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Scanned by ichnein 2 Dieses E-Books ist nicht zum Verkauf bestimmt !
Wer schrieb dieses Buch? Rolf Ulrich, einer der erfolgreichsten Jugendbuchautoren, wurde in Berlin geboren und lebt jetzt in Bernau am Chiemsee, Der Franz Schneider Verlag hat im Inland mehr als 2 Millionen seiner Bücher verkauft. In vielen europäischen und außereuropäischen Ländern erschienen außerdem Lizenzausgaben. Erfolgreiche Fernsehserien in Verbindung mit Ulrici-Büchern waren „Konny und seine drei Freunde" und die „George"-Reihe. Sprechplatten erschienen zu der „Monitor“-Reihe, „Käpt’n Konny“ und „George“. Schon der erste Bundeskanzler Konrad Adenauer bedankte sich bei dem Jugendbuchpreisträger für die große Freude, die UIrici-Bücher seinen Enkeln bereiteten. Seine Fans gründeten einen „Käpt’n-Konny-Klub“.
Aus zahlreichen Pressestimmen: Stadtwaage, Bremen: „Seine bisher höchste Auszeichnung erhielt Rolf Ulrici anläßlich der Hundertjahrfeier des Roten Kreuzes und der Welterziehungskonferenz, Lausanne, namens 130 Delegierter aus 41 Ländern.“ Hamburger Abendblatt: „Die westindische Insel Aguilla ernannte Ulrici zum Ehrenpiraten...“ Neue Württembergische Zeitung: „Sein neuestes Buch wird sicher wieder viele Freunde finden, nicht nur weil die Handlung sehr spannend ist, sondern weil es den Lesern eine Fülle von Sachinformationen gibt.“
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Inhalt Ein geisterhafter Ruhetag Eine Drohung lastet auf der Tiefseebasis Weiße Mäuse? Der neue „Monitor“ Superhirn mahnt: „Augen auf!“ Seltsame Männer In der Gedankenzentrale Aufregung um eine Bananenschale Zwei Michas und viele Affen Alarm in der Tiefseestadt Begegnung im Weltall Geheimnistabelle
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Geheimtip Für den Flug mit einem Raumschiff braucht man viel Vorbereitung und Wissen. Um den Weg dorthin zu erleichtern, haben wir eine Geheimnistabelle zusammengestellt. Laß dich – trotz aller Spannung – nicht verführen, über die in GROSSBUCHSTABEN gedruckten Wörter hinwegzulesen: Am Schluß des Buches findest du die rätselhaften oder dir vielleicht unbekannten Fachausdrücke erklärt!
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Ein geisterhafter Ruhetag swimmingpool im ozean + superhirn fällt etwas auf + todessprung ins wasser + neue geheimnisse + das gesicht in der wand + funkenbeschuß + hilfe wir stecken fest + warmes eis + gérard und micha fürchten piraten + „Wie hab ich mich danach gesehnt, mal wieder
richtig zu schwimmen!“ rief der vierzehnjährige Henri, wobei er im Wasser prustete. „Ich auch“, antwortete der gleichaltrige Gérard lachend, dessen Kopf fast einem Wasserball ähnelte. Ihr Freund Prosper, ebenfalls vierzehn, sonst recht ungeduldig und zapplig, paddelte mit vor Behagen geschlossenen Augen auf dem Rücken. Der neun Jahre alte Micha, der kleine Bruder von Henri, spielte abwechselnd Eichhörnchen und Fisch: 7
So hurtig und mutig, wie’s ihm keiner zugetraut hätte, erklomm er immer wieder das Einmetersprungbrett und hechtete ins Becken. Dabei kreischte er wie ein Kakadu. Tatjana – genannt Tati – Henris und Michas dreizehnjährige Schwester, übte sich in Kunstsprüngen vom Dreimeterbrett. Als leidenschaftliche BallettTänzerin war sie sich auch im Wasser besondere Übungen schuldig. Nur Michas Zwergpudel Loulou wollte nicht ins Schwimmbecken. Er liebte Wasser nur in winzigen Mengen, am besten in einer Schüssel, wo nur seine Zunge feucht werden konnte. Zu der Gruppe der Geschwister und Freunde gehörte noch jemand: Marcel, fünfzehn, der spindeldürre „Eierkopf“ mit den großen, dicken, runden Brillengläsern. Weil er soviel wußte und so unheimlich schnell und sicher urteilen konnte, nannten ihn die anderen Superhirn. Superhirn ruhte knochentrocken in einer Liege am Rande des Schwimmbeckens. „He!“ rief Gérard, keuchend, mit seinen munteren Knopfaugen auf den Spindeldürren blickend. „Du bist genauso wasserscheu, wie der Pudel, was?“ Prospers Gelächter schallte durch die Halle: „Stimmt! Und ein Automat darf nicht naß werden!“ „Ja, trocken funktioniert er!“ rief Tati, während sie ihre Glieder auf dem Dreimetersprungbrett lockerte. „Gleich mal probieren: Hallo ... Superhirn! Wieviel wiegt unsere Erde?“ 8
Der spindeldürre Junge war auf diese Frage nicht gefaßt. Etwas anderes, im Augenblick viel Interessanteres, schien ihm Gedanken zu machen. Trotzdem erwiderte er wie aus der Pistole geschossen: „Die Erdkugel hat eine Masse von 5977 Millionen Tonnen. Und ihr Rauminhalt beträgt 1 083 319,7 Millionen CBKM. Aber das ist eine Kinderfrage und eine Lehrerantwort. Um euch diese Zahlen zu nennen, braucht mein sogenannter Automatenkopf nicht trocken zu bleiben. Was ich die ganze Zeit beobachte, hängt mit eurem Schwimmen und Springen zusammen!“ Micha kletterte eben wieder wie ein Eichhörnchen die Leiter hinauf. Verdutzt blieb er auf der letzten Sprosse stehen. Auch Tati beendete ihre Lockerungsübungen auf dem Dreimeterbrett und sprang. Henri, Prosper und Gérard kamen neugierig aus dem Becken. „Was meinst du denn?“ fragte Henri gespannt. „Ja ...“, murmelte Gérard. „Was ...?“ Prosper rieb sich angestrengt die Stirn. Er, wie jeder der Freunde- und Geschwistergruppe, wußte: Wenn Superhirn etwas beobachtet hatte, handelte es sich meistens um eine ganz tolle, oft sogar gespenstische Sache ...! Superhirn nahm seine Brille ab, zwinkerte listig, und setzte sie wieder auf. „Ihr wißt“, begann er umständlich, „daß wir durch abenteuerliche Umstände unseren Ferienort an der Atlantikküste verlassen mußten ...“ 9
„Ja, im geheimen Allzweck-Raumschiff ,Monitor‘,
das unserem lieben alten Freund und Gönner, dem größten Weltgelehrten, Professor Charivari, gehört“, erwiderte Tati schnippisch – wie jemand, der längst Bekanntes wiederholen muß. „Wir sind auf dem Meeresboden, an der tiefsten Stelle des Atlantischen Ozeans, und zwar in der riesigen Geheimbasis ,Charivaria‘. Der Professor und seine Wissenschaftler beuten die Meeresbodenschätze aus. Sie fördern Gold, Mangan, Kobalt, Öl... Außerdem entwickeln sie hier unten Abwehrmittel gegen Umweltverschmutzung, Krankheiten, Kriege, Wettergefahren, Hunger ...“ (Sie nannte alles so, wie es ihr gerade in den Sinn kam.) „Sie wollen im Weltraum und auf dem Meeresgrunde, in Erdwüsten und Urwäldern Lebensverhältnisse für die anwachsende Weltbevölkerung schaffen. Aber diese Vorbereitungen können nur im Geheimen entstehen ...“ „... weil sie sonst von staatlichen Machthabern für Kriegszwecke ausgenützt werden könnten. Bravo!“ schloß Henri. „Gut gezwitschert, Schwesterchen! Aber jetzt sind wir Gäste in der SchlaraffenlandMeeresbodensiedlung. Wir sollen uns ausruhen.“ „Aber du wolltest doch etwas sagen?“ erinnerte sich Gérard. Er blickte Superhirn scharf an. Der dünne Junge legte den Kopf in den Nacken, spitzte den Mund und äugte durch seine dicke Brille zum Plastikdach der Schwimmhalle empor. „Fliegen da gebratene Tauben rum?“ erkundigte sich Prosper ungeduldig. 10
„Willst du Löcher in die Decke starren, damit
Meerwasser auf uns runterprasselt? Vielleicht gar mit ein paar gräßlichen Tiefseefischen?“ fragte Gérard. „Wie hoch ist die Halle?“ kam Superhirns knappe Gegenfrage. Jetzt lehnten alle die Köpfe zurück. Eine Weile herrschte Schweigen. „Seltsam, daß mir das noch nicht aufgefallen ist!“ erklärte Henri staunend. „Sie mag etwa zwanzig ... ach, was sage ich: fünfzig Meter hoch sein, wenn nicht mehr ... Das ist merkwürdig! Wir sind doch in einem Schwimmbad, nicht in einem Stadion!“ „Aber in einem Schwimmbad mit etwa zwanzig, dreißig und fünfzig Meter hohen Sprungbrettern!“ erwiderte Superhirn. „Das habt ihr nicht bemerkt, weil ihr alles nur aus der Froschperspektive saht. Außerdem reicht das Kunstlicht oben nicht aus, um Einzelheiten genau zu erkennen. Aber da: Sessellifte führen zu den höheren Sprungbrettern. Ich denke, wenn man sich in einen der Sitze klemmt, geht oben die entsprechende Beleuchtung von selber an. Ich will das mal versuchen!“ „Und vom Fünfzigmeterturm springen?“ fragte Tati entsetzt. Superhirn lächelte. „Warum nicht?“ fragte er. „Hier, Gérard, nimm solange meine Brille!“ Tati kam eilig vom Dreierbrett. Micha stieg vom Einmeterbrett. Mit Tati rannte er zu den heftig widersprechenden Henri, Prosper und Gérard. „Mensch, wag so etwas nicht!“ beschwor Henri 11
seinen Freund Superhirn. „Du bist kein Kunstspringer, noch weniger ein Todesartist, der sich im Heringsfaß den Niagarafall runterkullern läßt!“ „Fünfzig Meter!“ Prosper patschte sich an die Stirn „Denk doch mal! An allen Hochbrücken gibt es besondere Schutzgitter, damit sich niemand hinunterstürzen kann.“ „Bei einem Sturz von solcher Höhe ist die Wasseroberfläche hart wie Beton!“ rief Gérard. „Als Superhirn solltest gerade du das wissen ...!“ betonte Tati. Micha beschränkte sich darauf: "Tu’s nicht! Tu’s nicht!“ zu schreien. „Ich necke dich auch nie wieder!“ Gérard jammerte es fast. Der spindeldürre Junge ließ sich nicht umstimmen. „Ich hatte euch mit Absicht an unseren Ferienort erinnert“, erklärte er lächelnd. „In Professor Charivaris Unterseestadt hat alles seine Bedeutung. Auch diese Schwimmhalle. Sie ist nicht nur dazu da, daß Micha vom Einmeterbrett hopst, oder daß Prosper wie ein Krokodil mit halbgeschlossenen Augen grinsend im Wasser döst, oder daß Tati als Ballett- und Wasserratte trainiert.“ „Was ... was willst du damit sagen?“ fragte Henri. „Wir stehen wieder mal einem Geheimnis gegenüber“, meinte Superhirn. „Dem möchte ich auf den Grund gehen. Aber ob ich’s euch erklären kann, weiß ich natürlich nicht.“ Micha schluckte. „Habe genug von Geheimnissen!“ stammelte er. „Ich will raus aus diesem ... diesem Geisterbad!“ 12
„Die einzigen Geister sind wir“, erwiderte der
Spindeldürre spöttisch. Er ging zum Lift des höchsten Sprungturms und setzte sich in den Sessel. Sofort erstrahlte hoch oben Licht wie in einer Zirkuskuppel, nur daß es aus den Wänden drang und nicht aus Scheinwerfern. Kaum lastete das Gewicht des Körpers auf dem Sessel, als er sich in Bewegung setzte. Im Senkrechtstart, wie von einer Sehne geschnellt, sauste Superhirn in die Höhe. Gleich darauf stand er auf dem obersten Sprungbrett. „Haaalt...!“ schrie Tati. „Wenn das Wasser nicht tief genug ist, zerschmetterst du dir den Kopf am Bassinboden!“ Superhirn kam in wohlabgemessenem Schrägsprung, die Arme weit ausgebreitet, den Kopf voran, herabgesegelt. Kurz bevor er die Wasserfläche berührte, hatte er noch die Geistesgegenwart, die Handflächen zusammenzulegen und das Kinn ans Schlüsselbein zu pressen. Mit Entsetzen sahen die anderen, wie seine Körperumrisse in der Tiefe verschwanden. Der Zwergpudel winselte leise ... Da! Die Konturen näherten sich wieder der Oberfläche. Plötzlich – und fröhlich prustend – tauchte Superhirns Kopf über dem Wasserspiegel auf.
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Wuff! machte der Hund. Henri, Prosper, Gérard und Micha glotzten, als hätten sie nicht erwartet, den tollkühnen Schwimmer jemals wiederzusehen – noch dazu vergnügt und offensichtlich ohne jede Platzwunde oder auch nur die geringste Benommenheit. Mit flotten Schwimmstößen näherte er sich der Leiter. „Dachte ich mir’s doch!“ rief er. Er griff nach seiner Brille, die Gérard ihm reichte. Dann warf er sich in eine Liege. Die anderen zogen sich Hocker heran. „Was denn ... was dachtest du ... nun sprich doch schon ... was hat das alles zu bedeuten ...“, scholl es durcheinander. Superhirn setzte die Brille auf und rückte sie umständlich zurecht. Endlich begann er: „Das Geheimnis ist geklärt, Freunde!“ „Ja, aber welches?“ drängte Micha. „ÜBER-FLÜSSIGES WASSER“, sagte Superhirn bedeutsam. „Überflüssiges ...?“ fragte Prosper verständnislos. „Du meinst, mehr als flüssig? Also ganz dünnes Wasser?“ „Vielleicht sogar elastisch?“ rief Tati. „Dehnbar, wie? Ha! Ich kenne alle möglichen Kleidungsstücke, die elastisch sind, zum Beispiel unser Badezeug! Aber Wasser? Verstehe ich nicht!“ „Ach so – ich weiß!“ meinte Prosper. „Enthärtetes oder weiches Wasser! Da ist ein Mittel drin, wie’s meine Mutter in die Waschmaschine tut!“ 14
Superhirn lachte laut auf: „Mit Waschhilfen gibt sich ein Mann wie Professor Charivari nicht ab, so wichtig sie für die Hausfrau auch sind. Hier geht’s bestimmt um Versuche, inwieweit man Wasser verändern kann, und zwar nicht durch bloße Zutaten, sondern durch Verschiebungen in den kleinsten Teilen, den Molekülen.“ „Verstehe ich zwar nicht“, murmelte Gérard. „Aber ich weiß, daß Wasser im normalen Leben ... und, na ja: für besondere Dinge eine große Rolle spielt. Angefangen von der Trinkwasseraufbereitung bis zum AQUA DESTILLATA ... und nicht zuletzt bis zum SCHWEREN WASSER.“ „Aqua destillata ist chemisch reines Wasser, das braucht man in Labors“, erinnerte Tati. „Und Schweres Wasser hat man aus normalem Wasser für Atomreaktoren gewonnen, das weiß ich aus der Physikstunde“, fügte Henri hinzu. „Aber was soll Über-flüssiges Wasser? Bei starkem Aufprall aus großer Höhe besser nachgeben?“ „Daß es das tatsächlich tut, habe ich ausprobiert“, stimmte Superhirn zu. „Dabei ist merkwürdig, daß Tragfähigkeit oder Auftrieb fast normal geblieben sind. Ich denke, Professor Charivari will eine bessere Wasserung für Raumschiffe erreichen, die senkrecht von oben her die Meeresoberfläche durchstoßen und schnellstens zur Unterseestation gelangen müssen.“ „Und das Schwimmbad – hier – soll die Landungsstelle sein?“ fragte Micha verwirrt. „Nein!“ sagte Henri. „Hier wird wahrscheinlich 15
nur eine geringe Versuchsmenge des veränderten Wassers aufbewahrt. Schwimmanstalt mit Sprungbrettern, Sprungtürmen ... Hm ... Dabei kann man ganz nebenbei erproben, wie der Aufprall auf Testpersonen wirkt!“ Er wurde durch Micha unterbrochen. Micha schrie nicht. Er gab nicht einmal einen Laut von sich. Doch sein Gesicht drückte Grauen aus. „Was ist denn?“ rief Tati erschrocken. Alle blickten jetzt auf den Jüngsten. Der aber hatte seine Hand zur gegenüberliegenden Wand ausgestreckt, als wolle er sagen: Da! Da, seht! Superhirn, Henri, Prosper und das Mädchen fuhren hoch. Nur Micha schien keine Kraft in den Knien zu haben. Auch Gérard blieb offenen Mundes auf seinem Hocker sitzen. Das Bild, das sich ihnen bot, war unvorstellbar: In der eben noch glatten, indirekt erleuchteten Wand war plötzlich ein gewölbtes Riesenfenster aus dickem Lupenglas (so schien es wenigstens). Dahinter aber erkannten die Kinder ein wütendes Gesicht mit seltsam vorgewölbtem Maul und furchtbaren Eckzähnen. Tati schrie gellend ... „Hinlegen! Alle hinlegen!“ rief Superhirn. „Deckung! Werft euch hinter die Hocker!“ Tati schrie noch immer so, daß die anderen ihn nicht verstanden. Das Mädchen hatte nur einen Gedanken: Weglaufen! Raus aus der Schwimmhalle! In den Schutz des Professors! 16
In der Verwirrung, und um das Gesicht im Fenster nicht sehen zu müssen, drehte sie sich um sich selbst – und fiel ins Wasser. „Hinlegen! Deckung! Hinter die Hocker!“ befahl Superhirn wieder. Ehe den anderen klar war, daß Superhirn bestimmte Folgen mit dem Sichtbarwerden des Fensters und des Gesichts dahinter verband, begann der Schrecken schon. „Au!“ brüllte Prosper. Er vollführte einen Luftsprung. „Es hat mich was ... au, au ...“ „ ... getroffen!“ heulte Micha auf. „Aua!“ schrie nun auch Gérard. Aus der Wand sprühten weiße, rote, grüne, blaue und gelbe Funken, gezielte Garben, die sich gegen jeden einzelnen richteten. Sie piekten nur immer für den Bruchteil einer Sekunde, aber der Schmerz machte einen blind. Mit einem Schrei sprang Henri ins Wasser – wo Tati schon wie verrückt herumpaddelte. Prosper und Gérard flüchteten ebenfalls ins Becken. Superhirn versuchte, die automatische Tür zu erreichen, neben der die roterleuchtete Ruftaste für den Professor war. Er wollte „Chef-Alarm“ geben. Wann und wo in der riesigen Unterseestation eine „Chef-Taste“ gedrückt wurde, kam Charivari dank eines ausgeklügelten Blitzfahrstuhls durch ein Röhrensystem in Sekundenschnelle zum Gefahrenort. In einem Funkenhagel, den das Ungeheuer hinter dem Wandfenster auf ihn richtete, lief Superhirn am Becken entlang. Ein Hilferuf ließ ihn herumfahren. 2 4963-9
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Das Ungeheuer richtete einen Funkenstrahl auf die Kinder „Das Wasser wird heiß!“ schrie Tati. „Kommt heraus!“ rief Superhirn zurück. Wieder ahnte er Schlimmes. „Schnell heraus!“ Tati, Henri, Prosper, Gérard und auch Micha schwammen statt dessen zur Mitte. „Herauskommen, habe ich gesagt!“ brüllte Superhirn. „Am Rand ist es am heißesten!“ jammerte Micha.
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„Am Rand verbrüht man sich bald!“ „Quatsch! Was auch ist – ihr schafft es noch!“ rief
Superhirn. Nun sprang auch er ins Wasser. Er meinte, er könnte die Bande zur Vernunft bringen. Superhirn trug seinen Spitznamen wirklich nicht zu unrecht! Wieder begriff er sofort, was hier mit großer Schnelligkeit geschah. „Köpfe über Wasser halten!“ befahl er, „Köpfe über Wasser halten!“ Im Nu konnten sich alle sechs im Wasser nicht mehr bewegen! Soweit es überhaupt möglich war, trafen sich ihre hilflosen Blicke: Eingefroren ragten ihre Hälse aus festem Eis. Aber nun war es ganz klar: Um normales Wasser, um gewöhnliches Eis handelte es sich nicht, sonst wären sie zerquetscht worden! In der Arktis gingen ja sogar stabile, große Schiffe bei Eineisung kaputt! „Was machen die denn mit uns?“ rief Prosper. „Erst zeigt sich das Ungeheuer auf dem Vergrößerungsbildschirm, dann hagelt es ,Glühbonbons‘ ...“ „Und im Becken wird aus heißem Wasser plötzlich so was wie Eis!“ zeterte Micha. „In der Hallen-Schaltkabine muß es eine Panne gegeben haben“, murmelte Superhirn. „Meine Vermutung stimmt: Das Schwimmbad dient auch als Wasser-Labor!“ „Aber das kann uns der Professor nicht zumuten!“ rief Tati. „Dachte er nicht wenigstens an Micha? Wenn wir nicht bald wieder aufgetaut werden ...“ „Ich sage ja, es ist eine Panne!“ erklärte Superhirn. 19
„Professor Charivari würde sich nie solche Scherze
erlauben.“ Er drehte den Hals und blickte zur rotleuchtenden Alarmtaste, die nun für alle uner-reichbar war. „Ich will nicht als Eiszapfen geborgen werden“, ächzte Gérard unter vergeblichen Versuchen, sich aus der Klemme zu befreien. „Kinder, ich hab einen schrecklichen Verdacht!“ „Welchen?“ fragten Tati und Micha. „Daß wieder Meuterer am Werk sind! Sie haben den Professor eingesperrt, uns hier festgeleimt und fliegen mit den Raumschiffen ,Monitor‘, ,Meteor‘ und ,Rotor‘ davon!“ „Meuterer!“ stammelte Micha. „Piraten ... Luftpiraten ... Raumpiraten ... Ja! Der Kerl mit dem fürchterlichen Gesicht, der auf dem Bildschirm war ...! Das war der Anführer!“ „Unsinn, die Weltraumpiraten hat Charivari doch schon vor Ewigkeiten auf den Mond geschickt“, meinte Henri. „Und er war bestimmt nicht so dumm, ihnen eins der Schiffe zu lassen ...“
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Eine Drohung lastet auf der Tiefseebasis der pudel muß helfen + wir sind gerettet + leuchtkarte tiefseebasis charivaria + der professor kommt gesaust + rätsel um die gruselhalle + doch der chef verrät nichts + „Ich hab eine Idee, wie wir hier rauskommen“, sagte
Superhirn. „Der Pudel muß uns helfen!“ „Der Hund?“ Trotz ihrer unglücklichen Lage mußte Henri lachen. „Soll der uns freiknabbern?“ „Dazu ist er wohl ’n bißchen zu klein!“ spottete Gérard. Tati rief begeistert: „Superhirns Idee ist gut! Ich weiß, was der Pudel machen kann... Loulou, Loulou! Komm mal her! Komm zu Frauchen!“ Winselnd stand das winzige Hündchen verstört am Beckenrand. Loulou begriff: Wasser war es nicht mehr, aus dem die Köpfe seiner großen Freunde ragten. Auf Tatis Befehl hopste er vom Beckenrand auf die erstarrte Fläche. Er rannte um Tati herum, stupste ihre Ohren, ihren Kopf und ihr Gesicht mit der Pudelnase. „Laß das!“ befahl Tati. „Bist ein gutes Tier, jaja!“ Doch plötzlich, aufmunternd und rasch, versetzte sie den Hund in Aufregung: „Gassi gehen! Such Leine!“
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Daraufhin schoß Loulou wie der Blitz aus dem Becken heraus auf die automatische Tür zu, neben der sich die Ruftaste befand. „Such Leine!“ rief Tati fortwährend. „Such Leine!“ Nun hing da zwar keine Leine. Doch Loulou war von zu Hause gewohnt, den Lederriemen neben der Tür zu suchen, dort, wo Schalter und Schlüsselhaken waren. Unter Tatis Schnellfeuer-Befehlen sprang er ohne Besinnen an der Wand hoch. „Was macht er?“ rief Micha, der nichts sehen konnte. „Warum bellt er wie verrückt?“ „Such Leine! Such Leine!“ rief Tati immer dringlicher. Aufgeregt hopste Loulou höher und höher. Ja, wo war aber da ein Haken, wo war denn das Lederband? Der Pudel sprang noch einmal hoch gegen die Wand – dann gab er das Unternehmen auf. Ratlos kam er zu Tati getrabt. „Such die Leine!“ sagte Tati zu dem Pudel, der auf der Eisdecke herumrannte
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Doch Superhirn hatte längst einen Triumphschrei ausgestoßen: „Geschafft!“ Jetzt sagte er ruhig: „Gut gemacht, Tati! Ich trete meinen Spitznamen gern an dich ab. Fabelhafte Idee von dir. Wir sind gerettet!“ „Wieso?“ rief Prosper ungeduldig. „Mensch, weil Loulou gegen die Alarmtaste geraten ist!“ rief Henri. „Wer kann die Lichtzeichen an der Wand gegenüber sehen?“ „Ich nicht!“ heulte Gérard. „Alle neune, was ist denn nun schon wieder?“ Was in diesen Sekunden vor sich ging, kann gar nicht so schnell beschrieben werden. Der Hund war gegen die rote Alarmtaste gesprungen. Im Augenblick leuchtete auf der gegenüberliegenden Wand eine riesige, gläserne „Stadtkarte“ der weitverzweigten Tiefseebasis Charivaria auf. Superhirn erkannte Straßen, Gebäude, Bergwerke, Felder für Meeresboden-Landwirtschaft, Unterseehäfen, Schleusen, Kraftwerke, die RaumschiffGaragen und vieles andere, was zu dem gigantischen Unternehmen unter der künstlichen Riesenglocke im Ozean gehörte. Das Ganze war in blaue, grüne, gelbe, graue, violette, orangefarbene und zinnoberrote Bezirke eingeteilt und numeriert. Eine zweite Stadtkarte, daneben, bezeichnete offenbar das Verkehrsnetz mit den „Alarmwegen“. Innerhalb dieses Verkehrsnetzes bewegten sich Leuchtfiguren in Form der verschiedenen Transportmittel, z.B. Hubschrauber, Luftkissenfahrzeuge, 23
Züge – vor allem aber Kabinenkapseln durch die Rohre. Auf einer dritten Karte sah man das nicht wie im Grundriß, sondern in räumlicher Darstellung. Superhirn erfaßte das, wie gesagt, sehr schnell. Er ahnte auch, was der besonders ins Auge fallende, sich am schnellsten über die Karte bewegende Leuchtpunkt bedeutete. Ein Summen schwoll an und wurde ohrenbetäubend. Als es abbrach, gab es hoch oben auf dem Sprungturm ein knackendes Geräusch. Eine sanfte, freundliche Stimme sprach durch Lautverstärker: „Hier bin ich. Was gibt’s, meine Freunde?“ Professor Charivari war „per Rohrpost“ gekommen. Hätten Henri, Tati, Micha und die anderen nicht von früheren Erlebnissen gewußt, daß sie in Professor Dr. Brutto Charivari einen unwandelbar treuen, zutiefst verläßlichen Helfer besaßen, so wären sie bei seinem Anblick erschrocken. Der Mann, der hoch oben seine Rohrkabine verlassen hatte, mit dem Lift heruntergerast kam und nun an den Beckenrand trat, wirkte unheimlich genug: Die Umrisse seines Kopfes erinnerten an eine Salatgurke. Der spitze Schädel war völlig kahl. Die Augenbrauen des Mannes wirkten wie zwei starke Striche, unter denen die sonderbar flimmernden Augen fast verschwanden. Das Auffälligste aber waren der dünnsträhnige, lackschwarze Kinnbart und die bartlosen, eingefallenen Wangen unter den Backenknochen. Professor Charivari trug heute keinen Laborkittel, 24
sondern einen schneeweißen Werkanzug, der an die Bekleidung eines Olympiatrainers erinnerte. Die auffällig vielen dünnen, bunten Streifen waren keine Verzierung, sondern eingewebte Kabel. Das, was wie Reißverschlüsse wirkte, waren Funkempfangs- und Funkbefehlsskalen, die von Impulsen andernorts „angesprochen“ werden – und Impulse überallhin geben konnten. Der Mann im „Trainingsanzug“ war eine wandelnde Befehlszentrale, die das Schicksal der Untersee-Geheimbasis buchstäblich am Leibe trug. Er warf nur einen kurzen Blick auf die im Becken festsitzenden Kinder: Ein rascher Zug am Reißverschluß der linken Brusttasche – und die Geschwister, deren Freunde und der arme Loulou schwammen wieder im Wasser wie in einem gewöhnlichen Schwimmbad. „He, Herr Professor“, schnaufte Superhirn. Er schwang sich über den Rand des Beckens: „Was war denn das für ein Spuk?“ Der an den Beckenrand tretende Professor wirkte unheimlich.
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Henri, Tati, Gérard, Prosper und Micha schnatterten aufgeregt auf Charivari ein. Loulou, den Micha herausgehoben hatte, schüttelte sich heftig. Zum Bellen kam er vor lauter Husten nicht. „In so ein Schwimmbecken schicken Sie uns!“ rief Tati vorwurfsvoll. „Sie sagten, wir sollten ein bißchen planschen und faulenzen, gut essen, Kakao trinken, einen Berg Torte vertilgen, ins Kino gehen – und was nicht noch alles ...“ „Ja, und statt dessen saßen wir in dieser Gruselhalle fest“, fuhr Prosper ärgerlich fort. „Das Schwimmbad ist gar kein Schwimmbad, sondern ein Wassertest-Labor! Über-flüssiges Wasser ... Superhirn hat uns alles schon erklärt!“ „Erklärt nicht“, berichtigte der spindeldürre Junge. „Ich habe nur etwas vermutet, das einzig Sie erklären können! Der letzte Akt des Theaters begann mit einem riesenhaft vergrößerten Gesicht, das in der Wand sichtbar wurde – besser gesagt: aus einer Art Funkkabine heraus. Dieser Teufelsmensch beschoß uns mit bunten Funken! Ziemlich schmerzhaftes Feuerwerk! Und sicher hat der da auch an der Wasserschaltung gedreht und uns das alles eingebrockt!“ „Du meinst, er hat uns in die Suppe gebrockt“, warf Gérard ein. „Wie die Brocken staken wir ja da im Becken!“ Nur Superhirn fiel auf, daß der kahlköpfige Professor plötzlich blaß war. Auch schien er zu überlegen, was er antworten sollte. „Nun“, versuchte er mit seiner sanften Stimme zu 26
beschwichtigen. „Das Gesicht, das ihr auf dem Wandbildschirm gesehen habt, ist euch – äh – wahrscheinlich nur wegen der Vergrößerung so schrecklich vorgekommen. Es – es ist ein Hilfslaborant gewesen. Eine Art Bademeister ...“ „Aber“, protestierte Michael, „Bademeister sehen ganz anders aus. Bei diesem kann man ja vor Schreck ertrinken!“ Wieder schien Charivari verlegen: „Ich nehme an, der – der Mann war wahnsinnig erschrocken, als er euch hier schwimmen sah. Etwas an der Anlage war gestört. Das merkte er an der Kontrollampe und schaute nach, ob die Schwimmhalle leer sei. Und da hat er in seiner Verwirrung alles noch schlimmer gemacht.“ „Aber warum hat er Sie nicht alarmiert?“ fragte Henri rasch. „Der Bademeister dachte wohl, er könnte mit der Sache allein fertig werden“, erwiderte Professor Charivari stirnrunzelnd. „Schließlich ist er ein erfahrener Mitarbeiter!“ Jetzt schwiegen Henri, Tati, Micha, Prosper und Gérard. Und sie sahen nicht mehr den Professor an, sondern Superhirn. Hier stimmte doch etwas nicht! ahnten alle. Superhirn war dem Professor als einziger gewachsen. Superhirn räusperte sich. „Herr Professor“, begann er, „in dieser Station ist doch alles mehrfach abgesichert. Das Wasserversuchsbecken war auf ,Schwimmbad‘ umgeschaltet – und zwar ohne jede 27
Pannengefahr. Sonst hätten Sie uns nie hineingelassen.“ „Stimmt“, gab Charivari lächelnd zu. Er strich sich nervös den Bart. „Aber was willst du damit sagen?“ „Daß etwas gegen Ihren Willen geschehen ist. Alles war doch keine Panne?“ Charivari blickte scheinbar überlegen auf Superhirn herab. Aber seine Augen verrieten Unsicherheit. „Was – was meinst du damit?“ fragte er, sich den Bart streichend. „Sie selber hätten uns nie in solche Gefahr gebracht“, erwiderte Superhirn ruhig. „Was ist das mit dem seltsamen Wasser?“ bohrte Henri weiter. „Ich merke, Superhirn hat sich schon genug Gedanken gemacht“, wich Charivari aus. „Die Hauptsache, ihr seid frei. Und ich muß mich dafür entschuldigen, daß ich nicht längst nach euch geschaut habe. Ich werde es wiedergutmachen, meine Freunde.“ „Warum ist das Eis warm geworden und nicht geschmolzen?“ beharrte Prosper auf einer Antwort. „Es gibt Zweck-Forschung und reine Forschung“, erwiderte der Professor. „Die eine will etwas bewirken, zum Beispiel: die verschiedensten Energiequellen für den Fahrzeug-Antrieb nutzbar machen. Die reine Forschung hat zunächst keinen praktischen Zweck. Sie dient der Erkenntnis. Wozu eine solche 28
Entdeckung nützlich ist, diese Frage stellt sich erst später.“ Die Kinder hatten jetzt keine Lust, sich Vorträge anzuhören. „Ich habe Hunger“, wechselte Gérard das Thema. „Geht in die Ankleideräume“, riet der Professor. „Ich lotse noch zwei Kabinen her, dann sausen wir durch das Rohrnetz zum Raumschiffhafen. Dort werden wir gemeinsam essen.“ Superhirn und Henri standen nebeneinander vor dem Warmlufttrockner im Dusch- und Ankleideraum. „Die Sache gefällt mir nicht“, flüsterte Henri. „Denkst du, mir?“, flüsterte Superhirn zurück. „Mag mit dieser Schwimm- und Wassertesthalle los sein, was will: Sie ist schließlich nur ein winziger Teil von Charivaris geheimer Unterseestadt.“ „Etwas macht dem Professor mehr Sorge, als die sogenannte Panne hier!“ wisperte Superhirn. „Was meinst du damit?“ „Etwas, das die ganze Unterwasserstadt bedroht“, murmelte Superhirn düster. Henri starrte den Freund fassungslos an. „Du – du rechnest mit einer Katastrophe?“ fragte er heiser. „Still!“ mahnte der andere. „Wenn du’s wissen willst: Ja! Mir scheint aber, der Professor ist noch im Zweifel. Mehr darüber sage ich dir später!“ „In Ordnung“, flüsterte Henri. „Na, das kann ja was werden!“
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Weiße Mäuse? der schnatternde befehlsanzug + unheimlicher siegelring + start zum essen + rohrschnellbahn ohne räder + neffe marco wird verdonnert + kirschsuppe und affentheater + weiße mäuse + der professor ist sonderbar + Als die Gefährten aus den Ankleideräumen kamen, lachte Micha hell auf. „Seht mal den Professor! Er klopft an sich herum, als wäre er in einen Mückenschwarm geraten!“ rief er. „Es sieht eher aus als würde er sich entlausen“, fügte Gérard grinsend hinzu. „Richtig“, meinte Superhirn. „Aber ihr habt anscheinend noch Wasser oder warmes Eis in den Ohren. Sonst würdet ihr etwas hören!“ Tatsächlich! Mit etwas Greifbarem hatte es Charivari nicht zu tun. Wohl aber war er in eine „Wolke“ von Stimmen und Summtönen gehüllt. „Nachrichten aus den Kommandostellen der Stadtbezirke“, erklärte der Professor, als er die erstaunten Blicke der sechs bemerkte. „Die melden sich in den eingenähten Miniempfängern meines Befehlsanzuges alle zugleich.“ Man hörte das schreckliche Durcheinander – noch dazu in verschiedenen Sprachen.
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„Rang l ... automatische Schleuse
defekt“, verstand Superhirn. „Rang 2 ... Atomzeituhr hat Abweichung um 0,0000001 – Rang 12 ... Gehirnforschungsabteilung beendet Versuch X 23 ...“ Charivari drehte an einer Brustplakette, die wie ein Sportabzeichen aussah. Sofort war es still. „Die Meldungen werden in dieser Plakette gespeichert und nach Wichtigkeit geordnet. Nach Rangund Wichtigkeitsfolge kommen sie dann noch einmal wieder, und ich entscheide und bestätige ...“, erklärte er. „Rang l ... automatische Schleuse defekt“, meldete die Stimme eines Ingenieurs. „Weite Felder Versuchsanbau von Kohlradieschen gefährdet. . .“ Über „Kohlradieschen“ grinste Gérard, doch Superhirn blieb ernst. „Verbundenergie von Nachbarbezirken abziehen“, befahl Charivari. „Ich sage der Schalt-zentrale ebenfalls „Ihr hört Nachrichten aus den
Kommandostellen der Stadtbezirke“ erklärte der Professor 31
Bescheid. Atomzeituhr-Abweichung! Nachforschen, ob geringes Seebeben registriert!“ Die übrigen Meldungen bestätigte er, während er seinen Finger mit einer Art Siegelring vor den Mund hielt. Bei der „Ansprache“ setzte er jedesmal den Bezirk des Geschehens voran, woraufhin der Siegelring sofort die dem Bezirk entsprechende Farbe zeigte. „Mit so einem Ring möchte ich mal meine ganze Schule durcheinanderbringen“, wünschte sich Micha. „Achtung ... Hitzeferien! Weiße Mäuse im Lehrerzimmer! Turnhalle unter Wasser!“ Jetzt lachte auch der Professor. „Na, so ein Befehls-anzug ist eine anstrengende Sache, mein Sohn. Im Grunde trage ich damit nicht weniger mit mir herum als mein Arbeitszimmer, meine Kommandozentrale und das Zentralnervensystem der Unterseestadt. Wenn ich mein Hauptquartier verlasse, muß ich weiterhin über alles Bescheid wissen, damit ich sofort eingreifen kann – ganz gleich, wo ich mich befinde.“ „Und wenn Chef-Alarm ist?“ fragte Henri. „Wenn irgendwo was ganz Schlimmes eintritt und jemand die rote Taste drückt, wie wir – wie unser Pudel – vorhin?“ „Dann blinken winzige, in den Anzug eingenähte Lämpchen auf, und ich sehe aus, wie ein wandelnder Weihnachtsbaum. Gleichzeitig nimmt der Ring an meiner Hand die Farbe des Alarmbezirks an, das heißt: Nur der Stein am Ring beginnt zu leuchten. 32
Aber Schluß jetzt damit! Ich habe Hunger, und ich glaube, Abwechslung wird euch gut tun. Außer euren Zimmern und dem Schwimmbad habt ihr ja von der Unterseestadt Charivaria noch nicht viel gesehen. Kommt mit zum Raumschiffhafen! Wir nehmen den Weg über den höchsten Sprungturm. Dort starten wir. Mit dem Sessellift fuhren nun alle zu einer Sprungturm-Plattform empor. Hier stand das Kabinengeschoß, das den Professor durch das Rohrleitsystem aus der Wand in die Halle geschoben hatte. Es wirkte wie eine Flugzeugkanzel ohne Tragfläche, Rumpf und Fahrgestell. „Aber da passen wir doch nicht alle rein!“ rief Tati, die den Pudel trug. Charivari deutete auf die nächste höhergelegene Plattform. „Die hat wohl selbst Superhirn nur für eine Verzierung gehalten“, witzelte er. Er drückte auf einen Knopf. Gleich darauf glitten drei Türen der Wand am Plattformende beiseite. Dahinter schimmerten die Kabineneinfahrten. Greifarme hatten zwei weitere Kapseln herausgeschoben. „Da ist eine Leiter“, sagte Charivari. „Steigt da oben ein. Ich setze mich wieder in diese Kabine und löse den Mechanismus aus. Dann fahren die Kapseln in die Schächte ein, und zwar in kurzem Abstand hintereinander.“ Tati, Micha, Gérard und der Pudel hopsten in die erste Kabine, Prosper, Superhirn und Henri in die 3 4963-9
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andere. Kaum hatten sie sich in den Liegesesseln ausgestreckt, als automatische Sicherheitsbügel ihre Körper umspannten. „Fertig!“ meldete sich der Professor über Funk. „Fertig!“ antworteten Gérard und Superhirn in ihren Kapseln. „Wir fahren!“ stellte Prosper fest. Er blickte aus dem Gewölbefenster. „Ich sehe nichts als silbriges Flimmern!“ „Die Leuchtwand des Stollens“, erklärte Superhirn. „Da! Jetzt münden die Einfahrten ins Hauptrohr! Der Professor und die Kabine mit den anderen sind vor uns.“ „Aussteigen!“ kam die Stimme des Professors über Funk. "Was denn?“ rief Prosper. „Schon wieder was kaputt? Kaum abgefahren, stecken wir fest!“ „Irrtum“, erklärte Superhirn grinsend. „Wir sind am Ziel! Alle Achtung! In vier Sekunden durch die halbe Unterseestadt! Die Rohre sind luftfrei, deshalb kann man beliebige Geschwindigkeiten erzielen. Es gibt hier keine Schallmauer mehr. Ein wanderndes Magnetfeld hat uns gezogen!“ Auch Gérard, Tati und Micha machten betroffene Gesichter, als sie auf dem Bahnsteig standen. „Und da sagt man immer, Geschwindigkeit sei keine Hexerei!“ rief Tati. Sie betraten vom Stollen aus einen Raum, den der Professor als Raumschiffhafen-Restaurant bezeichnete. Es war die Kantine auf dem Gelände der Unter34
seegaragen, innerhalb der ungeheuren künstlich geschaffenen Luftblase, in der die Meeresstadt lag. „So, hier sind wir ungestört“, sagte Professor Charivari. „Ich habe den Raum frei machen lassen.“ „Aber da sitzt ein Mann!“ rief Micha. Es schien ein Ingenieur zu sein. Sein Gesicht Das Gesicht des war hübsch, wenn auch ernst. Ingenieurs war Übrigens trug auch er einen ernst ... weißen Anzug, der an eine Trainerkombination erinnerte. Und jetzt geschah etwas, das selbst in Charivaris Versuchsstadt verwundern mußte. Hatte sich der sonst so ruhige Professor schon in der Schwimmhalle nur mühsam beherrschen können, so geriet er beim Anblick des jungen Mannes außer Fassung. Seine Stimme klang alles andere als sanft: „Was suchst du hier, Marco?“ donnerte er. „Habe ich dir nicht gesagt, alle Stationsleiter bleiben auf ihren Plätzen? Raus mit dir! Wenn du deine Verantwortung nicht kennst, versetze ich dich auf die Mondstation! Dort arbeiten alle die, die gegen mich gemeutert haben!“ „Aber, Onkel, ich wollte doch nur ...!“ versuchte sich der junge Mann zu verteidigen. Henri, Superhirn und die anderen tauschten Blicke. 35
„Onkel...“?
Es war ihnen neu, daß Professor Charivari einen Neffen hatte. Die Vorwürfe Charivaris sollten noch rätselhafter werden. „Ich habe Achtung vor dem Menschenleben!“ rief er. „Ein Affe kann kein Mensch sein, auch ein Menschenaffe nicht. Und wenn du tausend Jahre an Affenhirnen manipulieren würdest! Das ist eine Fehlidee amerikanischer Professoren! Sie lassen außer acht, daß zum menschlichen Hirn auch menschlicher Charakter gehört! Den Charakter des Affen kannst du nicht ändern! Du kannst ihm kein verantwortliches Denken beibringen! Hatte ich dir nicht verboten, Mr. Rollins unbeaufsichtigt zu lassen?!“ „Mr. Rollins ist beurlaubt. Er schläft in seinem Zimmer“, erwiderte der junge Mann. „So.“ Die Stimme Charivaris klang ruhiger. „Übrigens, das sind meine Gäste.“ Er stellte Superhirn, Tati, Henri und die anderen vor. „Und das ist mein Vertreter Marco Charivari, Gehirnforscher, Zoologe und Leiter der Gedanken-auswertung.“ „Gedankenauswertung?“ fragte Superhirn neugierig. „Ich zeige euch die Gedankensammlungsstation später“, erklärte der Professor. Er wandte sich wieder an Marco: „Geh zurück ins Hauptquartier! Ich funke jetzt Bezirkssperre für die ganze Stadt. Niemand darf seinen Arbeitsbereich verlassen. Du weißt, wenn jemand in einen anderen Bezirk – zum Beispiel von dem blauen in den violetten – hinüberwechselt, gibt 36
es Alarm! Verkehr zwischen den Bereichen nur noch über Funk! Ich erwarte, daß alle Chefs auf ihren Posten bleiben.“ Wortlos verließ der junge Wissenschaftler die Kantine. Charivari sprach ein paar Befehle in sein siegelringähnliches Instrument. Micha wisperte: „Mir schwirrt der Kopf. Was ist bloß hier los?“ Nicht Superhirn, sondern Henri antwortete: „Ich wußte, da stinkt was im Lande Charivaris“, flüsterte er. „Jetzt habe ich die Antwort darauf!“ „Was?“ würgte Prosper. Er blickte dem Professor nach, der mit den anderen auf einen Tisch zusteuerte. Dann flüsterte er aufgeregt weiter: "Mir reimt sich überhaupt nichts zusammen. Ich begreife die ganze Aufregung nicht – und ich sehe auch keine Beziehung zu dem Rummel in dem Schwimmbad!“ „Aber ich“, murmelte Superhirn. „Mir fällt’s wie Schuppen von den Augen! Wir alle sind in größter Gefahr!“ Da rief der Professor. Er saß schon mit den anderen an einem der sonderbar schimmernden Tische, während Loulou erwartungsvoll zu Michas Füßen hockte. „Habt ihr keinen Hunger, ihr zwei?“ „Nichts anmerken lassen!“ flüsterte Superhirn rasch. „Charivari soll selber damit rausrücken. Komm!“ Als die beiden auf ihren Stühlen saßen, war ihnen nichts von den Gesichtern abzulesen. 37
Auf der Tischplatte war eine Speisekarte in Leuchtschrift. Man brauchte nur auf einen Knopf zu drücken
Vor jedem erschien jetzt eine Leuchtschrift-Speisekarte auf der Tischplatte. Man brauchte nur mit dem Finger auf das Wort „Kirschsuppe“ oder „Schildkrötensuppe“ oder „Kraftbrühe“ zu tippen, schon fiel in der Wand eine Klappe, ein Tablett schob sich dar38
auf, und eine Maschinenstimme schepperte: „Für Platz eins“, „Für Platz zwei“, „Für Platz drei“ usw. Tati, Prosper und Henri spielten Kellner. Dann kamen die anderen Gerichte: Schnitzel, Kotelett, Schinkenmakkaroni, Ochsenzunge, Würstchen sowie eine Anzahl von Beigerichten. Alle Arten von Gebäck, Torten, Obst und Speiseeis bildeten den Abschluß. Natürlich fehlten dabei weder Schokolade noch Bonbons. Die Bonbons waren – wie schon immer – Michas größte Freude. Die Gefährten hatten in Professor Charivaris früherer Raumstation und in seinem Raumschiff „Monitor“ ähnliche Schnell-Automatenrestaurants kennengelernt. So griffen sie tüchtig zu. Einzig Superhirn begnügte sich mit Kraftbrühe, Milchreis und etwas Obst. Er brauchte jetzt den Kopf und nicht den Magen. Ihm war klar: Die geheime Unterseestadt barg nicht nur eine Fülle von hervorragenden wissenschaftlichen und technischen Erkenntnissen. Nein: Zusätzlich gab es das Geheimnis einer schrecklichen Bedrohung von innen. Und Charivaris Neffe mußte etwas damit zu tun haben ... Der Professor tat, als sei nichts weiter geschehen. „Mein Neffe ist sehr tüchtig“, sagte er. „Aber als Zoologe beschäftigt er sich allzuviel mit weißen Mäusen.“ „Mit Mäusen?“ rief Tati. „Sie haben ihn doch nicht wegen ein paar weißer Mäuse angepfiffen?“ „Na, es ging doch um Affen, oder?“ fragte Prosper um sich blickend. 39
Jetzt lachte Charivari. „Nun, ein Affenvergleich liegt nahe. Besonders, wenn man wütend ist. Ich – ich wollte ihm nur klarmachen, daß der Sinn der Tierforschung die menschliche Erkenntnis ist. Affe bleibt Affe. Ja. In meinem Zorn ging ich wahrscheinlich zu weit. Ihr verzeiht mir die Abschweifung.“ Superhirn biß sich auf die Lippen und dachte: Weiße Mäuse! Abschweifung! Der Professor hatte eben mehr verraten, als er ahnte ...
Der neue "Monitor" superraumschiff + professor wird immer unruhiger + weiße kleidung verhindert alarm + die rasende wache + abschreckung durch lärm + wieder ein rätsel + Nach dem Essen ging Professor Charivari mit seinen jungen Freunden zu den Raumschiffgaragen. „Ich habe eine Überraschung für euch“, sagte er augenzwinkernd. „Sind ,Monitor‘, ,Meteor‘ und ,Rotor‘ zusammen hier?“ erkundigte sich Henri. „Nein, ,Meteor‘ und ,Rotor‘ befinden sich in den Mond- und Erdstationen meiner Brüder“, entgegnete der Professor. „Nur der ,Monitor‘ ist hier, mit dem ihr ja gekommen seid!“
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„Aber ich sehe zwei Raumschiffe!“ rief Micha
aufgeregt. „Eins davon ist nur größer!“ „Genaugenommen um ein Drittel größer als das andere“, verriet der Professor lächelnd. „Und das ist die Überraschung: Es ist der neue ,Monitor‘.“ „,Monitor II?“ fragte Prosper. „Das größte Schiff soll niemals anders heißen als nur ,Monitor‘. Dem Namen des anderen wurde ein A vorangesetzt. Unser eigentlicher ,Monitor‘ ist von jetzt an dieser!“ sagte Charivari: „Laßt uns das Raumschiff ansehen!“ Im Kommandoraum blickten sich die jungen Gäste ein paar Minuten später staunend um. Alles war hier noch raffinierter, bequemer und scheinbar einfacher als in den anderen Raumschiffen. Hinten, im riesigen Lastenteil, führte der neue „Monitor“ sogar vier Mini- „Monitore“ mit! Die Gefährten hätten sich am liebsten alles ganz genau angesehen. Doch Charivari sagte: „Dazu habt ihr später noch Zeit genug.“ Er schien wieder nur mit Mühe eine unerklärliche Unruhe zügeln zu können. „Ihr werdet sowieso vom Gästehaus hierher umquartiert. Das ist – das ist mir sicherer.“ Henri warf Superhirn einen Blick zu, doch Superhirn gab den Blick mahnend zurück, als wolle er sagen: „Frag nicht! Wir lösen das Geheimnis!“ Die anderen waren so abgelenkt, daß sie weder Charivaris Unruhe, noch den Blickwechsel zwischen Superhirn und Henri bemerkten. Tati und Micha besichtigten Küche und Bordkasino. 41
„Kommen hier auch Bonbons aus der Wand?“
wollte Micha wissen. „Ja, natürlich“, sagte der Professor etwas gequält. „Doch ich denke, du hast fürs erste genug davon gelutscht.“ Zögernd fuhr er fort: „Ich möchte, daß ihr euch umzieht. Im Bordmagazin sind nicht nur Raumanzüge, Taucherausrüstungen, Schwimmwesten und dergleichen, sondern auch Freipaß-Kleider.“ „Warum das?“ fragte Prosper. „All-Round-Dresses“, erklärte der Professor. „Weiße Trainingsanzüge, wenn ihr so wollt. Weiß wie meiner, nur ohne die Befehlsausrüstung. In Weiß kommt ihr durch alle Zonen der Stadt, durch die blauen, die roten, violetten und alle anderen Bezirke, die ich vorhin voneinander absperren ließ.“ „Verstehe ich nicht!“ rief Micha. „Warum gerade in Weiß? Wird man denn unterwegs kontrolliert?“ „Alle Stationsausgänge kontrollieren sich selbst“, sagte Charivari. „Im Anbaugebiet tragen die Männer grüne Anzüge. Wollen sie ins Kraftwerk, gibt es bei der augenblicklichen Sperre automatisch Alarm, denn das Kraftwerk hat nur Männer in roten Kombinationen. Gehen die Rotgekleideten zum Fischgrund, also zu den Violetten, lösen sie unwillkürlich Signalanlagen aus. Nur die leitenden Ingenieure, Aquanauten und Astronauten sowie die Chefs der Forschungs- und Betriebsabteilungen dürfen in ihrer weißen Kleidung überall hin. Auf den besonders präparierten weißen Stoff spricht keine Alarmanlage an. „Jaaa, aber...“, begann Tati, noch immer ein wenig 42
verständnislos, „Sicherheitsmaßnahmen in einer Geheimstadt – gut. Nur, wieso dürfen wir überall hin? Obwohl wir keine Forscher sind? Und gibt es denn hier im Bordmagazin All-Round-Dresses für unsere Größen, besonders für Micha?“ „Wir müssen für alles Vorsorgen“, beantwortete Charivari Tatis letzte Frage. „Auch, daß wir eines Tages einen Junggelehrten unter uns haben könnten – oder ein sogenanntes Wunderkind. Ihr braucht ja nur an Superhirn zu denken“, fügte er hinzu. „Übrigens benötigt ihr das weiße Zeug für die Stadtbesichtigung. Allein soll keiner von euch durch Charivaria laufen.“ „Charivaria – der Name macht mir immer Spaß“, sagte Prosper. Der Professor meinte lachend: „Die Besatzung der Tiefseebasis hat sich diesen Namen ausgedacht. Ich kann nichts dafür!“ „Schick!“ meinte Tati. „Ich wünschte, es gäbe auch einen Ort namens Tatjania.“ „Oder einen, der nach mir heißt!“ rief Micha. „Na, das könnte wohl nur eine Spielzeugstadt sein“, witzelte Gérard. „Aber wie war’s mit Louloulia – nach dem Pudel?“ „Das klingt aber mehr nach Hotels und Badestrand als nach Hundehütte“, meinte Tati. Sie folgten dem Professor durch den Kabinengang des Raumschiffes. Vor der Schleuse zum Lastenteil blieb Charivari stehen. „So. Hier drin ist das Magazin. Er tippte gegen 43
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In Raumfahrtanzügen kamen die Freunde aus dem neuen "Monitor" einen schwarzen Punkt. Die Tür glitt leise beiseite. „Herr Professor“, meldet sich Henri mit besorgter Stimme. „Wir laufen hier einfach so herum wie auf einem eingemotteten Kahn. Haben Sie keine Angst, daß jemand mit dem neuen ,Monitor‘ davonbraust?“ „Nein. Um dieses Schiff in Betrieb zu setzen, braucht man keinen Steuerungsknopf mehr für die Bord-Kraftzentrale. Eine Lochkarte genügt. Dann spricht man seine Befehle auf eine Kon-taktplatte. So, aber nun sieh mal nach, Tati, was euch paßt. In den Wohnkabinen könnt ihr euch umziehen!“ 44
Im Garagen-Vorbau, der wie eine gigantische Flughafen-Empfangshalle wirkte, trafen die neu eingekleideten Kinder ein paar Männer. „Astronauten, Bordingenieure, Elektroniker“, erklärte Charivari. „Wir haben Raumschiff ,A-Monitor‘ durchgesehen“, meldete der Chefingenieur. „Wartung beendet.“ „Gut, lobte der Professor. „Dann bringen Sie den Steuerungsknopf meinem Neffen ins Hauptquartier, damit keiner unbefugt starten kann. Vorher Eine „rasende Wache“ beschützte die Raumschiffe
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schicken Sie bitte jemand auf die Absperrbrücke; lassen sie die ,rasende Wache‘ in Tätigkeit treten!“ „Rasende Wache?“ fragte Micha, als sie weitergingen. Er klammerte sich an Tatis Arm. „Sind das Verrückte?“ „Nein.“ Der Professor lachte. „Aber diese Wache heißt absichtlich so. Sie soll abschrecken, damit sich niemand in die Nähe der Garage traut. Ihr wißt, ich wechsle meine Abwehrmethoden oft.“ Plötzlich gab es mehrere furchtbare Schläge hinter ihnen, als klirrten und prallten Metallpfeiler fortwährend mit großer Wucht aneinander. Wuff, hörte man das klägliche Bellen des Pudels, wuff, wuff. Vor den Raumschiffgaragen bewegten sich „Wachtposten“ in Form von senkrecht heruntergelassenen, dicken Metallstangen, die so schnell wie ein Trommelfeuer gegeneinander schlugen. Superhirn faßte sich als erster. „Wozu denn das?“ fragte er. „Da haben Sie doch schon ganz andere Sicherungsmittel entwickelt! Unsichtbare, unzerstörbare Glasbarrieren! Lichtschranken – ach, ich könnte mir noch alles Mögliche vorstellen!“ „Und der Lärm!“ schrie Henri. „Wo hier sonst alles lautlos vor sich geht! Krach- und Prallgeräusche sind doch ganz unmodern!“ „Du hast recht! Ihr beide habt recht!“ rief der Professor. Er strich sich den lackschwarzen Strippenbart. „Aber ein Punkt in jeder fortschrittlichen Rechnung bleibt immer ein bißchen unmodern – und das ist der 46
Mensch! Lärm flößt Unbehagen ein. In solcher Stärke steigert es sich zum Schrecken! Und diese Pfeiler sind im Tempo so eingestellt, daß sie nicht einmal dem Pudel Zeit lassen würden, hindurchzuflitzen. Wer das sieht und die Wucht des Zusammenpralls hört, fühlt sich schon seelisch halb zerquetscht! Er geht also gar nicht erst näher heran!“ „Hm. Moralische Abschreckung“, murmelte Super-hirn. Waren diese „rasenden Wachtposten“ wirklich zur Abschreckung von Menschen gedacht? fragte er sich. Wieder ein Rätsel!
Superhirn mahnt: "Augen auf!’’ rundfahrt durch charivaria + bauten ohne arbeiter + künstlicher sonnenhimmel + kohlradieschen + pflanzen gießt man mit salzwasser + süßwasserfische im ozean + der jüngste wählt die falsche tür + „Wir
nehmen jetzt diese U-Bahn“, sagte der Professor. Er deutete auf einen gläsernen Waggon ohne Räder. „Das Fahrzeug gleitet auf einer Magnetschiene. Einen Wagenlenker gibt es nicht mehr, ich muß nur auf einem Innenpult die Weichen stellen, indem ich das MAGNETFELD verändere.“ Während sie einstiegen und der Professor sich an 47
dem Leuchtpult zu schaffen machte, raunte Superhirn Henri zu: „Sag es Prosper und Gérard ganz leise. Die beiden sollen es Tati und Micha zuflüstern: Augen auf! Nur harmlose Fragen stellen!“ Unmerklich setzte sich die Bahn in Bewegung. Vom Getöse der „rasenden Wache“ vor den Raumschiffgaragen hörte man nichts mehr. Charivari drosselte die Geschwindigkeit des Glaswagens, damit seine Gäste Zeit hatten, alle Eindrücke in sich aufzunehmen. „Wir fahren jetzt durch die Blauzone“, erklärte er. „Hier finden Wohnanlagen-Versuche statt. Seht ihr die Häuser?“ „Kein einziges“, sagte Micha. „Da ist ein weißer Telegrafenmast – oder ein Fernsehturm! Das andere Riesending sieht aus wie gestapelte Teller – und dahinter stehen lauter Pilze übereinander!“ „Sehr große Pilze!“ meinte der Professor be-lustigt. „Und nicht zum Essen! Alles, was du siehst, sind Wohneinheiten verschiedenster Form, in die die Bevölkerung ganzer Erdstädte hineinpassen würde.“
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„Sie wollen hier ausprobieren, welche
Wohnform für eine ständig zunehmende Bevölkerung am zweckmäßigsten ist?“ fragte Superhirn. „Ja. Und wo hätte ich so viele Versuchsgelände wie auf dem Meeresboden!“ entgegnete Charivari. „Ziemlich schnell entstanden, diese Riesenstadt“, meinte Superhirn. „Wo sind denn die Baukräne, die Gerüste, die Bagger – und die Tausende von Arbeitern? Ich sehe nur ein paar Leute in blauem Dreß!“ „Meine Baumethode besteht aus Reißbrett, Kleinmodellen und PLASTOGRAPHIE,“ berichtete der Professor. „Knete?“ fragte Micha, der an Plastilin dachte. „Plastographie ist Fotografie“, erklärte der Professor. „Die Wohnheime, die ihr seht,
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sind riesenhaft vergrößert hart- und formgewordene Fotografie!“ „Was – und darin kann man rumlaufen? In einem Foto – Foto!“ Prosper verschluckte sich vor Verblüffung. „Das Einfachste, was es gibt“, meinte der Professor lächelnd. „Man muß nur darauf kommen! Es ist denkbar einfach. Da konnte ich mir jedes Baugerüst und tausend Bauarbeiter sparen. So, nun kommen wir in die Grünzone zu unseren Gemüsefarmen. Hier wird Versuchsgemüse gezüchtet, das dazu beitragen könnte, einer hungernden Menschheit zu helfen. Ihr wißt, schon heute wird in vielen Teilen der Welt der Hunger immer größer.“ Unter einem künstlich sonnenhellen Unterwasserhimmel breiteten sich endlos weite Felder mit merkwürdigen Ackerfrüchten aus. „Das sind die vorhin erwähnten KohlradieschenKulturen“, erläuterte der Professor. „Aber die Dinger sind größer als Kohlköpfe und haben kein Radieschenrot“, rief Tati. „Und wieso ,Kohlradieschen‘? Konnten Sie nicht Getreide anpflanzen?“ Kopfschüttelnd beobachtete sie die Feldaufseher, die mit ihren Luftkissen-Autos zwischen den Äckern hin und her fuhren. „Getreide verarmt den Boden, weil es ihm wichtige Düngemittel entzieht“, antwortete Charivari. „Nein, Tati. Es kam mir auf etwas Besonderes an: Ein Ackerprodukt zu schaffen, an dem alles eßbar ist – die Wurzeln und die Früchte! Wir haben auch schon Pflanzen 50
entwickelt, die man mit Salzwasser gießen kann. Mit solchen Versuchen hatte übrigens der süßwasserarme Staat Israel begonnen. Nimm die übliche Kartoffel: Kartoffelkraut ist ungenießbar, völlig überflüssig, ja, sogar giftig! Hier wäre eine Kartoffel mit eßbarem Gemüsekraut zu erfinden – erst dann wären die Anbauflächen voll ausgenutzt... So, nun steigen wir in den U-Bus um.“ Es war ein Boden-, Schwimm- und Luftfahrzeug. Die Gäste besichtigten den Bezirk der Öl- und Erzgewinnung aus dem Meeresboden, sodann das gewaltige Süßwasserbecken der Fischzuchtfarmen im violetten Distrikt. Wie ein gläsernes U-Boot schwamm das Fahrzeug zwischen den Fischern in ihren Taucheranzügen – vor allem zwischen den vielen, vielen Fischen. „Die Süßwasser-Fischfarm unter der Luftglocke im Ozean“, sagte Charivari, „ist auch ein Beitrag zur Lösung des Nahrungsproblems.“ Er verständigte sich mit den Schwimmern über die Funkanlage seines Befehlsanzuges. Als der U-Bus das Süßwasserbecken verlassen hatte und sich wieder unter der Luftglocke der Stadt Charivaria befand, ließ der Professor das Fahrzeug höhersteigen. „An einem natürlichen Meeresboden-Gebirgshang liegen die Kraft- und Süßwasser-Aufbereitungswerke. Das ist der Rotbezirk“, erklärte er. Den Gefährten schwirrte der Kopf, als sie endlich – und diesmal wieder mit Rohrkabinen – in das Haupt-quartier einfuhren. 51
„Die
Grauzone, das Gehirnforschungslabor, erspare ich euch“, murmelte der Professor. „Es könnte Micha zu unheimlich sein.“ „Aber die Gedankensammlungsstation wollten Sie uns zeigen“, sagte Superhirn. „Bitte – die möchte ich unbedingt sehen!“ Der Professor schien zu bereuen, das Versprechen gegeben zu haben. „Schön“, sagte er zögernd. „Micha kann solange im Unterhaltungsraum bleiben. Da gibt es Automatenspiele, Schallplatten und vieles andere. Zweite Tür, rechts!“ „Prima!“ rief Micha. Er blickte auf die Kontaktplättchen der Gangwand. „Ich finde schon!“ Er stapfte los, und niemand ahnte, in welches Abenteuer hinein.
Seltsame Männer sicherungswände + gelbdreßleute an den tasten + neugier ist gefährlich + die burschen watscheln komisch + keine arbeit für tati + loulou erschnuppert etwas + die gelben spielen verrückt + Der Professor mußte ein paar Meldungen beantworten, die ihm sein Befehlsanzug übermittelte. Es war ihm entgangen, daß Micha seiner Schwester den Zwergpudel mit den Worten in die Arme gereicht 52
hatte: „Der stört mich nur beim Spielen! Nimm du ihn solange!“ „Das also ist die Gedankenauffang- und Auswertungszentrale“, sagte der Professor. „Aber hier brauche ich einen Schlüssel, damit die Wand zur Seite gleitet.“ „Schlüssel?“ fragte Tati verständnislos, als er eine kleine, silberne Lochkarte aus einer seiner vielen Taschen zog. „Ganz recht. Das Plättchen hat denselben Zweck. Sieh: Ich stecke es in diesen Schlitz – und schon schiebt sich die Wand zur Seite.“ Im Nu war der Blick auf einen gespenstisch wirkenden kreisförmigen Raum frei geworden. Acht Männer im Gelbdreß und mit geschlossenen Raumfahrerhelmen standen in gleißendem Licht an Wandgeräten. Sie drückten Tasten, so bald diese aufleuchteten. Es herrschte ein ununterbrochenes Blinken an den Wänden, und die Fingerbewegungen der behandschuhten Männer wirkten sonderbar mechanisch. Immer wenn einer jeweils eine Reihe von Tasten gedrückt hatte, entnahm er einem Fach eine Anzahl von Papierstreifen, drehte sich um und ging auf einen großen, frei stehenden Kasten zu. Dort warf er sie in das offenbar vorgeschriebene Fach. Tati, Henri, Gérard, Prosper und Superhirn schwiegen – so eigentümlich berührte sie dieser Anblick. „Aber die Wand ist zur Seite geschoben,“ wunderte sich Tati "und trotzdem ist der Zugang nicht frei!“ 53
„Vor dem Raum sind dicke Glasscheiben“, erkannte Prosper. „Panzerglas? Dazu noch mit breitem Zwischenraum. Ist das eine Schleuse?“ „Ja“, erklärte Professor Charivari. „Man kann die zweite Glaswand nur öffnen, wenn sich die erste wieder hinter einem geschlossen hat. Nun, ich denke, ihr habt genug gesehen ...“
Nun wurde der Blick auf die gespenstische Szene frei . . .
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„Wie denn? Was denn? Im Gegenteil!“ rief Gérard.
„Was nützt mir ’n Blick durch zwei Schaufensterscheiben?“ „Du bist aber wissenshungrig!“ wunderte sich der Professor. „Das hätte ich zuallererst von Superhirn erwartet!“ Superhirn war merkwürdig still. Er betrachtete die „Gelbmänner“ bei ihrer eintönigen Arbeit. Auch Henri hielt sich zurück. Er wußte – Superhirns Schweigen hatte etwas zu bedeuten. „Warum gehen diese Leute so eigenartig?“ fragte Prosper. „Und weshalb tragen sie Raumanzüge, also Astronauten-Kombinationen? Dies ist doch nichts anderes als ein Büro!“ Charivari zögerte einen Augenblick. Die Fragen schienen ihn aber davon zu überzeugen, daß er den jungen Freunden mehr mitteilen mußte. Ungestillte Neugier ist eine gefährliche Sache; sie kann zu höchst unerwünschten Vermutungen führen, dachte er sich. „Gut“, sagte er, „ich nehme jetzt das Silberplättchen – und stecke es in das Metallviereck seitlich der ersten Glaswand ...“ „Funktioniert ja wie geschmiert,“ freute sich Gérard, als das erste, durchsichtige Schleusentor zur Seite wich. „Nun kommt alle in den Zwischenraum!“ befahl der Professor. Mit Hilfe seines silbernen Schlüsselkärtchens bewirkte er das Schließen der einen und das öffnen der zweiten Trennscheibe. Er, Superhirn, Henri, Gérard, 55
Prosper, Tati und Loulou standen jetzt in dem gewaltigen, ovalen Raum. „Die gelben Männer watscheln wirklich komisch!“ wunderte sich Prosper. „Und ich weiß noch immer nicht, warum sie wie Weltraumfahrer gekleidet sind! Dabei braucht man doch sogar in Ihren neuen Raumschiffen längst keine Schutzanzüge mehr!“ Charivari räusperte sich. „Sie tragen besondere Strahlenschutz-Kombinationen. Dieses Gedankenempfangs- und Auswertungs-Zentrum ist ein gefährlicher Raum! Für den, der eben mal so hineingeht – wie wir – kann kein Schaden entstehen. Wer aber viele Stunden am Tag hier arbeitet, muß unbedingt einen Spezialanzug mit Helm und Gesichtsschutz anhaben!“ „Sogar die Hände der Männer sind geschützt“, sagte Gérard verwundert. „Und daß sie so ... so eigenartig gehen ...“ „...hat mit den Schutzkombinationen zu tun“, vollendete der Professor hastig Gérards Bemerkung. Auch die Art, in der er sich seinen langen, lackschwarzen „Strippenbart“ strich, verriet Unruhe. Henri schielte zu Superhirn. Superhirns Gesicht blieb ausdruckslos. Er spitzte nur den Mund. Das konnte alles mögliche bedeuten: Sehr interessant! Oder: Still Henri! Ohren auf, Augen auf! Oder: Tu, als glaubtest du alles – glaub aber manches nicht! Die Arbeiter im gelben Dreß mit den Astronautenhelmen kümmerten sich weder um den Professor, noch um seine jungen Gäste. 56
„So ’ne Arbeit wäre nichts für mich“, murmelte Tati. Sie setzte den zappelnden Pudel ab. „Stundenlang Leuchttasten drücken, Lochkarten nehmen – und von einem Geräteschlitz zum anderen tragen zu müssen ... nee, ich danke!“ Professor Charivari lächelte zerstreut. Er strich sich immer noch den Bart. Nur seine Augen zeigten einen wachsamen, mehr noch, einen hochgespannten Ausdruck: Er beobachtete die stur arbeitenden Gestalten der Reihe nach scharf. Und ohne daß er es merkte, tat jemand in seiner Begleitung dasselbe. Auch er war ein guter Beobachter: Superhirn! Prosper reckte seinen langen Hals. „Können wir uns nicht mal das ganze Büro ansehen?“ fragte er. „Ich sehe, dahinten scheint auch noch was los zu sein. Und dann gibt’s da wohl auch Nebenräume. Möchte wissen, warum das eine ... wie haben Sie gesagt? Eine Gedankenempfangs- und AuswertungsAbteilung ist! Was für Gedanken? Wo kommen sie her? Wie funktioniert das alles hier! Und wessen Gedanken werden ausgewertet?“ „Zu welchem Zweck?“ rief Gérard. Der Professor beantwortete geduldig die Fragen: „Ach ja, natürlich. Ich habe mir nur erst hier vorn einen Überblick verschaffen wollen. Jetzt zeige ich euch alles andere. Kommt ...“ Er schritt den jungen Gästen voran. Der Pudel hielt sich dicht an Tati. Unversehens blieb Charivari stehen, als gälte es, 57
wie ein Polizist den Straßenverkehr zu regeln. Vor der rechten Arbeitswand streckte er seine Arme aus. „Lauft vorbei, fix!“ rief er. Die Arbeiter in ihren Schutzanzügen, vier auf dieser Seite, standen eben an den Tastenwänden. Superhirn stellte rasch fest, daß sie Namensschilder sogar auf dem Rücken trugen. Und die Namen waren reichlich sonderbar! Es handelte sich eher um Bezeichnungen: „Mr. VIP Primrose“, „Mr. VIP Primsmith“, „Mr. VIP Primpan“, „Mr. VIP Primchief“. „So ...“, sagte Charivari befriedigt. Alle waren an den Gelbdreßmännern vorbei. Der Professor hoffte wohl schon, der kleine „Durchgang“ sei störungslos verlaufen. Doch plötzlich brach die Hölle los. Wuff ..., bellte der Zwergpudel, Plötzlich gingen die Gestalten auf den Pudel los ...
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wuff-wuff-wuff-waff-waff-wäff-wäff-wiff-wiff . . .! Das Bellen wurde immer schriller. Der Hund verschluckte sich. Man sah, er war rasend vor Angst – aber auch vor Angriffslust: Er sprang einen der Männer an! Aber wie benahm der sich denn? Und wie benahmen sich die anderen? Meinten sie, in dem kleinen Pudel stecke der Teufel? Mr. VIP Primsmith ließ sich auf alle Viere nieder, wehrte das Tierchen mit unbeholfenen Patschbewegungen ab. Mr. VIP Primrose tat einen Satz und sprang zu einer Wandverstrebung. Auch auf der anderen Seite tobten die Gelbgekleideten in ihren Schutzanzügen und Raumfahrerhelmen wie besessen. Am schlimmsten war der größte: Mr. VIP Primchief, ein Kerl, der nicht nur wegen seines Namens als Chef der übrigen zu erkennen war. Dieser Mr. VIP Primchief haschte nach dem Zwergpudel... Die gelben Burschen stießen heftige Laute aus, die unter ihren Schutzhelmen mit der Gesichtsverkleidung besonders unheimlich klangen. Dabei tobten sie immer heftiger ... Ehe der Professor eingreifen konnte, lief Tati auf den Chef der Gelben zu: „Entschuldigen Sie ...“, begann sie. „Ich wollte nicht, daß Loulou stört...“ Sie nahm den hustenden, knurrenden, japsenden Pudel auf und blickte dem erbosten Mister VIP Primchief ins Gesicht. 59
Im gleichen Augenblick stieß sie einen gellenden Schrei aus. Sie sah kein Männergesicht hinter der Schutzmaske des Gelbgekleideten ... sondern ihr eigenes, verzerrtes Gesicht! Jetzt war Charivari zur Stelle. „Zurück!“ Er zog Tati zur Seite und herrschte den Chef der Büromänner an: „Wo ist Ihr Platz, Mr. VIP Primchief?“ Immer wieder erstaunte es, wie laut, wie gewaltig die sonst so sanfte Stimme des Professors werden konnte. „Wo ist der Platz der Herren VIPs?“ Gehorsam – und so, als sei überhaupt nichts gewesen, stellten sich die Gelbgekleideten wieder an ihre Tastaturen. „Mr. VIP Primchief“, sagte Charivari in ruhigerem Ton. „Ich nehme an, es hat Sie verärgert, daß wir den Hund hier hereingebracht haben. Und ich sehe ein, Ihre Nerven sind überreizt. Mein Neffe muß Ihnen mehr Freizeit geben. Außerdem werden Sie Essenszulage, vor allem Aufbaustoffe und Leckereien bekommen. Ich erwarte, daß Sie sich nicht noch einmal so albern gebärden, während meine Gäste hier sind! Ihr Benehmen war die lächerlichste Form der Aufsässigkeit, die ich je erlebt habe! Ich hoffe, Sie sehen das ein.“ Der Bursche im gelben Schutzanzug verneigte sich. Dann wandte er sich, genau wie die anderen, seiner Arbeit zu. Der Professor erklärte den jungen Gästen: "Eine Art Bürokoller. Tati hatte schon recht, als sie von 60
der eintönigen Arbeit sprach. Überreizte Leute benutzen oft den kleinsten Anlaß, um verrückt zu spielen. Na, nun schämen sie sich um so mehr! Tati, behalte den Hund auf dem Arm! Es war dumm von mir, nicht auf ihn zu achten!“
In der Gedankenzentrale die vips sind nervös + warum spiegeln die gesichtsmasken + das neueste aus aller weit + durchsichtige riesenkugel + tati glaubt an ein spiel + charivari lauert + superhirn soll gedanken preisgeben + Charivaris Neffe Marco kam eilig aus einem Nebenraum. Stirnrunzelnd sagte der Professor: „Du solltest auf deinem Platz sein, sobald die Außenwand geöffnet wird. Nicht umsonst bist du mein Vertreter im Hauptquartier und oberster Leiter des Gedankenzentrums!“ „Entschuldige, Onkel“, murmelte Marco. „Lege jetzt Schichtwechsel ein. Die Herren VIPS sind nervös. Sie brauchen Ruhe, wir haben sie verwirrt.“ Marco drückte auf einen Knopf. Sofort wechselten die Farben der gleißenden Beleuchtung. Es war, als zuckten bunte Blitze durch den kreisförmigen Raum. 61
Mr. VIP Primchief wandte sich um und steuerte stracks auf eine Tür zu, die sich vor ihm automatisch öffnete. Mr. VIP Primsmith, Mr. VIP Primpan, Mister VIP Primrose und die anderen vier folgten ihm. Fast gleichzeitig öffnete sich eine zweite Tür: Acht Männer in Gelbdreß mit Schutzhelmen und Handschuhen kamen herein. Sie nahmen die Plätze der vorigen Belegschaft ein. „Das ist die Ablösung“, erklärte der Professor. „Mr. VIP Primschief II“, stand auf dem Namensschild auf Brust und Rücken des neuen Schichtführers. „Was bedeutet denn VIP?“ fragte Prosper. „Very important person“, erwiderte Charivari. „Das kommt aus dem Amerikanischen und heißt: ,Sehr wichtige Person‘ oder ,Persönlichkeit‘. Die Männer sind sogenannte Verschlußsachenbearbeiter. Ein-facher ausgedrückt: Geheimnisträger. Was sie hier an Gedanken aus aller Welt empfangen, darf außer mir und Marco niemand wissen.“ Tati beschäftigte etwas anderes: „Warum habe ich mein Gesicht im Schutzhelm dieses ... dieses Misters gesehen?“ „Der Gesichtsschutz ist von außen ein Spiegel“, sagte der Professor. „Von innen jedoch kann man hindurchsehen wie durch eine Glasscheibe. Das ist eine alte, ganz einfache Sache! Vielleicht werdet ihr von solchen SPIEGELN schon einmal gehört haben.“ „Klar“, nickte Superhirn. „Und diese ... hm ... 62
spiegelnde Gesichtsmaske dient auch dem Strahlenschutz?“ „Äh ... ja, ja ...“, versicherte Charivari. Er warf dem Neffen einen Blick zu, den Superhirn und Henri sehr wohl bemerkten. „Aber wir wissen noch immer nicht, wie das hier alles läuft!“ rief Gérard. „Was für Gedanken werden empfangen? Wie? Warum?“ „Gedanken von Wissenschaftlern, wo immer sie sich auch befinden mögen: In Europa, Asien, Afrika, Nordamerika, Südamerika, Australien, Ozeanien, am Nordpol, in der Antarktis, zu Schiff auf den Weltmeeren, in Tiefseetauchbooten, in Raumschiffen oder Raumstationen ...“ Professor Charivari schritt mit Marco und seinen jungen Gästen zum hinteren Teil des Raums: "Seht die Kugel dort auf dem Podest! Sie ist fest montiert!“ „Und durchsichtig!“ fügte Superhirn hinzu. Er sprach mehr zu sich selber. „Aus Glas oder Kunststoff ...“ „Aber sie ist leer!“ staunte Tati. „Es ist nichts drinnen oder darauf! Wenn das ein Riesenglobus sein soll – warum hat man die Erdteile und Meere nicht aufgemalt?“ „Du denkst wahrscheinlich an euren Schulglobus, Tati.“ Professor Charivari lächelte. „Nun, dieser gewaltige, durchsichtige Ball ist der Gedankensammler. Winzige Satelliten sausen rund um die Erde, durch die Meere und durch das Weltall. Sie fangen Gedanken auf und senden sie hier in diese Kugel!“ 63
„Ach, ich begreife!“ ließ Superhirn sich hören. „Im
Sockel der Kugel sind lauter Kabel! Die münden in den Wänden, an denen die Gelbdreßmänner stehen! Dort kommen die Gedanken an, werden auf Lochkarten aufgezeichnet ...“ „... und von den VIPs in den Auswahlapparat gesteckt“, vollendete der Professor. „In das Ding da, das wie ein riesiger Vierseiten-Briefkasten aussieht.“ „Auswahl ...?“, fragte Gérard verständnislos. „Der Gedankensammler ist bereits darauf eingestellt“, sagte Charivari, auf die große Kugel weisend, "nur überragende, weltbedeutende Ideen aufzunehmen. Der Auswähler, in die die Herren VIPs die Lochkarten stecken, sortiert alle Gedanken aus, die nicht wissenschaftlicher Art sind. Er bringt Gedachtes auch in die richtige Folge. Denn kein Mensch – auch kein Gelehrter – denkt so, wie er schreibt. Gedanken sind wirr, gehen durcheinander, vermischen sich mit Bildern und nicht zur Sache gehörenden Eindrücken ... Hat also der Kasten dort vorn seine Arbeit getan, läuft das Geordnete über das Pult meines Neffen.“ Alle starrten auf einen kleinen, schrägen Tisch, der an der Kante viele Auffangfächer hatte. „Über die Platte sind dünne, farbige Drähte gezogen!“ meinte Henri. „Röhren!“ berichtigte der junge Marco. „Durch jede laufen die Gedanken aus entsprechenden Erdteilen – oder solche, die sich Wissenschaftler in den Luft-, Meeres- und Weltraumabschnitten machen.“ 64
„Es sieht aus, als sausten Flüssigkeiten durch die
Röhren“, bemerkte Superhirn. „Aber sonst rührt sich nichts! Gibt’s so wenig neue Gedanken in der wissenschaftlichen Welt?“ Professor Charivari lachte. „Nein! Aber wenige, die ich nicht schon gehabt hätte! Die laufen hier einfach durch. Das End-Kontrollpult meldet sich nur, wenn jemand irgendwo eine Idee hat, die ganz neu ist. Oder wenn bereits Bekanntes möglicherweise zum Schaden der Welt weiterentwickelt werden könnte. Das muß ich wissen, um der kriegsgefährdeten Menschheit immer voraus zu sein.“ Plötzlich leuchtete eine der Röhren auf. „Europa“, murmelte der Neffe. Aus dem Auffangfach spulte sich ein dünnes Folienband. Als es stillstand, zog es Professor Charivari heraus. Es trug eine leuchtende Klartext-Schrift. „Hier haben wir so einen Fall“, brummte er. „Ein Wissenschaftler hegt den Gedanken, neue LICHTKANONEN zu entwickeln. Lege das in den Tresor, Marco. Wir müssen aufpassen, was daraus wird!“ „Ich verstehe von allem nur die Hälfte“, meldete sich Tati ungeduldig. „Viel lieber würde ich wieder am Badestrand von Marac liegen, als was von Lichtkanonen und solchem Zeug zu hören.“ „Fangen Sie hier auch die Gedanken Ihrer eigenen Leute auf, Herr Professor? Ich meine die der Ingenieure aus den verschiedenen Stationen dieser geheimen Unterseebasis?“ fragte Superhirn. „Ich bin kein Gott und kein Gedankenspitzel“, 5 4963-9
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sagte der Professor. „Was ich brauche, sind wissenschaftliche Informationen.“ Er zögerte kurz und fügte dann hinzu: „Außerdem ist die Gedankensammler-Kugel auf Entfernung eingestellt, nicht auf allernächste Umgebung. Mit Nichtigkeiten kann ich mich nicht aufhalten. Durch die Nähe würde jeder unwichtige Gedanke die viel wichtigeren Gedanken aus der Ferne überlagern.“ „Ich verstehe“, sagte Superhirn. „Wenn mir zwei Leute in die Ohren husten, kann ich nicht hören, was drei Meter vor mir gesprochen wird!“ Charivari nickte. „Nimm an, hier im Kraftwerk hätte sich jemand über irgendeine Kleinigkeit geärgert. Ihm würde durch den Kopf gehen: Jetzt reicht’s mir! Ich spreng den ganzen Laden in die Luft!“ Nur ein alberner Wutgedanke, der nichts auf sich hat. Was aber nun, wenn das oder ähnliches in der Gedankenzentrale ankäme? Es könnte Alarm auslösen: Ich wüßte ja schließlich nicht, ob es der Betreffende im Ernst meint?“ Auf einmal lächelte Superhirn pfiffig. „Sie wollen wohl auch nicht, daß Ihre Gedanken aufgefangen werden, Herr Professor?“ Charivari zwinkerte mit den Augen und sagte: „Natürlich nicht, Superhirn. Du hast es erfaßt. Du machst wieder einmal deinem Name Ehre ...“ Er strich sich den lackschwarzen Strippenbart. „Und du würdest das doch von deinen Gedanken auch nicht wollen, wie? Dabei gäbe ich was darum, zu erfahren, was in deinem Kopf vorgeht! Du siehst aus, als über66
legtest du pausenlos. Ja! Irgend etwas scheint dich fortwährend zu beschäftigen!“ Superhirn lächelte. „Tja, aber das halte ich geheim. Wenn es Ihnen nicht möglich ist, meine Gedanken aufzufangen ...“ „Oh, Augenblick!“ unterbrach der Professor lachend. „Ich habe ein Extra-Gedanken-Erforschungsgerät, vor das du dich freiwillig setzen kannst! Du brauchst nur in die abgeschirmte Kabine dort zu gehen!“ Er wies auf eine Seitentür. Jetzt machte Superhirn ein langes Gesicht. „Er will nicht, daß man seine Gedanken erfährt!“ rief Prosper. „Seht sein Gesicht! Freiwillig gibt er sich nie dazu her!“ „Zwingen kann ich ihn nicht“, sagte der Professor freundlich. „Ich habe es ja gesagt: Ich bin kein Gedankenspitzel. Es wäre ein Spielchen zum Spaß.“ „Spaß ? Dafür bin ich immer!“ meldete sich Gérard. „Ich möchte zu gern mal in Superhirns Gehirnkasten gucken!“ „Au ja!“ rief Tati begeistert. „Ich will endlich erfahren, was Superhirn über mich denkt!“ In ihrem Eifer übersah sie den warnenden Blick des Jungen. Auch Prosper und Gérard begriffen nicht, daß ihr kluger Freund es für geraten hielt, seine Gedanken für sich zu behalten. Nur Henri gab Tati einen leichten Rippenstups. Er sagte: „Superhirns Gedanken sind sicher zu hoch für uns. Das wäre ein langweiliges Spiel! Ich finde, wir sollten jetzt nachsehen, was Micha im Unterhaltungsraum treibt!“ 67
Doch vor lauter Neugier beharrte Tati: „Erst will ich wissen, was Superhirn denkt! Das ist eine einmalige Gelegenheit, in seinen Kopf zu schauen! Die dürfen wir uns nicht entgehen lassen. Los, Superhirn! Sei nicht feige!“ „Du hast doch nichts zu verbergen?“ rief Prosper. Diese Frage war die dümmste, die er hätte stellen können. Henri bemerkte, daß Superhirn über die Begriffsstutzigkeit der anderen innerlich fast kochte. Durfte er denn verraten, daß er tatsächlich etwas zu verbergen hatte?“ Und sah denn niemand das gespannte Gesicht des Professors? Ein „Spiel“ sollte das werden? Ja, so hatte Charivari es bezeichnet. Aber seinem Blick sah Henri an: Der Professor brannte darauf, Superhirns Gedanken zu erfahren! „Nun?“ fragte er. In Henris Ohren klang es beinahe lauernd. „Du hörst, Superhirn, alle hätten Spaß an der Sache! Ich wiederhole: Es ist freiwillig. Aber es wäre eine nette Abwechslung, nicht? Na, nun unterzieh dich schon dem kleinen Gedankentest!“ Auf Superhirns Stirn standen Schweißperlen, als er in die Kabine ging.
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Aufregung um eine Bananenschale tati ist eine ziege + prosper noch dämlicher + gerards kopf ein fußball + das ist kein spaß + superhirn und der professor streiten + tati rutscht aus + marco wird wieder angebrüllt + die geheimnisvolle bananenschale + Professor Charivari schloß die Tür zur Gedankenlesekabine rasch hinter Superhirn. Teufel, hat’s der Professor aber eilig! fuhr es Henri durch den Kopf. Er hatte gerade noch einen Blick ins Innere der Kabine werfen können. Die vielen großen und kleinen Rundgläser in der Wand – sie wirkten wie Lupen – waren sicher die TELEPATHOREN, die Gedankenaufnehmer und Gedankenüberträger. Etwas änliches kannte man ja schon vom Raumschiff „A-Monitor“ her. Das System in dieser Station mochte noch raffinierter sein. „Wir bleiben draußen“, sagte Charivari. „Was Superhirn denkt, kommt gleich auf einem Leseband mit leuchtendem Klartext durch den Schlitz neben der Tür.“ Alle drängten heran. Nur der Neffe Marco, der das Ergebnis des „Spaßes“ wohl zu gern miterlebt hätte, war zurückgeblieben. Er konnte von seinem Pult nicht weg. 69
„Ich will Superhirns Meinung über mich wissen!“
rief Tati begierig. „Mir scheint es nämlich manchmal, als hielte er Mädchen in seiner Superwelt für überflüssig!“ „Manchmal“, wiederholte der Professor lächelnd. „Manchmal, Tati. Da magst du recht haben. Ha ...“ Er zog den Lesestreifen mit dem Text, der jetzt aus dem Wandschlitz kam, über Daumen und Zeigefinger seiner linken Hand. „Hier steht zum Anfang was über dich ...“ „Was denn, was denn?“ wollte Prosper wissen. „Vorlesen!“ verlangte Gérard lautstark. „Also, das wäre ein bißchen unhöflich“, murmelte Charivari. „Es mag wohl ein augenblicklicher Ärger sein ...“ Doch Prosper reckte den Hals und erspähte die Schrift. „Hi, hi, hi" kicherte er. „Da steht: ,Tati ist eine dumme Ziege!’ Hi, hi, ha, ha, ha, ha ...“ Er krümmte sich, als hätte er Bauchschmerzen. „Das ist gut!“ japste er. „Tati – eine dumme Ziege!“ „Lach nicht zu früh!“ triumphierte Tati. Auch sie verfolgte den laufenden Streifen in des Professors Händen: „ ,Prosper ist noch dämlicher‘, denkt Superhirn eben. Und weiter: ,Ich könnte ihm vor Wut ein paar runterhauen !“ Gérard quiekte vor Schadenfreude, doch er wurde sogleich still, als Tati verkündete: „Und Gérards Rundkopf ist anscheinend nur zum Fußballspielen zu gebrauchen! “ 70
„Ja, aber warum denn?“ fragte er verblüfft. „Was
hat Superhirn denn auf einmal gegen uns? Denkt er auch von Henri und Micha so schlecht?“ „Nur Henri hat Grips im Kopf. Er ahnt, warum der Professor meine Gedanken nicht erfahren darf“, las Tati noch immer lachend vor. „Wir hätten zu Micha in den Freizeitraum gehen sollen, anstatt uns hier aufzuhalten! Das einzige Wesen, das hier was gemerkt hat, ist Loulou! Der Pudel scheint klüger zu sein, als Tati, Prosper und Gérard zusammen. Es ist Gefahr gegeben, höchste Gefahr ...“ „Nun spinnt er!“ meinte Prosper. „Entweder haben sich seine Gedanken verwirrt – oder die Geräte in der Kabine sind nicht in Ordnung!“ „Das scheint mir auch so!“ murmelte der Professor nervös. „Seltsam, was er alles denkt ... ich meine: Was dieser Streifen Sonderbares meldet ... Wartet. Nehmt eure Köpfe zurück! Ich lese das erst einmal allein ... Der Unsinn würde euch furchtbar erschrecken ...“ Nun wurden die anderen erst recht neugierig. Gérard öffnete schon den Mund, um etwas zu fragen, doch Henri machte warnend: „Ssst!“ Hastig öffnete Charivari die Kabinentür; den Streifen mit Superhirns aufgezeichneten Gedanken hatte er abgerissen und zerknüllt in die Tasche gesteckt. „Komm heraus!“ rief er in einem Ton, der anzeigte, daß dies alles für ihn kein Spaß war. Tati, Prosper und Gérard wunderten sich über Superhirns ungewöhnliche Blässe ebenso, wie über des 71
Professors nur mühsam unterdrückte Aufregung. Einzig Henri machte nach wie vor ein Gesicht, als erwarte er Schlimmes. „Du bist sehr klug, Superhirn!“ sagte Professor Charivari. „Aber du darfst dir auch nicht zu klug vorkommen! Du hast dich da in eine Idee verrannt, die ... die ...“ Zum erstenmal, seit ihn die Gefährten kannten, fand Charivari keine Worte. Kalt und ruhig sagte Superhirn: „In welche Idee sollte ich mich verrannt haben, Herr Professor? Wenn Sie meine Gedanken richtig aufnahmen, würde ich gern hören, was daran Tatsache ist ... und was nicht. Fast befehlend fuhr er fort: „Antworten Sie, Herr Professor Charivari!“ Der Professor wußte nur allzugut, daß er Superhirn nicht ausweichen konnte. Zumindest mußte er ihm etwas entgegnen. „Also gut“, sagte er ruhiger. „Was ich meine, ist folgendes: Du bringst alles, was ihr heute in der Unterseestadt erlebt habt, in einen bestimmten Zusammenhang!“ „Stimmt!“ Superhirn nickte. „In einen falschen Zusammenhang!“ rief Charivari. Sein Gesicht verzerrte sich: „In einen völlig falschen Zusammenhang!“ „Was haben denn die beiden nur?“ raunte Tati ihrem Bruder Henri und dessen Freunden zu. „Weiß nicht!“ flüsterte Prosper verdattert. „Weisen Sie mir einen Denkfehler nach, Herr Professor!“ sagte Superhirn. 72
Wieder wich Charivari aus. Sich heftig den birnenförmigen Kahlschädel reibend, antwortete er: „Das Schwimmbad war dir bereits verdächtig. Du meinst, es birgt ein Rätsel, das unvereinbar mit den übrigen Dingen dieser Unterseestadt ist. Der Beschuß mit Funken, das Eis, das Gesicht des Bademeisters, die abschreckende Sicherung bei den Raumschiffgaragen, den Ärger über meinen Neffen im Kasino, einige meiner Anweisungen – alles war dir unheimlich.“ „Genauso unheimlich wie Ihnen, Herr Professor!“ antwortete Superhirn scharf. Jetzt dämpfte Charivari die Stimme; er bemühte sich merklich, seinen Worten einen spöttischen Klang zu geben: „Und jetzt glaubst du, hier in diesen Räumen die Lösung des Rätsels gefunden zu haben!“ „Ja!“ sagte Superhirn. „Wenn Sie meine Gedanken kennen, wissen Sie doch, daß Sie entlarvt sind! Sie haben uns heute fortwährend getäuscht, dauernd Ausreden gebraucht ... Geben Sie sich keine Mühe, Herr Professor!“ Charivaris Kinn bebte, daß der lackschwarze Strippenbart ins Zittern geriet. Er streckte den Arm aus, als wolle er irgendwo einen Halt suchen. Empört rief Tati: „Superhirn! Wie redest du denn mit dem Professor? Prosper hat recht! Du spinnst! Nicht genug, daß du mich in Gedanken eine dumme Ziege nennst, ihn für noch dämlicher hältst – und meinst, Gérards Kopf sei nur zum Fußballspielen zu gebrauchen. Nun fühlst du dich sogar noch von unserem Gastgeber getäuscht!“ 73
Schnell sagte der Professor: „Ach, das nehme ich Superhirn nicht übel, nein, nein, das nicht!“ Er lächelte wieder freundlich: „Superhirn ist überreizt. Er sieht Gespenster! Wir müssen das verstehen. Er ist ganz einfach überreizt! Erinnert euch daran, welche Verantwortung er auf dem Flug und auf der Tauchfahrt von eurem Ferienort Marac bis in diese Unterseestadt hatte!“ Und bevor Superhirn etwas erwidern konnte, fügte er hinzu: „Vergessen wir das Spielchen. Ich kann dich beruhigen, Superhirn: Deine Gedanken sind zu einem falschen Ergebnis gelangt, zu einem völlig falschen! Schweigen wir, schweigen wir darüber! Ihr wolltet doch sicher noch den Raum sehen, in dem die Fernseh- und Hörfunknachrichten aus aller Welt einlaufen! Da ist gestern eine alarmierende Meldung aus Holland gekommen. Der Chef für Luftsicherheit in den Niederlanden sprach von einer Beängstigenden Notsituation: Seit sich die Zahl der WALKIE-TALKIES und BABY-PHONES so sehr vermehrt hat, können Schwarzfunker mit ihren Minisendern sogar Amerika erreichen. Sie haben bereits wieder-holt die Funkverbindung mit Flugzeugen auf dem Atlantik und mit Schiffen in Seenot lahmgelegt ... Interessant, nicht wahr? Wenn ihr wissen wollt, was alles über Fernsehen und Funk aus den verschiedensten Ländern in unserer Unterseestadt empfangen werden kann, so folgt mir in den nächsten Raum ...“ Unter anderen Umständen hätte sich gerade Superhirn für die Speicherstation aller amtlichen Weltnachrichten interessiert. Doch auch Henri – hellhöriger, 74
als die anderen – merkte: Professor Charivari wollte jetzt nur ablenken. „Ach ja!“ rief Tati. „Sind da drinnen viele Bildschirme? Vielleicht wird irgendwo Ballett gesendet.“ Sie unterbrach sich und stieß einen Schrei aus. Patsch! Mit dem Zwergpudel im Arm lag sie auf dem Rücken. Der Fußboden war überall rutschfest, nur im Durchgang zum Fernseh- und Hörfunkraum nicht, und zwar aus technischen Gründen: Hier schirmte ein Strahlungsrahmen den Gedankensammler vor störenden Funkeinflüssen ab. Tati war auf der Bodenleiste, die etwa die Breite von einem Meter hatte ausgeglitten. „Wünsche, gut gelandet zu sein!“ spottete Prosper. „Oh“, sagte Charivari, Tati hochhelfend, „das tut mir leid...“ Doch als sie mit dem vor Schreck schniefenden Pudel wieder auf den Füßen stand, ließ er sie sogleich los und bückte sich wieder. Diesmal war Superhirn schneller. „Gib her!“ befahl der Professor. „Gib das sofort her!“ „Wieso denn?“ fragte Superhirn. Er tat völlig arglos. Aber Henri merkte, daß hier wieder etwas im Gange war. „Kleinigkeit!“ sagte Superhirn. „Das stecke ich solange in die Tasche, bis ich irgendwo einen Müllschlucker finde!“ „Her damit!“ rief der Professor. Wie schon mehrmals, seit sie in der Unterseestadt
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waren, blickten die anderen verblüfft auf den Mann. Diese Gereiztheit, diese plötzlichen Ausfälle – die hatten sie an ihm früher nie erlebt! „Aber es ist doch nur eine Bananenschale!“ bemerkte Superhirn sanft. „Zugegeben, Bananenschalen soll niemand auf den Boden werfen ... wo auch immer. Das lernt man zu Hause, das lernt man in der Schule, und man liest es immer wieder in den Zeitungen und beinahe in jeder Unfallverhütungsbroschüre. Trotzdem, es kann ja mal vorkommen. Die Hauptsache ist: Tati hat sich nichts getan. Also, Herr Professor ... kein Grund zur Aufregung!“ „Was hält der denn für scheinheilige Vorträge?“ murmelte Gérard. Wäre es möglich gewesen, so wären seine Augen in den nächsten Minuten noch runder geworden. „Her damit, sage ich!“ rief Charivari, und jetzt überschlug sich seine Stimme fast. Er riß Superhirn die Bananenschale aus der Hand. Superhirn lächelte nur. Der Professor drehte sich wutbebend um und rief seinem Neffen Marco zu: "Habe ich dir nicht tausendmal gesagt, du sollst die Schalen nicht einfach auf den Fußboden werfen, wenn du eine Banane gegessen hast?“ Marco, der am Pult saß, blickte fassungslos auf seinen Onkel. „Iiich?“ fragte er. Doch Charivari fuhr wie rasend fort: „Ja, du! Wenn du schon fortwährend Bananen ißt, dann sei wenigstens nicht nachlässig mit den Schalen! 76
Womöglich hast du noch andere einfach so in die Gegend geworfen!“ Der Professor fand kein Ende mit seinen Vorwürfen. Während er immer noch schimpfte, rannte Tati zu Henri, Gérard und Prosper: „Die Luft in der Unterseestadt ist offenbar nichts für überkluge Köpfe! Erst spinnt Superhirn – und nun spinnt Professor Charivari! Er tut ja so, als sei er ausgerutscht und nicht ich!“ „Schlimmer!“ meinte Gérard. „Er benimmt sich, als wäre jemand auf eine Klapperschlange getreten, statt auf eine lumpige Bananenschale.“ Superhirn wandte sich grinsend an Tati: „Damit du siehst, daß wenigstens ich nicht spinne! Sieh mal, meine Hände sind leer. Ich balle die Rechte zur Faust. Und mit dem, was ich jetzt sagen werde, löse ich Charivaris nächsten Tobsuchtsanfall aus!“ „Nicht!“ warnte Henri. „Ich weiß zwar nicht, was du bezweckst. Aber laß das besser!“ Superhirn wurde ernst: "Ich bezwecke, euch allen beizubringen, daß ich nicht spinne, Henri! Das ist wichtig. In den nächsten Stunden vielleicht sogar das Allerwichtigste! Einen müßt ihr ja haben, dem ihr vertrauen könnt. Und so, wie die Dinge liegen, muß ich derjenige sein!“ Charivari kam schwer atmend zurück. Er hatte Marco die Bananenschale gegeben. Superhirn streckte ihm die geballte Faust hin: „Ich habe auch noch ein Stück Kokosnuß auf dem Fußboden gefunden!“ sagte er ruhig. 77
Charivari stand wie eine Bildsäule. „Wa ... wa ... was ...?“ kam es stammelnd über seine Lippen. „Ja! Und wenn ich mich nicht irre, liegen da im Funk-Empfangsraum auch noch Reste von getrockneten Früchten herum!“ Diese harmlose Bemerkung schien den Professor zu treffen wie ein Schlag ins Gesicht. „Marco!“ brüllte er. „Ich schicke dich auf die Mondstation! Du bist wohl wahnsinnig, deine Nüsse und Früchte hier überall zu verstreuen! Meine Geduld mit dir ist zu Ende! Wenn du schon dauernd dieses Zeug essen mußt, dann hast du gefälligst Ordnung zu halten! Ich verbiete dir ein für allemal ...“ „.... Bananen zu essen?“ unterbrach Superhirn scharf. „Aber wer sagt denn, daß Marco Bananen, Kokosnüsse und andere tropische Früchte gegessen hat?“ Er öffnete die Hand und sagte: "Ich habe nur Spaß gemacht, Herr Professor! Hier, sehen Sie selber: Nichts! Und die Funde in anderen Räumen habe ich mir ausgedacht! Ein Scherzchen, weiter nichts! Sonderbar, daß Sie darauf hereinfallen.“ Schweigend, mit bebenden Lippen, musterte der Professor den Jungen. Superhirn hielt seinen Blicken unbeirrt stand. „Gut“, sagte Charivari nach einer Weile. Er wirkte erschöpft, und seine Stimme klang heiser: „Ich sehe, ich kann dir nichts vormachen. Ich merke aber auch, daß du deine Gedanken bisher keinem verraten hast. Jedenfalls glaube ich, das den verständnislosen Gesichtern der anderen abzulesen ...“ 78
Superhirn nickte. Er lächelte wieder. „Bitte ...“, Charivaris Stimme klang jetzt fast flehentlich, „bitte, behalte alles weiterhin für dich, wenigstens vorläufig! Bedenke, daß wir gute Freunde sind!“ „Das sollten aber auch Sie bedenken“, erwiderte Superhirn höflich, aber nachdrücklich. „Ich finde es nicht richtig, daß Sie mich an der Nase herumgeführt haben!“ „Wovon redet ihr denn?“ rief Prosper unwillig. „Es genügt, wenn Professor Charivari und ich es wissen“, sagte Superhirn. „Ich habe keine Lust, in diesen Räumen zu bleiben. Ich will raus! Ich will zu Micha!“ verlangte Tati.
Zwei Michas und viele Affen im fitness-center ist was los + angst + zwillingsbrüder auf fahrrädern + henri und superhirn blicken sich an + der wutanzeiger + im neuen monitor + gefahr für tiefseebasis + dicke luft im hauptquartier + Der Professor nestelte an einem Knopf seines Befehlsanzugs. „Sonderbar ...“, murmelte er. „Was ist denn nun schon wieder?“ rief Tati. „Im Fitness-Center sind plötzlich ein paar Apparate in Betrieb“, sagte Charivari. Er sprach mehr zu sich selber. Prüfend blickte er auf die rechte 79
Wand des Flurs und murmelte: "Ob Micha die Türen verwechselt hat? Er sollte in den Freizeitraum gehen, aber dort scheint niemand zu sein, sonst würde am Eingang die rote Lampe leuchten!“ „Sie leuchtet doch!“ meinte Henri. „Ja, aber neben der falschen Tür!“ Henri warf Superhirn einen besorgten Blick zu. Wirklich erwartete sie eine neue Überraschung, doch diesmal sollte sie mit Spaß verbunden sein. Charivari tippte mit dem Finger auf eine Kontaktplatte. Die Tür des Fitness-Centers öffnete sich. „Ach, eine Turnhalle!“ meinte Gérard. Blitzschnell erfaßte Superhirn die Art der Gegenstände. In gewisser Weise hatte Gérard recht: Dies war eine Turnhalle, aber eine besonders ausgeklügelte. Man sah Leitern mit bunten Sprossen, verschiedene Klettergeräte – von der Stange bis zur Spirale; eine Reihe von Sachen, die eher für einen Kindergarten geeignet schienen, wie zum Beispiel Wippen und Schaukeln. Im Gegensatz dazu aber auch richtige Trainingsanlagen mit Punchingbällen, Sandsäcken, Trockenruderkästen und vielen anderen. Was Superhirn auf den ersten Blick hier bemerkte, paßte zu all seinen bisherigen Beobachtungen. Doch es blieb ihm keine Zeit, Einzelheiten zu betrachten. Wie seine Freunde, so starrte auch er nun in die Mitte des Raumes. Von dorther kam Michas Angstgeschrei. „Da ...“, schluckte Prosper. Er schwieg vor Staunen 80
und Schrecken. Tati, Gérard und Henri ging es nicht anders. Nur Superhirn versuchte sofort, zu begreifen: Auf einem grünen Fahrrad strampelte Micha wie besessen durch die Halle. Er mühte sich kreischend, einen Verfolger abzuschütteln ... aber dieser Verfolger war er selber! Es waren zwei Michas, die da auf grünen Fahrrädern herumsausten! Tati blickte den Professor ratlos an. Dann fuhr ihr Kopf in Richtung des schreienden Michas und seines Ebenbilds. Wer wußte, welcher von beiden der echte war? Der Verfolger sah aufs Haar so aus wie der Verfolgte! Nur grinste der eine vergnügt, während der andere ein puterrotes, schreckverzerrtes Gesicht hatte! „Micha!“ rief Henri. „Was machst du denn? Seit wann habe ich Zwillingsbrüder?“ Wuff! bellte Loulou wie zur Bekräftigung. Wuff, wuff! „Hilfe!“ schrie der von Micha verfolgte Micha. „Hinter mir fahre ich noch einmal! Ich sehe genau, daß ich’s bin, aber ich kann mich nicht abhängen! Professor! Professor, helfen Sie mir!“ „Ausscheren!“ befahl Charivari. „Komm her! Laß dein zweites Ich einfach weiterstrampeln!“ Micha blickte sich ängstlich um. Er schrie noch einmal laut auf; dann schwenkte er ab, verließ die Bahn und kam keuchend auf Charivari, die Gefährten und den Pudel zu. 6 4963-9
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„Ein Spuk!“ japste er. Er sprang vom Sattel und
ließ das Fahrrad fallen. „Wer ist denn dieser zweite?“ rief Prosper ärgerlich. „Ich dachte, das hätte vielleicht was mit Spiegeltricks zu tun ... aber nun sehe ich, der andere Micha radelt immer noch!“ Charivari schien es nicht so eilig zu haben, den Spaß zu beenden. Im Gegenteil: Lächelnd beobachtete er Michas strampelndes Ebenbild auf der Hallenbahn. „Nun brate mir einer einen Storch!“ sagte Gérard. „Was soll denn der Zirkus? So gewiß, wie Micha hier steht, so gewiß fährt er dort auf dem anderen, grünen Rad!“ „Ja, das bin ich noch einmal!“ keuchte selbst Micha. „Ich erkenne mich genau. Aber wie geht das zu?“ Der Professor ließ das Ebenbild eine letzte Runde drehen. Dann nahm er „Nun
brate mir einer einen Storch!“ schimpfte Gérard
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seine silberne Lochkarte aus der Tasche und hielt sie kurz in einen der vielen Schlitze neben der Tür. Sofort war der andere Micha samt Fahrrad verschwunden. „Das ist kein Zauber“, erklärte Charivari lächelnd. „Ich sehe an Superhirns Miene, daß er euch alles darlegen könnte. Wenigstens ungefähr ... Also: Micha ist nicht in den Unterhaltungsraum, sondern ins Fitness-Center gegangen. So fängt’s erst einmal an. Sobald sich hier irgendein Gerät eine Weile bewegt, schalten sich Decken-, Boden- und Wandkameras ein. Sie nehmen den Vorgang von allen Seiten und von oben und unten auf – entwickeln ihn und strahlen ihn durch besondere Projektoren in den Raum.“ „Rundum-Farbfilm ohne Leinwand!“ meinte Superhirn. „Die Luft, die ja Lichtstrahlen zurückwerfen kann, stützt das bewegliche Bild. Man braucht keine Leinwand mehr und kann die gefilmte Person plastisch sehen. Ich denke mir, das dient dazu, die Tauglichkeit der Sportgeräte – oder deren richtige Bedienung zu testen.“ „Sicher, sicher“, unterbrach Charivari rasch. Es war, als wolle er den Zweck der Sache nicht weiter erörtern. „Superhirn hat recht. Plastischer Farbfilm ohne Leinwand! Aber ich merke schon, das Ganze bleibt Micha und Tati unheimlich, wie immer es auch erklärt werden kann. Ich werde dafür sorgen, daß ihr euch künftig über nichts mehr zu wundern oder gar zu erschrecken braucht. Ihr geht jetzt an Bord des neuen ,Monitors‘. Da fühlt ihr euch 83
bestimmt sicher, denn so ein Raumschiff ist für euch schon eine gewohnte Umgebung. Ich werde euer Gepäck aus dem Gästehaus dorthin schaffen lassen. Morgen wird euch mein Neffe zum Seebad Marac zurückbringen, damit ihr den Rest eurer Ferien in Ruhe genießen könnt.“ Henri sah Superhirn an. Durch seine große, runde Brille blickte der dünne Junge nachdenklich auf die Fitness-Geräte ... Professor Charivari öffnete mit Hilfe seiner Schlüsselkarte eine Schiebetür. „Hier steht ein Schnellbus“, sagte er. „In den passen wir alle rein. Der bringt uns zum Raumschiffhafen.“ Auf die Gefährten machte es kaum noch Eindruck, als sich das räderlose Transportmittel geisterhaft leise in Bewegung setzte, sobald sie mit dem Professor eingestiegen waren. Wieder nestelte Charivari an seinem Befehlsanzug. „Marco!“ rief er über Sprechfunk seinen Neffen. „Die Werte des W-Anzeigers ...“ „Achtzig ...“, kam die Antwort. „Der WUTANZEIGER in der Gedankenzentrale steht auf achtzig ...!! „Benütze bitte die Abkürzungen!“ mahnte der Professor mit einem erschreckten Blick auf die jungen Gäste. Tati, Prosper, Gérard und Micha unterhielten sich. Doch Superhirn und Henri hatten die Worte „ ... Wutanzeiger in der Gedankenzentrale ... auf achtzig“ sehr wohl gehört.
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Während Charivari seinem Neffen über Sprechfunk weitere hastige Fragen stellte, wisperte Henri Superhirn ins Ohr: „Was bedeutet das: Wutanzeiger?“ „In jedem Bezirk, in jeder Station der Unterseebasis hängt so ein Ding“, erklärte Superhirn ebenso rasch wie leise. „Wir haben so was bisher nur als Silvester- oder Faschingsscherz gekannt – z.B. das Stimmungsbarometer: Zeiger auf 12, Achtung! Großtante kommt, bringt Ärger mit, oder so ähnlich.“ „Ja, ja! Aber hier sind es richtig funktionierende Geräte mit einem ernsthaften Zweck?“ Superhirn nickte. „Wahrscheinlich ist Professor Charivari davon ausgegangen, daß die oft im übertragenen Sinn erwähnte ,dicke Luft‘ oder die ,bis zur Explosion mit Spannung geladene Atmosphäre‘ sich messen läßt. Gar nicht so abwegig: Bei Leuten, die wütend sind, funktionieren Drüsen und Blutkreislauf anders. Das wirkt sich auf die Haut und die Körperausstrahlung aus.“ Superhirn machte noch ein paar zusätzliche Bemerkungen: Er habe die Zeiger überall auf Null oder verhältnismäßig kleinen Werten stehen sehen. Charivari wäre beim Betrachten dieser sonderbaren Geräte immer sehr erleichtert gewesen, außer im Gedankenzentrum bei den Gelbdreßmännern. „Dort stand der Zeiger vorhin schon auf fünfzig. Ich bemerkte das, ohne zu wissen, was es bedeutete“, raunte Superhirn. „Die Skala geht bis hundert.“ 85
„Und was ist bei hundert?“ fragte Henri. „Vermutlich Aufstand, Revolte ... schlimmstenfalls
mit dem Ziel: Zerstörung der Unterseestadt!“ Die beiden konnten nicht weitersprechen, denn der Bus hielt nun im menschenleeren Raumschiffhafen. Es war hier jetzt totenstill. Die „rasenden Wachtposten“ hatte Charivari durch Fernbefehl einziehen lassen. Die Gefährten kletterten mit dem Pudel in den neuen „Monitor“. Zunächst zogen sie wieder ihre eigenen Sachen an. „Ja, hier fühle ich mich sicher!“ rief Micha erleichtert. Er lief in die Küche, zum Bonbon- und Kuchenautomaten. Während Tati nachsah, ob in den Duschräumen nichts fehlte, tummelten sich Gérard und Prosper in den Wohnkabinen. Superhirn besichtigte gemeinsam mit Henri die Kommandozentrale des Raumschiffs eingehend. „Wo ist der Professor?“ fragte Henri verwundert. „Im Steuerungsraum“, erwiderte Superhirn. „Merkst du etwas?“ Henri blickte sich nach allen Seiten um: "Nein! Was sollte ich merken?“ „Daß wir startbereit sind!“ sagte Superhirn. Henri setzte sich in einen der Drehsessel: „Und was heißt das?“ wollte er wissen. „Woran siehst du überhaupt die Startbereitschaft?“ „An dem grünen Leuchtstreifen, der sich plötzlich über die Wände zieht. Vormittags war er nicht da! 86
Und was das sonst noch bedeuten könnte? Ganz einfach: erhöhte Gefahr! Charivari will uns mit diesem Raumschiff eine Fluchtmöglichkeit schaffen, falls es in der Unterseestadt zum Aufstand kommt!“ Bevor Henri eine weitere Frage stellen konnte, erschien der Professor. Er war sehr blaß. „Ich muß mit dir sprechen, Superhirn“, sagte er. „Henri, der neben dir der verläßlichste ist, mag dabei sein. Wenigstens euch beiden darf ich die Wahrheit nicht länger verschweigen. Superhirn hat sich ja bereits zusammengereimt ...“ Er zögerte. Ruhig führte der dürre Junge den Satz zu Ende: „... daß Ihre Gelbdreßmänner keine Menschen sind!“ Henri riß die Augen auf: „Keine Menschen? Was sind sie denn?“ "Affen!“ sagte Superhirn. „Affen?“ Henri starrte erst den Professor, dann den Freund an. Manches schien ihm klar zu werden. „Deshalb das Theater mit der Bananenschale! Die Schale war für dich des Rätsels Lösung!“ „Eigentlich war sie nur ein Beweis mehr!“ meinte Superhirn. „Auf alles Unerklärliche war die Bananenschale sozusagen der letzte Reim. Denk nur an den Affenvortrag im Kasino: Und schon in der Wassertest-Anlage im Schwimmbad, als der greuliche Bademeister durch die Wand blickte, ahnte ich etwas.“ „Mr. Rollins, der Bademeister ist ein Affe“, bestätigte Charivari müde. „Ein besonderer ,Freund‘ meines Neffen. Leider hat er in der Aufsichtskabine Unfug getrieben. Gewöhnlich hat er die anderen Affen 87
beim Springen und Schwimmen im Testwasser zu überwachen und Funken auf sie abzuschießen, wenn sie sich raufen. Der ganze Feuerzauber traf nun ausgerechnet euch.“ "Wie viele Affen haben Sie in der Unterseestadt?“ warf Henri ein. „Sind es Schimpansen oder Gorillas?“ „Schimpansen“, beantwortete Charivari Henris letzte Frage zuerst. „Sie sind nur im Hauptquartier. Der eine – wie gesagt – als Bademeister, die vierund-zwanzig anderen im Gedankenauswertungsraum als Sachbearbeiter.“ „Aber man benutzt diese Tiere zusätzlich auch zur Verhaltensforschung, nicht wahr?“ erkundigte sich Superhirn. „Ich denke jetzt an das sonderbare Fitness-Center mit den eingebauten Filmkameras!“ Professor Charivari nickte. „Aber davon weiß niemand etwas außer Marco und mir. Die gelben Schutzanzüge sind natürlich nicht dazu da, um vor Strahlen zu schützen. Das brauche ich Superhirn nicht erst zu sagen, er weiß es längst. Der Dreß ist Tarnung, ebenso wie die Spiegelschilde vor den Gesichtern!“ „Sind es dressierte Menschenaffen?“ fragte Henri. „Unglücklicherweise nicht“, betonte Charivari. Seufzend fügte er hinzu: "Es sind MANIPULIERTE Affen! Es war dumm von mir, meinem Neffen zu gestatten, sie hier einzufliegen. Marco ist von der Idee besessen, aus Schimpansen, die wie die Menschen zu den PRIMATEN, also zu den Herrentieren zählen, eine niedrige, dienstbare Menschenart zu machen. Ich halte nichts davon.“ 88
„Und warum sehen Sie dann ruhig zu?“ fragte Superhirn. „Ich sehe gar nicht ruhig zu“, erwiderte Professor Charivari ärgerlich. „Neue Manipulationen dulde ich nicht. Wohl oder übel beschäftige ich Marcos hochgeschraubte Primaten als ,very important persons‘ – sehr wichtige Personen, VIPs. Ihr habt sie ja im Gedanken-Center erlebt!“ „Können Sie diese Burschen nicht mal in die Gedankenlesekabine stellen, wie Sie’s mit mir getan haben?“ fragte Superhirn. „Eben nicht, das ist ja das Gespenstische!“ murmelte der Professor. „Ich lasse die ganze Bande täglich nacheinander in die Gedankenlesekabine marschieren, aber der Gedankenaufzeichner, der bei dir soviel gemeldet hat, gibt bei den Affen fast gar nichts her.“ Charivari fügte hinzu: „In diesen Tieren geht etwas vor, das wissen wir. Besonders in Marcos gehirnmanipulierter Affenbande. Gerade aus den übrigen Versuchen mit Mr. VIP Primschief eins kennen wir dessen Fähigkeit, Zusammenhänge zu erfassen. Geistig verschließt er sich uns.“ Tati lugte in den Kommandoraum. „Wo bleibt ihr denn?“ rief sie. „Wir sitzen längst im Kasino beim Abendessen. Micha und Loulou haben schon je drei paar Würstchen verschlungen!“ „Einen Augenblick noch!“ sagte Superhirn schnell. „Der Professor hat mit Henri und mir etwas zu besprechen. Es wäre zu langweilig für euch.“ Tati verschwand. 89
„Was mir Sorge macht“, fuhr Charivari fort, "ist der Wutanzeiger im Gedanken-Center. Er steht seit Wochen über der Gefahrenmarke. In den letzten Tagen sind die Werte ungewöhnlich stark angestiegen. Der Siedepunkt des Zorns kann überdies bei Affen niedriger liegen als bei Menschen. Und er schwankt natürlich, je nach Person oder Exemplar.“ „Mit dem Wutanzeige-Gerät messen Sie doch nur die allgemeine Zornstrahlung“, meinte Superhirn. „Wäre es nicht besser gewesen, Sie hätten jedem einzelnen so ein Ding in Form einer Armbanduhr verpaßt? Daran hätten Sie doch sehen können, welcher der Affen die größte Wut hat!“ „Ich glaube, das weiß ich“, murmelte Charivari. „Also: Ich fahre jetzt zu Marco. Ihr seid hier sicher!“
Alarm in der Tiefseestadt nachtwache + absperrung geht nicht + befehlsanzug blinkt + hochalarm + prims sind ausgebrochen + marco wird verschleppt + alter monitor flieht + rettet charivari + „Es ist trotzdem ratsam, abwechselnd im Kom-
mandoraum Nachtwache zu halten“, sagte Superhirn später. Im Raumschiffhafen herrschte gespenstische Stille. Gegen Morgen, als sich Professor Charivari über 90
Bildschirm meldete, fragte Henri an, warum die bewegliche Absperrung nicht in Betrieb sei. „Sie funktioniert nicht mehr!“ lautete die Antwort. Nach dem Frühstück kam Charivari mit einem Ingenieur und einer Gruppe von Facharbeitern. Der Ingenieur und die Leute bestiegen sofort die Absperrbrücke, der Professor besuchte seine jungen Gäste im Raumschiff „Monitor.“ „Was gibt’s?“ erkundigte sich Superhirn. „Nichts Gutes!“ Der Professor ließ sich in einen Drehsessel fallen. „Ich habe Streit mit Marco. Er behauptet, die Prims seien arbeitsam, folgsam und gut gelaunt. Der Wutanzeiger spiele verrückt; das Ding sei sowieso eine Einrichtung für Menschen, und nicht für Affen.“ Er schwieg und blickte irritiert auf Tati, Micha, Prosper und Gérard. „Ich glaube, wir unterrichten die anderen jetzt über die Vorgänge“, schlug Superhirn gelassen vor. Und er begann: "Die Gelbdreßmänner mit den Helmen sind manipulierte Affen. Der Professor fürchtet seit einiger Zeit, sie könnten einen Aufstand beginnen und möglicherweise die Unterseestadt vernichten. Es hat keinen Sinn, euch das jetzt noch zu verschweigen oder umständlich und schonend beizubringen“, fuhr Superhirn fort. „Dazu ist die Lage zu ernst geworden. Wie hoch ist die Wutmarkierung im Affenzentrum?“ „Seit einer Stunde über hundert!“ antwortete Charivari. „Dabei ist den Prims überhaupt nichts anzumerken. Sie verrichten ihre Arbeit wie immer. Marco meint, sie hätten gestern nur durchgedreht, 91
als sie euch und vor allem den Hund erblickten. Sie sind Gäste nicht gewohnt, besonders kein fremdes Tier.“ Gérard fragte: „Ist es möglich, daß der Wutmesser falsch anzeigt?“ „Eben, ja!“ rief Charivari. „Wer weiß, was die Gehirnoperation bei diesen Affen bewirkt hat! Marco meinte, der Wutmesser registriert keinen Zorn, keinen Überdruß, keine böse Absicht, sondern Arbeitseifer!“ „Hui, das dürfen wir unseren Schullehrern nicht erzählen!“ meinte Micha. Obgleich ihm nicht wohl zumute war, mußte er lachen: "Ein Gerät, das Arbeitseifer anzeigt! Ich stelle mir das in unserer Klasse vor!“ „Du bist kein Affe, Micha!“ sagte Tati ärgerlich. „Lenk uns jetzt nicht ab!“ „Könnte wirklich Arbeitseifer die Ursache für die hohen Gefahrenwerte sein?“ forschte Superhirn. Wieder rief Charivari: „Ja! Ich sage doch: Wer kennt sich in diesen Affenhirnen aus! Marco schwört natürlich auf seine Helfer. Das grenzt schon an Besessenheit!“ „Ich will hier weg!“ maulte Micha. „Bitte, Herr Professor, bringen Sie uns in unseren Ferienort nach Frankreich!“ Charivari erhob sich. „Ihr werdet allein starten. Das neue Raumschiff ist einfacher zu lenken, als der alte ,Monitor‘. Hier, auf dem grünen Sessel ist der Platz des Kommandanten: deiner, Henri. Auf dem roten sitzt Superhirn als Ingenieur und Navigator. 92
Vor euch habt ihr die Sichtplatte. In ihrem Rand befinden sich eingebaute Mikrofone. Das Pult neben dem roten Sessel hat nur einen Knopf: Damit wird das gesamte Raumschiff gelenkt, ebenso werden sämtliche Funktionen an Bord hier ausgelöst.“ „Und wie?“ fragte Prosper. „Über Ansprache“, erklärte Charivari. „Wenn die Kontrollampe aufleuchtet, muß sich jemand über das Befehlspult beugen und erst einmal die Apparaturen auf die gewünschte Sprache einsteuern, also auf Englisch, Französisch, Spanisch oder Deutsch. Zum Beispiel: ,Ich spreche Französisch‘. Danach nehmen alle Geräte französische Kommandos an und führen sie aus!“ Superhirn blickte wie gebannt auf den Professor. Mit gepreßter Stimme fragte er: „Meinen Sie, daß wir jetzt noch wegkommen?“ Sämtliche Lämpchen am Anzug des Professors hatten auf einmal zu blinken begonnen. „Was ... was ist denn?“ Er blickte bestürzt an sich hinunter. „Zu spät!“ sagte Henri dumpf. Die Lämpchen – und auch der mächtige Siegelring des Professors – alles blinkte gelb! Die Prims mußten ausgebrochen sein ... „Marco!“ rief der Professor verzweifelt über Sprechfunk. „Marco, was soll das? Melde dich ... Hallo HQ Unterseestadt! Marco sofort antworten!“ Doch alles blieb still. „Kraftwerk eins!“ befahl Professor Charivari. 93
„Kraftwerk eins! Hier spricht der Chef! Offenbar
Aufstand im HQ! Isolieren Sie die Befehlszentrale einschließlich der GELB-SEKTION mit gepanzerter Luft!“ „Im Hauptquartier müssen alle entsprechenden Geräte zerstört worden sein“, erwiderte eine Stimme in Charivaris Empfänger. Luftpanzerung funktioniert nicht! Hier ist eine ganze Reihe von Sicherungen durchgebrannt!“ „Danke!“ murmelte der Professor. Er sprang mit einem Satz ans Befehlspult des Raumschiffs. „Wenn die Prims Marcos Schlüsselkarte an sich gebracht haben“, ächzte er, „dann können sie überall hin!“
„Die Affen kommen!“ schrie Micha.
Tatsächlich schleppten sie auch Marco mit.
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Er sprach auf die siebartige Platte des Befehlspultes. Erst steuerte er mit langsamen Worten ein, dann befahl er: „TRANS-PA-RENZ!“ Im nächsten Moment waren die Raumschiffwände so durchsichtig, als wären sie aus Glas. „Die Affen kommen!“ schrie Micha. „Keine Angst!“ sagte Charivari heiser. „Hier können sie nicht hinein. Bei Inbetriebnahme des Befehlsgeräts schließen sich die Luken.“ Aber genau wie die anderen, so beobachtete nun auch er, was draußen vor sich ging.
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Vier hohngrinsende Schimpansen, ohne Helm, in den bekannten Gelbdreßanzügen, sprangen nacheinander aus einem Zubringerauto. „Sie schleppen Marco mit!“ rief der Professor. Es mußte ein Kampf stattgefunden haben, denn Marcos Haare waren zerzaust; er hatte nur noch einen Schuh an, und sein Anzug wies Risse auf. Er war zu erschöpft, um sich zu wehren. Drei der Affen trugen ihn fast. „Wo bringen sie Marco hin?“ fragte Gérard leise. Bis auf einen Teil des Raumschiffhecks und die wichtigsten Verstrebungen waren die Wände noch immer durchsichtig. Im gleißenden Licht der Halle sah man die schaurige Gruppe sehr deutlich. „Absperrbrücke!“ rief Charivari über Sprechfunk. „Hier spricht der Chef ... Hören Sie mich?“ „Ja!“ kam die Antwort. „Reparatur noch nicht beendet! Eben sind zusätzlich ein paar RELAIS zerplatzt!“ „Lassen Sie das! Kommen Sie mit Ihren Leuten herunter und halten sie die gelben Kerle auf! Retten Sie meinen Neffen Marco!“ „Bedaure“, erwiderte der Ingenieur. „Wir sitzen alle in der Sperrschaltkabine fest! Die Türen gehen nicht auf!“ „Das habe ich mir beinahe gedacht“, sagte Charivari mit zitternden Lippen. „Die Affen sind mit Marco in der Befehlszentrale gewesen! Sie haben Marco gezwungen, jeden Raum im und beim Raumschiffhafen zu isolieren ...“ 96
„Herr Professor!“ rief Micha entgeistert. „Der
größte Affe trägt den silbernen RaumschiffSicherungsknopf. Das Ding kenne ich!“ „Also wollen sie hier herein?“ fragte Tati. Ihre Stimme schwankte. „Nein. Sie laufen zum alten Raumschiff!“ rief Superhirn. „Anscheinend wissen sie, daß man für das neue keinen Knopf, sondern eine Lochkarte als Zündschlüssel braucht!“ Fieberhaft verständigte sich Professor Charivari mit allen Bezirken der Unterseestadt. Den Antworten war zu entnehmen: Überall herrschte Verwirrung. Charivari drehte hastig an seinem Mikrofonring: „Wo sind die Prims jetzt?“ „In der anderen Garage!“ erwiderte Henri. „Jetzt ist die Wand dazwischen. Wahrscheinlich klettern sie ins andere Raumschiff!“ „Ich muß sie hindern!“ murmelte der Professor. Er hastete zum Befehlspult. „Halt!“ riet Superhirn. „Lassen Sie die Luken noch geschlossen! Es sind erst vier vorbeigelaufen: Mr. Primchief, Nummer eins und drei seiner Arbeitsgruppe, offenbar Mr. Primrose, Mr. Primsmith und Mr. Primpan! Mr. Primroses Namen habe ich jedenfalls auf dem Schutzanzug erkannt. Aber wo sind die anderen? Wenn Sie jetzt rausgingen, Herr Professor ...“ „... dann würden Sie ihnen vielleicht in die Arme laufen!“ vollendete Prosper entsetzt Superhirns Gedanken. 7 4963-9
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„Ihr habt recht!“ gab Charivari zu. „Ihr habt recht.
Wir haben fünfundzwanzig Affen auf der Station. Wer weiß, was der größere Teil schon eingeleitet hat ... einige Lämpchen an meinem Befehlsanzug blinken nicht mehr. Sie flackern nur ...“ „Die Affen haben in ihren manipulierten Hirnen eine Menge Wissen gespeichert, ohne sich’s anmerken zu lassen!“ sagte Superhirn nachdenklich. „Woran hast du denn das erkannt?“ fragte Tati ungläubig. „An der Zielstrebigkeit, mit der die vier hier vorbeiliefen“, antwortete Superhirn. Charivari lief zum Befehlspult, sprach ein paar Kommandos und wendete den Blick zu dem Gerät, das wie eine riesige, runde Tischplatte aussah. Diese Sichtfläche kannten die jungen Gäste schon aus dem anderen Raumschiff. „Das alte Raumschiff ,A-Monitor‘ startet!“ rief der Professor fassungslos. „Dachte ich mir!“ sagte Superhirn. „Fragt sich nur, wohin! Zum Mond?“ Charivari verlor den letzten Rest von Selbstbeherrschung. „Zurückholen!“ stammelte er. „Zurückholen! Wir sind verloren! Die ganze Menschheit ist verloren! Meine Kraftbatterien auf dem Kleinplaneten Ikarus... Sie dürfen sie auf keinen Fall in ihren Besitz bringen ...“ „Ich denke, wir müssen jetzt erkennen, was das Wichtigste ist“, sagte Superhirn entschlossen. „Bitte helfen Sie uns dabei! Nur so können wir auch Ihnen 98
helfen! Was sind das für Batterien? Und wo liegt der Kleinplanet? Das heißt: Welchen Kurs muß man einschlagen, um dorthin zu kommen?“ Charivari gewann einen Teil seiner Selbstbeherrschung zurück. „Der Kleinplanet Ikarus, Asteroid Nummer 1566, kreist mit einer Umlaufzeit von 1,12 Jahren um die Sonne“, erklärte der Professor. „Auf diesem Kleinplaneten gewinne ich eine Energie, die der Wasserstoffkraft, der Licht- und Atomenergie – sowie allen bisher bekannten Energien – überlegen ist: Die Kraft des NICHTS.“ „Des Nichts?“ fragte Micha, als habe er nicht recht gehört. „Mit nichts kann man nichts anfangen! Meine Lehrer sagen immer ...“ „Sei still!“ unterbrach Tati. Hastig fuhr Professor Charivari fort: „Ich will euch keine langen Vorträge halten. Jedenfalls habe ich nur mit dieser Energie vom Kleinplaneten Ikarus die Unterseestadt hier so schnell errichten können. Wie ich Superhirn kenne, hat er sich ständig darüber Gedanken gemacht.“ Der Junge nickte. „Wenn ich keine Energie vom Kleinplaneten Ikarus, dem Asteroid 1566, mehr bekomme, muß ich alle meine Pläne aufgeben!“ sagte Charivari. „Und schlimmer noch: Wer sich in böser Absicht der Batterien auf dem fremden Himmelskörper bemächtigt, kann die Erde zerstören!“ „Sie meinen“, fragte Henri mit vor Schreck gewieteten Augen, „Sie meinen, das haben die vier Prims 99
vor? Mit Hilfe Marcos, den sie zwingen werden ...“ Er stockte. Superhirn drängte: „Wir müssen etwas tun, Herr Professor! Langes Überlegen kostet uns nur Zeit!“ Plötzlich sagte der Professor ruhig: „Verfolgt das andere Raumschiff und zwingt es zur Aufgabe! Inzwischen versuche ich, die Herrschaft über die Unterseebasis wiederzuerlangen ...“ Durch ein Kommando auf die Platte des Befehlspultes öffnete er die Ausstiegsluke und sagte: „Die Maschinenstimme gibt euch stets Auskunft. Das technische Hirn des Raumschiffes reagiert auf eure Worte und bringt sie in den richtigen Zusammenhang, damit die nötige Wirkung erfolgt. Superhirn! Als erstes befiehlst du: ,Start durch Schleuse‘!“ „ ,Start durch Schleuse‘!“ wiederholte Superhirn, als der Professor draußen war. „Noch eins!“ Der Professor rief von außen durch die Luke: "Der neue ,Monitor‘ hat viele Besonderheiten! Ihr könnt es mit dem Affenschiff zehnmal aufnehmen, auch wenn ihr keinen Funkkontakt mit mir habt!“ „Affenschiff!“ Micha mußte lachen. „Sagen wir doch gleich: Affenschaukel!“ Von diesem Augenblick an sollte das alte Raumschiff kaum noch anders genannt werden ...
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Begegnung im Weltall raumschiff in keinem mikroskop erkennbar + tati will nicht unsichtbar sein + verfolgung der affenschaukel + kurs asteroid nummer 1566 + landung im krater + achtung + prims kommen + wirbel in Ikarusstation + Superhirn, Henri, Prosper, Gérard – und selbst Tati und Micha wußten schon, daß Charivaris Raumschiffe ein eigenes SCHWERKRAFT-ZENTRUM hatten. Also brauchten sie sich nicht anzuschnallen. Wie sich der Rumpf des „Monitors" auch drehte, Kommando-, Wohn- und Lastenkapsel blieben stets waagerecht. Superhirn setzte sich in den roten Sessel des Navigators und Chefingenieurs, Henri in den grünen des Bordkommandanten. Die anderen, Tati mit Loulou im Arm, nahmen die übrigen Plätze an der Sichtplatte ein. „Ich verstehe euch nicht“, sagte Tati. „Erst haltet ihr den Professor zurück, weil er den Affen im Hauptquartier in die Arme laufen könnte und nun fahren wir ohne ihn ab!“ „Er hat es nicht anders gewollt“, erwiderte Henri. „Außerdem wird ihm längst wieder eingefallen sein, was er in solcher Lage tun muß!“ 101
„Start durch Schleuse!“ sprach Superhirn auf die
Platte des Befehlspultes. „Start ... durch ... Schleuse ...“, wiederholte die Maschinenstimme. Die Luken waren längst geschlossen, und die Wände nicht mehr durchsichtig. „Achtung!“ sprach der junge Navigator und Flugingenieur das „technische Hirn" des neuen Raumschiffs an: „Wichtigste Start-Umstände melden!“ Die Apparatur brauchte kaum eine Sekunde, um den Befehl zu begreifen. Exakt sagte die Maschinenstimme alle Einzelheiten an. Plötzlich aber kam etwas Merkwürdiges: „Stop! – Mi-kro-fi-zie-ren!“ klang es schaurig durch den Kommandoraum. „Stop! – Mi-kro-fi-zie-ren!“ „Was?“ rief Micha, „spazieren? Ich hab was von ,spazieren’ verstanden!“ „MIKROFIZIEREN“, betonte Henri. Alle blickten auf Superhirn. Die Augen des dürren Jungen hatten sich geweitet. „Gibt’s was Besonderes?“ fragte Tati unruhig. „Du machst ja so ’n komisches Gesicht!“ Superhirn beugte sich über die Befehlsplatte. Heiser gab er Anweisung: „Vorgang genau erklären!“ Die Maschinenstimme schwieg. „Vorgang erklären!“ wiederholte Superhirn. „Ebenso könntest du fragen: ,Wo kriegt man in Paris ’ne eisgekühlte Limonade?‘“ meinte Gérard. „Die Maschinenstimme ist doch nicht auf jede Frage vorbereitet!“ 102
Doch Superhirn ließ nicht locker. Er stellte die gleiche Frage in immer anderer Form, und auf einmal ertönte es: „Raumschiff Monitor wird in der Schleuse verkleinert ... für Auge nicht mehr erkennbar ... nicht mehr erkennbar ... nicht mehr erkennbar ...“ Die Stimme verstummte. „Heißt das ...“, räusperte sich Prosper, „heißt das, wir alle sind jetzt nur noch Stäubchen in einem Staubkorn?“ „Weniger“, sagte Superhirn. „Ich schätze, man könnte unser Raumschiff nicht mal durch ein Elektronenmikroskop erkennen. Wir haben uns im gleichen Verhältnis wie das Raumschiff verkleinert, deshalb merken wir nichts!“ Die Maschinenstimme meldete jetzt den Start und in schneller Folge die zurückgelegten Kilometer durchs Wasser. Endlich erscholl es: „Atlantik verlassen ... Eintritt in die Atmosphäre ...“ Gleichzeitig sah man auf der Sichtplatte den Himmel. „Sind wir immer noch verkleinert?“ fragte Micha. „Scheint so“, murmelte Henri. „Seht mal: In der Wand leuchtet ein Zeichen auf. Es hat die Umrisse eines Mikroskops – mit einem Minuszeichen davor!“ Superhirn nickte. „Ein Kontrollsignal! Es weist auf unsere gegenwärtige Größe – besser gesagt: Winzigkeit – hin.“ „Ich war so froh, daß ich im letzten Jahr wieder ein paar Zentimeter gewachsen bin!“ maulte Micha. 103
„Immer hieß es: Der Kleine! Und wie sitze ich jetzt
hier?“ „Was für einen Zweck soll die Verkleinerung haben?“ griff Gérard Tatis Frage auf. Bevor Superhirn antworten konnte, ertönte die Maschinenstimme: „Kurs angeben! Kurs angeben! Kurs angeben!“ „Was denn?“ rief Prosper. „Diese blöde Stimme antwortet nicht nur auf Fragen, sie gibt sogar Befehle!“ „Also ist sie gar nicht blöd“, meinte Superhirn grinsend. „Sie macht uns darauf aufmerksam, was wir tun müssen! Fabelhafte Einrichtung!“ Er beugte sich über die Pultplatte: „Fliehendem Raumschiff folgen ... Kurs wie das Raumschiff vor uns ...“ „Das versteht der unsichtbare Sprechmaxe nicht“, behauptete Prosper. Und wirklich schwieg die Stimme. „Das technische Hirn läßt jetzt den Himmel vor uns abtasten, wie viele Raumschiffe etwa unterwegs sind“, erklärte Superhirn. „Dann nennt es uns alle georteten, und ich gebe das richtige an!“ „Möchte wissen, woher du deine Weisheiten immer beziehst!“ sagte Tati wütend. „Ich komme mir vor wie ein Schaf! Der Gedanke, verkleinert hinter einer Affenschaukel herzufliegen und auf eine scheußliche Maschinenstimme angewiesen zu sein, ist alles andere als gemütlich!“ Superhirn antwortete lächelnd: „Du verstehst si104
cher viel vom Tanzen, Tati. Aber von technischen Dingen hast du keine Ahnung! Ich gehe immer davon aus, daß Professor Charivari die perfektesten Lösungen gefunden hat, solche, von denen gewöhnliche Forscher nur träumen! So begreife ich sehr schnell, wie alles funktioniert!“ „Still!“ rief Henri. Die Maschinenstimme nannte die Position der „Affenschaukel“. Gleichzeitig erschienen die Umrisse des verfolgten Raumschiffes auf der Wand. Kein Zweifel: Man war dem Ausreißer auf den Fersen. Dahinter aber blitzte ein winziges Fünkchen, dessen Abstand zum Raumschiff immer kleiner wurde. „Sind wir dieses Fünkchen?“ fragte Gérard. „Offenbar!“ bestätigte Superhirn. „Aber was den Zweck der Verkleinerung betrifft: Ich denke, wir sind winzig, damit wir jedes Hindernis glatt durchbrechen können!“ ,Achtung!“ meldete Henri. „Verfolgte Affenschaukel erscheint auf der großen Platte!“ Er las die Zahlen und Stichworte, die über das rundtischförmige Gerät glitten. „Kein Weltraumkurs, Superhirn! Die Affenschaukel saust wie ein gewöhnliches Flugzeug durch die Luft – über die Erde hin! Wir überqueren jetzt Nordamerika!“ „Hm.“ Superhirn dachte nach. „Marco wird versuchen, die Affen zu überlisten. Die Viecher mögen noch so klug sein – aber sie haben keinerlei Erfahrung mit Raumschiffen. Sie sind auf Marco angewiesen!“ 105
Die nächsten Stunden brachten nichts Neues. Die verfolgte „Affenschaukel“ umkreiste die Erde, aber sie blieb nach wie vor im Luftraum. Offenbar vereitelte Marco erfolgreich den Weltraumkurs zum Planeten Ikarus. Tati, Micha, Prosper und Gérard hatten sich für ein Weilchen in ihre Kabinen zurückgezogen. Superhirn und Henri saßen im Kommandoraum allein, als plötzlich das Gesicht Professor Charivaris auf einem bisher verborgenen Wandbildschirm erschien. „Hier Hauptquartier Unterseestadt!“ ertönte seine wohlbekannte Stimme. „Es spricht der Chef!“ Schnell schaltete Superhirn die Geräte an der Sichtplatte ein, so daß der Professor sie sehen und hören konnte. „Hallo! Was gibt’s?“ rief er erleichtert. „Die meuternden Prims im Hauptquartier sind größtenteils unter Kontrolle!“ berichtete Professor Charivari. „Wie haben Sie denn das geschafft?“ staunte Henri. „Mit Hilfe des Bademeister-Affen“, erwiderte der Professor. „Das ist der gewisse Mr. Rollins, den ihr vom Schwimmbad aus gesehen habt. Jetzt suchen wir noch drei Affen, die sich irgendwo versteckt halten!“ Superhirn meldete seine Beobachtungen. Henri nannte danach die Kursdaten, die laufend vor ihm über die Sichtplatte glitten. „Wie sollen wir die Affenschaukel herunterholen?“ fragte Superhirn. „Ich meine das Raumschiff mit Marco und den Prims? Ich glaube, daß Sie uns nicht umsonst mikrofiziert haben!“ 106
„Gewiß nicht!“ erklärte Charivari. „Das ist ein Teil
meines Plans! Hört genau zu: Ihr könnt euch selber wieder zur ursprünglichen Größe verhelfen, indem ihr dem technischen Hirn den Befehl ,Makrofizieren!‘ gebt. Wichtig für eine mögliche Landung! Vorerst bleibt aber im gegenwärtigen Zustand!“ Charivari gab den beiden Jungen eine ganze Reihe von Anweisungen und Erläuterungen und beantwortete viele Fragen. Doch als Superhirn sich erkundigte: „Und was machen wir jetzt mit dem Affenschiff?“ brach die Verbindung plötzlich ab ... Die beiden Jungen warteten eine halbe Stunde, ohne daß sich der Bildkontakt wieder einstellte. „Ich habe es satt“, sagte Superhirn. „Hole die anderen her, Henri! Wir müssen handeln!“ Als die Freunde im Kommandoraum versammelt waren, entschied er: „Wir greifen die Affenschaukel an! Dazu fahren wir die vier Mini-,Monitore‘ im Lastenraum aus und bilden eine Fünferstaffel!“ „Du willst ... du willst die anderen vernichten?“ fragte Gérard. Superhirn runzelte die Stirn, als er sagte: "Das Wort ,vernichten‘ steht weder auf Charivaris noch auf meinem Programm. Wenn möglich, will ich die Prims unversehrt in die Unterseestadt zurückbringen. Wir zerstören nur die Bordküche der Ausreißer, die Lebensmittel- und Getränkevorräte und die automatischen Zubereitungsanlagen!“ „Ich verstehe!“ rief Prosper begeistert. „Wir sind doch noch verkleinert, nicht wahr? Also durchstoßen 107
wir mit den Beischiffen die Wände der Affenschaukel und schwirren bei denen in der Küchenautomatik herum! Wir bringen alles durcheinander! Öl, Trinkwasser, Hühnerbrühe, Himbeereis, Kakao, Essig, Milch ...“ „Iii, sei still, mir wird schlecht!“ rief Tati. „Prosper hat’s erfaßt!“ sagte Superhirn grinsend. „Die Prims haben sowieso einen Fehler gemacht: Sie kümmerten sich nicht um ihre Verpflegung! Ha, ha! Ich wette, sie durchstöbern das Raumschiff schon längst nach Bananen und Nüssen! Das, was die Küche automatisch hergibt, muß ihnen gründlich verleidet werden! Selbst ein Prim wird wieder zum Affenkind, wenn er Durst hat! Dann wendet er sich hilflos an seinen Wärter Marco!“ „Mensch ... eine fabelhafte Idee!“ gab Tati staunend zu. „Da mache ich mit! Schließlich kenne ich die Küche in der Affenschaukel von früher recht gut!“ Henri blieb mit Micha und Loulou im Kommandoraum des Haupt-„Monitors“, um Superhirn, Prosper, Gérard und Tati in den Mini-„Monitors“ aus dem Lastenteil hinauszuschleusen. Die Einzelanweisungen hierzu gab ihm die Maschinenstimme. „Aber wenn die Mini-,Monitore‘ auch so wahnsinnig verkleinert sind, können sie doch nichts kaputtmachen!“ rief Micha. „Doch! Sie haben ja ihre Strahlungskanonen!“ erklärte Henri. Er schaltete den Sprechfunk ein. Nacheinander meldeten sich Superhirn, Tati, Prosper und Gérard. 108
„Handsteuerung funktioniert prima!“ ertönte Tatis
Stimme. „Gut!“ hörte man Superhirn sagen. „Ich fliege zur Backbordseite der Affenschaukel; ihr folgt mir gestaffelt! Achtung, wir sausen jetzt durch die Raumschiffwand!“ „Hoffentlich landen sie nicht im hohlen Zahn eines Affen!“ meinte Micha ängstlich. Nach bangen zehn Minuten meldete sich Superhirn wieder: "Küchenautomatik völlig zerstört! Trinkwasser ungenießbar gemacht! Befinden uns auf dem Rückflug zum Mutterschiff! Alles zur Aufnahme vorbereiten!“ Micha hopste vor Ungeduld mit dem Pudel um die Wette, während Henri das technische Hirn des ,Monitors‘ befragte. Endlich begann das Rückschleusen der Mini-Raumschiffe in den Lastenteil. Als der Vorgang abgeschlossen war, dauerte es nicht lange, und Superhirn, Tati, Gérard und Prosper kamen atemlos in den Kommandoraum. „Das war ein Spaß!“ rief Tati, als hätte sie einen harmlosen Ausflug gemacht. „Kinder, wir sind durch die Tiefkühlanlage geschwirrt wie eine Tüte Motten!“ Gérard feixte: „So was von Umweltverschmutzung könnt ihr euch nicht vorstellen! Schätze, die an feine Speisen gewöhnten Prims kriegen Krämpfe, wenn sie einen Schluck aus der Leitung nehmen!“ „Was heißt Leitung?“ fragte Prosper. „Da ist wohl alles durchsiebt!“ „Ich hatte den Sichtschirm in meinem Mini so ein109
gestellt, daß ich die Besatzung sehen konnte“, berichtete Superhirn. „Bist du durch die Befehlszentrale geflogen?“ fragte Henri. „Ja! Marco sitzt an der großen Platte, Mr. Primchief hockt im Sessel neben ihm. Mir ist jetzt klar, warum die so ziellos dahintrudeln! Mr. Primrose und Mr. Primsmith benehmen sich ja noch einigermaßen. Aber Mr. Primpan rennt wie verrückt herum. Es sollte mich nicht wundern, wenn er auf jeden Leuchtknopf drückt, den er sieht!“ „Was werden sie deiner Meinung nach jetzt machen?“ „Ich bin fest davon überzeugt“, sagte Superhirn, „daß auch in manipulierten Affen das Äffische stärker ist als das Menschliche. Affen haben einen guten Sinn dafür, daß sie ihrem Wärter gegenüber ,unartig‘ waren. Wenn der Übermut verraucht ist – und er verraucht ganz schnell bei Hunger und Durst –, werden sich die Prims wie kleine Kinder an ihren Herrn und Meister Marco wenden. Marco wird sie beruhigen, wird ihnen Berge von Bananen in der Unterseestadt versprechen. Dann sind sie still, und er kann das Raumschiff seelenruhig zur Basis zurückführen!“ „Und falls du dich irrst, was dann?“ fragte Gérard. Superhirn schwieg. Er versuchte, Bild- und Hörfunkverbindung zum Hauptquartier der Unterseestadt herzustellen. Vergeblich! Endlich sagte er: „Wir nehmen Kurs auf Asteroid 1566, den Klein110
planeten Ikarus. Wenn sich die Prims wider Erwarten nicht so verhalten, wie ich denke, und wenn sie Marco doch noch zwingen, dieses Ziel anzusteuern – dann ... hm, dann sind wir jedenfalls eher da!“ Superhirn ging zum Befehlspult und sprach auf die Kontaktplatte: „Kurs Asteroid Nummer 1566 ... Asteroid Nummer 1566 ... Kleinplanet Ikarus!“ „Kurs Asteroid Nummer 1566, Kleinplanet Ikarus!“ wiederholte die Maschinenstimme laut und deutlich. Henri beobachtete die rasch über den Visor gleitenden Daten. „Wir sind jetzt im Weltraum!“ meldete er nach einer Weile. „Das ist mir egal!“ maulte Micha. „Ich habe Hunger! Unsere Küche ist doch hoffentlich nicht kaputt?“ „Zum Glück nicht!“ beruhigte ihn Tati. „Komm, wir werden eine besonders leckere Mahlzeit zusammenstellen!“ Als sie zurückkamen, herrschte überall ein blaues Licht. „Und was soll das scheußliche Blaulicht?“ fragte Micha im Kommandoraum. „Die Raumschiff-Automatik, das technische Hirn, hat durch die Maschinenstimme zum Makrofizieren geraten“, erklärte Henri. „Superhirn hat eine Anweisung auf die Befehlsplatte gesprochen, und daraufhin leuchteten alle Innenwände, Böden, Decken und Abrundungen blau auf.“ „Auf der Wand siehst du ein Sichtbild in Form 111
unseres ,Monitors‘ “, ergänzte Superhirn. „Die Maßstabsangabe daneben zeigt dir, daß das Schiff seine ursprüngliche Größe wiedererlangt hat! Kein Zweifel: Dieser Vorgang hängt mit dem blauen Licht zusammen.“ „Und wir sind auch wieder so groß wie vorher?“ vergewisserte sich Micha. „Und Loulou ebenfalls!“ feixte Gérard. „Das Blaulicht verblaßt!“ stellte Prosper fest. „Zum Glück!“ meinte Superhirn. „Die RückVergrößerungsstrahlung dürfte auf die Dauer gefährlicher sein, als alles, was man an Strahlen in der Medizin verwendet ...“ Er beugte sich über die große Sichtplatte. „Wir umkreisen den Asteroiden Ikarus. Aber ich erkenne keinen Landeplatz!“ „Wir umkreisen den Asteroiden Ikarus! Aber ich erkenne keinen Landeplatz!“
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Tati schauderte: „Das sieht ja gräßlich aus da unten! Und das soll ein Planet sein ... also etwas Ähnliches wie unsere Erde?“ Superhirn lachte trocken. „Die Ähnlichkeit erschöpft sich darin, daß der Asteroid Nummer 1566 – auch ,Kleinplanet Ikarus‘ genannt – ebenfalls um die Sonne kreist. Seine Umlaufzeit beträgt 1,12 Jahre, und er nähert sich unserer Sonne bis auf die verhältnismäßig geringe Entfernung von 28,5 Millionen Kilometer!“ „Gering!“ murmelte Gérard. „So eine geringe Entfernung möchte ich nicht zu Fuß zurücklegen!“ „Wenn der Asteroid 1566, also dieser Ikarus, der Erde nahekommt, wirkt er von da aus nicht ganz so hell, wie ein Stern 12. Größe. Das heißt: Er ist von der Erde her mit bloßem Auge nicht erkennbar. Übrigens hat er eine Neigung von 23 Prozent gegen die Erdbahnebene, er läuft außerordentlich steil durchs Sonnensystem ...“ Was Superhirn da sagte, kümmerte Micha und Tati nicht. Sie blickten wieder auf die Informationswand, auf der neue Sichtzeichen und Zahlen erschienen waren. „He!“ bemerkte Prosper erstaunt. „Was ist denn das schon wieder?“ Superhirn studierte die Zeichen eine Weile. Dann sagte er: „Symbole für Außentemperatur, atmosphärische Außenwerte und Schwerkraftverhältnisse auf Ikarus!“ „Ach, ja!“ rief Micha freudig. „Wieviel Grad 8 4963-9
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Wärme? Und schöne, klare Luft vielleicht? Schwerkraft ist Anziehungskraft, oder? Können wir nach der Landung herumhopsen wie auf der Erde? Das wäre herrlich! Loulou braucht Auslauf! Das Raumschiffheck ist für Hundespaziergänge ziemlich langweilig!“ „Ich fürchte, ich muß dich und Loulou enttäuschen“, sagte Superhirn. „Jeder Quadratzentimeter der Ikarus-Oberfläche erhält pro Minute 25 Kalorien – also Wärmeeinheiten, das sind in Wärmegraden gemessen irrsinnige Hitzewerte. Wenn du hier zur Schule gehen könntest, Micha, würdest du stets und ständig gleich zigmal hitzefrei kriegen!“ „Was denn – bei der Landung verbraten wir?“ fragte Gérard. „Da brauche ich ja wohl nach Luft und Schwerkraft nicht mehr zu fragen!“ „Richtig!“ Superhirn grinste. „Selbst ohne die mörderische Sonnenhitze ist der Kleinplanet kein idealer Campingplatz! Er hat keine ATMOSPHÄRE und seine Anziehungskraft ist kaum spürbar. Beim Aussteigen gibt’s für uns kein Oben und kein Unten, wir würden wie Papierschnitzel umeinander herumfliegen!“ „Aber was sollen wir denn auf so einem ... so einem Himmelsbrocken?“ erkundigte sich Tati. Sie starrte auf die runde Sichtplatte: „Ich sehe nur Gesteinswüsten, Krater, Buckel ... alles kahl! Nirgends ein bißchen Grün, keinen noch so vertrockneten Wald, keinen See und keinen Fluß!“ „Der ganze Ikarus ist ein einziger Felsbrocken“, 114
erklärte Superhirn, „und er hat nicht einmal ein Hundertstel der Größe unserer Erde. Aber ihr vergeßt eines: Wir sind nicht gestartet, um uns in irgendeinem Weltraumparadies zu tummeln. Wir wollen doch sehen, ob Charivaris Energiestation genügend abgesichert ist!“ „Nun umrunden wir Ikarus zum soundsovielten Mal“, brummte Gérard, „und auf der Sichtplatte ist nichts von einer Station zu erkennen!“ „Die Energiesammlungs-Anlagen werden in den Kratern getarnt sein“, meinte Superhirn. „Das Kraftwerk selbst mit den Speicherbatterien befindet sich verständlicherweise unter der Oberfläche, also im Inneren des Kleinplaneten!“ Plötzlich ertönte die Maschinenstimme: „Energiestation verlangt Erkennungsdaten ... Energiestation verlangt Erkennungsdaten ... Energiestation verlangt Erkennungsdaten ...“ „Was heißt denn das nun wieder?“ rief Tati unwillig. „Für jemanden, der was von Raumschiffen versteht, nichts Besonderes!“ beschwichtigte sie Superhirn. „Wir müssen über Mikrofon eine Kennziffer funken, sonst wehrt sich die Stationsautomatik gegen unsere Landung. Das ist doch klar!“ „Klar?“ fragte Micha. „Ich hör nur: ,Wehrt sich‘! Soll das heißen, daß wir in den Weltraum zurückgeschleudert werden, wenn wir die Erkennungsnummer nicht wissen?“ „Kluger Junge!“ murmelte Superhirn. „Machst du 115
aber Fortschritte! Im Ernst – deine Lehrer würden staunen!“ Er wandte sich an die anderen: "Um zu verhindern, daß andere als Charivaris Raumschiffe hier landen und so etwa die Station entdeckt wird, leitet die Stationsautomatik den Landevorgang nur nach Angabe der Kennziffer ein ...“ Er beugte sich über das Befehlspult: "Erkennungsdaten für Landung auf Asteroid Nummer 1566! Benötige Erkennungsdaten für Landung auf Asteroid Nummer 1566 Ikarus!“ Das technische Hirn des ,Monitors‘ spurte wieder überraschend schnell. Auf der Wand erschien eine lange Leuchtziffer-Folge. Henri sprach sie ganz langsam und deutlich in sein Tischmikrofon. „Die Stationsautomatik ist angesprochen! Sie funktioniert!“ rief er danach. Vor Eifer berührte er die Sichtplatte fast mit der Nase. Mit Spannung verfolgten jetzt auch die anderen, wie die Oberfläche des Kleinplaneten immer näher und näher kam. Bei der überaus starken Sonnenhelligkeit erkannten sie immer deutlicher die Einzelheiten einer trostlosen Felslandschaft. „Wir stehen über einem gewaltigen Krater!“ meldete Henri. „Und jetzt senken wir uns langsam hinab wie ein Hubschrauber!“ „Wahrscheinlich sind wir in einem Strahlenfang!“ Er kicherte: „Unsichtbare, liebevolle Arme empfangen uns und leiten uns in die Tiefe!“ Auf einmal wurde die Sichtplatte dunkel. 116
„Was ist nun?“ fragte Micha.
Nicht lange, und die Maschinenstimme gab Auskunft: „ ,Monitor‘ auf Fahrstuhl... gleitet ins Innere ... Schwerkraftkleidung anziehen ... Schwerkraftkleidung ...“ Im Bordmagazin fand die Besatzung die durch Aufschrift gekennzeichneten Anzüge. „Damit wir uns so bewegen können wie auf der Erde“, sagte Superhirn. „Raumfahrerhelme, Sauerstoffmasken und -flaschen brauchen wir nicht. Wie ich an der Signalwand eben sah, herrscht in diesen Höhlen ein für uns gewohntes Klima. Selbstverständlich eine künstlich geschaffene Einrichtung!“ Den Pudel mußte man in den abgeschnittenen Ärmel eines überzähligen Anzugs hüllen. Pausenlos ertönte die Maschinenstimme: „Landevorgang beendet... Ausfahrt aus Fahrstuhl auf Hohlschiene ... Schiff steht ... Schiff steht ... Besatzung kann von Bord ... Besatzung kann von Bord ...“ Erst als Superhirn die Luken öffnen ließ, schwieg die Stimme. „Hoffentlich sind hier keine Affen als Ingenieure ... oder als Sonstwas!“ ängstigte sich Micha. „Im Ikarus-Inneren findest du bestimmt kein Lebewesen“, beruhigte ihn Superhirn. „Meinst du, Charivari ließe jemanden ständig unbeaufsichtigt bei seinen kostbaren Batterien?“ Über die automatisch ausgefahrene Treppe verließen die jungen Raumfahrer den Monitor. Verblüfft sahen sie sich um. 117
„Ich dachte“, begann Tati, „in diesen unterirdischen ...“ Sie verbesserte sich: „ ... in diesen
Räumen unter der Ikarus-Oberfläche würden wir auch nur kahle Felsen vorfinden. Und höchstens die Batterien, um die sich der Professor vor Sorge fast den Bart abgerupft hat!“ „Das ist ja hier wie in einem Park, einem botanischen Garten oder einem Treibhaus!“ rief Prosper. „Freunde, seht mal den riesigen Fahrstuhleingang, aus dem der ,Monitor‘ auf eine breite, eingleisige Hohlschiene in die Station geglitten ist!“ „Die Hohlschiene hat sogar eine Weiche für ein zweites Raumschiff!“ stellte Henri fest. Superhirn spähte nach allen Seiten. „Ha!“ triumphierte er. „Ich komme dem Professor auf die Schliche! Er hat hier nicht nur eine Energiestation, sondern auch Versuchsplantagen!“ In dem gewaltigen Treibhaus, das sich irgendwo in der Ferne verlor, sah man tatsächlich Bäume, Büsche und Pflanzen. Vorsichtig traten die Sechs mit dem Hund ihren Erkundungsgang an. „Mit den riesigen Kästen da, die wie Transformatorenhäuser aussehen, wird künstliches Erdklima erzeugt!“ vermutete Superhirn. „An der Oberfläche dieses Kleinplaneten wäre das nicht möglich! Da ist auch eine Berieselungsanlage. Natürlich ist das Wasser mit Raumschiffen eingeflogen worden; oben würde es verdampfen.“ Er lachte wieder. „Was kicherst du denn so albern?“ fragte Gérard. 118
„Weil ich sehe, daß Professor Charivari hier
versucht, der Schwerelosigkeit ein Schnippchen zu schlagen!“ erklärte Superhirn grinsend. „Aber das ist ihm nur zum geringsten Teil gelungen! Gut, der Raumschiffbahnhof und vieles andere steht. In unseren Schwerkraftanzügen bewegen wir uns ganz normal. Aber seht doch mal, wie seltsam die Bäume und Pflanzen wachsen!“ „Die Gartenerde zieht sich in komischen Kästen immer an den Wänden entlang“, stellte Henri fest. „Die Dinger sind geschlossen, und sie sind aus besonderem, fest verankertem Glas, Luft und Wasser werden in Röhren eingeschleust und durch Düsen und Siebe verteilt!“ „Sonst würden sämtliche Sandteilchen frei im Raum stehen!“ nickte Superhirn. „Die Bäume kleben richtig an den Felsen! Auch die Früchte haben eine gewisse Neigung wandwärts!“ „Früchte!“ rief Micha. „Riesige Apfelsinen! Und Zitronen! Sogar Kokospalmen sind da!“ „Dahinten beginnen Bananenhaine!“ erkannte Tati. „Die scheinen überhaupt kein Ende zu nehmen!“ „Aber wie wachsen die denn, wenn’s mit der Schwerkraft nicht klappt?“ wunderte sich Prosper. „Na, warum sind alle Kulturen an den Wänden?“ fragte Superhirn zurück. „Eben deshalb: Der Ikarus ist ein Kleinplanet. Wenn er sich dreht, macht sich die Fliehkraft verhältnismäßig stark bemerkbar. Das heißt: Sie wirkt. Sie wirkt als eine Art Ersatz119
Schwerkraft. Und das genügt für die Obstkulturen, da ja die klimatischen Bedingungen künstlich gegeben sind!“ „Ich will eine frische Apfelsine essen!“ verlangte Micha. „Erst suchen wir die Batterien, in denen Charivari die kostbare Nichts-Energie speichert“, entschied Superhirn. Sie brauchten nicht weit zu gehen. Gleißende Helligkeit, die aus einer Höhlennische kam, wies ihnen den Weg. Plötzlich standen sie vor einer Panzerglaswand. „Ich schätze, die durchbricht nicht einmal ein gewöhnliches Kanonengeschoß – ganz gleich, welchen Kalibers und welcher Durchschlagskraft!“ staunte Henri. „Ha, und dahinter stehen die Wunderbatterien!“ „Sieht aus, wie ein x-beliebiger Maschinenraum, bloß, daß sich nichts bewegt!“ sagte Gérard enttäuscht. „Und doch wird hier eine Energie gespeichert, von der ein Kilogramm genügen würde, unsere Erde zu verwüsten!“ mahnte Superhirn. „Das dahinten sind die Ladewerke. Hm ...“ Er betrachtete den Rahmen der Panzerscheibe: „Selbst die modernsten, technischen Mittel können dieses Energiewerk nicht knacken!“ „Aber warum hat Professor Charivari dann solche Angst gehabt?“ wunderte sich Tati. „Weil seine Raumschiffe Strahlungskanonen be120
sitzen, denen die Einrichtung hier nicht gewachsen wäre“, entgegnete Superhirn. „Unbefugte, besser gesagt Verbrecher, die in einem der beiden ,Monitore‘ hier landen würden, könnten die Tür mit einem ausgebauten und hertransportierten Strahler durchbrechen!“ Micha war mit dem Pudel zu den Plantagen gelaufen. Plötzlich tauchte er atemlos neben den anderen auf und rief: „Die Hebebühne ist nach oben geglitten!“ „Welche Hebebühne?“ fragte Gérard verdutzt. „Na, die Plattform in dem Schacht, in dem wir heruntergeschleust worden sind!“ Tati und Prosper begriffen nicht. Doch Henri machte große Augen. Und Superhirn rief: „Das kann nur bedeuten, daß ein zweites Raumschiff gelandet ist! Die Stationsautomatik hat den Fahrstuhl nach oben gehen lassen, um dieses Raumschiff aufzunehmen und herunterzubringen! Kommt! Wir müssen in unseren ,Monitor‘!“ Die Sechs rannten mit dem Pudel durch die künstlich angelegten Haine. „Zu spät!“ japste Tati. Den anderen verschlug es die Sprache. Sogar Superhirn stand starr vor Schreck. Neben den neuen Monitor hatte sich über die Weiche der alte „A-Monitor“ geschoben. Die Luken waren bereits geöffnet. Eben stieg Charivaris Neffe Marco mit den gelbgekleideten Menschenaffen aus. Superhirn, der meist die richtigen Folgerungen traf, 121
hatte sich einmal geirrt – allerdings ein entscheidendes Mal! Die Prims waren auf ihrem Raumflug nicht verzweifelt. Nahrungs- und Trinkwassermangel hatte sie nicht zum Aufgeben gezwungen. Zumindest der zähe Primchief mußte Marco wie der Teufel im Nacken gesessen haben, um das begehrte Ziel – die Batterien auf Ikarus – zu erreichen! „Das ist das Ende!“ stammelte Prosper. „Noch nicht!“ sagte Superhirn. „Seht!“ Wenn die Affen nun auch wirklich „Übermenschliches“ geleistet hatten, wenn es dem Primchief auch gelungen war, Marcos Ablenkungsmanöver zu durchschauen und ihn zur Aufnahme des richtigen Kurses zu zwingen: Eines konnten sie durch nichts wettmachen, nämlich – daß der alte „Monitor“ keine Schwerkraftanzüge mitführte! Gleich, als sie die Ausstiegsleiter losließen, sausten sie wie zappelnde Riesenfische durch die Luft, zwischen den beiden Raumschiffen, den Klimaerzeugungshäusern, den Wänden und den Bäumen hin und her ... Für sie gab es keinen „Halt“, wie für die Gefährten und den Pudel in ihren Schwerkraftanzügen! Selbst Marco trieb hilflos inmitten der schwerelosen Affengruppe. Doch er schrie mit äußerster Anstrengung: „Lauft zu eurem ,Monitor‘! Im Geräteraum ist ein rotes ...“ „Ein was?“ schrie Henri, dem der Affe Primrose gefährlich nahe über dem Kopf herumruderte. „ ... rotes Kästchen!“ ächzte Marco, sich an einem Baumstamm festhaltend. „Sieht aus wie ein 122
Filmapparat! Damit könnt ihr mein Raumschiff mikrofizieren!“ „Die Affenschaukel verkleinern!“ begriff Superhirn. Er eilte unter den wild über ihm strampelnden Affen hinweg, zum neuen „Monitor“. Als er wieder in der Luke erschien, trug er einen Handapparat, der tat-sächlich einer Filmkamera ähnelte. Schnell trat er vor die zweite Hohlschiene hinter der Weiche, zielte auf den Affen-„Monitor“, als wollte er ihn filmen – und schwupp, war das Raumschiff verschwunden! „Mikrofizierung gelungen!“ brüllte Superhirn Marco zu. „Bring den Verkleinerungsapparat schnell in euren ,Monitor‘ befahl Marco, der sich immer noch an dem Baum festhielt. „He, ihr anderen! Versucht, mich hier abzupflücken und ins neue Raumschiff zu bugsieren!“ „Verstehe!“ keuchte Henri. „Die Prims sollen hierbleiben, aber sie dürfen weder ihr Schiff, noch ein Gerät daraus benutzen können! Schwerelos und nur auf Arme und Beine angewiesen können sie nie ins Kraftwerk hinein!“ „Ebensogut könnten Schmetterlinge hier rumfliegen“, sagte Gérard, „ist mir völlig klar!“ Mit Henri und Tati hängte er sich an Marco. Prosper und Superhirn kamen hinzu. „Los! Schleppt ihn zum Schiff!“ ächzte Henri. Während die vier Jungen und Tati an Marco zerrten wie an einem mit Gas gefüllten Luftballon, wurden 123
die frei herumzappelnden Affen immer wütender. Auf Schwerelosigkeit waren sie nicht wie Astronauten trainiert. Mr. Primchief hatte nach einer Kokosnuß gegriffen. Sogleich hielt er sie in der Affenfaust. Wütend warf er sie auf Micha herab. Da aber bei Schwerelosigkeit jede heftige Bewegung eine Gegenbewegung auslöst, segelte die Kokosnuß verhältnismäßig gemütlich herab, während Mr. Primchief mit voller Wucht gegen die Wand prallte. „Los! Bringt ihn zum Raumschiff!“
ächzte Henri.
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Den Affen Primsmith, Primrose und Primpan erging es nicht anders. Sie stießen im freien Raum gegeneinander und flogen zurück, wie zwei federnde Bälle, die in der Luft zusammengestoßen waren. Trotz dieser häßlichen Erfahrung kam keiner auf die Idee, sich ruhig zu verhalten und mit mäßigen Ruderbewegungen auf irgendeinen Gegenstand zuzuschwimmen, der ihm als Anker hätte dienen können. Mr. Primrose schwebte in Michas Gesichtshöhe. Er holte aus, um dem Jungen eine Ohrfeige zu versetzen. Micha schnellte beiseite – und der Affe drehte sich, als sei er eine Kurbelwelle. Loulou bellte wie wahnsinnig. „Micha!“ tönte es vom Raumschiff her. „Micha! Nimm den Pudel und komm! Wir starten!“ Micha wich dem herabfedernden und über den glatten Fels rutschenden Primchief aus und rannte mit Loulou zur Einstiegstreppe. Ein paar Minuten später hörte er Marco im Raumschiff sagen: „Start von Station Ikarus geglückt!“ „Und die Affen bleiben in den Höhlen?“ fragte Tati. „Fürs erste, ja!“ entgegnete Charivaris Neffe. „Das alte Raumschiff ist mikrofiziert, sie haben keine Möglichkeit, es zu vergrößern! Und mit ihrer Körperkraft allein schaffen sie nie und nimmer den Einbruch in die Energiezentrale! Die Schwerelosigkeit macht ihnen genug zu schaffen. Bis man sie zurückholt, dürften sie nur eine einzige Sorge haben: Ihre Ernährung!“ 125
„Früchte gibt’s ja in den Ikarus-Höhlen genug!“ sagte Gérard grinsend. Als Marco sich geduscht, umgezogen und in der Bordküche gestärkt hatte, berichtete er, mit welcher List und Ausdauer der Primchief all seinen Manövern gefolgt war. „Er hatte die Nummer des Asteroiden im Kopf. Er kannte sogar die Lande-Erkennungsdaten, die sonst nur mein Onkel und ich kennen und die in eurer Automatik programmiert sind. Dieser Teufelsbursche muß in seinem manipulierten Gehirn seit langem vieles aus unseren Fachgesprächen gespeichert haben!“ „In Zukunft werden Sie wohl doch lieber weiße Mäuse züchten, wie?“ fragte Superhirn lachend. „Das ist sicherer!“ „Ich bin geheilt!“ seufzte Marco. Endlich war es kurz nach diesem Gespräch wieder möglich, einen Funkkontakt zur Tiefseebasis herzustellen. Auf dem Wandbildschirm erschien das vertraute Gesicht des Professors. „Hallo, meine Freunde! Hier unten alles wieder in bester Ordnung!“ „An Bord auch!“ meldete Henri. „Marco wohlauf!“ „Energiestation auf Asteroid Nummer 1566 unversehrt!“ fügte Superhirn hinzu. „Affenschaukel mikrofiziert, Prims schweben ohne jedes Gerät hilflos im schwerelosen Raum!“ „Ihre Tiefseebasis ist gerettet! quietschte Tati. 126
„Wann dürfen wir in unseren Ferienort zurück?“
fragte Prosper. „Nach der Begrüßungsfeier in der Tiefseestadt“, kam die Stimme des Professors. „Feier!“ rief Micha begeistert. „Im Kasino! Da mache ich mit!“
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Deckelbild und Illustration: Hans Held Textredaktion: Ilko Lehmann Schrift: 12/13 Punkt Garamond Druck: Presse-Druck Bestell-Nummer: 4963 © Franz Schneider Verlag 1973 München –Wien ISBN 3 505 04963 8 Alle Rechte der weiteren Verwertung liegen beim Verlag, der sie gern vermittelt. 128
Geheimnistabelle
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Ein geisterhafter Ruhetag:
ÜBER-FLÜSSIGES, also mehr als flüssiges Wasser ist nur ein phantastischer Einfall. Wasser ist aber auch so ein Stoff mit aufregenden Eigenschaften. Es ist geruchlos, ohne Geschmack und Farbe. Unter normalem Druck siedet es bei 100 Grad C. Unter erhöhtem Druck, z.B. in Kesseln, kann es auch auf über 100 Grad C erhitzt werden. Das natürliche Wasser ist niemals rein, sondern enthält Verunreinigungen wie Gase, Staub, Salze und Teilchen von Pflanzen und Tieren. AQUA DESTILLATA (aus dem Lateinischen gebildet) bedeutet destilliertes Wasser. Es ist chemisch rein. Jeder kann Wasser destillieren. Man fängt nur den Dampf von kochendem Wasser auf und läßt ihn abkühlen, dann besitzt man Aqua destillata. Man braucht es zu vielen Zwecken: vor allem in der Medizin und in der Technik. Die Autobatterie darf nur damit nachge130
füllt werden. Flugzeuge benötigen riesige Mengen von destilliertem Wasser für ihre Düsentriebwerke. Die Kosten des Wassers sind dabei höher, als die des Treibstoffs. SCHWERES WASSER unterscheidet sich von gewöhnlichem Wasser durch seine Zusammensetzung. Es ist eine Verbindung aus Sauerstoff und schwerem Wasserstoff mit dem chemischen Zeichen D. Unser gewohntes Wasser aber hat nur den gewöhnlichen Wasserstoff H. Schweres Wasser wird in Kernreaktoren (z.B. in einem Atomkraftwerk) gebraucht. Superhirn mahnt: „Augen auf!“
MAGNETFELD. Ein magnetisches Feld gibt es tatsächlich. Es ist der Raum, in dem magnetische Kräfte wirken. Auch mit Hilfe dieser Kräfte sich fortbewegende Fahrzeuge gibt es bereits. 1971 stellte ein Münchner Unternehmen die "Transrapid"Magnet-Schwebebahn vor. Sie
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fährt völlig erschütterungsfrei, geräuschlos und ohne Abgase schwebend auf einer Schiene und erreicht eine Geschwindigkeit bis 600 km/h. Ihr Einsatz ist für die 80er Jahre geplant. PLASTOGRAPHIE ist Utopie, d. h. ein unerfüllbarer Zukunftstraum, ein Hirngespinst. Denkbar einfach ist vieles, was dem Menschen durch den Kopf geht. Die einen behaupten, alles Denkbare sei möglich, die Wissenschaftler aber verweisen mit Recht auf die Naturgesetze. Menschliche Vorstellungen sind durch keine Naturgesetze begrenzt, man kann also Unmögliches denken. Umgekehrt gibt es Dinge, die nicht mehr vorstellbar sind und nur noch in Formeln beschrieben werden können. Dazu gehört der Begriff des Lichts. Seltsame Männer:
VIPs gibt es wirklich. Diese Buchstaben sind nicht mehr
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als eine Abkürzung von „Very important persons“, d.h. zu deutsch „sehr wichtige Personen“. Die Abkürzung ist vor allem in der englischsprechenden Welt sehr gebräuchlich. Sie wird z.B. in Betrieben für Spitzenkräfte verwendet. Aber auch Diplomaten, berühmte Schauspieler, Künstler, Wissenschaftler und andere prominente Persönlichkeiten werden gern so bezeichnet. Die Luftfahrtgesellschaften bevorzugen VIPs, indem ihnen bevorzugt Plätze zur Verfügung gestellt werden. Außerdem genießen sie eine bequemere Abfertigung. In der GedankenZentrale:
Eine alte, ganz einfache Sache ist der einseitig durchsichtige SPIEGEL. Auf alten Schlössern diente er der heimlichen Beobachtung verdächtiger Gäste. Heute tragen die Astronauten auf dem Mond spiegelnde Gesichtsmasken, um Sonnenstrahlung abzuhalten. Jeder kennt auch die Son-
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nenbrillen mit Spiegelgläsern, durch die nur der Träger blicken kann, während man seine Augen nicht sieht. Die einseitig durchlässigen Spiegel schafft man durch ganz dünn aufgedampftes Gold. LICHTKANONEN, eigentlich Laserkanonen sind Sender von Energie: Die Lichtwellen, die sie aussenden, entsprechen denen eines Rundfunksenders – das heißt, es wird eine zusammenhängende Welle ausgesandt. Sie kann sehr stark (energiereich) sein. Laserkanonen könnten ein Ziel ungeheuer stark bestrahlen und es durch Erhitzung zerstören. Aufregung um eine Bananenschale:
TELEPATHOREN sind Gedankenübertragungsgeräte ohne technische Übermittlung (wie Funk oder Telefon). Sie gehören zu den alten Wunschträumen der Menschheit wie etwa die Tarnkappe, mit der sich der Held in der Sage unsichtbar machen kann. Es gibt 134
aber Leute, die ernsthaft behaupten, Astronauten würden sich künftig bei Funkausfall durch Gedankenübertragung mit der Bodenstation verständigen müssen. Sie meinen, es sei eines Tages doch möglich, entsprechende „Gedankenauffanggeräte“ zu schaffen. WALKIETALKIES und BABYPHONES sind Kleinsender. Es gibt diese Geräte schon als Spielzeug für Kinder – und tatsächlich ist dadurch im Flugbetrieb schon Unheil angerichtet worden. Zwei Michas und viele Affen:
WUTANZEIGER nennt Professor Charivari ein von ihm konstruiertes Gerät, das es aber außerhalb seiner Tiefseebasis nicht gibt. Erregungen äußern sich als Gehirnströme. Technisch ist es auch möglich, diese Ströme zu messen und in irgendeiner Form wiederzugeben – vor allem im Bereich der Medizin. MANIPULIERTE Affen sind mittels eines „Kunstgriffs“ 135
oder „Eingriffs“ gehirnveränderte Affen. Es gibt wirklich Wissenschaftler, die an eine „Trimmungsmöglichkeit“ des Affengehirns glauben. Das stößt als „Vergriff an die Schöpfung“ bei vielen Gelehrten aber auf schärfsten Widerstand. PRIMATEN sind Herrentiere. Dazu rechnen biologisch der Mensch – und sein „entfernter Vetter“, der Affe. Alarm in der Tiefseestadt:
HQ ist die Abkürzung für (engl.) Headquarter = Hauptquartier. GELB-SEKTION ist die Unterabteilung, in der hier die Prims arbeiten. TRANSPARENZ (lat.) = Durchsichtigkeit, Durchschaubarkeit. RELAIS = Schaltvorrichtung. Die Kraft des NICHTS: Man kann heute bereits aus sehr energiereichen Strahlen Paare von Materie und Antimaterie entstehen lassen. Materie und
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Antimaterie zerstrahlen bei der Berührung wieder, so daß nur Energie zurückbleibt. Die Schwierigkeit ist allerdings, in einer „Batterie“ die Materie von jeglicher Antimaterie getrennt aufzubewahren. Die Energie, die sich durch Zerstrahlung von einem Gramm gewinnen läßt, entspricht ungefähr der von 7000 Tonnen Kohle bei der Verbrennung. Professor Charivari könnte das auch so erklären: „Stellt euch einen Lehmboden vor. Ihr könnt aus ihm Lehmkrumen herausnehmen, dann bleiben Löcher zurück. Etwas Ähnliches mache ich auch: Der Weltraum ist mein Lehmboden. Ich entreiße dem Nichts Atomteilchen, dabei bleiben auch „Löcher“ zurück. Energie kann ich gewinnen, wenn ich ein entrissenes Atomteilchen wieder mit einem „Loch“ zusammenfallen lasse. Dann verschwinden das Teilchen und das Loch, aber ich habe die Energie. Die Ar-
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beitsmengen, die ich dadurch auf einen Schlag bekommen kann, sind unvorstellbar gewaltig ...“ Begegnung im Weltall:
Ein künstliches SCHWERKRAFTZENTRUM gibt es in Raumkapseln oder Raumfahrzeugen nicht. Dazu wären Eisenteile und eine Magnetvorrichtung nötig. Dieser Einbau würde aufgrund des verwendeten Materials viel zu schwer. Diese Erfindung gilt also nur für den „Monitor“. MIKROFIZIEREN: So sonderbar es scheinen mag – die Materie, und damit auch der „Monitor“, sogar die Körper unserer Leser bestehen vor allem aus ... nichts! Sie sind sogar noch zehnmal leerer als die Sonnenumgebung. Im Sonnensystem verhalten sich der durch Materie erfüllte und der unerfüllte Raum wie l : 10 000, in den einzelnen Molekülen oder Atomen eines Körpers aber wie l : 100 000! Natürlich kann man sich des138
halb vorstellen, daß man einen Körper so zusammenpreßt, daß diese Leer-Räume verschwinden. Er würde dann auf ein Hunderttausendstel schrumpfen. Leider geht das „praktisch“ nicht. (Ebenso ist die später genannte „Makrofizierung“ nicht möglich.) Die Physiker vermuten, daß es solche „Schrumpfungs“-Ausnahmezustände in bestimmten „sterbenden“ Sternen gibt. ATMOSPHÄRE nennt man die Gashülle der Erde, ohne die kein menschliches, tierisches oder pflanzliches Leben möglich wäre. Die Lufthülle besteht zu einem Viertel aus Sauerstoff und fast drei Viertel aus Stickstoff. Es gibt dabei keine scharfe Grenze für die Atmosphäre, sondern sie geht immer dünner werdend in den Weltenraum über.
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Viele spannende und abenteuerliche Geschichten von Rolf Ulrici gibt es als SchneiderBücher: Die ganze Klasse gegen Dieter ** Ferien im Heidehof Herbsttage auf dem Heidehof Drei Mädchen vom Heidehof ** Neue Gespenstergeschichten Landung in der Wüste ** Käpt’n Konny und seine Freunde tauchen nach Öl Käpt’n Konny und seine Freunde auf geheimer Spur Käpt’n Konny und seine Freunde suchen das Geisterschiff ** Alles wegen George Alle lieben George ** Frischer Wind für eine Freundschaft ** Wimpy, der Schrecken der Schule Die neue Lehrerin Sheriff Bill rettet die Stadt
MONITOR-Serie Geheimer Start Verfolgungsjagd im Weltall Raumschiff „Monitor“ verschollen „Monitor“ startet zur Unterwasserstadt Neuer Kurs für „Monitor“ Landung auf Raumstation „Monitor“ Geheimer Start mit „Monitor“ (Sammelband) „Monitor“ auf gefährlichem Kurs (Sammelband)
GIGANTO-Serie GIGANTO MELDET: „Vorstoß in die Erde!“ GIGANTO MELDET: „Über uns ein Vulkan!“ GIGANTO MELDET: „Schiffbruch in der Erde!“ GIGANTO MELDET: „Alarm im Erdball!“ GIGANTO MELDET: „Erdschiff verloren!“ GIGANTO MELDET: „Ziel erreicht!“ 140
Rolf Ulrici Ist einer der beliebtesten deutschen Jugendbuch-Autoren. Seine Bücher erreichen Millionenauflagen. Zahlreiche Geschichten erschienen auch in anderen Ländern und wurden sogar verfilmt. So spannend, wie seine Bücher geschrieben sind, ist auch Rolf Ulricis Leben: Als Junge regte Rolf Ulrici die erste SchulOlympiade in Berlin an, verlor als Reiter das Wettrennen mit einer Straßenbahn, hielt neunzehn Stunden ein Segelboot im Ostseesturm, steuerte ein Hochseeschiff am Polarkreis, führte eine Expreßlok, fuhr mit Austernfischern aus – trifft als Sportschütze fast immer ins Schwarze. Außerdem ist er „Ehrenpirat“ einer Antillen-Insel.
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