieser so genannten Ig-Domånen umfasst 70 bis 110 Aminosåuren, die in einer eng gefalteten Struktur angeordnet sind, wie sie im Ausschnitt der Abb. 7.22 zu sehen ist. Bei weiteren Untersuchungen stellte sich heraus, dass Domånen vom Ig-Typ bei einem breiten Spektrum von Proteinen anzutreffen sind, die alle zusammen die 6 & (6&4 bilden. Die meisten Mitglieder der IgSF sind in verschiedene Aspekte der Immunfunktion eingebunden, doch einige dieser Proteine vermitteln eine calciumunabhångige Adhåsion
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zwischen Zellen. Tatsåchlich kænnte die Entdeckung, dass Rezeptoren fçr die Zelladhåsion bei Wirbellosen, also Tieren ohne klassisches Immunsystem, Domånen haben, die Immunglobulinen gleichen, darauf hindeuten, dass diese Ig-artigen Proteine ursprçnglich die Zelladhåsion vermittelt und sich erst sekundår zu Elementen des Immunsystems der Wirbeltiere entwickelt haben. Die meisten an der Zelladhåsion beteiligten IgSF-Molekçle ermæglichen die spezifischen Wechselwirkungen von Lymphocyten mit Zellen, die fçr eine Immunreaktion erforderlich sind (z. B. Makrophagen, andere Lymphocyten und Zielzellen). Es gibt jedoch auch einige IgSF-Mitglieder wie VCAM ( $ $ ), NCAM (
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gelkrankheit gestorben sind, zeigen einen auûergewæhnlichen Befund: Ihnen fehlen oft zwei groûe Nervenbahnen, eine, die zwischen den beiden Gehirnhålften, und eine andere, die zwischen dem Gehirn und dem Rçckenmark verlåuft. Dass diese Nervenbahnen fehlen, låsst vermuten, dass L1 im embryonalen Nervensystem am Wachstum von Axonen beteiligt ist. Wie in Kap. 9.7 erlåutert wird, befindet sich an der Spitze eines wachsenden Axons ein åuûerst beweglicher Bereich, der , der das Axon im Embryo zum richtigen Bestimmungsort leitet. Der Wachstumskegel sondiert dabei seine Umgebung. Er kriecht auf der Unterlage entlang, spçrt Substanzen in seinem Umfeld auf, die das axonale Wachstum in die eine oder die andere Richtung lenken, und reagiert darauf. Aus B $-Untersuchungen geht hervor, dass
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gången im Verlauf der Entwicklung des Nervensystems. Wie Fibronectin und viele andere an der Zelladhåsion beteiligte Molekçle haben auch die IgSF-Molekçle einen modularen Aufbau (Abb. 7.22) mit einzelnen Domånen, die in ihrer Struktur den Domånen anderer Proteine åhneln. Wie wichtig L1 fçr die neurale Entwicklung ist, konnte auf unterschiedliche Weise belegt werden. Beim Menschen kænnen Mutationen im ,.-Gen verheerende Folgen haben. In Extremfållen kommen die Kinder mit einer tædlichen Form von Hydrozephalus (Wasserkopf) auf die Welt. Kinder mit weniger gravierenden Mutationen sind in der Regel geistig zurçckgeblieben und haben Schwierigkeiten, die Bewegung ihrer Gliedmaûen zu steuern (spastische Låhmung). Autopsien von Patienten, die an einer L1-Man-
n Wachstumskegel bestimmter Nerven das L1-Protein (und andere IgSF-Molekçle) enthalten, n diese Wachstumskegel çber ein Substrat, das L1 enthålt, nach auûen wachsen, n das Wachstum der Nerven in diesen Experimenten gestoppt wurde, wenn man Antikærper gegen L1 zusetzte. Diesen Studien zufolge entstehen aufgrund einer Interaktion zwischen den extrazellulåren Domånen der L1-Molekçle auf der Zelloberflåche und der Unterlage im Wachstumskegel Signale, die seine Ausbreitung færdern. Die IgSF-Molekçle auf der Zelloberflåche kænnen verschiedene Proteintypen als Liganden haben. Wie bereits beschrieben, erleichtern die meisten Integrine die Adhåsion von Zellen an ihre Unterlage, einige Integrine vermitteln aber auch eine Adhåsion zwischen Zellen, indem sie an Proteine auf anderen Zellen binden. Beispielsweise bindet das Integrin 41 auf der Oberflåche von Leukocyten an VCAM, ein IgSFProtein auf der endothelialen Auskleidung bestimmter Blutgefåûe. 2'' 0dherine Die + bilden eine groûe Glycoproteinfamilie. Sie vermitteln zwischen Zellen eine Ca2+-abhångige Adhåsion und çbertragen Signale aus der EZM ins Cytoplasma. Cadherine verbinden Zellen eines åhnlichen Typs miteinander ± çberwiegend, indem sie an ein gleiches Cadherin auf der Oberflåche der Nachbarzelle
binden. Diese Eigenschaft der Cadherine zeigte sich zum ersten Mal, als man Zellen, die normalerweise nicht adhåsiv sind, genetisch so verånderte, dass sie eines aus einer Vielzahl verschiedener Cadherine exprimierten. Diese Zellen wurden dann in verschiedenen Kombinationen miteinander vermischt. Als man anschlieûend ihre Interaktionen beobachtete, stellte sich heraus, dass Zellen, in denen eines der Cadherine exprimiert wurde, bevorzugt an solchen Zellen hafteten, die dasselbe Cadherin produzierten. Bei Tieren sind Cadherine auf den Oberflåchen vieler verschiedener Zelltypen anzutreffen, wobei jedes Mitglied der Cadherinfamilie innerhalb des Kærpers anders verteilt ist. Wie Selectine und IgSF-Molekçle weisen auch Cadherine einen modularen Aufbau auf. Am besten untersucht sind E-Cadherin (epithelial), N-Cadherin (neural) und P-Cadherin (aus der Placenta). Diese ¹klassischenª Cadherine enthalten ein relativ groûes extrazellulåres Segment, das aus fçnf Tandem-Domånen mit gleicher Græûe und Struktur, einem einzelnen Transmembransegment sowie einer kleinen cytoplasmatischen Domåne besteht (Abb. 7.23). Die cytoplasmatische Domåne ist håufig mit Mitgliedern aus der -Familie cytosolischer Proteine assoziiert; diese haben eine Doppelfunktion: sie binden die Cadherine am Cytoskelett fest (Abb. 7.26) und çbertragen Signale ins Cytoplasma. Die in Abb. 7.23 dargestellten Strukturmodelle fçr die Adhåsion der Cadherine wurden aufgrund von ræntgenkristallographischen Untersuchungen an den extrazellulåren Anteilen dieser Molekçle entwickelt. Diesen Studien zufolge lagern sich Cadherine derselben Zelloberflåche Seite an Seite zu parallelen Dimeren zusammen. Diese Untersuchungen beleuchteten auûerdem die Rolle des Calciums, von dem man schon seit Jahrzehnten wusste, dass es fçr die Adhåsion zwischen Zellen essentiell ist. Wie Abb. 7.23 zeigt, bilden die Calcium-Ionen zwar zwischen aufeinanderfolgenden Domånen eines bestimmten Molekçls Brçcken aus, allerdings nicht, wie man lange vermutet hatte, zwischen Molekçlen verschiedener Zellen. Durch diese Calcium-Ionen bleibt der extrazellulåre Anteil jedes Cadherins so starr, wie das fçr die Zellhaftung erforderlich ist. Zellen haften deshalb zusammen, weil die extrazellulåren Domånen der Cadherine benachbarter Zellen in einer Weise miteinander interagieren, dass eine Art ¹Zellhaftungs-Reiûverschlussª entsteht. Ûber die Frage, inwieweit sich die Cadherine der beiden Zellen dabei çberlappen, ist eine heftige Kontroverse entbrannt; deshalb werden in Abb. 7.23 verschiedene Alternativen aufgefçhrt. Mæglicherweise zei-
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n Cadherine und Zelladhåsion. Schematische Darstellung von zwei Zellen, die aufgrund von Wechselwirkungen zwischen zwei åhnlichen Cadherintypen, die bei beiden Zellen aus der Plasmamembran herausstehen, aneinander haften. Zwischen aufeinanderfolgenden Domånen des Cadherinmolekçls befindet sich jeweils ein Calcium-Ion ( ). Diese Ionen sind entscheidend dafçr, dass der extrazellulåre Proteinanteil starr bleibt. Diese Zeichnung zeigt verschiedene Modelle dafçr, wie Cadherine benachbarter Zellen miteinander interagieren kænnten. Aus mehreren Studien geht hervor, dass sich dabei die extrazellulåren Domånen der Molekçle beider Zellen unterschiedlich stark çberlappen. Wie hier angedeutet, wurden in den Modellen Ûberlappungen von einer, zwei oder fçnf extrazellulåren Domånen angenommen. Dadurch wçrden sich unterschiedliche Abstånde zwischen den Plasmamembranen aneinanderhaftender Zellen ergeben, die sich in einer Græûenordnung von 25 bis 45 nm bewegen. In den folgenden Abbildungen werden die Cadherine allerdings der Einfachheit halber immer nur mit einer çberlappenden Domåne dargestellt
gen verschiedene Zelltypen unterschiedliche Arten der Wechselwirkung, so dass in einem Organismus unter Umstånden mehr als eine (oder alle) der in Abb. 7.23 aufgefçhrten Konfigurationen vorkommen kann. So wie man das Ineinandergreifen der Cadherine mit einem Reiûverschluss vergleichen kann, erinnern die Cadherin-Cluster an einen Klettverschluss; je mehr Cadherine in einer Gruppe miteinander wechselwirken, desto besser haften zwei Zellen aneinander. Die von den Cadherinen vermittelte Adhåsion ist vermutlich dafçr verantwortlich, dass sich in gemischten Zellhaufen einander åhnelnde Zellen von den anderen trennen kænnen, wie man es in Abb. 7.20 sieht. Tatsåchlich sind Cadherine mæglicherweise der wichtigste einzelne Faktor, der dafçr verantwortlich ist, dass Zellen im Embryo zusammenhångende Gewebe bilden und
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n Die Rolle der Cadherine bei der Umwandlung von Epithel in Mesenchym. Frçhe Entwicklungsstadien eines Hçhnerembryos. Wåhrend der Gastrulation wandern die Zellen aus der oberen Schicht des Embryos (dem Epiblasten) zu einer Furche in der Mitte des Embryos, dann in die Furche hinein und schlieûlich als mesenchymale Zellen seitwårts in den Raum unterhalb des Epiblasten. Einige dieser mesenchymalen Zellen sammeln sich zu Blæcken epithelialer Zellen und bilden auf diese Weise die Somiten. In einem spåteren Entwicklungsstadium werden aus einem Teil der Wand jedes Somiten mesenchymale Zellen, die in verschiedene periphere Gewebe wandern. Sagittalschnitt durch einen Hçhnerembryo in Hæhe der Somiten. Der vordere Teil des Embryos befindet sich links, der hintere Teil im Bild. An der anteriorposterior verlaufenden Achse eines Hçhnerembryos kann man quasi den zeitlichen Verlauf der Entwicklung ablesen; zu bestimmten Vorgången wie der Bildung der einzelnen Somiten kommt es zuerst im Vorderbereich und dann zu einem spåteren Zeitpunkt in den hinteren Regionen. Wo sich das N-Cadherin im Somitenepithel befindet, wurde auf diesem Foto mithilfe von Immunofluoreszenz sichtbar gemacht. Die Somitenbildung, die ± wie man sieht ± von den vorderen zu den hinteren Bereichen des Embryos voranschreitet, korreliert mit der Synthese des N-Cadherins. ( Aus: Hatta K, Tagaki S, Fujisawa H, Takeichi M (1987) Dev Biol 120:218)
<echselwirkungen zwischen Zellen
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Experimentelle Verfahren
Die Rolle der Zelladhåsion bei Entzçndungsprozessen und Metastasenbildung Die Entzçndung gehært zu den primåren Infektionsreaktionen. Wenn ein Teil des Kærpers von Bakterien befallen wird, etwa die Haut nach einer Stichwunde, zieht die verletzte Stelle wie ein Magnet ein breites Spektrum weiûer Blutkærperchen an. Die weiûen Blutkærperchen oder Leukocyten, die normalerweise im Blut bleiben, werden dann dazu angeregt, die Endothelschicht, welche die kleinsten Venen (Venolen) der betreffenden Region auskleidet, zu durchqueren und in das Gewebe einzudringen. Dort wandern sie auf den Spuren chemischer Signale zu den eingedrungenen Mikroorganismen und nehmen sie in sich auf.a Obwohl die Entzçndung eine Schutzreaktion ist, hat sie auch nachteilige Nebenwirkungen wie Fieber, Rætung, Schmerz sowie Schwellungen aufgrund von Flçssigkeitsansammlungen. Eine Entzçndung kann aber auch fålschlicherweise ausgelæst werden. So kann beispielsweise das Herz- oder Hirngewebe geschådigt werden, wenn bei einem Herzinfarkt oder Hirnschlag die Blutzufuhr zu diesen Geweben blockiert ist. Sobald das Blut wieder in das betreffende Organ flieûen kann, kænnen die darin vorhandenen Leukocyten das geschådigte Gewebe angreifen und so ein Krankheitsbild hervorrufen, das man als
% bezeichnet. Eine çberschieûende Entzçndungsreaktion kann auch zu Asthma, a Im Netz kann man sich unter dem Stichwort ¹neutrophil crawlingª. einen Film von der ¹Bakterienjagdª eines Leukocyten ansehen.
einem toxischen Schocksyndrom oder einem Atemnotsyndrom fçhren. Viele Forschungsarbeiten sind den Fragen zu diesen Krankheitsbildern gewidmet: Wie werden die Leukozyten zu den Entzçndungsherden gelockt? Wie schaffen sie es, nicht mehr mit dem Blutstrom zu flieûen, sondern stattdessen an den Wånden der Blutgefåûe haften zu bleiben? Wie kommen sie durch die Wånde der Blutgefåûe? Wie kænnen einige der nachteiligen Nebenwirkungen einer Entzçndung ausgeschaltet werden, ohne die positiven Seiten der Reaktion zu beeintråchtigen? Die Antworten auf diese Fragen zur Entzçndung kreisen alle um drei verschiedene Arten von Molekçlen, die an der Zelladhåsion mitwirken: Selectine, Integrine und IgSF-Proteine. Abbildung 1 zeigt, zu welcher Kette von Ereignissen es bei einer akuten Entzçndung vermutlich kommt. Es beginnt damit, dass die Wånde der Venolen auf chemische ¹Signaleª aus einem nahe gelegenen geschådigten Gewebe hin aktiviert werden (Schritt 1, Abb. 1). Daraufhin werden die Endothelzellen, welche diese Venolen auskleiden, adhåsiver fçr zirkulierende Neutrophile ± das sind phagocytierende Leukocyten, die eindringende Pathogene rasch und unspezifisch angreifen. Fçr diese Verånderung in den Adhåsionseigenschaften sorgen P- und E-Selectine, die kurzzeitig auf den Oberflåchen der aktivierten Endothelzellen im geschådigten Bereich auftauchen (Schritt 2). Wenn die Neutrophilen auf die Selectine treffen, bleiben sie vorçbergehend an ihnen haften, wodurch sie ihre Bewegungen im Blutgefåû erheblich verlangsamen. In diesem Stadium kann man beobachten, wie die Neutrophilen langsam die Wand des Blutgefå-
n Abb. 1. ! % " ! ( ' % ' , $
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<echselwirkungen zwischen Zellen und ihrer Umgebung
ûes ¹entlangrollenª. Derzeit arbeitet eine Reihe biotechnologischer Firmen an der Entwicklung entzçndungshemmender Mittel, welche die Ligandenbindung an E- und P-Selectine unterbinden sollen. Antikærper gegen Selectin verhindern , dass Neutrophile auf mit Selectin çberzogenen Oberflåchen entlangrollen, und unterdrçcken bei Tieren die Entzçndung sowie das Reperfusionssyndrom. Eine åhnliche hemmende Wirkung wurde mit synthetischen Kohlenhydraten (z. B. Efomycine) erzielt, die an E- und P-Selectin binden und dabei mit den Kohlenhydratliganden auf den Oberflåchen der Neutrophilen konkurrieren. Wenn die Neutrophilen mit dem entzçndeten Endothel der Venole interagieren, kommt es durch eine Aktivierung (die durch verschiedene Vermittler ausgelæst wird, darunter den blutplåttchenaktivierenden Faktor ( ), der aus dem Endothel freigesetzt wird) zu einer vermehrten Bindungsaktivitåt bestimmter Integrine (z. B. L2 und M2), die sich schon auf der Oberflåche der Neutrophilen befinden (Schritt 3, Abb. 1). Die aktivierten Integrine binden dann mit hoher Affinitåt an IgSF-Molekçle (z. B. ICAMs) auf der Oberflåche der Endothelzellen. Dies bringt die Neutrophilen dazu, nicht weiter zu rollen, sondern fest an den Wånden des Blutgefåûes haften zu bleiben (Schritt 4). Die gebundenen Neutrophilen veråndern dann ihre Form und quetschen sich zwischen benachbarten Endothelzellen durch in das geschådigte Gewebe (Schritt 5). Dabei scheinen die eindringenden Neutrophilen die Adhårenzverbindungen (Kap. 7.3.4) auflæsen zu kænnen, die das græûte Hindernis zwischen den Zellen der Gefåûwand darstellen. Diese Abfolge von Ereignissen, an der verschiedene Arten von Zelladhåsionsmolekçlen beteiligt sind, sorgt dafçr, dass Zellen aus dem Blut nur an den Stellen an den Wånden der Blutgefåûe haften bleiben und anschlieûend in das Gewebe eindringen, wo die Leukocyten auch benætigt werden. Wie wichtig die Integrine fçr die Entzçndungsreaktion sind, zeigt eine seltene Erkrankung, der Leukocyten-Adhåsions-Defizienz (LAD). Die Erkrankten sind nicht in der Lage, die 2-Untereinheit zu bilden, die ein Bestandteil vieler Leukocyten-Integrine ist. Daher bleiben die Leukocyten bei den Betroffenen nicht am Endothel der Venolen haften, was erforderlich ist, damit sie den Blutstrom verlassen kænnen. Diese Patienten erleiden immer wieder lebensbedrohliche bakterielle Infektio-
nen. Die beste Therapie fçr diese Erkrankung ist eine Knochenmarkstransplantation, durch die der Patient wieder mit den Stammzellen versorgt wird, die normale Leukocyten bilden kænnen. Wenn man Antikærper gegen die 2-Untereinheit verabreicht, sind die Folgen åhnlich wie bei LAD, da die Neutrophilen und anderer Leukocyten die Blutgefåûen nicht verlassen kænnen. Solche Antikærper kænnen nçtzlich sein, um Entzçndungsreaktionen zu unterdrçcken, die mit Krankheiten wie Asthma oder rheumatoider Arthritis einhergehen oder infolge der Wiederdurchblutung (Reperfusion) nach einer Ischåmie auftreten. Krebs ist eine Erkrankung, bei der die normalen Kontrollmechanismen fçr das Zellwachstum versagen und sich die Zellen ungehemmt vermehren. Wenn die entarteten Zellen in einem einzigen Zellhaufen blieben, was bei manchen Haut- oder Schilddrçsenkrebsen håufig vorkommt, kænnte man die meisten Krebserkrankungen leicht heilen, indem man das erkrankte Gewebe chirurgisch entfernen wçrde. Bei den meisten bæsartigen Tumoren entstehen jedoch Zellen, die den Primårtumor verlassen, in den Blutstrom oder Lymphkanåle eindringen und so dafçr sorgen, dass auch in anderen Kærperteilen Sekundårtumoren heranwachsen. Die Ausbreitung von Tumoren innerhalb des Kærpers bezeichnet man als
oder ; sie ist der Grund dafçr, dass Krebs eine derart zerstærerische Krankheit ist. Metastasierenden Zellen (Krebszellen, welche die Bildung von Sekundårtumoren auslæsen kænnen) schreibt man spezielle Zelloberflåcheneigenschaften zu, welche die meisten anderen Zellen im Tumor nicht haben. Dazu gehæren: n Metastasierende Zellen mçssen weniger adhåsiv sein als andere Zellen, um sich von der Tumormasse absetzen zu kænnen. n Sie mçssen in der Lage sein, zahlreiche Hindernisse zu çberwinden, etwa die extrazellulåren Matrices des umgebenden Bindegewebes sowie die Basalmembranen, welche die Blutgefåûe auskleiden, in denen sie zu weiter entfernten Stellen gelangen. n Sie mçssen in normale Gewebe eindringen kænnen, damit dort Ansiedlungen entstehen kænnen. Durch die extrazellulåren Matrices gelangen die Zellen græûtenteils mit Hilfe von Enzymen, welche die EZM abbauen kænnen; dazu zåhlen vor allem die Matrix-Metalloproteinasen
Wechselwirkungen zwischen Zellen
(MMPs), die in Kap. 7.2.1 vorgestellt wurden. Manchmal sezernieren Krebszellen ihre eigenen MMPs, aber meist induzieren die wachsenden Tumoren die Synthese und Sekretion dieser Enzyme in den umgebenden ¹Wirtszellenª. In beiden Fållen bauen diese Enzyme die Proteine und Proteoglycane ab, die den Krebszellen bei ihrer Wanderung im Weg stehen. MMPs regen offenbar auch die Wachstum von Krebszellen an und færdern die Entwicklung von Blutgefåûen, welche die wachsenden Tumoren ernåhren. Weil MMPs offenbar fçr die Ausbildung maligner Tumoren so wichtig sind, bemçht sich die pharmazeutische Industrie vor allem, Mittel zu finden, die gegen sie gerichtet sind. Sobald sich gezeigt hatte, dass synthetische MMPHemmer die Metastasenbildung bei Måusen verringern konnten, wurden diese Mittel in einer Reihe klinischer Versuche an Patienten mit verschiedenen fortgeschrittenen, inoperablen Krebserkrankungen getestet. Aus heutiger Sicht haben sich diese Inhibitoren als wenig vielversprechend erwiesen, um das Fortschreiten von Tumoren im Endstadium aufzuhalten, und haben sogar in einigen Fållen zu Gelenkschåden gefçhrt. Ein MMP-Hemmer gab Anlass zu etwas Hoffnung fçr die Behandlung von Patienten in einem frçhen Stadium von Magenkrebs (in dem sich noch keine Metastasen gebildet hatten). Etliche groûangelegte Studien laufen noch, aber es ist zu frçh, um den eventuellen therapeutischen Nutzen dieser Mittel zu beurteilen.b Der einzige vom FDA zugelassene MMP-Hemb Die mangelnde Aussagekraft dieser Studien wurde in Hinsicht auf mægliche Fehler bei der Auswahl der Antikrebsmittel fçr die Tests bewertet. Eine ausgezeichnete Diskussion zu diesem Thema findet man in Science 295:2387, 2000.
2' <enzverbindungen und Desmosomen: Verankerung von Zellen an anderen Zellen Die Zellen bestimmter Gewebe, besonders von Epithelien und des Herzmuskels, lassen sich bekanntermaûen schwer voneinander trennen, weil sie von speziellen calciumabhångigen adhåsiven Verbindungen fest zusammengehalten werden. Von dieser Art Verbindungen gibt es hauptsåchlich zwei Typen: Adhårenzverbindungen und Desmosomen. Neben den adhåsiven Verbindungen weisen Epithelzellen oft auch noch andere Arten von Zellverbindungen auf, die sich eben-
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mer (Periostat) wird heute zur Parodontalbehandlung eingesetzt. Wenn sich die Anzahl und Typen der diversen Zelladhåsionsmolekçle åndern ± und damit die Fåhigkeit der Zelle, an anderen Zellen oder extrazellulåren Matrices zu haften ±, kænnte dies ebenfalls die Metastasenbildung færdern. Die wichtigsten Studien auf diesem Gebiet haben sich vor allem auf E-Cadherin konzentriert, dem in Epithelzellen vorherrschenden Zelladhåsionsmolekçl. Eine Untersuchung epithelialer Tumoren (z. B. Brust-, Prostata- und Darmkarzinome) kam zu dem Ergebnis, dass das Potenzial einer Zelle zur Metastasenbildung umso geringer war, je stårker E-Cadherin exprimiert wurde. Andere Studien sprechen dafçr, dass die Entartung der Zellen zunimmt und sich die Prognose des Patienten verschlechtert, wenn auf den Oberflåchen der Krebszellen, die sich im Tumor vermehren, zunehmend E-Cadherin verloren geht. Ebenso sinkt die Fåhigkeit zur Tumorbildung bei malignen Zellen, die man in Wirtstiere injiziert hat, wenn man sie dazu bringt, zusåtzliche Kopien des E-Cadherin-Gens zu exprimieren. Man geht davon aus, dass E-Cadherin die Haftung der Zellen aneinander begçnstigt und die Streuung von Tumorzellen zu entfernten Stellen unterdrçckt. E-Cadherin blockiert eventuell auch Signalwege in der Zelle, die sie dazu bringen, in Gewebe einzudringen und Metastasen zu bilden. Eine Untersuchung einer Familie neuseelåndischer Ureinwohner, die in einem Zeitraum von 30 Jahren 25 Mitglieder durch Magenkrebs verlor, belegt eindeutig, wie wichtig das E-Cadherin ist. Bei einer DNAAnalyse der Familienmitglieder zeigt sich, dass bei den betroffenen Individuen das Gen fçr E-Cadherin mutiert war.
falls an ihren seitlichen Oberflåchen nahe des apikalen Lumens befinden (Abb. 7.25). Wenn diese Verbindungen in einer bestimmten Weise angeordnet sind, wird eine solche Ansammlung spezieller Oberflåchenfunktionen als . - bezeichnet. In den folgenden Abschnitten werden die Strukturen und Funktionen zweier adhåsiver Verbindungen des Komplexes beschrieben, wåhrend die anderen Verbindungsarten epithelialer Zellen (Tight Junctions und Gap Junctions) erst im weiteren Verlauf dieses Kapitels wieder zur Sprache kommen. Man findet 1$9 an den verschiedensten Stellen im Kærper. Besonders
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håufig kommen sie in Epithelien wie der Darmschleimhaut vor, wo sie sich nahe der apikalen Oberflåche wie ein ¹Gçrtelª (oder eine C ) rund um die Zelle verteilen und so diese Zelle mit ihren Nachbarzellen verbinden (Abb. 7.25 a). An diesen Adhårenzverbindungen werden die Zellen durch calciumabhångige Bindungen zwischen den extrazellulåren Domånen von Cadherinmolekçlen zusammengehalten, die den 30 nm breiten Spalt zwischen benachbarten Zellen çberbrçcken (Abb. 7.26). Wie Abb. 7.26 deutlich macht, ist die cytoplasmatische Domåne dieser Cadherine çber - und -Catenine an viele verschiedene cytoplasmatische Proteine gebunden, darunter auch an Actinfilamente des Cytoskeletts. Daher erfçllen die Cadherincluster einer Adhårenzverbindung dieselben Aufgaben wie die Integrine eines Fokalkontakts: Sie
Wechselwirkungen zwischen Zellen
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n verbinden die externe Umgebung mit dem Actin-Cytoskelett, n çbertragen unter Umstånden Signale von auûerhalb der Zelle ins Cytoplasma. Beispielsweise leiten Adhårenzverbindungen, die sich zwischen den Endothelzellen in den Wånden der Blutgefåûe befinden, Signale weiter, die das Ûberleben der Zellen sichern. Måuse, deren Endothelzellen das Cadherin fehlt, kænnen diese çberlebenswichtigen Signale nicht çbertragen und sterben daher schon wåhrend der Embryonalentwicklung, weil die Zellen, welche die Blutgefåûe auskleiden, zugrunde gehen. (oder # ) sind scheibenfærmige Adhåsionsverbindungen von etwa 1 lm Durchmesser (Abb. 7.27 a), die in einer breiten Palette von Geweben vorhanden sind. Besonders zahlreich sind sie in Geweben, die wie etwa der Herzmuskel und die Epithelschichten von Haut und Gebårmutterhals mecha-
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nischen Belastungen ausgesetzt sind. Wie die Adhårenzverbindungen enthalten auch die Desmosomen Cadherine, die zwei Zellen çber einen engen (30 nm) extrazellulåren Spalt hinweg miteinander verbinden. Allerdings unterscheiden sich die Cadherine der Desmosomen im Aufbau ihrer Domånen von den ¹klassischenª Cadherinen aus den Adhårenzverbindungen und werden daher als Desmogleine und Desmocolline bezeichnet (Abb. 7.27 b). Dichte cytoplasmatische Belåge auf den Innenseiten der Plasmamembranen dienen ± åhnlich wie bei den Hemidesmo-
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Wechselwirkungen zwischen Zellen und ihrer Umgebung
omen (Abb. 7.19) ± der Verankerung von Schlaufen intermediårer Filamente. Das dreidimensionale Netzwerk der an Taue erinnernden intermediåren Fasern sorgt fçr die Zugfestigkeit und den Zusammenhang im Aufbau der gesamten Zellschicht. Die intermediåren Filamente sind çber zusåtzliche Proteine mit den cytoplasmatischen Domånen der desmosomalen Cadherine verbunden, wie dies in Abb. 7.27 b zu sehen ist. Wie wichtig die Cadherine sind, um die strukturelle Integritåt eines Epithels zu gewåhrleisten, zeigt sich an einer Autoimmunkrankheit (Pemphigus vulgaris), bei der Antikærper gegen eines der Desmogleine gebildet werden. Kennzeichnend fçr diese Krankheit ist der Verlust der Adhåsion zwischen den epidermalen Zellen, so dass auf der Haut bis zu hçhnereigroûe Blasen entstehen. 7.3.5 Die Rolle von Zell-Adhåsions-Rezeptoren bei der transmembranen Signalçbertragung In Abbildung 7.28 sind einige der wichtigsten Punkte zusammengefasst, die bisher in diesem Kapitel angesprochen wurden. Es sind die vier verschiedenen Zelladhåsionsmolekçle zu sehen, die vorgestellt wurden, sowie ihre Wechselwirkungen mit extrazellulåren und cytoplasmati-
schen Materialien. Zu den Aufgaben integraler Membranproteine gehært auch die Informationsçbertragung durch die Plasmamembran, ein Vorgang, der als transmembrane Signalçbertragung bezeichnet wird. Dieses Thema wird zwar ausgiebig in Kap. 15 behandelt, doch sei hier angemerkt, dass die vier in Abb. 7.28 dargestellten Arten von Zelladhåsionsmolekçlen grundsåtzlich dazu in der Lage sind, auch diese Aufgabe zu erfçllen. So kænnen beispielsweise Integrine und Cadherine aufgrund ihrer Verbindung mit dem Cytoskelett und regulatorischen Molekçlen aus dem Cytosol wie etwa Proteinkinasen Signale aus der extrazellulåren Umgebung in das Cytoplasma çbertragen. Die Bindung eines Integrins an seinen Liganden kann in der Zelle die verschiedensten Reaktionen auslæsen; dazu gehæren Verånderungen des pH-Wertes oder der Ca2+Konzentration im Cytoplasma, bei der Phosphorylierung von Proteinen und der Genexpression. Diese Verånderungen wiederum kænnen das Wachstumspotenzial einer Zelle, ihr Wanderungsverhalten sowie ihre Entwicklungs- und Ûberlebensmæglichkeiten beeinflussen. Wie dies konkret aussehen kann, wird in Abb. 7.29 an Epithelzellen einer Brustdrçse verdeutlicht. Wenn diese Zellen aus der Brustdrçse entfernt und in einer leeren Kulturschale vermehrt werden, verlieren sie ihre Fåhigkeit, Milchproteine
n Abb. 7.28. Ûberblick çber die Mæglichkeiten der Wechselwirkungen zwischen Zelloberflåchen. Dargestellt sind vier Typen von adhåsiven Wechselwirkungen zwischen Zellen sowie zwei Interaktionsmæglichkeiten zwischen Zellen und extrazellulåren Substraten. Zu beachten ist, dass die verschiedenen Wechselwirkungen, die hier gezeigt werden, nicht an einem einzigen Zelltyp vorkommen, sondern nur der Anschaulichkeit wegen so dargestellt sind. Zu Interaktionen zwischen Selectinen und Lectinen kommt es beispielsweise çberwiegend zwischen zirkulierenden Leukocyten und den Wånden von Blutgefåûen
Tight Junctions versiegeln den extrazellulåren Raum
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zu synthetisieren und erscheinen als abgeflachte, undifferenzierte Zellen (Abb. 7.29 a). Wenn diese selben undifferenzierten Zellen in Gegenwart bestimmter extrazellulårer Molekçle (z. B. Laminin) kultiviert werden, nehmen sie wieder ein differenziertes Erscheinungsbild an und organisieren sich erneut zu Milch produzierenden drçsenartigen Strukturen (Abb. 7.29 b). Man geht davon aus, dass Laminin die Brustzellen anregt, indem es an die Integrine auf der Zelloberflåche bindet und Kinasen auf der Innenseite Membran aktiviert (wie in Abb. 7.17 c).
Ein einfaches Epithel wie das, welches Darm oder Lungen auskleidet, besteht aus einer Lage Zellen, die fest miteinander verbunden sind und so eine dçnne Zellschicht bilden. Wie Biologen schon jahrzehntelang bekannt war, diffundieren, wenn man bestimmte Epitheltypen wie die der Froschhaut oder der Wand der Harnblase zwischen zwei Kompartimenten mit Læsungen unterschiedlicher Konzentration aufspannt, nur sehr wenige Ionen oder gelæste Stoffe vom einen Kompartiment durch die Epithelwand ins andere. In Anbetracht der Impermeabilitåt der Plasmamebranen ist es nicht erstaunlich, dass gelæste Stoffe nicht frei durch die Zellen einer Epithelschicht hindurch diffundieren kænnen. Aber warum kænnen sie nicht çber einen parazellulåren Weg zwischen den Zellen durchschlçpfen (Abb. 7.30 a)? Den Grund dafçr fand man in den 1960er Jahren, als man zwischen benachbarten Epithelzellen spezielle Kontakte, die ! N (oder C ), entdeckte. Tight Junctions (TJs) befinden sich am åuûersten apikalen Ende des Verbindungskomplexes zwischen benachbarten Epithelzellen (Abb. 7.25). In Abb. 7.30 a sieht man eine elektronenmikroskopische Aufnahme eines Schnittes durch eine TJ, der so gelegt wurde, dass er auch die Plasmamembranen der angrenzenden Zellen mit erfasste. Die nebeneinander liegenden Membranen stehen eher an periodisch in bestimmten Abstånden wiederkehrenden Punkten miteinander in Kontakt als çber einen græûeren Oberflåchenbereich miteinander zu verschmelzen. Wie in Abb. 7.30 b dargestellt, treffen an diesen Kontaktpunkten zwischen den Zellen integrale Proteine der zwei benachbarten Membranen im Extrazellularraum aufeinander.
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Bei einem Gefrierbruch, durch den die internen Seiten der Membran offen gelegt werden (Abb. 4.13), erkennt man, dass die Plasmamembranen an einer TJ miteinander verbundene Strånge aufweisen (Abb. 7.30 c), die weitgehend parallel zueinander und zur apikalen Oberflåche des Epithels verlaufen. Die Strånge (oder Rillen auf der Gegenseite der aufgebrochenen Membran) entsprechen paarweise verlaufenden Reihen entsprechend ausgerichteter integraler Membranproteine, die in der Ausschnittsvergræûerung der Abb. 7.30 b wiedergegeben sind. Die in-
tegralen Proteine der TJs bilden zusammenhångende Fibrillen, welche die Zelle wie eine Dichtung vollkommen umschlieûen und auf allen Seiten mit den Nachbarzellen in Kontakt treten (Abb. 7.30 d). Auf diese Weise verhindern die TJs, dass Wasser und gelæste Stoffe vom extrazellulåren Raum auf der einen Seite einer Epithelschicht frei zu dem auf der anderen Seite diffundieren kænnen. Tight Junctions dienen auch als ¹Zåuneª, die dazu beitragen, die Polaritåt von Epithelzellen aufrechtzuerhalten (Abb. 4.29). Dies gelingt ihnen, indem sie verhindern,
dass integrale Proteine zwischen der apikalen Domåne der Plasmamembran und den lateralen sowie basalen Domånen hin- und herdiffundieren. Bei der Permeabilitåt zeigen nicht alle TJs die gleichen Eigenschaften. Dies erklårt sich teilweise beim Blick durch das Elektronenmikroskop: TJs mit mehreren Parallelstrången (Abb. 7.30 c) bilden tendenziell bessere Verschlçsse als Verbindungen mit nur einem oder zwei Strången. Doch mit der Anzahl der Strånge allein kann man das nicht erklåren. Denn einige TJs sind fçr spezifische Ionen oder gelæste Stoffe permeabel, wåhrend andere TJs dafçr vællig undurchlåssig sind. Aufgrund neuerer Untersuchungen versteht man sehr viel besser, worauf die TJ-Permeabilitåt molekular beruht. Bis 1998 war man der Meinung, TJ-Strånge bestçnden aus einem einzigen Protein, dem Occludin. Dann fand man, dass in Kultur genommene Zellen, denen ein Gen fçr Occludin fehlte und die das Protein daher nicht herstellen, aber dennoch normal strukturierte und funktionierende TJ-Strånge ausbilden kænnen. Weitere Untersuchungen von S. Tsukita und seinen Mitarbeitern an der Universitåt von Kyoto fçhrten zur Entdeckung der Claudine, einer Proteinfamilie, die das wichtigste Strukturelement der TJStrånge darstellt. Die elektronenmikroskopische Aufnahme in Abb. 7.31 zeigt, dass in den linearen Fibrillen einer TJ sowohl Occludin als auch Claudin vorhanden ist. Es wurden mindestens 24 verschiedene Claudine identifiziert, und vielleicht erklårt die unterschiedliche Verteilung dieser Proteine die Unterschiede in der TJ-Permeabilitåt. So hat beispielsweise nur ein einziger kleiner Abschnitt eines Nierenkanålchens des Menschen ± dieser Bereich wird auch als aufsteigender dicker Schenkel (Pars recta des distalen Tubulus) bezeichnet ± fçr Magnesium(Mg2+)-Ionen durchlåssige TJs. Man geht davon aus, dass die claudinhaltigen Strånge im aufsteigenden dicken Schenkel Poren haben, die fçr Mg2+-Ionen selektiv permeabel sind. Gestçtzt wurde diese Annahme durch den Befund, dass in diesem Tubulusabschnitt hauptsåchlich Claudin-16, ein spezifisches Mitglied der Claudin-Familie exprimiert wird. Wie wichtig Claudin-16 fçr die Nierenfunktion ist, zeigte eine Untersuchung an Patienten, die an einer seltenen Krankheit litten, fçr die ein ungewæhnlich niedriger Mg2+-Spiegel im Blut charakteristisch ist. Bei diesen Patienten waren beide Kopien der " $.D-Gene mutiert. Die Mg2+-Konzentration in ihrem Blut ist so niedrig, weil Tight Junctions mit dem anomalen Claudin fçr Mg2+ undurchlåssig sind. Dadurch kann dieses wichtige Ion nicht aus dem
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Tubulus rçckresorbiert werden und wird einfach mit dem Urin ausgeschieden. Kçrzlich entdeckte man eine weitere wichtige Funktion der Tight Junctions. Wir sind darauf angewiesen, dass uns unsere Haut vor einem kontinuierlichen Wasserverlust schçtzt. Jahrzehntelang dachte man, die Wasserundurchlåssigkeit der Haut von Såugern sei eine Eigenschaft der åuûeren, verhornten Hautschicht (Abb. 7.1) mit ihren dicht gestaffelten Proteinfilamenten und damit assoziierten Lipiden. 2002 entdeckte man jedoch, dass Måuse, denen ein Gen fçr Claudin-1 fehlt, kurz nach der Geburt an Austrocknung sterben. Die Epidermis dieser Tiere sah normal aus, war jedoch nicht wasserfest wie die Epidermis ihrer normalen Geschwister. Weitere Forschungen fçhrten zu dem Ergebnis, dass die Zellen in einer der åuûeren Schichten der normalen Haut çber Tight Junctions miteinander verbunden sind. Erstaunlicherweise sind diese Verbindungen in einem Gewebe, das zu den am besten untersuchten Såugergeweben zåhlt, nie vollståndig beschrieben worden. Tiere, denen das Gen fçr Claudin-1 fehlte, waren nicht in der Lage, wasserfeste Tight Junctions in ihrer Epidermis zu bilden und litten demzufolge an einem nicht beherrschbaren Wasserverlust. Tight Junctions befinden sich auch zwischen den Endothelzellen der Kapillarwånde. Sie sind besonders auffållig im Gehirn, wo sie zur Ausbildung der Blut-Hirn-Schranke beitragen, die verhindert, dass Substanzen aus dem Blutstrom ins Gehirn gelangen. Obwohl kleine Ionen und
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Wechselwirkungen zwischen Zellen und ihrer Umgebung
sogar Wassermolekçle die Blut-Hirn-Schranke unter Umstånden nicht çberwinden kænnen, kænnen Zellen des Immunsystems das Endothel çber diese Verbindungen durchaus passieren. Man nimmt an, dass diese Zellen ein Signal aussenden, um die Verbindung zu æffnen, so dass sie hindurchkænnen. Wåhrend die Blut-HirnSchranke das Gehirn vor unerwçnschten gelæsten Stoffen schçtzt, hindert sie gleichzeitig viele Medikamente daran, ins Zentralnervensystem zu gelangen. Daher ist es ein vorrangiges Ziel der pharmazeutischen Industrie, Substanzen zu entwickeln, welche die Tight Junctions des Gehirns vorçbergehend æffnen, so dass Medikamente durchgelassen werden.
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7.5 Gap Junctions und Plasmodesmen vermitteln bei der intrazellulåren Kommunikation : N sind Stellen zwischen Tierzellen, die auf die interzellulåre Kommunikation spezialisiert sind. In elektronenmikroskopischen Aufnahmen erkennt man, dass sich die Plasmamembranen benachbarter Zellen an Gap Junctions sehr nahe kommen (bis auf 3 nm), aber nicht berçhren. Der Spalt zwischen den Zellen wird vielmehr durch sehr feine Strånge (Abb. 7.32 a) çberbrçckt, die eigentlich molekulare ¹Pipelinesª sind und als solche die aneinander grenzenden Plasmamembranen durchziehen und sich zum Cytoplasma der Nachbarzellen hin æffnen (Abb. 7.32 b). Die molekulare Zusammensetzung von Gap Junctions ist einfach; sie bestehen ausschlieûlich aus dem integralen Membranprotein Connexin. Connexine gruppieren sich in der Plasmamembran zu +-, einem Komplex aus vielfachen Untereinheiten, der die Membran vollståndig durchzieht (Abb. 7.32 b). Jedes Connexon umfasst sechs Connexin-Untereinheiten, die um eine zentrale Úffnung oder einen Annulus herum angeordnet sind; diese Úffnung hat auf der extrazellulåren Seite einen Durchmesser von ungefåhr 1,6 nm (Abb. 7.32 c).
Wenn sich Gap Junctions ausbilden, werden die Connexone in den Plasmamembranen nebeneinander liegender Zellen aufgrund von zahlreichen Wechselwirkungen der extrazellulåren Domånen der Connexin-Untereinheiten eng miteinander verknçpft. Sobald sie ausgerichtet sind, bilden die Connexone in den nahe beieinander liegenden Plasmamembranen interzellulåre Kanåle, die das Cytoplasma der einen Zelle mit dem Cytoplasma ihrer Nachbarzelle verbinden (Abb. 7.32 b). In spezifischen Membranregionen håufen sich die Kanåle so an, dass sich regelrechte Belåge aus Gap Junctions bilden, was man sichtbar machen kann, indem man die Membran durch der Gefrierbruchtechnik in der Mitte spaltet (Abb. 7.32 d). Wie in der Rubrik ¹Experimentelle Verfahrenª (unter www.wiley.com/college/karp) erlåutert, kommunizieren die Cytoplasmen benachbarter Zellen çber die Gap Junctions miteinander. Dass es an den Gap Junctions zu einer solchen interzellulåren Kommunikation ($< $ , GJIC) kommt, kann man daran erkennen, dass Ionenstræme oder Farbstoffe mit niedrigem Molekulargewicht wie Fluorescein von einer Zelle in die Nachbarn gelangen (Abb. 7.33). Durch die Gap Junctions von Såugern kænnen Molekçle mit einem Molekulargewicht von unter etwa 1000 diffundieren. Im Gegensatz zu den åuûerst selektiven Ionenkanålen, die eine Zelle mit dem externen Medium verbindet (Kap. 4.7.2), sind Gap Junctions eher nicht selektiv, obwohl neuere Studien dafçr sprechen, dass einige Metaboliten abgehalten werden, selbst wenn ihr Molekulargewicht unter 1000 liegt. Worauf molekular diese Selektivitåt beruht, ist unbekannt. Man glaubt, dass Gap Junctions enauso wie Ionenkanåle, die offen oder geschlossen sein kænnen, steuerbar sind. Geschlossen wird der Kanal wahrscheinlich in erster Linie auf eine Phosphorylierung der Connexin-Untereinheiten hin. Wir haben in Kap. 4 gesehen, wie Skelettmuskelzellen durch Substanzen angeregt werden, die von den Endigungen nahe gelegener Nervenzellen freigesetzt werden. Die Zellen des Herzmuskels oder der glatten Muskulatur werden durch einen anderen Vorgang stimuliert, an dem die Gap Junctions beteiligt sind. Bei Såugern wird das Herz durch einen elektrischen Impuls zur Kontraktion angeregt, der in einem kleinen spezialisierten Herzmuskelbereich erzeugt wird; dieser Sinus- oder Sinoatrialknoten ist der Schrittmacher des Herzens. Der Impuls breitet sich rasch mit einem Ionenstrom durch Gap Junctions von einer Herzmuskelzelle auf ihre Nachbarn aus, so dass sich die Zellen synchron
Gap Junctions und Plasmodesmen vermitteln bei der intrazellulåren Kommunikation
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Wechselwirkungen zwischen Zellen und ihrer Umgebung
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zusammenziehen. In åhnlicher Weise entstehen aufgrund von Ionenstræmen durch Gap Junctions zwischen glatten Muskelzellen in der Speiseræhren- oder Darmwand koordinierte peristaltische Wellen, die dann die gesamte Wand entlanglaufen.2 Gap Junctions kænnen zwischen dem Cytoplasma vieler Zellen eines Gewebes einen engen Kontakt herstellen. Dies hat bedeutende physiologische Auswirkungen, weil eine Reihe åuûerst aktiver regulatorischer Substanzen wie zyklisches AMP und Inositolphosphate (Kap. 15) klein genug sind, um durch Gap-Junction-Kanåle hindurch zu passen. Daher sind Gap Junctions generell dazu in der Lage, die Aktivitåten einzelner Zellen eines Gewebes so miteinander zu koordinieren, dass eine funktionelle Einheit entsteht. Wenn zum Beispiel nur einige Zellen in der Nåhe eines bestimmten Blutgefåûes von einem Hormon stimuliert werden, kann dieser Reiz rasch auf alle Zellen des Gewebes weitergeleitet werden. Mithilfe von Gap Junctions kænnen Zellen darçber hinaus auch ihren Stoff2
Wie in den ¹Experimentellen Verfahrenª im Netz erærtert, kænnen Gap Junctions auch in bestimmten Gehirnteilen zwischen den prå- und postsynaptischen Membranen benachbarter Nervenzellen vorkommen, çber die dann Nervenimpulse direkt von einem Neuron auf ein anderes çbertragen werden kænnen, ohne dass noch chemische Neurotransmitter freigesetzt werden mçssen.
wechsel aufeinander abstimmen, indem sie sich wichtige Stoffwechselzwischenprodukte wie ATP, Zuckerphosphate, Aminosåuren sowie viele Coenzyme, die klein genug sind, um durch diese interzellulåren Kanåle hindurchzuschlçpfen, teilen. Die +- (Cx), Proteine, aus denen die Gap Junctions aufgebaut sind, gehæren zu einer multigenen Familie. Man kennt bisher etwa 20 verschiedene Connexine mit unterschiedlichen Gewebespezifitåten. Connexone, die aus verschiedenen Connexinen bestehen, differieren in der Leitfåhigkeit, der Permeabilitåt und der Regulation. Connexone benachbarter Zellen, die aus verschiedenen Connexinen zusammengesetzt sind, kænnen in einigen Fållen aneinander ankoppeln und funktionstçchtige Kanåle bilden, in anderen dagegen nicht. Diese Unterschiede in der Kompatibilitåt spielen mæglicherweise eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die Kommunikation zwischen verschiedenen Zelltypen eines Organs zu færdern oder zu unterbinden. So sind beispielsweise Connexone, die Herzmuskelzellen verbinden, aus dem Connexin Cx43 zusammengesetzt, wåhrend die Connexone zwischen den Zellen, die das elektrische Leitungssystem des Herzens bilden, aus Cx40 bestehen. Weil diese beiden Connexine inkompatible Connexone bilden, sind die beiden Zelltypen elektrisch voneinander isoliert, obwohl sie physisch in direktem Kontakt miteinander stehen. Eine Reihe von Erbkrankheiten, die mit Taubheit, Blindheit, anomalen Hauterscheinungen oder Nervendegeneration einhergehen, wurden auf Mutationen in Connexin-Genen zurçckgefçhrt. 2.! Plasmodesmen Anders als bei Tieren, deren Zellen in engem Kontakt zueinander stehen, werden Pflanzenzellen durch eine betråchtliche Barriere voneinander getrennt: die Zellwand. Es ist daher nicht çberraschend, dass Pflanzen nicht die Zelladhåsionsmolekçle haben, die in diesem Kapitel erærtert wurden. Pflanzenzellen haben nicht die spezialisierten Verbindungen, die man in Tiergeweben antrifft, sondern sind meist çber Plasmodesmen miteinander verbunden. / (Singular: / ) sind cytoplasmatische Kanåle, die sich durch die Zellwånde benachbarter Zellen ziehen. Ein einfaches (d. h. unverzweigtes) Plasmodesma ist in Abb. 7.34 zu sehen. Plasmodesmata werden von einer Plasmamembran ausgekleidet und besitzen gewæhnlich eine dichte zentrale Struktur, den ,
Zellwånde
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Zellen sogar den Austausch sehr viel græûerer Molekçle (Molekulargewicht bis zu 50 000) ermæglichen. Im Gegensatz zu den Gap Junctions, deren Durchtrittsæffnung immer gleich groû ist, kann sich die Plasmodesmenpore erweitern. In den 1980er Jahren zeigte sich diese Dynamik erstmals bei Untersuchungen von Pflanzenviren, die sich çber die Plasmodesmen von Zelle zu Zelle ausbreiten. Man fand heraus, dass die Viren ein ¹ ª codieren, das çber eine Wechselwirkung mit der Wand der Plasmodesmen den Porendurchmesser vergræûert. Weitere Studien ergaben, dass Pflanzenzellen ein eigenes bilden, das am Transport von Proteinen und RNAs zwischen den Zellen beteiligt ist.
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7.6 Zellwånde b n Abb. 7.34 a, b. # a
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der vom glatten endoplasmatischen Retikulum der beiden Zellen gebildet wird. Wie die Gap Junctions zwischen den Tierzellen dienen auch Plasmodesmata der interzellulåren Kommunikation, indem Substanzen den Annulus durchqueren, der den Desmotubulus umgibt. Viele Jahre lang dachte man, dass Molekçle mit einem Molekulargewicht von etwa 1000 Plasmodesmen nicht passieren kænnten. Das folgerte man aus Studien, in denen man in Zellen Fluoreszenzfarbstoffe unterschiedlicher Græûe injizierte. Jçngere Untersuchungen deuten jedoch darauf hin, dass Plasmodesmen zwischen den
Weil eine Plasmamembran aus Lipiden und Proteinen mit einer Dicke von etwa 10 nm den Zellinhalt kaum schçtzen kann, ist es nicht verwunderlich, dass ¹nackteª Zellen extrem anfållig sind. Daher sind die Zellen fast aller Organismen auûer Tieren von einer åuûeren Schutzschicht umgeben. Protozoen besitzen einen verdickten åuûere Hçllschicht, wåhrend Bakterien, Pilze und Pflanzen ausgeprågte '1 aufweisen. Wir werden uns bei unserer Erærterung auf die Zellwånde von Pflanzen beschrånken, den ersten Zellstrukturen, die man unter dem Lichtmikroskop betrachten konnte (Kap. 1.1). Pflanzenzellwånde erfçllen zahlreiche vitale Funktionen. Wie in Kap. 4.7.2 erlåutert, entwickelt sich in den Zellen ein Turgor, der gegen die umgebende Wand drçckt. Dadurch erhålt die umschlossene Zelle ihre charakteristische polyedrische Form (Abb. 7.35 a). Die Wånde bieten den Pflanzenzellen mechanischen Schutz und dienen alle zusammen als eine Art ¹Skelettª fçr die gesamte Pflanze. Zellwånde bewahren die Zellen auûerdem vor Schåden durch mechanische Abrasion und Pathogene und vermitteln Interaktionen zwischen den Zellen. In den letzten Jahren hat sich mehr und mehr gezeigt, dass
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Wechselwirkungen zwischen Zellen und ihrer Umgebung
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eine Pflanzenzellwand ± ebenso wie die EZM auf der Oberflåche einer Tierzelle ± Signale aussenden kann, çber welche die Aktivitåten der Zelle, mit der sie in Kontakt steht, veråndert werden kænnen. Was mit einer epidermalen Wurzelzelle geschieht, hångt mæglicherweise von der Zusammensetzung der darunter liegenden Zellwand ab. Wie in Abb. 7.36 zu sehen ist, unterscheidet man zwei Arten epidermaler Wurzelzellen: Haar(H)-Zellen, die sich oberhalb von Verbindungsstellen von Zellwånden entwickeln, und Nicht-Haar(N)-Zellen, die zwischen solchen Verbindungsstellen entstehen. Wenn eine Zelle, die sich an einer Stelle befindet, an der sie eine N-Zelle wird, an eine Stelle gebracht wird, an der sie çber miteinander verbundenen Zellwånden liegt, entwickelt sie sich zu einer H-Zelle. Die Wånde von Pflanzenzellen werden oft mit Materialien wie Stahlbeton oder Fiberglas verglichen, weil sie ein fibræses Element enthalten, das
in eine nichtfibræse, gelartige Matrix eingebettet ist. Der Faserkomponente der Zellwand ist Cellulose, deren Struktur in Kap. 2.5.1 beschrieben wurde, wåhrend Proteine und Pektine, auf die noch eingegangen wird, die Matrix bilden. Die Cellulosemolekçle sind zu angeordnet (Abb. 7.35 b, c); durch sie wird die Zellwand starr und widerstandsfåhig gegençber Zugkråften. Jede Mikrofibrille hat einen Durchmesser von 5±10 nm und setzt sich in der Regel aus Bçndeln von 36 Cellulosemolekçlen zusammen, die parallel zueinander verlaufen und durch Wasserstoffbrçcken zusammengehalten werden. Die Wånde vieler Pflanzenzellen bestehen aus Schichten, in denen die Mikrofibrillen einer Schicht jeweils nahezu rechtwinklig zu denen der Nachbarschichten liegen (Abb. 7.35 b). Die Cellulosemolekçle werden an der Zelloberflåche polymerisiert. An das Ende des wachsenden Cellulosemolekçls werden mithilfe
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eines aus vielen Untereinheiten bestehenden Enzyms namens + &% Glucose-Untereinheiten angehångt. Die Untereinheiten des Enzyms sind in Form eines sechsgliedrigen Rings oder einer Rosette in die Plasmamembran eingebettet (Abb. 7.37 a, b). Die Materialien der Matrix werden dagegen im Cytoplasma synthetisiert (Abb. 7.37 c) und mithilfe sekretorischer Vesikel an die Zelloberflåche gebracht. Die Matrix der Zellwand wird von drei Arten von Makromolekçlen gebildet (Abb. 7.35 c): n 2 sind verzweigte Polysaccharide, deren Rçckgrat aus einem Zucker wie Glucose sowie aus Seitenketten anderer Zucker wie Xylose besteht. Hemicellulosemolekçle binden an die Oberflåchen von Cellulosemikrofibrillen und quervernetzen sie auf diese Weise zu einem komplexen Netzwerk.
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n / sind eine heterogene Klasse negativ geladener Polysaccharide, die aus Galacturonsåure bestehen. Wie die Glycosaminglycane der Tierzellmatrices binden Pektine Wasser; auf diese Weise bildet sich ein ausgedehntes hydriertes Gel, das die Lçcken zwischen den fibræsen Anteilen ausfçllt. Wenn eine Pflanze von Pathogenen angegriffen wird, læsen aus der Zellwand freigesetzte Pektinfragmente eine Abwehrreaktion der Pflanze aus. Reines Pektin wird kommerziell zum Gelieren von Marmeladen und Gelees verwendet. n / , deren Funktion noch nicht vollståndig aufgeklårt ist, vermitteln dynamische Eigenschaften. Die Gruppe der #- erleichtert das Zellwachstum. Diese Proteine sorgen dafçr, dass die Zellwand lokal aufgelockert wird und so entsprechend des in der Zelle herrschenden Turgordrucks an dieser Stelle ausgedehnt werden kann. Man nimmt an, dass mit der Zellwand assoziierte Proteinkinasen, die sich durch die Plasmamembran ziehen, Signale von der Zellwand ins Cytoplasma çbermitteln. Welchen prozentualen Anteil diese diversen Materialien an den Zellwånden ausmachen, ist sehr unterschiedlich, je nachdem, um welche Pflanzenart, welchen Zelltyp und welchen Zustand der Wand es sich handelt. Wie die extrazellulåren Matrices der Bindegewebe der Tiere sind auch die Wånde von Pflanzenzellen dynamisch und kænnen auf Verånderungen in ihrem Umfeld hin modifiziert werden. Zellwånde entstehen aus einer dçnnen (Abb. 14.38), die sich nach der Teilung zwischen den Plasmamembranen der neuen Tochterzellen bildet. Ihre endgçltige Gestalt erhålt die Zellwand durch den Einbau zusåtzlicher Materialien, die in der Zelle zusammengesetzt und in den Extrazellularraum sezerniert werden. Neben ihrer Funktion als mechanische Stçtze und Schutz vor Fremdsubstanzen muss die Zellwand einer jungen, nicht differenzierten Pflanzenzelle wachsen kænnen und dabei mit dem enormen Wachstum der Zelle, die sie umgibt, Schritt halten. Die Wånde wachsender Zellen, die 1 '1, sind im Gegensatz zu den dickeren 1 1, die viele reife Pflanzenzellen umgeben, noch dehnbar. Die Umwandlung der primåren in die sekundåre Zellwand geht mit einem Anstieg des
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Wechselwirkungen zwischen Zellen und ihrer Umgebung
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c n Abb. 7.37 a±c. %I ? ( # ! ! '& a ( ? ! ; ( 8
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5ellulosegehalts und meist auch mit dem Einbau des phenolhaltigen Polymers 8 einher. Lignin bietet Pflanzenzellen strukturellen Halt und ist der Hauptbestandteil von Holz. Das Lignin verleiht beispielsweise den Wånden von wasserleitenden Zellen des Xylems den nætigen Halt, damit Wasser durch die Pflanze flieûen kann.
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Zusammenfassung
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Zusammenfassung #- $ D D / 1 9 $ " .
. Epitheliale Gewebe liegen auf einer Basalmembran, die aus einem dçnnen, miteinander verwobenen Netzwerk aus extrazellulåren Materialien besteht. Verschiedene Bindegewebearten wie Sehnen, Knorpel oder das Stroma der Hornhaut des Auges (Cornea) enthalten eine sich ausdehnende extrazellulåre Matrix, die dem Gewebe seine charakteristischen Eigenschaften verleiht (Kap. 7.1.1). 2 - $1 " /%
' . $ / ' 8 0 Jedes Protein der EZM hat einen modularen Aufbau mit Domånen, die Bindungsstellen fçr andere Domånen sowie fçr Rezeptoren auf der Zelloberflåche enthalten. Daher bilden diese verschiedenen extrazellulåren Materialien çber Wechselwirkungen ein eng verwobenes Netzwerk aus, das mit der Zelloberflåche verbunden ist. Kollagene sind reichlich vorhandene fibræse Proteine, mit deren Hilfe die extrazellulåre Matrix Zugkråften widerstehen kann. Proteoglycane bestehen aus Protein und Glycosaminoglycanen und dienen als amorphes Verpackungsmaterial, mit dem der Extrazellularraum ausgefçllt ist (Kap. 7.1.1). 6 1 $" ' $' 9 . Bei den Integrinen handelt es sich um heterodimere integrale Membranproteine, deren cytoplasmatische Domånen mit Bestandteilen des Cytoskeletts wechselwirken, wåhrend deren extrazellulåre Domånen Bindungsstellen fçr diverse extrazellulåre Materialien enthalten. Aufgrund von Verånderungen im Zellinneren kænnen ¹ $ ª-Signale ausgesandt werden, welche die Ligandenbindung der Integrine aktivieren. Diese Aktivierung ist damit verbunden, dass das Integrin von einer gebeugten in eine aufrechte Konformation çbergeht. Dagegen kænnen aufgrund einer Bindung eines extrazellulåren Liganden an ein Integrin Signale ins Zellinnere gesandt werden, um dort Zellaktivitåten zu veråndern (Kap. 7.2.1).
9 & 1 ' 2 . Fokalkontakte sind Verbindungsstellen, an denen in der Plasmamembran gehåuft Integrine auftreten, die an actinhaltige Mikrofilamente des Cytoskeletts gebunden sind. Hemidesmosomen sind Verbindungsstellen, an denen in der Plasmamembran vermehrt Integrine auftreten, die auf der Auûenseite an die Basalmembran und auf der Innenseite indirekt an keratinhaltige intermediåre Filamente gebunden sind. Bei beiden Formen der Adhåsion kann es zur Signalçbertragung kommen (Kap. 7.2.2). "
" ' & " 6 " + 6 & 36&40 Selectine binden an spezifisch angeordnete Kohlenhydratgruppen, die aus der Oberflåche anderer Zellen herausstehen, und vermitteln in Abhångigkeit von Calcium an Stellen, an denen es zu Entzçndungen und Blutgerinnseln gekommen ist, vorçbergehende Wechselwirkungen zwischen zirkulierenden Leukocyten und den Wånden von Blutgefåûen. Zelladhåsionsmolekçle der Ig-Superfamilie vermitteln eine calciumunabhångige Haftung zwischen Zellen. Ein IgSFProtein auf der einen Zelle kann mit einem Integrin oder mit einem gleichen oder anderen IgSF-Protein, das aus einer anderen Zelle herausragt, interagieren. Cadherine ermæglichen eine calciumabhångige Zelladhåsion, indem sie auf der gegençberliegenden Zelle an denselben Cadherintyp binden; auf diese Weise erleichtern sie die Bildung von Geweben, die aus åhnlichen Zelltypen aufgebaut sind (Kap. 7.3.1±7.3.3). &$ 1$9 "
. Am apikalen Ende einer Zelle befinden sich um die Zelle herum Adhårenzverbindungen, çber welche die Zelle mit all ihren Nachbarzellen in Kontakt treten kann. An den Adhårenzverbindungen weisen Plasmamembranen Cluster von Cadherinen auf, die çber intermediåre Proteine an die Actinfilamente des Cytoskeletts gebunden sind. Desmosomen sind kleine Bereiche zwischen Zellen, die durch dichte cytoplasmatische Belåge auf den Innenseiten der Membranen ge-
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<echselwirkungen zwischen Zellen und ihrer Umgebung
kennzeichnet sind. Im Bereich der Desmosomen findet man groûe Mengen an Cadherinen, die çber vermittelnde Proteine mit intermediåren Filamenten verbunden sind, die sich als Schlaufe durch die cytoplasmatischen Belåge ziehen (Kap. 7.3.4). ! N $ " & 9 " $'
# $ . Ein Querschnitt durch eine Tight Junction zeigt, dass die Auûenseiten benachbarter Zellen dort in periodischen Abstånden in direktem Kontakt miteinander stehen. Bei der Untersuchung der Membranen mit Hilfe der Gefrierbruchtechnik erkennt man an diesen Kontaktstellen Reihen von linienfærmig verlaufenden Partikeln, die in den Plasmamembranen der benachbarten Zellen Strånge bilden (Kap. 7.4). : N / &" ! $ ' / $ $' $ . Bei einer Gap Junction befinden sich in den Plasmamembranen Kanåle, die aus hexagonal zu einem Connexon angeordneten Connexin-Untereinheiten bestehen. Diese Kanåle verbinden das Cytoplasma der einen Zelle mit dem Cytoplasma der angrenzenden Zelle. Der zentrale Kanal eines Connexons ermæglicht es Substanzen mit einem Molekulargewicht von bis zu etwa 1000, direkt von Zelle zu Zelle zu diffun-
dieren. Die Passage von Ionenstræmen durch Gap Junctions ist von essentieller Bedeutung fçr zahlreiche physiologische Vorgånge wie die Erregungsausbreitung im Herzmuskelgewebe. Plasmodesmen sind zylindrische cytoplasmatische Kanåle zwischen benachbarten Pflanzenzellen, die sich direkt durch die dazwischenliegende Zellwand erstrecken. Diese Kanåle lassen normalerweise gelæste Molekçle mit einem Molekulargewicht von ungefåhr 1000 durch, kænnen jedoch durch spezifische Proteine aufgeweitet werden, so dass auch Makromolekçle hindurchtreten kænnen (Kap. 7.5). / $$ 9 - ' " . $ $ H 9 2 $ 9 $ 1 #
. Cellulosemikrofibrillen, die aus Bçndeln von Cellulosemolekçlen bestehen und von Enzymen aus der Plasmamembran sezerniert werden, machen die Wand starr und widerstandsfåhig gegen Zugkråfte. Hemicellulosemolekçle quervernetzen die Cellulosefasern, wåhrend Pektine ein stark quervernetztes Gel bilden, das die Lçcken zwischen den Faserelementen der Zellwand fçllt. Wie die extrazellulåren Matrices von Tierzellen sind auch die Wånde von Pflanzenzellen dynamisch und kænnen auf Ønderungen der åuûeren Bedingungen hin modifiziert werden (Kap. 7.6).
Zur Selbstçberprçfung 1. Die Zelladhåsion kann håufig unterbunden werden, indem man die Zellen mit spezifischen Mitteln behandelt. Von welchen der folgenden Substanzen wçrden Sie erwarten, dass sie die von Selectinen beziehungsweise L1-Molekçlen vermittelte Zelladhåsion beeintråchtigen? Bei Trypsin, das Proteine abbaut? Bei einem Peptid, das RGD enthålt? Bei Neuraminidase, die aus einem Oligosaccharid Sialinsåure abspaltet? Bei Kollagenase, die Kollagen abbaut? Bei Hyaluronidase, die Hyaluronsåure abbaut? Bei EGTA, das im Medium Ca2+-Ionen bindet? 2. Welche Substanz wçrden Sie einer Kulturschale zufçgen, um die Wanderung der Zellen der Neuralleiste zu unterbinden? Um
das Wachsen eines Axons zu verhindern? Um die Adhåsion von Fibroblasten an das Substrat zu blockieren? 3. Måuse, denen ein Gen fçr Fibronectin fehlt, sterben schon in einem frçhen Embryonalstadium. Nennen Sie zwei Prozesse, die bei diesen Embryonen gestært sein kænnten. 4. Angenommen, Sie fånden heraus, dass Molekçl A mit einem Molekulargewicht von 1500 die Kanåle einer Gap Junction durchdringen kann, wåhrend Molekçl B mit einem Molekulargewicht von nur 1200 zwischen denselben Zellen nicht hin und her diffundieren kann. Welche Unterschiede in den Molekçlen kænnten diese Ergebnisse erklåren?
Weiterfçhrende Literatur
5. Inwieweit åhnelt der Aufbau extrazellulårer Matrices von Tieren dem der Zellwånde von Pflanzenzellen? 6. Es wurde erwåhnt, dass zwei verschiedene Autoimmunkrankheiten ± bei der einen werden Antikærper gegen einen Bestandteil der Hemidesmosomen gebildet, bei der anderen Antikærper gegen einen Bestandteil der Desmosomen ± zu einer schwerwiegenden Blasenbildung der Haut fçhren. Warum haben die beiden Krankheiten Ihrer Meinung nach so åhnliche Symptome? 7. Welche der verschiedenen Molekçlarten, die fçr eine Haftung zwischen Zellen sorgen, ist hæchstwahrscheinlich fçr das Sich-voneinander-Absondern verantwortlich, das die Zellen in Abb. 7.20 zeigen? Warum? Wie lieûe sich Ihre Schlussfolgerung çberprçfen? 8. Das follikelstimulierende Hormon (FSH) ist ein Hypophysenhormon, das in den Follikelzellen des Eierstocks die Synthese von zyklischem AMP auslæst, das verschiedene Stoffwechselverånderung stimuliert. FSH ist normalerweise nicht auf Herzmuskelzellen ausgerichtet. Wenn man jedoch Follikelzellen des Eierstocks und Herzmuskelzellen gemeinsam in Kultur nimmt, kontrahiert sich eine Reihe von Herzmuskelzellen, sobald
ternetseite www.wiley.com/college/karp Erweitern sie Ihr Verståndnis, indem sie Karps Internetseite ¹Zell- und Molekularbiologieª besuchen. Dort finden Sie ' die gestellten $ & , , die schwierige Sachverhalte und Begriffe verdeutlichen, , die Ihnen bei Prçfungsvorbereitungen helfen, sowie 8 zu interessanten Seiten im Netz. Zusåtzlich zu der Literaturliste unten kann man auf der Internetseite auch noch ' 8 finden.
7.7 Weiterfçhrende Literatur - $1 Beckerle MC (ed) (2002) Cell Adhesion. Oxford Univ Press, Oxford Brown E, Dejana E (eds) (2003) Cell-to-cell contact and extracellular matrix. Curr Opin Cell Biol 15:5 Iozzo RV (ed) (2001) Proteoglycans: Structure, Biology and Molecular Interactions. Dekker, New York Nakamoto T et al (2004) Neurobiology: New connections between integrins and axon guidance. Curr Biol R121±R123
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man ins Medium FSH gegeben hat. Wie kænnte diese Beobachtung zu erklåren sein? Warum kænnen Ihrer Meinung nach Tierzellen ohne diese Art von Zellwånden çberleben, die fast alle anderen Gruppen von Organismen besitzen? Warum kænnen Zellen keine Gap Junctions mehr ausbilden, wenn man die Temperatur des Mediums, in dem diese Zellen wachsen, senkt? Bestimmte Zellverbindungen ziehen sich wie ein Gçrtel um die Zelle, andere treten dagegen nur in bestimmten Bereichen auf. Welcher Zusammenhang besteht zwischen diesen beiden Arten der Verteilung und der jeweiligen Funktion dieser Verbindungen? Schlagen Sie einen Mechanismus vor, der erklåren kænnte, wie das Tabakmosaikvirus die Permeabilitåt eines Plasmodesmas veråndern kann. Wie kænnten Sie Ihre Hypothesen çberprçfen? Der Erythrocyt (rotes Blutkærperchen), ein Zelltyp von Wirbeltieren hat vermutlich keine Integrine. Ûberrascht Sie das? Warum oder warum nicht?
Sternlicht MD, Werb Z (2001). How matrix metalloproteinases regulate cell behavior. Annu Rev Cell Dev Biol 17:463±516 Yamada KM, Kemler R (eds) (2002) Cell-to-cell contact and extracellular matrix. Curr Opin Cell Biol 14:5
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Wechselwirkungen zwischen Zellen und ihrer Umgebung
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
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8.1 Das Endomembransystem: ein Ûberblick 8.2 Untersuchungsverfahren fçr Endomembranen 8.3 Das endoplasmatische Retikulum 8.4 Der Golgi-Apparat 8.5 Typen des Vesikeltransports und ihre Funktionen 8.6 Lysosomen 8.7 Die Vakuole der Pflanzenzellen 8.8 Der Endocytoseweg: Transport von Membranen und Substanzen ins Zellinnere 8.9 Aufnahme fertig synthetisierter Proteine durch Peroxisomen, Mitochondrien und Chloroplasten Aus Sicht des Menschen: Krankheiten durch Funktionsstærungen der Lysosomen Experimentelle Verfahren: Rezeptorvermittelte Endocytose
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>m Lichtmikroskop erscheint das Cytoplasma lebender Zellen relativ wenig gegliedert. Schon vor Beginn des 20. Jahrhunderts lieferte die Untersuchung gefårbter Gewebedçnnschnitte von Tieren jedoch erste Hineise, dass es im Cytoplasma ein umfangreiches Membrangeflecht geben muss. Aber erst nachdem man in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts das Elektronenmikroskop entwickelt hatte, erkannten die Biologen nach und nach, dass das Cytoplasma der meisten
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Eukaryotenzellen eine vielgestaltige Ansammlung membranumhçllter Strukturen enthålt. In den ersten elektronenmikroskopischen Aufnahmen waren Membranblåschen mit unterschiedlichem Durchmesser zu erkennen, die Material mit jeweils anderer Elektronendichte enthielten, sowie lange, durch Membranen abgegrenzte Kanåle, die im Cytoplasma ein verzweigtes Netz bilden, und Stapel abgeflachter, membranumhçllter Hohlråume, die man als bezeichnete.
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
Durch diese ersten elektronenmikroskopischen Untersuchungen und die nachfolgenden biochemischen Studien wurde deutlich, dass das Cytoplasma der Eukaryotenzellen sich in verschiedene Kompartimente gliedert, die durch Membranen gegeneinander abgegrenzt sind. Bei genauer Betrachtung verschiedener Zelltypen stellte sich heraus, dass diese Membrankompartimente im Cytoplasma verschiedene Organellen bilden, die man in den unterschiedlichsten Zellen von der Hefe bis zu den vielzelligen Pflanzen und Tieren immer wieder findet. In welchem Umfang das Cytoplasma einer Eukaryotenzelle von Membranstrukturen durchsetzt ist, zeigt die elektronenmikroskopische Aufnahme einer Maiswurzelzelle in Abb. 8.1. Wie wir auf den nun folgenden Seiten genauer erfahren werden, enthålt jedes derartige Organell eine charakteristische Proteinausstattung und ist auf ganz bestimmte Tåtigkeiten spezialisiert. Wie ein Haus oder ein Restaurant, in dem verschiedene Råume fçr die unterschiedlichsten Tåtigkeiten zur Verfçgung stehen, so gliedert sich auch das Cytoplasma einer Zelle aus analogen Grçnden in verschiedene Membrankompartimente. Beim Betrachten der elektronenmikroskopischen Aufnahmen in diesem Kapitel sollte man allerdings an eines denken: Die Organellen des Cytoplasmas mægen als stabile Strukturen wie die Råume eines Hauses oder Restaurants wirken, in Wirklichkeit sind sie aber als dynamische Gebilde in ståndigem Wandel begriffen.
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In dem vorliegenden Kapitel beschåftigen wir uns mit dem Aufbau des endoplasmatischen Retikulums, des Golgi-Apparates sowie der Endosomen, Lysosomen und Vakuolen. Diese Organellen bilden gemeinsam das # % , dessen Einzelbestandteile als koordiniertes Ganzes zusammenwirken. Mehrere andere membranumhçllte Organellen des Cytoplasmas ± Mitochondrien, Peroxisomen und Chloroplasten ± gehæren nicht zu diesem zusammenhångenden System und waren der Gegenstand frçherer Kapitel.
5! Endomembransystem: ein Ûberblick Die Organellen des Endomembransystems sind Teil eines dynamischen, zusammenhångenden Netzwerkes, durch das Substanzen zwischen den Teilen der Zelle hin und her transportiert werden. Meist erfolgt dieser Transport zwischen den Organellen ± beispielsweise vom Golgi-Apparat zur Plasmamembran ± in kleinen, membranumhçllten ! 9 , die sich von einem Ausgangs-Membrankompartiment abschnçren (Abb. 8.2 a).1 Die Transportvesikel wandern zielstrebig durch das Cytoplasma; håufig werden sie dabei von Motorproteinen gezogen, die sich an Schienen aus Mikrotubuli und Mikrofilamenten des Cytoskeletts entlang bewegen (siehe Abb. 9.1 a). Hat ein Vesikel seinen Bestimmungsort erreicht, verschmilzt es mit der Membran des aufnehmenden Kompartiments, das dabei sowohl die læsliche Fracht des Vesikels als auch seine Membranhçlle aufnimmt (Abb. 8.2 a). In einem solchen Kreislauf des Abschnçrens und Verschmelzens pendeln die verschiedensten Substanzen auf zahlreichen Wegen kreuz und quer durch die Zelle. Man hat im Cytoplasma mehrere charakteristische Transportrouten identifiziert, die in Abb. 8.2 b im Ûberblick wiedergegeben sind. Unter anderem kann man einen 7 % ' erkennen: Proteine werden im endoplasmatischen Retikulum synthetisiert, auf dem Weg durch den Golgi-Apparat abgewandelt und dann an verschiedene Bestimmungsorte gebracht, so zur Plasmamembran, zu den Lysosomen oder zu der 1 Der Begriff ¹Vesikelª låsst an ein kugelfærmiges Transportmittel denken. Die Fracht kann aber auch in unregelmåûig geformten oder ræhrenfærmigen membranumhçllten Hohlråumen transportiert werden. Der Einfachheit halber werden hier alle derartigen Transportblåschen als ¹Vesikelª bezeichnet; man sollte also daran denken, dass sie nicht immer kugelfærmig sind.
Das Endomembransystem: ein Ûberblick
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groûen Vakuole der Pflanzenzellen. Diese Route wird auch als bezeichnet, denn viele Proteine, die im endoplasmatischen Retikulum synthetisiert werden (und auch viele im Golgi-Apparat gebildete komplexe Polysaccharide, s. Kap. 8.4) sind dazu bestimmt, aus der Zelle ausgeschieden ( $ ) zu werden. Bei der sekretorischen Tåtigkeit der Zelle kann man zwei Typen unterscheiden: die konstitutive und die regulierte Sekretion (Abb. 8.2 b). Bei der 9 & werden Substanzen in sekretorischen Vesikeln vom Ort ihrer Synthese abtransportiert und ståndig in die Zellumgebung abgegeben. Dieser Vorgang, den die meisten Zellen ausfçhren, trågt nicht nur zur Entstehung der extrazellulåren Matrix bei (Kap. 7.1), sondern auch zur Herstellung der Plasmamembran selbst. Bei der & dagegen werden die Substanzen in Form membranum-
hçllter Påckchen gespeichert und nur auf einen geeigneten Reiz hin ausgeschçttet. Regulierte Sekretion gibt es zum Beispiel bei endokrinen Zellen, die Hormone ausschçtten, in den Acinuszellen des Pankreas, die Verdauungsenzyme freisetzen, und in den Nervenzellen, die Neurotransmitter abgeben. In manchen derartigen Zellen wird das Material, das ausgeschieden werden soll, in groûen, dicht gepackten, membranumhçllten : gespeichert (Abb. 8.3). Proteine, Lipide und komplexe Polysaccharide werden auf dem Biosyntheseweg oder sekretorischen Weg durch die Zelle transportiert. Im ersten Teil des Kapitels konzentrieren wir uns auf die Synthese und den Transport der Proteine, wie sie in Abb. 8.2 b zusammenfassend dargestellt sind. Dabei befassen wir uns nacheinander mit verschiedenen Proteinklassen: mit læslichen
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
Coteinen, die aus der Zelle ausgeschieden werden, mit den integralen Proteinen der verschiedenen in Abb. 8.2 b dargestellten Membranen und mit læslichen Proteinen, die in den verschiedenen von Endomembranen eingeschlossenen Kompartimenten angesiedelt sind (z. B. Lysoso-
menenzyme). Wåhrend der sekretorische Weg dazu dient, Substanzen aus der Zelle auszuschleusen, verlåuft der #% ' in umgekehrter Richtung. Ûber ihn gelangt Material von der Zelloberflåche in die Kompartimente im Cytoplasma, beispielsweise in die Endosomen und Lysosomen (Abb. 8.2 b). Die Wanderung der Vesikel und ihres Inhalts entlang der verschiedenen Transportwege in der Zelle hat groûe Øhnlichkeit mit dem Lastwagenverkehr, durch den unterschiedlichste Ladungen çber die Straûen einer Stadt transportiert werden. In beiden Fållen muss durch . sichergestellt werden, dass das Material genau an die vorgesehene Stelle gelangt. Der Proteinverkehr in einer Speicheldrçsenzelle erfordert z. B., dass die Speichelproteine, die im endoplasmatischen Retikulum entstehen, spezifisch in sekretorische Granula dirigiert werden, wåhrend die Lysosomenenzyme, die ebenfalls im endoplasmatischen Retikulum synthetisiert werden, gezielt in die Lysosomen gelangen. Auûerdem enthalten die einzelnen Organellen unterschiedliche integrale Membranproteine; auch aus diesem Grund mçssen Membranproteine gezielt in bestimmte Organellen wie Lysosom oder Golgi-Apparat gebracht werden. Die verschiedenartigen Ladungen ± sekretorische Proteine, Lysosomenenzyme, Membranproteine ± werden durch spezifische ¹Adressenetikettenª oder & an ihren Bestimmungsort dirigiert; diese sind entweder in der Aminosåuresequenz oder in den angehefteten Oligosacchariden co-
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Untersuchungsverfahren fçr Endomembranen
diert. Erkannt werden die Sortiersignale von spezifischen Rezeptoren, die in den Membranen abknospender Vesikel liegen (Abb. 8.2 a) und dafçr sorgen, dass das Protein an den richtigen Bestimmungsort gelangt. In der Entschlçsselung der Verkehrsregeln, die in Eukaryotenzellen herrschen, hat man in den letzten dreiûig Jahren groûe Fortschritte erzielt. Man konnte die spezifischen Adressenetiketten und Rezeptoren identifizieren, die den Verkehrsfluss steuern, und man analysierte den Apparat, der in den Zellen fçr die Verteilung der Substanzen auf die richtigen Stellen sorgt. Diese Themen werden wir auf den nåchsten Seiten ausfçhrlich erærtern. Im nåchsten Kapitel befassen wir uns dann mit den Motorproteinen und Cytoskelettelementen, die fçr die Bewegung der Transportvesikel und anderer Endomembranelemente eine Schlçsselrolle spielen. Zu Beginn unserer Untersuchung der Endomembranen betrachten wir einige wichtige experimentelle Verfahren, die viel zu unseren heutigen Kenntnissen çber das Thema beigetragen haben.
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8.2 Untersuchungsverfahren fçr Endomembranen Die ersten elektronenmikroskopischen Untersuchungen lieferten ein genaues Bild vom Aufbau der Zellen, aber çber die Funktionen der beobachteten Bestandteile erfuhr man auf diese Weise kaum etwas. Um festzustellen, welche Aufgaben die Organellen im Cytoplasma erfçllen, musste man neue Verfahren entwickeln und neuartige Experimente machen. Erste Anstrengungen auf diesen Gebieten wurden 1974 mit dem Nobelpreis fçr drei Zellbiologen belohnt; die Preistråger waren Christian De Duve von der Universitåt Louvain in Belgien sowie Albert Claude und George Palade von der Rockefeller University. Die experimentellen Methoden, die auf den folgenden Seiten beschrieben werden, haben sich als besonders nçtzlich erwiesen: Durch sie erwarb man die grundlegenden Kenntnisse, auf denen die Erforschung der Organellen im Cytoplasma heute aufbaut.
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8.2.1 Neue Erkenntnisse durch Autoradiographie Unter den mehreren hundert verschiedenen Zelltypen im Organismus haben die Acinuszellen des Pankreas ein besonders umfangreiches Endomembransystem. Ihre Aufgabe besteht vor allem darin, Verdauungsenzyme zu synthetisieren und auszuscheiden. Nachdem diese Enzyme vom Pankreas abgegeben sind, werden sie çber Gånge in den Dçnndarm transportiert, wo sie die aufgenommene Nahrung abbauen. An welchen Stellen innerhalb der Acinuszellen werden die sekretorischen Proteine synthetisiert, und wie gelangen sie an die Zelloberflåche, wo sie ausgeschçttet werden? Diese Fragen sind schon von ihrem Wesen her schwer zu beantworten, denn alle Schritte des Sekretionsprozesses laufen in der Zelle gleichzeitig ab. Um den Zyklus von Anfang bis Ende ± d. h. von der Synthese eines sekretorischen Proteins bis zu seiner Ausscheidung aus der Zelle ± zu verfolgen, bedienten sich James Jamieson und George Palade des Verfahrens der . Wie in Kap. 18 noch genauer erærtert wird, ist die Autoradiographie ein gutes Mittel, um biochemische Ablåufe sichtbar zu machen: Mit ihrer Hilfe kann man die Lage radioaktiv markierter Substanzen in einer Zelle erkennen. Dazu beschichtet man Gewebedçnnschnitte, die radioaktive Isotope enthalten, mit einer fotografischen Emulsion, die auf diese Weise der Strahlung der Radioisotope im Gewebe ausgesetzt wird. Stellen in den Zellen, an denen sich Radioaktivitåt befindet, sind dann im Mikroskop an den Silberkærnern in der darçber liegenden fotografischen Emulsion zu erkennen (Abb. 8.3). Um herauszufinden, an welchen Stellen sekretorische Proteine synthetisiert werden, inkubierten Palade und Jamieson Gewebestçcke aus dem Pankreas fçr kurze Zeit in einer Læsung, die radioaktive Aminosåuren enthielt. In dieser Zeit wurden die markierten Aminosåuren von den lebenden Zellen aufgenommen und in die Verdauungsenzyme eingebaut, deren Synthese an den Ribosomen gerade im Gange war. Anschlieûend wurde das Gewebe fixiert, und die Lage der Proteine, die wåhrend der kurzen Inkubation mit radioaktiven Aminosåuren entstanden waren, wurde durch Autoradiographie ermittelt. Mit diesem Verfahren entdeckte man, dass sekretorische Proteine im endoplasmatischen Retikulum synthetisiert werden (Abb. 8.3 a). Um den Weg nachzuzeichnen, den die sekretorischen Proteine vom Ort ihrer Synthese bis zur Ausscheidung zurçcklegen, machten Palade und Jamieson ein weiteres Experiment. Nachdem
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
sie das Gewebe kurz mit radioaktiven Aminosåuren inkubiert hatten, wuschen sie çberschçssige Mengen der Isotope aus und çberfçhrten das Gewebe dann in ein Medium, das ausschlieûlich unmarkierte Aminosåuren enthielt. Solche Versuche bezeichnet man als ¹ $" E-Experimente. (Puls) ist dabei die kurze Inkubation mit radioaktiv markierten Aminosåuren, die in die Zellen aufgenommen werden. Als " (Jagd, Verfolgung) wird die Zeit bezeichnet, in der das Gewebe dem unmarkierten Medium ausgesetzt ist, so dass aus nicht radioaktiven Aminosåuren weitere Proteinmolekçle synthetisiert werden. Je långer die " -Phase ist, desto weiter entfernen sich die wåhrend des Pulses markierten Proteine in der Zelle vom Ort ihrer Synthese. Im Idealfall kann man auf diese Weise den Transport neu synthetisierter Molekçle genau verfolgen: Man beobachtet, wie eine Welle radioaktiver Substanzen durch die Organellen im Cytoplasma von einer Stelle zur anderen wandert, bis der ganze Vorgang abgeschlossen ist. Die Ergebnisse solcher Experimente, mit denen man erstmals den biosynthetischen (oder sekretorischen) Weg abgrenzen und eine Reihe scheinbar getrennter membranumhçllter Kompartimente zu einer zusammenhångenden Funktionseinheit verknçpfen konnte, sind in Abb. 8.2 b±d zusammenfassend dargestellt. 5$$ Erkenntnisse, gewonnen durch die Verwendung des grçn fluoreszierenden Proteins Die im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen Autoradiographieexperimente erfordern, dass man Dçnnschnitte verschiedener Zellen untersucht, die zu unterschiedlichen Zeiten nach Einbringen einer radioaktiven Markierung fixiert wurden. In den letzten Jahren hat man ein neues Verfahren entwickelt, durch das ein Wissenschaftler mit eigenen Augen die dynamischen Bewegungen ganz bestimmter Proteine beobachten kann, die sich in einer einzelnen lebenden Zelle abspielen. Dazu bedient man sich eines Gens, das aus einer Qualle isoliert wurde und ein kleines Protein namens $ / (
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Protein, in dem GFP mit einem Ende des zum untersuchenden Proteins verknçpft ist. In den meisten Fållen hat das angehångte GFP so gut wie keine Auswirkungen auf Transport oder Funktion dieses Proteins. Zwei Mikroskopaufnahmen von Zellen, die ein solches GFP-Fusionsprotein enthalten, zeigt Abb. 8.4. Die Zellen wurden in diesem Fall mit einem Stamm des Vesicular-Stomatitis-Virus (VSV) infiziert, bei dem ein Virusgen namens VSVG mit dem GFP-Gen verknçpft war. Viren sind fçr derartige Untersuchungen besonders nçtzlich, weil sie die infizierten Zellen zu Fabriken fçr die Produktion eines oder einiger weniger Virusproteine machen. Im endoplasmatischen Retikulum (ER) einer Zelle, die mit VSV infiziert ist, wird das VSVG-Protein in riesigen Mengen produziert. Die VSVG-Molekçle wandern dann durch den Golgi-Apparat und werden zur Plasmamembran der infizierten Zelle transportiert, wo sie in neue Virushçllen verpackt werden. Wie in einem radioaktiven $" -Experiment, so kann man auch mit Hilfe eines Virus eine relativ einheitliche Welle der Proteinwanderung verfolgen, in diesem Falle in Form einer Welle grçner Fluoreszenz, die kurze Zeit nach der Infektion einsetzt. Wie man den Ablauf noch besser synchronisieren kann, zeigt Abb. 8.4: Man verwendet ein Virus mit einem mutierten VSVGProtein, das nicht aus dem ER ausgeschleust wird, wenn man die Zellen bei erhæhter Temperatur (z. B. 40 8C) wachsen låsst. Senkt man die Temperatur dann auf 32 8C, wandert das fluoreszierende GFP-VSVG-Protein, das sich im ER angesammelt hat (Abb. 8.4 a, c), gleichzeitig zum GolgiApparat (Abb. 8.4 b, c), wo sich verschiedene Weiterverarbeitungsvorgånge abspielen, und dann zur Plasmamembran. Derartige Mutanten, die bei niedriger (permissiver) Temperatur normal funktionieren, nicht aber bei erhæhter (restriktiver oder nichtpermissiver) Temperatur, werden als 9 bezeichnet. 8.2.3 Erkenntnisse durch biochemische Analyse subzellulårer Fraktionen Elektronenmikroskopie, Autoradiographie und Experimente mit GFP liefern Aufschlçsse çber die Struktur und der Funktion der Zellorganellen, aber çber die molekulare Zusammensetzung dieser Strukturen erfåhrt man dabei kaum etwas. Pionierarbeiten beim Aufschlieûen (2 ) der Zellen und bei der Abtrennung der verschiedenen Organellentypen leisteten Albert Claude und Christian de Duve in den fçnfziger und sechziger Jahren des 20. Jahrhun-
Untersuchungsverfahren fçr Endomembranen
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derts. Wenn man eine Zelle aufbricht (homogenisiert), werden die Membranen im Cytoplasma zerstçckelt und die Kanten der Membranfragmente verbinden sich zu kugelfærmigen Blåschen (Vesikeln) mit einem Durchmesser von weniger als 100 nm. Vesikel, die aus verschiedenen Organellen (Zellkern, Mitochondrien, Plasmamembranen, endoplasmatisches Retikulum usw.) entstanden sind, haben unterschiedliche Eigenschaften, anhand derer man sie voneinander trennen kann, ein Verfahren, das als $ 1 bezeichnet wird. Membranvesikel, die vom Endomembransystem (vorwiegend vom endoplasmatischen Retikulum und vom Golgi-Apparat) abstammen, bilden eine uneinheitliche Sammlung von Vesikeln mit åhnlicher Græûe, die als bezeichnet werden. Ein schnelles (und grobes) Verfahren zur Abtrennung der Mikrosomenfraktion einer Zelle zeigt Abb. 8.5 a. Die Mikrosomenfraktion kann man mit den Gradientenverfahren, die in Kap. 18.6 genau erærtert werden, in Fraktionen mit glatten und rauen Membranen zerle-
gen (Abb. 8.5 b, c). Nachdem man die verschiedenen Fraktionen getrennt hat, ermittelt man ihre biochemische Zusammensetzung. Mit dieser Methode fand man beispielsweise in Vesikeln, die von unterschiedlichen Teilen des Golgi-Apparats stammten, verschiedene Enzyme, die unterschiedliche Zuckermolekçle an das Ende der wachsenden Kohlenhydratkette eines Glycoproteins oder Glycolipids anheften. Man konnte aus der Mikrosomenfraktion ein ganz bestimmtes Enzym isolieren und dann als Antigen zur Herstellung von Antikærpern gegen dieses Enzym verwenden. Die Antikærper koppelte man beispielsweise an Goldkçgelchen oder andere Substanzen, die man im Elektronenmikroskop sichtbar machen kann. Auf diese Weise konnte man die Lage des Enzyms in dem Membrankompartiment feststellen. Mit derartigen Untersuchungen konnte man im Einzelnen nachzeichnen, wie komplexe Kohlenhydrate im Golgi-Apparat schrittweise zusammengesetzt werden. In den letzten Jahren ist die Identifizierung der Proteine in den einzelnen Zellfraktionen
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport n Abb. 8.5 a±c. ?
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aller Organellen zeichnen kann, die sich in relativ reiner Form darstellen lassen. So stellte sich unter anderem heraus, dass ein einfaches Phagosom, in dem sich nur eine aufgenommene Latexperle befindet, mehr als 160 verschiedene Proteine enthålt; viele davon hatte man noch nie zuvor nachgewiesen, oder man wusste nicht, dass sie an der Phagocytose beteiligt sind. 5$ Erkenntnisse durch Verwendung zellfreier Systeme
urch die raffinierten Verfahren der Proteomforschung in ein neues Stadium getreten. Wenn man Organellen eines bestimmten Typs isoliert hat, kann man ihre Proteine gewinnen, voneinander trennen und mit der in Kap. 2 genauer erærterten Methode der Massenspektrometrie identifizieren. Auf diese Weise lassen sich mehrere hundert Proteine gleichzeitig nachweisen, so dass man ein umfassendes molekulares Bild
Sobald man çber Methoden zur Abtrennung der membranumhçllten Organellen verfçgte, ging man daran, die Fåhigkeiten dieser groben subzellulåren Pråparationen genauer zu untersuchen. Dabei stellte sich heraus, dass auch isolierte Teile einer Zelle bemerkenswerte Wirkungen haben kænnen. Diese ersten $ &% ± die so genannt werden, weil sie keine ganzen Zellen enthalten ± lieferten eine Fçlle neuer Erkenntnisse çber komplizierte Vorgånge, die man an vollståndigen Zellen nicht untersuchen konnte. In den 1960er Jahren wollten beispielsweise George Palade, Philip Siekevitz und ihre Kollegen an der Rockefeller University mehr çber die Eigenschaften der (in Abb. 8.5 c dargestellten) rauen Mikrosomenfraktion in Erfahrung bringen, die vom rauen ER stammt (Kap. 8.3). Dabei stellten sie fest, dass sie die isolierten rauen Mikrosomen von den angehefteten Partikeln befreien konnten, und diese abgetrennten Partikel (Ribosomen) konnten Proteine synthetisieren, wenn man ihnen die erforderlichen Bausteine aus dem Cytosol zur Verfçgung stellte. Unter solchen Bedingungen wurden die neu syn-
thetisierten Proteine von den Ribosomen einfach in die wåssrige Læsung im Reagenzglas abgegeben. Machten sie das gleiche Experimente jedoch mit vollståndigen rauen Mikrosomen, gelangten die neu synthetisieren Proteine nicht in das Inkubationsmedium, sondern sie wurden im Innenraum der membranumhçllten Vesikel festgehalten. Aus dieser Untersuchung musste man den Schluss ziehen, dass die Mikrosomenmembran fçr den Einbau der Aminosåuren in Protein nicht erforderlich ist, wohl aber dafçr, neu synthetisierte sekretorische Proteine in die ER-Zisterne zu dirigieren. In den letzten Jahrzehnten konnte man mit Hilfe zellfreier Systeme die Funktion vieler Proteine aufklåren, die an den Wanderungen der Membranen beteiligt sind. Abb. 8.6 zeigt ein Liposom, von dessen Oberflåche sich Vesikel abschnçren (Pfeile). Wie in Kap. 4.3.2 genauer erærtert wird, handelt es sich bei Liposomen um Vesikel aus einer kçnstlichen Molekçldoppelschicht, die man im Labor aus gereinigten Phospholipiden hergestellt hat. Die abgeschnçrten Blåschen und Vesikel in Abb. 8.6 entstanden, nachdem man die Liposomenpråparation mit gereinigten Proteinen inkubiert hatte, die in der Zelle normalerweise eine Schicht auf der dem Cytosol zugewandten Oberflåche von Transportvesikeln bilden. Ohne diese Hçllproteine kænnen sich keine Vesikel abschnçren. Mit derartigen
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Untersuchungsverfahren fçr Endomembranen
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experimentellen Verfahren konnte man die Proteine untersuchen, die an die Membranen binden und damit die Bildung von Vesikeln in Gang setzen, aber auch solche, die fçr die Auswahl der ¹Frachtª zuståndig sind, und andere, die das Vesikel von seiner Ursprungsmembran trennen. 5$. Erkenntnisse aus der Untersuchung genetischer Mutanten Als Mutante bezeichnet man ein Lebewesen (oder eine Gewebekulturzelle), in dessen Chromosomen ein Gen (oder auch mehrere) anormale Proteine codieren. Kann ein Protein, das von einem solchen mutierten Gen codiert wird, seine normale Aufgabe nicht mehr erfçllen, ist an der entsprechenden Zelle eine charakteristische Stærung zu erkennen. Wenn man genau untersucht, worin die Stærung besteht, kann man Aufschlçsse çber die Funktion des normalen Proteins gewinnen. Die genetischen Grundlagen der Sekretion wurden vorwiegend an Hefezellen erforscht, und zwar vor allem von Randy Schekman und seinen Kollegen an der University of California in Berkeley. Hefezellen eignen sich fçr genetische Unersuchungen besonders gut: Sie haben eine geringere Zahl von Genen als viele andere Eukaryoten, lassen sich als kleine Einzeller leicht zçchten und befinden sich wåhrend des græûten Teils ihres Lebenszyklus im haploiden Zustand. In einer haploiden Zelle hat eine Mutation in einem einzelnen Gen erkennbare Auswirkungen, weil die Zelle keine zweite Kopie des Gens besitzt, so dass die Anomalie nicht verschleiert wird. Wie in allen Eukaryotenzellen, so schnçren sich auch in der Hefe Vesikel vom ER ab und wandern zum Golgi-Apparat, mit dessen Zisternen sie verschmelzen (Abb. 8.7 a). Will man Gene identifizieren, deren zugehærige Proteine an diesem Teil des sekretorischen Weges beteiligt sind (wie beispielsweise die "-Gene), sucht man nach mutierten Zellen mit einer anormalen Verteilung der Membranen im Cytoplasma. Abb. 8.7 b zeigt die elektronenmikroskopische Aufnahme einer Wildtyp-Hefezelle. Die Zelle in Abb. 8.7 c dagegen trågt eine Mutation in einem Gen, dessen zugehæriges Protein an der Bildung der Vesikel an der ER-Membran mitwirkt (Abb. 8.7 a, Schritt 1). In den mutierten Zellen bilden sich keine Vesikel mehr und das endoplasmatische Retikulum nimmt ungewæhnlich groûe Ausmaûe an. Dagegen trågt die Zelle in Abb. 8.7 d eine Mutation in einem Gen, dessen Protein an der Verschmelzung von Vesikeln beteiligt ist (Abb. 8.7 a, Schritt 2). Ist dieses Protein defekt,
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport n Abb. 8.7 a±d. 4 % 9 ? a G 9 ' % ' & b
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sammelt sich in den mutierten Zellen eine çbermåûig groûe Zahl nicht fusionierter Vesikel an. Man konnte Dutzende von Mutanten isolieren, von denen jede einen anderen Schritt des sekretorischen Weges beeintråchtigt. Die Gene, die fçr diese Defekte verantwortlich sind, wurden kloniert und sequenziert, und man hat die von ihnen codierten Proteine isoliert. Sobald man solche Proteine aus der Hefe kannte, suchte man auch bei Såugetieren mit Erfolg nach homologen Proteinen (d. h. nach Proteinen mit åhnlicher Sequenz). Zu den wichtigsten Erfolgen der Anwendung aller dieser Verfahren gehært die Erkenntnis, dass die dynamische Tåtigkeit des Endomembransystems in der Evolution sehr stabil war. In der Hefe sowie in den Zellen von Pflanzen, Insekten und Menschen laufen nicht nur åhnliche Vorgånge ab, sondern daran sind auch bemerkenswert åhnliche Proteine beteiligt. Hinter der strukturellen Vielfalt der Zellen verbergen sich also ganz offensichtlich grundlegende molekulare Øhnlichkeiten. In vielen Fållen sind sogar Proteine ganz unterschiedlicher biologischer Arten untereinander austauschbar. Zellfreie Syste-
me aus Såugerzellen kænnen Hefeproteine nutzen, um den Vesikeltransport zu erleichtern. Umgekehrt kann man Hefezellen, bei denen genetische Defekte irgendeinen Schritt des Biosyntheseweges beeintråchtigen, håufig mit Hilfe gentechnisch eingeschleuster Såugetiergene ¹heilenª.
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5' endoplasmatische Retikulum Das 3# 4 gliedert sich in zwei Teile: das 3 ' # 4 und das 3 , 4 (Abb. 8.8). Das Membransystem beider Teile schlieût gemeinsam einen Innenraum (das 8) ein, der vom umgebenden +% getrennt ist. Wie in der nun folgenden Beschreibung deutlich werden wird, unterscheidet sich das Lumen innerhalb der ER-Membranen in seiner Zusammensetzung stark vom Cytosol. Fluoreszenzmarkierte Proteine und Lipide kænnen zwischen den beiden Teilen des ER diffundieren, ein Zeichen, dass deren Membranen miteinander verbunden sind. Die beiden ER-Typen haben in vielerlei Hinsicht die gleichen Eigenschaften und wirken an gemeinsamen Funktionen mit, beispielsweise an der Synthese des Cholesterins und bestimmter Lipide. Andererseits findet man aber zahlreiche Proteine nur in einem der beiden ER-Typen. Entsprechend bestehen zwischen beiden auch wichtige Strukturund Funktionsunterschiede. An die Cytosolseite des rauen ER sind Ribosomen gebunden, die am glatten ER fehlen. Wie man in Abb. 8.9 erkennt, ist das RER in der Regel ein Netz aus abgeflachten Hohlråumen ( ). Das RER geht bruchlos in die Auûenmembran der Kernhçlle çber, die auf ihrer Cyto-
n Abb. 8.8. ; ! , # ! ; +) # F# ; 1
Das endoplasmatische Reticulum
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plasmaseite ebenfalls Ribosomen trågt (Abb. 8.2 b). Dagegen sind die Membranelemente des SER meist ræhrenfærmig (Abb. 8.8, 8.10) und bilden ein System verbundener Schlåuche, die sich durch das Cytoplasma winden. Beim Homogenisieren von Zellen werden die SER-Fragmente zu glatten und die ER-Fragmente zu rauen Vesikeln (Abb. 8.5 b, c). Die beiden ER-Typen liegen in verschiedenen Zelltypen in auffallend unterschiedlichen Mengenverhåltnissen vor, je nachdem, welche Funktion die jeweilige Zelle erfçllt. So enthalten beispielsweise Zellen, die wie Pankreas- oder Speicheldrçsenzellen groûe Proteinmengen ausscheiden, ausgedehnte RER-Regionen (Abb. 8.9 b, c). Wir werden in Kçrze auf die Funktion des RER zurçckkommen; zunåchst soll jedoch die Tåtigkeit des SER erærtert werden. 8.3.1 Das glatte endoplasmatische Retikulum Das SER ist in zahlreichen Zelltypen stark entwickelt, so in den Zellen von Skelettmuskeln, Nierenkanålchen und steroidproduzierenden endokrinen Drçsen (Abb. 8.10 a). Es hat folgende Funktionen: n Synthese von Steroidhormonen in den endokrinen Zellen von Keimdrçsen und Nebennierenrinde. n In der Leber die Entgiftung vielfåltiger organischer Verbindungen wie Barbiturate und Ethanol; deren chronischer Gebrauch kann zu einer Vermehrung des SER in den Leberzellen fçhren. Fçr die Entgiftung sorgt ein System Sauerstoff çbertragender Enzyme (Oxygenasen), zu dem auch die Cytochrom-P450-Familie gehært. Bemerkenswert sind diese Enzyme wegen ihrer mangelnden Substratspezifitåt: Sie kænnen viele tausend verschiedene hydrophobe Verbindungen oxidieren und zu stårker hydrophilen Derivaten umsetzen, die leichter ausgeschieden werden. Das hat nicht immer positive Folgen. Die relativ harmlose Verbindung Benzo[]pyren zum Beispiel, die beim Verkohlen von Fleisch auf den Grill entsteht, wird durch die ¹Entgiftungsenzymeª des SER zu einem hoch wirksamen Carcinogen. Die Cytochrom-P450-Enzyme bauen viele Arzneiwirkstoffe ab; genetisch bedingte Unterschiede dieser Enzyme bei verschiedenen Menschen dçrften der Grund dafçr sein,
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
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dass viele Medikamente bei verschiedenen Patienten so unterschiedlich gut wirken und unterschiedliche Nebenwirkungen haben. n Freisetzung von Glucose-6-phosphat in Leberzellen durch das Enzym Glucose6-phosphatase. In der Leber sind groûe Glycogenreserven in Form von Kærnchen auf der Cytosolseite der SER-Membranen
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gespeichert (Abb. 8.10 b). Bei einem erhæhten Bedarf an chemischer Energie wird das Glycogen enzymatisch zu Glucose-6-phosphat umgesetzt. Anschlieûend entfernt die Glucose-6-phosphatase in den SER-Membranen die Phospatgruppe; die so entstandenen Glucosemolekçle wandern ins Blut und werden zu den verschiedenen Geweben transportiert.
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tet. Das Cytoplasma am apikalen Ende der Zelle ist voller sekretorischer Granula, die ihren Inhalt auf ein geeignetes Signal hin jederzeit in den Ausfçhrungsgang ausschçtten kænnen. In der Polaritåt solcher Drçsenepithelzellen spiegelt sich die Wanderung der sekretorischen Proteine vom Ort ihrer Synthese zur Ausscheidungsstelle wider. Ausgangspunkt des Biosyntheseweges ist das raue ER: Dort werden die Proteine, Kohlenhydratketten und Phospholipide synthetisiert, die dann ihre Reise durch die Membrankompartimente der Zelle antreten.
Die ersten Untersuchungen zur Funktion des RER nahm man an Zellen vor, die groûe Proteinmengen ausscheiden, beispielsweise an den Acinuszellen des Pankreas (Abb. 8.3) oder an den Schleim produzierenden Zellen der Darmschleimhaut (Abb. 8.11). Wie man an der Zeichnung und der Mikroskopaufnahme in Abb. 8.11 deutlich erkennt, sind die Organellen im Inneren dieser sekretorischen Epithelzellen so angeordnet, dass sich von einem Ende der Zelle zum anderen eine eindeutige Polaritåt ergibt. An der Unterseite der Zelle, die zu den Blutgefåûen weist, liegen der Zellkern und eine umfangreiche Anordnung aus RER-Zisternen. Der Golgi-Apparat befindet sich im mittleren Teil der Zelle; ihre apikale Oberflåche grenzt an einen Gang, der die sezernierten Proteine aus dem Organ ablei-
/ % Dass das raue endoplasmatische Retikulum der Ort ist, an dem sekretorische Proteine synthetisiert werden, wiesen Jamieson und Palade mit den zuvor beschriebenen Methoden nach (Kap. 8.2). Øhnliches fand man auch bei anderen sekretorischen Zellen, so bei den Becherzellen der Darmschleimhaut, die Mucoproteine abgeben, bei endokrinen Zellen, die Polypeptidhormone ausschçtten, bei Antikærper produzierenden Plasmazellen und bei Leberzellen, die Proteine ins Blutserum ausscheiden. In weiteren Experimenten stellte sich heraus, dass Polypeptide in den Zellen grundsåtzlich in zwei verschiedenen Regionen synthetisiert werden:
n Abtrennung von Calciumionen im Cytoplasma von Skelett- und Herzmuskelzellen. Die gesteuerte Freisetzung von Ca2+ aus dem SER (oder bei Muskelzellen aus dem sarcoplasmatischen Retikulum) læst die Kontraktion aus.
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
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n Manche Polypeptide entstehen an Ribosomen, die an der Cytosolseite der RERMembranen angeheftet sind. Dies sind (a) Proteine, die aus der Zelle ausgeschieden werden, (b) integrale Membranproteine und (c) læsliche Proteine, die in den Kompartimenten des Endomembransystems angesiedelt sind, also in ER, Golgi-Apparat, Lysosomen, Endosomen, Vesikeln und den Vakuolen der Pflanzenzellen. n Andere Polypeptide werden an ¹freienª Ribosomen synthetisiert, d. h. an Ribosomen, die nicht an das RER angeheftet sind. Solche Polypeptide werden anschlieûend ins Cytosol abgegeben. In diese Gruppe gehæren (a) Proteine, die im
Cytosol verbleiben (beispielsweise die Enzyme der Glycolyse und die Cytoskelettproteine), (b) periphere Proteine der Membraninnenseite (zum Beispiel die Spectrine und Ankyrine, die nur locker mit der Cytosolseite der Membran assoziiert sind), (c) Proteine, die in den Zellkern transportiert werden (Kap. 12.1), und (d) Proteine, die in Peroxisomen, Chloroplasten und Mitochondrien aufgenommen werden. Die Proteine der beiden letztgenannten Gruppen werden im Cytosol vollståndig synthetisiert und dann ! durch die jeweiligen Begrenzungsmembranen in die einzelnen Organellen transportiert (Kap. 8.9).
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der Planzenvakuole ablaufen, zeigt Abb. 8.12. Der Aufbau des Polypeptids beginnt, nachdem eine Messenger-RNA an ein freies Ribosom gebunden hat, also an ein Ribosom, das nicht an eine Membran im Cytoplasma angeheftet ist. Nach heutiger Kenntnis sind alle Ribosomen gleich gebaut; diejenigen, die bei der Synthese von sekretorischen Proteinen, Lysosomenproteinen und Proteinen der Planzenvakuole mitwirken, entstammen dem gleichen Bestand wie jene, an denen die im Cytosol verleibenden Proteine synthetisiert werden. Polypeptide, die an membrangebundenen Ribosomen gebildet werden, enthalten eine Signalsequenz, einen Abschnitt aus sechs bis 15 hydrophoben Aminosåuren, der das $ Polypeptid zur ERMembran dirigiert und fçr seinen Transport ins ER-Lumen sorgt. (Als naszierend bezeichnet man ein Polypeptid wåhrend seiner Entstehung.) In der Regel befindet sich die Signalsequenz am N-Terminus oder in seiner Nåhe, bei manchen Polypeptiden liegt sie aber auch weiter innen in der Molekçlkette. Wenn die hydrophobe Signalsequenz aus dem Ribosom austritt, wird sie von einem & ( , & /) erkannt, das bei Såugerzellen aus sechs verschiedenen Polypeptiden und einem kleinen RNA-Molekçl (der 7S-RNA) besteht. Das SRP bindet sowohl an das naszierende Polypeptid als auch an das Ribosom (Schritt 1 in Abb. 8.12) und hålt die weitere Synthese des Polypeptids so lange auf, bis der Komplex an die Membran des rauen ER stæût und spezifisch an sie bindet. Ein entscheidender Schritt bei diesem Prozess ist die Wechselwirkung zwischen einem SRP und der Signalsequenz, denn sie bestimmt letztlich darçber, ob ein Protein sich am Ende im Cytosol oder im Endomembransystem befindet. Das SRP dient als Markierung, durch die der ganze Komplex aus SRP, Ribosom und naszierendem Polypeptid spezifisch an die Cytosolseite der ER-Membran binden kann. Die Bindung erfolgt durch mindestens zwei getrennte Wechselwirkungen: eine zwischen SRP und & / $ , die andere zwischen dem Ribosom und dem ! , dem mit Protein ausgekleideten Kanal durch die Membran (Schritt 2 in Abb. 8.12). Wenn das Ribosom eng an die ER-Membran gebunden ist, læst sich das SRP von seinem Rezeptor und die Signalsequenz des naszierenden Polypeptids wird in den schmalen, wåssrigen Kanal des Translocons eingefçhrt (Schritt 3). Im weiteren Verlauf wird die Translation wieder aufgenommen und das Polypeptid durch den Kanal ins ER-Lumen geschoben (Schritt 4). Nachdem die Translation beendet ist und das
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vollståndige Polypeptid durch das Translocon transportiert wurde, læst sich das Ribosom von der Membran. Mehrere Schritte bei Synthese und Transport sekretorischer Proteine werden durch die Bindung oder Hydrolyse von GTP reguliert. Wie in Kap. 15 und auch an anderer Stelle in diesem Kapitel noch ausfçhrlich erærtert wird, spielen :!/ / (auch :/ genannt) in den Zellen fçr die Steuerung vieler Vorgånge eine Schlçsselrolle.3 G-Proteine kænnen in mindestens zwei verschiedenen Konformationen vorliegen, wobei die eine ein GTP-Molekçl, die andere ein GDP-Molekçl gebunden hat. Wegen dieser unterschiedlichen Konformationen verfçgen die GTP- und die GDP-gebundene Form eines G-Proteins çber unterschiedliche Fåhigkeiten, andere Proteine zu binden. Mit ihren unterschiedlichen Bindungseigenschaften dienen G-Proteine als ¹molekulare Schalterª; in der Regel schaltet das GTP-gebundene Protein einen Vorgang ein, und durch die Hydrolyse des gebundenen GTP wird er wieder ausgeschaltet. Unter den in Abb. 8.12 dargestellten Komponen-
ten handelt es sich sowohl beim SR als auch beim SRP-Rezeptor um G-Proteine. Die Hydrolyse des an die beiden Proteine gebundenen GTP findet zwischen den Schritten 2 und 3 statt; sie ist der Auslæser, durch den die Signalsequenz sich vom SRP læst und ins Translocon eingefçhrt wird.
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Damit GTP-Proteine ihre Aufgaben erfçllen kænnen, sind in der Regel zusåtzliche Hilfsproteine erforderlich. Die Funktionen dieser Proteine werden in Kap. 15 beschrieben und sind in Abb. 15.7 bildlich dargestellt. Hier werden sie nicht genauer betrachtet; sie sind aber an den beschriebenen Ablåufen beteiligt.
9 % / Auf ein naszierendes Polypeptid, das in die Zisterne des RER wandert, wirken verschiedene Enzyme ein, die entweder in der Membran oder im Lumen des RER angesiedelt sind. Der N-terminale Abschnitt mit dem Signalpeptid wird von den meisten naszierenden Polypeptiden durch ein proteolytisches Enzym, die & , entfernt. Das Enzym (
% heftet Kohlenhydrate an das naszierende Protein an (nåheres in Kap. 8.3.2). Signalpeptidase und Oligosaccharyltransferase sind integrale Membranproteine; sie liegen in enger Nachbarschaft zum Translocon und wirken auf naszierende Proteine, die gerade in das ER-Lumen einwandern. Im RER-Lumen befinden sich molekulare Chaperone wie BiP und Calnexin (Abb. 8.18). Die Eigenschaften der + wurden in Kap. 2.5.3 und dem Kasten ¹Experimentelle Verfahrenª in Kap. 2 beschrieben: Sie
erkennen und binden ungefaltete oder falsch gefaltete Proteine und verschaffen ihnen die Gelegenheit, ihre richtige (native) Raumstruktur anzunehmen. Auûerdem enthålt das ER-Lumen eine Reihe von Enzymen fçr die Weiterverarbeitung von Proteinen, wie beispielsweise die / 3/6:, die die Bildung und Umordnung von Disulfidbrçcken zwischen Cysteinresten der Polypeptidketten katalysiert. Disulfidbrçcken tragen entscheidend zur Stabilitåt von Proteinen bei, die sich auf der Auûenseite der Plasmamembran befinden oder in die Zellumgebung abgegeben werden. Das endoplasmatische Retikulum eignet sich mit seiner Konstruktion hervorragend als Ausgangspunkt fçr den Biosyntheseweg der Zellen. Seine Membran bildet eine groûe Oberflåche, an die sich viele Ribosomen (in einer Leberzelle nach Schåtzungen etwa 13 Mio.) anheften kænnen. Der Innenraum des ER-Lumen bietet eine Umgebung, welche die Faltung und den Zusammenbau von Proteinen begçnstigt; gleichzeitig bildet sie ein Kompartiment, in dem sekretorische Proteine, Lysosomenproteine und die Proteine der Pflanzenvakuole von anderen neu synthetisierten Proteinen getrennt werden kænnen. Wenn neu synthetisierte Proteine durch die Wanderung in die ER-Zisternen aus dem Cytosol beseitigt sind, kænnen sie chemisch abgewandelt und an ihren endgçltigen Bestimmungsort auûerhalb der Zelle oder in einem membranumhçllten Organell befærdert werden. &%
Auch integrale Membranproteine ± mit Ausnahme derer von Mitochondrien, Chloroplasten und Peroxisomen ± werden an den membrangebundenen Ribosomen des ER synthetisiert. Diese Membranproteine werden von demselben Apparat, der bereits im Zusammenhang mit sekretorischen Proteinen und Lysosomenproteinen beschrieben wurde (Abb. 8.12), wåhrend ihrer Synthese in die ER-Membran verschoben. Im Gegensatz zu den sekretorischen Proteinen und Lysosomenproteinen jedoch, die vollståndig durch die ER-Membran wandern, enthalten die integralen Membranproteine einen oder mehrere hydrophobe Transmembranabschnitte (Kap. 4.4.2), die eine weitere Verschiebung ins ER-Lumen blockieren. Diese Abschnitte, die & ! &<$, bestehen in der Regel aus mindestens 15 hintereinander angeordneten hydrophoben oder ungeladenen Aminosåureresten, die einen stabilen Einbau in die Lipiddoppelschicht der ER-Membran ermæglichen, sobald die Kette aus dem Transportkanal frei-
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kommt.4 Vermutlich entsteht im Transportkanal irgendwie eine seitliche Úffnung, so dass der Transmembranabschnitt in die Lipiddoppelschicht eindringen kann. Ob die Transmembranabschnitte des Polypeptids den Kanal einzeln oder zu zweit schon wåhrend der Synthese oder erst nach Fertigstellung und Faltung des vollståndigen Molekçls verlassen, ist nicht geklårt. Abbildung 8.13 zeigt die Synthese eines integralen Membranproteins mit einem einzigen Transmembranabschnitt; der N-Terminus des Proteins liegt dabei auf der zur Zisterne weisenden Seite der ER-Membran, der C-Terminus ragt ins Cytosol. Proteine, welche die Membran auf diese Weise nur einmal durchspannen, kænnen auch umgekehrt orientiert sein, so dass der N-Terminus zum Cytosol weist. Wie in Kap. 4.4.2 erwåhnt wurde, wird die Anordnung von Proteinen in den meisten Fållen von positiv geladenen Aminosåureresten bestimmt, die das zum Cytosol weisende Ende eines Transmembranabschnitts flankieren (s. Abb. 4.17). Wåhrend der Synthese der Membranproteine sorgt vermutlich die innere Auskleidung des Translocons fçr die richtige Orientierung des naszierenden Polypeptids, in der das stårker positiv geladene Ende zum Cytosol weist. In Proteinen, welche die Membran mehrfach durchspannen (siehe Abb. 4.31 d), sind die aufeinander folgenden Transmembranabschnitte gegenlåufig orientiert; in solchen Fållen muss jeder zweite Transmembranabschnitt um 1808 gedreht werden, bevor er das Translocon verlassen kann. Manchen Befunden zufolge dçrfte das Translocon selbst in der Lage sein, Transmembranabschnitte richtig anzuordnen. Offensichtlich ist das Translocon also nicht nur ein einfacher Durchlass durch die ER-Membran, sondern eine komplizierte ¹Maschineª, die verschiedene Signalsequenzen erkennt und komplexe mechanische Tåtigkeiten ausfçhrt. 7 % 9 # Membranen entstehen nicht vællig neu aus einem Gemisch von Lipid- und Proteinvorråten, sondern gehen nach heutiger Kenntnis stets aus bereits vorhandenen Membranen hervor: Diese wachsen, weil neu synthetisierte Proteine und Lipide in die vorhandenen Membranen des ER eingebaut werden. Wie in der nun folgenden Beschreibung deutlich werden wird, wandern Membranbestandteile vom ER in praktisch alle anderen Zellkom4
In der naszierenden Kette vieler integraler Membranproteine gibt es einen einzigen Abschnitt, der einerseits als Signalsequenz fçr die Bindung des SRP und andererseits als Stopp-Transfer-Sequenz fçr den Einbau in die Lipiddoppelschicht dient. Abschnitte mit einer solchen Doppelfunktion werden als Signal-Ankersequenzen bezeichnet.
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
n 8.13. Modell fçr die Synthese eines integralen Membranproteins, das einen einzigen Transmembranabschnitt und am N-Terminus des naszierenden Polypeptids eine Signalsequenz enthålt. Das SRP und die verschiedenen in Abb. 8.12 dargestellten Membranbestandteile sind auch an der Synthese der integralen Proteine beteiligt, wurden aber hier aus Grçnden der Ûbersichtlichkeit weggelassen. Das naszierende Polypeptid tritt wie ein sekretorisches Protein ins Translocon ein (Schritte 1±3). Gelangt dann aber die hydrophobe Stopp-Transfer-Sequenz in die Pore, wird die weitere Verschiebung des naszierenden Polypeptids durch den Kanal blockiert (Schritt 4). In dem hier dargestellten Modell (es gibt noch mehrere andere) bleibt
das Ribosom an das Translocon angeheftet, es ist aber so ¹gekipptª, dass der verbleibende Teil des Polypeptids (also der C-terminale Abschnitt) im Cytosol synthetisiert werden kann (Schritt 5). Da das Ribosom dann nicht mehr eng an das ins Cytosol ragende Ende des Translocons gekoppelt ist, muss dieser Vorstellung zufolge auûerdem ein Protein (das ¹hypothetische Úffnerproteinª, bei dem es sich mæglicherweise um BiP handelt) an die zum Lumen gerichtete Seite des Kanals binden, damit die Membran weiterhin undurchlåssig bleibt. Irgendwann æffnet sich der Kanal an der Seite, und die hydrophobe Helix wird in die Lipiddoppelschicht eingebaut
partimente. Wåhrend eine Membran von einem Kompartiment in andere wandert, werden ihre Proteine und Lipide von Enzymen abgewandelt, die in den verschiedenen Organellen der Zelle angesiedelt sind. Diese Modifikationen tragen dazu bei, dass jedes membranumhçllte Kompartiment seine charakteristische Zusammensetzung hat und zu einem eigenståndigen Gebilde wird. Man sollte daran denken, dass Membranen asymmetrisch sind: Die beiden Lagen der Lipiddoppelschicht sind unterschiedlich zusammengesetzt (Kap. 4.5.3). Diese Asymmetrie bildet sich schon im endoplasmatischen Retikulum aus, wo Lipide und Proteine bevorzugt in die eine oder andere Schicht eingebaut werden. Sie bleibt auch erhalten, wenn Membranstçcke sich von einem Kompartiment abschnçren und mit einem anderen verschmelzen. Deshalb findet man Bestandteile von der Cytosolseite der ER-Membran auch auf der Cytosolseite von Transportvesikeln und Golgi-Zisternen sowie auf der inneren (dem Cytoplasma zugewandten) Seite der Plasmamembran (Abb. 8.14). Umgekehrt behalten auch Bestandteile auf der dem Lumen zugewandten Seite der ER-Membran ihre Orientierung bei und finden sich auf der Auûenseite der Plasmamembran wieder. Letztlich åhnelt das Lumen des ER in vielerlei Hinsicht ± hohe Calciumkonzentration, Oxidationspotenzial und Gehalt an Kohlenhydraten ± der Zellumgebung.
Die meisten Membranlipide werden vollståndig im endoplasmatischen Retikulum synthetisiert. Wichtige Ausnahmen bilden n das Sphingomyelin und die Glycolipide, deren Synthese im ER beginnt und im Golgi-Apparat abgeschlossen wird, n einige besondere Lipide der Mitochondrien- und Chloroplastenmembranen, die von in diesen Membranen angesiedelten Enzymen synthetisiert werden. Die Enzyme, die an der Synthese der Phospholipide mitwirken, sind selbst integrale Proteine der ER-Membran; ihre aktiven Zentren sind zum Cytosol gerichtet. Neu synthetisierte Phospholipide werden in die Hålfte der Doppelschicht eingelagert, die zum Cytosol zeigt. Manche dieser Lipidmolekçle springen spåter in die andere Hålfte; dafçr sorgen Enzyme, die Lipidmolekçle aktiv durch die Doppelschicht verschieben. Aus dem ER und Golgi-Apparat sowie von der Plasmamembran werden Lipide als Teile der Doppelschicht abtransportiert, die zur Wand der Transportvesikel wird. Zwischen den Membranen der verschiedenen Organellen gibt es in der Lipidzusammensetzung
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n 8.14. Die Aufrechterhaltung der Membran-Asymmetrie. Da die Proteine im rauen ER synthetisiert werden, werden sie in einer vorhersehbaren, von der Aminosåuresequenz abhångigen Orientierung in die Lipiddoppelschicht eingefçgt. Wie man an dieser Abbildung erkennt, behalten sie die einmal eingenommene Orientierung wåhrend der gesamten Wanderung durch das Endomembransystem bei. Ein gutes Mittel zur Feststellung der Membranorientierung sind die Kohlenhydratketten, die schon im ER angeheftet werden: Sie befinden sich immer auf der zur Zisterne weisenden Seite der cytoplasmatischen Membranen, die nach der Fusion der Vesikel mit der Plasmamembran zur Zellauûenseite wird
n Abb. 8.15 a, b. Abwandlung der Lipidzusammensetzung von Membranen. a Der Prozentanteil der Phospholipide Phosphatidylcholin, Phosphatidylserin und Sphingomyelin in drei verschiedenen Membranen (ER, Golgi-Apparat und Plasmamembran). Der Anteil der einzelnen Lipide åndert sich, wåhrend die Membran vom ER çber den Golgi-Apparat zur Plasmamembran wandert. b Die Mechanismen, mit denen man erklåren kann, warum die einzelnen Membranen des Endomembransystems sich in ihrer Phospholipidzusammensetzung unterscheiden kænnen, obwohl die Membrankompartimente råumlich und zeitlich ineinander çbergehen. 1 Die Kopfgruppen der Phospholipide in der Doppelschicht werden enzymatisch abgewandelt; 2 die Membran eines entstehenden Vesikels hat eine andere Phospholipidzusammensetzung als die Membran, von der sie sich abschnçrt; 3 Phospholipide werden von Phospholipid-Transportproteinen aus einer Membran entfernt und in eine andere eingebaut
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:% % Fast alle Proteine, die an membrangebundenen Ribosomen entstehen, ob es sich um integrale Membranbestandteile, læsliche Lysosomen- oder Vakuolenenzyme oder Teile der extrazellulåren Matrix handelt, werden zu Glycoproteinen. Fçr die Funktion vieler Glycoproteine sind die Kohlenhydratketten von entscheidender Bedeutung; sie dienen insbesondere als Bindungsstellen fçr die Wechselwirkungen mit anderen Makromolekçlen, unterstçtzen aber auch die richtige Faltung
des Proteins, an dem sie angeheftet sind. Die Oligosaccharide der Glycoproteine haben eine sehr spezifische Sequenz von Zuckermolekçlen; isoliert man die Oligosaccharide von einem gereinigten Protein, findet man stets die gleiche, vorhersagbare Sequenz. Wie kommt es zu dieser genauen Anordnung der Zuckergruppen? Katalysiert wird die Anheftung der Zucker an eine Oligosaccharidkette von den :% % , membrangebundenen Enzymen, die spezifisch bestimmte Monosaccharide von einem geeigneten Zuckergruppendonor auf einen Akzeptor çbertragen (Abb. 8.16). Das Donormolekçl ist immer ein Nucleotidzucker wie CMPSialinsåure, GDP-Mannose oder UDP-)-Acetylglucosamin (Abb. 8.16). Das Akzeptormolekçl, das den çbertragenen Zucker aufnimmt, ist das wachsende Ende der Kohlenhydratkette. In welcher Reihenfolge die Zucker beim Zusammenbau eines Oligosaccharids çbertragen werden, hångt davon ab, in welcher Reihenfolge die beteiligten Glycosyltransferasen aktiv werden, und das wiederum ist abhångig von der Lage der einzelnen Enzyme in den verschiedenen Membranen des sekretorischen Weges. Die Anordnung der Zucker in den Oligosaccharidketten eines Glycoproteins ergibt sich also durch die råumliche Anordnung bestimmter Enzyme. Die ersten Schritte beim Aufbau )-gekoppelter Oligosaccharide (im Gegensatz zu -gekoppelten Oligosacchariden, Abb. 4.10) an læslichen Proteinen und integralen Membranproteinen zeigt Abb. 8.17. Der Basis- oder Kernabschnitt der einzelnen Kohlenhydratketten wird nicht am Protein selbst zusammengesetzt, sondern unabhångig davon an einem Lipidtråger; anschlieûend wird er dann auf spezifische Asparaginreste des Polypeptids çbertragen. Der Lipidtråger heiût und ist in die ER-Membran eingebettet. Die Zucker werden
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n ,ie meisten membranumhçllten Organellen enthalten Enzyme, welche die in der Membran bereits vorhandenen Lipide abwandeln und beispielsweise Phosphatidylserin in Phosphatidylcholin umwandeln (Schritt 1 in Abb. 8.15 b). n Wenn Vesikel sich von einem Kompartiment abschnçren wie in Abb. 8.2 a, werden manche Phospholipide unter Umstånden bevorzugt in die Membran des neu entstehenden Vesikels aufgenommen, wåhrend andere zurçckbleiben (Schritt 2 in Abb. 8.15 b). n Die Zellen enthalten / ! , die an Phospholipide binden und sie durch das wåssrige Cytosol von einem Membrankompartiment zum anderen befærdern (Schritt 3 in Abb. 8.15 b). Diese Enzyme erleichtern die Wanderung spezifischer Phospholipide vom ER zu anderen Organellen. Besonders wichtig ist das fçr den Transport der Lipide zu Peroxisomen, Mitochondrien und Chloroplasten, denn diese Organellen liegen nicht auf dem normalen Biosyntheseweg der Membranen.
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nacheinander von membrangebundenen Glycosyltransferasen an das Dolicholphosphatmolekçl angeheftet; der Vorgang beginnt mit Schritt 1 in Abb. 8.17. Dieser Teil des Glycosylierungsprozesses låuft praktisch immer gleich ab; in Såugerzellen beginnt er mit der Ûbertragung von )-Acetylglucosamin-1-phosphat; dann folgen ein weiteres )-Acetylglucosamin, neun Mannoseund drei Glucoseeinheiten genau in der Reihenfolge, die in Abb. 8.17 gezeigt ist. Dieser Block aus 14 Zuckerresten wird dann durch das EREnzym Oligosaccharyltransferase vom Dolicholphosphat auf bestimmte Asparaginreste in dem naszierenden Polypeptid çbertragen (Schritt 10
in Abb. 8.17), wåhrend das Polypeptid ins ERLumen transportiert wird. Mutationen, die zum vælligen Fehlen der )-Glycosylierung fçhren, lassen den Embryo noch vor der Einnistung absterben. Sind die Glycosylierungsreaktionen im ER jedoch nur teilweise gestært, kommt es zu schweren genetisch bedingten Erkrankungen, den CDG-Syndromen ( ). Eine davon, CDG1b genannt, kann man durch eine bemerkenswert einfache Therapie in den Griff bekommen. Ursache von CDG1b ist ein Mangel an dem Enzym Phosphomannoseisomerase, das die Umsetzung von Fructose-6-phosphat zu
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Mannose-6-phosphat katalysiert ± diese Reaktion ist von entscheidender Bedeutung fçr den Reaktionsweg, durch den Mannose fçr den Einbau in Oligosaccharide bereitgestellt wird. Zur Behandlung werden die Patienten einfach oral mit Mannose versorgt. Zum ersten Mal wurde die Therapie an einem Jungen erprobt, der mit unkontrollierbaren Darmblutungen, einer håufigen Komplikation bei dieser Krankheit, im Sterben lag. Nachdem das Kind regelmåûig Mannose zu sich nahm, konnte es bereits nach wenigen Monaten ein normales Leben fçhren. Insbesondere bei niederen Eukaryoten bleiben manche Oligosaccharide im Wesentlichen in dem Zustand, der in Abb. 8.17 dargestellt ist. Die Evolution komplexer gebauter Lebewesen jedoch war von einer Auseinanderentwicklung der an Proteine angehefteten Kohlenhydratsequenzen begleitet. Die Abwandlung des Kern-Oligosaccharids beginnt im ER mit der enzymatischen Abspaltung von zwei der drei endståndigen Glucosereste (Schritt 1 in Abb. 8.18). Jedes dieser Glycoproteine, deren Oligosaccharide nun nur noch einen Glucosebaustein enthalten, bin-
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det im ER an ein Chaperon (Calnexin oder Calreticulin, Schritt 2). Nun wird die verbliebene Glucose entfernt und das Glycoprotein freigesetzt (Schritt 3). Dies ist ein entscheidendes Stadium im Leben eines neu synthetisierten Glycoproteins, ganz gleich, ob es sich um ein læsliches sekretorisches Protein oder um ein integrales Membranprotein handelt. Ist die Faltung eines Glycoproteins in dieser Phase noch nicht abgeschlossen oder nicht korrekt, wird es von einem ¹Ûberwachungsenzymª namens GT erkannt; dieses heftet am freiliegenden Ende des zuvor verkçrzten Oligosaccharids erneut einen einzelnen Glucoserest an einen der Mannosereste an (Schritt 4). GT erkennt unvollståndig oder falsch gefaltete Proteine, weil an solchen Molekçlen hydrophobe Gruppen freiliegen, die im korrekt gefalteten Protein unzugånglich sind. Wenn der Glucoserest angeheftet ist, wird das ¹markierteª Glycoprotein im ER erneut von den gleichen Chaperonen erkannt, so dass es nun noch einmal die Mæglichkeit hat, sich richtig zu falten (Schritt 5). Nachdem es eine gewissen Zeit an das Chaperon gebunden war, wird der angeheftete Glucoserest wieder abgespalten, und das ¹Ûberwachungsproteinª prçft erneut, ob es die richtige dreidimensionale Struktur angenommen hat. Ist es immer noch unvollståndig oder falsch gefaltet, wird wieder ein Glucoserest angefçgt; der Vorgang wiederholt sich so lange, bis das Glycoprotein am Ende entweder korrekt gefaltet ist und seinen Weg fortsetzt (Schritt 6) oder falsch gefaltet bleibt und zerstært wird (Schritt 7). Wir werden die Proteinglycosylierung in Kap. 8.4.1 wieder aufgreifen; dort wird davon die Rede sein, wie das im ER zusammengesetzte Oligosaccharid auf seinem Biosyntheseweg den GolgiApparat passiert und dabei vergræûert wird. / Wie wir zuvor erfahren haben, werden Proteine, die sich nicht richtig falten, von den Enzymen des ER erkannt und zerstært. Ûberraschenderweise entdeckte man aber, dass falsch gefaltete Proteine nicht im ER abgebaut werden; sie werden vielmehr durch einen ¹umgekehrten Transportprozessª ins Cytoplasma befærdert, und zwar durch die gleichen Translocons, die sie auch auf ihrem Weg ins Lumen passiert haben. Sind sie im Cytosol angekommen, werden die Oligosaccharidketten entfernt und die falsch gefalteten Proteine in den Proteasomen zerstært ± Struktur und Funktionen dieser Protein-Abbaumaschinen werden in Kap. 12.7 genauer erærtert. Der ganze Vorgang wird auch als = 1 bezeichnet, denn er sorgt dafçr, dass de-
Das endoplasmatische Reticulum
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fekte Proteine nicht in andere Teile der Zelle transportiert werden. Welche Folgen eine falsche Proteinfaltung haben kann, sieht man an schweren Fållen der cystischen Fibrose: Hier fehlt in der Plasmamembran der Epithelzellen das Protein, das vom CF-Gen (Kap. 4.7.4) codiert wird. Das mutierte Protein wird durch den Qualitåtskontrollemechanismus des ER zerstært und gelangt deshalb nicht an die Zelloberflåche. Unter bestimmten Bedingungen entstehen falsch gefaltete Proteine im ER in so groûer Menge, dass sie nicht sofort ins Cytoplasma exportiert werden kænnen. Eine solche Ansammlung falsch gefalteter Proteine, die fçr die Zelle unter Umstånden tædlich sein kann, læst in der Zelle einen umfassenden ¹Notfallplanª aus, der als / ( , / ) bezeichnet wird. Im ER gibt es Proteinsensoren, welche die Konzentration ungefalteter oder falsch gefalteter Proteine im ER-Lumen çberwachen. Nach einem Modell, das in Abb. 8.19 skizziert ist, werden die Sensoren normalerweise durch molekulare Chaperone, insbesondere durch BiP, in einem inaktiven Zustand festgehalten. Kommt es jedoch zur Anhåufung falsch gefalteter Proteine, werden die BiP-Molekçle im ER-Lumen als Chaperone herangezogen, so dass sie die Sensoren nicht mehr hemmen kænnen. Die Aktivierung der Sensoren zieht dann zahlreiche Signale nach sich, die sowohl in den Zellkern als auch ins Cytosol weitergeleitet werden und mehrere Wirkungen haben: n
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n Expression mehrerer hundert Gene, deren zugehærige Proteine belastende Verhåltnisse im ER abmildern kænnen. Solche Gene codieren (1) im ER angesiedelte molekulare Chaperone, die dazu beitragen kænnen, dass falsch gefaltete Proteine den nativen Zustand annehmen, (2) Proteine, die am Abtransport von Proteinen aus dem ER beteiligt sind, und (3) Proteine, die an der zuvor erærterten gezielten Zerstærung anormaler Proteine mitwirken. n Phosphorylierung eines wichtigen Proteins namens eIF2, das fçr die Proteinsynthese erforderlich ist. Durch diese chemische Abwandlung wird die Proteinsynthese gehemmt und der Einstrom neu synthetisierter Proteine in das ER vermindert sich. Dies verschafft der Zelle die Gelegenheit, die bereits im ER-Lumen befindlichen Proteine zu entfernen. Interessanterweise ist die UPR mehr als nur ein Ûberlebensmechanismus fçr die Zelle; in ihrem
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
Rahmen wird auch ein Reaktionsweg aktiviert, der zum Tod der Zelle fçllt. Vermutlich ist die UPR also ganz allgemein dazu da, Stresssituationen zu beseitigen. Fçhren die Korrekturmaûnahmen nicht zum Erfolg, wird der Weg zum Zelltod in Gang gesetzt, die Zelle wird zerstært. 5'' % "; zum Golgi-Apparat: der erste Schritt des Vesikeltransports Die Zisternen des RER stehen untereinander in Verbindung; dies erleichtert die Wanderung der Membran- und Innenraumproteine vom Ort ihrer Synthese zu der Stelle, wo sie das Organell verlassen kænnen. An derartigen ¹Ausgångenª der RER-Zisternen befinden sich keine Ribosomen; sie sind die Stellen, an denen sich die ersten Transportvesikel des Biosyntheseweges bilden. Den Transport vom ER zum Golgi-Apparat kann man in lebenden Zellen unmittelbar verfolgen, wenn man die sekretorischen Proteine nach dem in Kap. 8.2.2 beschriebenen Verfahren mit dem grçn fluoreszierenden Protein (GFP) markiert. Wie man mit dieser und anderen Methoden feststellen kann, verschmelzen die Transportvesikel schon kurz nach ihrer Abschnçrung von der ER-Membran in dem Bereich zwischen ER und Golgi-Apparat zu græûeren Vesikeln und untereinander verbundenen Ræhren. Diese Region der Zelle wurde als # :6+ ( $ % ) bezeichnet, die Gruppen aus Vesikeln und Ræhren, die sich dort bilden, nennt man .!+ (Abb. 8.26 a). Nachdem die VTCs entstanden sind, wandern sie weiter vom ER weg in Richtung des GolgiApparats. Die Bewegung zweier derartiger vesikel- und ræhrenfærmiger Transporter ist in Abb. 8.20 dargestellt. Aus anderen Untersuchungen weiû man, dass die Wanderung entlang von ¹Schienenª erfolgt, die aus Mikrotubuli bestehen.
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8.4 Der Golgi-Apparat In den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts erfand der italienische Biologe Camillo Golgi neue Fårbemethoden, um damit die Anordnung der Nervenzellen im Zentralnervensystem aufzuklåren. Als er 1898 Nervenzellen aus dem Kleinhirn mit Metallen anfårbte, entdeckte er in der Nåhe des Zellkerns ein dunkel gefårbtes Netz von Hohlråumen. Dieses Netz, das spåter auch in Zellen anderer Typen gefunden und als : bezeichnet wurde, brachte seinem Entdecker 1906 den Nobelpreis ein. Der Golgi-Apparat war jahrzehntelang Gegenstand heftiger Kontroversen: Die einen glaubten, dass er in lebenden Zellen tatsåchlich vorhanden ist, die anderen hielten ihn fçr ein Artefakt, d. h. fçr eine kçnstliche Struktur, die erst durch die mikrosko-
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pische Pråparation entsteht. Erst als man den Golgi-Apparat auch in nicht fixierten, gefriergeåtzten Zellen nachgewiesen hatte (Abb. 8.17), waren alle plausiblen Zweifel an seiner Echtheit zerstreut. Der Golgi-Apparat hat eine sehr charakteristische åuûere Form: Er besteht zum græûten Teil aus abgeflachten, scheibenfærmigen, membranumhçllten Zisternen mit verdicktem Rand sowie assoziierten Vesikeln und Ræhren (Abb. 8.21 a). Die Zisternen, deren Durchmesser in der Regel 0,5 bis 1,0 lm betrågt, bilden einen geordneten Stapel, der einem Haufen Pfannkuchen åhnelt; mit ihrer leicht gebogenen Form erinnern sie an eine flache Schçssel (Abb. 8.21 b).5 In der Regel besteht ein solcher Golgi-Stapel hæchstens aus acht Zisternen. Eine einzelne Zelle kann je nach Zelltyp wenige, aber auch mehrere tausend Stapel enthalten. In solchen Zellen sind die GolgiStapel durch Membranræhren verbunden und bilden einen einzigen, groûen, bandfærmigen Komplex, der sich in der Nåhe des Zellkerns befindet (Abb. 8.21 c). Betrachtet man eine einzelne Zisterne genauer, so liegt die Vermutung nahe, dass Vesikel sich von einem ræhrenfærmigen Bereich am Rand der einzelnen Zisternen abschnçren (Abb. 8.21 d). Wie wir spåter noch genauer erfahren werden, besitzen viele dieser Vesikel eine charakteristische Proteinhçlle, die in Abb. 8.21 d zu erkennen ist. Der Golgi-Apparat gliedert sich in mehrere Kompartimente mit unterschiedlicher Funktion. Sie sind entlang einer Achse angeordnet, die von der dem ER zugewandten "- oder Eintrittsseite bis zur 2 - oder Austrittsseite am anderen Ende des Stapels verlåuft (Abb. 8.21 a, b). Die "-Seite des Organells besteht aus einem System untereinander verbundener Ræhren, das als "Golgi-Netz ( %
+' +:)) bezeichnet wird. Das CGN diente nach heutiger Kenntnis vor allem als Sortierstation: Es unterscheidet zwischen Proteinen, die zurçck ins ER transportiert werden (Kap. 8.5.2) und jenen, die zur nåchsten Station des Golgi-Apparats weiterwandern dçrfen. Den græûten Teil des Golgi-Apparats macht eine Reihe groûer, abgeflachter Zisternen aus, bei denen man inzwischen "$' # $ und 2 $Zisternen unterscheidet (Abb. 8.21 a). Auf der 2 -Seite des Organells schlieûlich befindet sich ein charakteristisches System aus Ræhren und Vesikeln, das als 2 Golgi-Netz ( %
+, !:)) bezeichnet wird. Wie das CGN, so ist auch das TGN eine Sortierstation. Im TGN werden die Proteine 5
Ein einzelner derartiger Golgi-Stapel wird bei Pflanzenzellen manchmal auch als Dictyosom bezeichnet.
Der Golgi-Apparat
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auf verschiedene Vesikel aufgeteilt, die entweder zur Plasmamembran oder zu verschiedenen Bestimmungsorten in der Zelle wandern sollen. Die Membranelemente des Golgi-Apparats werden nach heutiger Kenntnis mechanisch von einem peripheren Membranskelett oder Gerçst gestçtzt, das aus verschiedenen Proteinen besteht, darunter solche aus der Spectrin-, der Ankyrin- und der Actinfamilie ± die gleichen Proteine dienen auch als Bausteine fçr das Skelett der Plasmamembran (Kap. 4.6.3). Das Gerçst des Golgi-Apparats ist vermutlich unmittelbar mit Motorproteinen gekoppelt, und diese Motorproteine sorgen fçr die Bewegung der Vesikel und Ræhren, die beim Golgi-Apparat eintreffen und ihn verlassen. Eine eigene Gruppe von Faserproteinen dient wahrscheinlich als ¹Matrixª und spielt auf diese Weise eine Schlçsselrolle beim Abbau und Wiederaufbau des Golgi-Apparats wåhrend der Mitose. Einen sichtbaren Beleg, dass der Golgi-Apparat auf seiner Långe nicht einheitlich zusammengesetzt ist, zeigt Abb. 8.22. In der unterschiedlichen Zusammensetzung von der "- zur 2 Seite spiegelt sich die Tatsache wider, dass der Golgi-Apparat vor allem eine ¹Weiterverarbeitungsfabrikª ist. Neu synthetisierte Membranproteine, sekretorische Proteine und Lysosomenproteine, die das ER verlassen haben, treten auf der "-Seite in den Golgi-Apparat ein und durchlaufen den Stapel dann bis zur 2 -Seite. Auf diesem Weg werden die Proteine, die ursprçnglich im ER synthetisiert wurden, nacheinander mit ganz spezifischen Abwandlungen versehen. In dem am besten untersuchten Vorgang des Golgi-Apparats werden die Kohlenhydrate eines Proteins durch eine Reihe von Enzymreaktionen modifiziert; dieser Ablauf wird im nåchsten Abschnitt genauer erærtert. 5! Glycosylierung im Golgi-Apparat Der Golgi-Apparat spielt eine Schlçsselrolle fçr den Zusammenbau der Kohlenhydratbestandteile von Glycoproteinen und Glycolipiden. Als wir das Thema der Synthese )-gekoppelter Kohlenhydratketten in Kap. 8.3.2 verlassen haben, waren die Glucosereste gerade von den Enden des Kern-Oligosaccharids entfernt worden. Wåhrend die neu synthetisierten læslichen Glycoproteine und Membran-Glycoproteine die "- und # $ -Zisternen des Golgi-Apparats durchlaufen, werden auch die meisten Mannosereste von den Kern-Oligosacchariden abgetrennt, und verschiedene Glycosyltransferasen heften nacheinander andere Zucker an.
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
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Der Golgi-Apparat
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Ûber die Reihenfolge, in der die Zucker in Oligosaccharide aufgenommen werden, bestimmt im Golgi-Apparat wie im RER die råumliche Anordnung der spezifischen Glycosyltransferasen, mit denen das neue synthetisierte Protein auf seiner Wanderung durch den Golgi-Apparat in Berçhrung kommt. Das Enzym Sialyltransferase zum Beispiel, das in den Zellen von Tieren ein Sialinsåuremolekçl an das Ende der Kette anheftet, befindet sich am 2 -Ende des Golgi-Apparats; nichts anderes erwartet man, wenn neu synthetisierte Glycoproteine in dem Organell ståndig in Richtung dieses Bereiches wandern. Im Gegensatz zu den Glycosylierungsreaktionen im ER, bei denen nur ein einziges Kern-Oligosaccharid entsteht, sind im Golgi-Apparat sehr vielfåltige Glycosylierungsreaktionen mæglich, und dabei entstehen Kohlenhydrate mit bemerkenswert unterschiedlichen Sequenzen. Einen der vielen mæglichen Glycosylierungswege zeigt Abb. 8.23. Anders als die )-gekoppelten Oligosaccharide, deren Synthese im ER beginnt, werden solche mit einer -Kopplung an das Protein (Abb. 4.10) ausschlieûlich im Golgi-Apparat zusammengesetzt. Der Golgi-Apparat ist auch der Ort, an dem die meisten komplexen Polysaccharide einer Zel-
le aufgebaut werden, so die Glycosaminoglycanketten des in Abb. 7.9 a gezeigten Proteoglycans und die Hemicellulose, die man in den Zellwånden der Pflanzen findet (Abb. 7.37 c). 5$ Die Wanderung von Substanzen durch den Golgi-Apparat Dass Substanzen durch die verschiedenen Kompartimente des Golgi-Apparates wandern, weiû man schon seit langem; in der Frage, wie das geschieht, gab es jedoch jahrelang zwei unterschiedliche Ansichten. Bis Mitte der 1980er Jahre war man allgemein der Meinung, die Golgi-Zisternen seien vorçbergehende Strukturen. Man nahm an, dass sie sich auf der "-Seite des Stapels durch die Verschmelzung von Transportmembranen aus ER und ERGIC bilden und dass dann jede Zisterne in ihrer Gesamtheit vom "zum 2 -Ende wandert, wobei sich ihre Zusammensetzung unterwegs åndert. Diese Vorstellung wurde als bezeichnet, weil dabei jede Zisterne ¹heranreiftª und zur nåchsten Zisterne des Stapels wird. Von Mitte der achtziger bis Mitte der neunziger Jahre gab man das Modell der Zisternenrei-
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
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fung im Wesentlichen auf; an seine Stelle trat eine andere Vorstellung: Danach bleiben die Zisternen des Golgi-Apparats als stabile Kompartimente an ihrem Platz. Nach diesem . wird die Fracht (sekretorische Proteine, Lysosomen- und Membranproteine) vom CGN zum TGN durch den Golgi-Apparat geschleust, und zwar in Vesikeln, die sich von einem membranumhçllten Kompartiment abschnçren und mit dem Nachbarkompartiment im Stapel verschmelzen. Das Vesikeltransportmodell ist in Abb. 8.24 a dargestellt; dass es allgemein anerkannt wurde, lag vor allem an zwei Beobachtungen:
Zwar haben beide Modelle fçr die Funktion des Golgi-Apparats auch heute noch ihre Fçrsprecher, aber mittlerweile geht die allgemeine Meinung wieder stårker zum Modell der Zisternenreifung. Fçr diesen Umschwung lassen sich zwei Hauptgrçnde anfçhren:
n In jeder einzelnen Zisterne eines GolgiApparats befindet sich eine andere Enzymausstattung (Abb. 8.22). Wie kænnen die einzelnen Zisternen derart unterschiedliche Eigenschaften haben, wenn sich jede von ihnen in die Nåchste verwandelt, wie es das Modell der Zisternenreifung postuliert? n In elektronenmikroskopischen Aufnahmen erkennt man eine groûe Zahl von Vesikeln, die sich von den Råndern der GolgiZisternen abschnçren. Wie James Rothman und seine Kollegen an der Stanford University 1983 mit zellfreien Pråparationen von Golgi-Membranen nachweisen konnten (Kap. 8.2.4), sind Transportvesikel auch in der Lage, sich von einer Golgi-Zisterne abzuschnçren und mit einer anderen zu verschmelzen. Dieses bahnbrechende Experiment wurde zur Grundlage fçr eine Hypothese, wonach
n Manche Substanzen, die im endoplasmatischen Retikulum gebildet werden und dann durch den Golgi-Apparat wandern, verbleiben nachweislich im Golgi-Apparat und gelangen nie in die mit ihm assoziierten Transportvesikel. Untersuchungen an Fibroblasten weisen beispielsweise darauf hin, dass groûe Komplexe aus Prokollagenmolekçlen (den Vorlåufern des extrazellulåren Kollagens) von den "- in die 2 -Zisternen gelangen, ohne dass sie den Zisterneninnenraum jemals verlassen. n Bis Mitte der 1990er Jahre nahm man an, dass Transportvesikel sich immer ¹vorwårtsª ( ) bewegen. Mittlerweile zeigen aber zahlreiche Befunde, dass sie auch ¹rçckwårtsª ( ) wandern kænnen, das heiût von einer Ausgangsmembran auf der 2 - zu einer Zielmembran auf der "-Seite.
die mit Fracht beladenen Vesikel sich auch in der Zelle von den Zisternen auf der "-Seite trennen und mit solchen verschmelzen, die weiter in 2 -Richtung liegen.
Der Golgi-Apparat
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>n seiner heutigen Version ist das Modell der Zisternenreifung in Abb. 8.24 b dargestellt. Anders als die ursprçngliche Form des Modells weist diese auch den Transportvesikeln eine Funktion zu, denn es wurde eindeutig nachgewiesen, dass die Vesikel sich von den Membranen des Golgi-Apparats abschnçren. Sie sorgen hier jedoch nicht fçr den anterograden Substanztransport, sondern befærdern die im GolgiApparat angesiedelten Enzyme in retrograder Richtung. Fçr dieses Modell des Transports innerhalb des Golgi-Apparates sprechen elektronenmikroskopische Aufnahmen, wie sie in Abb. 8.24 c und 8.24d wiedergegeben sind. Die Aufnahmen zeigen Ultradçnnschnitte von Såugerzellen aus der Gewebekultur, die aus einem tiefgefrorenen Block gewonnen wurden. Die gefrorenen Schnitte wurden in beiden Fållen mit Antikærpern behandelt, die man dann vor der elektronenmikroskopischen Untersuchung an Goldteilchen koppelte. Abb. 8.24 c zeigt einen Schnitt durch den Golgi-Apparat nach der Behandlung
mit goldmarkierten Antikærpern, die an ein Frachtmolekçl binden, in diesem Fall an das Virusprotein VSVG (Kap. 8.2.2). Die VSVG-Molekçle befinden sich in den Zisternen, fehlen aber in den benachbarten Vesikeln (Pfeile); die Fracht wird also in den reifenden Zisternen anterograd transportiert, nicht aber in den kleinen Transportvesikeln. In Abb. 8.24 d erkennt man einen Schnitt durch einen Golgi-Apparat nach der Behandlung mit goldmarkierten Antikærpern, die an ein fest im Golgi-Apparat angesiedeltes Protein binden, in diesem Fall an das Weiterverarbeitungsenzym Mannosidase II. Im Gegensatz zu dem VSVG-Protein findet man die Mannosidase II sowohl in den Zisternen als auch in den assoziierten Vesikeln (Pfeil); dies spricht nachdrçcklich fçr die Vorstellung, dass die Vesikel dazu dienen, golgieigene Enzyme retrograd zu transportieren. Das in Abb. 8.24 b dargestellte Modell der Zisternenreifung bietet auch eine Erklårung dafçr, wie die einzelnen Zisternen in dem Stapel je-
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
weils eine charakteristische Identitåt besitzen kænnen. Ein Enzym wie die Mannosidase II zum Beispiel, das Mannosereste von Oligosacchariden abtrennt und sich im Wesentlichen nur in den # -Zisternen befindet (Abb. 8.22), kann von Transportvesikeln rçckwårts bewegt und wiederverwendet werden, wåhrend die Zisterne zum 2 -Ende des Stapels wandert. Man sollte aber festhalten, dass etliche angesehene Wissenschaftler nach wie vor behaupten, Fracht kænne von den Vesikeln auch anterograd von einer GolgiZisterne zur anderen transportiert werden. Die Frage harrt also noch einer endgçltigen Klårung.
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8.5 Typen des Vesikeltransports und ihre Funktionen Der Biosyntheseweg einer Eukaryotenzelle umfasst eine Reihe unterschiedlicher membranumhçllter Organellen, die fçr die Synthese und Abwandlung læslicher und membrangebundener Proteine sowie fçr ihren Transport an die richtigen Bestimmungsorte in der Zelle sorgen. Wie in Abb. 8.2 a gezeigt wurde, erfolgt der Transport des Materials zwischen den Kompartimenten durch membranumhçllte Vesikel, die in der Regel einen Durchmesser von 60±100 nm haben und sich von einer Ausgangsmembran abschnçren, um dann mit einer Zielmembran zu verschmelzen. Auf elektronenmikroskopischen Aufnahmen von Vesikeln, die im Augenblick des Abschnçrens festgehalten wurden, findet man auf der Oberflåche der meisten derartigen Membranknospen eine unscharfe, elektronendichte Schicht. Wie die weitere Analyse zeigt, handelt es sich bei dieser dunkel gefårbten Schicht um
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eine / aus læslichen Proteinen; diese sammeln sich auf der Cytosolseite der Ausgangsmembran an Stellen, wo die Knospenbildung stattfindet. Jede Knospe mit einer solchen Schicht bildet nach dem Abschnçren ein " ; (¹Stachelsaumblåschenª); ein Beispiel zeigt Abb. 8.25. Wie man in Abb. 8.6 erkennt, kænnen sich Vesikel mit åhnlicher Græûe und Struktur auch in zellfreien Systemen bilden. (Wie die " ; entdeckt wurden, wird in dem Abschnitt ¹Experimentelle Methodenª am Ende des Kapitels genauer beschrieben.) Die Proteinhçlle hat mindestens zwei Aufgaben: Erstens sorgt sie als mechanisches Hilfsmittel dafçr, dass die Membran sich wælbt und ein Vesikel bildet, und zweitens bildet sie einen
Typen des Vesikeltransports und ihre Funktionen
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n 8.26 a, b. Die mutmaûliche Wanderung von Substanzen durch Vesikeltransport zwischen verschiedenen Kompartimenten des Biosynthese- oder sekretorischen Weges. a Die drei in diesem Schema dargestellten Typen von Coated Vesicles haben nach heutiger Kenntnis unterschiedliche Transportfunktionen. COPII-Coated-Vesicles çbernehmen den Transport vom ER zum ERGIC und Golgi-Apparat. COPI-Coated-Vesicles bringen Proteine vom ERGIC und Golgi-Apparat zurçck zum ER und transportieren auûerdem Enzyme des Golgi-Apparats in retrograder Richtung von einer Zisterne zur anderen. Clathrin-Coated-Vesicles sind fçr den Transport vom TGN zu Endosomen und Lysosomen zuståndig. Der Substanztransport des Endocytoseweges ist in diesem Schema nicht eingezeichnet. b Ein Schema fçr den Zusammenbau eines COPII-Coated-Vesicle. Durch die Bindung von Sar1-GTP an die ER-Membran wird die Zusammenlagerung der COPII-Untereinheiten zur Vesikelhçlle in Gang gesetzt. Die Ladungsmolekçle aus dem ER-Lumen (rote Kreise und Rauten) binden an die ins Lumen ragenden Enden der Transmembran-Ladungsrezeptoren. Diese reichern sich dann in dem Coated Vesicle an, weil ihre ins Cytosol ragenden Schwånze mit Bestandteilen der COPII-Hçlle in Wechselwirkung treten. Im ER angesiedelte Proteine wie BiP werden in der Regel aus den Coated Vesicles ferngehalten (blaue Kreise). Gelangen sie doch einmal in ein Coated Vesicle, werden sie ins ER zurçckgebracht. (Nåheres im Haupttext.) Das COPII-Hçllprotein Sec24p kommt in mindestens vier Isoformen vor. Die verschiedenen Isoformen dieses Proteins erkennen und binden vermutlich Membranproteine mit unterschiedlichen Sortiersignalen und schaffen so eine breitere Spezifitåt fçr die Substanzen, die in COPIIVesikeln transportiert werden kænnen. In der Zeichnung sind vier verschiedene Membranproteine dargestellt: zwei Enzyme aus dem Golgi-Apparat und zwei Ladungsrezeptoren
Auswahlmechanismus fçr die Substanzen, die in den Vesikeln transportiert werden. Zu den derart ausgewåhlten Bestandteilen gehært einerseits die Ladung aus sekretorischen Proteinen, Lysosomen- und Membranproteinen und andererseits der Apparat, mit dem das Vesikel die richtige Zielmembran ansteuert und sich an ihr festheftet (Kap. 8.5.4). Wie spåter noch genauer erærtert wird, kann die Proteinhçlle eine solche Auswahl treffen, weil sie eine spezifische Affinitåt fçr die ins Cytosol ragenden ¹Schwånzeª integraler Proteine besitzt, die in der Ausgangsmembran liegen (Abb. 8.26 b). Man kennt mittlerweile mehrere Klassen von Coated Vesicles; sie unterscheiden sich durch ihre Hçllproteine, ihr elektronenmikroskopisches Erscheinungsbild und ihre Funktion beim intrazellulåren Transport. Am besten untersucht sind folgende Typen: n Coated-Vesicles (Abb. 8.25 a) transportieren Substanzen ¹vorwårtsª vom ER zum ERGIC und Golgi-Apparat. (Wie in Kap. 8.3.3 erwåhnt wurde, ist das ERGIC
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
das Kompartiment zwischen ER und Golgi-Apparat; COP ist die Abkçrzung fçr ¹ ª.) n +(/6Coated-Vesicles (Abb. 8.25 b) transportieren Substanzen retrograd von ERGIC und Golgi-Apparat ¹zurçckª zum ER sowie von den 2 -Golgi-Zisternen ¹zurçckª zu den "-Zisternen (siehe Abb. 8.26 a). n + Coated-Vesicles transportieren Substanzen vom TGN zu Endosomen, Lysosomen und Pflanzenvakuolen. Auûerdem dienen sie im Rahmen des Endocytoseweges dem Substanztransport von der Plasmamembran zu den Kompartimenten im Cytoplasma. Auch am Abtransport aus Endosomen und Lysosomen wirken sie mit. In den folgenden Abschnitten werden wir die einzelnen Typen der " ; genauer betrachten.6 Eine zusammenfassende Darstellung der verschiedenen Transportvorgånge des Biosyntheseweges und des sekretorischen Weges, an denen die Vesikel der einzelnen Typen beteiligt sind, zeigt Abb. 8.26 a. 5.! 0B-#Coated-Vesicles6 Substanztransport vom ER zum Golgi-Apparat COPII-" $; sorgen fçr die erste Etappe der Reise çber den Biosyntheseweg, d. h. fçr den Abschnitt vom ER zum ERGIC und CGN (Abb. 8.26 a, b). Die COPII-Hçlle enthålt fçnf Proteine; diese identifizierte man erstmals bei mutierten Hefezellen, die den Transport vom ER zum Golgi-Apparat nicht mehr bewerkstelligen konnten. Homologe Proteine fand man spåter auch bei Såugerzellen in der Hçlle von Vesikeln, die sich vom ER abschnçren. Antikærper gegen COPII-Hçllproteine blockieren die Abschnçrung 6
Das Schwergewicht der Beschreibung liegt hier auf den Proteinen des Vesikels und seiner Hçlle. Die Phospholipide der Vesikelmembran spielen aber ebenfalls eine wichtige Rolle. Manche Derivate des Phosphatidylinositols (die Phosphoinositide, siehe Abb. 15.21 c) kænnen wåhrend des Membrantransports bestimme Proteine zu spezifischen Stellen auf der Membranoberflåche dirigieren. Das in Kap. 8.8 beschriebene Protein Dynamin zum Beispiel wird unter anderem durch das Phospholipid PI(4,5)P2, das an der Abschnçrungsstelle in der Membran liegt, an die Clathrin" $; herangezogen. Eine solche dynamische Regulationsfunktion kænnen Lipide wie PI(4,5)P2 erfçllen, weil sie von Enzymen, die zu bestimmten Zeitpunkten an bestimmten Stelle in der Zelle vorhanden sind, sehr schnell aufgebaut und wieder zerstært werden.
von Vesikeln an den ER-Membranen, wirken sich aber in anderen Abschnitten des sekretorischen Weges nicht auf den Substanztransport aus. COPII-Hçllen wåhlen nach heutiger Kenntnis bestimmte Substanzen fçr den Transport in den Vesikeln aus und reichern sie an. Manche integralen Membranproteine des ER werden gezielt eingefangen, weil sie an ihrem ins Cytosol ragenden Schwanz besondere ¹ER-Exportsignaleª enthalten. Diese Signalsequenzen treten spezifisch mit COPII-Proteinen der Vesikelhçlle in Wechselwirkung (Abb. 8.26 b). Zu den Proteinen, die auf diese Weise von COPII-" $; ausgewåhlt werden, gehæren n Enzyme, die in spåteren Abschnitten des Biosyntheseweges tåtig werden wie beispielsweise die Glycosyltransferasen des Golgi-Apparats (in Abb. 8.26 b als orangefarbene Membranproteine dargestellt), n Membranproteine, die bei der Bindung des Vesikels an sein Zielkompartiment und der Verschmelzung mit ihm mitwirken, n Membranproteine, die læsliche Frachtmolekçle (beispielsweise die sekretorischen Proteine, die in Abb. 8.26 b als rote Kreise dargestellt sind) an sich binden kænnen. Mutationen in einem derartigen Frachtrezeptor wurden mit einer erblichen Blutgerinnungsstærung in Verbindung gebracht. Bei den Betroffenen fehlt die Sekretion bestimmter Faktoren, die an der Blutgerinnung beteiligt sind. Zu den COPII-Hçllproteinen gehært auch Sar1, ein kleines, GTP-bindendes Protein. Es hat wie andere GTP-bindende Proteine eine Regulationsfunktion, und zwar steuert es den Auf- und Abbau der Vesikelhçlle. Nachdem Sar1 ein GTPMolekçl gebunden hat, macht es eine Konformationsånderung durch, so dass seine N-terminale -Helix sich an die Cytosolseite der Lipiddoppelschicht anheftet. Wie man in Abb. 8.26 b erkennt, veranlasst das membrangebundene Sar1 den betreffenden Membranabschnitt, die anderen Proteine der COPII-Hçlle heranzuziehen, so dass sich eine Knospe mit einer Hçlle und spåter ein " ; bildet. Bevor ein solches Vesikel mit seiner Zielmembran verschmelzen kann, muss die Proteinhçlle sich auflæsen, wobei ihre Bestandteile ins Cytosol entlassen werden. Ausgelæst wird dieser Abbau durch die Hydrolyse des gebundenen GTP; die so entstehende Un-
Typen des Vesikeltransports und ihre Funktionen
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tereinheit aus Sar1 und GDP hat eine geringere Affinitåt fçr die Vesikelmembran. Nachdem der Sar1-GDP-Komplex sich von der Membran gelæst hat, werden auch die anderen COPII-Untereinheiten freigesetzt. 5.$ 0B-#Coated-Vesicles6 Rçcktransport entwischter Proteine ins ER Die COPI-" $; wurden erstmals identifiziert, als man Zellen im Experiment mit GTPAnaloga behandelte, d. h. mit Molekçlen, die eine åhnliche Struktur haben wie GTP, aber nicht hydrolysiert werden kænnen. Unter solchen Bedingungen sammeln sich in der Zelle COPI" $; an (Abb. 8.27), die man aus den homogenisierten Zellen durch Dichtegradientenzentrifugation (Kap. 18.6) isolieren kann. Dass sie in Gegenwart eines nicht hydrolysierbaren GTP-Analogons eine so groûe Dichte erreichen, liegt daran, dass sie åhnlich wie ihre COPII-Gegenstçcke in ihrer Hçlle ein GTP-bindendes Protein besitzen; dieses heiût hier ARF1, und sein gebundenes GTP muss hydrolysiert werden, damit sich die Proteinhçlle auflæsen kann. COPI" $; sorgen fçr den retrograden Proteintransport. Sie wirken unter anderem daran mit, n dass dauerhaft im Golgi-Apparat angesiedelte Enzyme in 2 $"-Richtung transportiert werden (wie in Abb. 8.24 d, wo ein goldmarkiertes Molekçl der Mannosidase II in einem COPI-Vesikel transportiert wird), n dass im ER angesiedelte Enzyme aus ERGIC und Golgi-Apparat zurçck ins ER gelangen (Abb. 8.26 a). Um die Bedeutung der COPI-Vesikel fçr den retrograden Transport zu verstehen, mçssen wir uns zunåchst mit einem allgemeineren Thema befassen. ' 9 # / Wie wird die charakteristische Zusammensetzung der einzelnen Kompartimente aufrechterhalten, obwohl sich von den Membranen ståndig Vesikel abschnçren? Was bestimmt beispielsweise darçber, ob ein bestimmtes Membranprotein des ER im ER bleibt oder weiter in den Golgi-Apparat transportiert wird? Untersuchungen lassen darauf schlieûen, dass die Protein-
n Abb. 8.27. & ( 8@#8 ! &
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zusammensetzung eines Organells durch zwei zusammenwirkende Mechanismen aufrechterhalten wird: erstens durch die - der ¹ansåssigenª Molekçle, die aus den Transportvesikeln ausgeschlossen werden, und zweitens durch die 1 +
entwischter Molekçle und ihren Rçcktransport in das Kompartiment, in dem sie normalerweise angesiedelt sind. Proteine, die normalerweise ins ER ± und zwar entweder ins Lumen oder in die Membran ± gehæren, enthalten am C-Terminus eine kurze Sequenz, die als '
dient: Sie gewåhrleistet den Rçcktransport ins ER, wenn das Protein zufållig ins ERGIC oder in den Golgi-Apparat transportiert wurde. Fçr die Wiedergewinnung solcher ¹entwischterª ER-Proteine aus den anderen Kompartimenten sind spezifische Rezeptoren zuståndig, die solche Molekçle einfangen und in COPI-" $; wieder ins ER befærdern (Abb. 8.26 a, 8.28). Læsliche Proteine des ER-Lumens (beispielsweise die Proteindisulfidisomerase und die molekularen Chaperone, die den Proteinen bei der Faltung helfen) besitzen in der Regel das Wiedergewinnungssignal Lys-Asp-Glu-Leu (oder KDEL in der einbuchstabigen Schreibweise). Wie man in Abb. 8.28 erkennt, werden diese Proteine vom #8 $, einem integralen Membranprotein, das zwischen der "-Seite des Golgi-Apparats und den ER-Kompartimenten hin und her pendelt, erkannt und ins ER zurçckgebracht. Ist die KDEL-Sequenz eines ER-Proteins deletiert, wird das entwischte Protein nicht zurçckgebracht, sondern weiter durch den Golgi-Apparat geschleust. Und wenn man umgekehrt eine Zelle mit gentechnischen Methoden zur Expres-
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
8.5.3 Jenseits des Golgi-Apparats: Sortierung der Proteine im TGN
n Abb. 8.28. Rçckholung von ER-Proteinen. Die im ER angesiedelten Proteine enthalten Aminosåuresequenzen, mit deren Hilfe sie aus dem Golgi-Apparat zurçckgeholt werden kænnen, wenn sie zufållig mit einem Transportvesikel dorthin gelangen. Læsliche ER-Proteine tragen das Rçckholungssignal KDEL, Proteine der ER-Membran enthalten stattdessen die Sequenz KKXX. Die Rçckholung erfolgt, indem die læslichen ER-Proteine an KDEL-Rezeptoren in der Membranwand der Kompartimente auf der -Seite des Golgi-Apparats binden. Die KDEL-Rezeptoren tragen das Signal KKXX und binden ihrerseits an Proteine der COPIHçlle; dies hat zur Folge, dass der ganze Komplex ins ER zurçcktransportiert wird
sion eines lysosomengebundenen oder sekretorischen Proteins veranlasst, das am C-Terminus zusåtzlich die KDEL-Sequenz trågt, wird dieses Protein nicht zu seinem normalen Bestimmungsort transportiert, sondern ins ER zurçckbefærdert. Auch dauerhafte Membranproteine des ER, beispielsweise der SRP-Rezeptor, tragen am C-Terminus ein Wiedergewinnungssignal (meist KKXXX, wobei K fçr Lysin und X fçr eine beliebige Aminosåure steht), das an die COPI-Hçlle bindet und die Rçckkehr ins ER erleichtert. Wahrscheinlich hat jedes Membrankompartiment auf dem Biosyntheseweg sein eigenes Wiedergewinnungssignal; damit wåre zumindest teilweise erklårt, wie die einzelnen Membrankompartimente trotz des ståndigen Hin und Her der Vesikel jeweils ihre besondere Proteinzusammensetzung aufrechterhalten kænnen.
Unabhångig von der ganzen Beschreibung der Transportvesikel mçssen wir noch untersuchen, wie ein bestimmtes Protein, das im ER synthetisiert wurde, zu seinem Bestimmungsort in der Zelle dirigiert wird. Eine Zelle muss unbedingt zwischen den verschiedenen von ihr produzierten Proteinen unterscheiden kænnen. Eine Pankreaszelle beispielsweise muss trennen zwischen neu synthetisierten Verdauungsenzymen, die in einen Drçsengang abgegeben werden, neu synthetisierten Zelladhåsionsmolekçlen, die letztlich in der Plasmamembran angesiedelt sind, und Lysosomenenzymen, die in die Lysosomen transportiert werden. Zu diesem Zweck werden die Proteine, die fçr verschiedene Stellen bestimmt sind, in der Zelle auf verschiedene membranumhçllte Tråger verteilt. Eine wichtige Sortierstation ist dabei das Trans-Golgi-Netz (TGN), der letzte Zwischenhalt im Golgi-Apparat: Es dirigiert die Proteine zu verschiedenen Zielen. Unter allen Transportwegen, die sich an den GolgiApparat anschlieûen, ist der fçr die Lysosomenenzyme am besten untersucht. rierung und Transport von Lysosomenenzymen Die Lysosomenproteine werden an membrangebundenen Ribosomen des ER synthetisiert und dann zusammen mit anderen Proteinen zum Golgi-Apparat transportiert. In den GolgiZisternen angekommen, werden die læslichen Lysosomenenzyme spezifisch von Enzymen erkannt, die in zwei Schritten die Anheftung einer Phosphatgruppe an bestimmte Mannosegruppen der N-gekoppelten Kohlenhydratketten katalysieren (Abb. 8.29 a). Im Gegensatz zu anderen Glycoproteinen, die ebenfalls im TGN sortiert werden, besitzen die Lysosomenenzyme also phosphorylierte Mannosereste, und diese dienen als Erkennungssignale. Entdeckt wurde dieser Proteinsortiermechanismus durch die Untersuchung der Zellen von Menschen, denen eines der Enzyme fçr die Phosphatanheftung fehlt (nåheres im Abschnitt ¹Aus Sicht des Menschenª am Ende dieses Kapitels). Lysosomenenzyme, die ein Signal aus Mannose-6-phosphat enthalten, werden von Mannose-6-phosphat-Rezeptoren (MPRs) erkannt und festgehalten; diese Rezeptoren sind integrale Membranproteine, welche die Membranen des TGN durchspannen (Abb. 8.29 b). Die Lysosomenenzyme werden aus dem TGN in Clathrin-Coated-Vesicles (dem dritten und letzten Typ der Coated Vesicles, der hier erærtert
Typen des Vesikeltransports und ihre Funktionen
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werden soll) abtransportiert. Die Struktur der Clathrin-Vesikel wird in Kap. 8.7 im Zusammenhang mit der Endocytose im Einzelnen beschrieben ± dieser Vorgang ist besser untersucht als das Abknospen am TGN. Hier mæge der Hinweis gençgen, dass die Hçlle der Vesikel zwei auffållige Strukturen enthålt: erstens auf der Auûenseite ein Wabengerçst aus dem Protein Clathrin, das eine Stçtzstruktur bildet, und zweitens eine innere Hçlle aus Adapterproteinen, welche die
zum Cytosol gewandte Seite der Vesikelmembran bedecken (Abb. 8.30). Als ¹Adapterª wird dabei ein Molekçl bezeichnet, das zwei verschiedene Substanzen physisch verbindet. Begleitet werden die Lysosomenenzyme beim Abtransport aus dem TGN von Adapterproteinen einer kçrzlich entdeckten Familie, den :: . Wie man in dem kleinen Diagramm in Abb. 8.30 erkennt, besitzt ein GGA-Molekçl mehrere Domånen, die jeweils ein anderes an der Vesikelbildung beteiligtes Protein festhalten kænnen. Die nach auûen gerichteten Enden der GGAAdapter binden an Clathrinmolekçle und halten so das Clathringerçst an der Vesikeloberflåche fest. Auf der Innenseite verbinden sich die GGAMolekçle mit einem Sortiersignal in dem zum Cytosol gerichteten Schwanz der Mannose6-phosphat-Rezeptoren, die ihrerseits an læsliche Lysosomenenzyme im Lumen des Vesikels binden (Ausschnitt in Abb. 8.30). Durch diese Wechselwirkungen mit den GGA-Adaptern reichern sich die MPRs der TGN-Membran und die Lysosomenenzyme aus dem TGN-Lumen in den Clathrin-" $; an. Wie bei den COPIund COPII-Vesikeln, so beginnt auch die Bildung der Clathrin-Vesikel damit, dass ein kleines GTP-bindendes Protein zur Membran herangezogen wird; in diesem Fall handelt es sich dabei um ARF1, das die Voraussetzung fçr die Bindung der anderen Hçllproteine schafft (kleines Diagramm in Abb. 8.30). Nachdem das Vesi-
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
n Abb. 8.30. ( 8 8
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kel sich vom TGN abgeschnçrt hat, geht die Clathrinhçlle verloren und das nackte Vesikel wandert zu seinem Bestimmungsort, nåmlich einem frçhen oder spåten Endosom oder der Pflanzenvakuole. Bevor es eines dieser Organellen erreicht, læsen sich die MPRs von den Lysosomenenzymen und kehren ins TGN zurçck (Abb. 8.29 b), wo eine neue Runde des Transports von Lysosomenenzymen beginnen kann. & ! 9 ) % Lysosomenenzyme sind nicht das einzige Material, das aus dem TGN abtransportiert wird. Wie man in Abb. 8.2 erkennt, werden auch Proteine, die in die Plasmamembran eingebaut werden sollen, sowie sekretorische Substanzen fçr den Export aus der Zelle in Vesikeln und sekretorischen Granula aus dem TGN ausgeschleust. Lange nahm man an, diese membranumhçllten Tråger mçssten ebenfalls von einer Proteinhçlle umgeben sein, aber bisher konnte man eine solche Umhçllung bei ihnen nicht nachweisen. Nach einem Modell entstehen die Tråger als Fragmente des TGN, die zu unterschiedlich groûen Vesikeln und Ræhren werden. Diese Vorstellung passt zum Modell der Zisternenreifung, wonach die Zisternen des Golgi-Apparats ståndig in Richtung des TGN wandern; dort mçssten
sie sich dann auflæsen, damit die Reifung des Golgi-Apparats sich stetig fortsetzen kann. Proteine ± beispielsweise Verdauungsenzyme und Hormone ±, die durch regulierte Sekretion aus der Zelle ausgeschieden werden, bilden nach heutiger Kenntnis spezifische Aggregate und werden in dieser Form am Ende in groûe, dichte sekretorische Granula verpackt. Anschlieûend schnçren sich die Granula von den Råndern der Zisternen an der 2 $Seite des Golgi-Apparats und vom TGN ab. Die sekretorischen Granula werden dann im Cytoplasma gespeichert, bis die Zelle, durch ein Hormon oder einen Nervenimpuls stimuliert, ihren Inhalt nach auûen abgibt. Der gezielte Transport integraler Proteine zur Plasmamembran erfolgt offensichtlich vor allem mit Hilfe von Sortiersignalen in den cytoplasmatischen Domånen der Membranproteine. Insbesondere polare Zellen wie die in Abb. 8.11 waren Gegenstand umfangreicher Forschungsarbeiten. In solchen Zellen enthalten Proteine, die letztlich im apikalen Teil der Plasmamembran angesiedelt sind, andere Sortiersignale als solche, die fçr den basalen oder seitlichen Teil bestimmt sind. Mehrere Membranproteine, die in den apikalen Bereich gelangen, werden offensichtlich von Lipidflæûen transportiert, die sich im TGN bilden. Wie in Kap. 4 erwåhnt wurde, handelt es sich bei den Lipidflæûen um cholesterin- und sphingolipidreiche Membranabschnitte, in denen sich GPI-verankerte Proteine konzentrieren (Kap. 4.5.4). In nichtpolaren Zellen, beispielsweise in Fibroblasten und weiûen Blutzellen, brauchen die Plasmaproteine wahrscheinlich keine speziellen Sortiersignale. Solche Proteine werden einfach in Vesikeln des konstitutiven sekretorischen Weges vom TGN zur Zelloberflåche transportiert (Abb. 8.2 b). 5. erichteter Vesikeltransport in bestimmte Kompartimente Die Verschmelzung von Vesikeln erfordert spezifische Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Membranen. So fusionieren beispielsweise Vesikel aus dem ER mit dem ERGIC oder dem "-Golgi-Netz, aber nicht mit 2 $Zisternen. Die selektive Fusion ist einer der Faktoren, die fçr einen gerichteten Substanzfluss durch die verschiedenen membranumhçllten Zellkompartimente sorgen. Die Mechanismen, durch die eine Zelle die Vesikel zu den einzelnen Kompartimenten dirigiert, sind trotz umfangreicher Forschungsarbeiten bis heute nicht vollståndig aufgeklårt. Vermutlich sind mit der Membran eines
Vesikels spezifische Proteine assoziiert, die çber Wanderungswege und Fusionsfåhigkeit bestimmen. Um die Eigenschaften dieser Proteine nåher kennen zu lernen, betrachten wir die Schritte vom Abschnçren bis zur Fusion eines Vesikels. E0 . , ' In vielen Fållen mçssen Membranvesikel eine betråchtliche Strecke durch das Cytoplasma zurçcklegen, bevor sie ihr Endziel erreichen. Fçr solche Wanderungen sind groûe Mikrotubuli verantwortlich: Sie wirken wie Eisenbahnschienen und befærdern die Frachtbehålter auf festgelegten Wegen zu einem festgelegten Bestimmungsort. So konnte man beispielsweise beobachten, wie die membranumhçllten Frachtbehålter in Abb. 8.20 vom ERGIC an Mikrotubuli entlang zum Golgi-Apparat wanderten. F0 $ 9 . 0 Aus mikroskopischen Untersuchungen weiû man, dass Vesikel håufig durch lange Faserproteine an ihrem voraussichtlichen Zielkompartiment, beispielsweise einer Golgi-Zisterne, ¹festgezurrtª werden (Abb. 8.31 a). Einer Hypothese zufolge ist dieses Festzurren bereits ein Frçhstadium der Fusion, das spezifische Wechselwirkungen zwischen Vesikel und Zielkompartiment erfordert. Verantwortlich fçr diese Spezifitåt sind wahrscheinlich vor allem die , eine Familie kleiner, GTPbindender Proteine, die çber einen Lipidanker mit den Membranen assoziiert sind. Beim Menschen hat man çber 60 Gene fçr Rab-Proteine identifiziert, und damit sind sie die vielfåltigste Proteingruppe, die am Membrantransport mitwirkt. Noch wichtiger ist aber, dass verschiedene Rabs sich auch an unterschiedliche Membrankompartimente anlagern, was fçr eine Rolle bei der Festlegung der Zielspezifitåt spricht. Im Zustand mit gebundenem GTP ziehen die Rabs nach heutiger Kenntnis andere Proteine, die dem Festzurren dienen, aus dem Cytosol zu den Membranoberflåchen (Abb. 8.31 a). >0 . 0 Irgendwann im Vorfeld der Vesikelverschmelzung kommt es zu Wechselwirkungen zwischen den ins Cytosol ragenden Abschnitten integraler Proteine der beiden Membranen, und das fçhrt zu einem engen Kontakt zwischen Vesikel und Zielkompartiment. Die entscheidenden Proteine, die an diesen Wechselwirkungen beteiligt sind, bezeichnet man als &) # ; sie bilden eine Familie von mehr als 35 Membranproteinen, die jeweils in ganz bestimmten Zellkompartimenten lokalisiert sind.
Typen des Vesikeltransports und ihre Funktionen
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Zwischen den einzelnen SNAREs gibt es in Struktur und Græûe betråchtliche Unterschiede, alle enthalten jedoch in ihrer zum Cytosol weisenden Domåne das &) # 9" einen Abschnitt aus 60 bis 70 Aminosåuren, der mit einem zweiten SNARE-Motiv eine superspiralisierte Helix (Kap. 2.5.3) bilden kann. Bei den SNAREs unterscheidet man zwei Untergruppen: 9&) # werden beim Abschnçren in die Membran der Transportvesikel aufgenommen, &) # dagegen liegen in den Membranen der Zielkompartimente (Abb.
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
8.31 b). Am besten sind jene SNAREs untersucht, die bei der regulierten Ausschçttung von Neurotransmittern (Kap. 4.8.4) fçr die Anheftung der synaptischen Vesikel an die pråsynaptische Membran sorgen. In diesem Fall enthålt die Plasmamembran der Nervenzelle zwei SNAREs, Syntaxin und SNAP-25; in der Membran der synaptischen Vesikel dagegen liegt ein einziges v-SNARE, das Synaptobrevin. Wenn das synaptische Vesikel sich der pråsynaptischen Membran nåhert, bilden die SNARE-Motive der gegençber stehenden tund v-SNAREs die in Abb. 8.32 a gezeigten vierstrångigen Bçndel. Jedes Bçndel besteht aus vier -Helices; zwei davon steuert das SNAP-25 bei, die beiden anderen stammen vom Syntaxin und Synaptobrevin. Gemeinsam
bilden diese vier parallelen -Helices eine dicht verdrillte superspiralisierte Helix, welche die beiden gegençber liegenden Lipiddoppelschichten in sehr enge Verbindung bringt (Abb. 8.31 b, 8.32 a). Øhnliche vierstrångige Helixbçndel bilden andere SNAREs auch çberall in der Zelle an allen Stellen, wo Membranen verschmelzen sollen. Interessanterweise dienen die SNAREs von synaptischen Vesikeln und pråsynaptischer Membran als Ansatzpunkt fçr das Botulismus- und das Tetanustoxin, zwei der stårksten bakteriellen Giftstoffe. Diese tædlichen Toxine sind Proteasen: Sie spalten spezifisch bestimmte SNAREs und blockieren auf diese Weise die Ausschçttung von Neurotransmittern.
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P0 $' . 0 Mischt man kçnstliche Lipidvesikel (Liposomen), die gereinigte t-SNAREs enthalten, und Liposomen mit einem gereinigten v-SNARE, verschmelzen Vesikel beider Typen miteinander, aber nicht mit ihresgleichen. Dieser Befund ist ein Hinweis, dass die beiden Lipiddoppelschichten durch die Wechselwirkungen zwischen t- und v-SNAREs mit so starker Kraft zueinander gezogen werden, dass sie verschmelzen (Abb. 8.32 b, c). Zahlreiche Indizien sprechen jedoch dafçr, dass die Wechselwirkungen zwischen v- und t-SNAREs fçr die Membranfusion zwar notwendig sind, diese aber allein nicht bewerkstelligen kænnen. Nach einer Theorie çber die regulierte Ausschçttung von Neurotransmittermolekçlen hålt ein weiteres gebundenes Protein, das Complexin, das vierstrångige SNARE-Bçndel in einer inaktiven Konformation fest. In diesem Stadium sind die Vesikel an der Membran befestigt und kænnen ihren Inhalt fast augenblicklich freisetzen, sobald sie ein Aktivierungssignal in Form eines Anstiegs der Ca2+-Konzentration erhalten (ein Vorgang, der im Folgenden noch genauer erærtert wird). Unabhångig von der Regulation liegen die SNAREs, die zuvor aus verschiedenen Membranen ragten, nach der Verschmelzung der beiden Lipiddoppelschichten in derselben Membran (Abb. 8.32 c). Fçr die Auflæsung des vierstrångigen SNARE-Komplexes sorgt ein ringfærmiges Cytosolprotein namens NSF, das sich an das Helixbçndel heftet und es auseinander windet. Nachdem jetzt beschrieben ist, was sich bei der Fusion eines Vesikels mit einer Zielmembran abspielt, kænnen wir zu der Frage zurçckkehren: Was bestimmt çber die Spezifitåt der Wechselwirkungen? Nach einer derzeit allgemein anerkannten Ansicht hångt die Verschmelzungsfåhigkeit bestimmter Vesikel- und Zielmembranen von einer spezifischen Kombination interagierender Proteine ab, unter anderem der Festzurrproteine, Rabs und SNAREs, die an der betreffenden Stelle in der Zelle zusammengefçgt werden kænnen. Insgesamt ermæglichen diese vielfåltigen Wechselwirkungen zwischen Proteinen verschiedener Typen ein hohes Maû an Spezifitåt, so dass jedes Membrankompartiment selektiv erkannt wird. #-% Die Fusion sekretorischer Vesikel oder Granula mit der Plasmamembran und die nachfolgende
Typen des Vesikeltransports und ihre Funktionen
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Freisetzung ihres Inhalts bezeichnet man als #-% . Sie findet vermutlich in den meisten Zellen mehr oder weniger ununterbrochen statt, weil ståndig Proteine und andere Substanzen zur Plasmamembran und in die Zellumgebung befærdert werden. Am besten untersucht ist die Exocytose jedoch am Beispiel der regulierten Sekretion, insbesondere bei der Ausschçttung von Neurotransmittern in den synaptischen Spalt. In solchen Fållen entsteht durch die Membranfusion eine Úffnung, durch die der Inhalt des Vesikels oder Granums in die Zellumgebung freigesetzt wird. Wie in Kap. 4.8.4 erwåhnt wurde, sorgt ein ankommender Nervenimpuls an der Endplatte eines Neurons fçr einen verstårkten Ca2+-Einstrom und in der Folge fçr die Ausschçttung von Neurotransmittermolekçlen durch Exocytose. Die Fusion wird dabei vom Synaptotagmin gesteuert, einem Calcium bindenden Protein, das in der Membran des synaptischen Vesikels liegt. In anderen Zellen wird die Exocytose sehr håufig durch die Freisetzung von Ca2+ aus Vorråten im Cytoplasma ausgelæst. Durch den Kontakt zwischen Vesikel und Plasmamembran kommt es vermutlich zur Ausbildung einer kleinen, von Proteinen ausgekleideten ¹Fusionsporeª (Abb. 8.32 c). Manche dieser Læcher schlieûen sich wahrscheinlich einfach wieder, aber in den meisten Fållen erweitert sich die Pore sehr schnell zu einer Úffnung, durch die der Inhalt des Vesikels entweichen kann (Abb. 8.32 d). Unabhångig vom Mechanismus wird die dem Lumen zugewandte Seite der Vesikelmembran nach der Verschmelzung mit der Plasmamembran zu einem Teil von deren Auûenflåche, die dem Cytosol zugewandte Seite dagegen geht in der Innenflåche der Plasmamembran auf (Abb. 8.14).
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
5/ &*osomen Lysosomen sind die Verdauungsorganellen einer Zelle. Ein typisches Lysosom enthålt ungefåhr 50 verschiedene hydrolytische Enzyme (Tabelle 8.1), die im rauen ER produziert und dann in diese Organellen dirigiert werden. Zusammen kænnen die Lysosomenenzyme praktisch alle biologischen Makromolekçle hydrolysieren. Die Enzyme eines Lysosoms haben alle eine wichtige Gemeinsamkeit: Ihr Aktivitåtsoptimum liegt im sauren pH-Bereich, es handelt sich also um
2% . Das pH-Optimum dieser Enzyme passt zum niedrigen pH im Lysosomenkompartiment, der bei ungefåhr 4,6 liegt. Diese hohe inn Tabelle 8.1. Q .I !I !I
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nere Protonenkonzentrationen wird durch eine Protonenpumpe (eine H+-ATPase) aufrechterhalten, die in der Membran des Organells angesiedelt ist. Lysosomenmembranen enthalten verschiedene stark glycosylierte integrale Proteine; deren Kohlenhydratketten bilden vermutlich eine schçtzende innere Auskleidung, welche die Membran vor Angriffen durch die in ihr eingeschlossenen Proteine abschirmt. Obwohl Lysosomen stets mehr oder weniger die gleiche Proteinausstattung enthalten, sehen sie in elektronenmikroskopischen Aufnahmen keineswegs charakteristisch oder einheitlich aus. Ihr Durchmesser schwankt beispielsweise zwischen mehr als 1 lm und 25±50 nm; sie kænnen also recht groûe Strukturen, aber auch sehr kleine Vesikel sein. Abb. 8.33 zeigt einen kleinen Teil einer Kupffer-Zelle, die in der Leber çberalterte rote Blutzellen durch Phagocytose beseitigt. Die Lysosomen der Kupffer-Zellen sind unregelmåûig geformt und unterscheiden sich auch in ihrer Elektronendichte; dies macht deutlich, wie schwierig es ist, diese Organellen allein anhand ihrer Morphologie zu identifizieren.
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,ie Beobachtung, dass es in der Zelle letztlich einen Beutel voller Zerstærungsenzyme gibt, låsst sofort an mehrere potenzielle Funktionen denken. Die bestuntersuchte Aufgabe der Lysosomen besteht im Abbau von Substanzen, die aus der Umgebung in die Zelle gelangt sind. Viele Einzeller nehmen Nahrungsteilchen auf, die dann in einem Lysosom enzymatisch zerlegt werden. Die so gewonnenen Nåhrstoffe wandern durch die Lysosomenmembran ins Cytosol. Bei Såugetieren fungieren phagocytierende Zellen wie Makrophagen und Neutrophile als Abfallverwerter, die Zelltrçmmer und potenziell gefåhrliche Mikroorganismen ¹schluckenª (Kap. 8.8). Die auf diese Weise aufgenommenen Bakterien werden in der Regel durch den niedrigen pH im Lysosom inaktiviert und dann enzymatisch verdaut. Wie in Kap. 17 genauer erærtert wird, werden die bei derartigen Verdauungsprozessen entstehenden Peptide an der Zelloberflåche ¹zur Schau gestelltª und alarmieren auf diese Weise das Immunsystem, dass ein kærperfremder Erreger vorhanden ist. Eine wichtige Rolle spielen die Lysosomen auch beim
$ der Organellen, d. h. bei ihrem kontrollierten Abbau und Austausch. Bei diesem Vorgang, den man auch nennt, wird ein Organell, beispielsweise das in Abb. 8.34 gezeigte Mitochondrium, in eine Doppelmembran eingeschlossen, die von einer ERZisterne stammt. Anschlieûend verschmilzt die ER-Membran mit einem Lysosom, wobei ein % entsteht. Beim Durchmustern elektronenmikroskopischer Aufnahmen ist es nichts Ungewæhnliches, dass man ein Mitochondrium oder ein anderes Organell sieht, das gera-
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Lysosomen
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de in einem Autophagolysosom eingeschlossen ist. In den Leberzellen von Såugetieren durchlåuft nach Berechnungen ungefåhr alle zehn Minuten ein Mitochondrium die Autophagie. Leidet die Zelle unter Nåhrstoffmangel, beobachtet man den Vorgang deutlich håufiger. Unter solchen Bedingungen verschafft die Zelle sich Energie zum Lebensunterhalt, indem sie ihre eigenen Organellen zerstært. Die Funktion der Lysosomen bei der Autophagie ist in Abb. 8.35 zusammenfassend dargestellt. Wenn der Verdauungsvorgang im Autophagolysosom abgeschlossen ist, bezeichnet man das Organell als Restkærper. Je nachdem, um was fçr einen Zelltyp es sich handelt, wird sein Inhalt durch Exocytose aus der Zelle ausgeschleust, oder er bleibt als 8 unbegrenzt lange im Cytoplasma. Die Zahl der Lipofuscingrana wåchst mit zunehmendem Alter eines Individuums; besonders auffållig ist diese Anhåufung in Neuronen und anderen langlebigen Zellen; dort gelten die Grana als charakteristisches Kennzeichen der Alterung. Die Bedeutung der Lysosomen bei verschiedenen Krankheiten wird in dem Abschnitt ¹Aus Sicht des Menschenª genauer erærtert.
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
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Krankheiten durch Funktionsstærungen der Lysosomen Die Aufklårung der Mechanismen, durch die Proteine zu bestimmten Organellen dirigiert werden, begann mit der Entdeckung, dass die Mannose-6-phosphat-Reste der Lysosomenenzyme als molekulare ¹Adressenetikettenª fçr den Transport dieser Proteine zu den Lysosomen dienen. Entdeckt wurden die Adressenetiketten bei der Untersuchung von Patienten mit der seltenen, tædlichen 6 . Die Lysosomen in vielen Zellen der Betroffenen sind durch nicht abgebaute Substanzen aufgeblåht. Das Material håuft sich in den Zellen an, weil hydrolytische Enzyme fehlen. Als man Gewebekulturen von Fibroblasten dieser Patienten untersuchte, stellte sich heraus, dass die Lysosomenenzyme in normalem Umfang synthetisiert wurden; sie wurden aber nicht zu den Lysosomen befærdert, sondern ins umgebende Medium ausgeschieden. Bei weiteren Analysen zeigte sich, dass den ausgeschiedenen Enzymen die Mannosephosphatreste fehlten, die an die entsprechenden Enzyme gesunder Menschen gebunden sind. Wenig spåter konnte man die I-Zell-Krankheit auf einen Mangel an dem Enzym )$Acetylglucosamin-phosphotransferase zurçckfçhren, das fçr die Phosphorylierung der Mannose erforderlich ist (s. Abb. 8.29 a). Im Jahr 1965 schlug W. G. Hers von der Universitåt Louvain in Belgien eine Erklårung dafçr vor, wie das Fehlen des scheinbar unbedeutenden Lysosomenenzyms -Glucosidase zu der tædlichen, genetisch bedingten PompeKrankheit fçhren kann. Hers åuûerte die Vermutung, ohne -Glucosidase kænne sich nicht abgebautes Glycogen in den Lysosomen ansammeln, was zum Anschwellen der Organellen und zu einer irreversiblen Schådigung der Zellen und Gewebe fçhrt. Derartige Leiden, die durch den Defekt eines einzigen Lysosomenenzyms und die Anhåufung des zugehærigen, nicht abgebauten Substrats gekennzeichnet sind (Abb. 1), bezeichnet man als 8%
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Lysosomen
teil; fehlt das hydrolytische Enzym, sammelt sich das Gangliosid in den aufgeblåhten Lysosomen der Gehirnzellen an und verursacht Funktionsstærungen. Die schwerste Form der Krankheit, die schon im Såuglingsalter einsetzt, ist durch fortschreitende geistige und motorische Behinderung sowie durch Anomalien von Skelett, Herz und Atmungsorganen gekennzeichnet. In der Gesamtbevælkerung ist die Krankheit sehr selten, bei Juden osteuropåischer Abstammung erreicht sie jedoch eine Håufigkeit von einem unter 3600 Neugeborenen. In den letzten Jahren ist die Krankheitshåufigkeit in dieser Bevælkerungsgruppe allerdings durch die Identifizierung von Gentrågern, genetische Beratung von Risikofamilien und vorgeburtliche Diagnostik durch Amniocentese stark zurçckgegangen. Heute kann man alle bekannten Lysosomen-Speicherkrankheiten schon vor der Geburt diagnostizieren. Auch die Therapieaussichten fçr Lysosomen-Speicherkrankheiten haben sich in den letzten Jahren verbessert. Wie man nachweisen
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konnte, lassen sich die Symptome der Gaucher-Krankheit, die auf einen Mangel an dem Lysosomenenzym Glucocerebrosidase zurçckgeht, mit #$%
$ abmildern. In den Lysosomen der Makrophagen von Såuglingen mit der Gaucher-Krankheit sammeln sich groûe Mengen von Glucocerebrosidlipiden an, was zu Milzvergræûerung und Anåmie fçhrt. Erste Versuche, die Krankheit durch Infusion des normalen Enzyms ins Blut zu behandeln, schlugen jedoch fehl: Das Enzym wurde von den Leberzellen aufgenommen, die von der Krankheit nicht ernsthaft betroffen sind. Um das Enzym zu den Makrophagen zu dirigieren, reinigte man es aus menschlichem Plazentagewebe und behandelte es mit drei verschiedenen Glycosidasen, um die endståndigen Zuckergruppen an den Oligosaccharidketten des Enzyms zu entfernen und die dahinter liegenden Mannosereste freizulegen (Abb. 8.23). Das derart abgewandelte Enzym (das unter dem Namen Ceredase auf dem Markt ist) wurde nach Infusion ins Blut von den Mannoserezep-
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
toren auf der Oberflåche der Makrophagen erkannt und sehr schnell durch rezeptorvermittelte Endocytose aufgenommen (Kap. 8.8). Da die Lysosomen der natçrliche Bestimmungsort der Substanzen sind, die von der Zelle durch Endocytose aufgenommen werden, gelangen die Enzymmolekçle sofort genau an die Stelle in der Zelle, wo der Mangel sichtbar wird. Mittlerweile wurden mehrere tausend Betroffene erfolgreich mit diesem Verfahren behandelt. Auch fçr die Behandlung anderer LysosomenSpeicherkrankheiten liefert die klinische Erprobung der Enzymersatztherapie viel versprechende Ergebnisse. Leider ist aber von vielen derartigen Leiden das Zentralnervensystem betroffen, das wegen der Blut-Hirn-Schranke keine Enzyme aus dem Blut aufnehmen kann (Kap. 7.5). Wenn die funktionsfåhige Form eines bestimmten Proteins fehlt, liegt das nicht immer daran, dass das Molekçl nicht synthetisiert wird. Viele Patienten mit Lysosomen-Speicherkrankheiten tragen eine Mutation, die das codierte Enzym destabilisiert und zu einer falschen Faltung fçhrt. Wie in Kap. 8.3.2 genauer erærtert wird, werden falsch gefaltete Proteine erkannt und zerstært; deshalb fehlt das Enzym bei solchen Patienten. Kænnte man solche Personen nicht mit einem Wirkstoff behandeln, der das Enzym stabiler macht, so dass es aus dem ER in ein Lysosom transportiert wird? Bevor man eine solche Idee als vællig unrealistisch abtut, sollte man sich folgenden klinischen Befund ansehen: Die Fabry-Krankheit ist durch einen Mangel an -Galactosidase A gekennzeichnet, einem Enzym, das bestimmte Formen der Glycosphingolipide abbaut. Eine
52 Die Vakuole der Pflanzenzellen Bis zu 90% des Volumens vieler Pflanzenzellen nimmt eine einzige membranumhçllte, flçssigkeitsgefçllte . ein (Abb. 8.36). Pflanzenvakuolen sind einfach gebaut, erfçllen aber eine Vielzahl lebenswichtiger Funktionen. Viele gelæste Stoffe und Makromolekçle der Zelle, darunter Ionen, Zucker, Aminosåuren, Proteine und Polysaccharide, werden vorçbergehend in der Vakuole gespeichert. Vakuolen nehmen aber auch eine Fçlle giftiger Verbindungen auf. Manche davon (beispielsweise cyanidhaltige Glycoside und Glucosinolate) gehæren zu dem Arsenal chemischer Waffen, die ausgeschçttet werden,
Variante der Fabry-Krankheit fçhrt insbesondere zu einer Herzkrankheit, andere Organe sind dagegen kaum betroffen. Im Jahr 2001 wurde in einem Fachartikel ein Patient mit der Fabry-Krankheit beschrieben, der wegen einer schweren Herzschådigung auf eine Transplantation wartete. Nachdem man ihn drei Monate mit groûen Mengen des verbreiteten Monosaccharids Galactose behandelt hatte, verbesserte sich die Herzfunktion so weit, dass er kein Kandidat fçr eine Transplantation mehr war. Diese therapeutische Wirkung hatte die Galactose, weil sie die -Galactosidase A kompetitiv hemmt. Die Galactose (und andere Hemmstoffe) binden an das aktive Zentrum des Enzyms und halten das mutierte Protein in einer nahezu nativen Form fest, so dass es der Zerstærung im ER entgeht. Nachdem das mutierte Enzym das ER verlassen hatte, wurde es zu den Lysosomen transportiert, wo es noch so viel enzymatische Aktivitåt entfaltete, dass es die angesammelten Sphingolipide abbauen und die bereits vorhandenen Schådigungen des Herzmuskels rçckgångig machen konnte. Die gleiche Strategie ± Verabreichung eines Liganden, der ein mutiertes Protein bindet und dadurch stabilisiert ± hat sich bei der Behandlung verschiedener Lysosomen-Speicherkrankheiten (und auch anderer angeborener Leiden) als aussichtsreich erwiesen. Und da Verbindungen, die von Enzymen gebunden werden, in der Regel ein niedriges Molekulargewicht haben, durchdringen sie auch die Blut-Hirn-Schranke; man kann also hoffen, dass sie auch die Anhåufung nicht abgebauter Substanzen im Gehirn verhindern werden.
wenn die Zelle durch einen Pflanzenfresser oder einen Pilz bedroht ist. Andere toxische Substanzen sind schlicht Nebenprodukte von Stoffwechselreaktionen; da die Pflanzen kein Ausscheidungssystem besitzen, das dem der Tiere vergleichbar wåre, benutzen sie die Vakuole, um solche Abfallstoffe von der çbrigen Zelle zu trennen. Manche derartigen Verbindungen, beispielsweise Digitalis, haben sich als wichtige Arzneistoffe erwiesen. Die Abgrenzungsmembran der Vakuole, ! genannt, enthålt mehrere Systeme fçr den aktiven Transport; diese pumpen Ionen in das Vakuolenkompartiment und erzeugen dort eine wesentlich hæhere Konzentration als im Cytoplasma oder in der Zellumgebung. Wegen dieser
Der Endocytoseweg: Transport von Membranen und Substanzen ins Zellinnere
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hohen Ionenkonzentration stræmt Wasser durch Osmose in die Vakuole. Der hydrostatische Druck (Turgor) der Vakuole wirkt nicht nur als mechanische Stçtze fçr das weiche Pflanzengewebe (Kap. 4.7.2), sondern dehnt beim Zellwachstum auch die Zellwand. Auûerdem ist die Pflanzenvakuole ein Ort der intrazellulåren Verdauung; in dieser Hinsicht åhnelt sie den Lysosomen, die in Pflanzenzellen fehlen. Manche sauren Hydrolasen aus den Lysosomen kommen auch in Pflanzenvakuolen vor. Der pH wird in der Vakuole auf einem niedrigen Wert gehalten; dafçr sorgt eine H+-ATPase des V-Typs (Kap. 4.7.4) im Tonoplasten, die Protonen in die Vakuolenflçssigkeit pumpt. Wie die Lysosomenproteine, so werden auch viele Proteine der Pflanzenvakuole an membrangebundenen Ribosomen des RER synthetisiert, durch den Golgi-Apparat geschleust und auf dessen 2 Seite sortiert, bevor sie in die Vakuole gelangen.
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8.8 Der Endocytoseweg: Transport von Membranen und Substanzen ins Zellinnere
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Wir haben jetzt ausfçhrlich beschrieben, wie eine Zelle Substanzen aus dem RER und dem Golgi-Apparat zur Plasmamembran und in die Zellumgebung transportiert. Als Nåchstes betrachten wir in den Substanztransport in umgekehrter Richtung. In Kap. 4 war davon die Rede, wie gelæste Substanzen mit niedrigem Molekulargewicht die Plasmamembran passieren kænnen. Aber wie nehmen die Zellen groûe Teilchen auf, welche die Membran unabhångig von ihren Permeabilitåtseigenschaften nicht durchdringen kænnen? Und wie werden Proteine, die in der Plasmamembran angesiedelt sind, zur Wiederverwertung in die Kompartimente des Zellinneren befærdert? Diesen beiden Zwecken dient der Endocytoseweg: Abschnitte der Plasmamembran stçlpten sich ein und bilden Vesikel, die durch das Cytoplasma wandern kænnen. In diesem Abschnitt betrachten wir zwei grundlegende Vorgånge, die nach unterschiedlichen Mechanismen ablaufen: die Endocytose und die Phagocytose.
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
Durch #% schleust die Zelle vor allem Zellenoberflåchenrezeptoren und gebundene Liganden aus der Umgebung nach innen. Als / % bezeichnet man die Aufnahme fester Teilchen. 55! Endocytose Die Endocytose kann man in ganz grob in zwei Kategorien einteilen: die allgemeine und die rezeptorvermittelte Endocytose. Als #% (auch / % genannt) bezeichnet man die unspezifische Flçssigkeitsaufnahme aus der Zellumgebung. Jedes groûe oder kleine Molekçl, das sich zufållig in der eingeschlossen Flçssigkeit befindet, erhålt auf diese Weise auch Zugang zum Zellinneren. Die allgemeine Endocytose kann man sichtbar machen, indem man dem Kulturmedium beispielsweise den Farbstoff Lucifergelb oder Meerrettichperoxidase zusetzt, die von den Zellen unspezifisch aufgenommen wird. Gleichzeitig werden bei diesem Vorgang auch Teile der Plasmamembran entfernt; wahrscheinlich dient er in erster Linie dem Membran-Recycling zwischen Zellenoberflåche und inneren Kompartimenten. Die $9 #% dagegen sorgt dafçr, dass ganz spezifische Makromolekçle (Liganden) an Rezeptoren auf der Auûenflåche der Plasmamembran binden und anschlieûend in die Zelle aufgenommen werden. $9 #% Coated Pits Die rezeptorvermittelte Endocytose ( $ , RME) ist ein Mechanismus zur selektiven, effizienten Aufnahme von Makromolekçlen, die in der Flçssigkeit rund um die Zelle unter Umstånden nur in relativ geringer Konzentration vorliegen. Die Zellen besitzen Rezeptoren fçr die Aufnahme vieler verschiedener Liganden, darunter Hormone, Wachstumsfaktoren, Enzyme und Blutproteine, die bestimmte Nåhrstoffe transportieren. Substanzen, die durch RME in die Zelle gelangen sollen, werden an Rezeptoren gebunden; diese sammeln sich in spezialisierten Abschnitte der Plasmamembran, den " (¹Stachelsaumgrubenª). In den " sind die Rezeptoren 10- bis 20-mal stårker angereichert als in der çbrigen Plasmamembran. In elektronenmikroskopischen Aufnahmen erkennt man die " (Abb. 8.37 a) als eingestçlpte Stellen, an denen die Cytoplasmaseite der Plasmamembran von einer ¹borstigenª, elektrodendichten Hçlle bedeckt ist. Die Hçlle enthålt Clathrin, das gleiche Protein,
das man auch in der Proteinhçlle der am TGN gebildeten Vesikel findet (Kap. 8.5.3). Die " stçlpen sich ins Cytoplasma ein (Abb. 8.37 b), schnçren sich dann von ihr ab und werden so zu " ; (Abb. 8.37 c, d). Um den Entstehungsmechanismus der " ; $ zu verstehen, mçssen wir uns genauer mit dem molekularen Aufbau der Clathrinhçlle beschåftigen. Abb. 8.38 zeigt ein " aus Sicht der Auûen- und Innenflåche der Plasmamembran von Zellen, die Substanzen durch rezeptorvermittelte Endocytose aufgenommen haben. Von der Cytoplasmaseite aus gesehen (Abb. 8.38 b, c) scheint die Borstenhçlle aus einem Geflecht aus bienenwabenåhnlichen Sechsecken zu bestehen. Der geometrische Aufbau der Hçlle ergibt sich aus der Struktur ihrer Clathrinbausteine. Jedes Clathrinmolekçl besteht aus drei schweren und drei leichten Ketten; diese sind zu einer dreiarmigen Anordnung verbunden, die man als ! bezeichnet (Abb. 8.39). Nach einem seit langem anerkannten Modell biegt sich das relativ flache Clathringerçst des " wåhrend der Einstçlpung rund um das entstehende Vesikel (Abb. 8.38 c). Dabei verwandeln sich einige Sechsecke des flaches Gerçstes in Fçnfecke. Mittlerweile ist die Frage, ob sich eine solche physische Umordnung des Gerçstes tatsåchlich abspielen kann, jedoch umstritten. In jedem Fall liegt aber auf der Hand, dass das Triskelion ein bemerkenswert anpassungsfåhiger Baustein ist, mit dem die Zelle unterschiedliche polygonale Gerçste aufbauen kann. Gereinigte ChlathrinTriskelien lagern sich sogar von selbst zur leeren Kåfigen zusammen, die der Umhçllung eines " ; åhneln. Wie die Clathrin-" $; , die sich vom TGN abschnçren (Kap. 8.5.3), so enthalten auch die bei der Endocytose entstehenden " ; $ eine Schicht aus Adapterkomplexen, die zwischen dem Clathringerçst und der zum Cytosol weisenden Oberflåche des Vesikels liegen. Anders als die GGA-Adapter jedoch, die im TGN verwendet werden und aus einer einzigen Untereinheit mit mehreren Domånen bestehen (Abb. 8.30), setzen sich die AP2-Adapter der Vesikel, die sich von der Plasmamembran abschnçren, aus mehreren Untereinheiten mit unterschiedlichen Funktionen zusammen (Abb. 8.40). Die l-Untereinheit der AP2-Adapter verbindet sich mit den ins Cytoplasma ragenden Schwånzen spezifischer Plasmamembranrezeptoren, und das fçhrt dazu, dass diese Rezeptoren einschlieûlich ihrer gebundene Liganden sich in dem entstehenden " ; anreichern (ein Vorgang, der in der Box ¹Experimentelle Verfahrenª die-
Der Endocytoseweg: Transport von Membranen und Substanzen ins Zellinnere
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ses Kapitels genauer erærtert wird). Die -Adaptin-Untereinheit der AP2-Adapter dagegen bindet an die Clathrinmolekçle des darçber liegenden Gerçstes und zieht sie heran. Abb. 8.40 zeigt die çberlappende Anordnung der dreiarmigen Clathrin-Triskelien in der Vesikelhçlle sowie die Wechselwirkungen zwischen dem Clathringerçst und den Adaptern; im Vergleich zu einem ¹echtenª " ; ist die hier dargestellte Struktur allerdings stark vereinfacht. Anders als die COPI- und COPII-Vesikel mit ihrem relativ einfachen Aufbau enthalten die Clathrin-" ; bis zu zwei Dutzend verschiedener Hilfsproteine, die ein dynamisches Geflecht interagierender Molekçle bilden. Diese Proteine haben nicht nåher bekannte Aufgaben bei der Heranziehung der Ladung, dem Zusammenbau der Vesikelhçlle, der Einstçlpung der Membran, den Wechselwirkungen mit Cytoskelettbestandteilen, der Freisetzung der Vesikel und der Læsung der Hçlle von der Membran. Am besten ist unter diesen Hilfsproteinen das Dynamin untersucht. % ist ein GTP-bindendes Protein, das nach der Bildung eines Clathrin-" $; fçr dessen Loslæsung von der Membran erforderlich ist. Das Dynamin lagert sich rund um den ¹Halsª eines eingestçlpten " von selbst zu einem spiraligen ¹Kragenª zusammen (Abb. 8.41), bevor die Einstçlpung sich von der
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Der Endocytoseweg: Transport von Membranen und Substanzen ins Zellinnere
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anderen Theorie åhnelt es in seiner Wirkung eher den anderen in diesem Kapitel beschriebenen G-Proteinen und aktiviert ein eigenståndiges Effektorprotein, das fçr die Læsung des Vesikels sorgt. Nach seiner Entstehung verliert das Endocytosevesikel innerhalb einer Minute seine Clathrinhçlle und tritt dann als glattes Vesikel in den Endocytoseweg ein.
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Membran abschnçrt. Nach dem in Abb. 8.41 a dargestellten Modell (Schritte 3 und 4) læst die Hydrolyse des gebundenen GTP durch die polymerisierten Dynaminmolekçle eine Konformationsånderung in der Dynaminhelix aus, die das " ; von der Plasmamembran læst. Nach diesem Modell wirkt das Dynamin als Enzym, das die chemische Energie im GTP zur Erzeugung mechanischer Kråfte nutzt. Nach einer
#% ' Molekçle, die durch Endocytose in eine Zelle gelangen, werden auf einen gut abgegrenzten # % ' dirigiert (Abb. 8.42 a). Bevor wir die Ereignisse beschreiben, die sich auf diesem Weg abspielen, sollten wir zwei Rezeptortypen betrachten, die der Endocytose unterworfen werden. Die eine Gruppe, die wir hier als ¹Haushaltsrezeptorenª bezeichnen werden, sind fçr die Aufnahme von Substanzen zuståndig, welche die Zelle braucht. Die am besten untersuchten Beispiele sind der Transferrin- und der LDL-Rezeptor (LDL = + , Lipoprotein mit geringer Dichte), durch die Eisen bzw. Cholesterin in die Zellen gelangen. Der LDL-Rezeptor wird am Ende dieses Abschnitts eingehend beschrieben. Einer solchen Haushaltsfunktion dient der in Abb. 8.42 a rot wiedergegebene Rezeptor. Die zweite Gruppe, die hier als ¹Signalrezeptorenª bezeichnet werden soll, ist fçr die Bindung åuûerer Liganden zuståndig, die Nachrichten çbermitteln und damit Ønderungen der Zelltåtigkeit herbeifçhren. Diese Liganden, beispielsweise Hormone wie Insulin und Wachstumsfaktoren wie EGF, binden an den Oberflåchenrezeptor (in Abb. 8.42 a grçn dargestellt) und geben damit das Signal fçr eine physiologische Reaktion im Zellinneren (ein Vorgang, der in Kap. 15 ausfçhrlich besprochen wird). Die Endocytose von Rezeptoren der ersten Gruppe endet in der Regel damit, dass die gebundene Substanz ± beispielsweise Eisen oder Cholesterin ± in die Zelle transportiert wird, wåhrend der Rezeptor an die Zelloberflåche zurçckkehrt und dort fçr einen weiteren Aufnahmezyklus zur Verfçgung steht. Rezeptoren der zweiten Gruppe dagegen werden im Laufe der Endocytose håufig zerstært; dieser Vorgang, die $2 , vermindert die Empfindlichkeit der Zelle gegençber der weiteren Reizung durch das Hormone oder den Wachstumsfaktor. Auf diese Weise regulieren die Zellen ihre Fåhigkeit, auf åuûere Botensubstanzen anzusprechen. Wie sich in Untersuchungen aus jçngster Zeit gezeigt hat, werden solche ¹Signalrezeptorenª in der Regel durch kovalente Anheftung einer ¹Markierungª an ihren ins Cytoplasma ragenden Schwanz fçr die Endocytose und die nachfolgende Zer-
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
stærung gekennzeichnet, wåhrend sie sich noch an der Zelloberflåche befinden. Bei der Markierung handelt es sich um Ubiquitin, ein kleines Protein, das enzymatisch angefçgt wird. Membranproteine, die normalerweise keine Endocytose durchmachen, werden ins Zellinnere transportiert, wenn man dafçr sorgt, dass sie zusåtzlich ein Ubiquitin tragen. Nach der Aufnahme ins Zellinnere wird der Vesikelinhalt in ein dynamisches Netz aus Ræhren und Vesikeln transportiert, das zusammenfassend als Endosom bezeichnet wird und die Verteilungszentren am Endocytoseweg enthålt. Eine H+-ATPase in der umgebenden Membran sorgt dafçr, dass die Flçssigkeit im Innenraum der Endosomen viel Såure enthålt.
n 8.42 a±c. Der Endocytoseweg. a Substanztransport von der Zellumgebung in die frçhen Endosomen. Dargestellt ist die Endocytose mit zwei verschiedenartigen Komplexen aus Rezeptor und Ligand. ¹Haushaltsrezeptorenª wie der (hier rot dargestellte) LDL-Rezeptor werden in der Regel zurçck zur Plasmamembran transportiert, ihre Liganden dagegen (blaue Kugeln) gelangen in die spåten Endosomen. Dagegen werden Signalçbertragungsrezeptoren wie der EGF-Rezeptor (hier grçn wiedergegeben) normalerweise mit ihren Liganden (orange-gelb) in die spåten Endosomen transportiert. Auûerdem nehmen spåte Endosomen auch neu synthetisierte Lysosomenenzyme (rote Kugeln) aus dem TGN auf. Diese Enzyme werden von Mannose6-phosphat-Rezeptoren (MPRs) transportiert, die dann ins TGN zurçckkehren. Der Inhalt der spåten Endosomen wird auf verschiedenen, hier nicht eingezeichneten Wegen in die Lysosomen befærdert. b, c Substanztransport von frçhen zu spåten Endosomen. Die Zelle in b wurde fçnf Minuten mit dem Enzym Meerrettichperoxidase (HRP) inkubiert und dann sofort fixiert. Die HRP wird durch Endocytose in die Zelle aufgenommen und låsst sich cytochemisch lokalisieren. Das Reaktionsprodukt der aufgenommenen HRP zeigt sich als elektronendichte, auf die frçhen Endosomen (Pfeile) beschrånkte Ablagerung. Die Zelle in c wurde vor dem Fixieren noch einmal 30 Minuten inkubiert; in dieser Zeit ist das aufgenommene Enzym in spåte Endosomen (Pfeilspitzen) gewandert. (b, c Aus: Gu F et al (1997) J Cell Biol 139:1189; mit freundlicher Genehmigung von Jean Gruenberg; ° by The Rockefeller UnivPress)
Man kann bei den Endosomen zwei Gruppen unterscheiden: Frçhe Endosomen liegen in der Regel an der Zellperipherie (Abb. 8.42 b), spåte Endosomen dagegen findet man eher in der Nåhe des Zellkerns (Abb. 8.42 c). Unterscheiden kann man frçhe und spåte Endosomen anhand ihrer Schwimmdichte (mit deren Hilfe man sie in einem Dichtegradienten in unterschiedlichen Fraktionen isolieren kann), ihres pH und ihrer Proteinzusammensetzung. Auûerdem enthalten spåte Endosomen håufig eine betråchtliche Men-
Der Endocytoseweg: Transport von Membranen und Substanzen ins Zellinnere
ge von Membranen, die durch die Einstçlpung der Abgrenzungsmembran entstanden sind. Rezeptoren, die durch Endocytose aufgenommen wurden, werden in Vesikeln zu einem frçhen Endosom transportiert, das als Sortierstation dient: Es lenkt die verschiedenartigen Rezeptoren und Liganden auf unterschiedliche weitere Wege (Abb. 8.42 a, b). Die ¹Haushaltsrezeptorenª læsen sich in der sauren Umgebung der Endosomen normalerweise von ihren Liganden und reichern sich dann in besonderen, ræhrenfærmigen Bereichen des frçhen Endosoms an, die als Recyclingzentren dienen. Mit Vesikeln, die sich von diesen Ræhren abschnçren, gelangen die Rezeptoren wieder in die Plasmamembran, wo sie an einem weiteren Endocytosezyklus teilnehmen kænnen (Abb. 8.42 a). Die freigesetzten Liganden dagegen (z. B. das LDL) reichern sich in einem Sortierkompartiment an; von dort werden sie an ein spåtes Lysosom weitergegeben, und am Ende gelangen sie in ein Lysosom, wo die letzte chemische Abwandlung stattfindet. 88 + ' Unter den vielen Formen der rezeptorvermittelten Endocytose wurde diejenige, durch die Tierzellen von auûen mit Cholesterin versorgt werden, zuerst und am grçndlichsten untersucht. Cholesterin ist in Tierzellen ein unentbehrlicher Bestandteil der Plasmamembran und dient auch als Vorlåufer fçr Steroidhormone. Seine hydro-
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phoben Molekçle werden im Blut in Form riesiger Lipoproteinkomplexe transportiert, beispielsweise als Bestandteil in dem 8 (+ , 88), das in Abb. 8.43 dargestellt ist. Jedes LDL-Teilchen enthålt in der Mitte einen Kern aus etwa 1500 Cholesterinmolekçlen, die mit langkettigen Fettsåuren verestert sind. Umgeben ist der Kern von einer einzelnen Schicht aus Phospholipiden, in der ein einziges Molekçl eines groûen Proteins eingebettet ist; dieses wird als 7EAA bezeichnet und bindet spezifisch an die LDL-Rezeptoren auf der Oberflåche der Zellen. Die LDL-Rezeptoren werden zur Plasmamembran der Zellen transportiert und reichern sich dort selbst dann, wenn kein Ligand vorhanden ist, in " an. Sobald dann im Blut Lipoproteine verfçgbar sind, stehen die Rezeptoren an der Zelloberflåche bereit, um sie aufzunehmen. Ist das LDL an ein " gebunden, stçlpt dieses sich ein und wird zu einem " ; ; die Clathrinhçlle læst sich auf, und die LDL-Rezeptoren werden wieder zur Plasmamembran zurçcktransportiert (Abb. 8.42 a). Wåhrenddessen werden die LDL-Partikel in Lysosomen gebracht; dort wird ihr Proteinanteil abgebaut, die Esterbindungen werden aufgelæst, und das Cholesterin dient in der Zelle zum Membranaufbau oder geht in andere Stoffwechselprozesse ein (z. B. in die Synthese von Steroidhormonen). Bei Menschen, die an der seltenen ) / !% + leiden, fehlt eines der Proteine, die zur Freisetzung des Cholesterins aus den Lysosomen erforderlich sind. Das Cholesterin sammelt sich in den Organellen an, was zu Nervenschåden und schon in frçher Kindheit zum Tode fçhrt. Eine andere Krankheit, deren Erforschung zur Entdeckung der rezeptorvermittelten Endocytose und der LDLAufnahme fçhrte, wird in der Box ¹Experimentelle Verfahrenª eingehend erærtert. Der LDL-Spiegel im Blut steht im Zusammenhang mit der Entstehung der Atherosklerose; das charakteristische Kennzeichen dieser Krankheit sind Ablagerungen an den Arterienwånden, die den Blutstrom in den Gefåûen einengen und als Ausgangspunkte fçr die Entstehung von Blutgerinnseln wirken. Blutgerinnsel in den Herzkranzgefåûen sind die Hauptursache des Herzinfarkts. Untersuchungen lassen darauf schlieûen, dass die Atherosklerose die Folge einer chronisch entzçndlichen Reaktion ist, die durch die Ablagerung von LDL an den Innenwånden der Blutgefåûe ausgelæst wird (Abb. 8.44). Eine Senkung des LDL-Spiegels im Blut erreicht man am einfachsten mit Medikamenten aus der Wirkstoffgruppe der & (z. B. Lovastatin
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
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und Pravastatin), welche die HMG-CoA-Reductase blockieren, ein entscheidendes Enzym in der Cholesterinsynthese (siehe ¹Experimentelle Verfahrenª). Mit dem LDL-Spiegel im Blut sinkt auch das Herzinfarktrisiko. LDLs sind nicht die einzige Transportform des Cholesterins im Blut. Øhnlich sind such die 8 ( $ , 28 4 gebaut; sie enthalten aber ein anderes Protein (das Apolipoprotein A-I) und haben im Organismus eine andere physiologische Funktion. LDL dient vorwiegend dazu, Cholesterinmolekçle aus der Leber, wo sie synthetisiert und verpackt werden, çber das Blut zu allen Kærperzellen zu transportieren. HDL transportiert das Cholesterin in umgekehrter Richtung. Ûberschçssiges Cholesterin wird aus der Plasmamembran der Kærperzellen unmittelbar zu den HDL-Partikeln im Blut transportiert; diese tragen es dann zur Leber, damit es ausgeschieden werden kann. Wåhrend ein hoher LDL-Spiegel im Blut mit einem erhæhten Herzinfarktrisiko verbunden ist, sinkt das Risiko bei hæherem HDL-Spiegel; deshalb wurde das HDL auch als ¹gutes Cholesterinª bezeichnet. In Wirklichkeit ist die Sache nicht so einfach. Ein Enzym, das Cholesterylestertransfer-Protein (CETP), beispielsweise kann Cholesterinmolekçle vom HDL auf LDL çbertragen, und das fçhrt zu einem niedrigeren HDL-Spiegel. Zum Gegenstand intensiver Forschungsarbeiten wurde das CETP, nachdem man in Japan eine Reihe von Familien gefunden hatte, deren Mitglieder regelmåûig çber 100 Jahre alt werden und Mutationen im "2-Gen tragen. Auûerdem hat man einen Impfstoff gegen das CETP-Protein entwickelt, der bei Tieren mit koronarer Herzkrankheit eine
viel versprechende Fåhigkeit zur Steigerung des HDL-Spiegels zeigt. Bei Redaktionsschluss dieses Buches wurde die Ungefåhrlichkeit des Impfstoffes in der klinischer Erprobungsphase I nachgewiesen; derzeit wird er an einer græûeren Zahl von Versuchspersonen getestet. 55$ Phagocytose Die Phagocytose (¹Zell-Essenª) wird in groûem Umfang von Zellen weniger Typen ausgefçhrt, die sich auf die Aufnahme relativ groûer Teilchen (Durchmesser çber 0,5 lm) aus der Umgebung spezialisiert haben. Viele einzellige Protisten, beispielsweise Amæben und Ciliaten, leben von eingefangenen Nahrungsteilchen und kleineren Lebewesen, die sie mit Falten ihrer Plasmamembran umschlieûen. Die Falten verschmelzen und bilden eine Vakuole (auch / genannt), die sich von der Plasmamembran nach innen abschnçrt (Abb. 8.45 a). Das Phagosom vereinigt sich mit einem Lysosom, und der Inhalt des so entstehenden / % wird verdaut. Bei den meisten Tieren ist die Phagocytose weniger eine Form der Ernåhrung als vielmehr ein Schutzmechanismus. Såugetiere besitzen verschiedene Typen ¹professionellerª Fresszellen (Phagocyten), darunter die Makrophagen und Neutrophilen, die durch Blut und Gewebe wandern und eingedrungene Mikroorganismen, beschådigte und sterbende Zellen sowie Abfallstoffe aufnehmen. Diese Substanzen werden vor der Aufnahme von Rezeptoren auf der Oberflåche des Phagocyten erkannt und gebunden. Im Inneren der Fresszelle werden Mikroorganismen
Der Endocytoseweg: Transport von Membranen und Substanzen ins Zellinnere
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von den Lysosomen oder freien Sauerstoffradikalen, die sich im Inneren des Phagolysosoms bilden, abgetætet. Wie die Aufnahme eines Partikels ablåuft, erkennt man in Abb. 8.45 b und in der elektronenmikroskopischen Aufnahme am Anfang dieses Kapitels. Die einzelnen Schritte bei der Verdauung der eingeschlossenen Substanzen sind in Abb. 8.46 wiedergegeben. Angetrieben wird die Phagocytosebewegung durch die Kontraktion actinhaltiger Mikrofilamente unterhalb der Plasmamembran. Bakterien, die durch phagocytierende Zellen aufgenommen wurden, werden nicht in allen Fållen zerstært. Manche Arten bringen sogar den Phagocytosemechanismus unter ihre Kontrolle und verbessern damit ihre Ûberlebensaussichten im Organismus. Ein Beispiel ist der Tuberkuloseerreger Mycobacterium tuberculosis: Er gelangt durch Phagocytose ins Cytoplasma eines Makrophagen, aber die Phagosomen mit den eingeschlossenen Bakterien verschmelzen nicht mit Lysosomen. Der eingeschlossene Mikroorganismus hemmt die Membranfusion, die ansonsten seine Zerstærung zur Folge håtte, und vermehrt sich stattdessen in der Zelle. Das Bakterium Coxiella burnettii dagegen, der Erreger des Q-Fiebers, wird in ein Phagosom eingeschlossen, das auch mit einem Lysosom verschmilzt, aber weder die saure Umgebung noch die Lysosomenenzyme kænnen der Bakterienzelle etwas anhaben. Listeria monocytogenes, ein Bakterium, das Me-
n Abb. 8.46. , 6 7 # '
ningitis hervorruft, erzeugt Proteine, welche die Lysosomenmembran beschådigen, so dass das Bakterium sich ins Cytosol der Zelle retten kann (Abb. 9.68).
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
3ederholung 5 % % ( ..# # ! 8 8I : % ( 8 !' % / G ; #I . B ! ( ! , L G ' % #I L
8.9 Aufnahme fertig synthetisierter Proteine durch Peroxisomen, Mitochondrien und Chloroplasten >n diesem Kapitel haben wir erfahren, welche Faktoren den Proteintransport in den Zellen steuern: erstens Sortiersignale wie das Signalpeptid sekretorischer Proteine oder die Mannosephosphatgruppen der Lysosomenenzyme und zweitens Rezeptoren, welche diese Signale erkennen und Proteine, in denen sie enthalten sind, in das richtige Kompartiment befærdern. Viele wichtige Typen von Organellen ± Zellkern, Mitochondrien, Chloroplasten und Peroxisomen ± schleusen Proteine durch eine oder mehrere Abgrenzungsmembranen in ihr Inneres. Wie beim rauen ER, so enthalten auch Proteine, die in diese Organellen importiert werden, als Kennzeichnung bestimmte Aminosåuresequenzen, die von Rezeptoren an der Auûenmembran der Organellen erkannt werden. Im Gegensatz zum ER jedoch werden die Proteine hier in der Regel nicht wåhrend der Translation importiert, sondern erst danach, d. h. wenn ihre Synthese im Cytosol abgeschlossen ist. Der Proteintransport in den Zellkern ist ein eigenes Thema und wird in Kap. 12.1 gesondert beschrieben. In den folgenden Abschnitten beschåftigen wir uns mit dem Import der Proteine in Peroxisomen, Mitochondrien und Chloroplasten. 8.9.1 Aufnahme von Proteinen in Peroxisomen Peroxisomen sind sehr einfach gebaute Organellen. Sie haben nur zwei Unterkompartimente, in die ein importiertes Protein eingebracht werden kann: ihre Abgrenzungsmembran und die Matrix im Inneren (Kap. 5.6). Proteine, die fçr ein Peroxisom bestimmt sind, tragen ein /- ( A ),
das entweder als PTS ein Protein der Peroxisomenmatrix oder als mPTS ein Protein der Peroxisomenmembran kennzeichnet. Man hat mehrere PTSs, mPTSs und PTS-Rezeptoren identifiziert. Die PTS-Rezeptoren binden im Cytosol an Proteine, die fçr die Peroxisomen bestimmt sind, und transportieren sie zur Peroxisomenmembran. Neueren Untersuchungen zufolge begleitet der Rezeptor das Protein tatsåchlich durch die Membranen bis in die Matrix und kehrt erst dann ins Cytosol zurçck, um ein weiteres Molekçl ¹abzuholenª. Im Gegensatz zu Mitochondrien und Chloroplasten, die ihre Proteine in einem ungefaltetem Zustand importieren mçssen, sind die Peroxisomen in der Lage, ihre Matrixproteine in der nativen, gefalteten Konformation aufzunehmen, und zwar selbst dann, wenn ein Protein aus mehreren Untereinheiten besteht. Der Mechanismus, durch den die Peroxisomen diese bemerkenswerte Leistung vollbringen, bleibt Gegenstand von Spekulationen. 8.9.2 Aufnahme von Proteinen in Mitochondrien In den Mitochondrien kænnen Proteine in vier Unterkompartimente befærdert werden: in die åuûere Mitochondrienmembran, in die innere Mitochondrienmembran, in den Intermembranraum und in die Matrix (Abb. 5.3 c). Einige (bei Såugetieren 13) integrale Membran-Polypeptide synthetisieren die Mitochondrien zwar selbst, çber 95% aller Proteine dieser Organellen sind aber im Genom im Zellkern codiert, werden im Cytosol synthetisiert und erst nach der Translation importiert. Wir werden uns in dieser Beschreibung auf die Proteine der Mitochondrienmatrix und der inneren Mitochondrienmembran beschrånken ± sie machen gemeinsam die groûe Mehrzahl aller Proteine aus, die in dieses Organell dirigiert werden. Wie die Peroxisomenproteine und die Proteine anderer Kompartimente, so enthalten auch die Mitochondrienenzyme besondere Signalsequenzen, die sie an ihren Bestimmungsort dirigieren. Matrixproteine der Mitochondrien besitzen an ihrem N-Terminus einen als /1 <$ bezeichneten Abschnitt (Schritt 1 in Abb. 8.47 a), der mehrere positiv geladene Reste enthålt und spåter entfernt wird. Dagegen findet man in den meisten Proteinen, die fçr die innere Mitochondrienmembran bestimmt sind, eine weiter im Inneren des Molekçls gelegene Sequenz, die auch spåter erhalten bleibt. Bevor ein Proteinmolekçl in ein Mitochondrium eindringen kann, mçssen sich mehrere Vorgånge abspielen. Zunåchst muss das Protein sich
Aufnahme fertig synthetisierter Proteine durch Peroxisomen, Mitochondrien und Chloroplasten
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dem Organell in einem relativ ausgestreckten, ungefaltetem Zustand pråsentieren (Schritte 1 und A). An der Vorbereitung der Polypeptide fçr die Aufnahme in die Mitochondrien wirken mehrere molekulare Chaperone mit (zum Beispiel Hsp70), darunter auch solche, die die Mitochondrienproteine spezifisch zur Cytosolseite der åuûeren Membran dirigieren (Abb. 8.47 a). Diese Membran enthålt den !(-, der fçr den Proteinimport zuståndig ist; er besteht erstens aus Rezeptoren, die Mitochondrienproteine erkennen und binden, und zweitens aus Kanålen, die mit Protein ausgekleidet sind und die ungefalteten Polypeptide durch die åuûere Membran leiten
(Schritte 2 und B in Abb. 8.47 a).7 Proteine, die fçr die innere Membran oder die Matrix der Mi7 Interessanterweise hat das porenbildenden Protein des TOM-Komplexes im Gegensatz zu den Translocons von ER und Peroxisomen eine -Tonnenstruktur und åhnelt in dieser Hinsicht den anderen integralen Proteinen der åuûeren Mitochondrienmembran (Kap. 5.1). In dieser Tatsache spiegelt sich seine entwicklungsgeschichtliche Abstammung von einem Bakterium wider. Daraus ergeben sich Folgerungen fçr die Funktion: Ein Protein mit -Tonnenstruktur kann sich nicht seitlich æffnen und auf diese Weise den Proteinen den Einbau in die åuûere Mitochondrienmembran ermæglichen. Die Membranproteine kænnen hier vielmehr erst auf dem Umweg çber den Intermembranraum in die Doppelschicht der Membran eindringen.
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
tochondrien bestimmt sind, mçssen den Intermembranraum durchqueren und sich mit einem zweiten Protein-Importkomplex verbinden, der sich in der inneren Membran befindet und als !6- bezeichnet wird. Die Innenmembran enthålt zwei wichtige TIM-Komplexe: TIM22 bindet integrale Proteine der Innenmembran und baut sie in die Lipiddoppelschicht ein (Schritte C±D in Abb. 8.47 a), TIM23 dagegen bindet Matrixproteine und verschiebt sie durch die innere Membran in das wåssrige Matrixkompartiment (Schritt 3). Der Transport findet an Stellen statt, wo åuûere und innere Mitochondrienmembran eng benachbart sind, so dass das importierte Protein beide Membranen gleichzeitig durchqueren kann. Angetrieben wird die Wanderung in die Matrix durch das elektrische Potenzial an der Innenmembran, das am positiv geladenen Zielsignal ansetzt; verschwindet dieses Potenzial durch die Wirkung einer Verbindung wie DNP (Kap. 5.4), kommt der Transport zum Stillstand. Wenn ein Polypeptid in die Matrix einwandert, tritt es mit Chaperonen des Mitochondriums in Wechselwirkung, beispielsweise mit mtHsp70 (Schritt 4 in Abb. 8.47 a), das den Eintritt in das wåssrige Kompartiment unterstçtzt. Zur allgemeinen Erklårung der Wirkung von Chaperonen, die an dem weit verbreiteten Phånomen der Proteinwanderung durch Membranen mitwirken, wurden zwei Mechanismen vorgeschlagen. Nach einer Vorstellung wirken die Chaperone als Motoren, die ATP hydrolysieren und das auseinander gefaltete Polypeptid mit der dabei erzeugten Kraft durch die Transportæffnung ¹ziehenª. Nach der anderen Theorie unterstçtzen die Chaperone die Diffusion der Polypeptidkette durch die Membran. Die Diffusion ist ein Zufallsprozess, bei dem sich ein Molekçl in alle Richtungen bewegen kann. Stellen wir uns einmal vor, dass ein auseinander gefaltetes Polypeptid in eine Transportpore der Mitochondrienmembran eingedrungen ist und ¹mit dem Kopf in der Matrix stecktª. Anschlieûend çberlegen wir, was geschehen wçrde, wenn ein an der Membraninnenflåche angesiedeltes Chaperon das aus der Membran ragende Polypeptid so binden kænnte, dass dessen Diffusion zurçck durch die Pore ins Cytosol blockiert ist, wåhrend die weitere Diffusion in die Matrix mæglich bleibt. Das Polypeptid diffundiert nun immer weiter in die Matrix, wobei es wiederholt von dem Chaperon gebunden wird und sich nicht mehr rçckwårts bewegen kann. Diesen Wirkungsmechanismus der Chaperone bezeichnet man als , und das Chaperon wirkt dabei als ¹Brownsche Sperrklinkeª; der
Begriff ¹Brownscheª spielt dabei auf die zufållige Diffusion an, und eine ¹Sperrklinkeª ist eine Konstruktion, die Bewegungen nur in einer Richtung zulåsst. Neueren Untersuchungen zufolge sind wahrscheinlich beide Wirkungsmechanismen verwirklicht und arbeiten zusammen. Unabhångig vom Einschleusungsmechanismus nimmt das Polypeptid in der Matrix seine native Konformation ein (Schritt 5a in Abb. 8.47 a), nachdem die Pråsequenz enzymatisch abgespalten wurde (Schritt 5b). 5,' ufnahme von Proteinen in Chloroplasten In den Chloroplasten kænnen Proteine insgesamt in sechs Unterkompartimente transportiert werden: in Innen- und Auûenmembran, Intermembranraum, Stroma, Thylakoidmembran und Thylakoidlumen (Abb. 8.48). In den Importmechanismen von Chloroplasten und Mitochondrien gibt es viele Øhnlichkeiten, die entsprechenden Transportmechanismen sind in der Evolution aber unabhångig voneinander entstanden. Wie in den Mitochondrien, so gilt auch hier: n Die Chloroplastenproteine werden in ihrer groûen Mehrzahl aus dem Cytosol importiert. n Øuûere und innere Hçllmembran enthalten unterschiedliche Transportkomplexe (hier 2$ und 2$Komplex genannt), die beim Proteinimport zusammenwirken. n Das Auseinanderfalten der Polypeptide im Cytosol und ihre Faltung im Chloroplasten wird von Chaperonen unterstçtzt. n Proteine, die fçr die Chloroplasten bestimmt sind, enthalten bei ihrer Synthese am N-Terminus ein Transitpeptid, d. h. eine Sequenz, die spåter entfernt wird. Das Transitpeptid dirigiert ein Polypeptid nicht einfach nur zu einem Chloroplasten, sondern es enthålt auch eine ¹Adresseª, die das Polypeptid als Inhalt eines Subkompartiments des Organells kennzeichnet (Abb. 8.48). Alle Proteine, die durch die Chloroplastenhçlle verschoben werden, enthalten in ihrem Transitpeptid eine Stroma-Zieldomåne, die dafçr sorgt, dass das Polypeptid ins Stroma gelangt. Ist es dort angekommen, wird die Stroma-Zieldomåne von einer in diesem Kompartiment angesiedelten Peptidase entfernt. Polypeptide, die zu Bestandteilen der Thylakoidmembran oder des Thylakoidlumens werden, tragen in ihrem Transitpeptid einen zu-
Aufnahme fertig synthetisierter Proteine durch Peroxisomen, Mitochondrien und Chloroplasten
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såtzlichen Abschnitt, die ! % ! 1, die sie in die Thylakoide eintreten låsst. Mittlerweile kennt man mehrere unterschiedliche Wege, auf denen Proteine entweder in die Thylakoidmembran eingebaut oder ins Thylakoidlumen verschoben werden. Diese Wege haben auffållige Øhnlichkeit mit den Transportsystemen von Bakterienzellen, den mutmaûlichen Vorfahren der Chloroplasten. Viele Proteine, die in der Thylakoidmembran liegen, sind in Chloroplastengenen codiert und werden an membrangebundenen Ribosomen des Chloroplasten synthetisiert (Abb. 8.48, Schritt 4).
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Experimentelle Verfahren
Rezeptorvermittelte Endocytose Die Embryonalentwicklung beginnt damit, dass eine winzig kleine Samenzelle mit einer viel græûeren Eizelle verschmilzt. Eizellen entstehen aus Oocyten. In diesen Zellen sammelt sich das Dotter, das an anderen Stellen im weiblichen Organismus synthetisiert wurde. Wie gelangen die Dotterproteine mit ihrem
hohen Molekulargewicht in die Oocyte? Ûber den Mechanismus, durch den dies bei Mçcken geschieht, berichteten Thomas Roth und Keith Porter von der Harvard University schon 1964.1 Nach ihren Feststellungen kommt es in Phasen schnellen Oocytenwachstums zu einer dramatischen Vermehrung der Gruben oder Vertiefungen auf der Oberflåche dieser Zellen. Die Vertiefungen, die durch Einstçlpung der
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
Plasmamembran entstehen, waren auf ihrer Innenflåche mit einer Borstenhçlle bedeckt. Roth und Porter åuûerten eine weitsichtige Vermutung: Danach werden die Dotterproteine spezifisch an die Membranoberflåche der " gebunden, die sich dann als " ; s abschnçren. Anschlieûend verlieren die " ; ihre Borstenhçlle und verschmelzen miteinander; auf diese Weise entstehen die typischen groûen, membranumhçllten Dotterkærperchen der ausgereiften Oocyte. Erste Erkenntnisse çber den Aufbau der " ; gewannen Toku Kanaseki und Ken Kadota von der Universitåt Osaka im Jahr 1969.2 Bei der elektronenmikroskopischen Untersuchung einer rohen Vesikelfraktion aus dem Gehirn von Meerschweinchen zeigte sich, dass die " ; von einem polygonalen Geflecht bedeckt waren (Abb. 1). Die beteiligten Wissenschaftler hielten die Hçlle fçr einen Steuerungsapparat fçr die Einstçlpung der Plasmamembran wåhrend der Vesikelbildung. Erste Untersuchungen zur chemischen Zusammensetzung der Vesikelhçlle wurden 1975 von Barbara Pearse vom Medical Research Council im englischen Cambridge veræffentlicht.3 In dem von Pearse entwickelten Verfahren zentrifugiert man Membranvesikel aus dem Schweinegehirn nacheinander in mehreren Saccharosegradienten, bis man eine Fraktion mit gereinigten " ; in der Hand hat. Die Proteine der " ; werden dann in Læsung gebracht und durch SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese (SDS-PAGE) aufgetrennt (Kap. 18.7). Die Ergebnisse zeigten, dass in der Hçlle eine beherrschende Proteinspezies mit einem Molekulargewicht von 180.000 vor-
herrscht. Dieses Protein taufte Pearson auf den Namen Clathrin. Das gleiche Protein (nach molarer Masse und Peptidkartierung zu schlieûen) fand sie in Pråparaten von " ; aus mehreren Tierarten.4 Wåhrend die zuvor beschriebenen Forschungsarbeiten liefen, begannen Michael Brown und Joseph Goldstein von der University of Texas Medical School in Dallas mit einer scheinbar davon ganz unabhångigen Versuchsreihe. Sie interessierten sich fçr eine erbliche Krankheit mit der Bezeichnung familiåre Hypercholesterinåmie (FH). Personen, die das defekte Gen (das 3-Allel) in homozygoter Form tragen, haben im Blutserum einen sehr hohen Cholesterinspiegel (800 mg/dL im Vergleich zu 200 mg/dL bei Gesunden). Dies fçhrt immer zu starker Arteriosklerose: Die Betroffenen starben in der Regel schon vor dem 20. Lebensjahr an einem Herzinfarkt. Ûber die physiologischen oder biochemischen Ursachen der Krankheit wusste man zu jener Zeit kaum etwas. Zu Beginn ihrer Untersuchungen an der FH beschåftigten sich Brown und Goldstein mit dem Cholesterinstoffwechsel in Gewebekulturen von Fibroblasten, die sie aus der Haut von gesunden Menschen und solchen mit FH gewonnen hatten. Wie sich dabei herausstellte, låsst sich das geschwindigkeitsbestimmende Enzym der Cholesterinbiosynthese, die HMGCoA-Reductase, bei normalen Fibroblasten hemmen, indem man dem Medium cholesterinhaltige Lipoproteine (beispielsweise LDL) zusetzt (Abb. 2).5 Das LDL im Zellkulturmedium normaler Fibroblasten låsst also die Aktivitåt der HMG-CoA-Reductase sinken, und entsprechend geht auch die Cholesterinsynthe-
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Aufnahme fertig synthetisierter Proteine durch Peroxisomen, Mitochondrien und Chloroplasten
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se der Fibroblasten zurçck. Bei Fibroblasten von FH-Patienten dagegen lag die Aktivitåt der HMG-CoA-Reductase 40- bis 60-mal hæher als bei entsprechenden Zellen von Gesunden.6 Auûerdem lieû sich die Enzymaktivitåt durch zugesetztes LDL im Medium çberhaupt nicht beeinflussen (Abb. 3). Wie konnten Lipoproteine im Medium die Aktivitåt eines Enzyms im Cytoplasma der Gewebekulturzellen beeinflussen? Um diese Frage zu beantworten, machten Brown und Goldstein sich an die Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen Zellen und Lipoproteinen. Sie setzten Kulturschalen, in denen sich eine Einzelzellschicht aus Fibroblasten von Gesunden oder FH-Patienten befand, radioaktiv markiertes LDL zu.7 Die normalen Fibroblasten banden die markierten LDL-Molekçle spezifisch und mit hoher Affinitåt, die mutierten Zellen dagegen waren praktisch çberhaupt nicht in der Lage, die Lipoproteinmolekçle zu binden (Abb. 4). Diese Befunde zeigten, dass normale Zellen einen hochspezifischen Rezeptor fçr LDL besitzen, der bei den Zellen von FH-Patienten entweder defekt ist oder fehlt. Um den Ablauf der Rezeptorbindung und der Aufnahme in die Zelle sichtbar zu machen, taten sich Brown und Goldstein mit Richard Anderson zusammen, der Zellstrukturen mit dem Elektronenmikroskop untersuchte. Die
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Arbeitsgruppe inkubierte Fibroblasten von Gesunden und von FH-Patienten mit LDL, das sie kovalent an das eisenhaltige Protein Ferritin gekoppelt hatte. Wegen der Eisenatome lenken Ferritinmolekçle einen Elektronenstrahl ab, so dass man sie im Elektronenmikroskop erkennen kann. Wurden normale Zellen bei 4 8C mit LDL-Ferritin inkubiert ± bei dieser Temperatur binden Liganden an die Zelloberflåche, sie werden aber nicht in die Zelle aufgenommen ±, waren an der Zelloberflåche gebundene LDL-Ferritinpartikel zu sehen. Bei nåherem Hinsehen zeigte sich, dass die LDLPartikel sich nicht gleichmåûig çber die Zelle verteilten, sondern in kleinen Abschnitten der Plasmamembran angereichert waren; diese Abschnitte waren nach innen eingestçlpt und von einem ¹wolligenª Material bedeckt (Abb. 5);8 sie sahen åhnlich aus wie die " , die Roth und Porter erstmals beschrieben hatten
[125I]-LDL BOUND (ng/mg Protein)
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normal
0 250
homozygot
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und die man mittlerweile von verschiedenen Zelltypen kannte. Auf der Oberflåche der Zellen von FH-Patienten fand man zwar eine åhnliche Zahl von " ' aber dort war kein LDL-Ferritin gebunden. Dieser Befund sprach fçr die Vermutung, dass das mutierte FH-Allel einen Rezeptor codiert, der LDL nicht an sich binden kann. Durch weitere elektronenmikroskopische Untersuchung der Aufnahme von LDL-Ferritin in die Zellen fand man den in diesem Kapitel beschriebenen Endocytoseweg, auf dem die Lipoproteinpartikel ins Zellinnere gelangen.9 Auf der Grundlage dieser Befunde postulierten die Wissenschaftler, dass die schnelle Aufnahme des rezeptorgebundenen LDL ausschlieûlich dann erfolgen kann, wenn die LDLRezeptoren sich in den " konzentrieren. Wenn also ein LDL-Rezeptor sich nicht in einem Coated Pit befindet, kann er seinen gebundenen Liganden nicht an die Lysosomen in der Zelle weiterleiten und hat damit auch keinen Einfluss mehr auf die Cholesterinbiosynthese in der Zelle. Ungefåhr zur gleichen Zeit entdeckte man auch einen LDL-Rezeptor mit einer ganz anderen Mutation. Rezeptoren mit diesem Defekt (der nach dem Patienten, bei
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dem man ihn entdeckte, als J.-D.-Mutation bezeichnet wird) binden radioaktiv markiertes LDL in normaler Menge, aber das rezeptorgebundene Lipoprotein gelangt nicht in die Zelle und wird deshalb auch nicht zur Weiterverarbeitung in die Lysosomen geschleust.10 Anderson und seine Mitarbeiter postulierten, es mçsse sich bei dem Rezeptor um ein Transmembranprotein handeln, das normalerweise in den " lokalisiert ist, denn seine ins Cytoplasma ragende Domåne war spezifisch an einen Bestandteil der " gebunden (er vermutete, es handele sich um Clathrin; spåter stellte sich heraus, dass es sich wahrscheinlich um eine Untereinheit eines APAdapters handelt; s. unten). Der J.-D.-Rezeptor trågt in seiner cytoplasmatischen Domåne einen Defekt und reichert sich deshalb nicht in den " an. Personen mit dieser Mutation unterscheiden sich phånotypisch nicht von denen, deren Rezeptoren das LDL çberhaupt nicht binden. Wie sich in spåteren Untersuchungen herausstellte, ist der normale LDL-Rezeptor ein Transmembran-Glycoprotein aus 839 Aminosåuren; die 50 Aminosåuren am C-terminus des Proteins ragen aus der Membran als cytoplasmatische Domåne ins Zellinnere. Bei der Analyse des mutierten J.-D.-Rezeptors zeigte sich, dass in dem Protein eine einzige Aminosåure ausgetauscht ist: In der Position 807, wo normalerweise ein Tyrosin liegt, befindet sich hier ein Cystein.11 Durch diese kleine Verånderung der Aminosåuresequenz verliert das
Aufnahme fertig synthetisierter Proteine durch Peroxisomen, Mitochondrien und Chloroplasten
Protein seine Fåhigkeit, sich in den " anzureichern. In der Folgezeit richtete sich die Aufmerksamkeit auf die Aminosåuresequenz der cytoplasmatischen Domånen anderer Rezeptoren, die ebenfalls in " angesiedelt sind. Die Frage lautete: Gibt es ein gemeinsames Signal fçr die Aufnahme in die Zelle? Untersuchungen an einem breiten Spektrum von Membranrezeptoren færderten zwei solche Signale zutage, die beide ein Tyrosin (im einbuchstabigen Code: Y) enthalten: ein weniger håufiges Signal mit der Sequenz NPXY (das auch der LDL-Rezeptor besitzt) und das håufigere Signal YXXu (zum Beispiel im Transferrinrezeptor). In dem Signal YXXu kann X jede beliebige Aminosåure sein, und u ist eine Aminosåure mit einer hydrophoben Seitenkette. Die YXXu-Sequenz des Rezeptors bindet an die l-Untereinheit der AP2-Adapter (Abb. 8.40).12 Die Wechselwirkungen zwischen dem Adapter und dem Aufnahmesignal konnte man durch Ræntgenstrukturanalyse aufklåren.13 In der l-Untereinheit befinden sich zwei hydrophobe Vertiefungen; eine davon bindet den Tyrosinrest, die andere die sperrige hydrophobe Seitenkette des Aufnahmesignals. Gleichzeitig bindet der AP2-Adapter mit seiner -Untereinheit an die Clathrinhçlle (Abb. 8.40). Durch diese vielfåltigen Kontakte zwischen den Molekçlen werden der Adapterkomplex und der Rezeptor vor der Endocytose in den " festgehalten.Ûbersicht in 14 Bis vor kurzer Zeit nahm man an, die Aufnahme aller Plasmamembranproteine und nicht nur derer mit einem YXX -Signal erfordere einen AP2-Adapter. Diese Vermutung wurde 2003 in einem Experiment çberprçft, in dem man die Bildung des AP2-Adapters durch RNA-Interferenz blockierte.15 Wie in Kap. 11 genauer erærtert wird, kann man mit dem Verfahren der RNA-Interferenz verhindern, dass Zellen ein ganz bestimmtes Polypeptid synthetisieren. Dazu behandelt man sie mit einer doppelstrångigen siRNA, die komplementår zu der mRNA des untersuchten Polypeptids ist. In diesem Fall konnten die Zellen das Polypeptid 2, einen entscheidenden Bestandteil des AP2-Komplexes, nicht mehr synthetisieren. Dabei beståtigte sich, dass die siRNA ihre gewçnschte Wirkung entfaltete: Die 2-Untereinheit war nicht mehr nachweisbar, und die Zahl der Clathrin-" $ ging um den Faktor 12 zurçck. Aber trotz dieses Mankos waren die Zellen in der Lage, die EGF-
65/
und LDL-Rezeptoren ebenso wirksam aufzunehmen wie Kontrollzellen. Die Aufnahme des Transferrinrezeptors dagegen war stark beeintråchtigt. AP2 ist also offensichtlich fçr die clathrinvermittelte Endocytose nicht unentbehrlich. Auûerdem sorgen offenbar zumindest in Abwesenheit von AP2 auch andere Adapter fçr die Aufnahme von EGF- und LDL-Rezeptoren. Literatur 1. Roth TF, Porter KR (1964) Yolk protein uptake in the oocyte of the mosquito ! J Cell Biol 20:313±332 2. Kanaseki T, Kadota K (1969) The ¹vesicle in a basket.ª J Cell Biol 42:202±220 3. Pearse BMF (1975) Coated vesicles from pig brain: Purification and biochemical characterization. J Mol Biol 97:93±96 4. Pearse BMF (1976) Clathrin: A unique protein associated with the intracellular transfer of membrane by coated vesicles. Proc Natl Acad Sci USA 73:1255±1259 5. Brown MS, Dana SE, Goldstein JL (1973) Regulation of HMG CoA reductase activity in human fibroblasts by lipoproteins. Proc Natl Acad Sci USA 70:2162±2166 6. Goldstein JL, Brown MS (1973) Familial hypercholesterolemia: Identification of a defect in the regulation of HMG CoA reductase activity associated with overproduction of cholesterol. Proc Natl Acad Sci USA 70:2804±2808 7. Brown MS, Goldstein JL (1974) Familial hypercholesterolemia: Defective binding of lipoproteins to cultured fibroblasts associated with impaired regulation of HMG CoA reductase activity. Proc Natl Acad Sci USA 71:788±792 8. Anderson RGW, Goldstein JL, Brown MS (1976) Localization of low density lipoprotein receptors on plasma membrane of normal human fibroblasts and their absence in cells from a familial hypercholesterolemia homozygote. Proc Natl Acad Sci USA 73:2434±2438 9. Anderson RGW, Brown MS, Goldstein JL (1977) Role of the coated endocytic vesicle in the uptake of receptor-bound low density lipoprotein in human fibroblasts. Cell 10:351±364 10. Anderson RGW, Goldstein, JL, Brown MS (1977) A mutation that impairs the ability of lipoprotein receptors to localise in coated pits on the cell surface of human fibroblasts. Nature 270:695±699 11. Davis CG et al (1986) The J. D. mutation in familial hypercholesterolemia: Amino acid substitution in cytoplasmic domain impedes internalization of LDL receptors. Cell 45:15±24 12. Ohno H et al (1995) Interaction of tyrosine-based sorting signals with clathrin-associated proteins. Science 269:1872±1874 13. Owen DJ, Evans PR (1998) A structural explanation for the recognition of tyrosine-based endocytic signals. 282:1327±1332 14. Kirchhausen T (2002) Clathrin adaptors really adapt. Cell 109:413±416 15. Motley A et al (2003) Clathrin-mediated endocytosis in AP- 2-depleted cells. J Cell Biol 162:909±918
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
Zusammenfassung Das Cytoplasma der Eukaryotenzellen enthålt ein System membranumhçllter Organellen mit endoplasmatischem Retikulum, Golgi-Apparat und Lysosomen; diese sind untereinander und mit der Plasmamembran in Funktion und Struktur eng verwandt. Die verschiedenen membranumhçllten Organellen gehæren zu einem dynamischen, zusammenhångenden Endomembrangeflecht, in dem Substanzen hin und her wandern; sie befinden sich dabei in Transportvesikeln, die sich von einem Kompartiment abschnçren und mit einem anderen verschmelzen. Auf dem sekretorischen Weg oder Biosyntheseweg wandern Proteine vom Ort ihrer Entstehung im ER durch den GolgiApparat zu ihrem endgçltigen Bestimmungsort (einem Organell, der Plasmamembran oder der Zellumgebung); auf dem Endocytoseweg bewegen sich Substanzen in umgekehrter Richtung von der Plasmamembran oder der Zellumgebung in das Zellinnere. Die Fracht wird dabei jeweils von Sortiersignalen, die zu den Proteinen selbst gehæren, zum richtigen Bestimmungsort dirigiert (Kap. 8.1). 3# 4 &% " . H +% 8 # +% D 90 Das ER gliedert sich in zwei groûe Bereiche: das raue ER (RER), das in der Regel aus abgeflachten Zisternen besteht und an seiner Membran angeheftete Ribosomen trågt, und das glatte ER (SER) mit meist ræhrenfærmigen Bestandteilen und ribosomenfreien Membranen. Das SER erfçllt je nach Zelltyp unterschiedliche Funktionen, so unter anderem die Synthese von Steroidhormonen, die Entgiftung eines breiten Spektrums organischer Verbindungen und die Heranziehung von Calciumionen. Zu den Aufgaben des RER gehært die Synthese von sekretorischen Proteinen, Lysosomenproteinen und integralen Membranproteinen (Kap. 8.3). / " # % '"
% & <$ $ " ' 9 )!
$ /% 0 Wenn die Signalsequenz am Ribosom auftaucht, wird sie von einem Signalerkennungspartikel (SRP) gebunden, das die weitere Synthese aufhålt und fçr die Bindung des Komplexes an die RERMembran sorgt. Nach der Bindung læst sich
das SRP von der Membran und das naszierende Polypeptid wandert durch eine mit Protein ausgekleidete Pore der ER-Membran ins ERLumen. Lysosomenproteine und sekretorische Proteine werden vollståndig ins Lumen verschoben, Membranproteine dagegen werden mit Hilfe einer oder mehrerer hydrophober Transmembransequenzen in die Lipiddoppelschicht eingebettet. Proteine, die nicht richtig gefaltet sind, werden ins Cytosol zurçcktransportiert und abgebaut. Ist ein neu synthetisiertes Protein im Lumen oder in der Membran des RER angekommen, kann es von dort spezifisch zu verschiedenen Bestimmungsorten im Biosyntheseweg wandern. Wenn das ER-Lumen durch çbermåûig viele neu synthetisierte Proteine ¹verstopftª ist, unterbindet eine umfassende Reaktion namens UPR die weitere Synthese von ER-Proteinen, wåhrend der Abtransport der bereits vorhandenen Molekçle beschleunigt wird (Kap. 8.3.2). ' # % 9 $ 9 7 0 Phospholipide werden auf der Cytosolseite des ER synthetisiert und in die åuûere Lipidschicht der ER-Membran eingelagert. Die Lipidzusammensetzung der Membranen wird auf mehreren Wegen abgewandelt. Phospholipide kænnen beispielsweise selektiv von einer Organellmembran zu einer anderen transportiert werden, oder die Kopfgruppen einzelner Lipide werden enzymatisch veråndert (Kap. 8.3.2). 9 3:%
% 4 / # $ : 0 Die Sequenz der Zucker in den Oligosaccharidketten der Glycoproteine wird von Typ und Lage der Glycosyltransferasen bestimmt, einer groûen Familie von Enzymen, die jeweils einen ganz bestimmten Zucker von einem Nucleotid auf einen spezifischen Akzeptor çbertragen. Die Kohlenhydratketten werden im ER Zucker fçr Zucker zusammengesetzt und dann als fertige Einheit vom Dolichol-Carrier auf einen Asparaginrest des Polypeptids çbertragen. Praktisch sofort nach dem Transfer wird die Kohlenhydrateinheit modifiziert, wobei als Erstes die endståndigen Glucosereste entfernt werden. Von den Råndern des ER schnçren sich Membranvesikel mit ihrer eingeschlossenen Ladung ab und werden zum Golgi-Apparat dirigiert (Kap. 8.3.2).
Zusammenfassung
: . 2 ' # % & $ ' " 9 7
' 0 - /%
" ' - / $ $' " ' : % 0 ;eder Golgi-Apparat ist ein Stapel abgeflachter, plattenfærmiger Zisternen mit erweitertem Rand und assoziierten Vesikeln und Ræhren. Die Substanzen treten auf der "-Seite in den Stapel ein und werden dann durch Vesikel zur gegençberliegenden 2 -Seite transportiert. Auf ihrem Weg durch den Stapel heften Glycosyltransgerasen, die in bestimmten GolgiZisternen angesiedelt sind, Zuckergruppen an die Oligosaccharidketten an. Wenn die Proteine am Ende des Stapels im 2 -Golgi-Netz (TGN) ankommen, kænnen sie sortiert und zu ihren endgçltigen Bestimmungsorten in der Zelle oder ihrer Umgebung dirigiert werden (Kap. 8.4). . " ' & $ # % " 9 / 0 !% 9 " ; . COPII-" ; transportieren Material vom ER zum Golgi-Apparat. COPI-" $; befærdern die Substanzen in umgekehrter Richtung (retrograd), also vom Golgi-Apparat zum ER. Clathrin$" $; tragen Substanzen vom TGN zu den Endosomen und Lysosomen sowie bei Pflanzen zur zentralen Vakuole. Clathrin-" $; sind auch Bestandteile des Endocytoseweges, auf dem Substanzen von der Plasmamembran zu den Endosomen und Lysosomen gelangen (Kap. 8.5). N 7 % #% ' " / $
$0 Die Proteine, die ståndig in einem Kompartiment angesiedelt sind, werden dort festgehalten und zurçckgeholt, wenn sie in ein anderes Kompartiment abgewandert sind. Vesikel, die sich von einem Kompartiment abschnçren, tragen in ihrer Membran spezifischeProteine,welcheProteinedesZielkompartimentserkennen.Zunåchstwerdendiebeiden Membranen von spezialisierten Proteinen festgezurrt; reguliert wird dieser Vorgang durch die Rabs, eine groûe Familie von G-Proteinen. FçrdieFusionvonDonor-undAkzeptormembran sorgen die v-SNAREs und t-SNAREs, die untereinander in Wechselwirkung treten und superspiralisierte Helices bilden (Kap. 8.5). & / " 7 % ' " $ D
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! !:)" $
: 0 Am TGN bilden sich Vesikel mit bestimmten Membranproteinen, die das Vesikel jeweils zu seinem spezifischen Bestimmungsort dirigieren. Die im rauen ER synthetisierten Lysosomenenzyme werden in solche neu entstehende Vesikel eingeschlossen, weil sie an ihren Kern-Oligosacchariden phosphorylierte Mannosereste tragen. Diese modifizierten Oligosaccharide werden von besonderen Membranrezeptoren (den MPRs) erkannt, und diese binden ihrerseits an spezielle Adapterproteine (die GGA-Proteine), die in einer Schicht zwischen der åuûeren Clathrinhçlle und der Vesikelmembran liegen (Kap. 8.5.3). 8% 9 " ( H $
2% "
9 0 Lysosomen haben vielfåltige Aufgaben: Sie bauen Bakterien, Abfallstoffe und andere Substanzen ab, die durch Phagocytose in die Zellen gelangt sind, beseitigen durch einen als Autophagie bezeichneten Vorgang abgenutzte Organellen und verdauen die unterschiedlichsten Makromolekçle, die von Endosomen durch rezeptorvermittelte Endocytose angeliefert werden. Bei Wirbeltieren haben die Lysosomen entscheidenden Anteil an der Immunabwehr (Kap. 8.6). . / $ 9 1 0 Vakuolen dienen als vorçbergehendes Lager fçr gelæste Stoffe und Makromolekçle; sie enthalten Giftstoffe, die der Abwehr dienen, nehmen Abfallstoffe auf, halten ein hypertonisches Milieu aufrecht, das Turgordruck auf die Zellwand ausçbt, und sind der Ort der intrazellulåren Verdauung durch saure Hydrolasen (Kap. 8.7). #% 9
$ 8 H D
% $' 1 +% 0 / % $ ! 0 Bei der rezeptorvermittelten Endocytose binden spezifische Liganden an Rezeptoren auf der Plasmamembran. Die Rezeptoren sammeln sich in Membranvertiefungen, die auf der Cytoplasmaseite mit einem polygonalen Gerçst aus Clathrinmolekçlen çberzogen ist. Wahrscheinlich begçnstigt die Umordnung des Clathringerçstes die Bildung der " ; . Anschlieûend verlieren die Vesikel ihre Hçlle und liefern ihren Inhalt bei einem Endosom sowie letztlich bei einem Lysosom ab. Die Phagocytose kann sowohl
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Membransysteme im Cytoplasma: Struktur, Funktion und Membrantransport
der Ernåhrung der Zelle als auch der Abwehr dienen (Kap. 8.8). /- " + " 9 : '"
! ,' ( '0 Die betreffenden Proteine tragen stets Signalsequenzen, die mit spezifischen Proteinimportrezeptoren in Wechselwirkung treten. In den
Membranen aller drei Organellen liegen Proteinkanåle, die fçr die Verschiebung gefalteter Polypeptide (bei Peroxisomen) oder ungefalteter Molekçle (bei Mitochondrien und Chloroplasten) in die Organellen sorgen. Mitochondrien und Chloroplasten enthalten mehrere Kompartimente, in die derart transportierte Proteine dirigiert werden (Kap. 8.9).
Zur Selbstçberprçfung 1. Wçrden Sie bei einem oder mehreren der folgenden Proteine damit rechnen, dass kein Signalpeptid vorhanden ist, und wenn ja, bei welchen: Kollagen, saure Phosphatase, Håmoglobin, Ribosomenproteine, Glycophorin, Tonoplastenproteine? 2. Sie vermuten, dass ein Patient an der I-ZellKrankheit leidet (s. ¹Aus Sicht des Menschenª). Wie entscheiden Sie anhand von Gewebekulturzellen, die aus dem Patienten stammen, ob Ihre Diagnose stimmt? 3. In welchem Zellkompartiment wçrde man mit dem hæchsten Mannosegehalt eines Glycoproteins rechnen? Wo mit dem græûten Gehalt an )-Acetylglucosamin? Und wo mit dem græûten Gehalt an Sialinsåure? 4. In Kap. 8.9.1 wurde erlåutert, dass Peroxisomen auch gefaltete Proteine importieren kænnen. Die gleichen Organellen sind aber undurchlåssig fçr relativ kleine Molekçle wie NADH und Acetyl-CoA. Wie kænnen sie die einen Molekçle einlassen, die anderen aber nicht? 5. Nennen Sie zwei Proteine, mit denen Sie als Bestandteile der RER-Membran rechnen wçrden, wåhrend sie in der Membran des SER fehlen. Und welche beiden Proteine sind wahrscheinlich in der Membran des SER vorhanden, nicht aber in der des RER? 6. Angenommen, Sie wollen die regulierte Sekretion bei einer Zelle untersuchen, die keine sekretorischen Granula (Vesikel mit Substanzen, die fçr die Ausscheidung bereitstehen) besitzt. Wie kænnen Sie sich eine solche Zelle ohne Granula beschaffen? 7. In der Box ¹Aus Sicht des Menschenª wurde beschrieben, wie man eine Glucocerebrosidase herstellen kænnte, die am Ende der Oligosaccharide auf ihrer Oberflåche nicht den çblichen Zucker Sialinsåure trågt, sondern Mannose. Eine åhnliche Form der Glucocerebrosidase mit frei liegenden Mannoseresten
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stellt man auch gentechnisch mit einer speziellen Zelllinie her. Welche Eigenschaften mçssten diese Zellen Ihrer Ansicht nach haben? Ein Tipp: Anhaltspunkte fçr die Antwort finden Sie in Abb. 8.23. Fçr die Autoradiographie braucht man Teilchen, die von radioaktiven Atomen abgegeben werden und auf eine Fotoemulsion treffen, die çber dem Gewebeschnitt liegt. Entwickelt man dann die Emulsion, wird die Stelle, wo das Teilchen in die Schicht eingedrungen ist, als Silberkorn sichtbar (Abb. 8.3 a). Wie beeinflusst Ihrer Ansicht nach die Dicke des Gewebeschnittes die mit diesem Verfahren erzielbare Auflæsung, das heiût die Genauigkeit, mit der man die Stelle in der Zelle lokalisieren kann, an der die Radioaktivitåt aufgenommen wurde? In welche Teile der Zelle wçrden die folgenden Verbindung nach Ihrer Vermutung zuerst aufgenommen: [3H]-Leucin, [3H]-Sialinsåure, [3H]-Mannose, [3H]-Cholin, [3H]Glucuronsåure (ein Vorlåufer der GAGs), [3H]-Pregnenolon (ein Vorlåufer der Steroidhormone), und in einer Pflanzenzelle [3H]-Rhamnose (ein Vorlåufer der (Pectine)? Welche der folgenden Zellen wçrde sich nach Ihrer Vermutung am stårksten mit der Endocytose groûer Teilchen (Phagocytose) beschåftigen: (a) ein Erythrocyt; (b) eine Acinuszelle des Pankreas; (c) ein Makrophage? Warum? Wçrden Sie damit rechnen, dass die zur Zisterne weisende Membranseite im GolgiApparat eher der Innen- oder der Auûenseite der Plasmamembran åhnelt? Warum? Welche(s) Kompartiment(e) einer Zelle ist (sind) mit folgenden Bestandteilen assoziiert: Clathrin, Calciumionen in Skelettmuskelzellen, Dolicholphosphat, Ribonuclease und Lipase, LDL-Rezeptoren, COPI-Proteine, COPII-Proteine, nicht gebundene SRPs?
ternetseite www.wiley.com/college/karp .weitern sie Ihr Verståndnis, indem sie Karps Internetseite ¹Zell- und Molekularbiologieª besuchen. Dort finden Sie ' die gestellten $ & , , die schwierige Sachverhalte und Begriffe verdeutlichen, , die Ihnen bei Prçfungsvorbereitungen helfen, sowie 8 zu interessanten Stellen im Netz. Zusåtzlich zu der Literaturliste unten kann man auf der Internetseite auch noch ' 8 finden.
8.10 Literatur #
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0ytoskelett und Zellbewegungen
9
9.1 Die wichtigsten Funktionen des Cytoskeletts: eine Ûbersicht 9.2 Die Untersuchung des Cytoskeletts 9.3 Mikrotubuli 9.4 Intermediårfilamente 9.5 Mikrofilamente 9.6 Muskelkontraktion 9.7 Bewegungsvorgånge auûerhalb der Muskeln Aus Sicht des Menschen: Die Bedeutung der Cilien fçr Entwicklung und Krankheitsentstehung ' $ % ! " ' & ' $ ' " 7 ? ' %! ' & ! ! + # % - %" - 8 50A<5D56" 5JEE7 I I
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Das Skelett ist ein altvertrautes Organsystem der Wirbeltiere: Es besteht aus harten Strukturelementen, die das weiche Kærpergewebe stçtzen und fçr die Kærperbewegungen eine Schlçsselrolle spielen. Auch Eukaryotenzellen besitzen ein ¹Gerçstª mit analogen Funktionen: das +% . Es besteht aus drei eindeutig unterscheidbaren Typen von Faserstrukturen, den Mikrotubuli, Mikrofilamenten und Intermediårfilamenten, die gemeinsam ein kompliziertes, dynamisches Geflecht bilden. Alle drei Typen von Cytoskelettfilamenten sind Polymere aus Proteinuntereinheiten, die durch schwache, nichtkovalente Bindungen zusammengehalten werden. Eine solche Konstruktion begçnstigt den schnellen Auf- und Abbau, der fçr eine komplexe Steuerung der Zelle unentbehrlich ist. Jedes Cytoske-
lettelement hat seine eigenen charakteristischen Eigenschaften. sind lange, hohle, unverzweigte Ræhren mit Molekçlen des Proteins Tubulin als Untereinheiten. Die dçnneren, massiven bilden håufig ein verzweigtes Netzwerk und bestehen aus dem Protein Actin. Bis vor Kurzem nahm man an, das Cytoskelett sei ausschlieûlich eine Neuentwicklung der Eukaryoten und fehle demnach in Prokaryotenzellen vællig. Heute weiû man aber, dass auch manche Prokaryoten tubulin- und actinåhnliche Proteine besitzen, die im Cytoplasma zu Filamenten polymerisieren und dann åhnliche Aufgaben erfçllen wie das Cytoskelett. In diesen Strukturen der Prokaryoten liegen offensichtlich die entwicklungsgeschichtlichen Wurzeln der eukaryotischen Mikrotubuli und Mikro-
6:0
Cytoskelett und Zellbewegungen
n Tabelle 9.1. ( ? " & ?
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filamente. Die 6 1 dagegen kennt man ausschlieûlich von Eukaryoten. Sie sind widerstandsfåhige, seilartige Fasern aus verschiedenen verwandten Proteinen. Die Eigenschaften der Mikrotubuli, Intermediårfilamente und Actinfilamente sind in Tabelle 9.1 zusammengefasst. In Mikroskopaufnahmen wirken die Cytoskelettbestandteile unbeweglich, in Wirklichkeit sind sie aber sehr dynamische Strukturen, die tief greifende Umgestaltungen durchmachen kænnen. In diesem Kapitel werden wir uns zunåchst einen Ûberblick çber die wichtigsten Funktionen der drei Hauptbestandteile des Cytoskeletts verschaffen und sie dann einzeln genauer erærtern.
,! Die wichtigsten Funktionen des Cytoskeletts: eine Ûbersicht Einen Ûberblick çber die wichtigsten Funktionen des Cytoskeletts zeigt Abb. 9.1. In der Schemazeichnung erkennt man eine polare Epithelzelle, die Spitze einer lang gestreckten Nervenzelle und eine Gewebekulturzelle wåhrend der Teilung. Wie wir in diesem Kapitel noch genauer erfahren werden, ist das Cytoskelett in diesen Zellen n ein dynamisches Gerçst, das die Zelle stçtzt, håufig auch çber ihre Form bestimmt und sich Kråften widersetzt, die sie sonst deformieren wçrden;
n ein innerer Rahmen, der çber die Lage der Organellen in der Zelle bestimmt; besonders deutlich erkennt man diese Funktion in polaren Epithelzellen, wie sie beispielsweise in Abb. 8.11 dargestellt sind: Hier sind manche Organellen in genau festgelegter Reihenfolge vom apikalen zum basalen Ende der Zelle angeordnet; n ein ¹Schienennetzª, das die Wanderung von Substanzen und Organellen in der Zelle lenkt. Diese Funktion erfçllt das Cytoskelett beispielsweise beim Transport von mRNA-Molekçlen in bestimmte Teile der Zelle, bei der Wanderung membranumhçllter Transportvesikel vom endoplasmatischen Retikulum zum Golgi-Apparat und wenn Transportvesikel einen Neurotransmitter çber die ganze Långe einer Nervenzelle mitnehmen. Abbildung 9.2 zeigt einen kleinen Teil einer Gewebekulturzelle; wie man deutlich erkennt, sind die meisten grçn fluoreszierenden Organellen ± es handelt sich um Peroxisomen (Kap. 5.6) ± eng mit den Mikrotubuli (rot) des Cytoskeletts assoziiert. Die Mikrotubuli sind die Schienen, auf denen die Peroxisomen in Såugerzellen transportiert werden; n der Kraft erzeugende Apparat, mit dessen Hilfe Zellen sich fortbewegen. Einzeller bewegen sich, indem sie entweder çber einen festen Untergrund ¹kriechenª, oder indem sie mit spezialisierten, mikrotubuli-
Die wichtigsten Funktionen des Cytoskeletts: eine Ûbersicht
n 9.1 a±c. Aufbau und Funktionen des Cytoskeletts im Ûberblick. Die Schemazeichnungen zeigen a eine Epithelzelle, b eine Nervenzelle und c eine Zelle wåhrend der Teilung. In Epithel- und Nervenzellen dienen die Mikrotubuli vor allem als Stçtze und zum Organellentransport, wåhrend der Zellteilung dagegen bilden sie die Mitosespindel, ohne die sich die Chromosomen nicht trennen kæn-
n Abb. 9.2. Ein Beispiel fçr die Funktion der Mikrotubuli beim Organellentransport. Die Peroxisomen dieser Zelle (grçn markiert und durch Pfeile gekennzeichnet) sind eng mit den (rot wiedergegebenen) Mikrotubuli des Cytoskeletts assoziiert. Die Peroxisomen sind grçn gefårbt, weil sie ein Peroxisomenprotein enthalten, das an das grçn fluoreszierende Protein (Kap. 8.2.2) gekoppelt ist. Die Mikrotubuli wurden mit fluoreszenzmarkierten Antikærpern gefårbt und sehen deshalb rot aus. (Aus: Wiemer EAC et al (1997) J Cell Biol 136:78. Mit freundlicher Genehmigung von S. Bubramani; ° The Rockefeller Univ Press)
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nen. Die Intermediårfilamente haben sowohl in Epithel- als auch in Nervenzelle eine Stçtzfunktion. Mikrofilamente dienen als Gerçst fçr die Mikrovilli der Epithelzellen und sind ein unverzichtbarer Bestandteil des Bewegungsapparates, der an der Verlångerung und Teilung von Nervenzellen mitwirkt
haltigen Organellen (den Cilien und Flagellen), die aus der Zelloberflåche ragen, in ihrer wåssrigen Umgebung vorwårtspaddeln. In vielzelligen Tieren ist eine ganze Reihe verschiedenartiger Zellen zu selbstståndiger Fortbewegung in der Lage, darunter Samenzellen, weiûe Blutzellen und Fibroblasten (Abb. 9.3). Auch die Spitze eines wachenden Axons ist sehr beweglich (Abb. 9.1) und erinnert mit ihren Bewegungen an eine kriechende Blutzelle; n ein unentbehrlicher Bestandteil des Zellteilungsmechanismus. Cytoskelettelemente bilden den Apparat, der in Mitose und Meiose die Chromosomen trennt, und sie spalten auch die Ausgangszelle wåhrend der Cytokinese in die beiden Tochterzellen. Diese Vorgånge werden in Kap. 14 ausfçhrlich beschrieben.
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Cytoskelett und Zellbewegungen
n Abb. 9.3. $ & 8I < ?
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,$ Die Untersuchung des Cytoskeletts Das Cytoskelett gehært derzeit zu den aktuellsten Forschungsobjekten der Zellbiologie. Das liegt vor allem an neu entwickelten Methoden, mit denen man morphologische, biochemische und molekularbiologische Fragestellungen koordiniert angehen kann. Mittlerweile besitzen wir umfangreiche Kenntnisse çber die Familien der Cytoskelettproteine, çber die Organisation der Untereinheiten in den verschiedenen Faserstrukturen, çber die molekularen ¹Motorenª, die sich an den Filamenten entlangbewegen und die notwendigen Kråfte fçr die Bewegungen erzeugen, und çber die dynamischen Eigenschaften, die çber die råumliche Organisation sowie çber den Auf- und Abbau der verschiedenen Cytoskelettelemente bestimmen. Der folgende Ûberblick beschreibt kurz die wichtigsten Verfahren zur Untersuchung des Cytoskeletts. 9.2.1 Fluoreszenzmikroskopie Die Vorstellung, dass es in Eukaryotenzellen ein Geflecht von Cytoskelettelementen gibt, erwuchs erstmals in den fçnfziger und sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts aus der elektronenmikroskopischen Untersuchung von Gewebeschnitten. Aber das Elektronenmikroskop erzeugt immer nur unbewegliche Bilder und liefert deshalb kaum Einblicke in die dynamische Struktur und Funktion der verschiedenen Cytoskelettbestandteile. Dass unsere Kenntnisse çber den dynamischen Charakter des Cytoskeletts sich in den letzten Jahrzehnten stark erweitert haben, lag an umwålzenden neuen Methoden der Lichtmikro-
skopie. Eine entscheidende Rolle fçr diese Revolution spielte das Fluoreszenzmikroskop (Kap. 18.1), denn es schuf die Mæglichkeit, molekulare Vorgånge in lebenden Zellen unmittelbar zu beobachten. In dem am håufigsten verwendeten Verfahren werden fluoreszenzmarkierte Proteine in einer Zelle als Fusionsproteine mit GFP synthetisiert. Die Methode wurde im vorangegangenen Kapitel erærtert (Kap. 8.2.2); ein Beispiel zeigt Abb. 9.2. Bei einer anderen Methode erfolgt die Fluoreszenzmarkierung der Proteinuntereinheiten von Cytoskelettstrukturen (zum Beispiel von gereinigtem Tubulin oder Keratin) durch kovalente Kopplung an einen niedermolekularen Fluoreszenzfarbstoff. Die so markierten Untereinheiten bringt man dann durch Mikroinjektion in eine lebende Zelle, wo sie in die polymere Form des Proteins aufgenommen werden, beispielsweise in Mikrotubuli oder Intermediårfilamente. Anschlieûend kann man wåhrend der normalen Zelltåtigkeit das dynamische Verhalten dieser Struktur beobachten. Abbildung 9.4 zeigt die dramatischen Verånderungen von Långe und Orientierung einzelner Mikrotubuli an der Vorderkante einer Zelle, in die fluoreszenzmarkiertes Tubulin injiziert wurde. Injiziert man eine besonders kleine Menge des fluoreszenzmarkierten Proteins, werden die Cytoskelettfilamente nicht gleichmåûig markiert wie in Abb. 9.4, sondern sie enthalten in unregelmåûigen Abstånden fluoreszierende Flecken. Diese Flecken kann man als Fixpunkte nutzen und damit die Verånderungen von Långe und Orientierung der Filamente verfolgen. Ein Beispiel fçr das Verfahren, das auch als ¹Fluoreszenzfleckenmikroskopieª ( ) bezeichnet wird, zeigt Abb. 9.27. Mit der Fluoreszenzmikroskopie kann man in der Zelle auch die Lage eines Proteins ermitteln, das nur in sehr niedriger Konzentration vorliegt. Fçr solche Experimente verwendet man am besten fluoreszenzmarkierte Antikærper, die mit hoher Affinitåt an das gesuchte Protein binden. Antikærper sind besonders nçtzlich, weil sie auch zwischen eng verwandten Varianten (Isoformen) eines Proteins unterscheiden kænnen. Zur Lokalisierung des Proteins injiziert man den markierten Antikærper in eine lebende Zelle; håufig erhålt man auf diese Weise auch Aufschlçsse çber die Funktion des Zielproteins, denn durch die Anheftung eines Antikærpers verliert ein Protein in der Regel die Fåhigkeit, seine normale Aufgabe zu erfçllen. Man kann die Lage eines Proteins aber auch ermitteln, indem man den fluoreszierenden Antikærper fixierten Zellen oder Gewebeschnitten zusetzt (Abb. 9.5).
Die Untersuchung des Cytoskeletts
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,$$ Videomikroskopie und Laserstrahlen im In-vitro-Beweglichkeitsassay ,ie Digitalbilder moderner Videokameras haben ausgezeichneten Kontrast und lassen sich auûerdem durch computergestçtzte Bildverarbeitung weiter verbessern. Deshalb kann man auf diese Weise auch Objekte beobachten und fotografieren, die normalerweise im Lichtmikroskop unsichtbar sind, beispielsweise 25-nm-Mikrotubuli oder Membranvesikel mit einem Durchmesser von 40 nm. Die hoch auflæsende Videomikroskopie ermæglichte die Entwicklung von In-vi-
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% ; mit ihnen kann man die Tåtigkeit eines einzelnen Proteinmolekçls nachweisen, das als molekularer Motor arbeitet.1 Mit solchen Einzelmolekçluntersuchungen konnte man Messungen vornehmen, die mit den çblichen biochemischen Methoden nicht mæglich waren, weil diese immer Durchschnittswerte aus einer groûen Zahl von Molekçlen liefern. In einem solchen Verfahren werden Mikrotubuli an ein Deckglas gebunden. Dann bringt man mikroskopisch kleine Perlen mit angehefteten Motorproteinen mit Hilfe eng fokussierter Laserstrahlen unmittelbar zu den einzelnen Mikrotubuli. Die Laserstrahlen låsst man durch das Objektiv eines Mikroskops fallen, so dass sie in der Nåhe des Brennpunktes eine schwache Anziehungskraft erzeugen. Da man mit einer solchen Vorrichtung mikroskopisch kleine Gegenstånde greifen kann, bezeichnet man sie auch als
/ $. Unter geeigneten Bedingungen und mit ATP als Energiequelle kann man dann die Bewegungen einer Perle am Mikrotubulus entlang mit einer Videokamera verfolgen (Abb. 9.6) und die einzelnen Schritte des Motorproteins erkennen. Auûerdem kann man mit fokussierten Laserstrahlen eine einzelne Perle ¹einfangenª und die winzigen Kråfte ermitteln (die man in der Einheit Piconewton oder pN 1 Eine nåhere Beschreibung molekularer Motoren findet sich in Kap. 9.3.5.
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Cytoskelett und Zellbewegungen
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ausdrçckt), die ein einzelnes Motorprotein erzeugt, wenn es ¹sich bemçhtª, die Perle gegen die Kraft der optischen Falle zu bewegen (Abb. 11.5). Parallel zur Untersuchung einzelner Molekçle entwickelte sich ein neues Teilgebiet der Ingenieurtechnik, das als ) bezeichnet wird. Ihr Ziel ist die Entwicklung winziger ¹Nanomaschinenª mit einer Græûe von 10±100 nm, die im submikroskopischen Bereich ganz gezielte Aufgaben erfçllen kænnen. Man kann sich fçr Nanomaschinen viele nçtzliche Anwendungen vorstellen, besonders auch in der Medizin. Solche Maschinen kænnte man vielleicht in den menschlichen Organismus einschleusen, wo sie eine bestimmte Aufgabe erledigen, beispielsweise das Aufspçren und Abtæten einzelner Krebszellen. In der Natur haben sich solche Nanomaschinen bereits entwickelt, unter anderem in Form der Motorproteine, die in diesem Kapitel erærtert werden. Wie nicht anders zu erwarten, nutzen einige Nanotechnologie-Labors solche Motorproteine bereits zum Transport molekularer Frachten, die in lebenden Organismen nicht vorkommen. ,$' Zellen mit verånderter Genexpression Eine der besten Methoden, um etwas çber die Funktion eines bestimmten Polypeptids zu erfahren, ist die Untersuchung des Phånotyps von Zellen, in denen dieses Polypeptid entweder fehlt oder nicht funktioniert. Nachdem heute die Genome mehrerer Eukaryoten vollståndig se-
quenziert sind, kænnen wir den Beitrag aller Gene studieren, die fçr eine bestimmte Funktion gebraucht werden. Die Analyse des Genoms der Taufliege låsst beispielsweise darauf schlieûen, dass dieses Insekt mehr als 100 Gene besitzt, die Teile von Motorproteinkomplexen codieren. Jedes dieser Gene kann man isolieren, veråndern und gentechnisch ausschalten. Wie sich eine solche Inaktivierung eines Gens auf ein Lebewesen oder eine Zelle auswirkt, kann man mit drei experimentellen Verfahren untersuchen: n mit Knockout-Tieren ± meist Måusen ± denen ein bestimmtes Gen fehlt. In manchen Fållen ist an Knockout-Måusen trotz des fehlenden Proteins nur eine geringe oder çberhaupt keine Verånderung zu erkennen; in solchen Fållen erfåhrt man çber die potenzielle Funktion des Molekçls so gut wie nichts. In anderen Fållen zeigen Måuse, denen ein bestimmtes Gen fehlt, sehr spezifische Defekte; dies legt den starken Verdacht nahe, dass das fehlende Protein fçr den beeintråchtigten Vorgang eine wichtige Rolle spielt. Manchmal sterben Knockout-Måuse in einem frçhen Entwicklungsstadium, aber man kann Zellen aus den anormalen Embryonen isolieren und in Kultur nehmen, so dass man den molekularen Defekt untersuchen kann (Abb. 9.16). Bei Måusen zum Beispiel, denen ein Protein namens cytoplasmatisches Dynein fehlt, kommt
Die Untersuchung des Cytoskeletts
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die Embryonalentwicklung ungefåhr nach acht Tagen zum Stillstand. Bei der Untersuchung von Zellen aus derartigen Embryonen stellte sich heraus, dass der GolgiApparat zerstçckelt und çber das gesamte Cytoplasma verteilt war. Diese Befunde lassen darauf schlieûen, dass das cytoplasmatische Dynein entscheidend daran mitwirkt, den Golgi-Apparat in der Zelle an seine richtige Position zu bringen. n mit Zellen, die ein 9 / çberexprimieren, d. h. mit Zellen, die ein funktionsunfåhiges Protein in groûen Mengen produzieren. Solche Zellen erzeugt man in der Regel durch Transfektion: Man veranlasst Zellen, die verånderte DNA aufzunehmen und in ihre Chromosomen einzubauen. Sind die Zellen auf diese Weise gentechnisch veråndert, steht das mutierte Protein entweder mit seinem normalen Gegenstçck in Konkurrenz, oder es beeintråchtigt dessen Funktion auf andere Weise; in jedem Fall besitzt die Zelle den mutierten Phånotyp. Ein Beispiel fçr diese experimentelle Vorgehensweise zeigt Abb. 9.7. In Abb. 9.7 a sieht man die Kontrolle: eine Pigmentzelle des Krallenfrosches ? nach der Behandlung mit einem Hormon, das dafçr sorgt, dass die Pig-
mentkærner sich auf die Fortsåtze am Rand der Zelle verteilen. Im vollståndigen Tier hat diese Reaktion zur Folge, dass die Haut heller wird. Die Pigmentzelle in Abb. 9.7 b wurde mit demselben Hormon behandelt, enthålt aber eine çberexprimierte, mutierte Form eines Motorproteins namens Kinesin II. In solchen Zellen verteilen sich die Pigmentkærner nicht, ein Zeichen, dass Kinesin II fçr die Bewegung der Kærner zur Zellperipherie sorgt. n mit kleinen, doppelstrångigen RNA-Molekçlen (siRNAs), die komplementår zu der mRNA sind, welche das zu unersuchende Protein codiert. Wie in Abb. 11.38 dargestellt ist, kann man siRNAs in Tiere injizieren oder Zellkulturen zusetzen; in jedem Fall blockieren sie die Synthese aller Proteine, deren zugehærige mRNA die Nucleotidsequenz der siRNA enthålt. Da die Synthese kleiner RNA-Molekçle einfacher ist als die Herstellung eines Knockout-Tiers oder einer dominant-negativen Mutante, hat sich dieses Verfahren, das als )6$ bezeichnet wird, in den letzten Jahren zu einer beliebten Strategie entwickelt, wenn man untersuchen will, wie sich das Fehlen eines Proteins auswirkt.
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Cytoskelett und Zellbewegungen
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9.3 Mikrotubuli 9.3.1 Aufbau und Zusammensetzung
karyotenzellen vor und dienen als Bestandteile vielfåltiger Strukturen, darunter die Mitosespindel in Zellen, die sich teilen, sowie der Kern von Cilien und Flagellen. Mikrotubuli haben einen åuûeren Durchmesser von 25 nm und eine Wandstårke von etwa 4 nm; sie kænnen sich çber die gesamte Långe oder Breite einer Zelle ziehen. Die Wand jedes Mikrotubulus besteht aus globulåren Proteinmolekçlen, die in Långsreihen angeordnet sind; diese / liegen parallel zur Achse des Tubulus (Abb. 9.8 a). Im Querschnitt erkennt man, dass ein Mikrotubulus aus 13 Protofilamenten besteht, die in seiner Wand ringfærmig nebeneinander angeordnet sind (Abb. 9.8 b). Fçr die Aufrechterhaltung dieser Struktur dçrften nichtkovalente Wechselwirkungen zwischen benachbarten Protofilamenten eine wichtige Rolle spielen. Jedes Protofilament setzt sich aus Dimerbausteinen zusammen, die jeweils aus zwei globulå-
n Abb. 9.8 a±d. ( ? a ( & ? ! & 4 # 9B ?
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en Untereinheiten, dem - und dem -Tubulin bestehen. Die beiden Typen von Tubulin-Untereinheiten haben eine åhnliche Raumstruktur und lassen sich eng zusammenfçgen (Abb. 9.8 c). Die Tubulindimere sind im Protofilament hintereinander aufgereiht (Abb. 9.8 d). Da jeder Baustein ein Heterodimer aus zwei ungleichen Bestandteilen ist, ist das Protofilament asymmetrisch gebaut: an einem Ende befindet sich ein -Tubulin, am anderen ein -Tubulin. Alle Protofilamente eines Mikrotubulus haben die gleiche Polaritåt; entsprechend ist auch das Polymer als Ganzes polar. Das eine Ende eines Mikrotubulus wird als / # bezeichnet und trågt eine Reihe von -Tubulin-Untereinheiten (Abb 9.8 d). Auf der anderen Seite, am #, trågt der Mikrotubulus eine Reihe von -Tubulin-Bausteinen. Wie in diesem Kapitel spåter noch genauer erlåutert wird, ist die polare Struktur der Mikrotubuli ein wichtiger Faktor fçr ihr Wachstum und ihre Fåhigkeit, an gerichteten mechanischen Tåtigkeiten mitzuwirken. ,'$ Mikrotubuliassoziierte Proteine Mikrotubuli, die man aus lebendem Gewebe isoliert, sind in der Regel mit zusåtzlichen
$ / 3/ 4 verbunden. MAPs sind meist mit einer Domåne seitlich an den Mikrotubulus angeheftet, eine zweite Domåne ragt als Filament aus der Oberflåche des Mikrotubulus heraus. Die Bindung von MAP2 an einen Mikrotubulus ist in Abb. 9.9 dargestellt.
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Mikrotubuli
6:A
Manche MAPs sind in elektronenmikroskopischen Aufnahmen als Querverbindungen zwischen Mikrotubuli zu erkennen, die auf diese Weise ihre parallele Anordnung beibehalten. Im Allgemeinen erhæhen MAPs die Stabilitåt der Mikrotubuli und begçnstigen ihren Aufbau. Die Mikrotubuli-Bindungsaktivitåt der verschiedenen MAPs wird vor allem dadurch gesteuert, dass Proteinkinasen Phosphatgruppen an bestimmte Aminosåurereste anheften und Phosphatasen sie wieder entfernen. Eine anormal starke Phosphorylierung des MAP wurde mit mehreren schweren degenerativen Nervenkrankheiten in Verbindung gebracht. Die Gehirnzellen der Betroffenen enthalten seltsame, verworrene Filamente ( 1 1) aus tau-Molekçlen, die çbermåûig stark phosphoryliert sind und nicht an Mikrotubuli binden kænnen. Vermutlich tragen die neurofibrillåren Filamente zum Tod der Nervenzellen bei. Personen mit einer dieser Krankheiten, einer erblichen Verfallskrankheit namens FTDP-17, tragen Mutationen im Gen fçr tau. Die Verånderung dieses Proteins ist also offenbar die primåre Krankheitsursache. 9.3.3 Mikrotubuli als Strukturgerçst und Organisatoren Mikrotubuli sind relativ steif und widerstehen Kråften, die sie verbiegen oder zusammendrçcken kænnten. Wegen dieser Eigenschaft kænnen sie als mechanische Stçtze dienen, ganz åhnlich wie Stahltråger, die ein Bçrohochhaus stçtzen, oder wie die Stangen, die ein Zelt aufrecht halten. Die Verteilung der Mikrotubuli im Cytoplasma bestimmt mit çber die Form der Zelle. In Tierzellen, die in der Gewebekultur gezçchtet werden, erstrecken sich die Mikrotubuli von der Umgebung des Zellkerns sternfærmig nach auûen, was diesen Zellen eine runde, abgeflachte Form verleiht (Abb. 9.10). Dagegen sind die Mikrotubuli in den såulenfærmigen Epithelzellen normalerweise parallel zur Långsachse der Zelle angeordnet (Abb. 9.1 a). Diese Anordnung legt die Vermutung nahe, dass die Mikrotubuli dazu beitragen, die långliche Form der Zelle aufrechtzuerhalten. Besonders deutlich wird die Skelettfunktion der Mikrotubuli in manchen stark verlångerten Zellfortsåtzen, beispielsweise in den Cilien und Flagellen sowie in den Axonen der Nervenzellen. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel fçr die Rolle der Mikrotubuli bei der Aufrechterhaltung der Zellform bieten die langen, schlanken Fortsåtze (Axopodien) der Protisten aus der Gruppe der Heliozoa (Abb. 9.11). Jedes Axopodium enthålt eine Kernstruktur aus zahlreichen spiral-
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Cytoskelett und Zellbewegungen
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færmig angeordneten Mikrotubuli, von denen einzelne sich çber die ganze Långe des Fortsatzes erstrecken. Bei Pflanzenzellen tragen die Mikrotubuli indirekt zur Aufrechterhaltung der Zellform bei, weil sie die Ausbildung der Zellwand beeinflussen. In der Interphase liegen die meisten Mikrotubuli einer Pflanzenzelle unmittelbar unterhalb der Plasmamembran (wie in Abb. 9.8 b) und bilden dort eine abgegrenzte Rindenzone. Die Mikrotubuli dieser Rinde beeinflussen wahrscheinlich die Bewegungen der Enzyme, die in der Plasmamembran liegen und Cellulose synthetisieren (Abb. 7.37). Deshalb werden die Cellulose-Mikrofibrillen der Zellwand so synthetisiert, dass sie parallel zu den Mikrotubuli der darunter liegenden Rinde orientiert sind (Abb. 9.12).
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Die Orientierung der Mikrofibrillen ist ihrerseits ein wichtiger Faktor fçr die Wachstumseigenschaften der Zelle und beeinflusst damit auch ihre Form. In den meisten Zellen liegen neu synthetisierte Cellulose-Mikrofibrillen und die ebenso angeordneten Mikrotubuli im rechten Winkel zur Långsachse der Zelle wie die Reifen um ein Fass (Abb. 9.12). Und da die Mikrofibrillen der seitlichen Dehnung einen Widerstand
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entgegensetzen, richtet sich der Turgordruck auf die Enden der Zelle, so dass diese sich verlångert. Auûerdem sind Mikrotubuli nach heutiger Kenntnis auch von Bedeutung fçr die Aufrechterhaltung der inneren Organisation einer Zelle. Eine Behandlung mit Wirkstoffen, welche die Mikrotubuli zerstæren, hat håufig starke Auswirkungen auf die Lage der membranumhçllten Organellen wie ER und Golgi-Apparat. Der GolgiApparat liegt normalerweise ziemlich in der Mitte einer Tierzelle nicht weit vom Zellkern. Behandelt man die Zellen aber mit Nocodazol oder Colchicin, verteilen sich die Elemente des Golgi-Apparats unter Umstånden an der Zellperipherie. Entfernt man den Wirkstoff, bilden sich die Mikrotubuli neu, und die Golgi-Membranen kehren an ihre normale Position in der Zelle zurçck. ,' Mikrotubuli als Hilfsmittel fçr Bewegungen im Zellinneren In lebenden Zellen herrscht ståndig hektische Aktivitåt: Makromolekçle und Organellen wandern zielgerichtet von einem Ort zum anderen. Dieses Hin und Her kann man zwar verfolgen, wenn man die Bewegungen einzelner Teilchen in der Zelle beobachtet, die dahinter stehenden Vorgånge lassen sich aber in der Regel nur schwer aufklåren, weil die meisten Zellen kein hoch geordnetes Cytoskelett besitzen. So weiû man beispielsweise, dass der Materialtransport von einem Membrankompartiment zum anderen nur mit Mikrotubuli stattfinden kann: Zerstært man gezielt diese Cytoskelettelemente, kommt die Bewegung zum Stillstand. Zu Beginn unserer Betrachtung der intrazellulåren Bewegungen konzentrieren wir uns auf die Nervenzellen; Voraussetzung fçr die Bewegungsvorgånge ist hier eine hoch organisierte Anordnung der Mikrotubuli und anderer Cytoskelettelemente. - Das Axon eines einzelnen motorischen Neurons erstreckt sich unter Umstånden vom Rçckenmark bis zu einer Finger- oder Zehenspitze. Das Synthesezentrum einer solchen Nervenzelle ist der Zellkærper, ein rundlicher Teil der Zelle, der im unteren Rçckenmark liegt. Markierte Aminosåuren, die man in den Zellkærper injiziert, werden in markierte Proteine aufgenommen, und diese wandern dann in das Axon ein und durch seine ganze Långe. Die meisten Substanzen, beispielsweise Neurotransmitter, werden im ER und Golgi-Apparat des Zellkærpers in Membranvesi-
Mikrotubuli
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kel aufgenommen und dann entlang des Axons transportiert (Abb. 9.13 a). Auch Fracht, die nicht in Membranen verpackt ist ± beispielsweise RNA, Ribosomen und auch Cytoskelettelemente ± wird durch diesen ungeheuer langen Cytoplasmastrang transportiert. Die einzelnen Substanzen wandern dabei unterschiedlich schnell: Der schnellste Axontransport erreicht ein Tempo von bis zu 5 lm in der Sekunde. Bei dieser Geschwindigkeit kann ein synaptisches Vesikel, das von nanometergroûen Motorproteinen gezogen wird, an einem einzigen Tag etwa 40 cm zurçcklegen, also ungefåhr die halbe Strecke vom Rçckenmark bis zu einer Fingerspitze. Wandern Strukturen und Substanzen vom Zellkærper zu den Enden eines Neurons, spricht man von Transport. Andere Strukturen, so die Endocytosevesikel, die an den Axonenden entstehen und Regulationsfaktoren von Zielzellen transportieren, wandern in der umgekehrten, Richtung, also von der Synapse zum Zellkærper. In den Axonen befinden sich zahlreiche Cytoskelettstrukturen, darunter Bçndel von Mikrofilamenten, Intermediårfilamenten und Mikrotubuli, die auf unterschiedliche Weise verknçpft sind (Abb. 9.13 b, c). Mit Hilfe der Videomikroskopie kann man verfolgen, wie einzelne Vesikel an den Mikrotubuli eines Axons zum Zellkærper oder von ihm weg wandern (Abb. 9.14). Die Befunde lassen darauf schlieûen, dass anterograde und retrograde Bewegungen vorwiegend von Mikrotubuli in Gang gesetzt werden (Abb. 9.13 c). Aber wie finden die Vesikel und Ladungen ohne Membran an diesen Cytoskelettelementen entlang ihren Weg? Wie man schon seit einigen Jahrzehnten weiû, sind Mikrotubuli mehr oder weniger passive Gebilde; sie dienen als Schienen fçr zahlreiche , die in der Zelle die notwendigen Bewegungskråfte erzeugen. Die Untersuchung der Motorproteine ist in der Zell- und Molekularbiologie zu einem wichtigen Thema geworden, so dass man mittlerweile viel çber diese Molekçle und ihren Wirkungsmechanismus weiû; sie sind das Thema des nåchsten Abschnitts. 9.3.5 Motorproteine und ihre Wanderung an den Mikrotubuli des Cytoskeletts Die Motorproteine einer Zelle wandeln chemische Energie (die in ATP gespeichert ist) in mechanische Energie um, und diese bewegt dann die an den Motor angekoppelte Fracht. Zu den Ladungen, die von solchen Proteinen transportiert werden, gehæren Vesikel, Mitochon-
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Cytoskelett und Zellbewegungen
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drien, Chromosomen und andere Cytoskelettfasern. Unter Umstånden enthålt eine einzige Zelle Dutzende von verschiedenen Motorprotei-
nen, und jedes davon ist vermutlich auf die Bewegung ganz bestimmter Frachten in einem bestimmten Abschnitt der Zelle spezialisiert. Ins-
gesamt kann man drei groûe Gruppen von Motorproteinen unterscheiden: Kinesine, Dyneine und Myosine. Kinesine und Dyneine wandern an Mikrotubuli entlang, die Myosine benutzen Mikrofilamente als Schienen. Motorproteine, die sich zu diesem Zweck der Intermediårfilamente bedienen, kennt man nicht. Das ist auch nicht verwunderlich, denn die Intermediårfilamente sind nicht polar und liefern dem Motor deshalb keinen Anhaltspunkt fçr die richtige Richtung. Motorproteine bewegen sich schrittweise von einer Bindungsstelle zur nåchsten und nur in einer Richtung an ihrer Cytoskelettschiene entlang. Unterwegs macht das Protein eine Reihe von Konformationsånderungen durch, die sich zu einem % summieren. Die Schritte dieses mechanischen Zyklus sind mit den Stationen eines % gekoppelt, der die notwendige Energie fçr die Tåtigkeit des Motors liefert (ein Beispiel zeigt Abb. 9.62). Der chemische Zyklus umfasst folgende Schritte: Bindung eines ATP-Molekçls an den Motor, Hydrolyse des ATP, Freisetzung der Produkte (ADP und Pi) vom Motor und die Bindung eines neuen ATP-Molekçls. Die Bindung und Hydrolyse eines einzelnen ATP-Molekçls dient zum Antrieb eines Kraftschlages, der den Motor eine immer gleiche Strecke an der Schiene entlangbewegt. Wåhrend der Motor zu den aufeinander folgenden Bindungsstellen an dem Cytoskelettpolymer wandert, wiederholen sich der mechanische und der chemische Zyklus immer und immer wieder, so dass die Fracht çber betråchtliche Entfernungen gezogen wird. Dabei muss man immer bedenken, dass wir es hier mit Motoren von molekularen Ausmaûen zu tun haben, die im Gegensatz zu Maschinen von Menschenhand stark durch ihre Umwelt beeinflusst werden. So haben Motorproteine beispielsweise so gut wie kein Trågheitsmoment, aber sie unterliegen ungeheuren Reibungskråften aus ihrer Umgebung. Deshalb kommt ein Motorprotein praktisch sofort zum Stillstand, wenn die Energiezufuhr aufhært. Zunåchst betrachten wir den molekularen Aufbau der Kinesine; diese Proteine sind die kleinsten und am besten untersuchten molekularen Motoren. Im Jahr 1985 isolierten Ronald Vale und Kollegen aus dem Cytoplasma der Riesenaxone von Tintenfischen ein Motorprotein, das Mikrotubuli als Schienen benutzte. Dieses Protein, das sie auf den Namen tauften, wurde spåter praktisch in allen Eukaryotenzellen gefunden. Es ist ein Tetramer aus jeweils zwei gleichartigen
Mikrotubuli
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leichten und schweren Ketten (Abb. 9.15 a). Ein Kinesinmolekçl besteht aus mehreren Teilen und besitzt unter anderem ein Paar globulåre Kæpfe, die einen Mikrotubulus binden und als ATP-hydrolysierende, Kraft erzeugende ¹Maschinenª dienen. Zu jedem Kopf (auch 1 genannt) gehæren ein Hals, ein ståbchenfærmiger Stiel und ein fåcherfærmiger Schwanz, der an die Fracht bindet (Abb. 9.15 a). Ûberraschenderweise åhnelt die Motordomåne des Kinesins in ihrer Struktur stark der entsprechenden Domåne des Myosins, obwohl das Kinesinmolekçl insgesamt viel kleiner ist und obwohl die beiden Motoren an unterschiedlichen Schienen entlanglaufen. Kinesin und Myosin haben sich in der Evolution mit ziemlicher Sicherheit aus einem gemeinsamen Vorlåuferprotein entwickelt, das zu einer primitiven Eukaryotenzelle gehærte. Wenn man gereinigte Kinesinmolekçle mit Perlen koppelt und dann in einem B $-Beweglichkeitsassay beobachtet (Kap. 9.2.3), wandern die Perlen an den Mikrotubuli entlang in Richtung von deren Plus-Ende (Abb. 9.6). Deshalb bezeichnet man das Kinesin als / # 0 Im Axon, wo alle Mikrotubuli mit dem Minus-Ende in Richtung des Zellkærpers orientiert sind, transportiert Kinesin seine Lasten in Richtung der endståndigen Synapse. Die Entdeckung des Kinesins wird auf der Seite ¹Experimental Pathwaysª beschrieben, die unter +++ + @ @ zu finden ist. Ein einzelnes Kinesinmolekçl wandert an einem einzigen Protofilament eines Mikrotubulus entlang; seine Geschwindigkeit ist dabei (bis zu einer Hæchstgeschwindigkeit von etwa 1 lm in der Sekunde) proportional zur ATP-Konzentration. Bei niedriger ATP-Konzentration bewegen sich die Kinesinmolekçle so langsam, dass man ihre einzelnen Schritte erkennen kann (Abb. 9.15 b) Jeder Schritt ist ungefåhr 8 nm lang ± die gleiche Långe hat auch ein Tubulindimer im Protofilament ± und erfordert die Hydrolyse eines ATP-Molekçls. Fçr die schrittweise Bewegung der Kinesinkæpfe wurden zwei verschiedene Szenarien vorgeschlagen. In dem ¹Handçber-Hand-Mechanismusª in Abb. 9.15 b (oben) wechseln die beiden Kæpfe sich in der vorderen und hinteren Position ab. Eine solche Bewegung setzt voraus, dass der nachhinkende Kopf sich bei jedem Schritt um 1808 dreht und çber den fçhrenden Kopf hinçberschwingt. In dem ¹Spannerraupenmechanismusª in Abb. 9.15 b (oben) dagegen liegt immer ein Kopf vorn und einer hinten, das heiût, wåhrend der Wanderung des Kinesins findet keine Drehung der Kæpfe statt. Fçr beide Mechanismen sprechen stichhaltige
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/ntersuchungsbefunde; um zwischen ihnen zu unterscheiden, muss man weitere Experimente anstellen. Die Bewegung der Kinesinmolekçle ist sowohl als auch stark $
9, d. h. das Motorprotein wandert in der Regel çber betråchtliche Entfernungen (mehr als 1 lm) an demselben Mikrotubulus entlang, ohne sich von ihm zu læsen. Ein Kinesinmolekçl mit seinen zwei Kæpfen ist dazu in der Lage, weil immer (in beiden Modellen in Abb. 9.15 b) mindestens ein Kopf am Mikrotubulus angeheftet ist. Ein Motorprotein mit dieser Eigenschaft eignet sich gut fçr den selbstståndigen Langstreckentransport kleiner Frachtpakete. Die beiden Kæpfe eines Kinesinmolekçls arbeiten koordiniert zusammen und befinden sich deshalb zu jedem Zeitpunkt in unterschiedlichen Stadien ihres mechanischen und chemischen Zyklus. Wenn ein Kopf an den Mikrotubulus bin-
det, læst die Wechselwirkung in der zugehærigen Halsregion des Proteins eine Konformationsånderung aus. Konformationsånderungen im Hals verstårken die Bewegungen innerhalb der Motordomåne, so dass der andere Kopf sich zu seiner Bindungsstelle am Protofilament vorwårtsbewegt. Diese Konformationsånderungen zeigt Abb. 9.15 c; dort erkennt man den Halsund Kopfbereich einer monomeren schweren Kinesinkette, die mit einem Mikrotubulus assoziiert ist. Die Kraft, die durch die Katalysatortåtigkeit des Kopfes entsteht, fçhrt zu umfangreichen Bewegungen des Halses, der in dieser Abbildung nicht an einen zweiten Kinesinkopf, sondern an ein GFP-Molekçl (das grçne tonnenfærmige Protein) gekoppelt ist. Das 1985 entdeckte Molekçl, das auch als ¹konventionelles Kinesinª oder Kinesin I bezeichnet wird, ist nur ein Mitglied aus eine Superfamilie verwandter Proteine, die wir hier 1
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$ , 8/ ) nennen wollen. Aus der Analyse von Genomsequenzen weiû man, dass Såugetiere ungefåhr 45 verschiedene KLPs synthetisieren. Die Motordomånen dieser Proteine haben åhnliche Aminosåuresequenzen, in denen sich sowohl ihre gemeinsame entwicklungsgeschichtliche Abstammung als auch ihre åhnliche Funktion beim Transport an Mikrotubuli widerspiegeln. In den Schwånzen der KLPs sind die Sequenzen dagegen sehr vielfåltig, entsprechend den verschiedenen Ladungen, die von diesen Motoren gezogen werden. Man hat eine ganze Reihe von Proteinen identifiziert, die mæglicherweise als Adapter dienen und spezifisch einzelne KLPs an ihre Fracht koppeln. Wie das Kinesin, so wandern auch die meisten KLPs an dem Mikrotubulus, an den sie gebunden sind, in Richtung des Plus-Endes. Die KLPs einer kleinen Unterfamilie jedoch, unter ihnen das eingehend untersuchte Protein Ncd von , wandern in die umgekehrte Richtung, das heiût zum Minus-Ende des Mikrotubulus. Eigentlich sollte man erwarten, dass die Kæpfe der Plus- und Minus-Ende-orientierten KLPs unterschiedlich gebaut sind, weil sie die katalytisch aktiven Motordomånen enthalten. In Wirklichkeit sind die Kæpfe der beiden Proteintypen jedoch fast nicht zu unterscheiden. Die unterschiedlichen Bewegungsrichtungen konnte man auf Unterschiede in den Halsregionen der beiden Proteine zurçckfçhren. Verbindet man den Kopf eines Minus-Ende-orientierten NcdMolekçls mit Hals und Stiel eines Kinesins, wandert das gemischte Protein zum Plus-Ende der Schiene. Obwohl die katalytische Domåne des Hybridproteins sich also normalerweise zum Minus-Ende des Mikrotubulus bewegen wçrde, wandert es zum Plus-Ende, wenn es mit dem Hals eines entsprechend orientierten Motorproteins verbunden ist. Die kinesinåhnlichen Proteine einer dritten kleinen Unterfamilie sind çberhaupt nicht zu Bewegungen in der Lage. Die KLPs dieser Gruppe wirken nach heutiger Kenntnis nicht als molekulare Motoren, sondern sie destabilisieren die Mikrotubuli. 9 ( In Kap. 8 haben wir erfahren, wie Vesikel von einem membranumhçllten Kompartiment zum anderen wandern, beispielsweise vom Golgi-Apparat zu einem Lysosom. Auf welchen Routen sich Vesikel und Organellen dabei durch das Cytoplasma bewegen, hångt im Wesentlichen von den Mikrotubuli ab (Abb. 9.1). Mitglieder der Kinesin-Superfamilie sind die Krafterzeuger, welche die Bewegungen der membranumhçllten
Mikrotubuli
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Fracht antreiben. In den meisten Zellen sind die Mikrotubuli wie in den Axonen so angeordnet, dass das Plus-Ende vom Zentrum der Zelle weg orientiert ist. Deshalb ziehen Kinesine und kinesinåhnliche Proteine die Vesikel und Organellen (zum Beispiel Peroxisomen und Mitochondrien) in der Regel nach auûen in Richtung der Plasmamembran. Dies erkennt man in den Mikroskopaufnahmen in Abb. 9.16. Die beiden Aufnahmen links zeigen eine Zelle aus einem normalen, 9,5 Tage alten Mausembryo, die so gefårbt wurde, dass man die Lage der Mikrotubuli (grçn) und Mitochondrien (orange) erkennt. Die Zelle auf den beiden rechten Bildern stammt ebenfalls aus einem 9,5 Tage alten Mausembryo; diesem fehlen aber beide Exemplare des Gens, das die schwere Kette des Kinesins KIF5B codiert. In der Peripherie der Zelle ohne KIF5B sind keine Mitochondrien zu erkennen ± genau das erwartet man, wenn dieses Plus-Ende-orientierte Kinesin fçr die Wanderung der Organellen nach auûen sorgt (s. auch Abb. 9.17 b). Die Rolle der kinesinåhnlichen Proteine bei der Zellteilung wird in Kap. 14 genauer erærtert. +% % Der erste mikrotubuliassoziierte Motor wurde bereits 1963 entdeckt; dieses Protein, das fçr die Bewegungen der Cilien und Flagellen sorgt, erhielt den Namen % . Sofort vermutete man, dass es auch eine cytoplasmatische Form geben muss, aber es sollten noch çber 20 Jahre vergehen, bevor man aus Gehirngewebe von Såugetieren ein åhnliches Protein reinigen und charakterisieren konnte, das man dann % % nannte. Das cytoplasmatische Dynein ist im gesamten Tierreich verbreitet; ob es auch bei Pflanzen vorkommt, ist jedoch umstritten. Das cytoplasmatische Dynein ist ein riesiges Protein mit einem Molekulargewicht von etwa 1,5 Mio. Es besteht aus zwei gleichartigen schweren Ketten sowie verschiedenen mittelschweren und leichten Ketten (Abb. 9.17 a). Jede schwere Kette besitzt einen groûen, globulåren Kopf mit zwei långlichen Fortsåtzen oder Stielen. Der Dyneinkopf ist um eine Zehnerpotenz græûer als der Kopf des Kinesins und dient als Kraft erzeugende Maschine. An den Spitzen der Stiele befinden sich die unentbehrlichen Bindungsstellen fçr den Mikrotubulus. An dem långeren Fortsatz, auch Stamm genannt, binden die mittelschweren und leichten Ketten, die beim Ankoppeln verschiedenartiger Ladungen beteiligt sind. Wie man in jçngerer Zeit durch Strukturanalysen festgestellt hat, besteht die Motordomåne des Dyneins aus mehreren abgegrenzten Mo-
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ulen, die in Form eines Rades angeordnet sind (Abb. 9.36). B $-Beweglichkeitsassays zeigen, dass das cytoplasmatische Dynein sich prozessiv in Richtung des Minus-Endes an einem Mikrotubulus entlang bewegt, also in Gegenrichtung zum Kinesin (Abb. 9.17 b). Zahlreiche Befunde lassen darauf schlieûen, dass das cytoplasmatische Dynein mindestens zwei Funktionen erfçllt:
der Organellen im Cytoplasma und mit der anterograden Bewegung der Mikrotubuli in Verbindung bringen. In Fibroblasten und anderen Zellen, die keine Nervenzellen sind, transportiert das cytoplasmatische Dynein nach heutiger Kenntnis membranumhçllte Organellen von der Zellperipherie ins Zentrum (Abb. 9.17 c). Bei der Ladung, die auf diese Weise vom Dynein transportiert wird, handelt es sich unter anderem um Endosomen und Lysosomen, Vesikel auf dem Weg vom ER zum Golgi-Apparat und das HI-Virus, das zum Kern einer infizierten Zelle transportiert wird. Das cytoplasmatische Dynein tritt nicht unmittelbar mit seinen membranumhçllten Frachtpaketen in Wechselwirkung, sondern es ist dazu auf das % angewiesen, einen Adapter aus mehreren Untereinheiten. Dynactin steuert wahrscheinlich auch die Aktivitåt des Dyneins und trågt dazu bei, dass das Motorprotein an den Mikrotubulus bindet. Nach dem in Abb. 9.17 c wiedergegebenen, vermutlich çbermåûig stark vereinfachten Modell transportieren Kinesin und cytoplasmatisches Dynein åhnliche Ladungen auf demselben
n als Krafterzeuger bei der Anordnung der Spindel und der Chromosomenwanderung wåhrend der Mitose (die in Kap. 14 genauer erærtert wird); n als Minus-Ende-orientierter Mikrotubulimotor fçr die Positionierung des GolgiApparates sowie fçr die Wanderung der Organellen, Vesikel und Partikel durch das Cytoplasma. In Nervenzellen konnte man das cytoplasmatische Dynein mit der retrograden Wanderung
Mikrotubuli
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Schienennetz in entgegengesetzte Richtungen. Wie man in Abb. 9.17 b erkennt, dçrften einzelnen Organellen gleichzeitig an Kinesin und Dynein binden, wobei allerdings wohl jeweils nur eines von beiden aktiv ist. Wie in Kap. 9.5.2 genauer erlåutert wird, dçrfte Myosin auch auf manchen dieser Organellen vorkommen.
aus den /-Tubulin-Dimeren in zwei unterscheidbaren Phasen: auf eine Phase der langsamen ) , in der zunåchst ein kleiner Teil des Mikrotubulus entsteht, folgt eine Phase der wesentlich schnelleren # . In der Zelle låuft die Neubildung von Mikrotubuli jedoch im Gegensatz zum B $-Versuch sehr schnell und in Verbindung mit spezialisierten Strukturen ab, den (
$ ( $ 7 , !(+ ). Das bestuntersuchte MTOC ist das Centrosom.
,'/ Mikrotubuli-Organisationszentren (MTOCs) Welche Aufgabe ein Mikrotubulus in einer lebenden Zelle erfçllt, hångt von seiner Lage und Orientierung ab. Deshalb muss man wissen, warum sich ein Mikrotubulus an einer Stelle bildet, an einer anderen jedoch nicht. In B $-Experimenten erfolgt der Aufbau eines Mikrotubulus
+ In Tierzellen wird die Neubildung von Mikrotubuli im Cytoplasma vom + in Gang
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gesetzt, einer kompliziert gebauten Struktur mit zwei tonnenfærmigen + , die von dem amorphen, elektronendichten 1 oder /+ umgeben ist (Abb. 9.18 a, b). Centriolen sind zylinderfærmige Gebilde mit einem Durchmesser von etwa 0,2 lm und meist ungefåhr der doppelten Långe. Jede Centriole enthålt in gleichen Abstånden neun Fibrillen, und im Querschnitt erkennt man, dass jede Fibrille ein Bçndel aus drei Mikrotubuli darstellt, die als A, B und C bezeichnet werden. Nur der A-Tubulus ist ein vollståndiger Mikrotubulus (Abb. 9.18 a, b); er ist çber eine radiale Speiche mit der Mitte der Centriole verbunden. Die drei Mikrotubuli jeder Gruppe sind so angeordnet, dass sich fçr die Centriole das charakteristische Bild eines Zahnrades ergibt. Centriolen kommen fast immer paarweise
in rechtwinkliger Anordnung vor (Abb. 9.18 a, c). Durch Behandlung isolierter Centriolen mit 1,0 M Kaliumiodid werden etwa 90% der PCM-Proteine entfernt, und es bleibt ein Gerçst aus spaghettiåhnlichen, unlæslichen Fasern zurçck (Abb. 9.18 d). Wie spåter noch genauer erlåutert wird, ist das Centrosom in Tierzellen der wichtigste Ort fçr die Neubildung von Mikrotubuli; es verbleibt in der Regel auch danach im Zentrum des Mikrotubuligeflechts. Eines der ersten Experimente, in denen die Bedeutung des Centrosoms fçr Entstehung und Organisation des Mikrotubuli-Cytoskeletts nachgewiesen wurde, zeigt Abb. 9.19. Die Mikrotubuli einer Gewebekultur-Tierzelle wurden zunåchst depolymerisiert, indem die Zelle mit Colcemid behandelt wurde, einem Wirkstoff, der an
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'ubulin-Untereinheiten bindet und ihre Nutzung durch die Zelle verhindert. Anschlieûend wurde der Wiederaufbau der Mikrotubuli verfolgt: Man entfernte das Colcemid, fixierte die Zellen nach unterschiedlich langen Zeitråumen und behandelte die fixierten Zellen mit Antikærpern gegen Tubulin. Wenige Minuten nach Aufhebung der Hemmung kann man im Cytoplasma der einzelnen Zellen jeweils einen oder zwei fluoreszierende Flecken erkennen. Nach 15 bis 30 Minuten (Abb. 9.19 a) steigt die Zahl der markieren Filamente, die von diesen Brennpunkten ausgehen, drastisch an. Untersucht man Dçnnschnitte derselben Zellen im Elektronenmikroskop, so stellt man fest, dass die neu gebildeten Mikrotubuli von einem Centrosom nach auûen ausstrahlen. Bei nåherem Hinsehen erkennt man, dass die Mikrotubuli nicht ins eigentliche Centrosom eindringen und auch keinen Kontakt mit den Centriolen haben; sie enden vielmehr in dem dichten pericentriolåren Material am Rand des Centrosoms. Dieses Material setzt die Neubildung der Mikrotubuli in Gang (Abb. 9.21 c). Die Centriolen sind also an der Entstehung der Mikrotubuli nicht unmittelbar beteiligt, sie wirken aber vermutlich mit, wenn das umgebende PCM zum Aufbau de Centrosoms herangezogen wird, und spielen auch eine Rolle fçr den allgemeinen Vorgang der Centrosomenverdoppelung, der in Kap. 14.2 ausfçhrlich erærtert wird. Wie das zuvor beschriebene Experiment deutlich macht, sind die Centrosomen der Ort der
Mikrotubuli-Neubildung. Solche Mikrotubuli haben stets die gleiche Polaritåt: Das Minus-Ende ist mit dem Centrosom assoziiert, auf der anderen Seite befindet sich das wachsende Plus-Ende (Abb. 9.19 b). Die Mikrotubuli gehen also vom MTOC aus, werden aber am anderen Ende des Polymers verlångert. Das wachsende Ende eines Mikrotubulus dçrfte eine Vielzahl spezifischer Proteine enthalten, die dazu beitragen, dass der Mikrotubulus an ein bestimmtes Ziel angeheftet wird, in einer Interphasezelle beispielsweise an ein Endosom oder eine Golgi-Zisterne, in einer Mitosezelle an ein kondensiertes Chromosom. Der Anteil der Mikrotubuli, der mit dem Centrosom assoziiert bleibt, ist je nach Zelltyp sehr unterschiedlich. In nichtpolaren Zellen (zum Beispiel Fibroblasten) liegt das Centrosom gewæhnlich in der Nåhe des Zellmittelpunktes und bleibt mit den Minus-Enden einer groûen Zahl von Mikrotubuli verbunden (wie in Abb. 9.18 e). In den polaren Epithelzellen dagegen sind viele Mikrotubuli mit dem Minus-Ende an verschiedene Stellen nicht weit vom apikalen Ende der Zelle gebunden, und die Plus-Enden erstrecken sich zur basalen Oberflåche der Zelle (Abb. 9.1). Auch das Axon einer Nervenzelle enthålt zahlreiche Mikrotubuli, die nicht mit dem Centrosom ± das sich im Zellkærper befindet ± verknçpft sind. Solche Axon-Mikrotubuli werden anfangs ebenfalls am Centrosom gebildet, trennen sich aber dann von ihm und werden von Motorproteinen ins Axon transportiert. Manche Tierzel-
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Cytoskelett und Zellbewegungen
len, beispielsweise die Oocyten von Måusen, besitzen çberhaupt keine Centrosomen, und doch sind auch sie in der Lage, kompliziert gebaute Mikrotubulistrukturen wie die in Kap. 14 genauer beschriebene Mitosespindel auszubilden.
kænnen bei Pflanzenzellen nach heutiger Kenntnis neue Mikrotubuli entstehen.
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Centrosomen sind in den Zellen nicht die einzigen MTOCs. In Cilien und Flagellen zum Beispiel entstehen die åuûeren Mikrotubuli am 7
, einer Struktur an der Basis des Ciliums oder der Flagelle (Abb. 9.32). Basalkærper haben die gleiche Struktur wie Centriolen, und das eine kann sogar aus dem anderen hervorgehen. So stammt der Basalkærper, der die Flagelle einer Samenzelle hervorbringt, von einer Centriole aus der Meiosespindel der Spermatocyte ab, aus der die Samenzelle entstanden ist. Umgekehrt wird der Basalkærper der Samenzelle in der Regel in der ersten Mitoseteilung der befruchteten Eizelle zur Centriole. Pflanzenzellen besitzen weder Centrosomen noch Centriolen. Ihre MTOCs sind weiter verteilt als die der Tierzellen. In pflanzlichen Endospermzellen beispielsweise liegen auf der Auûenseite der Kernhçlle besondere Abschnitte mit Material, von dem die Mikrotubuli des Cytoskeletts ausgehen (Abb. 9.20). Auch in der Zellrinde
) 9 Ungeachtet ihres unterschiedlichen Aussehens erfçllen alle MTOCs in såmtlichen Zellen åhnliche Aufgaben. Sie steuern die Zahl der Mikrotubuli, ihre Polaritåt, die Zahl der Protofilamente in ihren Wånden sowie Zeitpunkt und Ort ihrer Entstehung. Auûerdem haben alle MTOCs einen Proteinbestandteil gemeinsam: das Mitte der 1980er Jahre entdeckte c! . Im Gegensatz zu - und -Tubulin, die in Zellen auûer den Nervenzellen etwa 2,5% der gesamten Proteinmenge ausmachen, trågt das -Tubulin nur rund 0,005% zum Proteingehalt bei. Fluoreszierende Antikærper gegen -Tubulin fårben MTOCs aller Typen an, auch das pericentriolåre Material der Centrosomen (Abb. 9.21 a); man kann also davon ausgehen, dass das -Tubulin fçr die Neubildung von Mikrotubuli unentbehrlich ist. Fçr diese Schlussfolgerung sprechen auch andere Untersuchungsergebnisse. Durch Mikroinjektion von Antikærpern gegen -Tubulin in eine lebende Zelle kann man beispielsweise den Neuaufbau von Mikrotubuli verhindern, die man zuvor durch chemische Wirkstoffe oder niedrige Temperatur zur Depolymerisation veranlasst hat.
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/nd gentechnisch verånderte Pilzzellen, die kein -Tubulin synthetisieren kænnen, bauen auch keine normalen Mikrotubuli auf. Um den Mechanismus der Mikrotubuli-Neubildung aufzuklåren, konzentrierte man sich auf Struktur und Zusammensetzung des pericentriolåren Materials (PCM) an der Peripherie der Centrosomen. Die unlæslichen Fasern im PCM (Abb. 9.18 d) dienen nach heutiger Kenntnis als Anheftungsstellen fçr ringfærmige Strukturen, die mit 25 nm den gleichen Durchmesser haben wie Mikrotubuli und -Tubulin enthalten. Entdeckt wurden diese Ringe, als man Centrosomen reinigte und mit goldmarkierten Antikærpern inkubierte, die an -Tubulin banden. Im Elektronenmikroskop war zu erkennen, dass die Goldteilchen gehåuft in Halbkreisen oder Kreisen am Minus-Ende der Mikrotubuli lagen (Abb. 9.21 b). Diese Enden der Mikrotubuli sind bei der Neubildung in das PCM des Centrosoms eingebettet. Øhnliche Ringstrukturen aus -Tubulin (- $ A , -TuRCs) konnte man auch aus Zellextrakten isolieren und dann nachweisen, dass sie die Mikrotubulibildung in Gang setzen. Diese und andere Befunde spre-
chen fçr das Modell in Abb. 9.21 c: Eine Spiralanordnung aus -Tubulin-Untereinheiten (braun) bildet eine offene, ringfærmige Matrize, an der sich die erste Reihe der /-Tubulindimere zusammenfindet. Nach dieser Vorstellung bindet nur das -Tubulin des Heterodimers an einen Ring aus -Untereinheiten. Das -TuRC bestimmt also çber die Polaritåt des gesamten Mikrotubulus und bildet auûerdem am Minus-Ende einen Abschluss. ,'2 Die dynamischen Eigenschaften der Mikrotubuli Morphologisch sehen zwar alle Mikrotubuli sehr åhnlich aus, in ihrer Stabilitåt gibt es aber deutliche Unterschiede. Die Mikrotubuli der Mitosespindel und des Cytoskeletts sind sehr labil und zerfallen leicht. In ausgereiften Neuronen sind sie wesentlich stabiler; noch hæher ist die Stabilitåt der Mikrotubuli von Centriolen, Cilien und Flagellen. Man kann lebende Zellen verschiedenen Behandlungen unterwerfen, die im Cytoskelett zur Auflæsung labiler Mikrotubuli fçhren,
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Cytoskelett und Zellbewegungen
ohne andere Zellstrukturen zu zerstæren. Die Auflæsung ist durch verschiedene Einflçsse zu erreichen: durch niedrige Temperatur, hydrostatischen Druck, erhæhte Ca2+-Konzentration oder verschiedene chemische Substanzen, darunter Colchicin, Vinblastin, Vincristin, Nocodazol und Podophyllotoxin. Durch einen ganz anderen Mechanismus unterbindet der Wirkstoff Taxol die dynamischen Aktivitåten der Mikrotubuli. Taxol bindet an das Polymer des Mikrotubulus, hemmt seine Auflæsung und verhindert so, dass die Zelle ihrem Bedarf entsprechend neue Mikrotubuli aufbaut. Viele der genannten Verbindungen, auch das Taxol, werden in der Krebs-Chemotherapie eingesetzt, weil sie bevorzugt Tumorzellen abtæten. Jahrelang hatte man angenommen, Krebszellen seien wegen ihrer hohen Zellteilungsgeschwindigkeit besonders empfindlich fçr solche Wirkstoffe. Neueren Forschungsergebnissen zufolge ist das jedoch nicht der einzige Grund. Wie in Kap. 14 ausfçhrlich erærtert wird, gibt es in normalen Zellen einen ¹Kontrollpunktª, d. h. einen Mechanismus, der die Zellteilung verhindert, solange Wirkstoffe wie Vinblastin oder Taxol die Mitosespindel veråndern. Deshalb kommt die Vermehrung solcher Zellen zum Stillstand, bis der Wirkstoff aus dem Organismus beseitigt wurde. Vielen Krebszellen dagegen fehlt dieser Mitose-Kontrollpunkt, und sie versuchen ihren Teilungszyklus auch dann zu vollenden, wenn keine funktionsfåhige Mitosespindel vorhanden ist. Dies fçhrt in der Regel zum Tod der Tumorzelle. In der Labilitåt der Cytoskelett-Mikrotubuli spiegelt sich die Tatsache wider, dass sie Polymere sind, die sich durch die nichtkovalente Zusammenlagerung von Dimeren bilden. Die Mikrotubuli des Cytoskeletts depolymerisieren und polymerisieren normalerweise je nach den wechselnden Bedçrfnissen der Zelle. Sehr deutlich erkennt man den dynamischen Charakter des Mi-
n 9.22. ier wichtige Mikrotubulianordnungen im Zellzyklus einer Pflanzenzelle. Die Organisation der Mikrotubuli in den verschiedenen Phasen wird im Haupttext ge-
krotubuli-Cytoskeletts bei Pflanzenzellen. Beobachtet man eine typische Pflanzenzelle von einer Mitoseteilung bis zur nåchsten, tauchen nacheinander vier verschiedene Mikrotubulianordnungen auf (Abb. 9.22): n Wåhrend des græûten Teils der Interphase verteilen sich die Mikrotubuli in der Zellrinde (Abb. 9.22, Stadium 1). n Wenn die Mitose nåher rçckt, verschwinden die Mikrotubuli aus dem græûten Teil der Zellrinde, und es bleibt nur ein einziges, quer verlaufendes Band, das als Pråprophaseband bezeichnet wird und die Zelle wie ein Gçrtel umschlieût (Abb. 9.22, Stadium 2). Das Pråprophaseband kennzeichnet die Lage der spåteren Teilungsebene. n Wenn die Zelle in die Mitose eintritt, verschwindet das Pråprophaseband und die Mikrotubuli tauchen in Form der Mitosespindel wieder auf (Abb. 9.22, Stadium 3). n Nach der Trennung der Chromosomen verschwindet die Mitosespindel. An ihre Stelle tritt ein Mikrotubulibçndel, das als Ph bezeichnet wird (Abb. 9.22, Stadium 4). Der Phragmoplast wirkt an der Entstehung der Zellwand mit, die die beiden Tochterzellen trennt (Abb. 14.38). Diese tief greifenden Verånderungen in der råumlichen Anordnung der Mikrotubuli werden nach heutiger Kenntnis durch das Zusammenwirken zweier getrennter Mechanismen verursacht: erstens durch die Umordnung vorhandener Mikrotubuli und zweitens durch die Auflæsung vorhandener und die Bildung neuer Mikrotubuli in verschiedenen Bereichen der Zelle. So entstehen die Mikrotubuli in der Zellrinde
nauer beschrieben. (Nach: Goddart H et al (1994) Plant Physiol 104:2)
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aus denselben Untereinheiten, die wenige Minuten zuvor noch als Bausteine des Phragmoplasten und davor der Mitosespindel gedient haben. Unsere Kenntnisse çber die Faktoren, die sich auf die Geschwindigkeit von Wachstum und Schrumpfung der Mikrotubuli auswirken, stammen vorwiegend aus B $-Untersuchungen des Auf- und Abbaues von Mikrotubuli. In-vitro % 9 Den ersten erfolgreichen Versuch, Mikrotubuli im Reagenzglas aufzubauen, unternahm Richard Weisenberg von der Temple University im Jahr 1972. Er ging von der Ûberlegung aus, dass ein Zellhomogenat eigentlich alle Makromolekçle enthalten mçsste, die fçr den Aufbau erforderlich sind. In einem Rohextrakt von Gehirnzellen, dem er Mg2+, GTP und EGTA (das Ca2+ bindet, einen Hemmstoff fçr die Polymerisation) zugesetzt hatte, konnte er bei 37 8C tatsåchlich die Polymerisation von Tubulin beobachten. Wie Weisenberg feststellte, kann man Mikrotubuli immer wieder zum Auf- und Abbau veranlassen, einfach indem man die Temperatur des Inkubationsansatzes abwechselnd erhæht und senkt. Abbildung 9.23 zeigt drei Mikrotubuli, die im Reagenzglas aus gereinigtem Tubulin aufgebaut wurden. Wie man leicht erkennt, enthålt einer der drei Mikrotubuli nur elf Protofilamente (was sich durch einen geringeren Durchmesser bemerkbar macht). Die Beobachtung, dass zusammengesetzte Mikrotubuli eine anormale
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Zahl von Protofilamenten enthalten, kommt nicht unerwartet, denn ihnen fehlt die richtige Matrize (Abb. 9.21 c), die von dem Ring aus -Tubulin-Komplexen zur Verfçgung gestellt wird. Der B $-Aufbau von Mikrotubuli wird stark begçnstigt, wenn man MAPs, Bruchstçcke von Mikrotubuli oder mikrotubulihaltige Strukturen zusetzt (Abb. 9.24), denn diese dienen dann als Matrizen fçr die Anlagerung freier Untereinheiten. In solchen B $-Experimenten werden die Tubulinuntereinheiten vorwiegend an das Plus-Ende des vorhandenen Polymers angefçgt. In ersten B $-Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass der Aufbau von Mikrotubuli GTP erfordert. Damit die Tubulindimere zusammengesetzt werden kænnen, muss ein GTP-Molekçl an die -Tubulin-Untereinheit gebunden sein.2 Fçr den eigentlichen Einbau des Dimers am Ende eines Mikrotubulus ist keine GTP-Hydrolyse erforderlich. Das GTP wird vielmehr zu GDP hydrolysiert, kurz nachdem das Dimer in den Mikrotubulus aufgenommen wurde; das dabei entstehende GDP bleibt an das Polymer gebunden. Nachdem ein Dimer beim Abbau des Mikrotubulus freigesetzt wurde und in den Vor2 Auch an die -Tubulin-Untereinheit ist ein GTP-Molekçl gebunden, dieses ist aber nicht austauschbar und wird nach dem Einbau der Untereinheit nicht hydrolysiert. Die Lage der Guaninnucleotide im -Tubulin-Heterodimer ist in Abb. 9.8 c dargestellt.
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rat mit læslichem Tubulin eingegangen ist, wird das GDP durch ein neues GTP ersetzt. Durch diesen Nucleotidaustausch wird das Dimer wieder ¹aufgeladenª, so dass es bei der Polymerisation erneut als Baustein dienen kann. Da der Aufbau von Mikrotubuli mit der Hydrolyse von GTP einhergeht, ist er fçr die Zelle ein relativ aufwåndiger Prozess. Warum hat sich in der Evolution ein so kostspieliger Vorgang entwickelt? Um diese Frage zu beantworten, sollte man sich die Auswirkungen der GTP-Hydrolyse auf die Struktur der Mikrotubuli ansehen. Das Plus-Ende eines wachsenden Mikrotubulus sieht im Elektronenmikroskop aus wie eine offene Flåche, an die GTP-gebundene Dimere angefçgt werden (Abb. 9.25, Schritt 1). In Zeiten schnellen Mikrotubuliwachstums werden die Dimere in so rascher Folge angefçgt, dass die GTP-Hydrolyse damit nicht Schritt halten kann. Die so entstehende ¹Kappeª aus GTP-haltigen Tubulindimeren am Plus-Ende der Protofilamente begçnstigt nach heutiger Kenntnis die Anlagerung weiterer Untereinheiten und damit das Wachstum des Mikrotubulus. Mikrotubuli mit offenen Enden wie in Abb. 9.25, Schritt 1 durchlaufen aber vermutlich eine spontane Reaktion, durch die sich das Rohr schlieût (Schritt 2 und 3). Das Schlieûen des Rohres ist nach diesem Modell von der Hydrolyse des gebundenen GTP begleitet, so dass Untereinheiten mit gebundenem GDP entstehen. Solche GDP-Tubulinmolekçle haben eine andere Konformation als ihre GTP-gebundenen Vorlåufer und passen weniger gut in ein gerades Protofilament. Die dadurch entstehende mechanische Spannung destabilisiert den Mikrotubulus. Die Spannung læst sich, indem die Protofilamente sich vom Plus-Ende des Tubulus nach auûen biegen und eine katastrophale Depolymerisierung durchmachen (Schritt 4). Es sieht also so aus, als sei die Hydrolyse des GTP ein grundlegendes Element der dynamischen Eigenschaften von Mikrotubuli. Durch die GTP-Hydrolyse werden die Mikrotubuli innerlich instabil, so dass sie sich schon kurze Zeit nach ihrer Entstehung wieder auflæsen kænnen ± es sei denn, MAPs oder andere stabilisierende Faktoren kommen hinzu. Mikrotubuli kænnen insbesondere bemerkenswert schnell schrumpfen, so dass sich das Mikrotubuliskelett einer Zelle unter Umstånden sehr rasch auflæst. % 9 in vivo Die dynamischen Eigenschaften des Mikrotubuliskeletts einer Zelle kann man deutlich machen, indem man fluoreszenzmarkiertes Tubulin durch
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Mikroinjektion in eine Gewebekulturzelle bringt. Auch wenn keine morphologischen Verånderungen stattfinden, werden die markierten Untereinheiten schnell in die vorhandenen Mikrotubuli des Cytoskeletts aufgenommen (Abb. 9.26). Beobachtet man einzelne Mikrotubuli im Fluoreszenzmikroskop, so scheinen sie eine Zeit lang langsam zu wachsen, werden dann aber plætzlich und unerwartet schrumpfen; ein Beispiel zeigt
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Abb. 9.27. Da die Schrumpfung viel schneller und plætzlicher ablåuft als die Verlångerung, verschwinden die meisten Mikrotubuli innerhalb weniger Minuten aus der Zelle und werden durch neue ersetzt, deren Wachstum vom Centrosom ausgeht.
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Mikrotubuli
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Im Jahr 1984 åuûerten Timothy Mitchinson und Marc Kirschner die Vermutung, man kænne das Verhalten der Mikrotubuli mit einem Phånomen begrçnden, das sie als % 6 1 bezeichneten. Damit meinten sie, dass wachsende und schrumpfende Mikrotubuli in der gleichen Zellregion nebeneinander existieren kænnen und dass ein einzelner Mikrotubulus unvorhersehbar zwischen Wachstums- und Schrumpfungsphasen wechseln kann (Abb. 9.27). Die dynamische Instabilitåt ist eine Eigenschaft des Plus-Endes eines Mikrotubulus: Dort werden die Untereinheiten wåhrend des Wachstums angefçgt, dort gehen sie bei der Schrumpfung auch wieder verloren. Auûerdem enthalten die Zellen eine Vielzahl von Proteinen, die an die Plus-Enden der Mikrotubuli binden und ihre Wachstums- und Schrumpfungsgeschwindigkeit sowie die Håufigkeit des Wechsels zwischen den beiden Phasen regulieren. Auf diese Weise kænnen die Zellen sehr schnell auf wechselnde Bedingungen reagieren, die einen Umbau des Mikrotubuliskeletts erfordern. Besonders auffållig ist dieser Umbau in der Mitose, wenn die Mikrotubuli des Cytoskeletts abgebaut und zu einer bipolaren Mitosespindel umgestaltet werden. Diese Neuorganisation ist mit einer deutlich verånderten Stabilitåt der Mikrotubuli verbunden: Ihre Halbwertszeit ist in der Interphase fçnf- bis zehnmal långer als wåhrend der Mitose. Im Gegensatz zu den Mikrotubuli von Cytoskelett und Mitosespindel besitzen die Mikrotubuli der Organellen, die im Folgenden beschrieben werden, keine dynamische Instabilitåt: Sie sind vielmehr sehr stabil.
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Die Bedeutung der Cilien fçr Entwicklung und Krankheitsentstehung Wenn wir uns im Spiegel betrachten, sehen wir ein relativ symmetrisch aufgebautes Lebewesen: Die linke Kærperhålfte ist mehr oder weniger ein Spiegelbild der rechten. Úffnet der Chirurg dagegen die Brust- oder Bauchhæhle eines Menschen, hat er verblçffend asymmetrische Strukturen vor sich. Magen, Herz und Milz sind in Richtung der linken Kærperseite verschoben, die Leber liegt rechts. Hin und wieder begegnet den Ørzten ein Patient mit umgekehrter Rechts-links-Asymmetrie der inneren Organe (ein Zustand, der als Situs inversus bezeichnet wird). Den & 9 beobachtet man bei Menschen mit dem Kartagener-Syndrom, das auch durch håufig wiederkehrende Nasenhæhlenund Atemwegsinfektionen sowie bei Månnern durch Unfruchtbarkeit gekennzeichnet ist. Erste Hinweise auf die Ursache der Erkrankung ergaben sich in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts: Damals entdeckte man, dass die Axoneme in den unbeweglichen Samenzellen der Betroffenen anormal gebaut sind. Unterschiedlich von Patient zu Patient fehlen in den Axonemen die åuûeren oder inneren Dyneinarme, die zentralen Mikrotubuli oder die Radialspeichen (Abb. 9.30). Wie sich in weiteren Untersuchungen herausstellte, kann das Syndrom durch Mutationen in unterschiedlichen Genen verursacht werden, darunter jene fçr die schweren und mittelschweren Dyneinketten. Dass solche Patienten an Atemwegsinfektionen leiden, ist leicht einzusehen, denn normalerweise werden Abfålle und Bakterien von Cilien aus den Atemwegen nach auûen befærdert; auch die Unbeweglichkeit der Samenzellen versteht man ohne weiteres. Aber warum beobachtet man ungefåhr bei der Hålfte der Betroffenen eine umgekehrte Rechtslinks-Symmetrie? Der Grundbauplan des Kærpers wird bei Såugetieren wåhrend der Gastrulation angelegt, und dabei spielt eine als #% bezeichnete Struktur eine wichtige Rolle. Jede Zelle des Knotens besitzt ein einziges Cilium. Diese Cilien haben ungewæhnliche Eigenschaften: Ihnen fehlen die beiden zentralen Mikrotubuli (eine als 9+0 bezeichnete Axonemstruk-
tur) und vollfçhren eine ungewæhnliche Rotationsbewegung. Ist die Beweglichkeit dieser Cilien beeintråchtigt, was man beispielsweise bei Måusen mit einem mutierten Gen fçr Flagellendynein beobachtet, entwickelt sich bei rund der Hålfte der Tiere eine spiegelbildliche Asymmetrie; man kann also vermuten, dass die Rechts-links-Asymmetrie bei diesen Mutanten vom Zufall bestimmt wird. Durch die Drehung der Cilien im Embryonalknoten bewegt sich die umgebende Flçssigkeit auf die linke Seite der Mittellinie des Embryos; dies konnte man nachweisen, indem man die Wanderung mikroskopisch kleiner fluoreszierender Perlen verfolgte. Daraus erwuchs die Vermutung, die von den Cilien des Knotens angetriebene extrazellulåre Flçssigkeit kænne morphogenetische Substanzen enthalten (d. h. Substanzen, welche die Embryonalentwicklung steuern); diese wçrden sich demnach auf der linken Seite des Embryos anreichern, was schlieûlich dazu fçhrt, dass sich beiderseits der Mittellinie unterschiedliche Organe ausbilden. Nachdrçcklich gestçtzt wird diese Vorstellung durch experimentelle Untersuchungen an Mausembryonen, die in winzigen Kammern herangezçchtet wurden, wobei man die Stræmungsrichtung der Flçssigkeit kçnstlich beeinflussen konnte. Waren die Embryonen einer Stræmung ausgesetzt, deren Richtung der bei der normalen Embryonalentwicklung entgegengesetzt war, entwickelte sich eine spiegelbildliche Rechts-links-Asymmetrie. Das einzelne (primåre) Cilium auf den Zellen des Embryonalknotens ist ein bewegliches Organell, aber viele andere Zellen besitzen auch unbewegliche primåre Cilien. Diese wurden in der Forschung jahrelang kaum beachtet, aber Untersuchungen aus jçngerer Zeit legen die Vermutung nahe, dass sie eine wichtige Funktion als ¹Antennenª erfçllen: Sie nehmen die chemischen und mechanischen Eigenschaften der Flçssigkeit wahr, in die sie hineinragen. Ein Beispiel sind die primåren Cilien auf den Epithelzellen an den Innenwånden der mikroskopisch kleinen Nierenkanålchen, in denen der Urin gebildet wird. Wie wichtig diese Cilien sind, zeigte die Entdeckung, dass zwei als Polycystine bezeichnete Membranproteine auf der Oberflåche dieser Nierencilien liegen. Mutationen in den zugehærigen Genen ± sie tragen die Bezeichnungen 5. und 5/ ± fçhren zur polycystischen Nierendegeneration,
Mikrotubuli
bei der zahlreiche Zysten die Nierenfunktion zum Erliegen bringen. Nach heutiger Kenntnis setzt die Aktivierung von Polycystin-2 durch Substanzen im Innenraum des Nierenkanål-
,'5 Cilien und Flagellen: Struktur und Funktion ,ie Tåtigkeit der Cilien und Flagellen kennt jeder, der schon einmal einen Tropfen Teichwasser unter ein Mikroskop gelegt hat und dann verhindern wollte, dass ein Einzeller aus dem Gesichtsfeld herausschwimmt. + (¹Wimpernª) und (¹Geiûelnª) sind haaråhnliche, bewegliche Organellen, die aus der Oberflåche vieler Eukaryotenzellen herausragen. Bakterien besitzen ebenfalls Strukturen, die als Flagellen bezeichnet werden, aber dabei handelt es sich um einfache Filamente, die entwicklungsgeschichtlich nicht mit ihrem Gegenstçck bei den Eukaryoten verwandt sind (Abb. 1.14). Die folgende
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chens den Einstrom von Ca2+-Ionen in Gang, der dann seinerseits verschiedene intrazellulåre Signalçbertragungswege aktiviert.
Beschreibung bezieht sich ausschlieûlich auf die eukaryotischen Organellen. Cilien und Flagellen sind im Wesentlichen gleich aufgebaut. Meist benutzt man die beiden Ausdrçcke je nachdem, aus was fçr einer Zelle das Organell herausragt und nach welchen Gesetzmåûigkeiten es sich bewegt. Macht man sich diese Unterscheidung zu Eigen, kann man ein Cilium mit einem Ruder vergleichen: Es bewegt die Zelle in einer Richtung, die im rechten Winkel zu seiner eigenen Bewegung steht. Wåhrend des Kraftschlages verbleibt das Cilium in einem starren Zustand (Abb. 9.28 a) und stæût sich am umgebenden Medium ab. Beim Erholungsschlag wird es biegsam, so dass es dem Medium nur geringen Widerstand bietet. Cilien stehen håufig
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in groûer Zahl auf der Zelloberflåche, und ihr Schlag ist in der Regel genau koordiniert (Abb. 9.28 b). In vielzelligen Lebewesen bewegen Cilien verschiedene Flçssigkeiten und feste Teilchen durch Hohlråume im Kærperinneren. Beim Menschen treibt beispielsweise das cilienbesetzte Epithel auf der Innenseite der Atemwege Schleim und eingefangenen Schmutz aus der Lunge. Nicht alle Cilien sind beweglich: Viele Kærperzellen besitzen ein einziges, unbewegliches 1 + , das vermutlich eine Sinnesfunktion erfçllt und die Eigenschaften der extrazellulåren Flçssigkeit çberwacht. Einige Funktionen beweglicher und unbeweglicher Cilien werden in der Box ¹Aus Sicht des Menschenª genauer erærtert. Flagellen bewegen bei den einzelnen Zelltypen nach verschiedenen Prinzipien (Wellenformen). Die einzellige Alge in Abb. 9.29 zum Beispiel bewegt sich durch asymmetrische Schlåge ihrer beiden Flagellen fort, eine Bewegung, die an das Brustschwimmen der Menschen erinnert (Abb. 9.29 b). Die gleiche Algenzelle kann sich aber auch mit symmetrischen Schlågen nach Art einer Samenzelle durch das Medium bewegen (Abb. 9.34). Das Ausmaû der Asymmetrie in der Schlagbewegung wird durch die Calciumionenkonzentration im Zellinneren gesteuert. ,', Der Aufbau von Cilien und Flagellen Elektronenmikroskopische Aufnahmen von Querschnitten durch Cilien oder Flagellen gehæ-
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ren zu den bekanntesten Bildern aus der Zellbiologie (Abb. 9.30 a). Der ganze Fortsatz (Cilium oder Flagelle) ist von einer Membran umhçllt, die eine Fortsetzung der Plasmamembran darstellt. Das Innere des Ciliums, - genannt, enthålt eine Anordnung von Mikrotubuli, die sich långs durch das gesamte Organell ziehen. Von seltenen Ausnahmen abgesehen, besteht das Axonem eines beweglichen Ciliums oder einer Flagelle aus neun kreisfærmig angeordneten Doppelmikrotubuli, die ein zentrales Paar einfacher Mikrotubuli umgeben. Diese ¹9+2-Anordnungª findet man in den Axonemen von den Protisten bis zu den Såugetieren; sie erinnert wieder einmal daran, dass alle heutigen Eukaryoten in der Evolution aus einem gemeinsamen Vorfahren hervorgegangen sind. Alle Mikrotubuli eines Axonems haben die gleiche Polaritåt: Ihre Plus-Enden liegen am Ende des Fortsatzes, die Minus-Enden an der Basis. Die peripheren Zweiergruppen bestehen jeweils aus einem vollståndigen und einem unvollståndigen 7 , der nicht die çblichen 13, sondern nur neun oder zehn Protofilamente enthålt. Die Grundstruktur des Axonems wurde 1952 erstmals beschrieben, und zwar fçr Pflanzen von Irene Manton, fçr Tiere von Don Fawcett und Keith Porter. Mit zunehmender Auflæsungsfåhigkeit der Elektronenmikroskope konnte man auch weniger offenkundige Bestandteile erkennen (Abb. 9.30 b). So zeigte sich, dass die Mikrotubuli in der Mitte von Fortsåtzen umgeben
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sind, die eine $ & bilden und çber
mit den A-Tubuli der peripheren Zweiergruppen verbunden sind. Untereinander sind die Zweiergruppen durch Brçcken verknçpft, die aus dem elastischen Protein Nexin bestehen. Besonders bedeutsam war die Beobachtung, dass aus jedem A-Tubulus zwei ¹Armeª herausragen, die als und 1D bezeichnet werden (Abb. 9.30 a). In einem Långsschnitt, in dem das Axonem parallel zu seiner Achse geschnitten wurde, sind die ununterbrochenen Mikrotubuli und die diskontinuierlichen anderen Elemente deutlich zu erkennen (Abb. 9.31 a). Wie bereits erwåhnt wurde, entspringt ein Cilium oder eine Flagelle aus dem 7
(Abb. 9.32 a), der in seiner Struktur der Centriole in Abb. 9.18 a åhnelt. Die A- und B-Tubuli des Basalkærpers verlångern sich und bilden die Zweiergruppen des Ciliums bzw. der Flagelle (Abb. 9.32 b). Wird das Cilium oder die Flagelle durch Scherkråfte von der Zelloberflåche abgetrennt, regeneriert sich das Organell, indem es aus dem Basalkærper herauswåchst. Wie andere Mikrotubulistrukturen, so wåchst auch das Axonem am Plus-Ende (dem åuûeren Ende) seiner Mikrotubuli. Wie kann die Zelle eine solche ¹Baustelleª an der Spitze des Axonems organisieren und aufrecht erhalten, obwohl sie mehrere
Mikrometer vom Zellkærper entfernt ist, wo das Baumaterial synthetisiert wird? Die Flagellen lebender Zellen werden in der Biologie schon seit çber 100 Jahren untersucht, aber erst 1993 konnte man erstmals beobachten, wie Teilchen sich in dem schmalen Raum zwischen den peripheren Mikrotubuli-Zweiergruppen und der Plasmamembran bewegten. In weiteren Untersuchungen entdeckte man dann den ! , der von Plus- und Minus-Ende-orientierten Bewegungen an den Mikrotubuli abhångt (Abb. 9.33). Kinesin II transportiert komplizierte Anordnungen aus Baumaterial an den Protofilamenten der peripheren Zweiergruppen entlang zum Ort ihres Einbaues an der Spitze des wachsenden Axonems. Zurçck zum Basalkærper werden die Kinesin-II-Molekçle (und die zur Wiederverwendung vorgesehenen Axonemproteine) entlang der gleichen Mikrotubuli transportiert, dieses Mal aber von Dynein als treibendem Element. Mutationen in einem der vielen Gene, die am Transport in den Flagellen mitwirken, kænnen weit reichende Folgen haben, unter anderem Nierenerkrankungen und Blindheit. % Der Apparat fçr die Fortbewegung durch Cilien und Flagellen liegt im Axonem. Sehr deutlich
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wird dies in dem Experiment, das in Abb. 9.34 wiedergegeben ist: Ein Axonem aus dem Schwanz einer Samenzelle ist auch ohne die darçber liegende Membran noch zu normalen,
dauerhaften Schlagbewegungen in der Lage, wenn man Mg2+ und ATP zusetzt. Je græûer die ATP-Konzentration, desto hæher ist die Schlagfrequenz der ¹wieder belebtenª Organellen.
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Das Protein, das fçr die Umwandlung der chemischen Energie aus dem ATP in die mechanische Energie der ciliengestçtzten Fortbewegung zuståndig ist, wurde in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts durch Ian Gibbons von der Harvard University isoliert. Gibbons' Experimente sind ein elegantes Beispiel fçr den Zusammenhang zwischen Struktur und Funktion in biologischen Systemen, aber auch fçr die Methoden, mit denen man diesen Zusammenhang in der experimentellen Analyse aufklåren kann. Mit Flçssigkeitsmischungen, die unterschiedliche Bestandteile in Læsung bringen kænnen, nahm Gibbons die Cilien des Protozoons 2
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chemisch auseinander (Abb. 9.35). Der Querschnitt in Schritt 1 zeigt ein intaktes Cilium. Zu Beginn der Analyse wurde die umgebende Plasmamembran mit dem Detergens Digitonin aufgelæst (Schritt 2). Die isolierten Axoneme der unlæslichen Fraktion wurden dann in eine Læsung mit EDTA çberfçhrt, einer Verbindung, die zweiwertige Ionen durch Chelatbildung bindet und beseitigt. Als man nun die EDTA-behandelten Axoneme im Elektronenmikroskop untersuchte, fehlten die zentralen Tubuli sowie die Arme, die aus den A-Tubuli ragten (Schritt 3). Zusammen mit diesen Strukturen verloren die unlæslichen Axoneme auch ihre Fåhigkeit, ATP zu hydrolysieren, im Ûberstand dagegen war sie noch vorhanden. Die ATPase, die man im Ûberstand fand, ist ein riesiges Protein (Molekulargewicht bis zu zwei Mio.), das Gibbons als % bezeichnete (von griech. = Kraft und ). Heute wird dieses Protein als + oder -% bezeichnet, im Unterschied zum cytoplasmatischen Dynein, einem åhnlichen Protein, das am Organellen- und Teilchentransport mitwirkt. Mischt man die unlæs-
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Wie sich in weiteren Untersuchungen herausstellte, kann man durch Behandlung isolierter Axoneme aus Samenzellen mit hoher Salzkonzentration (0,6 M NaCl) gezielt die åuûeren Arme entfernen, wåhrend die inneren an ihrem Platz bleiben (Schritt 5). Setzt man solchen Axonemen ohne åuûere Arme ATP zu, schlagen sie ungefåhr halb so schnell wie intakte Axoneme, aber mit der normalen Wellenform. Abbildung 9.36 a zeigt die elektronenmikroskopische Aufnahme eines åuûeren Dyneinmolekçls (d. h. eines åuûeren Dyneinarmes) aus einem Axonem von 2 Dieses Dyneinmolekçl besteht aus drei schweren sowie mehreren mittelschweren und leichten Ketten. Wie in Kap. 9.3.5 erærtert wurde, besteht jede schwere Dyneinkette aus einem langen Stamm, einem radfærmigen Kopf und einem Stiel. Die hoch auflæsenden elektronenmikroskopischen Aufnahmen in Abb. 9.36 b, c zeigen einzelne schwere Dyneinketten aus Flagellen von " , die unter verschiedenen Bedingungen pråpariert wurden. Der Konformationsunterschied zwischen den Molekçlen in den beiden Mikroskopaufnahmen (Abb. 9.36 d) repråsentiert nach heutiger Kenntnis den Kraftschlag eines DyneinMotorproteins aus Flagellen. Die in Abb. 9.36 dargestellte Konformationsånderung ist die grundlegende Triebkraft hinter der Bewegung von Cilien und Flagellen. Um zu verstehen, welcher Mechanismus fçr diese Art der Beweglichkeit sorgt, mçssen wir uns genauer mit dem Aufbau des Axonems befassen.
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lichen Teile des Axonems in Gegenwart von Mg2+ mit dem læslichen Protein, verbindet sich ein groûer Teil der ATPase-Aktivitåt wieder mit dem unlæslichen Material in dem Ansatz (Schritt 4). Bei der Untersuchung der unlæslichen Fraktion stellte sich heraus, dass die Arme an den A-Tubuli der Axoneme plætzlich wieder vorhanden waren. Daraus zog Gibbons den Schluss, dass die Arme in den Mikroskopaufnahmen den Dynein-ATPase-Molekçlen entsprechen, die er in der EDTA-haltigen Læsung wieder gefunden hatte, und dass die Arme demnach die fçr die Fortbewegung notwendige Energie freisetzen.
' + Wie wir im weiteren Verlauf dieses Kapitels noch genauer erfahren werden, kommt es zur Kontraktion eines Muskels, weil Actinfilamente an benachbarten Myosinfilamenten entlanggleiten. Die Gleitkraft entsteht dabei durch Querbrçcken im Kopf des Myosinmolekçls, die wie Sperrklinken wirken. Vor dem Hintergrund des Modellsystems der Muskeln kam man auf die Idee, auch die Cilienbewegung kænne sich damit erklåren lassen, dass benachbarte MikrotubuliZweiergruppen sich relativ zueinander verschieben. Nach dieser Vorstellung wirken die Dyneinarme in Abb. 9.36 als schwingende Querverbindungen, welche die Kraft fçr die Cilien- beziehungsweise Flagellenbewegung erzeugen. Den Ablauf zeigt Abb. 9.37. Im vollståndigen Axonem ist der Stamm jedes Dyneinmolekçls (mit seinen assoziierten mittelschweren und leichten Ketten) fest an der Auûenseite des A-Tubulus verankert, wobei die globulåren Kæpfe und die Stiele in Richtung des
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B-Tubulus der Nachbar-Zweiergruppe weisen. Im Schritt 1 in Abb. 9.37 heften sich die Dyneinarme, die auf der Långe der unteren Zweiergruppe am A-Tubulus verankert sind, an Bindungsstellen auf dem B-Tubulus der oberen
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Zweiergruppe. Im Schritt 2 machen die Dyneinmolekçle eine Konformationsånderung durch, die als Kraftschlag dafçr sorgt, dass die untere Zweiergruppe sich in Richtung des basalen Endes der oberen Zweiergruppe verschiebt. Diese Konformationsånderung in einer schweren Dyneinkette ist in Abb. 9.36 b±d dargestellt. Im Schritt 3 haben sich die Dyneinarme vom B-Tubulus der oberen Zweiergruppe gelæst, und im Schritt 4 haben sie sich erneut angeheftet, so dass der nåchste Zyklus beginnen kann. (Eine elektronenmikroskopische Aufnahme eines Querschnitts durch ein Cilium mit Dyneinarmen, die von einer Zweiergruppe ausgehen und an der nåchsten angeheftet sind, zeigt Abb. 18.18.) Die Gleitvorgånge auf den beiden Seiten des Axonems wechseln sich ab; das hat zur Folge, dass das Cilium oder die Flagelle sich erst in die eine und dann in die andere Richtung biegt (Abb. 9.38). Dies setzt voraus, dass zu jedem Zeitpunkt die Dyneinarme auf einer Seite des
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Axonems aktiv und auf der anderen inaktiv sind. Wegen dieser unterschiedlichen Aktivitåt des Dyneins ragen die Dyneinarme auf der Innenseite der Biegung (oben und unten in Abb. 9.38) weiter heraus als die auf der anderen Seite des Axonems. Im Laufe der Zeit kamen immer neue Befunde hinzu, die fçr diese Mikrotubuli-Gleitfasertheorie und die beschriebene Funktion der Dyneinarme sprechen. In den Axonemen schlagender Flagellen konnte man den Gleitvorgang unmittelbar sichtbar machen; er ist auf den Fotos in Abb. 9.39 zu erkennen. In diesem Experiment wurden isolierte Axoneme mit winzigen Goldperlen inkubiert, die sich an die Auûenseite der peripheren Zweiergruppen anhefteten. Die Perlen dienten dann als feste Markierungen fçr bestimmte Stellen auf den Zweiergruppen. Anschlieûend wurden die Axoneme durch Zugabe von ATP zum Schlagen angeregt, und man beobachtete die relative Lage der Perlen. Als die Axoneme hin und her schlugen, wurden die Abstånde zwischen den Perlen an verschiedenen Zweiergruppen abwechselnd græûer und kleiner (Abb. 9.39). Genau das erwartet man, wenn benachbarte Zweiergruppen aneinander hin und her gleiten. + ' Ein Cilium schlågt 10- bis 40-mal in der Sekunde, jeder Schlag hat eine genaue Wellenform, und die Bewegung ist in der Regel so koor-
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Intermediårfilamente
diniert, dass Tausende von Cilien im gleichen Takt schlagen. Offensichtlich muss hier also eine pråzise Steuerung stattfinden. Die Regulation der Cilien- und Flagellenbewegung beginnt mit der Aktivitåtssteuerung der Dyneinarme. Wie bereits erwåhnt wurde, sind nicht alle Arme zur gleichen Zeit aktiv; wåre das der Fall, wçrde das Organell in einem ¹eingefrorenenª, gelåhmten Zustand verharren. Nach heutiger Kenntnis bestimmen das zentrale Mikrotubulipaar und die Radialspeichen darçber, welche Dyneinarme zum jeweiligen Zeitpunkt aktiv sind. Bei mehreren biologischen Arten, die man untersucht hat, rotiert das zentrale Paar wåhrend des Cilienoder Flagellenschlages. Dabei streift es in regelmåûigen Abstånden jede Radialspeiche (siehe Abb. 9.30 b), wobei es offensichtlich ein Signal çber die Speiche zum Dyneinarm des zugehærigen A-Tubulus sendet und auf diese Weise den Arm zu seiner Schwungbewegung anregt. Untersuchungen legen die Vermutung nahe, dass die Aktivierung oder Inaktivierung des Dyneinarmes durch die Entfernung oder Anheftung von Phosphatgruppen erfolgt, die sich an einer oder mehreren Polypeptidketten des riesigen Motorproteins befinden.
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3ederholung
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Beispiel Neuronen, Muskelzellen und den Epithelzellen in der inneren Auskleidung der Kærperhæhlen ± mechanische Festigkeit. IFs erstrecken sich durch das Cytoplasma der verschiedensten Tierzellen und sind håufig çber dçnne, fadenartige Querverbindungen mit anderen Cytoskelettelementen verknçpft (Abb. 9.40). In vielen Zellen bestehen diese Querverbindungen aus den riesigen, långlichen Molekçlen des Proteins / , das in mehreren Isoformen vorkommt. Jedes Plectinmolekçl besitzt an einem Ende eine Bindungsstelle fçr ein Intermediårfilament und am anderen je nach der Isoform eine Bindungsstelle fçr ein Intermediårfilament, ein Mikrofilament oder einen Mikrotubulus. Im Gegensatz zu Mikrofilamenten und Mikrotubuli sind die Intermediårfilamente chemisch uneinheitliche Strukturen, deren Bestandteile beim Menschen in mehr als 60 Genen codiert sind. Diese Polypeptiduntereinheiten der IFs kann man nach ihrer Gewebeverteilung (Tabelle 9.2), aber auch nach biochemischen, genetischen und immunologischen Kriterien in sechs Gruppen einteilen. Die meisten oder sogar alle derartigen Polypeptide enthalten eine åhnliche Anordnung von Domånen und bilden deshalb åhnlich aussehende Filamente. Auffållig ist vor allem eine zentrale, ståbchenfærmige Domåne mit -Helix-Struktur, die bei allen IF-Polypeptiden
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9.4 Intermediårfilamente Den zweiten der drei Haupttypen von Cytoskelettelementen erkennt man im Elektronenmikroskop als feste, unverzeigte Fasern mit einem Durchmesser von etwa 10 nm. Diese 6 1 (6 ) wurden bis heute nur in Tierzellen mit Sicherheit nachgewiesen. Es handelt sich um kråftige, seilartige Fasern; sie verleihen Zellen, die unter Spannung stehen ± zum
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in Långe und Aminosåuresequenz åhnlich ist. Beiderseits dieser Domåne liegen globulåre Domånen von unterschiedlicher Græûe und Sequenz (Abb. 9.41, Schritt 1). Zwei solche Polypeptide treten spontan in Wechselwirkung, weil
ihre -Helix-Ståbe sich als superspiralisierte Helix umeinander winden und ein seilfærmiges, rund 45 nm langes Dimer bilden (Schritt 2). Da beide Polypeptide parallel zueinander in der gleichen Orientierung liegen, hat das Dimer eine Polaritåt: Ein Ende ist durch die C-Termini der Polypeptide definiert, das andere durch die N-Termini. ,! uf- und Abbau der Intermediårfilamente Der Grundbaustein beim IF-Aufbau ist nach heutiger Kenntnis ein Tetramer. Es bildet sich aus zwei Dimeren, die sich versetzt nebeneinander lagern, wobei die C- und N-Termini in ent-
n Abb. 9.41. ? % & - ? ! !' & " & & " 9 $ +% 51 ? ' @ ! " ' +% :1 - ,I & ' ? +9 1 +9 1 ( ! ! , ! +% /1" )
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Intermediårfilamente
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gegengesetzte Richtungen weisen (antiparallele Anordnung; Abb. 9.41, Schritt 3). Da die Dimere in entgegengesetzte Richtungen weisen, hat das Tetramer insgesamt keine Polaritåt. Die Tetramere lagern sich sowohl seitlich als auch mit den Enden aneinander und bilden schlecht charakterisierte Zwischenformen, die sich dann zum endgçltigen Filament zusammenfinden (Schritt 4). Wie den Tetramerbausteinen, so fehlt auch dem zusammengesetzten Filament die Polaritåt ± ein weiteres Merkmal, das die IFs von anderen Cytoskelettelementen unterscheidet. Wie die Kollagenfasern der extrazellulåren Matrix, die ebenfalls aus versetzt angeordneten Untereinheiten bestehen, so sind auch die IFs sehr widerstandsfåhig gegen Zugkråfte. Intermediårfilamente sind gegençber chemischen Wirkstoffen in der Regel weniger empfindlich als andere Cytoskelettelemente und lassen sich entsprechend schwerer in Læsung bringen. Da sie so schwer læslich sind, hielt man die IFs frçher fçr dauerhafte, unverånderliche Strukturen. So war es eine ziemliche Ûberraschung, als man auch bei ihnen ein dynamisches Verhalten entdeckte. Markierte Kera-
tinuntereinheiten, die man in der Gewebekultur in Hautzellen injiziert, werden schnell in die vorhandenen IFs aufgenommen. Ûberraschenderweise werden sie aber nicht an den Enden des Filaments eingebaut, wie man es analog zu den Beobachtungen bei Mikrotubuli und Mikrofilamenten vielleicht erwartet håtte, sondern irgendwo auf der Långe des Filaments (Abb. 9.42). Anfangs sind die Filamente an einzelnen Stellen auf ihrer Långe markiert, aber nach ungefåhr einer Stunde hat sich die Markierung auf das ganze Filament ausgebreitet. Diese Beobachtungen lassen darauf schlieûen, dass es in den Epidermiszellen einen Vorrat von Keratinbausteinen gibt, die wie die Untereinheiten von Mikrotubuli und Mikrofilamenten in einem dynamischen Gleichgewicht mit der polymerisierten Form stehen. Øhnliche Befunde erhielt man auch mit den IFs von Neuronen. Gesteuert wird der Aufund Abbau der meisten IF-Typen durch die Phosphorylierung und Dephosphorylierung der Untereinheiten. Die Phosphorylierung von Vimentinfilamenten durch die Proteinkinase A fçhrt beispielsweise dazu, dass diese Filamente sich auflæsen.
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Cytoskelett und Zellbewegungen
,$ 9ypen und Funktionen von Intermediårfilamenten Keratinfilamente sind der wichtigste Strukturbestandteil von Epithelzellen (Epidermiszellen, Leberhepatocyten und Acinuszellen des Pankreas). Bçndel von keratinhaltigen IFs bilden ein kompliziertes, kåfigartiges Geflecht um den Zellkern und erstrecken sich auch durch das gesamte Cytoplasma (Abb. 9.43 und unterer Teil von Abb. 9.45). Vielfach enden sie in den cytoplasmatischen Plaques der Desmosomen und Hemidesmosomen, mit denen diese Zellen sich an andere Zellen und die darunter liegende Basalmembran anheften (Kap. 7.2.2 und 7.3.5). Das Cytoplasma der Neuronen enthålt locker gepackte Bçndel von Intermediårfilamenten, die mit ihrer Långsachse parallel zum Axon der Nervenzelle angeordnet sind (Abb. 9.13 b). Diese IFs, die auch ) genannt werden, bestehen aus drei verschiedenen Proteinen: NF-L, NF-H und NF-M; sie alle gehæren zum Typ IV in Tabelle 9.2. Im Gegensatz zu den Polypeptiden anderer IFs haben NF-H und NF-M seitliche Arme, die aus dem Neurofilament herausragen. Diese Arme sorgen vermutlich fçr die richtigen Abstånde zwischen den parallelen Neurofilamenten des Axons (Abb. 9.13 b). In den ersten Differenzierungsstadien, wenn das Axon in Richtung einer Zielzelle wåchst, enthålt es nur sehr wenige Neurofilamente, dafçr aber eine groûe Zahl stçtzender Mikrotubuli. Sobald die Nervenzelle ihre volle Långe erreicht hat, fçllt sie sich mit Neurofilamenten, die dann als Stçtze fçr das Axon dienen, dessen Durchmesser nun stark zunimmt. Diese Erkenntnisse çber die Funktion der Neurofilamente stammen zum
n Abb. 9.43. & 9! +) I 1 ' G " & ! + < 8 # " @ I ? +:00:1 8 @ 8 56<5551
græûten Teil aus Studien an einer natçrlich vorkommenden Mutante der japanischen Wachtel, die keine Neurofilamente herstellen kann. Die Axone solcher Wachteln sind deutlich dçnner als im Normalfall. Um die Funktion der IFs weiter zu untersuchen, bediente man sich in jçngerer Zeit gentechnisch verånderter Måuse, die ein bestimmtes IF-Polypeptid nicht mehr produzieren (Knockout-Tiere, Kap. 9.2.3) oder ein veråndertes IFPolypeptid synthetisieren. Derartige Untersuchungen zeigten, wie wichtig die Intermediårfilamente fçr manche Zelltypen sind. So treten beispielsweise bei Måusen, die Deletionen im Gen fçr das Polypeptid K14 tragen ± ein Keratin des Typs I, das normalerweise von Zellen der Epidermis-Basalmembran produziert wird ±, schwere Gesundheitsstærungen auf. Diese Måuse sind gegençber mechanischem Druck so empfindlich, dass schon eine geringfçgige Belastung wie der Durchgang durch den Geburtskanal oder das Såugen der neugeborenen Tiere auf Haut und Zunge zu starker Blasenbildung fçhren kann. Der Phånotyp åhnelt stark der # %
- 3#7&4" einer seltenen Hautkrankheit des Menschen, die ebenfalls mit Blasenbildung einhergeht.3 Bei nåherer Untersuchung von Patienten mit EBS stellte sich heraus, dass sie Mutationen in dem Gen fçr das homologe K14-Polypeptid tragen (oder im Gen fçr das Polypeptid K5, das Dimere mit K14 bildet). Diese Arbeiten beståtigen, dass IFs entscheidend daran mitwirken, den Zellen in Epithelschichten mechanische Widerstandsfåhigkeit zu verleihen. Und an Knockout-Måusen, die kein Desmin-Polypeptid produzieren, sind schwer wiegende Anomalien von Herz und Skelettmuskulatur zu erkennen. Desmin ist als Strukturbestandteil von groûer Bedeutung, denn es hålt die Anordnung der Myofibrillen in den Muskelzellen aufrecht, und wenn diese IFs fehlen, werden die Zellen åuûerst empfindlich. Wie man 1998 entdeckte, wird die genetisch bedingte Krankheit desminabhångige Myopathie ( $ , DES) durch Mutationen im Gen fçr Desmin verursacht. Die Betroffenen leiden an Skelettmuskelschwåche, Herzrhythmusstærungen und schlieûlich auch an Herzversagen. Nicht alle IF-Polypeptide haben derart lebenswichtige Funktionen. Wenn Måusen beispielsweise das Gen fçr Vimentin fehlt, das in Fibroblasten, Makrophagen und weiûen Blutzellen ex3
Wie in Kap. 7 erwåhnt wurde, kænnen åhnliche Krankheiten mit Blasenbildung auch durch Defekte in Proteinen der Hemidesmosomen entstehen, welche die Basalschicht der Epidermis mit der Basalmembran verbinden.
Mikrofilamente
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primiert wird, sind keine offenkundigen Anomalien zu erkennen, obwohl die IFs im Cytoplasma der betroffenen Zellen fehlen. Diese Studien zeigen eindeutig, dass IFs gewebespezifische Funktionen erfçllen, die in manchen Zellen wichtiger sind als in anderen.
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9.5 Mikrofilamente Zellen sind zu bemerkenswert vielen Bewegungen in der Lage. Im Wirbeltierembryo verlassen die Zellen der Neuralleiste das entstehende Nervensystem und wandern çber die ganze Breite des Embryos, bevor sie vielfåltige Produkte wie die Pigmentzellen der Haut, die Zåhne und den Knorpel im Kiefer hervorbringen (Abb. 7.11). Kompanien von weiûen Blutzellen patrouillieren durch die Kærpergewebe und suchen nach Trçmmern und Mikroorganismen. In manchen Zellen sind auch einzelne Teile beweglich; breite Ausstçlpungen der Epithelzellen wirken an Wundråndern als bewegliche Werkzeuge und ziehen die Zellschicht çber den geschådigten Bereich, so dass die Wunde sich verschlieût. Auch die Vorderkante eines Axons schickt mikroskopisch kleine Fortsåtze aus, die den Untergrund absuchen und die Zelle zu ihrem Ziel an der Synapse dirigieren. Alle diese Bewegungsformen haben eine Gemeinsamkeit: Sie sind auf die Mikrofilamente angewiesen, die dritte groûe Gruppe der Cytoskelettelemente. Mikrofilamente sind auch an Bewegungsvorgången innerhalb der Zellen beteiligt, beispielsweise an Vesikeltransport, Phagocytose und Cytokinese. Im Cytoplasma von Pflanzenzellen erfolgt der Langstreckentransport von Vesikeln und Organellen nach heutiger Kenntnis sogar vorwiegend durch Mikrofilamente und nicht durch Mikrotubuli. In diesem Ûbergewicht der mikrofilamentabhångigen Beweglichkeit spiegelt sich das relativ begrenzte Vorkommen von Mikrotubuli in Pflanzenzellen wider (Abb. 9.12). Die haben einen Durchmesser von etwa 8 nm; ihre Untereinheiten sind die globulåren Molekçle des Proteins . In Gegen-
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wart von ATP polymerisieren die Actinmonomere zu einem biegsamen, spiraligen Filament. Wegen der Organisation seiner Untereinheiten (Abb. 9.44 a) ist das Actinfilament eigentlich eine zweistrångige Struktur, çber deren Långe sich zwei spiralfærmige Vertiefungen ziehen (Abb. 9.44 b). Solche Filamente werden als ¹Actinfilamenteª, ¹F-Actinª oder ¹Mikrofilamenteª bezeichnet ± alle drei Begriffe bedeuten im Wesentlichen das Gleiche. Da jedes Actinfilament eine Polaritåt hat und da alle seine Untereinhei-
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Cytoskelett und Zellbewegungen
ten in die gleiche Richtung weisen, ist auch das ganze Mikrofilament polar aufgebaut. Je nach Zelltyp und Funktion bilden Actinfilamente hoch geordnete Anordnungen, lockere Netzwerke oder fest verankerte Bçndel. Eine sichere Identifizierung der Actinfilamente in einer bestimmten Zelle ist mit Hilfe eines cytochemischen Tests mæglich; dabei nutzt man die Tatsache, dass Actinfilamente unabhångig von ihrer Herkunft sehr spezifisch mit dem Protein Myosin interagieren. Um diese Wechselwirkungen zu erleichtern, spaltet man gereinigtes Myosin (das man aus Muskelgewebe gewonnen hat) mit einem proteolytischen Enzym in Fragmente. Eines davon, S1 genannt (Abb. 9.48), bindet auf der gesamten Långe des Mikrofilaments an die Actinmolekçle. Dabei wird nicht nur das Actin nachgewiesen, sondern man kann auch die Polaritåt des Filaments erkennen. Wenn die S1-Fragmente gebunden sind, sieht das eine Ende des Mikrofilaments $ wie eine Pfeilspitze aus, das andere wirkt . Diese Pfeilspitzen¹Dekorationª zeigt Abb. 9.45 am Beispiel von Mikrovilli aus Darmepithelzellen. Die Orientierung der Pfeilspitzen liefert Aufschlçsse darçber, in welcher Richtung die Mikrofilamente von einem Motorprotein voraussichtlich bewegt werden. Das Actin låsst sich auch lichtmikroskopisch mithilfe fluoreszenzmarkierten Phalloidins lokalisieren (Abb. 9.75 a), das an Actinfilamente bindet, oder man kann dazu fluoreszenzmarkierte Antikærper gegen Actin verwenden. Dass Actin eines der wichtigsten kontraktilen Proteine in den Muskeln ist, erkannte man schon vor çber 50 Jahren. Seither wurde es in praktisch allen untersuchten Eukaryotenzellen nachgewiesen, und çberall hat es wichtige Funktionen. Hæhere Pflanzen- und Tierarten besitzen eine ganze Reihe von Genen, die Actin codieren; die Produkte sind dabei jeweils auf ganze bestimmte Bewegungsvorgånge spezialisiert. Die Actine sind in der Evolution der Eukaryoten bemerkenswert stabil geblieben. So sind beispielsweise die Aminosåuresequenzen verschiedener Actintypen aus Hefezellen und Kaninchenmuskeln zu 88% identisch. Actinmolekçle unterschiedlicher Herkunft kænnen sogar gemeinsam zu ¹gemischtenª Filamenten polymerisieren. ,.! uf- und Abbau von Mikrofilamenten Bevor ein Actinmonomer in ein Filament aufgenommen wird, bindet es ein ATP-Molekçl. So wie Tubulin eine GTPase ist, wirkt Actin als ATPase, und das ATP erfçllt beim Zusammenbau der Actinfilamente eine åhnliche Funktion wie
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das GTP bei der Entstehung der Mikrotubuli (Kap. 9.3.7). Das mit dem Actinmonomer assoziierte ATP wird irgendwann nach seinem Einbau in das wachsende Actinfilament zu ADP hydrolysiert. Deshalb besteht ein Actinfilament zum græûten Teil aus ADP-Actin-Untereinheiten. Die Polymerisation des Actins låsst sich $ in einer Læsung mit ATP-Actin-Monomeren leicht nachweisen. Wie bei den Mikrotubuli, so låuft das Anfangsstadium der Filamentbildung auch hier langsam ab, die nachfolgende # dagegen geht schneller vonstatten. Das Anfangsstadium kann man çberspringen, wenn man dem Reaktionsansatz fertige Actinfilamente zusetzt. Inkubiert man solche vorgefertigten Fi-
Mikrofilamente
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lamente mit konzentrierten, markierten ATPActin-Monomeren, werden beide Enden des Filaments markiert, das eine Ende hat aber eine hæhere Affinitåt zu den Monomeren und baut sie 5- bis 10-mal schneller ein als das andere. Bei der Dekoration mit S1-Myosinfragmenten stellt sich heraus, dass das stumpfe Ende (das ¹Plus-Endeª) des Mikrofilaments schneller wåchst, wåhrend die Verlångerung am spitzen oder Minus-Ende langsamer erfolgt (Abb. 9.46 a). Wie man in Abb. 9.46 b erkennt, hångt es
von der Konzentration der Actinmonomere ab, was sich beim Auf- und Abbau der Filamente abspielt. Angenommen, man setzt einer ATP-haltigen Actinlæsung zunåchst vorgefertigte Actinfilamente als ¹Samenª zu (Schritt 1). Solange die ATP-Actin-Monomere in hoher Konzentration vorliegen, werden an beiden Enden des Filaments ståndig neue Untereinheiten angefçgt (Abb. 9.46 b, Schritt 2). Da die Monomere im Reaktionsansatz durch den Einbau in die Enden des Filaments allmåhlich aufgebraucht werden, sinkt die Konzentration des ATP-Actins so lange
ab, bis der Einbau der Monomere sich nur noch am Plus-Ende mit seiner hæheren Affinitåt fçr Monomere fortsetzt, wåhrend sie am Minus-Ende, das eine niedrigere Affinitåt fçr Actin hat, zum Erliegen kommt (Schritt 3). Mit der weiteren Verlångerung des Filaments geht die Konzentration der Monomere immer weiter zurçck. Wenn es so weit ist, werden am Plus-Ende der Filamente zwar weiterhin Monomere angefçgt, am Minus-Ende setzt aber ein Verlust von Untereinheiten ein. Irgendwann wird mit sinkender Konzentration der Monomere ein Punkt erreicht, an dem die Reaktionen an den beiden Enden eines Filaments im Gleichgewicht stehen, so dass die Långe der Filamente und die Konzentration der freien Monomere gleich bleiben (Schritt 4). Dieses Gleichgewicht zwischen zwei entgegengesetzten Vorgången ist ein Beispiel fçr ein D ' (Kap. 3.1.2); es stellt sich ein, wenn die Konzentration des ATP-Actin ungefåhr bei 0,1 lM liegt. Da die Untereinheiten im Flieûgleichgewicht am Plus-Ende des Filaments angefçgt werden und am Minus-Ende verloren gehen, wandert jede einzelne Untereinheit çber die
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Cytoskelett und Zellbewegungen
gesamte Långe des Filaments, ein Vorgang, der als ¹Tretmçhlmechanismusª bezeichnet wird (Schritte 4 und 5). Untersuchungen an lebenden Zellen mit fluoreszenzmarkierten Actin-Untereinheiten sprechen dafçr, dass der Tretmçhlmechanismus tatsåchlich ablåuft (Abb. 14.26). Genau wie bei den Mikrotubuli, so wird in den Zellen auch beim Actin ein dynamisches Gleichgewicht zwischen monomerer und polymerer Form aufrechterhalten. Wie in Kap. 9.7.1 noch genauer erlåutert wird, kænnen verschiedene ¹Hilfsproteineª in einer Zelle die Auf- und Abbaugeschwindigkeit der Actinfilamente beeinflussen. Durch eine Verånderung der lokalen Bedingungen in einem bestimmten Abschnitt der Zelle verschiebt sich das Gleichgewicht unter Umstånden mehr in Richtung des Auf- oder Abbaues. Ûber die Steuerung dieses Gleichgewichts kann die Zelle ihr Mikrofilament-Cytoskelett neu ordnen. Solche Umordnungsvorgånge sind die Voraussetzung fçr dynamische Vorgånge wie Fortbewegung der Zelle, Formverånderung und Cytokinese. Mit diesen Prozessen werden wir uns auf den folgenden Seiten genauer beschåftigen. Wie bereits erwåhnt wurde, wirken Actinfilamente an fast allen Bewegungsvorgången in den Zellen mit. Am einfachsten kann man ihre Beteiligung nachweisen, wenn man die Zellen mit einem Wirkstoff behandelt, der die dynamischen, auf Mikrofilamenten basierenden Vorgånge beeintråchtigt. Es gibt eine ganze Reihe solcher Verbindungen: Cytochalasin, ein Produkt eines einzelligen Pilzes, bindet an die Plus-Enden der Actinfilamente und ermæglicht am Minus-Ende die Depolymerisation; Phalloidin wird von einem Giftpilz produziert und bindet an intakte Mikrofilamente, deren Umsatz es damit verhin-
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dert; und Latrunculin, das von einem Schwamm synthetisiert wird, bindet an freie Monomere und unterbindet ihren Einbau in das Polymer. Sobald einer dieser Wirkstoffe in den Zellen vorhanden ist, kommen Vorgånge, die von Mikrofilamenten vermittelt werden, sehr schnell zum Stillstand. Die Wirkung von Cytochalasin D auf die sehr dçnnen, beweglichen Fortsåtze (Filopodien) von Seeigelembryonen zeigt Abb. 9.47. ,.$ *6 der molekulare Motor der Actinfilamente Zuvor wurden bereits Aufbau und Wirkungsweise der Molekçlmotoren Kinesin und Dynein erærtert, die an den Mikrotubuli-¹Gleisenª entlang in entgegengesetzten Richtungen tåtig werden. Bei den Motoren, die in Verbindung mit Actin-Mikrofilamenten arbeiten, handelt es sich nach heutiger Kenntnis ausschlieûlich um Mitglieder der Myosin-Superfamilie. Myosine sind in der Regel Motoren, die sich in Richtung des Plus-Endes eines Mikrofilaments bewegen. Zumindest zwei unkonventionelle Proteine dieser Gruppe wandern aber auch in der umgekehrten Richtung; wahrscheinlich wird man noch weitere entdecken. Das Myosin wurde zunåchst im Skelettmuskelgewebe von Såugetieren entdeckt; spåter fand man es auch bei den verschiedensten anderen Eukaryotenzellen, so unter anderem bei Protisten, Pflanzen, tierischen Geweben auûerhalb der Muskeln sowie der glatten Muskulatur und Herzmuskulatur der Wirbeltiere. Das gemeinsame Merkmal aller Myosine ist eine charakteristische, auch als ¹Kopfª bezeichnete Motordomåne. Eine besondere Bindungsstelle im Kopf heftet sich an ein Actinfilament, eine zweite bindet und hydrolysiert ATP, was die Antriebsenergie fçr den Motor liefert. Die Kopfdomånen verschiedener Myosine sehen åhnlich aus, die Schwånze dagegen sind sehr vielgestaltig. Auûerdem enthalten die Myosine verschiedene niedermolekulare ¹leichteª Ketten. In der Regel unterschiedet man zwei groûe Gruppen: die 9 % oder % !% 66, die ursprçnglich im Muskelgewebe nachgewiesen wurden, und die 9 % . Letztere unterteilt man auf Grund ihrer Aminosåuresequenzen in mindestens 17 Klassen (Typ I und Typen III bis XVIII). Manche davon werden bei vielen Eukaryoten exprimiert, andere kommen nur in begrenzten Bereichen vor. Das Myosin X zum Beispiel findet man ausschlieûlich bei Wirbeltieren, die Myosine VIII und XI gibt es nur bei Pflanzen. Der Mensch besitzt ungefåhr 40 verschiede-
Mikrofilamente
ne Myosine, von denen nach heutiger Kenntnis jedes seine eigenen, spezialisierten Funktionen erfçllt. Unter den verschiedenen Myosinformen ist der Typ II am besten untersucht. 9 % 3!% 664 Die Proteine der Myosinklasse II kommen in verschiedenen Muskelgeweben und auch in einer Reihe anderer Zelltypen vor. Auûerhalb der Muskeln sind Myosine des Typs II unter anderem dafçr zuståndig, aus einer Zelle wåhrend der Zellteilung zwei Tochterzellen zu machen und bei den Fokalkontakten fçr Spannung zu sorgen. Eine elektronenmikroskopische Aufnahme eines Typ-II-Myosinpaares zeigt Abb. 9.48 a. Jedes Molekçl des Myosins II besteht aus zwei schweren und vier leichten Polypeptidketten, die so organisiert sind, dass das Protein insgesamt stark asymmetrisch ist (Abb. 9.48 a). Bei genauerer Betrachtung des Molekçls in Abb. 9.48 b erkennt man mehrere Teile: n zwei globulåre Kæpfe, die das katalytische Zentrum des Molekçls enthalten,
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n zwei Halsregionen, jeweils mit einer einzigen, ununterbrochenen -Helix und zwei assoziierten leichten Ketten, n einen einzigen langen, ståbchenfærmigen Schwanz aus zwei langen, zu einer superspiralisierten Helix (Kap. 2.5.3) verdrillten -Helix-Abschnitten. Isolierte Myosinkæpfe (die S1-Fragmente in Abb. 9.48 b), die auf einem Glasplåttchen immobilisiert wurden, kænnen in einem B $$Ansatz wie in Abb. 9.49 angeheftete Actinfilamente an sich vorçbergleiten lassen. Ein einzelner Myosinkopf enthålt also den gesamten Apparat, der fçr die Motortåtigkeit erforderlich ist. Die Wirkungsmechanismus des Myosinkopfes und die unentbehrliche Funktion der Halsregion werden in Kap. 9.6 genauer erærtert. Der lang gestreckte Schwanz des Myosin-II-Molekçls hat eine Strukturfunktion: Er ermæglicht es dem Protein, Filamente zu bilden. Die Myosin-II-Molekçle lagern sich so zusammen, dass die Enden der Schwånze zur Mitte des Filaments weisen, wåhrend die globulåren Kæpfe von der Mitte weg orientiert
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Cytoskelett und Zellbewegungen
n Struktur eines bipolaren Myosin-II-Filaments. Die versetzte Anordnung der einzelnen Mysinmolekçle in einem Myosin-II-Filament (schematisch). Ein in vitro gebildetes Myosin-II-Fragment im Elektronenmikroskop. An beiden Enden erkennt man die Kæpfe der Filamente; in der Mitte befindet sich ein glatter Abschnitt. (: Mit freundlicher Genehmigung von Hugh Huxley)
n In-vitro-Beweglichkeitsassay fçr Myosin. In dieser schematischen Darstellung sind die Myosinkæpfe an ein siliziumbeschichtetes Deckglas gebunden, das dann mit einem Pråparat aus Actinfilamenten inkubiert wird. Das Ergebnis des in dargestellten Experiments. Zwei Videobilder wurden im Abstand von 1,5 Sekunden aufgenommen und als Doppelbelichtung auf demselben Filmbild festgehalten. Die gestrichelten Linien mit den Pfeilspitzen zeigen, wie die Actinfilamente in dem kurzen Zeitraum zwischen den beiden Aufnahmen mit einer Gleitbewegung çber die Myosinkæpfe gewandert sind. (Aus: Yanagida Y (1990) Adv Biophysics 26:82)
sind (Abb. 9.50 und 9.57). Entsprechend wird das Filament als bipolar bezeichnet: Seine Polaritåt wechselt in der Mitte. Wegen dieser bipolaren Struktur kænnen die Myosinkæpfe an den Enden eines Myosinfilaments die Actinfilamente zusammenziehen; genau dies geschieht in Muskelzellen. Wie im nåchsten Abschnitt noch genauer erlåutert wird, sind die Myosin-II-Filamente, die sich in Skelettmuskelzellen zusammenfinden, sehr stabile Bestandteile des Kontraktionsapparats. Die kleinerem Myosin-II-Fila-
mente dagegen, die sich in Zellen auûerhalb der Muskeln bilden, haben håufig nur vorçbergehend Bestand: Sie werden bei Bedarf zusammengefçgt und læsen sich wieder auf, wenn sie ihre Funktion erfçllt haben. Unkonventionelle Myosine Im Jahr 1973 beschrieben Thomas Pollard und Edward Korn von den National Institutes of Health ein einzigartiges, myosinåhnliches Protein, das sie aus dem Protisten Acanthamoeba isoliert hatten. Anders als sein Verwandter aus den Muskeln besaû dieses kleinere, unkonventionelle Myosin nur einen einzigen Kopf und lagerte sich in vitro nicht zu Filamenten zusammen. Den Aufbau eines solchen Molekçls, das unter dem Namen Myosin I bekannt wurde, zeigt Abb. 9.51; seine Lage in den Mikrovilli ist in Abb. 9.67 dargestellt. Welche Aufgabe es in den Zellen im Einzelnen erfçllt, ist trotz betråchtlicher Forschungsarbeiten bis heute nicht geklårt. Die Wirkungsweise eines anderen unkonventionellen Myosins, des Typs V, offenbarte sich in einer Reihe elektronenmikroskopischer Aufnahmen, die das Molekçl in verschiedenen Stadien seines mechanischen Tåtigkeitszyklus zeigen
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(Abb. 9.52 a). Das Myosin V hat zwei Kæpfe und wandert prozessiv an Actinfilamenten entlang. Ursache der Prozessivitåt ist nach heutiger Kennt-
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Mikrofilamente
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nis die hohe Affinitåt der Myosinkæpfe fçr das Actinfilament: Sie sorgt dafçr, dass jeweils ein Kopf so lange an das Filament angeheftet bleibt, bis der zweite wieder gebunden hat (wie in dem unteren Foto in Abb. 9.52). Erwåhnenswert ist das Myosin V auch wegen seines Halses: Er ist mit 23 nm etwa dreimal so lang wie der des Myosins II. Mit diesem langen Hals kann das Myosin V besonders groûe Schritte machen ± eine wichtige Eigenschaft fçr ein Motorprotein, das sich prozessiv an einem Actinfilament aus spiraligen Untereinheitenketten entlangbewegt. Die Struktur der Actinhelix wiederholt sich alle 13 Untereinheiten (36 nm), das entspricht ungefåhr der Schrittweite eines Myosin-V-Molekçls (Abb. 9.52 b). Diese und andere Untersuchungen zur Wanderung einzelner Myosin-V-Molekçle lassen darauf schlieûen, dass der Motor sich nach einem ¹Hand-çber-Handª-Mechanismus am Actinfilament entlangbewegt, ganz åhnlich, wie es in Abb. 9.15 b fçr das Kinesin gezeigt wurde. Um eine solche Bewegung zu bewerkstelligen, muss jeder Myosinkopf çber eine Strecke von 72 nm schwingen, das Doppelte des Abstandes zwischen zwei aufeinander folgenden Bindungsstellen am Actinfilament (Abb. 9.52 b). Mit derartigen Riesen-
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Cytoskelett und Zellbewegungen
schritten kann das Myosin V offenbar in gerader Linie an den Wiederholungseinheiten entlang wandern, obwohl die ¹Straûeª zwischen seinen ¹Fçûenª um 3608 gewunden ist. Einige unkonventionelle Myosine (darunter die Typen I, V und VI) sind mit verschiedenen Typen cytoplasmatischer Vesikel assoziiert. Wie man nachweisen konnte, enthalten manche Vesikel sowohl mikrotubuliabhångige Motoren (Kinesine und/oder cytoplasmatisches Dynein) als auch unkonventionelle Myosine, die auf Actinfilamenten basieren. Die Motoren beider Typen dçrften sogar physisch verbunden sein. Die Wanderung von Vesikeln und anderen membranumhçllten Trågern çber groûe Entfernungen in Tierzellen erfolgt, wie zuvor beschrieben, entlang der Mikrotubuli. Sind solche Membranvesikel aber am Ende eines Mikrotubulus angelangt, wechseln sie wahrscheinlich in vielen Fållen auf Mikrofilamente, die sie çber kçrzere Strecken durch die actinreiche Zellperipherie dirigieren (Abb. 9.53). Am genauesten hat man das Zusammenwirken von Mikrotubuli und Mikrofilamenten in Pigmentzellen untersucht (Abb. 9.53). Bei Såugetieren transportiert eine als Myosin Va bezeichnete Isoform des Typs V die Pigmentkærper (Melanosomen) in die feinen Fortsåtze einer Pig-
n 9.53. Die gegensåtzlichen Funktionen der mikrotubuli- und mikrofilamentabhångigen Motoren beim Organellentransport. Wenn Organellen transportiert werden, sind dafçr meist Proteine aus der Kinesin- oder Dyneinfamilie verantwortlich, die ihre Fracht çber relativ groûe Entfernungen befærdern. Nach heutiger Kenntnis sind manche Vesikel aber auch mit Myosinmotoren ausgestattet, beispielsweise mit Myosin Va. Diese transportieren ihre Fracht an Mikrofilamenten entlang, auch an jenen in der Rindenregion an der Zellperipherie. Motoren beider Typen kænnen auch zusammenwirken wie in diesem Beispiel, wo die Pigmentkærper in einer Pigmentzelle durch ausgedehnte Zellfortsåtze hin und her transportiert werden. (Nach Wu X et al (1998) J Cell Biol 143:1915. ° by The Rockefeller Univ Press)
mentzelle. Von dort werden die Melanosomen in die Haarwurzel transportiert, so dass sie in das wachsende Haar eingebaut werden kænnen. Måuse, denen die Myosin-Va-Aktivitåt fehlt, kænnen die Melanosomen nicht in die Haarfollikel çbertragen, auch ist ihr Fell wesentlich heller gefårbt. Menschen, die kein funktionsfåhiges Myosin-Va-Gen besitzen, haben eine seltene genetische Erkrankung, das Griselli-Syndrom; die Betroffenen leiden an partiellem Albinismus (Fehlen der Hautpigmentierung) und anderen Symptomen, die ihre Ursache nach heutiger Kenntnis in einem Defekt des Vesikeltransports haben. Wie man im Jahr 2000 entdeckte, besitzt eine Untergruppe der Patienten mit Griselli-Syndrom ein normales Gen fçr Myosin Va, ihnen fehlt aber das Gen fçr ein peripheres Membranprotein namens Rab27a. Die Proteinfamilie Rab wurde bereits in Kap. 8.5.4 beschrieben: Diese Molekçle zurren die Vesikel an der Zielmembran fest. Heute sieht es so aus, als seien sie auch an der Anheftung von Myosin- und Kinesinmotoren an Membranoberflåchen beteiligt (Abb. 9.52 b). Mehrere unkonventionelle Myosine, beispielsweise der Typ VIIa, liegen in den Haarzellen der Schnecke (Cochlea) im Innenohr. Den Aufbau der Haarzellen zeigt Abb. 9.54 a. Sie werden so genannt, weil ein Bçndel steifer, haaråhnlicher Stereocilien aus der apikalen Oberflåche der Zellen in den flçssigkeitsgefçllten Hohlraum des Innenohres ragt. Werden die Stereocilien durch mechanische Reize verformt, entstehen die Nervenimpulse, die wir als Schall wahrnehmen. Jedes Stereocilium besteht aus einem Bçndel von Actinfilamenten mit assoziierten Myosin-VIIaMolekçlen, deren genaue Lage und Funktion jedoch bisher nicht geklårt ist. Mutationen im Gen fçr Myosin VIIa sind die Ursache des Usher-1B-Syndroms, das durch Taubheit und Blindheit charakterisiert ist. Wie Mutationen im Gen fçr Myosin VIIa sich morphologisch auf die Haarzellen des Innenohres auswirken, zeigen die Abb. 9.54 d und e. Wie die Menschen, so sind auch Måuse, die das mutierte Gen fçr dieses Motorprotein in homozygoter Form tragen, taub. Das Myosin VI, ein Organellentransportprotein im Cytoplasma der Haarzellen, ist durch seine Wanderung in ¹Gegenrichtungª gekennzeichnet: Es bewegt sich an den Actinfilamenten in Richtung des spitzen Minus-Endes. Myosin VI ist mit den Clathrin-Coated-Vesicles am Golgi-Apparat und an der Plasmamembran assoziiert (Kap. 8.8). Nachdem wir jetzt die grundlegenden Struktur- und Funktionseigenschaften von Actin und Myosin kennen gelernt haben, kænnen wir uns ansehen, wie die beiden Proteine durch ihr Zu-
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Cytoskelett und Zellbewegungen
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9.6 Muskelkontraktion Die Skelettmuskeln verdanken ihren Namen der Tatsache, dass die meisten von ihnen an den Knochen verankert sind, die von ihnen bewegt werden. Sie stehen unter willkçrlicher Steuerung, d. h. wir kænnen ihnen willkçrlich den Befehl zur Kontraktion geben. Skelettmuskeln haben eine sehr ungewæhnliche Struktur. Eine einzelne Muskelzelle ist zylinderfærmig, in der Regel 10±100 lm dick, çber 100 mm lang und enthålt Hunderte von Zellkernen. Wegen dieser Eigenschaften spricht man besser nicht von einer Skelettmuskelzelle, sondern von einer
. Eine Muskelfaser besitzt zahlreiche Zellkerne, weil sie im Embryo durch die Verschmelzung vieler Muskelvorlåuferzellen (Myoblasten) mit jeweils einem Zellkern entsteht. Die Fusion der einkernigen Myoblasten låsst sich auch in der Gewebekulturschale leicht nachvollziehen, selbst wenn die Zellen aus nur weitlåufig verwandten Tierarten stammen (Abb. 9.55). Die Skelettmuskelzellen besitzen vermutlich von allen Kærperzellen die am stårksten geordnete innere Struktur. Im Långsschnitt durch eine Muskelfaser (Abb. 9.56) erkennt man mehrere hundert dçnnere, zylinderfærmige Strånge, die man als % bezeichnet. Jede Myofibrille besteht aus einer vielfach wiederholten Anordnung gestreckter, kontraktionsfåhiger Einheiten, den & . Ein einzelnes Sarcomer zeigt seinerseits ein charakteristisches Streifenmuster, so dass die gesamte Muskelfaser <
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aussieht. Wie man bei der elektronenmikroskopischen Untersuchung gefårbter Muskelfasern erkennt, ergibt sich das Streifenmuster durch die teilweise Ûberlappung von Filamenten zweier Typen, die als und bezeichnet werden (Abb. 9.57 a). Ein Sarcomer erstreckt sich jeweils von einer 8 zur nåchsten und enthålt neben mehreren dunklen Streifen auch hellere Zonen. An den Auûenråndern liegen zwei hell gefårbte 67 , dazwischen befindet sich eine dunklere 7 . In der Mitte der A-Bande kann man wiederum eine hellere 2 beobachten, in deren Mitte eine dunkel anfårbbare 8 liegt. Die I-Bande enthålt nur dçnne Filamente, in der H-Zone liegen nur dicke Filamente, und der Teil der A-Bande beiderseits der H-Zone ist der Ûberlappungsbereich, in dem beide Filamenttypen vorhanden sind. Der Querschnitt durch die Ûberlappungszone zeigt, dass die dçnnen Filamente jeweils in einem Sechseckmuster rund um die dicken Filamente angeordnet sind, wobei jedes dçnne Filament zwischen zwei dicken Filamenten liegt (Abb. 9.57 b). Im Långsschnitt erkennt man an den dicken Filamenten in regelmåûigen Abstånden herausragende Vorsprçnge. Diese sind Querverbindungen, die eine Verknçpfung zu den benachbarten dçnnen Filamenten herstellen kænnen.
Muskelkontraktion
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,/! Gleitfasermodell der Muskelkontraktion Alle Skelettmuskeln çben ihre Wirkung aus, indem sie sich verkçrzen. Arbeit kænnen sie ausschlieûlich auf diese Weise verrichten. Die Einheiten der Verkçrzung sind die Sarcomere: Ihre gleichzeitige Långenabnahme ist der Grund, warum auch der ganze Muskel kçrzer wird. Den wichtigsten Anhaltspunkt fçr den Mechanismus der Muskelkontraktion erhielt man, als man das Streifenmuster der Sarcomere wåhrend der verschiedenen Stadien der Kontraktion beobachtete. Wenn die Muskelfaser sich verkçrzt, bleibt die Långe der A-Bande in den einzelnen Sarcomeren praktisch gleich, H- und I-Bande dagegen werden ståndig schmaler und verschwinden schlieûlich ganz. Wåhrend dieses Verkçrzungsvorganges wandern die Z-Linien an den Enden des Sarcomers aufeinander zu, bis sie den åuûeren Rand der A-Bande berçhren (Abb. 9.58). Auf der Grundlage dieser Beobachtungen schlugen zwei britische Wissenschaftlerteams ± einerseits Andrew Huxley und Ralph Niedergerke, andererseits Hugh Huxley und Jean Hanson
n Abb. 9.58 a, b. ! % ? a % ! ! % % ? ) ?I Q ( ) !' " ! ? % ! Q (
± ein umfassendes Modell zur Erklårung der Muskelkontraktion vor. Danach werden die einzelnen Sarcomere nicht dadurch kçrzer, dass die Filamente sich verkçrzen, sondern weil sie çbereinander hinweggleiten. Die dçnnen Filamente bewegen sich zur Mitte des Sarcomers, und das fçhrt zu der beobachteten stårkeren Ûberlappung zwischen den Filamenten sowie zu der Breitenabnahme der I- und der H-Bande (Abb. 9.58). Dieses : wurde sehr schnell allgemein anerkannt, und bis heute deuten immer neue Befunde darauf hin, dass es zutrifft.
$ 9 Die dçnnen Filamente der Skelettmuskeln enthalten neben dem Actin noch zwei weitere Proteine, !% und ! (Abb. 9.59). Tropopmyosin ist ein långliches Protein (Långe etwa 40 nm), das genau in die Vertiefungen im dçnnen Filament passt. Jedes ståbchenfærmige Tropomyosinmolekçl ist auf der Långe des dçnnen Filaments mit sieben Actinuntereinheiten assoziiert (Abb. 9.59). Troponin ist ein glo-
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ulårer Proteinkomplex aus drei Untereinheiten, von denen jede auf ihre ganz besondere, unverzichtbare Weise zur Gesamtfunktion des Proteine beitrågt. Die Troponinmolekçle liegen in Abstånden von etwa 40 nm am dçnnen Filament und stehen sowohl mit dessen Actin- als auch mit den Tropomyosinkomponenten in Kontakt. Die Actinfilamente jedes Halbsarcomers sind mit ihren stumpfen Enden an der Z-Linie verankert. Ein dickes Filament besteht aus mehreren hundert Myosin-II-Molekçlen und geringen Mengen anderer Proteine. Wie in den gebildeten Filamenten (Abb. 9.50), so kehrt sich die Polaritåt auch in den dicken Filamenten der Muskelzellen in der Mitte des Sarcomers um. Die Mitte des Filaments besteht aus den einander gegençberstehenden Schwånzen der Myosinmolekçle; Kæpfe gibt es hier nicht. Auf der çbrigen Långe des dicken Filaments ragen çberall Myosinkæpfe heraus; ihre Anordnung ergibt sich aus der versetzten Lage der Myosinmolekçle, die
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Muskelkontraktion
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den Hauptteil des Filaments ausmachen (Abb. 9.50). Das dritthåufigste Protein in den Skelettmuskeln der Wirbeltiere ist das ! . Gleichzeitig ist es das bisher græûte Protein, das man çberhaupt bei einem Lebewesen entdeckt hat. Das vollståndige Titin-Gen (das unterschiedlich lange Isoformen hervorbringen kann) codiert ein Polypeptid mit einem Molekulargewicht von çber 3,5 Mio., das aus mehr als 38 000 Aminosåuren besteht. Die Titinmolekçle entspringen an der M-Linie in der Mitte des Sarcomers, erstrecken sich am Myosinfilament entlang und an der A-Bande vorbei, und enden schlieûlich an der Z-Linie (Abb. 9.60). Titin ist ein sehr elastisches Molekçl: Es enthålt mehrere Domånen, die sich auseinander falten kænnen, und dehnt sich deshalb wie ein Bungeeseil. Nach heutiger Kenntnis verhindert es, dass das Sarcomer bei der Dehnung des Muskels vællig auseinander gezogen wird. Auûerdem hålt das Titin die Myosinfilamente wåhrend der Muskelkontraktion in ihrer Position in der Mitte des Sarcomers fest.
Nachdem man die Gleitfaserhypothese formuliert hatte, wandte sich die Aufmerksamkeit den Kæpfen der Myosinmolekçle zu, die ja die Kraft erzeugenden Bestandteile der Muskelfaser sind. Bei der Kontraktion strecken sich die einzelnen Myosinkæpfe nach auûen und binden eng an das dçnne Filament; auf diese Weise entstehen die Querverbindungen, die man zwischen den Filamenten beider Typen beobachtet (Abb. 9.58). Die Kæpfe aus einem einzigen Myosinfilament
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interagieren mit sechs Actinfilamenten in ihrer Nachbarschaft. Wenn der Myosinkopf eng an das Actinfilament gebunden ist, macht er eine Konformationsånderung durch, die wir spåter noch genauer betrachten werden; diese hat zur Folge, dass das Actinfilament sich um etwa 10 nm zur Mitte des Sarcomers bewegt. Im Gegensatz zu dem in Abb. 9.52 dargestellten Myosin V ist das Muskelmyosin (also das Myosin II) ein $
9 : Es bleibt mit seiner ¹Fçhrungsschieneª, in diesem Fall dem dçnnen Filament, nur wåhrend eines kleinen Bruchteils (rund 5%) des Gesamtzyklus in Kontakt. Andererseits steht jedes dçnne Filament mit einer Gruppe von etwa 100 Myosinkæpfen in Verbindung, die nicht synchron schlagen (Abb. 9.58 a). Deshalb bewegt sich das dçnne Filament in jedem Kontraktionszyklus ununterbrochen vorwårts. Nach Schåtzungen kann sich ein einzelnes dçnnes Filament in einer Muskelzelle in einem Zeitraum von nur 50 ms um mehrere hundert Nanometer weiterbewegen. Lange Zeit war nicht klar, wie ein Myosinmolekçl das Actinfilament mit einem einzigen Kraftschlag um etwa 10 nm weiterbewegen kann. Als Ivan Rayment, Hazel Holden und ihre Kollegen von der University of Wisconsin 1993 zum ersten Mal den atomaren Aufbau des S1-Fragments aus dem Myosin II veræffentlichten, konzentrierten sie sich darauf, einen mæglichen Wirkungsmechanismus zu beschreiben. Danach sorgt die Energie, die durch die ATP-Hydrolyse freigesetzt wird, in dem eng an das Actinfilament gebundenen Myosinkopf fçr eine kleine Konformationsånderung von etwa 0,5 nm. Diese kleine Bewegung wird anschlieûend durch eine Schwungbewegung des angrenzenden Halses mit seiner -Helix ungefåhr um den Faktor 20 verstårkt (Abb. 9.61). Nach dieser Hypothese wirkt der lange Hals des Myosins II als starrer ¹Hebelarmª, der das angeheftete Actinfilament viel weiter vorwårts schiebt, als es ansonsten mæglich wåre. Fçr die Steifigkeit des Hebels sorgen vermutlich die beiden leichten Ketten, die um den Hals herumgewickelt sind. Erste Belege fçr die ¹Hebelarmtheorieª ergaben sich aus einer Versuchsreihe, die James Spudich und Kollegen an der Stanford University durchfçhrten: Sie konstruierten Gene, die verånderte Formen des Myosins II mit unterschiedlich langen Halsregionen codierten. Die gentechnisch verånderten Myosinmolekçle wurden dann in einem B $-Beweglichkeitsassay mit Actinfilamenten getestet, also in einer åhnlichen Versuchsanordnung wie in Abb. 9.49. Wie man es nach der Hebelarmhypothese vorausgesagt hatte, war die scheinbare Långe des Kraftschlages der Myosinmolekçle di-
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rekt proportional zur Långe des Halses. Myosinmolekçle mit kçrzerem Hals erzeugten eine geringere Verschiebung, bei solchen mit långerem Hals war auch die Bewegung entsprechend långer. Allerdings wurde der Zusammenhang zwischen Halslånge und Schrittgræûe nicht in allen Studien beståtigt. Deshalb ist die Funktion des Hebelarmes bis heute umstritten. # 9 1
Wie die Motorproteine Kinesin und Dynein, so wandelt auch Myosin die chemische Energie aus dem ATP in die mechanische Energie der glei-
tenden Filamente um. Jeder mechanische Aktivitåtszyklus der Myosinkæpfe dauert etwa 50 ms und ist von einem Zyklus der ATPase-Aktivitåt begleitet, wie es schematisch in Abb. 9.62 dargestellt ist. Nach diesem Modell beginnt der Zyklus damit, dass ein ATP-Molekçl an den Myosinkopf bindet. Dieser Vorgang hat zur Folge, dass die Myosin-Querverbindung sich vom Actinfilament læst (Abb. 9.62, Schritt 1). Auf die Bindung des ATP folgt die Hydrolyse; sie findet statt, bevor der Myosinkopf mit dem Actinfilament in Verbindung tritt. ADP und Pi, die Produkte der ATP-Hydrolyse, bleiben am aktiven Zentrum des Enzyms gebunden; die bei der Hydrolyse freigesetzte Energie wird von dem gesamten Proteinmolekçl aufgenommen (Abb. 9.62, Schritt 2). Jetzt befindet sich die Querver-
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bindung in einem energiereichen Zustand wie eine gespannte Feder, das heiût, sie ist zu spontanen Bewegungen in der Lage. Das energiereiche Myosin heftet sich an das Actinmolekçl (Schritt 3) und entlåsst das gebundene Phosphat, was zu einer umfangreichen, von der gespeicherten Energie angetriebenen Konformationsånderung fçhrt (Schritt 4). Durch diese Konformationsånderung wird das Actinfilament weiter zur Mitte des Sarcomers geschoben. Der gesamte Bewegungsvorgang stellt den in Abb. 9.61 wiedergegebenen Kraftschlag des Myosinkopfes dar. Auf die Freisetzung des gebundenen ADP (Schritt 5) folgt dann die Bindung eines neuen ATP-Molekçls, mit der ein neuer Zyklus beginnt. Ist kein ATP vorhanden, bleibt der Myosinkopf eng an das Actinfilament gebunden. Die Tatsache, dass die Myosin-Querverbindungen sich ohne ATP nicht læsen kænnen, ist die Ursache der Totenstarre ( ), der Muskelversteifung nach dem Tod. 9 # Muskelfasern sind in Gruppen organisiert, die man als # bezeichnet. Alle Fasern einer motorischen Einheit werden gemeinsam von den Abzweigungen eines einzigen Motoneurons innerviert und ziehen sich gleichzeitig zusammen, wenn dieses Neuron einen Impuls weiterleitet und sie auf diese Weise anregt. Die Verbindungsstelle von Axonende und Muskelfaser bezeichnet man als neuromuskulåre Verbindung oder )9 # (Abb. 9.63; eine genauere Darstellung der Synapse zeigt auch Abb. 4.54). An der Nerv-Muskel-Endplatte wird der Nervenimpuls vom Axon çber den synaptischen Spalt hinweg auf die Muskelfaser çbertragen, deren Plasmamembran ebenfalls erregbar ist und ein Aktionspotenzial weiterleiten kann. Die Schritte vom Eintreffen des Nervenimpulses an der Plasmamembran der Muskelfaser bis zur Kontraktion in deren Innerem bezeichnet man zusammenfassend als 9 # . Anders als bei den Neuronen, wo das Aktionspotenzial an der Zelloberflåche verbleibt, wird der an einem Skelettmuskel entstehende Impuls çber Membraneinstçlpungen, die man ! 9
oder !! nennt, ins Zellinnere weitergeleitet (Abb. 9.63). Die T-Tubuli enden in enger Nachbarschaft zu einem Membransystem im Cytoplasma, dem
3& 4, das rund um die Myofibrille eine Membranmanschette bildet. Etwa 80% der integralen Proteine in der SRMembran sind Molekçle der Ca2+-ATPase: Sie befærdern Ca2+ aus dem Cytosol in das SR-Lu-
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men, wo es bis zu seiner Verwendung gespeichert wird. Wie wichtig Calcium fçr die Muskelkontraktion ist, wurde erstmals 1882 von dem englischen Arzt Sydney Ringer nachgewiesen. Er beobachtete, dass ein isoliertes Froschherz sich in einer Salzlæsung aus Londoner Leitungswasser zusammenzog, wåhrend es in einer Læsung aus destilliertem Wasser unbeweglich blieb. Ringer fand heraus, dass die Calciumionen im Leitungswasser fçr die Muskelkontraktion unentbehrlich waren. Im Cytoplasma einer entspannten Muskelfaser ist die Ca2+-Konzentration mit etwa 2 ´ 10±7 M sehr niedrig; sie liegt unterhalb des Schwellenwertes, der fçr die Kontraktion erforderlich ist. Trifft aber çber die Transversaltubuli ein Aktionspotenzial ein, æffnen sich die Calciumkanåle in der SR-Membran, und das Calcium diffundiert aus dem SR çber die kurze Entfernung zu den Myofibrillen. Dies hat zur Folge, dass die Ca2+-Konzentration in den Zellen auf etwa 5 ´ 10±5 M ansteigt. Um zu verstehen, wie die erhæhte Calciumkonzentration in einer Skelettmuskelfaser die Kontraktion auslæst, mçssen
wir uns noch einmal die Proteinausstattung der dçnnen Filamente ansehen. Im entspannten Zustand des Sarcomers blockieren die Tropomyosinmolekçle der dçnnen Filamente (Abb. 9.59) die Myosin-Bindungsstellen auf den Actinmolekçlen. Die Lage des Tropomyosins in der Vertiefung der Actinfaser wird von dem angekoppelten Troponinmolekçl reguliert. Steigt die Ca2+-Konzentration, binden diese Ionen an eine Untereinheit des Troponins (das Troponin C), was in einer anderen Untereinheit des Troponins eine Konformationsånderung auslæst. Die Bewegungen im Troponin pflanzen sich durch eine Art Dominoeffekt zum benachbarten Tropomyosin fort, und dieses bewegt sich nun um etwa 1,5 nm nåher an die Mitte der Furche heran (von Position b zu Position a in Abb. 9.64). Durch diesen Positionswechsel des Tropomyosins werden die Myosin-Bindungsstellen auf den benachbarten Actinmolekçlen frei, so dass die Myosinkæpfe sich an die dçnnen Filamente heften kænnen. Jedes Troponinmolekçl steuert die Lage eines einzigen Tropomyosinmolekçls, das seinerseits die Bindungsfåhigkeit von sieben
Bewegungsvorgånge auûerhalb der Muskeln
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Actinuntereinheiten im dçnnen Filament kontrolliert. Låsst die Stimulation durch die motorische Nervenfaser nach, schlieûen sich die Ca2+-Kanåle in der SR-Membran und die Ca2+-ATPase-Molekçle in dieser Membran beseitigen çberschçssiges Calcium aus dem Cytosol. Mit abnehmender Ca2+-Konzentration dissoziieren diese Ionen von ihren Bindungsstellen am Troponin, so dass die Tropomyosinmolekçle wieder in die Position rçcken, in der sie die Wechselwirkungen zwischen Actin und Myosin blockieren. Den ganzen Entspannungsvorgang kann man sich als Wettstreit zwischen dem Transportprotein der SRMembran und dem Troponin um Calciumionen vorstellen. Das Transportprotein hat eine hæhere Affinitåt fçr die Ionen und beseitigt sie deshalb bevorzugt aus dem Cytosol, so dass die Troponinmolekçle ohne gebundenes Calcium zurçckbleiben.
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Wenn man Kontraktionsfåhigkeit und Bewegungsvorgånge studieren will, sind die Skelettmuskelzellen ein ideales System: Die interagierenden kontraktilen Proteine liegen in hoher Konzentration vor und sind Bestandteile genau definierter Zellstrukturen. Schwieriger ist die Untersuchung von Bewegungen in anderen Zellen, denn dort sind die entscheidenden Komponenten meist weniger geordnet, weniger stabil und nur als vorçbergehenden Anordnungen vorhanden. Auûerdem beschrånken sie sich in der Regel auf eine dçnne unmittelbar unterhalb der Plasmamembran. Die Rinde ist ein aktiver Bereich der Zelle und sorgt unter anderem fçr die Aufnahme von Substanzen aus der Umgebung, fçr die Entstehung von Fortsåtzen bei der Fortbewegung der Zelle und fçr die Einschnçrung einer Tierzelle, die durch Zellteilung zu zwei Tochterzellen wird. Alle diese Vorgånge beruhen darauf, dass sich in der Rinde eine Anordnung aus Mikrofilamenten bildet. Auf den folgenden Seiten werden wir mehrere Fålle von Bewegungsvorgången auûerhalb der Muskeln betrachten; an ihnen sind Actinfilamente und in einigen Fållen auch Proteine aus der Myosin-Superfamilie beteiligt. Zunåchst jedoch mçssen wir uns einen Ûberblick çber die Faktoren verschaffen, die çber die Geschwindigkeit des Zusammenbaus sowie çber Zahl, Långe und råumliche Anordnung der Actinfilamente bestimmen. 9.7.1 Actin bindende Proteine Gereinigtes Actin kann zu Actinfilamenten polymerisieren, aber solche Filamente treten untereinander nicht in Wechselwirkung und verrichten keine nçtzlichen Tåtigkeiten. Unter dem Mikroskop sehen sie aus wie ein strohbedeckter Scheunenboden. In lebenden Zellen dagegen sind die Actinfilamente nach verschiedenen Prinzipien organisiert: Sie bilden verschiedenartige Bçndel, dçnne (zweidimensionale) Netze oder kompliziert gebaute, dreidimensionale Gele (Abb. 9.65). Ûber Organisation und Verhalten der Actinfilamente in lebenden Zellen bestimmen bemerkenswert vielfåltige / : Sie beeinflussen den Auf- und Abbau der Filamente, ihre physikalischen Eigenschaften und ihre Wechselwirkungen untereinander sowie mit anderen Zellorganellen. Mittlerweile hat
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man aus Zellen verschiedener Typen çber 100 Actin bindende Proteine aus zahlreichen Familien isoliert. Nach ihrer mutmaûlichen Funktion in der Zelle kann man verschiedene Kategorien unterscheiden (Abb. 9.66)4: & 0 Der langsamste Schritt in der Entstehung von Actinfilamenten ist der Beginn des Zusammenbaues: Er erfordert, dass mindestens zwei oder drei Actinmonomere in der richtigen Orientierung aufeinander treffen und so die Polymerbildung in Gang setzen. Actinmolekçle allein bewerkstelligen dies nur sehr selten. Wie bereits erwåhnt, wird die Bildung eines Actinfilaments stark beschleunigt, wenn bereits ein ¹Keimª vorhanden ist, an den sich weitere Monomere anlagern kænnen (Abb. 9.46 a). Die Zellen enthalten einen als FJ> bezeichneten Proteinkomplex, der sowohl als auch als Keim fçr Actinfilamente dienen kann. ¹Arpª bedeutet ¹ $ ª (¹actinåhnliche Proteineª): Diese Proteine besitzen eine betråchtliche Sequenzhomologie zu den Actinen, 4
Hier sei darauf hingewiesen, dass manche derartigen Proteine in Abhångigkeit von ihrer Konzentration und den Umgebungsbedingungen (zum Beispiel Ca2+- und H+-Konzentration) mehrere Funktionen aus der Liste erfçllen. Meist werden solche Proteine untersucht, aber dann ist es vielfach schwierig, die Ergebnisse auf die Ablåufe in der Zelle zu çbertragen.
gelten aber nicht als ¹echteª Mitglieder dieser Familie. Ein Arp2/3-Komplex besteht aus zwei Arps (Arp2 und Arp3) sowie fçnf anderen Proteinen. Gereinigte Arp2/3-Komplexe sind nur schwach oder gar nicht als Filamentkeim aktiv; zu diesem Zweck mçssen sie durch die Wechselwirkungen mit anderen Proteinen aktiviert werden (Kap. 9.7.2). Durch die Aktivierung åndert sich nach heutiger Kenntnis die Konformation des ganzen Komplexes so, dass er eine Art Matrize bildet; an diese kænnen sich dann die Actinmonomere anlagern, ganz åhnlich wie beim -Tubulin, das vermutlich als Matrize fçr den Aufbau der Mikrotubuli dient (Abb. 9.21). . 0 Die Proteine aus der Gruppe der Thymosine (zum Beispiel das Thymosin 4) binden an Actinmonomere mit gebundenem ATP (die oft auch als %$! bezeichnet werden) und verhindern ihre Polymerisation. Proteine mit dieser Aktivitåt werden als Actinmonomer-Vereinnahmungsproteine ( $ $ 6 ) bezeichnet. Sie sind vermutlich der Grund, warum G-Actin in Zellen auûerhalb der Muskeln in relativ hoher Konzentration (50±200 mM) vorliegt. Ohne MonomerVereinnahmungsproteine wçrden die Verhåltnisse im Cytoplasma die fast vollståndige Polymerisation aller Monomere zu Filamenten begçnstigen. Da sie aber G-Actin binden und den Monomervorrat stabilisieren, kann sich durch eine Verånderung in Konzentration oder Aktivitåt der Monomer-Vereinnahmungsproteine auch das Gleichgewicht zwischen Monomeren und Polymeren in einer bestimmten Region der Zelle verschieben, so dass zu dem jeweiligen Zeitpunkt entweder die Polymerisation oder die Depolymerisation begçnstigt wird. #7 3capping/ 40 Die Proteine dieser Gruppe steuern die Långe der Actinfilamente, indem sie an ein Ende des Filaments binden und dort eine ¹Kappeª () bilden. Ist das schnell wachsende stumpfe Ende eines Filaments mit einer solchen Kappe versehen, kann die Depolymerisation sich am anderen Ende fortsetzen, so dass das Filament sich auflæst. Ist das spitze Ende ebenfalls blockiert, kommt die Depolymerisation zum Stillstand. Die dçnnen Filamente der quergestreiften Muskulatur sind am stumpfen Ende an der Z-Linie des Sarcomers durch das Protein capZ und am spitzen Ende durch das Protein Tropomodulin abgedeckt. Zerstært man die Tropomodulinkappe durch Mikroinjektion von Antikærpern in eine Muskelzelle, lagern sich an dem freigelegten spitzen Ende der Filamente neue Untereinheiten an, und es kommt in der Mitte des Sarcomers zu einer deutlichen Verlångerung.
Bewegungsvorgånge auûerhalb der Muskeln
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0 Profilin ist ein kleines Protein, das an derselben Stelle an ein Actinmonomer bindet wie das Thymosin. Aber Profilin hemmt die Polymerisation nicht, sondern begçnstigt nach heutiger Kenntnis das Wachstum der Actinfilamente. Zu diesem Zweck heftet es sich an ein Actinmonomer und katalysiert die Dissoziation des gebundenen ATP, das dann sehr schnell durch ATP ersetzt wird. Das Actinmonomer mit gebundenem ATP und Profilin kann sich dann an das freie stumpfe Ende eines wachsenden Actinfilaments anlagern, wobei das Profilin wieder freigesetzt wird. %
Die Proteine aus der Familie der Cofiline (Cofilin, ADF und Depactin) binden an Actin-ADP-Untereinheiten und an das spitze Ende von Actinfilamenten. Cofilin hat offenbar zwei Aktivitåten: Es kann Actinfilamente zerstçckeln und am spitzen Ende ihre Depolymerisation begçnstigen. Diese Proteine sind von Bedeutung fçr den schnellen Umsatz der Actinfilamente an Stellen, wo sich der Aufbau des Cytoskeletts dynamisch wandelt. Fçr die Fortbewegung der Zellen sowie fçr Phagocytose und Cytokinese sind sie unentbehrlich. =9$ 0 Die Proteine dieser Gruppe veråndern die råumliche Organisation einer Population von Actinfilamenten. Jedes derartige Protein besitzt mindestens zwei Bindungsstellen fçr Actin und kann deshalb zwei oder mehrere Actinfilamente verknçpfen. Manche Proteine dieses Typs (z. B. das Filamin) sind wie lange, flexible Ståbe geformt und begçnstigen die Entstehung eines lockeren Filamentgeflechts, in dem die Filamente nahezu rechtwinklig verbunden sind (wie in Abb. 9.65). Cytoplasmabereiche, in denen sich ein solches Geflecht befindet, haben die Eigenschaften eines elastischen Gels und leisten Widerstand gegen lokalen mechanischen Druck. Andere Quervernetzungsproteine (zum Beispiel Villin und Fimbrin) haben eine globulåre Form und vereinigen die Actinfilamente in paralleler Anordnung zu dichten Bçndeln. Solche Anordnungen findet man in den Mikrovilli, die aus bestimmten Epithelzellen herausragen (Abb. 9.67), und in den haaråhnlichen & (Abb. 9.54) auf den Rezeptorzellen des Innenohres. Zu Bçndeln zusammengefasst, sind die Filamente steifer, so dass sie fçr solche Cytoplasmafortsåtze als inneres Stçtzskelett dienen kænnen. 0 Die Proteine dieser Klasse sind in der Lage, sich seitlich an ein Filament anzuheften und es zu durchtrennen. Zerstærungsproteine wie das Gelsolin begçnstigen wahrscheinlich auch den Einbau von Actinmonomeren, weil sie zusåtzliche freie Enden
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Cytoskelett und Zellbewegungen
auch das Dystrophin gehært, das fçr die Muskeldystrophie verantwortlich ist). 9.7.2 Beweglichkeit und Kontraktionsfåhigkeit auûerhalb der Muskeln: Beispiele
n Abb. 9.67. Actinfilamente und Actin bindende Proteine in einem Mikrovillus. Die Mikrovilli auf der apikalen Oberflåche der Epithelzellen dienen beispielsweise in Darm und Nierenkanålchen der Absorption gelæster Substanzen. Jeder Mikrovillus enthålt etwa 25 Actinfilamente, die durch die Proteine Villin und Fimbrin in einer genau geordneten Anordnung festgehalten werden. Die Funktion des Myosins I, das sich zwischen der Plasmamembran des Mikrovillus und den peripheren Actinfilamenten befindet, ist bisher nicht genau geklårt
schaffen oder die von ihnen erzeugten Enden mit Kappen versehen. Wie man in Abb. 9.72 erkennt, kann auch Coflin Fragmente zerschneiden. In Zellen auûerhalb der Muskeln liegt der Bewegungsapparat zum græûten Teil unmittelbar unter der Plasmamembran. Bei vielen Aktivitåten wirken die von den kontraktilen Proteinen erzeugten Kråfte auf die Plasmamembran, die sich dann entweder nach auûen wælbt (beispielsweise bei der Fortbewegung von Zellen) oder sich nach innen einstçlpt (beispielsweise bei Phagocytose oder Cytokinese). Solche Vorgånge werden in der Regel dadurch begçnstigt, dass die Actinfilamente sich çber periphere Membranproteine indirekt mit der Plasmamembran verbinden. In vorangegangenen Kapiteln wurden zwei Beispiele beschrieben: die Aufnahme kurzer Actinpolymere in das Membranskelett der Erythrocyten (Abb. 4.31 d) und die Membrankopplung von Actinfilamenten an den Fokalkontakten und Adhårenzverbindungen (Abb. 7.17 und 7.26). Zu den Proteinen, die Actinfilamente an Membranen ankoppeln kænnen, gehæren Vinculin, die Mitglieder der ERM-Familie (Ezrin, Radixin und Moesin) und die Proteine der Spectrinfamilie (zu der
Actinfilamente sind ± håufig im Zusammenwirken mit Myosinmotoren ± auch in Zellen auûerhalb der Muskeln fçr verschiedene dynamische Vorgånge verantwortlich, so unter anderem fçr Cytokinese, Phagocytose, Cytoplasmastræmung (die gerichtete Bewegung groûer Cytoplasmamengen in manchen umfangreichen Pflanzenzellen), Vesikeltransport, Blutplåttchenaktivierung, die seitliche Bewegung integraler Membranproteine, Wechselwirkungen zwischen Zelle und Untergrund, Fortbewegung von Zellen, Axonwachstum und Formverånderungen der Zellen. Einige Beispiele fçr solche Beweglichkeit und Kontraktionsfåhigkeit auûerhalb der Muskelzellen sollen im Folgenden beschrieben werden. Manche Zellbewegungen entstehen ausschlieûlich durch die Polymerisierung von Actin, ohne dass Myosin dabei tåtig wçrde. Ein Beispiel findet man bei Listeria monocytogenes, einem Bakterium, das Makrophagen infiziert und Enzephalitis oder Lebensmittelvergiftungen hervorruft. Listeria schieût wie eine Rakete durch das Cytoplasma einer infizierten Zelle, weil unmittelbar hinter dem Bakterium Actinmonomere polymerisieren (Abb. 9.68). Wie kann die Bakterienzelle an einer bestimmten Stelle auf ihrer Oberflåche die Bildung von Actinfilamenten in Gang setzen? Fragen nach råumlichen Verhåltnissen sind der bei der Untersuchung aller Bewegungsvorgånge von groûer Bedeutung, denn diese sind davon abhångig, dass eine Zelle den notwendigen Apparat zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt an einer ganz bestimmten Stelle zusammensetzen kann. Listeria ist dazu in der Lage, weil es das Protein ActA enthålt, das nur an einem Ende der Bakterienzelle vorkommt. Wird ActA dem Cytoplasma der Wirtszelle ausgesetzt, zieht es mehrere Proteine dieser Zelle heran und aktiviert sie, darunter auch den Arp2/3-Komplex, der spåter noch genauer beschrieben wird. Diese Proteine steuern durch ihr Zusammenwirken die Polymerisierung des Actins. Man konnte die Fortbewegung von Listeria in vitro nachvollziehen und damit schlçssig beweisen, dass allein die Polymerisierung von Actin die notwendige Bewegungskraft zur Verfçgung stellen kann, oh-
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ne dass Myosinmotoren dabei mitwirken mçssten. Die gleichen Vorgånge, die , zur Fortbewegung dienen, laufen auch bei normaler Tåtigkeit in der Zelle ab, vom Transport der Vesikel und Organellen in Cytoplasma bis hin zu Bewegungen der ganzen Zelle, mit denen sich der folgende Abschnitt beschåftigt. ' 9 Die Fortbewegung von Zellen ist im Organismus hæherer Wirbeltiere fçr viele Vorgånge unentbehrlich, so fçr die Entwicklung von Geweben und Organen, fçr die Entstehung der Blutgefåûe, fçr das Wachstum von Axonen, fçr die Wundheilung und fçr den Infektionsschutz. Ebenso ist die Fortbewegung von Zellen die Ursache fçr die Ausbreitung bæsartiger Tumore. Im Folgenden werden wir uns auf Untersuchungen an Gewebekulturzellen konzentrieren, die sich çber einen flachen (d. h. zweidimensionalen) Untergrund bewegen, denn solche Versuchsbedingungen haben dieses Forschungsgebiet geprågt. Man sollte aber daran denken, dass die Zellen sich im Organismus nicht çber einen leeren, flachen Untergrund bewegen, denn mittlerweile deuten immer mehr Indizien darauf hin, dass manche Ergebnisse derartiger Untersuchungen mæglicherweise nicht auf Zellen zutreffen, die komplizierteres Gelånde durchqueren. In jçngster Zeit hat man kompliziertere Untergrçnde entwickelt, darunter verschiedene dreidimensionale, extrazellulåre Matrices; die mit ihnen gewonnenen Befunde kænnten dazu fçhren, dass manche der im Folgenden beschriebenen Fortbewegungsmechanismen neu çberdacht werden mçssen. Abbildung 9.69 zeigt einen einzelnen Fibroblasten, der sich gerade auf dem Weg in die rechte untere Ecke des Gesichtsfeldes befand, als er fçr die mikroskopische Untersuchung pråpariert wurde. Die Fortbewegung von Zellen, wie man sie an dem Fibroblasten in Abb. 9.69 erkennt, hat in mancher Hinsicht die gleichen Eigenschaften wie andere Arten der Fortbewegung, beispielsweise das Gehen. Wenn wir gehen, wiederholt unser Kærper ståndig eine Reihe von Tåtigkeiten: Zun
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nåchst wird ein Bein in der Fortbewegungsrichtung ausgestreckt; dann berçhrt die Fuûsohle den Boden, der nun vorçbergehend als Widerhalt dient; die Beinmuskeln çben Kraft aus und bewegen so den ganzen Kærper çber den feststehenden Fuû hinweg, der dabei eine Kraft auf die Kontaktstelle am Boden ausçbt; schlieûlich hebt sich der Fuû ± der sich nun nicht mehr vor, sondern hinter dem Kærper befindet ± vom Boden und bereitet sich auf den nåchsten Schritt vor. Bewegliche Zellen kænnen zwar ganz unterschiedliche Formen annehmen, wåhrend sie çber einen Untergrund kriechen, die Abfolge der Einzelvorgånge ist aber ganz åhnlich (Abb. 9.70). n Ein Teil der Zelloberflåche wird in der Fortbewegungsrichtung ausgestreckt und setzt damit die Bewegung in Gang. n Die Ausstçlpung heftet sich mit einem Teil ihrer Unterseite an den Untergrund und bildet einen vorçbergehenden Verankerungspunkt. n Der Hauptteil der Zellen wird çber die Kontaktstelle hinweg vorwårts gezogen, so dass diese schlieûlich am Hinterende der Zelle liegt. n Die Zelle læst an der Rçckseite den Kontakt mit dem Untergrund und zieht dabei ihr Hinterende ± den ¹Schwanzª ± wieder ein. ' 9 Bringt man ein kleines Gewebestçck ± beispielsweise aus Haut oder Leber ± in eine Kulturschale mit einer geeigneten Nåhrlæsung, so wandern
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einzelne Zellen aus dem Gewebe aus und begeben sich auf den Boden der Schale. Bei der mikroskopischen Untersuchung dieser Zellen stellt sich in der Regel heraus, dass es sich um Fibroblasten handelt, den vorherrschenden Zelltyp im Bindegewebe (Abb. 7.1). Wåhrend ein Fibroblast sich fortbewegt, schmiegt er sich flach an den Untergrund und nimmt die Form eines Fåchers an, mit einem breiteren Vorderende und einem schmalen ¹Schwanzª (Abb. 9.69). Er bewegt sich unregelmåûig und ruckartig, wobei er manchmal ein Stçck vorankommt und sich dann wieder zurçckzieht. An einem guten Tag kann ein Fibroblast eine Strecke von rund einem Millimeter zurçcklegen. Worauf es bei der Bewegung ankommt, erkennt man bei genauer Betrachtung der Vorderkante, die als breite, abgeflachte, schleierartige Ausstçlpung aus der Zelle ragt. Eine solche Struktur bezeichnet man als 8 (Abb. 9.71 a). In Lamellipodien befinden sich in der Regel keine cytoplasmatischen Vesikel und auch sonst keine abgegrenzten Strukturen; an ihrem åuûersten Rand ist håufig eine Wellenbewegung zu erkennen, die ihnen ein gekråuseltes Aussehen verleiht (Abb. 9.71 b). Ein solches Lamellipodium, das die Zelle ausstreckt, heftet sich an ganz bestimmten Stellen am Untergrund fest und schafft so vorçbergehend Verankerungspunkte, an denen die Zelle sich vorwårts ziehen kann.
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>m vorherigen Abschnitt haben wir erfahren, wie durch die Polymerisierung von Actinmolekçlen die Kraft entstehen kann, die eine , Bakterienzelle durch das Cytoplasma treibt. An intrazellulåren Bewegungen dieses Typs sind keine molekularen Motoren beteiligt. Ein åhnlicher Mechanismus der Actinpolymerisierung liefert nach heutiger Kenntnis auch die Bewegungskraft, die fçr die Ausstçlpung der Vorderkante eines Lamellipodiums notwendig ist. Gleichzeitig machen solche Bewegungsvorgånge deutlich, wie wichtig die (in Abb. 9.66 dargestellten) Actin bindenden Proteine sind, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort
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in der Zelle der Auf- und Abbau eines Geflechts von Actinfilamenten koordiniert werden muss. Betrachten wir beispielsweise eine weiûe Blutzelle: Sie ist zunåchst rund und erhålt dann aus einer Richtung, in der eine Verletzung des Kærpers eingetreten ist, ein chemisches Signal. Der Reiz sorgt dafçr, dass die Zelle sich in dieser Richtung bewegt.5 An der Plasmamembran angekommen, setzt der Reiz die råumlich begrenzte Polymerisierung von Actin in Gang. Analog zu dem , -Protein ActA, das an der Oberflåche der Bakterienzelle die Polymerisierung in Gang setzt, besitzen auch Såugerzellen eine Proteinfamilie namens WASP, die an der Stimulationsstelle in der Nåhe der Plasmamembran den Komplex Arp2/3 aktiviert. Wie zuvor bereits erærtert und in Abb. 9.66 bildlich dargestellt wurde, spielt der Komplex Arp2/3 als Ausgangspunkt fçr die Bildung von Actinfilamenten eine Schlçsselrolle. WASP wurde als Produkt eines Gens entdeckt, dessen Defekt zum Wiskott-Aldrich-Syndrom fçhrt. Patienten mit dieser Krankheit besitzen ein stark beeintråchtigtes Immunsystem, weil ihre weiûen Blutzellen kein funktionsfåhiges WASP-Protein enthalten und deshalb nicht auf chemotaktische Signale ansprechen.6 Abbildung 9.72 zeigt ein Modell fçr die wichtigsten Schritte bei der Bildung eines Lamellipodiums, das die Zelle in einer bestimmten Richtung vorwårts bewegt. An einem Ende der Zelle kommt ein Reiz an (Abb. 9.72, Schritt 1), der çber ein Protein aus der WASP-Familie den Arp2/3-Komplex aktiviert (Schritt 2). Die aktivierten Arp2/3-Komplexe dienen als Ausgangspunkt fçr die Bildung neuer Actinfilamente (Schritt 3). Die Polymerisierung ATP-gebundener Actinmonomere am stumpfen Ende der Filamente wird durch Profilinmolekçle (Kap. 9.7.1) begçnstigt. Sobald sich die neuen Actinfilamente gebildet haben, heften sich die Arp2/3-Komplexe seitlich an diese Filamente an (Schritt 4) und setzen dort wiederum die Bildung weiterer Actinfilamente in Gang, die nun als Verzweigungen entstehen (Schritt 5). Dabei verbleiben die 5
Eine solche Reaktion ist im Internet in einem bemerkenswerten Film zu sehen, in dem eine neutrophile Blutzelle ein Bakterium jagt. Er ist mit den Suchworten ¹neutrophil crawlingª zu finden. 6 WASP ist nur ein Protein aus einer groûen, vielgestaltigen Familie, deren Mitglieder den Arp2/3-Komplex in Zellen unterschiedlicher Typen aktivieren. Hier soll WASP stellvertretend fçr die ganze Familie beschrieben werden, man findet es allerdings vorwiegend in håmatopoetischen (Blut bildenden) Zellen. Auch einige nicht mit WASP verwandte Proteine, insbesondere das Contactin, kænnen den Arp2/3Komplex aktivieren.
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Arp2/3-Komplexe an den spitzen Enden, die sich an den Verzweigungsstellen befinden. Gleichzeitig wird das Wachstum der stumpfen Enden ålterer Filamente durch die Anheftung von Proteinkappen blockiert (Schritt 5). An die stumpfen Enden spåter gebildeter Filamente in dem Geflechts lagern sich dagegen weitere Actinuntereinheiten an und schieben die Membran des Lamellipodiums in Richtung des Reizes nach auûen (Schritte 5 und 6). Wåhrend neuere Filamente durch Anheftung von Untereinheiten an das stumpfe Ende weiter wachsen, læsen sich die ålteren, mit einer Kappe versehenen Filamente vom spitzen Ende her auf (Schritt 6). Begçnstigt wird dieser Abbau durch Cofilin, das an die Actin-ADP-Untereinheiten in den Filamenten bindet (Schritt 6). Die Untereinheiten aus Actin und ADP, die beim Abbau der Filamente freigesetzt werden, werden durch Umwandlung in Profilin-ATP-Actin-Monomere wieder ¹aufgeladenª und kænnen dann an der Vorderkante der Zelle erneut zum Aufbau der Actinfilamente verwendet werden. Einige wichtige Strukturmerkmale bei der Fortbewegung von Zellen zeigt Abb. 9.73. In der
elektronenmikroskopischen Aufnahme erkennt man das verzweigte Geflecht aus verknçpften Actinfilamenten, das sich wåhrend der Vorwårtsbewegung unmittelbar unter der Plasmamembran des Lamellipodiums befindet. In den kleinen Kreisen erkennt man eine Abfolge kurzer Verzweigungen der Actinfilamente, wobei die Arp2/3-Komplexe durch Immungoldmarkierung hervorgehoben wurden. Wie man hier sieht, befinden sich diese Komplexe an den Y-færmigen Verbindungsstellen, an denen die gerade polymerisierten Filamente von ålteren Filamenten abzweigen. Die Fortbewegung mit Hilfe der Lamellipodien ist ein dynamischer Ablauf. Wåhrend die Polymerisierung der Actinfilamente und die Verzweigung sich ganz am vorderen Ende des Lamellipodiums fortsetzen, depolymerisieren die Filamente im hinteren Teil (Abb. 9.72, Schritt 6). Insgesamt betrachtet, durchlåuft also auch die Anordnung aus Actinfilamenten eine Art Tretmçhlzyklus (Kap. 9.5.2): An die stumpfen Enden der Anordnung am Vorderende werden Actinuntereinheiten angefçgt, an den spitzen Enden auf der Rçckseite læsen sie sich wieder.
>n dem in Abb. 9.70 dargestellten Ablauf stçlpt sich zunåchst die Vorderkante aus, und dann bewegt sich der Hauptteil der Zelle in die gleiche Richtung. Die wichtigsten Kråfte fçr die Fortbewegung entstehen also an den Anheftungsstellen, die notwendig sind, damit der Hauptteil der Zelle sich vorwårts ziehen kann (Abb. 9.70, Schritt 3). Håufig spricht man hier von ¹Zugkråftenª, weil sie an Stellen auftreten, wo die Zelle sich am Untergrund festhålt. Låsst man die Zellen çber ein dçnnes Blatt aus einem elastischen Material wandern, ist ihre Fortbewegung von einer Verformung der Unterlage begleitet (Abb. 7.18). Wie groû die Zugkråfte an verschiedenen Stellen im Inneren einer lebenden, wandernden Zelle sind, kann man aus der dynamisch wechselnden Verformung des Untergrundes errechnen und wie in Abb. 9.74 wiedergeben. Wie man bei genauer Betrachtung dieses digitalisierten Bildes eines wandernden Fibroblasten erkennt, entstehen die græûten Zugkråfte unmittelbar hinter der Vorderkante an den Stellen, wo die Zelle fest am Untergrund haftet.7 Der Hauptteil der Zelle haftet weniger stark an der Unterlage, so dass er wie eine verpackte Fracht vorwårts gezogen werden kann. Zahlreichen Befunden zufolge sorgt die Actinpolymerisierung dafçr, dass die Vorderkante der Zelle nach auûen gedrçckt wird (Abb. 9.70, Schritt 1), wåhrend Myosin (in Verbindung mit Actinfilamenten) dafçr zuståndig ist, den Rest der Zelle nach vorn zu ziehen (Abb. 9.70, Schritt 3). Am besten erkennt man die unterschiedlichen Funktionen von Actin und Myosin an den Fisch-Keratocyten; diese Zellen stammen aus der Epidermis auf den Schuppen der Fische. Die Keratocyten sind ein beliebtes System fçr die Untersuchung der Zellbewegung, weil sie ihre schnelle Gleitbewegung mit Hilfe eines sehr breiten, dçnnen Lamellipodiums vollziehen. Abbildung 9.75 zeigt einen wandernden Keratocyten, der fixiert und mit einem spezifischen Farbstoff fçr Actin (Abb. 9.75 a) bzw. fçr Myosin (Abb. 9.75 b) angefårbt wurde. Wie nach der vorangegangenen Beschreibung nicht anders zu erwarten, ist die Vorderkante des Lamellipodiums 7 In der Frage, wie diese Anheftungsstellen im Einzelnen aussehen, gab es betråchtliche Meinungsverschiedenheiten. Håufig werden sie im Unterschied zu den græûeren, komplizierter gebauten Fokalkontakten (Abb. 7.17) als Fokalkomplexe bezeichnet. Fokalkomplexe und Fokalkontakte enthalten vielfach die gleichen Proteine (Integrine, Vinculin, Talin, Actin), letztere dienen aber der stabilen Befestigung von Zellen und nicht der vorçbergehenden Anhaftung wåhrend der Fortbewegung. Wenn eine Zelle die Fortbewegung einstellt und sesshaft wird, verwandeln sich die Fokalkomplexe wahrscheinlich in Fokalkontakte.
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voller Actin. Das Myosin dagegen konzentriert sich in einem Streifen an der Stelle, wo der hintere Teil des Lamellipodiums in den Hauptteil der Zelle çbergeht. In elektronenmikroskopischen Aufnahmen dieser Region erkennt man Anhåufungen kleiner, bipolarer Filamente aus Myosin II, die an das Actingeflecht gebunden sind (Abb. 9.75 c). Die von diesen Myosinmolekçlen erzeugten Kontraktionskråfte ziehen vermutlich den Hauptteil der Zelle hinter dem Lamellipodium her. Bei manchen Lebewesen sind nach heutiger Kenntnis auch Myosin I und andere unkonventionelle Myosine an der Fortbewegung von Zellen beteiligt.
riment sprach auch nachdrçcklich dafçr, dass Axone durch aktive Wachstums- und Verlångerungsvorgånge entstehen. Die Spitze eines wachsenden Axons unterscheidet sich vom Rest der Zelle (Abb. 9.1 b). Wåhrend am Hauptteil des Axons nach auûen kaum etwas von Bewegungsvorgången zu sehen ist, åhnelt die Spitze, auch genannt, einem sehr beweglichen, kriechenden Fibroblasten. Bei nåherer Untersuchung eines lebenden Wachstumskegels erkennt man mehrere Arten von Ausstçlpungen, die der Fortbewegung dienen: kurze, steife 3Abb. 9.76 a), die nach auûen zum Rand des Lamellipodiums weisen, und stark verlångerte , die sich in ståndiger Bewegung ausstrecken und wieder zurçckziehen. Wie man bei fluoreszenzmikroskopischer Untersuchung erkennt, sind alle diese Strukturen an der Peripherie des Wachstumskegels mit Actinfilamenten angefçllt (grçn in Abb. 9.76 b). Derartige Actinfilamente sind vermutlich fçr die Bewegungståtigkeit des Wachstumskegels verantwortlich. In dem langen Axon selbst und in der Mitte des Wachstumskegels dagegen dienen Mikrotubuli als mechanische Stçtze. Man erkennt einige einzelne Mikrotubuli (in Abb. 9.76 b orange dargestellt), die in den actinreichen Auûenbereich eindringen. Diese Mikrotubuli sind sehr dynamisch und
-' Im Jahr 1907 machte Ross Harrison von der Yale University eines der klassischen Experimente der Biologie. Er entnahm ein kleines Gewebestçck aus dem entstehenden Nervensystem eines Froschembryos und legte es in einen winzigen Tropfen Lymphflçssigkeit. Als er nun das Gewebe çber mehrere Tage hinweg im Mikroskop beobachtete, stellte er fest, dass die Nervenzellen nicht nur gesund blieben, sondern in vielen Fållen auch Fortsåtze wachsen lieûen, die in das umgebende Medium ragten. Damit hatte er nicht nur zum ersten Mal Zellen in einer Gewebekultur am Leben erhalten, sondern das Expe-
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çrften entscheidend dazu beitragen, die Wachstumsrichtung des Axons festzulegen. Der Wachstumskegel ist ein sehr beweglicher Abschnitt der Zelle, der seine Umwelt erkundet und das Axon verlångert. Im Embryo wachsen die Axone der entstehenden Neuronen auf genau festgelegten Wegen; dabei orientieren sie sich an topografischen Merkmalen der Unterlage. Oder sie sprechen auf chemische Signale an, die ihnen durch Diffusion in die Quere kommen. Die Lamellipodien und Filopodien des Wachstumskegels reagieren auf solche physikalischen und chemischen Reize und sorgen dafçr, dass die Axone sich auf ihrem Weg anziehenden Faktoren zuwenden und von abstoûenden Faktoren abwenden. Abbildung 9.77 a zeigt ein Neuron aus der Gewebekultur, dessen Spitze auf seinem Weg eine Kurve in Richtung des diffusionsfåhigen Proteins Netrin beschreibt, eines Anziehungsstoffes fçr die wachsenden Axone im Embryo. Letztlich beruht die gesamte Verdrahtung des Nervensystems auf der geradezu gespenstischen Fåhigkeit der embryonalen Wachstumskegel, die richtigen ¹Entscheidungenª zu treffen und den Weg zu den Organen zu finden, die sie innervieren sollen.
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Zusammenfassung
.1 '1 #% ' ,ie charakteristische Form und der innere Aufbau der einzelnen Kærperteile entstehen wåhrend der Embryonalentwicklung: Die Wirbelsåule ist anfangs ein hohles Rohr, die Niere besteht aus mikroskopisch kleinen Kanålchen, die Lunge enthålt winzige Luftblåschen, usw. Damit die charakteristische Morphologie eines Organs entstehen kann, sind zahlreiche Zelltåtigkeiten notwendig, darunter auch programmierte Formverånderungen der Zellen. Solche Verånderungen entstehen vor allem dadurch, dass die Cytoskelettelemente in den Zellen sich umorientieren. Eines der eindrucksvollsten Beispiele ist das Frçhstadium in der Entwicklung des Nervensystems. Gegen Ende der Gastrulation von Wirbeltieren werden die åuûeren (ektodermalen) Zellen an der Rçckenseite des Embryos långer und bilden eine groûe Epithelschicht, die man als Neuralplatte bezeichnet (Abb. 9.78 a, b). Die Zellen der Neuralplatte werden långer, weil die Mikrotubuli sich parallel zur Långsachse der Zelle anordnen (Ausschnitt, Abb. 9.78 b) Nach der Verlångerung
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schnçren sich die Zellen des Neuralapithels an einem Ende ein, so dass sie eine Keilform annehmen und die ganze Zellschicht sich nach innen biegt (Abb. 9.78 c). Diese Formverånderung entsteht durch die Kontraktion eines Bandes aus Mikrofilamenten, die sich im Rindenbereich der Zellen unmittelbar unter der apikalen Zellmembran zusammenlagern (Abb. 9.78 c, Ausschnitt). Am Ende berçhren sich die Auûenkanten der gebogenen Zellschicht, und es entsteht ein zylinderfærmiges, hohles Rohr (Abb. 9.78 d, e), aus dem spåter das gesamte Nervensystem des Tieres hervorgeht.
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Zusammenfassung +%
" 6 1 3 40 ' $ 1 0 Insgesamt betrachtet, dienen die Elemente des Cytoskeletts als Stçtzstruktur, welche die Form der Zelle aufrechterhålt, als inneres Gerçst, das die Organellen in der Zelle in die richtige Position bringt, als Teil des Transportapparats fçr Substanzen und Organellen in den Zellen und als Krafterzeuger, mit deren Hilfe sich die Zelle von einem Ort zum anderen bewegt (Kap. 9.1).
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" + ' 9 + 0 Mikrotubuli werden aus -Tubulin-Heterodimeren zusammengesetzt, die in Reihen (den Protofilamenten) angeordnet sind. Viele Eigenschaften der Mikrotubuli, wie Flexibilitåt, Stabilitåt und Wechselwirkungen mit anderen Zellbestandteilen, werden von
den mikrotubuliassoziierten Proteinen (MAPs) beeinflusst. Da Mikrotubuli relativ steif sind, dienen sie oft als Stçtzen, ganz åhnlich wie die Stahltråger, die ein Hochhaus aufrecht halten. Am deutlichsten erkennt man diese Strukturaufgabe der Mikrotubuli an stark verlångerten Zellfortsåtzen wie Axopodien und Axonen: Sie sind mit Mikrotubuli angefçllt, die parallel zu ihrer Långsachse verlaufen. Darçber hinaus sind Mikrotubuli an vielen weiteren Ablåufen in der Zelle beteiligt: Sie wirken bei der Einlagerung von Cellulose in Pflanzenzellwånde mit, halten die Organellen des Biosyntheseweges wie ER und Golgi-Apparat in ihren richtigen Positionen fest und unterstçtzen den Transport von Vesikeln und anderem Material zwischen Zellkærper und Axon einer Nervenzelle (Kap. 9.3). 9 % ' " % $ $ ' 0 Diese Motorproteine kænnen die im ATP gespeicherte chemische Energie in mechanische Energie umwandeln, die dann dazu dient, die an den
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Motor angeheftete Fracht zu transportieren. Zur Krafterzeugung sind Konformationsånderungen im Motorprotein an einen chemischen Zyklus gekoppelt, der die Bindung und Hydrolyse von Nucleotiden sowie die Freisetzung der gebundenen Produkte umfasst (Kap. 9.3.5). % % $ 0 Sowohl Kinesin als auch die cytoplasmatischen Dyneine sind groûe Motorproteine mit globulåren Kæpfen, die mit Mikrotubuli in Wechselwirkung treten und als Krafterzeuger dienen; an ihrem anderen Ende binden sie spezifisch ihre jeweilige Fracht. Kinesin befærdert das Material in Richtung des PlusEndes eines Mikrotubulus, cytoplasmatisches Dynein dagegen zum Minus-Ende. Kinesin wurde mit der Wanderung von ER-Vesikeln, Endosomen, Lysosomen und sekretorischen Granula in Verbindung gebracht; auûerdem konnte man nachweisen, dass es in den Axonen das wichtigste Motorprotein beim anterograden Transport (vom Zellkærper zum Axonende) darstellt (Kap. 9.4.5). ) in vivo . 9 !(+ 3 (
$40 In Tierzellen bilden sich die Mikrotubuli des Cytoskeletts normalerweise in Verbindung mit dem Centrosom, einer kompliziert gebauten Struktur aus zwei tonnenfærmigen Centriolen, die von einem amorphen, elektronendichten pericentriolåren Material umgeben sind. Jede Centriole enthålt neun in gleichen Abstånden angeordnete Fibrillen, die jeweils aus drei Mikrotubuli bestehen. Centriolen treten in der Regel paarweise auf, wobei die beiden Centriolen im rechten Winkel zueinander angeordnet sind. Meist ragen die Mikrotubuli vom pericentriolåren Material, das die Bestandteile fçr die Neubildung von Mikrotubuli enthålt, strahlenfærmig nach auûen. Die Mikrotubulifasern von Cilien und Flagellen entspringen in einem Basalkærper, der im Wesentlichen genauso gebaut ist wie eine Centriole. Centrosomen, Basalkærper und andere MTOCs (zum Beispiel die Auûenseite der Kernhçlle in Pflanzenzellen) besitzen einen gemeinsamen Proteinbestandteil, das -Tubulin, das fçr die Neuentstehung von Mikrotubuli eine Schlçsselrolle spielt (Kap. 9.3.6). +% % /% & 9 $" 91" 0
Die Auflæsung der Cytoskelett-Mikrotubuli wird durch verschiedene Faktoren in Gang gesetzt, so durch Colchicin, niedrige Temperaturen oder eine erhæhte Ca2+-Konzentration. Normalerweise werden die Mikrotubuli des Cytoskeletts vor Beginn der Zellteilung abgebaut und die Tubulinuntereinheiten zum Aufbau der Mitosespindel verwendet. Nach der Zellteilung låuft dieser Auf- und Abbauvorgang in der umgekehrten Reihenfolge ab. Zu jedem beliebigen Zeitpunkt nimmt die Långe einiger Cytoskelett-Mikrotubuli zu, wåhrend andere kçrzer werden. Beobachtet man einen einzelnen Mikrotubulus çber långere Zeit hinweg, so erkennt man abwechselnde Wachstums- und Schrumpfungsphasen, ein Phånomen, das als dynamische Instabilitåt bezeichnet wird. Verlångerung und Verkçrzung des Polymers erfolgen vorwiegend oder sogar ausschlieûlich am Plus-Ende, das am weitesten vom MTOC entfernt ist. Tubulinmolekçle, die zu einem Mikrotubulus polymerisieren, haben ein GTPMolekçl gebunden, das kurz nach dem Einbau ins Polymer hydrolysiert wird. In Phasen schneller Polymerisation hinkt die Hydrolyse des GTP an den gebundenen Tubulindimeren hinter dem Einbau neuer Dimere hinterher, so dass eine ¹Kappeª aus Tubulin-GTP-Dimeren das Anfçgen weiterer Untereinheiten und damit das Wachstum des Mikrotubulus begçnstigt. Auch die Ca2+-Konzentration und spezifische MAPs wirken sich auf die Geschwindigkeit von Auf- und Abbau aus (Kap. 9.3.7). 9 + " -"
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0 Wie man im Querschnitt erkennt, besteht das Axonem aus neun Doppelmikrotubuli (jeweils aus einem vollståndigen A- und einem unvollståndigen B-Mikrotubulus), die um ein zentrales Paar einzelner Mikrotubuli angeordnet sind. Aus dem A-Mikrotubulus jedes Paares ragen zwei Arme heraus. Diese bestehen aus Ciliendynein, einem Motorprotein, das ATP hydrolysiert und mit der dabei freigesetzten Energie die Kraft fçr den Cilien- oder Flagellenschlag erzeugt. Zu diesem Zweck heften sich die Dyneinarme eines Paares an den B-Mikrotubulus der benachbarten Zweiergruppe; dann sorgen sie durch eine Konformationsånderung dafçr, dass der A-Mikrotubulus sich çber eine betråchtliche Strecke bewegt. Die Gleitbewegungen auf den beiden Seiten eines
Zusammenfassung
Axonems wechseln sich ab, so dass ein Teil des Ciliums oder der Flagelle sich zuerst in die eine und dann in die andere Richtung biegt. Diese Gleitbewegung der Mikrotubuli konnte man unmittelbar nachweisen, indem man Axoneme von ihrer Membran befreite, Kçgelchen an die Mikrotubulipaare anheftete und dann nach erneuter Aktivierung ihre Bewegungen verfolgte (Kap. 9.3.8). 6 1 36 4 +%
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0 Im Gegensatz zu den Mikrotubuli bestehen die Intermediårfilamente aus symmetrischen Bausteinen (Tetramer-Untereinheiten), so dass auch die Filamente keine Polaritåt besitzen. IFs sind widerstandsfåhig gegen Zugkråfte und relativ schlecht læslich; wie die beiden anderen Klassen der Cytoskelettelemente sind sie aber dynamische Strukturen: Markierte Untereinheiten, die man in eine Zelle injiziert, werden schnell eingebaut. Aufund Abbau werden wohl vorwiegend durch Phosphorylierung und Dephosphorylierung gesteuert. IFs verleihen den Zellen mechanische Stabilitåt und sind fçr besondere, gewebespezifische Funktionen erforderlich (Kap. 9.4). 3 4
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/ 9 7 7' 910 Je nach dem Zelltyp und dessen Funktion bilden die Actinfilamente hoch geordnete Anordnungen, lockere, ungenau abgegrenzte Netzwerke oder dichte Bçndel. Håufig erkennt man Actinfilamente an ihrer Fåhigkeit, an das S1-Myosinfragment zu binden, wobei auch die Polaritåt des Filaments sichtbar wird. Zwar kænnen Untereinheiten an beiden Enden eines Actinfilaments angelagert werden oder sich læsen, der bevorzugte Ort der Verlångerung ist aber das stumpfe Ende (Plus-Ende), wåhrend am spitzen Ende (Minus-Ende) bevorzugt Untereinheiten verloren gehen. Damit eine Actinuntereinheit in ein Filament eingebaut werden kann, muss sie ein ATP-Molekçl gebunden haben, das dann kurz nach der Aufnahme ins Filament hydrolysiert wird. In den Zellen besteht zwischen Monomer- und Polymerform des Actins ein dynamisches Gleichgewicht, das
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sich durch Verånderungen verschiedener lokaler Bedingungen verschieben kann. Um die Funktion der Actinfilamente bei verschiedenen Ablåufen in der Zelle zu untersuchen, behandelt man die Zellen am einfachsten mit Cytochalasin, das die Depolymerisierung der Filamente begçnstigt, oder mit Phalloidin, das ihre Auflæsung verhindert und an dynamischen Vorgången mitwirkt (Kap. 9.5.1). ' 1
1 .1 ' 9 * 1 * ' % $0 Die Fortbewegung bestimmter Bakterien durch das Cytoplasma eines infizierten Phagocyten ist ein Vorgang, der ausschlieûlich durch die Actinpolymerisierung angetrieben wird. Bei den Myosinen unterscheidet man in der Regel zwei Klassen: die konventionellen Myosine (Typ II) und die unkonventionellen Myosine (Typen I und III bis XIV). Myosin II ist der molekulare Motor, der in den verschiedenen Muskelgeweben und bei anderen Tåtigkeiten wie der Cytokinese die Kraft erzeugt. Ein Myosin-II-Molekçl besteht aus einem langen, stabfærmigen Schwanz, der an einem Ende zwei globulåre Kæpfe trågt. Die Kæpfe binden an das Actinfilament, hydrolysieren ATP und machen die Konformationsånderungen durch, die fçr die Krafterzeugung erforderlich sind. Der Hals dient dabei als Hebelarm, der die Konformationsånderungen des Kopfes verstårkt. Der faserartige Schwanz sorgt dafçr, dass die Myosinmolekçle sich zu bipolaren Filamenten zusammenlagern. Die meisten unkonventionellen Myosine besitzen nur einen Kopf und unterschiedlich geformte Schwanzdomånen; sie werden mit der Fortbewegung von Zellen und dem Organellentransport in Verbindung gebracht (Kap. 9.5.2). 9 & "
$ & % H 1 =9
% " 0 Die Vorgånge bei der Verkçrzung einer Muskelfaser spiegeln sich in den Verånderungen im Streifenmuster der Sarcomere wider: Die Z-Linien an den Enden des Sarcomers bewegen sich zu den Auûenkanten der A-Banden. Die Kontraktion wird ausgelæst, wenn ein Impuls durch die membranumhçllten Transversaltubuli ins Innere der Muskelfaser eindringt und die Freisetzung von Ca2+
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aus Speichern im sarcoplasmatischen Retikulum (SR) stimuliert. Die Bindung der Calciumionen an die Troponinmolekçle der dçnnen Filamente setzt eine Konformationsånderung in Gang, so dass die Tropomyosinmolekçle ihre Lage veråndern und die Myosin-Bindungsstellen an den Actinuntereinheiten des dçnnen Filaments freilegen. Die nachfolgenden Wechselwirkungen zwischen Myosin und Actin haben dann zur Folge, dass die Filamente aneinander vorçbergleiten (Kap. 9.6). D 7' ' ' $" ' " " 9 0 Auch auûerhalb der Muskeln ist Actin, meist in Verbindung mit Myosin, die Grundlage der Bewegungsvorgånge. Ûber Organisation und Verhalten der Actinfilamente bestimmen verschiedene Actin bindende Filamente, die sich auf den Zusammenbau der Actinfilamente, ihre physikalischen Eigenschaften und ihre Wechselwirkungen untereinander sowie mit anderen Zellorganellen auswirken. In diese Kategorie gehæren Proteine, die Actinmonomere festhalten und ihre Polymerisierung verhindern; Proteine, die an einem Ende des Actinfilaments eine Kappe bilden und damit das Wachstum des Filaments verhindern oder zu seiner Auflæsung beitragen; Proteine, die als Querver-
bindungen dienen und Actinfilamente zu Bçndeln, lockeren Netzen oder dreidimensionalen Gelen verknçpfen; Proteine, die Actinfilamente durchschneiden; und Proteine, die Actinfilamente an die Innenseite der Plasmamembran ankoppeln (Kap. 9.7.1). 7 7' 91 D
9 -' 0 Zellen kriechen in der Regel mit Hilfe eines abgeflachten, schleieråhnlichen Fortsatzes; dieses Lamellipodium bildet die Vorderkante der Zelle. Es wælbt sich aus der Zelle heraus, heftet sich an ganz bestimmten Stellen an die Unterlage und bietet der Zelle so vorçbergehende Verankerungspunkte zum Kriechen. Die Ausstçlpung eines Lamellipodiums geht mit der Neubildung und Polymerisierung von Actinfilamenten einher, die sich mit verschiedenen Actin bindenden Proteinen assoziieren. Die notwendige Kraft fçr das Ausstçlpen des Lamellipodiums stammt aus der Polymerisierung des Actins. Die Spitze eines wachsenden Axons ist ein Wachstumskegel, der einem beweglichen, kriechenden Fibroblasten åhnelt. Er besitzt mehrere Fortsåtze zur Fortbewegung, darunter ein Lamellipodium, Mikrospikes und Filopodien. Der Wachstumskegel erkundet die Umgebung und dient auûerdem dazu, das Axon in der richtigen Richtung zu verlångern (Kap. 9.7.2).
Zur Selbstçberprçfung 1. Angenommen, eine Myofibrille wird so gedehnt, dass ihre Långe um 50% zunimmt. Welche Auswirkungen erwarten Sie fçr die Kontraktionsfåhigkeit? Warum? Wie wçrde sich die Dehnung auf die H-, A- und I-Bande auswirken? 2. Welche drei radioaktiven Substanzen kænnten Sie in eine Zelle injizieren, wenn Sie die Mikrotubuli markieren wollen, nicht aber die anderen Cytoskelettbestandteile? 3. Nennen Sie zwei Bewegungsvorgånge auûerhalb der Muskeln, die durch Antikærper gegen Myosin I und Myosin II nicht beeintråchtigt werden. Warum sind sie nicht gestært?
4. Wie viele vollståndige Mikrotubuli enthålt eine Centriole? Und wie viele sind es in einem Cilium? 5. Mikrotubuli kænnen sich aus Tubulin bilden, wenn dieses an GTP-Analoga gebunden ist, die (im Gegensatz zum GTP) nicht hydrolysierbar sind. Mit welchen Eigenschaften wçrden Sie bei den so entstandenen Mikrotubuli rechnen? 6. Nennen Sie zwei Maûnahmen, mit denen man das dynamische Gleichgewicht eines B $-Ansatzes aus Tubulin und Mikrotubuli in Richtung des Mikrotubuli-Aufbaues verschieben kænnte, und zwei andere, die das Gleichgewicht in der umgekehrten Richtung beeinflussen.
Zur Selbstçberprçfung
7. Wie bereits erwåhnt wurde, kann ein Cilien- oder Flagellenaxonem auch ohne Membran auf die çbliche Weise schlagen. Kann man daraus den Schluss ziehen, dass die Plasmamembran fçr die Funktion von Cilien und Flagellen bedeutungslos ist? 8. Man kann beobachten, dass Vesikel sich im Cytoplasma eines Axons in beide Richtungen bewegen. Kann man daraus den Schluss ziehen, dass manche Mikrotubuli mit dem Plus- und andere mit dem MinusEnde zur Spitze des Axons orientiert sind? 9. Wçrden Sie der Behauptung zustimmen, dass das Centrosom in Tierzellen entscheidend çber die Verlångerungs- und Verkçrzungsgeschwindigkeit der Mikrotubuli mitbestimmt? Warum oder warum nicht? 10. Vergleichen Sie die Molekçlstruktur von Kinesin und Myosin, die vermutlich beide von einem einzigen Vorlåuferprotein abstammen. In welchem Teil (Kopf oder Schwanz) wçrden sie mit der græûten Øhnlichkeit rechnen? Warum? 11. Abbildung 9.30 a zeigt einen Querschnitt durch das Axonem eines Ciliums, das irgendwo in der Mitte durchgeschnitten wurde. In welcher Hinsicht wçrde der Querschnitt anders aussehen, wenn das Cilium zu Beginn des Erholungsschlages dicht unter der Spitze durchtrennt wurde? 12. Angenommen, ein einzelnes Kinesinmolekçl wandert in einem B $-Beweglichkeitsassay mit einer Geschwindigkeit von 800 nm/s. Wie groû ist der Maximalumsatz (die Zahl der in einer Sekunde hydrolysierten ATP-Molekçle) in einer Motordomåne des Molekçls? 13. Warum wçrden Sie damit rechnen, dass man çber die Dynamik der Mikrotubuli durch Injektion von fluoreszierendem Tubulin mehr in Erfahrung bringen kann als wenn man radioaktiv markiertes Tubulin verwendet? Fållt ihnen eine Fragestellung ein, die man besser mit radioaktivem Tubulin untersucht? 14. Angenommen, Sie haben entdeckt, dass eine Maus auch ohne das Gen fçr herkæmmliches Kinesin keine erkennbaren Krankheitszeichen aufweist und ein hohes Alter erreicht. Welchen Schluss kænnen Sie da-
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raus çber die Bedeutung des Kinesins fçr die Fortbewegung von Zellen ziehen? Welches Wirbeltiergewebe wåre nach Ihrer Vorstellung gut geeignet, wenn man Tubulin gewinnen will? Oder Actin? Oder Keratin? Welches dieser drei Proteine ist wohl am schwersten læslich und am schwierigsten zu extrahieren? Welche Proteine wçrden Sie als Verunreinigungen in einer TubulinPråparation erwarten? Und welche in einer Actin-Pråparation? Actin gehært zu den entwicklungsgeschichtlich stabilsten Proteinen. Welche Schlçsse kann man daraus çber Struktur und Funktion dieses Proteins in Eukaryotenzellen ziehen? Aus den Genomsequenzen kann man ableiten, dass manche Pflanzen (z. B. !$ ) kein cytoplasmatisches Dynein besitzen, wåhrend es bei anderen (z. B. Reis) vorhanden ist. Sind Sie çber diesen Befund çberrascht? Was kænnten Sie sonst noch tun, um ihn zu beståtigen oder zu widerlegen? Wie kann es sein, dass eine hæhere Pflanze ohne cytoplasmatisches Dynein auskommt? Die Wirkung des Myosins (Abb. 9.61) unterscheidet sich von der des Kinesins (Abb. 9.15) darin, dass ståndig mindestens ein Kinesinkopf mit einem Mikrotubulus in Kontakt steht, wåhrend beide Myosinkæpfe sich vællig vom Actinfilament læsen. In welchem Zusammenhang stehen diese Unterschiede mit den Motortåtigkeiten der beiden Proteine? In einem Axon geht die Neubildung der Mikrotubuli nach heutiger Kenntnis vom Centrosom aus; anschlieûend werden sie von diesem Entstehungsort abgetrennt und wandern in das Axon. Wie zuvor erlåutert wurde, sorgt cytoplasmatisches Dynein fçr den retrograden Transport der Organellen in den Axonen, aber der gleiche Motor ist nach heutiger Kenntnis auch fçr die anterograde Bewegung der Mikrotubuli in denselben Zellfortsåtzen verantwortlich. Wie kann der gleiche Minus-Ende-orientierte Motor sowohl an retro- wie auch an anterograden Bewegungen mitwirken?
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Cytoskelett und Zellbewegungen
ternetseite www.wiley.com/college/karp .weitern sie Ihr Verståndnis, indem sie Karps Internetseite ¹Zell- und Molekularbiologieª besuchen. Dort finden Sie ' die gestellten $ & , , die schwierige Sachverhalte und Begriffe verdeutlichen, , die Ihnen bei Prçfungsvorbereitungen helfen, sowie 8 zu interessanten Stellen im Netz. Zusåtzlich zu der Literaturliste unten kann man auf der Internetseite auch noch ' 8 finden.
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ene und Genom
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10.1 Der Begriff des Gens als Einheit der Vererbung 10.2 Chromosomen: die materiellen Tråger der Gene 10.3 Die chemische Natur der Gene 10.4 Der Aufbau des Genoms 10.5 Die Stabilitåt des Genoms 10.6 Sequenzierung von Genomen: die genetischen Grundlagen des Menschseins Aus Sicht des Menschen: Vermehrung von Trinucleotidwiederholungen als Krankheitsursache Medizinische Anwendung der Genomanalyse Experimentelle Verfahren: Die chemische Natur der Gene
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Gene und Genom
/nsere Vorstellung davon, was ein Gen ist, hat mit der Erweiterung unserer Kenntnisse çber das Wesen der Vererbung eine bemerkenswerte Wandlung durchgemacht. In ersten Untersuchungen zeigte sich, dass Gene abgegrenzte Faktoren sind, die wåhrend der gesamten Lebensdauer eines Organismus erhalten bleiben und an alle seine Nachkommen weitergegeben werden. In den folgenden fçnfzig Jahren konnte man nachweisen, dass diese Erbfaktoren auf den Chromosomen liegen und aus DNA bestehen, einer makromolekularen Verbindung mit sehr ungewæhnlichen Eigenschaften. Einen Ûberblick çber die Meilensteine dieser Entdeckungsgeschichte gibt Abb. 10.1. In dem halben Jahrhundert seit der Entdeckung, dass DNA das genetische Material ist, hat man viel çber die komplexen Mechanismen in Erfahrung gebracht, die in den Zellen der Speicherung genetischer Informationen dienen. Diese Entdeckungen sind der Gegenstand der nun folgenden vier Kapitel.
!+! Der Begriff des Gens als Einheit der Vererbung Die wissenschaftliche Genetik begann in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts mit den Arbeiten von Gregor Mendel. Mendel war Mænch am St.-Thomas-Kloster in der heutigen Tschechischen Republik. Als Labor diente ihm ein kleines Stçck Garten auf dem Klostergelån-
de. Welche Beweggrçnde Mendel ursprçnglich zu seinen Untersuchungen veranlassten, wissen wir nicht genau, aber offensichtlich hatte er fçr seine Experimente einen klaren Plan im Kopf: Er wollte Erbsenpflanzen mit unterschiedlichen Erbeigenschaften paaren oder $ und so herausfinden, nach welchen Gesetzmåûigkeiten sie diese Eigenschaften an ihre Nachkommen weitergeben. Dass Mendel sich fçr Erbsenpflanzen entschied, hatte mehrere praktische Grçnde; nicht zuletzt lag es daran, dass er verschiedenartige Samen kaufen konnte, die Pflanzen mit unterschiedlichen Merkmalen hervorbrachten. Mendel konzentrierte sich auf sieben eindeutig definierte Eigenschaften, die jeweils in zwei verschiedenen, leicht erkennbaren Formen vorkamen (Tabelle 10.1). Er kreuzte die Pflanzen çber mehrere Generationen hinweg und zåhlte jeweils die Individuen mit den verschiedenen Ein Tabelle 10.1. % ? ( ?
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Chromosomen: die materiellen Tråger der Gene
genschaften. Nach mehrjåhriger Forschung gelangte er zu drei Schlussfolgerungen, die hier in heutiger genetischer Terminologie wiedergegeben werden sollen: n Ûber die Eigenschaften der Pflanzen bestimmen abgegrenzte Erbfaktoren (oder Einheiten der Vererbung), die spåter als : bezeichnet wurden. Ein Gen, das çber die Entwicklung der jeweiligen Eigenschaft bestimmt, liegt in jeder einzelnen Pflanze in zwei Exemplaren vor, von denen jedes von einem Elternteil stammt. Die beiden Exemplare kænnen entweder genau gleich oder unterschiedlich sein. Solche unterschiedlichen Formen eines Gens bezeichnet man als . Bei jedem der sieben von Mendel untersuchten Merkmale war ein Allel dominant çber das andere. Liegen beide in derselben Pflanze vor, ist das rezessive Allel durch das dominante verdeckt. n Jede Fortpflanzungszelle (: ), die von einer Pflanze produziert wird, enthålt nur ein Exemplar des Gens fçr jedes Merkmal. Eine einzelne Gamete kann immer nur das dominante oder das rezessive Allel fçr ein Merkmal enthalten, aber niemals beide. Eine neue Pflanze entsteht immer durch die Vereinigung einer månnlichen und einer weiblichen Gamete. Deshalb stammt von den beiden Allelen, die in der Pflanze çber eine Eigenschaft bestimmen, jeweils eines vom Vater und eines von der Mutter. n Die beiden Allele, die çber ein Merkmal bestimmen, bleiben wåhrend des ganzen Lebens einer einzelnen Pflanze zusammen, trennen sich aber (sie ) bei der Entstehung der Gameten. Diese Erkenntnis war die Grundlage fçr das ¹Mendelsche Segregationsgesetzª. n Die Segregation der beiden Allele fçr ein Merkmal hat keine Auswirkungen auf die Segregation der Allele fçr andere Merkmale. Eine einzelne Gamete kann beispielsweise das våterliche Allel fçr die Samenfarbe und das mçtterliche Allel fçr die Samenform mitbekommen. Dieser Befund fçhrte zum ¹Mendelschen Gesetz der unabhångigen Segregationª. Mendel trug seine Befunde den Mitgliedern des Naturforschenden Vereins in Brçnn vor. Glaubt man den Aufzeichnungen, wurde çber seinen
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Vortrag nicht diskutiert. Die Ergebnisse seiner Experimente wurden 1866 in der Zeitschrift des Vereins veræffentlicht, erregten aber erst 1900, 16 Jahre nach seinem Tod, zum ersten Mal allgemeines Interesse. In diesem Jahr gelangten drei Botaniker in Europa unabhångig voneinander zu den gleichen Schlussfolgerungen; alle drei entdeckten auch Mendels Aufsatz wieder, der 35 Jahre lang unbeachtet in den Regalen vieler europåischer Bibliotheken geschlummert hatte.
!+$ 0omosomen: die materiellen Tråger der Gene Mendel hatte zwar çberzeugend nachgewiesen, dass erbliche Merkmale von abgegrenzten Faktoren (den Genen) gesteuert werden, aber mit der physischen Beschaffenheit dieser Elemente oder ihrer Lage im Organismus hatten seine Untersuchungen nicht das Geringste zu tun. Mendel konnte seine gesamten Forschungsarbeiten ausfçhren, ohne auch nur ein einziges Mal etwas im Mikroskop zu beobachten. In der Zeit zwischen Mendels Arbeiten und ihrer Wiederentdeckung beschåftigten sich mehrere Biologen mit diesem zweiten Aspekt der Vererbung: mit ihrer materiellen Grundlage in der Zelle. 10.2.1 Die Entdeckung der Chromosomen In den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts verfolgten zahlreiche europåische Biologen sehr genau die Tåtigkeit von Zellen. Mit immer besseren Lichtmikroskopen entdeckten sie neue Zellstrukturen, die nun zum ersten Mal sichtbar wurden. Keiner dieser Wissenschaftler wusste etwas von Mendels Erkenntnissen, aber eines war klar: Was auch çber die Erbmerkmale bestimmen mochte, es musste von Zelle zu Zelle und von Generation zu Generation weitergegeben werden. Schon das war eine entscheidende Erkenntnis: Die gesamte genetische Information fçr den Aufbau und die Erhaltung eines komplexen pflanzlichen oder tierischen Organismus musste in die engen Grenzen einer einzigen Zelle passen. Der deutsche Biologe Walther Flemming beobachtete Anfang der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts lebende Zellen wåhrend der Teilung und stellte dabei fest, dass das Cytoplasma offensichtlich nach dem Zufallsprinzip auf die beiden Tochterzellen verteilt wurde, je nachdem, in welcher Ebene die Furche lag, welche die Zelle zweiteilte. Dagegen betrieben die
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Gene und Genom
Kellen anscheinend groûen Aufwand, um den Inhalt des Zellkerns genau gleichmåûig auf die Tochterzellen aufzuteilen. Das Material des Zellkerns wurde wåhrend der Zellteilung zu sichtbaren ¹Fådenª, die man als + (¹farbige Kærperª) bezeichnete. Ungefåhr zur gleichen Zeit stellte man auch genaue Beobachtungen am Befruchtungsvorgang an, und die Funktion der Gameten ± Samenund Eizelle ± wurde beschrieben (Abb. 10.2). Man wusste bereits, dass die Samenzelle trotz ihrer winzigen Græûe genetisch ebenso wichtig ist wie die viel græûere Eizelle. Welche Gemeinsamkeit bestand zwischen diesen beiden so unterschiedlichen Zellen? Das offenkundigste Merkmal war der Zellkern mit den Chromosomen. Die groûe Bedeutung der von månnlicher Seite beigesteuerten Chromosomen zeigte sich in einer Untersuchung des deutschen Biologen Theodor Boveri an Seeigeleiern, die nicht wie çblich von einer, sondern von zwei Samenzellen befruchtet wurden. Dieser Zustand, /% genannt, ist durch anormale Zellteilungen und den frçhen Tod des Embryos gekennzeichnet. Warum hatte ein winziger çberzåhliger Samenzellkern in der riesigen Eizelle derart drastische Auswirkungen? Die Antwort: Die zweite Samenzelle steuert einen zusåtzlichen Chromosomensatz und eine weitere Centriole bei (Kap. 9.3.6). Diese çberzåhligen Bestandteile fçhren beim Embryo zu anormalen Zellteilungen, bei denen die Tochterzellen mit einer unterschiedlichen
n Abb. 10.2 a±f. & '
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Zahl von Chromosomen ausgestattet werden. Boveri zog daraus den Schluss, dass eine geordnete, normale Entwicklung eine ganz bestimmte Chromosomenkombination voraussetzt; dies, so meinte er, kænne nur bedeuten, dass die einzelnen Chromosomen unterschiedliche Eigenschaften besitzen mçssen. Damit hatte er erstmals einen < 9 Unterschied zwischen den Chromosomen nachgewiesen. Die Vorgånge nach der Befruchtung untersuchte man besonders eingehend an dem Fadenwurm !, dessen wenige, groûe Chromosomen man im 19. Jahrhundert ebenso einfach beobachten konnte wie in einem heutigen biologischen Anfångerpraktikum. Wie der belgische Biologe Edouard van Beneden 1883 feststellte, enthalten die Kærperzellen des Wurmes vier groûe Chromosomen, wåhrend der månnliche und weibliche Zellkern in der Eizelle unmittelbar nach der Befruchtung (vor der Verschmelzung der beiden Zellkerne) jeweils nur zwei Chromosomen besitzen (Abb. 10.2). Ungefåhr zur gleichen Zeit wurde auch der Vorgang der Meiose beschrieben. Im Jahre 1887 åuûerte der deutsche Biologe August Weisman die Ansicht, bei der Meiose mçsse es sich um eine ¹Reduktionsteilungª handeln, durch die sich die Chromosomenzahl im Vorfeld der Gametenbildung halbiert. Wçrde eine solche Reduktionsteilung ausbleiben und jede Gamete die gleiche Chromosomenzahl mitbekommen wie eine Kærperzelle, håtten die Nachkommen nach der Vereinigung der Gameten die doppelte Chromosomenzahl. Dann wçrde sich die Chromosomenzahl in jeder Generation verdoppeln, was in Wirklichkeit nicht geschieht und aus nahe liegenden Grçnden auch nicht geschehen kann.1 !+$$ 0omosomen als Tråger der genetischen Information Die Wiederentdeckung von Mendels Arbeiten und ihre Beståtigung hatten sofort groûen Einfluss auf die zellbiologische Forschung. Worum es sich bei den materiellen Trågern der Erbeinheiten auch handelte, sie mussten sich so verhalten, dass es mit den Mendelschen Gesetzen zu vereinbaren war. Im Jahr 1903 veræffentlichte der Doktorand Walter Sutton von der Columbia University einen Artikel, in dem er die Chromosomen als physische Tråger von Mendels genetischen Faktoren benannte. Sutton hatte die Entwicklung der Samenzellen bei Heuschrecken ver1 Wer nicht mehr weiû, was sich in der Meiose im Einzelnen abspielt, sollte Kap. 14.3 durchlesen; dort wird dieses entscheidende Ereignis im Lebenszyklus der Eukaryoten eingehend erærtert.
folgt, die wie ! groûe, einfach zu beobachtende Chromosomen besitzen. Die Zellen, aus denen die Samenzellen hervorgehen, werden als Spermatogonien bezeichnet und kænnen zwei verschiedene Formen der Zellteilung durchmachen. Ein Spermatogonium kann sich durch Mitose teilen, wobei neue Spermatogonien entstehen, oder es kann durch Meiose die Zellen hervorbringen, die sich zu Samenzellen differenzieren (Abb. 14.41). Als Sutton die Mitosestadien der Heuschrecken-Spermatogonien beobachtete, zåhlte er 23 Chromosomen. Die eingehende Untersuchung ihrer Form und Græûe legte die Vermutung nahe, dass sie als Paare aus ¹gleich aussehendenª Partnern vorliegen. Er konnte elf solche Chromosomenpaare unterscheiden und beobachtete auûerdem ein einzelnes, das er als 2 bezeichnete. (Wie sich spåter herausstellte, handelte es sich dabei um ein geschlechtsbestimmendes X-Chromosom.) Wie Sutton erkannte, entsprechen die Chromosomenpaare in den Zellen ± schon bald sprach man von + * genau den Paaren von Erbfaktoren, die Mendel entdeckt hatte. Als Sutton die Chromosomen genau zu Beginn der Meiose beobachtete, stellte er fest, dass die beiden Chromosomen eines Paares miteinander verbunden waren und einen Komplex bildeten, den man als 7 9 bezeichnete. Er konnte elf Bivalente erkennen, jedes mit einer Långsspalte an der Stelle, wo die beiden homologen Chromosomen zusammenhingen (Abb. 10.3). In
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der nachfolgenden ersten Meioseteilung verteilen sich die homologen Chromosomen dann auf verschiedene Zellen. Das war die Reduktionsteilung, die Weismann 15 Jahre zuvor aufgrund theoretischer Ûberlegungen postuliert hatte. Auûerdem kannte man nun die materielle Grundlage fçr Mendels Idee, dass Erbfaktoren als Paare vorliegen, die wåhrend des Lebens eines Individuums zusammenbleiben und sich dann bei der Entstehung der Gameten trennen. Eine Erklårung fçr mehrere weitere Befunde von Mendel lieferte die von Sutton beobachtete Reduktionsteilung: Gameten kænnen jeweils nur eine Version (ein Allel) jedes Gens enthalten; die Zahl der Gameten mit jedem der beiden Allele ist stets gleich groû. Durch die Vereinigung der Gameten bei der Befruchtung entsteht ein Individuum, das fçr jedes Merkmal zwei Allele besitzt. Aber immer noch blieben viele unbeantwortete Fragen. Wie waren beispielsweise die Gene in den Chromosomen organisiert? Konnte man die Lage einzelner Gene feststellen? + Nachdem Sutton den Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Chromosomen und der Mendelschen Allele erkannt hatte, sah er ebenso deutlich ein offenkundiges Problem. Mendel hatte die Vererbung von sieben Merkmalen untersucht und dabei festgestellt, dass jedes davon unabhångig von den anderen weitergegeben wurde. Diese Beobachtung bildete die Grundlage fçr Mendels Gesetz der unabhångigen Allelverteilung. Wenn die Gene aber dicht gedrångt in den Chromosomen lagen wie Perlen auf einer Schnur, sollten sie eigentlich paketweise an die Nachkommen vererbt werden wie die Chromosomen, die ebenfalls als Ganzes in die nåchste Generation gelangen. Gene auf demselben Chromosom sollten sich verhalten, als wåren sie , d. h. sie sollten zu derselben gehæren. Wie kommt es, dass Mendels sieben Merkmale sich unabhångig verteilten? Gehærten sie alle zu verschiedenen Kopplungsgruppen, lagen sie also auf verschiedenen Chromosomen? Zufållig hat die Erbse tatsåchlich sieben Paare homologer Chromosomen, und die Gene, die çber Mendels Merkmale bestimmen, liegen entweder auf verschiedenen Chromosomen oder sind voneinander auf demselben Chromosom so weit entfernt, dass sie sich unabhångig verhalten (Kap. 10.2.4). Suttons Prophezeiung der Kopplungsgruppen beståtigte sich schon wenig spåter. Nach wenigen Jahren stellte sich heraus, dass zwei Merkmale der Gartenwicke, nåmlich Blçtenfarbe und Pollenform, gekoppelt sind; anschlieûend fand man
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Gene und Genom
in rascher Folge weitere Belege fçr die Kopplung auf den Chromosomen. !+$' enetische Analyse bei Drosophila Wenig spåter konzentrierte sich die genetische Forschung auf eine ganz bestimmte biologische Art: die Taufliege (Abb. 10.4). Die Generationszeit der Taufliegen (von der Eizelle bis zum ausgewachsenen, geschlechtsreifen Tier) betrågt etwa zehn Tage, und eine Fliege produziert wåhrend ihres Lebens bis zu 1000 Eier. Auûerdem sind Taufliegen sehr klein, so dass man sie leicht in groûer Zahl handhaben kann; sie sind einfach zu halten und zu kreuzen, und ihre Zucht ist billig. Deshalb sah Thomas Hunt Morgan von der Columbia University in ihnen schon 1909 ein ideales Studienobjekt und legte damit den Grundstein fçr eine neue Øra der genetischen Forschung. Anfangs hatte die Arbeit mit den Insekten allerdings einen groûen Nachteil: Es gab nur einen Fliegen¹stammª, den %. Mendel hatte einfach Samen fçr verschiedene Erbsensorten gekauft, Morgan musste seine Taufliegenvarietåten erst selbst herstellen. Er rechnete damit, dass Abweichungen vom Wildtyp auftauchen wçrden, wenn er die Fliegen nur in ausreichend groûer Zahl zçchtete. Nach einem Jahr und der Untersuchung mehrerer tausend Fliegen fand er die erste , ein Individuum, das sich in einem erblichen Merkmal vom Wildtyp unterschied. Die Augen der Mutante waren nicht wie bei den anderen Fliegen rot, sondern weiû (Abb. 10.4). Bis 1915 hatten Morgan und seine Studenten 85 Mutanten gefunden; betroffen waren die unterschiedlichsten Kærperteile. Offensichtlich ereignete sich also nur in seltenen Fållen in einem Gen eine spontane Verånderung oder , die auf Dauer erhalten bleibt, so dass das verånderte Merkmal von Generation zu Generation weitergegeben wird. Der Nachweis, dass ein Gen spontan erbliche Verånderungen durchmachen kann, hatte Konsequenzen weit çber die Genetik von hinaus. Man kannte nun einen Mechanismus fçr die Entstehung von Variationen in Populationen und hatte damit eine entscheidende Lçcke in der Evolutionstheorie geschlossen. Wenn Genvarianten von selbst entstehen kænnen, ist es auch mæglich, dass isolierte Populationen sich allmåhlich genetisch immer stårker unterscheiden und letztlich neue biologische Arten hervorbringen. Aber Mutationen sind nicht nur eine unentbehrliche Voraussetzung fçr die Evolution, sondern auch ein Hilfsmittel fçr Genetiker, denn sie
n Abb. 10.4. ,
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n Abb. 10.5. , ! ( # 8 " 8 G ? " , ?& 8 [" G )
erzeugen Unterschiede zum Wildtypzustand. Nachdem man die -Mutanten isoliert hatte, wurden sie im Labor weitergezçchtet, gekreuzt und als Vorråte gehalten. Erwartungsgemåû verteilten sich nicht alle 85 Mutationen unabhångig voneinander: Morgan konnte nachweisen, dass sie zu vier Kopplungsgruppen gehæren, von denen eine nur sehr wenige mutierte Gene enthielt (im Jahre 1915 kannte man nur zwei). Dieser Befund passte hervorragend zu der Beobachtung, dass es in den Zellen von vier Paare homologer Chromosomen gibt, von denen eines sehr klein ist (Abb. 10.5). Nun bezweifelte kaum noch jemand, dass die Gene in den Chromosomen liegen.
Chromosomen: die materiellen Tråger der Gene
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!+$ 0 8er und Rekombination Aber nachdem beståtigt war, dass Gene zu Kopplungsgruppen zusammengefasst sind, stellte sich heraus, dass die Kopplung der Allele auf demselben Chromosom 9 1 ist. Mit anderen Worten: Die Allele zweier Gene, beispielsweise fçr kurze Flçgel und schwarzen Kærper (wie in Abb. 10.7), die ursprçnglich auf einem gemeinsamen Chromosom lagen, blieben bei der Gametenentstehung nicht in allen Fållen zusammen. Våterliche und mçtterliche Eigenschaften, die ein Individuum auf verschiedenen homologen Chromosomen geerbt hatte, konnten durcheinander gewçrfelt werden, so dass sie am Ende in der Gamete auf ein und demselben Chromosom lagen. Und umgekehrt konnten sich auch zwei Merkmale, die gemeinsam auf demselben Chromosom vererbt wurden, trennen und am Ende in verschiedene Gameten gelangen. Im Jahr 1911 formulierte Morgan eine Erklårung fçr diesen ¹Zusammenbruchª der Kopplung. Zwei Jahre zuvor hatte F. A. Janssens beobachtet, dass die homologen Chromosomen eines Bivalents sich wåhrend der Meiose umeinander wickeln (Abb. 10.6). Daraufhin hatte Janssens die Vermutung geåuûert, diese Wechselwirkungen zwischen våterlichen und mçtterlichen Chromosomen kænnten zu ihrem Bruch und zum Austausch von Chromosomenabschnitten fçhren. Auf dieser Idee baute Morgan auf: Nach seiner Ansicht war das Phånomen, das er als +
9 oder bezeichnete, die Erklårung fçr die Entstehung von Nachkommen ( ) mit einer unerwarteten Kombination genetischer Merkmale. Ein Beispiel fçr das Crossing over zeigt Abb. 10.7. Nachdem man Nachkommen aus einer groûen Zahl von Kreuzungen erwachsener Tiere untersucht hatte, die auf demselben Chromosom ganz unterschiedliche Allele trugen, konnte man zwei Schlçsse ziehen: n Der Anteil der Rekombinationsereignisse zwischen zwei bestimmten Genen auf einem Chromosom (zum Beispiel fçr Augenfarbe und Flçgellånge) ist in verschiedenen Experimenten stets so gut wie gleich. n Der Anteil der Rekombinationsereignisse zwischen verschiedenen Genpaaren (z. B. fçr Augenfarbe und Flçgellånge im Vergleich zu Augenfarbe und Kærperfarbe) kann sehr unterschiedlich sein.
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Die Beobachtung, dass ein bestimmtes Genpaar in allen Kreuzungen stets ungefåhr mit der gleichen Håufigkeit rekombiniert, legte nachdrçcklich die Vermutung nahe, dass die Positionen (oder 8 ) der Gene auf den Chromosomen festgelegt sind und sich von einer Fliege zur nåchsten nicht veråndern. Wenn jedes Gen einen festen Locus besetzt, ist die Rekombinationshåufigkeit zwischen zwei Genen ein Maû fçr den Abstand zwischen ihnen. Je græûer die Strecke zwischen den Genen ist, auf der sich ein Bruch ereignen kann, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich zwischen den beiden Stellen tatsåchlich ein Bruch ereignet, und desto græûer ist demnach die Rekombinationshåufigkeit. Alfred Sturtevant, der als Studienanfånger in Morgans Institut an der Columbia University arbeitete, kam 1911 auf die Idee, mit Hilfe der Rekombinationshåufigkeiten eine Karte der relativen Genpositionen auf einem Chromosom zu erstellen. Das Prinzip hinter diesem Kartierungsverfahren zeigt Abb. 10.7. In dem hier dargestellten Beispiel liegen die Gene fçr Flçgellånge und Kærperfarbe von in betråchtlichem Abstand voneinander auf einem Chromosom und werden deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit durch Bruch und Crossing over in dem da-
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Gene und Genom
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zwischen liegenden Bereich entkoppelt. Die Gene fçr Augen- und Kærperfarbe dagegen sind auf dem Chromosom eng benachbart, und entsprechend geringer ist daher die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich trennen. Mit Hilfe der Rekombinationshåufigkeiten konstruierte Sturtevant ± der zu einem der herausragendsten Genetiker des 20. Jahrhunderts wurde ± detaillierte Karten der Reihenfolge, in der die Gene auf den vier Chromosomen der Taufliege angeordnet sind. Nach dem gleichen Verfahren erstellte man spåter auch Chromosomenkarten von Bakterien und Viren sowie von zahlreichen Eukaryotenarten.
genstrahlen die Mutationsrate im Vergleich zu unbestrahlten Tieren um einen Faktor von mehr als 100 erhæht. Dieser Befund hatte wichtige Folgen. Unter praktischen Gesichtspunkten konnte man mit mutagenen Agenzien wie Ræntgenstrahlen und Ultraviolettstrahlung eine wesentlich græûere Zahl von Mutanten fçr die genetische Forschung erzeugen. Gleichzeitig wurde aber auch deutlich, wie gefåhrlich die in Industrie und Medizin eingesetzte Strahlung unter Umstånden sein kann. Heute erzeugt man Mutationen bei meist dadurch, dass man dem Futter der Tiere das chemische Mutagen Ethylmethansulfonat zusetzt. Eine wichtige Gesetzmåûigkeit der Biologie wird in der Tatsache deutlich, dass Theophilus Painter von der University of Texas 1933 bei bestimmten Insektenarten die Riesenchromosomen wieder entdeckte. Unter den Lebewesen gibt es eine derart gewaltige Vielgestaltigkeit ± und zwar nicht nur auf der sofort erkennbaren makroskopischen Ebene, sondern auch im Bereich der Zellen und ihrer einzelnen Bestandteile ±, dass sich ein bestimmter Zelltyp fçr bestimmte Untersuchungen håufig weitaus besser eignet als
!+$. Mutagenese und Riesenchromosomen In der Frçhzeit der Genetik war die Suche nach Mutanten eine langsame, mçhselige Prozedur, weil man auf auftretende Genverånderungen angewiesen war. An einem besonderen Taufliegenstamm, der so konstruiert war, dass man daran auch rezessive Allele erkennen konnte, stellte H. J. Muller von der Indiana University 1927 fest, dass eine nicht tædliche Dosis Rænt-
Chromosomen: die materiellen Tråger der Gene
ein anderer. Die Chromosomen in den Speicheldrçsenzellen von -Larven sind etwa 100-mal dicker als die in den meisten anderen Zellen dieser Insekten (Abb. 10.8 a). Wåhrend der Larvenentwicklung stellen diese Zellen die Teilung ein, sie wachsen aber weiter. Die DNA-Replikation setzt sich fort, und dabei entsteht das zusåtzliche genetische Material, das fçr die hohe sekretorische Aktivitåt dieser riesigen Zellen erforderlich ist. Die verdoppelten DNAStrånge bleiben in genau paralleler Anordnung aneinander geheftet (Abb. 10.8 a); die so entstehenden Riesenchromosomen enthalten bis zu 1024-mal so viele DNA-Strånge wie normale Chromosomen. Diese ungewæhnlichen /%1 , wie man sie nennt, lassen im Mikroskop zahlreiche Einzelheiten erkennen, insbesondere çber 5000 anfårbbare Banden. Das Bandenmuster ist von einem Individuum zum nåchsten im Wesentlichen gleich, aber wenn man Chromosomen verschiedener Arten der Gattung untersucht, erkennt man Unterschiede. Wie Painter sehr schnell herausfand, entsprechen die einzelnen Banden ganz bestimmten Genen. Die relative Lage dieser Gene auf den Riesenchromosomen stimmte mit der çberein, die man anhand der Rekombinationshåufigkeiten und der danach konstruierten Genkarten vorausgesagt hatte. Damit war auch mikroskopisch beståtigt, dass das ganze Kartierungsverfahren seine Berechtigung hatte. Die Riesenchromosomen der Insekten erwiesen sich auch in anderer Hinsicht als nçtzlich. Der Vergleich der Bandenmuster in den Polytånchromosomen verschiedener biologischer Arten bot eine unvergleichlich gute Gelegenheit, evolutionsbedingte Verånderungen auf der Ebene der Chromosomen zu untersuchen. Auûerdem sind diese Chromosomen keine unverånderlichen Gebilde, sondern dynamische Strukturen, in denen einzelne Abschnitte in bestimmten Entwicklungsstadien ¹Puffsª bilden (Abb. 10.8 b). An diesen Chromosomenpuffs wird die DNA stark transkribiert; damit sind sie eines der besten Systeme, wenn man die Genexpression sichtbar machen will (Abb. 18.21 a).
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!+' Die chemische Natur der Gene ,ie klassischen Genetiker entdeckten, welche Gesetzmåûigkeiten fçr die Weitergabe erblicher Eigenschaften gelten und welche Beziehung zwischen Genen und Chromosomen besteht. In seiner Nobelpreisrede stellte T. H. Morgan 1934 fest: ¹Beim derzeitigen Stand der genetischen Experimente spielt es nicht die geringste Rolle, ob das Gen ein hypothetisches Gebilde oder ein materielles Teilchen ist.ª In den vierziger Jahren jedoch wurden neue Fragen aufgeworfen, und die wichtigste lautete: ¹Wie sieht ein Gen chemisch aus?ª Die Experimente, mit denen man diese Frage beantwortete, werden in der Box ¹Experimentelle Verfahrenª genauer beschrieben. Als man wusste, dass Gene aus DNA bestehen, standen die Biologen wiederum vor einer Fçlle neuer Fragen. Diese werden uns in den verbleibenden Abschnitten des Kapitels beschåftigen. 10.3.1 Die Struktur der DNA Wenn man verstehen will, wie ein komplexes Makromolekçl ± Protein, Polysaccharid, Lipid oder Nucleinsåure ± funktioniert, muss man zunåchst einmal wissen, wie es aufgebaut ist. Anfang der fçnfziger Jahre des 20. Jahrhunderts beschåftigten sich mehrere Institute in den Vereinigten Staaten und Groûbritannien mit dem Geheimnis der DNA-Struktur. Im Jahre 1953 wurde das Råtsel schlieûlich von James Watson und Francis Crick an der Universitåt Cambridge gelæst. Bevor wir die von ihnen vorgeschlagene Struktur betrachten, wollen wir uns ansehen, was man zu ihrer Zeit bereits wusste. 7 $
$ Der Grundbaustein der DNA war bekannt: das ) (Abb. 10.9 a, b); es besteht aus einem Zucker mit fçnf Kohlenstoffatomen, der -% , an deren 5'-Position çber eine Esterbindung eine Phosphatgruppe gebunden ist, wåhrend an der 1'-Position eine stickstoffhaltige Ba-
se steht.2 In den Nucleinsåuren kommen zwei Typen stickstoffhaltiger Basen vor: die /% mit einem Molekçlring und die / mit zwei Ringen (Abb. 10.9 c) Die DNA enthålt die beiden Pyrimidine ! % 3!4 und +% 3+) sowie die beiden Purine : 3:4 und 34. Auûerdem wusste man, dass die Nucleotide als unverzweigtes Polymer oder & hintereinander gekoppelt sind, wobei abwechselnd angeordnete, durch / verknçpfte Zucker- und Phosphatgruppen das Rçckgrat bilden (Abb. 10.9 c). Die an die Zuckergruppen angehefteten Basen sollten nach der damaligen Vorstellung aus dem Rçckgrat herausragen wie eine Reihe versetzt angeordneter Regalbretter. Nucleotide sind polar aufgebaut: Das Ende mit der Phosphatgruppe wird als ?'# (ausgesprochen ¹Fçnf-Strich-Endeª) bezeichnet, das andere ist das >'# (Abb. 10.9 b). Da alle hintereinander aufgereihten Nucleotide in einem Strang gleich orientiert sind, hat auch der ganze Strang eine Polaritåt mit einem 3'- und einem 5'-Ende (Abb. 10.9 c). Aus Ræntgenstrukturanalysen wusste man, dass die Nucleotide in dem Stapel 0,34 nm voneinander entfernt sind, und vieles deutete auf groûe, sich wiederholende Strukturen in Abstånden von 3,4 nm hin. Wie in der Box ¹Experimentelle Verfahrenª noch genauer erlåutert wird, glaubte man viele Jahre lang, die DNA bestehe aus einfachen, sich ståndig wiederholenden Tetranucleotiden (zum Beispiel -ATGCATGCATGC-) und kænne deshalb nicht als informationstragendes Makromolekçl dienen. Im Jahr 1950 jedoch berichtete Erwin Chargaff von der Columbia University çber einen wichtigen Befund, der das Ende der Tetranucleo2
An dieser Stelle ist es hilfreich, sich ein wenig mit der Terminologie vertraut zu machen. Ein Molekçl, das nur aus einer der vier in Abb. 10.9 dargestellten stickstoffhaltigen Basen und dem Fçnferzucker besteht, bezeichnet man als Nucleosid. Handelt es sich bei dem Zucker um Desoxyribose, spricht man von einem Desoxyribonucleosid. Es gibt vier wichtige Desoxyribonucleoside, die sich durch ihre Basen unterscheiden: Desoxyadenosin, Desoxyguanosin, Desoxythymidin und Desoxycytosin. Ist an das Nucleosid mindestens eine Phosphatgruppe angeheftet (meist in der 5'-, manchmal aber auch an der 3'-Position), handelt es sich bei dem Molekçl um ein Nucleotid. Je nach der Zahl der Phosphatgruppen im Molekçl gibt es Nucleosid-5'-monophosphate, Nucleosid-5'-diphosphate und Nucleosid-5'-triphosphate, wie beispielsweise Desoxyadenosin-5'-monophosphat (dAMP), Desoxyguanosin-5'-diphosphat (dGDP) und Desoxycytidin-5'-triphosphat (dCTP). Eine åhnliche Gruppe von Nucleosiden und Nucleotiden ist auch am RNA-Stoffwechsel beteiligt, diese enthalten als Zucker aber nicht Desoxyribose, sondern Ribose. Die Nucleotide, die fçr den Energiestoffwechsel eine groûe Rolle spielen, wie das Adenosintriphosphat (ATP), enthalten Ribose.
Die chemische Natur der Gene
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tidtheorie bedeutete und entscheidende neue Erkenntnisse çber die DNA-Struktur lieferte. Chargaff war çberzeugt, die Sequenz der Nucleotide im DNA-Molekçl mçsse der Schlçssel zu ihrer Funktion sein, und bestimmte deshalb die relativen Anteile der einzelnen Basen in verschiedenen DNA-Proben, d. h. er ermittelte ihre 7 $
$. Zu diesem Zweck læste er die Basen durch Hydrolyse von den Zuckergruppen, trennte die freien Basen in dem Reaktionsansatz durch Papierchromatographie auf und stellte fest, welche Substanzmenge sich in den vier Flecken befand, zu denen die Basen gewandert waren. Wenn die Tetranucleotidtheorie richtig wåre, mçsste jede der vier Basen in einer DNA-Probe mit einem Anteil von 25 Prozent vertreten sein. Wie Chargaff jedoch feststellte, sind die Anteile der vier Basen je nach dem untersuchten Lebewesen sehr unterschiedlich und weichen håufig stark von dem Verhåltnis von 1 : 1 : 1 : 1 ab, das man nach der Tetranucleotidtheorie erwarten wçrde. So lag das Verhåltnis von A zu G bei-
spielsweise in Tuberkelbazillen bei 0,4, in menschlicher DNA dagegen bei 1,56. Dabei spielte es keine Rolle, aus welchem Gewebe die DNA gewonnen wurde; die Basenzusammensetzung war bei einer Spezies immer konstant. Aber bei aller Variationsbreite von einer biologischen Art zur anderen entdeckte Chargaff auch ein wichtiges Zahlenverhåltnis. Die Zahl der Purine war in einer DNA-Probe stets ebenso groû wie die der Pyrimidine. Genauer gesagt, waren stets ebenso viele Adenin- wie Thyminbasen vorhanden, und die Zahl der Guanine war genauso groû wie die der Cytosine. Chargaff hatte also fçr die Basenzusammensetzung folgende Gesetzmåûigkeiten entdeckt: [A] = [T], [G] = [C], [A]+[T] = [G]+[C] Dieser Befund lieû das DNA-Molekçl in einem ganz neuen Licht erscheinen, denn nun besaû es von einem Lebewesen zum anderen Spezifitåt
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und Individualitåt. Was die gleichen Basenanteile zu bedeuten hatten, blieb aber zunåchst unklar. !+'$ Die Idee von Watson und Crick In Kap. 2 wurde im Zusammenhang mit der Proteinstruktur nachdrçcklich darauf hingewiesen, wie wichtig die Sekundår- und Tertiårstruktur fçr die Aktivitåt eines Proteins ist. Auch die biologische Funktion der DNA konnte man nur dann verstehen, wenn man mehr çber ihren dreidimensionalen Aufbau wusste. Auf Grund der Ergebnisse von Ræntgenstrukturanalysen, die Rosalind Franklin und Maurice Wilkins am Londoner King's College durchgefçhrt hatten, und mit Modellen der vier Nucleotidtypen schlugen Watson und Crick fçr die DNA eine Struktur vor, die folgende Elemente beinhaltete (Abb. 10.10):
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n n Das Molekçl besteht aus zwei Nucleotidketten. Diese Erkenntnis folgte kurz auf eine falsche Vermutung von Linus Pauling, der fçr die DNA eine Struktur mit drei Nucleotidstrången vorgeschlagen hatte. n Die beiden Strånge sind als rechtsgångige Spiralen umeinander gewunden. In einer solchen rechtsgångigen Helix sieht ein Beobachter, der an der Mittelachse der Spirale entlang blickt, die Strånge im Uhrzeigersinn von sich weg verlaufen. Die Helixstruktur der DNA hatte sich in Franklins (am Anfang dieses Kapitels wiedergegebener) Ræntgenstrukturaufnahme gezeigt, die Watson bei einem Besuch am King's College zu Gesicht bekam. n Die beiden Ketten einer Doppelhelix verlaufen in entgegengesetzten Richtungen: Sie sind . Wenn also eine Kette in 5' ? 3'-Richtung angeordnet ist, muss der Partnerstrang in 3' ? 5'-Richtung orientiert sein. n Das Zucker-Phosphat-Zucker-PhosphatRçckgrat der Strånge liegt auf der Auûenseite des Molekçls, die beiden Basenreihen zeigen nach innen. Wegen der Phosphatgruppen hat das Molekçl eine stark negative Ladung. n Die Basen liegen in Ebenen, die ungefåhr rechtwinklig zur Långsachse des Molekçls angeordnet sind, und sind çbereinander gestapelt wie ein Plattenstapel. Hydrophobe Wechselwirkungen und Van-der-WaalsKråfte (Kap. 2.2.4) verleihen dem gesamten DNA-Molekçl Stabilitåt. Mit den He-
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n
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lixwindungen und den ebenen Basenpaaren åhnelt das Molekçl insgesamt einer Wendeltreppe. Diesen Aufbau erkennt man deutlich in dem Foto des ursprçnglichen Modells von Watson und Crick am Anfang des Kapitels. Zusammengehalten werden die beiden Strånge durch Wasserstoffbrçcken zwischen den einander gegençberstehenden Basen der beiden Strånge. Da einzelne Wasserstoffbrçcken schwach sind und sich leicht auflæsen, kænnen die DNA-Strånge sich im Rahmen verschiedener biologischer Vorgånge trennen. Aber die Kraft von Wasserstoffbrçcken addiert sich, und deshalb ist die Doppelhelix insgesamt wegen ihrer vielen derartigen Bindungen ein stabiles Molekçl. Der Abstand von einem Phosphoratom im Rçckgrat zur Mittelachse betrågt 1 nm (d. h. die Doppelhelix ist insgesamt 2 nm breit). Ein Pyrimidin in einer Kette ist immer mit einem Purin in der anderen gepaart. Wegen dieser Anordnung hat das Molekçl auf seiner ganzen Långe çberall einen Durchmesser von 2 nm. Die Wasserstoffatome am Kohlenstoff 4 des Cytosins und am Kohlenstoff 6 des Adenins befinden sich bevorzugt in der Aminokonfiguration (NH2, Abb. 10.9 c) und nicht in der Iminoform (NH). Entsprechend nehmen die Sauerstoffatome am Kohlenstoff 6 des Guanins und am Kohlenstoff 4 des Thymins vorwiegend die Ketoform (C=O) und nicht die Enolform (C-OH) ein. Wegen dieser Strukturbeschrånkungen in der Basenkonfiguration lag die Vermutung nahe, dass Adenin auf Grund seines Aufbaues als einziges Purin in der Lage ist, an Thymin zu binden, und dass Guanin als einziges Purin an Cytosin ankoppeln kann. Demnach sind A-T und G-C die einzig mæglichen Paarungen (Abb. 10.10 b), was genau mit Chargaffs Analysen der Basenzusammensetzung çbereinstimmte. Ein A-T-Paar wird jeweils durch zwei Wasserstoffbrçcken zusammengehalten, bei einem G-C-Paar sind es drei. An den Grenzen zwischen benachbarten Helixwindungen befinden sich zwei unterschiedlich breite Vertiefungen, die D und die , die sich auûen spiralfærmig um die Doppelhelix
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ziehen. DNA-bindende Proteine enthalten håufig Domånen, die in diese Furchen passen. In vielen Fållen kann ein Protein, das in einer Furche gebunden ist, die Nucleotidsequenz der DNA lesen, ohne dass sich die Strånge trennen mçssten. n Die Doppelhelix beschreibt alle zehn Nucleotidpaare (das heiût alle 3,4 nm) eine vollståndige Windung; das entspricht 150 Windungen auf eine molare Masse mit einem Molekulargewicht von 1 Mio. n Da ein A im einen Strang immer mit einem T im anderen und ein G immer mit einem C verbunden ist, sind die Nucleotidsequenzen der beiden Strånge relativ zueinander festgelegt. Diese Beziehung zwischen den beiden Ketten der Doppelhelix bezeichnet man als 10 A ist beispielsweise komplementår zu T, 5'-ACG-3' ist komplementår zu 3'-TCG-5', und eine ganze Kette ist komplementår zur anderen. Wie wir noch genauer erfahren werden, ist die Komplementaritåt von çberragender Bedeutung fçr nahezu alle Vorgånge und Mechanismen, an denen Nucleinsåuren mitwirken. 7 6 9 + Seit der Zeit, als man in der DNA erstmals das genetische Material erkannte, hatte man immer damit gerechnet, dass sie drei Grundfunktionen erfçllt (Abb. 10.11): n & 6 0 Als genetisches Material muss die DNA die Anweisungen speichern, die çber alle erblichen Merkmale eines Lebewesens bestimmen. Molekular gesprochen, muss sie die Informationen çber die genaue Reihenfolge der Aminosåuren in allen Proteinen enthalten, die der Organismus synthetisiert. n . .0 Die DNA muss die Information fçr die Synthese neuer DNA-Strånge (die Replikation) enthalten. Erst durch die DNA-Replikation kænnen genetische Anweisungen von einer Zelle an ihre Tochterzellen und von einem Individuum an die Nachkommen weitergegeben werden. n 1 6 0 Die DNA ist nicht nur ein Speicher, sondern sie dirigiert auch die Ablåufe in der Zelle. Die in der DNA codierte Informati-
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on muss also in einer Form ausgeprågt oder - werden, die sich auf andere Vorgånge in der Zelle auswirkt. Genauer gesagt, muss die Information in der DNA darçber bestimmen, in welcher Reihenfolge Aminosåuren in Polypeptidketten eingebaut werden. Das Strukturmodell von Watson und Crick legte fçr die ersten beiden Funktionen sofort einen Mechanismus nahe. Es sprach nachdrçcklich dafçr, dass der Informationsgehalt der DNA in der linearen Abfolge ihrer Basen liegt. Ein Abschnitt der DNA entspricht dann jeweils einem Gen, und die spezifische Nucleotidsequenz in
Die chemische Natur der Gene
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diesem Abschnitt bestimmt çber die Aminosåuresequenz in dem zugehærigen Polypeptid. Eine Verånderung der Nucleotidfolge in einem solchen Abschnitt stellt eine erbliche Mutation des jeweiligen Gens dar. Unterschiede in der Nucleotidsequenz sind demnach die Ursache der genetischen Variation, und zwar zwischen den Individuen einer Spezies ebenso wie zwischen verschiedenen biologischen Arten. Was die zweite Funktion anging, so enthielt schon die erste Veræffentlichung von Watson und Crick çber die DNA-Struktur einen Vorschlag, wie ein derartiges Molekçl sich verdoppeln kænnte. Sie åuûerten die Vermutung, die Wasserstoffbrçcken zwischen den beiden Strången der Doppelhelix kænnten sich wåhrend der Replikation nacheinander auflæsen, so dass die Strånge sich allmåhlich trennen wie die beiden Hålften eines Reiûverschlusses. Die Einzelstrånge, deren Basen dann frei liegen, wçrden anschlieûend als $ dienen und darçber bestimmen, in welcher Reihenfolge die Nucleotide sich zu einem neuen Komplementårstrang zusammenfinden. Am Ende wåren durch einen solchen Vorgang zwei DNA-Molekçle entstanden, die sowohl untereinander als auch mit dem Ausgangsmolekçl identisch sind. Nach dem WatsonCrick-Modell wçrde dabei jede DNA-Doppelhelix einen Strang des ursprçnglichen Molekçls und einen neu synthetisierten Strang enthalten (Abb. 13.1). Wie wir in Kap. 13 noch genauer erfahren werden, hatten Watson und Crick mit ihrem Modell den Mechanismus der DNA-Replikation recht gut vorausgesagt. Von den drei zuvor erwåhnten Mechanismen blieb nur der dritte, durch den die DNA den Zusammenbau eines Proteins steuert, ein vælliges Råtsel. Die Aufklårung der DNA-Struktur war nicht nur als solche ungeheuer wichtig, sondern sie wurde auch zum Anreiz fçr die Erforschung aller Vorgånge, an denen das genetische Material beteiligt sein muss. Nachdem das Strukturmodell allgemein anerkannt war, musste jede Theorie çber genetischen Code, DNA-Synthese und Informationsçbertragung zu diesem Modell passen.
wie ein Gummiband, dessen Enden man in entgegengesetzten Richtungen gedreht hat, oder wie eine Telefonschnur nach långerer Benutzung. DNA in diesem Zustand bezeichnet man als . Da çberspiralisierte DNA kompakter ist als ein entsprechendes entspanntes Molekçl, nimmt sie ein kleineres Volumen ein und wandert sowohl in der Zentrifuge als auch im elektrischen Feld schneller (Abb. 10.12 c). Am besten versteht man die Ûberspiralisierung, wenn man sich ein Stçck DNA-Doppelhelix vorstellt, das frei auf einer flachen Unterlage liegt. Ein Molekçl in diesem Zustand hat in jeder Helixwindung die normalen zehn Basenpaare und wird als oder - bezeichnet. Auch wenn man die Enden des Molekçls zu einem Ring verbindet, ist die DNA immer noch relaxiert. Stellen wir uns aber nun einmal vor, das Molekçl wçrde verdrillt, bevor die Enden verbunden werden. Wenn die Verdrillung entgegengesetzt zur Windungsrichtung der
)C Im Jahr 1963 entdeckten Jerome Vinograd und seine Kollegen am California Institute of Technology, dass zwei geschlossene, ringfærmige DNA-Molekçle mit gleicher Molekçlmasse bei der Zentrifugation (Kap. 18.11) unter Umstånden ein sehr unterschiedliches Sedimentationsverhalten zeigen. In weiteren Untersuchungen stellte sich heraus, dass das schneller sedimentierende Molekçl eine kompaktere Form hatte, weil es in sich gewunden war (Abb. 10.12 a, b)
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Gene und Genom
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Doppelhelix erfolgt, windet sich das Molekçl ein Stçck weit auseinander. Eine solche
DNA hat in jeder Helixwindung eine græûere Zahl von Basenpaaren (Abb. 10.13). Da das Molekçl aber mit zehn Basenpaaren je Windung am stabilsten ist, widersetzt es sich dem Bestreben zur Unterspiralisierung und nimmt eine çberspiralisierte Konformation ein (Abb. 10.13). Teilweise auseinander gewundene DNA bezeichnet man als 9 , ist sie çbermåûig stark zusammengewunden, nennt man sie 9 . Natçrlich vorkommende ringfærmige DNA (zum Beispiel aus Mitochondrien, Viren oder Bakterien) ist immer negativ çberspiralisiert. Das Phånomen der Ûberspiralisierung ist aber nicht auf kleine, ringfærmige DNA-Molekçle beschrånkt, sondern man findet es auch bei der linearen DNA der Eukaryoten. Eine Schlçsselrolle spielt die negative Ûberspiralisierung zum Beispiel fçr die kompakte Verpackung der chromosomalen DNA in den mikroskopisch kleinen Zellkern (Kap. 12.1). Da negativ çberspiralisierte DNA zu wenig gewunden ist, çbt sie eine Kraft aus, durch die sich die Strånge der Doppelhelix trennen kænnen; dies ist sowohl fçr die Replikation (DNA-Synthese) als auch fçr die Transkription (RNA-Synthese) eine unentbehrliche Voraussetzung. Sowohl in Prokaryoten- als auch in Eukaryotenzellen gibt es Enzyme, die den Ûberspiralisierungszustand einer DNA-Doppelhelix veråndern kænnen. Sie werden als ! bezeichnet, weil sie sich auf die ! der DNA auswirken. Bei den vielen Topoisomerasen in den
Zellen kann man zwei Klassen unterscheiden. ! !% 6 veråndern den Ûberspiralisierungszustand eines DNA-Molekçls, indem sie in einem Strang der Doppelhelix vorçbergehend einen Bruch erzeugen. Ein Modell fçr den Wirkungsmechanismus einer menschlichen Topoisomerase I zeigt Abb. 10.14 a. Das Enzym spaltet einen Strang der DNA und gestattet dem unversehrten Komplementårstrang eine kontrollierte Drehung, durch die sich das çberspiralisierte Molekçl entspannt. Die Topoisomerase I ist fçr Vorgånge wie DNAReplikation und Transkription unentbehrlich. Sie verhindert, dass es zu einer çbermåûigen Ûberspiralisierung kommt, wenn die Komplementårstrånge einer Doppelhelix sich trennen und auseinander winden (wie in Abb. 13.6). ! !% 66 erzeugen vorçbergehend in beiden Strången der Doppelhelix einen Bruch; anschlieûend wird ein anderer DNA-Abschnitt (oder auch ein ganz anderes Molekçl) durch die Bruchstelle geschleust, und am Ende werden die geschnittenen Strånge wieder verbunden. Wie nicht anders zu erwarten, ist dieser komplizierte Vorgang von einer Reihe tief greifender Konformationsånderungen begleitet (Abb. 10.14 b). Diese Enzyme beherrschen eine Reihe bemerkenswerter ¹Tricksª. Topoisomerasen des Typs II sind nicht nur in der Lage, DNA çberzuspiralisieren und zu relaxieren (Abb. 14 c, Teil 1), sondern sie kænnen in einem DNA-Molekçl auch Knoten erzeugen oder solche Knoten auflæsen (Abb. 10.14 c, Teil 2). Auûerdem kænnen sie eine Population unabhångiger DNA-Ringe zu einer Kette verbinden oder verkettete Ringe trennen (Abb. 10.14 c, d). Eine Topoisomerase II muss auch die DNA-Molekçle entkoppeln, bevor sich die verdoppelten Chromosomen in der Mitose trennen kænnen. Die Topoisomerase II des Menschen dient als Ansatzpunkt fçr eine Reihe von Arzneiwirkstoffen (zum Beispiel Etoposid und Doxorubicin), die an das Enzym binden und die Wiederverbindung der geschnittenen DNA-Strånge verhindern. Deshalb tæten diese Medikamente bevorzugt solche Zellen, die sich schnell teilen, so dass man sie als Hilfsmittel bei der Krebstherapie einsetzen kann.
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!+ Der Aufbau des Genoms ,@A ist ein Makromolekçl, eine Ansammlung zahlreicher Atome, die in einer genau definierten Anordnung verbunden sind, so dass man ihren råumlichen Aufbau mit Verfahren wie der Ræntgenstrukturanalyse ermitteln kann. Aber die DNA ist auch ein Informationsspeicher, dessen Eigenschaft unter molekularen Gesichtspunkten zu beschreiben, wesentlich schwieriger ist. Wenn ein Gen wie oben erwåhnt einem bestimmten DNA-Abschnitt entspricht, ist die Summe aller genetischen Informationen, die ein Individuum von seinen Eltern geerbt hat, gleichbedeutend mit der Summe aller DNA-Abschnitte, die zu Beginn seines Lebens in der befruchteten Eizelle vorliegen. Alle Individuen in der Population einer Spezies besitzen die gleiche Genausstattung, auch wenn einzelne Individuen viele dieser Gene als geringfçgig unterschiedliche Versionen (Allele) tragen. Jede biologische Art hat also ihren einzigartigen genetischen Informationsgehalt, den man als : bezeichnet. Beim Menschen entspricht das Genom im Wesentlichen der gesamten genetischen Information in einem einzelnen ( ) Chromosomensatz, zu dem die 22 Autosomen sowie die Geschlechtschromosomen (X oder Y) gehæren. 10.4.1 Die Komplexitåt des Genoms Wenn man verstehen will, wie man die Komplexitåt des Genoms analysieren kann, muss man sich zunåchst mit einer der wichtigsten Eigenschaften der DNA-Doppelhelix beschåftigen: mit ihrer Fåhigkeit ihrer beiden Strånge, sich zu trennen, ein Vorgang, den man als bezeichnet. ) Wie Watson und Crick bereits vermuteten, werden die beiden Strånge eines DNA-Molekçls durch schwache, nichtkovalente Bindungen zusammengehalten. Wenn man DNA in eine Salzlæsung bringt und diese langsam erwårmt, erreicht
n Abb. 10.15.
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man irgendwann eine Temperatur, bei der die Strangtrennung einsetzt. Meist trennen sich die Strånge in einem Temperaturbereich von wenigen Grad vollståndig. Diese Hitzedenaturierung der DNA (auch & $ ) genannt) çberwacht man in der Regel anhand der zunehmenden UV-Absorption der gelæsten DNA. Die stickstoffhaltigen Basen in einem DNA-Molekçl absorbieren ultraviolette Strahlung mit einem Absorptionsmaximum bei 260 nm (Abb. 10.15). Durch die Trennung der DNA-Strånge kommt es zu einer starken Verminderung der hydrophoben Wechselwirkungen zwischen den gestapelten Basen. Dadurch åndern sich auch das Elektronenverhalten der Basen und ihre Absorption ultravioletter Strahlung. Den Anstieg der Absorption, der die DNA-Denaturierung begleitet, zeigt Abb. 10.16. Die Temperatur, bei der die Absorptionsverånderung zur Hålfte abgelaufen ist, bezeichnet man als & $ 3!4. Sie liegt umso hæher, je græûer der GC-Gehalt (%G + %C) der DNA ist. In der græûeren Stabilitåt GC-reicher DNA spiegelt sich die Tatsache wider, dass diese Basenpaare eine Wasserstoffbrçcke mehr enthalten als AT-Paare. Wie man an der elektronenmikroskopischen Aufnahme in Abb. 10.17 erkennt, schmelzen AT-reiche Abschnitte sogar in einem einzigen DNA-Molekçl frçher als solche mit vielen GC-Paaren. ) Die Beobachtung, dass die beiden Strånge einer DNA-Doppelhelix sich trennen kænnen, kam nicht unerwartet; fast unvorstellbar erschien es
Der Aufbau des Genoms
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aber, dass die Einzelstrånge sich wieder zu stabilen doppelstrångigen Molekçlen zusammenfinden. Dennoch entdeckten Julius Marmur und seine Mitarbeiter an der Harvard University 1960 genau das: Wenn sie eine Læsung mit hitzedenaturierter Bakterien-DNA langsam abkçhlen
lieûen, nahm die DNA wieder die Eigenschaften einer Doppelhelix an: Sie absorbierte weniger ultraviolettes Licht und erfçllte ihre Funktion als genetisches Material, denn man konnte damit Bakterienzellen transformieren (Nåheres in dem Kasten ¹Experimentelle Verfahrenª). Øhnliche Ergebnisse erhielt man auch, wenn man die DNA zum Denaturieren auf 100 8C erhitzte, die Temperatur der Læsung dann sehr schnell bis etwa 25 8C unter dem Tm senkte und die DNA unter diesen Bedingungen eine Zeit lang inkubierte. Durch solche Untersuchungen wurde klar, dass komplementåre, einzelstrångige DNA-Molekçle sich wieder zusammenlagern kænnen, ein Vorgang, den man als und bezeichnet. Diese Beobachtung erwies sich als eine der nçtzlichsten in der gesamten Geschichte der Molekularbiologie. Einerseits bot die Renaturierung ein Hilfsmittel, um die Komplexitåt des Genoms zu erforschen ± dieses Thema werden wir im nåchsten Abschnitt genauer erærtern. Andererseits ermæglichte sie aber auch die Entwicklung eines Verfahrens, das als ) 1 % bezeichnet wird: Dabei mischt man Nucleinsåure-Einzelstrånge unterschiedlicher Herkunft und låsst sie doppelstrångige Hybridmolekçle bilden. Einige Beispiele fçr Fragestellungen, die man mit der Hybridisierung einzelstrångiger Nucleinsåuren bearbeitet hat, werden spåter in diesem Kapitel erærtert und sind in Abb. 10.21 dargestellt. Die Nucleinsåurehybri-
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disierung spielt eine Schlçsselrolle fçr die wichtigsten Verfahren der modernen Biotechnologie, so unter anderem fçr DNA-Sequenzierung, DNAKlonierung und DNA-Amplifikation. - 1 9 . 7 Ûber die Geschwindigkeit, mit der eine DNA-Pråparation renaturiert, bestimmen mehrere Faktoren: n n n n n
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Ionenstårke der Læsung, Inkubationstemperatur, DNA-Konzentration, Inkubationszeit, Græûe der beteiligten Molekçle.
Vor diesem Hintergrund kann man den Renaturierungsvorgang bei drei verschiedenen DNAs vergleichen, die jeweils ein ganzes Genom repråsentieren: erstens das eines kleinen Virus wie MS-2 (4´103 Nucleotidpaare), zweitens das eines græûeren Virus wie T4 (1,8´105 Nucleotidpaare) und drittens das einer Bakterienzelle wie (4,5´106 Nucleotidpaare). Der wichtigste Unter-
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schied zwischen diesen DNAs betrifft ihre Långe. Um die Renaturierung vergleichen zu kænnen, muss man darauf achten, dass die beteiligten Molekçle einander in ihrer Långe entsprechen ± in der Regel sind sie etwa 1000 Basenpaare lang. In Stçcke dieser Græûe kann man DNA-Molekçle mit verschiedenen Methoden zerlegen, unter anderem, indem man sie unter hohem Druck durch eine sehr kleine Úffnung presst. Låsst man diese drei DNA-Typen renaturieren, wobei alle in gleicher Långe und Konzentration (gemessen beispielsweise in mg/mL) vorliegen, låuft der Vorgang jeweils mit deutlich unterschiedlicher Geschwindigkeit ab (Abb. 10.18). Je kleiner das Genom ist, desto schneller geht die Renaturierung vonstatten. Den Grund versteht man, wenn man die Konzentration komplementårer Sequenzen in den drei Pråparationen betrachtet. Da sich in einer Volumeneinheit der Læsung in allen drei Fållen die gleiche DNAMenge befindet, ist die Zahl der Genome je Gewichtseinheit um so græûer, je kleiner das Genom ist, und entsprechend græûer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zum Zusammenstoû komplementårer Sequenzen kommt.
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- 1 9 # % ,ie Renaturierung von Virus- und BakterienDNA verlåuft in einzelnen, symmetrischen Kurven (Abb. 10.18). Das liegt daran, dass alle Sequenzen (bei Bakterien-DNA mit einigen wenigen Ausnahmen) in derselben Konzentration vorliegen. Deshalb finden alle Nucleotidsequenzen in einem bestimmten Zeitraum mit der gleichen Wahrscheinlichkeit ihren Partner. Diesen Befund erwartet man auch nach den Ergebnissen der verschiedenen Genkartierungsarbeiten, denn diese lieûen immer darauf schlieûen, dass die Gene in der DNA eines Chromosoms hintereinander aufgereiht sind. Im krassem Gegensatz zu den Beobachtungen an Virus- und Bakteriengenomen standen jedoch die Befunde, zu denen Roy Britten und David Kohne vom California Institute of Technology bei Såuger-DNA gelangten. Anders als die Bruchstçcke einfacherer Genome renaturieren die DNA-Fragmente eines Såugetiergenoms mit sehr unterschiedlicher Geschwindigkeit (Abb. 10.19). In diesen Unterschieden spiegelt sich die Tatsache wider, dass die einzelnen Nucleotidsequenzen in einer Pråparation eukaryotischer DNA in sehr unterschiedlichen Konzentrationen vorliegen. Damit war man zum ersten Mal zu der Erkenntnis gelangt, dass die DNA eines Eukaryoten im Gegensatz zu der von Viren und Bakterien nicht einfach eine Abfolge hintereinander aufgereihter Gene darstellt, sondern wesentlich komplexer organisiert ist.
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Låsst man DNA-Fragmente aus Pflanzen oder Tieren renaturieren, sind in der Kurve normalerweise drei mehr oder weniger scharf ausgeprågte Stufen zu erkennen (Abb. 10.19), die der Renaturierung von drei groûen DNA-Klassen entsprechen. Die drei Klassen renaturieren unterschiedlich schnell, weil sich ihre Nucleotidsequenzen in der Gesamtpopulation der Fragmente unterschiedlich oft wiederholen. Deshalb bezeichnet man sie als 9" 9 und 9 0 2 9 )&<$ Die hochrepetitive Fraktion, deren Sequenzen im Genom mit mindestens 105 Kopien vertreten sind, macht 1±10% der gesamten DNA-Menge aus. Hochrepetitive Sequenzen sind in der Regel kurz (hæchstens einige hundert Nucleotide) und liegen gehåuft in Gruppen, in denen sich die jeweilige Sequenz ohne Unterbrechung immer und immer wieder wiederholt. Eine solche Anordnung hintereinander aufgereihter Wiederholungseinheiten bezeichnet man als ! ' . Die hochrepetitiven Sequenzen lassen sich in drei einander çberlappende Kategorien einteilen: Satelliten-DNAs, MinisatellitenDNAs und Mikrosatelliten-DNAs. n & ) 0 Satelliten-DNA besteht aus kurzen Sequenzen von etwa fçnf bis einigen hundert Basenpaaren, die sehr groûe Gruppen mit jeweils mehreren Millionen Basenpaaren bilden. Bei vielen biologischen Arten unterscheiden sich diese Sequenzen in ihrer Basenzusammensetzung so stark von der Hauptmenge der DNA, dass man sie von dieser durch Dichtegradientenzentrifugation als eigene ¹Satellitenbandeª abtrennen kann (daher der Name ¹Satelliten-DNAª). Eine Spezies kann durchaus mehrere Satelliten-DNASequenzen besitzen. Bei zum Beispiel gibt es drei solche Sequenzen, die jeweils sieben Nucleotide lang sind und sich in ihrer Sequenz stark åhneln, was auf einen gemeinsamen genetischen Ursprung schlieûen låsst. Die Lage der Satelliten-DNAs in den Centromeren wird im nåchsten Abschnitt beschrieben und in Kap. 12.1 noch genauer erærtert. Welche Funktion die Satelliten-DNA im Einzelnen erfçllt, ist trotz jahrzehntelanger Forschung bis heute ein Råtsel. n
) . Die Minisatellitensequenzen sind 12±100 Basenpaare lang und
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Gene und Genom
liegen in Gruppen von bis zu 3000 Wiederholungseinheiten vor. Damit nehmen sie im Genom betråchtlich kçrzere Abschnitte ein als die Satellitensequenzen. Minisatelliten sind håufig instabil: Die Zahl der Wiederholungen einer bestimmten Sequenz kann von einer Generation zur nåchsten zu- oder abnehmen. Deshalb ist die Långe eines bestimmten Minisatellitenlocus in einer Population und sogar zwischen den Angehærigen derselben Familie starken Schwankungen unterworfen. Da die Långe der Minisatelliten so unterschiedlich (oder % ) ist, nutzt man sie bei der Methode der DNA-Fingerabdrçcke zur Identifizierung von Personen in Kriminalfållen und Vaterschaftsstreitigkeiten (Abb. 10.20). n
) 0 Mikrosatelliten sind mit einer Långe von einem bis fçnf Basenpaaren die kçrzesten Sequenzen; in der Regel bilden sie kleine Gruppen von 10±40 Basenpaaren. Die Mikrosatelliten verteilen sich recht gleichmåûig çber die Gesamt-DNA ± das Genom des Menschen enthålt çber 100 000 Mikrosatellitenloci. Die Verdoppelung von Genomabschnitten mit diesen kleinen, repetitiven Sequenzen bereitet den DNA-Replikationsenzymen Schwierigkeiten, und das fçhrt dazu, dass
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ihre Långe im Laufe der Generationen schwankt. Da die Mikrosatelliten in einer Population so unterschiedlich lang sind, hat man sie genutzt, um die Verwandtschaftsbeziehungen zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen der Menschen zu untersuchen. Dies soll an einem Beispiel verdeutlicht werden: Nach Ansicht vieler Anthropologen entstand die Spezies Mensch ursprçnglich in Afrika. Wenn das stimmt, sollte man in den DNA-Sequenzen verschiedener afrikanischer Bevælkerungsgruppen stårkere Abweichungen finden als in der Bevælkerung anderer Kontinente, weil die Genome in Afrika bereits långer Zeit hatten, sich auseinander zu entwickeln. Tatsåchlich spricht die Untersuchung menschlicher DNA-Sequenzen fçr die afrikanische Herkunft. In einer Studie wurden 60 verschiedene Mikrosatellitenloci analysiert; dabei stellte sich heraus, dass die Angehærigen afrikanischer Bevælkerungsgruppen eine græûere genetische Vielfalt aufweisen als die Bevælkerung Asiens oder Europas. Verånderungen in der Kopienzahl bestimmter Mikrosatellitensequenzen sind die Ursache mehrerer schwerer genetisch bedingter Krankheiten; diese werden in der Box ¹Aus Sicht des Menschenª genauer erærtert.
us Sicht des Menschen
Krankheiten, die durch Vermehrung von Trinucleotidwiederholungen entstehen Jahrzehntelang hatte man geglaubt, Gene wçrden stets als stabile Gebilde von einer Generation zur nåchsten weitergegeben. Nur in seltenen Fållen kåme es demnach in einer Nucleotidsequenz der Keimbahn zu einer Mutation, die von da an vererbt wird. Dies gehært zu den grundlegenden Glaubenssåtzen der Mendelschen Genetik. Im Jahr 1991 berichteten jedoch mehrere Arbeitsgruppen çber einen neuen Typ ¹dynamischer Mutationenª, durch die sich die Nucleotidsequenz bestimmter Gene von den Eltern zu den Nachkommen tief greifend veråndert. Von solchen Mutationen waren in allen Fållen Gene betroffen, in deren Sequenz eine mehrfach wiederholte Trinucleotideinheit
(zum Beispiel CCG oder CAG) vorkam. Bei den meisten Angehærigen einer Population enthalten diese Gene eine relativ kleine (aber schwankende) Anzahl wiederholter Trinucleotide, die sich bei der Vererbung von Eltern auf Nachkommen nicht åndert. Ein kleiner Anteil der Population besitzt jedoch eine mutierte Form des Gens mit einer græûeren Anzahl solcher Wiederholungseinheiten. Solche mutierten Allele sind im Gegensatz zur Normalform des Gens sehr instabil, und bei der Weitergabe des Gens auf die Nachkommen nimmt die Zahl der Wiederholungseinheiten håufig zu. Steigt sie çber einen kritischen Wert, bekommt das Individuum, welches das mutierte Allel geerbt hat, eine schwere Krankheit. Derzeit kann man mehr als ein Dutzend verschiedene Krankheiten auf die Vermehrung von Trinucleotidwiederholungen zurçckfçhren.
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Diese Krankheiten lassen sich in zwei groûe Kategorien einteilen, die wir hier nacheinander betrachten wollen. Die Krankheiten des Typs I, ausschlieûlich neurodegenerative Leiden, entstehen durch die Vermehrung eines CAG-Trinucleotids im codierenden Teil des mutierten Gens (Abb. 1). Um was fçr Krankheiten es sich dabei handelt, kann man am Beispiel des verbreitetsten und bestuntersuchten derartigen Leidens deutlich machen, der Huntington-Krankheit (3 ' , HD). Charakteristische Kennzeichen dieser tædlichen Krankheit sind unwillkçrliche, unkoordinierte Bewegungen, Persænlichkeitsverånderungen mit Depression und Reizbarkeit und ein langsamer geistiger Verfall. Die Symptome setzen meist im dritten bis fçnften Lebensjahrzehnt ein und nehmen an Schwere zu, bis schlieûlich der Tod eintritt. Das normale 3-Gen wird stabil vererbt und enthålt zwischen 6 und 35 Kopien des Trinucleotids CAG. Das Protein, das es codiert, wird als 2 bezeichnet; welche Funktion es im Einzelnen erfçllt, ist nicht geklårt. Das Triplett CAG codiert die Aminosåure Glutamin (die Zuordnung der Tripletts zeigt Abb. 11.41). Das normale Huntingtin-Polypeptid enthålt also in seiner Primårstruktur einen Abschnitt aus 6 bis 35 Glutaminresten, auch Polyglutamin genannt. Normalerweise stellt man sich vor, dass Polypeptide eine genau festgelegte Primårstruktur haben, und in den meisten Fållen stimmt das auch. Huntingtin ist jedoch normalerweise im Hinblick auf die Långe des Polyglutaminabschnitts polymorph. Offensichtlich funktioniert das Protein, solange das Polyglutamin eine Långe von ungefåhr 35 Glutaminresten nicht çberschreitet. Ist es jedoch umfangreicher,
nimmt das Protein neue Eigenschaften an, die betroffene Person ist fçr HD disponiert. Die HD hat mehrere ungewæhnliche Eigenschaften. Im Gegensatz zu den meisten anderen genetisch bedingten Erkrankungen ist HD eine dominante Krankheit, das heiût, sie entsteht bei Menschen mit dem mutierten Allel unabhångig davon, ob auch ein normales 3-Allel vorhanden ist. Der Krankheitsverlauf ist bei homozygoten Personen nicht einmal schwerer als bei heterozygoten. Diese Beobachtung ist ein Indiz, dass das Huntingtin-Polypeptid die Krankheit nicht deshalb verursacht, weil es eine bestimmte Funktion nicht mehr erfçllen kænnte, sondern weil es eine Art toxische Eigenschaft annimmt ± in solchen Fållen spricht man von einer $$ -Mutation. Diese Interpretation wird auch durch Untersuchungen an Måusen gestçtzt. Gentechnisch verånderte Måuse, die das mutierte menschliche 3$Allel (und auûerdem ihre eigenen normalen Allele) tragen, bekommen eine neurodegenerative Krankheit, die der beim Menschen åhnelt. Ein anormales Allel allein reicht also aus, um die Krankheit hervorzurufen. Eine weitere ungewæhnliche Eigenschaft der HD und anderer GAC-Krankheiten ist ein Phånomen, das als $ bezeichnet wird: Wåhrend die Krankheit von Generation zu Generation weitervererbt wird, nimmt sie an Schwere zu, oder sie setzt in einem immer geringeren Lebensalter ein. Dieses frçher råtselhafte Merkmal låsst sich heute ohne weiteres erklåren: Die Zahl der GAC-Wiederholungen in einem mutierten Allel (und die daraus erwachsenden Folgen) nimmt håufig von einer Generation zur nåchsten dramatisch zu.
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Gene und Genom
Der molekulare Mechanismus der HD ist bis heute nicht geklårt, aber an Theorien zur Beantwortung der Frage, wie ein långerer Polyglutaminabschnitt toxisch auf die Gehirnzellen wirken kann, herrscht kein Mangel. Eines ist anscheinend unbestreitbar: Wenn das Polyglutamin långer als 35 Bausteine ist, macht das Protein (oder ein von ihm abgespaltenes Fragment) eine anormale Faltung durch; das so entstehende, falsch gefaltete Molekçl bindet an weitere anormale Huntingtinmolekçle (oder Fragmente) und bildet unlæsliche Aggregate, die stark denen bei der Alzheimer-Krankheit åhneln; auûerdem bindet es eine Reihe ganz anderer Proteine, die mit dem normalen Wildtyp-Huntingtin nicht in Wechselwirkung treten. Unter den Proteinen, die an das mutierte Huntingtin binden, sind mehrere Transkriptionsfaktoren, Proteine, die an der Regulation der Genexpression mitwirken. Mehrere besonders wichtige Transkriptionsfaktoren, darunter TBP (Kap. 11.4.1) und CBP (Kap. 12.4.4) enthalten selbst Polyglutaminabschnitte und sind deshalb besonders anfållig fçr die Zusammenlagerung mit mutierten, anormal langen derartigen Molekçlteilen. Tatsåchlich enthalten die Proteinaggregate aus den degenerierenden Neuronen von HD-Patienten beide genannten Transkriptionsfaktoren. Diese Befunde lassen darauf schlieûen, dass das mutierte Huntingtin die Transkriptionsfaktoren aus dem Rest des Zellkerns abzieht und so die Transkription von Genen beeintråchtigt, die fçr Gesundheit und Ûberleben der betroffenen Neuronen notwendig sind. Unterstçtzt wurde diese Hypothese durch eine Untersuchung, bei der man Måuse gentechnisch so verånderte, dass ihre Gehirnzellen kein CREB (und einen åhnlichen Transkriptionsfaktor namens CREM) mehr produzieren konnten. An diesen Måusen war die gleiche Neurodegeneration zu beobachten wie bei Tieren mit einem mutierten 3Gen. Anscheinend ist der Gehirnteil, der von der HD betroffen ist (das Corpus striatum) zum Ûberleben auf die CREB-abhångige Transkription angewiesen.a Auch andere grundlegende Vorgånge in den Neuronen wie Axontransport (Abb. 9.13) und Proteinabbau (Kap. 12.7) werden durch die 3-Mutation beeintråchtigt und sind mægliche Ursachen fçr den Tod der Nervenzellen. a Hier sei angemerkt, dass nach einer anderen Hypothese nicht die Proteinaggregate toxisch wirken, sondern das læsliche mutierte Protein selbst. Manche Fachleute sind sogar der Ansicht, dass die Aggregate die Zelle vor der Bindung der gefåhrlichen Molekçle schçtzen.
Trinucleotidvermehrungskrankheiten des Typs II unterscheiden sich in mehrfacher Hinsicht von denen des Typs I. Erstens entstehen sie durch die Vermehrung verschiedener Trinucleotide und nicht nur durch CAG-Wiederholungen, zweitens liegen die betreffenden Trinucleotide in einem Teil des Gens, der keine Aminosåuren codiert (Abb. 1), drittens vermehren sich die Trinucleotide sehr stark und liegen am Ende mit mehreren tausend Kopien vor, und viertens betreffen die Krankheiten nicht nur das Gehirn, sondern ganz verschiedene Kærperteile. Die bestuntersuchte Krankheit des Typs II ist das Fragile-X-Syndrom. Es trågt seinen Namen, weil das mutierte X-Chromosom besonders anfållig fçr Beschådigungen ist. Das Fragile-X-Syndrom ist durch geistige Behinderung und verschiedene kærperliche Fehlbildungen gekennzeichnet. Ursache der Krankheit ist eine dynamische Mutation in dem Gen #-.; das zugehærige Protein bindet nach heutiger Kenntnis an bestimmte mRNAs, die an der Neuronenentwicklung und/oder Synapsenfunktion mitwirken. Ein normales Allel dieses Gens enthålt zwischen 5 und 55 Kopien des Trinucleotids CGG. Diese Kopien liegen hintereinander in einem Teil des Gens, der dem nicht codierenden Abschnitt am 5'-Ende der Messenger-RNA entspricht (Abb. 1; s. auch Kap. 12.6). Ein Mensch kann bis zu 200 Exemplare dieses Tripletts besitzen, ohne dass negative Auswirkungen zu erkennen sind. Steigt die Kopienzahl jedoch çber 60, wird der Locus sehr instabil, und die Zahl der Trinucleotidwiederholungen kann schnell bis auf mehrere tausend wachsen. Frauen, deren #-.-Gen 60 bis 200 Exemplare des Tripletts enthålt, haben einen normalen Phånotyp, geben aber als Ûbertrågerinnen ein sehr instabiles Chromosom an ihre Nachkommen weiter. Steigt die Kopienzahl bei diesen çber 200, sind die Betroffenen fast immer geistig behindert. Im Gegensatz zum anormalen 3-Allel, das eine Funktion hinzugewinnt und so die Krankheit erzeugt, ist die Krankheitsursache beim #-.-Gen ein Funktionsverlust: #-.$Allele mit einer erhæhten Zahl von CGG-Tripletts werden gezielt inaktiviert, so dass das Gen weder transkribiert noch translatiert wird. Eine wirksame Therapie gibt es zwar bisher fçr keine der Krankheiten, die durch vermehrte Trinucleotidwiederholungen hervorgerufen werden, aber das Risiko, dass jemand ein mutiertes Allel besitzt oder weitervererbt, låsst sich durch genetische Analysen beurteilen.
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@achdem man wusste, dass Eukaryotengenome eine groûe Zahl kurzer DNA-Sequenzen enthalten, wollte man natçrlich auch herausfinden, wo sich diese Sequenzen auf den Chromosomen befinden. Liegen die Satelliten-DNAs beispielsweise gehåuft in bestimmten Chromosomenabschnitten, oder verteilen sie sich gleichmåûig von einem Ende des Chromosoms zum anderen? Wie
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bereits erwåhnt wurde, fçhrte die Entdeckung der DNA-Renaturierung zur Entwicklung zahlreicher Nucleinsåure-Hybridisierungsverfahren (die in Kap. 18 ausfçhrlich erærtert werden). Wie nçtzlich diese Methoden sind, wird an der Lokalisierung der Satelliten-DNA-Sequenzen deutlich. In dem Renaturierungsexperiment in Abb. 10.17 konnten komplementåre DNA-Strånge aneinander binden, nachdem sie in einer Læsung zufållig zusammengestoûen waren. Ein anderes experimentelles Verfahren, die In-situ2%
, wurde von Mary Lou Pardue und Joseph Gall von der Yale University entwickelt und diente ursprçnglich dazu, die Lage der Satelliten-DNA zu ermitteln. Der Ausdruck bedeutet ¹an Ort und Stelleª; er deutet an, dass die DNA der Chromosomen sich in dem Experiment an ihrem ursprçnglichen Platz befindet und dort mit einer besonderen, markierten DNA-Pråparation in Kontakt kommt. In den ersten $ -Hybridisierungsexperimenten war die DNA, die zum Nachweis diente (die so genannte DNA-Sonde) radioaktiv markiert und wurde durch Autoradiographie lokalisiert. Spåter steigerte man das Auflæsungsvermægen mit DNA(oder RNA-)Sonden, die mit Fluoreszenzfarbstoffen markiert waren und im Fluoreszenzmikroskop beobachtet wurden (Abb. 10.21). Diese Version der Methode wird als $$In-situ-2% 36&24 bezeichnet; sie wurde mittlerweile so weit verfeinert, dass man damit die Lageverhåltnisse verschiedener Sequenzen in einer einzigen DNA-Faser bestimmen kann. Damit die Nucleinsåurehybridisierung stattfinden kann, mçssen beide Reaktionsteilnehmer einzelstrångig sein. In dem Experiment in Abb. 10.21 wurden die Chromosomen einer Mitosezelle auf einem Objekttråger ausgebreitet, und um die DNA in Einzelstrånge zu zerlegen, wurden die Chromosomen mit einer heiûen Salzlæsung behandelt, die fçr die Trennung der DNAStrånge sorgt und sie auch getrennt hålt. Im nåchsten Schritt folgt die eigentliche Hybridisierung: Die denaturierten Chromosomen werden mit einer Læsung biotinmarkierter, einzelstrångiger Satelliten-DNA markiert; diese DNA bindet gezielt an komplementåre Strånge der immobilisierten Satelliten-DNA in den Chromosomen. Nach der Inkubation wird læsliche, nicht hybridisierte Satelliten-DNA abgewaschen oder enzymatisch abgebaut, so dass man die Lage der gebundenen, markierten DNA-Fragmente erkennen kann. Wie in Abb. 10.21 dargestellt und in der zugehærigen Abbildungslegende genauer erærtert wird, befindet sich die Satelliten-DNA im Centromerbereich des Chromosoms (Abb. 10.22).
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Andere Anwendungsbeispiele fçr die FISH-Technik sind in Abb. 10.22 und 10.24 dargestellt. 9 )&<$ Die mittelrepetitive Fraktion des Genoms macht bei Pflanzen und Tieren je nach der biologischen Art etwa 20 bis çber 80% der gesamten DNA-Menge aus. Zu ihr gehæren Sequenzen, die sich im Genom von wenigen Malen bis zu mehr als 10 000-mal wiederholen. In der mittelrepetitiven Fraktion findet man Sequenzen, die bekanntermaûen Genprodukte (RNAs oder Proteine) codieren, andere haben aber nach heutiger Kenntnis keine Codierungsfunktion. n 9 )&<$ + Zu dieser DNA-Fraktion gehæren die Gene, die ribosomale RNAMolekçle codieren, sowie jene fçr die Histone, eine wichtige Gruppe von Chromo-
somenproteinen. Die repetitiven Sequenzen, die solche Produkte codieren, sind in der Regel jeweils untereinander vællig gleich und liegen in Tandemanordnung hintereinander. Die Gene fçr ribosomale RNAs mçssen unbedingt mehrfach vorhanden sein, denn diese RNAs werden in groûen Mengen gebraucht. Bei ihrer Synthese fehlt der zusåtzliche Vermehrungsschritt, der sich bei proteincodierenden Genen ergibt, weil jede mRNA immer wieder als Matrize fçr die Polypeptidsynthese dienen kann. An der Produktion der Histone ist zwar eine Messenger-RNA als Zwischenstufe beteiligt, diese Proteine werden aber im Frçhstadium der Entwicklung in so groûen Mengen benætigt, dass mehrere hundert DNA-Matrizen vorhanden sein mçssen.
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n 9 ) + 0 Der græûte Teil der mittelrepetitiven DNA-Sequenzen codiert keinerlei Produkte. Die Sequenzen dieser Familie liegen nicht tandemfærmig in Gruppen, sondern verteilen sich einzeln çber das Genom. Die meisten derartigen Sequenzen kann man in zwei Klassen einordnen, die als SINEs ( ) und LINEs ( ) bezeichnet werden. Die SINE- und LINE-Sequenzen werden in Kap. 10.5.3 genauer erærtert. ) 9 )&<$ Wie Mendel bereits vorausgesagt hatte, gelangten die Genetiker mit ihren klassischen Untersuchungen an den Erbgången zu der Schlussfolgerung, dass jedes Gen in einem (haploiden) Chromosomensatz mit einem einzigen Exemplar vertreten ist. Låsst man denaturierte Eukaryoten-DNA renaturieren, findet ein betråchtlicher Teil der Fragmente nur sehr langsam mit einem Partner zusammen, und deshalb kann man davon ausgehen, dass sie jeweils nur mit einem Exemplar je Genom vorhanden sind. Diese Fraktion enthålt die nichtrepetitiven (oder # $ ) Sequenzen einschlieûlich der Gene, die nach den Mendelschen Gesetzen vererbt werden. Da nichtrepetitive Sequenzen im Genom nur einmal vorkommen, kann man sie jeweils an einer ganz bestimmten Stelle eines ganz bestimmten Chromosoms lokalisieren (Abb. 10.22). Mit ihren vielen verschiedenen Sequenzen enthålt die nichtrepetitive Fraktion mit Abstand die græûte Menge an genetischer Information. Zu ihr gehæren die DNA-Sequenzen, die praktisch alle Proteine mit Ausnahme der Histone codieren. Diese Sequenzen liegen zwar nicht mehrfach vor, sie gehæren aber in der Regel zu Familien verwandter Gene, die åhnliche Polypeptide codieren. Dies gilt fçr die Globine, Actine, Myosine, Kollagene, Tubuline, Integrine und die meisten anderen Proteine einer Eukaryotenzelle. Die Mitglieder einer solchen Genfamilie haben unterschiedliche, aber verwandte Sequenzen. Mit ihrer Entstehung werden wir uns im nåchsten Abschnitt genauer beschåftigen. Nachdem das Genom des Menschen mittlerweile vollståndig sequenziert und umfassend analysiert wurde, kænnen wir endlich genau angeben, wie viele DNA-Sequenzen die Aminosåuresequenzen unserer Proteine codieren. Es sind bemerkenswert wenige. Håtte man 1960 gegençber einem Genetiker die Vermutung geåuûert, dass
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nur 1,5% des menschlichen Genoms såmtliche Aminosåuren unserer Proteine codieren, wåre man ausgelacht worden. Aber genau dies hat sich durch die Sequenzuntersuchungen an unserem Genom herausgestellt. Im folgenden Abschnitt werden wir genauer zu verstehen versuchen, wie die restlichen mehr als 98% unserer DNA-Sequenzen in der Evolution entstanden sind.
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!+. Die Stabilitåt des Genoms Da die DNA das genetische Material ist, hålt man sie meist fçr ein unverånderliches Molekçl, dessen Informationsgehalt sich nur in den langen Zeitråumen der Evolution allmåhlich wandelt. Wie man aber aus vielfåltigen Untersuchungen weiû, kann die Organisation der Sequenzen im Genom sich sehr rasch veråndern, und zwar nicht nur von einer Generation zur nåchsten, sondern auch wåhrend des Lebens eines Individuums. 10.5.1 Verdoppelung ganzer Genome (Polyploidisierung) Wie in den ersten Abschnitten dieses Kapitels erlåutert wurde, tragen Erbsen und Taufliegen in jeder Zelle Paare homologer Chromosomen. Solche Zellen besitzen einen Chromosomensatz. Vergleicht man aber die Chromosomenzahl in den Zellen eng verwandter Lebewesen, so stellt man insbesondere bei Pflanzen håufig fest, dass bestimmte Arten wesentlich mehr Chromsomen besitzen als manche engen Verwandten. Bei den Tieren besitzt beispielsweise der eingehend untersuchte Krallenfrosch ? $
doppelt so viele Chromosomen wie sein Vetter ? . Solche Unterschiede lassen sich auf einen Vorgang zurçckfçhren, den man als . $ : oder / % bezeichnet. Durch Polyploidisierung entstehen Nachkommen, die doppelt so viele Chromosomen besitzen wie jeder ihrer diploiden Eltern: Die Nachkommen besitzen jeweils nicht zwei, sondern vier homologe Chromosomen. Dazu kann es nach heutiger Kenntnis auf zwei Wegen kommen: Entweder entsteht durch Kreuzung zweier eng verwandter Arten ein Hybrid, das alle Chromosomen beider Eltern enthålt, oder in einem einzelligen Embryo verdoppeln sich die Chromosomen, die sich dann aber nicht auf verschiedene Zellen verteilen, sondern in einer Zelle verbleiben, und diese Zelle entwickelt sich dann zu einem lebensfåhigen Organismus. Der erste Mechanismus låuft am håufigsten in Pflanzen ab, den zweiten findet man vorwiegend bei Tieren. Eine ¹plætzlicheª Verdoppelung der Chromosomenzahl ist ein dramatisches Ereignis, das einem Lebewesen im Hinblick auf die Evolution ein gewaltiges Potenzial verschafft ± vorausgesetzt, es çberlebt trotz der hæheren Chromosomenzahl und pflanzt sich fort. Je nach den Umstånden kann die Polyploidisierung zur Entstehung einer
neuen Spezies mit einer Menge ¹çberzåhligerª genetischer Information fçhren. Ûberzåhlige Genkopien kænnen unterschiedliche Schicksale erleiden: Sie kænnen durch Deletion verloren gehen, durch schådliche Mutationen inaktiviert werden oder ± am wichtigsten ± sich zu neuen Genen mit neuen Funktionen weiterentwickeln. So betrachtet, ist zusåtzliche genetische Information der Rohstoff fçr die evolutionåre Auseinanderentwicklung. Im Jahr 1971 veræffentlichte Susumu Ohno vom City of Hope Cancer Center in Los Angeles ein Buch mit dem Titel ¹Evolution by Gene Duplicationª. Darin åuûerte er die Vorstellung, die Wirbeltiere kænnten aus ihren einfacheren wirbellosen Vorlåufern entstanden sein, nachdem es in der Frçhzeit ihrer Evolution zwei Mal unabhångig voneinander zu einer Verdoppelung des gesamten Genoms gekommen war. Nach Ohnos Vermutung kænnten die vielen tausend zusåtzlichen Gene, die bei einer Genomverdoppelung entstehen, sich im Laufe der Zeit zu neuen Genen entwickelt haben, die fçr den Aufbau des komplexeren Wirbeltierorganismus gebraucht wurden. Ohnos Idee ist bis heute heftig umstritten, und man hat immer wieder nach Belegen gesucht, die sie entweder unterstçtzen oder widerlegen. Das græûte Problem bei der Genomanalyse ist der riesige Zeitraum von mehreren hundert Millionen Jahren, der seit der Entstehung unserer ersten Wirbeltiervorfahren verstrichen ist. Wie ein Fluss, der das Antlitz der Erde langsam veråndert, so veråndern Mutationen allmåhlich das Antlitz des Genoms eines Vorfahren. Obwohl heute die Sequenz des gesamten menschlichen Genoms zur Verfçgung steht, hat es sich als schwierige Aufgabe erwiesen, die Herkunft vieler unserer Gene zu ermitteln. Der beste Beleg, dass es in der Frçhzeit der Wirbeltierevolution zu einer Polyploidisierung kam, stammt aus der Analyse der 3A-Gengruppen, deren Mitglieder entscheidend an der Entwicklung des grundlegenden Kærperbauplanes mitwirken (s. die Box ¹Experimentelle Verfahrenª in Kap. 12, die auch im Internet verfçgbar ist). Alle bisher untersuchten wirbellosen Tiere besitzen eine einzige Gruppe von 3A-Genen, Wirbeltiere dagegen haben vier derartige Gruppen, eine Beobachtung, die fçr Ohnos Hypothese der zweimaligen Genomverdoppelung spricht. 10.5.2 Verdoppelung und Verånderung einzelner DNA-Sequenzen Die Polyploidisierung ist ein Extremfall der Sequenzverdoppelung und kommt in der Evolution nur selten vor. Die : dagegen, die
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Verdoppelung eines kleinen Abschnitts in einem einzigen Chromosom, ist ein verblçffend håufiger Vorgang, der sich durch die Genomanalyse leicht belegen låsst.3 Nach einer neueren Schåtzung hat jedes Gen im Genom eine Chance von 1%, sich im Laufe von 1 Mio. Jahren zu verdoppeln. Die Genverdoppelung kann vermutlich durch mehrere Mechanismen entstehen, am håufigsten ist aber wahrscheinlich der in Abb. 10.23 dargestellte Vorgang des +
9. Er låuft ab, wenn zwei homologe Chromosomen sich in der Meiose so zusammenlagern, dass sie nicht genau nebeneinander ausgerichtet sind. Durch eine solche fehlerhafte Anordnung nimmt das eine Chromosom einen zusåtzlichen DNA-Abschnitt auf (Duplikation), wåhrend das andere einen Abschnitt verliert (Deletion). Wiederholt sich die Duplikation eines Abschnitts in nachfolgenden Generationen, entsteht an einer ganz bestimmten Stelle in dem Chromosom eine Gruppe tandemfærmig wiederholter Sequenzen (Abb. 10.24). In ihrer groûen Mehrzahl gehen solche verdoppelten Gene entweder in der Evolution durch Deletion verloren, oder sie verlieren durch eine ungçnstige Mutation ihre Funktionsfåhigkeit. Ein kleiner Anteil macht jedoch vorteilhafte Mutationen durch, so dass die ¹çberzåhligeª Gen3 Eigentlich kann man drei Arten der Duplikation unterscheiden: die Verdoppelung eines ganzen Genoms, eines Gens oder eines Chromosomenabschnitts. Das zuletzt genannte Ereignis, bei dem sich ein groûer Teil eines Chromosoms (wenige tausend bis mehrere hunderttausend Basenpaare) verdoppelt, wird hier nicht genauer erærtert, war aber fçr die Evolution der Genome ebenfalls von erheblicher Bedeutung. Nach einer Schåtzung aus neuerer Zeit bestehen rund 5% des heutigen menschlichen Genoms aus solchen verdoppelten Abschnitten, die in den letzten 35 Mio. Jahren entstanden sind.
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kopie eine neue Funktion erfçllen kann. Oder aber in beiden Exemplaren des Gens ereignet sich eine Mutation, so dass jedes von beiden eine stårker spezialisierte Aufgabe çbernimmt. In beiden Fållen haben die beteiligten Gene åhnliche Sequenzen und codieren åhnliche Polypepti-
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Gene und Genom
de, bei denen es sich meist um unterschiedliche Isoformen desselben Proteins handelt, wie beim - und -Tubulin (Kap. 9.2.3). Durch die spåtere Verdoppelung eines Gens kænnen dann zusåtzliche Isoformen entstehen (zum Beispiel das -Tubulin) usw. Wie man an diesem Beispiel deutlich erkennt, låsst die wiederholte Genduplikation ganze Familien von Genen entstehen, die Polypeptide mit verwandten Aminosåuresequenzen codieren. Wie sich eine solche Genfamilie bilden kann, soll hier an der Evolution der Globin-Gene erlåutert werden. #9 : : Håmoglobin ist ein Tetramer aus vier Globin-Polypeptiden (Abb. 2.39 b). Bei genauerer Betrachtung der Globin-Gene erkennt man einen charakteristischen Aufbau, ganz gleich, ob die Gene aus Såugetieren oder Fischen stammen. Jedes derartige Gen besteht aus drei Exons und zwei Introns. Exons sind die Teile eines Gens, die Aminosåuren in dem zugehærigen Polypeptid codieren; Introns dagegen haben keine Codierungsfunktion, sondern sind nicht codierende Zwischensequenzen (Introns und Exons werden in Kap. 11.4 genauer beschrieben; Abb. 11.24). Hier sollen uns diese Teile der Gene nur als Orientierungsmarken fçr ihre Evolution dienen. Untersucht man die Gene fçr bestimmte Globinåhnliche Polypeptide wie das Leghåmoglobin der Pflanzen oder das Muskelprotein Myoglobin, so findet man vier Exons und drei Introns. Diese stellen vermutlich eine alte Form des GlobinGens dar. Aus dieser entstand das moderne Globin-Polypeptid nach heutiger Kenntnis vor rund 800 Mio. Jahren durch die Verschmelzung von zwei Exons (Abb. 10.25, Schritt 1). Man kennt eine Reihe einfach gebauter Fische, die nur ein Globin-Gen besitzen (Schritt 2) und sich demnach vermutlich von den anderen Wirbeltieren abgespalten haben, bevor das GlobinGen sich zum ersten Mal verdoppelte (Schritt 3). Nach dieser Duplikation, die sich vor etwa 500 Mio. Jahren ereignete, entwickelten sich die beiden Exemplare durch Mutationen auseinander (Schritt 4), und es entstanden zwei Globintypen namens und , die auf einem einzigen Chromosom lagen. Diese Anordnung findet man noch heute bei dem Frosch ? und bei Zebrafischen. Spåter gelangten die - und die -Form, durch einen Vorgang der Chromosomenumordung auf verschiedene Chromosomen (Schritt 5). Anschlieûend erlebte jedes Gen weitere Verdoppelungs- und Verånderungsvorgånge (Schritt 6), und schlieûlich entstand die Anordnung der Globin-Gene, die man heute beim Menschen findet (Schritt 7). Die -Globin-Gene
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liegen im menschlichen Genom gehåuft auf dem Chromosom 16, die -Globin-Gene findet man in einer Gruppe auf dem Chromosom 11. Bei genauerer Analyse der DNA-Sequenzen in den Globin-Gengruppen fand man ¹Geneª, deren Sequenzen zu denen funktionsfåhiger GlobinGene homolog waren, in denen sich aber so tief greifende Mutationen ereignet hatten, dass sie selbst keine Funktion mehr erfçllten. Solche Sequenzen sind Ûberbleibsel der Evolution und werden als / bezeichnet. Beispiele fin-
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det man in den Gruppen der - und -GlobinGene in Abb. 10.25. Bei genauer Betrachtung dieser Gengruppen erkennt man auch, welch groûer Anteil der DNA aus nicht codierenden Sequenzen besteht, die entweder als Introns innerhalb der Gene oder als ¹Abstandshalterª zwischen ihnen liegen. Immerhin enthalten die Abschnitte mit den Globin-Genen einen viel græûeren Anteil an codierenden Sequenzen als die meisten anderen Regionen des Genoms. !+.' ¹Springende Geneª und die dynamischen Eigenschaften des Genoms Bei genauer Betrachtung der wiederholten Sequenzen, die im Verlauf der normalen Evolution entstanden sind, findet man verschiedene tandemfærmig angeordnete Sequenzwiederholungen, manchmal solche auf zwei oder auf wenigen Chromosomen (wie im Fall der Globin-Gene in Abb. 10.25) und manchmal auch solche, die sich auf das gesamte Genom verteilen. Angenommen, alle Mitglieder einer Familie wiederholter Sequenzen sind aus einem einzigen Exemplar hervorgegangen: Wie kænnen sie dann in verschiedene Chromosomen gelangen? Als Erste kam die Genetikerin Barbara McClintock auf die Idee, dass genetische Elemente sich im Genom hin und her bewegen kænnen. McClintock arbeitete an den Cold Spring Harbor Laboratories bei New York mit Maispflanzen. Genetische Merkmale zeigen sich beim Mais håufig als Verånderungen im Farbmuster von Blåttern und Samen (Abb. 10.26). Ende der vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts beobachtete McClintock, dass manche Mutationen instabil waren: Sie tauchten von einer Generation zur nåchsten oder sogar wåhrend des Lebens einer einzigen Pflanze auf und verschwanden wieder. Nach mehrjåhrigen eingehenden Untersuchungen gelangte sie zu dem Schluss, dass manche genetischen Elemente sich von einem Platz im Chromosom zu einem ganz anderen bewegen kænnen. Solche genetischen Umordnungen bezeichnete sie als ! , die beweglichen genetischen Elemente nannte sie #. Zur gleichen Zeit fanden Molekularbiologen bei der Arbeit mit Bakterien jedoch keine Anhaltspunkte fçr solche ¹springenden Geneª. In ihren Untersuchungen stellten sich die Gene als stabile Elemente dar, die hintereinander auf dem Chromosom aufgereiht sind und ihre Lage sowohl in einem Individuum als auch von einer Generation zur nåchsten beibehalten. McClintocks Befunde blieben zunåchst mehr oder weniger unbeachtet.
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Erst Ende der sechziger Jahre entdeckte man dann in mehreren Instituten, dass sich bestimmte DNA-Sequenzen auch bei Bakterien in seltenen Fållen von einer Stelle im Genom zur anderen bewegen kænnen. Diese transponierbaren Elemente bezeichnete man nun als ! . Wie sich spåter herausstellte, codieren Transposons ein als !
bezeichnetes Protein, das ganz allein das Ausschneiden des Transposons aus seiner ursprçnglichen Umgebung und den Einbau an einer neuen Stelle katalysiert. Fçr diesen Vorgang des ¹Ausschneidens und Einfçgensª sind die beiden Untereinheiten der Transposase zuståndig, die an den Enden des Transposons an spezifische Sequenzen binden (Abb. 10.27, Schritt 1). Anschlieûend vereinigen sich die Untereinheiten zu einem aktiven Dimer (Schritt 2), und dieses katalysiert eine Reaktionsfolge, in deren Verlauf das Transposon ausgeschnitten wird (Schritt 3). Dann bindet der Komplex aus Transposase und Transposon an die Zielstelle auf der DNA (Schritt 4); dort katalysiert die Transposase die Reaktionen, die zum Einbau des Transposons in seine neue Umgebung erforderlich sind (Schritt 5). Bei der Analyse der Transposonsequenzen stellte sich heraus, dass die Sequenz an einem Ende des Transposons am anderen in umgekehrter Orientierung (d. h. als invertierte Sequenzwiederholung) noch einmal vorhanden ist (rote Abschnitte in Abb. 10.28). Diese terminalen Se-
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Tuenzwiederholungen werden von den Transposasen erkannt und sind fçr die Transposition notwendig. Sequenzwiederholungen findet man bei Pro- und Eukaryoten an den Enden aller mæglichen transponierbaren Elemente. Auûerdem låsst der Einbau der Elemente an der Zielstelle der DNA beiderseits des eingebauten Transposons eine kleine Sequenzverdoppelung entstehen (grçne Abschnitte in Abb. 10.28). Solche Doppelsequenzen weisen wie ¹Fuûspurenª auf Stellen im Genom hin, die von transponierbaren Elementen besetzt sind. Wie McClintock bereits zeigen konnte, enthalten Eukaryotengenome eine groûe Zahl transponierbarer Elemente. Im menschlichen Zellkern stammen P?R der DNA ursprçnglich von solchen beweglichen Elementen ab! In ihrer groûen Mehrzahl (çber 99%) sind diese transponierbaren Elemente nicht in der Lage, sich von einer Stelle zur anderen zu bewegen; sie sind entweder durch Mutationen ¹verkrçp-
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peltª oder ihre Wanderung wird von der Zelle unterdrçckt. Wenn sie aber ihre Position veråndern, bauen sie sich an vielen Stellen der DNA ein, håufig sogar mitten in proteincodierenden Genen. Beim Menschen sind mehrere derartige Vorgånge belegt: Unter anderem entstand die Bluterkrankheit (Håmophilie) in mehreren Fållen durch ein bewegliches genetisches Element, das mitten in ein wichtiges Gen fçr einen Blutgerinnungsfaktor ¹gesprungenª war. Nach Schåtzungen entsteht etwa eine von 500 krankheitsauslæsenden Mutationen durch den Einbau eines transponierbaren Elements. Abbildung 10.29 zeigt DNA-Transposons und Retrotransposons, zwei Haupttypen eukaryotischer transponierbarer Elemente, und ihren Transpositionsmechanismus. Die DNA-Transposons wechseln ihre Position nach dem gleichen Mechanismus, der zuvor fçr Prokaryoten beschrieben wurde: Sie werden an einer Donorstelle aus der DNA ausgeschnitten und an einer weit davon entfernten Zielstelle eingebaut (Abb. 10.29 a). Diesen Mechanismus des ¹Ausschneidens und Einfçgensª benutzen beispielsweise die Elemente der Transposonfamilie
, die im Pflanzen- und Tierreich weit verbreitet sind. Die dagegen bedienen sich eines Mechanismus mit ¹Kopieren und Einfçgenª, an dem eine RNA-Zwischenstufe beteiligt ist
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(Abb. 10.29 b). Die DNA des transponierbaren Elements wird transkribiert, und die dabei entstehende RNA wird durch das Enzym 9 ! ¹umgekehrt transkribiertª, so dass eine komplementåre DNA entsteht. Diese DNA wird anschlieûend in einen Doppelstrang verwandelt und an der Zielstelle ins Genom eingebaut. In den meisten Fållen enthålt das Retrotransposon selbst die codierende Sequenz fçr die Reverse Transkriptase. Einen ganz åhnlichen Mechanismus nutzen auch die Retroviren (beispielsweise der AIDS-Erreger), um ihr Genom zu verdoppeln und eine DNA-Kopie davon in ein Chromosom einer Wirtszelle einzubauen. Retroviren sind in der Evolution nach heutiger Kenntnis aus Retrotransposons entstanden, die zusåtzliche Gene (unter anderem solche fçr Hçllproteine) aufgenommen haben, so dass sie die Zelle verlassen und infektiæs werden konnten.
7 ' # #9 Wie bereits in der Box ¹Aus Sicht des Menschenª erwåhnt wurde, machen mittelrepetitive Sequenzen einen betråchtlichen Anteil des menschlichen Genoms aus. Im Gegensatz zur hochrepetitiven Fraktion des Genoms (Satelliten-, Minisatelliten- und Mikrosatelliten-DNA), deren Sequenzen tandemfærmig angeordnet sind und durch DNA-Duplikation entstehen, sind die meisten mittelrepetitiven Sequenzen breit gestreut und durch Transposition beweglicher genetischer Elemente entstanden. Die beiden græûten Familien mittelrepetitiver Sequenzen in der menschlichen DNA, die ! $ und die L1-Familie, sind transponierbare Elemente; beide bewegen sich im Genom mit Hilfe von RNA-Zwischenstufen. Wie in der Box ¹Aus Sicht des Menschenª erwåhnt wurde gibt es zwei Klassen solcher verstreuter Elemente, die SINEs und die
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LINEs. Zur ersten gehært ! , zur zweiten L1. Das menschliche Genom enthålt schåtzungsweise 500 000 Exemplare von L1, in ihrer groûen Mehrzahl sind diese Elemente aber unvollståndig. Eine vollståndige, transpositionsfåhige L1-Sequenz ist mindestens 6000 Basenpaare lang und codiert ein einzigartiges Protein mit zwei Katalysatoraktivitåten: es stellt als Reverse Transkriptase eine DNA-Kopie der RNA her, in der es codiert ist, und schneidet vor dem Einbau als Endonuclease die Ziel-DNA. L1-Elemente kommen bei Eukaryoten aller Typen vor und dçrften bereits in den ersten Eukaryotenzellen vorhanden gewesen sein. Noch weiter als L1 sind die ! -Sequenzen verbreitet: Sie verteilen sich auf mehr als 1 Mio. Stellen im gesamten menschlichen Genom. ! ist eine Familie kurzer, verwandter Sequenzen mit einer Långe von rund 300 Basenpaaren. Am stårksten åhneln sie der Sequenz einer kleinen RNA, die in den Signalerkennungspartikeln im Zusammenhang mit membrangebundenen Ribosomen vorkommt (Kap. 8.3.2). Vermutlich wurde diese cytoplasmatische RNA im Laufe der Evolution von einer Reversen Transkriptase in eine DNA-Sequenz umgeschrieben und dann ins Genom eingebaut. Die ungeheuer starke Vermehrung der ! $Sequenz ist wahrscheinlich auf Retrotransposition mit Hilfe der von L1-Sequenzen codierten Reversen Transkriptase und Endonuclease zurçckzufçhren. Angesichts ihrer groûen Håufigkeit im menschlichen Genom sollte man damit rechnen, dass ! -Sequenzen auch sonst im Tierreich vielfach wiederholt vorliegen, aber das ist nicht der Fall. Vergleichende Genomuntersuchungen weisen darauf hin, dass die ! -Sequenz erstmals vor rund 60 Mio. Jahren als transponierbares Element im Genom hæherer Primaten auftauchte und sich seitdem immer stårker vermehrt hat. Die Transpositionsrate von ! hat sich dagegen im Laufe der Primatenevolution drastisch verringert und liegt heute beim Menschen schåtzungsweise bei einem Ereignis je 200 Geburten. Wenn man bei einem Lebewesen etwas Neues entdeckt, beispielsweise ein transponierbares Element, fragt der Biologe normalerweise als Erstes: Welche Funktion erfçllt es? Nach Ansicht vieler Wissenschaftler, die sich mit der Transposition beschåftigen, sind die transponierbaren Elemente vor allem ¹Schrottª, genetische Parasiten, die von auûen in ein Wirtsgenom eindringen kænnen, sich in diesem Genom ausbreiten und an die Nachkommen weitergegeben werden, solange sie die Ûberlebens- und Fortpflanzungsfåhigkeit ihres Wirtes nicht nennenswert beein-
tråchtigen. Selbst wenn das stimmt, bedeutet es nicht, dass transponierbare Elemente zu Eukaryotengenomen keinen positiven Beitrag leisten kænnten. Unabhångig von ihrer Herkunft steckt in jeder DNA-Sequenz im Genom das 7, im Laufe der Evolution zu einem positiven Zweck ¹nutzbar gemacht zu werdenª. Man kann sich mehrere Wege vorstellen, auf denen transponierbare Elemente zur entwicklungsgeschichtlichen Anpassung beitragen kænnten: n Transponierbare Elemente kænnten gelegentlich benachbarte Abschnitte des Wirtsgenoms mitnehmen, wenn sie von einer Stelle zur anderen wandern. Theoretisch kænnten zwei weit voneinander entfernte Genombestandteile sich auf diese Weise zu einem neuen, zusammengesetzten Abschnitt vereinigen. Dies dçrfte der wichtigste Evolutionsmechanismus fçr Proteine sein, deren Domånen (wie in Abb. 2.36) von unterschiedlichen Vorlåufergenen stammen. n DNA-Sequenzen, die ursprçnglich von transponierbaren Elementen abstammen, sind heute Teile eukaryotischer Gene. Nach einer Untersuchung aus jçngerer Zeit enthalten die von etwa 1,3% der menschlichen Gene eingebaute Teile, die von ! $Elementen abstammen.4 ! -Squenzen findet man ausschlieûlich im Genom von Primaten, ein Zeichen, dass diese etwa 400 ! -haltigen Gene sich wåhrend der letzten 60 Mio. Jahre durch Transposition erheblich veråndert haben. Solche Befunde machen deutlich, wie wichtig die Transposition fçr die Evolution und die Auseinanderentwicklung der Arten ist. n In manchen Fållen haben transponierbare Elemente offensichtlich selbst Gene hervorgebracht. Das Enzym Telomerase, das fçr die Replikation der DNA an den Chromosomenenden eine Schlçsselrolle spielt, dçrfte von einer Reversen Transkriptase abstammen, die von einem alten Retrotransposon codiert wurde. Und die Enzyme, die an der Umordnung der Antikærpergene mitwirken (Abb. 17.15), stammen 4
Diese ! -Elemente befinden sich fast ausschlieûlich in Exons, bei denen alternatives Spleiûen mæglich ist, das heiût, die Zelle kann zwei Formen des Proteins herstellen, von denen eine die von ! codierte Sequenz enthålt, die andere aber nicht. Vermutlich begçnstigen transponierbare Elemente die Bildung alternativer Proteinformen.
Sequenzierung von Genomen: die genetischen Grundlagen des Menschseins
vermutlich von einer Transposase, die in einem frçheren DNA-Transposon codiert war. Wenn das stimmt, ist unsere Widerstandsfåhigkeit gegen Krankheitserreger eine unmittelbare Folge der Transposition. Eines ist in jedem Fall klar: Die Transposition hat tief greifende Auswirkungen auf den genetischen Aufbau der Lebewesen. Dies zeigt sich deutlich am P-Element, einem transponierbaren Element von . Taufliegen aus Laborståmmen, deren Vorfahren T. H. Morgan und seine Kollegen Anfang des 20. Jahrhunderts in freier Wildbahn eingefangen hatten, besitzen kein P-Element. Bei Exemplaren derselben Spezies jedoch, die man heute in der ¹Wildnisª einfångt, findet man das Element immer in mehreren Kopien (Abb. 10.30). Vermutlich ist das P-Element innerhalb der letzten 80 Jahre in das Genom eines einzigen Individuums von eingedrungen (wahrscheinlich durch Ûbertragung von einer anderen $ -Spezies) und hat sich dann sehr rasch in der gesamten Population der Spezies ausgebreitet. Fçr die Ûbertragung genetischen Materials von einer biologischen Art zur anderen ± ob zwischen verschiedenen Taufliegen oder verschiedenen Wirbeltierarten ± sorgen wahrscheinlich pa-
n Abb. 10.30. # ? ! !' # I& ( # ( % B % " ' ( ;2 " ! % M ! # & G " # 8 % % ! ? + < . I )" ) );" !I +5JEJ1" 8 DE<556/ ? ( 8 #
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rasitische Lebewesen, die DNA-Fragmente von einem Wirtsorganismus eines Spezies aufnehmen und sie dann in zahlreiche andere Arten transportieren. Noch vor wenigen Jahrzehnten hielten die Molekularbiologen das Genom fçr einen stabilen Speicher genetischer Information. Heute wundert man sich eher darçber, dass die Lebewesen trotz derart umfangreicher genetischer Umordnungen erhalten bleiben. Fçr die Entdeckung der Transposition erhielt Barbara McClintock im Jahr 1983, mit 81 Jahren und rund 35 Jahre nach ihren ersten Beobachtungen, den Nobelpreis.
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10.6 Sequenzierung von Genomen: die genetischen Grundlagen des Menschseins Die Nucleotidsequenz der gesamten DNA eines Genoms zu ermitteln, ist eine umfangreiche Aufgabe. In den achtziger und neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden die Methoden, mit denen man dieses Ziel erreichen konnte, immer weiter verbessert: Mit neuen Vektoren konnte man immer græûere DNA-Abschnitte klonieren, und automatisierte Verfahren erlaubten die Sequenzierung dieser langen Fragmente (Nåheres in Kap. 18.13). Die erste vollståndige Sequenz eines Prokaryoten wurde 1995 veræffentlicht, schon ein Jahr spåter folgte die Sequenz des ersten Eukaryoten, der Båckerhefe . Seit diesen ersten Erfolgen hat man die Genome von mehr als 100 Prokaryoten sequenziert, auûerdem aber auch die von einigen Eukaryoten, darunter das der Taufliege, eines Fadenwurms, eines Fisches und mehrerer Pflanzen. Die sequenzierten Genome dieser Lebewesen sind betråchtlich kleiner und einfacher gebaut als das Genom des Menschen mit seinen annåhernd 3,2 Mrd. Basenpaaren. Um diese Zahl zu verdeutlichen,
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Gene und Genom
kann man sich vorstellen, jedes Basenpaar der DNA entspråche einem Buchstaben auf dieser Seite. Das Buch, das die gesamte Information des menschlichen Genoms enthielte, håtte dann einen Umfang von ungefåhr einer Million Seiten. Im Jahr 2001 wurde ein erster Entwurf fçr die Nucleotidsequenz des gesamten menschlichen Genoms veræffentlicht. Die Sequenz wurde als ¹Rohentwurfª bezeichnet, weil man jeden Abschnitt durchschnittlich viermal sequenziert hatte. Dies reicht nicht aus, um vællige Genauigkeit zu gewåhrleisten; viele Bereiche, deren Sequenzierung besondere Schwierigkeiten verursachte, hatte man deshalb ausgelassen. Der Entwurf enthielt etwa 90% des Genoms. Die ersten Versuche, die Sequenz des menschlichen Genom zu ± d. h. sie im Hinblick auf Zahl und Art der in ihr enthaltenen Gene zu interpretieren ± fçhrte, was die Zahl der Gene angeht, zu einem çberraschenden Befund. Man gelangte zu dem Schluss, dass das Genom des Menschen um die 30 000 proteincodierende Gene enthålt, nicht viel mehr als das der Taufliege mit 14 000 oder des Fadenwurmes mit 19 000 Genen und etwa ebenso viele wie das Genom eines Kugelfisches. Vor der Sequenzierung hatte man allgemein angenommen, das menschliche Genom mçsse mindestens 50 000, vielleicht aber auch bis zu 150 000 Gene enthalten. Wenn man çber Genzahlen spricht, muss man einen wichtigen Faktor berçcksichtigen. Wie in Kap. 12 noch genauer erærtert wird, kann ein einziges Gen durch einen Vorgang, den man als alternatives Spleiûen bezeichnet, mehrere verwandte Proteine codieren (Kap. 12.5). Alternatives Spleiûen findet nach Schåtzungen an 60% aller menschlichen Gene statt, so dass die Zahl der Proteine, die im Genom des Menschen codiert sind, mindestens um ein Mehrfaches græûer ist als die Zahl der Gene. Wenn man diesen ¹Genverstårkungsmechanismusª genauer untersucht, wird man wahrscheinlich noch auf græûere Unterschiede zwischen den Lebewesen stoûen. Dennoch sieht es so aus, als seien die Komplexitåtsunterschiede zwischen dem Menschen und anderen Tieren ± insbesondere anderen Wirbeltieren ± weniger eine Frage der genetischen Information, die wir erben, als vielmehr eine Frage ihrer Umsetzung wåhrend der Entwicklung. So dçrften beispielsweise die Steuerungsmechanismen fçr die Genexpression beim Menschen komplizierter sein als bei anderen Tieren, insbesondere soweit sie mit der Entwicklung des Gehirns zu tun haben. Dies zeigt sich deutlich an den beiden Fotos in Abb. 2.47, in denen die Unterschiede zwischen Menschen- und Schimpansengehirn auf Proteinebene dargestellt sind. Obwohl bei beiden Arten ganz åhnliche
Gene exprimiert werden, liegen viele Proteine, die in diesen Genen codiert sind, in sehr unterschiedlichen Mengen und mit unterschiedlichen, nach der Translation entstandenen Abwandlungen vor. Derartige Unterschiede haben ihre Ursache wahrscheinlich vorwiegend in den nicht codierenden Regulationsabschnitten, die çber die Expressionsstårke dieser Gene bestimmen. Zu der Zeit, da dieses Lehrbuch erscheint, wird die Sequenzierung des menschlichen Genoms im Wesentlichen abgeschlossen sein. Das bedeutet, dass jeder Abschnitt durchschnittlich zehnmal sequenziert wurde, so dass ein sehr hohes Maû an Genauigkeit gewåhrleistet ist; auûerdem gibt es in der Sequenz dann kaum noch Lçcken. Bei den verbleibenden unbekannten Regionen handelt es sich vor allem um Chromosomenabschnitte, die håufig als ¹dunkle Materieª bezeichnet werden, lange Stçcke mit hochrepetitiver DNA, insbesondere solche in den Centromeren der einzelnen Chromosomen und in ihrer Umgebung. Trotz zahlreicher Versuche hat es sich als unmæglich erwiesen, diese Abschnitte zu klonieren, oder man kann ihre Sequenzen mit der heutigen Technologie nicht in die richtige Reihenfolge bringen. Trotz solcher bemerkenswerter Fortschritte bei der Sequenzierung bestehen in der Frage, wie viele proteincodierende Gene das Genom des Menschen wirklich enthålt, immer noch betråchtliche Unsicherheiten. Mittlerweile scheint sogar die anfångliche Schåtzung von 30 000 Genen zu hoch zu sein. Warum ist es so schwierig, hier zu einer gesicherten Zahl zu gelangen? Wenn man feststellen will, ob eine Reihe von Nucleotiden in einem DNA-Molekçl ein Gen enthålt, liegt der ¹Knackpunktª in Schwierigkeiten, die sich bei der Identifizierung von Genen ergeben. Wie in diesem Kapitel bereits kurz erwåhnt wurde und in Kap. 12 noch ausfçhrlich erærtert wird, bestehen Gene aus abwechselnd angeordneten codierenden Regionen (Exons) und nicht codierenden Abschnitten (Introns). Die codierenden Bereiche sind mit rund 150 Basenpaaren meist recht kurz, nicht codierende Abschnitte haben dagegen håufig eine wesentlich græûere Långe und messen vielfach mehrere tausend Basenpaare. Die Zellen erkennen an versteckten Signalen in der DNA-Sequenz ohne weiteres, wo die Exons beginnen und enden. Fçr Computerprogramme, die nach Genen suchen, sind solche Signale dagegen nicht immer so gut zu erkennen, dass sie die Introns und Exons allein durch Analyse der Nucleotidsequenz dingfest machen kænnten. Auûerdem stellen sich auch andere Probleme: Manche kleinen Gene bestehen nur aus einem einzigen Exon, das man leicht çbersieht, andere kleine Gene codieren winzige, nicht
Sequenzierung von Genomen: die genetischen Grundlagen des Menschseins
codierende RNAs (Kap. 11.5); vermutlich liegen auch in der ¹dunklen Materieª des Genoms noch Gene, die bisher nicht sequenziert sind. Am sichersten kann man ein proteincodierendes Gen in einem DNA-Abschnitt lokalisieren, wenn man etwas çber sein Produkt weiû. Von den vielen tausend Genen, die man heute auf Grund der Sequenzierung identifiziert hat, codieren etwa 50% Proteine bekannter Struktur oder Proteine, die zu anderen Proteinen mit bekannter Struktur homolog sind. Und selbst wenn man nichts çber das Protein weiû, das in einem bestimmten Gen codiert ist, besitzt man mit hoher Wahrscheinlichkeit Informationen çber die Messenger-RNA, die an diesem Gen transkribiert wird. Wie in Kap. 18.13 genauer beschrieben wird, kann man den gesamten RNA-Bestand aus einem Gewebe oder Organ gewinnen und alle darin enthaltenen mRNA-Spezies in DNA umkopieren. Da alle Molekçle in einer solchen cDNA-Bibliothek von mRNAs abstammen und da jede mRNA an einem proteincodierenden Gen entstanden ist, kann man anhand der Nucleotidsequenzen in der cDNA recht einfach die Gene identifizieren, an denen die mRNA ursprçnglich transkribiert wurde. Aus diesem Grund ist man derzeit bemçht, mæglichst viele vollståndige cDNAMolekçle zu gewinnen. Am einfachsten sind im Genom des Menschen diejenigen Gene zu identifizieren, zu denen man ein zugehæriges Protein oder eine cDNA kennt. Wie aber steht es mit jenen, deren Proteinprodukte bisher nicht charakterisiert sind oder die nur wåhrend einer kurzen Phase der Embryonalentwicklung exprimiert werden, so dass sie in cDNA-Bibliotheken nicht vorkommen? Da wir bisher nicht wissen, wie viele Gene in diese Kategorien gehæren, kann man die heutigen Schåtzungen fçr die Gesamtzahl der menschlichen Gene im besten Fall als ¹begrçndete Vermutungenª bezeichnen. Letztlich wird man sich mit dem Nachweis schwer identifizierbarer Gene in groûem Umfang auf Sequenzvergleiche zwischen dem menschlichen Genom und den Genomen anderer Såugetiere stçtzen mçssen und dazu insbesondere das Genom der Maus heranziehen. Wie kænnen Erkenntnisse çber die Maus uns bei der Suche nach menschlichen Genen helfen? !+/! ergleichende Genomanalyse: ¹Was konserviert ist, muss wichtig seinª Betrachten wir einmal zweierlei: Erstens besteht das Genom zum græûten Teil aus DNA, die zwischen Genen liegt, und zweitens besteht auch jedes der rund 30 000 proteincodierenden Gene
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zum græûten Teil aus nicht-codierenden Abschnitten (den Introns). Beide Beobachtungen zusammen lassen darauf schlieûen, dass der proteincodierende Teil des Genoms einen erstaunlich kleinen Prozentsatz der gesamten DNA-Menge ausmacht (nach Schåtzungen etwa 1,5%). Der græûte Teil der DNA, die zwischen den Genen und in den Introns liegt, trågt nicht zur Fortpflanzungsfåhigkeit des Einzellebewesens bei und unterliegt deshalb keiner nennenswerten natçrlichen Selektion. Entsprechend schnell veråndern sich die Sequenzen zwischen den Genen und in den Introns wåhrend der Evolution der Organismen. Dagegen sind die Teile des Genoms, die Proteine codieren oder Regulationsfunktionen fçr die Genexpression erfçllen (Abb. 12.41), der natçrlichen Selektion zur Aufrechterhaltung ihrer Funktion ausgesetzt. Deshalb bleiben solche Sequenzen zwischen verwandten Lebewesen meistens konstant (konserviert). Obwohl der letzte gemeinsame Vorfahre von Menschen und Måusen schon vor rund 75 Mio. Jahren lebte, haben beide Arten åhnliche Gene, die nach bemerkenswert åhnlichen Gesetzmåûigkeiten zu Gruppen geordnet sind. Zahl und Reihenfolge der in Abb. 10.25 dargestellten GlobinGene åhneln beispielsweise grundsåtzlich der Anordnung, die man auf einem vergleichbaren DNAAbschnitt des Mausgenoms findet. Deshalb lassen sich entsprechende Genomregionen von Mensch und Maus relativ einfach zur Deckung bringen. So setzt sich beispielsweise Chromosom 12 des Menschen aus einer Reihe von Segmenten zusammen, von denen jedes mehr oder weniger einem DNA-Abschnitt aus dem Mausgenom entspricht. Die Zeichnung zeigt, zu welchem Mauschromosom die einzelnen Abschnitte jeweils gehæren.
Erste Untersuchungen an den nebeneinander gelegten Abschnitten aus Maus- und Menschengenom lassen darauf schlieûen, dass ungefåhr 5% der DNA-Sequenzen beider Arten stark konserviert sind. Dieser Prozentsatz ist betråchtlich hæher, als man es erwarten wçrde, wenn man nur die codierenden Abschnitte und Regulationssequenzen betrachtet (die zusammen rund zwei Prozent des Genoms ausmachen). Das wichtigste Prinzip der molekularen Evolution besagt: ¹Was konserviert ist, muss wichtig sein.ª Geht man von diesem Grundsatz aus, mçssen die Genomteile, die bisher als ¹nutzloseª Sequenzen ohne Codierungs- oder Regulationsfunktion gelten, in Wirklichkeit bedeutsame, bisher unerkannte Funktionen erfçllen. Manche von ihnen codieren sicher die kçrzlich entdeck-
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ten, kleinen RNA-Molekçle, deren Funktion bisher nicht geklårt ist (Kap. 11.5). Andererseits wåre es auch denkbar, dass viele derartigen Regionen keine ¹genetischenª, sondern ¹chromosomaleª Funktionen erfçllen. Die konservierten Sequenzen kænnten zum Beispiel notwendig sein, damit die Chromosomen sich vor der Zellteilung paaren. In jedem Fall erschweren aber die zusåtzlichen konservierten Regionen eine Identifizierung der proteincodierenden Sequenzen und Regulationsabschnitte, çber die man sich durch die vergleichende Genomanalyse neue Aufschlçsse erhoffte. Durch Vergleich von Genomabschnitten weitlåufig verwandter Arten wie Mensch und Maus kann man jene Regionen identifizieren, die çber zigmillionen Jahre hinweg konstant geblieben sind. Sequenzen des menschlichen Genoms, die bestimmte Funktionen erfçllen und in der Evolution neueren Ursprungs sind, findet man mit dieser Methode jedoch nicht. Dabei kænnte es sich beispielsweise um Gene handeln, die beim Menschen vorhanden sind und bei der Maus fehlen, oder um Regulationsabschnitte, deren Sequenz sich im Laufe der Primatenevolution veråndert hat, so dass sie jetzt neue Regulationsproteine binden. Genomabschnitte, die zu solchen Kategorien gehæren, identifiziert man am besten durch den Vergleich von Sequenzen eng verwandter Arten. In einer Untersuchung wurden beispielsweise einander entsprechende Genomabschnitte aus 17 Primatenarten verglichen. Als Ergebnis erhielt man Daten, wie sie in Abb. 10.31 dargestellt sind. Stark konservierte Teile (durch Pfeile unten in der Abbildung gekennzeichnet) entsprechen proteincodierenden Sequenzen (Exons) und kleineren Regionen, die hæchstwahrscheinlich Genregulationsproteine binden. Wie man an dem Diagramm erkennt, håtte der Vergleich von nur zwei oder drei Arten nicht ausgereicht, um die am stårksten konservierten Teile dieser Genome zu identifizieren. Nachdem die Sequenzierung des menschlichen Genoms abgeschlossen war, wandten sich mehrere Forschungseinrichtungen dem Genom des Schimpansen zu. Diese Menschenaffen sind heute unsere nåchsten Verwandten; unser letzter gemeinsamer Vorfahre lebte erst vor 4,6±6,2 Mio. Jahren. Eine eingehende Analyse der relativ geringen Unterschiede in den DNA-Sequenzen und der Genanordnung von Schimpansen und Menschen wird wahrscheinlich zahlreiche neue Erkenntnisse çber die genetischen Grundlagen jener Eigenschaften liefern, die sich in der Evolution erst vor kurzer Zeit entwickelt haben und uns als Menschen so einzigartig machen. Das menschliche Gehirn hat beispielsweise ein Volumen von etwa 1300 cm3
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und ist damit fast viermal so groû wie das eines Schimpansen. Ein weiterer wichtiger Unterschied liegt in der Beobachtung, dass Schimpansen nur sehr selten an dem beim Menschen håufigen Krebs der Epithelzellen (zum Beispiel Brustund Dickdarmkrebs) erkranken. Das græûte Interesse in diesem Zusammenhang konzentriert sich heute auf das Gen ?/. Beim Vergleich der ?/-Proteine aus Menschen und Schimpansen findet man zwei unterschiedliche Aminosåuren, die in der Zeit seit unserem letzten gemeinsamen Vorfahren in der Abstammungslinie des Menschen aufgetaucht sind. Interessant ist dieses Gen vor allem deshalb, weil Menschen, die Mutationen im ?/-Gen tragen, an einer schweren Sprach- und Sprechstærung leiden. Sie kænnen unter anderem nicht die feinmotorischen Muskelbewegungen von Lippen und Zunge erzeugen, die fçr eine sprachliche Kommunikation notwendig sind. Manchen Berechnungen zufolge wurden die Verånderungen in diesem ¹Sprachgenª, durch die es sich von der Version der Schimpansen unterscheidet, vor 200 000 bis 120 000 Jahren im menschlichen Genom ¹fixiertª, also zu einer Zeit, als nach heutiger Kenntnis auch die Jetztmenschen entstanden sind. Diese Befunde lassen darauf schlieûen, dass Verånderungen des ?/-Gens fçr die Evolution des Menschen eine wichtige Rolle gespielt haben dçrften. Die medizinischen Folgerungen aus der Sequenzierung des menschlichen Genoms werden in der Box ¹Aus Sicht des Menschenª genauer erærtert.
Sequenzierung von Genomen: die genetischen Grundlagen des Menschseins
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us Sicht des Menschen
Die medizinische Anwendung der Genomanalyse In den letzten Jahrzehnten hat man mehrere hundert Gene identifiziert, deren Verånderung zu seltenen, erblichen Krankheiten fçhrt. Bei der groûen Mehrzahl derartiger Untersuchungen hatte man mehrere Familien gefunden, in denen eine bestimmte Krankheit unverhåltnismåûig håufig auftrat. Dann besteht die Aufgabe zunåchst in der Identifizierung des Genomabschnitts, den alle betroffenen Familienangehærigen gemeinsam haben. Hat man einen Abschnitt mit dem krankheitsverursachenden Gen in Verbindung gebracht, kann man die DNA dieses Abschnitts isolieren und das mutierte Gen dingfest machen. Eine solche genetische Vorgehensweise eignet sich gut zur Identifizierung von Genen mit hoher Penetranz, d. h. fçr Gene, deren mutierte Form bei ihrem Tråger praktisch immer die Krankheit auslæst. Das mutierte Gen fçr die HuntingtonKrankheit zum Beispiel (s. Box 10 a) hat eine sehr hohe Penetranz. Auûerdem wird diese Krankheit von keinem anderen Gen im Genom verursacht. Die meisten weit verbreiteten Krankheiten, beispielsweise Krebs, Herzinfarkt, AlzheimerKrankheit, Diabetes, Asthma und Depressionen, haben eine genetische Komponente, das heiût, sie zeigen zumindest die Tendenz zu gehåuftem Auftreten in bestimmten Familien. Aber im Gegensatz zu erblichen Leiden wie der Huntington-Krankheit kann man mit diesen Gesundheitsstærungen kein einzelnes Gen in Verbindung bringen. Auûerdem bestimmen auch nichtgenetische Faktoren (d. h. Umwelteinflçsse) mit çber die Krankheitsentstehung. Das Diabetesrisiko ist beispielsweise bei çbergewichtigen Personen stark erhæht, und die Gefahr, Lungenkrebs zu bekommen, steigt durch Rauchen an. Zu den Zielen des HumanGenomprojekts gehærte die Identifizierung von Genen, die zur Entstehung dieser verbreiteten, genetisch komplexen Krankheiten beitragen. Die meisten Gene, die das Risiko fçr solche komplexen Krankheiten ansteigen lassen, kann man wegen ihrer geringen Penetranz nicht durch Kopplungsuntersuchungen an Familien nachweisen. Stattdessen ist man bestrebt, sie durch die statistische Analyse groûer Bevælkerungsgruppen zu identifizieren. Im Rahmen derartiger Untersuchungen bemçht man sich
um die Aufdeckung einer
$ zwischen einer Gesundheitsstærung (beispielsweise Diabetes) und einem verbreiteten genetischen Polymorphismus. Als /% bezeichnet man Stellen im Genom, die sich von einem Individuum zum nåchsten unterscheiden. In der Regel bezeichnet man mit dem Begriff eine Variante, die bei mindestens einem Prozent der Population einer Spezies vorkommt. Ein Polymorphismus, der bereits in einem frçheren Abschnitt (Kap. 10.4.1) erærtert wurde und die Grundlage fçr das Verfahren der genetischen Fingerabdrçcke bildet (Abb. 10.20), ist die unterschiedliche Långe der Minisatellitensequenzen. Am verbreitetsten sind beim Menschen jedoch genetische Varianten, bei denen von einem Individuum zum nåchsten nur ein einziges Nucleotid unterschiedlich ist. Solche Stellen bezeichnet man als # $ /% ( , &)/ ). Die Zahl dieser SNPs (sprich ¹Snipsª) im menschlichen Genom wird auf 5±10 Mio. geschåtzt, das entspricht einer Abweichung alle paar hundert Basenpaare. Von diesen ungeheuer vielen SNPs liegen schåtzungsweise 60 000 in proteincodierenden Sequenzen, so dass sie in den zugehærigen Proteinen zu unterschiedlichen Aminosåuren fçhren. Diese genetische Vielfalt ist wahrscheinlich der wichtigste Grund fçr die phånotypische Vielgestaltigkeit unter den Menschen. SNPs, die in ihrem Gen fçr eine verånderte Codierungsspezifitåt sorgen, dçrften fçr unsere Anfålligkeit gegençber komplexen Erkrankungen von groûer Bedeutung sein. Ein wissenschaftliches Ziel ist heute die Analyse der Genome vieler Menschen und die Identifizierung von SNPs, die bei Personen mit einer bestimmten Krankheit håufiger vorkommen als bei Gesunden. Selbst wenn die so identifizierten SNPs nicht unmittelbar die Krankheit verursachen, kænnen sie als genetische Marker fçr einen in der Nåhe gelegenen, krankheitserzeugenden Locus dienen. Einen der ersten eindeutigen Erfolge solcher SNP-Analysen konnte man 2000 verbuchen: In diesem Jahr wurde çber eine Assoziation zwischen einer Kombination mehrerer SNPs in einem Gen auf dem Chromosom 2 und einem erhæhten Diabetesrisiko bei einer Gruppe mexikanischer Amerikaner berichtet. Vermutlich gehært zu jeder Krankheitsanfålligkeit ein eigenes, charak-
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teristisches ¹SNP-Profilª. Vielleicht wird man deshalb eines Tages nur noch die Nucleotide an bestimmten entscheidenden Stellen im Genom ermitteln mçssen und auf diese Weise feststellen, ob jemand durch Herzkrankheiten, Alzheimer-Krankheit oder bestimmte Krebsformen gefåhrdet ist. Dann kænnten die Betroffenen sich mit einer verånderten Lebensweise bemçhen, der Entstehung einer bestimmten Krankheit vorzubeugen.b Darçber hinaus kænnen SNPs auch Aufschlçsse darçber liefern, wie jemand auf ein bestimmtes Medikament anspricht, ob der Wirkstoff helfen wird und ob schwere Nebenwirkungen zu erwarten sind. Wie man beispielsweise festgestellt hat, kommt es bei Menschen mit einem ganz bestimmten SNP in einem Gen fçr das Protein TNF- mit etwa achtmal græûerer Wahrscheinlichkeit zu einer Ûberempfindlichkeitsreaktion (Fieber, Ausschlag, Atembeschwerden usw.) gegen den Medikamentenwirkstoff Abacavir, der zur Behandlung von HIV-Infizierten eingesetzt wird. Zur Behandlung der meisten Krankheiten stehen mehrere Medikamente alternativ zur Verfçgung; deshalb ist die Auswahl des richtigen Wirkstoffes ein wichtiger Aspekt in der medizinischen Praxis. Die pharmazeutische Industrie will eines Tages mit Hilfe der SNP-Analysen eine Øra der ¹maûgeschneiderten Medikamententherapieª einlåuten: Die Ørzte sollen Arzneiwirkstoffe verschreiben, die gezielt auf das genetische Profil des einzelnen Patienten zugeschnitten sind. Die Ergebnisse von SNP-Analysen fçr Assoziationsstudien zu nutzen, ist schon allein wegen der gewaltigen Zahl der Polymorphismen im Genom keine einfache Aufgabe. Als man aber die Verteilung verschiedener SNPs in der menschlichen Bevælkerung untersuchte, machte man eine Entdeckung, die solche Assoziationsuntersuchungen stark vereinfachen dçrfte: Groûe Gruppen von SNPs wurden in der jçngeren Evolutionsvergangenheit des Menschen gemeinsam vererbt. Zur Verdeutlichung: Wenn man weiû, welche Basen sich an wenigen polymorphen Stellen in einer Chromosomenregion befinden, kann man die Basen an b Hier sei angemerkt, dass genetische Assoziationsstudien sehr kritisch zu prçfen sind: Håufig besteht nur ein schwacher Zusammenhang zwischen einer Krankheit und einem Polymorphismus, und es besteht die Gefahr falscher Interpretationen (s. Ioannidis JPA (2003) 2 # # 9:135).
allen anderen polymorphen Stellen dieser Region mit recht hoher Wahrscheinlichkeit (zum Beispiel çber 90%) voraussagen. Derzeit neigt man zu der Ansicht, dass solche SNP-Gruppen im Genom çber viele Generationen hinweg zusammengeblieben sind, weil die genetische Rekombination (das heiût das Crossing over) sich entlang der DNA nicht so zufållig ereignet, wie es im Zusammenhang mit der Genkartierung in Kap. 10.2.4 beschrieben wurde. Nach dieser Vorstellung gibt es ¹Hotspotsª, an denen es håufig zur Rekombination kommt, und zwischen diesen Stellen liegen DNA-Abschnitte mit geringer Rekombinationshåufigkeit. Was die Ursache auch sein mag, jedenfalls bleiben bestimmte DNA-Blæcke (in der Regel mit einer Långe von etwa 20 kb) von Generation zu Generation meist intakt. Solche Blæcke, 2 % genannt, sind eine Art ¹groûe Allele aus vielen Genenª. In einem bestimmten Chromosomenbereich kann sich jeweils nur eine begrenzte Zahl verschiedener Haplotypen befinden (Abb. 1). Jeder dieser Haplotypen ist durch eine kleine Zahl von SNPs in dem betreffenden Chromosomenbereich definiert. Die
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Sequenzierung von Genomen: die genetischen Grundlagen des Menschseins
durchschnittliche Långe der Haplotypen und die Zahl ihrer Alternativformen schwanken wahrscheinlich zwischen den einzelnen Bevælkerungsgruppen. Menschen nordeuropåischer Abstammung besitzen beispielsweise anscheinend långere Haplotypen mit weniger unterschiedlichen Versionen als Personen afrikanischer Herkunft. Dieser Befund låsst darauf schlieûen, dass die Nordeuropåer ursprçnglich aus einer relativ kleinen Population von Vorfahren hervorgegangen sind. (Je kleiner die Ausgangspopulation, desto geringer die genetische Variabilitåt bei den Nachkommen.) Nach einer Berechnung stammen alle heutigen Nordeuropåer von nur 50 Individuen ab, die vor 50 000 bis 27 000 Jahren lebten. Die græûte Haplotypenvielfalt findet man in der afrikanischen Bevælkerung; dies steht im Einklang mit anderen Befunden, wonach die menschliche Spezies in Afrika entstanden ist (Kap. 10.4.1).
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Derzeit bemçht man sich intensiv um die Identifizierung der verschiedenen Haplotypen in den einzelnen Genomregionen. Mit diesen Arbeiten verfolgt man das Ziel, auf der Grundlage verbreiteter SNP-Marker eine Haplotypenkarte oder ¹HapMapª zu erstellen. Diese Karte wçrde dann die verschiedenen Haplotypen entlang der 24 verschiedenen menschlichen Chromosomen bei einem breiten Spektrum von Bevælkerungsgruppen erfassen. Sobald sie zur Verfçgung steht, so die Hoffnung, wird man Assoziationen zwischen Krankheiten und einzelnen Haplotypen finden. Und wenn man die Assoziationen kennt, kann man in dem fraglichen Genomabschnitt gezielt nach dem Gen (oder den Genen) suchen, die fçr die Krankheitsanfålligkeit verantwortlich sind. Auûerdem dçrfte die Analyse von HapMaps wichtige Aufschlçsse çber Entstehung und Wanderungsbewegungen der einzelnen Bevælkerungsgruppen liefern.
Experimentelle Verfahren
Die chemische Natur der Gene Drei Jahre nachdem Gregor Mendel çber die Ergebnisse seiner Arbeiten mit Erbsenpflanzen berichtet hatte, machte Friedrich Miescher in der Schweiz sein Examen in Medizin und ging nach Tçbingen, um ein Jahr bei Ernst HoppeSeyler zu studieren, einem der bekannten Chemiker seiner Zeit (und vermutlich dem ersten Biochemiker). Miescher interessierte sich fçr die chemischen Inhaltsstoffe des Zellkerns. Um das Material mit mæglichst geringer Verunreinigung durch Cytoplasmabestandteile zu isolieren, brauchte er Zellen mit groûem Zellkern, die leicht in groûen Mengen zu beschaffen waren. Er entschied sich fçr weiûe Blutzellen, die er aus dem Eiter an weggeworfenem Verbandmaterial aus dem ærtlichen Krankenhaus gewann. Miescher behandelte die Zellen mit verdçnnter Salzsåure und setzte einen Extrakt aus Schweinemågen zu, um die Proteine zu entfernen (der Magenextrakt enthielt das proteolytische Enzym Pepsin). Das Produkt dieser Behandlung bestand vor allem aus isolierten Zellkernen und setzte sich am Boden des Gefåûes ab. Die Zellkerne extrahierte Miescher dann mit verdçnntem Alkali. Weiter gereinigt wurde das Alkali-læsliche Material
durch Ausfållen mit verdçnnter Såure und erneute Extraktion mit verdçnntem Alkali. Wie Miescher dabei feststellte, enthielt der Alkaliextrakt eine Substanz, die in ihren Eigenschaften keinem anderen bis dahin bekannten Stoff glich: Ihre Molekçle waren sehr groû, sauer und reich an Phosphor. Dieses Material nannte er ¹Nucleinª. Als das Jahr um war, kehrte Miescher in seine Schweizer Heimat zurçck und Hoppe-Seyler, der den Befunden skeptisch gegençberstand, wiederholte die Experimente. Als sich die Ergebnisse beståtigten, veræffentlichte Miescher sie 1871.1 In der Schweiz setzte Miescher seine Untersuchungen zur Chemie des Zellkerns fort. Da er nicht weit vom Rhein entfernt wohnte, hatte er leichten Zugang zu den Lachsen, die stromaufwårts schwammen und voller Ei- oder Samenzellen waren. Samenzellen waren ideale Objekte zur Untersuchung des Zellkerns. Wie die weiûen Blutzellen konnte er sie in groûen Mengen beschaffen. Der Zellkern nahm 90% ihres Volumens ein. Mieschers Nucleinpråparate aus Lachssperma enthielten mit fast zehn Gewichtsprozent einen noch græûeren Phosphoranteil als die aus weiûen Blutzellen, ein Indiz, dass sie weniger stark mit Protein verunreinigt waren. Tatsåchlich handelte es sich
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dabei um die ersten relativ reinen DNA-Pråparate. Der Begriff ¹Nucleinsåureª wurde 1889 von Richard Altmann geprågt, einem von Mieschers Studenten, der die Methoden zur Reinigung proteinfreier DNA aus verschiedenen tierischen Geweben und Hefe entwickelt hatte.2 In den beiden letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts konzentrierten sich viele Biologen auf die Chromosomen, deren Verhalten wåhrend und zwischen den Zellteilungen beschrieben wurde (Kap. 10.2.1). Um die Chromosomen besser beobachten zu kænnen, fårbte man sie mit Farbstoffen an. Der Botaniker E. Zacharias bemerkte, dass die gleichen Farbstoffe, mit denen Chromosomen sichtbar wurden, auch eine Nucleinpråparation fårbten, die man nach Mieschers Verfahren ± Abbau mit Pepsin in einem HCl-Medium ± gewonnen hatte. Und wenn man die Pepsin-HCl-behandelten Zellen anschlieûend mit verdçnntem Alkali behandelte ± womit man bekanntermaûen das Nuclein entfernte ±, enthielt der verbleibende Zellrest kein anfårbbares Material mehr. Diese und andere Befunde legten nachdrçcklich die Vermutung nahe, dass Nuclein ein Bestandteil der Chromosomen war. Eine erstaunlich weitsichtige Vermutung åuûerte Otto Hertwig, der das Verhalten der Chromosomen wåhrend der Befruchtung studiert hatte, schon 1884: ¹Nach meiner Ûberzeugung ist es zumindest sehr wahrscheinlich, dass das Nuclein die Substanz ist, die nicht nur fçr die Befruchtung verantwortlich ist, sondern auch fçr die Weitergabe erblicher Merkmale.ª3 Aber je mehr man çber die Eigenschaften des Nucleins herausfand, desto weniger schien es als genetisches Material in Frage zu kommen. In den fçnfzig Jahren, nachdem Miescher die DNA entdeckt hatte, wurden der chemische Aufbau und die Bestandteile des Molekçls beschrieben. Einen der wichtigsten Beitråge leistete dabei Phoebus Aaron Levene, der 1891 aus Russland in die Vereinigten Staaten eingewandert war und schlieûlich eine Stelle am New Yorker Rockefeller Institute bekleidete. Levene læste 1929 eines der hartnåckigsten Råtsel der DNAChemie: Er stellte fest, dass es sich bei dem Zuckeranteil um 2-Desoxyribose handelte.4 Um den Zucker zu isolieren, brachten Levene und E. S. London die DNA durch eine chirurgisch hergestellte Úffnung in den Magen eines Hundes und gewannen das Material dann aus dem Darm des Tieres wieder. Auf seinem Weg durch den Verdauungskanal wirkten verschiedene Enzyme auf die DNA ein und zerlegten die Nucleo-
tide in ihre Einzelbestandteile, die man dann analysieren konnte. Levene fasste den Kenntnisstand çber Nucleinsåuren in einer Monografie zusammen, die 1931 erschien.5 Einerseits gebçhrt Levene also das Verdienst, die Struktur der DNA-Bausteine aufgeklårt zu haben, andererseits war er aber auch das græûte Hindernis bei der Suche nach dem genetischen Material. Zu jener Zeit wurde immer deutlicher, dass Proteine sehr komplex gebaut sind und mit groûer Spezifitåt ungeheuer vielfåltige chemische Reaktionen katalysieren kænnen. Die DNA dagegen hielt man fçr ein Molekçl aus den eintænig wiederholten vier Nucleotidbausteinen. Der wichtigste Vertreter dieser so genannten Tetranucleotidtheorie war Phoebus Levene. Da die Chromosomen nur aus zwei Komponenten bestehen, nåmlich aus DNA und Protein, schienen damals kaum Zweifel zu bestehen, dass Proteine das genetische Material sind. Wåhrend die Struktur der DNA aufgeklårt wurde, arbeitete man in der Bakteriologie an einer scheinbar vællig davon unabhångigen Fragestellung. Anfang der zwanziger Jahre hatte sich herausgestellt, dass man manche Arten pathogener Bakterien im Labor in zwei verschiedenen Formen zçchten kann. Virulente Bakterien ± das heiût solche, die eine Krankheit hervorrufen kænnen ± bildeten glatte, kuppelfærmige, regelmåûige Kolonien. Nichtvirulente Bakterien dagegen wuchsen zu rauen, flachen, unregelmåûig geformten Kolonien heran (Abb. 1). Zur Unterscheidung der beiden Typen fçhrte der britische Mikrobiologe J. A. Arkwright die Begriffe (glatt) oder S und (rau) oder R ein. Unter dem Mikroskop konnte man erkennen, dass Zellen, die S-Kolonien bildeten, eine gelatineartige Kapsel besaûen, die bei den Zellen der R-Kolonien fehlte. Die Kapsel ist fçr das Bakterium ein Schutz gegen die Abwehrmechanismen des Wirtsorganismus; das ist der Grund, warum die R-Zellen, die keine solche Struktur tragen, bei Versuchstieren keine Krankheit auslæsen kænnen. Die Erreger der Lungenentzçndung, Bakterien der Spezies
(oft einfach Pneumokokken genannt), standen bei den Mikrobiologen wegen ihrer groûen Bedeutung fçr die Gesundheit der Menschen schon seit langem im Mittelpunkt des Interesses. Wie Frederick Griffith, ein Beamter des britischen Gesundheitsministeriums, bereits 1929 nachweisen konnte, bilden auch Pneumokokken entweder S- oder R-Kolonien und die beiden Formen kænnen ineinander çbergehen: In sel-
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tenen Fållen verwandelt sich ein S-Bakterium in die R-Form oder umgekehrt.7 Wenn er beispielsweise einer Maus eine groûe Zahl von R-Bakterien spritzte, bekam das Tier in vielen Fållen Lungenentzçndung, und er konnte daraus S-Bakterien gewinnen. Zuvor hatte man bereits nachgewiesen, dass Pneumokokken in mehreren Formen (den Typen I, II und III) vorkommen, die man immunologisch voneinander unterscheiden kann. Mit anderen Worten: Man konnte aus infizierten Tieren Antikærper gewinnen, die nur mit einem der drei Typen reagierten. Auûerdem brachten Bakterien des einen Typs nie solche eines anderen Typs hervor. Und jeder der drei Pneumokokkentypen kommt als R- und als S-Form vor. Als Griffith 1928 Måusen verschiedene Bakterienpråparationen injizierte, machte er eine
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çberraschende Entdeckung.8 Eine groûe Zahl von S-Bakterien, die er durch Hitze abgetætet hatte, und eine kleine Zahl von R-Bakterien waren jeweils allein fçr die Måuse ungefåhrlich. Injizierte er jedoch derselben Maus beide Pråparate, bekam sie Lungenentzçndung und starb. Aus den Tieren konnte er dann virulente Bakterien gewinnen und weiterzçchten. Jetzt erweiterte er das Experiment und spritzte verschiedene Bakterienkombinationen (Abb. 2). Anfangs erhielten acht Måuse hitzeinaktivierte S-Bakterien des Typs I und eine kleine Menge lebender R-Zellen des Typs II. Zwei der acht Tiere bekamen Lungenentzçndung; aus den infizierten Måusen konnte Griffith virulente S-Bakterien des Typs I gewinnen und weiterzçchten. Die hitzeabgetæteten Bakterien konnten unmæglich wieder zum Leben erwacht sein; deshalb gelangte Griffith zu dem Schluss, dass die toten Zellen des Typs I den lebenden, nicht eingekapselten Zellen des Typs II etwas çbertragen und sie zu der kapseltragenden Form I hatten. Die transformierten Bakterien brachten in der Kultur wiederum Zellen des Typs I hervor; die Verånderung war also stabil und dauerhaft. Griffith' Entdeckung der Transformation wurde sehr rasch von mehreren Instituten auf der ganzen Welt beståtigt, unter anderem auch von Oswald Avery, einem Immunologen am Rockefeller Institute, derselben Forschungseinrichtung, an der auch Levene tåtig war. Avery hatte der Idee, eine von einer toten Zelle abgegebene Substanz kænne die Eigenschaften einer lebenden Zelle veråndern, zunåchst skeptisch gegençbergestanden, aber als Martin Dawson, ein junger Mitarbeiter seines Labors, die Befunde beståtigte, war er çberzeugt.9 Im weiteren Verlauf wies Dawson nach, dass die
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Transformation nicht nur in einem lebenden Wirtstier stattfinden konnte. Wenn er in der Bakterienkultur einen Rohextrakt aus toten S-Zellen in Gegenwart eines Anti-R-Serums mit einer kleinen Zahl nicht virulenter R-Zellen mischte, verwandelten sich diese in die virulente S-Form. Was den Typ (I, II oder III) anging, hatten die transformierten Zellen stets die Eigenschaften der S-Zellen.10 Der nåchste wichtige Schritt gelang J. Lionel Alloway, einem anderen Mitarbeiter aus Averys Labor. Er konnte das transformierende Prinzip in Læsung bringen. Zu diesem Zweck fror er die Donorzellen schnell ein und taute sie wieder auf; anschlieûend erhitzte er die aufgebrochenen Zellen, zentrifugierte das Gemisch und lieû den Ûberstand durch ein Porzellanfilter laufen, dessen Poren keine Bakterien durchlieûen. Der læsliche, gefilterte Extrakt war ebenso zur Transformation in der Lage wie die ursprçnglichen, hitzeabgetæteten Zellen.11 Wåhrend der nåchsten zehn Jahre konzentrierten sich Avery und seine Mitarbeiter darauf, die fçr die Transformation verantwortliche Substanz zu reinigen und zu identifizieren. Was heute verwunderlich erscheinen mag: Auf der ganzen Welt bemçhte sich kein anderes Institut darum, die Identitåt des ¹transformierenden Prinzipsª, wie Avery es nun nannte, zu lçften. Fortschritte stellten sich nur langsam ein.12 Schlieûlich gelang es Avery sowie seinen Mitarbeitern Colin MacLeod und Maclyn McCarty, aus dem læslichen Extrakt eine Substanz zu isolieren, die bereits in einer Konzentration von 1 zu 600 Mio. die Transformation hervorrufen konnte. Alles deutete darauf hin, dass es sich bei dieser aktiven Substanz um DNA handelte: Sie hatte zahlreiche chemische Eigenschaften, die fçr DNA charakteristisch waren, in der Pråparation war keine andere Substanz nachzuweisen. Experimente mit verschiedenen Enzymen zeigten, dass nur solche Enzyme, die DNA abbauten, das transformierende Prinzip inaktivierten. Der Artikel, der 1944 erschien, war mit græûter Vorsicht formuliert und enthielt keinerlei Aufsehen erregende Behauptungen, wonach Gene nicht aus Protein sondern aus DNA bestehen.13 Er wurde bemerkenswert wenig beachtet. Macly McCarty, einer der drei Autoren, berichtete spåter çber einen Vorfall, der sich 1949 ereignete. Er war zu einem Vortrag an der Johns Hopkins University eingeladen, und zwar zusammen mit Leslie Gay, der die Wirkung des neuen Arzneiwirkstoffes Dramamin bei der Behandlung der Seekrankheit un-
tersucht hatte. Der groûe Hærsaal war voller Menschen, und ¹nach einer kurzen Diskussion im Anschluss an Gays Vortrag stellte der Pråsident der Gesellschaft mich als zweiten Vortragenden vor. Die Leute, die aus dem Saal stræmten, machten so viel Lårm, dass man von seinen Worten kaum etwas verstehen konnte. Als der Exodus beendet war und ich die ersten paar Minuten meines Vortrages hinter mich gebracht hatte, zåhlte ich noch etwa 35 Unentwegte, die im Saal geblieben waren ± entweder um etwas çber die Transformation von Pneumokokken zu erfahren, oder weil sie es fçr ein Gebot der Hæflichkeit hielten.ª Dass Avery sich durchaus bewusst war, welches Potenzial in seiner Entdeckung steckte, zeigt sich in einem Brief an seinen Bruder Roy ± der wie er Bakteriologe war ± aus dem Jahr 1943: ¹Wenn wir Recht haben, was natçrlich noch nicht bewiesen ist, dann bedeutet es, dass Nucleinsåuren nicht nur fçr die Struktur wichtig sind, sondern auch funktionell aktive Substanzen darstellen, die çber die biochemischen Tåtigkeiten und spezifischen Eigenschaften der Zellen bestimmen ± und dass es mæglich ist, mit Hilfe einer bekannten chemischen Substanz vorhersagbare, erbliche Verånderungen an Zellen vorzunehmen. Dies ist schon seit langem ein Traum der Genetiker . . . Klingt nach einem Virus ± oder vielleicht nach einem Gen. Aber mit dem Mechanismus habe ich mich noch nicht befasst ± eins nach dem anderen . . . Natçrlich ist es eine Frage mit einer Fçlle von Folgerungen . . . Sie betrifft die Genetik, die Enzymchemie, Zellstoffwechsel, Kohlenhydratsynthese ± und so weiter. Aber heute braucht man eine Menge gut dokumentierter Belege, um irgendjemanden davon zu çberzeugen, dass das proteinfreie Natriumsalz der Desoxyribose-Nucleinsåure mæglicherweise mit solchen biologisch aktiven, spezifischen Eigenschaften ausgestattet sein kænnte, und diese Belege versuchen wir jetzt zu beschaffen. Es macht viel Spaû, Seifenblasen zu erzeugen ± aber man låsst sie besser selbst platzen, bevor es ein anderer versucht.ª Zahlreiche Aufsåtze und Buchkapitel haben sich mit der Frage beschåftigt, warum Averys Befunde keine græûere Anerkennung fanden. Zum Teil dçrfte die Ursache in dem zurçckhaltenden Ton seines Artikels zu suchen sein, zum Teil auch in der Tatsache, dass Avery kein Genetiker, sondern Bakteriologe war. Manche Fachleute waren çberzeugt, seine Pråparate mçssten mit winzigen Proteinmengen verunreinigt gewe-
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sen sein und diese Verunreinigungen mçssten das transformierende Agens gewesen sein. Andere bezweifelten, dass Transformationsuntersuchungen an Bakterien fçr das Fachgebiet der Genetik çberhaupt von Bedeutung waren. In den Jahren, nachdem Averys Aufsatz erschienen war, fand in der Genetik ein wichtiger Klimawandel statt. Man erkannte, dass Bakterien ein Chromosom besitzen. Nun wandten mehrere prominente Genetiker ihre Aufmerksamkeit diesen Prokaryoten zu. Nach ihrer Ûberzeugung wçrden Kenntnisse, die man an den einfachsten lebenden Zellen gewann, auch Licht in die entsprechenden Mechanismen der komplexesten Pflanzen und Tiere bringen. Auûerdem råumten die Arbeiten von Erwin Chargaff und seinen Kollegen zur Basenzusammensetzung der DNA (Kap. 10) endgçltig mit der Vorstellung auf, das DNA-Molekçl sei eine einfache Reihe regelmåûig wiederholter Nucleotide.14 Dieser Befund weckte bei den Wissenschaftlern das Bewusstsein fçr den Gedanken, die DNA kænne tatsåchlich die notwendigen Eigenschaften eines Informationsspeichers besitzen. Sieben Jahre nach Averys Artikel çber die Transformation von Bakterien wandten sich Alfred Hershey und Martha Chase an den Cold Spring Harbor Laboratories in New York einem noch einfacheren System zu: den Bakteriophagen, Viren, die Bakterienzellen infizieren. Im Jahr 1950 erkannte man, dass auch Viren ein genetisches Programm besitzen. Sie schleusen ihr genetisches Material in ein Wirtsbakterium ein, wo es dann die Produktion neuer Virusteilchen in Gang setzt. Wenige Minuten spåter platzt die infizierte Zelle und entlåsst neue Bakteriophagenpartikel, die dann weitere Wirtszellen infizieren kænnen. Es war klar, dass es sich bei dem genetischen Material, das die Entstehung der Virusnachkommen steuert, entweder um DNA oder um Protein handeln musste, denn ein Virus enthålt nur diese beiden Substanzen. Elektronenmikroskopische Aufnahmen zeigten, dass der græûte Teil eines Bakteriophagen wåhrend der Infektion auûerhalb der Zelle verbleibt und sich mit seinen Schwanzfasern an die Zelloberflåche anheftet (Abb. 3). Nach den Ûberlegungen von Hershey und Chase musste das genetische Material zwei Eigenschaften besitzen: Erstens musste es im Laufe der Infektion fçr die Entstehung neuer Phagenpartikel sorgen und dazu musste es in die Wirtszelle hineingelangen. Zweitens musste das Material, wenn es erbliche Informationen trug, auch an die nåchste Bak-
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teriophagengeneration weitergegeben werden. Hershey und Chase bereiteten zwei Phagenpråparationen fçr die Infektion vor (Abb. 4). Die eine enthielt radioaktiv markierte DNA ([32P]DNA), die andere radioaktiv markierte Proteine ([S35]-Proteine). Da DNA keine Schwefelatome (S) enthålt und Phosphor (P) in Proteinen in der Regel nicht vorkommt, konnten die radioaktiven Isotope als Unterscheidungsmerkmale fçr die beiden Arten von Makromolekçlen dienen. Das Experiment sah vor, dass Bakterienpopulationen jeweils mit einem der beiden Bakteriophagen infiziert wurden. Nach einer Wartezeit von einigen Minuten sollten dann die leeren Viren von der Zelloberflåche entfernt werden. Nachdem Hershey und Chase mehrere Methoden ausprobiert hatten, um die Bakterien von den angehefteten Phagenhçllen zu trennen, stellten sie fest, dass man die infizierte Bakteriensuspension am besten den rotierenden Klingen eines Kçchenmixers aussetzte. Nachdem die Bakterien von den Virusteilchen befreit waren, konnte man die Zellen zum Boden des Ræhrchens zentrifugieren, wåhrend die leeren Virushçllen im Ûberstand verblieben. Mit diesem Verfahren ermittelten Hershey und Chase, welche Radioaktivitåtsmenge in die Zellen gelangte und wie viel davon in den leeren Virushçllen verblieb. Waren die Zellen mit proteinmarkierten Bakteriophagen infiziert, befand sich die Radioaktivitåt am Ende zum græûten Teil in den leeren Virushçllen. War dagegen die DNA der infizierenden Bakteriophagen markiert, fanden sie den græûten
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Teil der Radioaktivitåt am Ende in den Zellen. Und als sie den Weg der Radioaktivitåt in die nåchste Generation verfolgten, fanden sie in den Virusnachkommen weniger als ein Prozent des markierten Proteins wieder, aber etwa 30% der markierten DNA waren in der nåchsten Generation nachzuweisen. Als Hershey und Chase 1952 die Ergebnisse ihrer Experimente veræffenlichten15 und als man zur gleichen Zeit auch die Tetranucleotidtheorie aufgeben musste, war die DNA allgemein als genetisches Material anerkannt. Plætzlich richtete sich ein riesiges Interesse auf ein Molekçl, das man zuvor weitgehend links liegen gelassen hatte. Damit war die Bçhne frei fçr die Entdeckung der Doppelhelix. Literatur
6. Arkwright JA (1921) Variation in bacteria in relation to agglutination both by salts and by specific serum. J Path Bact 24:36±60 7. Griffith F (1923) The influence of immune serum on the biological properties of pneumococci. Rep. Public Health Med Subj 18:1±13 8. Griffith F (1928) The significance of pneumococcal types. J Hygiene 27:113±159 9. Dawson MH (1930) The transformation of pneumococal types. J Exp Med 51:123±147 10. Dawson MH, Sia RHP (1931) In vitro transformation of pneumococcal types. J Exp Med 54:701±710 11. Alloway JL (1932) The transformation in vitro of R pneumococci into S forms of different specific types by use of filtered pneumococcus extracts. J Exp Med 55:91±99 12. McCarty M (1985) The transforming principle: Discovering that genes are made of DNA. Norton 13. Avery OT, MacLeod CM, McCarty M (1944) Studies on the chemical nature of the substance inducing transformation of pneumococcal types: Induction of transformation by a desoxyribonucleic acid fraction isolated from pneumococcus type III. J Exp Med 79:137±158 14. Chargaff E (1950) Chemical specificity of nucleic acids and mechanism of their enzymic degradation. Experentia 6:201±209 15. Hershey AD, Chase M (1952) Independent functions of viral protein and nucleic acid in growth of bacteriophage. J Gen Physiol 36:39±56
1. Miescher JF (1871) Hoppe-Seyler's Med Chem Untersuchungen 4:441 2. Altmann R (1889) Anat u. Physiol. Physiol Abt 524 3. Entnommen aus: Mirsky AE (1968) The discovery of DNA. Sci Am 218:78±88 (June) 4. Levene PA, London ES (1929) The structure of thymonucleic acid. J Biol Chem 83:793±802 5. Levene PA, Bass LW (1931) Nucleic Acids. The Chemical Catalog Co
Zusammenfassung
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6 0 Mehrere Beobachtungen legten schon frçhzeitig die Vermutung nahe, dass die Chromosomen eine genetische Funktion erfçllen. Unter anderem erkannte man, wie exakt die Chromosomen bei der Zellteilung auf die Tochterzellen verteilt werden; dass die Chromosomen einer Spezies in Form und Anzahl von einer Zellteilung zur nåchsten unverånderlich bleiben; dass die Embryonalentwicklung eine ganz bestimmte Chromosomenausstattung voraussetzt; und dass die Chromosomenzahl sich vor der Entstehung der Gameten halbiert und sich bei der Befruchtung durch die Vereinigung von Ei- und Samenzelle wieder verdoppelt. Durch Mendels Befunde hatte man neue Kriterien zur Identifizierung der Gentråger. Sutton wies mit seinen Untersuchungen an der Gametenbildung bei Heuschrecken nach, dass es homologe Chromosomen gibt, dass die homologen Chromosomen sich wåhrend der Zellteilung im Rahmen der Gametenentstehung zusammenlagern und dass sie sich dann wåhrend der ersten dieser Meioseteilungen trennen (Kap. 10.1). :
+ 9 # ) ' '" : + 0 Dass es Kopplungsgruppen gibt, wurde in verschiedenen Systemen nachgewiesen, insbesondere bei Taufliegen, wo man Dutzende von Mutationen in vier Kopplungsgruppen unterteilen konnte. In Zahl und Græûe entsprechen diese Gruppen den Chromosomen in den Zellen der Insekten. Gleichzeitig entdeckte man, dass die Kopplung unvollståndig ist: Allele, die sich ursprçnglich auf demselben Chromosom befinden, bleiben bei der Gametenbildung nicht unbedingt zusammen, sondern kænnen zwischen våterlichem und mçtterlichem homologem Chromosom ausgetauscht werden. Dieses Phånomen, das Morgan als Crossing over bezeichnete, fçhrte man auf den Bruch und die Wiedervereinigung von Abschnitten homologer Chromosomen zurçck; es sollte sich in der ersten Meioseteilung abspielen, wåhrend die homologen Chromosome in physischen Kontakt treten. Man analysierte die Nachkommen aus der Paarung erwachsener Tiere, die auf demselben Chromosom unterschiedliche Mutationen trugen, und gelangte so zu der Erkenntnis, dass die Håufigkeit der
Rekombination zwischen zwei solchen Genen ein Maû fçr ihren relativen Abstand ist. Deshalb konnte man anhand der Rekombinationshåufigkeit detaillierte Karten der Genreihenfolge auf den Chromosomen verschiedener biologischer Arten erstellen. Genetische Karten der Taufliege, die sich auf Rekombinationshåufigkeiten stçtzten, erfuhren ihre unabhångige Beståtigung durch Untersuchung der Lage verschiedener Banden in den polytånen Riesenchromosomen, die man in manchen Larvengeweben dieser Insekten findet (Kap. 10.2.2). K#- . L
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$' 1 ) " D 7 ' 0 Adeninhaltige Nucleotide des einen Stranges paaren sich stets mit thyminhaltigen Nucleotiden des anderen, und ebenso paaren sich Guanin- und Cytosin-Nucleotide. Deshalb sind die beiden Strånge eines DNA-Molekçls zueinander komplementår. Die genetische Information ist in der spezifischen, linearen Sequenz der Nucleotide in den Strången codiert. Das WatsonCrick-Modell der DNA-Struktur legte einen Verdoppelungsmechanismus nahe, bei dem die Strånge sich trennen und jeder Strang als Matrize çber die Nucleotidzusammensetzung des Komplementårstranges bestimmt. Wie die DNA aber den Aufbau eines bestimmten Proteins steuert, blieb zunåchst ein vælliges Råtsel. Das in Abb. 10.10 dargestellte DNA-Molekçl befindet sich mit zehn Basenpaaren je Helixwindung im relaxierten Zustand. In der Zelle befindet sich die DNA meist in einem weniger stark aufgewundenen Zustand (mit einer græûeren Zahl von Basenpaaren je Windung); man bezeichnet sie dann als negativ çberspiralisiert, ein Zustand, der die Strangtrennung bei Replikation und Transkription erleichtert. Der Ûberspiralisierungszustand der DNA wird durch Topoisomerasen veråndert, Enzyme, die DNA-Strånge schneiden, umordnen und wieder verbinden kænnen (Kap. 10.3).
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Kenntnisse çber die Komplexitåt von Genomen erwuchsen aus Untersuchungen, in denen man die beiden Strånge eines DNA-Molekçls durch Hitze trennte; senkt man dann die Temperatur der Mischung, kænnen die komplementåren Einzelstrånge sich wieder zu stabilen DNADoppelstrången zusammenlagern. Kinetische Analysen des Renaturierungsvorganges liefern ein Maû fçr die Konzentration komplementårer Sequenzen, und die wiederum ist ein Maû fçr die Sequenzvielfalt in der betreffenden DNA-Probe. Je græûer die Kopienzahl einer bestimmten Sequenz im Genom ist, desto hæher ist auch ihre Konzentration, und entsprechend schneller renaturiert sie (Kap. 10.4.1). 81
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0 Die hochrepetitive Fraktion besteht aus kurzen DNA-Sequenzen, die sich vielfach wiederholen; dazu gehæren die Satelliten-DNA, die an den Centromeren der Chromosomen liegt, die Minisatelliten- und die MikrosatellitenDNA. Die beiden letztgenannten Gruppen sind sehr variabel, verursachen manche genetisch bedingten Erkrankungen und bilden die Grundlage fçr das Verfahren der DNA-Fingerabdrçcke. Die mittelrepetitive Fraktion umfasst DNA-Sequenzen, die ribosomale RNAs, Transfer-RNAs und Histonproteine codieren, sowie verschiedene Sequenzen ohne Codierungsfunktion. Zur nichtrepetitiven Fraktion gehæren die proteincodierenden Gene, die in jedem haploiden Chromosomensatz nur einmal vorhanden sind (Kap. 10.4.2). &<$
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#9 ! 0 Proteincodierende Gene der Eukaryoten gehæren håufig zu Genfamilien, deren Mitglieder erkennen lassen, dass sie aus einem gemeinsamen Vorlåufergen entstanden sind. Der erste Schritt ist dabei wahrscheinlich die Verdoppelung des Gens, die vermutlich meist durch ungleiches Crossing over erfolgt. Anschlieûend kann man damit rechnen, dass die einzelnen Kopien sich durch Nucleotidaustausch auf unterschiedliche Weise veråndern, so dass eine Familie åhnlicher, aber nicht genau gleicher Sequenzen entsteht. Die GlobinGene beispielsweise bilden Gruppen, die sich auf zwei verschiedenen Chromosomen befin-
den. Jede Gruppe umfasst mehrere verwandte Gene, und diese codieren Globinpolypeptide, die in verschiedenen Lebensstadien eines Tieres exprimiert werden. Auûerdem enthalten die Gruppen auch Pseudogene, die zu den Globin-Genen homolog sind, aber keine Funktion haben (Kap. 10.5.1 und 10.5.2). )&<$ : ! 9 ( $ '0 Solche transponierbaren Elemente, die man auch Transposons nennt, kænnen sich nach dem Zufallsprinzip çberall im Genom einbauen. Die bestuntersuchten Transposons findet man bei Bakterien. Ihre charakteristischen Kennzeichen sind invertierte Sequenzwiederholungen an den Enden, ein innerer Abschnitt, der die fçr die Integration notwendige Transposase codiert, und die Ausbildung kurzer Sequenzwiederholungen beiderseits der Einbaustelle in der Ziel-DNA. Die transponierbaren Elemente der Eukaryoten kænnen sich mit mehreren Mechanismen bewegen. In den meisten Fållen wird das Element in RNA umgeschrieben, die dann von einer in dem Element codierten Reversen Transkriptase kopiert wird; diese DNAKopie wird an der Zielstelle eingebaut. Zur mittelrepetitiven Fraktion der menschlichen DNA gehæren zwei groûe Familien transponierbarer Elemente, die als ! und L1 bezeichnet werden (Kap. 10.5.3). 1 $ $ N EAA 9 : < $ 0 Diese Arbeiten lieferten wichtige neue Erkenntnisse çber Anordnung und Evolution proteincodierender und nicht codierender Genomabschnitte. Das menschliche Genom enthålt ungefåhr 30 000 proteincodierende Gene, aber durch alternatives Spleiûen und andere Genverstårkungsmechanismen kann daran eine wesentlich græûere Zahl von Polypeptiden synthetisiert werden. Bei den derzeitigen Bemçhungen, die Genzahl genauer festzustellen, bedient man sich verbesserter Computerprogramme, der Analyse von mRNA-Populationen und der vergleichenden Genomanalyse. Letztere besteht darin, dass man homologe Genomabschnitte vergleicht und dabei diejenigen Teile identifiziert, in denen die Sequenzen sich auseinander entwickeln. Konservierte Sequenzen haben vermutlich eine Funktion, die entweder mit Codierung oder mit Regulation zu tun hat (Kap. 10.6).
Zur Selbstçberprçfung
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Zur Selbstçberprçfung () <elche anderen Ergebnisse håtte Mendel erhalten, wenn zwei der sieben von ihm untersuchten Merkmale von Genen codiert wçrden, die auf einem Chromosom der Erbsenpflanze dicht nebeneinander liegen? 2. Sutton konnte den sichtbaren Beweis fçr Mendels Segregationsgesetz liefern. Warum wåre es fçr ihn unmæglich gewesen, das Mendelsche Gesetz der unabhångigen Verteilung zu beståtigen oder zu widerlegen? 3. Die Gene X, Y und Z liegen auf demselben Chromosom. Zeichnen Sie eine einfache Karte mit Reihenfolge und relativen Abstånden zwischen den drei Genen, wobei Sie sich auf folgende Daten stçtzen: Crossing-overzwischen den Håufigkeit Genen 36% X-Z 10% Y-Z 26% X-Y 4. Die Allele an den beiden Enden eines Chromosoms werden durch Crossing over mit so groûer Wahrscheinlichkeit getrennt, dass sie unabhångig voneinander segregieren. Wie kann man mithilfe genetischer Kreuzungen dennoch nachweisen, dass sie zu derselben Kopplungsgruppe gehæren? Wie kænnte man den gleichen Nachweis durch Nucleinsåurehybridisierung fçhren? 5. An welcher Stelle der Kurve in Abb. 10.9 wçrden Sie die Renaturierung der DNA erwarten, die ribosomale RNA codiert? Angenommen, Sie haben eine Pråparation mit reinen DNA-Fragmenten, deren Sequenzen ribosomale RNA codieren. Zeichnen Sie das Diagramm fçr die Renaturierung dieser DNA çber die Kurve fçr die Gesamt-DNA in Abb. 10.19. 6. Ungefåhr 5% des heutigen menschlichen Genoms bestehen aus verdoppelten Abschnitten, die in den letzten 35 Mio. Jahren entstanden sind. Wie konnte man nach Ihrer Vermutung den Zeitraum seit der Verdoppelung eines Chromosomenabschnitts abschåtzen? 7. In Kap. 10.5.4 wurde erwåhnt, dass mindestens 45% des menschlichen Genoms von transponierbaren Elementen abstammen. In Wirklichkeit kænnte der Anteil noch wesentlich hæher sein, aber çber den Ursprung
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vieler anderer Sequenzen kann man keine Aussagen machen. Warum ist es nach Ihrer Ansicht so schwierig, etwas çber die Entstehung zahlreicher Sequenzen im menschlichen Genom in Erfahrung zu bringen? Angenommen, Sie haben zwei DNA-Læsungen, die eine mit Einzel-, die andere mit Doppelstrången. Beide zeigen bei 260 nm die gleiche Absorption. Welche Konzentration hat die DNA in den beiden Læsungen? Welches Markierungsmuster wçrden Sie erwarten, wenn Sie eine $ -Hybridisierung zwischen Mitosechromosomen und markierter mRNA fçr Myoglobin durchgefçhrt haben? Und wie sieht es mit den gleichen Chromosomen und markierter Histon-DNA aus? Welche der folgenden Messungen wåren nach Chargaffs Analyse der Basenzusammensetzung charakteristisch fçr DNA? (1) [A] + [T] = [G] + [C]; (2) [A]/[T] = 1; (3) [G] = [C]; [A] + [G] = [T] + [C]. Angenommen, eine Pråparation doppelstrångiger DNA hat einen C-Gehalt von 15%; wie hoch ist der A-Gehalt? Wenn 30% der Basen in einem DNA-Einzelstrang T sind, sind auch 30% der Basen in diesem Strang A. Ist diese Aussage richtig oder falsch? Warum? Wçrden Sie der Behauptung zustimmen, dass 2m die Temperatur darstellt, bei der 50% der DNA-Molekçle in einer Læsung als Einzelstrånge vorliegen? Angenommen, Sie finden einen Primaten, der ein -Globin-Gen mit nur einer einzigen intervenierenden Sequenz besitzt. Stammt dieses Tier nach Ihrer Ansicht von einem primitiven Vorfahren ab, der sich von anderen Arten getrennt hat, bevor das zweite Intron auftauchte? Im Jahr 1996 erschien in dem Fachblatt , ein Bericht çber das Ausmaû der Trinucleotidvermehrung in der DNA von Blutspendern. Die Autoren hatten festgestellt, dass die Trinucleotidvermehrung sich mit zunehmendem Alter deutlich abschwåcht. Kænnen Sie eine Erklårung fçr diese Befunde nennen?
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Gene und Genom
ternetseite www.wiley.com/college/karp .weitern sie Ihr Verståndnis, indem sie Karps Internetseite ¹Zell- und Molekularbiologieª besuchen. Dort finden Sie ' die gestellten $ & , , die schwierige Sachverhalte und Begriffe verdeutlichen, , die Ihnen bei Prçfungsvorbereitungen helfen, sowie 8 zu interessanten Stellen im Netz. Zusåtzlich zu der Literaturliste unten kann man auf der Internetseite auch noch ' 8 finden.
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Die Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
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11.1 Die Beziehung zwischen Genen und Proteinen 11.2 Transkription bei Pro- und Eukaryoten: eine Ûbersicht 11.3 Synthese und Weiterverarbeitung von ribosomaler RNA und Transfer-RNA 11.4 Synthese und Weiterverarbeitung der Messenger-RNA 11.5 Kleine nicht codierende RNAs und RNA-Interferenz 11.6 Die Codierung der genetischen Information 11.7 Decodierung der Codons: die Funktion der Transfer-RNA 11.8 Die Translation der genetischen Information Aus Sicht des Menschen: Potenzielle klinische Anwendungsgebiete der RNA-Interferenz Experimentelle Verfahren: Die Katalysatorfunktion der RNA
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Der Fortschritt der biologischen Wissenschaft wåhrend der letzten hundert Jahre findet sein bestes Spiegelbild in vielerlei Hinsicht im Wandel des Genbegriffs. Aus Mendels Arbeiten wusste man, dass Gene abgegrenzte Gebilde sind, die bestimmte Merkmale auftreten lassen. Håtte Mendel die Gelegenheit gehabt, er håtte sicher
die Vorstellung vertreten, dass ein Gen jeweils çber ein Merkmal bestimmt. Boveri, Weismann, Sutton und ihre Zeitgenossen entdeckten, dass Gene sich physisch in Chromosomenabschnitten verkærpern. Morgan, Sturtevant und Kollegen wiesen nach, dass Gene ganz bestimmte Adressen haben ± sie liegen an bestimmten Stellen be-
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Die Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
stimmter Chromosomen; diese Adressen sind bei allen Individuen einer biologischen Art die gleichen. Griffith, Avery, Hershey und Chase zeigten, dass Gene aus DNA bestehen. Watson und Crick læsten das Råtsel der DNA-Struktur; damit war erklårt, wie dieses bemerkenswerte Makromolekçl die Erbinformation verschlçsseln kann. Jede neue Formulierung eines solchen Begriffs war ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur genetischen Erkenntnis, aber in keinem Fall ging es dabei um den Mechanismus, durch den die im Gen gespeicherte Information umgesetzt wird, so dass sie die Ablåufe in der Zelle steuern kann. Dieses wichtige Thema werden wir in dem vorliegenden Kapitel erærtern. Dazu befassen wir uns zunåchst mit weiteren Erkenntnissen çber das Wesen der Gene, die uns ihre Funktion bei der Ausprågung der Erbmerkmale nåher bringen.
!!! Die Beziehung zwischen Genen und Proteinen Die erste bedeutsame Erkenntnis çber die Funktionsweise der Gene gelang dem schottischen Arzt Archibald Garrod: Er berichtete 1908, die Symptome bei Patienten mit bestimmten seltenen Erbkrankheiten seien auf das Fehlen ganz bestimmter Enzyme zurçckzufçhren. Unter anderem hatte Garrod sich mit der beschåftigt, einer Krankheit, die man sehr einfach diagnostizieren kann: Der Urin der Betroffenen wird beim Kontakt mit Luft dunkel. Wie Garrod feststellte, fehlt im Blut der Patienten mit Alkaptonurie ein Enzym, das Homogentisinsåure oxidiert ± diese Verbindung entsteht beim Abbau der Aminosåuren Phenylalanin und Tyrosin. Damit hatte Garrod den Zusammenhang zwischen einem genetischen Defekt, einem bestimmten Enzym und einer Stoffwechselstærung entdeckt. Er bezeichnete solche Krankheiten als ¹angeborene Stoffwechselfehlerª. Wie so viele frçhe genetische Beobachtungen von grundlegender Bedeutung, so blieben auch Garrods Erkenntnisse jahrzehntelang unbeachtet. Die Vorstellung, dass Gene die Produktion von Enzymen steuern, wurde in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts durch George Beadle und Edward Tatum vom California Institute of Technology wieder belebt. Die beiden arbeiteten mit dem tropischen Brotschimmel ) ; dieser Einzeller wåchst normalerweise in einem sehr einfachen Nåhrmedium, das nur einen einzigen organischen Kohlenstofflieferanten (zum Beispiel
einen Zucker), anorganische Salze und Biotin (ein B-Vitamin) enthålt. Da ) so wenig zum Leben braucht, konnte man davon ausgehen, dass es alle benætigten Stoffwechselprodukte selbst synthetisiert. Nach den Ûberlegungen von Beadle und Tatum mçsste ein Organismus mit derart breit gefåcherten Stoffwechselfåhigkeiten sehr empfindlich gegençber Enzymdefekten sein, und die sollte man mit einem geeigneten experimentellen Verfahren leicht nachweisen kænnen. Eine vereinfachte Skizze ihrer Vorgehensweise zeigt Abb. 11.1. Beadle und Tatum hatten vor, die Schimmelsporen zu bestrahlen und dann nach Mutationen zu suchen, die in den Zellen zum Fehlen eines bestimmten Enzyms fçhrten. Um solche Mutationen zu finden, testeten sie die Fåhigkeit der bestrahlten Sporen, auf einem zu wachsen; dieses Nåhrmedium enthielt keine der lebenswichtigen Substanzen, die der Organismus bekanntermaûen selbst synthetisierte (Abb. 11.1). Wenn eine Spore in Minimalmedium nicht wachsen kann, sich aber in einem Medium vermehrt, das mit einem bestimmten Coenzym (zum Beispiel der Pantothensåure des Coenzyms A) angereichert ist, konnte man den Schluss ziehen, dass die Zellen diese unentbehrliche Verbindung auf Grund eines Enzymmangels nicht mehr synthetisieren konnten. Zunåchst bestrahlten Beadle und Tatum çber tausend Zellen. Zwei davon konnten anschlieûend auf dem Minimalmedium nicht mehr wachsen: Die eine brauchte zusåtzlich Pyridoxin (Vitamin B6), die andere benætigte Thiamin (Vitamin B1). Am Ende wurden die Nachkommen von etwa 100 000 bestrahlten Sporen untersucht, und dabei konnte man Dutzende von Mutanten isolieren. Jede davon trug einen Gendefekt, und der davon verursachte Enzymmangel fçhrte dazu, dass die Zellen eine bestimmte Stoffwechselreaktion nicht mehr katalysieren konnten. Die Ergebnisse waren eindeutig: Ein Gen trågt die Information fçr den Aufbau eines bestimmten Enzyms ± eine Schlussfolgerung, die als ¹EinGen-ein-Enzym-Hypotheseª bekannt wurde. Nachdem sich spåter herausgestellt hatte, dass Enzyme vielfach aus mehreren Polypeptidketten bestehen, die jeweils in einem eigenen Gen codiert sind, wandelte man die Vorstellung zur ¹Ein-Gen-ein-Polypeptidª-Regel ab. Dieser Zusammenhang beschreibt bis heute in guter Nåherung die Grundfunktion der Gene, er musste aber ebenfalls abgewandelt werden, nachdem man entdeckt hatte, dass ein Gen håufig verschiedene Polypeptide hervorbringen kann; die Ursache hierfçr ist vor allem das alternative Spleiûen (das in Kap. 12.5 genauer erærtert wird).
Die Beziehung zwischen Genen und Proteinen
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ten des Trypsinabbaues von normalem und Sichelzell-Håmoglobin Unterschiede gab. Von den etwa 30 Peptiden in seinem Gemisch wanderte eines in den beiden Ansåtzen unterschiedlich; dieser eine Unterschied war offensichtlich die Ursache fçr alle Symptome der Krankheit. Nachdem Ingram die Fragmente getrennt hatte brauchte er nicht mehr das ganze Protein zu sequenzieren, sondern nur ein kleines Peptid. Wie sich herausstellte, bestand der Unterschied zwischen den beiden Proteinen in einer einzigen Aminosåure: An einer Stelle, wo in dem normalen Molekçl eine Glutaminsåure steht, befindet sich im Sichelzell-Håmoglobin ein Valin. Damit hatte Ingram nachgewiesen, dass eine Mutation in einem einzigen Gen zum Austausch einer ein-
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Die Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
zigen Aminosåure in einem Polypeptid gefçhrt hatte. !!!! %ionsfluss in den Zellen: ein Ûberblick Damit haben wir erfahren, wie der Zusammenhang zwischen genetischer Information und Aminosåuresequenz nachgewiesen wurde, aber das allein lieferte noch keinen Anhaltspunkt fçr den Mechanismus, durch den eine spezifische Polypeptidkette erzeugt wird. Heute wissen wir, dass zwischen einem Gen und seinem Polypeptid ein Zwischençbertråger steht: die
) oder kurz ). Die folgenschwere Entdeckung der Messenger-RNA gelang 1961 Franois Jacob und Jacques Monod vom Pariser Pasteur-Institut, Sydney Brenner von der Universitåt Cambridge sowie Matthew Meselson vom California Institute of Technology. Eine MessengerRNA wird als komplementåre Kopie eines der beiden DNA-Strånge eines Gens zusammengesetzt. Die Synthese einer RNA an einer DNA-Matrize bezeichnet man als ! . Da die mRNA in ihrer Nucleotidsequenz zu der des Gens komplementår ist, an dem sie transkribiert wird, enthålt sie die gleiche Information wie das Gen selbst. Einen Ûberblick çber die Bedeutung
n Abb. 11.2.
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der mRNA fçr den Informationsfluss in einer Eukaryotenzelle gibt Abb. 11.2. Mit Hilfe der Messenger-RNA trennt die Zelle die Informationsspeicherung von der Informationsnutzung. Das Gen bleibt als Teil eines groûen, weitgehend unbeweglichen DNA-Molekçls im Zellkern, seine Information wird aber an eine viel kleinere, bewegliche Nucleinsåure weitergegeben, die ins Cytoplasma wandert. Dort angekommen, kann die mRNA als Matrize den Einbau von Aminosåuren dirigieren, und zwar genau in der Reihenfolge, die in der Nucleotidsequenz der DNA und damit auch der mRNA codiert ist. Auûerdem kann die Zelle ihre Syntheseleistung mit Hilfe der mRNA stark steigern. Ein DNA-Molekçl kann als Matrize fçr die Produktion vieler mRNA-Molekçle dienen, und die kænnen wiederum jeweils zur Synthese zahlreicher Polypeptidketten genutzt werden. Die Proteine werden im Cytoplasma durch einen komplizierten, als ! bezeichneten Prozess synthetisiert. An der Translation sind Dutzende von Bestandteilen beteiligt, darunter auch die Ribosomen. Die Ribosomen sind die unspezifischen Komponenten des Translationsapparats. Diese komplizierten, im Cytoplasma angesiedelten ¹Maschinenª kænnen wie ein Computer so programmiert werden, dass sie die Information in jeder beliebigen mRNA translatieren. Ribosomen bestehen aus Proteinen und
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?@A; die Molekçle dieser ) oder ) werden wie die mRNAs jeweils an den DNA-Strången eines Gens transkribiert. Sie dienen aber nicht als Informationstråger, sondern erkennen und binden andere Molekçle, wirken als Stçtzstrukturen und katalysieren die chemische Reaktion, durch welche Aminosåuren kovalent verknçpft werden. Eine dritte wichtige Gruppe von RNA-Molekçlen, die wåhrend der Proteinsynthese gebraucht werden, sind die Transfer-RNAs oder ) . Sie sind notwendig, damit die Information aus dem Nucleotidcode der mRNA in das Aminosåurealphabet des Polypeptids ¹çbersetztª werden kann. rRNA und tRNA verdanken ihre Fåhigkeiten einer komplizierten Sekundår- und Tertiårstruktur. Im Gegensatz zur DNA, die unabhångig von ihrer Herkunft immer eine åhnliche doppelstrångige Helixstruktur besitzt, falten sich viele RNA-Molekçle zu komplizierten Raumstrukturen, die sich von einem RNA-Typ zum anderen deutlich unterscheiden. Auf Grund dieser unterschiedlichen Formen kænnen RNAs wie Proteine eine Fçlle verschiedener Funktionen erfçllen. Und wie bei Proteinen, so unterliegt die Faltung auch bei RNAs bestimmten Regeln. Wåhrend die Proteinfaltung dadurch vorangetrieben wird, dass hydrophobe Gruppen sich ins Innere des Molekçls zurçckziehen, besteht die Triebkraft der RNA-Faltung in der Ausbildung von Abschnitten mit komplementåren Basenpaaren (Abb. 11.3). Wie man in Abb. 11.3 erkennt, bilden solche basengepaarten Regionen in der Regel doppelstrångige ¹Ståmmeª, an denen einzelstrångige ¹Schleifenª hången. Anders als in der DNA, die ausschlieûlich die çblichen WatsonCrick-Basenpaare (GC und AT) enthålt, findet man in RNA-Molekçlen auch håufig ungewæhnliche Paarungen (kleines Bild in Abb. 11.3). Solche unorthodoxen Molekçlabschnitte dienen als Erkennungsstellen fçr Proteine und andere RNAMolekçle, begçnstigen die Faltung der RNA und tragen zur Stabilisierung des Molekçls bei. Aber die Bedeutung der komplementåren Basenpaarung geht weit çber die Struktur von tRNA und rRNA hinaus. Wie in diesem Kapitel immer wieder deutlich werden wird, ist die Basenpaarung zwischen 9 RNA-Molekçlen von entscheidender Bedeutung fçr die meisten Vorgånge, an denen RNAs mitwirken. Die Funktionen von mRNA, rRNA und tRNA werden in den nåchsten Abschnitten dieses Kapitels genauer erærtert. Eukaryotenzellen produzieren noch eine Fçlle weiterer RNA-Typen, die im Zellstoffwechsel ebenfalls unentbehrliche Funktionen erfçllen. Dazu gehæren die kleinen Kern-RNAs ( -)!, snRNAs), die
Die Beziehung zwischen Genen und Proteinen
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kleinen Nucleolus-RNAs ( -)!, snoRNAs), die kleinen interferierenden RNAs ( -)!, siRNAs) und die MikroRNAs (-)!, miRNAs). Die zuletzt genannte Gruppe von RNA-Molekçlen rçckte erst in den letzten Jahren plætzlich ins Blickfeld und erinnert uns wieder einmal daran, dass in den Zellen noch viele Geheimnisse ihrer Entdeckung harren. Vermutlich sind in unserem Genom viele hundert solcher winzigen Mikro-RNAs codiert, aber von ihrer Funktion haben wir bisher so gut wie keine Vorstellung. Wer sich noch einmal die grundlegenden Kenntnisse çber RNA vor Augen fçhren mæchte, sollte zu Kap. 2.5.4 zurçckblåttern.
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Die Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
!!$ 9anskription bei Pro- und Eukaryoten: eine Ûbersicht >m Rahmen der Transkription liefert ein Strang der DNA die Information fçr die Synthese eines RNA-Stranges. Die Enzyme, die in Pro- und Eukaryotenzellen fçr die Transkription zuståndig sind, bezeichnet man als ) 1 ) /% oder einfach als )/% . Diese Enzyme bauen ein Nucleotid nach dem anderen in einen RNA-Strang ein, wobei dieser komplementår zur $ ist, einem der beiden DNA-Strånge. Wenn eine RNA synthetisiert werden soll, besteht der erste Schritt in der Anlagerung der Polymerase an die DNA-Matrize. Damit sind wir bei einem Thema von ganz allgemeinem Interesse: den spezifischen Wechselwirkungen zwischen zwei ganz unterschiedlichen Makromolekçlen, nåmlich Proteinen und Nucleinsåuren. Genau wie die Enzyme, die sich in der Evolution so entwickelt haben, dass sie unterschiedliche Substrate binden und verschiedenartige Reaktionen katalysieren, so haben manche Proteine sich auch so angepasst, dass sie ganz bestimmte Nucleotidsequenzen in einem Nucleinsåurestrang erkennen und binden. Die Stelle auf der DNA, an die ein Molekçl der RNA-Polymerase vor dem Beginn der Transkription bindet, bezeichnet man als /. Die RNA-Polymerasen der Zellen erkennen Promotoren aber nicht allein, sondern sie sind dazu auf die Mitwirkung zusåtzlicher Faktoren angewiesen, die man !
nennt. Der Promotor stellt nicht nur eine Bindungsstelle fçr die Polymerase dar, sondern er enthålt auch die Information darçber, welcher der beiden DNA-Strånge transkribiert wird und an welcher Stelle die Transkription beginnt. Die Polymerase wandert an der DNA-Matrize entlang in Richtung von deren 5'-Ende (das heiût in 3' ? 5'-Richtung). Wo die Polymerase entlanglåuft, wird die DNA vorçbergehend auseinander gewunden und die Polymerase baut einen komplementåren RNA-Strang auf, der von seinem 5'-Ende aus in 3'-Richtung wåchst (Abb. 11.4 a, b). Wie man in Abb. 11.4 c erkennt, katalysiert die RNA-Polymerase die Reaktion RNA + NPPP ? RNA +1 + PPi Dabei werden die Ribonucleosidtriphosphat-Vorlåufer (NPPPs) zu Nucleosidmonophosphaten hydrolysiert und polymerisieren gleichzeitig zur kovalent verknçpften Kette. Reaktionen, die zur
Synthese von Nucleinsåuren (und Proteinen) fçhren, unterscheiden sich grundlegend von denen des Intermediårstoffwechsels, die in Kap. 3 beschrieben wurden. Manche Reaktionen, in deren Rahmen Aminosåuren und andere kleine Molekçle entstehen, befinden sich unter Umstånden so nahe am Gleichgewicht, dass man eine nennenswerte Rçckreaktion messen kann; Nucleinsåure- und Proteinsynthesereaktionen dagegen mçssen unter Bedingungen ablaufen, die so gut wie keine Rçckreaktion zulassen. Bei der Transkription wird diese Anforderung durch eine zweite Reaktion erfçllt. Sie lautet PPi ? 2 Pi und wird von einem anderen Enzym katalysiert, einer Pyrophosphatase. In diesem Fall wird das in der ersten Reaktion entstandene Pyrophosphat (PPi) zu anorganischem Phosphat (Pi) hydrolysiert. Dabei wird so viel freie Enthalpie frei, dass der Einbau der Nucleotide praktisch nicht mehr umzukehren ist. Wåhrend die Polymerase an der DNA-Matrize entlangwandert, baut sie komplementåre Nucleotide in die wachsende RNA-Kette ein. Ein Nucleotid wird in den RNA-Strang eingebaut, wenn es ein ordnungsgemåûes (Watson-Crick-) Basenpaar mit einem Nucleotid des transkribierten DNA-Stranges ausbilden kann. Dies erkennt man in Abb. 11.4 c: Dort paart sich das neu hinzukommende Adenosin-5'-triphosphat mit einem thyminhaltigen Nucleotid der Matrize. Ist die Polymerase an einem DNA-Abschnitt vorçbergelaufen, bildet sich die DNA-Doppelhelix wieder aus (Abb. 11.4 a, b). Die RNA-Kette bleibt also (abgesehen von neun Nucleotiden unmittelbar hinter der Stelle, wo die Polymerase arbeitet) nicht als RNA-DNA-Hybrid mit der Matrize verbunden. RNA-Polymerasen kænnen in jeder Sekunde 20 bis 50 Nucleotide in ein wachsendes RNA-Molekçl einbauen, und in einer Zelle werden viele Gene gleichzeitig durch mehrere hundert Polymerasemolekçle transkribiert (wie in Abb. 11.11 c). Die elektronenmikroskopische Aufnahme in Abb. 11.4 d zeigt ein Molekçl einer Phagen-DNA mit mehreren gebundenen RNA-Polymerasemolekçlen. RNA-Polymerasen kænnen sehr lange RNAMolekçle synthetisieren. Das Enzym muss also çber lange Strecken an die DNA-Matrize gebunden bleiben (eine Eigenschaft, die man als / $
9 1 bezeichnet). Gleichzeitig muss die Bindung aber auch so lose sein, dass das Enzym sich auf der Matrize von einem Nucleotid zum nåchsten bewegen kann. Die Prozessivitåt und manche anderen Eigenschaften der RNA-Poly-
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Die Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
merasen lassen sich kaum untersuchen, wenn die angewandten biochemischen Methoden die Unterschiede zwischen einzelnen Proteinmolekçlen als Durchschnittswerte einebnen. Deshalb hat man Verfahren entwickelt, mit denen man die Tåtigkeit einzelner RNA-Polymerasemolekçle verfolgen kann, ganz åhnlich wie bei der Untersuchung von Motorproteinen des Cytoskeletts. Zwei Beispiele fçr solche Untersuchungen zeigt Abb. 11.5. Hier ist in beiden Fållen eine einzelne RNA-Polymerase an ein Deckglas gekoppelt. Man låsst sie dann ein DNA-Molekçl transkribieren, an dessen eines Ende kovalent eine fluoreszierende Perle gekoppelt ist. Die Bewegung des fluoreszierenden Kçgelchens kann man dann im Fluoreszenzmikroskop verfolgen.
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In Abb. 11.5 a befindet sich die Perle frei in Læsung; ihr Bewegungsspielraum ist proportional zur Långe des DNA-Abschnitts zwischen Polymerase und Perle. Wenn die Polymerase die Matrize transkribiert, wird das Verbindungsstçck des DNA-Stranges immer långer und die Bewegungen der Perle nehmen zu. Mit einem solchen System kann man untersuchen, wie schnell eine einzelne Polymerase transkribiert, und man kann feststellen, ob sie die DNA stetig oder mit unterbrochenen Bewegungen abliest. In Abb. 11.5 b wird die Perle am Ende der DNA durch einen eng fokussierten Laserstrahl festgehalten (Kap. 4.6.2). Die geringe Kraft der Laserfalle låsst sich variieren, bis sie gerade eben ausreicht, um die Polymerase an der Fortsetzung der Transkription zu hindern. Wie man aus Messungen an solchen arbeitenden RNA-Polymerasemolekçlen weiû, bewegen sich diese Molekçle mit doppelt so groûer Kraft wie Myosin. Die Antriebsenergie fçr die Wanderung der Polymerase stammt aus der Hydrolyse der NPPP-Vorlåufer, die in die wachsende RNA-Kette eingebaut werden. Obwohl die Polymerasen also relativ kråftige molekulare Motoren sind, wandern sie nicht immer stetig und ununterbrochen. Håufig legen sie an bestimmten Stellen der Matrize unterschiedlich lange Pausen ein. In manchen Fållen muss eine derart stehengebliebene Polymerase das 3'-Ende des gerade synthetisierten Transkripts abbauen und den fehlenden Teil neu herstellen, bevor sie ihre Wanderung fortsetzen kann. Mittlerweile kennt man eine ganze Reihe von Elongationsfaktoren, mit deren Hilfe das Enzym solche Blockaden besser çberwinden kann. An dieser Stelle ist es sinnvoll, die Unterschiede der Transkription in Pro- und Eukaryotenzellen genauer zu betrachten. !!$! 9anskription bei Prokaryoten Bakterien wie besitzen einen einzigen Typ einer RNA-Polymerase. Dieses Enzym besteht aus fçnf Untereinheiten, die fest verbunden sind und das +#$% bilden.1 Wenn man das Core-Enzym aus Bakterienzellen reinigt und einer Læsung mit Bakterien-DNA-Molekçlen und Ribonucleosidtriphosphaten zusetzt, bindet es an die DNA und synthetisiert RNA. Eine solche gereinigte Polymerase erzeugt aber ganz andere RNA-Molekçle als das Enzym in der Zelle, weil das Core1 Die Archaea, die das dritte groûe Reich der Lebewesen bilden, besitzen ebenfalls eine einzige RNA-Polymerase, die aber eine ganz andere Untereinheitenzusammensetzung hat und stårker einer eukaryotischen RNA-Polymerase åhnelt.
Transkription bei Pro- und Eukaryoten: eine Ûbersicht
Enzym sich in der Læsung ganz zufållig an verschiedene Stellen der DNA heftet, die es çbergehen wçrde. Setzt man der RNA-Polymerase aber vor der Anheftung an die DNA das Hilfs-Polypeptid & (r) zu, beginnt die Transkription nur an ausgewåhlten Orten (Abb. 11.6 a, b). Durch die Anlagerung des r-Faktors an das Core-Enzym steigt die Affinitåt des Enzyms fçr Promotorstellen in der DNA und seine Affinitåt fçr DNA im Allgemeinen nimmt ab. Die Ræntgenstrukturanalyse der RNA-Polymerase aus Bakterien (Abb. 11.8) zeigt ein Molekçl, das wie eine ¹Krebsschereª geformt ist: Es hat zwei bewegliche Zangenteile (Kiefer), die einen positiv geladenen Kanal umschlieûen. Wenn der r-Faktor mit dem Promotor in Wechselwirkung tritt, greifen die Zangenkiefer nach dem stromabwårts gelegenen Doppelstrang, der sich in dem Kanal befindet (wie in Abb. 11.4 b). Anschlieûend trennt das Enzym in dem Bereich um die Startstelle die beiden DNA-Strånge (Abb. 11.6 c). Durch die Strangtrennung wird die Matrize fçr das aktive Zentrum des Enzyms zugånglich, das sich an der Rçckwand des Kanals befindet. Offensichtlich ist die Initiation der Transkription ein schwieriges Unterfangen: In der Regel unternimmt die RNA-Polymerase mehrere vergebliche Versuche, ein RNA-Transkript zusammenzusetzen. Nachdem die ersten zehn bis zwælf Nucleotide erfolgreich in ein neues Transkript eingefçgt sind, macht das Enzym eine umfangreiche Konformationsånderung durch und verwandelt sich in den ! # -" der prozessiv an der DNA entlang wandern kann. Auf die Ausbildung des Elongationskomplexes folgt im Allgemeinen die Freisetzung des Sigmafaktors (Abb. 11.6 d). Bakterienpromotoren liegen im DNA-Strang unmittelbar vor der Stelle, an der die Transkription beginnt (Abb. 11.7). Das Nucleotid, an dem die Transkription beginnt, wird als +1 bezeichnet, das Nucleotid unmittelbar davor heiût ±1. DNAAbschnitte vor dieser Initiationsstelle (d. h. nåher am 3'-Ende der Matrize) liegen '1
( ) von dieser Stelle, nachfolgende Abschnitte (in Richtung des 5'-Endes der Matrize) heiûen '1 (+ ) gelegene Sequenzen. Bei der Analyse unmittelbar stromaufwårts gelegener Sequenzen aus zahlreichen Bakteriengenen stieû man auf zwei kurze Stçcke, die bei vielen Genen sehr åhnlich sind. Eines davon hat seinen Mittelpunkt ungefåhr 35 Basen stromaufwårts von der Initiationsstelle und besitzt im typischen Fall die Sequenz TTGACA (Abb. 11.7). Diese TTGACA-Sequenz (die auch -35-Element genannt wird) bezeichnet man als +
<$, das heiût, sie ist die am håufigsten vor-
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kommende Version einer konservierten Sequenz, von Gen zu Gen gibt es aber Abweichungen. Die zweite konservierte Sequenz liegt ungefåhr zehn Basen stromaufwårts von der Initiationsstelle und hat die Consensussequenz TATAAT (Abb. 11.7). Diese Stelle im Promotor, die nach ihrem
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Die Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
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Entdecker als / '7- bezeichnet wird, sorgt fçr die genaue Festlegung des Nucleotids, an dem die Transkription beginnt. Bakterienzellen besitzen verschiedene r-Faktoren, die unterschiedliche Versionen der Promotorsequenz erkennen. Das Protein r70 wird als ¹Haushaltsª- r-Faktor bezeichnet, weil es die Transkription der meisten Gene in Gang setzt. Andere r-Faktoren initiieren ganz gezielt die Transkription weniger Gene, die an einer gemeinsamen Reaktion mitwirken. Setzt man -Zellen beispielsweise einer plætzlichen Temperatursteigerung aus, wird ein neuer r-Faktor synthetisiert, der eine andere Promotorsequenz erkennt und fçr die koordinierte Transkription einer Gruppe von 2 $ sorgt. Die Produkte dieser Gene schçtzen die çbrigen Proteine der Zelle vor hitzebedingten Schåden (Kap. 2, ¹Experimentelle Verfahrenª). Die Transkription wird nicht nur an bestimmten Stellen des Chromosoms in Gang gesetzt, sondern sie endet auch, wenn sie eine spezifische Nucleotidsequenz erreicht. In ungefåhr der Hålfte aller Fålle ist ein ringfærmiges Protein namens bei Bakterien fçr die Termination der Transkription erforderlich. - umschlieût die neu synthetisierte RNA, wandert an dem Strang entlang zur Polymerase und trennt die RNA von der DNA, an die sie gebunden ist. In anderen Fållen beendet die Polymerase die Transkription, wenn sie eine ! <$ erreicht; dann setzt sie die fertig gestellte RNA-Kette frei, ohne dass weitere Faktoren notwendig wåren.
these einer bestimmten Gruppe von RNAs zuståndig sind:
!!$$ 9anskription und RNA-Processing bei Eukaryotenzellen Eukaryotenzellen besitzen drei verschiedene Transkriptionsenzyme, die jeweils fçr die Syn-
n Die )/% 6 synthetisiert die græûeren ribosomalen RNAs (28S, 18S und 5,8S). n Die )/% 66 stellt MessengerRNAs und die meisten kleinen RNAs im Zellkern (snRNAs und snoRNAs) her. n Die )/% 666 synthetisiert verschiedene RNAs mit geringem Molekulargewicht, darunter die Transfer-RNAs, die ribosomale 5S-RNA und die U6-snRNA. Man kennt keinen einzigen Prokaryoten mit mehreren RNA-Polymerasen, bei den einfachsten Eukaryoten jedoch (den Hefen) findet man bereits die gleichen drei Typen wie in Såugerzellen. Dieser Unterschied in der Zahl der RNA-Polymerasen ist ebenfalls ein charakteristisches Merkmal, in dem sich Pro- und Eukaryotenzellen unterscheiden (s. die Fuûnote zu Kap. 11.2.1). Einen groûen Fortschritt fçr unsere Kenntnisse çber die Transkription der Eukaryoten bedeutete die Veræffentlichung der ræntgenstrukturanalytisch aufgeklårten Struktur der RNA-Polymerase II aus Hefe durch Roger Kornberg und seine Kollegen von der Stanford University. Das Hefeenzym besteht zwar aus mehr Untereinheiten als sein Gegenstçck bei Bakterien, die grundlegende Kernstruktur der beiden Enzyme und ihr grundlegender Transkriptionsmechanismus sind aber praktisch nicht zu unterscheiden (Abb. 11.8). Von den zusåtzlichen Untereinheiten der eukaryotischen Polymerasen sind einige wahrscheinlich von zentraler Bedeutung fçr die Wechselwirkungen des Enzyms mit anderen Proteinen. Ein wichtiger Unterschied zwischen der
Synthese und Weiterverarbeitung von ribosomaler RNA und Transfer-RNA
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Nucleotiden Långe und die mit ihnen assoziierten Proteine. In den nåchsten Abschnitten werden wir uns ansehen, welche Vorgånge im Zusammenhang mit Transkription und Processing der drei Haupttypen eukaryotischer RNA ablaufen.
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'ranskription von Pro- und Eukaryoten besteht nåmlich darin, dass bei Eukaryoten eine groûe Zahl von Hilfsproteinen (Transkriptionsfaktoren) erforderlich ist. Diese Proteine spielen fçr praktisch alle Aspekte der Transkription eine groûe Rolle, von der Bindung der Polymerase an ihre DNA-Matrize çber die Initiation der Transkription und die Elongation bis zur Termination. Transkriptionsfaktoren sind fçr die Tåtigkeit aller drei eukaryotischen RNA-Polymerasen unentbehrlich, sie werden hier aber nur im Zusammenhang mit der mRNA-Synthese durch die RNA-Polymerase II genauer erærtert (Kap. 11.4.1). Alle drei Haupttypen der RNA ± mRNA, rRNA und tRNA ± stammen von RNA-Vorlåufermolekçlen ab, die erheblich långer sind als das fertige RNA-Produkt. Die Vorlåufer-RNA entspricht in ihrer Långe dem gesamten transkribierten DNA-Abschnitt und wird als / 1 oder /1 ) bezeichnet. Der zugehærige DNA-Abschnitt, an dem das Primårtranskript transkribiert wird, heiût ! . Primårtranskripte liegen in den Zellen nicht als nackte RNA vor, sondern lagern sich schon wåhrend ihrer Synthese mit Proteinen zusammen. Sie haben in der Regel nur ein kurzes Leben, weil sie in einer Reihe von ¹Ausschneide- und Einfçgereaktionenª zu kleineren, funktionsfåhigen RNA-Molekçlen weiterverarbeitet werden. Dieses )/
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11.3 Synthese und Weiterverarbeitung von ribosomaler RNA und Transfer-RNA Eukaryotenzellen enthalten Millionen von Ribosomen. Jedes davon besteht aus mehreren rRNAMolekçlen und einigen Dutzend Ribosomenproteinen. Die Zusammensetzung eines Såugetierribosoms zeigt Abb. 11.9. Die Ribosomen sind so zahlreich, dass die ribosomale RNA in den meisten Zellen mehr als 80% der gesamten RNAMenge ausmacht. Damit die Zelle eine derart riesige Zahl von Transkripten herstellen kann, liegen die DNA-Sequenzen, die rRNA codieren, in der Regel in mehreren hundert Kopien vor. Diese Sequenzen, ) genannt, befinden sich normalerweise gehåuft in einigen wenigen Genomabschnitten oder sogar nur in einem einzigen. In einer Interphasezelle, die sich nicht teilt, bilden die rDNA-Bereiche eine oder mehrere unregelmåûig geformte Strukturen im Zellkern, die man als ) (Einzahl ) ) bezeichnet; sie sind der Ort, an dem die Ribosomen entstehen (Abb. 10.10 a). Ein Nucleolus besteht zum græûten Teil aus Ribosomenuntereinheiten, die ihm ein kærniges Aussehen verleihen (Abb. 11.10 b). In der kærnigen Masse eingebettet sind ein oder mehrere rundliche Kerne, die vorwiegend aus Fasermaterial bestehen. Wie in der Legende zu Abb. 11.10 genauer erærtert wird, handelt es sich bei den Fasern nach heutiger Kenntnis um rDNA-Matri-
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Die Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
sie die idealen Objekte, wenn man Synthese und Processing der rRNA untersuchen will. Unsere Kenntnisse çber die rRNA-Synthese kamen Ende der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts einen groûen Schritt weiter, als Oscar Miller, Jr. von der University of Virginia ein Verfahren entwickelte, mit dem man ¹Gene in Aktionª im Elektronenmikroskop sichtbar machen konnte. Zu diesem Zweck wurde der faserige Inhalt der Nucleoli vorsichtig ausgebreitet, so dass groûe, ringfærmige Fåden erkennbar wurden. Untersuchte man solche Fasern einzeln im Elektronenmikroskop, sahen sie aus wie eine Kette von Weihnachtsbåumen (Abb. 11.11 b, c). An den elektronenmikroskopischen Aufnahmen in Abb. 11.11 erkennt man mehrere Aspekte der Tåtigkeit von Nucleoli und der rRNA-Synthese.
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zen und neu entstehende rRNA-Transkripte. Den Vorgang, durch den diese rRNA-Transkripte entstehen, werden wir uns in den nåchsten Abschnitten genauer ansehen. !!'! Die Synthese des rRNA-Vorlåufers Oocyten sind meist sehr groûe Zellen ± bei Såugetieren haben sie beispielsweise einen Durchmesser von rund 100 lm, bei Amphibien erreichen sie mit einem Durchmesser von bis zu 2,5 mm sogar geradezu gigantische Ausmaûe. Wåhrend eine Amphibienoocyte heranwåchst, nimmt die Zahl ihrer Nucleoli und damit auch die Menge der rDNA stark zu (Abb. 11.11a). Diese selektive Amplifikation der rDNA ist notwendig, damit die Ribosomen in der groûen Zahl gebildet werden kænnen, welche die befruchtete Eizelle zu Beginn der Embryonalentwicklung benætigt. Solche Oocyten enthalten Hunderte von Nucleoli, die alle aktiv rRNA synthetisieren; damit sind
1. Die Aufnahme in Abb. 11.11 b zeigt zahlreiche Gene fçr ribosomale RNA, die hintereinander auf einem einzigen langen DNA-Molekçl liegen; die repetitiven rRNA-Gene sind also tandemfærmig angeordnet. 2. Die Mikroskopaufnahme in Abb. 11.11 b ist eine Momentaufnahme der dynamischen Vorgånge im Nucleolus. Richtig interpretiert, liefert dieses Foto viele Aufschlçsse çber den Ablauf der rRNA-Transkription. Jede der rund 100 Fasern, die als Zweige eines ¹Christbaumesª von der DNA ausgehen, ist eine entstehende rRNA-Kette, die wåhrend der Elongation im Bild festgehalten wurde. Das dunkle Korn am Ansatz jeder Faser, das man in der stårker vergræûerten Aufnahme in Abb. 11.11 c erkennt, ist das Molekçl der RNA-Polymerase I, das dieses rRNA-Molekçl synthetisiert. Die Långe der Fasern nimmt von einem Ende des ¹Baumstammesª zum anderen zu. Die kçrzeren Fasern sind RNA-Molekçle mit weniger Nucleotiden; die zugehærigen Polymerasemolekçle sind nåher an der Initiationsstelle der Transkription an die DNA gebunden. Je långer die Faser ist, desto stårker nåhert sich das Transkript der Fertigstellung. Der DNA-Abschnitt zwischen den kçrzesten und den långsten RNA-Fasern entspricht einer einzelnen Transkriptionseinheit. Der Promotor liegt unmittelbar stromaufwårts von der Initiationsstelle der Transkription. Und in der hohen Dichte der RNA-Polymerasemolekçle an den einzelnen Transkriptionseinheiten
Synthese und Weiterverarbeitung von ribosomaler RNA und Transfer-RNA
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(ungefåhr ein Molekçl je 100 Basenpaare der DNA) spiegelt sich die starke RNASynthese, die in den Nucleoli dieser Oocyten stattfindet. 3. In Abb. 11.11 c erkennt man an den RNAFasern Verdickungen und angeheftete Partikel. Diese Gebilde bestehen aus RNA und Proteinen, die gemeinsam die rRNAVorlåufer zur fertigen rRNA weiterverarbeiten und zu Ribosomenuntereinheiten zusammensetzen. 4. Wie in Abb. 11.11 b deutlich wird, ist der Bereich der DNA-Faser zwischen benachbarten Transkriptionseinheiten frei von entstehenden RNA-Ketten. Da dieser Teil der rRNA-Gengruppe nicht transkribiert wird, bezeichnet man ihn als
' ( $ ) (Abb. 11.12). Solche nicht transkribierten Zwischenabschnitte findet man zwischen ganz unterschiedlichen tandemfærmig wiederholten Genen, auch zwischen denen fçr tRNAs und Histone.
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!!'$ Die Weiterverarbeitung des rRNA-Vorlåufers Eukaryotenribosomen enthalten vier verschiedene ribosomale RNAs, davon drei in der groûen Untereinheit und eine in der kleinen. In der groûen Untereinheit liegen beim Menschen drei RNA-Molekçle von 28S, 5,8S und 5S, die kleine Untereinheit enthålt ein 18S-Molekçl.2 Drei davon (die 28S-, 18S- und 5,8S-RNA) werden von verschiedenen Nucleasen aus dem gleichen Primårtranskript (der /1 )) herausgeschnitten. Die 5S-rRNA entsteht auûerhalb des Nucleolus aus einem eigenen Vorlåufer. Hier soll zunåchst die Prå-rRNA betrachtet werden. Im Vergleich zu anderen RNA-Transkripten fallen an der Prå-rRNA zwei Besonderheiten auf: eine groûe Zahl methylierter Nucleotide und vie2 Der S-Wert (auch Svedberg-Einheit genannt) ist ein Maû fçr den Sedimentationskoeffizienten der RNA; je græûer er ist, desto schneller wandert das Molekçl bei der Zentrifugation durch das Schwerefeld und desto græûer ist es (sofern es sich um chemisch åhnliche Molekçle handelt). Die 28S-, 18S-, 5,8S- und 5S-RNAs bestehen (in der gleichen Reihenfolge) aus 5000, 2000, 160 und 120 Nucleotiden.
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le Pseudouridinbausteine. Wenn eine menschliche Prå-rRNA zum ersten Mal gespalten wird, sind bereits çber 100 Methylgruppen an Riboseeinheiten des Molekçls angefçgt und ungefåhr 95 Uridinreste sind chemisch zu Pseudouridin abgewandelt (Abb. 11.15 a). Alle diese Modifikationen finden statt, nachdem die Nucleotide in die neu entstehende RNA eingefçgt wurden, also ! . Die verånderten Nucleotide liegen an ganz bestimmten Positionen und gehåuft in Abschnitten des Molekçls, die bei allen Lebewesen konserviert sind. Alle verånderten Nucleotide der Prå-rRNA bleiben in den fertigen Produkten erhalten, unmodifizierte Abschnitte dagegen werden im Laufe des Processing beseitigt. Welche Funktion die Methylgruppen und Pseudouridinreste erfçllen, ist nicht geklårt.
Die modifizierten Nucleotide kænnten Teile der Prå-rRNA vor enzymatischem Abbau schçtzen, die Faltung der rRNAs zu ihrer endgçltigen Raumstruktur begçnstigen und/oder Wechselwirkungen der RNAs mit anderen Molekçlen begçnstigen. Mutationen in dem Enzym, das bei der rRNA (und manchen anderen RNAs) fçr die Umwandlung von Uridin in Pseudouridin sorgt, konnte man mit der Dyskeratose in Verbindung bringen, einer seltenen, tædlichen Krankheit, die durch Hautverånderungen, Knochenmarksschwund und eine erhæhte Anfålligkeit fçr Krebserkrankungen gekennzeichnet ist. Da die rRNAs so stark methyliert sind, kann man ihre Synthese verfolgen, indem man die Zellen mit radioaktiv markiertem Methionin markiert, einer Verbindung, die in den meisten
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n 11.12. Die Transkriptionseinheit fçr rRNA. Die obere Zeichnung zeigt einen DNA-Abschnitt aus dem Nucleolus, der gerade in rRNA transkribiert wird. Unten ist eine Transkriptionseinheit, die bei und Maus die rRNA codiert, schematisch dargestellt. DNA-Abschnitte, die sich in der reifen rRNA wieder finden, sind gekennzeichnet. Die transkribierten Zwischensequenzen ( ) werden zwar
transkribiert, ihre zugehærige RNA wird aber im Zuge des Processing abgebaut. Die nicht transkribierte Zwischensequenz, die zwischen den Transkriptionseinheiten liegt, enthålt auf der 5'-Seite des Gens die Promotorregion und einen Enhancer (d. h. einen DNA-Abschnitt, der die Transkription verstårkt). (Nach: Sollner-Webb B, Mougey EB (1991) Trends Biochem Sci 16:59)
Zellen die Methylgruppen liefert. Die Methylgruppe wird enzymatisch vom Methionin auf Nucleotide in der Prå-rRNA çbertragen. Setzt man einer Kultur von Såugerzellen fçr kurze Zeit [14C]-Methionin zu, findet sich ein betråchtlicher Anteil der aufgenommenen Radioaktivitåt in einem RNA-Molekçl von 45S wieder, was einer Långe von etwa 13 000 Nucleotiden entspricht. Diese 45S-RNA wird zu mehreren kleineren Molekçlen gespalten, die dann zu den Molekçlen von 28S, 18S und 5,8S zurechtgestutzt werden. Die Gesamtlånge der drei reifen rRNAs summiert sich auf knapp 7000 Nucleotide oder etwas mehr als die Hålfte des Primårtranskripts. Einige Weiterverarbeitungsschritte auf dem Weg von der 45S-Prå-rRNA zu den reifen rRNAs kann man verfolgen, wenn man Såugerzellen ganz kurz mit markiertem Methionin inkubiert und die Zellen dann wåhrend unterschiedlich langer Chase-Phasen in unmarkiertem Medium weiter wachsen låsst (Abb. 11.13). (Das Prinzip solcher ¹Pulse-Chase-Experimenteª wurde in Kap. 8.2.1 erærtert.) Wie bereits erwåhnt, wird in einem solchen Experiment zunåchst das 45S-Primårtranskript markiert, so dass es nach ungefåhr zehn Minuten als Radioaktivitåtsgipfel (rot gepunktete Linie) in der RNA-Fraktion aus dem Nucleolus auftaucht. Nach ungefåhr einer Stunde ist die 45S-RNA aus dem Nucleolus verschwunden und an ihre Stelle tritt eine 32S-RNA, eines der zwei Hauptprodukte, die aus dem 45S-Primårtranskript im ersten Schritt entstehen. Die 32S-RNA ist in dem Zeitraum von 40 bis 150 Minuten nach der Markierung als
deutlicher Gipfel in der Fraktion aus dem Nucleolus zu erkennen. Sie dient als Vorlåufer fçr die reife 28S- und 5,8S-rRNA. Das zweite wichtige Spaltprodukt der 45S-Prå-rRNA verlåsst den Nucleolus recht schnell und taucht als reife 18S-rRNA im Cytoplasma auf (so dass man sie nach 40 Minuten in der Cytoplasmafraktion findet). Nach mindestens zwei weiteren Stunden hat die Radioaktivitåt den Nucleolus fast vollståndig verlassen und sich zum græûten Teil im Cytoplasma in der 28S- und 18-rRNA gesammelt. Die Radioaktivitåt im 4S-Gipfel enthålt sowohl die 5,8S-rRNA als auch Methylgruppen, die auf kleine RNA-Molekçle çbertragen wurden. Einen mutmaûlichen Weg fçr das Processing eines rRNA-Primårtranskripts zeigt Abb. 11.14. Funktion der snoRNA Am Processing der Prå-rRNA wirken zahlreiche kleine Nucleolus-RNAs (small nucleolar RNAs, snoRNAs) mit; diese sind mit bestimmten Proteinen zu Teilchen zusammengelagert, die als kleine Nucleolus-Ribonucleoproteine (small nucleolar ribonucleoproteins, snoRNPs) bezeichnet werden. Elektronenmikroskopische Aufnahmen zeigen, dass die snoRNPs sich bereits mit dem rRNA-Vorlåufer zusammenlagern, bevor dieser vollståndig transkribiert ist. Das erste Teilchen, das sich an eine Prå-rRNA anheftet, enthålt die U3-snRNA und mehr als zwei Dutzend verschiedene Proteine. Diesen riesigen Bestandteil des RNA-Weiterverarbeitungsapparates erkennt man in Abb. 11.11c in Form kleiner Kçgelchen, die an das åuûere Ende der entstehenden RNA-Fa-
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sern gebunden sind; dort katalysieren sie die Entfernung des 5'-Endes vom Transkript (Abb. 11.14). Ein Teil der in Abb. 11.14 dargestellten enzymatischen Spaltungsreaktionen wird wahrscheinlich vom ¹Exosomª katalysiert, einem RNA-Abbauapparat, der aus fast einem Dutzend verschiedener Exonucleasen besteht. U3 und mehrere andere snoRNAs wurden bereits vor vielen Jahren nachgewiesen, weil sie in groûen Mengen (etwa 106 Kopien pro Zelle) vorliegen. In jçngerer Zeit entdeckte man eine andere Klasse von snoRNAs mit viel geringerer Konzentration (rund 104 Molekçle je Zelle). Diese gering konzentrierten snoRNAs kann man nach ihrer Funktion und den Øhnlichkeiten der Nucleotidsequenz in zwei Gruppen einteilen. Die RNAs der einen Gruppe (A "@ -)! ge-
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nannt) bestimmen darçber, an welchen Nucleotiden der Prå-rRNA die Ribosereste methyliert werden, die der zweiten Gruppe (die A 3@!"! -)!) legen fest, welche Uridine sich in Pseudouridin verwandeln. Die Struktur der Nucleotide, die durch diese beiden Reaktionen modifiziert wurden, zeigt Ab. 11.15 a. Die snoRNAs beider Gruppen enthalten relativ lange Abschnitte (10 bis 21 Nucleotide), die zu Teilen des rRNA-Transkripts komplementår sind. Diese snoRNAs sind ein ausgezeichnetes Beispiel fçr das Prinzip, dass einzelstrångige Nucleinsåuren mit komplementåren Sequenzen doppelstrångige Hybride ausbilden kænnen. In diesem Fall bindet jede snoRNA spezifisch an einen Teil der Prå-rRNA, so dass ein RNA-RNA-Doppelstrang entsteht. Die gebundene snoRNA dirigiert dann ein Enzym ± entweder eine Methylase oder eine Pseudouridylase ± innerhalb des snoRNP so, dass es ein bestimmtes Nucleotid der PrårRNA modifiziert. Insgesamt gibt es etwa 200 verschiedene snoRNAs, eine fçr jede Position der Prå-rRNA, die methyliert oder in Pseudouridin verwandelt wird. Bei einer Deletion des Gens, das eine solche snoRNA codiert, wird eines der Nucleotide in der Prå-rRNA nicht mehr enzymatisch modifiziert. Den Wirkungsmechanismus der beiden snoRNA-Typen zeigt Abb. 11.15 b, c. Die çberraschende Entdeckung, dass diese RNAs in den intervenierenden Sequenzen
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anderer Gene codiert sind, wird in Kap. 11.4.4 genauer erærtert. Im Nucleolus findet nicht nur das Processing der rRNA statt, sondern auch der Zusammenbau der beiden Ribosomenuntereinheiten. Die RNA verbindet sich wåhrend ihrer Weiterverarbeitung mit zweierlei Proteinen: mit Ribosomenproteinen, die in den Untereinheiten verbleiben, und mit Hilfsproteinen, die vorçbergehend mit den RNA-Zwischenprodukten in Wechselwirkung treten und nur fçr das Processing gebraucht werden. Zur zweiten Gruppe gehæren mehr als ein Dutzend RNA-Helikasen, Enzyme, die doppelstrångige RNA-Abschnitte auseinander winden. Diese Enzyme wirken wahrscheinlich bei den vielen Strukturumordnungen mit, die sich bei der Entstehung der Ribosomen abspielen, unter anderem auch bei der Anlagerung und Ablæsung der snoRNAs. !!'' *ese und Processing der 5S-rRNA In der groûen Ribosomenuntereinheit von Pround Eukaryoten befindet sich eine rund 120 Nucleotide lange 5S-rRNA. Ihre Molekçle sind bei Eukaryoten in zahlreichen identischen Genen codiert, die getrennt von den çbrigen rRNA-Genen auûerhalb des Nucleolus liegen. Die 5S-rRNA-Gene sind tandemfærmig angeordnet; ihre transkribierten Abschnitte wechseln mit nicht transkribierten Zwischensequenzen ab, so dass sich ganz åhnliche Wiederholungseinheiten ergeben wie bei den Genen fçr den 45S-rRNAVorlåufer. Die Gene fçr die 5S-rRNA werden von der RNA-Polymerase III transkribiert. Das 5'-Ende des Primårtranskripts ist identisch mit dem der reifen 5S-rRNA, das 3'-Ende enthålt jedoch in der Regel zusåtzliche Nucleotide, die im Rahmen des Processing entfernt werden. Nach der Synthese wird die 5S-rRNA in den Nucleolus transportiert und trifft dort mit den anderen Bestandteilen zusammen, die am Zusammenbau der Ribosomenuntereinheiten mitwirken. Die RNA-Polymerase III ist im Vergleich zu den beiden anderen Polymerasen insofern ungewæhnlich, als sie an eine Promotorstelle innerhalb des transkribierten Genabschnitts binden kann.3 Dass der Promotor tatsåchlich im Inneren des Gens liegt, wurde eindeutig nachgewiesen, indem man abgewandelte Gene fçr 5S-rRNA 3
Die RNA-Polymerase III transkribiert verschiedene RNAs. Wenn sie eine Prå-5S-RNA oder Prå-tRNA transkribiert, bindet sie an einen internen Promotor, bei der Transkription der Vorlåufer mehrerer anderer RNA-Typen jedoch, darunter die U6-snRNA, heftet sie sich an einen stromaufwårts gelegenen Promotor.
in Wirtszellen einschleuste und dann untersuchte, ob sie der RNA-Polymerase III als Matrize dienen kænnen. Dabei stellte sich heraus, dass die Polymerase die DNA selbst dann von der normalen Initiationsstelle aus transkribierte, wenn man auf der 5'-Seite den gesamten flankierenden Bereich entfernt hatte. War jedoch der Mittelteil des Gens von der Deletion betroffen, transkribierte die Polymerase die DNA nicht und band noch nicht einmal daran. Baut man den internen Promotor eines 5S-rRNA-Gens in einen anderen Genombereich ein, wird diese Stelle zu einer Matrize fçr die Transkription durch die RNA-Polymerase III. 11.3.4 Transfer-RNA Pflanzen- und Tierzellen besitzen schåtzungsweise 50 verschiedene Typen von Transfer-RNA, die jeweils von einer mehrfach wiederholten DNASequenz codiert werden. Die Zahl der Wiederholungen ist bei den einzelnen Lebewesen sehr unterschiedlich: Hefezellen enthalten insgesamt rund 275 tRNA-Gene, bei der Taufliege sind es etwa 850 und beim Menschen ungefåhr 1300. Die Transfer-RNAs werden an Genen transkribiert, die sich in kleinen Gruppen çber das ganze Genom verteilen. Eine solche Gruppe besteht in der Regel aus mehreren Kopien ):, und umgekehrt findet man meist in mehreren Gruppen die DNA-Sequenzen fçr die gleiche tRNA. Die DNA innerhalb einer solchen Gruppe, ) genannt, besteht zum græûten Teil aus nicht transkribierten Zwischensequenzen; die codierenden Sequenzen fçr die tRNAs liegen in unregelmåûigen Abstånden in Tandemanordnung (Abb. 11.16). Wie die 5S-rRNA, so werden auch die tRNAs von der RNA-Polymerase III transkribiert und die Promotorsequenz liegt nicht flankierend auf der 5'-Seite des Gens, sondern innerhalb seiner codierenden Sequenz. Das Primårtranskript einer Transfer-RNA ist långer als das fertige Produkt; von dem tRNA-Vorlåufer mçssen Stçcke vom 5'- und vom 3'-Ende (sowie ein kleines
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Synthese und Weiterverarbeitung der Messenger-RNA
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Stçck in der Mitte) entfernt werden. Unter den Enzymen, die am Processing der tRNA mitwirken, ist auch die Ribonuclease P, eine Endonuclease, die sowohl bei Bakterien als auch in Eukaryotenzellen vorkommt und aus RNA- und Proteinkomponenten besteht. Die Spaltung der PråtRNA wird von der RNA-Untereinheit der Ribonuclease P katalysiert, ein Thema, das in dem Kasten ¹Experimentelle Verfahrenª am Ende des Kapitels behandelt wird. Alle reifen tRNAs tragen am 3'-Ende die Dreiersequenz CCA. Diese drei Nucleotide sind bei Prokaryoten im RNAGen codiert, bei Eukaryoten werden sie nach dem Processing der tRNA enzymatisch angefçgt. In beiden Fållen sind sie jedoch fçr die Proteinsynthese von entscheidender Bedeutung.
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11.4 Synthese und Weiterverarbeitung der Messenger-RNA Wenn man Eukaryotenzellen fçr kurze Zeit (30 Minuten) mit [3H]-Uridin oder [32P]-Phosphat inkubiert und anschlieûend sofort abtætet, findet man den çberwiegenden Teil der Radioaktivitåt in den RNA-Molekçlen einer groûen Gruppe, die mehrere gemeinsame Eigenschaften haben: ein hohes Molekulargewicht (bis zu etwa 80S oder 50 000 Nucleotide), sehr vielfåltige Nucleotidsequenzen und Lokalisierung ausschlieûlich im Zellkern. Diese RNAs werden deshalb als ) (
-)!, ) ) bezeichnet und sind in Abb. 11.17 a durch die rote Linie repråsentiert. Wenn man Zellen mit einem kurzen Puls von [3H]-Uridin oder [32P]-Phosphat markiert hat und dann wåhrend einer Chase-Phase von mehreren Stunden in unmarkiertem Medium weiterzçchtet, bevor man sie abtætet und die RNA extrahiert, so geht die Radioaktivitåt in den groûen RNA-Molekçlen aus dem Zellkern stark zurçck; stattdessen findet man sie in viel kleineren RNAs im Cy-
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toplasma (rote Linie in Abb. 11.17 b). Erste Experimente dieses Typs machten James Darnell Jr. und Klaus Scherrer am Massachusetts Institute of Technology; ihre Befunde lieûen darauf schlieûen, dass die groûen, schnell markierten hnRNAs die Vorlåufer der kleineren mRNAs aus dem Cytoplasma sind. Diese Interpretation wurde im Laufe der letzten Jahre durch zahlreiche weitere Forschungsergebnisse erhårtet. Wichtig ist dabei, dass die blauen und roten Linien in Abb. 11.17 ganz unterschiedlich verlaufen:
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Die Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
n ,ie blauen Linien geben die optische Dichte (d. h. die UV-Absorption) der einzelnen Fraktionen wieder und liefern Aufschlçsse çber die RNA-Menge, die sich dort nach dem Zentrifugieren befindet. Sie lassen erkennen, dass es sich bei der RNA in der Zelle zum græûten Teil um die 18S- und 28S-rRNA handelt (sowie um mehrere kleinere RNA-Typen, die fast am oberen Ende des Zentrifugenræhrchens bleiben). n Die roten Linien dagegen, die der Radioaktivitåt in den verschiedenen Fraktionen entsprechen, geben Informationen çber die Zahl der radioaktiven Nucleotide, die wåhrend des kurzen Markierungspulses in RNAs unterschiedlicher Græûe eingebaut wurden. Wie man aus den Diagrammen erkennt, macht weder die hnRNA (Abb. 11.17a) noch die mRNA (Abb. 11.17 b) einen nennenswerten Anteil der DNA-Menge in der Zelle aus. Wåre das der Fall, wçrden blaue und rote Linien stårker çbereinstimmen. Obwohl also die mRNAs (und ihre Vorlåufer, die hnRNAs) in Eukaryotenzellen nur einen kleinen Prozentsatz der gesamten RNAMenge ausmachen, stellen sie einen groûen Anteil der RNA, die in der Zelle zu einem beliebigen Zeitpunkt gerade synthetisiert wird (Abb. 11.17a). Dass hnRNA und mRNA in den Diagrammen fçr die optische Dichte in Abb. 11.17 so gut wie keine Spuren hinterlassen, liegt daran, dass diese RNAs schon nach kurzer Zeit wieder abgebaut werden. Das gilt insbesondere fçr die hnRNA, die schon wåhrend ihrer Synthese zu mRNA weiterverarbeitet (oder vollståndig zerstært) wird. Dagegen bemisst sich die Halbwertszeit von rRNA und tRNAs nach Tagen oder Wochen, so dass sie sich allmåhlich ansammeln und schlieûlich den græûten Anteil der RNA stellen. Nach einer Chase-Phase von drei Stunden ist in der reifen 2S- und 18S-rRNA eine gewisse Ansammlung von Radioaktivitåt zu erkennen (Abb. 11.17 b). Die Halbwertszeit der mRNA ist bei den verschiedenen biologischen Arten unterschiedlich; das Spektrum reicht von etwa 15 Minuten bis zu einigen Tagen. !!! Der Apparat fçr die Transkription der mRNA Bei Eukaryoten werden alle Vorlåufer der mRNA von der RNA-Polymerase II synthetisiert, einem Enzym aus zwælf verschiedenen Untereinheiten,
das in seiner Struktur von der Hefe bis zu den Såugetieren auûergewæhnlich konstant geblieben ist. Die Initiation der Transkription durch die RNA-Polymerase II erfolgt mit Hilfe mehrerer
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Mit der Bindung von TFIID sind die Voraussetzungen fçr den Zusammenbau des gesamten Pråinitiationskomplexes geschaffen; dieser erfolgt wahrscheinlich schrittweise wie in Abb. 11.18 b. Die Wechselwirkungen von drei GTFs (das TBP von TFIID, TFIIA und TFIIB) mit der DNA sind in Abb. 11.19 a wiedergegeben. An den Promotor gebunden, bilden diese drei GTFs eine Art Sockel fçr die Bindung der riesigen, aus vielen Untereinheiten bestehenden RNA-Polymerase mit ihrem angehefteten TFIIF (Abb. 11.18 b). Hat der Komplex aus RNA-Polymerase und TFIIF seine Position eingenommen, kommen zwei weitere GTFs (TFIIE und TFIIH) hinzu und verwandeln die Polymerase in einen aktiven Transkriptionsapparat. Ein dreidimensionales Modell des Pråinitiationskomplexes zeigt Abb. 11.19 b. So weit man weiû, besitzt TFIIH als einziger GTF enzymatische Aktivitåt. Eine seiner Untereinheiten wirkt als Proteinkinase und phosphoryliert die RNA-Polymerase (s. unten). Zwei weitere Untereinheiten winden als Helikasen die DNA auseinander. Die Helikaseaktivitåt ist notwendig, damit die DNA-Strånge am Promotor sich trennen und der Polymerase den Zugang zum Matrizenstrang gestatten. Nachdem die Transkription begonnen hat, dçrften manche GTFs (darunter auch TFIID) am Promotor zurçckbleiben, wåhrend andere sich von dem Komplex læsen (Abb. 11.20). Solange TFIID an den Promotor gebunden ist, kænnen sich dort wahrscheinlich weitere Molekçle der RNA-Polymerase anlagern und unverzçglich neue Transkriptionsvorgånge beginnen. Die carboxyterminale Domåne (CTD) in der groûen Untereinheit der RNA-Polymerase II hat eine ungewæhnliche Struktur. Sie besteht aus einer Sequenz von sieben Aminosåuren (-Tyr-SerPro-Thr-Ser-Pro-Ser-), die sich immer und immer wieder wiederholt. Bei Såugetieren enthålt die CTD 52-mal dieses Heptapeptid. Von den sieben Aminosåuren sind die Serinreste Nummer 2 und 5 besonders gute Kandidaten fçr die Phosphorylierung durch Proteinkinasen. Wenn die RNA-Polymerase sich am Pråinitiationskomplex anlagert, ist sie nicht phosphoryliert, wåhrend der eigentlichen Transkription dagegen trågt das Enzym zahlreiche Phosphatgruppen, die sich alle in der CTD befinden (Abb. 11.20). Die Phosphorylierung der CTD kann durch mindestens vier verschiedene Kinasen katalysiert werden, unter anderem auch durch TFIIH. Die Phosphorylierung der Polymerase dçrfte der Auslæser sein, der das Enzym von den GTFs und/oder der DNA des Promotors entkoppelt, so dass das Enzym sich vom Pråinitiationskomplex læsen kann und an der DNA-Matrize entlang-
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Die Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
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wandert. Wåhrend der Elongation dçrfte die RNA-Polymerase mit mehreren groûen Hilfsproteinen assoziiert sein. Manchen Schåtzungen zufolge ist eine RNA-Polymerase wåhrend der Ket-
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tenverlångerung ein Teil eines riesigen Komplexes mit çber 50 Bestandteilen und einem Gesamtmolekulargewicht von mehr als 3 Mio. (Abb. 11.35). Gemeinsam reichen die RNA-Polymerase II und ihre GTFs aus, um an den meisten Promotoren unter $-Bedingungen ein niedriges Grundniveau der Transkription zu gewåhrleisten. Wie in Kap. 12 noch ausfçhrlich beschrieben wird, kænnen verschiedene $ Transkriptionsfaktoren an zahlreichen Stellen an Regulationsabschnitte der DNA binden. Diese spezifischen Faktoren bestimmen in vielen Fållen darçber, ob der Pråinitiationskomplex sich an einem bestimmten Promotor zusammenlagert und mit welcher Geschwindigkeit die Polymerase an diesem Promotor neue Transkriptionsvorgånge beginnt. Bevor wir uns mit der Frage befassen, auf welchen Wegen mRNA entsteht, wollen wir die Struktur dieser Molekçle betrachten, denn nur so werden die Grçnde fçr manche Schritte des RNA-Processing verståndlich. & 9 ) Messenger-RNAs haben eine Reihe gemeinsamer Eigenschaften: n Sie enthalten eine ununterbrochene Nucleotidsequenz, die ein bestimmtes Polypeptid codiert. n Sie liegen im Cytoplasma. n Wenn sie translatiert werden, sind sie an Ribosomen angeheftet. n Die meisten mRNAs enthalten einen betråchtlichen nicht codierenden Abschnitt, d. h. einen Teil, der nicht den Zusammen-
Synthese und Weiterverarbeitung der Messenger-RNA
au von Aminosåuren steuert. So bestehen beispielsweise nahezu 25% jeder Globin-mRNA aus nicht codierenden Regionen, die nicht translatiert werden (Abb. 11.21). Solche nicht codierenden Teile findet man am 5'- und am 3'-Ende einer Messenger-RNA; sie enthalten Sequenzen mit wichtigen Regulationsfunktionen (Kap. 12.6). n Die mRNAs der Eukaryoten tragen am 5'und 3'-Ende besondere Modifikationen, die man weder bei prokaryotischen Messenger-RNAs noch bei tRNA oder rRNA findet. Am 3'-Ende fast aller eukaryotischen mRNAs liegt eine Kette von 50 bis 250 Adenosinresten, die einen so genannten Poly(A)-Schwanz bilden. Das 5'-Ende trågt eine ¹Capª-Struktur aus methyliertem Guanosin (Abb. 11.21).
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Auf die Frage, wie mRNAs ihre spezialisierten Enden erhalten, werden wir in Kçrze zurçckkommen. Zuvor mçssen wir aber kurz abschweifen und uns ansehen, wie mRNAs in der Zelle gebildet werden. !!$ estçckelte Gene: eine unerwartete Entdeckung Fast sofort nach der Entdeckung der hnRNA hatte man die Vermutung, dass es sich bei diesen schnell markierten, im Zellkern angesiedelten RNA-Molekçlen um die Vorlåufer der cytoplasmatischen mRNAs handelt (Kap. 11.4, Einleitung). Der wichtigste Knackpunkt war dabei jedoch der Græûenunterschied zwischen den Molekçlen der beiden Populationen: Die hnRNAs waren um ein Mehrfaches långer als die mRNAs (Abb. 11.22). Warum sollten die Zellen derart riesige Molekçle als Vorlåufer wesentlich kleinerer Formen synthetisieren? Erste Untersuchungen am Processing der ribosomalen RNA hatten zu der Erkenntnis gefçhrt, dass reife RNAs aus viel græûeren Vorlåufern herausgeschnitten werden. Wie bereits erwåhnt, werden vom 5'- und 3'-Ende verschiedener rRNA-Zwischenprodukte groûe Stçcke abgeschnitten (Abb. 11.14), bevor die Endprodukte entstehen. Auf einem åhnlichen Weg, so glaubte man, mçsse auch die Weiterverarbeitung der hnRNA zur fertigen mRNA ablaufen. Aber die mRNAs bilden eine derart heterogene Population, dass man das Processing einer einzigen mRNA-Spezies, anders als bei den rRNAs, nicht verfolgen konnte. Gelæst wurde das Problem schlieûlich durch eine unerwartete Entdeckung. Bis 1977 hatte man allgemein angenommen, eine ununterbrochene Nucleotidfolge in einer Messenger-RNA sei komplementår zu einer ununterbrochenen Nucleotidsequenz in einem DNA-Strang des zugehærigen Gens. In dem genannten Jahr jedoch stellten Phillip Sharp und seine Kollegen am Massachusetts Institute of Technology sowie Richard Roberts, Louise Chow und ihre Kollegen an den New Yorker Cold Spring Harbor Laboratories etwas Bemerkenswertes fest. Beide Arbeitsgruppen bemerkten, dass die von ihnen untersuchten mRNAs an DNA-Abschnitten transkribiert wurden, die auf dem Matrizenstrang voneinander getrennt sind. Die ersten bedeutsamen Beobachtungen machte man, als man die Transkription des Adenovirusgenoms analysierte. Adenoviren sind Krankheitserreger, die verschiedene Arten von Såugetierzellen infizieren kænnen. Wie sich herausstellte, trugen zahlreiche verschiedene Ade-
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novirus-mRNAs am 5'-Ende die gleichen 150 bis 200 Nucleotide. Nun kænnte man annehmen, dass es sich bei dieser ¹Leader-Sequenzª um einen Abschnitt handelt, der sich in den Genen, die diese mRNAs codieren, jeweils in der Nåhe der Promotorregion wiederholt. Wie sich in weiteren Analysen jedoch herausstellte, ist die Leader-Sequenz am 5'-Ende weder zu einer wieder-
holten Sequenz noch çberhaupt zu einem ununterbrochenen Abschnitt der DNA-Matrize komplementår. Sie wird vielmehr an drei getrennten DNA-Segmenten transkribiert (die in der obersten Linie in Abb. 11.23 als Blæcke x, y und z dargestellt sind). Die DNA-Bereiche zwischen diesen Blæcken, die 9 &<$ (I1 bis I3 in Abb. 11.23), fehlen aus irgendeinem
Synthese und Weiterverarbeitung der Messenger-RNA
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Grund in der zugehærigen mRNA. Nun håtte man zunåchst auf die Idee kommen kænnen, solche intervenierenden Sequenzen seien ein besonderes Merkmal von Virusgenomen, aber wenig spåter wurden die Beobachtungen auch auf die Gene der Zellen selbst ausgeweitet. Der erste Bericht çber intervenierende Sequenzen in zelleigenen, nicht zu Viren gehærenden Genen kam 1977 von Alec Jeffreys und Richard Flavell von der Universitåt Amsterdam. Sie entdeckten eine intervenierende Sequenz von rund 600 Basen in einem Teil des Globin-Gens, das die Aminosåuresequenz des Globin-Polypeptids codiert (Abb. 11.24). Wie es zu der Entdeckung kam, wird in der Abbildungslegende beschrieben. We-
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nig spåter fand man auch in anderen Genen intervenierende Sequenzen, und es stellte sich heraus, dass Gene mit solchen Zwischenabschnitten ± man sprach jetzt von : ± nicht die Ausnahme, sondern die Regel sind. Die Teile eines gestçckelten Gens, die zur reifen mRNA beitragen, nannte man #- , die intervenierenden Sequenzen bezeichnete man nun als 6 . Gestçckelte Gene sind bei Eukaryoten allgemein verbreitet, bei einfachen Eukaryoten jedoch (z. B. bei Hefe und Fadenwçrmern) sind die Introns meist weniger zahlreich und kleiner als bei den komplizierter gebauten Pflanzen und Tieren. Introns kommen in Genen aller Typen vor, nicht nur in denen fçr mRNA, sondern auch in solchen, die tRNA oder rRNA codieren. Die Entdeckung von Genen mit Introns warf natçrlich sofort die Frage auf, wie derartige Gene eine Messenger-RNA ohne Zwischensequenzen hervorbringen kænnen. Es bestand die plausible Mæglichkeit, dass die Zellen zunåchst ein Primårtranskript produzieren, das der gesamten Transkriptionseinheit entspricht, und dass spåter diejenigen Teile der RNA, die den Introns der DNA entsprechen, auf irgendeine Weise entfernt werden. Damit wåre gleichzeitig auch erklårt, warum die hnRNA-Molekçle um so vieles græûer sind als die Molekçle der mRNA, die letztlich aus ihnen hervorgehen. Die Erforschung der RNA im Zellkern war mittlerweile so weit fortgeschritten, dass man die Græûe einiger mRNA-Vorlåufer (/1 ) ) ermittelt hatte. Wie sich unter anderem herausgestellt hatte, lag die Globinsequenz im Zellkern in einem RNA-Molekçl, das bei 15S sedimentierte, ganz anders als die fertige Globin-mRNA, die einen Sedimentationskoeffizienten von 10S hat. Mit einem fantasievollen Verfahren (das als R-Loop-Bildung bezeichnet wurde) bewiesen Shirley Tilghman, Philip Leder und ihre Mitarbeiter an den National Institutes of Health, dass zwischen 15S- und 10S-Globin-RNA ein physischer Zusammenhang besteht und gewannen gleichzeitig neue Erkenntnisse çber die Transkription gestçckelter Gene. Wie in Kap. 10.4.1 erwåhnt wurde, kænnen einzelstrångige, komplementåre DNA-Strånge spezifisch aneinander binden. Auch einzelstrångige DNA- und RNA-Molekçle verbinden sich, wenn ihre Nucleotidsequenzen komplementår sind; dies ist die Grundlage fçr die Methode der DNA-RNA-Hybridisierung, die in Kap. 18.12 genauer erlåutert wird (den Komplex aus DNA und RNA bezeichnet man als 2% ). Tilghman und ihre Mitarbeiter untersuchten im Elektronenmikroskop ein DNA-Fragment, welches das Globin-Gen enthielt und mit der 15S-Globin-
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Die Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
?@A hybridisiert war. Dabei konnte man erkennen, dass das Hybrid aus einem ununterbrochenen, doppelstrångigen DNA-RNA-Komplex bestand (rot gepunktete und blaue Linie in Abb. 11.25 a). Wurde das gleiche DNA-Fragment jedoch mit der reifen 10S-Globin-mRNA inkubiert, ragte ein groûer Abschnitt der DNA in der Mitte der codierenden Region als doppelstrångige Schleife aus dem Komplex heraus (Abb. 11.25 b). Die Schleife entstand wegen eines groûen Introns in der DNA, zu dem es in der kleineren Globin-mRNA keine komplementåre Entsprechung gab. Offensichtlich enthielt die 15S-RNA tatsåchlich Abschnitte, die den Introns des Gens entsprachen und bei der Entstehung der 10S-mRNA entfernt wurden. Ungefåhr zur gleichen Zeit machte man åhnliche Hybridisierungsexperimente auch mit der
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DNA, die das Protein Ovalbumin aus dem Hçhnereiklar codiert, und ihrer zugehærigen mRNA. Das Hybrid aus Ovalbumin-DNA und -mRNA enthålt sieben Schleifen, die sieben Introns entsprechen (Abb. 11.26). Insgesamt enthalten diese Introns etwa dreimal so viel DNA wie die acht codierenden Abschnitte (Exons) zusammen. In spåteren Untersuchungen stellte sich heraus, dass einzelne Exons im Durchschnitt 150 Nucleotide umfassen. Einzelne Introns dagegen bestehen durchschnittlich aus 3500 Nucleotiden; das ist der Grund, warum die hnRNA-Molekçle so viel långer sind als die mRNAs. Um zwei Extrembeispiele zu nennen: Das Dystrophin-Gen des Menschen erstreckt sich ungefåhr çber das Hundertfache der Långe, die fçr die zugehærige Messenger-RNA erforderlich wåre, und das Gen fçr Kollagen des Typs I enthålt mehr als 50 In-
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trons. Im Durchschnitt findet man in einem Gen des Menschen neun Introns. Diese und andere Befunde sprachen stark fçr die Vorstellung, dass die mRNA in Eukaryotenzellen durch die Entfernung interner Ribonucleotidsequenzen aus einer viel græûeren Vorlåufer-RNA entsteht. Kehren wir nun zu der Frage zurçck, wie dieser Vorgang ablåuft.
bonucleosidtriphosphat, das an der Initiationsstelle der RNA-Synthese eingebaut wird. Sobald das 5'-Ende eines mRNA-Vorlåufers synthetisiert ist, wirken mehrere Enzyme auf das Ende des Molekçls ein (Abb. 11.28). Im ersten Schritt wird die letzte der drei Phosphatgruppen entfernt, so dass am 5'-Ende nun ein Diphosphat steht (Schritt 1 in Abb. 11.28). Anschlieûend wird an dieses 5'-Ende in ( ein GMP angefçgt, so dass das 5'-Ende des Guanosins dem 5'-Ende der RNA-Kette gegençbersteht (Schritt 2). Die beiden Nucleoside sind also durch eine ungewæhnliche 5'-5'-Triphosphatbrçcke verbunden. Zuletzt wird das endståndige, umgedrehte Guanosin an der Position 7 seiner Guaninbase methyliert, das Nucleotid auf der Innenseite der Triphosphatbrçcke wird an der 2'-Position der Ribose methyliert (Schritt 3). Jetzt steht am 5'-Ende der RNA eine % + & (die in Abb. 11.21 noch genauer dargestellt ist). Diese enzymatischen Modifikationen am 5'-Ende des Primårtranskripts laufen sehr schnell ab, noch wåhrend sich das RNA-Molekçl im Anfangsstadium seiner Synthese befindet. Die Enzyme fçr die Anheftung der Cap-Struktur werden bereits von der CTD der Polymerase herangezogen (Abb. 11.35). Das Methylguanosin am 5'-Ende der mRNA erfçllt mehrere Funktionen: Es verhindert, dass das 5'-Ende von Exonucleasen abgebaut wird, unterstçtzt den Transport der mRNA aus dem Zellkern und ist von groûer Bedeutung fçr die Initiation der mRNA-Translation (Kap. 11.8.1).
!!' -ocessing eukaryotischer Messenger-RNA Die RNA-Polymerase setzt ein Primårtranskript zusammen, das zur DNA der gesamten Transkriptionseinheit komplementår ist. Dieses Transkript wird dann im Zellkern zur reifen mRNA weiterverarbeitet, die anschlieûend ins Cytoplasma gelangt. Elektronenmikroskopische Aufnahmen von Genen mit aktiver Transkription zeigen, dass RNA-Transkripte sich bereits wåhrend ihrer Synthese mit Proteinen und græûeren Teilchen zusammenlagern (Abb. 11.27). Diese Partikel, die aus Proteinen und Ribonucleoproteinen bestehen, enthalten die notwendigen Bestandteile fçr die Umwandlung des Primårtranskripts in die reife Messenger-RNA. Im Rahmen dieses Umwandlungsvorganges werden die 5'-CapStruktur sowie der 3'-Poly(A)-Schwanz angefçgt, und die Introns werden entfernt. ?'+ /%34& ' $ Am 5'-Ende aller RNAs befindet sich anfangs ein Triphosphat. Dieses stammt von dem ersten Ri-
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Am 3'-Ende einer mRNA steht der bereits erwåhnte Poly(A)-Schwanz, eine Kette von Adenosinresten. Nachdem man eine ganze Reihe von mRNAs sequenziert hatte, stellte sich heraus, dass der Poly(A)-Schwanz stets ungefåhr 20 Nucleotide stromabwårts von der Sequenz AAUAAA beginnt. Diese Sequenz des Primårtranskripts dient als Erkennungsstelle fçr den Zusammenbau eines Proteinkomplexes, der die Weiterverarbeitungsreaktionen am 3'-Ende der mRNA ausfçhrt (Abb. 11.28). Der fertige Poly(A)Weiterverarbeitungskomplex ist physisch an die RNA-Polymerase gebunden, wåhrend diese das Primårtranskript synthetisiert (siehe Abb. 11.35). Unter den Proteinen des Weiterverarbeitungskomplexes ist eine Endonuclease (Abb. 11.28, oben), die die Prå-mRNA stromabwårts von der Erkennungsstelle spaltet. Nach der Spaltung durch die Endonuclease fçgt ein Enzym namens =!:$ rund 250 Adenosingruppen an, ohne dass dazu eine Matrize erforderlich wåre (Schritte a bis c in Abb. 11.28). Wie in Kapitel 12.6 genauer beschrieben wird, schçtzt der Poly(A)-Schwanz in Verbindung mit einem assozi-
ierten Protein die mRNA vor vorzeitigem Abbau durch Exonucleasen. Auch wenn man in der molekularbiologischen Forschung reine mRNA isolieren will, haben sich die Poly(A)-Schwånze als nçtzlich erwiesen. Låsst man ein aus Zellen gewonnenes RNA-Gemisch durch eine Såule laufen, an die synthetisches Poly(T) gebunden ist, bleiben die mRNAs in der Såule hången, wåhrend die græûeren Mengen der tRNAs, rRNA und snRNAs, die keinen Poly(A)-Schwanz besitzen, zusammen mit dem wåssrigen Læsungsmittel durch die Såule laufen. )& D # 9 6
/1 ) Die wichtigsten Schritte im Processing einer Prå-mRNA zeigt Abb. 11.29. Neben der bereits beschriebenen Anheftung von 5'-Cap und 3'-Poly(A) mçssen diejenigen Teile des Primårtranskripts, die den intervenierenden DNA-Sequenzen (Introns) entsprechen, entfernt werden. Diesen Vorgang bezeichnet man als )& D. Dazu muss der RNA-Strang am 5'- und 3'-Ende
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des Introns (den & D ) geschnitten werden, und die Exons beiderseits der Spleiûstellen mçssen kovalent verbunden (ligiert) werden. Das Spleiûen muss unbedingt sehr pråzise erfolgen, denn schon ein einziges zusåtzliches oder fehlendes Nucleotid an einer der Spleiûstellen håtte eine falsche Ablesung der mRNA zur Folge. Wie kann der gleiche grundlegende Spleiûapparat die Exon-Intron-Grenzen in vielen tausend verschiedenen Prå-mRNAs erkennen? Bei der Untersuchung von Hunderten verschiedener Spleiûstellen bei Eukaryoten von der Hefe çber Insekten bis zu Såugetieren stellte sich heraus, dass sich dort eine konservierte, entwicklungsgeschichtlich sehr alte Nucleotidsequenz befin-
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det. Die Sequenz, die man an den Exon-IntronÛbergången der Prå-mRNAs von Såugetieren am håufigsten findet, zeigt Abb. 11.30. Das G/GU am 5'-Ende des Introns (der ?'& D ), das AG/G am 3'-Ende des Introns (der >'& D ) und der /%% in der Nåhe der 3'-Spleiûstelle findet man bei der groûen
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Mehrzahl aller eukaryotischen Prå-mRNAs.5 Auûerdem enthalten die Nachbarregionen des Introns bevorzugte Nucleotide (Abb. 11.30), die fçr die Erkennung der Spleiûstelle ebenfalls von groûer Bedeutung sind. Die in Abb. 11.30 wiedergegebenen Sequenzen sind fçr die Erkennung der Spleiûstelle notwendig, sie reichen dafçr allein aber nicht aus. Introns sind in der Regel mehrere tausend Nucleotide lang und enthalten håufig auch interne Abschnitte, die zu der in Abb. 11.30 gezeigten Consensussequenz passen ± aber die Zelle erkennt sie nicht als Spleiûsignale und beachtet sie dementsprechend nicht. Die zusåtzlichen Hinweise, mit deren Hilfe der Spleiûapparat zwischen Exons und Introns unterscheidet, befinden sich nach heutiger Kenntnis in spezifischen Sequenzen, den #-& D9 1 ( A , # ), die sich in den Exons befinden. Verånderungen in der DNA-Sequenz einer Spleiûstelle oder eines ESE kænnen dazu fçhren, dass ein Intron erhalten bleibt oder ein Exon entfernt wird. Schåtzungsweise 15% der genetisch bedingten Erkrankungen entstehen durch Mutationen, die zu Verånderungen beim Spleiûen der Prå-mRNA fçhren. Die Aufklårung der RNA-Spleiûmechanismen konnte erst gelingen, nachdem man die bemerkenswerten Eigenschaften von RNA-Molekçlen richtig einzuschåtzen wusste. Auf erste Indizien, dass RNA-Molekçle chemische Reaktionen katalysieren kænnen, stieûen Thomas Cech und seine Kollegen von der University of Colorado im Jahr 1982. Wie in der Box ¹Experimentelle Verfahrenª dieses Kapitels ausfçhrlich erærtert wird, fanden die Wissenschaftler bei dem cilienbesetzten Protisten 2 einen rRNA-Vorlåufer (also eine Prå-rRNA), der sich selbst spleiûen konnte. In diesen Experimenten wurde nicht nur nachgewiesen, dass es RNA-Enzyme ( $%)
gibt, sondern auch dass sie die gesamte Sichtweise fçr die Funktionen von RNA und Protein beim RNA-Spleiûen verånderten. Das Intron in der Prå-rRNA von 2 gehært zu den 6 : 6, die hier nicht nåher beschrieben werden sollen. Spåter entdeckte man in Pilzmitochondrien, Pflanzenchloroplasten und den verschiedensten Bakterien einen anderen Typ selbstspleiûender Introns, die als 6 : 66 bezeichnet werden. Die Introns der Gruppe II falten sich zu einer komplizierten Struktur, die in Abb. 11.31 a zweidimensional wiedergegeben ist. Im Verlauf des Selbstspleiûens durchlaufen sie ein Zwischenstadium, das als 8
oder 8 bezeichnet wird (Abb. 11.31 b), weil es der Lassoschlinge åhnelt, mit der die Cowboys entlaufene Rinder einfangen. Der erste Schritt beim Spleiûen eines Introns der Gruppe II ist die Spaltung der 5'-Spleiûstelle (Schritt 1 in Abb. 11.3 b); anschlieûend entsteht durch eine kovalente Bindung zwischen dem 5'-Ende des Introns und einem Adenosinrest nicht weit vom 3'-Ende die Lariatstruktur (Schritt 2). Durch die nachfolgende Spaltung der 3'-Spleiûstelle wird das Lariat freigesetzt und die geschnittenen Enden der Exons kænnen sich kovalent verbinden (Schritt 3). Beim Ausschneiden der Introns aus den PråmRNA-Molekçlen von Tierzellen laufen ganz åhnliche Schritte ab wie beim Spleiûen von Introns der Gruppe II. Der wichtigste Unterschied besteht darin, dass die Prå-mRNA sich nicht selbst spleiûen kann; sie braucht dazu zahlreiche ) ( -)!,
) ) und die mit ihnen assoziierten Proteine. Jedes groûe Molekçl der hnRNA verbindet sich bereits wåhrend seiner Transkription mit verschiedenen Proteinen zu einem 3
$ , )/). Dieses bildet dann das Substrat fçr die nachfolgenden Weiterverarbeitungsreaktionen. Im Rahmen des Processing lagert sich an jedem Intron der Prå-mRNA ein als & D bezeichneter makromolekula-
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Bei ungefåhr 1% der Introns liegen am 3'- und 5'-Ende nicht GU und AG, sondern die Dinucleotide AT und AC. Diese AT/AC-Introns werden von einem andersartigen Spleiûosom verarbeitet, das man als U12-Spleiûosom bezeichnet, weil es die U12-snRNA anstelle der U2-snRNA des ¹normalenª Spleiûosoms enthålt.
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er Komplex zusammen. Das Spleiûosom besteht aus verschiedenen Proteinen und mehreren verschiedenen Ribonucleoproteinpartikeln, die als
)/ (sprich ¹Snurpsª) bezeichnet werden, weil sie aus snRNA und spezifisch daran gebundenen Proteinen bestehen. Die Spleiûosomen liegen nicht fertig vorbereitet im Zellkern, sondern finden sich erst zusammen, wenn ihre snRNPs an die Prå-mRNA binden.6 Nachdem der Spleiûapparat zusammengebaut ist, fçhren die snRNPs die Reaktionen aus, die zum Ausschneiden der Introns und zum Zusammenfçgen der Exons fçhren. Unsere Kenntnisse çber die einzelnen Schritte beim RNA-Spleiûen stammen vorwiegend aus Untersuchungen an zellfreien Extrakten, die Prå-mRNA-Molekçle pråzise spleiûen. Einige wichtige Schritte beim Zusammenbau des Spleiûosoms und dem Entfernen eines Introns sind in Abb. 11.32 wiedergegeben und werden in der zugehærigen Abbildungslegende genauer beschrieben. Insgesamt erfordert das Ausschneiden eines Introns mehrere verschiedene snRNP-Partikel: U1-snRNP, U2-snRNP, U5-snRNP und das U4/U6-snRNP, das die miteinander verbundenen snRNAs U4 und U6 enthålt. Jedes snRNP umfasst neben seiner snRNA mindestens ein Dutzend verschiedene Proteine. Einige davon, die Familie der &/ " kommen in allen snRNPs vor. SmProteine binden aneinander und an eine konser6
Die Vorstellung, dass Spleiûosomen sich erst zusammenlagern mçssen, wurde in jçngster Zeit in Frage gestellt. Es wurde die Ansicht vertreten, der in Abb. 11.32 dargestellte Zusammenbauweg sei ein Artefakt; die Ursache ist demnach die hohe Ionenstårke der verwendeten Læsung, die zur Dissoziation der snRNPs fçhrt.
vierte Sequenz in allen snRNAs (mit Ausnahme der U6-snRNA) und bilden so den Kern des snRNP. Abbildung 11.33 zeigt ein Modell fçr die Struktur des U1-sRNP mit der Lage von snRNA, Sm-Proteinen und anderen Proteinmolekçlen. Die Sm-Proteine wurden ursprçnglich nachgewiesen, weil sie das Ziel von Antikærpern sind, die Patienten mit der Autoimmunkrankheit systemischer Lupus erythematodes produzieren. Die anderen Proteine der snRNPs kommen jeweils nur in einem Typ solcher Partikel vor.
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Der in Abb. 11.32 wiedergegebene Ablauf ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafçr, welche komplexen, dynamischen Wechselwirkungen zwischen RNAMolekçlen stattfinden kænnen. Fçr die vielfåltigen Umordnungen zwischen den RNA-Molekçlen wåhrend des Zusammenbaues eines Spleiûosoms sorgen vermutlich ATP-verbrauchende RNA-Helikasen, die zum snRNP gehæren. RNA-Helikasen winden doppelstrångige RNA auseinander, beispielsweise den Doppelstrang aus U4 und U6 (Abb. 11.32, Ausschnitt B), so dass die verdrång-
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ten Einzelstrånge neue Partner finden kænnen. Spleiûosomen-Helikasen befreien die RNA wahrscheinlich auch von gebundenen Proteinen, so von dem Protein U2AF (Abb. 11.32, Ausschnitt A). Bei der Hefe wurden insgesamt mindestens acht verschiedene Helikasen mit dem Spleiûen der Prå-mRNA in Verbindung gebracht. Nachdem man wusste, dass die Prå-mRNAs durch die gleichen beiden chemischen Reaktionen gespalten werden wie die Introns der Gruppe II beim Selbstspleiûen und dass die fçr das Spleiûen der Prå-mRNA erforderlichen snRNAs stark bestimmten Teilen der Gruppe-II-Introns åhneln (Abb. 11.34), lag die Vermutung nahe, dass nicht die Proteine, sondern die snRNAs die katalytisch aktiven Bestandteile der snRNPs sind. Mit anderen Worten: Das Spleiûosom ist hæchstwahrscheinlich ein Ribozym. Diese Idee wird durch zahlreiche experimentelle Befunde gestçtzt. Die Proteine erfçllen vermutlich verschiedene Hilfsfunktionen: Sie halten die richtige Raumstruktur der snRNA aufrecht, sorgen fçr Verånderungen in ihrer Konformation, transportieren die gespleiûte mRNA zur Kernhçlle und wåhlen die Spleiûstellen aus, die beim Processing einer bestimmten Prå-mRNA verwendet werden. Unter den vielen snRNAs, die am RNASpleiûen mitwirken, katalysiert U6 wahrscheinlich beide Schritte in der Prå-mRNA, die zum Entfernen des Introns notwendig sind. Wie bereits erwåhnt wurde, sind Sequenzen innerhalb der Exons, die als Exon-Spleiûverstårker (ESEs) bezeichnet werden, entscheidend an der Erkennung der Exons durch den Spleiûapparat beteiligt. Die ESEs dienen als Bindungsstellen fçr eine Familie RNA-bindender Proteine, die als & / bezeichnet werden, weil sie zahlreiche Dipeptide aus Serin (S) und Arginin (R) enthalten. Die SR-Proteine bilden nach heutiger Kenntnis ein Geflecht interagierender Molekçle, das sich çber die Intron-Exon-Genze hinweg erstreckt und dazu beitrågt, snRNPs an die Spleiûstellen heranzuziehen (Abb. 11.32, Ausschnitt A). Positiv geladene SR-Proteine dçrften auch elektrostatisch an die negativ geladenen Phosphatgruppen binden, die zu Beginn der Transkription an die CTD der Polymerase angefçgt werden (Abb. 11.20). Der Zusammenbau des Spleiûapparats an einem Intron vollzieht sich also in Verbindung mit der Synthese des Introns durch die Polymerase (Abb. 11.27). Das CTD zieht vermutlich vielfåltige Weiterverarbeitungsfaktoren an. Eigentlich wandert fast der gesamte Apparat, der fçr die Weiterverarbeitung der mRNA und ihren Transport ins Cytoplasma sorgt, als Teil einer riesigen ¹mRNA-Fabrikª zusammen mit der Polymerase (Abb. 11.35).
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Da die meisten Gene mehrere Introns enthalten, mçssen die in Abb. 11.32 dargestellten Spleiûreaktionen an jedem einzelnen Primårtranskript mehrfach ablaufen. Experimentellen Indizien zufolge werden die Introns dabei in einer bevorzugten Reihenfolge entfernt, so dass ganz bestimmte Zwischenprodukte entstehen, deren Græûe zwischen der des Primårtranskripts
Synthese und Weiterverarbeitung der Messenger-RNA
und der reifen mRNA liegt. Ein Beispiel fçr Zwischenstufen, die in den Zellkernen im Hçhnereileiter wåhrend der Weiterverarbeitung der Ovomucoid-mRNA entstehen, zeigt Abb. 11.36. !! estçckelte Gene und RNA-Spleiûen: ihre Bedeutung fçr die Evolution Die Entdeckung, dass RNA-Molekçle chemische Reaktionen katalysieren kænnen, hatte gewaltige
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Auswirkungen auf unsere Sichtweise fçr die biologische Evolution. Seit man weiû, dass DNA das genetische Material ist, hatten die Biologen sich immer gefragt, was zuerst da war: Protein oder DNA. Das Dilemma hatte seine Ursache in den Funktionen der beiden Makromolekçltypen, zwischen denen es offensichtlich keine Ûberschneidung gibt. Nucleinsåuren speichern Informationen, Proteine katalysieren Reaktionen. Mit der Entdeckung der Ribozyme zeigte sich Anfang der 1980er Jahre, dass ein Molekçltyp ± die RNA ± zu beidem in der Lage ist. Aus diesen Befunden erwuchs die Ûberzeugung, dass es im Frçhstadium der Evolution weder DNA noch Proteine gab. Wåhrend dieser Phase erfçllten RNA-Molekçle eine Doppelfunktion: Sie dienten als genetisches Material und sie katalysierten chemische Reaktionen, darunter auch solche, die fçr ihre eigene Replikation erforderlich waren. Dieses Stadium des Lebendigen wird håufig als K )L bezeichnet. Erst spåter çbernahmen Proteine und DNA die Aufgaben der Katalyse und Informationsspeicherung, der RNA blieb vorwiegend die Funktion als Zwischenstation auf dem Weg der genetischen Information. Nach Ansicht vieler Fachleute ist das Spleiûen ein Teil unseres Erbes aus der anfånglichen RNA-Welt. Erkenntnisse çber die Ursprçnge des RNASpleiûens erwuchsen aus der Entdeckung von Introns der Gruppe II bei Purpurbakterien und Cyanobakterien, zwei Gruppen von Lebewesen, die als enge Verwandte der Vorfahren von Mitochondrien und Chloroplasten gelten. Dieser Befund spricht dafçr, dass die Introns der PråmRNA aus Introns der Gruppe II hervorgegangen sind, eine Hypothese, die in Abb. 11.37 umrissen wird. Danach waren Introns in den endosymbiontischen Organellen vorhanden, die in den einfachsten Eukaryotenzellen lagen. Im Laufe der Zeit wanderten sie aus dem Organellengenom in den Zellkern und setzten sich dort auf Dauer fest. Dass Gene aus Mitochondrien und Chloroplasten in den Zellkern çbergehen kænnen, ist gut belegt, die Wanderung von DNA in dieser Richtung kommt also nicht çberraschend. Im Zellkern angekommen, bewegten sich die Introns vermutlich durch Transposition von einem Ort zum anderen (ein Phånomen, das in Kapitel 10.5.3 genauer beschrieben ist). Noch heute sind manche Introns in den Genen des Zellkerns in der Lage, sich wie bewegliche genetische Elemente zu verhalten. Da die Introns sich ursprçnglich selbst spleiûen konnten, fçhrte die Tatsache, dass sie mitten in Genen lagen, nicht zu schwerwiegenden Problemen. Die Sequenzen, die den Introns entspra-
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chen, håtten sich demnach einfach selbst aus den RNA-Primårtranskripten herausgespleiût. Im Laufe der Zeit wanderten die katalytisch aktiven Teile der Introns dann aus dem Inneren proteincodierender Gene zu getrennten Stellen im Genom. Die RNAs, die von diesen ¹neuenª Genen codiert wurden, wirkten weiterhin an den Spleiûvorgången mit. Im weiteren Verlauf der Evolution entwickelten sich die in diesen Genen codierten RNA-Molekçle zu den snRNAs, und nun waren sie mit ihrer katalytischen Aktivitåt auch auf Proteine angewiesen. snRNAs und Proteine entwickelten sich gemeinsam zu den snRNPs des Spleiûosoms. Dabei verloren die Nucleotide im Inneren der Introns ihre Funktion, was ihre unterschiedliche Långe und ihre vielgestaltigen Nucleotidsequenzen erklårt. Wahrscheinlich bedeuteten die Introns fçr die Zellen zwar zusåtzlichen Ballast, weil die intervenierenden Sequenzen aus den Transkripten entfernt werden mussten, aber solche zusåtzlichen DNA-Abschnitte haben auch ihre Vorteile. Wie wir im nåchsten Kapitel noch genauer erfahren werden, gehært das Spleiûen bei der Entstehung einer mRNA zu den Schritten, die der Steuerung durch die Zelle unterliegen. Viele Primårtranskripte kænnen auf mehreren Wegen weiterverarbeitet werden, so dass eine Sequenz, die im einen Fall ein Intron ist, in einem anderen zum Exon wird. Durch diesen Mechanismus, den man als 9 & D bezeichnet, kann dasselbe Gen mehrere Polypeptide codieren.
Auûerdem entdeckte man, dass die snoRNAs, die fçr das Processing der rRNA gebraucht werden (Kap. 11.3.2), nicht in Exons codiert sind, sondern in Introns. Die meisten derartigen snoRNAs liegen in den Introns von Genen, deren zugehærige Polypeptide an Zusammenbau und Funktion der Ribosomen mitwirken. Nach der Transkription dieser Gene und dem Processing des Primårtranskripts werden manche dieser Introns nicht beseitigt, sondern zu snoRNAs weiterverarbeitet. Man hat mehrere Gene entdeckt, in denen Exons und Introns ihre Funktionen praktisch tauschen kænnen. Die Introns aus den Primårtranskripten werden zu snoRNAs, und die Exons werden abgebaut, ohne dass aus ihnen jemals eine mRNA entsteht. Die Introns dçrften nach heutiger Kenntnis auch einen bedeutenden Beitrag zur biologischen Evolution geleistet haben. In der Aminosåuresequenz von Proteinen findet man bei genauerer Betrachtung håufig Abschnitte, die zu Teilen mehrerer anderer Proteine homolog sind (Beispiele finden sich in Abb. 2.36 und 7.22). Die Gene, in denen solche Proteine codiert sind, stellen mit ziemlicher Sicherheit Kombinationen aus Teilen anderer Gene dar. Der Austausch genetischer ¹Moduleª zwischen Genen, die nicht miteinander verwandt sind ± ein Vorgang, den man als A bezeichnet ± wird durch die Introns stark erleichtert: Sie dienen als unbeteiligte Abstandshalter zwischen den Exons. Genetische Umordnungsvorgånge setzen Brçche in
Synthese und Weiterverarbeitung der Messenger-RNA
den DNA-Modulen voraus; diese kænnen innerhalb der Introns stattfinden, ohne dass das Lebewesen durch eine neue Mutation geschådigt wird. Ûber långere Zeitråume hinweg kænnen die Exons unabhångig voneinander verschoben werden, so dass sich eine fast unbegrenzte Zahl von Kombinationen neuer, mæglicherweise nçtzlicher Sequenzen ergibt. Wegen des A $ muss Evolution nicht immer aus der allmåhlichen Anhåufung von Punktmutationen bestehen, sondern sie kann sich auch durch ¹Quantensprçngeª vollziehen, wobei innerhalb einer Generation ganz neue Proteine auftauchen. !!. Herstellung neuer Ribozyme im Labor Wenn es um die Plausibilitåt einer RNA-Welt geht, in der ausschlieûlich RNA als Katalysator diente, haben viele Biologen heute vor allem aus einem Grund Zweifel: Man kennt nur wenige chemische Reaktionen, die von 9 ) katalysiert werden, darunter die Spaltung und Bildung von Phosphodiesterbindungen im Rahmen des RNA-Spleiûens und das Knçpfen von Peptidbindungen bei der Proteinsynthese. Kænnen RNA-Molekçle nur Reaktionen dieser beiden Typen katalysieren, oder wurde ihr Repertoire durch die Evolution der effizienteren Proteinenzyme eingeschrånkt? Derzeit stellen mehrere Arbeitsgruppen im Labor neue RNA-Molekçle her, um auf diese Weise das /$ der RNA als Katalysator zu erkunden. Zwar kann man mit derartigen Experimenten niemals beweisen, dass es solche Molekçle bei urzeitlichen Lebewesen tatsåchlich gegeben hat, aber sie sind ein Beleg fçr das Prinzip, dass solche Molekçle in der Evolution durch natçrliche Selektion entstanden sein kænnten. Ein Ansatz besteht darin, katalytisch aktive RNA-Molekçle ganz neu zu synthetisieren, ohne ihre Konstruktion im Vorhinein genau zu planen. Die RNAs erzeugt man mit automatischen DNA-Syntheseapparaten, die man DNAs mit $ 1 &<$ zusammensetzen låsst. Durch Transkription dieser DNA-Molekçle entsteht eine Population von RNAs, deren Nucleotidsequenzen ebenfalls nur vom Zufall bestimmt sind. Sobald man eine solche RNA-Population besitzt, kann man aus ihr einzelne Molekçle aufgrund ihrer Eigenschaften selektionieren. Dieses Verfahren wurde auch als ¹Evolution im Reagenzglasª bezeichnet. In einer Untersuchungsserie selektionierte man anfangs RNA-Molekçle, die an ganz bestimmte Aminosåuren banden, und engte spåter die Selektion auf eine Untergruppe ein, deren
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Mitglieder eine Aminosåure auf das 3'-Ende einer tRNA çbertragen. Die gleiche grundlegende Reaktion fçhren auch die Aminoacyl-tRNA-Synthetasen aus, Enzyme, die Aminosåuren je nach dem Bedarf bei der Proteinsynthese an tRNAs koppeln (Kap. 11.7.1). Spekulationen zufolge kænnten die Aminosåuren anfangs als Hilfsmolekçle (Cofaktoren) die Katalysatorwirkung der Ribozyme verstårkt haben. Allmåhlich entwickelten sich dann wahrscheinlich Ribozyme, die auch Aminosåuren zu kleinen Proteinen verknçpfen konnten, und diese Proteine waren dann vielseitigere Katalysatoren als ihre RNAVorlåufer. Wie wir spåter in diesem Kapitel noch erfahren werden, sind Ribosomen ± die Ribonucleoproteinapparate, die fçr die Proteinsynthese zuståndig sind ± im Kern eigentlich Ribozyme, was stark fçr das beschriebene Evolutionsszenario spricht. Als die Proteine in den einfachen Zellen schlieûlich einen immer græûeren Teil der Arbeit çbernahmen, verwandelte sich die RNA-Welt allmåhlich in eine ¹RNA-Protein-Weltª. Spåter wurde die RNA vermutlich als genetisches Material von der DNA abgelæst; damit trat das Lebendige in das Stadium der heutigen ¹DNA-RNA-Protein-Weltª ein. Zur Evolution der DNA waren vermutlich nur zweierlei Enzyme erforderlich: eine Ribonucleotidreductase, die Ribonucleotide in Desoxyribonucleotide umwandelte, und eine Reverse Transkriptase, die RNA in DNA transkribierte. An der Synthese und Transkription von DNA sind RNA-Katalysatoren offensichtlich nicht beteiligt; dies spricht fçr die Vorstellung, dass die DNA als letztes Element in dem Trio von DNA, RNA und Protein auf der Bildflåche erschienen ist. An irgendeiner Stelle im Evolutionsverlauf musste sich ein Code entwickeln, mit dessen Hilfe das genetische Material festlegte, in welcher Reihenfolge die Aminosåuren in ein Protein aufgenommen werden. Dieser Code ist das Thema eines spåteren Abschnitts in dem vorliegenden Kapitel.
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Die Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
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!!. Kleine nicht codierende RNAs und RNA-Interferenz Anfang der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts fand man bei Pflanzen und spåter auch in Untersuchungen an Fadenwçrmern und Taufliegen ein erstaunliches Phånomen, das unter dem Namen )6$ 3 ) 4 bekannt wurde. Kurz gesagt, stellte sich heraus, dass doppelstrångige RNA-Molekçle (dsRNAs) in Zellen aufgenommen werden und dort eine Reaktion in Gang setzen, die zur selektiven Zerstærung von mRNA-Molekçlen fçhrt, welche die gleiche Sequenz wie die zugesetzte dsRNA besitzen. Angenommen, man will beispielsweise in den Zellen eines Fadenwurmes die Produktion des Enzyms Phosphorylase unterbinden, um dann die Auswirkungen des Enzymmangels auf den Phånotyp des Wurmes zu untersuchen. Man kann dieses Ziel erreichen, indem man den Wurm einfach in eine Læsung von dsRNA setzt, welche die gleiche Sequenz hat wie die mRNA, auf die man zielt. Ein åhnliches Experiment zeigt Abb. 11.38. In der Wirkung handelt es sich dabei trotz des gånzlich andersartigen Mechanismus um einen åhnlichen Effekt wie bei der Herstellung von Knockout-Måusen, denen das Gen fçr ein ganz bestimmtes Protein fehlt. Dieses Phånomen der dsRNA-vermittelten Interferenz (RNAi), das Andrew Fire vom Washingtoner Carnegie Institute und Craig Mello von der University of Massachusetts erstmals 1998 bei Fadenwçrmern fanden, wurde seither bei vielen Eukaryoten nachgewiesen. Nach unserer heutigen Vorstellung hat sich die RNAi in der Evolution als eine Art ¹genetisches Immunsystemª entwickelt, das die Lebewesen vor fremdem oder unerwçnschtem genetischem Material schçtzt. Genauer gesagt, entstand die RNAi vermutlich als Mechanismus, der die Vermehrung von Viren verhindert und/oder die Wanderung von Transposons im Genom unterdrçckt, zwei Vorgånge, die gefåhrlich werden kænnen und die Bildung doppelstrångiger RNA-Zwischenstufen einschlieûen. Eine dsRNA kann als ¹unerwçnschtª erkannt werden, weil solche Molekçle im Rahmen der normalen genetischen Ablåufe in einer Zelle nicht entstehen.
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Wie kann eine dsRNA in einer Zelle die Synthese eines bestimmten Proteins verhindern? Die Antwort fand man bei Untersuchungen der RNA-Interferenz an zellfreien Extrakten. Den Ablauf der RNAi mit seinen einzelnen Schritten zeigt Abb. 11.39 a. Die doppelstrångige RNA, welche die Reaktion in Gang setzt, wird zunåchst von einer besonderen, als Dicer bezeichneten Ribonuclease in kleine, doppelstrångige Fragmente von 21 bis 23 Nucleotiden gespalten, die man ) ( $ -)!' ) ) nennt. Dann werden die beiden Strånge der einzelnen siRNAs auseinander gewunden und getrennt. Einer davon, der Anti-Sinn-Strang, geht in einen Proteinkomplex namens RISC ein, der das winzige RNA-Molekçl zu einer mRNA mit komplementårer Sequenz (also zu einem Sinn-Strang) dirigiert. Sobald es dort gebunden ist, wird die mRNA von einer assoziierten Ribonuclease an einer spezifischen Stelle gespalten. Die siRNA dient also als Fçhrer und lenkt den Komplex zu einer komplementåren RNA, die dann zerstært wird. Jedes siRNAMolekçl kann die Zerstærung zahlreicher Kopien einer mRNA in Gang setzen und so die Synthese des zugehærigen Proteins blockieren. Bis 2001 konnte man die RNA-Interferenz nur bei Zellen, die nicht von Såugetieren stammten, zuverlåssig nachweisen. Wenn man Såugerzellen in der Gewebekultur eine dsRNA zusetzt oder diese einem Tier unmittelbar injiziert, bringt sie in der Regel nicht die Translation eines / zum Erliegen, sondern sie setzt eine allgemeine Reaktion in Gang, die generell zu einer Hemmung der Proteinsynthese fçhrt. Diese globale Verminderung der Proteinsynthese (die in Kap. 17.1 genauer erærtert wird) hat sich nach heutiger Kenntnis im Frçhstadium der Såugetier-
evolution entwickelt, um die Zellen vor Virusinfektionen zu schçtzen. Um die umfassende, globale Reaktion zu umgehen, hatte man mittlerweile aber auch sehr kleine dsRNAs eingesetzt. Wie sich dabei herausstellte, fçhrt die Behandlung von Såugerzellen mit dsRNA aus 21 Nucleotiden (also in der Långe jener siRNAs, die bei anderen Lebewesen als Zwischenstufe der RNA-Interferenz entstehen) nicht zu einer Hemmung der Proteinsynthese. Solche dsRNAs sind vielmehr zur RNAi in der Lage, d. h. sie hemmen die Synthese eines bestimmten Proteins, das von einer mRNA mit passender Nucleotidsequenz codiert wird. Proteine, deren mRNAs eine andere Sequenz haben, waren in diesen Experimenten nicht betroffen. Mit Hilfe von dsRNAs in der Græûe der Molekçle, die bei der RNAi von der Ribonuclease erzeugt werden, konnte man also auch bei Såugerzellen den Abbau einzelner mRNAs in Gang setzen. Das Verfahren wurde mittlerweile zu einem wichtigen experimentellen Hilfsmittel, wenn man etwas çber die Funktionen neu identifizierter Gene in Erfahrung bringen mæchte. Man zerstært mit dsRNA die an diesem Gen gebildete mRNA, blockiert (oder vermindert) damit seine Aktivitåt und untersucht die Zellen auf Anomalien, die durch das Fehlen des zugehærigen Proteins entstehen (Abb. 18.47). Der Schutz vor unerwçnschter dsRNA ist mæglicherweise nur eine von vielen bisher unbekannten Aufgaben, die der RNAi-Apparat der Zellen erfçllt. Bisher gibt es noch nicht einmal einen eindeutigen Beleg dafçr, dass Såugerzellen sich tatsåchlich mit Hilfe von siRNAs vor Viren oder Transposons schçtzen. Allerdings haben Untersuchungen aus neuerer Zeit gezeigt, dass Såugerzellkerne ein bemerkenswert breites Spektrum von dsRNAs enthalten. Diese Beobachtung legt die Vermutung nahe, dass viele Gene an beiden DNA-Strången in RNA umgeschrieben werden, ganz im Gegensatz zu der bisherigen Annahme, dass jeweils nur ein Strang eines Gens nutzbare genetische Information enthålt. Wie man in Abb. 12.17 erkennt, haben manche dieser dsRNAs im Zellkern anscheinend die Aufgabe, die Genexpression zu unterbinden; weitere wichtige Funktionen wird man wahrscheinlich noch entdecken. Potenzielle medizinische Einsatzgebiete der RNAi werden in der Box ¹Aus Sicht des Menschenª erærtert. !!.! Mikro-RNAs: Hunderte von RNAs mit unbekannter Funktion Im Jahr 1993 entdeckte man bei dem Fadenwurm " eine kleine RNA, die nahezu
Kleine nicht codierende RNAs und RNA-Interferenz
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komplementår zu Abschnitten im nicht translatierten Bereich am 3'-Ende einer spezifischen, von diesem Lebewesen produzierten mRNA war. Diese kleine RNA bindet wåhrend der Larvenentwicklung an die komplementåre mRNA, blockiert ihre Translation und læst so den Ûbergang ins nåchste Entwicklungsstadium aus. Bis man die umfassende Bedeutung dieses Befundes richtig einschåtzen konnte, vergingen noch mehrere Jahre. Erst 2000 stellte sich heraus, dass die Sequenz dieser kleinen RNA aus dem Wurm ± sie wird let-7 genannt und besteht aus 21 Nucleotiden ± wåhrend der gesamten Evolution sehr konstant geblieben ist. Im menschlichen Genom beispielsweise sind mehrere RNAs codiert, die mit let-7 nahezu oder vollståndig identisch sind. Wie sich in den letzten Jahren herausgestellt hat, produzieren sowohl Pflanzen als auch Tiere Hunderte von winzigen RNA-Molekçlen. Diese ) 3 ) 4 waren wegen ihrer geringen Græûe jahrzehntelang unbemerkt geblieben. Das lag nicht daran, dass man technisch nicht in der Lage gewesen wåre, RNA-Molekçle dieser Græûe nachzuweisen, sondern man sah einfach keinen Anlass, den ¹RNA-Abfallª am unteren Ende eines Gels oder oben auf einem Saccharosegradienten, wo sich solche winzigen RNAs verstecken, genauer anzusehen. Nach der Entdeckung der miRNAs ånderte sich diese Haltung sehr schnell. Die kleinen Molekçle werden wie bei den Fadenwçrmern wåhrend bestimmter Entwicklungsphasen oder in einzelnen Geweben einer Pflanze oder eines Tieres produziert und haben vermutlich Regulationsfunktionen. Mit ihrer Græûe von rund 20 bis 25 Nucleotiden liegen sie im gleichen Långenbereich wie die siRNAs, die an der RNAi beteiligt sind. Das ist kein Zufall: Die Mikro-RNAs werden von dem gleichen Weiterverarbeitungsapparat erzeugt wie die siRNAs. Wie man in Abb. 11.39 b erkennt, wird jede miRNA aus einem doppelstrångigen, in sich gefalteten RNA-Vorlåufer herausgeschnitten, der als Substrat fçr die Dicer-Ribonuclease dient. Ein wichtiger Unterschied besteht aber darin, dass die siRNA sich von dem doppelstrångigen Produkt eines Virus oder transponierbaren Elements (oder einer von Wissenschaftlern zugesetzten dsRNA) ableitet, wåhrend die miRNA in einem ganz gewæhnlichen Genomabschnitt codiert ist. Bei der Pflanze ! fçhren Mutationen in einem der -Gene zu einem ganzen Spektrum anormaler Phånotypen; man kann also vermuten, dass die miRNAs wåhrend der Entwicklung am Ein- und/oder Ausschalten von Genen mitwirken. Vermutlich hemmen viele miRNAs genau wie jene, die man ursprçnglich bei Fadenwçrmern entdeckte, die Translation.
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Die Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
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Andere binden offensichtlich an mRNA-Molekçle und sorgen fçr deren Spaltung, was an die Wirkung der siRNAs erinnert. Andere Untersuchungen lieferten Anhaltspunkte, wonach miRNAs ein breites Spektrum von Funktionen haben kænnten, darunter die Unterdrçckung der Transkription von Genen und die Mitwirkung bei Genomumordnungen. Je weiter das Fachgebiet der Zell- und Molekularbiologie heranreifte, desto besser konnte man die bemerkenswerte Struktur- und Funktionsvielfalt der RNA-Molekçle einschåtzen. Heute richtet sich die Aufmerksamkeit immer stårker auf nicht codierende RNA-Molekçle, die fçr die Steuerung der vielschichtigen Genexpressionssysteme eine Schlçsselrolle spielen dçrften. In jçngster Zeit legte eine umfassende Analyse
der RNA-Typen aus einem breiten Spektrum von Mausgeweben die Vermutung nahe, dass diese Tiere mehrere tausend verschiedene, nicht codierende RNAs produzieren. Schon angesichts der Zahl dieser Transkripte und unserer vælligen Unkenntnis hinsichtlich ihrer Funktionen ist damit zu rechnen, dass die Untersuchung nicht codierender RNA in den kommenden Jahren zu einem wichtigen Forschungsgebiet werden wird.
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Kleine nicht codierende RNAs und RNA-Interferenz
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us Sicht des Menschen
Potenzielle medizinische Anwendungsgebiete der RNA-Interferenz In der medizinischen Wissenschaft sucht man ståndig nach ¹magischen Kugelnª, Arzneiwirkstoffen, die einzelne Krankheiten sehr spezifisch und ohne schådliche Nebenwirkungen bekåmpfen. Zwei Gruppen von Krankheiten ± die Virusinfektionen und Krebs ± sind mittlerweile zum Ziel von molekularen ¹magischen Kugelnª eines ganz neuen Typs geworden. Viren zerstæren eine infizierte Zelle durch die Synthese von Messenger-RNA fçr Virusproteine, die dann die Ablåufe in der Zelle beeintråchtigen. Wenn Zellen krebsartig entarten, tragen sie meist Mutationen in bestimmten Genen (den Onkogenen), und die daran gebildeten mRNAs werden in anormale Formen zelleigener Proteine translatiert. Ûberlegen wir einmal, was geschehen wçrde, wenn man Patienten mit einer solchen Krankheit ein Medikament verabreichen kænnte, das die am Virusgenom oder am mutierten Krebsgen synthetisierten mRNAs gezielt zerstært, gleichzeitig aber alle anderen mRNAs in der Zelle unbehelligt låsst. Man hat in den letzten Jahren mehrere Strategien entwickelt, um dieses Ziel zu erreichen. Die neueste davon nutzt das Phånomen der RNA-Interferenz aus. Wie bereits erwåhnt wurde, kann man in Såugerzellen die RNAi ± einen Vorgang, der zum gezielten Abbau ganz bestimmter mRNAs fçhrt ± in Gang setzen, indem man in die Zellen eine doppelstrångige siRNA einschleust, die zu der mRNA, auf die man zielen mæchte, komplementår ist. Zellen, die man mit einer siRNA aus 21 bis 23 Nucleotiden inkubiert, nehmen die Molekçle auf und bauen sie in einen RNA-spaltenden Ribonucleoproteinkomplex ein (wie in Abb. 11.39 a), der sich an die komplementåre mRNA anheftet. Man kann die RNAi aber auch in Såugerzellen induzieren, die man gentechnisch so veråndert hat, dass sie ein Gen mit invertierten Sequenzwiederholungen enthalten. Wird dieses Gen transkribiert, faltet sich das RNA-Produkt in sich selbst und bildet einen haarnadelfærmigen (d. h. doppelstrångigen) siRNA-Vorlåufer (åhnlich dem in Abb. 11.39 b), der dann zur aktiven siRNA weiterverarbeitet wird. Diese neue RNAi-Technologie hat man an einem breiten Spektrum von Gewebekulturzellen mit krankheitserzeugenden Genen erprobt. Die Ergebnis-
se waren ausgesprochen viel versprechend. Wie bereits erwåhnt, tragen Krebszellen in der Regel ein oder mehrere mutierte Gene, und die in diesen Genen codierten anormalen Proteine rufen den krebsartigen Phånotyp hervor. Eine Form der Leukåmie wird beispielsweise durch das Gen &"-$!&, ausgelæst, das durch die Verschmelzung von zwei normalen Genen entsteht. Wie sich herausstellte, kann eine siRNA gegen die mRNA des &"-$!&,-Fusionsgens bei Gewebekulturzellen fçr die Rçckkehr zum normalen Phånotyp sorgen. Øhnliche Ergebnisse erzielte man auch mit einer siRNA gegen ein Gen, das einen langen CAG-Abschnitt enthielt ± solche Gene erzeugen die Huntington-Krankheit (Kap. 10). Man konnte nachweisen, dass sie die Produktion des anormalen Proteins unterbindet. Die meisten Studien, in denen der therapeutische Nutzen von siRNAs untersucht wurde, beschåftigten sich mit virusinfizierten Zellen. So hat man in Gewebekulturzellen zum Beispiel siRNAs erzeugt, die sich gegen Sequenzen von HIV oder Polioviren richten. Diese siRNAs sorgen fçr den Abbau der VirusRNA und schçtzen die Zellen vor einer Infektion. Im Zusammenhang mit AIDS verfolgt man das Ziel, Stammzellen aus einem Patienten zu isolieren, diese Zellen mit Hilfe eines Vektors mit einer siRNA gegen die Virus-mRNA zu transfizieren und die so behandelten Zellen wieder ins Blut des Patienten zu bringen. Solche Zellen wåren theoretisch in der Lage, mehr oder weniger ununterbrochen siRNA zu produzieren, so dass sie ± und ihre Nachkommen ± resistent gegen die Zerstærung durch das Virus wåren. Aber bisher stehen der therapeutischen Anwendung von siRNAs noch Hindernisse entgegen. Das besondere Kennzeichen der siRNA ist ihre auûerordentlich spezifische Sequenz, und die kann nicht nur ein Segen, sondern auch ein Nachteil sein. Mæglicherweise werden sich siRNAs gegen Virusinfektionen letztlich als unwirksam erweisen, weil die Erreger meist schnell mutieren. Mutationen sind Ønderungen in der Sequenz des Genoms und fçhren zur Produktion von mRNAs, die zu einer therapeutischen siRNA nicht mehr vollståndig komplementår sind. Wie bei anderen Formen der Gentherapie, so liegt eine wichtige Hçrde auch fçr die Anwendung der RNAi zur Behandlung von Infektionen und anderen Krankheiten in der
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Die Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
Schwierigkeit, die siRNAs (oder die Vektoren, in denen sie codiert sind) in das richtige Kærpergewebe zu bringen. Der erste wichtige Versuch, siRNAs innerhalb des Organismus in ein bestimmtes Organ einzuschleusen ± in diesem Fall in die Leber einer Maus ± gelang erstaunlich gut (Abb. 1). Die akute Hepatitis, eine entzçndliche Erkrankung bei Personen mit Hepatitisvirusinfektionen und anderen Erkrankungen, fçhrt zum Leberversagen. Den Untersuchungen an diesen Måusen zufolge wird der Tod der Leberzellen durch einen Zelloberflåchenrezeptor namens Fas ausgelæst. Injiziert man den Måusen intravenæs eine siRNA, die sich gegen -mRNA richtet und sie zerstært, werden die Tiere relativ unempfindlich gegen die akute Hepatitis, und zwar selbst dann, wenn man ihnen die siRNA erst nach dem Erreger verabreicht. Diese Beobachtung låsst darauf schlieûen, dass der Krankheitsverlauf auch dann noch zum Stillstand kommen kann, wenn die Schådigung der Leber bereits begonnen hat. Die Verabreichung der siRNA çber das Blut (anstelle des Einschleusens çber einen DNA-Vektor) hat unter anderem den Vorteil, dass die RNA nur vorçbergehend ± meist einige Wochen ± wirksam bleibt. Dies ist in dem beschriebenen Fall besonders wichtig, denn ein dauerhafter Mangel an Fas kann zu schweren Beeintråchtigungen der Immunfunktion fçhren. In einer zweiten Versuchsreihe mit Måusen wurde nachgewiesen, dass eine Infusion mit siRNAs, die sich gegen das Hepatitis-C-Virus
!!/ Die Codierung der genetischen Information @achdem man 1953 die Struktur der DNA aufgeklårt hatte, war klar, dass die Sequenz der Aminosåuren in einem Polypeptid von der Sequenz der Nucleotide in der DNA des zugehærigen Gens festgelegt wird. Dass die DNA selbst unmittelbar als Matrize fçr den Zusammenbau eines Proteins dienen konnte, erschien jedoch unwahrscheinlich. Vielmehr ging man davon aus, dass die Information in der Nucleotidsequenz auf dem Weg çber irgendeinen
+ gespeichert war. Mit der Entdeckung der Messenger-RNA als Zwischenstufe im Informationsfluss von der DNA zum Protein wandte sich die Aufmerksamkeit der Frage zu, wie eine Sequenz, die im ¹Alphabetª der Ribonucleotide
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richten, den Virustiter in der Leber der infizierten Tiere betråchtlich verringern kann. Solche Untersuchungen an Gewebekulturzellen und Tieren sind nur die ersten Schritte auf einem langen wissenschaftlichen Weg, aber sie eræffnen die Aussicht, dass die RNA-Interferenz eines Tages zu einem wertvollen Therapieverfahren werden kænnte.
geschrieben ist, eine Sequenz in einem ¹Alphabetª aus Aminosåuren festlegen kann. 11.6.1 Die Eigenschaften des genetischen Codes Eines der ersten Modelle fçr den genetischen Code schlug der Physiker George Gamow vor. Er vermutete, jede Aminosåure in einem Polypeptid kænne von drei hintereinander stehenden Nucleotiden festgelegt werden. Mit anderen Worten: bei den Codewærtern oder + fçr Aminosåuren handelte es sich um Nucleotidtripletts. Zu dieser Schlussfolgerung gelangte Gamow durch ein wenig theoretisches Nachdenken. Nach seiner Ûberlegung mussten es
drei Nucleotide sein, damit fçr jede Aminosåure ein eigenes Codon zur Verfçgung steht. Man braucht sich nur zu fragen, wie viele Wærter man mit einem Alphabet aus vier Buchstaben
Die Codierung der genetischen Information
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ilden kann, entsprechend den vier Basen, die an einer bestimmten Stelle in einer DNA (oder mRNA) mæglich sind. Es gibt vier mægliche Wærter mit einem Buchstaben, 16 (42) mit zwei Buchstaben und 64 (43) mit drei Buchstaben. Da 20 verschiedene Aminosåuren (Wærter) festgelegt werden mçssen, muss jedes Codon aus mindestens drei aufeinander folgenden Nucleotiden (Buchstaben) bestehen. Wenig spåter wurde die Triplettnatur des Codes von Francis Crick, Sydney Brenner und ihren Kollegen an der Universitåt Cambridge mit einer Reihe scharfsinniger genetischer Experimente bewiesen.7 Gamow vermutete nicht nur, dass der Code aus Tripletts bestand, sondern er hielt ihn auch fçr . Dieser zweite Gedanke erwies sich zwar als falsch, er wirft aber im Zusammenhang mit dem genetischen Code eine interessante Frage auf. Betrachten wir einmal die folgende Nucleotidsequenz:
Untersuchungen an mutierten Proteinen ableiten, beispielsweise an dem verånderten Håmoglobin, das die Sichelzellanåmie hervorruft. Bei dieser Krankheit und auch in den meisten anderen untersuchten Fållen fand man in dem mutierten Protein eine einzige ausgetauschte Aminosåure. Wenn es sich um einen çberlappenden Code handelt, sollte man damit rechnen, dass eine Verånderung in einem Basenpaar der DNA sich auf drei aufeinander folgende Codons und damit auch auf drei aufeinander folgende Aminosåuren des zugehærigen Polypeptids auswirkt (Abb. 11.40). Ist der Code dagegen nicht çberlappend, so dass jedes Nucleotid nur zu einem Codon gehært, erwartet man nur eine ausgetauschte Aminosåure. Diese und andere Beobachtungen wiesen darauf hin, dass der Code nicht çberlappend ist. Wenn ein Triplettcode 64 verschiedene Aminosåuren festlegen kann, wåhrend in Wirklichkeit nur 20 Aminosåuren spezifiziert werden mçssen, stellt sich die Frage nach der Funktion der çbrigen 44 Tripletts. Wenn manche von ihnen oder auch alle ebenfalls Aminosåuren codieren, mçssen zumindest einige Aminosåuren durch mehrere Codons festgelegt werden. Einen solchen Code bezeichnet man als . Wie sich herausstellte, ist der genetische Code tatsåchlich stark degeneriert: Nahezu alle 64 mæglichen Codons spezifizieren Aminosåuren. Nur drei haben keine solche Funktion, sondern dienen als ¹Satzzeichenª: Sie werden vom Ribosomen als Terminationscodons erkannt und bewirken, dass die Ablesung der Sequenz eingestellt wird. Dass der Code degeneriert ist, sagte Francis Crick anfangs auf Grund theoretischer Ûberlegungen voraus, insbesondere wegen der hæchst unterschiedlichen Basenzusammensetzung der DNA verschiedener Bakterien. So hatte sich beispielsweise unter anderem herausgestellt, dass der GC-Gehalt eines Genoms zwischen 20% und 74% schwanken kann, wåhrend es bei der Ami-
-ACGAUCGCAUCGAWenn es sich um einen çberlappenden Code handelt, wandert das Ribosom Nucleotid fçr Nucleotid an der mRNA entlang und erkennt mit jedem Schritt ein neues Codon. In der genannten Sequenz wçrde eine Aminosåure durch ACG festgelegt, die nåchste durch CGA, die nåchste durch CAU, usw. Ist der Code dagegen , gehært jedes Nucleotid in der mRNA nur zu einem einzigen Codon. Dann wçrden ACG, AUC und CGA in der genannten Sequenz aufeinander folgende Aminosåuren festlegen. Eine Antwort auf die Frage, ob der genetische Code çberlappend ist oder nicht, kann man aus 7 Wer sich fçr einen kurzen Forschungsbericht interessiert, der eine Ahnung von der kraftvollen Logik und Eleganz frçher bahnbrechender Arbeiten in der molekularen Genetik vermittelt, findet die Veræffentlichung çber die Experimente zum genetischen Code in Nature 192(1962):1227.
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Die Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
nosåurezusammensetzung in den Proteinen der verschiedenen Lebewesen kaum Unterschiede gab. Dies legte die Vermutung nahe, dass die gleichen Aminosåuren von unterschiedlichen Basensequenzen codiert werden; damit håtte man einen degenerierten Code. 6 $ +
Im Jahr 1961 kannte man zwar die allgemeinen Eigenschaften des Codes, aber man wusste noch nichts çber die Zuordnung der einzelnen Tripletts. Damals glaubten die meisten Genetiker, bis zur vollståndigen Entschlçsselung des Codes wçrden noch mindestens fçnf bis zehn Jahre vergehen. Dann aber gelang Marshall Nirenberg und Heinrich Matthaei ein Durchbruch: Sie entwickelten ein Verfahren, mit dem sie selbst kçnstliche genetische Informationen herstellen konnten, um dann zu untersuchen, was fçr Proteine sie codierten. Als erstes versuchten sie es mit einem Polyribonucleotid, das ausschlieûlich aus Uridinbausteinen bestand und deshalb als /%34 bezeichnet wurde. Brachten sie das Poly(U) im Reagenzglas zu einem Bakterienextrakt mit allen 20 Aminosåuren und sonstigen Bestandteilen, die fçr die Proteinsynthese nætig sind (Ribosomen und verschiedene læsliche Faktoren), setzte das System die kçnstliche Nachricht um und produzierte ein Polypeptid. Bei der Analyse stellte sich heraus, dass es sich bei diesem Polypeptid um Polyphenylalanin handelte ± ein Polymer aus der Aminosåure Phenylalanin. Damit hatten Nirenberg und Matthaei nachgewiesen, dass das Triplett UUU Phenylalanin codiert. Wåhrend der folgenden vier Jahre beteiligten sich mehrere weitere Institute an dem Projekt; so konnte man mit synthetisch hergestellten mRNAs die Aminosåurezuordnung aller 64 Codons ermitteln. Das Ergebnis war die in Abb. 11.41 wiedergegebene allgemeine Entschlçsselungstabelle fçr den genetischen Code. Sie enthålt die Nucleotidsequenzen aller 64 mæglichen mRNA-Codons. Die Anleitung zum Lesen des Diagramms findet sich in der Abbildungslegende. Die in Abb. 11.41 gezeigten Codonzuordnungen sind ¹im Wesentlichenª universell, d. h. sie gelten fçr alle Lebewesen. Erste Ausnahmen vom universellen genetischen Code fand man jedoch in den Codons der Mitochondrien-mRNA. In menschlichen Mitochondrien beispielsweise wird UGA nicht als Stoppsignal, sondern als Tryptophan gelesen, AUA codiert nicht Isoleucin, sondern Methionin, und AGA sowie AGG stehen nicht fçr Arginin, sondern dienen als Stoppcodons. In jçngerer Zeit hat man auch in der DNA des Zellkerns von Protisten und Pilzen vereinzelte Ausnahmen entdeckt. Aber trotz solcher
Abweichungen sind die Ûbereinstimmungen im genetischen Code weit græûer als die Unterschiede. Man erkennt ganz deutlich, dass die kleinen Diskrepanzen sich sekundår aus dem in Abb. 11.41 gezeigten genetischen Code entwickelt haben. Mit anderen Worten: Alle Lebewesen, die wir heute auf der Erde kennen, gehen in der Evolution auf einen einzigen Ursprung zurçck. Die Codontabelle in Abb. 11.41 låsst eindeutig erkennen, dass die Aminosåurezuordnung nicht zufållig erfolgt. In der Regel liegen die Codons fçr eine bestimmte Aminosåure gemeinsam in einem bestimmten Teil des Diagramms. In dieser Gruppierung spiegelt sich die Øhnlichkeit der Codons wider, welche dieselbe Aminosåure festlegen. Wegen dieser Øhnlichkeit in der Sequenz der Codons fçhren spontane Mutationen, durch die sich eine einzige Base in einem Gen åndert, håufig nicht zu einer Verånderung in der Aminosåuresequenz des zugehærigen Proteins. Dieser ¹Sicherheitsaspektª des Codes gilt noch çber seine degenerierte Natur hinaus. Die Codons sind so zugeordnet, dass 1 1 håufig auch von åhnlichen Codons festgelegt werden. So liegen beispielsweise die Codons fçr die verschiedenen hydrophoben Aminosåuren (die in Abb. 11.41 als braune Kåsten dargestellt sind) gehåuft in den beiden ersten Spalten des Diagramms. Durch eine Mutation, die in einem dieser Codons einen Basenaustausch hervorruft, wird also håufig nur eine hydrophobe Aminosåure gegen eine andere ausgewechselt. Darçber hinaus bestehen die græûten Øhnlichkeiten zwischen den zu einer Aminosåure gehærenden Codons in den beiden ersten Nucleotiden des Tripletts, im dritten dagegen findet man die græûte Variationsbreite. Glycin wird beispielsweise durch vier Codons spezifiziert, die alle mit den Nucleotiden GG beginnen. Eine Erklårung fçr dieses Phånomen findet sich im nåchsten Absatz, der sich mit der Bedeutung der Transfer-RNA beschåftigt.
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!!2 Decodierung der Codons: die Funktion der Transfer-RNA
Information in einer mRNA sorgen die Molekçle der Transfer-RNA, die als Adapter dienen. Jede tRNA ist einerseits mit einer ganz bestimmten Aminosåure verbunden (sie wird dann als aatRNA bezeichnet) und erkennt andererseits ein ganz bestimmtes Codon in der mRNA. Die Wechselwirkungen zwischen den aufeinander folgenden Codons in der mRNA und spezifischen aa-tRNAs fçhren zum Aufbau eines Polypeptids mit einer geordneten Aminosåurereihenfolge. Um zu verstehen, wie dies mæglich ist, mçssen wir uns zunåchst die Struktur der tRNAs ansehen.
@ucleinsåuren und Proteine sind wie zwei Sprachen, die mit unterschiedlichen Buchstaben geschrieben werden. Aus diesem Grund bezeichnet man die Proteinsynthese auch als ! (¹Ûbersetzungª). Sie erfordert, dass die in der Nucleotidsequenz einer mRNA codierte Information entschlçsselt wird und dann den Einbau aufeinander folgender Aminosåuren in eine Polypeptidkette steuert. Fçr diese Decodierung der
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Die Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
>m ;ahr 1965 veræffentlichte Robert Holley von der Cornell University nach siebenjåhriger Arbeit die erste Basensequenz eines RNA-Molekçls. Es handelte sich um eine Transfer-RNA aus der Hefe, die mit der Aminosåure Alanin verknçpft ist (Abb. 11.42 a). Diese tRNA besteht aus 77 Nucleotiden, von denen zehn gegençber den çblichen vier Nucleotiden der RNA (A, G, C, U) abgewandelt sind (in der Abbildung farbig markiert). Als man in den folgenden Jahren weitere tRNA-Spezies reinigte und sequenzierte, kristallisierte sich eine Reihe von Øhnlichkeiten zwischen allen tRNAs heraus (Abb. 11.42 b). Die Molekçle waren alle ungefåhr gleich groû ± ihre Långe lag zwischen 73 und 93 Nucleotiden ± und enthielten einen merklichen Anteil an ungewæhnlichen Basen, die, wie sich herausstellte, durch enzymatische Abwandlung der vier çblichen Basen nach deren Einbau in die RNA-Kette entstehen. Auûerdem enthielten alle tRNAs in einem Teil ihres Molekçls mehrere Nucleotidsequenzen, die zu Sequenzen in anderen Teilen des Molekçls komplementår waren. Wegen die-
ser komplementåren Sequenzen falten sich die tRNA-Molekçle nach åhnlichen Prinzipien zu einer Struktur, die man zweidimensional als Kleeblatt wiedergeben kann. Die ¹Ståmmeª mit ihren Basenpaaren und die ungepaarten Schleifen des tRNA-Kleeblatts sind in Abb. 11.42 deutlich zu erkennen. Die Aminosåure wird stets an ein Adenosin (A) am 3'-Ende des tRNA-Molekçls angeheftet. Die ungewæhnlichen Basen, die gehåuft in den Schleifen liegen, verhindern in diesen Abschnitten die Ausbildung von Wasserstoffbrçcken und kænnen als Erkennungsstellen fçr verschiedene Proteine dienen. Bisher haben wir uns nur mit dem zweidimensionalen Aufbau, d. h. mit der Sekundårstruktur dieser Adaptermolekçle beschåftigt. Transfer-RNAs falten sich aber auch jeweils zu einer einzigartigen, genau definierten Tertiårstruktur. Wie man aus Ræntgenstrukturanalysen weiû, setzt sich eine tRNA aus zwei L-færmig angeordneten Doppelhelices zusammen (Abb. 11.43 b). Fçr die Entstehung dieser L-færmigen Tertiårstruktur sind insbesondere die Basen, die man in allen tRNA-Molekçlen an vergleichbaren Stellen findet (die 9 7 in Abb. 11.42 b) von groûer Bedeutung. In der Strukturåhnlichkeit der tRNAs spiegelt sich die Tatsache
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wider, das alle bei der Proteinsynthese an einer åhnlichen Reaktionsfolge beteiligt sind. Aber jede tRNA hat auch charakteristische Merkmale, durch die sie sich von anderen tRNAs unterscheidet. Wie im nåchsten Abschnitt noch genauer beschrieben wird, eræffnen diese einzigartigen Merkmale die Mæglichkeit, dass jede Aminosåure enzymatisch an ihre zugehærige tRNA gekoppelt wird. Die Transfer-RNAs çbersetzen eine Reihe von mRNA-Codons in eine Sequenz aus Aminosåureresten. Die in der mRNA gespeicherte Information wird durch die Ausbildung von Basenpaaren zwischen komplementåren Sequenzen von Transfer- und Messenger-RNA decodiert (Abb. 11.50). Der Teil der tRNA, der an diesen spezifischen Wechselwirkungen mit dem Codon der mRNA beteiligt ist, wird genannt; er besteht aus drei hintereinander angeordneten Nucleotiden und liegt in der mittleren Schleife des tRNA-Molekçls (Abb. 11.43 a). Diese Schleife besteht stets aus sieben Nucleotiden, von denen die drei mittleren das Anticodon bilden. Das Anticodon liegt an einem Ende eines Armes des L-færmigen tRNA-Molekçls, wåhrend die Amino-
såure ganz am anderen Ende angekoppelt ist (Abb. 11.43 b). Da 61 verschiedene Codons Aminosåuren festlegen kænnen, wçrde man vielleicht damit rechnen, dass eine Zelle mindestens 61 verschiedene tRNAs besitzt, deren Anticodons jeweils komplementår zu einem der Codons in Abb. 11.41 sind. Aber wie bereits erwåhnt wurde, findet man in Codons, welche dieselbe Aminosåure codieren, bei den beiden ersten Nucleotiden die græûte Øhnlichkeit zwischen den Tripletts, wåhrend man im dritten Nucleotid die stårksten Unterschiede beobachtet. Ein Beispiel sind die 16 Codons, die mit einem U enden. Tauscht man das U gegen ein C aus, wird in allen Fållen immer noch die gleiche Aminosåure spezifiziert (die ersten beiden Zeilen der einzelnen Kåsten in Abb. 11.41). Auch einen Austausch von A und G in der dritten Position wirkt sich in den meisten Fållen nicht auf die codierte Aminosåure aus. Da die Base an der dritten Position also offensichtlich austauschbar ist, kam Francis Crick auf die Idee, die gleiche Transfer-RNA kænne mæglicherweise auch mehrere Codons erkennen. Nach seiner Vermutung, die als 1 $2%
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ezeichnet wurde, bestehen an den ersten beiden Positionen sehr strenge sterische Anforderungen an das Anticodon der tRNA und das Codon der mRNA, die dritte Position dagegen ist flexibler. Demnach kænnten zwei Codons, welche dieselbe Aminosåure festlegen und sich nur in der dritten Position unterscheiden, bei der Proteinsynthese von derselben tRNA erkannt werden. Auch diese Hypothese von Crick sollte sich als richtig erweisen. Ûber das ¹Wackelnª (engl. + ) an der dritten Position bestimmen folgende Regeln (Abb. 11.44): n Ein U im Anticodon kann sich mit einem A oder G der mRNA paaren; n ein G im Anticodon kann sich mit einem U oder C der mRNA paaren; n ein I (Inosin, das sich von einem Guanin im ursprçnglichen tRNA-Molekçl ableitet) im Anticodon kann sich mit einem U, C oder A der mRNA paaren. Wegen des + sind beispielsweise fçr die sechs Codons, die Leucin codieren, nur drei tRNAs erforderlich. 9 1 Fçr die Polypeptidsynthese ist es von entscheidender Bedeutung, dass jedes Molekçl der Transfer-RNA mit der richtigen Aminosåure beladen wird. Die Aminosåuren werden durch das Enzym % )&% 3
&4 kovalent an das 3'-Ende ihrer zugehærigen tRNA(s) gebunden (Abb. 11.45). Mit Ausnahme mancher Bakterien enthalten Zellen stets 20 verschiedene AminoacyltRNA-Synthetasen, eine fçr jede der 20 Aminosåuren, die in die Proteine eingebaut werden. Jedes dieser Enzyme kann alle tRNAs ¹beladenª, die zu der betreffenden Aminosåure gehæren (d. h. alle tRNAs, deren Anticodon eines der Codons erkennt, die nach dem Schema in Abb.
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11.41 diese Aminosåure festlegen). Die Aminoacyl-tRNA-Synthetasen sind ein ausgezeichnetes Beispiel dafçr, wie spezifisch Wechselwirkungen zwischen Protein und Nucleinsåure sein kænnen. Alle tRNA-Typen, die eine bestimmte Aminosåure spezifizieren, mçssen einige gemeinsame Merkmale besitzen, damit eine einzige AminoacyltRNA-Synthetase sie alle erkennt und gleichzeitig såmtliche tRNAs fçr andere Aminosåuren çbergeht. Unsere Erkenntnisse çber die Strukturmerkmale, auf Grund derer die tRNAs als Substrat ausgewåhlt oder çbergangen werden, stammen vorwiegend aus zwei Quellen: n aus der Aufklårung der Raumstruktur dieser Enzyme durch Ræntgenstrukturanalyse; auf diese Weise kann man feststellen,
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welche Stellen an der tRNA unmittelbar mit dem Protein in Kontakt treten. Wie man in Abb. 11.45 erkennt, sind besonders die Enden des Akzeptorstammes und das Anticodon fçr die Erkennung durch die meisten derartigen Enzyme von entscheidender Bedeutung n aus der Klårung der Frage, welche Verånderungen an einer tRNA dazu fçhren, dass diese von einer ¹falschenª Synthetase aminoacyliert wird. Wie sich dabei beispielsweise herausstellte, ist ein ganz bestimmtes Basenpaar in einer tRNAAla (das G-U-Paar, an dem das drittletzte G am 5'-Ende des Molekçls in Abb. 11.42 beteiligt ist) die wichtigste Determinante fçr die Wechselwirkungen mit der AlanyltRNA-Synthetase. Fçgt man genau dieses Basenpaar in den Akzeptorstamm einer tRNAPhe oder tRNACys ein, so werden diese tRNAs von der Alanyl-tRNA-Synthetase erkannt und mit Alanin verknçpft.
Die Aminoacyl-tRNA-Synthetasen katalysieren die folgende Zwei-Schritt-Reaktion: 1. Schritt: ATP + Aminosåure ? Aminoacyl-AMP + PPi 2. Schritt: Aminoacyl-AMP+tRNA ? Aminoacyl-tRNA +AMP Im ersten Schritt aktiviert die Energie aus dem ATP die Aminosåure durch Bildung einer adenylierten Aminosåure, die an das Enzym gebunden ist. Dies ist der grundlegende, energieaufwåndige Schritt auf dem chemischen Reaktionsweg, der zur Polypeptidsynthese fçhrt. Die spåteren Ereignisse, so die Ûbertragung der Aminosåure auf das tRNA-Molekçl (Schritt 2) und dann auf
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die wachsende Polypeptidkette, sind thermodynamisch begçnstigt. Das in der ersten Reaktion entstandene PPi wird weiter zu Pi hydrolysiert, was die Gesamtreaktion noch weiter in Richtung der Produkte treibt. Wie wir spåter noch genauer erfahren werden, wird bei der Proteinsynthese Energie aufgewandt, aber sie dient nicht dazu, Peptidbindungen zu knçpfen. Im zweiten Schritt çbertrågt das Enzym seine gebundene Aminosåure auf das 3'-Ende einer zugehærigen tRNA. Bringt die Synthetase zufållig eine falsche Aminosåure an der tRNA an, wird ein Korrekturlesemechanismus des Enzyms aktiviert, der die Bindung zwischen Aminosåure und tRNA auflæst.8 Aminoacyl-tRNA-Synthetasen spielen fçr die Ûbersetzung der Nucleotidsequenz einer mRNA in die Aminosåuresequenz des Polypeptids eine Schlçsselrolle, denn sie bestimmen darçber, welche Aminosåure mit einer bestimmten tRNA verknçpft wird. Entsprechend ist die Aminosåure selbst an der Entscheidung darçber, wo sie in das Polypeptid eingebaut wird, nicht unmittelbar beteiligt. Dies wiesen Fritz Lippmann und seine Mitarbeiter bereits frçhzeitig in einem Experiment nach: Sie wandelten eine Aminosåure chemisch ab, nachdem sie bereits an ihre spezifische tRNA geheftet war (Abb. 11.46). Fçr Ihr Experiment stellten sie zunåchst eine mit Cystein beladene tRNACys her. Anschlieûend wandelten sie die angekoppelten Cysteinreste in Alanin um; dann fand der Einbau statt. Die Erkennungsgruppe der tRNA ± das Anticodon ± blieb un8 Einen solchen Korrekturlesemechanismus besitzen nicht alle Aminoacyl-tRNA-Synthetasen. Manche dieser Enzyme entfernen eine falsch eingebaute Aminosåure, indem sie nach dem ersten Reaktionsschritt die Bindung zwischen Aminosåure und AMP hydrolysieren. Am schwierigsten sind die beiden Aminosåuren Valin und Isoleucin zu unterscheiden, die sich nur durch eine einzige Methylengruppe unterscheiden (Abb. 2.26). Die Isoleucyl-tRNA-Synthetase bedient sich beider Korrekturlesemechanismen und sorgt so fçr eine korrekte Aminoacylierung.
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veråndert und erkannte deshalb weiterhin die gleichen Nucleotide in der mRNA, als habe es die chemische Abwandlung der Aminosåure nie gegeben. In die Polypeptidkette wurde also immer da, wo in der mRNA ein Cystein codiert war, ein Alanin eingefçgt.
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11.8 Die Translation der genetischen Information Die Proteinsynthese oder ! ist in der Zelle vielleicht der komplizierteste Synthesevorgang. Der Zusammenbau eines Proteins erfordert såmtliche verschiedenen tRNAs mit ihren angekoppelten Aminosåuren, auûerdem Ribosomen, eine Messenger-RNA, zahlreiche Proteine mit unterschiedlichen Funktionen, Kationen und GTP. Diese Komplexitåt ist keine Ûberraschung, wenn man bedenkt, dass bei der Proteinsynthese 20 verschiedene Aminosåuren in einer genauen Reihenfolge eingebaut werden mçssen, und das nach Anweisungen, die in einer Sprache mit anderen Elementen niedergelegt ist. In den nachfolgenden Beschreibungen werden wir uns vor allem mit den Translationsmechanismen in Bakterienzellen beschåftigen, denn diese sind einfacher und auûerdem besser untersucht. In Eukaryoten låuft die Translation erstaunlich åhnlich ab. Bei der Synthese einer Polypeptidkette kann man drei recht unterschiedliche Vorgånge unterscheiden: die 6 der Molekçlkette, ihre # und ihre ! . Alle drei wollen wir nacheinander betrachten. 11.8.1 Initiation Nachdem ein Ribosom sich an die mRNA angelagert hat, wandert es an dieser entlang von Codon zu Codon, das heiût, es rçckt jeweils drei Nucleotide weiter. Damit die richtigen Tripletts abgelesen werden, heftet sich das Ribosom an einer ganz bestimmten Stelle an die mRNA,
nåmlich am & oder 6 , das die Sequenz AUG hat. Durch die Bindung an dieses Codon befindet sich das Ribosom automatisch im richtigen 8 , so dass es die gesamte Information richtig ablesen kann. In der Sequenz 7CUAGUUACAUGCUCCAGUCCGU7 zum Beispiel wandert das Ribosom von dem Initiationscodon AUG zu den nåchsten drei Nucleotiden (CUC) und dann immer weiter die Reihe entlang. Die wichtigsten Schritte bei der Initiation der Translation in Prokaryotenzellen zeigt Abb. 11.47. & E ! $ 6 Wie man in Abb. 11.47 erkennt, bindet die mRNA nicht an ein vollståndiges Ribosom, sondern in getrennten Stadien an die kleine und groûe Untereinheit. Der erste wichtige Schritt bei der Initiation ist die Bindung der kleinen Ribosomenuntereinheit an die erste AUG-Sequenz (oder eines der ersten derartigen Tripletts), die damit als Initiationscodon dient.9 Wie unterscheidet die kleine Untereinheit das AUG-Startcodon von Codons mit der gleichen Sequenz im Inneren des Gens? Bei Bakterien enthalten die mRNA-Molekçle eine spezifische Sequenz, die nach ihren Entdeckern als Shine-Dalgarno-Sequenz bezeichnet wird und fçnf bis zehn Nucleotide vor dem Initiationscodon liegt. Die ShineDalgarno-Sequenz ist komplementår zu einer Nucleotidsequenz nicht weit vom 3'-Ende der 16S-rRNA in der kleinen Ribosomenuntereinheit.
Durch die Wechselwirkungen zwischen diesen komplementåren Sequenzen von mRNA und rRNA heftet sich eine 30S-Untereinheit an das AUG-Initiationscodon an. 6 6 Einige der in Abb. 14.7 skizzierten Schritte erfordern die Mitwirkung læslicher Proteine, die man als 6 (abgekçrzt bei Prokaryoten als IFs, bei Eukaryoten als eIFs) bezeichnet. Prokaryotenzellen benætigen drei Ini9 GUG kann ebenfalls als Initiationscodon dienen und findet sich in dieser Funktion in einigen natçrlich vorkommenden mRNAs. Auch bei Nutzung von GUG wird der Initiationskomplex mit )-Formylmethionin gebildet, obwohl GUG im Inneren einer Sequenz eigentlich Valin codiert.
Die Translation der genetischen Information
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tiationsfaktoren namens IF1, IF2 und IF3, die an die 30S-Ribosomenuntereinheit binden (Schritt 1 in Abb. 11.47). IF2, ein GTP-bindendes Protein, ist fçr die Anlagerung der ersten AminoacyltRNA erforderlich. IF3 sorgt vermutlich dafçr, dass die groûe (50S-) Untereinheit sich nicht vorzeitig mit der 30S-Untereinheit verbindet, und erleichtert auûerdem der ersten aa-tRNA den Zutritt. IF1 begçnstigt die Anheftung der 30S-Untereinheit an die mRNA und dçrfte auûerdem verhindern, dass diese sich dem Ribosom an der falschen Stelle nåhert. & F #
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Beim Betrachten der Codonzuordnungen in Abb. 11.41 fållt auf, dass AUG nicht nur ein Initiationscodon ist, sondern auch das einzige Codon fçr Methionin. Tatsåchlich wird diese Aminosåure immer als Erste am N-Terminus der neu entstehenden Polypeptidkette eingebaut. (Bei Prokaryoten trågt dieses erste Methionin eine Formylgruppe, es handelt sich also um )-Formylmethionin.) In vielen Fållen wird das Methionin (oder )-Formylmethionin) spåter enzymatisch entfernt. In den Zellen kommen zwei verschiedene Methionyl-tRNAs vor: Eine (die bei Prokaryoten als tRNAfMet und bei Eukaryoten als tRNAMet I bezeichnet wird) dient dazu, die Proteinsynthese in Gang zu setzen, und eine zweite (tRNAMet M bei Pro- und tRNAMet bei Eukaryoten) baut Methionylreste im Inneren eines Polypeptids ein. Die Initiator-aa-tRNA wandert zur P-Stelle des Ribosoms (die unten genauer beschrieben wird) und bindet dort an das AUG-Codon der MessengerRNA sowie an den Initiationsfaktor IF2 (Schritt 2 in Abb. 11.47). IF1 und IF3 werden freigesetzt.
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Sobald die Initiator-tRNA an das AUG-Codon gebunden hat und IF3 verdrångt ist, kommt die groûe Untereinheit zu dem Komplex dazu, und das an IF2 gebundene GTP wird hydrolysiert (Schritt 3 in Abb. 11.47). Die GTP-Hydrolyse setzt vermutlich im Ribosom eine Konformationsånderung in Gang, die fçr die Freisetzung von IF2 mit seinem gebundenen GDP erforderlich ist. 6 ! # % Eukaryotenzellen benætigen mindestens zwælf Initiationsfaktoren, die insgesamt aus mehr als 25 Polypeptidketten bestehen. Wie man in Abb. 11.48 erkennt, binden einige dieser eIFs (zum Beispiel eIF1, eIF'1A und eIF3) an die 40S-Untereinheit und bereiten sie damit auf die Bindung
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Die Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
AUG-Initiationscodon enthålt. Sobald der 43S-Komplex ein geeignetes AUG-Codon erreicht, wird eIF2-GTP hydrolysiert, eIF2-GDP und andere assoziierte eIFs werden freigesetzt. Wenn nun die groûe (60S-) Untereinheit zu dem Komplex hinzukommt, ist die Initiation abgeschlossen.10 n
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Nachdem wir jetzt mit unserer Beschreibung so weit gekommen sind, dass das Ribosom vollståndig zusammengebaut wurde, kænnen wir uns Struktur und Funktion dieses Gebildes mit seinen vielen Untereinheiten genauer ansehen. Ribosomen sind Molekçlmaschinen und åhneln in mancher Hinsicht den molekularen Motoren, die in Kap. 9 beschrieben wurden. Wåhrend der Translation macht das Ribosom einen ståndig wiederholten Kreislauf von mechanischen Verånderungen durch, dessen notwendige Energie durch die Hydrolyse von GTP gewonnen wird. Aber im Gegensatz zu Myosin oder Kinesin, die einfach an einer festen Schiene entlangwandern, bewegt sich das Ribosom an einem ¹Bandª aus mRNA, das codierte Information enthålt. Mit anderen Worten: Ribosomen sind Maschinen. Die in der mRNA gespeicherte Information bestimmt darçber, in welcher Reihenfolge das Ribosom die Aminoacyl-tRNAs wåhrend der Translation akzeptiert. Ein weiteres Merkmal, das die Ribosomen von vielen anderen ¹Maschinenª in der Zelle unterscheidet, ist die groûe Bedeutung der in ihnen enthaltenen RNAs. Die ribosomalen RNAs spielen eine wichtige Rolle fçr die Auswahl der tRNAs, die Pråzision der Translation, die Bindung von Proteinfaktoren und die Polymerisierung der Aminosåuren (die in der Box ¹Experimentelle Verfahrenª am Ende des Kapitels genauer erærtert wird). In den letzten Jahren haben wir mit unseren Kenntnissen çber den Aufbau von Bakterienribosomen groûe Fortschritte gemacht. In frçheren Untersuchungen verwendete man kryoelektronenmikroskopische Bildgebungsverfahren (Kap. 18.8) und stellte auf diese Weise fest, dass das Ribosom ein sehr unregelmåûig geformtes Gebilde mit Wælbungen, Lappen, Kanålen und 10
Nicht alle mRNAs werden nach der Anheftung der kleinen Ribosomenuntereinheit an ihr 5'-Ende translatiert. Viele Virus-mRNAs und auch eine relativ geringe Zahl zelleigener mRNAs ± insbesondere solche, die wåhrend der Mitose oder in Stresssituationen genutzt werden ± werden translatiert, nachdem das Ribosom sich an einer internen RibosomenEintrittsstelle ( ' IRES) angeheftet hat, die unter Umstånden recht weit vom 5'-Ende entfernt ist.
Die Translation der genetischen Information
Brçcken ist (Abb. 2.55). Darçber hinaus lieferten diese Studien auch Hinweise, wonach es wåhrend der Translation sowohl in der kleinen als auch in der groûen Untereinheit zu tief greifenden Konformationsånderungen kommt. In den 1990er Jahren erzielte man dann groûe Fortschritte bei der Kristallisierung von Ribosomen und gegen Ende dieses Jahrzehnts erschienen erste Berichte çber die Ræntgenstrukturanalyse von Bakterienribosomen. Die Abb. 11.49 a und b zeigt den ræntgenstrukturanalytisch aufgeklårten Aufbau der beiden Untereinheiten eines Prokaryotenribosoms. Jedes Ribosom besitzt drei Stellen fçr die Anlagerung von tRNA-Molekçlen. Sie werden als % oder , / % oder / und #- oder #& bezeichnet und nehmen jedes tRNA-Molekçl wåhrend der aufeinander folgenden Schritte des im folgenden Abschnitt beschriebenen Elongationszyklus nacheinander auf. Die Lage der tRNAs, die an die A-, P- und E-Stelle der groûen Ribosomenuntereinheit gebunden sind, zeigt Abb. 11.49 a und b. Die tRNAs binden an diese Stellen und çberbrçcken die Lçcke zwischen den beiden Untereinheiten (Abb. 11.49 c). Die Anticodonenden der gebundenen tRNAs stehen in Kontakt mit der kleinen Untereinheit, die fçr die Entschlçsselung der Information in der mRNA eine Schlçsselrolle spielt. Dagegen befinden sich die Enden der gebundenen tRNAs, an denen die Aminosåuren angeheftet sind, an der groûen Untereinheit, denn diese ist entscheidend daran beteiligt, die Ausbildung der Peptidbindungen zu katalysieren. Darçber hinaus erbrachte die hochauflæsende Strukturaufklårung unter anderem folgende Erkenntnisse: n An der Berçhrungsstelle zwischen groûer und kleiner Untereinheit befindet sich ein relativ geråumiger Hohlraum (Abb. 11.49 c), der fast ausschlieûlich von RNA ausgekleidet ist. Die zu dem Hohlraum weisende Seite der kleinen Untereinheit ist auf ihrer ganzen Långe mit einer einzigen, ununterbrochenen, doppelstrångigen RNA-Helix bedeckt. Diese Helix ist in der zweidimensional wiedergegebenen Struktur der 16S-rRNA in Abb. 11.3 farbig unterlegt. Die einander gegençberstehenden Oberflåchen der beiden Untereinheiten enthalten die Bindungsstellen fçr die mRNA sowie fçr die neu hinzukommenden tRNAs und sind demnach fçr die Funktion des Ribosoms von entscheiden-
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der Bedeutung. Die Tatsache, dass diese Oberflåchen vorwiegend aus RNA bestehen, spricht ebenfalls fçr die Vorstellung, dass die Ribosomen ursprçnglich reine RNA-Gebilde waren (Kap. 11.4.5). Auch das aktive Zentrum, an dem die Aminosåuren kovalent verknçpft werden, besteht aus RNA. Dieser katalytisch wirksame Teil der groûen Untereinheit liegt in einer tiefen Spalte, welche die neu gebildete Peptidbindung vor der Hydrolyse durch die wåssrige Umgebung schçtzt. Die mRNA befindet sich in einem engen Kanal, der rund um den ¹Halsª der kleinen Untereinheit an der A-, P- und E-Stelle vorçberlåuft. In der groûen Untereinheit verlåuft ein Tunnel vom aktiven Zentrum durch den Kern des gesamten Komplexes. Diese Úffnung ist der Weg, auf dem das långer werdende Polypeptid durch das Ribosom geschoben wird (Abb. 11.49). Die meisten Proteine der Ribosomenuntereinheiten besitzen mehrere Bindungsstellen fçr RNA und befinden sich in einer idealen Lage, um die komplizierte Tertiårstruktur der rRNAs zu stabilisieren.
!!5$ Elongation Die grundlegenden Schritte in der Elongationsphase der Translation bei Prokaryotenzellen sind in Abb. 11.50 dargestellt. & E ' % ) Wenn die beladene Initiator-tRNA ihren Platz an der P-Stelle eingenommen hat, steht das Ribosom bereit, um an der freien A-Stelle eine zweite Aminoacyl-tRNA aufzunehmen. Dies ist der erste Schritt der Kettenverlångerung (Schritt 1 in Abb. 11.50 a). Bevor die zweite Aminoacyl-tRNA aber wirksam an die freiliegende mRNA an der A-Stelle binden kann, muss sie sich mit einem Elongationsfaktor verbinden, einem Protein, das seinerseits GTP gebunden hat. Dieser spezielle Elongationsfaktor heiût bei Prokaryoten #! (oder !) und bei Eukaryoten eEF1. EF-Tu ist notwendig, damit Aminoacyl-tRNAs an der A-Stelle des Ribosoms angeliefert werden. Jeder Komplex aus einer Aminoacyl-tRNA, Tu und GTP kann in die Stelle eintreten, aber nur wenn das Anticodon zu dem an der A-Stelle liegenden Codon der mRNA komplementår ist, hålt das Ribosom ihn dort fest. Fçr die groûe Genau-
igkeit der Translation spielt die rRNA der kleinen Untereinheit eine entscheidende Rolle, denn sie erkennt die richtigen Wechselwirkungen zwischen Codon und Anticodon. Ist die richtige Aminoacyl-tRNA mit Tu und GTP an das Codon der mRNA gebunden, wird das GTP hydrolysiert und der Komplex aus Tu und GDP freigesetzt; die aa-tRNA bleibt an der A-Stelle des Ribosoms gebunden. Die Regeneration des Tu-GTP aus dem freigesetzten Tu-GDP erfordert einen weiteren Elongationsfaktor namens EF-Ts. & F / Am Ende des ersten Schrittes liegen die beiden Aminosåuren, jede mit ihrer eigenen tRNA verknçpft, so nebeneinander, dass zwischen ihnen eine Reaktion stattfinden kann (Abb. 11.49 a', b'). Der zweite Schritt im Elongationszyklus ist die Ausbildung einer Peptidbindung zwischen diesen beiden Aminosåuren (Schritt 2 in Abb. 11.50 a). Zu diesem Zweck reagiert die Aminogruppe der aa-tRNA an der A-Stelle mit der Carbonylgruppe der Aminosåuren, die an die tRNA an der P-Stelle gebunden ist; dabei wird die tRNA von der P-Stelle verdrångt (Abb. 11.50 b). Am Ende dieser Reaktion trågt die tRNA, die an der A-Stelle an das zweite Codon gebunden ist, ein Dipeptid; gleichzeitig wird die tRNA an der P-Stelle von ihrer Aminosåure befreit. Die Peptidbindung bildet sich spontan ohne åuûere Energiezufuhr. Katalysiert wird die Reaktion von der / % , einem Bestandteil der groûen Ribosomenuntereinheit. Jahrelang nahm man an, die Peptidyltransferase sei eines der Ribosomenproteine. Als dann aber die Katalysatorfåhigkeiten der RNA bekannt wurden, rçckte die ribosomale RNA als Katalysator fçr die Ausbildung der Peptidbindung in den Mittelpunkt des Interesses. Mittlerweile wurde nachgewiesen, dass die Peptidyltransferaseaktivitåt tatsåchlich in dem groûen rRNA-Molekçl der groûen Ribosomenuntereinheit angesiedelt ist (Abb. zu Beginn dieses Kapitels). Mit anderen Worten: Die Peptidyltransferase ist ein $%; das Thema wird in der Box ¹Experimentelle Verfahrenª am Ende dieses Kapitels genauer erærtert. & > ! Nachdem sich die erste Peptidbindung gebildet hat, ist das tRNA-Molekçl an der A-Stelle immer noch mit seinem komplementåren Codon in der mRNA verbunden, sein anderes Ende ist mit einem Dipeptid verknçpft (Schritt 2 in Abb. 11.50 a). Die tRNA an der P-Stelle ist dagegen mit keiner Aminosåure mehr gekoppelt. Der nun folgende Schritt, die ! , ist mit einer
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595
n Elongationsschritte wåhrend der Translation bei Prokaryoten. Schritt 1: Eine Aminoacyl-tRNA, deren Anticodon komplementår zum zweiten Codon der mRNA ist, besetzt die leere A-Stelle des Ribosoms. Die Bindung der tRNA geht mit der Freisetzung von EF-Tu-GTP einher. Schritt 2: Durch die Ûbertragung der entstehenden Polypeptidkette von der tRNA an der P-Stelle auf die Aminoacyl-tRNA an der A-Stelle wird die Peptidbindung geknçpft; das Ergebnis ist eine Dipeptidyl-tRNA an der A-Stelle und eine deacylierte tRNA an der P-Stelle. Katalysiert wird die Reaktion durch einen Teil der rRNA, der als Ribozym wirkt. Schritt 3: Nach Bindung von EF-G und der Hydrolyse des mit ihm assoziierten GTP kommt es zur Translokation des Ribosoms relativ zur mRNA. Dieses Weiterrçcken ist von einer Verschiebung der deacylierten tRNA in die E- und der Peptidyl-tRNA in die P-Stelle begleitet. Schritt 4: Die deacylierte tRNA læst sich vom Ribosom, an der A-Stelle kommt eine neue Aminoacyl-tRNA hinzu. Die Ausbildung der Peptidbindung und die nachfolgende Verdrångung der deacylierten tRNA
umf ' ? ' !!" # $ % & ' (( (( ) * + *' ,& ) , ) - *' , . & / ' 0 & . ' EF-G .12 .'- 3- - 4/ Schritt 4: Freisetzung der deacylierten tRNA # , 5 !!" - ) . & # 6 .
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Die Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
tionszyklus werden mindestens zwei GTP-Molekçle hydrolysiert: eines bei der Auswahl der Aminoacyl-tRNA, das zweite wåhrend der Translokation. Ein Elongationszyklus dauert etwa eine Zwanzigstelsekunde, wobei der græûte Teil dieser Zeit vermutlich gebraucht wird, um die aatRNAs aus dem umgebenden Cytosol zu çberprçfen. Nachdem die Peptidyl-tRNA durch die Translokation an die P-Stelle gerçckt ist, steht die A-Stelle erneut fçr die Aufnahme einer weiteren Aminoacyl-tRNA zur Verfçgung, deren Anticodon dieses Mal zum dritten Codon komplementår sein muss (Schritt 4 in Abb. 11.50 a). Hat diese dritte beladene tRNA sich an der A-Stelle mit der mRNA verbunden, wird das Dipeptid durch die aa-tRNA an der A-Stelle von der tRNA an der P-Stelle verdrångt und die zweite Peptidbindung bildet sich, so dass nun ein Tripeptid an die tRNA an der A-Stelle gebunden ist. Die tRNA an der P-Stelle trågt nun wiederum keine Aminosåure mehr. Auf die Peptidbindung folgt die Translokation des Ribosoms zum vierten Codon, die deacylierte tRNA wird freigesetzt. Der Zyklus kann von Neuem beginnen. In diesem Abschnitt haben wir erfahren, wie das Ribosom sich jeweils um drei Nucleotide (ein Codon) an der mRNA entlang bewegt. Welche Codonfolge der mRNA das Ribosom im Einzelnen verwendet (d. h. in welchem Leseraster es sich befindet), wird zu Beginn der Translation durch die Anheftung des Ribosoms an das Initiationscodon festgelegt. Zu den schådlichsten Mutationen gehæren deshalb jene, bei denen in der DNA ein einzelnes Basenpaar hinzukommt oder verschwindet. Wie sich ein einziges zusåtzliches Nucleotid auswirkt, kann man sich an folgender Sequenz klar machen: ±AUG CUC CAG UCC GU ? ±AUG CUC GCA GUC CGU± Das Ribosom låuft vom Ort der Mutation an im falschen Leseraster durch die gesamte nachfolgende codierende Sequenz. Derartige Verånderungen bezeichnet man als 8 . Sie fçhren dazu, dass von der Mutationsstelle an eine vællig anormale Aminosåuresequenz zusammengebaut wird. Ûber 20 Jahre lang nahm man an, das Ribosom mçsse sich stets nur von einem Triplett zum Nåchsten bewegen; heute kann man anmerken, dass man mittlerweile in mehreren Fållen in der mRNA ¹Neucodierungssignaleª entdeckt hat, die das Ribosom zu einer Leserasterverschiebung veranlassen: Es springt dann entweder um ein Nucleotid zurçck (eine Verschiebung in das Raster ±1)
oder es låsst ein Nucleotid aus (und gelangt so in das Raster +1). Viele Antibiotika wirken, weil sie bei Bakterienzellen verschiedene Aspekte der Proteinsynthese beeintråchtigen. Streptomycin zum Beispiel bindet selektiv an die kleine Ribosomenuntereinheit von Bakterienzellen und sorgt dafçr, dass bestimmte Codons der mRNA falsch abgelesen werden; auf diese Weise steigert es die Synthese fehlerhafter Proteine. Da dieses Antibiotikum an Eukaryotenribosomen nicht bindet, wirkt es sich nicht auf die Translation der Wirtszell-eigenen mRNA aus. Die Streptomycinresistenz von Bakterien kann man auf Verånderungen in den Ribosomenproteinen zurçckfçhren, insbesondere in S12. !!5' 9ermination Wie man in Abb. 11.41 erkennt, dienen drei der 64 Trinucleotidcodons als Stoppsignale: Sie codieren keine Aminosåuren, besondere beenden die Polypeptidsynthese. tRNAs, deren Anticodons zu einem Stoppcodon komplementår wåren, gibt es nicht.11 Stæût das Ribosom auf eines der Codons UAA, UAG oder UGA, erkennt es darin die Anweisung, keine weitere Elongation vorzunehmen und das mit der letzten tRNA gekoppelte Polypeptid freizusetzen. Zur Termination sind $ ( , ) erforderlich. Bakterien besitzen drei derartige Proteine: RF1 erkennt die Stoppcodons UAA und UAG, RF2 spricht auf UAA und UGA an, und RF3 ist nicht spezifisch fçr bestimmte Codons, steigert aber die Aktivitåt der anderen Faktoren. In Eukaryotenzellen kommen die zwei Freisetzungsfaktoren eRF1 und eRF3 vor, die zusammenwirken und alle Stoppcodons erkennen. Die Freisetzungsfakto11 Diese Aussage hat eine kleine Ausnahme. In dem vorliegenden Kapitel wurde erklårt, dass Codons fçr den Einbau von 20 verschiedenen Aminosåuren sorgen. In Wirklichkeit gibt es eine 21. Aminosåure namens Selenocystein, die in sehr wenige Polypeptide eingeht. Selenocystein ist eine seltene Aminosåure, die das Metall Selen enthålt. Es kommt beispielsweise bei Såugetieren in ungefåhr einem Dutzend Proteinen vor. Selenocystein hat eine eigene tRNA namens tRNASec, aber keine eigene Aminoacyl-tRNA-Synthetase. Diese besondere tRNA wird von der Seryl-tRNA-Synthetase erkannt, die an das 3'-Ende der tRNASec ein Serin anheftet. Anschlieûend wird das Serin enzymatisch in Selenocystein verwandelt. Selenocystein wird durch UGA codiert, das ansonsten eines der drei Stoppcodons ist und in den meisten Fållen als Terminationssignal gelesen wird. In wenigen Fållen jedoch folgt auf das UGA ein gefalteter Abschnitt der mRNA; dieser bindet einen besonderen Elongationsfaktor, der das Ribosom veranlasst, an der A-Stelle keinen Terminationsfaktor, sondern eine tRNASec heranzuziehen.
en, die auf Codons ansprechen (RF1, RF2 und eRF1) besetzen die A-Stelle des Ribosoms. Dabei tritt wahrscheinlich ein konserviertes Tripeptid an einem Ende des Freisetzungsfaktors unmittelbar mit dem Stoppcodon an der A-Stelle in Wechselwirkung, ganz åhnlich wie das Anticodon eines tRNA-Molekçls, das an dieser Stelle mit einem codierenden Triplett interagieren wçrde. Anschlieûend wird die Esterbindung zwischen der entstehenden Polypeptidkette und der tRNA hydrolysiert und das fertige Polypeptid freigesetzt. Wie die Initiations- und Elongationsfaktoren, so ist auch einer der Freisetzungsfaktoren (RF3 beziehungsweise eRF3) ein G-Protein, das GTP bindet. Welche Funktion dieses Protein im Einzelnen erfçllt, ist nicht geklårt. Nach Abschluss der Termination zerfållt das Ribosom in seine groûe und kleine Untereinheit, die nun fçr eine neue Translationsrunde zur Verfçgung stehen. !!5 mRNA-Ûberwachung: Unsinn wird nicht geduldet Da durch einen einfachen Basenaustausch aus vielen anderen Codons ein Terminationscodon entstehen kann (Abb. 11.41), sollte man mit zahlreichen Mutationen rechnen, die innerhalb der codierenden Sequenz eines Gens zu Stoppcodons fçhren. Derartige Verånderungen, die ) , sind schon seit Jahrzehnten Gegenstand der Forschung und verursachen beim Menschen ungefåhr 30% aller genetisch bedingten Erkrankungen. Die Zellen besitzen einen Ûberwachungsmechanismus, der mRNAMolekçle mit vorzeitigen Terminationscodons aufspçrt. In den meisten Fållen werden mRNAs mit solchen Mutationen nur einmal translatiert und dann durch einen Vorgang, den man als )
9 ( $ , )) bezeichnet, selektiv zerstært. Der NMD schçtzt die Zelle vor der Produktion funktionsunfåhiger, verkçrzter Proteine. Wie unterscheidet eine Zelle zwischen einem echten Terminationscodon, das die Translation einer genetischen Information beendet, und einem vorzeitigen, durch Mutation (oder ungenaues Spleiûen) entstandenen Terminationscodon? Um das zu verstehen, mçssen wir uns noch einmal mit den Vorgången wåhrend des Processing der Prå-mRNA beschåftigen. Was nåmlich bisher noch nicht erwåhnt wurde: Wenn das Spleiûosom ein Intron entfernt, wird am Transkript etwa 20 bis 24 Nucleotide stromaufwårts von der neu entstandenen Verbindung zwischen den Exons ein Proteinkomplex abgelegt. Dieser #-. - ( A $< A, #N+) ver-
Die Translation der genetischen Information
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bleibt bis zur Translation an der mRNA (Abb. 12.9). Wåhrend der ersten Translationsrunde werden die EJCs nach heutiger Kenntnis von dem vorrçckenden Ribosom verdrångt. Ûberlegen wir nun einmal, was bei der Translation einer mRNA geschieht, die ein vorzeitiges Terminationscodon enthålt. Das Ribosom bleibt an der Mutationsstelle stehen und dissoziiert, wåhrend alle EJCs, die stromabwårts vom Ort der vorzeitigen Termination angehångt waren, an der mRNA verbleiben. EJCs an einer bereits translatierten mRNA sind also eine unauslæschliche Markierung, die dieses Molekçl als defektes Transkript kennzeichnen. Sie setzen einen Ablauf in Gang, der zur enzymatischen Zerstærung der anormalen mRNA fçhrt. Der NMD erinnert uns wieder einmal daran, wie opportunistisch die biologische Evolution ist. Sie hat nicht nur die Introns ¹genutztª, um das A zu erleichtern (Kap. 11.4.4), sondern sie hat sich auch eines Vorgehens zum Entfernen dieser Zwischensequenzen bedient, um einen Qualitåtssicherungsmechanismus aufzubauen, der sicherstellt, dass nur unversehrte mRNAs bis zum Stadium der Translation erhalten bleiben. /% Betrachtet man im Elektronenmikroskop eine Messenger-RNA, die gerade translatiert wird, so sieht man entlang des mRNA-Stranges stets eine ganze Reihe angehefteter Ribosomen. Einen solchen Komplex aus mRNA und Ribosomen bezeichnet man als /% oder kurz /%
(Abb. 11.51 a). Jedes Ribosom bildet sich zunåchst am Initiationscodon aus seinen Untereinheiten und wandert dann von dieser Stelle in Richtung des 3'-Ende der mRNA, bis es auf ein Terminationscodon stæût. Sobald das Ribosom sich auf der mRNA weit genug vom Initiationscodon entfernt hat, heftet sich dort ein zweites Ribosom an und beginnt mit der Translation. Die gleichzeitige Translation einer mRNA durch zahlreiche Ribosomen låsst die Proteinsyntheserate in der Zelle stark ansteigen. In Abb. 11.51 a und b ist gezeigt, wie Eukaryotenpolysomen im Elektronenmikroskop aussehen. Abbildung 11.51 b zeigt Polysomen, die an der Cytosolseite der ER-Membran gebunden sind und gerade Membran- und/oder Organellenproteine synthetisiert haben (Kap. 8.3.2). Die Polysomen in Abb. 11.51 c dagegen befanden sich bei der Pråparation frei im Cytosol einer roten Blutzelle und produzierten dort das læsliche Protein Håmoglobin. Nachdem wir nun den grundlegenden Ablauf der Translation kennen, passt es gut, wenn wir das Kapitel mit Bildern des ganzen Vorganges
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Die Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
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eschlieûen. Das eine (Abb. 11.52 a) stammt von einem Prokaryoten, das andere von einer Eukaryotenzelle (Abb. 11.52 b). Anders als bei Eukaryoten, wo die Transkription im Zellkern und die Translation nach vielen Zwischenschritten im Cytoplasma stattfindet, sind die entsprechenden Vorgånge bei Prokaryoten eng gekoppelt. In Bakterienzellen beginnt die Proteinsynthese an mRNA-Molekçlen, die noch bei Weitem nicht fertig synthetisiert sind. Die Synthese einer mRNA verlåuft in der gleichen Richtung wie die Wanderung der Ribosomen bei der Translation, nåmlich vom 5'- zum 3'-Ende. Sobald also die Synthese eines RNA-Molekçls begonnen hat, steht sein 5'-Ende bereits fçr die Anheftung von Ribosomen zur Verfçgung. Die Mikroskopaufnahme in Abb. 11.52 a zeigt DNA, die transkribiert wird, entstehende mRNA-Molekçle und Ribosomen, welche diese mRNAs bereits translatieren. Die neu gebildeten Proteinketten sind in Abb. 11.52 a nicht zu erkennen, man sieht sie aber in dem Foto in Abb. 11.52 b, das ein einzelnes Polyribosom aus einer Seidendrçsenzelle des Seidenspinners zeigt. Das hier synthetisierte
Seidenprotein ist wegen seiner riesigen Græûe und seiner Faserstruktur gut sichtbar. Die von Oscar Miller Jr. entwickelten Verfahren, mit denen man die Transkription und Translation sichtbar machen kann, lieferten den passenden visuellen Nachweis fçr Vorgånge, die man zuvor bereits biochemisch beschrieben hatte.
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Experimentelle Verfahren
RNA als Katalysator In den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts hatte man durch die biochemische und molekularbiologische Forschung ein festes Bild von den Funktionen der Proteine und Nucleinsåuren. Proteine waren dafçr zuståndig, dass sich in den Zellen etwas ereignete: Als Enzyme beschleunigten sie die chemischen Reaktionen im lebenden Organismus. Die Nucleinsåuren dagegen waren die Informationstråger der Zellen, die in ihrer Nucleotidsequenz die genetische Information speicherten. Die Arbeitsteilung zwischen Proteinen und Nucleinsåuren schien so gut definiert zu sein, wie es in der biologischen Wissenschaft çberhaupt nur mæglich ist. Dann aber, 1981, erschien ein Artikel, der diese feste Trennung ins Wanken brachte.1
Thomas Cech von der University of Colorado und seine Mitarbeiter hatten sich mit der Frage beschåftigt, wie der Vorlåufer der ribosomalen RNA bei dem cilienbesetzten Protisten 2 sich in reife mRNA verwandelt. Die Prå-rRNA von 2 $ enthielt ein Intron von etwa 400 Nucleotiden, das aus dem Primårtranskript ausgeschnitten werden musste, bevor die benachbarten Abschnitte verknçpft (ligiert) werden konnten. Zuvor hatte Cech bereits herausgefunden, dass isolierte Zellkerne aus solchen Zellen die Prå-rRNA synthetisieren und die gesamte Spleiûreaktion ausfçhren konnten. Bisher hatte man noch aus keiner Zelle die Spleiûenzyme isoliert. Da schien 2 ein gutes System zu sein, wenn man diese Enzyme studieren wollte. Im ersten Schritt musste man dazu
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,ie Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
den intakten rRNA-Vorlåufer isolieren und feststellen, wie viele Zellkernbestandteile man mindestens zusetzen muss, damit die Spleiûreaktion korrekt ablåuft. Als die Wissenschaftler isolierte Zellkerne in einem Medium mit einer niedrigen Konzentration einwertiger Ionen (5 mM NH+4 ) inkubierten, wurde die Prå-rRNA zwar synthetisiert, das Intron wurde aber nicht herausgeschnitten. Auf diese Weise konnten sie den vollståndigen rRNA-Vorlåufer isolieren, den sie dann als Substrat zum Nachweis der Spleiûaktivitåt in Zellkernextrakten einsetzen wollten. Wie sich dabei jedoch herausstellte, brauchten sie den Vorlåufer nur ganz allein bei hoher NH+4 -Konzentration in Gegenwart von Mg2+ und eines Guanosinphosphats (zum Beispiel GMP oder GTP) zu inkubieren, und schon wurde das Intron ausgeschnitten (Abb. 1).1 Die Nucleotidsequenzanalyse beståtigte, dass es sich bei der kleinen, aus der Prå-rRNA ausgeschnittenen RNA um das Intron mit einem am 5'-Ende angefçgten guaninhaltigen Nucleotid handelte. Es wurde gezeigt, dass das Guanin aus dem GTP stammte, das man dem Reaktionsansatz zugesetzt hatte. Das Spleiûen eines Introns ist eine komplizierte Reaktion: es erfordert die Erkennung der Sequenzen an den Introngrenzen, die Spaltung der Phosphodiesterbindungen beiderseits des Introns und die Verknçpfung der flankierenden Abschnitte. Bevor man die Spleiûfåhigkeit der RNA untersuchte, hatte man sich jede erdenkliche Mçhe gegeben, um alle eventuell an ihr haftenden Proteine zu entfernen. Man hatte die RNA mit Detergens und Phenol extrahiert, in einem Gradienten zentrifugiert und mit einem proteolytischen Enzym behandelt. Es gab nur zwei plausible Erklårungsmæglichkeiten: Entweder wurde die Spleiûreaktion von einem Protein ausgefçhrt, das sehr eng an die RNA gebunden war, oder das Prå-rRNAMolekçl konnte sich selbst spleiûen. Die zweite Idee zu verdauen, war nicht einfach. Um die Frage nach einer mæglichen Proteinverunreinigung zu klåren, bedienten sich Cech und seine Kollegen eines kçnstlichen Systems, das beim besten Willen keine Spleiûproteine aus dem Zellkern enthalten konnte.2 Die DNA, die den rRNA-Vorlåufer codiert, wurde in synthetisiert, gereinigt und als Matrize fçr die $-Transkription mit gereinigter bakterieller RNA-Polymerase verwendet. Diese hergestellte Prå-rRNA wurde anschlieûend gereinigt und ganz allein in Gegenwart ein- und zweiwertiger Ionen sowie einer Guanosinver-
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bindung inkubiert. Diese RNA hatte sich nie in einer Zelle befunden und konnte deshalb auch nicht mit zelleigenen Spleiûenzymen verunreinigt sein. Dennoch machte die Prå-rRNA genau die gleiche Spleiûreaktion durch, die auch in der Zelle abgelaufen wåre. Offensichtlich hatte sie sich selbst gespleiût. In diesen Experimenten wurde nachgewiesen, dass RNA eine komplizierte Reaktion mit mehreren Schritten katalysieren kann. Berechnungen zufolge beschleunigte sie die Reaktion gegençber dem unkatalysierten Vorgang um einen Faktor von mehr als 10 Mrd. Wie ein Proteinenzym konnte die RNA also die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion stark steigern. Der wichtigste Unterschied zwischen dieser RNA und den ¹proteinhaltigen Standardenzymenª bestand darin, dass die RNA nicht auf ein unabhångiges Substrat einwirkte, sondern auf sich selbst. Cech bezeichnete die RNA als ¹Ribozymª. Im Jahr 1983 wurde ein zweiter Fall von RNA-vermittelter Katalyse entdeckt, der mit
,ie Translation der genetischen Information
dem ersten nichts zu tun hatte.3 Sidney Altman von der Yale University und Norman Pace vom National Jewish Hospital in Denver arbeiteten an einer gemeinsamen Untersuchung der Ribonuclease P, eines Enzyms, das bei Bakterien an der Weiterverarbeitung eines tRNA-Vorlåufers beteiligt ist. Dieses Enzym hat eine ungewæhnliche Eigenschaft: es besteht aus Protein und RNA. Inkubierte man den gereinigten RNA-Anteil in einem Puffer mit hoher Mg2+-Konzentration, konnte er das 5'-Ende des tRNA-Vorlåufers (Abb. 2, Spur 7) ebenso gut abtrennen, wie es das vollståndige Molekçl der Ribonuclease P in der Zelle tat. Unter den Reaktionsprodukten der $-Reaktion war auch das fertig weiterverarbeitete tRNA-Molekçl. Die isolierte Proteinkomponente dagegen besaû keine Katalysatoraktivitåt (Abb. 2, Spur 5). Um die Mæglichkeit auszuschlieûen, dass in Wirklichkeit eine Proteinverunreinigung die Re-
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aktion katalysierte, wurde der RNA-Anteil der Ribonuclease P an einer gentechnisch hergestellten Matrize synthetisiert. Wie die aus Bakterienzellen gewonnene RNA, so war auch diese kçnstlich synthetisierte RNA ohne zugesetztes Protein in der Lage, den tRNA-Vorlåufer korrekt zu spalten.4 Im Gegensatz zu dem von Cech untersuchten rRNA-Weiterverarbeitungsenzym wirkte die RNA der Ribonuclease P nicht auf sich selbst ein, sondern auf ein anderes Substrat. Damit war nachgewiesen, dass Ribozyme die gleichen Katalysatoreigenschaften haben wie Proteinenzyme. Ein Modell fçr die Wechselwirkungen zwischen der katalytischen RNA-Untereinheit der Ribonuclease P und ihrem Substrat, dem tRNA-Vorlåufer, zeigt Abb. 3. Der Nachweis, dass RNA chemische Reaktionen katalysieren kann, schuf die richtige Atmosphåre fçr die nochmalige Untersuchung einer alten Frage: Welcher Bestandteil der groûen Ribosomenuntereinheit ist die Peptidyltransferase, d. h. der Katalysator fçr die Ausbildung der Peptidbindung? In den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts war nach mehreren unabhångigen Befunden die Vermutung aufgekommen, die ribosomalen RNAs kænnten mehr sein als nur ein Gerçst, das die Ribosomenproteine in der richtigen Position festhålt, sodass sie die Translation katalysieren kænnen. Zu diesem Gedanken trugen unter anderem folgende Erkenntnisse bei: n Manche Ståmme von tragen Gene, die Bakterien tætende Proteine codieren, die
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Colicine. Eines dieser Toxine, das Colicin E3, hemmt bei entsprechend empfindlichen Bakterienzellen die Proteinsynthese. Ribosomen, die man aus Colicin E3-behandelten Zellen gewonnen hatte, sahen nach den meisten Kriterien vællig normal aus, konnten aber
keine Proteine mehr synthetisieren. Bei genauerer Untersuchung solcher Ribosomen stellte sich heraus, dass der Defekt nicht in den Ribosomenproteinen lag, sondern in der rRNA. Die 16S-rRNA der kleinen Untereinheit wird von Colicin E3 ungefåhr 50 Nucleotide vom 3'-Ende entfernt gespalten, und das raubt der ganzen Untereinheit ihre Fåhigkeit, die Proteinsynthese zu unterstçtzen.5 n Durch Behandlung der groûen Ribosomenuntereinheit mit Ribonuclease T1, einem Enzym, das Bindungen zwischen zugånglichen RNA-Nucleotiden spaltet, nimmt man der Untereinheit ihre Fåhigkeit, die Peptidyltransferasereaktion auszufçhren.6 n Zahlreiche Studien mit Antibiotika, welche die Bildung der Peptidbindung behindern, darunter Chloramphenicol, Carbomycin und Erythromycin, legten die Vermutung nahe, dass diese Substanzen nicht auf die Proteine, sondern auf die RNA der Ribosomen einwirken. So stellte sich beispielsweise heraus, dass Ribosomen gegen Chloramphenicol resistent wurden, wenn bestimmte Basen in ihrer rRNA ausgetauscht waren.7 n Es zeigte sich, dass die Basensequenz der ribosomalen RNAs stark konserviert ist, viel stårker als die Aminosåuresequenzen der Ribosomenproteine. Manche Abschnitte der rRNA sind in Ribosomen aus Prokaryoten, Pflanzen und Tieren praktisch genau gleich, ebenso in den Ribosomen der Mitochondrien und Chloroplasten. Auch diese hohe Konstanz der rRNA-Sequenzen legte die Vermutung nahe, dass die Molekçle fçr die Funktion der Ribosomen von entscheidender Bedeutung sind.8,9 In einem 1975 erschienenen Artikel von C. R. Woese und Mitarbeitern heiût es sogar: ¹Da zwischen diesen konservierten Abschnitten und den bekannten Bindungsstellen der Ribosomenproteine nur ein geringer oder gar kein Zusammenhang besteht, besteht starker Anlass zu der Vermutung, dass groûe Teile der rRNA unmittelbar an der Ribosomenfunktion beteiligt sind.ª8 Nachdem man in den Instituten von Cech und Altman die katalytische RNA entdeckt hatte,
verstårkte sich das Interesse an der Funktion der ribosomalen RNA. Harry Noller und seine Kollegen an der University of California in Santa Cruz grenzten in mehreren Studien die Stelle auf der ribosomalen RNA ein, die im aktiven Zentrum der Peptidyltransferase oder in seiner Umgebung liegt. In einer Untersuchung stellte sich heraus, dass Transfer-RNAs, die an das Ribosom gebunden sind, bestimmte Basen in der rRNA der groûen Untereinheit vor Angriffen durch manche chemische Wirkstoffe schçtzen. Dies ist ein Beleg, dass die tRNA sich ganz in der Nåhe der abgeschirmten rRNA-Basen befinden muss.10 Die Schutzwirkung verschwindet jedoch, wenn man das 3'-Ende der tRNA (das CCA-Ende mit der gebundenen Aminosåure) entfernt. Dieses Ende der tRNA ist an der Ausbildung der Peptidbindung beteiligt; deshalb rechnet man damit, dass es sich in der Nåhe des Peptidyltransferasezentrums befindet. Versuche, isolierten rRNA-Molekçlen eine Funktion zuzuordnen, waren dagegen immer fehlgeschlagen. Selbst wenn die ribosomalen RNAs spezifische Funktionen haben, so die Annahme, sind die Ribosomenproteine wahrscheinlich notwendig, um die rRNAs in der richtigen Konformation festzuhalten. Trotz solcher Vermutungen konnten Noller und Mitarbeiter jedoch 1992 endlich die Katalysatoreigenschaft einer isolierten rRNA nachweisen.11 Die Gruppe arbeitete mit den besonders stabilen Ribosomen des Bakteriums 2 6 , das bei hohen Temperaturen lebt. Noller behandelte Pråparate groûer Ribosomenuntereinheiten mit einem Detergens (SDS) zur Proteinextraktion, einem Protein abbauenden Enzym (Proteinase K), und mehrmals mit Phenol, das Proteine denaturiert. Insgesamt wurden durch diese Behandlung 95% der Proteine aus der Ribosomenuntereinheit entfernt, nur die rRNA blieb zurçck. Die restlichen 5% bestanden, wie man nachweisen konnte, zum græûten Teil aus kleinen Bruchstçcken der Ribosomenproteine. Aber obwohl die Proteine fast vollståndig entfernt waren, besaû die rRNA im Vergleich zur vollståndigen Untereinheit noch 80% der Peptidyltransferaseaktivitåt. Die Katalysatorwirkung wurde durch Chloramphenicol und durch Behandlung mit Ribonuclease blockiert. Entfernte man durch eine zusåtzliche Behandlung die verbliebene geringe Proteinmenge, ging die Katalysatoraktivitåt des Ansatzes verloren. Dass die verbliebenen Proteine als Katalysatoren von Bedeutung sind,
Zusammenfassung
ist sehr unwahrscheinlich; deshalb herrscht allgemein Einigkeit darçber, dass mit diesem Experiment der Ribozymcharakter der Peptidyltransferase nachgewiesen wurde. Beståtigt wurde diese Schlussfolgerung spåter durch Ræntgenstrukturanalysen, die Thomas Steitz, Peter Moore und ihre Kollegen an der Yale University vornahmen. Ihr Objekt war 3 , ein Archaebakterium, das im Toten Meer zu Hause ist. Ein Modell seiner Ribosomenuntereinheit zeigt das Foto am Beginn des Kapitels. Um das aktive Zentrum der Peptidyltransferase in der groûen Ribosomenuntereinheit zu identifizieren, trånkten die Wissenschaftler Kristalle solcher Untereinheiten mit CCdA-Phosphat-Puromycin, einer Substanz, die eng an die Peptidyltransferase bindet und so die Ausbildung der Peptidbindung verhindert. Durch Strukturaufklårung der Untereinheiten bei einer Auflæsung im atomaren Maûstab wurde gezeigt, wo der Hemmstoff gebunden war und wo sich demnach das Peptidyltransferasezentrum befindet.12 Wie sich in dieser Untersuchung herausstellte, bindet der Hemmstoff an die Untereinheit in einer Spalte, die vællig von konservierten Nucleotiden der 23S-rRNA umgeben ist. Keine einzige Aminosåureseitenkette eines Ribosomenproteins kommt nåher als 1,8 nm an die Stelle heran, an der die Peptidbindung geknçpft wird. Die Schlussfolgerung, dass das Ribosom ein Ribozym ist, låsst sich wohl kaum noch bestreiten.
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Zusammenfassung
7$ $'
: / 9 ' 70 Die erste wichtige Beobachtung machte Garrod: Er erkannte, dass bei Menschen, die an erblichen Stoffwechselstærungen leiden, ganz bestimmte Enzyme fehlen. Spåter erzeugten Beadle und Tatum Mutationen in den Genen von ) und identifizierten die jeweils betroffenen biochemischen Reaktionen. Ihre Untersuchungen fçhrten zu dem Lehrsatz ¹Ein Gen, ein Enzymª und spåter zu der verfeinerten Version ¹Ein Gen, eine Polypeptidketteª. Die molekularen Folgen von Mutationen wurden erstmals von Ingram beschrieben: Er wies nach, dass die Sichelzellanåmie, eine erbliche Krankheit, durch den Austausch einer einzigen Aminosåure in einer Håmoglobinkette entsteht (Kap. 11.1).
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)/% 0 Die Polymerasemolekçle werden auf der DNA an die richtige Stelle dirigiert, indem sie an eine Promotorregion binden, die in fast allen Fållen unmittelbar stromaufwårts von der Startstelle der Transkription liegt. Die Polymerase bewegt sich in 3'-5'-Richtung am Matrizenstrang entlang und baut einen komplementåren, antiparallelen RNA-Strang auf, der von seinem 5'-Ende aus in 3'-Richtung wåchst. Dabei katalysiert das Enzym in jedem Schritt eine Reaktion, bei der Ribonucleosidtriphosphate (NTPs) im Rahmen ihres Einbaues zu Nucleosidmonophosphaten hydrolysiert werden. Weiter vorangetrieben wird die Reaktion durch die Hydrolyse des freigesetzten Pyrophosphats. Prokaryoten besitzen
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,ie Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
eine einzige RNA-Polymerase, die sich mit verschiedenen Sigmafaktoren zusammenlagern kann; diese bestimmen dann darçber, welche Gene transkribiert werden. Wo die Transkription beginnt, wird von einer Nucleotidsequenz festgelegt, die ungefåhr zehn Basen stromaufwårts von der Startstelle liegt (Kap. 11.2.1). # %$ $ )/% 36" 66 6664" , ' &% $ ) !% $ 1 0 Die ribosomale RNA (rRNA) macht in einer Zelle etwa 80% der gesamten DNA-Menge aus. Sie wird (mit Ausnahme der 5S-rRNA) von der RNA-Polymerase I synthetisiert. Fçr Transfer-RNAs und die 5S-rRNA ist die Polymerase III zuståndig, fçr die mRNA die RNA-Polymerase II. Alle drei RNA-Typen gehen aus wesentlich långeren Primårtranskripten hervor. Das RNA-Processing erfordert vielfåltige kleine Zellkern-RNAs (snRNAs) (Kap. 11.2.2). 7 # % ' 9 )
3 ?"O&" EO& FO& )4 $ ! H ) 3 )4 ) 0 & 9 ) 0 Nucleoli aus den Oocyten von Amphibien kann man so aufbereiten, dass die transkribierte rDNA in Form von ¹Christbåumenª sichtbar wird. Jeder Baum ist eine Transkriptionseinheit; kçrzere Zweige sind kçrzere RNA-Molekçle, die sich in einem frçheren Stadium der Transkription und demnach nåher an der Startstelle der RNA-Synthese befinden. Die Analyse dieser Komplexe zeigt die Tandemanordnung der rRNA-Gene, nicht transkribierte Zwischensequenzen zwischen den Transkriptionseinheiten und assoziierte Ribonucleoproteinpartikel (RNPs), die am Processing der Transkripte mitwirken. Um die Weiterverarbeitung der rRNA genauer zu untersuchen, brachte man Såugerzellen in der Gewebekultur mit markierten Vorlåufern wie [14C]-Methionin in Kontakt, deren Methylgruppen auf mehrere Nucleotide der Prå-rRNA çbertragen werden. Die Methylgruppen schçtzen diese Stellen wahrscheinlich vor der Spaltung durch Nucleasen und unterstçtzen die Faltung des RNA-Molekçls. Das Primårtranskript von 45S wird wåhrend der Entstehung der drei fertigen rRNAs ungefåhr um die Hålfte gekçrzt. Im Nucleolus werden auch die beiden Ribosomenuntereinheiten zusammengesetzt (Kap. 11.3). $$ ) .
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) 9 D .1 0 Inkubiert man Eukaryoten fçr wenige Minuten mit [3H]-Uridin oder anderen markierten RNA-Vorlåufern, wird die Markierung zum græûten Teil in eine Gruppe von RNA-Molekçlen mit sehr hohem Molekulargewicht und vielfåltiger Nucleotidsequenz aufgenommen, die ausschlieûlich im Zellkern vorkommen. Diese Molekçle bezeichnet man als heterogene Zellkern-RNA oder hnRNA. Låsst man solche kurzfristig mit [3H]Uridin markierten Zellen anschlieûend eine Stunde oder långer in einem Medium mit unmarkierten Vorlåufern wachsen, taucht die Radioaktivitåt in den kleineren mRNA-Molekçlen im Cytoplasma auf. Diese und andere Befunde ± beispielsweise 5'-Cap und Poly(A)-Schwanz, die man sowohl bei hnRNA als auch bei mRNA findet ± fçhrten zu der Schlussfolgerung, dass die hnRNAs die Vorlåufer der mRNAs sind (Kap. 14.4). /1 ) ' 9 )/% 66 . ! %
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! ) 0 In vielen Genen liegt der Promotor 24 bis 32 Basen stromaufwårts von der Initiationsstelle in einem Bereich, der die TATA-Box enthålt. Diese wird vom TATA-bindenden Protein (TBP) erkannt, das an die DNA bindet und damit den Zusammenbau eines Pråinitiationskomplexes in Gang setzt. Die Phosphorylierung eines Teils der RNA-Polymerase fçhrt dazu, dass diese sich von der Startstelle læst; damit beginnt die Transkription (Kap. 11.4.1). # ' '1$ : ' # $ N
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: ) <$ 0 Die erste derartige Beobachtung machte man, als man die Transkription des Adenovirusgenoms untersuchte: Dabei stellte sich heraus, dass der Endabschnitt mehrerer verschiedener Messenger-RNAs die gleiche Nucleotidsequenz enthålt, die in der DNA in mehreren, nicht zusammenhångenden Abschnitten codiert ist. Die Bereiche zwischen solchen codierenden Abschnitten bezeichnet man als intervenierende Sequenzen oder Introns. Øhnliche Verhåltnisse fand man wenig spåter auch bei zelleigenen Genen, beispielsweise bei jenen, die -Globin und Ovalbu-
Zusammenfassung
min codieren. In allen Fållen sind die DNA-Regionen, die einzelne Teile des Polypeptids codieren (also die Exons) durch nicht codierende Abschnitte (Introns) getrennt. Bei weiteren Analysen stellte sich heraus, dass zunåchst das ganze Gen in ein Primårtranskript umgeschrieben wird. Anschlieûend werden die Abschnitte, die den Introns entsprechen, aus der Prå-mRNA herausgeschnitten und die benachbarten codierenden Abschnitte verbunden. Diesen Prozess mit Ausschneiden und Ligation bezeichnet man als RNA-Spleiûen (Kap. 11.4.3). ' & 9
/ 1 $ )
# + & ?'#" >'# /%34& ' $ # 6 0 Die Cap-Struktur bildet sich in mehreren Reaktionsschritten: Das endståndige Phosphat wird entfernt, ein GMP wird in umgekehrter Orientierung angelagert. Sowohl auf das neue hinzugekommene Guanosin als auch auf das erste Nucleotid des eigentlichen Transkripts werden Methylgruppen çbertragen. Das endgçltige 3'-Ende der mRNA entsteht, indem das Primårtranskript an einer Stelle stromabwårts von einer Erkennungsstelle mit der Sequenz AAUAAA gespalten wird; anschlieûend fçgt eine Poly(A)-Polymerase nacheinander eine Kette von Adenosinresten an. Die Entfernung der Introns aus dem Primårtranskript setzt voraus, dass an der 5'- und 3'-Spleiûstelle beiderseits der einzelnen Introns jeweils immer gleiche Nucleotidbausteine liegen. Fçr das Spleiûen sorgt ein aus vielen Komponenten zusammengesetztes Spleiûosom. Es enthålt verschiedene Proteine und Ribonucleoproteinpartikel (snRNPs), die sich an der Stelle, wo das Intron entfernt werden soll, schrittweise zusammenlagern. Untersuchungen zufolge sind nicht die Proteine, sondern die snRNAs der Spleiûosomen die katalytisch aktiven Bestandteile der snRNPs. Fçr die Evolution haben die gestçckelten Gene den offenkundigen Nutzen, dass Exons im Genom sehr leicht hin und her geschoben werden kænnen, so dass neue Gene aus Teilen bereits vorhandener Gene entstehen kænnen (Kap. 11.4.4). 6 # %$ " 9 1 ) : $ )6$ $ ' " $ 1 )0 Die RNA-Interferenz ist in der Evolution vermutlich als Abwehrmechanismus gegen Virusinfektionen und/oder die Bewegun-
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gen von Transposons entstanden. In der Wissenschaft benutzt man das Phånomen als Hilfsmittel, um auf bestimmte mRNAs zu zielen und so die Synthese der zugehærigen Proteine zu unterbinden. Eukaryotengenome codieren zahlreiche kleine Mikro-DNAs (miRNAs) aus 20 bis 25 Nucleotiden, welche die Translation bestimmter mRNAs regulieren und vermutlich noch zahlreiche andere Funktionen haben (Kap. 11.5). 6 # 1 /% &<$ ! $ ) 0 + " ! 0 In einem nicht çberlappenden Code gehært jedes Nucleotid nur zu einem Codon und das Ribosom muss an der mRNA jeweils um drei Nucleotide weiterrçcken. Das Ribosom heftet sich an dem Initiationscodon AUG an die mRNA und befindet sich damit automatisch im richtigen Leseraster, so dass es die ganze Information korrekt abliest. In einem Triplettcode aus vier verschiedenen Nucleotiden sind 64 (44) verschiedene Codons mæglich. Als degeneriert bezeichnet man den Code, weil es fçr viele der 20 Aminosåuren mehr als ein Codon gibt. Von den 64 mæglichen Codons legen 61 jeweils eine Aminosåure fest, die restlichen drei sind Stoppcodons und veranlassen das Ribosom, die Translation zu beenden. Die Zuordnung der Codons ist im Wesentlichen allgemein gçltig, und ihre Sequenzen sind so gestaltet, dass ein Basenaustausch in der mRNA sich mæglichst wenig auf die Eigenschaften des zugehærigen Polypeptids auswirkt (Kap. 11.6). 6 ) 9 ) ) ' '1 ! 9 ! )
0 Transfer-RNAs sind kleine Molekçle aus 73 bis 93 Nucleotiden, die alle eine åhnliche, L-færmige Raumstruktur haben und an manchen Stellen stets die gleichen Nucleotide enthalten. Das eine Ende der tRNA trågt die Aminosåure, am anderen liegt das Anticodon, das mit der Sequenz seiner drei Nucleotide komplementår zum Codon der mRNA ist. An der dritten Position des Codons sind die sterischen Anforderungen an die Komplementaritåt zwischen Codon und Anticodon weniger streng, so dass verschiedene Codons, welche die gleiche Aminosåure codieren, auch die gleiche tRNA nutzen kænnen. Entscheidend ist, dass jede tRNA mit der richtigen Aminosåure beladen wird, d. h. mit jener Aminosåure, die von dem Codon der mRNA festgelegt wird, das sich mit
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,ie Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
dem Anticodon der tRNA verbindet. Fçr die Kopplung der tRNAs an ihre zugehærigen Aminosåuren sorgt eine besondere Gruppe von Enzymen, die Aminoacyl-tRNA-Synthetasen. Jedes dieser Enzyme ist spezifisch fçr eine der 20 Aminosåuren und erkennt alle tRNAs, die mit dieser Aminosåure gekoppelt werden mçssen. Die Bildung der Aminoacyl-tRNAs ist der wichtigste Energie verbrauchende Vorgang der gesamten Polypeptidsynthese (Kap. 11.7). / % $ &% 9 H 1 )
1 ' "
)" $ / " :!/0 In dem gesamten Ablauf kann man drei Vorgånge unterscheiden: Initiation, Elongation und Termination. Zu den wichtigsten Ereignissen bei der Initiation gehæren die pråzise Anheftung der kleinen Ribosomenuntereinheit an das Initiationscodon der RNA, die das Leseraster fçr den gesamten Translationsprozess festlegt, die Bindung einer besonderen Initiator-tRNA an das Ribosom und der Zusammenbau des Translationsapparates. Wåhrend der Elongation wiederholt sich mit jeder eingebauten Aminosåure ein Kreislauf aus Hinzutreten der tRNA, Ausbildung der Peptidbindung und Loslæsung der tRNA. Die Aminoacyl-tRNAs
gelangen an die A-Stelle und binden dort an das komplementåre Codon der mRNA. Anschlieûend wird das entstehende Polypeptid, das an die tRNA an der P-Stelle gebunden ist, unter Ausbildung einer Peptidbindung auf die Aminosåure an der tRNA an der A-Stelle çbertragen. Die Bildung der Peptidbindung wird durch einen Teil der groûen rRNA katalysiert, die demnach als Ribozym wirkt. Im letzten Elongationsschritt rçckt das Ribosom zum nåchsten Codon der mRNA weiter, die deacylierte tRNA wird von der P- zur E-Stelle verschoben, und die dort bisher gebundene tRNA læst sich vom Ribosom. Initiation und Elongation erfordern die Hydrolyse von GTP. Erreicht das Ribosom eines von drei Stoppcodons, wird die Translation beendet. Nachdem ein Ribosom sich am Initiationscodon zusammengelagert hat und ein kurzes Stçck in Richtung des 3'-Endes der mRNA gewandert ist, heftet sich in der Regel bereits das nåchste Ribosom an das Initiationscodon. Jede mRNA wird also gleichzeitig von mehreren Ribosomen translatiert, was die Proteinsyntheserate in der Zelle stark ansteigen låsst. Den Komplex aus einem mRNA-Molekçl und seinen assoziierten Ribosomen bezeichnet man als Polyribosom (Kap. 11.8).
Zur Selbstçberprçfung 1. Sehen Sie sich das Schema der Codonzuordnungen in Abb. 11.41 an. Fçr welche Codons wçrden Sie mit einer eigenen tRNA rechnen, also mit einer tRNA, die ausschlieûlich fçr dieses Codon benutzt wird? Warum haben so viele Codons nicht ihre eigene, einzigartige tRNA? 2. Die Verbindung Proflavin baut sich in die DNA ein und verursacht Leserastermutationen (Kap. 11.8.3). Welche unterschiedlichen Wirkungen håtte eine von Proflavin verursachte Mutation auf die Aminosåuresequenz, wenn man einen çberlappenden und einen nicht çberlappenden Code vergleicht? 3. Angenommen, Sie haben gerade einen neuen Medikamentenwirkstoff isoliert, der im Zellstoffwechsel nur einen Effekt hat: Er verhindert, dass die Prå-rRNA zu ribosomaler RNA weiterverarbeitet wird. Nachdem Sie eine Såugerzellkultur mit dem Wirkstoff be-
handelt haben, geben Sie den Zellen zwei Minuten lang in [3H]-Uridin, und dann lassen Sie die Zellen in Gegenwart des Medikaments vier Stunden lang in unmarkiertem Medium wachsen; anschlieûend gewinnen Sie daraus die RNA und zentrifugieren sie in einem Saccharosegradienten. Tragen Sie die Kurven fçr die Absorption bei 260 nm und fçr die Radioaktivitåt gegen die Fraktionsnummer des Gradienten auf. Benutzen Sie dabei auf der Abszisse (x-Achse) den S-Wert der RNA als Maûeinheit. 4. Zeichnen Sie in ein Diagramm mit den gleichen Achsen wie in der vorherigen Frage das Profil fçr die radioaktive RNA ein, das Sie erhalten, nachdem Sie eine Såugerzellkultur ohne jeden Hemmstoff 48 Stunden mit [3H]-Uridin inkubiert haben. 5. Angenommen, Sie wollen eine synthetische RNA aus ståndig wiederholten Dinucleoti-
Zur Selbstçberprçfung
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den konstruieren (zum Beispiel AGAGAGAG) und sie dann als mRNA in einem $ -Proteinsynthesesystem zur Polypeptidproduktion einsetzen, ganz åhnlich wie Nirenberg und Matthaei, die auf diese Weise Polyphenylalanin erzeugten. Was fçr Polypeptide wçrden Sie mit Ihrem Polynucleotid erhalten? Rechnen Sie damit, dass mehrere verschiedene Polypeptide entstehen? Warum oder warum nicht? Angenommen, Sie haben ein Enzym entdeckt, das Nucleotide nach dem Zufallsprinzip in ein Polymer einbaut, ohne dass es dazu eine Matrize braucht. Wie viele verschiedene Codons wçrden Sie in synthetischen RNAMolekçlen finden, die mit zwei verschiedenen Nucleotidbausteinen (zum Beispiel CTP und ATP) erzeugt wurden? (Ein Enzym, das solche Reaktionen katalysiert, gibt es tatsåchlich: Es heiût Polynucleotidphosphatase und wurde in den Untersuchungen zur Identifizierung der Codons verwendet.) Zeichnen Sie die Teile einer 15S-GlobinPrå-RNA und kennzeichnen Sie die nicht codierenden Abschnitte. Wie viele GTP-Molekçle sind mindestens erforderlich, um ein Pentapeptid zu synthetisieren? Zeichnen Sie mit den gleichen Koordinatenachsen wie in Abb. 10.19 zwei Renaturierungskurven, eine fçr DNA, die aus dem Gehirngewebe von ? gewonnen wurde, die andere fçr DNA aus ? -Oocyten. Betrachten Sie folgende Aussage: Die Entdeckung, dass die Sichelzellanåmie durch eine einzige verånderte Aminosåure entsteht, war der Beweis, dass der genetische Code nicht çberlappend ist. Wçrden Sie zustimmen? Warum oder warum nicht? Die Krankheit Thalassåmie entsteht durch Mutationen, die Aminosåurecodons in Stoppcodons verwandeln. Angenommen, Sie vergleichen Polypeptide, fçr deren $ -Synthese gereinigte mRNA von vielen verschiedenen Patienten mit Thalassåmie verwendet wurde. Wie wçrden diese Polypeptide nach Ihrer Ansicht im Vergleich aussehen? Sehen Sie sich die Codontabelle in Abb. 11.41 an: Wie viele Codons kænnen sich durch Verånderung einer einzigen Base in Stoppcodons verwandeln? Halten Sie einen genetischen Code mit nur zwei Buchstaben (A und T) theoretisch fçr mæglich? Wenn ja: Wie viele Nucleotide mçsste ein Codon mindestens umfassen?
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13. In Kap. 11.4.5 war von Experimenten die Rede, in denen Ribozyme mit besonderen Katalysatoreigenschaften synthetisiert wurden. Im Jahr 2001 isolierte man ein Ribozym, das bis zu 14 Ribonucleotide an das Ende einer vorhandenen RNA anfçgen konnte und dabei eine RNA als Matrize verwendete. Dem Ribozym konnte jede beliebige RNA-Sequenz als Matrize dienen, und es fçgte komplementåre Nucleotide mit einer Zuverlåssigkeit von 98,5% in den neu synthetisierten RNA-Strang ein. Angenommen, Sie glauben an eine vorzeitliche RNA-Welt: Wie wçrden Sie diesen Befund nutzen, um Ihre Ansicht zu untermauern? Wåre er ein Beweis, dass es die RNA-Welt tatsåchlich gegeben hat? Und wenn nicht: Was wåre nach Ihrer Ansicht das stichhaltigste Argument fçr eine solche Welt? 14. Wie kommt es, dass die mRNA-Synthese bei Bakterien schneller ablåuft als in allen anderen Zellen, und dass in Bakterienzellen dennoch sehr wenig mRNA vorhanden ist? 15. Wenn ein Codon fçr Serin 5'-ACG-3' lautet, hat das Anticodon die Sequenz 5'±3'. Wie wirkt sich das 1 -Phånomen auf die Wechselwirkungen zwischen Codon und Anticodon aus? 16. Eines der Hauptargumente fçr die Aussage, die Proteine håtten sich in der Evolution frçher als die DNA entwickelt (d. h. die RNA-Welt entwickelte sich zunåchst zu einer RNA-Protein-Welt und nicht zu einer RNA-DNA-Welt) stçtzt sich auf die Tatsache, dass am Translationsapparat zahlreiche RNAs (tRNAs, rRNAs und andere) beteiligt sind, wåhrend am Transkriptionsapparat keine Mitwirkung der RNA zu erkennen ist. Kænnen Sie erklåren, wie man auf diese Beobachtungen eine Argumentation çber die ersten Evolutionsstadien aufbauen kann? 17. In Kap. 11.8.4 wurden Leseraster- und Nonsense-Mutationen beschrieben. Dabei wurde erwåhnt, dass mRNAs mit NonsenseMutationen håufig durch NMD zerstært werden, weil sie ein vorzeitiges Terminationscodon enthalten. Wçrden Sie damit rechnen, dass auch mRNAs mit Leserastermutationen der NMD unterliegen? 18. Die Pfeile in Abb. 11.16 geben die Transkriptionsrichtung der verschiedenen tRNA-Gene an. Was besagt diese Zeichnung çber die Matrizenfunktion der beiden DNA-Strånge in einem Chromosom?
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Die Expression des genetischen Materials: von der Transkription zur Translation
19. Normalerweise entdeckt man neue Gene, weil man einen anormalen Phånotyp beobachtet, der durch eine genetische Mutation entstanden ist. Man kann sie aber auch identifizieren, indem man die DNA-Sequenz ternetseite www.wiley.com/college/karp .weitern sie Ihr Verståndnis, indem sie Karps Internetseite ¹Zell- und Molekularbiologieª besuchen. Dort finden Sie ' die gestellten $ & , , die schwierige Sachverhalte und Begriffe verdeutlichen, , die Ihnen bei Prçfungsvorbereitungen helfen, sowie 8 zu interessanten Stellen im Netz. Zusåtzlich zu der Literaturliste unten kann man auf der Internetseite auch noch ' 8 finden.
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
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21.1 Der Kern einer Eukaryotenzelle 12.2 Steuerung der Genexpression bei Prokaryoten 12.3 Steuerung der Genexpression bei Eukaryoten 12.4 Steuerung auf Transkriptionsebene 12.5 Steuerung auf Processing-Ebene 12.6 Steuerung auf Translationsebene 12.7 Steuerung nach der Translation: Proteinstabilitåt Aus Sicht des Menschen: Chromosomenaberrationen
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'otz ihrer offenkundigen Unterschiede in Form und Funktion besitzen alle Zellen eines vielzelligen Organismus die gleiche Genausstattung. Die genetische Information in einer spezialisierten Eukaryotenzelle låsst sich mit einem Buch voller Bauplåne zur Konstruktion eines groûen Vielzweckgebåudes vergleichen. Wåhrend das Gebåude entsteht, werden wahrscheinlich såmtliche Plåne benætigt, aber fçr die Arbeit an einem bestimmten Stockwerk oder Zimmer braucht man nur einen kleinen Teil dieser Informationen abzufragen. Das Gleiche gilt fçr eine befruchtete Eizelle: Diese enthålt eine vollståndige Ausstattung mit
genetischen Informationen, die pråzise vervielfåltigt und auf alle Zellen des entstehenden Organismus weitergegeben werden. Deshalb tragen differenzierte Zellen wesentlich mehr genetische Information in sich, als sie wåhrend ihres Lebens jemals nutzen mçssen. Entsprechend verfçgen alle Zellen çber Mechanismen, um ihre genetische Information selektiv zu exprimieren und sich nur nach denjenigen Anweisungen zu richten, die fçr die einzelne Zelle zum jeweiligen Zeitpunkt von Bedeutung sind. In diesem Kapitel beschåftigen wir uns mit einigen solchen Mechanismen, mit denen die Zellen ihre Genexpression steuern
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
und dafçr sorgen, dass bestimmte Proteine synthetisiert werden, andere aber nicht. Zunåchst beschreiben wir jedoch Aufbau und Eigenschaften des eukaryotischen Zellkerns, in dem der Regulationsapparat zum græûten Teil untergebracht ist.
!$! Der Kern einer Eukaryotenzelle Im Vergleich zu seiner groûen Bedeutung fçr Speicherung und Nutzung der genetischen Information hat der Kern einer Eukaryotenzelle eine relativ unauffållige Morphologie (Abb. 12.1).
Sein Inhalt stellt sich als zåhflçssige, formlose Masse dar, die durch eine kompliziert gebaute vom Cytoplasma abgegrenzt wird. Im Kern einer typischen Interphasezelle (d. h. einer Zelle, die sich nicht in der Mitose befindet) erkennt man n die Chromosomen, die als stark auseinander gefaltete Nucleoproteinfasern vorliegen und in dieser Form als + bezeichnet werden, n ein oder mehrere oder ) , unregelmåûig geformte, elektronendichte Gebilde, die an der Synthese der ribosomalen RNA und dem Zusammenbau der Ribosomen mitwirken (Kap. 11.3), n das , die Flçssigkeit, in der die festen Bestandteile des Zellkerns gelæst sind, n die -, ein proteinhaltiges Fasergeflecht.
12.1.1 Die Kernhçlle
n Abb. 12.1 a, b. a 9 .
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Die Trennung des genetischen Materials vom umgebenden Cytoplasma ist vielleicht das wichtigste Merkmal, das Pro- und Eukaryoten unterscheidet. Die Entstehung der Kernhçlle war also ein Meilenstein in der biologischen Evolution. Die besteht aus zwei Membranen, die in einem Abstand von 10 bis 50 nm parallel zueinander angeordnet sind (Abb. 12.2 a). Die Membranen der Kernhçlle bilden eine Barriere, die Ionen, gelæsten Stoffen und Makromolekçlen den Weg zwischen Zellkern und Cytoplasma versperrt. An manchen Stellen sind die Membranen verbunden und bilden runde Poren, die komplexe Proteinansammlungen enthalten. In einer durchschnittlichen Såugerzelle gibt es mehrere tausend solche Kernporen. Die åuûere Membran ist in der Regel mit Ribosomen besetzt und geht in die Membran des endoplasmatischen Retikulums çber. Der Zwischenraum zwischen den beiden Membranen steht mit dem ER-Lumen in Verbindung (Abb. 12.2 a). Die Innenflåche der Kernhçlle ist bei Tierzellen çber integrale Membranproteine an ein dçnnes Fasergeflecht gebunden, das man als bezeichnet (Abb. 12.3). Die Kernlamina dient als mechanische Stçtze des Zellkerns und als Anheftungsstelle fçr die Chromatinfasern an der Peripherie des Kerns (Abb. 12.2 b). Die Filamente der Kernlamina haben einen
Der Kern einer Eukaryotenzelle
611
n 12.2 a, b. Die Kernhçlle. a Doppelmembran, Kernporenkomplex, Kernlamina und die mit dem endoplasmatischen Retikulum verbundene Auûenmembran in schematischer Darstellung. b Ein Schnitt durch einen Abschnitt der Kernhçlle aus einer Wurzelspitzenzelle der Zwiebel im, Elektronenmikroskop. Man erkennt die Doppelmembran (NM) mit dem Zwischenraum, Kernporenkomplexe (NPC) und das assoziierte Heterochromatin (HC), das sich aber nicht in die Umgebung der Kernporen erstreckt. (b Aus: Franke WW et al (1981) J Cell Biol 91:47s. ° by The Rockefeller Univ Press)
Durchmesser von ungefåhr 10 nm und bestehen aus Polypeptiden, die man amine nennt. Die Lamine gehæren zur gleichen groûen Familie wie die Polypeptide, die sich in den 10-nm-Intermediårfilamenten des Cytoplasmas zusammenlagern (Kap. 9.4). Verschiedene Mutationen in einem Lamin-Gen namens LMNA sind bei Menschen die Ursache mehrerer Krankheiten, darunter eine seltene, als EDMD2 bezeichnete Form des Muskelschwundes, bei der die Muskelzellen besonders empfindliche Zellkerne besitzen. In jçngster Zeit konnte man eine interessante Verbindung zwischen Mutationen im Lamin A und einer Krankheit namens Progeria Hutchinson-Gilford herstellen, die durch vorzeitige Alterung gekennzeichnet ist. Wie im Cytoplasma, so wird der Zusammenhalt der Intermediårfilamente auch in der Kernlamina durch Phosphorylierung und Dephosphorylierung reguliert. Die Auflæsung der Kernlamina im Vorfeld der Mitose wird nach heutiger Kenntnis dadurch ausgelæst, dass eine spezifische Proteinkinase die Lamine phosphoryliert.
n Abb. 12.3. Die Kernlamina. a Dieser Kern einer menschlichen Gewebekulturzelle wurde mit fluoreszenzmarkierten Antikærpern so gefårbt, dass man an der Innenflåche der Kernhçlle die Kernlamina () erkennt. Die Kernmatrix (Kap. 12.1.4) ist gefårbt. b Elektronenmikroskopische Aufnahme einer gefriergetrockneten, metallbedampften Kernhçlle aus einer -Oocyte, die mit dem nichtionischen Detergens Triton X-100 behandelt wurde. Die Lamina sieht wie ein mehr oder weniger ununterbrochenes Geflecht aus; sie besteht aus Filamenten, die ungefåhr rechtwinkelig zueinander angeordnet sind. Der kleine Ausschnitt zeigt einen gut erhaltenen Abschnitt, aus dem die Kernporen mechanisch entfernt wurden. (a: Aus Ma H, Siegel AJ und Berezney R. J Cell Biol 146:535, 1999; ° by The Rockefeller Univ Press; b: genehmigter Nachdruck aus: Aebi U, Cohn J, Buhle L, Gerace L (1986) Nature 323:561, 1986. ° 1986, Macmillan Magazines)
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
-
$' +% ,ie Kernhçlle ist die Barriere zwischen Zellkern und Cytoplasma, die Durchgangswege durch diese Barriere sind die Kernporen. Im Gegensatz zur Plasmamembran, die den Austausch von Makromolekçlen zwischen Cytoplasma und Zellumgebung verhindert, ist die Kernhçlle ein Zentrum der Aktivitåt: Hier wandern RNA- und Proteinmolekçle zwischen Zellkern und Cytoplasma hin und her. Replikation und Transkription des genetischen Materials im Zellkern erfordern die Mitwirkung zahlreicher Proteine, die im Cytoplasma synthetisiert und dann durch die Kernhçlle transportiert werden. Umgekehrt mçssen die mRNAs, tRNAs und Ribosomenuntereinheiten, die im Zellkern hergestellt werden, in der umgekehrten Richtung durch die Kernhçlle wandern. Manche Komponenten, beispielsweise die snRNAs der Spleiûosomen (Kap. 11.4.3), bewegen sich in beide Richtungen; sie werden in Zellkern synthetisiert, im Cytoplasma zu RNPPartikeln zusammengebaut und dann zurçck in den Zellkern befærdert, wo sie am Processing der mRNA mitwirken. Wenn man sich klar machen will, wie umfangreich der Verkehr zwischen den beiden groûen Zellkompartimenten ist, kann man eine HeLa-Zelle betrachten, die Schåtzungsweise 10 Mio. Ribosomen enthålt. Damit sie wachsen kann, muss der Kern einer einzigen HeLa-Zelle in jeder Minute etwa 560 000 Ribosomenproteinmolekçle aufnehmen und rund 14 000 Ribosomenuntereinheiten mçssen ihn verlassen. Wie kænnen diese vielen Molekçle die Kernhçlle passieren? Um einen Ansatz zur Beantwortung dieser Frage zu finden, injizierten Carl Feldherr und seine Kollegen an der University of Florida unterschiedlich groûe Goldteilchen in Zellen und beobachteten dann mit dem Elektronenmikroskop, ob sie die Kernhçlle passieren konnten. Wie man in Abb. 12.4 a, b erkennt, gelangen die Teilchen vom Cytoplasma in dem Zellkern, indem sie im Gånsemarsch durch die Mitte der Kernporen wandern. Auch wenn man Zellen wåhrend ihrer ganz normalen Tåtigkeit fixiert, erkennt man im Elektronenmikroskop, dass Teilchen die Kernporen passieren kænnen. Ein Beispiel zeigt Abb. 12.4 c: Hier quetscht sich kærniges Material ± vermutlich Ribosomenuntereinheiten ± durch eine solche Pore. Angesichts der Tatsache, dass sogar relativ groûe Goldteilchen und Ribosomenuntereinheiten durch die Kernporen wandern, kænnte man annehmen, dass es sich bei den Poren schlicht
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um offene Kanåle handelt. Das Gegenteil ist richtig. In den Kernporen liegt ein kompliziert gebauter, korbåhnlicher Apparat, der - ( A' )/+), der die Pore wie ein Stopfen auszufçllen scheint und sowohl ins Cytoplasma als auch ins Kernplasma ragt. Den Aufbau des NPC zeigen die elektronenmikroskopischen Aufnahmen in Abb. 12.5 und das Modell in Abb. 12.6. Der NPC ist ein riesiger, supramolekularer Komplex ± er hat die 15±30fache Masse eines Ribosoms ± und ist wegen der achtfachen Wiederholung mehrerer Strukturen insgesamt achtfach-symmetrisch gebaut (Abb. 12.6). NPCs waren der Gegenstand einiger frçher Proteomanalysen (Kap. 2.5), mit
Der Kern einer Eukaryotenzelle
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denen man alle Proteine dieser komplizierten Gebilde identifizieren wollte. Trotz seiner beachtlichen Græûe besteht ein NPC nur aus ungefåhr 30 verschiedenen Proteinen, den ) " die auf dem Weg von der Hefe zu den Wirbeltie-
ren im Wesentlichen konserviert geblieben sind. Jedes Nucleoporin liegt mit mindestens acht Exemplaren vor, was der achtfachen Symmetrie der ganzen Struktur entspricht. Die Anordnung der verschiedenen Nucleoporine im NPC hat man im Elektronenmikroskop mit goldmarkierten Antikærpern untersucht (Abb. 12.7 a). Einen molekularen Bauplan eines Hefe-NPC mit der Verteilung seiner Proteinenbestandteile zeigt Abb. 12.7 b. Wie man an dieser Abbildung erkennt, sind die meisten Nucleoporine symmetrisch angeordnet und befinden sich sowohl auf der Cytoplasma- als auch auf der Zellkernseite der ganzen Struktur. Asymmetrisch verteilte Proteine (rote und blaue Kreise in Abb. 12.7 b) gehæren vermutlich zu dem ¹Korbª im Zellkern oder zu den Filamenten im Cytoplasma, den am stårksten asymmetrischen Elementen des NPC. Gelæste Substanzen mit geringem Molekulargewicht, die man in das Cytoplasma einer Zelle injiziert, dringen durch einfache Diffusion durch die Kernporen. Solche Molekçle diffundieren vermutlich durch die Schlitze zwischen den Speichen, welche die Ringe des NPC auf Zellkern- und Cytoplasmaseite verbinden (Abb. 12.6). Proteine und RNA dagegen passieren nach
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression n
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heutiger Kenntnis den zentralen Kanal des NPC, ein Vorgang, der spåter noch genauer beschrieben wird. Der Transport von Makromolekçlen in den Zellkern und aus ihm heraus erfordert die Mitwirkung besonderer Transportsysteme. Im Jahr 1982 entdeckten Robert Laskey und seine Mitarbeiter am Medical Research Council of England, dass eine Aminosåurekette nicht weit vom C-Terminus des Nucleoplasmins, eines recht håufigen Proteins im Zellkern von Amphibienoocyten, als 8
( 7 , )8&) fungiert. Diese Sequenz versetzt das Protein in die Lage, die Kernporen zu passieren und in den Zellkern einzudringen. Die bestuntersuchten, ¹klassischenª NLSs bestehen aus einem oder zwei kurzen Abschnitten mit positiv geladenen Aminosåuren. Das von dem Virus SV40 codierte T-Antigen zum Beispiel enthålt das NLS -Pro-Lys-Lys-Lys-
Arg-Lys-Val-. Ersetzt man eine der basischen Aminosåuren in dieser Sequenz durch eine unpolare Aminosåure, findet sich das Protein nicht mehr im Zellkern wieder. Wenn man aber umgekehrt das NLS mit einem Protein verbindet, das normalerweise nicht im Zellkern angesiedelt ist (beispielsweise Serumalbumin), und dieses verånderte Protein dann ins Cytoplasma injiziert, reichert es sich im Zellkern an. Der Transport von Proteinen in den Zellkern verlåuft also im Prinzip åhnlich wie bei anderen Proteinen, die in Organellen wie Mitochondrien oder Peroxisomen dirigiert werden (Kap. 8.9). In allen diesen Fållen wird eine spezifische ¹Adresseª des Proteins von einem Rezeptor erkannt, der dann fçr den Transport in das Organell sorgt. Die Untersuchung des Zellkerntransports war lange ein sehr aktuelles Forschungsgebiet. Triebkraft war dabei die Entwicklung von B $Systemen, mit denen man Proteine und RNPs selektiv in den Zellkern befærdern konnte. Durch diese Arbeiten wurde eine Familie von Proteinen identifiziert, die man als ! $ bezeichnet, weil sie Makromolekçle durch die Kernhçlle transportieren. In dieser Familie gibt es die 6 , die Makromolekçle aus dem Cytoplasma in den Zellkern befærdern, und #- , die fçr den Transport in der Gegenrichtung zuståndig sind. Abb. 12.8 a zeigt einige wichtige Schritte, die sich wåhrend des Transports eines Proteins in
Der Kern einer Eukaryotenzelle
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den Zellkern abspielen, wenn es sich um ein Protein mit klassischem NLS handelt, beispielsweise um Nucleoplasmin. Der Import beginnt damit, dass das NLS-haltige Protein an ein læsliches NLS-Rezeptor-Heterodimer bindet, das als 6 a/b bezeichnet wird und im Cytoplasma angesiedelt ist (Schritt 1 in Abb. 12.8 a). Der Transportrezeptor begleitet das Protein wahrscheinlich bis zur Auûenseite des Zellkerns und dockt dort an den Filamenten an, die vom åuûeren Ring des Kernporenkomplexes ins Cytoplasma ragen (Schritt 2). In Abb. 12.8 b erkennt man mehrere Goldpartikel, die an diese Filamente gebunden sind. Die Partikel wurden mit einem NLS-haltigen Zellkernprotein beschichtet, das durch den Kernporenkomplex transportiert
wird. Anschlieûend wandert der Komplex aus Rezeptor und Fracht durch die Kernpore (Schritt 3 in Abb. 12.8 a), wobei er anscheinend von einer Bindungsstelle am NPC zur nåchsten ¹springtª. Die Verschiebung durch den NPC dçrfte von Konformationsånderungen in einigen Bestandteilen des Komplexes (beispielsweise dem ræhrenfærmigen Transporter in Abb. 12.6) begleitet sein, die dem transportierten Protein den Eintritt ins Kernplasma ermæglichen. Nachdem wir die gebundene Fracht nun durch den NPC ins Kernkompartiment geschleust haben, mçssen wir Bekanntschaft mit einem weiteren wichtigen Mitspieler machen, dem GTP-bindenden Protein . Wie andere, in frçheren Kapiteln beschriebene GTP-binden-
H5H
Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
de Proteine, beispielsweise Sar1 (Kap. 8.5.1) und EF-Tu (Kap. 11.8.2), so kann auch Ran sowohl eine aktive Form mit gebundenem GTP als auch eine inaktive Form mit gebundenem GDP annehmen. Seine Funktion bei der Steuerung des Transports ins Kernplasma erfçllt es çber einen Mechanismus, durch den die Zelle im Zellkern eine sehr hohe und im Cytoplasma eine sehr niedrige Konzentration von Ran-GTP aufrechterhålt. Das steile Konzentrationsgefålle von RanGTP an der Kernhçlle ist von der Verteilung bestimmter Hilfsproteine abhångig (Nåheres in Abb. 15.7). Eines dieser Hilfsproteine (es heiût -"".) wird im Zellkern zusammengezogen und begçnstigt dort die Umwandlung von Ran-GDP zu Ran-GTP, so dass die hohe Konzentration von Ran-GTP im Zellkern erhalten bleibt. Ein weiteres Hilfsprotein namens - %!. liegt im Cytoplasma, færdert dort die Hydrolyse von RanGTP zu Ran-GDP und sorgt so fçr eine niedrige Ran-GTP-Konzentration. Die bei der GTP-Hydrolyse freigesetzte Energie dient also dazu, den Ran-GTP-Gradienten an der Kernhçlle aufrechtzuerhalten. Wie bereits erwåhnt wurde, treibt dieser Gradient den Transport in den Zellkern an, und zwar çber einen Mechanismus, der ausschlieûlich auf rezeptorvermittelter Diffusion beruht; Motorproteine oder ATPasen sind daran nicht beteiligt. Jetzt kænnen wir zu unserer Beschreibung des klassischen NLS-Importweges zurçckkehren. Wenn der Komplex aus Importin und Fracht im Zellkern ankommt, trifft er dort auf ein Molekçl Ran-GTP, das an den Komplex bindet und fçr seine Auflæsung sorgt (Schritt 4 in Abb. 12.8 a). Das ist offensichtlich der Grund fçr die hohe Ran-GTP-Konzentration im Zellkern: Sie begçnstigt die Auflæsung von Komplexen, die aus dem Cytoplasma herantransportiert werden. Die importierte Fracht wird im Kernplasma freigesetzt und ein Teil des NLS-Rezeptors (die Importin-Untereinheit) zusammen mit dem gebundenen Ran-GTP zurçck ins Cytoplasma befærdert (Schritt 5). Dort angekommen, wird das an Ran gebundene GTP-Molekçl hydrolysiert und RanGDP læst sich von der Importin--Untereinheit. Das Ran-GDP kehrt in den Zellkern zurçck und wird dort wieder in den Zustand mit gebundenem GTP verwandelt, so dass es fçr die weitere Tåtigkeit zur Verfçgung steht. Das Importin wird von einem Exportin ins Cytoplasma befærdert. Ran-GTP spielt nicht nur als Begleiter von Makromolekçlen beim Import in den Zellkern eine Schlçsselrolle, sondern es erfçllt die gleiche Funktion auch auf ihrem Weg aus dem Zellkern heraus. Wie bereits erwåhnt wurde, ist Ran-GTP
fast ausschlieûlich im Zellkern zu finden. Wåhrend es aber bei importierten Komplexen fçr die Auflæsung sorgt (Schritt 4 in Abb. 12.8 a), færdert es die
von Komplexen, die aus dem Zellkern hinaus befærdert werden sollen. Proteine, die fçr den Export aus dem Zellkern bestimmt sind, enthalten besondere Aminosåurensequenzen, die - ( A , )#& ); diese werden von Transportrezeptoren erkannt, die sie dann durch die Kernhçlle ins Cytoplasma befærdern. Ûber den Export aus dem Zellkern ist im Vergleich zum Import nur wenig bekannt. In dieser Richtung werden vor allem verschiedene RNAMolekçle ± mRNAs, rRNAs und tRNAs ± transportiert, die im Zellkern synthetisiert werden und ihre Funktion im Cytoplasma ausçben. In den meisten Fållen wandern diese RNA-Molekçle in Form von Ribonucleoproteinen (RNPs) durch den Kernporenkomplex.1 Wie in Kap. 11.8.4 erwåhnt wurde, wird beim Spleiûen einer Prå-mRNA in der Nåhe jeder Exon-Exon-Grenze ein Proteinkomplex (der EJC) abgelagert (Abb. 12.9). Eines seiner Proteine (das Aly) spielt fçr den Export der mRNA eine entscheidende Rolle: Es bindet an einen spezialisierten Transportrezeptor namens TAP und bildet mit ihm einen Komplex, der durch den Kernporenkomplex ins Cytoplasma wandern kann (Abb. 12.9). Diese Befunde zeigen, dass zwischen dem Spleiûen der Prå-mRNA und dem Export der mRNA ein Funktionszusammenhang besteht: Nur ausgereifte (das heiût vollståndig weiterverarbeitete) mRNAs werden aus dem Zellkern ausgeschleust. Enthålt eine mRNA noch ein ungespleiûtes Intron, wird das betreffende Molekçl im Zellkern festgehalten. !$!$ 0omosomen und Chromatin Die Chromosomen tauchen zu Beginn der Mitose scheinbar aus dem Nichts auf und verschwinden sofort wieder, wenn die Zellteilung abgeschlossen ist. Ihr rasches Erscheinen und Verschwinden stellte die Zellforscher in frçherer Zeit vor eine schwierige Frage: Wie sehen die Chromosomen in einer Zelle auûerhalb der Mitose aus? Heute kænnen wir darauf eine relativ umfassende Antwort geben.
1 Eine wichtige Ausnahme von dieser Aussage bilden die Transfer-RNAs. Sie werden unmittelbar von einem Transportrezeptor namens Exportin-t erkannt und ins Cytoplasma befærdert.
Der Kern einer Eukaryotenzelle
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in einem Zustand befinden, in dem sie fçr Enzyme und Regulationsproteine zugånglich ist? Und ± eine ebenso wichtige Frage ± wie ist das DNAMolekçl eines Chromosoms organisiert, damit es mit den Molekçlen anderer Chromosomen nicht hoffnungslos durcheinander geråt? Die Antwort liegt in der bemerkenswerten Verpackungsweise der DNA-Molekçle.
n 12.9. Export von mRNPs aus dem Zellkern. Im Schritt 1 liegt eine Prå-mRNA (Primårtranskript) aus drei Exons und zwei Introns vor. Aus der Prå-mRNA entsteht durch Spleiûen die fertige mRNA (Schritt 2); diese enthålt einen Proteinkomplex (den EJC), der sich 20 bis 24 Nucleotide stromaufwårts von der Verbindung zwischen den beiden Exons an die mRNA anlagert. Unter den Untereinheiten des EJC ist das Protein Aly. Im Schritt 3 kommt zu dem mRNP-Molekçl ein weiteres Protein namens TAP hinzu, das den Transport des Komplexes durch den Kernporenkomplex ermæglicht (Schritt 4). Nachdem das mRNP die Pore passiert hat, læsen sich Aly und TAP von ihm (Schritt 5) und die mRNA wird translatiert. Die EJCs werden wåhrend der ersten Translationsrunde von der mRNA verdrångt (Schritt 6). Wie in Kapitel 11.8.3 genauer erærtert wird, identifiziert die Zelle auf diesem Weg mRNAs, die ein vorzeitiges Terminationscodon enthalten
Verpackung des Genoms Eine durchschnittliche menschliche Zelle enthålt DNA mit ungefåhr 6,4 Mrd. Basenpaaren, die sich auf 46 Chromosomen verteilen (diese Zahlen gelten fçr einen diploiden, noch nicht verdoppelten Chromosomensatz). Jedes unreplizierte Chromosom enthålt ein einziges, ununterbrochenes DNA-Molekçl; je græûer das Chromosom ist, desto långer ist auch die darin enthaltenen DNA. Da jedes Basenpaar einer Långe von ungefåhr 0,34 nm entspricht, ergeben 6 Mrd. Basenpaare ein DNA-Molekçl von vollen zwei Metern Långe. Wie kann eine DNA von zwei Metern in einen Zellkern mit einem Durchmesser von nur 10 lm (1 ´ 10±5 m) passen und sich gleichzeitig
Nucleosomen: die unterste Ebene der Chromosomenorganisation Chromosomen bestehen aus DNA und den mit ihr assoziierten Proteinen; das Ganze bezeichnet man als Chromatin. Die geordnete Verpackung der DNA erfolgt bei Eukaryoten durch die Histone, eine bemerkenswerte Gruppe kleiner Proteine, in denen die basischen Aminosåuren Arginin und Lysin einen ungewæhnlich hohen Anteil ausmachen. Es gibt fçnf Klassen von Histonen, die sich in ihrem Verhåltnis von Arginin zu Lysin unterscheiden (Tabelle 12.1). Die Aminosåuresequenzen der Histone, insbesondere H3 und H4, haben sich in den langen Evolutionszeitråumen kaum veråndert. Das Histon H4 zum Beispiel besteht sowohl bei Erbsen als auch bei Kçhen aus 102 Aminosåuren, und die Sequenzen der beiden Proteine unterscheiden sich nur an zwei Stellen. Warum sind Histone so stark konserviert? Unter anderem liegt es daran, dass sie mit dem Rçckgrat des DNA-Molekçls in Wechselwirkung treten, das bei allen Lebewesen gleich aussieht. Auûerdem beteiligen sich fast alle Aminosåuren eines Histonmolekçls an den Wechselwirkungen mit anderen Molekçlen (DNA oder Histone). Deshalb lassen sich in diesen Proteinen nur sehr wenige Aminosåuren austauschen, ohne dass die Funktion stark beeintråchtigt wird. Anfang der 1970er Jahre stellte sich heraus, dass die DNA von Chromatin, das man mit un-
n Tabelle 12.1. Histone im Kalbsthymus UEPa (´10±6 Jahre)
Histon Zahl der Aminosåuren
Molekçl- %Arg %Lys masse (kDa)
H1
215
23,0
1
29
8
H2A
129
14,0
9
11
60
H2B
125
13,8
6
16
60
H3
135
15,3
13
10
330
H4
102
11,3
14
11
600
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Unit evolutionary period (Einheits-Evolutionszeit): Die Zeit, in der sich die Aminosåuren nach der Trennung zweier Arten um 1% auseinander entwickelt haben
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
spezifischen Nucleasen behandelt, in Fragmente von ungefåhr 200 Basenpaaren zerfållt. Eine åhnliche Behandlung nackter (das heiût proteinfreier) DNA fçhrt dagegen zu einer Sammlung von Fragmenten zufålliger Græûe. Dieser Befund lieû darauf schlieûen, dass die DNA in den Chromosomen gegen Angriffe von Enzymen geschçtzt ist, mit Ausnahme bestimmter Stellen, die in regelmåûigen Abstånden liegen. Man ging davon aus, dass die mit der DNA assoziierten Proteine fçr diesen Schutz sorgen. Im Jahr 1974 schlug Roger Kornberg, der damals an der Harvard University tåtig war, aufgrund solcher Nuclease-Spaltungsexperimente und anderer Versuchsergebnisse eine vællig neue Chromatinstruktur vor. Er ging davon aus, dass DNA und Histone in regelmåûig wiederholten Untereinheiten organisiert sind, die er als ) bezeichnete. Wie wir heute wissen, enthålt jedes Nucleosom ein ) aus çberspiralisierter DNA von 146 Basenpaaren Långe (Kap. 10.3.2), die knapp zweimal um einen scheibenfærmigen Komplex aus acht Histonmolekçlen herum gewickelt ist (Abb. 12.10 a). Der Histonkern des Nucleosoms besteht aus jeweils zwei Exemplaren der Histone H2A, H2B, H3 und H4, die zu einem Octamer zusammengelagert sind (s. unten). Das vierte Histon ± der Typ H1 ± liegt auûerhalb des NucleosomenKernpartikels. H1 wird auch als 8 2 bezeichnet, weil es mit der 8 ) assoziiert ist, die ein Nucleosomen-Kernpartikel mit dem Nåchsten verbindet. H1 und das Histonoctamer treten gemeinsam mit ungefåhr 168 Basenpaaren der DNA in Wechselwirkung. Die H1-Molekçle kann man selektiv von den Chromatinfasern entfernen, wenn man die Pråparation mit einer Læsung geringer Ionenstårke behandelt. Beobachtet man derartiges H1-freies Chromatin im Elektronenmikroskop, erkennt man Nucleosomen-Kernpartikel und nackte Linker-DNA als getrennte Elemente, so dass sich insgesamt ein Bild von einer ¹Perlenketteª ergibt (Abb. 12.10 b). Stark erweitert wurden unsere Kenntnisse çber die Verpackung der DNA in den letzten Jahren durch Aufsehen erregende Aufnahmen von Nucleosomen-Kernpartikeln, die man der Ræntgenstrukturanalyse unterworfen hatte (Abb. 12.11). Die acht Histonmolekçle des Nucleosomen-Kernpartikels sind in Form von vier Heterodimeren organisiert: zwei mit der Struktur H2A-H2B und zwei mit der Zusammensetzung H3-H4 (Abb. 12.11 a, c). Fçr die Dimerbildung der Histonmolekçle sorgen ihre C-terminalen Domånen; diese bestehen vorwiegend aus Helices (in Abb. 12.11 c als Zylinder wiedergegeben),
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die im Kern des Nucleosoms zu einer kompakten Masse zusammengefaltet sind. Der N-terminale Abschnitt der Histone im Kern (und auch der C-terminale Abschnitt von H2A) bildet jeweils einen langen, biegsamen Schwanz (gestrichelte Linien in Abb. 12.11 c), der sich çber die DNA-Helix hinaus in die Umgebung erstreckt.
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,iese Schwånze sind das Ziel verschiedener kovalenter Abwandlungen, mit deren wichtigen Funktionen wir uns spåter in diesem Kapitel noch genauer beschåftigen werden. Die Modifikation von Histonen ist nicht der einzige Mechanismus, durch den sich der Charakter der Nucleosomen åndern kann. Neben den vier zuvor beschriebenen ¹konventionellenª Histonen werden in den meisten Zellen auch mehrere abgewandelte Versionen der Kern-Histone synthetisiert. Welche Bedeutung diese Histonvarianten haben, ist bisher weitgehend ungeklårt, aber man nimmt an, dass sie besondere Funktionen erfçllen (Tabelle 12.2). Lage und mutmaûliche Funktionen einer derartigen Variante mit der Bezeichnung CENP-A werden in der Box ¹Aus Sicht des Menschenª genauer beschrieben. Eine weitere Variante namens H2AX kommt im gesamten Chromatin vor und tritt bei einem Bruchteil der Nucleosomen an die Stellen des konventionellen H2A. H2AX wird an Stellen, wo die DNA bricht, phosphoryliert und dçrfte dazu beitragen, die DNA-Reparaturenzyme heranzuziehen.
Der Kern einer Eukaryotenzelle
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Die DNA und die Histone des Nucleosomenkerns werden durch verschiedenartige nicht kovalente Bindungen zusammengehalten, unter anderem durch Ionenbindungen zwischen negativ geladenen Phosphatgruppen des DNA-Rçckgrats und positiv geladenen Seitenketten der Histone. Die beiden Molekçle berçhren sich an den Stel-
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len, wo die kleine Furche der DNA nach innen in Richtung des Histonkerns weist, was in Abstånden von ungefåhr zehn Basenpaaren der Fall ist (weiûe Haken in Abb. 12.11 c). Wie man auûerdem erkennt, sind die beiden Molekçle zwischen diesen Kontaktstellen durch einen erheblichen Abstand getrennt, der wahrscheinlich den Transkriptionsfaktoren und anderen DNA-bindenden Molekçlen den Zugang zur DNA ermæglicht. Lange Zeit hielt man die Histone ausschlieûlich fçr tråge Strukturmolekçle, aber wie wir in den folgenden Abschnitten noch genauer erfahren werden, beteiligen sich diese kleinen Proteine entscheidend an der Aktivitåtssteuerung der DNA, mit der sie assoziiert sind. Zu Beginn dieses Abschnitts haben wir die Frage gestellt, wie ein Zellkern mit einem Durchmesser von 10 lm DNA-Molekçle mit der 200 000fachen Långe aufnehmen kann. Fçr diese kompakte Verpackung ist der Zusammenbau der Nucleosomen der erste wichtige Schritt. Bei einem Abstand von 0,34 nm zwischen zwei Nucleotiden wåren die 200 Basenpaare eines einzigen, 10 nm groûen Nucleosoms fast 70 nm lang, wenn man sie vollståndig ausstrecken wçrde. Deshalb spricht man davon, dass das Verpackungsverhåltnis der DNA in dem Nucleosomen ungefåhr 7:1 betrågt. 2 # + Das DNA-Molekçl, das um Nucleosomen-Kernpartikel mit einem Durchmesser von 10 nm herum gewickelt ist, stellt die untersten Ebene der Chromatinorganisation dar. Aber in dieser in relativ lockeren ¹Perlenkettenformª liegt das Chromatin in der Zelle nicht vor. In elektronenmikroskopischen Aufnahmen von Dçnnschnitten durch Zellkerne erkennt man eine groûe Zahl winziger Flecken mit einem Durchmesser von ungefåhr 30 nm ± sie sind also dreimal so groû wie ein Nucleosom. Diese Flecken sind Chromatinfasern, die quer geschnitten wurden. Wenn man Chromatin aus Zellkernen freisetzt und bei physiologischer Ionenstårke pråpariert, beobachtet man eine Faser, die mit 30 nm åhnlich dick ist (Abb. 12.12 a). Die Struktur dieser 30-nm-Faser bleibt aber trotz mehr als 20-jåhriger Forschung bis heute umstritten. Zwei Modelle, in denen die Nucleosomenkette zu einer dickeren Faser hæherer Ordnung aufgewunden ist, zeigt Abb. 12.12 b, c. Unabhångig davon, wie die 30-nm-Faser im Einzelnen aussieht, sorgt sie fçr ein zusåtzliches DNA-Verpackungsverhåltnis von 6:1, so dass die DNA nun insgesamt ungefåhr um den Faktor 40 kompakter ist. Damit die 30-nm-Faser erhalten bleibt, mçssen die Histonmolekçle benachbarter Nucleosomen
in Wechselwirkung treten. Mit dieser Chromatinverpackung hæherer Ordnung hat man sowohl die Linker-Histone als auch die Histone des Nucleosomenkerns in Verbindung gebracht. Entfernt man zum Beispiel aus kompaktem Chromatin selektiv die H1-Linker-Histone, so falten sich die 30-nm-Fasern auseinander und bilden das in Abb. 12.10 b dargestellte, dçnnere Filament mit seiner Perlenkettenform. Setzt man anschlieûend H1 wieder zu, stellt sich erneut die Struktur hæherer Ordnung ein. Die Kern-Histone benachbarter Nucleosomen dçrften mit Hilfe ihrer langen, biegsamen Schwånze in Wechselwirkung treten. Wie man beispielsweise aus Strukturuntersuchungen weiû, kann der Schwanz am N-Terminus des Histons H4 von einem Nucleosomen-Kernpartikel sowohl die Linker-DNA zwischen den Nucleosomen als auch das H2/H4-Dimer von Nachbarnucleosomen erreichen und mit ihnen in umfangreiche Kontakte treten. Derartige Wechselwirkungen sorgen nach heutiger Kenntnis dafçr, dass das Nucleosomenfilament sich zu einer dickeren Faser faltet. Chromatinfasern, aus deren Histonen man die Schwånze kçnstlich entfernt hat, bilden die Fasern hæherer Ordnung nicht mehr aus. Auf der nåchsten Stufe in der Hierarchie der DNA-Verpackung bildet die 30-nm-Faser eine Reihe groûer, çberspiralisierter Schleifen oder Domånen, in denen sie zu noch dickeren Fasern von 80 bis 100 nm zusammengedrångt ist. Diese DNA-Schleifen sind mit den Enden offensichtlich an Proteinen befestigt, die im Zellkern ein organisiertes Gerçst oder eine Matrix bilden (s. Kap. 4). Unter diesen Proteinen ist eine Topoisomerase des Typs II, die vermutlich das Ausmaû der DNAÛberspiralisierung reguliert. Auûerdem wçrde man damit rechnen, dass diese Topoisomerase auch die DNA-Molekçle verschiedener Schleifen entwirrt, wenn sie sich ineinander verfangen. Normalerweise sind die Schleifen der Chromatinfasern im Zellkern ausgebreitet, so dass man sie nicht sehen kann; unter bestimmten Voraussetzungen verraten sie sich jedoch. Behandelt man beispielsweise isolierte
mit einer Læsung, welche die Histone entfernt, so erkennt man die histonfreie DNA in Form von Schleifen, die aus einem Proteingerçst herausragen (Abb. 12.13 a). Øhnliche Schleifen kann man auch in der Interphase an den Polytånchromosomen von Insektenzellen (Abb. 10.8) und an den 8 in der Meiose von Amphibienoocyten (Abb. 12.13 b) sichtbar machen; dies zeigt, dass es sich hier nicht nur um eine Besonderheit von Mitosechromosomen handelt. In den Mitosechromosomen verkærpert sich die kompaktesten Anordnung des Chromatins;
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ein solches Chromosom ist ungefåhr 1 lm lang und enthålt DNA mit einer Långe von rund einem Zentimeter, was einem Verpackungsverhåltnis von 10 000 : 1 entspricht. Diese kompakte Anordnung entsteht durch einen nur unvollståndig aufgeklårten Prozess, der in Kap. 14.2 genauer erærtert wird. Einen Ûberblick çber die verschiedenen Organisationsebenen des Chromatins vom Nucleosomenfilament bis zu Mitosechromosomen zeigt Abb. 12.14.
jedoch auch wåhrend der Interphase in einer kompakteren Form vor. Dieses dunkel angefårbte Chromatin erkennt man in Abb. 12.1 a am Rand des Zellkerns. Chromatin, das wåhrend der Interphase dicht verpackt bleibt, bezeichnet man als 2 , im Gegensatz zum Euchromatin, das in den diffusen Zustand zurçckkehrt. Gibt man einen radioaktiv markierten RNA-Vorlåufer wie [3H]-Uridin zu Zellen, die anschlieûend fixiert, geschnitten und autoradiographisch untersucht werden, bleiben die Klumpen des Heterochromatins unmarkiert, d. h. in ihnen finden keine oder so gut wie keine Transkriptionen statt. Beim Heterochromatin kann man zwei Kategorien unterscheiden. 9 2
2 # Nach dem Ende der Mitose kehrt das Chromatin der stark kondensierten Chromosomen zum græûten Teil in den diffusen Interphasezustand zurçck. Ungefåhr 10% des Chromatins liegen
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bleibt in allen Zellen und zu allen Zeiten im kompaktem Zustand; seine DNA ist demnach dauerhaft inaktiv. In Såugerzellen befindet sich das konstitutive Heterochromatin zum græûten Teil in dem Bereich beiderseits des Centromers (s. die Box ¹Aus Sicht des Menschenª) und an wenigen anderen Stellen, beispielsweise im distalen Arm des Y-Chromosoms månnlicher Såugetiere. Bei vielen Pflanzen enthalten auch die Chromosomenenden (Telomere) Blæcke aus konstitutivem Heterochromatin. Die DNA solcher Abschnitte besteht vorwiegend aus Sequenzwiederholungen (s. die Box ¹Aus Sicht des Menschenª in Kap. 10) und enthålt nur relativ wenige Gene. Wandern Gene, die normalerweise aktiv sind, in die Nachbarschaft des Heterochromatins (weil sie ihre Position durch Transpositi-
on oder Translokation veråndert haben), kommt ihre Transkription in der Regel zum Erliegen, ein Phånomen, das man als / bezeichnet. Das Heterochromatin enthålt vermutlich Bestandteile, deren Einfluss sich çber eine gewisse Entfernung hinweg bemerkbar macht und sich auch auf benachbarte Gene auswirkt. Die Ausdehnung des Heterochromatins entlang der Chromosomen wird normalerweise durch spezialisierte Sequenzbarrieren (:$) des Genoms eingegrenzt. Im Gegensatz zu der konstitutiven Form wurde das 9 2 wåhrend bestimmter Lebensphasen eines Organismus oder in bestimmten Typen differenzierter Zellen (wie in Abb. 17.7 b) spezifisch inaktiviert. Ein Beispiel fçr fakultatives Heterochromatin sieht man,
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ler, der ihn 1949 entdeckte, als 7 bezeichnet. Durch die Bildung des Barr-Kærperchens wird sichergestellt, dass Månner und Frauen die gleiche Zahl aktiver X-Chromosomen besitzen und demnach die Produkte der X-gekoppelten Gene im gleichen Mengen synthetisieren. 6 9 9 S+ De britische Genetikerin Mary Lyon, die bei Måusen die Vererbung der Fellfarbe untersucht hatte, formulierte 1961 folgende Aussagen:
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wenn man die Zellen eines weiblichen Såugetiers mit denen des Månnchens vergleicht. Die månnlichen Zellen enthalten ein winziges Y-Chromosom und ein wesentlich græûeres X-Chromosom. Da beide nur wenige gemeinsame Gene besitzen, tragen Månnchen nur ein Exemplar der meisten Gene, die auf den Geschlechtschromosomen liegen. Die Zellen des Weibchens enthalten zwar zwei X-Chromosomen, aber nur eines davon ist in der Transkription aktiv. Das andere bildet einen kondensierten Heterochromatinklumpen (Abb. 12.15 a), den man nach dem Wissenschaft-
n Das X-Chromosom weiblicher Såugetiere verwandelt sich im frçhen Stadium der Embryonalentwicklung in Heterochromatin, was zur Inaktivierung der Gene auf diesem Chromosom fçhrt. n Die Verwandlung in Heterochromatin erfolgt im Embryo nach dem Zufallsprinzip, d. h. in jeder einzelnen Zelle hat das vom Vater und das von der Mutter stammende X-Chromosom die gleiche Chance, inaktiviert zu werden. Zum Zeitpunkt der Inaktivierung kann von dem Vorgang also in einer Zelle des Embryos das våterliche und in der Nachbarzelle das mçtterliche X-Chromosom betroffen sein. Von diesem Zeitpunkt an ist aber in allen Nachkommen der betroffenen Zellen das gleiche X-Chromosom inaktiv. n Bevor die Meiose beginnt, wird das Heterochromatin-X-Chromosom reaktiviert. Wåhrend der Oogenese sind also beide X-Chromosomen aktiv, so dass das X-Chromosom aller Keimzellen zum Euchromatin gehært. Lyons Hypothese wurde wenig spåter beståtigt. Da våterliches und mçtterliches X-Chromosom fçr das gleiche Merkmal unterschiedliche Allele enthalten kænnen, ist ein erwachsenes Weibchen in gewisser Hinsicht ein
, bei dem in einzelnen Zellen unterschiedliche Allele ausgeprågt werden. Dieser Mosaikcharakter der X-Chromosomen spiegelt sich in der Fellmusterung mancher Såugetiere wider, beispielsweise bei den Schildpatt-Katzen (Abb. 12.15 b). Beim Menschen liegen die Gene fçr die Pigmentierung nicht auf dem X-Chromosom; deshalb gibt es auch keine ¹Schildpattfrauenª. Dennoch kann man auch bei Frauen das durch die X-Inaktivierung entstandene Mosaik nachweisen. Låsst man beispielsweise einen schmalen roten oder grçnen Lichtstrahl in das Auge einer Frau fallen, die he-
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terozygote Ûbertrågerin fçr die Rot-Grçn-Blindheit ist, findet man zwischen den Netzhautzellen mit normaler Empfindlichkeit auch Abschnitte, bei denen das Farbensehen defekt ist. Der Mechanismus der X-Inaktivierung steht im Mittelpunkt des Interesses, seit ein Bericht 1992 die Vermutung nahe legte, die Inaktivierung kænne durch ein nicht codierendes RNAMolekçl ± und nicht durch ein Protein ± verursacht werden, das an einem (beim Menschen ?B2 genannten) Gen auf dem inaktivierten X-Chromosom transkribiert wird. Die ?B2-RNA ist im Gegensatz zu anderen nicht codierenden RNAs, die meist recht klein sind (Kap. 11.5.1), ein langes Molekçl von mehr als 17 kb. Sie diffundiert nicht ins Kernplasma, sondern reichert sich entlang des Chromosoms an, unmittelbar bevor dieses inaktiviert wird.2 Das ?B2-Gen ist notwendig, damit die in Aktivierung in Gang gesetzt wird, aber um sie von einer Zellgeneration zur Nåchsten aufrechtzuerhalten, wird es nicht gebraucht. Diese Schlussfolgerung musste man ziehen, nachdem man bei manchen Frauen Tumorzellen entdeckt hatte, die ein inaktiviertes X-Chromosom mit deletiertem ?B2-Gen besit-
zen. Aufrechterhalten wird die Inaktivierung des X-Chromosoms wahrscheinlich durch DNA-Methylierung und eine Modifikation der Histone; diese Vorgånge werden in Kap. 12.4.5 genauer erærtert.
2 Einige Gene auf dem Chromosom entgehen durch einen unbekannten Mechanismus der Inaktivierung. Zu diesen ¹Ausreiûernª gehæren Gene, die es auch auf dem Y-Chromosom gibt. Damit ist gewåhrleistet, dass sie bei beiden Geschlechtern gleich stark exprimiert werden.
2 # 9 2 Abbildung 12.11 c zeigt ein Modell des Nucleosomen-Kernpartikels, dessen Histonschwånze nach auûen ragen. Dieses allgemeine Bild verschleiert jedoch wichtige Unterschiede zwischen den Nucleosomen. In den Zellen sind bemerkenswert vielfåltige Enzyme in der Lage, chemische Gruppen gezielt an einzelne Aminosåuren der Histonschwånze anzufçgen oder sie von dort zu entfernen. Die Stellen, die auf diese Weise modifiziert werden ± vor allem durch Methylierung, Acetylierung oder Phosphorylierung ± sind in Abb. 12.16 durch farbige Balken gekennzeichnet. In den letzten Jahren rçckte eine neue Hypothese ins Blickfeld, die unter dem Namen ¹2 ª bekannt wurde. Danach sind Zustand und Aktivitåt eines bestimmten Chromatinabschnitts von den spezifischen Modifikationen ± oder von Kombinationen solcher Modifikationen ± an den Histonschwånzen des fraglichen Abschnitts abhångig. Mit anderen Worten: Das Muster der Modifikationen an den Schwånzen der Kernhistone enthålt eine codierte Information, die çber
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die Eigenschaften dieser Nucleosomen bestimmt. Insbesondere zwei Eigenschaften des Chromatins, die auch miteinander zusammenhången, werden wahrscheinlich durch das Muster der Histonmodifikation bestimmt: erstens das Ausmaû der kompakten Verpackung insbesondere im Hinblick darauf, ob eine Chromatinregion zum Hetero- oder Euchromatin gehært, und zweitens die Wahrscheinlichkeit, dass ein Gen oder eine Gengruppe transkribiert wird. Vorerst beschrånken wir unsere Beschreibung auf die Bildung von Heterochromatin, wie sie sich beispielsweise wåhrend der Inaktivierung des X-Chromosoms abspielt. Der Einfachheit halber konzentrieren wir uns auf die Modifikation eines einzigen Aminosåurebausteins ± des Lysins Nummer 9 von H3 ± und machen daran deut-
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lich, nach welchen allgemeinen Prinzipien die Zellen sich des Histoncodes bedienen. Beim Vergleich der Nucleosomen in heteround euchromatischen Chromatinabschnitten erkennt man einen verblçffenden Unterschied. Im Heterochromatin ist der Lysinrest in der Position Nummer 9 (Lys9 oder K9) des Histons H3 weit gehend methyliert, im Euchromatin dagegen ist die gleiche Aminosåure meist unmethyliert, manchmal allerdings acetyliert. Katalysiert wird die Methylierung des Lys9 von H3 durch eine 3 . Dieses Enzym erfçllt offensichtlich ausschlieûlich diese eine Funktion; es heiût beim Menschen SUV39H1 und ist im Heterochromatin lokalisiert, wo es vermutlich mit seiner Methylierungståtigkeit den Charakter des betreffenden Chromatinabschnitts aufrechterhålt. Das methylierte Lysin an der Position 9 verleiht dem Schwanz des Histons H3 eine wichtige Eigenschaft: Er ist nun in der Lage, mit hoher Affinitåt an Proteine zu binden, die einen ganz bestimmten, als + 1 bezeichneten Abschnitt besitzen. Das Genom des Menschen codiert mindestens 30 Proteine mit Chromodomånen, von denen das 2 E ( ., 2/E) am besten untersucht ist. HP1 wurde mit der Entstehung und Aufrechterhaltung des Heterochromatins in Verbindung gebracht. Wenn es an den Schwanz von H3 gebunden hat, tritt es nach heutiger Kenntnis mit anderen Proteinen in Wechselwirkung, so unter anderem mit dem Enzym SUV39H1, das die Histone methyliert, und mit anderen HP1-Molekçlen auf benachbarten Nucleosomen. Mit seinen Bindungseigenschaften begçnstigt HP1 die Ausbildung eines Geflechts untereinander verbundener, methylierter Nucleosomen; dies fçhrt zu einem kompakteren Chromatinzustand hæherer Ordnung. Wenn es darum geht, bestimmte Genomabschnitte fçr die Methylierung der Histone und die nachfolgende Ausbildung von Heterochromatin zu kennzeichnen, spielen kleine RNAs, die stark den an der RNA-Interferenz (Kap. 11.5.1) beteiligten Molekçlen åhneln, neueren Untersuchungen zufolge eine wichtige Rolle. Sind beispielsweise Bestandteile des RNAi-Apparats auf Grund einer Deletion nicht mehr vorhanden, ist die Methylierung von H3 und die Ausbildung des Heterochromatins beeintråchtigt. Durch diese Befunde kommt zu der schnell wachsenden Liste von Funktionen fçr nicht codierenden RNA-Molekçle eine weitere hinzu. Ein Modell fçr die Ereignisse, die sich nach heutiger Kenntnis bei der Entstehung von Heterochromatin abspielen, zeigt Abb. 12.17.
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>n seinem relativ lockeren Zustand in der Interphasezelle begçnstigt das Chromatin die in dieser Zeit notwendigen Ablåufe wie Replikation und Transkription. In der Mitosezelle dagegen liegt das Chromatin so dicht wie mæglich kondensiert vor, was die Weitergabe eines vollståndigen ¹DNA-Paketsª an die Tochterzellen vereinfacht. Auch in der biologischen und medizinischen Wissenschaft haben sich Mitosechromosomen als nçtzlich erwiesen, denn sie enthalten
das vollståndige genetische Material einer Zelle und lassen sich mit einfachen Methoden sichtbar machen. Wenn ein Chromosom in der Prophase der Mitose immer kompakter wird, nimmt es eine charakteristische, vorhersagbare Form an, die von der Långe des DNA-Molekçls in diesem Chromosom und der Lage des Centromers (von dem spåter noch die Rede sein wird) abhångt. Die Mitosechromosomen einer in Teilung begriffenen Zelle kann man mit dem in Abb. 12.18 a wiedergegebenen Verfahren sichtbar machen. Die Zelle wird aufgebrochen, und die Mitosechromosomen aus ihrem Zellkern heften sich auf einem sehr kleinen Abschnitt eines Objekttrågers fest (Abb. 12.18). Die in Abb. 12.18 b gezeigten Chromosomen wurden mit einer Fårbemethode behandelt, bei der man das Chromosomenpråparat mit mehrfarbigen, fluoreszierenden DNA-Sonden inkubiert, die spezifisch an bestimmte Chromosomen binden. Mittels verschiedener Kombinationen von DNA-Sonden und computergestçtzten Bildgebungsverfahren kann man kann man jedes Chromosom mit einer anderen virtuellen Farbe ¹bemalenª, so dass es mit geçbtem Blick leicht zu identifizieren ist. Das Verfahren liefert nicht nur ein farbenpråchtiges Bild, sondern es gestattet auch eine hervorragende Auflæsung, so dass der medizinische Genetiker daran auch Chromosomenaberrationen erkennen kann, die man sonst çbersehen wçrde (Abb. 2 in der Box ¹Aus Sicht des Menschenª). Schneidet man aus einem Foto wie dem in Abb. 12.18 b die einzelnen Chromosomen aus,
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kann man sie zu homologen Paaren (beim Menschen 23) und nach abnehmender Græûe ordnen (Abb. 12.18c). Ein solches Pråparat bezeichnet man als %%. Die Chromosomen des Karyotyps in Abb. 12.18 c wurden mit einer Fårbemethode pråpariert, die ihnen ein quer gestreiftes Aussehen verleiht. Dieses Bandenmuster ist fçr jedes Chromosom einer biologischen Art charakteristisch und bietet deshalb die Mæglichkeit, Chromosomen zu identifizieren und von ei-
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ner biologischen Art zur anderen zu vergleichen (Abb. 3 in der Box ¹Aus Sicht des Menschenª). Karyotypen aus einer Kultur von Blutzellen herzustellen und einen Menschen auf diese Weise auf Chromosomenanomalien zu untersuchen, ist eine Routinearbeit. Wie in der Box ¹Aus Sicht des Menschenª genauer erærtert wird, kann man auf diese Weise çberzåhlige, fehlende oder stark verånderte Chromosomen erkennen.
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Chromosomenaberrationen Neben den Mutationen, durch die sich der Informationsgehalt eines einzelnen Gens veråndert, kænnen sich in den Chromosomen auch umfangreichere Verånderungen abspielen. Am håufigsten geschieht dies wåhrend der Zellteilung. Teile eines Chromosoms kænnen verloren gehen oder werden zwischen verschiedenen Chromosomen ausgetauscht. Da solchen Chromosomenaberrationen stets ein Chromosomenbruch vorausgeht, steigt ihre Håufigkeit bei Einwirkung von Faktoren, welche die DNA schådigen, wie Virusinfektionen, Ræntgenstrahlung oder reaktionsfreudige Chemikalien. Auûerdem enthalten die Chromosomen mancher Menschen ¹zerbrechliche Stellenª, die fçr Brçche besonders anfållig sind. Patienten mit bestimmten seltenen erblichen Krankheiten wie Bloom-Syndrom, Fanconi-Anåmie und Ataxia teleangiectatica haben instabile Chromosomen, die eine stark erhæhte Neigung zu Brçchen erkennen lassen. Wie sich eine Chromosomenaberration auswirkt, hångt davon ab, welche Gene und was fçr Zelltypen betroffen sind. Ereignet sich die Verånderung in einer somatischen Zelle (d. h. in einer Zelle, die keine Keimzelle ist), hat sie in der Regel nur geringfçgige Folgen, weil meist nur wenige Kærperzellen betroffen sind. In seltenen Fållen verwandelt sich jedoch eine somatische Zelle, die eine Aberration trågt, in eine bæsartige Zelle, die dann zu einem Tumor heranwåchst. Chromosomenaberrationen, die sich wåhrend der Meiose ± insbesondere durch anormales Crossing-over ± ereignen, kænnen an die nåchste Generation weitergegeben werden. Wird ein anormales Chromosom çber eine Gamete weitervererbt, tragen alle Zellen des Embryos die Abweichung, und das erweist sich meist
schon vor der Geburt als tædlich. Es gibt mehrere Typen von Chromosomenaberrationen: n 69 0 Manchmal zerbricht ein Chromosom an zwei Stellen, und der dazwischen liegende Abschnitt wird in umgekehrter Orientierung wieder in das Chromosom eingebaut. Bis zu 1% aller Menschen tragen eine solche Chromosomeninversion, die sich im Karyotyp bemerkbar macht. Ein Chromosom mit einer solchen Inversion enthålt in der Regel alle Gene seines normalen Gegenstçcks, so dass sich bei der betroffenen Person keine negativen Auswirkungen bemerkbar machen. Tritt eine Zelle mit einer solchen Inversion jedoch in die Meiose ein, kann sich das betroffene Chromosom wegen der unterschiedlichen Genanordnung nicht korrekt mit seinem homologen Gegençber paaren. In solchen Fållen bildet sich wåhrend der Chromosomenpaarung meist eine Schleife (Abb. 1). Kommt es wie in der Abbildung gezeigt innerhalb der Schleife zum Crossing-over, tragen die in der Meiose entstandenen Keimzellen entweder çberzåhlige Exemplare einiger Gene (eine Duplikation), oder diese Gene fehlen (Deletion). Vereinigt sich eine Gamete mit einem derart verånderten Chromosom sich bei der Befruchtung mit ihrem normalen Gegenstçck, ist die Zygote wegen des Chromosomenungleichgewichts in der Regel nicht lebensfåhig. n ! 0 Eine Aberration, bei der sich ein Chromosom oder Chromosomenteil an ein anderes Chromosom anheftet, nennt man Translokation (Abb. 2). Wie die Inversionen, so wirken sich auch Translokationen in somatischen Zellen meist kaum auf die Funktionen dieser Zelle oder ihrer Nachkommen aus. Durch manche Translokatio-
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nen steigt jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass die Zelle bæsartig wird. Das bestuntersuchte Beispiel ist das Philadelphia-Chromosom, das man in den bæsartigen (nicht aber in den normalen) Zellen von Personen mit bestimmten Formen der Leukåmie findet. Dieses Chromosom ± der Name erinnert an die Stadt, in der es 1960 entdeckt wurde ± ist eine verkçrzte Version des menschlichen Chromosoms Nummer 22. Jahrelang glaubte man, der fehlende Abschnitt sei eine einfache Deletion, mit verbesserten Methoden der Chromosomenuntersuchung stellte man dann jedoch fest, dass der fragliche Abschnitt auf ein anderes Chromosom (Nummer 9) transloziert wurde. Auf dem Chromosom Nummer 9 liegt ein Gen namens !&,; es codiert eine Proteinkinase, die an der Steuerung der Zellvermehrung mitwirkt. Durch die Translokation ist ein kleiner Abschnitt am Ende die-
ses Proteins gegen eine Kette aus 600 zusåtzlichen Aminosåuren ausgetauscht, die von dem Gen &"- auf dem translozierten Stçck des Chromosoms 22 codiert werden. Dieses neue ¹Fusionsproteinª besitzt noch die Katalysatoraktivitåt des ursprçnglichen Proteins Abl, unterliegt aber nicht mehr den normalen Regulationsmechanismen der Zelle. Deshalb wird die betroffene Zelle bæsartig und ruft die chronische myeloische Leukåmie (CML) hervor. Wie Inversionen, so fçhren auch Translokationen in der Meiose zu Problemen. Ein Chromosom, das durch eine Translokation veråndert ist, hat einen anderen genetischen Inhalt als sein homologes Gegenstçck. Deshalb tragen die in der Meiose entstandenen Gameten entweder çberzåhlige Genkopien, oder bestimmte Gene fehlen. Wie man nachweisen konnte, spielen Translokationen in der Evolution eine wichtige Rolle: Sie erzeugen umfangreiche Verånderungen, die sich bei der Abspaltung eigenståndiger Entwicklungslinien von einem gemeinsamen Vorfahren als entscheidend erweisen kænnen. Ein solcher genetischer ¹Unfallª ereignete sich wahrscheinlich auch wåhrend unserer eigenen jçngeren Entwicklungsgeschichte. Beim Vergleich der 23 Chromosomenpaare
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n Translokation und Evolution. Verbindet man in Gedanken die beiden einzigen Menschenaffenchromosomen, zu denen es beim Menschen keine Entsprechung
gibt, gleichen sie Bande fçr Bande dem menschlichen Chromosom Nummer 2
menschlicher Zellen mit den 24 Paaren in Zellen von Schimpansen, Gorillas und Orang-Utans erkennt man eine verblçffende Øhnlichkeit. Bei genauerer Betrachtung der beiden Menschenaffenchromosomen, zu denen es beim Menschen keine Entsprechung gibt, stellt man fest, dass sie Bande fçr Bande dem menschlichen Chromosom Nummer 2 entsprechen (Abb. 3). Irgendwann in der Evolution des Menschen wurde offenbar ein ganzes Chromosom auf ein anderes transloziert, sodass ein einziges verschmolzenes Chromosom entstand und die haploide Zahl von 24 auf 23 zurçckging. n Eine Deletion entsteht, wenn ein Chromosomenabschnitt fehlt. Wie bereits erwåhnt, bilden sich Zygoten mit einer Chromosomendeletion, wenn eine Gamete das Produkt einer anormalen Meiose ist. Mit einem Chromosomenabschnitt gehen håufig auch wichtige Gene verloren, was selbst dann schwer wiegende Folgen hat, wenn das homologe Chromosom normal ist. Beim Menschen schlieûen Embryonen mit nennenswerten Deletionen ihre Entwicklung meist nicht ab. Wenn es trotzdem geschieht, entstehen betråchtliche Fehlbildungen. Erst-
mals entdeckt wurde ein solcher Zusammenhang zwischen einer Krankheit und einer Chromosomendeletion 1963 von dem franzæsischen Genetiker Jerome Lejeune, der zuvor bereits die genetischen Ursachen des Down-Syndroms aufgeklårt hatte. Bei einem Baby, das mit verschiedenen Gesichtsfehlbildungen geboren worden war, entdeckte Lejeune eine Deletion auf dem Chromosom 5. Wegen einer Fehlbildung im Kehlkopf erinnerte das Weinen des Babys an den Schrei einer leidenden Katze. Deshalb wurde die Krankheit als Cris-du-chat-Syndrom (¹Katzenschreisyndromª) bezeichnet. n Von einer Duplikation spricht man, wenn ein Chromosomenteil zweimal vorhanden ist. Die Bedeutung der Duplikationen fçr die Entstehung von Genfamilien wurde in Kapitel 10.5 erærtert. Umfangreichere Chromosomenduplikationen fçhren dazu, dass mehrere Gene nicht mit den çblichen zwei, sondern mit drei Exemplaren vorliegen (ein Zustand, den man als
bezeichnet. Da die Ablåufe in den Zellen sehr empfindlich auf die Zahl der Genkopien reagieren, kænnen çberzåhlige Gene sich sehr schådlich auswirken.
T Jedes Chromosom enthålt ein einziges, ununterbrochenes, doppelstrångiges DNA-Molekçl. An jeder Spitze dieses Molekçls liegt ein , ein ungewæhnlicher Abschnitt aus mehrfach wiederholten Sequenzen, der am Ende des Chromo-
soms eine Art Kappe bildet. Beim Menschen handelt es sich dabei um die Sequenz
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sich 500- bis 5000-mal wiederholt (Abb. 12.19 a). Im Gegensatz zu den meisten anderen wiederhol-
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ten Sequenzen, die sich von einer biologischen Art zu anderen erheblich unterscheiden, findet man bei allen Wirbeltieren die gleiche Telomersequenz, auch bei fast allen anderen Lebewesen ist sie sehr åhnlich. Diese Sequenzçbereinstimmung
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låsst darauf schlieûen, dass die Telomere bei ganz unterschiedlichen Lebewesen immer die gleiche Funktion ausçben. Man konnte mehrere DNAbindende Proteine nachweisen, die sich spezifisch an die Sequenz der Telomere heften und fçr ihre Funktion unentbehrlich sind. Das Protein, das in Abb. 12.19 b an die Chromosomen gebunden ist, wirkt bei der Hefe an der Steuerung der Telomerlånge mit. Wie in Kap. 13 noch genauer erærtert wird, setzen die DNA-Polymerasen, die fçr die Replikation der DNA sorgen, selbst nicht die Synthese von DNA-Strången in Gang, sondern sie fçgen nur Nucleotide an das 3'-Ende eines vorhandenen Stranges an. Die Replikation beginnt am 5'-Ende jedes neuen Stranges damit, dass ein kurzer RNA-Primer synthetisiert wird, den die Zelle spåter wieder beseitigt (grçner Abschnitt in Abb. 12.20 a). Wegen dieses Mechanismus fehlt am 5'-Ende jedes neu synthetisierten Stranges ein kurzer DNA-Abschnitt, der am 3'-Ende des komplementåren Matrizenstranges vorhanden ist. Der Strang mit dem 3'-Ende ragt also ein wenig çber den mit dem 5'-Ende hinaus. Dieses çberhångende Stçck liegt aber nicht als ungeschçtztes, einzelstrångiges Strangende vor, sondern es ist im doppelstrångigen Abschnitt des Telomers ¹festgestecktª und bildet eine Schlaufe (Abb. 12.20 b). Diese Konformation des Telomers schçtzt nach heutiger Kenntnis die Enden der DNA. Kænnte eine Zelle die Enden ihrer DNA nicht replizieren, mçsste man damit rechnen, dass die Chromosomen mit jedem Zellteilungszyklus kçrzer werden (Abb. 12.20 a). Dieses Dilemma hat man als ¹Endreplikationsproblemª bezeichnet. Der wichtigste Mechanismus, mit dem die Lebewesen dieses Problem gelæst haben, wurde 1984 aufgeklårt: Damals entdeckten Elizabeth Blackburn und Carol Greider von der University of California in Berkeley die ! , ein neuartiges Enzym, das neue Wiederholungseinheiten an das 3'-Ende des çberstehenden Stranges anfçgen kann (Abb. 12.20 c). Die Telomerase wird an den 3'-Enden vermutlich in einem Stadium tåtig, in dem sich dort keine Schleife befindet. Nachdem das 3'-Ende des Stranges verlångert ist, kann eine konventionelle DNA-Polymerase den neu synthetisierten 3'-Strang als Matrize benutzen und die 5'-Enden des komplementåren Stranges wieder auf ihre ursprçngliche Långe bringen. Die Telomerase ist eine Reverse Transkriptase: Sie synthetisiert DNA an einer RNA-Matrize. Im Gegensatz zu den meisten anderen Enzymen dieses Typs enthålt sie aber selbst die RNA, die ihr als Matrize dient (Abb. 12.20 c).
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'elomere sind sehr wichtige Chromosomenabschnitte: Sie werden gebraucht, damit das Chromosom vollståndig repliziert werden kann; sie bilden Kappen, die das Chromosom vor Nucleasen und anderen destabilisierenden Einflçssen schçtzen; auch verhindern sie, dass die Chromosomenenden sich verbinden. Abbildung 12.21 zeigt Mitosechromosomen einer Maus, die aufgrund gentechnischer Verånderungen keine Telomerase mehr besitzt. Hier sind viele Chromosomen an den Enden verschmolzen, und dies hat katastrophale Folgen, denn bei spåteren Zellteilungen werden die Chromosomen auseinander gerissen. Experimente aus jçngster Zeit legen die Vermutung nahe, dass die Telomere noch
weitere Funktionen erfçllen; deshalb stehen sie derzeit im Mittelpunkt zahlreicher Forschungsarbeiten. Angenommen, ein Wissenschaftler entnimmt einem Menschen eine kleine Hautprobe, isoliert aus der Dermis eine Population von Fibroblasten und låsst diese Zellen in einem reichhaltigen Kulturmedium wachsen. Die Fibroblasten teilen sich ungefåhr einmal am Tag und bedecken irgendwann die ganze Kulturschale. Entnimmt man nun einen Teil dieser Zellen und plattiert sie auf einer zweiten Schale aus, vermehren sie sich erneut und nehmen auch diese Schale irgendwann vollståndig ein. Nun kænnte man meinen, solche Zellen lieûen sich unendlich weiter
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zçchten ± wovon man in der ersten Hålfte des 20. Jahrhunderts tatsåchlich çberzeugt war ±, aber das stimmt nicht. Nachdem die Population sich 50- bis 80-mal verdoppelt hat, stellen die Zellen die Teilung ein und sterben schlieûlich ab. Vergleicht man zu Beginn und am Ende des Experiment die Långe der Telomere, so findet wåhrend der Zeit in der Gewebekultur eine auffållige Græûenabnahme. Die Telomere schrumpfen, weil die meisten Zellen keine Telomerase besitzen und deshalb den Verlust ihrer Chromosomenenden nicht verhindern kænnen.3 Die Telomere werden mit jeder Zellteilung kçrzer. Diese Schrumpfung setzt sich bis zu einem entscheidenden, als ¹Kriseª bezeichneten Punkt fort. Danach stellen sich in den Zellen umfangreiche Chromosomenanomalien ein, die Teilung kommt zum Stillstand. Wie wichtig die Verkçrzung der Telomere fçr die Zellalterung ist, beståtigte sich 1998 in einer Untersuchung, in der man gentechnisch verån-
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Hier sollte man erwåhnen, dass die Keimzellen in den Gonaden im Gegensatz zu somatischen Zellen ihre Telomeraseaktivitåt behalten, so dass die Telomere ihrer Chromosomen durch die Zellteilung nicht schrumpfen. Deshalb beginnt das Leben der Nachkommen stets in Form einer Zygote, welche Telomere mit maximaler Långe enthålt.
Der Kern einer Eukaryotenzelle
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derte menschliche Hautzellen zwang, eine aktive Telomerase zu exprimieren. In dieser Untersuchung vermehrten sich Kontrollzellen, die keine Telomerase besaûen, erwartungsgemåû eine gewisse Zeit lang, um dann zu altern und abzusterben. Die Zellen, die eine Telomerase exprimierten, teilten sich dagegen nicht nur immer weiter, sondern dies geschah auch ohne die Anzeichen der physiologischen Alterung, die man an den Kontrollkulturen erkennen konnte. Dieser Bericht veranlasste manche Fachleute zu der Vermutung, man kænne die Zellalterung ± und auch die Alterung der Menschen ± verhindern, wenn man die Zellen veranlasst, dieses normalerweise inaktive Enzym zu exprimieren. Andererseits kænnte es aber schwerwiegende Folgen haben, wenn man den Zellen eine solche Eigenschaft verleiht. Nach unserem heutigen Wissen ist die Verkçrzung der Telomere entscheidend daran beteiligt, den Menschen vor Krebs zu schçtzen. Bæsartige Zellen unterliegen definitionsgemåû nicht mehr der normalen Wachstumssteuerung des Organismus und teilen sich unbegrenzt weiter. Wie kommt es, dass Tumorzellen sich immer wieder verdoppeln kænnen, ohne dass dies zu ihrem Absterben fçhrt? Im Gegensatz zum normalen Zellen, in denen keine Telomeraseaktivitåt nachweisbar ist, bestehen bei Menschen ungefåhr 90% aller Tumore aus Zellen mit einer aktiven Telomerase.4 Heutigen Spekulationen zufolge ist das Tumorwachstum von einer strengen Selektion begleitet, wobei nur Zellen mit einer reaktivierten Telomeraseaktivitåt çberleben. In ihrer groûen Mehrzahl exprimieren die Tumorzellen keine Telomerase und sterben ab; nur die wenigen Zellen, die das Enzym produzieren, werden ¹immortalisiertª. Das bedeutet nicht, dass die Aktivierung der Telomerase allein die Zellen bæsartig werden låsst. Wie in Kap. 16 genauer erærtert wird, ist die Krebsentstehung ein Mehrschrittprozess, in dessen Verlauf sich anormale Chromosomen, Verånderungen im Adhåsionsverhalten und die Fåhigkeit zum Eindringen in normales Gewebe entwickeln. Die unbegrenzte Zellteilung ist nur eine von vielen anormalen Eigenschaften der Krebszellen. Zwingt man normale Zellen mit dem zuvor beschriebenen Verfahren, die Telomerase zu exprimieren, so teilen sie sich zwar unendlich weiter, aber zu Krebszellen werden sie nicht transformiert. Injiziert man einer Maus solche Zellen, die Telomerase expri-
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Die restlichen rund 10% halten die Långe der Telomere ohne Telomerase durch einen Mechanismus aufrecht, der auf genetischer Rekombination basiert.
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
mieren, ansonsten aber normal sind, entwickeln sie sich im Gegensatz zu Krebszellen nicht zu Tumoren. + Jedes der in Abb. 12.18 dargestellten Chromosomen besitzt an einer Stelle eine deutlich sichtbarer Einschnçrung. Diese Verengung kennzeichnet das + des Chromosoms (Abb. 12.22). Beim Menschen enthålt das Centromer eine DNA-Sequenz von 171 Basenpaaren (die a& )), die sich in Tandemwiederholungen çber mindestens 500 Kilobasen erstreckt. Dieser DNA-Abschnitt verbindet sich mit besonderen Proteinen, die ihn von anderen Teilen des Chromosoms unterscheiden. Das Chromatin enthålt im Centromer beispielsweise eine ¹spezielleª Variante des Histons H3, die als CENP-A bezeichnet wird und in vielen Nucleosomen an die Stelle des herkæmmlichen H3 tritt. Auûerdem dienen spezifische, an das Centromerchromatin gebundene Proteine als Anheftungsstellen (Kinetochoren) fçr die Mikrotubuli, die wåhrend der Zellteilung fçr die Trennung der Chromosomen sorgen (Abb. 14.16). Das Kinetochor lagert sich offensichtlich deshalb am Centromer zusammen, weil sich dort CENP-A befindet. Chromosomen ohne Centromer werden nicht mit einem Kinetochor ausgestattet und gehen bei der Zellteilung verloren. In frçheren Kapiteln wurde bereits mehrfach erwåhnt, dass DNA-Sequenzen, die fçr lebenswichtige Zellfunktionen verantwortlich sind, in der Regel konserviert werden. Mit anderen Worten: Mutationen, durch die sich eine DNA-Sequenz veråndert, beeintråchtigen wahrscheinlich auch ihre Funktion. Deshalb war es eine çberraschende Entdeckung, dass es in den Nucleotidsequenzen der Centromere selbst bei eng verwandten biologischen Arten auffållige Unter-
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schiede gibt.5 Dieser Befund låsst darauf schlieûen, dass die DNA-Sequenz selbst keinen bestimmenden Faktor fçr Struktur und Funktion des Centromers darstellt, eine Schlussfolgerung, die auch durch ein weiteres Untersuchungsergebnis an Menschen gestçtzt wird. Ungefåhr einer unter 2000 Menschen trågt in seinen Zellen von Geburt an ein çberzåhliges Stçck chromosomaler DNA, das ein kleines bildet. In manchen Fållen enthalten solche Markerchromosomen keine -SatellitenDNA, aber sie besitzen dennoch eine Einschnçrung und ein funktionsfåhiges Centromer, mit dessen Hilfe sie bei jeder Zellteilung verdoppelt und ganz normal auf die Tochterzellen aufgeteilt werden. Ganz offensichtlich wird in solchen Markerchromosomen eine andere DNA-Sequenz als Bindungsstelle fçr die Centromerproteine ¹selektioniertª. Das Centromer des Markerchromosoms ist in allen Zellen eines solchen Menschen an der gleichen Stelle zu erkennen, was darauf hindeutet, dass die Eigenschaft bei der Zellteilung an die Tochterchromosomen weitergegeben wird. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass Markerchromosomen in einer Familie çber drei Generationen hinweg stabil vererbt wurden. # . )&<$ Wie im vorangegangenen Abschnitt erlåutert wurde, ist die -Satelliten-DNA fçr die Entstehung eines Centromers nicht erforderlich. In den Centromeren von Markerchromosomen hat man sogar Dutzende von ganz und gar unterschiedlichen DNA-Sequenzen gefunden. Diese Beobachtung fçhrt uns zu einem umfassenderen Thema. Nicht alle erblichen Merkmale hången von DNA-Sequenzen ab. Eine derartige Vererbung bezeichnet man als im Gegensatz zu . Ein weiteres Beispiel fçr ein epigenetisches Phånomen ist die in Kap. 12.1.2 erærterte Inaktivierung des X-Chromosoms: Beide X-Chromosomen enthalten die gleichen Sequenzen, aber das eine wird inaktiviert, das andere dagegen nicht. Auûerdem wird der Inaktivierungszustand wåhrend der gesamten Lebenszeit eines Menschen von jeder Zelle auf ihre Tochterzellen weitergegeben. 5 Interessanterweise ist auch die Aminosåuresequenz von CENP-A, die an die DNA des Centromers bindet, bei verwandten Lebewesen unterschiedlich. Untersuchungen lassen darauf schlieûen, dass die Sequenzen von DNA und CENP-A eine gemeinsame Evolution durchmachen; Verånderungen der DNA-Sequenz fçhren bei CENP-A zur Selektion von Sequenzen, die es dem Protein ermæglichen, weiterhin mit hoher Affinitåt an das Centromer zu binden.
>n der biologischen Wissenschaft werden epigenetische Phånomene schon seit Jahrzehnten beschrieben, aber håufig verstand man weder ihre Grundlagen noch die Mechanismen, durch die ein epigenetischer Zustand von Zelle zu Zelle und von den Eltern auf die Nachkommen vererbt werden kann. Betrachten wir beispielsweise eine Zelle an der Unterseite der Epidermis (Abb. 7.1). Solche Zellen teilen sich håufig und bringen Tochterzellen hervor, die sich letztlich zu den verhornten Zellen an der Kærperoberflåche differenzieren. Manche Gene dieser Zellen werden aktiv transkribiert, andere sind ruhig gestellt, und es ist wichtig, dass dieses charakteristische Genaktivitåtsmuster von jeder Zelle auf ihre Tochterzellen weitergegeben wird. In jçngster Zeit konzentriert sich das Interesse auf den Histoncode (Kap. 12.1.2), der mæglicherweise entscheidend daran beteiligt ist, den Transkriptionszustand eines bestimmten Chromosomenabschnitts festzulegen und fçr seine Weitergabe an spåtere Generationen zu sorgen. Wenn die DNA einer Zelle repliziert wird, verteilen sich die Histone, die als Nucleosomenbestandteile an diese DNA gebunden sind, nach dem Zufallsprinzip auf die beiden Tochterstrånge. Jeder Tochterstrang bekommt also ungefåhr die Hålfte der Kernhistone mit, die ursprçnglich mit dem Ausgangsstrang assoziiert waren (Abb. 13.24). Die andere Hålfte der Kernhistone am Tochterstrang wird aus einem Vorrat neu synthetisierter Histonmolekçle hinzugezogen. Nach heutiger Kenntnis bestimmen die Modifikationen an den Histonschwånzen des ursprçnglichen Chromatins darçber, welche Verånderungen sich an den neu die synthetisierten Histonen des Tochterchromatins abspielen. Wie beispielsweise in Kap. 12.1.2 erlåutert wurde, sind die Lysinbausteine in der Position 9 des Histons H3 in Heterochromatinabschnitten methyliert. Das Enzym, das fçr diese Methylierungsreaktion verantwortlich ist, stellt einen Bestandteil des Heterochromatins dar. Bei der Replikation des Heterochromatins methyliert diese Histon-Methyltransferase wahrscheinlich auch die neu synthetisierten H3-Molekçle, die in die Tochternucleosomen eingebaut werden. Auf diese Weise wird das Methylierungsmuster des Chromatins und damit auch sein kondensierter Zustand von der elterlichen Zelle auf die Nachkommen weitergegeben. Euchromatinabschnitte dagegen enthalten in der Regel acetylierte H3-Schwånze, und auch diese Modifikationen wird auf die Nachkommen weitergegeben; sie ist vermutlich der epigenetische Mechanismus, durch den aktive Euchromatinregionen in den Tochterzellen erhalten bleiben. Modifikationen von Histonen sind ein Tråger epigene-
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tischer Informationen. Ein anderer sind kovalente Modifikationen der DNA; auf dieses Thema werden wir in Kap. 12.4.5 zurçckkommen. !$!' Der Zellkern als organisiertes Organell Betrachtet man das Cytoplasma einer Eukaryotenzelle unter dem Elektronenmikroskop, so findet man eine Ansammlung vielfåltiger membranumhçllter Organellen und Cytoskelettelemente. Bei der Untersuchung des Zellkerns dagegen erkennt man in der Regel kaum mehr als verstreute Chromatinklumpen und einen oder mehrere unregelmåûig geformte Nucleoli. Deshalb herrschte lange Zeit der Eindruck, der Zellkern sei im Wesentlichen ein ¹Sackª voller zufållig angeordneter Bestandteile. Mit der Entwicklung neuer mikroskopischer Verfahren wie der Fluoreszenz- $ -Hybridisierung (FISH, Kap. 10) und der Darstellung lebender, GFP-markierter Zellen (Kap. 8.2.2) wurde es mæglich, einzelne Genloci im Interphasezellkern zu lokalisieren. Derartige Untersuchungen zeigten, das im Zellkern offensichtlich ziemliche Ordnung herrscht. Die Chromatinfasern eines einzelnen Interphasechromosoms beispielsweise ziehen sich nicht durch den Zellkern wie die Spaghetti in einer Schçssel, sondern sie liegen gehåuft in einem abgegrenzten Revier, das sich nur wenig mit den Revieren anderer Chromosomen çberschneidet. In der Mikroskopaufnahme in Abb. 12.23 nimmt
n Abb. 12.23. . ! 8 ! ? ! ) .II +1" %9 + ! !9I 1 !' ( 8 ' < 2 5E " 2 J - 8 ! ! "
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das Chromatin des menschlichen Chromosoms Nummer 18 (hier grçn dargestellt) ein Gebiet an der Peripherie des Zellkerns ein, das Chromatin des Chromosomsnummer 19 dagegen (rot) liegt mehr in der Mitte des Organells. In dieser unterschiedlichen Lage im Zellkern dçrfte sich die Aktivitåt der beiden Chromosomen widerspiegeln: Im Chromosom Nummer 18 befinden sich nur relativ wenige Gene, Nummer 19 dagegen ist reich an proteincodierenden Sequenzen, von denen vermutlich viele in dieser Zelle transkribiert werden. Etwas Øhnliches beobachtet man auch in den Zellkernen von Frauen: Dort liegt das inaktive X-Chromosom am Rand, das aktive Gegenstçck dagegen weiter im Inneren (Abb. 12.15 a). Håufig liegen auch einzelne Chromosomenteile an vorhersagbaren Stellen. In manchen Zellkernen von Pflanzen und Hefe zum Beispiel sind die heterochromatischen Centromere und Telomere der Chromosomen offensichtlich an der Kernhçlle befestigt. Ganz allgemein sind wahrscheinlich manche DNA-Sequenzen an die Kernhçlle angeheftet, die çbrigen Chromosomenteile kænnen aber in einem begrenzten Bereich des Nucleoplasmas zufållige Bewegungen ausfçhren (Abb. 12.24). Ein weiteres Beispiel fçr die Organisation des Zellkerns zeigt Abb. 12.25 a. Die Zelle in dieser Mikroskopaufnahme wurde mit einem fluoreszierenden Antikærper gefårbt, der sich gegen einen am Spleiûen der Prå-mRNA beteiligten Pro-
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teinfaktor richtet. Der Apparat fçr die Weiterverarbeitung der RNA ist nicht gleichmåûig çber den gesamten Zellkern verteilt, sondern er konzentriert sich auf 20 bis 50 unregelmåûige Domånen, die als ¹Kleckseª ( ) bezeichnet werden. Nach unserer derzeitigen Auffassung dienen die Kleckse als dynamische Speicher, die den benachbarten Transkriptionsstellen die Spleiûfaktoren zur Verfçgung stellen. Der grçne Fleck in Abb. 12.25 a ist ein Virusgen, das in der
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@åhe eines solchen Kleckses transkribiert wird. Die Mikroskopaufnahmen in Abb. 12.25 b zeigen, wie sich eine Spur aus Spleiûfaktoren von einer Klecksdomåne bis zu einer Stelle in der Nachbarschaft zieht, wo kurz zuvor die Synthese von Prå-mRNA aktiviert wurde. Die verschiedenen Strukturen im Zellkern wie Nucleoli und Kleckse sind dynamische, im Flieûgleichgewicht befindliche Kompartimente, deren Existenz von ihrer ståndigen Aktivitåt abhångt. Wird diese Aktivitåt blockiert, verschwindet das Kompartiment und sein Material verteilt sich im Kernplasma. Neben Nucleoli und Klecksen erkennt man unter dem Mikroskop håufig verschiedene andere Kærperchen im Zellkern (zum Beispiel CajalKærper, GEMs und PML-Kærper). Jedes derartige Gebilde enthålt zahlreiche Proteine, die dynamisch hinzukommen und es wieder verlassen. Man hat diesen Strukturen im Zellkern verschiedene Funktionen zugeschrieben, aber sie sind nach wie vor schlecht definiert. Auûerdem erscheinen sie fçr das Ûberleben der Zellen nicht unbedingt notwendig zu sein, und deshalb werden sie hier nicht weiter erærtert. Behandelt man isolierte Zellkerne mit nichtionischen Detergentien und hoher Salzkonzentration (zum Beispiel 2 M NaCl), so dass die Lipide sowie fast alle Histone und Nichthistonproteine aus dem Chromatin entfernt werden, erkennt man die DNA als Halo rund um eine verbliebene Kernstruktur (Abb. 12.26 a). Baut man die DNAFasern anschlieûend mit DNase ab, hat das verbleibende Gebilde noch die gleiche Form wie der ursprçngliche Zellkern, es besteht aber aus einem Geflecht dçnner, proteinhaltiger Fibrillen, die sich kreuz und quer durch den Innenraum des Zellkerns ziehen (Abb. 12.26 b). Dieses unlæsliche Fasergeflecht bezeichnet man als -. Die Kernmatrix war in der Zellbiologie stets ein umstrittenes Thema: Manche Fachleute vertraten die Ansicht, das Proteingeflecht in Abb. 12.26 sei ein Pråparationsartefakt. Nach Ansicht ihrer vielen Befçrworter jedoch dient die Kernmatrix als eine Art Skelett, das die Form des Zellkerns aufrechterhålt, oder als Gerçst fçr die Organisation der Chromatinschleifen (Kap. 12.1.2). Auûerdem ist sie die Verankerungsstelle fçr groûe Teile des Apparats, der die verschiedenen Tåtigkeiten im Zellkern ausfçhrt, wie Transkription, RNA-Processing und Replikation. Inkubiert man Zellen beispielsweise fçr kurze Zeit mit fluoreszenzmarkierten oder radioaktiven RNA- oder DNA-Vorlåufern, findet man fast die gesamte neu synthetisierte
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!$$ Steuerung der Genexpression bei Prokaryoten Eine Bakterienzelle lebt im unmittelbaren Kontakt mit ihrer Umwelt, und deren chemische Zusammensetzung kann sich von einem Augenblick zum nåchsten tief greifend åndern. Manchmal ist eine bestimmte Substanz vielleicht vorhanden, ein anderes Mal fehlt sie. Betrachten wir einmal, was geschieht, wenn man eine Bakterienkultur von einem Minimalmedium in ein Medium bringt, das entweder Lactose oder Tryptophan enthålt. n Lactose ist ein Disaccharid (Abb. 2.16) aus Glucose und Galactose. Ihre Oxidation kann der Zelle sowohl Stoffwechselzwischenprodukte als auch Energie liefern. Der erste Schritt im Katabolismus (d. h. im Abbau) der Lactose ist die Hydrolyse der -galactosidischen Bindung zwischen den beiden Zuckern, eine Reaktion, die von dem Enzym -Galactosidase katalysiert wird. Solange die Zellen unter Minimalbedingungen gewachsen sind, hatten sie keinen Bedarf fçr -Galactosidase. Dann sind in einer durchschnittlichen Zelle noch nicht einmal fçnf Molekçle dieses Enzyms vorhanden, und sie besitzt nur ein einziges Molekçl der zugehærigen mRNA. Setzt man dem Kulturmedium aber Lactose zu, enthalten die Zellen schon nach wenigen Minuten ungefåhr die 1000 fache Zahl von -Galactosidase-Molekçlen. Die Lactose hat die Synthese des Enzyms induziert (Abb. 12. 27).
n Abb. 12.27. ) ( % ! + 1 !" ! # ( ;2
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n Tryptophan ist eine Aminosåure und wird fçr die Proteinsynthese gebraucht. Fehlt diese Verbindung im Kulturmedium, muss das Bakterium sie unter Energieaufwand selbst synthetisieren. Zellen, die ohne Tryptophan wachsen, besitzen alle Enzyme, die fçr die Tryptophanherstellung erforderlich sind, und auch die zugehærigen mRNAs. Steht diese Aminosåure jedoch irgendwann im Medium zur Verfçgung, brauchen die Zellen nicht mehr ihr eigenes Tryptophan zu synthetisieren; innerhalb weniger Minuten kommt die Produktion der Enzyme fçr den entsprechenden Reaktionsweg zum Stillstand. In Gegenwart von Tryptophan sind die Gene, die diese Enzyme codieren, reprimiert. 12.2.1 Das Bakterienoperon Bei Bakterien liegen die Gene, welche die Enzyme eines Stoffwechselweges codieren, in der Regel eng benachbart auf dem Chromosom. Einen
Steuerung der Genexpression bei Prokaryoten
solchen Funktionskomplex bezeichnet man als (. Alle Gene eines Operons werden koordiniert gesteuert, und zwar durch einen Mechanismus, den Franois Jacob und Jacques Monod vom Pariser Pasteur-Institut 1961 erstmals beschrieben haben. Ein typisches Bakterienoperon besteht aus Strukturgenen, einer Promotorregion, einer Operatorregion und einem Regulationsgen (Abb. 12.28). n & codieren die Enzyme selbst. Die Strukturgene eines Operons liegen in der Regel unmittelbar hintereinander, und die RNA-Polymerase wandert von einem Strukturgen zum Nåchsten, wobei sie alle Gene in eine einzige mRNA umschreibt. Diese lange mRNA wird dann in die verschiedenen Einzelenzyme des Stoffwechselweges translatiert. Schaltet man also ein Gen an, werden alle Enzym produzierenden Gene eines Operons aktiv. n Der / ist die Stelle, wo die RNAPolymerase vor Beginn der Transkription an die DNA bindet (Nåheres in Kap. 11.2.2). n Der ( liegt in der Regel neben dem Promotor oder çberschneidet sich mit ihm (Abb. 12.30); er dient als Bindungsstelle fçr ein Protein, das man als
bezeichnet. Der Repressor gehært zur Gruppe der : : Er erkennt eine spezifische Basenpaarsequenz in der DNA und bindet mit
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hoher Affinitåt daran. Wie im weiteren Verlauf dieses Kapitels deutlich werden wird, spielen DNA-bindende Proteine wie die Bakterienrepressoren die beherrschende Rolle, wenn es darum geht, ob ein bestimmter Genomabschnitt transkribiert wird. n Das codiert das Repressorprotein. Der Schlçssel zur Expression des Operons liegt im Repressor. Wenn er an den Operator bindet (Abb. 12.29), ist dieser gegençber der Polymerase abgeschirmt und die Transkription der Strukturgene wird blockiert. Ob der Repressor an den Operator binden und die Transkription unterbinden kann, hångt von seiner Konformation ab: Diese wird, wie wir in Kçrze noch genauer erfahren werden, allosterisch durch eine entscheidende Verbindung aus dem Stoffwechselweg beeinflusst, beispielsweise durch Lactose oder Tryptophan. Letztlich bestimmt also die Konzentration dieser Substanz aus dem Stoffwechsel darçber, ob das Operon zum jeweiligen Zeitpunkt aktiv oder inaktiv ist. lac( Das Wechselspiel zwischen diesen verschiedenen Elementen kann man sich sehr gut am $Operon vor Augen fçhren, der Gengruppe, die bei Bakterienzellen in regulierter Form die Enzyme fçr den Lactoseabbau produziert. Das -Ope-
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
on ist ein $ (, d. h. die Gegenwart einer wichtigen Stoffwechselsubstanz (in diesem Fall Lactose) induziert die Transkription der Strukturgene (Abb. 12.29 a). Das Operon enthålt in Tandemanordnung drei Strukturgene: das Gen 7, das die -Galactosidase codiert, das Gen fçr die Galactosepermease (ein Protein, das die Aufnahme von Lactose in die
Zelle begçnstigt) und das Gen , das die Thiogalactosid-Acetyltransferase codiert, ein Enzym mit ungeklårter physiologischer Funktion. Ist Lactose im Medium vorhanden, dringt das Disaccharid in die Zellen ein und bindet an den -Repressor, dessen Konformation sich daraufhin so åndert, dass er nicht mehr an die DNA des Operators binden kann. Jetzt werden die
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Strukturgene transkribiert, die Enzyme synthetisiert und die Lactosemolekçle im Stoffwechsel verarbeitet. In einem induzierbaren Operon wie dem -Operon kann das Repressorprotein also nur in Abwesenheit der Lactose an die DNA binden, d. h., die Lactose ist der 6.6 Nimmt die Lactosekonzentration im Medium ab, dissoziiert das Disaccharid von seiner Bindungsstelle am Repressormolekçl. Von der Lactose befreit, kann der Repressor wieder an den Operator binden; dieser hindert die Polymerase daran, die Strukturgene zu erreichen, und die Transkription des Operons wird abgeschaltet. / 9 $% / Repressoren, beispielsweise die des $ und Operons, çben eine 9 aus: Ihre Wechselwirkungen mit der DNA hemmen die Genexpression. Dass das -Operon auûerdem auch unter 9 steht, entdeckte 6 Der eigentliche Induktor ist Allolactose, die sich von der Lactose ableitet und sich von dieser durch die Art der Bindung zwischen den beiden Zuckergruppen unterscheidet. Diese Besonderheit wird in der Beschreibung auûer Acht gelassen.
Steuerung der Genexpression bei Prokaryoten
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man bei der ersten Untersuchung eines Phånomens, das als : bezeichnet wird. Stellt man den Bakterienzellen neben anderen Substraten wie Lactose oder Galactose auch Glucose zur Verfçgung, so wird diese im Stoffwechsel umgesetzt, die anderen Verbindungen werden nicht genutzt. Glucose im Medium unterdrçckt die Produktion der -Galactosidase und verschiedener anderer kataboler Enzyme, die zum Abbau dieser anderen Substrate gebraucht werden. Im Jahr 1965 machte man eine çberraschende Entdeckung: In den Zellen von fand man zyklisches AMP (cAMP), eine Verbindung, die man zuvor ausschlieûlich mit dem Stoffwechsel von Eukaryoten in Verbindung gebracht hatte. Wie sich herausstellte, besteht ein Zusammenhang zwischen der cAMP-Konzentration in den Zellen und der Gegenwart von Glucose im Medium; je hæher die Glucosekonzentration ist, desto niedriger ist die Konzentration des cAMP. Und wenn man dem Medium in Gegenwart von Glucose kçnstlich cAMP zusetzte, wurden in den Zellen plætzlich die katabolen Enzyme synthetisiert, die dort normalerweise nicht vorhanden waren. Auf welchem Weg die Glucose im Einzelnen die cAMP-Konzentration vermindert, ist bis heute nicht geklårt, aber den Mechanismus, durch den das cAMP die Wirkung der Glucose aufhålt, kennt man mittlerweile gut. Erwartungsgemåû kann ein kleines Molekçl wie cAMP (Abb. 15.10) nicht selbst die Expression einer ganzen Gengruppe in Gang setzen. Es wirkt vielmehr in Bakterien ebenso wie in Eukaryotenzellen dadurch, dass es an ein Protein bindet, in diesem Fall an das / $ 3+ /4. Allein kann CRP nicht an DNA binden. Der Komplex aus cAMP und CRP jedoch erkennt spezifisch eine bestimmte Stelle in der Kontrollregion von und bindet daran (Abb. 12.30). Das gebundene CRP erzeugt in der DNA eine Konformationsånderung, so dass die RNA-Polymerase nun das -Operon transkribieren kann. Selbst wenn Lactose vorhanden und der Repressor inaktiviert ist, muss also der cAMP-CRP-Komplex gebunden sein, damit die Transkription am Operon stattfinden kann. Solange Glucose in groûen Mengen vorhanden ist, bleibt die cAMP-Konzentration so niedrig, dass die Transkription des Operons nicht in Gang kommt. trp( In einem (, beispielsweise dem Tryptophan- oder -Operon, kann der Repressor allein nicht an die DNA des Operators binden. Er ist vielmehr nur dann als DNA-bindendes Protein aktiv, wenn er im Komplex mit einem spezifischen Faktor wie Tryptophan (Abb.
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
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fungiert. In Abwesenheit von Tryptophan steht die Operatorstelle fçr die Bindung der RNA-Polymerase zur Verfçgung, so dass die Strukturgene des Operons abgelesen und die Enzyme zur Synthese von Tryptophan produziert werden. Steht Tryptophan jedoch zur Verfçgung, werden die Enzyme dieses Syntheseweges nicht mehr gebraucht. Unter solchen Bedingungen fçhrt die hæhere Tryptophankonzentration zur Ausbildung des Tryptophan-Repressor-Komplexes, der die Transkription blockiert.
weil sie nur die fçr ihre jeweiligen Funktionen erforderlichen Chromosomenteile behalten, wåhrend alle nicht benætigten Abschnitte verloren gehen. Aber die Idee, Differenzierung sei mit dem Verlust genetischer Information verbunden, musste man in den fçnfziger und sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts endgçltig begraben. Damals konnte man mit einer Reihe entscheidender Experimente an Pflanzen und Tieren nachweisen, dass auch differenzierte Zellen noch alle Gene besitzen, mit denen sie sich in jeden anderen Zelltyp des gleichen Lebewesens verwandeln kænnen. Beispielsweise konnten Frederick Stewart und seine Kollegen an der Cornell University zeigen, dass man isolierte Zellen aus der Wurzel einer ausgewachsenen Pflanze dazu veranlassen kann, zu einer vollståndig entwickelten Pflanze mit allen normalerweise vorhandenen Zelltypen heranzuwachsen. Einzelne Zellen aus einem ausgewachsenen Tier kænnen zwar keine neuen Individuen hervorbringen. Wie man aber nachweisen konnte, enthalten die Kerne solcher Zellen alle Informationen, die zur Entwicklung eines neuen Organismus erforderlich sind. In besonders beeindruckender Form wurde dieser Nachweis 1997 von Ian Wilmut und seinen Kollegen an einem schottischen Forschungsinstitut gefçhrt: Sie berichteten çber das erste geklonte Såugetier ± ein Schaf, das sie auf den Namen Dolly tauften.7 Um dieses umstrittene Ergebnis zu erreichen,
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12.3 Steuerung der Genexpression bei Eukaryoten Die komplexen Pflanzen und Tiere besitzen nicht nur ein Genom mit mehreren zehntausend Genen, sondern sie bestehen auch aus vielen verschiedenen Zelltypen. Bei Wirbeltieren kann man beispielsweise mehrere hundert Zelltypen unterscheiden, die weit komplizierter gebaut sind als eine Bakterienzelle und jeweils ihre eigene Proteinausstattung benætigen, um ihre spezialisierten Tåtigkeiten auszufçhren. Frçher glaubte man, Zellen wçrden in ihren besonderen Differenzierungszustand çbergehen,
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Dolly starb 2003 mit sechs Jahren, was ungefåhr der Hålfte der normalen Lebenserwartung eines Hausschafes entspricht. Die Todesursache war eine fortschreitende Lungenkrankheit, das Tier litt aber auch an Arthritis, einer Krankheit, die bei derart jungen Schafen sehr selten ist. Dollys Tod beståtigte Beobachtungen, die man auch an anderen Arten angestellt hatte: Geklonte Tiere leiden viel håufiger als Kontrolltiere an Krankheiten und mæglicherweise auch an vorzeitiger Alterung.
stellten die Wissenschaftler zweierlei Zellen her: erstens unbefruchtete Schaf-Eizellen, aus denen sie die Chromosomen entfernt hatten, und zweitens Gewebekulturzellen aus der Brustdrçse (das heiût dem Euter) eines ausgewachsenen Schafes. Dann wurde jeweils eine kernlose Zelle mit einer Zelle aus der Gewebekultur fusioniert (Abb. 12.31). Die Zellen, die verschmelzen sollten, wurden in Kontakt gebracht und einem kurzen elektrischen Impuls ausgesetzt, der die Eizelle gleichzeitig auch dazu anregte, mit der Embryonalentwicklung zu beginnen. Mit diesem Verfahren transplantiert man letztlich den Kern einer ausgewachsenen Zelle in eine Eizelle, die kein eigenes genetisches Material besitzt. An Hand der genetischen Anweisungen, die der neue Zellkern mitbrachte, entwickelte sich die Eizelle dann zu einem Lamm mit allen vollståndig differenzierten Zellen, die man normalerweise bei solchen Tieren findet. Seit Dollys Geburt konnte man auch verschiedene anderer Såugetiere klonen, darunter Måuse, Rinder, Ziegen, Schweine, Kaninchen und Katzen. Wie man an diesen Experimenten deutlich erkennt, enthalten die Kerne spezialisierter Zellen ± beispielsweise aus einer Pflanzenwurzel oder der Drçse eines Tieres ± alle genetische Informationen, die fçr die Differenzierung anderer Zelltypen gebraucht werden. Tatsåchlich besitzt jede Zelle unseres Organismus die vollståndige Ausstattung mit ¹menschlichen Genenª. Demnach bestimmt also nicht die An- oder Abwesenheit von Genen in einer Zelle çber ihre Eigenschaften, sondern in die Nutzung dieser Gene. Eine Zelle wird beispielsweise zur Leberzelle, weil sie eine bestimmte Kombination von ¹Lebergenenª exprimiert, wåhrend gleichzeitig alle Gene, die an der Leberfunktion nicht beteiligt sind, reprimiert werden. Diese selektive Genexpression ± ein Thema, das ein Kernstçck der Molekularbiologie bildet ± wird uns von nun an bis zum Ende des Kapitels beschåftigen. Die DNA einer durchschnittlichen Bakterienzelle kann auf Grund ihrer Græûe ungefåhr 3000 Polypeptide codieren, von denen zu einem beliebigen Zeitpunkt in der Regel jeweils ungefåhr ein Drittel exprimiert wird. Eine menschliche Zelle dagegen enthålt so viel DNA (6 Mrd. Basenpaare), dass sie mehrere Millionen verschiedene Polypeptide codieren kænnte. In Wirklichkeit trågt der weit çberwiegende Teil dieser DNA keine Information fçr die Codierung von Proteinen, aber in einem Såugetiergenom befinden sich dennoch nach heutiger Kenntnis rund 30 000 proteincodierende Gene (Kapitel 10.6). Schåtzungen zufolge produziert eine typische Såugerzelle zu jedem beliebigen Zeitpunkt min-
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n 12.31. Durch das Klonen von Tieren wurde nachgewiesen, dass jeder Zellkern die vollståndige genetische Information enthålt. In diesem Experiment wurde eine entkernte Eizelle einer Schafsrasse mit einer Brustdrçsenzelle aus einem weiblichen Schaf einer anderen Rasse verschmolzen. Die derart aktivierte Eizelle entwickelte sich zu einem gesunden Lamm. Da alle Gene des neu geborenen Tieres aus dem transplantierten Zellkern stammen mussten (was auch mit Hilfe genetischer Marker bewiesen wurde), beståtigt dieses Experiment die allgemein verbreitete Ûberzeugung, dass auch differenzierte Zellen noch die gesamte genetische Information aus der frçheren Zygote enthalten. [Die Hauptschwierigkeit bei solchen Kerntransplantationsexperimenten tritt in der Regel dann auf, wenn der Kern aus einer aktiven somatischen Zelle plætzlich ins Cytoplasma einer relativ inaktiven Eizelle gelangt. Um den Spenderzellkern nicht zu beschådigen, wurden die Gewebekulturzellen durch starke Absenkung der Serumkonzentration im Kulturmedium zwangsweise in einen Ruhezustand (die so genannte G0-Phase) versetzt]
destens 5000 verschiedene Polypeptide. Viele davon, beispielsweise die Enzyme der Glycolyse und die Elektronencarrier der Atmungskette, werden in praktisch allen Kærperzellen synthetisiert. Gleichzeitig stellt aber jede Zelle auch Proteine her, die ausschlieûlich zu ihrem differenzierten Zustand gehæren. Diese Proteine verlei-
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
hen mehr als alle anderen Bestandteile jeder Zelle ihre einzigartigen Merkmale. Wegen der gewaltigen DNA-Menge in einer Eukaryotenzelle und der Riesenzahl verschiedener Proteine, die dort zusammengebaut werden, ist die Regulation der eukaryotischen Genexpression ein auûerordentlich komplizierter Prozess, mit dessen Aufklårung wir noch ganz am Anfang stehen. Betrachten wir beispielsweise die Situation einer Zelle, die sich im Knochenmark eines Menschen zu einer roten Blutzelle entwickelt. In einer solchen Zelle macht Håmoglobin mehr als 95% der gesamten Proteinmenge aus, aber die Gene, welche die Håmoglobin-Polypeptid codieren, stellen noch nicht einmal ein Millionstel ihrer gesamten DNA. Die Zelle muss diese genetische Nadel im Heuhaufen der Chromosomen nicht nur finden, sondern sie muss ihre Expression auch so gut steuern, dass die Produktion der wenigen Polypeptide zur beherrschenden Synthesetåtigkeit der Zelle wird. Da der Ablauf, der zur Synthese eines bestimmten Proteins fçhrt, mehrere getrennte Schritte umfasst, kann diese Kontrolle auf mehreren Ebenen erfolgen. Die Regulation der Genexpression findet in Eukaryoten im Wesentlichen auf drei solchen Ebenen statt, in Abb. 12.32 zusammenfassend dargestellt sind:
n Abb. 12.32. Die Ebenen der Genexpressionssteuerung im Ûberblick. Auf Transkriptionsebene bestimmt die Steuerung darçber, welche Gene transkribiert werden und wie oft dies geschieht. Auf Processing-Ebene wird darçber entschieden, welche Teile der Primårtranskripte in die Gesamtmenge der zelleigenen mRNAs einflieûen. Und auf Translationsebene wird reguliert, ob eine bestimmte mRNA translatiert wird und wenn ja, wie oft und wie lange
n Steuerungsmechanismen auf ranskriptionsebene bestimmen darçber, ob ein bestimmtes Gen abgelesen wird und wenn ja, wie oft. n Steuerungsmechanismen auf ProcessingEbene legen fest, auf welchem Weg das primåre mRNA-Transkript (die PråmRNA) zu der Messenger-RNA weiterverarbeitet wird, die dann in ein Polypeptid translatiert werden kann. n Steuerungsmechanismen auf Translationsebene regeln, ob eine bestimmte mRNA tatsåchlich translatiert wird und wenn ja, wie oft und wie lange.
In den nåchsten Abschnitten dieses Kapitels werden wir diese drei Regulationsebenen nacheinander betrachten.
12.4 Steuerung auf Transkriptionsebene Wie bei prokaryotischen Zellen, so ist die differenzielle Transkription von Genen auch bei Eukaryoten der wichtigste Einzelmechanismus, mit dem Zellen zu einem bestimmten Zeitpunkt jeweils nur ausgewåhlte Proteine synthetisieren. Eine Fçlle von Befunden belegt, dass in den verschiedenen Stadien der Embryonalentwicklung, in den Zellen verschiedener Gewebe und in Zellen, die unterschiedlichen Reizen ausgesetzt sind, jeweils andere Gene exprimiert werden. Ein Beispiel fçr die gewebespezifische Genexpression zeigt Abb. 12.33. In diesem Fall wird ein Gen, das ein muskelspezifisches Protein codiert, in jenen Zellen eines Mausembryos transkribiert, aus denen spåter das Muskelgewebe des Tieres hervorgeht. Ein ganz andersartiges Abbild der Steuerung auf Transkriptionsebene lieferten in jçngster Zeit Untersuchungen, in denen man sich der DNA-Microarrays (auch DNAChips genannt) bediente. Mit diesem Verfahren kann man in einem einzigen Experiment die Expression mehrerer tausend Gene çberwachen, die in einer bestimmten Zellpopulation aktiv sind. Einen mit DNA-Microarrays angestellten Vergleich der mRNA-Populationen in Hefezellen unter zwei verschiedenen Wachstumsbedingungen zeigt Abb. 12.34 a. Die Abbildung umreiût die grundlegenden Schritte eines solchen Experiments; diese lassen sich in Kurzform folgendermaûen beschreiben:
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n Mit den in Kap. 18 genauer beschriebenen Methoden der DNA-Klonierung (PCR, Abb. 18.48; DNA-Klonierung, Abb. 18.38) stellt man DNA-Fragmente her, welche die einzelnen Gene repråsentieren, die man untersuchen will. In dem Beispiel ganz unten in Abb. 12.34 a (Schritt a) enthålt jede Vertiefung der Platte eine kleine Flçssigkeitsmenge mit einem ganz bestimmten, klonierten Hefegen. Verschiedene Vertiefungen enthalten verschiedene Gene. Anschlieûend bringt man die klonierten DNA-Molekçle nacheinander in einem geordneten Muster auf einen Objekttråger; dazu bedient man sich eines automatischen Apparats, der jeweils wenige Nanoliter der konzentrierten DNA-Læsung an einem ganz bestimmten Punkt des Objekttrågers absetzt (Schritt b). Einen fertigen DNA-Microarray zeigt Schritt c. Mit diesem Verfahren kann man
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DNA-Fragmente aus mehreren tausend verschiedenen Genen an genau bekannten Stellen auf einem Objekttråger unterbringen. n Parallel dazu reinigt man die mRNAs aus den untersuchten Zellen (Schritt 1 in Abb. 12.34 a) und wandelt sie in eine Population fluoreszenzmarkierter, komplementårer DNA-Molekçle (cDNAs) um (Schritt 2). Die Methode zur Herstellung von cDNA wird ebenfalls in Kap. 18 beschrieben (Abb. 18.42). In dem Beispiel in Abb. 12.34, das im Folgenden noch genauer erlåutert wird, pråpariert man cDNAs aus zwei verschiedenen Zellpopulationen; die eine wird mit einem grçn fluoreszierenden Farbstoff markiert, die andere mit einem Farbstoff, der rot aufleuchtet. Dann mischt man die beiden markierten cDNALæsungen (Schritt 3) und inkubiert sie mit dem Objekttråger, der die immobilisierte DNA enthålt (Schritt 4). n Nun kann man den Objekttråger unter dem Mikroskop betrachten und feststellen, welche DNAs in dem Mikroarray mit der markierten cDNA hybridisiert haben (Schritt 5). Jeder fluoreszierende Punkt in dem Microarray entspricht einem Gen, das in den untersuchten Zellen transkribiert wurde. In Abb. 12.34 b ist gezeigt, wie die Ergebnisse eines solchen Experiments in der Realitåt aussehen. Jeder Punkt in dem Microarray enthålt ein immobilisiertes DNA-Fragment aus einem anderen Gen des Hefegenoms. In allen Flecken zusammen befindet sich die DNA såmtlicher rund 6200 proteincodierenden Gene, die eine Hefezellen besitzt. Wie bereits erwåhnt, wurde der hier dargestellte DNA-Microarray mit einem Gemisch aus zwei verschiedenen cDNA-Populationen hybridisiert. Die eine, die mit einem grçnen Fluoreszenzfarbstoff markiert ist, wurde aus der mRNA von Hefezellen pråpariert, die bei einer hohen Glucosekonzentration gewachsen waren. Unter solchen Bedingungen gewinnen die Hefezellen ihre Energie durch Glycolyse und Gårung, wobei sie die Glucose sehr schnell zu Ethanol umsetzen (Kap. 3.3). Die zweite, mit rotem Fluoreszenzfarbstoff behandelte cDNA-Population geht auf die mRNA von Hefezellen zurçck, die aerob in einem Medium mit viel Ethanol, aber ohne Glucose gewachsen waren. Solche Zellen beziehen ihre Energie aus der oxidativen Phosphorylierung, wozu die Enzyme des Citrat-
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
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zyklus erforderlich sind (Kap. 5.2). Die beiden cDNA-Pråparationen wurden gemischt und mit der DNA in dem Microarray hybridisiert; anschlieûend wurde der Objekttråger unter dem Fluoreszenzmikroskop untersucht. Gene, die nur in einem der beiden Wachstumsmedien aktiv waren, machen sich in dem Microarray als grçne oder rote Punkte bemerkbar (Schritt 5 in Abb. 12.34 a, b). Punkte, die in Abb. 12.34 nicht gefårbt sind, repråsentieren in Gene, die in keinem der beiden Wachstumsmedien transkribiert wurden. Wenn die Punkte gelb fluoreszieren, wurden die zugehærigen wie Gene in beiden Medien exprimiert. Der Ausschnitt zeigt die Nahaufnahme eines kleinen Teils aus dem Microarray. Mit dem in Abb. 12.34 b wiedergegebenen Experiment kann man diejenigen Gene identifizieren, die in Hefezellen unter verschiedenen Wachstumsbedingungen transkribiert werden. Auûerdem ± und das ist ebenso wichtig ± liefert es Aufschlçsse çber die Menge der einzelnen mRNAs in den Zellen, denn diese ist proportional zu der Intensitåt, mit der die einzelnen
Steuerung auf Transkriptionsebene
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Punkte fluoreszieren. Ein Punkt mit starker grçner Fluoreszenz entspricht beispielsweise einem Gen, dessen Transkript in Hefezellen bei Wachstum mit Glucose in groûer Menge vorhanden ist, wåhrend es in Gegenwart von Ethanol reprimiert ist. Die Konzentration einzelner mRNAs kann sich in Hefezellen um mehr als den Faktor 100 unterscheiden. Das Verfahren ist so empfindlich, dass man damit eine mRNA auch dann nachweisen kann, wenn sie in jeder Zelle nur mit einem einzigen Molekçl vertreten ist.8 Abbildung 12.34 c zeigt, wie sich die Konzentration von Glucose und Ethanol im Laufe eines Experiments åndert. Die Glucose wird von den Hefezellen schnell umgesetzt, so dass der Zucker innerhalb weniger Stunden verschwindet. Im Laufe der nåchsten fçnf Tage bauen die Hefezellen dann nach und nach das Ethanol ab, das durch die Vergårung der Glucose entstanden ist, so dass auch diese Verbindung irgendwann im Medium nicht mehr vorhanden ist. Die Verånderungen in der Expressionsstårke der Gene, die im Verlaufe dieses Experiments an den Genen fçr die Enzyme des Citratzyklus stattfinden, zeigt Abb. 12.34d. Dabei ist die Expressionsstårke der einzelnen Gene (deren Namen rechts angegeben sind) wåhrend verschiedener Zeitabschnitte (oben) angegeben; verschiedene Rottæne kennzeichnen dabei eine zunehmende, Grçntæne eine abnehmende Expression. Wie man deutlich erkennt, wird die Transkription von Genen fçr Enzyme des Citratzyklus angeregt, wenn die Zellen sich an das Wachstum mit einer Kohlenstoffquelle (Ethanol) anpassen, die durch aerobe Atmung umgesetzt wird; ist der Ethanolvorrat erschæpft, wird sie wieder unterdrçckt. Derzeit untersucht man mit DNA-Microarrays Verånderungen der Genexpression im Zusammenhang mit einem breiten Spektrum biologischer Vorgånge, beispielsweise bei der Zellteilung und der Transformation einer normalen Zelle zu einer Krebszelle. Wenn man die cDNAs durch PCR vermehrt, kann man sogar das RNASpektrum einer einzelnen Tumorzelle untersuchen. Nachdem mittlerweile die Genome mehrerer Eukaryoten sequenziert sind, steht eine unbegrenzte Vielfalt von Genen zur Verfçgung, die man unter den unterschiedlichsten Bedingungen studieren kann. 8
In der unterschiedlichen Menge von mRNA-Molekçlen spiegelt sich wahrscheinlich nicht nur deren unterschiedlichen Transkriptionsrate, sondern auch ihre unterschiedliche Stabilitåt wider. Deshalb kann man die Ergebnisse von Experimenten mit DNA-Microarrays nicht ausschlieûlich unter dem Gesichtspunkt der Transkriptionssteuerung deuten.
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
,@A-Microarrays liefern nicht nur ein Abbild der Genexpression, sondern es gibt fçr sie auch viele andere potenzielle Anwendungsbereiche. Man kann mit ihrer Hilfe beispielsweise das Ausmaû der genetischen Variationen in menschlichen Populationen ermitteln oder feststellen, welche Allele eines bestimmten Gens jemand in seinen Chromosomen trågt. Die zuletzt genannte Anwendung, so die Hoffnung, kænnte einen Menschen eines Tages darauf aufmerksam machen, fçr welche Krankheiten er wåhrend seines Lebens anfållig ist, so dass er frçhzeitig Vorbeugungsmaûnahmen ergreifen kann. !$! Die Bedeutung von Transkriptionsfaktoren fçr die Steuerung der Genexpression Mit der Klårung der Frage, warum manche Gene in einer bestimmten Zelle transkribiert werden, wåhrend andere inaktiv bleiben, hat man in den letzten zehn Jahren groûe Fortschritte gemacht. Die Transkriptionssteuerung erfolgt durch eine groûe Zahl von Proteinen, die man ! nennt. Wie in Kap. 11 beschrieben wurde, kann man diese Proteine auf Grund ihrer Funktionen zwei Klassen einteilen: Allgemeine Transkriptionsfaktoren heften sich in Verbindung mit der RNA-Polymerase (Kap. 11.4.1) an die Promotor-Kernsequenzen, sequenzspezifische Transkriptionsfaktoren dagegen binden an die Regulationsstellen ganz bestimmter Gene. Bei den Faktoren der zweiten Gruppe kann es sich entweder um !
9 handeln, welche die Transkription des benachbarten Gens anregen, oder aber um !
, die seine Transkription hemmen. Sofern nicht ausdrçcklich etwas anderes erwåhnt wird, behandeln wir in diesem Abschnitt die Wirkung von Transkriptionsaktivatoren. Obwohl man mittlerweile die Feinstruktur zahlreicher Transkriptionsfaktoren und ihre Wechselwirkungen mit den zugehærigen DNASequenzen sehr genau kennt, bleibt ein einheitliches Bild ihres Wirkungsmechanismus nach wie vor ein Fernziel. So ist beispielsweise klar, dass ein einziges Gen von vielen verschiedenen Regulationsstellen auf der DNA gesteuert werden kann, die eine Fçlle unterschiedlicher Transkriptionsfaktoren binden. Umgekehrt kann sich ein einziger Transkriptionsfaktor an zahlreichen Stellen im ganzen Genom anheften und damit die Expression der unterschiedlichsten Gene steuern. Jeder Zelltyp hat sein charakteristisches Transkriptionsmuster, das von seiner Ausstattung mit verschiedenen Transkriptionsfaktoren abhångt.
Die Transkriptionssteuerung ist ein komplizierter Vorgang und wird von verschiedenen Umstånden beeinflusst, unter anderem von der Affinitåt der Transkriptionsfaktoren zu bestimmten DNA-Sequenzen und von der Fåhigkeit von Faktoren, die an benachbarten Stellen der DNA gebunden sind, unmittelbar miteinander in Wechselwirkung zu treten. Ein Beispiel fçr ein solches Zusammenwirken benachbarter Transkriptionsfaktoren zeigt Abb. 12.35, und es wird in Kap. 12.4.2 genauer erærtert. In einem gewissen Sinn kann man sich den Regulationsabschnitt eines Gens als eine Art Integrationszentrum fçr seine Expression vorstellen. Zellen, die unterschiedlichen Reizen ausgesetzt sind, reagieren darauf mit der Synthese unterschiedlicher Transkriptionsfaktoren, die an verschiedene Stellen der DNA binden. Wie stark ein bestimmtes Gen transkribiert wird, hångt wahrscheinlich von der der Transkriptionsfaktoren ab, die an seine stromaufwårts gelegenen Regulationselemente gebunden sind. Angesichts der Tatsache, dass etwa 5±10% des Genoms der Codierung von Transkriptionsfaktoren dienen, steht ganz offensichtlich eine unbegrenzte Zahl von
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Steuerung auf Transkriptionsebene
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Kombinations- und Interaktionsmæglichkeiten solcher Proteine zur Verfçgung. Wie komplex diese Wechselwirkungen sind, zeigt sich in den hæchst unterschiedlichen Genexpressionsmustern in verschiedenen Zelltypen, Geweben, Entwicklungsstadien und physiologischen Zustånden. !$$ Die Struktur von Transkriptionsfaktoren Mit Ræntgenstrukturanalyse und NMR-Spektroskopie hat man mittlerweile die Raumstruktur zahlreicher Komplexe aus DNA und Proteinen aufgeklårt; deshalb verfçgen wir heute çber ein grundlegendes Bild von den Wechselwirkungen dieser beiden riesigen Molekçle. Wie die meisten Proteine, so enthalten auch Transkriptionsfaktoren verschiedene Domånen, die fçr unterschiedliche Aspekte ihrer Funktion zuståndig sind. In der Regel gibt es in einem Transkriptionsfaktor mindestens zwei solche Bereiche: eine ) 1, die sich an eine spezifische Basenpaarsequenz der DNA heftet, und eine 9 1, die mit anderen Proteinen in Wechselwirkung tritt und dadurch die Transkription steuert. Auûerdem besitzen viele Transkriptionsfaktoren eine Oberflåche, die der Bindung eines zweiten Proteins mit identischer oder åhnlicher Struktur dient, so dass ein Dimer entsteht. Wie sich herausgestellt hat, ist die Dimerbildung ein gemeinsames Merkmal vieler ganz unterschiedlicher Transkriptionsfaktoren, und wie wir spåter noch genauer erfahren werden, spielt sie nach heutiger Kenntnis fçr die Regulation der Genexpression eine wichtige Rolle. 9 ! Beim Vergleich zahlreicher Transkriptionsfaktoren stellte sich heraus, dass man die DNA-bindende Domåne der meisten derartigen Proteine in mehrere groûe Klassen einteilen kann. Die Domånen einer solchen Klasse haben åhnliche Strukturen (Motive), die mit den DNA-Sequenzen in Wechselwirkung treten. Aus der Tatsache, dass es mehrere Familien DNA-bindender Proteine gibt, kann man den Schluss ziehen, dass die Evolution fçr das Problem der Konstruktion von Polypeptiden, die an die DNA-Doppelhelix binden kænnen, mehrere Læsungen gefunden hat. Wie wir noch genauer erfahren werden, enthalten die meisten derartigen Motive einen Abschnitt (håufig eine -Helix wie in Abb. 12.36), der sich in die groûe Furche der DNA einlagert und die Sequenz der dort vorhandenen Basenpaare erkennt. Fçr die Bindung des Proteins an die DNA sorgt eine spezifische Kombination von
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Van-der-Waals-Kråften, Ionenbindungen und Wasserstoffbrçcken zwischen Aminosåureresten und verschiedenen Teilen der DNA inklusive ihres Rçckgrats. Zu den håufigsten Motiven in DNA-bindenden Proteinen der Eukaryoten gehæren der Zinkfinger, die Helix-Schleife-Helix-Struktur, der Leucinreiûverschluss und die HMG-Box. Jede dieser Strukturen bietet ein stabiles Gerçst, mit dessen Hilfe die spezifischen DNA-Erkennungsflåchen des Proteins in die richtige Position fçr die Wechselwirkungen mit der Doppelhelix ge-
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
racht werden. Solche Motive findet man in den verschiedensten Transkriptionsfaktoren, die in den Zellen von Pilzen çber Pflanzen bis zu Tieren die unterschiedlichsten Ablåufe regulieren. 9 Zahlreiche Transkriptionsfaktoren enthalten ein Motiv, das man als bezeichnet. In den meisten Fållen ist das Zinkion des Fingers koordinativ mit zwei Cystein- und zwei Histidinresten verbunden. Die beiden Cysteine gehæren zu einem zweistrångigen -Faltblatt auf einer Seite des Fingers, die beiden Histidinreste dagegen sind Teil einer kurzen -Helix auf der anderen Seite (kleines Bild in Abb. 12.37 a). In der Regel besitzen diese Proteine mehrere derartige Finger, die unabhångig voneinander wirksam werden und in so groûen Abstånden liegen, dass sie in aufeinander folgende Furchen der DNA hineinragen (Abb. 12.37 a). TFIIIA, das erste Zinkfingerprotein, das man entdeckte, enthålt neun Zinkfinger (Abb. 12.37 b). Weitere ZinkfingerTranskriptionsfaktoren sind unter anderem Egr, das an der Aktivierung der fçr die Zellteilung benætigten Gene mitwirkt, und GATA, der an der Entwicklung des Herzmuskels beteiligt ist. Beim Vergleich zahlreicher Zinkfingerproteine erkennt man, dass dieses Motiv als Strukturgerçst fçr ein breites Spektrum von Aminosåuresequenzen dient, die ganz unterschiedliche DNA-Sequenzen erkennen. 2 -& 2 - 3helix-loop-helix, 2824 9 Wie sein Name schon sagt, ist dieses Motiv durch zwei -Helix-Abschnitte gekennzeichnet, zwischen denen eine Schleife liegt. Håufig geht der HLH-Domåne ein Abschnitt mit stark basischen Aminosåuren voraus, dessen positiv geladene Seitenketten mit der DNA in Verbindung treten und çber die Sequenzspezifitåt des Transkriptionsfaktors bestimmen. Proteine mit diesem basischen HLH-Motiv (auch bHLH genannt) treten stets als Dimere auf wie in dem Beispiel des Transkriptionsfaktors MyoD in Abb. 12.38. Die beiden Untereinheiten des Dimers sind dabei in der Regel in unterschiedlichen Genen codiert, das Protein ist also ein Heterodimer. Durch die Bildung von Heterodimeren kann eine begrenzte Anzahl von Polypeptiden eine wesentlich græûere Vielfalt von Regulationsfaktoren hervorbringen (Abb. 12.39). Nehmen wir beispielsweise an, dass eine Zelle fçnf verschiedene Polypeptide mit bHLH-Domånen synthetisiert, die in allen beliebigen Kombinationen Heterodimere bilden kænnen; insgesamt sind dann 32 (25) verschiedene Transkriptionsfakto-
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ren denkbar, die 32 unterschiedliche DNA-Sequenzen erkennen. In Wirklichkeit sind die Kombinationsmæglichkeiten vermutlich eingeschrånkt, ganz åhnlich wie bei der Bildung der Integrin-Heterodimere (Kap. 7.2.1). Transkriptionsfaktoren mit HLH-Domånen sind von entscheidender Bedeutung fçr die Differenzierung mancher Gewebe, beispielsweise der Skelettmuskeln (Abb. 12.33). Auûerdem wirken Faktoren dieser Gruppe an der Vermehrungssteuerung der Zellen mit. Auch mit der Entstehung bestimmter Krebsformen hat man
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sie in Verbindung gebracht. Wie in der Box ¹Aus Sicht des Menschenª erwåhnt wurde, kænnen durch Chromosomentranslokationen anormale Gene entstehen, deren Expression zur krebsartigen Entartung der Zelle fçhrt. In derart verånderten Chromosomen, die ganz bestimmte Krebserkrankungen hervorrufen, hat man die Gene fçr mindestens vier verschiedene bHLHProteine gefunden (Myc, SCL, LYL-1 und E2A). Die håufigste dieser Krebsformen ist das Burkitt-Lymphom: Hier ist das #*"-Gen vom Chromosom 8 auf einen Locus im Chromosom 14 transloziert, und dort befindet sich die Regulationsstelle fçr ein Gen, das einen Teil eines Antikærpermolekçls codiert. Die Ûberexpression des #*"-Gens ist nach heutiger Kenntnis ein bedeutsamer Faktor, der zur Entstehung dieses Lymphoms beitrågt.
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9 Dieses Motiv verdankt seinen Namen der Tatsache, dass in einem -Helix-Abschnitt an jeder siebten Position die Aminosåure Leucin steht. Da die Struktur einer -Helix sich alle 3,5 Aminosåuren wiederholt, weisen såmtliche Leucine dieses Polypeptidabschnitts in die gleiche Richtung. Zwei solche -Helices kænnen sich nach Art eines Reiûverschlusses zu einer çberspiralisierten Spirale (Kap. 2.5.3) verbinden. Deshalb liegen Proteine mit einem LeucinreiûverschlussMotiv wie die meisten Transkriptionsfaktoren als Dimere vor. Das Leucinreiûverschluss-Motiv kann an DNA binden, weil es auf einer Seite der leucinhaltigen -Helix eine Reihe basischer Aminosåuren trågt. Diesen basischen Abschnitt und den Leucinreiûverschluss zusammen bezeichnet man als CB-Motiv. Wie bei den bHLH-Proteinen, so sind die -Helix-Abschnitte also auch bei den bZIP-Proteine entscheidend an der Dimerbildung beteiligt, und die Reihe der basischen Aminosåuren ermæglicht es dem Protein, eine bestimmte Nucleotidsequenz der DNA zu erkennen. Ein Beispiel fçr einen bZIP-Transkriptionsfaktor ist AP-1, dessen Struktur einschlieûlich seiner Wechselwirkungen mit der DNA in Abb. 12.35 wiedergegeben ist. AP-1 ist ein Heten
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
rodimer; seine Untereinheiten (Fos und Jun, in Abb. 12.35 blau und rot gekennzeichnet) werden von den Genen FOS und JUN codiert. Beide Gene sind fçr die Vermehrung der Zellen von groûer Bedeutung Sie kænnen, wenn sie mutiert sind, die bæsartige Verånderung einer Zelle auslæsen. Verhindert eine Mutation in einem der beiden Gene, dass die Proteine das Heterodimer ausbilden, bleibt auch ihre Bindung an die DNA aus; die Dimerbildung ist also fçr ihre Aktivitåt als Transkriptionsfaktoren unentbehrlich. as Motiv der HMG-Box Die HMG-Box ist nach einer Gruppe weit verbreiteter Proteine benannt, den Proteinen hoher Beweglichkeit (high mobility group, HMG), bei denen sie zuerst entdeckt wurde. Das Motiv besteht aus drei bumerangfærmig angeordneten -Helices, die DNA binden kænnen (Abb. 12.40 a). Transkriptionsfaktoren mit HMG-Boxen bezeichnet man auch als ¹Architekturfaktorenª: Sie aktivieren die Transkription, weil sie die DNA abknicken und vermutlich auf diese Weise die Wechselwirkungen anderer, in der Nachbarschaft gebundener Transkriptionsfaktoren begçnstigen (Abb. 12.40 b). Ein HMG-Protein namens SRY, das in Abb. 12.40 a dargestellt ist, spielt bei Månnern eine Schlçsselrolle fçr die Geschlechtsdifferenzierung. Das SRY-Protein, das von einem Gen auf dem Y-Chromosom codiert wird, aktiviert die Transkription von Genen, die im weiteren Verlauf fçr die Differenzierung der Hoden sorgen. Mutationen im SRY-Gen, die dem zugehærigen Protein seine Fåhigkeit zur DNA-Bindung rauben, fçhren zu einem als ¹Geschlechtsumkehrª bezeichneten Zustand. Personen mit diesem Phånotyp besitzen die Geschlechtschromosomen XY, entwickeln sich aber zu Frauen. Ein anderes HMG-Protein, das UBF, ist in Abb. 12.40 b gezeigt. An die DNA bindet es als Dimer, dessen beiden Untereinheiten insgesamt zehn HMG-Boxen enthalten. Durch ihre Wechselwirkungen mit hintereinander aufgereihten Stellen auf der DNA sorgen die HMG-Boxen fçr eine solche Verformung der DNA-Helix, dass diese sich um das Protein windet. Durch diese Schleifenbildung gelangen zwei Regulationsstellen auf der DNA, die normalerweise durch 120 Basenpaare getrennt sind, in enge Nachbarschaft, so dass sie kooperativ von einem oder mehreren Transkriptionsfaktoren gebunden werden kænnen. 12.4.3 Transkriptions-Regulationsstellen auf der DNA Wie vielschichtig die Steuerung der Gentranskription ist, kann man sich klar machen, wenn
n Abb. 12.40 a, b. HMG-Proteine knicken die DNA. a Dieses Modell zeigt einen Teil des menschlichen HMG-Proteins SRY (grçn), das an DNA (blau/rot) gebunden ist. Durch die Bindung des Proteins entsteht in der DNA ein groûer Knick, der sich eng an die konkave Bindungsflåche der HMG-Box anlehnt. Der Knick entsteht, weil das Protein mit der kleinen Furche der DNA in Kontakt tritt und die Seitenkette eines Isoleucinrestes zwischen ein ganz bestimmtes Basenpaar schiebt. b Der als Dimer vorliegende Transkriptionsfaktor UBF knickt die DNA und macht sie damit zu einer geeigneten Matrize fçr die RNA-Polymerase I. Die Bindung der RNA-Polymerase I erfordert eine Reihe allgemeiner Transkriptionsfaktoren, ganz åhnlich wie bei der Bindung der RNA-Polymerase II an die TATA-Box ihrer Promotoren. (a Aus: Werner MH et al (1995) Cell 81:707. Mit Genehmigung von G. M. Clore und A. M. Gronenborn und von Cell Press)
man die DNA in einem einzigen Gen und seiner Umgebung untersucht. In der nachfolgenden Beschreibung konzentrieren wir uns auf das Gen, das die Phosphoenolpyruvatcarboxykinase (PEPCK) codiert. PEPCK ist eines der Schlçsselenzyme in der Gluconeogenese, dem Stoffwechselweg, der Pyruvat in Glucose verwandelt (Abb.
Steuerung auf Transkriptionsebene
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3.30). Das Enzym wird bei niedrigem Glucosespiegel in der Leber synthetisiert, beispielsweise wenn nach der letzten Mahlzeit schon långere Zeit verstrichen ist. Umgekehrt geht die Synthese des Enzyms nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit ± beispielsweise Nudeln ± stark zurçck. Ûber die Synthese der "5-mRNA bestimmen mehrere Transkriptionsfaktoren, darunter einige Hormonrezeptoren, die an der Steuerung des Kohlenhydratstoffwechsels mitwirken. Um die Expressionssteuerung des "5-Gens zu verstehen, muss man erstens die Funktionen der vielen DNA-Regulationssequenzen aufklåren, die stromaufwårts von dem eigentlichen Gen liegen, zweitens die Transkriptionsfaktoren identifizieren, die an diese Sequenzen binden, und drittens die Signalçbertragungswege analysieren, die den Apparat fçr die selektive Genexpression aktivieren (Nåheres im Kap. 15). Die Regulationssequenz, die in der engsten Nachbarschaft zum "5-Gen stromaufwårts liegt, ist die TATA-Box, ein wichtiges Element im Promotor des Gens (Abb. 12.41). Wie in Kapitel 11.4.1 genauer beschrieben wurde, liegen Promotoren stromaufwårts vom Gen und regulieren die Initiation der Transkription. In unserem Zusammenhang werden wir den eukaryotischen Promotor in mehrere Abschnitte unterteilen, die allerdings in Wirklichkeit nicht derart gut abgegrenzt sind. Den Teil, der sich ungefåhr von der
TATA-Box bis zur Startstelle der Transkription erstreckt, nennt man . Hier lagern sich der Pråinitiationskomplex aus der RNA-Polymerase II und mehrere allgemeine Transkriptionsfaktoren zusammen, die gebraucht werden, damit ein Eukaryotengen transkribiert werden kann. Die TATA-Box ist nicht die einzige kurze Sequenz, die man in zahlreichen Genen immer wieder findet. Auch zwei andere Promotorsequenzen namens CAAT- und GC-Box, die weiter stromaufwårts vom Gen liegen, mçssen in vielen Fållen vorhanden sein, damit die Polymerase mit der Transkription dieses Gens beginnen kann. CAATund GC-Box binden Transkriptionsfaktoren wie NF1 und SP1, die in vielen Geweben vorkommen und håufig an der Genexpression mitwirken. Wåhrend die TATA-Box die Startstelle der Transkription festlegt, bestimmen CAAT- und GC-Box darçber, wie håufig die Polymerase das Gen abliest. Wenn TATA-, GAAC- und GC-Box vorhanden sind, liegen sie in der Regel innerhalb der ersten 100 bis 150 Basenpaare stromaufwårts von der Transkriptionsstartstelle. Da diese gemeinsamen Sequenzen so kurz vor dem Anfang des Gens liegen, kann man sie auch als - / bezeichnen; sie sind in Zeile 1 der Abb. 12.41 aufgefçhrt. Woher weiû man, welche Stellen des Genoms mit einem bestimmten Transkriptionsfaktor in
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
<echselwirkung treten? Wenn man dies feststellen will, bedient man sich in der Regel einiger allgemeiner Strategien.
n 0 Bei diesem Verfahren stellt man DNA-Molekçle her, bei denen sich Deletionen in verschiedenen Teilen des Promotors befinden (Abb. 12.41). Mit diesen verånderten DNA-Molekçlen transfiziert man dann Zellen, d. h. man veranlasst sie dazu, die DNA aus dem umgebenden Medium aufzunehmen. Anschlieûend stellt man fest, inwieweit die Zellen die aufgenommene DNA transkribieren kænnen. In vielen Fållen hat eine Deletion von wenigen Nucleotiden geringe oder gar keine Auswirkungen auf die Transkription eines benachbarten Gens. Ist davon jedoch eine der drei zuvor beschriebenen Boxen betroffen, geht die Transkription in der Regel stark zurçck (Zeile 2, 4 und 5 in Abb. 12.41). Deletionen in anderen Teilen des Promotors wirken sich weniger stark auf die Transkription aus (Zeilen 3 und 6 in Abb. 12.41). n )D . Ein Transkriptionsfaktor, der an eine DNA-Sequenz gebunden ist, schçtzt diese vor dem Abbau durch Nucleasen. Diese Eigenschaft kann man in der Wissenschaft ausnutzen: Man isoliert Chromatin aus Zellen und behandelt es mit DNA-spaltenden Enzymen wie der DNase I, die alle DNA-Abschnitte abbauen, sofern diese nicht durch gebundene Transkriptionsfaktoren geschçtzt sind. Nach dem Abbau des Chromatins entfernt man das gebundene Protein, und nun kann man die geschçtzten DNA-Sequenzen identifizieren. n :' 8 % . Wie der Name schon sagt, kann man mit diesem Verfahren gleichzeitig alle Stellen im Genom erfassen, an denen sich ein bestimmter Vorgang abspielt. Das Ziel ist in diesem Fall die Identifizierung aller Stellen, die unter den jeweiligen physiologischen Bedingungen einen bestimmten Transkriptionsfaktor gebunden haben. Einen Ûberblick çber die Vorgehensweise gibt Abb. 12.42. Will man eine solche Analyse vornehmen, zçchtet man die Zellen unter den gewçnschten Bedingungen, oder man isoliert sie aus einem bestimmten Gewebe
oder Entwicklungsstadium; anschlieûend behandelt man sie mit einem Wirkstoff wie Formaldehyd, der die Zellen abtætet und die Transkriptionsfaktoren an den Stellen, wo sie in der lebenden Zelle gebunden waren, fest mit der DNA verknçpft (Schritt 1 in Abb. 12.42). Nach dieser Quervernetzung isoliert man das Chromatin der Zelle, zerbricht es mechanisch in kleine Fragmente und behandelt diese mit einem Antikærper, der an den gesuchten Transkriptionsfaktor bindet (Schritt 2). Die Antikærperbehandlung fçhrt dazu, dass Chromatinfragmente mit dem gebundenen Transkriptionsfaktor ausfallen (Schritt 3 a), wåhrend der gesamte Rest des Chromatins in der Læsung verbleibt (Schritt 3 b). Nach dieser + 61$ 3+ 6/4 kann man die Verbindungen zwischen Protein und DNA in dem ausgefallenen Material wieder auflæsen und die DNA-Abschnitte reinigen (Schritt 4). Anschlieûend werden die so gewonnenen DNA-Fragmente vermehrt und fluoreszenzmarkiert (Schritt 5). Im nåchsten Schritt muss man herausfinden, wo sich die Stellen, die den Transkriptionsfaktor gebunden haben, im Genom befinden. Dazu stellt man sich einen ganz åhnlichen DNA-Microarray her wie den in Abb. 12.34. Wåhrend die DNA dort jedoch Gene (d. h. proteincodierende Abschnitte) repråsentierte, enthalten die Microarrays, die man in ChIP-Experimenten verwendet, DNA aus den Genombereichen zwischen den Genen. (Wie gesagt: Diese Zwischenabschnitte enthalten die Regulationsstellen.) Jeder Punkt des Microarrays enthålt die DNA einer ganz bestimmten, genau bekannten Region zwischen den Genen. Dieser Intergen-DNA-Microarray wird dann mit den fluoreszenzmarkierten DNA-Fragmenten aus dem ChIP-Experiment inkubiert (Schritt 6), und man ermittelt die Stellen in dem Microarray, die fluoreszierende DNA gebunden haben (Schritt 7). Solche genomweiten Lageanalysen werden mittlerweile mit einer wachsenden Zahl von Transkriptionsfaktoren durchgefçhrt und haben bereits eine Fçlle von Erkenntnissen çber die Zusammenhånge zwischen den Genen geliefert, die durch solche Regulationsproteine gesteuert werden.
Steuerung auf Transkriptionsebene
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: $ 7 9 ! Zu den verschiedenen Hormonen, die sich auf die Expression des "5-Gens auswirken, gehæren Insulin, Schilddrçsenhormon, Glucagon und Glucocorticoide. Sie alle wirken auf dem Weg çber spezifische Transkriptionsfaktoren, die an die DNA binden. Die Stellen, an denen diese
Transkriptionsfaktoren sich an den Abschnitt in der Nachbarschaft des "5-Gens heften, werden als ( ) bezeichnet; sie sind in Abb. 12.43 dargestellt. In der nun folgenden Beschreibung konzentrieren wir uns auf die Glucocorticoide, eine Gruppe von Steroidhormonen (z. B. Cortison), die von den Nebennieren produziert werden. Analoga dieser Hormone wie das Prednisolon werden medizinisch als wirksame Entzçndungshemmer eingesetzt. Die græûten Glucocorticoidmengen werden in Stresssituationen ausgeschçttet, beispielsweise bei Nahrungsmangel oder schweren kærperlichen Verletzungen. Damit eine Zelle darauf ansprechen kann, muss sie einen spezifischen Rezeptor besitzen, der das Hormon bindet. Der : $ 3: 4 gehært (wie die Rezeptoren fçr Schilddrçsenhormon, Retinsåure und Ústrogen) zur Ûberfamilie der Zellkernrezeptoren, die in der Evolution vermutlich aus einem gemeinsamen Protein hervorgegangen sind. Die Mitglieder dieser Ûberfamilie sind nicht nur Hormonrezeptoren, sondern auch DNA-bindende Transkriptionsfaktoren. Ein Glucocorticoidhormon, das in eine Zelle eingedrungen ist, bindet an einen Glucocorticoidrezeptor im Cytoplasma, dessen Konformation sich daraufhin veråndert. Durch diese Verånderung wird ein Zellkern-Lokalisationssignal (Kap. 12.1.1) freigelegt und erleichtert den Transport des Rezeptors in den Zellkern (Abb. 12.44). Der mit dem Liganden
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
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eladene Rezeptor bindet an eine spezifische DNA-Sequenz, das stromaufwårts vom "5Gen gelegene : 3: #4" und aktiviert damit die Transkription des Gens. Durch die græûere PEPCK-Menge wird die Umwandlung von Aminosåuren zu Glucose begçnstigt. Die gleiche GRE-Sequenz liegt stromaufwårts von verschiedenen Genen auf unterschiedlichen Chromosomen. Deshalb kann ein einziger Reiz (der erhæhte Glucocorticoidspiegel) gleichzeitig eine ganze Reihe von Genen aktivieren, deren Funktion fçr eine umfassende Antwort auf die Stressreaktion erforderlich ist. Glucocorticoid-Reaktionselemente besitzen folgende Sequenz:
tung eines Hormonsignals zeigt sich am deutlichsten, wenn man eine solche Sequenz in den Bereich stromaufwårts von einem Gen einbaut, das normalerweise nicht auf Glucocorticoide anspricht. Bringt man Zellen mit einer derart gentechnisch verånderten DNA mit Glucocorticoiden in Kontakt, wird an dem Gen, das stromabwårts von dem çbertragenen GRE liegt, die Transkription in Gang gesetzt. Den sichtbaren Beweis, dass die Gentranskription durch fremde Regulationsregionen in Gang gesetzt werden kann, zeigt Abb. 18.44.
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Das stromaufwårts vom "5$Gen gelegene GRE und die anderen in Abb. 12.43 dargestellten Reaktionselemente gelten im Allgemeinen als Bestandteile des Promotors; zur Unterscheidung von den proximalen Elementen, die nåher beim Gen liegen (Abb. 12.41), bezeichnet man sie als /. Die Expression der meisten Gene wird auûerdem von noch weiter entfernten DNA-Elementen beeinflusst, die man als # bezeichnet. Ein Enhancer hat im typischen Fall eine Långe von ungefåhr 200 Basenpaaren und enthålt mehrere Bindungsstellen fçr sequenzspezifische Transkriptionsaktivatoren. Von Promotorelementen unterscheiden sich die Enhancer håufig durch eine einzigartige Eigenschaft: Man kann sie experimentell von einer
wobei n jedes beliebige Nucleotid sein kann. (Eine solche symmetrische Sequenz bezeichnet man als / " weil beide Strånge, in 5'-3'Richtung gelesen, die gleiche Sequenz besitzen.) Wie man sofort erkennt, besteht das GRE aus zwei festgelegten Sequenzabschnitten, die durch drei nicht definierte Nucleotide getrennt sind. Diese Doppelstruktur des GRE ist wichtig, weil die GR-Polypeptide paarweise an die DNA binden und Dimere bilden, wobei jede Untereinheit des Dimers mit einer Hålfte der genannten DNA-Sequenz in Verbindung tritt (Abb. 12.36). Die groûe Bedeutung des GRE fçr die Weiterlei-
!$ 9anskriptionsaktivierung: Enhancer, Promotoren und Coaktivatoren
Stelle des DNA-Molekçls zu einer anderen verschieben oder sogar umdrehen (ihre Orientierung also um 1808 åndern), ohne dass die Fåhigkeit eines gebundenen Transkriptionsfaktors, die Transkription anzuregen, beeintråchtigt wird. Durch die Deletion eines Enhancers geht die Transkriptionsstårke håufig um den Faktor 100 oder mehr zurçck. In der Nachbarschaft eines typischen Såugergens liegen håufig mehrere Enhancer in der DNA verstreut. Diese binden dann in der Regel unterschiedliche Kombinationen von Transkriptionsfaktoren und reagieren unabhångig voneinander auf unterschiedliche Reize. Manche Enhancer liegen mehrere tausend oder sogar einige zehntausend Basenpaare stromaufwårts oder stromabwårts von dem Gen, dessen Transkription sie anregen.9 Enhancer und Promotor sind zwar håufig durch zahlreiche Nucleotide getrennt, dennoch beeinflussen Enhancer die Transkription aber nach heutiger Kenntnis auf dem Weg çber Vorgånge, die sich am Kernpromotor abspielen. Enhancer und Kernpromotor kænnen in enge Nachbarschaft gelangen, weil die zwischen ihnen liegende DNA håufig eine Schleife bildet. In dieser Form wird sie dann vielfach durch die Wechselwirkungen zwischen den gebundenen Proteinen festgehalten (Abb. 12.45). Wenn Enhancer çber so groûe Entfernungen hinweg mit Promotoren in Wechselwirkungen treten kænnen, stellt sich natçrlich die Frage: Was hindert einen Enhancer daran, an einen falschen, noch weiter stromabwårts in der DNA gelegenen Promotor zu binden? Die Antwort: Ein Promotor und seine Enhancer sind von anderen Promotor/Enhancer-Elementen durch spezielle Abgrenzungssequenzen getrennt, die man als 6 bezeichnet. Einem Modell zufolge binden die Isolatorsequenzen an Proteine der Kernmatrix und die zwischen ihnen gelegenen DNA-Abschnitte entsprechen den in Abb. 12.14 dargestellten, schleifenfærmigen Domånen. Zu den aktuellsten Themen der molekularbiologischen Forschung gehært seit ungefåhr zehn Jahren der Mechanismus, durch den ein Transkriptionsaktivator nach seiner Bindung an den Enhancer die Initiation der Transkription am Kernpromotor anregen kann. Diese Leistung vollbringen die Transkriptionsfaktoren auf dem Weg çber Zwischenstufen, die man als + 9 9 In der Terminologie zur Beschreibung der verschiedenen Steuerungselemente fçr die Gentranskription gibt es groûe Unterschiede. Die hier verwendeten Begriffe ± Kernpromotor, terminale und distale Promotorelemente und Enhancer ± werden nicht allgemein verwendet, aber sie bezeichnen Elemente, die in der Regel vorhanden sind und die man håufig (aber nicht immer) eindeutig unterscheiden kann.
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bezeichnet. Coaktivatoren sind groûe Komplexe aus zahlreichen Untereinheiten; man kann sie auf Grund ihrer Funktion in zwei Gruppen einteilen: Die der ersten Gruppe treten mit Bestandteilen des grundlegenden Transkriptionsapparats (allgemeinen Transkriptionsfaktoren und RNAPolymerase II) in Wechselwirkung, die der zweiten wirken auf das Chromatin ein, das zunåchst fçr den Transkriptionsapparate relativ unzugånglich ist, und versetzen es in einen ¹transkriptionsfreundlichenª Zustand. Eine schematische Darstellung von vier verschiedenen Coaktivatortypen (zwei aus jeder der beiden Gruppen) zeigt Abb. 12.45. Die verschiedenartigen Coaktivatoren aktivieren durch ihr koordiniertes Zusammenwirken auf ganz bestimmte Signale aus dem Zellinneren hin die Transkription spezifischer Gene. Angesichts der groûen Zahl von Transkriptionsfaktoren, die im Genom codiert sind, und der relativ begrenzten Vielfalt von Coaktivatoren muss jeder Coaktivatorkomplex in Verbindung mit den unterschiedlichsten Transkriptionsfaktoren wirksam werden. Der Coaktivator CBP zum Beispiel, von dem im Folgenden noch genauer die Rede sein wird, wirkt an der Tåtigkeit mehrerer hundert verschiedener Transkriptionsfaktoren mit. + 9 " !
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
den und anschlieûend zusammenwirken. TFIID, einer der GTFs, die fçr die Initiation der Transkription erforderlich sind (Kap. 11.4.1), besteht aus mindestens einem Dutzend Untereinheiten, die als TAFs bezeichnet werden. Nach heutiger Kenntnis wirken sich manche Transkriptionsfaktoren auf die Vorgånge am Kernpromotor aus, indem sie mit einer oder mehreren dieser TFIID-Untereinheiten in Wechselwirkung treten. Ein weiterer Coaktivator, der als Vermittler zwischen den enhancerabhångigen Transkriptionsfaktoren und dem grundlegenden Transkriptionsapparat fungiert, heiût . Er ist ein groûer Komplex aus vielen Untereinheiten, den man bei der Hefe entdeckt hat. Øhnliche Komplexe fand man auch bei hæheren Eukaryoten einschlieûlich des Menschen. Mediator wird von zahlreichen Transkriptionsaktivatoren gebraucht, sein Wirkungsmechanismus ist aber bisher nur unvollståndig bekannt. + 9 " + ' Wie in Kap. 12.1.2 genauer erlåutert wurde, liegt die DNA im Zellkern von Eukaryoten nicht nackt vor, sondern sie ist um die Histonoctamere gewickelt und bildet Nucleosomen. Die Entdeckung der Nucleosomen in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts warf eine wichtige Frage auf, die bis heute nicht zufrieden stellend beantwortet ist: Wie kænnen Nichthistonproteine (beispielsweise Transkriptionsfaktoren und RNAPolymerasen) mit einer DNA in Wechselwirkung treten, die so eng mit den Kern-Histonen assoziiert ist? Zahlreiche Befunde lassen darauf schlieûen, dass der Zugang zu DNA, die in Nucleosomen aufgenommen wurde, tatsåchlich behindert ist, so dass Initiation und Elongation der Transkription stark beeintråchtigt werden. Wie çberwinden die Zellen diese Hemmwirkung, die sich aus der Chromatinstruktur ergibt? Wie in Kap. 12.1.2 erærtert wurde, trågt jedes Histonmolekçl des Nucleosomenkerns an seinem N-Terminus einen biegsamen Schwanz, der sich çber das Kernpartikel und die DNA-Helix hinaus erstreckt. Kovalente Modifikationen dieser Schwånze haben tief greifende Auswirkungen auf Struktur und Funktion des Chromatins. Dass die Anheftung von Methylgruppen an die H3-Kernhistione die kompakte Verpackung des Chromatins und die Einstellung der Transkription begçnstigt, haben wir bereits erfahren (Kap. 12.1.2). Der umgekehrte Effekt ergibt sich, wenn Acetylgruppen an ganz bestimmte Lysinreste der Kernhistone angefçgt werden. Im græûeren Maûstab verhindert nach heutiger Kenntnis die Acetylierung der Histone, dass die Chromatinfasern
sich zu kompakten Strukturen zusammenfalten, so dass der aktive Zustand des Euchromatins erhalten bleibt. Betrachtet man kleinere Bereiche, werden spezifische Abschnitte der DNA-Matrize durch die Acetylierung der Histone fçr Proteine besser zugånglich, was die Aktivierung der Transkription begçnstigt. Fçr die Anheftung der Acetylgruppen an spezifische Lysinreste der Kernhistone sorgen die Enzyme einer Familie, die als 2 % 32! 4 bezeichnet werden. Ende der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts entdeckte man, dass eine Reihe von Coaktivatoren HAT-Aktivitåt besitzt. Beseitigt man diese Enzymaktivitåt durch Mutationen, kænnen die Proteine auch die Transkription nicht mehr anregen. Mit der Entdeckung der HAT-Aktivitåt bei den Coaktivatoren hatte man einen entscheidenden Zusammenhang zwischen Histonacetylierung, Chromatinstruktur und Genaktivierung hergestellt. In Abb. 12.46 erkennt man eine geordnete Reaktionsfolge, die sich den Vermutungen zufolge nach der Bindung eines Transkriptionsaktivators abspielt, beispielsweise nach der Anheftung des Glucocorticoidrezeptors an sein Reaktionselement in der DNA. An die DNA gebunden, zieht der Aktivator einen Coaktivator (zum Beispiel CBP) an einen Chromatinabschnitt heran, der transkribiert werden soll. Hat der Coaktivator seinen Platz in der Zielregion eingenommen, acetyliert er die Kernhistone der benachbarten Nucleosomen, und dabei entsteht eine Bindungsstelle fçr den im Folgenden genauer erærterten Chromatin-Umordnungskomplex. Durch die gemeinsame Wirkung dieser verschiedenen Komplexe wird der Promotor besser zugånglich fçr die Bestandteile des Transkriptionsapparats, die sich an der Startstelle der Transkription zusammenlagern. Die groûe Bedeutung von CBP fçr die Wachstumssteuerung der Zellen zeigt sich darin, dass die von manchen Tumorviren (zum Beispiel Adenoviren) produzierten Proteine spezifisch CBP in aktivieren; auûerdem entdeckte man, dass Chromosomentranslokationen, von denen CBP betroffen ist, beim Menschen im Zusammenhang mit der monocytåren Leukåmie stehen. Abbildung 12.46 zeigt die Aktivitåt von zwei Coaktivatoren, die den Zustand des Chromatins beeinflussen. Welche Abwandlungen die HATs an den Histonschwånzen vornehmen, haben wir bereits erfahren; jetzt wollen wir uns auf die Coaktivatoren des zweiten Typs konzentrieren, die man als + - ( A ) bezeichnet. Chromatin-Umordnungskomplexe veråndern mit Hilfe der durch ATP-Hydrolyse gewonnenen Ener-
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gie die Chromatinstruktur und ermæglichen damit den Transkriptionsfaktoren die Bindung an Regulationsstellen in der DNA. Die bestuntersuchten Chromatin-Umordnungs¹maschinenª gehæren zu der in Abb. 12.46 dargestellten Familie SWI/SNF. Komplexe dieses Typs bestehen aus neun bis zwælf Untereinheiten, darunter das Protein Actin, dessen Vorkommen im Zellkern jahrelang umstritten war. Heute vermutet man, dass das Actin den Umordnungskomplex an der Kernmatrix verankert. Die SWI/SNF-Komplexe werden nach heutiger Kenntnis auf unterschiedlichen Wegen an verschiedene Promotoren herangezogen. In Abb. 12.46 hat der Coaktivator CBP die Kernhistone acetyliert und damit eine hochaffine Bindungsstelle fçr den Umordnungskomplex geschaffen. Nachdem die Chromatin-Umordnungskomplexe an den Promotor herangezogen sind, beeintråchtigen sie die Wechselwirkungen zwischen Histonen und DNA. Dies kann zweierlei Folgen haben: n Das Histonoctamer kann beweglicher werden, so dass es an der DNA entlang in eine neue Position gleitet (Abb. 12.47 a). In bestuntersuchten Fall binden Transkriptionsaktivatoren an einen Enhancer, der stromaufwårts von dem Gen B)- liegt; daraufhin gleitet ein entscheidendes Nucleosom etwa 35 Basenpaare weit an der
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
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,@A entlang und legt dabei die TATA-Box frei, die zuvor von Histonen abgedeckt war. n Die DNA kann an der Oberflåche des Histonoctamers vorçbergehend eine Schleife oder Beule bilden (Abb. 12.47 b), so dass die Stelle fçr Wechselwirkungen mit DNAbindenden Regulationsproteinen besser zugånglich wird.
!$. 9anskriptionsrepression Wie man an den Abb. 12.18 und 12.29 erkennt, erfolgt die Transkriptionssteuerung bei Prokaryoten in groûem Umfang durch Repressoren, Proteine, die an die DNA binden und die Transkription eines benachbarten Gens verhindern. Bei Eukaryoten konzentrierte sich die Forschung vorwiegend auf Faktoren, welche die Transkription einzelner Gene spezifisch aktivieren oder verstårken, aber natçrlich besitzen auch Eukaryotenzellen negative Regulationsmechanismen. Wie wir bereits erfahren haben, ist die Transkriptionsaktivierung mit Verånderungen von Zustand und/oder Position der Nucleosomen in einem bestimmten Chromatinabschnitt verbunden. Der Acetylierungszustand des Chromatins
ist eine dynamische Eigenschaft; neben den Enzymen (HATs), die Acetylgruppen anheften, gibt es auch solche, die sie entfernen. Fçr die Entfernung der Acetylgruppen sorgen die 2 % 32+ 4. Wåhrend die HATs im Zusammenhang mit der Transkriptionsaktivierung tåtig werden, haben die HDACs mit der Repression der Transkription zu tun. Sie liegen als Untereinheiten græûerer Komplexe vor, die man als +
bezeichnet. Die Corepressoren åhneln den Coaktivatoren, aber sie aktivieren die Transkription nicht, sondern bringen sie bei dem Gen, auf das sie zielen, zum Stillstand. Neueren Untersuchungsbefunden zufolge ist die Entfernung der Acetylgruppen von den Histonschwånzen von einer anderen Modifikation der Histone begleitet: Der Lysinrest in der Position Nummer 9 des Histons H3 wird methyliert. Diese Modifikation mit der Bezeichnung H3-meK9 wurde in Kap. 12.1.2 bereits ausfçhrlich als entscheidendes Ereignis bei der Bildung von Heterochromatin beschrieben. Heute sieht es so aus, als sei die gleiche chemische Verånderung auch an der eher dynamischen Transkriptionsrepression beteiligt, die sich in den Euchromatinabschnitten des Genoms abspielt. Eines der zahlreichen denkbaren Modelle fçr die Transkriptionsrepression, das mehrere genannte Aspekte der Chromatinmodifikation einschlieût, zeigt Abb. 12.48. Die Repression der Transkription ist nicht sonderlich eingehend erforscht, aber ein entscheidender Faktor, der zur ¹Abschaltungª eines Genomabschnitts beitrågt, ist die DNA-Methylierung. ) % Bei der Untersuchung der DNA von Såugetieren und anderen Wirbeltieren stellt man fest, dass etwa eines von 100 Nucleotiden eine zusåtzliche Mittelgruppe trågt. Diese ist immer an den Kohlenstoff Nummer 5 eines Cytosins angeheftet. Fçr diese Anheftung sorgen die ) % , Enzyme einer kleinen Familie, die beim Menschen in den DNMT-Genen codiert sind. Diese einfache chemische Modifikation dient als epigenetische Kennzeichnung oder ¹Etikettª, mit dessen Hilfe bestimmte DNA-Abschnitte identifiziert und anders als andere Abschnitte genutzt werden kænnen. Bei Såugetieren gehæren die Methylcytosinreste stets zu dem Dinucleotid 5'-CpG-3', das sich innerhalb einer symmetrischen Sequenz befindet; Beispiele zeigt Abb. 12.49 a. Solche Sequenzen sind in der DNA nicht zufållig verteilt, sondern liegen meist gehåuft in CG-reichen ¹Inselnª, die sich vorwie-
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Eigentlich befindet sich die Mehrzahl der zusåtzlichen Methylgruppen in CpG-Dinucleotiden, die sich in transponierbaren Elementen befinden (s. Kap. 10.5.3). Wahrscheinlich hålt die Methylierung diese Elemente in einem inaktiven Zustand fest. In Tumorzellen geht ihre Methylierung håufig verloren, was zu einer Verstårkung genetischer Umordnungsvorgånge fçhrt. Wir werden die Beschreibung der DNA-Methylierung hier jedoch auf die Promotorregionen und ihre Funktion bei der Expressionssteuerung von Genen beschrånken.
Steuerung auf Transkriptionsebene
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Zwischen der DNA-Methylierung an Promotoren und der Repression von Genen besteht ein enger Zusammenhang. Den meisten Befunden zufolge dient die Methylierung eher dazu, ein Gen im inaktiven Zustand festzuhalten, und weniger als ein Mechanismus fçr die anfångliche Inaktivierung. Die Gene auf dem X-Chromosom weiblicher Såugetiere zum Beispiel (Kap. 12.1.2) werden inaktiviert, bevor eine Welle der DNA-Methylierung sie dauerhaft in einen reprimierten Zustand çberfçhrt. Fçr die Aufrechterhaltung des abgeschalteten Zustandes sorgt eine Gruppe von Proteinen wie MeCP2, die an methylierte CpG-Dinucleotide binden. Einem Modell zufolge heften diese Proteine sich an Stellen der DNAMethylierung und ziehen dann Corepressorkomplexe mit assoziierter HDAC- und Methyltransferaseaktivitåt hinzu; dies fçhrt dazu, dass das Chromatin eine kompaktere Struktur annimmt und die Gene reprimiert werden (wie in Abb. 12.48). Den Zusammenhang zwischen Unterdrçckung der Transkription, DNA-Methylierung und Deacetylierung der Kernhistone erkennt man, wenn man das inaktive X-Chromosom weiblicher Zellen, welches deacetylierte Histone enthålt, mit seinem Gegenstçck vergleicht: Dort hat die Acetylierung der Histone das normale Ausmaû (Abb. 12.50). Wie bereits erwåhnt wurde, bindet das Protein MeCP2 an methylierte DNA. Im Gehirn des Fetus hemmt es wahrscheinlich die Transkription: Kinder mit einer Mutation im #"/-Genen leiden am Rett-Syndrom, das durch geistige Behinderung und Autismus gekennzeichnet ist. #"/ ist ein X-gekoppeltes Gen; das Rett-Syndrom tritt daher fast ausschlieûlich bei Mådchen auf. Wegen der zufålligen Inaktivierung der X-Chromosomen im weiblichen Embryo entwickeln sich Gehirnbereiche, in denen das normale Allel nicht mehr aktiv ist. Die Fehlfunktion dieser Bereiche ist vermutlich die Ursache der Krankheit. Die DNA-Methylierung ist zwar ein relativ stabiles epigenetisches Kennzeichen, sie ist aber nicht unumkehrbar. Welche auffålligen Verånderungen das Ausmaû der DNA-Methylierung wåhrend des Lebens eines Såugetiers durchmacht, zeigt Abb. 12.51. Die erste wichtige Schwankung spielt sich zwischen der Befruchtung und den ersten Teilungen der Zygote ab: In dieser Phase verliert die DNA die ¹Methylierungsetikettenª, die sie aus der vorherigen Generation mitbekommen hat. Ungefåhr zu der Zeit, wenn der Embryo sich im Uterus einnistet, breitet sich durch seine Zellen eine Welle der Neu-
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
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methylierung aus, so dass in der gesamten DNA ein neues Methylierungsmuster entsteht. Welche Signale darçber bestimmen, ob ein bestimmtes Gen in einer bestimmten Zelle methyliert oder dieses Mal ausgespart wird, wissen wir nicht. Sobald dieses Muster sich jedoch gebildet hat, wird es çber die Zellteilungen hinweg aufrechterhalten; dafçr sorgt ein Enzym (wahrscheinlich Dnmt1), das die DNA-Tochterstrånge entspre-
chend dem Muster in den Ausgangsstrången methyliert. Die DNA-Methylierung ist als Mechanismus fçr die Inaktivierung von Eukaryotengenen nicht allgemein verbreitet. Bei Hefe und Fadenwçrmern beispielsweise konnte man sie bisher nicht nachweisen. Pflanzen-DNA ist jedoch håufig stark methyliert. Untersuchungen an Kulturen von Pflanzenzellen weisen darauf hin, dass die DNA-Methy-
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lierung hier wie bei Tieren im Zusammenhang mit der Inaktivierung von Genen steht. In einem Experiment behandelte man Pflanzen mit Wirkstoffen, welche die DNA-Methylierung beeintråchtigen; auf diese Weise konnte man die Zahl der Blåtter und Blçtenansåtze stark steigern (Abb. 12.52). Auûerdem hatten die Blçten, die sich an diesen Pflanzen entwickelten, eine auffållig verånderte Morphologie. Eines der verblçffendsten Beispiele dafçr, wie wichtig die DNA-Methylierung fçr die Inaktivierung der Genexpression ist, findet man im Rahmen eines epigenetischen Phånomens, das unter dem Namen ¹genomische Prågungª ( ) bekannt wurde und ausschlieûlich bei Såugetieren anzutreffen ist. : /1 Bis Mitte der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts hatte man angenommen, die von Vater und Mutter ererbten Chromosomensåtze seien, was ihre Funktion angeht, gleichwertig. Aber wie so viele alte Ûberzeugungen, so erwies sich auch diese als falsch. Die Aktivitåt mancher Gene hångt im
Steuerung auf Transkriptionsebene
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Frçhstadium der Såugetierentwicklung ausschlieûlich davon ab, ob sie von der Ei- oder Samenzelle in die Zygote gebracht wurden. So ist beispielsweise das Gen fçr den fetalen Wachstumsfaktor IGF2 nur auf dem Chromosom aktiv, das vom Vater stammt, und das Gen fçr einen spezifischen Kaliumkanal (KVLQT1) wird nur auf dem mçtterlichen Chromosom abgelesen. Solche Gene sind je nach ihrer Herkunft von einem Elternteil 1. In der Prågung kann man ein epigenetisches Phånomen sehen (Kap. 12.1.4): Die Unterschiede zwischen den Allelen werden von den Eltern weitergegeben, haben ihre Ursache aber nicht in Unterschieden der DNA-Sequenz. Nach Schåtzungen enthålt das Såugetiergenom ungefåhr 70 geprågte Gene, die in mehreren Gruppen auf verschiedenen Chromosomen liegen. Die Prågung der Gene erfolgt durch die selektive DNA-Methylierung in einem der beiden Allele. Diese Erkenntnis stçtzt sich auf zwei Befunde: Mçtterliche und våterliche Version geprågter Gene unterscheiden sich immer wieder auf die gleiche Weise im Ausmaû ihrer Methylierung. Måuse, denen eine entscheidende Methyltransferase (Dnmt1) fehlt, kænnen den geprågten Zustand ihrer ererbten Gene nicht aufrechterhalten. Von den Wellen der De- und Remethylierung in der Frçhzeit der Embryonalentwicklung wird der Zustand der geprågten Gene nicht beeinflusst (Abb. 12.51). Deshalb sind die gleichen Allele, die wegen der Prågung in der befruchteten Eizelle inaktiv sind, auch in den Zellen des Fetus und der meisten ausgewachsenen Gewebe untåtig. Die wichtigste Ausnahme stellen die Keimzellen dar: Im Vorstadium ihrer Entwicklung wird die von den Eltern çbernommene Prågung beseitigt und dann bei der Produktion der Gameten neu aufgebaut. Es muss also einen Mechanismus geben, der bestimmte Gene (beispielsweise 5;,02.) wåhrend der Entstehung der Samenzellen fçr die Inaktivierung markiert, wåhrend andere Gene (beispielsweise B%/) bei der Produktion der Eizelle entsprechend gekennzeichnet werden. Neueren Untersuchungen zufolge dçrften nicht codierende RNAs an der Prågung mitwirken. Stærungen im Prågungsmuster konnte man mit einer Reihe seltener, genetisch bedingter Erkrankungen des Menschen in Verbindung bringen, insbesondere mit solchen, an denen eine Gruppe geprågter Gene auf dem Chromosom 15 beteiligt ist. Das Prader-Willi-Syndrom (PWS), eine erbliche Nervenkrankheit, ist durch geistige Behinderung, Fettsucht und unterentwickelte Keimdrçsen gekennzeichnet. Es tritt auf, wenn das vom Vater ererbte Chromosom 15 in einem kleinen Bereich mit den geprågten Genen eine Deletion enthålt. In solchen Fållen fehlen im vå-
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
terlichen Chromosom ein oder mehrere Gene und das mçtterliche Chromosom trågt die homologe Region in der inaktiven, geprågten Form; dies hat zur Folge, dass den Betroffenen die funktionsfåhigen Genkopien fehlen. Man kennt auch Fålle, in denen ein Allel wåhrend der Bildung der Keimzellen nicht geprågt wird, so dass bei den Nachkommen beide Allele aktiv sind. Werden beispielsweise beide Allele des B%/-Gens genutzt, entsteht der darin codierte Wachstumsfaktor im Fetus in çbergroûen Mengen, was zu einer Vergræûerung mancher Organe und zu einem erhæhten Risiko fçr einige Krebsformen fçhrt. Man kennt auch den Fall einer Frau, die ± vermutlich wegen eines Mangels an einem DNA-Methylierungsenzym ± Eizellen vællig ohne geprågte Gene produzierte. Werden solche Zellen befruchtet, entwickeln sie sich nach der Einnistung nicht weiter, ein Zeichen, wie wichtig dieser epigenetische Beitrag ist. Welche Funktion kænnte die genomische Prågung bei der Embryonalentwicklung erfçllen? Zu dieser Frage gibt es zwar einer Reihe von Ûberlegungen, aber keine definitive Antwort. In der Formulierung eines Fachmannes ist die genomische Prågung ein ¹Phånomen auf der Suche nach einer Daseinsberechtigungª. Mit dieser Aussage verlassen wir das Thema.
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12.5 Steuerung auf Processing-Ebene Auf der Ebene des RNA-Processing wird die Genxpression durch alternatives Spleiûen reguliert; gleichzeitig steht damit auch ein Mechanismus zur Verfçgung, durch den ein einziges Gen mehrere åhnliche Proteine codieren kann. Die Gene der kompliziert gebauten Pflanzen und Tiere enthalten zahlreiche Introns und Exons (Kap. 11.4.3). In Kap. 11 haben wir erfahren, wie die Introns aus einem Primårtranskript entfernt werden, wåhrend die Exons erhalten bleiben, aber das ist nur der Anfang. In vielen Fållen kann ein bestimmtes Primårtranskript auf verschiedenen Wegen weiterverarbeitet werden. Welchen davon es einschlågt, hångt mæglicherweise vom Entwicklungsstadium, vom Zelltyp oder vom untersuchten Gewebe ab. Im einfachsten Fall ± und nur den werden wir hier betrachten ± kann ein Abschnitt entweder aus dem Transkript herausgespleiût werden oder einen Teil der endgçltigen mRNA bilden, je nachdem, welches Regulationssystem in der Zelle gerade aktiv ist. Ein Beispiel fçr diese Art des alternativen Spleiûens findet man bei der Synthese des Fibronectins, eines Proteins, das sowohl im Blutplasma als auch in der extrazellulåren Matrix vorkommt (Kap. 7.1.1). Fibronectin, das von Fibroblasten produziert wird und in der Matrix verbleibt, enthålt im Vergleich zu der Version, die von Leberzellen produziert und ins Blut abgegeben wird, zwei zusåtzliche Peptide (Abb. 12.53).
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,iese Teile des Proteins sind in Abschnitten der Prå-mRNA codiert, die beim Processing in Fibroblasten erhalten bleiben, in den Leberzellen jedoch entfernt werden. In den meisten Fållen sind die Proteine, die an einem einzigen Gen durch alternatives Spleiûen entstehen, auf dem græûten Teil ihrer Långe genau gleich; sie unterscheiden sich aber in entscheidenden Abschnitten, die fçr wichtige Eigenschaften wie ihre Lage in der Zelle, Ligandenbindung oder die Kinetik ihrer Katalysatortåtigkeit von Bedeutung sind. Zahlreiche Transkriptionsfaktoren werden an den Genen gebildet, die alternativ gespleiût werden kænnen. Dabei entstehen Varianten, die unter Umstånden çber den weiteren Differenzierungsweg der Zelle entscheiden. Bei der Taufliege bestimmt beispielsweise das alternative Spleiûen der Transkripte ganz bestimmter Gene darçber, ob der Entwicklungsweg eines Embryos zu einem Månnchen oder zu einem Weibchen fçhrt. Das alternative Spleiûen ist vielfach ein sehr komplexer Vorgang, der bei den fertigen mRNAProdukten zu einer Vielzahl unterschiedlicher Exonkombinationen fçhrt. Ob ein Exon in die mRNA aufgenommen wird oder nicht, hångt vorwiegend davon ab, ob spezifische 3'- und 5'-Spleiûstellen vom Spleiûapparat fçr die Spaltung ausgewåhlt werden (Kap. 11.4.3). Manche Spleiûstellen bezeichnet man als ¹schwachª, das heiût, sie werden unter bestimmten Voraussetzungen vom Spleiûapparat çbergegangen. Die Erkennung und Benutzung schwacher Spleiûstellen wird von Sequenzen in der RNA reguliert, darunter die Exon-Spleiûverstårker (Kap. 11.4.3), die sich innerhalb der betreffenden Exons befinden. Exon-Spleiûverstårker dienen als Bindungsstellen fçr spezifische Regulationsproteine. Wird ein solches Regulationsprotein in der Zelle produziert, steht es dem Spleiûverstårker zur Verfçgung und die erforderlichen Spleiûfaktoren kænnen zu einer benachbarten, schwachen 3'oder 5'-Spleiûstelle herangezogen werden. Die Benutzung dieser Spleiûstellen fçhrt dazu, dass das Exon in die mRNA aufgenommen wird. Ein Modell fçr den mutmaûlichen Ablauf zeigt Abb. 12.54. Wird das Regulationsprotein dagegen in der Zelle nicht synthetisiert, werden auch die benachbarten Spleiûstellen nicht erkannt, und das Exon wird zusammen mit den flankierenden Introns ausgeschnitten. Darçber hinaus hat man zahlreiche weitere Mechanismen entdeckt, die das alternative Spleiûen steuern. Das alternative RNA-Processing zu untersuchen, ist schwierig, denn es erfordert die Pråparation unversehrter mRNA-Molekçle aus vielen verschiedenen Geweben und Entwicklungs-
Steuerung auf Processing-Ebene
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stadien. Einer neueren Untersuchung zufolge unterliegen mæglicherweise mindestens 74% aller menschlichen Gene dem alternativen Spleiûen. Unsicherheit besteht auch in der Frage, wie viele verschiedene mRNAs aus der Mehrzahl der Transkripte hervorgehen, aber wahrscheinlich werden viele von ihnen alternativ gespleiût, so dass sie jeweils zur Produktion mehrerer verschiedener Polypeptide dienen kænnen. Theoretisch kann alternatives Spleiûen an einem einzigen Gen eine Riesenzahl åhnlicher Polypeptide hervorbringen. Betrachten wir beispielsweise ein Gen mit zehn alternativ gespleiûten Exons, d. h. mit Exons, die in der reifen mRNA entweder vorhanden sein oder fehlen kænnen. Ein solches Gen kann potenziell mehrere zehntausend verschiedene Polypeptid-Isoformen hervorbringen, mehr als die Zahl aller Gene, mit denen man im Genom rechnet. Einer Vermutung zufolge soll diese Art der Proteinvielfalt von entscheidender Bedeutung sein, wenn die Ausbildung spezifischer Synapsen gesteuert wird. Tatsåchlich legen neuere Untersuchungen die Vermutung nahe, dass manche Gene, die an der Nervenfunktion beteiligt sind, in groûem Umfang dem alternativen Spleiûen unterliegen. Ob der Vorgang sich nun in einem derart groûen Maûstab abspielt oder nicht, in jedem Fall ist klar, dass die Zahl der im Genom codierten Polypeptide mindestens um ein Mehrfaches græûer ist als die Zahl, die man allein durch DNA-Sequenzierung ermittelt hat.
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
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12.6 Steuerung auf Translationsebene ,ie Steuerung auf Translationsebene erfolgt durch vielfåltige Regulationsmechanismen, die sich auf die Translation der zuvor vom Zellkern ins Cytoplasma transportierten mRNA auswirken. Zu diesem allgemeinen Oberbegriff gehæren Themen wie die Lokalisierung der mRNA an bestimmten Stellen in der Zelle, die Frage, ob und wie oft eine mRNA translatiert wird, und die Halbwertszeit der mRNA, die darçber bestimmt, wie lange das Molekçl translatiert werden kann. Auf Translationsebene wirken die Steuerungsmechanismen im Allgemeinen auf dem Weg çber Wechselwirkungen zwischen bestimmten mRNA-Molekçlen und verschiedenen Proteinen im Cytoplasma. Wie in Kap. 11.4.2 erwåhnt wurde, enthalten die mRNAs sowohl am 5'- als auch am 3'-Ende nichtcodierende Abschnitte, die als 3! 4 bezeichnet werden. Die 5'-UTR erstreckt sich vom Methylguanosin-Cap am Anfang des Molekçls bis zum AUG-Initiationscodon, die 3'-UTR reicht vom Terminationscodon am Ende des codierenden Abschnitts bis zum Ende des Poly(A)-Schwanzes, der fast allen eukaryotischen mRNAs angeheftet wird (Abb. 11.21). Viele Jahre lang lieû man die untranslatierten Abschnitte der mRNA weitgehend auûer Acht, mittlerweile hat sich jedoch herausgestellt, dass einige ihrer Nucleotidsequenzen dazu dienen, die Genexpression auf Translationsebene zu steuern. In den folgenden Abschnitten werden wir drei Aspekte dieser Steuerung betrachten: die Lokalisierung, die Translation und die Stabilitåt der mRNA. 12.6.1 Lokalisierung der mRNA im Cytoplasma Die Information, mit deren Hilfe die befruchtete Eizelle eines Tieres sich auf den Weg zur Entstehung eines Embryos begibt, wird wåhrend der Oogenese in der Oocyte abgelegt. Wir wollen
hier kurz die Taufliege betrachten, deren Entwicklungsstadien ± Ei, Larve und Imago ± in Abb. 12.55 a dargestellt sind. Die Entwicklung der anterior-posterioren Achse (das heiût der Achse vom Kopf zum Hinterleib) in der Fliegenlarve und dem spåteren Imago wird in der Oocyte dadurch angelegt, dass dort bereits entlang der gleichen Achse spezifische mRNAs lokalisiert sind. Die mRNA, die an dem Gen transkribiert wird, reichert sich beispielsweise bevorzugt am Vorderende der Oocyte an, die mRNAs des Gens dagegen sind am hinteren Ende lokalisiert (Abb. 12.55 b, c). Das Protein, das in der -mRNA codiert ist, spielt eine entscheidende Rolle fçr die Entwicklung von Kopf und Brust, und das zur -RNA gehærende Protein wird fçr die Entstehung der Keimzellen gebraucht, die sich am Hinterende der Larve entwickeln. mRNA låsst sich effizienter an bestimmten Orten unterbringen als die zugehærigen Proteine, weil jedes mRNA-Molekçl durch Translation zahlreiche Proteinmolekçle hervorbringen kann. Die Information, die çber die Lokalisierung einer mRNA im Cytoplasma bestimmt, liegt in der 3'-UTR. Nachweisen låsst sich dies an Taufliegen mit einem gentechnisch eingeschleusten fremden Gen, dessen codierender Abschnitt mit einer DNA-Sequenz gekoppelt ist, welche die 3'-UTR der $ oder -RNA codiert. Wird dieses fremde Gen im Verlauf der Oogenese transkribiert, gelangt die mRNA an die Stellen, die von der 3'-UTR festgelegt werden. Fçr die Lokalisierung der mRNA sorgen spezifische Proteine, die Lokalisierungssequenzen (die ¹Postleitzahlenª) in dem betreffenden Abschnitt der mRNA erkennen. Von entscheidender Bedeutung fçr den Transport der mRNAs an bestimmten Orte sind die Mikrotubuli und die Motorproteine, die sie als Schienen nutzen. In den Oocyten der Taufliege wird die Lokalisierung der -mRNA beispielsweise durch Wirkstoffe wie Colchicin beeintråchtigt, die Mikrotubuli depolymerisieren lassen, aber auch durch Mutationen, durch die sich die Aktivitåt des Motorproteins Kinesin I veråndert. Die $ und -mRNAs werden von den gleichen Protein am Cytoskelett verankert; es heiût Staufen und bindet an einen RNA-Doppelstrangabschnitt in der 3'-UTR. Eine solche gezielte Unterbringung der mRNAs gibt es nicht nur bei Eizellen und Oocyten, sondern in allen polaren Zellen. Beispielsweise werden Actin-mRNAs an der Vorderkante eines wandernden Fibroblasten lokalisiert, wo die Actinmolekçle fçr die Fortbewegung gebraucht werden (Abb. 12.55 d).
Steuerung auf Translationsebene
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!$/$ Steuerung der Translation ,ie in einer unbefruchteten Eizelle gespeicherten mRNA-Molekçle sind Matrizen fçr Proteine, die wåhrend der ersten Entwicklungsstadien synthetisiert werden; in der Eizelle selbst werden sie fçr die Proteinsynthese nicht gebraucht. Betrachten wir als Beispiel einmal die unbefruchtete Eizelle eines Seeigels. Inkubiert man eine Suspension solcher Zellen mit einer radioaktiv markierten Aminosåure, wird nur sehr wenig Radioaktivitåt in Proteine eingebaut (Abb. 12.56 a, blaue Linie). Befruchtet man die gleiche Mischung jedoch durch Zusetzen von Samenzellen, steigt der Einbau markierter Aminosåuren steil an (Abb. 12.56 a, rote Linie). Im Laufe der nåchsten Stunden wåchst die Proteinsynthesegeschwindigkeit stark und erreicht dann, wenn der Embryo sich zu einer Blastula von rund 1000 Zellen entwickelt hat, einen Maximalwert (Abb. 12.56 b). Befruchtet und zçchtet man die Seeigeleier in Gegenwart von Actinomycin D (das die Synthese von mRNA sehr wirksam hemmt), wird die Proteinsynthese nach der Befruchtung im gleichen Umfang aktiviert wie in
Kontrollkulturen (Abb. 12.56 b). Da aber in Gegenwart des Wirkstoffes keine neuen RNA-Molekçle produziert werden, mçssen die Proteine an den bereits vorhandenen mRNA-Matrizen synthetisiert werden, die nach der Befruchtung aktiv werden. Die Initiation der Translation an diesen gespeicherten mRNA-Molekçlen umfasst mindestens zwei getrennte Vorgånge: die Inaktivierung der gebundenen, hemmenden Proteine und eine Verlångerung der Poly(A)-Schwånze durch ein Enzym, das im Cytoplasma der Eizelle angesiedelt ist. Der ganze Ablauf ist in dem Modell der Translationsaktivierung in Abb. 12.57 dargestellt. Mittlerweile kennt man mehrere Mechanismen, welche die Translationsrate von mRNAMolekçlen in Abhångigkeit von den wechselnden Bedçrfnissen der Zellen regulieren. Einige dieser Mechanismen kann man als bezeichnen, weil sie sich auf die Translation aller mRNAs auswirken. Unterwirft man eine menschliche Zelle bestimmten Belastungen, wird eine Proteinkinase aktiviert, die den Initiationsfaktor eIF2 phosphoryliert und damit die weitere Proteinsynthese unterbindet. Wie in Kap. 11.8.1 erlåutert wurde, transportiert eIF2-GTP die Ini-
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tiator-tRNA zur kleinen Ribosomenuntereinheit; dort wird er in eIF2-GDP umgewandelt und freigesetzt. Die phosphorylierte Form von eIF2 kann ihr GDP nicht gegen GTP austauschen; dies ist aber notwendig, damit eIF2 sich ein weiteres Mal an der Initiation der Translation beteiligen kann. Interessanterweise hat man vier verschiedene Proteinkinasen entdeckt, die an der -Untereinheit von eIF2 den gleichen Serinrest phosphorylieren und damit fçr die Hemmung der Translation sorgen. Jedes dieser Enzyme wird durch einen anderen belastenden Einfluss aktiviert, so
durch Hitzeschock, Virusinfektionen, ungefaltete Proteine oder Aminosåuremangel. Demnach fçhren mindestens vier Wege, mit Stress fertig zu werden, zu der gleichen Reaktion. Andere Mechanismen veråndern die Translationsrate $ ) . Eines der besten untersuchten Beispiele ist die mRNA, die das Protein Ferritin codiert. Ferritin zieht Eisenatome im Cytoplasma der Zellen an und schçtzt die Zellen damit vor der schådlichen Wirkung des freien Metalls. Die Translation der Ferritin-mRNA wird durch einen spezifischen Repressor reguliert,
das # ( ' 6 /), dessen Aktivitåt von der Konzentration freien Eisens in der Zelle abhångt. Bei niedriger Eisenkonzentration bindet IRP an das # ( ' 6 #) in der 5'-UTR der mRNA (Abb. 12.58). Das gebundene IRP behindert rein physisch die Bindung eines Ribosoms an das 5'-Ende der mRNA und unterbindet damit die Initiation der Translation. Bei hoher Eisenkonzentration dagegen ist das IRP so modifiziert, dass es seine Affinitåt fçr das IRE verliert. Wenn das IRP nun von der FerritinmRNA dissoziiert, wird die mRNA fçr den Translationsapparat zugånglich und das in ihr codierte Protein wird synthetisiert. Proteine sind nicht die einzigen Molekçle, die als Translationsregulatoren wirken kænnen. Wie in Kap. 11.5.1 erwåhnt wurde, entdeckte man die Mikro-RNAs (miRNAs) ursprçnglich deshalb, weil sie bei Fadenwçrmern spezifisch die Translation einzelner mRNAs hemmten. Nachdem man mittlerweile auch bei hæheren Pflanzen und Tieren Hunderte von miRNAs entdeckt
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Steuerung auf Translationsebene
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hat, ist ihre Mitwirkung an der Translationssteuerung zum Gegenstand eingehender Untersuchungen geworden. !$/' Steuerung der mRNA-Stabilitåt Je långer sich eine mRNA in einer Zelle befindet, desto håufiger kann sie als Matrize fçr die Synthese eines Polypeptids dienen. Fçr die Steuerung der Genexpression ist die Regulierung der Ûberlebenszeit einer mRNA also ebenso wichtig wie die Regulierung ihrer ursprçnglichen Synthese. Anders als bei Prokaryoten, wo die mRNA am 5'-Ende bereits abgebaut wird, bevor die Synthese am 3'-Ende abgeschlossen ist, sind die meisten eukaryotischen mRNAs relativ langlebig. Allerdings ist ihre Halbwertszeit sehr unterschiedlich. Die -mRNA zum Beispiel, die an der Kontrolle der Zellteilung beteiligt ist, wird schnell abgebaut: Ihrer Halbwertszeit liegt bei zehn bis 30 Minuten. Deshalb wird auch das Protein Fos nur kurze Zeit produziert. Dagegen haben die mRNAs fçr die Produktion der vorherrschenden Proteine eines Zelltyps, beispielsweise fçr das Håmoglobin in den Vorlåufern der roten Blutzellen oder das Ovalbumin in den Zellen des Hçhnereileiters, in der Regel eine Halbwertszeit von mehr als 24 Stunden. Wie bei der Lokalisierung der mRNA oder der Translationsrate, so kann der Steuerungsapparat der Zelle also auch hier einzelne mRNAs spezifisch erkennen und unterschiedlich behandeln. Schon frçhzeitig wurde mit einem Experiment nachgewiesen, dass mRNAs ohne Poly(A)Schwanz, die man in Zellen injiziert, dort schnell abgebaut werden, wåhrend die gleichen Molekçle mit einem solchen Schwanz relativ stabil sind. Damit hatte man das erste Indiz dafçr, dass die Lebensdauer einer mRNA im Zusammenhang mit der Långe ihres Poly(A)-Schwanzes steht. Wenn eine typische mRNA den Zellkern verlåsst, besteht dieser Schwanz aus ungefåhr 200 Adenosinresten (Schritt 1 in Abb. 12.59 a). Wåhrend sich das Molekçl im Cytoplasma aufhålt, wird sein Poly(A)-Schwanz von der Poly(A)-Ribonuclease allmåhlich ¹abgeknabbertª, so dass er sich immer weiter verkçrzt. Auf die Stabilitåt der mRNA hat dies aber erst dann Auswirkungen, wenn der Schwanz auf ungefåhr dreiûig Reste geschrumpft ist (Schritt 2). Wenn er so kurz ist, wird die mRNA in der Regel sehr schnell auf einem von zwei Wegen abgebaut. Auf dem einen (der in Abb. 12.59 a dargestellt ist) beginnt der Abbau am 5'-Ende, nachdem das Poly(A) am 3'-Ende entfernt wurde. Da der Poly(A)-Schwanz am 3'-Ende die Cap-Struktur am
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3'-Ende schçtzt, muss man annehmen, dass beide Enden der mRNA in enger Nachbarschaft festgehalten werden (Abb. 11.48). Nach Entfernen des Schwanzes vom 3'-Ende (Schritt 3 in Abb. 12.59 a) wird die mRNA von der CapStruktur befreit (Schritt 4) und vom 5'-Ende in Richtung des 3'-Endes abgebaut (Schritt 5). Bei dem anderen Abbauweg (Abb. 12.59 b) folgt auf die Entfernung des Poly(A)-Schwanzes (Schritt 3 a) der weitere Abbau des gesamten Molekçls vom 3'-Ende aus (Schritt 4 a). Fçr diese Auflæsung in 3' ? 5'-Richtung sorgt eine Exonuclease, die zu einem als Exosom bezeichneten Exonucleasenkomplex gehært. Die Lebensdauer einer mRNA kann aber nicht nur von der Långe des Poly(A)-Schwanzes abhången, denn dieser ist auch bei Molekçlen mit sehr unterschiedlicher Halbwertszeit håufig zunåchst mehr oder weniger gleich lang. Wie sich herausgestellt hat, bestimmen Unterschiede in
der Nucleotidsequenz der 3'-UTR auch darçber, wie schnell der Poly(A)-Schwanz kçrzer wird. In der 3'-UTR einer Globin-mRNA findet man beispielsweise mehrere Wiederholungen der Sequenz CCUCC, die als Bindungsstellen fçr spezifische Proteine dienen, welche die mRNA stabilisieren. Sind diese Sequenzen mutiert, ist die mRNA weniger stabil. Kurzlebige mRNAs enthalten dagegen in ihrer 3'-UTR håufig AU-reiche Elemente (z. B. Wiederholungen der Sequenz AUUUA), die vermutlich die stabilisierenden Proteine binden. Baut man eine solche Destabilisierungssequenz in die 3'-UTR eines GlobinGens ein, verringert sich die Halbwertszeit der mRNA, die an dem so verånderten Gen abgelesen wird, von zehn Stunden auf rund 90 Minuten. Wie wichtig solche Destabilisierungssequenzen (und ganz allgemein die von ihnen hervorgerufene Instabilitåt der mRNA) sind, kann man sich am Beispiel der zuvor erwåhnten, kurzlebigen -mRNA klar machen. Ist die Destabilisierungssequenz des -Gens durch eine Deletion verschwunden, steigt die Halbwertszeit der zugehærigen mRNA an, und die Zellen werden dann in vielen Fållen bæsartig. Die Destabilisierungssequenzen in der 3'-UTR binden vermutlich an Proteine (zum Beispiel AUF1), die anschlieûend die Enzyme fçr den Abbau der mRNA heranziehen. Bevor wir das Thema der Steuerung auf Translationsebene und der Genexpressionssteuerung im Allgemeinen verlassen, sollten wir festhalten, dass zur Regulation der Genexpression auch viele andere Ablåufe beitragen, mit denen man vor ihrer Entdeckung nicht gerechnet hatte. Bisher kennt man solche Vorgånge nur aus wenigen Systemen; deshalb ist nicht klar, inwieweit sie allgemein gçltig sind. Dazu gehæren n 9 bei der Translation: Auf seinem Weg entlang der mRNA wechselt das Ribosom an irgendeiner Stelle sein Leseraster, indem es um ein Nucleotid nach vorn oder nach hinten rçckt. Zu solchen Rasterverschiebungen kann es kommen, wenn eine tRNA von einem Codon zu einem çberlappenden Triplett ¹rutschtª, das dann zum neuen Codon wird. Da die Rasterverschiebung håufig nicht hundertprozentig effizient ablåuft, entstehen unter Umstånden an der gleichen mRNA zwei verschiedene Polypeptide. n Das KC L von Terminationscodons: Das Ribosom setzt die Translation çber ein Terminationscodon hinaus fort.
Steuerung nach der Translation: Proteinstabilitåt
n Das K L der Messenger-RNA (-)! ): Einzelne Nucleotide werden nach der Transkription spezifisch in anderen Nucleotide umgewandelt. Durch das Redigieren der RNA kænnen neue Spleiûstellen oder Stoppcodons entstehen, oder es kann zum Austausch von Aminosåuren fçhren. Besonders wichtig sind solche Vorgånge im Nervensystem, wo offensichtlich in einer betråchtlichen Zahl von mRNAs mindestens ein Adenin (A) in Inosin (I) verwandelt wird. Diese Modifikation erfolgt durch enzymatische Entfernung einer Aminogruppe von dem Nucleotid. Ein Produkt des -)! ist beispielsweise der Glutamatrezeptor, der im Gehirn fçr die Ûbertragung an exzitatorischen Synapsen sorgt (Kapitel 4.8.4). In diesem Fall entsteht durch die Umwandlung von A in I ein Glutamatrezeptor, dessen innerer Kanal fçr Ca2+-Ionen undurchlåssig ist. Bei gentechnisch verånderten Måusen, die diesen spezifischen RNA-Verånderungsvorgang nicht vollziehen kænnen, treten schwere epileptische Anfålle auf, und die Tiere sterben wenige Wochen nach der Geburt. n Eine 9 6 der Translation: Als Initiationscodons fçr die Synthese von Polypeptiden werden andere AUG-Codons in derselben mRNA benutzt. In manchen Fållen entsteht auf diese Weise eine kurze und eine lange Version des gleichen Polypeptids. In anderen liegen die beiden AUG-Codons in unterschiedlichen Leserastern, so dass zwei vællig verschiedene Polypeptide entstehen. n C bei der Translation: Das Ribosom låsst in einer bestimmten mRNA eine Reihe von Nucleotiden aus, so dass ein Stçck im Inneren der mRNA nicht translatiert wird. n / D: Aus einem Polypeptid wird gezielt ein Segment ausgeschnitten, und die benachbarten Sequenzen werden kovalent verbunden.
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12.7 Steuerung nach der Translation: Proteinstabilitåt Bis jetzt haben wir erfahren, mit welchen raffinierten Mechanismen die Zellen darçber bestimmen, wie schnell Proteine synthetisiert werden. Wie nicht anders zu erwarten, besitzen sie aber auch Mechanismen zur Steuerung der Zeit, die ein funktionsfåhiges, neu gebildetes Protein çberlebt. Das Thema der Proteinstabilitåt gehært zwar genau genommen nicht unter die Ûberschrift ¹Kontrolle der Genexpressionª, es ist aber deren logische Fortsetzung und soll deshalb an dieser Stelle behandelt werden. Pionierarbeiten zur Erforschung des selektiven Proteinabbaus leisteten Avram Hershko und Aaron Ciechanover in Israel sowie Alexander Varshavsky in den Vereinigten Staaten. Fçr den Abbau der Proteine in den Zellen sind die / zuståndig, hohle, zylinderfærmige Proteinzerstærungsmaschinen, die man sowohl im Zellkern als auch im Cytosol findet. Sie bestehen aus vier Ringen aus Polypeptiduntereinheiten, die çbereinander gestapelt sind und an beiden Enden des Stapels eine Kappe tragen (Abb. 12.60 a, b). Die beiden mittleren Ringe bestehen aus Polypeptiden (den -Untereinheiten), die als proteolytische Enzyme wirken. Ihre aktiven Zentren sind dem inneren Hohlraum zugewandt, so dass der proteolytische Abbau dort in einem geschçtzten, von den Proteinen des Cytosols getrennten Umfeld stattfinden kann. Proteasomen bauen Proteine ab, die spezifisch ausgewåhlt und fçr die Zerstærung markiert wurden ± wie das geschieht, werden wir im Folgenden noch erfahren. Manche Proteine erhalten eine solche Markierung, weil sie als anormal erkannt werden ± sie sind entweder falsch gefaltet oder nicht korrekt mit anderen Proteinen assoziiert. Zu dieser Gruppe gehæren anormale Proteine, die an membrangebundenen Ribosomen des rauen ER synthetisiert wurden (Kap. 8.3.2). Ob ein ¹normalesª Protein der Zerstærung durch die Proteasomen zugefçhrt wird, hångt von seiner biologi-
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
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schen Stabilitåt ab. Wahrscheinlich hat jedes Protein seine eigene, charakteristische Lebensdauer. Manche Molekçle, beispielsweise die Enzyme der Glycolyse oder die Globinmolekçle der roten Blutzellen, bleiben tage- oder wochenlang erhalten. Andere ± beispielsweise die Regulationsproteine, welche die DNA-Replikation oder die Zellteilung auslæsen ± werden fçr ganz bestimmte, vorçbergehende Aktivitåten gebraucht und çberleben unter Umstånden nur wenige Minuten. Alle diese Proteine werden unabhångig von ihrer voraussichtlichen Lebensdauer durch Proteasomen abgebaut; dies kann man mit Wirkstoffen nachweisen, die den Abbau spezifisch hemmen. Welche Faktoren çber die Lebensdauer eines Proteins bestimmen, ist nicht genau geklårt. Einen wichtigen Einfluss hat die Aminosåure, die am N-Terminus der Polypeptidkette liegt. Beispielsweise sind Molekçle, die mit Arginin oder Lysin enden, in der Regel kurzlebig. Manche Proteine, die zu ganz bestimmten Zeitpunkten
im Zellzyklus tåtig sind, werden fçr die Zerstærung markiert, indem bestimmte Aminosåuren phosphoryliert werden. Wieder andere tragen in ihrem Inneren eine spezifische Aminosåuresequenz, die sie in der Zelle nur fçr kurze Zeit çberleben låsst. Die Markierung der Proteine, die durch Proteasomen abgebaut werden sollen, erfolgt durch kovalente Bindung an ein kleines, stark konserviertes Proteinen namens < . Wie wir in Kapitel 8.7 erfahren haben, werden Membranproteine, an die ein einziges Ubiquitinmolekçl angeheftet ist, selektiv in Endocytosevesikel aufgenommen. Dieses eine Molekçl wirkt also offensichtlich vorwiegend als Sortiersignal. Fçr die Zerstærung werden die Proteine dagegen durch die Bindung mehrerer Ubiquitinmolekçle markiert, die hintereinander hången und eine Polyubiquitinkette bilden (Schritt 1 in Abb. 12.60 c). In der ersten Reaktion dieses Vorganges wird das Ubiquitin enzymatisch auf einen Lysinrest des zum Untergang
Zusammenfassung
verdammten Proteins çbertragen. Die Enzyme, die fçr diese Ûbertragung auf bestimmte Proteine zuståndig sind, gehæren zur groûen Familie der < , deren einzelne Mitglieder verschiedene Proteine mit unterschiedlichen Abbausignalen erkennen. Diese Enzyme bestimmen entscheidend çber Leben und Tod wichtiger Proteine mit und stehen derzeit im Mittelpunkt zahlreicher Forschungsanstrengungen. Sobald ein Protein polyubiquitiniert ist, wird es von der Kappe des Proteasoms erkannt (Schritt 2
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in Abb. 12.60 c). Diese entfernt die Ubiquitinkette und faltet das Protein mit Hilfe von Energie, die aus der Hydrolyse von ATP stammt, auseinander. Die gestreckte Polypeptidkette wird dann durch die enge Úffnung in dem Ring der -Untereinheiten gezogen und gelangt in den Hohlraum in der Mitte des Proteasoms (Schritt 3), wo sie in den meisten Zellen zu kleinen Peptiden abgebaut wird (Schritt 4 und 5). Diese Peptiden werden wieder ins Cytosol freigesetzt und dort in einzelne Aminosåuren zerlegt.
Zusammenfassung # %$ $ : " & $' +% "
$ ' 0 Die Kernhçlle besteht aus mehreren Einzelkomponenten, darunter eine Innen- und Auûenmembran, die durch einen perinucleåren Raum getrennt sind, sowie eine schwankende Zahl von Kernporen. An den Kernporen sind innere und åuûere Membran verbunden; sie bilden eine ringfærmige Úffnung, in deren Innerem sich ein komplexes Gebilde befindet, der Kernporenkomplex (NPC). Der NPC hat eine korbfærmige, achtfach-symmetrische Struktur aus Ringen, Speichen und Filamenten. Durch die Kernporen wandern Substanzen zwischen Zellkern und Cytoplasma hin und her. Proteine, die normalerweise im Zellkern angesiedelt sind, enthalten das Zellkern-Lokalisationssignal (NLS), eine Aminosåuresequenz, mit deren Hilfe sie an einen Rezeptor (ein Importin) binden kænnen; dieser transportiert sie dann durch den NPC. Beim Transport in den Zellkern handelt es sich um Diffusion, die durch einen Gradienten des Proteins Ran erleichtert wird; im Zellkern befindet sich Ran-GTP, im Cytoplasma Ran-GDP. Die Innenflåche der Kernhçlle ist von der Kernlamina ausgekleidet, einem Fasergeflecht aus Proteinen (Laminen), die zur gleichen Familie gehæren wie die Proteine der Intermediårfilamente. Den flçssigen Inhalt des Zellkerns bezeichnet man als Kernplasma (Kap. 12.1.1). + - ) 2 H
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0 Histone sind kleine, basische Proteine, die sich in fçnf Klassen einteilen lassen. Sie sind mit der DNA in Nucleosomen-Kernkomplexen organisiert; darin sind die Histone H2A, H2B, H3 und H4 jeweils mit zwei Molekçlen vertreten, und um das Ganze wickeln sich fast zwei Windungen der DNA. Untereinander sind die Nucleosomen-Kernpartikel durch Abschnitte der Linker-DNA verbunden. Kernpartikel und Linker bilden gemeinsam ein Nucleosomenfilament, das einer Perlenkette åhnelt. Kovalente Modifikationen spezifischer Aminosåuren im N-terminalen Schwanz der Kernhistone ± Methylierung, Acetylierung und Phosphorylierung ± sind von entscheidender Bedeutung fçr Verpackungszustand und Transkriptionsaktivitåt des Chromatins (Kap. 12.1.2). +
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&0 An die DNA jedes Nucleosomen-Kernpartikels ist ein Molekçl des Histons H1 gebunden. Kern- und H1-Histone ermæglichen Wechselwirkungen zwischen benachbarten Nucleosomen. Dies fçhrt zur Ausbildung der 30-nm-Faser, die eine hæhere Organisationsebene des Chromatins darstellt. Die 30-nm-Fasern sind ihrerseits in schleifenfærmigen Domånen organisiert, die man am einfachsten sichtbar machen kann, wenn man mit geeigneten Methoden die Histone von den Mitosechromosomen entfernt. Die Mitosechromosomen stellen den kompaktesten Zustand des Chromatins dar. Ein bestimmter Teil des Chromatins, Heterochroma-
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
tin genannt, verbleibt auch wåhrend der Interphase in einem sehr kompakten Zustand. Man unterscheidet zwischen konstitutivem Heterochromatin, das in allen Zellen stets kondensiert ist, und fakultativem Heterochromatin, das spezifisch wåhrend bestimmter Lebensphasen eines Organismus inaktiviert wird. In den Zellen weiblicher Såugetiere wird jeweils ein X-Chromosom wåhrend der Embryonalentwicklung inaktiviert und in fakultatives Heterochromatin verwandelt. Da die Inaktivierung der X-Chromosomen nach dem Zufallsprinzip erfolgt, wird in den Zellen des Embryos jeweils zur Hålfte das våterliche und das mçtterliche X-Chromosom abgeschaltet. Erwachsene Weibchen sind also im Hinblick auf die Gene des X-Chromosoms genetische Mosaike (Kap. 12.2). 0 Mitosechromosomen kann man sichtbar machen, indem man Zellen in der Mitose festhålt und anschlieûend auflæst; durch Fårbung erhålt man dann identifizierbare Chromosomen mit charakteristischem Bandenmuster. Jedes Mitosechromosom besitzt eine deutlich erkennbare Einschnçrung, das Centromer, das hochrepetitive DNA-Sequenzen enthålt und in der Mitose als Anheftungsstelle fçr die Mikrotubuli dient. An den Chromosomenenden befinden sich die Telomere, die von einem spezifischen Enzym, der Telomerase, çber die Generationen hinweg aufrechterhalten werden. Die Telomerase enthålt RNA als entscheidenden Bestandteil. Die Telomere sind fçr den Fortbestand unversehrter Chromosomen von entscheidender Bedeutung (Kap. 12.1.2). 0 Fçr diese Aussage sprechen unter anderem folgende Beobachtungen: Einzelne Chromosomen sind auf bestimmte Regionen des Zellkerns beschrånkt; die Telomere sind håufig mit der Kernhçlle assoziiert; RNPs, die am Spleiûen der Prå-mRNA mitwirken, findet man nur an ganz bestimmten Stellen. Fçr die Aufrechterhaltung der geordneten Strukturen im Zellkern spielt die Kernmatrix, ein Geflecht von Proteinfasern, manchen Hinweisen zufolge eine entscheidende Rolle (Kap. 12.1.4). 7 / % : " (
$ 0 Operons sind Gruppen von Strukturgenen, die in der Regel verschiedene Enzyme des gleichen Stoffwechselweges codieren. Da alle Strukturgene in eine einzige RNA umgeschrieben werden, kann ihre Expression koordiniert gesteuert werden. Ûber den Umfang
der Genexpression bestimmt ein wichtiges Stoffwechselprodukt, beispielsweise der Induktor Lactose; diese Substanz heftet sich an einen Proteinrepressor und veråndert dessen Form. Daraufhin åndern sich die Bindungseigenschaften des Repressors an der DNA, die Transkription wird blockiert (Kap. 12.2). 7 # % ' &%
/% - 9 91 " # 0 (1) Die Steuerung auf Transkriptionsebene bestimmt darçber, ob ein Gen transkribiert wird und wenn ja, wie oft; (2) Steuerungsmechanismen auf Processing-Ebene greifen in die RNAWeiterverarbeitung ein; und (3) die Steuerung auf Translationsebene bestimmt çber die Lokalisierung einer mRNA, ihre Translation sowie deren Intensitåt und Dauer (Kap. 12.3). $ # %
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" 9 :' " $ $ " ' ,' : - 0 Ûber die Transkription eines bestimmten Gens bestimmen die Transkriptionsfaktoren, Proteine, die an spezifische Sequenzabschnitte auûerhalb der codierenden Region eines Gens binden. Die nåchstgelegene derartige Sequenz stromaufwårts ist die TATA-Box; sie ist der Hauptbestandteil des Kernpromotors und der Ort, an dem der Pråinitiationskomplex sich zusammenfindet. Die Proteinaktivitåt an der TATABox hångt von Wechselwirkungen mit anderen Proteinen ab, die an andere Stellen gebunden sind, z. B. an verschiedene Reaktionselemente und Enhancer. Enhancer haben das charakteristische Merkmal, dass man sie in der DNA verschieben und sogar ihre Orientierung umkehren kann. Manche Enhancer liegen mehrere zehntausend Basenpaare stromaufwårts von dem Gen, dessen Transkription sie anregen. Die an Enhancer und Promotor gebundenen Proteine treten wohl durch Schleifenbildung der DNA unmittelbar miteinander in Kontakt (Kap. 12.4). 1 - ! ) ' D "
/ $ 9 & 9 ) 0 Transkriptionsfaktoren enthalten in der Regel mindestens zwei Domånen. Eine davon hat die Aufgabe, spezifisch eine Basenpaarsequenz in der DNA
Zusammenfassung
zu erkennen und daran zu binden, die andere tritt mit weiteren Proteinen in Wechselwirkung und aktiviert auf diese Weise die Transkription. Die meisten Transkriptionsfaktoren binden als Dimere ± Homo- oder Heterodimere ± an die DNA und erkennen dort zweifach-symmetrische Sequenzen. Die DNA-bindenden Motive enthalten in ihrer Mehrzahl einen Abschnitt (håufig eine -Helix), der sich in die groûe Furche der DNA einlagert und dort die Sequenz der Basenpaare erkennt. Zu den am weitesten verbreiteten Motiven in DNA-bindenden Proteinen gehæren der Zinkfinger, die Helix-Schleife-Helix-Struktur, der Leucinreiûverschluss und die HMG-Box. Jedes dieser Motive stellt ein stabiles Strukturgerçst dar, durch das die spezifischen DNA-Erkennungsflåchen des Proteins mit der Doppelhelix in Wechselwirkung treten kænnen. Die meisten Transkriptionsfaktoren dçrften zwar die Transkription anregen, manche wirken aber auch hemmend (Kap. 12.4). 9 ! D -" + 9 +
' 0 Coaktivatoren sind Komplexe, die als Brçcke zwischen den stromaufwårts gelegenen Regulationsstellen mit ihren gebundenen Transkriptionsaktivatoren und dem grundlegenden, am Kernpromotor gebundenen Transkriptionsapparat dienen. Andere çben ihre Wirkung aus, indem sie Kernhistone modifizieren oder das Chromatin umbauen. Die Acetylierung von Kernhistonen durch die Histonacetyltransferasen (HATs) ist mit der Aktivierung der Transkription verbunden. Chromatin-Umordnungskomplexe wie SWI/SNF kænnen dafçr sorgen, dass Nucleosomen an der DNA entlanggleiten, oder sie modifizieren die Nucleosomen so, dass ihre Fåhigkeit zur Bindung von Regulationsproteinen abnimmt (Kap. 12.4.4). # % ' % ) :+ 0 Die Methylierung ist eine dynamische, epigenetische Modifikation; sowohl zur Anheftung als auch zur Entfernung von Proteinen stehen Enzyme bereit. Die Bindung von Methylgruppen an entscheidende Regulationsabschnitte stromaufwårts von Genen ist mit einem Rçckgang der Transkription dieser Gene verbunden, bei Entfernung der Methylgruppen steigt die Transkription an. Besonders offenkundig ist die Methylierung von Chromatin, dessen Transkription durch die Bildung von Heterochromatin inaktiviert wur-
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de, wie beispielsweise im inaktiven X-Chromosom weiblicher Tierzellen. Ein anderes Phånomen im Zusammenhang mit der Methylierung ist die genomische Prågung; von ihr sind einige wenige Gene betroffen, die im Embryo je nach der Herkunft von einem Elterteil entweder in der Transkription aktiv sind oder nicht (Kap. 12.4.5). /
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: 1 / 9 0 Viele Primårtranskripte kænnen auf mehreren Wegen weiterverarbeitet werden, so dass mRNAs mit unterschiedlichen Exonkombinationen entstehen. Im einfachsten Fall wird ein Intron entweder aus dem Transkript herausgespleiût oder es bleibt als Bestandteil der fertigen mRNA erhalten. Wie das RNA-Processing im Einzelnen ablåuft, hångt vermutlich von Proteinen ab, die darçber bestimmen, welche Spleiûstellen erkannt werden (Kap. 12.5). ! ' :-
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9 ) 8 0 Die meisten derartigen Regulationsvorgånge laufen çber Wechselwirkungen zwischen den untranslatierten Sequenzen (UTRs) am 3'- und 5'-Ende der der mRNA ab. Dass beispielsweise in Taufliegeneiern manche mRNAs in bestimmten Cytoplasmabereichen angesiedelt sind, liegt an Proteinen, die in der 3'-UTR entsprechende Lokalisierungssequenzen erkennen. Wenn eine mRNA im Cytoplasma vorhanden ist, bedeutet das noch nicht, dass sie auch translatiert wird. Der Proteinsyntheseapparat einer Zelle kann einerseits global gesteuert werden, so dass die Translation aller mRNAs betroffen ist, andererseits kann die Regulation auf spezifische mRNAs zielen, beispielsweise wenn die Eisenkonzentration sich auf bestimmte Proteine auswirkt, die dann an die 5'-UTR der FerritinmRNA binden und so die Ferritinsynthese beeinflussen. Zu den wichtigsten Faktoren, die çber die Lebensdauer (Stabilitåt) einer mRNA bestimmen, gehært die Långe ihres Poly(A)Schwanzes. Er wird von spezifischen Nucleasen in der Zelle allmåhlich immer weiter verkçrzt, bis der Punkt erreicht ist, an dem das Protein nicht mehr stabil an dem Schwanz gebunden bleibt. Hat sich das Protein gelæst, wird die mRNA in 5'-3'- oder in 3'-5'-Richtung abgebaut (Kap. 12.6 und 12.7).
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Der Zellkern und die Steuerung der Genexpression
Zur Selbstçberprçfung 1. Die Methylierung des K9 im Histon H3 (durch ein Enzym namens SUV39H1) geht mit der Bildung von Heterochromatin und der Inaktivierung von Genen einher. Einigen Berichten zufolge kann die Methylierung von H3 durch andere Enzyme zur Aktivierung der Transkription fçhren. Wie kann die Methylierung zwei so gegensåtzliche Wirkungen haben? 2. Wie viele Molekçle der verschiedenen Kernhistone braucht man, um das gesamte menschliche Genom in Nucleosomen zu verpacken? Wie hat die Evolution das Problem gelæst, eine so groûe Zahl von Proteinmolekçlen in relativ kurzer Zeit zu synthetisieren? 3. Angenommen, Sie haben eine temperatursensitive Mutante entdeckt, in der sich bestimmte Proteine des Zellkerns bei erhæhter (restriktiver) Temperatur nicht mehr ansammeln, wåhrend andere Zellkernproteine dies durchaus tun. Welche Schlçsse kænnen Sie çber das Wesen dieser Mutation und ihre Lokalisierung im Zellkern ziehen? 4. Menschen, die mit drei X-Chromosomen und ohne Y-Chromosom geboren werden, entwickeln sich håufig zu åuûerlich ganz normalen Frauen. Mit wie vielen BarrKærpern wçrden Sie in den Zellen dieser Frauen rechnen? Warum? 5. Angenommen, die Inaktivierung des X-Chromosoms wåre kein Zufallsprozess, sondern wçrde stets zur Abschaltung des vom Vater ererbten X-Chromosoms fçhren. Welche Auswirkungen håtte dies voraussichtlich auf den Phånotyp von Frauen? 6. Die Markierung der Chromosomen in Abb. 12.18 b erfolgte durch Inkubation mit DNAFragmenten, die bekanntermaûen spezifisch fçr die einzelnen Chromosomen waren. Angenommen, man findet in der Aufnahme ein zweifarbiges Chromosom. Welche Schlçsse kænnte man çber dieses Chromosom ziehen? 7. Welchen Vorteil hat es, wenn Transkripte sich nicht gleichmåûig çber das ganze Kernplasma verteilen, sondern in ganz bestimmten Abschnitten des Kerns synthetisiert und weiterverarbeitet werden? 8. Vergleichen Sie die Auswirkungen von Deletionen im Operator des Lactoseoperons und im Operator des Tryptophan-Operons. Wo liegen die Unterschiede?
9. Angenommen, Sie finden eine Mutante von , die ununterbrochene Polypeptidketten aus -Galactosidase und Galactosidpermease (die im Gen codiert ist) erzeugt. Was muss Ihrer Ansicht nach in diesen Zellen geschehen sein? 10. Sie untersuchen ein neues Hormon und vermuten, dass es auf Transkriptionsebene die Myosinsynthese anregt. Welche experimentellen Belege wçrden fçr diese Vermutung sprechen? 11. Angenommen, Sie haben in einer Versuchsreihe die Zellkerne aus mehreren ausgewachsenen Geweben in aktivierte, entkernte Mauseizellen verpflanzt und festgestellt, dass der Embryo sich nicht çber das Blastocystenstadium hinaus entwickelt. Kænnen Sie daraus den Schluss ziehen, dass der transplantierte Zellkern Gene verloren hat, die fçr die Entwicklung nach dem Blastulastadium notwendig sind? Warum oder warum nicht? Was sagt dieses Experiment ganz allgemein çber die Interpretation negativer Befunde aus? 12. Wie in Kap. 12.4.3 erwåhnt wurde, kann man mit Hilfe der DNA-Fuûabdrçcke diejenigen DNA-Abschnitte isolieren, die bestimmte Transkriptionsfaktoren binden. Beschreiben Sie eine experimentelle Vorgehensweise zur Identifizierung von Transkriptionsfaktoren, die an eine isolierte DNA-Sequenz binden. (Vielleicht berçcksichtigen Sie dazu auch die in Kap. 18.7 erærterten Methoden.) 13. Wie erklåren Sie sich, dass Enhancer sich in der DNA bewegen kænnen, ohne dass ihre Wirkung beeintråchtigt wird, wåhrend die TATA-Box ihren Effekt nur an einer bestimmten Stelle ausçben kann? 14. Angenommen, Sie arbeiten mit Zellen, die nur in sehr geringem Umfang Proteine synthetisieren; sie haben den Verdacht, dass bei diesen Zellen die globale Translationskontrolle gehemmt ist. Mit was fçr einem Experiment kænnten Sie prçfen, ob Ihre Vermutung stimmt? 15. Die Signalsequenzen, die fçr den Transport der Proteine ins endoplasmatische Retikulum sorgen, werden von einer Signalpeptidase abgespalten; dagegen bleiben die NLSs und NESs, die fçr den Transport eines Proteins in den Zellkern oder aus ihm heraus benætigt werden, auch spåter ein
Literatur
Teil des Proteins. Betrachten wir zum Beispiel ein Protein wie hnRNPA1, das am Export der mRNA ins Cytoplasma mitwirkt. Warum ist es wichtig, dass die Transportsignalsequenzen dieses Proteins nicht abgespalten werden, wåhrend dies bei den Signalsequenzen fçr die ER-Proteine mæglich ist? 16. Schleust man methylierte DNA in Kulturen von Såugerzellen ein, wird sie in der Regel eine Zeit lang transkribiert und dann reprimiert. Warum rechnen Sie vor der Hemmung der Transkription mit einer solchen Zwischenphase? 17. Angenommen, Sie haben einen neuen Transkriptionsfaktor isoliert und wollen wissen, welche Gene er reguliert. Kænnten Sie zur Beantwortung dieser Frage einen Mikroarray des Typs verwenden, der in
ternetseite www.wiley.com/college/karp .weitern sie Ihr Verståndnis, indem sie Karps Internetseite ¹Zell- und Molekularbiologieª besuchen. Dort finden Sie ' die gestellten $ & , , die schwierige Sachverhalte und Begriffe verdeutlichen, , die Ihnen bei Prçfungsvorbereitungen helfen, sowie 8 zu interessanten Stellen im Netz. Zusåtzlich zu der Literaturliste unten kann man auf der Internetseite auch noch ' 8 finden.
12.8 Literatur &
Chubb JR, Bickmore WA (2003) Considering nuclear compartmentalization in the light of nuclear dynamics. Cell 112:403±406 Fahrenkrog B, Aebi U (2003) The nuclear pore complex: Nucleocytoplasmic transport and beyond. Nature Revs Mol Cell Biol 4:757±766 Gasser SM (2002) Visualizing chromatin dynamics in interphase nuclei. Science 296:1412±1416 Hutchison CJ (2002) Lamins: Building blocks or regulators of gene expression. Nature Revs Mol Cell Biol 3:848±858 Janicki SM, Spector DL (2003) Nuclear choreography: Interpretations from living cells. Curr Opin Cell Biol 15: 149±157 Lamond IA, Gasser SM (eds) (2002) Nucleus and gene expression. Curr Opin Cell Biol 14, Heft 2 Marshall WF (2002) Order and disorder in the nucleus. Curr Biol 12:R185±R192 Nickerson J (2001) Experimental observations of a nuclear matrix. J Cell Sci 114:463±474
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Abb. 12.34 dargestellt ist? (Bedenken Sie: Der Mikroarray in Abb. 12.34 enthålt im Gegensatz zu dem in Abb. 12.42 die DNA proteincodierender Regionen.) 18. Man hat mittlerweile Såugetiere mehrerer biologischer Arten geklont, aber die Effizienz des Verfahrens ist sehr niedrig. Håufig muss man Zellkerne in Dutzende oder sogar Hunderte von Oocyten verpflanzen, damit ein Tier lebend geboren wird. Viele Fachleute fçhren die Schwierigkeiten auf DNA-Methylierung und andere epigenetische Verånderungen zurçck, die sich in den verschiedenen Zellen wåhrend des Lebens eines Individuums abspielen. Wie wçrden sich solche Modifikationen nach Ihrer Vermutung auf den Erfolg eines Experiments wie in Abb. 12.31 auswirken?
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DNA-Replikation und DNA-Reparatur
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13.1 DNA-Replikation 13.2 DNA-Reparatur 13.3 Zwischen Replikation und Reparatur Aus Sicht des Menschen: Auswirkungen von Defekten der DNA-Reparatur
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Ein grundlegendes Merkmal des Lebendigen ist die Fortpflanzung. Fortpflanzungsprozesse kann man auf allen Ebenen beobachten: Lebewesen vermehren sich durch geschlechtliche oder ungeschlechtliche Fortpflanzung, das genetische Material verdoppelt sich durch ) 0 Der Apparat, der die DNA verdoppelt, tritt aber auch bei einem anderen Vorgang in Aktion: bei der Reparatur genetischen Materials, das einen Schaden erlitten hat. Diese beiden Vorgånge, die Replikation und Reparatur von DNA, sind das Thema des vorliegenden Kapitels. Die Fåhigkeit zur Selbstverdoppelung dçrfte eine der ersten grundlegenden Eigenschaften gewesen sein, die sich in der Evolution der einfachsten Lebensformen entwickelten. Ohne Fort-
pflanzungsfåhigkeit wåre jede primitive Ansammlung biologischer Molekçle zum Untergang verdammt gewesen. Die ersten Tråger genetischer Information waren vermutlich RNA-Molekçle, die sich selbst verdoppeln konnten. Im weiteren Verlauf der Evolution traten dann DNAMolekçle als genetisches Material an die Stelle der RNA. Die Replikation wurde zu einem immer komplizierteren Vorgang, der zahlreiche Komponenten mit Hilfsfunktionen erforderte. Ein DNA-Molekçl enthålt zwar die Information fçr seine Verdoppelung, kann diese Tåtigkeit aber nicht selbst ausfçhren. Richard Lewontin formulierte es so: ¹Das çbliche Bild von der DNA als selbstverdoppelndem Molekçl ist ungefåhr ebenso zutreffend, als wenn man einen
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DNA-Replikation und DNA-Reparatur
Brief als selbstverdoppelndes Dokument bezeichnet. Der Brief braucht dazu das Fotokopiergeråt, die DNA braucht eine Zelle.ª Wie die Zelle diese Tåtigkeit ausfçhrt, wollen wir uns jetzt genauer ansehen.
!'! DNA-Replikation Als Watson und Crick 1953 ihre Idee von der Struktur der DNA veræffentlichten, schlugen sie gleichzeitig auch einen Mechanismus fçr ihre ¹Selbstverdoppelungª vor. Die beiden Strånge der Doppelhelix werden durch Wasserstoffbrçcken zwischen den Basen zusammengehalten. Einzeln sind diese Wasserstoffbrçcken sehr schwach, so dass sie sich leicht auflæsen. Nach der Vorstellung von Watson und Crick verdoppelt sich DNA, indem die Strånge der Doppelhelix sich nach und nach trennen (Abb. 13.1), ganz åhnlich wie die beiden Hålften eines Reiûverschlusses. Da die Strånge komplementår sind, enthålt jeder von beiden die Information zum Aufbau seines Gegenstranges. Nachdem die
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Strånge getrennt sind, kænnen sie also als Matrizen dienen, so dass jeweils ein Komplementårstrang aufgebaut und der doppelstrångige Zustand wieder hergestellt wird. 13.1.1 Semikonservative Replikation Die Ûberlegungen von Watson und Crick beinhalteten auch Voraussagen çber das Verhalten der DNA wåhrend der Replikation. Danach sollte jeder der beiden Tochter-Doppelstrånge einen vollståndigen, aus dem Ausgangs-Doppelstrang çbernommenen Strang und einen zweiten, neu synthetisierten Strang enthalten. Eine solche Replikation (Abb. 13.2, Schema 1) bezeichnet man als 9 9, weil jeder Tochterstrang einen Strang aus dem Ausgangsmolekçl enthålt. So lange man nichts çber den Mechanismus der Replikation wusste, musste man jedoch auch zwei andere Mæglichkeiten in Erwågung ziehen. Bei 9 9 (Abb. 13.2, Schema 2) wçrden die ursprçnglichen Matrizenstrånge zusammenbleiben (nachdem sie ihre Matrizenfunktion erfçllt haben), ebenso wçrden sich die beiden neuen Strånge zusammenfinden. Dann wçrde einer der beiden Tochter-Doppelstrånge ausschlieûlich elterliches Material enthalten, der andere ausschlieûlich neu synthetisierte DNA. Bei 9 (Abb. 13.2, Schema 3) zerbrechen die Ausgangsstrånge in Bruchstçcke und die neuen Strånge werden als kurze Abschnitte synthetisiert. Anschlieûend verbinden sich alte und neue Segmente zu einem vollståndigen Strang. Die Tochter-Doppelstrånge bestehen dann aus einer Mischung alter und neuer DNA. Die dispersive Replikation mag auf den ersten Blick wenig plausibel erscheinen, aber Max Delbrçck hatte damals den Eindruck, nur mit ihr lasse sich die scheinbar unmægliche Aufgabe bewåltigen, die verdrillten Strånge eines DNA-Doppelstranges wåhrend der Replikation auseinander zu winden (s. unten). Um zwischen diesen Mæglichkeiten zu unterscheiden, musste man neu synthetisierte DNA von den ursprçnglichen DNA-Strången unterscheiden, die als Matrize gedient hatten. Dies erreichten Matthew Meselson und Franklin Stahl vom California Institute of Technology mit ihren Untersuchungen an Bakterien. Sie benutzten fçr die Unterscheidung schwere (15N) und leichte (14N) Stickstoffisotope (Abb. 13.3). In einem Medium lieûen sie Bakterien wachsen, dem sie 15 N-Ammoniumchlorid als einzige Stickstoffquelle zugesetzt hatten. Deshalb enthielten die stickstoffhaltigen Basen in der DNA dieser Zellen ausschlieûlich das schwere Stickstoffisotop.
DNA-Replikation
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Aus solchen Kulturen ¹schwererª Bakterien wurde das alte Medium ausgewaschen, dann wurden sie in einer Læsung mit leichten, 14N-haltigen Verbindungen weitergezçchtet. Ûber einen Zeitraum von mehreren Generationen hinweg wurden in regelmåûigen Zeitabstånden Proben der Kultur entnommen. Aus den Bakterienproben wurde die DNA isoliert und der GleichgewichtsDichtegradientenzentrifugation unterworfen (Kap. 18.11). Dazu mischt man die DNA mit einer Cåsiumchloridlæsung und zentrifugiert das Ganze so lange, bis die doppelstrångigen DNAMolekçle je nach ihrer Dichte eine Gleichgewichtsposition erreicht haben. Im Meselson-Stahl-Expriment ist die Dichte eines DNA-Molekçls seinem prozentualen Gehalt an 15N- und 14N-Atomen direkt proportional. Bei semikonservativer Replikation wçrde man damit rechnen, dass die Dichte der DNA-Molekçle nach Wachstum in 14N-haltigem Medium so abnimmt, wie man es in den oberen drei Zentrifugenræhrchen in Abb. 13.3 a erkennt. Nach einer Generation wåren alle DNA-Molekçle 15 N-14N-Hybride und ihre Schwimmdichte låge in der Mitte zwischen denen, die man bei ausschlieûlich leichter und ausschlieûlich schwerer DNA erwartet (Abb. 13.3 a). Setzt sich die Replikation çber die erste Generation hinaus fort, enthalten die neu synthetisierten Strånge weiterhin ausschlieûlich das leichte Isotop, und nun wçrden in den Gradienten zweierlei Doppelstrånge auftauchen: 15N-14N-Hybride und solche, die nur 14N enthalten. Je långer die Zellen in dem leichten Medium weiter wachsen, desto græûer wird der Prozentsatz der leichten DNAMolekçle. Sofern die Replikation aber weiterhin semikonservativ verlåuft, bleiben die schweren Ausgangsstrånge intakt; sie gehæren dann zu DNA-Hybridmolekçlen, die einen immer kleineren Anteil an der DNA-Gesamtmenge ausmachen (Abb. 13.3 a). Die Ergebnisse, die Meselson und Stahl mit ihren Experimenten erzielten, sind in Abb. 13.3 b wiedergegeben. Sie zeigen eindeutig, dass die Replikation ein semikonservativer Vorgang ist. Zu welchen Befunden man bei konservativer oder dispersiver Replikation gelangt wåre, zeigen die beiden unteren Gruppen von Zentrifugenræhrchen in Abb. 13.3 a.1 Wenig spåter wurde auch bei Eukaryoten die semikonservative Replikation nachgewiesen. Die Zeichnung und das Foto in Abb. 13.4 zeigen die 1
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Wer sich dafçr interessiert, unter welchen Umstånden diese bahnbrechenden Forschungsergebnisse zustande kamen und welche experimentellen Hçrden dabei zu çberwinden waren, sollte das 2001 erschienene Buch # ' - )! von Frederick Lawrence Holmes lesen.
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DNA-Replikation und DNA-Reparatur
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.rgebnisse eines Experiments aus neuerer Zeit. Dabei lieû man Såugerzellen in der Gewebekultur die Replikation in Gegenwart von Bromdesoxyuridin (BrdU) durchmachen, einer Verbindung, die an Stelle von Thymidin in die DNA eingebaut wird. Nach der Replikation besteht jedes Chromosom aus zwei Chromatiden. Nach einem Replikationszyklus in Gegenwart von BrdU enthalten beide Chromatiden der Chromosomen die Verbindung (Abb. 13.4 a). Nach zwei Replikationsrunden jedoch besteht ein Chromatid jedes Chromosoms aus zwei BrdU-haltigen Strången, das andere ist ein Hybrid aus einem BrdU- und
einem Thymidin-haltigen Strang (Abb. 13.4 a, b). Der Strang mit dem Thymidin gehærte zu dem ursprçnglichen DNA-Molekçl, bevor das BrdU der Kultur zugesetzt wurde. !'!$ Replikation in Bakterienzellen In diesem Abschnitt wollen wir uns auf Bakterienzellen konzentrieren, denn die Replikation ist bei Prokaryoten besser untersucht als die entsprechenden Vorgånge bei Eukaryoten. Die Fortschritte der Bakterienforschung sind genetischen
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und biochemischen Methoden zu verdanken, die man bis vor kurzer Zeit an eukaryotischen Systemen nicht anwenden konnte. Dazu gehærten unter anderem n Die Verfçgbarkeit von Mutanten, die einzelne fçr die Replikation erforderliche Proteine nicht synthetisieren kænnen. Dass man Mutanten isolieren kann, die ihr Chromosom nicht replizieren kænnen, mag paradox erscheinen: Wie kann man Zellen, die in diesem lebenswichtigen Prozess einen Defekt haben, çberhaupt heranzçchten? Die Læsung des Widerspruches lag in den 9 3 4: Bei ihnen zeigt sich der Defekt nur bei erhæhter Temperatur, die auch als
9 oder 9 ! bezeichnet wird. Bei niedrigerer (
9) Temperatur dagegen funktioniert das mutierte Protein noch so gut, dass es seine Aufgaben erfçllen kann; die Zellen wachsen und teilen sich also weiterhin. Man kennt heute temperatursensitive Mutanten fçr praktisch alle physiologischen Vorgånge (s. auch Kap. 8.2.3); sie waren insbesondere fçr die Untersuchung der DNA-Synthese und -Replikation, der DNA-Reparatur und der genetischen Rekombination von groûer Bedeutung. n Die Entwicklung von B $-Systemen, in denen man die Replikation mit gereinigten Zellbestandteilen untersuchen kann. Beispielsweise kann man das DNA-Molekçl,
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DNA-Replikation und DNA-Reparatur
das sich replizieren soll, mit Zellextrakten inkubieren, aus denen bestimmte, mæglicherweise unentbehrliche Molekçle entfernt wurden. In anderen Untersuchungen inkubiert man die DNA mit verschiedenen gereinigten Proteinen, deren Aktivitåt man kennen lernen mæchte. Insgesamt hat man mit derartigen Studien die Funktionen von mindestens 30 Proteinen aufgeklårt, die zur Replikation des Genoms von erforderlich sind. Auf den folgenden Seiten sollen einige dieser Proteine, deren Tåtigkeit klar definiert ist, zusammen mit ihren Aufgaben genauer beschrieben werden. Die Replikation låuft bei Pro- und Eukaryoten nach ganz åhnlichen Mechanismen ab, und deshalb trifft das, was hier çber die bakterielle Replikation gesagt wird, zum græûten Teil auch auf Eukaryotenzellen zu. Die Replikation beginnt an einer bestimmten Stelle des Bakterienchromosoms, die als ( ) bezeichnet wird. Im Chromosom von ist der Replikationsursprung eine spezifische Sequenz namens "; dort binden mehrere Proteine und setzen die Replikation in Gang.2 Der Replikationsursprung der Bakterien åhnelt also in gewisser Hinsicht dem Promotor der Transkription: Beide Regulationssequenzen dienen als Bindungsstellen fçr sequenzspezifische DNA-bindende Proteine, die an einer ganz bestimmten Stelle der Matrize die DNA- bzw. RNA-Synthese in Gang setzen. Nachdem die Replikation begonnen hat, schreitet sie vom Ursprung aus in beide Richtungen fort, also (Abb. 13.5). Die Stellen, wo die bereits replizierten Abschnitte zusammentreffen und in die noch nicht replizierte DNA çbergehen, bezeichnet man als . An jeder Replikationsgabel werden die Strånge der Ausgangs-Doppelhelix getrennt und Nucleotide in die neu synthetisierten Komplementårstrånge eingebaut. Die beiden Replikationsgabeln wandern in entgegengesetzten Richtungen, bis sie an einer Stelle, die dem Ursprung im Ring gegençberliegt, wieder zusammentreffen. Dort wird die Replikation beendet. Die beiden neu replizierten Doppelstrånge 2
Diese Initiation der Replikation wird in Kap. 13.2 im Zusammenhang mit der Replikation der Eukaryoten genauer beschrieben.
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læsen sich voneinander und werden letztlich in zwei verschiedene Zellen dirigiert. '
& Die Trennung der Strånge einer ringfærmigen DNA-Doppelhelix wirft græûere topologische Probleme auf. Wenn man sich die Schwierigkeiten vor Augen fçhren will, kann man den DNADoppelstrang mit einem zweistrångigen, gewundenen Seil vergleichen. Angenommen, man legt ein solches Seil ausgestreckt auf den Boden, greift die beiden Strånge an einem Ende und zieht sie auseinander wie die DNA-Strånge bei der Replikation. Dabei wird deutlich, dass die
Strangtrennung in einer Doppelhelix immer mit einem ' der ganzen Struktur verbunden ist. Bei dem Seil, das sich ungehindert um seine Långsachse drehen kann, kommt es durch die Strangtrennung an einem Ende zu einer Rotation des ganzen Seils, das damit die entstehende Spannung abbaut. Nehmen wir nun einmal an, das andere Ende des Seils wåre an einem Haken an der Wand befestigt (Abb. 13.6 a). Dann erzeugt die Trennung der Strånge am freien Ende zunehmende Torsionsspannung in dem Seil, dessen nicht getrennter Teil immer enger zusammengewunden wird. Die Trennung der Strånge eines ringfærmigen DNA-Molekçls (oder eines gestreckten Molekçls, das aber nicht frei rotieren kann wie zum Beispiel in einem groûen Eukaryotenchromosom) entspricht der Situation mit einem an der Wand befestigten Ende; in allen diesen Fållen kann die Spannung, die sich im Molekçl aufbaut, nicht durch Rotation des ganzen Molekçls gelæst werden. Aber im Gegensatz zu einem Seil, das sich sehr eng zusammenwinden låsst (wie in Abb. 13.6 a), wird ein çber-
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måûig eng gewundenes DNA-Molekçl positiv çberspiralisiert (Kap. 10.3.2). Die Bewegung der Replikationsgabel erzeugt also in dem vor ihr liegenden, unreplizierten Teil des DNA-Molekçls eine positive Ûberspiralisierung (Abb. 13.6 b). Wenn man bedenkt, dass das ringfærmige Chromosom von ungefåhr 400 000 Windungen hat und von zwei Gabeln in 40 Minuten repliziert wird, erkennt man deutlich die Græûenordnung des Problems. Wie in Kap. 10.3.2 erwåhnt wird, enthalten die Zellen mit den Topoisomerasen eine Klasse von Enzymen, die den Ûberspiralisierungszustand eines DNA-Molekçls veråndern kænnen. Eines davon, eine als :% bezeichnete Topoisomerase des Typs II, baut die mechanische Spannung ab, die sich bei wåhrend der Replikation entwickelt. Die Molekçle der DNAGyrase wandern vor der Replikationsgabel am DNA-Strang entlang und entfernen die positive Ûberspiralisierung. Zu diesem Zweck spalten sie beide Strånge der DNA-Doppelhelix, lassen einen DNA-Abschnitt durch den Doppelstrangbruch wandern und verschlieûen die Úffnung dann wieder. Angetrieben wird der ganze Vorgang durch ATP-Hydrolyse (Einzelheiten in Abb. 10.14 b). Øhnliche Enzyme fçhren auch in Eukaryotenzellen diese unentbehrliche Funktion aus. # )/% Unsere Beschreibung der DNA-Replikationsmechanismen beginnt mit einigen Eigenschaften der )/% , jener Enzyme, die neue DNA-Strånge synthetisieren. Erste Untersuchungen an den DNA-Polymerasen nahm Arthur Kornberg an der Washington University in den fçnfziger Jahren des 20. Jahrhunderts vor. Anfangs reinigten Kornberg und seine Kollegen aus Bakterienextrakten ein Enzym, das radioaktiv markierte Vorlåufer in ein såureunlæsliches, als DNA identifiziertes Polymer einbaute. Dieses Enzym bezeichneten sie als )/% . (Spåter, nach der Entdeckung weiterer DNA-Polymerisationsenzyme, erhielt es den Namen ) /% 6.) Damit die Reaktion ablaufen konnte, brauchte das Enzym ein DNA-Molekçl sowie alle vier Desoxyribonucleosidtriphosphate (dTTP, dATP, dCTP und dGTP). Die neu synthetisierte, radioaktiv markierte DNA hatte die gleiche Basenzusammensetzung wie das unmarkierte Ausgangsmolekçl; dies legte stark die Vermutung nahe, dass die ursprçnglichen DNAStrånge als $ fçr die Polymerisationsreaktion gedient hatten. Im Prinzip katalysiert die DNA-Polymerase eine ganz åhnliche Reaktion wie eine RNA-Polymerase; beide Enzyme wandern an einem DNA-
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DNA-Replikation und DNA-Reparatur
Matrizenstrang entlang und fçgen am Ende des neu aufgebauten Stranges ein Nucleotid nach dem anderen an. Die Reaktion, durch die ein neuer DNA-Strang synthetisiert wird, gleicht also im Wesentlichen der, die in Abb. 11.4 c fçr die RNA-Synthese gezeigt wurde, nur mit dem Unterschied, dass es sich bei den Bausteinen fçr die RNA-Polymerasen um Ribonucleosidtriphosphate handelt, wåhrend die DNA-Polymerasen Desoxyribonucleosidtriphosphate verwenden. Als man weitere Eigenschaften der DNA-Polymerase entdeckte, wurde immer deutlicher, dass die Replikation ein komplizierterer Vorgang ist, als man ursprçnglich gedacht hatte. Man probierte verschiedenartige DNA-Matrizen aus und stellte dabei fest, dass die Struktur der Matrize ganz bestimmte Voraussetzungen erfçllen muss, damit sie den Einbau markierter Vorlåufermolekçle begçnstigen kann (Abb. 13.7). Ein intaktes, doppelstrångiges DNA-Molekçl regt beispielsweise den Einbau nicht an. Das war nicht verwunderlich, denn damit die Replikation stattfinden kann, mçssen die Strånge sich schlieûlich trennen. Weniger offensichtlich war, warum der Vorgang auch bei einem einzelstrångigen, ringfærmigen Molekçl ausblieb; eigentlich håtte man erwartet, dass eine solche Struktur eine ideale Matrize fçr den Aufbau eines Komplementårstranges darstellt. Setzte man dem Reak-
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tionsansatz dagegen ein teilweise doppelstrångiges Molekçl zu, fçhrte dies sofort zum Einbau neuer Nucleotide. Wenig spåter entdeckte man, dass ein einzelstrångiger DNA-Ring nicht als Matrize fçr die DNA-Polymerase dient, weil das Enzym die Synthese eines DNA-Stranges nicht kann. Es fçgt nur Nucleotide an das 3'-Hydroxylende eines bereits 9 Stranges an. Den Strang, der dieses unentbehrliche 3'-OH-Ende zur Verfçgung stellt, nennt man / . Alle DNA-Polymerasen der Pro- und Eukaryoten haben die beiden gleichen Grundbedçrfnisse (Abb. 13.8 a): Sie brauchen einen DNA-Matrizenstrang, den sie kopieren kænnen, und einen Primerstrang, an den sie Nucleotide anfçgen. Diese Voraussetzungen sind der Grund, warum manche DNA-Strukturen die DNA-Synthese nicht mæglich machen (Abb. 13.7 a). Eine intakte, gestreckte Doppelhelix stellt zwar ein 3'-Hydroxylende zur Verfçgung, stellt aber keine Matrize dar. Der ringfærmige Einzelstrang dagegen wåre zwar eine gute Matrize, hier fehlt aber der Primer. Das teilweise doppelstrångige Molekçl erfçllt beide Voraussetzungen (Abb. 13.7 b), und deshalb begçnstigt es den Einbau von Nucleotiden. Die Erkenntnis, dass die DNA-Polymerase die Synthese eines DNA-Stranges nicht in Gang setzen kann, warf eine entscheidende Frage auf: Wie beginnt die Synthese neuer Strånge in der Zelle? Auf dieses Thema werden wir in Kçrze zurçckkommen. Die von Kornberg gereinigte DNA-Polymerase hatte noch eine weitere Eigenschaft, die unter dem Gesichtspunkt ihrer mutmaûlichen Funktion als Replikationsenzym schwer zu verstehen war: Sie synthetisierte DNA nur in der Richtung von 5' nach 3' (geschrieben 5'?3'). Die erste Schemazeichnung von Watson und Crick (Abb. 13.1) stellte den Ablauf an der Replikationsgabel so dar, wie man ihn erwarten wçrde. Sie geht davon aus, dass der eine der beiden neuen Strånge in 5'?3'- und der andere in 3'?5'-Richtung polymerisiert wird. War fçr den Aufbau des Stranges in 3'?5'-Richtung ein anderes Enzym verantwortlich? Arbeitete die Polymerase in der Zelle anders als unter B $-Bedingungen? Auch auf diese Frage werden wir noch zurçckkommen. In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts sprachen immer mehr Indizien dafçr, dass die ¹Kornberg-Polymeraseª in Bakterienzellen nicht die einzige DNA-Polymerase ist. Im Jahr 1969 isolierte man dann einen mutierten Bakterienstamm, in dem das Enzym nur ein Prozent seiner normalen Aktivitåt besaû; dennoch vermehrten sich diese Zellen mit normaler Ge-
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schwindigkeit. Wie sich durch weitere Untersuchungen herausstellte, ist das Kornberg-Enzym, das jetzt als )/% 6 bezeichnet wurde, in Bakterienzellen nur eine von drei DNA-Polymerasen; die beiden anderen bezeichnete man als )/% 66 und )/% 666. Eine typische Bakterienzelle enthålt 300 bis 400 Molekçle der DNA-Polymerase I, aber nur rund 40 Exemplare der DNA-Polymerase II und 10 Molekçle der DNA-Polymerase III. Dass es die Polymerasen II und III gibt, war anfangs wegen des groûen Ûbergewichts der DNAPolymerase I nicht aufgefallen. Aber auch mit der Entdeckung anderer DNA-Polymerasen waren die beiden zuvor gestellten, grundlegenden Fragen nicht beantwortet; keines der drei Enzyme kann mit dem Aufbau neuer DNA-Ketten beginnen, keines synthetisiert Strånge in 3'?5'Richtung.
Phosphat des neu hinzukommenden Nucleosidtriphosphats (Abb. 13.8 b). Beide Polymerasemolekçle, die fçr den Aufbau der neuen DNAStrånge sorgen, bewegen sich $ in 3'?5'-Richtung und bauen eine Kette auf, die vom 5'-Phosphatende aus wåchst (Abb. 13.8 c). Einer der beiden Strånge wåchst also in Richtung der Replikationsgabel, wo die Ausgangsstrånge getrennt werden, der andere wird von der Gabel weg verlångert. Damit ist zwar das Problem gelæst, dass das Enzym einen Strang nur in einer Richtung synthetisiert, aber dafçr stehen wir nun vor einem noch komplizierteren Dilemma. Dass der Strang, der in Abb. 13.8 c in Richtung der Gabel wåchst, durch ståndiges Anfçgen von Nucleotiden an das 3'-Ende wachsen kann, liegt auf der Hand. Aber wie wird der andere Strang aufgebaut? Wenig spåter wiesen immer mehr Befunde darauf hin, dass der Strang, der von der Gabel weg wåchst, synthetisiert wird, das heiût stçckweise (Abb. 13.9). Bevor die Synthese eines solchen Stçckes beginnen kann, muss ein ausreichend langer Abschnitt der Matrize durch die Wanderung der Replikationsgabel freigelegt werden. Hat die Synthese des Fragments dann begonnen, wåchst es von der Replikationsgabel weg in Richtung des 5'-Endes eines zuvor gebildeten Fragments, mit dem es anschlieûend
& Fçr die Tatsache, dass man keine 3'?5'-Syntheseaktivitåt fand, gibt es eine einfache Erklårung: DNA-Strånge kænnen in dieser Richtung nicht synthetisiert werden. Vielmehr werden beide neu entstehenden Strånge in 5'?3'-Richtung zusammengesetzt. Bei der Polymerisationsreaktion unternimmt die OH-Gruppe am 3'-Ende des Primers einen nucleophilen Angriff auf das 5'--
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verknçpft wird. Die beiden neuen Strånge der Tochtermolekçle entstehen also durch ganz unterschiedliche Prozesse. Den Strang, der kontinuierlich synthetisiert wird, nennt man 8
, weil seine Synthese mit der Bewegung der Replikationsgabel fortschreitet. Der diskontinuierlich gebildete Strang heiût , denn hier kann jedes neue Fragment erst dann initiiert werden, wenn durch Trennung der Ausgangsstrånge ein neues Stçck der Matrize freigelegt wurde (Abb. 13.9). Wie wir in Kap. 13.1.3 noch genauer erfahren werden, werden beide Strånge vermutlich gleichzeitig synthetisiert ± die Bezeichnungen ¹Leitstrangª und ¹Folgestrangª treffen also vielleicht nicht so genau zu, wie man geglaubt hatte, als sie geprågt wurden. Da ein Strang kontinuierlich und der andere diskontinuierlich synthetisiert wird, bezeichnet man die Replikation insgesamt als . Die Entdeckung, dass ein Strang in Form kleiner Fragmente synthetisiert wird, machte Reiji Okazaki von der Universitåt im japanischen Nagoya nach einer ganzen Reihe unterschiedlicher Markierungsexperimente. Unter anderem inkubierte er Bakterien fçr wenige Sekunden
mit [3H]-Thymidin und tætete sie dann sofort ab; unter diesen Bedingungen fand er die Radioaktivitåt zum græûten Teil in kleinen DNA-Fragmenten von 1000 bis 2000 Nucleotiden Långe. Gestattete er den Zellen dagegen ein bis zwei Minuten lang die Aufnahme von Radioaktivitåt, wurde diese zum çberwiegenden Teil in weit græûere DNA-Molekçle eingebaut (Abb. 13.10). Diese Ergebnisse zeigten, dass ein Teil der DNA in Form kleiner Bruchstçcke (die man spåter ( $ nannte) entsteht, die dann schnell an långere, zuvor aufgebaute Abschnitte angefçgt werden. Das Enzym, das die OkazakiFragmente zu einem ununterbrochenen Strang verbindet, nennt man )8 . Die Erkenntnis, dass der Folgestrang stçckweise synthetisiert wird, warf neue faszinierende Fragen nach der Initiation der DNASynthese auf. Wie beginnt die Synthese der einzelnen Fragmente, wenn keine DNA-Polymerase in der Lage ist, einen neuen Strang zu bilden? In weiteren Untersuchungen stellte sich heraus, dass die Initiation nicht von einer DNA-Polymerase ausgefçhrt wird, sondern von der /
, einer besonderen RNA-Polymerase, die nicht aus DNA, sondern aus RNA einen kurzen Pri-
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mer herstellt. Auch die Synthese des Leitstranges, die am Replikationsursprung beginnt, wird von einem Molekçl der Primase in Gang gesetzt. Die kurzen RNA-Molekçle, die von der Primase an den 5'-Enden des Leitstranges und der einzelnen Okazaki-Fragmente synthetisiert werden, dienen dann als Primer fçr die DNA-Synthese durch die DNA-Polymerase. Spåter werden die RNA-Primer entfernt; die dadurch entstehenden Lçcken werden mit DNA aufgefçllt und durch die DNA-Ligase verschlossen. Der ganze Ablauf ist in Abb. 13.11 schematisch dargestellt. Dass im Laufe der DNA-Synthese vorçbergehend RNA-Primer gebildet werden, ist eigentlich seltsam. Vermutlich kommen Fehler bei der Initiati-
DNA-Replikation
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on håufiger vor als bei der Kettenverlångerung, doch durch die Verwendung kurzer RNA-Stçcke, die anschlieûend entfernt werden, wird der Einbau falsch gepaarter Basen verhindert. Replikation besteht nicht nur aus dem Einbau von Nucleotiden. Zum Auseinanderwinden der Doppelhelix und der Trennung der Strånge sind zweierlei Proteine erforderlich, die an die DNA binden: eine 2 (auch DNA-Entwindungsprotein genannt) und die so genannten ) $ / ( , &&7/ ). DNA-Helikasen winden die DNA auseinander; dazu læsen sie mit der durch ATP-Hydrolyse gewonnenen Energie die Wasserstoffbrçcken zwischen den beiden Strången auf, so dass die einzelstrångigen DNAMatrizen freigelegt werden. besitzt mindestens zwælf verschiedene Helikasen, die an unterschiedlichen Aspekten des DNA- (und RNA-) Stoffwechsels beteiligt sind. Eine davon, das Produkt des Gens &, ist wåhrend der Replika-
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DNA-Replikation und DNA-Reparatur
tion die wichtigste DNA-Auseinanderwindungsmaschine. Die DnaB-Helikase besteht aus sechs Untereinheiten, die ringfærmig einen DNA-Einzelstrang umschlieûen (Abb. 13.12 a). Das gesamte Protein springt am Replikationsursprung zunåchst (mithilfe des Proteins DnaC) auf die DNA auf und verschiebt sich dann in 5'?3'-Richtung auf der Matrize des Folgestranges, wobei es die Helix auseinander windet (Abb. 13.12). Ein Modell einer åhnlich aussehenden BakteriophagenHelikase, die ebenfalls bei der Replikation an der Strangtrennung mitwirkt, findet sich am Anfang dieses Kapitels. Beim Auseinanderwinden der DNA wird die Helikase durch die SSB-Proteine unterstçtzt, die sich an die getrennten DNAStrånge anheften (Abb. 13.12). Diese Proteine binden selektiv an einzelstrångige DNA, halten sie im ausgestreckten Zustand fest und verhindern, dass sie sich erneut zusammenwindet. Wie die kombinierte Wirkung von DNA-Helikase und SSBProteinen aussieht, zeigen die elektronenmikroskopischen Aufnahmen in Abb. 13.12 b. Wie bereits erwåhnt wurde, setzt ein Enzym namens Primase die Synthese der einzelnen Okazaki-Fragmente in Gang. Bei Bakterien lagern sich Primase und Helikase vorçbergehend zu einem ¹Primosomª zusammen. Von dessen beiden Bestandteilen bewegt sich die Helikase prozessiv (d. h. ohne sich wåhrend der Lebensdauer einer Replikationsgabel vom Matrizenstrang zu læsen) an der Matrize des Folgestranges entlang. Wåhrend die Helikase die Matrize des Folgestranges ¹abfåhrtª und die Strånge der Doppelhelix æffnet, bindet die Primase in Abstånden an die Helikase und synthetisiert die kurzen RNA-Primer, an denen dann die Okaza-
ki-Fragmente entstehen. Wie bereits erlåutert, werden die RNA-Primer anschlieûend durch eine DNA-Polymerase ± und zwar durch die DNAPolymerase III ± mit DNA verlångert. Wie man aus zahlreichen Befunden weiû, werden die aufeinander folgenden Fragmente des Folgestranges von demselben Molekçl der DNA-Polymerase III synthetisiert. Zu diesem Zweck gelangt das Polymerasemolekçl von der Stelle, wo es gerade ein Okazaki-Fragment fertig gestellt hat, zur nåchsten Stelle, die auf der Matrize nåher am Ort des Auseinanderwindens liegt. Dort angekommen, heftet sich die Polymerase an das 3'-OH-Ende des kurz zuvor von der Primase angelegten RNA-Primers und beginnt, Desoxyribonucleotide an das Ende der kurzen RNA anzufçgen. Wie bewegt sich das Molekçl der RNA-Polymerase III an der Matrize des Folgestranges zu einer neuen Stelle, die nåher bei der Replikationsgabel liegt? Zu diesem Zweck reist das Enzym ¹per Anhalterª mit der DNA-Polymerase, die sich in der gewçnschten Richtung am Leitstrang entlangbewegt. Obwohl sich also beide Polymerasen im Verhåltnis zu ihren Matrizen in entgegengesetzten Richtungen bewegen, sind sie Teile eines einzigen Proteinkomplexes (Abb. 13.13). Die beiden verbundenen Polymerasen kænnen beide Strånge replizieren, weil die Matrize des Folgestranges eine Schleife bildet und deshalb die gleiche Orientierung hat wie die Matrize des Leitstranges. Beide Polymerasemolekçle bewegen sich also im Rahmen eines einzigen Replikationskomplexes, ohne dass die ¹5'?3'-Regelª fçr die Synthese der DNAStrånge verletzt wçrde (Abb. 13.13). Ist die Polymerase, die den Folgestrang aufbaut, am 5'-Ende des in der vorherigen Runde synthetisierten Oka-
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DNA-Replikation
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zaki-Fragments angekommen, læst sie sich von der Matrize des Folgestranges und beginnt am 3'-Ende des nåchsten, nåher an der Replikationsgabel gelegenen RNA-Primers erneut mit der Arbeit. Das in Abb. 13.13 gezeigte Modell wird håufig als ¹Posaunenmodellª bezeichnet, weil die DNASchleife wåhrend der Replikation des Folgestranges abwechselnd wåchst und schrumpft, was an die Bewegungen der Messing¹schleifeª beim Spielen einer Posaune erinnert.
le DNA-Polymerasen der Pro- und Eukaryoten haben grundsåtzlich die gleichen Katalysatoreigenschaften: Sie fçgen Desoxyribonucleotide an das wachsende 3'-Ende eines einzelstrångigen Primers an (Abb. 13.8). Dennoch erfçllen die einzelnen DNA-Polymerasen in den Zellen unterschiedliche Funktionen. Wåhrend der Replikation der DNA von werden die neuen Strånge von der DNA-Polymerase III synthetisiert; diese ist Teil einer groûen ¹Replikationsmaschineª, die man als )/% 6662 $% oder bezeichnet (Abb. 13.14). Ein Bestandteil des Replisoms, der selbst keine Katalysatoraktivitåt hat, ist die b , welche die Polymerase an der DNA-Matrize festhålt. DNA-Polymerasen besitzen (wie auch die
!'!' Struktur und Funktion von Polymerasen Damit bleibt immer noch die Frage, warum eine Bakterienzelle mehrere Polymerasen braucht. Al-
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DNA-Replikation und DNA-Reparatur
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?@A-Polymerasen) zwei ein wenig widersprçchliche Eigenschaften: Einerseits kænnen sie nur dann einen ununterbrochenen Komplementårstrang synthetisieren, wenn sie çber långere Strecken mit der Matrize verbunden bleiben, und andererseits muss die Verbindung so lose sein, dass sie sich an der Matrize von einem Nucleotid zum nåchsten bewegen kænnen. Diesen gegensåtzlichen Notwendigkeiten trågt die -Klammer Rechnung: Sie umschlieût die DNA (Abb. 13.15 a) und gleitet ungehindert auf ihr entlang. So lange die DNA an eine solche ¹-Gleitklammerª gebunden ist, kann sie prozessiv von einem Nucleotid zum nåchsten wandern, ohne von der Matrize wegzudiffundieren. Die Polymerase an der Matrize des Leitstranges bleibt wåhrend der gesamten Replikation an eine einzige Gleitklammer gekoppelt. Anders am Folgestrang: Hat die Polymerase hier die Synthese eines Okazaki-Fragments abgeschlossen, læst sie sich von der -Klammer und verbindet sich dann mit einer neuen Klammer, die sich ein Stçck nåher an der Replikationsgabel an der Verbindungsstelle von Primer und DNA-Matrize zusammengefunden hat (Abb. 13.5 b). Der Zusammenbau der -Klammer an der DNA erfordert einen aus mehreren Untereinheiten bestehenden , der ebenfalls zum Repli-
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som gehært (Abb. 13.14). Eine als ¹Schraubenschlçsselª (+ ) bezeichnete Untereinheit des Klammerladers æffnet die -Klammer, so dass sie sich um die DNA schlieûen kann.
DNA-Replikation
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,ie Funktion der DNA-Polymerase II ist nicht genau geklårt. An Bakterienmutanten, denen diese Polymerase fehlt, ist kein Defekt zu erkennen. Die DNA-Polymerase I, die aus einer einzigen Untereinheit besteht, ist vor allem an der DNA-Reparatur beteiligt, einem Vorgang, durch den beschådigte DNA-Abschnitte wieder hergestellt werden (Kap. 13.2). Auûerdem entfernt die DNA-Polymerase I die RNA-Primer wåhrend der Replikation von den 5'-Enden der OkazakiFragmente und ersetzt sie durch DNA. Diese Tåtigkeit des Enzyms wird im nåchsten Abschnitt genauer beschrieben. #- 9 1 )/% Nachdem wir nun einige erstaunliche Eigenschaften der DNA-Polymerasen ± beispielsweise die Tatsache, dass sie die Synthese neuer Strånge nicht in Gang setzen kænnen ± erklårt haben, kænnen wir uns mit einem weiteren seltsamen Aspekt befassen. Wie Kornberg feststellte, enthalten Pråparationen der DNA-Polymerase I stets eine Exonucleaseaktivitåt, d. h. sie kænnen DNA abbauen, indem sie Nucleotide vom Ende des Molekçls entfernen. Da die Tåtigkeit von Exonucleasen der einer Polymerase so diametral entgegengesetzt ist, nahm Kornberg zunåchst an, er habe es mit Verunreinigungen durch ein anderes Enzym zu tun. Aber die Exonucleaseaktivitåt lieû sich nicht von der Polymerase trennen: Sie war tatsåchlich eine Eigenschaft der Polymerase selbst. Spåter stellte sich heraus, dass alle bakteriellen DNA-Polymerasen eine Exonucleaseaktivitåt besitzen. Man kann dabei je nach der Richtung, in der das Enzym den Strang abbaut, zwischen 5'?3'- und 3'?5'-Exonucleasen unterscheiden. Die DNA-Polymerase I ist neben ihrer Polymerisationsfunktion sowohl eine 5'?3'- als auch eine 3'?5'-Exonuclease (Abb. 13.16). Die drei Aktivitåten sind in verschiedenen Domånen des Polypeptids angesiedelt. Die DNA-Polymerase I ist also eigentlich drei Enzyme in einem. Die beiden Exonucleaseaktivitåten erfçllen bei der Replikation ganz unterschiedliche Funktionen. Als erstes betrachten wir die 5'?3'-Exonucleaseaktivitåt. Die meisten Nucleasen sind fçr DNA oder RNA spezifisch, aber die 5'?3'-Exonuclease der DNA-Polymerase I kann beide Nucleinsåuren abbauen. Nachdem die Primase ein Okazaki-Fragment angelegt hat, bleibt an dessen 5'-Ende jeweils ein RNA-Abschnitt zurçck (Abb. 13.13 b, Primer Nr. 1), der von der 5'?3'-Exonucleaseaktivitåt der DNA-Polymerase I entfernt wird (Abb. 13.16 a). Wåhrend das Enzym die Ribonucleotide des Primers entfernt, fçllt seine Polymeraseaktivitåt gleichzeitig die Lçcke mit Des-
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oxyribonucleotiden auf. Das letzte eingebaute Desoxyribonucleotid wird anschlieûend von der DNA-Ligase kovalent mit dem 5'-Ende des zuvor synthetisierten DNA-Fragments verbunden. Die Funktion der 3'?5'-Exonucleaseaktivitåt werden wir im nåchsten Abschnitt erlåutern. = 1 ) Die originalgetreue Verdoppelung des Genoms ist fçr alle Organismen lebenswichtig. Ein Fehler bei der Synthese eines Messenger-RNA-Molekçls fçhrt zur Entstehung eines defekten Proteins, aber ein mRNA-Molekçl ist nur eine kurzlebige Matrize, die zu einem groûen Bestand solcher Molekçle gehært. Deshalb richtet ein Fehler hier kaum dauerhafte Schåden an. Eine Ungenauigkeit bei der DNA-Replikation dagegen hat eine dauerhafte Mutation zur Folge; unter Umstånden gehen dann die Nachkommen der betroffenen Zelle zugrunde. Die Wahrscheinlichkeit, dass wåhrend der DNA-Replikation ein falsches Nucleotid ins Genom eingebaut wird und dort verbleibt, betrågt bei weniger als 10±9, d. h.
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DNA-Replikation und DNA-Reparatur
es kommt noch nicht einmal bei einem unter einer Milliarde Nucleotiden vor. Da das Genom von aus ungefåhr 4 ´ 106 Nucleotidpaaren besteht, entspricht eine solche Fehlerquote einem Nucleotidaustausch in 100 Replikationszyklen. Dieser Wert stellt die des Bakteriums dar. Øhnlich hoch liegt die spontane Mutationsrate wahrscheinlich auch bei der Replikation proteincodierender Sequenzen des menschlichen Genoms. Ein Nucleotid wird nur dann an das Ende eines wachsenden Stranges angefçgt, wenn das hinzukommende Nucleosidtriphosphat ein korrektes Basenpaar mit einem Nucleotid des Matrizenstranges ausbilden kann (Abb. 13.8 b). Aus der Analyse der Atomabstånde und Bindungswinkel weiû man, dass A-T- und G-C-Basenpaare fast genau die gleichen geometrischen Verhåltnisse haben. Jede Abweichung von diesen Paarungen fçhrt zu einer anderen Geometrie (Abb. 13.17). An jeder Position der Matrize muss die DNA-Polymerase zwischen vier verschiedenen potentiellen Bausteinen unterscheiden, die sich ihrem aktiven Zentrum nåhern und sich wieder entfernen. Von den vier hinzukommenden Nucleosidtriphosphaten bildet nur eines die richtige geometrische Verbindung mit der Matrize aus, so dass entweder ein A-Toder ein G-C-Basenpaar entsteht, das dann ins aktive Zentrum des Enzyms passt. Aber das ist nur der erste Schritt des Unterscheidungsvorganges. Wird das hinzukommende Nucleotid vom Enzym als richtig ¹wahrgenommenª, kommt es zu einer Konformationsånderung: Die ¹Fingerª der Polymerase drehen sich in Richtung der
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¹Handflåcheª (Abb. 13.18 a) und greifen nach dem hinzukommenden Nucleotid. Dies ist ein Fall von , wie es in Kap. 3.2.4 beschrieben wurde. Hat das neu gebildete Basen-
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paar nicht die richtigen geometrischen Verhåltnisse, nimmt das aktive Zentrum nicht die fçr die Katalyse erforderliche Konformation an und das falsche Nucleotid wird nicht eingebaut. Stimmen dagegen die geometrischen Verhåltnisse, wird das neue Nucleotid kovalent an das Ende des wachsenden Stranges angekoppelt. Hin und wieder baut die Polymerase dennoch ein falsches Nucleotid ein. Die Folge ist ein fehlgepaartes Basenpaar, das nicht den Kombinationen A-T oder G-C entspricht. Nach Schåtzungen kommt eine solche Fehlpaarung ungefåhr alle 105 bis 106 eingebaute Nucleotide einmal vor, also um den Faktor 103 bis 104 håufiger als die spontane Mutationsrate. Warum ist die Mutationsrate so niedrig? Die Antwort liegt zum Teil in der zweiten oben erwåhnten Exonucleaseaktivitåt, der 3'?5'-Aktivitåt (Abb. 13.16 b), die man in den DNA-Polymerasen I, II und III findet. Baut die Polymerase ein falsches Nucleotid ein, neigt das neue Ende des Stranges stårker dazu, sich von der Matrize zu læsen und ein freies 3'-Ende zu bilden. Wenn das geschieht, macht das Enzym eine Konformationsånderung durch, wobei das Ende des neu synthetisierten Stranges an das Zentrum der 3'?5'-Exonuclease dirigiert wird (Abb. 13.18), die dann das falsch gepaarte Nucleotid entfernt. Dieses ¹Korrekturlesenª ist eine der erstaunlichsten Enzymaktivitåten çberhaupt, und es zeigt, welchen hohen Entwicklungsstand der molekularbiologische Apparat in der Evolution erreicht hat. Die 3'?5'-Exonucleaseaktivitåt entfernt ungefåhr 99 von 100 falsch gepaarten Basen und steigert die Genauigkeit damit auf etwa 10±7 bis 10±8. Bakterien besitzen auûerdem einen als Fehlpaarungsreparatur bezeichneten Mechanismus, der nach der Replikation tåtig wird (Kap. 13.2.3) und fast alle nach dem Korrekturlesen noch vorhandenen Fehlpaarungen beseitigt. Zusammen vermindern die beschriebenen Vorgånge die Fehlerquote auf den beobachteten Wert von etwa 10±9. Die Genauigkeit der DNA-Replikation ist also auf drei getrennte Prozesse zurçckzufçhren: erstens die pråzise Auswahl der Nucleotide, zweitens das sofortige Korrekturlesen und drittens die nach der Replikation stattfindende Fehlpaarungsreparatur. Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt der Replikation bei Bakterien ist ihre Geschwindigkeit. Ein ganzes Bakterienchromosom verdoppelt sich bei 37 8C in rund 40 Minuten; dazu muss jede Replikationsgabel um ungefåhr 1000 Nucleotide in der Sekunde wandern, also um die Långe eines ganzen Okazaki-Fragments. Die Synthese eines solchen Fragments ± Aufbau des RNA-Primers, Verlångerung der DNA mit gleich-
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zeitigem Korrekturlesen durch die DNA-Polymerase, Ausschneiden der RNA, Auffçllen der Lçcke mit DNA und Verbinden der Strånge ± spielt sich innerhalb einer Sekunde ab. Die Replikation der gesamten DNA von dauert etwa 40 Minuten, aber eine neue Replikationsrunde kann bereits beginnen, bevor die vorherige abgeschlossen ist. Wenn solche Bakterien mit Maximalgeschwindigkeit wachsen, verdoppelt sich deshalb ihre Zahl ungefåhr alle 20 Minuten. !'! Replikation in Eukaryotenzellen Wie in Kap. 10 erwåhnt wird, wçrden die Nucleotide des menschlichen Genoms als Buchstaben ein Buch von ungefåhr einer Million Seiten fçllen. Wåhrend Hunderte von Wissenschaftlern mehrere Jahre brauchten, um mit Hochleistungscomputern das menschliche Genom zu sequenzieren, kopiert ein einziger Zellkern mit einem Durchmesser von rund 10 lm diese DNA-Menge innerhalb weniger Stunden. Wegen der gewaltigen Genomgræûe bei Eukaryoten und ihrer komplizierten Chromosomenstruktur hinken unsere Kenntnisse çber die Replikation in Eukaryotenzellen hinter denen çber unsere prokaryotischen Vorfahren hinterher. Dieses Ungleichgewicht vermindert sich aber derzeit sehr schnell, denn man hat fçr Eukaryoten neue experimentelle Systeme entwickelt, åhnlich jenen, mit denen man schon seit Jahrzehnten die Replikation der Prokaryoten untersucht. Insbesondere beherrscht man mittlerweile: n die Isolierung mutierter Hefezellen, die ganz bestimmte, fçr verschiedene Aspekte der Replikation erforderliche Genprodukte nicht mehr synthetisieren kænnen. Da die Replikationsproteine der Hefezellen in ihrer Struktur stark denen der hæheren Eukaryotenzellen åhneln, lassen sich Erkenntnisse, die man an der Hefe gewonnen hat, im Groûen und Ganzen auch auf Såugerzellen anwenden. n Die Entwicklung von B $-Systemen, mit denen man die Replikation in Zellextrakten oder in einem Gemisch gereinigter Proteine nachvollziehen kann. Das Dasein des Wasserfrosches ? beginnt als groûe Eizelle, die mit såmtlichen Proteinen fçr ungefåhr ein Dutzend Zellteilungszyklen ausgestattet ist. Aus diesen Froscheiern kann man Extrakte herstellen, die jede zugesetzte DNA unabhångig von
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ihrer Sequenz replizieren. Darçber hinaus unterstçtzen solche Extrakte auch die Replikation und Mitoseteilung von Såugerzellkernen, was sie zu einem besonders nçtzlichen zellfreien System macht. Mit Antikærpern kann man einzelne Proteine aus den Extrakten entfernen und dann jeweils çberprçfen, ob der Extrakt die Replikation noch vollziehen kann. 6 # %$ Bei beginnt die Replikation an einer einzigen Stelle des langen, ringfærmigen Chromosoms (Abb. 13.5). Die Zellen hæherer Organismen besitzen unter Umstånden tausendmal mehr DNA als ein solches Bakterium, und gleichzeitig bauen ihre Polymerasen die Nucleotide wesentlich langsamer in die DNA ein. Als Ausgleich zu solchen Unterschieden wird das Genom von Eukaryotenzellen in kleinen Abschnitten repliziert, die man als bezeichnet. Jedes Replikon besitzt einen eigenen Replikationsursprung, von dem aus Replikationsgabeln in beiden Richtungen ihre Wanderung beginnen (Abb. 13.24 a). In einer menschlichen Zelle beginnt die Replikation an ungefåhr 10 000 bis 100 000 solchen Ursprungspunkten. Dass es Replikons gibt, konnte man erstmals mit Autoradiographieexperimenten nachweisen: Dort war zu erkennen, dass einzelne DNA-Molekçle an mehreren Stellen auf ihrer Långe gleichzeitig repliziert wurden (Abb. 13.19).
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Die Initiation der DNA-Synthese eines bestimmten Replikons unterliegt der Regulation. Replikons, die dicht nebeneinander in demselben Chromosom liegen, werden (wie man auch in Abb. 13.19 erkennt) meist gleichzeitig repliziert. Auûerdem werden Replikons, die wåhrend eines DNA-Synthesezyklus (in der S-Phase des Zellzyklus, s. Abb. 14.1) zum gleichen Zeitpunkt aktiv sind, in der Regel auch in spåteren Zyklen zu vergleichbaren Zeitpunkten tåtig. In Såugerzellen steht der Zeitpunkt, zu dem ein Chromosomenabschnitt repliziert wird, in einem groben Zusammenhang mit der Genaktivitåt in diesem Abschnitt und/oder mit seinem mehr oder weniger kompakten Verpackungszustand. Ein Faktor, der hæchstwahrscheinlich çber die frçhzeitige Replikation aktiver Genloci mitbestimmt, ist die Gegenwart acetylierter Histone, die in engem Zusammenhang mit der Transkription von Genen steht (Kap. 12.4.4). Die besonders kompakten, am wenigsten acetylierten Chromosomenabschnitte des Heterochromatins (Kap. 12.1.2) dagegen werden zuletzt repliziert. Diese Unterschiede im zeitlichen Ablauf haben nichts mit der Sequenz der DNA zu tun: Das inaktive, zum Heterochromatin gehærende X-Chromosom in den Zellen weiblicher Såugetiere (Kap. 12.1.2) wird in einem spåten Stadium der S-Phase repliziert, das aktive X-Chromosom aus dem Euchromatin dagegen verdoppelt sich bereits sehr viel frçher. Der Mechanismus, durch den die Replikation bei Eukaryoten in Gang gesetzt wird, war wåhrend der letzten zehn Jahre ein Gegenstand eingehender Forschungsarbeiten. Die græûten Fortschritte erzielt man auf diesem Gebiet mit Hefezellen, denn ihren Replikationsursprung kann man aus dem Hefechromosom entfernen und in bakterielle DNA-Molekçle einbauen; er verleiht diesen dann die Fåhigkeit, sich auch in Hefezellen oder in Zellextrakten, welche die erforderlichen Replikationsproteine enthalten, zu verdoppeln. Da diese Sequenzen den DNA-Molekçlen, in denen sie enthalten sind, die Replikation ermæglichen, bezeichnet man sie auch als $ &<$ 3 &4. Auf den Chromosomen einer Hefezelle sind ungefåhr 400 Replikationsursprçnge (ARS) verteilt. Diese Sequenzen, die man isoliert und analysiert hat, enthalten stets einige charakteristische Elemente. Der Kern einer ARS ist eine konservierte Sequenz von elf Basenpaaren, die als spezifische Bindungsstelle fçr einen unentbehrlichen, aus vielen Proteinen bestehenden Komplex dient, den Ursprungs-Erkennungskomplex ( A' ORC) (Abb. 13.20). Ist die ARS so mutiert, dass sie den ORS nicht
mehr binden kann, bleibt die Initiation der Replikation aus. Die Untersuchung der Replikationsursprçnge von Wirbeltierzellen erwies sich im Vergleich zur Analyse entsprechender Sequenzen aus der Hefe als erheblich schwieriger. Dies lag zum Teil daran, dass man mit Extrakten aus Eizellen praktisch jede gereinigte, nackte DNA replizieren kann. Solche Untersuchungen legten die Vermutung nahe, dass die Wirbeltier-DNA im Gegensatz zur DNA aus Hefe keine spezifischen ARSs besitzt, an denen die Replikation beginnt. Dagegen lieû die Untersuchung der Replikation an Såugetierchromosomen darauf schlieûen, dass die Replikation dort nicht wie in dem Extrakt aus Amphibieneiern nach dem Zufallsprinzip, sondern durchaus an spezifischen Stellen auf der DNA einsetzt. Nach heutiger Kenntnis erhålt ein DNA-Molekçl viele Stellen, an denen die Replikation in Gang gesetzt werden kann, aber an den meisten derartigen Stellen verhindern Nucleosomen und Chromatinstrukturen hæherer Ordnung, dass dies tatsåchlich geschieht; stattdessen unterstçtzen sie die Initiation nur an ganz bestimmten Orten, die als Replikationsursprçnge dienen. 7 1 , $%
Entscheidend ist, dass jeder Genomabschnitt in jedem Zellzyklus einmal und nur einmal repliziert wird. Es muss also einen Mechanismus geben, der verhindert, dass die Replikation an einer bereits verdoppelten Stelle ein zweites Mal beginnt. Ein Ursprung, an dem die Replikation in Gang kommen soll, muss zuvor mehrere Zustånde durchmachen. Einige Schritte, die sich nach heutiger Kenntnis an einem Replikationsursprung in einer Hefezelle abspielen, zeigt Abb. 13.20. Øhnliche Schritte, an denen homologe Proteine beteiligt sind, laufen auch bei Pflanzen und Tieren ab; man kann also annehmen, dass der grundlegende Mechanismus fçr die Initiation der Replikation bei allen Eukaryoten erhalten geblieben ist: 1. In Schritt 1 (Abb. 13.20) bindet der Replikationsursprung einen ORC-Proteinkomplex, der dort wåhrend des gesamten Zellzyklus gebunden bleibt. Man hat den ORC als ¹molekulare Landeplattformª bezeichnet, denn er bindet die Proteine, die fçr die nachfolgenden Schritte gebraucht werden. 2. An den ORC binden Proteine, die als ¹Genehmigungsfaktorenª bezeichnet wurden (Abb. 13.20, Schritt 2). Es entsteht ein Protein-DNAKomplex, der als /1 - 3 +4 bezeichnet wurde und die ¹Genehmigungª
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(Fåhigkeit) hat, die Replikation in Gang zu setzen. Die Untersuchung des molekularen Aufbaus der Genehmigungsfaktoren konzentrierte sich auf sechs miteinander verwandte Mcm-Proteine (Mcm2 bis Mcm7). Die Mcm-Proteine werden in einem spåten Stadium der Mitose oder unmittelbar nach ihrem Abschluss an den Replikationsursprung herangezogen. Die Entstehung des Pråreplikationskomplexes kann man verfolgen, wenn man isoliertes Chromatin mit DNA-abbauenden Enzymen behandelt. Bevor sich die Pråreplikationskomplexe zusammenlagern, ist an jedem Replikationsursprung nur ein kleiner DNAAbschnitt durch die gebundenen Proteine des ORC vor dem Nucleaseabbau geschçtzt. Dieser geschçtzte Bereich, der auch als )D (Kap. 12.4.3) bezeichnet wird, dehnt sich nach der Anlagerung der Mcm-Proteine an den zuvor gebundenen ORC betråchtlich aus. 3. Unmittelbar bevor im Zellzyklus die S-Phase beginnt, fçhrt die Aktivierung entscheidender Proteinkinasen (Abb. 13.20, Schritt 3) zur Initiation der Replikation. Eine dieser Proteinkinasen ist eine Cyclin-abhångige Kinase namens Cdk, deren Funktion in Kap. 14 ausfçhrlich erærtert wird. Cdk bleibt von der S-Phase bis zur Mitose aktiv und unterdrçckt die Ausbildung neuer Pråreplikationskomplexe. Deshalb wird jeder Replikationsursprung in jedem Zellzyklus nur einmal aktiviert. Erst wenn die Cdk-Aktivitåt am Ende der Mitose zurçckgeht, kann sich wieder ein Pråreplikationskomplex fçr den nåchsten Zellzyklus bilden. 4. Nachdem die Replikation am Anfang der S-Phase begonnen hat, wandern die Mcm-Proteine mit der Replikationsgabel (Schritt 4); sie sind notwendig, damit die Replikation eines Replikons abgeschlossen werden kann. Untersuchungen zufolge kænnen sich die Proteine Mcm2 bis Mcm7 zu einem ringfærmigen Komplex zusammenlagern, der eine Helikaseaktivitåt besitzt (wie in Abb. 13.20, Schritt 4). Bei der Untersuchung der eukaryotischen DNA-Replikation hatte man groûe Schwierigkeiten, die wichtigste beteiligte Helikase zu identifizieren, welche die DNA an der Replikationsgabel auseinander windet. Wie man auch in Abb. 13.20 erkennt, ist der Mcm-Proteinkomplex ein plausibler Kandidat fçr diese seit langem gesuchte eukaryotische Replikationshelikase (analog zum Protein DnaB bei ). Was mit den Mcm-Proteinen nach der Replikation geschieht, hångt von der jeweils untersuchten Art ab. Bei der Hefe werden sie vom Chromatin verdrångt und aus dem Zellkern abtransportiert (Schritt 5). Die Mc-Proteine der Såugerzellen dagegen læsen sich zwar ebenfalls von der DNA, verbleiben aber offensichtlich im
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Kellkern. In beiden Fållen kænnen sie sich aber nicht noch einmal mit einem Replikationsursprung zusammenlagern, der bereits aktiv war. # % An der Replikationsgabel laufen insgesamt immer ganz åhnliche Vorgånge ab, ganz gleich, ob es sich um das Genom eines Virus, eines Prokaryoten oder eines Eukaryoten handelt. Die
Proteine im Replikations-¹Werkzeugkastenª von Eukaryotenzellen sind in Tabelle 13.1 aufgefçhrt und in Abb. 13.21 bildlich dargestellt. Alle Replikationssysteme erfordern Helikasen, DNA-einzelstrangbindende Proteine, Topoisomerasen, Primase, DNA-Polymerase und DNA-Ligase. Wie im vorherigen Abschnitt erwåhnt wurde, hat man die Helikase, die wåhrend der Replikation fçr das Auseinanderwinden der DNA sorgt, bisher nicht mit Sicherheit identifiziert. Wenn man die Replikation der Eukaryoten untersucht, bringt man die Replikation der Proteine von Såugerzellen håufig mit dem D ! zusammen, einer Helikase, die im Genom des Virus SV40 codiert ist. Das groûe T-Antigen sorgt am Replikationsursprung von SV40 fçr die Trennung der DNA-Strånge und windet die DNA auseinander, wenn die Replikationsgabel weiterwandert (Abb. 13.21 a). Wie bei den Prokaryoten, so wird die DNA auch in Eukaryotenzellen semidiskontinuierlich repliziert; die Okazaki-Fragmente des Folgestranges sind hier allerdings mit einer durchschnittlichen Långe von rund 150 Nucleotiden betråchtlich kleiner als bei Bakterien. Wie die
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merase III von . Bei Eukaryoten wird diese Struktur als PCNA bezeichnet.3 Der Klammerlader, der PCNA an der DNA befestigt, heiût RFC und entspricht dem Klammerlader-Komplex der Polymerase III von . Nachdem der Komplex aus Primase und DNAPolymerase den RNA-Primer und einen kurzen DNA-Abschnitt synthetisiert hat, wird er an der Verbindungsstelle zwischen Matrize und Primer von dem Komplex aus PCNA und Polymerase abgelæst, der die Synthese des OkazakiFragments abschlieût. Hat die Polymerase das 5'-Ende des zuvor synthetisierten Okazaki-Fragments erreicht, setzt sie ihren Weg entlang der Matrize des Folgestranges fort und verdrångt dabei den RNA-Primer (in Abb. 13.21 a grçn gekennzeichnet). Eine Endonuclease namens FEN-1 schneidet den verdrångten Primer von dem neu synthetisierten DNA-Strang ab, und der dabei entstehende Einzelstrangbruch wird von einer DNA-Ligase geschlossen. Die Funktion der Polymerase zu klåren, erwies sich als 3
PCNA ist die Abkçrzung fçr $ (¹Antigen im Kern sich vermehrender Zellenª). Das Protein wurde ursprçnglich entdeckt, weil es als Antigen mit Autoantikærpern in Serum von Patienten mit Lupus erythematodes reagierte; anschlieûend konnte man es im Kern von Zellen lokalisieren, die sich schnell vermehrten. Dass es bei der Replikation mitwirkt, wurde erst spåter klar.
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schwierig; anscheinend wirkt sie an der DNAReplikation im Zellkern mit, denn Zellen, denen das Enzym fehlt, kænnen diesen Vorgang nicht abschlieûen. Andererseits ist die Polymerase e jedoch fçr die Replikation von SV40-DNA nicht erforderlich. Mehrere weitere DNA-Polymerasen (darunter g und j) erfçllen spezialisierte Funktionen und ermæglichen es den Zellen, auch beschådigte DNA zu replizieren, wie es in Kap. 13.3 beschrieben wird. Wie die Polymerase der Prokaryoten, so verlångern auch alle eukaryotischen Enzyme den DNA-Strang in 5'?3'-Richtung, indem sie Nucleotide an eine 3'-Hydroxylgruppe anfçgen. Keines von ihnen kann ohne Primer mit der Synthese einer DNA-Kette beginnen. Die Polymerasen , und enthalten eine 3'?5'-Exonuclease, die mit ihrer Korrekturleseaktivitåt dafçr sorgt, dass die Replikation mit sehr hoher Genauigkeit ablåuft.
Befunden zufolge ist der Replikationsapparat eng mit der Kernmatrix (Kap. 12.1.3) assoziiert. Markiert man Zellen mit einem kurzen Puls radioaktiver DNA-Bausteine, findet man mehr als 80% der aufgenommenen Markierung in Verbindung mit der Kernmatrix. Wenn man die Zellen nicht sofort nach einer solchen Pulsmarkierung fixiert, sondern ihnen noch ungefåhr eine Stunde die Aufnahme unmarkierter DNA-Vorlåufer gestattet, wandert die Radioaktivitåt zum græûten Teil von der Matrix in die umgebenden DNA-Schleifen. Dies låsst darauf schlieûen, dass die DNA wåhrend der Replikation nicht unbeweglich bleibt, sondern sich eher wie ein Færderband an einem unbeweglichen Replikationsapparat entlangbewegt (Abb. 13.22). Anderen Untersuchungen zufolge verteilen sich die Replikationsgabeln, die zu einem bestimmten Zeitpunkt aktiv sind, nicht nach dem Zufallsprinzip çber den Zellkern, sondern sie konzentrieren sich auf 50±250 Stellen, die man als bezeichnet (Abb. 13.23). Jeder hellrote Bereich in Abb. 13.23 enthålt schåtzungsweise ungefåhr 40 Replikationsgabeln, die parallel arbeiten und Nucleotide in DNA-Strånge einbauen. Diese Håufung der Replikationsgabeln dçrfte ein Mechanismus sein, durch den auf einzelnen Chromosomen die Replikation benachbarter Replikons koordiniert wird
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In dem Bild, das in diesem Kapitel bisher von der Replikation gezeichnet wurde, bewegt sich die Polymerase wie eine Lokomotive çber ein unbewegliches DNA-Gleis. Aber der Replikationsapparat ist ein riesiger Proteinkomplex, der in den engen Grenzen eines geordnet aufgebauten Zellkerns tåtig werden muss. Zahlreichen
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(wie in Abb. 13.19). Entfernt man aus Zellen durch geeignete Behandlung einen groûen Teil des Chromatins, bleiben die Replikationsbrennpunkte an die Kernmatrix angeheftet. + In den Chromosomen der Eukaryotenzellen ist die DNA in einem engen Komplex an regelmåûige Anordnungen aus Histonproteinen gebunden. Untersucht man ein DNA-Molekçl wåhrend der Replikation mit dem Elektronenmikroskop, so erkennt man Nucleosomen an beiden Tochterdoppelstrången sehr nahe an der Replikationsgabel (Abb. 13.24 a); man kann also annehmen, dass die Nucleosomen sich an der DNA sehr schnell neu bilden. Wie in Kap. 12.1.2 erlåutert wurde, besteht das Octamer des Histonkerns aus einem Tetramer mit der Struktur (H3H4)2 und zwei Dimeren der Form H2A/H2B. B $-Untersuchungen lassen darauf schlieûen, dass die vor der Replikation vorhandenen (H3H4)2-Tetramere unversehrt bleiben und sich nach dem Zufallsprinzip auf die beiden Tochtermolekçle verteilen. Deshalb trågt jedes der beiden neuen DNA-Molekçle eine Mischung aus alten und neuen (H3H4)2-Tetrameren (Abb. 13.24 b). Dagegen bleiben die beiden H2A/H2B-Dimere der ursprçnglichen Nucleosomen nicht zusammen, wenn die Replikationsgabel durch das Chromatin wandert. Sie trennen sich vielmehr und binden dann anscheinend nach dem Zufallsprinzip an alte und neue (H3H4)2-Tetramere, die sich bereits an den Tochterdoppelstrången befinden (Abb. 13.24 b). Der schrittweise Aufbau der Nucleosomen und die Einhaltung regelmåûiger Abstånde bei ihrer Bindung an die DNA werden durch ein System von Hilfsproteinen erleichtert.
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13.2 DNA-Reparatur Die Lebewesen sind auf der Erde den verschiedensten Zerstærungskråften ausgesetzt, die ihren Ursprung sowohl im Inneren eines Organismus als auch in seiner Umwelt haben. Unter allen Molekçlen in einer Zelle ist die DNA den græûten Gefahren ausgesetzt. Auf der einen Seite ist es unbedingt erforderlich, dass die genetische Information praktisch unveråndert von Zelle zu Zelle und von einem Individuum zum Nåchsten weitergegeben wird. Auf der anderen gehært die DNA jedoch zu den Molekçlen, die besonders empfindlich gegençber schådlichen Einflçssen sind. Wird sie von ionisierender Strahlung getroffen, bricht in vielen Fållen das Rçckgrat des DNA-Molekçls; reaktionsfåhige chemische Verbindungen, von denen manche im Stoffwechsel der Zelle selbst entstehen, kænnen die Struktur der Basen in einem DNA-Molekçl veråndern; unter dem Einfluss ultravioletter Strahlung treten benachbarte Pyrimidine eines DNA-Stranges bevorzugt in Wechselwirkung und bilden einen Komplex, d. h. ein Dimer (Abb. 13.25). Schon die Wårmeenergie aus dem Stoffwechsel reicht aus, um Adenin- und Guaninbasen von den Zu-
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ckergruppen des DNA-Rçckgrats zu læsen. Wie håufig solche spontanen Verånderungen vorkommen, erkennt man an einer Schåtzung, wonach jede Zelle eines warmblçtigen Såugetieres ungefåhr 10 000 Basen pro Tag verliert! Werden solche Schåden nicht repariert, kommt es in der DNA zu dauerhaften Verånderungen, d. h. zu Mutationen. Ereignet sich die Mutation in einer Zelle, aus der spåter eine Gamete hervorgeht, gelangt die Verånderung unter Umstånden in die nåchste Generation. Mutationen wirken sich aber auch auf somatische Zellen aus, d. h. auf Zellen, die nicht zur Keimbahn gehæren: Sie kænnen Transkription und Replikation beeintråchtigen, die bæsartige Verånderung einer Zelle in Gang setzen oder die Alterungsvorgånge in einem Organismus beschleunigen. Angesichts der Tatsache, dass Verånderungen der DNA-Molekçle weit reichende Folgen haben kænnen und gleichzeitig so håufig vorkommen, mçssen die Zellen unbedingt çber Mechanismen verfçgen, mit denen sie Schåden der DNA reparieren kænnen. Tatsåchlich besitzen sie eine verwirrende Vielfalt von Reparatursystemen, die praktisch alle nur denkbaren Schåden eines DNA-Molekçls korrigieren kænnen. Nach Schåtzungen entgeht noch nicht einmal eine von 1000 Basenverånderungen den zelleigenen Reparaturmechanismen. Diese Mechanismen sind auch ein ausgezeichnetes Beispiel dafçr, wie die Homæostase in den Zellen auf molekularer Ebene aufrechterhalten wird. Die groûe Bedeutung der DNA-Reparatur kann man einschåtzen, wenn
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man sich ansieht, wie Defekte der entsprechenden Systeme sich beim Menschen auswirken; mit diesem Thema beschåftigt sich die Box ¹Aus Sicht des Menschenª des vorliegenden Kapitels. Sowohl Pro- als auch Eukaryotenzellen besitzen verschiedene Proteine, die an der DNA patrouillieren und nach Verånderungen oder Verformungen suchen. In manchen Fållen werden solche Schåden dann sofort repariert. In menschlichen Zellen gibt es beispielsweise Enzyme fçr die unmittelbare Reparatur von Schåden, die von Krebs erregenden alkylierenden Agenzien angerichtet werden. Die meisten Reparatursysteme setzen jedoch voraus, dass ein geschådigter DNA-Abschnitt ausgeschnitten und gezielt entfernt wird. Es gehært zu den groûen Vorteilen des DNA-Doppelstranges, dass jeder Strang die Informationen zum Aufbau seines Partners enthålt. Werden deshalb aus einem Strang ein oder mehrere Nucleotide entfernt, kann der Komplementårstrang als Matrize zur Wiederherstellung des Doppelstranges dienen. Wie in der nachfolgenden Beschreibung deutlich werden wird, haben DNA-Replikation und DNA-Reparatur viele gemeinsame Eigenschaften. Vielfach sind daran die gleichen ¹Ersatzteile und Dienstleistungenª beteiligt. !'$! Nucleotid-Excisionsreparatur Die ) #- 3)# 4 ist ein Mechanismus mit Ausschneiden und Einfçgen. Sie dient der Reparatur verschiedener sperriger Schadstellen wie Pyrimidindimere oder Nucleotide, an die verschiedene chemische Gruppen gebunden sind. Man kann zwei Wege der NER unterscheiden: n Beim werden bevorzugt die Matrizenstrånge aktiv transkribierter Gene repariert. Eine solche Reparatur des Matrizenstranges findet statt, wåhrend die DNA transkribiert wird; dabei gibt vermutlich eine ¹stecken gebliebeneª RNA-Polymerase das Signal. Dieser bevorzugte Reparaturmechanismus gewåhrleistet, dass die wichtigsten Gene der Zelle ± nåmlich diejenigen, die aktiv transkribiert werden ± auf der ¹Reparaturlisteª ganz oben stehen. n In den çbrigen Teilen des Genoms werden die DNA-Strånge auf einem langsameren, weniger effizienteren repariert.
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Içr die Erkennung des Schadens sind zwar vermutlich auf den beiden Wegen der NER unterschiedliche Proteine verantwortlich (Schritt 1 in Abb. 13.26), bei der eigentlichen Reparatur laufen aber nach heutiger Kenntnis sehr åhnliche Vorgånge ab (Abb. 13.26, Schritte 2 bis 6). Ein entscheidender Bestandteil des NER-Apparats ist TFIIH, ein riesiges Protein, das auch an der Initiation der Transkription mitwirkt. Mit der Entdeckung, dass TFIIH beteiligt ist, hatte man eine wichtige Verbindung zwischen Transkription und DNA-Reparatur hergestellt, zwei Vorgången, die man zuvor fçr unabhångig voneinander gehalten hatte (Nåheres in dem Abschnitt ¹Experimental Pathwaysª unter www.wiley.com/college/ karp). Unter den verschiedenen Untereinheiten von TFIIH sind zwei (XPB und XPD), die eine Helikaseaktivitåt besitzen; diese Enzyme trennen die Strånge der Doppelhelix (Abb. 13.26, Schritt 2) und bereiten damit die Entfernung der Schadstelle vor. Anschlieûend wird der geschådigte Strang beiderseits des Schadens von zwei Endonucleasen durchtrennt (Schritt 3) und der zwischen den Schnitten liegende DNA-Abschnitt freigesetzt (Schritt 4). Die so entstandene Lçcke wird von einer DNA-Polymerase aufgefçllt (Schritt 5), schlieûlich stellt eine DNA-Ligase den ununterbrochenen Strang wieder her (Schritt 6). !'$$ Basen-Excisionsreparatur Ein anderes Excisions-Reparatursystem entfernt verånderte Nucleotide, die durch reaktionsfåhige Chemikalien aus Nahrung oder Stoffwechsel erzeugt wurden. Die Tåtigkeit dieses eukaryotischen Reparatursystems, das als 7 #- 37# 4 bezeichnet wird, zeigt Abb. 13.27. In Gang gesetzt wird die BER durch eine ) :% % , welche die Verånderung erkennt (Schritt 1 in Abb. 13.27) und die Base durch Spaltung der glycosidischen Bindung zwischen Base und Desoxyribose heraustrennt (Schritt 2). Man hat eine Reihe verschiedener DNA-Glycosylasen nachgewiesen, die jeweils mehr oder weniger spezifisch fçr einen ganz bestimmten Typ verånderter Basen sind, beispielsweise fçr Uracil (das durch hydrolytische Abspaltung der Aminogruppe aus Cytosin entsteht), 8-Oxo-guanin (entstanden durch schådliche freie Sauerstoffradikale, s. Kap. 2) und 3-Methyladenin (das durch Ûbertragung einer Methylgruppe von einem Methyldonor entsteht, Kap. 11.3.2). Nachdem das verånderte Purin oder Pyrimidin ausgeschnitten ist, entfernen eine spezialisierte ¹AP-Endonucleaseª und eine DNA-Polymerase gemeinsam das an dieser Stelle verbliebene ¹gekæpfteª Desoxyribosephos-
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phat. Die AP-Endonuclease spaltet das Rçckgrat der DNA (Schritt 3), und eine Phosphodiesteraseaktivitåt der Polymerase entfernt das Ûberbleibsel aus Zucker und Phosphat, an dem die ausgeschnittene Base gebunden war (Schritt 4). Anschlieûend fçllt die Polymerase die Lçcke, indem sie ein zum unbeschådigten Strang komplementåres Nucleotid einfçgt (Schritt 5). Die DNALigase III schlieût den Strang (Schritt 6).
DNA-Reparatur
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>n der Tatsache, dass Cytosin sich in Uracil verwandeln kann, liegt mæglicherweise auch die Erklårung dafçr, warum die natçrliche Selektion nicht Uracil, sondern Thymin als Base in der DNA bevorzugte, obwohl Uracil vermutlich ein Bestandteil der RNA war, als diese in der Frçhzeit der Evolution als genetisches Material diente (Kap. 11.4.4). Wåre das Uracil auch in der DNA als Base erhalten geblieben, håtten die Reparatursysteme kaum unterscheiden kænnen, ob ein Uracil ¹zu Rechtª an einer bestimmten Stelle stand oder ob es durch Verånderung von Cytosin entstanden war. Interessanterweise gehært eine Uracil-DNA-Glycosylase zu den Enzymen, die von bis zum Menschen am stårksten konserviert sind: Beide Enzyme haben 56% ihrer Aminosåuresequenz gemeinsam. Wie man aus Strukturuntersuchungen weiû, bindet das Enzym an die DNA und veranlasst das Uracil, aus der Helix in das aktive Zentrum des Enzyms çberzuspringen, wo es dann entfernt wird. !'$' ehlpaarungsreparatur
n Abb. 13.27. $ ! % ' 9 $ ? ; ? 7 G
Wie zuvor bereits erlåutert wurde, kænnen die Zellen falsch gepaarte Basen entfernen, die von der DNA-Polymerase eingebaut wurden und der Korrekturlese-Exonuclease des Enzyms entgangen sind. Dieser Vorgang wird als
bezeichnet. Falsch gepaarte Basen verursachen in der Geometrie der Doppelhelix eine Verformung, die von einem Reparaturenzym erkannt werden kann. Aber wie ¹erkenntª das Enzym, auf welcher Seite eines solchen Paares das falsch gepaarte Nucleotid steht? Wçrde das Nucleotid nach dem Zufallsprinzip entfernt, wåren die Entscheidungen in 50% der Fålle falsch und an den betreffenden Stellen wçrden dauerhafte Mutationen entstehen. Damit eine falsche Paarung entfernt werden kann, nachdem die DNAPolymerase die betreffende Stelle bereits passiert hat, muss das Reparatursystem zwischen dem neu synthetisierten Strang, der das falsche Nucleotid enthålt, und dem Ausgangsstrang mit dem richtigen Nucleotid unterscheiden kænnen. Bei unterscheiden sich die Strånge durch die angehefteten beziehungsweise fehlenden Methylgruppen. In dem ursprçnglichen Strang sind Methylgruppen an bestimmte Adenosinreste gebunden, der neu synthetisierte Strang dagegen bleibt nach der Replikation noch eine gewisse Zeit lang unmethyliert. Bevor die Methylierung stattfindet, sucht das Reparatursystem die DNA ab; erkennt es eine Fehlpaarung, entfernen und ersetzen die Enzyme stets Nucleotide aus dem unmethylierten Strang. Damit ist gewåhrleistet,
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dass das ursprçngliche Basenpaar wiederhergestellt wird. Das Fehlpaarungsreparatursystem der Eukaryoten nutzt offenbar nicht die DNAMethylierung; wie hier der neu synthetisierte Strang erkannt wird, ist bisher nicht geklårt. !'$ Reparatur von Doppelstrangbrçchen Ræntgenstrahlen, Gammastrahlen und die von radioaktiven Atomen freigesetzten Teilchen werden als & bezeichnet, weil sie beim Durchgang durch Materie die Ionen entstehen lassen. In jeder Minute dringen Millionen von Gammastrahlen durch unseren Kærper. Trifft diese Strahlung auf die empfindlichen DNA-Molekçle, brechen håufig beide Strånge der Doppelhelix. Solche 3&7 4 werden auch von bestimmten chemischen Substanzen verursacht, unter anderem von mehreren Wirkstoffen (zum Beispiel Bleomycin), die zur Chemotherapie von Krebs verwendet werden, und von freien Radikalen, die beim normalen Zellstoffwechsel entstehen (Kap. 2). Auch bei der Replikation geschådigter DNA entstehen Doppelstrangbrçche. Diese kænnen zu schwerwiegenden Chromosomenanomalien fçhren und sich fçr eine Zelle letztlich als tædlich erweisen. Die Reparatur von DSBs kann auf mehreren Wegen erfolgen. Den Mechanismus, den Såugerzellen vorwiegend nutzen, nennt man . # ( < ' )2#N); dabei bindet ein Proteinkomplex an die gebrochenen Enden des DNA-Doppelstranges und katalysiert eine Reihe von Reaktionen, durch welche die Strånge wieder verbunden werden. Der Ablauf der NHEJ ist in Abb. 13.28 wiedergegeben und wird in der zugehærigen Legende genauer beschrieben. Zellen, denen ein fçr die DHEJ notwendiges Enzym fehlt, sind gegençber ionisierender Strahlung sehr empfindlich. Ein anderer Weg zur Reparatur von Doppelstrangbrçchen beinhaltet genetische Rekombination und ist betråchtlich komplexer. Defekte in beiden Reparaturmechanismen konnte man mit einer erhæhten Anfålligkeit fçr Krebserkrankungen in Verbindung bringen.
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13.3 Zwischen Replikation und Reparatur In der Box ¹Aus Sicht des Menschenª wird die erbliche Krankheit Xeroderma pigmentosum (XP) beschrieben. Bei den Betroffenen werden DNA-Schåden, die durch ultraviolette Strahlung entstehen, nicht repariert. Bei Patienten mit der ¹klassischenª Form von XP ist jeweils eines von insgesamt sieben Genen defekt, die an der Nucleotid-Excisionsreparatur beteiligt sind (Kap. 13.2.1). Diese Gene tragen die Bezeichnungen ?!' ?&' ?"' ?' ?' ? und ?%; einige Funktionen, die sie bei der NER erfçllen, sind in der Legende zu Abb. 13.26 aufgefçhrt. Darçber hinaus konnte man eine weitere Gruppe von Patienten identifizieren, die wie jene mit XP auf Sonnenlicht sehr håufig mit Hautkrebs reagieren. Im Gegensatz zu den Zellen von XP-Patienten waren die Zellen aus dieser Personengruppe jedoch zur Nucleotid-Excisionsreparatur in der Lage und gegençber UV-Licht nur geringfçgig empfindlicher als normale Zellen. Die erhæhte UV-Empfindlichkeit zeigte sich nur bei der Replikation, denn dabei entstanden unter UV-Einwirkung håufig zer-
Kwischen Replikation und Reparatur
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Defekte der DNA-Reparatur und ihre Folgen Wir verdanken unser Leben dem Sonnenlicht, dessen Energie durch die Photosynthese eingefangen wird. Die Sonne sendet aber auch einen ununterbrochenen Strom ultravioletter Strahlen aus, und diese Strahlung låsst unsere Hautzellen altern und mutieren. Welche Gefahren von der Sonne ausgehen, zeigt sich am eindrucksvollsten an der seltenen, genetisch bedingten Krankheit Xeroderma pigmentosum (XP). Bei Patienten mit XP ist ein DNA-Reparatursystem defekt, so dass DNA-Abschnitte, die durch ultraviolette Strahlung geschådigt sind, nicht ausgeschnitten werden. Deshalb sind Personen mit XP gegençber Sonnenlicht åuûerst empfindlich; schon bei begrenzter direkter Sonneneinwirkung entstehen auf unbedeckten Kærperpartien zahlreiche dunkel pigmentierte Flecken (Abb. 1). Das Risiko, entstellende und tædliche Hautkrebserkrankungen zu bekommen, steigt stark an. Eine gewisse Hilfe fçr die Betroffenen sind Hautcremes, die DNA-Reparaturenzyme enthalten. Die Enzyme sind dabei in Liposomen eingeschlossen, die offensichtlich die åuûere Hautschicht durchdringen kænnen, so dass ihr Inhalt an der DNA-Reparatur mitwirken kann. XP ist nicht die einzige Krankheit, die durch Defekte der Nucleotid-Excisionsreparatur entsteht. Die charakteristischen Kennzeichen des Cockayne-Syndroms (CS), einer weiteren genetisch bedingten Krankheit, sind starke Lichtempfindlichkeit, Demyelinisierung von Neuronen mit der Folge von Nervenfunktionsstærungen und Kleinwçchsigkeit; Anzeichen fçr eine erhæhte Hautkrebshåufigkeit gibt es dabei jedoch nicht. In den Zellen von CS-Patienten fehlt der wichtigste Reparaturmechanismus fçr DNA, die gerade transkribiert wird (Kap. 13.2.2). Das çbrige Genom wird mit normaler Håufigkeit repariert, was vermutlich die normale Hautkrebshåufigkeit erklårt. Aber warum sind Personen mit einem defekten Reparaturmechanismus von so spezifischen Anomalien wie der Kleinwçchsigkeit betroffen? Die meisten CS-Fålle lassen sich auf Mutationen in einem der beiden Gene "! und "& zurçckfçhren, die nach heutiger Kenntnis dazu beitragen, eine Verbindung zwischen Transkription und DNA-Synthese herzustellen
n Abb. 1. 9 - ) ( % ! ' +) F 4 1
(Abb. 13.26). Mutationen in diesen Genen wirken sich nicht nur auf die DNA-Reparatur aus, sondern sie dçrften auch die Transkription mancher Gene beeintråchtigen, was zu Wachstumsverzægerungen und Entwicklungsstærungen im Nervensystem fçhrt. Fçr diese Mæglichkeit spricht auch die Beobachtung, dass XP-Patienten mit ganz bestimmten Mutationen im ?-Gen in seltenen Fållen Symptome des CS aufweisen. Wie in Kap. 13.2.1 erwåhnt wurde, codiert ? eine Untereinheit des Transkriptionsfaktors TFIIH, der fçr die Initiation der Transkription benætigt wird. Mæglicherweise fçhren Mutationen von ? also sowohl bei der DNA-Reparatur als auch bei der Transkription zu Defekten. Andere Mutationen von ? sind die Ursache einer weiteren Krankheit, der Trichothiodystrophie (TTD), deren Symptome ebenfalls an Stærungen von DNAReparatur und Transkription denken lassen. Wie die CS-Patienten, so sind auch Personen mit TTD sehr empfindlich gegen Sonnenlicht, ohne dass aber das Krebsrisiko erhæht wåre. Bei TTD-Patienten beobachtet man zusåtzliche Symptome wie brçchige Haare und Hautschuppen. Diese Befunde lassen darauf schlieûen, dass alle drei Krankheiten ± XP, CS und
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DNA-Replikation und DNA-Reparatur
TTD ± durch Defekte in ein und demselben Gen verursacht werden; welche Krankheit dann ausbricht, hångt davon ab, was fçr eine Mutation in diesem Gen vorliegt. Menschen mit Defekten der DNA-Reparatur sind nicht die einzigen, die sich wegen çbermåûiger Sonneneinwirkung Sorgen machen sollten. Selbst wenn alle Reparatursysteme einer Hautzelle optimal funktionieren, wird ein kleiner Teil der Schadstellen weder ausgeschnitten noch ersetzt. Verånderungen in der DNA fçhren zu Mutationen, durch die eine Zelle bæsartig werden kann (Kap. 16). Nicht reparierte, UV-bedingte Schåden fçhren also zu einem erhæhten Hautkrebsrisiko. Man braucht sich nur die Statistik anzusehen: Allein in den Vereinigten Staaten erkranken jedes Jahr mehr als eine Million Menschen an insgesamt drei Formen von Hautkrebs. Der græûte Teil dieser Fålle ist auf çbermåûige Einwirkung der UV-Strahlung von der Sonne zurçckzufçhren. Glçcklicherweise greifen die beiden håufigsten Hautkrebsformen ± das Basaliom und das Plattenepithelkarzinom ± nur selten auf andere Kærperteile çber und kænnen meist mit einem ambulanten Eingriff entfernt werden. Beide Krebsformen gehen von den Epithelzellen der Haut aus. Der dritte Hautkrebstyp jedoch, das maligne Melanom, verlåuft vielfach tædlich. Es entsteht im Gegensatz zu den beiden anderen Formen aus den Pigmentzellen der Haut. Die Zahl der neu diagnostizierten Melanomfålle steigt in den Vereinigten Staaten mit der beunruhigend hohen Rate von 4% pro Jahr an, weil immer mehr Menschen sich in den letzten Jahrzehnten sehr håufig in der Sonne aufgehalten haben. Einer der græûten Risikofak-
ochene Tochterstrånge. Die Krankheit dieser Personen wurde als Variante von XP eingestuft und als XP-V bezeichnet. Auf ihre molekularen Grundlagen werden wir in Kçrze zurçckkommen. Im vorherigen Abschnitt war davon die Rede, dass die Zellen ganz unterschiedliche DNA-Schåden reparieren kænnen. Gelegentlich ist jedoch ein solcher Schaden noch nicht behoben, wenn die Replikation des betreffenden DNA-Abschnitts bevorsteht. In solchen Fållen trifft der Replikationsapparat auf die Schadstelle im Matrizenstrang und bleibt dort hången. Daraufhin wird ein Signal ausgesandt. Dies fçhrt zur Hinzuziehung einer spezialisierten Polymerase, welche die Schadstelle çbergeben kann. Angenommen, es handelt sich
toren fçr Erwachsene ist dabei nach neueren Untersuchungen ein starker, mit Blasenbildung verbundener Sonnenbrand in der Kindheit oder Jugend. Deshalb ist es sehr wichtig, den Sonnenbrand insbesondere bei Kindern zu vermeiden. Die XP ist eine sehr seltene Krankheit, Dickdarmkrebs dagegen ist håufig. Diese Krankheit ist nach Schåtzungen in etwa 15% aller Fålle auf Mutationen in den Genen zurçckzufçhren, die Proteine fçr die Fehlpaarungsreparatur codieren. Mutationen, die solche Gene funktionsunfåhig machen, haben zwangslåufig auch eine hæhere Mutationsrate in anderen Genen zur Folge, weil Fehler, die wåhrend der Replikation entstehen, nicht mehr korrigiert werden. Krebs kann auch die Folge sein, wenn Doppelstrangbrçche in der DNA falsch oder gar nicht repariert werden. Solche Brçche in der DNA werden von verschiedenen Umwelteinflçssen verursacht, denen wir håufig ausgesetzt sind, so von Ræntgen- und Gammastrahlen sowie von radioaktiven Emissionen. Die græûte Umweltgefahr ist in diesem Zusammenhang wahrscheinlich das Radon (genauer gesagt 222 Rn), ein radioaktives Isotop, das beim Zerfall von Uran entsteht. In manchen Gegenden der Erde enthålt der Boden relativ viel Uran, und in Håusern, die in solchen Regionen errichtet werden, befinden sich manchmal gefåhrlich hohe Radonmengen. Das eingeatmete Gas kann Doppelstrangbrçche in der DNA der Lungenzellen hervorrufen und somit das Lungenkrebsrisiko ansteigen lassen. Ein betråchtlicher Teil der Lungenkrebserkrankungen von Nichtrauchern ist vermutlich auf Radoneinwirkung zurçckzufçhren.
bei dem Schaden um ein Thymidindimer (Abb. 13.25) in einer Hautzelle, das durch die Einwirkung von UV-Strahlung entstanden ist. Wenn die Replikationspolymerase (pol d) das Hindernis erreicht, wird sie vorçbergehend durch eine ¹spezialisierteª DNA-Polymerase namens pol g ersetzt, die gegençber den beiden im Dimer kovalent verbundenen T-Basen zwei A-Nucleotide einbauen kann. Nachdem der Schaden auf diese Weise umgangen wurde, wechselt die Zelle wieder zur normalen Replikationspolymerase, und die DNASynthese setzt sich fort, ohne dass die Læsung dieses schwerwiegenden Problems eine Spur hinterlåsst. Wie man nach der Reihenfolge der Beschreibung vielleicht schon vermuten kann, tragen Pa-
Zusammenfassung
tienten mit XP-V eine Mutation in den Genen fçr pol g, so dass die Replikation von Thymidindimeren bei ihnen groûe Schwierigkeiten bereitet. Die Polymerase g gehært zu einer Familie von DNA-Polymerasen, die auf den Einbau von Nucleotiden gegençber verschiedenen Schåden des Matrizenstranges spezialisiert sind. Die Polymerasen dieser Familie leisten die ! 1
% 3!8&4 und besitzen eine geradezu gespenstische Fåhigkeit, stets das Nucleotid einzubauen, das sich mit der betreffenden Base im 1 & verbunden håtte. Diese Polymerasen kænnen immer nur ein Nucleotid
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oder einige wenige in einen DNA-Strang einbauen, weil ihnen die Prozessivitåt fehlt; sie sind nicht zum Korrekturlesen in der Lage und bauen viel håufiger ein falsches (d. h. nicht komplementåres) Nucleotid ein als die klassischen Polymerasen. Einer umstrittenen Vorstellung zufolge werden diese fehleranfålligen Polymerasen bei manchen Lebewesen auch unter ungçnstigen Lebensbedingungen aktiv. Dies kænnte der Anpassung dienen, weil es die Mutationsrate steigen låsst, so dass mit græûerer Wahrscheinlichkeit Individuen entstehen, die den Umweltbelastungen standhalten.
Zusammenfassung ) 1 9 9
" 0 0 ' , ! $ 91 & - ' 0 Einen solchen Replikationsmechanismus vermuteten bereits Watson und Crick im Zusammenhang mit ihrem Modell der DNA-Struktur. Ihrer Vorstellung zufolge trennen sich die Strånge bei der Replikation durch Auflæsung der Wasserstoffbrçcken, so dass jeder Strang als Matrize fçr die Synthese eines Komplementårstranges dienen kann. Dieses Modell wurde schon bald sowohl bei Bakterien als auch bei Eukaryotenzellen beståtigt: Wie man nachweisen konnte, tragen Tochterzellen, deren Eltern fçr eine Generation in markiertem Medium gewachsen sind, DNA mit einem markierten und einem unmarkierten Strang (Kap. 13.1.1). 7 0 Die Replikation beginnt auf dem ringfærmigen Bakterienchromosom an einem einzigen Ursprung und setzt sich dann mit zwei Replikationsgabeln in beiden Richtungen fort. Als Replikationsgabel bezeichnet man die Stelle, wo die Doppelhelix auseinander gewunden ist und Nucleotiden in beide neu synthetisierte Strånge eingebaut werden (Kap. 13.1.2). )&% ' 9 )/% % 0 Das erste derartige Enzym, das man charakterisierte, war die DNA-Polymerase I von . Damit das Enzym die Polymerisationsreaktion katalysieren kann, braucht es alle vier Desoxyribonucleosidtriphosphate, einen Matrizenstrang, den es kopieren kann, und einen Primer mit einem freien 3'-OH-Ende, an den Nucleotide angefçgt werden kænnen. Der Primer ist not-
wendig, weil das Enzym die Synthese eines DNA-Stranges nicht in Gang setzen kann. Es fçgt vielmehr stets nur Nucleotide an das 3'-Hydroxylende eines vorhandenen Stranges an. Darçber hinaus hat die DNA-Polymerase I die çberraschende Eigenschaft, dass sie Strånge ausschlieûlich in 5'?3'-Richtung synthetisiert. Zuvor hatte man angenommen, die beiden neuen Strånge wçrden gegenlåufig von Polymerasen synthetisiert, die sich in entgegengesetzten Richtungen an den beiden Matrizenstrången entlangbewegen. Eine Erklårung fand man jedoch, als sich herausstellte, dass die beiden Strånge auf ganz unterschiedliche Weise aufgebaut werden (Kap. 13.1.3). # % &1 3 8 4 '1 ' %
0 3 4 ' 9 : ' 91 % 0 In Bakterienzellen wird der Folgestrang in Form von Fragmenten synthetisiert, die ungefåhr 1000 Nucleotide lang sind. Diese so genannten Okazaki-Fragmente werden von einer DNA-Ligase kovalent verknçpft. Der Leitstrang dagegen wird als ein einziger, ununterbrochener Strang aufgebaut. Die DNAPolymerase kann weder den kontinuierlichen Strang noch die Okazaki-Fragmente aus dem Nichts synthetisieren, sondern sie braucht immer einen kurzen RNA-Primer, der von einer als Primase bezeichneten RNA-Polymerase hergestellt wird. Nachdem der RNA-Primer zusammengesetzt wurde, setzt die DNA-Polymerase die Synthese des Stranges oder Fragments fort. Spåter wird die RNA abgebaut, und die Lçcke wird mit DNA aufgefçllt (Kap. 13.1.3).
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,@A-Replikation und DNA-Reparatur
.1 9 1 / $ 0 Dazu gehæren eine DNA-Gyrase, d. h. eine Topoisomerase des Typs II zum Abbau der Spannung, die sich vor der Gabel durch das Auseinanderwinden der DNA aufbaut; eine DNA-Helikase, welche die Strånge trennt und die DNA auseinander windet; DNA-einzelstrangbindende Proteine, die sich gezielt an einzelstrångige DNA heften und ihre Zusammenlagerung verhindern; eine Primase fçr die Synthese der RNA-Primer; eine DNA-Ligase, welche die Fragmente des Folgestranges zu einem ununterbrochenen Polynucleotid verbindet. Das wichtigste DNA-Syntheseenzym ist die DNAPolymerase III, die Nucleotide an die einzelnen RNA-Primer anfçgt; die DNA-Polymerase I hat die Aufgabe, die RNA-Primer zu entfernen und durch DNA zu ersetzen. Nach heutiger Kenntnis wandern zwei Molekçle der DNA-Polymerase III gemeinsam als Komplex (Replisom) an ihren beiden Matrizenstrången entlang. Dies ist mæglich, weil der Folgestrang eine Schleife bildet (Kap. 13.1.3). )/% $ 9 /%
9 ) 1 10 Die meisten DNA-Polymerasen besitzen sowohl eine 5'?3'- als auch eine 3'?5'-Exonucleaseaktivitåt. Die erste dient zum Abbau der RNA-Primer am Anfang der einzelnen Okazaki-Fragmente, die andere entfernt falsch eingefçgte Nucleotide und trågt so zur Genauigkeit der Replikation bei. Nach Schåtzungen wird bei nur ungefåhr eines von 109 Nucleotiden dauerhaft falsch eingebaut (Kap. 13.1.3). # % 1 ' 1 / ' / %0 Alle an der Replikation beteiligten DNA-Polymerasen verlångern die DNA-Strånge in 5'?3'-Richtung. Keines dieser Enzyme kann ohne Primer die Synthese eines Stranges in Gang setzen. Die meisten besitzen eine 3'?5'-Exonucleaseaktivitåt, die fçr eine hohe Genauigkeit der Replikation sorgt. Anders als bei Prokaryoten wird die Replikation bei Eukaryoten gleichzeitig an vielen Stellen auf einem Chromosom in Gang gesetzt, wobei die Replikationsgabeln sich von jedem dieser Ursprçnge aus in beide Richtungen in Bewegung setzen. Wie man aus Untersuchungen an Hefezellen weiû, enthalten die Replikationsursprçnge eine spezifische Bindungsstelle fçr einen unentbehrlichen Proteinkomplex namens ORC. Die Vor-
gånge am Replikationsursprung gewåhrleisten, dass jeder DNA-Abschnitt genau einmal pro Zellzyklus repliziert wird (Kap. 13.1.4). 7 # %$
& 0 Zahlreichen Befunden zufolge sind groûe Teile des Replikationsapparats mit der Kernmatrix assoziiert. Auch die zum jeweiligen Zeitpunkt aktiven Replikationsgabeln konzentrieren sich auf etwa 50 bis 250 so genannte Replikationsbrennpunkte. Die neu synthetisierte DNA verbindet sich sehr schnell mit Nucleosomen. (H3H4)2-Tetramere, die vor der Replikation vorhanden waren, bleiben intakt und werden an die Tochterdoppelstrånge weitergegeben, die H2A/H2B-Dimere dagegen trennen sich und binden nach dem Zufallsprinzip an die alten und neuen (H3H4)2-Tetramere an den Tochterdoppelstrången (Kap. 13.1.4). ) 9 '
1 '" & " ' 9 & $ 9 0 Die Zellen besitzen verschiedene Systeme, die solche Schåden erkennen und reparieren. Nach Schåtzungen entgeht noch nicht einmal jede 1000. verånderte Base den Reparatursystemen der Zelle. Es wurden vier wichtige Reparatursysteme beschrieben. Bei der Nucleotid-Excisionsreparatur (NER) wird ein kurzer DNA-Abschnitt mit einer sperrigen Schadstelle, beispielsweise einem Pyrimidindimer, aus dem Molekçl ausgeschnitten. Dazu werden die DNA-Strånge in dem geschådigten Bereich von einer Helikase getrennt, Endonucleasen bringen zwei Schnitte an, die Lçcke wird von einer DNA-Polymerase aufgefçllt und der Strang von einer DNA-Ligase verschlossen. Bevorzugt werden durch NER die Matrizenstrånge aktiv transkribierter Gene repariert. Durch Basen-Excisionsreparatur werden verschiedene verånderte Nucleotide entfernt, die in der DNA-Helix kleinere Verformungen verursachen. Die Zellen besitzen vielfåltige Glycosylasen, die verschiedene verånderte Basen erkennen und entfernen. Nachdem die Base beseitigt wurde, schneidet eine Endonuclease den verbliebenen Teil des Nucleotids aus, die Lçcke wird von einer Phosphodiesteraseaktivitåt vergræûert. Dann sorgen Polymerase und Ligase dafçr, dass sie geschlossen wird. Die Fehlpaarungsreparatur dient dazu, nach der Replikation falsch eingebaute Nucleotide zu entfernen, die der Korrekturleseaktivitåt der Polymerase entgangen sind. Bei Bakterien wird der neu synthetisierte Strang fçr die Reparatur auf Grund der
Zur Selbstçberprçfung
Tatsache ausgewåhlt, dass ihm im Vergleich zum Ausgangsstrang Methylgruppen fehlen. Doppelstrangbrçche werden repariert, indem Proteine an die gebrochenen Strånge binden und die Enden wieder verknçpfen (Kap. 13.2). )
" ) )/% $ 9
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)/% " &" ' ) 1 " 0 Diese Polymerasen, die an der Translåsionssynthese mitwirken, sind weder prozessiv noch zum Korrekturlesen in der Lage und deshalb fehleranfålliger als die klassischen Polymerasen (Kap. 13.3).
Zur Selbstçberprçfung () Angenommen, Meselson und Stahl håtten die Zellen in ihrem Experiment zunåchst in Medium mit 14N wachsen lassen und sie dann in Medium mit 15N çberfçhrt. Wie håtten die Banden in den Zentrifugenræhrchen dann bei semikonservativer Replikation ausgesehen? Wie bei konservativer Replikation? Und wie bei dispersiver Replikation? 2. Angenommen, Sie haben einen mutierten Hefestamm isoliert, dessen DNA sich mehr als einmal je Zellzyklus repliziert. Mit anderen Worten: Jedes Gen im Genom verdoppelt sich zwischen zwei Zellteilungen mehrmals. Wie kænnte man ein solches Phånomen erklåren? 3. Wie wçrden die Chromosomen in dem in Abb. 13.4 dargestellten Experiment mit Eukaryotenzellen aussehen, wenn die Replikation nach einem konservativen oder dispersiven Mechanismus abliefe? 4. Wie wir zuvor erfahren haben, besitzen die Zellen ein besonderes Enzym, das Uracil aus der DNA entfernt. Was wçrde nach Ihrer Vermutung geschehen, wenn die Uracilgruppen nicht ausgeschnitten wçrden? (Hier kænnen Sie die Informationen aus Abb. 11.44 çber die Paarungseigenschaften des Uracils einbeziehen.) 5. Zeichnen Sie ein teilweise doppelstrångiges DNA-Molekçl, das nicht als Matrize fçr die DNA-Synthese durch die DNA-Polymerase I dienen kann. 6. Manche temperatursensitiven Bakterienmutanten stellen die Replikation sofort nach einer Temperaturerhæhung ein, bei anderen låuft die Replikation zunåchst noch eine Zeit lang weiter, und wieder andere bringen die noch laufende Replikationsrunde vollståndig zu Ende. Worin kænnten sich diese drei Mutanten unterscheiden?
7. Angenommen, die Fehlerquote wåre bei der Replikation in menschlichen Zellen ebenso hoch wie in Bakterien (nåmlich etwa 10±9). Welche Unterschiede gåbe es bei den Auswirkungen auf die beiden Zelltypen? 8. Abb. 13.19 zeigt die Ergebnisse eines Experiments, in dem Zellen noch nicht einmal 30 Minuten vor der Fixierung mit [3H]-Thymidin inkubiert wurden. Wie wçrde das Foto nach Ihrer Vermutung aussehen, wenn die Markierung eine Stunde gedauert håtte? Kænnen Sie daraus schlieûen, dass das gesamte Genom innerhalb einer Stunde repliziert wird? Und wenn nicht: warum nicht? 9. Replikationsursprçnge beinhalten in der Regel einen Abschnitt mit besonders vielen A-T-Basenpaaren. Welche Funktion kænnten diese Abschnitte nach Ihrer Vermutung erfçllen? 10. Welchen Vorteil kænnte es nach Ihrer Ansicht haben, wenn die DNA-Replikation nicht im Kernplasma, sondern in Verbindung mit der Kernmatrix stattfindet? Welche Vorteile hat es, wenn sie in wenigen Replikationsbrennpunkten ablåuft? 11. Aus welchen Grçnden wçrden Sie damit rechnen, dass menschliche Zellen çber effizientere Reparatursysteme verfçgen als die Zellen eines Frosches? 12. Angenommen, Sie sollten Autoradiogramme von zwei Zellen vergleichen, die beide mit [3H]-Thymidin behandelt wurden. Die eine befand sich gerade in der Phase der DNA-Replikation (S-Phase), die andere nicht. Mit welchen Unterschieden rechnen Sie in den Autoradiogrammen der beiden Zellen? 13. Entwickeln Sie ein Modell, das erklårt, wie aktiv transkribierte DNA gegençber solcher ohne Transkription bevorzugt repariert werden kann.
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DNA-Replikation und DNA-Reparatur
ternetseite www.wiley.com/college/karp .weitern sie Ihr Verståndnis, indem sie Karps Internetseite ¹Zell- und Molekularbiologieª besuchen. Dort finden Sie ' die gestellten $ & , , die schwierige Sachverhalte und Begriffe verdeutlichen, , die Ihnen bei Prçfungsvorbereitungen helfen, sowie 8 zu interessanten Stellen im Netz. Zusåtzlich zu der Literaturliste unten kann man auf der Internetseite auch noch ' 8 finden.
13.4 Literatur 7
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tpflanzung von Zellen
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14.1 Der Zellzyklus 14.2 Die M-Phase: Mitose und Cytokinese 14.3 Meiose Aus Sicht des Menschen: Nondisjunction in der Meiose und ihre Folgen Experimentelle Verfahren: Die Entdeckung und Charakterisierung des MPF
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Das dritte Grundgesetz der Zellbiologie besagt: Zellen kænnen nur aus lebenden Zellen entstehen. Diesen Vorgang nennt man . Bei vielzelligen Lebewesen wie dem Menschen oder einer Eiche entsteht durch unzåhlige Teilungen einer einzigen Zygote ein Zellverband von atemberaubender Komplexitåt und Organisation. Aber auch mit der Entstehung des ausgewachsenen Organismus ist die Zellteilung nicht zu Ende: In manchen Geweben setzt sie sich wåhrend des ganzen Lebens fort. Im Knochenmark oder im Darmepithel jedes Menschen machen Millionen von Zellen gerade jetzt die Zellteilung durch. Diese Riesenzahl neu produzierter Zellen wird gebraucht, um gealterte oder abgestorbene Zellen zu ersetzen. Zellteilung låuft in allen Lebewesen ab, aber sie sieht bei Pro- und Eukaryoten ganz unter-
schiedlich aus. Unsere Beschreibung wird sich auf die eukaryotische Version beschrånken. In dem vorliegenden Kapitel werden zwei Formen der Zellteilung von Eukaryoten beschrieben. Durch Mitose entstehen Zellen, die genetisch genau der Ausgangszelle gleichen; aus der Meiose dagegen gehen Zellen hervor, die nur halb so viel genetisches Material besitzen wie ihr Vorgånger. Die Mitose dient der Herstellung neuer Zellen, durch Meiose entstehen neue Organismen, die sich sexuell fortpflanzen. Gemeinsam bilden die beiden Formen der Zellteilung die Glieder in der Kette zwischen Eltern und Nachkommen und in einem weiteren Sinn zwischen den heute lebenden Arten und den åltesten eukaryotischen Lebensformen auf der Erde.
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Fortpflanzung von Zellen
!! Der Zellzyklus >n einer Population von Zellen, die sich ± im Organismus oder in einer Gewebekulturschale ± teilen, macht jede Zelle eine Reihe gut abgegrenzter Stadien durch, die gemeinsam den $% bilden (Abb. 14.1). Anhand der Vorgånge, die in den Zellen ablaufen und im Mikroskop zu sehen sind, kann man den Zyklus in zwei groûe Phasen einteilen: M-Phase und Interphase. Zur / gehært einerseits die , in deren Verlauf die verdoppelten Chromosomen sich auf zwei Zellkerne verteilen, und andererseits die +% " bei der sich die ganze Zelle teilt und zwei Tochterzellen bildet. Wåhrend der 6 zwischen den Zellteilungen wåchst die Zelle und fçhrt die unterschiedlichsten Stoffwechseltåtigkeiten aus. Wåhrend die M-Phase in Såugerzellen håufig nur ungefåhr eine Stunde dauert, kann die Interphase sich je nach Zelltyp und Umstånden çber Tage, Wochen oder auch noch långer hinziehen. Die M-Phase ist zwar der Zeitraum, in dem der Inhalt einer Zelle tatsåchlich aufgeteilt wird, aber zahlreiche Vorbereitungen fçr die bevorstehende Mitose, darunter auch die Replikation der
zelleigenen DNA, laufen bereits in der Interphase ab. Man kænnte vielleicht vermuten, dass die Zelle wåhrend der gesamten Interphase mit der Replikation beschåftigt ist. Schon Anfang der fçnfziger Jahre des 20. Jahrhunderts konnte man jedoch an asynchronen Zellkulturen (d. h. an Kulturen, deren Zellen sich nach dem Zufallsprinzip in allen mæglichen Stadien des Zellzyklus befinden) nachweisen, dass dies nicht der Fall ist. Wie in Kap. 13 beschrieben wurde, kann man die DNA-Replikation anhand des Einbaues von [3H]-Thymidin in neu synthetisierte DNA verfolgen. Wenn man einer Zellkultur fçr kurze Zeit (z. B. 30 Minuten) [3H]-Thymidin zusetzt und dann eine Stichprobe der Population fixiert, auf einem Objekttråger trocknet und durch Autoradiographie untersucht, findet man nur bei einem Bruchteil der Zellen radioaktive Zellkerne. Unter denen, die sich zur Zeit der Fixierung in der Mitose befanden (was man an den kompakten Chromosomen erkennt), beobachtet man nie einen radioaktiven Zellkern. Diese Mitosezellen besitzen unmarkierte Chromosomen, weil in ihnen zur Zeit der Markierung keine DNA-Replikation abgelaufen ist. Auch wenn man die Markierungsperiode vor der Entnahme der Zellen auf eine oder mehrere
n Abb. 14.1. !I I P % ! " ' % ( , ! & !I !' C < ?# ?#
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Stunden ausdehnt, findet man noch keine Zellen mit markierten Mitosechromosomen (Abb. 14.2). Aus diesen Befunden kann man schlieûen, dass zwischen dem Ende der DNA-Synthese und dem Beginn der M-Phase ein genau festgelegter Zeitraum liegt. Diesen bezeichnet man als G2-Phase (G = , Lçcke). Die Dauer der G2-Phase kann man feststellen, wenn man der Kultur weiterhin Zellproben entnimmt, bis man die ersten Zellen mit markierten Mitosechromosomen beobachtet. Diese Zellen mçssen sich zu Beginn der Inkubation mit [3H]-Thymidin in den letzten Stadien der DNA-Synthese befunden haben. Die Zeit vom Beginn der Markierung bis zum Auftauchen der ersten Zellen mit markierten Mitosechromosomen entspricht der Dauer der G2-Phase. Den Teil des Zellzyklus, in dem die DNA-Replikation stattfindet, bezeichnet man als &/ . In dieser Zeit werden in der Zelle auch die zusåtzlichen Histone synthetisiert, die spåter gebraucht werden, wenn sich die Zahl der Nucleosomen an den Chromosomen verdoppelt (Abb. 13.24). Die Långe der S-Phase kann man unmittelbar feststellen. In einer asynchronen Zellkultur ist der Anteil der Zellen, die gerade mit einer bestimmten Tåtigkeit beschåftigt sind, ein ungefåhres Maû fçr den Prozentsatz, den diese Tåtigkeit von der Gesamtlebensdauer der Zellen in Anspruch nimmt. Wenn man also weiû, wie lang der gesamte Zellzyklus dauert, kann man die Dauer der S-Phase unmittelbar aus dem Anteil der Zellen errechnen, deren Kerne durch ei-
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Der Zellzyklus
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nen kurzen [3H]-Thymidin-Puls radioaktiv markiert werden. Entsprechend ermittelt man die Långe der M-Phase anhand des Anteils der Zellen in der Population, bei denen man gerade die Mitose oder Cytokinese beobachten kann. Addiert man dann die Långe von G2-, S- und M-Phase, so zeigt sich, dass noch ein weiterer Teil des Zellzyklus zu erklåren bleibt. Dieser Teil, G1-Phase genannt, ist der Zeitraum zwischen der Mitose und dem Beginn der DNASynthese. !!! Zellzyklen in vivo Eine der Eigenschaften, in denen sich die verschiedenen Zelltypen vielzelliger Pflanzen oder Tiere unterscheiden, ist ihre Wachstums- und Teilungsfåhigkeit. Ganz grob kann man die Zellen in drei Kategorien einteilen: n 2 $ " " ' )9$" $ 7$0 Wenn diese Zellen sich differenziert haben, behalten sie ihren Zustand bis zum Ende ihres Lebens bei. n " ' " $ $ )&% ' In diese Gruppe gehæren die Leberzellen, die durch die chirurgische Entfernung eines Teils der Leber zur Vermehrung angeregt werden, und die Lymphocyten, bei denen Wechselwirkungen mit einem geeigneten Antigen die Vermehrung in Gang setzen. n " ' 9
9 1 $ 0 Manche Kærpergewebe mçssen ståndig erneuert werden, und dazu entstehen durch Zellteilung ununterbrochen neue Zellen. Zu dieser Kategorie gehæren die Spermatogonien, aus denen die månnlichen Geschlechtszellen hervorgehen, die håmatopoetischen Stammzellen, die weiûe und rote Blutzellen hervorbringen, und die Zellen an der Basis zahlreicher Epithelien, die Kærperhæhlen auskleiden und die Kærperoberflåche bedecken. Auch die relativ wenig spezialisierten Zellen des Apikalmeristems an den Spross- und Wurzelspitzen der Pflanzen teilen sich schnell und kontinuierlich.
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Fortpflanzung von Zellen
,ie Dauer eines Zellzyklus schwankt zwischen nur 30 Minuten in der Furchungsphase eines Froschembryos ± hier fehlen die Phasen G1 und G2 vællig ± bis zu mehreren Monaten bei langsam wachsendem Gewebe wie der Leber der Såugetiere. Von einigen bemerkenswerten Ausnahmen abgesehen, befinden sich Zellen, welche die Teilung eingestellt haben ± ob vorçbergehend oder endgçltig, ob im Organismus oder in der Gewebekultur ± stets in einem Stadium vor Beginn der DNA-Synthese. Zellen, die in diesem Zustand stehen geblieben sind ± und das ist die Mehrzahl der Zellen im Organismus ± befinden sich nach dem allgemeinen Sprachgebrauch in der G0-Phase, im Unterschied zu der G1-Phase, die bald in die S-Phase çbergeht. Wie wir im Folgenden noch genauer erfahren werden, muss eine Zelle ein inneres Signal erzeugen, damit sie von der G0- in die G1- oder S-Phase eintreten kann. Wurde dieses Signal zum Start der DNAReplikation gegeben, schlieût die Zelle stets eine Runde der DNA-Synthese ab und durchlåuft die Mitose. !!$ Die Steuerung des Zellzyklus Die Untersuchung des Zellzyklus ist nicht nur ein wichtiges Gebiet der biologischen Grundlagenforschung; sie hat auch groûe praktische Auswirkungen fçr die Bekåmpfung der Krebserkrankungen, denn diese entstehen, weil die Zellen ihre eigene Teilung nicht mehr ordnungsgemåû kontrollieren kænnen. Erste Einblicke in die Regulation des Zellzyklus ergaben sich im Jahr 1970 durch eine Reihe von Zellfusionsexperimenten, die Potu Rao und Robert Johnson von der University of Colorado vornahmen. Rao und Johnson wollten wissen, ob das Cytoplasma der Zellen Regulationsfaktoren enthålt, die sich auf den Ablauf des Zellzyklus auswirken. Um diese Frage zu beantworten, fusionierten sie Såugerzellen, die sich in verschiedenen Stadien des Zellzyklus befanden. In einem Experiment vereinigten sie Zellen in der G1-Phase mit solchen in der S-Phase und gingen dann folgender Frage nach: Enthålt das Cytoplasma, das die nicht replizierende G1-Zelle beisteuert, irgendwelche Faktoren, die im Kern der S-Phase-Zelle die DNA-Replikation blockieren, oder enthålt das Cytoplasma der S-Phase-Zelle Faktoren, die im G1-Zellkern die Replikation anregen? Wie sie feststellen konnten, wurde der Kern der Hybridzelle, der aus der G1-Phase-Zelle stammte, vom Cytoplasma der S-Phase-Zelle dazu angeregt, mit der DNA-Replikation zu beginnen. Dieser Befund låsst darauf schlieûen, dass
das Cytoplasma einer Zelle wåhrend der Replikation læsliche Faktoren enthålt, die in einem G1-Zellkern die DNA-Synthese anregen. Wurden dagegen Zellen aus G2- und S-Phase verschmolzen, setzten die G2-Kerne keine neue Runde der DNA-Synthese in Gang. Demnach reagiert ein Zellkern in der G2-Phase, wenn er seine DNA bereits repliziert hat, nicht mehr auf die anregenden Faktoren im Cytoplasma der S-PhaseZelle. Den Hintergrund dieses Befundes zeigt Abb. 13.20; damit die Replikation beginnen kann, muss sich ein Pråreplikationskomplex zusammenlagern, und das kann nur zu Beginn der G1-Phase geschehen. Andere Zellfusionsexperimente legten die Vermutung nahe, dass auch der Ûbergang von der G2- zur M-Phase durch Faktoren aus dem Cytoplasma angeregt wird. Fusioniert man beispielsweise Mitosezellen mit Zellen aus anderen Stadien des Zellzyklus, sorgt die Mitosezelle im Kern der Zelle, die sich nicht in der Mitose befindet, immer fçr die Kondensation des Chromatins (Abb. 14.3). Verschmilzt man zwei Zellen aus G1- und M-Phase, durchlåuft das Chromatin im G1-Zellkern eine 9$ +
, so dass ein Satz långlicher, kompakter Chromosomen entsteht (Abb. 14.3 a). Befanden sich die verschmolzenen Zellen jedoch in G2- und M-Phase, machen die G2-Chromosomen ebenfalls eine vorzeitige Kondensation durch, aber im Gegensatz zu denen aus einem G1-Zellkern sind sie offenkundig verdoppelt ± man kann also erkennen, dass die Replikation bereits stattgefunden hat (Abb. 14.3 c). Fusioniert man schlieûlich eine Mitosezelle mit einer Zelle in der S-Phase, nimmt auch das Chromatin der S-Phase-Zelle eine kompakte Gestalt an (Abb. 14.3 b). Wåhrend der Replikation ist die DNA jedoch fçr Schådigungen besonders empfindlich. Deshalb fçhrt die Kondensation in der S-Phase nicht zu intakten, kompakten Chromosomen, sondern zu ¹pulverisiertenª Chromosomenfragmenten. Insgesamt lassen die Ergebnisse dieser Experimente darauf schlieûen, dass die Ûbergånge von der G1- zur S- und von der G2- zur M-Phase unter positiver Kontrolle stehen, d. h. beide werden durch ein bestimmtes Agens angeregt. / Die Zellfusionsexperimente hatten zwar gezeigt, dass es Faktoren gibt, die den Zellzyklus steuern, sie lieferten aber keinerlei Aufschlçsse çber die biochemischen Eigenschaften dieser Faktoren. Erkenntnisse çber die Natur der Faktoren, welche die DNA-Replikation auslæsen und die Zelle in die Mitose (oder Meiose) eintreten las-
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sen, gewann man erstmals durch eine Versuchsreihe mit Oocyten und frçhen Embryonen von Fræschen und Wirbellosen. Diese Arbeiten werden in der Box ¹Experimentelle Verfahrenª am Ende des Kapitels beschrieben. Hier mæge eine kurze Zusammenfassung gençgen: Es wurde nachgewiesen, dass das Protein ( , /) den Eintritt der Zelle in die M-Phase bewirkt. MPF besteht aus zwei Untereinheiten: Die eine hat Kinaseaktivitåt und çbertrågt Phosphatgruppen von ATP auf spezifische Serin- und Threoninreste ganz bestimmter Substratproteine, die zweite ist eine regulatorische Untereinheit und heiût +% . Der Begriff ¹Cyclinª wurde geprågt, weil die Konzentration dieses Regulationsproteins in jedem Zellzyklus auf die gleiche Weise steigt und fållt (Abb. 14.4). Bei niedriger Cyclinkonzentration liegt die Kinaseuntereinheit ohne Cyclin vor und ist deshalb inaktiv. Steigt dagegen die Cyclinkonzentration an, wird die Kinase aktiviert und die Zelle tritt in die M-Phase ein. Diese Beobachtungen lassen darauf schlieûen, dass der Ûbergang der Zellen in die Mitose von einem Enzym ausgelæst wird, dessen einzige Tåtigkeit in der Phosphorylierung anderer Proteine besteht, und dass die Aktivitåt dieses Enzyms von einer Untereinheit gesteuert wird, deren
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Konzentration in den verschiedenen Stadien des Zellzyklus schwankt. In den letzten zwanzig Jahren haben sich zahlreiche Arbeitsgruppen auf die MPF-åhnlichen Enzyme konzentriert, die man zusammenfassend als +% 1 ( $ $ , + ) bezeichnet. Wie sich mittlerweile herausgestellt hat, sind Cdks nicht nur an der M-Phase beteiligt, sondern sie sind auch die entscheidenden Regulatoren, die den Ablauf des gesamten Zellzyklus koordinieren. Besonders nçtzlich fçr solche Zellzyklusuntersuchungen waren Hefezellen, unter anderem weil es unter ihnen temperatursensitive Mutanten gibt, deren anormale Proteine verschiedene Ereignisse des Zellzyklus beeinflussen. Wie in Kap. 13.1.2 genauer erærtert wurde, kann man temperatursensitive Mutanten bei der niedrigeren (permissiven) Temperatur relativ normal wachsen lassen und dann auf die hæhere (restriktive) Temperatur bringen, um die Auswirkungen des mutierten Genprodukts zu untersuchen. Die Untersuchungen zur genetischen Steuerung des Zellzyklus konzentrierten sich auf zwei entfernt verwandte Hefearten: die Båckerhefe $ , die sich durch die Bildung von Knospen an einem Ende der Zelle vermehrt (Abb. 1.18 b), und die Spalthefe 7$ , die sich vor der Fortpflanzung zunåchst verlångert und dann in zwei gleichgroûe Zellen aufteilt (Abb. 14.6). Die molekularen Grundlagen der Zellzyklussteuerung sind in der gesamten Evolution der Eukaryoten bemerkenswert konstant geblieben. Hat man ein Gen, das an der Regulation des Zellzyklus beteiligt ist, bei einer der beiden Hefearten identifiziert, sucht man ± und findet in der Regel auch ± homologe Gene in den Genomen hæherer Eukaryoten einschlieûlich des Menschen. Aus genetischen, biochemischen und strukturellen Untersuchungen erwuchsen schlieûlich umfassende Kenntnisse çber die wichtigsten Vorgånge, mit denen eine Zelle in einer Labor-Kulturschale wåchst und sich teilt. Die genetische Untersuchung der Zellzyklussteuerung bei Hefe begann in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts in zwei Instituten: zunåchst an der University of Washington, wo Leland Hartwell an der Båckerhefe arbeitete, und spåter im Labor von Paul Nurse an der Universitåt Oxford, wo man sich mit der Spalthefe beschåftigte. Beide Arbeitsgruppen identifizierten ein Gen, das in mutierter Form bei hæheren Temperaturen dafçr sorgt, dass das Wachstum der Zellen an ganz bestimmten Punkten im Zellzyklus zum Stillstand kommt. Das Produkt dieses Gens, das bei der Spalthefe / (und bei
der Båckerhefe ""/G) genannt wurde, war, wie sich schlieûlich herausstellte, homolog zur katalytischen Untereinheit von MPF; mit anderen Worten: Es war eine Cyclin-abhångige Kinase. Weitere Untersuchungen an Hefe und vielen verschiedenen Wirbeltierzellen sprachen fçr die Vorstellung, dass der Weg einer Eukaryotenzelle durch den Zellzyklus an verschiedenen Stellen gesteuert wird. Eines der wichtigsten Regulationsereignisse spielt sich kurz vor dem Ende der G1-Phase ab, ein zweites fast am Ende von G2. An diesen Stellen des Zellzyklus wird die Zelle auf den nachfolgenden wichtigen Vorgang festgelegt ± im ersten Fall auf den Beginn der Replikation, im zweiten auf die Mitose. In der weiteren Beschreibung werden wir uns der Einfachheit halber auf die Spalthefe beschrånken. Bei dieser Spezies ist die gleiche Cdk, nåmlich cdc2, fçr das Ûberschreiten beider Regulationspunkte verantwortlich, allerdings in Verbindung mit unterschiedlichen Cyclinen. Eine vereinfachte Darstellung der Zellzyklussteuerung bei der Spalthefe zeigt Abb. 14.5. Der erste Ûbergangspunkt, START genannt, liegt vor dem Ende der G1-Phase. Hat die Zelle ihn çberschritten, ist sie unwiderruflich darauf festgelegt, ihre DNA zu replizieren und letztlich den Zellzyklus zu vollenden.1 Das Ûberschreiten von START setzt voraus, dass cdc2 von einem oder mehreren :E+% aktiviert wird, deren Konzentration gegen Ende der G1-Phase ansteigt (Abb. 14.5). Nachdem CDC2 durch die Cycline aktiviert wurde, beginnt die Replikation an den Stellen, wo sich zuvor bereits die Pråreplikationskomplexe zusammengelagert haben (Abb. 13.20, Schritt 3). Damit die Zellen von der G2-Phase in die Mitose çbergehen kænnen, muss cdc2 von Cyclinen einer anderen Gruppe ± den % ± aktiviert werden. Cdks, die ein Mitosecyclin enthalten (wie beispielsweise der zuvor beschriebene MPF), phosphorylieren Substrate, auf welche die Zelle beim Eintritt in die Mitose angewiesen ist. Bei einigen dieser Substrate handelt es sich um Proteine, die beim Ûbergang von der Interphase in die Mitose fçr die charakteristischen Verånderungen der Chromosomen- und Cyto1 Einen vergleichbaren Punkt in der G1-Phase durchlaufen auch die Såugerzellen. Er wird hier als Restriktionspunkt bezeichnet und ist die Stelle, an der die DNA-Replikation und letztlich auch die vollståndige Mitose in Gang gesetzt wird. Zellen, die sich vor dem Restriktionspunkt befinden, kænnen den weiteren Zellzyklus nur dann durchlaufen, wenn ihr Kulturmedium bestimmte Wachstumsfaktoren enthålt. Haben sie jedoch den Restriktionspunkt çberschritten, låuft der Zellzyklus auch ohne åuûeren Anreiz bis zum Ende ab.
Der Zellzyklus
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analyse verschiedener Komplexe aus Cyclin und Cdks weiû, hat die Bindung des Cyclins zur Folge, dass eine flexible Schleife der Cdk-Polypeptidkette sich im Enzym vom Eingang des aktiven Zentrums wegbewegt, so dass die Cdk ihre Proteinsubstrate phosphorylieren kann.
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skelettorganisation gebraucht werden. Eine dritte Festlegung erfolgt in der Mitte der Mitose: Sie bestimmt darçber, ob die Zelle ihre Teilung abschlieût und in die G1-Phase des nåchsten Zyklus çbergeht. Der Abschluss der Mitose und der Eintritt in die G1-Phase erfordern einen schnellen Rçckgang der Cdk-Aktivitåt, der durch eine starke Verminderung der Konzentration von Mitosecyclinen hervorgerufen wird (Abb. 14.5); dieser Vorgang wird in Kap. 14.2.4 im Zusammenhang mit anderen Vorgången bei der Mitose genauer erærtert. Die Cyclin-abhångigen Kinasen werden håufig als ¹Motorenª bezeichnet, die den Zellzyklus in seinen verschiedenen Stadien antreiben. Die Aktivitåt dieser Enzyme wird durch verschiedene ¹Bremsenª und ¹Gaspedaleª gesteuert, die in unterschiedlichen Kombinationen wirken. Unter anderem sind das: 7 +%
Liegt in der Zelle ein Cyclin vor, bindet es an die katalytische Untereinheit der Cdk und verursacht dort eine umfangreiche Konformationsånderung. Wie man aus der Ræntgenstruktur-
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Wie wir bereits in anderen Kapiteln erfahren haben, werden viele Vorgånge in einer Zelle durch die Anheftung und Entfernung von Phosphatgruppen an Proteinen reguliert. Das Gleiche gilt auch fçr die Ereignisse, die zum Einsetzen der Mitose fçhren. Wie man in Abb. 14.5 erkennt, steigt die Konzentration der Mitosecycline wåhrend der S- und G2-Phase an. Die Mitosecycline, die wåhrend dieser Zeit in einer Hefezelle vorhanden sind, binden an die Cdk und bilden einen Cyclin-Cdk-Komplex, der aber kaum Anzeichen von Kinaseaktivitåt zeigt. Im weiteren Verlauf der G2-Phase wird der Komplex dann aktiviert, so dass er die Mitose auslæsen kann. Um diese Verånderung in der Aktivitåt der Cdk zu verstehen, mçssen wir uns drei andere Regulationsenzyme ansehen, zwei Kinasen und eine Phosphatase. Die Funktion dieser Enzyme im Zellzyklus der Spalthefe (Abb. 14.6 a) konnte man mit einer Kombination aus genetischen und biochemischen Untersuchungen aufklåren. Im Schritt 1 phosphoryliert eine der Kinasen, die als CAK (Cdk-aktivierende Kinase) bezeichnet wird, einen entscheidenden Threoninrest (das Thr 161 in Abb. 14.6 a). Die Phosphorylierung dieser Aminosåure ist notwendig, damit die Cdk aktiv wird, sie reicht aber allein nicht aus. Eine zweite, ebenfalls in Schritt 1 dargestellte Kinase namens Wee1 phosphoryliert einen entscheidenden Tyrosinrest des Enzyms, das Tyr 15 (Abb. 14.6 a). Ist diese Aminosåure phosphoryliert, bleibt das Enzym unabhångig vom Phosphorylierungszustand aller anderen Bausteine inaktiv. Mit anderen Worten: Die Wirkung von Wee1 wiegt schwerer als der Effekt von CAK und hålt die Cdk im inaktiven Zustand fest. Die zweite Reihe in Abb. 14.6 b zeigt den Phånotyp von Zellen mit mutiertem 1
.-Gen. Diese Mutanten kænnen die Cdk nicht im inaktiven Zustand festhalten und teilen sich in einem frçheren Stadium des Zellzyklus, wobei kleinere Zellen entstehen ± daher der Name ¹Weeª (¹winzigª). In normalen Wildtypzellen sorgt Wee1 bis zum Ende der G2-Phase dafçr, dass die Cdk inaktiv bleibt. Erst am Ende der G2-Phase wird das hemmende Phosphat am Tyr 15 von dem dritten Enzym, einer Phosphatase namens Cdc25, entfernt (Schritt 2 in Abb. 14.6 a). Durch Entfernung dieses Phosphats wechseln die gespeicherten Cyclin-Cdk-
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Molekçle in den aktiven Zustand und treiben die Zelle in die Mitose. Die dritte Reihe in Abb. 14.6 b zeigt das Erscheinungsbild von Zellen mit mutiertem /H-Gen. Diese Mutanten kænnen das hemmende Phosphat nicht von der Cdk entfernen und treten deshalb nicht in die Mitose ein. Das Gleichgewicht zwischen der Kinase Wee1 und der Phosphatase Cdc25, das normalerweise darçber bestimmt, ob eine Zelle in der G2-Phase verbleibt oder in die Mitose eintritt, wird darçber hinaus auch von anderen Kinasen und Phosphatasen beeinflusst. Wie wir in Kçrze noch genauer erfahren werden, kænnen diese Mechanismen unter Bedingungen, die zu anormaler Zellteilung fçhren wçrden, den Eintritt der Zellen in die Mitose verhindern.
spielsweise bei der Båckerhefe das Protein Sic1 wåhrend der G1-Phase aus. Erst nach dem Abbau von Sic1 kænnen die in der Zelle vorhandenen Cyclin-Cdk-Komplexe die DNA-Replikation in Gang setzen. Die Funktion der Cdk-Inhibitoren in Såugerzellen wird spåter in diesem Abschnitt beschrieben.
+6 Verschiedene Inhibitoren kænnen die Aktivitåt der Cdk blockieren. Diese Wirkung çbt bei-
/% Wie man in Abb. 14.4 und 14.5 erkennt, schwankt die Cyclinkonzentration in jedem Zellzyklus, und das fçhrt jeweils zu einer verånderten Aktivitåt der Cdks. Um die Konzentration der Cycline und anderer wichtiger Zellzyklusproteine zu steuern, wird sowohl die Synthesegeschwindigkeit als auch der Abbau der Molekçle an verschiedenen Punkten im Zellzyklus reguliert. Der Abbau erfolgt çber den in Kap. 12.7 beschriebenen Ubiquitin-Proteasomenweg. Die Regulation des Zellzyklus erfordert zweierlei
Komplexe (die SCF- und APC-Komplexe), die jeweils aus mehreren Untereinheiten bestehen und als < wirken. Diese Komplexe erkennen Proteine, die abgebaut werden sollen, und koppeln sie an eine Polyubiquitinkette, so dass ihre Zerstærung in einem Proteasom sichergestellt ist. Der SCF-Komplex ist vom Ende der G1-Phase bis zum Anfang der Mitose aktiv (Abb. 14.27 a) und sorgt fçr den Abbau der G1-Cycline, Cdk-Inhibitoren und anderer Zellzyklusproteine. Zu Zielen fçr den SCF-Komplex werden diese Proteine, nachdem sie von den Proteinkinasen (Cdks und anderen), die den Zellzyklus regulieren, phosphoryliert worden sind. Werden die SCFs durch Mutationen daran gehindert, die Proteolyse wichtiger Proteine wie der G1-Cycline oder des zuvor erwåhnten Inhibitors Sic1 in Gang zu setzen, wird die DNA der Zelle unter Umstånden nicht repliziert. Der APC-Komplex ist in der Mitose aktiv und baut in dieser Phase mehrere wichtige Proteine ab, darunter die Mitosecycline. Deren Zerstærung fçhrt dazu, dass die Zelle ihre Mitose beendet und in einen neuen Zellzyklus eintritt (Kap. 14.2.4).
Der Zellzyklus
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&$1 8 In den Zellen gibt es verschiedene Kompartimente, in denen die Regulationsmolekçle mit den Proteinen, mit denen sie interagieren, entweder in Kontakt treten oder von ihnen getrennt
werden kænnen. Die subzellulåre Lokalisierung ist dynamisch: Die Regulatoren des Zellzyklus werden in den einzelnen Stadien in unterschiedliche Kompartimente transportiert. Das Cyclin B1 beispielsweise, eines der wichtigsten Mitosecycline von Tierzellen, wechselt zunåchst zwischen Zellkern und Cytoplasma hin und her, bis es sich in der G2-Phase unmittelbar vor dem Beginn der Mitose im Zellkern ansammelt (Abb. 14.7). Erleichtert wird diese Anhåufung des Cyclins B1 im Zellkern durch die Phosphorylierung einer Gruppe von Serinresten, die sich in seinem Zellkern-Exportsignal (NES, Kap. 12.1.2) befinden. Vermutlich blockiert die Phosphorylierung den weiteren Transport des Cyclins zurçck ins Cytoplasma. Ist die Anhåufung des Cyclins blockiert, bleibt die Zellteilung aus. Wie bereits erwåhnt wurde, sind die Proteine und Vorgånge, die den Zellzyklus steuern, in der Evolution der Eukaryoten bemerkenswert stabil geblieben. Wie bei der Hefe, so tragen aufeinander folgende Wellen von Synthese und Abbau verschiedener Cycline auch in Såugerzellen entscheidend dazu bei, dass ein Stadium auf das andere folgt. Aber anders als die Hefezellen, die nur eine einzige Cdk besitzen, produzieren Såugerzellen mehrere Formen dieser Proteinkinase. Die Paarungen zwischen einzelnen Cyclinen und Cdks sind sehr spezifisch; man findet nur ganz bestimmte Kombinationen (Abb. 14.8). Såuger-
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zellen werden beispielsweise durch die Aktivitåt eines Komplexes aus Cyclin E und Cdk2 in die S-Phase getrieben, die Aktivitåt von Cyclin B1 in Komplex mit Cdk1 dagegen sorgt fçr den Beginn der Mitose. Nicht immer wirken Cdks anregend; in manchen Fållen blockieren sie auch bestimmte Vorgånge. In der G2-Phase zum Beispiel verhindert der Komplex aus Cyclin B1 und Cdk1, dass die DNA, die bereits in einer frçheren Phase des Zellzyklus repliziert wurde, sich noch einmal verdoppelt (Kap. 13.1.4). Damit ist sichergestellt, dass jeder Genomabschnitt sich in jedem Zellzyklus einmal und nur einmal repliziert. Um festzustellen, welche Funktionen die verschiedenen Cycline und Cdks in Såugerzellen erfçllen, benutzte man Knockout-Måuse, denen ein funktionsfåhiges Gen fçr das jeweilige Protein fehlte. Welchen Phånotyp solche Tiere auf-
weisen, hångt davon ab, welches Gen man inaktiviert hat. Måuse, die Cdk1 oder das Cyclin B1 nicht synthetisieren kænnen, çberleben nicht ± ein Zeichen, dass diese Gene fçr die Fortpflanzung der Zellen unentbehrlich sind. Fehlt dagegen ein Gen fçr eine von mehreren anderen Cdks oder Cyclinuntereinheiten, entwickeln sich die Tiere erstaunlich gut, was darauf schlieûen låsst, dass andere Mitglieder der Genfamilie die fehlenden Funktionen çbernehmen. Aber trotz dieser ¹eingebauten genetischen Redundanzª kommt es durch das Fehlen der Zellzyklus-Regulationsproteine zu charakteristischen Anomalien. So sind Måuse, die kein Gen fçr das Cyclin D1 besitzen, kleiner als ihre normalen Artgenossen, weil die Zellteilung insgesamt nur in geringerem Umfang stattfindet. Auûerdem bleibt bei Tieren ohne das Cyclin D1 insbesondere wåhrend der Netzhautentwicklung die Zellteilung aus. Måuse ohne Cdk2 entwickeln sich åuûerlich normal, zeigen aber spezifische Defekte bei der Meiose, ein deutlicher Hinweis auf wichtige Unterschiede in der Regulation von Mitose- und Meioseteilung. Auûerdem sind Måuse ohne Cdk2 besonders anfållig fçr Tumorerkrankungen. Wie wichtig die Zellzyklussteuerung fçr die Verhinderung von Tumoren ist, wird in den weiteren Beschreibungen noch deutlicher werden. " Die - 3!4, eine rezessiv erbliche Krankheit, ist durch vielfåltige Symptome gekennzeichnet, darunter auch ein stark erhæhtes Risiko fçr bestimmte Krebserkrankungen.2 Nachdem Ende der 1960er Jahre mehrere Patienten wåhrend einer Strahlentherapie gestorben waren, entdeckte man, dass Personen mit AT gegençber ionisierender Strahlung åuûerst empfindlich sind (Kap. 13.2.4). Das Gleiche gilt auch fçr die Zellen dieser Patienten, denen eine entscheidende Schutzreaktion normaler Zellen fehlt. Sind normale Zellen einem DNA-schådigenden Einfluss ausgesetzt ± beispielsweise ionisierender Strahlung oder Chemikalien, welche die DNA veråndern ±, kommt der Zellzyklus so lange zum Stillstand, bis der Schaden repariert ist. Bestrahlt man eine normale Zelle beispielsweise wåhrend der G1-Phase, wird der Ûbergang 2 Weitere Symptome der Krankheit sind eine unruhige Kærperhaltung (Ataxie), die durch die Degeneration von Nervenzellen im Kleinhirn verursacht wird, dauerhaft erweiterte Blutgefåûe (teleangiectatica) im Gesicht und an anderen Stellen, Anfålligkeit fçr Infektionskrankheiten und Zellen mit einer ungewæhnlich hohen Zahl von Chromosomenaberrationen. Die Ursachen der beiden ersten Symptome sind bisher nicht geklårt.
in die S-Phase hinausgezægert. Auch Zellen, die man wåhrend der S-Phase der Strahlung aussetzt, verzægern die weitere DNA-Synthese, und nach einer Bestrahlung in der G2-Phase bleibt der Beginn der Mitose zunåchst aus. Derartige Untersuchungen an Hefe fçhrten zu einer Theorie, die Leland Hartwell und Ted Weinert 1988 erstmals formulierten. Danach gehæren zum Zellzyklus bestimmte , Mechanismen, die den weiteren Ablauf des Zyklus aufhalten, wenn die DNA in den Chromosomen geschådigt ist oder wenn bestimmte wichtige Ablåufe wie die DNA-Replikation wåhrend der S-Phase oder die Anordnung der Chromosomen in der M-Phase noch nicht ordnungsgemåû abgeschlossen sind. Die Kontrollpunkte sorgen dafçr, dass alle Einzelereignisse im Zellzyklus korrekt und in der richtigen Reihenfolge stattfinden. Viele Proteine, die am Apparat der Kontrollpunkte mitwirken, sind an den normalen Vorgången des Zellzyklus nicht beteiligt und treten nur dann in Aktion, wenn eine Anomalie vorliegt. Die Gene fçr mehrere Kontrollpunktproteine identifizierte man erstmals in mutierten Hefezellen, bei denen der Zellzyklus weiterlief, obwohl die DNA geschådigt war oder andere Anomalien zu schwer wiegenden Defekten fçhrten. Aktiviert werden die Kontrollpunkte wåhrend des gesamten Zellzyklus durch ein System von Sensoren, die Schåden in der DNA oder andere Besonderheiten erkennen. Bemerkt ein Sensor einen solchen Defekt, læst er eine Reaktion aus, durch die der Zellzyklus vorçbergehend zum Stillstand kommt. Die dadurch gewonnene Zeit kann die Zelle nutzen, um zunåchst den Schaden zu reparieren oder den Defekt zu korrigieren, statt sofort in das nåchste Stadium einzutreten. Dies ist insbesondere deshalb wichtig, weil Såugerzellen, die sich trotz eines genetischen Schadens weiterhin teilen, mit groûer Wahrscheinlichkeit zu Krebszellen werden. Ist die DNA so stark geschådigt, dass sie nicht mehr repariert werden kann, erzeugen die Mechanismen der Kontrollpunkte ein Signal, das den Tod dieser potentiell gefåhrlichen Zelle zur Folge hat. Interessanterweise reicht schon ein einziger Bruch in den DNA-Molekçlen einer Zelle aus, damit der Zellzyklus zum Stillstand kommt. Das Gen !2#, das die Ataxia teleangiectatica verursacht, codiert eine Proteinkinase, die von bestimmten Schåden in der DNA aktiviert wird, insbesondere von Doppelstrangbrçchen (Kap. 13.2.4). Eine åhnliche Proteinkinase mit der Bezeichnung ATR wird durch andere Schåden aktiviert, unter anderem durch solche, die auf unvollståndig replizierte DNA oder UV-Strahlung
Der Zellzyklus
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zurçckzufçhren sind. ATM und ATR gehæren zu græûeren Proteinkomplexen, die an geschådigte DNA binden. Haben sie sich dort fest geheftet, kænnen ATM und ATR eine bemerkenswert groûe Zahl von Proteinen phosphorylieren, die alle an den Kontrollpunkten des Zellzyklus tåtig sind. Wie kann eine Zelle am Ûbergang von einem Stadium des Zellzyklus zum nåchsten stehen bleiben? Wir wollen hier kurz zwei gut untersuchte Ablåufe betrachten, mit deren Hilfe Såugerzellen ihren Zellzyklus nach einer DNA-Schådigung zum Stehen bringen kænnen. Wie aus Abb. 14.9 und der nachfolgenden Beschreibung hervorgeht, treten auf beiden Wegen mehrere Proteine nacheinander in Aktion. Mutationen in diesen Proteinen fçhren zum Versagen der Kontrollpunkte und stehen im Zusammenhang mit erblichen Krankheiten, die durch ein erhæhtes Krebsrisiko gekennzeichnet sind.3 n Wie man in Abb. 14.6 erkennt, wird der Beginn der Mitose in einer Zelle dadurch ausgelæst, dass die hemmenden Phosphatgruppen durch die Phosphatase Cdc25 von der Cdk entfernt werden. Wird in einer Zelle wåhrend der G2-Phase ein durch UV-Strahlung verursachter DNA-Schaden erkannt, wird die ATR-Kinase aktiviert, welche dann die zum Kontrollpunkt gehærende Kinase Chk1 phosphoryliert (Abb. 14.9, Schritt 1). Nachdem Chk1 aktiviert ist, phosphoryliert sie Cdc25 an einem bestimmten Serinrest (Schritt 2); dadurch wird das Cdc25-Molekçl zum Ziel eines besonderen Adapterproteins, das im Cytoplasma an die Phosphatase bindet (Schritt 4). Diese Wechselwirkungen blockieren die Phosphataseaktivitåt von Cdc25 und verhindern, dass das Enzym wieder in den Zellkern transportiert wird. Da Cdc25 nun im Zellkern fehlt, bleibt die Cdk im inaktiven Zustand (Schritt 5) und die Zelle verharrt in der G2-Phase.
3 Beim Menschen kennt man keine Krankheit, die durch Mutationen in den Genen !2- oder "35. gekennzeichnet wåre. Schaltet man bei Måusen eines dieser Gene aus, sterben die Tiere schon in einem frçheren Embryonalstadium und in ihren Zellen findet man umfangreiche Chromosomenanomalien. Vermutlich sind auch menschliche Embryonen mit homozygoten Mutationen von !2- oder "35. nicht lebensfåhig.
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vitåt der G1-Cdk hemmt und damit die Zellen daran hindert, in die S-Phase einzutreten. An diesem Kontrollmechanismus ist auch ATM beteiligt: Es phosphoryliert und aktiviert eine weitere zum Kontrollpunkt gehærende Kinase namens Chk2 (Schritt a, Abb. 14.9); diese phosphoryliert nun den Transkriptionsfaktor p53 (Schritt b), und das fçhrt zur Transkription und Translation des Gens /. (Schritte c und d) sowie anschlieûend zur Hemmung von Cdk (Schritt e). Beim Menschen findet man in etwa 50 Prozent aller Tumore Hinweise auf Mutationen in dem Gen, das p53 codiert ± sein Produkt ist also offensichtlich fçr die Steuerung des Zellwachstums von groûer Bedeutung. Die Funktion von p53 wird in Kap. 16 ausfçhrlich beschrieben.
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n Andere Proteine, die ebenfalls bei DNASchåden synthetisiert werden, hemmen unmittelbar den Komplex aus Cyclin und Cdk, der den Zellzyklus antreibt. Setzt man die Zellen beispielsweise wåhrend der G1-Phase ionisierender Strahlung aus, synthetisieren sie das Protein p21 (Molekulargewicht 21 000), das die Kinaseakti-
p21 ist nur einer von mindestens sieben Cdk-Inhibitoren, die man mittlerweile kennt. Die Wechselwirkungen zwischen einem anderen Cdk-Inhibitor (p27) und einem Cyclin-Cdk-Komplex zeigt Abb. 14.10 a. In diesem Modell legt sich das p27-Molekçl quer çber beide Untereinheiten des Komplexes aus Cyclin A und Cdk2; dabei veråndert sich die Konformation der katalytischen Untereinheit, und ihre Kinaseaktivitåt wird gehemmt. In vielen Zellen muss p27 phosphoryliert und dann abgebaut werden, bevor die S-Phase beginnen kann. Cdk-Inhibitoren wie p21 und p27 beteiligen sich auch aktiv an der Differenzierung von Zellen. Kurz bevor Zellen sich differenzieren ± ganz gleich, ob zu Muskelzellen, Leberzellen, Blutzellen oder irgendeinem anderen Zelltyp ±, ziehen sie sich in der Regel aus dem Zellzyklus zurçck und stellen die Teilung ein. Dieser Stillstand wird vermutlich von Cdk-Inhibitoren ermæglicht oder sogar indirekt induziert. Man hat an Knockout-Måusen nicht nur die Funktionen einzelner Cdks und Cycline untersucht, sondern auch die ihrer Inhibitoren. Fehlt den Måusen beispielsweise das Gen /I, entwickelt sich ein charakteristischer Phånotyp: Die Tiere sind besonders groû (Abb. 14.10 b), und bestimmte Organe, beispielsweise Thymusdrçse und Milz, bestehen aus deutlich mehr Zellen als bei normalen Tieren (Abb. 14.10 c). Bei normalen Måusen synthetisieren gerade die Zellen dieser Organe relativ groûe Mengen von p27; man nimmt deshalb an, dass das Fehlen dieses Proteins es den Zellen der Knockout-Måuse ermæglicht, sich vor
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der Differenzierung noch einige weitere Male zu teilen.
ren und Pflanzen, die schon vor çber einem Jahrhundert begannen. Einer der ersten Meilensteine dieser Arbeit wurde in Kap. 10.1 beschrieben. Der Begriff ¹Mitoseª stammt von dem griechischen Wort (¹Fadenª). Der Name wurde 1882 von dem deutschen Biologen Walther Flemming geprågt; er spielte damit auf die fadenfærmigen Chromosomen an, die in einer Zelle auf geheimnisvolle Weise kurz vor der Zweiteilung auftauchen. Die Schænheit und Pråzision der Zellteilung kann man am besten einschåtzen, wenn man nicht nur in einem Lehrbuch etwas darçber liest, sondern sie sich in einer Zeitrafferaufnahme ansieht (zum Beispiel +++ @ @ @@@$ ). Als bezeichnet man die Teilung des Zellkerns: Die replizierten DNA-Molekçle der einzelnen Chromosomen werden sehr genau auf zwei Zellkerne aufgeteilt. Begleitet ist die Mitose in der Regel von der +% , d. h. der Zweiteilung der ganzen Zelle, wobei das Cytoplasma in zwei neue Zellen verpackt wird. Die beiden Tochterzellen, die durch Mitose und Cytokinese entstehen, sind in ihrem genetischen Inhalt sowohl untereinander als auch mit der Mutterzelle, aus der sie entstanden sind, vællig identisch. In der Mitose bleibt also die Chromosomenzahl erhalten, und es entstehen neue Zellen fçr das Wachstum und die Instandhaltung eines Organismus. Die Mitose kann sich sowohl in haploiden als auch in diploiden Zellen abspielen. Haploide Mitosezellen findet man bei Pilzen, den Gametophyten der Pflanzen und einigen Tieren (darunter den als Drohnen bezeichneten månnlichen Bienen). Wenn der Zellzyklus ins Stadium
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14.2 Die M-Phase: Mitose und Cytokinese Wåhrend unsere Kenntnisse çber die Regulation des Zellzyklus zum græûten Teil auf genetische Untersuchungen an der Hefe zurçckgehen, stçtzt sich das Wissen çber die M-Phase auf mikroskopische und biochemische Beobachtungen an Tie-
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der Mitose eingetreten ist, widmet die Zelle praktisch ihre gesamte Energie einem einzigen Vorgang: der Aufteilung (Segregation) der Chromosomen. Die meisten Stoffwechselaktivitåten, darunter auch in Transkription und Translation, werden wåhrend der Mitose stark zurçckgeschraubt; die Zelle reagiert kaum noch auf åuûere Reize. In vorangegangenen Kapiteln war davon die Rede, wie viel man çber die auslæsenden Faktoren eines Vorganges in Erfahrung bringen kann, wenn man diesen Vorgang auûerhalb lebender Zellen untersucht (Kap. 8.2.4). Unsere Kenntnisse çber die biochemischen Ablåufe wåhrend der Mitose verdanken wir zu einem groûen Teil Experimenten mit Extrakten, die man aus Froscheiern gewonnen hat. Diese Extrakte enthalten einen groûen Vorrat an såmtlichen Materialien (Histone, Tubulin und viele andere), die fçr die Mitose gebraucht werden. Setzt man einem solchen Eizellenextrakt dann Chromatin oder ganze Zellkerne zu, verwandelt sich das Chromatin in Mitosechromosomen; diese werden von einer Mitosespindel getrennt, die sich in dem zellfreien Ansatz von selbst zusammenfindet. Welche Funktion ein bestimmtes Protein erfçllt, untersucht man vielfach dadurch, dass man dieses Protein durch Zusetzen eines Antikærpers aus dem Eizellenextrakt entfernt und dann feststellt, ob der Prozess auch ohne diese Substanz weiterlåuft (ein Beispiel zeigt Abb. 14.22). Im Allgemeinen unterteilt man die Mitose in fçnf Stadien (Abb. 14.11): / " / " " und ! . Jede dieser Phasen ist durch eine bestimmte Reihe von Ereignissen gekennzeichnet. Man sollte aber daran denken, dass die Stadien nur Abschnitte in einem ununterbrochenen Prozess sind; die willkçrliche Einteilung der Mitose in einzelnen Phasen dient nur der einfacheren Beschreibung und experimentellen Untersuchung. !$! -ophase Im ersten Stadium der Mitose, der / , werden die verdoppelten Chromosomen auf die Segregation vorbereitet und der Mitoseapparat findet sich zusammen. 7 Der Kern einer Interphasezelle enthålt ungeheuer lange Chromatinfasern. In diesem ausgebreiteten Zustand eignet sich das Interphasechromatin hervorragend fçr Transkription und Replikation, nicht aber fçr die Aufteilung auf zwei
Tochterzellen. Bevor sie stattfindet, werden die Chromosomen erheblich kçrzer und dicker; dieser bemerkenswerte Vorgang, +
genannt, spielt sich zu Beginn der Prophase ab (Abb. 14.11 und 14.12). Wie in Kap. 12.1.2 beschrieben, ist das Chromatin einer Interphasezelle in Fasern mit einem Durchmesser von ungefåhr 30 nm organisiert. Wie man bei der elektronenmikroskopischen Untersuchung vollståndiger, aus Mitosezellen isolierter Chromosomen erkennt, bestehen die aus ganz åhnlichen Fasern (Abb. 14.13 a). Bei der Chromosomenkondensation åndert sich also offensichtlich nicht der Aufbau der Chromatinfaser, sondern nur die Art ihrer Verpackung. Behandelt man Mitosechromosomen mit Substanzen, welche die Histone und die Mehrzahl der Nichthistonproteine læsen, so erkennt man ein Strukturgerçst, das im Wesentlichen noch die gleiche Form hat wie das vollståndige Chromosom (Abb. 14.13 b). An den Nichthistonproteinen dieses Gerçstes sind die Enden von DNA-Schleifen befestigt (dargestellt bei hæherer Vergræûerung in Abb. 12.13 a). Wåhrend der Interphase verteilen sich die Proteine des Chromosomengerçstes im Zellkern, wo sie mæglicherweise zu Bestandteilen der Kernmatrix werden (Kap. 12.1.4). In den letzten Jahren hat man sich bei der Untersuchung der Chromosomenkondensation auf einen in groûer Menge vorhandenen Proteinkomplex namens + konzentriert. Die Proteine des Condensins entdeckte man, als man Zellkerne in Froscheiextrakten inkubierte und dann diejenigen Proteine identifizierte, die sich wåhrend der Kondensation mit den Chromosomen zusammenlagerten. Entfernte man irgendein Protein des Condensins aus den Extrakten, kondensierten die Chromosomen nicht mehr. Wie kann das Condensin fçr einen derart tief greifenden Wandel der Chromatinstruktur sorgen? DNA nimmt im çberspiralisierten Zustand ein viel kleineres Volumen ein als wenn sie entspannt ist (Abb. 10.12); allen Untersuchungsergebnissen zufolge spielt die Ûberspiralisierung der DNA eine entscheidende Rolle, wenn die Chromatinfasern sich in dem winzigen Volumen eines Mitosechromosoms zusammendrången. In Gegenwart einer Topoisomerase und des Energielieferanten ATP bindet Condensin an der DNA und rollt sie zu çberspiralisierten Schleifen auf. Dieser Befund passt sehr gut zu der Beobachtung, dass die Chromosomenkondensation in der Prophase auch die Topoisomerase II erfordert, eines der wichtigen Nichthistonproteine in den Mitosechromosomen.
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n 14.11. Die Stadien der Mitose in einer Pflanzenzelle. (Mikroskopaufnahmen von Andrew Bajer)
Ein spekulatives Modell fçr die Wirkung des Condensins zeigt Abb. 14.14 a. Das Condensin wird zu Beginn der Mitose aktiviert, weil einige seiner Untereinheiten von dem Cyclin-Cdk-Komplex, der die Zellen von der G2-Phase in die Mitose treibt, phosphoryliert werden. Vermutlich ist das Condensin also einer der Ansatzpunkte,
çber welche die Cdks den Ablauf des Zellzyklus auslæsen kænnen. Nach der Kondensation sind die Chromosomen einer Mitosezelle als abgegrenzte, ståbchenfærmige Gebilde zu erkennen. Wie man bei nåherer mikroskopischer Untersuchung erkennt, bestehen sie jeweils aus zwei spiegelbildlichen ¹Schwes-
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terª (Abb. 14.13 a). Die Schwesterchromatiden sind in der vorangegangenen Interphase durch die Replikation entstanden. Bevor die Replikation beginnt, lagert sich die DNA jedes Interphasechromosoms auf ihrer ganzen Långe mit dem Proteinkomplex + zusammen. Im Anschluss an die Verdoppelung dient das Cohesin dann als Brçcke: Es hålt die Schwesterchromatiden wåhrend der gesamten G2-Phase und bis zur Mitose zusammen, bevor sie endgçltig getrennt werden. Wie man in Abb. 14.14 erkennt, sind Condensin und Cohesin åhnlich aufgebaut. Elektronenmikroskopische Untersuchungen lassen darauf schlieûen, dass das Cohesin eine ringfærmige Konfiguration einnimmt, wobei eine ¹Klinkeª an einem Ende den Ring æffnen und schlieûen kann. Zwei denkbare Modelle fçr den Mechanismus, nach dem der Cohesinkomplex homologe DNA-Sequenzen eines Chromosoms in der G2-Phase oder Mitose verbinden kænnte, zeigt Abb. 14.14 b und c. Bei Wirbeltieren læst sich das Cohesin in zwei getrennten Schritten von dem Chromosom. Zum græûten Teil dissoziiert es von den Chromosomenarmen, wåhrend diese in der Prophase kondensieren. Ausgelæst wird die Dissoziation durch Phosphorylierung der Cohesin-Untereinheiten. Auf Grund dieses Vorganges werden die Chromatiden der einzelnen Mitosechromosomen auf der Långe ihrer Arme nur noch relativ locker
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zusammengehalten, wåhrend die Verbindung am Centromer, wo das Cohesin gebunden bleibt, wesentlich enger ist (Abb. 14.13 a und 14.15). Die Freisetzung des verbliebenen Cohesins von den Centromeren wird bis zur Anaphase hinausgezægert (Kap. 14.2.4).
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+ Das auffålligste Kennzeichen der Mitosechromosomen ist eine # an der Stelle, wo sich das Centromer befindet (Abb. 14.13 a). Am Centromer befinden sich hochrepetitive DNASequenzen (Abb. 10.21), die als Bindungsstellen fçr spezifische Proteine dienen. Untersucht man Querschnitte durch Mitosechromosomen, so findet man an jedem Chromatid auf der Auûenseite des Centromers eine proteinhaltige, knopfåhnliche Struktur, die man als bezeichnet
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(Abb. 14.16 a, b). Das Kinetochor lagert sich in der Prophase am Centromer zusammen. Wie wir in Kçrze noch genauer erfahren werden, dient das Kinetochor erstens als Anheftungsstelle fçr die dynamischen Mikrotubuli der Mitosespindel (Abb. 14.29 b), zweitens beinhaltet es mehrere Motorproteine, die zu den Chromosomenbewegungen beitragen (Abb. 14.16 c), und drittens ist es eine entscheidende Station im Signalçbertragungsweg eines wichtigen Mitosekontrollpunktes (Abb. 14.30). In Kap. 9 wurde beschrieben, wie der Aufbau der Mikrotubuli in Tierzellen von einer besonderen, Mikrotubuli-organisierenden Struktur in Gang gesetzt wird, dem + (Kap. 9.3.6). Wenn eine Zelle von der G2-Phase in die Mitose çbergeht, læsen sich die Mikrotubuli des Cytoskeletts ganz plætzlich auf, um sich dann als Bestandteile der , eines komplizierten, aus Mikrotubuli bestehenden Apparats, wieder zusammenzufinden. Ausgelæst wird die schnelle Auflæsung des Interphase-Cytoskeletts wahrscheinlich durch die Inaktivierung von Proteinen, welche die Mikrotubuli stabilisieren, wie
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beispielsweise die Mikrotubuli-assoziierten Proteine (MAPs), und durch die Aktivierung von Proteinen, die solche Polymere destabilisieren. Um zu verstehen, wie sich die Mitosespindel bildet, mçssen wir zunåchst den + $% betrachten, der parallel zum Zellzyklus ablåuft (Abb. 14.17 a). Wenn die Mitose in einer Tierzelle abgeschlossen ist, befindet sich im Cytoplasma ein einziges Centrosom, das zwei rechtwinklig zueinander angeordnete Centriolen enthålt. Setzt dann zu Beginn der S-Phase im Zellkern die DNA-Replikation ein, setzen auch die Centriolen des Centrosoms im Cytoplasma ihre ¹Replikationª in Gang. Sie beginnt damit, dass die Centriolen im Centrosom auseinander weichen. Wenig spåter erkennt man neben jeder der beiden bereits vorhandenen Centriolen eine rechtwinklig dazu angeordnete ! (Abb. 14.17 b). Durch weitere Verlångerung der Mikrotubuli wird die Tochtercentriole zu einer ausgewachsenen Centriole. Am Anfang der Mitose teilt sich das Centrosom in zwei Teile, die jeweils eine vorhandene und eine neu gebildete Centriole enthalten. Ausgelæst wird die Verdoppelung der Centrosomen am Ûbergang von G1zu S-Phase, weil ein Centrosomenprotein von
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5yclinE-Cdk phosphoryliert wird, dem gleichen Komplex, der auch die DNA-Replikation in Gang setzt (Abb. 14.8). Fehler bei der Centrosomenverdoppelung kænnen zu einer fehlerhaften Zellteilung fçhren und zur Krebsentstehung beitragen (Abb. 14.17 c). In einer typischen Tierzelle besteht das erste Stadium bei der Ausbildung der Mitosespindel darin, dass die Mikrotubuli in der frçhen Prophase um die Centrosomen herum eine sternfærmige, als bezeichnete Anordnung einnehmen (Abb. 14.18). Wie in Kap. 9 erlåutert ist, wachsen Mikrotubuli durch Einfçgen von Untereinheiten an ihre Plus-Enden, wåhrend die Minus-Enden mit dem Centrosom assoziiert bleiben. Nachdem sich die Asteren gebildet haben, trennen sich die Centrosomen und wandern dann um den Zellkern herum zu entgegengesetzten Enden der Zelle. Angetrieben wird die Bewegung der Centrosomen durch Motorproteine, die mit den zugehærigen Mikrotubuli ver-
bunden sind. Wåhrend die Centrosomen auseinander rçcken, werden die Mikrotubuli zwischen ihnen zahlreicher und långer (Abb. 14.18). Schlieûlich liegen die beiden Centrosomen so weit wie mæglich voneinander entfernt und bilden die Pole einer Mitosespindel (wie in Abb. 14.17 a). Nach der Mitose gelangt jedes Centrosom in eine Tochterzelle. In manchen Tierzellen (z. B. in denen des frçhen Mausembryos) gibt es keine Centrosomen. Das Gleiche gilt fçr die Zellen hæherer Pflanzen, aber alle diese Zellen bauen dennoch eine bipolare Mitosespindel auf und machen eine relativ typische Mitose durch. Eine Mitosespindel kann sich sogar in mutierten $ Zellen bilden, die keine Centrosomen besitzen oder aus denen man die Centrosomen kçnstlich entfernt hat. In allen diesen Fållen entsteht die bipolare Mitosespindel auf einem anderen Weg als in Zellen mit Centrosomen. Ihr Ausgangspunkt liegt dann nicht an den Zellpolen, son-
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Zellen mit grundlegend unterschiedlichen Mechanismen åhnliche Ergebnisse erzielen. Und wenn einer dieser Mechanismen aus irgendwelchen Grçnden nicht aktiv ist, kann der andere die Aufgabe zu Ende bringen.
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dern die Mikrotubuli gehen von einer Stelle in der Nåhe der Chromosomen aus. Nachdem sie dann polymerisiert sind, werden die Minus-Enden der Mikrotubuli durch Motorproteine an den beiden Spindelpolen zusammengezogen (Abb. 14.19). Das Foto zu Beginn dieses Kapitels zeigt eine bipolare Spindel, die sich in einem Extrakt aus Froscheiern durch die Tåtigkeit der Mikrotubulimotoren gebildet hat. Nach diesen Untersuchungen sieht es so aus, als wçrden die
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( +% In den meisten Eukaryotenzellen wird die Mitosespindel im Cytoplasma aufgebaut, wåhrend die Chromosomen im Kernplasma kondensieren. Wechselwirkungen zwischen Spindel und Chromosomen werden dadurch mæglich, dass die Kernhçlle sich am Ende der Prophase auflæst. Die Auflæsung der Kernlamina, welche die Kernhçlle innen auskleidet, wird durch die Phosphorylierung der Laminmolekçle begçnstigt, eine Reaktion, fçr welche die Mitose-CdkKinase zuståndig ist. In der Frage, was mit dem Membrananteil der Kernhçlle geschieht, gab es græûere Meinungsverschiedenheiten. Nach der klassischen Vorstellung zerfållt die Kernhçlle in kleine Vesikel, die sich in der gesamten Mitosezelle verteilen. Aber dieser Mechanismus wurde in den letzten Jahren in Frage gestellt: Untersuchungen an Såugerzellen legen die Vermutung nahe, dass die Kernhçlle durch die mechanischen Kråfte der Mikrotubuli und Molekçlmotoren zerrissen wird. Welche Vorgånge dabei vermutlich ablaufen, zeigt Abb. 14.20. Manche membranumhçllten Organellen im Cytoplasma bleiben wåhrend der gesamten Mitose relativ unveråndert; dies gilt zum Beispiel fçr Mitochondrien, Lysosomen und Peroxisomen sowie fçr die Chloroplasten der Pflanzenzellen. In den letzten Jahren gab es betråchtliche Diskussionen um die Frage, durch welchen Mechanismus der Golgi-Apparat und das endoplasmatische Retikulum wåhrend der Mitose aufgeteilt werden. Nach einer Theorie gelangt der Inhalt des Golgi-Apparats wåhrend der Prophase in das ER und der Golgi-Apparat ist anschlieûend als eigenståndiges Organell fçr kurze Zeit nicht mehr vorhanden. Glaubt man einer anderen Vorstellung, dann zerfallen die Membranen des Golgi-Apparats in Bruchstçcke und bilden eine eigene Population kleiner Vesikel, die zwischen den Tochterzellen aufgeteilt werden. Eine dritte Ansicht stçtzt sich vor allem auf Untersuchungen an Algen und Protisten; danach macht der gesamte Golgi-Apparat eine Zweiteilung durch, wobei jede Tochterzelle die Hålfte des ursprçnglichen Organells erhålt. Am Ende wird sich mæglicherweise herausstellen, dass verschiedene Zelltypen oder Lebewesen ihre Golgi-Apparate auf unterschiedliche Weise weitervererben. Auch die Vorstellungen çber das Schicksal des
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.? haben sich gewandelt. Neuere Untersuchungen an lebenden Gewebekultur-Såugerzellen legen die Vermutung nahe, dass das Hohlraumsystem des ER wåhrend der Mitose weitgehend intakt bleibt. Dies stellt åltere Untersuchungen in Frage, die vorwiegend an Eizellen und Embryonen vorgenommen wurden und darauf hinwiesen, dass das ER in der Prophase zerfållt. !$$ -ometaphase Mit der Auflæsung der Kernhçlle beginnt das zweite Stadium in der Mitose: In der / wird der Aufbau der Mitosespindel abgeschlossen und die Chromosomen wandern in die
Mitte der Zelle. Zu Beginn der Prometaphase verteilen sich die Chromosomen noch çber den gesamten Raum, der zuvor zum Zellkern gehærte (Abb. 14.21). Wenn die Mikrotubuli der Spindel in den mittleren Bereich der Zelle vordringen, kann man deutlich erkennen, wie ihre freien Plus-Enden sehr dynamisch wachsen und schrumpfen, als ob sie nach den Chromosomen ¹suchenª. Berçhrt ein Mikrotubulus dabei zufållig ein Kinetochor, wird er ¹eingefangenª und stabilisiert. Anfangs tritt ein Kinetochor in der Regel nicht mit dem Ende eines Mikrotubulus in Kontakt, sondern mit seiner Seitenwand. Nachdem dieser erste Kontakt hergestellt ist, bewegen sich manche Chromosomen aktiv am Mikrotubulus entlang, wobei sie von Motorproteinen im Kinetochor angetrieben werden. Wenig spåter jedoch verbindet sich das Kinetochor stabil mit dem Plus-Ende eines oder mehrerer Spindelmikrotubuli, die von einem der Spindelpole ausgehen. Am Ende fångt auch das noch nicht befestigte Kinetochor des Schwesterchromatids seine Mikrotubuli vom anderen Spindelpol ein. Auf diese Weise sind die beiden Schwesterchromatiden jedes Mitosechromosoms çber ihre Kinetochoren mit Mikrotubuli verbunden, die von entgegengesetzten Zellpolen ausgehen. Wie man aus der Beobachtung lebender Zellen weiû, wandern die Chromosomen, die mit den Spindelmikrotubuli verbunden sind, in der Prometaphase nicht unmittelbar zur Mitte der Spin-
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del, sondern sie schwanken hin und her, wobei sie sich dem Pol abwechselnd nåhern und sich von ihm entfernen. Am Ende wandern die Chromosomen jedoch in die Mitte der Mitosespindel und kommen auf halbem Weg zwischen den Polen zu liegen. Die Kråfte, die fçr die Chromosomenbewegungen wåhrend der Prometaphase notwendig sind, werden von Motorproteinen erzeugt, die sowohl mit den Kinetochoren als auch mit den Chromosomenarmen assoziiert sind (Abb. 14.33 und die zugehærige Legende). Wie sich ein Defekt in einem Chromosomen-Motorprotein auswirkt, das die Chromosomen von den Polen wegschiebt, zeigt Abb. 14.22.
Wenn die Chromosomen sich in der Mitte der Mitosespindel sammeln, werden die långeren, an einem Kinetochor angehefteten Mikrotubuli kçrzer, wåhrend die kçrzeren Mikrotubuli am Schwesterkinetochor sich verlångern. Verkçrzung und Verlångerung der Mikrotubuli sind vorwiegend auf den Verlust oder die Anlagerung von Untereinheiten am Plus-Ende des Mikrotubulus zurçckzufçhren (Abb. 14.23). Interessanterweise bleibt das Plus-Ende wåhrend dieser dynamischen Vorgånge stets an einem Kinetochor gebunden. Fçr diese Anheftung des Mikrotubulus, der ståndig Untereinheiten verliert und wieder aufnimmt, sind wahrscheinlich die Motorproteine der Kinetochoren (Abb. 14.16 c) von entscheidender Bedeutung. Schlieûlich ordnen sich alle Chromosomen in einer Ebene in der Mitte der Spindel an, so dass die von beiden Polen ausgehenden Mikrotubuli gleich lang sind. Die Wanderung eines verirrten Chromosoms von der Peripherie der Zelle ins Zentrum der Mitosespindel zeigt die Fotoserie in Abb. 14.24.
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!$' Metaphase @achdem sich alle Chromosomen am Spindelåquator angeordnet haben, wobei die Chromatiden der einzelnen Chromosomen çber ihre Kinetochoren jeweils mit den Mikrotubuli von den entgegengesetzten Zellpolen verbunden sind, hat die Zelle das Stadium der Metaphase erreicht (Abb. 14.25). Die Ebene, in der die Chromosomen wåhrend der Metaphase liegen, bezeichnet man als . Die Mitosespindel ist wåhrend der Metaphase eine hoch organisierte Mikrotubulianordnung, die sich hervorragend dazu eignet, die in der Mitte der Zelle liegenden Chromatiden zu trennen. In der Metaphasespindel einer Tierzelle kann man drei Gruppen von Fasern mit unterschiedlichen Funktionen unterscheiden (Abb. 14.25):
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n , die vom Centrosom in den Bereich auûerhalb der eigentlichen Spindel ausstrahlen. Sie tragen dazu bei, den Spindelapparat in die richtige Position zu bringen und fçr die Cytokinese die richtige Ebene festzulegen. n + - (oder -) erstrecken sich vom Centrosom bis zu den Kinetochoren der Chromosomen. In Såugerzellen ist jedes Kinetochor an ein Bçndel von 20 bis 30 Mikrotubuli gekoppelt, die gemeinsam eine & bilden. In der Metaphase çben die Chromosomen-Mikrotubuli eine Zugkraft auf die Kinetochoren aus. Deshalb werden die Chromosomen durch ein ¹Tauziehenª zwischen den gleich groûen Zugkråften
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der von den beiden Polen ausgehenden Spindelfasern in der Øquatorebene festgehalten. Wåhrend der Anaphase werden die Chromosomen-Mikrotubuli fçr die Wanderung der Chromosomen zu den Zellpolen gebraucht. n / (oder ) verlaufen vom Centrosom an den Chromosomen vorçber. Die polaren Mikrotubuli eines Centrosoms çberlappen sich dabei mit ihrem Gegençber vom Centrosom auf der anderen Seite. Sie bilden eine Art Gerçst, das die mechanische Struktur der Spindel aufrechterhålt. Wenn man sich die Mitose in Film- oder Videoaufnahmen ansieht, hat man den Eindruck, als wçrde die Zelle in der Metaphase eine kurze Pause einlegen, in der alle Ablåufe plætzlich zum Stillstand kommen. Mit geeigneten Experimenten kann man jedoch nachweisen, dass sich in dieser Zeit wichtige Dinge abspielen. Wenn die Chromosomen sich in der Metaphaseplatte anordnen, ist an den Chromosomen-Mikrotubuli keine Långenverånderung zu erkennen. Untersuchungen mit fluoreszenzmarkiertem Tubulin zeigen jedoch, dass die Mikrotubuli sich in einem sehr dynamischen Zustand befinden. An den Plus-Enden der Chromosomen-Mikrotubuli werden in schneller Folge Untereinheiten angelagert und wieder entfernt, obwohl diese
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Enden vermutlich am Kinetochor befestigt sind. Das Kinetochor wirkt also am Ende des Mikrotubulus nicht wie eine Kappe, die hinzukommenden oder abgelæsten Untereinheiten den Weg versperren wçrde, sondern es ist der Ort eines dynamischen Geschehens. Da am Plus-Ende mehr Untereinheiten angefçgt werden, als andererseits verloren gehen, steigt ihre Zahl am Kinetochor insgesamt an. Zur gleichen Zeit kommt es an den Minus-Enden der Mikrotubuli zu einem Nettoverlust, so dass die Untereinheiten sich insgesamt in einem ¹Tretmçhlenmechanismusª durch die Mikrotubuli in Richtung des Zellpols bewegen. Dieser polwårts gerichtete Fluss der Tubulinuntereinheiten in der Mitosespindel wird in einem Experiment deutlich, das in Abb. 14.26 wiedergegeben ist. !$ naphase Die beginnt damit, dass die Schwesterchromatiden der einzelnen Chromosomen sich trennen und ihren Weg in Richtung der Zellpole antreten. & Ûber den Mechanismus, der die Anaphase in Gang setzt, hat man mit genetischen und biochemischen Verfahren eine Fçlle von Kenntnissen gewonnen. Wie bereits erwåhnt wurde, heften zwei charakteristische Proteinkomplexe namens SCF und APC in verschiedenen Stadien des Zellzyklus Ubiquitin an Proteinmolekçle, um sie so fçr die Zerstærung in den Proteaso-
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men zu kennzeichnen. Die Phasen des Zellzyklus, in denen SCF und APC aktiv sind, zeigt Abb. 14.27 a. Wie man dort erkennt, wird SCF vorwiegend in der Interphase aktiv. Der zweite Komplex, - ( A, /+) genannt, spielt eine Schlçsselrolle fçr die Regulation der Vorgånge, die sich gegen Ende der Mitose abspielen. Der APC besteht aus einem Dutzend Kern-Untereinheiten und enthålt auûerdem ein ¹Adapterproteinª, das entscheidend mit darçber bestimmt, welche Proteine zu Substraten fçr APC werden. Zwei Formen dieses Adapterproteins mit den Bezeichnungen Cdc20 und Cdh1 sind in der Mitose von groûer Bedeutung fçr die Auswahl des Substrats. APC-Komplexe, die eines der beiden Proteine enthalten, werden als APCCdc20 oder APCCdh1 bezeichnet (Abb. 14.27 a). APCCdc20 wird am Ûbergang von der Metaphase zur Anaphase aktiviert (Abb. 14.27 a), nachdem Cdc20 im Spåtstadium des Zellzyklus synthetisiert wurde. Nachdem Cdc20 sich mit APC zusammengelagert hat, veranlasst es den Enzymkomplex, einen wichtigen Anaphaseinhibitor namens & zu ubiquitinieren ± er trågt diesen Namen, weil er die Verbindung zwischen den Schwesterchromatiden sichert ( $ ). Durch die Ubiquitinierung und Zerstærung des Securins am Ende der Metaphase wird eine aktive Protease namens & freigesetzt. Diese spaltet dann eine wichtige Untereinheit der Cohesinmolekçle, welche die Schwesterchro-
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matiden zusammenhålt (Abb. 14.27 b). Die Spaltung des Cohesins ist ihrerseits der Auslæser fçr die Trennung der Schwesterchromatiden, die den Beginn der Anaphase kennzeichnet. Gegen Ende der Mitose wird Cdc20 zerstært und Cdh1, der andere Adapter, çbernimmt die Kontrolle çber die Substratauswahl von APC (Abb. 14.27 a). Wenn Cdh1 mit dem APC assoziiert ist, vervollståndigt das Enzym die Ubiquitinierung der Mitosecycline. Deren Zerstærung hat zur Folge, dass die Aktivitåt der Mitose-Cdk plætzlich abfållt, so dass die Zelle aus der Mitose in die G1-Phase des nåchsten Zellzyklus çbergeht (Abb. 14.27 b). Verhindert man die Zerstærung der Cycline, bleiben die Zellen im Spåtstadium der Mitose stehen. .1 Mit dem Einsetzen der Anaphase spalten sich alle Chromosomen in der Metaphaseplatte gleichzeitig; die Chromatiden (die jetzt als Chromosomen bezeichnet werden, weil sie nicht mehr mit ihrem Partner verbunden sind) beginnen in Richtung der Pole zu wandern (Abb. 14.11). Die Bewegung der Chromosomen zu den Polen ist von einer Verkçrzung der an ihre Kinetochoren gehefteten Mikrotubuli begleitet. Die Chromosomen wandern in der Anaphase mit dem Centromer voraus und ziehen ihre Arme hinter sich her (Abb. 14.28 a). Die Wanderung zu den Zellpolen verlåuft im Vergleich zu anderen Bewegungsvorgången in den Zellen relativ langsam: Die Chromosomen legen dabei ungefåhr 1 lm in der Minute zurçck ± eine Geschwindigkeit, mit der eine Reise von North Carolina nach Italien den Berechnungen eines Wissenschaftlers zufolge etwa 14 Mio. Jahre dauern wçrde. Diese geringe Geschwindigkeit gewåhrleistet, dass die Chromosomen sich pråzise trennen kænnen und sich nicht in anderen Chromosomen verfangen. Von den Kråften, welche diese Bewegungen in der Anaphase antreiben, wird in einem spåteren Abschnitt die Rede sein. Wåhrend die Chromosomen zu den Zellpolen wandern, werden gleichzeitig auch die Chromosomen-Mikrotubuli deutlich kçrzer. Wie man schon seit langem weiû, gehen Tubulinuntereinheiten wåhrend der Anaphase am (Kinetochorgekoppelten) Plus-Ende der Chromosomen-Mikrotubuli verloren (Abb. 14.28 b). Aber auch vom Minus-Ende læsen sich ståndig Untereinheiten; Ursache ist der ståndige, polwårts gerichtete Fluss von Tubulinmolekçlen wåhrend der Prometaphase und Metaphase (Abb. 14.23 und 14.26). Der wichtigste Unterschied in der Dynamik der Mikrotubuli in Metaphase und Anapha-
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se besteht darin, dass die Untereinheiten in der Metaphase an die Plus-Enden der Mikrotubuli angefçgt werden, so dass die Långe der Chromosomenfasern gleich bleibt (Abb. 14.26), wåhrend sie in der Anaphase am Plus-Ende verloren gehen, was zu einer Verkçrzung der Chromosomenfasern fçhrt (Abb. 14.28 b). Wie es zu dieser Verånderung der Mikrotubuli-Dynamik kommt, ist bisher nicht geklårt. Die Wanderung der Chromosomen zu den Polen bezeichnet man als , im Unterschied zu der gleichzeitig, aber getrennt ablaufenden Bewegung der 7, durch welche die Spindelpole weiter auseinander rçcken (s. unten). Die Verlångerung der Mitosespindel in der Anaphase B ist von einer Nettovermehrung der Tubulinuntereinheiten an den Plus-Enden der polaren Mikrotubuli begleitet. Die Untereinheiten kænnen also zur gleichen Zeit in verschiedenen Bereichen einer Mitosespindel bevorzugt an polare Mikrotubuli angelagert und von Chromosomen-Mikrotubuli entfernt werden (Abb. 14.28 b). 1 + ' Was die Kråfte angeht, die wåhrend der Anaphase fçr die Segregation der Chromosomen erforderlich sind, werden in den letzten 20 oder 30 Jahren zwei Grundideen diskutiert. Nach Ansicht der einen Denkschule liefern Motorproteine die notwendigen Kråfte, die andere vertritt die Auffassung, sie stammten aus der Dynamik der Mikrotubuli. Wahrscheinlich tragen beide Faktoren zur Krafterzeugung bei. An den Kinetochoren der Mitosechromosomen hat man cytoplasmatisches Dynein und mindestens zwei kinesinåhnliche Proteine nachgewiesen. Man kann also annehmen, dass die Chromosomen mit allen notwendigen Motorbestandteilen ausgestattet sind, um sich an einem Mikrotubulus entlang weiter zu bewegen. Fluoreszenzmarkierte Antikærper gegen Dynein lassen erkennen, dass das Protein wåhrend der Interphase im Cytoplasma lokalisiert ist. Sobald die Zelle jedoch in die Mitose eintritt, findet man das Motorprotein sowohl an den Spindelpolen als auch an den Kinetochoren. Das cytoplasmatische Dynein wandert an einem Mikrotubulus entlang zum Minus-Ende und wçrde demnach auch ein angeheftetes Chromosom in Richtung des Pols ziehen. Hemmt man in der Anaphase die Dyneinfunktion, verlåuft die Wanderung der Chromosomen erheblich langsamer; man kann also annehmen, dass dieses Motorprotein zur polwårts gerichteten Chromosomenwanderung zumindest beitrågt.
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Anfang der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts åuûerte Shinya Inou vom Marine Biological Laboratory in Woods Hole die Vermutung, die Depolymerisierung der Chromosomen-Mikrotubuli in der Anaphase sei mæglicherweise nicht eine Folge der Chromosomenwanderung, sondern ihre Ursache. Nach dieser Vorstellung erzeugt die Depolymerisierung der Mikrotubuli an den Spindelfasern so viel mechanische Kraft, dass ein Chromosom vorwårts gezogen werden kann. Dass bei der Auflæsung einer Faser an einem oder beiden Enden nennenswerte Zugkråfte entstehen, wçrde man eigentlich nicht erwarten; wie sich jedoch in Berechnungen gezeigt hat, sind auch nur sehr geringe Kråfte erforderlich, um einen Gegenstand von der geringen Græûe eines Chromosoms çber kurze Entfernungen zu bewegen ± vermutlich braucht man dazu nur etwa 10±13 Newton, was der Hydrolyse von 20 bis 30 ATP-Molekçlen entspricht. Experimentelle Unterstçtzung fçr das Modell der Mikrotubuli-Auflæsung ergab sich aus Untersuchungen, in denen sich Chromosomen, die an Mikrotubuli angeheftet waren, allein durch die Depolymerisierung dieser Mikrotubuli bewegten. Ein Beispiel fçr einen solchen Versuch zeigt Abb. 14.29 a. In diesem Fall kommt es zur Wanderung eines Mikrotubuli-gebundenen Chromosoms (Pfeil), nachdem das umgebende Medium verdçnnt wurde. Durch die Verbindung vermindert sich die Konzentration des læslichen Tubulins, und das wiederum begçnstigt die Depolymerisierung der Mikrotubuli. Die in Abb. 14.29 a wiedergegebene Chromosomenbewegung findet ohne ATP statt ± dieses wåre jedoch erforderlich, wenn die Kraft von einem Motorprotein erzeugt wçrde. Nach diesem und anderen Experimenten sieht es so aus, als kænne allein die Depolymerisierung der Mikrotubuli so viel Kraft erzeugen, dass die Chromosomen damit çber betråchtliche Strecken gezogen werden kænnen; ob die Zellen diesen Mechanismus aber tatsåchlich nutzen, ist nach wie vor Gegenstand der Diskussion. Selbst wenn die Depolymerisierung der Mikrotubuli nicht der Mechanismus ist, der die Kråfte fçr die Chromosomenwanderung erzeugt, dçrfte die Verkçrzung der chromosomengebundenen Fasern in dem gesamten Ablauf der langsamste Schritt sein, der damit çber die :
' der Chromosomenbewegung bestimmt. Und wenn andererseits die Mikrotubulimotoren nicht als Krafterzeuger dienen sollten, wåren sie dennoch entscheidend daran beteiligt, die Kinetochoren an die Plus-Enden der Chromosomen-Mikrotubuli zu binden, wåhrend diese ihre Untereinheiten verlieren (Abb. 14.29 b).
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durch den Pfeil gekennzeichnet ist. Kinetochoren, die nicht befestigt sind, enthalten einen Komplex aus verschiedenen Proteinen ± am besten untersucht ist hier MAD2 ±, die den Apparat des Spindel-Kontrollpunktes darstellen. Befinden sich diese Proteine an einem , senden sie ein ¹Wartesignalª an die Komponenten des Zellzyklus, die den Ûbergang in die Anaphase verhindern. Ist das verirrte Chromosom dann mit beiden Polen çber Spindelfasern verbunden und ordnungsgemåû in der Metaphaseplatte angeordnet, læst sich der Signalkomplex vom Kinetochor. Damit wird das ¹Wartesignalª abgeschaltet, und die Zelle kann in die Anaphase eintreten. In Abb. 14.30 erkennt man die Mitosespindel einer Zelle, die wegen eines einzigen falsch angeordneten Chromosoms vor der Metaphase stehen geblieben ist. Im Gegensatz zu allen anderen Kinetochoren dieser Zelle enthålt allein das falsch angeordnete Chromosom noch das Mad2-Protein. Solange in der Zelle noch falsch angeordnete Chromosomen vorliegen, hemmen die Mad2-Molekçle den weiteren Ablauf des Zellzyklus. Diese Hemmung erfolgt durch unmittelbare Wechselwirkungen zwischen Mad2 und dem APC-Aktivator Cdc20. Solange Cdc20 an Mad2 gebunden ist, kænnen die APC-Komplexe den Anaphase-Inhibitor Securin nicht ubi-
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Tuitinieren, so dass alle Schwesterchromatiden durch ihren Cohesin-¹Klebstoffª aneinander gebunden bleiben. Welche besonderen Eigenschaften machen ein nicht angeheftetes Kinetochor zur Bindungsstelle fçr Proteine wie Mad2? Kinetochore, die nicht an Mikrotubuli gekoppelt sind, haben zwei charakteristische Merkmale: Ihnen fehlt die physische Wechselwirkung mit den Mikrotubuli und die Zugkraft, die angeheftete Mikrotubuli normalerweise auf das Kinetochor ausçben. Dieses Fehlen von Mikrotubulikontakt oder Zugkraft reicht offensichtlich aus, um eine Zelle in der Metaphase festzuhalten. Wie wichtig die Zugkraft ist, zeigt sich in dem Experiment, das in Abb. 14.31 dargestellt und in der zugehærigen Legende beschrieben ist. In seltenen Fållen verbinden sich beide Chromatiden eines Chromosoms mit demselben Spindelpol, so dass an diesem Chromosom die entgegengesetzten Zugkråfte fehlen. Auf diese mangelnde Zugkraft reagiert ein Korrekturmechanismus der Kinetochoren, fçr den ein als Aurora-B-Kinase bezeichnetes Enzym zuståndig ist. Die Kinasemolekçle des falsch orientierten Chromosoms phosphorylieren ein bisher nicht identifiziertes Substrat, das die Verbindung beider Kinetochoren mit den Mikrotubuli destabilisiert. Nachdem die Kinetochoren beider Schwesterchromatiden auf diese Weise von ihrer Verankerung befreit sind, haben sie er-
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neut die Gelegenheit, sich mit Mikrotubuli von beiden Spindelpolen zu verbinden. Hemmt man in Zellen oder Zellextrakten die Aurora-B-Kinase, kommt es zu falscher Anordnung der Chromosomen und Segregationsfehlern (Abb. 18.47). !$. 9elophase Wenn die Chromosomen sich den entgegengesetzten Zellpolen nåhern, sammeln sie sich meist und bilden eine zusammenhångende Masse. Dieses Ereignis kennzeichnet den Beginn des letzten Mitosestadiums, der ! (Abb. 14.11 und 14.32). In der Telophase kehren die Chromosomen in den Interphasezustand zurçck: Die Kernhçlle bildet sich neu, die Chromosomen breiten sich immer mehr aus, bis sie im Mikroskop nicht mehr zu sehen sind. Der Vorgang, durch den das Cytoplasma sich auf die Tochterzellen verteilt, wird in Kçrze beschrieben. Zunåchst wollen wir jedoch noch einmal zurçckblicken und uns ansehen, welche Kråfte fçr die um-
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wirken, sind an Mikrotubuli gebunden; unter anderem handelt es sich um verschiedene kinesinåhnliche Proteine und cytoplasmatisches Dynein. Manche dieser Motoren wandern zum Plus-Ende der Mikrotubuli, andere zum MinusEnde. Ein Kinesin schlieûlich wandert nirgendwohin, sondern færdert die Depolymerisierung der Mikrotubuli (Kap. 9.3.5). Lokalisiert wurden die Motorproteine an den Spindelpolen, entlang der Spindelfasern und sowohl in den Kinetochoren als auch in den Armen der Chromosomen. Die Funktionen einzelner Motorproteine konnte man aus dreierlei Untersuchungen ableiten:
n Phånotypanalyse an Zellen, denen ein Motorprotein fehlt, weil sie in einem Gen fçr einen Teil dieses Proteins eine Mutation tragen; n Injektion von Antikærpern oder Inhibitoren fçr einzelne Motorproteine in Zellen, die sich in verschiedenen Stadien der Mitose befinden; n Entfernen des Motorproteins aus Zellextrakten, in denen sich Mitosespindeln ausgebildet haben.
n Abb. 14.32. ,
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fangreichen Chromosomenbewegungen in der Mitose benætigt werden. !$/ =<te fçr die Bewegungen in der Mitose Die Mitose ist durch umfangreiche Bewegungen verschiedener Zellstrukturen gekennzeichnet. In der Prophase wandern die Spindelpole zu entgegengesetzten Enden der Zelle, in der Prometaphase folgt die Bewegung der Chromosomen zum Spindelåquator, in der Anaphase A werden die Chromosomen vom Spindelåquator zu den Polen befærdert, und in der Anaphase B verlångert sich die Spindel selbst. Wåhrend der letzten zehn Jahre hat man an verschiedenen Stellen in Mitosezellen ganz unterschiedlicher biologischer Arten eine Fçlle verschiedener molekularer Motoren nachgewiesen. Alle Motoren, die nach heutiger Kenntnis an den Mitosebewegungen mit-
Definitive Schlussfolgerungen çber die Funktion einzelner Motorproteine sind zwar bisher nicht mæglich, ein allgemeines Bild fçr die Tåtigkeit dieser Molekçle kristallisiert sich aber mittlerweile heraus (Abb. 14.33):
n Motorproteine, die an den polaren Mikrotubuli lokalisiert sind, tragen vermutlich dazu bei, die Pole auseinander zu schieben (Abb. 14.33 a, b). n Motorproteine an den Chromosomen sind wahrscheinlich von groûer Bedeutung fçr die Chromosomenwanderung wåhrend der Prometaphase (Abb. 14.33 a), fçr die Stabilisierung der Chromosomen in der Metaphaseplatte (Abb. 14.33 b) und fçr die Trennung der Chromosomen in der Anaphase (Abb. 14.33 c). n Motorproteine an den çberlappenden Abschnitten der polaren Mikrotubuli beiderseits des Spindelåquators sorgen vermutlich dafçr, dass die Mikrotubuli aneinander vorçbergleiten kænnen, so dass sich die Spindel in der Anaphase B verlångert (Abb. 14.33 c).
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!$2 0ytokinese Durch die Mitose werden die verdoppelten Chromosomen auf die Tochterzellkerne verteilt, aber die Teilung der gesamten Zelle erfolgt durch einen eigenståndigen Vorgang, den man +%
nennt. Das erste Anzeichen fçr die Cytokinese zeigt sich bei den meisten Tierzellen wåhrend der Anaphase: Die Zelle schnçrt sich in einem schmalen Bereich ihrer Oberflåche ein. Im Laufe der Zeit wird die Einschnçrung immer tiefer und verwandelt sich in eine Furche, die sich rund um die Zelle zieht.4 Die Furche liegt in derselben Ebene wie zuvor die Metaphaseplatte mit den Chromosomen, so dass die beiden Chromosomensåtze nun endgçltig auf verschiedene Zellen aufgeteilt werden (Abb. 14.32). Die 4 Bei manchen Zellen, so auch bei dem Ei einer Rippenqualle in Abb. 4.8 b, geht die Furche nur von einer Seite aus.
bei der Zellteilung zusåtzlich erforderliche Plasmamembran wird von den Vesikeln aus dem Cytoplasma, die mit der vordringenden Teilungsfurche verschmelzen, an die Zelloberflåche gebracht. Die Furche wird immer tiefer, bis die gegençberliegenden Flåchen sich berçhren und in der Mitte der Zelle verschmelzen. Damit sind aus einer Zelle zwei geworden (Abb. 14.34). Unsere heutigen Vorstellungen vom Mechanismus der Cytokinese gehen auf Gedanken zurçck, die Douglas Marsland in den fçnfziger Jahren des 20. Jahrhunderts åuûerte und die heute als ! bezeichnet werden (Abb. 14.35 a). Marsland åuûerte die Vermutung, die zur Teilung einer Zelle erforderliche Kraft kænne in einem dçnnen Band aus kontraktilem Cytoplasma erzeugt werden, das sich in der unmittelbar unter der Plasmamembran der Furche befindet. Untersucht man diesen Bereich bei einer in Teilung begriffenen Zelle unter dem Mikroskop, so findet man zahlreiche Actinfilamente (Abb. 14.35 b und 14.36 a). Eingestreut zwischen den Actinfilamenten erkennt man eine geringere Zahl kurzer, bipolarer
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Myosinfilamente. Wie man mit der Bindung geeigneter Antikærper nachweisen kann, bestehen diese Filamente aus Myosin II (Abb. 14.36 b). Dass Myosin II fçr die Cytokinese von groûer Bedeutung ist, erkennt man an zwei Beobachtungen: Erstens bringen Antikærper gegen Myosin II, die man wåhrend der Teilung in eine Zelle injiziert, die Cytokinese sehr schnell zum Stillstand (Abb. 14.36 c), und zweitens fçhren Zellen, denen ein funktionsfåhiges Gen fçr Myosin II fehlt, zwar die Kernteilung mit der Mitose aus, kænnen sich aber nicht normal in Tochterzellen aufteilen. Die Kraft wird bei der Cytokinese vermutlich durch einen ganz åhnlichen Mechanismus erzeugt wie bei der Actin-Myosinvermittelten Muskelkontraktion. Wåhrend die gleitenden Actinfilamente einer Muskelzelle fçr die Verkçrzung der Muskelfasern sorgen, ziehen die gleitenden Filamente des kontraktilen Ringes die Zellrinde und die darçber liegende Plasmamembran in die Mitte der Zelle. Auf diese Weise zieht der kontraktile Ring die Zelle in ihrer Øquatorregion zusammen wie ein Sackband, das die Úffnung eines Sackes nach und nach verkleinert. Zu den bemerkenswertesten Aspekten des kontraktilen Ringes gehært die groûe Geschwindigkeit, mit der er unmittelbar vor der Cytokinese zusammengesetzt und anschlieûend wieder aufgelæst wird. Seine Actinfilamente bestehen aus denselben Untereinheiten, die zuvor, in der Interphasezelle, zum Cytoskelett gehærten. Wie wird der Ort festgelegt, an dem sich die Actinfilamente zusammenfinden? In ersten Untersuchungen an Seeigeleiern konnte man nachwei-
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sen, dass der kontraktile Ring sich in einer Ebene auf halbem Weg zwischen den Spindelpolen bildet, und zwar auch dann, wenn man einen der Pole mit einer feinen, in die Zelle gestochenen Nadel verschiebt. Ein Beispiel fçr den Zusammenhang zwischen den Positionen von Spindelpolen und Furchungsebene zeigen die mikroskopischen Aufnahmen in Abb. 14.37. Diese Untersuchungen legen die Vermutung nahe, dass der Ort des Zusammenbaues der Actinfilamente
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und damit auch die Ebene der Cytokinese durch ein Signal festgelegt wird, das von den Spindelpolen ausgeht. Dieses Signal wandert vermutlich çber die Astral-Mikrotubuli von den Spindelpolen zur Zellrinde. Veråndert man im Experiment den Abstand zwischen Polen und Rinde, fçhrt dies unter Umstånden zu dramatischen Verånderungen im Zeitablauf der Cytokinese (Abb. 14.37). Untersuchungen an Kulturen von Såugerzellen sprechen ebenfalls fçr die Vorstellung von einem solchen Cytokinesesignal, sie legen aber auch die Vermutung nahe, dass die Quellen dieses Reizes bei Såugetieren nicht die Pole der Spindel sind, sondern ihr mittlerer Bereich. In neueren Untersuchungen an Såugerzellen, die sich teilen, zeigte sich eine bemerkenswerte Beziehung zwischen Centrosom und Cytokinese. Die endgçltige Abschnçrung einer Zelle durch die immer enger werdende Teilungsfurche wird in der Regel fçr kurze Zeit unterbrochen, weil sich in der Mitte der Zelle noch Ûberreste der Mitosespindel befinden. Dieser muss zerstært werden, bevor die eigentliche Zweiteilung stattfinden kann. In dieser Phase verlåsst in jedem Centrosom eine der beiden Centriolen ihre Position am Spindelpol und bewegt sich durch die Zelle zum Mittelkærper, wo sie etwa 15 Minuten verbleibt. Erst nachdem die Centriole zum Mittelkærper und zurçck zum Centrosom gewandert ist, wird die Cytokinese zum Abschluss gebracht. Diese Befunde fçhrten zu einem Modell, in dem die wandernde Centriole Teil eines Cytokinese-Kontrollpunktes ist, der die Vorgånge ganz am Ende der Mitose çberwacht. Wenn man die Centriole experimentell entfernt oder wenn sie ihre neue Position nicht in der beschriebenen Weise einnehmen kann, ist die Zelle gewæhnlich nicht in der Lage, die Cytokinese zu beenden und in die Interphase zurçckzukehren. +% / $$ Bei Pflanzenzellen, die von einer relativ wenig dehnbaren Zellwand umgeben sind, låuft die Cytokinese nach einem ganz anderen Mechanismus ab. Im Gegensatz zu den Tierzellen, bei denen sich eine Furche von der Zelloberflåche nach innen zieht und die Zelle abschnçrt, mçssen Pflanzenzellen in ihrem Inneren eine neue Zellwand aufbauen. Dieser Vorgang beginnt in der Mitte der Zelle und setzt sich nach auûen fort, bis die bereits vorhandenen Seitenwånde erreicht sind. Als Vorlåufer der Zellwand wird ein einfacheres Gebilde angelegt, das man als bezeichnet.
Die Zellplatte bildet sich in einer Ebene, die im rechten Winkel zur Achse der Mitosespindel steht, aber anders als bei den Tierzellen hångt ihre Lage nicht von der Position der Spindel ab. Die Orientierung von Mitosespindel und Zellplatte wird viel mehr durch das /1 festgelegt, einen Gçrtel aus Mikrotubuli in der Zellrinde, der sich gegen Ende der G2-Phase bildet (Abb. 9.23). Bis zur Prophase hat sich das Pråprophaseband zwar wieder aufgelæst, es hinterlåsst aber eine unsichtbare Spur, die spåter den Ort der Zellteilung festgelegt. Das erste Anzeichen fçr die Entstehung der Zellplatte erkennt man gegen Ende der Anaphase: In der Mitte der Zelle taucht der / auf, ein Gebilde aus ineinander greifenden Mikrotubuli, die zusammen mit Membranvesikeln und elektronendichtem Material im rechten Winkel zu der spåteren Zellplatte angeordnet sind (Abb. 9.22). Die Mikrotubuli des Phragmoplasten entstehen vorwiegend aus den Ûberbleibseln der Mitosespindel. Nachdem der Phragmoplast sich gebildet hat, wandern kleine, vom Golgi-Apparat abstammende sekretorische Vesikel in den Bereich ein, wobei sie vermutlich entlang der Mikrotubuli transportiert werden, und ordnen sich in einer Ebene zwischen den Tochterzellkernen an (Abb. 14.38 a). In elektronenmikroskopischen Aufnahmen schockgefrorener Tabakzellen konnte man erkennen, in welchen Schritten die vom GolgiApparat stammenden Vesikel sich in der Zellplatte neu organisieren (Abb. 14.38 b). Zu Anfang (Abb. 14.38 b, Schritt 1) bilden die Vesikel fingeråhnliche Ræhren aus, die mit benachbarten Vesikeln in Kontakt treten und verschmelzen. Auf diese Weise entsteht in der Mitte der Zelle ein Ræhrengeflecht (Schritt 2). Anschlieûend werden weitere Vesikel an Mikrotubuli entlang zu den Råndern dieses Geflechts dirigiert, wo sie zur Ausbildung und Verschmelzung neuer Ræhren beitragen und das Geflecht nach auûen hin erweitern (Schritt 2). Irgendwann treten die Kanten des wachsenden Geflechts mit der bereits vorhandenen Plasmamembran in Kontakt (Schritt 3). Schlieûlich verschwinden die von Cytoplasma gefçllten Lçcken in dem Geflecht, das zu einer ununterbrochenen, flachen Abgrenzung heranreift. Die Membranen des Ræhrengeflechts werden zu den Plasmamembranen der beiden benachbarten Tochterzellen; die Ausscheidungsprodukte, die von den Vesikeln mitgebracht wurden, gehen in die dazwischen liegende Zellplatte ein. Wenn die Zellplatte fertig ist, werden Cellulose und andere Substanzen eingelagert, so dass die ausgereifte Zellwand entsteht.
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14.3 Meiose Damit Nachkommen durch geschlechtliche Fortpflanzung entstehen kænnen, mçssen sich zwei Zellen vereinigen, die jeweils einen haploiden Chromosomensatz enthalten. Wie in Kap. 10 erærtert wurde, steht der Verdoppelung der Chromosomenzahl bei der Befruchtung eine entsprechende Verringerung vor der Entstehung der Keimzellen gegençber. Dies wird in der bewerkstelligt ± der 1905 geprågte Begriff geht auf das griechische Wort 9, ¹Verminderungª zurçck. Die Meiose ist im Lebenszyklus der Beginn der haploiden Phase, mit der Befruchtung setzt die diploide Phase ein. Ohne Meiose wçrde sich die Chromosomenzahl in jeder Generation verdoppeln und geschlechtliche Fortpflanzung wåre unmæglich.
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<enn man den Ablauf von Mitose und Meiose vergleichen will, betrachtet man am besten, was mit den Chromatiden geschieht. Zu Beginn beider Vorgånge enthalten diploide, in der G2-Phase befindliche Zellen Paare homologer Chromosomen, wobei jedes Chromosom aus zwei Chromatiden besteht. In der Mitose werden die Chromatiden der einzelnen Chromosomen $ ! getrennt und auf die Tochterzellkerne verteilt. Deshalb enthalten Zellen, die durch Mitose entstanden sind, Paare homologer Chromosomen und sind genetisch identisch mit der Zelle, aus der sie hervorgegangen sind. In der Meiose dagegen verteilen sich die vier Chromatiden aus einem Paar homologer Chromosomen auf vier Tochterzellkerne. Zu diesem Zweck finden in der Meiose nacheinander zwei Zellteilungen statt, ohne dass dazwischen die DNA repliziert wird (Abb. 14.39). In der ersten Meioseteilung werden die einzelnen (jeweils aus zwei Chromatiden bestehenden) Chromosomen von ihren homologen Partnern getrennt. Jede Tochterzelle enthålt also nur einen Partner aus jedem Paar homologer Chromosomen. Zu diesem Zweck kommt es in der Prophase der ersten Meioseteilung (der Prophase I, Abb. 14.39) zur Paarung der homologen Chromosomen ± ein komplizierter Vorgang, zu dem es in der Mitose keine Entsprechung gibt. Die derart gepaarten homologen Chromosomen machen die genetische Rekombination durch, so dass neue Kombinationen våterlicher und mçtterlicher Allele entstehen (Metaphase I in Abb. 14.39). In der zweiten Meioseteilung trennen sich dann die Chromatiden der einzelnen Chromosomen (Anaphase II in Abb. 14.39). Betrachtet man verschiedene Eukaryoten, so findet man groûe Unterschiede bei der Phase des Lebenszyklus, in der sich die Meiose abspielt, und in der Dauer der haploiden Phase. Nach diesen Kriterien kann man drei Kategorien unterscheiden (Abb. 14.40): n : 0 In dieser Gruppe, zu der alle vielzelligen Tiere und viele Protisten gehæren, sind die Meioseteilungen eng an die Entstehung der Gameten gekoppelt (Abb. 14.40, links). Bei månnlichen Wirbeltieren (Abb. 14.41 a) låuft die Meiose z. B. unmittelbar vor der Differenzierung der Samenzellen ab. Aus den & , die bereits auf die Meiose festgelegt sind, werden 1 & %. Aus diesen entstehen dann durch die beiden Meioseteilungen vier rela-
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tiv wenig differenzierte & . Die Spermatiden verwandeln sich dann durch einen komplizierten Differenzierungsvorgang in die stark spezialisierten Samenzellen (& $). Bei weiblichen Wirbeltieren (Abb. 14.41 b) werden die ( zu 1 (%, die in eine stark verlångerte Meiose-Prophase eintreten. Wåhrend dieser Prophase wåchst die Oocyte und fçllt sich mit Dotter und anderen Substanzen. Erst nachdem die
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Oocyte fertig differenziert ist (d. h. nachdem sie praktisch den Zustand erreicht hat, in dem sie befruchtet werden kann), laufen die Meioseteilungen ab. Die Eizellen der Wirbeltiere werden in der Regel bereits vor dem Ende der Meiose befruchtet (meist in der Metaphase II). Abgeschlossen wird die Meiose nach der Befruchtung, wenn die Samenzelle sich bereits im Cytoplasma der Eizelle befindet. n % Zu dieser Gruppe gehæren ausschlieûlich Protisten und Pilze. Die Meioseteilungen laufen unmittelbar nach der Befruchtung ab (Abb. 14.40, rechts) und fçhren zur Produktion haploider Sporen. Die Sporen teilen sich durch Mitose und bringen eine haploide Generation ausgewachsener Organismen hervor. Die diploide Phase beschrånkt sich bei diesen Arten also auf den kurzen Zeitraum nach der Befruchtung, wenn das Individuum noch eine Zygote ist. n & 1 0 In dieser Gruppe, zu der Pflanzen und manche Algen gehæren, finden die Meioseteilungen in einem Stadium statt, das weder mit der Gametenbildung noch mit der Befruchtung in unmittelbarem Zusammenhang steht (Abb. 14.40, Mitte). Setzt man die Vereinigung der månnlichen (Pollenkorn) und der weiblichen (Eizelle) Gamete als Beginn des Lebenszyklus an, durchlåuft die diploide Zygote zunåchst die Mitose und entwickelt sich zu einem diploiden & %. In diesem vollzieht sich irgendwann die & (zu der auch die Meiose gehært); die dabei entstehenden Sporen wachsen sofort zu einem haploiden : % heran. Der Gametophyt kann entweder ein unabhångiges Lebensstadium darstellen oder ist ± wie bei den Samenpflanzen ± eine winzige Struktur, die in einer Samenanlage verbleibt. In beiden Fållen gehen die Gameten durch aus dem haploiden Gametophyten hervor. !'! Die Stadien der Meiose Wie bei der Mitose, so findet auch im Vorfeld der Meiose die DNA-Replikation statt. Vor der Meiose dauert die S-Phase in der Regel um ein Mehrfaches långer als vor der Mitose. Auch die Prophase der ersten Meioseteilung (Prophase I)
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ist im Vergleich zur Prophase der Mitose meist auûerordentlich stark verlångert. Bei Frauen treten die Oocyten zum Beispiel schon vor der Geburt in die Prophase I ein, verbleiben dann aber çber långere Zeit in diesem Zustand. Die Meiose setzt sich erst dann fort, wenn die Ovulation der Oocyte bevorsteht, was von der Pubertåt an in Abstånden von ungefåhr 28 Tagen der Fall ist. Viele menschliche Oocyten bleiben also mehrere Jahrzehnte lang praktisch im gleichen Stadium der Prophase stehen. Auûerdem ist die erste Prophase der Meiose meist sehr kompliziert; bequemlichkeitshalber unterteilt man sie in mehrere Abschnitte, die bei allen Eukaryoten mit sexueller Fortpflanzung åhnlich ablaufen (Abb. 14.42). Im ersten Stadium der Prophase I, dem 8 1, werden die Chromosomen im Lichtmikroskop sichtbar. Sie haben sich zwar schon in einem frçheren Stadium verdoppelt, noch deutet aber nichts darauf hin, dass jedes Chromosom in Wirklichkeit aus zwei gleichartigen Chromati-
den besteht. Nur im Elektronenmikroskop sind die gepaarten Chromatiden bereits zu erkennen. Das zweite Stadium der Prophase I heiût % 1. Jetzt sind die Verbindungen der homologen Chromosomen deutlich zu sehen. Diesen Vorgang der Chromosomenpaarung bezeichnet man als &% ; er sieht verblçffend aus und wirft zahlreiche unbeantwortete Fragen auf: Woran erkennen sich die homologen Chromosomen? Wie kommt es, dass die Partner sich so exakt nebeneinander lagern? Wann findet die erste Erkennung zwischen den homologen Chromosomen statt? In solche Fragen haben neuere Untersuchungen bereits einiges Licht gebracht. Jahrelang hatte man angenommen, die Wechselwirkungen zwischen homologen Chromosomen wçrden mit Beginn der Synapsis einsetzen. Wie Nancy Kleckner und ihre Kollegen an der Harvard University jedoch an Hefezellen nachweisen konnten, stehen homologe DNA-Abschnitte in den Chromosomen bereits am Ende des Leptotån untereinander in Kontakt. Erst im Zygotån
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jedoch werden diese Wechselwirkungen durch Chromosomenkondensation und Synapsis im Mikroskop sichtbar. Wie wir im Folgenden noch genauer erfahren werden, besteht der erste Schritt der genetischen Rekombination darin, dass in den nebeneinander gelagerten DNA-Molekçlen Doppelstrangbrçche auftreten. Untersuchungen an Hefezellen und Måusen deuten darauf hin, dass diese Brçche sich im Leptotån ereignen, lange bevor die Chromosomenpaarung sichtbar ist. Unterstçtzt werden solche Befunde auch durch Untersuchungen, mit denen man in den Zellkernen vor und wåhrend der Meiose bestimmte DNA-Sequenzen nachweisen wollte. Wie wir in Kap. 12.1.4 erfahren haben, sind einzelne Chromosomen nicht nach dem Zufallsprinzip çber den ganzen Zellkern verteilt, sondern sie nehmen abgegrenzte Regionen ein. In Hefezellen findet man die homologen Chromosomen unmittelbar vor der Prophase der Meiose jeweils in einem gemeinsamen Gebiet, das von den Gebieten anderer homologer Chromosomen abgegrenzt ist. Diese Beobachtung låsst ebenfalls darauf schlieûen, dass die homologen Chromosomen schon vor Beginn der Meiose-Prophase bis zu einem gewissen Grad gepaart sind. Die Telomere (Endabschnitte) der Chromosomen sind im Leptotån çber den ganzen Zellkern verteilt. Gegen Ende des Leptotån kann man dann bei
vielen biologischen Arten eine tief greifende Umorganisation der Chromosomen beobachten, nach deren Abschluss die Telomere auf einer Seite des Zellkerns an der Innenflåche der Kernhçlle liegen. Diese Håufung der Telomere an einer Stelle der Kernhçlle findet man bei vielen verschiedenen Eukaryotenzellen; sie ist der Grund, warum die Chromosomen vielfach einem Blumenstrauû åhneln (Abb. 14.43). Ob sie auch den Ablauf der Synapsis begçnstigt, ist eine offene Frage. Elektronenmikroskopische Aufnahmen lassen darauf schlieûen, dass die Synapsis der Chromosomen von der Ausbildung einer komplizierten Struktur begleitet ist, die man als % - 3&+4 bezeichnet. Der SC ist ein leiterfærmiges Gebilde, in dem quer verlaufende Proteinfilamente zwei seitliche Elemente verbinden (Abb. 14.44). Das Chromatin der homologen Chromosomen ist in Schleifen organisiert, die aus einem der seitlichen Elemente des SC herausragen (Abb. 14.44 b). Die seitlichen Elemente bestehen vorwiegend aus Cohesin (Kap. 14.2.1), das vermutlich das Chromatin der Schwesterchromatiden zusammenhålt. Lange glaubte man, der synaptische Komplex halte die Paare homologer Chromosomen jeweils in der richtigen Position fest, so dass zwischen ihren homologen DNA-Strången die genetische Rekombination stattfinden kann. Heute weiû man jedoch, dass
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der SC fçr die Rekombination nicht erforderlich ist. Einerseits bildet er sich erst, nachdem die Rekombination bereits begonnen hat, andererseits låuft der Austausch genetischer Information zwischen den Chromosomen auch in mutierten Hefezellen ab, die keinen SC mehr ausbilden kænnen. Nach heutiger Kenntnis dient der SC vor allem als Gerçst, das fçr die Chromatiden die Mæglichkeit schafft, ihre Crossing-over-Tåtigkeit abzuschlieûen (s. unten). Den Komplex aus zwei in der Synapsis vereinigten homologen Chromosomen bezeichnet man als 7 9 oder ! . In dem ersten Begriff spiegelt sich die Tatsache wider, dass der Komplex zwei homologe Chromosomen enthålt, der zweite lenkt die Aufmerksamkeit auf die vier Chromatiden. Mit der Vollendung der Synapsis ist auch das Zygotån zu Ende; nun beginnt das nåchste Stadium der Prophase I, das / %1, das durch den vollståndig ausgebildeten synaptischen Komplex gekennzeichnet ist. Im Pachytån werden die homologen Chromosomen vom SC auf ihrer ganzen Långe lose zusammengehalten und die DNA der Schwesterchromatiden liegt ausgebreitet in parallelen Schleifen (Abb. 14.44). Unter dem Elektronenmikroskop erkennt man in
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der Mitte des SC mehrere elektronendichte Kærperchen mit einem Durchmesser von rund 100 nm. Diese Strukturen hat man als bezeichnet, denn sie entsprechen den Stellen, wo das Crossing over stattfindet: Dass es so ist, erkennt man an der begleitenden DNA-Synthese, die wåhrend der Zwischenschritte der Rekombination ablåuft. In den
?ekombinationsknoten befindet sich der enzymatische Apparat, der die genetische Rekombination begçnstigt und sie bis zum Ende des Pachytån abschlieût. Den Beginn des nåchsten Stadiums in der Prophase I, des 1 (Abb. 14.42), erkennt man an der Auflæsung des SC. Die Chromosomen, die er zurçcklåsst, sind an ganz bestimmten Stellen çber X-færmige Strukturen verbunden, die man + (Einzahl + ) nennt (Abb. 14.45). Die Chiasmata liegen an den Stellen, wo sich zuvor das Crossing over zwischen den beiden Chromosomen abgespielt hat. Ein Chiasma bildet sich durch kovalente Bindungen zwischen Chromatiden, die zu den beiden homologen Partnern gehæren. Diese Anheftungsstellen liefern ein erstaunliches Bild vom Ausmaû der genetischen Rekombination. Bei Wirbeltieren kann sich das Diplotån in der Oogenese sehr lange hinziehen; in dieser Zeit vollzieht die Oocyte dann den græûten Teil ihres Wachstums. Deshalb ist das Diplotån vielfach eine Phase hoher Stoffwechselaktivitåt. Ein beliebtes System fçr die Untersuchung von Genexpression und Stoffwechseltåtigkeit wåhrend
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der Oogenese waren wegen ihrer riesigen Græûe die Oocyten von Amphibien. In den Samen- und Eizellen der Amphibien (und auch vieler anderer Gruppen) verteilen sich die Chromosomen wåhrend des Diplotån in einer charakteristischen Anordnung, die man zu keinem anderen Zeitpunkt im Lebenszyklus eines Organismus findet. Diese 8 (Abb. 12.13 b) haben in Långsrichtung ein Rçckgrat, aus dem Schleifen paarweise in entgegengesetzten Richtungen herausragen. Die Schleifen bilden sich paarweise, weil jedes Chromosom aus zwei Chromatiden besteht; jede Schleife stellt einen Abschnitt eines Chromatids dar. Zwischen den Schleifen ist die DNA sehr kompakt zusammengedrångt, dort findet auch keine Transkription statt. Durch die Transkription der Lampenbçrstenchromosomen entsteht in den Oocyten die RNA, die sowohl wåhrend der Oogenese als auch nach der Befruchtung im Frçhstadium der Embryonalentwicklung fçr die Proteinsynthese gebraucht wird. Im letzten Stadium der Prophase I, der , wird die Meiosespindel zusammengebaut, und die Chromosomen bereiten sich auf die Trennung vor. Bei Arten, deren Chromosomen im Diplotån stark auseinander gezogen sind, werden sie in der Diakinese wieder dichter verpackt. Am Ende der Diakinese verschwindet der Nucleolus, die Kernhçlle wird abgebaut, und die Tetraden wandern in die Metaphaseplatte. Ausgelæst werden diese Vorgånge in den Eizellen von Wirbeltieren durch einen Anstieg der Proteinkinaseaktivitåt des MPF (Reifungsfærderfaktor). Wie in der Box ¹Experimentelle Verfahrenª am Ende dieses Kapitels genauer erlåutert wird, identifizierte man den MPF ursprçnglich auf Grund seiner Fåhigkeit, diese Vorgånge, welche die der Oocyte darstellen, in Gang zu setzen. Bei den meisten Eukaryotenarten erkennt man noch an den homologen Chromosomen in der Metaphaseplatte der Meiose I die Chiasmata. Diese halten die homologen Chromosomen bis zum Ende der Phase als Bivalent zusammen. Bei Menschen und anderen Wirbeltieren enthålt jedes Paar homologer Chromosomen in der Regel mindestens ein Chiasma, bei den långeren Chromosomen sind es meist sogar zwei oder drei. Vermutlich sorgt irgendein Mechanismus dafçr, dass sich selbst an den kleinsten Chromosomen ein Chiasma bildet. Geschieht dies in einem Paar homologer Chromosomen nicht, so trennen die Chromosomen dieses Bivalents sich gewæhnlich schon nach der Auflæsung des SC; die Folge ist dann håufig ein Zellkern mit einer anormalen Chromosomenzahl. Wie sich so etwas auswirkt,
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wird in der Box ¹Aus Sicht des Menschenª genauer erærtert. In der Metaphase I sind die beiden homologen Chromosomen jedes Bivalents mit Spindelfasern von den beiden Zellpolen verbunden (Abb. 14.46 a). Die Kinetochoren der Schwesterchromatiden sind dagegen jeweils gemeinsam mit Mikrotubuli verknçpft, die von demselben Spindelpol ausgehen. Mçtterliche und våterliche Chromosomen der einzelnen Bivalente ordnen sich in der Metaphaseplatte I nach dem Zufallsprinzip an; in jedem Bivalent kann der von der Mutter stammende Partner mit gleicher Wahrscheinlichkeit zum einen oder zum anderen Pol weisen. Wenn die homologen Chromosomen sich in der Anaphase I trennen, sammelt sich also an jedem Zellpol eine zufållige Kombination våterlicher und mçtterlicher Chromosomen (Abb. 14.39). Die Anaphase I ist also der zellbiologische Vorgang, der Mendels Gesetz der unabhångigen Segregation entspricht (Kap. 10.1). Durch
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die unabhångige Aufspaltung bringen die Lebewesen eine praktisch unbegrenzte Vielfalt verschiedener Keimzellen hervor. Die Chromosomentrennung in der Anaphase I setzt voraus, dass die Chiasmata, die das Bivalent zusammenhalten, sich auflæsen. Aufrechterhalten werden sie durch die Haftung zwischen Schwesterchromatiden in Bereichen beiderseits dieser Rekombinationsstellen (Abb. 14.46 a). Die Chiasmata verschwinden am Ûbergang von der Metaphase I zur Anaphase I, weil die Arme der Chromatiden in den einzelnen Bivalenten den Zusammenhalt verlieren. Zu diesem Zweck werden die Cohesinmolekçle in den betreffenden Chromosomenabschnitten proteolytisch gespalten. Zwischen den verbundenen Centromeren der Schwesterchromatiden dagegen besteht weiterhin enger Kontakt, denn dort ist das Cohesin gegen proteolytische Angriffe geschçtzt (Abb. 14.46 b). Deshalb bleiben die Schwesterchromatiden fest aneinander geheftet, wenn sie sich in der Anaphase I in Richtung eines Spindelpols bewegen. In der Telophase I der Meiose I spielen sich weniger dramatische Verånderungen ab als in der Telophase der Mitose. Die Chromosomen werden dabei zwar håufig ein Stçck weit auseinander gezogen, sie erreichen aber nicht den stark ausgebreiteten Zustand wie im Interphasezellkern. Die Kernhçlle bildet sich wåhrend der Telophase I in manchen Fållen neu, in anderen jedoch nicht. Das Stadium zwischen den beiden Meioseteilungen, das man als 6 bezeichnet, ist in der Regel nur kurz. Tierzellen, die sich in diesem Ûbergangsstadium befinden, werden als 1 & % bzw. 1 (% bezeichnet. Solche Zellen sind haploid, denn sie besitzen aus jedem Paar homologer Chromosomen nur einen Partner. Dennoch besitzen sie doppelt so viel DNA wie eine haploide Keimzelle, weil jedes Chromosom in Form von zwei aneinander gekoppelten Chromatiden vorliegt. Man spricht deshalb davon, dass sekundåre Spermatocyten die DNA-Menge 2C besitzen, halb so viel wie die primåren Spermatocyten mit ihrem DNA-Gehalt von 4C und doppelt so viel wie die einzelne Samenzelle, die 1C DNA besitzt. Auf die Interkinese folgt die Prophase II, die wesentlich einfacher ist als der entsprechende Vorgang in der ersten Meioseteilung. Wenn die Kernhçlle sich in der Telophase I neu gebildet hat, wird sie nun erneut abgebaut. Die Chromosomen kondensieren wieder und reihen sich in der Metaphaseplatte auf. Im Gegensatz zur Metaphase I sind die Kinetochoren der Schwesterchromatiden jetzt jedoch den entgegengesetzten
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Kellpolen zugewandt und werden in entgegengesetzten Richtungen an Chromosomen-Spindelfasern gebunden (Abb. 14.46 c). In den Eizellen von Wirbeltieren kommt die Meiose in der Metaphase II zum Stillstand; sie wird von Faktoren angehalten, die den Abbau von Cyclin B hemmen. Solange die Konzentration von Cyclin B in der Oocyte relativ hoch bleibt, bleibt auch die Cdk-Aktivitåt erhalten und die Zelle kann nicht ins nåchste Stadium der Meiose eintreten. Die Metaphase II låuft erst weiter, wenn die Oocyte (die man jetzt als Eizelle bezeichnet) befruchtet wird. Die Befruchtung fçhrt zu einem plætzlichen Einstrom von Ca2+-Ionen, zur Aktivierung
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von APCCdc20 (Kap. 4.2.4) und zum Abbau von Cyclin B. Auf diese Verånderungen reagiert die Eizelle, indem sie die zweite Meioseteilung abschlieût. Die Anaphase II beginnt mit der gleichzeitigen Aufspaltung der Centromere, an denen die Schwesterchromatiden bis dahin gekoppelt waren, so dass diese nun zu den entgegengesetzten Zellpolen wandern kænnen (Abb. 14.46 d). Die Meiose II endet mit der Telophase II, in der die Chromosomen wieder in eine Kernhçlle eingeschlossen werden. Die Produkte der Meiose sind haploide Zellen, die in ihrem Zellkern eine DNA-Menge von 1C enthalten.
us Sicht des Menschen
Nondisjunction in der Meiose und die Folgen Die Meiose ist ein hæchst komplizierter Vorgang, und beim Menschen kommt es dabei erstaunlich oft zu Fehlern. In der Meiose I bleibt die Trennung der homologen Chromosomen aus oder die Schwesterchromatiden bleiben in der Meiose II fålschlich zusammen. In solchen Fållen entstehen Gameten mit anormaler Chromosomenzahl ± entweder fehlt ein Chromosom oder ein Chromosom ist çberzåhlig (Abb. 1). Vereinigt sich eine solche Keimzelle mit ihrem normalen Gegenstçck, entsteht eine Zygote mit anormaler Chromosomenzahl, und das hat schwer wiegende Folgen. In den meisten Fållen entwickelt sich eine solche Zygote zu einem fehlgebildeten Embryo, der irgendwann zwischen Befruchtung und Geburt abstirbt. In manchen Fållen geht daraus jedoch ein Kind hervor, das in seinen Zellen eine anormale Zahl von Chromosomen trågt, ein Zustand, den man als bezeichnet. Wie sich die Aneuploidie auswirkt, hångt davon ab, welche Chromosomen betroffen sind. Die normale Ausstattung eines Menschen besteht aus 46 Chromosomen: 22 Autosomenpaare und zwei Geschlechtschromosomen. Ein çberzåhliges Chromosom (also eine Gesamtzahl von 47 Chromosomen) fçhrt zu einem Zustand, den man ! nennt (Abb. 2). Ein Mensch, dessen Zellen beispielsweise ein çberzåhliges Chromosom Nummer 21 enthal-
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ten, hat eine Trisomie 21. Ein fehlendes Chromosom (insgesamt also 45 Chromosomen) hat eine zur Folge. Zunåchst wollen wir betrachten, welchen Effekt eine anormale Zahl von Autosomen hat. Das Fehlen eines Autosoms hat unabhångig davon, um welches Chromosom es sich handelt, immer in irgendeinem Stadium der Embryonalentwicklung tædliche Folgen. Eine Zygote mit einer Autosomen-Monosomie entwickelt sich also nicht zu einem Fetus, der schlieûlich geboren wird. Dass ein çberzåhliges Chromosom lebensbedrohlich sein kann, wçrde man vielleicht nicht unbedingt erwarten, in Wirklichkeit steht aber Zygoten mit einer Trisomie ein kaum besseres Schicksal bevor als solchen mit einer Monosomie. Von den 22 Autosomen des menschlichen Chromosomensatzes kann nur das Chromosom Nummer 21 in drei Kopien vorliegen, ohne dass die Betroffenen in den ersten Lebenswochen oder -monaten sterben. Die meisten anderen Trisomien sind schon vor der Geburt tædlich; Kinder mit einer Trisomie der Chromosomen 13 oder 18 kommen håufig lebend zur Welt, tragen aber so starke Fehlbildungen, dass der Tod kurze Zeit nach der Geburt eintritt. Bei mehr als einem Viertel aller spontanen Fehlgeburten trågt der Fetus eine Chromosomentrisomie. Nach heutiger Kenntnis gibt es sogar noch wesentlich mehr Zygoten mit einer anormalen Chromosomenzahl, aber die Embryonen, die daraus hervorgehen, sterben ab, bevor die Schwangerschaft sich çberhaupt bemerkbar macht. Auf jede Zygote, die bei der Befruchtung eine Trisomie aufweist, kommt vermutlich eine weitere mit einer Monosomie, die noch frçher zu Grunde geht. Nach Schåtzungen sind beim Menschen bis zu 20 Prozent aller Zygoten aneuploid, ein wesentlich hæherer Anteil als bei allen anderen bisher untersuchten Arten. Bei Mauseizellen liegt der Anteil der Aneuploidien beispielsweise in der Regel bei 1±2%. Wie man vor kurzem festgestellt hat, låsst die æstrogenåhnliche Verbindung Bisphenol A, die in der Herstellung von Polycarbonatkunststoffen verwendet wird, bei Måusen die Håufigkeit der Nondisjunction wåhrend der Meiose stark ansteigen. Damit hatte man zum ersten Mal einen eindeutigen Zusammenhang zwischen einer synthetischen Substanz aus der Umwelt und Aneuploidien in der Meiose nachgewiesen. Ob dieses oder andere Umweltgifte auch in menschlichen Oocyten zu der hohen Aneuploidierate beitragen, ist nicht geklårt. Auûer-
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dem fçhrt die Meiose bei Månnern aus ungeklårten Grçnden wesentlich seltener zu Chromosomenanomalien als bei Frauen. Obwohl das Chromosom 21 beim Menschen das kleinste Chromosom ist, hat ein çberzåhliges Exemplar schwer wiegende Auswirkungen: Es verursacht einen Zustand, der als '&% bezeichnet wird. Menschen mit Down-Syndrom sind unterschiedlich stark geistig behindert; weitere Symptome sind Verånderungen im Kærperbau, Kreislaufstærungen, eine erhæhte Anfålligkeit fçr Infektionskrankheiten, ein stark erhæhtes Leukåmierisiko und eine frçh einsetzende Alzheimer-Krankheit. Alle diese medizinischen Probleme sind nach heutiger Kenntnis eine Folge der anormalen Expression von Genen auf dem Chromosom 21. Viel weniger stark wirkt sich eine anormale Zahl von Geschlechtschromosomen auf die Entwicklung des Menschen aus. Aus einer Zygote mit einem X-Chromosom und keinem weiteren Geschlechtschromosom (ein als X0 bezeichneter Zustand) entwickelt sich eine Frau mit dem !&%: Die Entwicklung der Genitalien kommt in einem frçhen Stadium zum Stillstand, die Eierstæcke entwickeln sich nicht, und der Kærperbau zeigt geringfçgige Anomalien. Da das Y-Chromo-
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som das månnliche Geschlecht festlegt, entwickeln sich alle Personen mit mindestens einem solchen Chromosom zu Månnern. Ein Mann mit einem çberzåhligen X-Chromosom (XXY) leidet am &% mit geistiger Behinderung, unterentwickelten Genitalien und weiblichen Kærpermerkmalen wie einer vergræûerten Brust. Eine Zygote mit einem çberzåhligen Y-Chromosom (XYY) entwickelt sich zu einem åuûerlich normalen Mann mit leicht çberdurchschnittlicher Græûe. Betråchtliche Meinungsverschiedenheiten gab es in der Frage, ob Månner mit der Kombination XYY stårker zu Aggressivitåt, asozialem Verhalten und Kriminalitåt neigen, aber diese Hypothese konnte nie stichhaltig belegt werden. Die Wahrscheinlichkeit, ein Kind mit dem Down-Syndrom zu bekommen, steigt mit zunehmendem Alter der Mutter stark an: von 0,05% bei 19-jåhrigen Mçttern bis auf fast 3% bei Frauen çber 45 Jahre. Ein entsprechender Zusammenhang zwischen dem Alter des Vaters und der Wahrscheinlichkeit einer Trisomie 21 beim Kind konnte in der çberwiegenden Mehrzahl der Untersuchungen nicht nachgewiesen werden. Nach Schåtzungen, die sich auf den Vergleich der DNA-Sequenzen von Eltern und Kindern stçtzen, låsst sich die Trisomie 21 in etwa 95% der Fålle auf eine Nondisjunction zurçckfçhren, die sich bei der Mutter ereignet hat. Wie bereits erwåhnt, kann eine anormale Chromosomenzahl durch Nondisjunction in jeder der beiden Meioseteilungen entstehen (Abb. 1). Diese Ereignisse haben zwar die gleichen Folgen, was die anormale Chromosomenzahl in der Zygote angeht, durch genetische Analysen kann man sie jedoch unterscheiden. Durch primåre Nondisjunction werden zwei
!'$ enetische Rekombination in der Meiose ,ie Meiose dient nicht nur dazu, die Chromosomenzahl entsprechend den Erfordernissen der sexuellen Fortpflanzung zu reduzieren, sondern sie vermehrt auch in einer Population von Lebewesen von Generation zu Generation die genetische Vielfalt. Durch die unabhångige Verteilung werden våterliche und mçtterliche Chromosomen bei der Gametenbildung neu gemischt; die genetische Rekombination (Crossing over) macht auch auf einem einzigen Chromosom immer neue Kombinationen våterlicher und mçtterli-
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homologe Chromosomen an die Zygote weitergegeben, bei der sekundåren Nondisjunction sind es zwei Schwesterchromatiden (die sich hæchstwahrscheinlich durch Crossing over veråndert haben). Untersuchungen belegen, dass die Fehler sich in ihrer Mehrzahl wåhrend der Meiose I ereignen. Ein Beispiel ist eine Studie an 433 Fållen von Trisomie 21, die alle auf Nondisjunction bei der Mutter zurçckgingen: Wie sich herausstellte, hatte sich der Fehler in 373 Fållen in der Meiose I und nur in 60 Fållen wåhrend der Meiose II ereignet. Warum ist die Meiose I fçr Nondisjunction anfålliger als die Meiose II? Die genaue Antwort kennen wir nicht, aber mit ziemlicher Sicherheit spiegelt sich darin die Tatsache wider, dass die Oocyten ålterer Frauen çber sehr lange Zeit im Eierstock in der Meiose I stehen geblieben sind. Wie in diesem Kapitel erlåutert wurde, sind Chiasmata ± die sichtbaren Anzeichen der genetischen Rekombination ± maûgeblich daran beteiligt, die Bivalente in der Metaphase I zusammenzuhalten. Nach einer Hypothese kann die Meiosespindel ålterer Oocyten schwach konstruierte Bivalente (beispielsweise solche, bei denen nur ein Chiasma ziemlich am Chromosomenende liegt) weniger gut zusammenhalten als in jçngeren Zellen. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die homologen Chromosomen sich in der Anaphase I nicht ordnungsgemåû verteilen. Andererseits wåre es aber auch denkbar, dass der Zusammenhalt der Schwesterchromatiden, der die Chiasmata daran hindert, von den Chromosomenenden ¹abzurutschenª, nicht in vollem Umfang çber so lange Zeit erhalten bleibt, so dass die homologen Chromosomen sich vorzeitig trennen.
cher Allele mæglich (Abb. 14.39). Ohne genetische Rekombination wåren die Allele auf einem Chromosom von Generation zu Generation aneinander gebunden; da aber in der Meiose våterliche und mçtterliche Allele zwischen homologen Chromosomen ausgetauscht werden, entstehen ståndig Lebewesen mit neuen Genotypen und Phånotypen, auf welche die natçrliche Selektion einwirken kann. Ein Beispiel fçr die Rekombination zwischen Allelen auf einem Chromosom der Taufliege ist in Abb. 10.7 gezeigt. Auûerdem ist in Kap. 10 erlåutert, dass die Rekombinationshåufigkeit fçr zwei Allele eines Chromosoms proportional zu ihrem Abstand ist, so dass man
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Fortpflanzung von Zellen
die relative Lage der Gene auf den Chromosomen zahlreicher Lebewesen von Bakterien bis zum Menschen aufklåren konnte.5 Die Rekombination umfasst den Bruch einzelner DNA-Molekçle und die Verknçpfung der Enden beider DNA-Doppelstrånge aus homologen Chromosomen. Die Rekombination ist ein bemerkenswert pråziser Vorgang, bei dem kein einziges Basenpaar hinzukommt oder verloren geht. Dass sie so exakt ablaufen kann, liegt an den komplementåren Basensequenzen in den homologen Strången der beteiligten Chromosomen (s. unten). Auch DNA-Reparaturenzyme, die wåhrend des Austausches auftretende Lçcken schlieûen, tragen zur Genauigkeit der Rekombination bei. Ein vereinfachtes Modell fçr die mutmaûlichen Schritte bei der Rekombination in Eukaryotenzellen zeigt Abb. 14.47. Danach lagern sich die beiden DNA-Doppelstrånge, die rekombinieren sollen, nebeneinander, nachdem sich die homologen DNA-Molekçle im Vorfeld der Rekombination durch eine Art 2 verbunden haben. Nachdem sie richtig angeordnet sind, erzeugt ein Enzym in einem der Molekçle einen Doppelstrangbruch (Abb. 14.47, Schritt 1). Anschlieûend wird die Lçcke durch eine 5' ? 3'-Exonuclease oder einen anderen Mechanismus erweitert (Schritt 2). Jedenfalls besitzen die gebrochenen Strånge frei liegende, einzelstrångige Enden, die jeweils eine 3'-OH-Gruppe tragen. In dem Modell in Abb. 14.47 læst sich ein einzelstrångiger Schwanz aus seinem eigenen Doppelstrang und wandert in das DNA-Molekçl eines Chromatids im homologen Chromosom ein, wo es sich çber Wasserstoffbrçcken mit dem komplementåren Strang verbindet (Schritt 3). Bei wird ein solcher Vorgang, bei dem ein Einzelstrang in einen homologen Doppelstrang eindringt und dort den entsprechenden Strang verdrångt, von einem Vielzweckprotein namens katalysiert. Das RecA-Protein polymerisiert und bildet ein Filament, das an ein Stçck der einzelstrångigen DNA bindet und ihm das Eindringen in eine ungeschnittene, homologe Doppelhelix erleichtert. Eukaryoten besitzen Proteine wie Rad51, die zu RecA homolog sind und vermutlich ebenfalls das Eindringen von Einzelstrången katalysieren. Ein solcher eindringender Strang aktiviert die DNA-Reparatursyste5
In Wirklichkeit spielt die Rekombination sich nicht auf der ganzen Långe eines Chromosoms mit gleicher Håufigkeit ab. Jedes Chromosom hat ¹Hotspotsª, wo es sehr håufig zur Rekombination kommt, und ¹Cold Spotsª, wo sie viel weniger wahrscheinlich ist (s. auch Kap. 10). Die Ursachen dieser Unterschiede kennt man nicht.
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me (Kap. 13.3), so dass die Lçcke geschlossen wird (Schritt 4). Durch den Austausch der DNA-Strånge sind die beiden Doppelstrånge kovalent miteinander verbunden. Sie bilden ein als 2- bezeichnetes gemeinsames Molekçl, das beiderseits des ausgetauschten Abschnitts zwei Ûberkreuzungsstellen (2 %. ) enthålt (Abb. 14.47, Schritte 4 und 5). Die Verbindungen sind nach Robin Holliday benannt, dem Wissenschaftler, der sie 1964 erstmals postulierte. Derartige Rekombinationszwischenprodukte mçssen keine statischen Gebilde sein: Die Verbindungsstelle kann sich in beiden Richtungen verschieben (ein Vorgang, den man als & ' bezeichnet), indem die Wasserstoffbrçcken zwischen den ursprçnglichen Strången sich læsen und anschlieûend zwischen den Strången der neu gebildeten Doppelstrånge neu entstehen (Schritt 5). Die Entstehung der Holli-
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day-Verbindungen und die Schenkelwanderung finden im Pachytån statt (Abb. 14.42). Damit die Holliday-Verbindungen sich læsen kænnen und die beiden eigenståndigen DNADoppelstrånge wieder hergestellt werden, muss eine weitere Runde der DNA-Spaltung stattfinden. Dabei kænnen zwei verschiedene Produkte entstehen, je nachdem, welche Strånge im Einzelnen gespalten und ligiert werden. Im einen Fall enthalten die beiden Doppelstrånge nur einen kurzen ausgetauschten Abschnitt, ein Crossover hat nicht stattgefunden (Abb. 14.47, Schritt 6). Im anderen ist der Doppelstrang des einen DNA-Molekçls kovalent mit seinem homologen Gegenstçck verbunden; hier ist also ein Ort der genetischen Rekombination (ein Crossover) entstanden (Schritt 7). Neueren Befunden zufolge fållt die Entscheidung, ob eine rekombinationstråchtige Interaktion zu einem Crossing over fçhrt oder nicht, lange vor der tatsåchlichen
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Auflæsung der Holliday-Struktur. Die Crossover, die eine Verbindung zwischen våterlichem und mçtterlichem Chromosom darstellen (Schritt 7), entwickeln sich zu den Chiasmata weiter, die in der Meiose I die homologen Chromosomen zusammenhalten (Kap. 14.3.1).
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Experimentelle Verfahren
Die Entdeckung und Charakterisierung des MPF Wenn eine Amphibieneizelle sich dem Ende ihrer Entwicklung nåhert, wandert der groûe Zellkern (den man auch als Keimblåschen bezeichnet) an die Zellperipherie. Anschlieûend læst sich die Kernhçlle auf, die kondensierten Chromosomen ordnen sich an einem Ende der Zelle (dem animalen Pol) in einer Metaphaseplatte an und die Zelle macht die erste Meioseteilung durch. Dabei entstehen eine groûe sekundåre Oocyte und ein kleiner Polkærper. Den Abbau des Keimblåschens und die erste Meioseteilung, die man zusammenfassend auch als bezeichnet, kann man in ausgewachsenen Oocyten durch Behandlung mit dem Steroidhormon Progesteron in Gang setzen. Etwa 13 bis 18 Stunden nach der Progesteronbehandlung erkennt man bei Amphibienoocyten erste Anzeichen der Reifung: Das Keimblåschen wandert bis dicht unter die Zelloberflåche. Wenig spåter læst es sich auf, und etwa 36 Stunden nach der Hormonbehandlung befindet sich die Oocyte in der Metaphase der zweiten Meioseteilung. Das Progesteron setzt nur dann die Reifung in Gang, wenn man es dem Medium in der Umgebung der Oocyte zusetzt; injiziert man es unmittelbar in die Zellen, bleibt die Reaktion aus.1 Offensichtlich dient das Hormon an der Zelloberflåche als
Auslæser fçr sekundåre Verånderungen im Cytoplasma, die dann zum Abbau des Keimblåschens und den çbrigen Reifungsvorgången fçhren. Um genauer zu erfahren, welche Verånderungen des Cytoplasmas die Reifung auslæsen, legten Yoshio Masui von der Universitåt Toronto und Clement Markert von der Yale University eine Versuchsreihe an: Sie entnahmen aus isolierten Froscheizellen zu verschiedenen Zeiten nach der Progesteronbehandlung das Cytoplasma und injizierten 40 bis 60 Nanoliter (nL) davon in ausgewachsene, unreife Oocyten, die sie nicht mit dem Hormon behandelt hatten.2 Wie sich dabei herausstellte, hatte Cytoplasma, das sie in den ersten zwælf Stunden nach der Progesteronbehandlung entnommen hatten, auf die Empfångerzellen so gut wie keine Wirkung. Danach jedoch konnte das Cytoplasma in der Empfångeroocyte die Reifung in Gang setzen. Am græûten war der Effekt etwa 20 Stunden nach der Hormonbehandlung, und nach rund 40 Stunden ging er wieder zurçck (Abb. 1). Aber auch Cytoplasma, das erst im Frçhstadium des Embryos entnommen wurde, war noch in einem gewissen Umfang in der Lage, die Reifung in Gang zu setzen. Masui und Markert bezeichneten die Substanz(en), die in den Eizellen die Reifung in Gang setzten, als $ (Reifungsfærderfaktor) oder kurz MPF.
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Da man allgemein annahm, dass MPF spezifisch die Reifung von Oocyten anregt, schenkte man der Substanz und ihrem mutmaûlichen Wirkungsmechanismus zunåchst wenig Aufmerksamkeit. Im Jahr 1978 veræffentlichten William Wasserman und Dennis Smith von der Purdue University einen Bericht çber das Verhalten von MPF im Frçhstadium der Amphibienentwicklung.3 Bis dahin hatte man vermutet, die MPF-Aktivitåt im frçhen Embryo sei schlicht ein Ûberbleibsel der frçheren Aktivitåt in der Eizelle. Wie Wasserman und Smith jedoch feststellten, unterliegt die MPFAktivitåt wåhrend der Furchungsteilungen erheblichen Schwankungen, die mit dem Zellzyklus im Zusammenhang stehen. So stellte sich beispielsweise heraus, dass Cytoplasma aus sich teilenden Froscheizellen, das man 30 bis 60 Minuten nach der Befruchtung entnimmt, bei der Injektion in unreife Oocyten kaum noch MPF-Aktivitåt zeigt (Abb. 2). Entnimmt man das Cytoplasma jedoch 90 Minuten nach der Befruchtung, ist wieder MPF-Aktivitåt nachweisbar. Ungefåhr 120 Minuten nach der Befruchtung erreicht die MPF-Aktivitåt einen Spitzenwert und fållt nach 150 Minuten erneut ab (Abb. 2). Nach 180 Minuten, wenn die Eizelle ihre erste Cytokinese durchmacht, ist keine Aktivitåt nachzuweisen. Im Laufe des zweiten Furchungszyklus nimmt sie
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wiederum zu, erreicht 225 Minuten nach der Befruchtung einen zweiten Spitzenwert und
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geht dann erneut auf ein sehr niedriges Niveau zurçck. Øhnliches beobachtete man auch bei Eizellen von ? , nur schwankte die MPFAktivitåt hier in einem viel schnelleren Rhythmus als bei - , was zu der schnelleren Abfolge der Furchungsteilungen im frçhen ? $ -Embryo passte. Die MPF-Aktivitåt steigt und fållt also bei beiden Amphibienarten in Zeitråumen, die im Zusammenhang mit der Långe des Zellzyklus stehen. Der Spitzenwert der MPF-Aktivitåt fållt bei beiden Arten mit dem Abbau der Kernhçlle und dem Ûbergang der Zellen in die Mitose zusammen. Diese Befunde lassen darauf schlieûen, dass MPF nicht nur die Reifung der Oocyten steuert, sondern ganz allgemein fçr die Regulation des Zellzyklus eine wichtige Funktion erfçllt. Ungefåhr zur gleichen Zeit stellte sich heraus, dass die MPF-Aktivitåt sich nicht auf die Eizellen und Oocyten von Amphibien beschrånkt, sondern auch bei vielen anderen Lebewesen vorkommt. Man fand sie beispielsweise bei Såugerzellen, die man in Gewebekulturen gezçchtet hatte; nachgewiesen wurde sie auch hier, indem man Såugerzellextrakte in Amphibienoocyten injizierte, wo sie dann den Abbau des Keimblåschens auslæsten.4 Wie in den Amphibieneizellen, so schwankt die MPFAktivitåt auch in Såugerzellen im Einklang mit dem Zellzyklus. Extrakte aus Kulturen von HeLa-Zellen, die man in der frçhen G1-, spåten G1- oder S-Phase herstellte, zeigten keine MPF-Aktivitåt (Abb. 3). Dagegen taucht MPF zu Beginn der G2-Phase auf, steigt bis zum Ende der G2-Phase stark an und erreicht in der Mitose einen Spitzenwert. Ein weiteres Element des Steuerungsapparates fçr den Zellzyklus entdeckte man durch die Untersuchung von Seeigelembryonen. Die Eier dieser Tiere sind ein beliebtes Objekt fçr die Untersuchung der Zellteilung, denn ihre Mitoseteilungen laufen nach der Befruchtung sehr schnell ab und sind durch genau vorhersehbare Zeitråume getrennt. Befruchtet man Seeigeleier in Meerwasser, das einen Proteinsyntheseinhibitor enthålt, bleibt die erste Mitoseteilung aus: Die Zellen verharren in dem Zustand vor der Chromosomenkondensation und dem Abbau der Kernhçlle. Auch jede einzelne spåtere Mitoseteilung kann man unterbinden, wenn man dem Medium rechtzeitig vor dem Zeitpunkt, zu dem diese Teilung normalerweise stattfinden wçrde, einen Proteinsynthesehemmer zusetzt. Man kann also annehmen, dass in jedem Zellzyklus mindestens ein Pro-
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tein synthetisiert werden muss, damit die nåchste Mitoseteilung stattfinden kann. Allerdings konnte man in ersten Untersuchungen an Seeigeleiern in dem fraglichen Zeitraum keine neu auftauchenden Proteine nachweisen. Im Jahr 1983 berichteten Tim Hunt und seine Kollegen vom Marine Biological Laboratory in Woods Hole çber mehrere Proteine, die in befruchteten Seeigeleiern synthetisiert werden, in unbefruchteten aber nicht.5 Um Nåheres çber diese Proteine zu erfahren, inkubierten sie befruchtete Eizellen in Meerwasser mit [35S]-Methionin. 16 Minuten nach der Befruchtung und dann alle zehn Minuten entnahmen sie Proben, aus denen sie jeweils einen Rohextrakt herstellten. Diese Proteinextrakte wurden mit Polyacrylamid-Gelelektrophorese analysiert und die markierten Proteine durch Autoradiographie lokalisiert. Dabei zeigten sich in Gelen, auf denen Proteinextrakte befruchteter Zellen analysiert wurden, mehrere auffållige Banden, die in Extrakten unbefruchteter Eizellen fehlten. Eine Bande, die in einem frçhen Stadium nach der Befruchtung stark markiert war, verschwand etwa 85 Minuten nach der Befruchtung praktisch vællig, was die Vermutung nahe legte, dass dieses Protein
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selektiv abgebaut wurde. Zu spåteren Zeitpunkten tauchte die gleiche Bande erneut auf, doch 127 Minuten nach der Befruchtung war sie wiederum verschwunden. In Abb. 4 erkennt man die Konzentrationsschwankungen dieses Proteins (Proteinbande A) sowie den Teilungsindex, der den zeitlichen Verlauf der beiden ersten Zellteilungen angibt. Der Abbau des Proteins erfolgt ungefåhr zur gleichen Zeit wie die erste und die zweite Zellteilung. Ein åhnliches Protein fand man in den Zellen der Trogmuschel, eines weiteren wirbellosen Tieres, dessen Eier håufig untersucht wurden. Hunt und Kollegen bezeichneten das Protein als ¹Cyclinª und wiesen auf deutliche Parallelen hin: Die Cyclinkonzentration schwankte in ihren Untersuchungen ganz åhnlich wie die MPF-Aktivitåt in frçheren Studien. Im weiteren Verlauf zeigte sich, dass es zwei Cycline (A und B) gibt, die im Zellzyklus zu unterschiedlichen Zeiten abgebaut werden. Der Ab-
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bau von Cyclin A erfolgt in einem Zeitraum von fçnf bis sechs Minuten und beginnt unmittelbar vor dem Ûbergang von der Metaphase zur Anaphase, das Cyclin B wird wenige Minuten nach diesem Ûbergang zerstært. Die erste eindeutige Verbindung zwischen Cyclin und MPF stellten Joan Ruderman und ihre Kollegen am Marine Biological Laboratory von Woods Hole her.6 Sie transkribierten
eine mRNA, die Cyclin A codierte, und benutzten dazu eine klonierte DNA mit der gesamten codierenden Sequenz fçr das Protein. Zur Ûberprçfung der Identitåt dieser RNA wurde sie translatiert, und dabei stellte sich heraus, dass sie originalgetreues MuschelCyclin A codierte. Als man die synthetische Cyclin-mRNA in ? -Oocyten injizierte, wurde in diesen Zellen das Keimblåschen abgebaut, und die Chromosomen kondensierten; der zeitliche Ablauf war dabei ganz åhnlich wie nach der Progesteronbehandlung (Abb. 5).
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Der Befund lieû darauf schlieûen, dass der Anstieg der Cyclin-A-Konzentration, den man normalerweise wåhrend der Meiose und Mitose beobachtet, unmittelbar den Ûbergang in die M-Phase begçnstigt. Die Menge des Cyclin A sinkt normalerweise schnell ab; nur wenn es vor der nåchsten Zellteilung neu synthetisiert wird, kænnen die Zellen erneut in die M-Phase eintreten. Aber welcher Zusammenhang besteht zwischen den Cyclinen und MPF? Diese Frage war unter anderem deshalb schwierig zu beantworten, weil man die Untersuchungen an unterschiedlichen biologischen Arten angestellt hatte. MPF hatte man vorwiegend an Amphibien studiert, die Cycline an Seeigeln und Muscheln. Vieles deutete darauf hin, dass Froschoocyten einen Vorrat an inaktiven MPF-Vorlåufermolekçlen enthalten, die wåhrend der Meiose I in aktiven MPF umgewandelt werden. Cyclin dagegen fehlt in den Muscheloocyten zunåchst vællig, taucht aber kurz nach der Befruchtung auf. Ruderman brachte den Gedanken ins Gespråch, Cyclin A kænne ein Aktivator fçr MPF sein. Auf dieses Thema werden wir in Kçrze zurçckkommen. Zur gleichen Zeit bemçhte man sich in einem anderen Forschungsansatz um die Reinigung und Charakterisierung der Substanz, die fçr die MPF-Aktivitåt verantwortlich ist. Im Jahr 1980 gelang es Michael Wu und John Gerhart von der University of California in Berkeley, MPF um den Faktor 20 bis 30 anzureichern. Sie hatten dazu das Protein mit Ammoniumsulfat ausgefållt, wieder gelæst und dann såulenchromatographisch gereinigt. Der teilweise gereinigte MPF regte nicht nur die Oocytenreifung an, sondern er stimulierte auch den Einbau von 32P in Proteine der Amphibienoocyten.7 Inkubierte man teilweise gereinigte MPF-Pråparate mit [32P]-ATP, wurden die Proteine in dem Reaktionsansatz phosphoryliert; anscheinend setzte MPF also die Reifung in Gang, weil er als Proteinkinase wirkte. Endgçltig gereinigt wurde MPF 1988 in sechs aufeinander folgenden Chromatographieschritten.8 Die Aktivitåt war in diesen gereinigten Pråparationen immer mit zwei Polypeptiden assoziiert, die Molekulargewichte von 32 000 und 45 000 hatten. Dass die Pråparation eine starke Proteinkinaseaktivitåt hatte, war am Einbau der Radioaktivitåt aus [32P]-ATP in Proteine zu erkennen. Inkubierte man die gereinigte Pråparation in Gegenwart von [32P]-ATP, wurde das MG-45 000-Polypeptid markiert.
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Gegen Ende der 1980er Jahre flossen die Bemçhungen zur Aufklårung der Funktion von Cyclinen und MPF mit einem anderen Forschungsansatz zusammen, den Paul Nurse und seine Kollegen an der Universitåt Oxford bei der Spalthefe verfolgten.9 Man hatte nachgewiesen, dass Hefe eine Proteinkinase mit einem Molekulargewicht (MG) von 34 000 produziert und dass diese Enzymaktivitåt notwendig ist, damit die Zellen in die M-Phase eintreten kænnen (Kap. 14.1.2). Das Hefeprotein wurde p34cdc2 oder einfach cdc2 genannt. Erste Indizien fçr einen Zusammenhang zwischen cdc2 und MPF erwuchsen aus der Zusammenarbeit der Hefe- und Amphibienexperten.10,11 Wie bereits erwåhnt, besteht MPF aus zwei Polypeptiden mit einem MG von 32 000 und 45 000. Wie man nachweisen konnte, reagieren Antikærper gegen das cdc2 der Spalthefe spezifisch mit der MG-32 000-Komponente des MPF aus ? -Eiern. Die Beobachtung legte die Vermutung nahe, dass dieser Bestandteil von MPF zu der Hefekinase mit dem MG von 34 000 homolog ist und dass demnach der Apparat, der bei Hefe und Wirbeltieren den Zellzyklus steuert, entwicklungsgeschichtlich konservierte Bestandteile enthålt. In einer åhnlichen Studie mit Antikærpern gegen Hefe-cdc2 konnte man zeigen, dass die Konzentration des homologen Proteins in Wirbeltierzellen im Laufe des Zellzyklus nicht schwankt.12 Das spricht fçr den Gedanken, dass die MG-32 000-Proteinkinase der Wirbeltiere von einem anderen Protein abhångig ist. Man rechnete damit, dass es sich bei diesem Modulator um das Cyclin handelt, dessen Konzentration im Zellzyklus ansteigt, bevor es am Ûbergang zur Anaphase zerstært wird. Die Idee beståtigte sich schlieûlich in mehreren Studien, in denen man den gereinigten MPF aus Amphibien, Muscheln und Seesternen einschlieûlich seiner Polypeptidzusammensetzung analysierte.13±15 In allen Fållen stellte sich heraus, dass der aktive MPF, den man in Tierzellen wåhrend der M-Phase findet, ein Komplex aus zwei Untereinheiten ist: Die eine (MG 32 000) enthålt das aktive Zentrum der Proteinkinase und ist homolog zu der Proteinkinase cdc2 der Hefe; die andere (MG 45 000) ist ein Cyclin und muss vorhanden sein, damit die Kinase aktiv ist. Die hier beschriebenen Experimente liefern ein einheitliches Bild fçr die Regulation des Zellzyklus bei allen Eukaryoten. Auûerdem schaffen sie die Voraussetzungen fçr die Analyse der vielen Faktoren,
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die an verschiedenen Stellen im Zellzyklus von Hefe und Såugetieren die Aktivitåt von MPF (cdc2) steuern und in den letzten Jahren in den Mittelpunkt des Interesses gerçckt sind. Die wichtigsten Ergebnisse dieser neueren Untersuchungen werden im ersten Abschnitt des vorliegenden Kapitels beschrieben. Literatur 1. Smith LD, Ecker RE (1971) The interaction of steroids with - oocytes in the induction of maturation. Dev Biol 25:233±247 2. Masui Y, Markert CL (1971) Cytoplasmic control of nuclear behavior during meiotic maturation of frog oocytes. J Exp Zool 177:129±146 3. Wasserman WJ, Smith LD (1978) The cyclic behavior of a cytoplasmic factor controlling nuclear membrane breakdown. J Cell Biol 78:R15±R22 4. Sunkara PS, Wright DA, Rao PN (1979) Mitotic factors from mammalian cells induce germinal vesicle breakdown and chromosome condensation in amphibian oocytes. Proc Natl Acad Sci USA 76:2799±2802 5. Evans T et al (1983) Cyclin: A protein specified by maternal mRNA in sea urchin eggs that is destroyed at each cleavage division. Cell 33:389±396 6. Swenson KI, Farrell KM, Ruderman JV (1986) The clam embryo protein cyclin A induces entry into M phase and the resumption of meiosis in ? oocytes. Cell 47:861±870
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Zusammenfassung & " $' $' 1" $
$% 0 Man kann den Zellzyklus in zwei groûe Phasen unterteilen: Die M-Phase umfasst die Mitose, in der die verdoppelten Chromosomen sich auf zwei Zellkerne verteilen, und die Cytokinese, den Vorgang, durch den die ganze Zelle sich in zwei Tochterzellen teilt. Der Rest des Zellzyklus ist die Interphase. Die Interphase ist in der Regel viel långer als die M-Phase und gliedert sich in drei Stadien: Die G1-Phase ist die Zeit zwischen Mitose und DNA-Replikation. In der S-Phase findet die DNA- (und Histon-)Synthese statt. Die G2-Phase erstreckt sich vom Ende der Replikation bis zum Beginn der nåchsten Mitose (Kap. 14.1). $% ' 9 9 1 0 Erste Zellfusionsexperimente zeigten, dass eine Zelle wåhrend
der Replikation einen oder mehrere Faktoren enthålt, die fçr die Initiation der DNA-Synthese sorgen, wåhrend es in einer Mitosezelle einen oder mehrere Faktoren gibt, welche die Kondensation des Chromatins in Gang setzen. Wie sich in spåteren Untersuchungen herausstellte, wird der Beginn der M-Phase in einer Zelle durch die Aktivierung der Proteinkinase MPF (Reifungsfærderfaktor) ausgelæst. MPF besteht aus zwei Teilen: Eine katalytische Untereinheit çbertrågt Phosphatgruppen auf bestimmte Serin- und Threoninreste spezifischer Proteinsubstrate, und eine regulatorische Untereinheit gehært zur Proteinfamilie der Cycline. Die katalytische Untereinheit wird als Cyclin-abhångige Kinase (Cdk) bezeichnet. Bei niedriger Cyclinkonzentration fehlt der Kinase die Cyclin-Untereinheit, und sie bleibt inaktiv. Erreicht das Cyclin jedoch eine ausreichend
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hohe Konzentration, wird die Kinase aktiviert und der Ûbergang der Zelle in die M-Phase ausgelæst (Kap. 14.1.2). & $
$% $ $' & C $' :E &/ C $' :F/ 7 0 7 / " ' + 9 +% 9 9 ' 0 Bei der Hefe ist an beiden Kontrollpunkten die gleiche Cdk aktiv, sie wird aber von unterschiedlichen Cyclinen stimuliert. Die Cdk-Aktivitåt wird nicht nur von den Cyclinen reguliert, sondern auch vom Phosphorylierungszustand der katalytischen Untereinheit, der seinerseits bei der Hefe von mindestens zwei Kinasen (CAK und Wee1) und einer Phosphatase (cdc25) gesteuert wird. In Såugerzellen wirken mindestens acht verschiedene Cycline und ein halbes Dutzend Cdks an der Regulation des Zellzyklus mit (Kap. 14.1.2). $ " $ .1 $% ' +
' " % ' 10 Behandelt man eine Zelle so, dass ihre DNA geschådigt wird, bleibt der Zellzyklus so lange stehen, bis der Schaden repariert ist. Dass eine Zelle an einem Kontrollpunkt des Zellzyklus stehen bleibt, liegt an Inhibitoren, deren Synthese durch Schådigungen der DNA und andere Ereignisse angeregt wird (Kap. 14.1.2). Durch die Mitose wird gewåhrleistet, dass zwei Tochterzellkerne mit dem gleichen, vollståndigen genetischen Material ausgestattet werden. Die Mitose gliedert sich in Prophase, Prometaphase, Metaphase, Anaphase und Telophase. In der Prophase werden die Chromosomen auf die Segregation vorbereitet und der notwendige Apparat fçr die Chromosomenwanderung lagert sich zusammen. Mitosechromosomen sind kompakt verpackte, ståbchenfærmige Gebilde. Man kann erkennen, dass jedes Mitosechromosom der Långe nach in zwei Chromatiden aufgespalten ist, gleichartige Kopien, die in der vorangegangenen S-Phase durch Replikation entstanden sind. Die Einschnçrung an den Mitosechromosomen kennzeichnet das Centromer; dort befindet sich das Kinetochor, eine plattenfærmige Struktur, an der sich die Mikrotubuli der Spindel anheften. Zu Beginn der Prophase, im ersten Stadium der Spindelentstehung, tauchen in
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einer typischen Tierzelle rund um die beiden Centrosomen sternfærmige Mikrotubulianordnungen (Asteren) auf. Anschlieûend wandern die Centrosomen voneinander weg in Richtung der Zellpole, wobei die Mikrotubuli, die sich zwischen ihnen erstrecken, zahlreicher und långer werden. Schlieûlich erreichen die beiden Centrosomen gegençberliegende Stellen in der Zelle, die damit zu den Zellpolen werden. In manchen Zellen, darunter die der Pflanzen, bildet sich die Mitosespindel ohne Centrosomen. Das Ende der Prophase ist durch den Zerfall der Kernhçlle gekennzeichnet (Kap. 14.2.1). In der Prometaphase und Metaphase werden die einzelnen Chromosomen zunåchst an Spindel-Mikrotubuli angeheftet, die von den Polen ausgehen, und wandern dann in eine Ebene in der Mitte der Spindel. Zu Beginn der Prometaphase dringen Mikrotubuli aus der entstehenden Spindel in den Bereich des ehemaligen Zellkerns ein und treten mit den Kinetochoren der kondensierten Chromosomen in Verbindung. Wenig spåter haben die Kinetochoren eine stabile Verknçpfung mit den Plus-Enden der Chromosomen-Mikrotubuli von beiden Spindelpolen hergestellt. Schlieûlich wird jedes Chromosom in einer Ebene am Spindelåquator in Position gebracht; parallel zu diesem Vorgang verkçrzen sich manche Mikrotubuli, weil sie Tubulinuntereinheiten verlieren, andere werden durch neu hinzukommende Untereinheiten långer. Wenn die Chromosomen ihre stabile Anordnung eingenommen haben, ist die Zelle in die Metaphase eingetreten. Die Mitosespindel einer typischen Tierzelle besteht in der Metaphase aus AstralMikrotubuli, die vom Centrosom ausgehen, Chromosomen-Mikrotubuli, die an die Kinetochoren angeheftet sind, und polaren Mikrotubuli, die sich vom Centrosom an den Chromosomen vorbei erstrecken und ein Strukturgerçst bilden, das den Zusammenhalt der ganzen Spindel gewåhrleistet. Wie man an der gerichteten Bewegung fluoreszenzmarkierter Untereinheiten erkennen kann, sind die Mikrotubuli der Metaphasespindel ein Ort dynamischer Aktivitåt (Kap. 14.2.2 und 14.2.3). 6 ! 9
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$0 Zu Beginn der Anaphase trennen sich die Schwesterchromatiden plætzlich voneinander. Auslæser ist die Ubiqui-
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tin-vermittelte Zerstærung des Cohesins, eines Proteinkomplexes, der die Schwesterchromatiden zusammenhålt. Die getrennten Chromosomen wandern dann zu verschiedenen Zellpolen, wobei sich gleichzeitig die angehefteten Chromosomen-Mikrotubuli verkçrzen, weil am Kinetochor insgesamt Untereinheiten verloren gehen. Charakteristische Kennzeichen der Telophase sind der Wiederaufbau der Kernhçlle, die Auflockerung der Chromosomen und die Neubildung des Membrangeflechts im Cytoplasma. Angetrieben werden die Bewegungen in der Anaphase wahrscheinlich durch Mikrotubuli-gebundene Motoren wie Kinesin und Dynein und/oder die Depolymerisierung von Mikrotubuli (Kap. 14.2.4 und 14.2.5). +% " 0 0 +% $' ! $" ! # / $ $ ' 0 Tierzellen teilen sich durch eine Einschnçrung oder Furche, die sich an der Zelloberflåche bildet und dann nach innen wandert. Die Furche enthålt ein Band aus Actinfilamenten, die aneinander vorçbergleiten, wobei sie von kleinen, Kraft erzeugenden Filamenten aus Myosin II angetrieben werden. Der Ort der Cytokinese wird vermutlich durch ein Signal festgelegt, das von der Mitosespindel ausgeht. Pflanzen durchlaufen die Cytokinese durch Aufbau einer Zellmembran und Zellwand in einer Ebene zwischen den Zellpolen. Der erste Vorbote der Zellplatte sind Ansammlungen ineinander greifender Mikrotubuli mit dazwischen eingestreutem, elektrodendichtem Material. Anschlieûend wandern kleine Vesikel in den Bereich ein und lagern sich in einer Ebene zusammen. Die Vesikel verschmelzen und bilden ein Membrangeflecht, das sich zur Zellplatte weiterentwickelt (Kap. 14.2.7). $' 0 & ! $ 9" ,' / /
+ "
+ $ ' 0 Die Meiose kann sich je nach der biologischen Art in ganz unterschiedlichen Stadien des Lebenszyklus abspielen. Um zu gewåhrleisten, dass jeder Tochterzellkern nur einen Satz homologer Chromosomen enthålt, spielt sich in der Prophase I eine komplizierte
Chromosomenpaarung ab, zu der es in der Mitose keine Entsprechung gibt. Die Paarung der Chromosomen ist von der Ausbildung einer leiterfærmigen Proteinstruktur begleitet, die man als synaptischen Komplex (SC) bezeichnet. Das Chromatin der einzelnen homologen Chromosomen ist eng mit einem der beiden seitlichen Elemente des SC assoziiert. In der Prophase I findet zwischen den homologen Chromosomen die genetische Rekombination statt, so dass Chromosomen mit neuen Kombinationen mçtterlicher und våterlicher Allele entstehen. Nach der Rekombination bleiben die homologen Chromosomen an spezifischen Stellen verbunden, die als Chiasmata bezeichnet werden und Rekombinationsorte darstellen. Die gepaarten homologen Chromosomen (die man als Bivalente oder Tetraden bezeichnet) ordnen sich in der Metaphaseplatte so an, dass beide Chromatiden eines Chromosoms zum gleichen Zellpolen weisen. In der Anaphase I trennen sich dann die homologen Chromosomen. Da zwischen verschiedenen Tetraden keine Wechselwirkungen stattfinden, verteilen sich die mçtterlichen und våterlichen Chromosomen der einzelnen Tetraden unabhångig voneinander. Die Zellen, die jetzt im Hinblick auf ihren Chromosomengehalt bereits haploid sind, treten nun in die zweite Meioseteilung ein; in dieser werden die Schwesterchromatiden der einzelnen Chromosomen getrennt und gelangen in verschiedene Tochterzellkerne (Kap. 14.3.1). 1 7 9 9 ) &1 9 + ! $ 0 Bei der Rekombination werden homologe Abschnitte verschiedener DNAStrånge ausgetauscht, ohne dass ein einziges Basenpaar hinzukommt oder verloren geht. In einem ersten Schritt lagern sich zwei Doppelstrånge nebeneinander. Anschlieûend werden in einem davon beide Strånge gespalten. In weiteren Schritten dringt ein DNA-Strang aus einer Doppelhelix in die andere ein, so dass eine verbundene Struktur entsteht. Im weiteren Verlauf kænnen Nucleasen und Polymerasen ganz åhnlich wie bei der DNA-Reparatur Lçcken in den Strången erzeugen und wieder aufnehmen (Kap. 14.3.2).
Zur Selbstçberprçfung
AHA
Zur Selbstçberprçfung () >n welcher Hinsicht ist die Zellteilung ein Bindeglied zwischen dem Menschen und den ersten Eukaryotenzellen? 2. Mit welchen Synthesevorgången rechnen Sie in der G1-, aber nicht in der G2-Phase? 3. Angenommen, Sie markieren eine Population asynchron wachsender Zellen mit [3H]Thymidin. Die G1-Phase ist sechs Stunden lang, die S-Phase ebenfalls sechs Stunden, die G2-Phase fçnf Stunden und die M-Phase eine Stunde. Welcher Prozentsatz der Zellen ist nach einem Markierungspuls von 15 Minuten radioaktiv? Welcher Prozentsatz der Mitosezellen ist nach einem solchen Puls markiert? Wie lange muss im Anschluss an die Markierung die Chase-Phase sein, bevor Sie die ersten markierten Mitosechromosomen beobachten? Welcher Anteil der Zellen hat nach einer Chase-Phase von 18 Stunden markierte Mitosechromosomen? 4. Angenommen, Sie nehmen eine Kultur derselben Zellen wie in Frage 3, aber statt einer Pulsmarkierung mit [3H]-Thymidin markieren Sie die Kultur ununterbrochen 20 Stunden lang. Zeichnen Sie in einem Diagramm ein, welcher Anteil an radioaktiver DNA in der Kultur im Laufe dieser 20 Stunden vorhanden ist. Wie viel Zeit muss mindestens vergehen, bis in diesem Experiment alle Zellen etwas von der Markierung aufgenommen haben? Wie kænnten Sie an dieser Kultur die Långe des Zellzyklus feststellen, ohne radioaktive Markierungen zu verwenden? 5. Nach der Fusion von Zellen in der G1- und S-Phase erhålt man andere Ergebnisse als wenn man Zellen aus G2- und S-Phase verschmilzt. Worin dçrfte dieser Unterschied Ihrer Ansicht nach bestehen, wie ist er zu erklåren? 6. In Abb. 14.6 erkennt man, wie sich Mutationen in den Genen fçr Wee1 und Cdc25 auf den Zellzyklus auswirken. Die Kinase CAK wurde nicht genetisch (d. h. durch Isolierung mutierter Zellen), sondern biochemisch nachgewiesen. Mit welchem Phånotyp rechnen Sie bei einer Hefezelle, die eine temperatursensitive Mutation von CAK trågt, wenn Sie die Temperatur des Kulturmediums im Frçhstadium der G1-Phase erhæhen? Oder spåt in der G2-Phase? Warum ist er unterschiedlich, je nachdem, in welchem Stadium die Temperatur erhæht wurde?
7. Nennen Sie vier verschiedene Mechanismen fçr die Inaktivierung einer Cdk. 8. Als Syncytium bezeichnet man eine ¹Zelleª, die mehrere Zellkerne enthålt, wie beispielsweise eine Skelettmuskelfaser oder ein Fliegenembryo im Blastulastadium. Diese beiden Arten von Syncytien entstehen auf ganz unterschiedlichen Wegen. Welche beiden Mechanismen fçr die Bildung solcher Syncytien kænnen Sie sich vorstellen? Welche Schlçsse kænnen Sie daraus çber den Zusammenhang zwischen Mitose und Cytokinese ziehen? 9. Wie kænnen Sie experimentell feststellen, ob die polaren Mikrotubuli sich wåhrend der Anaphase in einem Zustand dynamischer Fluktuation befinden? Mit was fçr Beobachtungen rechnen Sie vor dem Hintergrund Ihrer Kenntnisse çber dieses Stadium? 10. Angenommen, Sie haben einer Zelle wåhrend der Replikation (S-Phase) unmittelbar vor Beginn der Meiose [3H]-Thymidin zugesetzt. Welcher Anteil der Chromosomen in den Gameten ist anschlieûend markiert? Wenn eine dieser Gameten (eine Samenzelle) eine unmarkierte Eizelle befruchtet: Welcher Anteil der Chromosomen ist im Zweizellstadium markiert? 11. Beim Menschen besteht der haploide Chromosomensatz aus 23 Chromosomen, und die Menge der DNA im Zellkern einer Samenzelle betrågt 1C. Wie viele Chromosomen enthålt eine menschliche Zelle in folgenden Stadien: Metaphase der Mitose; Prophase I der Meiose; Anaphase I der Meiose; Prophase II der Meiose; Anaphase II der Meiose. Wie viel Chromatin besitzt die Zelle in diesen Stadien? Wie viel DNA (in Vielfachen von C) ist in der Zelle jeweils vorhanden? 12. Zeichnen Sie ein Diagramm mit der DNAMenge im Zellkern eines Spermatogoniums von der G1-Phase vor der ersten Meioseteilung bis zum Abschluss der Meiose. Kennzeichnen Sie in dem Diagramm die wichtigsten Phasen des Zellzyklus und der Meiose. 13. Wie viele Centriolen besitzt eine Zelle in der Metaphase der Mitose? 14. Angenommen, jemand erzåhlt Ihnen, Trisomien seien in den meisten Fållen darauf zurçckzufçhren, dass eine Eizelle im Eilei-
AHE
Fortpflanzung von Zellen
ter zu lange auf die Befruchtung gewartet hat und gealtert ist. Wie kænnten Sie durch die Untersuchung von Feten aus spontanen Fehlgeburten einen Beleg gewinnen, der diesen Gedanken beståtigt? Wie wçrde dies zu den bereits vorhandenen Daten passen? 15. Angenommen, Sie inkubieren eine Meiosezelle zwischen Leptotån und Zygotån mit [3H]-Thymidin, fixieren die Zellen dann im Pachytån und stellen ein Autoradiogramm her. Dabei stellt sich heraus, dass sich an den Chiasmata gehåufte Silberkærner befinden. Welche Erkenntnis kænnen Sie daraus çber den Mechanismus der Rekombination ableiten? 16. In Kap. 14.2.4 war davon die Rede, dass man zweierlei Signale mit der hemmenden Wirkung des Metaphase-Kontrollpunktes in Verbindung bringen konnte. Vor diesem Hintergrund betrachten wir die Ergebnisse eines Experiments aus jçngerer Zeit, in dem man das nicht verankerte Kinetochor eines nur einseitig befestigten Chromosoms mit einem Laserstrahl zerstærte. Die Zelle trat dennoch in die Anaphase ein, obwohl dieses Chromosom sich in der Metaphaseplatte nicht ordnungsgemåû angeordnet hatte. Wie interpretieren Sie dieses Experiment im Hinblick auf die Signale, die in dem vorliegenden Kapitel beschrieben wurden? 17. Nehmen wir einmal an, es gåbe kein Crossing over. Wçrden Sie dann der Behauptung zustimmen, Sie håtten von jedem Elternteil die Hålfte Ihrer Chromosomen geerbt? Glauben Sie, dass sie ein Viertel Ihrer Chromosomen von jedem Elternteil geerbt haben? Wçrden Sie diese Fragen anders beantworten, wenn Sie davon aus-
ternetseite www.wiley.com/college/karp .weitern sie Ihr Verståndnis, indem sie Karps Internetseite ¹Zell- und Molekularbiologieª besuchen. Dort finden Sie ' die gestellten $ & , , die schwierige Sachverhalte und Begriffe verdeutlichen, , die Ihnen bei Prçfungsvorbereitungen helfen, sowie 8 zu interessanten Stellen im Netz. Zusåtzlich zu der Literaturliste unten kann man auf der Internetseite auch noch ' 8 finden.
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gehen, dass Crossing over stattgefunden hat? In Kap. 14.1.2 wurde dargelegt, dass man Zellen in der G2-Phase nicht durch eine Fusion mit Zellen in der S-Phase zur Replikation anregen kann. Kænnen Sie diese Beobachtung anhand der Informationen in Abb. 13.20 erklåren? Was fçr einen Phånotyp erwarten Sie bei einer Spalthefe, in deren Cdk-Untereinheit entweder die Aminosåure Tyr 15 oder die Aminosåure Thr 161 auf Grund einer Mutation fehlt? In Kap. 14.2.1 war davon die Rede, dass sowohl die Verdoppelung der Centrosomen als auch die DNA-Synthese durch den Komplex aus Cyclin E und Cdk2 in Gang gesetzt wird, der seine Tåtigkeit am Ende der G1-Phase aufnimmt. In einer Untersuchung, çber die kçrzlich berichtet wurde, aktivierte man den Cyclin E-Cdk2Komplex in einem frçheren Stadium, beispielsweise zu Beginn der G1-Phase; in diesem Fall beginnt nach der Aktivierung sofort die Verdoppelung der Centrosomen, die DNA-Replikation kommt aber erst zu dem Zeitpunkt in Gang, zu dem die S-Phase normalerweise beginnt. Formulieren Sie eine Hypothese, um zu erklåren, warum nicht auch die DNA-Synthese frçher einsetzt. Anhaltspunkte finden Sie in Abb. 13.20. Mit was fçr einem Phånotyp rechnen Sie bei einer Zelle, deren Cdc20-Polypeptid auf Grund einer Mutation (1) Mad2 nicht binden kann oder (2) die anderen Untereinheiten des APC nicht binden kann oder (3) sich am Ende der Anaphase nicht vom APC læst?
14.4 Literatur $%
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ellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
15
15.1 Grundelemente zellulårer Signalçbertragungssysteme 15.2 Eine Ûbersicht çber extrazellulåre Botenstoffe und ihre Rezeptoren 15.3 G-Protein-gekoppelte Rezeptoren und ihre second messengers 15.4 Die tyrosinspezifische Phosphorylierung als Mechanismus der Signaltransduktion 15.5 Calcium als intrazellulårer Botenstoff 15.6 Konvergenz, Divergenz und Austausch (Crosstalk) zwischen verschiedenen Signalwegen 15.7 NO (Stickstoffmonoxid) als interzellulårer Botenstoff 15.8 Apoptose (Programmierter Zelltod) Aus Sicht des Menschen: Krankheiten, die durch das Versagen G-Protein-gekoppelter Rezeptoren zustande kommen % ( ; " # %& ; ; B ! ( ; ! " 9 , & + I 1 $! & % % 8I ; ' ( " ( ; + 1 # ! ) & # " # ? & ' +?
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Der englische Dichter John Donne brachte seine Ûberzeugung, derzufolge alle Menschen voneinander abhångig sind, einst auf die Formel: ¹Niemand ist eine Insel.ª Dasselbe låsst sich von den Zellen sagen, aus denen ein komplexer viel-
zelliger Organismus besteht. Die meisten pflanzlichen und tierischen Zellen sind darauf spezialisiert, eine oder mehrere Spezialaufgaben zu erfçllen. Viele biologische Vorgånge aber erfordern die Zusammenarbeit vieler Zellen, die ihre
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
Aktivitåt dementsprechend koordinieren mçssen. Damit dies mæglich wird, mçssen Zellen miteinander kommunizieren, und zwar çber einen Prozess, den man als & bezeichnet. Die zellulåre Signalçbertragung erlaubt Zellen die Kommunikation untereinander und låsst den Organismus als kohårentes System funktionieren. Die zellulåre Signalçbertragung beeinflusst mehr oder weniger jeden Aspekt von Zellstruktur und Funktion, und das ist einer der Hauptgrçnde dafçr, dass dieses Kapitel gegen Ende dieses Buches zu finden ist: Zum einen weil man bereits einiges çber andere zellulåre Aktivitåten wissen muss, wenn man die Prozesse der Signalçbertragung verstehen will, zum anderen, weil sich durch den Einblick in diese Prozesse eine Vielzahl scheinbar unzusammenhångender zellulårer Ablåufe ineinander fçgt. Die zellulåre Signalçbertragung ist zudem eng verknçpft mit der Regulation von Zellwachstum und Zellteilung. Damit ist das Verstehen der Signalçbertragungswege von vitaler Bedeutung fçr die Beantwortung der Frage, wie eine Zelle die Fåhigkeit zur Kontrolle der Zellteilung verlieren und zu einem bæsartigen Tumor entarten kann.
!.! Grundelemente zellulårer Signalçbertragungssysteme Vielleicht ist es hilfreich, die Diskussion dieses komplexen Themas mit der Erærterung einiger allgemeiner Merkmale zu beginnen, die fast allen Signalçbertragungswegen gemeinsam sind. Eine Ûbersicht çber diese Eigenschaften bietet Abb. 15.1. Zellen kommunizieren untereinander in der Regel çber - $1 7. Die zellulåre Signalçbertragung beginnt mit der Freisetzung eines Botenmolekçls durch die signalgebende Zelle (Abb. 15.1, Schritt 1). In manchen Fållen muss das Botenmolekçl nur einen schmalen Spalt zwischen zwei Zellen passieren oder durch eine winzige Blutkapillare diffundieren, bis die Botschaft die passende Empfångerzelle erreicht. In anderen Fållen muss ein Botenmolekçl womæglich durch den ganzen Kærper zirkulieren, bevor es in seiner Zielzelle anlangt. Zellen kænnen auf eine extrazellulåre Botschaft nur antworten, wenn sie $ exprimieren, die das jeweilige Botenmolekçl erkennen und binden (Schritt 2). In den meisten Fållen bindet das Botenmolekçl oder sein Ligand an einen Rezeptor auf der åuûeren Zelloberflåche. Diese Interaktion bewirkt, dass ein Signal durch die Membran hindurch an die cytoplasmatische
n Abb. 15.1. % ' " $! &
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Domåne des Rezeptors weitergeleitet wird (Schritt 3). Wenn dieses an der inneren Oberflåche der Plasmamembran angekommen ist, gibt es zwei Hauptwege, çber die das Signal ins Zellinnere weitergeleitet werden kann. Welcher dieser beiden Wege beschritten wird, hångt von der Art des aktivierten Rezeptors ab. n Eine Sorte von Rezeptoren (Kap. 15.3) çbermittelt ein Signal von seiner cytoplasmatischen Domåne an ein benachbartes Enzym (Schritt 4), das einen second messenger (einen intrazellulåren ¹zweiten Bo-
Grundelemente zellulårer Signalçbertragungssysteme
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tenstoffª) entstehen låsst (Schritt 5). Da es mit der Erzeugung dieses $ die zellulåre Reaktion in Gang setzt, bezeichnet man ein solches Enzym in der Regel als Effektor. $ sind kleine Molekçle, die im typischen Fall bestimmte Proteine aktivieren oder inaktivieren. Je nach seiner chemischen Struktur kann ein durchs Cytosol diffundieren oder in der Lipiddoppelschicht der Membran verbleiben. n Ein anderer Rezeptortyp (Kap. 15.4) leitet ein Signal weiter, indem er seine cytoplasmatische Domåne in eine Andockstation fçr zellulåre Signalproteine umwandelt (Schritt 4a). Unabhångig jedoch davon, ob ein Signal çber einen direkt oder durch die Mitwirkung anderer Proteine weitervermittelt wird, das Ergebnis ist ganz åhnlich: Es wird ein Protein aktiviert, das an der Spitze eines intrazellulåren & ' steht (Abb. 15.1, Schritt 6). Signalçbertragungswege sind die Informationsautobahnen der Zelle. Jeder Ûbertragungsweg besteht aus einer Reihe einzelner Proteine, die nacheinander zum Einsatz kommen (Schritt 7). In der Regel bewirkt jedes Protein in diesem Ûbertragungsweg beim nachgeschalteten Protein der Reihe (¹+ ª) eine Konformationsånderung, durch die letzteres aktiviert oder inhibiert wird (Abb. 15.2). Nach dem, was bis hierher bereits çber andere Ablåufe in der Zellbiologie gesagt wurde, sollte es nicht çberraschen, dass Konformationsånderungen bei Signalproteinen håufig durch Proteinkinasen oder Proteinphosphatasen bewirkt werden, die anderen Proteinen Phosphatgruppen hinzufçgen oder diese entfernen (Abb. 15.2). Das menschliche Genom codiert çber 500 verschiedene Proteinkinasen und çber 100 verschiedene Proteinphosphatasen. Manche unter diesen Kinasen und Phosphatasen sind læsliche cytoplasmatische Proteine, andere sind integrale Membranproteine. Manche von ihnen haben mehrere Proteine zum Substrat, andere phosphorylieren oder dephosphorylieren nur ein einziges Proteinsubstrat. Viele der Proteinsubstrate dieser Enzyme sind ebenfalls Enzyme ± andere Kinasen oder Phosphatasen zumeist ± aber zu den Substraten gehæren auch Ionenkanåle, Transkriptionsfaktoren und verschiedene Arten von regulatorischen Proteinen. Man schåtzt, dass etwa ein Drittel der Proteine einer Zelle der Phosphory-
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lierung unterworfen sind. Die Phosphorylierung eines Proteins kann dessen Verhalten auf mehrere Weisen veråndern: Ein Enzym kann durch Phosphorylierung aktiviert oder inaktiviert werden, die Wechselwirkung zwischen Proteinen kann durch sie verstårkt oder geschwåcht werden, Proteinphosphorylierung kann ein Protein dazu veranlassen, von einem Zellkompartiment zum anderen zu wandern, oder auch als Signal zur Degradierung von Proteinen wirken. Am Ende erreichen Signale, die çber einen solchen Signalçbertragungsweg weitergeleitet wurden, ihre jeweiligen (Abb. 15.1, Schritt 8), die an grundlegenden zellulåren Prozessen beteiligt sind (Abb. 15.1, Schritt 9). Je nach Art der Zelle und der çbermittelten Botschaft kann die durch das Zielprotein ausgelæste Antwort der Zelle zum Beispiel in einer Verånderung der Genexpression bestehen, in der verånderten Aktivitåt bestimmter Stoffwechselenzyme, einem Umbau des Cytoskeletts, erhæhter oder verminderter Zellmotilitåt, einer verånderten Ionenpermeabilitåt, einer Aktivierung der DNA-Synthese oder auch im Absterben der Zel-
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
le. Nahezu jede zellulåre Aktivitåt wird durch Signale reguliert, die von der Zelloberflåche kommen. In seiner Gesamtheit bezeichnet man diesen Prozess der Umsetzung von Information, die durch extrazellulåre Botenmolekçle an eine Zelle heran getragen worden ist, in Verånderungen im Inneren der Zelle als & . Zum Schluss muss der Prozess der Signalçbertragung beendet werden. Das ist wichtig, denn Zellen mçssen fçr mæglicherweise eintreffende weitere Botschaften empfånglich bleiben. Hierbei besteht der erste Punkt auf der Tagesordnung darin, das extrazellulåre Botenmolekçl aus dem Verkehr zu ziehen. Zu diesem Zweck produzieren manche Zellen extrazellulåre Enzyme, die bestimmte extrazellulåre Botenstoffe abbauen. In anderen Fållen werden aktivierte Rezeptoren internalisiert (Kap. 8.8.1). Sobald der Rezeptor ins Zellinnere gelangt ist, wird er entweder zusammen mit seinem Liganden degradiert, wodurch die Zelle unter Umstånden eine Zeitlang fçr weitere eintreffende Stimuli weniger empfånglich wird, oder Rezeptor und Ligand werden im Inneren eines Endosoms voneinander getrennt, der Ligand wird im Anschluss daran abgebaut, wåhrend der Rezeptor an die Zelloberflåche zurçckgefçhrt wird. Und schlieûlich enthalten Zellen Enzyme, die zellulåre Signalproteine wieder in den Ruhestand zurçckfçhren. In manchen Fållen werden aktivierte Signalproteine zum Abbau freigegeben und neue synthetisiert, um die Signalçbertragung aufrechtzuerhalten.
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3ederholung 5 G
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15.2 Eine Ûbersicht çber extrazellulåre Botenstoffe und ihre Rezeptoren Es gibt eine Fçlle von Molekçlen, die als - $1 6 1 wirken kænnen. Darunter: n Kleine Molekçle wie 1 und 1 9 . Beispiele hierfçr sind Glutamat, Glycin, Acetylcholin, Adrenalin, Dopamin und Thyroidhormone.
Diese Molekçle wirken als Neurotransmitter und Hormone. n & , vom Cholesterin hergeleitete Verbindungen. Steroidhormone regulieren die sexuelle Differenzierung und Schwangerschaft, den Kohlenhydratstoffwechsel und die Ausscheidung von Natrium- und Kaliumionen. n #
, unpolare Molekçle aus 20 Kohlenstoffatomen, die aus einer Fettsåure, der Arachidonsåure, hervorgehen. Eicosanoide regulieren ein breites Spektrum an biologischen Prozessen, unter anderem Schmerz, Entzçndung, Blutdruck und Blutgerinnung. Verschiedene frei verkåufliche Medikamente zur Behandlung von Kopfschmerzen und Entzçndungen inhibieren die Eicosanoidsynthese. n Eine groûe Palette an /% und / . Manche darunter finden sich als Membranproteine auf der Oberflåche einer anderen Zelle (s. die Box ¹Aus Sicht des Menschenª in Kap. 7). Andere sind Teil der Extrazellulårmatrix oder mit dieser assoziiert. Schlieûlich gibt es eine groûe Zahl an Proteinen, die in die extrazellulåre Umgebung ausgeschçttet werden und dort an der Regulation von Prozessen wie Zellteilung, Differenzierung, Immunantwort, Zelltod und Ûberleben einer Zelle beteiligt sind. Extrazellulåre Signalmolekçle werden in der Regel ± wenn auch nicht immer ± von spezifischen Rezeptormolekçlen erkannt, die sich auf der Oberflåche der Empfångerzelle befinden. Wie in Abb. 15.1 dargestellt, binden Rezeptoren ihre Signalmolekçle mit hoher Affinitåt und setzen die Interaktion auf der åuûeren Zelloberflåche in Verånderungen im Zellinneren um. Welche Rezeptoren sich zur Ûbermittlung von Signalen im Laufe der Evolution entwickelt haben, ist im Folgenden aufgelistet. n :/ $ 3:/+ 4 bilden eine riesige Familie von Rezeptoren, die jeweils sieben die Membran durchspannende -Helices enthalten. Diese Rezeptoren setzen die Bindung eines extrazellulåren Botenmolekçls in die Aktivierung von GTP-bindenden Proteinen um. GTP-bindende Proteine oder G-Proteine sind uns bereits in Kap. 8 im Zusammenhang mit der Abschnçrung und
Mit G-Proteinen gekoppelte Rezeptoren und ihre
Iusion von Vesikeln, in Kap. 9 im Zusammenhang mit der Dynamik von Mikrotubuli, in Kap. 8 und 11 im Rahmen der Proteinsynthese und in Kap. 12 beim nucleocytoplasmatischen Transport begegnet. In diesem Kapitel wollen wir ihre Rolle bei der Ûbermittlung von Botschaften im Rahmen zellulårer ¹Informationsschaltkreiseª untersuchen. n $ !% 9 1 (Rezeptor-Tyrosinkinasen, RTK) bilden eine zweite Rezeptorenklasse, die sich im Laufe der Evolution zur Umsetzung von Signalen, die durch extrazellulåre Botenstoffe çbermittelt werden, in Verånderungen im Zellinneren entwickelt hat. Die Bindung eines spezifischen extrazellulåren Liganden an eine Rezeptor-Tyrosinkinase resultiert gewæhnlich in einer Dimerisierung des Rezeptorproteins, gefolgt von einer Aktivierung der mit dem cytoplasmatischen Teil des Molekçls assoziierten Proteinkinase-Domåne des Rezeptors. Im aktivierten Zustand phosphorylieren diese Proteinkinasen bestimmte Substratproteine im Cytoplasma, die daraufhin ebenfalls ihren Aktivitåtszustand, ihre Lokalisation innerhalb der Zelle oder ihre Fåhigkeit zur Interaktion mit anderen Proteinen in der Zelle åndern. Die meisten Proteinkinasen çbertragen Phosphatgruppen auf Serin- oder Threoninreste ihrer Substratproteine, aber, wie ihr Name schon vermuten låsst, phosphorylieren Rezeptor-Tyrosinkinasen Tyrosinreste. Rezeptor-Tyrosinkinasen sind vor allem an der Regulation von Zellteilung und Differenzierung beteiligt. n 8 1 1 bilden eine dritte Klasse von Zelloberflåchenrezeptoren zur Bindung extrazellulårer Liganden. Die Fåhigkeit dieser Proteine, einen Ionenfluss durch die Plasmamembran zu ermæglichen, wird durch die Bindung des Liganden direkt reguliert. Ein solcher Ionenfluss kann eine vorçbergehende Verånderung des Membranpotenzials bewirken, welche die Aktivitåt anderer Proteine beeinflusst, unter anderem die von spannungsabhångigen Kanålen. Diese Folge von Ereignissen ist die Basis fçr die Bildung eines Nervenimpulses (Kap. 4.8.4). Auûerdem vermag der Einstrom bestimmter Ionen wie Ca2+ die Aktivitåt gewisser cytoplasmatischer Enzyme zu veråndern.
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Wie in Kap. 4.8 ausgefçhrt, fungieren ligandengesteuerte Kanåle als Rezeptoren fçr Neurotransmitter. n & $ wirken als ligandengesteuerte Transkriptionsfaktoren. Steroidhormone diffundieren durch die Plasmamembran und binden an ihre jeweiligen Rezeptoren im Cytoplasma. Die Bindung des Hormonmolekçls fçhrt zu einer Konformationsånderung, die es dem Hormon-Rezeptorkomplex ermæglicht, in den Kern zu wandern und an Elemente der Promoter- oder Enhancerregionen von hormonsensitiven Genen zu binden (Abb. 12.44). Durch diese Interaktion erhæht oder vermindert sich die Geschwindigkeit der Gentranskription. n Schlieûlich gibt es 9 $ %, die çber einzigartige Mechanismen wirken. Manche darunter ± beispielsweise die Rezeptoren von B- und T-Zellen, die an der Reaktion auf Fremdantigene beteiligt sind ± assoziieren mit bekannten Molekçlen der Signaltransduktionskaskade wie den cytoplasmatischen Tyrosinkinasen. Bei anderen ist der Mechanismus der Signalçbertragung bislang unbekannt.
!.' #-oteinen gekoppelte Rezeptoren und ihre second messengers G-Protein-gekoppelte Rezeptoren tragen ihren Namen, weil sie, wie unten im Einzelnen erlåutert wird, mit G-Proteinen wechselwirken. Man bezeichnet die Mitglieder dieser Proteinfamilie auch als Sieben-Helix-Transmembranrezeptoren (7TM-Rezeptoren), weil sie sieben die Membran durchspannende Helices enthalten (Abb. 15.3). Man kennt aus verschiedenen Organismen, angefangen von der Båckerhefe çber Blçtenpflanzen bis hin zu den Såugetieren, hunderte verschiedener GPCRs, die zusammengenommen ein unglaubliches Spektrum an zellulåren Prozessen regulieren. Ja, die G-Protein-gekoppelten Rezeptoren bilden tatsåchlich die græûte Proteinçberfamilie tierischer Genome. Der Nematode " $
beispielsweise, dessen Genom aus ungefåhr 19 000 Genen besteht, codiert etwa 1000 verschiedene GPCRs. Zu den natçrlichen Liganden, die an G-Protein-gekoppelte Rezeptoren binden, gehært eine hæchst unterschiedliche Palette an Hormonen, Neurotransmittern, Opiumderivaten und Lockstoffen (Molekçlen,
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen n Abb. 15.3 a, b. ! % ( % 9 $, ! # a ; ! ,I " " " ? 9 % ; ! . "
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die phagocytotisch aktive Zellen des Immunsystems anlocken), Geschmacks- und Geruchsstoffen (Verbindungen, die an olfaktorische und gustatorische Rezeptoren binden und Geruchsund Geschmacksempfindungen auslæsen) sowie Photonen. Eine Auflistung einiger Liganden, die çber diesen Weg wirken, und der Effektoren, durch die sie wirksam werden, gibt Tabelle 15.1. !.'! Signaltransduktion çber G-Protein-gekoppelte Rezeptoren $ G-Protein-gekoppelte Rezeptoren weisen in der Regel folgende Topologie auf: Ihr Aminoende befindet sich auf der Zellauûenseite, die sieben -Helices, welche die Plasmamembran durchspannen, sind durch extra- und intrazellulåre Schleifen von unterschiedlicher Långe miteinander verbunden, und der Carboxylterminus befindet sich im Zellinneren (Abb. 15.3). Auf der Auûenseite der Zelle finden sich drei Schleifen, die miteinander die Ligandenbindungsstelle bilden. Auch auf der cytoplasmatischen Seite der n Tabelle15.1. # ( I #!
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Membran finden sich drei Schleifen sie bilden die Bindungsstelle fçr die Signalproteine im Zellinneren. An die dritte der drei Schleifen binden G-Proteine und Arrestine, deren Funktion im çbernåchsten Abschnitt beschrieben ist. Letztere konkurrieren mit den G-Proteinen um den Rezeptor. Schlieûlich gibt es noch eine Gruppe von Proteinen, die an den Carboxylterminus von G-Protein-gekoppelten Rezeptoren binden und von denen man in jçngster Zeit zunehmend mehr Vertreter kennen lernt. Viele dieser Proteine wirken als molekulare Gerçste, die den Rezeptor mit verschiedenen in der Zelle vorhandenen Signalproteinen und Effektoren verbinden. Wenn ein Hormon oder Neurotransmitter an einen G-Protein-gekoppelten Rezeptor bindet, verursacht dies eine Konformationsånderung an der extrazellulåren Ligandenbindungsstelle. Diese Konformationsånderung wird durch die Plasmamembran hindurch ins Zellinnere çbermittelt und fçhrt nun ihrerseits zu einer Konformationsånderung bei den cytoplasmatischen Schleifen des Rezeptors; dies wiederum hat eine erhæhte Affinitåt des Rezeptors fçr ein G-Protein auf der cytoplasmatischen Membranoberflåche zur Folge (Abb. 15.3 b). Das Rezeptor-Ligand-Gespann bildet daraufhin einen Rezeptor-G-Protein-Komplex (Abb. 15.4, Schritt 1). Durch die Interaktion mit dem Rezeptor kommt es zu einer Konformationsånderung bei der -Untereinheit des G-Proteins, in deren Folge GDP durch GTP ersetzt wird (Schritt 2). Im aktivierten Zustand vermag ein einzelner Rezeptor eine græûere Zahl an G-Proteinmolekçlen zu aktivieren, d. h. dieser Schritt kann der Signalverstårkung dienen (Weiteres dazu in Kap. 15.3.6). n
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
:/ Die :/ wurden Anfang der 1970er Jahre von Martin Rodbell und seinen Kollegen von den National Institutes of Health entdeckt. Ihre Arbeiten sind in der Box ¹Experimentelle Verfahrenª erlåutert und kænnen unter www.wiley.com/college/karp eingesehen werden. Man hat diese Proteine G-Proteine genannt, weil sie die beiden Guaninnucleotide GDP und GTP binden (Genaueres dazu in Kap. 15.4.1). Als heterotrimer werden sie bezeichnet, weil sie jeweils aus drei verschiedenen ± , und ± bestehen (Abb. 15.3). Diese Eigenschaft unterscheidet sie von den kleineren monomeren G-Proteinen wie Ras, die spåter in diesem Kapitel besprochen werden sollen. Heterotrimere G-Proteine sind çber Lipidketten, die mit den - und -Untereinheiten kovalent verbunden sind, in der Plasmamembran verankert (Abb. 15.3 a). Die Bindungsstelle fçr das Guaninnucleotid befindet sich auf der G-Untereinheit. Der Ersatz des GDP durch GTP und die anschlieûende Wechselwirkung mit einem aktivierten RezeptorLigandkomplex fçhrt zu einer Konformationsånderung der G-Untereinheit. Wenn sie GTP gebunden hat, besitzt die G-Untereinheit nur noch eine geringe Affinitåt fçr G,, so dass dieses aus dem Komplex freigesetzt wird. Jede dissoziierte G-Untereinheit (samt GTP) ist nun frei und kann ein Effektorprotein ± z. B. Adenylylcyclase ± aktivieren (Abb. 15.4, Schritt 3). In diesem Falle wçrde die Aktivierung des Effektorproteins zur Produktion des ATP fçhren (Schritt 4). Weitere Effektoren sind Phospholipase C- und cGMP-Phosphodiesterase (s. unten). Die so gebildeten aktivieren nun ihrerseits ein oder mehrere Signalproteine. Ist die G-Untereinheit mit dem Effektor in Wechselwirkung getreten, wird das von ihr gebundene GTP zu GDP und Pa hydrolysiert (Abb. 15.4, Schritt 5). Durch die GTP-Hydrolyse kommt es erneut zu einer Konformationsånderung, in deren Folge die G-Untereinheit vom Effektor freigesetzt wird, so dass sie sich erneut mit dem -Dimer zum inaktiven heterotrimeren G-Protein zusammenfinden kann (Schritt 6). In gewissem Sinne funktionieren heterotrimere G-Proteine wie molekulare Kçchenwecker. Durch die Interaktion mit einem aktivierten Rezeptor werden sie auf ein bestimmtes Zeitintervall eingestellt, durch die Hydrolyse des gebundenen GTP schalten sie sich nach einer gewissen Zeitspanne von selbst wieder ab. Solange sie ¹tickenª, kænnen sie nachgeschaltete Effektoren weiter hinten auf dem Ûbertragungsweg anschalten.
Heterotrimere G-Proteine gibt es in vier Sorten: Gs, Gq, Gi und G12/13. Diese Klassifizierung orientiert sich an den Effektoren, mit denen die G-Untereinheit wechselwirkt. Vertreter der GsFamilie vermitteln die Kopplung zwischen Rezeptor und Adenylylcyclase. Wie oben beschrieben, wird die Adenylylcyclase durch G-Untereinheiten mit gebundenem GTP aktiviert. Zu den Vertretern der Gq-Familie gehæren G-Untereinheiten, die PLC (Phospholipase C-) aktivieren. Phospholipase C- hydrolysiert Phosphatidylinositolbisphosphat zu Inositoltriphosphat und Diacylglycerin (Kap. 15.3.4). Die Wirkung aktivierter Gi-Untereinheiten besteht in der Hemmung der Adenylylcyclase. Die Vertreter der G12/13-Unterfamilie sind bislang weniger gut charakterisiert als die anderen G-Proteinfamilien. Zu den potentiellen Effektoren gehæren ein GTPase aktivierendes Protein fçr Ras (Abb. 15.7), die Tyrosinkinasen BTK und Src, Phospholipase D und Proteinkinase C. Der nach der Dissoziation der G-Untereinheit verbleibende ,-Komplex hat ebenfalls Signalfunktion und vermag mindestens vier verschiedene Arten von Effektoren zu koppeln: PLC, K+-Ionenkanåle, Adenylylcyclase und PI-3-Kinase. 7 Die Bindung eines Liganden fçhrt, wie wir gesehen haben, zur Aktivierung eines Rezeptors. Aktivierte Rezeptoren schalten G-Proteine an, die ihrerseits Effektoren anschalten. Damit es nicht zu einer Ûberstimulierung kommt, muss dafçr gesorgt werden, dass die Rezeptoren nicht unablåssig weiter G-Proteine aktivieren. Um die Empfånglichkeit fçr kçnftige Reize wieder herzustellen, mçssen Rezeptoren, G-Proteine und Effektoren allesamt in den inaktiven Zustand zurçckgefçhrt werden. Diese , der Mechanismus, der aktivierte Rezeptoren daran hindert, weiterhin G-Proteine anzuschalten, findet in zwei Schritten statt. Im ersten Schritt wird die cytoplasmatische Domåne des aktivierten G-Protein-gekoppelten Rezeptors durch ein Enzym phosphoryliert, das den Namen :/ $ 3: 4 trågt (Abb. 15.4, Schritt 7). Die GRKs bilden eine kleine Familie von Serin-Threonin-Kinasen. Die meisten darunter befinden sich auf der dem Cytoplasma zugewandten Innenflåche der Plasmamembran (Schritt 7). Andere, die im Cytoplasma lokalisiert sind, werden durch die Aktivierung bestimmter G-Proteine veranlasst, sich an die Membran zu begeben. Die Konformationsånderungen, die es den GPCR ermæglichen, G-Proteine zu aktivieren, machen sie zugleich zu geeigneten Substraten fçr GRKs. Somit werden
Mit G-Proteinen gekoppelte Rezeptoren und ihre
G-Protein-gekoppelte Rezeptoren durch die Bindung von Liganden empfånglich fçr die Phosphorylierung durch GRKs. Die Phosphorylierung des G-Protein-gekoppelten Rezeptors liefert die Basis fçr den zweiten Schritt: die Bindung von Proteinen, die man als bezeichnet (Abb. 15.4, Schritt 8). Die Arrestine sind eine kleine Proteingruppe, deren Vertreter an GPCRs binden und mit heterotrimeren G-Proteinen um deren Bindungsstellen konkurrieren. Die Bindung von Arrestinen verhindert somit die weitere Aktivierung von G-Proteinen. Diesem Schritt hat man den Namen Desensibilisierung gegeben, denn mit ihm hært die Zelle auf, den Reiz von auûen zu beantworten, obwohl dieser noch immer auf sie einwirkt. Die Desensibilisierung ist einer von mehreren Mechanismen, die eine Zelle auf Verånderungen in ihrer Umgebung reagieren lassen, und sie davor bewahren, unter dem Einfluss einer unverånderten Umgebung endlos ¹feuernª zu mçssen. Wie wichtig dieser Schritt der Desensibilisierung ist, wird deutlich, wenn man weiû, dass Mutationen, welche die Phosphorylierung von Rhodopsin durch eine GRK stæren, zum Absterben von Photorezeptorzellen der Retina fçhren. Man nimmt an, dass diese Form von retinalem Zelltod einer der Grçnde fçr die allmåhliche Erblindung durch die Krankheit Retinitis pigmentosa ist. Solange Arrestinmolekçle an GPCRs gebunden sind, kænnen diese çberdies an die Clathrinmolekçle auf der Oberflåche von Coated Pits binden (Kap. 8.7.1). Die Interaktion zwischen gebundenem Arrestin und Clathrin veranlasst die Zelle zur Aufnahme von phosphorylierten GPCRs durch Endocytose. Unter gewissen Umstånden werden Rezeptoren, die durch Endocytose von der Zelloberflåche entfernt wurden, dephosphoryliert und wieder zur Zelloberflåche zurçckgefçhrt. Eine andere Mæglichkeit ist ihre Degradation in Lysosomen (s. Abb. 8.42). In diesem Falle verliert die Zelle zumindest vorçbergehend ihre Sensibilitåt gegençber dem fraglichen Liganden. Wird der Rezeptor hingegen zur Zelloberflåche zurçckgefçhrt, bleibt sie fçr den Liganden sensitiv. Den Startschuss zur Desensibilisierung und Internalisierung von Rezeptoren gibt die GRKvermittelte Phosphorylierung des Rezeptors. Interessanterweise werden die GRKs selbst ebenfalls durch Phosphorylierung reguliert. Die Kinasen, welche dies bewerkstelligen, werden durch ein breites Spektrum an extrazellulåren Signalen aktiviert. Auch die Desensibilisierung und Internalisierung von GPCRs wird also durch extrazellulåre Signale reguliert. Damit haben wir
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ein Beispiel fçr den Austausch (Crosstalk) zwischen verschiedenen Signalçbertragungswegen, das anschaulich macht, wie Information, die çber verschiedene Wege in eine Zelle hineingelangt, gebçndelt werden kann. Die Signalçbermittlung via aktivierte G-Untereinheiten wird durch einen vællig anderen Mechanismus beendet: Das gebundene GTP-Molekçl wird einfach zu GDP phosphoryliert (Abb. 15.4, Schritt 5). Damit werden Stårke und Dauer des Signals unter anderem durch die Geschwindigkeit der GTP-Hydrolyse seitens der aktivierten G-Untereinheit bestimmt. Die aktivierten G-Untereinheiten weisen von sich aus eine schwache GTPase-Aktivitåt auf, die es ihnen ermæglicht, gebundenes GTP allmåhlich zu hydrolysieren und so sich selbst zu inaktivieren. Beschleunigt wird die Beendigung dieser Reaktion durch :/ & 3 :&4. Sobald eines dieser RGS-Proteine mit einer G-Untereinheit interagiert, erhæht sich deren GTP-Hydrolyse-Geschwindigkeit. Sobald das GTP hydrolysiert ist, findet sich die GUntereinheit mit den G-Untereinheiten erneut zum ursprçnglichen inaktiven heterotrimeren Komplex zusammen (Schritt 6), womit das System in den Ruhezustand zurçckkehrt. Der Mechanismus der Ûbermittlung von Signalen durch die Plasmamembran ist frçh in der Evolution entstanden und seither hochkonserviert erhalten geblieben. Gezeigt hat man das mit einem Experiment, bei dem man Hefezellen genetisch so manipuliert hatte, dass sie auf ihrer Oberflåche einen Rezeptor fçr das Såugerhormon Somatostatin exprimierten. Sobald diese Zellen mit Somatostatin behandelt wurden, interagierten die Såugerrezeptoren auf der Zelloberflåche såmtlich mit den heterotrimeren G-Proteinen der Hefe an der Innenseite der Zellmembran und læsten dadurch eine Reaktion aus, die in der Proliferation der Hefezellen endete. Die Auswirkungen von Mutationen auf die Funktionstçchtigkeit G-Protein-gekoppelter Rezeptorsysteme wird in der Box ¹Aus Sicht des Menschenª erærtert. 7 - Da G-Proteine fçr die Physiologie vielzelliger Organismen von so herausragender Bedeutung sind, stellen sie ein exzellentes Angriffsziel fçr bakterielle Pathogene dar. Das vom Cholerabakterium ; produzierte Choleratoxin z. B. entfaltet seine Wirkung, indem es G-Untereinheiten in Darmepithelzellen modifiziert und deren GTPase-Aktivitåt hemmt. Die Folge davon ist, dass Adenylylcyclase-Molekçle im aktivierten Zustand verharren und jede Menge cAMP pro-
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Krankheiten im Zusammenhang mit G-Protein-gekoppelten Rezeptoren Das menschliche Genom enthålt, so nimmt man an, 2000 verschiedene GPCRs. Wie wichtig diese fçr die menschliche Biologie sind, wird deutlich, wenn man bedenkt, dass mehr als ein Drittel aller frei verkåuflichen Arzneimittel als Liganden wirken, die an Vertreter dieser Riesenfamilie von Rezeptoren binden. Auch hat man eine Reihe genetisch bedingter Erkrankungen auf Defekte sowohl an G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (Abb. 1) als auch an heterotrimeren G-Proteinen (Tabelle 1) zurçckfçhren kænnen. Retinitis pigmentosa (RP) ist eine Erbkrankheit, bei der es zu einer allmåhlichen Degeneration der Retina und schlieûlich zur Erblindung kommt. RP kann durch Mutationen im Gen fçr Rhodopsin, das Sehpigment der Ståbchen, verursacht werden. Viele dieser Mutationen fçhren zu einem vorzeitigen Abbruch der Aminosåurekette des Rhodopsins oder zu einer fehlerhaften Proteinfaltung, beide Anlass dafçr, dass das Protein aus der Zelle entfernt wird, noch bevor es die Zelloberflåche erreichen kann (Kap. 8.3.2). Andere Mutationen kænnen zur Synthese eines Rhodopsin-Molekçls fçhren, das nicht mehr imstande ist, sein entsprechendes G-Protein zu aktivieren, und so das Signal nicht an den Effektor weiterleiten kann. Die RP zugrundeliegende Mutation fçhrt zu einem Funktionsverlust des kodierten Rezeptors. Viele Mutationen, welche die Struktur von Signalproteinen veråndern, haben den gegenteiligen Effekt und fçhren zu einer aktivierenden oder $$ -Mutation. In einem Fall aus dieser Kategorie entsteht durch eine solche Mutation ein gutartiger Schilddrçsentumor, ein so genanntes Adenom. Im Unterschied zu normalen Schilddrçsenzellen, die Thyroidhormone nur nach Stimulation durch das Hypophysenhormon 2 =23: ausschçtten, sekretieren die Zellen solcher Schilddrçsenadenome groûe Mengen an Thyroidhormon, ohne zuvor durch TSH stimuliert worden zu sein (man sagt, der Rezeptor funktioniert 9). Beim TSH-Rezeptor dieser Zellen ist es zu einem Aminosåureaustausch (Substitution) gekommen, durch den sich die Struktur seiner dritten intrazellulåren Schleife veråndert (Abb. 1, Mutationen an den Stellen 5 oder 6). Infolge dieser Mutation
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kommt es zu einer konstitutiven Stimulation eines G-Proteins auf der Innenseite der Zellmembran durch den TSH-Rezeptor, so dass ein kontinuierliches Signal auf den Ûbertragungsweg einwirkt, das nicht nur zu einer çberschieûenden Thyroidhormon-Sekretion fçhrt, sondern auch zu einer çbermåûigen Zellvermehrung, die schlieûlich den Tumor entstehen låsst. Man hat diese zunåchst theoretische Ûberlegung belegen kænnen, indem man Zellen in Kultur, die diesen Rezeptor normalerweise nicht exprimieren, das mutierte Gen eingepflanzt und nachgewiesen hat, dass die Synthese des mutierten Proteins und sein Einbau in die Plasmamembran die kontinuierliche Produktion von cAMP in den genetisch verånderten Zellen bewirkt. Die Mutation, die das Schilddrçsenadenom entstehen låsst, findet sich nur im Tumorgewebe, nicht in den anderen Teilen der Schilddrçse betroffener Patienten, was darauf schlieûen låsst, dass die Mutation nicht ererbt wurde, sondern in einer der Schilddrçsenzellen entstanden ist, die sich dann unkontrolliert zum Tumor vermehrt hat. Eine solche Mutati-
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on in einer Kærperzelle ± in diesem Fall einer Schilddrçsenzelle ± bezeichnet man im Unterschied zu einer ererbten Mutation, die sich in allen Zellen des Betroffenen finden wçrde, als
0 Wie im folgenden Kapitel deutlich werden wird, sind manche somatischen Mutationen die primåre Ursache fçr die Entstehung von Krebs. Von einem krebserzeugenden Virus weiû man bisher, dass es ein Protein kodiert, das als konstitutiv aktiver G-Protein-gekoppelter Rezeptor wirkt. Dieses Virus gehært zur Gruppe der Herpesviren und ist verantwortlich fçr die Entstehung von Kaposisarkomen, schmerzhaften rot-violetten Hautlåsionen, die vor allem bei AIDS-Patienten in groûer Zahl auftreten. Das Virusgenom kodiert einen konstitutiv aktiven Interleukin8-Rezeptor, der Signalwege stimuliert, welche die Kontrolle der Zellproliferation steuern. Wie in Tabelle 1 aufgelistet, kænnen Mutationen in Genen fçr die verschiedenen Untereinheiten heterotrimerer G-Proteine auch Krankheiten hervorbringen, die weitervererbt werden. Deutlich wird das aus dem Krankenbericht zweier Patienten, die unter einer sehr
seltenen Kombination von endokrinen Stærungen leiden: Pubertas praecox (eine bereits im frçhen Grundschulalter einsetzende Pubertåt) und einer Hypoparathyreose (eine Unterfunktion der Nebenschilddrçsen). Bei beiden Patienten hat man eine einzige Aminosåuresubstitution in einer G-Isoform gefunden. Das entstehende Protein zeigte durch die neue Aminosåuresequenz zwei Verånderungen: Bei Temperaturen unterhalb der normalen Kærpertemperatur blieb das mutierte G-Protein auch dann aktiv, wenn kein Ligand gebunden war. Bei normaler Kærpertemperatur hingegen blieb es unveråndert inaktiv ± gleichgçltig ob ein Ligand gebunden war oder nicht. Da die Hoden sich auûerhalb des Kærpers befinden, liegt ihre Temperatur unter der der viszeralen Kærperorgane (bei 33 8C im Unterschied zu 37 8C). Normalerweise reagieren die endokrinen Zellen der Hoden zum Zeitpunkt der Pubertåt auf das Hypophysenhormon LH, dessen Produktion um diese Zeit einsetzt, und veranlassen die Testosteronproduktion. Zirkulierendes LH bindet an LH-Rezeptoren auf der Oberflåche der Hodenzellen und læst zunåchst
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
die Produktion von cAMP und im Anschluss daran die des månnlichen Geschlechtshormons aus. Die Hodenzellen der beiden Patienten mit der G-Protein-Mutation aber wurden auch in Abwesenheit des Liganden LH zur Produktion von cAMP stimuliert, die Folge war die viel zu frçhe Produktion von Testosteron und damit das vorzeitige Einsetzen der Pubertåt. In den Zellen der Nebenschilddrçse hingegen, die bei 37 8C arbeiten, fçhrte dieselbe Mutation in der G-Untereinheit dazu, dass das G-Protein inaktiviert blieb. Infolgedessen reagierten die Zellen der Nebenschilddrçse nicht mehr auf Stimuli, die sie normalerweise zur Sekretion von Parathormon veranlasst håtten, und riefen somit das Krankheitsbild der Hypoparathyreose hervor. Die Tatsache, dass die meisten anderen Kærperorgane bei diesen Patienten ganz normal funktionieren, låsst darauf schlieûen, dass diese speziellen G-Isoformen fçr die Aktivitåt der meisten anderen Zellen nicht von vitaler Bedeutung sind. Mutationen gelten in der Regel als seltene und schwerwiegende Verånderungen der Nucleotidsequenz eines Gens. Genetische Polymorphismen hingegen werden als håufige, ¹nor-
uzieren, das die Epithelzellen dazu veranlasst, groûe Mengen an Flçssigkeit ins Darminnere zu entleeren. Der Wasserverlust, der durch diese çberschieûende Reaktion zustande kommt, fçhrt oftmals zum Tod durch Flçssigkeitsverlust. Das Pertussistoxin ist einer von mehreren Faktoren, die der Keuchhustenerreger & produziert. Keuchhusten ist eine stark schwåchende Atemwegserkrankung, von der jåhrlich etwa 50 Mio. Menschen befallen werden und an der jedes Jahr um die 350 000 Menschen sterben. Auch das Keuchhustentoxin inaktiviert G-Untereinheiten und greift damit in einen Signalweg ein, der den Wirtsorganismus zur Verteidigung gegen diesen bakteriellen Erreger befåhigen wçrde. !.'$ Die Entdeckung eines second messengers: cyclisches AMP Wie veråndert die Bindung eines Hormons an die Plasmamembran die Aktivitåt cytoplasmatischer Enzyme, beispielsweise die der GlycogenPhosphorylase, eines Enzyms, das am Glycogenstoffwechsel beteiligt ist? Die Antwort auf diese Frage lieferten Studien, die Mitte der 1950er Jah-
maleª Variationen innerhalb der Bevælkerung angesehen (s. Kap. 10 ¹Aus Sicht des Menschenª). Dennoch ist in den letzten Jahren deutlich geworden, dass auch genetische Polymorphismen von betråchtlichem Einfluss auf die menschliche Gesundheit sein und manche Menschen mehr oder weniger empfånglich fçr bestimmte Erkrankungen machen kænnen als andere. Gut dokumentiert ist dies im Falle der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren. Bestimmte Allele des 2-adrenergen Rezeptors beispielsweise hat man mit einem erhæhten Risiko fçr die Entstehung von Asthma und Bluthochdruck in Zusammenhang gebracht, bestimmte Allele des Dopaminrezeptors mit einem erhæhten Risiko fçr den Missbrauch von Medikamenten und Drogen, sowie der Entstehung von Schizophrenie, gewisse Allele des Gens ""-H mit einer långeren Ûberlebenszeit bei HIV-infizierten Personen. Wie in Kap. 10, ¹Aus Sicht des Menschenª erlåutert, bildet die Erforschung des Zusammenhangs zwischen genetischen Polymorphismen und der Empfånglichkeit fçr bestimmte Krankheiten gegenwårtig einen der Schwerpunkte der klinischen Forschung.
re im Labor von Earl Sutherland und seinen Kollegen an der Case Western Reserve University und Edwin Krebs und Edmond Fischer von der University of Washington begonnen wurden. Sutherland wollte ein B $-System entwickeln, an dem sich die physiologische Reaktion auf Hormone wçrde ablesen lassen. Nach betråchtlichen Anstrengungen brachte er es fertig, in einer Zellpråparation mit aufgebrochenen Zellen die Glycogen-Phosphorylase durch Inkubation mit Glucagon oder Adrenalin zu aktivieren. Diese Zellpråparation lieû sich durch Zentrifugation in zwei Fraktionen aufteilen, von denen die eine vor allem Zellmembranpartikel und die andere, der Ûberstand, die læslichen Zellbestandteile enthielt. Die Glycogen-Phosphorylase war nur im Ûberstand vorhanden, doch ohne das Material im Sediment lieû sich keine Hormonreaktion hervorrufen. Folgeexperimente zeigten, dass die Reaktion in mindestens zwei Schritten ablief. Isolierte man die Partikelfraktion und inkubierte diese mit dem Hormon, wurde eine Substanz freigesetzt, die, wenn man sie dem Ûberstand zugab, die læslichen Glycogen-Phosphorylase-Molekçle aktivierte. Sutherland identifizierte die von den Membranen der Partikelfraktion freigesetzte Substanz als %
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M% / oder kurz /). Wie im Folgenden beschrieben, stimuliert cAMP die Glucose-Mobilisierung durch die Aktivierung einer Proteinkinase, die einen bestimmten Serinrest im Polypeptid der Glycogen-Phosphorylase mit einer Phosphatgruppe versieht. Cyclisches AMP ist ein second messenger, der innerhalb der Zelle an beliebige Orte diffundieren kann. Die Synthese von cAMP erfolgt nach der Bindung eines ± eines Hormons oder eines anderen Liganden ± an einen Rezeptor auf der Zelloberflåche. Abbildung 15.5 zeigt die Diffusion von cyclischem AMP im Cytoplasma eines Neurons nach Stimulation durch einen extrazellulåren Botenstoff. Wåhrend der erste Botenstoff exklusiv an eine bestimmte Rezeptorsorte bindet, kann der in vielen Fållen eine ganze Palette an zellulåren Aktivitåten auslæsen. Das heiût, $ vermægen Zellen in Reaktion auf einen einzigen extrazellulåren Liganden zu einer umfassenden koordinierten Reaktion zu veranlassen. Andere sind Ca2+, Phosphoinositide, Inositoltriphosphat, Diacylglycerin, cGMP und Stickstoffmonoxid.
sind. Es gibt eine Vielzahl von Enzymen, die Phospholipide in Reaktion auf ein extrazellulåres Signal in umwandeln kænnen, unter anderem Phospholipasen (lipidspaltende Enzyme), Phospholipid-Kinasen (lipidphosphorylierende Enzyme) und Phospholipid-Phosphatasen (Enzyme, die Lipide dephosphorylieren). Phospholipasen sind Enzyme, die spezifisch die Esterbindungen hydrolysieren, çber welche die einzelnen Bausteine, die ein Phospholipidmolekçl ausmachen, miteinander verbunden sind. Abbildung 15.6 a zeigt die Schnittstellen an einem Phospholipid, an denen die Hauptklassen unter den Phospholipasen angreifen. Alle vier der in Abb. 15.6 a dargestellten Enzymklassen werden durch extrazellulåre Signale aktiviert und die von ihnen abgeleiteten Produkte fungieren als . In diesem Abschnitt wollen wir uns mit den am besten untersuchten unter den Lipid- $ $ befassen. Diese leiten sich vom Phosphatidylinositol her, und entstehen in Reaktion auf die Signalçbertragung via G-Protein-gekoppelte Rezeptoren und Rezeptor-Tyrosinkinasen. Eine andere Gruppe von , die vom Sphingomyelin abstammen, wird hier nicht besprochen.
!.'' Lipiden abgeleitete second messengers Es ist noch nicht lange her, dass man die Phospholipide der Zellmembranen einzig und allein fçr Strukturmolekçle gehalten hat, welche Membranen zusammenhielten und fçr wåssrige Læsungen undurchlåssig machten. Richtig gewçrdigt wurden Phospholipide erst, als klar wurde, dass sie die Vorlåufer einer Reihe von $
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second messengers Bindet der Neurotransmitter Acetylcholin beispielsweise an die Oberflåche einer glatten Muskelzelle in der Magenwand, wird diese zur Kontraktion angeregt. Ein Fremdantigen, das auf der Oberflåche einer Mastzelle gebunden wird, bringt diese dazu, Histamin auszuschçtten, eine
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
n 15.6 a±c. Von Phospholipiden abgeleitete second messengers. a Allgemeine Struktur eines Phospholipids (Abb. 2.22). Phospholipide werden durch vier Arten von Phospholipasen abgebaut, die das Molekçl an den markierten Positionen angreifen. Wir wollen uns hier auf die Phospholipase C konzentrieren, welche die phosphorylierte Kopfgruppe vom Diacylglycerin abspaltet (Abb. 15.7). b Modell, das die Interaktion zwischen dem Teil des PLC-Molekçls, der die PH-Domåne enthålt und dem Phosphoinositolring eines Phosphoinositids in der Plasmamembran zeigt. Durch diese Wechselwirkung wird das Enzym an der inneren Oberflåche der Plasmamembran gehalten, unter Umstånden wird auch seine enzymatische Aktivitåt beeinflusst. c Fluoreszenzmikroskopische Aufnahme einer Zelle, die im Begriff ist, sich auf einen Lockstoff hin zu bewegen. Die Zelle wurde mit einem Antikærper gefårbt, der spezifisch an PI3,4,5-trisphosphat (PIP3) bindet; man sieht, dass dieses sich in Bewegungsrichtung an der Peripherie der wandernden Zelle konzentriert (Pfeile). Der Maûbalken entspricht 15 lm (b aus: Hurley JH, Grobler JA (1997) Curr Opin Struct Biol 7:559; c aus: Rickert P et al (2000) Trend Cell Biol 10:470. Mit freundlicher Genehmigung von Henry R Bourne)
Substanz, welche die Symptome eines allergischen Anfalls auslæsen kann. Beide Reaktionen ± die Kontraktion einer Muskelzelle und das Ausschçtten einer Substanz durch eine Immunzelle ± werden durch denselben second messenger ausgelæst, eine Substanz, die sich von der Verbindung Phosphatidylinositol herleitet, einem Bestandteil fast aller Zellmembranen (Abb. 4.22). Erste Anzeichen dafçr, dass Phospholipide an der zellulåren Antwort auf extrazellulåre Signale beteiligt sein kænnten, ergaben sich aus Untersuchungen, die Anfang der 1950er Jahre von Lowell und Mabel Hokin vom Montreal General Hospital und der McGill University durchgefçhrt worden waren. Die beiden Forscher wollten die Auswirkungen von Acetylcholin auf die RNASynthese in der Bauchspeicheldrçse untersuchen. Zu diesem Zweck inkubierten sie Pankreasschnitte von Tauben mit [32P]-Orthophosphat, das auf diese Weise in Nucleosidtriphosphate eingebaut werden sollte, die fçr die RNA-Synthe-
se als Precursor dienten. Sie stellten fest, dass die Radioaktivitåt nach Behandlung des Gewebes mit Acetylcholin in die Phospholipidfraktion der Zelle aufgenommen wurde. In weiteren Analysen stellte sich heraus, dass das Isotop vornehmlich in Phosphatidylinositol eingebaut wurde, das dann rasch zu phosphorylierten Derivaten weiterverarbeitet wurde, die man unter dem Oberbegriff zusammenfasste. All das legte die Vermutung nahe, dass inositolhaltige Lipide durch spezifische Lipidkinasen phosphoryliert werden kænnen, die in Reaktion auf extrazellulåre Botenmolekçle wie Acetylcholin aktiviert werden. Heute weiû man, dass Lipidkinasen durch eine Vielzahl von extrazellulåren Signalen aktivierbar sind. Einige der Reaktionen des PhosphoinositidMetabolismus sind in Abb. 15.7 dargestellt. Wie aus der linken Seite dieser Abbildung zu ersehen ist, besteht der Inositolring auf der cytoplasmatischen Seite der Lipiddoppelschicht aus sechs
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Kohlenstoffatomen. Kohlenstoffatom Nummer 1 ist an der Bindung zwischen Inositol und Diacylglycerin beteiligt, die anderen kænnen durch verschiedene zellulåre Phosphoinositid-Kinasen phosphoryliert werden. Am håufigsten kommen PI-3-Kinasen, PI-4-Kinasen und PI-5-Kinasen vor, die Phosphate vom ATP auf die Kohlenstoffe 3, 4, oder 5 des Inositolrings çbertragen. So låsst zum Beispiel die Ûbertragung einer einzelnen Phosphatgruppe an das C-Atom in Position 4 des Inositolzuckers durch PI-4-Kinase Phosphatidylinositol-4-phosphat entstehen (kurz PIP), das seinerseits durch PI-5-Kinase (PIP5K) zu Phosphatidylinositol-4,5-bisphosphat phosphoryliert werden kann (PIP2, Abb. 15.7, Schritte 1 und 2). PIP2 kann durch PI-3-Kinase zu Phosphatidylinositol-3,4,5-trisphosphat (PIP3, hier nicht abgebildet) phosphoryliert werden. Alle diese Phospholipidarten verbleiben in der cytoplasmatischen Schicht der Plasmamembran. So wie es Lipidkinasen gibt, die Lipide mit Phosphatgruppen bestçcken, gibt es auch Lipidphosphatasen, die diese wieder entfernen. Die Aktivitåt dieser Kinasen und Phosphatasen låsst sich so regulieren, dass in bestimmten Membranregionen zu bestimmten Zeiten nach dem Eintreffen eines Signals bestimmte Phosphoinositide auftreten.
Die phosphorylierten Inositolringe der Phosphoinositide bilden die Bindungsstelle fçr eine spezielle Art von lipidbindender Domåne, die man als /21 (Abb. 15.6 b) bezeichnet und die man in mehr als 150 Proteinen identifiziert hat. Die Bindung eines Proteins an die $ PIP2 oder PIP3 fixiert dieses auf der cytoplasmatischen Seite der Plasmamembran, so dass es dort mit anderen membranassoziierten Proteinen ± Aktivatoren, Inhibitoren oder Substraten ± interagieren kann. Abbildung 15.6 c gibt ein Beispiel dafçr, wie scharf umrissen das Vorkommen von PIP3 in einem bestimmten Bereich der Plasmamembran sein kann. Diese spezielle Zelle ist im Begriff, chemotaktisch zu reagieren, d. h. sich entlang eines Konzentrationsgradienten einer Substanz zu bewegen, die auf sie als Lockstoff wirkt. Das ist derselbe Mechanismus, der phagocytotische Zellen wie Makrophagen dazu veranlasst, sich auf Bakterien oder andere Zellen hin zu bewegen, um sie sich dann einzuverleiben. Chemotaxis hångt ab von der lokal umgrenzten Produktion von Phosphoinositiden, die der Zelle wie ein Kompass mitteilen, wo sich das Zielobjekt befindet (Abb. 15.6 c). Nicht alle inositolhaltigen verbleiben wie oben beschrieben in der Lipid-
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
doppelschicht. Wenn Acetylcholin an eine glatte Muskelzelle bindet, aktiviert der entsprechende Rezeptor ein heterotrimeres G-Protein (Abb. 15.7, Schritt 3), das seinerseits als Effektor die phosphatidylinositolspezifische Phospholipase C- (PLC) aktiviert (Schritt 4). Wie das in Abb. 15.6 b dargestellte Protein hat auch PLC ihren Sitz an der Innenflåche der Plasmamembran (Abb. 15.7), wo sie durch die Wechselwirkung zwischen ihrer PH-Domåne und einem in die Doppelschicht eingebetteten Phosphoinositid gehalten wird. PLC katalysiert eine Reaktion, die PIP2 in zwei Molekçle spaltet: %% 3:4 und 6 E"P"? 36/>4 (Abb. 15.7, Schritt 5), die beide eine wichtige Rolle als der intrazellulåren Signalçbertragung spielen. Wir werden jeden dieser fçr sich untersuchen. %% Diacylglycerin (Abb. 15.7) ist ein Lipidmolekçl, das nach seiner Bildung durch PLC in der Plasmamembran verbleibt. Dort rekrutiert und aktiviert es seinen Effektor Proteinkinase C (PKC) (Abb. 15.7, Schritt 6), der bei einem breiten Spektrum an Zielproteinen Serin- und Threoninreste phosphoryliert. Proteinkinase C spielt bei verschiedenen zellulåren Prozessen wie Zellwachstum und Differenzierung, Zellstoffwechsel und Transkriptionsaktivierung eine wichtige Rolle. Die augenfållige Bedeutung der Proteinkinase C fçr die zellulåre Wachstumskontrolle wird an Untersuchungen mit einer Gruppe hoch wirksamer pflanzlicher Verbindungen deutlich, die dem Diacylglycerin åhneln und unter dem Namen / zusammengefasst werden. Bei einer Vielzahl an kultivierten Zellen aktivieren diese Verbindungen Proteinkinase C und bringen sie dazu, ihre Wachstumskontrolle aufzugeben und sich zumindest vorçbergehend als maligne Zellen zu verhalten. Wenn der Phorbolester aus dem Medium entfernt wird, kehren die Zellen zu ihrem normalen Wachstumsverhalten zurçck. Zellen hingegen, die genetisch so manipuliert worden sind, dass sie Proteinkinase C konstitutiv exprimieren, weisen in Kultur permanent einen maligne verånderten Phånotyp auf und kænnen in entsprechend empfånglichen Måusen Tumoren entstehen lassen. Schlieûlich kann das Auftragen von Phorbolestern auf die Haut zur Entstehung von Hauttumoren fçhren. 6 E"P"? 36/>4 Inositol-1,4,5-trisphosphat (IP3) ist ein Phosphatzucker, ein kleines wasserlæsliches Molekçl, das im Zellinneren rasch von einem Ort zum
anderen zu diffundieren vermag. An der Plasmamembran gebildete IP3-Molekçle diffundieren ins Cytosol (Abb. 15.7, Schritt 7) und binden an einen spezifischen IP3-Rezeptor an der Oberflåche des glatten endoplasmatischen Reticulums (Schritt 8). In Kap. 8.3.1 war darçber berichtet worden, dass das glatte endoplasmatische Reticulum in vielen Zellen ein Ort der Calciumspeicherung ist. Der IP3-Rezeptor fungiert gleichzeitig als tetramerer Ca2+-Kanal. Die Bindung von IP3 æffnet den Kanal und sorgt dafçr, dass Ca2+-Ionen ins Cytoplasma einstræmen kænnen (Schritt 9). Calciumionen lassen sich ebenfalls als intrazellulåre oder sehen, denn auch sie binden an verschiedene Zielmolekçle und læsen dadurch unterschiedliche Reaktionen aus. Bei den beiden zuvor dargestellten Beispielen ± Kontraktion einer glatten Muskelzelle und Exocytose histaminhaltiger sekretorischer Vesikel bei Mastzellen ± werden die zellulåren Vorgånge durch eine Erhæhung des Calciumspiegels ausgelæst. Dasselbe gilt fçr die Reaktion einer Leberzelle auf das Hormon Vasopressin (dasselbe Hormon, das in der Niere antidiuretisch wirkt, s. Kap. 4.7.2). Vasopressin bindet an seinen Rezeptor auf der Zelloberflåche und læst eine Reihe von IP3-vermittelten Ca2+-Freisetzungen aus, die sich in dem in Abb. 15.8 dargestellten Diagramm als Oszillationen der Menge an freiem Calcium im Cytoplasma niederschlagen. Die Håufigkeit und Intensitåt solcher Oszillationen enthålt unter Umstånden Informationen, welche die spezifische Antwort der Zelle
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steuern. Eine Auflistung einiger der durch IP3 vermittelten Reaktionen gibt Tabelle 15.3. Genaueres çber Calciumionen werden wir in Kap. 15.5 erfahren. !.' Die Spezifitåt G-Protein-gekoppelter Reaktionen
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Offensichtlich vermag eine Vielfalt an Agenzien, unter anderem Hormone, Neurotransmitter und sensorische Reize, bei der Informationsçbermittlung durch die Plasmamembran çber den Kontakt zu GPCRs und heterotrimere G-Proteine zu wirken und so eine Vielfalt an zellulåren Reaktionen auszulæsen. Das heiût freilich nicht, dass all die verschiedenen Teile des Signalçbertragungsapparats in allen Zellarten dieselben sind. Der Rezeptor fçr einen bestimmten Liganden kann in mehreren verschiedenen Ausfçhrungen (Isoformen) existieren. So haben Wissenschaftler zum Beispiel 9 verschiedene Isoformen des adrenergen ± Adrenalin bindenden ± Rezeptors nachgewiesen. Den Rezeptor fçr Serotonin, einen hoch wirksamen Neurotransmitter, der in Gehirnregionen, die fçr die Verarbeitung von Emotionen verantwortlich sind, von Nervenzellen ausgeschçttet wird, gibt es in 15 verschiedenen Isoformen. Verschiedene Isoformen eines Rezeptors besitzen oftmals eine unterschiedliche Affinitåt fçr den Liganden oder interagieren mit verschiedenen Arten von G-Proteinen. Solche Isoformen kænnen in ein und derselben Membran koexistieren, oder aber auf verschiedene Arten von Zielzellmembranen verteilt sein. Auch die heterotrimeren G-Proteine, die Signale vom Rezeptor zum Effektor weiterleiten, kænnen in verschiedenen Formen vorliegen, ebenso viele von den Effektoren. Man hat inzwischen mindestens 20 verschiedene G-Untereinheiten, 5 verschiedene G-Untereinheiten und 11 verschiedene G-Untereinheiten nachgewiesen, dazu 9 Isoformen des Effektors Adenylylcyclase. Verschiedene Kombinationen spezieller Untereinheiten lassen G-Proteine mit unterschiedlichen Reaktionseigenschaften gegençber Rezeptoren und Effektoren entstehen. Wie in Kap. 15.3.1 bereits erwåhnt, bewirken manche G-Proteine auch die Hemmung ihrer Effektoren. Ein und derselbe Reiz kann in einer Zelle ein stimulatorisches G-Protein (eines mit einer Gs-Untereinheit) aktivieren, in einer anderen hingegen ein inhibitorisches (eines mit einer Gi-Untereinheit). Bindet Adrenalin beispielsweise an einen -adrenergen Rezeptor auf der Zelloberflåche einer Herzmuskelzelle, wird ein G-Protein mit einer Gs-Untereinheit aktiviert, das die
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
ATP-Produktion stimuliert und so eine Erhæhung der Kontraktionsgeschwindigkeit und -intensitåt bewirkt. Bindet Adrenalin hingegen an einen -adrenergen Rezeptor im Darm, wird ein G-Protein mit einer Gi-Untereinheit aktiviert, das die cAMP-Produktion inhibiert und zu einer Relaxation der Muskelzellen fçhrt. Manche adrenergen Rezeptoren schlieûlich aktivieren GqUntereinheiten, die zu einer Aktivierung von PLC fçhren. Derselbe extrazellulåre Botenstoff kann also in unterschiedlichen Zellen eine Vielzahl an Signalçbertragungswegen aktivieren. !.'. Die Regulation des Blutglucosespiegels Von allen Zellarten, die in unserem Kærper vorkommen, kann Glucose als Energiequelle herangezogen werden. Im Rahmen von Glycolyse und Citratzyklus wird sie zu CO2 und Wasser oxidiert; die dabei freiwerdende Energie wird den Zellen dann in Form von ATP fçr energieverbrauchende Reaktionen zur Verfçgung gestellt. Wie in Kap. 2 bereits erærtert, wird Glucose in tierischen Zellen als Glycogen gespeichert, ein groûes verzweigtes Polymer aus Glucosemonomeren, die çber Glycosidbindungen miteinander verknçpft sind. Der Abbau von Glycogen in seine energiereichen Bausteine wird bei Vertebraten durch eine Reihe von Hormonen angeregt, die bekanntesten darunter sind Glucagon und Adrenalin. Glucagon wird beim Absinken des Blutglucosespiegels von den -Zellen der Bauchspeicheldrçse produziert, Adrenalin in Stresssituationen von den Nebennieren. Ein erhæhter Blutglucosespiegel liefert dem Kærper die nætigen Energiereserven, um sich mit der anstehenden Situation auseinander zu setzen. Beide Hormone binden an spezifische Rezeptoren, die in der Plasmamembran der Zielzellen verankert sind. Bei beiden Hormonen læst die Bindung an den Rezeptor eine Reihe von Reaktionen aus, die schlieûlich zur Aktivierung des Enzyms Glycogen-Phosphorylase fçhren, das die Abspaltung von Glucose-1-phosphat aus Glycogen katalysiert (Abb. 15.9). Auûerdem fçhrt die Bindung an den Rezeptor bei beiden Hormonen zu einer Hemmung des Enzyms Glycogen-Synthase, das die umgekehrte Reaktion katalysiert, nåmlich das Anfçgen von Glucose-Einheiten an wachsende Glycogen-Molekçle. Damit induzieren zwei verschiedene Stimuli (Glucagon, Adrenalin), die von unterschiedlichen Rezeptoren erkannt werden, in ein und derselben Zielzelle dieselbe Reaktion. Im folgenden Abschnitt werden wir sehen, wie dieses gewåhrleistet wird.
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$ : :/ $0 Glucagon ist ein kleines Protein aus 29 Aminosåuren, Adrenalin hingegen ein kleines Molekçl, das sich von der Aminosåure Tyrosin ableitet. Von der Struktur her gesehen haben die beiden Molekçle nichts gemein, trotzdem sorgen beide im Falle einer Bindung an einen G-Protein-gekoppelten Rezeptor fçr den Abbau von Glycogen zu Glucose1-phosphat. Die beiden Rezeptoren unterscheiden sich voneinander hauptsåchlich in der Struktur der Ligandenbindungstasche an der extrazellulåren Zelloberflåche, die fçr das jeweilige Hormon spezifisch ist. Im Anschluss an die Aktivierung durch ihre jeweiligen Liganden aktivieren sie dieselbe Art an heterotrimerem G-Protein, das dann den ATP-Spiegel erhæht. : 7 /9 Cyclisches AMP wird durch %%% synthetisiert, ein integrales Membranprotein, dessen katalytische Domåne sich auf der Innen-
Mit G-Proteinen gekoppelte Rezeptoren und ihre
seite der Plasmamembran befindet (Abb. 15.10). Cyclisches AMP stæût eine Kette von Reaktionen an, çber die es schlieûlich, wie in Abb. 15.11 dargestellt, zur Freisetzung von Glucose ins Blut kommt. Der erste Schritt in dieser ist die Bindung des Hormons an seinen Rezeptor und die dadurch ausgelæste Aktivierung einer Gs-Untereinheit, die ihrerseits eine Adenylylcyclase als Effektor aktiviert. Das aktivierte Enzym katalysiert die Bildung von cAMP (Abb. 15.11, Schritte 1 und 2). Die frisch gebildeten cAMP-Molekçle diffundieren ins Cytoplasma, wo sie an das allosterische Zentrum der regulatorischen Untereinheit einer cAMP-abhångigen Proteinkinase (/ " /) binden (Abb. 15.11, Schritt 3). In seiner inaktiven Form ist PKA ein Heterotetramer aus zwei regulatorischen (R) und zwei katalytischen (C) Untereinheiten. Normalerweise inhibieren die regulatorischen Untereinheiten die katalytische Aktivitåt des Enzyms. Die Bindung von cAMP fçhrt zur Dissoziation der inhibierenden Untereinheiten, d. h. es werden zwei katalytisch aktive Untereinheiten freigesetzt. In einer Leberzelle gehæren zu den Zielsubstraten der PKA zwei
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Enzyme, die eine entscheidend wichtige Rolle im Glucosestoffwechsel einnehmen, die GlycogenSynthase und die Phosphorylase-Kinase (Schritte 4 und 5). Die Phosphorylierung von GlycogenSynthase inhibiert deren katalytische Aktivitåt und verhindert so die Umwandlung von Glucose in Glycogen. Die Phosphorylierung von Phosphorylase-Kinase hingegen veranlasst dieses Enzym dazu, Glycogen-Phosphorylase mit Phosphatgruppen zu versehen. Krebs und Fischer entdeckten einst, dass das Anhången einer einzelnen Phosphatgruppe an einen bestimmten Serinrest in der Aminosåuresequenz der Glycogen-Phosphorylase dieses Enzym aktiviert (Schritt 6) und damit den Abbau von Glycogen veranlasst (Schritt 7). Das im Verlauf der Reaktion gebildete Glucose-1-phosphat wird in Glucose umgewandelt, die dann in die Blutbahn diffundiert und so andere Gewebe des Kærpers erreichen kann (Schritt 8). Die Bindung eines einzelnen Hormonmolekçls auf der Zelloberflåche vermag eine ganze Reihe von Adenylylcyclase-Molekçlen zu aktivieren, die binnen kurzer Zeit eine groûe Zahl von cAMPBotenstoffen erzeugen kænnen. Der Einsatz eines stellt damit einen Mechanismus dar, çber den sich das durch die ursprçngliche Botschaft ausgelæste Signal um ein Vielfaches verstårken (amplifizieren) låsst. Viele der in der Reaktionskaskade von Abb. 15.11 dargestellten Reaktionsschritte haben eine Verstårkung des Signals zur Folge (diese Schritte sind mit blauen Pfeilen markiert). Cyclisches AMP aktiviert PKA. Jede katalytisch wirksame PKA-Untereinheit phosphoryliert eine groûe Zahl an Phosphorylase-KinaseMolekçlen, die ihrerseits eine noch græûere Zahl an Glycogen-Phosphorylase-Molekçlen phosphorylieren, welche schlieûlich die Bildung einer noch weit hæheren Zahl von Glucosephosphatmolekçlen katalysieren kænnen. Was also als kaum wahrnehmbarer Stimulus auf der Zelloberflåche begann, wåchst sich innerhalb der Zelle rasch zu einer groû angelegten Glucose-Mobilisierungsaktion aus. /9 & ' Obschon die raschesten und am besten untersuchten Wirkungen von cAMP im Cytoplasma zu beobachten sind, sind der Kern und seine Gene an der Reaktion trotzdem nicht unbeteiligt. Ein Teil der aktivierten PKA-Molekçle wird in den Kern verfrachtet und phosphoryliert dort wichtige Kernproteine (Abb. 15.11, Schritt 9), insbesondere einen Transkriptionsfaktor namens + #7 (cAMP response element binding protein, zu deutsch: /'# / ). Die phosphorylierte Form von CREB bindet
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
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als Dimer an DNA-Regionen (Abb. 15.11, Schritt 10), die eine bestimmte Nucleotidsequenz (TGACGTCA) enthalten, die auch unter dem Namen /'# (+ #, von cAMP response element) gelåufig ist. Man erinnere sich aus Kap. 12.4.3 an die Tatsache, dass Antwort-Elemente-Bindungsstellen auf der DNA sind, an die Transkriptionsfaktoren binden und die Transkription von DNA initiieren ± beziehungsweise die Transkriptionsrate erhæhen ± kænnen. CRE befindet sich in regulatorischen Genregionen, die eine Rolle bei der Reaktion auf cAMP spielen. In Leberzellen beispielsweise sind etliche der Enzyme, die an der Gluconeogenese ± dem Stoffwechselweg çber den aus den Zwischenprodukten der Glycolyse Glucose hergestellt wird (Abb. 3.30) ± beteiligt sind, von Genen codiert, in deren Nachbarschaft CREs angesiedelt sind. Adrenalin und Glucagon aktivieren somit nicht nur die katabolen Enzyme des Glycogenabbaus, sondern færdern gleichzeitig auch die Synthese anaboler Enzyme, wie sie zur Synthese von Glucose aus kleineren Vorlåufermolekçlen notwendig sind.
Wie man vielleicht erwartet, muss es auch einen Mechanismus geben, der die oben angefçhrten Schritte rçckgångig macht, andernfalls wçrde die Zelle endlos im aktivierten Zustand verharren. Leberzellen enthalten Phosphatasen, welche die von den Kinasen angefçgten Phosphatgruppen wieder abspalten. Ein spezielles Mitglied dieser Enzym-Familie, die Phosphatase-1, vermag die Phosphatgruppen von såmtlichen phosphorylierten Enzymen aus Abb. 15.11 wieder zu entfernen: von Phosphorylase-Kinase, Glycogen-Synthase und Glycogen-Phosphorylase. Der Abbau der in der Zelle vorhandenen cAMPMolekçle wird durch das Enzym cAMP-Phosphodiesterase bewerkstelligt, das so ebenfalls zur Beendigung der Reaktion beitrågt. Cyclisches AMP wird in vielen Zellen gebildet und vermittelt die Reaktion auf ein breites Spektrum an Liganden ( , wenn man so will). Einige der von cAMP vermittelten hormonellen Reaktionen sind in Tabelle 15.4 aufgelistet. Die Stoffwechselwege von cAMP sind auch an zellulåren Ablåufen im Nervensystem
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eteiligt, unter anderem an Prozessen wie dem Lernen, der Gedåchtnisbildung und der Entstehung von Drogenabhångigkeit. Der chronische Missbrauch von Opiaten beispielsweise fçhrt zu einer Erhæhung des PKA- und Adenylylcyclasespiegels, die mæglicherweise zum Teil fçr die physiologischen Reaktionen wåhrend des Drogenentzugs verantwortlich sind. Ein anderes cyclisches Nucleotid, cyclisches GMP, wirkt, wie die in Kap. 15.7 erærterte induzierte Relaxation in glatten Muskelzellen zeigt, in manchen Zellen ebenfalls als . Ûberdies spielt cGMP eine Schlçsselrolle beim Signalçbertragungsweg des Sehvorgangs. Da cAMP in den allermeisten Fållen çber die Aktivierung von PKA wirkt, låsst sich die Reaktion einer beliebigen Zelle auf cAMP im Regelfalle aus den jeweils durch die zelltypspezifische Kinase phosphorylierten Proteinen vorhersagen (Abb. 15.2 und Tabelle 15.5). Wåhrend die adrenalinvermittelte Aktivierung von PKA in Leberzellen zum Abbau von Glycogen fçhrt, hat die vasopressinvermittelte Aktivierung desselben Enzyms in Zellen der Nierentubuli eine Erhæhung der Membranpermeabilitåt fçr Wasser zur Folge, die Enzymreaktion als Antwort auf die Bindung von TSH in Schilddrçsenzellen hingegen die Ausschçttung von Thyroidhormonen. Die Reaktion auf die Aktivierung von PKA hångt unter anderem von den in der Zelle jeweils exprimierten Kinasesubstraten ab. !.'/ Die Rolle G-Protein-gekoppelter Rezeptoren bei der sensorischen Wahrnehmung Unsere Fåhigkeiten zu sehen, zu schmecken und zu riechen grçnden sich græûtenteils auf G-Protein-gekoppelte Rezeptoren. Bereits erwåhnt wur-
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de, dass Rhodopsin, dessen Struktur den Auftakt zu diesem Kapitel bildet, ein G-Protein-gekoppelter Rezeptor ist. Rhodopsin ist ein lichtempfindliches Protein in den Ståbchen unserer Retina ± Photorezeptorzellen, die auf geringe Lichtintensitåten reagieren und uns bei Nacht oder in
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
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einem abgedunkelten Raum ein Schwarzweiûbild unserer Umgebung pråsentieren. Andere, mit diesem eng verwandte GPCR finden sich in den Zapfen der Retina, die uns bei besseren Lichtverhåltnissen das Farbsehen ermæglichen. Die Absorption eines einzelnen Photons ruft im Rhodopsinmolekçl eine Konformationsånderung hervor, durch die das Signal einem heterotrimeren G-Protein (dem ! ) çbermittelt wird, das den mit ihm gekoppelten Effektor aktiviert. In diesem Falle ist der Effektor das Enzym cGMP-Phosphodiesterase, die das cyclische Nucleotid cGMP hydrolysiert. Die Hydrolyse von cGMP sorgt fçr die Schlieûung bestimmter kationenspezifischer Kanåle und so letztlich zur Entstehung von Membranpotenzialen, die als Aktionspotenzial den Sehnerv entlang weitergeleitet werden kænnen. Unser Geruchssinn hångt von Nervenimpulsen ab, die von olfaktorischen Neuronen çbermittelt werden, deren Fortsåtze sich vom Riechepithel im oberen Teil unserer Nasenmuschel zum Bulbus olfactorius an der Basis unseres Endhirns erstrecken. Die distalen Enden dieser Nerven im Epithel unserer Nasenschleimhaut enthalten Sinneszellen, die mit Riechrezeptoren ausgestattet sind, G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, welche die unterschiedlichsten Chemikalien binden, mit denen unsere Nasen in Berçh-
rung kommen kænnen. Man schåtzt, dass beim Menschen etwa 400 verschiedene olfaktorische Rezeptoren exprimiert werden, die gemeinsam eine groûe Bandbreite an unterschiedlichen chemischen Strukturen von Geruchsstoffen erkennen kænnen.1 Jedes olfaktorische Neuron exprimiert nur einen der mehreren hundert im Genom codierten unterschiedlichen Geruchsrezeptoren und ist demzufolge nur in der Lage, auf eine Chemikalie bzw. auf ein paar mit dieser verwandte Verbindungen zu reagieren. Aus diesem Grund vermag uns die Aktivierung verschiedener Neurone mit unterschiedlichen Geruchsrezeptoren die Wahrnehmung unterschiedlicher Aromen zu vermitteln. Mutationen in einem Gen fçr einen ganz bestimmten Geruchsrezeptor kænnen dazu fçhren, dass jemand eine bestimmte Substanz in seiner Umgebung nicht wahrnimmt, die von den meisten seiner Mitmenschen wahrgenommen wird. Man nimmt an, dass auch Geruchsrezeptoren nach der Bindung eines Liganden ihr Signal çber heterotrimere G-Proteine an die Adenylylcyclase weiter vermitteln und dass das synthetisierte cAMP zur Úffnung cAMP-gesteuerter Kationenkanåle fçhrt, die letztlich ein Aktionspotenzial entstehen lassen, das ans Gehirn çbermittelt wird. Unsere Geschmackswahrnehmung ist weit weniger feinjustiert als unsere Geruchsempfindung. Die Geschmacksrezeptorzellen unserer Zunge sind lediglich imstande, eine von vier verschiedenen Grundqualitåten wahrzunehmen: salzig, sauer, sçû und bitter. (Ein fçnfter Rezeptortyp reagiert auf Natriumglutamat oder Dinatriumguanylat, zwei Substanzen, die man bei der Nahrungsmittelverarbeitung als Geschmacksverstårker verwendet.) Die Wahrnehmung, dass ein Lebensmittel oder Getrånk salzig oder sauer schmeckt, wird direkt durch die im Nahrungsmittel vorhandenen Protonen oder Natriumionen erzeugt, die durch Kationenkanåle in der Plasmamembran in die Geschmacksrezeptorzelle gelangen und so zur Depolarisierung der Membran (vgl. Kap. 4.8.2) fçhren. Die Wahrnehmung hingegen, dass etwas bitter oder sçû ist, grçndet darauf, dass eine Substanz mit einem GPCR auf der Oberflåche der Rezeptorzelle reagiert. Im menschlichen Genom ist eine Familie von 30 bis 50 Bitterstoffrezeptoren namens T2R-Rezeptoren 1 Das menschliche Genom enthålt grob gerechnet 1000 Gene fçr Geruchsrezeptoren, die Mehrzahl aber liegt als funktionslose Pseudogene vor (Kap. 10.5.3). Bei Måusen, die weit stårker auf ihren Geruchssinn angewiesen sind als Menschen, gibt es ebenfalls etwa 1000 solcher Gene im Genom, aber bei ihnen sind 95% davon als funktionsfåhige Rezeptoren ausgebildet.
Die tyrosinspezifische Proteinphosphorylierung als Mechanismus der Signalçbertragung
codiert, die alle mit demselben G-Protein gekoppelt sind. Die Vertreter dieser Rezeptorgruppe binden eine ganze Palette an unterschiedlichen Bitterstoffen, darunter Pflanzenalkaloide und Cyanide, die auf unserer Zunge einen bitteren Geschmack hinterlassen. Zum græûten Teil sind die Verbindungen, die diese Empfindung hervorrufen, toxische Substanzen, deren unangenehmer Geschmack uns zu einer Schutzreaktion veranlasst, indem er uns das Aufgenommene ausspucken låsst. Im Unterschied zu olfaktorischen Sinneszellen, die jeweils nur eine Art von Rezeptorprotein exprimieren, enthalten die Zellen unserer Geschmacksknospen eine Vielzahl von unterschiedlichen T2R-Rezeptoren, die auf miteinander nicht verwandte Schadsubstanzen reagieren. Infolgedessen ist anzunehmen, dass eine ganze Reihe von unterschiedlichen Substanzen denselben bitteren Geschmack erzeugt, der uns im Grunde nur mitteilt, dass das, was wir da im Mund haben, bitter und unbekæmmlich ist. Ein Nahrungsmittel hingegen, das sçû schmeckt, ist vermutlich eines, das energiereiche Kohlenhydrate enthålt. Aus neueren Untersuchungen geht hervor, dass Menschen nur einen einzigen Rezeptor fçr die Geschmacksempfindung sçû besitzen, der von hoher Affinitåt ist und çbrigens auf Zucker und Sçûstoff gleichermaûen reagiert. Glçcklicherweise setzt Nahrung, die zerkaut wird, Geruchsstoffe frei, die çber den Rachenraum auch unsere Geruchsrezeptoren im Riechepithel erreichen, so dass das Gehirn einiges mehr an Informationen çber die von uns aufgenommene Nahrung erhålt als die relativ schlichte Botschaft unserer Geschmacksrezeptoren. Dieser vereinte Input von olfaktorischen und gustatorischen Neuronen erst macht unsere breitgefåcherte Geschmacksempfindung aus. Besonders eindringlich nehmen wir die Bedeutung olfaktorischer Neurone wahr, wenn wir erkåltet sind und einen Teil unseres Geschmackssinns eingebçût haben.
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15.4 Die tyrosinspezifische Proteinphosphorylierung als Mechanismus der Signalçbertragung !% $ / 3!%
4 sind Enzyme, die bestimmte Tyrosinreste eines Proteinsubstrats phosphorylieren. Die Phosphorylierung von Proteinen ist ein Mechanismus zur zellulåren Signalçbermittlung, der sich im Verlauf der Evolution vielzelliger Organismen etabliert hat. Das menschliche Genom codiert mehr als 90 verschiedene tyrosinspezifische Proteinkinasen. Diese Kinasen sind beteiligt an der Regulation von Wachstum, Teilung, Differenzierung und Ûberleben von Zellen, ihrer Haftung an die Extrazellulårmatrix und der Zellwanderung. Die Expression mutierter Tyrosinkinasen, die nicht regulierbar und daher immer aktiviert sind, kann zu unkontrolliertem Wachstum und damit zur Tumorentstehung fçhren. Eine Art von Leukåmie zum Beispiel kommt durch Zellen zustande, die eine unregulierbare tyrosinspezifische Proteinkinase namens Abl enthalten. Tyrosinspezifische Proteinkinasen lassen sich in zwei Untergruppen einteilen:
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
n $!% 3 ! 4" integrale Membranproteine mit einer extrazellulåren ligandenbindenden Domåne und n % !% , die keine Rezeptorfunktion ausçben. RTKs werden durch extrazellulåre Wachstumsund Differenzierungsfaktoren wie den epidermalen Wachstumsfaktor EGF ( + ) und den Blutplåttchen-Wachstumsfaktor PDGF ( + ) sowie durch metabolische Regulationshormone wie Insulin direkt aktiviert, die Proteinkinasen des Cytoplasmas hingegen indirekt. Dieser Abschnitt des Kapitels ist der Signaltransduktion durch RTKs gewidmet. 9 $ Wenn man sich mit den Mechanismen der Signaltransduktion beschåftigt, drångt sich eine Frage auf: Wie wird die Anwesenheit eines Wachstumsfaktors auf der Auûenseite der Zelle in die biochemischen Verånderungen in ihrem Inneren çbersetzt? Unter den Wissenschaftlern, die auf dem Gebiet der Tyrosinkinaseforschung arbeiten, herrscht weitgehende Ûbereinstimmung darçber, dass die Bindung eines Liganden zur Folge hat, dass sich die ligandenbindenden extrazellulåren Domånen zweier benachbarter Rezeptormolekçle zu einem Dimer vereinigen. Fçr diese Rezeptor-Dimerisierung kennt man zwei mægliche Mechanismen: die ligandenvermittelte Dimerisierung und die rezeptorenvermittelte Dimerisierung (Abb. 15.13). In frçhen Arbeiten war der Eindruck entstanden, dass die Liganden von RTKs generell çber zwei Rezeptorbindungsstellen verfçgten. Damit håtte ein einzelnes extrazellulåres Wachstums- oder Differenzierungsfaktormolekçl zwei Rezeptoren zur selben Zeit binden und so die ligandenvermittelte Form der Differenzierung bewerkstelligen kænnen (Abb. 15.13 a). Dieses Modell wurde durch die Beobachtung gestçtzt, dass Wachstums- und Differenzierungsfaktoren wie der Blutplåttchen-Wachstumsfaktor PDGF und der CSF-1 aus zwei åhnlichen oder identischen durch Disulfidbrçcken miteinander verbundenen Untereinheiten bestehen, wobei jede Untereinheit eine Rezeptorenbindungsstelle enthålt. Doch nicht alle Wachstumsfaktoren scheinen in dieses Modell zu passen. In jçngerer Zeit hat sich gezeigt, dass manche Wachstumsfaktoren nur çber eine einzige Rezeptorenbindungsstelle verfçgen. Arbeiten zur Strukturaufklårung sprechen nun fçr einen
zweiten Mechanismus (Abb. 15.3 b), bei dem die Bindung des Liganden zu einer Konformationsånderung innerhalb der extrazellulåren Domåne des Rezeptors fçhrt, durch die eine Kontaktstelle fçr die Rezeptor-Dimerisierung geschaffen oder exponiert wird. Bei diesem Mechanismus wirken Liganden als allosterische Regulatoren, die einen Rezeptor erst in die Lage versetzen, Dimere zu bilden. Unabhångig davon jedoch, auf welche Weise es zur Dimerisierung kommt: auf der Innenseite der Plasmamembran fçhrt diese zu einer Zusammenfçhrung von zwei Tyrosinkinasedomånen. Der durch diese Zusammenlagerung erwirkte enge Kontakt zwischen den beiden Kinasen erlaubt die gegenseitige Phosphorylierung oder ! % dieser beiden Enzyme, d. h. die Kinasedomåne des einen Rezeptors im Dimer phosphoryliert Tyrosinreste in der cytoplasmatischen Domåne des anderen und umgekehrt (Abb. 15.13 a, b). 9 / Autophosphorylierungsstellen erfçllen eine Doppelfunktion: Sie regulieren die Kinaseaktivitåt und fungieren als Bindungsstellen fçr cytoplasmatische Signalmolekçle. Die Kinaseaktivitåt wird in der Regel durch Autophosphorylierung von Tyrosinresten in der 9
der Kinasedomåne reguliert. Im nicht phosphorylierten Zustand verdeckt diese Aktivierungsschleife die substratbindende Domåne und verhindert so, dass ATP daran binden kann. Nach der Phosphorylierung wird die Aktivierungsschleife in einer Position stabilisiert, welche die Substratbindungsstelle freigibt, so dass die Kinasedomåne aktiviert werden kann. Sobald diese phosphoryliert ist, beginnen die Rezeptoruntereinheiten einander an den Tyrosinresten zu phosphorylieren, die in Nachbarschaft zur Kinasedomåne angesiedelt sind. Diese Autophosphorylierungsdomånen bilden schlieûlich die Andockstation fçr zellulåre Signalproteine. / % 1 / / ' Signalçbertragungswege bestehen aus einer Reihe von Signalproteinen, die in genau abgestimmter Folge miteinander reagieren (Abb. 15.2). Signalproteine kænnen mit aktivierten Rezeptor-Tyrosinkinasen assoziieren, weil sie Domånen enthalten, die mit phosphorylierten Tyrosinresten eine spezifische Bindung eingehen (wie in Abb. 15.13 dargestellt). Zwei dieser Domånen sind bislang identifiziert worden: die &2 1 &2F 3src homology domain) und die / % 1 3/!74. SH2-Domånen hatte man ursprçnglich
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
als Teil einer im Genom von oncogenen (tumorproduzierenden) Viren codierten Tyrosinkinase identifiziert. Sie bestehen aus etwa 100 Aminosåuren und enthalten eine hochkonservierte Bindungstasche mit einem phosphorylierten Tyrosinrest (Abb. 15.14). Im menschlichen Genom sind die Gene von çber 110 SH2-Domånen codiert. Sie vermitteln eine Vielzahl an phosphorylierungsabhångigen Protein-Protein-Wechselwirkungen. Zu diesen Wechselwirkungen kommt es erst nach der Phosphorylierung bestimmter Tyrosinreste. Die Spezifitåt der Interaktionen wird bestimmt durch die Aminosåuresequenz in unmittelbarer Nachbarschaft zu den phosphorylierten Tyrosinresten. Das Genom der Båckerhefe enthålt interessanterweise nur ein einziges Protein mit einer SH2-Domåne, was im Einklang mit der Tatsache steht, dass man bei diesen einzelligen Eukaryoten generell keine tyrosinkinaseabhångigen Signalwege kennt. PTB-Domånen wurden erst vor nicht allzu langer Zeit entdeckt. Sie sind imstande, an phosphorylierte Tyrosinreste zu binden, die in der Regel Teil eines Motivs der Sequenz AsparaginProlin-X-Tyrosin (Asn-Pro-X-Tyr) sind. Die Sa-
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che ist allerdings ein bisschen komplizierter, denn einige PTB-Domånen scheinen spezifisch an ein nicht phosphoryliertes Asn-Pro-X-TyrMotiv zu binden, andere hingegen spezifisch an ein phosphoryliertes Motiv. PTB-Domånen besitzen verschiedene Reste, die mit ihren Liganden interagieren. 9 9 & ' Wir haben gesehen, dass Rezeptor-Tyrosinkinasen (RTKs) an einem oder mehreren Tyrosinresten autophosphoryliert werden kænnen. Im Cytoplasma findet sich eine Vielzahl von Signalproteinen mit SH2- oder PTB-Domånen. Die Aktivierung eines Rezeptors fçhrt demnach zur Bildung von Signalçbertragungskomplexen, bei denen SH2-Domånen oder PTB-enthaltende Signalproteine an Autophosphorylierungsstellen am Rezeptor binden (Abb. 15.13). Wir kænnen mehrere Gruppen von Signalproteinen unterscheiden, unter anderem Adapterproteine, Andockproteine, Transkriptionsfaktoren und Enzyme (Abb. 15.15). n Adapterproteine fungieren als Verbindungselemente, die zwei oder mehrere Signalproteine in die Lage versetzen, sich als Teil des Signalkomplexes miteinander zu verbinden (Abb. 15.15 a). Adapterproteine enthalten SH2-Domånen und eine oder mehrere Domånen zur Interaktion mit anderen Proteinen. Das Adapterprotein Grb2 zum Beispiel enthålt eine SH2und zwei SH3-Domånen (Abb. 15.16); SH3-Domånen wurden in Kap. 2.5.3 besprochen. Die SH3-Domåne von Grb2 bindet konstitutiv an andere Proteine wie Sos und Gab, die SH2-Domåne an phosphorylierte Tyrosinreste innerhalb eines TyrX-Asn-Motivs. Die Tyrosinphosphorylierung dieses Motivs in einer RTK fçhrt infolgedessen zur Translokation von Grb2-Sos oder von Grb2-Gab aus dem Cytosol zu einem Rezeptor in der Plasmamembran (Abb. 15.15 a). n Andockproteine wie IRS statten bestimmte Rezeptoren mit zusåtzlichen Tyrosinphosphorylierungsstellen (Abb. 15.15 b) aus. Andockproteine enthalten entweder eine PTB-Domåne oder eine SH2-Domåne und eine Reihe von Tyrosinphosphorylierungsstellen. Die Bindung eines extrazellulåren Liganden an einen Rezeptor fçhrt zu dessen Autophosphorylierung, die eine Bindungsstelle fçr die PTB- oder SH2-Do-
Die tyrosinspezifische Proteinphosphorylierung als Mechanismus der Signalçbertragung
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måne des Andockproteins freisetzt. Sobald die Bindung stattgefunden hat, phosphoryliert der Rezeptor die Tyrosinreste des Andockproteins. Diese Phosphorylierungsstellen wirken dann als Bindungsstellen fçr weitere Signalmolekçle. Andockproteine verleihen dem Prozess der zellulåren Signalçbermittlung Flexibilitåt, denn welche Signalmolekçle der Rezeptor anschalten kann, hångt von den in einer Zelle jeweils exprimierten Andockproteinen ab. n Transkriptionsfaktoren haben wir ausfçhrlich in Kap. 12 besprochen. Vertreter der
STAT-Familie (¹Signalçbertråger und Aktivatoren der Transkriptionª) sind fçr die Funktion des Immunsystems (Kap. 17.4) von entscheidender Bedeutung. STATs enthalten eine SH2-Domåne und eine Tyrosinphosphorylierungsstelle, die als Bindungsstelle fçr die SH2-Domåne eines anderen STAT-Molekçls dienen kann (Abb. 15.15 c). Die Phosphorylierung von Tyrosin in der STAT-SH2-Domåne eines dimerisierten Rezeptors fçhrt zur Rekrutierung von STAT-Proteinen (Abb. 15.15 c). Nach deren Assoziation mit dem Rezeptorkomplex werden die Tyrosinreste dieser STATProteine ebenfalls phosphoryliert. Als Ergebnis dieser Interaktion zwischen dem phosphorylierten Tyrosinrest eines STATProteins mit der SH2-Domåne eines anderen und umgekehrt bilden diese Transkriptionsfaktoren Dimere. Und nur als Dimer, nicht als Monomer, kænnen sie in den Kern gelangen, um dort die Transkription bestimmter, fçr die Immunantwort wichtiger Gene zu stimulieren.
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
n Zu den Signalenzymen gehæren Proteinkinasen, Proteinphosphatasen, Lipidkinasen, Phospholipasen und GTPase-aktivierende Proteine (s. Kap. 15.4.1). So diese Enzyme SH2-Domånen besitzen, kænnen sie mit aktivierten Rezeptor-Tyrosinkinasen assoziieren und werden dadurch entweder direkt oder indirekt aktiviert (Abb. 15.15 d). Zur Aktivierung dieser Enzyme im Anschluss an deren Bindung an den Rezeptor hat man drei Hauptmechanismen identifiziert. Zum einen kænnen sie einfach nur dadurch aktiviert werden, dass sie zur Zellmembran befærdert werden und so in nåchste Nåhe zu ihren Substraten gelangen. Eine andere Mæglichkeit wåre ein allosterischer Mechanismus (Kap. 3.3.4), bei dem die Bindung an Phosphotyrosin eine Konformationsånderung der SH2-Domåne bewirkt, die ihrerseits zu einer Konformationsånderung der katalytischen Domåne fçhrt, die letztlich die katalytische Aktivitåt veråndert. Und schlieûlich kænnen Enzyme durch die Phosphorylierung von Tyrosinresten aktiviert werden, die deren katalytische Aktivitåt beeinflusst. Wie im Folgenden dargestellt wird, initiieren Signalproteine, die mit aktivierten RTKs reagieren, Ereigniskaskaden, die in genau jene biochemischen Verånderungen mçnden, die der extrazellulåre Botenstoff von der Zelle fordert.
7 Beendet wird die Signaltransduktion via Rezeptor-Tyrosinkinasen in der Regel durch die Internalisierung des Rezeptors. Wodurch diese Internalisierung im Einzelnen bewirkt wird, ist derzeit noch Gegenstand intensiver Forschung. In den letzten Jahren hat sich ein Mechanismus herauskristallisiert, an dem ein rezeptorbindendes Protein namens Cbl beteiligt ist. Wenn Rezeptor-Tyrosinkinasen durch Liganden aktiviert werden, autophosphorylieren sie Tyrosinreste, die Cbl als Bindungsstellen dienen kænnen. Einmal mit dem Rezeptor assoziiert stellt Cbl ein Enzym, das in der Lage ist, diesem ein Ubiquitinmolekçl anzuheften. Ubiquitin ist ein kleines Protein, das sich kovalent mit anderen Proteinen verbindet und diese so zur Internalisierung (Kap. 8.8) oder zur Degradation (Kap. 12.7) sozusagen ¹vormerktª. Hat Cbl an einen aktivierten Rezeptor gebunden, so wird dieser im Anschluss daran mit Ubiquitin versehen und schlieûlich internalisiert.
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Nun, da wir einige der grundsåtzlichen Mechanismen betrachtet haben, çber die RTKs Signalwege in Gang setzen, kænnen wir einen genaueren Blick auf ein paar wichtige Signalmechanismen werfen, die der RTK nachgeschaltet sind. Zuerst wollen wir den MAPK-Signalweg besprechen, die vermutlich am besten charakterisierte Signalkaskade, die durch aktivierte Tyrosinkinasen angeschaltet wird. Im Zusammenhang mit dem Insulinrezeptor stellen wir eine weitere Kaskade vor. !.! Der Ras-MAPK-Signalweg Retroviren sind kleine Viren, deren genetische Information in Form von RNA vorliegt. Einige dieser Viren enthalten Oncogene, Gene, die sie in die Lage versetzen, normale Zellen zu Tumorzellen zu transformieren. Ras hat man zunåchst als retrovirales Oncogen gefunden und beschrie-
Die tyrosinspezifische Proteinphosphorylierung als Mechanismus der Signalçbertragung
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en. Spåter stellte sich heraus, dass das Retrovirus sein Ras-Gen in Wirklichkeit aus dem Genom seiner Såugerwirte ¹entfçhrtª hat. Inzwischen weiû man, dass nåherungsweise 30% aller menschlichen Tumoren mutierte Versionen des Ras-Gens beinhalten. Ras ist eine kleine GTPase, die çber eine in der inneren Lage der Lipiddoppelschicht verankerte Lipidgruppe auf der cytoplasmatischen Seite der Membran gehalten wird (Abb. 15.15 a). Es åhnelt in seiner Funktion den zuvor besprochenen heterotrimeren G-Proteinen und wirkt genau wie diese als molekularer Timer. Im Unterschied zu den heterotrimeren G-Proteinen besteht Ras jedoch aus nur einer einzigen kleinen Untereinheit.2 Ras-Proteine gibt es in zwei verschiede-
nen Formen: einer aktiven, in der sie GTP gebunden haben, und einer inaktiven mit gebundenem GDP (Abb. 15.17 a). Ras-GTP bindet und aktiviert nachgeschaltete Signalproteine. Abgeschaltet wird Ras durch die Hydrolyse des gebundenen GTP zu GDP. Tumorerzeugende Mutationen im menschlichen -Gen verhindern, dass das gebundene GTP zu GDP zurçckgebildet wird. Dadurch bleibt die mutierte Ras-Variante permanent ¹angeschaltetª, sendet unablåssig ihr Signal an die nachgeschalteten Stationen und hålt die Zelle so im Stadium der Zellteilung. Das Pendeln monomerer G-Proteine wie Ras zwischen aktivem und inaktivem Stadium wird durch akzessorische Proteine unterstçtzt, die an das G-Protein binden und dessen Aktivitåt regulieren (Abb. 15.17 b). Zu diesen akzessorischen Proteinen gehæren:
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Die Ras-Superfamilie umfasst zahlreiche monomere G-Proteine, darunter die Unterfamilien Ras, Rab, Arf, Rhan und Rho, die såmtlich von der Hefe bis zu den Såugetieren konserviert wurden. Einige dieser Proteine sind bereits in den vorhergehenden Kapiteln in ihrer Funktion gewçrdigt worden.
n :!/ 9 / 3:/ 40 Die meisten monomeren G-Proteine verfçgen
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
von sich aus çber eine gewisse Kapazitåt zur Hydrolyse von gebundenem GTP; durch die Interaktion mit spezifischen GTPase aktivierenden Proteinen wird diese Kapazitåt jedoch deutlich erhæht. Da diese die Hydrolyse von gebundenem GTP und damit die Inaktivierung von G-Protein stimulieren, verkçrzen GAPs die Dauer der G-Protein-vermittelten Reaktion drastisch. Mutationen in einem der RasGAP-Gene ()E) verursachen beispielsweise Neurofibromatose 1, eine Erkrankung, bei der den Patienten entlang der Nervenfortsåtze eine groûe Zahl an gutartigen Tumoren wåchst. n : 3:# 40 Ein inaktives G-Protein wird in die aktive Form umgewandelt, wenn das gebundene GDP durch GTP ersetzt wird. GEFs sind Proteine, die an inaktive monomere G-Proteine binden und die Dissoziation von gebundenem GDP stimulieren. Sobald das GDP freigesetzt wird, bindet das G-Protein umgehend ein Molekçl GTP, das in der Zelle stets in relativ hoher Konzentration vorliegt und aktiviert so das G-Protein. n :
$ 3:6 40 GDIs sind Proteine, welche die Freisetzung eines gebundenen GDP von einem monomeren G-Protein inhibieren und so dessen inaktiven GDP-abhångigen Zustand aufrechterhalten. Am besten untersucht ist Ras in seiner Rolle als Schlçsselkomponente der / , der eine entscheidende Funktion bei so vitalen zellulåren Prozessen wie der Zellteilung zukommt.3 Dieser Signalweg çbermittelt extrazellulåre Signale von der Plasmamembran durch das Cytoplasma in den Kern. Eine Ûbersicht çber diesen Weg gibt Abb. 15.18. Aktiviert wird die Kaskade, sobald ein Wachstumsfaktor wie EGF oder PDGF an die extrazellulåre Domåne der zugehærigen Rezeptor-Tyrosinkinase bindet. Viele aktivierte RTKs besitzen phosphorylierte Tyrosinreste, die als Andockstellen fçr das Adapterprotein Grb2 fungieren. Grb2 wiederum bindet an Sos, den Guaninnucleotid-Austauschfaktor (ein GEF) fçr Ras. Die Entstehung einer Grb2-Bindungsstelle an einem aktivierten Rezeptor sorgt fçr die Translokation von Grb2-Sos aus 3
MAPK ist die Abkçrzung fçr $
, denn dieses Enzym wird durch die Mitose stimulierende Faktoren (Mitogene) wie EGF aktiviert.
dem Cytoplasma an die Innenflåche der Plasmamembran in die Nåhe von Ras (Abb. 15.15 a). Die Befærderung von Sos an die Plasmamembran reicht hin, um die Ras-Aktivierung in Gang zu setzen. Deutlich wurde das in einem Experiment mit einer mutierten Sos-Variante, die permanent an der Innenflåche der Plasmamembran verhaftet ist. Die Expression dieser membrangebundenen Sos-Mutante fçhrt dazu, dass Ras konstitutiv aktiviert bleibt und die Zelle maligne transformiert wird. Durch die Interaktion mit Sos wird die Nucleotidbindungsstelle von Ras freigelegt, woraufhin GDP freigesetzt und durch GTP ersetzt wird. Dieser Austausch von GDP gegen GTP zieht eine Konformationsånderung nach sich, durch die sich eine Kontaktoberflåche fçr das wichtige Signalprotein namens Raf ergibt. Auf diese Weise wird Raf an der inneren Oberflåche der Zellmembran fixiert und aktiviert. Zur Aktivierung von Raf bedarf es verschiedener Phosphorylierungsschritte durch mehrere Phosphatasen und vermutlich der durch diese Phosphorylierung regulierten Wechselwirkung zwischen mehreren Proteinen. Die Mechanismen der Raf-Aktivierung im Einzelnen sind noch zu klåren. Raf ist eine Serin-Threonin-Kinase. Eines ihrer Substrate ist die Proteinkinase MEK (Abb. 15.18), welche durch die Raf-vermittelte Phosphorylierung aktiviert wird und ihrerseits eine MAPK aktiviert (zum Beispiel ERK). Einmal aktiviert ist diese in der Lage, in den Kern zu gelangen, wo sie ausgewåhlte Transkriptionsfaktoren, z. B. Elk-1, phosphoryliert und aktiviert. Am Ende des Signalwegs steht die Aktivierung von Genen, die an der Zellteilung beteiligt sind, unter anderem des Gens fçr Cyclin D1, ein Protein, das entscheidenden Anteil daran hat, die Zelle aus der G1-Phase in die S-Phase zu bringen (Abb. 14.8). Wie im nåchsten Kapitel genauer zu berichten sein wird, hat man Oncogene aufgrund ihrer Eigenschaft entdeckt, Zellen zu Tumoren entarten zu lassen. Oncogene leiten sich von normalen Zellgenen her, die entweder mutiert oder çberexprimiert worden sind. Viele der Proteine, die im Ras-Signalweg eine Rolle spielen, wurden zunåchst als Produkte von Oncogenen entdeckt, von denen man wusste, dass sie an der Tumorentstehung beteiligt sind, dies betrifft unter anderem Ras, Raf und eine Reihe von Transkriptionsfaktoren, die jeweils am Ende ihres Signalwegs stehen (z. B. Fos und Jun). Und auch die Gene fçr eine ganze Reihe von RTKs am Beginn jedes Signalwegs ± unter anderem die von EGF und PDGF ± wurden zusammen mit bekannten Oncogenen identifiziert. Wie wichtig diese Kas-
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kade fçr die Kontrolle von Zellwachstum und -vermehrung ist, sieht man daran, dass so viele Proteine in diesem Signalweg von Genen codiert werden, die im Falle einer Mutation zur Krebsentstehung beitragen.
/ C 9 9 6 In såmtlichen untersuchten Eukaryoten von der Hefe çber Fliegen und Nematoden bis hin zu den Såugetieren wurde derselbe Signalweg ± von den Rezeptor-Tyrosinkinasen çber Ras zur Aktivierung von Transkriptionsfaktoren ± gefunden, wie ihn Abb. 15.18 zeigt. Die Evolution hat diesen Signalweg so geformt, dass er vielen ver-
schiedenen Ansprçchen gerecht wird. In Hefe steht der MAPK-Weg zum Beispiel im Dienste der Reaktion auf Paarungspheromone, bei Taufliegen tritt er im Verlauf der Differenzierung der Photorezeptorzellen des Facettenauges in Funktion. Bei Blçtenpflanzen hingegen çbermittelt er Signale, die eine Verteidigungsreaktion gegen Schådlinge in Gang setzen. In allen Fållen gehært zum Kern des Signalwegs ein Trio von Enzymen, die nacheinander zum Einsatz kommen: eine MAPKKK, eine MAPKK und eine MAPK (Abb. 15.18). Jede dieser Komponenten ist durch eine kleine Proteinfamilie vertreten. Zum gegenwårtigen Zeitpunkt kennt man bei Såugetieren 14 verschiedene MAPKKKs, 7 MAPKKs und 13 MAPKs. Indem sie verschiedene Vertreter aus diesen Proteinfamilien kombinieren, vermægen Såugetiere eine Vielzahl verschiedener MAPK-Signalwege zu beschreiten, die auf unterschiedliche extrazellulåre Signale ansprechen. Wir haben bereits erlåutert, auf welche Weise mitogene Stimuli den MAPK-Signalweg entlang weitervermittelt werden, der zur Zellproliferation fçhrt. Wenn Zellen andererseits aber Stress ausgesetzt werden,
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
?-ntgenstrahlen, oder chemischen Schadstoffen, werden andere MAPK-Signalwege fçr die Signaltransduktion beschritten, und zwar solche, welche die Zelle dazu bringen, sich (wie in Abb. 15.18 dargestellt) aus dem Zellzyklus auszuklinken statt ihn weiter zu durchlaufen. Das Aussetzen im Zellzyklus gibt der Zelle Zeit, die Schåden, die durch die widrigen Umstånde entstanden sind, zu reparieren. Neuere Untersuchungen beschåftigen sich mit der Signalspezifitåt von MAPK-Kaskaden, weil man verstehen will, wie Zellen es fertig bringen, ganz åhnliche Proteine in Signalwege einzubinden und dennoch ganz unterschiedliche zellulåre Reaktionen hervorzubringen. Untersuchungen zur Aminosåuresequenz und Proteinstruktur legen die Vermutung nahe, dass die Antwort in der selektiven Interaktion zwischen Enzym und Substrat zu suchen ist. So phosphorylieren beispielsweise bestimmte Vertreter der MAPKKKFamilie nur ganz bestimmte Vertreter der MAPKK-Familie, die ihrerseits nur bestimmte Vertreter der MAPK-Familie phosphorylieren. Viele Vertreter dieser Familien aber kænnen an mehr als einem MAPK-Signalweg beteiligt sein.
Des Weiteren wird eine gewisse Spezifitåt der MAPK-Signalwege durch die råumliche Lokalisation der beteiligten Proteine erreicht. Diese wird durch Strukturproteine bestimmt (das heiût nicht durch Enzyme), die man insgesamt als Gerçstproteine bezeichnet und deren Funktion darin besteht, die passenden Komponenten des Signalwegs in eine spezifische råumliche Orientierung zu bringen, die deren Interaktion erleichtert. Davon abgesehen kænnen Gerçstproteine auch Proteine, die an einem Signalweg beteiligt sind, daran hindern, an anderen Signalwegen teilzuhaben. Aus diesem Kapitelabschnitt geht deutlich hervor, dass die Signaltransduktionswege einer Zelle çberaus komplex sein kænnen. Dieser Umstand macht dieses Thema fçr Biologen und Studenten gleichermaûen zu einer Herausforderung (Abb. 15.19). !.$ Die Signalçbertragung im Falle des Insulinrezeptors Unser Kærper betreibt einen betråchtlichen Aufwand, um die Blutzuckerwerte innerhalb eines recht engen Rahmens zu halten. Ein Abfall des
n Abb. 15.19. 8 ( ,I I +5JJ61 , % 5J<6HJ1
Die tyrosinspezifische Proteinphosphorylierung als Mechanismus der Signalçbertragung
Blutglucosespiegels kann zu Bewusstlosigkeit und Koma fçhren, denn der Energiestoffwechsel des Zentralnervensystems hångt in erster Linie von der Verfçgbarkeit von Glucose ab. Ein Anstieg des Blutglucosespiegels fçhrt zu einem Glucose-, Flçssigkeits- und Elektrolytabfall im Urin. Der Glucosespiegel in der Blutbahn wird von der Bauchspeicheldrçse çberwacht. Steigt er, wie dies nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit der Fall ist, reagieren die -Zellen der Bauchspeicheldrçse mit der Ausschçttung von Insulin. Insulin wirkt als extrazellulårer Botenstoff, der Zellen davon in Kenntnis setzt, dass der Blutzuckerspiegel hoch ist. Zellen, die Insulinrezeptoren auf der Zelloberflåche exprimieren ± Leberzellen zum Beispiel ± reagieren auf diese Botschaft mit einer erhæhten Glucoseaufnahme und einer vermehrten Glycogen- und Triglyceridsynthese sowie einer verminderten Gluconeogenese.
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6 $ !% Insulinrezeptoren bestehen jeweils aus einer und einer -Kette, die durch proteolytische Spaltung aus einem gemeinsamen Vorlåufer hervorgehen. Die -Kette liegt komplett extrazellulår und enthålt die Insulinbindungsstelle, die -Kette besteht aus einer extrazellulåren Region, einem einzelnen Transmembranabschnitt und einer cytoplasmatischen Region (Abb. 15.20), und -Regionen sind durch Disulfidbrçcken miteinander verknçpft (Abb. 15.20). Je zwei dieser -Heterodimere werden durch Disulfidbrçcken zwischen den -Ketten zusammengehalten. Im Unterschied zu den meisten RTKs, die als Monomere auf der Zelloberflåche vorhanden sind,
liegt also der Insulinrezeptor als stabiles Dimer vor. Wie die anderen RTKs ist auch der Insulinrezeptor in Abwesenheit eines Liganden inaktiv (Abb. 15.20 a). Neuere Arbeiten lassen vermuten, dass das Rezeptordimer nur ein einziges Insulinmolekçl bindet. Durch die Bindung lagern sich die ligandenbindenden Domånen auf der Zelloberflåche um, und dies bringt die Tyrosinkinasen auf der Innenseite einander nåher (Abb. 15.20 b). Die Nachbarschaft der beiden Kinasedomånen fçhrt wiederum zur Trans-Autophosphorylierung und damit zur Aktivierung des Rezeptors (Abb. 15.20 c). Man hat in der cytoplasmatischen Region des Insulinrezeptors mehrere phosphorylierbare Tyrosinreste gefunden. Drei dieser Phosphorylierungsstellen befinden sich in der Aktivierungsschleife. Im nicht phosphorylierten Zustand hat diese eine Konformation inne, die das aktive Zentrum blockiert. Nach der Phosphorylierung der drei Tyrosinreste nimmt die Aktivierungsschleife eine neue Konformation ein, die den katalytischen Spalt freigibt. Um diese neue Konformation zu erreichen, mçssen sich die kleinen und groûen Abschnitte der Kinasedomåne gegeneinander drehen; dies bringt Aminosåurereste, die fçr die Katalyse notwendig sind, einander nåher. Hinzu kommt, dass die Aktivierungsschleife nunmehr den katalytischen Spalt freigibt, so dass es dort zur Substratbindung kommen kann. Sobald die Kinasedomåne aktiviert ist, phosphoryliert der Rezeptor die eigenen Tyrosinreste in unmittelbarer Nachbarschaft zur Membran und zum Carboxylende (Abb. 15.20 c).
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
6 $& E F ,ie meisten RTKs besitzen Autophosphorylierungsstellen, die direkt auf Signalproteine mit SH2-Domånen wirken (vergleiche Abb. 15.15 a, c und d). Der Insulinrezeptor bildet die Ausnahme von dieser Regel, denn er verbindet sich statt dessen mit den Vertretern einer kleinen Familie von Andockproteinen (Abb. 15.15 b), den 6 $& (6 & ). Diese erst stellen die Bindungsstelle fçr die Bindung von SH2-Domånen. Im Anschluss an die Bindung des Liganden und die Aktivierung des Rezeptors autophosphoryliert der Rezeptor den Tyrosinrest 960, der dann eine Bindungsstelle fçr die phosphotyrosinbindenden Domånen (PTB-Domånen) der Insulinrezeptor-Substrate bildet. Wie in Abb. 15.21 a gezeigt, zeichnen sich InsulinrezeptorSubstrate durch eine N-terminale PH-Domåne, eine PTB-Domåne und einen langen Schwanz
mit mehreren Tyrosinresten aus. Die PH-Domåne kann mit den Phospholipiden der inneren Plasmamembran reagieren, die PTB-Domåne bindet an phosphorylierte Tyrosinreste am aktivierten Rezeptor, und diese bilden çberdies Andockstellen fçr Signalproteine mit SH2-Domånen. Mindestens vier Vertreter der IRS-Familie sind inzwischen identifiziert. Den Ergebnissen von Knockout-Experimenten an Måusen zufolge nimmt man an, dass IRS-1 und IRS-2 fçr die insulinrezeptorabhångige Signalçbertragung die græûte Bedeutung haben. Die Autophosphorylierung des aktivierten Insulinrezeptors am Tyrosinrest 960 låsst eine Bindungsstelle fçr IRS-1 und IRS-2 entstehen. Erst nach der stabilen Assoziation mit einem der beiden Insulinrezeptorsubstrate ist der aktivierte Insulinrezeptor in der Lage, die Tyrosinreste dieser Andockproteine zu phosphorylieren (Abb.
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Die tyrosinspezifische Proteinphosphorylierung als Mechanismus der Signalçbertragung
(3)8( b). Sowohl IRS-1 als auch IRS-2 enthalten eine groûe Zahl von potentiell phosphorylierbaren Tyrosinresten. Mit Sicherheit identifiziert sind inzwischen Bindungsstellen fçr die SH2-Domåne von PI3-Kinase, Grb2 und Shp2 (Abb. 15.21 c). Diese Proteine binden an rezeptorgebundenes IRS-1 oder IRS-2 und aktivieren nachgeschaltete Signalwege. /6> 3/6>4 besteht aus zwei Untereinheiten, eine davon enthålt zwei SH2-Domånen, die andere die katalytische Domåne (Abb. 15.21 b). PI-3-Kinase selbst wird, sobald ihre SH2-Untereinheiten an die Phosphorylierungsstellen gebunden haben, direkt aktiviert, und phosphoryliert ihrerseits Phosphoinositide an Position 3 des Inositolrings (Abb. 15.21 c). Die Produkte dieses Enzyms, darunter Phosphatidylinositol-4,5-bisphosphat (PIP2) und Phosphatidylinositol-3,4,5-trisphosphat (PIP3) verbleiben in der cytosolischen Schicht der Plasmamembran und bilden die Bindungsstellen fçr PH-Domånen enthaltende Signalproteine wie die Serin-Threonin-Kinasen PKB und PDK1. Die Verbindung von PDK1 mit der Plasmamembran, und dies in nåchster Nåhe zu PKB, schafft eine Situation, in der PDK1 PKB phosphorylieren und aktivieren kann (Abb. 15.21 c). Mæglicherweise ist eine zweite Kinase an der Aktivierung von PKB beteiligt, doch welche das ist, muss noch geklårt werden. : PKB greift in die Regulation des Glucosetransports und der Glycogensynthese direkt ein. Das fçr den insulinabhångigen Glucosetransport verantwortliche Molekçl ist der Glucosetransporter GLUT4 (Kap. 4.7.3). Ist kein Insulin vorhanden, liegt GLUT4 im Cytoplasma insulinsensitiver Zellen in Membranvesikeln vor (Abb. 15.22). Diese Vesikel fusionieren in Reaktion auf die Gegenwart von Insulin mit der Plasmamembran, man nennt diesen Vorgang GLUT4-Translokation. Die Zunahmen an Glucosetransportern in der Plasmamembran fçhrt zu einer vermehrten Glucoseaufnahme (Abb. 15.22). Man hat gezeigt, dass die Translokation von GLUT4 von der Aktivierung der PKB abhångt, denn die Ûberexpression von PKB fçhrt auch ohne Insulin zur Translokation von GLUT4. Der Weg von der PKB-Aktivierung zur GLUT4-Translokation muss allerdings noch erforscht werden. In Muskel- und Leberzellen wird zuviel aufgenommene, çberschçssige Glucose in Form von Glycogen gespeichert. Die Synthese des Glycogens wird bewerkstelligt von Glycogen-Synthase, einem Enzym, das durch die Phosphorylierung von Serin- und Threoninresten abgeschaltet
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wird. Glycogen-Synthase-Kinase 3 (GSK-3) selbst wird ebenfalls durch Phosphorylierung inaktiviert, in diesem Falle durch PKB. Die Aktivierung des PI-3-Kinase-PKB-Wegs in Reaktion auf Insulin fçhrt demnach zu einer Abnahme der GSK-3-Aktivitåt und somit zu einer erhæhten Aktivitåt der Glycogen-Synthase (Abb. 15.21 c). Die Aktivierung von Phosphatase 1, einem Enzym, von dem man weiû, dass es Glycogen-Synthase dephosphoryliert, ist ein weiteres Mittel zur Aktivierung von Glycogen-Synthase.
Bevor wir das Thema Signaltransduktion çber den Insulinrezeptor verlassen, sollte noch erwåhnt werden, dass eine der verbreitetesten Krankheiten des Menschen, Diabetes mellitus, durch einen Defekt im Insulin-Signalweg bedingt ist. Es gibt zwei Formen von Diabetes: Typ 1, der etwa 5 bis 10% aller Fålle ausmacht, und Typ 2, der fçr die çbrigen 90 bis 95% verantwortlich ist. Diabetes Typ 1 beruht auf der mangelnden Fåhigkeit, Insulin zu produzieren und wird in der Box ¹Aus Sicht des Menschenª in Kap. 17 behandelt. Typ-2-Diabetes ist eine komplexere Krankheit, deren Håufigkeit weltweit mit alarmierender Geschwindigkeit zunimmt. Diese
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
Zunahme ist mit groûer Wahrscheinlichkeit durch die verånderten Lebens- und Essgewohnheiten zu erklåren. Man hålt das Zusammenspiel von kalorienreicher Ernåhrung und sitzender Lebensweise fçr die Ursache dieses chronischen Anstiegs der Insulinsekretion. Ein ståndig erhæhter Insulinspiegel çberstimuliert die Zielzellen in der Leber und andernorts im Kærper und fçhrt damit einen Zustand herbei, den man als 6 $ (oder 6 ) bezeichnet, d. h. diese Zellen reagieren auf die Gegenwart des Hormons nicht mehr. Man hat dies durch genetische Experimente an Måusen untermauert: Mutationen im Gen fçr den Insulin-Rezeptor oder fçr IRS-2, die Zellen die Fåhigkeit nehmen, auf Insulin zu reagieren, lassen bei den Måusen Diabetes entstehen. In der menschlichen Population sind diese Mutationen allerdings extrem selten, so dass die Frage nach der tatsåchlichen Ursache fçr die Entstehung der Insulinresistenz noch nicht abschlieûend zu beantworten ist. Unabhångig davon, welcher Mechanismus zur Insulinresistenz fçhrt, die Folge ist in jedem Fall ein erhæhter Blutglucosespiegel, weil die Zellen des Kærpers nicht imstande sind, den Zucker hinreichend effizient aus dem Blut zu entfernen. Ein erhæhter Blutzuckerspiegel aber stimuliert die Bauchspeicheldrçse zusåtzlich zur Sekretion von Insulin, weil der Kærper versucht, die Glucoseaufnahme in den Geweben der Peripherie zu erhæhen. Dieser Teufelskreis aus peripherer Insulinresistenz und einer verstårkten Insulinsekretion kann zu einer Zerstærung der -Zellen der Bauchspeicheldrçse fçhren. Eine der Strategien zur Behandlung von Diabetes besteht darin, die Insulinresistenz zu verhindern, d. h. die Zellen wieder fçr Insulin zu sensibilisieren. Måuse, denen die Negativregulatoren des Insulin-Signalwegs fehlen, z. B. die Proteintyrosinphosphatase 1B (PTP-1B), zeigen einen deutlichen Anstieg ihrer Insulinsensitivitåt. Daraus ergibt sich die Chance, dass Proteine, die im Insulin-Signalweg eine Rolle spielen, als Angriffsziel von Antidiabetika genutzt werden kænnten. Anschaulich wird dies an folgendem Beispiel: Die Phosphatase PTP-1B entfernt, so nimmt man an, Phosphatgruppen von Tyrosinresten am Insulinrezeptor, inaktiviert diesen dadurch und beendet so die Hormonreaktion. Måuse, die man mit stark fetthaltiger Nahrung fçttert, entwickeln in der Regel eine Insulinresistenz, wie man sie vom Diabetes Typ 2 kennt, und werden çbergewichtig. Måuse hingegen, denen PTP-1B fehlt (PTP-1B-Knockout-Måuse zum Beispiel), behalten, wenn man sie mit einer fettreichen Diåt hålt, ihre Insulinsensitivitåt und einen nor-
malen Blutglucosespiegel. Man nimmt an, dass das Fehlen der Phosphatase PTP-1B die Rezeptorinaktivierung verhindert und so die Insulinsensitivitåt der Tiere erhæht. Aus diesen Untersuchungen ergibt sich demnach, dass Diabetes behandelbar sein mçsste durch Medikamente, welche die menschliche Variante von PTP-1B spezifisch inhibieren. Man untersucht PTP-1B daher gegenwårtig auf ihre Eignung als Angriffsziel fçr die Behandlung von Diabetes und Ûbergewicht. !.' Signalwege bei Pflanzen Pflanzen und Tiere haben bestimmte grundlegende Signalmechanismen gemeinsam, unter anderem den Einsatz von Ca2+ und Phosphoinositiden als Botenstoff, andere Mechanismen hingegen sind jedem der beiden Reiche allein vorbehalten. Cyclische Nucleotide zum Beispiel, die am weitesten verbreiteten Botenstoffe bei Tieren, scheinen bei Pflanzensignalwegen so gut wie keine Rolle zu spielen. Auch Rezeptor-Tyrosinkinasen fehlen in Pflanzenzellen. Andererseits enthalten Pflanzen, wie im Folgenden erlåutert wird, eine Art von Proteinkinase, die Tierzellen fehlt. Man weiû seit langem, dass Bakterienzellen eine Proteinkinase enthalten, die Histidinreste phosphoryliert und auf diese Weise die zellulåre Reaktion auf ein breites Spektrum an Umweltsignalen vermittelt. Bis zum Jahre 1993 war man der Ansicht, dass diese Enzyme Bakterienzellen allein vorbehalten seien, doch dann wurden sie sowohl in Hefen als auch in Blçtenpflanzen nachgewiesen. Bei beiden Arten von Eukaryoten sind diese Enzyme Transmembranproteine mit einer extrazellulåren Domåne, die als Rezeptor fçr externe Stimuli fungiert, und einer cytoplasmatischen Histidinkinase-Domåne, die Signale ins Cytoplasma çbermittelt. Eines der am besten untersuchten unter diesen Pflanzenproteinen wird von dem Gen . codiert. Das Produkt dieses Gens ist ein Rezeptor fçr das Reifegas Ethylen (C2H4), ein Pflanzenhormon, das ein breites Spektrum an Entwicklungsprozessen reguliert, unter anderem die Samenreifung, die Blçtenbildung und die Fruchtreifung. Die Bindung von Ethylen an seinen Rezeptor læst die Signalweiterleitung çber einen Weg aus, der dem des MAPK-Signalwegs der Hefe- und Tierzellen çberaus åhnlich ist. Wie bei den anderen Eukaryoten sind die nachgeschalteten Empfånger des MAPK-Signalwegs bei Pflanzen Transkriptionsfaktoren, welche die Expression bestimmter, fçr die Reaktion auf den extrazellulåren Botenstoff
Calcium als intrazellulårer Botenstoff
notwendiger, Gene in Proteine aktivieren. Die gegenwårtige Analyse der riesigen Datenmengen aus der Sequenzierung des Genoms von !$ und anderen Pflanzen wird die Øhnlichkeiten und Unterschiede zwischen pflanzlichen und tierischen Signalwegen deutlicher herausarbeiten.
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15.5 Calcium als intrazellulårer Botenstoff Calciumionen spielen bei einer bemerkenswerten Bandbreite zellulårer Aktivitåten eine bedeutsame Rolle, dies gilt unter anderem fçr die Muskelkontraktion und die Zellteilung, die Sekretion, die Befruchtung, die zellulåre Motilitåt und die synaptische Signalçbertragung. In jedem dieser Fålle wird auf der Zelloberflåche eine extrazellulåre Botschaft empfangen, die zu einem dramatischen Anstieg der Calciumionen-Konzentration im Cytosol fçhrt. Die Calciumkonzentration einzelner Zellkompartimente wird kontrolliert durch die balancierte Aktivitåt von Calciumpumpen und Calciumionenkanålen, die in die Membran um das jeweilige Kompartiment eingebettet sind. Die Calciumionen-Konzentration im Cytosol einer ruhenden Zelle wird auf åuûerst geringem Niveau gehalten, in der Regel bei um die 10±7M. Im Extrazellulårraum hingegen, im Lumen des endoplasmatischen Reticulums oder in der Vacuole einer Pflanzenzelle ist die Konzentration im Normalfall 10 000-mal hæher als im Cytosol. Der cytosolische Calciumspiegel ist deshalb so niedrig, weil Ca2+-Ionenkanåle so-
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wohl in der Plasmamembran als auch in den Membranen des ER normalerweise geschlossen gehalten werden, so dass die Membran fçr dieses Ion nahezu impermeabel ist, und weil die ATP-gespeisten Ca2+-Transportsysteme der Plasma- und ER-Membranen Calcium aus dem Cytosol herauspumpen.4 Auf den vorhergehenden Seiten wurden zwei Haupttypen von Signalrezeptoren beschrieben, G-Protein-gekoppelte Rezeptoren und RezeptorTyrosinkinasen. In Kap. 15.3.3 wurde festgestellt, dass die Interaktion eines extrazellulåren Botenstoffmolekçls mit einem G-Protein-gekoppelten Rezeptor zur Aktivierung des Enzyms Phospholipase C- fçhren kann, die das Phosphoinositid PIP2 so spaltet, dass IP3 freigesetzt wird, welches Calcium-Kanåle in der ER-Membran æffnet und so ein Anstieg der cytosolischen Ca2+-Ionenkonzentration bewirkt. Extrazellulåre Botenstoffe, die ihr Signal çber RTKs vermitteln, kænnen eine åhnliche Reaktion auslæsen. Der Hauptunterschied besteht darin, dass RTKs Vertreter der Phospholipase-C--Subfamilie aktivieren, die eine SH2-Domåne besitzen, die es ihnen ermæglicht, an die aktivierte phosphorylierte RTK zu binden. PLC- und PLC-C- katalysieren dieselbe Reaktion, Endprodukt beider ist IP3. Noch eine dritte Hauptroute fçhrt zur Erhæhung des cytosolischen Ca2+-Spiegels, wir sind ihr bei unserer Beschreibung der synaptischen Ûbertragung in Kap. 4.8.4 bereits begegnet. In diesem Falle ist es ein Nervenimpuls, der zu einer Depolarisierung der Plasmamembran fçhrt, die Úffnung eines spannungsgesteuerten Calciumkanals veranlasst und so den Einstrom von Ca2+-Ionen ermæglicht. Unser Wissen um die Rolle von Ca2+-Ionen im Rahmen zellulårer Reaktionen hat sich in hohem Maûe erweitert, seit man Indikatormolekçle entwickelt hat, die in Gegenwart von freiem Calcium Licht emittieren. Anfang der 1990er Jahre wurden neue, hoch empfindliche fluoreszierende, calciumbindende Verbindungen (z. B. F) gefunden. Diese Verbindungen werden in einer Form synthetisiert, die per Diffusion durch die Plasmamembran ins Zellinnere gelangen kann. Einmal im Inneren angelangt, wird die Verbindung so modifiziert, dass sie die Zelle nicht mehr verlassen kann. Mit Hilfe dieser Substanzen låsst sich die Konzentration an freien Calciumionen in den verschiedenen Teilen einer lebenden Zelle zu verschiedenen Zeiten bestim4 Mitochondrien spielen fçr die Ausschçttung und Freisetzung von Ca2+-Ionen ebenfalls eine wichtige Rolle, aber diese ist noch nicht gut genug verstanden und soll hier nicht diskutiert werden.
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
men, indem man das emittierte Licht mit Hilfe der Fluoreszenzmikroskopie und computerassistierter bildgebender Verfahren misst. Der Einsatz von calciumsensitiven, Licht emittierenden Molekçlen hat uns aufregende Portråts von den komplexen råumlichen und zeitlichen Verånderungen der Konzentrationen an freiem Calcium im Cytosol einer Zelle in Reaktion auf die unterschiedlichsten Stimuli pråsentiert. Dies ist einer der Vorteile bei der Untersuchung calciumvermittelter Reaktionen im Vergleich zu denen anderer Arten von Botenstoffen, deren Lokalisation in der Zelle man weit weniger leicht sichtbar machen kann. Je nach Art der reagierenden Zelle kann ein bestimmter Auûenreiz repetitive Oszillationen der Calciumionen-Konzentration hervorrufen, wie sie in Abb. 15.8 dargestellt sind, eine Welle der Calciumfreisetzung in Gang setzen, die sich von einem Ende der Zelle zum anderen hin fortpflanzt (Abb. 15.25), oder vorçbergehend eine lokale Calciumfreisetzung in einem Teil der Zelle auslæsen. Abbildung 15.23 zeigt eine Purkinjezelle, eine bestimmte Art von Neuron im Kleinhirn von Såugetieren, die çber ein delikates Netz von postsynaptischen Dendriten Kontakte zu tausenden anderer Zellen unterhålt. Die mikroskopische Aufnahme in Abb. 15.23 zeigt die Freisetzung von freiem Calcium in einer bestimmten Region des ¹Dendritenbaumsª einer Purkinjezelle in Reaktion auf eine synaptische Aktivierung. Die schlagartige Calciumfreisetzung bleibt auf diese Zellregion beschrånkt. Die zuvor beschriebenen IP3-Rezeptoren sind einer der beiden Haupttypen von Calciumionenkanålen in der ER-Membran. Der andere Rezeptortyp wird als % $ ( % ) bezeichnet, weil er das toxische Pflanzenalkaloid Ryanodin bindet. Ryanodin-Rezeptoren finden sich in erster Linie in erregbaren Zellen und sind am besten untersucht in Skelett- und Herzmuskelzellen, wo sie den Anstieg der Calciumionen-Konzentration nach dem Eintreffen eines Aktionspotenzials vermitteln (Abb. 9.65). Mutationen in der herzspezifischen RyR-Isoform sieht man heutzutage in Zusammenhang mit dem plætzlichen Herztod wåhrend der Ausçbung von Sport. Je nach Art der Zelle, in der sie vorkommen, kænnen RyRs durch ganz unterschiedliche Agenzien, darunter auch durch Calcium selbst geæffnet werden. Der Influx einer begrenzten Menge an Calcium durch geæffnete Kanåle in der Plasmamembran induziert die Úffnung von Ryanodinrezeptoren in der Membran des endoplasmatischen Reticulums und damit die Freisetzung von Calcium ins Cytosol (Abb. 15.24). Man bezeichnet dieses Phånomen als
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$ + $ (calcium-induced , +6+ ). Extrazellulåre Signale, die durch Calciumionen çbermittelt werden, bewirken in der Regel zunåchst die Úffnung einer kleinen Zahl von Calciumionenkanålen auf der Zelloberflåche, in unmittelbarer Nachbarschaft der Reizerkennung. Calciumionen, die daraufhin durch diese Kanåle einstræmen und ins Cytosol gelangen, wirken auf umliegende Calciumkanåle des endoplasmatischen Retikulums und veranlassen diese, sich zu æffnen und weiteres Calcium in benachbarte Regionen des Cytosols freizusetzen. Bei manchen Reaktionen bleibt die Erhæhung des Calci-
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Calcium als intrazellulårer Botenstoff
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umspiegels auf eine kleine Region im Cytoplasma beschrånkt (siehe Abb. 15.23). In anderen Fållen breitet sich eine Woge der Calciumfreisetzung çber das gesamte cytoplasmatische Kompartiment aus. Eine der auffålligsten Wellen der Calciumfreisetzung erfolgt etwa in der ersten Minute nach der Befruchtung und wird ausgelæst durch den Spermieneinschlag in der Plasmamembran der Eizelle (Abb. 15.25). Der plætzliche Anstieg der cytoplasmatischen Calciumkonzentration im Anschluss an die Befruchtung læst eine Folge von Ereignissen aus, unter anderem die Aktivierung cyclinabhångiger Kinasen (Kap. 14.1.2), welche die Zygote zu ihrer ersten Mitose veranlassen. Calciumwellen sind eine vorçbergehende (transiente) Erscheinung, weil die Ionen so rasch aus dem Cytosol heraus und ins ER bzw. in den Extrazellulårraum zurçckgepumpt werden. Im Unterschied zu cAMP, dessen Wirken unauflæslich mit der Stimulierung einer Proteinkinase verknçpft ist, kann Calcium eine ganze Palette an zellulåren Effektoren ± darunter auch Proteinkinasen ± beeinflussen (Abb. 15.6). Calciumionen kænnen je nach Zelltyp verschiedene Enzym- oder Transportsysteme aktivieren oder inhibieren, die Ionenpermeabilitåt von Membranen veråndern, die Fusion von Membranen veranlassen oder Struktur und Funktion des Cytoskeletts åndern. Calcium bringt diese Reaktionen nicht allein in Gang, sondern in Kooperation mit mehreren / (Beispiele dafçr finden sich in Kap. 8.6 und 9.7.1). Das am besten untersuchte calciumbindende Protein ist + . Calmodulin findet sich universell in Pflanzen, Tieren und eukaryoten Mikroorganismen und hat tatsåchlich von einem Ende des Eukaryotenspektrums bis zum anderen dieselbe Aminosåuresequenz. Jedes Molekçl Calmodulin (Abb. 15.26) enthålt vier Calciumbindungsstellen. Cal-
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modulin hat keine so hohe Affinitåt fçr Ca2+, dass es das Ion in einer nicht stimulierten Zelle binden wçrde; sobald die Ca2+-Konzentration jedoch in Reaktion auf einen Reiz von auûen steigt, bindet das Ion an Calmodulin, veråndert die Konformation des Proteins und erhæht so dessen Affinitåt fçr eine Vielzahl an Effektoren. Je nach Zelltyp kann der Calcium-CalmodulinKomplex (Ca2+-CaM-Komplex) an eine Proteinkinase binden, an eine fçr cyclische Nucleotide spezifische Phosphodiesterase, an Ionenkanåle oder auch an das Calciumtransportsystem der Plasmamembran. Im letzteren Fall aktiviert der steigende Calciumspiegel das zelleigene System zur Entsorgung çberschçssiger Mengen des Ions und bildet damit einen sich selbst regulierenden Mechanismus zur Aufrechterhaltung niedriger Calciumkonzentrationen im Zellinneren. Ûber die Aktivierung verschiedener Proteinkinasen zur Phosphorylierung von Transkriptionsfaktoren vermag der Ca2+-CaM-Komplex çberdies
a die Transkription von Genen zu stimulieren. In dem am besten untersuchten Fall phosphoryliert eine dieser Proteinkinasen CREB am selben Serinrest wie PKA (Abb. 15.11).
n Abb. 15.27 a, b. Vereinfachte Darstellung der Rolle von Calcium beim Verschluss von Schlieûzellen. a Aufnahme von drei Spaltæffnungen, jede von einem Paar Schlieûzellen flankiert. Solange der Turgor innerhalb der Schlieûzellen hoch gehalten wird, bleiben diese nach auûen gewælbt, so dass die Spaltæffnung wie hier offen bleibt. b Einer der Faktoren, der die Porengræûe einer Spaltæffnung kontrolliert, ist das Hormon Abcisinsåure (ABA). Steigt der ABA-Spiegel, æffnen sich in der Plasmamembran Calciumkanåle, die einen Einstrom von Ca2+ ermæglichen (Schritt 1), der seinerseits die Freisetzung von Calcium aus Speichern im Zellinneren auslæst (Schritt 2). Die folgende Erhæhung des intrazellulåren [Ca2+] schlieût K+-Einstromkanåle (Schritt 3a) und æffnet K+-Ausstromkanåle (Schritt 3b). Der Ausstrom von K+ ist begleitet vom Ausstrom von Cl±. Diese Ionenbewegungen fçhren zu einem Abfall der Menge an gelæsten Substanzen im Zellinneren und somit zu einem osmotisch bedingten Verlust an Wasser (Schritt 4). (a Jeremy Burgess/ Photo Researchers)
Calcium als intrazellulårer Botenstoff
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15.5.1 Die Regulation der Calciumkonzentration in Pflanzenzellen Calciumionen (im Zusammenwirken mit Calmodulin) sind wichtige intrazellulåre Botenstoffe in Pflanzenzellen. Der cytosolische Calciumspiegel schwankt in Reaktion auf die unterschiedlichsten Stimuli ± Licht, Druck, Schwerkraft und Pflanzenhormone wie z. B. Abcisinsåure ± in manchen Pflanzenzellen dramatisch. In der ruhenden Pflanzenzelle wird die Ca2+-Konzentration im Cytosol durch das Wirken von Transportproteinen in Plasma- und Vacuolenmembran (Tonoplast) ausgesprochen niedrig gehalten. Wie wichtig Calcium fçr die Signalwege in Pflanzenzellen ist, wird deutlich an den Schlieûzellen, die den Durchmesser der mikroskopisch kleinen Poren eines Blattes (Spaltæffnungen oder Stomata) regulieren (Abb. 15.27). Stomata sind ein Hauptort des Wasserverlusts bei Pflanzen (Kap. 6.6.2); daher wird der Durchmesser ihrer Úffnungen streng çberwacht, um ein Austrocknen zu verhindern. Der Durchmesser einer Spaltæffnung nimmt ab, wenn der Flçssigkeitsdruck (Turgor) in der Schlieûzelle sinkt. Der Abfall des Turgordrucks seinerseits kommt durch ein Absinken der Ionenkonzentration (Osmolaritåt) in der Schlieûzelle zustande. Ungçnstige Bedingungen wie hohe Temperaturen und geringe Feuchtigkeit stimulieren die Freisetzung von Abcisinsåure, welche die Úffnung von Calciumkanålen in der Plasmamembran der Schlieûzellen bewirkt (Abb. 15.27 b). Der resultierende Influx von Ca2+ ins Cytosol læst die Freisetzung von zusåtzlichem Ca2+ aus intrazellulåren Speichern aus. Die erhæhte Ca2+-Konzentration fçhrt zum Verschluss von Kaliumeinstromkanålen in der Plasmamembran und zur Úffnung von Kaliumausschlusskanålen. Diese Verånderungen lassen einen Nettoausstrom an K+-Ionen (und, begleitend, von Cl--Ionen) entstehen und bedingen so einen Abfall des Turgordrucks.
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Wiederholung 1. Wie wird die Calciumionen-Konzentration im Cytoplasma auf einem so geringen Niveau gehalten? Wie åndert sie sich in Reaktion auf verschiedene Reize? 2. Worin besteht die Rolle von calciumbindenden Proteinen wie Calmodulin bei der Initiation einer Reaktion? 3. Beschreiben Sie die Bedeutung des Calciums in den Schlieûzellen fçr die Regulation des Durchmessers von Stomata.
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
!./ =8ergenz, Divergenz und Crosstalk zwischen verschiedenen Signalwegen ,ie oben beschriebenen und in den verschiedenen Abbildungen schematisch dargestellten Signalwege zeigen lineare Ablåufe, die direkt vom Rezeptor auf der Zelloberflåche zu einem Zielmolekçl fçhren. In Wirklichkeit sind die Signalwege einer Zelle weit komplexer, denn: n Signale von einer ganzen Palette an zueinander in keinem Bezug stehenden Rezeptoren, die jeweils einen eigenen Liganden binden, kænnen in der Aktivierung eines gemeinsamen Effektors wie Ras oder Raf 9 . n Signale von ein und demselben Liganden ± von EGF zum Beispiel oder Insulin ± kænnen 9 und eine Reihe ganz verschiedener Effektoren aktivieren und somit zu unterschiedlichen zellulåren Reaktionen fçhren. n Signale kænnen zwischen verschiedenen Signalwegen ausgetauscht werden, man bezeichnet dies auch als +
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Diese Merkmale zellulårer Signalwege sind in Abb. 15.28 schematisch dargestellt. Signalwege bilden ein Instrument zur Lenkung des Informationsflusses innerhalb einer Zelle; das Ganze åhnelt ein bisschen der Art und Weise wie das Zentralnervensystem Informationen an die verschiedenen Organe des Kærpers sendet bzw. von dort erhålt. So wie das Zentralnervensystem Informationen çber seine Umwelt von den verschiedenen Sinnesorganen erhålt, gehen der Zelle Informationen çber ihre Umwelt durch die Aktivierung verschiedener Oberflåchenrezeptoren zu, die als Sensoren auf extrazellulåre Stimuli reagieren. Wie Sinnesorgane, die fçr bestimmte Arten von Reizen empfånglich sind (z. B. fçr Licht, Druck oder Schallwellen), kænnen auch Oberflåchenrezeptoren nur spezifische Liganden binden, wåhrend sie von der groûen Vielzahl an anderen, mit diesen nicht verwandten Molekçlen unberçhrt bleiben. Dutzende verschiedener Rezeptoren einer Zelle kænnen ihre Signale zur selben Zeit ans Zellinnere çbermitteln. Dort angelangt kænnen diese Signale selektiv çber die verschiedensten Signalwege gelenkt werden und die Zelle zur Teilung, zur Gestaltånderung oder zur Aktivierung eines bestimmten Stoffwechselwegs veranlassen oder auch dazu bringen, Selbstmord zu begehen (Ge-
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Konvergenz, Divergenz und Crosstalk zwischen verschiedenen Signalwegen
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naueres dazu findet sich im nåchsten Abschnitt). So integriert die Zelle Informationen, die aus unterschiedlichen Quellen auf sie einstræmen, und verarbeitet sie zu einer angemessenen und koordinierten Reaktion. !./! (eispiele fçr Konvergenz, Divergenz und Crosstalk zwischen verschiedenen Signalwegen n 9$. Wir haben in diesem Kapitel zwei verschiedene Arten von Zelloberflåchenrezeptoren behandelt: G-Protein-gekoppelte Rezeptoren und Rezeptor-Tyrosinkinasen. Eine andere Art von Oberflåchenrezeptoren, die der Signaltransduktion måchtig sind, wurde in Kap. 7 besprochen, und zwar die Integrine. Obwohl diese drei Arten von Rezeptoren ganz verschiedene Liganden binden, mçnden sie alle in der Bildung von Andockstellen fçr die SH2-Domåne des Adapterproteins Grb2 in nåchster Nåhe zur Plasmamembran (Abb. 15.29). Die Fixierung des GrpSos-Komplexes resultiert in der Aktivierung von Ras und der Transmission von Signalen çber den MAPK-Signalweg. Infolge dieser Konvergenz kænnen Signale von verschiedenen Rezeptoren zur Transkription und Translation eines åhnlichen Ensembles von wachstumsfærdernden Genen in der jeweiligen Zielzelle fçhren. n 9$. Hinweise auf die Divergenz von Signalen gibt es bei so gut wie allen in diesem Kapitel behandelten Beispielen fçr die Signaltransduktion. Ein kurzer Blick auf die Abb. 15.12 und 15.21 b macht deutlich, wie ein einziger Stimulus ± ein Ligand, der an einen G-Protein-gekoppelten Rezeptor oder einen Insulinrezeptor bindet ± Signale çber eine Vielfalt an unterschiedlichen Wegen weiter vermitteln kann. n +
. In den vorangegangenen Abschnitten haben wir eine Reihe von Signalwegen so untersucht, als operierte jeder davon als unabhångige lineare Kette von Ereignissen. In Wirklichkeit erinnern die Informationsschaltkreise eher einem komplex verwobenen Netz, bei dem Bestandteile, die auf einem Weg entstehen, an Ereignissen teilhaben kænnen, die auf einem ganz anderen Weg ablaufen. Je mehr man çber die Informationsçbertragung in Zellen lernt, desto mehr Crosstalk
n Abb. 15.29. 4 % " ( # ; ! " ; ! ,I " ( & ;
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zwischen den einzelnen Signalwegen entdeckt man. Statt zu versuchen, die vielen Mæglichkeiten aufzulisten, wie Information innerhalb einer Zelle hin und her geschoben werden kann, wollen wir uns mit einem Beispiel befassen, das die Wichtigkeit dieser Art von Crosstalk illustriert und bei dem es um cAMP geht. Cyclisches AMP als Auslæser einer Kaskade zur Mobilisation von Glucose war bereits in den vorhergehenden Abschnitten ein Thema gewesen. Doch cAMP kann auch das Wachstum einer Vielzahl von Zellen, darunter Fibroblasten und Fettzellen, negativ beeinflussen, indem es Signale blockiert, die çber die MAPK-Kaskade çbermittelt werden. Man nimmt an, dass cyclisches AMP dies bewerkstelligt, indem es die cAMP-abhångige Kinase PKA aktiviert, die Raf, dasjenige Protein, das den MAPK-Signalweg anfçhrt, phosphorylieren und inhibieren kann (Abb. 15.30). Diese beiden Signalwege çberschneiden einander auch an einem weiteren wichtigen Effektor der Signalçbertragung, dem Transkriptionsfaktor CREB. Letzteren hatten wir in Kap. 15.3.5 als Zieleffektor cAMP-vermittelter Signalwege kennen gelernt. Man hat çber Jahre hinweg
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
n Abb. 15.30. 8
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angenommen, dass CREB einzig durch die cAMP-abhångige Kinase PKA phosphoryliert werden kænne. Wåhrend der letzten Jahre aber ist klargeworden, dass CREB Substrat einer weit græûeren Bandbreite von Kinasen ist. Eine der Kinasen, die CREB phosphorylieren, ist zum Beispiel Rsk-2, ein Substrat der MAPK im gleichnamigen Signalweg (Abb. 15.30). Tatsåchlich phosphorylieren PKA und Rsk-2 CREB an ein und demselben Aminosåurerest, Ser 133, d. h. der Transkriptionsfaktor wird çber beide Signalwege zum selben Ziel gefçhrt. Diese Beispiele fçr Konvergenz, Divergenz und Crosstalk werfen eine bisher unbeantwortete Frage auf: Wie kommt es, dass unterschiedliche Stimuli unterschiedliche Reaktionen hervorrufen, obwohl sie sich derselben Signalwege bedienen? PI3K beispielsweise ist ein Enzym, das durch eine bemerkenswerte Vielfalt an Stimuli aktiviert wird, unter anderem durch Zelladhåsion an der Extra-
zellulårmatrix, Insulin und EGF. Wie kommt es, dass die Aktivierung der PI3K in einer insulinstimulierten Leberzelle die Proteinsynthese ankurbelt, wåhrend die Aktivierung von PI3K in der Epithelzelle unmittelbar daneben das Ûberleben der Zelle sichert? Letztlich mçssen diese so unterschiedlichen zellulåren Antworten auf die unterschiedliche Proteinzusammensetzung der verschiedenen Zelltypen zurçckzufçhren sein. Ein Teil der Antwort liegt vermutlich in der Tatsache begrçndet, dass unterschiedliche Zellen unterschiedliche Versionen (Isoformen) vieler Proteine, unter anderem der PI3K exprimieren. Einige dieser Isoformen sind durch verschiedene, miteinander verwandte Gene codiert, andere kommen durch unterschiedliche Spleiûvorgånge oder andere Mechanismen zustande (Kap. 12.5). Verschiedene Isoformen von PI3K, PKB oder PLC beispielsweise binden an unterschiedliche vorund nachgeschaltete Komponenten, auch dadurch kænnen åhnliche Signalwege unterschiedliche Reaktionen bewirken. Dennoch ist nicht anzunehmen, dass das Vorhandensein verschiedener Isoformen die ungeheuerliche Vielfalt an zellulåren Reaktionen in irgendeiner Weise besser zu erklåren vermag als die Strukturunterschiede bei verschiedenen Neuronen das Reaktionsspektrum des Nervensystems erklåren. Es steht zu hoffen, dass wir, wenn die Signalwege von mehr und mehr Zellen beschrieben sind, besser verstehen, wie åhnliche Signalmolekçle zu solcher Spezifitåt der Reaktion fåhig sind.
!.2 Stickstoffmonoxid (NO) als interzellulårer Botenstoff Im Verlauf der 1980er Jahre wurde ein neuer Typ von entdeckt, der weder eine organische Verbindung wie cAMP noch ein Ion wie Ca2+ ist, sondern ein anorganisches Gas ± Stickstoffmonoxid (NO).5 Stickstoffmonoxid wird durch das Enzym NO-Synthase aus der Aminosåure L-Arginin gebildet. Wie bei so vielen biologischen Phånomenen kam auch die Entdeckung, dass NO als fungiert, eher zufållig zustande. Seit Jahren war bekannt gewesen, dass Acetylcholin dazu fçhrt, dass sich die glatten Muskelzellen der Gefåûwand entspannen, doch diese Reaktion lieû sich nicht nachvollziehen. Inkubierte man Teile eines græûeren Blutgefåûes, der Aorta zum Beispiel, mit physiologischen Mengen an Acetylcholin, zeigte das Pråpa5 Stickstoffmonoxid ist nicht zu verwechseln mit Distickstoffoxid (N2O) oder Lachgas.
rat in der Regel keine oder so gut wie keine Reaktion. Ende der siebziger Jahre befasste sich der Pharmakologe Robert Furchgott in einem medizinischen Labor des Bundesstaates New York mit Untersuchungen zur Reaktion der Kaninchenaorta auf verschiedene Agenzien. In seinen frçheren Untersuchungen hatte Furchgott stets Streifen von Aortengewebe verwendet. Aus technischen Grçnden ging er irgendwann zur Verwendung von Ringen çber und stellte fest, dass die neuen Pråparate auf Acetylcholin mit der Relaxation der Gefåûwand reagierten. In weiteren Untersuchungen stellte sich heraus, dass die Gewebestreifen diese Entspannungsreaktion nicht mehr hatten zeigen kænnen, weil die zarte Endothelschicht, welche die Aorta innen auskleidet, durch den Pråpariervorgang zerstært worden war. Aus diesem çberraschenden Befund ergab sich der Schluss, dass die Endothelzellen irgendwie in die Reaktion der benachbarten Muskelzellen involviert sein mussten. In Folgestudien fand man heraus, dass Acetylcholin an Rezeptoren auf der Oberflåche von Endothelzellen bindet und die Produktion und Freisetzung eines Agens bewirkt, das durch die Zellmembran diffundiert und die Muskelzellen dazu bringt zu entspannen. Das diffundierende Agens wurde 1986 von Louis Ignarro von der University of California in Los Angeles und Salvador Moncada von den Wellcome Research Labs in England als Stickstoffmonoxid charakterisiert. Die einzelnen Schritte der acetylcholinvermittelten Relaxation sind in Abb. 15.31 dargestellt. Die Bindung von Acetylcholin an die åuûere Oberflåche einer Endothelzelle (Abb. 15.31, Schritt 1) gibt das Signal fçr ein Anheben der cytosolischen Calciumionen-Konzentration (Schritt 2), durch das die NO-Synthase aktiviert wird (Schritt 3). Das im Endothel gebildete NO diffundiert durch die Plasmamembran in den benachbarten glatten Muskel (Schritt 4), wo es an Guanylylcyclase bindet und diese zur Bildung von cGMP stimuliert, einem weiteren wichtigen $ , der seiner Struktur nach dem cAMP åhnelt. Cyclisches GMP fçhrt zu einer Abnahme der cytosolischen Ca2+-Konzentration und diese wiederum zur Relaxation der Muskelzelle und damit zu einer Erweiterung des Blutgefåûes. Dass NO als Aktivator der Guanylylcyclase agiert, wurde Ende der 1970er Jahre entdeckt, und zwar von Ferid Murad und seinen Mitarbeitern an der University of Virginia. Murad arbeitete damals mit Azid (N3), einem hoch wirksamen Inhibitor des Elektronentransports und fand zufållig heraus, dass dieses Molekçl die cGMP-Produktion in Zellextrakten stimulierte. Murad und seine Kollegen konnten schlieûlich
Stickstoffmonoxid (NO) als interzellulårer Botenstoff
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zeigen, dass das Azid enzymatisch zu Stickstoffmonoxid umgewandelt wurde und dieses als der eigentliche Aktivator der Guanylylcyclase wirkte. Diese Untersuchungen lieferten neben allem anderen endlich auch eine Erklårung fçr die Wirkung von Nitroglycerin, das man seit den sechziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts einsetzte, um den Schmerz bei einer Angina-pectoris-Attacke zu dåmpfen, die durch die unzureichende Blutversorgung des Herzens entsteht. Nitroglycerin wird zu Stickstoffmonoxid umgewandelt, und dieses sorgt fçr die Entspannung der glatten Muskelzellen in den Blutgefåûen des Herzens und erhæht so dessen Blutzufuhr. Der therapeutische Nutzen des Nitroglycerins wurde çbrigens durch eine interessante Beobachtung offenbart: Man stellte fest, dass die herzkranken Arbeiter in Alfred Nobels Dynamitfabrik an Tagen, an denen sie nicht zur Arbeit gingen, stårker unter Angina-pectoris-Schmerz zu leiden hatten als an anderen Tagen. Es ist wohl nicht mehr als recht und billig, dass der durch eine Stiftung aus Alfred Nobels Vermægen finanzierte Nobelpreis im Jahre 1998 fçr die Entdeckung von NO als Botenstoff verliehen wurde. Die Entdeckung, dass NO als $ fungiert, hat auch zur Entwicklung von
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
Viagra (Sildenafil) gefçhrt. Im Verlauf der sexuellen Erregung setzen die Nervenenden des Penis NO frei, das durch die Entspannung der glatten Gefåûmuskulatur zu einem massiven Bluteinstrom fçhrt. Wie oben beschrieben, vermittelt NO diese Reaktion durch die Aktivierung des Enzyms Guanylylcyclase und die anschlieûende Produktion von cGMP in der glatten Muskulatur. Viagra verursacht allerdings nicht die Freisetzung von NO oder die Aktivierung von Guanylylcyclase, sondern wirkt vielmehr als Inhibitor der cGMP-Phosphodiesterase, des Enzyms also, das cGMP zerstært. Die Hemmung dieses Enzyms fçhrt zu einer fortgesetzten Aufrechterhaltung eines hohen cGMP-Spiegels und færdert so die Entstehung und Aufrechterhaltung der Erektion. Viagra wirkt recht spezifisch auf eine bestimmte Isoform der cGMP-Phosphodiesterase ± PDE5, die Variante, die im Penis zur Wirkung kommt. Eine andere Isoform des Enzyms, PDE3 spielt eine Schlçsselrolle bei der Regulation der Herzmuskelkontraktion und wird glçcklicherweise durch das Medikament nicht gehemmt. Neuere Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass NO im Kærper zudem eine Vielfalt an Wirkungen zeigt, die nichts mit der Produk-
tion von cGMP zu tun haben. Beispielsweise wird an die -SH-Gruppe bestimmter Cysteinreste in einer Reihe von Proteinen, unter anderem von Håmoglobin, Ras, Ryanodinkanålen und Caspasen, NO angehångt. Diese posttranslationale Modifikation wird als &) % bezeichnet und veråndert die Aktivitåt und die Eigenschaften des Proteins.
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3ederholung 5 % ! % % ' " %
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15.8 Apoptose (programmierter Zelltod) Die Apoptose oder der programmierte Zelltod ist ein normales zellulåres Geschehen, bei dem eine genau aufeinander abgestimmte Abfolge von Ereignissen zum Tod der Zelle fçhrt. Der Tod durch Apoptose ist ein genau choreographierter, hoch geordneter Prozess (Abb. 15.32),
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ei dem Zelle und Zellkern zunåchst an Volumen verlieren und dann den Kontakt zu den Nachbarzellen einbçûen. Es bilden sich kleine Blåschen auf der Zelloberflåche, das Chromatin wird zu kleinen Fragmenten zerkleinert und schlieûlich wird ¹der Kadaverª binnen kurzer Zeit durch Phagocytose aufgenommen. Warum gibt es unerwçnschte Zellen in unserem Kærper und wo finden wir Zellen, die zur Vernichtung ¹vorgemerktª sind? Kurz und knapp: Wo immer wir hinschauen. Im Verlauf der Embryonalentwicklung entsprieûen dem Zentralnervensystem zum Beispiel Neurone, die Organe in der Peripherie unseres Kærpers innervieren sollen. In der Regel senden weit mehr Neurone ihre Fortsåtze aus, als zur normalen Innervierung notwendig sind. Neuronen, die ihr Ziel erreichen, gehen vom Zielgewebe Signale zu, die ihnen das Ûberleben sichern. Neurone, die den Weg zum Zielgewebe nicht finden, empfangen dieses Ûberlebenssignal nicht und werden schlieûlich per Apoptose eliminiert. T-Lymphocyten sind Zellen des Immunsystems, die abnormale oder pathogeninfizierte Zellen erkennen und tæten. Diese Zielzellen werden von besonderen Rezeptoren auf der Zelloberflåche spezifisch erkannt. Im Verlauf der Embryonalentwicklung werden T-Lymphocyten produziert, deren Rezeptoren an Proteine auf der Oberflåche normaler Kærperzellen binden. T-Lymphocyten, die diese gefåhrliche Fåhigkeit besitzen, werden ebenfalls durch Apoptose eliminiert (Abb. 17.23). Apoptose sorgt auch fçr die Eliminierung von Zellen, die einen irreparablen genetischen Schaden erlitten haben. Das ist besonders wichtig, weil eine Beschådigung der ¹Kopiervorlageª zur unkontrollierten Zellteilung und somit zur Entstehung eines Tumors fçhren kann. Schlieûlich scheint Apoptose auch bei neurodegenerativen Erkrankungen wie der Alzheimer-Krankheit, Chorea Huntington oder der Parkinson-Krankheit eine Rolle zu spielen. Die Eliminierung essentieller Neurone im Krankheitsverlauf fçhrt zu Gedåchtnisverlust oder einer Abnahme der motorischen Koordinationsfåhigkeit. Diese Beispiele machen deutlich, wie wichtig die Apoptose bei vielzelligen Organismen fçr die Aufrechterhaltung der Homæostase ist und dass eine Fehlregulation des programmierten Zelltods fçr den Organismus schwerste Schådigungen nach sich ziehen kann. Der Begriff ¹Apoptoseª wurde im Jahre 1972 von John Kerr, Andrew Wyllie und A.R. Currie von der University of Aberdeen in Schottland in einem bahnbrechenden Artikel geprågt, der erstmals die koordinierten Ereignisse beschrieb, die in vielen Zellen den programmierten Zelltod be-
Apoptose (programmierter Zelltod)
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gleiten. Die ersten Einsichten in die molekularen Grundlagen der Apoptose ergaben sich aus Untersuchungen an dem Nematoden " , bei dem sich die Schicksale einzelner Zellen im Verlauf der Embryonalentwicklung mit absoluter Pråzision verfolgen lassen. Von den 1090 Zellen, die wåhrend der Entwicklung dieses Wurms entstehen, sind 131 dazu bestimmt, per Apoptose eliminiert zu werden. Im Jahre 1986 entdeckten Robert Horvitz und seine Mitarbeiter vom Massachusetts Institute of Technology, dass Wçrmer mit einer Mutation in einem Gen namens CED-3 ihre Entwicklung durchlaufen, ohne je eine Zelle durch Apoptose zu verlieren. Dieser Befund legte den Verdacht nahe, dass das Genprodukt von CED-3 bei diesem Organismus eine entscheidende Rolle im Verlauf der Apoptose spielen musste. Sobald ein Gen wie dieses bei irgendeinem Organismus identifiziert ist, kænnen die Wissenschaftler beginnen, bei anderen Organismen wie Menschen oder Såugetieren nach homologen Genen zu suchen. Die Identifizierung des CED-3Gens bereitete den Weg fçr die Entdeckung einer Familie von homologen Proteinen, denen man inzwischen den Namen + gegeben hat. Caspasen sind eine Gruppe von Cysteinproteasen (Proteasen mit einem entscheidend wichtigen Cystein-Rest im katalytischen Zentrum), die zu einem frçhen Zeitpunkt der Apoptose aktiviert werden und verantwortlich fçr das Anstoûen der meisten, vielleicht sogar aller im Verlauf des Zelltods beobachteten Verånderungen sind. Caspasen leisten dies, indem sie eine ausgewåhlte Gruppe essentieller Proteine spalten. Zu ihren Zielproteinen gehæren: n $ / " 1 34" /7" /+ E0 Die Inaktivierung der FAK beispielsweise zerstært, wie man annimmt, die Zelladhåsion und fçhrt zur Loslæsung der apoptotischen Zelle von ihren Nachbarzellen. n 8 " Bestandteile der inneren Kernhçlle. Die Spaltung von Laminen fçhrt zum Zerfall der Kernmatrix und zum Schrumpfen des Zellkerns. n / +% " beispielsweise die Bestandteile von Intermediårfilamenten, Actin, Tubulin und Gelsolin. Die Spaltung und die nachfolgende Inaktivierung dieser Proteine fçhrt zu einer Verånderung der Zellform. n # # + 9 ) 3+4" die im Gefolge der
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
Spaltung eines inhibitorischen Proteins durch Caspase aktiviert wird. Einmal aktiviert, begibt sich die CAD in den Zellkern, greift dort die DNA an und zerlegt sie in Bruchstçcke. Neuere Untersuchungen haben sich mit den Ereignissen befasst, die zur Aktivierung des zellulåren Selbstmordprogramms fçhren. Die Apoptose kann sowohl durch interne Stimuli wie DNA-Anomalien ausgelæst werden als auch durch externe Stimuli wie die Entfernung von Wachstumsfaktoren aus dem Medium. Epithelzellen der Prostata beispielsweise werden apoptotisch, wenn ihnen das månnliche Sexualhormon Testosteron entzogen wird. Aus diesem Grund wird Prostatakrebs, der sich auf andere Gewebe ausgebreitet hat, oftmals mit Pråparaten behandelt, die in die Testosteronproduktion eingreifen. Aus diesen Untersuchungen geht hervor, dass externe Stimuli die Apoptose çber einen Signalweg aktivieren, den man als - oder $9 & ' bezeichnet hat. Er ist ein anderer als der, den interne Stimuli verwenden und den man als oder 9 & ' bezeichnet. Beginnen wollen wir mit der Aktivierung çber externe Signale. !.5! Der extrinsische Apoptosesignalweg Die einzelnen Schritte des todesrezeptorvermittelten Apoptosewegs sind in Abb. 15.33 dargestellt. Im hier abgebildeten Fall wird der Apoptoseauslæser durch ein extrazellulåres Protein namens Tumornekrosefaktor (TNF) gebildet, der seinen Namen der Fåhigkeit verdankt, Tumorzellen zum Absterben zu bringen. TNF wird von bestimmten Zellen des Immunsystems in Reaktion auf ungçnstige Bedingungen ± z. B. die Einwirkung von ionisierender Strahlung, erhæhte Temperatur, Virusinfektionen oder toxische Chemikalien wie den Pråparaten zur Chemotherapie zum Beispiel ± produziert. Wie etliche andere der in diesem Kapitel vorgestellten bewirkt auch TNF seine Reaktion durch die Bindung an einen Transmembranrezeptor namens TNFR1. Dieser Rezeptor gehært zu einer ganzen Familie von ¹Todesrezeptorenª, welche die Apoptose einleiten. Alle verfçgbaren Hinweise deuten darauf hin, dass der TNF-Rezeptor als Trimer in der Plasmamembran vorliegt. Die cytoplasmatische Domåne jeder Rezeptoruntereinheit enthålt ein Segment von etwa 70
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Aminosåuren Långe, das man als ¹Todesdomåneª bezeichnet (grçne Segmente in Abb. 15.33) und das Protein-Protein-Wechselwirkungen vermittelt. Die Bindung von TNF an das Rezeptortrimer bringt Konformationsånderungen der Todesdomånen hervor, die, wie in Abb. 15.33 gezeigt, eine Reihe von Proteinen an den Ort des Geschehens zitieren.
Apoptose (programmierter Zelltod)
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,ie beiden letzten Proteine, die dem Komplex beitreten, der sich auf der Innenseite der Plasmamembran formiert, sind zwei Molekçle Procaspase-8 (Abb. 15.33), die ihren Namen deshalb trågt, weil sie ein Vorlåufermolekçl fçr die gleichnamige Caspase ist, von dem noch ein Abschnitt durch proteolytische Spaltung entfernt werden muss. Die Synthese von Caspasen als Proenzyme schçtzen die Zelle vor versehentlichem proteolytischem Schaden. Im Unterschied zu den meisten Proenzymen zeigen Procaspasen eine geringe proteolytische Aktivitåt. Wenn daher zwei oder mehr Procaspasen wie in Abb. 15.33 dargestellt auf engem Raum zusammengehalten werden, kænnen sie sich gegenseitig die Polypeptidketten beschneiden und das jeweils andere Enzym in eine aktive Caspase umwandeln. Das reife Enzym (hier Caspase-8) enthålt vier Polypeptidketten, die sich wie abgebildet von den beiden Procaspasen herleiten. Die Aktivierung der Caspase 8 åhnelt im Prinzip der Aktivierung von Effektoren durch Hormone oder Wachstumsfaktoren. Bei all diesen Signalwegen fçhrt die Bindung eines extrazellulåren Liganden zur Konformationsånderung eines Rezeptors, die dann die Bindung und Aktivierung nachgeschalteter Proteine des Signalwegs bewirkt. Caspase-8 ist eine Initiatorcaspase, denn sie initiiert die Apoptose durch die Spaltung und Aktivierung nachgeschalteter Effektorcaspasen, die wie oben beschrieben die kontrollierte Selbstzerstærung der Zelle durchfçhren. !.5$ Der intrinsische Apoptosesignalweg Interne Stimuli wie ein irreparabler genetischer Schaden, extrem hohe Ca2+-Konzentrationen im Cytosol oder massiver oxidativer Stress (d. h. groûe Mengen an freien Radikalen, Kap. 2, die Box ¹Aus Sicht des Menschenª) und das Fehlen von Ûberlebenssignalen in Gestalt von Wachstumsfaktoren læsen den in Abb. 15.34 illustrierten intrinsischen oder mitochondrienvermittelten Signalweg aus. Die Aktivierung des intrinsischen Wegs wird durch Vertreter der Bcl-2-Proteinfamilie reguliert. Die Vertreter dieser Familie lassen sich in zwei Gruppen unterteilen proapoptotische Vertreter, welche die Apoptose færdern (Bad und Bax zum Beispiel) und antiapoptotische Vertreter, welche die Zelle vor Apoptose schçtzen (hier zu nennen Bcl-xL, Bcl-w und Bcl-2). Bcl-2 selbst wurde ursprçnglich als tumorerzeugendes Oncogen entdeckt. Inzwischen wissen wir, dass Bcl-2 als Oncogen wirkt, indem es das Ûberleben potentieller Tumorzellen sichert, die andernfalls absterben wçrden.
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Bei dem in Abb. 15.34 dargestellten intrinsischen Weg aktivieren Stressfaktoren wie die oben angefçhrten bestimmte proapoptotische Vertreter der Bcl-2-Familie (beispielsweise Bax),
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Zellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
die sich dann aus dem Cytosol zur åuûeren Mitochondrienmembran begeben. Die Bindung von Bax an die åuûere Mitochondrienmembran erhæht die Permeabilitåt dieser Membran und sorgt fçr die Freisetzung bestimmter mitochondrialer Proteine, hier in erster Linie zu nennen das im Zwischenraum zwischen den beiden Membranen verankerte Cytochrom c (Abb. 15.35, vgl. Abb. 5.17). Neuere Hinweise lassen darauf schlieûen, dass Bax zusammen mit anderen Proteinen einen mit Protein ausgekleideten Kanal durch die Mitochondrienmembran bildet. Nahezu såmtliche der in den Mitochondrien einer Zelle vorhandenen Cytochrom-c-Molekçle kænnen in einem Zeitraum von fçnf Minuten aus einer apoptotischen Zelle freigesetzt werden. Man nimmt an, dass antiapoptotisch wirksame Proteine wie Bcl-2 direkt oder indirekt die Freisetzung von Cytochrom c und anderen proapoptotischen Mitochondrienproteinen hemmen, die zum Zelltod fçhren. Die Freisetzung proapoptotischer Mitochondrienproteine ist mæglicherweise das entscheidende Ereignis, das die Zelle der Apoptose weiht. Im Cytosol angelangt wird Cytochrom c zum Teil eines Multiproteinkomplexes, den man als Apoptosom (Apoptosekærperchen) bezeichnet und zu dem auch mehrere Molekçle Procaspase-9 gehæren. Von Procaspase-9 nimmt man an, dass sie allein durch die Einbindung in den Multiproteinkomplex aktiviert wird und keinerlei proteolytischer Spaltung bedarf (Abb. 15.34). Genau wie Caspase-8, die çber den oben beschriebenen rezeptorvermittelten Signalweg aktiviert wird, ist auch Caspase-9 eine Initiatorcaspase, die nachgeschaltete Effektorcaspasen aktiviert, die dann die Apoptose einleiten.6 Die externen (rezeptorvermittelten) und internen (mitochondrienvermittelten) Wege konvergieren letztlich in der Aktivierung derselben Effektorcaspasen, welche dieselben zellulåren Zielmolekçle spalten. Sie werden sich vielleicht fragen, weshalb Cytochrom c, ein Bestandteil der Elektronentransportkette, und Mitochondrien (Organellen, die als Kraftwerke der Zelle fungieren) bei der Initiation der Apoptose eine Rolle spielen. Gegenwårtig gibt es auf diese Frage keine einleuchtende Antwort. Die Schlçsselrolle der Mitochondrien bei der Apoptose wird noch mysteriæser, wenn man bedenkt, dass diese Organellen sich aus prokaryoten Vorlåufern entwickelt haben und dass Prokaryoten weder der Apoptose un6
Es wurden auch andere, von Apaf-1, Caspase-9 und mæglicherweise auch von Cytochrom c unabhångige intrinsische Wege beschrieben.
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terliegen noch çber Caspasen verfçgen. Caspasen fehlen auch bei Pflanzen und Hefe; der evolutionåre Ursprung dieser einzigartigen Cysteinproteasen liegt noch im Dunkeln. Wåhrend Zellen das apoptotische Programm abspulen, verlieren sie den Kontakt zu ihren Nachbarzellen und beginnen zu schrumpfen. Schlieûlich und endlich zerfållt die Zelle zu einem dichten membranumschlossenen apoptotischen Gebilde. Das gesamte apoptotische Programm kann in weniger als einer Stunde abgeschlossen sein. Apoptotische Zellen in diesem Stadium erkennt man am Vorhandensein von Phosphatidylserin auf der Oberflåche. Phosphatidylserin ist ein Phospholipid, das sich normalerweise nur in der inneren Schicht der Plasmamembran findet. Im Laufe der Apoptose schafft eine ¹Phospholipid-Scramblaseª Phosphatidylserinmolekçle in die åuûere Schicht der Membran, wo sie von spezialisierten Makrophagen als ¹Friss michª-Signal erkannt werden. Apoptotischer Zelltod geht also vonstatten, ohne dass Zellinhalt in die extrazellulåre Umgebung ge-
Zusammenfassung
n Abb. 15.36.
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langt (Abb. 15.36). Das ist deshalb wichtig, weil das Freisetzen von Zelltrçmmern eine Entzçndungsreaktion hervorrufen wçrde, die betråchtliche Gewebeschåden nach sich ziehen kænnte. Genauso wie es Signale gibt, die eine Zelle der Selbstzerstærung anheim geben, gibt es auf der anderen Seite auch Signale, die das zellulåre Ûberleben sichern. Ja, die Interaktion zwischen
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TNF und seinem Rezeptor çbermittelt in vielen Fållen zwei entgegengesetzte Signale an das Zellinnere: eines, das die Apoptose stimuliert, und eines, welches das Ûberleben der Zelle sichert. Die Folge davon ist, dass die meisten Zellen, die einen TNF-Rezeptor auf der Zelloberflåche tragen, bei Behandlung mit TNF keine Apoptose durchlaufen. Dieser Befund war insofern eine Enttåuschung, als man ursprçnglich gehofft hatte, dass TNF als Agens zur Eliminierung von Tumorzellen wirken kænnte. Das Ûberleben von Zellen wird im typischen Falle durch die Aktivierung eines wichtigen Transkriptionsfaktors namens NF-jB vermittelt, der die Expression von Genen færdert, die çberlebenswichtige Zellproteine codieren. Es sieht danach aus, als hinge das Schicksal einer Zelle ± Ûberleben oder Tod ± von der richtigen Balance zwischen proapoptotischen und antiapoptotischen Signalen ab.
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3ederholung 5 2 % G % ! % +1 !' " ,2? ; ! "
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Zusammenfassung $1 & / 1 " 6 /
' 0 Zur zellulåren Signalçbertragung gehært im Regelfall die Erkennung eines extrazellulåren Stimulus auf der Zelloberflåche und die Ûbermittlung des Signals durch die Plasmamembran ins Zellinnere, wo es dann eine Reaktion auslæst. Eine Reaktion kann unter anderem in einer verånderten Genexpression bestehen, einer verånderten Aktivitåt metabolischer Enzyme, einem Umbau des Cytoskeletts, einer Verånderung der Ionenpermeabilitåt, einer Aktivierung der Synthese von DNA oder dem Tod der Zelle. Man bezeichnet diesen Prozess oft auch als Signaltransduktion.
Innerhalb der Zelle wird Information entlang verschiedener Signalwege weitervermittelt, die in vielen Fållen Proteinkinasen und Proteinphosphatasen einschlieûen, die ihre Substrate durch Konformationsånderungen aktivieren oder inhibieren. Ein weiteres auffallendes Merkmal der Signalwege ist die Beteiligung GTP-bindender Proteine, die als Schalter fungieren, um einen Signalweg an- oder abzuschalten (Kap. 15.1). . - $1 & 3first messengers) 6
:/ $ 3:/+ 4 1D 1 $ second messengers . Viele extrazellulåre Botenstoffmolekçle wirken durch die
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Kellulåre Signale und Signalçbertragung: Kommunikation zwischen Zellen
Bindung an Rezeptoren, die integrale Membranproteine mit sieben membrandurchspannenden -Helices sind (GPCRs). Das Signal wird vom Rezeptor zum Effektor çber ein heterotrimeres G-Protein çbermittelt. Man bezeichnet diese Proteine als heterotrimer, weil sie aus drei Untereinheiten (, und ) bestehen. Und als G-Proteine, weil sie Guaninnucleotide ± GDP oder GTP ± binden. Jedes G-Protein kann in zwei Zustånden vorliegen: im aktiven, d. h. mit gebundenem GTP, und im inaktiven mit gebundenem GDP. Man kennt hunderte verschiedener G-Protein-gekoppelter Rezeptoren, die auf eine breite Palette an Stimuli reagieren. All diese Rezeptoren wirken çber einen åhnlichen Mechanismus. Die Bindung des Liganden an dessen spezifischen Rezeptor bewirkt eine Konformationsånderung des Rezeptors, durch den sich dessen Affinitåt fçr das G-Protein erhæht. Daraufhin bindet der Rezeptor an das G-Protein und veranlasst dieses, das gebundene GDP freizusetzen und durch GTP zu ersetzen und sich so in seinen aktiven Zustand umzuwandeln. Der Austausch der Guaninnucleotide veråndert die Konformation der G-Untereinheit und fçhrt so zu deren Dissoziation von den beiden anderen Untereinheiten, die als G-Komplex vereinigt bleiben. Jede dissoziierte G-Untereinheit mit gebundenem GTP vermag bestimmte Effektormolekçle, beispielsweise Adenylylcyclase, spezifisch zu aktivieren. Die dissoziierte G-Untereinheit verfçgt auûerdem çber GTPase-Aktivitåt und kann gebundenes GTP zu GDP hydrolysieren und damit gleichzeitig die eigene Fåhigkeit zur Aktivierung weiterer Effektormolekçle abschalten. Im Anschluss daran findet sich GGDP mit dem G-Komplex erneut zum Trimer zusammen und versetzt das System erneut in den Ruhezustand. Jede der drei Untereinheiten im heterotrimeren G-Protein kann in verschiedenen Isoformen vorliegen. Verschiedene Kombinationen der einzelnen Untereinheiten lassen G-Proteine mit ganz unterschiedlichen Interaktionseigenschaften fçr Rezeptoren und Effektoren entstehen (Kap. 15.3.1). )$ 9 : ' & ' " 9 :/+ 0 Der Abbau von Glycogen zu Glucose wird durch die Hormone Adrenalin und Glucagon stimuliert, die beide als wirken und an ihre jeweiligen Rezeptoren auf der Oberflåche von Zielzellen binden. Die Bindung dieser Hormone aktiviert einen Effektor, die Adenylylcycla-
se, auf der inneren Membranoberflåche, und stæût damit die Produktion des diffusiblen $ cAMP an. Cyclisches AMP bindet an die regulatorischen Untereinheiten einer cAMP-abhångigen Proteinkinase namens PKA, die daraufhin Phosphorylase-Kinase und Glycogen-Synthase phosphoryliert und so erstere aktiviert, letztere hingegen inhibiert. Die aktivierte Phosphorylase-Kinase versieht nun das Enzym Glycogen-Synthase mit Phosphatgruppen und aktiviert diese zum Abbau von Glycogen zu Glucose-1-Phosphat, das nunmehr zu Glucose umgewandelt wird. Am Ende dieser Reaktionskaskade ist die ursprçngliche Botschaft ± die durch die Bindung des Hormons auf der Zelloberflåche vermittelt wurde ± um ein Vielfaches verstårkt und die Reaktionszeit massiv verkçrzt worden. Solche Reaktionskaskaden bieten neben allem anderen auch verschiedene Angriffsstellen fçr regulatorische Prozesse. Dem Hinzufçgen von Phosphatgruppen durch Kinasen steht die Reaktion der Phosphatasen entgegen, die Phosphatgruppen entfernen. In vielen Zellen wird in Reaktion auf ein breites Spektrum an $ cAMP produziert. Welchen Lauf die Ereignisse nehmen, hångt von den Proteinen ab, die durch die cAMP-abhångige Kinase jeweils phosphoryliert werden (Kap. 15.3.2). / + ' ' # 61 / " :/ 9 ' 0 /6/ + / % P"? 3/6/F4 $' 9 second messengers 6 E"P"? 36/>4 E"F %% 3:40 DAG verbleibt in der Plasmamembran und aktiviert dort das Enzym Proteinkinase C, das bei einer ganzen Reihe von Proteinen Serinund Threoninreste phosphoryliert. Die konstitutive Aktivierung von Proteinkinase C fçhrt zu einem Verlust der Wachstumskontrolle. IP3 ist ein kleines wasserlæsliches Molekçl, das ins Cytoplasma diffundieren kann, wo es an IP3-Rezeptoren auf der Oberflåche des glatten endoplasmatischen Retikulums bindet. IP3-Rezeptoren sind tetramere Calciumionenkanåle und die Bindung von IP3 fçhrt zu einer Úffnung dieser Kanåle und dem Einstrom von Calcium ins Cytosol (Kap. 15.3.4). . - $1 & $1 7 - $1 1 $!% 3 !4" 9 !% 1" & $ 6
Zusammenfassung
/ 0 ?TKs regulieren die unterschiedlichsten Zellfunktionen: Zellwachstum und -teilung, den Verlauf der Zelldifferenzierung, die Aufnahme fremder Partikel und das Ûberleben der Zelle. Die bestuntersuchten wachstumsfærdernden Liganden wie PDGF, EGF und FGF aktivieren als Signalweg die MAPK-Kaskade, zu der unter anderem ein kleines monomeres G-Protein namens Ras gehært. Wie viele andere G-Proteine pendelt auch Ras zwischen einer inaktiven Form, in der es GDP, und einer aktiven, in der es GTP gebunden hat. In seiner aktiven Form stimuliert Ras nachgeschaltete Effektoren des Signalwegs. Wie andere G-Proteine besitzt auch Ras GTPase-Aktivitåt (die durch ein GAP stimuliert wird), die das gebundene GTP zu GDP hydrolysiert und sich auf diese Weise selbst abschaltet. Bindet ein Ligand an die RTK, kommt es zur Trans-Autophosphorylierung der cytoplasmatischen Domåne des Rezeptors und damit an der inneren Membranoberflåche zur Rekrutierung von Sos, einem Ras-Aktivator. Sos katalysiert den Austausch von GDP gegen GTP und damit die Aktivierung von Ras. Aktiviertes Ras besitzt eine erhæhte Affinitåt fçr ein weiteres Protein namens Raf, das ebenfalls an die Plasmamembran geholt und dort zu einer aktiven Proteinkinase wird, die, wie in Abb. 15.18 dargestellt, eine geordnete Folge von Phosphorylierungsreaktionen in Gang setzt. Schlieûlich sind das Ziel der MAPK-Kaskade Transkriptionsfaktoren, welche die Expression von Genen stimulieren, deren Produkte eine entscheidende Rolle bei der Aktivierung des Zellzyklus spielen und zur Initiation von DNA-Synthese und Zellteilung fçhren. Die MAPK-Kaskade findet sich in allen Eukaryoten von der Hefe bis zum Såugetier, hat sich im Laufe der Evolution jedoch in unterschiedlichen Zellarten so entwickelt, dass sie unterschiedlichen Bedçrfnissen gerecht wird und daher unterschiedliche Reaktionen hervorruft (Kap. 15.3.6). 6 9 :D $ $!%
" 6 $0 Die aktivierte Kinase fçgt an Tyrosinreste des Rezeptors und rezeptorassoziierter Andockproteine wie der Insulinrezeptorsubstrate (IRS) Phosphatgruppen an. Die phosphorylierten Tyrosinreste der Insulinrezeptorsubstrate fungieren als Andockstellen fçr Proteine mit SH2-Domånen, die nach der Bindung an IRS aktiviert werden. Durch die Bindung unterschiedlicher Signalproteine an die phosphorylierten IRS kænnen unter-
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schiedliche Signalwege aktiviert werden. Einer der Signalwege vermag DNA-Synthese und Zellteilung zu stimulieren, ein anderer die Verlagerung von Glucosetransportern in die Zellmembran, wieder ein anderer Transkriptionsfaktoren, welche die Expression insulinspezifischer Gene anstoûen (Kap. 15.4.2). # % + $ ' 1 9" ; 9 6 1 +% / $$ " & $1 0 Die Konzentration der Ca2+-Ionen im Cytosol wird durch Ca2+-Pumpen in der Plasmamembran und der Membran des glatten ER in der Regel bei 10±7M gehalten. Die unterschiedlichsten Stimuli ± angefangen vom Spermium beim Befruchtungsvorgang bis hin zu einem Nervenimpuls, der eine Muskelzelle erreicht ± verursachen einen plætzlichen Anstieg der cytosolischen Calciumionen-Konzentration, dem unter Umstånden die Úffnung der Ca2+-Ionenkanåle in der Plasmamembran, der IP3-Rezeptoren oder der Ryanodinrezeptoren ± zwei anderen Arten von Ca2+-Kanålen in der Membran des glatten ER ± folgt. Je nach Zelltyp werden Ryanodinrezeptoren durch Aktionspotenziale zur Úffnung veranlasst oder durch den Einstrom geringer Ca2+-Mengen durch die Plasmamembran. Eine erhæhte Ca2+-Konzentration im Cytoplasma kann zur Aktivierung oder Inhibierung verschiedener Enzyme und Transportsysteme fçhren, zur Fusion von Membranen, zu Verånderungen des Cytoskeletts oder der kontraktilen Eigenschaften. Calcium wirkt auf diese unterschiedlichen Angriffsziele nicht in seiner Form als freies Ion, sondern es bindet an eine Reihe von kleinen calciumbindenden Proteinen, welche die Reaktion in Gang setzen. Das meistverbreitete unter diesen Proteinen ist Calmodulin, ein Protein mit vier Calciumbindungsstellen. Auch in Pflanzenzellen ist das Calciumion ein wichtiger intrazellulårer Botenstoff und vermittelt dort die Reaktion auf eine Vielfalt an Auûenreizen wie Verånderungen der Licht- und Druckverhåltnisse, die Schwerkraft und die Konzentration an Pflanzenhormonen wie Abcisinsåure (Kap. 15.4.3). . & ' 9. Signale von unterschiedlichen Liganden kænnen konvergieren und sich bei einem gemeinsamen Effektor vereinen, und Signale kænnen zwischen verschiedenen
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Ûbertragungswegen hin und her gesendet werden (Crosstalk) (Kap. 15.6). & - 3)(4 ' $1 7 " $ 0 Zu den vielen çber NO vermittelten Aktivitåten gehært die Relaxation der glatten Muskelzellen, welche die Blutgefåûe auskleiden. Stickstoffoxid wird von dem Enzym Nitridoxidase produziert, dessen Substrat Arginin ist. NO wirkt oftmals çber die Aktivierung von Guanylylcyclase, die dann den $ cGMP produziert (Kap. 15.7). & ' " " 0 Zu den Beispielen fçr das Wirken der Apoptose gehært das Absterben çberschçssiger Nervenzellen, der Tod von T-Lymphocyten, die kærpereigene Gewebe angreifen, und der Tod potentieller
Krebszellen. Der Zelltod durch Apoptose ist charakterisiert durch die Komprimierung der Zelle und ihres Kerns, sowie des sauberen Zerschneidens von Chromatin durch spezielle Endonucleasen. Die Apoptose wird durch proteolytische Enzyme vermittelt, die Caspasen, die wichtige Proteinsubstrate durch die Entfernung eines Teils der Polypeptidkette aktivieren bzw. deaktivieren. Man kennt zwei verschiedene Apoptosewege, einen, der durch extrazellulåre Stimuli ausgelæst und çber Todesrezeptoren wie TNFR1 wirksam wird, und einen, der durch internen zellulåren Stress ausgelæst wird ± beispielsweise durch die Freisetzung von Cytochrom c aus dem Intermembranraum der Mitochondrien und die Aktivierung proapoptotischer Vertreter der Bcl-2-Proteinfamilie (Kap. 15.8).
Zur Selbstçberprçfung 1. Das Thema zellulåre Signalçbertragung wurde an den Schluss dieses Buchs gesetzt, weil es so viele verschiedene Aspekte der Biologie miteinander verknçpft. Wçrden Sie, nun, da Sie das Kapitel gelesen haben, diesem Standpunkt beipflichten, oder nicht? Untermauern Sie Ihre Sicht durch Beispiele. 2. Angenommen, der Signalweg in Abb. 15.2 wçrde zur Aktivierung eines Gens fçhren, das eine cyclinabhångige Kinase inhibiert, die dafçr verantwortlich ist, eine Zelle in die S-Phase des Zellzyklus zu manævrieren. Wie wçrde eine Mutation, welche die Phosphatase 2 ausschaltet, das Zellwachstum beeinflussen? Und wie eine åhnliche Mutation in der Proteinkinase 3? 3. Wie wçrde die Leberfunktion durch eine Mutation im Gen fçr eine cAMP-Phosphodiesterase beeinflusst? Wie durch eine Mutation im Gen fçr einen Glucagonrezeptor? Was håtte Mutation im Gen fçr Phosphorylase-Kinase zur Folge? Und was eine Mutation, die das aktive Zentrum der GTPase einer G-Untereinheit veråndert? (Gehen Sie in allen Fållen davon aus, dass die Mutationen zum Funktionsverlust des Genprodukts fçhren.) 4. Ca2+, IP3 und cAMP sind allesamt als $ beschrieben worden. In welcher Hinsicht åhneln sich ihre Wirkmechanismen? Und worin unterscheiden sie sich?
5. Welche Schritte fçhren in der in Abb. 15.18 dargestellten Reaktionskaskade zur Verstårkung eines Signals und welche nicht? 6. Angenommen, Adrenalin und Noradrenalin vermæchten in einer bestimmten Zelle eine åhnliche Reaktion auszulæsen. Wie kænnten Sie herausfinden, ob die beiden Verbindungen çber die Bindung an denselben Oberflåchenrezeptor wirken? 7. Eines der Schlçsselexperimente zum Nachweis dessen, dass % < (Kap. 7.5) den Durchtritt kleiner Molekçle gestatten, wurde mit Herzmuskelzellen (die auf Noradrenalin mit Kontraktion reagieren) durchgefçhrt, die man mit Granulosazellen der Eierstæcke (die auf FSH mit verschiedenen metabolischen Verånderungen reagieren) % < bilden lieû. Die Forscher fçgten der Mischzellkultur FSH hinzu und konnten die Kontraktion der Herzmuskelzellen beobachten. Wie ist es mæglich, dass Muskelzellen auf FSH reagieren, und was sagt Ihnen das çber die Struktur und Funktion von % < ? 8. Auf welche Weise wçrde Ihrer Meinung nach ein GTP-Analog, das die Zelle nicht zu hydrolysieren vermag (ein nicht hydrolysierbares Analog) die Ereignisse der zellulåren Signalçbertragung wåhrend der Stimulation einer Leberzelle durch Gluca-
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gon beeinflussen? Welche Wirkung håtte dasselbe Analog auf die Signaltransduktion einer Epithelzelle nach der Einwirkung von epidermalem Wachstumsfaktor (EGF)? Und wie nehmen sich diese Effekte im Vergleich mit denen von Choleratoxin (Kap. 15.3.1) auf diese Zellen aus? Sie haben den Verdacht, dass Phosphatidylcholin als Vorlåufer fçr einen dienen kænnte, der in der Population von endokrinen Zellen, die Sie untersuchen, die Ausschçttung eines Hormons bewirkt. Auûerdem nehmen Sie an, dass der von der Plasmamembran in Reaktion auf den Stimulus freigesetzte Cholinphosphat ist. Was fçr ein Experiment wçrden Sie durchfçhren, um Ihre Hypothese zu verifizieren? Abbildung 15.23 zeigt die lokalen Verånderungen der Calciumionen-Konzentration im Dendritenbaum einer Purkinjezelle. Calciumionen sind kleine, rasch diffundierende Agenzien. Wie bringt eine Zelle es fertig, in verschiedenen Regionen ihres Cytosols unterschiedliche Calciumionenkonzentrationen aufrechtzuerhalten? Was, glauben Sie, wçrde geschehen, wenn Sie eine kleine Menge Calciumchlorid-Læsung in eine Zellregion injizierten, in die Sie vorher eine fluoreszierende Substanz zum Calciumnachweis injiziert haben? Formulieren Sie eine Hypothese, die erklåren kænnte, auf welche Weise der Kontakt der åuûeren Eihçlle mit einem befruchtenden Spermium eine Welle der Calciumfreisetzung verursachen kann, die sich, wie in Abb. 15.25 gezeigt, çber das ganze Ei ausbreitet. Da Calmodulin viele unterschiedliche Effektoren aktiviert (Proteinkinasen, Phosphodiesterasen, Calciumtransportproteine), muss ein Calmodulin-Molekçl viele unterschiedliche Bindungsstellen auf seiner Oberflåche vereinigen. Wçrden Sie dieser Aussage zustimmen? Warum oder warum nicht? Diabetes mellitus ist eine Krankheit, die durch eine Reihe unterschiedlicher Stærungen zustande kommen kann, welche die Funktion von Insulin in irgendeiner Weise beeintråchtigen. Beschreiben Sie drei verschiedene molekulare Anomalien einer Leberzelle, die bei verschiedenen Patienten dasselbe Krankheitsbild, z. B. eine erhæhte Glucosekonzentration in Blut und Urin, hervorrufen kænnen.
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14. Wçrden Sie erwarten, dass die Reaktion einer Zelle auf EGF stårker von den jeweils herrschenden Flieûeigenschaften der Plasmamembran abhångt als die auf Insulin? Warum bzw. warum nicht? 15. Wçrden Sie erwarten, dass eine Mutation in Ras als Krebsursache dominant oder rezessiv wirkt? Warum? (Eine dominante Mutation zeigt auch Wirkung, wenn nur eines der homologen Allele mutiert ist, bei einer rezessiven mçssen beide Kopien des Gens mutiert sein.) 16. Stellen Sie Vermutungen an çber einen mæglichen Mechanismus, welcher der Apoptose eine entscheidende Rolle als Gegenspieler bei der Tumorentstehung verschaffen wçrde, ein Punkt, der im folgenden Kapitel diskutiert wird. 17. Sie arbeiten mit einer Fibroblastenart, die auf den epidermalen Wachstumsfaktor normalerweise mit einer Zunahme der Wachstums- und Teilungsgeschwindigkeit reagiert, auf Adrenalin hingegen mit einer Verlangsamung von beiden. Sie haben herausgefunden, dass beide Reaktionen çber den MAPK-Signalweg verlaufen und dass EGF çber eine Rezeptor-Tyrosinkinase wirkt, Adrenalin çber einen G-Protein-gekoppelten Rezeptor. Nehmen Sie an, Sie stoûen auf einen mutierten Zellstamm, der zwar noch auf EGF reagiert, durch Adrenalin aber nicht mehr gehemmt wird. Sie vermuten, dass die Mutation den Crosstalk zwischen beiden Signalwegen (Abb. 15.30) betrifft. Welche der Bestandteile dieser Abbildung kænnten durch eine solche Mutation betroffen sein? 18. In welcher Hinsicht åhnelt die Calciumwelle, die bei der Befruchtung auftritt, einem Nervenimpuls, der ein Neuron entlang geleitet wird? 19. Warum, glauben Sie, da Sie nun den Abschnitt çber Geschmacksrezeptoren gelesen haben, war es so schwierig, effiziente Rattengifte zu entwickeln? 20. Eines der Gene des Kuhpockenvirus codiert ein Protein namens CrmA, einen hoch wirksamen Caspase-Inhibitor. Welche Wirkungen wird dieser Inhibitor Ihrer Meinung nach auf eine infizierte Zelle haben? Warum ist dies fçr das infizierende Virus von Vorteil? 21. Die meisten Rezeptor-Tyrosinkinasen wirken unmittelbar auf die ihnen nachgeschalteten Effektoren, die Insulinrezeptor-
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Tyrosinkinase hingegen wirkt durch ein zwischengeschaltetes Andockprotein, ein Insulinrezeptor-Substrat (IRS). Ergeben sich durch diese Zwischenstufen irgendwelche Vorteile fçr die zellulåre Signalçbertragung? 22. Wissenschaftler haben berichtet, dass (1) die meisten physiologischen Effekte des Insulins auf seine Zielzellen durch die Behandlung der Zellen mit Wortmannin, einer Verbindung, die das Enzym PI3K spezifisch inhibiert, unterbunden werden kænnen und dass (2) Zellen, die man zur Ûberexpression einer konstitutiv aktiven Form von PKB (d. h. einer Form des Enzyms, die unabhångig von den Umstånden kontinuierlich aktiv ist) veranlasst, eine
ternetseite www.wiley.com/college/karp .weitern sie Ihr Verståndnis, indem sie Karps Internetseite ¹Zell- und Molekularbiologieª besuchen. Dort finden Sie ' die gestellten $ & , , die schwierige Sachverhalte und Begriffe verdeutlichen, , die Ihnen bei Prçfungsvorbereitungen helfen, sowie 8 zu interessanten Stellen im Netz. Zusåtzlich zu der Literaturliste unten kann man auf der Internetseite auch noch ' 8 finden.
15.9 Weiterfçhrende Literatur & :/ Amrein H, Bray S (2003) Bitter-sweet solution in taste transduction. Cell 112:283±284 Beavo JA, Brunton LL (2002) Cyclic nucleotide research ± Still expanding after half a century. Nature Revs Mol Cell Biol 3:710±718 Cohen P (2002) The origins of protein phosphorylation. Nature Cell Biol 4:E127±E130 Lewcock JW, Reed RR (2001) Sweet successes. Neuron 31:515±517 (zur Wahrnehmung der Geschmacksqualitåt ¹sçûª) Lowell BB, Bachmann ES (2003) -adrenergic receptors, diet-induced thermogenesis, and obesity. J Biol Chem 278:29385±29388 Matsunami H, Amrein H (2004) Taste perception: How to make a gourmet mouse. Curr Biol 14:R118±R120 Perry SJ, Lefkowitz RJ (2002) Arresting developments in heptahelical receptor signaling and regulation. Trends Cell Biol 12:130±138 (zur Desensibilisierung G-Proteingekoppelter Rezeptoren) Pierce KL et al (2002) Seven-transmembrane receptors. Nature Revs Mol Cell Biol 3:639±650
Reaktion zeigen, die mit der auf die Zugabe von Insulin praktisch identisch ist. Håtten Sie, wenn Sie Abb. 15.21 betrachten, diese Beobachtungen vorhergesehen? Warum bzw. warum nicht? 23. Knockout-Måuse, die nicht in der Lage sind, Caspase-9 zu bilden, sterben frçh und weisen eine ganze Reihe von Defekten auf, besonders auffallend darunter: ein stark vergræûertes Gehirn. Warum haben diese Måuse einen solchen Phånotyp? Wie stellen Sie sich im Vergleich den Phånotyp einer Cytochrom-c-Knockout-Maus dazu vor? 24. Warum glauben Sie, empfinden manche Menschen eine Verbindung namens PROP als bitter, wåhrend andere nichts dergleichen berichten?
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16.1 Grundeigenschaften einer Krebszelle 16.2 Krebsursachen 16.3 Zur Genetik von Krebserkrankungen 16.4 Neue Strategien der Krebsbehandlung Experimentelle Verfahren: Die Entdeckung der Oncogene
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Krebs ist insofern eine genetisch bedingte Erkrankung, als er sich auf Verånderungen in bestimmten Genen zurçckfçhren låsst, in den meisten Fållen ist er allerdings keine erbliche Krankheit. Bei einer Erbkrankheit ist der genetische Fehler in den Chromosomen mindestens eines Elternteils vorhanden und geht in die Zygote ein. Die genetischen Verånderungen hingegen, aus denen die meisten Tumoren entstehen, passieren wåhrend der Lebensspanne des betreffenden Organismus in der DNA einer somatischen Zelle. Diese genetischen Verånderungen fçhren dazu, dass Zellen unkontrolliert wachsen und maligne Tumoren produzieren, die oftmals in das umlie-
gende gesunde Gewebe einwandern (Abb. 16.1). Solange das Wachstum des Tumors lokalisiert bleibt, låsst sich die Krankheit in der Regel durch die chirurgische Entfernung des Tumors behandeln und heilen. Maligne Tumoren aber haben die Tendenz zu , d. h. Zellen hervorzubringen, die sich von der Tumormasse absondern, ins Lymph- oder Blutgefåûsystem einwandern und sich auf entlegene Kærperregionen ausbreiten, wo aus ihnen tædliche Sekundårtumoren ( ) hervorgehen, die dem chirurgischen Zugriff nicht mehr zugånglich sind. Wegen seiner schweren Folgen fçr die menschliche Gesundheit und aus der Hoffnung
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Krebs
Nebenwirkungen dieser Therapien zeigen, immer auch andere Zellen in Mitleidenschaft. Infolgedessen kann man Krebspatienten in aller Regel nicht mit hinreichend hohen Strahlenoder Chemikaliendosen behandeln, um såmtliche Tumorzellen im Kærper abzutæten. Seit vielen Jahren sind Krebsforscher daher bemçht, effizientere und weniger schådliche Behandlungsmethoden zu entwickeln. Einige dieser neuen Strategien werden am Ende dieses Kapitels besprochen. n Abb. 16.1. ( ' , ! .
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heraus, dass sich irgendwann Heilung erzielen låsst, steht Krebs seit Jahrzehnten im Mittelpunkt intensiver Forschungsbemçhungen. Zwar haben diese Untersuchungen unserem Verståndnis von den zellulåren und molekularen Grundlagen zu bemerkenswerten Durchbrçchen verholfen, doch auf die Erfolge bei der Krebspråvention oder auf die Ûberlebenschancen bei den meisten Tumorarten haben sie bislang noch immer zu wenig Einfluss. Die Håufigkeiten fçr verschiedene Tumorarten in den Vereinigten Staaten und die zugehærige Sterblichkeit sind in Abb. 16.2 wiedergegeben. Neueren Behandlungsmethoden wie der Strahlen- und der Chemotherapie mangelt es an der nætigen Spezifitåt fçr Krebszellen und so ziehen sie, wie die schweren
!/! Grundeigenschaften einer Krebszelle Das Verhalten von Krebszellen låsst sich am leichtesten untersuchen, wenn diese in Kultur wachsen. Krebszellen erhålt man, indem man das Gewebe eines malignen Tumors zu Einzelzellen dissoziiert und diese kultiviert. Mit den Jahren hat man in Zellbanken viele verschiedene Tumorzelllinien ± die ursprçnglich jeweils aus menschlichen Tumoren gewonnen wurden ± zusammengetragen, die nun fçr Untersuchungen zur Verfçgung stehen. Eine andere Mæglichkeit ist die Umwandlung normaler Zellen zu Tumorzellen durch die Behandlung mit karzinogenen Chemikalien, Strahlen oder tumorerzeugenden Viren. Zellen, die durch Chemikalien oder Viren transformiert worden sind, entwickeln sich, wenn man sie in ein Wirtstier einbringt, im Allgemeinen zu Tumoren. Von einer Krebszelle zur anderen gibt es, was die individuellen Zelleigenschaften betrifft, groûe Unterschiede, doch zur selben Zeit teilen
n Abb. 16.2. &! ! )
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alle Krebszellen auch unabhångig von dem Gewebe, dem sie entstammen, eine Reihe von gemeinsamen Grundeigenschaften. Das wichtigste Charakteristikum einer Krebszelle auf zellulårer Ebene ± unabhångig davon, ob sie nun im Kærper wåchst oder in einer Kulturschale ± ist der Verlust der Wachstumskontrolle. Teilungs- und Wachstumskapazitåt unterscheiden sich zwischen Krebszellen und normalen Zellen nicht besonders dramatisch. Låsst man normale Zellen unter gçnstigen Wachstums- und Teilungsbedingungen in Kultur wachsen, wachsen sie und teilen sich mit einer Geschwindigkeit, die sich von der ihrer malignen Gegenstçcke nicht wesentlich unterscheidet. Wenn normale Zellen sich jedoch so lange geteilt haben, bis sie den Boden der Kulturschale bedecken, nimmt ihre Teilungsrate deutlich ab und es bleibt in der Regel bei einer einschichtigen Zelllage (einem Monolayer) (Abb. 16.3 a, b). Die Wachstumsrate sinkt, weil normale Zellen auf inhibitorische Einflçsse aus ihrer Umgebung reagieren. Solche wachstumsinhibierenden Einflçsse kænnen durch die Abnahme von Wachstumsfaktoren im Medium bedingt sein, oder durch den Kontakt mit anderen Zellen auf dem Boden der Kulturschale. Hålt man hingegen maligne Zellen unter denselben Bedingungen, wachsen sie weiter, håufen sich zu Klumpen çbereinander (Abb. 16.3 c, d). Es ist offensichtlich, dass maligne Zellen auf die Art von Signalen, die normalen Zellen signalisieren, dass es
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an der Zeit ist, aufzuhæren zu wachsen und sich zu teilen, nicht reagieren. Krebszellen ignorieren aber nicht nur inhibierende Wachstumssignale, sondern sind sogar in der Lage, ohne die stimulierenden Signale auszukommen, die normale Zellen zum Wachsen brauchen. Normale Zellen in Kultur sind auf Wachstumsfaktoren wie den epidermalen Wachstumsfaktor und Insulin angewiesen, die in dem Serum (der flçssigen Fraktion des Blutes) vorhanden sind, das normalerweise Bestandteil des Kulturmediums ist (Abb. 16.4). Tumorzellen kænnen ohne Serum proliferieren, weil ihr Zellzyklus nicht von Signalen gesteuert wird, die çber Rezeptoren fçr Wachstumsfaktoren auf der Zelloberflåche (vgl. Kap. 15.4) an die Zelle herangetragen werden mçssen. Normale Zellen, die in Kultur wachsen, weisen eine beschrånkte Teilungskapazitåt auf. Nach einer begrenzten Zahl von mitotischen Teilungen unterliegen sie einem Alterungsprozess, der sie unfåhig macht, weiter zu wachsen und sich zu teilen (Kap. 12, ¹Aus Sicht des Menschenª). Krebszellen hingegen sind unsterblich, denn sie teilen sich endlos weiter. Dieser Unterschied im Wachstumspotenzial wird håufig der in Tumorzellen vorhandenen Telomerase zugeschrieben, die sich in entarteten Zellen findet, in normalen Zellen hingegen nicht. Man erinnere sich aus Kap. 12, ¹Aus Sicht des Menschenª, dass die Telomerase ein Enzym ist, das die Långe der Telomere an den Chromosomenenden garantiert, da-
n 16.3 a±d. Wachstumsverhalten von normalen und kanzerogen verånderten Zellen. Normale Zellen wachsen in einer Kulturschale typischerweise, bis sie deren Flåche als Einzelzellschicht (Monolayer) bedecken (a, b). Zellen hingegen, die durch Viren oder karzinogene Substanzen transformiert sind (oder auch maligne Zellen aus einem Tumor, die man in Kultur genommen hat), wachsen typischerweise in Klumpen aus vielen Zelllagen oder Foci (c, d). (b und d: Mit freundlicher Genehmigung von G Steven Martin)
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mit Zellen sich weiter teilen kænnen. Man nimmt an, dass das Fehlen der Telomerase in den meisten normalen Zellen den Hauptmechanismus des Kærpers zum Schutz vor Tumorwachstum darstellt. Die auffålligsten Verånderungen im Kern transformierter Zellen betreffen die Chromosomen. Normale Zellen behalten ihre diploide Chromosomenausstattung und auch wåhrend des Zellwachstums und der Zellteilung. Krebszellen aber zeigen oftmals eine vællig gestærte Chromosomenverteilung, man bezeichnet diesen Zustand auch als (Abb. 16.5).1 Klar ist, dass das Wachstum von Krebszellen weit weniger von der diploiden chromosomalen Standardausstattung abhångt als das Wachstum normaler Zellen. Wird die Chromosomenausstattung einer normalen Zelle gestært, wird in der Regel ein Signalweg aktiviert, der zur Selbstzerstærung (Apoptose) der
1 Es herrscht Uneinigkeit darçber, ob es zur Entwicklung der Aneuploidie bereits in einem frçhen Stadium der Tumorentwicklung kommt und ob diese der Grund fçr die genetische Instabilitåt ist, durch die Krebszellen sich auszeichnen, oder ob diese ein eher spåtes Ereignis ist und lediglich die Folge der abnormen Wachstumsprozesse bei der Tumorentstehung.
Krebsursachen
Kelle fçhrt. Krebszellen hingegen reagieren charakteristischerweise nie apoptotisch, sei ihre Chromosomenausstattung auch noch so durcheinandergeraten. Die Unfåhigkeit zur Apoptose ist ein weiteres wichtiges Merkmal, das Krebszellen von normalen Zellen unterscheidet. Neben ihrer Tendenz, sich an anderen Orten im Kærper auszubreiten, stellen genau die Eigenschaften von Krebszellen, die sich demonstrieren lassen, eine solche Bedrohung fçr den Organismus als Ganzes dar.
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16.2 Krebsursachen Im Jahre 1775 stellte der britische Chirurg Percival Pott zum ersten Mal den Zusammenhang zwischen einem Umweltagens und der Entstehung von Krebs her. Pott kam zu dem Schluss, dass das hohe Aufkommen an Tumoren der Nasenhæhle und der Skrotumhaut bei Kaminfegern auf deren ståndigen Kontakt mit Teer zurçckzufçhren sei. Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte sind die karzinogenen Substanzen aus Teer isoliert und charakterisiert worden, dazu hunderte anderer Verbindungen, von denen man zeigen konnte, dass sie bei Labortieren Tumoren erzeugen. Neben der Vielfalt an chemischen Verbindungen gibt es noch eine Reihe anderer Agenzien, von denen man weiû, dass sie karzinogen sind, unter anderem ionisierende Strahlung sowie eine lange Reihe von DNA- und RNA-Viren. All diese Agenzien haben eines gemeinsam: Sie veråndern das Genom. Karzinogenen Chemikalien wie jenen im Teer und im Zigarettenrauch kann man fast ausnahmslos nachweisen, dass sie entweder selbst mutagen wirken oder aber durch zellulåre Enzyme in eine mutagene Verbindung umgewandelt werden. Auch ultraviolette Strahlung, die fçhrende Ursache fçr die Entstehung von Hautkrebs, ist stark mutagen. Eine Reihe von Viren vermag Såugerzellen, die in Kultur wachsen, zu infizieren und zu Krebszellen zu transformieren. Man unterteilt diese Viren je nach Art der im reifen Viruspartikel vertretenen Nucleinsåure in zwei groûe Gruppen: )!9 und )!9
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. Zu den transformierenden DNA-Viren gehæren Polyomaviren, SV 40 ( ; 40), Adenoviren und herpesåhnliche Viren. RNA-Tumorviren oder Retroviren, åhneln ihrer Struktur nach HIV (vgl. Abb. 1.21 b) und sind Thema der Box ¹Experimentelle Verfahrenª am Ende des Kapitels. Tumorviren kænnen Zellen transformieren, weil sie Gene besitzen, deren Produkte in die normalen wachstumsregulierenden Vorgånge einer Zelle eingreifen. Obwohl Tumorviren Forschern ein unschåtzbares Werkzeug bei der Identifikation zahlreicher an der Tumorentstehung beteiligter Gene gewesen sind, spielen Viren nur bei einem sehr kleinen Teil der menschlichen Krebserkrankungen eine Rolle. In den meisten Fållen erhæhen solche Viren lediglich das Risiko, an Krebs zu erkranken, und stellen nicht die alleinige Krebsursache dar. Diese Beziehung zwischen Virusinfektion und Krebs gilt zum Beispiel fçr das menschliche Papillomvirus HPV ( ), das durch sexuellen Kontakt çbertragen wird und an Håufigkeit in der Bevælkerung zunimmt. Obwohl das Virus bei nahezu 90% aller Gebårmutterhalstumoren zu finden ist ± was fçr seine Bedeutung bei der Krankheitsentstehung sprechen wçrde ± entwickelt die çberwiegende Mehrheit der infizierten Frauen diesen Tumor nie. Gegenwårtig wird ein Impfstoff gegen dieses Virus getestet. Zu den anderen Viren, die im Zusammenhang mit Tumorerkrankungen beim Menschen zu nennen sind, gehæren das mit der Entstehung von Leberkarzinomen assoziierte Hepatitis-B-Virus, das Epstein-Barr-Virus, das sich in BurkittLymphomen findet, und ein Herpesvirus (HHV 8), das in Kaposisarkomen vorkommt. Es gibt Hinweise darauf, dass SV40 an der Entstehung von Mesotheliomen beteiligt ist, seltenen Tumoren des Lungenepithels, bei denen man als ursåchliches Agens Asbest vermutet. Der Zusammenhang zwischen SV40 und Tumorerkrankungen beim Menschen war lange ein hæchst brisantes Thema, denn die frçhen Polioimpfstoffe, die vor 1963 verabreicht wurden, wiesen als Verunreinigung dieses Virus auf. Bestimmte Magenlymphome stehen in Beziehung zu einer chronischen Infektion mit dem magenbewohnenden Bakterium 3 , das auch fçr Magengeschwçre verantwortlich ist. Im Unterschied zu allen anderen Krebserkrankungen reicht hier eine Behandlung mit einem Antibiotikum, das die Bakterien abtætet, um die Patienten vor einem Lymphom zu bewahren. Die Ursachen verschiedener Arten von Krebs herauszufinden, fållt in das Arbeitsgebiet der # . Bei vielen Krebserkrankungen liegen die Ursachen auf der Hand: Rauchen
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fçhrt zu Lungenkrebs, zu viel ultraviolette Strahlung zu Hautkrebs. Doch trotz der groûen Anzahl an Untersuchungen tappen wir çber die Ursachen der meisten Tumoren noch mehr oder weniger im Dunkeln. Menschen leben in einer komplexen Umgebung und sind unablåssig zahllosen potenziellen Karzinogenen ausgesetzt, deren Kombination und Menge sich çber die Jahrzehnte ståndig veråndern. Aus einem Berg an statistischen Daten, die man aus den Antworten bei groû angelegten Erhebungen und Befragungen gewonnen hat, Schlussfolgerungen çber die Ursachen von Krebs herauszudestillieren hat sich als ungemein schwierig erwiesen. Die Bedeutung von Umweltfaktoren wie der Ernåhrung wird sehr deutlich aus Untersuchungen an Kindern von Paaren, die von Asien in die Vereinigten Staaten oder nach Europa gezogen sind. Bei diesen Personen sinkt die Håufigkeit von Magenkrebs, wie sie fçr Asien typisch ist, dafçr steigt das Aufkommen an Darm- und Brustkrebs, einem Charakteristikum der westlichen Lånder. Unter den Epidemiologen ist allgemein unbestritten, dass manche Bestandteile der Ernåhrung, tierisches Fett zum Beispiel oder Alkohol das Risiko fçr die Entstehung von Krebs erhæhen kænnen, wohingegen andere Verbindungen wie man sie in Obst, Tee und Gemçse findet, das Risiko verringern helfen. Die langfristige Einnahme nichtsteroidaler Entzçndungshemmer wie Aspirin und Indomethazin senkt nachweislich das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken. Man nimmt an, dass dies darauf zurçckzufçhren ist, dass sie das Enzym COX-2 (Kap. 2, ¹Aus Sicht des Menschenª) hemmen, das die Synthese der hormonåhnlichen Prostaglandine katalysiert, welche das Wachstum von Darmpolypen anregen. Reservatrol, eine Verbindung, die sich in Trauben (und Wein) findet, inhibiert diese Cyclooxigenase ebenfalls und wirkt antikanzerogen. Genauere Informationen zu den Ursachen verschiedener Tumoren gewinnt man aus der Analyse der Arten von Mutationen, die von bestimmten Karzinogenen verursacht werden. Beispiele fçr verschiedene durch Karzinogene verursachte Nucleotidaustausche sind in Abb. 16.6 dargestellt. Aflatoxin B1 zum Beispiel, ein von bestimmten Schimmelpilzen produziertes Pilzgift, ist maûgeblich fçr das hohe Leberkrebsaufkommen in Asien verantwortlich, wo Nçsse und Getreide håufig unter Bedingungen lagern, die das Wachstum von Schimmel færdern. Aflatoxin B1 bewirkt im Codon 249 des Gens fçr den Tumorsuppressorfaktor TP53 den Austausch von G gegen T (Abb. 16.6). Mit dieser Erkenntnis konnten Epidemiologen gewisse Aussagen çber die Wirkung dieses Karzinogens in der Gesamt-
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bevælkerung treffen. Zwar sind Mutagene in Umwelt und Ernåhrung als Faktor bei der Entstehung von Krebs sicher nicht zu leugnen, aber die meisten tumorerzeugenden Mutationen kommen, so nimmt man an, durch DNA-Schåden zustande, die bei ganz normalen Stoffwechselreaktionen entstehen (Kap. 13.2).
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16.3 Zur Genetik von Krebserkrankungen In den westlichen Nationen ist Krebs eine der fçhrenden Todesursachen, schåtzungsweise jeder Dritte wird in seinem Leben einmal davon betroffen. So betrachtet ist Krebs eine extrem håufige Erkrankung. Auf zellulårer Ebene betrachtet allerdings ist er ein bemerkenswert seltenes Er-
eignis. Wann immer die Zellen eines Tumors genetisch genau untersucht wurden, hat sich herausgestellt, das sie såmtlich von einer einzelnen Zelle abstammen. Im Unterschied zu anderen Krankheiten, bei denen eine groûe Anzahl von Zellen veråndert werden muss, resultiert Krebs also aus dem unkontrollierten Wachstum einer einzelnen eigensinnigen Zelle (man sagt, Krebs ist ). Bedenken Sie einen Augenblick lang, dass der menschliche Kærper aus drei Billionen Zellen besteht, darunter Milliarden, die sich Tag fçr Tag teilen. Obwohl nahezu jede dieser sich teilenden Zellen çber das Potenzial verfçgt, ihre genetischen Eigenschaften zu åndern und zu einem bæsartigen Tumor heranzuwachsen, geschieht dies im Laufe eines ganzen Lebens bei nur einem Drittel der Menschheit. Einer der Hauptgrçnde dafçr, dass die Mehrzahl der Zellen nicht zu Krebstumoren entartet, ist die Tatsache, dass zur malignen Transformation mehr als eine einzelne genetische Verånderung gehært. Die Entwicklung eines malignen Tumors (! ) ist ein Mehrstufenprozess, der sich durch eine fortschreitende Anhåufung von permanenten Verånderungen in einer einzelnen Zelle und deren Nachkommen auszeichnet, durch welche die Zellen zunehmend weniger empfånglich fçr den normalen regulatorischen Apparat des Kærpers werden und die Fåhigkeit erwerben, in Gewebe einwandern zu kænnen. Die Zellen eines Tumors sind einer Art von natçrlicher Selektion unterworfen, die Zellen begçnstigt, deren Eigenschaften dem Tumorwachstum besonders færderlich sind. So sind beispielsweise nur solche Tumoren zu unbegrenztem Wachstum fåhig, in deren Zellen die Telomerlånge unveråndert bleibt, was ihnen die Fåhigkeit zu unkontrolliertem Wachstum verleiht (Kap. 12, ¹Aus Sicht des Menschenª). Jede Telomerase exprimierende Zelle, die sich in einem Tumor findet, hat einen ungeheuren Wachstumsvorteil gegençber anderen Zellen, die das Enzym nicht exprimieren. Auf lange Sicht wird die Telomerase exprimierende Zelle gedeihen, wåhrend Zellen ohne Telomerase sterben, so dass letztlich alle Zellen in einem Tumor Telomerase enthalten werden. Die Expression von Telomerase verdeutlicht ein anderes wichtiges Merkmal der Tumorprogression: Nicht alle Verånderungen haben mit genetischen Mutationen zu tun. Die Aktivierung der Telomerase-Expression låsst sich zunåchst als epigenetische Verånderung sehen, denn es handelt sich um die Aktivierung eines Gens, das normalerweise reprimiert wird. Wie in Kap. 12 besprochen, gehært zu dieser Art von Aktivierung zumeist eine Verånderung der Chromatinstruktur an diesem Gen oder in sei-
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ner Umgebung und/oder eine Verånderung im Hinblick auf den Methylierungsstatus der DNA. Sobald es zu der epigenetischen Verånderung gekommen ist, wird diese an alle Nachkommen dieser Zelle weitergegeben und wird so in der Folge zu einer permanenten, erblichen, Verånderung. Auch nachdem sie maligne geworden sind, sammeln sich in Krebszellen weiter Mutationen und epigenetische Verånderungen an, die sie zunehmend vom Normalzustand entfernen (wie sich aus Abb. 16.3 ersehen låsst). Diese genetische Instabilitåt macht es schwer, die Krankheit mit Hilfe der konventionellen Chemotherapie erfolgreich zu behandeln, denn innerhalb der Tumormasse entstehen immer wieder Zellen, die gegen die Pråparate resistent sind. Bei manchen malignen Tumoren besteht einer der ersten Schritte der Entwicklung in der Bildung eines zunåchst noch gutartigen ± ± Tumors, einer Geschwulst, die aus Zellen besteht, die nicht mehr auf die normale Wachstumskontrolle reagieren, aber noch nicht die Fåhigkeit besitzen, in normale Gewebe einzuwandern oder an entlegenen Orten zu metastasieren. Bei einigen solcher gutartigen Tumoren besteht so gut wie keine Gefahr, dass sie maligne werden, bei anderen hingegen, Polypen zum Beispiel, die sich in der Darmwand bilden kænnen (Abb. 16.18), ist es sehr wahrscheinlich, dass sie frçher oder spåter Zellen hervorbringen werden, welche die Grenze vom benignen zum malignen Stadium çberschreiten. In manchen Fållen lassen sich pråmaligne Zellen an ihrer Morphologie erkennen. Der Vaginalabstrich ist ein Test zur Auffindung pråkanzerogener Zellen im Gebårmutterhalsepithel. Die Entwicklung von Gebårmutterhalskrebs zieht sich im Regelfall çber einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren hin und ist erkennbar an dem zunehmenden Auftreten von abnormen Zellen (die weniger differenziert sind als normale Zellen und einen græûeren Kern aufweisen, Abb. 16.7). Findet man solche Zellen mit einem verdåchtigen Erscheinungsbild, kann man die entsprechende pråkanzerogene Region des Gebårmutterhalses lokalisieren und mittels Laser- oder Gefrierbehandlung zerstæren oder chirurgisch entfernen. Wie aus der nun folgenden Diskussion hervorgehen wird, bilden die an der Karzinogenese beteiligten Gene eine besondere Untergruppe des Genoms, deren Genprodukte an Ablåufen wie der Regulation des Zellzyklus, der Adhåsion einer Zelle an ihre Nachbarzellen, der Apoptose und der Reparatur von DNA-Schåden beteiligt sind. Der in genetischer Hinsicht am besten definierte Tumor ist das Colonkarzinom, bei dem in verschiedenen Stadien der Tumorgenese ver-
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schiedene Gene mutiert sind (Abb. 16.8).2 In çber 60% der kleinsten benignen Adenome des Dickdarms findet sich eine Mutation im !"Gen, und das låsst vermuten, dass die Mutation dieses Gens in vielen Fållen den ersten Schritt zur Bildung eines Dickdarmtumors darstellt (Abb. 16.8). Das Gen 2HJ mutiert erst einige Zeit spåter. Zellen aus metastasierenden Dickdarmtumoren, dem letzten Stadium der Tumorprogression, weisen eine hohe Expression des Gens -,HJ auf, das eine Tyrosinphosphatase codiert. In noch nicht metastasierenden Zellen ist die -,HJ-Expression weitaus geringer. Die Funktionen von !" und 2HJ werden spåter im Verlauf des Kapitels erklårt, die von -,HJ ist bislang unbekannt. Im Verlauf der vergangenen zehn Jahre wurde eine neue Methode zur Analyse der Genexpression entwickelt, welche die Diagnostik und Behandlung von Tumoren eines Tages womæglich betråchtlich veråndern wird. Diese Technologie grçndet sich auf die Verwendung von DNA-
Chips oder DNA-Mikroarrays und wurde in Kap. 12.4 ausfçhrlich beschrieben. Kurz gesagt, es wird ein Glasobjekttråger pråpariert, der zwischen einem Dutzend und vielen tausend DNAProben (in Gestalt von DNA-Spots) enthalten kann, jeder Spot entspricht einem einzelnen bekannten Gen. Jedes beliebige Ensemble von Genen kann in einem solchen Mikroarray vereint sein: beispielsweise solche, von denen man annimmt, dass sie an Wachstum und Zellteilung beteiligt sind, oder solche, die man fçr maûgeblich an der Entwicklung von Lymphozyten oder irgendeiner anderen Zellart beteiligt hålt. Der fertige Mikroarray wird dann mit fluoreszenzmarkierter cDNA inkubiert, die man aus der RNA einer bestimmten Population von Zellen synthetisiert hat ± beispielsweise der Zellen aus einem Tumor, den man operativ entfernt hat oder maligne verånderter Blutzellen eines Patienten mit Leukåmie. Die fluoreszenzmarkierte cDNA hybridisiert an komplementåre DNA auf dem Objekttråger, und die anschlieûende Analyse des Fluoreszenzmusters sagt dem Wissenschaftler, welche mRNAs in den Tumorzellen vorkommen und gibt Auskunft çber die relative Håufigkeit, mit der diese in der mRNA-Population vertreten sind. Untersuchungen mit solchen DNA-Mikroarrays haben gezeigt, dass Genexpressionsprofile
2 In diesem vorwiegend der Humanbiologie gewidmeten Kapitel werden wir uns an eine Konvention halten, die sich zunehmender Verbreitung erfreut: menschliche Gene werden in Groûbuchstaben notiert (z. B. !"), bei Mausgenen ist der erste Buchstabe groû, dann folgen Kleinbuchstaben (z. B. &.) und Virusgene werden nur in Kleinbuchstaben geschrieben (z. B. ).
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unschåtzbare Informationen çber die Eigenschaften eines Tumors vermitteln kænnen. Man hat zum Beispiel festgestellt, dass n die Progression eines Tumors mit einer Verånderung der Expression bestimmter Gene einhergeht, n sich unterschiedliche Tumorarten anhand ihrer Expressionsprofile unterscheiden lassen, n das Expressionsprofil eines bestimmten Tumors etwas darçber aussagt, wie aggressiv dieser vermutlich sein wird, n das Expressionsniveau eines Tumors Hinweise darauf liefern kann, welche Therapiestrategie mit einiger Wahrscheinlichkeit zur Tumorregression fçhren wird. Einige dieser Themen werden wir noch genauer beleuchten. Abbildung 16.9 zeigt das Transkriptionsniveau fçr 50 verschiedene Gene bei zwei verschiedenen Arten von Leukåmie: der akuten lymphoblastischen Leukåmie (ALL) und der akuten myeloischen Leukåmie (AML). Die in dieser Abbildung genannten Gene (die Namen sind auf der rechten Seite aufgefçhrt) unterscheiden sich in ihrer Expression bei den beiden Arten von Blutzelltumoren extrem deutlich. Jede Spalte gibt die Ergebnisse von einem einzelnen Patienten mit ALL oder AML wieder, die verschiedenen Spalten ermæglichen so den Vergleich der Genexpression zwischen verschiedenen Patienten. Das Genexpressionsniveau ist farblich markiert ± dunkelblau repråsentiert das geringste Niveau, dunkelrot das hæchste. Die obere Hålfte der Abbildung zeigt Gene, die in ALL-Zellen weitaus stårker transkribiert werden, die untere Hålfte Gene, die in AML-Zellen stårker transkribiert werden. Diese Studien belegen deutlich, dass es bei verschiedenen Tumoren groûe Unterschiede bezçglich der Genexpression gibt. Manche dieser Unterschiede lassen sich zu biologischen Unterschieden zwischen den einzelnen Tumorarten in Bezug setzen, so leitet sich z. B. der eine Tumor von einer myeloiden Vorlåuferzelle her, der andere von einer lymphoiden (Abb. 17.4). Die meisten Unterschiede lassen sich allerdings nicht erklåren. Warum ist zum Beispiel das Gen, das fçr Katalase codiert (das letzte Gen auf der Liste), in ALL-Zellen nur geringfçgig exprimiert, bei AML hingegen stark? Doch auch wenn solche Analysen diese Frage nicht beantworten kænnen, so geben sie den Forschern doch immerhin eine Liste von Genen an die Hand, die
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es im Hinblick auf ihre Eignung als mægliches therapeutisches Angriffsziel genauer anzuschauen lohnt. Je frçher ein Tumor entdeckt wird, um so græûer sind die Chancen des Patienten fçr eine Heilung, das ist eines der Kardinalprinzipien der Krebstherapie. Dennoch wird sich ein gewisser Prozentsatz an Tumoren auch dann als tædlich erweisen, wenn man ihn im Frçhstadium entdeckt und behandelt. Man weiû z. B., dass einige Brustkrebstumoren bereits im Frçhstadium Zellen freisetzen, die an anderen Orten im Kærper Sekundårtumoren (Metastasen) aussåen kænnen, wåhrend andere das nicht tun. Diese Unterschiede bestimmen die Prognose der Patientin. In neueren Studien hat sich gezeigt, dass die Prognose eines Brustkrebstumors sich aus dem Expressionsniveau von etwa 70 der mit Hilfe von DNA-Mikroarrays untersuchten vielen tausend in ihm aktiven Genen ablesen låsst (Abb. 16.10). Dieser Befund hat wichtige klinische Konsequenzen fçr den Behandlungsplan einer Brustkrebspatientin. Patientinnen mit Tumoren im Frçhstadium, die aufgrund ihres Expressionsmusters eine ¹schlechte Prognoseª verheiûen (Abb. 16.10 a), kænnten zum Beispiel mit einer aggressiven Chemotherapie behandelt werden, um Bildung von Sekundårtumoren (Metastasen) bestmæglich zu unterdrçcken. Bei der gegenwårtigen Behandlungspraxis ist es wenig wahrscheinlich, dass jemand eine Chemotherapie erhålt, weil es im Licht der konventionellen Beurteilung noch keinerlei Hinweise darauf gibt, dass der Tumor sich ausgebreitet hat. Patientinnen hingegen, deren Tumoren eine ¹gute Prognoseª haben, kann man die Chemotherapeutika mit den schlimmsten Nebenwirkungen womæglich ersparen, auch wenn ihre Tumoren weiter fortgeschritten wirken mægen (Abb. 16.10 b). Das Netherlands Cancer Institute war im Jahr 2003 die erste groûe Institution, die angefangen hat, sich bei der Erstellung eines Behandlungsplans fçr Krebspatienten neben den herkæmmlichen Parametern auch auf die Analyse des Expressionsprofils zu verlassen. Es steht zu hoffen, dass das Genexpressionsprofil eines Tages dazu verwendet werden kann, die Diagnostik zu verbessern und die Behandlung fçr jeden einzelnen Krebspatienten maûzuschneidern und zu optimieren. Bevor wir uns auf eine detaillierte Untersuchung einiger der auffålligsten Gene im Zusammenhang mit der Tumorentstehung einlassen, sollte klar sein, dass genetische Verånderungen nicht die einzig wichtigen Faktoren sind. Eine Zelle kann eine ganze Reihe genetischer Verånderungen angesammelt haben, von denen
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n Abb. 16.10 a, b. er Einsatz von DNA-Mikroarrays zur Festlegung eines Behandlungsplans. Jedes der beiden Diagramme zeigt die Ûberlebensraten von Brustkrebspatientinnen, denen auf der Basis der Analyse von 70 ausgewåhlten Genen eine gute oder schlechte Prognose gestellt wurde. Die Patientinnen in a zeigten keinerlei sichtbare Hinweise darauf, dass sich der Tumor zur Zeit der Operation auf die Lymphknoten ausgebreitet hatte. Aus dem Diagramm ist zu ersehen, dass (1) nicht alle dieser Patientinnen çberleben und dass sich (2) die Ûberlebenswahrscheinlichkeit in hohem Maûe durch das Genexpressionsprofil ihrer Tumore vorhersagen låsst. Ein behandelnder Arzt wird aufgrund dieser Daten einen Patienten mit schlechter Prognose aggressiver behandeln als jemanden mit einer guten Prognose. Bei den Patientinnen in b hatte sich der Tumor bereits auf benachbarte Lymphknoten ausgebreitet. Auch hier zeigt das Diagramm, dass sich die Ûberlebenswahrscheinlichkeit durch die Genexpressionsdaten vorhersagen låsst. Bislang ist die Norm, dass alle Patientinnen aus dieser Gruppe sehr aggressiv therapiert werden, doch fçr diejenigen mit einer guten Prognose ist das womæglich unnætig. (Aus: Van de Vijver MJ et al (2002), New England J Med 347:2004-2005. ° Massachusetts Medical Society)
man erwarten kænnte, dass diese sie zur Entwicklung eines ausgewachsenen malignen Tumors veranlassen kænnten, und trotzdem das ganze Leben des Betroffenen hindurch im Schlummerzustand bleiben. Zu den åuûeren Einflçssen, die auf die Tumorgenese einwirken, gehæren Faktoren, die Wachstum und Vermehrung von Tumorzellen stimulieren. Ein gutes Beispiel hierfçr ist das Hormon Ústrogen. Ústrogen wirkt bei der Entstehung von Brustkrebs als Tumorpromotor. Epidemiologische Untersuchungen stellen eine Korrelation fest zwischen der Zeitspanne, in der eine Frau im Blutkreislauf zirkulierendem Ústrogen ausgesetzt ist, und dem Brustkrebsrisiko der Betroffenen. Frauen, denen man frçh im Leben die Eierstæcke entfernt hat und die darauf hin keine Ústrogentherapie erhalten haben, erkranken so gut wie nie an Brustkrebs. Da Ústrogen selbst nicht mutagen wirkt, nimmt man an, dass es das Risiko der Tumorbildung dadurch erhæht, dass es Wachstum und Teilung seiner Zielzellen anregt. Verbindungen, welche die Wirkung des Ústro-
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gens unterbinden, senken das Brustkrebsrisiko. Tamoxifen ist kein Steroid, bindet aber an den Ústrogenrezeptor, verhindert die Bindung von Ústrogen und hemmt so das Wachstum von Brustkrebszellen, die in vielen Fållen auf Ústrogen als Wachstumsstimulans angewiesen sind. Deshalb hat man Brustkrebspatientinnen in den letzten Jahren Tamoxifen verordnet, um das Wiederauftreten des Tumors zu verhindern. Doch auch diese Praxis hat eine Schattenseite: Tamoxifen erhæht das Risiko fçr die Entstehung von Gebårmutterkrebs und die Thromboseneigung. Neueste klinische Studien lassen vermuten, dass eine neue Klasse von sichereren, wirksameren Substanzen, die Aromatasehemmer, Tamoxifen bei der Behandlung von Brustkrebspatientinnen in nåchster Zeit ersetzen kænnte. Aromatase ist ein Enzym, das zur Synthese von Ústrogen erforderlich ist. Es ist sogar anzunehmen, dass Aromatasehemmer kçnftig auch gesunden Frauen verordnet wird, wenn deren Familiengeschichte auf ein erhæhtes Brustkrebsrisiko schlieûen låsst. Gewæhnliche Karzinome ± in Brust, Darm, Prostata und Lunge ± entstehen in epithelialem Gewebe, das in der Regel eine hohe Zellteilungsrate aufweist. Dasselbe gilt fçr Leukåmien, die sich aus den sich rasch teilenden Blutzellvorlåufern entwickeln. Diese Gewebe enthalten eine Population von Stammzellen, die einerseits unablåssig mitotisch aktiv sind, um die Stammzellzahl mehr oder minder konstant zu halten, andererseits aber gleichzeitig Zellen hervorbringen, die zu kurzlebigen spezialisierten Blut- und Epithelzellen differenzieren. Mehr und mehr Hinweise lassen vermuten, dass diese adulten Stammzellen Ursprung vieler Arten von Tumoren sein kænnten. Im Unterschied zu anderen Zellen des Kærpers haben Stammzellen eine lange Lebensdauer und kænnen eine unbegrenzte Zahl von Teilungen durchlaufen, so dass sie hinreichend Zeit und Gelegenheit haben, Mutationen anzusammeln, wie sie fçr die maligne Transformation notwendig sind. In Kap. 1, ¹Aus Sicht des Menschenª war gesagt worden, dass das adulte Gehirn kleine Stammzellpopulationen enthålt. Aus neueren Studien geht hervor, dass diese Stammzellen Quelle mehrerer Arten von Gehirntumoren sind. 16.3.1 Tumorsuppressor-Gene und Oncogene: Bremsen und Gaspedale Gene, von denen man annimmt, dass sie an der Karzinogenese beteiligt sind, werden in zwei groûe Kategorien unterteilt: T
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: wirken als zellulåre Bremsen: sie codieren Proteine, die das Zellwachstum beschneiden und Zellen daran hindern, maligne zu werden (Abb. 16.11 a). Von der Existenz solcher Gene weiû man seit einigen Studien aus den 1960er Jahren, in denen man normale und maligne Nagerzellen fusioniert hatte. Einige der Zellhybride, die aus diesen Fusionsexperimenten hervorgegangen waren, hatten ihre malignen Eigenschaften verloren, was vermuten lieû, dass eine normale Zelle mæglicherweise Faktoren enthålt, die das unkontrollierte Wachstum einer Krebszelle unterdrçcken kænnen. Weitere Hinweise auf die Existenz von Tumorsuppressor-Genen erhielt man aus der Beobachtung, dass ganz bestimmte Chromosomenregionen bei bestimmten Tumorarten stets Deletionen aufweisen. Wenn sich das Fehlen von Genen mit der Entstehung von Tumoren korrelieren låsst, folgt daraus, dass die Anwesenheit dieser Gene die Bildung dieser Tumoren normalerweise unterdrçckt. ( hingegen codieren Proteine, die zum Verlust der Wachstumskontrolle und zur Konversion einer Zelle zum malignen Status fçhren (Abb. 16.11 b). Die meisten Oncogene haben neben ihrer Rolle als Beschleuniger der Zellteilung auch noch andere Funktionen. Sie
kænnen eine Zelle genetisch instabil machen, verhindern, dass sie der Apoptose zum Opfer fållt oder die Metastasierung færdern. Dass es Oncogene gibt, wurde aus einer Reihe von Untersuchungen an RNA-Tumorviren offenbar, die wir in der Box ¹Experimentelle Verfahrenª am Ende dieses Kapitels erlåutern. Diese Viren transformieren eine normale Zelle zu einer malignen, denn sie enthalten ein Oncogen, dessen Produkt mit der normalen Zellteilung interferiert. Als Wendepunkt dieser Untersuchungen kann das Jahr 1976 gelten, damals wurde entdeckt, dass ein Oncogen namens , das man in einem RNA-Tumorvirus ± dem HçhnersarkomVirus ± gefunden hatte, sich auch im Genom nicht infizierter Zellen fand. Das Oncogen war, wie sich zeigte, kein Virusgen, sondern ein Zellgen, das im Verlauf einer frçheren Infektion ins virale Genom gelangt war. Bald stellte sich heraus, dass Zellen eine ganze Palette von Genen besitzen ± heute werden sie als /( bezeichnet ±, welche die Fåhigkeit besitzen, die zellulåren Aktivitåten zu unterwandern und die Zelle zum malignen Zustand zu transformieren. Wie im Folgenden erærtert werden soll, codieren Proto-Oncogene Proteine, die im Rahmen der Aktivitåten einer Zelle eine Reihe
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von Funktionen innehaben. Es gibt verschiedene Mechanismen, die ein Proto-Oncogen in ein Oncogen verwandeln (es 9 ) (Abb. 16.11 b): n Die Mutation des Gens kann die Eigenschaften des Genprodukts so veråndern, dass dieses nicht mehr ordnungsgemåû funktioniert (Abb. 16.12, Weg a). n Das Gen kann ein oder mehrmals dupliziert (amplifiziert) worden sein, so dass es zum Ûberschuss an Genprodukt kommt (Abb. 16.12, Weg b). n Es kann zu einer Chromosomenumlagerung kommen, die eine DNA-Sequenz von einer weit entfernten Stelle im Genom in unmittelbare Nåhe des Gens bringt, und auch dies kann die Expression des Gens oder die Beschaffenheit des Genprodukts veråndern (Abb. 16.12, Weg c). Jede dieser genetischen Verånderungen kann dazu fçhren, dass die Zelle fçr die normalen wachstumskontrollierenden Faktoren weniger empfånglich wird und anfångt, sich wie eine
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maligne Zelle zu verhalten. Oncogene wirken stets , d. h. dass eine Kopie eines Oncogens die Zelle zur Expression des verånderten Genotyps veranlassen kann, unabhångig davon, ob sich auf dem homologen Chromosom eine normale, nicht aktivierte Kopie des Gens befindet (Abb. 16.11 b). Wissenschaftler machen sich diese Eigenschaft zunutze: Sie bringen DNA, von der sie vermuten, dass sie das Oncogen enthålt, in Kulturzellen ein und beobachten, ob sich dadurch die Wachstumseigenschaften der Zelle veråndern. Wir haben bereits oben gesehen, dass zur Entwicklung eines menschlichen Tumors mehr gehært als ein einzelnes genetisches Ereignis. Warum das so ist, wird deutlich, wenn man weiû, dass fçr die Tumorentstehung zwei Arten von Genen verantwortlich sind. Solange die Zelle çber ihre komplette Ausstattung an Tumorsuppressor-Genen verfçgt, ist sie, wie man annimmt, vor dem Wirken eines Oncogens geschçtzt. Warum das so ist, wird bei der folgenden Diskussion der Funktionsweise dieser Gene klar werden. Bei den meisten Tumoren finden sich sowohl bei den Tumorsuppressor-Genen als auch bei den Oncogenen Verånderungen, n
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so dass anzunehmen ist, dass zum Verlust der Tumorsuppressor-Funktion in einer Zelle die Konversion eines Proto-Oncogens in ein Oncogen hinzukommen muss, damit die Zelle wirklich maligne wird. Selbst dann weist die Zelle womæglich noch nicht såmtliche der nætigen Eigenschaften auf, die sie befåhigen wçrden, in das umliegende Gewebe einzuwandern oder durch Metastasen Sekundårkolonien zu bilden. Es kann sein, dass Mutationen in weiteren Genen hinzukommen mçssen, beispielsweise in solchen, die Zelladhåsionsmolekçle codieren oder extrazellulår wirkende Proteasen (Kap. 7.3.4), damit die Zelle einen lebensbedrohlichen Phånotyp entwickelt. Untersuchungen an Colorektalkarzinomen beispielsweise zeigen, dass Mutationen in bis zu sieben verschiedenen Genen nætig sein kænnen, damit sich ein maligner Tumor entwickelt (Abb. 16.1). Wir wollen uns nun der Funktion der einzelnen von Tumorsuppressor-Genen und Oncogenen codierten Genprodukte zuwenden und fragen, wodurch die Mutation dieser Gene eine Zelle dazu veranlasst, maligne zu werden. !
: Die Transformation einer normalen Zelle in eine Krebszelle geht mit dem Funktionsverlust eines oder mehrerer Tumorsuppressor-Gene einher. Gegenwårtig werden etwa zwei Dutzend Gene beim Menschen als Tumorsuppressor-Gene gehandelt, einige davon sind in Tabelle 16.2 aufgefçhrt. Zu den Genen auf der Liste zåhlen Gene fçr Transkriptionsfaktoren (z. B. 2HJ und 12.), Zellzyklus-Regulatoren (z. B. -& und .D), regulatorische Bestandteile von Signalwegen ().), eine Phosphoinositid-Phosphatase (2)) und ein Protein, dass die Elongation der RNA-Polymerase II reguliert (;,). Auf die eine oder andere Weise wirken die meisten der von Tumorsuppressor-Genen codierten Proteine als Negativregulatoren der Zellproliferation, und deshalb begçnstigt ihre
Ausschaltung unkontrolliertes Zellwachstum. Die Produkte dieser Gene tragen çberdies zur Aufrechterhaltung der genetischen Stabilitåt von Zellen bei. Womæglich ist dies der Hauptgrund dafçr, dass der Karyotyp von Tumorzellen so abnormal ausfållt (Abb. 16.5). Manche TumorsuppressorGene sind an der Entstehung einer Vielzahl von Tumoren beteiligt, andere spielen nur bei einer oder einigen wenigen Krebsarten eine Rolle. Jeder weiû, dass es Familien gibt, bei deren Angehærigen das Risiko fçr die Entstehung bestimmter Tumortypen besonders hoch ist. Zwar sind solche erblichen Krebserkrankungen sehr selten, aber sie bieten die beispiellose Gelegenheit, Tumorsuppressor-Gene ausfindig zu machen, deren Fehlen sowohl bei erblichen als auch bei sporadischen (d. h. nicht ererbten) Formen von Krebs eine Rolle spielt. Das erste untersuchte und schlieûlich auch geklonte Tumorsuppressor-Gen ± eines der wichtigsten noch dazu ± steht in Zusammenhang mit einer sehr seltenen Krebserkrankung des Kindesalters: dem Netzhauttumor . Das fçr diese Krankheit verantwortliche Gen heiût -&. Fçr das Auftreten dieser Krankheit kennt man zwei Muster: n gehåuft und in sehr jungen Jahren in bestimmten Familien, n sporadisch in der Allgemeinbevælkerung, dann eher im spåteren Kindesalter. Die Tatsache, dass das Retinoblastom in manchen Familien gehåuft auftritt, låsst den Schluss zu, dass dieser Tumor erblich ist. Die Analyse der Zellen von Retinoblastompatienten ergab, dass bei einem der beiden Chromosomen des 13. Chromosomenpaares ein kleines Stçck fehlt. Diese Deletion findet sich in allen Zellen dieser Kinder ± sowohl in den Tumorzellen als auch in
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anderen Kærperzellen ± d. h. die Aberration wird von den Eltern ererbt. Der Erbgang des Retinoblastoms ist dominant, erkrankte Angehærige von Familien mit einem erhæhten Risiko besitzen ein normales Allel und ein deletiertes. Im Unterschied zu den meisten anderen dominant vererbten Erkrankungen wie der Chorea Huntington, bei der jemand, der das ausgeschaltete oder defekte Gen erbt, unweigerlich erkrankt, erben Kinder, die ein Chromosom erhalten, auf dem das Retinoblastom-Gen fehlt, nur die ausgeprågte Veranlagung zu erkranken, nicht aber die Krankheit selbst. Etwa 10% aller Kinder mit ererbter -&-Mutation entwickeln den Tumor çberhaupt nicht. Wie kommt es, dass ein kleiner Prozentsatz dieser vorbelasteten Individuen der Krankheit entgeht? Die genetischen Grundlagen des Retinoblastoms wurden im Jahre 1971 von Alfred Knudson von der University of Texas aufgeklårt. Knudson kam zu dem Schluss, dass die Entstehung eines Retinoblastoms voraussetzt, dass beide Kopien des -&-Gens einer Netzhautzelle eliminiert oder mutiert sein mçssen, damit die Zelle entartet. Mit anderen Worten: Der Tumor ist Ergebnis zweier unabhångiger Ereignisse (¹ª) in einer einzelnen Zelle. Bei sporadischen Retinoblastomen entwickelt sich der Tumor aus einer Netzhautzelle, in der die beiden Kopien des -&-Gens
nacheinander eine spontane Mutation erfahren haben (Abb. 16.13 a). Da die Chance, dass beide Allele desselben Gens einer zerstærerischen Mutation zum Opfer fallen, so ungemein niedrig liegt, ist das Vorkommen dieser Krebsart in der Allgemeinbevælkerung so gering. Bei jemandem, der bereits ein Chromosom mit -&-Deletion ererbt hat, ist dagegen schon der halbe Weg gegangen. Eine einzige Mutation im verbliebenen Allel gençgt, um aus einer beliebigen Retinazelle eine Zelle ohne -&-Gen und damit ohne -&Genprodukt zu machen (Abb. 16.11 b). Damit liegt es auf der Hand, dass Menschen, die ein vorgeschådigtes -&-Gen erben, in hohem Maûe anfållig fçr diese Krebserkrankung sind. Bei etwa 10 Prozent dieser Personen kommt es nie zu jenem zweiten ¹hitª, daher erkranken diese nicht. Durch Untersuchungen an Zellen von Patienten mit der ererbten Veranlagung fçr die Entwicklung eines Retinoblastoms, in denen sich herausstellte, dass in den Tumorzellen tatsåchlich wie prognostiziert beide Allele mutiert waren, wurde Knudsons Hypothese in der Folge beståtigt. Bei Patienten mit einem sporadischen Retinoblastom fehlte die -&-Mutation in normalen Zellen und fand sich lediglich im Tumorgewebe. Zwar hat sich das Fehlen des -&-Gens erstmals bei der Entwicklung von Netzhauttumoren
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emerkbar gemacht, aber damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Bei Menschen, die unter der ererbten Form von Retinoblastom leiden, besteht auch ein erhæhtes Risiko dafçr, spåter im Leben an einer anderen Art von Tumor zu erkranken, dies gilt vor allem fçr Weichteiltumoren wie Sarkome (Tumoren, die sich statt aus epithelialen aus mesenchymalen Vorlåufern herleiten). Die Auswirkungen einer -&-Mutation beschrånken sich nicht auf Personen, die von vornherein ein mutiertes Allel in sich tragen. Mutationen in -&-Allelen sind gelåufige Erscheinungen bei Brust-, Prostata- und Lungenkarzinomen von Patienten, die zunåchst zwei normale -&-Allele geerbt haben. Kultiviert man die Zellen aus solchen Tumoren , låsst sich durch die Wiedereinfçhrung eines Wildtyp--&Gens der kanzeræse Phånotyp rçckgångig machen, und das heiût nichts anderes, als dass der Verlust dieser Genfunktion von betråchtlicher Bedeutung fçr die Tumorgenese ist. Wir wollen daher die Rolle des -&-Gens ein wenig genauer beleuchten.
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Wie wichtig der Zellzyklus fçr das Wachstum und die Proliferation von Zellen ist, haben wir ausfçhrlich in Kap. 14 und 15 besprochen, in denen auch die Rede davon war, dass den Faktoren, die den Zellzyklus kontrollieren, obendrein eine entscheidende Rolle bei der Krebsentstehung zukommen kann. Das vom -&-Gen codierte Protein trågt dazu bei, das Umschalten einer Zelle aus der G1-Phase in die DNA synthetisierende S-Phase zu regulieren. Wie in Kap. 14.1.2 erærtert, stellt der Ûbergang von der G1- in die S-Phase einen Punkt im zellulåren Lebenslauf dar, an dem es kein Zurçck gibt: Hat die Zelle von der G1-Phase auf die S-Phase umgeschaltet, wird sie unwiderruflich den çbrigen Zellzyklus samt Mitose absolvieren. Mit dem Ûbergang von der G1-Phase zur S-Phase geht die Aktivierung vieler verschiedener Gene einher, die von den DNA-Polymerasen bis hin zu Cyclinen und Histonen alle mæglichen Proteine codieren. Zu den Transkriptionsfaktoren, die an
der Aktivierung der fçr die S-Phase notwendigen Gene beteiligt sind, gehæren Vertreter der E2F-Transkriptionsfaktoren-Familie, die Hauptangriffsziele von pRb. Die Rolle von pRB bei der Kontrolle der E2F-Aktivitåt ist in Abb. 16.14 dargestellt. Wåhrend der G1-Phase sind die E2F-Proteine normalerweise an pRb gebunden und werden so daran gehindert, eine Reihe von Genen zu aktivieren, die fçr die Vorgånge wåhrend der S-Phase notwendig sind (unter anderem Cyclin R und DNA-Polymerase ). Aus Un-
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tersuchungen geht hervor, dass der E2F-pRbKomplex zwar (wie in Abb. 16.14, Schritt 1 dargestellt) mit der DNA assoziiert ist, dort jedoch eher als Gen-Repressor denn als Gen-Aktivator wirkt. Gegen Ende der G1-Phase wird die pRbUntereinheit des Komplexes durch cyclinabhångige Kinasen, die den Ûbergang von G1 nach S regulieren, phosphoryliert. Im phosphorylierten Zustand setzt pRB das gebundene E2F frei und ermæglicht es dem Transkriptionsfaktor auf diese Weise, die Genexpression zu aktivieren, womit die Weichen fçr den Eintritt in die S-Phase irreversibel gestellt werden. Von einer Zelle, der infolge einer -&-Mutation die -&-Aktivitåt abgeht, wçrde man erwarten, dass sie ihre Fåhigkeit zur Inaktivierung von E2F einbçût, und damit gleichzeitig gewisse Beschrånkungen in Bezug auf den Ûbergang in die S1-Phase. E2F ist nur eines aus einem Dutzend Proteinen, die an pRB binden kænnen, woraus sich schlieûen låsst, dass pRb noch zahlreiche andere Funktionen haben muss. Die Komplexitåt der Rb-Wechselwirkungen wird auûerdem durch die Tatsache reflektiert, dass das Protein mindestens 16 verschiedene Serin- und Threoninreste enthålt, die von cyclinabhångigen Kinasen phosphoryliert werden kænnen. Vermutlich ermæglicht die Phosphorylierung verschiedener Kombinationen von Aminosåureresten dem Protein die Interaktion mit nachgeschalteten Proteinen. Wie wichtig pRb in Bezug auf die Regulation des Zellzyklus ist, wurde in zahlreichen Experimenten nachgewiesen. So blockiert beispielsweise die Injektion von çberschçssigen Mengen an nicht phosphoryliertem pRb-Protein in G1-Phase-Zellen deren Ûbergang in die S-Phase. Noch aussagekråftiger ist die Tatsache, dass verschiedene DNA-Tumorviren (darunter Adenoviren, menschliche Papillomviren und SV40) ein Protein codieren, das an pRb bindet und dessen Fåhigkeit, an E2F zu binden, zu blockieren vermag. Die Fåhigkeit dieser Viren, in infizierten Zellen Krebs zu erzeugen, beruht auf ihrer Fåhigkeit, den negativen Einfluss, den pRb auf die Progression einer Zelle in Bezug auf den Zellzyklus hat, zu blockieren. Durch den Einsatz solcher pRb blockierender Proteine erreichen diese Viren dasselbe wie eine Deletion des -&Gens, die zur Entstehung eines Tumors fçhrt. ?> 1 :
Ungeachtet seines harmlosen Namens hat das 2HJ-Gen mæglicherweise mehr mit der Krebsentstehung beim Menschen zu tun als jeder andere Bestandteil des Genoms. Seinen Namen trågt das Gen nach seinem Produkt, dem Polypeptid p53 mit einem Molekulargewicht von
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53 000. Im Jahre 1993 erkannte man, dass 2HJ ein Tumorsuppressor-Gen ist, dessen Fehlen die seltene Erbkrankheit Li-Fraumeni-Syndrom entstehen låsst. Die von dieser Krankheit Betroffenen sind mit einem extrem hohen Aufkommen bestimmter Krebsarten behaftet, unter anderem mit Brustkrebs, Leukåmie und Hirntumoren. Genau wie Patienten mit der ererbten Form des Retinoblastoms erben auch Menschen mit dem LiFraumeni-Syndrom ein normales und ein fehlerhaftes (deletiertes) Allel des 2HJ-Tumorsuppressor-Gens und sind daher çberaus anfållig fçr Krebsarten, die durch die zufållige Mutation des zweiten, normalen, Allels zustande kommen. Die Bedeutung des p53-Peptids als ¹Anti-Tumorwaffeª wird am ehesten deutlich, wenn man weiû, dass mehr als 50% aller menschlichen Tumoren Zellen enthalten, bei denen beide Allele
von 2HJ Punktmutationen oder Deletionen aufweisen. Hinzukommt, dass Tumoren aus Zellen mit solchen TP53-Mutationen mit einer schlechteren Ûberlebensrate einhergehen als Tumoren mit dem Wildtyp-Gen. Die Ausschaltung des 2HJ-Gens ist eindeutig ein wichtiger Schritt in der Progression vieler Tumorzellen zum malignen Status. Ûber 1000 verschiedene 2HJ-Mutationen hat man in Proben von menschlichem Tumorgewebe inzwischen identifiziert, was darauf schlieûen låsst, dass das reibungslose Funktionieren dieses Proteins bereits durch winzigste Verånderungen der Aminosåuresequenz gefåhrdet ist (Abb. 16.15). Warum verhindert das Vorhandensein von p53, dass eine Zelle maligne wird? Wie in Kap. 14.1.2 bereits erærtert, ist p53 ein Transkriptionsfaktor, der die Expression einer Vielzahl von
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Genen aktiviert, die an der Regulation von Zellzyklus und Apoptose beteiligt sind. Eines der am besten untersuchten unter den in ihrer Transkription von p53 aktivierten Gene codiert ein Protein namens p21; dieses inhibiert die cyclinabhångige Kinase, welche die Zelle normalerweise durch den G1-Kontrollposten manævriert. Steigt in einer geschådigten G1-Zelle die p53-Konzentration, wird p21 aktiviert und der weitere Durchlauf durch den Zellzyklus zunåchst aufgehalten (Abb. 14.9). Das gibt der Zelle Zeit, den genetischen Schaden zu reparieren, bevor sie mit der DNA-Replikation beginnt. Wenn aber beide Kopien des 2HJ-Gens mutiert und ihre Produkte funktionsuntçchtig geworden sind, vermag die Zelle den Inhibitor p21 nicht mehr zu produzieren, so dass die Feedback-Kontrolle fehlt, die sie davor bewahrt, in die S-Phase einzutreten, wenn sie dazu noch nicht bereit ist. Wird ein entstandener DNA-Schaden jedoch nicht repariert, so hat dies zur Folge, dass sich Zellen mit Genomschåden ansammeln, die unter Umstånden entarten kænnen. Doch p53 schçtzt Organismen nicht nur durch die Arretierung des Zellzyklus vor der Entwicklung von Tumoren. Es hat auch die Mæglichkeit, eine genetisch vorgeschådigte Zelle auf einen Weg zu bringen, der im Tod durch Apoptose endet und den Kærper so von Zellen mit malignem Potenzial befreit. Man nimmt an, dass das p53-Protein dazu mehrere Schritte tut, unter anderem aktiviert es die Expression des &A-Gens, dessen Genprodukt (Bax) die Apoptose einleitet (Kap. 15.8.2). Sind beide Allele von
2HJ ausgeschaltet, wird eine Zelle mit DNASchåden auch dann nicht zerstært, wenn ihr die genetische Integritåt abgeht, die Voraussetzung fçr ein kontrolliertes Wachstum ist (Abb. 16.16). Fçhrt man in eine Tumorzelle, der beide 2HJ-Allele verlorengegangen sind, ein normales 2HJ-Gen ein, unterliegen diese genmanipulierten Zellen in vielen Fållen der Apoptose. Die Menge an p53 in einer gesunden G1-Zelle ist åuûerst gering. Sobald die G1-Zelle aber einen genetischen Schaden erleidet, z. B. durch die Einwirkung von ultravioletter Strahlung oder von chemischen Karzinogenen, steigt die p53-Konzentration rasch an. Eine åhnliche Reaktion låsst sich auch erreichen, indem man einer Zelle einfach DNA mit Doppelstrangbrçchen injiziert. Dieser Anstieg an p53 wird nicht durch eine erhæhte Genexpression erreicht, sondern dadurch, dass der Abbau des Proteins verlangsamt wird. Begçnstigt wird die Degradation von p53 durch das Protein MDM2, das an p53 bindet und dieses aus dem Kern ins Cytosol eskortiert. Im Cytosol angelangt, hångt MDM2 den p53-Molekçlen Ubiquitin an und initiiert so deren Abbau in Proteasomen (Kap. 12.7). Auf welche Weise fçhrt nun die Schådigung von DNA zur Stabilisierung von p53? Wir haben in Kap. 14.1.2 gesehen, dass Menschen, die unter Ataxia telangiectasia (Louis-Bar-Syndrom) leiden, eine Proteinkinase namens ATM fehlt, und dass dies zur Folge hat, dass die Betroffenen nicht angemessen auf DNA-schådigende Strahlung reagieren kænnen. Die Aktivierung von ATM ist die Erstantwort auf die Schådigung von DNA und
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eines der durch ATM phosphorylierten Proteine ist p53. Die phosphorylierte Version von p53 ist nicht mehr in der Lage, mit MDM2 zu interagieren. Dies kommt einer Stabilisierung der im Kern vorhandenen p53-Molekçle gleich, die nunmehr die Expression von Genen wie /. und &A aktivieren kænnen. Von manchen Tumorzellen weiû man, dass sie ein Wildtyp-Gen fçr p53 enthalten, dazu aber Extrakopien von MDM2. Man nimmt an, dass diese Zellen einen Ûberschuss an MDM2 produzieren, der verhindert, dass p53 sich in Reaktion auf DNA-Schåden in den Mengen ansammeln kann, die erforderlich sind, um den Zellzyklus anzuhalten oder die Apoptose einzuleiten. Den Zusammenhang zwischen MDM2 und p53 hat man auch mit Hilfe von Knockout-Experimenten nachweisen kænnen. Måuse, denen das Gen fçr MDM2 fehlt, sterben bereits in frçhen Entwicklungsstadien, und zwar vermutlich deshalb, weil ihre Zellen der p53-vermittelten Apoptose anheimfallen. Fçr diese Interpretation spricht die Beobachtung, dass Måuse, denen beides fehlt ± das Gen fçr MDM2 und fçr p53 (Doppelknockouts) ± bis zur Geburt çberleben. Da sie kein p53 produzieren kænnen, benætigen sie auch kein Protein, das fçr den p53-Abbau sorgt. Diese Beobachtung veranschaulicht ein wichtiges Prinzip der Genetik von Tumorerkrankungen: Selbst wenn ein ¹entscheidendesª Gen wie -& oder 2HJ selbst nicht mutiert oder deletiert ist, kann die Funktion dieses Gens beeintråchtigt sein, wenn es bei anderen Genen Verånderungen gibt, deren Produkte an denselben Ablåufen beteiligt sind wie die ¹entscheidendenª Gene. In diesem Falle kann die Ûberexpression von ##/ dieselbe Wirkung haben wie das Fehlen von p53. Ebenso kann das Vorhandensein von pRB neutralisiert werden durch das gleichzeitige Vorhandensein eines mutierten E2F-Proteins, das durch pRb nicht inhibiert wird. Wenn der Wirkweg des Tumorsuppressor-Gens gestært ist, muss das Gen selbst nicht mutiert sein. Zahlreiche Studien deuten darauf hin, dass bei den meisten Tumoren sowohl der p53-Mechanismus als auch der pRb-Mechanismus inaktiviert sein mçssen, damit es zur Progression kommt. Aufgrund seiner Fåhigkeit, die Apoptose zu initiieren, spielt p53 eine entscheidend wichtige Rolle bei der Tumor-Behandlung mittels Strahlen- oder Chemotherapie. Viele Jahre hindurch war angenommen worden, dass Krebszellen fçr Chemotherapeutika und Strahlen empfånglicher seien als andere Zellen, weil sie sich rascher teilen. Manche Krebszellen aber teilen sich langsamer als ihre normalen Gegenstçcke, trotzdem reagieren sie weit empfindlicher auf Strahlung
und Medikamente. Eine alternative Theorie lautet, dass normale Zellen strahlungs- und chemikalienresistenter sind, weil sie, sobald sie eine genetische Schådigung erlitten haben, ihre Zellen im Zellzyklus anhalten kænnen, bis der Schaden behoben ist oder sie apoptotisch werden. Krebszellen hingegen, die einen DNA-Schaden erlitten haben, unterliegen weit eher der Apoptose ± so sie ein funktionierendes 2HJ-Gen besitzen. Verlieren Krebszellen ihre p53-Funktion, kænnen sie oftmals nicht mehr der Apoptose zugefçhrt werden und werden weiterer Behandlung gegençber hochresistent (Abb. 16.17). Das mag der Hauptgrund dafçr sein, dass Tumoren, denen im Regelfall ein funktionierendes 2HJ-Gen fehlt (Kolonkarzinome, Prostatakarzinome und Bauchspeicheldrçsenkrebs) weit schlechter auf Strahlung und Chemotherapie ansprechen als Tumoren, in denen eine Wildtyp-Kopie des Gens vorhanden ist (Hodenkrebs und akute lymphoblastische Leukåmien des Kindesalters). !
: Wåhrend Mutationen im -&-Gen sich bei sehr vielen menschlichen Tumoren finden, stehen Mutationen in einer ganzen Reihe anderer Tumorsuppressor-Gene nur mit wenigen Krebsarten in Zusammenhang. Die 1 /% (kurz /) ist eine erbliche Krankheit, bei der den Darmepithelzellen der Betroffenen hunderte, ja tausende pråmaligner Polypen (Adenome) entwachsen (Abb. 16.18). Werden diese nicht entfernt, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafçr, dass einige der Polypen sich zu malignen Tumoren auswachsen. In Zellen von Patienten mit dieser Krankheit hat man eine kleine Chromosomendeletion im Chromosom Nummer 5 gefunden; den Genort hat man spåter als Sitz des Tumorsuppressor-Gens !" identifiziert. Jemand, der eine !"-Deletion geerbt hat, befindet sich in derselben Lage wie jemand, der eine -&-Deletion ererbt hat: Sobald das zweite Allel in irgendeiner Zelle ausgeschaltet wird, geht die Schutzfunktion des Gens verloren. Der Verlust des !"-Gens låsst die Zelle ihre Wachstumskontrolle verlieren und sich zu einem Polypen vermehren statt sich zu einer normalen Epithelzelle der Darmwand zu differenzieren. Der Ûbergang gewisser Polypenzellen zum malignen Zustand, in dem sie metastasieren und in andere Gewebe einwandern kænnen, kommt aller Wahrscheinlichkeit nach durch das Zusammentreffen mehrerer Mutationen zustande, dazu gehæren auch Mutationen in 2HJ. Mutierte !"-Gene finden sich aber nicht nur bei der erblichen Form des Colonkarzinoms, sondern auch bei et-
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wa 80% der sporadischen Colontumore, was vermuten låsst, dass das Gen bei der Entwicklung dieser Krankheit eine wichtige Rolle spielt. Das vom !"-Gen codierte Protein bindet eine ganze Reihe anderer Proteine, und sein Wirkmechanismus ist komplex. In seiner bestuntersuchten Rolle beschrånkt APC das Zellwachstum, indem es die Transkription von Genen beeinflusst (unter anderem die von #*"), welche die Proliferation anregen. APC spielt mæglicherweise auch eine Rolle bei der Anheftung von Mikrotubuli an die Kinetochoren mitotischer Chromosomen. Der Verlust der APC-Funktion kænnte so direkt zu einer gestærten Aufteilung der Chromosomen fçhren und damit zur Aneuploidie (Kap. 14.2.4). Man schåtzt, dass in den Vereinigten Staaten, Kanada und Europa etwa jede achte Frau an Brustkrebs erkrankt. 5±10% dieser Fålle sind auf die Vererbung eines Gens zurçckzufçhren, das die Betroffenen fçr diese Krankheit prådisponiert. Nach intensiven Bemçhungen verschiedener Laboratorien konnten Mitte der neunziger Jahre zwei Gene, &-"!. und &-"!/, identifiziert werden, die fçr die Mehrzahl der erblichen Fålle von Brustkrebs verantwortlich zu sein scheinen. Mutationen in den &-"!-Genen schaffen auch die Veranlagung fçr die Entstehung
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n 16.19. DNA-Schådigung aktiviert eine Reihe von Proteinen, die von Tumorsuppressor-Genen und Oncogenen codiert werden. In dieser Darstellung besteht die DNASchådigung in Doppelstrangbrçchen der DNA (Schritt 1), die von einem Multiproteinkomplex repariert werden, zu dem auch BRCA1 und BRCA2 gehæren (Schritt 2 a). Mutationen in jedem der beiden Gene, welche diese Proteine codieren, kænnen den Reparaturprozess blockieren (Schritt 2 b). Wenn der DNA-Schaden nicht repariert wird, kommt es zur Aktivierung eines ¹Kontrollpostensª, die zu einem Anstieg der p53-Aktivitåt fçhrt (Schritt 3 a). Normalerweise wird das p53-Protein durch die Wechselwirkung mit dem Protein MDM2 inhibiert (Schritt 3 b). p53 ist ein Transkriptionsfaktor, der die Aktivierung von entweder (1) des p21-Gens (Schritt 4 a), dessen Produkt (p21) den Zellzyklus anhålt, oder (2) des BAX-Gens (Schritt 4 b), dessen Produkt (Bax) die Apoptose einleitet. (Nach: Brugarolas J, Jacks T (1997) Nature Med 3:721. ° 1997. Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Macmillan Magazines)
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den kann, so dass das Protein im aktivierten, GTP bindenden, Zustand verharrt und unablåssig Proliferationssignale den Signalweg entlang sendet. Die Funktionen einer Reihe von Oncogenen sind in Abb. 16.20 zusammengefasst und werden im Folgenden erærtert.4 (" $ Die erste Verbindung zwischen Oncogenen und Wachstumsfaktoren wurde im Jahre 1983 gefunden. Damals hat man entdeckt, dass das krebserregende Simian-Sarkom-Virus ein Oncogen () enthålt, das sich vom zellulåren Gen fçr den Blutplåttchen-Wachstumsfaktor PDGF herleitet, ein Protein, das in menschlichem Blut vorkommt. Mit diesem Virus transformierte Kulturzellen schçtten groûe Mengen an PDGF ins Medium aus, welche die Zellen in unkontrollierter Weise wachsen lassen. Die Ûberexpression von PDGF spielt eine Rolle bei der Entstehung von manchen Hirntumoren (Gliomen). 4
3
Das menschliche Genom enthålt genau genommen drei verschiedene -!-Gene und drei -!-Gene, die in drei verschiedenen Geweben aktiv sind. 5-! und &-! sind an der Tumorbildung am håufigsten beteiligt.
Zum Thema Gene fçr Zelloberflåchenmolekçle und extrazellulåre Proteasen, die eine Rolle bei der Einwanderung von Zellen in Gewebe und der Metastasierung spielen, sei der Leser an dieser Stelle verwiesen auf die Box ¹Aus Sicht des Menschenª in Kap. 7.
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Schlieûlich kænnen Proto-Oncogene, die Wachstumsfaktor-Rezeptoren codieren, auch durch Mutationen und Translokationen aktiviert werden, welche Rezeptormonomere auch in Abwesenheit externer Liganden dimerisieren lassen und damit die eigene Proteinkinase aktivieren (Abb. 15.13).
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Ein anderes oncogenes Virus, das $ (Hçhnererythroblastose-Virus) enthålt ein Oncogen ( &), das einen EGFRezeptor codiert, dem der Teil seiner extrazellulåren Domåne fehlt, an den der Wachstumsfaktor bindet. Man kænnte erwarten, dass der verånderte Rezeptor nicht mehr imstande sein wçrde, der Zelle das Signal zur Teilung zu çbermitteln, doch das Gegenteil trifft zu: Diese verånderte Rezeptorvariante stimuliert die Zelle konstitutiv, d. h. unabhångig davon, ob der Wachstumsfaktor im Medium vorhanden ist oder nicht. Aus diesem Grunde proliferieren Kulturzellen, die das verånderte Gen enthalten, in unkontrollierter Weise. Man hat festgestellt, dass zahlreiche spontan auftretende menschliche Tumoren genetische Verånderungen enthalten, die Wachstumsfaktoren ± darunter auch erbB ± betreffen. In den meisten Fållen enthalten die malignen Zellen eine sehr viel græûere Anzahl von Rezeptoren in ihrer Plasmamembran als normale Zellen. Durch das Vorhandensein von çberschçssigen Rezeptoren wird die Zelle bereits bei weit geringeren Mengen des Wachstumsfaktors ansprechbar als eine normale Zelle, d. h. sie wird unter Bedingungen zur Teilung stimuliert, die einer normalen Zelle nicht gençgen wçrden.
(" % / Auch eine Reihe von cytoplasmatischen Proteinkinasen ± darunter sowohl Serin/Threonin-Kinasen als auch Tyrosinkinasen ± gehæren zum Katalog der Oncogene. Die Serin/Threonin-Kinase Raf zum Beispiel steht am Beginn der MAPKSignalkaskade, des wichtigsten wachstumskontrollierenden Signalwegs einer Zelle (Kap. 15.4.1). Es liegt auf der Hand, dass Raf sich in einer mehr als gçnstigen Position befindet, Unheil anzurichten, sollte sich seine enzymatische Aktivitåt durch eine Mutation veråndern. Wie bei den Wachstumsfaktoren und Ras, ist es auch bei Raf sehr wahrscheinlich, dass Mutationen, die das Enzym in eine permanent angeschaltete Position bringen, das Proto-Oncogen zum Oncogen werden lassen und zum Verlust der zellulåren Wachstumskontrolle fçhren. Das erste Oncogen, das man entdeckt hat, SRC, ist ebenfalls eine Proteinkinase, aber eine, die an ihren Proteinsubstraten statt Serin und Threonin Tyrosinreste phosphoryliert. Bei der Transformation einer Zelle durch ein enthaltendes Tumorvirus wird eine ganze Palette an Proteinen phosphoryliert. Zu den bekannteren Substraten von Src gehæren Proteine, die an der Signaltransduktion sowie an der Kontrolle von Cytoskelett und Zelladhåsion beteiligt sind. Aus bislang ungeklårten Grçnden finden sich -"Mutationen im Repertoire der menschlichen Tumorzellen nur selten. (" 1 ! Eine Reihe von Oncogenen codiert Proteine, die als Transkriptionsfaktoren wirken. Damit eine Zelle den Zellzyklus durchlåuft, muss zur rechten Zeit eine Vielfalt an Genen aktiviert oder reprimiert werden, deren Produkte auf die ein oder andere Art und Weise an der Regulation von Zellwachstum und -teilung beteiligt sind. Es çberrascht daher nicht, dass Verånderungen in den Genen fçr diese Proteine das normale Wachstumsmuster einer Zelle ernsthaft stæren kænnen. Das wohl am besten untersuchte Oncogen mit einem Transkriptionsfaktor als Produkt ist #*". In Kap. 14.1.1 ist gesagt worden, dass Zellen, die gegenwårtig nicht wachsen und sich teilen,
sich aus dem Zellzyklus zurçckziehen und einen Zustand einnehmen kænnen, den wir als G0-Phase bezeichnen und aus dem sie wieder ¹erwachenª kænnen. Wird eine vormals ruhende Zelle durch Wachstumsfaktoren dazu angeregt, den Zellzyklus wieder aufzunehmen und sich erneut zu teilen, gehært das Myc-Protein normalerweise zu den ersten Proteinen, die sich in ihr finden lassen. Wird die #*"-Expression selektiv blockiert, ist auch die Progression der Zelle in die G1-Phase blockiert. Das #*"-Gen gehært zu den Proto-Oncogenen, die in menschlichen Tumoren veråndert sind, in vielen Fållen liegt es amplifiziert vor oder wurde durch eine Chromosomentranslokation umgelagert. Diese chromosomalen Verånderungen entziehen es den regulatorischen Einflçssen, die normalerweise auf es einwirken und erhæhen sein Expressionsniveau innerhalb der Zelle, so dass es zu einem Ûberschuss an Myc-Protein kommt. Eine der håufigsten Krebsarten in der afrikanischen Bevælkerung, das Burkitt-Lymphom, entsteht durch die Translokation des #*"-Gens in die unmittelbare Nachbarschaft eines Antikærper-Gens. Die Krankheit betrifft hauptsåchlich Personen, die zuvor bereits eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus durchgemacht haben. Aus bislang ungeklårten Grçnden verursacht dieses Virus bei den Bewohnern westlicher Nationen lediglich eine relativ harmlose Infektion (Pfeiffersches Drçsenfieber) und zeigt keinen Zusammenhang mit der Entstehung von Tumoren. (" /
Die Apoptose ist einer der Schlçsselmechanismen, çber die sich der Kærper Tumorzellen im Frçhstadium ihrer malignen Entwicklung entledigen kann. Von jeder Ønderung, welche die Fåhigkeit einer Zelle zur Selbstzerstærung verringert, ist demzufolge zu erwarten, dass sie die Chance erhæht, dass aus dieser Zelle ein Tumor hervorgeht. Das mit der Apoptose am engsten verknçpfte Oncogen ist &",$/, dessen Produkt, ein membrangebundenes Protein, die Apoptose inhibiert (Kap. 15.8.2). Welche Rolle &",$/ fçr die Apoptose spielt, låsst sich am besten an Knockout-Måusen ablesen, denen dieses Gen fehlt: die lymphoiden Gewebe dieser Måuse bilden sich nach ihrer Entstehung rasch zurçck, weil es zu massiver Apoptoseaktivitåt kommt. Genau wie im Falle von #*" wirkt auch das Produkt des &",$/-Gens oncogen, wenn es in abnorm hohen Mengen produziert wird. Dazu kann es kommen, wenn es an einen anderen Ort auf dem Chromosom verlagert wird. Bei bestimmten Tumoren des
Zur Genetik von Krebserkrankungen
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Lymphsystems (den follikulåren B-Zell-Lymphomen) ist das &",$/$Gen durch Translokation in die Nåhe eines Gens geraten, das die schwere Kette von Antikærper-Molekçlen codiert. Man vermutet, dass die Ûberexpression von &",$/ zur Unterdrçckung der Apoptose in den Lymphgeweben fçhrt, so dass Zellen mit genomischen Anomalien erhalten bleiben und sich zu Tumoren entwickeln kænnen. Das &",$/-Gen spielt mæglicherweise auch eine Rolle fçr die Chemotherapie: Indem es Tumorzellen trotz der Defekte, welche Medikamente ihnen zufçgen, am Leben hålt und sich teilen låsst, verringert es die Wirksamkeit der Behandlung. Um dem entgegenzuwirken, werden gegenwårtig in vielen Pharmaunternehmen Verbindungen entwickelt, die dazu beitragen sollen, dass Tumorzellen leichter der Apoptose zugånglich werden. / 1% :" 9 ) Wenn man Krebs als eine Krankheit betrachtet, die durch DNA-Verånderungen in somatischen Zellen zustande kommt, dann folgt daraus, dass alles, was die Håufigkeit genetischer Mutationen erhæht, vermutlich auch das Risiko fçr die Entstehung von Tumoren erhæhen wird. Wie in Kap. 13 erlåutert, werden Nucleotide, die chemisch veråndert worden sind, oder Nucleotide, die im Verlauf der Replikation falsch eingebaut worden sind, durch DNA-Reparaturmechanismen selektiv aus dem DNA-Strang herausgeschnitten. Die Reparatur von DNA setzt das kooperative Zusammenwirken einer betråchtlichen Zahl von Proteinen voraus, unter anderem solcher, welche die Låsion erkennen, anderer, die den Teil des Strangs, der die Låsion enthålt, herausschneiden, und schlieûlich solcher, die das fehlende Segment durch komplementåre Nucleotide ersetzen. Ist eines dieser Proteine defekt, so ist zu erwarten, dass die Zelle eine ungewæhnlich hohe Mutationsrate aufweisen wird; man bezeichnet dies auch als Mutator-Phånotyp. Bei Zellen mit einem Mutator-Phånotyp werden sich Mutationen sowohl in Tumorsuppressor-Genen als auch in Oncogenen håufen, wodurch sich das Risiko, dass sie maligne entarten, massiv erhæht. Wir haben in Kap. 13 gesehen, dass Defekte bei der Nucleotidexzisionsreparatur (NER) eine Krebserkrankung hervorbringen, die den Namen Xeroderma pigmentosa trågt. Im Jahre 1993 hat man erste Hinweise darauf gefunden, dass Unzulånglichkeiten bei einer anderen Art von DNAReparatur mæglicherweise zur Entstehung von Tumoren fçhren kænnte. In diesem Fall waren die Untersuchungen an Zellen von Patienten mit
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der çberaus håufig auftretenden erblichen Form von Darmkrebs durchgefçhrt worden, dem 1 % $ (2)/++), im Unterschied zum zuvor beschriebenen Polypen bildenden FAP. Bei etwa 0,5% der Bevælkerung findet sich ein Gendefekt, der fçr HNPCC verantwortlich ist und insgesamt 5% aller Fålle von Dickdarmkrebs bedingt. In Kap. 10.4.1 ist die Rede davon gewesen, dass das Genom groûe Mengen sehr kurzer repetitiver DNASequenzen, die Mikrosatelliten-DNA, enthålt. Bei der Analyse von Patienten mit HNPCC hat sich herausgestellt, dass die Mikrosatelliten in den Tumorzellen sehr håufig eine andere Långe hatten als die der entsprechenden Sequenzen normaler Zellen desselben Patienten. Bei DNA-Proben verschiedener Personen wçrde man derartige Unterschiede erwarten, nicht aber bei der DNA ein- und derselben Person. Die Entdeckung, dass die Mikrosatelliten-DNA bei erblichen Krebserkrankungen ± und auch bei sporadischen Dickdarmkarzinomen ± so unterschiedlich ausfållt, lieû darauf schlieûen, dass das System zur Fehlpaarungsreparatur ($ ) gestært sein musste. Gestçtzt wurde diese Ûberlegung durch den Vergleich von gesunden Zellen und Tumorzellen von Patienten mit HNPCC: Wåhrend Extrakte aus gesunden Zellen zur Fehlpaarungsreparatur imstande sind, weisen Zellen aus HNPCC-Tumoren eine mangelhafte Fåhigkeit zur DNA-Reparatur auf. Die Analyse der DNA einer groûen Population von HNPCC-Patienten hat Deletionen oder funktionsstærende Mutationen bei einer Reihe von Genen gezeigt, deren Produkte an der Fehlpaarungsreparatur beteiligt sind. Zellen mit einem solchen Defekt sammeln çberall im Genom Sekundårmutationen an.
biert, lieûe sich eine groûe Zahl von Krebserkrankungen mit demselben Agens behandeln. Bevor wir das Thema Genetik von Tumorerkrankungen verlassen, sollte angemerkt sein, dass die hier vorgestellte Sicht der Dinge ± dass Krebs ein Mehrstufenprozess ist, eine allmåhliche Anhåufung einzelner Punktmutationen ± nicht allgemein geteilt wird. Manche Wissenschaftler stehen auf dem Standpunkt, dass die Mutationsrate beim Menschen nicht hoch genug ist, als dass sich im Verlauf eines Menschenlebens hinreichend viele Mutationen ansammeln kænnten, um eine maligne Entwicklung auszulæsen. Sie vertreten vielmehr die Theorie, dass die Karzinogenese durch katastrophale Ereignisse ausgelæst wird, die çber eine absehbare Zahl von Zellteilungen zu einer umfassenden genetischen Instabilitåt fçhren: Mutationen in einem Gen, das an der Replikation oder wie beim HNPCC an der Reparatur von DNA beteiligt ist, kænnen in kçrzester Zeit eine Menge Zellen hervorbringen, die umfassende genetische Instabilitåten zeigen. Einer anderen Hypothese zufolge sind Zellen, die eine gestærte Zellteilung durchlaufen haben und aberrante Chromosomensåtze aufweisen, der wahrscheinlichste Ursprung maligner Tumore. Zum groûen Unglçck fçr Patienten und Wissenschaftler gleichermaûen ist es so gut wie unmæglich, einen Tumor bereits zu entdecken, wenn er erst aus wenigen Zellen besteht. Zu dem Zeitpunkt, an dem man ihn entdeckt, zeigt er in der Regel bereits hochgradige genetische Umordnungen, und es ist schwer zu sagen, ob diese Ursache oder Folge der Tumorentwicklung sind.
! D 7 $ : 9 ! Nun, da wir einige der jçngeren Erkenntnisse zu den genetischen Grundlagen der Tumorentstehung behandelt haben, kænnen Sie ermessen, warum der Kampf gegen den Krebs es mæglicherweise erforderlich macht, dass man die genetische Beschaffenheit von Tumorzellen auf Dauer veråndert. Die Entdeckung, dass viele verschiedene Tumorarten dieselben genetischen Defekte aufweisen ± Verånderungen in den Genen TP53, RB und/oder RAS ± nåhrt die Hoffnung, dass eine ganze Reihe unterschiedlicher Krebserkrankungen womæglich çber denselben Ansatz therapiert werden kænnten. Wenn beispielsweise ein Medikament entwickelt werden kænnte, das die Wirkung von p53 nachahmt oder Ras inhi-
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Neue Strategien der Krebsbehandlung
!/ Neue Strategien der Krebsbehandlung Es ist eine schmerzliche Tatsache, dass die konventionellen Ansåtze zur Behandlung von Krebs ± als da sind Chirurgie, Strahlen- und Chemotherapie ± einen Patienten in vielen Fållen nicht von allen Tumorzellen befreien kænnen. Gegenwårtig låuft eine Vielzahl an klinischen Studien, mit denen ein breites Spektrum an Behandlungsstrategien gegen Krebs getestet werden soll. Bevor ein bestimmtes Pråparat oder ein Verfahren am Menschen getestet wird, muss seine antitumorale Wirkung an Labortieren bewiesen werden. Die meisten Studien werden an einem mutierten Mausstamm durchgefçhrt (Foto in Abb. 1.18 f), der durch sein manipuliertes Immunsystem keine fremden Zellen abstæût. Meist wird den Måusen bei solchen Experimenten ein Stçck menschliches Tumorgewebe unter die Haut transplantiert, und man beobachtet dann das Tumorwachstum unter verschiedenen Behandlungsansåtzen. In den letzten Jahren hat sich mehr und mehr gezeigt, dass dieses weit verbreitete Modellsystem in Bezug auf den Behandlungserfolg weit weniger aussagekråftig ist als zunåchst angenommen. Viele Verfahren, die Labortiere von den transplantierten menschlichen Tumoren befreien, haben sich als weit weniger wirksam erwiesen, wenn man sie am Menschen getestet hat. Ja, die jçngsten veræffentlichten Berichte çber klinische Studien mit neuen innovativen Therapien, die an Labortieren gute Ergebnisse gezeigt haben, haben sich beim Menschen als Enttåuschung erwiesen. Und doch werden gegenwårtig ungeachtet dieser herben Realitåt so viele neue Medikamente und Behandlungsansåtze entwickelt und getestet, dass, was die Verfçgbarkeit neuer Behandlungsmethoden in den nåchsten Jahren betrifft, Grund zu einigem Optimismus besteht. Auch hat es, wie im Folgenden zu erærtern sein wird, bei einigen kleineren klinischen Studien einige bemerkenswerte Erfolge gegeben, die uns in dem Glauben bestårken sollten, dass unsere tief greifenden Einsichten in die Genetik von Krebserkrankungen die Grundlage fçr neue Behandlungsstrategien bilden werden. Die im folgenden Abschnitt diskutierten Strategien zur Tumorbekåmpfung lassen sich in vier Gruppen unterteilen: n solche, die Tumorzellen mit Hilfe von Antikærpern und Immunzellen angreifen, n solche, bei denen man ein Gen einfçhrt, das die Tumorzellen entweder abtætet oder zu normalem Verhalten zurçckfçhrt,
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n solche, bei denen die Aktivitåt tumorfærdernder Proteine gehemmt wird, n solche, bei denen das Wachstum von Blutgefåûen inhibiert wird, die den Tumor mit Nåhrstoffen versorgen wçrden. 16.4.1 Immuntherapie Jeder von uns hat schon einmal von Menschen mit metastasierenden Tumoren gehært oder gelesen, denen man gesagt hat, sie håtten nur noch wenige Monate vor sich, und die allen Prognosen zum Trotz noch Jahre spåter leben und zwar ohne ihren Tumor. Die bestuntersuchten Fålle unter diesen ¹Spontanremissionenª wurden Ende des 19. Jahrhunderts von dem Arzt William Coley dokumentiert. Sein Interesse an dem Thema nahm seinen Anfang im Jahre 1891, als er auf die Krankenakten eines Patienten stieû, der unter einem inoperablen Halstumor gelitten hatte, der sich nach einer subkutanen Streptokokkeninfektion zurçckgebildet hatte. Coley spçrte den Patienten auf und stellte fest, dass er tatsåchlich den Tumor losgeworden war, der noch vor kurzem sein Leben bedroht hatte. Er verbrachte den Rest seines Lebens mit dem Versuch, einen Bakterienextrakt herzustellen, der, wenn man ihn Tumorpatienten injizierte, das Immunsystem der Betroffenen dazu anregen sollte, den Tumor anzugreifen und zu zerstæren. Seine Arbeit hatte durchaus ihre Erfolge, insbesondere in Bezug auf bestimmte seltene Weichteilsarkome. Mag auch die Verwendung des Coleyschen Toxins, wie man es spåter nannte, nie weitreichende Verbreitung erlangt haben, seine Ergebnisse beståtigten die bislang anekdotische Beobachtung, dass der Kærper die Fåhigkeit besitzt, einen Tumor zu zerstæren, auch dann, wenn dieser sich bereits fest etabliert hat. In den letzten Jahren hat man zwei Behandlungsstrategien verfolgt, die mit der Biologie des Immunsystems zu tun haben: die passive Immuntherapie und die aktive Immuntherapie. Die
9 6 ist ein Ansatz, bei dem versucht wird, Krebspatienten zu heilen, indem man ihnen Antikærper als therapeutisches Agens verabreicht. Diese Antikærper erkennen und binden Proteine, die in Bezug auf den anvisierten Tumor eine Schlçsselrolle spielen. Wie in Kap. 18.14 zu erfahren ist, wurde die Methodik zur Produktion von monoklonalen Antikærpern, die imstande sind, ganz spezifisch ein bestimmtes Agens zu binden, Mitte der siebziger Jahre entwickelt. Im Verlauf der ersten zwanzig Jahre
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hatten die Versuche, diese Proteine als therapeutische Agenzien einzusetzen, aus verschiedenen Grçnden eine Menge Rçckschlåge zu verkraften. Einer der wichtigsten war die Tatsache, dass diese Antikærper von Mauszellen produziert und von Mausgenen codiert worden waren. Infolgedessen wurden die Antikærper als fremd erkannt und aus der Blutbahn entfernt, bevor sie Gelegenheit hatten, wirksam zu werden. In Folgeexperimenten brachten die Forscher es fertig, ¹humanisierteª Antikærper herzustellen, die mit Ausnahme eines kleinen Anteils, der das Antigen erkennt, welches ja ¹mausigª bleibt, groûenteils aus menschlichen Proteinen bestanden. In den vergangenen paar Jahren haben Wissenschaftler es fertiggebracht, Antikærper herzustellen, die eine durch und durch menschliche Aminosåuresequenz haben. Bei einem Ansatz hat man gar Måuse genetisch so manipuliert, dass ihr Immunsystem menschliche Antikærpermolekçle hervorbringt. Gegenwårtig sind etwa ein Dutzend monoklonale Antikærper zur Behandlung von Krebs und anderen medizinischen Indikationen zugelassen. Ûber hundert andere werden getestet. Herceptin ist ein menschlicher Antikærper, der sich gegen einen Zelloberflåchenrezeptor (Her2) richtet, an den ein Wachstumsfaktor bindet, der die Proliferation von Brustkrebszellen anregt. Man nimmt an, dass Herceptin die Aktivierung des Rezeptors durch den Wachstumsfaktor inhibiert und die Rezeptorinternalisierung stimuliert (Kap. 8.8). Etwa 30% aller Mammatumoren bestehen aus Zellen, die das HER2-Gen çberexprimieren und dadurch auf Wachstumsfaktoren besonders bereitwillig reagieren. Klinische Studien haben gezeigt, dass Herceptin bei einem betråchtlichen Teil dieser Patientinnen entweder allein oder in Kombination mit einer Chemotherapie das Tumorwachstum wirksam verlangsamt. Gegenwårtig ist der wirksamste humanisierte Antikærper Rituxan, das 1997 zur Behandlung des NonHodgkin-B-Zell-Lymphoms zugelassen worden war. Rituxan bindet an das Zelloberflåchenprotein CD20, das bei etwa 95% aller Fålle auf der Oberflåche maligner B-Zellen exprimiert wird. Die Bindung des Antikærpers an CD20 inhibiert das Zellwachstum und veranlasst die Zelle zur Apoptose. Zwar wirkt der Antikærper auch, wenn er allein verabreicht wird, weit hæher ist seine Effizienz jedoch in Kombination mit einer Chemotherapie. Die Einfçhrung dieses Antikærpers hat die Aussichten fçr Patienten mit dieser Form von Krebs entscheidend verbessert. Patienten, die sich zuvor mit einer ausgesprochen schlechten Prognose konfrontiert sahen, haben heutzutage extrem gute Chancen auf eine vællige
Rçckbildung ihres Tumors. Gegenwårtig wird eine neue Generation von Antikærpern entwickelt, bei denen der Antikærper mit einem radioaktiven Atom oder einer toxischen Verbindung konjugiert wird. Ziel ist, den Komplex mit Hilfe des Antikærpers zu den Tumorzellen zu dirigieren, damit die radioaktive Verbindung oder das Toxin diese abtæten kænnen. Die 9 (oder 9) 6 ist ein Ansatz, bei dem versucht wird, das Immunsystem des Patienten stårker an der Bekåmpfung der Tumorzellen im eigenen Kærper zu beteiligen. Das Immunsystem hat sich im Laufe der Evolution entwickelt, um kærperfremde Substanzen zu erkennen und zu zerstæren, Tumoren aber gehen aus kærpereigenen Zellen hervor. Obwohl viele Tumorzellen Proteine enthalten (Telomerase zum Beispiel), die von ihren normalen Gegenstçcken nicht exprimiert werden, oder mutierte Proteine (wie Ras), die sich von den Versionen normaler Zellen unterscheiden, sind sie dennoch im Grunde Wirtsproteine in Wirtszellen. Infolgedessen erkennt das Immunsystem sie in vielen Fållen nicht als ¹unpassendª. Und selbst wenn der Patient Immunzellen (T-Zellen) besitzt, die diese tumorassoziierten Antigene erkennen, so verfçgen die meisten Tumorzellen doch çber Mechanismen, die es ihnen ermæglichen, der Zerstærung durch das Immunsystem zu entgehen. Man hat zahlreiche verschiedene Strategien entworfen, um diesem Umstand zu begegnen und das Immunsystem zu einer heftigeren Abwehr gegen Tumorzellen zu veranlassen. Bei den meisten solcher Studien entnimmt man den Patienten Immunzellen, isoliert sie, stimuliert sie auf die eine oder andere Weise, låsst sie in Kultur proliferieren und injiziert sie dann erneut dem Patienten. Viele Jahre hindurch haben die klinischen Studien, die sich dieses Ansatzes bedienten, eher enttåuschende Ergebnisse zu verzeichnen gehabt, neuere Veræffentlichungen aber berechtigen zu vorsichtigem Optimismus. In vielen dieser Untersuchungen hat ein betråchtlicher Teil der Patienten eine positive Reaktion auf diese Art der Behandlung gezeigt, d. h. die Tumoren haben sich entweder ganz zurçckgebildet, sind in Græûe und Ausdehnung geschrumpft oder haben zumindest aufgehært zu wachsen. In jedem dieser Fålle stellt sich die Kardinalfrage: Warum sprechen die einen Patienten so gut an, andere hingegen çberhaupt nicht? Um diese Frage zu beantworten, mçssen die Wissenschaftler mehr çber die Eigenschaften der Tumoren lernen, die auf die Behandlung ansprechen bzw. dies nicht tun. Diese Art Fragen ist ein Fall fçr den Einsatz von DNAMikroarrays (Kap. 16.3), mit deren Hilfe man
herausfinden kann, welche Gene in einem bestimmten Tumor exprimiert werden und welche nicht. Hinzu kommt, dass es in vielen Fållen schwierig sein kann, diese klinischen Studien zu interpretieren, da sie in der Regel an Patienten durchgefçhrt werden, bei denen die Krankheit bereits weit fortgeschritten ist und alle anderen Mæglichkeiten erschæpft sind. Die Immuntherapie sollte bei Patienten mit weniger weit fortgeschrittenen Tumoren bessere Ergebnisse zeitigen, doch diese werden in solche Studien meist nicht mit einbezogen. Dessen ungeachtet sollten wir, wenn mehr und mehr Studien ausgewertet sind, einiges darçber lernen, bei welchen Behandlungsprotokollen mit positiven Reaktionen zu rechnen ist und hoffentlich irgendwann dahin gelangen, dass wir die aktive Immuntherapie zu einer realistischen Waffe im Kampf gegen den Krebs machen. Das letzte Ziel der Krebsforschung bestçnde wohl darin, immunpråventive Strategien zu entwickeln, bei denen Menschen mit Antigenen geimpft werden, welche die Entstehung von lebensgefåhrlichen Tumoren ganz und gar verhindern. !/$ entherapie Die Gentherapie ist eine Form der Behandlung, bei welcher der Genotyp des Patienten durch das Hinzufçgen, Ausschalten oder Veråndern eines bestimmten Gens veråndert wird. Als man anfing, çber die Gentherapie nachzudenken, ging man davon aus, dass Erbkrankheiten wie Mukoviszidose (cystische Fibrose) und Muskeldystrophie am ehesten als Kandidaten in Frage kåmen, weil diese Krankheiten sich korrigieren lassen mçssten, indem man in die Zellen der betroffenen Gewebe und Organe ein normales Gen einfçhrt (Kap. 4, ¹Aus Sicht des Menschenª). In den letzten Jahren hat sich das Gewicht bei der Entwicklung von Gentherapien auf die Behandlung von Krebs verlagert. Wir haben in diesem Kapitel gesehen, dass Tumorzellen funktionstçchtige Tumorsuppressor-Gene fehlen, deren Produkte in einer normalen Zelle das Wachstum kontrollieren. So wie sich Mukoviszidosezellen durch die Einfçhrung eines Wildtyp-CF-Gens zu normalen Zellen umwandeln lassen sollten, mçsste sich eine Tumorzelle wieder in den nichtmalignen Zustand versetzen lassen, indem man ihr ein Wildtyp-Tumorsuppressor-Gen wie p53 einpflanzt. Das Wildtyp-Gen kann durch Infektion mit einem genmanipulierten Virus in die Tumorzellen eingebracht werden. Man hat bereits zeigen kænnen, dass Viren, die in ihrem Genom p53
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enthalten, sowohl in Kultur als auch bei Labortieren maligne Zellen wieder zu normalem Wachstum veranlassen kænnen. Zwei Phase-IIStudien sind abgeschlossen, bei denen man Patienten mit wiederkehrenden Kopf- und Halstumoren p53-enthaltende Adenoviren (Adnexin) direkt ins Tumorgewebe injiziert hat. Die Behandlung verlångerte die durchschnittliche Ûberlebensdauer der Patienten deutlich und ohne toxische Nebenwirkungen, eine dauerhafte Heilung wurde allerdings nicht erreicht. 16.4.3 Hemmung der Aktivitåt krebsfærdernder Proteine Krebszellen verhalten sich, wie wir es von ihnen kennen, weil einige der Proteine, die sie enthalten, entweder in abnormen Konzentrationen vorliegen oder eine abnorme Aktivitåt zeigen. Eine Reihe dieser Proteine ist in Abb. 16.20 aufgefçhrt. Wenn man es fertig bråchte, die Aktivitåt dieser Proteine selektiv zu blockieren, sollte es mæglich sein, das unkontrollierte Wachstum und die invasiven Eigenschaften maligner Zellen aufzuhalten. Mit diesem Ziel vor Augen haben Wissenschaftler ein wahres Arsenal an Verbindungen mit geringem Molekulargewicht geschaffen, welche die Aktivitåt krebsfærdernder Proteine inhibieren. Einige dieser Pråparate hat man maûgeschneidert, um ein ganz bestimmtes Protein zu inhibieren (Kap. 2, ¹Aus Sicht des Menschenª), andere hingegen wurden bei der routinemåûigen Sichtung groûer Mengen an synthetisch hergestellten Verbindungen aus der Pharmaindustrie gefunden. Mehrere dieser Verbindungen scheinen einigermaûen vielversprechend, was die Wachstumshemmung verschiedener Arten von Tumoren angeht, und eine darunter war von bislang unerreichtem Erfolg bei klinischen Studien an Patienten mit chronischer myeloischer Leukåmie (CML). Oben war bereits die Rede davon, dass bestimmte Arten von Krebs durch bestimmte Chromosomentranslokationen verursacht werden. CML wird durch eine Translokation verursacht, die ein Proto-Oncogen (!&,) mit einem anderen Gen (&"-) zu einem chimåren Gen vereint. Blutbildende Zellen, die diese Translokation aufweisen, zeigen eine massive Abl-Kinase-Aktivitåt, welche die Zellen zu unkontrollierter Vermehrung veranlasst und den Prozess der Tumorgenese einleitet. Man hat eine Verbindung namens Gleevec gefunden, welche die Abl-KinaseAktivitåt spezifisch hemmt, indem sie an die inaktive Form des Proteins bindet und so dessen Phosphorylierung durch andere Kinasen verhin-
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dert. Die Phosphorylierung aber wåre die Voraussetzung fçr die Aktivierung. Die ersten klinischen Studien mit Gleevec waren bemerkenswert erfolgreich und fçhrten bei fast allen CMLPatienten, denen man eine hinreichend hohe Dosis verabreichen konnte, zur Remission. Auûerdem hatte das Medikament nur åuûerst geringfçgige Nebenwirkungen. Das Pråparat wurde rasch zugelassen und ist seit mehreren Jahren im Einsatz. Patienten, die sich bei der Erstbehandlung mit Gleevec im fortgeschrittenen Krankheitsstadium befanden, entwickelten allerdings nach ein paar Monaten eine Resistenz gegen das Medikament. Diese Resistenz kann ihre Ursache entweder in Mutationen im ABL-Anteil des fusionierten Gens haben oder in einer Amplifikation des ABL-Gens. Patienten hingegen, die man in frçhen Krankheitsstadien hat behandeln kænnen ± wenn die Tumorzellpopulation noch nicht so stark angewachsen ist ± scheinen in Remission zu bleiben. Diese Untersuchung beståtigt, dass Oncogene lohnende Angriffsziele fçr therapeutische Chemikalien darstellen. Sie demonstriert auch, dass ¹altmodischeª Enzyminhibitoren bei der Behandlung von Krebs womæglich eine bedeutsame Rolle spielen werden, insbesondere dann, wenn sie in einer Kombination verabreicht werden, die gleichzeitig mehrere aberrante Proteine angreift. !/ Hemmung der Blutgefåûbildung (Angiogenese) Wenn ein Tumor an Græûe zunimmt, stimuliert er die Bildung neuer Blutgefåûe, ein Prozess, den man als Angiogenese bezeichnet. Benætigt werden die Blutgefåûe zur Nåhrstoffversorgung der rasch
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wachsenden Tumorzellen und zur Entsorgung ihrer Abfallprodukte. Auûerdem liefern sie den Zellen ein Verbreitungssystem, çber das entartete Zellen an andere Stellen des Kærpers gelangen und sich dort ansiedeln kænnen. Im Jahre 1971 åuûerte Judah Folkman von der Harvard University die Ûberlegung, dass es mæglich sein mçsste, solide Tumoren zu zerstæren, wenn man ihnen die Fåhigkeit nimmt, das Wachstum neuer Blutgefåûe anzuregen. Nach einem Vierteljahrhundert des relativen Schattendaseins hat sich diese Idee inzwischen zu einer vielversprechenden Strategie der Tumorbekåmpfung gemausert. Tumorzellen færdern die Angiogenese, indem sie Wachstumsfaktoren sezernieren, unter anderem VEGF, der auf die Endothelzellen der umgebenden Blutgefåûe wirkt und diese zur Teilung und zur Bildung neuer Blutgefåûe anregt. So wie es Substanzen gibt, welche die Angiogenese stimulieren, gibt es auch solche, welche sie inhibieren. Man hat eine Reihe natçrlicher Inhibitoren wie Endostatin und Thrombospondin identifiziert, die meisten Angiogenese-Inhibitoren aber wurden gentechnisch hergestellt, darunter Antikærper und synthetische Verbindungen, die sich gegen Integrine, Wachstumsfaktoren und Wachstumsfaktor-Rezeptoren richten, sowie der Wirkstoff Thalidomid (der durch die von ihm verursachten angeborenen Missbildungen in den 1950er Jahren traurige Berçhmtheit erlangt hat). Vorklinische Untersuchungen an Måusen und Ratten lieûen darauf schlieûen, dass Angiogenese-Inhibitoren das Tumorwachstum mæglicherweise wirksam wçrden verhindern kænnen. Und ebenso wichtig: Tumoren, die man mit diesen Inhibitoren behandelte, wurden bei mehrfacher Anwendung des Wirkstoffs nicht resistent. Gegen die herkæmmlichen Chemotherapeutika ent-
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wickeln Tumorzellen Resistenzen, weil sie aufgrund ihrer genetischen Instabilitåt leicht zu resistenten Formen werden kænnen. AngiogeneseInhibitoren hingegen zielen auf normale genetisch stabile Endothelzellen, die fçr vorhandene Agenzien ansprechbar bleiben. Hinzukommt, dass die Angiogenese kein Vorgang ist, der normalerweise beim Erwachsenen ablåuft, so dass diese Inhibitoren nicht mit normalen physiologischen Ablåufen interferieren. Die Hemmung der Blutgefåûbildung in menschlichen Tumoren ist nicht ganz so leicht zu erreichen, wie man nach den Untersuchungen an Måusen erwarten wçrde. Schåtzungsweise 80 antiangiogene Agenzien werden gegenwårtig an çber 10000 Patienten in klinischen Studien getestet. Bislang hat man die besten Ergebnisse mit dem humanisierten Antikærper Avastin erzielt, der gegen VEGF gerichtet ist. Mehrere Phase-II-Erprobungen von Avastin ± bei Patienten mit Lungen-, Brust-, Nieren- und Dickdarmtumoren ± deuten darauf hin, dass der Antikærper offenbar imstande ist, das Leben von Patienten im fortgeschrittenen Krankheitsstadium zu verlångern. Die Ergebnisse einer Phase-II-Studie aus dem Jahre 2003 waren weniger eindeutig. Bei einer Studie an Patientinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs hatte Avastin keinerlei Einfluss auf die Lebenserwartung. Bei einer anderen Studie an 800 Patienten mit metastasierendem Darmkrebs hingegen zeigte die Kontrollgruppe (Patienten, die man mit einer konventionellen Chemotherapie und einem Placebo behandelt hatte) eine durchschnittliche Ûberlebensdauer von 15,6 Monaten, wåhrend diejeni-
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gen, die mit einer Kombination aus Chemotherapie und Avastin behandelt worden waren, im Durchschnitt 20,3 Monate çberlebten. Auch wenn das alles andere ist als eine Heilung, stellt es fçr Patienten mit fortgeschrittenem Darmkrebs doch einen betråchtlichen Fortschritt dar, in jedem Falle ist es eine Basis zur weiteren Erforschung dieser Art von Therapie. Gegenwårtig besteht die beste Strategie gegen Krebs noch immer in der frçhen Diagnose. Derzeit wird eine Reihe von flåchendeckenden Programmen durchgefçhrt, unter anderem Mammographien zur Frçherkennung von Brustkrebs, Vaginalabstriche fçr Zervikalkarzinome, PSABestimmungen fçr Prostatakrebs und Coloskopien beim Verdacht auf Darmkrebs. Man hofft, dass sich in den nåchsten Jahren aufgrund der Fortschritte in der Proteomforschung neue Screeningmethoden ergeben werden, die sich auf die relative Konzentration bestimmter Proteine im Blut stçtzen. Dieser Ansatz wurde in Kap. 2, ¹Aus Sicht des Menschenª etwas ausfçhrlicher erlåutert. Auch Fortschritte in der Genomforschung werden der Frçherkennung dienlich sein, indem sie jeden einzelnen von uns darçber informieren, mit welcher Art von Krebs wir am ehesten zu rechnen haben. Fçr Frauen, deren Familiengeschichte darauf schlieûen låsst, dass sie mæglicherweise Mutationen im &-"!.-Gen aufweisen und demzufolge besonders brustkrebsgefåhrdet sind, gibt es bereits Gentests. Je eher ein Tumor entdeckt wird, umso græûer die Ûberlebenschance, folglich kænnten Testverfahren wie diese einen bedeutenden Beitrag zur Senkung der Sterblichkeit bei Krebs leisten.
Experimentelle Verfahren
Die Entdeckung der Oncogene Im Jahre 1911 veræffentlichte Peyton Rous vom Rockefeller Institute for Medical Research einen Artikel von weniger als einer Seite Långe (er teilte sich die Seite mit einer Anmerkung zur Behandlung von Syphilis), der von der wissenschaftlichen Welt so gut wie unbeachtet blieb. Und dennoch gab dieser Artikel einige der weitsichtigsten Beobachtungen auf dem Gebiet der Zell- und Molekularbiologie zu Protokoll.1 Rous hatte an einem Sarkom bei Hçhnern gearbeitet, das sich von einer Henne zur anderen verbreiten lieû, indem man einem Wirtstier vom selben Stamm Stçckchen von
Tumorgewebe injizierte. In diesem Artikel beschrieb Rous eine Reihe von Experimenten, welche die Vermutung nåhrten, dass der Tumor von einem Tier zum anderen durch ein ¹filtrierbares Virusª çbertragen werden kænne, ein Begriff, der etwa ein Jahrzehnt zuvor geprågt worden war zur Beschreibung von pathogenen Agenzien, die klein genug waren, Filter zu passieren, die sich fçr Bakterien als undurchlåssig erwiesen hatten. Bei seinen Experimenten entnahm Rous Tumoren aus der Hçhnchenbrust, zerkleinerte sie zusammen mit sterilem Sand im Mærser, zentrifugierte die Gewebepartikel zum Pellet (Bodensatz), entnahm den Ûberstand und filt-
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rierte ihn unter Druck durch Filter verschiedener Porengræûe, darunter solche, die klein genug waren, um Bakterien am Durchtritt zu hindern. Dann injizierte er das Filtrat einer weiteren Henne in den Brustmuskel und stellte fest, dass ein Groûteil der solchermaûen infizierten Hçhner einen Tumor entwickelte. Das von Rous 1911 identifizierte Virus ist ein RNA-Virus. Ende der 1960er Jahre wurden åhnliche Viren im Zusammenhang mit Mammatumoren und Leukåmien bei Nagern und Katzen gefunden. Man hatte Måuseståmme gezçchtet, die mit sehr groûer Håufigkeit bestimmte Tumore entwickelten. Man konnte in den Tumorzellen und auf ihrer Oberflåche RNA-Viruspartikel erkennen, Abb. 1 zeigt eines, das sich soeben von der Zelloberflåche abschnçrt. Es war klar, dass die Gene, die bei diesen Inzucht-Måuseståmmen die Tumore verursachten, vertikal weitergegeben wurden, d. h. çber das befruchtete Ei von der Mutter auf die Nachkommen, so dass die adulten Tiere jeder Generation unweigerlich diesen Tumor entwickeln mussten. Diese Untersuchungen lieferten den Beweis dafçr, dass das virale Genom çber die Gameten ererbt und dann durch Mitose von einer Zelle auf die andere weitergegeben werden kann, ohne dass dies auf die Zellen irgendeinen erkennbaren Einfluss hat.
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Das Vorhandensein ererbter viraler Genome ist jedoch keine Besonderheit, die gezçchteten Labortieren vorbehalten ist, sondern man hat zeigen kænnen, dass wildlebende Måuse, die man mit chemischen Karzinogenen behandelt hat, Tumoren entwickeln, die in vielen Fållen Antigene enthalten, wie sie fçr RNA-Tumorviren charakteristisch sind, und elektronenmikroskopisch sichtbare Viruspartikel aufweisen. Eine der Kardinalfragen im Zusammenhang mit der vertikalen Weitergabe von RNA-Tumorviren lautete, ob das Virusgenom als freies RNA-Molekçl von den Eltern auf die Nachkommen çbergeht oder ob es irgendwie ins Genom der Wirtszelle integriert ist. Nach allem, was man wusste, war fçr die Infektion und Transformation von Zellen durch RNA-Viren die Synthese von DNA vonnæten. Howard Temin von der University of Wisconsin mutmaûte, dass die Replikation des Genoms von RNA-Tumorviren çber ein DNA-Zwischenprodukt ± ein Provirus ± verlaufen kænnte, das dann als Vorlage fçr die Synthese der viralen RNA dienen sollte. Dieses Modell aber setzte ein einzigartiges Enzym voraus ± eine RNAabhångige DNA-Polymerase ± die man bislang in keinem einzigen Zelltyp gefunden hatte. Im Jahre 1970 schlieûlich wurde ein Enzym mit genau diesen Eigenschaften unabhångig voneinander von David Baltimore vom Massachusetts Institute of Technology und von Temin und Satoshi Mizutani gefunden.2,3 Baltimore untersucht die Virionen (die reifen Viruspartikel) von zwei RNA-Tumorviren: dem Rauscher-Maus-Leukåmie-Virus (R-MLV) und dem Rous-Sarkom-Virus RSV. Eine aufgereinigte Viruspråparation wurde unter Bedingungen und mit Substanzen inkubiert, welche die Aktivitåt einer DNA-Polymerase stimulieren mussten ± unter anderem mit Mg2+ (oder Mn2+), NaCl, Dithiothreitol (das die -SH-Gruppen des Enzyms vor Oxidation schçtzt) und såmtlichen vier Desoxyribonucleosidtriphosphaten, von denen eines (TTP) radioaktiv markiert worden war. Der markierte Precursor wurde unter diesen Bedingungen der Pråparation in ein såureunlæsliches Produkt eingebaut, das alle Eigenschaften von DNA aufwies (Tabelle 1). Wie fçr DNA typisch, wurde das Reaktionsprodukt durch die Behandlung mit Desoxyribonuclease aus dem Pankreas oder durch Mikrokokken-Nuclease såurelæslich (was darauf schlieûen lieû, dass es zu Endprodukten von geringem Molekulargewicht abgebaut worden war), bei der Behand-
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lung mit pankreatischer Ribonuclease und alkalischer Hydrolyse hingegen (die RNA angreifen, s. Tabelle 1) blieb es unversehrt. Man stellte fest, dass das DNA-polymerisierende Enzym zusammen mit den reifen Viruspartikeln sedimentierte, und das lieû darauf schlieûen, dass es Bestandteil der Virionen war und nicht von der Wirtszelle zur Verfçgung gestellt wurde. Und wåhrend das Produkt gegen Pankreas-Ribonuclease unempfindlich war, reagierte die Vorlage åuûerst empfindlich auf dieses Enzym (Abb. 2), insbesondere wenn man die Virionen vor der Zugabe der anderen Komponenten zum Reaktionsgemisch mit Ribonuclease vorbehandelte (Abb. 2, Kurve 4). Diese Beobachtungen stårkten die Vermutung, dass die virale RNA die Vorlage fçr die Synthese einer DNA-Kopie bildeten, die ihrerseits vermutlich die Vorlage fçr die Synthese von weiteren viralen RNA-Molekçlen fçr die Infektion und Transformation von Zellen lieferte. Es war jedoch nicht allein damit getan, dass diese Experimente eindeutig dafçr sprachen, dass die Transformation von Zellen durch RNA-Tumorviren çber ein DNA-Zwischenprodukt verlief, sondern sie warfen zugleich ein lange bestehendes, ursprçnglich von Francis Crick formuliertes, Konzept çber den Haufen, das man als zentrales Dogma der Molekularbiologie bezeichnet hatte und demzufolge der Informationsfluss einer Zelle stets von der DNA zur RNA und dann zum Protein fçhrte. Die RNAabhångige DNA-Polymerase bekam daraufhin den Namen Reverse Transkriptase. Im Laufe der 1970er Jahre wandte sich die Aufmerksamkeit der Identifizierung der fçr
n Abb. 2. ( ;(& ( X/9Y,,# & B #&! 2 # I ; ? . & ( ' ' ( ; +? < ,,## ' 2 ! ,?#1 ' .< ; " ' 1< ! &! ; ( ( X/9Y,,# :0 ? ( " ' 0< ; ; " ' /< ( ( X/9Y,,# ; ( +2 < +5JA01 2 ::H<5:50 K 5JA0 ? ?! 1
die Transformation verantwortlichen Gene von Tumorviren und den Wirkmechanismen ihrer Genprodukte zu. Genetische Analysen zeigten, dass sich mutierte Virusståmme isolieren lieûen, die zwar noch çber die Fåhigkeit verfçgten, in Wirtszellen zu wachsen, aber eine Zelle nicht mehr so transformieren konnten, dass sie maligne wurde.4 Daher stand anzunehmen, dass die Fåhigkeit zur Transformation in einem definierten Teil des Virusgenoms fixiert war. Diese Einsichten bereiteten den Boden fçr eine Reihe von Artikeln von Harold Varmus, J. Michael Bishop, Dominique Stehelin und ihren Mitarbeitern an der University of California in San Francisco. Die Wissenschaftler begannen, mutierte Ståmme des ! ; ASV zu isolieren, bei denen 10±20% ihres Ge-
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noms deletiert waren, so dass die Viren weder Sarkome bei Hçhnern auszulæsen noch Fibroblasten in Kultur zu transformieren vermochten. Das fçr die Transformation verantwortliche Gen, das diesen Mutanten fehlte, nannten sie (nach dem englischen ). Um die DNA zu isolieren, die den deletierten Regionen dieser Virusgenome fehlte und auf der man die fçr die Transformation verantwortlichen Gene vermutete, ging man folgendermaûen vor:5 Man verwendete die RNA aus dem Genom intakter (oncogener) Viren als Vorlage zur Herstellung einer radioaktiv markierten einzelstrångigen komplementåren DNA (cDNA) mithilfe der Reversen Transkriptase. Die markierte DNA (die als Fragment vorlag) wurde an RNA aus einer der Deletionsmutanten hybridisiert. DNA-Fragmente, die nicht an diese RNA hybridisierten, mussten zu dem Teil des Genoms gehæren, der den Mutanten fehlte und daher Sitz der Gene sein, die ein Virus zur Transformation befåhigten. Die nicht hybridisierten DNA-Fragmente wurden daher çber eine Såule von den DNA-RNA-Hybriden getrennt. Mit dieser Strategie konnte eine DNASequenz isoliert werden, der man den Namen cDNAsarc gab, und die etwa 16% des viralen Genoms umfasste (1600 Nucleotide aus einer Gesamtlånge von 10 000 Nucleotiden). Die isolierte cDNAsarc erwies sich als hæchst nçtzliches Instrument. Zunåchst einmal konnte man zeigen, dass diese markierte cDNA an DNA aus einer Vielzahl von Geflçgelarten (Hçhnchen, Truthahn, Wachtel, Ente und Emu) bindet; dies besagte, dass die Genome dieser Vægel eine DNA-Sequenz enthalten mussten, die der von eng verwandt ist.6 Diese Ergebnisse lieferten den ersten starken Hinweis darauf, dass ein Gen, das in einem transformierenden Tumorvirus enthalten ist, auch in der DNA von normalen (nicht infizierten) Zellen vorkommt und daher vermutlich Teil des normalen Zellgenoms sein muss. Dies wiederum bedeutete, dass die transformierenden Gene des viralen Genoms (die Oncogene) keine echten Virengene sind, sondern vielmehr zellulåre Gene, die im Verlauf einer vorhergegangenen Infektion von RNA-Tumorviren aufgenommen worden waren. Der Besitz dieses Gens von zellulårer Herkunft verleiht dem Virus allem Anschein nach die Fåhigkeit, eben jene Zellen, in denen das Gen normalerweise zu finden ist, zu transformieren. Die Tatsache, dass die -Sequenz in allen untersuchten Vogelarten vorhanden ist, lieû çber-
dies vermuten, dass das Gen im Laufe der Evolution konserviert worden war, und das lieû den Schluss zu, dass es irgendeine fundamentale zellulåre Aktivitåt steuern musste. In einer anschlieûenden Untersuchung wurde gezeigt, dass cDNAsarc an DNA såmtlicher Vertebratenklassen bindet, auch an die von Såugetieren, nicht aber an die von Seeigeln, Taufliegen und Bakterien. Daraus lieû sich schlieûen, dass das -Gen nicht nur in der RNA des ASV-Genoms und im Genom der von ihm infizierbaren Hçhnchenzellen vorhanden war, sondern dass auch die DNA entfernt verwandter Wirbeltiere ein homologes Gen enthielt, was wiederum hieû, dass dieses eine wichtige Funktion in den Zellen aller Vertebraten innehaben musste.7 Diese Befunde warfen eine Reihe von Fragen auf, darunter: (1) Worin besteht die Funktion des -Genprodukts? (2) Wie veråndert das Fehlen des viralen -Gens (v-) das Verhalten einer normalen Zelle, die ja bereits eine Kopie des zellulåren (c-src) enthålt? Das Produkt des -Gens wurde erstmals identifiziert von Ray Erikson und seinen Mitarbeitern an der University of Colorado, die hierzu zwei unabhångige Verfahren anwendeten: die Fållung des Proteins aus den Extrakten transformierter Zellen mit Hilfe von Antikærpern aus RSV-infizierten Tieren und die Synthese des Proteins in einem zellfreien Proteinsynthesesystem, wobei das isolierte virale Gen als Vorlage diente. Vermittels dieser Methoden stellte man fest, dass das Genprodukt von ein Protein mit einem Molekulargewicht von 60 000 ist, und gab ihm den Namen pp60src.8 Inkubierte man pp60src mit [32P]ATP, wurden die schweren Ketten der IgG-Antikærper, die fçr die Immunpråzipitation verwendet worden waren, mit radioaktiv markierten Phosphatgruppen versehen. Aus dieser Beobachtung ging hervor, dass das -Gen ein Protein kodiert, das Kinase-Aktivitåt hat.9 Wenn man mit ASV infizierte Zellen fixierte, Schnitte von ihnen anfertigte und diese mit ferritingekoppelten Antikærpern gegen pp60src inkubierte, sah man, dass die Antikærper sich auf der dem Cytoplasma zugewandten inneren Oberflåche befanden, und konnte demnach annehmen, dass das -Genprodukt dort seinen Sitz haben musste (Abb. 3).10 Dies waren die ersten Untersuchungen zur Klårung der Funktion eines Oncogens. Eine Proteinkinase ist genau die Art von Genprodukt, von der man erwarten wçrde, dass sie
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transformierend wirken kann, denn sie reguliert die Aktivitåten einer ganzen Reihe anderer Proteine, wobei jedes von diesen bei dem einen oder anderen wachstumsassoziierten zellulåren Prozess eine kritische Rolle spielen kann. Bei der weiteren Analyse der Rolle des -Genprodukts stieû man auf eine unerwartete Beobachtung: Im Unterschied zu allen anderen Proteinkinasen, deren Funktion man bis dahin untersucht hatte, çbertrug pp60src seine Phosphatgruppen statt auf Serin- und Threoninreste auf die Tyrosinreste seiner Substrat-
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proteine.11 Dass es phosphorylierte Tyrosinreste gab, war bis dahin der Aufmerksamkeit entgangen, denn phosphorylierte Serin- und Threoninreste kommen in Zellen schåtzungsweise 3000-mal håufiger vor als Phosphotyrosin. Zudem sind Phosphotyrosin und Phosphothreonin mit herkæmmlichen elektrophoretischen Methoden nur schwer voneinander zu trennen. Und nicht nur das virale Gen (v-) codierte eine Tyrosinkinase, sondern auch die zellulåre Version des Gens, c-. Die Anzahl der phosphorylierten Tyrosinreste in den Proteinen RSV-transformierter Zellen aber war achtmal so hoch wie die in den Kontrollzellen. Daraus låsst sich schlieûen, dass die virale Version des Gens die Transformation bewirkt, weil sie auf einem hæheren Aktivitåtsniveau arbeitet als die zellulåre. Die Ergebnisse aus den Untersuchungen an RSV lieferten somit erste Hinweise darauf, dass eines der Schlçsselereignisse bei der Transformation einer normalen Zelle in eine maligne womæglich die Aktivitåtserhæhung eines Oncogenproduktes sein kænnte. Bald darauf fand man heraus, dass der maligne Phånotyp auch erreicht werden konnte, wenn sich die Nucleotidsequenz des Oncogens verånderte. Eine entscheidend wichtige Eingangsuntersuchung zu dieser Frage stammt von Robert Weinberg und seinen Mitarbeitern vom Massachusetts Institute of Technology; sie bedienten sich der Methode der DNA-Transfektion.12 Weinberg begann seine Untersuchungen, indem er von Mauszellen, die er mit karzinogenen Substanzen behandelt hatte, 15 verschiedene Zelllinien ableitete. Diese Zellen waren also maligne, ohne mit Viren in Kontakt gekommen zu sein. Aus jeder dieser Zelllinien wurde DNA extrahiert, die verwendet wurde, um einen bestimmten Typ von nicht malignen Fibroblasten, so genannte NIH3T3-Zellen, zu transfizieren. NIH3T3-Zellen wurden fçr diese Versuche ausgewåhlt, weil sie fremde DNA mit hoher Effizienz aufnehmen und sich hæchst bereitwillig transformieren lassen. Nach der Transfektion mit DNA aus Tumorzellen lieû man die Kulturen wachsen und durchsuchte die Kulturen auf Zellklumpen (Foci) aus Zellen, die durch die zugefçgte DNA transformiert worden waren. Fçnf von den fçnfzehn getesteten Zelllinien lieferten DNA, die imstande war, die NIH3T3-Empfångerzellen zu transformieren. DNA aus normalen Zellen ging diese Fåhigkeit ab. Diese Ergebnisse bewiesen, dass karzinogene Chemika-
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lien Verånderungen in der Nucleotidsequenz von Genen hervorrufen kænnen, die den verånderten Genen die Fåhigkeit verleihen, andere Zellen zu transformieren. Zellulåre Gene lieûen sich demnach also auf zwei verschiedene Arten zu Oncogenen konvertieren: indem sie entweder sich in das Genom eines Virus integrierten, oder indem sie sich durch karzinogene Chemikalien veråndern lieûen. Bis zu diesem Zeitpunkt waren såmtliche Untersuchungen çber krebserzeugende Gene an Måusen, Hçhnchen oder anderen Organismen durchgefçhrt worden, deren Zellen leicht transformierbar sind. Im Jahre 1981 schlieûlich wandte sich die Aufmerksamkeit menschlichen Tumoren zu: Es konnte gezeigt werden, dass DNA, die man aus menschlichen Tumorzellen isoliert hatte, nach der Transfektion in NIH3T3-Zellen (aus der Maus) diese transformierten.13 Von den 26 verschiedenen Tumoren, die in dieser Studie untersucht worden waren, lieferten zwei DNA, die in der Lage war, Mausfibroblasten zu transformieren. In beiden Fållen war die DNA aus Zelllinien extrahiert worden, die man aus einem Blasenkarzinom gezogen hatte (man gab ihnen die Namen EJ und J82). Umfassende Anstrengungen wurden unternommen, um herauszufinden, ob die Gene nicht aus einem Tumorvirus stammten, aber es lieûen sich keinerlei Hinweise darauf finden, dass man es mit viraler DNA zu tun hatte. Aus diesen Befunden ging erstmals hervor, dass manche menschlichen Krebszellen auch ohne vorhergehenden Viruskontakt ein aktiviertes Oncogen enthalten, das sich auf andere Zellen çbertragen låsst und diese transformiert. Der Befund, dass Krebs sich çber DNAFragmente von einer Zelle auf die andere çbertragen lieû, legte den Grundstein fçr die Suche nach zellulåren Genen, die im Falle einer Aktivierung durch Mutation oder andere Mechanismen eine Zelle dazu veranlassen kænnen, maligne zu werden. Dazu war es zunåchst nætig, die von den Zellen aufgenommene transformierende DNA zu isolieren, danach konnte man sie auf das Vorhandensein krebserzeugender Allele analysieren. Innerhalb von zwei Monaten konnten 1982 drei verschiedene Labors die Isolierung und Klonierung eines zunåchst nicht identifizierten Gens bekannt geben, das aus den Zellen eines menschlichen Blasentumors gewonnen und imstande war, NIH3T3-Zellen zu transformieren.14±16 Sobald man das transformierende Blasenkrebsgen in der Hand hatte, bestand der
nåchste logische Schritt in der Frage, ob dieses mæglicherweise irgendeine Verwandtschaft zu den Oncogenen aus RNA-Tumorviren aufweisen wçrde. Wieder erschienen innerhalb von drei Monaten drei Artikel aus drei verschiedenen Labors, die alle Øhnliches berichteten.17±19 Alle drei zeigten, dass das Oncogen aus menschlichen Blasentumoren, das imstande war, NIH3T3-Zellen zu transformieren, dasselbe Oncogen () war, das auch im HarveySarkom-Virus, einem RNA-Tumorvirus bei Ratten, vorkommt. Erste Vergleiche zwischen den beiden Versionen des Gens ± dem viralen und dem zellulåren Homolog ± zeigten keinerlei Unterschiede zwischen beiden, d. h. die beiden Gene mussten identisch oder zumindest sehr åhnlich sein. Aus diesen Beobachtungen ging also hervor, dass Tumoren, die sich in der menschlichen Population spontan entwickeln, durch eine genetische Verånderung verursacht werden, die denen åhnelt, die sich bei Laborzellen ereignen, wenn man sie durch Viren transformiert. Es ist wichtig zu wissen, dass die Tumorarten, die durch das HarveySarkom-Virus induziert werden (Sarkome und Erythroleukåmien) sich sehr von anderen Blasentumoren unterscheiden, die epithelialen Ursprungs sind. Man hatte hiermit den ersten Beweis dafçr, dass ein einzelnes menschliches Gen ± -! ± ein ganzes Spektrum an unterschiedlichen Tumoren hervorrufen kann. Ende 1982 berichteten drei wichtige Arbeiten aus drei verschiedenen Labors im Detail çber die Verånderungen im menschlichen -!-Gen, die zu dessen Aktivierung als Oncogen fçhren.20±22 Als man den Abschnitt des DNA-Fragments aufgespçrt hatte, der fçr die Transformation verantwortlich ist, ergab die Analyse der Nucleotidsequenzen, dass die DNA der malignen Blasentumorzellen durch den Austausch eines einzelnen Nucleotids in der kodierenden Region des Gens aktiviert worden war. Bemerkenswerterweise enthalten die Zellen der beiden untersuchten Blasenkarzinome (EJ und T24) exakt dieselbe Verånderung ihrer DNA: Ein Guaninnucleotid an einer bestimmten Stelle des Proto-Oncogens ist im aktivierten Oncogen durch ein Thymidinnucleotid ersetzt. Durch diese Substitution wird an Position 12 der Aminosåuresequenz im Polypeptid Valin durch Glycin ersetzt. Die Analyse der Nucleotidsequenz des v--Gens im Harvey-Sarkom-Virus ergab ebenfalls einen Basenaustausch, und dieser betraf exakt dasselbe Codon, das auch in
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menschlichen Blasenkarzinomen modifiziert ist. Beim Virus wird dadurch das normalerweise vorhandene Glycin durch ein Arginin ersetzt. Es war offensichtlich, dass dieser spezielle Glycinrest in Bezug auf Struktur und Funktion des Proteins eine entscheidende Funktion innehaben musste. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass das menschliche -!Gen ein Proto-Oncogen ist, das wie -" durch die Bindung an einen viralen Promotor aktiviert werden kann. Damit kann Ras çber zwei vællig verschiedene Mechanismen dazu gebracht werden, transformierend zu wirken: durch verstårkte Expression oder durch eine verånderte Aminosåuresequenz in dem von ihm codierten Polypeptid. Die in diesem Abschnitt çber experimentelle Verfahren vorgestellte Forschung bedeutete in Bezug auf unser Verståndnis von den genetischen Grundlagen maligner Transformation einen groûen Schritt voran. Ein Groûteil der ursprçnglichen Untersuchungen çber RNA-Tumorviren entsprang der Ûberzeugung, dass diese womæglich eine wichtige kausale Rolle fçr die Tumorentstehung beim Menschen spielen kænnten. Die Suche nach krebserzeugenden Viren fçhrte zur Entdeckung von Oncogenen, diese weiter zu der Erkenntnis, dass ein Oncogen eine zellulåre Sequenz ist, die das Virus sich angeeignet hat, und diese schlieûlich zu der Einsicht, dass ein Oncogen Krebs auch ohne die Beteiligung eines Virusgenoms zu verursachen vermag. Tumorviren, die selbst an der Entstehung der meisten Krebserkrankungen çberhaupt nicht direkt beteiligt sind, haben also das richtige Fenster geæffnet, um uns den Blick auf unser genetisches Erbe zu gestatten und damit die Suche nach Informationen zu ermæglichen, die unser Los erklåren helfen. Literatur 1. Rous P (1911) Transmission of a malignant growth by means of a cell-free filtrate. J Am Med Assoc 56:198 2. Baltimore D (1970) RNA-dependent DNA-Polymerase in virions of RNA-Tumorviruses. Nature 226:1209± 1211 3. Temin H, Mizutani S (1979) RNA-dependent DNA-Polymerase in virions of Rous sarcoma virus. Nature 226:1211±1213 4. Martin GS (1970) Rous sarcoma virus: A function required for the maintenance of the transformed state. Nature 227:1021±1023
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0 Wåhrend normale Zellen sich vermehren, bis sie den Boden der Kulturschale mit einer einlagigen Zellschicht (Monolayer) çberziehen, wachsen Tumorzellen weiter und tçrmen sich zu Zellklumpen çbereinander. Zu den anderen typischen Merkmalen, die man bei Tumorzellen håufig beobachtet, gehæren Anomalien in Bezug auf die Zahl der Chromosomen, die Fåhigkeit, sich endlos weiterzuteilen, und die fehlende Reaktionsbereitschaft im Hinblick auf die Nachbarzellen (Kap. 16.1). 7 / + " & . ) ).
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.1 : 0 Die Analyse der Zellen eines Krebstumors ergibt fast immer, dass der Tumor durch das unkontrollierte Wachstum einer einzelnen Zelle entstanden ist (man sagt, der Tumor sei monoklonal). Die Entwicklung eines malignen Tumors ist ein Mehrstufenprozess, der gekennzeichnet ist durch die progressive Ansammlung genetischer Verånderungen, welche die Zelle zunehmend weniger empfånglich macht fçr den normalen regulatorischen Apparat des Kærpers und zunehmend bereiter, in gesunde Gewebe einzuwandern. Die an der Karzinogenese beteiligten Gene bilden eine besondere Unterabteilung des Genoms, deren Produkte an Ablåufen wie der Kontrolle des Zellzyklus, der interzellulåren Adhåsion und der DNA-Reparatur beteiligt sind. Das Expressionsniveau bestimmter Gene bei verschiedenen Tumorarten låsst sich mit Hilfe von DNAMikroarrays bestimmen. Auûer durch Verånderungen auf Gen-Ebene wird das Tumorwachstum auch durch nicht genetische und epigenetische Faktoren beeinflusst, die es der Zelle ermæglichen, ihren malignen Phånotyp zu exprimieren. Ústrogen begçnstigt zum Beispiel das Wachstum von Mammatumoren (Kap. 16.2). :" $
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D !
: (0 Tumorsuppressor-Gene codieren Proteine, die das Zellwachstum beschrånken und Zellen daran hindern, maligne zu entarten. Tumorsuppressor-Gene sind rezessiv, d. h. beide Kopien mçssen deletiert oder mutiert sein, bevor ihre Schutzfunktion verloren geht. Oncogene dagegen codieren Proteine, die den Verlust der Wachstumskontrolle und die Malignitåt færdern. Oncogene gehen aus Proto-Oncogenen hervor ± Genen, die Proteine codieren, die im normalen Tun einer Zelle eine Funktion innehaben. Mutationen, die entweder das Protein oder dessen Expression veråndern, bringen ein Proto-Oncogen dazu, sich abnorm zu verhalten und die Bildung eines Tumors zu færdern. Oncogene sind dominant, d. h. eine einzelne Kopie reicht, um die Zelle dazu zu veranlassen, den geånderten Phånotyp zu exprimieren. Die meisten Tumoren enthalten Verånderungen sowohl in Bezug auf ihre Tumorsuppressor-Gene als auch in Bezug auf ihre Oncogene. Solange die Zelle von all ihren Tumorsuppressor-Genen wenigstens eine Kopie enthålt, sollte sie gegen die Folgen der Oncogen-Aktivierung geschçtzt sein. Umgekehrt sollte der Verlust einer Tumorsuppressor-Funktion allein nicht ausreichen, eine Zelle maligne entarten zu lassen (Kap. 16.3.1). !
:" $ " ' RB" : ! 9 ' 21 $ " 0 Kinder mit der familiåren Form dieser Krankheit erben eine mutierte Kopie des Gens. Einen Tumor entwickeln diese Kinder erst, wenn in einer ihrer Retinazellen auch das zweite Allel geschådigt wird. -& codiert ein Protein namens pRB, das am Ûbergang einer Zelle von der G1-Phase des Zellzyklus in die S-Phase beteiligt ist. Die nicht phosphorylierte Form von pRb interagiert mit bestimmten Transkriptionsfaktoren und hindert diese daran, an die DNA zu binden und Gene zu aktivieren, die fçr bestimmte Ablåufe der S-Phase notwendig sind. Wenn Rb phosphoryliert wird, setzt das Protein den gebundenen Transkriptionsfaktor frei, der dann die Genexpression aktivieren kann und so die S-Phase einleitet (Kap. 16.3.1).
Zusammenfassung
!
1 !
: TP53"
/ 3?>4 ! 9 $ 9 0 Bei einem seiner Wirkmechanismen agiert p53 als Transkriptionsfaktor, der fçr die Expression eines Proteins (p21) sorgt, das die cyclinabhångige Kinase inhibiert, die eine Zelle durch den Zellzyklus dirigiert. Durch eine Schådigung der DNA wird die Phosphorylierung und Stabilisierung von p53 in Gang gesetzt, und dies wiederum fçhrt zum Anhalten des Zellzyklus, bis der Schaden repariert ist. Auûerdem kann p53 Zellen, die sich auf dem Weg in die Malignitåt befinden, auf einen alternativen Weg umlenken, der zum programmierten Zelltod, der Apoptose, fçhrt. 2HJ-Knockout-Måuse fangen wenige Wochen nach der Geburt an, Tumoren zu entwickeln. Weitere Tumorsuppressor-Gene sind unter anderem !", dessen Mutation den Betreffenden fçr Dickdarmkrebs prådisponiert, und &-"!. und &-"!/, die eine Frau im Falle einer Mutation fçr Brustkrebs prådisponieren (Kap. 16.3.1). (
9 /( " ' & '"
- $1 " " 0 Man hat eine Reihe von Oncogenen identifiziert, die Wachstumsfaktoren codieren, unter anderem den Blutplåttchen-Wachstumsfaktor PDGF und den epidermalen Wachstumsfaktor EGF. Maligne Zellen enthalten unter Umstånden in ihrer Plasmamembran eine weit græûere Zahl an Wachstumsfaktorrezeptoren als normale Zellen. Die çberschçssigen Rezeptoren lassen die Zellen fçr niedrigere Wachstumsfaktorkonzentrationen ansprechbar werden als normale Zellen, so dass sie sich bereits unter Bedingungen teilen, auf die normale Zellen nicht reagieren wçrden. Zur Liste der Oncogene gehært eine Reihe von cytoplasmatischen Proteinkinasen ± Serin/Threoninkinasen ebenso wie Tyrosinkinasen ± darunter -!, das eine Proteinkinase des MAPK-Signalwegs codiert. Zu den håufigsten Oncogenen bei menschlichen Tumoren gehært mutiertes -!. Wie in Kap. 15 beschrieben, aktiviert Ras die Proteinkinaseaktivitåt von Raf. Bleibt Raf im aktivierten Zustand, sendet es unablåssig Signale den MAPK-Signalweg entlang und veranlasst damit eine kontinuierliche Stimulierung der Zellpro-
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liferation. Eine Reihe von Oncogenen, unter anderem #*", codiert Proteine, die als Transkriptionsfaktoren wirken. Myc gehært normalerweise zu den ersten Proteinen, die auf der Bildflåche erscheinen, wenn eine Zelle dazu angeregt wird, aus der stummen G0-Phase wieder in den Zellzyklus einzutreten. Eine Ûberexpression von #*" kann Zellen unter Umstånden dazu bringen, die inhibitorischen Einflçsse zu ignorieren, welche die Produkte der Tumorsuppressor-Gene auf sie ausçben, und zu proliferieren. Eine weitere Gruppe von Oncogenen, unter anderem &",$/, codiert Proteine, die an der Apoptose beteiligt sind. Eine Ûberexpression des &",$/-Gens fçhrt zu einer Unterdrçckung der Apoptose in den Lymphgeweben und ermæglicht so abnormen Zellen die Proliferation zu lymphoiden Tumoren (Kap. 16.3.1). :" / " 9 ) " $
0 Das Genom von Patienten mit der çberaus håufigen ererbten Form von Dickdarmkrebs namens HNPCC (hereditåres nicht polypæses colorektales Karzinom) enthålt Mikrosatelliten-Sequenzen mit abnorm verånderter Nucleotidzahl. Verånderungen bezçglich der Långe einer Mikrosatellitensequenz entstehen als Replikationsfehler und werden normalerweise von Fehlpaarungsreparaturenzymen behoben. Ein Fehler in diesen Fehlererkennungssystemen kænnte demnach ebenfalls fçr die Tumorentstehung verantwortlich sein. Gestçtzt wird diese Ûberlegung durch Beobachtungen, denen zufolge Extrakte aus HNPCC-Tumorzellen DNA-Reparaturdefekte aufweisen. Zellen mit solchen Defekten sollten eine stark erhæhte Mutationsrate bei ihren Tumorsuppressor-Genen und Oncogenen aufweisen, die das Risiko einer malignen Entartung um ein Vielfaches erhæhen (Kap. 16.3.1). :'1 ' + " + & 0 # 7 / , unter anderem Immuntherapie, Gentherapie, die Inhibition der Proteine, die von Oncogenen codiert werden und die Inhibition der Angiogenese. Im Augenblick ist der græûte Erfolg bei Patienten mit chronischer myeloischer Leukåmie zu vermelden, und zwar durch die Entwicklung eines Inhibitors fçr die Abl-Kinase. Eine zweite Erfolgsgeschichte war die Entwicklung humanisierter Antikærper, die an ein
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Krebs
Protein auf der Zelloberflåche maligner B-Zellen von Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphom binden. Die Strategien der Antiangiogenese sind darauf ausgelegt, die Bildung solider Tumoren zu unterbinden, indem sie die Bildung neuer Blutgefåûe verhindern, welche die Tu-
ternetseite www.wiley.com/college/karp .weitern sie Ihr Verståndnis, indem sie Karps Internetseite ¹Zell- und Molekularbiologieª besuchen. Dort finden Sie ' die gestellten $ & , , die schwierige Sachverhalte und Begriffe verdeutlichen, , die Ihnen bei Prçfungsvorbereitungen helfen, sowie 8 zu interessanten Stellen im Netz. Zusåtzlich zu der Literaturliste unten kann man auf der Internetseite auch noch ' 8 finden.
16.5 Literatur Bergers G, Benjamin LE (2003) Tumorigenesis and the angiogenic switch. Nature Revs Cancer 3:401±410 Berinstein N (ed) (2003) Cancer vaccines: are they here yet? Sem Oncol vol 30, Nr 3, Suppl 8 Borg A et al (2003) Predicting the future of breast cancer. Nature Med 9:16±18 Couzin J (2003) Tracing the steps of metastasis, cancer's menacing ballet. Science 299:1002±1006 Dancey J, Sausville EA (2003) Issues and progress with protein kinase inhibitors for cancer treatment. Nature Revs Drug Disc 2:296±313 Downward J (2003) Targeting RAS signalling pathways in cancer therapy. Nature Revs Cancer 3:11±22 Garber K (2004) Gene expression tests foretell breast cancer's future. Science 303:1754±1755 Gibbs WW (2003) Roots of cancer. Sci Am 56±65. [Juli] [abweichende Ansichten zur genetischen Grundlage der Tumorentstehung]
morzellen mit Nåhrstoffen und anderen Materialien versorgen. Man kennt inzwischen eine Reihe von Agenzien, welche die Angiogenese bei Måusen hemmen und in klinischen Studien erste, vorsichtig zu bewertende Erfolge erzielt haben.
Gura T (2002) Magic bullets hit the target. Nature 417: 584-586 Hahn WC, Weinberg RA (2002) Modelling the molecular circuitry of cancer. Nature Revs Cancer 2:331±341 Hanahan D, Weinberg RA (2000) The hallmarks of cancer. Cell 100:57±70 Hursting SD et al (2003) Calorie restriction, aging, and cancer prevention. Annu Rev Med 54:131±152 Kallioniemi O (2004) Profile of a tumour. Nature 428:379± 382 Lane DP, Fischer PM (2004) Turning the key on p53. Nature 427:789±790 Marx J (2003) Mutant stem cells may seed cancer. Science 301:1308±1310 McCarty MF (2003) Promises and pitfalls of anti-angiogenic therapy in clinical trials. Trends Mol. Med 9:53±58 O'Dwyer ME et al (2002) Recent advances in the treatment of chronic myelogenous leukemia. Annu Rev Med 53: 369±381 Reichert JM, Paquette C (2002) Therapeutic cancer vaccines on trial. Nature Biotech 20:659±663 Sherr CJ (2004) Principles of tumor suppression. Cell 116: 235±346 Smyth MJ et al (2001) A fresh look at tumor immunosurveillance and immunotherapy. Nature Immunol 2:293± 299 Staudt LM (2002) Gene expression profiling of lymphoid malignancies. Annu Rev Med 53:303±318 Storchova Z, Pellmann D (2004) From polyploidy to aneuploidy, genome instability and cancer. Nature Revs Mol Cell Biol 5:45±54 Tutt A, Ashworth A (2002) The relationship between the roles of BRCA genes in DNA repair and cancer predisposition. Trends Mol Med 8:571±576 Van Dyke T et al (2002) Reviews on cancer. Cell 108:135-182 Von Mehren M et al (2003) Monoclonal antibody therapy for cancer. Annu Rev Med 54:343±369 Workman P et al (2002) A Trends guide to cancer therapeutics. Trends Mol Med Bd 8, Ergånzungsband Nr 4
Die Immunantwort
17
17.1 Ein Ûberblick çber die Immunantwort 17.2 Die Theorie der klonalen Selektion bei B-Zellen 17.3 T-Lymphozyten: Aktivierung und Wirkungsmechanismus 17.4 Ausgewåhlte Aspekte der zellulåren und molekularen Grundlagen der Immunitåt Aus Sicht des Menschen: Autoimmunerkrankungen Experimentelle Verfahren: Die Rolle des Haupthistokompatibilitåtskomplexes bei der Antigenpråsentation
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Lebende Organismen bilden ideale Habitate fçr andere Organismen, die in ihnen alles finden, was sie zum Gedeihen benætigen. Es sollte daher nicht çberraschen, dass Tiere von Viren, Bakterien, Protisten, Pilzen und tierischen Parasiten infiziert werden. Wirbeltiere haben eine Reihe von Mechanismen entwickelt, die es ihnen ermæglichen, solche infektiæsen Agenzien zu erkennen und zu zerstæren, und sind infolgedessen in der Lage, gegen eindringende Pathogene 6 1 zu entwickeln. Diese Immunitåt ist das Ergebnis des Zusammenwirkens vieler verschiedener Zel-
len, einige davon zirkulieren im Kærper, andere sind vor allem in den Organen des Lymphsystems ± Knochenmark, Thymus, Milz und Lymphknoten ± konzentriert (Abb. 17.1). Die im Kærper verstreuten Zellen und die genannten Organe zusammen bilden das 6 % . Die Zellen des Immunsystems betreiben so etwas wie eine ståndige Molekçlçberprçfung, in deren Rahmen sie ¹fremdeª Makromolekçle, d. h. solche, die sich in ihrer Struktur von den normalen Makromolekçlen des Kærpers unterscheiden, erkennen. Trifft das Immunsystem auf
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Die Immunantwort
Iemdmaterial, beginnt es, einen spezifisch angepassten, konzertierten Angriff dagegen zu fahren. Zu den Waffen des Immunsystems gehæren Zellen, die infizierte oder verånderte Zellen tæten, und læsliche Proteine, die Pathogene neutralisieren, immobilisieren, agglutinieren oder abtæten kænnen. Das Immunsystem ist auûerdem an der kærpereigenen Krebsabwehr beteiligt, doch in welchem Maûe es Tumorzellen tatsåchlich zu erkennen und abzutæten vermag, ist umstritten. Gelegentlich kann das Immunsystem auch eine unerwçnschte Reaktion zeigen und kærpereigene Gewebe angreifen, das fçhrt, wie in der Box ¹Aus Sicht des Menschenª beschrieben wird, unter Umstånden zu schweren Krankheiten. Es ist unmæglich, das gesamte Feld der Immunitåt in einem einzigen Kapitel abzudecken. Wir wollen uns daher auf eine Reihe ausgewåhlter Aspekte beschrånken, mit denen sich die in den vorangegangenen Kapiteln vorgestellten Prinzipien der Zell- und Molekularbiologie veranschaulichen lassen. Zuerst aber ist es notwendig, die grundlegenden Ereignisse zu beleuchten, die sich bei der Reaktion des Kærpers auf einen eindringenden Mikroorganismus ergeben.
!2! " Ûberblick çber die Immunantwort
n Abb. 17.1. I B ( @ .I I " ,I " ) " ? !" .I ( ? ,I ) ' ' %
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Die åuûere Oberflåche des Kærpers und die Auskleidung seiner inneren Organe bilden eine hervorragende Barriere gegen eindringende Viren, Bakterien und Parasiten. Werden diese Oberflåchenbarrieren durchbrochen, wird eine Reihe von 6 ausgelæst, um der Invasion Herr zu werden. Immunreaktionen lassen sich in zwei allgemeine Kategorien unterteilen: die angeborene Immunantwort und die adaptive (oder erworbene) Immunantwort. Beide Arten von Reaktionen basieren auf der Fåhigkeit des Kærpers, unterscheiden zu kænnen zwischen Substanzen, die vorhanden sein dçrfen (d. h. ¹kærpereigenª sind), und solchen, fçr die das nicht gilt (die fremd oder nicht ¹kærpereigenª sind). Auch bei den pathogenen Erregern lassen sich zwei Kategorien unterscheiden: Solche, die vor allem ins Innere der Wirtszelle vordringen (såmtliche Viren, manche Bakterien und bestimmte parasitische Protozoen) und solche, die sich vor allem in den Extrazellulårråumen des Wirts aufhalten (die meisten Bakterien und andere zellulåre Pathogene). Um diesen beiden Arten von Infektionen zu begegnen, haben sich im Laufe der Evolution unterschiedliche Arten von Immunmechanismen entwickelt. Eine Ûbersicht darçber gibt Abb. 17.2.
Ein Ûberblick çber die Immunantwort
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Angeborene Immunreaktionen sind diejenigen, die der Kærper sofort parat hat, ohne dass er zuvor Kontakt mit dem Fremdorganismus gehabt haben muss. Damit ist der Kærper sozusagen mit einer ersten Verteidigungslinie ausgerçstet. Die angeborenen Reaktionen zeichnen sich durch ihre vergleichsweise geringe Spezifitåt aus. Ein eindringender Mikroorganismus tritt in der Regel dann zum ersten Mal mit dem angeborenen Immunsystem in Kontakt, wenn er von einer phagocytotischen Zelle wie einem Makrophagen erkannt wird, dessen Funktion darin besteht, Fremdobjekte zu erkennen und einen entsprechenden Alarm auszulæsen. Solche Phagocyten besitzen auf ihrer Zelloberflåche Rezeptorproteine, die konservierte chemische Motive erkennen, die fçr Pathogene charakteristisch sind. Die bestuntersuchten Rezeptoren dieser Art sind die ! $ (!8 ). Beim Menschen werden mindestens 10 TLRs exprimiert. In dieser Rezeptorfamilie finden sich Rezeptoren, welche die Lipopolysaccharid- oder Peptidoglycanbausteine der Bakterienzellwand erkennen, andere fçr das Protein Flagellin in
den Flagellen von Bakterien und solche, die unmethylierte CpG-Nucleotide (ein charakteristisches Merkmal von Bakterien-DNA) erkennen. Die Aktivierung eines TLR læst innerhalb der Zelle eine Signalkaskade aus, die in eine ganze Palette an Immunreaktionen mçnden kann. Angeborene Reaktionen auf einwandernde Pathogene sind in der Regel begleitet von einem #$ $
am Ort der Infektion, an dem Flçssigkeit, Zellen und gelæste Substanzen aus dem Blut in die betroffenen Gewebe geraten (Kap. 7, ¹Aus Sicht des Menschenª). Diese Ereignisse åuûern sich in lokalen Hautrætungen, Anschwellungen und Fieber. Entzçndungen sind ein Mittel, die Verteidigungsmittel des Kærpers dort zu konzentrieren, wo sie gebraucht werden. Im Verlauf einer Entzçndung verlassen phagozytotische Zellen die Blutbahn und wandern, angezogen von chemischen Lockstoffen, die am Ort der Infektion ausgesandt werden (Kap. 9.7.2), an den Ort des Geschehens. Dort angelangt erkennen diese Zellen das Pathogen, nehmen es auf und zerstæren es (Abb. 17.2 a). Blut enthålt zudem das + % " eine Gruppe læslicher Proteine, die an extrazellulåre Pathogene binden und deren Zerstærung bewirken. Bei einem dieser Complement-Signalwege perforiert
n Abb. 17.2. P ? " 9 I )B ( # 4 ! ( ( &< +1 #I " +1 B 8 %I " +1 ) ! B ! +1 ; !
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!2!! ngeborene Immunreaktionen
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Die Immunantwort
ein aktiviertes Ensemble dieser Proteine die Plasmamembran von Bakterienzellen und låsst diese lysieren und absterben (Abb. 17.2 b). Angeborene Antworten gegen intrazellulåre Pathogene wie Viren richten sich vornehmlich gegen bereits infizierte Zellen. Bei der Infektion mit bestimmten Viren wird eine solche Zelle von einem unspezifischen Lymphozytentyp erkannt, einer $ ()). Ihrem Namen treu bewirken NK-Zellen den Tod der infizierten Zelle (Abb. 17.2 c), indem sie diese zur Apoptose veranlassen (Kap. 15.8). NKZellen kænnen auch bestimmte Krebszellen abtæten (Abb. 17.3) und bilden damit womæglich ein Mittel, solche Zellen auszuschalten, bevor sie sich zu einem Tumor entwickeln kænnen. Normale (nicht infizierte und nicht maligne) Zellen besitzen Oberflåchenmolekçle, die sie vor einem Angriff durch NK-Zellen schçtzen (Abb. 17.22). Eine weitere Form der angeborenen antiviralen Reaktion wird in der infizierten Zelle selbst ausgelæst. Virusinfizierte Zellen produzieren Substanzen, die man als Typ-1-6 bezeichnet (Interferon und Interferon ) und die in den Extrazellulårraum ausgeschçttet werden, wo sie an die Oberflåche nicht infizierter Zellen binden und diese so gegen eine Infektion resistent machen (Abb. 17.2 d). Interferone haben verschiedene Mæglichkeiten, dies zu erreichen, eine davon ist die Aktivierung von intrazellulåren Signalwegen, die in der Phosphorylierung und der anschlieûenden Inaktivierung des Translationsfaktors eIF2 (Kap. 11.8.1) enden. Zellen, die diesen Weg gegangen sind, kænnen
die fçr die Replikation des Virus notwendigen Proteine nicht mehr synthetisieren. Angeborenes und adaptives Immunsystem funktionieren nicht unabhångig voneinander, sondern arbeiten eng zusammen, um einen fremden Eindringling auszuschalten. Ûberaus wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass dieselben phagocytotischen Zellen, welche die unmittelbare ± angeborene ± Reaktion aktivieren, auch dafçr verantwortlich sind, die weitaus langsamere, spezifischere Immunantwort auszulæsen. !2!$ 18e Immunreaktionen Im Unterschied zur angeborenen Reaktion benætigt die adaptive (oder erworbene) Immunreaktion eine Anlaufphase, wåhrend der das Immunsystem sich fçr den Angriff auf ein Fremdantigen rçstet. Im Unterschied zur angeborenen Reaktion ist die adaptive hoch spezifisch und vermag auch zwischen sehr åhnlichen Molekçlen zu unterscheiden. Das Blut eines Menschen, der soeben eine Maserninfektion çberstanden hat, enthålt zum Beispiel Antikærper, die mit dem Virus reagieren, das die Masern verursacht hat, nicht aber mit anderen eng verwandten Erregern, beispielsweise dem, der Mumps verursacht. Anders als das angeborene System verfçgt das adaptive auûerdem çber ein ¹Gedåchtnisª, was in der Regel heiût, dass der Betreffende demselben Erreger nicht ein zweites Mal im Leben zum Opfer fållt. Wåhrend alle Tiere çber die eine oder andere Form von angeborener Reaktion gegen Mikroben und Parasiten verfçgen, kennt man die adaptive Reaktion ausschlieûlich von Vertebraten. Bei der adaptiven Immunitåt gibt es zwei groûe Unterabteilungen: n Die çber vermittelte 6 1, (Abb. 17.2 e, f). Antikærper sind globulåre Blutproteine aus der Ûberfamilie der 6 (Ig). n Die çber die Zellen des Immunsystems vermittelte $9 6 1 (Abb. 17.2 g).
n Abb. 17.3. & ; ) ! " I & ! 2 ) ! B ! ( ? ' 8,. +) 5A/1 +? ( " 4 " % %b" ;7 8 5A<5HD" 5JJ51
Beide Formen der adaptiven Immunitåt werden durch 8% $% vermittelt, das sind kernhaltige Leukozyten (weiûe Blutkærperchen), die zwischen dem Blut- und den Organen des Lymphsystems zirkulieren. Die humorale Immunitåt basiert auf den 78% $% (oder 7), die im aktivierten Zustand zu Zellen
Die Theorie der klonalen Selektion bei B-Zellen
differenzieren, die Antikærper sezernieren. Antikærper richten sich in erster Linie gegen Fremdmaterialien, die sich auûerhalb der Kærperzellen befinden. Zu diesen Materialien gehæren die Proteine und Polysaccharide der Bakterienzellwand, Bakterientoxine und virale Hçllproteine. In manchen Fållen kænnen Antikærper an ein Bakterientoxin oder an Viruspartikel binden und diese direkt daran hindern, in eine Wirtszelle einzudringen (Abb. 17.2 e). In anderen Fållen fungieren die Antikærper als ¹molekulare Signalfåhnchenª, die an ein eingedrungenes Pathogen binden und dieses zur Zerstærung vormerken. Mit Antikærpermolekçlen versehene Bakterienzellen (Abb. 17.2 f) werden binnen kurzer Zeit von zirkulierenden Phagozyten ingestiert oder von im Blut zirkulierenden Complementmolekçlen zerstært. Gegen Pathogene, die sich im Zellinneren befinden, wirken Antikærper nicht, daher bedarf es eines zweiten Abwehrsystems. Die zellulåre Immunitåt çbernehmen die !8% $% (oder !), die im aktivierten Zustand eine infizierte (oder fremde) Zelle spezifisch erkennen und abtæten kænnen (Abb. 17.2 g). B- und T-Zellen gehen aus derselben Vorlåuferzelle hervor (einer pluripotenten håmatopoetischen Stammzelle), ihre Differenzierung verlåuft jedoch auf zwei unterschiedlichen Wegen in verschiedenen Organen des Lymphsystems. Eine Zusammenfassung çber die verschiedenen Differenzierungswege einer håmatopoetischen Stammzelle gibt Abb. 17.4. Die Differenzierung von B-Lymphozyten erfolgt in der fetalen Leber oder im adulten Knochenmark, die von T-Lymphozyten in der Thymusdrçse, einem Organ im Brustbereich, das seine græûte Ausdehnung wåhrend des Kindesalters hat. Aufgrund dieser Unterschiede sind zellulåre und humorale Immunitåt zum groûen Teil voneinander unabhångig zu betrachten. Es gibt z. B. beim Menschen eine seltene Erkrankung namens kongenitale Agammaglobulinåmie, bei der die humorale Immunantwort ± d. h. die Antikærper ± fehlen, wåhrend die zellvermittelte Immunantwort normal verlåuft.
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17.2 Die Theorie der klonalen Selektion bei B-Zellen Wenn sich jemand mit einem Virus infiziert oder eine andere Fremdsubstanz in seinen Kærper gelangt, wird sein Blut binnen kurzer Zeit hohe Konzentrationen an Antikærpern enthalten, die imstande sind, mit dieser Fremdsubstanz zu reagieren, die man in diesem Zusammenhang auch als bezeichnet. Die meisten Antigene bestehen aus Proteinen oder Polysacchariden, doch auch Lipide und Nucleinsåuren kænnen diese Eigenschaft haben. Wie kann ein Kærper Antikærper produzieren, die $ mit einem Antigen reagieren, das er eben erst kontaktiert hat? Mit anderen Worten: Wie induziert das Antigen die adaptive Immunantwort? Ûber viele Jahre hinweg war man der Ansicht, das Antigen wçrde die Lymphozyten irgendwie instruieren, komplementåre Antikærper herzustellen. Man mutmaûte, dass das Antigen den Antikærper womæglich umgeben und aktiv so formen kænnte, dass er in die Lage versetzt wçrde, sich mit diesem speziellen Antigen zu
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Die Immunantwort
verbinden. Bei diesem ¹instruktivenª Modell erreicht der Lymphozyt erst nach dem Kontakt mit dem Antigen die Fåhigkeit, einen bestimmten Antikærper zu produzieren. Im Jahre 1955 schlug der dånische Immunologe Niels Jerne einen radikal anderen Mechanismus vor: Jernes Hypothese zufolge sollte der Kærper auch ohne die Anwesenheit eines Antigens unablåssig geringe Mengen an Antikærpern von zufallsbestimmter Struktur produzieren. Diese Antikærper insgesamt sollten imstande sein, jedem beliebigen Antigen gerecht zu werden, dem ein Mensch irgendwann in seinem Leben ausgesetzt sein wçrde. Wenn ein Mensch einem Antigen ausgesetzt ist, wçrde Jernes Modell zufolge das Antigen an den fçr ihn spezifischen Antikærper binden, und dies sollte irgendwie dazu fçhren, dass dieses spezielle Antikærpermolekçl in groûen Mengen hergestellt wçrde. In Jernes Modell
demnach das Antigen aus den bereits vorhandenen Antikærpern solche, die imstande sind, an es zu binden. Im Jahre 1957 wurde das Konzept der Antikærperselektion durch den australischen Immunologen F. MacFarlane Burnet zu einem umfassenden Modell weiterentwickelt. Burnets ! & erreichte rasch weit verbreitete Anerkennung. Eine Ûbersicht çber die Schritte, die wåhrend der klonalen Selektion von B-Zellen passieren, gibt Abb. 17.5. Eine detailliertere Diskussion dieser Ereignisse folgt weiter unten in diesem Kapitel. Die klonale Selektion von T-Zellen wird im fol-
genden Abschnitt behandelt; zunåchst die Hauptpunkte der klonalen Selektion von B-Zellen: n N 7 / & 9 0 B-Zellen entstehen aus einer Population von undifferenzierten und ununterscheidbaren Vorlåuferzellen. Im Laufe ihrer Differenzierung wird eine B-Zelle durch DNAUmlagerungen (Abb. 17.15) dazu gebracht, nur eine bestimmte Sorte von Antikærpermolekçlen zu produzieren (Abb. 17.5, Schritt 1). Dabei sind tausende verschiedener DNA-Rearrangements mæglich, so dass verschiedene B-Zellen verschiedene Antikærpermolekçle produzieren. So åhnlich B-Zellen unter dem Mikroskop auch aussehen mægen, durch die von ihnen produzierten Antikærper unterscheiden sie sich deutlich. n 7 ' ' 0 Das gesamte Repertoire antikærperproduzierender Zellen, die ein Mensch je in seinem Leben besitzen wird, ist in den Lymphgeweben bereits vor der Stimulation durch ein Antigen vorhanden und vom Vorhandensein von Fremdsubstanzen unabhångig. Jede B-Zelle pråsentiert ihren speziellen Antikærper auf der
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Die Theorie der klonalen Selektion bei B-Zellen
Kelloberflåche, wobei der Teil, der mit dem Antigen reagiert, nach auûen gewandt ist. Solchermaûen ist die Zelle mit Antigenrezeptoren bestçckt, die spezifisch an ein Antigen binden kænnen, das zu ihnen komplementår ist. Obwohl die meisten lymphoiden Zellen im Leben eines Menschen nie benætigt werden, ist das Immunsystem darauf ausgelegt, auf jedes Antigen, mit dem der Betreffende in Kontakt tritt, sofort zu reagieren. Das Vorhandensein von Zellen mit unterschiedlichen Antikærpern in der Membran låsst sich experimentell wie in Abb. 17.6 gezeigt nachweisen. n & 9 7 0 In den meisten Fållen ist zur Aktivierung einer B-Zelle durch ein Antigen die Beteiligung von T-Zellen erforderlich (Genaueres dazu in Kap. 17.4.1 und 17.4.7). Einige wenige Antigene aber, beispielsweise die Polysaccharide in der Bakterienzellwand, aktivieren B-Zellen selbst. Man nennt solche Antigene auch thymusunabhångige Antigene. Aus Grçnden der Einfachheit wollen wir die Diskussion an dieser Stelle auf ein thymusunabhångiges Antigen beschrånken. Angenommen, jemand kommt mit dem Bakterium 3 $ 7 in Kontakt, einem bekapselten Bakterium, das eine tædliche Meningitis verursachen kann. Die Kapsel dieses Bakteriums enthålt ein Polysaccharid, das an eine winzige Fraktion der B-Zellen des Kærpers binden kann (Abb. 17.5, Schritt 2). Die B-Zellen, die an das Polysaccharid binden, enthalten membrangebundene Antikærper, deren Bindungsstelle es ihnen ermæglicht, spezifisch mit dem Antigen zu interagieren. Auf diese Weise selektiert ein Antigen Lymphozyten, die Antikærper produzieren, welche imstande sind, mit dem Antigen zu interagieren. Die Bindung des Antigens aktiviert die B-Zelle, veranlasst sie zu proliferieren und eine Population (einen Klon) von Lymphozyten zu grçnden, die allesamt denselben Antikærper produzieren. Einige dieser aktivierten Zellen differenzieren zu kurzlebigen / $, die groûe Mengen an Antikærpern sezernieren (Abb. 17.5, Schritt 4). Im Unterschied zu ihren B-ZellVorlåufern (Abb. 17.7 a) verfçgen Plasmazellen çber ein ausgedehntes raues endo-
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Die Immunantwort
plasmatisches Retikulum, wie es fçr Zellen, die auf die Produktion und Sekretion groûer Mengen an Proteinen spezialisiert sind, charakteristisch ist (Abb. 17.7 b). n :1 6 10 Nicht alle B-Lymphozyten, die durch ein Antigen aktiviert werden, differenzieren zu Antikærper sezernierenden Plasmazellen. Manche bleiben als :1 $ in den Lymphgeweben erhalten (Abb. 17.5, Schritt 5), die rasch reagieren kænnen, falls das Antigen zu einem spåteren Zeitpunkt noch einmal auftreten sollte. Wåhrend die Plasmazellen nach dem Ende des antigenen Reizes absterben, kænnen Gedåchtniszellen ein ganzes Menschenleben lang erhalten bleiben. Werden sie durch dasselbe Antigen stimuliert, kænnen manche dieser Gedåchtniszellen sehr rasch zu Plasmazellen proliferieren und so statt im Verlauf von mehreren Tagen, die zur ursprçnglichen Reaktion notwendig waren, binnen Stunden eine sekundåre Immunreaktion bilden (Abb. 17.10). n 6 ! $ 9 / 9 & $0 Wie im Folgenden erærtert werden soll, kommen Gene, die Antikærper codieren, durch einen Prozess zustande, bei dem DNA-Segmente zufållig kombiniert werden. Das hat zur Folge, dass unweigerlich auch Antikærper entstehen, die mit kærpereigenen Geweben reagieren und zu weitreichender Organzerstærung und schwerer Krankheit fçhren kænnen. Fçr den Kærper besteht ohne Frage hæchstes Interesse daran, die Produktion solcher Proteine ± der ± zu verhindern. Viele B-Zellen, die Autoantikærper produzieren kænnten, werden bereits wåhrend der Entwicklung zerstært oder inaktiviert. Der Kærper entwickelt somit eine immunologische Toleranz gegen sich selbst. Wie in der Box ¹Aus Sicht des Menschenª erlåutert, kann ein Zusammenbruch dieser Toleranz zur Entstehung schwerer Autoimmunkrankheiten fçhren.
Verschiedene Prinzipien der Theorie der klonalen Selektion lassen sich gut veranschaulichen, indem man sich mit dem Thema Impfung etwas genauer beschåftigt.
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!2$! Impfung Der Englånder Edward Jenner war praktizierender Landarzt zu einer Zeit, als Pocken zu den håufigsten und meistgefçrchteten Krankheiten zåhlten. Mit den Jahren fiel ihm auf, dass Mågde, die Kçhe versorgten, in der Regel von der Krankheit verschont blieben. Jenner kam zu dem Schluss, dass Milchmågde irgendwie ¹im-
T-Lymphozyten: Aktivierung und Wirkungsmechanismus
munª gegen Pocken sein mussten, weil sie sich bereits in jungen Jahren mit Kuhpocken infizierten, einer harmlosen Krankheit, die sie sich bei ihren Kçhen zuzogen. Kuhpocken fçhren zu Blåschen, die denen der eitergefçllten Pockenblåschen åhneln, wobei die Kuhpockenblåschen lokal begrenzt auftreten und wieder verschwinden, åuûerstenfalls eine Narbe am Ort der Infektion zurçcklassen. Im Jahre 1796 unternahm Jenner eines der berçhmtesten (und riskantesten) Experimente aller Zeiten. Zuerst infizierte er einen achtjåhrigen Jungen mit Kuhpocken und gab ihm Zeit zu genesen. Sechs Wochen spåter infizierte er den Jungen vorsåtzlich mit Pockenviren, indem er ihm Eiter aus Pockenblåschen unter die Haut injizierte. Der Junge zeigte keinerlei Anzeichen der tædlichen Krankheit. Binnen weniger Jahre wurden viele Tausend Menschen immun gegen Pocken, indem sie sich vorsåtzlich einer Kuhpockeninfektion aussetzten. Man nannte diese Methode nach , dem lateinischen Wort fçr Kuh' Vakzination (Impfung). Jenners Experiment verlief erfolgreich, weil die Immunantwort, die der Kærper gegen das Kuhpockenvirus in Gang gesetzt hatte, auch gegen das mit diesem eng verwandte Pockenvirus wirksam war. Die meisten Impfstoffe oder Vakzine enthalten abgeschwåchte Erreger, Pathogene, die zwar imstande sind, die Immunantwort anzustoûen, genetisch aber so weit ¹verkrçppeltª sind, dass sie die Krankheit selbst nicht mehr auslæsen kænnen. Jenners Pockenimpfung erzeugt Immunitåt, indem sie T-Zellen stimuliert, das ist Thema des nåchsten Abschnitts. Die meisten anderen derzeit gebråuchlichen Impfstoffe sind B-Zell-Vakzine, dazu gehært beispielsweise der Tetanusimpfstoff. Tetanus kommt durch Infektion mit dem anaeroben Bodenbakterium " zustande, das durch eine kleine Stichwunde in den Kærper gelangen kann. Diese Bakterien produzieren ein hoch wirksames Neurotoxin, das die synaptische Ûbertragung an den inhibitorischen Synapsen von Motoneuronen blockiert und so zu anhaltender Muskelkontraktion und schlieûlich zum Erstickungstod fçhrt. Die meisten Kinder werden bereits mit zwei Monaten erstmals gegen Tetanus , man verwendet dazu eine modifizierte und harmlose Version des Tetanustoxins (ein !- ). Das Tetanustoxoid bindet an die Oberflåche von B-Zellen, deren membrangebundene Antikærper çber eine komplementåre Bindungsstelle verfçgen. Diese B-Zellen teilen sich und bilden einen Zellklon, der Antikærper herstellt, die an das echte Tetanustoxin binden kænnen. Diese erste Reaktion flacht rasch ab,
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aber der Betreffende behålt Gedåchtniszellen, die rasch reagieren kænnen, sollte dem Betreffenden irgendwann spåter eine Clostridieninfektion zustoûen. Im Unterschied zu den meisten Impfungen hålt die Immunitåt gegen das Tetanustoxin nicht das ganze Leben vor, weshalb man etwa alle zehn Jahre eine Auffrischungsimpfung benætigt. Diese Auffrischungsimpfung enthålt das Toxoidprotein und regt die Bildung zusåtzlicher Gedåchtniszellen an. Was geschieht, wenn jemand eine Verletzung hat und sich nicht daran erinnert, jemals eine Auffrischungsimpfung erhalten zu haben? In solchen Fållen verabreicht man den Betroffenen meist eine
9 6 aus Antikærpern, die an das Tetanustoxin binden kænnen. Passive Immunisierungen sind in der Regel immer nur kurze Zeit wirksam und schçtzen den Empfånger nicht gegen Folgeinfektionen spåter im Leben.
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17.3 T-Lymphozyten: Aktivierung und Wirkungsmechanismus T-Zellen sind genau wie B-Zellen dem Prozess der klonalen Selektion unterworfen. T-Zellen besitzen ein Oberflåchenprotein, einen T-Zell-Rezeptor, der es ihnen ermæglicht, mit einem bestimmten Antigen spezifisch zu interagieren. Genau wie die Antikærpermolekçle, die als B-ZellRezeptoren wirken, bilden auch die Proteine, die als T-Zell-Rezeptoren dienen, eine groûe Molekçlpopulation mit ganz unterschiedlich geformten Bindungsstellen. So wie jede B-Zelle nur eine Sorte von Antikærpern produziert, besitzt jede T-Zelle nur eine einzige Sorte von T-Zell-Rezeptor. Man schåtzt, dass der erwachsene Mensch etwa 1012 T-Zellen besitzt, die zusammengenommen ungefåhr 107 verschiedene Antigenrezeptoren exprimieren. Im Unterschied zu B-Zellen, die durch læsliche intakte Antigene aktiviert werden, werden
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Die Immunantwort
'-Zellen durch Antigen-Fragmente aktiviert, die sich auf der Oberflåche anderer Zellen, der 1 (/+), befinden. Was also geschieht, wenn eine Leber- oder Nierenzelle mit einem Virus infiziert wird: Die infizierte Zelle pråsentiert Teile von Virusproteinen auf der Oberflåche (Abb. 17.21) und ist dadurch in der Lage, an einen entsprechenden T-Zell-Rezeptor zu binden. Durch diesen Kontakt wird das Immunsystem auf das Eindringen dieses speziellen Erregers aufmerksam. Wie die Antigenpråsentation im Einzelnen ablåuft, wird weiter unten ausfçhrlich diskutiert (Kap. 17.4.3) und ist çberdies Inhalt der Box ¹Experimentelle Verfahrenª. Wåhrend jede beliebige infizierte Zelle als Antigen pråsentierende Zelle wirken und T-Zellen aktivieren kann, gibt es bestimmte Sorten von ¹hauptamtlichen, professionellenª APCs, die fçr diese Funktion besondere Fåhigkeiten mitbringen. Zu diesen ¹professionellenª APCs gehæren dendritische Zellen und Makrophagen (Abb. 17.8). Wir wollen uns vor allem auf die dendritischen Zellen (DC) konzentrieren, die oft als ¹Wachpostenª des Immunsystems beschrieben werden. Dendritische Zellen verdienen diesen Namen, weil sie in den peripheren Geweben des Kærpers (z. B. Haut und Atemwegen), bei denen stets die Gefahr besteht, dass Erreger von auûen eindringen, buchståblich ¹Wache stehenª. DC sind besonders geschickt darin, eine adaptive Immunantwort auszulæsen. Bei ihrer Patrouille in den peripheren Geweben erkennen unreife dendritische Zellen Mikroorganismen und andere Fremdmaterialien und nehmen sie durch Phagocytose auf. Sobald ein Mikroorganismus im Zellinneren angelangt ist, muss er bearbeitet werden, bevor seine Bestandteile einer anderen Zelle pråsentiert werden kænnen. Diese ¹Umarbeitungª des Antigens umfasst die enzymatische Zerlegung des aufgenommenen Materials im Cytoplasma und den Transport der Fragmente zur Zelloberflåche (Abb. 17.20). Dendritische Zellen mit bearbeitetem Antigen wandern dann in die nåchstgelegenen Lymphknoten und differenzieren dort zu reifen antigenpråsentierenden Zellen. Im Lymphknoten finden sie çberdies Kontakt zu einem groûen Reservoir an T-Zellen, darunter ein winziger Prozentsatz, der spezifisch an das fragmentierte Antigen binden kann und so die T-Zelle aktiviert. Die aktivierte T-Zelle proliferiert zu einem Klon aus lauter Zellen mit demselben T-Zell-Rezeptor. Man schåtzt, dass eine einzelne aktivierte T-Zelle sich çber mehrere Tage hinweg drei- bis viermal am Tag teilen und so eine riesige Population von T-Zellen entstehen lassen kann, die imstande
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ist, mit dem Fremdantigen zu interagieren. Die massive Proliferation spezifischer T-Lymphozyten in Reaktion auf ein infizierendes Agens schlågt sich håufig im Anschwellen der nåchstgelegenen Lymphknoten nieder. Sobald das Fremdantigen eliminiert ist, stirbt die çberwiegende Mehrzahl der angewachsenen T-Zell-Population durch Apoptose; çbrig bleibt eine relativ geringe Population von Gedåchtniszellen mit der Fåhigkeit, im Falle eines spåteren Kontakts mit demselben Pathogen sehr rasch zu reagieren. Im Unterschied zu B-Zellen, die Antikærper sezernieren, fçhren T-Zellen die ihnen zugewie-
T-Lymphozyten: Aktivierung und Wirkungsmechanismus
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sene Funktion durch die direkte Interaktion mit anderen Zellen, unter anderem mit B-Zellen, anderen T-Zellen sowie anderen im ganzen Kærper verteilten Zellen aus. Diese Zell-Zell-Interaktion kann zur Aktivierung, Inaktivierung oder zum Tod der anderen Zelle fçhren. Auûer durch direkten Zellkontakt werden viele T-Zell-Interaktionen auch durch hoch aktive chemische Botenstoffe vermittelt, die +% , die schon in sehr geringen Konzentrationen wirken. Cytokine sind kleine Proteine, die von einer groûen Bandbreite an Zellen produziert werden, zu ihnen zåhlen die Interferone (IFNs), Interleukine (ILs) und Tumornekrosefaktoren (TNFs). Cytokine binden an spezifische Rezeptoren auf der Oberflåche entsprechend reaktiver Zellen und læsen damit ein internes Signal aus, das die Aktivitåt der Zelle veråndert. Manche Zellen teilen sich in Reaktion auf die Bindung eines Cytokins, andere differenzieren sich oder sezernieren ihre eigenen Cytokine. Eine Familie kleiner Cytokine, die der + , wirkt vor allem als chemische Lockstoffe und stimuliert Lymphozyten, in entzçndetes Gewebe einzuwandern. Etliche Arten von Lymphozyten und Phagozyten besitzen Rezeptoren fçr verschiedene Chemokine, so dass sich ihr Wanderungsverhalten separat kontrollieren låsst. Eine Liste verschiedener Cytokine liefert Tabelle 17.1. Anhand der Proteine auf ihrer Oberflåche und ihrer biologischen Funktionen lassen sich zwei groûe Unterklassen von T-Zellen unterscheiden.1 1
Eine dritte Klasse, die Suppressor-T-Zellen oder regulatorischen T-Zellen, werden hier nicht behandelt, man nimmt an, dass sie T-Zellen kontrollieren, die eine Autoimmunreaktion auslæsen kænnten.
n +%- !8% $% (+!8 ) çberprçfen unablåssig die Zellen des Kærpers auf Anomalien. Gesunde Zellen werden durch CTLs normalerweise nicht behelligt, aber gealterte oder infizierte und mæglicherweise maligne Zellen werden angegriffen und getætet. CTLs tæten ihre Zielzellen, indem sie sie zur Apoptose veranlassen. Man hat in diesem Zusammenhang zwei verschiedene Wege entdeckt. Bei dem einen setzen CTLs Perforine und Granzyme in den Raum zwischen den Zellen frei. / sind Proteine, die sich in der Membran der Zielzellen zu Transmembrankanålen zusammenfinden. : $% sind proteolytische Enzyme, die durch die Perforin-Kanåle in die Zelle eindringen und Caspasen aktivieren, jene proteolytischen Enzyme, welche die Apoptose einlåuten (Kap. 15.8.1). Bei dem zweiten Weg binden CTLs an einen Rezeptor auf der Zelloberflåche und aktivieren einen Selbstmordzyklus åhnlich dem in Abb. 15.33. Dadurch dass sie infizierte Zellen abtæten eliminieren CTLs Viren, Bakterien, Hefen, Protozoen und Parasiten, die bereits den Weg in die Zellen gefunden haben und zirkulierenden Antikærpern daher nicht mehr zugånglich sind. CTLs besitzen das Oberflåchenprotein CD8 ( G) und werden daher als CD8+-Zellen bezeichnet. n 2! (!2) sind regulatorische Zellen, keine Killerzellen. Sie unterscheiden sich von CTLs dadurch, dass sie auf ihrer Oberflåche das Protein CD4 statt
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Die Immunantwort
CD8+ tragen.2 TH-Zellen werden durch ¹professionelleª Antigen pråsentierende Zellen wie dendritische Zellen und Makrophagen aktiviert (Abb. 17.9). Dies ist einer der ersten und wichtigsten Schritte zur Auslæsung einer adaptiven Immunantwort. Einmal aktiviert regulieren TH-Zellen die weitere Immunreaktion, indem sie andere Lymphozyten, die fçr dasselbe Antigen spezifisch sind, erkennen und aktivieren. Nahezu alle B-Zellen benætigen die Hilfe von TH-Zellen, damit sie reifen und zu Antikærper sezernierenden Plasmazellen differenzieren kænnen.3 Wie in Abb. 17.9 (und detaillierter in Abb. 17.24) gezeigt, werden B-Zellen durch direkte Interaktion mit einer TH-Zelle aktiviert. Die Bildung von Antikærpern setzt daher die Aktivierung sowohl von T-Zellen als auch von B-Zellen voraus, die mit dem fraglichen Antigen spezifisch reagieren kænnen. Wie wichtig TH-Zellen sind, wird deutlich, wenn man sich die verheerenden Folgen einer HIV-Infektion ± AIDS ± vor Augen hålt. Hauptangriffsziel dieses Virus sind TH-Zellen. Die meisten HIV-infizierten Menschen bleiben symptomfrei, solange ihre TH-Zellzahl relativ hoch bleibt ± bei çber 500 Zellen/lL (die normale Zahl liegt bei 1000 Zellen/lL). Sobald die Zahl sinkt und unter 200 Zellen/lL fållt, entwickelt der Betreffende eine manifeste AIDS-Erkrankung und wird anfållig fçr alle mæglichen viralen und zellulåren Pathogene.
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Stark vereinfachte schematische Darstellung der Rolle von TH-Zellen bei der Antikærpersynthese. In Schritt 1 interagiert der Makrophage mit dem komplexen Antigen. Das Antigen wird in die Zelle aufgenommen und in Fragmente gespalten, die dann auf der Zelloberflåche pråsentiert werden. In Schritt 2 interagiert der Makrophage mit einer TH-Zelle, deren TCR an eines der pråsentierten Antigenfragmente gebunden hat (das grçne Membranprotein ist ein MHC-Molekçl, Kap. 17.4.4). Diese Interaktion aktiviert die T-Zelle. In Schritt 3 interagiert die aktivierte T-Zelle mit einer B-Zelle, deren Antigenrezeptor an ein intaktes, læsliches Antigen gebunden hat. Die B-Zell-Aktivierung wird durch Cytokine (z. B. IL-4, IL-5 und IL-6) stimuliert, die von der T-Zelle in den Zwischenraum abgegeben werden, der sie von der B-Zelle trennt. Die Wechselwirkung mit der TH-Zelle aktiviert die B-Zelle, die daraufhin proliferiert (Schritt 4). Die Nachkommen der aktivierten B-Zelle differenzieren zu Plasmazellen; diese produzieren Antikærper, die an das Antigen binden kænnen (Schritt 5)
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Es gibt zwei Hauptklassen von T-Helfer-Zellen, TH1- und TH2-Zellen, die sich anhand der von ihnen sezernierten Cytokine und ihrer jeweiligen Grundfunktionen unterscheiden lassen. TH1-Zellen produzieren IFN-c und schçtzen den Kærper, indem sie Makrophagen aktivieren, eventuell vorhandene Bakterien im Zellinneren abzutæten (Kap. 8.9). TH2-Zellen produzieren IL-4 und schçtzen gegen extrazellulåre Pathogene, indem sie B-Zellen zur Antikærperproduktion anregen. Die beiden Arten von TH-Zellen gehen aus einer gemeinsamen Vorlåuferzelle hervor, ihre Differenzierung wird durch unterschiedliche Stimuli angeregt. 3 Wie bereits oben angemerkt, sind einige wenige Antigene in der Lage, B-Zellen ohne die Beteiligung von T-Zellen zur Antikærperproduktion anzuregen. Zu diesen ¹thymusunabhångigenª Antigenen gehæren groûe polymere Molekçle mit sich wiederholenden Substrukturen, beispielsweise Lipopolysaccharide, ein Bestandteil von Bakterienzellwånden.
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Wiederholung 1. Wie signalisiert eine infizierte Zelle im Organismus einer T-Zelle ihren Zustand? Worin besteht die Reaktion der T-Zelle? 2. Was ist eine APC? Welche Arten von Zellen kænnen als APC wirken? 3. Vergleichen Sie die Eigenschaften und Funktionen einer TH-Zelle und eines CTL.
Ausgewåhlte Aspekte der zellulåren und molekularen Grundlagen der Immunitåt
!2 usgewåhlte Aspekte der zellulåren und molekularen Grundlagen der Immunitåt 17.4.1 Die modulare Struktur von Antikærpern Antikærper sind Proteine, die von B-Zellen und deren Abkæmmlingen (Plasmazellen) produziert werden. B-Zellen bauen Antikærpermolekçle in ihre Plasmamembran ein, wo sie als Antigen-Rezeptoren dienen, Plasmazellen hingegen sezernieren Antikærper ins Blut oder in andere Kærperflçssigkeiten, und diese gesellen sich dort zum çbrigen molekularen Arsenal des Kærpers im Kampf gegen eindringende Pathogene. Die Interaktion zwischen Antikærpern im Blut und Antigenen auf der Oberflåche eines Virus oder einer Bakterienzelle kann die Fåhigkeit eines Erregers, eine Wirtszelle zu infizieren, unterlaufen und die Ingestion und Zerstærung des Erregers durch zirkulierende Phagozyten erleichtern. Das Immunsystem produziert Millionen verschiedener Antikærpermolekçle, die in ihrer Gesamtheit mehr oder minder jede Fremdsubstanz binden kænnen, mit der ein Kærper in Kontakt kommen kænnte. Zwar legt das Immunsystem durch die Antikærper, die es produziert, eine groûe Vielfalt an den Tag, doch der einzelne Antikærper vermag jeweils nur mit einer einzigen oder ein paar nahe mit dieser verwandten Strukturen zu reagieren. Antikærper sind globulåre Proteine, die man auch als 6 bezeichnet. Immunglobuline bestehen aus zwei Arten von Polypeptidketten, den græûeren ' (Molekulargewicht zwischen 50 000 und 70 000) und den kleineren (Molekulargewicht 23 000). Beide Ketten sind miteinander durch Disulfidbrçcken zu Paaren verknçpft. Man kennt fçnf verschiedene Klassen von Immunglobulinen (6, 6, 6#, 6: und 6). Die verschiedenen
Immunglobulinklassen treten zu verschiedenen Zeiten nach dem Kontakt mit einer Fremdsubstanz auf den Plan und haben unterschiedliche biologische Funktionen (Tabelle 17.2). IgM-Molekçle sind die ersten Antikærper, die B-Zellen nach der Stimulierung durch ein Antigen sezernieren, sie sind bereits nach wenigen Tagen nachweisbar (Abb. 17.10). IgM-Molekçle haben eine relativ kurze Halbwertszeit (etwa 5 Tage) und ihrem Erscheinen folgt die Sekretion der langlebigeren IgG- oder IgE-Molekçle. IgG-Molekçle sind im Rahmen einer sekundåren Immunantwort auf die meisten Antigene die vorherrschende Antikærperklasse in Blut und Lymphe (Abb. 17.10). IgE-Antikærper werden in Reaktion auf viele Parasiteninfektionen in groûen Mengen produziert. Sie binden auch mit hoher Affinitåt an die Oberflåche von Mastzellen, wo sie die Freisetzung von Histamin steuern, durch die es zu Entzçndungen und den Symptomen ei-
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Die Immunantwort
ner Allergie kommt. IgA ist die in Sekreten von Atemwegen, Verdauungs- und Urogenitaltrakt vorherrschende Antikærperspezies. Die Funktion von IgD ist bislang nicht geklårt. Es gibt zwei Typen von leichten Ketten: Kappa-Ketten (j-Ketten) und Lambda-Ketten (k-Ketten), beide kommen in den Immunglobulinen aller fçnf Klassen vor. Was die schweren Ketten dagegen betrifft, so hat jede Immunglobulinklasse ihre eigene unverwechselbare Kette, durch die sie definiert ist (Tabelle 17.2).4 Wir wollen uns im Wesentlichen auf die Struktur von IgGs konzentrieren. Ein IgG-Molekçl besteht aus zwei identischen leichten Ketten und zwei identischen schweren Ketten, die zusammen wie in Abb. 17.11 a gezeigt und im Folgenden beschrieben, ein Y-færmiges Molekçl bilden. Um den Grundlagen der Antikærperspezifitåt auf die Spur zu kommen, war es zunåchst notwendig, die Aminosåuresequenz einer Reihe von spezifischen Antikærpern zu bestimmen. Normalerweise besteht der erste Schritt bei der Sequenzierung der Aminosåuren in der Aufreinigung des fraglichen Proteins. Unter normalen Bedingungen aber ist es unmæglich, von einem bestimmten Antikærper eine aufgereinigte Pråparation aus dem Blut herzustellen, weil jeder Mensch eine groûe Zahl an unterschiedlichen Antikærpern produziert, die sich in ihrer Struktur untereinander viel zu sehr åhneln, als dass sie sich auftrennen lieûen. Dieses Problem konnte jedoch umgangen werden, als man herausfand, dass sich im Blut von Patienten, die an einer bestimmten Form von Tumoren des Lymphsystems, dem Plasmozytom oder multiplen Myelom, erkrankt waren, groûe Mengen von ein und derselben Sorte Antikærper finden. Wie in Kap. 16 beschrieben, ist Krebs eine monoklonale Erkrankung, d. h. die Zellen eines Tumors entspringen einer einzelnen entarteten Zelle. Da ein einzelner Lymphozyt normalerweise nur eine einzige Sorte von Antikærpern synthetisiert, produzieren Menschen mit multiplem Myelom riesige Mengen des einen Antikærpers, den die Ursprungszelle des Tumors sezerniert hat. Jeder Patient hat daher groûe Antikærpermengen im Blut, aber jeder von einem anderen Antikærper. Infolgedessen konnten Wissenschaftler betråchtliche Mengen verschiedener Antikærper aufreinigen und deren Aminosåuresequenz bestimmen. Schon bald zeigte sich eine 4
Genau genommen gibt es beim menschlichen IgG vier miteinander eng verwandte schwere Ketten (es gibt demnach IgG1, IgG2, IgG3 und IgG4) und beim IgA zwei ebenfalls eng miteinander verwandte schwere Ketten (IgA1 und IgA2) (Abb. 17.16). Diese Unterschiede sollen in der folgenden Diskussion allerdings unerwåhnt bleiben.
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wichtige Gemeinsamkeit: Man stellte fest, dass die Hålfte jeder leichten j-Kette (110 Aminosåuren am Ende des Peptids) bei allen j-Ketten eine konstante Aminosåuresequenz hat, wåhrend die andere Hålfte von einem Patienten zum anderen variiert. Ein åhnlicher Vergleich der Amino-
Ausgewåhlte Aspekte der zellulåren und molekularen Grundlagen der Immunitåt
såuresequenzen verschiedener k-Ketten ergab, dass auch sie aus einem Abschnitt mit konstanter Sequenz bestanden und einem Abschnitt, dessen Sequenz von einem Immunglobulin zum anderen variiert. Auch die schweren Ketten gereinigter IgGs weisen einen Abschnitt von konstanter Sequenz auf und einen, dessen Sequenz von einem Immunglobulin zum nåchsten variiert. Die schweren Ketten der gereinigten IgGs enthalten ebenfalls einen variablen (V)- und einen konstanten (C)-Anteil. Eine schematische Darstellung eines dieser IgG-Molekçle ist in Abb. 17.11 b gezeigt. Auûerdem fand man heraus, dass die variable Sequenz bei den leichten Ketten (VL) etwa die Hålfte der Struktur ausmacht, dass sich bei den schweren Ketten jedoch nur etwa ein Viertel (VH) der Sequenz von einem Patienten zum anderen unterscheidet. Die çbrigen drei Viertel der schweren Kette (CH) sind bei allen IgGs gleich. Der konstante Anteil der schweren Kette låsst sich in drei Abschnitte von etwa gleicher Långe unterteilen, die eindeutig homolog zueinander sind. Diese homologen Ig-Untereinheiten sind in Abb. 17.11 b mit CH1, CH2 und CH3 bezeichnet. Offenbar sind die drei Abschnitte des konstanten Teils der schweren IgG-Kette (ebenso wie jene der schweren Ketten anderer Ig-Klassen) im Verlauf der Evolution durch die Duplikation eines Ur-Gens entstanden, das eine Ig-Untereinheit von etwa 110 Aminosåuren codiert hatte. Auch die variablen Regionen VH oder VL sind, so nimmt man an, aus dieser ursprçnglichen IgEinheit hervorgegangen. Strukturanalysen lassen darauf schlieûen, dass jede der homologen IgEinheiten sich unabhångig von den anderen zu einer kompakten Domåne faltet, die durch Disulfidbrçcken zusammengehalten wird (Abb. 17.12). In einem intakten IgG-Molekçl findet sich, wie in Abb. 17.11 a, b gezeigt, jede leichte Kette mit einer schweren zusammen. Genetische Analysen zeigen, dass jede Domåne von ihrem eigenen Exon codiert wird. Die Spezifitåt eines Antikærpers wird bestimmt durch die Aminosåuresequenz der Antigen bindenden Domåne am Ende der beiden Arme des Y-færmigen Antikærpermolekçls (Abb. 17.11). Die beiden Erkennungsstellen eines IgG-Molekçls sind identisch und bestehen jeweils aus dem Zusammenschluss des variablen Teils der leichten Kette mit dem variablen Teil der schweren Kette (Abb. 17.11). Dieses Arrangement aus verschiedenen Kombinationen von leichten und schweren Ketten macht es mæglich, dass ein Mensch aus einer vergleichsweise maûvollen Zahl an Polypeptiden eine ungeheure Vielfalt an Antikærpern herstellen kann (Kap. 17.4.2).
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Ein genauerer Blick auf die Polypeptide der Immunglobuline zeigt, dass die variablen Teile sowohl der leichten als auch der schweren Ketten wiederum Unterregionen enthalten, die besonders variabel ± hypervariabel ± sind und von einem Antikærper zum anderen besonders stark variieren (Hv in Abb. 17.12). Leichte und schwere Ketten enthalten jeweils drei hypervariable Abschnitte, die dicht zusammen jeweils an den Enden der beiden Antikærperarme liegen. Wie zu erwarten, spielen die hypervariablen Regionen eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Antigenerkennungsstelle, die von einer tiefen Furche çber einen engen Spalt bis zu einer flachen Tasche alle mæglichen Formen annehmen kann. Variationen in der Aminosåuresequenz der hypervariablen Regionen sind fçr die groûe Bandbreite der Antikærperspezifitåt verantwortlich und machen es mæglich, dass diese Molekçle Antigene von jeder beliebigen Form zu erkennen vermægen. Die Bindungsstelle eines Antikærpers hat eine stereochemische Struktur, die zu einem Teil des Antigens, dem # (oder der ), komplementår ist. Durch ihre gute Passform zueinander bilden Antikærper und Antigene stabile Komplexe, obwohl sie nur durch nicht-kovalente Kråfte zusammengehalten werden, die fçr sich genommen relativ schwach sind. Wie die Wechselwirkung zwischen einem Antigen und seinem Antikærper im Einzelnen aussieht, ist in dem nach Ræntgenstrukturanalysen hergestellten Modell in Abb. 17.13 dargestellt. Die beiden abgeknickten Regionen (Abb.
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Die Immunantwort
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17.11) verleihen dem Molekçl die nætige Flexibilitåt, zwei einzelne Antigene oder ein Antigen mit zwei identischen Epitopen zu binden. Wåhrend die hypervariablen Regionen der leichten und schweren Ketten die Spezifitåt der Antigen-Bindungsstelle bestimmen, bilden die çbrigen Teile der variablen Domånen ein Gerçst, das die Gesamtstruktur der Bindungsstelle erhålt. Auch die konstanten Regionen der Antikærpermolekçle sind wichtig. Die verschiedenen Antikærperklassen (IgA, IgD, IgE, IgG und IgM) haben unterschiedliche schwere Ketten, deren konstante Regionen sich in Långe und Sequenz betråchtlich voneinander unterscheiden. Diese Unterschiede machen Antikærper verschiedener Klassen zu unterschiedlichen Effektoren mit unterschiedlicher biologischer Funktion. Die schweren Ketten eines IgM-Molekçls zum Beispiel binden und aktivieren eines der Proteine im Complementsystem und sorgen so fçr die Lyse der Bakterienzelle, mit der sie verbunden sind. Die schweren Ketten der IgE-Molekçle spielen eine wichtige Rolle bei allergischen Reaktionen, indem sie an die Oberflåche von Mastzellen binden und die Freisetzung von Histamin auslæsen. Die schweren Ketten eines IgG-Molekçls hingegen binden spezifisch an die Oberflåchenrezeptoren von Makrophagen und Neutrophilen und bringen diese phagocytotischen Zellen dazu, ein Partikel, an das der Antikærper gebunden hatte, zu ingestieren. Die schweren Ketten von IgG-Molekçlen sind in der Schwangerschaft zudem wichtig fçr die Passage von Antikærpern aus den Blutgefåûen der Mutter in die
des Fetus. Zwar verleiht dies dem Fetus und dem Neugeborenen eine passive Immunitåt gegen infektiæse Organismen, aber es kann auch eine lebensgefåhrliche Krankheit auslæsen, die fetale Erythroblastose. Damit es dazu kommt, muss eine rhesuspositive Mutter (Rh+) nach einer frçheren Schwangerschaft ein Kind mit dem Phånotyp Rh+ und dem Genotyp Rh+/Rh± zur Welt gebracht haben. Im Verlauf der Geburt kommt die Mutter in der Regel mit dem fetalen Antigen in Berçhrung, das Kind wird davon nicht betroffen. Sollte die Mutter jedoch eine zweite Rh+-Schwangerschaft durchleben, kænnen die in ihrem Blut vorhandenen Antikærper in den fetalen Blutkreislauf geraten und die roten Blutkærperchen des Fetus zerstæren. Babys, die unter diesen Umstånden zur Welt kommen, erhalten unmittelbar nach der Geburt eine Bluttransfusion, die ihr Blut von den mçtterlichen Antikærpern befreit. !2$ :#4%dnungen bei den Genen fçr B- und T-Zell-Rezeptoren Wie oben besprochen, besteht jedes IgG-Molekçl aus zwei leichten (L)-Ketten und zwei schweren (H)-Ketten. Beide Arten von Polypeptiden bestehen aus zwei erkennbar unterschiedlichen Teilen ± einem variablen (V)-Teil, dessen Aminosåuresequenz sich von einer Antikærperart zur anderen unterscheidet, und einem konstanten (C)Teil, dessen Aminosåuresequenz bei allen Hund L-Ketten derselben Klasse gleich ist. Worin
Ausgewåhlte Aspekte der zellulåren und molekularen Grundlagen der Immunitåt
esteht die genetische Basis fçr die Synthese von Polypeptiden, die aus einer Kombination von gemeinsamen und einzigartigen Aminosåuresequenzen besteht? Im Jahre 1965 formulierten William Dryer vom California Institute of Technology und J. Claude Bennett von der University of Alabama die ¹zwei Gene ± ein Polypeptidª-Hypothese zur Erklårung der Antikærperstruktur. Im Wesentlichen forderte ihre Theorie, dass jede Antikærperkette von zwei verschiedenen Genen codiert wird ± einem C-Gen und einem V-Gen ±, die sich irgendwie zu einem durchgehenden ¹Genª zusammentun, das eine leichte oder eine schwere Kette codiert. Im Jahre 1976 lieferte Susumu Tonegawa, der damals an einem Forschungsinstitut in Basel arbeitete, klare Beweise fçr die DNA-Umlagerungshypothese. Die Anlage des Experiments ist in Abb. 17.14 skizziert. Tonegawa und seine Mitarbeiter verglichen in diesem Experiment die DNA-Långe der Nucleotidsequenzen fçr die C- und V-Teile einer definierten Antikærperkette bei zwei Arten von Mauszellen: Embryonalzellen aus einem frçhen Stadium der Entwicklung und malignen, Antikærper produzierenden Myelomzellen. Auf der embryonalen DNA lagen die DNA-Segmente fçr V- und C-Teile weit auseinander, in Antikærper produzierenden Myelomzellen aber sehr nahe beisammen (Abb. 17.14). Diese Beobachtungen legten die Vermutung nahe, dass DNA-Segmente, die Antikærperteile codieren, im Verlauf der Differenzierung Antikærper produzierender Zellen umarrangiert werden. In Folgestudien bestimmte man die genaue Anordnung der DNA-Sequenzen, aus denen Antikærper-Gene hervorgehen. Zur Vereinfachung der Diskussion wollen wir an dieser Stelle nur DNA-Sequenzen in Betracht ziehen, die beim Menschen an der Bildung von leichten j-Ketten beteiligt sind und ihren Sitz auf Chromosom Nummer 2 haben. Die Organisation der Sequenzen in Keimbahn-DNA (der DNA von Spermium oder Ei), die an der Bildung leichter Ketten beim Menschen beteiligt sind, ist in der obersten Reihe von Abb. 17.15 dargestellt. Eine Reihe verschiedener Vj-Gene ist hier linear angeordnet und von einem einzelnen Cj-Gen durch einige Entfernung getrennt. Die Analyse der Nucleotidsequenzen dieser V-Gene ergab, dass diese kçrzer sind, als sie es fçr eine komplette Vj-Kette sein mçssten. Warum das so ist, wurde deutlich, als man die anderen Segmente in dieser Region analysiert hatte. Der Nucleotidstrang, der die 13 Aminosåuren am Carboxylende einer V-Region codiert, liegt ein Stçck weit von der çbrigen Vj-Sequenz entfernt. Dieser kleine Teil,
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der das Carboxylende der V-Region codiert, trågt den Namen N&. Wie in Abb. 17.15 gezeigt, gibt es fçnf hintereinander angeordnete Jj-Segmente von verwandter Nucleotidsequenz. Der Jj-Segment-Cluster ist vom Cj-Gen durch 2000 Nucleotide getrennt. Ein vollståndiges VjGen entsteht erst, wenn, wie in Abb. 17.15 (Schritt 2 und 3) gezeigt, eines der Vj-Gene mit einem der Jj-Segmente zusammengefçhrt wird, indem die dazwischen liegenden (intervenierenden) DNA-Sequenzen herausgeschnitten werden. Dieser Prozess wird katalysiert von einem Enzymkomplex namens .34N . Wie aus Abb. 17.15 hervorgeht, ist die durch diese Umlagerung erzeugte Vj-Gensequenz immer
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noch çber 2000 Nucleotide vom Cj-Gen entfernt. Bis zur Transkription erfolgt nun keine weitere Umordnung mehr, die gesamte Region wird in ein groûes Primårtranskript çberschrieben (Schritt 4), aus dem die Introns schlieûlich herausgespleiût werden (Schritt 5). Die DNA-Umlagerung beginnt mit einem Schnitt durch den Doppelstrang zwischen einem V-Gen und einem J-Gen. Dieser Schnitt wird durch ein Proteinpaar katalysiert ± RAG1 und RAG2 ±, das Teil der V(D)J-Rekombinase ist. Die vier so entstandenen freien Enden werden anschlieûend so vereinigt, dass die codierenden Abschnitte der V- und J-Segmente zu einem Exon verbunden werden, das die variable Region der Polypeptidkette codiert, wåhrend die beiden Enden der intervenierenden DNA-Sequenzen zu einer kleinen zirkulåren DNA verbunden werden, die aus dem Chromosom herausgeschnitten wird (Abb. 17.15, Schritt 3). Die Vereinigung der unterbrochenen DNA-Enden kommt durch denselben in Abb. 13.28 dargestellten Prozess zustande, der auch die Reparatur von DNAStrangbrçchen leistet. Fçr den Lymphozyten hat die Umlagerung der DNA-Sequenzen fçr ein Immunglobulin wichtige Konsequenzen. Sobald eine spezielle Vj-Sequenz mit einer Jj-Sequenz vereinigt ist, kann diese Zelle keine andere Art von j-Kette mehr synthetisieren. Man schåtzt, dass die DNA menschlicher Keimzellen etwa 40 funktionsfåhige Vj-Gene enthålt. Wenn wir daher annehmen, dass sich jede beliebige V-Sequenz mit jeder beliebigen J-Sequenz verbinden kann, mçssen wir davon ausgehen, dass ein Mensch ungefåhr 200 verschiedene j-Ketten zu synthetisieren imstande ist (5 Jj-Segmente 40 Vj-Gene). Damit aber sind die Mæglichkeiten zur Schaffung von Vielfalt bei diesen Polypeptiden noch nicht erschæpft. Die Stelle, an der eine J-Sequenz mit einer V-Sequenz verknçpft wird, kann von einem Arrangement zum anderen variieren, so dass bei zwei verschiedenen Zellen dieselben Vjund Jj-Gene so aneinandergefçgt sein kænnen, dass die entstehenden leichten j-Ketten unterschiedliche Aminosåuresequenzen erhalten. Zusåtzliche Variabilitåt wird erreicht durch das Enzym Desoxynucleotidyltransferase, das dort, wo es zu Strangbrçchen gekommen ist, Nucleotide einfçgt. Diese zusåtzlichen Mæglichkeiten, Variabilitåt zu erzeugen, erhæhen die Vielfalt bei den j-Ketten noch einmal um das Zehnfache, d. h. auf mindestens 2000 Arten. Der Ort, an dem Vund J-Ketten verbunden sind, ist Teil der hypervariablen Region der Antikærper-Polypeptide (Abb. 17.12). Winzige Unterschiede an dieser Verbindungsstelle kænnen daher groûe Auswir-
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kungen auf die Antikærper-Antigen-Interaktion haben. Wir haben unsere Diskussion aus Grçnden der Vereinfachung auf die leichten j-Ketten beschrånkt. Zu ganz åhnlichen DNA-Umlagerungen kommt es, wenn eine Zelle sich der Synthese einer bestimmten leichten k-Kette und einer speziellen schweren Kette widmet. Wåhrend die variablen Regionen leichter Ketten aus zwei unterschiedlichen Segmenten (V- und J-Segmenten) bestehen, werden die variablen Regionen der schweren Ketten in åhnlichen Umlagerungsaktionen aus drei verschiedenen Segmenten (V, D und J) gebildet. Das menschliche Genom enthålt 51 funktionsfåhige VH-Segmente, 25 DHSegmente und 6 JH-Segmente. In Anbetracht der durch die Variabilitåt der VH-DH-Verbindung und der DH-JH-Verbindung bereits bestehenden Variabilitåt kommt ein Mensch damit auf die Mæglichkeit mindestens 100 000 verschiedene Ketten zu synthetisieren. Auch die Antigenrezeptoren von T-Zellen (TCRs) bestehen aus schweren und leichten Ketten, die durch åhnliche DNA-Umlagerungen miteinander verknçpft werden. Die Bildung von Antikærper-Genen durch DNA-Umlagerungen macht anschaulich, welches Potenzial dem Genom im Rahmen dynamischer Prozesse zukommt. Dank dieses Umordnungsmechanismus vermag eine Handvoll DNA-Sequenzen aus der Keimbahn eine bemerkenswerte Palette an Genprodukten hervorzubringen. Wie oben bereits erlåutert, synthetisiert ein Mensch grob 2000 verschiedene Arten von leichten Ketten und 100 000 verschiedene Arten von schweren Ketten. Wenn sich jede leichte Kette mit jeder beliebigen schweren Kette zusammentun kann, kann ein Mensch aus wenigen hundert genetischen Elementen in seiner Keimbahn theoretisch çber 200 Mio. unterschiedliche Antikærperarten hervorbringen.5 Wir haben gesehen, dass sich die Antikærpervielfalt ergibt aus n dem Vorhandensein multipler V-, J- und D-Exons in der DNA der Keimbahn, n der Variabilitåt der V-J- und der V-D-JVerknçpfung, n der enzymatischen Insertion von Nucleotiden.
5 Eine in etwa vergleichbare Zahl gilt fçr Antikærper mit k-Ketten.
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Ein weiterer Mechanismus, der die Variabilitåt von Antikærpern garantiert, wird als 2% bezeichnet und findet lange nach Beendigung der DNA-Umlagerungen statt. Wenn ein spezifisches Antigen nach einer gewissen Zeit erneut in einem Tier auftaucht, haben die Antikærper, die wåhrend dieser sekundåren Immunantwort produziert werden, eine weitaus græûere Affinitåt fçr das Antigen als diejenigen, die wåhrend der primåren Immunantwort produziert worden waren. Diese erhæhte Affinitåt ist auf kleine Verånderungen der Aminosåuresequenz in den variablen Regionen von leichten und schweren Antikærperketten zurçckzufçhren. Solche Sequenzånderungen ergeben sich aus Mutationen in den Genen, welche diese Polypeptide codieren. Man schåtzt, dass umgelagerte DNA-Elemente, die V-Regionen von Antikærpern codieren, eine Mutationsrate aufweisen, die 105-mal græûer ist als die anderer Genloci derselben Zelle. Der Mechanismus, der fçr diese erhæhte Mutationsrate der V-Region verantwortlich ist, stand in den letzten Jahren im Mittelpunkt zahlreicher interessanter Studien. Teil dieses Mechanismus ist ein Enzym ± eine Cytosindesaminase ± das in der DNA Cytosin zu Uracil umwandelt, und eine oder mehrere TranslåsionsDNA-Polymerasen (Kap. 13.3), die den Hang haben, Fehler zu machen, wenn sie DNA kopieren oder reparieren mçssen, die Uracil enthålt. Nach erneuter Antigenexposition werden BZellen, deren Gene Ig-Molekçle mit græûerer Antigen-Affinitåt produzieren, bevorzugt selektiert. Solchermaûen selektierte Zellen proliferieren zu Klonen, die weitere Runden der somatischen Mutation und Selektion durchlaufen, wåhrend nicht selektierte Zellen, die Igs mit geringer Affinitåt produzieren, der Apoptose unterliegen. Auf diese Weise verbessert sich die Antikærperreaktion auf wiederkehrende oder chronische Infektionen mit der Zeit betråchtlich. Sobald eine Zelle im Dienst der Produktion eines spezifischen Antikærpers steht, kann sie die Immunglobulinklasse der von ihr produzierten Antikærper wechseln (beispielsweise von IgM nach IgG), indem sie eine andere schwere Kette produziert. Dieser Vorgang, den man als oder 6
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Die Immunantwort
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senwechsel wird dadurch bewerkstelligt, dass ein anderes CH-Gen in die Nåhe des VDJ-Gens verlagert wird, das zuvor durch DNA-Umlagerungen gebildet worden war. Der Klassenwechsel erfolgt unter dem Dirigat von Cytokinen, die T-Helferzellen im Verlauf ihrer Interaktion mit Antikærper produzierenden B-Zellen ausschçtten. Eine T-Helferzelle zum Beispiel, die IFN- ausschçttet, induziert in der ihr benachbarten B-Zelle einen Wechsel von der Produktion von IgM zur Synthese einer der anderen IgG-Klassen. Der Klassenwechsel ermæglicht es einer B-Zelllinie, weiterhin Antikærper mit derselben Spezifitåt zu produzieren, die unterschiedliche Effektorfunktionen haben (Kap. 17.4.2). !2' Membrangebundene Antigen-Rezeptor-Komplexe Sowohl bei B-Zellen als auch bei T-Zellen erfolgt die Erkennung des Antigens an der Zelloberflåche. Ein Antigenrezeptor auf der Oberflåche einer B-Zelle (ein B-Zellrezeptor oder BCR) besteht aus einem membrangebundenen Immunglobulin, das selektiv an eine bestimmte Region eines intakten Antigens bindet (an das Epitop) (Abb. 17.17 a). Der Antigenrezeptor auf der Oberflåche einer T-Zelle hingegen (ein T-Zellrezeptor oder TCR, Abb. 17.17 b) erkennt und bindet kleine Fragmente eines Antigens, in der Regel ein Peptid von etwa 7 bis 25 Aminosåuren Långe, das auf der Oberflåche einer anderen Zelle gebunden ist (s. unten). Beide Arten von Antigenrezeptoren sind Teil eines groûen membrangebundenen Proteinkomplexes, der (wie in Abb. 17.17 dargestellt) auch nicht-variable Proteine enthålt. Die mit BCRs und TCRs assoziierten nicht-variablen Polypeptide spielen bei B- und T-Zellen eine Schlçsselrolle bei der Ûbermittlung von aktivitåtsåndernden Signalen ins Zellinnere. Jede TCR-Untereinheit enthålt zwei Ig-åhnliche Domånen, die darauf schlieûen lassen, dass sie mit den BCRs ein gemeinsames Erbe haben. Genau wie Immunglobuline schwere und leichte Ketten in sich vereinigen, besitzt auch eine der Ig-åhnlichen Domånen des T-Zell-Rezeptors eine
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variable Aminosåuresequenz, wåhrend die andere Domåne von konstanter Aminosåuresequenz ist (Abb. 17.17). Ræntgenkristallographische Untersuchungen haben gezeigt, dass die beiden Arten von Antigenrezeptoren sich auch in ihrer dreidimensionalen Form åhneln. 17.4.4 Der Haupthistokompatibilitåtskomplex Wåhrend der ersten Hålfte des 20. Jahrhunderts entdeckten klinische Forscher, dass es mæglich ist, per Transfusion Blutzellen von einer Person zur anderen zu çbertragen, solange die Betreffenden nach dem AB0-Blutgruppensystem miteinander kompatibel waren. Der Erfolg der Bluttransfusionen fçhrte zu der Ûberlegung, dass sich auch Haut von einer Person zur nåchsten çbertragen lassen mçsste. Wåhrend des Zweiten Weltkriegs erfuhr diese Idee eine grçndliche Ûberprçfung, als man versuchte, Piloten und anderem Militårpersonal mit schweren Verbrennungen Hauttransplantate zu verpflanzen. Die Transplantate wurden samt und sonders binnen kçrzester Zeit vollståndig abgestoûen. Nach dem Krieg machten sich Wissenschaftler daran, den
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Grund fçr die Gewebeabstoûung herauszufinden. Man beobachtete, dass Haut sich zwischen Måusen desselben durch Inzucht vermehrten Stammes durchaus erfolgreich verpflanzen lieû, zwischen Måusen aus unterschiedlichen Ståmmen aber sofort abgestoûen wurde. Måuse aus demselben Inzuchtstamm sind so etwas wie identische Zwillinge, sie sind genetisch identisch. Folgestudien ergaben, dass die Gene, welche die Gewebeabstoûung steuerten, in einer Genomregion zusammengedrångt waren, der man den Namen 2 1 - ($ < A, 2+) gab. Der MHC besteht aus etwa 15 verschiedenen Genen von groûenteils sehr hoher Polymorphie: Man hat mehr als 500 verschiedene Allele von MHCGenen identifiziert (Tabelle 17.3), weit mehr als bei jedem anderen Locus im menschlichen Genom. Es ist daher hæchst unwahrscheinlich, dass zwei Personen in einer Population çber dieselbe Kombination von MHC-Allelen verfçgen. Aus diesem Grund werden transplantierte Organe so håufig abgestoûen, und man muss den Patienten Medikamente wie Cyclosporin A geben, um die Immunreaktion nach einer solchen Operation zu unterdrçcken. Cyclosporin A ist ein cyclisches n 9abelle 17.3. ?98)
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Peptid, das von einem Pilz im Erdreich produziert wird. Es inhibiert eine bestimmte Phosphatase des Signalwegs, der zur Produktion von Cytokinen fçhrt, die zur Aktivierung von T-Zellen benætigt werden. Zwar helfen solche Pråparate, die Organabstoûung zu verhindern, aber sie machen den Patienten auch anfållig fçr opportunistische Infektionen åhnlich denen, die Menschen mit Immunschwåchekrankheiten wie AIDS befallen. Nun liegt es auf der Hand, dass die Proteine, die zum MHC gehæren, nicht in der Evolution entstanden sind, um die wahllose Organverpflanzung zu verhindern, und das wirft die Frage nach ihrer normalen Rolle auf. Lange nach ihrer Entdeckung als Transplantationsantigene konnte gezeigt werden, dass MHC-Proteine an der Antigenpråsentation beteiligt sind. Einige der Schlçsselexperimente, die zu unserem gegenwårtigen Wissensstand in Bezug auf die Antigenpråsentation beigetragen haben, sind in der Box ¹Experimentelle Verfahrenª am Ende des Kapitels besprochen. Oben war bereits die Rede davon, dass T-Zellen durch ein Antigen aktiviert werden, das in kleine Partikel zerlegt und auf der Oberflåche einer Antigen pråsentierenden Zelle (APC) ¹zur Schau gestelltª wird. Auf der Oberflåche gehalten werden diese kleinen Antigenfragmente von MHC-Proteinen. Jede Molekçlart des MHC kann eine groûe Zahl unterschiedlicher Peptide binden, denen gewisse Strukturmerkmale gemeinsam sind, durch die sie in die Bindungsstelle passen (Abb. 17.21). So enthalten beispielsweise alle Antigene, die an ein Protein binden kænnen, das von einem Allel mit dem Namen HLA-B8 codiert wird, an einer ganz bestimmten Position eine bestimmte Aminosåure, durch die sie in die MHC-Nische passen. In Anbetracht der Tatsache, dass jeder Mensch eine Reihe verschiedener MHC-Proteine exprimiert (siehe Abb. 17.18 a) und jede MHCVariante ihrerseits eine groûe Zahl an unterschiedlichen Peptiden binden kann, sollten eine dendritische Zelle oder ein Makrophage imstande sein, eine Unzahl von Peptiden zu pråsentieren. Doch trotz alledem ist nicht jedermann in der Lage, jedes beliebige Antigen auf effiziente Weise zu pråsentieren. Dies gilt als einer der Hauptfaktoren fçr die unterschiedliche Anfålligkeit der Angehærigen einer Population fçr verschiedene Infektionskrankheiten, unter anderem fçr AIDS. Das Allel HLA-DRB1*1302 beispielsweise korreliert mit einer Resistenz gegen bestimmte Arten von Malaria und Hepatitis B. Die in einer gegebenen Population vorhandenen MHC-Allele werden durch natçrliche Selektion
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geformt. Menschen mit MHC-Allelen, welche die Peptide eines infektiæsen Agens optimal zu pråsentieren vermægen, werden eine Infektion mit diesem Erreger am ehesten çberleben. Umgekehrt werden Menschen, denen diese Allele fehlen, mit erhæhter Wahrscheinlichkeit frçher sterben und ihre Allele nicht an die Nachkommen weitergeben kænnen. Infolgedessen wird eine Population vor allem gegen Krankheiten resistent sein, denen ihre Vorfahren routinemåûig ausgesetzt waren. Das kænnte beispielsweise erklåren, warum die amerikanischen Ureinwohner in Massen durch verschiedene Krankheiten wie Masern gestorben sind, die bei Menschen europåischen Ursprungs nur mehr oder weniger leichte Symptome verursachen. Der gesamte Prozess der T-Zell-vermittelten Immunitåt basiert auf der Voraussetzung, dass sich die kleinen Peptide, die sich aus dem Protein des Erregers herleiten, in ihrer Struktur von den Proteinen des Wirts unterscheiden. Eines
oder mehrere solcher Peptide auf der Oberflåche einer APC liefern folglich nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Bild des Erregers, der den Zellen des Immunsystems so etwas wie einen ¹kurzen Blickª auf die Art des im Cytoplasma der infizierten Zelle verborgenen Pathogens ermæglicht. Nahezu jede beliebige Zelle im Kærper kann als APC fungieren. Die meisten Zellen greifen allerdings nur extrem selten zum Mittel der Antigenpråsentation, um das Immunsystem davon in Kenntnis zu setzen, dass ein Pathogen aufgetaucht ist, manche der professionellen APCs aber (dendritische Zellen, Makrophagen und B-Zellen) sind auf diese Funktion spezialisiert, wie wir spåter in diesem Kapitel noch erærtern werden. Wenn eine T-Zelle mit einer APC interagiert, so tut sie das, indem sie ihre T-Zell-Rezeptoren an die MHC-Molekçle andocken låsst, die von der Oberflåche der APC nach auûen ragen (Abb. 17.19). Diese Interaktion bringt den T-Zell-Rezeptor in eine Position, die es ihm ermæglicht, das spezielle Peptid zu erkennen, das in der Vertiefung des MHC pråsentiert wird. Die Interaktion zwischen MHC-Proteinen und TCRs wird durch zusåtzliche Kontakte verstårkt, die sich zwischen den Bestandteilen der Zelloberflåche ergeben, unter anderem die zwischen den CD4oder CD8-Molekçlen auf einer T-Zelle und gewissen MHC-Proteinen auf der APC (Abb. 17.19). MHC-Proteine lassen sich in zwei Hauptgruppen unterteilen:
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662+/ . Klasse-I-MHC-Molekçle bestehen aus einer Polypeptidkette, die von einem MHC-Allel codiert wird (die schwere Kette) und nicht-kovalent mit einem Peptid verbunden ist, das nicht von einem MHC-Allel codiert wird und den Namen 2-Mikroglobulin trågt (Abb. 1 in der Box ¹Experimentelle Verfahrenª). Unterschiede in der Aminosåuresequenz der schweren Kette ziehen massive Verånderungen der Peptid bindenden Vertiefung des Molekçls nach sich. Klasse-II-MHC-Proteine bestehen ebenfalls aus einem Heterodimer, nur werden hier beide Untereinheiten von MHC-Allelen codiert. Beide Klassen von MHC-Molekçlen enthalten ebenso wie 2-Mikroglobulin Ig-åhnliche Domånen und gehæren somit zur Ig-Ûberfamilie. Wåhrend die meisten Zellen des Kærpers KlasseI-MHC-Molekçle produzieren, werden Klasse-IIMHC-Molekçle vor allem von professionellen APCs exprimiert. Die Antigene, die von den beiden MHC-Molekçlklassen auf der Zelloberflåche pråsentiert werden, haben ihren Ursprung an verschiedenen Orten in der Zelle, wobei es durchaus einige
Ausgewåhlte Aspekte der zellulåren und molekularen Grundlagen der Immunitåt
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sen von MHC-Molekçlen an ihre Antigenfragmente kommen und sie an die Zelloberflåche schaffen, ist im Folgenden beschrieben und in Abb. 17.20 illustriert.
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Ûberschneidungen gibt. Klasse-I-MHC-Molekçle sind in erster Linie dafçr verantwortlich, Antigene zu pråsentieren, die aus dem Cytosol der Zelle kommen, das heiût endogen sind. Klasse-IIMHC-Molekçle dagegen pråsentieren vor allem Fragmente exogener Antigene, die durch Phagocytose in die Zelle hinein gelangt sind. Die mutmaûlichen Wege, çber welche die beiden Klas-
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62+/ - (Abb. 17.20 a). Antigene, die sich im Cytosol einer APC befinden, werden von den Proteasen der zelleigenen Proteasomen zu kurzen Peptiden degradiert (Kap. 12.7). Diese Proteasen spalten cytosolische Proteine in Fragmente von 8 bis 10 Aminosåuren, die in der Vertiefung eines Klasse-I-MHC-Molekçls gebunden werden kænnen (Abb. 17.21 a). Die Peptide werden dann von einem dimeren Protein namens TAP durch die Membran ins Lumen des rauen endoplasmatischen Retikulums transportiert (Abb. 17.20 a). Im ER-Lumen bindet das Peptid an ein frisch synthetisiertes KlasseI-MHC-Protein, das in die ER-Membran integriert ist. Der MHC-Peptidkomplex wird dann den çbrigen Biosyntheseweg entlang geschleust (Abb. 8.2 b), bis er die Plasmamembran erreicht, an der das Peptid nach auûen pråsentiert wird. n $1 . 9
66 2+/ - (Abb. 17.20 b). Auch Klasse-II-MHC-Proteine werden als Membranproteine des RER synthetisiert, aber sie werden nicht-kovalent an ein Protein namens Ii gebunden, das die Peptidbindungsstelle des MHC-Molekçls blockiert (Abb. 17.20 b). Im Anschluss an die Synthese wird der Klasse-II-MHC-Ii-Komplex çber den Biosyntheseweg aus dem ER hinaus befærdert, wobei er von Steuerungssequenzen gelenkt wird, die sich in der cytoplasmatischen Domåne von Ii befinden. Man nimmt an, dass die Trennung von Klasse-I- und Klasse-II-MHC-Molekçlen im Trans-Golgi-Netz (TGN) erfolgt, dem Hauptkompartiment der Sortierung auf dem Biosyntheseweg (Kap. 8.5.3). Ein Klasse-I-MHC-Peptidkomplex wird zur Oberflåche gelenkt, ein Klasse-II-MHC-IiKomplex hingegen in ein Endosom oder Lysosom, wo Ii durch saure Proteasen verdaut wird. Danach ist das Klasse-II-MHCMolekçl frei, Peptide zu binden, die durch den Abbau von Antigenen entstanden sind, welche in die Zelle aufgenommen und den endocytotischen Weg entlang di-
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igiert worden sind (Abb. 17.20 b).6 Der Klasse-II-MHC-Peptidkomplex wird dann zur Plasmamembran transportiert und dort wie in Abb. 17.21 b dargestellt verankert. Einmal auf der Oberflåche einer Antigen pråsentierenden Zelle angelangt steuern MHC-Molekçle den Kontakt zwischen der Zelle und verschiedenen Arten von T-Zellen (Abb. 17.19). Cytotoxische T-Lymphozyten (CTLs) erkennen ihr Antigen nur in Verbindung mit Klasse-I-MHCMolekçlen; man nennt sie Klasse-I-MHC-restringierte T-Lymphocyten. Unter normalen Umstånden pråsentieren Zellen, die mit CTLs in Kontakt treten, in Assoziation mit ihren Klasse-IMHC-Molekçlen Fragmente eigener Proteine. Normale Zellen aber, die normale Proteinfragmente pråsentieren, werden von den T-Zellen im Kærper ignoriert, denn T-Zellen, die in der Lage sind, an Peptide aus normalen Zellen mit hoher Affinitåt zu binden, werden bereits wåhrend der Entwicklung im Thymus eliminiert. Ist eine Zelle jedoch infiziert, pråsentiert sie in Assoziation mit ihren Klasse-I-MHC-Molekçlen virale Anti6 Peptide, die in Lysosomen entstanden sind und an ein Klasse-II-MHC-Molekçl angefçgt werden, sind zumeist långer (10 bis 25 Aminosåurereste) als die an Proteasomen und an Klasse-I-MHC-Molekçle angehångten (8 bis 20 Reste).
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Die Immunantwort
gene. Diese Zellen werden von CTLs erkannt, deren T-Zell-Rezeptoren Bindungsstellen enthalten, die zu den viralen Peptiden komplementår sind, und die infizierte Zelle wird zerstært. Die Pråsentation eines einzelnen Fremdpeptids auf der Oberflåche einer Zelle reicht vermutlich hin, einen Angriff durch einen cytotoxischen T-Lymphocyten auszulæsen. Da nahezu alle Zellen im Kærper Klasse-I-MHC-Molekçle auf ihrer Oberflåche tragen, kænnen CTLs eine Infektion unabhångig vom Zelltyp der betroffenen Zelle bekåmpfen. CTLs vermægen auch Zellen zu erkennen und zu zerstæren, die abnorme (mutierte) Proteine auf ihrer Oberflåche exprimieren, und das kænnte eine Rolle bei der Eliminierung potentiell lebensgefåhrlicher Tumorzellen spielen. Und noch eine weitere Rolle fçr Klasse-IMHC-Molekçle ist deutlich geworden: Eine der Strategien, die manche Viren verwenden, um dem Immunsystem zu entgehen, besteht in der Unterdrçckung der Expression von Klasse-IMHC-Molekçlen. Dies macht die infizierte Wirtszelle fçr cytotoxische T-Zellen ¹unsichtbarª. Auch manche Metastasenzellen verlieren ihre MHC-Expression. Doch mægen solche Zellen auch dem Angriff cytotoxischer T-Lymphozyten entgehen, so werden sie nunmehr verwundbar fçr einen Angriff durch einen anderen Flçgel des kærpereigenen Verteidigungssystems, und zwar durch die natçrlichen Killerzellen (NK-Zellen) des angeborenen Immunsystems (Kap. 17.1.1). NK-Zellen tragen auf ihrer Oberflåche Rezeptoren, die Klasse-I-MHC-Proteine mit kærpereigenen Antigenfragmenten auf der Oberflåche anderer Kærperzellen erkennen. Wenn diese Rezeptoren an Klasse-I-MHC-Proteine auf einer normalen Zelle binden, wird die cytotoxische Aktivitåt der natçrlichen Killerzelle inhibiert. Wenn nun aber eine infizierte Zelle eines oder mehrere ihrer Klasse-I-MHC-Proteine einbçût, wird sie zum Angriffsziel von NK-Zellen (Abb. 17.22). T-Helferzellen erkennen im Gegensatz dazu ihr Antigen nur, wenn es mit Klasse-II-MHCMolekçlen assoziiert ist; man sagt, sie seien Klasse-II-MHC-restringiert. Die Folge davon ist, dass T-Helferzellen in erster Linie durch exogene (d. h. extrazellulåre) Antigene (Abb. 17.20 b) aktiviert werden, beispielsweise durch solche, die als Teil der Bakterienzellwand oder bakterieller Toxine vorkommen. Klasse-II-MHC-Molekçle finden sich in groûer Zahl auf B-Zellen, dendritischen Zellen und Makrophagen, lymphoiden Zellen, die, wie im Folgenden erærtert wird, fremde, extrazellulåre Materialien ingestieren und die Fragmente den T-Helferzellen pråsentieren. Die T-Helferzellen, die auf diese Weise akti-
viert worden sind, kænnen dann B-Zellen dazu anregen, læsliche Antikærper zu produzieren, die an das exogene Antigen binden kænnen, wo auch immer es sich im Kærper gerade befindet. Offenbar sind MHC-Molekçle wichtig fçr die Antigenpråsentation. Wenn dies allerdings die einzige Funktion des MHC wåre, wçrde man nicht erwarten, dass die Genloci, welche diese Proteine codieren, ein derart hohes Maû an Polymorphismen aufweisen (Tabelle 17.3). Man mutmaût seit langem, dass MHC-Polymorphismen Angehærigen einer Population eine Individualitåt verleihen, durch die sie sich von anderen Angehærigen unterscheiden lassen. Hinweise, die fçr die Gçltigkeit dieser Idee sprechen, haben sich kçrzlich aus einer faszinierenden Serie von Verhaltensstudien bei Måusen und Menschen ergeben. Diese Studien lassen darauf schlieûen, dass sich gewisse charakteristische Unterschiede im Kærpergeruch von einem Menschen zum anderen und bei Måusen verschiedener Inzucht-Mausståmme auf Unterschiede in spezifischen MHC-Allelen zurçckfçhren lassen. Mæglicherweise kommt diese Verschiedenheit durch den unterschiedlichen Einfluss der læslichen MHC-Proteine im Schweiû auf das Wachstum der Bakterienflora zustande. Der MHC ist aber nicht nur an der Entstehung des Kærpergeruchs beteiligt, sondern auch an der olfaktorischen Wahrnehmung; dies gilt insbesondere fçr weibliche Såugetiere. Diesen Untersuchungen zufolge ist die Partnerwahl bei Måusen stark beeinflusst durch den MHC-Genotyp, dasselbe gilt womæglich fçr den Menschen. Fçr diese These spricht eine Studie, bei der man Frauen verschwitzte Kleidung von verschiedenen Månnern vorgelegt und sie gebeten hat, diejenige mit einem annehmbaren Geruch zu benennen. Die ausgewåhlten Stçcke stammten grundsåtzlich von Månnern, deren MHC-Loci sich von ihren eigenen sehr stark unterschieden. Die Paarung zwischen Partnern mit sehr unterschiedlichen MHC-Allelen garantiert dem Nachwuchs die græûtmægliche Variabilitåt seiner MHC-Molekçle, und das wiederum verschaffte ihm die Mæglichkeit, ein extrem breites Spektrum an Peptiden zu pråsentieren. !2. Die Unterscheidung zwischen Kærpereigenem und Kærperfremdem T-Zellen erhalten ihre Identitåt im Thymus. Wenn eine Stammzelle aus dem Knochenmark in den Thymus einwandert, fehlen ihr die Oberflåchenproteine noch, welche die T-Zell-Funktion vermitteln, das gilt vor allem fçr die T-Zell-
Ausgewåhlte Aspekte der zellulåren und molekularen Grundlagen der Immunitåt
?ezeptoren. Die Stammzellen vermehren sich im Thymus und lassen eine Population von T-ZellVorlåufern entstehen. Jede dieser Zellen macht dann DNA-Umlagerungen durch, die sie befåhigen, einen spezifischen TCR zu produzieren. Im Anschluss daran werden diese Zellen im Thymus einem komplexen Musterungsprozess unterworfen, der auf T-Zellen mit potentiell nçtzlichen T-Zell-Rezeptoren selektioniert (Abb. 17.23). Neueren Untersuchungen zufolge sieht es so aus, als produzierte der Thymus geringe Mengen einer groûen Palette an Proteinen, die sich sonst andernorts im Kærper finden. Die Produktion dieser Proteine steht, wie man annimmt, unter der Kontrolle eines speziellen Transkriptionsfaktors namens AIRE, der nur im Thymus aktiv ist. Dieses Modell besagt, dass der Thymus eine Umgebung nachbildet, in der sich entwickelnde T-Zellen Proteine kontaktieren kænnen, die eine ungeheure Auswahl an kærpereigenen Epitopen repråsentieren. T-Zellen, deren Rezeptoren eine hohe Affinitåt fçr diese Peptide aufweisen, werden zerstært (Abb. 17.23 a). Dieser Prozess einer 9 & senkt in hohem Maûe das Risiko, dass das Immunsystem kærpereigene Gewebe angreifen wird. Die Bildung von T-Zellen erfordert mehr als nur eine negative Selektion. Wenn ein TCR mit einem Fremdpeptid auf der Oberflåche einer Antigen pråsentierenden Zelle interagiert, muss er
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sowohl das Peptid erkennen als auch das MHCMolekçl, das dieses Peptid pråsentiert (Genaueres dazu in der Box ¹Experimentelle Verfahrenª). T-Zellen, deren Rezeptoren MHC-Komplexe mit kærpereigenen Peptiden ¹Auto-MHCKomplexeª nicht erkennen, sind folglich relativ wertlos. Das Immunsystem mustert solche Zellen aus, denn es verlangt, dass T-Zellen MHCPeptid-Komplexe mit kærpereigenen Proteinfragmenten mit geringer Affinitåt binden. T-Zellen, deren Rezeptoren nicht in der Lage sind, MHCKomplexe mit kærpereigenen Peptiden zu erkennen, unterliegen im Thymus der Apoptose, man bezeichnet diesen Vorgang auch als ¹Tod durch Vernachlåssigungª (¹
ª) (Abb. 17.23 b). T-Zellen hingegen, deren TCRs MHCKomplexen mit kærpereigenen Peptiden gegençber eine schwach affine Erkennungsreaktion zeigen, werden zwar nicht aktiviert, aber immerhin so stimuliert, dass sie am Leben bleiben (Abb. 17.23 c). Dieser Prozess des selektiven Ûberlebens wird als 9 & bezeichnet. Man schåtzt, dass weniger als 5% der T-Zellen im Thymus diese Positiv- und Negativauswahlverfahren çberleben. Im Anschluss an die Durchmusterung werden T-Zellen çber einen nur unzulånglich verstandenen Prozess entweder zu cytotoxischen (CD4±CD8+) T-Lymphozyten oder zu T-Helfer-Zellen ± (CD4+CD8±)-Lymphozyten ± definiert. Beide Arten von T-Zellen verlassen den Thymus und zirkulieren çber långere Zeitråume in Blut und Lymphe. T-Zellen in diesem Stadium bezeichnet man als 9 !, denn bislang sind sie dem spezifischen Antigen, an das ihr TCR binden kann, noch nicht begegnet. Bei ihrem Weg durch die Lymphgewebe kommen naive T-Zellen mit verschiedenen Zellen in Kontakt, die entweder ihren Ruhezustand begçnstigen oder ihre Aktivierung bewirken. Wåhrend sie durch die Lymphknoten und andere periphere Lymphgewebe driften, kænnen T-Zellen die Oberflåche von Zellen auf das Vorhandensein unerwçnschter, an die kærpereigenen Klasse-I-MHC-Molekçle gebundener Peptide mustern. CD4+-T-Zellen werden durch Fremdpeptide aktiviert, die an ein Klasse-II-MHC-Molekçl gebunden sind, wåhrend CD8+T-Zellen durch ein Fremdpeptid aktiviert werden, das an ein Klasse-I-MHC-Molekçl gebunden ist. CD8+-Zellen reagieren çberdies vehement auf Zellen, die nicht kærpereigene MHCs auf ihrer Oberflåche tragen, beispielsweise die Zellen eines Transplantats von einem inkompatiblen Spender. Im letztgenannten Fall initiieren sie einen breit angelegten Angriff gegen die Spenderzellen, der in einer Abstoûung des Organs enden kann. Unter normalen physiologischen Bedin-
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Die Immunantwort
gungen werden autoreaktive Lymphozyten (beispielsweise solche, die mit kærpereigenen Geweben reagieren) durch eine Reihe von bislang unverstandenen Mechanismen, die auûerhalb des Thymus in der Peripherie des Kærpers wirksam werden, davor bewahrt, aktiviert zu werden. Wie in der Box ¹Aus Sicht des Menschenª erlåutert, fçhrt ein Zusammenbruch dieser Mechanismen zur Produktion von Autoantikærpern und autoreaktiven T-Zellen, die zu chronischen Gewebeschåden fçhren kænnen. !2/ &*%1yten werden durch ZelloberflåchenSignale aktiviert Lymphozyten kommunizieren mit anderen Zellen çber ein Ensemble aus Zelloberflåchenproteinen. Wie oben erlåutert, setzt die T-Zellaktivierung die Interaktion zwischen dem TCR der T-Zelle und einem MHC-Peptid-Komplex auf der Oberflåche einer anderen Zelle voraus. Diese Wechselwirkung sorgt fçr jene Spezifitåt, die sicherstellt, dass nur T-Zellen, die das Antigen gebunden haben, aktiviert werden. Zur T-Zell-Aktivierung ist aber noch ein zweites Signal nætig, ein & , das durch eine zweite Art von Rezeptor auf der Oberflåche ei-
n Abb. 17.24 a, b. .I!I ( a ! G ' !' & " ,9 b ! !' ,9 a % ! &
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ner T-Zelle çbermittelt wird. Dieser Rezeptor ist vom TCR råumlich und funktionsmåûig getrennt. Im Unterschied zum TCR ist der Rezeptor, der das costimulatorische Signal çbermittelt, nicht fçr ein bestimmtes Antigen spezifisch und benætigt auch nicht die Bindung an ein MHCMolekçl. Die bestuntersuchte Wechselwirkung dieser Art ist die zwischen Helferzellen und professionellen Antigen pråsentierenden Zellen (z. B. dendritischen Zellen oder Makrophagen). 9 9 !2$
/+ 0 TH-Zellen erkennen auf der Oberflåche von dendritischen Zellen und Makrophagen Antigenfragmente, die sich in der Bindungstasche von Klasse-II-MHC-Molekçlen befinden. Der T-Zelle geht infolge einer Interaktion zwischen einem Protein namens CD28 auf der Oberflåche der TH-Zelle und einem Mitglied der B7-Proteinfamilie auf der Oberflåche der APC ein costimulatorisches Signal zu (Abb. 17.24 a). Das B7-Protein erscheint auf der Oberflåche der APC, nachdem das Fremdantigen durch Phagocytose aufgenommen worden ist. Erhålt eine THZelle von der Antigen pråsentierenden Zelle dieses zweite Signal nicht, wird sie nicht aktiviert, sondern bleibt unreaktiv oder wird zur Apoptose veranlasst. Da professionelle APCs die einzigen Zellen sind, die ein solches costimulatori-
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Ausgewåhlte Aspekte der zellulåren und molekularen Grundlagen der Immunitåt
sches Signal çbermitteln kænnen, sind sie auch die einzigen Zellen, die eine TH-Reaktion initiieren kænnen. Normale Zellen des Kærpers, deren Proteine mit den T-Zell-Rezeptoren einer T-Zelle reagieren kænnten, vermægen T-Zellen demzufolge nicht zu aktivieren. Die Tatsache, dass eine TH-Zelle zwei Aktivierungssignale benætigt, schçtzt somit normale Kærperzellen vor einem Autoimmunangriff mit T-Zell-Beteiligung. Vor ihrer Interaktion mit einer APC låsst sich eine TH-Zelle als ruhende Zelle beschreiben, nåmlich als eine, die sich aus dem Zellzyklus ausgekoppelt hat (eine G0-Zelle, vgl. Kap. 14.1.1). Sobald die TH-Zelle das doppelte Aktivierungssignal erhålt, wird sie dazu angeregt, in die G1-Phase des Zellzyklus einzutreten und schlieûlich durch die S-Phase in die Mitose zu gehen. Die Interaktion von T-Zellen mit einem spezifischen Antigen fçhrt somit zur Proliferation (oder #- ) derjenigen Zellen, die imstande sind, auf dieses Antigen zu reagieren. Auûer zur Zellteilung wird eine T-Zelle auûerdem zur Synthese und Sekretion von Cytokinen veranlasst (an erster Stelle hier IL-2). Cytokine, die durch aktivierte TH-Zellen produziert werden, wirken auf andere Zellen des Immunsystems (unter anderem auf B-Zellen und Makrophagen) und wieder zurçck auf diejenigen THZellen, die das Cytokin produzieren. Ursprung und Funktion einzelner Cytokine sind in Tabelle 17.1 aufgefçhrt. Wir haben in diesem Kapitel gesehen, wie Immunreaktionen durch Liganden stimuliert werden, die Rezeptor-Signalwege zu aktivieren vermægen. Viele dieser Ereignisse aber sind zudem durch inhibitorische Stimuli beeinflusst, so dass die definitive Reaktion der Zelle letztlich durch das Gleichgewicht zwischen positiven und negativen Einflçssen bestimmt wird. Die Interaktion zwischen CD28 und einem B7-Protein zum Beispiel låsst der T-Zelle ein positives Signal zukommen und fçhrt zu ihrer Aktivierung. Sobald die T-Zelle aktiviert worden ist, produziert sie ein weiteres Zelloberflåchenprotein namens CTLA4, das CD28 in seiner Struktur åhnelt und ebenfalls mit den B7-Proteinen der APC reagiert. Im Unterschied zur CD28-B7-Interaktion aber fçhrt der Kontakt zwischen CTLA4 und B7 statt zur Aktivierung zur Inhibition der T-Zellreaktion. Die Notwendigkeit einer ausgewogenen Balance zwischen Aktivierung und Inhibition låsst sich am besten an Måusen beobachten, die gentechnisch so veråndert worden sind, dass ihnen das Gen fçr CTLA4 fehlt. Diese Måuse sterben an einer massiven Ûberproliferation von T-Zellen. Erkenntnisse çber die CTL4-Funktion haben jçngst Eingang in die kli-
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nische Anwendung gefunden. Man hat eine Reihe von Patienten mit fortgeschrittenem Melanom mit Antikærpern gegen CTLA4 behandelt, um den Toleranzstatus des Kærpers gegençber diesem Tumor zu çberlisten. Von den 14 mit dem Antikærper behandelten Patienten lieûen 6 Hinweise auf eine Autoimmunreaktion erkennen, in drei Fållen kam es zur Regression des Tumors. Diese vorlåufige Studie låsst hoffen, dass anti-CTLA4-Antikærper dereinst ein nçtzlicher Beitrag zur Immuntherapie von Krebserkrankungen sein werden (Kap. 16.4.1). 9 9 7 !2 TH-Zellen binden an B-Zellen, deren Rezeptoren dasselbe Antigen erkennen. Das Antigen bindet zunåchst an das Immunglobulin (BCR) auf der B-Zelloberflåche. Das gebundene Antigen wird dann in die B-Zelle aufgenommen, dort enzymatisch zerlegt und in Fragmenten ± kombiniert mit Klasse-II-MHC-Molekçlen ± auf der Oberflåche pråsentiert (Abb. 17.24 b). Die Erkennung eines Peptidfragments durch den T-Zell-Rezeptor fçhrt zur Aktivierung der T-Zelle, die damit reagiert, dass sie ihrerseits die B-Zelle aktiviert. Diese Aktivierung steht am Ende der Ûbermittlung mehrerer Signale von der TH-Zelle an die B-Zelle. Einige dieser Signale werden direkt von einer Zelloberflåche zur anderen çbermittelt, und zwar durch die Interaktion zwischen komplementåren Proteinen wie CD49 und den CD40-Liganden (CD40L) (Abb. 17.24 b). Die Bindung zwischen CD40 und CD40L erzeugt Signale, die dazu beitragen, die B-Zelle aus dem ruhenden G0-Stadium in den Zellzyklus zurçck zu manævrieren. Andere Signale werden von Cytokinen çbermittelt, die von der T-Zelle in den Zwischenraum zwischen ihr und der benachbarten B-Zelle abgegeben werden. Dieser Prozess hat gewisse Øhnlichkeit mit der Wirkung von Neurotransmittern an einer neuralen Synapse (Kap. 4.8.4). Zu den von T-Zellen in diesen ¹immunologischen synaptischen Spaltª freigesetzten Cytokinen gehæren IL-4, IL-5, IL-6 und IL-10. Interleukin 4 stimuliert, wie man annimmt, B-Zellen zum Wechsel von der IgM-Synthese zur Produktion von IgG oder IgE. Andere Cytokine læsen die Proliferation, Differenzierung oder sekretorische Aktivitåten von B-Zellen aus. !22 Signaltransduktionswege bei der Aktivierung von Lymphozyten Wir haben in Kap. 15 gelernt, auf welche Weise Hormone, Wachstumsfaktoren und andere chemische Botenstoffe an Rezeptoren auf der åuûeren
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Die Immunantwort
Kelloberflåche binden und einen Prozess der Signalçbertragung auslæsen, der Informationen von auûen an die inneren Kompartimente einer Zelle çbermittelt. In dem Kapitel war auch die Rede davon, dass eine groûe Bandbreite an extrazellulåren Botenstoffen ihre Information çber eine Handvoll gemeinsamer Signaltransduktionswege çbermittelt. Die Stimulation von Lymphozyten verlåuft çber einen ganz åhnlichen Mechanismus und bedient sich dabei in vielem derselben Komponenten, die bei anderen Zelltypen auch von Hormonen und Wachstumsfaktoren genutzt werden. Wenn eine T-Zelle durch eine dendritische Zelle oder eine B-Zelle durch eine TH-Zelle aktiviert wird, werden die Signale von der Plasmamembran in åhnlicher Weise çber Tyrosinkinasen ans Cytoplasma weitergeleitet wie dies in Kap. 15 fçr Insulin und verschiedene Wachstumsfaktoren beschrieben ist. Im Unterschied zu den Rezeptoren fçr Insulin und Wachstumsfaktoren (Kap. 15.4) geht den Antigenrezeptoren der Lymphozyten eine eingebaute Tyrosinkinaseaktivitåt ab. Stattdessen fçhrt die Bindung eines Liganden an die Antigenrezeptoren dazu, dass cytoplasmatische Tyrosinkinase-Molekçle sich an der inneren Oberflåche der Plasmamembran versammeln. Dieser Prozess wird, so nimmt man an, dadurch begçnstigt, dass sich die aktivierten Rezeptoren in Lipidflæûe begeben (Kap. 4.5.4). Man kennt im Zusammenhang mit der Signaltransduktion bei der Aktivierung von Lymphozyten mehrere verschiedene Tyrosinkinasen, darunter auch Mitglieder der Src-Familie (zum Beispiel Lyk und Fyn). Src war die erste Tyrosinkinase, die man identifiziert hat, und ist das Produkt des ersten krebserzeugenden Oncogens, das man entdeckt hatte (Kap. 16.3). Die Aktivierung dieser Tyrosinkinasen fçhrt zu einer Kaskade von Ereignissen und der Aktivierung zahlreicher Signalçbertragungswege, darunter zur: n Aktivierung der Phospholipase C und damit zur Bildung von IP3 und DAG. Wie in Kap. 15.3.4 erærtert, låsst IP3 den cytosolischen Ca2+-Spiegel in die Hæhe schnellen, wåhrend DAG die Proteinkinase C aktiviert. n Aktivierung von Ras und damit zur Aktivierung des MAPK-Signalwegs (Kap. 15.4.1). n Aktivierung von PI3K, welche die Bildung membrangebundener Lipidbotenstoffe katalysiert, die verschiedene zellulåre Funktionen ausçben (Kap. 15.3.3).
Die Signalçbertragung entlang dieser und anderer Wege mçndet in die Aktivierung verschiedener Transkriptionsfaktoren (z. B. NFjB und NFAT) und damit in die Transkription mehrerer Dutzend Gene, die in ruhenden B- und T-Zellen nicht exprimiert werden. Wie oben erlåutert, besteht eine der wichtigsten Reaktionen eines aktivierten Lymphozyten in der Produktion und Sekretion von Cytokinen, von denen einige wieder auf die Zelle zurçckwirken, die sie freigesetzt hat. Wie andere extrazellulåre Signale binden auch Cytokine an Rezeptoren auf der åuûeren Zelloberflåche ihrer Zielzellen und læsen cytoplasmatische Signale aus, die verschiedene intrazellulåre Ziele anstreben. Cytokine nutzen einen neuen Signalçbertragungsweg, den man als JAK-STAT-Weg bezeichnet und der ohne einen auskommt. ¹JAKª ist eine Abkçrzung fçr JanusKinasen, eine Familie von cytoplasmatischen Tyrosinkinasen, deren Mitglieder aktiviert werden, sobald ein Cytokin auf der Zelloberflåche bindet. (Janus ist ein ræmischer Gott mit zwei Gesichtern, der çber Hauseingånge und Zuwege wacht.) ¹STATª steht fçr , eine Familie von Transkriptionsfaktoren, die çber die Phosphorylierung durch eine Januskinase aktiviert werden (Abb. 15.15 c). Phosphorylierte STAT-Molekçle interagieren miteinander und bilden Dimere, die aus dem Cytoplasma in den Kern verlagert werden und dort an spezifische DNA-Sequenzen binden, beispielsweise an ein interferonstimuliertes Antwortelement ( $ , ISRE). ISREs finden sich in den regulatorischen Regionen von etwa einem Dutzend Genen, die aktiviert werden, wenn eine Zelle mit dem Cytokin Interferon (IFN ) konfrontiert wird. Wie bei den in Kap. 15 erærterten Hormonen und Wachstumsfaktoren hångt die jeweilige Antwort einer Zelle von dem speziellen Cytokinrezeptor ab, der durch das Cytokin angesprochen wird, und von den in der Zelle jeweils vorhandenen JAKs und STATs. Oben wurde beispielsweise erwåhnt, dass IL-4 in B-Zellen einen Klassenwechsel bei den synthetisierten Immunglobulinen auslæst. Dieser Reaktion voraus geht die durch IL-4 induzierte Phosphorylierung des Transkriptionsfaktors STAT6, der sich im Cytoplasma einer aktivierten B-Zelle findet. Die durch Interferone induzierte Resistenz gegen Virusinfektionen (Kap. 17.1.1) wird durch die Phosphorylierung von STAT1 vermittelt. Die Phosphorylierung anderer STATs lenkt die Zelle durch den Zellzyklus.
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Ausgewåhlte Aspekte der zellulåren und molekularen Grundlagen der Immunitåt
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Box 17 a
Aus Sicht des Menschen
Autoimmunerkrankungen Das Immunsystem macht komplexe und hoch spezifische Interaktionen zwischen vielen verschiedenen Zelltypen und Molekçlen notwendig. Zahlreiche Ereignisse mçssen stattfinden, bevor eine humorale oder eine zellvermittelte Immunantwort in Gang kommt. Diese Prozesse sind in allen Stadien fçr Stærungen durch alle mæglichen Faktoren ausgesprochen anfållig. Zu den vielen Arten von Fehlfunktionen des Immunsystems gehæren die , zu denen es kommt, wenn der Kærper eine Immunantwort gegen Teile von sich selbst richtet. Da die Spezifitåt der Antigenrezeptoren von T- und B-Zellen durch einen Prozess des zufålligen Gen-Arrangements zustande kommt, ist es kaum zu umgehen, dass einige Angehærige dieser Zellpopulationen Rezeptoren besitzen, die kærpereigene Proteine (Autoantigene) erkennen. Wohl werden Lymphozyten, die an Autoantigene mit hoher Affinitåt binden, prinzipiell aus der Lymphozytenpopulation entfernt, so dass das Immunsystem gegen sich selbst tolerant wird. Dennoch entgehen manche der in Thymus und Knochenmark produzierten gegen kærpereigene Bestandteile gerichteten Lymphozyten den negativen Selektionsprozessen des Kærpers, was ihnen die
Chance verschafft, sich irgendwann gegen normale Kærpergewebe zu richten. Das Vorhandensein von B- und T-Lymphozyten, die gegen kærpereigene Gewebe reagieren kænnten, låsst sich bei gesunden Menschen ohne Probleme nachweisen. Isoliert man beispielsweise T-Zellen aus dem Blut und setzt sie zusammen mit dem Cytokin IL-2 normalem kærpereigenem Protein aus, so besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafçr, dass eine geringe Anzahl von Zellen in dieser Population zu einem Klon proliferiert, welcher kærpereigenes Antigen angreifen kann. Øhnliches geschieht, wenn man Labortieren gereinigtes Protein aus ihrem eigenen Kærper zusammen mit einem ,9 * einer unspezifischen Substanz, welche die Reaktion auf das injizierte Antigen erhæht ± spritzt. Sie setzen eine Immunreaktion in Gang, die sich gegen die Gewebe richtet, in denen das Protein normalerweise vorkommt. Unter normalen Umstånden werden B- und T-Zellen, die in der Lage sind, auf solche Autoantigene zu reagieren, durch verschiedene Mechanismen unterdrçckt. Versagen diese Mechanismen, leidet der Betroffene unter einer Autoimmunkrankheit; einige Beispiele dafçr sind im Folgenden beschrieben. n & 3&4 ist eine entzçndliche Erkrankung, die im typischen Falle bei jun-
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gen Erwachsenen auftritt und schwere, oftmals fortschreitende neurologische Schåden verursacht. MS entsteht durch den Angriff von Zellen des Immunsystems und/oder Antikærpern gegen Bestandteile der Myelinhçlle, welche die Axone von Nervenzellen umgeben (Kap. 4.7). Diese Hçllen bilden die weiûe Substanz des zentralen Nervensystems. Die aus diesem Angriff resultierende Demyelinisierung von Nerven beeintråchtigt die Weiterleitung von Nervenimpulsen entlang zahlreicher Axone und fçhrt so bei den Betroffenen zu verminderter Sehkraft, Schwierigkeiten bei der motorischen Koordination und Stærungen der sensorischen Wahrnehmung. Eine der multiplen Sklerose sehr åhnliche Krankheit, die experimentelle allergische Enzephalomyelitis låsst sich bei Labortieren durch die Injektion von basischem Myelinprotein ( , MBP), einem Hauptbestandteil der Plasmamembranen des Myelins auslæsen. n Der 1
364, oft auch bezeichnet als Jugenddiabetes oder Diabetes Typ I, weil er in der Regel bei Kindern und Jugendlichen auftritt, ist auf die autoimmune Zerstærung der insulinsezernierenden -Zellen der Bauchspeicheldrçse zurçckzufçhren. Die Zerstærung dieser Zellen wird durch T-Zellen vermittelt, die gegen kærpereigenes Protein gerichtet sind. Gegenwårtig behandelt man IDDM-Patienten noch mit tåglichen Insulingaben. Zwar macht das Hormon das Ûberleben mæglich, aber die Patienten haben dennoch unter degenerativen Nieren-, Gefåû- und Netzhauterkrankungen zu leiden. n Die : 9 , auch bekannt als 7
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sind Autoimmunkrankheiten der Schilddrçse mit hæchst unterschiedlichen Symptomen. Bei der Basedowschen Krankheit ist das Ziel des immunologischen Angriffs der TSH-Rezeptor auf der Oberflåche von Schilddrçsenzellen, an den normalerweise das Hypophysenhormon TSH ( $
oder Thyreotropin) bindet. Bei Patienten mit dieser Stærung binden an den TSH-Rezeptor Autoantikærper, die eine fortgesetzte Stimulation der Schilddrçsenzellen und damit eine Schilddrçsençberfunktion (Hyperthyreose) bewirken. Die Thyreoiditis (oder Hashimotos Thyreoiditis) entwickelt sich aus einem Angriff des Immunsystems gegen eines oder mehrere
Proteine von Schilddrçsenzellen, unter anderem gegen Thyreoglobulin. Die daraus folgende Zerstærung der Schilddrçse fçhrt zur Hypothyreose, d. h. zu einem stark verringerten Thyroidhormonspiegel im Blut. n trifft schåtzungsweise 1% der Bevælkerung und åuûert sich durch die zunehmende Zerstærung der Gelenke, die zurçckzufçhren ist auf eine Kaskade an entzçndlichen Reaktionen. In einem normalen Gelenk ist die Synovialmembran, welche die Gelenkpfanne auskleidet, nur eine einzige Zelllage dick. Bei Menschen mit rheumatoider Arthritis entzçndet sich diese Membran und schwillt an, weil sie von autoreaktiven Immunzellen und/ oder Antikærpern gegen das Gelenk infiltriert wird. Mit der Zeit wird der Knorpel durch fibræses Bindegewebe verdrångt und das bedingt die Unbeweglichkeit des Gelenks. n &% 8 % 3&8#4 trågt seinen lateinisch/griechischen Namen (¹errætender Wolfª) von dem roten Ausschlag, der sich im frçhen Stadium der Krankheit auf den Wangen bildet. Im Unterschied zu den anderen im Vorhergehenden besprochenen Autoimmunkrankheiten ist SLE selten auf ein bestimmtes Organ beschrånkt, sondern greift zumeist Gewebe im ganzen Kærper an, darunter auch das zentrale Nervensystem, die Nieren und das Herz. Das Serum von Patienten mit SLE enthålt Antikærper gegen eine Reihe von Komponenten, die im Zellkern zu finden sind, unter anderem gegen kleine Ribonucleoproteine des Kerns ( $ , snRNPs), gegen Proteine der chromosomalen Centromeren und vor allem gegen doppelstrångige DNA. Besonders gehåuft tritt SLE bei Frauen im gebårfåhigen Alter auf, mæglicherweise ein Hinweis darauf ist, dass weibliche Hormone etwas mit dem Ausbruch der Krankheit zu tun haben kænnten. Nicht jeder in der Bevælkerung ist im selben Maûe anfållig fçr die Entstehung solcher Autoimmunkrankheiten. Die meisten dieser Krankheiten kommen in manchen Familien weit håufiger vor als in der Gesamtbevælkerung, was auf einen starken genetischen Beitrag zu ihrer Entstehung hindeuten wçrde. Man hat bei vielen Genen zeigen kænnen, dass sie die Anfålligkeit fçr gewisse Autoimmunkrankhei-
Ausgewåhlte Aspekte der zellulåren und molekularen Grundlagen der Immunitåt
ten erhæhen, am deutlichsten aber ist die Verknçpfung bei Genen, die Klasse-II-MHC-Polypeptide codieren. Menschen, die bestimmte Allele des MHC-Locus ererbt haben, sind zum Beispiel besonders anfållig fçr die Entstehung von Diabetes Typ I (IDDM). Die Analyse der von den verschiedenen Allelen des HLA-DQBLocus codierten MHC-Polypeptide konzentriert sich mittlerweile auf einen Aminosåurerest (Nummer 57) der Polypeptidkette, der sich an einem Ende der Peptidbindungstasche befindet. Die Anfålligkeit fçr IDDM ist korreliert mit einem Serin, Alanin oder Valin in dieser Position; Menschen hingegen, die an dieser Stelle eine Asparaginsåure haben, sind offenbar vor dieser Krankheit gefeit. Dieser Aminosåureaustausch hat Einfluss darauf, welches Peptid das MHC-Molekçl binden und anderen Zellen pråsentieren kann. MHC-Molekçle, denen die Asparaginsåure an Position 57 fehlt, kænnen Peptide binden, die negativ geladene Aminosåuren wie Glutaminsåure oder Asparaginsåure enthalten, MHC-Molekçle mit Asparaginsåure hingegen nicht. Man nimmt an, dass Zellen mit MHC-Molekçlen, die von dem mit der Prådisposition assoziierten Allel codiert wurden, irgendein spezielles Peptid binden kænnen, das die Bildung von Autoantikærpern gegen insulinsezernierende -Zellen der Bauchspeicheldrçse anregt. Das Vorhandensein von Hochrisiko-Allelen mag notwendig sein, damit ein Mensch bestimmte Autoimmunkrankheiten entwickelt, aber es ist nicht der einzige Faktor, der dazu beitrågt. Untersuchungen an eineiigen Zwillingen haben ergeben, dass der Zwilling eines an einer Autoimmunkrankheit leidenden Patienten nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 25±75% erkrankt, nicht aber mit einer Wahrscheinlichkeit von 100%, wie zu erwarten, wenn die Genetik der einzige Faktor wåre. Untersuchungen dieser Art machen deutlich, dass auch Umweltfaktoren eine Rolle spielen. Die Bedeutung von Krankheitserregern bei der Entstehung von Autoimmunkrankheiten wurde erstmals in Untersuchungen zum rheumatischen Fieber nachgewiesen, einer Erkrankung, die sich bei Kindern gelegentlich einige Wochen nach einer Streptokokkeninfektion des Rachenraums (Angina) einstellt. Zu rheumatischem Fieber kommt es, wenn Herzgewebe von Antikærpern angegriffen wird, die der Kærper in Reaktion auf die Streptokokken gebildet hat. Das Herzgewebe wird aufgrund eines Phånomens zum Ziel der Attacke, das man
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auch als ¹molekulare Mimikryª bezeichnet: Eine der Komponenten der Bakterienzellwand åhnelt einem Glycoprotein auf der Oberflåche von Herzklappenzellen. Antikærper, die in Reaktion auf die Bakterieninfektion gebildet wurden, kænnen infolgedessen mit dem Herzgewebe kreuzreagieren. Im Fall der multiplen Sklerose hat man herausgefunden, dass Virusinfektionen der Atemwege und des Darms autoreaktive T-Zellen aktivieren und bei Patienten, die sich in der Remissionsphase befinden, neue Schçbe auslæsen kænnen. Manche Forscher sind sogar der Ansicht, dass eine Virusinfektion ursåchlich an der Entstehung von MS beteiligt ist. Unterstçtzung erfåhrt dieser Standpunkt durch Berichte çber ¹MS-Epidemienª. Auch Untersuchungen an Tieren sprechen fçr die Bedeutung von Erregern bei der Krankheitsentstehung. Måuse, denen ein Gen fçr das Cytokin IL-2 fehlt (IL-2-Knockout-Måuse), entwickeln z. B. eine entzçndliche Darmerkrankung, die der Colitis ulcerosa beim Menschen åhnelt. Diese Krankheit entwickelt sich bei diesen Tieren jedoch nur, wenn diese mit den infektiæsen Agenzien einer normalen Umgebung in Kontakt stehen. Zieht man sie unter keimfreien Bedingungen auf, bleiben sie krankheitsfrei. Die groûen Fortschritte, die unser Verståndnis der zellulåren und molekularen Grundlagen von Immunitåt im Verlauf der vergangenen zwei Jahrzehnte zu verzeichnen hat, haben zu vielversprechenden neuen Behandlungsmethoden fçr eine ganze Reihe von Autoimmunkrankheiten gefçhrt. Diese Therapien wurden bereits an Tiermodellen getestet (d. h. an Tieren, bei denen man Krankheiten erzeugen kann, die in ihrer Symptomatik Erkrankungen des Menschen åhneln), klinische Studien sind im Gange. Es gibt verschiedene Ansåtze, die gegenwårtig verfolgt oder çberprçft werden: n Die Behandlung mit immunsuppressiven Medikamenten wie Cyclosporin A, welche die Autoimmunreaktion blockieren. Da diese Pråparate unspezifisch wirken, inhibieren sie alle Arten von Immunreaktionen und machen den Patienten daher hoch anfållig fçr gefåhrliche Infektionen. n Die induzierte Rçckkehr zum Toleranzstatus, damit der Kærper aufhært, Autoantikærper und autoreaktive T-Zellen zu bilden. Eine Mæglichkeit, Toleranz gegen spezifische Antigene zu induzieren, besteht in der Gabe von verånderten Peptidliganden (
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, APLs), von denen man hofft, dass sie T-Zell-Rezeptoren in suboptimaler Weise binden, so die T-Zellaktivierung verhindern und die Ausschçttung von Entzçndungscytokinen (wie TNF- und IFN-) herabsetzen. Von einem Medikament dieser Art (Copaxone) konnte gezeigt werden, dass es die Rçckfallhåufigkeit bei Patienten mit multipler Sklerose zu senken vermag. Copaxone ist ein synthetisches Peptid, dessen Struktur an die von MPB ( $ ) erinnert. APLs sollen allerdings Berichten zufolge schwere allergische Nebenwirkungen hervorrufen, so dass ihr Einsatz fraglich geworden ist. n Die Beeinflussung der Autoimmunreaktion durch die Gabe von Antikærpern. Ein Antikærper gegen das Protein CD23, das auf der Oberflåche von T-Lymphozyten (Abb. 17.17) vorhanden ist, wird gegenwårtig auf seine Eignung zur Behandlung von Diabetes Typ I getestet. Der Antikærper inaktiviert oder zerstært Zellen, welche die insulinsezernierenden Zellen der Bauchspeicheldrçse angreifen, fçhrt mæglicherweise aber auch zu einer ausgeweiteten Immunschwåche. Antikærper gegen das Cytokin TNF (zum Beispiel Ramicade) sind zur Behandlung von rheumatoider Arthritis zugelassen und kænnen bei manchen Patienten dramatische Heileffekte erzielen. Ein Antikærper gegen
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die Integrin-Untereinheit 4, der allem Anschein nach die Ansammlung weiûer Blutkærperchen am Ort einer Entzçndung blockiert (Kap. 7, ¹Aus Sicht des Menschenª) hat sich in klinischen Studien an Patienten mit Morbus Crohn und multipler Sklerose als wirksam erwiesen. Vielversprechende Erprobungsergebnisse werden auch von Rixutan berichtet, einem monoklonalen Antikærper, der zur Behandlung von B-Zell-Lymphomen eingesetzt wird (Kap. 16.4.1) und der zum Verfall von B-Zellen fçhrt. Ûberraschenderweise scheint dieser induzierte B-Zellenmangel nicht die Fåhigkeit des Patienten zu untergraben, eine Immunreaktion auf infektiæse Agenzien anzustoûen. n Das Unterbinden der Wirkung inflammatorischer Cytokine durch den Einsatz von immunsuppressiven Cytokinen. IL-4 z. B. scheint vielversprechend bei der Behandlung von IDDM und IFN-1a (Avonex) zur Behandlung von MS. n Immunisierung zur Eindåmmung der immunreaktiven Fåhigkeiten des Kærpers. Es gibt Versuche, MS-Patienten mit dem Teil des T-Zellrezeptors zu immunisieren, der das MBP-Autoantigen erkennt. Der Kærper reagiert auf die Immunisierung, indem er Antikærper produziert, die spezifisch jene T-Zellen angreifen, welche fçr die Krankheit verantwortlich sind.
Experimentelle Verfahren
Die Rolle des Haupthistokompatibilitåtskomplexes fçr die Antigenpråsentation Im Jahre 1973 wiesen Hugh McDevitt und seine Mitarbeiter von der Scripps Foundation im kalifornischen La Jolla und der Stanford University nach, dass die Anfålligkeit von Måusen fçr ein bestimmtes Pathogen von einem Allel abhing, das seinen Sitz am MHC-Locus hatte.1 Sie hatten beobachtet, dass das lymphocytische Choriomeningitis-Virus LCMV bei Måusen, die entweder homozygot oder heterozygot fçr das H-2q-Allel sind, eine tædliche Infektion des Gehirns auslæst, bei Måusen hingegen, die fçr das H-2k-Allel an diesem Genort homozygot sind, keine Infektion verursachte.
Diese Befunde veranlassten Rolf Zinkernagel und Peter Doherty von der Australian National University dazu, die Rolle cytotoxischer T-Lymphozyten (CTLs) bei der Entstehung dieser Krankheit zu beleuchten. Zinkernagel und Doherty planten eine Versuchsreihe, in der sie bei Måusen mit unterschiedlichem MHC-Genotyp (oder Haplotyp, wie man sie in diesem Fall nennt) das Niveau der CTL-Aktivitåt mit der Schwere der Krankheit in Bezug setzen wollten. Die Aktivitåt der cytotoxischen T-Lymphozyten wurde mit folgendem Versuchsprotokoll bemessen: Man nahm Fibroblasten von einer Maus in Kultur und lieû sie zu einem Monolayer heranwachsen, dann infizierte man sie mit dem LCM-Virus. Auf die infizierten Fibroblasten wurde eine Pråparation von Milzzellen von einer anderen Maus gege-
Ausgewåhlte Aspekte der zellulåren und molekularen Grundlagen der Immunitåt
ben, die man sieben Tage zuvor mit demselben Virus infiziert hatte. Der Zeitraum von sieben Tagen gibt dem Immunsystem eines Tieres Zeit, CTLs gegen die virusinfizierten Zellen zu bilden. Diese T-Zellen sind in groûen Mengen in der Milz des infizierten Tiers zu finden. Die kultivierten Zellen waren zuvor mit einem radioaktiven Chromisotop (51Cr) markiert worden. 51Cr wird als Marker verwendet, wenn man zellulåres Ûberleben messen will: Solange die Zellen am Leben sind, bleibt das Radioisotop in der Zelle. Wird die Zelle lysiert, wird 51 Cr ins Medium freigesetzt. Mit diesem Assay låsst sich die Effizienz eines cytotoxischen Angriffs der CTLs aus der Milz auf die frisch infizierten Zellen testen. Zinkernagel und Doherty stellten fest, dass das Ausmaû des CTL-Angriffs auf die kultivierten Fibroblasten ± gemessen an der Freisetzung von 51Cr ± vom relativen Genotyp der Fibroblasten und Milzzellen abhing (Tabelle 1).2 Såmtliche der Fibroblasten, aus denen die Ergebnisse in Tabelle 1 gewonnen wurden, stammten aus einem Inzucht-Mausstamm, der homozygot fçr das Allel 2k am H-2-Locus war. Pråparierte man die Milzzellen aus Måusen mit dem H-2k-Allel (z. B. den Ståmmen n 9abelle 1. 8I$ (& ( ? !! ( ?
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CBA/H, AKR und C3H/HeJ), wurden die L-Zellen mit groûer Effizienz lysiert. Milzzellen hingegen, die aus Måusen mit den Allelen H-2b oder H-2d stammten, waren nicht in der Lage, die infizierten Fibroblasten zu lysieren. (Die Menge an freigesetztem 51Cr entsprach in etwa der, welche auch die im Assay eingesetzten nicht infizierten Fibroblasten aufwiesen (rechte Spalte in Tabelle 1). Entscheidend wichtig war nun zu zeigen, dass die Ergebnisse nicht nur fçr Måuse mit H-2k-Allelen galten. Zinkernagel und Doherty testeten deshalb LCMV-aktivierte Milzzellen von H-2b-Måusen gegen verschiedene Arten von infizierten Zellen. Wiederum lysierten die CTLs ausschlieûlich Zellen vom selben H-2-Genotyp, hier also H-2b. Diese Untersuchungen lieferten erste Hinweise darauf, dass die MHC-Molekçle auf der Oberflåche einer infizierten Zelle deren Wechselwirkungen mit T-Zellen diktieren und einschrånken. Man sagt, die T-Zell-Funktion ist MHC-restringiert. Diese und andere Experimente in den 1970er Jahren warfen die Frage nach der Rolle der MHC-Proteine fçr die Funktion von Immunzellen auf. Unterdessen konzentrierte sich eine andere Forschungsrichtung auf die Mechanismen der Stimulierung von T-Zellen durch bestimmte Antigene. Untersuchungen hatten Hinweise darauf ergeben, dass T-Zellen auf Antigene reagieren, die auf der Oberflåche anderer Zellen gebunden sind. Man nahm zunåchst an, dass das solchermaûen pråsentierte Antigen schlicht aus dem Extrazellulårmedium an die Oberflåche der antigenpråsentierenden Zelle gebunden hatte. Ab Mitte der siebziger Jahre und zu Beginn der achtziger Jahre wiesen Alan Rosenthal an den NIH und Emil Unanue an der Harvard University in ihren Studien nach, dass das Antigen von der antigenpråsentierenden Zelle zunåchst internalisiert und ein Stçck weit aufbereitet sein musste, bevor es die T-Zell-Proliferation anregen konnte. Die meisten Studien dieser Art wurden an Zellkulturen und mit T-Zellen durchgefçhrt, die durch Makrophagen aktiviert worden waren, welche zuvor mit Bakterien, Viren oder anderen Fremdmaterialien konfrontiert worden waren. Eine der Mæglichkeiten, zwischen einem Antigen, das nur auf der Oberflåche einer APC gebunden ist, und einem, das metabolisch von ihr bearbeitet worden ist, zu unterscheiden, besteht darin, Ereignisse, die bei geringen Temperaturen ablaufen kænnen (beispielsweise
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bei 4 8C), bei denen metabolische Prozesse normalerweise blockiert sind, mit solchen zu vergleichen, die bei physiologischen Temperaturen ablaufen. Bei einem dieser frçheren Experimente wurden Makrophagen eine Stunde lang entweder bei 4 8C oder bei 37 8C mit Antigen inkubiert und dann auf ihre Fåhigkeit getestet, T-Zellen aus Lymphknoten zu stimulieren.3 Bei geringeren Antigenkonzentrationen waren Makrophagen, was die Stimulation von T-Zellen betraf, bei 37 8C fast zehnmal so effizient wie bei 4 8C, was die Vermutung nahe legt, dass die Aufbereitung des Antigens aktive metabolische Funktionen erfordert. Auch die Behandlung der Zellen mit Natriumazid, einem Inhibitor der Cytochromoxidase, unterband das Erscheinen des Antigens auf der T-Zelloberflåche, ein Hinweis darauf, dass die Antigenpråsentation metabolische Energie erfordert.4 Folgeexperimente von Kirk Ziegler und Emil Unanue kamen zu dem Ergebnis, dass extrazellulåre Antigene durch Endocytose in Makrophagen aufgenommen und an die Lysosomen der Zelle weitergereicht wurden.5 Ein Ansatz, um herauszufinden, ob Lysosomen an einem bestimmten Prozess beteiligt sind, besteht darin, Zellen mit Substanzen wie Ammoniumchlorid oder Chlorochinon zu behandeln, welche die lysosomale Enzymaktivitåt hemmen. Beide Agenzien erhæhen den pH des lysosomalen Kompartiments, und das wiederum inaktiviert die sauren Hydrolasen (Kap. 8.6). Tabelle 2 zeigt die Auswirkungen dieser Maûnahmen auf die Aufbereitung und Pråsentation von Antigenen aus dem Bakterium ,
. Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass keine dieser Substanzen die Aufnahme (Endocytose) des Antigens beeintråchtigt, beide aber die Bearbeitung des Antigens inhibie-
ren sowie dessen Fåhigkeit, die Bindung von T-Zellen an den Makrophagen zu stimulieren. Diese Daten gehæren zu den ersten, die besagten, dass die Fragmentierung extrazellulårer Antigene durch lysosomale Proteasen womæglich ein entscheidender Schritt bei der Bearbeitung extrazellulårer Antigene im Vorfeld der Pråsentation sein kænnten. Andere Untersuchungen widmeten sich weiterhin der Rolle von MHC-Molekçlen bei der Interaktion zwischen PCs und T-Zellen. Bei einer Versuchsreihe behandelten Ziegler und Unanue Makrophagen mit Antikærpern gegen MHC-Proteine, die vom H-2-Locus codiert waren. Sie stellten fest, dass diese Antikærper keinerlei Effekt auf die Aufnahmen oder den Abbau des Antigens zeigten6, wohl aber die Makrophagen daran hinderten, mit T-Zellen zu interagieren.7 Auch dann noch, wenn man die Makrophagen vor der Zugabe des Antigens mit Antikærpern behandelte, wurde die T-Zellbindung gehemmt. Die Resultate dieser und vieler anderer Studien deuteten darauf hin, dass die Interaktion zwischen einer T-Zelle und einem Makrophagen von der Erkennung zweier Komponenten auf der Oberflåche der antigenpråsentierenden Zelle abhing: dem pråsentierten Antigen und einem MHC-Molekçl. Aber es gab noch kein scharf umrissenes Bild davon, in welcher Beziehung das Antigenfragment und das MHCMolekçl zueinander standen. Man hielt zwei Modelle der Antigenpråsentation fçr mæglich: Dem einen Modell zufolge sollten T-Zellen zwei verschiedene Rezeptoren besitzen, einen fçr das Antigen und den anderen fçr das MHC-Protein. Dem anderen Modell zufolge sollte ein einziger T-Zell-Rezeptor zur selben Zeit sowohl das MHC-Protein als auch das An-
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tigenpeptid auf der APC-Oberflåche erkennen. Als sich erste Hinweise auf eine physikalische Assoziation zwischen MHC-Proteinen und pråsentierten Antigenen ergaben, verlagerte sich die Meinung allmåhlich zugunsten des ¹EinRezeptor-Modellsª. In einer Untersuchung wurde z. B. gezeigt, dass sich von T-Zellen weiter verarbeitetes Antigen zusammen mit MHCProteinen als Komplex isolieren låsst.8 In diesem Experiment wurden kultivierte T-Zellen aus H-2k-Måusen fçr 40 Minuten mit radioaktiv markiertem Antigen inkubiert. Am Ende der Inkubationszeit wurde das Antigen aus den Zellen pråpariert und çber eine Såule gegeben, die mit Antikærpern gegen MHC-Proteine pråpariert worden war. Beschichtete man die Kçgelchen mit Antikærpern gegen H-2k-Protein, ein MHC-Molekçl, das in den T-Zellen vorkam, blieben groûe Mengen an radioaktiv markiertem Antigen daran hången, was nichts anderes hieû, als dass das bearbeitete Antigen mit dem MHC-Protein assoziiert sein musste. Beschichtete man die Kçgelchen stattdessen mit Antikærpern gegen H-2b-Protein, ein MHC-Molekçl, das in den T-Zellen nicht vorkam, blieb in der Såule nur relativ wenig Radioaktivitåt zurçck. Im Gefolge dieser frçhen Experimente richteten die Forscher ihr Augenmerk auf die atomare Struktur der an T-Zell-Interaktionen beteiligten Molekçle. Die Strukturanalysen beschåftigten sich statt mit den Klasse-II-MHCMolekçlen auf der Oberflåche von Makrophagen mit Klasse-I-MHC-Molekçlen von der Art, wie man sie auf der Oberflåche virusinfizierter Zellen findet. Das erste dreidimensionale Portråt von einem MHC-Molekçl wurde 1987 publiziert und basierte auf ræntgenkristallographischen Analysen von Don Wiley und seinen Kollegen an der Harvard University.9 KlasseI-MHC-Molekçle bestehen aus einer schweren Kette mit drei extrazellulåren Domånen (1, 2, 3) und einem einzelnen membrandurchspannenden Segment sowie einem fixen 2m-Polypeptid (Abb. 17.20). Wiley und Kollegen untersuchten die Struktur des extrazellulåren (læslichen) Anteils des MHC-Molekçls (1, 2, 3 und 2m) nach der Entfernung des Transmembranankers. Ein Modell der erhaltenen Struktur ist in Abb. 1 a dargestellt, der åuûere (Antigen bindende) Teil des Proteins wird von den Domånen 1 und 2 gebildet. Man sieht an diesem Modell, dass die Innenflåche dieser Domånen die Wånde einer tiefen Furche von etwa 2,5 nm Långe und 1 nm Breite
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bilden. Diese Furche fungiert als Bindungsstelle fçr die im Rahmen der cytoplasmatischen Aufbereitung des Antigens gewonnenen Peptide. Wie in Abb. 1 b dargestellt, sind die Seiten der antigenbindenden Tasche mit den -Helices der 1- und 2-Domånen ausgekleidet, am Boden der Tasche befindet sich das -Faltblatt, das von eben diesen Domånen bis çber die Mittellinie hinaus reicht. Man nimmt an, dass die Helices von relativ groûer Flexibilitåt sind, so dass Peptide von ganz unterschiedlicher Sequenz in dieser Vertiefung binden kænnen. Nachfolgende ræntgenkristallographische Studien beschrieben, wie die Peptide in der antigenbindenden Tasche von MHC-Molekçlen positioniert sind. In einer dieser Untersuchungen wurde die råumliche Anordnung von mehreren natçrlich bearbeiteten Peptiden bestimmt, die in der antigenbindenden Tasche ein und desselben Klasse-I-MHC-Molekçls (HLA-B27) gebunden waren.10 Dem Gerçst aller Peptide, die an HLA-B27 binden, ist eine besondere, ausgestreckte Konformation gemeinsam, die çber die ganze Långe der Bindungsspalte reicht. Die N- und C-Termini der Peptide werden mit zahlreichen Wasserstoffbrçcken an beiden Enden der Furche exakt positioniert. Die Wasserstoffbrçcken verknçpfen das Peptid mit einer Reihe von hoch konservierten Aminosåureresten an den Seiten und am Boden der Vertiefung im MHC-Molekçl. In einer anderen entscheidend wichtigen Studie beschrieben Ian Wilson und seine Mitarbeiter am Scripps Research Institute in La Jolla, Kalifornien, die ræntgenkristallographische Struktur eines Klasse-I-MHC-Proteins im Komplex mit zwei Peptiden unterschiedlicher Långe.11,12 Die Struktur des Maus-MHC-Proteins ist der in Abb. 1 a dargestellten des Menschen im Groûen und Ganzen sehr åhnlich. In beiden Fållen sind die Peptide in gestreckter Konformation tief innen am Grunde der Bindungsspalte des MHC-Molekçls gebunden (Abb. 2). Diese gestreckte Konformation låsst zahlreiche Wechselwirkungen zwischen den Seitenketten des MHC-Molekçls und dem Peptidgerçst des gebundenen Peptids zu. Da der MHC in erster Linie mit dem Gerçst des Peptids reagiert statt mit dessen Seitenketten, gibt es kaum Einschrånkungen, was die einzelnen Aminosåurereste betrifft, die an den verschiedenen Stellen der Bindungstasche vorhanden sein kænnen. Aus diesem Grund vermag jedes MHC-Molekçl ein breites Spektrum an Antigenpeptiden zu binden.
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Der MHC-Peptid-Komplex auf der Oberflåche einer infizierten Zelle ist jedoch nur die eine Hålfte der immunologischen Erkennungsreaktion: die andere Hålfte ist der T-Zell-Rezeptor auf der Oberflåche einer cytotoxischen T-Zelle. Seit çber einem Jahrzehnt ist bekannt, dass ein TCR irgendwie einen MHC samt gebundenem Peptid zu erkennen vermag, aber wie das im Einzelnen geschieht, ist der Wissenschaft bislang verborgen geblieben, weil die Herstellung von Proteinkristallen des TCR, die
Ausgewåhlte Aspekte der zellulåren und molekularen Grundlagen der Immunitåt
sich fçr die Ræntgenkristallographie eigneten, Schwierigkeiten bereitete. Schlieûlich çberwand man diese Probleme und im Jahre 1996 publizierten sowohl das Wiley-Labor als auch die Wilson-Gruppe ein dreidimensionales Portråt der Wechselwirkung zwischen MHC-Peptid und TCR.13,14 Die Struktur des Gesamtkomplexes aus diesen beiden Proteinen ist in Abb. 3 aufgezeigt, die Polypeptide sind hier als Bånder dargestellt. Ein råumliches Modell eines åhnlichen Komplexes ist auf dem Eingangsphoto dieses Kapitels zu sehen. Die in Abb. 3 dargestellte Struktur zeigt die Proteinteile zwischen CTL und virusinfizierter Wirtszelle. Die untere Hålfte des Bildes erlåutert die Struktur und Orientierung des KlasseI-MHC-Molekçls, in dessen Bindungstasche das ausgestreckte Peptidantigen ( $ ) eingebettet ist. Die obere Bildhålfte zeigt die Struktur und Orientierung des TCR. Wie in Abb. 17.17 b bereits dargestellt, besteht der TCR aus - und -Polypeptidketten, wobei jede Kette aus einer variablen Region (V) und einer konstanten Region (C) besteht. Genau wie Immunglobuline (Abb. 17.12) enthålt auch die variable Region einer TCR-Untereinheit hypervariable Abschnitte. Diese hypervariablen Regionen bilden Schleifen, die aus dem çbrigen Molekçl herausragen (die farbigen Abschnitte der beiden TCR-Polypeptide in Abb. 3) und sich eng an die åuûeren Enden des MHC-Peptid-Komplexes anschmiegen. Die hypervariablen Regionen werden auch als $ $ (Komplementaritåt stiftende Regionen) oder CDRs bezeichnet, weil sie die Bindungseigenschaften des TCR bestimmen. Die CDRs des TCR interagieren mit den -Helices der 1- und der 2-Domånen des MHC und den exponierten Aminosåureresten des gebundenen Peptids. Die zentralen CDRs des TCR weisen die hæchste Sequenzvariabilitåt auf und interagieren vornehmlich mit dem ebenfalls zentral gelegenen gebundenen Peptid. Die åuûeren CDRs sind weniger variabel und interagieren mit den -Helices des MHC.15 Durch diese unterschiedlichen Arten von Wechselwirkung wird der TCR seinen beiden ¹Erkennungsverpflichtungenª gerecht: Er erkennt das gebundene Peptid als fremd und den MHC als kærpereigenes Protein. (Informationen çber neueste Untersuchungen zu weiteren TCR-PeptidMHC-Wechselwirkungen finden sich in den Referenzen 16 und 17.)
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Zusammenfassung . 9 6 $ 6 9 " $' " 9 KL 3KselfL" 4" " '
3 " Knonself ª). Angeborene Immunreaktionen erfolgen rasch, sind aber unspezifisch, adaptive Immunreaktionen sind hoch spezifisch, brauchen jedoch eine Anlaufzeit von mehreren Tagen. Angeborene Reaktionen werden von phagocytotischen Zellen bewerkstelligt, die im Kærper patrouillieren, von Molekçlen im Blut (dem Complementsystem), die Bakterienzellen lysieren kænnen, antiviralen Proteinen (Interferonen) und natçrlichen Killerzellen, die eine infizierte Zelle zur Apoptose veranlassen kænnen. Bei der adaptiven Immunitåt unterscheidet man zwei groûe Kategorien: die humorale Immunitåt, vermittelt durch Antikærper, die von Zellen produziert werden, die sich von B-Lymphozyten (B-Zellen) herleiten, und die durch T-Lymphozyten (T-Zellen) vermittelte zellulåre Immunitåt. Bund T-Zellen leiten sich von derselben Stammzelle her, aus der auch andere Arten von Blutzellen hervorgehen (Kap. 17.1.1). 6 % '
& 0 Jede B-Zelle ent-
wickelt sich irgendwann dahin, dass sie eine einzige Art von Antikærpermolekçl produziert; die Vorlage dafçr ist zunåchst als Rezeptor in der Plasmamembran pråsent. Die Entscheidung fçr den betreffenden Antikærper fållt in Abwesenheit des Antigens, das gesamte Repertoire einer Antikærper produzierenden Zelle ist bereits vor der Stimulierung durch ein Antigen angelegt. Eine Fremdsubstanz, die im Kærper auftaucht, wirkt als Antigen und interagiert mit B-Zellen, die auf ihrer Oberflåche Antikærper tragen, welche in der Lage sind, diese Substanz zu binden. Die Bindung des Antigens aktiviert die B-Zelle, bringt sie dazu zu proliferieren und einen Zellklon zu bilden, dessen einzelne Zellen zu Antikærper produzierenden Plasmazellen differenzieren. Auf diese Weise selektiert das Antigen B-Zellen, deren Antikærper mit ihm interagieren kænnen. Einige der durch das Antigen selektierten Antikærper bleiben als undifferenzierte Gedåchtniszellen erhalten, die bei einem erneuten Auftauchen des Antigens rasch reagieren kænnen. B-Zellen, deren Antigenrezeptoren imstande sind, mit den Geweben des Kærpers zu reagieren, werden entweder inaktiviert oder eliminiert und lassen im Kærper so eine immunologische Toleranz gegen sich selbst entstehen (Kap. 17.2).
Zusammenfassung
!8% $% ! $ 3!+ 40 ! $ $'
!2$ 3!2 4" 7 9 " %- !8% $% 3+!8 4" $ 0 Im Unterschied zu B-Zellen, die durch læsliche, intakte Antigene aktiviert werden, werden T-Zellen durch Antigenfragmente aktiviert, die auf der Oberflåche anderer Zellen pråsentiert werden; diese Zellen nennt man Antigen pråsentierende Zellen (APCs). Wåhrend jede beliebige infizierte Zelle einen cytotoxischen T-Lymphozyten aktivieren kann, kænnen TH-Zellen nur durch ¹professionelleª Antigen pråsentierende Zellen ± Makrophagen und dendritische Zellen ± aktiviert werden. Cytotoxische T-Zellen tæten ihre Zielzellen, indem sie Proteine sezernieren, welche die Membran der betreffenden Zelle permeabel machen und sie zur Apoptose veranlassen (Kap. 17.3). 1 / * 6 36 4 *" $' 9 /% ' 0 ' , '
36" 6:" 6" 6# 640 7 " ' "
3E4 3+4" 0 0 " 1 <$
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' " 3F4 9 3.4" 0 0 " &<$ 9 $ 0 Die verschiedenen Antikærperklassen erscheinen zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach dem Kontakt mit dem Antigen und haben verschiedene biologische Funktionen. IgG ist die vorherrschende Antikærperform im Blut. Die Y-færmigen IgG-Molekçle bestehen aus zwei identischen schweren Ketten und zwei identischen leichten Ketten. Die Antigen bindenden Regionen ergeben sich jeweils aus der Verbindung der V-Region einer leichten Kette mit der V-Region einer schweren Kette. Innerhalb der V-Regionen gibt es hypervariable Regionen, welche die Form der Antigenbindungsstelle bestimmen (Kap. 17.4). $ 7 ! ' 9 : " 9 ) '0 Fçr jede variable Region einer leichten Ig-Kette werden zwei DNA-Segmente (ein V- und ein J-Segment) zusammengelegt, fçr jede schwere Kette hingegen drei Segmente (V-, J- und D-Segment). Durch die Kombination verschiedener V-Gene mit ver-
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schiedenen J-Segmenten ergibt sich von einer Antikærper produzierenden Zelle zur nåchsten eine hohe Variabilitåt. Zusåtzliche Vielfalt wird erreicht durch die enzymatische Insertion einzelner Nucleotide und eine besondere Variabilitåt der V-J-Verbindungsstelle. Man schåtzt, dass ein Mensch çber 2000 verschiedene Arten von leichten j-Ketten und 100 000 Arten von schweren Ketten synthetisieren kann, aus denen sich durch beliebige Kombination miteinander mehr als 200 Mio. Antikærper ergeben. Zusåtzliche Vielfalt ergibt sich auf der Ebene der Antikærper produzierenden Zellen durch somatische Hypermutation, die zur Folge hat, dass die umarrangierten V-Gene einer weitaus hæheren Mutationsrate unterliegen als das çbrige Genom (Kap. 17.4.2). ' 9 /+ " $ / $ $ /1
1 / " 9 2 1 - 2+ '0 MHC-Proteine lassen sich in zwei Klassen unterteilen: KlasseI-MHC-Molekçle und Klasse-II-MHC-Molekçle. Klasse-I-MHC-Molekçle pråsentieren in erster Linie Peptide, die aus endogenen Proteinen des Cytosols hervorgegangen sind, darunter auch solche, die durch ein infizierendes Virus dort hineingelangt sind. Fast alle Kærperzellen kænnen cytotoxischen T-Lymphozyten Peptide im Verbund mit Klasse-I-MHC-Molekçlen pråsentieren. Wird ein solchermaûen pråsentiertes Fremdpeptid von einem T-ZellRezeptor eines CTL erkannt, wird der Lymphozyt aktiviert, die Zielzelle anzugreifen. Professionelle APCs, unter anderem Makrophagen und dendritische Zellen, pråsentieren Peptide im Verbund mit Klasse-II-MHC-Molekçlen. Der MHC-Peptid-Komplex auf der APC wird von T-Zell-Rezeptoren auf der Oberflåche von TH-Zellen erkannt. T-Helferzellen, die durch von APCs pråsentierte Antigene aktiviert werden, tun sich mit B-Zellen zusammen, deren (aus Immunglobulinen bestehende) Antigenrezeptoren dasselbe Antigen erkennen. Die T-Helferzellen stimulieren die B-Zellen durch direkte Wechselwirkung einerseits und andererseits durch die Ausschçttung von Cytokinen. Die Aktivierung einer T-Zelle çber ihren Rezeptor fçhrt zur Stimulation einer Tyrosinkinase innerhalb der Zelle, die daraufhin eine Reihe von Signalçbertragungswegen aktiviert; unter anderem wird Ras aktiviert und damit der MAPK-Signalweg sowie Phospholipase C (Kap. 14.4.3).
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Die Immunantwort
ternetseite www.wiley.com/college/karp .weitern sie Ihr Verståndnis, indem sie Karps Internetseite ¹Zell- und Molekularbiologieª besuchen. Dort finden Sie ' die gestellten $ & , , die schwierige Sachverhalte und Begriffe verdeutlichen, , die Ihnen bei Prçfungsvorbereitungen helfen, sowie 8 zu interessanten Stellen im Netz. Zusåtzlich zu der Literaturliste unten kann man auf der Internetseite auch noch ' 8 finden.
17.5 Literatur 8 Die folgenden Periodika enthalten nur Ûbersichtsartikel aus dem Gebiet der Immunologie: Advances in Immunology Annual Review of Immunology Critical Reviews in Immunology Current Opinion in Immunology Immunological Reviews Nature Reviews Immunology Trends in Immunology 1$ 8 Abbas AK et al (2003) Cellular and Molecular Immunology, 5th ed. Saunders, London Allman D et al (2002) Reviews on regulation of the immune system. Cell 109, Sonderheft Couzin J (2003) Diabetes' brave new world. Science 300: 1862±1865 (çber die Behandlung von Diabetes Typ I) Davis MM (2003) Dynamics of cell surface molecules during T cell recognition. Annu Rev Biochem 72:717±742
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9echniken der Zell- und Molekularbiologie
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18.1 Das Lichtmikroskop 18.2 Transmissionselektronenmikroskopie 18.3 Rasterelektronenmikroskopie 18.4 Der Einsatz von Radioisotopen 18.5 Zellkulturen 18.6 Fraktionierung des Inhalts einer Zelle durch differentielle Zentrifugation 18.7 Isolierung, Reinigung und Fraktionierung von Proteinen 18.8 Strukturaufklårung bei Proteinen 18.9 Aufreinigung und Fraktionierung von Nucleinsåuren 18.10 Konzentrationsbestimmung bei Proteinen und Nucleinsåuren 18.11 Ultrazentrifugation 18.12 Nucleinsåurehybridisierung 18.13 Techniken der DNARekombination 18.14 Der Einsatz von Antikærpern ! ! I " # + 1 2" ) ( ' ? $ ' . ! ! I &
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Aufgrund der geringen Græûe ihres Forschungsgegenstands sind die Zell- und die Molekularbiologie stårker auf die Entwicklung neuer Instrumente und Technologien angewiesen als jeder andere Zweig der Biologie. Infolgedessen ist es fast unmæglich, etwas çber Zell- und Molekularbiologie zu lernen, ohne gleichzeitig etwas
çber die Methoden zu lernen, mit deren Hilfe Daten gewonnen werden. Wir wollen im Folgenden einen Ûberblick çber die Methoden geben, die auf unserem Gebiet gelåufig sind, ohne uns allzu sehr mit ihren Einzelheiten und mæglichen Varianten zu befassen. Ziel des vorliegenden Kapitels ist es, die Art und Weise zu beschreiben,
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Techniken der Zell- und Molekularbiologie
wie die einzelnen Techniken eingesetzt werden, und Beispiele fçr die Art von Information zu liefern, die sich aus dem Einsatz dieser Techniken gewinnen låsst. Wir wollen mit dem Instrument beginnen, das Biologen in die Lage versetzt hat, die Existenz von Zellen wahrzunehmen und das letztlich Ausgangspunkt all der Informationen ist, die in diesem Buch vorgestellt werden.
!5! & tmikroskop Mikroskope sind Instrumente, die ein vergræûertes Bild von einem Gegenstand liefern. Abbildung 18.1 zeigt die wichtigsten Bestandteile eines Lichtmikroskops. Eine Lichtquelle ± die extern oder in den Fuû des Mikroskops eingelassen sein kann ± beleuchtet das Pråparat. Die unterhalb des Objekttischs bçndelt die diffusen Lichtstrahlen der Lichtquelle und erleuchtet das Objekt mit einem kleinen hellen Lichtkegel, durch den sich bei gehæriger Vergræûerung auch sehr kleine Teile des Objekts sichtbar machen lassen. Die durch den Kondensor auf das Objekt gebçndelten Lichtstrahlen werden dann von den Linsen im (, 9 erneut gebçndelt. Ab diesem Punkt mçssen wir zwei Gruppen von Lichtstrahlen berçcksichtigen: solche, die das Objekt in ihrer Bahn veråndert hat, und jene, die es nicht beeinflusst hat (Abb. 18.2). Letztere besteht aus Licht, das direkt vom Kondensor durch die Objektivlinse tritt und den Hintergrund des Sehfelds ausmacht. Die erste Gruppe von Lichtstrahlen geht von den einzelnen Teilen des Pråparats aus. Diese Lichtstrahlen
n Abb. 18.1. % ! ! . " ? " @* ( @ (
werden durch die Objektivlinse zu einem realen vergræûerten Bild des Gegenstands im Mikroskoptubus gebçndelt (Abb. 18.1). Das von der Objektivlinse geschaffene Abbild des Gegenstands bildet nun das Abbildungsobjekt fçr ein zweites Linsensystem, das ( , das ein nochmals vergræûertes virtuelles Bild des Gegenstands entstehen låsst. Fçr ein drittes Linsensystem ± dem vorderen Teil unseres Auges ± wird dieses vom Okular geschaffene virtuelle Bild erneut zum abzubildenden Gegenstand, dieses Mal entsteht das Abbild auf der Netzhaut. Dreht man am Fokussierrad des Mikroskops, veråndert sich der relative Abstand zwischen Pråparat und Objektiv. Auf diese Weise låsst sich das Abbild auf der Retina genau auf die Netzhautebene justieren. Die Vergræûerung eines Mikroskops berechnet sich aus dem Produkt der beiden Vergræûerungen von Objektiv und Okular.
n Abb. 18.2. G . 9 . " ( @* " ' ;
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!5!! uflæsung Bis zu diesem Augenblick haben wird lediglich çber die Vergræûerung eines Gegenstands gesprochen, ohne dabei auf die Qualitåt des Bildes einzugehen, d. h. darauf, in welchem Maûe die Einzelheiten des Pråparats im Abbild zu erkennen sind. Angenommen Sie betrachten ihr Objekt mit einer relativ stark vergræûernden Linse Ihres Objektivs (63 fach) und einem Okular, welches das Bild des Objektivs noch einmal um das Fçnffache vergræûert. Nehmen Sie an, Sie betrachten soeben Chromosomen und es ist wichtig, dass Sie deren Anzahl korrekt bestimmen. Einige davon aber liegen dicht zusammen und lassen sich nicht einzeln unterscheiden (Abb. 18.3 a). Eine Læsung fçr das Problem kænnte darin bestehen, das Okular auszutauschen, um den betrachteten Gegenstand weiter zu vergræûern. Setzen Sie nun statt einer Fçnffachlinse eine Zehnfachlinse ein, verbessern Sie wahrscheinlich Ihre Chance, die Chromosomen einzeln unterscheiden zu kænnen, denn Sie haben damit das Abbild auf der Netzhaut ausgedehnt, so dass es einen græûeren Teil der Retina bedeckt (Abb. 18.3 b). Je mehr Photorezeptoren Informationen çber das Bild çbermitteln, umso mehr Einzelheiten kænnen wahrgenommen werden (Abb. 18.4).
Das Lichtmikroskop
Wenn Sie nun aber zu einem zwanzigfachen Okular wechseln, ist die Chance gering, dass Sie noch mehr Einzelheiten sehen, auch wenn das Bild noch græûer geworden ist, d. h. noch mehr Netzhautflåche einnimmt. Der Okularwechsel bringt deshalb keine zusåtzlichen Informationen, weil das vom Objektiv produzierte Abbild nicht mehr Informationen hergibt, die eine Verbesserung des Okulars noch steigern kænnte. Der zweite Okularwechsel liefert lediglich eine ¹leere Vergræûerungª (wie in Abb. 18.3 c). Die optische Qualitåt einer Objektivlinse wird danach bemessen, wie viele Details und Feinheiten sich in einem Pråparat unterscheiden oder auflæsen lassen. Die , die ein Mikroskop bietet, wird durch die Beugung des Lichtes im Instrument vorgegeben. Licht, das von einem Punkt des Pråparats ausgeht, kann durch seine Beugung im Abbild nie als Punkt wahrgenommen werden, sondern immer nur als kleiner kreisrunder Fleck. Ûberlappen nun die beiden Lichtflecken von zwei benachbarten Punkten, kænnen die Punkte im Abbild nicht mehr unterschieden werden (Abb. 18.4). Das Auflæsungsvermægen eines Mikroskops låsst sich daher durch die Mæglichkeit definieren, zwei benachbarte Punkte als zwei getrennte Einheiten wahrzunehmen. Eingeschrånkt wird das Auflæsungsvermægen durch die Wellenlånge der Beleuchtungsquelle nach der Formel
n Abb. 18.3 a±c. BC B P !' a b B BC (
B " P ( b c B = > BC M & ! . ( BC
n Abb. 18.4. B ( B % ! !' % ! # ! +1 " '
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wobei der minimale Abstand ist, den zwei Punkte haben kænnen, damit sie noch aufgelæst werden kænnen, die Wellenlånge des Lichtes (527 nm fçr weiûes Licht) und der Brechungsindex des Mediums zwischen Pråparat und Objektiv. Wie in Abb. 18.2 ersichtlich, ist der halbe Úffnungswinkel des Lichtkegels, der ins Objektiv einfållt. Alpha ist ein direktes Maû fçr die Fåhigkeit der Linse, Licht zu bçndeln, und steht in direkter Relation zu dessen Apertur. Der Nenner in der eben vorgestellten Gleichung wird auch als bezeichnet. Die numerische Apertur ist fçr jede Linse eine Konstante, ein Maû fçr deren lichtbçndelnde Qualitåt. Bei einem Objektiv, das fçr den Einsatz in Luft vorgesehen ist, ist die maximal mægliche numerische Apertur 1, weil der Sinus des maximal mæglichen Winkels von 908 1 betrågt und der Brechungsindex von Luft ebenfalls 1 ist. Ein Immersionsobjektiv, das mit Úl verwendet wird, hat eine maximale numerische Apertur von 1,5. Ûber den Daumen kann
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Techniken der Zell- und Molekularbiologie
man sagen, dass die maximale færderliche Vergræûerung eines Mikroskops bei dem 500- bis 1000fachen der numerischen Apertur des verwendeten Objektivs liegt. Versuche, das Bild çber diesen Punkt hinaus zu vergræûern, bringen allenfalls eine Leervergræûerung und verschlechtern die Qualitåt des Bildes. Eine hohe numerische Apertur wird durch den Einsatz von Linsen mit kurzer Brennweite erreicht, weil sich diese sehr nahe an das Objekt heranbringen lassen. Wenn wir die kçrzestmægliche Wellenlånge der Beleuchtung und die græûtmægliche numerische Apertur in die Gleichung einsetzen, kænnen wir die Auflæsungsgrenze eines Lichtmikroskops errechnen. Man erhålt mit diesen Zahlen einen Wert von etwas weniger als 0,2 lm (oder 200 nm), das gençgt, um græûere Zellorganellen wie Kern und Mitochondrien unterscheiden zu kænnen. Die Auflæsungsgrenze des bloûen Auges dagegen, dessen numerische Apertur bei etwa 0,004 liegt, betrågt in etwa 0,1 mm. Auûer durch diese theoretischen Faktoren wird das Auflæsungsvermægen auch durch optische Fehler oder Aberrationen bestimmt. Es gibt sieben wichtige Aberrationen, und dieses Hindernis muss ein Linsenhersteller çberwinden, um Objektivlinsen herstellen zu kænnen, deren tatsåchliches Auflæsungsvermægen an die theoretischen Grenzen heranreicht. Objektivlinsen bestehen daher statt aus einer einzelnen Linse aus einer komplexen Kombination von Einzellinsen, um diese Aberrationen so gering wie mæglich zu halten. In der Regel leistet eine der Linsen die erforderliche Vergræûerung wåhrend die anderen die Fehler der ersten Linse kompensieren, um ein wirklichkeitsgetreues Gesamtbild zu gewåhrleisten. !5!$ Visibilitåt Auf der eher praktischen Seite der Mikroskopie steht die Frage der Sichtbarkeit eines Gegenstands, bei der es um die Faktoren geht, die es çberhaupt erst ermæglichen, ein Objekt zu sehen. Das mag reichlich trivial scheinen: Wenn ein Objekt da ist, sollte man es sehen kænnen. Denken Sie einmal an eine durchsichtige Glasperle. Unter den meisten Bedingungen und gegen die meisten Hintergrçnde betrachtet ist die Perle klar sichtbar. Legen Sie die Perle aber in ein Glas mit Immersionsæl vom selben Brechungsindex wie Glas, entzieht sich die Perle Ihrer Sicht, weil sie Licht nicht mehr in erkennbar anderer Art und Weise beeinflusst als ihre Hintergrundflçssigkeit. Jeder, der einmal seine Zeit damit zugebracht hat, eine Amæbe zu suchen,
kann das Problem der Sichtbarkeit beim Lichtmikroskop nachvollziehen. Was wir durch ein Fenster oder ein Mikroskop sehen, sind Gegenstånde, die das Licht in anderer Art und Weise beeinflussen als ihr Hintergrund. Ein anderer Ausdruck fçr Visibilitåt in diesem Sinne ist der Begriff , will sagen, die unterschiedliche Erscheinungsform benachbarter Teile eines Objekts oder eines Objekts und seines Hintergrunds. Wie notwendig Kontrast ist, låsst sich ermessen, wenn man an einen Sternenhimmel denkt. Wåhrend ein klarer Nachthimmel von Sternen nur so prangt, scheint demselben Himmel wåhrend des Tages jeder Himmelskærper abzugehen. Die Sterne haben sich unserem Blick entzogen, aber sie sind nicht vom Himmel verschwunden. Gegen den hellen Hintergrund sind sie einfach unsichtbar geworden. In der makroskopischen Welt betrachten wir Gegenstånde, auf die Licht fållt, und wir sehen das Licht, das von ihnen auf unsere Augen zurçckreflektiert wird. Wenn wir hingegen ein Mikroskop verwenden, platzieren wir das Objekt zwischen die Lichtquelle und unsere Augen und betrachten Licht, das durch das Objekt hindurchtritt (oder, genauer, das vom Objekt gebeugt wird). Wenn Sie sich mit einem Objekt in einen Raum mit einer einzigen Lichtquelle begeben und den Gegenstand zwischen diese Lichtquelle und ihre Augen halten, werden Sie einen Teil der Schwierigkeiten verstehen, die eine solche Art der Beleuchtung mit sich bringt. Das Ganze setzt voraus, dass Ihr Gegenstand nahezu transparent, im wahrsten Sinne des Wortes durchsichtig ist. Und da liegt auch schon die andere Hålfte des Problems: Gegenstånde die ¹nahezu transparentª sind, kænnen sehr schwer zu sehen sein. Eine der besten Mæglichkeiten, ein dçnnes, durchsichtiges Pråparat unter dem Mikroskop sichtbar zu machen, besteht in der Fårbung mit einem Farbstoff, der nur Licht bestimmter Wellenlången des sichtbaren Spektrums absorbiert. Die nicht absorbierten Wellenlången werden ans Auge weitergeleitet und lassen das gefårbte Objekt bunt erscheinen. Verschiedene Farbstoffe binden an verschiedene Arten von biologischen Molekçlen, daher erhæhen Fårbeverfahren nicht nur die Sichtbarkeit eines Pråparats, sondern geben auch Aufschluss darçber, wo sich in Zellen oder Geweben bestimmte Arten von Substanzen finden. Ein gutes Beispiel hierfçr ist die Feulgen-Fårbung, eine DNA-spezifische Fårbung, die Chromosomen unter dem Mikroskop farbig erscheinen låsst (Abb. 18.5). Ein Problem bei Fårbungen ist die Tatsache, dass sie grundsåtzlich nicht bei lebenden Zellen zu verwenden sind. Meist sind sie selbst oder die Fårbebedingungen
Das Lichtmikroskop
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n Abb. 18.5. & ? "
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toxisch, oder die Farbstoffe kænnen die Plasmamembran einer lebenden Zelle nicht durchdringen. Bei der Feulgen-Fårbung muss das Gewebe zum Beispiel zunåchst in Såure hydrolysiert werden, bevor man den Farbstoff anwenden kann. Unterschiedliche Arten von Lichtmikroskopen verwenden unterschiedliche Arten von Beleuchtung. Bei einem 2 sieht man den Lichtkegel, der das Pråparat durchleuchtet, als hellen Hintergrund, gegen den man das Bild des Pråparats sichtbar machen muss. Hellfeldmikroskopie ist in idealer Weise fçr kontrastreiche Pråparate geeignet ± beispielsweise fçr gefårbte Gewebeschnitte, fçr andere Pråparate bietet sie hingegen nicht unbedingt die optimale Sichtbarkeit. In den folgenden Abschnitten wollen wir daher andere Mittel betrachten, mit denen sich Objekte im Lichtmikroskop besser sichtbar machen lassen. !5!' Phasenkontrastmikroskopie Kleine ungefårbte Objekte wie lebende Zellen kænnen im Hellfeldmikroskop extrem schwer zu sehen sein (Abb. 18.6 a). Das / macht hoch transparente Objekte besser sichtbar (Abb. 18.6 b). Wir kænnen verschiedene Teile des Pråparats voneinander unterscheiden, weil sie Licht unterschiedlich reflektieren. Eines der Fundamente fçr solche Unterschiede ist der Brechungsindex. Zellorganellen bestehen aus verschiedenen Anteilen an verschiedenen Molekçlen:
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DNA, RNA, Protein, Lipid, Kohlenhydrat, Salzen und Wasser. Regionen von unterschiedlicher Zusammensetzung werden daher unterschiedliche Brechungsindices aufweisen. Wir kænnen solche Unterschiede normalerweise nicht mit unseren Augen wahrnehmen. Das Phasenkontrastmikroskop aber setzt Unterschiede im Brechungsindex in Intensitåtsunterschiede um (relative Helligkeit), die fçr unser Auge sichtbar sind. Die Phasenkontrastmikroskopie erreicht dies, indem sie
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Techniken der Zell- und Molekularbiologie
das direkte Licht, das ins Objektiv einfållt, von dem gebeugten Licht trennt, das durch das Pråparat hindurch tritt, und zudem Lichtstrahlen aus diesen beiden Quellen dazu bringt, miteinander zu interferieren. Die relative Helligkeit jedes Objektteils reflektiert die Art und Weise, wie das Licht aus dem Teil des Pråparates mit dem direkten Licht interferiert. Die Phasenkontrastmikroskopie ist çberaus nçtzlich, wenn es darum geht, intrazellulåre Komponenten lebender Zellen bei relativ hoher Auflæsung zu untersuchen. Die Dynamik und Beweglichkeit von Mitochondrien, Mitose-Chromosomen und Vacuolen låsst sich mit dieser Optik beobachten und filmen. Allein zu beobachten, wie die winzigen zellulåren Partikel und Vacuolen in einer lebenden Zelle geschåftig und scheinbar ziellos hin und her geschoben werden vermittelt einen aufregenden Eindruck von Leben, der durch gefårbte tote Zellen niemals erreicht werden kann. Der græûte Nutzen aus der Erfindung des Phasenkontrastmikroskops liegt nicht in der Entdeckung neuer Strukturen, sondern in seinem tagtåglichen Einsatz in Forschung und Lehre, der eine hæchst aufschlussreiche Beobachtung von Zellen ermæglicht. Das Phasenkontrastmikroskop hat optische Mångel, die seine Auflæsung mindern, das Bild leidet unter Lichtbrechungshæfen und stærendem Schattenwurf an Stellen, wo groûe Differenzen im Brechungsindex vorkommen. Es ist eine Art von 6$ . Andere Arten von Interferenzmikroskopen minimieren diese optischen Artefakte durch eine vollståndige Trennung von direktem und gebeugtem Strahl mithilfe komplexer Lichtwege und Prismen. Ein weiteres Interferenzsystem, der $ (6+), manchmal auch nach seinem Erfinder Nomarski-Interferenzkontrast genannt, liefert ein Bild, das dreidimensional scheint (Abb. 18.6 c). Der Kontrast beim DIC hångt von den Unterschieden ab, die der Brechungsindex innerhalb eines Objekts aufweist. Aus diesem Grund heben sich die Umrisse von Strukturen, an denen sich der Brechungsindex innerhalb einer relativ kurzen Strecke sehr stark veråndert, besonders kontrastreich ab. !5! luoreszenzmikroskopie und verwandte Techniken Bestimmte Verbindungen ( $$ " oder ) absorbieren unsichtbare ultraviolette Strahlung und setzen einen Teil der Energie in långeren sichtbaren Wellenlången frei. Dieses Phånomen bezeichnet
man als $$. Das Vorhandensein von Fluorochromen innerhalb einer Zelle beobachtet man mit einem $$ . Die Lichtquelle dieses Mikroskops produziert einen ultravioletten Lichtstrahl, der ein Filter passiert, das såmtliche Wellenlången herausfiltert mit Ausnahme derjenigen, die den Fluoreszenzfarbstoff anregt. Dieser monochromatische Lichtstrahl wird auf das Objekt fokussiert, das den Fluoreszenzfarbstoff enthålt, und regt diesen an, Licht sichtbarer Wellenlånge zu emittieren. Dieses Licht wird im Objektiv zu einem Abbild gebçndelt, das der Betrachter sehen kann. Da die Lichtquelle nur ultraviolettes (schwarzes) Licht aussendet, erscheinen die mit einem Fluorochrom gefårbten Objekte hell leuchtend vor schwarzem stark kontrastierendem Hintergrund. Bei einer der håufigsten Anwendungen der Fluoreszenzmikroskopie wird ein Fluoreszenzfarbstoff (z. B. Rhodamin oder Fluorescein) kovalent an einen Antikærper gebunden; mit diesem fluoreszierenden Antikærper låsst sich dann die Lokalisation eines bestimmten Proteins innerhalb einer Zelle bestimmen. Man bezeichnet diese Technik als 6 $$, dargestellt ist sie in Abb. 9.29 a. Nåheres zur Immunfluoreszenz findet sich in Kap. 18.14. Fluoreszenzfarbstoffe lassen sich auch dazu verwenden, DNAund RNA-Molekçle zu lokalisieren, die wie in Kap. 10.4.1 beschrieben und in Abb. 10.21 gezeigt, spezifische Nucleotidsequenzen enthalten. In anderen Fållen hat man Fluorochrome verwendet, um die Græûe von Molekçlen zu bestimmen, die von einer Zelle zur anderen ausgetauscht werden kænnen (Abb. 7.33), als Indikatoren des Transmembranpotenzials (Abb. 5.20) oder als Sonden zur Bestimmung der Konzentration an freiem Calcium im Cytosol (Abb. 15.25). Die Verwendung von calciumsensitiven Fluoreszenzfarbstoffen wird in Kap. 15.5 erærtert. Fluoreszenzmarkierte Proteine kænnen çberdies dazu verwendet werden, dynamische Prozesse zu verfolgen, die in einer lebenden Zelle ablaufen. So kann zum Beispiel ein bestimmter Fluoreszenzfarbstoff an ein zellulåres Protein wie Aktin oder Tubulin gekoppelt und dann (wie in Abb. 9.4) in eine lebende Zelle injiziert werden. In den letzten Jahren hat ein nicht-invasiver Ansatz Furore gemacht, bei dem ein fluoreszierendes Protein (
, GFP) aus der Qualle ! 6 verwendet wird (vgl. das Eingangsphoto zu diesem Kapitel). Bei den meisten Untersuchungen dieser Art wird eine rekombinierte DNA hergestellt, bei der die codierende Region von GFP an die codierende Region des zu untersuchenden Proteins gekoppelt wird. Diese rekombinierte DNA wird dann ver-
wendet, um Zellen zu transfizieren, die dann ein chimåres Protein herstellen, bei dem das fluoreszierende GFP an das zu untersuchende Protein gekoppelt ist. In Kap. 8.2 wird der Einsatz von GFP bei der Untersuchung der Dynamik von Membranen erærtert. Bei all diesen Untersuchungen sind die markierten Proteine an den normalen Aktivitåten einer Zelle beteiligt, und ihre Lokalisation låsst sich mikroskopisch verfolgen, so dass die dynamischen Ablåufe, an denen ein Protein teilhat, sichtbar werden (Abb. 8.4). Oftmals lassen sich Studien informativer gestalten, indem man verschiedene GFP-Varianten mit verschiedenen Spektraleigenschaften gleichzeitig einsetzt. Durch gezielte Mutagenese des GFP-Gens hat man GFP-Varianten hergestellt, die in Blau- (BFP), Gelb- (YFP) und Cyanschattierungen (CFP) changieren. Auûerdem hat man ein entfernt verwandtes fluoreszierendes Protein (DsRed) aus einer Seeanemone isoliert. Welche Informationen man durch den Einsatz verschiedener GFP-Varianten gewinnen kann, wird durch eine Untersuchung aus jçngster Zeit deutlich, in der Wissenschaftler Måuseståmme geschaffen haben, deren Neurone fluoreszierende Proteine in unterschiedlichen Farben enthalten (Abb. 18.7). Legt man bei diesen Måusen chirurgisch einen Muskel frei, kann man die dynamischen Interaktionen zwischen den verschiedenenartig gefårbten Neuronen und den von ihnen innervierten neuromuskulåren Endplatten verfolgen (eine Zeichnung dieser Art von neuronaler Verknçpfung findet sich in Abb. 4.54). Die Wissenschaftler beobachteten zum Beispiel, wie die Fortsåtze eines CFP-gefårbten Neurons mit denen eines YFP-gefårbten um den synaptischen Kontakt mit dem Muskelgewebe konkurrierten. In allen Fållen stellten sie fest, dass jedes Mal, wenn zwei Neurone um die Innervation verschiedener Muskelfasern konkurrierten, såmtliche ¹Gewinnerfortsåtzeª zu dem einen Neuron gehærten und såmtliche ¹Verliererfortsåtzeª zu dem anderen (Abb. 18.7 b). GFP-Varianten haben sich auch bei einer Methode als nçtzlich erwiesen, die unter dem Namen $$ $ ! (FRET) låuft und mit deren Hilfe man die Entfernung zwischen zwei Teilen eines Proteins messen kann (oder zwischen zwei Einzelproteinen innerhalb einer græûeren Struktur). Diese Methode låsst sich verwenden, um Verånderungen zu untersuchen, wie sie oder innerhalb einer lebenden Zelle vorkommen. FRET basiert auf der Tatsache, dass die Anregungsenergie von einer fluoreszierenden Gruppe (dem Donator) auf eine andere (den Akzeptor) çbertragen werden kann, sofern die beiden Gruppen sich in nåchster Nåhe zuei-
Das Lichtmikroskop
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nander befinden (d. h. in 1 bis 10 nm Entfernung). Dieser Energietransfer reduziert die Intensitåt der Fluoreszenz des Donators und erhæht die des Akzeptors. Die Effizienz dieser Energieçbertragung zwischen zwei fluoreszierenden Gruppen, die an ein Protein gebunden sind, fållt mit zunehmender Distanz der Gruppen voneinander scharf ab. Bestimmt man also die Ønderungen der Fluoreszenzaktivitåt von Donator und Akzeptor im Verlauf irgendeines Prozesses, hat man damit ein Maû fçr Distanzånderungen zwischen beiden wåhrend des betreffenden Vorgangs. Diese Technik ist in Abb. 18.8 veranschaulicht, in der zwei unterschiedliche GFP-Varianten (ECFP und EYFP) kovalent an zwei unterschiedliche Regionen einer cGMP bindenden Proteinkinase (PKG) gebunden wurden. In Abwesenheit von gebundenem cGMP sind die beiden Fluorochrome zu weit voneinander entfernt, als dass eine Energieçbertragung mæglich wåre. Die Bindung von cGMP aber læst eine Konformationsånderung im Protein aus, welche die beiden Gruppen in hinreichende Nåhe zueinander bringt, um den Energiefluss zu ermæglichen. FRET kann auch eingesetzt werden,
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Techniken der Zell- und Molekularbiologie
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um Prozesse wie die Faltung von Proteinen oder die Assoziation und Dissoziation von Membrankomponenten innerhalb einer Membran zu verfolgen. !5!. Videomikroskopie und Bildverarbeitung Das Sichtfeld eines Mikroskops låsst sich nicht nur mit Augen oder Filmkameras betrachten, sondern auch elektronisch mithilfe einer Videokamera aufzeichnen und auswerten. Es gibt spezielle Arten von Videokameras, die extrem lichtsensitiv sind, so dass man ein Pråparat bei minimaler Beleuchtung betrachten kann. Dies ist insbesondere dann von Vorteil, wenn man lebende Zellen betrachtet, die durch die Wårme einer Lichtquelle leicht geschådigt werden, oder mit Fluoreszenzfarbstoffen gefårbte Pråparate, die unter Lichteinwirkung rasch ausbleichen. Hinzu kommt, dass Videokameras auch extrem geringe Kontrastunterschiede innerhalb eines Pråparats aufzeichnen und verstårken kænnen, so dass auch sehr kleine Objekte sichtbar werden. Die Aufnahmen in Abb. 9.6 zum Beispiel zeigen einen einzelnen Mikrotubulus (Durchmesser 0,025 lm); dies liegt weit unter dem Auflæsungsvermægen eines Standard-Lichtmikroskops von
0,2 lm. Als zusåtzlicher Vorteil kænnen Bilder, die von Videokameras aufgezeichnet wurden, in digitale elektronische Bilder umgewandelt und im Computer bearbeitet werden, wodurch sich ihr Informationsgehalt massiv erhæht.1 Bei einer Technik wird zum Beispiel der stærende Hintergrund auûerhalb der Brennebene vom Computer gespeichert und dann vom eigentlichen Pråparatabbild subtrahiert. Dadurch erhæht sich die Schårfe des Bildes gewaltig. Auf åhnliche Weise lassen sich auch Helligkeitsunterschiede in Farbunterschiede umwandeln, so dass sie fçrs Auge sehr viel auffålliger werden. 18.1.6 Konfokale Raster-Mikroskopie Der Einsatz von Videokameras, elektronischen Bildern und computergestçtzter Bildverarbeitung hat in den letzten Jahrzehnten zu einer Renaissance der Lichtmikroskopie gefçhrt. Dazu hat auch die Entwicklung eines neuartigen Lichtmikroskoptyps beigetragen. Schaut man eine ganze Zelle oder einen Gewebeschnitt unter einem herkæmmlichen Lichtmikroskop an, kann man die verschiedenen Tiefen seines Pråparats sichtbar machen, indem man mithilfe des Fokussierrades das Objektiv herauf und herunter schraubt. Dabei geraten nach und nach die einzelnen Schichten des Pråparats in die Brennebene und verschwinden wieder. Die Tatsache, dass ein Objekt verschiedene Fokusebenen hat, beschneidet jedoch die Mæglichkeit, ein scharfes Bild von ihm zu bekommen, denn die Teile des Pråparats, die çber und unter der Brennebene liegen, interferieren mit den Lichtstrahlen von dem Teil, der sich gerade im Fokus befindet. Ende der 1950er Jahre erfand Marvin Minsky vom Massachusetts Institute of Technology ein revolutionåres neues Instrument, das , mit dem sich ein Bild von einer dçnnen Ebene aus einem sehr viel dickeren Pråparat gewinnen låsst. Eine schematische Darstellung der optischen Komponenten und Lichtwege bei einer modernen Version eines konfokalen Fluoreszenzmikroskops ist in Abb. 18.9 zu sehen. Bei dieser Art von Mikroskop wird das Pråparat durch einen feinjustierten Laserstrahl erleuchtet, der das Objekt auf einer bestimmten Tiefe rasch abtastet und so nur eine sehr dçnne 1 Die Umwandlung eines analogen elektronischen Bildes, wie es beispielsweise mithilfe einer Videokamera gewonnen wurde, in ein digitales, wie das auf Disketten gebannte einer Digitalkamera nennt man Digitalisierung. Digitalbilder bestehen aus einer bestimmten Zahl von Bildpunkten (Pixels), denen jeweils ein Farb- und Helligkeitswert zugeordnet wird, der dem Originalbild entspricht.
Das Lichtmikroskop
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Ebene (einen ¹optischen Schnittª) innerhalb des Pråparats beleuchtet. Wie oben beschrieben, wird Licht kurzer Wellenlången von den Fluorochromen des Pråparats absorbiert und als Licht einer långeren Wellenlånge wieder emittiert. Das vom Pråparat emittierte Licht wird an einer Stelle des Mikroskops fokussiert, an der sich eine Lochblende befindet. Damit sind die Blende und die Beleuchtungsebene des Pråparats konfokal. Lichtstrahlen, die von der illuminierten Pråparatebene emittiert werden, kænnen durch die Blende hindurchtreten, alle anderen Strahlen, die ober- oder unterhalb dieser Ebene ihren Ursprung haben, sind aus der Bildentstehung ausgeschlossen. Punkte auûerhalb der Fokusebene werden damit unsichtbar.
Abb. 18.10 zeigt Aufnahmen eines einzelnen Zellkerns in drei verschiedenen Schnittebenen. Objekte auûerhalb der Schnittebenen haben kaum Einfluss auf die Bildqualitåt der einzelnen Schnitte. Wenn man will, lassen sich die Bilder der einzelnen optischen Schnitte im Computer speichern und spåter zu einem dreidimensionalen Modell zusammenfassen. !5!2 -<1 8 Objekten fçr die Lichtmikroskopie Pråparate, die im Lichtmikroskop betrachtet werden sollen, lassen sich in zwei Kategorien einteilen: in Totalpråparate und Schnitte. Ein Totalprå-
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parat ist ein intaktes ± lebendes oder totes ± Objekt, d. h. es kann sich um einen Organismus von mikroskopischen Dimensionen handeln ± ein Protozoon zum Beispiel ± oder um einen kleinen Teil eines græûeren Organismus. Die meisten tierischen und pflanzlichen Gewebe sind fçr eine mikroskopische Untersuchung viel zu dicht, so man von ihnen dçnne & anfertigt. Zu diesem Zweck mçssen die Zellen zunåchst in einer chemischen Læsung fixiert ± abgetætet ± werden. Ein gutes - (Fixiermittel) durchdringt die Zellmembran rasch und immobilisiert såmtliches makromolekulares Material, so dass die Struktur einer Zelle dem lebenden Zustand so nahe wie mæglich erhalten bleibt. Die gelåufigsten Fixiermittel fçr die Lichtmikroskopie sind Formaldehyd, Alkohol oder Essigsåure. Nach der Fixierung wird das Gewebe durch eine Alkoholreihe entwåssert und schlieûlich in Paraffin eingebettet, das fçr die nætige mechanische Festigkeit beim Schneiden sorgt. Man verwendet Paraffin zum Einbetten, weil es sich durch organische Læsungsmittel leicht herauslæsen låsst. Die auf Objekttrågern haftenden Schnitte gibt man in Toluol, durch welches das Wachs herausgelæst wird, so dass nur noch die dçnnen Schnitte auf dem Glas haften, die man nun nach Belieben fårben oder mit Enzymen, Antikærpern und anderen Agenzien behandeln kann. Nach dem Fårben werden die Schnitte mit einem Deckglas abgedeckt; als Einbettungsmedium verwendet man eine Læsung mit demselben Brechungsindex wie Glasobjekttråger und Deckglas.
!5$ 9%sionselektronenmikroskopie Die im folgenden Text gezeigten elektronenmikroskopischen Aufnahmen wurden mit zwei ver-
schiedenen Arten von Elektronenmikroskopen angefertigt: !
(!# ) produzieren Bilder mithilfe eines Elektronenstrahls, der das Objekt durchdringt, ( # 4, oder englisch
(SEMs), verwenden Elektronen, die von der Oberflåche eines Pråparats reflektiert werden. Die Erlåuterungen in diesem Abschnitt befassen sich ausschlieûlich mit Transmissionselektronenmikroskopen, der Rasterelektronenmikroskopie ist ein eigener Abschnitt gewidmet (Kap. 18.3). Das Transmissionselektronenmikroskop vermag eine vielfach græûere Auflæsung zu leisten als ein Lichtmikroskop, wie leicht zu ersehen ist aus Abb. 18.11, die zwei Bilder von Folgeschnit-
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ten desselben Gewebes bei gleicher Vergræûerung zeigt: einmal im Lichtmikroskop und einmal im Elektronenmikroskop. Das Photo in Abb. 18.11 a reicht an die Auflæsungsgrenze des Lichtmikroskops heran, das Photo in Abb. 18.11 b zeigt eine fçr das Elektronenmikroskop ausgesprochen schwache Vergræûerung. Das hohe Auflæsungsvermægen des Elektronenmikroskops ergibt sich aus den Welleneigenschaften von Elektronen. Wie in der Gleichung aus Kap. 18.1.1 ersichtlich, ist das maximale Auflæsungsvermægen eines Mikroskops direkt proportional zur Wellenlånge des beleuchtenden Lichtes: Je långer die Wellenlånge, um so schlechter die Auflæsung. Im Unterschied zu einem Photon, das eine konstante Wellenlånge hat, variiert die Wellenlånge eines Elektrons mit dessen Geschwindigkeit, und diese wiederum hångt von der Beschleunigungsspannung ab, die das Mikroskop leistet. Diese Beziehung ist definiert durch die Gleichung p k 150=;
wobei k die Wellenlånge in Nanometern (nm) ist und ; die Beschleunigungsspannung in Volt. Herkæmmliche TEMs arbeiten in einem Spannungsbereich von 10 000 bis 100 000 V. Bei 60 000 V betrågt die Wellenlånge eines Elektrons nåherungsweise 0,005 nm. Setzt man die mit einem Lichtmikroskop erreichbare numerische Apertur in die Gleichung aus Kap. 18.1.1, erhålt man eine maximale Auflæsung von 0,003 nm. Tatsåchlich liegt die mit einem normalen TEM erreichbare Auflæsung etwa zwei Græûenordnungen unter dessen theoretischem Limit. Zurçckzufçhren ist das auf die starke sphårische Aberration der Linsen, die den Elektronenstrahl bçndeln, derentwegen die numerische Apertur der Linse extrem klein gehalten werden muss (in der Regel zwischen 0,01 und 0,001). Die praktische Grenze beim Auflæsungsvermægen eines herkæmmlichen TEM liegt bei 0,3 bis 0,5 nm. Tatsåchlich aber liegt sie, wenn man Zellstrukturen betrachtet, im Regelfalle jedoch bei 1 bis 1,5 nm. Elektronenmikroskope bestehen mehr oder weniger aus einer groûen hohlen zylindrischen Såule, in welcher der Elektronenstrahl beschleunigt wird, und einer Konsole mit jeder Menge Reglern, mit denen man das, was in der Såule vor sich geht, kontrollieren kann. Am Kopf der Såule befindet sich die Kathode, ein dçnner Wolframdraht, der beim Aufheizen Elektronen freisetzt. Durch die hohe Spannung zwischen Kathode und Anode werden diese Elektronen von der glçhenden Kathode abgezogen und als
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dçnner Strahl beschleunigt. Das Ganze findet im Vakuum statt, damit die Elektronen nicht mit Gasmolekçlen kollidieren, bevor sie auf das Pråparat treffen. So wie sich ein Lichtstrahl durch ein zur Linse geschliffenes Glas fokussieren låsst, kann ein Strahl aus negativ geladenen Elektronen durch elektromagnetische Linsen fokussiert werden, die sich in den Wånden der Såule befinden. Die Stårke dieser Magnete wird durch den Strom bestimmt, der durch sie hindurch flieût, und diesen kann man von auûen regeln. Abbildung 18.12 zeigt einen Vergleich der Linsensysteme von Licht- und Elektronenmikroskop. Die Kondensorlinsen beim Elektronenmikroskop befinden sich zwischen Elektronenquelle und Pråparat und fokussieren den Elektronenstrahl in der Pråparatebene. Das Pråparat befindet sich auf einem kleinen dçnnen Kupfernetz (von 3 mm Durchmesser), das mit einer Pinzette in den Pråparathalter eingesetzt und dann çber eine Schleuse in die Mikroskopræhre eingefçhrt wird. Da die Brennweiten der Linsen in einem Elektronenmikroskop mit der Stromstårke variieren, die man durch sie hindurch flieûen låsst, reicht eine einzige Objektivlinse, um das gesamte Spektrum an Vergræûerungen abzudecken. Wie beim Lichtmikroskop dient auch beim TEM
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das Bild, das von der Objektivlinse abgebildet wird als Objekt fçr ein weiteres Linsensystem. Das Bild, das die Objektivlinse liefert, ist nur etwa hundertfach vergræûert, aber im Unterschied zum Bild beim Lichtmikroskop enthålt es trotzdem gençgend Details, um sich nochmals um das Zehntausendfache vergræûern zu lassen. Man åndert die Vergræûerung, indem man den Strom åndert, den man den verschiedenen Linsen zufçhrt. Mæglich ist dabei ein Spektrum von 1000fach bis hin zu 250 000fach. Die Elektronen, die das Objekt durchdrungen haben, treffen auf einen phosphoreszierenden Schirm am Fuû der Såule, bei dem sie einen Film aus fluoreszierenden Kristallen dazu anregen, sichtbares Licht zu emittieren, das vom Auge des Betrachters wahrgenommen werden kann; auf diese Weise wird das Abbild des Pråparats fçr ihn sichtbar. Die Bildentstehung beim Elektronenmikroskop beruht auf der unterschiedlichen Streuung der Elektronen durch die verschiedenen Teile des Pråparats. Betrachten wir einen Elektronenstrahl, der, von der Katode ausgesandt, direkt auf den Bildschirm auftrifft. Befindet sich kein Pråparat im Strahlengang, wird der Bildschirm durch den Elektronenstrahl ebenmåûig ausgeleuchtet, man sieht ungestærte Helligkeit. Befindet sich jedoch ein Pråparat im Strahlengang, treffen einige Elektronen auf Atome im Pråparat und werden abgelenkt. Elektronen, die vom Pråparat abprallen, kænnen die winzigkleine Blende der hinteren Brennebene des Objektivs nicht treffen und sind daher als bildgebende Partikel ausgeschaltet. Die Streuung der Elektronen durch das Pråparat ist proportional zur Græûe der Atomkerne, aus denen das Pråparat besteht. Da das unlæsliche Material einer Zelle aus Atomen von relativ geringer Ordnungszahl besteht ± Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Wasserstoff ± besitzt biologisches Material eine minimale Fåhigkeit, Elektronen zu streuen. Um die Streuung zu erhæhen und den erforderlichen Kontrast zu erzielen, werden die Gewebe fixiert und mit Schwermetallen gefårbt (Genaueres s. unten). Diese Metalle dringen in die Strukturen einer Zelle ein und bilden mit verschiedenen Teilen einzelner Organellen selektiv Komplexe. Diejenigen Teile einer Zelle, welche die græûte Anzahl an Metallatomen binden, lassen die wenigsten Elektronen passieren, und je weniger Elektronen an einem bestimmten Ort auf dem Bildschirm auftreffen, umso dunkler bleibt es an dieser Stelle. Aufnahmen von dem Bild auf dem Schirm erhålt man, indem man den Schirm hochklappt und die Elektronen direkt auf einen Film auftreffen låsst. Da die Fotoemulsion direkt auf
Elektronen anspricht ± ziemlich genauso wie auf Licht ± kann man ein Bild des Pråparats direkt auf den Film bannen. !5$! Die Pråparation von Objekten fçr die Elektronenmikroskopie Auch Gewebe, die im Elektronenmikroskop betrachtet werden sollen, mçssen wie im Lichtmikroskop fixiert, eingebettet und geschnitten werden. Die Fixierung von Gewebe fçr die Elektronenmikroskopie ist weitaus kritischer als im Falle der Lichtmikroskopie, weil die Schnitte so viele Details hergeben mçssen. Ein Fixiermittel muss das Leben einer Zelle anhalten, ohne dabei die Struktur allzu sehr zu veråndern. Bei dem Auflæsungsniveau des Elektronenmikroskops fallen verhåltnismåûig geringfçgige Schådigungen wie aufgeblåhte Mitochondrien oder ein zerrissenes endoplasmatisches Retikulum heftig ins Gewicht. Damit der Fixierungsprozess mæglichst rasch vonstatten geht und unerwçnschte zellulåre Schådigungen mæglichst gering ausfallen, werden nur kleine Gewebestçcke fixiert und eingebettet. Die Fixierungsmittel bestehen aus Chemikalien, die zellulåre Makromolekçle denaturieren und ausfållen. Chemikalien, die eine solche Wirkung haben, bewirken nicht selten, dass auch Material, das in der lebenden Zelle nicht strukturiert vorlag, koaguliert und ausfållt; damit entsteht das, was man als bezeichnet. Das beste Indiz dafçr, dass eine bestimmte Struktur kein Artefakt ist, besteht im Nachweis eben dieser Struktur in Zellen, die man auf verschiedene Weise, oder, besser noch, çberhaupt nicht fixiert hat. Damit man Zellen anschauen kann, die nicht fixiert wurden, wird das Gewebe sehr schnell tiefgefroren. Um seine Struktur spåter sichtbar zu machen, hat man spezielle Techniken entwickelt, die weiter unten besprochen werden sollen. Die gelåufigsten Fixantien in der Elektronenmikroskopie sind Glutaraldehyd und Osmiumtetroxid. Glutaraldehyd ist eine Verbindung aus fçnf Kohlenstoffatomen, an beiden Enden des Molekçls befindet sich eine Aldehydgruppe. Die Aldehydgruppen reagieren mit den Aminogruppen im Protein und vernetzen diese zu einem unlæslichen Komplex. Osmium ist ein Schwermetall, das vor allem mit Fettsåuren reagiert und so zur Erhaltung der Zellmembranen beitrågt. Sobald das Gewebe fixiert ist, wird mit einer aufsteigenden Alkoholreihe zunåchst das Wasser daraus entfernt, dann werden die leeren Råume mit einem Einbettungsmaterial gefçllt, das sich gut schneiden låsst. Die Elektronenmikroskopie
macht extrem dçnne Schnitte erforderlich. Die Paraffinschnitte fçr die Lichtmikroskopie fallen selten dçnner als 5 lm aus, Schnitte fçr die konventionelle Elektronenmikroskopie sollten am besten dçnner als 1 lm sein (das entspricht in etwa dem Durchmesser von vier Ribosomen). Gewebe fçr die Elektronenmikroskopie werden in der Regel in Epoxidharze wie Epon oder Araldit eingebettet. Die Schnitte erhålt man, indem man die Plastikblæcke langsam çber eine extrem scharfe Schneide aus gebrochenem Glas oder dçnn geschliffenem Diamant fçhrt (Abb. 18.13). Hinter der Schneide befindet sich ein kleiner Wassertrog, so dass die Schnitte von der Schnittkante auf die Wasseroberflåche gleiten. Man nimmt die Schnitte dann mit dem bereits erwåhnten Metallnetzchen auf und låsst sie antrocknen. Schlieûlich werden die Gewebeschnitte in Tropfen einer Schwermetalllæsung (vor allem
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Uranylacetat und Bleicitrat) gefårbt. Die Schwermetallatome binden an die Makromolekçle im Gewebe und sorgen fçr eine hinreichende Elektronendichte. Neben diesen Standardfårbemethoden besteht auch beim Elektronenmikroskop die Mæglichkeit der Anfårbung mit Antikærpern, die in diesem Falle an Metall gekoppelt sind, oder anderen Substanzen, die nur mit bestimmten Molekçlen im Pråparat reagieren. Untersuchungen mit Antikærpern werden in der Regel mit Acrylharzen (z. B. Lowicryl) durchgefçhrt, weil diese fçr græûere Molekçle durchlåssiger sind als Epoxidharze. % - .' 9 /1 Zellen und Gewebe mçssen nicht notwendigerweise mit Chemikalien fixiert und in Plastik eingebettet werden, damit man sie im Elektronen-
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Techniken der Zell- und Molekularbiologie
mikroskop sehen kann. Es besteht auch die Mæglichkeit, sie sehr rasch einzufrieren. Rasches Einfrieren ± auch als % - bezeichnet ±, hålt genau wie chemische Fixantien alle Stoffwechselvorgånge an und erhålt die biologische Struktur. Da die Kryofixierung dies erreicht, ohne die Makromolekçle einer Zelle chemisch zu veråndern, ist die Gefahr der Entstehung von Artefakten weit geringer. Die Hauptschwierigkeit bei der Kryofixierung ist die Bildung von Eiskristallen, die von ihren Kristallisationskernen nach auûen wachsen und damit den delikaten Zellinhalt zerstæren. Die beste Mæglichkeit, diese Zerstærung zu verhindern, besteht darin, die Proben so rasch einzufrieren, dass den Kristallen keine Zeit bleibt, sich zu bilden. Das Wasser bleibt beim Einfrieren in einem flçssigkeitsåhnlichen Zustand gefangen (man sagt, es ist vitrifiziert). Es gibt verschiedene Methoden, ein derart ultraschnelles Einfrieren zu erreichen. Kleinere Pråparate kann man zum Beispiel in eine Flçssigkeit von sehr niedriger Temperatur geben (in flçssiges Propan zum Beispiel mit einem Siedepunkt von ±42 8C) oder an einem Metallblock einfrieren, der mit flçssigem Helium (Siedepunkt ±273 8C) gekçhlt worden ist. Græûere Pråparate friert man am besten unter Hochdruck ein. Dabei wird die Probe unter hohem hydrostatischem Druck mit flçssigem Stickstoff besprçht. Der hohe Druck senkt den Gefrierpunkt des Wassers und verlangsamt so das Kristallwachstum. Sie kænnen sich vielleicht nicht vorstellen, dass ein gefrorenes Stçck Gewebe fçr den Mikroskopiker besonders nçtzlich sein sollte, aber es gibt eine çberraschend groûe Zahl an Ansåtzen, gefrorene Zellstrukturen im Licht- oder Elektronenmikroskop sichtbar zu machen. Zum Beispiel låsst sich der Gewebeblock nach entsprechender Aufbereitung mit einem Spezialmikrotom ganz åhnlich schneiden wie ein Paraffinblock oder ein Plastikblock. Solche Gefrierschnitte (Kryoschnitte) sind besonders nçtzlich fçr Untersuchungen an Enzymen, deren Aktivitåt durch chemische Fixantien denaturiert wçrde. Da Gefrierschnitte sehr viel rascher zu haben sind als Paraffinschnitte oder Plastikschnitte, werden sie vor allem von Pathologen oft verwendet, wenn sie im Lichtmikroskop die Beschaffenheit von Geweben untersuchen wollen, die im Verlauf einer Operation entfernt wurden. So kann man zum Beispiel noch wåhrend sich der Patient im OP-Tisch befindet feststellen, ob ein Tumor maligne ist oder nicht. Eingefrorene Zellen mçssen nicht geschnitten werden, damit man ihre Innenstruktur erkennen kann. Abbildung 1.11 zeigt das Bild einer dçn-
nen Region an der Peripherie einer intakten Zelle, die soeben im Begriff war, çber die Oberflåche eines Pråparatnetzchens zu kriechen, als sie eingefroren wurde. Im Unterschied zu den herkæmmlichen elektronenmikroskopischen Aufnahmen hat das Bild in Abb. 1.11 eine dreidimensionale Qualitåt, weil es nicht direkt von einer Kamera sondern von einem Computer produziert wurde. Um ein solches Bild zu erhalten, kombiniert der Computer eine groûe Zahl an zweidimensionalen digitalen Aufnahmen der Zelle, die gemacht wurden, wåhrend man das Pråparat in bestimmten Winkeln relativ zum Elektronenstrahl gekippt hat. Eine solche dreidimensionale computergestçtzte Rekonstruktion bezeichnet man als ! und die Technik selbst als %# (%#!).2 Die Kryo-ET hat die Untersuchung an unfixierten, ungefårbten, komplett hydrierten, blitzgefrorenen Zellen revolutioniert und erlaubt die Sichtbarmachung von intrazellulåren Strukturen im Nanometerbereich. Geplant ist gegenwårtig, dreidimensionale Portråts såmtlicher Organellen in einer Eukaryotenzelle anzufertigen. Mit einem åhnlichen Ansatz lassen sich auch dreidimensionale Strukturen von Membranproteinen und gereinigten Makromolekçlen sichtbar machen (Kap. 18.9). Eine weitere Technik, bei der die Ultrastruktur von gefrorenem Gewebe auch ohne Schneiden sichtbar gemacht werden kann, ist in Abb. 18.16 erlåutert. ) 9 Das Elektronenmikroskop ist çberdies gut geeignet, sehr kleine Partikel zu untersuchen: Aggregate von hohem Molekulargewicht wie z. B. Viren oder Ribosomen, Enzyme mit vielen Untereinheiten, Cytoskelettelemente und Proteinkomplexe. Auch die Gestalt einzelner Proteine und Nucleinsåuren låsst sich mit dem Mikroskop auflæsen, vorausgesetzt, man hat fçr gençgend Kontrast zum Hintergrund gesorgt. Eine der besten Mæglichkeiten, solche Substanzen sichtbar zu machen, ist die Negativkontrastierung, bei der sich çberall dort Schwermetallablagerungen bilden, wo keine Partikel vorhanden sind. Auf diese Weise erscheint das Objekt auf dem Bildschirm hell. Ein Beispiel fçr ein negativkontrastiertes Pråparat ist in Abb. 18.14 gezeigt. 2 Diese Technik åhnelt der computergestçtzten axialen Tomographie (CAT), bei der aus einer Unzahl von Ræntgenaufnahmen des Kærpers in verschiedenen Winkeln ebenfalls ein dreidimensionales Bild geschaffen wird. Bei der radiologischen Tomographie lassen sich Strahlungsquelle und Detektor glçcklicherweise bewegen, so dass der Patient liegen bleiben kann.
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7 Eine weitere Technik zur Sichtbarmachung isolierter Partikel besteht darin, das Objekt Schatten werfen zu lassen, und ist in Abb. 18.15 beschrieben. Das Netzchen mit der Probe wird in eine Kammer eingefçhrt, die man dann evakuiert. In der Kammer befindet sich ein dçnner Metalldraht (in der Regel aus Platin), der beim Erhitzen verglçht und eine dçnne Metallschicht auf den ihm zugånglichen Oberflåchen der Kammer hinterlåsst. Oberflåchen, die dem Draht zugewandt sind, werden somit çberzogen, die ihnen gegençberliegende Seite bleibt unbeschichtet. Betrachtet man das Netz im Elektronenmikroskop, erscheinen die unbedampften Stellen hell, die metallbeschichteten hingegen dunkel. Auf dem Filmnegativ kehrt sich dieses Verhåltnis um: die Partikel sind hell, die unbedampften Stellen dunkel. Man hat sich auf die Konvention geeinigt, Negative direkt abzudrucken, weil auf ihnen der uns vertrautere Eindruck vermittelt wird, als wçrden die Partikel, von einem hellweiûen Lichtstrahl beleuchtet, einen dunklen
Schatten werfen (Abb. 18.14). Fçr isolierte Molekçle und Partikel liefert diese Methode einen hervorragenden Kontrast sowie einen dreidimensionalen Effekt. : : 1$ Wie oben bereits erwåhnt, hat man eine Reihe von elektronenmikroskopischen Techniken entwickelt, um mit gefrorenen Geweben arbeiten zu kænnen. Die Ultrastruktur von gefrorenen Zellen wird oftmals mithilfe der : betrachtet, die in Abb. 18.16 dargestellt ist. Kleine Gewebestçcke werden auf einer kleinen Metallplatte sehr schnell eingefroren. Anschlieûend wird das Pråparat auf einen gekçhlten Halter in einer Vakuumkammer gegeben, in welcher der tiefgefrorene Gewebeblock mit einem Messer aufgebrochen wird. Die dadurch erzeugte Bruchebene teilt das Pråparat in zwei Teile, ein bisschen so, als spalte eine Axt ein Stçck Holz. Versuchen Sie sich vorzustellen, was geschieht, wenn sich durch eine Zelle voller Organellen verschiedenster Zusammensetzung eine Bruchebene zieht: Die zellulåren Strukturen werden fçr Abweichungen der Bruchebene nach oben oder unten sorgen, sie bekommt Erhebungen, Vertiefungen, Furchen, welche die Konturen des Protoplasmas reflektieren, durch die sie sich zieht. Das heiût, die Bruchflåche enthålt Informationen çber die Zusammensetzung und Be-
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schaffenheit des Zellinhalts. Ziel ist es, diese Informationen sichtbar zu machen, und man erreicht es, indem man von dieser Flåche einen Abdruck nimmt. Die durch den Bruch entstandene Oberflåche des gefrorenen Gewebes wird in derselben Kammer, in welcher der Bruch erfolgt ist, mit einer Schwermetallschicht bedampft. Dies geschieht wiederum aus einem bestimmten Winkel, so dass die dadurch entstehenden Schatten, wie bei der Bedampfung im vorhergehenden Abschnitt, einen plastischen Eindruck von der Topographie der Oberflåche vermitteln (Abb. 18.17). Anschlieûend wird diese dçnne Metallschicht senkrecht von oben mit einer gleichmåûigen Kohlenstoffschicht bedeckt, welche die Metallablagerungen in einer festen Schicht fixiert. Wenn dieser Oberflåchenabdruck fertig ist, kann man das Gewebe, von dem er genommen wurde, auftauen, entfernen und verwerfen. Im Elektronenmikroskop betrachtet wird nunmehr die aus Metall und Kohlenstoff. Die unterschiedliche Dicke der Metallschicht in verschiedenen Teilen der Replica sorgt fçr eine unterschiedliche Elektronendurchlåssigkeit und damit fçr den notwendigen Kontrast auf dem Bildschirm. Wie in Kap. 4 bereits besprochen, folgt die Bruchebene dem Weg des geringsten Widerstands durch den gefrorenen Block, d. h. sie verlåuft håufig entlang der Mittelschicht der Zell-
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membran. Diese Technik ist daher ausgesprochen gut geeignet, um die Verteilung integraler Membranproteine zu untersuchen, welche die Lipiddoppelschicht durchspannen (Abb. 4.13 b). Solche Untersuchungen, wie sie von David Branton und anderen durchgefçhrt wurden, haben eine wichtige Rolle bei der Formulierung der Membranstrukturtheorie vom Flçssigmosaikmodell zu Beginn der 1970er Jahre gespielt (Kap. 4.2). Die Technik des Gefrierbruchs und der Herstellung einer Kohlenstoff-Metallreplica ist schon fçr sich genommen eine hæchst wertvolle Methode, man kann sie jedoch noch aussagekråftiger machen, indem man einen zusåtzlichen Schritt einfçhrt, den man als : 1$ bezeichnet (Abb. 18.16). Bei diesem Schritt wird das gefrorene, bereits gebrochene Pråparat noch in der Kåltekammer fçr wenige Minuten bei erhæhter Temperatur einem Vakuum ausgesetzt, so dass die oberste Eisschicht von der Oberflåche verdunsten kann (Sublimation). Sobald dies geschehen ist, wird die Oberflåche mit Metall und Kohlenstoff beschichtet, und man erhålt so eine Replica, die sowohl Aufschluss çber die åuûere Oberflåche als auch çber die innere Oberflåche von Zellmembranen gibt. Die Entwicklung spezieller Methoden zur Entfernung noch græûerer Eismengen ± die ¹Tiefåtzungª (
) ± hat uns einen faszinierenden Blick auf Zellorganellen ermæglicht. Beispiele fçr die Behandlung von Pråparaten mit dieser Technik sind zu sehen in Abb. 18.18, 8.38 und 9.45 (man sieht einzelne Zellteile reliefartig aus dem Hintergrund herausragen). Die Technik ermæglicht eine sehr hohe Auflæsung und man kann mit ihr z. B. Struktur und Funktion makromolekularer Komplexe des Cytoskeletts in einer Weise darstellen, die vermutlich sehr nahe an die Verhåltnisse in der lebenden Zelle herankommt.
!5' ;asterelektronenmikroskopie Das TEM ist in erster Linie zur Untersuchung der inneren Struktur von Zellen genutzt worden. Das Rasterelektronenmikroskop (oder Sekundårelektronenmikroskop) hingegen (REM, im Englischen SEM) wird vor allem zur Untersuchung von Oberflåchen verwendet; dabei kann die Græûe variieren von einem Viruspartikel bis zur Græûe eines Insektenkopfes (Abb. 18.19). Konstruktion und Funktionsweise eines REM unterscheiden sich vællig von der beim TEM. Das Ziel der Objektpråparation fçrs REM besteht darin, seinem Beobachtungsgegenstand Form und
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Oberflåcheneigenschaften wie im lebendigen Zustand zu lassen und ihm lediglich die Flçssigkeit zu entziehen, damit er sich im Vakuum betrachten låsst. Da Wasser einen so hohen Gewichtsanteil lebender Zellen ausmacht und in nahezu jedem Makromolekçl enthalten ist, kann sein Entzug auf zellulåre Strukturen çberaus zerstærend wirken. Wenn man Zellen einfach gefriertrocknet, sorgt vor allem die Oberflåchenspannung, die sich zwischen Luft und Wasser ergibt, fçr Schåden. Pråparate, die im REM betrachtet werden sollen, mçssen fixiert, çber eine Alkoholreihe entwåssert und dann çber ein Verfahren, das man als /! bezeichnet, getrocknet werden. Dieses Trocknungsverfahren macht sich den Umstand zunutze, dass es fçr jede Flçssigkeit eine kritische Temperatur und einen kritischen Druck gibt, an dem die Gasdichte gleich der Flçssigkeitsdichte ist. An diesem Punkt gibt es keine Oberflåchenspannung zwischen Gas und Flçssigkeit. Die Flçssigkeit in den Zellen wird durch eine geeig-
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nete transiente Flçssigkeit ersetzt (in der Regel Kohlendioxid), die man unter Druck verdampfen låsst, so dass die Zellen keinerlei Oberflåchenspannung ausgesetzt werden, durch welche ihre dreidimensionale Struktur zerstært werden kænnte. Sobald das Pråparat getrocknet ist, wird es mit einer dçnnen Metallschicht bedampft, die es fçr den Elektronenstrahl erfassbar macht. Im TEM wird der Elektronenstrahl durch die Kondensorlinsen so fokussiert, dass das gesamte Sichtfeld ausgeleuchtet ist. Im SEM werden die Elektronen als feiner Strahl beschleunigt, der das Pråparat abtastet. Im TEM passieren die Elektronen das Pråparat und bilden es auf diese Weise ab. Beim REM wird das Bild durch Elektronen gebildet, die vom Objekt reflektiert werden oder durch sekundåre Elektronen, die das Pråparat in Reaktion auf den primåren Elektronenstrahl abgibt. Diese Elektronen treffen auf einen Detektor in der Nåhe des Objekts. Beim SEM wird das Bild indirekt gebildet. Neben dem Strahl, der die Objektoberflåche abtastet, fåhrt ein anderer Elektronenstrahl synchron die Oberflåche einer Kathodenstrahlræhre ab, die dann ein Bild hervorbringt, das so åhnlich aussieht wie ein Fernsehbild. Die Elektronen, die vom Pråparat zurçckgeworfen werden und den
Detektor erreichen, kontrollieren die Strahlstårke in der Kathodenstrahlræhre. Je mehr Elektronen von einem Objekt an einer Stelle aufgefangen werden, um so stårker das Signal, das die Ræhre erreicht, und um so græûer auch die Intensitåt des Strahls, der an dem entsprechenden Fleck des Bildschirms auftrifft. Das Ergebnis ist ein Bild auf dem Bildschirm, das die Oberflåchentopologie des Pråparats wiedergibt, denn diese Topologie (die Falten, Gruben und Hæcker) bestimmt die Zahl der Elektronen, die von einer bestimmten Stelle aufgefangen werden kænnen. Wie sich aus den Aufnahmen in Abb. 18.19 ersehen låsst, kann ein REM ein breites Vergræûerungsspektrum bewåltigen (bei einem Standardmikroskop reicht der Bereich von etwa 15 fach bis 150 000 fach). Das Auflæsungsvermægen eines SEM steht in direkter Relation zum Durchmesser des Elektronenstrahls. Neuere Modelle sind in der Lage, eine Auflæsung von unter 5 nm zu liefern, damit lieûen sich goldgekoppelte Antikærper auf einer Zelloberflåche lokalisieren. Das REM liefert zudem eine bemerkenswerte Schårfentiefe, die etwa dem Fçnfhundertfachen der des Lichtmikroskops bei der gleichen Vergræûerung entspricht. Diese Eigenschaft gibt REM-Aufnahmen ihre dreidimensionale Qualitåt. Auf zellulårer Ebene erlaubt das REM dem Be-
obachter, die Struktur der åuûeren Zelloberflåche zu beobachten sowie såmtliche extrazellulåren Substanzen, Ausbuchtungen und Fortsåtze, die mit der Umgebung interagieren.
!5 Der Einsatz von Radioisotopen Ein Tracer ist eine Substanz, welche auf die eine oder andere Art und Weise ihre Gegenwart kundtut und daher im Verlauf eines Experiments lokalisiert oder verfolgt werden kann. Je nach Art des Experiments und dem Versuchsgegenstand kann ein Tracer fluoreszenz-, spin- oder dichtemarkiert sein oder auch radioaktiv markiert. In jedem Falle macht eine Markierungsgruppe es mæglich, ein Molekçl zu entdecken, ohne die Spezifitåt seiner Interaktion zu beeintråchtigen. Radioaktiv markierte Molekçle zum Beispiel haben an denselben Reaktionen teil wie nicht markierte, aber ihr Aufenthaltsort låsst sich bestimmen und ihre Menge messen. Die Identitåt eines Atoms (ob Eisen, Chlor oder ein anderes Element) und damit seine chemischen Eigenschaften werden bestimmt durch die Zahl an positiv geladenen Protonen in seinem Kern. Alle Wasserstoffatome verfçgen çber ein einzelnes Proton, alle Heliumatome çber zwei, alle Lithiumatome çber drei usw. Nicht alle Wasserstoff-, Helium- oder Lithiumatome aber haben dieselbe Neutronenzahl. Atome mit derselben Protonenzahl und unterschiedlicher Neutronenzahl nennt man 6 zueinander. Selbst Wasserstoff, das allereinfachste Element, kann in drei verschiedenen Isotopen vorkommen, je nachdem ob das Atom in seinem Kern 0, 1 oder 2 Neutronen enthålt; von diesen drei Isotopen des Wasserstoffs ist nur das mit zwei Neutronen radioaktiv, es heiût Tritium (3H). Isotope sind radioaktiv, wenn sie eine instabile Kombination von Protonen und Neutronen enthalten. Instabile Atome haben den Hang zu zerfallen, um eine stabilere Konfiguration zu erreichen. Wenn ein Atom zerfållt, setzt es Partikel oder elektromagnetische Strahlung frei, die sich mit geeigneten Geråten aufzeichnen låsst. Radioaktive Isotope gibt es quer durchs ganze Periodensystem, man kann sie im Labor aus nicht radioaktiven Elementen herstellen. Die meisten Arten von biologischen Molekçlen kann man im radioaktiv markierten Zustand kaufen, d. h. mit einem oder mehreren eingebauten radioaktiven Atomen. Ein zerfallendes Atom kann drei Arten von Strahlung freisetzen: es kann ein a! abgeben, das aus zwei Protonen und zwei Neutro-
Der Einsatz von Radioisotopen
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nen besteht und das Øquivalent zum Kern eines Heliumatoms darstellt, es kann ein b! abgeben, das Øquivalent zu einem Elektron und/ oder es kann c& freisetzen, die aus elektromagnetischer Strahlung oder Photonen besteht. Die am håufigsten eingesetzten Isotope sind -Strahler, die sich mit zwei verschiedenen Methoden nachweisen lassen: durch Flçssigszintillationsspektrometrie oder Autoradiographie. Im ersten Fall wird die radioaktive Probe mit einer Szintillationsflçssigkeit vermischt, in der sich Verbindungen befinden, die Licht emittieren, wenn sie mit einem -Partikel kollidieren. Wenn man die von der Flçssigkeit emittierte Lichtmenge bestimmt, hat man damit ein Maû fçr die Menge an Radioaktivitåt in der Probe. Die Autoradiographie verwendet man dagegen, wenn man wissen will, wo ein bestimmtes Isotop lokalisiert ist ± das kann in einer Zelle sein, auf einem Polyacrylamid-Gel oder auf einer Nitrocellulosemembran. Von der Autoradiographie wird weiter unten noch die Rede sein. Die 2 ' $ (t1/2) eines Radioisotops ist ein Maû fçr dessen Instabilitåt. Je instabiler ein bestimmtes Isotop ist, umso græûer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es innerhalb einer bestimmten Zeit zerfållt. Hat man zu Anfang seines Versuchs zum Beispiel 1 Curie3 Tritium eingesetzt, wird nach etwa 12 Jahren (der Halbwertszeit dieses Radioisotops) nur noch die Hålfte des radioaktiven Materials vorhanden sein. In den frçhen Jahren der Erforschung der Photosynthese und anderer Stoffwechselprozesse war das einzig verfçgbare Radioisotop das des Kohlenstoffs 11C, das eine Halbwertszeit von ungefåhr 20 Minuten hat. Versuche mit 11C wurden buchståblich mit wehendem Kittel durchgefçhrt, damit man das eingebaute Isotop noch zu messen bekam, bevor es zerfiel. Als in den 1950er Jahren 14C mit einer Halbwertszeit von 5700 Jahren verfçgbar war, wurde diese Errungenschaft stçrmisch gefeiert. Die fçr die zellbiologische Forschung wichtigsten Isotope sind in Tabelle 18.1 aufgelistet, dazu Informationen çber ihre Halbwertszeit und die Art der von ihnen emittierten Strahlung. Die Autoradiographie ist eine weit verbreitete Technik zur Lokalisierung eingebauter Isotope. Wie wichtig die Autoradiographie fçr die frçhen Erkenntnisse çber die Synthesewege in Zellen ist, haben wir bei der Beschreibung der $ -Experimente in Kap. 8.2.1 gesehen. Die Autoradiographie macht sich die Tatsache zunutze, dass ein Partikel, das von einem radioaktiv 3 Ein Curie ist die Menge an Radioaktivitåt, die erforderlich ist, um 3,7 ´ 1010 Zerfålle pro Sekunde zu produzieren.
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markierten Atom emittiert wird, genauso imstande ist, Fotoemulsion zu schwårzen, wie Licht und Ræntgenstrahlen einen Film schwårzen. Bringt man die Fotoemulsion sehr nahe an eine radioaktive Strahlungsquelle, dann hinterlassen die von ihr emittierten Partikel nach dem Entwickeln der Emulsion winzige schwarze Silberflecken. Die Autoradiographie wird verwendet, wenn man Radioisotope in Gewebeschnitten lokalisieren will, die man auf einem Objekttråger oder TEM-Netz immobilisiert hat. Die einzelnen Schritte bei der Pråparation eines Autoradiogramms fçr die Lichtmikroskopie sind in Abb. 18.20 dargestellt. Die Emulsion wird als sehr dçnne Schicht auf die Schnitte aufgetragen, dann wird das Pråparat lichtgeschçtzt verpackt und die Emulsion der emittierten Strahlung ausgesetzt. Je långer die Zeit bis zur Entwicklung, umso græûer die Zahl der gebildeten Silberkærner. Betrachtet man den Objekttråger oder das Netz nach der Entwicklung im Mikroskop, gibt einem die Lage der Silberkærner in der Emulsionsschicht unmittelbar oberhalb des Gewebes Aufschluss darçber, an welchen Stellen die Radioaktivitåt eingebaut worden war (Abb. 18.21).
!5. Zellkultur Immer wieder haben wir in diesem Buch auf zellbiologische Ansåtze verwiesen, bei denen man bestimmte Prozesse zu verstehen sucht, in-
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dem man sie in einem vereinfachten, kontrollierten $-System betrachtet. Denselben Ansatz kann man auf die Untersuchung von Zellen anwenden, denn auch sie kann man den Einflçssen entziehen, denen sie in einem vielzelligen Organismus normalerweise ausgesetzt sind. Dass man gelernt hat, Zellen auûerhalb eines Organismus wachsen zu lassen, d. h. in einer , hat sich als eine der wertvollsten technischen Leistungen in der gesamten Biologie erwiesen. Ein kurzer Blick in jede beliebige Zeitschrift aus dem Gebiet der Biologie macht deutlich, dass die Mehrzahl der Artikel Forschungen beschreibt, die an Kulturzellen durchgefçhrt wurden. Dafçr gibt es zahlreiche Grçnde: kultivierte Zellen lassen sich in groûen Mengen gewinnen, die meisten Kulturen enthalten nur eine einzige Zellart, viele zellulåre Ablåufe wie Endocytose, Motilitåt, Zellteilung, Stoffaustausch çber die Membranen und die Synthese von Makromolekçlen lassen sich an Zellkulturen untersuchen. Zellen kænnen sich in Kultur differenzieren, Kul-
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turzellen sprechen auf die Behandlung mit Medikamenten, Hormonen, Wachstumsfaktoren und anderen aktiven Substanzen an. Die ersten Zellkulturspezialisten verwendeten Kulturmedien, die eine Vielzahl an unbekannten Substanzen enthielten. Man erreichte das Wachstum von Zellen durch die Zugabe von Flçssigkeiten, die man aus lebenden Organismen gewonnen hatte ± Lymphe zum Beispiel, Blutseren oder Embryoextrakte. Es stellte sich heraus, dass Zellen eine beachtliche Palette an Nåhrstoffen, Hormonen, Wachstumsfaktoren und Cofaktoren benætigten, um gesund zu bleiben und sich zu vermehren. Noch heute enthalten die meisten Kulturmedien betråchtliche Mengen an Serum. Die Bedeutung von Serum beziehungsweise der darin enthaltenen Wachstumsfaktoren fçr die Proliferation von Zellen in Kultur zeigen die Zellwachstumskurven in Abb. 16.4. Eines der vorrangigsten Ziele derjenigen Forscher, die Zellen kultivieren, hat darin bestanden, definierte, serumfreie Medien zu entwickeln, die das Zellwachstum begçnstigen. Durch Ausprobieren ± man hat verschiedene Kombinationen verschiedener Bestandteile auf ihre Fåhigkeit getestet, Zellwachstum und -proliferation zu begçnstigen ± hat man mehr und mehr Zellen erfolgreich dazu bringen kænnen, in synthetischen Medien zu wachsen, denen Serum und andere natçrliche Flçssigkeiten fehlen. Wie erwartet ist die Zusammensetzung dieser chemisch
definierten Medien relativ komplex, sie bestehen aus einer Mischung von Nåhrstoffen und Vitaminen, verschiedenen aufgereinigten Proteinen wie Insulin, epidermalem Wachstumsfaktor und Transferrin (das Zellen mit Eisen versorgt). Da die Medien fçr die Gewebekultur so nåhrstoffreich sind, bilden sie ein hæchst einladendes Habitat fçr alle mæglichen Arten von Mikroorganismen. Um einer bakteriellen Verunreinigung von Zellkulturen vorzubeugen, mçssen die Gewebekulturspezialisten einigen Aufwand betreiben, um an ihren Arbeitsplåtzen sterile Bedingungen aufrechtzuerhalten. Man trågt sterile Handschuhe, sterilisiert såmtliches Zubehær und Werkzeug, schçtzt die Medien mit geringen Dosen von Antibiotika und fçhrt alle Arbeiten an einer sterilen Werkbank unter steriler Belçftung aus. Der erste Schritt beim Anlegen einer Zellkultur ist das Gewinnen der Zellen. In den meisten Fållen muss man lediglich ein Ræhrchen mit eingefrorenen Zellen aus einer frçheren Kultur aus seinem Tank mit flçssigem Stickstoff holen, auftauen und die Zellen in frisches Medium çberfçhren. Eine solche Art von Kultur bezeichnet man als &1, denn die Zellen stammen aus einer zurçckliegenden Aufbereitung. In einer / 1 hingegen werden die Zellen direkt aus dem Organismus pråpariert. Die meisten Primårkulturen tierischer Zellen stammen aus Embryonen, deren Gewebe sich
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noch leichter in Einzelzellen dissoziieren låsst als das von Erwachsenen. Die Dissoziation wird erreicht mithilfe eines proteolytischen Enzyms wie Trypsin, das die extrazellulåren Domånen von Proteinen verdaut, welche die Zelladhåsion vermitteln (Kap. 7). Anschlieûend wird das Enzym durch Waschen entfernt und das Gewebe in eine Salzlæsung gegeben, die kein Ca2+ enthålt, wohl aber eine Substanz wie Ethylendiamintetraacetat (EDTA), die Calciumionen bindet (cheliert). Wie in Kap. 7 besprochen, spielen Calciumionen eine Schlçsselrolle bei der Adhåsion zwischen Zellen und ihr Entzug erleichtert die Auftrennung in Einzelzellen. Wenn die Zellen pråpariert sind, hat man im Prinzip die Wahl zwischen zwei Arten von Primårkulturen: Bei einer
gibt man eine relativ groûe Anzahl an Zellen in eine Kulturschale. Die Zellen setzen sich, heften sich am Boden der Schale an und wachsen zu einer relativ gleichmåûigen Zellschicht heran. Die Zellen, welche die Prozedur çberstanden haben, wachsen und teilen sich und bilden nach einer Reihe von Generationen einen Monolayer, der den Boden der Schale bedeckt (Abb. 18.22 a). Bei einer såt man eine relativ geringe Anzahl an Zellen in seine Kulturschale aus, so dass jede Zelle gebçhrenden Abstand zu ihren Nachbarzellen hat. Unter diesen Bedingungen vermehrt sich jede Zelle, bis sie eine eigene Kolonie
± einen Klon ± gebildet hat, deren einzelne Zellen allesamt von derselben Grçnderzelle abstammen. Normale (nicht maligne) Zellen machen nur eine begrenzte Anzahl von Zellteilungen durch (normalerweise 50 bis 100), bevor sie zu altern beginnen und schlieûlich sterben (Kap. 12, ¹Aus Sicht des Menschenª). Aus diesem Grund sind viele der Zellen, die normalerweise in Zellkulturstudien verwendet werden, genetisch manipuliert worden, so dass sie unbegrenzt wachsen kænnen. Solche Zellen nennt man , und wenn man sie in entsprechend empfångliche Versuchstiere injiziert, wachsen sie in der Regel zu malignen Tumoren heran. Wie håufig es vorkommt, dass eine normale Kulturzelle spontan zur Grçnderzelle einer Zelllinie transformiert wird, hångt von dem Organismus ab, aus dem sie gewonnen wurde. Mauszellen zum Beispiel werden mit relativ groûer Håufigkeit transformiert, Humanzellen nur sehr selten wenn çberhaupt. Menschliche Zelllinien (beispielsweise HeLa-Zellen) gewinnt man daher in der Regel aus Tumoren, oder man nimmt Zellen, die zuvor mit krebserzeugenden Viren oder Chemikalien behandelt worden sind. Auch viele Pflanzenzellarten kænnen in Kultur genommen werden. Bei einem Ansatz hierzu werden die Zellen mit dem Enzym Cellulase vorbehandelt, das die Zellwand verdaut und den
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Die Fraktionierung des Zellinhalts durch differenzielle Zentrifugation
nackten / çbrig låsst. Solche Protoplasten lassen sich dann in chemisch definierten Medien ziehen, die Wachstum und Teilung begçnstigen. Unter geeigneten Bedingungen kænnen solche Zellen zu einem undifferenzierten Zellhaufen, einem Callus, auswachsen, den man dazu bringen kann auszutreiben, und aus den Trieben lassen sich dann Pflanzen ziehen. Ein anderer Ansatz besteht darin, Zellen des Blattgewebes mit Hormonen dazu zu bringen, ihre Differenzierungsmerkmale aufzugeben und zu Calluszellen zu dedifferenzieren. Den Callus bringt man dann in flçssige Medien und startet aus ihm eine Zellkultur.
!5/ Die Fraktionierung des Zellinhalts durch differenzielle Zentrifugation Die meisten Zellen enthalten eine groûe Vielfalt an Organellen. Wenn man sich daran machen will, eine bestimmte Funktion der Mitochondrien oder ein bestimmtes Enzym aus dem GolgiApparat zu untersuchen, ist es sinnvoll, das betreffende Organell zunåchst aufzureinigen. Die Isolierung eines bestimmten Organells in græûeren Mengen erreicht man durch , die sich die Tatsache zunutze macht, dass Partikel unterschiedlicher Græûe und Form, die dichter sind als das umgebende Medium, sich beim Zentrifugieren mit unterschiedlicher Geschwindigkeit zum Boden des Zentrifugenræhrchens hin bewegen. Bei dieser Methode werden Zellen zunåchst durch mechanische Kråfte aufgebrochen, dazu verwendet man einen 2
. Man homogenisiert Zellen in einer isotonischen gepufferten Læsung (in vielen Fållen enthålt sie Sucrose), die das Aufplatzen von membranumgebenen Vesikeln durch Osmose verhindert. Anschlieûend wird das Homogenat einer Reihe von Zentrifugationen mit zunehmender Zentrifugalkraft unterzogen. Die einzelnen Schritte dieser Methode sind in Kap. 8 erklårt und in Abb. 8.5 zusammengefasst. Zu Anfang wird das Homogenat fçr kurze Zeit geringen Zentrifugalkråften ausgesetzt, so dass nur die græûten Organellen wie die Kerne und die verbliebenen ganzen Zellen zum Pellet sedimentieren. Bei hæheren Zentrifugalkråften lassen sich etwas græûere cytoplasmatische Organellen (Mitochondrien, Chloroplasten, Lysosomen und Peroxisomen aus der Suspension heraus zentrifugieren (Abb. 8.5). In den folgenden Schritten werden zunåchst die Mikrosomen (die Fragmente der vacuolåren und retikulåren Membranen des Cytosols) und dann die
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Ribosomen aus der Suspension entfernt. Fçr diesen letzten Zentrifugationsschritt benætigt man eine Ultrazentrifuge, die Geschwindigkeiten von 75 000 Umdrehungen pro Minute erreicht und damit Kråfte produzieren kann, die dem 500 000 fachen der Schwerkraft entsprechen. Wenn die Ribosomen entfernt sind, enthålt der Ûberstand nur noch die læsliche Phase der Zelle und Partikel, die zu klein sind, um zu sedimentieren. Die ersten Schritte der differentiellen Zentrifugation ergeben keine reine Pråparation eines bestimmten Organells, so dass man in der Regel weitere Schritte benætigt. In vielen Fållen erreicht man die weitere Aufreinigung durch die Zentrifugation einer der gewonnenen Fraktionen çber einen Dichtegradienten (Abb. 18.23), der den Inhalt der Probe seiner Dichte entsprechend in verschiedenen Schichten ablagert. Die Zusammensetzung der verschiedenen Fraktionen låsst sich entweder mikroskopisch çberprçfen oder man misst die Menge bestimmter Proteine, von denen man weiû, dass sie fçr die gewçnschten Organellen spezifisch sind. Durch differentielle Zentrifugation gewonnene Pråparationen von Zellorganellen behalten ein bemerkenswert hohes Aktivitåtsniveau, wenn sie im Verlauf der Pråparation keinen denaturierenden Bedingungen ausgesetzt waren. Organellen, die auf diese Weise isoliert wurden, lassen sich unter anderem in $ &% einsetzen, mit denen sich ein breites Spektrum an zellulåren Aktivitåten untersuchen låsst, unter anderem die Synthese membrangebundener Proteine (Kap. 8.2.4), die Bildung von Coated Vesicles (Abb. 8.6) und der Transport von læslichen Molekçlen und die Entstehung von Ionengradienten.
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Techniken der Zell- und Molekularbiologie
!52 Isolierung, Aufreinigung und Fraktionierung von Proteinen >m Rahmen dieses Buchs haben wir die Eigenschaften der verschiedensten Proteine untersucht. Bevor man Informationen çber die Struktur und Funktion eines bestimmten Proteins erhalten kann, muss dieses Protein in relativ reiner Form isoliert sein. In diesem Abschnitt wollen wir kurz ein paar Methoden zur Aufreinigung von Proteinen umreiûen. Die Aufreinigung eines Proteins bedeutet im Prinzip die schrittweise Entfernung aller Verunreinigungen. Manchmal sind zwei Proteine einander in Bezug auf eine Eigenschaft, beispielsweise in ihrer Gesamtladung, sehr åhnlich, in Bezug auf eine andere aber, z. B. was die Molekçlgræûe oder -form betrifft, ganz verschieden. Folglich erfordert die erfolgreiche Aufreinigung eines bestimmten Proteins in aller Regel den Einsatz mehrerer Methoden hintereinander, welche sich die unterschiedlichen Eigenschaften der aufzutrennenden Proteine zunutze machen. Der Grad der Aufreinigung bemisst sich nach der Zunahme der $ 9 1; diese entspricht dem Verhåltnis zwischen der Menge des gewçnschten Proteins und der Gesamtmenge an Protein in der Pråparation. Um die relative Menge des betreffenden Proteins bestimmen zu kænnen, ist es nætig, dass sich irgendein typisches Kriterium dieses Molekçls in einem
% verwerten låsst. Ist das Protein ein Enzym, kann man einen Assay entwerfen, der seine katalytische Aktivitåt misst und so Aufschluss çber den Grad der Aufreinigung gibt. Andere Assays basieren auf immunologischen, elektrophoretischen, elektronenmikroskopischen und anderen Eigenschaften. Die Bestimmung der Gesamtproteinmenge in einer Pråparation låsst sich unter Ausnutzung verschiedener Eigenschaften durchfçhren, unter anderem durch die Bestimmung des Stickstoffgehalts, der sich sehr genau messen låsst und fçr såmtliche Proteine gleichbleibend bei 16% des Trockengewichts liegt. 18.7.1 Die selektive Pråparation Der erste Schritt jeder Aufreinigung sollte von der Art sein, dass er sich fçr eine extrem verunreinigte Pråparation eignet und dennoch eine deutliche Zunahme an spezifischer Aktivitåt bedeutet. Bei diesem ersten Schritt macht man sich in aller Regel Læslichkeitsunterschiede zwischen verschiedenen Proteinen zunutze, indem
man das gewçnschte Protein ausfållt. Die Læslichkeitseigenschaften eines Proteins werden im Groûen und Ganzen von der Verteilung der hydrophilen und hydrophoben Seitenketten auf seiner Oberflåche bestimmt. Die Læslichkeit eines Proteins in einer gegebenen Læsung hångt ab vom relativen Gleichgewicht der Wechselwirkung zwischen Protein und dem Læsungsmittel, das es in Læsung hålt, sowie der Wechselwirkung mit anderen Proteinen, die es aggregieren und aus der Læsung ausfallen lassen. Zur Ausfållung eines Proteins am håufigsten verwendet wird das Salz Ammoniumsulfat, das sich in Wasser extrem gut læst und eine hohe Ionenstårke besitzt. Die Aufreinigung erreicht man, indem man dem Rohextrakt nach und nach gesåttigte Ammoniumsulfatlæsung zufçhrt. Je mehr Salz man zufçhrt, umso mehr Protein fållt aus. Solange es sich um unerwçnschtes Protein handelt, kann das Pråzipitat verworfen werden. Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem das gewçnschte Protein aus der Læsung ausfållt. Man erkennt diesen Punkt daran, dass die verbliebene læsliche Fraktion schlagartig an Aktivitåt verliert, die man begleitend ståndig mit dem jeweils angebrachten Assay çberprçft. Sobald man das gewçnschte Protein im Pråzipitat hat, kann man alles Ûbrige verwerfen und das Protein wieder in Læsung bringen. 18.7.2 Såulenchromatographie Unter den Begriff Chromatographie fållt ein ganzes Spektrum an Techniken, bei denen eine Mischung aus gelæsten Komponenten aufgetrennt wird, indem man sie çber die eine oder andere Form von durchlåssiger Matrix laufen låsst. Bei den Techniken der Flçssigkeitschromatographie kænnen sich die Bestandteile einer Mischung in einer von zwei mæglichen Phasen aufhalten: in der flçssigen (mobilen) Phase, dem flçssigen Læsungsmittel, und in der festen (immobilen) Phase, einer Matrix, durch die sich das Læsungsmittel bewegt.4 Bei den im Folgenden beschriebenen chromatographischen Methoden besteht die feste Phase in Material, das zu einer Såule gepackt wurde. Die aufzutrennenden Proteine befinden sich in einem Læsungsmittel und werden dann çber die Såule gegeben. Das Material, aus dem die immobile Phase der Såule besteht, ist so beschaffen, dass die Proteine in der Læsung damit wechselwirken kænnen. Die Inter4
Die Flçssigkeitschromatographie ist zu unterscheiden von der Gaschromatographie, bei der die mobile Phase ein inertes Gas ist.
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aktion eines Proteins mit dem Matrixmaterial bringt es mit sich, dass sich sein Durchfluss durch die Matrix verlangsamt. Je græûer also die Affinitåt des Proteins fçr das Matrixmaterial, umso langsamer dessen Durchlauf durch die Såule. Da die verschiedenen Proteine im Auftragungsgemisch eine unterschiedliche Affinitåt fçr die Matrix besitzen, werden sie in unterschiedlichem Maûe zurçckgehalten. Wenn das Læsungsmittel die Såule passiert hat, wird es in kleinen Ræhrchen aufgesammelt, man nennt diese Einzelportionen . Diejenigen Proteine im Ausgangsgemisch, welche die geringste Affinitåt fçr das Såulenmaterial haben, finden sich in den ersten Fraktionen, welche die Såule verlassen. Durch die Entwicklung der Hochleistungsflçssigkeitschromatographie ( 6 , HPLC) hat man die Auflæsung der chromatographischen Verfahren in den letzten Jahren deutlich verbessern kænnen. Bei der HPLC wird die mobile Phase unter hohem Druck durch lange sehr dçnne Såulen mit einer dicht gepackten, nicht komprimierbaren Matrix forciert. 6 Proteine sind groûe mehrfach geladene Elektrolyte und es ist grundsåtzlich unwahrscheinlich, dass viele Proteine in einer teilweise aufgereinigten Pråparation dieselbe Gesamtladung haben. Bei einer Reihe von Methoden bildet die Ionenladung die Grundlage der Aufreinigung, unter anderem bei der Ionenaustauschchromatographie. Die Gesamtladung eines Proteins ist die Summe aller Einzelladungen seiner Aminosåuren. Da die Ladung einer Aminosåure vom pHWert des Mediums abhångt, in dem sie sich befindet (Abb. 2.27), hångt auch die Ladung des Proteins vom pH-Wert ab. Senkt man den pHWert, werden negativ geladene Gruppen neutralisiert und die Zahl der positiv geladenen Gruppen nimmt zu. Das Gegenteil trifft zu, wenn man den pH-Wert erhæht. Fçr jedes Protein gibt es einen pH-Wert, bei dem die Anzahl seiner negativen Ladungen gleich der Anzahl seiner positiven Ladungen ist. Diesen pH-Wert nennt man den /, an ihm ist das Protein in seiner Ladung neutral. Bei den meisten Proteinen liegt der isoelektrische Punkt unter dem pH-Wert von 7. Bei der Ionenaustauschchromatographie geht es um die Ionenbindung eines Proteins an ein inertes Matrixmaterial wie Cellulose, an das geladene Gruppen kovalent gebunden sind. Zwei der am håufigsten verwendeten Ionenaustauschharze sind Diethylaminoethylcellulose (DEAECellulose) und Carboxymethylcellulose (CM-Cel-
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lulose). DEAE-Cellulose ist positiv geladen, bindet also negativ geladene Molekçle und ist daher ein . CM-Cellulose ist negativ geladen und wirkt folglich als . Das Harz wird in eine Såule gepackt und dann låsst man die Proteinlæsung darçber laufen, wobei man einen Puffer verwendet, dessen Zusammensetzung die Bindung eines oder aller Proteine an die Såule begçnstigt. Die Proteine werden reversibel an das Harz gebunden und kænnen durch eine Erhæhung der Ionenstårke im Puffer (durch die eine græûere Zahl von kleinen Ionen mit den geladenen Gruppen der Makromolekçle um die Bindungsstellen am Harz konkurrieren) und/oder durch eine Verånderung des pH-Werts der Læsung wieder freigesetzt werden, wobei sie in der Reihenfolge von den am schwåchsten gebundenen bis zu den am stårksten gebundenen eluiert werden. Abbildung 18.24 zeigt eine schematische Darstellung der Auftrennung zweier Proteine durch schrittweise Elution von einer Ionenaustauschersåule. : Bei der : werden Proteine (oder Nucleinsåuren) in erster Linie nach ihrer Græûe (dem hydrodynamischen Radius) aufgetrennt. Wie bei der Ionenaustauschchromatographie besteht auch hier das Trennmaterial aus winzigen Kçgelchen, die zu einer Såule gepackt werden, durch welche die Proteinlæsung allmåhlich hindurchsickert. Das fçr die Gelfiltration verwendete Material besteht aus Kçgelchen von vernetzten
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gereinigter Form verlassen haben, wenn das Protein mit MG 75 000 noch in ihr verbleibt.
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Colysacchariden (Dextran oder Agarose) unterschiedlicher Porositåt, in die das Protein hinein und wieder hinaus diffundieren kann. Am besten låsst sich diese Methode an einem Beispiel verstehen (Abb. 18.25). Angenommen, man versucht ein globulåres Protein mit einem Molekulargewicht (MG) von 125 000 aufzureinigen. Auûer diesem Protein sind in der Læsung noch zwei andere Proteine von åhnlicher Form, das eine ist sehr viel græûer ± MG 250 000 ± das andere viel kleiner ± MG 75 000. Eine Mæglichkeit, die Proteine voneinander zu trennen und das gewçnschte Protein aufzureinigen, besteht darin, das Gemisch çber eine Sephadex-G-500-Såule zu geben, in deren Kçgelchen globulåre Proteine bis zu einem MG von 200 000 eindringen kænnen. Beim Durchlauf der Mischung durch die Såule kann also das Protein mit MG 250 000 nicht in die Kçgelchen eindringen, verbleibt in der læslichen Phase und wird damit als erstes im Eluat erscheinen, gleich nachdem der Såuleninhalt, der vor dem Experiment vorhanden war, herausgetropft ist. Die beiden anderen Proteine hingegen kænnen in die Zwischenråume zwischen den einzelnen Kçgelchen und in diese selbst hinein diffundieren und werden in ihrem Lauf durch die Såule aufgehalten. Mit der Zeit werden sie von dem nachlaufenden Læsungsmittel ebenfalls in Bewegung gesetzt, aber sie nåhern sich dem Såulenende mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Von den Proteinen, welche in die Kçgelchen eindringen kænnen, werden die kleineren långer zurçckgehalten als die græûeren. Infolgedessen wird das Protein mit MG 125 000 die Såule bereits in
1 Die Techniken, die bis hierher beschrieben wurden, verwenden die allgemeinen Eigenschaften eines Proteins zu dessen Aufreinigung und Fraktionierung. Eine weitere Aufreinigungstechnik namens 1 macht sich die unverwechselbaren Struktureigenschaften eines Proteins zunutze, um eine Proteinspezies spezifisch aus der Læsung herauszuholen, wåhrend alle anderen zurçckbleiben (Abb. 18.26). Proteine interagieren mit jeweils ganz speziellen Substanzen: Enzyme mit Substraten, Rezeptoren mit Liganden, Antigene mit Antikærpern und was dergleichen mehr ist. Jede dieser Proteinarten låsst sich aus einer Læsung entfernen, wenn man ein Proteingemisch çber eine Såule gibt, an die der jeweils spezifische Interaktionspartner (Substrat, Ligand, Antikærper usw.) an ein inertes immobilisiertes Material (die Matrix) gebunden ist. Gibt man beispielsweise die unaufgereinigte Pråparation eines Acetylcholinrezeptors çber eine Såule aus Agarosekçgelchen, an die man ein Acetylcholinanalog gebunden hat, bindet der Rezeptor spezifisch an die Kçgelchen, vorausgesetzt, die Bedingungen in der Såule sind so gewåhlt, dass sie die Interaktion begçnstigen (Kap. 4, ¹Experimentelle Verfahrenª). Wenn såmt-
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liche unerwçnschten Proteine die Såule passiert haben und im Eluat aufgefangen sind, kann man die Acetylcholinrezeptormolekçle wieder von der Matrix læsen, indem man die Ionenzusammensetzung und/oder den pH-Wert des Læsungsmittels der Såule åndert. Im Unterschied zu den anderen chromatographischen Verfahren, die Proteine auf der Basis von Græûe oder Ladung auftrennen, vermag die Affinitåtschromatographie somit eine nahezu vollståndige Aufreinigung in einem einzigen Schritt zu leisten. 7 9 / / ' Eine Mæglichkeit, etwas çber die Funktionsweise eines Proteins zu erfahren, besteht darin, die Proteine zu identifizieren, mit denen dieses wechselwirkt. Es gibt mehrere Methoden herauszufinden, welche Proteine in einer Zelle imstande sein kænnten, mit einem bereits identifizierten Protein zu interagieren. Eine dieser Mæglichkeiten haben wir soeben besprochen: Affinitåtschromatographie. Andere Techniken setzen Antikærper ein. Stellen Sie sich z. B. vor, dass ein Protein A, welches bereits identifiziert und aufgereinigt zur Verfçgung steht, mit zwei anderen Proteinen des Cytoplasmas, den Proteinen B und C, zusammen einen Komplex bildet. Hat man Protein A aufgereinigt, låsst sich ein Antikærper gegen dieses Protein gewinnen und dazu verwenden, dieses Protein zu binden und so aus der Læsung zu entfernen. Pråpariert man einen Zellextrakt, der den A-B-C-Komplex enthålt, und inkubiert ihn mit dem anti-A-Antikærper, dann werden mit der Bindung des Antikærpers an das A-Protein in der Regel auch andere Proteine copråzipitiert, die an A gebunden sind, in diesem Falle die Proteine B und C, die sich auf diese Weise identifizieren lassen. Die Copråzipitation von DNA-Fragmenten wurde in Kap. 12.4.3 diskutiert. Die meistverbreitete Technik bei der Suche nach Protein-Protein-Wechselwirkungen ist das Zwei-Hybridsystem in Hefe ( +$$ ), das im Jahre 1989 von Stanley Fields und Ok-kyu Song an der State University of New York in Stony Brook erfunden wurde. Die Technik ist in Abb. 18.27 illustriert. Kernpunkt ist die Expression eines Reporter-Gens wie zum Beispiel des Gens fçr -Galactosidase (C), dessen Aktivitåt sich problemlos mithilfe eines Tests nachweisen låsst, bei dem ein Farbwechsel anzeigt, dass das Enzym in einer Population von Hefezellen vorhanden ist. Die Expression des Gens C in diesem System wird durch ein bestimmtes Protein ± einen Transkriptionsfaktor ± aktiviert, der zwei Domånen besitzt: eine DNA-
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bindende Domåne und eine Aktivierungsdomåne (Abb. 18.27). Die DNA-bindende Domåne vermittelt die Bindung an den Promotor, die ak-
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tivierende Domåne vermittelt die Interaktion mit anderen Proteinen, die an der Aktivierung der Genexpression beteiligt sind. Damit es zur Transkription kommt, mçssen beide Domånen vorhanden sein. Bei dieser Methode werden daher zwei verschiedene rekombinierte DNA-Molekçle pråpariert. Eines davon enthålt ein DNASegment, das die DNA bindende Domåne des Transkriptionsfaktors enthålt, verknçpft mit einem DNA-Segment, welches das ¹Kæderª-Protein codiert. Das Kæderprotein ist das von Ihnen charakterisierte, fçr das Sie mægliche Interaktionspartner suchen. Exprimiert man die rekombinierte DNA in einer Hefezelle, so stellt diese wie in Abb. 18.27 b gezeigt ein Hybridprotein her. Das andere DNA-Molekçl enthålt den Teil des Transkriptionsfaktors, der die aktivierende Domåne enthålt, verknçpft mit einer DNA fçr das unbekannte Protein Y. Solche DNAs, oder genauer cDNAs, werden (wie in Kap. 18.13.3 beschrieben) aus mRNAs hergestellt, die man mithilfe der Reversen Transkriptase in DNA umschreibt. Angenommen, Y ist ein Protein, das an das Kæderprotein binden kann. Wird in der Hefezelle rekombinierte DNA exprimiert, die Y enthålt, produziert die Zelle wie in Abb. 18.27 c dargestellt ein Hybridprotein. Weder das X noch das Y enthaltende Hybridprotein ist fçr sich genommen imstande, die Transkription des Gens C zu aktivieren (Abb. 18.27 b,c). Werden jedoch diese beiden Proteine in dieselbe Hefezelle eingebracht (wie in Abb. 18.27 d), kænnen das Xund das Y-Protein miteinander wechselwirken und rekonstituieren so einen funktionsfåhigen Transkriptionsfaktor. Dass das geschehen ist, erkennt man dann daran, dass die Zelle nunmehr imstande ist, -Galactosidase zu produzieren. Mithilfe dieser Technik kann man also nach Proteinen ¹angelnª, die von unbekannten Genen codiert werden und in der Lage sind, mit dem Kæderprotein zu interagieren. Den Einsatz dieser Technik bei der Proteomforschung haben wir in Kap. 2.5.3 bereits besprochen. !52' -olyacrylamid-Gelelektrophorese Eine weitere weit verbreitete, sehr wirkungsvolle Methode zur Auftrennung von Proteinen ist die Elektrophorese. Diese Technik macht sich die Tatsache zunutze, dass geladene Molekçle in einem elektrischen Feld wandern. Die elektrophoretische Auftrennung von Proteinen geschieht in der Regel mit der Methode der /% % : 3/:#4, bei der die Proteine durch eine von auûen angelegte Spannung durch eine Gelmatrix bewegt werden. Die Matrix besteht
aus einem Polymer von kleinen organischen Molekçlen (Acrylamid), die zu einem Molekularsieb quervernetzt werden. Ein Polyacrylamid-Gel kann entweder als dçnne Schicht zwischen zwei Glasplatten gegossen werden (Flachgel) oder als Zylinder in ein Glasræhrchen. Das polymerisierte Gel wird zwischen zwei mit Puffern gefçllten Kammern eingespannt, in denen die beiden Elektroden entgegengesetzter Ladung angebracht sind. Bei einem Flachgel wird die proteinhaltige Probe in konzentrierter Form wie in Schritt 1 von Abb. 18.28 gezeigt, in kleine Taschen an der Oberkante des Gels aufgetragen. Man versieht die Probe dabei mit Sucrose oder Glycerin, um ihre Dichte zu erhæhen, damit sie sich nicht mit dem Puffer in der oberen Kammer mischt. Schlieûlich wird zwischen den beiden Kammern eine Spannung angelegt, und entlang des Gels flieût ein Strom, der die Proteine dazu veranlasst, zur entgegengesetzt geladenen Elektrode zu wandern (Schritt 2). Die Auftrennung wird in der Regel in alkalischer Pufferlæsung vorgenommen, in der die Proteine eine negative Ladung haben, so dass sie zur positiv geladenen Anode am anderen Ende des Gels hin wandern. Im Anschluss an die Elektrophorese wird das Gel von den Glasplatten entfernt und gefårbt (Schritt 3). Die relative Beweglichkeit von Proteinen im Polyacrylamid-Gel hångt ab von ihrer 8 (Ladung pro Masseneinheit). Je græûer die Ladungsdichte, um so stårker die Kraft, die das Protein durch das Gel treibt und um so rascher seine Wanderungsrate. Doch die Ladungsdichte ist nur einer der wichtigen Faktoren der Auftrennung via PAGE. Auch Græûe und Form spielen eine Rolle. Polyacrylamid ist ein vernetztes Molekularsieb, in dem sich die Proteine, die das Gel passieren, verfangen. Je græûer das Protein, um so stårker wird es dadurch auf seinem Weg aufgehalten werden, und um so langsamer wird es wandern. Auch die Form ist ein Faktor, denn ein kompaktes globulåres Protein wandert rascher als ein langgestrecktes fibræses von vergleichbarem Molekulargewicht. Die Konzentration an Acrylamid (und dem zugehærigen quervernetzenden Agens) bei der Herstellung des Gels ist nicht minder wichtig. Je geringer die Konzentration an Acrylamid, um so weniger stark wird das Gel vernetzt und um so rascher wandert das aufgetragene Protein. Ein Gel, das 5% Acrylamid enthålt, kann sehr nçtzlich sein, um Proteine mit einem MG von 50 000 bis 250 000 aufzutrennen, ein Gel mit 15% Acrylamid hingegen eignet sich eher fçr Proteine mit einem MG von 10 000 bis 50 000. Den Fortgang der Elektrophorese verfolgt man anhand der Wanderung eines
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und das Gel aus seinem Behåltnis entfernt. Meist fårbt man die Gele mit Coomassie-Blau oder Silber, um die Lage der einzelnen Proteine sehen zu kænnen. Hat man die Proteine zuvor radioaktiv markiert, låsst sich ihre Position nachweisen, indem man das Gel auf einen Ræntgenfilm legt und ein Autoradiogramm davon macht. Oder man kann das Gel auch in kleine Fraktionen zerschneiden, aus denen man die einzelnen Proteine isoliert. Alternativ kann man das Gel auch mithilfe einer zweiten Elektrophorese auf eine Nitrocellulosemembran çbertragen (¹blottenª) (Kap. 18.12). Die Proteine werden von der Membran in derselben Position absorbiert, die sie auch im Gel hatten. Bei einem 7 werden die Proteine auf der Membran mit Antikærpern sichtbar gemacht.
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, der gerade ein wenig rascher wandert als die schnellsten Proteine (Abb. 18.28, Schritt 2). Sobald der Farbstoff an der gewçnschten Position angelangt ist, wird der Strom abgeschaltet
&&/:# In aller Regel fçhrt man die Polyacrylamid-Gelelektrophorese (PAGE) in Gegenwart des negativ geladenen Detergens Natriumdodecylsulfat ($ , SDS) durch, das bereitwilligst an alle mæglichen Proteinmolekçle bindet. Die elektrostatische Abstoûung zwischen den gebundenen SDS-Molekçlen bringt jedes Protein dazu, sich zu einer åhnlichen ståbchenåhnlichen Form zu entfalten und schafft so die Form-Unterschiede als Auftrennungsfaktor aus der Welt. Die Zahl der SDS-Molekçle, die an ein Protein binden, ist mehr oder weniger proportional zu dessen Molekulargewicht (d. h. 1,4 g SDS/g Protein). Infolgedessen erhålt jede Proteinart unabhångig von ihrer Græûe eine åhnliche Ladungsdichte und steht unter demselben Kråfteeinfluss, der sie durch das Gel wandern låsst. Dennoch werden, da Polyacrylamid so stark vernetzt ist, græûere Proteine långer im Gel zurçckgehalten als kleinere, so dass Proteine durch die SDS-PAGE letztlich nur nach einer einzigen Eigenschaft aufgetrennt werden: nach ihrem Molekulargewicht. Die SDS-PAGE låsst sich auûer zum Auftrennen von Proteinen in einem Gemisch auch dazu verwenden, die Molekulargewichte einzelner Proteine zu bestimmen, indem man ihre Position im Gel mit der von Proteinen bekannter Masse vergleicht. Beispiele fçr die SDS-PAGE finden sich in Kap. 4.6.3 und Kap. 4, ¹Experimentelle Verfahrenª. ' : Im Jahre 1975 wurde von Patrick O'Farrell von der University of California in San Francisco eine Technik entwickelt, der man den Namen $' : gab und bei der sich komplexe Proteingemische auf der Basis zweier verschiedener Eigenschaften der
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Molekçle auftrennen lassen. Zuerst trennt man Proteine in einem Ræhrchen-Gel nach ihrem isoelektrischen Punkt auf, man bezeichnet diesen Schritt auch als
. Nach der Auftrennung wird das Gel entfernt, an die Oberkante eines mit SDS gesåttigten Polyacrylamid-Gels gelegt und der SDS-PAGE unterzogen. Die Proteine wandern in das Flachgel ein und werden nun noch einmal entsprechend ihrem Molekulargewicht aufgetrennt (Abb. 18.29). Die aufgetrennten Proteine kænnen dann aus dem Gel entfernt und zu Peptidfragmenten verdaut werden, die man dann mithilfe der Massenspektrometrie analysieren kann. Die Auflæsung dieser Methode ist so groû, dass sich die meisten Proteine in einer Zelle voneinander unterscheiden lassen. Aufgrund ihres enormen Auflæsungsvermægens ist die zweidimensionale Gelelektrophorese in idealer Weise dazu geeignet, Verånderungen an zellulåren Proteinen unter verschiedenen Bedingungen, in verschiedenen Stadien in der Entwicklung, im Zellzyklus oder bei verschiedenen Organismen zu verfolgen (Abb. 2.47). Allerdings eignet sich die Technik nicht zur Unterscheidung von Proteinen mit hohem Molekulargewicht, stark hydrophoben Proteinen oder solchen, die in sehr geringer Kopienzahl in einer Zelle vorhanden sind.
Wie in Kap. 2, ¹Aus Sicht des Menschenª bereits besprochen, ist das noch junge Gebiet der Pro-
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teomforschung in hohem Maûe auf die Proteinanalyse durch
angewiesen. Massenspektrometer sind analytische Instrumente, die zur Massenbestimmung von Molekçlen, zum Aufstellen chemischer Formeln, zur Aufklårung von Molekçlstrukturen und zur Identifizierung unbekannter Substanzen herangezogen werden. Ein Massenspektrometer bewerkstelligt das, indem er die Probe in positiv geladene gasfærmige Ionen umwandelt, die durch eine gekrçmmte Ræhre auf eine negativ geladene Platte zu beschleunigt werden (Abb. 18.30). Auf ihrem Weg durch die Ræhre sind die Ionen einem Magnetfeld ausgesetzt, unter dessen Einfluss sie sich ihrem Molekulargewicht entsprechend auftrennen (oder besser: nach ihrem Masse-Ladungs-Verhåltnis oder @7-Verhåltnis). Die Ionen treffen auf einen elektronischen Detektor am Ende der Ræhre. Kleinere Ionen sind schneller und treffen eher auf den Detektor als græûere. Der Detektorinput wird in eine Reihe von Peaks von steigendem @7-Verhåltnis umgesetzt (vgl. Abb. 2.48). Das Massenspektrometer ist in der Chemie seit Jahren ein bevorzugtes Instrument, doch erst in den letzten zwei Jahrzehnten etwa haben auch Biologen seine erstaunlichen analytischen Fåhigkeiten entdeckt. Mithilfe der Massenspektrometrie kænnen Proteinforscher ein unbekanntes Protein heutzutage binnen Stunden identifizieren. In der Regel werden die Proteine fçr diese Untersuchung mit Trypsin verdaut, die entstandenen Peptide werden vorsichtig ionisiert und dann durch eine von zwei Techniken in die Gasphase gebracht. Die Entwicklung dieser beiden Methoden zur Peptid-Ionisierung war der Schlçssel zur Anwendung der Massenspektrometrie auf Proteine. Bei dem einen Verfahren, der - $ 8 6
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macht man die Proteinprobe zum Teil einer kristallinen Matrix, die dann durch einen Laserpuls bestrahlt wird. Die Energie des Lasers regt das Matrixmaterial an, die absorbierte Energie wandelt die Peptide zu gasfærmigen Ionen um. Bei einer alternativen Methode, der # %6
, kurz #&6&, wird die Peptidlæsung einem hohen elektrischen Potenzial ausgesetzt, durch das sie ionisiert wird, und mittels einer Nadel zu einem feinen Nebel geladener Teilchen versprçht, die auf das Spektrometer auftreffen. Da ESI mit Molekçlen in Læsung arbeitet, ist diese Methode sehr gut geeignet, Peptide zu ionisieren, die aus Proteinen gewonnen wurden, die man mit einer der weithin gelåufigen Methoden der Flçssigkeitschromatographie erhalten hat. Hat man die Molekulargewichte der Peptide in der Probe bestimmt, kann man das komplette Protein, wie in Kap. 2, ¹Aus Sicht des Menschenª erærtert, mithilfe einer Datenbank identifizieren. Fållt die Zuordnung nicht zweifelsfrei aus, kann man eines oder mehrere der durch Trypsin-Verdauung gewonnenen Peptide einem weiteren Fragmentierungsschritt unterwerfen und eine weitere massenspektrometrische Untersuchung anschlieûen.5 Diese zweistufige Prozedur (auch als ! -
oder &J& bezeichnet) liefert die Aminosåuresequenz des untersuchten Peptids bzw. mehrerer in Reihe, so dass die zweifelsfreie Identifizierung des Proteins mæglich wird. MS/MS ist eine so leistungsstarke Methode, dass man mit ihr komplexe Gemische aus mehreren hundert Proteinen gleichzeitig verdauen und der Massenspektrometrie unterwerfen kann und am Ende die Identitåt jedes der Proteine in dieser Mischung zur selben Zeit kennt.
!55 Strukturbestimmung bei Proteinen Bei der % (oder ) werden Proteinkristalle mit einem feingebçndelten Ræntgenstrahl bombardiert (Abb. 18.31). Die Strahlung wird von den Elektronen der Proteinatome gestreut und trifft dann auf einen elektronensensitiven Detektor hinter 5 Diese zweite Fragmentierung erfolgt im Massenspektrometer, in dem man die Peptide mit einem inerten Gas kollidieren låsst. Durch die Kollision brechen die Peptidbindungen auf und man erhålt ein zufålliges Gemisch aus Fragmenten der Originalpeptide. Die Aminosåuresequenz jedes dieser Fragmente und damit des Originalpeptids låsst sich mithilfe von Datenbanken ermitteln, in denen die Masse theoretisch mæglicher Fragmente aller nur mæglichen Aminosåuresequenzen gespeichert ist, die sich aus den von dem betreffenden Genom codierten Genen bilden kænnen.
Strukturbestimmung bei Proteinen
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dem Kristall. Das Beugungsmuster, das der Kristall hervorbringt, wird von der inneren Struktur des Proteins bestimmt. Die groûe Zahl der Molekçle im Kristall verstårkt diese Reflexe, und er verhålt sich, als handle es sich um ein einziges groûes Molekçl. Position und Intensitåt der Reflexe (vgl. Abb. 2.33) lassen sich mit mathematischen Methoden zur Elektronendichte innerhalb des Proteins in Bezug setzen, denn diese hat sie ja letztlich hervorgebracht. Die Auflæsung eines solchen Ræntgenbeugungsmusters hångt von der Zahl der analysierten Reflexe ab. Myoglobin war das erste Protein, dessen Struktur man mithilfe der Ræntgenstrukturanalyse untersucht hat. Man hat es nacheinander bei 0,62 und 0,14 nm untersucht, wobei zwischen dem Abschluss der einzelnen Analysen mehrere Jahre lagen. In Anbetracht der Tatsache, dass kovalente Bindungen eine Långe von 0,1 bis 0,15 nm haben, nicht-kovalente hingegen bei 0,28 bis 0,4 nm liegen, ist klar, dass die Information, die sich çber ein Protein gewinnen låsst, von der erreichten Auflæsung abhångt. Deutlich wird das an einem Vergleich der Elektronendichte eines relativ kleinen organischen Molekçls bei vier verschiedenen Auflæsungsniveaus (Abb. 18.32). Bei Myoglobin reichte eine Auflæsung von 0,6 nm, um zu zeigen, wie die Proteinkette gefaltet war, und wo die Håmgruppe lag, nicht aber um die Struktur innerhalb der Kette zu zeigen. Bei einer Auflæsung von 0,2 mm lieûen sich einzelne Atomgruppen voneinander unterscheiden und bei 0,14 nm konnte man die Lage einzelner Atome erkennen. Bis Ende 2002 hatte man die Struktur von çber 250 Proteinen auf atomarer Ebene (bei einer Auflæsung < 0,12 nm) und einige wenige sogar bei 0,08 nm aufgeklårt.
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Techniken der Zell- und Molekularbiologie
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Mit den Jahren hat man die Technik der Ræntgenstrukturanalyse deutlich verbessert. Bei den meisten Untersuchungen heute wird von einem Hochenergie-Teilchenbeschleuniger, einem Synchroton (Kap. 3.2.4), energiereiche hoch fokussierte Ræntgenstrahlung erzeugt und die photographische Platte durch einen hoch sensiblen Elektronendetektor ( , CCD), der einen digitalen Ausdruck liefert, ersetzt. Der Einsatz dieser Instrumente im Zusammenspiel mit immer leistungsstårkeren Computern ermæglicht es Forschern heute, gençgend Daten zu sammeln und auszuwerten, um die Tertiårstruktur eines Proteins binnen weniger Stunden zu bestimmen. Infolgedessen hat man die Ræntgenstrukturanalyse auf immer græûere molekulare Strukturen ausgedehnt. Am besten deutlich wird das wohl an den Erfolgen bei der Aufklårung der Ribosomenstruktur, die wir in Kap. 11 besprochen haben. In den meisten Fållen besteht ± wie bei der Untersuchung des Ribosoms ± die græûte Herausforderung darin, verwertbare Kristalle zu erzeugen. Die Ræntgenstrukturanalyse eignet sich in idealer Weise zur Bestimmung der Struktur von læslichen Proteinen, die sich kristallisieren lassen, kann aber bei komplexen Strukturen mit vielen Untereinheiten wie eben Ribosomen und Proteasomen oder auch bei Membranproteinen, bei denen es schwierig ist, die dreidimensionalen Kristalle zu erzeugen, die man fçr die Analyse braucht, eine schwierige Angelegenheit sein. Fçr die Strukturanalyse solcher Proben bedient man sich håufig einer technischen Alternative, der %# (Kap. 18.2.1), die sich das enorme Auflæsungsvermægen des Elektronenmikroskops und computergestçtzte Bildbearbeitungsverfahren zunutze macht. Um die Struktur einzelner Partikel zu untersuchen, werden unfixierte Proben auf ein Elektronenmikroskopnetz gegeben, rasch in flçssigem Stickstoff eingefroren und im hydrierten gefrorenen Zustand betrachtet, in dem die native Struk-
tur des Partikels erhalten ist. Jede Aufnahme zeigt ein zweidimensionales Bild eines Partikels in der Orientierung, in der es sich bei seinem Aufbringen aufs Netzchen zufållig gerade befunden hatte. Unterwirft man die zweidimensionalen Aufnahmen mehrerer zehntausend unterschiedlicher Proben einer Hochleistungsanalyse per Computer, låsst sich mit einer Auflæsung von bis zu 0,5 nm ein dreidimensionales Bild des Partikels rekonstruieren. Ein mit dieser Methode erstelltes Modell des Eukaryotenribosoms ist in Abb. 2.55 zu sehen. Diese Technik ist auch eine gute Mæglichkeit, Portråts von einer Struktur wie dem Ribosom in verschiedenen Stadien eines dynamischen Prozesses ± z. B. der Verlångerung eines Peptids wåhrend der Proteinsynthese ± zu zeichnen. Die Kryo-Elektronenmikroskopie eignet sich çberdies gut fçr die Untersuchung von Membranproteinen, z. B. den Connexonen der Gap Junctions (Abb. 7.32 c) oder den nicotinischen Acetylcholinrezeptoren (vgl. die Box ¹Experimentelle Verfahrenª in Kap. 4), die sich bei sehr niedrigen Temperaturen (z. B. ±195 8C) innerhalb der Membranebene zu zweidimensionalen kristallinen Arrangements zusammenfinden. Die in der oben gezeigten Abbildung dargestellten Strukturen sind aus der Kombination von hoch aufgelæsten aus unterschiedlichen Winkeln aufgenommenen elektronenmikroskopischen Bildern vieler verschiedener Proteinmolekçle entstanden. Man bezeichnet diese Technik als # .
!5, ufreinigung und Fraktionierung von Nucleinsåuren Die Schritte zur Aufreinigung von Nucleinsåuren unterscheiden sich erheblich von denen zur Aufreinigung von Proteinen; dies ist Ausdruck der grundlegenden Strukturunterschiede zwischen
Konzentrationsbestimmung bei Proteinen und Nucleinsåuren
diesen beiden Arten von Makromolekçlen. Der erste Schritt bei der Aufreinigung von DNA besteht in der Regel darin, die Zellen zu homogenisieren und die Kerne zu isolieren, aus denen man dann die DNA extrahiert. Man extrahiert die Kerne mit einer gepufferten Salzlæsung, die ein Detergens wie SDS enthålt, welches die Nuclei auflæst und die DNA freisetzt. Sobald die DNA freigesetzt ist, nimmt die Viskositåt der Læsung betråchtlich zu. Das Detergens hemmt çbrigens auch jedwede in der Pråparation womæglich noch vorhandene Nuclease-Aktivitåt. Das Hauptziel der anschlieûenden Reinigungsschritte besteht in der Trennung der DNA von Verunreinigungen wie RNA und Protein. Das Protein wird in der Regel durch Ausschçtteln mit demselben Volumen Phenol erreicht. Phenol (oder alternativ ein Gemisch aus Phenol und Chloroform) ist ein Protein denaturierendes Agens, das Proteine in Læsung dazu bringt auszufallen. Da Phenol und Pufferlæsungen sich nicht mischen, reicht es, die Suspension einfach zu zentrifugieren, um die Phasen voneinander zu trennen, wobei DNA (und RNA) in der wåssrigen Phase gelæst bleibt, wåhrend das Protein an der Grenze zwischen den beiden Phasen pråzipitiert. Die wåssrige Phase wird dann aus dem Ræhrchen entfernt, erneut mit Phenol ausgeschçttelt und zentrifugiert. Man wiederholt diese Schritte, bis an der Phasengrenze kein Protein mehr vorhanden ist. Im Anschluss fållt man die Nucleinsåuren durch Zugabe von kaltem Ethanol. Håufig schichtet man das Ethanol çber die wåssrige Phase und wickelt die DNA, die an der Alkohol/Wassergrenze ihre Læslichkeit verliert, auf einen Glasstab. RNA hingegen fållt als flockiges Pråzipitat aus der Læsung aus und setzt sich am Boden des Gefåûes ab. Nach diesem ersten Aufreinigungsschritt wird die DNA mit Ribonuclease verdaut, um RNA-Verunreinigungen zu beseitigen. Schlieûlich wird die Ribonuclease durch eine Protease verdaut, die ganz am Ende erneut mit Phenol ausgefållt wird. RNA wird in åhnlicher Weise gereinigt wie DNA, nur verwendet man im vorletzten Schritt statt einer Ribonuclease eine Dnase. Eine alternative Mæglichkeit zur RNA-Isolierung in nur einem Arbeitsgang wurde im Jahre 1987 beschrieben. Bei dieser Technik wird ein Gewebe in einer Læsung mit 4 M Guanidinthiocyanat homogenisiert, der RNA-Extrakt sodann mit Phenol versetzt und mit Chloroform (oder Bromchlorpropan) ausgeschçttelt. Schlieûlich wird die Suspension zentrifugiert, die RNA findet sich in der oberen, wåssrigen Phase, DNA und Protein hingegen an der Phasengrenze.
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!5,! uftrennung von DNA durch Elektrophorese Eine der oben besprochenen Techniken zur Auftrennung von Proteinen, die Gelelektrophorese, ist auch bei der Auftrennung von Nucleinsåuren verschiedener Molekulargewichte (das heiût Långe der Nucleotidsequenz) weit verbreitet. Kleine RNA- und DNA-Molekçle von wenigen hundert Nucleotiden oder darunter werden im Allgemeinen durch Polyacrylamid-Gelelektrophorese aufgetrennt. Græûere Molekçle wandern weniger leicht durch das engmaschige Polyacrylamid und werden daher auf Agarosegelen aufgetrennt, die eine græûere Porengræûe haben. Agarose ist ein Polysaccharid aus Seetang, das man in heiûem Puffer auflæst, in die Gelform gieût und durch Abkçhlen gelieren låsst. Die Auftrennung von DNA-Molekçlen, die græûer sind als 25 000 Basenpaare, nimmt man in der Regel mit einer Technik vor, der man den Namen Pulsfeld-Gelelektrophorese gegeben hat und bei der die Richtung des elektrischen Felds oszilliert, so dass die DNA-Fragmente sich wåhrend ihrer Wanderung immer wieder neu orientieren mçssen. Die Gelelektrophorese ist so empfindlich, dass DNA- oder RNA-Molekçle, die sich an Græûe nur ein einziges Nucleotid unterscheiden, mithilfe dieser Technik voneinander trennen lassen, eine Tatsache, die sie zu einer unschåtzbar wertvollen Methode zur Sequenzierung von DNA macht (Kap. 18.13.7). Ein Beispiel dafçr, wie die Gelelektrophorese genutzt werden kann, um DNA-Fragmente zu identifizieren, die ein bestimmtes Gen enthalten ± beispielsweise das Gen fçr menschliches Insulin ±, ist in Abb. 18.33 a dargestellt. Bei diesem Beispiel werden die gesuchten DNA-Fragmente çber die Bindung einer markierten DNA-Sonde identifiziert, welche die Insulinsequenz enthålt. Will man såmtliche DNA-Fragmente sichtbar machen, die im Gel vorhanden sind, kann man das gesamte Gel in eine Ethidiumbromidlæsung geben. Dieser Farbstoff interkaliert in die Doppelhelix und låsst DNA-Banden unter ultraviolettem Licht fluoreszieren (Abb. 18.33 b).
18.10 Konzentrationsbestimmung bei Proteinen und Nucleinsåuren Eine der einfachsten und am weitesten verbreiteten Methoden zur Bestimmung der Proteinoder Nucleinsåuremenge in einer Læsung ist die Bestimmung der Menge an Licht einer bestimmten Wellenlånge, die von dieser Læsung absor-
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Techniken der Zell- und Molekularbiologie
iert wird. Das fçr diese Messung verwendete Instrument nennt man &. Um solche Messungen machen zu kænnen, wird die Læsung in 9, speziellen Quarzbehåltern mit glatten Auûenflåchen, gegeben (man nimmt Quarz, weil er im Unterschied zu Glas kein ultraviolettes Licht absorbiert), die man dann in den Lichtstrahl eines Spektrometers stellt. Die Lichtmenge, die unabsorbiert durch die Læsung hindurch fållt, wird von Photozellen auf der anderen Seite der Kçvette gemessen. Zwei der zwanzig in Proteinen eingebauten Aminosåuren, Tyrosin und Phenylalanin, absorbieren Licht im ultravioletten Bereich mit einem Absorptionsmaximum bei etwa 280 nm. Verfçgen die untersuchten Proteine çber den allgemein typischen prozentualen Anteil an diesen Aminosåuren, so liefert die Absorption der Læsung bei dieser Wellenlånge ein Maû fçr die Proteinkonzentration. Man hat alternativ die Mæglichkeit, eine Reihe chemischer Assays ± wie die Lowry- und die Biuret-Methode ± heranzuziehen, bei denen das Protein an einer chemischen Reaktion beteiligt ist, die ein gefårbtes Produkt hervorbringt, dessen Konzentration dann proportional zu der des Proteins ist. Bei Nucleinsåuren liegt das Absorptionsmaximum bei 260 nm (Abb. 10.15), womit dies zur Wellenlånge der Wahl wird, wenn man DNA- oder RNA-Konzentrationen bestimmen will.
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Unsere Erfahrung sagt uns, dass die Stabilitåt einer Læsung (oder Suspension) von deren Bestandteilen abhångt. Sahne schwimmt auf Rohmilch, ein feines Pråzipitat sinkt allmåhlich auf den Boden eines Behåltnisses, eine Natriumchloridlæsung bleibt endlos stabil. Zahlreiche Faktoren bestimmen, ob eine bestimmte Komponente sich in einem flçssigen Medium absetzen wird oder nicht, unter anderem Græûe, Form und Dichte der Substanz sowie Dichte und Viskositåt des Mediums. Ist ein Bestandteil in einer Læsung oder Suspension dichter als ihr Medium, werden Zentrifugalkråfte sie am Boden eines Zentrifugenræhrchens konzentrieren. Græûere Partikel sedimentieren rascher als kleinere Partikel von derselben Form und Dichte. Dem Bestreben von Molekçlen, sich wåhrend der Zentrifugation in konzentrierter Form abzusetzen, stehen die Kråfte der Diffusion entgegen, welche die Molekçle nach gleichmåûiger Verteilung trachten lassen. Mit der Entwicklung der Ultrazentrifugation ist es mæglich geworden, Zentri-
fugalkråfte von mehr als 500 000 facher Schwerkraft zu erzeugen, die groû genug sind, die Wirkungen der Diffusion zu çberwinden und Makromolekçle dazu zu bringen, sich am Boden eines Zentrifugenræhrchens abzusetzen. Die Zentrifugation findet fast unter Vakuumbedingungen statt, um die Reibungskråfte zu minimieren. Im Verlauf dieses Buchs haben wir im Zusammenhang mit vielen Makromolekçlen und deren Komplexen davon gesprochen, dass diese einen bestimmten S-Wert haben. Die Einheit S (oder Svedberg nach dem Erfinder der Ultrazentrifuge) ist åquivalent zu einem Sedimentationskoeffizienten von 10±13 Sekunden. Da die Geschwindigkeit, mit der sich ein Partikel durch eine Flçssigkeitssåule bewegt, von einer ganzen Reihe Faktoren (unter anderem von seiner Form) abhångt, liefert der Sedimentationskoeffizient allein noch kein Maû fçr das Molekulargewicht. Solange man es jedoch mit derselben Sorte von Molekçlen zu tun hat, liefert der S-Wert ein gutes Maû fçr die relative Græûe. Die drei ribosomalen RNAs von zum Beispiel, die 5S-, 16S- und 23S-Molekçle, sind 120, 1600 und 3200 Nucleotide lang. Manche Rotoren sind so konstruiert, dass die Ræhrchen nach auûen schwingen kænnen (Ausschwingrotoren oder + $ -Rotoren), so dass die Partikel sich parallel zu den Ræhrchenwånden bewegen. Solche Rotoren eignen sich, wie in Abb. 18.34 gezeigt, zur Auftrennung unterschiedlich groûer Molekçle. Bei Festwinkelrotoren pas-
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Ultrazentrifugation
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sen die Ræhrchen in feste Bohrungen und werden wåhrend der Zentrifugation in einem bestimmten Winkel zur Zentrifugalkraft (zwischen 148 und 408) gehalten. Festwinkelrotoren eignen sich, wenn man Partikel am Boden des Zentrifugenræhrchens sedimentieren lassen will.
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Techniken der Zell- und Molekularbiologie
!5!!! edimentationsverhalten von Nucleinsåuren ,@A- und RNA-Molekçle werden mit Methoden der Ultrazentrifugation untersucht. In unserem Zusammenhang wollen wir zwei der gebråuchlichsten Zentrifugationstechniken zur Untersuchung von Nucleinsåuren beleuchten; sie sind in Abb. 18.34 dargestellt. Bei der Geschwindigkeitssedimentation oder Zonensedimentation werden die Nucleinsåuren nach der Långe ihrer Nucleotidsequenz aufgetrennt. Die Probe mit der Nucleinsåuremischung wird vorsichtig auf eine Læsung mit zunehmender Konzentration an Sucrose oder einer anderen Substanz geschichtet. Dieser vorgelegte Gradient nimmt von der Oberflåche zum Boden des Ræhrchens an Dichte (und Viskositåt) zu. Die Wanderungsgeschwindigkeit der Molekçle unter dem Einfluss hoher Zentrifugalkråfte wird durch ihren Sedimentationskoeffizienten bestimmt. Je græûer der Sedimentationskoeffizient, umso weiter wandert das Molekçl in einer bestimmten Zentrifugationsdauer. Da die Dichte des Mediums selbst am Boden des Ræhrchens unter der der Nucleinsåuremolekçle liegt (bei etwa 1,2 g/mL fçr die Sucroselæsung und bei 1,7 g/mL fçr die Nucleinsåure), sedimentieren diese Molekçle, solange die Zentrifuge låuft. Mit anderen Worten: Die Zentrifugation erreicht nie ein Gleichgewicht. Nach einer vorgegebenen Zentrifugationsdauer wird das Ræhrchen aus der Zentrifuge genommen (Abb. 18.34 c) und die relativen Positionen der verschiedenen Molekçle werden bestimmt. Die hoch viskose Sucrose verhindert, dass sich der Ræhrcheninhalt durch Konvektion oder durch die Handhabung wåhrend des Experiments vermischt, so dass Molekçle mit identischem S-Wert als Bande an ihrem Platz verbleiben. Sind auch Markermolekçle mit bekanntem Sedimentationskoeffizienten in der Pråparation vorhanden, lassen sich auch die S-Werte unbekannter Verbindungen bestimmen. Versuchsergebnisse aus Auftrennungen im Sucrose-Dichtegradienten sind in Abb. 11.13 und 11.17 dargestellt. Bei einer anderen Art von Zentrifugationstechnik, der : ' $ oder % , werden Nucleinsåuren auf der Basis ihrer Schwebedichte aufgetrennt. Bei diesem Verfahren verwendet man in der Regel eine hochkonzentrierte Læsung der Schwermetallsalze Cåsiumchlorid oder Cåsiumsulfat. Zu Beginn der Untersuchung mischt man die DNA mit einem der Cåsiumsalze, gibt sie in ein Zentrifugenræhrchen und zentrifugiert dieses fçr zwei bis drei Tage bei hoher Geschwindigkeit. Durch
die Zentrifugalkraft bewegen sich die schweren Cåsiumionen allmåhlich zum Boden des Zentrifugenræhrchens und lassen dabei entlang des Ræhrchens einen kontinuierlichen Dichtegradienten entstehen. Nach einer gewissen Zeit wirkt dem Bestreben der Ionen, am Boden des Ræhrchens zu sedimentieren, als Gegenkraft der Hang zur Diffusion entgegen und der Gradient stabilisiert sich. Wåhrend sich der Cåsiumchloridgradient bildet, wandern einzelne DNA-Molekçle ebenfalls in Richtung Ræhrchenboden oder schweben irgendwo im Ræhrchen, bis sie eine Position erreicht haben, an der die Dichte des Gradienten ihrer eigenen entspricht, und sie zu wandern aufhæren. Molekçle mit gleicher Dichte bilden innerhalb des Ræhrchens dçnne Banden. Diese Methode ist empfindlich genug, um DNA-Molekçle von unterschiedlicher Basenzusammensetzung aufzutrennen (siehe Abb. 18.34 b) oder Nucleinsåuren, die verschiedene Stickstoffisotope enthalten (15N oder 14N; Abb. 13.3 b).
18.12 Nucleinsåurehybridisierung Auf dem Gebiet der Nucleinsåurehybridisierung gibt es eine ganze Reihe miteinander verwandter Methoden, die alle auf der Tatsache basieren, dass sich zwei einzelstrångige Nucleinsåuremolekçle von komplementårer Basenzusammensetzung zu einem Hybrid-Doppelstrang zusammenfinden kænnen. Stellen Sie sich vor, man hat eine Mischung aus mehreren hundert DNA-Fragmenten von gleicher Långe und Basenzusammensetzung, die sich voneinander einzig durch ihre Sequenz unterscheiden. Nehmen wir beispielsweise an, dass eines der DNA-Fragmente ein Stçck des -Globin-Gens enthålt, alle anderen mit diesem nicht verwandte Genfragmente. Die einzige Mæglichkeit, zwischen dem Fragment, das -Globin codiert, und all den anderen zu unterscheiden, besteht in einem Hybridisierungsexperiment, bei dem sie die komplementåre Sequenz als Sonde einsetzen. In unserem Beispiel wçrde die Inkubation des denaturierten DNA-Gemischs mit einem Ûberschuss an -Globin-mRNA dazu fçhren, dass die Globinfragmente sich zu doppelstrångigen DNARNA-Hybriden zusammentun, wåhrend die anderen DNA-Fragmente einzelstrångig bleiben. Es gibt eine Reihe von Mæglichkeiten, wie sich die DNA-RNA-Hybride von den Einzelstrang-DNAs trennen lassen. Zum Beispiel kann man die Mischung çber eine Såule aus Hydroxylapatit geben und die Ionenbedingungen so wåhlen, dass die Hybride an die Calciumphosphatsalze in der
Nucleinsåurehybridisierung
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Såule binden, wåhrend die nicht hybridisierten DNA-Molekçle durchlaufen. Am Ende wåscht man die Hybride herunter, indem man die Konzentration des Elutionspuffers veråndert. Bei Hybridisierungsexperimenten låsst man zwei Populationen von komplementåren einzelstrångigen Molekçlen unter Bedingungen (Ionenstårke, Temperatur usw.) miteinander reagieren, welche die Bildung von Doppelstrången færdern. Je nach Art des durchgefçhrten Experiments kænnen sich dabei beide Molekçle in Læsung befinden oder man hat eines in Læsung, wåhrend das andere immobilisiert ist, beispielsweise auf einem Chromosom liegt (vergleiche Abb. 10.21). In vielen Fållen befindet sich eine der beiden zur Hybridisierung vorgesehenen einzelstrångigen Nucleinsåuren in einem Gel. Stellen Sie sich eine DNA-Pråparation vor, bei der Sie aus genomischer DNA Fragmente gewonnen und dann mittels Gelelektrophorese fraktioniert haben (Abb. 18.35). Fçr das Hybridisierungsexperiment wird die einzelstrångige DNA aus dem Gel auf eine Nitrocellulosemembran çbertragen und dort durch Erhitzen auf 80 8C im Vakuum fixiert. Die Ûberfçhrung der DNA auf die Membran bezeichnet man als Blotting. Wenn die DNA gebunden ist, wird die Membran mit radioaktiv markierter einzelstrångiger DNA (oder RNA) inkubiert, die zu bestimmten Fragmenten der Probe komplementår ist. Nicht gebundene Radioaktivitåt wird dann
durch Waschen entfernt; die Position der gebundenen Sonde bestimmt man autoradiographisch wie in Abb. 18.35 gezeigt. Das soeben beschriebene Experiment bezeichnet man als & 7 (benannt nach seinem Entwickler Edwin Southern). Mit einem Southern Blot lassen sich in einem Gel einzelne oder wenige DNA-Fragmente unter tausenden nicht verwandter Fragmente identifizieren. Ein Beispiel fçr einen Southern Blot ist in Abb. 10.20 gezeigt. Eine andere Mæglichkeit ist die Auftrennung von RNA vermittels Gelelektrophorese und die anschlieûende Identifizierung mit markierter DNA. Ein Beispiel fçr dieses Verfahren, das den Namen ) 7 trågt, findet sich in Abb. 11.36. Radioaktiv markiert werden DNA-Proben in der Regel mit folgendem Verfahren: Eine gereinigte DNA-Pråparation wird mit geringen Mengen Dnase I verdaut, die in einen der Doppelstrånge eine ¹Kerbeª (englisch: ) schneidet. Anschlieûend inkubiert man die Pråparation in Anwesenheit markierter DNA-Precursor mit DNA-Polymerase I, einem Enzym, das sowohl Polymerase- als auch Exonucleaseaktivitåt besitzt (vgl. Kap. 13.1.3). Die Polymerasemolekçle heften sich an die Einschnitte und bearbeiten den angeschnittenen Strang in Richtung 3'-Ende; sie verdauen die vorhandenen Nucleotide und ersetzen sie durch markierte. Man nennt diese Methode ) ! , weil der Einschnitt
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Techniken der Zell- und Molekularbiologie
auf dem DNA-Molekçl wandert, wåhrend die Nucleotide verdaut und ersetzt werden. Die Hybridisierung von Nucleinsåuren vermag auch Aufschluss çber den Grad der Øhnlichkeit zweier DNA-Proben zu geben, die man beispielsweise von zwei verschiedenen Organismen gewonnen hat. Je weiter die beiden Arten in ihrer evolutionåren Verwandtschaft auseinander liegen, umso stårker weichen ihre DNA-Sequenzen voneinander ab. Vermischt man gereinigte DNA der beiden Arten miteinander, denaturiert sie und låsst sie erneut renaturieren, wird ein gewisser Prozentsatz an DNA-Doppelstrången aus der DNA beider Arten bestehen. Da solche Duplices auch Fehlpaarungen enthalten, sind sie weniger stabil als Doppelstrånge aus DNA derselben Art, und diese Instabilitåt schlågt sich in ihrer Schmelztemperatur nieder. Låsst man DNAs unterschiedlicher Arten in verschiedenen Kombinationen renaturieren, so liefert die Schmelztemperatur (Tm, vgl. Kap. 10.4.1) der Hybridkomplexe ein Maû fçr die evolutionåre Verwandtschaft zwischen den Organismen. Zwei weitere wichtige Arten von Nucleinsåurehybridisierungs-Experimenten sind bereits beschrieben worden: die $ -Hybridisierung (Kap. 10.4.1) und die Hybridisierung an ) % (Kap. 12.4).
!5!' 9echniken der DNA-Rekombination In den vergangenen 25 Jahren wurden bei der Analyse von Eukaryotengenomen unglaubliche Fortschritte gemacht. Angefangen hat diese Entwicklung, als die Molekularbiologen gelernt hatten, ) herzustellen, Molekçle, die DNA-Sequenzen verschiedener Herkunft enthielten. Es gibt zahllose Mæglichkeiten, rekombinierte DNA einzusetzen. Wir wollen mit einer der wichtigsten Anwendungen beginnen: der Isolierung eines DNA-Fragments, das ein bestimmtes Polypeptid codiert, aus dem Genom eines Organismus. Zuerst ist es dazu aber notwendig, eine Klasse von Enzymen zu beschreiben, ohne deren Entdeckung die Herstellungen rekombinierter DNA-Molekçle unmæglich gewesen wåre. 18.13.1 Restriktionsendonucleasen Wåhrend der siebziger Jahre stellte man fest, dass Bakterien Nucleasen enthielten, die in doppelstrångiger DNA kurze Sequenzabschnitte erkennen und die DNA spezifisch an genau definierten Stellen auf beiden Strången schneiden
kænnen. Man nannte diese Enzyme oder $%, weil ihre Funktion bei Bakterien darin besteht, virale DNAs zu zerstæren und so das Viruswachstum zu begrenzen (englisch ). Das Bakterium schçtzt seine eigene DNA vor enzymatischen Angriffen, indem es Basen an bestimmten Stellen seines Genoms methyliert und so das Enzym am Zugriff hindert. Man hat Enzyme aus mehreren hundert verschiedenen prokaryotischen Organismen isoliert, die zusammengenommen mehr als hundert verschiedene Nucleotidsequenzen erkennen. Von den meisten dieser Enzyme werden Sequenzen mit einer Långe von vier bis sechs Nucleotiden erkannt, denen eine bestimmte Art von innerer Symmetrie eigen ist. Betrachten wir die Schnittstelle, die das Enzym R1 erkennt:
Dieses DNA-Segment verfçgt, wie man sagt, çber eine doppelte Rotationssymmetrie, denn es låsst sich ohne Verånderungen seiner Basensequenz um 1808 rotieren. Wenn man die Sequenz auf beiden Strången in Strangrichtung liest, beobachtet man dieselbe Basenanordnung. Eine Sequenz mit dieser Art von Symmetrie nennt man ein / . Wenn das Enzym EcoR1 dieses spezielle Palindrom angreift, spaltet es jeden Strang an derselben Stelle in der Sequenz, markiert jeweils durch den Pfeil zwischen den Nucleotiden A und G. Die Markierungen (·) verweisen auf die methylierten Basen in dieser Sequenz, welche die DNA vor einem enzymatischen Angriff schçtzen. Manche Restriktionsenzyme spalten zwei sich genau gegençber liegende Bindungen und erzeugen ¹stumpfeª Enden, andere wie EcoR1 produzieren çberhångende Enden. Die Entdeckung und Aufreinigung von Restriktionsenzymen war von unschåtzbarer Bedeutung fçr die Fortschritte, welche die Molekularbiologie in den letzten Jahren gemacht hat. Da bestimmte Sequenzen von vier bis sechs Nucleotiden Långe allein durch Zufall relativ håufig vorkommen, ist jede beliebige DNA fçr die Zerlegung durch diese Enzyme geeignet. Der Einsatz von Restriktionsenzymen ermæglicht die Zerlegung des menschlichen Genoms ebenso wie das jedes anderen Organismus in ein genau definiertes Ensemble spezifischer Fragmente. Hat man die DNA eines bestimmten Organismus mit einem dieser Enzyme zerlegt, lassen sich die erzeugten Fragmente mittels Gelelektrophorese nach ihrer Långe auftrennen (Abb. 18.36 a). Verschiedene Enzyme spalten
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Techniken der Zell- und Molekularbiologie
dieselbe DNA-Pråparation in verschiedene Fragmente, und man fasst die Stellen, an denen verschiedene Enzyme angreifen, zu einer Restriktionskarte des betreffenden Organismus zusammen (Abb. 18.36 b). !5!'$ Die Herstellung von rekombinierter DNA Rekombinierte DNA låsst sich auf verschiedene Art und Weise gewinnen. Bei der in Abb. 18.37 dargestellten Methode werden DNA-Molekçle aus zwei verschiedenen Organismen mit einem Restriktionsenzym behandelt, das im DNA-Doppelstrang çberhångende Schnitte verursacht. Bei çberhångenden Schnitten verbleibt eine kurze einzelstrångige Sequenz, die als ¹klebriges Endeª ( ) agieren und an eine komplementåre einzelstrångige Sequenz auf einem anderen DNAMolekçl binden wird, um den eigenen Doppelstrang zu vervollståndigen. In dem in Abb. 18.37 dargestellten Fall ist eines der DNA-Fragmente, aus denen das rekombinierte Molekçl bestehen soll, ein Bakterienplasmid. Plasmide sind kleine doppelstrångige DNA-Molekçle, die getrennt vom Bakterienchromosom vorliegen. Das andere DNA-Fragment in Abb. 18.37 wurde aus menschlichen Zellen gewonnen, bei denen dasselbe Restriktionsenzym verwendet wurde, mit dem man auch das Plasmid geæffnet hatte. Inkubiert man die DNA-Fragmente aus den menschlichen Zellen zusammen mit dem Plasmid in Gegenwart von DNA-Ligase, bilden die beiden DNAs çber ihre Wasserstoffbrçcken miteinander aus und werden dann durch das Enzym zu ringfærmigen DNAs rekombiniert (Abb. 18.37). Das erste rekombinierte DNA-Molekçl wurde 1973 mit eben dieser Grundlagentechnik erzeugt. Die Forscher, welche die Geburtsstunde der Gentechnologie einlåuteten, waren Paul Berg, Herbert Boyer, Annie Chang und Stanley Cohen von der Stanford University und der University of California in San Francisco. Nach dem soeben beschriebenen Verfahren werden zahllose unterschiedliche rekombinierte DNA-Molekçle hergestellt, jedes davon enthålt ein Bakterienplasmid, in dessen Ringstruktur ein Stçck menschliche DNA eingefçgt wurde (Abb. 18.38). Angenommen, Sie wåren daran interessiert, ein bestimmtes Gen aus dem menschlichen Genom zu isolieren, beispielsweise das Gen fçr die Synthese von Insulin. Weil Ihr Ziel darin besteht, eine gereinigte Pråparation der rekombinierten DNA zu gewinnen, die das insulincodierende Fragment enthålt, mçssen Sie dieses Fragment von allen anderen trennen. Sie erreichen das mit einem Verfahren, das man als
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DNA-Klonierung bezeichnet. Die Suche nach dem Insulin-Gen werden wir aufschieben, bis wir die Grundlagen der Technologie zur Klonierung von DNA beschrieben haben. 18.13.3 Die Klonierung von DNA Die ) ist eine Technik, mit der sich groûe Mengen von einem spezifischen DNA-Segment produzieren lassen. Dazu wird das zu klonierende DNA-Fragment zunåchst in eine .) hineinkopiert, die als Vehikel fungiert, um die Fremd-DNA in eine geeignete
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repliziert wird. Um DNAs in bakteriellen Wirtszellen zu klonieren, verwendet man in der Regel zwei Arten von Vektoren. Im einen Fall wird das zu klonierende DNA-Segment in das Bakterium eingebracht, indem man es wie oben beschrieben in ein Plasmid einfçgt und die Bakterienzelle dann veranlasst, das Plasmid aus dem Medium aufzunehmen. Bei einem anderen Ansatz wird das DNA-Segment in das Genom des Bakteriophagen k eingebracht, mit dem man dann eine Bakterienkultur infiziert und jede Menge Nachkommen produzieren låsst, die alle das fremde DNA-Segment in sich tragen. In jedem Falle wird das DNA-Segment, sobald es sich im Bakterium befindet, zusammen mit der Bakterien- (oder Viren-) DNA repliziert und an die Tochterzellen (bzw. Viruspartikel) der nåchsten Generation weitergegeben. Die Zahl an rekombinierten DNA-Molekçlen steigt also proportional zur Zahl der gebildeten Bakterien (oder Viren). Aus einem einzigen rekombinierten Plasmid oder Virusgenom in einer einzigen Bakterienzelle kænnen binnen kurzer Zeit Millionen Kopien der eingebrachten DNA produziert (amplifiziert) werden. Wenn man hinreichende DNAMengen erreicht hat, kann man diese aufreinigen und anderweitig verwenden. Die Klonierung von DNA ist nicht nur ein Mittel, eine bestimmte DNA-Sequenz zu amplifizieren, sondern låsst sich auch verwenden, um aus einem heterogenen Gemisch von DNA-Molekçlen ein ganz bestimmtes DNA-Fragment in reiner Form zu isolieren. Wir wollen zunåchst die Klonierung in Plasmiden besprechen.
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9 # %) 7 Zunåchst wird die zu klonierende DNA in ein Plasmid inseriert; damit hat man ein rekombiniertes DNA-Molekçl. Die zur Klonierung verwendeten Plasmide sind modifizierte Versionen natçrlich vorkommender Bakterienplasmide. Wie ihre natçrlichen Gegenstçcke, von denen man sie abgeleitet hat, enthalten auch diese Plasmide einen Replikationsursprung und ein oder mehrere Gene, welche die Empfångerzelle gegen eines oder mehrere Antibiotika resistent machen. Solche Antibiotikaresistenzen ermæglichen es den Forschern, auf Zellen zu selektionieren, die das Plasmid enthalten. Avery, Macleod und McCarthy (Kap. 10, ¹Experimentelle Verfahrenª) hatten erstmals nachweisen kænnen, dass Bakterienzellen DNA aus dem Medium aufnehmen kænnen. Dieses Phånomen bildet das Fundament fçr die Klonierung von Plasmiden in Bakterienzellen (Abb. 18.38). Bei der gebråuchlichsten Methode werden re-
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kombinierte Plasmide zu einer Bakterienkultur hinzugegeben, die man zuvor mit Calciumionen behandelt hat. Setzt man solche Bakterien einem kurzen Wårmeschock aus, werden sie dazu angeregt, DNA aus dem Medium aufzunehmen. In der Regel sind nur einige wenige Zellen in der Lage, eines der rekombinierten Plasmide aufzunehmen und zu behalten. Wenn dieses jedoch geschieht, wird das aufgenommene Plasmid in der Empfångerzelle autonom repliziert und mit der Teilung an die nåchste Generation weitergegeben werden. Bakterien, die ein rekombiniertes Plasmid enthalten, lassen sich von den anderen unterscheiden, wenn man die Zellen in einem Medium wachsen låsst, das genau das Antibiotikum enthålt, gegen welches das Plasmid seine Wirtszelle resistent macht. Zu Beginn dieses Abschnitts hatten wir uns zum Ziel gesetzt, ein kleines DNA-Fragment zu isolieren, das die Sequenz fçr das Insulin-Gen enthålt. Bis jetzt haben wir eine Bakterienpopulation geschaffen, in der viele verschiedene rekombinierte Plasmide untergebracht sind, von denen nur einige wenige das gesuchte Gen enthalten (Abb. 18.38). Einer der groûen Vorzçge der Klonierung von DNA ist der Umstand, dass man mit diesem Verfahren nicht nur groûe Mengen bestimmter DNA-Fragmente erzeugen kann, sondern dass man damit auch bestimmte DNAs aus einem Gemisch heraus trennen kann. Oben wurde bereits erwåhnt, dass man Bakterien, die das Plasmid enthalten, von Bakterien ohne Plasmid mithilfe von Antibiotika unterscheiden und selektionieren kann. Wenn man diesen Schritt getan hat, kann man die Zellen mit Plasmid so dçnn in Petrischalen aussåen und wachsen lassen, dass die Nachkommen einzelner Zellen (ein Klon) jeweils gesondert und in hinreichender Entfernung voneinander eine Kolonie bilden. Da sich in unserem Medium am Anfang des Experiments eine groûe Zahl unterschiedlicher rekombinierter Plasmide befunden hat, enthalten die ausplattierten Zellen in diesem Stadium viele verschiedene fremde DNA-Segmente. Sobald die Zellen zu einzelnen Kolonien herangewachsen sind, wird man diese nach denen mit dem gewçnschten Gen durchforsten ± in diesem Fall nach dem Insulin-Gen. Wenn man solche Kulturschalen mit Bakterienkolonien (oder Phagenplaques) nach einem bestimmten Gen durchsucht, bedient man sich einer Kombination aus zwei verschiedenen Methoden: des und der insitu2% . Wie in Abb. 18.39 a gezeigt, kann man mithilfe des Plattenabdrucks viele Schalen anlegen, in denen die Nachfahren einzelner Zellen in stets genau derselben Verteilung
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zueinander liegen. Eine dieser kopierten Platten wird dann verwendet, um die gesuchte DNA-Sequenz zu lokalisieren (Abb. 18.39 b), eine Methode, bei der man die Zellen lysieren und die DNA auf eine Membran aus Nylon oder Nitrozellulose
fixiert. Im Anschluss daran bereitet man die DNA fçr die $ -Hybridisierung vor, indem man sie denaturiert. Schlieûlich inkubiert man die Membran mit einer radioaktiv markierten einzelstrångigen DNA-Sonde, welche die komplementåre Sequenz zum gesuchten Gen enthålt. Nach der Inkubation wåscht man die nicht hybridisierte Probe von der Membran und bestimmt die Lage der markierten Hybride mittels Autoradiographie. Das lebende Pendant zu dem so identifizierten Klon befindet sich an der entsprechenden Stelle auf den Kulturplatten, die man fçr den Abdruck verwendet hat, und man kann nun daran gehen, diese Zellen in groûen Mengen wachsen zu lassen, um das Plasmid mit dem gewçnschten Gen zu amplifizieren. Hat man die gewçnschte Menge erreicht, erntet man die Zellen, extrahiert die DNA und trennt die rekombinierte Plasmid-DNA mithilfe verschiedener Methoden ± unter anderem auch der Gleichgewichtssedimentation ± vom sehr viel græûeren Bakterienchromosom (Abb. 18.40). Die isolierten rekombinierten Plasmide werden dann
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mit demselben Restriktionsenzym behandelt, das man auch zu ihrer Konstruktion verwendet hat, um die klonierten DNA-Segmente aus der çbrigen Vektor-DNA herauszuschneiden und schlieûlich durch Zentrifugation abzutrennen. 9 # %) / Ein anderer viel verwendeter Vektor ist der Bakteriophage k (Abb. 18.41). Sein Genom besteht
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aus einem linearen doppelstrångigen DNA-Molekçl von etwa 50 000 Basenpaaren Långe. Der modifizierte Stamm, der in den meisten Klonierungsexperimenten verwendet wird, enthålt zwei Schnittstellen fçr das Enzym R1, die das Genom in drei groûe Segmente teilen. Praktischerweise befindet sich såmtliche Information, die fçr die Infektion und Lyse von Zellen notwendig ist, in den beiden åuûeren Segmenten, so dass das entbehrliche Mittelsegment durch eine beliebige DNA von bis zu 25 000 Basenpaaren Långe ersetzt werden kann. Die rekombinierten DNAMolekçle lassen sich in Phagen verpacken, und mit diesen gentechnisch verånderten Phagen kann man dann Wirtsbakterien infizieren (Phagen-DNA, die kein Insert enthalten, sind zu kurz, um sich verpacken zu lassen). Im Bakterium wird die eukaryotische DNA zusammen mit dem Virusgenom amplifiziert und dann in eine neue Generation von Viruspartikeln verpackt, die bei der Lyse der Wirtszelle freigesetzt werden, neue Bakterien infizieren und lysieren und dadurch nach kurzer Zeit einen durchsichtigen Fleck (einen / <) in dem Bakterienrasen entstehen lassen. Jeder Plaque enthålt Millionen Phagenpartikel, von denen jedes eine Kopie desselben eukaryotischen DNA-Fragments enthålt. Der Bakteriophage k ist aus mehreren Grçnden ein attraktiver Klonierungsvektor: n Die DNA wird in eine gut lagerbare und leicht extrahierbare Form verpackt. n Nahezu jeder Phage, der eine rekombinierte DNA in sich trågt, ist in der Lage eine Bakterienzelle zu infizieren. n Eine einzelne Petrischale bietet Platz fçr mehr als 100 000 verschiedene Plaques. Sobald diese sichtbar geworden sind, wird das gesuchte DNA-Fragment durch ein åhnliches Abdruckverfahren mit anschlieûender $ -Hybridisierung lokalisiert, wie wir es bei der Klonierung rekombinierter Plasmide kennen gelernt haben. 2 )7 Die Klonierung von DNA dient in vielen Fållen dem Ziel, eine )7 herzustellen, eine Sammlung von klonierten DNA-Fragmenten. Es gibt zwei Grundtypen von DNA-Bibliotheken: genomische Bibliotheken und cDNA-Bibliotheken. : 7 werden aus der Gesamt-DNA eines Organismus pråpariert, d. h. aus Kernen extrahiert, und enthalten såmtliche DNA-Sequenzen einer Art. Wenn eine genomische Bibliothek eines Organismus verfçgbar ist,
kænnen die Wissenschaftler daran gehen, spezifische DNA-Sequenzen aus dieser Sammlung zu isolieren, beispielsweise jene, die das menschliche Insulin-Gen enthalten. )7 hingegen werden aus DNA-Kopien einer RNAPopulation gewonnen. cDNA-Bibliotheken werden im Regelfalle aus Messenger-RNA pråpariert, die in einer bestimmten Zellart vorkommt und damit den Genen entspricht, die bei dieser Zellart aktiv sind. Wir wollen uns zuerst mit der Herstellung einer genomischen Bibliothek befassen. Bei einem Ansatz wird die genomische DNA mit einem oder zwei Restriktionsenzymen behandelt, die sehr kurze Nucleotidsequenzen erkennen. Man hålt die Enzymkonzentration extrem gering, damit nur ein kleiner Teil der potentiellen Angriffsstellen tatsåchlich geschnitten wird. Sehr håufig verwendet werden die beiden Tetranucleotide erkennenden Enzyme 3 III (fçr GGCC) und 3A (fçr GTAC). Man kann davon ausgehen, dass ein beliebiges Tetranucleotid mit solcher Håufigkeit vorkommt, dass jedes græûere DNA-Segment geschnitten werden kann. Hat man die DNA partiell verdaut, wird das Gemisch in der Gelelektrophorese oder im Dichtegradienten aufgetrennt und Fragmente von passender Græûe (zum Beispiel von 20 000 Basenpaaren) werden in Phagenpartikel des Bakteriophagen k verpackt. Mithilfe dieses Phagen erzeugt man dann die etwa 1 Mio. Plaques, die nætig sind, damit man wirklich jedes Segment eines Såugergenoms erfasst hat. Da die DNA unter Bedingungen mit Enzymen behandelt wird, unter denen die meisten potenziellen Schnittstellen ungeschnitten bleiben, kann sie als zufållig geschnitten gelten. Sobald man sie in rekombinierte Phagen verpackt hat, kann man sie zum spåteren Gebrauch lagern und hat damit eine dauerhaft verfçgbare Kollektion såmtlicher DNA-Sequenzen im Genom eines bestimmten Organismus. Wann immer ein Wissenschaftler eine bestimmte Sequenz aus der Bibliothek isolieren will, kann er die Phagen in Bakterien heranziehen und verschiedene Plaques (jeder davon Ergebnis der Infektion mit einem anderen rekombinierten Phagen) mittels $ $ Hybridisierung auf das Vorhandensein der von ihm gewçnschten Sequenz untersuchen. Die Verwendung zufållig geschnittener DNA zur Anlage einer Bibliothek hat den groûen Vorteil, dass man damit çberlappende Fragmente erhålt, mit deren Hilfe man die Chromosomenregionen zu beiden Seiten einer bestimmten Sequenz analysieren kann. Man nennt diese Technik auch chromosome walking. Hat man beispielsweise ein Fragment isoliert, in dem sich
die codierende Region eines Globin-Gens befindet, so kann man dieses Fragment radioaktiv markieren und als Sonde verwenden, um in der genomischen Bibliothek nach Fragmenten zu suchen, die mit ihm çberlappen. Dann wiederholt man die Prozedur mit dem neuen Fragment als markierter Sonde und isoliert so sukzessive ein immer långeres Stçck um die Original-DNA herum. Mit diesem Ansatz låsst sich die Organisation miteinander verbundener Sequenzen in einer Chromosomenregion von betråchtlichem Umfang untersuchen. D $ 9 Weder Plasmide noch k-Phagen eignen sich fçr die Klonierung von DNA-Fragmenten, die långer sind als 20 000 bis 25 000 Basenpaare, und so hat man eine Reihe von Vektoren entwickelt, mit denen sich sehr viel långere DNA-Abschnitte klonieren lassen. Einer der wichtigsten unter diesen Vektoren ist das 2 (yeast artificial chromosome, T+), in das sich Fragmente mit einer Långe von çber 1 Mio. Basenpaare einbauen lassen. Wie ihr Name bereits sagt, sind YACs kçnstliche Versionen eines normalen Hefechromosoms. Sie enthalten såmtliche Elemente eines Hefechromosoms, die erforderlich sind, damit dieses in der S-Phase repliziert und im weiteren Verlauf der Mitose auf die Tochterzellen verteilt werden kann: mehrere Replikationsursprçnge, Telomere an den Chromosomenenden und ein Centromer, an das sich die Spindelfasern anheften kænnen, um die Chromsomen voneinander zu trennen. Neben diesen Elementen enthalten YACs ein Gen, dessen Genprodukt es mæglich macht, das Chromosom, das dieses Gen enthålt, von denen zu unterscheiden, die es nicht haben, und das zu klonierende DNA-Fragment. Hefezellen kænnen wie viele andere Zellen DNA aus dem Medium aufnehmen. Auf diese Weise gelangen YACs in die Zellen. In den letzten Jahren haben sich Laboratorien, die sich mit der Sequenzierung von Genomen befassen, in zunehmendem Maûe eines alternativen Vektors bedient, und zwar des 7
(bacterial artificial chromosome, 7+), das ebenfalls in der Lage ist, groûe Abschnitte von FremdDNA (bis zu einer Långe von 500 000 Basenpaaren) aufzunehmen. BACs sind spezialisierte Bakterienplasmide (F-Faktoren), die einen bakteriellen Replikationsursprung und Gene besitzen, die erforderlich sind, um die eigene Replikation zu gewåhrleisten. Bei Sequenzierungsprojekten, die sehr rasch ablaufen mçssen, sind BACs den YACs gegençber im Vorteil, weil sie sich in klonieren lassen, das hæchst bereitwillig exogene
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DNA aufnimmt, eine extrem kurze Generationszeit hat, sich in einfachen Medien zu groûer Dichte kultivieren låsst und die klonierte DNA nicht durch Rekombination ¹unterwandertª. In YACs und BACs klonierte DNA-Fragmente haben im Allgemeinen eine Långe von mehr als 100 000 Basenpaaren. Fragmente von solcher Græûe entstehen in der Regel durch die Behandlung von DNA mit Restriktionsenzymen, die besonders lange Nucleotidsequenzen (7±8 Nucleotide) erkennen und CG-Dinucleotide enthalten. Wie in Kap. 12.4.5 bereits erwåhnt, haben Dinucleotide im Såugergenom eine besondere Bedeutung, und vermutlich ist das der Grund dafçr, dass sie nicht annåhernd so håufig vorkommen, wie man es bei einer rein zufålligen Verteilung erwarten wçrde. Das Restriktionsenzym )1 erkennt zum Beispiel die Nucleotidsequenz GCGGCCGC und spaltet Såuger-DNA normalerweise in Fragmente von einer Långe von mehreren tausend Basenpaaren. Fragmente von einer solchen Långe kænnen dann in YACs oder BACs eingebracht und in einer Hefe- oder Bakterienzelle als Wirt kloniert werden. )7 Bis hierher hat sich die Diskussion auf die Klonierung von DNA-Fragmenten beschrånkt, die aus DNA-Extrakten gewonnen wurden, das heiût auf genomische Fragmente. Wenn man mit genomischer DNA arbeitet, hat man es meist darauf abgesehen, aus den vielen hunderttausend nicht verwandter Sequenzen ein bestimmtes Gen oder eine Genfamilie zu isolieren. Auûerdem ermæglicht einem die Isolierung von genomischen Fragmenten die Untersuchung einer ganzen Reihe von Fragen, unter anderem von: n regulatorischen Sequenzen, die den codierenden Teil eines Gens flankieren, n nicht codierenden intervenierenden Sequenzen, n verschiedenen Angehærigen einer Multigenfamilie, die im Genom håufig dicht beieinander liegen, n der Evolution von DNA-Sequenzen, auch ihrer Duplikation und Umordnung, die man aus dem Vergleich der DNA von verschiedenen Arten erschlieût, n der Verteilung von Transposons. Neben der Klonierung von genomischen DNAs ist auch die Klonierung von cDNAs fçr die Analyse von Genstruktur und Genexpression çberaus wichtig gewesen. Um eine cDNA-Bibliothek
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herzustellen, isoliert man eine mRNA-Population und verwendet sie als Vorlage fçr die Reverse Transkriptase, die daraus, wie in Abb. 18.42 a gezeigt, eine Population von DNA-RNA-Hybriden macht. Diese Hybride werden dann in doppelstrångige cDNA çberfçhrt, indem man die RNA mit Rnase H einschneidet und mithilfe von DNA-Polymerase I durch DNA ersetzt (vgl. Kap. 18.13.1). Die doppelstrångige cDNA wird dann mit dem gewçnschten Vektor (in diesem Falle einem Plasmid) kombiniert und wie in Abb. 18.42 b kloniert. Die Messenger-RNA einer Zelle enthålt zumeist viele tausend unterschiedliche RNAs, doch einzelne Vertreter sind womæglich in auffålliger Håufigkeit zu finden. Eine cDNABibliothek muss daher mindestens 1 Mio. verschiedener DNA-Klone enthalten, damit gewåhrleistet ist, dass die selteneren mRNAs auch repråsentiert sind. Hinzukommt, dass die Reverse
Transkriptase kein çbermåûig verlåssliches Enzym ist und nur zu håufig seine Vorlage im Stich låsst, bevor es sie vollståndig kopiert hat. Es kann daher schwierig sein, eine Population von cDNA von ganzer Långe zu erhalten. Wie bei den Versuchen mit den genomischen cDNAFragmenten mçssen auch hier die Klone sorgfåltig gemustert werden, um aus einer heterogenen Population rekombinierter Molekçle eine spezielle Sequenz zu isolieren. Die Analyse klonierter cDNAs erfçllt mehrere Funktionen. Zunåchst einmal ist es grundsåtzlich einfacher, eine cDNA-Population von einer gewissen Vielfalt zu untersuchen als die zugehærige Population von mRNAs, so dass man die cDNAs benutzen kann, um etwas çber die RNAVielfalt in einer Zelle zu lernen, çber den Prozentsatz an mRNA, der zwei Zellarten gemeinsam ist, oder die Kopienzahl der verschiedenen
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?@A-Molekçle in einer Zelle. Ein einzelnes geklontes cDNA-Molekçl ist çberdies hæchst nçtzlich. Die cDNA enthålt nur die Information, die in der mRNA vorhanden war, Vergleiche zwischen einer cDNA und dem entsprechenden Genort liefern demnach Informationen çber die exakte Lokalisierung von nicht codierenden intervenierenden Sequenzen innerhalb der DNA. Rein praktisch gesehen kann eine gereinigte DNA leicht sequenziert werden und stellt daher eine Abkçrzung zur Bestimmung der Aminosåuresequenz eines Proteins dar. Markierte cDNAs kænnen als Sonden bei der Suche nach komplementåren Sequenzen unter rekombinierten Klonen verwendet werden, und schlieûlich sind cDNAs, da ihnen die Introns fehlen, genomischen Fragmenten gegençber im Vorteil, wenn man versucht, eukaryotische Proteine in Bakterienzellkulturen zu synthetisieren. !5!' Chemische Synthese und Oligonucleotidmutagenese Anfang der 1960er Jahre begann H. Gobind Khorana im Rahmen seiner Versuche zur Entzifferung des genetischen Codes mit der Entwicklung chemischer Methoden zur Synthese von Polynucleotiden mit einer spezifischen Basensequenz. Er und seine Mitarbeiter feilten immer weiter an ihren Techniken und ein Jahrzehnt nach ihren ersten Arbeiten zum Code brachten sie es fertig, ein komplettes Gen fçr eine Tyrosin-tRNA aus Bakterien zu synthetisieren. Das Gen umfasste 126 Basenpaare und wurde aus çber zwanzig Segmenten zusammengesetzt, die jedes fçr sich synthetisiert und spåter enzymatisch miteinander verknçpft worden waren. Dieses kçnstliche Gen wurde dann in Bakterienzellen eingefçhrt, in denen das tRNA-Gen mutiert war, und die synthetische DNA vermochte die fehlende Funktion zu ersetzen. Einen zweiten Meilenstein auf dem Gebiet der Gensynthese brachte das Jahr 1977, in welchem von Keiichi Itakura und dessen Mitarbeitern am City of Hope Medical Center das Gen fçr das kleine Hypothalamus-Hormon Somatostatin synthetisiert wurde. Das Gen wurde im Anschluss an regulatorische bakterielle Sequenzen in ein speziell dafçr konstruiertes Plasmid inseriert und in eingebracht, wo es transkribiert und translatiert wurde. Ein Gen fçr das erste Protein von ¹durchschnittlicher Græûeª, fçr menschliches Interferon, wurde 1981 synthetisiert. Fçr dieses Unterfangen mussten 67 verschiedene Fragmente synthetisiert und miteinander verknçpft werden, um einen 514 Basenpaare langen Doppelstrang
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samt Initiations- und Terminationssignalen zu erzeugen, den die bakterielle RNA-Polymerase erkennen konnte. In den letzten Jahren hat die Entwicklung neuer chemischer Verfahren zur Verknçpfung von Nucleotiden zur Konstruktion automatisierter DNAsynthetisierender Maschinen gefçhrt, die Polynucleotide von jeder gewçnschten (oder auch zufållig arrangierten) Sequenz und einer Långe von 75 bis 100 Nucleotiden synthetisieren kænnen. Fçr jedes Fragment wird vom 3'- zum 5'-Ende des Segments Nucleotid fçr Nucleotid aneinandergereiht. Die fertigen Fragmente kænnen dann kovalent zu synthetischen DNA-Sequenzen von betråchtlicher Långe miteinander verknçpft werden. Immer wieder ist in diesem Buch deutlich geworden, welch enorme Bedeutung die Isolierung natçrlicher Mutanten fçr die Untersuchung der Funktion von Genen und deren Produkten hat. Natçrliche Mutationen aber sind seltene Ereignisse; sie zur Untersuchung des Einflusses eines bestimmten Aminosåurerestes auf die Funktion eines Proteins heranziehen zu wollen, ist schlicht ein Ding der Unmæglichkeit. Statt darauf zu warten, dass ein Organismus mit einem ungewæhnlichen Phånotyp aufwartet und die dafçr verantwortliche Mutation zu identifizieren, kænnen Wissenschaftler inzwischen das Gen (oder dessen regulatorische Regionen) nach Belieben mutieren und die phånotypischen Auswirkungen dessen beobachten. B kann man heute kleine Nucleinsåuresequenzen deletieren, zusåtzliche Nucleotide einfçhren oder eine bestimmte Base gegen eine andere austauschen. Entwickelt wurde dieses Verfahren von Michael Smith von der University of British Columbia; man bezeichnet es als ( (site directed mutagenesis, &). Meist synthetisiert man hierzu zunåchst ein DNA-Oligonucleotid, das die gewçnschte Verånderung enthålt, låsst dieses an eine Einzelstrangpråparation der normalen DNA hybridisieren und verwendet es als Primer fçr die DNA-Polymerase. Die Polymerase verlångert den Primer, indem sie ihm Nucleotide anfçgt, die komplementår zur normalen DNA sind. Die so gewonnene modifizierte DNA kann man dann klonieren und die Auswirkungen der Verånderung untersuchen, indem man sie in eine geeignete Wirtszelle einfçhrt. Gehært die Stelle, die man untersucht, zum Beispiel zu einer regulatorischen Region, kann man den Einfluss der Verånderung auf die Genexpression messen. Befindet sich die Stelle innerhalb der codierenden Region eines Gens, so liefert die resultierende Verånderung der Aminosåuresequenz Aufschlçsse çber die Funktion dieser Stelle fçr Struktur und Funktion des Proteins.
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!5!'. entransfer in eukaryotische Zellen und Såugerembryos >n den vorhergehenden Abschnitten haben wir erærtert, wie eukaryotische Gene isoliert, modifiziert und amplifiziert werden kænnen. In diesem Abschnitt wollen wir einige der Mæglichkeiten vorstellen, wie man Gene in Eukaryotenzellen einfçhren kann, in denen sie normalerweise transkribiert und translatiert werden sollten. Eine der gelåufigsten Strategien auf dem Weg zu diesem Ziel ist der Einbau der DNA in das Genom eines nicht replizierenden Virus und die Infektion einer Zelle mit diesem Virus. Den virusvermittelten Gentransfer bezeichnet man als ! . Je nach Art des verwendeten Virus kann das gewçnschte Gen nur vorçbergehend fçr Stunden oder Tage exprimiert oder auf Dauer ins Genom der Wirtszelle integriert werden. Eine stabile Integration erreicht man in der Regel mithilfe modifizierter Retroviren, die ein RNA-Genom enthalten, das im Zellinneren revers transkribiert, d. h. in DNA umgeschrieben wird. Die DNA-Kopie wird dann in die DNA des Wirtschromosoms inseriert. Bei vielen der jçngsten Versuche zur Gentherapie hat man Retroviren verwendet, um bei Patienten, denen ein bestimmtes Gen fehlt, eben dieses Gen in Zellen einbringen zu kænnen. Diese klinischen Erprobungen waren durch die Bank nicht çbermåûig erfolgreich, da die Infektionsquote der derzeit verwendeten viralen Vektoren so gering ist. Es gibt eine Reihe von Verfahren, mit deren Hilfe sich ¹nackteª DNA in Kulturzellen einbringen låsst, man fasst diese Methoden unter dem Begriff ! zusammen. Meistens werden die Zellen dazu entweder mit Calciumphosphat oder DEAE-Dextran behandelt, beide bilden mit der zugefçgten DNA einen Komplex, welcher deren Zelloberflåchenadhåsion begçnstigt. Man schåtzt, dass nur etwa eine von 105 Zellen die DNA aufnimmt und stabil in die Chromosomen integriert. Niemand weiû, warum dieser geringe Anteil an Zellen in der Population sich transfizieren låsst, diejenigen aber, die kompetent sind, nehmen in der Regel mehrere Fragmente auf. Eine Mæglichkeit, die Zellen zu selektionieren, die Fremd-DNA aufgenommen haben, besteht darin, in diese ein Gen zu integrieren, das es den transfizierten Zellen ermæglicht, in einem bestimmten Medium zu wachsen, in dem nicht transfizierte Zellen nicht çberleben kænnen. Da die transfizierten Zellen in der Regel mehr als ein Fragment aufnehmen, muss das Gen, das fçr die Selektion benætigt wird, nicht auf demselben DNA-Fragment lokalisiert sein,
wie das Gen, dessen Rolle man untersuchen will (das ! ). Zwei andere Methoden zur Transfektion von Zellen sind die Elektroporation und die Lipofektion. Bei der # werden die Zellen in Spezialræhrchen mit DNA inkubiert, in denen sich Elektroden befinden, die einen kurzen Impuls aussenden. Der Stromstoû macht die Plasmamembranen kurzfristig durchlåssig fçr DNAMolekçle, von denen dann einige den Weg in den Kern finden und in die Chromosomen integriert werden. Bei der Lipofektion werden die Zellen mit einer DNA behandelt, die an positiv geladene Lipide gebunden ist (kationische Liposomen), welche mit der Lipiddoppelschicht der Zellmembran verschmelzen kænnen, um die DNA ins Zellinnere zu befærdern. Eine der direktesten Mæglichkeiten, Fremdgene in eine Zelle einzubringen, besteht in der Mikroinjektion von DNA direkt in den Zellkern. Die Kerne von Oozyten und Eizellen sind fçr einen solchen Ansatz besonders geeignet. ? -Oozyten zum Beispiel werden seit langem benutzt, um die Expression von Fremdgenen zu untersuchen. Der Oozytenkern enthålt den gesamten Apparat fçr die Synthese von RNA. Wenn daher Fremd-DNA in den Kern gelangt, wird sie bereitwillig transkribiert. Hinzukommt, dass die nach den injizierten Vorlagen gebildeten RNAs normal prozessiert und ins Cytoplasma transportiert werden, wo sie in Proteine translatiert werden, die sich immunbiologisch oder dank ihrer spezifischen Aktivitåt nachweisen lassen. Ein anderes beliebtes Ziel fçr die Injektion von DNA ist der Kern eines Mausembryos (Abb. 18.43). Bei diesen Experimenten hat man aller-
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dings nicht vor, die Expression bestimmter Gene zu beobachten, sondern man will die DNA in die Chromsomen der Eizelle integrieren, damit sie an alle Zellen des Embryos und schlieûlich des erwachsenen Tiers weitergegeben wird. Tiere die genetisch so veråndert wurden, dass ihre Chromosomen fremde Gene enthalten, nennt man ! . An ihnen låsst sich untersuchen, wo und wann in einem Embryo bestimmte Gene exprimiert werden (Abb. 12.33), und der Einfluss zusåtzlicher Kopien bestimmter Gene auf Leben und Entwicklung eines Tieres ablesen. ! ! / $ Im Jahre 1981 brachten Ralph Brinster von der University of Pennsylvania und Richard Palmiter von der University of Washington es fertig, erfolgreich ein Ratten-Gen fçr das Wachstumshormon in befruchtete Eizellen der Maus zu injizieren. Bei dem injizierten DNA-Konstrukt hatte man den codierenden Teil des Wachstumshormons der Ratte hinter die Promotorregion des Metallothionein-Gens der Maus kloniert. Unter normalen Bedingungen wird die Synthese von Metallothionein nach der Gabe von Metallen wie Cadmium oder Zink oder von GlucocorticoidHormonen massiv erhæht. Das MetallothioneinGen verfçgt çber einen starken Promotor, und man hatte gehofft, dass man das GH-Gen dadurch, dass man es hinter diesen induzierbaren Promotor geschaltet hatte, durch die Gabe von Metallen oder Glucocorticoiden auch zur Expression bringen kænnte. Wie Abb. 18.44 zeigt, war diese Hoffnung voll und ganz berechtigt. In der Praxis liefern transgene Tiere eine Methode fçr die Herstellung von ! , das sind Labortiere, die eine bestimmte Krankheit des Menschen entwickeln, die sie normalerweise nicht bekommen wçrden. Ein gutes Beispiel fçr dieses Vorgehen sind transgene Måuse, die das Gen fçr eine mutierte Version des humanen Amyloid-Vorlåuferproteins ( , APP) in sich tragen. Wie in Kap. 2, ¹Aus Sicht des Menschenª erærtert, entwickeln diese Måuse neurologische Symptome und Verhaltensstærungen, die an die Alzheimersche Krankheit erinnern und damit ungeheure Bedeutung fçr die Entwicklung von Therapien gegen diese furchtbare Krankheit haben. Transgene Tiere spielen auch fçr die Agrarbiotechnologie eine wichtige Rolle. So werden zum Beispiel Schweine, die mit fremden Wachstumshormon-Genen in ihrem Erbgut zur Welt kommen, zu magereren Tieren als Kontrolltiere, denen diese Gene fehlen. Das Fleisch dieser Tiere ist deshalb so mager, weil der Ûberschuss an Wachstumshor-
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mon die Umsetzung von Nåhrstoffen in Protein statt in Fett stimuliert. Auch Pflanzen sind Spitzenkandidaten fçr die Gentechnologie. In Kap. 12.3 war die Rede davon, dass sich aus einzelnen kultivierten Pflanzenzellen ganze Pflanzen ziehen lassen. Das eræffnet eine Mæglichkeit, die genetische Ausstattung von Pflanzen zu veråndern, indem man DNA in die Chromosomen von Kulturzellen einfçhrt und diese dann zu Pflanzen heranzieht. Man kann solche Fremdgene zum Beispiel in Zellen schleusen, indem man sie in das ! / des Bakteriums ! einbaut. In der Natur findet sich dieses Bakterium in dicotyledonen Pflanzen, in denen es die Bildung von Pflanzentumoren ± Wurzelhalsgallen ± verursacht. Im Verlauf einer Infektion gelangt ein Teil des Plasmids, die T-DNA-Region, aus dem Bakterium in die Pflanzenzelle. Dieser Teil des Plasmids wird in die Chromosomen der Pflanzenzelle eingebaut und veranlasst die Zelle zur Proliferation und damit zur Nåhrstoffversorgung des Bakteriums. Das Ti-Plasmid kann man aus Bakterien isolieren und mit Fremd-Genen zu einem rekombinierten Plasmid verknçpfen, das in Kultur von undifferenzierten Zellen dicotyledoner Pflanzen aufgenommen werden kann, das gilt unter ande-
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em fçr Karotten und Tabak. Abbildung 18.45 illustriert die Verwendung von rekombinierten TiPlasmiden zur Einbringung von Fremd-DNA in Meristemzellen an der Spitze frisch gebildeter Schæûlinge. Diese Schæûlinge kann man dann bewurzeln und zu Pflanzen heranziehen. Diese Technik, der man den Namen !)! gegeben hat, ist unter anderem verwendet worden, um Pflanzenzellen mit BakterienGenen zu transformieren, die insektenvertilgende Toxine produzieren und so die Pflanzen vor Schådlingen schçtzen. Fçr die Einbringung von fremden Genen in die Zellen monocotyledoner Pflanzen gibt es andere Techniken. Bei einem der ausgefalleneren Ansåtze werden die Pflanzenzellen zu Zielscheiben, auf die man mit DNA-beschichteten Wolframkçgelchen ¹schieûtª. Mit dieser Technik hat man eine ganze Reihe verschiedener Pflanzen genetisch veråndert. Die beiden wichtigsten pflanzlichen Prozesse, welche Pflanzengenetiker mæglicherweise durch gentechnische Eingriffe optimieren kænnten, sind die Photosynthese und die Stickstofffixierung, zwei fundamental wichtige biologische Kernfunktionen. Jede messbare Verbesserung des Wirkungsgrads der Photosynthese kåme einer Erhæhung des Nutzpflanzenertrags gleich. Man hofft, dass sich gentechnisch eine modifizierte Version des CO2-fixierenden Enzyms herstellen låsst, die weniger rasch auf Photorespiration umschaltet (Kap. 6.6.1). Die Stickstofffixierung wird von bestimmten Bakteriengattungen (z. B. -7 ) geleistet, die in symbiotischer Beziehung zu bestimmten Pflanzen leben (z. B. Sojabohnen, Erdnçssen, Klee, Luzerne und Erbsen). Die Bakterien leben in Knællchen an den Wurzeln der Pflanzen, nehmen atmosphårischen Stickstoff auf und reduzieren ihn zu Ammoniak, den sie den Pflanzenzellen dann zur Verfçgung stellen. Genetiker bemçhen sich um eine Mæglichkeit, Gene, die an diesem Prozess beteiligt sind, aus dem Bakteriengenom zu isolieren und in die Chromosomen von Pflanzen einzubringen, die keine Leguminosen und zur Deckung ihres Bedarfs an reduziertem Stickstoff derzeit noch
auf Dçngergaben angewiesen sind. Mæglicherweise lieûe sich auch das Genom von Bakterien oder Pflanzen so veråndern, dass neue symbiotische Beziehungen mæglich werden.
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9 : Bis vor nicht allzu langer Zeit entdeckten Wissenschaftler neue Gene und deren Funktion, indem sie nach Mutanten suchten, die einen abnormen Phånotyp aufweisen (Kap. 8.2.5 zur Untersuchung der Proteinsekretion). Die Existenz eines Gens wurde erst durch eine Mutation offenbar. Diese Art des Herangehens, bei der man aus dem Phånotyp etwas çber den Genotyp zu erfahren sucht, bezeichnet man auch als ¹Vorwårtsgenetikª. Seit der Entwicklung von Techniken fçr die Klonierung von Genen und die Sequenzierung von DNA kænnen Forscher Gene identifizieren und untersuchen, ohne etwas çber deren Struktur und Funktion zu wissen. Dieses Vorgehen hat sich vor allem in den letzten Jahren durchgesetzt, da man ganze Genome sequenziert und tausende von Genen identifiziert hat, deren Funktion im Dunkeln liegt. Im Lauf der letzten anderthalb Jahrzehnte haben Wissenschaftler daher Methoden fçr die ¹Rçckwårtsgenetikª entwickelt, bei der man den Phånotyp (d. h. die Funktion) auf der Basis des Genotyps bestimmt. Zwei Techniken sind in diesem Zusammenhang besonders verbreitet: 1 Wir haben in diesem Lehrbuch an vielen Stellen çber den Phånotyp von Måusen berichtet, denen ein bestimmtes Gen fehlt. Zum Beispiel hatten wir gesagt, dass Måusen, denen ein funktionierendes HJ-Gen fehlt, unweigerlich maligne Tumoren entwickeln (Kap. 16.3.1). Diese Tiere, die man als 1 bezeichnet, sind imstande, einzigartige Einsichten in die genetischen Grundlagen menschlicher Erkrankungen zu vermitteln, und bieten gleichzeitig die Mæglichkeit, die verschiedenen zellulåren Ablåufe zu untersuchen, an denen das Produkt des betreffenden Gens womæglich beteiligt ist. Knockout-Måuse sind Ergebnis einer Reihe von Experimenten, die in Abb. 18.46 dargestellt sind. Die verschiedenen Methoden zur Gewinnung von Knockout-Måusen wurden wåhrend der 1980er Jahre von Mario Capecchi von der University of Utah, Oliver Smithies von der University of Wisconsin und Martin Evans von der Cambridge University entwickelt. Der erste Schritt besteht in der Isolierung eines ungewæhnlichen Zelltyps, der çber eine buchståblich grenzenlose Differenzierungsfåhigkeit verfçgt. Die Rede ist von % & $, wie man sie in den Blastocysten von Såugetieren findet, einem frçhen Embryonalstadium, das der Blastula anderer Tierarten entspricht. Die Blastocyste eines Såugetiers besteht aus zwei Teilen.
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Die åuûere Schicht bildet das Trophoektoderm, aus dem die meisten extraembryonalen Gewebe entstehen, die zu einem Embryo gehæren. Die innere Oberflåche des Trophoektoderms enthålt einen Zellhaufen, die innere Zellmasse, die in den Innenraum (das Blastocoel) hineinragt. Aus den Zellen der inneren Zellmasse entsteht der
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Embryo. Diese innere Zellmasse enthålt embryonale Stammzellen, die zu all den verschiedenen Geweben differenzieren, aus denen ein Såugetier besteht. Man kann embryonale Stammzellen aus Blastocysten isolieren und unter Bedingungen kultivieren, unter denen Zellen wachsen und sich vermehren. Dann transfiziert man die embryonalen Stammzellen mit einem DNA-Fragment, das ein nicht funktionsfåhiges mutiertes Allel des auszuschaltenden Gens enthålt und dazu ein Gen, das irgendeine Antibiotikaresistenz verleiht, mit dessen Hilfe sich auf Zellen selektionieren låsst, welche die verånderte DNA in ihr Genom aufgenommen haben. In etwa einer von 104 Zellen, welche die DNA aufgenommen haben, vollzieht sich der Prozess der , durch den die transfizierte DNA die homologe DNA-Sequenz ersetzt. Mit diesem Verfahren entstehen embryonale Stammzellen, die in Bezug auf das fragliche Gen heterozygot sind und die man dann auf der Basis ihrer Antibiotikaresistenz selektionieren kann. Im nåchsten Schritt wird eine gewisse Menge dieser embryonalen Spenderzellen in das Blastocoel eines Empfångerembryos injiziert. In dem in Abb. 18.46 dargestellten Versuchsablauf hat man den Empfångerembryo aus Albinomåusen (d. h. nicht pigmentierten Måusen) gewonnen. Schlieûlich wird der Embryo in den Eileiter eines Måuseweibchens implantiert, das man durch hormonelle Stimulation darauf vorbereitet hat, einen Embryo auszutragen. Wåhrend sich der Embryo in seiner Leihmutter entwickelt, vereinen sich die injizierten embryonalen Stammzellen mit den Zellen der inneren Zellmasse des Embryos und beteiligen sich auf diese Weise an der Entwicklung såmtlicher embryonaler Gewebe, darunter auch der Keimzellen in den Gonaden. Man erkennt diese chimåren Måuse daran, dass sie in ihrem Fell die Merkmale von Spenderund Empfångermaus vereinen. Um herauszufinden, ob die Keimzellen die Knockout-Mutation ebenfalls enthalten, werden die chimåren Måuse mit einem Tier aus dem Inzucht-Albinostamm verpaart. Enthalten die Keimzellen die Knockout-Mutation, werden alle Zellen der Nachkommen heterozygot in Bezug auf das mutierte Allel sein. Heterozygote Tiere erkennt man an ihrer Farbverteilung im Fell. Schlieûlich verpaart man diese heterozygoten Tiere miteinander, um Nachkommen zu erhalten, die fçr das mutierte Allel homozygot sind. Diese Måuse sind Knockout-Tiere, denen eine funktionsfåhige Kopie des betreffenden Gens abgeht. In manchen Fållen kann die Deletion eines bestimmten Gens zur Ausschaltung eines ganzen
Prozesses fçhren, schlagender Beweis dafçr, dass das Gen fçr eben diesen Prozess von entscheidender Bedeutung sein muss. Viel håufiger aber verursacht die Ausschaltung eines Gens, das man bei irgendeinem essentiellen Prozess fçr entscheidend wichtig gehalten hat, wenig oder keine Ønderungen im Phånotyp des Tiers. Solche Ergebnisse sind nicht leicht zu deuten. So ist es zum Beispiel mæglich, dass das Gen an dem untersuchten Prozess çberhaupt nicht beteiligt ist, oder, was fast die Regel ist, dass das Fehlen des Genprodukts durch das Produkt eines vællig anderen Gens kompensiert wird. Eine solche Kompensation eines Genprodukts durch ein anderes låsst sich belegen, indem man Måuse zieht, in denen beide Gene ausgeschaltet werden (man hat damit einen Doppel-Knockout). In anderen Fållen fçhrt das Fehlen eines Gens bereits in einem sehr frçhen Entwicklungsstadium zum Tod des Tieres, auch das macht es schwierig, die Rolle des Gens fçr die Zellfunktion zu untersuchen. Dieses Problem wird von Wissenschaftlern oft umgangen, indem sie sich einer Methode bedienen, bei der es mæglich ist, ein bestimmtes Gen nur in einem oder mehreren Geweben auszuschalten, wåhrend es im çbrigen Tier normal exprimiert wird. Solche , wie man diese Tiere nennt, çberleben meist bis ins Erwachsenenalter und ermæglichen es den Forschern, den Einfluss eines Gens auf Entwicklung und Funktion des betroffenen Gewebes zu untersuchen. )6$ Knockout-Måuse sind von unschåtzbarem Wert fçr die Untersuchung von Genfunktionen, aber die Herstellung solcher Tiere ist mçhsam und teuer. In den letzten Jahren hat daher eine neue Technik aus dem Gebiet der Rçckwårtsgenetik Furore gemacht. In Kap. 11.5 haben wir bereits çber RNA-Interferenz (RNAi) berichtet, den Umstand, dass eine spezifische RNA degradiert wird, sobald ein kleines Stçck von ihr zur doppelstrångigen RNA, dsRNA, geworden ist. Bei Pflanzen, Nematoden und Taufliegen lassen sich Genfunktionen daher untersuchen, indem man ein kleines Stçck komplementåre RNA in den Organismus injiziert und beobachtet, welche Auswirkungen die Degradierung der entsprechenden RNA auf den Phånotyp des Organismus hat. Mit diesem Ansatz lassen sich in relativ kurzer Zeit Informationen çber die Funktion zahlreicher Gene zusammentragen. Wie in Kap. 11.5.1 erærtert, låsst sich die RNAi auch nutzen, um die Funktion von Såugetiergenen zu untersuchen, indem man die Zellen mit kleinen dsRNAs inkubiert oder genetisch so veråndert,
n Abb. 18.47 a, b. & ( ;2 ! a ( %& ! ? ? b ;2 " ' " ;2 ) ! ! B " # " ? +) 56:61 8 C ? " ' !' ) ? C &
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dass sie dsRNAs produzieren. Diese dsRNA fçhrt in den Zellen zum Abbau der Ziel-RNA und hindert die Zelle daran, das von dem zugehærigen Gen codierte Protein weiterhin zu produzieren. Såmtliche Verånderungen des Phånotyps der Zelle lassen sich auf die drastische Abnahme der Konzentration an dem untersuchten Protein zurçckfçhren. Ein Beispiel fçr diesen Ansatz zeigt Abb. 18.47, in der die Auswirkungen einer Transfektion von Zellen mit dsRNA gegen Aurora-B-Kinase (Kap. 14.2.4) auf die Chromosomenauftrennung dargestellt ist. !5!'/ Die enzymatische Amplifikation von DNA mittels PCR Im Jahre 1983 ersann Kary Mullis von Cetus Corporation eine Methode zur Amplifikation spezifischer DNA-Fragmente ohne Zuhilfenahme von Bakterien, die ungeheure Verbreitung erlangt hat. Man bezeichnet diese Technik als / % (polymerase chain reaction, /+ ). Es gibt zahllose verschiedene PCRRoutinen fçr eine Vielfalt an Anwendungen, und man kann mit ihnen alles von einem einzigen DNA-Fragment bis zu einer groûen Population miteinander verwandter DNAs amplifizieren. Fçr die Amplifikation mittels PCR werden zuerst RNA-Vorlagen mithilfe der Reversen Transkriptase in komplementåre DNAs umgeschrieben. Das prinzipielle Vorgehen bei der PCR ist in Abb. 18.48 dargestellt. Die Methode erfordert ei-
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ne hitzetaugliche DNA-Polymerase, z. B. die / % ! <E, ursprçnglich isoliert aus 2 $ 6 ' einem Bakterium, das in heiûen Quellen bei Temperaturen von çber 90 8C lebt. Bei der einfachsten Version der PCR-Routine wird eine DNA-Probe mit einem Aliquot der Taq-Polymerase und allen vier Desoxyribonucleotiden vermischt plus einem Ûberschuss an kurzen synthetischen DNA-Fragmenten (Oligonucleotiden), die zu DNA-Sequenzen an den 3'-Enden der zu amplifizierenden DNA komplementår sind. Die Oligonucleotide dienen als Primer (Kap. 13.1.2), an die im Laufe der folgenden Replikationsschritte weitere Nucleotide angefçgt werden. Anschlieûend wird die Mischung auf 93 8C erwårmt, das ist heiû genug, um die in der Probe vorhandenen DNA-Molekçle zu Einzelstrången zu denaturieren. Danach wird das Gemisch wieder auf 60 8C abgekçhlt, damit die Primer wieder an die Ziel-DNA binden kænnen, und dann auf 72 8C erwårmt, so dass die thermophile Polymerase tåtig werden und Nucleotide an die Primer anfçgen kann. Die Polymerase verlångert den Primer, kopiert damit selektiv Sequenzen der Ziel-DNA und liefert immer neue komplementåre DNA-Strånge. Wieder wird die Temperatur erhæht, damit sich die neu gebildeten Doppelstrånge wieder in Einzelstrånge trennen, dann wird die Mischung wieder abgekçhlt, damit die Primer wieder an die Ziel-DNA binden kænnen, die nunmehr in doppelter Menge vorhanden ist. Diesen Zyklus wiederholt man wieder und wieder, jedes Mal verdoppelt sich die Menge der von den Primern flankierten DNA-Region. Mithilfe eines ¹Thermocyclersª, der die Temperatur des Reaktionsgemischs automatisch reguliert, damit die einzelnen Schritte ablaufen kænnen, lassen sich so binnen weniger Stunden Milliarden Kopien der gewçnschten Region erhalten. Mithilfe der PCR lassen sich nicht nur DNASequenzfragmente spezifisch amplifizieren, sondern man kann mit ihr auch minimale Mengen an Ausgangs-DNA ± beispielsweise aus einer einzigen Zelle ± zu groûen Mengen vermehren. Man hat die PCR zum Beispiel in kriminalistischen Untersuchungen eingesetzt, um aus einem eingetrockneten Blutfleck auf der Kleidung eines Mordverdåchtigen oder gar aus der DNA eines einzelnen Haarfollikels am Tatort hinreichend groûe DNA-Mengen zu gewinnen. Fçr solche Zwecke sucht man zur Amplifikation Genomregionen aus, die hoch polymorph sind (das heiût innerhalb einer Population stark variieren), so dass zwei Personen kaum dieselben DNA-Fragmente aufweisen werden (Abb. 10.20). Dieselbe Prozedur låsst sich anwenden, um DNA-Fragmente aus gut erhaltenen fossilen
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Ûberresten zu untersuchen, die Millionen Jahre alt sind. !5!'2 Die Sequenzierung von DNA Im Jahre 1970 hatte man die Aminosåuresequenz einer beachtlichen Liste von Proteinen bestimmt, dennoch gab es noch immer so gut wie keine Fortschritte, was die Sequenzierung von Nucleotiden in der DNA anging. Fçr diesen Um-
stand gab es verschiedene Grçnde. Polypeptide haben im Unterschied zu DNA-Molekçlen eine definierte und handhabbare Långe. In den meisten Fållen lieû sich das Polypeptid aufreinigen, und es gab eine Vielfalt an Techniken zur Spaltung des Polypeptids an bestimmten Stellen, so dass man çberlappende Fragmente erhielt. Die Tatsache, dass es zwanzig Aminosåuren mit hæchst unterschiedlichen Eigenschaften gibt, machte die Auftrennung und Sequenzierung kleiner Peptide zu einer læsbaren Aufgabe. Mitte
der siebziger Jahre kam es zu einer Revolution der DNA-Sequenzierungs-Technologie. Im Jahre 1977 wurde die vollståndige Nucleotidsequenz eines ganzen Virengenoms publiziert ± es handelte sich um UX174, dessen Genom aus 5375 Nucleotiden besteht. Dieser Meilenstein der Molekularbiologie stammte aus dem Labor von Frederick Sanger, der zwanzig Jahre zuvor bereits die erste Aminosåuresequenz eines Polypeptids (Insulin) bestimmt hatte. Anfang der 1970er Jahre brauchte man zur Sequenzierung eines DNA-Fragments von ein paar Dutzend Nucleotiden Långe unter Umstånden çber ein Jahr. Fçnfzehn Jahre spåter war das bereits innerhalb eines Tages mæglich. Es gab verschiedene Entwicklungen, die zu dieser verånderte Situation beitrugen. An vorderster Stelle schuf die Entdeckung der Restriktionsenzyme das Mittel, um kleine definierte DNA-Fragmente zu erzeugen. Mit dem Einzug der DNA-Klonierungstechnologie konnte dann jedes beliebige Fragment amplifiziert werden, um gençgend Material fçr die notwendigen chemischen Verfahren zu gewinnen. Doch neben alledem be-
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durfte es einer neuen Sequenzierungstechnologie, die nicht wie die Sequenzierung von Polypeptiden auf die Schaffung von çberlappenden Fragmenten angewiesen war. Beinahe zur selben Zeit wurden zwei verschiedene Vorgehensweisen entwickelt, Sanger und A. P. Coulson vom Medical Research Council in Cambridge/England pråsentierten einen enzymatischen Ansatz, Allan Maxam und Walter Gilbert von der Harvard University einen chemischen Ansatz. Wir wollen im Folgenden kurz die wohl am meisten verbreitete Sanger-Coulson-Methode (oder Kettenabbruch-Methode) erlåutern. Abbildung 18.49 illustriert die grundlegenden Schritte dieser Technik, so wie sie ursprçnglich entwickelt wurde. Man beginnt bei dieser Methode mit identischen DNA-Fragmenten von etwa 500 Basenpaaren Långe, die man durch Behandlung einer DNA mit einem Restriktionsenzym erhalten hat. Diese Pråparation teilt man in vier Aliquots, von denen jedes ein bisschen anders behandelt wird. Bei jeder Probe wird die DNA in Einzelstrånge denaturiert (Abb. 18.48 a, Schritt 1) und dann mit einem kurzen radioaktiv markierten Oligo-
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nucleotid inkubiert, das komplementår zum 3'-Ende eines der beiden Einzelstrangfragmente ist (Schritt 2). Auûerdem enthålt das Reaktionsgemisch eine DNA-Polymerase (meist die bakterielle DNA-Polymerase I), alle vier Desoxyribonucleosid-Triphosphat-Vorlåufer (dNTPs) und eine geringe Menge eines modifizierten Vorlåufermolekçls, eines -% ! ()!/4. Bei jeder der vier Proben wird ein anderes ddNTP zugegeben (ddATP, ddGTP, ddCTP und ddTTP). Inkubiert man die vier Reaktionsgemische unter geeigneten Bedingungen, bindet an das 3'-Ende jedes einzelstrångigen Fragments ein markiertes Oligonucleotid (Abb. 18.48 a, Schritt 2) und dient als Primer fçr die Aneinanderreihung weiterer Nucleotide, die sich zu einer komplementåren Kette addieren. Didesoxyribonucleotiden fehlt an der 2'- und an der 3'-Position eine Hydroxylgruppe. Sobald eines dieser Nucleotide am Ende der wachsenden Kette eingebaut worden ist, macht es das Fehlen einer Hydroxylgruppe am 3'-Ende der Polymerase unmæglich, ein weiteres Nucleotid anzuhången, und das bedeutet das Ende der Kette (Schritt 4). Da das ddNTP in weit geringeren Konzentrationen vorhanden ist als das entsprechende dNTP, erfolgt der Einbau von ddNTP selten und zufållig. Manchmal wird es am Anfang einer Kette eingebaut, dann wieder in der Mitte, bei einer dritten ganz am Ende. Wann und wo auch immer es verwendet worden ist, bricht die Kette ab. Jede der vier Proben enthålt am Ende eine Sammlung von unvollståndigen radioaktiv markierten DNA-Fragmenten unterschiedlicher Långe, die jeweils mit demselben Nucleotid enden. Zusammengenommen finden sich in den vier Proben alle vier Nucleotide als Endbausteine. Die Produkte der vier Reaktionsgemische werden dann in die Taschen eines hochauflæsenden Elektrophorese-Gels pipettiert und parallel zueinander in vier Spuren aufgetrennt (Abb. 18.48 a, Schritt 5). Die hochauflæsende Gelelektrophorese vermag Fragmente aufzutrennen, die sich in ihrer Långe um nur ein einziges Nucleotid unterscheiden. Hat zum Beispiel das ursprçngliche Fragment 100 Nucleotide enthalten, dann wandern alle hundert markierten Oligonucleotide verschiedener Långe im Gel in eine andere Position. Ûber alle vier Spuren verteilt sollte man daher an allen hundert mæglichen Positionen markierte Banden finden. Da die aufeinanderfolgenden markierten Banden Fragmenten mit gemeinsamem 5'-Ende aber unterschiedlicher Fragmentlånge entsprechen und da das 3'-Nucleotid in jeder der vier Spuren bekannt ist, låsst sich
die Sequenz des gesamten Molekçls direkt aus der Position der Banden im Gel ablesen. Hat man die Nucleotidsequenz einer DNA bestimmt, ist die Herleitung der Aminosåuresequenz des zugehærigen Polypeptids mithilfe des Codonschlçssels (Abb. 11.41) eine vergleichsweise einfache Sache. Hat man die Aminosåuresequenz bestimmt, kann man sie mit anderen bekannten Sequenzen vergleichen, um Informationen çber die mægliche Funktion des Polypeptids zu bekommen. Auûerdem låsst sich aus der Aminosåuresequenz auf die Tertiårstruktur des Proteins schlieûen, vor allem auf jene Teile des Polypeptids, die womæglich als membrandurchspannende Segmente integraler Membranproteine fungieren. Wie in Kap. 10 bereits angesprochen, ist die Technik der DNA-Sequenzierung wichtigster Teil der weltweiten Kooperative zur Bestimmung der Nucleotidsequenz ganzer Organismen. Den Erfolg dieses Unterfangens haben wir vielen technischen Verbesserungen zu verdanken, unter anderem Ansåtzen, welche die Methode der DNASequenzierung revolutioniert haben. So werden z. B. DNA-Restriktionsfragmente heute generell statt mit radioaktiv markierten mit fluoreszenzmarkierten Vorlåufern markiert (Abb. 18.49 b), so dass elektronische Detektoren die Sequenz automatisch einlesen und katalogisieren kænnen (Abb. 18.49 c). Auûerdem werden die DNA-Fragmente çber extrem dçnnen Kapillargelen fraktioniert (mit einem Innendurchmesser von 20±100 lm). Solche Gele ermæglichen eine sehr rasche Auftrennung der DNA-Fragmente und liefern, wie Abb. 18.49 b zeigt, extrem scharfe Banden.
!5! Der Einsatz von Antikærpern Wie in Kap. 17 besprochen, sind Antikærper (oder Immunglobuline) Proteine, die von lymphatischen Geweben in Reaktion auf Fremdmaterial oder Antigene produziert werden. Eine der faszinierendsten Eigenschaften von Antikærpern und gleichzeitig diejenige, die sie fçr die biologische Forschung so wertvoll macht, ist ihre bemerkenswerte Spezifitåt. Eine Zelle kann tausende verschiedener Proteine enthalten, dennoch bindet eine Antikærperpråparation nur an jene ausgewåhlten Molekçle in ihr, die çber einen kleinen Bereich verfçgen, der in die Antigen bindende Stelle der Antikærpermolekçle passt. Man kann Antikærper herstellen, die zwischen zwei Peptiden unterscheiden, die in nur einem Aminosåurerest voneinander abweichen.
Biologen machen sich Antikærper bereits seit langem zunutze und haben eine Vielzahl an Techniken entwickelt, bei denen sie sie einsetzen. Zur Pråparation von Antikærpern, die mit einem bestimmten Antigen wechselwirken, gibt es grundsåtzlich zwei verschiedene Ansåtze. Bei der herkæmmlichen Vorgehensweise erhålt ein Tier (ein Kaninchen meist, oder eine Ziege) wiederholte Injektionen mit dem Antigen. Nach ein paar Wochen wird von dem Tier Blut genommen, das die gewçnschten Antikærper enthålt. Man entfernt die Blutzellen und Gerinnungsfaktoren und erhålt so ein , das man auf seinen Antikærpertiter hin analysiert und aus dem man schlieûlich die Immunglobuline aufreinigen kann. Obwohl diese Methode der Antikærperproduktion noch immer angewendet wird, ist sie mit gewissen Nachteilen behaftet. Die Mechanismen der Antikærpersynthese bringen es mit sich, dass ein Tier, auch wenn es mit einer hoch aufgereinigten Antigenpråparation konfrontiert wird, unweigerlich eine Vielzahl an unterschiedlichen Immunglobulinarten, das heiût Immunglobulinen mit verschiedenen V-Regionen, produziert. Ein Antiserum, das viele Immunglobuline enthålt, die dasselbe Antigen binden, bezeichnet man als % . Da Immunglobuline in ihrer Struktur zu åhnlich sind, um sich auftrennen zu lassen, ist es mit dieser Technik unmæglich, eine Pråparation zu erhalten, die aus einem einzelnen aufgereinigten Immunglobulin besteht. Im Jahre 1975 unternahmen Cesar Milstein und Georges Kæhler vom Medical Research Council in Cambridge/England eine Reihe von bahnbrechenden Experimenten, die in der Entwicklung von Antikærpern gegen ein spezifisches Antigen mçndeten. Um ihre Arbeit verstehen zu kænnen, ist ein kleiner Exkurs angebracht. Ein Klon von Antikærper produzierenden Zellen (der aus einer einzigen B-Zelle hervorgeht) synthetisiert Antikærper mit identischen Antigenbindungsstellen. Die Heterogenitåt von Antikærpern, wie sie nach der Injektion eines gereinigten Antigens in ein Tier entstehen, kommt dadurch zustande, dass viele verschiedene B-Zellen aktiviert werden, deren membrangebundene Antikærper zu einem jeweils anderen Teil des Antigenmolekçls affin sind. Das warf die Frage auf, ob es nicht auch mæglich sein kænnte, dieses Problem zu umgehen und nur eine einzige Sorte von Antikærpern zu induzieren. Stellen Sie sich einen Augenblick lang ein Verfahren vor, bei dem Sie einem Tier ein gereinigtes Antigen injizieren, ein paar Wochen warten, bis Antikærper entstanden sind, dann die Milz oder ein anderes Organ des Lymphsystems entfernen und daraus eine Suspension aus Einzelzellen herstellen, aus de-
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nen Sie diejenigen isolieren, die den gewçnschten Antikærper synthetisieren, und sie dann als einzelne Kolonien kultivieren, um schlieûlich groûe Mengen des speziellen Immunglobulins ernten zu kænnen. Nach dieser Methode sollte man eine Pråparation von Antikærpermolekçlen erhalten, die såmtlich aus einer einzigen Kolonie (einem Klon) von B-Zellen hervorgegangen sind, solche Immunglobuline nennt man auch . Antikærper produzierende Zellen aber lassen sich nicht kultivieren und zur Teilung anregen, also musste man eine weitere Manipulation ersinnen, um an diese Antikærper zu kommen. Die Zellen des malignen Myeloms sind eine Sorte von Tumorzellen, die in Kultur rasch wachsen und groûe Mengen Antikærper produzieren. Nun sind Myelomzellen als analytische Instrumente relativ wertlos, weil sie nicht in Reaktion auf ein bestimmtes Antigen hin produziert werden, sondern aus der malignen Transformation eines normalen Lymphozyten entstehen und daher den Antikærper synthetisieren, den dieser spezielle Lymphozyt hervorgebracht hatte, bevor er maligne wurde. Milstein und Kæhler kombinierten die Eigenschaften dieser beiden Arten von Zellen, des normalen Antikærper produzierenden Lymphozyten und der immortalisierten Myelomzelle, indem sie die beiden Zelltypen zu Hybridzellen fusionierten, zu 2% $, die unbegrenzt wachsen und sich teilen und dabei groûe Mengen eines einzigen (eines monoklonalen) Antikærpers herstellen. Dieser Antikærper ist derjenige, den der jeweilige Lymphozyt hervorgebracht hat, bevor er mit der Myelomzelle fusioniert worden war. Das Verfahren zur Herstellung monoklonaler Antikærper ist in Abb. 18.50 illustriert. Das Antigen (in læslicher Form oder als Zellbestandteil) wird einer Maus injiziert und regt die Proliferation spezifischer Antikærper bildender Zellen an (Abb. 18.50, Schritt 1). Nach mehreren Wochen wird dem Tier die Milz entnommen und zu Einzelzellen dissoziiert (Schritt 2). Die Antikærper produzierenden Zellen werden mit malignen Myelomzellen fusioniert (Schritt 3), wodurch die Hybridzellen unsterblich, das heiût der uneingeschrånkten Zellteilung fåhig, werden. Hybridzellen (Hybridomzellen oder Hybridome) lassen sich von nicht fusionierten Zellen unterscheiden, indem man das Zellgemisch in einem Medium kultiviert, in welchem nur die Hybridomzellen çberleben kænnen (Schritt 4). Schlieûlich låsst man die Hybridomzellen in den einzelnen Vertiefungen einer Kulturplatte zu Klonen heranwachsen (Schritt 5) und untersucht jeden Klon
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darauf, ob er Antikærper gegen das zu untersuchende Antigen produziert. Hybridzellen, die geeignete Antikærper hervorbringen, kænnen dann oder (als Tumorzellen in
einem Empfångertier) in unbegrenzter Menge kloniert werden. Hat man die gewçnschten Hybridomzellen hergestellt, kann man sie im gefrorenen Zustand aufbewahren und in Aliquots Forschern auf der ganzen Welt zugånglich machen. Einer der wichtigsten Aspekte an dieser Methode ist der Umstand, dass man nicht von einem gereinigten Antigen ausgehen muss, wenn man einen Antikærper produzieren will. Das Antigen, gegen das man einen monoklonalen Antikærper haben mæchte, kann sogar ein minimaler Bestandteil des Ausgangsgemischs sein. Auûer in der Forschung spielen Antikærper auch in der diagnostischen Medizin eine unschåtzbare Rolle, wenn es darum geht, die Konzentration an bestimmten Proteinen in Blut oder Urin zu bestimmen. Ein Beispiel hierfçr sind manche Schwangerschaftstests zum Selbstdurchfçhren, bei denen das Vorhandensein eines Proteins (des Choriongonadotrophins) nachgewiesen wird, das wenige Tage nach der Empfångnis im Urin auftritt. Sobald man eine Antikærperpråparation in Hånden hålt ± gleichgçltig ob sie nun auf herkæmmlichem Wege oder durch die Herstellung von Hybridomzellen zustande gekommen ist ± kænnen diese Molekçle bei einer Vielzahl an Techniken als hochspezifische Sonden eingesetzt werden. Man verwendet sie zum Beispiel bei der Aufreinigung von Proteinen. Gibt man zu einem Proteinrohextrakt einen gereinigten Antikærper hinzu, erkennt dieser selektiv sein Protein und fållt mit diesem zusammen aus. Man verwendet Antikærper auch bei verschiedenen Methoden zur Auftrennung, wenn man ein bestimmtes Protein (Antigen) aus einem Gemisch heraustrennen oder erkennen will. Bei einem 7 wird ein Proteingemisch zum Beispiel zunåchst durch zweidimensionale Gelelektrophorese aufgetrennt (Abb. 18.29). Im Anschluss daran werden die fraktionierten Proteine auf einen Nitrocellulosefilter çbertragen, der dann mit einer radioaktiv oder fluoreszenzmarkierten Antikærperpråparation inkubiert wird. Wo das betreffende Protein auf dem Filter lokalisiert ist, ersieht man dann aus dem Autoradiogramm oder unter dem UV-Licht. Monoklonale Antikærper, die nach der soeben beschriebenen Methode erzeugt wurden, stellen nicht nur hervorragende Forschungsinstrumente dar, sondern haben sich auch bei der Behandlung menschlicher Erkrankungen bewåhrt (Kap. 14.4.1). Versuche, menschliche Hybridomzellen zu produzieren, die monoklonale Humanantikærper erkennen, sind derzeit noch nicht erfolgreich. Um diesen Stolperstein zu umgehen, hat man Måuse gentechnisch so veråndert, dass die
Antikærper, die sie produzieren, mehr und mehr menschliche Sequenzanteile besitzen. Etliche dieser ¹humanisiertenª Antikærper sind bereits zur Behandlung von Krankheiten zugelassen. In jçngster Zeit ist es çberdies gelungen, Måuse zu schaffen, deren Immunsystem seiner Beschaffenheit nach ¹menschlichª ist. Diese Tiere produzieren Antikærper, die durch und durch von menschlicher Struktur sind. Beim raschen Durchblåttern dieses Lehrbuchs fallen zahlreiche mikroskopische Aufnahmen ins Auge, welche die immunhistochemische Lokalisierung eines bestimmten Proteins im Lichtoder Elektronenmikroskop zeigen. Der immunhistochemische Nachweis von Proteinen in einer Zelle basiert auf dem Einsatz von Antikærpern, die spezifisch gegen das gesuchte Protein gerichtet sind. Hat man solche Antikærper produziert, verknçpft (konjugiert) man sie mit einer Substanz, die sie mikroskopisch sichtbar macht, aber nicht mit der Spezifitåt ihrer Wechselwirkung interferiert. Fçr die Verwendung in der Lichtmikroskopie werden Antikærper in der Regel mit kleinen fluoreszierenden Molekçlen wie Rhodamin oder Fluorescein zu Derivaten gekoppelt, mit denen man Zellen oder Schnitte inkubiert. Im Fluoreszenzmikroskop sieht man dann, wo der Antikærper gebunden hat. Diese Technik bezeichnet man als 6 $$. In vielen Fållen ist eine Variante dieser Methode vorzuziehen, die man 6 $$ nennt. In diesem Falle werden die Zellen zunåchst mit einem nicht markierten Antikærper inkubiert, damit dieser an das Antigen bindet.
Der Einsatz von Antikærpern
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Wo der Antikærper gebunden hat, weist man dann in einem zweiten Schritt nach, bei dem man eine Pråparation von fluoreszenzmarkierten Antikærpern verwendet, die gegen den Antikærper aus dem ersten Schritt gerichtet sind. Die indirekte Immunfluoreszenz ergibt eine hellere Fårbung, weil an den einen primåren Antikærper viele markierte zweite Antikærper binden kænnen. Sie hat çberdies noch einen praktischen Vorteil: Den konjugierten (fluoreszierenden) Antikærper kann man problemlos kaufen. Die Immunfluoreszenz sorgt fçr ein bemerkenswert deutliches Bild, denn nur die gebundenen Antikærper sind fçr das Auge sichtbar, alles nicht Markierte bleibt unsichtbar. Zur elektronenmikroskopischen Lokalisierung von Antigenen verwendet man Antikærper, die mit elektronendichtem Material gekoppelt wurden, zum Beispiel mit dem eisenhaltigen Protein Ferritin oder mit Goldpartikeln. Ein Beispiel fçr diese Technik findet sich in Abb. 8.24 c, d. ternetseite www.wiley.com/college/karp Erweitern sie Ihr Verståndnis, indem sie Karps Internetseite ¹Zell- und Molekularbiologieª besuchen. Dort finden Sie ' die gestellten $ & , , die schwierige Sachverhalte und Begriffe verdeutlichen, , die Ihnen bei Prçfungsvorbereitungen helfen, sowie 8 zu interessanten Stellen im Netz. Zusåtzlich zu der Literaturliste unten kann man auf der Internetseite auch noch ' 8 finden.
Glossar
Auf den folgenden Seiten werden zahlreiche wichtige Begriffe definiert. Die eingeklammerten Zahlen am Ende der meisten Definitionen bezeichnen den Buchabschnitt, in dem der Begriff zum ersten Mal erlåutert wird. Steht hinter einem Begriff beispielsweise (3.2), wird er in Kapitel 3, Unterkapitel 2 (¹Enzymeª) zum ersten Mal definiert. Begriffe aus den Boxen ! # und A $ ; sind mit (SM) beziehungsweise (EV) gekennzeichnet. Steht hinter einem Begriff zum Beispiel (SM1), findet sich die zugehærige Definition erstmals in der Box ! # $ im Kap. 1
( ) Diagramm, das die Intensitåt des absorbierten Lichtes in Abhångigkeit von seiner Wellenlånge anzeigt (6.3) %+ (! "!) Stoffwechsel-Zwischenprodukt, das beim Abbau vieler Verbindungen (u.a. Fettsåuren) entsteht; dient als Ausgangssubstanz fçr den Citratzyklus, den zentralen Reaktionsweg der Zellatmung (5.2) / ( ) etwa 100 Proteine aus verschiedenen Proteinfamilien, die den Zusammenbau der Actinfilamente, ihre physikalischen Eigenschaften sowie ihre Wechselwirkungen untereinander und mit anderen Zellorganellen beeinflussen (9.7) () Proteinkomplexe auf der Cytosolseite Clathrin-bedeckter Vesikel von Plasmamembran und 2 -Golgi-Netz (8.4)
9 6 ' (
$ ) spezifische Reaktion auf einen Krankheitserreger; setzt einen frçheren Kontakt mit dem Erreger voraus. In diese Rubrik gehært die Antikærper- und T-Zell-vermittelte Immunantwort (17) 3!/4 (
$ ) Nucleotid aus einem Adenosin und drei Phosphatgruppen. Wichtigster unmittelbarer Energielieferant von Pro- und Eukaryotenzellen (3) 1$9 3$ 4 ( < ) Typ spezialisierter Zellverbindungen, die besonders in Epithelgewebe håufig vorkommen. In einem solchen Bereich sind die Plasmamembranen 20 bis 35 nm voneinander entfernt, und Cadherinmolekçle befinden sich dort in hoher Dichte. Zusammengehalten werden die Zellen durch Ver-
bindungen zwischen den extrazellulåren Domånen der Cadherinmolekçle, welche die Lçcken zwischen Nachbarzellen çberbrçcken (7.3) ( ) Lebewesen, die auf Sauerstoff angewiesen sind, um energiereiche Verbindungen aufbauen zu kænnen (5.1) 1 ( $ ) Verfahren zur Reinigung von Proteinen: Man nutzt die einzigartigen Struktureigenschaften eines Proteinmolekçls, um es aus einer Læsung abzutrennen, wåhrend alle anderen Proteine in der Læsung verbleiben. Zu diesem Zweck låsst man die Læsung durch eine Såule laufen, in der bestimmte Bindungsmolekçle (zum Beispiel ein Substrat, ein Ligand oder ein Antigen) an einem neutralen Material (der Matrix) befestigt sind (17.7) $ ( ) Die Gesamtheit der Verånderungen, die sich bei der Stimulation einer erregbaren Zelle im Membranpotenzial abspielen und die Grundlage der Nervenkommunikation bilden. Beginnt mit der Depolarisierung auf den Schwellenwert und endet mit der Rçckkehr zum Ruhepotenzial (4.8)
9 ! ( ) Energie verbrauchender Vorgang, bei dem ein Substrat an ein spezifisches Transmembranprotein bindet; dessen Konformation veråndert sich daraufhin so, dass die Substanz entgegen ihrem elektrochemischen Gradienten durch die Membran wandern kann (4.7)
9 ( ) in einem Enzymmolekçl der Teil, der unmittelbar an der Bindung des Substrats mitwirkt (3.2) 9 (
) Die kinetische Mindestenergie, die notwendig ist,
JA:
Glossar
damit ein Reaktionsteilnehmer eine chemische Reaktion durchmachen kann (3.2) ( ) verschiedene Formen des gleichen Gens (10.1)
! (
) Hilfsproteine, die notwendig sind, damit die RNA-Polymerase mit der Transkription beginnen kann. Als ¹allgemeinª werden sie bezeichnet, weil die gleichen Transkriptionsfaktoren fçr die Transkription zahlreicher Gene gebraucht werden (11.4)
( ) Aktivitåtsverånderung eines Enzyms, verursacht durch Wechselwirkungen einer Verbindung, die nicht an das aktive Zentrum bindet, sondern an eine andere Stelle (das ¹allosterische Zentrumª) (3.3) 2 - 3a2 -4 ( A) mægliche Sekundårstruktur von Polypeptiden; das Rçckgrat der Molekçlkette ist dabei zu einer Spirale (Helix) gewunden (2.5) ( ) Teilchen, das beim Zerfall von Atomen freigesetzt wird; besteht aus zwei Protonen und zwei Neutronen, ist also eigentlich ein Heliumatomkern (18.4)
9 & D ( ) verbreiteter Mechanismus, durch den ein einziges Gen mehrere miteinander verwandte Proteine hervorbringen kann (12.5) ( ) chemische Bindung zwischen Carboxylsåuren und Aminen (oder funktionellen Såure- und Aminogruppen) unter Freisetzung eines Wassermolekçls (2.4) % )&% ( -)! ) Enzym, das eine Aminosåure kovalent an das 3'-Ende ihrer zugehærigen tRNA(s) koppelt. Jede Aminosåure wird von einer eigenen, spezifischen Aminoacyl-tRNASynthetase erkannt (11.7) 1 ( ) monomere Untereinheiten der Proteine. Jede Aminosåure enthålt drei funktionelle Gruppen, die mit demselben Kohlenstoffatom verbunden sind: eine Aminogruppe, eine charakteristische Seitenkette und eine Carboxylgruppe (2.5)
() biologisch wichtige Eigenschaft von Molekçlen, die hydrophobe und hydrophile Abschnitte enthalten (2.5)
( ) Struktureigenschaft, durch die ein Molekçl sowohl wie eine Såure als auch wie eine Base reagieren kann
&' ' ( +) Stoffwechselweg, in dessen Verlauf relativ komplexe Produkte entstehen (3.3) ( ) Lebewesen, die energiereiche Verbindungen auf sauerstoffunabhångi-
gen Wegen nutzbar machen, beispielsweise durch Glycolyse und Gårung (5.1) ( ) Stadium der Mitose, in dessen Verlauf sich die Schwesterchromatiden trennen (14.2) ( !) Die Wanderung der Chromosomen zu den Zellpolen wåhrend der Mitose (14.2) 7 ( &) Verlångerung der Mitosespindel mit der Folge, dass die Spindelpole weiter auseinander rçcken (14.2) G # (
, DG) wåhrend eines Vorganges die Ønderung der Energiemenge, die Arbeit verrichten kann (3.1) G & ( $
$
, DG8') Ønderung der freien Enthalpie bei der Umwandlung eines Mols einer Ausgangssubstanz in jeweils ein mol der Produkte unter den Standardbedingungen einer Temperatur von 298 8K und eines Drucks von 101,3 kPa (3.1) (
) Zustand einer Zelle mit anormaler Chromosomenzahl (16.1)
6 ' (
$ ) unspezifische Reaktion auf Antigene, die keinen frçheren Kontakt mit der Fremdsubstanz voraussetzt; umfasst die Reaktionen von NK-Zellen, Komplementsystem, Phagocyten und Interferon (17.1)
( A ) Elektronenkonfiguration eines Molekçls, in dem ein Elektron nach Aufnahme eines Photons von einem inneren in ein energiereicheres åuûeres Orbital çbergegangen ist (6.3) (
) Entstehung neuer Blutgefåûe (16.4) ( ) ionisiertes Atom oder Molekçl mit negativer Gesamtladung (2.1) (
) Licht sammelndes Molekçl eines Photosynthesekomplexes; fångt Photonen unterschiedlicher Wellenlången ein und çbertrågt die Anregungsenergie auf das Pigmentmolekçl im Reaktionszentrum (6.4) ( ) Sequenz aus drei Nucleotiden in der tRNA, die der Erkennung des komplementåren Codons in der mRNA dient (11.7) ( ) Substanz, die von einem Immunsystem als kærperfremd erkannt wird (17.2) 1 ( $ $ , /+) Zellen, die an ihrer Oberflåche einzelne Teile von Proteinantigenen ¹zur Schau stellenª. Die Proteinfragmente entstehen durch Proteolyse græûerer Antigenmolekçle. Die Peptidantigene werden an der Zelloberflåche zusammen mit MHC-Molekçlen pråsen-
tiert. Praktisch jede Kærperzelle kann Peptide zusammen mit MHC-Molekçlen der Klasse I pråsentieren und so zur APC werden; damit verfçgt der Organismus çber einen Mechanismus zur Zerstærung infizierter Zellen. Dagegen werden Makrophagen, dendritische Zellen und B-Zellen auch als ¹professionelleª APCs bezeichnet: Sie nehmen Material auf, verdauen es und pråsentieren die Fragmente dann in Verbindung mit MHC-Molekçlen der Klasse II den TH-Zellen (17.4) ( ) globulåres Protein, Produkt der Plasmazellen, die von B-Lymphocyten abstammen. Tritt mit der Oberflåche eines Krankheitserregers oder eines kærperfremden Molekçls in Wechselwirkung und erleichtert so dessen Zerstærung (17.2) ( ) Flçssigkeit mit erwçnschten Antikærpern; wird gewonnen, indem man Vollblut mit einem Antigen in Kontakt bringt und dann die Zellen und Gerinnungsfaktoren abtrennt (18.4) 3 4 () das geordnete, programmierte Absterben von Zellen: Die Zelle setzt auf ein Signal hin einen Ablauf in Gang, der zu ihrem Tod fçhrt. Charakteristisch fçr die Apoptose sind eine Verdichtung von Zelle und Zellkern, die geordnete Zerstçckelung des Chromatins durch eine besondere DNA-spaltende Endonuclease und die schnelle Beseitigung der sterbenden Zelle durch Phagocytose (15.8) () mikroskopisches Bild, das durch die Zusammenballung oder Ausfållung von Substanzen entsteht und demnach keine Strukturen der lebenden Zelle wiedergibt (18.2)
% () Testverfahren, bei dem man ein charakteristisches Merkmal eines Proteins (zum Beispiel die Katalysatoreigenschaft eines Enzyms) ausnutzt, um die Menge dieses Proteins in einer Untersuchungsprobe zu ermitteln (18.7) & 3 %&4 (! ) Die Stelle, an der die Aminoacyl-tRNA an den Komplex aus Ribosom und mRNA andockt (11.7) ( ) sternfærmige Anordnung der Mikrotubuli um die Centrosomen wåhrend der Prophase (14.2) !/&% (!2 ) das ATP-bildende Enzym in der Mitochondrien-Innenmembran; setzt sich aus zwei Hauptbestandteilen zusammen: einem Kopfstçck namens F1 und einem Unterteil mit der Bezeichnung F0, das in die Membran eingebettet ist (5.5) 9 ( ) die Fåhigkeit, zwei benachbarte Punkte im Gesichtsfeld als getrennte Gebilde wahrzunehmen (18.1)
Glossar
JA/
( ) Antikærper, die mit kærpereigenem Gewebe reagieren (SM 17) (
) Krankheiten, die durch einen Angriff des Immunsystems auf kærpereigenes Gewebe entstehen. Beispiele sind Multiple Sklerose, insulinabhångiger Diabetes mellitus und rheumatoide Arthritis (SM 17) ( ) Zerstærung und Austausch von Organellen; das Organell wird von einer Membran eingehçllt, die vom endoplasmatischen Retikulum stammt und sich dann mit einem Lysosom verbindet (8.6) ( ) Verfahren, mit dem man biochemische Ablåufe sichtbar machen kann, indem man die Position radioaktiv markierter Substanzen in einer Zelle ermittelt. Gewebeschnitte, die radioaktive Isotope enthalten, werden mit einer dçnnen Schicht aus Fotoemulsion çberzogen, die dann durch die vom Gewebe ausgehende Strahlung geschwårzt wird. Stellen in den Zellen, an denen sich Radioaktivitåt befindet, verraten sich nach dem Entwickeln der Emulsion unter dem Mikroskop als Silberkærner (8.2)
8' ( ) Lebewesen, das mit CO2 als einziger Kohlenstoffquelle çberleben kann (6.1) - (A
) der innere Kern einer Cilie oder Flagelle mit den Mikrotubuli. Meist besteht das Axonem aus neun randståndigen Mikrotubulipaaren, zwei zentralen Mikrotubuli und zahlreichen Hilfsstrukturen (9.3) - (A ) der Transport von Vesikeln, Polymermolekçlen des Cytoskeletts und Makromolekçlen entlang der Mikrotubuli im Axon einer Nervenzelle. Beim anterograden Transport werden die Substanzen vom Zellkærper zu den endståndigen Synapsen befærdert, der retrograde Transport verlåuft in umgekehrter Richtung (9.3) 7 " ( $ ' 7+) Klonierungsvektor, der groûe Fragmente einer Fremd-DNA aufnimmt, so dass man sie in Bakterien klonieren kann. Besteht aus einem F-Plasmid mit einem Replikationsursprung und den Genen fçr die Regulation der Replikation. BACs sind ein unverzichtbares Hilfsmittel fçr die Klonierung ganzer Genome (18.13) 7 ( ) Viren, die Bakterien als Wirtszellen benutzen (1.4) 7
" 7
( $
' ) verdickte, etwa 50 bis 200 nm dicke Schicht der extrazellulåren Matrix; umgibt Muskel- und Fettzellen und liegt unterhalb des Epithelgewebes der Haut, der
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Glossar
inneren Auskleidung von Verdauungs- und Atemwegen sowie der Blutgefåûe (7.1) 7 - ( A ) Mechanismus zur Beseitigung verånderter Nucleotide wie Uracil (das aus Cytosin entsteht) oder 8-oxo-Guanin aus der DNA durch Ausschneiden und Ersetzen 7 $
$ ( ) die Mengenverhåltnisse der einzelnen Basen in einer DNA-Probe (10.2) 7 3b 4 (
) mægliche Sekundårstruktur von Polypeptiden: Mehrere Beta-Strånge liegen nebeneinander und bilden eine flåchige Konformation (2.5) 7 Teilchen, das beim Atomzerfall freigesetzt wird; entspricht einem Elektron (18.4) 7 (
) Erforschung der verschiedenen Energieumwandlungsprozesse, die sich in den Lebewesen abspielen (3.1) 7 ( ) Molekçle, die von Lebewesen synthetisiert werden (2.4) 7 9 3! 4 ( ' ) Komplex aus vier homologen, synaptischen Chromosomen wåhrend der Meiose (14.3) 78% % 374 (& ' & ) Lymphocyten, die sich als Reaktion auf ein Antigen vermehren, zu Plasmazellen differenzieren und dann Antikærper ins Blut abgeben. Den differenzierten Zustand erreichen diese Zellen im Knochenmark (17.2) +P/ $ ("K ) Pflanzen (insbesondere tropische Gråser), die Kohlenstoff çber den C4-Weg fixieren (6.6) +P 32 & 4 ("K +' 3$ +) ein zweiter Reaktionsweg zur Kohlenstofffixierung: Aus Phosphoenolpyruvat und CO2 entstehen Verbindungen mit vier Kohlenstoffatomen (vorwiegend Malat und Oxalacetat) (6.6) + (" ) Familie verwandter Glycoproteine; vermitteln die Ca2+-abhångige Zelladhåsion (7.3) + / ( ) Proteine wie das Calmodulin, die Calcium binden und auf diese Weise die verschiedensten Reaktionen der Zelle auslæsen (15.5) + (" ) kleines, weit verbreitetes Calcium bindendes Protein. Jedes Calmodulinmolekçl enthålt vier Bindungsstellen fçr Calcium (15.5) + 9 % (" ) Stoffwechselweg, durch den Kohlendioxid im Rahmen der Photosynthese in die organischen Molekçle der Zelle aufgenommen wird. Als CO2-Akzeptor dient Ribulose-1,5-bisphosphat (RuBP), das anschlieûend in zwei Molekçle 3-Phosphogly-
cerat mit je drei Kohlenstoffatomen zerfållt (6.6) +/ $ ("!# ) Pflanzen, die das CO2 genau wie die C4-Pflanzen mit PEP-Carboxylase fixieren; lichtabhångige Reaktionen und Kohlenstofffixierung finden bei den CAM-Pflanzen jedoch zu verschiedenen Tageszeiten statt, so dass die Spaltæffnungen wåhrend der heiûesten Stunden des Tages geschlossen bleiben kænnen und den Wasserverlust vermindern (6.6) + ( ) Klasse zinkhaltiger Cysteinproteasen, die fçr die Apoptose sorgen (15.8) + ( ) unverzweigtes Glucosepolymer mit (1±4)-Bindungen. Lagert sich håufig zu kabelartigen Gebilden zusammen und bildet das wichtigste Strukturelement in den Zellwånden der Pflanzen (2.5) + ( ) zylinderfærmige Gebilde mit einem Durchmesser von etwa 0,2 lm und rund der doppelten Långe; im Querschnitt erkennt man in jedem Centriol zahlreiche Mikrotubuli. Centriolen sind fast immer paarweise vorhanden und stehen dann im rechten Winkel zueinander (9.3) + ( ) Einschnçrung an Mitosechromosomen; am Centromer bilden sich die Kinetochoren (14.2) + ( ) komplizierte Struktur mit zwei tonnenfærmigen Centriolen im Inneren eines amorphen, elektronendichten Materials, das als Ausgangspunkt fçr die Mikrotubuli dient (9.2) + (
) Proteine, die an andere Polypeptide binden, deren Zusammenlagerung verhindern und die Faltung beziehungsweise die Bildung von Proteinmultimeren begçnstigen (EV2) + (
) Proteine aus der Chaperon-Klasse Hsp60, zum Beispiel GroEL. Die Chaperonine bilden einen zylinderfærmigen Komplex aus 14 Untereinheiten, in dessen Innerem die Proteinfaltung stattfindet (EV2) + ( ) Mechanismus der ATP-Synthese: Die Wanderung von Elektronen durch eine Elektronentransportkette hat zur Folge, dass sich an der inneren Mitochondrienmembran ein Protonengradient ausbildet, der als energiereiche Zwischenstufe die Oxidation der Substrate an die Phosphorylierung von ADP koppelt (EV5) 8' ( ) autotrophes Lebewesen, das die gespeicherte Energie anorganischer Molekçle (z. B. Ammoniak, Schwefelwasserstoff oder Nitrite) nutzt, um CO2 zu organischen Verbindungen umzusetzen (6.1)
+ (Einzahl + ) () spezifische Anheftungspunkte an den homologen Chromosomen der Bivalente; lassen sich beobachten, wenn die homologen Chromosomen sich in der Meiose zu Beginn der Prophase 1, im Leptotånstadium, auseinander bewegen. In der Regel befinden sich die Chiasmata an den Stellen der Chromosomen, an denen es zuvor durch Crossing over zum genetischen Austausch gekommen ist (14.3) + % () das wichtigste Licht absorbierende Pigment (6.3) + () spezialisiertes, membranumhçlltes Organell; in Eukaryotenzellen der wichtigste Ort der Photosynthese (6.1) + ( ) Steroidverbindung in Tierzellen; stellt in der Plasmamembran bis zu 50% der Lipidmenge; sein Anteil in der jeweiligen Membran bestimmt çber deren Fluiditåt (4.3) + () paarweise vorliegende Teile der Mitosechromosomen; ein Paar entspricht dem verdoppelten Chromosom, das sich in der vorangegangenen Interphase durch Replikation gebildet hat (14.2) + ( ) Fåden aus DNA und assoziierten Proteinen; Material der Chromosomen (12.1) + - (
A ) Proteinkomplexe aus vielen Untereinheiten, die durch ATP-Hydrolyse Energie gewinnen und damit die Chromatinstruktur so veråndern, dass Transkriptionsfaktoren die Regulationsstellen der DNA erkennen kænnen (12.4) + () Sammelbegriff fçr zahlreiche Methoden, mit denen man ein Gemisch gelæster Substanzen durch eine unbewegliche Matrix laufen låsst und die Bestandteile auf diese Weise trennt (18.7) + ( ) fadenartige Strukturen, welche im Zellkern der Eukaryoten die DNA enthalten und die genetische Information tragen (10.1) + % (
) groûes Protein (Molekulargewicht bis zu 2 Mio.), das fçr die Umwandlung der chemischen Energie aus dem ATP in die mechanische Energie der Cilienbewegung sorgt (9.3) Cis ( ) Die Zisternen auf der dem endoplasmatischen Retikulum zugewandten Seite des Golgi-Apparats (8.4) + $% " ! 1$% (A ) Stoffwechselkreislauf, in dem AcetylCoA oxidiert und die dabei frei werdende Energie gespeichert wird. Wird auch KrebsZyklus genannt (5.2)
Glossar
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Coated Vesicles Vesikel, die sich von einem membranumhçllten Kompartiment abschnçren; besitzen in der Regel eine Hçlle aus zahlreichen Proteinuntereinheiten, die den Abschnçrungsvorgang begçnstigt und ganz bestimmte Membranproteine bindet. Am besten charakterisiert sind die Vesikel mit Clathrin-, COPI- und COPII-Hçlle (8.5) + ( ) Sequenz aus drei Nucleotiden (Nucleotidtriplett), die eine Aminosåure festlegt (11.6) +$% ( 7 ) organischer Bestandteil eines Enzyms, der kein Protein ist (3.2) + () Enzymbestandteil, der kein Protein ist; kann organisch oder anorganisch sein +- (
A ) vielteiliger Komplex an den Gap Junctions; entsteht, wenn sich Molekçle des Proteins Connexin in der Plasmamembran zusammenlagern. Jedes Connexon besteht aus sechs Connexin-Untereinheiten, die sich um eine zentrale Úffnung (
) mit einem Durchmesser von etwa 1,5 nm gruppieren (7.5) + ( ) gekoppelter Transport zweier verschiedener Substanzen durch eine Membran. Wandern beide Substanzen in der gleichen Richtung, spricht man von Symport, bei entgegengesetzten Richtungen von Antiport + ( ) die typischen tiefen Falten der inneren Mitochondrienmembran, in denen sich der molekulare Apparat fçr die oxidative Phosphorylierung befindet (5.1) +
9 3 4 ( ) Umverteilung der Gene auf den Chromosomen (mit Auflæsung der Kopplungsgruppen) wåhrend der Meiose; Ursache ist das Brechen und Wiederverbinden homologer Chromosomenabschnitte (10.1) +% ( ) entwicklungsgeschichtlich bedeutsame, kompliziert gebaute Prokaryoten mit Photosynthesemembranen im Cytoplasma (1.3) +% 1 ( $
' + ) Enzyme, die den Ablauf des Zellzyklus steuern (14.1) +% ( ) Elektronençbertråger aus einem Protein mit einer daran gebundenen Håm-Gruppe (5.3) +% (
) Protein, das von Zellen des Immunsystems ausgeschieden wird und das Verhalten anderer Immunzellen beeinflusst (17.3) +% (
) der Teil des Zellzyklus, in dem sich die physische Teilung der Zelle in zwei Tochterzellen abspielt (14.2)
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Glossar
% % M
N groûes Protein (Molekulargewicht çber 1 Mio.) aus zahlreichen Polypeptidketten. Das Molekçl hat zwei groûe globulåre ¹Kæpfeª, die als Krafterzeuger wirken. Manchen Indizien zufolge wirkt das cytoplasmatische Dynein wåhrend der Mitose an der Chromosomenwanderung mit und beeinflusst çber das Minus-Ende der Mikrotubuli auch die Bewegung von Vesikeln und membranumhçllten Organellen durch das Cytoplasma (9.3) +% ( ) kompliziertes Geflecht aus dreierlei gut unterscheidbaren Filamentgebilden: Mikrotubuli, Mikrofilamente und Intermediårfilamente. Diese Elemente dienen als Strukturgerçst; als innere Stçtzstrukturen sorgen sie fçr die richtige Lage der Organellen in den Zellen; sie wirken am Transport von Molekçlen und Organellen durch die Zelle mit, sind als Krafterzeuger fçr die Fortbewegung der ganzen Zelle verantwortlich, dienen als Anheftungsstellen fçr mRNA und erleichtern damit deren Translation in Proteine und çbermitteln Informationen von der Zellmembran ins Zellinnere (9) +% () der flçssige Teil des Cytoplasmas auûerhalb der Organellen (8.3) % ( ) Enzym, das eine Redoxreaktion katalysiert, indem es von einem Reaktionsteilnehmer ein Wasserstoffatom abspaltet (3.3) ( ) Chromosomendefekt: Ein Chromosomenabschnitt fehlt. Ursache ist vielfach die ungenaue Anordnung homologer Chromosomen in der Meiose (10.4) ( ) Trennung der beiden Strånge einer DNA-Doppelhelix oder das Auseinanderfalten einer Proteinkette (10.3, 2.5) ( 7 ) Abnahme des elektrischen Potenzialunterschiedes beiderseits einer Membran (4.8) 3 4 ( $ ) scheibenfærmige Adhåsionsverbindungen, die Cadherine enthalten; kommen in verschiedenen Geweben vor, insbesondere aber in Epithelien, wo sie unterhalb der Adhåsionsverbindungen liegen. In diesem Bereich dienen dichte ¹Plaquesª auf der Cytoplasmaseite der Plasmamembran als Anheftungsstellen fçr Schleifen von Intermediårfilamenten, die sich ins Cytoplasma erstrecken (7.3) ( ) einer der beiden Filamenttypen, die den Sarkomeren ihr charakteristisches Aussehen verleihen. Die dicken Filamente bestehen hauptsåchlich aus Myosin und sind von einer Sechseranordnung aus dçnnen Filamenten umgeben (9.6)
$ ( $ ) Methode zur Isolierung groûer Mengen einzelner Organellen; Grundlage ist das Prinzip, dass Teilchen unterschiedlicher Form und Græûe im Schwerefeld einer Zentrifuge unterschiedlich schnell auf den Boden des Gefåûes sinken, vorausgesetzt, ihre Dichte ist græûer als die der umgebenden Flçssigkeit (18.6) $ ( ) Vorgang, durch den unspezialisierte Zellen immer komplexer werden und spezialisierte Strukturen und Funktionen entwickeln (1.3) ( ) spontane Wanderung einer Substanz von einem Bereich mit hoher in eine Region mit niedriger Konzentration; am Ende herrscht in allen Bereichen die gleiche Konzentration (4.7) () Zustand, in dem beide homologen Chromosomen eines Paares vorhanden sind; Normalzustand der meisten somatischen Zellen. Diploide Zellen entstehen durch Mitose aus diploiden Ausgangszellen. Vgl. haploid (14.3) 6 $$ ( $ ) Verfahren, mit dem man die Lage bestimmter Antigene in einer Zelle sichtbar machen kann. Als Reagenz dient der zugehærige Antikærper, der mit kleinen, fluoreszierenden Molekçlen gekoppelt wurde; diesen inkubiert man mit den Zellen oder Zelldçnnschnitten. Anschlieûend kann man die Bindungsstellen im Fluoreszenzmikroskop erkennen (18.13) ) 1 )/% 3 )/% 4 ()!$ -)! ' -)! ) Enzyme, die bei Pro- und Eukaryoten fçr die Transkription zuståndig sind (11.2) )7 ()! ) Population von DNA-Fragmenten, die das gesamte Genom eines Organismus oder einen anderen græûeren Bestand repråsentieren (18.13) )# $ / ( $ )!$ , &&7/ ) Proteine, die sich an nackte DNA-Einzelstrånge heften und so die Trennung der DNAStrånge begçnstigen; sie halten die DNAStrånge in gestrecktem Zustand und verhindern, dass sie sich wieder zusammenwinden (13.1) ):% ()! ) Topoisomerase, die wåhrend der Replikation die entstehende Spannung im DNA-Molekçl abbaut und so seinen Ûberspiralisierungszustand beeinflusst. Zu diesem Zweck wandert das Enzym an der DNA entlang und wirkt wie ein ¹Drehzapfenª,
der die positive Ûberspiralisierung in eine negative verwandelt (13.1) ) ()! ) vielseitiges Verfahren zur Herstellung groûer Mengen eines bestimmten DNA-Abschnitts (18.12) )8 ()! ) Enzym, das DNA-Fragmente zu einem fortlaufenden Strang zusammenfçgt (13.1) ) % ()! ) epigenetischer Vorgang: DNA-Methyltransferasen fçgen Methylgruppen an Cytosinreste der DNA an. Bei Wirbeltieren findet die DNA-Methylierung an bestimmten CpG-Resten in den Promotorabschnitten von Genen statt und ist mit der Inaktivierung der Genexpression verbunden. In græûerem Rahmen ist sie auch beteiligt, wenn die Transposition beweglicher genetischer Elemente verhindert wird (12.4) ) % ()! ) Objekttråger, an den die DNA verschiedener Gene in einer vorgegebenen Anordnung angekoppelt wurde. Das Ganze inkubiert man mit fluoreszenzmarkierter cDNA; das Ausmaû der Hybridisierung spiegelt die Expressionsstårke der einzelnen Gene in dem Mikroarray wider (12.3, 16.3) )/% ()! ) Enzyme, die bei der Replikation oder Reparatur von DNA neue DNA-Strånge aufbauen (13.1) ) ()! ) die Verdoppelung der DNA (13) )!9 ()! ) Viren, die Wirbeltierzellen infizieren und in Krebszellen verwandeln kænnen. Das reife Virusteilchen enthålt DNA als genetisches Material (16.2) ). ( )!) Transportmittel zum Einschleusen fremder DNA in eine geeignete Wirtszelle, beispielsweise in das Bakterium . Der Vektor enthålt besondere Sequenzen, mit deren Hilfe er sich in der Zelle replizieren kann. Meist handelt es sich um Plasmide oder das Bakterienvirus Lambda (k). Wenn die DNA sich in dem Bakterium befindet, wird sie repliziert und auf die Tochterzellen aufgeteilt (18.13) ( ) hydrophobes Molekçl aus mehr als 20 Isopreneinheiten; bildet das Kernstçck der Kohlenhydratketten fçr die Bildung von Glycoproteinen (8.3) 1 ( ) Abschnitt eines Proteinmolekçls mit teilweise eigenståndigen Faltungsund Funktionseigenschaften (2.5) ( $ , &7 ) Schåden an der DNA, håufig verursacht durch ionisierende Strahlung: Beide Strånge der Doppelhelix sind gebrochen. DSBs kænnen fçr eine Zelle verheerende Fol-
Glossar
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gen haben; zu ihrer Reparatur sind mindestens zwei Enzymsysteme erforderlich (13.2) ( ) einer der beiden Filamenttypen, die den Sarkomeren ihr charakteristisches Aussehen verleihen. Die dçnnen Filamente bestehen hauptsåchlich aus Actin und sind jeweils zu sechst um ein dickes Filament herum angeordnet; dabei liegt jedes dçnne Filament zwischen zwei dicken Filamenten (9.6) ( ) eine sehr dçnne Scheibe Tier- oder Pflanzengewebe (7.3) s. lichtunabhångige Reaktionen ( ) çberzåhliger DNA-Abschnitt, entstanden durch fehlerhafte Anordnung der homologen Chromosomen wåhrend der Meiose mit der Folge, dass ein Chromosom beide Kopien eines Gens erhålt (10.4) % 6 1 ( ) Bezeichnung fçr den Zustand bei Auf- und Abbau am Plus-Ende der Mikrotubuli: In derselben Region einer Zelle kænnen wachsende und schrumpfende Mikrotubuli nebeneinander existieren, und ein einzelner Mikrotubulus kann unvorhersehbar zwischen Phasen der Verlångerung und Verkçrzung hin und her wechseln (9.3) % (
) ungewæhnlich groûe Motorproteine aus vielen Untereinheiten, die eine ¹Frachtª transportieren kænnen und an den Mikrotubuli in Richtung des Minus-Endes entlangwandern. Zu der Familie gehæren cytoplasmatische Dyneine und Axon-Dyneine (9.3) # ( ) Substanz, die als Signal eine Reaktion der Zelle auslæst (15.1) # $ /% ( $ , &)/) Stelle im Genom, wo man in der Population håufig unterschiedliche Basen findet. SNPs eigen sich gut als genetische Marker fçr die Genomkartierung (10.6) # $ . ( $ ) Verfahren zur Untersuchung der Bewegungen von Membranproteinen; umfasst zwei Schritte: Zunåchst werden die Proteine mit kolloidalem Gold oder anderen sichtbaren Teilchen gekoppelt, anschlieûend verfolgt man unter dem Mikroskop die Bewegungen der einzelnen derart markierten Proteine (4.6) # & '/ ( $ ) Gruppe von Elektronentransportproteinen mit einem anorganischen Zentrum aus Schwefel und Eisen (5.3) : ( ) die Gesamtdifferenz von elektrischer Ladung und Konzentration gelæster Stoffe; be-
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Glossar
stimmt çber die Fåhigkeit eines Elektrolyten, zwischen zwei Kompartimenten zu diffundieren (4.7) ( ) Eigenschaft jedes Vorganges, der direkt zu einer Ladungstrennung beiderseits einer Membran beitrågt # 9 1 (
) Die Kraft, mit der ein Atom bei der Ausbildung von Bindungen die Elektronen anderer Atome anzieht (2.1) # ( $ ) System membranståndiger Elektronençbertråger, die energiereiche Elektronen aufnehmen und deren Energiegehalt auf dem Weg durch die Kette immer weiter vermindern, wobei die frei werdende Energie eingefangen und fçr die Synthese von ATP oder anderer Energiespeichermolekçle genutzt wird (5.3) # $ ( $ ) relative Affinitåt fçr Elektronen: Eine Verbindung mit niedriger Affinitåt besitzt ein hohes Potenzial, ein oder mehrere Elektronen in einer Redoxreaktion zu çbertragen (und damit als Reduktionsmittel zu wirken) (5.3) # ( ) Verfahren zur Trennung von Proteinen und anderen Molekçlen; beruht auf der Tatsache, dass geladene Molekçle in einem elektrischen Feld wandern (18.7) % & $ ( ) Zellen, die sich praktisch uneingeschrånkt differenzieren kænnen; kommen bei Såugetieren in der Blastocyste vor, einer frçhen Form des Embryos, die mit der Blastula anderer Tiere vergleichbar ist (SM1) ( ) chemische Reaktion, die energetisch ungçnstig ist und deshalb nicht spontan ablåuft; D% ist positiv (3.1) #% ( ) Mechanismus zur Aufnahme von Flçssigkeiten und gelæsten Substanzen in die Zelle. Man kann zwei Typen unterscheiden: Die allgemeine Endocytose ist unspezifisch, bei der rezeptorvermittelten Endocytose dagegen mçssen gelæste Molekçle wie LDL oder Transferrin an spezifische Zelloberflåchenrezeptoren binden (8.8) #% ' ( +) Transportweg fçr Substanzen aus der Zellumgebung (und von der Zelloberflåche) in Kompartimente des Zellinneren wie Endosomen und Lysosomen (8.8) # % (
) Gruppe membranumhçllter, cytoplasmatischer Organellen mit verwandter Struktur und
Funktion. Umfasst endoplasmatisches Retikulum, Golgi-Apparat, Endosomen, Lysosomen und Vakuolen (8)
( , # ) System aus Ræhren, Zisternen und Vesikeln, das die flçssigen Inhaltsstoffe des Cytoplasmas in ein Lumen innerhalb der ER-Membran und einen Cytosolraum auûerhalb davon unterteilt (8.3) # ( ) Organellen des Endocytoseweges. Substanzen, die durch Endocytose aufgenommen wurden, werden zu frçhen Endosomen transportiert und dort sortiert; anschlieûend gelangen sie in die spåten Endosomen und zuletzt in die Lysosomen. Spåte Endosomen sind auch der Bestimmungsort fçr Lysosomenenzyme, die vom Golgi-Apparat herantransportiert werden (8.8) # % ( ) stichhaltig begrçndete Theorie, wonach Mitochondrien und Chloroplasten aus symbiontischen Prokaryoten entstanden sind, die dauerhaft in eine einfach gebaute Wirtszelle aufgenommen wurden (EV1) ( ) chemische Reaktionen, die bei konstanten Druck- und Temperaturverhåltnissen Wårme verbrauchen (3.1) # (
) die Fåhigkeit, Arbeit zu leisten; es gibt potenzielle und kinetische Energie (3.1) # ' ( ) die Umwandlung von einer Energieform in eine andere, beispielsweise von chemischer Energie in Wårmeenergie bei der Verbrennung eines Brennstoffs (3.1) # ( ) Regulationsabschnitt in der DNA; liegt håufig in betråchtlicher Entfernung stromaufwårts oder stromabwårts von dem Promotor, den er reguliert. Wenn ein oder mehrere Transkriptionsfaktoren an den Enhancer binden, steigt die Transkription an dem Promotor håufig stark an (12.4) # 91 ( ' DH) die Verånderung des Gesamtenergiegehaltes eines Systems wåhrend eines Vorganges (3.1) # ( , S) Maû fçr die relative Unordnung eines Systems oder des gesamten Universums im Zusammenhang mit zufålligen Bewegungen der Materie; da am absoluten Nullpunkt (0 8K) alle Bewegungen zum Stillstand kommen, ist die Entropie nur bei dieser Temperatur gleich null (3.1) #$ ( ) råumlich begrenzte Ansammlung von Gewebeflçssigkeit und Leukocyten nach einer Infektion oder Verletzung; die Folge sind Rætungen, Schwellungen und ein wundes Gefçhl (17.1)
#$% lebenswichtige Katalysatoren der Reaktionen in den Zellen; meist Proteine (3.2) #$% " #$% ( 7 $ ) Molekçl, das an ein Enzym binden und dessen Aktivitåt vermindern kann; je nach Art der Wechselwirkungen mit dem Enzym unterscheidet man zwischen kompetitiven und nichtkompetitiven Inhibitoren (3.2) #$%& ( 7 $ A) Komplex aus Enzym und Substrat(en), der sich bildet, wåhrend die Reaktion katalysiert wird (3.2) . (
) erbliche Verånderungen, die von einer Zelle auf die Nachkommen weitergegeben werden, ohne dass die DNA-Sequenz sich veråndert. Epigenetische Verånderungen kænnen durch DNA-Methylierung, kovalente Abwandlung von Histonen und vermutlich auch andere Modifikationen des Chromatins entstehen (12.1, 12.4) # 3 4 ( ' $ ) Teil eines Antigens, der sich an die Antigenbindungsstelle eines Antikærpers heftet (17.4) ( ) Steigerung der normalen Diffusionsgeschwindigkeit einer Substanz durch Wechselwirkungen mit einem Membranprotein, das fçr diese Substanz spezifisch ist # 2
$ ! % ( + ) der Energieerhaltungssatz: Energie kann weder neu erschaffen noch vernichtet werden (3.1) # ( ) chemische Bindung zwischen einer Carboxylsåure und einem Alkohol (oder den entsprechenden funktionellen Gruppen); entsteht unter Abspaltung eines Wassermolekçls (2.4) # ( ) Chromatin, das wåhrend der Interphase in den aufgelæsten Zustand zurçckkehrt (12.1) # %$ ( ) Zellen (z. B. von Pflanzen, Tieren, Protisten und Pilzen), die eine charakteristische innere Struktur mit Zellkern und anderen Organellen besitzen; abgeleitet von $ (¹echter Kernª) (1.3) - ( A ) thermodynamisch gçnstige Reaktion mit positivem D% (3.1) #-% ( A) Mechanismus zum Ausschleusen von Substanzen aus der Zelle: Ein sekretorisches Vesikel tritt mit der Innenseite der Plasmamembran in Kontakt, verschmilzt mit ihr und bildet so eine Úffnung, durch die der Inhalt des Vesikels freigesetzt wird (8.5)
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JAJ
Exon shuffling Austausch genetischer ¹Moduleª zwischen verschiedenen Genen (11.4) #- ( A ) Teile eines gestçckelten Gens, die zum reifen RNA-Produkt beitragen (11.4) #- ( A ) DNA- oder RNA-abbauendes Enzym, das sich an das 5'- oder 3'-Ende des Nucleinsåurestranges heftet und dort ein Nucleotid nach dem anderen entfernt (12.6, 13.1 u.a.) - ( A ) chemische Reaktionen, die bei konstanten Druck- und Temperaturverhåltnissen Wårme freisetzen (3.1) - $1 - ( A A) strukturiertes Geflecht auûerhalb der Zellen, das sich çber die unmittelbare Nachbarschaft der Plasmamembran hinaus erstreckt. Ist wahrscheinlich von çberragender Bedeutung fçr Form und Aktivitåten der Zelle (7.1) 9 2 ( $ ) Chromatin, das in bestimmten Lebensstadien eines Organismus spezifisch inaktiviert wurde (12.1) ( ) Protein, das mit seiner verlångerten Tertiårstruktur an eine Faser erinnert (2.5)
( ) DNAReparatursystem, das falsch gepaarte Basen nach ihrem Einbau durch die DNA-Polymerase entfernt, wenn sie der Korrekturlese-Exonuclease dieses Enzyms entgangen sind (13.2) () Polymere aus einem GlycerinRçckgrat, das çber Esterbindungen mit drei Fettsåuren verbunden ist; werden auch Triacylglycerine genannt (2.5) 1 ( ) lange, unverzweigte Kohlenwasserstoffkette, die an einem Ende eine Carboxylgruppe trågt (2.5) - (A ) chemische Læsung, die schnell in Zellen eindringt und sie abtætet, wobei die Zellmembran und alle Makromolekçle so festgehalten werden, dass die Struktur der Zelle in einem mæglichst lebensnahen Zustand erhalten bleibt (18.1) 9 ( ) Elektronençbertråger, in denen ein Polypeptid mit FAD oder FMN als prosthetischer Gruppe gekoppelt ist (5.3) D ' ( ) Stoffwechselzustand, bei dem die Konzentrationen der Ausgangsstoffe und Produkte im Wesentlichen konstant bleiben, auch wenn einzelne Reaktionen sich nicht unbedingt im Gleichgewicht befinden (3.1) $$ $# (
, #!) Verfahren zur Messung der Abstandsånderun-
JE0
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gen zwischen zwei Teilen eines Proteinmolekçls (oder zwischen zwei Proteinen in einer græûeren Struktur). Grundlage ist die Energieçbertragung von einem Donor- zu einem AkzeptorFluorochrom, durch die sich die Fluoreszenzstårke der beiden Molekçle veråndert (18.8)
( $ ) Membranmodell: Die Membran ist eine dynamische Struktur, in der sowohl die Lipide als auch die eingelagerten Proteine beweglich sind und mit anderen Membranmolekçlen in Wechselwirkung treten kænnen (4.2)
$
(6 $ ) Verfahren zur Messung der Radioaktivitåtsmenge in einer Probe; Grundlage ist die Eigenschaft mancher Molekçle, einen Teil der Energie eines abgegebenen Teilchens aufzunehmen und in Form von Licht wieder freizusetzen (18.4) ( ' ) typische Anheftungsstrukturen an Gewebekulturzellen, die sich an der Oberflåche einer Kulturschale festsetzen. Die Plasmamembran enthålt im Bereich eines Fokalkontaktes gehåufte Integrine, welche die Beschichtung der Kulturschale mit dem actinhaltigen Mikrofilamentsystem des Cytoskeletts verbinden (7.2) ( ) der DNA-Tochterstrang, der bei der Replikation diskontinuierlich synthetisiert wird; seinen Namen trågt er, weil seine einzelnen Abschnitte erst dann initiiert werden kænnen, wenn die Ausgangsstrånge sich getrennt und ein weiteres Stçck der Matrize freigelegt haben (13.1) ( ) Zerlegen einer Mischung in ihre Einzelbestandteile, so dass man die Eigenschaften der verschiedenen Molekçltypen untersuchen kann (18.7) (
) sehr reaktionsfåhiges Atom oder Molekçl mit einem einzelnen, ungepaarten Elektron (SM2) : ( ) Atomgruppen, die als Einheit wirksam werden und vielfach das chemische und physikalische Verhalten der græûeren organischen Molekçle beeinflussen, zu denen sie gehæren (2.4) :E/ (%. ) im Zellzyklus das Stadium zwischen der Mitose und dem Beginn der DNA-Synthese (14.1) :F/ (%/ ) im Zellzyklus das Stadium zwischen dem Ende der DNA-Synthese und dem Beginn der M-Phase (14.1) : % ( ) haploides Stadium im Lebenszyklus von Pflanzen, der im Sporophytenstadium mit der Bildung von Sporen beginnt. Im Gametophytenstadium entstehen durch Meiose die Gameten (14.3)
Gap Junctions Kontaktstellen, an denen die Kommunikation zwischen Tierzellen stattfindet. Die Plasmamembranen benachbarter Zellen nåhern sich bis 3 nm an und die Lçcke wird von dçnnen ¹Strångenª oder ¹Molekçlræhrenª çberbrçckt, die kleinen Molekçlen den Durchtritt gestatten (7.5) :1 ( ) anaerober Stoffwechselweg: Pyruvat wird in ein einfacheres Molekçl (je nach dem Organismus håufig Lactat oder Ethanol) gespalten, und NAD+ wird regeneriert, so dass es in der Glycolyse, dem vorgeschalteten Weg des Glucoseabbaues, wiederverwendet werden kann (3.3) : 1$ (
7 ) Analyseverfahren: Gewebe wird der Gefrierbruchtechnik unterworfen und dann kurzfristig einem Vakuum ausgesetzt, so dass çber und unter den Bruchflåchen jeweils eine dçnne Eisschicht verdunstet und elektronenmikroskopisch erkennbare Merkmale freilegt (18.2) : (
7 $ ) Analyseverfahren: Eine Gewebeprobe wird eingefroren und dann mit einem Messer geschnitten. Dabei bricht der Gewebeblock in der Ebene des geringsten Widerstandes, håufig zwischen den beiden Lagen einer Lipiddoppelschicht. Anschlieûend beschichtet man die freigelegten Flåchen mit Metallen, und es entsteht ein dunkler Abdruck, den man elektronenmikroskopisch untersuchen kann (4.4) : ( ) Verfahren zur Reinigung von Proteinen oder Nucleinsåuren auf Grund ihrer Molekçlmasse. Fçr die Trennung sorgt ein Material aus winzigen poræsen Kçgelchen; diese werden in eine Såule gefçllt, durch die man die Proteinmischung langsam hindurchlaufen låsst (18.7) : (
) låsst man molekulare Gesichtspunkte auûer Acht, eine Erbeinheit, die çber die Ausprågung eines Merkmals bestimmt; aus molekularbiologischer Sicht ein DNA-Abschnitt, der die Information fçr ein einziges Polypeptid oder RNA-Molekçl einschlieûlich der transkribierten, aber nicht codierenden Regionen enthålt (10.1) (
) Zuordnung genetischer Marker zu bestimmten Stellen auf einem Chromosom auf Grund der Rekombinationshåufigkeit (10.5) /1 ( ) unterschiedliche Expression von Genen ausschlieûlich auf Grund der Tatsache, dass sie aus der Ei- oder Samenzelle stammen (12.4) 3+
94 (
) Umverteilung der Gene auf den Chromosomen (mit Auflæsung
der Kopplungsgruppen) wåhrend der Meiose; Ursache ist das Brechen und Wiederverbinden homologer Chromosomenabschnitte (10.1) + (
) der Zusammenhang zwischen der Nucleotidsequenz der DNA und der Struktur der von ihr codierten Proteine (11.6) /% (
$ ) Stelle im Genom, an der sich bei den Individuen einer Spezies håufig Unterschiede finden (SM10) : ( ) die Gesamtheit der einzigartigen genetischen Information einer Spezies von Lebewesen. Entspricht der DNA eines haploiden Chromosomensatzes (10.3) : (
) Protein, das eine bestimmte Basensequenz in der DNA erkennt, mit hoher Affinitåt an diese Sequenz bindet und so die Genexpression beeinflusst (12.3) : (
) Behandlung von Krankheiten durch Verånderung des Genotyps (SM4) 1 1 ( ) Fettsåuren, deren Kohlenstoffatome ausschlieûlich durch Einfachbindungen verknçpft sind (2.5) (
) Ionenkanal, der je nach seiner Konformation den zugehærigen gelæsten Ionen den Durchtritt gestattet oder nicht. Je nachdem, welcher Vorgang die Konformationsånderung auslæst, unterscheidet man zwischen spannungsgesteuerten und ligandengesteuerten Ionenkanålen (4.7) : (
) Gene mit intervenierenden Sequenzen (
) Teil des endoplasmatischen Retikulums, an den keine Ribosomen angeheftet sind. Die Membranelemente des glatten ER sind meist ræhrenfærmig und bilden im Cytoplasma ein verzweigtes System. Seine Funktionen sind je nach Zelltyp unterschiedlich und umfassen u. a. die Synthese von Steroidhormonen, die Entgiftung vielfåltiger organischer Verbindungen, die Mobilisierung von Glucose aus Glucose-6-phosphat sowie die Bereitstellung von Calciumionen (8.3) : ' ( 6 , Keq) Konzentrationsverhåltnis von Ausgangsstoffen und Produkten im Gleichgewichtszustand einer chemischen Reaktion (3.1) : ( ) ringfærmiges Protein, das fçr die DNA-Replikation von entscheidender Bedeutung ist; es umschlieût die DNA und verleiht der DNA-Polymerase ihre Prozessivitåt (13.1)
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JE5
1 / ( ) Protein mit kompakter, kugelåhnlicher Tertiårstruktur (2.5) :% %- (A) Schicht, die dicht an der Auûenflåche der Plasmamembran anliegt. Enthålt Membran-Kohlenhydrate und Substanzen, die von der Zelle in die Umgebung abgegeben wurden und dort in enger Nachbarschaft der Zelloberflåche verbleiben (7.1) :% ( ) stark verzweigtes Polymer aus Glucoseeinheiten, vorwiegend mit (1±4)glycosidischen Bindungen; dient in den meisten Tierzellen als Speicher fçr schnell verfçgbare Energie :% () von Sphingosin abgeleitete Lipidmolekçle, die an Kohlenhydrate gekoppelt sind; håufig aktive Bestandteile von Plasmamembranen (4.3) :%% () der erste Reaktionsweg des Glucoseabbaues; erfordert keinen Sauerstoff und endet mit der Entstehung von Pyruvat (3.3) % 7 ( ) chemische Bindung zwischen Zuckermolekçlen (2.5) :% % ( ) Anheftung von Zuckergruppen an Proteine oder Lipide (8.3, 8.4) :% % ( ) groûe Familie von Enzymen, die Zuckergruppen spezifisch von einem Donor (einem Nucleotidzucker) auf einen Akzeptor (meist das wachsende Ende einer Oligosaccharidkette) çbertragen (8.3) :%-% (A ) Organellen in Pflanzenzellen; Ort enzymatischer Umsetzungen wie der Umwandlung gespeicherter Fettsåuren in Kohlenhydrate (5.6) : (% A) System glatter Membranen, die eine charakteristisch geformte Struktur bilden; diese besteht aus abgeflachten, scheibenfærmigen Zisternen mit verdicktem Rand und assoziierten Vesikeln und Ræhren. Der Golgi-Apparat dient vor allem der Weiterverarbeitung von Proteinen, die im endoplasmatischen Retikulum synthetisiert wurden und hier spezifisch modifiziert werden (8.4) :/6 / (%B ) periphere Membranproteine, die çber Glycophosphatidylinositol-Molekçle der Doppelschicht an der Membran verankert sind (4.4) :/ (% ) GTP-bindendes Protein, das als Ein- und Ausschalter fçr Zellaktivitåten dient :/ $ (% $ ) Gruppe von çber 100 verwandten Rezeptoren, deren Molekçlkette die Plasmamembran siebenmal durchspannt. Die
JE:
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Bindung des Liganden an seinen spezifischen Rezeptor læst in dessen Konformation eine Verånderung aus, durch die der Rezeptor eine hæhere Affinitåt fçr das G-Protein gewinnt; dies fçhrt im Zellinneren zu einer Reaktion (15.3) :/ 2 ( % $ ) Bestandteil mancher Signalçbertragungswege; werden als G-Proteine bezeichnet, weil sie Guaninnucleotide (GDP oder GTP) binden, und als Heterotrimere, weil sie stets aus drei verschiedenen Polypeptiduntereinheiten bestehen (15.3) : ( ) geordnete Stapel aus Thylakoiden (6.1) :$ 9 ( $ ) Das Auflæsungsvermægen eines Mikroskops ist durch die Wellenlånge der beleuchtenden Strahlung limitiert. Es gilt die Gleichung D = 0,61 k/ sin , wobei D die Mindestentfernung von zwei Punkten ist, die gerade noch aufgelæst werden, ist die Wellenlånge des Lichtes, und ist der Brechungsindex des Mediums. ist ein Maû fçr die Lichtsammelfåhigkeit des Objektivs und steht in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Apertur. Das Auflæsungsvermægen eines Lichtmikroskops hat seine Grenze bei knapp 200 nm (18.1) $ / (
, :/) fluoreszierendes Protein der Qualle ! 6 ; wird håufig verwendet, um Ablåufe in lebenden Zellen zu verfolgen. Meist koppelt man das GFP-Gen an ein Gen, fçr das man sich interessiert, und dann schleust man die DNA, die das Fusionsprotein codiert, in die zu untersuchenden Zellen ein (8.2) :!/ 9 / (%2 $$ ' :/ ) Proteine, die an G-Proteine binden und damit deren GTPase-Aktivitåt anregen. Deshalb verkçrzen GAPs die Dauer einer vom G-Protein vermittelten Reaktion : (
$ A , :# ) Proteine, die an ein G-Protein binden, den Austausch eines gebundenen GDP gegen GTP stimulieren und so das G-Protein aktivieren (15.4) :
$ ( $
$ , :6 ) Proteine, die an G-Proteine binden, die Dissoziation des gebundenen GDPP verhindern und so den inaktiven Zustand des G-Proteins aufrechterhalten (15.4) ! ( ) Tumor aus Zellen, die nicht mehr der normalen Wachstumssteuerung unterliegen, die aber nicht in gesundes Gewebe eindringen und keine Metastasen an weit entfernten Stellen bilden (16.3)
2 ' $ ( ) Maû fçr die Instabilitåt eines Radioisotops: die Zeit, in der die Hålfte des radioaktiven Materials zerfållt (18.4) 21% ( ) Auflæsung der Membran roter Blutzellen; im Labor bringt man die Zellen zu diesem Zweck in eine hyotonische Læsung, so dass sie anschwellen, platzen und ihren Inhalt freisetzen, wobei Membran¹Ghostsª zurçckbleiben (4.6) () Zustand, in dem nur ein Chromosom eines homologen Paares vorhanden ist. Haploide Zellen (z. B. die Samenzellen) entstehen durch Meiose. Vgl. diploid (14.3) 2 % ( ) Teil des Genoms, der meist unveråndert von einer Generation zur nåchsten weitervererbt wird. Haplotypen sind allgemein durch eine immer gleiche Kombination von Einzelnucleotid-Polymorphismen (SNPs) definiert (SM10) 2 1 - (< $ A, 2+) Genomabschnitt, in dem die MHC-Proteine codiert sind. Die entsprechenden Gene sind stark polymorph und liegen in Form zahlreicher verschiedener Allele vor. Diese genetischen Unterschiede zwischen den Individuen sind der Grund, warum der menschliche Organismus jedes Transplantat abstæût, das nicht von einem eineiigen Zwilling stammt (17.4) 2 ( ) Protein, das einen DNA(oder RNA-) Doppelstrang auseinander windet. In der Reaktion wird die durch ATP-Hydrolyse freigesetzte Energie zur Auflæsung der Wasserstoffbrçcken verwendet, welche die beiden Strånge zusammenhalten (13.1) 2 ($ ) Mikroskop, bei dem das von der Lichtquelle kommende Licht unterhalb des Objekttisches von dem Kondensor in Richtung des Objektes gebçndelt wird und einen hellen Kegel bildet, der dann in das Objektiv fållt (18.1) 2 ( ) spezialisierte Anheftungsstruktur an der Unterseite von Epithelzellen; dient dazu, die Zellen mit der darunter liegenden Basalmembran zu verbinden. Das Hemidesmosom besteht aus einem dichten Plaque auf der Innenseite der Plasmamembran, von dem sich keratinhaltige Filamente ins Cytoplasma erstrecken (7.2) 2 ( ) Chromatin, das wåhrend der Interphase kondensiert bleibt (12.1) ) (
-)!' ) ) groûe Klasse von RNA-Molekçlen mit folgenden gemeinsamen Eigenschaften: 1. hohes Molekulargewicht (bis zu 80S oder 50000 Nucleotide), 2. sehr vielgestal-
tige Nucleotidsequenzen und 3. Vorkommen nur im Zellkern. Zu ihnen gehært auch die Prå-mRNA (11.4) 8' ( ) Lebewesen, das auf åuûere Zufuhr organischer Verbindungen angewiesen ist (6.1) 2 (
) Vorstellung, wonach Zustand und Aktivitåt eines bestimmten Chromatinabschnitts von spezifischen kovalenten Modifikationen in den Histonen der Nucleosomen dieses Bereiches abhången. Erzeugt werden die Modifikationen durch Enzyme, die verschiedene Aminosåuren in den Histonen acetylieren, methylieren und phosphorylieren (12.1) 2 (
) Gruppe kleiner, gut definierter, basischer Proteine im Chromatin (12.1) 2 $ ( ) Aktivierung der Expression zahlreicher Gene als Reaktion auf eine Temperaturerhæhung. Die Produkte dieser Gene, darunter einige Chaperone, unterstçtzen die Erholung des Organismus von den schådlichen Auswirkungen der hohen Temperatur (EV2) 2
($ 6 ' 2/8+) Form der hoch auflæsenden Chromatographie mit sehr engen, langen Såulen; die mobile Phase wird mit hohem Druck durch eine dicht gepackte Matrix gepresst (18.7) 9 ( ) kurze DNA-Sequenzen von hæchstens einigen hundert Nucleotiden, die mit mindestens 105 Kopien je Genom vorliegen. Hochrepetitive Sequenzen machen in der Regel etwa 10 Prozent der DNA von Wirbeltieren aus (10.3) 2 ( 7 ) das experimentelle Aufbrechen von Zellen (8.2) + ( $ ) gepaarte Chromosomen diploider Zellen, die jeweils eine der beiden Kopien des genetischen Materials enthalten (10.1) &<$ ( 6 ) Wenn die Aminosåuren mehrerer Proteine oder die Nucleotidsequenzen mehrerer Gene einander åhnlich sind, geht man davon aus, dass sie in der Evolution aus derselben Vorlåufersequenz entstanden sind. Um diese entwicklungsgeschichtliche Verwandtschaft deutlich zu machen, bezeichnet man solche Sequenzen als homolog (2.4) $ : (
$ ) Gençbertragung zwischen verschiedenen biologischen Arten (EV1) 6 1 ( ) die von den Antikærpern im Blut vermittelte Immunitåt (17.2)
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JE/
2% (
' ) die erneute Zusammenlagerung komplementårer DNA-Einzelstrånge, die zuvor denaturiert wurden (10.3) 2% () Hybridzellen, entstanden durch die Fusion eines normalen, Antikærper produzierenden Lymphocyten und einer bæsartigen Myelomzelle. Hybridome vermehren sich und produzieren groûe Mengen eines einzigen (monoklonalen) Antikærpers, den auch die normale Zelle vor der Fusion mit der Myelomzelle bereits gebildet hat (18.13) % () ¹Wasser liebendª: Eigenschaft polarer Molekçle, die mit den umgebenden, ebenfalls polaren Wassermolekçlen in Wechselwirkung treten (2.2) % ' ( $ ) (hydrophob = ¹Wasser fçrchtendª) Neigung unpolarer Molekçle, sich zusammenzulagern und so die Summe der Wechselwirkungen mit den umgebenden, polaren Wassermolekçlen so gering wie mæglich zu halten. (2.2) % ( ) Eigenschaft eines Kompartiments, in dem eine hæhere Konzentration gelæster Stoffe herrscht als in einem anderen Kompartiment (4.7) %9 ( ) Abschnitte in den variablen Regionen der Antikærper, die sich in ihrer Sequenz noch stårker von einem Molekçl zum anderen unterscheiden; Sitz der Antigenspezifitåt (17.4) % ( ) Eigenschaft eines Kompartiments, in dem eine niedrigere Konzentration gelæster Stoffe herrscht als in einem anderen Kompartiment (4.7) 6 ' (
) Reaktion der Zellen des Immunsystems auf den Kontakt mit kærperfremden Stoffen einschlieûlich eingedrungener Krankheitserreger. Umfasst angeborene und erworbene Reaktionen. Bei der erworbenen Immunantwort unterscheidet man zwischen der Primårreaktion nach dem Erstkontakt mit einem Antigen und den Sekundårreaktionen, die sich nach erneutem Kontakt mit dem Antigen einstellen (17) 6 C (
, 6&) vielgestaltige Gruppe von Proteinen mit Domånen aus 70 bis 110 Aminosåuren, die den Domånen in den Polypeptidketten der Antikærper im Blut åhneln (7.3) 6 1 ( ) Zustand der Unempfindlichkeit eines Organismus gegençber der Infektion mit einem bestimmten Krankheitserreger (17) 6 % (
) physiologisches System aus Organen, Geweben und eigenstån-
JE6
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digen Zellen, die den Organismus vor eingedrungenen Krankheitserregern und Fremdsubstanzen schçtzen (17) 6 ( ) Behandlung von Krebs, Autoimmunerkrankungen und anderen Leiden unter Verwendung von Antikærpern (16.4, SM17) 6 $ ( ) Zustand, in dem der Organismus auf bestimmte Substanzen ± insbesondere kærpereigene Proteine ± nicht mit einer Immunantwort reagiert, weil die Zellen, die eine solche Reaktion auslæsen kænnten, inaktiviert oder zerstært wurden (17.1, SM17) In vitro ( ) auûerhalb des Organismus. Gewebekulturzellen werden gezçchtet, und Untersuchungen an solchen Zellen bezeichnet man als $-Studien (18.5) 6 6 $$ ( $ ) Abwandlung des Verfahrens der direkten Immunfluoreszenz: Man behandelt die Zellen mit einem unmarkierten Antikærper, der daraufhin mit dem zugehærigen Antigen einen Komplex bildet. Die Lage dieser Komplexe aus Antigen und Antikærper macht man dann im zweiten Schritt mit fluoreszenzmarkierten Antikærpern sichtbar, deren Bindungsstelle auf die im ersten Schritt verwendeten Antikærper anspricht (18.13) Induced fit Konformationsånderung eines Enzyms im Anschluss an die Substratbindung; ermæglicht den weiteren Ablauf der chemischen Reaktion (3.2) $ ( ( ) Operon, in dem ein wichtiges Stoffwechselprodukt die Transkription der Strukturgene in Gang setzt (12.2) 6 ( ) erster Schritt bei der Synthese einer Polypeptidkette: Das Ribosom heftet sich an einer festgelegten Stelle an die mRNA, so dass die gesamte Information im richtigen Leseraster abgelesen wird (11.8) 6 ( ) das Nucleotidtriplett AUG, mit dem sich die mRNA an das Ribosom anheftet; sorgt dafçr, dass das Ribosom sich im richtigen Leseraster befindet und die gesamte Information der mRNA richtig abliest (11.8) in-situ-2% ( 7 ) Verfahren zum Nachweis einer bestimmten DNA- oder RNA-Sequenz in einer Kulturschale oder einem Elektrophoresegel (10.3) 6 $& ( $ , 6 & ) Proteine, die als Reaktion auf Insulin phosphoryliert werden und dann an verschiedene nachgeschaltete Effektoren binden, um diese zu aktivieren (15.3)
/ ( ) Membranprotein, das in die Lipiddoppelschicht hineinragt oder sie ganz durchspannt (4.4) 6 ( ) Superfamilie integraler Membranproteine, die spezifisch an Molekçle auûerhalb der Zelle binden (7.2) 6 1 ( ' 6 ) widerstandsfåhige, seilartige Cytoskelettfasern mit einem Durchmesser von etwa 10 nm; bestehen je nach Zelltyp aus verschiedenartigen Proteinuntereinheiten, die sich zu åhnlichen Filamenten zusammenlagern. IFs verleihen den Zellen mechanische Stabilitåt und erfçllen spezialisierte, gewebespezifische Funktionen (9.4) 6 ( ) der gesamte Zellzyklus mit Ausnahme der Zellteilung (14.1) 6 3 9 &<$4 (B ' 6 ) DNA-Abschnitte, die zwischen den codierenden Teilen eines Gens liegen und in der zugehærigen mRNA fehlen (11.3, 11.4) 69 ( ) Chromosomenaberration; entsteht, wenn ein Chromosom an zwei Stellen bricht und der entstandene mittlere Abschnitt umgekehrt wieder eingebaut wird (SM12) 6 ( ) Atom oder Molekçl, das durch eine chemische Reaktion Elektronen aufgenommen oder abgegeben hat und deshalb eine negative oder positive Gesamtladung besitzt (2.1) 6 ( $ A ) Verfahren zur Proteinreinigung; die Trennung verschiedener Proteine erfolgt aufgrund ihrer Ionenladung (18.7) 6 ( ) auch Salzbrçcke genannt; chemische Bindung zwischen entgegengesetzt geladenen Ionen 6 (
) membrandurchspannende Struktur (z. B. ein integrales Protein mit einer wassergefçllten Úffnung), die fçr ganz bestimmte Ionen durchlåssig ist (4.7) 9 6 ( ) Enzymhemmstoff, der sehr eng (håufig kovalent) an das Enzymmolekçl bindet und es dadurch dauerhaft inaktiviert (3.2)
( ) Form der Elektrophorese; Proteine werden je nach ihrem isoelektrischen Punkt getrennt (18.7) / ( ) der pH, bei dem die negativen und die positiven Ladungen in den Aminosåuren eines Proteins gleich sind, so dass das Molekçl insgesamt neutral ist (18.7) 6 () unterschiedliche Formen eines Proteins. Isoformen sind entweder in getrennten, sehr åhnlichen Genen codiert
oder entstehen als Varianten durch alternatives Spleiûen der Produkte eines einziges Gens %% ( ) Schema, in dem die homologen Chromosomen paarweise nach ihrer Græûe angeordnet sind (12.1) &' ' ( +) Stoffwechselweg, in dessen Verlauf relativ komplexe Molekçle zu einfacheren Produkten abgebaut werden (3.3) ( ) ionisiertes Atom oder Molekçl mit positiver Gesamtladung (2.1) $ ( ) Zellen wie Spermatogonien, Oogonien, Spermatocyten und Oocyten, aus denen Gameten hervorgehen kænnen 1< 9 3) 4 ( ) unscharf abgegrenzter Bereich, der in Prokaryotenzellen das genetische Material enthålt (1.3) ( ) komplexe Doppelmembranstruktur, die den eukaryotischen Zellkern vom Cytoplasma trennt (12.1) ( + ) der Zerfall der Kernhçlle am Ende der Prophase (14.2) dichtes Geflecht aus Intermediårfilamenten, das die Innenflåche der Kernhçlle auskleidet (12.1) - ( A) unlæsliches Geflecht aus Faserproteinen, das sich kreuz und quer durch den Zellkern zieht (12.1) - ( A, )/+) kompliziert gebauter, kærbchenfærmiger Apparat, der die Kernpore wie ein Pfropfen ausfçllt und sowohl in den Zellkern als auch ins Cytoplasma ragt (12.1) (
) groûes Motorprotein, das membranumhçllte Vesikel und andere Organellen durch das Cytoplasma entlang der Mikrotubuli in Richtung von deren Plus-Ende zieht. Kinesin gehært zur Familie der Kinesinåhnlichen Proteine (9.3) # (
) Energie, die durch die Bewegungen der Atome oder Molekçle aus einer Substanz freigesetzt wird (3.1) (
) plattenfærmiges Gebilde auf der Auûenseite des Cetromers; dient als Anheftungsstelle fçr die Spindel-Mikrotubuli (14.2) ) ( -)!' ) ) kleine RNA-Molekçle aus 90 bis 300 Nucleotiden, die im Zellkern wirken und fçr die Weiterverarbeitung der mRNA erforderlich sind (11.4) ) ) ( -)!,
) ) RNA-Molekçle, die wåhrend der Entstehung der Ribosomen im Nucleolus fçr die Anheftung von Methyl- und Pseudouridingruppen notwendig sind (11.3)
Glossar
JED
(
' )/ ) Ribonucleoproteinpartikel, die in Spleiûosomen vorkommen; der Name besagt, dass sie aus snRNA und daran gebundenen, spezifischen Proteinen bestehen (11.4) ( ) primåre Zellkultur, bei der man relativ wenige Zellen in die Kulturschale bringt, so dass sie nach der Anhaftung an die Oberflåche durch eine gewisse Entfernung von ihren Nachbarn getrennt sind. Durch die Vermehrung entstehen dann Einzelkolonien oder Klone, deren Mitglieder jeweils alle von einer einzigen Zelle abstammen (18.5) & ( ) nach einer stichhaltig begrçndeten Theorie der Vorgang, durch den B- und T-Lymphocyten ihre Fåhigkeit zur Produktion spezifischer Antikærper oder T-Zell-Rezeptoren bereits erwerben, bevor sie mit Antigenen in Berçhrung kommen. Dringt spåter ein Antigen in den Organismus ein, interagiert er spezifisch mit den B- und T-Lymphocyten, die komplementåre Rezeptoren tragen. Die Wechselwirkungen zwischen dem Antigen und den B- bzw. T-Lymphocyten fçhren dazu, dass der Lymphocyt sich vermehrt und einen Klon bildet, dessen Zellen alle auf das Antigen ansprechen (17.2) 1 ( ) Måuse, denen ein normalerweise vorhandenes funktionsfåhiges Gen auf Grund experimenteller Manipulationen von Geburt an fehlt (18.13) % ( ) Gruppe organischer Verbindungen, zu der sowohl einfache Zucker (Saccharide) als auch Saccharidpolymere gehæren; dienen in den Zellen vor allem als Energiespeicher und Strukturelemente (2.5) '
( ) die einfachste Gruppe organischer Molekçle; bestehen ausschlieûlich aus Kohlenstoff und Wasserstoff (2.4) ( ) Familie faserfærmiger Glycoproteine mit hoher Zugfestigkeit; dienen ausschlieûlich als Bestandteile der extrazellulåren Matrix 9 2 ( ) Enzymhemmstoff, der mit dem Substrat um den Zugang zum aktiven Zentrum konkurriert (3.2) 1 ( ) die Beziehung zwischen den Basensequenzen in den beiden Strången der DNA-Doppelhelix. Die Struktur der Basenmolekçle erlaubt nur zwei Paarungen: Adenin mit Thymin und Guanin mit Cytosin (10.2)
JEH
Glossar
% M N System von Blutplasmaproteinen, die als Teil der angeborenen Immunabwehr dazu beitragen, eingedrungene Mikroorganismen zu zerstæren; dies geschieht entweder direkt (weil sie die Plasmamembran poræs machen) oder indirekt (indem die Mikroorganismen der Phagocytose zugånglich werden) (17.1) & ( $
) Mikroskop, in dem das Objekt mit einem schmal fokussierten Laserstrahl abgetastet wird. Der Strahl wandert in einer einzigen Tiefe schnell çber das Objekt und beleuchtet deshalb nur eine einzige optische Ebene oder ¹Schnittebeneª. In der Regel verwendet man fluoreszenzgefårbte Objekte; mit dem Licht, das von der beleuchteten optischen Ebene ausgeht, erzeugt man ein Bild dieser Ebene auf einem Bildschirm (17.1) ( ) die råumliche Anordnung der Atome in einem Molekçl; ist håufig von groûer Bedeutung, wenn man die biologische Aktivitåt der Proteine und anderer Molekçle in einer lebenden Zelle verstehen will (2.5) 1 ( ) vorhersagbare Formverånderung eines Proteinmolekçls im Zusammenhang mit einem biologischen Vorgang (2.5) , 7 ( < ) gepaarte Form; entsteht, wenn eine Såure in einer Såure-Base-Reaktion ein Proton abgibt (2.3) , &1 ( < ) gepaarte Form; entsteht, wenn eine Base in einer Såure-Base-Reaktion ein Proton aufnimmt (2.3) , / Protein, das kovalent oder nicht-kovalent mit anderen Substanzen auûer Aminosåuren gekoppelt ist, beispielsweise mit Metallionen, Nucleinsåuren, Lipiden oder Kohlenhydraten (2.5) 9 &<$ ( 6 ) Aminosåure- oder Nucleotidsequenzen, die sich sehr åhnlich (homolog) sind und sich demnach in langen entwicklungsgeschichtlichen Zeitråumen kaum auseinander entwickelt haben. Konservierte Sequenzen werden unter Umstånden schon durch Austausch eines einzigen Bausteins funktionsunfåhig (2.4) ( ) Abschnitte der leichten und schweren Polypeptidkette von Antikærpern, die immer die gleiche Aminosåuresequenz haben (17.4) 9 ( ) Eigenschaft eines Vorganges, der ståndig ablåuft und nicht reguliert wird. Manche derartigen Vorgånge sind normal (z. B. konstitutive Sekretion), andere entstehen durch Mutationen, die zum Versagen
der Regulation und damit zu ståndiger Aktivitåt fçhren, beispielsweise zu konstitutiver Aktivierung eines Signalçbertragungsweges 9 & ( ) ståndige, nicht regulierte Ausscheidung von Substanzen, die in der Zelle produziert wurden, in die Zellumgebung (8.1) 9 2 ( $ : Teil des Chromatins, der ståndig im kondensierten Zustand bleibt und demnach dauerhaft inaktive DNA beinhaltet. Besteht vorwiegend aus hochrepetitiven Sequenzen (12.1) ( ) Unterschiede im Aussehen verschiedener Teile eines Objekts oder eines Objekts und seines Hintergrundes (18.1) ( ) Mechanismen, die den Zellzyklus anhalten, wenn die DNA in den Chromosomen beschådigt ist oder wenn entscheidende Vorgånge wie die DNA-Replikation oder die Chromosomenanordnung in der Mitose noch nicht abgeschlossen sind (14.1) ( ) polarer, wasserlæslicher Teil eines Phospholipids; besteht aus einer Phosphatgruppe und mehreren daran gekoppelten kleinen, hydrophilen Molekçlen (4.3) 9 ( A$ $ ) Schritte, die nach dem Eintreffen eines Nervenimpulses an der Plasmamembran des Muskels fçr die Verkçrzung der Sarkomere in der Muskelfaser sorgen (9.6) ( ) Gruppe von Genen, die auf demselben Chromosom liegen; die von diesen Genen gesteuerten Eigenschaften segregieren nicht unabhångig voneinander (10.1) 9 7 ( ) chemische Bindung, bei der zwei Atome sich ein Elektronenpaar teilen (2.1) ( ) Erreger, der bei Zellen oder Organismen eine Infektion und Erkrankung hervorrufen kann (2.5) 2 ( ' T+ ) Klonierungsvektoren, kçnstlich hergestellt nach dem Vorbild natçrlicher Hefechromosomen. Enthalten alle Elemente, die in einem Hefechromosom fçr die Replikation in der S-Phase und die Verteilung auf die Tochterzellen wåhrend der Mitose notwendig sind; ein zusåtzliches Gen ermæglich die Selektion von YAC-haltigen Zellen gegençber solchen, denen das Element und damit auch das zu klonierende DNA-Fragment fehlt (18.13)
8 M N die Vorderkante eines wandernden Fibroblasten; erstreckt sich als breiter, abgeflachter Fortsatz aus der Zelle und gleitet çber die Unterlage (9.7) ( ) der kleinere der beiden Typen von Polypeptidketten in einem Antikærper; Molekulargewicht 23 000 (17.4) 8 1 ( ) die Wanderung kleiner Ionen durch Membranen (4.7) 8 ( ) der DNA-Tochterstrang, der bei der Replikation kontinuierlich synthetisiert wird; seinen Namen trågt er, weil seine Synthese sich mit der Wanderung der Replikationsgabel unmittelbar fortsetzt (13.1) 8 ( ) das Raster, in dem die Nucleotide in Dreiergruppen abgelesen werden; der Anfang liegt an einer ganz bestimmten Stelle in der mRNA (11.6) 8 9 ( ) Mutation, bei der in der DNA ein einzelnes Basenpaar hinzugekommen oder weggefallen ist, mit der Folge, dass die gesamte codierende Sequenz von der Mutationsstelle an in einem falschen Leseraster abgelesen wird (11.8) 1 ($ $ ) die erste der beiden Reaktionsfolgen, die gemeinsam die Photosynthese bilden. Die Energie des Sonnenlichts wird absorbiert und in chemische Energie umgewandelt, die dann in ATP und NADPH gespeichert wird (6.2) 8
- 66 ( A BB' 82+66) Komplex aus Pigment und Protein, der sich auûerhalb des eigentlichen Photosystems befindet und den græûten Teil der Licht sammelnden Pigmente des PSII enthålt; kann auch mit dem PSI assoziiert sein (6.4) 1 " K L ($ ) die zweite der beiden Reaktionsfolgen, die gemeinsam die Photosynthese bilden. Mithilfe der Energie in den ATP- und NADPH-Molekçlen, die in den Lichtreaktionen entstanden sind, werden Kohlenhydrate aus Kohlendioxid aufgebaut (6.2) 8 Molekçl, das an einen Rezeptor binden kann, weil es zu diesem eine komplementåre Struktur besitzt (15.1) 8 ( ) Struktur, die Phospholipide auf Grund ihrer hydrophoben und hydrophilen Wechselwirkungen von selbst ausbilden. Biologisch bedeutsam als Grundstruktur von Zellmembranen (4.2) 8 () unpolare organische Molekçle wie Fette, Steroide und Phospholipide; ihre gemeinsame Eigenschaft, die Wasserunlæslichkeit, ist von entscheidender Bedeutung fçr ihre biologische Funktion (2.5)
Glossar
JEA
8 D ( ) Unterabschnitte einer Zellmembran, die wegen ihres Gehalts an Cholesterin, Glycolipiden und Phospholipiden mit langen, gesåttigten Fettsåuren eine verminderte Fluiditåt besitzen. Dienen håufig als Anheftungsstellen fçr GPI-gekoppelte Proteine (4.6) / ($ ) membrangebundenes Protein, das auûerhalb der Doppelschicht liegt, aber kovalent mit einem ihrer Lipidmolekçle verbunden ist (4.4) 8 ( ) kçnstliche Lipiddoppelschicht, die sich in einer wåssrigen Umgebung zu kugelfærmigen Vesikeln zusammenlagert (4.3) 8 ( ) die Lage eines Gens auf einem Chromosom (10.1) 8 3 4 ( ' ) Bereich des Cytoplasmas, der von den Membranen des endoplasmatischen Retikulums oder des Golgi-Apparats umschlossen ist (8.3) 8% % ( ) weiûe Blutzellen (Leukocyten) mit einem Zellkern, die zwischen Blut- und Lymphgefåûen pendeln und Tråger der erworbenen Immunitåt sind. Zu der Gruppe gehæren die B- und T-Zellen (17) 8% & ( $ ) Krankheiten, die durch den Defekt von Lysosomenenzymen und die damit verbundene Anhåufung nicht abgebauter Substrate entstehen (SM8) ( ) groûe, hoch organisierte Molekçle, die fçr Struktur und Funktion der Zellen unentbehrlich sind; man unterscheidet Polysaccharide, Lipide, Proteine und Nucleinsåuren (2.4)
( ) primåre Zellkultur, bei der man eine groûe Zahl von Zellen auf die Kulturschale bringt; dort setzen sie sich ab, heften sich am Boden fest und bilden eine relativ einheitliche Zellschicht (18.5)
( ) Verfahren zum Nachweis von Proteinen und anderen Molekçlen. Ein Protein oder ein Proteingemisch wird in Molekçlfragmente zerlegt, in gasfærmige Ionen umgewandelt und durch das Rohr eines Massenspektrometers geleitet. Dabei trennen sich die Ionen je nach ihrem Verhåltnis von Masse und Ladung (m/z). Zur Identifizierung der Proteine vergleicht man die Ergebnisse mit einer Computerdatenbank der Sequenzen von Genomen, die in einem Genom codiert sind (2.5, 18.17) - (A $ , / ) Familie zinkhaltiger Protea-
JEE
Glossar
sen, die im extrazellulåren Raum verschiedene Proteine und Proteoglycane abbauen (7.1) - ' (A , . -) die hæchstmægliche Geschwindigkeit einer Enzymreaktion, die erreicht wird, wenn das Enzym mit dem Substrat gesåttigt ist (3.2) ( ) Form der Zellteilung, bei der die Chromosomenzahl so reduziert wird, dass die neu entstehenden Zellen nur ein Exemplar aus jedem Paar homologer Chromosomen erhalten (14.3) 1 (
) physikalische Eigenschaft der Lipiddoppelschicht einer Membran; sie ist der Grund, warum Membranlipide und -proteine in der Membranebene diffundieren kænnen. Umgekehrt proportional zur Viskositåt der Membran. Die Membranfluiditåt wåchst mit steigender Temperatur und mit dem Anteil der ungesåttigten Lipide in der Membran (4.5) $ (
) die elektrische Potenzialdifferenz beiderseits einer Membran (4.8)
) ( -)!, )) Ûbertrågermolekçl zwischen einem Gen und dem von ihm codierten Polypeptid. Die MessengerRNA wird als komplementåre Kopie an einem der beiden DNA-Strånge des entsprechenden Gens gebildet (11.1) ( ) Stadium der Mitose, in dem alle Chromosomen sich am Spindelåquator angeordnet haben. Die Schwesterchromatiden sind dabei jeweils mit entgegengesetzten Zellpolen verbunden (14.2) % + (
) Modifikation am 5'-Ende eines mRNA-Vorlåufermolekçls: das endståndige Guanosin ist ¹verkehrt herumª gebunden und in der 7'-Position der Guaninbase methyliert; das Nucleotid an der Innenseite der Triphosphatbrçcke trågt in der 2'-Position der Ribose eine Methylgruppe. Die Cap-Struktur verhindert, dass das 5'-Ende der mRNA durch Nucleasen abgebaut wird, unterstçtzt den Transport der mRNA aus dem Zellkern und wirkt an der Initiation der Translation mit (11.4) 2+ (#3" ) Proteine, die in der MHC-Region des Genoms codiert sind und weiterverarbeitete Antigene (als Antigen wirkende Peptide) binden, um sie auf der Zelloberflåche zu pråsentieren. Man unterscheidet zwei Klassen: MHC-Molekçle der Klasse I werden praktisch von allen Kærperzellen produziert, solche der Klasse II sind Produkte der ¹professionellenª Antigen pråsentierenden Zellen wie Makrophagen und dendritische Zellen (17.4)
( ' ) in der Enzymkinetik die Substratkonzentration bei der Hålfte der maximalen Reaktionsgeschwindigkeit ( ) kråftige, 8 nm dicke Cytoskelettstrukturen; bestehen aus zwei spiralig gewundenen Polymerstrången des Proteins Actin. Sie sind von entscheidender Bedeutung fçr praktisch alle Formen der Kontraktion und Bewegung innerhalb der Zellen (9.5) ( ) Långenmaû: 10±6 m (1.3) ) ( -)!' ) ) kleine RNAMolekçle aus 21 bis 23 Nucleotiden, die an vielen Stellen im Genom synthetisiert werden. Ûber ihre Funktion weiû man kaum etwas. Vermutlich sind sie an der Hemmung der Translation komplementårer RNAs, an der Bildung von Heterochromatin und an der Unterdrçckung der Genexpression beteiligt (11.5) heterogene Gruppe von Vesikeln, die sich nach dem Homogenisieren aus dem Endomembransystem (vor allem aus endoplasmatischem Retikulum und Golgi-Apparat) bilden (8.2) hohle, zylinderfærmige Cytoskelettstrukturen mit einem Durchmesser von 25 nm, deren Wånde aus dem Protein Tubulin bestehen. Mikrotubuli sind Heteropolymere; ihre Bausteine sind Dimere aus - und -Tubulin, die in den Reihen der Protofilamente angeordnet sind. Da Mikrotubuli recht steif sind, haben sie oft Gerçstaufgaben (9.3)
$ / ( $ , / ) Proteine, die neben dem Tubulin in Mikrotubuli aus Zellen enthalten sind. Vermutlich verbinden MAPs die Mikrotubuli zu Bçndeln oder halten sie als Querbrçcken zusammen. Andere dçrften die Stabilitåt der Mikrotubuli und ihre Steifigkeit beeinflussen oder ihre Bildungsgeschwindigkeit veråndern (9.3) (
$ ( $ 7 ' !(+ ) verschiedene spezialisierte Strukturen, die dazu beitragen, die Mikrotubulibildung in Gang zu setzen (9.3) - ( A) das wåssrige Kompartiment im Inneren eines Mitochondriums (5.1) ( ) Zellorganellen, in denen die aerobe Energieumwandlung stattfindet; Stoffwechselzwischenprodukte wie Pyruvat werden oxidiert, und es entsteht ATP (5.1) ( $
) Die åuûere Membran dient als Abgrenzung zum Cytoplasma und ist relativ durchlåssig, die innere beherbergt die Appa-
ratur fçr die Zellatmung und ist sehr undurchlåssig (5.1) () Teilung des Zellkerns, bei der die verdoppelten Chromosomen pråzise voneinander getrennt werden; es entstehen zwei Zellkerne, von denen jeder die vollståndige Chromosomenausstattung der ursprçnglichen Zelle besitzt (14.2) ( ) Apparat aus Mikrotubuli, der die verdoppelten Chromosomen wåhrend der Mitose organisiert und ordnet (14.2) 9 ( ) DNA-Sequenzen, die sich in einem Eukaryotengenom einige tausend Mal wiederholen. Die mittelrepetitive Fraktion kann 20 bis 80% der gesamten DNA ausmachen. Es handelt sich entweder um genau gleiche oder um unterschiedliche, aber åhnliche Sequenzen (10.3) ( ) Zisternen des Golgi-Apparats zwischen "- und 2 Zisternen (8.4) ( ) Lebewesen, die in der Forschung håufig verwendet werden, so dass man umfangreiche Kenntnisse çber ihre biologischen Eigenschaften besitzt. Solche Organismen sind wegen ihrer Eigenschaften besonders gute Forschungsobjekte. Zu ihnen zåhlen das Bakterium , die Båckerhefe , der Fadenwurm " , die Taufliege , die Ackerschmalwand ! und die Maus # (1.3) ( $ ) Pråparat aus Antikærpermolekçlen, die von einer einzigen Zellkolonie (einem Klon) produziert wurden (18.14) ( ) Chromosomenausstattung, in der ein Chromosom fehlt, d. h. von einem Paar homologer Chromosomen ist nur ein Exemplar vorhanden (SM14) 9 () Strukturelement, das sich in vielen verschiedenen Proteinen wiederfindet, wie das ¹Fassª aus -Strången und einem damit verbundenen -Helix-Abschnitt (2.5) ( ) Proteine, die ATP hydrolysieren und mit der dabei freigesetzten Energie eine mechanische Kraft erzeugen; mit dieser Kraft kann das Protein sich selbst entlang der Cytoskelettelemente fortbewegen und auch ¹Frachtª transportieren. Man kennt drei Familien von Motorproteinen: Kinesine und Dyneine wandern an den Mikrotubuli entlang, die Myosine an den Mikrofilamenten (9)
Glossar
JEJ
/ (# ) Phase des Zellzyklus mit der Mitose, in der die verdoppelten Chromosomen sich auf zwei Zellkerne verteilen, und der Cytokinese, bei der sich die ganze Zelle in zwei Tochterzellen teilt (14.1) - ( A) Aggregat aus mehreren vollståndigen Proteinen, die gemeinsam einen funktionsfåhigen Komplex bilden (2.5) ( ) eine Skelettmuskelzelle; wird als Faser bezeichnet, weil sie viele Zellkerne und als kabelfærmige Struktur aus mehreren hundert dçnneren, zylinderfærmigen Strången eine strenge innere Ordnung besitzt (9.6) ( ) Individuum, das sich in seinen Erbeigenschaften vom Wildtyp unterscheidet (10.1) ( ) Genverånderung, die von Dauer ist und vererbt wird (10.1) % () dçnne, zylinderfærmige Strånge, Bestandteile der Muskelfasern. Jede Myofibrille besteht aus hintereinander aufgereihten Sarkomeren, kontraktilen Einheiten, die den Skelettmuskelzellen ihr gestreiftes Aussehen verleihen (9.6) % ( ) groûe Familie von Motorproteinen, die sich an actinhaltigen Mikrofilamenten entlangbewegen. Die meisten Myosine wandern in Richtung des Plus-Endes. Das konventionelle Myosin (Myosin II) sorgt fçr die Muskelkontraktion und fçr bestimmte Bewegungen auûerhalb der Muskulatur, beispielsweise fçr die Cytokinese. Die unkonventionellen Myosine der Typen I und III bis XVIII sind fçr viele verschiedene Aufgaben zuståndig, unter anderem fçr den Organellentransport (9.5) ) ( ) Långenmaû: 10±9 m (1.3) $ / ( ) Protein, dessen Synthese noch nicht abgeschlossen ist (11.8) 9 / ( ) Protein im vollståndig zusammengefalteten Zustand ) / ( $ , ) MJM!/ ) Transportprotein, das Energie aus ATO gewinnt und damit Natriumund Kaliumionen transportiert: Mit jeder Konformationsånderung werden drei Natriumionen aus der Zelle und zwei Kaliumionen in sie hinein befærdert (4.7) $ ( ' ) ) Lymphocyten, die eine infizierte Wirtszelle unspezifisch angreifen und die Apoptose auslæsen (17.1) ) 91 (
) Verfahren, bei denen sich auf einem elektronenmikrosko-
JJ0
Glossar
pischen Objekttrågernetz çberall Schwermetallablagerungen sammeln, auûer an den Stellen, wo sich sehr kleinteiliges Material befindet, beispielsweise hochmolekulare Aggregate wie Viren, Ribosomen, Enzyme aus vielen Untereinheiten, Cytoskelettelemente und Proteinkomplexe (18.1) )9 (
) Aktionspotenzial, das sich an der Membran eines Neurons fortpflanzt, indem es nacheinander Aktionspotenziale in benachbarten Membranabschnitten auslæst (4.8) )9 . (
< $ ) Verbindungsstelle zwischen einem Axonende und einer Muskelfaser; die Stelle, wo Nervenimpulse vom Axon çber den synaptischen Spalt an die Muskelfaser çbertragen werden (9.6) ) (
) Substanz, die auf der pråsynaptischen Seite ausgeschçttet wird und an die postsynaptische Zielzelle bindet, wobei sie deren Membranpotenzial veråndert (4.8) 9 6 ( $ ) Enzymhemmstoff, der nicht an der gleichen Stelle wie das Substrat an das Enzymmolekçl bindet; die Hemmwirkung hångt deshalb allein von der Konzentration des Inhibitors ab (3.2) 9 7 ( ) relativ schwache chemische Bindung, die auf Wechselwirkungen zwischen entgegengesetzt geladenen Regionen innerhalb eines Molekçls oder zwischen zwei benachbarten Molekçlen beruht (2.2) 9 ( ) DNA-Sequenzen, die in haploiden Genomen nur mit jeweils einem Exemplar vorliegen. Diese Sequenzen enthalten den græûten Teil der genetischen Information, darunter die Gene fçr praktisch alle Proteine mit Ausnahme der Histone (10.3) ( $ , ! ) nicht-codierende Abschnitte am 3'- und 5'-Ende der mRNA (12.6) $% / % ( $ ) ATP-Bildung wåhrend der Photosynthese unter Freisetzung von Sauerstoff; die Elektronen wandern auf einem geraden Weg vom H2O zum NADP+ (6.5) ) ( ) Mutation, durch die mitten in einem Gen ein Stoppcodon entsteht, so dass die codierte Polypeptidkette vorzeitig abbricht (11.8) ) 9 ( $ $
, )) Mechanismus der RNA-Ûberprçfung, der mRNA-Molekçle mit vorzeitigen
Terminationscodons (Nonsense-Codons) erkennt und ihre Zerstærung einleitet (11.8) ) 1 ( ) Polymer aus Nucleotiden, die in den Lebewesen als Zuckerbestandteil Ribose oder Desoxyribose enthalten; entsprechend unterscheidet man zwischen Ribonucleinsåure (RNA) und Desoxyribonucleinsåure (DNA) (2.5) ) 1 % ( $ 7 ) Gruppe åhnlicher experimenteller Verfahren; gemeinsame Grundlage ist die Eigenschaft einzelstrångiger Nucleinsåuren mit komplementårer Basensequenz, ein doppelstrångiges Hybrid zu bilden (18.12) ) ( ) unregelmåûig geformte Struktur im Zellkern, in der die Ribosomen gebildet werden (11.3) ) ( ) hintereinander aufgereihte Untereinheiten aus DNA und Histonen. Jedes Nucleosom besteht aus einem Kernpartikel, in dem çberspiralisierte DNA von 146 Basenpaaren knapp zweimal um einen scheibenfærmigen Komplex aus acht Histonmolekçlen gewickelt ist; benachbarte Nucleosomen sind durch einen Abschnitt aus ¹Linker-DNAª verbunden, der in der Regel 60 Nucleotidpaare lang ist (12.1) ) ( ) Monomerbaustein der Nucleinsåuren; jedes Nucleotid besteht aus drei Teilen: einem Zucker (Ribose oder Desoxyribose), einer Phosphatgruppe und einer stickstoffhaltigen Base, wobei der Zucker çber sein 5'-Kohlenstoffatom mit dem Phosphat und çber den 3'-Kohlenstoff mit der Base verbunden ist (2.5) ) - ( A
) Mechanismus zur Entfernung sperriger Schadstellen aus der DNA; schadhafte Nucleotide, z. B. die durch ultraviolette Strahlung entstandenen Pyrimidindimere, werden ausgeschnitten und ersetzt (13.2) (, ( ) aus Metall oder Kohlenstoff bestehender Abdruck einer Gewebeoberflåche, den man elektronenmikroskopisch untersuchen kann. Durch die unterschiedlich dicke Metallschicht in den verschiedenen Teilen des Abdrucks gelangen unterschiedlich viele Elektronen auf den Bildschirm des Mikroskops (18.2) (, 9 (< ) im Lichtmikroskop die Linse, die das vom Objekt kommende Licht bçndelt und im Tubus des Mikroskops ein vergræûertes Bild erzeugt (18.1) ( $ (7 ) kleine DNA-Abschnitte, die am Folgestrang der Replikationsgabel entstehen und dann schnell zu
græûeren Molekçlketten verbunden werden (13.1) ( ( $ $
) experimentelles Verfahren, mit dem man ein Gen gezielt so abwandeln kann, dass es ein Protein mit einer genau definierten, verånderten Aminosåuresequenz hervorbringt (18.13) ( (
) Gene, deren Proteinprodukte das unkontrollierte Zellwachstum und den Ûbergang der Zelle zum bæsartigen Zustand begçnstigen. Diese Gene sind in der Lage, Zellen zu transformieren (16.3) ( ( ) auf der Bakterien-DNA die Bindungsstelle fçr Repressoren zwischen der Polymerase-Bindungsstelle und dem ersten Strukturgen (12.2) ( ( ) auf dem Bakterienchromosom eine Funktionseinheit mit mehreren Genen; umfasst Strukturgene, eine Promotorregion, eine Operatorregion und ein Regulationsgen (12.2) ( (
) membranumhçllte Kærperchen im Zellinneren mit vielfåltigen Strukturen und Funktionen; charakteristisches Merkmal der Eukaryotenzellen (1.3) ( () Wanderung von Wassermolekçlen durch eine semipermeable Membran von einem Bereich mit einer niedrigeren Konzentration gelæster Stoffe in eine Region mit hæherer Konzentration; das Wasser ist stets bestrebt, den Konzentrationsunterschied zwischen den beiden Kompartimenten auszugleichen (4.7) (- (A ) Vorgang, bei dem ein Atom ein oder mehrere Elektronen an ein anderes abgibt. Das Atom, das die Elektronen aufnimmt, wird reduziert (3.3) (- (A7 ) in einer Redoxreaktion die Substanz, die selbst reduziert wird und dabei fçr die Oxidation der anderen Substanz sorgt (3.3) - 9 / % (A $ ) ATP-Synthese mit Hilfe der Energie aus energiereichen Elektronen, die den Substraten in Stoffwechselwegen wie dem Citratzyklus entzogen wurden. Die freigesetzte Energie wird fçr die ATP-Synthese nutzbar gemacht, indem die Elektronen in den Mitochondrien eine Elektronentransportkette durchlaufen (5.2) /BOA (DGL) Reaktionszentrum des Photosystems II. ¹Pª steht fçr ¹Pigmentª, und ¹680ª ist die Wellenlånge des Lichtes (in Nanometer), die von diesem Pigment am stårksten absorbiert wird (6.5)
Glossar
JJ5
/@AA (ILL) Reaktionszentrum des Photosystems I. ¹Pª steht fçr ¹Pigmentª, und ¹700ª ist die Wellenlånge des Lichtes (in Nanometer), die von diesem Pigment am stårksten absorbiert wird (6.4) / + ( ) Verfahren zur Untersuchung der Ionenwanderung durch Ionenkanåle; man misst die Aufrechterhaltung der Spannung an einem Membranabschnitt, indem man mit der Membran eine Mikropipette verschlieût und dann den Strom an dem abgedichteten Membranabschnitt misst (4.5) / ( ) chemische Bindung zwischen den Aminosåuren eines Proteins; entsteht durch die Reaktion zwischen der Carboxylgruppe einer Aminosåure und der Aminogruppe einer zweiten (2.5) / ( ) membranassoziiertes Protein, das sich vollståndig auûerhalb der Lipiddoppelschicht befindet und mit ihr çber nichtkovalente Bindungen in Kontakt steht (4.4) /- 3 % 4 ( A ' $ ) einfache, membranumhçllte Organellen im Cytoplasma, die vielfåltige Stoffwechselaufgaben erfçllen; unter anderem finden in ihnen die Oxidationsreaktionen statt, die zur Bildung von Wasserstoffperoxid fçhren. In den Peroxisomen werden z. B. sehr langkettige Fettsåuren und Harnsåure oxidiert, und sie sind der Ort der Plasmalogensynthese. Ein besonderer Typ der Peroxisomen sind die Glyoxysomen der Pflanzenzellen, in denen der Glyoxylatzyklus ablåuft (5.6) 2 (3) die çbliche Maûeinheit fçr den relativen Såuregehalt; entspricht mathematisch dem Wert ±log[H+] (2.3) / % () Mechanismus zur Aufnahme fester Teilchen in eine Zelle. Das Material wird in eine Einstçlpung der Plasmamembran aufgenommen, die sich dann ins Cytoplasma abschnçrt und ein als Phagosom bezeichnetes Vesikel bildet (8.8) / ( $ ) Mikroskop, das Unterschiede des Brechungsindex in Unterschiede der Lichtintensitåt (Abstufungen von Hell und Dunkel) umsetzt, so dass sehr durchsichtige Objekte besser zu erkennen sind (18.1) /21 (3 ) Proteindomåne, welche die phosphorylierten Inositolringe membrangebundener Phosphoinositide bindet (15.3) / % > %-% ($ $J$A , /6>) einer der bestuntersuchten Effektoren mit SH2-Domåne. Die Produkte des Enzyms dienen als Vorstu-
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Glossar
fen fçr mehrere Inositol-haltige Botensubstanzen, die in den Zellen unterschiedliche Aufgaben erfçllen (15.4) / ( ) phosphorylierte Derivate des Phosphatidylinositols (z. B. PIPs, PIP2s und PIP3), die in Signalçbertragungswegen als sekundåre Botenstoffe dienen (15.3) / + ( ") Enzym, das die Spaltung von PIP2 in Inositol-1,4,5-trisphosphat (IP3) und Diacylglycerin (DAG) katalysiert; beide Verbindungen spielen fçr die Signalçbertragungsmechanismen der Zellen als sekundåre Botenstoffe eine groûe Rolle (15.3) / () phosphathaltige Lipide und die wichtigsten Bausteine der Lipiddoppelschicht der Zellmembranen. Zu den Phospholipiden gehæren die Phosphoglyceride und das Sphingomyelin (4.3) / C1 ( ) Proteine, die spezifisch bestimmte Phospholipide von einem membranumhçllten Kompartiment durch das wåssrige Cytosol zu einem anderen transportieren (8.3) 8' ( ) autotrophes Lebewesen, das die Strahlungsenergie der Sonne nutzt, um aus CO2 organische Verbindungen herzustellen (6.1) / ( ) Lichtenergiepaket. Je kçrzer die Wellenlånge, desto græûer ist die Energie eines Photons (6.3) / ( ) Reaktionsfolge, in deren Verlauf O2 an RuBP gebunden wird; fçhrt letztlich dazu, dass die Pflanze das kurz zuvor fixierte CO2 wieder abgibt (6.6) / % ( ) Reaktionsweg, der die Energie des Sonnenlichtes in die fçr Lebewesen nutzbare chemische Energie umwandelt (3.1) / % ( ) Gruppe von ungefåhr 300 Chlorophyllmolekçlen, die gemeinsam Photonen einfangen und die Energie auf das Pigmentmolekçl im Reaktionszentrum çbertragen (6.4) / % 6 ( B, /&6) einer der beiden råumlich getrennten Pigmentkomplexe, die notwendig sind, um ein Elektronenpaar so mit Energie anzureichern, dass es sich von einem Wassermolekçl læsen und auf NADP+ çbertragen werden kann. Das Photosystem I steigert die Energie der Elektronen von einem mittleren Niveau auf einen Wert oberhalb dessen von NADP+ (6.4) / % 66 ( BB, /&66) einer der beiden råumlich getrennten Pigmentkomplexe, die notwendig sind, um ein Elektronenpaar so
mit Energie anzureichern, dass es sich von einem Wassermolekçl læsen und auf NADP+ çbertragen werden kann. Das Photosystem II steigert die Energie der Elektronen von einem Niveau unterhalb dessen von Wasser ungefåhr bis auf einen mittleren Wert (6.4) / () dichtes Material, das sich in Pflanzenzellen ungefåhr in der Ebene der frçheren Metaphaseplatte anordnet; es besteht aus Gruppen ineinander greifender Mikrotubuli, die zusammen mit anderem elektronendichtem Material im rechten Winkel zur entstehenden Zellplatte liegen (14.2) / ( ) Molekçle mit einem Chromophor, einer chemischen Gruppe, die Licht mit einer bestimmten Wellenlånge im sichtbaren Spektrum absorbieren kann (6.3) / (
) die Membran, die das Innere der Zelle von ihrer Umgebung abgrenzt (4.1) / $ endgçltig differenzierte Zellen, die sich aus B-Lymphocyten entwickeln; synthetisieren groûe Mengen von Antikærpern und scheiden sie ins Blut aus (17.2) / ( ) zylinderfærmige Cytoplasmakanåle, die sich durch die Zellwånde von Pflanzenzellen ziehen und diese verbinden. Plasmodesmen sind von der Plasmamembran ausgekleidet und enthalten meist in der Mitte einen Stab, den Desmotubulus, der sich vom endoplasmatischen Retikulum der beiden Zellen ableitet (7.5) ( ) Molekçle, deren Atome eine unterschiedliche Elektronegativitåt besitzen, so dass ihre Ladungen ungleichmåûig verteilt sind (2.1) /%34& ' $ (=!: ) Kette aus Adenosinresten am 3'-Ende einer mRNA; wird nach der Transkription angefçgt (11.4) /% % : ($ , /:#) Verfahren zur Trennung von Proteinen und Nucleinsåuren; Proteine wandern unter dem Einfluss einer elektrischen Spannung durch ein Gel aus kleinen organischen Molekçlen (Acrylamid), die untereinander verknçpft sind und eine Art Molekçlsieb bilden (18.7) /% ( $ , /+ ) Verfahren zur schnellen, kostengçnstigen Vervielfåltigung kleinster DNAMengen (18.13) % : (
) Gene, die bekanntermaûen in Form mehrerer Allele vorkommen; ein Beispiel sind die Blutgruppengene (10.5) /% (7 ) Mechanismus, durch den Nachkommen in jeder Zelle
doppelt so viele Chromosomen besitzen wie ihre diploiden Eltern; manchmal ein wichtiger Schritt zur Evolution neuer biologischer Arten (10.5) /% ( ' ) Komplex aus mRNA und mehreren Ribosomen, die diese mRNA translatieren (11.8) /%1 (
) Riesenchromosomen bei Insekten; enthalten bis zum 1024 fachen der normalen Zahl genau nebeneinander liegende, verdoppelte Chromosomen (10.1) / ( ) integrale Proteine in der Auûenmembran von Mitochondrien und Chloroplasten; dienen als groûe, unspezifische Transportkanåle (5.1) /$ ( ) Ladungsunterschied zwischen zwei Kompartimenten, gemessen håufig als elektrische Spannung an der trennenden Membran (4.7) $ # (
) gespeicherte Energie, die zum Verrichten von Arbeit nutzbar gemacht werden kann (3.1) /1 - ( A) Komplex aus allgemeinen Transkriptionsfaktoren und RNA-Polymerase, der sich zusammenfinden muss, bevor die Transkription eines Gens beginnen kann (11.4) /1 ) ( $-)!) RNA-Molekçl, das noch nicht zu seiner endgçltigen Form weiterverarbeitet wurde (z. B. Prå-mRNA, Prå-rRNA oder prå-tRNA) (11) 1 ' ( +) die flexible Wand einer wachsenden Pflanzenzelle (7.6) 1 # $ (
) Molekçl, das in den beiden Photosystemen die vom Licht angeregten Elektronen von den Pigmenten des Reaktionszentrums çbernimmt (6.4) 1 + ( ) einzelnes, unbewegliches Cilium, das man auf vielen Wirbeltierzellen findet; hat vermutlich eine Sinnesfunktion (SM9) / 1 ( ) Kultur von Zellen, die man unmittelbar aus dem Lebewesen gewonnen hat (18.5) / 1 ( ) die Abfolge der hintereinander aufgereihten Aminosåuren in einer Polypeptidkette (2.5) / 1 3/1 )4 ( ' $-)!) das RNA-Molekçl, das ursprçnglich an der DNA synthetisiert wird und in seiner Långe dem abgelesenen DNA-Abschnitt entspricht. Primårtranskripte bleiben in der Regel nicht lange erhalten, sondern werden durch verschiedene Weiterverarbeitungsreak-
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tionen ( ) in kleinere, funktionsfåhige RNA-Molekçle verwandelt (11.4) / ( ) RNA-Polymerase fçr den Aufbau der kurzen RNA-Primer, mit denen am Folgestrang die Synthese der einzelnen Okazaki-Fragmente beginnt (13.1) / ( ) DNA- oder RNA-Strang, welcher der DNA-Polymerase das erforderliche 3'-Ende zur Verfçgung stellt (13.1) / ( ) infektiæses Agens, das mit manchen degenerativen Erkrankungen zu tun hat und ausschlieûlich aus Protein besteht; der Name bedeutet ¹teinacious fectious particleª (SM2) /
( ) Mehrschrittprozess, der zur Entstehung bæsartiger Tumore fçhrt; durch eine Abfolge genetischer Verånderungen sprechen die Zellen allmåhlich immer weniger auf die normalen Regulationsmechanismen des Organismus an, und gleichzeitig kænnen sie immer besser in gesundes Gewebe eindringen, so dass der Tumor zunehmend gefåhrlich wird (16.3) / %$ ( ) (
= ¹vor dem Zellkernª) einfach gebaute Bakterienzellen ohne membranumhçllte Organellen (1.3) / ( ) in der Mitose die Phase, in der sich eine eindeutig erkennbare Mitosespindel ausbildet und die Chromosomen an ihren Platz in der Mitte der Zelle wandern (14.2) / ( ) Stelle auf der DNA, an der sich die RNA-Polymerase vor Beginn der Transkription anheftet. Der Promotor bestimmt darçber, welcher der beiden DNAStrånge transkribiert wird und an welchem Nucleotid die Transkription beginnt (11.2) / ( ) das erste Stadium der Mitose: Die verdoppelten Chromosomen bereiten sich auf die Trennung vor, der Mitoseapparat wird aufgebaut (14.2) : ( ) Teil eines Proteins, der nicht aus Aminosåuren besteht, wie z. B. die Håm-Gruppe von Håmoglobin und Myoglobin (2.5) / ( ) tonnenfærmiger Komplex aus zahlreichen Proteinen, in dem Proteine aus dem Cytoplasma abgebaut werden. Proteine, die zerstært werden sollen, werden an Ubiquitinmolekçle gekoppelt und dann in die Kammer in der Mitte des Proteasoms dirigiert (12.7) / ( ) in Aufbau und Funktion sehr vielgestaltige Gruppe von Polymeren aus Aminosåurebausteinen (2.5) / ( ) Enzym, das Phosphatgruppen auf andere Proteine çbertrågt
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und damit in vielen Fållen die Aktivitåt solcher Proteine beeinflusst (3.3) /% ( : Komplex aus Protein und Polysacchariden: an ein Proteinmolekçl sind Glycosaminoglycanketten angeheftet. Wegen der sauren Eigenschaften der Glycosaminoglycane kænnen Proteoglycane eine Riesenzahl von Kationen binden, die ihrerseits zahlreiche Wassermolekçle anziehen. Deshalb bilden die Proteoglycane ein poræses, wasserhaltiges Gel, das wie ¹Packmaterialª der Kompression entgegenwirkt (7.1) / ( ) die gesamte Proteinausstattung eines Organismus, einer Zelle oder eines Organells (2.5) / ( ) neues Gebiet der Proteinforschung, das sich mit der umfassenden Untersuchung komplizierter Proteingemische befasst (2.5) / ( ) Långsreihen aus globulåren Mikrotubuli-Untereinheiten, die parallel zur Långsachse des Mikrotubulus angeordnet sind (9.3) ( $ , D) elektrochemischer Gradient, der sich beiderseits einer Energie çbertragenden Membran (innere Mitochondrienmembran Thylakoidmembran, Plasmamembran der Bakterien) aufbaut, nachdem Protonen wåhrend des Elektronentransports verschoben wurden. Die Energie des Gradienten, der sowohl ein pHals auch ein Spannungsgefålle darstellt und in Volt gemessen wird, dient zur Bildung von ATP (5.4) / ($
) Gene, welche die normalen Zellvorgånge beeintråchtigen und die Zelle in Richtung des bæsartigen Zustandes veråndern kænnen. Protooncogene codieren Proteine, die an normalen Zelltåtigkeiten mitwirken, und kænnen sich in Oncogene verwandeln (16.3) / () ¹nackteª Pflanzenzelle, deren Zellwand mit dem Enzym Cellulase abgebaut wurde (18.5) /9 ( ) Virus-DNA, die in ein Chromosom der Wirtszelle integriert wurde (1.4) $
9 ( ) Eigenschaft von Proteinen (z. B. Kinesin oder RNA-Polymerase), die çber betråchtliche Strecken an einer ¹Schieneª oder Matrize (z. B. einem Mikrotubulus oder einem DNA-Molekçl) entlangwandern kænnen, ohne sich davon zu læsen (9.3, 11.2) / (
) Sequenzen, die eindeutig homolog zu funktionsfåhigen Genen sind, aufgrund vieler Mutationen aber selbst keine Funktion mehr erfçllen (10.4)
/ ( ) breite, rundliche Fortsåtze, die sich bei der amæboiden Bewegung einer Zelle ausbilden. Eine Cytoplasmastræmung, die sich im Zellinneren in Richtung der Peripherie bewegt, drçckt Teile der Zelloberflåche nach auûen (9.7) /& 3/ % ) ( ) die Stelle am Ribosom, wo die tRNA ihre Aminosåure an die wachsende Polypeptidkette çbergibt (11.8) / ( ) Verbindungen, die mit freien Wasserstoff- oder Hydroxylionen reagieren und so die pH-Schwankungen reduzieren (2.3) / (
) stickstoffhaltige Nucleotidbasen mit einer doppelten Ringstruktur, darunter Adenin und Guanin, die in der DNA und RNA vorkommen (2.5) /% (
) stickstoffhaltige Nucleotidbasen mit einer einfachen Ringstruktur, darunter Cytosin, das in der DNA und RNA vorkommt, sowie Thymin (nur in der DNA) und Uracil (nur in der RNA) (2.5) = 1 (6 ) zelleigene Mechanismen, die dafçr sorgen, dass nur Proteine und Nucleinsåuren mit der richtigen Struktur synthetisiert werden. Falsch gefaltete Proteine werden beispielsweise aus dem ER ausgeschleust und im Cytosol von Proteasomen zerstært; mRNAs mit vorzeitigen Terminationscodons werden erkannt und abgebaut; anormale Stellen (Schåden) in der DNA werden erkannt und repariert (z. B. 8.3) = 1 (6 ) råumlicher Aufbau eines Proteins, das aus mehreren Polypeptidketten (Untereinheiten) besteht (2.5)
3 #4 (
) Mikroskop, in dem Elektronen von einer Oberflåche zurçckgeworfen werden und dann ein Bild dieser Oberflåche erzeugen (18.2) ( $ , # ) Teil des endoplasmatischen Retikulums, an dem Ribosomen angeheftet sind. Das RER ist als umfangreiches, membranumhçlltes Organell erkennbar und besteht vorwiegend aus abgeflachten Hohlråumen (Zisternen), die durch Cytosolbereiche getrennt sind. Zu seinen Funktionen gehæren die Synthese von sekretorischen Proteinen, Lysosomenenzymen, integralen Membranproteinen und Membranlipiden (8.3) ) ()!) DNA-Sequenzen, die rRNA codieren; liegen meist mit mehreren hundert Kopien gehåuft in wenigen Genomanschnitten (11.3) / ( $ ) umfassende Reaktion der Zelle
auf eine çbermåûig hohe Konzentration ungefalteter oder falsch gefalteter Proteine in den ER-Zisternen. Sensoren sprechen auf solche Bedingungen an und setzen einen Reaktionsweg in Gang, durch den Chaperone und andere Proteine synthetisiert werden, welche die Belastung des ER vermindern (8.3) $ ( ) in einer Photosyntheseeinheit das eine unter etwa 300 Chlorophyllmolekçlen, das Elektronen auf einen Akzeptor çbertragen kann (6.4) -$ (A $ ' A ) Ladungsunterschied (gemessen als elektrische Spannung) eines Paares aus Oxidations- und Reduktionsmittel (z. B. NAD+ und NADH) relativ zu einem Standard (z. B. H+ und H2) (5.3) - (A $ , $ A ) Reaktion, bei der sich die Elektronenverteilung zwischen den Reaktionsteilnehmern verschiebt (3.3) ( ) Vorgang, bei dem ein Atom ein oder mehrere Elektronen von einem anderen erhålt; das Atom, das die Elektronen abgibt, wird oxidiert (3.3) 1 ( + ) in einer Zelle die Fåhigkeit, Stoffwechselzwischenprodukte zu Endprodukten zu reduzieren, gemessen meist çber die Græûe des NADPH-Vorrates (3.3) ( ) in einer Redoxreaktion die Substanz, die selbst oxidiert wird und dabei fçr die Reduktion der anderen Substanz sorgt (3.3) 1$ ( ) kurzer Zeitraum nach dem Ende eines Aktionspotenzials, in dem eine erregbare Zelle nicht wieder çber den Schwellenwert hinaus stimuliert werden kann (4.8) $$ 8 ( $ , /) Verfahren zur Untersuchung der Bewegungen von Membranbestandteilen; die Methode umfasst drei Schritte: 1. Kopplung der Membrankomponenten an einen Fluoreszenzfarbstoff, 2. irreversibles Ausbleichen (Beseitigung der sichtbaren Fluoreszenz) auf einem Teil der Membran, und 3. Beobachtung der erneuten Zunahme der Fluoreszenz im ausgebleichten Abschnitt durch die zufållige Einwanderung fluoreszenzmarkierter Komponenten aus anderen Teilen der Membran (4.5) (
) Gen, das ein Repressorprotein codiert (12.2) & ( ) Ausscheidung von Stoffen, die in der Zelle synthetisiert und dann an der Peripherie des Cy-
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toplasmas in membranumhçllten sekretorischen Vesikeln gespeichert werden, bis sie auf ein Signal hin freigesetzt werden (8.1) s. genetische Rekombination ) DNA-Molekçle, die Sequenzen unterschiedlicher Herkunft enthalten (18.13) ( ) die Verdoppelung des genetischen Materials (13) ( ) Struktur, an der die bereits replizierten Abschnitte einer DNA an den nicht-replizierten Teil angrenzen. An einer Replikationsgabel trennen sich die Strånge der ursprçnglichen Doppelhelix, und in die neu synthetisierten Komplementårstrånge werden Nucleotide eingefçgt (13.1) ( ) die Lage der aktiven Replikationsgabeln im Zellkern. Es gibt etwa 50 bis 250 solche Stellen, und an jeder davon werden an rund 40 Replikationsgabeln neue Nucleotide in DNA-Strånge eingebaut (13.1)
( ) Genregulationsprotein, das an die DNA bindet und die Transkription hemmt (12.2) 3 $% 4 ( ' $ 7 ) bakterielle Nucleasen, die in einem DNA-Doppelstrang kurze Nucleotidsequenzen erkennen und das Rçckgrat beider Strånge dann an ganz bestimmten Stellen durchtrennen (10.5) ( ) physische ¹Landkarteª eines Genoms, die sich auf den Nachweis und die Anordnung der durch Restriktionsenzyme erzeugten Fragmente stçtzt (10.5) ( ) transponierbare Elemente, deren Wanderung eine umgekehrte Transkription voraussetzt (10.4) 9 ! ( ) RNA-abhångige DNA-Polymerase, also ein Enzym, das an einer RNA-Matrize einen komplementåren DNA-Strang aufbaut. Kommt in RNA-haltigen Viren vor und dient im Labor zur Synthese von cDNA (EV16) $ ( ) Substanz, die ein bestimmtes Molekçl (den Liganden) binden kann, was dann håufig zu dessen Aufnahme in die Zelle oder zur Weiterleitung eines Signals fçhrt (15.1) $!% ( $
' !) Zelloberflåchenrezeptor, der Tyrosinreste im eigenen Molekçl und/oder an anderen Substraten im Cytoplasma phosphoryliert; wirkt vor allem an der Steuerung
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von Zellwachstum und Differenzierung mit (15.4) $% (7 ) RNA-Molekçl, das in Zellreaktionen als Katalysator wirkt (2.5) )6$ (-)! , ) ) natçrlich vorkommendes Phånomen: Doppelstrångige RNA (dsRNA) sorgt fçr den Abbau von mRNA mit der gleichen Sequenz. RNAi dient nach heutiger Kenntnis vor allem dazu, die Vermehrung von Viren zu blockieren und die Wanderung beweglicher genetischer Elemente einzuschrånken; an beiden Vorgången ist dsRNA als Zwischenstufe beteiligt. Såugerzellen kann man zur RNAi veranlassen, indem man sie mit kleinen RNA-Molekçlen (21nt) behandelt. Diese siRNAs setzen den Abbau von mRNA in Gang, welche die gleiche Sequenz besitzt (11.5) )/% 6 (-)! B) in Eukaryotenzellen das Transkriptionsenzym, das die groûen rRNAs (28S, 18S und 5,8S) synthetisiert (11.3) )/% 66 (-)! BB) in Eukaryotenzellen das Transkriptionsenzym, das die Messenger-RNA und den græûten Teil der kleinen Kern-RNA synthetisiert (11.4) )/% 666 (-)! BBB) in Eukaryotenzellen das Transkriptionsenzym, das die verschiedenen tRNAs und die 5S-rRNA synthetisiert (11.4) )!9 (-)! ) Viren, die Wirbeltierzellen infizieren und in Krebszellen verwandeln. Das reife Viruspartikel enthålt RNA als genetisches Material (16.2) ) (-)! +) mutmaûliches Stadium in der Frçhzeit der Evolution, als es noch weder DNA noch Proteine gab: Damals dienten RNA-Molekçle als genetisches Material und als Katalysatoren (11.4) % (?$ ' ?$ ) Analyseverfahren, bei dem man Proteinkristalle mit Ræntgenstrahlen einer einzigen Wellenlånge (¹monochromatischerª Strahlung) durchleuchtet. Die Strahlung wird von den Elektronen der Atome im Protein gebeugt und erzeugt auf einer fotografischen Schicht hinter dem Kristall ein charakteristisches Muster, an dem man die Struktur des Proteins ablesen kann (18.8) (
) Steuerungsmechanismus fçr Stoffwechselwege: Das Endprodukt tritt mit dem ersten Enzym des Weges in Wechselwirkung, was zur Inaktivierung des Enzyms fçhrt (3.3) $ ( ) elektrische Potenzialdifferenz an einer erregbaren Zelle, die derzeit nicht von auûen stimuliert wird (4.8)
)9 ( $ ) die ¹sprunghafteª Fortpflanzung der Nervenimpulse: jedes Aktionspotenzial læst ein weiteres in einem benachbarten Abschnitt nicht umhçllter Membran aus (d. h. das Aktionspotenzial springt von einem RanvierSchnçrring zum nåchsten) (4.8) & ( ) kontraktile Einheiten der Myofibrillen mit dem charakteristischen Bånder- und Streifenmuster, das den Skelettmuskeln insgesamt ihr gestreiftes Aussehen verleiht (9.6)
( $ ) System von SER-Membranen im Cytoplasma von Muskelzellen, das rund um die Myofibrille eine Membranhçlle bildet (9.6) &1 % ( ) hydrolytische Enzyme, die bei saurem pH ihr Aktivitåtsmaximum erreichen (8.6) & '' ( ) bei der Depolarisierung einer stimulierbaren Zelle der Punkt, an dem sich die spannungsgesteuerten Natriumkanåle æffnen, so dass sich das Membranpotenzial durch den Natriumeinstrom kurzfristig umkehrt (4.6)
' ( ) einer der beiden Typen von Polypeptidketten in Antikærpern; Molekçlgewicht in der Regel 50 000 bis 70 000 (17.4) & ( ) die charakteristische funktionelle Gruppe einer Aminosåure; bei den 20 Aminosåuren, die normalerweise in den Proteinen vorkommen, reicht das Spektrum von einem einzelnen Wasserstoffatom bis zu komplizierten polaren oder unpolaren Einheiten (2.5)
7 % ' ( $ +) Weg durchs Cytoplasma, in dessen Verlauf Substanzen im endoplasmatischen Retikulum oder Golgi-Apparat synthetisiert werden; sie werden auf dem Weg durch den Golgi-Apparat chemisch abgewandelt und im Cytoplasma zu verschiedenen Bestimmungsorten transportiert, z. B. zur Plasmamembran, zu einem Lysosom oder in die groûe Vakuole der Pflanzenzellen. Viele Stoffe, die im endoplasmatischen Retikulum und im Golgi-Apparat entstehen, sind fçr die Ausscheidung in die Zellumgebung bestimmt; deshalb spricht man vom ¹sekretorischen Wegª (8.1)
( +) Weg, den verschiedene Substanzen durch das Cytoplasma einschlagen. Die Substanzen werden im endoplasmatischen Retikulum oder im Golgi-Apparat synthetisiert und wandern dann unter anderem zur Plasmamembran, in
die Lysosomen oder in die groûe Vakuole der Pflanzenzellen
. ( ) relativ groûe, membranumhçllte Struktur, angefçllt mit konzentrierten Substanzen, die fçr die Ausscheidung aus der Zelle bestimmt sind und auf ein Stimulationssignal hin in die Zellumgebung freigesetzt (sezerniert) werden (8.5)
1 ' die dickere Zellwand der meisten ausgereiften Pflanzenzellen (7.6)
1 7 ( ) Substanz, die als Reaktion auf die Bindung eines primåren Botenstoffes ± bei dem es sich um ein Hormon oder einen anderen Liganden handeln kann ± an einen Zelloberflåchenrezeptor im Zellinneren ausgeschçttet wird (15.3) &1 ( ) die Ûbertragung zuvor bereits kultivierter Zellen in ein Nåhrmedium (18.5) &1 ( ) die råumliche Anordnung einzelner Abschnitte einer Polypeptidkette (2.5) & ( $ ) Eigenschaft der Proteine und anderer Strukturen, die auf Grund ihres von der Aminosåuresequenz vorgegebenen chemischen Verhaltens von selbst die richtige Konformation annehmen (EV2) & ( ) Familie integraler MembranGlycoproteine, die spezifisch bestimmte Anordnungen von Kohlenhydratgruppen an der Oberflåche anderer Zellen erkennen (7.3)
9 $ ( $ ) Struktur (z. B. die Plasmamembran), die bestimmte Substanzen ungehindert passieren låsst, anderen jedoch den Durchtritt verwehrt (4.1)
9 9 ( ) Replikation, bei der jeder Strang der DNA-Doppelhelix in einen der beiden Tochterstrånge eingeht (13.1)
( ) Eigenschaft von Membranen, die Wasser ungehindert durchlassen, den Durchtritt kleiner Ionen und polarer gelæster Substanzen jedoch stark verlangsamen (4.7) & ( ) Reihe aufeinander folgender Dçnnschnitte von einem Gewebestçck (18.1)
$ ( ) in die Zellumgebung ausscheiden (8.1) &2F1 (3/ ) Proteindomånen mit hochaffinen Bindungsstellen fçr ¹Phosphotyrosinmotiveª. Kommen in verschiedenen Proteinen vor, die an der Signalçbertragung mitwirken (15.4) & (
' & /) Teilchen aus sechs charakteris-
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tischen Polypeptiden und der 7S-RNA, einem kleinen RNA-Molekçl, das die Signalsequenz nach ihrer Entstehung am Ribosom erkennt. Das SRP bindet an die Signalsequenz und dann an die ER-Membran (8.3) & ( ) proteolytisches Enzym, das den N-terminalen Abschnitt eines naszierenden, im RER synthetisierten Polypeptids einschlieûlich des Signalpeptids entfernt (8.3) & <$ ( 6 ) besondere Aminosåurekette im N-terminalen Abschnitt neu entstehender Proteine; sorgt fçr die Anheftung des Ribosoms mit dem wachsenden Protein an die ER-Membran und fçr den Transport des naszierenden Polypeptids in den Innenraum des ER (8.3) & ( ) Ûbertragung åuûerer Signale durch die Plasmamembran ins Zellinnere und håufig auch in den Zellkern mit Hilfe einer Abfolge molekularer Wechselwirkungen (15) & ( ) die Ûbertragung eines åuûeren Reizes ins Zellinnere, wo er eine Reaktion der Zelle auslæst (15) & ' (
+) der Weg çber eine Reihe verschiedener Proteine, auf dem die Information vom Ankunftsort eines Reizes an der Zelloberflåche ins Zellinnere gelangt (15.1)
( ) die Kærperzellen mit Ausnahme der Keimbahn (d. h. der Zellen, aus denen die Gameten hervorgehen) & ( ) Instrument zur Messung der Lichtmenge einer bestimmten Wellenlånge, die von einer Læsung absorbiert wird. Kennt man die Absorptionseigenschaften einer bestimmten Molekçlspezies, liefert die Lichtmenge, die eine Læsung solcher Molekçle bei einer geeigneten Wellenlånge absorbiert, ein sehr genaues Maû fçr die Konzentration (18.10)
$ 9 1 ( ) Verhåltnis zwischen der Menge eines untersuchten Proteins und der Gesamtproteinmenge in einer Probe; dient als Maû fçr die Reinheit des Proteins (18.7) &/ ( ) im Zellzyklus die Phase der DNA-Replikation (14.1) & D ( ) Makromolekçlkomplex aus verschiedenen Proteinen und charakteristischen Ribonucleoproteinpartikeln, der fçr die Entfernung der Introns aus einem Primårtranskript sorgt (11.4) & D ( ) das 3'- und 5'-Ende eines Introns (11.4)
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N chemische Reaktionen, die thermodynamisch begçnstigt sind und deshalb ohne åuûere Energiezufuhr ablaufen (3.1) & % ( ) im Lebenszyklus der Pflanzen das diploide Stadium, das mit der Vereinigung der Gameten zur Zygote beginnt. Im Sporophytenstadium låuft die Meiose ab, dabei entstehen Sporen, die unmittelbar keimen und zu haploiden Gametophyten werden (14.3) & $ ( ) Zellen in verschiedenen Kærpergeweben, die als Reservepopulation verschiedene Zelltypen des jeweiligen Gewebes hervorbringen kænnen. Stammzellen kann man definieren als undifferenzierte Zellen, die sowohl zur Selbsterneuerung (d. h. zur Produktion von ihresgleichen) als auch zur Differenzierung in ausgereifte Zellen mehrerer Typen in der Lage sind (SM1) &1 () Gemisch aus zwei Glucosepolymeren, Amylose und Amylopectin; dient in den meisten Pflanzenzellen als schnell verfçgbarer Energiespeicher (2.5) & ( ) zwei Molekçle, die sich in ihrer Struktur wie Bild und Spiegelbild verhalten; unterscheiden sich vielfach stark in ihrer biologischen Aktivitåt (2.5) & ( ) Gruppe von Lipiden mit einer charakteristischen Grundstruktur aus vier Kohlenwasserstoffringen; Beispiele sind Cholesterin und Hormone wie Testosteron und Progesteron (2.5) & ! ( $ $ ) Regulation der Transkription eines Gens und ihrer Geschwindigkeit (12.4) & ! ( $ ) Steuerung der Håufigkeit und Zeitdauer, mit der eine bestimmte mRNA translatiert wird (12.6) & '1 9 ( $ ) Steuerung der Vorgånge, durch die ein RNA-Primårtranskript zu einer Messenger-RNA weiterverarbeitet wird, die dann in ein Polypeptid translatiert wird (12.3) & - ( A ) Vorgang, durch den Stickstoffgas chemisch reduziert und in organische Verbindungen aufgenommen wird (1.3) &' ( ) die Gesamtheit aller chemischen Reaktionen in einer Zelle oder einem vielzelligen Organismus (2.4) &' ' ( +) Abfolge chemischer Reaktionen; das Endprodukt ist eine Verbindung, die fçr die Zellfunktion wichtig ist (2.4)
&' $' ( $ ) Verbindung, die in einem Schritt eines Stoffwechselweges gebildet wird (2.4) & 3& 4 () Úffnungen an der Blattoberflåche, die dem Gas- und Wasseraustausch mit der Umgebung dienen (6.6) & ( ) unter den 64 mæglichen Nucleotid-Dreierkombinationen die drei, die den Zusammenbau der Polypeptidkette abbrechen lassen (11.6) & () der Raum zwischen den Thylakoiden und der relativ undurchlåssigen Innenmembran der Chloroplasten (6.1) & ! % ( ) abgeflachte, auch als Stromalamellen bezeichnete membranumhçllte Hohlråume, welche die Thylakoide der verschiedenen Grana miteinander verbinden (6.1) & (
) Gene, die Proteinmolekçle codieren (12.2) & ( ) Molekçle mit der gleichen Summenformel, aber unterschiedlicher Struktur (2.4) & Die Substanz, die von einem Enzym gebunden und umgesetzt wird (3.2) & % ( $ ) direkte ATP-Synthese durch Phosphatgruppençbertragung von einem Substrat auf ADP (3.3) &% ( ) spezialisierte Verbindungsstelle zwischen zwei Nervenzellen oder zwischen einer Nervenzelle und ihrer Zielzelle (4.8) &% ( ) die Zusammenlagerung homologer Chromosomen wåhrend der Meiose (14.3)
% . ( ) Speichervesikel fçr Neurotransmitter am Axonende eines Neurons (4.8)
% - (
A) leiterfærmige Struktur aus drei parallelen Balken mit zahlreichen Querverbindungen. Der synaptische Komplex hålt die einzelnen Paare homologer Chromosomen in der richtigen Position fest, so dass die genetische Rekombination zwischen den DNA-Strången sich fortsetzen kann (14.3) ! ' ( ) Gruppe von DNA-Sequenzen, die sich ohne Unterbrechung vielfach wiederholen (10.3) ! ( ) ungewæhnliche Abschnitte mit Sequenzwiederholungen, die am Ende der Chromosomen eine ¹Kappeª bilden (12.1) 9 3 4 ( $ ) Mutationen, die sich im Phånotyp nur dann bemerkbar machen, wenn die Zellen (oder Organismen)
ei erhæhter, ¹restriktiverª Temperatur gehalten werden. Bei der niedrigeren, ¹permissivenª Temperatur hålt das codierte Protein so gut zusammen, dass es seine Aktivitåt entfaltet und einen normalen Phånotyp erzeugt. Besonders nçtzlich sind ts-Mutationen fçr die Untersuchung von Vorgången wie Sekretion und Replikation, denn ¹normaleª Mutationen, die sich auf diese Prozesse auswirken, sind in der Regel tædlich (8.2, 13.1) ! 1 ( ) die råumliche Struktur eines ganzen Polypeptids (2.5) ! 37 9 4 ( ' ) Komplex, der sich in der Meiose aus einem Paar synaptischer homologer Chromosomen mit ihren vier Chromatiden bildet (14.3) ! % ( ) Wissenschaft von den Energieverånderungen, die sich im Zusammenhang mit den Vorgången im Universum abspielen (3.1) ! % " # 2
$ ( $
' + ) der Energieerhaltungssatz: Energie kann weder neu erschaffen noch vernichtet werden, sondern wird immer nur von einer Form in eine andere umgewandelt (3.1) ! % " ' 2
$ ( $ ' + ) Die Ereignisse im Universum verlaufen von einem Zustand mit hæherer zu einem Zustand mit niedrigerer Energie und laufen deshalb spontan ab (3.1) ! % () abgeflachte Membransåcke, die sich aus der inneren Chloroplastenmembran bilden und den Energieçbertragungsapparat der Photosynthese beinhalten (6.1) ! Labortiere, die Merkmale einer Krankheit des Menschen erkennen lassen (SM 17) Tight Junctions spezialisierte Zellverbindungen am apikalen Ende des Komplexes, der sich zwischen benachbarten Epithelzellen bildet. Die aneinander grenzenden Membranen treten an einzelnen Punkten unmittelbar in Kontakt, so dass ihre integralen Proteine sich berçhren (7.4) !8% % 3!4 (2 ' 2 ) Lymphocyten, die sich beim Kontakt mit einem Antigen vermehren; dabei differenzieren sie sich entweder zu CTLs (cytotoxischen T-Lymphocyten), die infizierte Zellen angreifen und abtæten, oder zu TH-Zellen, die fçr die Antikærperproduktion der B-Zellen gebraucht werden. Den differenzierten Zustand erreichen sie im Thymus (17.2) ! ( ) in Pflanzenzellen die Begrenzungsmembran der Vakuole (8.7)
Glossar
JJJ
! ( ) Enzyme in Pro- und Eukaryotenzellen, die den Ûberspiralisierungszustand der DNA-Doppelhelix veråndern. Sie sind unentbehrlich fçr Vorgånge wie DNA-Replikation und Transkription, bei denen sich die Doppelhelix auseinander winden muss (10.2) ! 1 (+ ) lichtmikroskopisches Objekt, bei dem es sich um ein ± lebendes oder totes ± vollståndiges Lebewesen oder um einen kleineren Teil eines groûen Organismus handelt (18.1) ! ( ) durch Viren bewerkstelligter Transport von DNA in eine Zelle (SM4) ! ( ) das kçnstliche Einschleusen von DNA in Gewebekulturzellen (18.13) ! ) ( -)!, )) Familie kleiner RNA-Molekçle, welche die im Nucleotid¹alphabetª der mRNA codierte Information in das Aminosåure¹alphabetª eines Polypeptids çbersetzen (translatieren).(11.1) ! ( ) Aufnahme nackter DNA in eine Zelle mit der Folge, dass das Genom eine erbliche Verånderung durchmacht (SM10) ( ) Eigenschaft von Zellen, die sich durch Einwirkung von carcinogenen Substanzen, Strahlung oder Tumorviren in eine Krebszelle verwandelt haben (16.1) ! ( ) Tiere, deren Chromosomen auf Grund gentechnischer Manipulationen fremde Gene enthalten (18.13) Trans: )$ ( %
+, !:)) Geflecht aus verbundenen, ræhrenfærmigen Hohlråumen am Ende des Golgi-Apparats; dient dazu, die Proteine zu sortieren und an ihren endgçltigen Bestimmungsort innerhalb oder auûerhalb der Zelle zu dirigieren (8.4) ! ( ) die Synthese einer RNA an einer DNA-Matrize (11.1) ! ( ) Hilfsproteine (neben den 8±14 Polypeptiden der vollståndigen Polymerasen), die an spezifische Stellen auf der DNA binden und die Transkription der benachbarten Gene beeinflussen (11.4) ! 1
% ( ) Replikation, bei der Schåden im Matrizenstrang çbergangen werden. Wird von besonderen DNA-Polymerasen ausgefçhrt, die weder Prozessivitåt noch Korrekturlesefunktion oder hohe Kopiergenauigkeit besitzen (13.3)
5000
Glossar
! M N Coteinsynthese im Cytoplasma anhand der in der mRNA codierten Information (11.8) ! ( ) 1. Chromosomenaberration, bei der ein Chromosom oder Teile davon an ein anderes Chromosom gebunden sind (SM12). 2. Der dritte Schritt im Elongationszyklus der Translation: Die unbeladene tRNA wird von der P-Stelle verdrångt, und das Ribosom rçckt an der mRNA um drei Nucleotide (ein Codon) weiter in Richtung des 3'-Endes (11.8) ! (
$ ) in einem Transmembranprotein der Teil, der die Lipiddoppelschicht durchspannt; besteht håufig aus unpolaren Aminosåuren in -Helix-Konformation (4.4) ! & ( $
) Informationsçbertragung durch die Plasmamembran (7.3, 15) !
( $ ' !#) Mikroskop, in dem Elektronen das Objekt durchdringen und dann ein Bild liefern (18.2) # ( $ ) DNA-Abschnitte, die von ihrem Platz im Chromosom an eine vællig andere Stelle wandern kænnen und dann håufig die Genexpression beeinflussen (10.4) ! ( $ , 6!) Transport von Teilchen in beiden Richtungen zwischen Basis und Spitze einer Flagelle oder Cilie. Die Kraft fçr den IFT erzeugen Motorproteine, die an den åuûeren Mikrotubulipaaren des Axonems entlanglaufen (9.3) ! 9 ( ) Blåschen, die sich von einer Membran abschnçren und Material zwischen den Organellen transportieren ! Wanderung einzelner DNA-Abschnitte von einer Stelle im Chromosom zu einer anderen, wobei håufig die Genexpression beeinflusst wird (10.4) ! ( ) DNA-Abschnitte, die von einer Stelle im Genom zu einer anderen wandern kænnen (10.4) 9
! " !! ( $ ) Membraneinstçlpungen, die den an einem Skelettmuskel erzeugten Impuls ins Zellinnere weiterleiten (9.6) Trans ( ) im Golgi-Apparat die Zisternen, die am weitesten vom endoplasmatischen Retikulum entfernt sind (8.4) ! %% ( ) Polymere aus einem Glycerinrçckgrat, das çber Esterbin-
dungen mit drei Fettsåuren verknçpft ist. Umgangssprachlich Fette genannt (2.5) ! () Zustand, bei dem sich in einem Chromosomensatz ein çberzåhliges Chromosom befindet, d. h. ein Chromosom liegt nicht in zwei, sondern in drei homologen Kopien vor (SM14) ! ( ) Protein, das die Wånde der Mikrotubuli bildet !
(
) Gene, deren Proteinprodukte das Zellwachstum einschrånken und die Entstehung bæsartiger Zellen verhindern (16.3) ! ( ) hydrostatischer Druck, der sich in Pflanzenzellen durch den hypertonischen Zustand des Zellinnenraumes aufbaut. Der Turgor drçckt gegen die Zellwånde und stçtzt das Pflanzengewebe (4.7) !% ( ) Enzym, das spezifisch Tyrosinreste anderer Proteine phosphoryliert (15.4) ! $ (2 , !+ ) Protein auf der Oberflåche der T-Lymphocyten, das fçr spezifische Wechselwirkungen mit zellgebundenen Antigenen sorgt. Wie die Immunglobuline der B-Zellen, so entstehen auch die T-ZellRezeptoren durch DNA-Umordnungsvorgånge, die spezifische Antigen-Bindungsstellen entstehen lassen. Jeder TCR besteht aus zwei Untereinheiten, die jeweils eine variable und eine konstante Domåne enthalten (17.4) C ( ) die Temperatur, bei der eine Membran sich vom flçssigen Zustand in den eines Gels mit stark verminderter Beweglichkeit der Lipidmolekçle verwandelt (4.5) C $ ( ) in einer chemischen Reaktion der Punkt, an dem Bindungen aufgelæst und neu geschlossen werden, so dass die Produkte entstehen (3.2) C 3& 4 ( ) Struktur eines DNA-Molekçls, dessen Långsachse spiralfærmig gewunden ist (10.3) C $ ( ) Maû fçr die Fåhigkeit eines Molekçls, eine chemische Gruppe oder ein anderes Molekçl zu çbertragen. Dabei sind Molekçle mit hoher Affinitåt zu einer Gruppe bessere Akzeptoren und solche mit niedriger Affinitåt bessere Donoren (3.3) < ( 6 ) kleines, stark konserviertes Protein, das mit anderen Proteinen verknçpft wird und sie fçr den Abbau in den Proteasomen markiert (12.7)
$ ( ) Zerstærung und Ersatz von zelleigenem Material (12.7)
1 1 M N Iettsåuren mit einer oder mehreren Doppelbindungen zwischen den Kohlenstoffatomen (2.5) ( ) Molekçl, dessen Atome ungefåhr die gleiche Elektronegativitåt besitzen, so dass sich eine symmetrische Ladungsverteilung ergibt (2.1) ( ) Polypeptidkette, die sich mit einer oder mehreren anderen Ketten (Untereinheiten) zu einem vollståndigen Protein zusammenlagert (2.5) .34. (;=: < : in der Entwicklung von B-Zellen die DNA-Umordnungen, deretwegen die Zellen nur jeweils eine bestimmte Antikærperspezies herstellen kænnen (17.4) .
( + ) schwache Anziehungskraft, die durch vorçbergehende Ladungsasymmetrien innerhalb benachbarter Atome oder Molekçle entsteht (2.2) 9 ( ) Teile der leichten und schweren Polypeptidketten von Antikærpern, die sich in ihrer Sequenz von einem Antikærper zum anderen unterscheiden (17.4) . 1
(1 J. ( @ ) das Verhåltnis zwischen den Abmessungen einer Zelle; bestimmt darçber, wie wirksam (und ob çberhaupt) eine Zelle Substanzen mit ihrer Umgebung austauschen kann (1.3) . ($ ) Transmembranprotein, das eine bestimmte Substanz bindet und dabei seine Konformation so veråndert, dass die Diffusion der Substanz entlang ihres Konzentrationsgradienten erleichtert wird (4.7) . $ ( ) Das Verhåltnis der Læslichkeiten einer Substanz in Úl und Wasser; Maû fçr die Polaritåt eines Biomolekçls (4.5) . ( ) kleine Krankheitserreger, die sich nur mit Hilfe von Zellen fortpflanzen kænnen; da sie nicht zu eigenståndiger Vermehrung fåhig sind, gelten sie nach der Zelltheorie nicht als Lebewesen (1.4) . ( ) die Form, in der ein Virus auûerhalb der Zellen vorliegt: Ein Kern aus genetischem Material ist von einer Proteinkapsel umgeben (1.4) . () kleine, ausschlieûlich im Zellinneren vorkommende Krankheitserreger, die im Gegensatz zu Viren nur aus einem Ring des genetischen Materials RNA bestehen (1.4)
Glossar
5005
( ) schwache Anziehungskraft zwischen einem Wasserstoffatom, das kovalent an ein elektronegatives Atom gebunden ist und deshalb eine positive Teilladung besitzt, und einem zweiten elektronegativen Atom (2.2) $ ( ) die maximale Zahl von Substratmolekçlen, die ein Enzymmolekçl pro Zeiteinheit umsetzen kann (3.2) Wobble2% (+ ) von Francis Crick entwickelte Vorstellung, wonach die sterischen Anforderungen an das Anticodon der tRNA und das Codon der mRNA in der dritten Position weniger streng sind, so dass zwei Codons, die sich nur im dritten Nucleotid unterscheiden, sich bei der Proteinsynthese mit der gleichen tRNA verbinden kænnen (11.7) ( ) Verfahren zur groben Trennung verschiedener Zellorganellen durch differenzielle Zentrifugation (8.2) $ &% ( $
) experimentelles System zur Untersuchung von Zellvorgången, das ohne vollståndige Zellen auskommt. In der Regel enthalten solche Systeme eine Pråparation gereinigter Proteine und/oder einzelne Zellfraktionen; damit sind sie der experimentellen Handhabung gut zugånglich (8.2) ( ) Verfahren zur Verschmelzung von zwei Zellen aus einem Lebewesen oder auch aus unterschiedlichen biologischen Arten; es entsteht eine einzige Zelle mit zusammenhångender Plasmamembran (4.5) ( ) Organell, das in Eukaryotenzellen das genetische Material enthålt (12.1) ( ) Verfahren zum Zçchten von Zellen auûerhalb eines Lebewesens (18.5) ( ) Struktur, die bei der Zellteilung von Pflanzenzellen das Cytoplasma der beiden Tochterzellen trennt; wird spåter zur neuen Zellwand (7.6) ( ) Vorgang, durch den aus lebenden Zellen neue Zellen entstehen (14) ( ) Theorie der biologischen Organisation; ihre drei Grundsåtze lauten: Alle Lebewesen bestehen aus Zellen; die Zelle ist das grundlegende Strukturelement des Lebendigen; Zellen entstehen ausschlieûlich durch die Teilung bereits vorhandener Zellen (1.1) ' ( +) starre, unbelebte Struktur, die der in ihr eingeschlossenen Zelle als Schutz und Stçtze dient (7.6) $% ( ) die Abfolge verschiedener Stadien zwischen zwei Zellteilungen (14.1)
500:
Glossar
M N abgeflachte (im Gegensatz zu ræhren- oder kugelfærmigen), membranumhçllte Zellkompartimente. Der Begriff wird meist im Zusammenhang mit rauem endoplasmatischem Retikulum und Golgi-Apparat verwendet (8) 384 ( ' ) Bereich des Cytoplasmas, der von den Membranen des endoplasmatischen Retikulums umschlossen ist (8.3)
' 2
$ ! % ( + ) Die Ereignisse im Universum verlaufen von einem Zustand mit hæherer zu einem Zustand mit niedrigerer Energie (3.1) $% / % ( $ ) ATP-Bildung in den Chloroplasten, ausgefçhrt vom Photosystem I und unabhångig vom Photosystem II (6.5)
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# und Personenverzeichnis
ABA 811 Abacavir 530 A-Bande 466±469 ABC-Transporter 204, 206 !&, 629 AbL-Kinase-Hemmer 857 Abscisinsåure 811 Absorptionsspektrum 283, 284 ACE 132, 133 Acetylcholin 216±218, 220 Acetylcholinesterase 76, 77, 218, 220, 221 ± Hemmstoffe 131 Acetylcholinrezeptor ± muscarinischer 220 ± nicotinischer (nAChR) 220 ± ± Isolation 222 ± ± Struktur 223 Acetyltransferasen 177 AchE s. Acetylcholinesterase acidophil 17 Acrylamid 938 Acrylharz 923 Acta 476, 479 ACTH-Rezeptor 780 Actin 187, 188, 419, 457±460, 462, 465, 472, 473, 480±482, 659, 666, 667 ± Polymerisierung 476, 479 Actinfilament 420, 421, 458±461, 464, 482, 743±745 ± råumliche Organisation 475 Actinfilament-Depolymerisationsproteine 475 Actinomycin D 559, 667, 668 Adenin 96, 500 Adenom 848 Adenosindiphosphat (ADP) 116 Adenosintriphosphat (ATP) 97, 116 Adenovirus(en) 28, 563, 658, 833, 857 Adenylylcyclase 776±778, 788, 789 Adhårenzverbindungen 335±337 ± Aufbau 337 Adjuvans 899 Adnexin 857 ADP 116 Adrenalin 787, 788 adrenerger Rezeptor ± Isoformen 787 -adrenerger Rezeptor 787 2-adrenerger Rezeptor 782 Adrenoleukodystrophie (ALD) 271 ! 6 916 Aequorin 787
aerobe Atmung ± Energiebilanz 282 ± Mitochondrien 266 aerober Stoffwechsel 243±245 Affinitåtschromatographie 221, 936 Aflatoxin B1 834 Agammaglobulinåmie 873 Agarose 936 ! 959, 960 AIDS 581, 880 Aids-Therapie 136 AIRE 895 Aktin bindende Proteine 473, 474 Aktinfilament 1, 325 Aktionspotenzial 213, 472 ± Ablauf 213 ± Weiterleitung 214 Aktionsspektrum ± der Photosynthese 285 aktiver Transport, sekundårer 205 aktives Zentrum 123, 124 Aktivierungsenergie 122 Alanin 67, 68 Albright-Syndrom 781 ALD 271 Aldehydgruppe 56 Aldose 56 Aldotetrose 58 ALK-1 801 Alkaptonurie 542 Alkohol(e) 54 Alkoholreihe 922 alkylierende Agenzien 703 Allel(e) 493, 495, 497, 512, 664, 757 ± Durchmischung 493 Alles-oder-Nichts-Gesetz 214 Allolactose 641 allosterische Modulation 146 allosterisches Zentrum 146 Alloway, J. 534 Alpha()-Bungarotoxin 221 Alpha()-Galactosidase A 396 Alpha()-Glucosidasekrankheit 394 Alpha()-Helix 71,72 Alpha()-Ketoglutarat-Dehydrogenase 240 Alpha()-Mannosidase 380 Alpha()-Satelliten-DNA 634 Alport-Syndrom 315 Alterungsprozess 45 Altmann, R. 532, 601 ! -Sequenz 524 Alzheimer-Krankheit 83±86, 756, 817, 959 ± Therapien 85, 86
Ameisensåure (HCOOH) 139 Amid 54 A-Mikrotubulus 446 Amin 54 Aminoacyl-tRNA 595, 596 Aminoacyl-tRNA-Synthetase 577, 588, 589, 596 Aminokonfiguration 502 Aminosåuren 585 ± Eigenschaften 67 ± Struktur 65, 66 Aminosåuresequenz 966 Ammoniumsulfatlæsung 934 Amniocentese 395 Amphetamine 218 amphipathisch 62 amphoter 51 Amplifikation 963 Amylase 61 Amyloid 83, 84 Amyloid-Vorlåufer-Protein (APP) 84 Amyloid--Peptid (A) 84 Amylopectin 61 Amyloplasten 60 Amylose 61 anaerober Stoffwechsel 243±245 Anaphase 714, 726, 727, 736, 738, 739, 741±743 Anaphase I 754 Anaphase II 748, 754, 755 Anaphase-Færderkomplex (APC) 737 Aneuploidie 755, 832 Anfangsgeschwindigkeit 130 Anfinsen, C. 80, 81 Angina 901 Angina pectoris 815 Angiogenese 858 Angiogenese-Inhibitor 858 Angiotensin-Converting-Enzyme (ACE) 132, 133 Anion 44 Anionenaustauscher 935 Ankyrin 187, 188, 388 9+2-Anordnung 446 anorganisches Phosphat 116 Antennenmolekçle 287 Antibiotikaresistenz 134±136 Antibiotikum(-ka) 596, 602 Anticodon 586±589, 593±597 Antigen 873 Antigen pråsentierende Zellen (APC) 878 antigene Determinante 883
500E
Sach- und Personenverzeichnis
Antigenpråsentation 880, 889±892, 903±905 Antikærper 873±876, 881 ± fluoreszenzmarkierte 422 ± Genstruktur 885 ± Vielfalt 883, 886, 887 Antikærperklassenwechsel 887 Antikærperproduktion 874, 967 Antikærperstruktur 882±887 Antioxidanzien 46 Antiport 210 Antiserum 967 Antithrombosemittel 323 Antizipation 513 AP2-Adapter 398, 400, 413 Apaf-1 819 APC 737, 738 APCCdc20 755 !"-Gen 836, 848 AP-Endonuclease 704, 705 Apikalmeristem 715 APLs 902 ! 419 Apolipoprotein B-100 403, 404 Apoptose 816±820 ± extrinsischer Signalweg 818 ± intrinsischer Signalweg 819 Apoptosekærperchen 820 Apoptosom 820 APP 84 Aquaporine 193 ! 2 21, 579, 663 Araldit 923 Archaea 16, 17, 35, 548 Archaebakterien 16, 35 ± halophile (salzliebende) 94 Architekturfaktoren 652 ARF1 385, 387 Arginin 67, 68 Arkwright, J. 532 Aromatasehemmer 840 Arp2/3 474±476, 479±481 Arrestin 779 Ars 696 Artefakt 922 Arzneimittelherstellung ± von der Proteinstruktur aus 92 Asbest 833 ! 494 Asparagin 67, 68 Asparaginsåure 67, 68 Aspirin 93, 131, 834 Assoziationsstudien 530 Astere 731, 732 Astralmikrotubuli 735, 746 Ataxia teleangiectatica 628, 722, 847 Atherosklerose 403 Atmungsgifte 254 Atmungskette 247 Atome ± Elektronennegativitåt 42, 44 ATP 116, 431, 500 ATP-BindungskassettenTransporter 204 ATP-Hydrolyse 116, 202 ± Funktionen 118 ATP-Synthase 242, 243 ± Bedeutung des F0-Anteils 264
± Struktur 258±260 ATP-Synthese 257±267 ± Apparat 258 ± durch Bindungswechsel 260±266 ± oligomerer -Ring 260 ± Rotationsprinzip 262 ATR 723 A-Tubulus 447, 449±451 Auflæsung 913 Auflæsungsvermægen 913 ± Elektronenmikroskop 921 ± Lichtmikroskop 913, 914 ± Sekundårelektronenmikroskop 928 Aurora-B-Kinase 741, 963 Ausfållung 934 Ausschçtteln 943 Austauscher 210 Autoantigene 899 Autoantikærper 876, 896 Autoimmunerkrankungen 899 ± Behandlungsstrategien 901, 902 autonom replizierende Sequenzen (ARS) 696 Autophagie 393 Autophagolysosom 393 Autoradiographie 356, 357, 929, 930 autotroph 277 Avastin 859 Avery, O. 533, 951 852 ! ; (ASV) 861 Avidin 516 Avonex 902 Axon 210, 211, 217, 427, 471 ± Mikrotubuli 437 ± Wachstum 482 Axonem 446±451 Axonem-Dynamin 449 Axontransport 429, 430 Axopodien 427 Azid (N3) 815 ( B7-Protein 896 BAC ( ) 955 Båckerhefe s. Bacteriochlorophyll 284 Bacteriophage j 951, 953, 954 Bacteriorhodopsin 209 Bad 819 bakterieller K+-Ionenkanal 195, 196 Bakterienplasmide ± F-Faktoren 955 Bakterientoxine 779 Bakteriophage(n) 27, 535 ± statt Antibiotika 30 ± T-Bakteriophage 27, 28 Bakterium(-ien) 16 ± Konjugation 15 Baltimore, D. 860 Bande 3 187, 188 Bande-3-Protein 188 Barbiturate 363 Barr-Kærperchen 623 Basaliom 708
Basalkærper 447, 448, 740 Basalmembran 310±312, 319 ± Funktionen 312 ± Gerçst 319 Base 51, 583 ± invariante 586 ± Stårke 52 ± stickstoffhaltige 95 ± ungewæhnliche 586 Basen-Excisionsreparatur 704, 705 Bax 819 Bcl-2 819 &",$/ 853 Bcl-w 819 Bcl-xL 819 BCR 888 &"-$!&, 581 Beadle, G. 542 Becherzelle 365 Bedampfung 925±927 Befruchtung 809 Benenden, E. van 494 Bennett, C. 885 Berg, P. 950 Bernard, C. 59 Beschleunigungsspannung 921 Beta()-Adapter 400 Beta()-Adaptin 400 Beta()-Carotin 46, 284 Beta()-Faltblatt 71,72 Beta()-Galactosidase 638, 640, 641, 645 Beta()-Globin 565 ± mRNA 563 Beta()-Klammer 691, 692 Beta()-Lactamase 135, 136 Beta()-)-Hexosaminidase 394 Beta()-Tonnenstruktur 407 Bewegungsanalyse einzelner Partikel 182 BFP 917 666, 667 Bierhefe s. Saccharomyces Bindegewebe 20 Bindungsprotein 100 Biosyntheseweg 354, 369, 382 Biotin 443, 516 BiP 368, 375, 383 Bishop, M. 861 Bisphenol A 756 Bitterstoffrezeptor 792 Biuret-Methode 944 Bivalent(e) 498, 752 Blackburn, E. 631 Blastocoel 961 Blastocysten 961 Blatt ± Organisation 279 Bleicitrat 923 Bleomycin 706 Blobel, G. 367 Bloom-Syndrom 628 Blotting 947 Blutbildung 873 Blutdruck 132, 133 Blutglucosespiegel ± Regulation 788 Blutgruppenantigene 166, 167
Blut-Hirn-Schranke 396 ± Tight Junction 341, 342 Bluttransfusion 888 Blutzucker s. Blutglucosespiegel Blutzuckerwert 802 B-Lymphocyten 872 B-Mikrotubulus 446 & 782 Botulismustoxin 390 Boveri, Th. 494 Boyer, H. 950 Branton, D. 927 &-"!. 848 &-"!/ 849 BrdU 662 Brenner, S. 544, 583 Brille 2 Brinster, R. 959 Britten, R. 511 Bromdesoxyuridin 682, 683 Brown, M. 410 Brownsche Sperrklinke 408 Brunner-Drçse 366 Brustkrebs 837±839, 849 B-Tubulus 447, 451 Burkitt-Lymphom 651, 833, 853 B-Zellen 872±876, 881 B-Zellrezeptoren (BCRs) 888 CB-Motiv 651 0 C1-Kohlenstoffatom 58 C2-Zyklus 300 C3-Pflanzen 295 ± Photosyntheseaktivitåt 302 C4-Pflanzen 301, 302 ± Photosyntheseaktivitåt 302 ± Struktur und Funktion 301 C4-Photosynthese 302 C4-Stoffwechsel 301, 302 C4-Weg 302 ± Bedeutung 302 Cackayne-Syndrom 707 CAD 817 Cadherin(e) 330±332, 338 ± Umwandlung von Epithel in Mesenchym 332 " 21 ± Apoptose 817 Cajal-Kærper 637 CAK 719, 720 Calcium (Ca2+) 807 ± Konzentration im Cytosol 807 ± Regulation des Calciumspiegels 807 ± 807 Calcium-Freisetzung ± Calcium induziert (CICR) 808 Calcium-Kanal 807 Calciumwelle 909 Calmodulin 91, 463, 809, 810 Calnexin 368, 892 Calvin-Benson-Zyklus s. Calvin-Zyklus Calvin-Zyklus 296, 297, 301, 302 ± Redoxkontrolle 298 cAMP 641, 783 ± 783 !# 790
Sach- und Personenverzeichnis cAMP-Antwort-Element 790 cAMP-Antwort-Element bindendes Protein 789 CAM-Pflanzen ± Kohlenhydratsynthese 303 cAMP-Rezeptorprotein (CRP) 641 Capecchi, M. 961 -Proteine 475 5'-Cap-Struktur 567 Cap-Struktur 592, 669, 670 Captopril 132, 133 capZ 475 Carbomycin 602 Carbonylgruppe 56 Carboxymethylcellulose 935 Cardiolipin 164, 235 Carotinoide 284 Cåsiumchlorid 945, 946 Cåsiumchloridgradient 945 Cåsiumsulfat 946 Caspase 817±820 Caspase-aktivierte DNAse (CAD) 817 Catenin 331 Cbl 798 CCD ( ) 942 CD4 879, 880 CD20 856 CD28 896 CD49 897 CD40-Ligand (CD40L) 897 cdc2 718, 764 Cdc2 764 Cdc20 740 cdc25 723 Cdc25 724 CDG-Syndrom 373 Cdk2 722, 725 CdK 697, 698 Cdk s. Cyclin-abhångige Kinase cDNA 565, 575, 645 cDNA-Bibliothek 527, 954, 955 cDNA-Klonierung 956 CDR ( $ ) 907 Cech, Th. 570, 599 Cellulase 61 Cellulose 60, 61, 428 ± Zellwand 345 Cellulose-Synthase 347, 348 CenP-A 619 CENP-A 634 CENP-E 730 Centrin 423 Centriol(e) 10, 436, 438, 494, 730, 731, 736 Centromer(e) 511, 526, 622, 626, 634, 728, 729, 733 Centrosom 435, 436, 438, 746, 850 Centrosomenzyklus 730±732 Cephalin 162, 163 CEPT s. CholesterylestertransferProtein Ceramid 162 Cerebroside 162 CFP 917 CFS-1 794 CFTR 206±208 CG-Dinucleotide 955
500J
cGMP 791, 815 ± 815 cGMP-Phosphodiesterase 792 Chang, A. 950 Changeux, J.-P. 222 Chaperon(e) 86, 87, 99, 369, 374, 375, 385, 407, 408 ± Familien 101 ± Hsp70 87 Chaperonin(e) 87, 101 Chargaff, E. 500, 535 Chase, M. 535 chemiosmotischer Mechanismus 242, 243 chemoautotroph 278 Chemotaxis 785 Chiasma(ta) 497, 753, 754, 757, 759 Chinolon 135 " 499 Chitin 61 CHK1 723 " 446, 449, 450 Chloramphenicol 602 Chlorophyll 283 Chlorophyll ± Struktur 284 Chlorophyll 284 Chloroplast 10, 366, 372, 406, 575, 602, 732 ± ATP-Synthese 294 ± Aufnahme von Proteinen 408 ± Struktur 279, 280 ± Zellteilung 277 Choleratoxin 779 Cholesterin 53, 64, 163, 164, 363, 401, 403, 404, 410 Cholesterylestertransfer-Protein 404 Chondroitinsulfat 316 Chow, L. 563 Chromatin 610, 616±618, 625, 626, 635±637, 654, 657, 726, 751 ± Acetylierungszustand 660 ± Kondensation 716 ± Organisationsebene 621, 623 ± Solenoid-Modell 621 A s. Chromatin-Umordnungskomplex Chromatin-Immunpråzipitation 654, 655 Chromatin-Umbaukomplex 657 Chromatin-Umordnungskomplex 658 Chromodomåne 625 Chromosom(en) 491±499, 532, 610, 616±618, 627, 633±635, 644, 648, 714, 717, 725, 727, 738, 750 ± anormale Zahl 755 ± Bandenmuster 628 ± Entdeckung 493 ± homologe(s) 495, 750±752 ± Kondensation 716, 727, 728 ± Lokalisierung 635 ± Motorproteine 742 ± Segregation 726, 739 + 954 Chromosomenaberration 626, 628 Chromosomenanomalien 633, 706 Chromosomenkondensation 726
5050
Sach- und Personenverzeichnis
Chromosomenmikrotubuli 735, 738 Chymotrypsin ± Katalysemechanismus 127 CICR 808 Cieshanover, A. 671 Cilium(-en) 421, 427, 438, 444±447 ± GleitmikrotubuliMechanismus 452 "$%$Netz 377, 378 Citrat 240, 241 Citratzyklus 139, 238±242, 647 ± Eintritt von Aminosåuren 241 ± Gesamtreaktion 241 + 887 Clathrin 383, 388, 398±400, 410 " $" -; 384, 386, 387, 400, 401 Claude, A. 357, 358 Claudin(e) 341 " 877 CM-Cellulose 935 CMP-Sialinsåure 372 Coaktivator 656±658 " & 378, 383 " 398, 399, 403, 410±413 Coated Vesicles 361, 382, 398, 410 ± Klassen 383 Cochlea 464 Codon 582, 584, 585, 587, 588, 596 ± Decodierung 585 ± Identifizierung 584 Coenzyme 120 Cofaktoren 120, 577 Cofilin 475, 480 Cohen, S. 950 Cohesin 741, 751, 754 Colcemid 436, 437 Colchicin 440, 666 Coley, W. 855 Coleysches Toxin 855 Colonkarzinom 835, 836, 842 CFS-1 794 Complementsystem 871 Complexin 391 Condensin 726, 727, 729 Connexin 342 ± Blindheit 344 ± Taubheit 344 Connexon 342±344 Consensussequenz 549, 570 Contactin 479 Coomassie-Blau 939 COPI 383 COPI-" $; 384, 385 COPI-Hçllprotein 378 COPII 383 COPII-" $; 383 Corepressor 642, 660 Corey, R. 71 Coronavirus 28 Corpus striatum 514 Cortison 655 Cotransport 205 Coulson A. 965 COX-2-Hemmer 834 "A
405 CPEB 668
CpG-Dinucleotide 661 51 Cr als zellulårer Ûberlebensmarker 903 CRE 790 Creatinphosphat (CrP) 243 CREB (!# ) 789, 813, 814 Creutzfeld-Jakob-Krankheit 82 Crick, F. 491, 500, 583, 587, 861 "$ $-Syndrom 630 Crossing over 497, 498, 530, 629, 752, 753, 757, 759 ± ungleiches 519 Crosstalk 779, 812, 814 CrP 243 CRP 641 CsCl 945 CsCl-Gleichgewichtszentrifugation 953 $ 862 C-Terminus 66 CTL 893 CTLA4 897 CTLA4-Antikærper 897 Curare 220 Currie, A 817 Cyanid (CN±) 254 Cyanobakterium(-ien) 10, 14, 17, 32, 278, 279, 575 Cyclin 717, 720, 722, 724, 738, 755, 762 Cyclin A. 763 Cyclin D1 800 Cyclin E 722 Cyclin R 845 Cyclin-abhångige Kinase (Cdk) 718±720, 722, 724 cyclisches Adenosinmonophosphat 782 cyclisches AMP 783 Cyclooxygenase 834 Cyclooxygenase-2 93 Cyclosporin A 889, 901 Cystein 67±69
206 cystische Fibrose 206, 375, 857 ± Gentherapie 208, 857 ± Mutationen 208 Cytochalasin 460 Cytochrom(e) 248 Cytochrom 6 291 Cytochrom 1 252, 253 Cytochrom 70, 820 ± Håmgruppe 249 ± Oxidase 252±255 Cytochrom P450 363 Cytochrom-Oxidase 253 ± Mechanismus 255 Cytokine 879 Cytokinese 421, 457, 460, 476, 714, 725, 727, 742±747, 760 ± Myosin 744 ± Pflanzenzellen 746 Cytomegalievirus 636 Cytoplasma 353, 354, 357 Cytosin 96, 500 Cytosindesaminase 887
Cytoskelett 13, 14, 354, 357, 419, 422 Cytosol 14, 363 cytotoxische T-Lymphocyten (CTLs) 879, 893 DAG 786±788 Darnell, J. 559 Dawson, M. 533 ddNTP 966 De Duve, C. 357, 358 DEAE-Cellulose 935
927 Defekte ± DNA-Reparatur, 707, 708 Delbrçck, M. 680 Deletion 518, 519, 628, 630, 653 Deletionskartierung 654 Demyelinisierung 900 Denaturierung 81 Dendriten 210211 dendritische Zellen 878 Depolarisation 212, 214 Desaturasen 177 Desensibilisierung 778 Desmin 454, 456 desminabhångige Myopathie 456 Desmocolline 337 Desmogleine 337 Desmosom(en) 336±338, 456 ± Aufbau 337 Desmotubulus 344, 345 Desoxyadenosin-5'-monophosphat 501 Desoxynucleotidyltransferase 886 Desoxyribose 500 2-Desoxyribose 532 Desoxyribonucleinsåure (DNA) 95 Desoxythymidin-5'-monophosphat 501 Detergenzien 160, 170 Dextran 936 D-Fructose 57 D-Glucose 57 ± Ringbildung 57 DHAP 242 Diabetes 59 ± Typ 2 805 Diabetes insipidus 193 Diabetes mellitus 805 ± Typ 1 (insulinabhångiger) 900 ± Typ 2 805, 806 Diacylglycerin (DAG) 786 Diakinese 751, 753 DIC 916 Dicer 578±580 Dichtegradient 402, 933 Dichtegradientenzentrifugation 385, 933, 944±946 Dickdarmadenom 836, 848 Dickdarmkrebs 708 dicke Filamente 466, 469 Dictyosom 377 Didesoxyribonucleosid-Triphosphat 966 Diethylaminoethylcellulose 935 Differentialinterferenzkontrast (DIC) 915, 916
,ifferenzierung 642, 643 ± der Zellen 19 Diffusion 26 ± einfache 189, 190 ± einseitige 408 ± erleichterte 189, 190, 201 Diffusion durch Membranen ± von Ionen 194 ± von Substanzen 191 ± von Wasser 192 Diffusionsgeschwindigkeit 181, 182 Digitalis 204, 396 Digitalisierung 918 Dihydrofolatreductase 662 Dihydroxyacetonphosphat (DHAP) 242 Dimerisierung ± von Rezeptoren 794±796 2,4-Dinitrophenol (DNP) 256, 257 Diplotån 751 direkte Immunfluoreszenz 969 Disaccharid 59 Dissoziation 51 distale Promotorelemente 656 Disulfidbrçcke 69 DNA 95, 492, 577 ± Amplifikation 510 ± Denaturierung 508 ± Doppelstrangbruch 708 ± Folgestrang 688 ± hochrepetitive 511, 526 ± kleine 528 ± Klonierung 510 ± Leitstrang 688 ± Methylierung 624, 660±663, 706, 850 ± mittelrepetitive 511, 516, 517 ± nichtrepetitive 511, 517 ± Reannealing 509 ± Renaturierung 508, 509, 511, 515 ± rekombinierte 950 ± Replikation 524 ± Schmelzen 508, 509 ± Sequenzierung 510, 525 ± Sequenzwiederholungen 519 ± Struktur 500 ± Transkriptions-Regulationsstelle 652 ± Ûberspiralisierung 505, 506, 685, 726 ± Unterspiralisierung 506 ± UV-Absorption 508 ± Verformung 652 DnaA 699 & 689 DNA-Bibliothek 954 DNA-bindende Proteine 504 DNA-Chips 644, 836 DNA-Doppelhelix 47, 48, 503, 505 DNA-Duplikation 523 DNA-einzelstrangbindendes Protein 689, 698 DNA-Fingerabdruck 512, 515 DNA-Fuûabdruck 654, 697 DNA-Glycosylase 704 DNA-Helikase 679, 689 DNA-Klonierung 950 DNA-Ligase 688, 693, 698±700, 705, 706, 950
Sach- und Personenverzeichnis DNA-Mikroarrays 644, 645, 648, 654, 655, 836 DNA-Polymerase 631, 685±687, 693, 698, 700, 705, 709 ± -Gleitklammer 692 ± Eigenschaften 685 ± Eukaryoten 699 ± 3'?5'-Exonuclease 694 ± Klenow-Fragment 694 ± Korrekturlesen 695 ± Exonucleaseaktivitåt 693 DNA-Polymerase I 947, 956 DNA-Polymerase 845 DNA-Reparatur 679, 693, 702, 847, 848, 850 ± Defekte 707, 708 DNA-Replikation 499, 504, 631, 679, 685, 701, 703, 714±718, 720, 723, 730, 731, 749 ± Genauigkeit 695 ± Initiation 696 ± Qualitåtskontrolle 693 ± semikonservativ 680, 681 DNA-RNA-Hybridisierung 565 DNA-Sequenzierung 964 DNA-Sonde 515, 516, 627 DNA-Tumorviren 833 DNA-Verpackung 620 DNMT-Gene 660 DNP 256, 257 Dobberstein, B. 367 Dogma der Molekularbiologie 861 Doherty, P. 902 Dolicholphosphat 372 Dolly 642, 643 Domåne 75 Dopamin 218 Doppelbindung(en) 42, 63 ± konjugierte 284 Doppelblindstudie 85 Doppelhelix 502, 503, 506 ± Auseinanderwinden 685 ± Komplementaritåt 504 Doppel-Knockout 962 Doppelstrangbruch 706, 708, 723 Down-Syndrom 630, 756, 757 Doxorubicin 506 Dreifachbindung 42 Drogen ± Wirkung auf Synapsen 217±219 Drogen- und Medikamentenmissbrauch 782 21, 496, 498, 499, 757 ± Entwicklung 666 ± NcD 433 ± P-Element 525 511 Dryer, W. 885 DsRed 917 dsRNA 962 Dçnndarm 5 dçnne Filamente 466, 468, 459 ± Proteinausstattung 472 Dçnnschnittpråparation920 Duplikation 628, 630 Dynactin 434, 435 Dynamin 385, 400, 401
5055
dynamische Instabilitåt 443 Dynein 430, 431, 433, 435, 447, 450, 451, 730, 739, 742, 743 ± cytoplasmatisches 424, 425, 433, 434, 449, 739 Dyskeratose 554 Dystrophin 476, 566 " E-Cadherin 335 R1 948, 949 Edelgase 43 EDMD2 611 EDTA 449 Effektorcaspase 818 EF-Tu 594 EGF ( + ) 794 EGF-Rezeptor 402 Ehler-Danlos-Syndrom 315 Eicosanoide 774 Eierstockkrebs 850
B/ 667, 668, 872 Einbettung ± Elektronenmikroskopie 922 ± Lichtmikroskopie 920 Ein-Gen-ein-Enzym-Hypothese 542 Einzelnucleotid-Polymorphismen 529 Eisen-Schwefel-Proteine 248 Eisen-Schwefel-Zentrum 250, 292 Eizelle 609 ± mRNA 667 Ektoderm 484 elektrochemischer Gradient 256 Elektronencarrier 248 Elektronendichteverteilung 942 Elektronenkristallographie 942 Elektronenmikroskop 4, 353, 921 ± Auflæsungsvermægen 921 elektronennegatives Atom 42 Elektronenschale 43 Elektronenspinresonanz(ESR)-Spektroskopie 173, 174 Elektronentransportkette 141, 247 ± der Mitochondrienmembran 252 ± Reihenfolge der Carrier 250 Elektronen-Tunneling 251 Elektronençbertragungspotenzial 245 Elektronenverteilung 42 Elektroporation 958 Elektrospray-Ionisations-Massenspektrometrie 941 -35-Element 549 Element ± chemische Eigenschaften 43 elF2 375 Elongationsfaktor 548, 562, 593±595 embryonale Stammzellen 961 Embryonalknoten 444 Enantiomere 57, 58 Encephalitis 476 3'-Ende 500 5'-Ende 500 endergon 114 Endocytose 387, 396, 397, 398, 403 ± allgemeine 398 ± rezeptorvermittelte 398, 399, 403, 409 Endocytoseweg 356, 397, 401, 402, 412
505:
Sach- und Personenverzeichnis
Endomembransystem 354, 362 ± Untersuchungsverfahren 357 Endonuclease 524 endoplasmatisches Retikulum (ER) 14, 354±358, 361±365 ± glattes (SER) 10, 13, 363 ± raues (RER) 10, 13, 364, 372 Endosom 402 Endostatin 858 Endosymbiont 31 Endosymbiontentheorie 31 endotherm 111 Endprodukt 137 Endreplikationsproblem 631 Energieumwandlung 110, 158 Enhancer 555, 656 Enolform 502 Enthalpie 113 entkoppelnde Proteine (UCPs) 257 Entropie 112 Entzçndung(en) 871 ± akute 333 Enzym(e) 120 ± Eigenschaften 121 ± Hemmstoffe 131 ± Konformation ± Spezifitåt 126 Enzymersatztherapie 395 Enzymkinetik 130±133 Enzym-Substrat (ES)-Komplex 124, 126, 127 Epidemiologie 833 Epidermis 310 Epidermolysis bullosa hereditaria 326 Epidermolysis bullosa simplex 456 Epigenetik 634 Epithelzelle(n) 4, 5, 310, 420 ± Krebs 529 Epitop 883 Epon 923 Epoxidharz 923 Epstein-Barr-Virus 833
& 852 Erbkrankheit(en) 82 ± Connexine 344 Erde ± biogeologische Uhr 11 ± Geschichte 11 ER-Exportsignale 385 ERGIC 376, 379, 383, 384 Erikson, R. 862 ERK 800, 801 Erythroblastose 884 Erythrocyt(en) 20, 164, 186±189 ± Membrangerçst 188 ± Plasmamembran 187 ± Vorlåuferzellen 318 Erythrocytenmembran ± integrale Proteine 188 erythroide Zellen 318 Erythromycin 602 ES 24 16, 21 ESI-MS 941 ES-Komplex 124, 126, 127 ESR 173 Ester 54 Ethan 53, 54
Ethanolfållung 943 Ethidiumbromid 505, 943 Ethylenrezeptor 806 Ethylmethansulfonat 498 Etoposid 506 Eubacteria 16, 35 Eucarya 35 Euchromatin 621 Eukaryoten ± Genexpression 642 ± Zellteilung 713 Evans, M. 961 evolutionåre Uhr 33 exergon 114 Exocytose 390, 391, 393, 405 Exon 520, 526, 528, 565, 566, 569, 570, 573, 664
A 576, 577, 597 Exon-Spleiûverstårker 570, 573, 665 Exonuclease 557 Exon-Verbindungskomplex 597 Exosom 557, 670 exotherm 111 Expansine 347 experimentelle allergische Enzephalomyelitis 900 Exportin 614 extrazellulåre Botenstoffe 774 extrazellulåre Matrix 311±313 ± Organisation 313 extremophil 17 EZM 319 ± Sehnen 314 Fabry-Krankheit 396 201, 209 F-Actin 457 FAD 248, 249 FADD 818 FADH2 242, 243, 247 FAK 322, 325 Faltung 76 familiåre adenomatæse Polyposis (FAP) 848 familiåre Hypercholesterinåmie 410 Fanconi-Anåmie 628 FAP 848 Farbsehen 792 Fas 582 Fawcett, D. 446 Fehlpaarungsreparatur 695, 705, 854 Feldherr, C. 612 FEN-1 699, 700 Ferredoxin 292 Ferritin 411, 668, 669, 969 Festwinkelrotor 945 Festzurrproteine 391 Fettsåuren ± Oxidation 241 ± Schmelzpunkte 176 ± Struktur 62 Fettsåurezyklus 241 Fettzellen 20 Feulgen-Fårbung 914 Fibroblast 421, 478, 479, 481, 632 Fibroin 599 Fibronectin 313, 316, 664
± ± ± ±
Bildung der Speicheldrçse 317 embryonale Entwicklung 317 Struktur 317 Wanderung der Neuralleistezellen 319 Fields, S. 937 Filament-Zerstærungsproteine 475 Filopodium 482, 483 Fimbrin 475, 476 Fingerprint ± zweidimensionaler elektrophoretischer 34 Fire, A. 578 Fischer, E. 782, 789 FISH s. Fluoreszenz-B $ $Hybridisierung Fixierung von Geweben ± Elektronenmikroskopie 922 ± Lichtmikroskopie 920 Flagellin 16 Flagellum(-en) 15, 16, 421, 423, 427, 438, 445±447, 450, 452 ± Spermien 16 ± Unterschiede zwischen pro- und eukaryotischen 16 Flavell, R 565 Flavin-Adenin-Dinucleotid (FAD) 248, 249 Flavin-Mono-Nucleotid (FMN) 248, 249 Flavoproteine 248 Flemming W. 493, 725 Flieûgleichgewicht 119, 459 Flippasen 179 Fluiditåt 175±177 Fluorescein 969 422 Fluoreszenzfarbstoffe 916 Fluoreszenz-B $ -Hybridisierung (FISH) 515, 516, 519, 629, 635 Fluoreszenzmarker 29 Fluoreszenzmikroskopie 422, 916 Fluoreszenzregeneration nach Lichtbleichung (FRAP) 180±182 Fluoreszenz-Resonanzenergie-Transfer (FRET) 917 Fluorochrome 916 Fluorophore 916 Flçssigkeitschromatographie 934 Flçssigmosaikmodell 160, 161 Flçssigszintillationsspektrometrie 929 # . 514 FMN 248, 249 Focus 831 Fokale Adhåsionskinase (FAK) 322, 325 Fokalkomplex 481 Fokalkontakt(e) 323±325, 338, 481 ± Kråfte 326 Folgestrang 688±691 Folkman, J. 858 Folsåure 135 Formaldehyd (CH2O) 139, 920 Fortbewegung von Zellen 477 Fortpflanzung 679, 713 652 FOS 669, 670 ?/ 528
F-Pilus 15 Fragile-X-Syndrom 513, 514 Franklin, R. 491, 502 FRAP 180 Freie Enthalpie 113±117, 123, 141 freie Standardenthalpie ± Ønderungen 115 ± ± bei Stoffwechselreaktionen 116±119 freies Radikal s. Radikal Freisetzungsfaktor 596, 597 FRET 917 Friedreich-Ataxie 513 Friend-Leukåmie-Virus 860 Fructose-1,6-bisphosphat 140, 239 Fructose-6-phosphat 140, 373 Frçherkennung 859 FTDP-17 427 Fucose 380 Fumonisine 163 funktionelle Gruppen 54 fura-2 807 Furchgott, R. 815 Furchungsebene 745 Fusionspore 391 Fusionsproteine 422 G0-Phase 716 G1-Cyclin 718, 721 G1-Phase 715, 716, 719, 721, 722, 724 G2-Phase 715, 721 GABA 217 G-Actin 475 GAGs 61, 316 $$ -Mutation 513, 780 Gajdusek, G. 82 Galactose 380, 641 Galactosepermease 640 Gall, J. 515 Gamete(n) 493±495 Gametophyt 749 Gammaaminobuttersåure 217 Gamov, G. 582 Ganglioside 162 GAP 239, 296, 799 Gap Junction 336, 342±344 $< 342 Gardners Syndrom 849 Garrod, A. 542 Gartenwicke 495 Gårung 120, 144 Gaschromatographie 934 Gaucher-Krankheit 395 Gay, L. 534 GDI 799, 800 GDP-Mannose 372 Gebårmutterhalskrebs 835 Gedåchtniszellen 876 GEF 799, 800 Gefrieråtzung 927 Gefrierbruchabdruck 168, 169 Gefrierbruchtechnik 925 Gefrierschnitt 924 Gelelektrophorese 938±940, 943 ± PAGE 938
Sach- und Personenverzeichnis ± SDS-PAGE 938 ± zweidimensionale 938, 939 Gelfiltrationschromatographie 936, 936 Gen(e) 491, 493 ± chemische Natur 500 ± gestçckelte 563 ± Inaktivierung 424 ± springende 521 Genduplikation 518 genetischer Code 582±585 genetischer Fingerabdruck 529 Genexpression 609 ± Eukaryoten 642 ± Processing-Ebene 664 ± Regulation 644, 670 ± selektive 643, 644, 653 ± Steuerung 648 ± Translationsebene 666 Genexpressionsprofil 836, 837 Genom 491 ± Komplexitåt 510, 511 ± Stabilitåt 518 ± Verpackung 617 ± Zahl 526 Genomanalyse ± medizinische Anwendung 529 ± vergleichende 527 genomische Bibliothek 954 genomische Prågung 662, 663 genomweite Lageanalyse 654 Genregulation 641 Genregulationsproteine 639 Gensynthese 957 Gentechnologie 959 Gentherapie 857, 958 ± Viren 30 Gentransfer 958 Gençbertragung ± horizontale 36 Geruchrezeptor 792 Geruchssinn 792 Geschlechtsumkehr 652 Geschmacksknospe 793 Geschmacksrezeptor 792 Geschmackssinn 792 Geschmacksverstårker 792 Geschwindigkeitssedimentation 946 Gewebeabstoûung 889 Gewebedçnnschnitt 353 Gey, G. 3 GFP 358, 359, 376, 916 GGAs 387 Gibbons, I. 44 Gilbert, W. 965 781 GJIC 342 GlcNAc 387 Gleichgewichts-Dichtegradientenzentrifugation 681 Gleichgewichtskonstante 52 Gleichgewichtskonstante 5 6 115 Gleichgewichtssedimentation 945 Gleichgewichtszentrifugation 933, 946 Gleichgewichtszustand 114±119 Gleitfasermodell 468 Gliom(e) 851
505/
Globin-Gene 520 ± Evolution 520 Globin-mRNA 563, 565, 566, 569 Glucagon 788 Glucocorticoid-Reaktionselement 656 Glucocorticoidrezeptor 655, 658, 659 Gluconeogenese 147, 790 Glucosaminglycane (GAGs) 316 Glucose 140, 373, 641, 647 ± Oxidation 139 ± Struktur 239 Glucose-6-phosphat 140, 364 Glucose-6-Phosphatase 364 Glucoseaufnahme ± Regulation 805 Glucosemobilisierung 788 Glucosetransport 805 Glucosetransporter 201 Glucosetransporter GLUT4 805 Glucosinolat 396 GLUT4 805 Glutamatrezeptor 671 Glutamin 67, 68 Glutaminsåure 67, 68 Glutaminsynthetase 117, 609 Glutaraldehyd 922 Glutathion 46 Glutathionperoxidase 45 Glycerinaldehyd 57 Glycerinaldehyd-3-phosphat 140, 239, 296 Glycerinaldehyd-3-Phosphat-Dehydrogenase 141, 142 Glycerinphosphat-Shuttle 242 Glycin 67, 68 Glycocalix 311 Glycogen 59, 60, 364 Glycogen-Phosphorylase 782, 788±790 Glycogen-Synthase 788, 789 Glycogen-Synthase-Kinase 805 Glycolat 299, 300 Glycolat-Oxidase 267 Glycolipide 164, 370 Glycolyse 139±144, 237, 238 ± Gesamtreaktion 144 ± Schlçsselreaktionen 239 Glycolyse ± Gluconeogenese, Vergleich 148 Glycophorin A 172, 187, 188 Glycoproteine 160, 372, 377 Glycosaminoglycane (GAGs) 61 Glycosylierung 377, 380 Glycosyltransferase 372, 373, 377 glykosidische Bindungen 58, 59 Glyoxysom 267, 268 GMP 791 Goldpartikel 969 Goldstein, J. 410 Golgi, C. 376 Golgi-Apparat 10, 13, 14, 354±356, 358, 359, 361, 365, 366, 376±381, 429, 732 ± Glycosylierung 377 ± Mitose 377 Gonienzelle 750 GPI-verankerte Proteine 175
5056
Sach- und Personenverzeichnis
G-Protein(e) 401, 775, 778 ± heterotrimere 776±778 ± monomere 799 G-Protein-gekoppelte Rezeptoren 774±776, 788 ± pathologische Verånderungen und Krankheitsbilder 780 ± sensorische Wahrnehmung 791 G-Protein-gekoppelte Rezeptorkinase GRK) 777, 778 G-Protein-Signalçbertragung 779 ± Regulatoren 779 Gradienten ± elektrochemische 191 Granathylakoid 280 Granzyme 879 Graves-Krankheit 900 Grb2 796, 798, 800, 813 GREB 514
(GFP) 916 Greider, C. 632 Grenzelement 622 Griffith, F. 532 Grippeviren 28 Griselli-Syndrom 464 GRK 777, 778 GroEL-GroEL-Komplex 103 GroEL-Komplex 99±102 groûe Furche 502, 503 grçn fluoreszierendes Protein (GFP) 358, 359, 376 781 GT (Ûberwachungsenzym) 374 GTF 560 GTP 385 GTPase aktivierendes Protein (GAP) 799 GTPS 401 Guanin 96, 500 Guaninnucleotid-Austauschfaktor (GEF) 799, 800 Guaninnucleotid-Dissoziationsinhibitor (GDI) 799 Guaninnucleotid dissoziierender Faktor (GDI) 800 Guanosintriphosphat 97 Guanylylcyclase 815 Guanylyltransferase 569 Gyrase 685, 699 H H+-ATPase 392, 402 Haarzelle(n) 464, 465 3 III 954 3 438 3 7 875 Halbwertszeit 930 3 603 Halobacteria 17 halophil 35, 94 Håmatopoese 873 Hammerkopf-Ribozym 96 Håmoglobin, 520, 543, 583, 597, 644, 669 ± Entschlçsselung der dreidimensionalen Struktur 77 ± Modell 78 Håmoglobinurie 175
Håmolyse 186 Håmophilie 522 Hand-çber-Hand-Mechanismus 463 Hanson, J. 468 Haplotyp 530, 531 HapMaps 531 Harman, D. 45 Harrison, R. 482 Hartwell, L. 718, 722 Harvey-Sarkom-Virus 864 HAT 658 HAT-Medium 968 Haupthistokompatibilitåtskomplex (MHC) 888, 889, 902±907 Haushaltsrezeptor 401, 403 Hausmaus s. # Hautkrebs 708 Haworth-Projektion 57 HDAC 660 HDLs 404 Hefe 354, 361, 362 Hefezellen 696, 718 ± mutierte 695 Hela-Zelle 3, 553, 612 Helfer-T-Zellen 879, 894 3 833 Helikase 689, 690, 698 Heliozoa 427 Helix 502 Helix-Schleife-Helix-Motiv 650, 651 Helix-Schleife-Helix-Struktur 649 Hellfeldmikroskopie 915 Hemicellulose 346, 347, 379 Hemidesmosom 325, 336, 338, 456 Hemmstoffe ± fçr Enzyme 131 ± irreversible 131 ± kompetitive 132, 133 ± nichtkompetitive 133 Hemmung ± nichtkompetitive 133 ± der Rçckkopplung 146 Heparin 62 Hepatitis 582 Hepatitis-B-Virus 833 Her2 856 Herbizide ± Wirkungsweise 293 Herceptin 856 hereditåres nicht polypæses colorektales Karzinom (HNPCC) 854 Herpesvirus 833 Hers, W. 394 Hershey, A. 535 Hershko, A. 671 Hertwig, O. 532 Herzinfarkt 403, 404, 410 1 (HP 1) 625 Heterochromatin 610, 621±626, 645, 660, 696 Heterodimer 77 Heteroduplex 758 Heteroplasmie 270 heterotrimere G-Proteine 775±778 heterotroph 31, 277 HGM-Box 649, 652 HGPRT 968
Hilfschromosom 495 Histidin 67, 68 Histon 617±620, 635, 637, 659, 696, 701, 715, 727, 845 ± Acetylierung 658 ± Methylierung 625 Histonacetyltransferasen (HAT) 658 Histoncode 624, 625, 635 Histondeacetylase (HDAC) 660 Histonmethyltransferase 625, 635 Histonmodifikationskomplex 657 Hitzeschockgen 550 Hitzeschockprotein 70 (Hsp70) 100 Hitzeschockproteine (hsps) 99 Hitzeschockreaktion 99 HIV 530, 581, 880 HIV-Infektion 880 HI-Virus 27, 28 HLA-DQB-Locus 901 HMG-CoA-Reductase 404, 410, 411 hnRNA 559, 560, 563, 564, 570 hnRNP 570 Hochleistungsflçssigkeitschromatographie 935 Hokin, L. 784 Hokin, M. 784 Holden, H. 470 Holley, P. 586 Holliday, R. 758 Holliday-Verbindungen 758 Homodimer 77 Homogenisieren 358, 360 Homogenitinsåure 542 Homologiesuche 758 Hooke, R. 2 Hoppe-Seyler E.531 Hormone 355 Hormonrezeptor 653 Hornhaut ± Kollagenfasern 314, 315 Horvitz, R. 817 3A-Gen 518 HPLC ( 6 $ ) 935 HPV 833 Hsp60 407, 409 Hsp70 100, 407 Hsp70-Proteine 409 hspa 99 HSZ 22 Hçhnererythroblastose-Virus 852 Hçhnersarkom-Virus 840 s. HI-Virus humanisierte Antikærper 856, 969 Hunt, T. 761 Huntingtin 513, 514 Huntington-Krankheit 513, 529, 581, 817, 843 Huxley, A 468 Hyaluronsåure 316 Hybridisierungsexperiment 946 Hybridomzelle 967 Hydrierung 63 hydrodynamischer Radius 935 Hydrolyse 55 Hydropathieplot 171, 172 hydrophob 48 hydrophobe Wechselwirkung 48, 49
*ydrophobizitåt 171, 172 Hydroxylapatit 946 Hydroxylradikal 45 Hydrozephalus 330 Hyperkalzåmie 781 Hypermutation 887 Hyperparathyreose 781 Hyperthyreose 782, 900 Hypertonie 132, 133 hypertonisch 192 hypotonisch 192 Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase 968 Hypoxanthin-Phosphoribosyltransferase 662 H-Zone 466±468 I-Bande 466±468 ICAM 333 IDDM 900 IFG2 663, 664 IFN- 880 IgA 881, 882 IgD 881, 882 IgE 881 IgG 881 IgM 881 Ignarro, L. 815 IgSF 329, 333, 338 ± L1 329 ± L1-Mangelkrankheit 330 Ii 891 Ikosaeder 27 IL4 880 Iminoform 502 Immersionsobjektiv 913 Immunfluoreszenz 969 Immunfluoreszenzmikroskopie 916 Immunglobuline 881 ± Klassen 881 ± Struktur 882 Immunglobulinklassenwechsel 887 Immunglobulin-Superfamilie 329 Immunhistochemie 969 Immunisierung ± passive 86 Immunitåt ± humorale 872 ± T-Zell-vermittelte 890 ± zellvermittelte 872 Immunreaktionen ± adaptive 872 ± angeborene 871 ± sekundåre 876 Immuntherapie ± adaptive 856 ± aktive 856 ± passive 855 Impfung 876 Importin 614 Impuls ± Weiterleitung 214 Inaktivierungspeptid 200 indirekte Immunfluoreszenz 969 Indomethazin 834 s. induzierte Anpassung Induktor 641
Sach- und Personenverzeichnis induzierte Anpassung ( ) 128, 694 Influenzavirus 893 Informationsgehalt ± Makromolekçle 112 Initiationscodon 590, 666 Initiationsfaktor 590, 592, 667 Initiator 561 Initiatorcaspase 818 Initiator-tRNA 591, 592, 594 Innere Energie e 111 Inositol-1,4,5-trisphosphat (IP3) 786 Inou, S. 739 B $ -Hybridisierung 515, 952, 953 Insulin 202, 803 ± Sequenzierung 71 Insulin 655 insulinabhångiger Diabetes mellitus 900 Insulinresistenz 806 Insulinrezeptor 802±804 Insulinrezeptor-Substrate 804 Insulinunempfindlichkeit 806 integrale Proteine 167±174 Integrin(e) 313, 317, 320, 325, 333, 338, 650, 813 ± Aktivierung 321 ± Bedeutung fçr das Ûberleben der Zelle 322 ± Eigenschaften 320 ± Funktionen 322 ± Konformationen 320, 322 (ISRE) 898 Interferon 872 Interferon 872 Interferone 879 Intergen-DNA-Microarray 654 Interkinese 754 Interleukine 879 Intermediårfilament(e) 419±422, 430, 453±456, 611 ± Typen 456 Interphase 714, 717, 733 interzellulåre Wechselwirkungen 158 Intron 520, 526, 527, 564, 566, 567, 569, 570, 573±576, 597, 664 ± Gruppe I 570 ± Gruppe II 570, 571, 574 Inversion 628, 629 invertierte Sequenzwiederholung 521, 522 B $-Beweglichkeitsassay 423, 431 Ionenaustauschchromatographie 935 Ionenbindung 47, 75 Ionenkanåle194 ± bakterielle 195 ± defekte 206±208 ± eukaryotische 197 ± ligandenabhångig 775 ± ligandengesteuert 194 ± Messung der Leitfåhigkeit 195 ± $ 198,199 ± spannungsabhångig 775 ± spannungsgesteuert 194 ± Struktur eukaryotischer spannungsgesteuerter K+- 198, 199 Ionenprodukt des Wassers 52
505D
ionisierende Strahlung 706 Ionisierung 44 IP3 786 IRS 804 isoelektrische Fokussierung 940 Isoform 94, 422, 520 Isolator 657 Isoleucin 67, 68 isopyknische Zentrifugation 946 isotonisch 192 Isotop 929 ISRE 898 Itakura, K. 957 Iwanowski, D. 26 I-Zell-Krankheit 394 > Jacob, F. 544, 639 JAK-STAT-Weg 898 Jamieson, J. 357 Janssens, F. 497 Janus-Kinase (JAK) 898 Jeffreys, A. 565 Jenner, E. 876 Jerne, N. 874 Johnson, R. 716 F) 652 = K+-Sickerkanåle 212, 213 Kadota, K. 410 Kalorie 42 Kaneseki, T. 410 Kaposisarkom 781, 833 Kapsid 27 Kartagener-Syndrom 444 Kartoffel ± Spindelknollenkrankheit 30 Karyotyp 627, 628 ± von Tumorzellen 832 Karzinogene 833, 834 Karzinogenese 833, 834 Katalase 45, 267, 268 Katalyse ± enzymatische 126 ± Zwischenprodukte 129 katalytisches Zentrum 263 Kation 44 Kationenaustauscher 935 KDEL-Rezeptor 385, 386 Keimzellen ± primordiale (PGC) 318 Kendrew, J. 7 Keratansulfat 316 Keratin 422, 454 Keratinocyten 456 Kernexportsignal 616 Kernhçlle 10, 11, 610±613, 636, 733, 742 Kernlamina 610, 611, 612, 732 Kernmatrix 610, 611, 637, 700, 701 Kernplasma 10 Kernpore 610±614 Kernpromotor 653, 657, 658 Kernspinresonanztechnik 76 Kerr, J. 817 Ketoform 502 Ketogruppe 56
505H
Sach- und Personenverzeichnis
Ketose 56 Kettenabbruch-Methode 965 Keuchhustentoxin 782 Khorana, H. 957 KIF5B 433, 434 Kinase ± Cyclin-abhångig 718, 719 Kinesin 424, 430±432, 434, 435, 464, 742 Kinesin I 666 Kinesin II 425, 447, 449 kinesinåhnliche Proteine 432 Kinetochor(en) 634, 729, 730, 732±734, 738±741, 754 Kirschner, M. 443 Klammerlader 692, 699 Klasse-I-MHC-Proteine 890, 891 Klasse-II- MHC-Proteine 890±893 Klasse-I-MHC ± Struktur 905±907 Kleckner, N. 750 kleine Furche 502, 503 Klinefelter-Syndrom 757 klonale Expansion 897 klonale Kultur 932 klonale Selektion 873, 874 Klonen 643 Klonierung ± in Bakterienplasmiden 951 ± in Phagengenomen 953, 954 Knochenmarkstransplantation 22 Knockout-Måuse 961, 962 Knockout-Tiere 424 Knudson, A. 843 Kohlendioxid (CO2) 139 Kohlendioxidfixierung 295 Kohlenhydrate 56, 165±167, 359 Kohlenhydratstoffwechsel 238 Kohlenmonoxid (CO) 254 Kohlenstoff ± Besonderheit 53 Kohlenstoffatom ± asymmetrisches 58 ± C1- 58 Kohlenstoffmenge ± in Prokaryoten 18 Kohlenwasserstoff(e) 53 Kæhler, G. 967 Kohne, D. 511 Kokain 218 Kollagen Typ I ± Struktur 314 Kollagen Typ IV 315 Kollagen(e) 313, 566 ± fibrillåre 313 ± Eigenschaften 313 Kollagenfasern ± Hornhaut 314, 315 ± Sehnen 314 Kompartiment 721 Kompartimentalisierung 157 Komplementaritåt 504 Komplementaritåt stiftende Region (CDR) 907 konditionaler Knockout 962 Konfigurationen (Stereoisomere) 65, 66 konfokale Raster-Mikroskopie 918
Konformation 71 Konformationsånderung(en) 77 ± Untersuchung 128, 129 Konjugation 15 ± Bakterien- 15 konjugierte Såure 51 Kontrast 914 Kopfgruppe 163 Kopplungsgruppe 495 Korn, E. 462 Kornberg, A. 685 Kornberg, R. 550, 618 Kærpergeruch 894 kovalente Modifikation 146 Krebs(erkrankungen) 334, 581, 633, 716 ± Chemotherapie 706, 848 ± Expressionsprofile 837 ± Statistik 830 Krebs, E. 782, 789 Krebs, H. 241 Krebsbehandlung ± Strategien 855 Krebserkrankungen s. Krebs Krebszyklus 240 Kristallographie ± zeitlich aufgelæste 128 Kritische-Punkt-Trocknung 927 Kryo-Elektronenmikroskopie 942 Kryo-Elektronentomographie 924 Kryo-ET 924 Kryofixierung 923 Kryoschnitt 924 KscA-Kanal 195±197 Kugel-Stab-Modell 57 Kulturmedien 931 Kupffer-Zelle 392 Kuru 82 Kv-Kanal ± Spannungsmessung 198 KVLQT1 663 & L1 329 $Operon 639, 641, 642 Lactose 59, 638±641 Lamellipodium 478±483 Lamin 454, 517, 611, 817 Laminin 313, 319, 339 Lampenbçrstenchromosom 620, 622, 753 Langzeitpotenzierung (LTP) 219 Lariat 570, 571, 573, 665 laseroptische Falle 548 Laskey, R. 614 Latrunculin 460 LCMV 902 LDL 401, 403 LDL-Cholesterin 399, 403 LDL-Rezeptor 401±403, 412, 413 Leader-Sequenz 564 Lebenserwartung 45 Lebensmittelvergiftung 476 Leber 363 Leberzellen 715 Lecithin 162, 163 Leder, Ph. 565 Leinsamenæl 62, 63
Leitbçndelscheide 301, 302 Leitfåhigkeit, elektrische 194, 195 Leitstrang 688±692 Lejeune, J. 630 Leptotån 751 Leseraster 590 Leserastermutation 596 let-7 580 Leucin 67, 68 Leucinreiûverschluss 649, 651 Leukåmie 581, 629, 658, 793, 839 ± akute lymphoblastische 837 ± akute myeloische 837 ± chronische myeloische 629, 857 Leukocyten-Adhåsions-Defizienz 334 Levene, Ph. 532 Lewontin, R. 679 Leydig-Zelle 365 LHCI 291 LHCII 288 LH-Rezeptor 780 lichtabsorbierender Komplex II (LHC II) 288 Lichtabsorption 283 Lichtmikroskop 2, 912 ± Auflæsungsvermægen 913 lichtsammelnde Antenne 285 Li-Fraumeni-Syndrom 846 Liganden 158, 398, 401 ligandenabhångige Kanåle 775 Lignin 348 limbisches System 218 LINEs 517, 524 Lineweaver-Burk-Diagramm 131, 132 Linezolid 135 Linker-DNA 618, 620, 621 Lipid 363 Lipiddoppelschicht 172 ± Fluiditåt 175±177 ± temperaturabhångige Struktur 176 ± Ûbergangstemperatur 175, 176 ± Zellmembranen 159, 159 Lipidflæûe 178, 179, 388 lipidverankerte Proteine 167, 168, 175 Lipofektion 958 Lipofuscin 393 Lipoprotein niedriger Dichte 404 Lipoproteine hoher Dichte 404 Liposomen 165, 166, 361, 391, 707 ± getarnte 165, 166 Lippmann, F. 589 ,
405, 476 Locus(-ci) 497 Loewi, O. 220 London, E. 532 Louis-Bar-Syndrom 847 Lovastatin 403 Lowicryl 923 Lowry-Methode 944 LTP 219 Lucifergelb 398 Lupus erythematodes 699 ± systemischer 571, 900 Lymphknoten ± Anschwellen bei Infektionen 878 Lymphocyten 715, 872 ± Homing 327 ± Vorlåuferzellen 318
lymphocytisches ChoriomeningitisVirus (LCMV) 902 lymphoide Zellen 318 Lymphozytenaktivierung 896, 898 Lyon, M. 623 Lysin 67, 68 Lysosom(en) 13, 354, 356, 366, 387, 392, 393, 405, 732 ± Funktionsstærungen 394 ± glattes 10 ± Speicherkrankheiten 396 Lysosomenenzym 368, 386, 392 Lysosomenprotein 367, 369 @7-Verhåltnis 940 MacFarlane Burnet, F. 874 MacLeod, C. 534, 951 Mad2-Protein 740 Magen ± Såuresekretion 205, 206 Mais ± Wurzelspitzenzelle 354 Makromolekçle 25, 54, 113 Makronucleus 19 Makrophagen 393, 404, 878 Makrophagen-Schaumzellen 404 Malat-Aspartat-Shuttle 242 MALDI-MS 940 Mammatumoren 856 Mannose 373, 374, 376, 380, 387 Mannose-6-phosphat 374, 394 Mannose-6-phosphat-Rezeptoren 386, 387, 402 Mannosidase II 379, 381, 382, 385 Manton, I. 446 MAPC 25 MAPK 800 MAP-Kinase 801 MAP-Kinase-Kinase 801 MAP-Kinase-Kinase-Kinase 801 MAPs s. mikrotubuliassoziierte Proteine Margarine 63 Margulis, L 31 Marihuana 218 Markerchromosom 634 Markert, C. 759 Marmur, J. 509 Marsland, D. 743 Maskin 668 Masse-Ladungs-Verhåltnis 940 Massenspektrometer 940 Massenspektrometrie 89, 90, 360, 940 Massenwirkungsgesetz 114 Masui, Y 759 Matrix-Metalloproteinasen (MMPs) 320, 334 Matrix-unterstçtzte Ionisations-Massenspektrometrie 940 Matthaei, H. 584 Maul- und Klauenseuche 26 Maxam, A. 965 maximale færderliche Vergræûerung 914 Maximalgeschwindigkeit (;max)130 MBP 900 McCarthy, M. 534, 951
Sach- und Personenverzeichnis McClintock, B. 521, 525 McCune-Albright-Syndrom 781 McDevitt, H. 902 McM-Protein 697, 698 MeCP2 661 Mediator 658 Medikament ± fettlæsliches 166 Meerrettichperoxidase 398, 402 Meiose 421, 494, 495, 497, 519, 543, 623, 628, 629, 713, 747, 748, 750, 751 ± Defekte 722 ± initiale 749 ± intermediåre 749 ± Nondisjunktion 748, 755 ± primåre 446 ± Rekombination 757 ± Stadien 749 ± terminale 748 MEK 800, 801 Melanom 708 Melanosarkom 830 Melanosom 464 Mello, C. 578 Membran bindende Proteine 476 Membran(en) ± Asymmetrie 371 ± Biosynthese 369 ± Kohlenhydrate 165 ± Lipidzusammensetzung 164, 372 ± Refraktionszeit 213 ± Ruhepotenzial 211 ± semipermeable 192 ± Wanderung 361 Membrandomånen 184 Membranfunktionen ±Pflanzenzelle 157 Membranfusion 390 Membrankompartiment 354 Membranlipide ± Mobilitåt 183 ± Synthese 370 Membranpermeabilitåt ± Verteilungskoeffizient 192 Membranpotenzial 211 Membranproteine ± integrale 356, 369, 388 Membranskelett 183, 184 Mendel, G. 492, 531 Meningitis 405, 875 Meselson, M. 544, 680 Mesotheliom 833 Messenger-RNA s. mRNA Metaboliten 55, 137 Metallothionein-Gen 959 Metaphase 714, 726, 727, 735, 737, 741, 743 Metaphase I 751, 754 Metaphase II 749, 754, 755 Metaphaseplatte 727, 735, 738, 740, 742, 753, 759 Metastase 829 Metastasenbildung 334 Methan (CH4) 17, 129 Methanobacteria 17 Methanol (CH3OH) 139 Methionin 67, 68, 591
505A
Methyladenosin 545 Methylase 557 7-Methylguanosin 563 Methylguanosin 567 Methylierung 557 MHC 889, 902±907 ± Struktur 905±907 MHC-Polymorphismen 894, 901 Michaelis-Konstante (5#) 130 Michaelis-Menten-Gleichung 130 Microbodies 267 Miescher F. 531 Mikrodomånen 178 Mikrofibrillen 347 Mikrofilament 10, 354, 419, 457, 458, 464, 484 Mikroinjektion 958 Mikro-RNA s. miRNA Mikrosatelliten-DNAs 511, 512, 854 Mikroskop 2 Mikrosomen 359, 360 Mikrospikes 482, 483 mikrotubuliassoziierte Proteine 426, 427, 730 Mikrotubuli-Organisationszentrum 435, 436 Mikrotubulus 10, 15, 354, 376, 389, 419±422, 426±430, 433, 435, 437, 442, 443, 482, 484, 666, 732±739, 741, 742 ± Depolymerisierung 739, 740 ± dynamische Eigenschaften 439 ± Gleitbewegung 451 ± B $-Untersuchungen 441 ± Neubildung 437 ± polarer 736 Mikrovilli 445, 475 Milchsåure 244 Miller, O. 552, 598 Milstein, C. 967 Minimalmedium 542, 543 Minisatelliten-DNAs 511 Minsky, M. 918 miRNA 545, 579, 580, 669 854 Mitchinson T. 443 mitochondriale Anomalien 269 mitochondriale Krankheiten 269, 270 Mitochondrien-DNA 699 Mitochondrium(-ien) 5, 10, 13, 14, 360, 366, 372, 406, 575, 602, 732 ± aerobe Atmung 266 ± Codons 584 ± Cristae 234 ± Intermembranraum 235, 236 ± Matrix 235±237 ± Membranen 235, 236 ± Teilung 235 Mitose 14, 421, 440, 495, 543, 713±722, 725, 728, 730, 736, 737, 749 ± Auflæsung der Kernlamina 61, 150, 421, 494, 495, 497, 519, 543, 623, 628, 629, 713, 749 ± Bewegungen 742 ± Defekte 747±749 ± Kontrollpunkt 440 ± Stadien 726, 727
505E
Sach- und Personenverzeichnis
Mitosechromosom 620, 623, 626, 627, 683, 726, 728, 729, 739, 740 Mitosecyclin 718, 719, 721, 737 Mitosespindel 15, 421, 426, 438, 713, 726, 730±738, 740, 745, 746 Mittellamelle 346 Mizellen 63 Mizutani, S. 860 M-Linie 466, 469 MMNA 611 MMP-Hemmer 335 MMPs 320, 335 Modellorganismen 19, 21 molekulare Mimikry 901 molekularer Motor 424 Molekularsieb 938 Moncada, S. 815 Monod, J. 544, 639 Monogalaktosyl-Diacylglycerin 280 monoklonale Antikærper 967 Monolayer 831 Monomere 54, 55 Monomer-Polymerisationsproteine 475 Monomer-Vereinnahmungsproteine 475 Monosaccharide 56 Monosomie 756 Moore, P. 603 Morgan, Th. 496, 500, 525 Mosaik, genetisches 623 Motordomåne 431 motorische Einheit 471 Motorprotein(e) 354, 357, 424, 429±431, 449, 666, 730, 732, 734, 739, 742, 743 345 MPF 717, 718, 759±764 M-Phase 714, 715, 717, 725, 763 MPRs s. Mannose-6-phosphatRezeptoren mRNA 527, 544, 551, 562, 564, 578, 579, 583, 588, 590±598, 644, 647, 664, 665 ± Cap-Struktur 563, 669, 670 ± Halbwertszeit 666 ± Lokalisierung 666, 667 ± Modifikationen 563 ± Poly(A)Schwanz 563 ± Processing 567, 612 ± Stabilitåt 669 ± Struktur 562 ± Transkription 560 MS/MS 941 MS-2 510 MSH-Rezeptor 780 mtHsp70 408 MTOCs s.Mikrotubuli-Organisationszentren Mukoviszidose 206, 857 Muller, H. 498 Mullis, K. 963 Multiple Sklerose (MS) 215, 899, 900 multiples Myelom 882 Multiproteinkomplex 7 Murad, F. 815 # 21
Muskel(n) 461 Muskeldystrophie 476, 857 Muskelfaser 466 Muskelkontraktion 243, 466 ± Calcium 472 Muskelschwund 611 Muskelzellen ± gestreifte 20 ± glatte 20 Mutagenese 498 Mutanten 361, 362 ± temperatursensitive 683, 718 Mutation 496, 504, 512, 518, 521, 542, 584, 596, 597, 634, 693, 703, 705 ± somatisch 781 Mutationsrate 498, 694, 695 #*" 651 Mycoplasmen 17 (MBP) 900 Myelinprotein, basisches 900 Myelinscheide 162, 211, 215, 271 Myelomzelle 967 # 405 Myoblast 466 MyoD 650 Myofibrille 466, 467 Myogenin 645 Myoglobin 73, 74, 941 Myosin 431, 460, 467, 469±473, 481, 482, 745 ± B $-Beweglichkeitsassay 462 ± konventionelles 461 ± S1-Fragmente 458, 461 ± unkonventionelles 462 Myosin I 462, Myosin II 462, 469, 470, 482 ± S1-Fragment 470 Myosin V 463, 464 Myosin VI 463 Myosin VIIa 463, 465 Myosinfilament 744 Myotone Dystrophie 513 Myotubulus 466 : Na+/Glucose-Cotransporter 205, 209, 210 Na+/K+-ATPase 202±205, 209 ± Pumpzyklus 203 )-Acetylglucosamin 166, 372, 373, 380 )-Acetylglucosamin-1phosphat 373 )-Acetylglucosaminphosphotransferase 387, 394 nAChR 220 ± Struktur 223 Nacktmaus 21 NAD 141 NADH 141, 143, 242, 243, 247 NADH-Dehydrogenase 251±253 NADPH 145 Nanotechnologie 424 Natriumdodecylsulfat (SDS) 169, 186, 939 Natrium-Kalium-Pumpe 202 natçrliche Killerzellen (NK-Zellen) 872, 894
NCAM 329 Nebulin Negativkontrastierung 924 Neher, E. 194 Nernst-Gleichung 212 Nervenendigung 210, 211, 217 Nervensystem ± Entwicklungsstadien 484 Nervenzelle ± Struktur 211 Nerv-Muskel-Endplatte 471 Netrin 483 Nettostrom 189 Neuralleiste 318, 457 Neuralplatte 484, 485 Neuralrohr 484 Neurofibromatose 1 (NF1) 800 Neurofilament 430, 456 neuromuskulåre Verbindung(en) 216, 217 Neuron(en) 210, 211 ± olfaktorisches 792 ) 542, 543 Neurotransmitter 390, 420, 429 ± Rçckspeicherung 218 Neurotubuli 430 Neutrophile 393, 404 Nexin 447 ). 842 )-Formylmethionin 591 NF-jB 821 )-Glycosylierung 373 )-glykosidische Bindung 166 nicht transkribierter Zwischenabschnitt 553, 554 nichtzyklische Photophosphorylierung 294 Nick-Translation 947 Nicotinamid-Adenin-Dinucleotid (NAD) 141 Niedergerke, R. 468 Niel, C. B. van 281 Niemann-Pick-Krankheit 403 Nierenfunktion ± Claudin-16 341 NIH3T3-Zellen 863, 864 Nikotin 220 Nirenberg, M. 584 Niroglycerin 815 Nitroxide 173 NK-Zelle(n) 872, 894 NMD 597 NMR-Spektroskopie 649 Nobel, A. 815 Nocodazol 440 Noller, H. 602 Nondisjunktion 755, 757 Nonsense-Mutationen 597 Nonsense-vermittelter Zerfall 597 Noradrenalin 216 Northern Blot 575, 947 NO-Synthase 815 )1 955 NSF 391 N-Terminus 66 NtrC 609 Nuclease 618, 637
@ucleinsåure(n) ± Absorptionsmaximum 944 ± Aufreinigung 942±943 ± Auftrennung 945 ± Ausfållung 943 ± evolutionåre Verwandtschaft 948 ± Fraktionierung 943 ± Hybridisierungstechniken 946 ± Konzentrationsbestimmung 943 ± Rekombinationstechniken 948 ± Schmelztemperatur 948 ± Sedimentation 945, 946 Nucleinsåurehybridisierung 509, 946 Nucleolus 10, 13, 551, 552±554 Nucleoplasmin 614, 615 Nucleoporin 613 Nucleosid 95 Nucleosiddiphosphatase 379 Nucleosom 617±625, 658, 660, 701, 702, 715 Nucleotide 95, 500 Nucleotid-Excisionsreparatur 703, 704, 706, 853 Nucleotid-Sequenz 505 numerische Apertur 913 Nurse, P. 718, 763 B O'Farrell, P. 939 Occludin 341 -glycosidische Bindung 166 Ohno, S. 518 Okazaki, R. 688 Okazaki-Fragment 688±690, 692, 693, 698, 699 Úle 63 Oligonucleotidmutagenese 92, 173, 957 Oligonucleotidsynthese 957 Oligosaccharid 59, 160 ± )-gekoppelt 372, 379 Oligosaccharyltransferase 368 Oncogen(e) 581, 840±842, 859±865 ± zellulåre 862±865 Oocyte 552, 554, 749, 750, 753, 757 ± sekundåre 754, 759 Oogenese 753 Oogonium(-ien) 749, 750 Operator 639 Operon 639±641 Opiat-Missbrauch 791 optische Pinzette 183, 423, 424 Orbitale 43 ORC-Protein 697, 699 Organabstoûung 889 Organellen ± Græûe 25 Organellen 354, 357 Organellentransport 433, 435, 464 Organtransplantation 22 " 684 666, 667 Osmiumtetroxid 379, 922 Osmose 192, 397 ± Pflanzenzellen 194 Osteocyten 20 Osteogenesis imperfecta 315 Ústrogen 64
Sach- und Personenverzeichnis ± als Tumorpromotor 839 Ovalbumin 566, 669 ± Introns 567 Ovomucoid-mRNA 575 Oxaloacetat 240, 241 Oxidation 138 ± Glucose 139 Oxidationsmittel 138, 245 Oxidations-Reduktions-Potenzial 246 Oxidations-ReduktionsReaktionen 138 oxidative Phosphorylierung 142, 242 Oxygenase 363 .D 842 /. 847 /I 725 J. 724 HJ 724, 845±850 P680 286±290 P700 286, 287, 291, 292 P700-Chlorophyll 292 PABA 135 Pace, N. 601 Pachytån 752, 752 PAGE 938 Painter, Th. 498 Palade, G. 357, 360 Palindrom 656, 948 Palisadenzellen 279 Palmiter, R. 959 -Aminobezoesåure (PABA) 135 Pankreas ± Acinuszelle 355, 356, 357, 364, 365 Pantothensåure 543 Papierchromatographie 501 Papillomvirus (HPV) 833 Paraffinschnitt 920 Paraquat 293, 294 Pardu, M. 515 Parkinson-Krankheit 22, 23, 817 ± Mitochondrien 270 ± Pestizide 270 Pasteur, L. 26 Patch-clamp-Technik 195 Pauling, L. 33, 71, 502 PCNA 699, 701 PCR ( ) 963 PDE3 816 PDE5 816 PDGF ( + ) 794 PDK1 804, 805 Pearse, B. 410 Pektine 347 P-Element 525 Pemphigoid, bullæses 326 Pemphigus vulgaris 338 Penicillin 134, 135 ± Resistenz 135 Penicillinase 135, 136 PEP-Caroxylase 303 "5 652±656 Pepsin 531, 532 Peptidbindung(en) 66 Peptid-Ionisierung 940 Peptidmassenfingerprint 89
505J
Peptidyltransferase 594, 601±603 Perforine 879 pericentriolåres Material 436, 439, 736 periphere Proteine 167, 168, 174 Peripherin 454 Permeabilitåt 192 Peroxisom(en) 10, 267, 268, 300, 301, 366, 372, 406, 421, 732 ± Struktur und Funktion 268 peroxisomale Krankheiten 271 Peroxisomen-Zielsignal 406 Pertussistoxin 782 PET-Scan 23 Pfeiffersches Drçsenfieber 853 Pflanzenproduktivitåt ± Erhæhung 302 Pflanzenvakuole 396 ± Proteine 367 Pflanzenzelle 396 ± Cytokinese 746 ± Vakuole 396 Pflanzenzellkulturen 932 Pflanzenzellwånde 345, 346 ± Synthese der Makromolekçle 348 PGA 295 PGC 318 Phagocyt 404 Phagocytose 360, 392, 397, 398, 404, 405, 457, 476 Phagolysosom 404, 405 Phagosom 360, 404, 405 Phalloidin 458, 460, 465 Phase-I-Test 85 Phase-II-Test 85, 86 Phasenkontrastmikroskopie 915 PH-Domåne 785 Phenol 943 Phenylalanin 67, 68, 584 Pheophytin 288±289 (Phi)FX174 564, 965 Philadelphia-Chromosom 629 Phorbolester 786 Phosphatase 719, 720 Phosphatase-1 790 Phosphatgruppe 95 Phosphatidsåure 164 Phosphatgruppençbertragungspotenzial 143, 239 Phosphatidylcholin (PC) 64, 159, 162, 164, 371, 372 Phosphatidylethanolamin 162±164 Phosphatidylglycerin 164 Phosphatidylinositol 162, 163, 383, 783 Phosphatidylinositol3,4,5-trisphosphat 785 Phosphatidylinositol-3-OH-Kinase 79 Phosphatidylinositol4,5-bisphosphat 785 Phosphatidylinositol-4-phosphat 785 Phosphatidylserin 162±164, 371, 372, 820 Phosphodiesterase 789 3'-5'-Phosphodiesterbindungen 95 Phosphodiesterbindung 500 Phosphodiesterglycosidase 387 PhosphoenolpyruvatCarboxylase 301, 302
50:0
Sach- und Personenverzeichnis
Phosphoenylpyruvat 140 Phosphoenylpyruvatcarboxykinase 652 3-Phosphoglycerat (PGA) 140, 239, 295 Phosphoglycerat-Kinase 142, 143 Phosphoglyceride 161±163 Phosphoinositid(e) 385, 784 Phosphoinositid-Kinase 785 Phospholipase C 784 Phospholipase C- 778 Phospholipasen 177 Phospholipide 64, 161, 371 ± Bewegungsmæglichkeiten 179 Phosphomannoseisomerase 373 Phosphorylase-Kinase 146, 789 Phosphorylierung ± oxidative 142, 242 Phosphotyrosinkinase-bindende Domåne (PTB) 794, 796 photoautotroph 278 Photoinhibition 291 Photolyse 287, 290 Photon(en) 283 Photophosphorylierung 294, 295 Photorespiration 299±301 ± Peroxisomen 300 ± Reaktionen 299 ± zellulåre Grundlagen 300 Photorezeptorzelle 791 Photosynthese 17, 960 ± Aktionsspektrum 285 ± Effizienz 302 ± Elektronentransportsystem 287±293 ± Energiebilanz 282 ± Gesamtreaktion 281 ± Lichtreaktionen 282, 287, 293, 298 ± lichtunabhångige Reaktionen 282 ± Reaktionszentren 285 ± Schwefelwasserstoff als Elektronenquelle 278 ± Stadien 298 Photosynthese-Einheit 285 Photosystem I (PSI) 286, 287 ± funktionelle Organisation 292 ± Gesamtreaktion 292 ± photochemische Prozesse 291, 292 Photosystem II (PSII) 286±291 ± funktionelle Organisation 288 Phragmoplast 440 pH-Wert 52 Phyllochinon 292 PI(4,5)P2 385 PI3K 805, 814 PI-3-Kinase (PI3K) 805, 814 Pigmente ± akzessorische 284 ± photosynthetisch aktive 283±285 PIP 785 PIP2 785 PIP3 784, 785 PKA 789 PKB 804, 805 Plaque 954 Plasmalogene 267 Plasmamembran 10, 13, 354 ± apikale 185 ± Davson-Danelli-Modell 159, 160
± elektronenmikroskopische Aufnahme 156 ± Erythrocyten 187 ± kontinuierliche 184 ± Mikrodomånen 178 ± seitliche 185 ± Struktur 186 Plasmamembran-Ghosts 186, 187 Plasmazellen 365, 875 Plasmodesma(-en) 10, 344, 345 Plasmolyse 193 Plasmozytom 882 Plastid 61 Plastochinol 289 Plastochinon 289 Plastocyanin 291 Plattenabdruck 952 Plattenepithelkarzinom 708 Plectin 430, 453 Pneumokokken 532, 533, 534 Pocken 877 Podophyllotoxin 440 polare Molekçle 44 Polioviren 581 Polkærper 494, 750, 759 Pollard, Th. 462 Poly(A)-Polymerase 569, 668 Poly(A)-Ribonuclease 670 3'-Poly(A)-Schwanz 567 Poly(A)-Schwanz 666, 668, 669 Poly(U) 584 Polyacrylamid 943 Polyacrylamid-Gelelektrophorese (PAGE) 938 Polycystin 444 polycystische Nierendegeneration 444 polyklonale Antikærper 967 Polymerase Taq1 963 Polymerasekettenreaktion 963 Polymere 54, 55 Polymerisation 54, 55 Polymorphismen 529 ± genetische 782 Polynucleotide ± Synthese 957 Polyomaviren 833 Polypen 836, 848 Polypeptid ± nascierend 367 Polypeptidfaltung 102 Polypeptidkette 66, 542 Polyploidisierung 518 Polyribosom 597±599 Polysaccharid 59, 355 Polyspermie 494 Polytånchromosom(en) 499, 620 Pompe-Krankheit 394 Poren, polare 160 Porine 235, 237 Porter, K.409, 446 Positionseffekt 622 posttranslationelle Modifikationen 69 pp60src 862 Prader-Willi-Syndrom 663 Pråinitiationskomplex 560, 562, 592, 660 Prå-mRNA 544, 565, 568, 570, 571, 573, 574, 597, 617, 636, 665
± Spleiûen 616 ± Spleiûstellen 570, 671 Pråprophaseband 440 Pråreplikationskomplex 697, 698, 716, 718 Prå-RNA 551 Prå-rRNA 553±557, 599, 600 ± Processing 557 Pråsequenz 406 Pråzipitation 934 pRb 844 Prednisolon 655 Pribnow-Box 550 Primårkultur 931 Primårtranskript 553, 555, 564, 565, 567, 569, 574±576, 664 Primårtranskription 551 Primase 688, 690, 693, 698, 700 Primer 686, 687, 693 Primosom 690 Prion 82, 83 -,HJ 836 Procaspase 818, 819 Profilin 475, 480 Progeria Hutchinson-Gilford 611 Progesteron 759 Prokaryoten ± Replikation 682 Prolin 67,68 Prometaphase 714, 726, 727, 733±735, 741±743 Promotor 546, 549, 558, 561, 562, 639, 641, 642, 653, 654, 656, 657 Promotor-Kernelement 561 Prophase 714, 726±728, 732, 735 Prophase I 748, 749, 753 Prophase II 754 Proplastide 281 Prostaglandin 834 Prostata-Krebs ± PSA-Test 91 prosthetische Gruppe 74 Proteasom 374, 671, 673, 721, 736, 891 Protein(e) 64 ± Absorptionsmaximum 944 ± Actin bindend 473, 474, 479 ± Anpassung und Evolution 93±95 ± Aufreinigung 934 ± Ausfållen 934 ± DNA-bindend 504 ± Domånen 524 ± entkoppelnde 257 ± GPI-verankerte 175 ± GTP-bindend 384 ± hydrodynamischer Radius 935 ± integrale 160, 167±174 ± isoelektrischer Punkt 935 ± Isoformen 94, 422 ± kinesinåhnliche 432 ± konjugierte 124 ± Konzentrationsbestimmung 938 ± Ladung 935 ± Ladungsdichte 938 ± lipidverankerte 167, 168, 175 ± Læslichkeit 934 ± Membran bindend 476 ± Motive 75
6 mikrotubuliassoziiert 426, 427 ± Pflanzenvakuole 367 396 ± periphere 167, 168, 174 ± Retention 385 ± Spezifitåt 65 ± Stabilitåt 671 ± Stickstoffgehalt 934 ± Strukturbestimmung 941 ± Wechselwirkungen 78±80 ± Wiedergewinnung 38 ± Zerstærung 374 Proteinchips 90±92 Proteindisulfidisomerase 364, 369 Proteindomånen 74±76 Proteinengineering 92 Proteinfaltung 80, 81, 86 ± Kontroversen çber 81 ± molekulare Chaperone 87 Proteinfamilie 94 Proteinkinase 561, 668, 697, 716, 721, 723, 763 Proteinkinase A (PKA) 789, 791 Protein-Mikroarrays 90±92 $ -Hypothese 82 Protein-Protein-Wechselwirkungen 937 Proteinspleiûen 671 Proteinstruktur ± Organisationsebenen 70 Proteinsynthese 365, 367 Proteintyrosinphosphatase 1B (PTP-1B) 806 Proteoglycan(e) 313, 315, 379 ± Struktur 316 Proteolyse 720 Proteom 87 Proteomik 87±92 Protisten 19 Protofilament 441, 442, 447 Protonengradient 251 protonenmotorische Kraft (Dp) 256, 257 ± Aufgaben 266 Protonenpumpe 251, 392 Proto-Oncogen(e) 840 ± des Menschen 851 Provirus 29 proximale Promotorelemente 653 Prozessivitåt 546 Prusiner, S. 82 Pseudogen 520 Pseudohypoparathyreose 781 207 Pseudouridin 554, 557 Pseudouridylase 557 PTB-Domåne 794, 796 2) 842, 850 Ptk2-Zelle 717 Pubertas praecox 781 Puffer 52 $" -Experiment 358 Pulsfeld-Gelelektrophorese 943 Purin 96, 500, 502 Purkinjezelle 808 Purpurbakterien 575 Pyranose-Ring 57 Pyridoxin 542 Pyrimidin 96, 500, 502
Sach- und Personenverzeichnis Pyrimidindimer 703 17 Pyrophosphatase 546 Pyruvat 140, 144, 239 Pyruvatdehydrogenase 78, 240 L Q-Fieber 405 Qualitåtskontrolle 374 Quartårstruktur 77 Quervernetzungsproteine
475
; Rab27a 463, 464 Rabs 389, 391 Rad51 758 Radikal, freies 44±46 Radioisotope 357, 929 Radon 708 Raf 800, 852 RAG1 886 RAG2 886 - $ -Fasern 269 Ramicade 902 Ran 615, 616 - 760 Ranvierscher Schnçrring 211, 215 Rao, P. 716 Ras 799, 851 864 Ras-MAPK-Kaskade 800 Ras-MAPK-Signalweg 798 Rasterelektronenmikroskop 2 Rasterelektronenmikroskopie 927 Rauscher-Maus-Leukåmie-Virus (R-MLV) 860, 861 Raxment, I. 470 -& 842 rDNA 551, 554 ± Amplifikation 552 Reaktion ± Anfangsgeschwindigkeit 130 ± Standardbedingungen 115 ± Substratkonzentration 130 Reaktion auf ungefaltete Proteine 375 Reaktionselement 656 Reaktionsgeschwindigkeit 123, 131±133 Reaktionsverlauf 123 RecA 758 Redoxkontrolle 298 Redoxpotenzial 246 Redoxreaktionen 138 Reduktion 138 Reduktionsmittel 138, 245 Reduktionsteilung s. Meiose reduktiv 1 Regulator der Leitfåhigkeit durch die Membran 206 Reifungsfærderfaktor 753 Reifungsfærderungsfaktor (MPF) 717, 759±764 Rekombination 497, 706 748, 751, 752, 757, 758 ± Hotspots 530 Rekombinationshåufigkeit 498 Rekombinationsknoten 752, 753
50:5
rekombinierte DNA 950 Reperfusionssyndrom 333, 334 Replikationsbrennpunkte 700, 702 Replikationsgabel 684, 687, 689, 691 ± Eukaryoten 698 Replikationsursprung 684, 696, 697, 698 Replikon 697 Replisom 691, 692 Repressor 639 RER s. endoplasmatisches Retikulum Reservatrol 834 Rest 66 Restriktionsendonuclease(n) 515, 948 Restriktionsenzym(e) 565, 948 Restriktionskarte 949 Restriktionspunkt 718 Retina 791 Retinal 204, 205, 209 Retinitis pigmentosa 779, 781 Retinoblastom 842 Retrotransposon 522±524 Retroviren 523, 833 Rett-Syndrom 661 Reverse Transcriptase 136, 523, 524, 565, 577, 631, 861, 956 Rezeptor-Herabregulation 401 Rezeptor-Internalisierung 798 Rezeptor-Tyrosinkinase (RTK) 775, 794 RGD ± Erkennung 323 RGD-Peptide 324 RGD-Sequenzen ± Therapieansåtze 322, 323 Rhesusfaktor 884 rheumatisches Fieber 901 Rheumatoide Arthritis 900 550 Rhodamin 423, 969 Rhodopsin 776, 780, 791 Ribonuclease A 80, 81 Ribonuclease P 559, 601 Ribonuclease TI 602 Ribonucleinsåure (RNA) 95 Ribonucleotidreductase 577 Ribose 500 Ribosom(en) 10, 13, 14, 360, 361, 365, 367, 544, 590, 592, 597, 599, 602, 610 ± eukaryotisches 97 ± Kristallisierung 593 ± membrangebundenes 369, 524, 671 ± Ræntgenstrukturanalyse 593, 941, 942 ± Untereinheiten 98 ribosomale RNA s. rRNA Ribozym 96, 120, 573, 575, 577, 594, 595, 600, 601 Ribulose-1,5-bisphosphat (RuBP) 295 Ribulose-BisphosphatCarboxylase 125, 296, 297 Riechrezeptor 792 Riesenchromosom 21, 498, 499 Rinderwahnsinn 82 Ringbildung 57 Ringer, S. 472 RISC 578, 580
50::
Sach- und Personenverzeichnis
Rituxan 856, 902 R-MLV 860 RNA 95, 679 ± nicht codierend 578, 580 ± Katalysator 599 ± Nucleotide und Nucleotidstrånge 95 ± Processing 562, 568 ± Spleiûen 568 RNA-Enzyme 96 RNA-Helikase 573 RNAi 962 RNA-Interferenz 413, 425, 578, 581, 582, 625, 962 RNA-Polymerase 546±551, 567, 599, 641, 648, 688, 703, 704 ± Core-Enzym 548, 551 ± Ræntgenstrukturanalyse 551 RNA-Polymerase I 652 RNA-Polymerase II 560, 561 RNA-Polymerase III 558 RNA-Primer 631 RNA-Processing 551, 568, 664 Rnase H 956 RNA-Tumorviren 833 RNA-Viren 860 RNA-Welt 575, 577 Roberts, R. 563 Rodbell, M. 778 Ræntgenbeugung 941 Ræntgenstrahlbeugungsmuster 73 Ræntgenstrukturanalyse 73, 551, 649 Rotationsbedampfung 925 Rotationskatalyse 262 Rot-grçn-Blindheit 624 Roth, Th. 409 Rothman, J. 380 Rotorentypen 945 Rous, P. 859 Rous-Sarkom-Virus (RSV) 859, 860 rRNA 545, 551±555, 593±595, 600, 602 ± Gene 558 ± Processing 552, 558, 559, 576 ± Struktur 586 ± Transkriptionseinheit 555 rRNA-Sequenz 33, 35 Rsk-2 814 RTK 775, 794 Rubisco 99±101, 296, 297, 299, 301, 302 RuBP 295 Rçckkopplungshemmung 146, 147 Rçckspeicherung 218 Ruderman, J. 762 Ruhepotenzial 211 Ryanodin 808 Ryanodin-Rezeptor (RyR) 808 Sabatini, D. 367 21, 718 Saccharose 59 Sakman, B. 194
16 saltatorische Erregungsleitung 215 Samenzelle 421, 749 Sanger, F. 71, 965
Sanger-Coulson-Methode 965 862 Sarcomer 466±468 sarcoplasmatisches Retikulum 471 SARS-Epidemie 28 Satelliten-DNAs 511, 515, 516, 634 3A 954 sauerstoffbildender Komplex 290 Sauerstoffbildung 290 Sauerstoffradikale 404, 405 Såugetierproteine ± CA2+-aktiviert 810 Såulenchromatographie 934 Såure 51, 54 ± konjugierte 51 ± Stårke 52 Såureblocker 205 Schekter, R. 361 Schenkelwanderung 758 Scherrer K. 559 Schilddrçsenhormonrezeptor 655 Schimpanse 528 Schizophrenie 782 Schleiden, M. 3 Schlieûzelle 811 Schmelzpunkte von Fettsåuren 176 Schwangerschaftstest 968 Schwann, T. 3 Schwannsche Zelle 211 Schwefel 49 Schwefelbakterien ± photosynthetisch aktiv 278 Schwefelwasserstoff (H2S) 49 Schwesterchromatiden 728, 729 Schwimmdichte 402 Scott, P. 833 SDM (
) 957 SDS ( ) 169, 186, 939 SDS-PAGE 186, 410, 939 SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese 410 ./-Gen 362 Sec240 383 "-Gene 361 772, 814, 815 ± Calciumionen 786 ± Lipid- $ 783 Securin 737, 740 Sedimentationskoeffizient 553, 945 Segregation 493 Sehnen ± Kollagenfasern 314 Seife 63 Seifenmizelle 63 Seitenketten ± Eigenschaften 67 Sekretion 362 ± konstitutive 355 ± regulierte 355 sekretorische Granula 355, 356, 365, 366 sekretorische Proteine 367±369, 374, 381 sekretorischer Weg 355, 356 Sekundårelektronenmikroskop (SEM) 927 Sekundårstruktur 71, 72
Selbstspleiûen 574 Selectin(e) 328, 329, 333, 338 Selektion ± klonale 873, 874 ± negative 895 ± positive 895 Selektivitåtsfilter 195, 196 Selenocystein 596 semipermeabel 192 Sequenz ± 10-Sequenz ± 35-Sequenz 550 Sequenzierung 525, 526 Sequenzierungsautomaten 965 SER s. endoplasmatisches Retikulum SERCA 809 Serin 67, 68 Serotonin 787 Serotoninrezeptor 787 serumfreie Medien 931 Sesselkonformation 57 SH2-Domåne 794±796 SH3-Domåne 79, 796 Sharp, R. 563 Shine-Delgarno-Sequenz 590 Sialinsåure 380 Sialyltransferase 379 Sic1 721 Sichelzellanåmie 70, 71, 543, 583 Sieben-Helix-Transmembranrezeptor 775 Siekevitz, P. 360 Sigma(r)-Faktor 549 Signal-Ankersequenzen 369 Signalerkennungspartikel 367 Signalhypothese 367 Signalpeptid 368 Signalpeptidase 368 Signalprotein 797 Signalrezeptor 401 Signalsequenz 367, 370, 384 (STAT) 898 Signaltransduktion s. Signalçbertragung Signaltransduktionskaskade 773 Signalçbertragung 158, 772, 774 ± Beendigung der Reaktion 778 ± Crosstalk 812, 814 ± Divergenz 812 ± $ 321 ± Konvergenz 812 ± Mechanismen 772±774 ± $ 322 ± Pflanzen 806 ± Signalverstårkung 789 Silberfårbung 939 Sildenafil 816 Silencer 661 Silizium 53 Simian-Sarkom-Virus 851 SINEs 517, 523 (SPT) 182 siRNA 413, 425, 545, 578±582 851 Situs inversus 444 Skelett 419 Skelettmuskeln 244, 466
SMC-Protein 729 Smith, D. 760 Smith, M. 957 Smithies, O. 961 Sm-Proteine 571 SNAP-25 389, 390 SNAREs 389 S-Nitrosylierung 816 snoRNA 545, 555, 557, 558, 576 snoRNP 555 SNPs 529, 530 snRNA 545, 570, 574, 576 snRNP 571, 573, 574, 576, 900 Sodbrennen 204, 205 somatische Hypermutation 887 Song, O. 937 Sortiersignal 356 Sos 800 Southern Blot 947 Southern, E. 947 Spalthefe 718, 720 ± cdc2 763 Spaltæffnung 279, 811 spastische Låhmung 330 Spectrin187, 188 Speichelproteine 365 Spektrometer 944 Spermatide 749 Spermatocyte ± sekundåre 754 Spermatogonium(-ien) 750, 715 Spezifitåt ± Enzyme 126 ± Proteine 65 ± Viren 28 Sphadex-G-500 936 S-Phase 696, 701, 716, 724, 749 Sphingolipide 163 Sphingolipid-Speicherkrankheiten 395 Sphingomyelin 162, 164, 370, 371 Sphingosin 162 Spindelfaser 735 Spindel-Kontrollpunkt 740 Spinmarker 174 Spleiûen 568, 569, 573, 600 ± alternatives 524, 526, 576, 664, 665 Spleiûfaktor 636, 637 Spleiûosom 570, 573, 576, 597 spongiforme Enzephalopathie 82 Spontanremission 855 Sporogenese 749 Sporophyt 749 Sprachgen 528 SPT 182 Spudich, J. 470 Sr1 384, 385 src 862 Src-Homology-Domåne sH2 794±796 7S-RNA 367 SRP 367 SRP-Rezeptor 367, 368, 386 SRY 652 SSB-Proteine 689 Ståbchen 791 Stachelsaumblåschen s. " ; Stachelsaumgruben s. " Stahl, F. 680
Sach- und Personenverzeichnis Stammbaum ± phylogenetischer 33, 35, 36 Stamm-Schleifen-Struktur 545, 580 Stammzellen 715 ± adulte 23 ± ± Differenzierungsvermægen 24 ± embryonale 24 ± ± Differenzierungsfåhigkeiten 24 ± håmatopoetische 22 ± neuronale 23 Stammzelltherapie 22 Standardenthalpie ± Ønderung der freien 246, 247 Standardredoxpotenzial L 246, 247 ± Messung 246 Stanley, W. 27±30 Stårke 60, 61 Stårkekærner 60 START 718 Startproteine 474 STAT 898 STAT-Familie 797 Statin 403 Staufen 666 Stearinsåure 62 Stehelin, D. 861 Steitz, Th. 603 Stereocilien 464, 465, 475 Stereoisomere 65, 66 Stereoisomerie 57, 58 Steroide 64, 774 Steroidhormon 655 Steroidhormon-Rezeptor 775 Stewart, F. 642 Stickstofffixierung 17, 960 Stickstoffmonoxid (NO) 814±816 ± 814 950 Stoffwechsel ± aerober 243±245 ± anaerober 243±245 ± Phasen 137 ± Regulation 145 Stoffwechselprozesse ± anabole 137 Stoffwechselwege 55 ± katabole137, 138 Stoffwechselzwischenprodukte (Metaboliten) 55, 137 Stoppcodon 596, 597, 671 Stopp-Transfer-Sequenzen 369 Strahlung ± -Strahlung929 ± -Strahlung 929 ± -Strahlung 929
532 Streptokokkeninfektion 901 Streptomycin 135, 596 Stroma 280 Stromathylakoid 280 Strukturgen(e), 639, 640, 641 Sturtevant A. 497 submitochondriale Partikel 260, 261 Substrate 121 Substratkettenphosphorylierung 142, 143, 239 subzellulåre Fraktionierung Succinat-Dehydrogenase 252, 253
50:/
Succinyl-CoA-Synthase 240 Sucrose-Dichtegradient 946 Sucrosegradient 945, 946 Sulfonamid(e) 135 Superoxiddismutase 45 Superoxidradikal 45 superspiralisierte Helix ( ) 75, 76 Suppressor-T-Zellen 879 Sutherland, E. 782 Sutton, W. 494 SUV39H1 625, 626, 661 SV40 614, 833 ± DNA 505, 700 ± Replikationsursprung 698 Svedberg 945 Svedberg-Einheit 553, 945 S-Wert 553 SWI/SNF 659, 660 + $ -Rotor 945 Symport 210 Synapse(n) 215±219 ± Plastizitåt 219 Synapsis 750±752 synaptische Vesikel 216, 217 synaptischer Komplex (SC) 751, 752 synaptischer Spalt 216, 217 Synaptobrevin 390 Synaptotagmin 391 Syntaxin 390 9 T2R-Rezeptor 792, 793 Tabakmosaik-Krankheit 26, 27 Tabakmosaikvirus 27, 98 Talin 321, 322 Tamoxifen 839 Tandemanordnung 516 Tandem-Massenspektrometrie 941 Tandem-Wiederholung 511, 515 T-Antigen 698, 700 TAP 891, 892 TATA-bindendes Protein 560, 561 TATA-Box 560, 562, 653, 660 Tatum, E. 542 Taufliege s. Taxol 440 Tay-Sachs-Krankheit 394 T-Bakteriophage 27 TBP-assoziierte Faktoren 561 TCR 888, 906 tDNA 558 T-DNA-Transformation 960 Teer 833 Telomer(e) 630±633, 636, 751, 752, 831 ± Zellalterung 633 Telomerase 524, 631±633, 831, 835 Telophase 714, 726, 727, 741, 742 Telophase I 754 Telophase II 755 Temin, H. 860 temperatursensitiv 358 Teprotid 132 Terminationscodon 597, 666 ± Ûberlesen 670 Terminatorsequenz Tertiårstruktur 72±77, 81, 86
50:6
Sach- und Personenverzeichnis
'estosteron 64 Tetanus 877 Tetanustoxin 390, 877 Tetracyclin 135 Tetrade(n) 498, 752 2 449, 450, 599, 632 TFIID 560, 561, 658 TFIIH 704, 707 TGN s. 2 -Golgi-Netz Thalidomid 858 Theorie der klonalen Selektion 873 Theorie des kontraktilen Ringes 743 Therapeutika ± Testverfahren 85 Thermocycler 963 Thermodynamik ± 1. Hauptsatz 110±112 ± 2. Hauptsatz 112±113 thermophil 17, 35 2 6 602, 963 Thiogalactosid-Acetyltransferase 640 Thioredoxin 298 Threonin 67, 68 Thrombenbildung 323 Thrombospondin 858 Thylakoide 280 Thylakoidmembran 280 Thylakoid-Transferdomåne 409 Thymidindimere 709 Thymin 96 500, 501 Thymosine 475 Thymusdrçse 21, 873 Thyreotropin (TSH) 780, 900 TH-Zellen 879, 880, 894 Tic-Komplex 409 Tiermodell(e) 84, 85, 959 Tierzelle ± Cytokinese 746 Tight Junction 336, 339±342 Tilghman, S. 565 TIM22-Komplex 407 Ti-Plasmid 959 Titin 469 T-Lymphocyten 873, 877 7TM-Rezeptor 775 TNF 818 TNFR1 818 TNF- 530 Toc-Komplex 409 Todesrezeptor 818 Toleranzentwicklung gegençber kærpereigenen Substanzen 895 Toll-like-Rezeptoren (TLRs) 871 Tonegawa, S. 885 Tonoplast 396 Topoisomerase 506, 507, 620, 685, 698±700, 726 Totenstarre 471 2HJ 835, 836, 842, 845 Tracer 929 TRADD 81 Trågermolekçl 55 Trans-Autophosphorylierung 794 Transcriptase, reverse 136, 523, 524, 565, 577, 631, 861, 965 Transducin 776, 702 Transduktion 958 Transfektion 425, 863, 958
Transferrin 931 Transferrinrezeptor 413 Transfer-RNA s. tRNA Transformation 533, 534, 863 ± maligne 835 ± Pflanzen 959 Transgen 95 transgene Organismen 959 transgene Pflanzen 959 2 -Golgi-Netz 377, 378, 386±388 Transhydrogenase 145 Transkription 541, 544, 546, 551, 599 ± Aktivierung 645, 655 ± differentielle 644 ± Elongation 547 ± Initiation 561, 562, 653, 658, 704 ± 600 ± negative Regulationsmechanismen 660 Transkriptionseinheit 551, 567 Transkriptions-Elongationskomplex 549 Transkriptionsfaktor 514, 546, 551, 560±562, 620, 645, 647±655, 657±659, 665 ± Domånen 649 ± Motive 649, 650 ± Struktur 649 Translåsions-DNA-Polymerase 887 Translåsionssynthese 709 Translation 541, 544, 585, 599 ± alternative Initiation 671 ± Elongation 594 ± Initiation 549, 590, 591, 593 ± Rasterverschiebung 670 ± Steuerung 667 ± Termination 596 ± Ûberspringen 671 Translocon 367±370, 374 Translokation 594±596, 622, 628±630 Transmembranrezeptor 772 Transmissionselektronenmikroskop 2 Transpeptidase(n) 134 Transplantation 888 transponierbare Elemente 521, 524 Transport ± aktiver 189, 190 ± gelæster Stoffe 157, 158 ± sekundårer 209 ± sekundårer aktiver 205 Transportrezeptor 614±616 Transportvesikel 354, 357, 375, 376, 377, 380, 381, 420 Transportweg 356 Transposase 521, 522, 525 Transposition 521±523, 575, 622 Transposon 521, 522, 525, 579 ± Sequenzorganisation 522 Tretmçhlenmechanismus 459, 460, 736 Triacylglycerin 62 Tricarbonsåurezyklus 139, 240 Trichothiodystrophie 707 Triglyceride 161 Trinucleotidwiederholung 512 Triskelion 398 Trisomie 755±757
± partielle 630 Tristearin 62 Tritium 929 Triton X-100 169, 449, 611 tRNA 545, 586±590, 593, 597, 601, 602, 670 ± Gene 558 Trophoektoderm 961 Tropomodulin 475 Tropomyosin 187, 188, 468, 469, 472, 473 Troponin 468, 469, 473 Troponin C 472 trp-Operon 641, 642 Trypsin 543 Tryptophan 67, 68, 638, 639, 641 TSH 780, 900 TSH-Rezeptor 780, 900 t-SNAREs 391 Tuberkulose 405 T-Tubulus 471 Tubulin 419, 422, 423, 426, 427, 435, 437±439, 441, 442, 458, 475, 520, 736, 737 Tumor(en) 477, 722 ± des Menschen 851 ± Telomerase 633, 831, 835 Tumorgenese 835 Tumornekrosefaktor(en) (TNFs) 818, 879 Tumorprogression 846 Tumorsuppressorfaktor TP53 835, 836 Tumorsuppressorgen(e) 839±843 Tumorzellen ± Wachstumsverhalten 831, 832 Turgor 192, 397, 811 Turgordruck 194 Turner-Syndrom 756 Typ1-Interferone 872 Tyrosin 67, 68 Tyrosinkinase 793 Tyrosinphosphorylierung 863 T-Zellen 873, 877 ± naive 895 T-Zell-Rezeptor(en) (TCRs) 877, 888 ± Interaktion mit MHC 907 ± Struktur 906, 907 4 U12-Spleiûosom 570 U3-snRNA 555 U6-snRNA 558, 571, 573 Ûbergangstemperatur 175, 176 Ûbergangszustand 123 Ûberspiralisierung 506, 547 UBF 652 Ubichinon 248 Ubiquitin 402, 672, 720, 736, 798 Ubiquitinligase 673, 724 UCPs 257 Ultradçnnschnitte 923 Ultramikrotom 923 ultraviolette Strahlung 833 Ultrazentrifugation 944 Ultrazentrifuge 933 Unanue, E. 904
/nkrautbekåmpfung 293 unpolare Molekçle 44 Untereinheit 77 untranslatierte Region 666 Unwin, N. 223 UPR 375 Uracil 96 Uracyl-DNA-Glycosylase 705 Uranylacetat 923 Urat-Oxidase 267 Urkeimzelle 750 Urprokaryoten 32 Ursprungs-Erkennungsprozess 696 Usher-1B-Syndrom 464 UTR 666 V(D)J-Rekombinase 886 Vacuole 10 Vakuole 279, 396, 397 Vakzination 877 Vale, R. 431 Valin 67, 68 van Leeuwenhook, A. 2 Vancomycin 134 Van-der-Waals-Kraft 49, 50, 75 Varmus, H. 861 Varshavsky, A. 671 Vasopressin 193, 786 Vasopressinrezeptor 780 VEGF 858, 859 Vektor-DNA 950 Vektoren 951 ± Bakterienplasmide 951 ± Bacteriophagen 953 ± kçnstliche Bakterienchromosomen 955 ± kçnstliche Hefechromosomen 955 Verbindung nicht homologer Enden 706 Verbindungskomplex 335±337 Verdauungsenzyme 357 Verteilungskoeffizient 191, 192 ± Membranpermeabilitåt 192 Vesicular-Stomatitis-Virus (SV) 358, 381 Vesikel 10, 14, 359, 377 ± Verschmelzung 388 Vesikeltransport 376, 382, 457 ± Defekt 464 ± gerichteter 388, 389 ± Modell 380, 381 Viagra 816 ; 779 Videomikroskopie 423, 429, 918 Villin 475, 476 Vimentin 454, 455 Vinblastin 440 Vincristin 440 Vinculin 476 Vinograd, J. 505 Virchow, R. 3 Virion 27, 28 Viroid(e) 30 Virus(-ren) 27, 581 ± Bewegungen in einer Infektion 29 ± Infektionsstadien 29 ± Spezifitåt 28
Sach- und Personenverzeichnis ± Wirtsspektrum 28 Virusinfektion 30 Visibilitåt 914 Vitamin C 46 Vitamin E 46 ;,. 842 VLCFAs 267, 271 VNTRs 515 Vorkern 494 ; 19 v--Gen 864 $ 862 VSVG-Protein 359 VTCs 376 3 Wachstumsfaktor 2 (TGF-2) ± Modell 78 Wachstumsfaktoren 718 Wachstumshormon-Gene 959 Wachstumskegel 330, 482, 483 WASP 479, 480 Wasser ± Ionenprodukt 52 ± lebenserhaltende Eigenschaften 49±51 Wasserkopf 330 Wasserman, W. 760 Wasserstoffbrçcke(n) 47±50, 71, 72, 75, 502, 505, 680 Wasserstoffbrçckenbildung 50,51 Wasserstoffperoxid (H2O2) 45, 267 Watson, J. 491, 500 Wechselwirkungen ± hydrophobe 48, 39 ± interzellulåre 158 ± Proteine 78±80 ± zellulåre 327 Wechselzahl 130 Wee1 719, 720 Weinberg, R. 441, 863 Weinert, T. 723 Weisman, A. 494 Western Blot 939, 968 Wiedergewinnungssignal 385 Wildtyp 496 Wiley, D. 905 Wilkins, M. 502 Willebrand-Faktor 323 Wilmut, J. 642 Wilson, I. 905 Wiskott-Aldrich-Syndrom 479 Wobble-Hypothese 587 Woese, C. 33, 602 12. 842 Wu, M.763 Wyllie, A. 817 M X-Chromosom 495, 636, 661, 662, 696, 756 ± Inaktivierung 623±625, 634 ? 425, 483, 520, 695 ± tRNA-Gene 558 ? 518 Xeroderma pigmentosum 706, 853 ?B2 624
N YAC (yeast artficial chromosome) 955 Y-Chromosom 623, 652, 756 * $+$(Y2H)-System 937 YFP 917
50:D
79,
Zacharias, E. 532 Zahnfleisch 18 Zapfen 792 Zelladhåsion 331 ± bei Entzçndungsprozessen 333 ± Krebserkrankungen 334 Zelle(n) ± Ausbreitung 324 ± eukaryotische 9, 11 ± Differenzierung 19 ± erythroide 318 ± Evolution 8 ± Fortbewegung 14 ± gegenseitiges Erkennen 328 ± Græûe 25 ± Komplexitåt 4 ± lymphoide 318 ± maligne 322 ± prokaryotische 9 ± Reproduktion 6 ± Stoffwechsel 7 ± Struktur 9, 10 ± Ursprung 3 Zellersatztherapie 22, 24, 25 zellfreie Systeme 360, 362, 933 Zellfusion 180, 181 Zellfusionsexperiment 716 Zellgenrezeptoren 888 Zellkern 10, 11, 610, 612, 614, 635, 636, 700 Zellkern-Exportsignal 721 Zellkern-Lokalisationssignal 614, 615, 665 Zellkernrezeptor 655 Zellkulturen 930 ± von Pflanzen 932 Zelllinien 932 Zelloberflåchen ± Wechselwirkungen 338 Zellplatte 746 Zellpolaritåt 184 Zellrinde 440, 743, 746 Zellteilung 713 Zelltod, programmierter s. Apoptose zellulåre Wechselwirkungen 327 Zellwand 10, 11, 345±348, 397, 746 ± Cellulose 346 ± Pflanzen- 345, 346 ± primåre 347 ± sekundåre 347 Zellwanderung ± embryonale Entwicklung 318 Zellweger-Syndrom (ZS) 271 Zellzyklus 697, 714±722, 740, 761, 897 ± Dauer 716 ± Kontrollpunkte 723, 724 ± pRb 844 ± Regulation 844
50:H
Sach- und Personenverzeichnis
6 S-Phase 696, 701, 714, 715 ± Steuerung 716, 844 Zentrifugation 360 ± differentielle 933 Zentrum ± allosterisches 146 Ziegler, K 904 Zigarettenrauch 833 Zinkernagel, R. 902 Zinkfinger 649, 650
Zisternen 353, 363, 364, 377 Zisternenreifung ± Modell 379, 381 Zitterrochen 220±224 ± elektrische Organe 220±223 Z-Linie 467±469, 475 Zonensedimentation 946 Zonula occludens 339 Z-Schema ± Elektronencarrier 287
Zucker ± Strukturen 57 Zuckerkandl, E. 33 Zucker-Phosphat-Rçckgrat 95 Zwei-Hybridsystem in Hefe 937 Zygotån 750, 751 Zygote 713, 755 zyklische Photophosphorylierung 294, 295 zyklisches AMP s. cAMP