Terra Astra Science Fiction Romane Aus der Perry-Rhodan-Redaktion
Omega IV von JAMES BLISH
INHALT Jean Lisette Aroes...
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Terra Astra Science Fiction Romane Aus der Perry-Rhodan-Redaktion
Omega IV von JAMES BLISH
INHALT Jean Lisette Aroeste • Muß Schönheit lügen? (IS THERE IN TRUTH NO BEAUTY?) Don Ingalls und Gene Roddenberry • Ein kleiner Privatkrieg (A PRIVATE LITTLE WAR) Gene Roddenberry • Omega IV (THE OMEGA GLORY)
MUSS SCHÖNHEIT LÜGEN? Der Zivilist hieß Lawrence Marvick. Er sprang von der Transporterplattform der Enterprise, und aus jeder Linie seines kantigen Gesichts sprach Aggression. Kirk trat vor, um ihn zu begrüßen, und dachte dabei, wovor fürchtet dieser Mann sich nur?’ Aber seine Stimme klang sehr herzlich. „Willkommen an Bord, Mr. Marvick. Ich bin James Kirk, der Cap…“ Marvick fiel ihm schroff ins Wort. „Was machen Sie denn hier, Kirk? Sie werden gehen müssen, bevor der medusische Botschafter eintrifft!“ „Das ist mir klar, Mr. Marvick. Wir haben alle nötigen Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Dies ist Mr. Spock, mein Erster Offizier.“ Marvick sah Spock kurz an. „Ach ja, Sie sind der Vulkanier. Sie können natürlich hierbleiben, aber Sie, Kirk, und der andere Offizier…“ Scott kam von der Transporterkonsole und schüttelte begeistert die Hand des Gastes. „Montgomery Scott, Chefingenieur, Mr. Marvick. Nennen Sie mich ruhig Scotty!“ Der Neuankömmling zog seine Hand zurück und sprach Spock an: „Haben Sie Ihr Visier? Sie brauchen es. Menschen, die einen Medusier nur ganz kurz gesehen haben, sind schon wahnsinnig geworden.“ Spock verneigte sich. „Danke sehr, Mr. Marvick. Ich werde das Visier tragen.“ Marvicks autoritäres Auftreten begann Kirk auf die Nerven zu fallen. „Wir dürfen den Botschafter nicht warten lassen“, sagte er. „Mr. Marvick, würden Sie bitte Mr. Scott begleiten? Sie beide haben ja vieles gemeinsam.“ Als Scott den Mann hinausbegleitete, hörte Kirk ihn noch sagen: „Es ist ein seltenes Vergnügen, einen der Konstrukteure der Enterprise kennenzulernen. Ich…“
Die Tür schloß sich, und Kirk ging an den Interkom. „Leutnant Uhura, teilen Sie dem Botschafter und Jones mit, daß wir bereit sind, sie an Bord zu transmittieren.“ Er drehte sich nach Spock um, der gerade das Sicherheitsvisier von seinem Gürtel löste. „Sind Sie sich auch gewiß, daß das Ding funktioniert?“ „Es hat sich für Vulkanier als vollkommen wirksam erwiesen, Sir.“ “Ja, aber ich mache mir Sorgen um Ihre menschliche Hälfte. Melden Sie mir, wenn der Transport vonstatten gegangen ist.“ „Ja. Captain.“ Als er allein war, rückte sich Spock das Visier zurecht. Es bedeckte nicht nur seine Augen, sondern seine ganze obere Gesichtshälfte. An der Transporterkonsole angelangt, betätigte er die Schalter der Transportgeräte. Auf der Plattform erschien ein Funkenregen und nahm langsam Gestalt an. Eine schlanke, junge Frau stand vor ihm. Der Glanz der Stickereien auf ihrem eleganten langen Kleid paßte zu dem silbrigen langen Haar. Neben ihr stand ein Behälter von mittlerer Größe. Sie schob ihr rotes Visier hoch und enthüllte schwarzbewimperte Augen von lebhaftem Blau. Dann hob sich zu Spocks Erstaunen ein weißer Arm zum Vulkaniergruß. Mit leicht erhobenen Brauen erwiderte Spock den Gruß. „Willkommen an Bord, Botschafterin Kollos“, sagte er. „Ich bin Spock, Erster Offizier.“ Sie trat von der Plattform herab. „Und ich bin Dr. Jones, Dr. Miranda Jones.“ Sie zeigte auf den Behälter, der noch auf der Plattform stand. „Der Botschafter hat die Ehre, Sie zu begrüßen.“ Ohne mit der Miene zu zucken, ging Spock zu dem Behälter und versah ihn mit Antigravs. Als er sie haltbar angebracht hatte, machte er seinen Bericht an Kirk. „Wir können weitermachen, Captain.“ Kirk wandte sich an Uhura. „Leutnant, lassen Sie die Schächte zu allen Decks öffnen.“
„Alle Schächte offen, Sir.“ Kirk nahm den Lautsprecher. „Hier spricht der Captain. An alle. Räumungsplan ab sofort in Kraft. Sofort die Korridore verlassen. Der Botschafter wird jetzt in seine Unterkunft geführt.“ Er betätigte einen Knopf an seinem Interkom. „Mr. Spock, alle Decks sind frei. Sie können weitermachen.“ Es war klar, daß der Behälter der gegenwärtige Aufenthaltsraum des medusischen Botschafters darstellte. Spock nahm ihn vorsichtig aus dem Aufzug und sagte: „Dr. Jones, darf ich Ihnen zu Ihrem Auftrag, den Botschafter zu begleiten, herzlich gratulieren?“ „Der Auftrag steht durchaus noch nicht fest. Er wird von meiner Fähigkeit abhängen, eine echte Gedankenverbindung mit dem Botschafter herzustellen.“ „Das wird für Sie eine faszinierende Erfahrung sein.“ Ein Flackern von Unmut war in ihren Augen zu erkennen. „Ich wüßte nicht, daß überhaupt schon jemand den Versuch einer Gedankenverbindung mit einem Medusier unternommen hat!“ „Niemand hat es je versucht“, sagte Spock. „Ich sprach nur von Gedankenverbindungen mit anderen Arten, die ich praktiziert habe.“ „Ihre Pflichten als Offizier eines Star-Schiffs erlauben Ihnen wohl kaum solche Experimente.“ Er betrachtete sie ernst. „Meine Pflichten als Offizier eines StarSchiffs erlauben mir noch ganz andere Dinge.“ Nun versuchte sie sich an einem verbindlicheren Ton. „Bei Ihnen ist es ganz offenbar, daß die Enterprise Gegenstand Ihres hauptsächlichen Interesses ist.“ Sie schwieg eine Weile, bevor sie hinzufügte: „Wissen Sie, Mr. Spock, ich habe gehört, daß Sie den Auftrag hinsichtlich des Botschafters abgelehnt haben.“ „Ich konnte den Auftrag nicht akzeptieren“, sagte er. „Wie Sie selbst sagten, ist mein Platz hier. Und das Quartier des Botschafters ist zur Zeit ebenfalls hier.“ Er wies auf eine Kabine zur Rechten.
In der Kabine befand sich ein Podest. Spock stellte die Behausung des Botschafters darauf ab und entfernte die Antigravs. Per Interkom sagte er dann: „Spock an Brücke. Wir sind im Quartier des Botschafters, Captain.“ „Danke, Mr. Spock. Leutnant Uhura, Rundruf an alle. Sämtliche Stationen wieder besetzen.“ Er seufzte erleichtert, als er Sulu befahl: „Mr. Sulu, nehmen Sie das Schiff aus der Umlaufbahn. Warp-Faktor zwei.“ „Warp-Faktor zwei, Sir.“ In der Kabine betrachtete Spock den Behälter. Er trug genau wie Miranda ein Visier. „Dr. Jones“, sagte Spock, „ich würde sehr gern Botschafter Kollos persönlich begrüßen.“ Sie lächelte. „Es wird dem Botschafter ein Vergnügen sein.“ Beide legten nun die Hand an den Kasten. Dann blieben sie schweigend stehen. Sie konzentrierten sich aufs äußerste. Nach einer langen Zeit hob sich der Deckel ganz leicht – und ein Licht von reinstem Blau strömte durch den Spalt. Spock beugte sich vor und schaute in den Kasten. Sofort fuhr er wieder zurück, aber nachdem er sich von dem Anblick erholt hatte, schaute er erneut hinein. Er lächelte wie ein Kind, das sich über irgend etwas wundert. Das Mädchen hatte sein Lächeln bemerkt, und erneut trat dieser Ausdruck von Unmut in ihre Augen. Der Deckel des Behälters senkte sich wieder. Nun lächelte Spock nicht mehr. Er sagte: „Fast beneide ich Sie um Ihren Auftrag, Dr. Jones.“ „Lese ich in Ihren Gedanken, daß Sie gern an meiner Stelle wären, Mr. Spock?“ „Nein, aber ich spüre, wie Ihre Gedanken die meinen berühren wollen, Doktor. Sind Sie Telepath?“ Sie nickte. „Ja, deshalb mußte ich auch auf dem Planeten Vulkan studieren.“ „Natürlich“, sagte er. „Darf ich Ihnen nun Ihr eigenes Quartier zeigen?“
„Ich möchte sehr gern noch etwas hierbleiben. Botschafter Kollos empfindet die Prozedur des Transmittierens meistens als etwas unangenehm.“ „Unserem Bordarzt geht es oft ähnlich.“ Spock zeigte auf den Interkom. „Rufen Sie bitte durch, wenn Sie soweit sind.“ Er verbeugte sich und verließ die Kabine. Sie riß sich heftig das Visier vom Kopf und blickte zum Behälter hin. Ihr Gesicht verriet Erregung, Zweifel und sogar Angst. „Was hat er gesehen, als er dich anschaute, Kollos? Ich muß es wissen! Ich muß es wissen!“ schrie sie wild.
* Die Enterprise hatte sich herausgeputzt. Obwohl das Festmahl vorbei war, blieben Gastgeber und Gäste noch lange bei ihren Getränken sitzen. Miranda, in ihrem silberbestickten Samtkleid, glitzerte im Kerzenschein wie ein kostbarer Juwel. Marvick trug einen Frack. Er schwieg, aber er beobachtete die Vorgänge aufmerksam. Kirk goß dem Mädchen Brandy in ihr Kristallglas. „Ich kann nicht verstehen“, sagte er, „daß man Sie mit Kollos gehen ließ.“ „Wieso, Captain?“ „Ich denke da an die gesamte männliche Bevölkerung der Föderation. Hat denn niemand versucht, es Ihnen auszureden?“ Sie senkte die schwarzen Wimpern. „Nun… da Sie schon danach fragen…ja.“ „Ich bin froh, daß es ihm nicht gelungen ist“, sagte Kirk. „Denn sonst hätte ich nie das Vergnügen Ihrer Bekanntschaft gehabt.“ Er hob sein Glas. „Sagen Sie, Dr. Jones, ist es für Sie denn nicht gefährlich, in Kollos Nähe zu sein? Kein anderer Mensch kann Kollos auch nur ansehen, ohne wahnsinnig zu werden, auch nicht, wenn er ein Visier trägt. Wie machen Sie das?“
„Ich war vier Jahre auf Vulkan, um die geistigen Disziplinen der Vulkanier zu studieren.“ Nun mischte McCoy sich ein. „Sie armes Mädchen“, rief er mit aufrichtigem Mitgefühl. Spock warf McCoy einen undefinierbaren Blick zu und sagte: „Im Gegenteil, Doktor, ich finde, die junge Dame sollte sich glücklich schätzen.“ „Vulkanische Disziplin halte ich wirklich nicht für das reinste Vergnügen.“ „Auf Vulkan“, sagte das Mädchen, „habe ich Dinge gelernt, die man woanders nicht lernen kann.“ „Zum Beispiel Gedankenlesen“, sagte Kirk lächelnd. „Oder auch Gedanken nicht zu lesen. Captain. Ich mußte erst lernen, wie ich die Gedanken anderer aus meinem Bewußtsein ausschließen konnte.“ Spock nickte. Miranda streckte die Hand aus, um eine Medaille an Spocks Brust zu berühren. Spock wich zurück, denn er fürchtete, Miranda könnte sich stechen. „Man sollte nicht vergessen, daß man mit diesen Galauniformen andere verletzen kann“, sagte er. „Verzeihen Sie bitte.“ Sie beugte sich zu ihm hinüber. „Ich war nur an Ihrem vulkanischen IDIC interessiert, Mr. Spock. Soll ich daran erinnert werden, daß Sie mit dem Botschafter viel besser eine Gedankenverbindung herstellen könnten, als ich dazu in der Lage bin?“ Eine Pause betretenen Schweigens folgte. Sie begann hastig zu reden und zu erklären. „Es muß für einen Vulkanier sehr schwer zu ertragen sein, wenn ein bloßer Mensch diese erregende Aufgabe wahrnimmt, meine Herren.“ „Sehr interessant“, sagte McCoy. „Es stimmt allerdings, Spock, daß sie Ihr IDIC sehr selten tragen.“
„Doc“, sagte Kirk, „es ist sehr unwahrscheinlich, daß unser Erster Offizier die begehrteste vulkanische Auszeichnung nur trägt, um einen Gast zu brüskieren.“ Spock ergriff nun das Wort, wobei er Miranda offen in die Augen blickte. „Ich trage die Medaille heute abend Ihnen zu Ehren, Doktor Jones.“ „Tatsächlich?“ fragte sie. „Ja“, sagte er, „so ist es. Trotz der Jahre, die Sie auf Vulkan verbrachten, ist Ihnen der wahre Symbolgehalt des IDIC entgangen.“ Er legte die Hand an die Medaille. „Das Dreieck und der Kreis… verschiedene Formen, verschiedenes Material und verschiedenes Gewebe… sie repräsentieren zwei beliebig voneinander verschiedene Dinge, die zusammenkommen, um Wahrheit oder Schönheit zu schaffen.“ Er nahm sein Glas und erhob sich. „Zum Beispiel – Dr. Miranda Jones, die sich die Disziplinen meiner Rasse zu eigen gemacht hat, um größer zu werden als die Summe beider!“ Unangenehm berührt sah Kirk, daß sein schöner Gast weder Spocks Galanterie noch seine Aufrichtigkeit zu würdigen wußte, und rasch wechselte er das Thema. „Zurück zu Ihrem Auftrag, Dr. Jones. Glauben Sie, daß man eine Möglichkeit finden wird, auf Star-Schiffen medusische Navigatoren einzusetzen? Das würde manche unserer gegenwärtigen navigatorischen Probleme lösen.“ „Der Schlüssel dazu ist auf Vulkan gelernte gedankliche Verbindung. Wenn es uns einmal gelingt, mit Medusiern eine gemeinsame Intelligenz zu bilden, können die Konstrukteure von Star-Schiffen – und das betrifft Mr. Marvick – Instrumente bauen, die eine Anpassung ermöglichen.“ McCoy erklärte: „Es kümmert mich nicht, für wie wohlwollend man die Medusier hält. Aber ist es nicht selbstmörderisch, sich mit Wesen zu befassen, die so häßlich sind, daß sie Wahnsinn verursachen?“
„Dr. McCoy“, sagte Spock, „ich sehe, daß Sie immer noch der altmodischen Ansicht der alten Griechen anhängen, nach der das Gute auch schön sein muß…“ Marvick sprach zum ersten Mal. „Und umgekehrt: daß das Schöne notwendigerweise gut sein muß.“ „Ich nehme an“, meinte Kirk, „daß die meisten von uns sich zu Schönem hingezogen fühlen, genauso wie sie das Häßliche meiden. Es ist eines der letzten unserer Vorurteile. Aber, auch wenn man es mir als Vorurteil auslegen sollte…“ Er nahm sein Glas und sah Miranda an. „… ich trinke auf die Schönheit!“ Alle Männer erhoben sich und tranken. McCoy hob sein Glas ein zweites Mal. „Auf Miranda Jones, die schönste Frau, die jemals ein Star-Schiff beehrt hat.“ Er blickte in die Runde. „Wie kann sich eine solche Schönheit für den Rest ihres Lebens dazu verdammen, die Häßlichkeit zu betrachten? Wollen wir das zulassen?“ Die Antwort war ein vielstimmiges „Nein!“ McCoy nahm wieder Platz. „Wir dürfen nicht zulassen, daß sie uns verläßt!“ Miranda lächelte ihn an. „Wie kann ein Mann, der das Leben so genießt wie Sie, Dr. McCoy, sich dazu verdammen, sein ganzen Leben lang nur Krankheit und Leiden zu sehen? Können wir das denn zulassen, meine Herren?“ McCoy nippte an seinem Glas und sagte: „Ich trinke mit Ihnen auf alles, was Sie wollen, Miranda.“ Als Kirk das Glas hob, bemerkte er, daß Marvick das Mädchen anstarrte. Er wollte gerade ihr Glas wieder auffüllen, als er den Ausdruck des Schreckens in ihrem Gesicht sah und davon abließ. Sie stand vom Tisch auf und rief: „Hier ist ein Mör…“ Sie brach mitten im Wort den Satz ab, und die Blume, die sie hielt, fiel zu Boden. Kirk nahm Miranda beim Arm. „Dr. Jones, was ist mit Ihnen?“ Aber McCoy war bereits neben ihr. „Sie sind krank“, sagte er. „Lassen Sie mich Ihnen helfen…“
Sie entzog sich ihm, und ihr Gesicht hatte den gleichmütigen Ausdruck wiedergefunden. „Irgend jemand in der Nähe denkt an Mord“, sagte sie. Schweigen legte sich über die Runde. Kirk fragte: „Wer ist es? Wissen Sie es?“ „Es… ist nicht mehr da. Ich… weiß nicht, Captain. Es ist weg.“ „War es hier im Raum?“ fragte Kirk. Sie blickte sich um. „Ich… weiß nicht, Captain.“ Sie schien sich zu beruhigen. „Captain, macht es Ihnen etwas aus, wenn ich mich jetzt zurückziehe?“ „Ich verstehe Sie, Dr. Jones. Ich werde Sie auf ihre Kabine…“ Spock unterbrach. „Vielleicht könnte ich Sie zu Ihrem Quartier zurückbringen.“ McCoy starrte Miranda neugierig an. „Vielen Dank, meine Herren“, sagte sie. „Bitte, bleiben Sie hier und verleben Sie noch einen vergnügten Abend. Es war sehr schön.“ „Schlafen Sie gut, Miranda“, sagte Kirk. Sie winkte ihnen freundlich zu. Aber McCoy, der sie immer noch besorgt beobachtete, folgte ihr an die Tür und fragte: „Sind Sie sicher, daß ich Sie nicht begleiten soll?“ „Ja, Dr. McCoy, machen Sie sich keine Sorgen um mich.“ McCoy verbeugte sich, ergriff ihre Hand, die er leicht mit den Lippen berührte, und trat an den Tisch zurück. „Wo ich herkomme, nennt man das ein Bild von einem Mädchen“, sagte er. „Ja, sie ist etwas Besonderes“, gab Kirk zu. „Etwas sehr Besonderes! Und ich schlage vor, daß Sie sie entsprechend behandeln!“ Marvicks plötzlicher Ausbruch versetzte alle in Erstaunen. Er ergriff eine Serviette und legte sie wieder zurück. „Ich kenne Dr. Jones schon sehr lange und konnte mich von ihren hervorragenden Eigenschaften überzeugen.“ Er hielt inne. „Nun, es war ein langer Tag für mich. Ich denke, ich werde gehen…“
Dann schloß sich die Tür hinter ihm. Kirk ging auf Spock zu. „Spock, Sie haben sich für den Anlaß wirklich herausgeputzt. Sehr eindrucksvoll.“ „Ich wollte wirklich nur der Dame meine Reverenz erweisen, Captain.“ Er ging zur Tür. „Gute Nacht, meine Herren.“ Mit ungewöhnlich nachdenklichem Gesicht stand McCoy immer noch an der geschlossenen Tür. Er betrachtete Kirks gut aussehendes Gesicht. „Das ist nicht nur irgendein Mädchen, Jim, sei lieber vorsichtig.“ „Das sehe ich doch selbst.“ Kirk grinste. „Sonst noch was?“ „Ach, ich weiß nicht recht… sie scheint so verletzlich.“ Kirk lächelte wieder. „Wir sind alle verletzlich, Dr. McCoy… auf diese oder auf jene Weise.“ „Mag sein, aber sie hat etwas an sich, das mir Sorge macht.“ „Ich werde mich nicht mit Ihnen streiten, McCoy. Auf jeden Fall ist sie ein Klasseweib.“ „Gute Nacht, Jim“, sagte McCoy. Kirk war allein und ging an den Tisch. Er hob die Blume auf, die Miranda verloren hatte, und steckte sie sich an die Uniformjacke.
* Mirandas Kabine war luxuriös ausgestattet. Anmutig aber ziellos schritt die junge Frau darin auf und ab. Da hörte sie den Summer. Sie lehnte sich an die Sprechanlage und fragte: „Wer ist da?“ „Larry. Ich muß mit dir reden, Miranda.“ „Larry, es ist schon spät!“ „Bitte! Es ist wichtig!“ Sie öffnete die Tür. „Gut. Dann komm herein.“ Marvicks Gesicht war eingefallen. Der Mann wirkte verzweifelt. Er schloß die Tür hinter sich und stand einen
Augenblick schweigend vor dem Mädchen. „Ich dachte schon, das Essen würde nie enden“, sagte er. Er näherte sich ihr. Sie trat einen Schritt zurück. „Mir hat es recht gut gefallen.“ Sie wahrte ihre Distanz. „Ich weiß, daß es dir gefallen hat. Mir aber nicht. Du warst viel zu weit von mir entfernt.“ „Larry, ich werde sehr bald noch viel weiter von dir entfernt sein.“ „Rede bloß nicht davon!“ schrie Marvick. „Doch… wir müssen darüber sprechen. Wir haben so wenig Zeit…“ Er griff nach ihr, aber sie wich ihm geschickt aus. „Bitte, Miranda, geh nicht mit Kollos!“ Sie seufzte. „Larry, wie oft haben wir schon darüber gesprochen. Du mußt es ganz einfach akzeptieren…“ Marvick versuchte, einen gleichgültigen Klang in seine Stimme zu legen, aber sein Verlangen nach diesem Mädchen kam zum Ausbruch. „Als ob ich das nicht wüßte! Ich habe dich immer wieder angefleht; Miranda, wie konntest du mir das antun?“ „Wenn du nur versuchen würdest, mich zu verstehen!“ „Was ich verstehe, ist, daß du eine Frau bist und ich ein Mann, und zwar einer deiner eigenen Art! Oder denkst du, daß Kollos dir jemals etwas geben kann wie…?“ Er riß sie in die Arme und küßte sie. Aber plötzlich hielt er sie ganz ruhig im Arm, streichelte ihre Wangen, ihren Hals und ihr Haar. Sie befreite sich aus seiner Umarmung. „Das hättest du lieber nicht tun sollen“, sagte sie kalt. Nervös fuhr er sich über das Gesicht. „Verzeih mir bitte. Oh, warum mußte ich dir begegnen?“ „Ich bin dir gegenüber immer aufrichtig gewesen“, sagte sie. „Ich kann dich einfach nicht so lieben, wie du es dir von mir erhoffst. Und ich werde mit Kollos gehen. Das ist endgültig!“ „Miranda, um Gottes willen!“
Sie trat an die Tür. „Ich denke, es ist besser, daß du jetzt gehst. Du hast meine Geduld jetzt langsam ersch…“ Sie brach ab und riß die Hand vor den Mund, um ihren lauten Schrei zu ersticken. „Du bist es also!“ rief sie. Er senkte den Kopf. Ihr Gesicht war weiß vor Entsetzen. „Das wußte ich vorher nicht! Wer ist es, den du töten willst? Larry, du mußt solche Impulse nicht für dich behalten! Ich kann dir helfen…“ „Ach? Nun willst du mir plötzlich helfen! Jetzt weiß ich ja, was ein Mann tun muß, damit du überhaupt reagierst. Du brauchst einen Patienten und keinen Mann! Dr. Jones, die berühmte Psychologin! Sei doch zur Abwechslung endlich einmal eine Frau!“ Krachend fiel die Tür hinter ihm ins Schloß. Unschlüssig stand er ein paar Sekunden lang da, dann schritt er den Korridor hinunter. Sein kantiges Gesicht wirkte entschlossen. Vor der Tür zum Quartier des Medusiers blieb er stehen. Zielbewußt und mit festem Griff öffnete er sie. In der Mitte des Raumes stand der Behälter immer noch auf dem Podest. Ein regelmäßiges, pochendes Geräusch ging von ihm aus. Wie erstarrt wartete Marvick eine Weile an der Tür, den Rücken dem Behälter zugekehrt. Dann drehte er sich um und betrachtete den Behälter. Seine Augen flammten vor Wut. Das pochende Geräusch wurde lauter, als ahne der Bewohner des Behälters eine Gefahr. Einen Augenblick lang hielt eine Mischung aus Angst und Faszination Marvick gebannt. Aber die Schwäche verging. Schnell griff seine Hand zum Phaser an seinem Gürtel. Der Deckel des Kastens schoß nach oben, und Marvick stand in blendendes Licht getaucht. Er taumelte und ließ den Phaser fallen. Der Medusier stieg aus seinem Gehäuse empor. Schreiend riß Marvick die Hand vor die Augen, um sie vor dem verbotenen Anblick Kollos zu schützen.
* Miranda saß kerzengerade auf ihrer Schlafcouch. Dann faßte sie Sich mit der Hand an die Kehle, sprang von der Couch und rannte panikerfüllt zur Tür. Sie flog förmlich den Gang hinunter zu Kollos Quartier. In blendendem Licht, das immer noch den ganzen Raum erfüllte, sah sie den Phaser liegen. Tränen schossen ihr aus den Augen, und sie warf sich mit ausgestreckten Armen vor dem Kasten auf die Knie und rief immer wieder: „Vergib mir! Kollos, vergib mir!“ Der pochende Rhythmus verlangsamte sich. Unten in der Maschinenstation stellte Scott die Steuerung ein, und neben ihm arbeitete einer seiner Leute. Der Mann wandte sich zur Tür, als diese sich öffnete, und gab Scott einen Wink. Scott strahlte. „Larry! Kommen Sie herein!“. Zitternd und noch unter der Wirkung des Schocks hatte Miranda den Interkom an der Kabinenwand gefunden. Kirk hörte ihr unzusammenhängendes Flüstern, sprang von seinem Kommandosessel hoch und schrie: „Leutnant Uhura, Mr. Spock, Dr. McCoy! Zum Quartier des Botschafters! Verständigen Sie die Sicherheit!“ Zwei Wachen sah er bereits an der Tür. Er schlug mit den Fäusten dagegen und rief: „Miranda… Miranda!“ Spock brachte sein Visier in Ordnung, als die Tür sich öffnete. Auch das Mädchen trug ein Visier. Sie schien sich ein wenig beruhigt zu haben. Schweigend reichte Miranda Kirk den Phaser und hob die Maske von den Augen. „Wurde der Botschafter verletzt?“ „Nein, ihm ist nichts geschehen, Captain.“ „Wissen Sie, wer das getan haben könnte?“ „Larry Marvick.“ Kirk starrte sie an. „Marvick? Aber warum denn?“
„Der Wahnsinn hat ihn getrieben.“ Spock sprach sehr schnell. „Hat er den Medusier gesehen?“ „Ja, Mr. Spock.“ „Dann ist Wahnsinn das sichere Resultat. Ein gefährlicher Wahnsinn, Captain.“ Kirk rannte an den Interkom. Während er Alarmstufe Rot durchrief, überließ Scott Marvick gerade die Steueranlage. „Sehen Sie zu, wie Sie damit zurechtkommen!“ Kirks gedämpfte Stimme erreichte auch die Maschinenstation. „Captain Kirk an alle. Es wurde ein Versuch unternommen, Botschafter Kollos zu ermorden. Der Mann ist ein gefährlicher Wahnsinniger. Es handelt sich um Lawrence Marvick. Äußerste Wachsamkeit! Ende.“ Scotts Kinnlade klappte nach unten. Er versuchte rasch, Marvick von der Anlage wegzudrängen, aber beide Fäuste des Mannes trommelten mit der Kraft des Wahnsinns auf ihn ein. Scott sackte zusammen. Das Schiff ächzte unter den gewaltigen Kräften einer plötzlichen Beschleunigung. Auf der Brücke wurde Kirk, Spock und McCoy durcheinandergewirbelt. Das Ächzen des Schiffes ging in ein schrilles Pfeifen über, als Kirk zum Interkom sprang. „Erklären Sie, Mr. Sulu!“ fauchte er. „Das kann ich nicht, Captain. Aber wir fliegen mit Warp-Faktor achtkommafünf.“ „Und wir beschleunigen weiter, Captain“, sagte Chekov. Spock sah zur Ruderkonsole. „Das halten die Deflektoren nicht aus!“ „Leutnant Uhura, stellen Sie mich sofort zur Maschinenstation durch!“ Sie drehte an ihren Schalthebeln und stemmte sich gegen die Konsole. Das Schiff vibrierte immer stärker. „Captain, ich bekomme keine Antwort.“ Kirk schoß auf Spock zu. „Mr. Spock, können Sie ihnen von hier die Energie abschneiden?“
Spock lag schon auf dem Rücken und griff hinter eine Vertäfelung. „Wir werden es versuchen, Captain. Mr. Chekov, kommen Sie bitte her, ich brauche Sie.“ Uhura drehte sich um. „Ich habe jetzt die Maschinenstation, Sir.“ „Stellen Sie auf Interkom durch, Leutnant.“ Er hörte Marvicks Stimme. Es war, als ob er sagte: „Wir schaffen es! Wir sind unterwegs! Wir schaffen es, und wir kommen hier raus.“ Sein irres Lachen war auf der ganzen Brücke zu hören. Kirk schlug auf den Interkom. „Sicherheit! Sofort zur Maschinenstation!“ Miranda tauchte neben ihm auf. „Ich möchte mit Ihnen gehen“, sagte sie. „Nein.“ „Ich muß, Captain. Ich kann seinen Verstand erreichen.“ Nach kurzem Überlegen nickte er. Im Korridor vor der Maschinenstation versuchten zwei Sicherheitsposten die Tür zu öffnen. „Er hat sie verkeilt, Captain“, sagte der eine Mann. „Aber wir versuchen…“ Es gelang ihnen, die Tür aufzureißen. Marvick bediente die Kontrollen leicht und gekonnt. Aber sein Wahnsinn war offenbar. Stöhnen und Schreie ,echter Qual wurden von sinnlosem Kichern abgelöst. Als er Kirk ruhig neben sich stehen sah, lachte er in sich hinein. „Keine Sorge, Kirk. Bald sind wir in Sicherheit. Weit hinter den Grenzen des Universums. Dort können wir uns verstecken…“ Kirk griff nach den Kontrollen, und Sulus Stimme sagte: „Warp-Geschwindigkeit neunkommafünf, und wir beschleunigen weiter, Captain.“ Marvick hatte mit einem schweren Metallwerkzeug auf Kirk eingeschlagen, aber der Captain konnte ausweichen. Nun waren die Wachen über dem Wahnsinnigen und rissen ihm die Hände auf den Rücken. Scott kam auf die Füße. Noch immer benommen
eilte er an seine Kontrollen, als das Schiff einen Satz zu machen schien. Es hatte die Galaxis verlassen. Ein ohrenbetäubendes Krachen brach über die Enterprise herein. Dann hing das Schiff plötzlich ruhig im Raum, von seltsamen Farben umspielt. Kirk war über das Deck geschleudert worden und stand jetzt langsam auf. Marvick wurde noch immer von den Wachen festgehalten. Er flüsterte: „Wir sind in Sicherheit. Wir haben es geschafft, Kirk. Wir sind über die Grenzen der Galaxis hinausgestoßen…“ McCoy hockte noch auf den Knien. Kirk nickte ihm zu. Der Doktor stand auf und öffnete seine Bereitschaftstasche. Er trat hinter Marvick. Aber die Nadel der Injektionsspritze hatte ihn kaum erreicht, als er einen so gewaltigen Satz machte, daß die Wachen ihn fast losgelassen hätten. Kirk sagte: „Marvick, es wird Ihnen helfen, einzuschlafen.“ Die gequälte Kreatur schrie laut auf. „Nein, nein! Wir dürfen nicht schlafen! Niemals mehr! Sie dringen in die Träume ein. Und dann können sie dich erwürgen! Kein Schlaf und keine Träume! Nein! Nein!“ Kirk ging zu ihm hin. „Okay, Larry. Kein Schlaf und keine Träume. Kommen Sie mit. Ich weiß ein besseres Versteck. Ich werde Sie hinführen. Kommen Sie…“ Marvick machte einen verzweifelten Versuch, die Kontrollen zu erreichen. „Wir müssen Geschwindigkeit aufnehmen, Kirk! Geschwindigkeit! Wir müssen zur nächsten Galaxis! Fort von hier! Weg!“ Seine wild rollenden Augen sahen Miranda. Er riß seine Arme los und streckte sie nach ihr aus. Dann brach er zusammen. Kirk bedeutete den Wachen, ihn loszulassen, und stützte ihn mit seinen eigenen Armen. Marvicks Augen füllten sich mit Tränen. „Miranda… Miranda“, flüsterte er. „Du… bist hier… bei mir…“ Kirk trug ihn zu einer Bank. Das Mädchen kniete neben ihm nieder und sagte: „Ja, Larry, ich bin hier.“
Der Wahnsinnige vergrub das Gesicht in den Händen. „Ich glaubte, ich hätte dich verloren…“ „Ich bin hier, Larry.“ Kirk sah zum ersten Mal, wie tief Marvicks Liebe zu diesem Mädchen war. Miranda schaute zu Kirk auf. „Ich sehe, was er sieht“, sagte sie. Dann wandte sie sich wieder Marvick zu und sprach ganz leise mit ihm. „Tu’s nicht, Larry. Denke nicht mehr an das, was du sahst. Denke nicht mehr daran…“ Er stieß einen wilden Schmerzensschrei aus und stieß sie von sich. „Lügnerin! Betrügerin! Du bist nicht allein! Er ist hier! Er ist hier! Du hast ihn mitgebracht!“ Haß loderte wieder in ihm auf. Er packte das Mädchen an der Kehle. Die Sicherheitswachen sprangen herbei, um Kirk zu helfen, den Griff des Irren vom Hals des Mädchens zu lösen. Dieses Mal war McCoy mit seiner Spritze schneller und geschickter. Kirk zog Miranda hoch. Marvick sah es und sagte ruhig: „Liebe sie nicht. Sie wird dich töten, wenn du sie liebst. Liebe sie nicht.“ Kirk blickte auf die Frau in seinen Armen und hatte noch Marvicks Warnung ihm Ohr. Er hatte Miranda zur Tür getragen, als der Sterbende hinter ihm rief: „Ich liebe dich, Miranda…“
* „Wo sind wir, Mr. Spock?“ Der Brückenbildschirm zeigte nur Fetzen von seltsamen, sich immer wieder verändernden Farben. Spock hob den Kopf von seiner schwierigen Arbeit am Computer. „Weit außerhalb unserer eigenen Galaxis, wenn man das aus dem Fehlen sämtlicher zurückverfolgbarer Orientierungspunkte schließen darf.“ „Sie meinen also, wir sind nirgends“, sagte Chekov. Kirk bewegte sich unruhig in seinem Kommandosessel, als McCoy mit einem Stück Papier in der Hand aus dem Aufzug kam.
„Darf ich stören, Jim?“ „Bitte sehr, Doc.“ „Ich habe Marvicks Autopsie durchgeführt. Herzstillstand: Ursache unbekannt. Stillstand der Gehirntätigkeit: Ursache unbekannt… Soll ich fortfahren?“ „Sie meinen, er ist einfach gestorben?“ „Ich meine, er konnte offenbar mit dem, was er gesehen hatte, nicht mehr leben.“ Kirk starrte auf die Mattscheibe, ohne etwas wahrzunehmen. „Oder mit dem, was er fühlte.“ Er erinnerte sich an die wilden Augen voller Tränen und seufzte. Aber hier ging es um andere Dinge. Er wandte sich an Scott. „Wie schwer ist der Schaden an den Maschinen?“ „Ein paar Reparaturen sind schon notwendig, aber sonst ist das Schiff intakt.“ „Mr. Spock, können Sie uns wenigstens einen Positionsbericht geben?“ „Unmöglich zu berechnen, Captain. Wir haben keine Analysedaten. Unsere Instrumente scheinen normal zu funktionieren, aber die Anzeigen ergeben keinen Sinn. Bis zu dem Punkt, an dem wir die Galaxis verließen, sind unsere Aufzeichnungen einigermaßen klar.“ „Dann sollten wir doch zurückfinden können.“ „Wir haben keine Bezugspunkte, an denen wir unseren Kurs zurück ausrichten könnten, Captain. Wir erlebten extreme sensorische Verzerrungen, und das wird auch wieder geschehen, wenn wir versuchen, Warp-Geschwindigkeiten zu erreichen. Unter Lichtgeschwindigkeit können wir die Barriere ohnehin nicht überwinden.“ „Ein Verrückter hat uns in die Lage gebracht, und es sieht so aus, als ob wir einen Verrückten brauchen, der uns hier wieder herausholt.“ „Ein sehr belustigender Vorschlag, Mr. Chekov“, sagte Spock. „Allerdings völlig unbrauchbar.“
Kirk erhob sich und wandte sich an Spock. „Die Medusier haben die interstellare Navigation zu einer hohen Kunst entwickelt. Ob Kollos trotz der sensorischen Verzerrung als Navigator zu gebrauchen wäre?“ „Das ist sehr gut möglich, Sir. Das sensorische System der Medusier unterscheidet sich von dem unseren grundsätzlich. Vielleicht könnte zur Bereinigung dieser Notlage ich Kollos werden und er Spock.“ „Erklären Sie bitte.“ „Eine Fusion, Captain. Eine gedankliche Verbindung, die eine doppelte Wesenheit schafft. Jeder von uns besitzt das Wissen und die Fähigkeiten des anderen. Wir funktionieren als ein Wesen.“ „Und welches Risiko liegt darin?“ „Wenn die Verbindung erfolgreich hergestellt wird, besteht eine gewisse Tendenz, die individuelle Identität zu verlieren. Das wäre ein notwendiges Risiko.“ Er zögerte und sah Kirk an. „Natürlich wird es mir die Dame nicht gestatten, die Verbindung herzustellen.“ „Ich glaube nicht, daß sie irgendwem gestatten würde, in das besondere Verhältnis einzudringen, das sie mit Kollos verbindet“, sagte McCoy. „Dr. Jones“, sagte Spock, „hat immer mit äußerstem Widerwillen reagiert, wenn ich mit Kollos sprechen wollte. In vieler Hinsicht ist sie noch sehr menschlich, Captain. Besonders, was die Stärke ihrer Eifersucht und ihr Machtstreben anbelangt.“ Kirk sagte nichts, und Spock fuhr fort: „Ihre telepathischen Fähigkeiten sind enorm. Wenn es überhaupt möglich ist, dann muß ihr Geist auf eine Weise beschäftigt werden, der jeden anderen Gedanken ausschließt.“ „Ich denke, das wäre zu arrangieren“, sagte Kirk. McCoy sah ihn an. „Jim, Sie dürfen es nicht zu leicht nehmen. Sie ist äußerst empfindlich. Wenn Sie sie hintergehen wollen, wird sie es merken.“
„Doc, ich weiß, was auf dem Spiel steht. Und ich habe nicht die Absicht, mit Miranda Scherze zu treiben.“ Er drehte sich rasch um und verließ die Brücke.
* Das Herbarium des Star-Schiffs verströmte den Duft aller möglichen Blumen. Kirk ließ Mirandas Arm los. „Es mag sentimental klingen, aber hier halte ich mich am liebsten auf. Dieser Raum erinnert mich so sehr an die Erde.“ „Ich bin noch nie auf der Erde gewesen. Was für schöne Blumen Sie hier haben! Darf ich sie anfassen, Captain?“ Kirk lächelte. „Aber gern.“ Sie blieb stehen, um ein samtiges Blütenblatt zu streicheln. „Sie duftet nicht“, klagte sie, zu Kirk gewandt. „Dann prüfen Sie diese hier.“ Es waren Rosen, weiße, gelbe, blaßrosa und einige fast schwarze. Sie neigte ihr Gesicht herab zu den wunderschönen Blüten und genoß mit Entzücken ihren Duft. Plötzlich tat sie einen leisen Aufschrei und riß die Hand zurück. Mit erschrockenem Gesicht hockte sie da und nahm den Finger an den Mund. Kirk nahm ihre Hand. „Lassen Sie sehen.“ „Es war nur ein Dorn“, sagte sie hastig und entzog ihm ihre Hand. Kirk nahm sie aber wieder und rieb sanft den Finger. „Ich wollte Sie heute eigentlich die Dornen vergessen lassen“, sagte er. „Es tut nicht mehr weh.“ „Sie brauchen sich keine Vorwürfe zu machen“, sagte er, „weil Marvick Sie liebte.“ Ihre plötzliche Wildheit erschreckte ihn. „Das tue ich auch nicht! Ich habe seine Liebe nie gewollt! Ich konnte sie nicht erwidern – und ich konnte sie überhaupt nicht gebrauchen!“
Kirk sprach langsam. „Sicherlich werden Sie sich früher oder später nach menschlicher Liebe sehnen – nach einem Mann, der Sie in Ihrem Leben begleitet.“ Sie strich sich eine Strähne ihres silbrigblonden Haares aus der Stirn. „Wollen Sie wissen, was die Gesellschaft von Menschen für mich bedeutet? Einen immerwährenden Kampf! Ständige Abwehr der Emotionen anderer. Wenn ich müde bin und meine Abwehrmechanismen nicht betätige, dann brechen ihre Gefühle wie ein Sturm über mich herein. Haß, Begierde, Neid und Mitleid. Ich gebe den Vulkaniern recht. Wilde Emotionen sind eine Art Geisteskrankheit.“ „Sie wollen also den Rest Ihres Lebens mit Medusiern verbringen, um menschlichen Gefühlen aus dem Wege zu gehen?“ „Vielleicht.“ „Aber Sie sind jung, und Sie sind ein menschliches Wesen. Welch schönen Geist die Medusier auch haben, er ist ihnen fremd! Sie werden sich nach dem Anblick eines Menschen sehnen und nach seiner Stimme. Sie werden die Häßlichkeit leid sein!“ Ihre Augen funkelten unter den schwarzen Wimpern. „Häßlich! Was ist häßlich! Sie haben Kollos nie gesehen! Wer sind Sie, daß Sie behaupten können, er sei zu schön oder zu häßlich, als daß man ihn ertragen könnte?“ „Ich wollte Sie nicht kränken, Miranda. Bitte…“ Während sie von einem Rosenstrauch ein Blatt abriß, eilte Spock durch den Korridor zu Kollos Kabine. Kirk war nicht der Mann, der auf die Verrücktheiten dieses Mädchens noch länger eingehen wollte. „Nun“, sagte er, „über eines sind wir uns einig. Wir lieben beide Rosen.“ Er hob das Blatt auf, das sie fortgeworfen hatte. Ich wünschte, wir hätten auch den dazu passenden Mondschein. Ich möchte so gern sehen, wie sich Ihr Haar dann ausmachen würde…“ Er streckte die Hände nach ihr aus, aber sie wich ihm mit einem leisen Lächeln aus.
„Ich sehe schon, Sie sind ein sehr komplizierter Mann, Captain.“ Aber schon hatte er sie in den Armen. „Seien Sie doch fair“, flüsterte er ihr ins Ohr. „Sie müssen ja nicht wissen, was ich denke, aber ich wollte Ihnen zeigen…“ Sie spannte ihre Muskeln an. Und dann befreite sie sich mit einer Kraft, die er ihr nicht zugetraut hatte. „Er ist bei Kollos!“ rief sie. „Das hätten Sie nicht zulassen dürfen!“ Sie wandte sich ab und rannte zur Tür. Aber er holte sie ein. „Miranda! Sie können doch nicht einfach weglaufen…“ Sie riß sich los. „Lassen Sie mich gehen! Sie haben ja keine Ahnung! Sie kennen nicht Spocks gefährlichen Plan! Bitte, bitte, wir müssen ihn auf halten!“ Kirk lief ihr hinterher. Spock stand an der Tür zu Kollos Kabine. Er sah sich nach ihnen um, als sie aus dem Aufzug hervorgestürzt kamen. Ernst und völlig beherrscht sah er sie an. „Es geht um die Enterprise, Dr. Jones. Das kann mit Ihnen überhaupt nichts zu tun haben.“ „Wieso? Ich habe mit Kollos schon gedankliche Verbindung aufgenommen.“ Sie warf sich herum und fragte Kirk: „Warum lassen Sie es zu, daß er sich in Gefahr begibt?“ „Ich habe eine Pflicht, die Sie nicht übernehmen können“, sagte Spock. „Der Faktor, um den es hier geht, ist nicht irgendeine telepathische Fähigkeit. Das Problem besteht darin, das Schiff wieder in unsere Galaxis zurückzusteuern, und das ist etwas, was Sie nicht können.“ „Dann bringen Sie es mir doch bei! Ich habe ein ausgezeichnetes Gedächtnis. Wenn Sie es mir nur ein einziges Mal zeigen, kann ich alle Maschinen und Instrumente bedienen, die es hier an Bord gibt.“ McCoy kam aus dem Aufzug und eilte auf die Gruppe zu. Er rief: „Einen Augenblick bitte!“ Er sah das Mädchen an und traf seine Entscheidung. „Miranda, Sie können fast alles, was ein
Sehender kann, nur ein Raumschiff steuern können Sie nicht!“ Entsetzt fuhr sie zurück. „Was?“ fragte Kirk. Es tut mir leid“, erklärte McCoy. „Aber in dieser Situation hilft nur Realismus. Sie sind blind, Miranda. Und es gibt einige Dinge, die Ihnen darum zu tun unmöglich sind.“ Spock betrachtete die silberne Stickerei auf ihrem Kleid. „Ah“, sagte er, „ein hervorragend funktionierendes Sensorengewebe. Mein Kompliment an Ihren Schneider, Dr. Jones.“ Auch für Kirk enthüllte sich jetzt das Rätsel. Sie konnte sich deshalb bei Kollos aufhalten, weil sie den Medusier nicht sehen konnte. „Spock wird die gedankliche Verbindung herstellen. Um Ihretwillen wie um unser aller willen“, sagte der Captain. „Nein! Ich werde es nicht zulassen!“ McCoy sagte: „Ich beschwöre Sie als meine Kollegin, Dr. Jones. Machen Sie uns bitte nicht solche Schwierigkeiten.“ „Ich lasse es nicht zu.“ „Wenn keiner von uns Sie überzeugen kann, dann weiß ich einen, der es schafft.“ Kirk benutzte seine Kommandostimme. „Sie werden die Angelegenheit mit Kollos besprechen.“ Sie starrte ihn an. Dann riß sie die Kabinentür auf und warf sie von innen ins Schloß. Kirk schielte zu McCoy hinüber. „Warum haben Sie mir das nicht früher gesagt, Doc?“ „Sie hätte es Ihnen selbst gesagt, wenn sie gewollt hätte. Ich mußte ihre privaten Angelegenheiten respektieren.“ „Man muß an dieser Dame ungewöhnlich viel respek…“ Kirk verstummte, als er einen unterdrückten Schrei aus der Kabine hörte. Miranda öffnete die Tür. Sie weinte hemmungslos, und schluchzend sagte sie: „Mir bleibt wohl keine andere Wahl. Ich muß euch gehorchen.“
*
Die Behausung des Medusiers war auf die Brücke gebracht worden. Eine starre Metallwand verbarg sie vor den Augen aller. Nur Spock war ausgenommen, und er trug sein Visier. Die Leute wagten kaum zu atmen. Sogar das Raumschiff selbst schien den Atem anzuhalten. Das einzige Geräusch war der uralte, majestätische Rhythmus, der von Kollos Lebenserhaltungssystem ausging. Allein mit dem schwarzen Kasten, kniete Spock nieder und hob den Deckel. Das reine, blaue Licht flutete ihm ins Gesicht. Er legte die Hände fest an den Kasten und lehnte sich vor, bis seine Schläfen ihn berührten. Dann nahm er den Kopf wieder hoch. Er keuchte und schloß hinter seinem Visier die Augen. Auf seiner Stirn standen Schweißperlen. Ein Schrei durchfuhr ihn. Dann öffnete er entschlossen wieder die Augen und ließ konzentriert das Licht auf sich einwirken. Kirks Hände wurden feucht. Leise wie Katzen warteten McCoy und Sulu. Chekov saß an Spocks Station und berührte keinen einzigen Knopf. Neben ihm verbarg Uhura das Gesicht in den Händen. Jemand flüsterte: „Mr. Spock!“ Spock war hinter der Metallwand herausgetreten und nahm das Visier ab. Er sah frisch aus und jünger als vorher. Als er sprach, klang auch seine Stimme jünger und wärmer. „Was für ein Vergnügen, Sie wiederzusehen. Ich kenne Sie ja alle! James Kirk, mein Captain und lieber, alter Freund…“ Er ging ein paar Schritte auf Kirk zu und schaute sich interessiert um. „Und da ist Leonard McCoy, ein weiterer Freund. Und Uhura, deren Name Freiheit bedeutet. Uhura, die wie die Nacht in ihrer Schönheit einherschreitet.“ Ein entsetzter McCoy stöhnte: „Das kann nicht Spock sein!“ Kalt und präzise sagte Spock: „Überrascht es Sie, daß ich Byron gelesen habe, Doktor?“ „Das ist Spock!“
„Eine gedankliche Verbindung, die eine doppelte Identität schafft.“ Das waren Spocks eigene Worte gewesen „Habe ich… die Ehre, mit dem medusischen Botschafter zu sprechen?“ fragte Kirk. Ein strahlendes Lächeln erhellte Spocks Gesicht. „Zum Teil. Das heißt – der Teil von uns, der Ihnen als Kollos bekannt ist. Wo ist Miranda? Oh, da sind Sie ja. Oh, schöne, neue Welt, die sich solcher Schönheit schmeicheln darf!“ Sie antwortete schroff: „Sie ist Ihnen neu, Mr. Spock.“ Seine Stimme war wie die eines Liebhabers. „Meine Welt ist nur für dich und mich.“ Kirk konnte ihren Gesichtsausdruck nicht deuten, aber sie schien sich eisern zu beherrschen. In Spocks Gesicht aber lag so viel unverhüllte Zärtlichkeit, daß Kirk seine Blicke abwenden mußte. Das Mädchen glitt an McCoys Seite, und Spock begab sich zum Kommandosessel. „Captain Kirk, ich spreche für uns alle, die Sie Medusier nennen. Es tut mir leid, daß ich Ihnen mit Ihrem Schiff soviel Ärger gemacht habe.“ „Wir können Ihnen daran nicht die Schuld geben, Botschafter. Wir sind Ihnen dankbar, daß Sie uns jetzt helfen.“ Das Lächeln verschwand. Spock war wieder da, ruhig und in alter Verläßlichkeit. „Und nun zu den vorliegenden Problemen. Mit Ihrer Erlaubnis, Captain.“ Kirk sagte: „Leutnant Sulu, übergeben Sie das Ruder an Mr. Spock.“ „Aye, Sir.“ An Sulus Konsole änderte Spock rasch einige Einstellungen. „Koordinierung komplett, Captain.“ „Machen Sie weiter, Mr. Spock.“ Die Maschinen begannen wieder zu summen. „Warp-Faktor eins in sechs Sekunden“, sagte Spock. „Fünf Sekunden…“ Das Schiff nahm Geschwindigkeit auf. „Zwei Sekunden… eine. Zero.“
Das gleißende Licht überflutete die Brücke, der große Knall hämmerte gegen das Schiff, und Spock nahm die Enterprise wieder in die eigene Galaxis zurück. „Positionsmeldung, Mr. Chekov“, rief er. Chekov bekam vor Bewunderung Stielaugen. „Genau ins Schwarze, Mr. Spock! Unsere Position liegt jetzt so nahe an dem Punkt, an dem wir in die Leere hinausstießen, daß es nicht der Rede Wert ist!“ „Das beendet das Manöver, Captain“, sagte Spock. „Übernehmen Sie, Mr. Sulu.“ Als Spock das Ruder verließ, stand Kirk auf. „Ich danke Ihnen, Botschafter.“ Spock bewegte eine Hand und betrachtete sie interessiert. Ein seltsamer, innerer Glanz veränderte sein Gesicht. „Wie kompakt eure Körper sind! Und wie viele Sinne habt ihr! Dieses Ding, das ihr Sprache nennt, ist äußerst bemerkenswert. In so vielen Dingen hängt ihr davon ab. Aber beherrscht ihr sie auch wirklich?“ Ein Ausdruck unendlichen Mitleids trat in sein Gesicht. „Aber eure Einsamkeit. Ihr seid so schrecklich allein! Wie traurig, daß ihr euer Leben in dieser Hülle aus Fleisch zu Ende leben müßt, jeder vom anderen getrennt in gräßlicher Einsamkeit…“ Bei Kirk schlug eine Alarmglocke an. Das Risiko einer solchen Fusion war der Verlust der individuellen Identität. Er drehte sich in seinem Stuhl um. „Botschafter. Es ist Zeit, die gedankliche Verbindung wieder aufzulösen.“ „Jetzt schon?“ Kirk stand auf. „Sie müssen sich beeilen!“ „Sie sind aber schlau, Captain.“ Mit einer lässigen Handbewegung ging Spock zu der Metallwand hinüber und verschwand hinter ihr mit konzentriertem, undurchdringlichem Gesicht. Uhura rief. „Captain, die Star-Flotte!“ „Sprechverbindung herstellen, Leutnant.“
Eine Radiostimme rief: „Enterprise! Wo haben Sie so lange gesteckt?“ Hinter dem Schirm kniete Spock und tauchte wieder in das klare, blaue Licht. Als Kollos aus seinem Gehirn verschwand, senkte er mit dem Gefühl eines traurigen Verlusts den Kopf. Er hörte, wie Kirk sagte: „Geben Sie unsere Position durch, Leutnant, ein detaillierter Bericht folgt später…“ „Captain!“ Das Grauen in Sulus Stimme ließ den Captain herumschnellen. Er blickte zur Ruderstation hinüber. Sulu hielt Spocks vergessenes Visier in der Hand. „Spock!“ brüllte Kirk. „Nicht hinsehen! Bedecken Sie die Augen!“ Seine Worte gingen unter, als hinter dem Schirm ein lauter Entsetzensschrei ertönte.
* Wieder hörten alle den Schrei. Instinktiv rannte McCoy auf den Schirm zu, aber er blieb sofort stehen, als er Kirks Stimme hörte: „Nein! Keine Bewegung!“ „Aber, Jim!“ „Keiner bewegt sich!“ Kirk sammelte sich einen Augenblick, bevor er rief: „Spock, ist alles in Ordnung?“ Die Zeit tropfte dahin. Kirk zählte die Sekunden. Dann erschien Spock. Er sah die Männer aus vor Entsetzen geweiteten Augen an – er war wahnsinnig. Kirk ging mit ausgestreckten Händen auf ihn zu. „Es ist alles gut, Spock. Bei mir sind Sie in Sicherheit.“ Aber Spock befand sich in unerreichbaren Gefilden. Er senkte den Kopf und startete einen wilden Angriff auf Kirk. Er holte zu einem mächtigen Schlag aus, dem Kirk knapp ausweichen konnte. In seinem zerstreuten und sinnlosen Wahn riß er einen Hebel aus einer Konsole und schleuderte ihn über die Brücke. Er brüllte wie
ein verwundeter Stier und raste hin und her. Kirk zog seinen Phaser und traf ihn mit einem schwachen Betäubungsschuß. McCoy rannte zu dem leblosen Körper. Dann schaute er auf. „Er atmet kaum, Jim! Er muß sofort in die Krankenstation!“
* Kirk bedeckte das Gesicht mit den Händen, um das totenblasse Gesicht nicht sehen zu müssen, das vor ihm auf dem Untersuchungstisch lag. Spocks Gehirn, dessen wunderbare Fähigkeiten zahllose Niederlagen in glänzende Siege verwandelt hatten, zerrüttet! Verloren für die Enterprise, verloren für seine Freunde, die ihn so geliebt hatten! „Miranda“, sagte McCoy. „Wenn Sie es nicht schaffen, in seinen Wahnsinn hineinzutauchen und ihn der Umnachtung zu entreißen, werden wir Spock verlieren, Jim.“ Kirk konnte der Welt wieder ins Auge blicken. „Vulkanische Verstandestechniken!“ Dann krampfte sich ihm das Herz zusammen. „Sie versuchte, Marvick zu helfen. Sie konnte es nicht. Er ist tot.“ „Das war etwas anderes. Er liebte sie.“ Rastlos schritt Kirk auf und ab. „Würde sie es überhaupt versuchen? Spock ist ihr Rivale. Sie ist eifersüchtig auf ihn.“ „Sie waren keine Rivalen in der Liebe“, sagte McCoy. Kirk sah ihn an. „Nein, das stimmt. Doc, ich werde es veranlassen. Mischen Sie sich nicht ein, egal, was geschieht.“ Er verließ die Krankenstation und schloß leise die Tür. Miranda war in ihrer Kabine. Und sie wußte, warum er gekommen war. Telepathie hatte doch ihr Gutes, dachte Kirk grimmig. Sie machte Erklärungen überflüssig. Als Miranda aus ihrem Schlafzimmer auftauchte, trug sie ein langes, pechschwarzes Kleid ohne die aufgestickten Sensoren. Sie war jetzt wirklich blind und mußte an die Tür geleitet werden.
McCoy hatte den Untersuchungstisch fast senkrecht hochgekippt, und Spock war darauf festgeschnallt. Wächsern und leblos hing er in den Riemen. Kirk führte Miranda zu ihm. „Wenn Ihre Gedanken sich mit den seinen verbinden, muß es ihn von dort zurückbringen, wo er sich jetzt befindet“, sagte er. Sie war fast so bleich wie Spock, als sie sagte: „Sie müssen uns allein lassen, Captain.“ McCoy an seinem Tisch sagte kein Wort. Kirk wartete. Wenn nur diese Erinnerungen an den Spock von früher nicht immer wieder auftauchen wollten! Und was ging jetzt im Untersuchungszimmer vor? Kirk ging in den Behandlungsraum zurück. Miranda blickte hoch, als sie das Geräusch hörte. „Dr. McCoy?“ „Nein, ich bin es, der Captain.“ „Ich habe keine gute Nachricht für Sie. Seine Lebensfunktionen werden schwächer.“ Die blinden, blauen Augen suchten die seinen. Kirk wappnete sich gegen die Welle des Mitleids, die ihn wegzuschwemmen drohte. „Und was gedenken Sie dabei zu tun?“ „Sie erwarten zweifellos, daß ich Ihre schlafende Schönheit mit einem Kuß wecke.“ In Kirk erstarb jedes Mitleid. „Man sollte es versuchen“, sagte er. „Er ist ja keine Maschine.“ „Er ist Vulkanier!“ rief sie. „Nur zur Hälfte. Die andere Hälfte ist menschlich, eine humanere Hälfte, als Sie zu sein scheinen.“ Sie wandte ihm das Gesicht zu. Es war nur noch eine wütende Fratze. „Machen Sie sich mit der Wirklichkeit vertraut, Captain Kirk. Sein Geist ist zu weit weg, als daß selbst ich ihn noch erreichen könnte.“ „Und wenn Sie ihn nicht erreichen, wird er sterben! Wollen Sie das nicht sogar?“ Sie starrte ihn wortlos an. Dann sagte sie mit schwacher und ungläubiger Stimme: „Das ist eine Lüge!“
„Sie wünschen sich, daß er stirbt!“ Er packte sie hart am Arm. „Was taten Sie auf der Brücke. Haben Sie es nicht verursacht, daß er sein Visier vergaß?“ Sie riß ihren Arm los. „Sie sind wahnsinnig!“ Wieder ergriff er ihren Arm. Sein Gesicht war maskenhaft starr. „Sie kennen Ihren Rivalen. Er hatte eine gedankliche Fusion mit Kollos – genau das, was Sie niemals zustande gebracht haben!“ Sie schlug auf ihn ein. Er umklammerte ihre Handgelenke und hielt sie gewaltsam fest. „Aus meinen Worten“, sagte er, „sollen Sie die Häßlichkeit hören, die er gesehen hat, als er mit ungeschützten Augen Kollos anschaute! Tief in Ihnen steckt die Häßlichkeit, Miranda!“ „Lügner! Lügner! Lügner!“ kreischte sie. „Hören Sie zu. Ihre Leidenschaft, Kollos zu sehen, ist Wahnsinn. Sie sind blind. Sie können ihn niemals sehen. Nie! Aber Spock hat ihn gesehen. Und darum muß er sterben. So ist es doch, nicht wahr?“ Sie krümmte und wand sich in seinen Armen, aber er gab sie nicht frei. „Sadistischer, dreckiger Lügner!“ „Sie riechen nach Haß. Sie sind vom Gestank Ihrer Eifersucht erfüllt. Warum erwürgen Sie ihn nicht, da er doch hilflos vor Ihnen liegt?“ Alle Kraft schien sie zu verlassen. „Nein… nein… bitte, sagen Sie nichts mehr!“ „Kollos weiß, wie es in Ihrem Herzen aussieht. Sie können sich selbst belügen, Kollos können Sie nicht belügen.“ „Gehen Sie! Bitte… gehen Sie…“ Er ließ sie los. Sie taumelte, aber er half ihr mit keiner Bewegung. Er schloß die Tür hinter sich. In seinem Büro stand McCoy von seinem Tisch auf. Kirk sank auf einen Stuhl. Der Captain war erschüttert und erschöpft. McCoy legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Was haben Sie ihr gesagt, Jim?“ Kirk hob den Kopf. „Vielleicht zuviel.“
„Was macht sie denn mit ihm? Wenn sie es nicht schafft…“ „Ich hätte vielleicht nicht hineingehen sollen, Doc.“ „Jim…“ „Ich habe sie hart angefaßt. In ihrer Dunkelheit. In ihrer Blindheit. Wenn er stirbt…“ „Jim, Sie dürfen sich keine Vorwürfe machen.“ „Wenn er stirbt, wie weiß ich, daß nicht ich an seinem Tod schuld bin? Wie kann ich wissen, ob sie die Wahrheit vertragen kann?“ Im Raum hinter ihnen war Miranda wieder zu Spock gegangen. Mit den Fingern berührte sie seine Schläfen. Wütend flüsterte sie: „Hier geht es um Tod oder Leben für uns beide. Hören Sie mich, Spock?“ Er lag mit offenen Augen in einer Höhle. Über ihm schwebte Miranda, und ihre Haare waren ein widerliches Nest mit zuckenden Schlangen. Sie zischten, und ihre Fangzähne verspritzten ihr Gift. Es träufelte ihm ins Gesicht. Diese Miranda lachte satanisch. Das Gift brannte und ätzte. Dann waren drei Mirandas da. Sie lachten vor Wonne beim Anblick seiner Qualen. Als er die Hände gegen die Ohren preßte, um ihr häßliches Gelächter nicht mehr zu hören, sah er sieben Mirandas. Er sank in die Knie und stieß sich die geballten Fäuste gegen die Ohren. Das Gelächter verstummte. Aber die Furie ließ nicht von ihm ab. Die Höhle verwandelte sich in einen Tümpel, und eine Miranda packte ihn an der Kehle. Sie war sehr kräftig, und er war müde. Das Wasser des Tümpels schlug über seinem Kopf zusammen, und Miranda stieß ihn immer tiefer unter das Wasser… immer tiefer! Seine Hände hingen schwer herab. Sie wollten ihm nicht mehr gehorchen. Endlich aber hatte er sie wieder in der Gewalt und konnte sich aus der tödlichen Umklammerung lösen. Immer mehr zog ihn das Wasser nach unten. Aber seine Seele stieg empor. Er konnte dem entsetzlichen Tümpel entrinnen. Er war nicht einmal überrascht darüber, daß Miranda ihm nun half. Er hustete schaumiges
Wasser aus der Lunge. Und wie im Traum hörte er Miranda sagen: „Du hast dich also entschlossen, zu leben.“ Der Deckel eines Behälters öffnete sich, und blaues Licht strahlte aus ihm heraus. Er kannte dieses Licht. Er wollte in diesen, ihm halb vertrauten Behälter hineinsehen, aber der Deckel schloß sich wieder. Er war unsagbar müde. Vor ihm lag eine Tür. Mit seiner letzten Kraft öffnete er sie. „Spock!“ Er erkannte die Stimme seines Captains. Spock taumelte ihm entgegen, und im Ansturm seiner wieder von ihm Besitz ergreifenden Verstandeskräfte erkannte er auch McCoy. Wie gewöhnlich machte der Doktor sich schrecklich Sorgen. „Wie können Sie denn einfach aufstehen! Setzen Sie sich sofort hin!“ Er setzte sich. Sein Captain verließ ihn, um Miranda zu suchen. Er hörte ihn nach ihr rufen. Wenn aber eine Miranda in der Nähe war, sehen konnte man sie nirgends.
* Mit ganz besonderer Sorgfalt stellte Spock Kollos’ Behausung auf die Transporterplattform. Seine Hände ruhten eine Weile auf dem Kasten. Es war wie eine letzte Vereinigung mit dem Medusier. Kirk betrachtete Spocks Hände, und ein warmer Schimmer trat in seine Augen. Er zeigte auf Spock und sprach mit der jungen Frau, die neben ihm stand. „Ich muß Ihnen danken für das Leben dieses Mannes“, sagte er. Er sprach mit einer völlig veränderten Miranda – einer Miranda, die von der gleichen staunenden Unschuld verklärt war, die auch von Spock Besitz ergriffen hatte, als er seine Gedanken mit denen Kollos’ verbunden hatte. McCoy war tief bewegt, als er die neue
Reinheit in ihren schönen Zügen entdeckte, und er sagte: „Miranda, nun haben Sie, was Sie sich so sehnlich gewünscht haben.“ „Ja, ich bin eins mit Kollos.“ McCoy nahm ihre Hand und küßte sie. „Es tut mir so leid, daß Sie uns verlassen müssen.“ Sie ging zu Kirk zurück. „Wir sind am Ende einer ereignisreichen Reise, Captain.“ „Ich wußte nicht, ob Sie überhaupt noch mit mir sprechen würden.“ Das reine Blau des Medusiers strahlte nun aus ihren Augen. „Ich danke Ihnen für meine Zukunft. Was Sie mir sagten, hat mir wieder zum Sehen verhelfen. Ich werde meine Sensoren nicht mehr benötigen.“ Er nahm eine weiße Rose von der Transporterkonsole und gab sie ihr. „Mein Abschiedsgeschenk“, sagte er. Sie legte die Rose an ihre Wange und antwortete: „Es ist gewiß eine ohne Dornen.“ „Ich habe noch keine solche gesehen, Miranda.“ An der Plattform stand Spock in seiner Ausgehuniform. Er trug sein IDIC. Das Mädchen berührte es. „Nun verstehe ich die Symbolik, Mr. Spock. Das Wunder ist die unendliche Vielfalt des Lebens.“ Ernst sah er ihr in die Augen. „Und die Möglichkeit, daß unsere Unterschiede sich miteinander vereinen lassen, um neue Wahrheit und neue Schönheit zu erschaffen.“ Noch während er sprach, betrat sie die Plattform. Spock schob sich zum letzten Mal das Visier zurecht und hob die Hand zum Gruß der Vulkanier. Sie gab ihm den Gruß zurück. „Friede und langes Leben für Sie, Mr. Spock.“ „Friede und langes Leben, Miranda.“ An der Transportkonsole betätigte der Captain persönlich die Dematerialisierungsschalter.
EIN KLEINER PRIVATKRIEG McCoy richtete sich von seiner Blätter- und Wurzelkollektion und den Bodenproben auf und streckte sich. Dieser Planet war hinsichtlich seiner Vegetation ein medizinisches Dorado. Trotzdem war McCoy froh, als sein Kommunikator summte. Kirk fragte: „Wie lange noch, Doc?“ „Ungefähr noch dreißig Minuten, Jim. Haben Sie und Spock etwas gefunden?“ „Bisher keine Anzeichen von Bewohnern. Sammeln Sie weiter. Ende.“ Als er den Kommunikator schloß, wies Spock auf einige durcheinandergeworfene Steine an der felsigen Erhebung, auf der sie standen. „Sind das die affenartigen Fleischfresser aus den Berichten, Captain?“ Kirk inspizierte die Fährte, richtete sich wieder auf und nickte. „Die Spur ist schon ein paar Tage alt. Sie bleiben selten lange an einer Stelle. Aber es sind die Gumatos.“ Spock betrachtete den Baumbewuchs, der sich von ihrem Standort aus bis weit in die Ebene erstreckte. „Abgesehen davon halten Sie diese Gegend für den Garten Eden?“ Kirk grinste. „So erschien es wenigstens vor Jahren einem flotten Leutnant namens Kirk, der sein erstes Landeunternehmen kommandierte.“ Er stutzte, denn er hatte einen Zweig knacken hören. Dann sah er die Leute. Sie bewegten sich weiter unten einen engen Pfad entlang. Freude durchfuhr ihn, als er ihren Anführer erkannte. Er wollte gerade „Tyree!“ schreien, als er in der Sonne Gewehrläufe blitzen sah. Feuerwaffen – auf diesem Planeten? Kirk griff nach seinem Phaser, und Spock sagte ruhig: „Waffengebrauch ausdrücklich untersagt, Captain.“ „Tyree führt diese Leute in einen Hinterhalt! Er ist der Freund, mit dem ich hier gelebt habe!“ Der Captain warf sich herum. Dabei trat er gegen einen großen Stein, der den Abhang
hinunterrollte. Die Leute unten sprangen aus dem Unterholz hoch, Kirk schrie: „Dorfleute!“ Die Gruppe schwärmte aus und eilte in den Schutz der Bäume zurück. Aber einer der Bewohner hatte sich umgewandt und Spock und Kirk gesehen. Er rief zwei weiteren Männern etwas zu, und jetzt rannten alle drei den Hügel hinauf auf die Männer von der Enterprise zu. Dann blieb der erste stehen, um eine Steinschloßmuskete an die Schulter zu reißen. Die Kugel pfiff dicht an Kirks Kopf vorbei und schlug in einen Felsen ein. Der Mann lud nach – und inzwischen feuerte auch der zweite Mann. Das heiße Metall traf Spock. Von seiner Lichtung aus hörte McCoy die Schüsse. Er raffte seinen Kommunikator vom Boden und sprach hinein: „Enterprise, Alarm! Alarm! Stehen Sie bereit zum sofortigen Heraufstrahlen des Landekommandos!“ Spock lag am Boden. Kirk rannte zu ihm hin und betrachtete die Wunde. Dann riß er den Phaser aus dem Gürtel. „Nein, Captain!“ „Spock, sie haben sofort nachgeladen!“ Mit großer Anstrengung kam Spock auf die Beine. „Nein… ich kann gehen.“ Kirk blickte hoch und sah McCoy. Er rief: „Lassen Sie uns hinauf strahlen, Doc!“ Schon hatte McCoy seinen Kommunikator offen. „Jetzt, Scotty! Spock ist verletzt. Arzt bereitstellen!“ Kirk stützte den halb bewußtlosen Spock. Als sie dematerialisierten, konnten die Dorfleute nur noch in den Funkenregen starren, in dem die drei Männer verschwunden waren. Aufgeregt nahm Scott sie an der Transporterplattform in Empfang. „Was ist geschehen, Captain?“ „Bleigeschoß. Uraltes Gewehr. Sage den Medizinern, sie sollen sofort eine Trage bringen!“ Vorsichtig wurde der taumelnde Spock daraufgelegt, und Schwester Chapel und Dr. M’Benga schafften ihn weg. McCoy
hatte Spocks aufgerissene Brust gesehen und rief ihnen nach. „Vitalisierer B!“ Christine Chapel bereitete in fliegender Hast eine Spritze vor, und McCoy injizierte sie dem Verletzten in den linken Arm. Als die Schwester in ihre Bereitschaftstasche griff, wurde Spock gerade bewußtlos. M’Benga ließ seinen DiagnoseTricorder über Spocks reglosen Körper gleiten. Christine sagte zu McCoy: „Druckpackung fertig, Doktor.“ Er nahm sie, schob Spocks Hand nach oben und applizierte sie auf die Wunde. „Glücklicherweise sitzt sein Herz dort, wo eigentlich die Leber sein sollte – sonst wäre er jetzt tot.“ Als Spock die zweite Spritze bekam, tauchte Kirk auf. „Doc, Sie bringen ihn doch durch?“ Ohne Vorwarnung schrillten die Sirenen. Überall flammten unheilverkündende rote Lichter auf, und Uhuras Stimme ertönte über Interkom: „Alle Decks, Alarm Rot! Auf Gefechtsstation! Dies ist keine Übung! Auf Gefechtsstation! Alarm Rot!“ Kirk sprang an den Interkom. „Brücke, hier spricht der Captain.“ „Leutnant Uhura, Sir. Wir haben ein Klingon-Schiff auf den Schirmen.“ „Ich bin unterwegs!“ Chekov hatte Spocks Platz am Computer eingenommen. Uhura stand unbewegt an ihrem Apparat und lauschte aufmerksam. Chekov sah auf, als Kirk erschien. Auch Scott rannte in diesem Augenblick aus dem Aufzug. „Keine Positionsveränderung, Sir. Sie haben uns vielleicht nicht gesehen.“ Uhura geriet in Bewegung. „Sie machen eine Routinedurchsage an ihren Stützpunkt. Wir werden nicht erwähnt, Sir.“ „Dann reduzieren Sie auf Alarmstufe eins.“ Sie schlug auf den Knopf des Interkoms. „An alle Stationen, gehen Sie auf Alarm Gelb. Ich wiederhole, Gefechtsbereitschaft aufgehoben. Gehen Sie auf Alarm Gelb.“ Die Sirenen schwiegen. Kirk sah auf den Bildschirm. „Können Sie uns außerhalb ihrer Sichtweite halten, Scotty?“
Scotty veränderte eine Einstellung. „Ich kann es versuchen, Sir.“ Und zu Chekov sagte er: „Abtaster auf Astrogationskreise schalten.“ „Wir können uns für eine Weile verstecken, Captain“, sagte Scott, „aber wenn wir es lange tun wollen, müssen wir wahrscheinlich die Umlaufbahn verlassen.“ „Der Klingonier bricht die Verträge“, sagte er. „Nicht unbedingt, Sir. Sie haben dasselbe Recht, ihre wissenschaftlichen Missionen zu fliegen wie wir.“ „Wissenschaftliche Missionen sind in der Regel nicht die Hauptbeschäftigung der Klingonier.“ „Das stimmt, Captain, aber da dieser Planet ohnehin .unter Naturschutz’ steht, können Sie nicht beweisen, daß es sich um etwas anderes handelt.“ Kirk runzelte die Stirn. „Als ich vor siebzehn Jahren den Planeten verließ, konnten die da unten noch kaum einen primitiven eisernen Pflug schmieden. Und Spock wurde von einer Steinschloßflinte getroffen. Wieviel Jahrhunderte liegen eigentlich zwischen diesen beiden Entwicklungsstufen?“ Uhura antwortete: „Auf der Erde etwa zwölf Jahrhunderte, Sir.“ „Auf der anderen Seite“, sagte Scott, „wäre ein Steinschloßgewehr die erste Art von Feuerwaffen, die normalerweise entwickelt werden.“ Chekov sagte: „Und, Sir, die Tatsache, daß man auf der Erde für diese Entwicklung so lange gebraucht hat, muß doch nicht bedeuten, daß es überall so ist.“ Uhura nickte zustimmend. „Wir haben auf verschiedenen Planeten doch auch die verschiedensten Entwicklungsraten festgestellt.“ Kirk fauchte: „Diese ganzen Dinge sind mir ja nicht völlig fremd.“ „Wenn die Klingonier tatsächlich dahinterstecken, warum geben sie ihnen dann nicht gleich Magazin-Lader oder Maschinenwaffen oder sogar die frühen Hand-Laser?“
Wütend unterbrach Kirk: „Ich habe lediglich einen Kommentar gegeben, ich habe keine Debatte beantragt!“ Aber Scott ließ sich nicht einschüchtern. „Captain, Sie haben eine Anzahl von Kommentaren gegeben. Und Sie haben immer darauf bestanden, daß wir offen unsere Meinung sagen. Hat sich das geändert?“ „Es hat sich nicht geändert. Verzeihen Sie, Scotty, aber ich mache mir Sorgen um Spock. Und ich mache mir auch Sorgen über das, was sich dort unten so sehr verändert hat.“ Er stand auf und ging zum Auf zug. „Sie übernehmen, Scotty. Ich werde in der Krankenstation warten…“ Er empfand sofort die mühsam beherrschte Spannung in der Krankenstation. McCoy, M’Benga und Christine waren alle um Spock versammelt. Er war noch bewußtlos. M’Benga sprach. „Wir haben keinen Ersatz für die verletzten Organe, Doktor. „Wenn er gesund werden soll, muß seine vulkanische Physiologie ihm dabei helfen.“ „Ich stimme Ihnen zu“, sagte McCoy und ging in sein Büro. Kirk folgte ihm. Die beiden Männer sahen einander lange an. Dann sagte McCoy: „Er kann sterben, er kann aber auch am Leben bleiben. Ich weiß es wirklich nicht.“ Kirk schritt zwischen der Tür und dem Schreibtisch hin und her. McCoy zeigte zum Behandlungsraum hinüber: „Doktor M’Benga hat als Internist in einem vulkanischen Krankenhaus gearbeitet. Spock könnte in keinen besseren Händen sein.“ Kirk zögerte. Dann fällte er eine harte Entscheidung. „Sie und ich werden uns zu dem Planeten zurückstrahlen lassen, Doc.“ „Ich kann Spock in einer solchen Situation nicht allein lassen.“ „Eben haben Sie doch noch das Gegenteil behauptet.“ Er stützte die Hände auf McCoys Tisch. „Dort unten sind Klingonier. Wenn es sich bei ihrem Auftrag um eine legitime Untersuchung des organischen Potentials des Planeten handelt, sind Sie der Mann, der das beurteilen kann.“
„Und wenn nicht?“ „Dann werden ich Ihre Hilfe und Ihren Rat benötigen.“ Er ging an den Interkom und schlug auf den Knopf. „Captain an Brücke.“ „Scott hier, Sir.“ „McCoy und ich lassen uns hinunterstrahlen. Benachrichtigen Sie das Lager. Wir brauchen einheimische Kleidung.“ „Captain, ich muß vielleicht die Umlaufbahn verlassen, und das kann jede Minute nötig werden. Dann sind wir außer Kommunikatorreichweite.“ Kirk dachte schnell. Ihre Anwesenheit mußte geheim bleiben. Und jeder Versuch, mit dem Star-Flottenkommando Verbindung aufzunehmen, mußte sie verraten. Er konnte nicht erst um Erlaubnis bitten, die Anweisungen hinsichtlich dieses Planten außer acht lassen zu dürfen. Er mußte auf eigene Faust und in eigener Verantwortung handeln. Er trat wieder an den Interkom. „Okay, Scotty, wir werden einen Rendezvous-Plan hinterlassen. Ende.“
* Sie materialisierten in der Nähe eines kleinen Wäldchens. Sie schauten sich um, und Kirk wußte, wo er sich befand. Er erinnerte sich, daß das Wäldchen sich zu einer felsigen Lichtung öffnete. Tyrees Lager war nur etwa vierhundert Meter entfernt. Sie stiegen hügelabwärts. Das Terrain vor ihnen wies große Felsblöcke und dichtes Unterholz auf. Kirk wies auf ein Gebüsch. „Aus den Zweigen der jungen Bäume dort kann man ausgezeichnete Bogen herstellen. Wir haben unser Holz immen dort geholt.“ „Das ist ja so, als ob Sie nach Hause kommen.“ „Es wäre gut, Tyree wiederzusehen. Während meiner Jahre hier haben wir uns angefreundet. Ich wohnte bei seiner Familie und
trug die Kleidung dieser Hügelleute. Wir gingen zusammen auf die Jagd…“ McCoy blieb abrupt stehen. „Okay, Jim. Sie hängen an diesem Ort. Verständlich! Sie wollen einen alten Freund besuchen. Auch gut! Sie glauben, die Klingonier sind hier, die alles bedrohen, was Sie so sehr bewundern…“ „Doc, das haben wir doch schon hundertmal…“ „Sie baten mich um meine Hilfe und meinen Rat. Nun, ich tue, was ich kann. Jim, ich bewundere den Captain eines Star-Schiffs, der Befehle mißachtet und seine Karriere gefährdet, wenn es nötig ist. Obwohl ich bei dieser Ihrer Entscheidung den emotionellen Anteil sehr hoch ansetze und den Anteil an Logik sehr gering. Unsere Landung auf diesem Planeten war unnötig und verstößt eindeutig gegen die Befehle!“ Kirk lächelte ein wenig spöttisch. „Logik? Das könnte Spock gesagt haben.“ Er dachte eine Weile nach. „Ich hänge mit Sicherheit sehr an dieser Gegend. Das ist ganz klar. Insofern habe ich auch gewisse emotionale Bindungen an diesen Planeten. Aber…“ Wieder unterbrach McCoy. „Spock hätte vielleicht auch geraten, den Planeten vierundzwanzig Stunden lang zu erkunden, ohne Kontakte herbeizuführen. Wenn Sie es danach noch für angezeigt halten, den Aufenthalt länger auszudehnen, wäre ich auf Ihrer Seite.“ Kirk betrachtete die ernsten Augen seines Bordarztes. „Okay, Doc, wir lassen uns einen Tag lang nicht blicken. Wir gehen hier hindurch und…“ Er beendete den Satz nicht. Sie hörten ein heiseres Knurren und ein riesiges, behaartes Wesen, das an einen Gorilla erinnerte, brach aus dem Gebüsch hervor. Seine bösartigen Zähne waren gefletscht. Mit seiner klauenbewehrten Faust, so groß wie ein Schinken, schlug das Wesen Kirk zu Boden. Dann sprang es auf McCoy zu, der gerade seinen Phaser zog. Der Arzt wurde gegen die Felsen geschleudert, und die Waffe entglitt seinen Händen.
Besinnungslos sank er zu Boden. Der wütende Gumato stürzte sich nun wieder auf Kirk und warf ihn zu Boden. Der Captain versetzte dem Wesen einen gewaltigen Tritt in den Leib, konnte sich jedoch nicht befreien. McCoy hatte inzwischen wieder seinen Phaser in der Hand und feuerte einen Betäubungsschuß ab. Der Gumato wankte. Dann aber ging er brüllend auf McCoy los. Der Doktor kniete auf dem Boden. In fliegender Hast stellte er seinen Phaser auf volle Energie ein, schoß und das Tier war nicht mehr vorhanden. Aber Kirk lag, ohne sich zu bewegen, unter dem Felsen. Rasch kroch McCoy zu ihm hin und griff nach seiner Bereitschaftstasche. „Sprechen Sie mit dem Schiff“, flüsterte Kirk. „Ich wurde von seinen… Fangzähnen erwischt… Gift…“ Der Doktor gab ihm eine Spritze. Dann sprach er in seinen Kommunikator: „Landekommando an Enterprise, bitte kommen! Enterprise, hier spricht McCoy! Dies ist ein Notfall! Bitte kommen!“ Auf Kirks Stirn perlte bereits der Schweiß. Das Gift befand sich in seiner Blutbahn. McCoy mußte sein Ohr an den Mund des Captains legen, um die ersterbende Stimme zu verstehen. „Sie… haben… gestern… die Umlaufbahn… verlassen.“ „Jim, dafür gibt es kein Gegengift.“ Wieder machte er eine Injektion. „Ich kann Sie mit diesen Injektionen höchstens einige Stunden lang am Leben erhalten.“ „Tyree… einige von ihnen haben Mittel.“ Nach den letzten mit letzter Kraft hervorgestoßenen Worten fiel Kirk in tiefe Bewußtlosigkeit. Im einsamen Schweigen des Wäldchens hörte McCoy plötzlich einen Zweig knacken. Drei Männer mit Bogen und Speeren standen in Reichweite hinter ihm, und in ihren Gesichtern standen Neugierde und Mißtrauen. „Seid ihr Hügelleute? Kennt ihr einen Jäger namens Tyree?“ McCoy zeigte auf Kirk. „Er wurde von einem Gumato angefallen. Er heißt James Kirk und ist ein Freund von Tyree…“ Er wartete auf eine Reaktion, doch die Männer rührten sich nicht.
„Verdammt nochmal, tut endlich etwas!“brüllte er. „Erstirbt!“ Aber die Hügelleute starrten ihn nur gleichmütig an. Später jedoch sollte er ihnen noch dankbar sein. Ihre Siedlung war selbst für ein Nomadenvolk ziemlich primitiv. Sie hatten einige Feuerstellen, Holzschuppen und grobe Steinkrüge. Aber die Höhle, in die man Kirks schlaffen Körper trug, war warm. Und das Lager, auf das er gebettet wurde, war mit weichen Tierfellen ausgelegt. Er war schweißnaß am ganzen Körper. Bald verfiel er in immer heftigeres Zittern. McCoy wandte sich an den Mann, der ihn in die Höhle geführt hatte. „Yutan, mehr Felle – Wolldecken. Er muß warm liegen.“ Als die Felle gebracht wurden, breitete McCoy sie sorgfältig über den Captain. Tyrees Frau, so hieß es, besaß ein Mittel gegen das Gift des Gumato. Aber weder sie noch ihr Mann waren in der kleinen Ansiedlung. Kirk befand sich in den ersten Stadien des Deliriums. Es würde bald seinen Höhepunkt erreichen. Dann kam das Koma, und wenig später würde der Tod eintreten.
* Tyree und seine Frau hockten im Schatten eines Felsvorsprungs und beobachteten eine Reihe Dorfbewohner, die mit Steinschloßgewehren einen Pfad entlanggingen. Obwohl die Haare der Frau nie einen Kamm gesehen hatten, wirkten ihre feingeschnittenen Züge intelligent und zeigten wilde Schönheit. Sie lehnte sich gegen Tyree und flüsterte eifrig auf ihn ein. „Wir müssen dieselben Feuerhölzer haben, Mann. Wir könnten ihnen ihre Sachen wegnehmen, ihre Pferde, und sie dann töten!“ „Genug!“ wies er sie zurück. „Es wird Zeit, daß die Dorfbewohner wieder Frieden miteinander machen.“ Sie sah neben sich eine kleine Pflanze. Mit ihrem scharfen Messer grub die Frau die Wurzel aus. „Wann ist die Zeit?“ fragte
sie. „Wieviele von uns müssen noch sterben, während wir auf die Zeit warten?“ Tyree öffnete ihre kleine Ledertasche. Als sie die Wurzel hineinfallen ließ, sagte sie: „Ich bin eine Kahn-ut-tu Frau, Tyree! In diesem ganzen Land gibt es nur wenige von uns. Die Männer wollen uns zur Frau, weil sie durch uns große Führer werden!“ Er lächelte sie an. „Ich nahm dich als Frau, weil du mich verzaubert hast, Nona.“ Sie zog ein seltsam geformtes Blatt aus der Tasche. „Und ich habe Zaubermittel, die dich an mich binden.“ Sie zerrieb das Blatt zwischen den Fingern, bis der schwere; süßliche Geruch an ihren Fingern haftete. „Erinnerst du dich an den Geruch in der Nacht, als wir am Wasser schliefen?“ Er stieß sie von sich. „Ja, die Nacht des Wahnsinns.“ Sie streichelte sein Gesicht mit ihren duftenden Fingern. Seine Lider senkten sich. Sie schmiegte sich an ihn. „Wahnsinn? Gefiel dir dieser Wahnsinn denn nicht?“ „Nein“, seufzte er. „Nein, Nona, es ruft aus meiner Seele die wildesten Tiere hervor…“ „Nur ein wildes Tier – meinen lieben, wilden Tyree… du mein starker, wütender Mann.“ Seine Arme umschlangen sie. Er zog sie auf das Laub herab, als Yutan durch die Bäume herbeigelaufen kam. Er blieb vor den beiden stehen. Nona blickte auf. Und bei ihrem Blick fuhr „Yutan erschrocken zusammen. „Ver… ver… verzeiht mir, aber es sind Fremde im Lager, und der eine wurde von einem Gumato gebissen. Der Mann stirbt.“ Nona war aufgestanden. „Fremde? Erzähle.“ „Der sterbende Mann soll ein Freund von Tyree sein. Es ist schon lange her.“ Tyree bekämpfte noch immer die berauschende Wirkung des Blattaromas, aber Nona hatte sich wieder vollkommen in der Gewalt. „Der ist es!“ sagte sie. „Ich gehe. Bring Tyree, wenn sein Kopf wieder klar ist.“
* Kirk stöhnte und schrie. McCoy ging zum Eingang der Höhle. Die neugierige Menge war inzwischen verschwunden. Der Arzt zog seinen Phaser, zielte auf einen der großen Felsblöcke in der Nähe und drückte ab. Der Felsen glühte rot auf. McCoy beugte sich über den Phaser, um ihn anders einzustellen – da schlüpfte Nona wie ein dunkler Geist in die Höhle. Sie sah von dem glühenden Stein zu der Waffe in McCoys Hand und trat in den Schatten zurück. Fasziniert schaute sie zu, wie der Arzt auch auf den anderen Felsblock schoß. Dann wandte sie sich ab und verließ schweigend die Hütte. Auch Tyree und Yutan kamen jetzt herbeigelaufen. Sie hatten ebenfalls die glühenden Steine gesehen. Nona streckte eine Hand aus. „Halt!“ rief sie. „Soll ich ihn retten?“ Ihr Ton ließ ihn stehenbleiben. „Du mußt ihn retten!“ rief er. „Er ist ein Freund aus meinen frühen Tagen!“ Sie hatte ein Wunder erlebt… einen Feuerstock von wunderbarer Kraft, und sie erkannte eine Chance. Eine Kahn-ut-tu Frau machte nun eben Gebrauch von wunderbaren Möglichkeiten. „Für meine Mittel“, sagte sie, „benötige ich alles Wissen über die Männer, die ich heilen soll. Ich muß also alles über deinen Freund erfahren.“ Tyree schüttelte den Kopf, „Ich habe ihm mein Wort gegeben, zu schweigen, Nona. Er war mein Bruder.“ „Und ich bin dein Weib – seine Schwester. Ich verspreche ebenfalls zu schweigen. Schnell, Tyree, sonst stirbt er.“
* Spock war noch nicht wieder zu sich gekommen. Christine trug immer noch ihr besorgtes Gesicht zur Schau und blickte ängstlich auf die Lebensfunktionen, deren Werte weiterhin bedrohlich
niedrig lagen. Sie nahm seine Hand, und dann sagte sie Worte, die sie selbst nicht erwartet hatte. „Mr. Spock… Sie haben mich kaum je bemerkt, und das können Sie natürlich auch nicht, aber ich würde gern mein Leben geben, um Sie zu retten!“ Die Tür zum Krankenzimmer öffnete sich. Rasch ließ die Schwester Spocks Arm wieder sinken, aber M’Benga hatte es schon gesehen. „Lassen Sie sich von den Anzeigewerten nur nicht allzusehr beunruhigen. Ich habe das bei Vulkaniern schon oft gesehen. Es ist ihre Methode, ihre ganze Kraft auf die verletzten Organe zu konzentrieren.“ Er betrachtete das blasse Gesicht auf dem Kissen. „Eine Art von selbstinduzierter Hypnose.“ „Sie glauben also, er ist tatsächlich bei Bewußtsein?“ „In gewisser Beziehung. Er weiß, daß wir hier sind, und er hört, was wir sagen. Er kann seine Konzentration jedoch nicht von dem Gewebe ablenken lassen, das er heilen will. Ich nehme an“, fügte er hinzu, „daß er sogar weiß, daß Sie seine Hand gehalten haben.“ Er ließ sie allein. Er hatte die leise Röte nicht gesehen, die ihr bei seiner letzten Bemerkung ins Gesicht gestiegen war. Dann sagte sie zu dem bewußtlosen Spock: „Sir, eine gute Schwester hält immer die Hände ihres Patienten. Das beweist ihnen, daß sie interessiert ist.“ Nach dieser Lüge fühlte sie sich wesentlich besser.
* Die Felsen glühten langsam ab. Aber es war noch sehr warm in der Höhle. McCoy wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht und schob ein Augenlid Kirks nach oben. Er schüttelte den Kopf. Dann legte er eine Wolldecke bereit und wartete. Plötzlich standen Nona und Tyree vor ihm. Der Mann begann sofort zu reden. „Ich bin Tyree.“ Er ging zu Kirk wie einer, der das Recht dazu hat, und beachtete die glühenden Felsen nicht weiter. Aber McCoys Interesse
konzentrierte sich auf Nona. Sie entleerte gerade den Inhalt ihrer kleinen Tasche auf den Fußboden. Dann trug sie alles zu einem flachen Stein. McCoy trat heran, um Nona über die Schulter zu sehen. „Und ich bin Tyrees Frau“, sagte sie, ohne sich umzudrehen. Auf dem flachen Stein lag eine nasse, mit offenen Sporen bedeckte Wurzel. Nona zog ihr scharfes Messer und drückte die flache Klinge auf die Wurzel. Dann legte sie sie auf die Messerschneide und sagte kurz: „Eine Mahko-Wurzel.“ „Eine Pflanze?“ fragte McCoy. „Sie bewegt sich!“ „Für einen, der sie zu finden und zu sammeln weiß.“ Tyree kniete neben Kirk, und sein Gesicht verriet echte Besorgnis. Als Nona an das Lager trat, machte Tyree ihr Platz. Die Wurzel bewegte sich immer noch auf dem Messer. Als Nona mit der freien Hand Kirks Kehle berührte, öffnete sich sein Mund ein wenig. Sie beugte sich vorsichtig über ihn und blies ihm ihren eigenen Atem in den Mund. Dazu flüsterte sie: „Nimm dies aus meiner Seele… dies aus meiner Seele… in deine Seele…“ McCoy war schockiert. Er wandte sich an Tyree und schrie entsetzt: „Ich dachte, sie hätte ein Heilmittel!“ „Schweig!“ sagte der Mann streng. Nona blies noch mehr von ihrem Atem in Kirks Mund. Dazu murmelte sie wieder ihre seltsamen Beschwörungen. „Tief… tief…tief… wir müssen ganz eins werden…“ Zu McCoys Erstaunen hatte Kirk angefangen, im gleichen Rhythmus wie die Frau zu atmen. Aber das mystische Element in ihrer Beschwörung störte ihn sehr. Er wollte schon auf Kirk zugehen, als Tyrees starker Arm ihn aufhielt. Er sah, wie Nona die Stelle entblößte, wo die scharfen Fänge des Gumato zugebissen hatten, und mit der sich krümmenden Wurzel auf die Bißwunde schlug. Dann schnitt sie sich mit dem Messer tief in die eigene Hand, drückte das Blut heraus und ließ es auf die Wurzel tropfen. Dazu stöhnte sie laut vor Schmerz. Kirk stöhnte gleichzeitig mit ihr, als empfände er die Schmerzen selbst. Sie
schloß die Augen. Hin und her schwankend sang sie: „Zusammen… dein Schmerz ist mein… zusammen… deine Seele in meiner… zusammen… zusammen… zusammen…“ Beide atmeten nun in perfekter Harmonie. Und beiden schien diese Übung offenbar Erleichterung zu verschaffen. Nona riß die Augen wieder auf. „Kehre zurück… es ist vorbei… kehre zurück… es ist vorbei… kehre zurück…“ Und plötzlich öffneten sich wirklich Kirks Augen. Sein Gesicht nahm einen ruhigen Ausdruck an. Sehr lange blieb Nona ganz nahe bei ihm. Dann nahm sie ihm ganz langsam die Hand von der Schulter und streckte sie aus. An ihrer Hand war keine Schnittwunde mehr zu erkennen. Nur die Reste der Wurzel, die jetzt stark geschrumpft erschien. Nona stand auf und machte McCoy Platz. Aber er brauchte Kirks Schulter nicht zu betrachten. Er wußte, was er finden würde. Kirks Schulter war vollkommen geheilt! Nicht die Spur einer Wunde war mehr zu sehen. Kirk lächelte. „Ich hatte einen ganz seltsamen Traum“, sagte er leise. „Wie fühlen Sie sich, Jim?“ „Ich bin nur müde, sehr müde. Das haben Sie gut gemacht, Doc.“ Er war schon eingeschlafen. McCoy sah, daß Tyree Nona stützte. „Danke, daß Sie ihn gerettet haben. Davon möchte ich gern mehr lernen…“ „Sie muß jetzt auch schlafen“, sagte Tyree. „Muß ich noch auf irgend etwas ganz besonders achten? Gibt es Nachwirkungen, oder besteht noch Gefahr?“ Nona antwortete mit schwacher Stimme. „Unser Blut ist ausgetauscht… durch die Mahko-Wurzel… unsere Seelen waren zusammen… Er gehört mir.“ Erschrocken fragte McCoy Tyree: „Meint sie, was sie sagt?“
„Wenn ein Mann und eine Frau auf diese Weise zusammenkommen, kann er ihr keinen Wunsch abschlagen. Aber es besteht keine Gefahr, es ist nur eine Legende.“ Er lächelte schwach. Als Tyree sie aus der Höhle führte, ging sie ganz dicht an McCoy vorbei. Ihre Lider waren schwer vor Erschöpfung, aber sie hatte einen Ausdruck im Gesicht, der McCoy beunruhigte und zu sagen schien, daß sie irgendeinen großen Sieg errungen hätte. Und als er Kirks befriedigtes Lächeln sah, verstärkte sich sein ungutes Gefühl. Dieses Gefühl machte ihm so sehr zu schaffen, daß er nachts davon aufwachte. Sein erster Gedanke galt Kirk. Die Höhle war in tiefe Nacht getaucht. McCoy griff seine Ausrüstung und tastete sich zu Kirks Lager hinüber. Es war leer! Einen Augenblick lang blieb er schweigend stehen, dann trat er an den Höhleneingang Und versuchte, sich in der Dunkelheit zu orientieren. Die Anlage des Lagers war ihm nur notdürftig vertraut. Zu seiner Linken sah er den etwas dunkleren Schatten irgendeiner Konstruktion. Sie erwies sich als eine Art Stellwand. Die noch glimmenden Aschenreste der Feuer zeigten ihm die Umrisse zweier Schläfer. Ein dritte Gestalt stand über den beiden. „Jim“, flüsterte McCoy. Einer der Schläfer erwachte und rollte sich in eine Hockstellung. Es war Tyree. Er starrte McCoy an, sprang auf, drehte sich um und sah Kirk, der neben seiner schlafenden Frau stand. Kirk hielt die Augen geschlossen wie ein Schlafwandler. „Jim.“ McCoy nahm Kirks Arm und schüttelte ihn. Kirk öffnete die Augen und sah sehr überrascht aus. „Alles in Ordnung, Doc. Ich fühlte mich besser und wollte mir ein bißchen die Beine vertreten.“ Er erkannte Tyree und strahlte vor Freude. Er rief: „Tyree, bist du es, mein alter Freund!“ Mit den Händen packte er den anderen bei der Hand. Nona war wach geworden. Tyree warf ihr einen raschen Blick zu. Es entstand eine kleine Pause, bis er sagte: „Ja, James, es ist gut, dich wiederzusehen.“
„Aber wie komme ich hierher? Was hat…? Nein, jetzt weiß ich es wieder. Ich war krank. Es war ein Gumato-Biß.“ Er zeigte auf McCoy. „Ich habe es dem Doktor erzählt. Ich bat ihn, mich zu Tyrees Lager zu bringen. Ich wußte, ihr würdet einen Kahn-ut-tu finden, der mich heilen würde.“ Er wandte sich an McCoy. „Die Kahn-ut-tu sind eine Art örtlicher Zauberheiler, die die Wurzeln und Kräuter hier studiert haben.“ „Und ich bin eine Kahn-ut-tu-Frau, Captain.“ Nona lächelte Kirk an. „Ich habe Sie geheilt.“ Ihre Augen fanden sich, und Tyree sagte stolz: „Nona, meine Frau.“ „Ja, natürlich“, sagte Kirk. „Deine Frau.“ McCoy sagte. „Tyree ist der Anführer der Hügelleute hier.“ Kirk lächelte seinen Freund an. „Ich gratuliere dir zu beidem.“ „Sie brauchen Ruhe, Jim.“ „Ruhe? Ich habe mich selten besser gefühlt!“ Kirks Gesicht wurde ernst. „Tyree, können wir uns unterhalten? Ich will alles über die neuen Waffen der Dorfbewohner erfahren. Wir müssen Pläne machen.“ Nona mischte sich ein. „Gut, es ist höchste Zeit.“ Tyree nickte. „Es ist sehr viel geschehen, seit du fortgingst. Komm, wir wollen darüber reden.“ „Aber wir wollen auch etwas tun!“ sagte Nona. Tyree sah sie an. Schweigend schritt er dann den anderen voran.
* Spock lag noch immer blaß und reglos da. Dr. M’Benga betrat die Krankenstation. Er nickte Christine zu und neigte sich dann über seinen Patienten. „Hier ist Dr. M’Benga, Mr. Spock. Ab sofort wird ständig jemand in Ihrer Nähe sein. Wenn es Zeit ist, wird man mich rufen.“ Er richtete sich auf. „Schwester, Sie
bleiben bitte hier. Sobald es Anzeichen gibt, daß er zu sich kommt, rufen Sie mich bitte. Und nachdem Sie mich verständigt haben, tun Sie alles, was er sagt, wenn er mit Ihnen spricht.“
* Tyree hielt sein Versprechen, Kirk über die Feuerwaffen vollständig zu informieren. Er begann: „Vor weniger als einem Jahr kamen ihre Feuerstöcke zum erstenmal zu den Dorfbewohnern. Seit der Zeit, mein Freund, ist nahezu jeder dritte von uns getötet worden.“ Kirk lehnte sich über den groben Tisch. „Aber du sagst, sie stellen die Feuerstöcke selbst her? Bist du da ganz sicher?“ „Wir waren in ihren Dörfern und haben gesehen, daß sie es tun.“ „Tyree“, schaltete McCoy sich ein, „haben Sie bei den Dorfbewohnern Fremde gesehen?“ Tyree schüttelte den Kopf. „Nie!“ Hinter ihnen war Nona ungesehen in die Hütte geschlichen und hatte sich in einer dunklen Ecke versteckt. Sie sah, daß McCoy sich an Kirk wandte. „Inzwischen“, sagte er, „haben Sie hier Kontakt aufgenommen. Sollte es sich herausstellen, daß wir diejenigen waren, die die Verträge gebrochen haben, geht es um Ihre Karriere, Jim.“ „Vielleicht, Doc. Aber man braucht kein ganzes Regiment Klingonier, um ihnen beizubringen, wie man primitive Gewehre herstellt.“ „Ein einzelner wäre zu langsam und würde nicht viel ausrichten, wenn sie wirklich diesen Planeten haben wollen.“ „Aber es wäre viel klüger,“ sagte Kirk. Er sprach zu Tyree. „Kannst du uns zu ihrem nächsten Dorf bringen, solange es noch dunkel ist?“
Tyree zögerte. „Im Dunkeln sind auch die Gumatos unterwegs, und wenn ihr einen getötet habt, ist der Partner bestimmt noch in der Nähe.“ Kirk legte seinen Phaser auf den Tisch. „Du hast gesehen, welche Wirkung diese Waffen haben. Solange nur sonst niemand sieht, daß sie gebraucht werden.“ Rasch steckte Kirk seinen Phaser wieder ein. Nona wandte sich an McCoy. „Ich habe gesehen, wie Sie mit diesen Waffen die Steine zum Glühen gebracht haben.“ Ihre Augen suchten Kirk. „Und ich weiß, ihr habt viele Möglichkeiten, Tyree zu einem bedeutenden Mann zu machen.“ McCoy sah sie an. „Viele Möglichkeiten?“ Er wandte sich an Tyree: „Was weiß sie denn sonst noch über uns?“ „Oh, ich weiß sehr viel. Tyree hat mir viel erzählt“, erklärte Nona. Sie lächelte Kirk an. „Es war der Preis dafür, daß ich Ihnen das Leben gerettet habe und Sie dürfen ihm keine Vorwürfe machen.“ Der Doktor schlug krachend mit der Faust auf den Tisch. „Das beweist die Zweckdienlichkeit der Star-Flotten-Befehle. Zuerst nimmt jemand Kontakt auf, dann passiert ein Fehler, endlich ein Unfall. Der ist nur zu reparieren durch einen kleinen Eingriff in die natürliche Evolution, und nun scheinen schon weitere Eingriffe erforderlich…“ Kirk war rot geworden vor Wut. „Vielen Dank, Doktor!“ Er sagte zu Nona. „Wir sind einfache Fremde und kommen von…“ „Von einem der Lichter am Himmel.“ Nona nickte. „Ich weiß, und ihr habt Möglichkeiten, die so weit entfernt von Feuerstöcken sind wie euer Himmel von unserer Welt.“ Tyree war halb aufgestanden. „Darüber wirst du mit keinem anderen reden!“ Sie ignorierte ihn, um weiter mit Kirk zu sprechen. „Das werde ich auch nicht, wenn Sie mir nur erklären…“ Sie machte eine Pause. „Lehrt es mich. In unserem Volk gibt es eine alte Sitte. Wenn man jemandem das Leben rettet, ist er dankbar.“
McCoy beobachtete Kirk mit zusammengekniffenen Augen. Er wartete und Kirk sagte: „Ich bin dankbar.“ „Sehr lobenswert“, sagte McCoy. „Wenn es nicht übertrieben wird.“ Aber Kirk ließ Nona neben sich Platz nehmen. Er bemühte sich gewissenhaft, seine Worte sorgfältig zu wählen. „Wir waren früher so wie ihr, Nona. Wir benutzten Pfeil und Bogen. Aber unsere Waffentechnik wuchs schneller als unsere Weisheit. Wir hätten uns fast ausgerottet. Darum stellten wir eine Regel auf, dies niemals auf anderen Welten geschehen zu lassen, die wir besuchen. Verstehen Sie das?“ Sie antwortete nicht. Kirk legte eine Hand auf Tyrees Arm. „Genau wie ein Mensch auf seine Weise und in seiner Zeit aufwachsen muß, so müssen es auch ganze Welten. Sie…“ Sie unterbrach. „Einige Menschen wachsen nie.“ „Vielleicht nicht so schnell oder nicht auf eine Weise, die anderen gefällt. Aber heute wissen wir, wie unklug es ist, sich in die Angelegenheiten anderer Leute oder anderer Welten einzumischen.“ „Sie wollen zulassen, daß die Dorfbewohner uns vernichten? Sie wollen nicht Ihrem Freund und Bruder helfen, die anderen zu töten?“ Tyree sprang auf. „Ich habe dir gesagt, Frau, ich will nicht töten! Es gibt bessere Möglichkeiten!“ Ihre schwarzen Augen sprühten Feuer. „Wir müssen kämpfen oder sterben. Ist sterben besser?“ Sie wirbelte zu Kirk herum. „Sie wollen ihn sterben lassen, obwohl Sie Waffen besitzen, die ihn stark machen und ihm Sicherheit verleihen können? Dann hat er nicht die richtigen Freunde – und ich habe den falschen Mann!“ Sie rannte aus der Hütte. Tyree machte keinen Versuch, ihr zu folgen. Nach einer unangenehmen Pause meinte Tyree: „Ihr helft uns eben auf andere Weise. Das versteht sie nicht. Ich aber glaube an unsere Freundschaft, mein Freund. Kommt, oder es wird Tag.“
Trotz der Dunkelheit ging er ihnen mit schnellen Schritten auf dem Pfad voraus, der ins Dorf führte. Die Bäume wurden weniger, und Tyree hob warnend den Finger. Eine Wache mit einer Steinschloßflinte auf der Schulter machte ihre Runden in den Außenbezirken des Dorfes. Die drei Männer blieben hinter einem dicken Baum stehen. „Wir warten, bis die Wache am anderen Ende ist.“ Kirk lehnte sich gegen den Baum. „Du hast keine schlechte Frau, Tyree. Sie ist intelligent und schön.“ Tyree sah ihn rasch an, erkannte die Aufrichtigkeit in seinem Gesicht und nickte: „Eine Kahn-ut-tu Frau ist immer ein Glückstreffer.“ Kirk sagte langsam: „Tyree, angenommen, du müßtest kämpfen. Angenommen, das wäre die einzige Möglichkeit?“ „Jim, dieser Mann glaubt genau das, was auch ich glaube, nämlich, daß Töten nutzlos und dumm ist! Was soll die Frage?“ Wieder war sich Kirk seiner grenzenlosen Einsamkeit bewußt, der Einsamkeit seiner Entscheidungen. Er richtete sich auf. Die Wache kam zurück. Er glitt vom Baumstamm fort durch die Nacht, huschte von einem Schatten zum anderen. Als er die Wache erreicht hatte, fällte er den Mann mit einem Karateschlag. Dann ergriff er dessen Gewehr und sprang zu Tyree hinüber, um ihm die Waffe zu reichen. „Nimm dies und warte auf uns.“ Die Gebäude des Dorfes waren weit besser als die des Lagers, in dem Tyree wohnte. Einige waren erleuchtet. Kirk und McCoy hielten sich im Schatten und sahen einen Mann auf eines der größeren Gebäude zugehen. Die schlichen um das Haus herum und fanden ein Fenster. Durch das Fenster hindurch sahen sie nun, wie der Fremde den Raum betrat. Er ging zu einem mit Landkarten bedeckten Tisch, an dem ein Mann saß, der eine neue Steinschloßflinte in der Hand hielt. Kirk brauchte das grausame, lippenlose Gesicht des Klingoniers nicht erst zu sehen. Er erkannte ihn sofort an der metallisch gewirkten Uniform. „Du kommst spät, Apella“, sagte er zu dem Eintretenden.
„Darüber könnte man streiten. Es waren ein paar Felle und eine Frau zu verteilen. Eine Frau läßt sich sehr schwer verteilen, Krell.“ „Gebt sie dem Mann, der die meisten Hügelleute getötet hat. Dann sehen die anderen, daß Mut sich lohnt.“ Er reichte Apella die Muskete. „Eine weitere Verbesserung“, sagte er. „Sie müssen hier eine Werkstatt haben“, flüsterte Kirk. „Wir gehen…“ Es war McCoy, der den Schuppen zuerst sah – ein windschiefes Ding, das abseits von der Straße lag. Der große, schwarze Stapel daneben war interessant. „Kohle“, sagte McCoy, „für eine Schmiede unentbehrlich. Und diese Säcke riechen nach Schwefel, einem notwendigen Bestandteil von Schießpulver. Also ist dies logischerweise die Werkstatt.“ Das Schloß an der Schuppentür befand sich in dem gleichen desolaten Zustand wie das ganze Gebäude. Überall lagen hölzerne Ladestöcke, Gießformen für Kugeln und Eisenstäbe zum Einbohren in die Läufe. McCoys Tricorder summte über den Barren, und Kirk stand neben einer Vorrichtung zum Bohren der Läufe. Er prüfte den Bohrer mit einem Stück Eisen, und es gab ein scharfes Klicken. „Ein Bohrer aus Chromstahl.“ McCoy blickte hoch. „Dieses Roheisen ist fast kohlenstoffrei. Das wurde nicht in einem Dorfofen produziert.“ Sein Tricorder fuhr über einen Lauf stahl. „Kaltgewalzter Laufstahl, so hergestellt, daß er handgemacht aussieht.“ Er wandte sich Kirk zu. „Tut mir leid, Jim. Sie hatten recht mit den Klingoniern.“ „Machen Sie von allem Recorderund Abtasteraufzeichnungen.“ „Schade, daß wir nicht auch einen Klingonier mitnehmen können…“ Er brach ab. Schritte und Stimmen näherten sich der Tür des Schuppens. Die beiden Männer versteckten sich rasch hinter einem großen Haufen staubiger Schlacke.
Krell trat ein, ihm auf den Fersen Apella. Er brachte eine Stallaterne mit und hängte sie an einen Haken. Kirk winkte McCoy zu. Der verstand und machte seinen Tricorder klar. Als Apella anfing zu reden, zeichnete er seine Worte auf. „Ich dachte, meine Leute würden das Töten leid werden. Aber du hattest recht, Krell. Sie sehen, daß es leichter ist, als Handel treiben.“ Der Klingonier hatte ein Gewehr von der Werkbank genommen. „Du wirst reicher sein, als du es dir je erträumt hast, Apella. Ein Gouverneur in unserem Klingon-Reich. Unvorstellbare Freuden…“ Er hielt inne, denn er hörte das leise Summen des Tricorders. Er blickte sich um. Kirk ergriff einen hölzernen Ladestock und schleuderte ihn gegen die Laterne. Die Funken stoben, und das Licht erlosch. In der Dunkelheit sprang Kirk auf Krell zu, aber dieser warf sich herum und traf Kirk mit dem Gewehrlauf an der Schulter. McCoy schoß vorwärts und verwendete den Laufstahl, um Apella niederzustrecken. Dann eilte er Kirk zu Hilfe. Aber Krell war über einen Eisenstab gestolpert. Seine Flinte ging los – und er brüllte: „Wache! Eindringlinge! Überfall! In der Werkstatt! Eindringlinge!“ Kirk schlug ihm eine harte Gerade ans Kinn. Er fiel, aber schon hörten die Männer von der Enterprise wildes Geschrei und das Laufen von Schritten. Alarmschüsse wurden abgegeben, und Kirk und McCoy rannten zur Tür. Ein bewaffneter Dorfbewohner stand mit der Flinte im Anschlag davor. Kirk tauchte unter ihm weg, riß dem Mann die Beine hoch und ließ ihn über die Schwelle segeln. Hinter ihm war Apella schon wieder auf den Beinen, aber McCoy konnte ihn erledigen. Die Tür war frei. Sie bemerkten gerade noch rechtzeitig, daß bewaffnete Dorfbewohner auf den Schuppen zueilten. Sie versteckten sich wieder hinter ihrem Schlackenhaufen und warteten. Dann brachen sie aus, und als die ersten Kugeln an ihnen vorbeipfiffen, hatten sie Tyree schon wieder erreicht.
* Spock lag nicht länger reglos da. Er hatte angefangen, sich zu bewegen. Sein Gesicht war verzerrt, und er wand sich auf seinem Lager. Als sich ihm ein tiefes Stöhnen entrang, eilte Christine Chapel an den Wand-Interkom. „Doktor M’Benga bitte zur Krankenstation.“ „Schwester…Schwester…“ Sie flog an das Bett. Spock hatte die Augen geöffnet. Er versuchte seinen zuckenden Körper zu kontrollieren. Zweimal noch versuchte er, zu sprechen, aber er schaffte es nicht. Beim dritten Mal gelang es ihm, einige Worte zu sagen: „Schnell… schlagen Sie mich. Die Schmerzen werden mir helfen… das Bewußtsein… wiederzuerlangen. Schlagen Sie mich!“ Christine schreckte zurück. „Sie schlagen? Nein, ich…“ „Schlagen Sie mich!“ Er rang nach Luft. „Wenn… ich nicht… bald wieder… normales Bewußtsein habe… wird es… zu spät sein.“ Sie schlug ihn. „Härter!“ Sie schlug kräftiger zu. Sein Atem klang schon besser. Seine Stimme wurde fester. „Noch einmal! Und dann noch einmal.“ Wieder schlug sie ihn, und als sie zum vierten Mal kräftig ausholte, sprang die Tür auf, und Scott erschien. Er stand mit offenem Mund da, als sie dem halbtoten Spock kräftige Hiebe versetzte. Er sprang zu ihr hin, ergriff ihren Arm und schrie: „Was tun Sie da, Weib!“ M’Benga kam herbei. Er eilte an das Bett, stieß Christine und Scott unsanft beiseite und drosch mit aller Kraft auf Spock ein. Der entsetzte Scott wurde von tiefstem Grauen gepackt. Das gesamte medizinische Personal war wohl verrückt geworden!
Aber Spock richtete sich auf. „Vielen Dank, Doktor. Das wird ausreichen.“ M’Benga sagte zu Scott: „Statt sie festzuhalten, hätten Sie sie lieber ablösen sollen, Mr. Scott. Sie tat nur, was ihr aufgetragen war.“ Er zeigte auf die Körperfunktionswerte oben an der Wand, die sich auf Positionen eingependelt hatten, die für Spock normal waren. „Eine vulkanische Variante der Selbstheilung, Ingenieur“, sagte Spock. Und nun versetzte er die ganze Runde ein weiteres Mal in Erstaunen. Er schwang die Beine vom Lager und stellte sie auf den Fußboden. Als er Anstalten traf, aufzustehen, sprang Christine hilfreich herbei, um ihn zu stützen. Einer seiner berühmten Blicke ließ sie gefrieren. „Ich bin völlig wiederhergestellt, Schwester“, sagte er kalt. Nun kühlte auch sie merklich ab. „Das sehe ich, Mr. Spock.“
* Tyree war kein besonders begeisterter Student der Waffengeschichte, aber er hörte geduldig zu, als Kirk ihm die Launen einer Steinschloßflinte nahezubringen versuchte. Es war die Büchse, die man am Vorabend der Wache abgenommen hatte. „Und nun ziele, wie ich es dir gezeigt habe“, sagte er. Aus der Höhle kam McCoy und runzelte die Stirn beim Anblick dieser Schießübung. Gehorsam entlud sich die Flinte, aber die Kugel traf weit vom Ziel entfernt nur den Sand. Tyree ließ die Waffe fallen. Und Kirk gab ihm einen freundschaftlichen Schlag auf die Schulter. „Sehr gut“, sagte er. Aber er hatte McCoys Blick bemerkt. „Nicht hier, Doc, wir reden in der Höhle.“ Mit zusammengekniffenen Lippen folgte ihm McCoy in die Höhle.
Sie hockten sich auf den Höhlenboden, und schon brach es aus McCoy hervor: „Muß ich es Ihnen erst noch sagen? Haben wir nicht schon eine Schlange in diesem Paradies? Weiß nicht ein Teil der Leute hier, mit Feuerwaffen umzugehen? Müssen es denn nun alle lernen?“ Kirk entgegnete mit ruhiger Stimme: „Beide Seiten müssen die gleichen Kenntnisse erwerben und die gleiche Bewaffnung haben.“ „Sind Sie denn verrückt geworden? Ja, daran muß es liegen! Tyrees Frau. In der Wurzel, die sie verwendet hat, muß irgend etwas gewesen sein. Dann sagte sie auch, daß Sie ihr nun nichts mehr abschlagen können.“ „Unsinn, Doc! Glauben Sie mir, ich habe sehr sorgfältig darüber nachgedacht…“ „Ist es ein Zufall, daß dieser Entschluß mit Nonas Wünschen zusammenfällt? Ich weiß nicht recht…“ „Sie will überlegene Waffen. Und genau das kann sie nicht bekommen. Hören Sie zu, Doc. Die normale Entwicklung dieses Planten war der Status quo zwischen den Dorfbewohnern und den Hügelleuten. Das haben die Klingonier mit den Steinschloßgewehren geändert. Wenn dieser Planet sich weiter so entwickeln soll, wie er es eigentlich müßte, dann müssen die beiden Seiten wieder ins Gleichgewicht gebracht und im Gleichgewicht gehalten werden.“ McCoy starrte Kirk ungläubig an. „Jim, damit wäre der Planet zu ewigem Krieg verurteilt.“ Kirk stand auf und trat vor McCoy hin. „Wenn ich unrecht habe und es stimmt, daß diese Frau mich unter Drogen gesetzt hat, dann möchte ich Ihre nüchterne und vernünftige Lösung des Problems hören.“ „Man könnte alle Feuerwaffen einsammeln. Unglücklicherweise können wir aber ihre Kenntnisse nicht wieder einsammeln.“ „Nein.“
„Wenn wir nun Tyree eine überlegene Waffe geben würden, damit er die Dorfbewohner abschrecken könnte…“ McCoy zögerte. Natürlich können wir nicht voraussehen, was eine solche Macht in seinen Händen aus ihm machen würde…“ Kirk stand auf und durchmaß die ganze Länge der Höhle mit schnellen Schritten. „Wir können diesen Planeten nie mehr dahin bringen, wo er einmal war. Die einzige Lösung ist das Gleichgewicht der Kräfte. Wenn man das Gleichgewicht nur lange genug aufrechterhalten kann…“ „Aber wenn die Klingdonier den Dorfbewohnern nun bessere Waffen geben? Was wäre dann, Jim?“ „Dann geben wir der anderen Seite eben die gleichen Mittel. Es ist das widerlichste, trickreichste und schwierigste Spiel, das es gibt, aber die einzige Möglichkeit, beide Seiten vor der Vernichtung zu retten. Was immer aus diesem Planeten werden soll, jede Seite hat ihren evolutionären Wert.“ McCoy sah nun sehr nachdenklich aus. „Jim, diese ganze Zeit… und Tyree hat Ihnen blind vertraut – und Sie beginnen zu verstehen, was Sie tun müßten.“ Kirk nickte. „Ich habe nie eine schwierigere Entscheidung treffen müssen.“ „Und da Tyree sich weigert, zu kämpfen, wird er der erste sein, der stirbt“, fuhr McCoy fort. „Er wäre ein weiser Führer“, sagte Kirk. „Man kann ihn höchstens über seine Frau ansprechen. Wenn ich ihr sage, daß wir Gewehre liefern, könnte sie ihn vielleicht überzeugen. Ich werde mit ihr reden.“
* Sie badete in einem Waldsee. Abgekühlt und erfrischt trat sie wieder ans Ufer. In der Nähe des kleinen Sees befand sich ein flacher Felsen, auf dem sie sich wohlig ausstreckte. Nach einiger
Zeit griff sie nach ihrem kleinen Ledertäschchen. Sie kramte ein aromatisches Kraut daraus hervor und zerrieb es zwischen den Fingern. Den duftenden Saft strich sie sich dann auf Gesicht, Nacken und Schultern. Als sie Kirks Stimme hörte, die ihren Namen rief, lächelte sie in sich hinein. Sie war nicht überrascht. Sie warf die Krautreste fort und bemühte sich, so anziehend wie nur möglich zu erscheinen. Als er sie in ihrer dünnen, nassen Kleidung sah, zögerte Kirk, aber sie winkte ihn zu sich heran. „Bleiben Sie“, sagte sie, „Sie sind nur gekommen, weil ich Sie hergewünscht habe.“ Lächelnd berichtigte er sie: „Dieses Mal war es wirklich meine Idee.“ „Ich weiß, Sie glauben immer, Sie kommen aus eigenem, freien Willen. Tyree glaubte es auch, als ich ihn zum ersten Mal verzauberte.“ Sie wies auf den Stein neben sich. „Nehmen Sie Platz, Kirk. Ich werde Ihnen nichts tun.“ Nach einigem weiteren Zögern setzte er sich. Sie beugte sich zu ihm hinüber. „Riechen Sie den Duft an mir? Manche finden ihn angenehm.“ Er roch kurz an ihrer Schulter. „Ja, sehr schön“, sagte er. „Aber ich wollte eigentlich… wollte mit Ihnen sprechen…“ Das höfliche Lächeln auf seinen Lippen verschwand. In seinem Kopf drehte sich alles. Nona schob sich näher an ihn heran. Er versuchte, sie abzuwehren, aber seine betörten Sinne waren stärker als sein Wille. „Rieche den Duft noch einmal“, bat sie. „Er wird dir angenehm sein.“ „Ja… aber ich kam, um… ich wollte über… ich wollte reden.“ Sie waren verfolgt worden. Tyree war in der Nähe, und er hörte ihre Stimmen. Er hielt ein Steinschloßgewehr in der Hand und hatte eigentlich Kirk über den Mechanismus fragen wollen. Diese Frage vergaß er nun. Mit versteinertem Gesicht prüfte er das Pulver auf der Pfanne. Dann ging er in die Richtung der Stimmen. Nona hatte Kirk ganz fest an sich gezogen, so daß er sich dem Duft ihres Parfüms nicht mehr entziehen konnte. Er versuchte,
gegen das Schwindelgefühl anzukämpfen. Taumelnd stellte sich auf die Füße und atmete in tiefen Zügen die klare Waldluft ein. „Verzeih mir“, sagte er, „ich kann… nicht… mehr klar denken…“ Sie saß ganz still. Sie lächelte und wartete. Und plötzlich lächelte Kirk zurück. Er sah in ihr nur noch die schöne Frau, die ihn zu begehren schien. „Wie schön!“ sagte er, „wie schön du bist, Nona!“ Tyree hob sein Gewehr. Er hatte für einen Augenblick Nona im Visier. Dann schwenkte er die Waffe langsam auf Kirk. In seiner Umarmung sah Nona deutlich das Blitzen des Laufes in der Sonne. Sie bewegte sich nicht, obwohl Kirk doch ganz klar das Ziel des heimtückischen Schützen war. Tyree zielte genau auf Kirks Rücken. Dann zerschellte die Waffe krachend an den Felsen. In ihrem Gesicht mischten sich Erleichterung und Verachtung. Tyree würde nie bedeutend sein. Er war ein Schwächling. Sie legte die Arme um Kirks Nacken. „Ja, schön, unglaublich schön…“ lallte Kirk benebelt. Tyree verließ die Szene des Verrats. Als er einen Felsvorsprung umrundete, erhob sich vor ihm ein monströser Schatten. Es war das Weibchen des toten Gumato. Nun aber wurde die Bestie von Kirks Gefasel abgelenkt. Sie wich dem Hügelmann aus und tappte auf die beiden zu. Nona sah ihn schon über Kirks Schulter. Sie versuchte, sich loszureißen, aber sie war in ihrer eigenen Falle gefangen. Kirk hielt sie eisern fest. Mit geballten Fäusten trommelte sie auf ihn ein. Endlich konnte sie seinem Griff entrinnen. Sie rannte fort. Dann blieb sie bei dem Gedanken an Kirks betäubte Hilflosigkeit wie angewurzelt stehen. Das Tier knurrte laut. Kreischend rannte Nona auf das Wasser zu, aber das Ungeheuer schnitt ihr den Weg ab. Sie kreischte wieder, und Kirk, der langsam aus seiner Verwirrung auftauchte, griff nach seinem Phaser. Die Realität dämmerte ihm wieder. Auch er raste zum See hinüber und sah Nona ausgestreckt auf dem Boden liegen. Das riesige Tier stand über ihr und wollte ihr gerade seine giftigen Fänge in das Fleisch graben, als Kirk seine Waffe
abfeuerte. Der Gumato existierte nicht mehr. Kirk streckte eine Hand aus und half Nona auf die Füße. Inzwischen waren seine Kräfte wieder erschöpft. Die Droge hatte ihn so geschwächt, daß er zu Boden sank. Er schloß die Augen und atmete schwer. Nona schaute auf ihn herab. Sie nahm einen Stein auf und schlug ihm diesen hart auf den Kopf. Der Phaser entglitt Kirks Händen. Sie hob ihn auf und betrachtete ihn ehrfürchtig. Dann eilte sie in den Wald. Stolpernd und wie zerschlagen war Tyree auf dem Weg ins Camp zurück, als McCoy und Yutan ihm entgegenkamen. „Wo ist Captain Kirk?“ wollte McCoy wissen. Tyree gestikulierte wild in die Richtung, aus der er gekommen war, und Yutan rief: „Wo ist der Feuerstock?“ „Ich habe ihn dort hinten gelassen.“ Die Teile der zerbrochenen Flinte lagen im Sand. Yutan hob den Lauf auf. Tyree bedeckte das Gesicht mit den Händen. „Nein! Ich will es nicht sehen!“ McCoy wollte gerade etwas sagen, als Kirk auf die Gruppe zulief. Er war noch benommen von dem Hieb mit dem Stein und schwankte. McCoy fühlte rasch seinen Puls und holte die Spritze aus der Tasche. Inzwischen hatte Nona eine Entscheidung getroffen. Als eine bewaffnete Patrouille der Dorfleute auftauchte, versteckte sie sich hinter einem dichten Gebüsch. Als die Männer sich näherten, trat sie kurz entschlossen aus ihrem Versteck hervor und ging auf den Anführer der Vier-Mann-Gruppe zu. Sie hielt Kirks Phaser hoch, so daß jeder ihn sehen konnte. „Ich bringe Apella den Sieg!“ rief sie. „Er wird den Mut haben, diese neue Waffe zu benutzen! Bringt mich zu ihm!“ Die Männer grinsten. „Tyrees Frau! Sie ist auch ein Kahn-ut-tu Weib. Können wir sie wirklich zu Apella bringen?“ Die Bewaffneten lachten schallend. Der Anführer ergriff sie, und die anderen drängten sich um die beiden herum. Sie riß sich
los. Dann richtete sie den Phaser auf den Anführer. „Faß mich noch einmal an - und dieser kleine Kasten wird dich töten.“ Die Mariner zögerten. Aber der Dorfmann hinter ihr gab ihr einen leichten Stoß. Sie warf sich herum, um die Waffe auf ihn zu richten. Er zeigte sich nicht beeindruckt. Nun grinsten alle breit. Sie nahmen die Frau in die Mitte und griffen nach ihr und ihrer Kleidung. „Ihr Narren!“ rief Nona. „Ich bringe euch eine Waffe, die weit gewaltiger ist als eure Feuerstöcke!“ Lachend stieß einer sie gegen den anderen. Sie schlug um sich und kreischte. Sie machten sich ihren Spaß mit ihr. Ihr Gelächter schwoll immer mehr an. Kirk hörte sie und griff nach seinem Phaser. „Nona! Sie hat meinen Phaser! Sie ist in Schwierigkeiten! Kommt!“ Ein weiterer Schrei ertönte. Man hatte ihr das dünne Kleid zerrissen. Während sie von den Männern im Kreis herumgestoßen wurde, schlug sie wütend mit dem Phaser um sich. Kirk, McCoy und die beiden Hügelleute rannten den Abhang hinab auf die Gruppe zu. Der Anführer der Patrouille blickte auf und sah sie. „Männer!“ schrie er, „es ist eine Falle! Das Weib hat uns getäuscht!“ Sein scharfes Messer fuhr blitzend hoch, und er stieß zu. „Nona!“ schrie Tyree. Der Anführer hob seine Steinschloßflinte, drückte ab, und McCoy fiel zu Boden. Kirk, Tyree und Yutan griffen die Patrouille an. Der Kampf wurde zum Handgemenge. Die beiden überlebenden Dorfbewohner flohen. McCoy hielt seinen verwundeten Arm und stolperte zum Schauplatz des wilden Getümmels. Tyree beugte sich über die Leiche seiner Frau. Im Sand lag der Phaser. Er war unbeschädigt. „Sie gab ihnen die Waffe, aber sie haben sie nicht erkannt.“ Kirk sah den blutenden Arm seines Bordarzts. „Sie auch?“ „Ja, ich auch. Sie und Ihr verdammter Paradiesplanet!“
Tyree hatte sich aufgerichtet. Er griff nach einer fortgeworfenen Flinte. Dann nahm er von einem der Toten Pulver und Kugeltasche und drehte sich zu Kirk um. In seinem Gesicht standen Gram und Wut. Er hielt Kirk die Flinte entgegen. „Gebt mir mehr von diesen. Viel mehr!“ „Sie können sie bekommen“, erwiderte Kirk. Tyree sagte zu Yutan: „Zwei von den Männern, die meine Frau ermordeten, sind entkommen. Wir werden sie finden und töten. Komm! Ich muß mit unseren Leuten reden.“ Eilig rannten sie davon. Nach einer Weile des Schweigens sagte McCoy: „Nun haben Sie erreicht, was Sie wollten.“ „Nicht, was ich wollte, Doc. Was sein mußte.“ Sie waren erstaunt, als der Kommunikator summte, der so lange geschwiegen hatte. „Hier Kirk“, sagte der Captain. „Spock hier, Captain. Ist alles gutgegangen?“ „Spock!“ schrie McCoy. „Leben Sie noch?“ „Eine alberne Frage, Doktor, Sie hören doch meine Stimme.“ McCoy schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, warum ich mich so aufgeregt habe. Ein Computer stirbt nie.“ Kirk bewegte ungeduldig die Hand, und McCoy schwieg. „Spock, fragen Sie Scott, wie lange es dauert, hundert Steinschloßflinten herzustellen.“ Scotts Stimme war zu hören. „Hundert was?“ „Hundert… Schlangen, Scotty. Schlangen für den Garten von Eden.“ Er machte eine Pause. „Wir sind sehr müde, Mr. Spock. Holen Sie uns zurück. Nach Hause.“
OMEGA IV Die Krankheit, die alle Besatzungsmitglieder der U.S.S. Exeter ausgelöscht hatte, war mysteriös. An dem anderen Star-Schiff war überhaupt alles mysteriös. Warum zog es immer noch seine Bahn um den Planeten Omega IV, wo doch seine Mission schon seit sechs Monaten beendet war? Die weitere Beobachtung des Planeten war der laufende Auftrag der U.S.S. Enterprise. Dieses Rätsel hatte Kirk dazu veranlaßt, mit einem Landekommando an Bord der Exeter überzusetzen. Eigentlich hatte er ein unbeschädigtes Star-Schiff voller Leichen erwartet. Wenn die Situation, in der er sich nun befand, dieser Erwartung entsprochen hätte, wäre Kirk sogar noch dankbar gewesen. Tote sind ein zwar tragisches aber natürliches Phänomen. An Bord der Exeter gab es jedoch nichts Natürliches. Es war das nackte Grauen. Das Schiff barg keine Toten, sondern leere Uniformen. Kirk hielt den Phaser noch in der Hand, als er zu McCoy hinübersah, der sich über eines dieser Uniformbündel beugte, das im Maschinenraum der Exeter lag. Aus Kragen und Ärmeln quollen weißliche Kristalle. McCoy deutete dem Captain und Spock mit einer Handbewegung, weiter zurückzutreten und beugte sich noch tiefer über die Uniform. Dabei achtete er peinlich darauf, sie nicht zu berühren. Leutnant Raintree rannte auf Kirk zu. Seine Augen waren schreckgeweitet. „Nur Uniformen… im ganzen Schiff, Captain! Und dieses… weiße Zeug in den Ärmeln und im Kragen!“ „Als ob die Leute sie angehabt hätten, als…“ sagte Spock, aber er sprach den Satz nicht zu Ende. Er schwieg fassungslos.
*
„Genau“, sagte Kirk. „Als was geschah?“ Er wandte sich an McCoy. „Doc, lassen Sie uns zur Brücke gehen. Mr. Spock kann die letzte Logbuchaufzeichnung des Kapitäns abspielen. Vielleicht hatten die Leute noch Zeit, aufzuzeichnen, was mit ihnen geschah.“ Auf dem Deck neben der Computerstation lag eine blaue Mannschaftsuniform. Spock trat vorsichtig über sie hinweg und schaltete den Mechanismus ein. McCoy hatte seinen Tricorder von der Schulter genommen und untersuchte die winzigen, weißen Körnchen. Er hob den Kopf. „Jim, die Analyse ergibt, daß die Kristalle zu 35 Prozent aus Potassium bestehen, weiterhin sind beteiligt: Kohle 18 Prozent, Phosphor 1,0 Prozent und Calcium 1,5 Prozent…“ „Ich habe den Bericht des Bordarzts auf dem Schirm, Captain“, sagte Spock. „Es scheint die letzte Eintragung im…“ McCoy unterbrach ihn. „Jim! Die Mannschaft hat das Schiff nicht verlassen! Sie ist noch hier! Als er Kirk erstaunten Blick bemerkte, fuhr er fort. „Dieses weiße Pulver… ist genau das, was vom menschlichen Körper übrigbleibt, wenn man das Wasser entfernt. Wir bestehen alle zu 98 Prozent aus Wasser. Wird es entfernt, bleiben nur zwei bis drei Pfund Chemikalien übrig. Irgend etwas hat dazu geführt, daß diese Chemikalien sich in den Leuten kristallisierten. Daher dieser Zustand.“ „So war es also“, sagte Kirk langsam. „Wir können nur hoffen, daß es ein schmerzloser Tod war.“ Der Computer piepste. Spock legte einen Schalthebel um und zeigte auf den Bildschirm. „Der Bordarzt der Exeter hieß Carter, Sir“, sagte er. Das Gesicht eines Mannes erschien auf dem Bildschirm, das Gesicht eines Mannes, der offenbar entsetzliche Schmerzen leidet. Das erledigte die Hoffnung vom schmerzlosen Sterben, dachte Kirk. Zu diesem gequälten Gesicht gehörte ein ebenso gefolterter Körper. Kirk konnte sich vorstellen, wie dieser bedauernswerte
Mann sich an das Aufnahmegerät geschleppt hatte, um seine letzten Worte in den Logbuch-Aufzeichner des Kapitäns zu sprechen. Die Aufnahme begann mitten im Satz. „Wenn Sie an Bord dieses Schiffes kommen, sind Sie schon so gut wie tot.“ Den Mann verließ die Stimme, und er wand sich in Krämpfen. Unendlich mühsam sprach er weiter. „Gehen Sie nicht zu Ihrem Schiff zurück. Es handelt sich um eine Art mutierten Di-BactoViro-Komplex… tödlich… ich weiß nichts Näheres darüber… wenn Sie an Bord sind, haben Sie sich schon infiziert… Sie sind todgeweiht…“ Der junge Leutnant Raintree flüsterte: „Mein Gott… ich will hier raus!“ „Reißen Sie sich zusammen, Leutnant!“ fauchte Kirk. „Hier spricht ein mutiger Mann!“ „Ich wiederhole“, sagte das Gesicht auf dem Bildschirm. „Unser Landekommando brachte… die Seuche vom Planeten herauf…“ Sein Gesicht verzerrte sich schlimmer als zuvor. „Sie haben noch eine Chance. Wer auf der Oberfläche des Planeten lebt, entwickelt eine Art Immunität gegen die Krankheit… Versuchen Sie sofort, den Planeten zu erreichen. Beeilen Sie sich. Der Captain ist…“ Aus dem Gerät drang ein heiserer Schrei, und die Mattscheibe wurde dunkel. Nach einiger Zeit ging Kirk zum leeren Kommandosessel hinüber. Dort hatte Carter gesessen, um das Aufnahmegerät des Captains zu benutzen. Nun war nur noch seine leere Kleidung dort, und das Häufchen weißer Kristalle, das unter dem Sessel auf dem Boden lag, war einmal Carter gewesen. „Doc“, sagte Kirk ruhig, „richten Sie eine Warnung an die Enterprise. Mr. Spock, schnell zum Transmitterraum der Exeter. Treffen Sie die nötigen Vorbereitungen, uns alle zum Planeten zu strahlen.“
* Sie befanden sich auf der Straße eines Ortes, der den Eindruck einer alten amerikanischen Grenzersiedlung machte. Aber die Gebäude zu beiden Seiten der Straße wiesen asiatische Architektur auf. Sie bemerkten eine Menschenansammlung. Offenbar gab es dort vor ihnen etwas interessantes zu sehen. Auch die Menschen sahen aus wie Asiaten. Einer der Dorfbewohner entdeckte die herannahenden Fremden und erhob ein entsetztes Geschrei. Auch die anderen wurden aufmerksam, und die Menge wandte sich zu panischer Flucht. Der Gegenstand ihres so auffälligen Interesses war eine Hinrichtung. Ein Block war mitten auf der Straße errichtet worden, und vor ihm kniete ein wildaussehender weißer Mann. Er war von kräftiger Statur und mit Fellen bekleidet. Die Hände hatte man ihm mit Lederriemen auf den Rücken gebunden. Neben ihm stand eine junge weiße Frau. Auch sie war in Felle gekleidet. Entsetzt erkannte Kirk, daß auch sie hingerichtet werden sollte. Instinktiv stürzten er und seine Männer auf die beiden Opfer zu. Die Dorfbewohner, die den weißen Wilden festhielten, ließen ihn überrascht los, und der Mann rollte sich zur Seite, als die Axt herabsauste. Wieder hob sich die Axt, aber der Henker wurde durch einen scharfen Befehl gestoppt. „Legen Sie die Axt weg, Liyang!“ Es war eine vertraute Stimme. Kirk fuhr herum. Es war nicht zu glauben: Captain Ronald Tracy von der U.S.S. Exeter schritt in der vertrauten Uniform eines Star-Schiff-Kommandanten auf ihn zu. Seine Phaserpistole hing ihm vom Gürtel, und er hatte nichts von dem überzeugenden Charisma der Persönlichkeit verloren, an die Kirk sich erinnerte. In seinem Gefolge erschien eine Wachtruppe von jungen Männern des Dorfes, die mit Speeren und Schwertern bewaffnet waren. „Ron!“ rief Kirk.
„Jim Kirk, um alles in der Welt“, sagte Tracy. Eine kleine Pause entstand. Kirk merkte, daß Tracy über die unerwartete Situation nachdachte. Dann schien er die Inventur beendet zu haben. „Ich wußte, daß man nach uns suchen würde“, sagte er, „und es tut mir leid, daß die Wahl auf Sie gefallen ist, Jim.“ Grimmig schüttelte er ihm die Hand. „Auf jeden Fall freue ich mich, daß Ihr Erscheinen dies hier verhindert hat. Ich wußte gar nicht, daß eine Hinrichtung stattfinden sollte.“ Kirk machte die Männer miteinander bekannt. „Captain Tracy. Mein Erster Offizier Mr. Spock, der Bordarzt Leonard McCoy, Leutnant Phil Raintree.“ McCoy sagte: „Captain Tracy, die letzte Logbucheintragung auf Ihrem Schiff warnte uns vor einer mutierten Krankheit.“ „Sie sind alle in Sicherheit“, antwortete Tracy. „Hier auf der Oberfläche existiert eine Art Immunität.“ Er drehte sich zu einer der robusten Wachen hinter ihm um. „Schluß mit dem Unsinn, Wu. Sperren Sie die Gefangenen ein.“ Wu zeigte auf Kirks Phaser. „Die Leute tragen Feuerkästen…“ „Sperren Sie die Gefangenen ein!“ Tracy sagte es mit Nachdruck. Seine militärische Wachtruppe reichte nicht aus, den Wilden zu bändigen, obwohl er immer noch gefesselt war. Einige weitere Dorfbewohner mußten helfen, und sie gingen mit dem Gefangenen nicht gerade sanft um. Als er endlich weggeführt wurde, bemerkte Tracy Spocks hochgezogene Brauen. „Diese weißen Bestien heißen Yangs“, sagte er beiläufig. „Es ist unmöglich, sich mit ihnen zu verständigen. Im Land draußen gibt es sie scharenweise. Sie greifen alles an, was sich bewegt.“ „Interessant“, bemerkte Spock. „Die Dorfbewohner wissen, was Phaser sind.“ Tracy sah ihn scharf an. „Sie sind Vulkanier?“ Spock nickte. „Zur Hälfte, Captain.“ War Tracy von dieser Auskunft beunruhigt? Kirk unterbrach das gespannte Schweigen der Männer, das bereits peinlich zu werden
drohte. „Wie kam es, daß Sie allein hier zurückblieben? Wie geschah alles?“ Tracy mußte sich zu einer Antwort förmlich zwingen. „Unsere medizinischen Abtastgeräte zeigten keine Gefahr an. Wir mußten den Planeten für harmlos halten. Auch die Dorfbewohner, sie heißen Kohms, waren freundlich. Oder vielmehr, sie wurden es, nachdem sie sich von dem Schock erholt hatten, daß unsere Haut weiß ist. Als mein Landekommando zum Schiff zurückgestrahlt wurde, blieb ich hier, um mit, den Dorfältesten unsere Untersuchungsergebnisse hinsichtlich des Planeten zu besprechen.“ Er machte eine Pause, zwang sich aber dann, weiterzusprechen. „Ich weiß nur noch, daß mich ein Notruf vom Schiff erreichte. Die Männer des Landekommandos hatten eine unbekannte Krankheit an Bord gebracht.“ Er hatte seine Stimme nicht mehr in der Gewalt und schwieg einen Augenblick. „Meine Mannschaft, Jim. Meine ganze Mannschaft… Leute, die ich kenne,,, Leute, die…“ Er straffte die Schultern, aber er konnte kein Wort herausbringen. Kirk empfand tiefes Mitgefühl. „Wir haben es gesehen, Ron.“ „Ich… bin genauso infiziert wie meine Männer… und wie Sie alle. Ich bin nur noch am Leben, weil ich auf dem Planeten zurückblieb. Hier unten scheint es eine natürliche Immunisierung zu geben, die jeden schützt. Ich weiß nur noch nichts Näheres darüber.“ McCoy sprach mit Kirk. „Wie gut, daß wir die Logbucheintragung abspielten. Nicht auszudenken, wenn wir zur Enterprise zurückgekehrt wären…“ Tracy führte den Satz zu Ende. „...dann wären Sie zusammen mit der gesamten Mannschaft jetzt schon tot. Nur solange Sie auf dem Planeten bleiben, werden Sie leben. Keiner von uns wird den Planeten jemals wieder verlassen können.“
Sie hatten es schon geahnt, aber jetzt, da es ganz brutal ausgesprochen wurde, liefen den Männern kalte Schauer über den Rücken. Für den Rest ihres Lebens auf Omega IV gefangen zu sein, war ein grausames Schicksal und vielleicht schlimmer als der Tod. Kirk sah die Verzweiflung in den Gesichtern seiner Leute und sagte: „Dann müssen wir uns auf diesem Planeten einrichten, so gut es eben geht. Stehen hier Quartiere für uns zur Verfügung?“ „Dafür wird inzwischen gesorgt“, sagte Tracy. „Wu wird Doktor McCoy und dem Leutnant ihre Räume zeigen. Doktor, in Ihrem Raum können Sie alle Geräte unterbringen, die Sie sich vom Schiff herunterstrahlen lassen. Es tut mir leid, Jim, aber die Quartiere für Sie und Mr. Spock sind noch nicht fertig. Wenn Sie sich also einstweilen mir anschließen wollen…“ Er führte sie zu einem Gebäude, das offenbar den wohlhabenderen Dorfbewohnern als eine Art Klubhaus diente. Im größten Raum des Hauses brannte in einem Drahtkorb ein offenes Holzkohlefeuer. Vornehm gekleidete Leute saßen an Tischen und aßen Streifen von Fleisch, das über dem Feuer gebraten worden war. Als Tracy mit seinen Gästen eintrat, machten die Dorfbewohner höflich Platz, um sie durchzulassen. Zwei der Älteren räumten den großen Tisch neben dem Feuer, damit die Männer sich setzen konnten. Als sie Kirk sah, ließ eines der attraktiven Mädchen, die mit dem Anrichten der Tische beschäftigt waren, eine Tasse fallen. Tracy machte eine verächtliche Gebärde. „Zuerst hatten sie auch vor mir Angst“, sagte er. „Es liegt an unserer weißen Haut, die uns den weißen Wilden, den Yangs, so ähnlich macht.“ Er führte sich auf wie ein Feudalherr inmitten seiner Knechte und Sklaven, die sich in seiner erhabenen Gegenwart untertänig verhalten mußten. Er erwiderte nicht einmal das Kopfnicken und die gesprochenen Grußworte der Männer. Glatt und selbstgefällig akzeptierte er deren Unterwürfigkeit, und das mißfiel Kirk noch
mehr als die Unterwürfigkeit selbst. Tracy ließ sich von einem der Mädchen Fleisch an den Tisch bringen. „Gebratenes Wild“, sagte er zu Kirk. „Das Fleisch stammt von einer giraffenähnlichen Antilope.“ Spock ignorierte er mit voller Absicht. An einem kleinen Spieß wurde Kirk eine Scheibe Fleisch gereicht, und er sah, wie die Mädchen ein Getränk in unförmige Tassen gössen. „Sie werden von den Dorfbewohnern wirklich mit der allergrößten Ehrerbietung behandelt, Captain“, sagte Spock. Wieder ignorierte Tracy den Vulkanier. Er wandte sich ausschließlich an Kirk: „Diese Dorfbewohner, die Kohms, haben um Hilfe gebeten, Jim. Ich weiß nicht, ob sie früher mehr Kampfesmut besaßen, aber den haben die Wilden ihnen inzwischen ausgetrieben.“ „Werden alle Dörfer der Kohms von den Yangs angegriffen?“ wollte Kirk wissen. Tracy nickte. „Dies ist eines der letzten Dörfer, das den Kohms noch bleibt. Aber bevor die Yangs damit begannen, sie auszurotten, besaßen sie eine hochentwickelte Zivilisation. Hier existieren viele Ruinen riesiger alter Städte.“ Spock hatte keine Lust mehr, sich noch länger brüskieren zu lassen. Er redete jetzt seinerseits ausschließlich Kirk an und ignorierte zur Abwechslung den Captain der Exeter. „Es ist aus der Geschichte bekannt, daß Nomadenvölker schon viele hochentwickelte Zivilisationen vernichtet haben, aber unbewaffnete, ängstliche Dorfbewohner greifen sie in der Regel nicht an.“ Tracy sprang wütend auf. „Ich dulde keinen Widerspruch von einem Untergebenen!“ schrie er. Spock war die Ruhe selbst und sah den Kapitän nur spöttisch an. Kirk wurde sehr förmlich. „Captain Tracy“, sagte er, „Sie scheinen zu vergessen, daß Mr. Spock mein Erster Offizier ist, Sein Dienstrang ist der eines Kommandeurs.“
Spock stand auf. „Ich sehe keinen Sinn darin, Captain Tracys Mißfallen zu erregen“, sagte er höflich. „Darf ich mich entfernen?“ Kirk nippte an seinem Getränk. Dann nickte er zustimmend. Spock verließ rasch den Tisch. Als er verschwunden war, wandte sich Kirk mit eisiger. Miene Tracy zu. „Dieser Fall muß geklärt werden, Captain. Ich hatte nie einen besseren Ersten Offizier als Mr. Spock. Ich hatte auch noch nie einen besseren persönlichen Freund als ihn.“ „Sie sind sentimental, Jim. Den Vulkanier muß ich noch kennenlernen, der zu echter Freundschaft überhaupt fähig ist. Dieser jedenfalls tut sein Bestes, unsere Freundschaft zu sabotieren.“ Tracys zerfurchtes Gesicht war jetzt eine einzige Anklage. „Und Sie wissen auch genau, was in seinem Computergehirn vor sich geht. Er hat ein paar läppische Beobachtungen gemacht, und schon kommt er zu dem Schluß, daß ich die wichtigste Direktive verletzt habe! Er glaubt mit seinem Maschinenverstand, daß ich in diese Kultur eingreife!“ Kirk wurde hellhörig. Zu Tracy sagte er: „Ron, es ist die Pflicht eines Ersten Offiziers, mißtrauisch zu sein.“ Sein Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. „Das schützt den Captain davor, als Schurke dazustehen.“ „Als Star-Schiff-Kommandant bin ich Ihr Kollege“, sagte Tracy. „Das ist richtig, aber ich habe selbst gesehen, daß die Männer der örtlichen Miliz unsere Phaser erkannten. Außerdem scheinen sie von Ihnen Befehle entgegenzunehmen.“ Er zögerte. „Ich beschuldige Sie nicht, das können Sie mir glauben. Aber ich möchte doch gerne wissen, was hier vorgeht.“ Prüfend sah Tracy Kirk in die Augen. „Okay, Sie dürfen fragen, aber zuerst möchte ich eine Frage an Sie richten. Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Horde grausamer Wilder vor sich. Ihnen ist bekannt, daß sie sich zu einem letzten Angriff zusammenrotten,
der die letzten Reste von Zivilisation auf diesem Planeten ausradieren wird. Und stellen Sie sich vor, es stünden genügend Phaser zur Abwehr eines solchen Angriffs zur Verfügung. Überlegen Sie doch einmal, welche Macht diese Kohm-Kultur durch den Besitz von nur fünf Phasern erlangen würde.“ „Das ist mir völlig klar. Es wäre wie die Einführung der Atombombe im Zeitalter der Bogenschützen.“ Tracy beugte sich vor und starrte Kirk intensiv an. „Jim… innerhalb von Stunden würden die Yangs jeden Mann, jede Frau und jedes Kind in diesem Dorf erbarmungslos umbringen.“ Kirk empfand die Intensität im Blick des anderen als unangenehm. Betont ruhig sagte er: „Ron, immer wenn der Mensch sich in die natürliche Entwicklung einer anderen Welt einmischt, zerstört er mehr, als er rettet.“ „Wenn sie aber angreifen, Jim! Wohin sollen wir dann? Sie und ich würden genauso vernichtet wie die anderen.“ Kirk sagte: „Ich schwöre feierlich, mich an die Regeln zu halten, und koste es mein Leben.“ Er unterstrich die Bedeutung der Worte durch eine lange Pause und fügte dann hinzu: „So lautet der Eid, den wir beide geschworen haben.“ „Sie wollen also versuchen, mich zu hindern?“ fragte Tracy. „Ich werde es nicht nur versuchen, Ron. Ich werde Sie hindern.“
* Es gab nur eine Methode, McCoys Quartier zu betreten, man mußte sich hineinschlängeln. Der dem Arzt zugewiesene Raum war mit medizinischen Instrumenten vollgestellt, die er sich von der Enterprise hatte herunterstrahlen lassen. Kirk schaffte es, sich bis an das Elektronenmikroskop vorzuarbeiten, und McCoy schaute von einem Präparat auf, das er gerade untersuchte. „Unser Gewebe zeigt deutlich eine massive Infektion. Aber irgend etwas hier immunisiert uns tatsächlich. Sonst wären wir
schon vor Stunden tot gewesen.“ Er stellte das Präparat beiseite. „Das Problem ist: Es kann sich um alles mögliche handeln. Vielleicht Sporen oder Pollen, vielleicht liegt es auch an der chemischen Zusammensetzung der Luft. Das herauszufinden, könnte Monate oder sogar Jahre dauern.“ „Doc, wir haben nicht soviel Zeit, den Erreger zu isolieren.“ „Ich habe nur einen winzigen Hinweis. Die Infektion ähnelt der, die von einem Virus hervorgerufen wurde, das wir kennen.“ Spocks Stimme schallte von der Tür herüber. „Eine Lanze der Yangs, Doktor. Sie hat Leutnant Raintree unter der Schulter getroffen.“ Die Uniform des Vulkaniers war schlammüberkrustet, und er stützte den verwundeten Raintree. Das Gesicht des Leutnants war leichenblaß. „Legen Sie ihn dort drüben auf die Matte“, sagte McCoy und ergriff sein Besteck. Kirk schaute besorgt zu Spock hinüber. „Und was ist mit Ihnen?“ „Nur Prellungen, Sir. Wir waren etwa hundert Meter vom Dorfausgang entfernt, als uns fünf Wilde aus dem Hinterhalt überfielen.“ Kirk blickte kurz auf den Phaser, der von Spocks Gürtel hing. Dieser Blick war Spock nicht entgangen. „Es gab einen Ringkampf.“ Er lächelte. „Wir konnten sie uns vom Halse halten. Die Phaser wurden nicht gebraucht.“ „Ausgezeichnet“, sagte Kirk. „Mr. Spock, sehen Sie auch nur die geringste Chance, daß man mit den Yangs verhandeln kann?“ Raintree hob unter größter Anstrengung den Kopf von der Matte. „Ausgeschlossen, Captain… sie sind zu wild. Es sind praktisch Verrückte.“ Spock nickte und sagte: „Captain Tracy hat verschiedene Tatsachen festgestellt. Erstens: Die völlige Todesverachtung der Yangs macht sie zu außerordentlich gefährlichen Gegnern. Zweitens: Seine Behauptung, daß sich die Yangs zu einem Angriff zusammenrotten, stimmt. Tausende von ihnen befinden sich in den Hügeln westlich des Dorfes.“ Er hielt inne, um zwei Gegenstände unter seinem Hemd hervorzunesteln. Er legte sie auf
den Labortisch und meinte: „In einer sehr wichtigen Angelegenheit allerdings ist Captain Tracy weniger aufrichtig.“ „Energieeinheiten für die Phaser“, sagte Kirk langsam. „Ja, Sir. Captain Tracys Reservepackungen. Sie sind leer. Wir fanden sie zwischen den Leichen von mehreren Hundert Yangs. Ein kleinerer Angriff auf das Dorf erfolgte vor ungefähr einer Woche. Captain Tracy schlug den Angriff mit seinem Phaser zurück. Ich habe mit Dorfbewohnern gesprochen, deren Aussagen meine Behauptung stützen.“ Kirk biß sich auf die Lippen. In seinen Zügen lag Entschlossenheit. Er legte die Reservepackungen auf den Tisch zurück. McCoy sah auf. „Jim, der Mann hat sein Schiff verloren. Seine ganze Besatzung ist tot. Er sieht sich nun als einziges Bollwerk zwischen den Wilden und einem ganzen Dorf friedlicher und angenehmer Leute, denen von diesen Wilden die Ausrottung droht.“ Spock sagte: „Es stimmt, Doc, die Vorschriften sind rigoros, aber sie lassen keinen Zweifel darüber, wie verfahren werden muß, wenn der wichtigsten Direktive zuwidergehandelt wird.“ „Ohne ein geeignetes Serum sind wir alle in diesem Dorf gefangen“, sagte McCoy. „Unter diesen Umständen wäre die Verhaftung Captain Tracys eine rein akademische Frage.“ „Ich sehe ein, daß eine förmliche Anklageerhebung zur Zeit völlig sinnlos wäre“, sagte Spock. „Ich schlage jedoch vor, daß man Captain Tracys Waffe konfisziert.“ „Ja“, stimmte Kirk zu. „Außerdem mache ich einen Bericht.“ Er griff nach seinem Kommunikator. „Die Star-Flotte muß darüber informiert werden, daß…“ „Und ich bin es, der die Informationen durchgibt, Jim.“ Tracy stand im Türrahmen und hielt seinen Phaser auf die drei Männer gerichtet. Der Leutnant auf der Matte machte eine rasche Handbewegung zu seinem Gürtel. Tracy feuerte seinen Phaser ab, und der Strahl traf Raintree in die Brust.
Kirk sprang auf Tracy zu. Die tödliche Waffe richtete sich genau auf sein Herz. Er blieb wie angefroren stehen. Der Captain eines Star-Schiffs… ein Phaser… und ein verwundeter Offizier! Kirk drehte sich nicht um. Er wollte die verkohlte Matte nicht sehen, auf der eben noch Leutnant Raintree gelegen hatte.
* Tracys Milizsoldaten wußten genau, worum es ging. Sie trugen zwar nur Speere, mit denen sie das Trio von der Enterprise zusammentrieben, aber sie achteten zuerst darauf, daß die Phaser und die Kommunikatoren der Männer sichergestellt wurden. Als sie die Geräte Tracy zu Füßen legten, öffnete dieser seinen eigenen Kommunikator. „Enterprise, bitte kommen“, sagte er. „Hier spricht Captain Tracy von der Exeter.“ Ein befriedigtes Lächeln in Tracys Gesicht verriet Kirk, daß Uhura geantwortet hatte. Sulu, der Kommandant auf Zeit, nahm seine Aufgabe sehr ernst. Er stand bestimmt schon neben ihr an der Konsole. „Ich fürchte, ich habe schlechte Nachrichten für Sie“, sagte Tracy zu Uhura. „Ihr Captain und sein Landekommando haben die Exeter zu spät verlassen. So erlangten sie keine vollständige Immunität. Ich habe sie bewußtlos aufgefunden und werde alles Menschenmögliche für sie tun.“ Kirk hörte die Worte des Verräters, und heiße Wut wallte in ihm auf. Tracy lächelte ihn über den Kommunikator hinweg an und fuhr fort. „Es ist sinnlos, das Leben weiteren medizinischen Personals aufs Spiel zu setzen, Mr. Sulu. Es handelt sich um eine tödliche Krankheit. Die Leute haben Mut, wenn sie sich freiwillig melden, aber ich muß es ablehnen. Ich habe selbst eine gewisse Immunität erlangt. Vielleicht schaffe ich es, Ihre Leute durchzubringen. Bis dahin…“
Kirk hatte sich losgerissen. „Sulu!“ brüllte er. „Lassen Sie sich nicht…“ Wus Schwertknauf sauste ihm auf den Schädel, und Dunkelheit umfing ihn. Spock warf sich herum, doch Wu war genauso schnell. Er setzte die Schwertspitze an die Kehle des bewußtlosen Kirk. Tracy schaltete den Kommunikator ab und zeigte auf Spock und McCoy. „Wenn die beiden den Mund aufmachen, werden sie sofort getötet!“ Tracys Kommunikator begann zu summen. Er öffnete ihn und lauschte. „Es tut mir leid, Mr. Sulu. Alle Männer Ihres Landekommandos haben hohes Fieber. Captain Kirk befindet sich im Delirium. Keiner von ihnen ist in der Lage, mit Ihnen zu sprechen. Die Dorfbewohner helfen mir nach besten Kräften, die Kranken zu versorgen.“ Aber die Worte des fremden Kommandanten genügten dem aufgeregten Sulu keineswegs. Er hatte ein ungutes Gefühl. Wieder summte Tracys Kommunikator. Irritiert öffnete er den Apparat. Aber seine Stimme verriet nicht die geringste Erregung, als er nüchtern sagte: „Mr. Sulu, lassen Sie uns diese fruchtlose Unterhaltung abbrechen. Ich tue, was ich kann, um den Zustand Ihres Captains zu bessern. Ich werde Sie über sein Befinden weiterhin auf dem laufenden halten, vorausgesetzt, Sie lassen mir Zeit, mich um ihn zu kümmern. Ende.“
* Der vage Schatten im Eingang nahm allmählich Gestalt an. Es war einer von Tracys Milizsoldaten. Kirk stellte fest, daß er wieder sehen konnte. Er befand sich in McCoys provisorischem Labor. Seine Arme taten ihm weh. Er war gefesselt. Kirk richtete sich auf. Die Gestalt im Eingang blieb reglos stehen. Wieder kochte Wut in ihm hoch. Er sprang auf, und mit gesenktem Kopf
griff er die Wache an. Er brachte den Mann ins Taumeln und wollte sich erneut auf ihn stürzen, als Tracy erschien. Er schob die Wache beiseite. „Lassen Sie uns allein!“ Kirk setzte sich auf die Bank. In seiner Stimme lag eisige Verachtung, als er sprach. „Captain Ronald Tracy, gemäß Verordnung sechs, Paragraph vier des Star-FlottenKommandos… Ich erwähne es nur… Sie wissen schon.“ „Ja, ich weiß“, sagte Tracy. „Betrachten Sie sich als unter Arrest befindlich, bis Sie in Gegenwart Ihrer Vorgesetzten eine befriedigende Erklärung abgeben können, et cetera, et cetera…“ Er nickte. „So beginnt der Text, den herunterzubeten Ihre Pflicht ist. Betrachten Sie ihn als mir gegenüber ausgesprochen. Damit sind Sie gedeckt. Wie wäre es, wenn wir uns nun anderen Themen zuwendeten?“ „Und diese Themen wären?“ „Eine vernünftige Frage.“ Tracy schob einige Geräte beiseite und setzte sich auf den Labortisch, Meine Antwort: Was immer uns gegen diese unheimliche Krankheit immunisiert hat, hat auch die Bevölkerung dieses Planeten immunisiert, und zwar gegen jede Krankheit. Seit Tausenden von Generationen gibt es hier keine Krankheit! Wie lange können Menschen leben, wenn es keine Krankheiten gäbe, Jim?“ „Sie könnten hundert Jahre lang jung bleiben und vielleicht weit über zweihundert Jahre alt werden…“ Tracy eilte zur Tür und rief Wu herein. Wu schaute ihn fragend an. „Verraten Sie Captain Kirk Ihr Alter“, befahl Tracy. „Ich habe zweiundvierzig Jahre des Roten Vogels gesehen. Aber mein ältester Bruder…“ Tracy unterbrach den Mann. „Ihr Jahr des Roten Vogels kommt nur alle elf Jahre. Wu hat es zweiundvierzigmal erlebt. Sie können es leicht ausrechnen. Wu ist vierhundertzweiundsechzig Jahre alt, vielmehr noch älter, denn das Jahr ist hier länger als ein Erdenjahr. Sein Vater ist weit über tausend Jahre alt. Das ist doch interessant, nicht wahr, Jim?“
„Natürlich. Ich nehme an, daß McCoy es ziemlich leicht verifizieren könnte.“ „Er wird es tun, wenn Sie es ihm befehlen! Wir sind nun einmal auf einen Arzt angewiesen, um entsprechende Untersuchungen anzustellen!“ Wieder sah er Kirk mit dieser eigenartigen Intensität an, die für ihn charakteristisch war. „Verstehen Sie überhaupt, was das Auffinden dieser immunisierenden Substanz bedeuten würde? Wenn sie einmal gefunden ist, so heißt das eine Quelle ewiger Jugend, bedeutet Unsterblichkeit.“ „Wer will das verkaufen…?“ sagte Kirk trocken. „Wer das Serum besitzt, kann das verkaufen“, antwortete Tracy. „Früher oder später wird es McCoy gelingen, die Substanz zu isolieren. Inzwischen können wir Ihrer Mannschaft mitteilen, daß Sie noch krank sind. Sie könnten Ihrem Stellvertreter befehlen, abzudrehen. Später können wir mit dem Star-Flotten-Kommando verhandeln. Auf Wunsch wird man eine ganze Flotte schicken, um uns abzuholen. Inzwischen müssen wir uns hier am Leben erhalten.“ Kirk hatte einen Arm aus den Fesseln befreit. Er zerrte den anderen los, als er Wu zusammenzucken sah. „Tra – ciiee!“ schrie der Milizsoldat. Eiskalt, leicht und selbstsicher glitt Tracy vom Tisch. Die Fesseln hielten Kirks rechten Arm um Sekundenbruchteile zu lange fest. Tracys Rechte fuhr ihm krachend an das Kinn und brachte den Captain auf die Knie. Tracy tat so, als wolle er Kirk einen rechten Schwinger verpassen. Kirk duckte den erwarteten Schlag ab, und Tracy konnte einen Judogriff anbringen, der den Captain der Enterprise zu Boden segeln ließ. Er sprang wieder auf und schlug eine wilde Rechte. Tracy wich aus und traf Kirk mit einer knallharten Linken. Kirk ging ein weiteres Mal zu Boden. „Nicht schlecht, Jim“, sagte Tracy. „Wenn man bedenkt, daß ich größer und schneller bin und mehr Erfahrung habe, war es sogar sehr gut.“ Er riß Kirk vom Boden hoch. „Ich bin auch in besserer Kondition. Körperliche Fitness war schon immer meine…“
Kirk schoß vom Boden hoch und legte alle Kraft in einen letzten, verzweifelten Schlag. Tracy tauchte weg und landete einen so gewaltigen Hieb an Kirks Kinn, daß dieser für die Zeit auf die Bretter ging. Diesmal stellte Tracy seinen Gegner nicht wieder auf die Beine, sondern ließ ihn liegen. Er rief Wu und zwei andere Milizsoldaten. Mit dem Finger auf Kirk zeigend, befahl er: „Schafft ihn weg!“
* Man brachte Kirk ins Dorfgefängnis. Im Vorraum bemerkte Kirk ein Regal, in dem einige Dutzend Schwerter standen. Viel mehr konnte er nicht wahrnehmen, denn er wurde sofort in den inneren Raum gezerrt. Die Zellen hatten keine Gitterstäbe, sondern waren mit einer Art Rost versehen. In der ersten Zelle entdeckte Kirk die beiden Yangs, die um Haaresbreite ihrer Hinrichtung entgangen waren. Der riesige Yang-Mann griff mit seinen kräftigen Händen durch den Rost und versuchte, den gelbhäutigen Milizsoldaten zu packen, der vor der Nachbarzelle Wache stand. Es war die Zelle, in der Spock und McCoy eingesperrt waren. Tracy hielt seinen eigenen Phaser auf Kirk gerichtet und reichte Wu die drei Waffen der Leute von der Enterprise. „Geben Sie diese Ihren Leuten und sagen Sie ihnen, daß wir in Kürze aufbrechen Werden. Diesmal werden wir den Yangs im Hinterhalt auflauern, und wir werden viele Feuerkästen haben.“ Er deutete auf McCoy. „Bringen Sie den Doktor in sein Labor zurück. Der Mann mit den spitzen Ohren bleibt hier!“ Als Wu mit Doktor McCoy verschwunden war, wies Tracy mit dem Daumen auf die Yang-Zelle. „Und Sie, Jim, sollten sich diese Leute einmal genau ansehen.“
Die blauen Augen des Yang-Mannes sprühten vor Wut. Und doch entdeckte man unter dieser äußeren Wut eine ihm eigene Würde, die ahnen ließ, daß er in seinem Stamme einen bedeutenden Mann darstellte. Die junge Frau neben ihm war von geschmeidiger Anmut. „Es sind Tiere, die zufällig so aussehen wie wir. Glauben Sie immer noch blind an die wichtigste Direktive, nachdem Sie diesen Planeten kennen, Jim?“ Kirk antwortete: „Ronald Tracy, wir haben nicht den überlegenen Verstand, der uns gestatten würde, in die Entwicklung auf diesem Planeten einzugreifen.“ Tracy rannte zu seinen Leuten hinüber. „Sperrt ihn zu diesen Wesen in die Zelle! Wenn Logik nicht verfängt, funktioniert vielleicht dieser Test.“ Ängstlich öffneten sie die Zellentür. Die Yangs stürzten sich auf sie, aber sie konnten die Wilden mit ihren Schwertern und Lanzenspitzen zurückdrängen. Rasch stießen die beiden Milizsoldaten Kirk zu den Yangs in die Zelle und verriegelten die Tür. Die Schlüssel legten sie in die Schreibtischschublade zurück. Kirk stand mit dem Rücken gegen den Rost und schaute zu den Yangs hinüber. Lauernd umkreisten sie ihn. Er sprach zu dem Mann: „Wenn Sie meine Sprache verstehen…“ Der Fuß des Mannes traf ihn hart am Schienbein. Er stolperte, und schon war der Yang über ihm und versuchte, ihm die Hände um den Hals zu legen. Statt sich aus der Umklammerung zu befreien, trat Kirk kräftig zu und traf seinen Gegner in den Leib. Der Yang taumelte gegen die Wand, blieb eine Weile zusammengerollt auf dem Fußboden liegen und federte plötzlich wieder hoch. Dann begann er erneut, Kirk zu umkreisen. Die Frau sprang Kirk plötzlich auf den Rücken. Nur mit Mühe konnte er sie abschütteln und sich gerade noch herumwerfen, um dem Angriff des Mannes zu begegnen.
Spock stand in seiner Zelle und versuchte, durch den Rost die Vorgänge in der Nebenzelle zu beobachten. „Ruhen die sich denn niemals aus, Spock?“ schrie Kirk. Seine Uniform hing ihm in Fetzen vom Leib, und er spürte, wie ihm die Kräfte schwanden. Er blieb einige Sekunden stehen und sagte dann: „Sagen Sie mir doch wenigstens, warum Sie mich töten wollen!“ Spock rief ihm zu: „Versuchen Sie weiter, sich mit den Leuten zu unterhalten. Es ist doch vollkommen unlogisch, daß sie…“ „Es ist mir klar, daß es vollkommen unlogisch ist, Mr. Spock!“ Wieder sprang der Yang ihn an. Bei dem entstehenden Handgemenge wurde dir Prau gegen den Rost der Nachbarzelle geschleudert, und Spock konnte durch die Stäbe greifen und ihr einen harten Schlag ins Genick versetzen. Erstaunt blieb der Wilde stehen, als er sie zusammenbrechen sah. Dann schaute er durch die Stäbe in die Nachbarzelle. Der Vulkanier stand am Fenster und zerrte aus Leibeskräften an dem dort befindlichen Rost. Der Wilde sah gebannt zu, wie Spock sich mit seinem ganzen Gewicht gegen den Rost warf. Mörtelstaub rieselte zu Boden. Spock rief zu Kirk hinüber: „Ich habe den Fensterrost schon etwas gelockert. Wenn der Mörtel an Ihrem ebenso brüchig ist…“ „Das kann ich nicht einmal prüfen“, sagte Kirk. „Die beiden sitzen mir ständig im Genick.“ Aber der Yang verhielt sich abwartend. Kirk beobachtete ihn. Die Frau, die zu seinen Füßen lag, schien langsam wieder aus ihrer Bewußtlosigkeit zu erwachen. „Arbeiten Sie nur weiter an Ihrem Fenster, Spock. Es ist die einzige Möglichkeit, unsere Freiheit wiederzugewinnen“, sagte Kirk. Der Yang war im Begriff gewesen, sich wieder auf Kirk zu stürzen, aber plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen. Mit einer Mischung aus Neugier und Schrecken starrte er Kirk an. „Freedohm“, wiederholte er.
Offenbar sprach er eine Art verstümmeltes Englisch und hatte das englische Wort für Freiheit verstanden. „Spock!“ „Ich habe es gehört, Captain. Fragen Sie ihn, ob er weiß, was das Wort bedeutet.“ „Es ist ein heiliges Wort – ein heiliges Wort der Yangs!“ rief der Wilde. „Sie dürfen es nicht sprechen!“ Kirk sagte: „Es ist auch bei uns ein heiliges Wort. Vielleicht sind wir Brüder.“ „Sie leben bei den Kohms!“ „Bin ich nicht ein Gefangener der Kohms, genau wie Sie?“ Dabei beließ er es einstweilen. Er ging zum Zellenfenster und begann, an dem Rost zu zerren. Er ließ sich nicht bewegen. Er warf sich mit der Schulter dagegen. Die Belohnung war herabrieselnder Mörtelstaub. Der Yang sah seine Begleiterin an. Sie erhob sich langsam und sprang dann ans Fenster. Die beiden halfen Kirk. Mit vereinten Kräften warfen sie sich gegen das Gitterwerk Endlich gelang es ihnen, den Rost an einer Ecke loszubrechen. Nun konnten sie die herausgelöste Ecke als Hebel benutzen. Sie verbogen den Stahl und lösten auch das obere Ende. Es war der Yang, dem es dann gelang, den ganzen Rost herauszubrechen. Kirk wandte sich zu Spock um. „Warten Sie, Mr. Spock, in ein paar Minuten sind auch Sie…“ „Captain!“ brüllte Spock. Der Warnruf kam zu spät. Der schwere Rost kam herunter und traf Kirk an der Schläfe. Bewußtlos sank der Captain zu Boden. Der Yang hob seine Begleiterin hoch und schob sie durch das Fenster ins Freie. Spock sah, wie er dann selbst hinauskletterte und mit der jungen Frau davoneilte.
*
Dieses Mal dauerte es sehr lange, bis Kirk wieder zu sich kam. Spock hörte, daß der Captain sich bewegte und eilte rasch vom Zellenfenster zur Tür. „Captain?“ „Spock? Wie lange?“ „Etwa sieben Stunden, Sir.“ Sieben Stunden bewußtlos! Immerhin… auch eine Art Ruhepause. An Kirks Gesicht klebte geronnenes Blut. Er versuchte, sich zu bewegen. Eine Welle von Schmerz durchfuhr ihn, und er stöhnte. Der Eisenrost lag neben ihm. Noch immer benommen, erhob Kirk sich und richtete den Rost auf. Ächzend taumelte er mit der schweren Last zum Fenster und lehnte den Rost gegen die Wand. Er stieg über diese provisorische Leiter nach draußen. Auf der Straße orientierte er sich kurz und rannte um das Haus herum. Die Hintertür war unverschlossen. Er betrat das Gefängnis und eilte an den Schreibtisch. Er fand die Schlüssel in der Schublade und öffnete Spocks Zelle. Spock bemerkte als erster, daß Tracy Doktor McCoys Quartier bewachen ließ. Der Posten fuhr zusammen, als er das kratzende Geräusch an der Tür vernahm. McCoy war so sehr in seine Arbeit vertieft, daß er nicht einmal aufschaute. Als er zum zweiten Mal das Kratzen hörte, öffnete der Wachsoldat vorsichtig die Tür und steckte den Kopf heraus. So war er das ideale Objekt für einen von Spocks berühmten Griffen. Der Posten ließ sein Schwert fallen und sank in sich zusammen. Spock schleifte ihn in McCoys Labor, der erst in diesem Moment aufblickte. Nun war er wieder bereit, die Außenwelt zu registrieren. „Hallo, Jim“, sagte er. „Guten Morgen.“ Spock ließ seine Blicke über die Laboreinrichtung schweifen. Sie hefteten sich auf ein Signalgerät, und man sah deutlich, daß Spock eine plötzliche Eingebung hatte. „Captain“, rief er, „ich kann die Schaltung dieses Geräts verändern. In wenigen Minuten können wir Verbindung mit der Enterprise aufnehmen.“
„Doc“, sagte Kirk, „was haben Sie herausgefunden? Haben Sie irgendwelche Ergebnisse?“ „Ja. Ich habe mittlerweile Grund zu der Annahme, daß hier vor Zeiten ein entsetzlicher bakteriologischer Krieg stattgefunden hat. Das Virus existiert immer noch. Es hat die gesamte Mannschaft der Exeter getötet, und auch wir sind infiziert. Aber nach vielen Jahren hat die Natur Abwehrstoffe entwickelt. Sie sind in der Nahrung vorhanden, im Wasser, im Boden und in der Atemluft. Aber diese immunisierende Substanzen brauchen einige Zeit, um voll zur Wirkung zu kommen. Das ist die eigentliche Tragödie, denn wenn die Mannschaft der Exeter auch nur einige Stunden auf dem Planeten ausgeharrt hätte, wären die Männer nicht gestorben.“ Kirk verstand sofort, was diese Aussage seines Bordarztes bedeutete. „Dann können wir also jederzeit diesen Planeten verlassen?“ McCoy nickte. Auf Kirks Gesicht erschien zum ersten Mal seit langer Zeit ein breites Grinsen. Er wurde aber sofort wieder ernst. „Tracy“, sagte er, „ist davon überzeugt, daß die immunisierende Substanz zu einer Art Jungbrunnen für die gesamte Menschheit werden könnte. Man muß sie isolieren, aus ihr ein Serum herstellen Und es dann den Menschen injizieren…“ „Welch grauenhafter Unsinn!“ schnaufte McCoy. „Doc, einige der Leute hier sind weit über tausend Jahre alt.“ „Schon möglich, aber doch nur, weil sie Nachkommen von äußerst widerstandsfähigen Menschen sind.“ „Dann wäre jedes Serum, das sie entwickeln könnten, völlig nutzlos?“ McCoy zuckte die Schultern. „Vielleicht kann man damit Erkältungen heilen. Aber unser Leben verlängern? Ich kann mehr für Sie tun, wenn ich Ihnen rate, vernünftig zu essen und regelmäßig Sport zu treiben.“ Drüben von der Eckbank her, an der Spock sich mit einigem Laborgerät zu schaffen machte, war ein erleichterter Ausruf zu
hören. Spock schloß noch ein paar Drähte an und schaute von der Arbeit hoch. „Ein bißchen primitiv, aber es funktioniert. Ich kann Signalkontakt mit dem Schiff aufnehmen. Sprechkontakt ist natürlich nicht möglich.“ „Signalkontakt reicht völlig aus, Mr. Spock.“ Kirk ging auf Spock zu, als das Signalgerät in dessen Hand vom Energiestrahl eines Phasers getroffen wurde und rotglühend aufleuchtete. Spock wurde von der gewaltigen Energie des Strahlers zu Boden geschleudert. Tracy lehnte gegen den Türrahmen. Seine Uniform war blutbespritzt. Er machte einen völlig aufgelösten Eindruck, und seine weitaufgerissenen Augen waren wie die eines Irren. Er ließ den Phaser sinken. „Hier wird nicht signalisiert!“ stieß er hervor. Er sah sich im Raum um. „Kirk, der Yang, der bei Ihnen in der Zelle war… haben Sie ihn freigelassen?“ Kirk ignorierte ihn und ging zu McCoy hinüber, der neben Spock kniete. „Wenigstens lebt er noch“, sagte der Arzt kurz. „Der Wilde, Kirk! Haben Sie ihn fortgeschickt, seinen Stamm zu warnen?“ Kirk blickte auf und sah, daß Tracy sich in sehr schlechter Verfassung befand. „Was ist geschehen?“ fragte er. „Wo sind Ihre Leute?“ „Die Yangs müssen gewarnt worden sein. Sie kamen aus den Hügeln in die Ebene und opferten Hunderte ihrer Leute. Und dann kamen sie… es wurden immer mehr.“ Er sprach mit zitternder Stimme. „Wir schossen drei unserer vier Phaser leer, und immer noch kamen sie. Wir haben Tausende getötet, aber es nahm kein Ende!“ Plötzlich merkte Tracy, wie laut er schrie. McCoy beschäftigte sich immer noch intensiv mit Spock. „Er wird es überleben, aber hier kann er natürlich nicht bleiben. Er muß an Bord versorgt werden.“ „Unmöglich!“ sagte Tracy. „Sie können doch nicht die Krankheit an Bord Ihres Schiffes bringen!“
„Er ist jetzt vollkommen immun“, klärte McCoy ihn auf. „Wir sind alle immun.“ „Wir können jederzeit zum Schiff transmittieren, Tracy“, sagte Kirk. „Wir alle ohne Ausnahme!“ „Haben Sie denn das Serum isoliert?“ „Es gibt kein Serum!“ sagte Kirk. „Es gibt hier auch keine Wunder. Es war alles umsonst! Es war völlig sinnlos!“ Wie vom Blitz getroffen, starrte Tracy den Captain an. Dann sah er ungläubig McCoy an. „Erklären Sie, Doktor, erklären Sie es mir!“ „Überlassen Sie die Medizin getrost den Ärzten, Captain!“ fauchte McCoy ihn an. „Wir haben keinen Jungbrunnen gefunden. Die Leute hier leben länger, weil es für sie natürlich ist, länger zu leben.“ Alle Farbe wich aus Tracys Gesicht. Er hob den Phaser und zeigte damit auf die Tür. „Raus hier, Kirk! Oder ich schicke Ihre beiden Freunde zur Hölle!“ Kirk wußte, daß dieser Mann zu allem fähig war. „Tun Sie für Spock, was Sie können, Doc“, sagte er und ging zur Tür. Die verängstigten Dorfbewohner hatten sich in ihren Häusern verkrochen. Die Straßen waren wie leergefegt. Tracy hielt wieder den Phaser auf Kirk gerichtet. Er warf ihm seinen Kommunikator zu. „Wir werden sehen, ob Sie gern sterben wollen“, sagte er. „Rufen Sie Ihr Schiff!“ Schweigend betrachtete Kirk den Kommunikator. „Ich brauche Ihre Hilfe, Kirk!“ jammerte Tracy. „Sie werden jeden Augenblick das Dorf angreifen! Mein Phaser ist fast leer. Wir brauchen mehr. Wir brauchen Ersatzeinheiten…“ Das war es also: Die Enterprise sollte zum Waffenschmuggel mißbraucht werden, nur weil es diesem Wahnsinnigen so gefiel. Als er Kirk abweisenden Gesichtsausdruck bemerkte, brüllte Tracy: „Sie wollen hier doch nicht einfach stehenbleiben und sich umbringen lassen! Wenn ich Ihnen eine Waffe in die Hand gebe, werden Sie doch kämpfen?“
Kirk sagte: „Wir können uns alle zum Schiff zurückstrahlen lassen.“ „Ich brauche fünf Phaser… nein, zehn. Drei Ersatzeinheiten für jede Waffe!“ „Meinetwegen“, sagte Kirk. Wieder hob Tracy den Phaser, zielte auf Kirk und wartete. Kirk klappte den Kommunikator auf. „Enterprise, hier spricht Captain Kirk.“ Er spürte die Erleichterung in Uhuras Stimme, als sie sagte: „Captain! Geht es Ihnen wieder besser?“ „Ausgezeichnet, Leutnant. Strahlen Sie mir sofort zehn Phaser herunter und für jede Waffe drei Ersatzpackungen. Haben Sie verstanden?“ Uhura antwortete nicht. „Fragen Sie noch einmal!“ sagte Tracy ungeduldig. „Enterprise, haben Sie verstanden?“ Nun hörte er Sulus Stimme. „Hier spricht Sulu, Captain. Wir haben verstanden… aber das geht wohl nicht ohne Rückfrage.“ „Auch nicht, wenn wir uns in besonderer Gefahr befinden, Mr. Sulu?“ Sulu war ein ausgezeichneter Mann. Er war intelligent und umsichtig. „Captain, Freiwillige stehen bereit, um sich auf den Planeten transmittieren zu lassen. Wie ist Ihre Situation?“ Tracy gestikulierte ungeduldig, und Kirk fuhr fort: „Es besteht keine unmittelbare Gefahr. Die Freiwilligen bleiben in Bereitschaft. Wir melden uns wieder. Landekommando auf Abruf!“ Kirk schaltete den Kommunikator aus. Tracy nickte mit widerwilliger Bewunderung. „Sie haben eine hervorragend funktionierende Brückenbesatzung. Mein Kompliment.“ Er streckte die Hand nach dem Kommunikator aus. Auf diese Chance hatte Kirk nur gewartet. Er packte die Hand des anderen und drehte sie um. Mit einem wuchtigen Faustschlag brachte er Tracy aus dem Gleichgewicht und griff nach dem Phaser. Aber Tracy konnte seine Waffe vor Kirks Griff in Sicherheit bringen.
Er feuerte, als Kirk mit einem mächtigen Satz hinter dem Gebäude verschwand, und der Strahl traf eine Regentonne. Die Jagd begann. Kirk rannte die ihm vertraute Straße entlang auf das Gefängnis zu. Durch die offene Gefängnistür sprang er in Deckung. Kaum war er im Innern des Gebäudes, als ein Phaserstrahl den Stützbalken der Veranda traf. Der Vorbau krachte zusammen. Er suchte den Eisenrost, der ihn bewußtlos geschlagen hatte. Er mußte noch in der Zelle liegen, wo Kirk ihn auch fand. Keine ausreichende Waffe gegen einen Phaser, aber etwas anderes hatte er nicht. Gegenüber dem Vordereingang des Gefängnisses stand noch der Richtblock. Als Kirk aus der Tür auf die Straße hinaustrat, sah er Tracy neben dem Block stehen. Der Mann hob den Phaser und drückte ab. Nichts geschah! Fassungslos starrte Tracy auf seine leergeschossene Waffe. Dann schleuderte er sie von sich und ergriff die Axt des Henkers. Damit stürzte er sich auf Kirk und holte zu einem mörderischen Schlag aus. Kirk tauchte weg und stieß Tracy mit aller Gewalt den Eisenrost in den Leib. Ächzend brach der Wahnsinnige zusammen, aber mit einem Fußtritt konnte er Kirk noch zu Fall bringen. Es kam im Staub der Straße zu einem wilden Ringkampf. Es gelang Tracy, Kirk auf den Rücken zu zwingen und ihm das Knie auf die Brust zu setzen. Plötzlich schrie er auf. Er fühlte das Eisen einer Lanzenspitze unter dem rechten Schulterblatt. Die beiden Männer blickten hoch. Ein Yang stand über ihnen, und in einiger Entfernung sahen sie eine ganze Schar bewaffneter Wilder.
* Das offene Holzkohlefeuer war aus dem großen Raum des Klubhauses der Kohms entfernt worden. Auf dem Tisch lag ein uraltes, vergilbtes Pergament. Außerdem sah Kirk einige ebenso vergilbte Bücher und Tracys Kommunikator. Der ganze Raum
war zu einer Art primitiven Gerichtssaal umgestaltet worden. Weiße Wilde bildeten die „Jury“. Unter ihnen bemerkte Kirk die junge Frau, die mit ihm in der Zelle gewesen war. Er selbst, Spock, McCoy und Tracy saßen an der linken Seite des Tisches. Der Yang-Mann aus der Zelle nahm ihnen gegenüber Platz. Er sah Kirk an. „Mein Name“, sagte er, „ist Cloud Williams.“ Dann blickte er zu einigen seiner Krieger hinüber, die an der Tür Wache hielten, und nickte. Eine ganze Gruppe Dorfältester der Kohms wurden hereingeführt und mußten vor dem Tisch Aufstellung nehmen. Kirk schaute besorgt zu Spock hinüber. Dieser fing den Blick seines Kommandanten auf und sagte: „Ich fühle mich noch etwas schwach, Captain, aber es wird schon gehen.“ McCoy beugte sich zu Kirk hinüber. „Er bedarf dringend weiterer Behandlung, Jim, und zwar bald!“ Spock zeigte auf die Kohms. „Es sind Gefangene. Die Yangs scheinen also doch nicht so viel Freude am Töten zu haben, wie wir zuerst glaubten.“ Kirk beobachtete die primitive Gerichtsszene um sich herum. „Wenn meine Vorfahren aus ihren Städten in die Wüsten und in die Berge getrieben worden wären…“ „Ja, Captain“, sagte Spock. „Dann hätten auch sie gelernt, Tierhäute als Kleidung zu tragen. Dann hätten auch sie stoische Verhaltensweisen entwickelt. Sie hätten sich Bogen und Lanzen hergestellt…“ „Und hätten wie Indianer gelebt… und endlich auch wie Indianer ausgesehen.“ Er machte eine Pause, und ein Gedanke schoß ihm durch den Kopf, der ihn fast erschreckte. „Spock! Yangs… Yangs… Yankees! Das ist doch nicht möglich!“ Spock nickte. „Kohms… Kohmunists… Kommunisten! Die Parallele ist fast zu eindeutig. Das würde bedeuten, daß diese Leute den Krieg geführt hätten, der euch Amerikanern erspart blieb. In diesem Fall haben die Asiaten gewonnen und die westliche Welt erobert.“
„Aber wenn das stimmt, Spock… dann hätten die Yanks über Generationen hinweg um ihr verlorenes Land gekämpft…“ Er lehnte sich im Sitz zurück, Plötzlich erklang aus dem Hintergrund dumpfer, feierlicher Trommelwirbel, und alle Anwesenden schwiegen. Hinter dem Tisch erhob sich Cloud Williams zu seiner ganzen, stolzen Größe. „Was uns gehört, ist wieder unser Eigentum! Es wird uns nie wieder genommen werden…“ Er deutete auf den Hintereingang. Wieder erklang der dumpfe Trommelwirbel. „Diesen Tag weihe ich mit unserem großen Heiligtum. AyPledgili! “ Erstaunt richteten sich Kirk, Spock und McCoy in ihren Sitzen auf und drehten sich um. Was sie sahen, verblüffte sie außerordentlich. Die Tür hatte sich geöffnet, und eine Ehrenwache hatte den Raum betreten. Einer der Männer trug eine Stange. An ihr hing eine uralte, zerfetzte Flagge, deren Farben – blau, weiß und rot – ausgeblichen waren. Aber ihre Sterne und Streifen hatten Jahrtausenden widerstanden und waren noch deutlich zu erkennen. Ein Triumph der Materie über die Zeit. Stolz hing die Flagge hoch oben an der Stange und wurde jetzt mitten im Saal aufgepflanzt. Tracy flüsterte: „Die amerikanische Flagge!“ Kirk wandte sich an Spock. „Ob sie nach dieser langen Zeit überhaupt noch wissen, wofür sie kämpfen?“ „Ich bezweifle es, Captain. Es sind nur überkommene Zeremonien, uralte, überlebte Traditionen.“ „Und ein feierliches Ritual“, sagte McCoy. „Die Flagge wurde als Heiligtum bezeichnet.“ Tracy sagte: „Wir werden mit ihnen schon fertig, Kirk. Gemeinsam werden wir es schaffen.“ Er sah die anderen an und beugte sich vor, damit sie ihn hören konnten. „Ich warne Sie nur davor, mir in den Rücken zu fallen. Ich werde gewinnen… und schlimmstenfalls sterbe ich. Aber ich werde Sie alle mitnehmen. Ich werde…“
Ein unsanfter Lanzenstoß brachte ihn zum Schweigen. Cloud Williams sprach: „Ich, Cloud Williams, bin Häuptling und Sohn eines Häuptlings, Wächter der Heiligtümer, Sprecher der heiligen Worte und Anführer der Krieger. Viele sind tot, aber dies ist das letzte Dorf der Kohms. Was uns gehört, ist wieder unser Eigentum.“ Die Menge wiederholte feierlich diese Worte: „Was uns gehört, ist wieder unser Eigentum.“ Cloud Williams legte sich die rechte Hand auf das Herz. „Ihr werdet mir diese heiligen Worte nachsprechen.“ Die YangWachen ergriffen die rechten Hände aller Kohm-Gefangenen und legten sie an deren linke Brustseite. Cloud Williams wandte sich der alten Flagge zu. „Ihr werdet sprechen: Ay pledgili ianectu flaggen tupep likfor stahn…“ Wieder sprach er dieses verstümmelte Englisch. Kirk sprang auf. Er führte den Satz zu Ende. „… und der Republik, für die sie steht. Eine Nation in Gott, unteilbar, mit Freiheit und Gerechtigkeit für alle!“ Im Raum erhoben sich laute Rufe. Eine Wache, die sich Kirk nähern wollte, blieb entsetzt stehen. Cloud Williams unterhielt sich aufgeregt mit einem alten Wilden an seinem Tisch. Der alte Mann schüttelte immer wieder den Kopf. Er zeigte auf eines der vergilbten Bücher, die vor ihm lagen. Die Wachen führten die gefangenen Kohms aus dem Saal. Zwei Krieger gingen unentschlossen und zögernd auf Kirk zu. Einer bedeutete ihm, den Yang-Häuptling anzusehen. Der Häuptling schlug hart mit dem Griff seines Messers auf den Tisch, um die Menge zum Schweigen zu bringen. „Sie kennen viele unserer heiligen Worte! Woher?“ Kirk sagte: „In meinem Land gibt es einen Stamm wie den Ihren.“ „Wo ist euer Stamm?“ Kirk hob die Hand zum Himmel empor. „Wir kommen von dort oben, von einem dieser kleinen, silbrigen Lichtpunkte, die ihr jede Nacht am Himmel erkennen könnt…“
Wieder brach ein Tumult aus. Kirk versuchte, weiterzusprechen, aber seine Worte gingen im allgemeinen Aufruhr unter. Wieder klopfte Cloud Williams auf den Tisch. Er nickte dem YangGelehrten neben ihm zu und richtete seine jugendlich strahlenden Augen auf Kirk. „Warum sind Sie hier? Wurden Sie verbannt?“ Die Jury der Yangs wartete auf seine Antwort. Kirk formulierte seine Worte mit größter Vorsicht. „Sie verwechseln die Sterne mit dem Himmel, von welchem…“ „Er wurde verbannt!“ schrie Tracy. Er sprang von seinem Sitz hoch und stellte sich vor die Jury hin. „Erkennen Sie nicht den bösen Geist? Wer sonst könnte euch mit euren eigenen heiligen Worten täuschen. Euer Gott soll mich auf der Stelle töten, wenn ich nicht die Wahrheit spreche!“ Er sah zum Himmel hinauf. „Aber er wird es nicht tun, denn ich spreche für ihn!“ Der brutale Mord an Raintree… der Bruch seines Diensteides… nun auch noch die schamlose Ausnutzung der Unwissenheit und des Aberglaubens dieser Menschen. Kirk war sich selbst gram. Er hätte wissen müssen, daß Tracy jedes nur erdenkliche Verbrechen begehen würde, wenn es nur seinen Absichten dienlich war. Aber der alte Yang-Gelehrte hatte rasch ein dickes, schwarzes Buch aufgeschlagen. Cloud Williams sah Tracy prüfend und nachdenklich an. „Und doch haben Sie viele der Unseren getötet“, sagte er. „Nur, um sie zu bestrafen. Ihr wolltet nicht hören, als ich versuchte, mit euch zu sprechen. Außerdem habt ihr versucht, mich zu töten.“ „Ich bin ein Mann wie Sie“, sagte Kirk. „Ich bin kein Gott. Ich bin auch nicht der böse Geist.“ „Könnte denn ein Mensch eure heiligen Worte kennen?“ rief Tracy. „Könnte ein Mensch diese Worte verwenden, um euch zu betrügen?“ Mit dramatischer Geste zeigte er auf Spock. „Und seht euch seinen Diener an! Sein Gesicht, seine Ohren und seine Augen! Wird der böse Geist in den Legenden und Sagen der Yang nicht beschrieben?“
Nun wandte Kirk sich an das Tribunal. „Sehen denn eure Gesichter alle gleich aus, und kann man ihnen ansehen, wer von euch gut und wer schlecht ist?“ Der alte Gelehrte hatte das schwarze Buch Cloud Williams hingeschoben. Der Häuptling nahm es und küßte es ehrfürchtig, bevor er es öffnete. Die goldgeschnittenen Buchstaben des Titels waren noch deutlich zu erkennen. Es war eine uralte Bibel. Eine faltige Hand streckte sich aus und zeigte auf eine Seite. Viele alte Bibeln enthielten zahlreiche Illustrationen. Wenn diese Bilder aufwies, auf denen Luzifers Knechte zu sehen waren, mochte es sehr wohl sein, daß einer von ihnen Spock ähnlich sah. Es schien hier der Fall zu sein. Cloud Williams sah Spock an, dann glitten seine Augen zu Kirk hinüber. „Sie sind der Herr dieses Dämons“, sagte Tracy zu Kirk. „Das hat jeder gesehen.“ Abrupt drehte er sich wieder zum Häuptling um. „Brauchen Sie noch mehr Beweise? Der Dämon besitzt kein Herz! Legen Sie ihm das Ohr an die Brust!“ Die Wachen hatten Spock ergriffen, und der Häuptling verließ seinen Tisch. McCoy rief: „Sein Herz ist lediglich etwas anders konstruiert. Die inneren Organe der Vulkanier…“ „Ich habe gesehen, daß er zaubern kann.“ Der Häuptling griff sich mit der Hand ins Genick. „Als er meine Begleiterin dort berührte, schlief sie sofort ein.“ Er trat zu Spock und legte das Ohr an die Brust des wissenschaftlichen Offiziers. Er lauschte, und dann runzelte er seine Stirn. Er richtete sich wieder auf, „Er hat kein Herz.“ Im Saal wurden entsetzte Schreie laut, aber die Menschen schwiegen sofort, als Cloud Williams gebieterisch den Arm hob. Dann eilte er zu seinem greisen Mentor zurück. „Es gibt noch einen Weg“, sagte der Alte. Mühsam stand der Greis auf und ging zu einem großen, verzierten Kasten am Tischende. Cloud Williams nickte.
„Die größten Heiligtümer“, sagte er. „Häuptlinge und die Söhne von Häuptlingen dürfen diese Worte aussprechen… aber die Zunge des bösen Geistes würde sich in Feuer verwandeln.“ Er sah Kirk und Spock direkt in die Augen und warf auch einen Blick zu Tracy hinüber. „Ich werde beginnen, und ihr werdet die Worte zu Ende sprechen.“ Er schloß die Augen, und in eigenartigem Singsang kamen ihm die Worte von den Lippen: Ee’d pebnista nordor formor fektunun… Er hob die Lider und wartete. Die Worte erschienen Kirk seltsam vertraut. Während er fieberhaft darüber nachdachte, mischte Tracy sich wieder ein. „Er schweigt, weil er fürchtet, daß ihm die Zunge verbrennt, wenn er die Worte ausspricht. Tötet seinen Diener, wenn er nicht redet, damit wir alle sehen, ob ihm die Zunge verbrennt!“ Schon hielt ein Yang sein Messer an Spocks Brust. Die Menge brüllte nach Blut, und der Saal verwandelte sich in ein Irrenhaus. Kirk rief: „Nein! Halt! Es gibt einen besseren Weg! Steht nicht in euren heiligen Büchern, daß das Gute stärker ist als das Böse?“ „Captain…“ Aber über Spocks Protestschrei hinweg erhob sich die Stimme der jungen Frau aus der Gefängniszelle. „Ja, so steht es geschrieben! Das Gute wird immer über das Böse siegen!“ „So steht es geschrieben“, kam das Echo des alten Gelehrten.
* Die Wachen hatten Kirk und Tracy gefesselt, aber nun zerschnitt ein Yang-Krieger die Lederriemen. Alle Tische und Stühle waren aus dem Raum hinausgetragen worden. In. der Mitte des Saales steckten zwei scharfgeschliffene Messer im Holzfußboden. „Seien Sie vorsichtig, Jim“, sagte McCoy. „Ich habe festgestellt, daß in der Regel das Böse siegt, wenn der liebe Gott nicht gerade besonders gut aufpaßt.“
Kirk nickte schweigend. Er ging zu der Stelle hinüber, wo der Häuptling die Messer in die Bretter gestoßen hatte. „Der Kampf ist zu Ende, wenn einer der Gegner tot ist“, erklärte Cloud Williams. Er hob den Arm und ließ ihn wieder sinken. Dabei rief er laut: „Hola!“ Tracy erreichte als erster eines der Messer. Mit der Schulter stieß er Kirk zur Seite und trat mit dem Fuß dessen Messer fort. Dann drang er auf Kirk ein, den scharfen Stahl hoch erhoben. Kirk wehrte den Stoß ab und packte Tracys Handgelenk. Mit vor Anstrengung verzerrten Gesichtern hielten sie sich gegenseitig fest. Jeder wartete auf eine falsche Bewegung des anderen. McCoy murmelte: „Wir müssen etwas unternehmen, Spock.“ Spock zerrte an seinen Fesseln. „Ich verschließe mich keinem guten Vorschlag, Doktor.“ Kirk riß sich los und bekam Tracy in den Griff. Der Captain der Exeter konnte sich befreien, schoß aber durch den Schwung drei oder vier Meter durch den Raum. Kirk konnte sich bücken und sein Messer aufheben. Vorsichtig umkreisten die Männer einander. Spock bemerkte plötzlich, daß Cloud Williams’ junge Begleiterin ihn anstarrte. Als sich ihre Augen trafen, überlief ein Zittern den Körper der jungen Frau. McCoy hatte die Geste gesehen. „Was machen Sie?“ fragte er. „Ich mache Vorschläge“, sagte Spock. Tracy hatte Kirk leicht verletzt. Er zog sein Messer zurück und Kirk wagte einen schnellen Ausfall. Tracy konnte geschickt parieren. Die junge Frau bahnte sich unbemerkt einen Weg zwischen den brüllenden Kriegern hindurch. Sie schlich an der Wand entlang, bis sie den Tisch mit den alten Dokumenten, den Büchern und Tracys Kommunikator erreichte. Sie hielt inne und sah sich nach den beiden Kämpfenden um. Tracys Messer blitzte durch die Luft und zerschlitzte Kirks Ärmel. Blut tropfte auf den Fußboden. Aber die junge Frau hatte den Kommunikator. Sie hielt ihn so, daß niemand ihn sehen konnte und bewegte sich weiter auf
Spock und McCoy zu. Spock blickte zu ihr auf. „Folgen Sie den Anweisungen, die mein Gehirn Ihnen übermittelt“, flüsterte er. „Ich gehorche“, flüsterte die Frau zurück. Kirk verlor den Kampf. Seine Schulter war verletzt, und die Menge schrie nach Blut. Aber endlich machte Tracy den lange erwarteten Fehler. Eine Sekunde lang war er unaufmerksam. Er fiel auf eine Finte von Kirk herein und stolperte. Kirk setzte wuchtig nach und traf Tracy so hart mit der Faust, daß dieser einige Male um seine eigene Achse wirbelte und stürzte. Kirk warf sich auf ihn und setzte ihm das Messer an die Kehle. Gleichzeitig entwand er Tracy das Messer und schleuderte es weg. Es glitt über den Boden und blieb vor Cloud Williams’ Füßen liegen. Plötzlich erstarb jedes Geräusch im Raum. „Töte ihn“, befahl Cloud Williams. „Es steht geschrieben, daß das Gute das Böse zerstört.“ Kirk nahm das Messer von Tracys Kehle und stand auf. Dann durchbrach ein bekanntes Summen die Stille. Er fuhr herum. In einem Funkenregen materialisierten neben ihm Leutnant Sulu und zwei Leute von der Sicherheit. Überall im Raum sanken die Yang-Krieger auf die Knie. Sulu baute sich vor Kirk auf und meldete: „Wir fingen ein Kommunikatorsignal auf, konnten es aber nicht so schnell orten. Außerdem waren…“ „Das diskutieren wir später, Leutnant. Nehmen Sie Captain Tracy unter Arrest. Nun, Cloud Williams…“ Der Yang-Häuptling war ihm vor die Füße gekrochen. „Sie sind ein großer Diener Gottes, und wir werden Ihre Sklaven sein.“ Kirk reichte ihm die Hände und half ihm auf. „Stellen Sie sich aufrecht hin, und sehen Sie mich an.“ „Als Sie nicht die Worte des Heiligen Ee’d Pebnista sagen wollten, habe ich an Ihnen gezweifelt.“ Kirk sagte: „Ich habe die Worte nicht erkannt, denn Sie haben Sie schlecht ausgesprochen, so daß sie keinen Sinn ergaben.“ Der alte Yang-Gelehrte hatte den verzierten Kasten hochgehoben und hielt ihn über seinem Kopf. Erschreckt rief der
alte Mann: „Nur die Augen eines Häuptlings dürfen das Ee’d Pebnista sehen!“ „Es wurde nicht für Häuptlinge geschrieben.“ Kirk drehte sich um. „Hören Sie zu, Cloud Williams. Dies ist eure Welt. Aber ich kann Ihnen, ohne unsere Gesetze zu verletzen, vielleicht erklären, was Ihre Vorväter mit diesen Worten meinten.“ Ohne den Alten zu beachten, hielt er das zerknitterte Pergament so hoch, daß alle es sehen konnten. „Bei meinem Volk kennen wir viele solcher Worte aus vielen Ländern und aus vielen Welten. Viele sind gut und werden gleichermaßen respektiert. Aber wohin wir auch kamen, nirgends fanden wir diese wichtigen Worte genauso ausgedrückt wie hier. Sehen Sie diese drei Worte, die größer gedruckt sind als die anderen? Sie wurden nie vorher und nie seitdem mit demselben Stolz verwendet wie zu dieser ganz bestimmten Zeit. Diese großen, stolzen Worte bedeuten…“ Er machte eine Pause. „Wir das Volk…“ Er sah Cloud Williams an. „Was Sie das Ee’d Pebnista nennen, wurde nicht für die Häuptlinge und Könige geschrieben oder für die Krieger, die Mächtigen oder die Reichen, sondern für das ganze Volk. Über die Jahrhunderte habt ihr die ursprüngliche Bedeutung der Worte verfälscht. Sie bedeuten folgendes…“ Er las vom Pergament und sprach jedes Wort laut und deutlich aus. „Wir… das… Volk… der Vereinigten Staaten… zur Gründung einer vollkommeneren Union, zur Sicherung der Gerechtigkeit, zur Wahrung des Friedens im Innern, zur Gewährleistung der Verteidigung nach außen, zur Förderung des öffentlichen Wohles und zur Erlangung der Segnungen der Freiheit für uns und unsere Nachkommen, beschließen und errichten diese Verfassung.“ Behutsam legte er das Pergament in den Kasten zurück. „Diese Worte“, sagte er, „und die folgenden Worte waren nicht nur für die Yangs bestimmt, sie galten auch den Kohms.“ „Den Kohms?“ wiederholte Cloud Williams entgeistert.
„Sie müssen für jeden gelten, oder sie sind ohne Bedeutung. Verstehen Sie das?“ „Ich verstehe es nicht ganz, Mann mit Namen Kirk. Aber wir werden den heiligen Worten gehorchen. Wir schwören es.“ Kirk ließ ihn stehen, um sich an Sulu zu wenden. „Sie und Ihre Leute werden einige Tage auf dem Planeten bleiben müssen, um Immunisierung zu erlangen.“ Sulu grinste. „Es scheint sich um eine interessante Gegend zu handeln. Es gibt doch nicht zufällig ein Schanghai oder ein Tokio hier unten?“ „Das ist nicht ausgeschlossen“, meinte Kirk. Er öffnete den Kommunikator, den Spock ihm reichte. „Kirk an Enterprise, vier Mann klar zum Rücktransport.“ „Wir bereiten alles vor, Captain“, sagte Uhura. Kirk, Spock und McCoy, die Tracy in die Mitte genommen hatten, warteten darauf, zum Schiff transmittiert zu werden. Als sie sich in Funken auflösten, hatte Kirk sich noch einmal zum Sternenbanner umgewandt, das stolz und hoch vom Mast hing.