Mr. BRONX FRANK REYNOLDS New York Detective
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Mr. BRONX FRANK REYNOLDS New York Detective
Endstation Bronx Er wollte neu anfangen. Und dafür war er bereit, jeden Preis zu zahlen …
Ein Krimi von Thomas Knip
Ich bin in den Bronx groß geworden. Sie haben mich von frühester Jugend an geprägt. Meine Jugendfreunde und ich, wir haben alle unsere Erfahrungen und Lehren aus dieser Zeit auf der Straße gezogen. Manche von ihnen haben sich entschieden, anderen die gleichen Bürden aufzudrücken, die sie als Kind selbst erdulden mussten. Andere, wie ich, versuchen bis heute, das Leben für die Menschen, die wir kennen und lieben, besser zu machen. Manchmal jedoch gerät man durch seine Entscheidungen auf einen Weg, von dem man denkt, dass es der einzige ist …
Verkehrsgeräusche über das Wasser zu ihm durch. Er verzog die Lippen zu einem müden Lächeln und strich sich durch sein strähniges, dunkles Haar. Heute würde er einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen. Sein Ziel lag nur wenige Blocks nördlich von ihm, und danach ging es weiter nach Norden, bis er nur noch hohe Bäume und Elche um sich hatte. Bis er sich in Kanada etwas Neues aufbauen konnte. Eine Hand legte sich leicht auf seine rechte Schulter. Er wandte den Kopf zur Seite und blickte in zwei große, dunkle Augen. „Wie sieht’s aus, Tiger? Willst du das Ding immer noch durchziehen?“ Ruis drehte sich leicht um und umfasste das Kinn der jungen Frau mit seiner rechten Hand. Eine dunkle Locke des viel zu stark toupierten Haares legte sich auf sein Handgelenk. Gianna Mecchio sah trotz ihrer 24 Jahre aus, als ob sie einem
Ruis da Silva zog ein letztes Mal an der fast heruntergebrannten Zigarette. Er blies den Rauch durch die Nase aus und warf den Stummel vor sich auf den Asphalt. Mit der Spitze eines glänzend polierten schwarzen Lackschuhs trat er die Kippe in einer kreisenden Bewegung aus. Der Latino, dem man seine 30 Jahre nicht ansah, hob den Kopf an und blickte durch den löchrigen Maschendrahtzaun hinüber auf die Hochhäuser, die sich im Smog etwas verwaschen abzeichneten. Keine zehn Fuß von ihm entfernt floss der Hudson River träge dahin. Auf der graubraunen Oberfläche spiegelte sich das Sonnenlicht des frühen Samstagmorgens im Juli nur schwach wider. Durch den Fluss wirkte das dahinter liegende Manhattan für da Silva noch viel unerreichbarer, als es das ohnehin schon war. Rechts von ihm erstreckte sich die 3rd Avenue Bridge, die neben dem imposanten Brücken New Yorks vergleichsweise einfach wirkte. Leise drangen die 2
„Schade“, erwiderte Gianna und schürzte die Lippen. „Ich hätte es dir auch gerne noch etwas genauer erklärt.“ Sie warf einen Blick über ihre Schulter und sah zu dem blassgelben Chevy Camaro herüber, der alleine auf dem längst verlassenen Autokino im Süden der Bronx stand. „Der kleine Bruder von Tack wird langsam etwas nervös. Hältst du es für sinnvoll, den mitzunehmen?“ Ruis zuckte mit den Schultern. „Ich vertraue Tack. Wenn er sagt, sein Bruder ist der geeignete Fahrer, dann glaube ich ihm.“ Der Latino sah nun ebenfalls zu dem alten Wagen herüber. Hinter der Windschutzscheibe ließen sich die Konturen zweier Personen ausmachen. Tack und sein Bruder. Er hatte den Schwarzen während seiner Jahre im Gefängnis kennen gelernt. Eigentlich hieß der pockennarbige Farbige Jordan Takhassan und sein kleiner Bruder Eugene. Mochten die Götter wissen, wie die Jungs zu solch einem Namen gekommen waren. Im Knast hatten ihn alle nur ‚Tack’ gerufen, und er selbst nannte sich inzwischen so. Der Wagen hob sich deutlich von dem Untergrund ab. An vielen Stellen war der Asphalt längst aufgebrochen. Unkraut wucherte an vielen Stellen hervor und hatte sich die wenigen noch verbliebenen kleinen Masten erobert, an denen früher die Lautsprecher befestigt waren, die man ins Auto einhängen konnte. „Geh’ vor und sag’ den beiden, ich komme gleich.“ Gianna nickte, wobei die feinen Locken ihrer Frisur leicht wippten. Mitten in der Bewegung hielt sie jedoch inne und sah ihren Freund ernst an. „Du bist nicht alleine, Tiger. Ich bin für dich da, egal was passiert.“ Sie versuchte ein aufmunterndes Lächeln, das ihr gründlich misslang. Ruis fuhr ihr mit seiner rechten Hand zärtlich über die Wange, ohne einen Ton zu sagen. Dann wies er sie mit einem Nicken des Kopfs an,
80er Jahre-Video entsprungen sei. Zu einem knallblauen Top trug sie einen locker um die Hüfte gelegten dünnen Gürtel, dessen aufgenähte Silbernieten einen deutlichen Kontrast zu den engen Leggins bildeten. Sie reichte ihm mit ihrem zierlichen Körper gerade bis zur Schulter. Ein Erbe ihrer italienischen Mutter, die kaum größer war. Dennoch war sie an allen wichtigen Stellen wohlproportioniert und wusste diese Vorzüge durch ihre hautenge Kleidung deutlich zu unterstreichen. Mit ihrer Frisur und ihrer Aufmachung wirkte sie aber eher aus wie ein Mitglied der legendären Girlband „Bangles“. „Hey, Ruis, was ist mit dir?“, riss sie den Latino aus seinen Gedanken. „Nicht, Baby, nichts“, löste sich seine Stimme unbeabsichtigt rau von seinen Lippen. Er räusperte sich und sah die junge Frau eindringlich an. „Ich habe nur daran gedacht, wie wichtig du mir bist. Willst du wirklich mitmachen?“ „Was soll das? Ich dachte, das hätten wir durch?“ fuhr sie ihn etwas gereizt an. „Ich war bei dir, als du mit deiner Gang die Einbrüche gemacht hast, ich habe dich in Knast besucht und auf dich gewartet. Denkst du, ich lass’ dich jetzt allein?“ Gianna tippte mit einem Zeigefinger gegen seine Brust. „Du glaubst doch nicht im Ernst, ich lass’ dich das Ding drehen und damit nach Kanada abhauen. Und du angelst dir dann irgendein Flittchen, das dann das Geld durchbringt, heh? Nichts da!“ Wie um ihre Worte zu bestätigen, legte sie ihre schlanken Arme um seinen Hals und zog den Kopf des Mannes, zu sich herab. Ihre Lippen trafen sich zu einem langen, leidenschaftlichen Kuss. Erst nach einer Weile packte da Silva die junge Frau italienischer Abstammung vorsichtig, aber mit Nachdruck, an den Handgelenken und löste sich von ihr. „Ich denke, ich hab’s verstanden, Kleines“, erklärte er ihr, während er sich mit einem Finger etwas Lippenstift aus den Mundwinkeln wischte.
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reihte sich in den zunehmenden Verkehr ein. „Und wie kommen wir danach hier raus?“ wollte Eugene, der Fahrer, wissen. „Über den Highway 95 im Westen. Ansonsten müssten wir zu viel durch die Stadt gurken, und dann haben wir die Cops zu schnell am Hals. Sobald wir die Stadtgrenzen hinter uns haben, können wir uns über die Nebenstraßen nach Kanada durchschlagen.“ „Mir recht. War schon lange nicht mehr im Grünen.“ Eugene schickte sein breites Grinsen in den Rückspiegel. Ruis wandte sich an Tack, der sich nach vorne beugte, um den Latino bei dem Fahrtlärm besser verstehen zu können. Er holte den 38er Colt aus seiner Jackentasche und überprüfte die Kammern. „Alles klar bei dir, Großer?“ Der pockennarbige Schwarze nickte stumm. Er strich sich mit einem Daumen über das Kinn und griff dann seinerseits nach der abgesägten Pump-Gun, die er in den letzten Stunden regelmäßig gecheckt und durchgeladen hatte. „Dir ist klar, dass wir mit dem Geld nicht so großartig weit kommen, eh?“ fragte er Ruis kurz angebunden. Der Latino sah im offen in die Augen. „Es reicht, um hier raus zu kommen und sich eine Weile durchzuschlagen. Vielleicht mache ich mit dem Geld eine kleine Transportfirma auf. Keine Ahnung. Irgendwas in der Richtung. Ich hab’ ja nicht vor, mich auf die faule Haut zu legen.“ Ruis hielt inne und senkte den Blick. „Hier in der Stadt läuft nichts mehr. Das ist total festgefahren. Ich bekomme hier kein Bein mehr auf die Erde.“ Er merkte, wie Gianna ihn von der Seite beobachtete, ohne sagen zu können, ob sie etwas von dem verstanden hatte, was er Tack zuflüsterte. „Und ich will meiner Kleinen etwas mehr bieten können. Hier gerate ich doch nur wieder auf die schiefe Bahn, und dann ist der Ofen endgültig aus.“ „Leg’ ein paar Briketts drauf. Bei mir ist
zum Wagen zurückzugehen. * „Also, noch mal zum Mitschreiben …“ Ruis drehte sich auf dem Beifahrersitz so, dass er alle drei anderen Insassen im Blick hatte. Neben ihm konzentrierte sich Eugene, Tacks jüngerer Bruder, weiter auf den Verkehr und steuerte den Chevy ruhig durch den schwachen Verkehr. Der Latino konnte bei dem schlaksigen Schwarzen keine Nervosität feststellen und nickte innerlich. So weit, so gut. Direkt hinter dem Fahrer saß Gianna, deren Finger unruhig gegen den Vordersitz trommelten. Neben ihr konzentrierte sich Tack auf Ruis’ Worte, schweigsam und aufmerksam wie immer. „Die Filiale der Chase Bank liegt in der 137. Straße. Das ist ’ne kleine Zweigstelle, die kaum richtig bewacht wird. Ich hab’ da immer nur einen Wachmann gesehen. Am Samstagvormittag ist es da ziemlich ruhig. Aber das Geld, das die da lagern, kann sich sehen lassen. Freitagabend bringen die ganzen Geschäfte in der Umgebung ihre Geldbomben. Abgeholt wird es aber erst Samstagnachmittag. Ich hab’ gedacht, ich seh’ nicht richtig, als ich mal überschlagen habe, was da zusammenkommt.“ „Und wie viel ist das?“ warf Eugene mit einem Seitenblick ein, ohne den Verkehr aus den Augen zu lassen. „Ich denke, so um die 200.000 Dollar. Reicht das?“ Der Junge stieß einen leisen Pfiff aus und nickte unmerklich. „Und warum warten wir nicht bis nachmittags?“ warf Tack mit seiner tiefen Stimme ein. „Dann sind doch die ganzen Einnahmen vom Wochenende auf einem Haufen.“ „Stimmt, Großer. Und zwei Geldtransporter mit vier Wachen, die da schon eine Stunde vor Geschäftsschluss warten. Und mit denen lege ich mich nicht an.“ Der Wagen bog nun vom Bruckner Boulevard in die Willis Avenue ein und
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er fest, wie trocken seine Handflächen waren. Trotz seiner Anspannung wurde er von einer beinahe schon unnatürlichen Ruhe beherrscht. Das war etwas, das den Psychologen im Gefängnis die meisten Probleme bereitet hatte. Wenn er bereit war, das Gesetz zu überschreiten, schien sich seine Persönlichkeit deutlich zu verändern, als schlüpfe er in eine neue Rolle. Und an diese „zweite“ Person in ihm war keiner heran gekommen. Auch Gianna nicht. Er setzte die Sonnebrille auf und drehte den Kopf nach hinten. Jordan gab ihm durch ein kurzes Kopfnicken das Signal, dass er bereit war. Mit der Linken öffnete Ruis die Wagentür und versteckte dabei die rechte Hand mit dem Revolver unter seiner Jacke. Er warf einen kurzen Blick nach links und rechts, um zu sehen, ob er jemandem auffiel. Doch die wenigen Passanten, die zu dieser Zeit den Bürgersteig bevölkerten, nahmen von den beiden Männern, die den alten Chevrolet verließen, keine Notiz. Ohne sich weiter anzusprechen, näherten sich die Männer mit schnellen Schritten dem Eingang zur Bank.
der schon lange erloschen“, erklärte ihm Tack mit einem müden Blick. „Jungs“, unterbrach Eugene das Gespräch, „wir kommen jetzt in die 137. Was jetzt?“ Ruis zog eine Strickmütze unter der Lederjacke hervor und zog sie auf. Er rollte den unteren Bereich so weit wie möglich in die Stirn. Im Rückspiegel konnte er sehen, dass Tack es ihm gleichtat. „Noch drei Blocks, dann kannst die die Bank auf der rechten Seite sehen. Fahr mit dem Wagen einfach vor den Eingang und lass’ den Motor laufen …“ „Hey“, warf Eugene ein und kratzte sich seinen kleinen Goatie-Bart, „ich hab’ schon ein paar „Einkaufsfahrten“ gemacht. Ich weiß, was ich tun muss.“ Jordan klopfte seinem kleinen Bruder von hinten gegen die Schulter und hob warnend einen Zeigefinger. Abwehrend nahm der Fahrer eine Hand vom Lenker. „Hey, war nicht so gemeint. Holt ihr das Geld, ich bin bereit. Okay?“ Ruis lächelte den Jungen schräg an. „Kein Problem. Mehr wollte ich nicht sagen.“ Er konnte sehen, wie sich Giannas Blick etwas verfinsterte und sich eine Sorgenfalte auf ihre Stirn legte. Ruis griff nach ihrer Hand und umfasste die schlanken Finger. „Ruhig, Baby. Das wird schon. Das ist ’ne Sache von fünf Minuten. Beim Zahnarzt dauert’s länger.“ Eugene lachte meckernd auf. „’kay, da sind wir.“ Er wies mit dem Zeigefinger auf das kleine Schild der Chase Bank, das von der Hauswand abstand. Den Wagen parkte er gut zehn Meter von den beiden Flügeltüren des Eingangs entfernt. „Wir kriegen sogar ’nen Parkplatz. Ist wenig los. Gut gedacht, Boss. Die Uhrzeit muss ich mir merken.“ Wieder grinste er, als wollte er für Reklameaufnahmen parat stehen. Ruis ignorierte es und zog eine Sonnenbrille aus der Innentasche der Jacke. Als er den Revolver packte, stellte
* „95, 100 … bitte, Mrs. Anderson.“ Jonas Trevor schenkte der alten Frau ein unverbindliches Lächeln und sah ihr dabei zu, wie sie die Banknoten mit umständlichen Bewegungen in der überdimensionierten Geldbörse verstaute. Noch einmal nickte er ihr freundlich zu, als sie ihn erleichtert anlächelte. „Ihnen dann noch ein schönes Wochenende, junger Mann.“ „Ihnen auch, Mr. Anderson, Ihnen auch.“ Trevor wandte sich dem nächsten Kunden zu, der nun an die Trennscheibe herantrat. In dieser abgelegenen Filiale der Chase Bank angestellt zu sein, war nicht gerade die Karriere, von der der junge Bankangestellte geträumt hatte. Aber seine Mutter sagte ihm immer wieder, wie froh
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entdeckt und winkte ihn mit der Waffe nach vorne. Trevor hatte nicht mehr sehen können, ob der Alarm noch ausgelöst worden war. Im Hintergrund konnte er die sonore Stimme des zweiten Räubers hören. „Raus aus deinem Versteck, Mann!“ Die Worte richteten sich an den eingeschüchterten Wachmann, der von der Situation völlig überrascht worden war. Der Mann Anfang Fünfzig, der seinen Bauchansatz so gut wie möglich zu kaschieren versuchte, kam mit leicht erhobenen Händen aus der kleinen Nische hervor, in der er es sich auf einem Hocker bequem gemacht hatte. „Her mit der Waffe!“ kam der schneidende Befehl des Schwarzen. Als der Wachmann nicht schnell genug reagierte, versetzte ihm der Räuber mit dem Griff der Pump-Gun einen Schlag ins Gesicht. Mehrere der Kunden schrien entsetzt auf. Die Wache kippte wie ein nasser Sack nach hinten und blieb für einen Augenblick regungslos liegen. Als der Mann sich wieder rührte, war das Klacken der Pump-Gun das einzige Geräusch, das in der kleinen Halle zu hören war. Ein Fingerschnippen des Latinos ließ den Schwarzen herumzucken. „Keine Zeit, behalt’ ihn im Auge.“ Dann warf der Mann mit lateinamerikanischem Aussehen eine Stofftasche über die beschädigte Trennscheibe und herrschte Trevor an. „Vollmachen. Aber nur die großen Scheine. Wenn ich auch nur einen Einer sehe, geht’s den Kunden schlecht!“ Mit zitternden Händen beeilte sich der junge Bankangestellte, der Aufforderung nachzukommen. Mr. Millers, der Filialleiter, trat an seine Seite und half ihm bei der Arbeit. „Es gibt keinen Grund, Gewalt anzuwenden, Mister. Wir tun alles, was sie verlangen. Wir leisten keinen Widerstand“, spulte der untersetzte Mann mit hohem Haaransatz die Sätze automatisch herunter. „Pack’ das Geld ein und hör auf mit dem Gelaber!“ brüllte ihn der Latino an, der nun sichtlich unruhiger wurde. Ein paar der
er sein könne, in diesen Zeiten überhaupt einen Job zu erhalten. Aus dem Augenwinkel sah er, wie ein junger Mann in einer Lederjacke der alten Mrs. Anderson die Tür aufhielt und wollte sich dann dem Kunden mit asiatischen Gesichtszügen widmen. Ein scharfer Ruf ließ ihn zusammenzucken. „Jeder bleibt, wo er ist!“ Dem Mann mit lateinamerikanischen Gesichtszügen war ein großgewachsener Schwarzer gefolgt. Und beide Männer standen in der Mitte der kleinen Eingangslobby, jeder von ihnen eine Waffe in der Hand! Augenblicklich begannen die wenigen Kunden, die um diese Uhrzeit in der Filiale waren, angsterfüllt zu kreischen und versuchten sich, in Sicherheit zu bringen. „Auf den Boden! Jeder von euch! Sofort!“ kamen die Worte des Latinos messerscharf. Trevor warf einen Blick nach hinten zu seinem Geschäftsführer, der noch eben über einem Stapel Akten gebrütet hatte und nun wie erstarrt auf seinem Stuhl saß. Dennoch konnte der junge Bankangestellte sehen, wie sich ein Fuß fast unmerklich über den im Boden eingelassenen Alarmknopf bewegte. Sein Mund öffnete sich zu einem stummen Ausruf. Er riss den rechten Arm hoch, wie um den Filialleiter von seinem Vorhaben abzuhalten. In diesem Moment peitschte ein Schuss auf. Jonas Trevor fuhr herum. Vor seinen Augen konnte er den runden Einschlag in dem Panzerglas sehen, von dem sich knirschend einige Splitter lösten. Wenn das Glas nicht sicher gewesen wäre … Unwillkürlich begann er zu zittern. Schweißperlen lösten sich von seiner Stirn. „Keiner rührt sich, klar? Bei der nächsten Bewegung ist einer der Kunden dran!“ Ruckartig nickte Trevor. Sein offen stehender Mund war nun staubtrocken. „Natürlich, Sir. Wir … wir können das alles in Ruhe regeln. Es muss hier keinem etwas passieren.“ Der Latino hatte nun den Geschäftsführer
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zwängte. In diesem Augenblick wurde auch die hintere Wagentür aufgerissen, und Jordan Takhassan schob sich auf die Rückbank. „Los, Brother! Hast du die Sirenen nicht gehört?“ rief er seinem jüngeren Bruder zu. Eugene hätte diese Aufforderung nicht gebraucht. Er löste die Kupplung und stieg voll aufs Gas. Der Wagen machte einen Satz nach vorne und kam etwas ins Trudeln. Doch der junge Schwarze wurde seinen Ruf gerecht und fing den Wagen gekonnt ab. Im gleichen Augenblick fluchte er laut. „Schei- …, die Cops!“ Er wies vor sich auf die Gegenfahrbahn. Die blinkenden Lichter waren nun deutlich zu erkennen. Eugene trat auf die Bremse und riss das Steuer hart nach links. Die Reifen des Wagens kreischten gequält auf. Kleine Rauchwolken lösten sich von den gepeinigten Bremsscheiben. Der Wagen drehte sich beinahe auf der Stelle und wies nun in die entgegengesetzte Richtung. Erneut legte Eugene den Gang ein und hielt beide Hände fest um das Lenkrad geschlossen. Aus den Augenwinkeln sah Ruis da Silva eine untersetzte Gestalt, die aus der Bank gestolpert kam. Sie blieb im Schatten eines der Bäume stehen, die die Straße säumten. Der Chevrolet sprang nach vorne und gewann an Tempo. Plötzlich zerriss ein Schuss die morgendliche Stimmung. Ein zweiter folgte. Gianna schrie auf, als sie den Einschlag im Wagen spürte. „Der Wachmann!“ rief Tack aus. „Verdammt, warum hast du mich ihn nicht fertig machen lassen? Eugene, steig in die Eisen!“ Das hintere Seitenfenster zersprang unter dem Einschlag einer Kugel in Tausend Splitter. Gianna schrie auf und warf den Kopf zur Seite, um den kleinen Glasstücken auszuweichen. Das Fahrzeug gewann immer mehr an Geschwindigkeit. Vor ihm zeigte die Ampel auf Rot. Dennoch riss Eugene das Steuer herum und schickte den Wagen in einer weiten Kurve in die Willis Avenue. Mehrere
Kunden unterdrückten ihre Tränen nur mit Mühe. Doch keiner von ihnen wagte es, sich zu rühren. Der Schwarze, der breitbeinig vor ihnen stand und die PumpGun gleichmäßig von einer Seite zur anderen wandern ließ, bot einen Furcht einflößenden Anblick. Dann jedoch zuckte sein Kopf herum. Er lauschte kurz nach draußen und verzog die Lippen. „Ey!“ rief er dem Latino zu und wies mit einer Kopfbewegung zur Tür. Im Hintergrund war ein gleich bleibender Ton zu hören, der auf- und abschwoll. Der Latino zerdrückte einen Fluch auf den Lippen. Er schlug mit dem Griff des Revolvers gegen die Scheibe. „Ihr habt den gottverdammten Alarm ausgelöst, ihr Arschlöcher! Okay, genug! Her mit dem Geld!“ Jonas Trevor verschloss den Beutel mit seinen feuchten Fingern so gut wie möglich und warf ihn dann über die Trennscheibe, die nur gut einen Fuß über seinem Kopf endete. Der Latino fing den Beutel mit beiden Händen auf und fühlte kurz nach. Mit dem Revolver wies er seinem Partner den Weg zur Tür und begann dann, zu rennen. Während er keinen Blick mehr zurückwarf, sicherte der Schwarze den Rückweg und hielt den abgesägten Lauf der Schrotflinte drohend in die Halle. Ein, zwei Sekunden blieb er so im Eingang stehen, dann setzte auch er sich in Bewegung. Jonas Trevor spürte, wie seine Lippen bebten. * Mehrere Passanten sprangen erschrocken zur Seite, als der bewaffnete Ruis da Silva auf den Chevrolet zueilte. Offensichtlich hatte trotz des Schusses außerhalb der Bank niemand etwas von dem Überfall mitbekommen. Er riss die Tür zum Wagen auf und warf die Tasche mit dem Geld nach hinten, während er sich auf den Beifahrersitz
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zu helfen. Er wusste genau, dass er sich auf sie verlassen konnte, und sie hatte auch sofort zugesagt. In diesem Augenblick kam sie mit einer hellen Keramiktasse herein und stellte sie vor Frank, den man in Fachkreisen auch „Mr. Bronx“ nannte, auf den Tisch. „Ich habe uns beiden einen Kaffee gemacht. So, wie es aussieht, werden wir uns noch eine Weile wach halten müssen.“ Sie ging kurz zurück und holte sich ihre eigene Tasse, dann setzte sie sich auf die Kante des Schreibtisches und nippte ein wenig an dem heißen Getränk. Mandy war mit einer grünen Jeans und einer hellen Bluse bekleidet, doch selbst diese einfache Kleidung betonte ihre gute Figur. Mr. Bronx nahm einen langen Schluck und lehnte sich in einem Stuhl zurück. „Mmmh, der tut gut! Weißt du, da bin ich von der Polizei weg, um die ganze Arbeit am Schreibtisch zu vermeiden, und dann holt einen der Papierkrieg hier doch wieder ein.“ „Vielleicht sollten wir die ganzen Akten einfach mal an einen Fernsehsender schicken. Wenn wir Glück haben, machen die eine eigene Serie daraus, und wir können uns im Central Park auf die faule Haut legen.“ „Wir machen nicht mehr zu lange, ja?“ nahm er die unausgesprochene Botschaft auf. Frank sah auf seine Armbanduhr. „Wir haben jetzt gleich halb zwölf. Was hältst du davon, wenn wir jetzt eine Pause machen? Ich hole uns einen Salat und ein paar Wraps beim Koreaner, und um drei machen wir Schluss.“ Mandy schwang sich in einer fließenden Bewegung vom Schreibtisch und nahm Franks Tasse mit. „Klingt gut. Ich habe um fünf noch eine Verabredung zu einem Spiel der Yankees, und ich möchte meine Begleitung ungern warten lassen.“ „Oha!“ machte Frank. „Ein neuer Verehrer? Kenne ich den guten Mann?“ „Nein“, entgegnete die junge Frau nur knapp. „Müsste ich ihn denn kennen?“
Autos konnten nur in letzter Sekunde bremsen. Wütende Hupgeräusche drangen über die Kreuzung. Für einen Moment schien es, als verliere Eugene die Kontrolle über das Fahrzeug. In schlingernden Linien kam es weit nach links ab, doch dann zog er den Chevrolet in einem engen Bogen wieder zurück auf die rechte Fahrbahn und drückte das Gaspedal voll durch. Der Streifenwagen war nun im Rückspiegel deutlich zu erkennen. Auf der Rückbank half Tack, Gianna von den Glassplittern zu befreien. Ihr war deutlich anzumerken, wie sehr sie um Fassung rang. Sie war sich von vorne herein klar darüber gewesen, dass es gefährlich werden konnte. Aber sie bekam das Bild nicht aus ihren Gedanken, dass die Kugel sie hätte treffen können. Ruis hatte sich inzwischen die Mütze vom Kopf gerissen und wandte sich nun seiner Freundin zu. Beruhigend legte er ihr die linke Hand auf den Oberschenkel. „Wir haben’s geschafft, Kleines. Es ist vorbei.“ Aufmunternd lächelte er sie an. Sie versuchte es zu erwidern, doch es wurde zu nicht mehr als einer gequälten Grimasse. Gianna spürte, wie ihre Augen feucht wurden. * Frank Reynolds streckte sich ausgiebig und gähnte. Er wusste nicht, wie er auf den glorreichen Gedanken gekommen war, den Papierkrieg der letzten Wochen ausgerechnet am Samstag aufarbeiten zu wollen. Natürlich nahm ihm Mandy Torrance, seine Assistentin und Sekretärin, so viel wie möglich der Arbeit ab. Doch viele der Berichte waren bisher nicht mehr als kurze Notizen, die endlich aufgeschrieben und in Form gebracht werden mussten. Der Privatdetektiv hatte auch ein unglaublich schlechtes Gewissen, weil er Mandy gebeten hatte, ihm bei den Arbeiten
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er den Privatdetektiv mit seinen dunklen Augen erstaunt an, dann lachte er auf und rannte einfach weiter. Frank sah ihm nur kurz nach und schüttelte leicht belustigt den Kopf. Eigentlich sollte er zurückgehen, Mandy sagen, sie solle sich frei nehmen und ein wenig mit dem Wagen in der Gegend herumfahren. Ein roter Jaguar XKR rauschte mit röhrendem Motor an ihm vorbei. Frank seufzte innerlich auf. Nichts gegen seinen Mercedes, aber so ein Wagen würde ihm auch Spaß machen. Seine Einkünfte als Detektiv waren zwar alles andere als schlecht. Aber um sich solch einen Wagen zu leisten, hätte er schon besondere Beziehungen haben müssen. Oder müsste zumindest beim FBI arbeiten … Einen Block weiter sah er an der Ecke schon die leuchtende Schrift „24 hours“, die selbst am Tag beständig blinkte. Vor dem Laden standen mehrere Türme voller Getränkekisten mit leeren Glasflaschen. Zwei ältere Frauen mit asiatischen Gesichtszügen standen vor einem der Fenster, jede von ihnen mehrere voll bepackte Einkaufstüten zu ihren Füßen, und palaverten heftig gestikulierend in einer Sprache, von der Frank annahm, dass es Koreanisch war. Er machte einen kleinen Bogen um die beiden Frauen, lächelte ihnen kurz zu und betrat dann JinYongs Laden. Er war immer wieder verblüfft, wie viel Lebensmittel und Gegenstände des täglichen Bedarfs auf nicht einmal zwanzig Quadratmetern untergebracht werden konnten. Ein schmales Regal durchzog fast auf der ganzen Länge die Mitte des Ladens und ließ links und rechts jeweils nur eine kleine Gasse zu, in der man sich kaum umdrehen konnte. Bei seiner Körpergrößer von fast einsneunzig hatte Frank Mühe, sich zwischen den anderen wenigen Kunden ans hintere Ende der Verkaufsfläche durchzukämpfen. Endlich erreichte er das Kühlregal und zog die Schiebetür zur Seite. Er entnahm zwei fertig portionierte Salate im Styroporschalen, wobei er darauf
„Nicht, dass ich wüsste.“ Mandy schenkte ihrem Boss ihr strahlendstes Lächeln und summte eine einfache Melodie. Frank sah ihr stirnrunzelnd nach, wie sie in der kleinen Kochnische verschwand, und erhob sich von seinem Schreibtischsessel. Er schob eines der Fenster, das zur Washington Avenue zeigte, nach oben und atmete tief durch. Die frühen Mittagsstunden waren noch nicht von der drückenden Hitze erfüllt, die die Stadt die letzten Tage über heimgesucht hatte. Mit zwei Fingern lockerte er den Sitz seines Hemdkragens ein wenig. Er griff nach dem Geldbeutel, der in der obersten Schublade seines Schreibtisches lag und ging zur Tür, die ins Treppenhaus führte. „Irgendwelche besonderen Wünsche?“ fragte er Mandy Torrance im Vorbeigehen. Seine Assistentin überlegte kurz und sah ihn überlegend an. „Hmm, wenn sie was mit Truthahn haben …“ „Ich seh’ mal, was sich machen lässt. Bis nachher!“ Er winkte ihr kurz zu und öffnete dann die Tür seines Büros. Seine Räume lagen in einem der klassischen Backsteingebäude im Herzen von Bronx, die teilweise mit großem Aufwand wieder renoviert wurden. Die Stufen der alten Holztreppe knarrten bei jedem Schritt nach unten. Drei Stockwerke tiefer trat Frank Reynolds auf die Straße. Er wandte seinen Schritt nach links und machte sich auf den Weg zur Kreuzung an der 165. Straße. Dort hatte Jin-Yong Pak ein kleines Geschäft, das 24 Stunden rund um die Uhr geöffnet waren. Frank hatte dort bereits einige Nächte verbracht, wenn er nach einem langen Auftrag keine Chance mehr hatte, etwas zu essen zu besorgen. Und im Lauf der Zeit, war er mit dem alten Koreaner, der irgendwann in den 60ern in die USA ausgewandert war, ins Gespräch gekommen. Mehrere Kinder spielten an einem der Treppenaufgänge Fangen. Ein kleiner Junge lief Frank voll in die Arme. Kurz sah
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nicht, warum Jin-Yong Pak seine Tochter im Auge behalten wollte. „Hallo, Mr. Reynolds“, lächelte ihn die junge Frau an und strich sich eine Strähne ihres langen, schwarzen Haares, aus der Stirn, während sie ihm die Hand reichte. Sie hatte einen angenehmen Händedruck, stellte Mr. Bronx fest. Er erwiderte ihn und lächelte unverbindlich zurück. Nicht, dass der Koreaner auf falsche Gedanken kam. Doch dieser war in seinen üblichen Geschichten nicht zu stoppen. „Wissen Sie schon, dass Se Ri Pak dieses Wochenende wieder spielt?“ Mr. Bronx verdrehte innerlich die Augen. Es verging kaum ein Einkauf, bei dem Mr. Pak nicht auf die entfernte Nichte dritten Grades hinwies, die als erfolgreiche Golfspielerin auf der amerikanischen Tour unterwegs war. Er wurde über die letzten Ergebnisse und die widrigen Platzzustände auf dem Laufenden gehalten, die einen erneuten Tourniersieg vereitelten. Erst nach mehreren Minuten bekam Frank die Gelegenheit, sich aus dem Gespräch zu lösen. „Können Sie mir die Sachen einpacken? Miss Torrance wartet bereits auf mich. Und sie wissen ja, es gibt kaum etwas Schlimmeres als eine Frau, die man aufs Essen warten lässt.“ Jin-Yong Pak hob kurz die Hände. „Oh, oh. Oh ja!“ Frank sah zu, wie die Lebensmittel in einer kleinen Papiertüte verstaut wurden und kramte gerade nach seinem Geldbeutel, als ihn das Aufheulen von Sirenen alarmierte. Er versuchte etwas durch die Fenster zu erkennen. Doch diese waren mit Auslagen so zugebaut, dass er kaum etwas ausmachen konnte. „Polizei?“ fragte Mr. Pak. Frank nickte stumm und legte nachdenklich das Geld hin. Ein Kreischen durchzog plötzlich die Straße. Als ob Metall auf Metall schrammte. Kurz darauf war ein heftiger Knall zu hören, der direkt von der Straßenecke kam. Mr. Bronx fluchte kurz, warf der jungen Koreanerin an der Kasse einen
achtete, einen mit Putenbrust zu erwischen. Aus dem Fach rechts davon entnahm er zwei Wraps, die mit Gemüse und Hackfleisch gefüllt waren. Diese aufgerollten Fladenbrote erfreuten sich immer größerer Beliebtheit und waren dabei, die lieb gewonnenen klassischen Sandwichs abzulösen. Der Rückweg zur Kasse wurde nicht einfacher, vor allem, da er jetzt voll bepackt war. „Mr. Reynolds!“ riss ihn eine weiche Stimme aus seinen Gedanken. Er drehte den Kopf nach rechts und sah Mr. Pak, der mit ausgebreiteten Armen auf ihn zukam. „Lassen Sie mich helfen“, bot er sich an und nahm die beiden Salate an sich, ohne eine Antwort abzuwarten. „Was machen Sie heute hier? Das ist Samstag. Das ist kein Tag zu arbeiten!“ tadelte er den Privatdetektiv. Frank lachte leicht auf. „Die Arbeit macht sich nicht alleine, Mr. Pak. Und Sie sind den ganzen Tag noch hier. Wenn jemand Wochenende bräuchte, dann Sie und Ihre Familie.“ „Ah ja, ah nein“, wiegelte der klein gewachsene Mann Ende Fünfzig ab. „Ich bin das gewohnt. Das geht bei mir gar nicht anders. Und so habe ich wenigstens die Familie um mich.“ Er drückte seine kurz an sich, die neben ihm die Regale auffüllte. Die kleine, füllige Frau, lächelte etwas verschüchtert auf und setzte dann ihre Arbeit fort. „Und es ist gut, wenn ich weiß, wo meine Tochter ist“. Er stellte die Salate auf die Kassentheke. „Dae, das ist der berühmte Frank Reynolds. Er ist Privatdetektiv und kommt fast jeden Tag hier vorbei!“ „Mr. Pak …“ wehrte Frank vorsichtig ab. „Nein, nein, was stimmt, muss man sagen.“ Der Koreaner strahlte die junge Frau an, die an der Kasse saß. Frank musste zugeben, dass sie außergewöhnlich hübsch war. Ihre asiatischen Züge erzeugten neben ihrem modernen Make-up einen geheimnisvollen Reiz. Es wunderte ihn
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Mehrere Passanten konnten sich nur im letzten Moment durch einen Sprung in Sicherheit bringen. Als er merkte, dass er nicht mehr in den Verkehr zurückfand, zog Eugene den Chevrolet über ein freies Baugrundstück, das mit einem Maschendrahtzaun umgrenzt war. Das dürre Gespinst aus Drahtseilen wurde bei dem Aufprall regelrecht zerrissen und flog zu beiden Seiten weg. Ein Blick nach hinten zeigte Ruis, dass einer der Streifenwagen von der Aktion völlig überrascht wurde und mitten in den Verkehr auf der Hauptkreuzung geriet. Keine hundert Meter weiter zerschnitt der Wagen den Zaun erneut und bog auf die Elton Avenue ein. „Klasse gemacht, Junge!“ rief der Latino aus. „Einen haben wir abgehängt!“ Eugene nahm die linke Hand vom Lenkrad. Sie verschwand zwischen Körper und Fahrertür. Der Farbige drehte leicht seinen Kopf und lächelte Ruis verzerrt an. Jetzt zog er die Hand hervor und hielt sie dem Anführer der Gruppe vor die Augen. Sie war blutverschmiert. Dünne rote Fäden liefen über die helle Haut der Handfläche und flossen den dunklen Ansatz des Unterarms entlang. Gianna keuchte leise auf. Tack fluchte. „Gott, was ist passiert?“ „Diese scheiß Wache“, presste Eugene mit belegter Stimme hervor. „Der erste Schuss hat mich direkt in die Hüfte erwischt.“ Er legte nun wieder beide Hände ums Lenkrad, was eine makabre rote Spur auf dem hellen Kunstleder hinterließ, wenn er den Wagen einlenkte. „Anfangs habe ich gedacht, das geht gut. Aber ich fühle mich inzwischen echt beschissen.“ Wie über eine gelungene Zote lachte er kehlig auf. Ruis wandte sich Tack zu und schüttelte den Kopf. Ihm war klar, dass Eugene nicht mehr lange durchhalten würde. Er hatte nur keinen blassen Schimmer, was er tun sollte. An die Möglichkeit, dass der Fahrer angeschossen wird, daran hatte er nicht gedacht. Das pockennarbige Gesicht des Schwarzen verfinsterte sich. Ihm war
entschuldigenden Blick zu und wollte zum Ausgang, um zu sehen, was dort draußen passiert war. Doch in diesem Augenblick schwang der Türflügel nach innen auf … * Der Chevrolet schlitterte leicht nach links und bog in die Melrose Avenue ein. Hinter sich hörte Ruis das Kreischen von Bremsen und danach das Geräusch aufeinander prallender Fahrzeuge. Inzwischen hatten sie tatsächlich etwas Abstand zwischen sich und den Streifenwagen bekommen. Doch dafür hatten sich inzwischen zwei weitere Fahrzeuge an ihre Fährte gehängt und folgten ihnen unablässig. „Kannst du aus der alten Kiste noch etwas mehr rausholen?“, fragte er den Fahrer, während er nach hinten spähte, um sich ein Bild über die Lage zu verschaffen. „Bin schon mit dem Fuß voll durch. Mehr geht echt nicht.“ Etwas an der Stimme des Jungen gefiel da Silva nicht. Er drehte sich um und betrachtete sich den Schwarzen von der Seite. Zahllose Schweißperlen waren auf der dunklen Stirn zu erkennen. Immer wieder zuckten Eugenes Mundwinkel. Mit zusammengepressten Zähnen hatte er den Blick nach vorne gebannt. „Hey, ist was los mit dir?“ Ruis versuchte die Frage so leise wie möglich zu stellen. Dennoch hörte Tack die Frage mit. „Eugene? Ist etwas passiert, kleiner Bruder?“ fragte er besorgt und beugte sich zwischen den beiden Vordersitzen nach vorne. „Geht schon, geht schon“, kamen die Worte zischend zwischen den blutleeren Lippen hervor. Der Wagen wich den vor ihm anfahrenden Autos aus und jagte bei Grün an ihnen vorbei. Tack packte seinen kleinen Bruder an der Schulter. „Sag’ schon, was ist?“ „Mann, lass mich in Ruhe!“ fuhr der Schwarze den viel älteren Mann an. Er fluchte auf, riss das Steuer hart nach rechts und schrammte halb über den Bürgersteig.
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zuzurufen. Er hoffte einfach, dass sich beide noch festhalten konnten. Der Wagen glich beim Aufprall eher einem sich aufbäumenden Hengst, der in die Höhe stieg und dann wieder auf alle Hufe fiel. Ruis hörte die Schreie der anderen wie aus der Ferne zu sich durchdringen. Schmerzhaft prallte er mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe und spürte für einen kurzen Moment Blut im Mund. „Raus“ rief er den anderen zu und zwängte sich aus der aufgeschlagenen, offenen Beifahrertür. Der Wagen hing mit dem rechten Vorderrad in der Höhe, und so stolperte der Latino mühsam zu Boden. Er wischte sich mit dem Handrücken über die Nase und registrierte die rote Spur missmutig, die auf der Haut kleben blieb. Hinter ihm stieß Tack seine Tür mit einem wuchtigen Stoß auf und schob sich nach draußen. Zuerst warf er den Beutel mit dem Geld auf den Gehsteig, dann folgte er selbst. Ruis versuchte, das Schwindelgefühl in seinem Kopf zu ignorieren und lief um den Wagen, um Gianna aus dem Fahrzeug zu helfen. Mehrere Passanten sammelten sich langsam um den Chevrolet. Mit einem Schrei stoben die Leute auseinander, als Ruis seine Waffe aus der Jacke riss und sie drohend in die Höhe hielt. „Geht’s dir gut?“, rief er der verstört wirkenden jungen Frau immer wieder zu, die nur abwesend nickte und sich mühsam an ihm festhielt. Der Latino löste sich halb von ihr und öffnete die Fahrertür. Eugene fiel ihnen bewusstlos entgegen und blieb halb im Sitz hängen. Das aufund abschwellende Geräusch von Sirenen kam immer näher. Ihnen blieb nicht mehr als eine knappe Minute. „Komm schon!“ brüllte Ruis dem dunkelhäutigen Tack zu, der neben seinem Bruder in die Knie gegangen war. „Wir müssen weg!“ „Ich lasse meinen Bruder hier nicht alleine!“ rief dieser mit einem entschlossenen Blick zurück. Die linke
genauso klar, dass sie hier nicht einfach anhalten und in ein anderes Fahrzeug umsteigen konnten. „Was meinst, wie lange hältst du noch durch?“ fragte er seinen Bruder. Er ließ die ganze Zeit seine Hand auf dessen Schulter liegen, um ihn spüren zu lassen, nicht alleine zu sein. „Keine Ahnung, Tack“, kam die Antwort stoßweise. „Ich hab’ langsam kein Gefühl mehr in den Beinen.“ Sie passierten die 161. Straße, ohne auf den Verkehr zu achten. Noch immer hingen zwei Steifenwagen hinter ihnen. Eine kleine Seitenstraße führte direkt in die Washington Avenue. „Bleib da drauf“, flüsterte Ruis. „Wir kommen direkt auf den Highway 95, und von dort aus kriegen wir die 87. Wenn wir dort sind, dann haben wir etwas Luft.“ „Du bist’n Optimist, Mann! Weißt du das?“ Eugene steuerte inzwischen mit leicht nach vorne gebeugtem Oberkörper. Seine Mimik zeigte die Schmerzen inzwischen deutlich an, die er nicht mehr unterdrücken konnte. Für einen Augenblick verlor er die Kontrolle. Der Chevrolet schrammte auf der gesamten rechten Seite an mehreren geparkten Fahrzeugen entlang. Ein hässliches Kreischen jaulte über die Straße. Ruis griff in das Steuer ein und drehte es leicht nach links. Der Griff des Schwarzen wurde wieder fester. „Geht schon, geht schon“, löste es sich kaum hörbar von seinen Lippen. Vor sich sah er den dichten Verkehr der 165. Straße, die die Washington Avenue kreuzte. Der Wagen machte keine Anstalten, langsamer zu werden. Erst im letzten Augenblick riss Eugene das Lenkrad nach rechts und hielt genau auf einen Hydranten zu. Der kompakte Metallzylinder wurde durch den Aufprall kräftig zerdrückt. Dennoch platzte er nicht auf. Ruis hatte das Hindernis noch kommen sehen und sich mit Armen und Beinen gegen den Aufprall gestemmt. Doch er fand keine Zeit mehr, den beiden Insassen auf der Rückbank eine Warnung
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einzustecken. Hinter ihm stolperte eine junge, hübsche Frau in den Laden. Sie war etwas zu aufdringlich geschminkt, so dass ihr Gesicht mehr wie eine Maske wirkte. Ihr Blick war starr ins Leere gerichtet. Frank sah ihr deutlich an, dass sie mit den Folgen eines Schocks kämpfte. Direkt dahinter schob sich ein großgewachsener Farbiger durch den Eingang. Beim Anblick des leblos wirkenden Bündels, das er mit sich zog, schrien zwei der Frauen im Laden auf. Der dünne Körper zog eine rote Spur hinter sich her, die auf dem Schachbrettmuster der Fliesen in hellen Schlieren antrocknete. „Tack!“ rief der Mann aus, der als erster den Laden betreten hatte und reichte dem Schwarzen eine Pump-Gun. Der Farbige richtete sich an Sunmin Pak, die koreanische Frau des Ladenbesitzers, und zeigte mit dem Finger auf sie. „Du.“ Verschüchtert trat die Frau einen Schritt nach vorne. „Du kümmerst dich um ihn.“ Er zeigte auf den leblosen Körper zu seinen Füßen und zog sofort danach den Vorderschaft des Gewehrs durch. Frank konnte deutlich hören, wie die nächste Patrone in der Kammer einrastete. Die Koreanerin ging neben dem Farbigen in die Knie und begutachtete sich den schwer verletzten Körper nur widerwillig. Leise murmelte sie etwas vor sich her. Mit zitternden Fingern öffnete sie die geschlossene Jacke, die durch das Blut wie ein feuchter Lappen wirkte. Jin-Yong Pak rief seiner Tochter etwas auf Koreanisch zu. Sofort stand die junge Frau von ihrem Hocker hinter den Tresen auf und wollte den hinteren Bereich des Ladens aufsuchen. „Stopp!“ rief der Latino aus und richtete die Waffe direkt auf den Kopf der jungen Koreanerin. „Du bleibst da!“ Der klein gewachsene Ladenbesitzer fuchtelte hilflos mit den Armen und stellte sich zwischen den Eindringling und seine Tochter. „Sie soll nur Binden holen. Für Ihren Freund.“ Aus einem Impuls heraus packte Frank
Seite des jungen Schwarzen war dunkelrot getränkt. Tack ließ Beutel und Pump-Gun fallen und packte seinen jüngeren Bruder mit seinen prankenhaften Händen. Mit einem Ruck zog er ihn aus dem Fahrzeug und schleppte ihn wie eine Puppe hinter sich her. Ruis nahm die beiden fallen gelassenen Gegenstände auf und legte sich das Gewehr an der behelfsmäßigen Kordel um die rechte Schulter. „Gott, wohin jetzt?“ schrie Gianna auf, die sich bei all den Schaulustigen, die sich in sicherem Abstand hielten, wie auf dem Set eines Actionfilms vorkam. „Da rein!“ rief Ruis und zeigte auf die kleine Tür eines Ladens, der direkt er an der Ecke gelegen war. Ohne ihre Antwort abzuwarten, zog er die junge Italienerin mit sich an der linken Hand, in der er auch den Geldsack hielt. In der Rechten hielt er den entsicherten Revolver. Aus den Augenwinkeln konnte er die Streifenwagen erkennen, die jetzt in sicherer Distanz anhielt. Ein wölfisches Grinsen löste sich von seinen Lippen. In diesem Augenblick stieß er die Türflügel des kleinen Ladens nach innen auf … * Frank versuchte die anderen beiden Kunden zurückzudrängen, die sich vor der Tür versammelt hatten. Er hatte ein ungutes Gefühl. Ein Instinkt, der ihm in all den Jahren seiner Arbeit immer wieder das Leben gerettet hatte. Doch die Ereignisse überschlugen sich. Auch er hatte keine Gelegenheit mehr, darauf zu reagieren. Eine dunkel gekleidete Gestalt drang von außen herein und richtete ihren Revolver unvermittelt auf die Anwesenden. „Keiner bewegt sich!“, kam die schneidend scharfe Aufforderung. Es hätte dieser martialischen Geste nicht bedurft. Der leichte Blutfaden, der dem Mann mit lateinamerikanischem Aussehen aus der Nase lief zeugte wie die aufgerissene Lederjacke und die blutende Kopfwunde davon, dass der Mann bereit war, einiges
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Laden befanden. „Okay, ihr habt gesehen, dass wi- …“ Die blökende Stimme aus einem Megaphon unterbrach seine Worte. „Hier spricht Sergeant Allister von 40. Polizeibezirk. Das Haus ist von mehreren Streifenwagen der NYPD umstellt. Legen Sie Ihre Waffen nieder und kommen Sie mit erhobenen Händen heraus.“ Ruis verzog die Lippen zu einem müden Lächeln. „Jetzt wird das Ganze etwas schwieriger“, sagte er zu den Anwesenden, die sich in einer Gruppe versammelt hatten. „Kurz zu Ihrer Information. Wir haben vorhin eine Bank ausgeraubt. Dabei wurde unser Fahrer“, er zeigte mit dem Revolver auf Eugene, „angeschossen. Damit konnten wir nicht mehr weit kommen. Jetzt sitzen wir hier fest. Und Sie mit uns.“ „Was haben Sie mit uns vor, Sie Verbrecher?“ begehrte einer der Kunden, ein älterer Mann mit einem kurz geschorenen schlohweißen Bart auf. Die Tochter des Ladenbesitzers kam aus der Kammer zurück und hielt in ihren Händen einen Erste-Hilfe-Kasten. Ruis wies ihr mit einer Handbewegung den Weg zu Tack, der gerade einen Sack Mehl als Kopfstütze für seinen Bruder zurechtlegte. Mit einer Hand wischte sich der Latino ein weiteres Mal über die Nase und stellte zufrieden fest, dass sie aufgehört hatte zu bluten. „Alter Mann“, griff er die Frage auf. „Wir müssen hier raus. Also sind Sie unsere Geiseln. Damit verbessert sich unsere Position erheblich.“ Gianna sah ihren Freund verwundert an. „Geiseln? Ruis, ist das nicht etwas zu …“ Sie schrie unterdrückt auf. Ruis hatte ihr Handgelenk mit einem festen Griff umfasst und zog sie zu sich her. „Danke, dass du mich den Leuten vorgestellt hast, Kleines!“ zischte er ihr zu. Überrascht öffnete sie den Mund. „Oh. Oh je … ’tschuldige. Ich. Aber. Ich war so … bist du dir sicher? Das mit den Geiseln, meine ich?“ Erneut schallte das Megaphon von draußen herein.
den spanisch aussehenden Mann bei den Schultern. „Verdammt, können Sie nicht sehen, dass er Ihnen nur helfen will?“ Ruis fuhr herum. Er richtete die Mündung der Waffe jetzt direkt zwischen Franks Augen. Ein fiebriges Glitzern legte sich in seinen Blick. Obwohl der ganze Körper vor Erschöpfung zitterte, blieb der Waffenarm ruhig. „Fass’ mich nicht noch mal an …“ lösten sich die Worte langsam von den aufgeplatzten Lippen. „Fass’ mich ja nicht noch mal an!“ zischte die jungenhaft wirkende Stimme. Augenblicke lang glaubte Frank, der Gangster würde einfach abdrücken. Auf diese Entfernung hatte er nicht den Hauch einer Chance, der Kugel zu entgehen. Er suchte die Augen des Latinos und begegnete ihnen mit einem offenen Blick. „Tut mir leid“, sagte Mr. Bronx ruhig und bedächtig. „Tut mir wirklich leid. Lassen Sie uns Ihrem Freund helfen. Dann sehen wir weiter. Okay?“ Mehrere Sekunden lang schien es, als hätten die Worte keine Wirkung auf den Mann mit der blutenden Nase. Dann endlich entspannte sich seine Haltung. Er zog den Arm mit der Waffe zurück und bedeutete Frank und den übrigen Anwesenden, sich an einem Fleck zusammenzuscharen. Der Latino wandte sich an Dae, die Tochter des Koreaners. „Wo ist das Verbandszeug?“ „Im Nebenraum.“ Sie zeigte mit einer Handbewegung nach hinten auf eine Tür, die durch einen Vorhang verdeckt war. Dae hatte sichtlich Mühe, die aufkeimende Panik niederzuringen. „Wenn Sie in einer Minute nicht wieder da sind, geht’s dem alten Herrn schlecht. Verstanden?“ „Ich bin gleich wieder da“, antwortete sie etwas schriller als beabsichtigt. Nervös kaute die junge Frau auf ihrer Unterlippe. Der Latino entließ sie mit einer verscheuchenden Handbewegung und wandte sich den Menschen zu, die sich im
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Andererseits war er nur losgegangen, um etwas zu essen zu besorgen. Und bei seiner sommerlichen Kleidung hätte er keine Chance gehabt, die Waffe zu verstecken. Der Mann namens Ruis stieß mit seinem Fuß die Tür auf und schob die Frau etwas nach vorne. „Lasst die Hände von den Knarren!“ rief er den Polizisten zu, die inzwischen die Kreuzung abgesperrt hatten. Ruis konnte fünf einfache Streifenwagen zählen, die das Geschäft umringt hatten. Er war beeindruckt. Soweit er zurückdenken konnte, hatten sich die Cops noch nie so viel Mühe mit ihm gegeben. „Lassen Sie die Frau frei und geben Sie auf, Mister. Sie sind in einer ausweglosen Situation!“ rief Sergeant Allister, der im Augenblick das Kommando über die Männer und Frauen übernommen hatte. „Das sehe ich aber anders, Bulle! Wir sind zu viert und haben sechs Geiseln. Wenn einer von euch eine falsche Bewegung macht, haben die Zeitungen morgen schön was zum Schreiben. Ist das klar?“ Sergeant Allister fluchte innerlich. Er hatte gehofft, sie hätten es mit einem, maximal zwei Mann zu tun. So sah die Lage gleich anders aus. „Maxwell“, richtete er sich an einem Streifenpolizisten neben sich, „rufen Sie die Zentrale und fordern Sie Unterstützung durch ein SWAT-Team und einen Vermittler an. Das ist mir echt zu heikel.“ Der Polizist nickte und setzte sich an das Funksprechgerät im nächst erreichbaren Wagen. Allister hätte den Typen am liebsten unter Beschuss genommen. Aber solange er die Frau bei sich hatte, ließ er die Finger von dieser Idee. „Okay“, setzte er wieder an. „Was verlangen Sie? Wir arbeiten zusammen daran, dass keinem etwas geschieht. Einverstanden?“ „Klar!“ rief Ruis zu ihm herüber, während er der Frau den Revolver etwas fester hinter das Ohr drückte. „Ich will hier weg. Sie wollen hier weg.“ Er zog die Frau
„Wir warten auf eine Antwort von Ihnen. Sollten Sie sich innerhalb von zwei Minuten nicht melden, werden wir den Laden stürmen.“ Ruis senkte den Kopf und fuhr sich entnervt durch die Haare. Erst jetzt spürte er die offene Wunde der Kopfverletzung, die er sich beim Unfall zugezogen hatte. Das lief plötzlich alles so falsch. Seine ganzen Planungen waren über den Haufen geworfen worden. Er sah sich unter den sechs Leuten um, die er jetzt als ‚seine Geiseln’ betrachtete. Dann zeigte sein Finger auf eine Kundin, die in ihrem blau geblümten Kleid so unscheinbar aussah, dass er sie bisher übersehen hatte. „Sie, kommen Sie her.“ Die Frau schrak zusammen. „Bitte nicht! Ich – ich bin im fünften Monat schwanger. Bitte lassen sie mich gehen, ja, bitte?“ Ruis schüttelte den Kopf. „Tut mir leid.“ Nüchtern fügte er hinzu. „Ich habe nicht vor, ihnen etwas zu tun. Wenn’s nach mir geht, sind Sie heute Abend wieder zuhause. Aber zuerst muss ich den Cops da draußen beweisen, dass wir es ernst meinen. Und die werden nicht wagen, auf eine Schwangere zu schießen.“ Frank konnte sehen, wie sich die stark geschminkte Frau, die offensichtlich die Freundin dieses ‚Ruis’ war, innerlich versteifte. Doch sie sagte nichts und blieb nur abseits stehen. Der Latino schob die Frau, die nur wenig Widerstand leistete, vor sich her und trat auf die Tür zu. Mr. Bronx wagte nicht, etwas zu unternehmen. Alleine wäre er das Risiko vielleicht sogar eingegangen. Der Schwarze hatte die Pump-Gun neben sich auf den Boden gelegt und kümmerte sich um den Verletzten, der noch immer besinnungslos war. Von ihm drohte keine unmittelbare Gefahr. Aber das Blatt konnte sich schnell wenden, falls es zum Tumult kam. Und er würde es nicht wagen, Unbeteiligte in eine Schießerei zu verwickeln. Ein Teil in ihm ärgerte sich, dass er seinen Colt nicht eingesteckt hatte.
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zurück. „Nicht“, flüsterte er ihm zu. Der Koreaner gehorchte. „Lady“, erklärte Ruis der gazellenhaften jungen Frau. „Wir sind die nächsten Stunden miteinander zusammen. Die sollten wir über die Bühne bringen, ohne uns anzugiften. Okay? Und nicht vergessen – wir sind die mit den Waffen.“ Gianna versuchte die Situation zu entspannen, indem sie die junge Koreanerin bei der Hand nahm und mit sich zog. Beruhigend redete sie auf sie ein. Frank spürte deutlich, wie unwohl sich die Freundin des Gangsters in dieser Lage fühlte. Er hatte nur keine Ahnung, ob er daraus Kapital schlagen konnte. „Mr. Pak, zeigen Sie uns bitte den Weg“, versuchte er dem Ladenbesitzer etwas von der Anspannung zu nehmen, indem er ruhig und betont sprach. Dieser sah Mr. Bronx lange an und nickte dann. „Was machen wir mit Eugene?“ flüsterte Tack Ruis zu. „Wir können ihn nicht nach oben tragen. Die Wunde platzt dann sofort wieder auf.“ Der Latino verzog die Lippen. Damit hatte der Schwarze Recht. „Wir beide müssen die Geiseln im Auge behalten. Also müssen wir hoch. Dann kann nur Gianna hier unten bleiben und aufpassen.“ „Vertraust du ihr, Ruis?“ wollte Jordan Takhassan wissen. „Du meinst, wegen der Schote von vorhin mit meinem Namen?“ Er zuckte mit den Schultern. „Sie war bisher noch nie in so was verwickelt. Ich denke, sie hält sich tapfer.“ „Du bist wirklich vernarrt in die Kleine, heh?“ „Scheint so, Tack. Scheint so.“ Er ging neben dem Farbigen in die Knie und legte den Waffenarm locker über die Knie. „Wir kommen hier raus, Tack. Das verspreche ich dir.“ „Das brauchst du nicht. Würde ich dir nicht vertrauen, wäre ich heute nicht hier.“ Ruis sah in das pockennarbige Gesicht und wusste nicht so richtig, wie er die
etwas nach hinten und machte sich auf den Weg zur Tür. „Ich melde mich wieder mit meinen Forderungen. Holen Sie sich inzwischen einen Kaffee. Oder ’nen Donut.“ Arschloch, dachte Allister bei sich und hoffte, das SWAT-Team würde ihn bald ablösen. * „Forderungen?“ hakte Tack nach. „Gute Idee. Mir hätte ein Wagen gereicht, um hier wegzukommen.“ „Jungen, wenn wir das hier durchgezogen haben, können wir uns wirklich zur Ruhe setzen. Wie geht’s ihm?“ Tack schüttelte den Kopf. „Beschissen. Er hat viel Blut verloren. Ab und zu macht er die Augen auf. Aber er erkennt mich nicht. Er muss zum Arzt, sonst packt er’s nicht.“ Ruis nickte nachdenklich. „Vielleicht können wir ’nen Arzt kommen lassen. Aber erst mal sorgen wir dafür, dass die uns nicht überraschen. Du da, Opa“, er wandte sich an Jin-Yong Pak, „gibt es hier einen Raum, in dem wir uns gut verschanzen können? Etwas mit nur einer Tür und ohne Fenster.“ Der alte Koreaner zögerte kurz und gab dann doch nach. „Oben ist der Lagerraum. Im ersten Stock. Kommt man nur über die Treppe hin. Fenster sind mit Brettern zugenagelt. Wegen der Ratten.“ Ruis nickte zufrieden. „Sehr gut. Herrschaften“, gönnerhaft breitete er die Arme aus, „wir machen jetzt einen Ausflug in den ersten Stock. Verhalten Sie sich ruhig. Ich habe nicht vor, jemand von Ihnen etwas anzutun. Wir wollen hier nur heil raus.“ „Meinen Sie etwa, wir nicht?“ fuhr ihn Dae Pak an. Sie hatte inzwischen die blutende Wunde so gut wie möglich verbunden. Ihre Mutter legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter, doch Ruis stieß die alte Frau weg. Frank hielt Jin-Yong, der seiner Frau zu Hilfe eilen wollte, mit der ausgestreckten Hand
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nicht eingepackt hatte! Dann hätte sie ihn jetzt einfach anrufen können. Die junge Frau eilte die Washington Avenue in ihren modischen Schuhen mit raschen Schritten entlang. Ihr langes, blondes Haar wurde durch den heißen Sommerwind ständig in Unordnung gebracht. Doch an ihre Frisur verschwendete die Assistentin von Mr. Bronx gerade keinen Gedanken. Bereits aus einiger Entfernung konnte sie das gelbe Absperrband entdecken, das die Kreuzung zur 165. Straße in einem weiten Bogen umgab. Da die Absperrung auch bis auf die Kreuzung reichte, staute sich der Verkehr bereits einige hundert Meter lang. Die meisten Fahrer nahmen das Ganze mit einem Gleichmut hin. Andere drückten dagegen in regelmäßigen Abständen auf die Hupe, wie um an sich zu erinnern, was ihnen eine Standpauke ihrer Vorderleute einbrachte. Mandy erreichte die Menschen, die sich entlang des hell leuchtenden Bandes versammelt hatten und neugierig zusahen, was passierte. Die junge Frau wusste aus Erfahrung, dass sie erst gar nicht zu fragen brauchte, was hier geschehen sei. Meistens wusste niemand etwas Genaues, und viele der Leute standen einfach nur hier, weil es spannender war, als vor dem Fernseher seine Zeit zu vertrödeln. Also schob sie sich zwischen den Schaulustigen durch, bis sie an das Band gelangte. Die Absperrung zog sich rings um das Geschäft von Mister Pak. Frank! schoss es Mandy durch den Kopf. Instinktiv griff sie nach dem Band, als sich ihr ein Polizist in den Weg stellt. „Tut mir Leid, Miss. Sie dürfen hier nicht durch.“ „Aber mein Boss ist in den Geschäft gewesen. Ich bin seine Assistentin“, versuchte sie ihm zu erklären. „er ist Privatdetektiv.“ „Bitte bleiben Sie hinter der Absperrung“, entgegnete der Officer unbeeindruckt. Mandy sah sich nervös um. Da entdeckte sie ein bekanntes Gesicht an einem der zivilen Einsatzfahrzeuge.
Antwort zu deuten hatte. Da auch von Tack keine weitere Aussage mehr kam, deutete er auf die Pump-Gun. Mit angelegten Waffen standen die beiden Männer auf und behielten die Gruppe im Auge. „Du behältst sie von unten in Schach“, wies er den Schwarzen an. „Ich darf mal?“ fragte er und drängte sich an den Geiseln vorbei, um sich an den Kopf der Gruppe zu stellen. „Wir gehen jetzt alle langsam hoch. Du, Chink“, er meinte Mr. Pak, „gehst vor und machst uns Licht. Ich bin direkt hinter dir. Also komm’ auf keine falschen Gedanken. Mein Partner hat ’ne Pump-Gun. Auf diese Entfernung schießt man mit der nicht daneben. Egal, worauf man zielt.“ „Sie brauchen uns nicht drohen“ erwiderte der Koreaner mit unterdrückter Wut in der Stimme. „Wir werden tun, was Sie sagen.“ Er legte einen Kippschalter um. Am oberen Treppenabsatz flammte eine kahle Glühbirne in einer offenen Fassung auf. Langsam schritt er die einzelnen Stufen nach oben. * Mandy Torrance wurde langsam nervös. Frank war jetzt bereits mehr als eine halbe Stunde weg. So lange brauchte man normalerweise nicht, um sich bei Mister Pak etwas zu essen zu besorgen. Auch wenn sie wusste, dass der Koreaner den Privatdetektiv gerne mal in ein Schwätzchen verwickelte. Richtig unruhig war sie aber erst geworden, als sie vor wenigen Minuten die vielen Sirenen südlich des Büros hatte aufheulen hören. So viele Einsatzwagen verheißen im Allgemeinen nichts Gutes. Mochte Frank sie nachher ausschimpfen und einen Witz über „weibliche Intuition“ machen; sie hielt es im Büro nicht mehr aus. Mandy schnappte ihre kleine Tasche und warf sie sich über die Schulter, dann verließ sie das Büro und eilte nach unten. Zu dumm auch, dass Frank sein Handy
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an den Mund. „Oh nein!“ „Und jetzt kommst du und sagst mir, dass Frank womöglich darunter ist. Mann, Mann!“ Der Captain fuhr sich durch das wenige, noch verbliebene Haar und trat auf der Stelle. Er fasste Mandy am Arm. „Weißt du, ob Frank seine Waffe dabei hat?“ „Phil, er wollte uns Salat holen. Er hatte vor ihn zu bezahlen. Nicht, ihn zu stehlen. Was denkst du denn?!“ bedachte sie ihn mit einem vorwurfsvollen Blick. „Ja, okay. Blöde Idee, vergiss es. Vielleicht auch besser so.“ Angestrengt sah Phil Stuart durch eines der vollbehangenen Fenster und versuchte einen Blick ins Innere zu erhaschen. Er wüsste zu gerne, was da drinnen jetzt vor sich ging.
Phil Stuart, Captain beim NYPD! „Phil!“ rief sie und streckte ihren rechten Arm in die Höhe. „Phil, ich bin’s, Mandy Torrance! Hier!“ Der Mann mit kräftiger Statur sah sich irritiert um, als er die helle Stimme hörte. Er sah über die Menschenmenge hinweg, bis sein Blick endlich in ihre Richtung ging. Mandy winkte weiter heftig, und dann erkannte er sie. Sofort hastete er zu ihr herüber und begrüßte sie kurz. „Mandy, was machst du hier? Sag’ bloß, Frank lässt dich heute arbeiten, dieser Unmensch!“ So ruhig wie möglich erklärte sie ihm: „Ich glaube, Frank ist da drinnen. Was ist überhaupt passiert?“ „Frank? Ach du liebe Zeit. Komm’ mal mit. Das möchte ich genau wissen“ Phil Stuart wandte sich an den Officer, als er das Band so weit nach oben hob, dass Mandy darunter durchschlüpfen konnte. „Das geht in Ordnung. Sie gehört zu mir.“ Der Beamte nickte nur kurz und zeigte ansonsten keine weitere Reaktion. Auch nicht, als Sprüche kamen wie ‚Typisch Blondine, die kommen überall durch’. Mandy schickte dem Kerl, der den Spruch von sich gegeben hatte, einen bösen Blick hinterher und folgte dem Captain der New Yorker Polizei. Dieser schnaufte etwas bei dem schnellen Gang. „So jetzt noch mal zum Mitschreiben. Wieso soll Frank da drinnen sein?“ Mandy erklärte ihm kurz von der Arbeit, dass der Privatdetektiv losgehen wollte, um hier etwas zu essen zu holen und bisher noch nicht zurück sei. „… aber was ist hier eigentlich los?“ wollte sie dann von Phil Stuart wissen. „Vor etwa einer Stunde gab’s einen Banküberfall in der 137. Der Wagen baute auf der Flucht einen Unfall“, Phil zeigte auf das Wrack des Chevrolet, das noch immer schräg in der Luft stand. „Die Insassen sind in den Laden geflüchtet und haben alle dort als Geiseln genommen.“ Mandy hielt sich erschrocken die Hand
* Der Lagerraum war denkbar ungeeignet, so viele Personen auf einmal aufzunehmen. Überall standen Kisten und Verpackungen herum, die kaum den nötigen Platz boten, um sich zwischen ihnen frei bewegen zu können. Durch die Bretter der zugenagelten Fenster fielen dünne Streifen hellen Tageslichts, die ein bizarres Muster an Schatten erzeugten. Jin-Yong Pak schaltete das Deckenlicht ein, das die Kammer in ein fahles Zwielicht warf. Ruis sah sich kurz um. Die ersten der Geiseln hatten den Raum inzwischen erreicht. „Okay“ rief er so laut, dass man ihn deutlich verstand, „jeder sucht sich jetzt einen Platz und bleibt dort sitzen. Verstanden? Wenn jemand was will, soll er sich an mich oder meinen Partner wenden.“ Die Schwangere stützte sich im Türrahmen ab und hob verschüchtert die Hand. „Ich müsste mal …“ Der Latino verdrehte die Augen und suchte unter den Anwesenden den koreanischen Besitzer. „Sag mir nicht, dass das Klo unten ist“, raunte er dem alten Mann zu und sah ihn vieldeutig an.
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Sie löste sich etwas von ihm. „Du hast nicht vor, einem von denen etwas anzutun, oder?“ Der Latino sah sie lange und ernsthaft an. „Baby, ich habe in meinem Leben eine Menge Scheiß gebaut. Aber ich habe nie jemanden umgebracht. Nicht mal in Notwehr. Ich weiß nur, wie ich mit so einer Knarre umgehen muss.“ Er strich ihr mit der Hand leicht den Arm entlang. „Wir überlegen uns jetzt ein paar Forderungen. Nichts Überzogenes. Ein Fluchtwagen, etwas Geld, freies Geleit. So was halt. Danach können die hier alle nach hause gehen. Mehr will ich nicht.“ Ruis machte eine Pause und umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen. „Was ich will ist, mit dir leben zu können.“ Seine Lippen berührten ihren Mund zu einem vorsichtigen Kuss. Es dauerte eine Weile, bis sie die Liebkosung erwiderte. Dann jedoch spürte er die vertraute Wärme zwischen ihnen. Als sie sich aus der Umarmung lösten, sprach Ruis mit leiser Stimme auf sie ein. „Ich muss dich um einen Gefallen bitten, Kleines. Jemand muss sich um Eugene kümmern. Aber Tack und ich müssen auf die Leute aufpassen. Traust du dir zu, da unten alleine mit ihm zu sein?“ „Und wenn die den Laden stürmen?“, fragte Gianna vorsichtig nach. „Dann schmeiß’ dich auf den Boden. Dir passiert nichts. Aber dazu wird es nicht kommen. Keiner von denen da draußen hat vor, mehr zu riskieren als nötig.“ „Na gut“, stimmte die junge Frau zögernd zu. „Aber du kommst, wenn ich dich rufe, ja?“ Sein Zeigefinger fuhr über ihre Lippen. „Worauf du dich verlassen kannst.“ Mit einem leisen Klicken öffnete sich die Tür zur Toilette. Vorsichtig trat die Frau auf den Gang und sah sich um. „Ich bin jetzt fertig“, erklärte sie verschüchtert und betrat den Lagerraum. „Ich will nicht, dass ihr was passiert“, erklärte Gianna ihrem Freund leise. „Wenn dem Kind was zustößt, damit könnte ich nicht leben.“
„Nein, es ist direkt gegenüber. Genauso wie eine kleine Besenkammer.“ Ruis wurde aufmerksam. „Zeig’ mir das mal“, befahl er dem Ladeninhaber. Die beiden Männer zwängten sich an den übrigen Personen vorbei. Direkt gegenüber der Tür zum Lager befanden sich in dem schmalen Treppenhaus zwei weitere Türen. „Links die Toilette, rechts die Kammer“, erklärte Mr. Pak. „Lassen sich beide abschließen?“, wollte Ruis wissen. „Natürlich“ fügte der Koreaner hinzu. „Ich will ja nicht, dass man bei mir so einfach einbrechen kann.“ Der Latino grinste. „Sehr vernünftig!“ Er sah die beiden Schlüssel, die von außen steckten. Kurz prüfte er, ob die Türen tatsächlich abgeschlossen waren, dann zog er die Schlüssel aus dem Schloss und nahm sie an sich. Inzwischen war auch Tack am oberen Treppenabsatz angekommen. Er hielt mit seinem Gewehr die Leute in Schach. Ruis winkte die schwangere Frau zu sich her. „Okay, Lady, die linke Tür.“ Er schloss ihr auf. „Ich erwarte Sie in fünf Minuten zurück, oder ich sehe persönlich nach.“ Der Frau, die kaum älter als Dreißig sein mochte, schoss das Blut in die Wangen. Kommentarlos betrat sie den engen Raum und drückte die Tür hinter sich fest zu. Ruis rief Tack zu, die übrigen Anwesenden fest im Auge zu behalten. Er ging zu Gianna hinüber, die sich noch immer etwas mit der jungen Koreanerin unterhielt. „Kleines?“, unterbrach Ruis sie und nahm sie bei der Hand. Er führte sie nach draußen ins Treppenhaus und nahm sie in seine Arme. „Dir ist nicht wohl bei der Sache, nicht wahr?“, fragte er sie frei heraus. Die junge Frau italienischer Abstammung schüttelte voller Unbehagen den Kopf. „Mit so was wollte ich nichts zu tun haben, Ruis. Ich wollte etwas Geld und von hier abhauen. Und jetzt haben wir diese Scheiße am Hals!“ „Ruhig, Kleines, ruhig“, sprach er auf sie ein. „Ich weiß, was in dir vorgeht.“
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Kopf überragte, riss ihn Ruis ohne große Kraftanstrengung hoch und presste ihn mit dem Gesicht gegen die Wand. Zwei der Frauen schrien unterdrückt auf. „Will doch mal sehen, ob ich was bei dir finde.“ Er klopfte die Taschen des blonden Mannes ab und holte aus einer davon den Geldbeutel. Während er Mr. Bronx den Lauf der Waffe an den Hinterkopf hielt, inspizierte er die Fächer. Doch dabei fiel ihm nichts Ungewöhnliches auf. Achtlos warf er das Portemonnaie zur Seite. „Bulle bist du nicht“, stellte der Latino fest. „Sonst hättest du deine Marke bei dir.“ In diesem Moment war das leise Klingeln eines Telefons von unten zu hören. „Ah! Dann machen wir uns mal auf den Weg.“ Ruis hielt den Privatdetektiv zwei Armlängen von sich entfernt und blieb auf der Treppe mehrere Stufen hinter ihm. So hatte er keine Chance, ihn zu überwältigen, ärgerte sich Frank. Das Telefon an der Theke klingelte bereits zum zehnten Mal, als sie den Apparat erreichten. Kurz warf der Latino seiner sichtlich nervösen Freundin einen aufmunternden Blick zu und bedeutete dann Mr. Bronx, den Hörer abzunehmen. „Ja?“ fragte er nach. „Frank?“ klang es aus der Muschel. „Ach du liebe Zeit, Mandy hatte also Recht!“ „Hallo, Phil“, antwortete Mr. Bronx betont gelassen. „Wie geht es den Geiseln?“, wollte der Captain ohne Umschweife wissen. Irritiert verfolgte Ruis das Gespräch. Das lief ihm etwas zu vertraut ab. Er riss Frank den Hörer aus der Hand. „Genug mit dem Geplauder!“, rief er in die Muschel. Der Blick aus seinen zusammengekniffenen Augen brannte sich förmlich in Franks Gesicht. Stumm wies er ihn mit der Waffe an, ein paar Schritt vom Telefon zurückzutreten. „Wer sind Sie?“, plärrte es aus dem Hörer. „Ich bin der, der ein paar Geiseln hat. Ich bin, der, der die Forderungen stellt“, klärte
„Wird es nicht“, beruhigte er sie. „Geh’ jetzt einfach runter und pass’ auf Tacks Bruder auf, ja?“ Sie nickte zögerlich und streckte sich dann kurz, wie um sich etwas Selbstsicherheit zu verschaffen. Während sie die Stufen hinab lief, schloss der Latino die Tür zur Toilette wieder ab. Als Gianna auf halbem Weg nach unten war, klingelte plötzlich ein Telefon im Verkaufsbereich. Erschrocken drehte sich die junge Frau um und sah nach oben. „Ruis?“ fragte sie hilflos. „Kein Thema. Geh’ einfach weiter. Lass’ es klingeln. Die melden sich gleich wieder.“ Er sah ihr deutlich an, dass sie über die Auskunft nicht glücklich war, dennoch setzte sie ihren Weg fort. Der Latino sah ihr nach, bis sie um die Ecke hinter einem Regal verschwunden war und ging dann zum Lagerraum hinüber. Mehrere Augenpaare waren auf ihn gerichtet, als er die Tür öffnete. „Da war ein Telefon“, stellte Tack fest. Ruis nickte kurz. „Die Polizei. Die wollen wissen, wie’s uns geht.“ „Und? Wollen Sie nicht rangehen?“, fragte die Tochter des Ladenbesitzers. „Keine Eile, Süße. Die rufen gleich wieder an. Dann gehe ich auch ran. Wenn alles gut läuft, seid ihr bald frei und könnt euch in der Glotze ansehen, was hier passiert ist.“ Ruis ging auf Frank Reynolds zu, der versuchte, den anderen Geiseln durch seine Ruhe etwas von ihrer Anspannung zu nehmen. „Du wirst mich begleiten“, forderte der Latino ihn auf und klopfte mit dem Revolver gegen Franks Brust. „Warum ich?“ hakte Mr. Bronx nach. „Sie werden mit Ihnen reden wollen.“ „Mag sein. Aber ich möchte dich in meiner Nähe haben und wissen, was du tust. Du bist mir eine Spur zu gelassen. Nicht, dass mir hier einer ein Kuckucksei ins Nest legt.“ Er packte Frank an der Schulter. Obwohl ihn der Privatdetektiv um einen halben
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„Ja, ich bin dran“, kam die knappe Erwiderung. „Wie geht’s den Geiseln? Wie geht’s dir?“ „Soweit ganz gut. Sie behandeln uns tatsächlich ganz anständig. Aber wir haben eine Schwangere und einen alten Mann bei uns. Also überlegt euch bitte genau, was ihr tun wollt.“ „Wie viele sind es, Fr- - …“ Der Latino riss Frank den Hörer aus der Hand und knallte ihn auf die Gabel. „Genug geplaudert. Das reicht erst mal.“ Er entfernte sich ein, zwei Schritte von dem blonden Mann und richtete die Waffe auf ihn. „Das war ein ziemlich vertrauliches Gespräch, das ihr da geführt habt. Irgendwas stimmt mit dir nicht. Und ich möchte wissen, was!“ Frank sah keinen Sinn darin, dem Geiselnehmer etwas vorzumachen. Also beschloss er, soweit wie möglich mit offenen Karten zu spielen. Er stemmte die Hände in die Hüfte und atmete tief durch. „Mein Name ist Frank Reynolds. Ich bin Privatdetektiv und kenne den Mann, mit dem wir gerade gesprochen haben, schon seit Jahren.“ „Ein Schnüffler?“, entfuhr es Ruis. „Und das sagst du mir erst jetzt?“ „Ich bin hier privat, genauso zufällig wie die anderen. Sie haben mich untersucht. Ich trage keine Waffe“, wollte Mr. Bronx die Situation entspannen. Der dunkelhaarige Mann packte ihn bei der Schulter und riss ihn herum. Schmerzhaft prallte Mr. Bronx gegen eines der Regale. „Wenn ich sehe, dass du auch nur irgendetwas Verdächtiges vorhast, oder wenn ich mal nicht weiß, wo du bist, dann geht es einer der Geiseln schlecht. Ist das klar?“ zischte ihm der Latino ins Ohr. „Ich bin auf Ihrer Seite, Ruis. Alles, was ich will ist, dass die Geiseln hier heil rauskommen. Hören Sie“, versuchte Frank das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken, „ich kann Ihnen helfen. Ich kenne ein paar der Polizisten. Der Mann, mit dem
Ruis seinen Gesprächspartner auf. „Ich bin Captain Phil Stuart vom NYPD“, stellte sich sein Gesprächspartner vor. „Wie geht es den Geiseln?“ „Den geht’s gut“, entgegnete der Latino. „Den geht’s auch weiterhin gut, wenn sie unsere Forderungen erfüllen.“ „Was verlangen Sie“, fragte Phil kurz angebunden. „Einen geländetauglichen Wagen, voll aufgetankt, freies Geleit bis zur Staatsgrenze und 500.000 in cash. Und einen Arzt“, fügte er seiner Aufzählung zu. „Einen Arzt?“, echote der Captain. „Ist jemand verletzt?“ „Ja, aber keine ihrer Geiseln“, versicherte ihm Ruis. „Und ersparen Sie mir so ’nen Scheiß wie ‚das wird alles ein paar Stunden dauern’. Das ist ziemlich bescheiden, was wir hier fordern. Sie haben vier Stunden Zeit.“ Phil versuchte jetzt noch nicht, auf Zeit zu spielen. Das alles war tatsächlich in dieser Zeit machbar. Dennoch klärte er den Gangster auf. „Hören Sie, ich gebe die Forderungen gleich weiter. Sobald ich Näheres weiß, melde ich mich wieder. Sollen wir den Arzt sofort schicken?“ Ruis überlegte kurz und sah zu dem am Boden liegenden Eugene. „Wäre gut. Aber keine Tricks, verstanden! Wenn hier einer rein kommt, der nicht nach Arzt aussieht, geht es den Geiseln schlecht!“ „Es gibt keinen Grund, zu drohen, Mister. Wir schicken den Arzt. Ich melde mich dann. Kann ich noch mal kurz mit dem Mann sprechen, den ich am Anfang in der Leitung hatte?“ Etwas überrascht sah Ruis zu Mr. Bronx hinüber und legte die Stirn kurz in Falten. Dann entspannten sich seine Gesichtszüge. „Klar, bleiben Sie dran.“ Er reichte den Hörer an Frank weiter. „Noch mal für Sie. Aber passen Sie auf, was Sie sagen, okay?“ Der Privatdetektiv nahm den Hörer entgegen und behielt den Latino genau im Auge. „Frank?“, hörte er die Frage.
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glatt geht, ist die Sache bald ausgestanden.“ Mandy konnte ihre Unruhe nicht verbergen. Phil nahm sie väterlich in den Arm und drückte sie kurz. „Willst du nicht nach hause gehen? Du kannst hier ja doch nichts tun. So machst du dich doch nur noch mehr verrückt.“ „Nein, ist schon gut“, erwiderte die junge Frau mit gefasster Stimme. „Irgendwie lustig, nicht? Da habe ich endlich wieder mal ein Date, und dann lässt sich Frank als Geisel nehmen.“ „Ja, manche Männer arbeiten mit den abgefeimtesten Tricks“, versuchte Phil einen Scherz. Doch Mandys gequälter Gesichtsausdruck war Antwort genug. „Captain Stuart?“, erklang plötzlich eine Stimme in seinem Rücken. Er drehte sich um. „Ja?“ Ein Mann mit kernigen Gesichtszügen reichte ihm die Hand. Er trug eine eng anliegende blaue Uniform. Über der Brust lag eine gleichfarbige dicke Schutzweste. „Captain Harris vom SWAT-Team. Sie haben das Kommando hier, habe ich gehört?“ „Richtig“, bestätigte Phil. „Gut, Sie hier zu haben, Captain.“ „Ihre Leute haben mich bereits über die Lage informiert. Wir warten ab, wie sich die Lage entwickelt. Aber ich sage ihnen gleich; ich habe Anweisungen, die Situation zu beenden, wenn ich die Möglichkeit gegeben sehe!“ „Sie wollen das Gebäude stürmen?“, rief Mandy erschrocken aus. „Wer, wenn ich fragen darf, sind Sie, Lady?“, wollte Captain Harris wissen. „Das ist Miss Torrance“, stellte Phil Stuart die junge Frau vor. „Sie ist die Assistentin von Frank Reynolds, der unter den Geiseln ist.“ „Reynolds?“ echote der SWAT-Leiter. „Ja, hab’s gehört. Schade, dass er keine Waffe dabei hat. Wäre gut, wenn wir bereits einen Mann im Gebäude hätten.“ Er sah kurz zu dem alten Backsteinhaus hinüber. „Miss“, fuhr er fort. „Die Leute da
wir gesprochen haben, ist einer meiner engsten Freunde. Er vertraut mir. Wenn ich sage, Sie behandeln die Geiseln gut, dann weiß er, dass das stimmt.“ Ruis drehte den Privatdetektiv wieder zu sich her und betrachtete ihn aufmerksam. „Da draußen sind eine Menge nervöser Menschen“, fuhr Frank fort. „Für die sind Sie bewaffnete Verbrecher, die hier Geiseln halten. Eigentlich würden sie das Geschäft am liebsten stürmen und Sie über den Haufen schießen. Ohne zweimal nachzufragen.“ Ruis warf einen kurzen Seitenblick zu Gianna, die am Boden neben dem Verletzten kauerte und den Worten mit wachsender Beunruhigung zuhörte. „Fällt hier ein Schuss, wird das SWATTeam das Haus stürmen. Und erst schießen und dann fragen. Das will keiner von uns. Also lassen Sie mich mit dem Captain reden, wenn er wieder anruft, in Ordnung?“ Der Latino ließ den gespannten Hahn des Revolvers wieder einrasten und nahm die Waffe von Franks Kopf weg. Er überlegte lange und wechselte immer wieder schnelle Blicke mit seiner Freundin. „Okay … okay. Und jetzt wieder hoch mit uns. Ich behalte euch alle trotzdem im Auge.“ * Beunruhigt stieg Phil Stuart aus dem kleinen Einsatzwagen des SWAT-Teams. Er sah Mandy Torrance, die etwas abseits stand und fragend zu ihm herüber blickte. Der Captain überwand die kurze Entfernung zu ihr mit schnellen Schritten und zog sie ein wenig zur Seite. „Tut mir Leid, Mandy. Frank ist tatsächlich da drinnen.“ Er konnte spüren, wie sie innerlich zusammenzuckte. „So wie’s aussieht, geht’s den Menschen gut. Ich hatte Frank am Telefon. Er weiß genau, wie er mir mitteilen kann, falls die Lage kritisch ist. Wir haben jetzt die Forderungen der Geiselnehmer. Wenn alles
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„Wenn Sie es schaffen, dass sich Geiseln und Geiselnehmer in zwei verschiedenen Räumen aufhalten, übernehmen wir den Rest.“ Mit dieser Aussage ließ er den Captain alleine zurück und setzte sich seinen Helm auf, dessen Visier nach oben geklappt war.
drinnen haben heute Morgen bereits eine Bank überfallen, haben jetzt Geiseln und wollen eine hübsche Stange Lösegeld. Die Politik der Stadt New York ist absolute Härte gegenüber solchen Gangstern. Entweder sie geben auf oder wir holen sie uns. Aber entkommen lassen wir sie nicht.“ Mandy war durch die kompromisslose Haltung des Captains etwas schockiert. Sie fühlte sich in dieser Situation so hilflos. Durch ein Nicken verabschiedete sich der Mann mit den grau melierten, kurz geschorenen Haaren von ihr und tippte Phil Stuart kurz auf die Schulter. „Tut mir Leid, Mandy. Ich sehe, was ich tun kann. Entschuldige mich bitte.“ Er folgte dem SWAT-Leiter, der bereits wieder auf halbem Weg zum Einsatzwagen war. „Sie müssen die Frau verstehen, Harris“, setzte Phil zu einer Erklärung an. „Sie brauchen die junge Dame nicht zu verteidigen, Captain. Ich würde mich an ihrer Stelle nicht anders fühlen. Aber wir haben unsere Befehle. Und die lauten, diesen Schlamassel so schnell wie möglich zu beenden. Mit so wenigen Verlusten wie möglich.“ „Wir haben mit den Geiselnehmern ein Ultimatum bis kurz nach vier vereinbart. Sollten wir ihnen nicht bis dahin Zeit geben? Wollte die Zentrale keinen Vermittler schicken?“ Captain Harris drehte sich in der Bewegung um und sah Phil Stuart fast etwas belustigt an. „Doch, aber der steckt im Stau fest. Wir müssen das alleine lösen.“ „Tolle Koordination!“, fluchte Phil laut auf. „Was meinen Sie damit, Sie lösen das alleine?“ „Ich lasse meine Männer bereits jetzt die umliegenden Gebäude auskundschaften, Stuart. Wir müssen erst mal rausbekommen, wo sie die Geiseln festhalten. Ich habe keine Lust auf eine Schießerei in so einer Klitsche. Eng und unübersichtlich.“ Sein Blick haftete sich auf den von Phil.
* Als das Telefon klingelte, sprang Ruis wie elektrisiert auf. „Okay, wir gehen wieder“, wies er Frank an und ließ ihn die Tür des Lagerraums öffnen. Mit schnellen Schritten überwanden sie den Weg nach unten, und der Latino bedeutete Frank, den Hörer abzunehmen. Frank meldete sich. „Gut, deine Stimme zu hören“, rief Phil am anderen Ende. „Hör zu, zwei Dinge. Bei uns ist ein Rettungswagen. Wenn ihr einverstanden seid, schicken wir den Arzt jetzt rein.“ „Warte kurz“, bat Frank seinen Freund. Er legte den Hörer beiseite und richtete sich an den Latino. „Sie haben jetzt einen Arzt da draußen. Wie sieht’s aus?“ Ruis sah nur kurz zu dem Verletzten und nickte dann. „Schicken Sie ihn rein. Aber keine faulen Tricks, ist das klar?“ Frank sah den Mann nur ausdruckslos an. Er wurde zunehmend nervöser. Ihm war deutlich anzusehen, dass ihn die Lage mehr und mehr überforderte. Mr. Bronx machte sich Sorgen, dass sich der Latino in dieser Verfassung zu einer Kurzschlusshandlung hinreißen ließ. „Frank?“, hörte er es leise aus der Muschel quäken. „Schickt den Arzt, Phil. Und, bitte, keine Sonderaktionen. Es wird langsam heißer hier drin.“ Der dunkelhaarige Mann sah den Privatdetektiv scharf an. Er nahm ihm den Hörer aus der Hand und unterbrach die Verbindung. „Was sollte der Scheiß mit der Hitze, heh? Mr. Bronx sah den Gangster an. „Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir
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dann zwei Finger, die sich in die halb geöffnete Hand schoben. Er fühlte die Kanten eines zusammengefalteten Stück Papiers. Seine Finger schlossen sich und hielten das Papier in seiner Faust. In diesen Augenblicken war der Latino mehr damit beschäftigt, Gianna dabei zuzusehen, wie sie die Tasche untersuchte. „Ich kann nichts finden“, stellte sie fest und erhob sich wieder. „Keine Waffe oder so was in der Richtung.“ „Gut, dann her mit Ihnen.“ Er winkte den Arzt zu sich her. „Klopf’ mal kurz seine Taschen ab, ob da noch was versteckt ist.“ Der Sanitäter ließ die Untersuchung über sich ergehen. Einmal zog Gianna einen Ausweis aus einer hinteren Gesäßtasche, aber mehr konnte sie bei ihm nicht finden. „Kann ich mich jetzt endlich um den Verletzten kümmern?“ entfuhr es dem schlanken Mann mit unterdrückter Wut. „Jetzt ja.“ Ruis zog seine Freundin zu sich her und überließ dem Sanitäter den angeschossenen Eugene. In diesem Augenblick ließ Frank den Zettel in seiner Hosentasche verschwinden und ging auf den Arzt zu. „Hey, was soll das?“, wurde er von dem Latino aufgehalten. „Vielleicht braucht er meine Hilfe. Oder soll sie …?“, er deutete auf Gianna. Ruis verzog die Lippen und winkte Frank mit dem Revolver in die geforderte Richtung. Der Privatdetektiv ließ sich neben dem Arzt nieder und konnte nun erstmals die Schwere der Verletzung sehen. „Die Kugel steckt noch, richtig“, stellte er nach einem Blick auf die Eintrittswunde fest. Der schlanke Mann mit dem Haarschnitt eines Rekruten nickte. „Ist’n Wunder, das der überhaupt noch lebt.“ Er löste die letzten Reste des provisorischen Verbands und säuberte die Wunde. „Halten Sie mal“, bat er Frank und hielt ihm eine blutgetränkte Ecke der Hose hin, die er gerade aufgeschnitten hatte. Mr. Bronx nahm den Stoff entgegen und sah zu, wie die Wunde vorsichtig gesäubert wurde. Anschließend legte der Arzt einen
macht die Hitze allmählich zu schaffen. Ist das in Ordnung, wenn ich mir und den anderen etwas zu trinken hole?“ Ruis kratzte sich kurz am Kinn. „Wenn wir nachher hochgehen, kannst du was mitnehmen. Steht ja genug hier rum.“ Gianna war inzwischen aufgestanden und hatte sich nahe der Tür postiert. Plötzlich erfasste sie eine Unruhe. „Da kommt wer!“, rief sie aus und deutete nach draußen. Ruis überwand die Entfernung mit ein, zwei weiten Schritten. „Sieht aus wie’n Arzt“, stellte er fest. „Aber so’n Kittel bekomme ich in jedem Kostümladen.“ Er machte einen Schritt zurück und ging hinter der Theke in Deckung, die Waffe im Anschlag. „Mach’ ihm die Tür auf, Kleines“, bat er seine Freundin. Sichtlich nervös drückte die Italienerin eine der beiden schmalen Türen nach außen. Ein schlanker Mann in weißen Hosen und einem weißen kurzärmligen Hemd schob sich durch den schmalen Spalt. „Stehen bleiben, Mister!“ forderte ihn der Latino auf. Er löste sich aus seiner Deckung und behielt den Mann im Visier. Der Sanitäter folgte dem Befehl und sah sich im Laden um. Als er den am Boden liegenden Eugene entdeckte, fuhr er den Dunkelhaarigen, der ihn mit der Waffe bedrohte, an. „Lassen Sie mich zu dem Mann! Wenn ich es richtig verstanden habe, ist das einer Ihrer eigenen Leute, ja?“ Ruis nickte langsam und zögerte ein wenig, dann gewann er seine Sicherheit zurück. „Kleines, durchsuch’ die Tasche“, wandte er sich an Gianna. „Und Sie, Sie stellen die Tasche langsam auf den Boden und kommen dann hier rüber.“ Der Sanitäter folgte den Anweisungen, ohne den Blick von der Waffe zu lassen und ging wie aufgefordert zu Mr. Bronx, der sich am Treppenabsatz aufhielt. Als er ihn erreichte, stellte er sich halb vor ihn, so dass der Privatdetektiv etwas verdeckt war. Frank spürte plötzlich ein leichtes Klopfen gegen seinen Handrücken und
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an die Erfahrung des Dunkelhaarigen gedacht. Dieser sah aus wie einer, der in den Straßen aufgewachsen war. Für ihn diente alles als Waffe, was in Reichweite war. Und ein Mann mit einer abgebrochenen Glasflasche stellte einen gefährlichen Gegner dar. Also griff er sich zwei Sixpacks aus der Kühlbox, einen mit Mineralwasser, und einen mit Fruchtsäften. Er stellte sich an den Treppenabsatz und wartete auf seinen ‚Bewacher’. Ruis wandte sich an seine Freundin und flüsterte ihr leise zu. „Ich muss jetzt Tack dazu bringen, seinen Bruder aufzugeben. Wünsch’ mir Glück dabei. Wenn der Junge überlebt, wandert er direkt in den Knast.“ Gianna nickte einfach gedankenverloren. Sie fühlte sich immer mehr selbst wie eine Geisel, die nur noch das tat, was man ihr sagte. Ihr war kaum noch bewusst, welche Gefühle sie für den Mann hatte, der sich jetzt mit einem Kuss auf die Wange von ihr verabschiedete. Etwas in ihr merkte mit aller Deutlichkeit, wie fremd ihr dieser Mann geworden war. Dennoch drückte sie in alter Gewohnheit seine Hand. Sie lächelte mechanisch und war froh, als die beiden Männer auf der Treppe verschwunden waren.
neuen Verband auf und packte das blutbesudelte Besteck weg. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und erhob sich kopfschüttelnd. Mit zwei schnellen Bewegungen zog er sich die verschmierten Plastikhandschuhe von den Händen und warf sie in einen bereitliegenden Beutel. „Der Mann muss sofort in ein Krankenhaus. Wir müssen ihn schleunigst operieren. Er lebt nur noch, weil der Schuss keine Hauptader getroffen hat. Aber die Wunde hat sich bereits jetzt entzündet.“ Ruis sah den Mann misstrauisch an. „Aber wir wollten ihn mitnehmen. Können Sie nicht einfach - …?“ „Dann jagen Sie ihm eine Kugel durch den Kopf, das geht schneller“, beharrte der Sanitäter auf seiner Einschätzung. „Der Mann ist kaum transportfähig. Ich kann ja nicht mal sicher sagen, dass wir ihn durchbringen.“ „Ruis …?“ wandte sich Gianna mit leiser Stimme an ihn. Er konnte deutlich spüren, wie sehr ihr Körper zitterte. Es fiel ihm immer schwerer, sich auf einen Gedanken zu konzentrieren. „Okay“, sagte er schließlich. „Sie haben ihn versorgt, ja? Das muss fürs Erste reichen. Wir sprechen uns ab, und Sie halten sich bereit.“ Mit der Waffe wies er dem Sanitäter den Weg zur Tür. Kopfschüttelnd nahm dieser die Antwort zur Kenntnis und packte seine Tasche. Als er das Geschäft verließ, warf er Mr. Bronx noch einen schnellen Blick zu, dann war er hinter der Glasscheibe verschwunden. „Wir gehen jetzt nach oben“, erhielt Frank die Anweisung. „Kann ich ein paar Getränke mitnehmen?“ fragte der Privatdetektiv. Der Latino sah sich kurz um und stimmte dann zu. „Schnapp’ dir ein paar Packungen. Aber nur Plastik. Kein Glas oder Dosen, verstanden?“ Mr. Bronx nickte und biss die Zähne zusammen. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, die Verpackungen vielleicht sogar als Waffen einzusetzen. Aber er hatte nicht
* „Was willst du? Soll ich meinen kleinen Bruder einfach den Cops überlassen? Verdammte Scheiße!“ Ruis versuchte, den Schwarzen zu beruhigen. Die Nervosität bei den Geiseln stieg rapide an, als sie den Wutausbruch des Farbigen mitbekamen. Er zog seinen Partner etwas zur Seite und packte ihn mit beiden Armen. „Tack, hör’ mir zu!“ kamen die Worte leise und rau über seine Lippen. „Eugene hat es böse erwischt. Ich hab’ mir die Wunde selbst angeschaut. Der Doc meint, er überlebt eine Flucht nicht. Wir können ihn nicht mitnehmen!“ Jordan Takhassan war kein Mensch, der seine Gefühle im Griff hatte. Frustriert
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er die verirrten Kugeln, die für die Menschen hier zu einer tödlichen Gefahr werden konnte. Er atmete langsam durch, um seine Unruhe zu unterdrücken. Hoffentlich hatte Phil genügend Einfluss auf die Leute, ging es ihm durch den Kopf. Jin-Yong Pak rückte langsam näher und tat so, als ob er um ein weiteres Getränk bitten würde. „Mr. Reynolds“, raunte er ihm zu. „Was halten sie davon? Meine Frau macht sich große Sorgen.“ „Sagen Sie ihr, alle sollen sich ruhig verhalten. Geben Sie das bitte auch an die anderen weiter. Wir dürfen den Kerlen keinen Anlass geben, ihre Aggressionen an uns auszulassen.“ Er sah den Koreaner an, der seine dünne Nickelbrille immer wieder zurecht schob. „Ich weiß, dass es schwer ist, so lange auszuhalten. Aber ich glaube, wir haben das bald überstanden.“ Frank lächelte dem älteren Mann aufmunternd zu und sah ihm nach, als er an seine alte Position zurückrobbte und eine neue Wasserflasche mit sich trug. Wohlweislich erzählte er ihm nichts von den Plänen der Polizei. Angestrengt sah er sich um und überlegte, wie er die Geiseln am besten bei einem Eingreifen des SWAT-Teams schützen konnte. Die dünnen Kartons und Behälter boten keinen Schutz vor den durchschlagkräftigen Geschossen der halbautomatischen Waffen. Er musste irgendwie dafür sorgen, dass sich wenigstens die beiden bewaffneten Männer so weit wie möglich von den Geiseln entfernt aufhielten. Aber wie? Der stille Disput zwischen den beiden Männern war für jeden mitzuverfolgen. Doch mehr und mehr schien es, als könne der Mann mit den lateinamerikanischen Gesichtszügen den Schwarzen überzeugen. „Okay, wir lassen meinen Bruder abtransportieren“, kam es wie ein leises Grollen über die Lippen des Farbigen. So leise, dass es selbst Ruis kaum verstand. „Aber die Sache ist noch nicht ausgestanden, hörst du? Wenn ihm etwas passiert weißt du, wen ich dafür
schlug er auf einen der Kartons ein, die in Stapeln an die Wand gestellt worden waren. Er atmete deutlich aus und sah den Latino mit dunkel funkelnden Augen an. „Du weißt, wer für diese Scheiße verantwortlich ist? Ja? Ich wollte dem Kerl in der Bank eine verpassen, damit der keine Gefahr mehr ist. Aber ich musste ja wieder mal auf dich hören. Weil du alles so gut durchdacht hast!“ Tack machte eine kurze Pause und spuckte auf den Holzboden aus. „Und wer schießt dann auf uns? Wer, heh? Wir könnten längst auf halbem Weg zur Grenze sein, wenn du die Sache nicht verbockt hättest! Du, Chicano, und sonst keiner!“ Ruis hielt sich nur mit aller Mühe zurück. Die schwarze Gemeinde im Gefängnis hatte ihn so genannt, weil er der einzige Lateinamerikaner in ihrem Block gewesen war und sie ihm nicht die Ehre zukommen ließen, sich seinen Namen zu merken. „Ich kann’s nicht mehr ändern“, erwiderte er betont leise. „Aber wir müssen die Lage so nehmen, wie sie ist. Hör mir zu …“ Er redete nun sehr leise auf den Schwarzen ein. Die Geiseln konnten nichts mehr von dem verstehen, was die beiden Männer beredeten. Frank verteilte die Getränke an die Leute, die diese dankbar entgegen nahmen und sah nun den besten Zeitpunkt gekommen, den Zettel zu lesen, den ihm der Sanitäter zugesteckt hatte. Hastig faltete er das Papier auseinander, das kaum größer als ein Notizzettel war. ‚SWAT plant, einzugreifen. Bereite dich darauf vor. P.’ Mr. Bronx knüllte den Zettel zu einer kleinen Kugel zusammen, die wieder in seiner Hosentasche verschwand. Ihm war klar, was das bedeuteten konnte. Sollte einer der Leute, die über die Aktion entschieden, keine Geduld mehr haben, würde er die Einsatztruppe reinschicken, um die Lage gewaltsam zu beenden. Frank kannte viele der Männer und Frauen aus seiner früheren Tätigkeit bei der New Yorker Polizei. Doch genauso gut kannte
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schrie unterdrückt auf. Der alte Mann, der sich als „Abramovitz“ vorgestellt hatte, wollte sich erheben, doch der koreanische Besitzer drückte ihn wieder nach unten und bedeutete ihm, sich zurückzuhalten. „Ihnen wird nichts passieren, solange Sie sich ruhig verhalten. Wir möchten genauso schnell raus wie Sie, vergessen Sie das nicht.“ Keiner der Anwesenden wagte es, das Wort zu erheben. Ruis zeigte auf Mr. Bronx und wies ihn an, mitzukommen. Sunmin Pak hatte die Hände um den Hals ihres Mannes geschlungen und konnte ihre Angst kaum noch zurückhalten. Der Koreaner drückte sie fest an sich und flüsterte ihr beruhigende Worte zu, während er ihr über das leicht ergraute Haar strich. „Telefondienst“, klärte der Latino Frank inzwischen auf. Zu dritt verließen sie den Raum. Ruis zog den Schlüssel, den ihm der Koreaner gegeben hatte, aus einer Jackentasche, löste das Vorhängeschloss aus dem Bügel und legte den Metallriegel vor. Das Schloss schnappte mit einem leisen Klicken ein. In Frank begannen sich die Gedanken zu drehen. Damit waren die Geiseln tatsächlich in Sicherheit. Jetzt musste er nur noch einen Weg finden, die Gangster zu überwältigen! Frank betrat die Treppe als erster. Mit zwei Stufen Abstand folgten ihm die beiden Männer, die ihre Waffen offen in der Hand trugen. Als sie die Verkauffläche betraten, fiel Tacks erster Blick auf seinen Bruder. Er fluchte unaufhörlich, als er die blasse Gesichtsfarbe des jungen Mannes erkannte. Mit einem Flackern in den Augen wandte er sich an Gianna, die verloren in dem leeren Raum stand und gedankenverloren in einer Zeitschrift geblättert hatte. „Wie geht es ihm?“ Sie schüttelte nur leicht den Kopf und sah Ruis an. „Wollt ihr ihn endlich wegbringen lassen?“ Der Latino legte seine linke Hand um ihre Schulter und zog die junge Frau zu
verantwortlich mache.“ „Wenn ihm etwas passiert, Tack. Im Augenblick sorgen wir dafür, dass er gerettet wird, okay?“ Der Latino konnte deutlich sehen, dass der Schwarze ihm keine Sekunde wirklich vertraute. Durch den Schuss auf seinen Bruder hatte es einen Bruch in ihrem Verhältnis gegeben, und die Kluft zwischen ihnen schien mit jedem Augenblick zuzunehmen. Tack machte ihn für das Scheitern der Aktion verantwortlich. Er wusste nicht, inwieweit der pockennarbige Mann noch zu ihm hielt oder nur mitmachte, um seine eigene Haut zu retten. Spätestens auf der Fahrt nach Kanada würden sie es herausfinden. „Du bleibst hier oben und bewachst weiter die Geiseln, in Ordnung?“ „Vergiss’ es“, kam die Erwiderung schneidend. „Wenn mein Bruder abgeholt wird, werde ich dabei sein!“ Ruis lachte ungläubig auf. „Und was sollen wir mit den Geiseln machen. Willst du die hier oben alleine lassen?“ „Die laufen uns nicht weg“, beharrte Tack auf sein Vorhaben. „Wir können den Raum abschließen. Was sollen die machen? Aus dem Fenster springen?“ Der Latino spürte, wie er die Kontrolle über die Lage verlor. Mit Tack war in diesem Punkt nicht weiter zu diskutieren. Vielleicht hatte er auch Recht. Bis auf den blonden Detektiv stellte keiner der Menschen hier eine wirkliche Gefahr dar. Und den konnte er mitnehmen. „Wenn du meinst“, stellte er nur knapp fest und zuckte mit den Schultern. „Dann komm mit.“ Er stellte sich vor den Geiseln auf und breitete die Arme auf, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Das wäre nicht nötig gewesen. Alle Augenpaare hatten genau verfolgt, was zwischen den beiden Männern vorgefallen war. „Meine Damen und Herren“, setzte er an. „Wir werden Sie jetzt für kurze Zeit hier oben einschließen.“ Die schwangere Frau
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der Schwarze seine Beobachtungen. Die junge Frau folgte seiner Anweisung, ohne darüber nachzudenken. Die braun getönten Haare hingen ihr verschwitzt in die Stirn. Der Dunkelhaarige schnippte kurz, um Tacks Aufmerksamkeit zu gewinnen. Er deutete mit den Fingern auf die rechte Seite und zeigte dann auf die Tür. In diesem Augenblick verstanden sich die beiden Männer wieder blind. Ruis ging in die Hocke und hielt den Lauf des Revolvers auf die Tür gerichtet.
sich her. „Ja, der Blonde wird für uns seine Beziehungen spielen lassen.“ Er wandte sich an Frank. „Du wirst doch den Cops klar machen, dass sie sich ruhig verhalten sollen? Wir sind schneller bei den Geiseln als die.“ „Das glaube ich Ihnen aufs Wort“, erwiderte Mr. Bronx mit ernster Miene. Er griff zum Telefon und wählte Phils Mobilnummer. Hoffentlich hatte der Captain sein Handy an. Es klingelte mehrmals, bis endlich abgenommen wurde. „Ja?“ klang es verärgert aus dem Hörer. „Phil, ich bin’s. Kannst du die Ärzte reinschicken? Sie sollen den Jungen abholen.“ „Wenigstens etwas“, kam die Antwort zwischen zwei heftigen Atemstößen. „Wie geht’s den Geiseln?“ „Die sind oben, gut weggeschlossen.“ Frank hoffte, dass Phil Stuart aus dieser Aussage seine eigenen Schlüsse ziehen konnte. In diesem Moment drückte sich eine Hand auf die Gabel und unterbrach die Leitung. „Das reicht“, fuhr Ruis ihn an. „Da rüber mit dir.“ Er deutete auf die Regalreihe, die an der gegenüberliegenden Wand angebracht war. „Hände in die Hosentaschen und hinknien.“ Frank kam der Aufforderung ohne Zögern nach und konnte nun kaum mehr als die Regale vor sich sehen. „Was sollte der Scheiß am Schluss, hey? Das mit ‚oben’?“ „Er wollte nur wissen, wie es den Geiseln geht. Ich sagte ‚gut’“, erwiderte Mr. Bronx gelassen und wartete ab, ob der Latino darauf einging. „Da tut sich was bei denen!“, rief Tack plötzlich aus. Ruis vergaß, was er gerade noch sagen wollte und sah zum Fenster hinüber, das kaum mehr erkennen ließ als eine Hand voll verwaschener Schemen. Er drehte sich zu Gianna um. „Kleines, komm’ hinter mich. Wir werden ja gleich sehen, wen die uns da schicken.“ „Zwei, so wie’s aussieht“, kommentierte
* Als die Leitung plötzlich unterbrochen wurde, zuckte Phil unwillkürlich zurück. Für einige Sekunden lang betrachtete er sich das Display des Handys und steckte den Apparat dann weg. Neben ihm hielt sich Captain Harris im Einsatzwagen der SWAT auf und sah ihn abwartend an. „Wir können die Sanitäter hereinschicken“, erklärte Phil. „Okay.“ Harris wollte zwei seiner Leute bereits einen Befehl geben, als ihn Phil zurückhielt. „Warten Sie. Frank hat noch etwas über die Geiseln gesagt. Sie seien ‚oben, weggesperrt’.“ Er konnte sehen, wie es hinter der Stirn von Captain Harris zu arbeiten anfing. Nur wenige Sekunden später drückte er auf die Sprechtaste des Funkgeräts, das an einer Schlaufe über der linken Brust angebracht war. „Leiter Squad eins, hören Sie mich?“ Einen Augenblick später erfolgte ein leises Knacken und Rauschen, dann meldete sich die verzerrte Stimme eines Mannes. „Hier Leiter Squad eins. Wie sind Ihre Anweisungen?“ „Wir haben neue Informationen“, wurde er von Harris instruiert. „Offenbar sind die Geiseln nicht im Erdgeschoss. Und sie sind in einem Raum eingeschlossen. Möglich, dass sie ohne Bewachung sind. Bestätigen.“ Wieder erklang ein leises Knacken.
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schien er zu haben, wenn es um das Leben anderer Menschen ging. Eine der Personen öffnete nun mit der Hand die Tür, blieb aber weiterhin draußen stehen. „Wir sind die angeforderten Sanitäter. Können wir reinkommen?“ rief eine weibliche Stimme ins Innere des Ladens. „Einer nach dem anderen“, rief Ruis nach draußen. „Und keine schnellen Bewegungen, verstanden?“ Zuerst schob sich eine Frau Anfang Zwanzig durch die Tür. Sie hatte die blassblonden Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. In ihren Händen hielt sie das eine Ende der Bahre fest. Mit ihrem linken Fuß stieß sie die Tür ein wenig weiter auf, um ihrem Kollegen das Durchschieben der Liege etwas zu erleichtern. Die zweite Person entpuppte sich als der Sanitäter, der Eugene bereits vorhin untersucht hatte. Die Haltung des Latinos entspannte sich ein wenig. Er erhob sich aus seiner kauernden Haltung und verstaute den Revolver im Gürtel. „Beeilen Sie sich ein wenig“, warf er überflüssigerweise ein. Die junge Blonde sah ihn desinteressiert an. „Wir sichern ihn für den Transport. Sonst brauchen wir gar nicht erst anfangen, verstanden?“ Jordan Takhassan hatte die Pump-Gun gesenkt und sah den beiden Sanitätern genau zu. „Können Sie sagen, ob er durchkommt?“ „Ein Verwandter von Ihnen?“, hakte der männliche Sanitäter nach. „Mein Bruder“, bestätigte Tack, ohne sich Gedanken über die Auskunft zu machen. Die beiden Rettungskräfte warfen sich einen schnellen Blick zu und schlossen die letzten Verschlüsse an der Bahre. „Wir können“, erklärte die kühle Blondhaarige. Sie packte die Bahre mit dem leblosen Körper an einer Seite und hob sie im gleichen Augenblick wie ihr Kollege ohne Mühe an. Ihr Kinn wies auf die Tür.
„Bestätigt. Vorgehen?“ „Sichern Sie die oberen Etagen. So leise wie möglich. Arbeiten Sie sich nach unten vor. Sie werden keine zwei Minuten Zeit haben!“ „Verstanden“, kam die Bestätigung ohne Verzögerung. „Beginnen mit der Aktion.“ „Moment mal“, stellte Phil den Captain zur Rede, nachdem dieser sein Funkgerät abgeschaltet hatte. „Was soll das bedeuten?“ „Ich habe Ihnen gesagt, woran wir arbeiten. Eine Gruppe von mir ist seit zwei Stunden auf dem Dach des Hauses postiert und hat sich durch das Oberlicht Zugang verschafft. Die Sanitäter sind instruiert. Sie haben Funkgeräte am Körper und können uns einen Lagebericht geben, sobald sie den Verletzten abgeholt haben. Wenn wir Glück haben, sind alle Geiselnehmer im Laden und die Geiseln oben in einem separaten Raum. Besser kann’s kaum laufen.“ „Wenn wir Glück haben?!“, wiederholte Phil ungläubig. Er hatte Mühe, den ansteigenden Herzschlag wieder zu beruhigen. „Das war so nicht abgesprochen, Harris!“ Dieser bedachte ihn nur mit einem kalten Blick. „Klären Sie das mit dem Commisioner, Stuart. Nachdem wir die Geiseln befreit haben.“ Er übersah den gleichrangigen Officer geflissentlich und wies die Sanitäter an, loszugehen. * „Sehen aus wie Ärzte“, gab Tack seine Beobachtungen weiter. „Sie tragen eine Bahre. Eine von denen, die man zusammenklappen kann.“ „Okay“, erwiderte Ruis. „Hast du sie im Visier?“ „Wenn sie was anderes tragen als die Bahre, brauchen sie selbst einen Arzt“, erklärte der Schwarze mit einer Gelassenheit, die Frank eine Gänsehaut verpasste. So viel Sorgen er sich um seinen Bruder machen durfte, so wenig Skrupel
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Jordan Takhassan sah den Sanitätern nach. Um sich einen besseren Überblick zu verschaffen, stellte er sich in das Blickfeld der Tür und beobachtete die beiden, wie sie seinen Bruder abtransportierten. Doch plötzlich ließen sich der Mann und die Frau fallen. Er hob die Hand mit der Waffe an und wollte den Mund öffnen, um aufzubegehren. Doch in diesem Augenblick zersplitterte das Glas der rechten Eingangstür. Tack spürte einen heftigen Einschlag in seiner rechten Brust und wurde durch die Wucht nach hinten geworfen. Die Wand in seinem Rücken fing den Aufprall ab. So taumelte der Farbige, ohne zu Boden zu fallen. Ein weiterer Einschlag zerschnitt das Glas und traf den dunkelhäutigen Mann mitten in die Brust. Der massige Körper drehte sich um seine Achse, blieb eine Sekunde wie erstarrt stehen und sackte dann in sich zusammen. Frank hatte sich nach dem ersten Schuss zu Boden geworfen und zog die Beine an, um ein so kleines Ziel wie möglich zu bieten. „Nein!“ schrie Ruis auf und zog seine Freundin an einem Hemdsärmel mit sich. Der dünne Stoff riss unter der Belastung. Die junge Frau kam ins Straucheln und konnte sich nur mit Mühe an einem der Regale festhalten. „Wenn ihr das Spiel so spielen wollt, bitte!“, rief der Latino und hetzte die Treppe nach oben, zwei Stufen auf einmal nehmend. Doch noch bevor er oben angelangt war, hörte er eine dumpfe Explosion über sich um Treppenhaus. Er bekam nicht mit, wie Gianna hinter ihm die Stufen hochstolperte. Sie konnte ein Schluchzen kaum noch unterdrücken. Heiser lösten sich kurze Schreie aus ihrer Kehle. Etwas polterte die Treppe von oben herab. Ruis sah nach oben und entdeckte einen kleinen Behälter, der auf einer der Stufen liegen blieb. Ohne Vorwarnung platzte er auf. Dicke Rauchschwaden ergossen sich binnen Sekunden in das
„Kann uns einer von Ihnen aufmachen? So kommen wir nicht durch!“ „Hey!“, forderte der Latino Frank auf. „An die Tür!“ Der Privatdetektiv erhob sich aus der Hocke und schob sich an dem Farbigen vorbei zur Tür. Er warf der Sanitäterin einen kurzen Blick zu, doch nichts an ihr ließ ihn erkennen, ob sie ihm etwas mitteilen sollte. Sie sah ihn gleichmütig an und wartete, bis er die Flügeltür nach innen gezogen hatte. Frank wartete, bis auch sie die Tür passiert hatte und ließ diese dann wieder in ihre Ausgangsstellung zurückfallen. Hinter ihm konnte er sehen, wie der pockennarbige Schwarze den beiden nachsah. * „Objekt gesichert“ flüsterte die Frau mit heiserer Stimme in das Mikrofon, das sie unter ihrer Bluse trug. Sie hatte das Zuschnappen der Tür abgewartet. In einem schnellen Schritt trug sie die Bahre zusammen mit ihrem Kollegen zu einem bereitstehenden Rettungswagen. „Lagebericht?“ kam die knappe Anweisung aus einem Lautsprecher in ihrem Ohr. „Drei Geiselnehmer. Zwei Männer, eine Frau. Und dann noch eine der Geiseln“, kam ihre Schilderung. „Fallenlassen auf mein Zeichen. Haben ein Objekt durch Scheibe gesichtet.“ Sie sah nach vorne. Der Sanitäter, der der das vordere Ende der Bahre trug, drehte sich kurz zu ihr um und nickte. Er hatte die Anweisungen mitbekommen. „Runter!“ kam keine drei Sekunden später der Befehl. Die beiden Rettungskräfte gingen in die Knie und stellten die Bahre auf ihren dünnen Füßen so vorsichtig wie möglich ab. Noch im Fallen hörten sie das Splittern von Glas in ihrem Rücken. *
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sah, wie der Körper ihres Freundes von drei Schüssen gleichzeitig förmlich nach hinten geschleudert wurde. Sie hatte die vorletzte Stufe erreicht und stolperte auf den tödlich verwundeten Körper zu. Tränen liefen ihr in Strömen über das Gesicht und zogen die Schminke in dunklen Schlieren mit sich. Der Körper des Latino ruhte halb an der Wand, fast so, als sei er an der Stelle eingeschlafen. Langsam legten sich die Rauchschwaden ein wenig. Die junge Italienerin konnte mehrere vermummte Gestalten erkennen, die auf der Treppe in den zweiten Stock standen. Sie hielt den Kopf ihres Freundes gegen ihre Brust gestützt und wollte die gebrochenen Augen nicht wahrhaben, die sie leblos anblickten. Ohne zu wissen, was sie tat, fuhr ihre Hand an seinem rechten Arm herab, bis sie das kalte Metall des Revolvers spürte, den der Latino noch immer umklammert hielt. Mit zitternden Fingern löste sie seinen Griff und schloss ihre Hand um die Waffe. Langsam hob sie sie an und zielte auf die dunkel gekleideten SWAT-Einheiten. „Bitte lassen Sie den Revolver fallen, Lady!“ kam umgehend der Befehl hinter einer der Atemmasken hervor. „Sonst sind wir gezwungen, von der Schusswaffe Gebrauch zu machen.“ Die SWAT-Mitglieder waren von der Entwicklung völlig überrascht. Sie hatten den Treppengang sichern wollen und sich auf den Körper des Latinos konzentriert. Keiner von ihnen hatte die Frau als ernsthafte Gefahr eingestuft. „Oh, nein!“, rief Gianna aus. „Ihr lasst mich ja doch nicht lebend hie raus! Ihr habt uns ja keine Chance gegeben! Ihr habt uns niemals eine Chance gegeben …“ Ein Weinkrampf durchschüttelte ihren Körper. Dennoch hielt sie die Waffe stur nach oben gerichtet. Ihr Finger lag verkrampft um den Abzugshahn. Auf der Treppe war das Knarren von Stufen zu hören. Hinter dem Schleier aus Tränen konnte die junge Frau den Umriss eines Menschen erkennen, der langsam höher kam.
Treppenhaus und machten eine klare Sicht fast unmöglich. Gleichzeitig war das harte Auftreten von Stiefeln zu hören, die sich über die Treppe nach unten vorkämpften. Der Latino lachte verzweifelt auf und riss den Revolver hoch. Er konnte in dem Nebel kaum noch etwas sehen und hustete bei jedem Atemzug. Als er glaubte, einen Schemen erkannt zu haben, drückte er ab. Sofort wechselte er die Position, um kein einfaches Ziel zu bieten. Mit schweißnassen Fingern kramte er in seiner Hosentasche nach dem Schlüssel für den Lagerraum. Wenn er erst bei den Geiseln war, würden sie aufgeben müssen, brannte sich der Gedanke in ihm fest. Ein weiterer Schatten zeichnete sich über ihm ab. Ruis feuerte, ohne genau zu zielen. Dünne rote Lichtpunkte durchschnitten mit einem Mal die Nebelschwaden. Verwirrt folgte der Latino ihrer Bahn. Fast belustigt stellte er fest, wie einer plötzlich seinen Körper von unten nach oben entlang wanderte. „Lassen Sie die Waffe fallen!“, kam der dumpf klingende Befehl aus dem Nichts. Ruis knurrte wütend auf und riss seinen Revolver hoch. Doch noch bevor er ihn in Anschlag bringen konnte, bellte ein Schuss auf. Der Schmerz breitete sich mit unglaublicher Geschwindigkeit in seinem Körper aus. Er taumelte nach hinten und fasste sich mit der linken Hand ungläubig an die Seite. Seine Beine gaben nach. Er kippte gegen die Hauswand und hielt sich nur mit Mühe aufrecht. Es schien ihm, als würde er die Waffe wie in Zeitlupe anheben. Mehr und mehr wurden seine Gliedmaßen taub. Wie in einem Film sah er seinen Arm, der in einem überdimensionierten Metalllauf endete. Sein Finger krümmte sich durch, und dann zerplatzten seine Gedanken in einer unendlichen Dunkelheit. * Giannas Stimme überschlug sich, als sie
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wartete bereits das Bezirksgefängnis auf sie. „Frank, Frank!“, hörte er plötzlich eine vertraute Stimme. Er hatte kaum Zeit, sich umzudrehen, als sich ihm auch schon eine Frau mit langen blonden Haaren entgegen warf. „Ich bin so froh, dass es dir gut geht“, lösten sich die Worte von Mandys Lippen, während sie ihren Boss fest an sich drückte. Die Anspannung legte sich etwas in ihm, als er ihre vertraute Nähe spürte. In diesem Augenblick schob sich ein kräftig gebauter Mann mit einem leichten Schnaufen durch die Menschenmenge. Phil Stuart lächelte den Privatdetektiv erleichtert an. Doch er erhielt nur ein finsteres Gesicht als Antwort. „Was ist denn?“, fragte der Captain etwas verwirrt. „Wer hat den Einsatz des SWAT-Teams befohlen, verdammt?“, herrschte Frank ihn an. „Das war völlig unnötig. Wir hätten nur noch ein paar Stunden mehr gebraucht!“ Phil hob abwehrend die Hände. „Schieb’ das bitte nicht mir in die Schuhe. Ich werde deswegen noch ein paar ernste Worte mit einigen Abteilungen wechseln. Das war nicht meine Idee, hey!“ Mr. Bronx schloss müde die Augen. „Ist schon gut. Wir telefonieren morgen mal miteinander, ja? Vielleicht können wir angeln gehen.“ „Klingt gut. Ich melde mich bei dir.“ Er winkte Phil zum Abschied zu und war Mandy dankbar, dass sie ihn aus der Menschenmenge herausführte.
„Lassen Sie uns aufhören“, bat sie Mr. Bronx eindringlich mit ruhiger Stimme. „Es sind schon zu viele Menschen heute gestorben. Ich möchte nicht, dass Ihnen auch noch etwas geschieht.“ Sie sah zu dem Privatdetektiv hinüber. Lange Augenblicke starrte sie ihn mit rotgeränderten Augen an, ohne ihre verkrampfte Haltung zu lösen. Dann endlich ließ sie den Arm mit der Waffe sinken. Mit einem Poltern kippte der Revolver auf den Boden. Mr. Bronx überwand die wenigen Stufen und sicherte die Waffe. Aufatmend überreichte er sie einem der Polizisten. * Frank drückte die Hand der jungen Frau zum Abschied. Sie war auf einer Bahre festgebunden worden und wurde in das Innere des Krankenwagens geschoben. Ein Sanitäter griff von innen nach den beiden Türgriffen und zog die Flügel ins Schloss. Der Privatdetektiv zuckte merklich zusammen, als die Sirenen aufheulten und das Fahrzeug in Bewegung setzte. Er hatte sich in all den Jahren nie an das durchdringende Geräusch eines Rettungswagens gewöhnen können. Lange noch sah er dem Wagen nach, der längst vom fließenden Verkehr der 165. Straße aufgesogen worden war. Sie hieß Gianna. So viel hatte er noch in Erfahrung bringen können. Mehr hatte die junge Frau nicht sagen wollen. Die nächsten Tage würde sie mit einem Verdacht auf einen schweren Schock unter ärztlicher Beobachtung bleiben. Danach
Immer wieder führt uns der Weg des Lebens in eine Sackgasse, aus der wir kein Weiterkommen sehen. Manchmal führt das zu drastischen Entscheidungen mit unvorhersehbaren Folgen. Manchmal können wir die dadurch entstehenden Fehler ausbügeln – manchmal auch nicht mehr. Eugene Takhassan überlebte die Schusswunde tatsächlich schwer verletzt. Er ist seitdem von der Hüfte abwärts gelähmt und verbringt eine mehrjährige Haftstrafe wegen Beihilfe zum Banküberfall. Von Gianna Mecchio habe ich leider nichts mehr gehört. Als der Prozesstermin anstand,
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habe ich den Fall völlig aus den Augen verloren. Vielleicht wollte ich diesen Nachmittag aber auch nur für immer aus meinen Erinnerungen verbannen …
ENDE
Im November erscheint Mr. Bronx Nummer 9: „Schatten über New York“ von Martin Clauß
Mr. Bronx erscheint bei vph Verlag & Vertrieb Peter Hopf, Goethestr. 7, D-32469 Petershagen. © Copyright aller Beiträge 2003 bei Alfred Wallon und vph. Nachdruck, auch auszugsweise, nur nach schriftlicher Genehmigung durch den Verlag gestattet. Cover: Thomas Knip Die in diesem Roman geschilderten Ereignisse sind rein fiktiv. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Begebenheiten, mit lebenden oder verstorbenen Personen wäre rein zufällig und unbeabsichtigt.
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