Ronald Gleich/Uwe Michel (Hrsg.) Organisation des Controlling Grundlagen, Praxisbeispiele und Perspektiven
Ronald Gle...
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Ronald Gleich/Uwe Michel (Hrsg.) Organisation des Controlling Grundlagen, Praxisbeispiele und Perspektiven
Ronald Gleich/Uwe Michel (Hrsg.)
Organisation des Controlling Grundlagen, Praxisbeispiele und Perspektiven
Haufe Mediengruppe Freiburg Berlin Mnchen
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Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ber http://dnb.dbb.de abrufbar.
ISBN 3-448-08271-5
Bestell-Nr. 01448-0001
1. Auflage 2007 Rudolf Haufe Verlag, Freiburg i. Br. 2007 Lektorat: Dipl.-Kfm. Jens Obermçller Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe (einschließlich Mikrokopie) sowie der Auswertung durch Datenbanken oder hnliche Einrichtungen, vorbehalten. Umschlag: HERMANNKIENLE, 70199 Stuttgart Satz: reemers publishing services gmbh, 47799 Krefeld Druck: Himmer AG, 86167 Augsburg Zur Herstellung dieses Buches wurde alterungsbestndiges Papier verwendet.
Vorwort „Does structure really follow strategy?“ Die von Chandler aufgestellte These ist, neben vielen anderen normativen Vorschlgen von Wissenschaftlern, eine auch in der Praxis bekannte Empfehlung fr die Organisationsgestaltung von Unternehmen. Fr den Aufbau einer Controlling-Organisation gestaltet sich die Suche nach Regeln und Empfehlungen weit schwieriger. Die Organisation des Controlling ist ein in der betriebswirtschaftlichen Literatur zwar seit Jahrzehnten bekanntes, jedoch trotzdem von der Forschung eher vernachlssigtes Feld. In einschlgigen Publikationen werden nur ausgewhlte Fragmente, wie die organisatorische Gliederung des Controlling in Teilfunktionen oder die organisatorische Verbindung von zentralen und dezentralen Controlling-Einheiten, dargestellt. Erst in den vergangenen Jahren ist eine leichte Tendenz zur verstrkten Thematisierung zu beobachten. Prominente Wissenschaftler und Unternehmensvertreter bemngeln jedoch den vorliegenden Erkenntnisstand und fordern eine intensivere Beschftigung mit der Organisation des Controlling sowohl aus wissenschaftlicher als auch praktischer Hinsicht. In der Fachliteratur werden zwar unterschiedliche Teilaspekte der Controlling-Organisation aufgegriffen, eine umfassende Wrdigung der Thematik sucht man jedoch vergeblich. Das verwundert, ist doch die Organisation der Controlling-Funktion ein ußerst wichtiger Stellhebel zur Schaffung einer effektiven und effizienten Unternehmenssteuerung. Die „richtige“ Gestaltung der Controlling-Organisation ist ein wesentlicher Baustein zur Bewltigung aktueller Herausforderungen und Anforderungen, mit denen sich das Controlling konfrontiert sieht. Der Lehrstuhl fr Industrielles Management der European Business School und die Managementberatung Horvth & Partners haben dieses Thema nun aufgegriffen und es sich zum Ziel gesetzt, etwas Licht in das Dunkel der organisatorischen Gestaltung des Controlling zu bringen und diese sowohl aus wissenschaftlicher als auch praktischer Sicht zu betrachten. Als Ergebnis liegt nun dieser Herausgeberband vor Ihnen. Das Buch wurde ist in drei Abschnitte gegliedert, die neben einem Grundverstndnis ber das Themenfeld sowohl einen umfangreichen berblick ber Beispiele aus der Unternehmenspraxis als auch aktuell diskutierte, jedoch noch wenig erprobte innovative Anstze sowie knftige Tendenzen aufzeigen.
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Vorwort
Das erste Kapitel verfolgt das Ziel, die Grundlagen der Organisation des Controlling aus wissenschaftlicher wie aus praxisorientierter Sicht zusammenzufassen. In Kapitel zwei geben Praxisbeispiele einen Einblick in Lçsungen ausgewhlter Unternehmen unterschiedlicher Branchen. Dabei wurde versucht, unterschiedliche Organisationstypen des Controlling herauszuarbeiten, weshalb die Beitrge anhand maßgeblicher Einflussfaktoren und deren Wirkung auf die Organisation des Controlling gegliedert wurden. Kapitel 2.1 geht dabei den Einflssen von Strategie und Geschftsmodell auf die Gestaltung des Controlling auf den Grund. Die Beitrge in Kapitel 2.2 thematisieren hingegen spezielle Branchenlçsungen. Dieses Bild wird in Kapitel 2.3 durch Artikel, welche sich im Kern mit einem vernderten Rollenverstndnis des Controlling und dessen organisatorischen Implikationen beschftigen, abgerundet. Kapitel 3 beschftigt sich mit Fragen der Weiterentwicklung der Controlling-Organisation. Dabei wird auf aktuell diskutierte, innovative Organisationsvarianten, Spezialflle und Zukunftsperspektiven eingegangen. Die Betrachtung der Istsituation wird somit um einen Ausblick ergnzt. An dieser Stelle sei den Autoren dieses Bandes fr ihre Mitarbeit und ihr Engagement gedankt. Dadurch, dass sie ihr Wissen, ihre Erfahrungen und ihre Vorstellungen den Lesern zur Verfgung stellen, konnte dieses Buch berhaupt entstehen. Nicht vergessen sei die tatkrftige Untersttzung durch Herrn Niko Hofmann und Herrn Michael Mller von Horvth & Partners sowie des Haufe Verlages, insbesondere in der Person von Herrn Jens Obermçller. Das Buch richtet sich vorwiegend an Praktiker aus den Bereichen Unternehmensfhrung und Controlling wie auch an Wissenschaftler und interessierte Studierende, die ein umfassendes Werk zur Organisation des Controlling, das grundlegende, praktische und perspektivische Aspekte umfasst, suchen. Ihnen wnschen wir eine interessante, aufschlussreiche und anregende Lektre.
Oestrich-Winkel/Stuttgart, im Mrz 2007 Ronald Gleich Uwe Michel Philipp Temmel (Schriftleitung) 6
Inhalt Kapitel 1: Grundlagen 1. Organisation des Controlling – Impulse aus der Wissenschaft ........................... Ronald Gleich, Philipp Temmel
13
2. Empirische Erkenntnisse zur Organisation des Controlling ............................... Joachim Esser, Michael Mller
33
3. Anstze der Organisationstheorien und ihr Beitrag zur Gestaltung der Controlling-Organisation ................................................................ Pter Horvth
55
Kapitel 2: Praxisbeispiele Kapitel 2.1: Strategie und Geschftsmodell als bestimmende Faktoren fr die Controlling-Organisation 1. Organisation und Ausgestaltung des Controlling in der BASF: Der Controller als Business Partner ............................................................... Manfredo Rbens, Marc Kçppe 2. Controlling-Organisation in einem dezentral gefhrten Konzern – strategiegerechte Neustrukturierung des Controlling bei DPD GeoPost ..................................................................................................... Peter Burmeister, Philipp Temmel 3. Controlling in einem Familienunternehmen – der Einfluss der Unternehmenskultur auf die Controlling-Organisation bei TRUMPF ................ Harald Vçlker, Lars Grnert, Catharina Kriegbaum-Kling
77
91 113
Kapitel 2.2: Branchenanforderungen als bestimmende Faktoren fr die Controlling-Organisation 1. „Unbundling“ im Controlling – Implikationen von Entflechtung und Regulierung fr die Controlling-Organisation von Energieversorgungsunternehmungen am Beispiel Mainova AG ......................... Andreas Roß, Hartwig Kalhoefer
133
2. Dezentrale Controlling-Strukturen der DEKRA AG als Erfolgsfaktor im internationalen Wettbewerb ........................................................... Klaus Schmidt
151
3. Controlling-Organisation im Wandel: Das Beispiel der Warenhausgruppe Manor AG ................................................................................ Dominique Reuse, Steffen Gross, Stefan Macheleidt
163
7
Inhaltsbersicht
Kapitel 2.3: Neues Rollenverstndnis des Controllers als bestimmender Faktor fr die Controlling-Organisation 1. Controlling-Organisation bei der Heidelberger Druckmaschinen AG – von der Stabstelle zum Business Controlling ........................................... Thomas Ketelhut
187
2. Das Controlling Information Center der UBS AG: Katalysator zwischen Accounting und Controlling ........................................................... Meinrad Keller, Andreas Hsler
203
3. Aufbau eines mittelstndischen Konzern-Controlling – das Beispiel der Gebr. Becker GmbH ....................................................................... Dorothee Becker-Soest
221
Kapitel 3: Perspektiven 1. Die CFO-Organisation im Umbruch – Herausforderungen und aktuelle Entwicklungen ................................................................................ Niko Hofmann, Steffen Munz 2. Shared Services als Organisationsform fr das Controlling ............................... Uwe Michel. 3. Die Controlling-Organisation in globalen Unternehmen vor dem Hintergrund von Offshoring-Mçglichkeiten ................................................... Sçren Dressler
241 269 295
4. Controlling-Organisation und Corporate Governance ...................................... Andreas Wald
321
5. Organisation eines Controllings in Unternehmensnetzwerken ........................... Pter Horvth, Mischa Seiter
337
Stichwortverzeichnis .................................................................... 357
8
Die Autoren: Dr. Dorothee Becker-Soest Gesellschafterin und Leiterin Finanzen bei der Gebr. Becker GmbH Peter Burmeister Chief Financial Officer bei der DPD GeoPost (Deutschland) GmbH & Co. KG Prof. Dr. Sçren Dressler Professor fr Internationales Controlling an der FHTW Berlin und Leiter des internationalen Masterstudiengangs MBA & E. Zudem ist er Direktor des Offshoring Institute und Vorstandsvorsitzender des Institute of Management Accountants (IMA) Germany Joachim Esser Principal und Leiter Bro Berlin bei Horvth & Partners Management Consultants Prof. Dr. Ronald Gleich Inhaber des Lehrstuhls fr Industrielles Management und Geschftsfhrer der Weiterbildungsgesellschaft der European Business School (ebs) Dr. Steffen Gross Consultant im Competence Center Controlling bei Horvth & Partners Management Consultants Dr. Lars Grnert Kaufmnnischer Geschftsfhrer der TRUMPF Laser GmbH + Co. KG Andreas Hsler Accounting UBS Global Wealth Management & Business Banking, Business Analyst Reporting/CIC bei der UBS AG Niko Hofmann Senior Project Manager im Competence Center Controlling bei Horvth & Partners Management Consultants Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Pter Horvth Vorsitzender des Aufsichtsrats der Horvth AG und Geschftsfhrer des International Performance Research Institute (IPRI) Hartwig Kalhoefer Leiter Controlling und Unternehmenssteuerung der Mainova AG Meinrad Keller Accounting UBS Global Wealth Management & Business Banking, Leiter Reporting/CIC Global WM&BB bei der UBS AG Thomas Ketelhut Leiter Business Controlling bei der Heidelberger Druckmaschinen AG
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Die Autoren
Marc Kçppe Senior Corporate Controller bei der BASF AG Dr. Catharina Kriegbaum-Kling Leiterin Controlling der TRUMPF Werkzeugmaschinen GmbH + Co. KG Stefan Macheleidt Senior Project Manager im Competence Center Controlling bei Horvth & Partners Management Consultants Dr. Uwe Michel Partner und Leiter Competence Center Controlling bei Horvth & Partners Management Consultants Michael Mller Senior Project Manager im Competence Center Controlling bei Horvth & Partners Management Consultants Steffen Munz Consultant im General Consulting bei Horvth & Partners Management Consultants Dominique Reuse Leiter Controlling der Manor AG Dr. Andreas Roß Geschftsfhrer der NRM Netzdienste Rhein-Main GmbH Manfredo Rbens Senior Vice President und Head of Corporate Controlling bei der BASF AG Klaus Schmidt Vorsitzender der Vorstnde DEKRA e. V. und DEKRA AG Dr. Mischa Seiter Wissenschaftlicher Mitarbeiter am International Performance Research Institute (IPRI) Philipp Temmel Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl fr Industrielles Management der European Business School (ebs) und Consultant im Competence Center Controlling bei Horvth & Partners Management Consultants Harald Vçlker Kaufmnnischer Geschftsfhrer der TRUMPF GmbH + Co. KG Dr. Andreas Wald Akademischer Direktor am Lehrstuhl fr Industrielles Management, der European Business School (ebs)
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Kapitel 1: Grundlagen
Organisation des Controlling Seite 13
Organisation des Controlling – Impulse aus der Wissenschaft n Das Themenfeld der „Controlling-Organisation“ ist sowohl unter Effektivitts- und Effizienzgesichtspunkten als auch bezglich Qualittsaspekten des Controlling von hoher Relevanz. n In Bezug auf die hohe Bedeutung verwundert es, dass die Gestaltung von Controlling-Organisationen in der Literatur keine umfassende, explizite Wrdigung erfhrt. n Die Organisation des Controlling definiert sich ber Gestaltungsfaktoren, deren Ausprgung die jeweilige Organisationsform ergeben. Diese ist maßgeblich von Kontextfaktoren abhngig, d. h. jede Organisation befindet sich in einem situativ spezifischen Kontext und muss in einem „Fit“ zu diesen Einflssen ausgestaltet werden. n Es kann somit keinen „one best way“ geben, der fr alle Unternehmen Gltigkeit besitzt. Viel mehr ist die Controlling-Organisation in ihrer Ausprgung unternehmens- und umfeldspezifisch. Inhalt
Seite
1
Einleitung ....................................................................................
14
2
Gestaltungsvariablen der Controlling-Organisation ..............
16
3
Kontextfaktoren der Controlling-Organisation ......................
23
4
Zusammenfassung und Fazit ....................................................
29
5
Literaturhinweise .......................................................................
30
n Die Autoren Prof. Dr. Ronald Gleich, Inhaber des Lehrstuhls fr Industrielles Management und Geschftsfhrer der Weiterbildungsgesellschaft der European Business School (ebs). Philipp Temmel, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl fr Industrielles Management der European Business School (ebs) und Consultant im Competence Center Controlling bei Horvth & Partners Management Consultants.
13
Organisation des Controlling Seite 14
1
Einleitung
Controlling unter Druck
Lange genug hat das Controlling versucht, andere Funktionsbereiche zu Effizienzsteigerungen und Erhçhungen der Wertbeitrge zu veranlassen. Allerdings darf der Controller seinen eigenen Bereich hierbei nicht ausnehmen. So ist er selbst zunehmendem Druck ausgesetzt, im eigenen Bereich dieselben Maßstbe anzusetzen, die zuvor scheinbar nur fr andere galten. Themen wie Effektivitt, Effizienz, Wertbeitrag, Kundenzufriedenheit usw. – Basisthemen der Controller-Arbeit – mssen zunehmend auch zur Evaluierung der eigenen Ttigkeit herangezogen werden.1
Effektivittsund Effizienzbeurteilung schwierig
Das Controlling selbst wurde im Zeitablauf zu einem Kostenfaktor. Deutlich mehr als ein Vollzeit-Controller auf 200 Mitarbeiter in einem produzierenden Unternehmen ist oftmals ein Indiz fr mçgliches Verschlankungspotenzial, vorausgesetzt, die notwendige Leistungserbringung ist nicht gefhrdet.2 Bezglich der Beurteilung seiner (Leistungs-)Effektivitt und Effizienz befindet sich das Controlling im Vergleich zu Einheiten, die an ihrer Rendite gemessen werden kçnnen, in einer schwierigen Situation. Die ausschließliche Konzentration auf die Kosten des Controlling greift zu kurz, da auch die positiven Einflsse auf die Leistungsempfnger als Nutzenpositionen zu bercksichtigen sind. Der Prozess der eigenen Optimierung jedoch ist ein unumgnglicher, da neben allen anderen Funktionen im Unternehmen auch die Controlling-Funktion ihre Existenz nur dadurch rechtfertigt, „[...] dass sie die Wettbewerbsfhigkeit erkennbar steigert“.3
Organisation des Controlling als wichtiger Baustein
Der auf dem Controlling lastende Vernderungsdruck, aktuelle Entwicklungen wie die Konvergenz zwischen internem und externem Rechnungswesen oder Innovationen und die sich ndernden Anforderungen an das Controlling (das Rollenbild des internen Beraters etabliert sich zusehends)4 bedingen Analysen und Vernderungen der Prozesse und Organisationsformen des Controlling, des Weiteren der kompletten Finanzorganisation.5 „Structural arrangements influence the efficiency of work, the motivation of individuals […] and can help shape the future of the organization.“6 Die „richtige“ Gestaltung der Controlling-Organisation ist somit ein wesentlicher Baustein zur Bewltigung der oben skizzierten
1 2 3 4 5
6
14
Vgl. Michel (2006), S. 439. Vgl. Galgenmller; Gleich (2001), S. 31. Vgl. Gaiser; Michel (2006), S. 109. Vgl. Weber et al. (2006), S. 44. Vgl. Michel (2006), S. 439. Der Beitrag von Hofmann; Munz in diesem Buch geht vertiefend auf den Umbruch der Finanzorganisation ein. Vgl. Chenhall (2003), S. 145.
Organisation des Controlling Seite 15
sowie anderer aktueller Herausforderungen und Anforderungen, mit denen sich das Controlling konfrontiert sieht.7 Das Thema der Controlling-Organisation ist ein altbekanntes, fand es doch bereits vor Jahrzehnten in der Literatur umfassend Erwhnung.8 In Relation zu anderen Controlling-Fragestellungen bleibt jedoch zu konstatieren, dass es, bezogen auf die Tiefe der Durchdringung in der Literatur, ein bisher beinahe strflich vernachlssigtes Feld darstellt.9 Erst in letzter Zeit ist eine leichte Tendenz zur intensiveren Beschftigung mit diesem Themenfeld zu beobachten, umfassende Arbeiten dazu sucht man aber nach wie vor vergeblich. So liegen zwar einzelne pauschale Aussagen zum Design vor, gerade hinsichtlich der Einflussfaktoren der Controlling-Organisation und der daraus abgeleiteten Gestaltungsempfehlungen wird man in der vorliegenden Literatur nur begrenzt fndig.10
ControllingOrganisation: altbekannt, bisher vernachlssigt
Eine allgemein akzeptierte Definition der Controlling-Organisation ist in der heutigen Literatur nicht auszumachen. Sie lsst sich mehr als „[…] the formal specification of different roles for organizational members, or tasks for groups, to ensure that the activities of the organization are carried out“11 umschreiben. Als eine Form der Rollen- und Aufgabendefinition sowie der Strukturierung stellt die Controlling-Organisation die Form der Eingliederung der Controlling-Funktion in die Unternehmensorganisation sowie die interne Organisation des Controller-Bereichs dar. Sie umfasst dabei sowohl die Aufbau- als auch die Ablauforganisation. In den bisherigen Arbeiten ist allerdings ein klarer berhang an aufbauorganisatorischen Themenstellungen zu beobachten, das „Kstchendenken“12 berwiegt.
Abgrenzung der ControllingOrganisation
Dieser Beitrag soll einen berblick ber die Grundlagen der Controlling-Organisation geben und somit beim Leser ein Grundverstndnis ber Fragstellungen der organisatorischen Gestaltung von Controlling herstellen. Hierzu wird in Kapitel 2 auf die Gestaltungsfaktoren der Controlling-Organisation eingegangen, indem die wesentlichen Stellhebel der Controlling-Organisation dargelegt werden. Im darauf folgenden Teil wird die Kontextabhngigkeit der Controlling-Organisation hervorgehoben, wodurch ein berblick ber die maßgeblichen Einflussfaktoren gegeben werden soll. Fr empirische Erkenntnisse zu Fragestel7 8
9
10 11 12
Vgl. Dent (1996), S. 258 ff.; Scheffner; Hofmann (2007), S. 21 f. Vgl. exemplarisch Sathe (1978), S. 89 ff.; Boland; Pondy (1983), S. 224 ff.; Covaleski; Aiken (1986), S. 297 ff. Vgl. Hoffjan; Weide (2006), S. 1; Scheffner; Hofmann (2007), S. 22; Weber et al. (2001), S. 3. Vgl. David; Prenzler (2003), S. 323 f.; Horvth (2006), S. 804. Vgl. Chenhall (2003), S. 144. Vgl. Horvth (2006), S. 804.
15
Organisation des Controlling Seite 16
lungen der Organisation von Controller-Bereichen sei auf den nachfolgenden Beitrag von Esser; Mller verwiesen.
2
Gestaltungsvariablen der Controlling-Organisation
Bei der Gestaltung von Controlling-Organisationen sind unterschiedlichste Fragestellungen zu beantworten. Allgemein ist zu postulieren, dass die Organisationsform dem Controller die „Erfllung seiner Aufgaben ermçglichen muss“.13 Die wissenschaftliche Sichtweise des Controlling orientiert sich hier stark an der klassischen Organisationslehre, bei der die organisatorische Systemgestaltung auf einzelne Instrumente zurckgreift. Acht Variablen der Organisation
So definiert Robbins, als Vertreter der Organisationslehre, sechs Basiselemente (Spezialisierung, Abteilungsbildung, Vergabe von Weisungsrechten, Leitungsspanne, Zentralisierung/Dezentralisierung und Formalisierung), welche die Struktur einer Organisation prgen.14 Horvth, als Vertreter der Controlling-Forschung, kommt beispielsweise zu acht Gestaltungsvariablen der Controlling-Organisation, anhand derer die Organisationsspezifika im Controlling in weiterer Folge erçrtert werden (vgl. Abb. 1).
Zentralisation/Dezentralisation Zusammenfassung/Trennung von Aufgaben auf einer Hierarchieebene
Funktionalisierung Spezialisierung der Aufgaben- und Kompetenzzuteilung
Delegation Kompetenzabtretung an nachgeordnete Stellen
Partizipation Beteiligung an der Willensbildung höherer Stellen
Gestaltungsvariablen
Standardisierung Vorab-Festlegung von Prozessen
Arbeitsteilung Personelle Aufteilung von Prozessen
Ablauforganisation Festlegung des Prozessmodells
Aufgabenabgrenzung Definition von Aufgabenpaketen für Controlling bzw. Management
Abb. 1: Gestaltungsvariablen des Controlling15
13 14 15
16
Vgl. Horvth (2006), S. 815. Vgl. Robbins (2001), S. 484 ff. In Anlehnung an Horvth (2006), S. 811 ff.
Organisation des Controlling Seite 17
Wie zu erkennen ist, sind die Gestaltungsvariablen in den Modellen der Organisationslehre (siehe das Beispiel von Robbins) und der Controlling-Forschung von großer berschneidung. So ist zu vermuten, dass die Gestaltung der Controlling-Organisation keine atypischen organisatorischen Aufgaben zu Tage fçrdert, sondern hnliche Herausforderungen zu bewltigen sind wie in der Organisation anderer Funktionsbereiche.16 In der Folge werden nun die einzelnen Gestaltungsfaktoren der Controlling-Organisation nach Horvth dargelegt und deren Ausprgungsformen analysiert. Dabei ist wichtig zu erwhnen, dass auch in der Praxis inhaltlich hnliche Anstze zur Klassifizierung der Variablen verfolgt werden.17
Organisationslehre als Anhaltspunkt
n Zentralisation/Dezentralisation Das Steuerungsmodell des Unternehmens ist maßgeblicher Implikator der Controlling-Organisation oder einfach gesagt: Die Controlling-Organisation folgt der Fhrungsorganisation.18 Das Controlling hat sich hierbei vorrangig den Fragen der Abgrenzung zwischen zentralen und dezentralen Controlling-Einheiten, der Art der Verbindung zwischen zentralen und dezentralen Instanzen sowie der Einordnung des Leiters Controlling in die Fhrungsstruktur eines Unternehmens zu stellen.19 Zur Frage, welche Aufgaben zentral und welche dezentral ablaufen sollten, lsst sich eine grundlegende Regel aufstellen: Koordinationsaufgaben werden in der Regel zentral positioniert, laufende Teilaufgaben der Informationsversorgung, welche eine direkte Geschftsbeziehung aufweisen, sollten dezentralisiert werden.20 Dass diese einfache Regel jedoch keine allgemein gltige Klassifizierung von Controlling-Aufgaben zulsst, scheint nachvollziehbar. Vielmehr weist sie Richtliniencharakter zur Gestaltung der erwhnten Separierung auf, die reale Aufteilung erfolgt oftmals nach weit weniger Systematik. So vertritt etwa Weber die Auffassung, dass Controlling mçglichst dezentral und nur, wo nçtig, zentral organisiert sein sollte.21 In jngster Entwicklung sind jedoch auch entgegengesetzte Tendenzen erkennbar, die fr eine Zentralisierung des Controlling und damit eine Abkehr von der Dezentralisierungswelle der vergangenen Jahre eintreten.22 16
17
18 19 20 21 22
Zusammenspiel zentrale/ dezentrale Einheiten
An dieser Stelle sei fr weiterfhrende Erkenntnisse auf den Beitrag von Horvth in diesem Werk verwiesen. Vgl. die Ausfhrungen von Mller; Schmidt (2006), S. 713 ff. Beispiele aus der Unternehmenspraxis finden sich in Kapitel 2 dieses Bandes. Vgl. Weber et al. (2001), S. 8. Vgl. Horvth (2006), S. 813. Vgl. Horvth (2006), S. 818; hnlich Niedermayr (1994), S. 126. Vgl. Weber et al. (2001), S. 13. Vgl. Scheffner; Hofmann (2007), S. 26.
17
Organisation des Controlling Seite 18 Ressortzuordnung und Hierarchieebene
Die Eingliederung des Controller-Bereichs in die Finanzorganisation wird durch die gewhlte Ressortzuordnung und die Hierarchieebene des Leiters Controlling charakterisiert.23 In der Frage der Ressortzuordnung sind die Unterstellung unter den CFO sowie unter den CEO die gngigsten Mçglichkeiten. In der Frage der Hierarchieebene ist eine Einordnung auf der ersten Ebene (z. B. separater Controlling-Vorstand) oder auf der zweiten Ebene (z. B. Leiter Controlling unter dem CFO) am weitesten verbreitet.24
Weisungsbefugnisse als Verbindungsfaktoren
In der Gestaltung der Verbindung zwischen zentralen und dezentralen Einheiten ist die Vergabe der fachlichen und disziplinarischen Weisungsbefugnisse maßgeblich. Hier ist einerseits die unternehmenszielorientierte Ausrichtung der dezentralen Controller, andererseits auch die Verankerung dieser im dezentralen Bereich herzustellen. So sind in der Praxis Unterstellungen des dezentralen Controlling unter das zentrale in drei Varianten denkbar:25 fachliche und disziplinarische zusammen entweder beim dezentralen Bereich oder beim zentralen Controlling oder eine Trennung der Zustndigkeiten in fachliche Fhrung durch das Controlling und disziplinarische Fhrung durch den Bereich („Dotted Line“-Ansatz). Die Dotted Line ist derzeit in der Praxis noch die vorherrschende Variante, Tendenzen in Richtung der zentralen Unterstellung sind aber bereits auszumachen.26 n Funktionalisierung Die Frage der Funktionalisierung wirft zwei wesentliche Problemstellungen auf: Wie wird die Beziehung von Management und Controlling definiert (auch: welche Kompetenzen/Position soll der Controller erhalten) und wie ist die interne Struktur des Controlling auszugestalten?27 Von der ursprnglichen Sichtweise, der Controller kçnne nur als Stabsfunktion wirksam werden, wurde mit zunehmender Komplexitt der Unternehmen abgegangen. Die Organisation des Controlling als funktionaler Querschnittsbereich des Unternehmens hat sich im Zeitablauf als praktikabelste Lçsung herauskristallisiert. Diese positioniert das Controlling als integrierende betriebswirtschaftliche Funktion, die anderen Bereichen gegenber ein fachliches Weisungsrecht erhlt.28 Die Abgrenzung von Controlling und Management auf Aufgabenebene, in einigen Literaturbeitrgen auch unter der 23 24 25 26 27 28
18
Vgl. Mller; Schmidt (2006), S. 715. Vgl. Scheffner; Hofmann (2007), S. 27 f.; Stoffel (1995), S. 103. Vgl. Mller; Schmidt (2006), S. 716 ff.; Weber (2004), S. 584 ff. Vgl. Mller; Schmidt (2006), S. 720 f. Vgl. Horvth (2006), S. 818; auch Weber et al. (2001), S. 15. Vgl. Horvth (2006), S. 821; Niedermayr (1994), S. 124.
Organisation des Controlling Seite 19
Funktionalisierung erwhnt, wird unter dem separaten Merkmal der „Aufgabenabgrenzung“ thematisiert. Zur Definition der internen Struktur der Controlling-Einheiten stehen Unternehmen vor der Frage, welche Steuerungssichten die maßgeblichen sind und wie diese organisatorisch abgebildet werden kçnnen.29 So wird die wichtigste Steuerungssicht fr ein regional organisiertes Dienstleistungsunternehmen „wahrscheinlich“ eine andere sein als fr einen produktorientierten Hersteller von Konsumgtern. So kann geschlussfolgert werden, dass das Geschftsmodell eines Unternehmens nicht unerheblichen Einfluss auf die Organisationsform des Controlling haben wird.30 Gngige Strukturierungen der Controlling-Bereiche sind daher beispielsweise funktionale, divisionale oder regionale Unterteilungen; Matrixorganisationen sind ebenso denkbar.31 Zustzlich zur Wahl der ausschlaggebenden Steuerungssicht stellt sich die Frage, welche Aufgaben nicht in die Organisation nach Steuerungssichten einbezogen werden und separat in Einheiten auszugliedern sind.32 So kann es beispielsweise aufgrund von strategischer Relevanz angemessen sein, dem ProjektControlling eine eigene Einheit zuzuweisen und es nicht in die vorherrschende Steuerungssicht zu integrieren. Auch sind weiterfhrende Abstufungen nach zustzlichen Steuerungssichten denkbar, was der Organisation zustzlich Komplexitt verleiht.33
Integration der Steuerungssichten
n Delegation Die Delegation behandelt die Weitergabe von Ausfhrungs- (oder Aufgaben-) und Entscheidungskompetenzen an nachgeordnete Stellen. Fr jede Stelle mssen hierfr drei wesentliche Faktoren definiert werden: klar umrissene Aufgaben, diesen Aufgaben entsprechende Kompetenzen und Verantwortung, die sich aus der Zusammenfhrung von Aufgaben und Kompetenzen ergibt.34 Die Wahl des Delegationsgrades wird vorrangig von der unternehmerischen Tragweite der aufgabenbasierten Entscheidungen definiert. So ist es angemessen, Aufgaben mit operativer Ausrichtung und Routinecharakter an nachgeordnete Stellen zu delegieren. Strategische Entscheidungen mit unternehmensweiter Wirkung sind hingegen nicht delegierbar und mssen von hçheren Entscheidungsinstanzen behandelt werden.35 29 30 31 32 33 34 35
Vgl. Scheffner; Hofmann (2007), S. 23. Vgl. Mller; Schmidt (2006), S. 714. Vgl. Weber (2004), S. 580. Vgl. Weber (2004), S. 580. Vgl. Weber et al. (2001), S. 13. Vgl. Horvth (2006), S. 823. Vgl. Horvth (2006), S. 823.
19
Organisation des Controlling Seite 20 Vertikale Kompetenzverteilung
Auf den Controller bezogen stellt sich die Frage der Delegation vor allem im Kontext der Aufteilung in zentrales und dezentrales Controlling. So sind an dieser Stelle berlegungen anzustellen, welche Aufgaben, Entscheidungen oder Prozessschritte sich fr welche hierarchische Einordnung eignen. Die Beplanung von Kostenstellen beispielsweise muss nicht zentral erfolgen, sondern kann auch an nachgelagerte Stellen delegiert werden, Entscheidungen ber umfassende Produktinvestitionen sollten hingegen an hçherer Stelle getroffen werden. n Partizipation Die Beteiligung von Mitarbeitern an hierarchisch hçheren Entscheidungen und Aufgaben wird mit dem Gestaltungsfaktor der Partizipation geregelt. Sie kann auch unter der Frage des dominierenden Fhrungsstils subsumiert werden.36
Dominierender Fhrungsstil
Die Controlling-Organisation wird durch den Partizipationsgrad dergestalt beeinflusst, dass sowohl die Arbeitsweise innerhalb der Controlling-Abteilungen verndert wird, als auch die Gestaltung der Arbeitspakete vom Fhrungsstil abhngig ist. So wirkt die Fhrung der Controlling-Abteilung direkt auf die Gestaltung der internen Prozesse oder Entscheidungsbefugnisse. Wobei hingegen der im Unternehmen dominante Fhrungsstil das Maß und die Intensitt der Koordinationsaufgaben charakterisiert. So hngt beispielsweise die Hufigkeit und Intensitt von Abstimmungsprozessen primr von der Fhrung des Unternehmens, skaliert von einer autoritren (weniger Abstimmung) bis zu einer kooperativen (mehr Abstimmung) Fhrung, ab. n Standardisierung Die Standardisierung setzt es sich zum Ziel, Ablufe so stark als mçglich zu formalisieren. Dabei ist die Standardisierbarkeit vom Neuheitsgrad und der Komplexitt der Aufgabe abhngig.37 Durch die Standardisierung wird vom Mitarbeiter erwartet, dass er bei gleichem Input stets auf dieselbe Weise den gleichen Output erzeugt.
Formalisierung der Aufgaben
Einerseits werden so effizientere Ablufe gefçrdert, andererseits werden der persçnliche Ermessensspielraum sowie Flexibilitt weitgehend eingeschrnkt. Auch muss der Mitarbeiter weniger zur Erfllung der Aufgabe beitragen,38 was unter motivationstheoretischen Gesichtspunkten gesondert zu diskutieren wre. 36 37 38
20
Vgl. Horvth (2006), S. 827. Vgl. Horvth (2006), S. 832. Vgl. Robbins (2001), S. 491 f.
Organisation des Controlling Seite 21
Die Standardisierung im Controlling-Bereich hat in jngster Zeit gerade vor dem Hintergrund der Shared-Service-Center-Thematik zunehmende Dynamik erfahren. Diese setzt es sich zum Ziel, alle standardisierbaren Controlling-Ttigkeiten zentral zu bndeln und den Controllern somit Kapazitt fr deren Kernaufgabe, die Untersttzung des Managements, freizugeben.39 n Arbeitsteilung Die Arbeitsteilung zerlegt Controlling-Ablufe in kleinere Einheiten und ordnet diese eindeutig Stellen bzw. Mitarbeitern zu. Aufgrund der Unterschiedlichkeit von Fhrungsaufgaben eignen sich vorrangig nur ausfhrende Ttigkeiten fr eine Zerteilung in mehrere Teilumfnge und eine Verteilung auf mehrere Akteure.40 Bei berlegungen zur Arbeitsteilung sind primr Effizienz- und Kompetenzgesichtspunkte als treibende Krfte zu nennen. Effizienzsteigerungen ergeben sich vor allem in der Beschleunigung von Ablufen, Kompetenzvorteile durch den Abbau der Notwendigkeit, Wissen ber den gesamten Prozess beim Mitarbeiter aufzubauen. So wird die notwendige Kompetenz fr den Einzelnen verringert, ein Spezialisierungseffekt des Mitarbeiters tritt auf. Darber hinaus sind aufgrund ihrer zeitlichen und qualitativen (negativen) Einflsse die entstehenden Schnittstellen zu bercksichtigen, die am bergang von einer zur nchsten Ttigkeit entstehen. Fr das Controlling bedeutet das eine Erhçhung des Koordinationsaufwandes41 und ggf. eine Kompensierung der zuvor erzielten Effizienzsteigerungen.
Involvierung mehrerer Akteure
Zustzlich zur Zerteilung von Prozessen ist auch Kapazittsallokation eine Frage der Arbeitsteilung. Sowohl die kapazitive als auch die Kompetenzausstattung42 des Bereichs bzw. der Einheiten im Controlling orientiert sich an den spezifischen Anforderungen. So sind Aufgaben und deren Komplexittsgrade Grundlage fr die Verteilung der Mitarbeiter innerhalb der Organisation.43 n Ablauforganisation Wie bereits erwhnt, dominiert in bisherigen Arbeiten zur Controlling-Organisation die aufbauorganisatorische Sichtweise. So spielt die Ausprgung der Controlling-Prozesse wie Planung, Reporting, Kostenrechnung etc. in der Gestaltung der ControllingOrganisation oft eine untergeordnete Rolle. Die Frage sei erlaubt: 39
40 41 42 43
Vgl. Michel (2006), S. 442 f. sowie die Beitrge von Michel sowie Dressler in diesem Buch. Vgl. Horvth (2006), S. 833. Vgl. Horvth (2006), S. 833. Vgl. Niedermayr (1994), S. 123 f. Vgl. Scheffner; Hofmann (2007), S. 25.
21
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Wie aber lsst sich eine Aufbauorganisation ohne Prozesse mit Leben fllen? Die Beschftigung mit der Gestaltung der Ablauforganisation muss daher genauso erfolgen, spiegeln doch Prozesse die Controller-Ttigkeit und deren Ergebnisse wider und nicht die Controlling-Abteilungen. ControllingProzessmodell
Die Relevanz von Prozessen im Kontext des Controlling wird in letzter Zeit verstrkt aufgegriffen. So wird hufig ein Controlling, das sich an den horizontalen Geschftsprozessen des Unternehmens orientiert, gefordert.44 Die Implikationen daraus fr das Controlling sind vielschichtig: Durch die Prozessorientierung wird der Controlling-Bereich selbst nach Prozessen strukturiert und auch die Instrumente mssen auf die Generierung zielorientierter Prozessinformationen ausgerichtet sein.45 Die Organisation nach Prozessen, wie sie im prozessorientierten Controlling gefordert wird, stellt dabei eine alternative Variante der Abbildung der Steuerungssichten dar.46 n Aufgabenabgrenzung Im Zeitablauf der vergangenen Jahrzehnte war eine stetig zunehmende Verlagerung von Managementaufgaben in Richtung des Controlling zu beobachten. Dadurch wurde die Rolle des Controllers im Unternehmen maßgeblich geprgt, sein Aufgabengebiet stndig angereichert und erweitert.
Controlling/ Management
Aktuell ist eine weitere Tendenz zu beobachten: Die Abtretung von Aufgaben des Managements an das Controlling scheint sich partiell wieder umzukehren. Die vollzogene Aufgabenteilung gert ins Ungleichgewicht, so dass das Management in vereinzelten Fllen selbst wieder mehr Controlling-Aufgaben wahrnimmt. Allgemeiner spricht man ber eine Neuverteilung der Controllership sowohl in Richtung des Controllers als auch des Managers.47 Erst ein noch abzuwartender Prozess wird zeigen, wie die Controllership der Zukunft gestaltet sein wird. Aus Controller-Perspektive gesehen scheint die Antwort auf der Hand zu liegen: Zu vehement wird in Literatur und Praxis die Rolle des Management-Partners fr den Controller proklamiert.48 Organisatorisch impliziert das eine Fortentwicklung der bereits in der Vergangenheit erkennbaren Tendenz der Neupositionierung von Aufgaben aus dem Management beim Controlling. Zustzlich zur Frage nach den in Bewegung zu setzenden Stellhebeln der Controlling-Organisation steht man bei deren Gestaltung 44 45 46 47 48
22
Vgl. Horvth (2006), S. 834 f. Vgl. Horvth (2006), S. 838 f. Vgl. Scheffner; Hofmann (2007), S. 23. Vgl. Horvth (2006), S. 839 f. Vgl. exemplarisch David; Prenzler (2003), S. 331.
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unweigerlich vor der Frage, anhand welcher Kriterien die Ausprgung gewhlt werden soll. Daher geht der nchste Abschnitt auf die Einflsse von ausgewhlten Kontextfaktoren, also jene Faktoren, welche die Ausprgung der Strukturvariablen bedingen, ein.
3
Kontextfaktoren der Controlling-Organisation
Unternehmen sind unterschiedlichsten Entwicklungen unterworfen und bewegen sich in einem jeweils spezifischen Kontext. Die auf ein Unternehmen einwirkenden Einflsse sind nicht fr alle Akteure dieselben und variieren auch in ihren Auswirkungen. In der Frage der Controlling-Organisation kann es daher keine allgemein gltige Lçsung fr Unternehmen aller Branchen, aller Grçßen und aller anderen denkbaren Spezifika geben. Somit sind die Einflsse von Kontextfaktoren fr den Einzelfall zu analysieren und die Controlling-Organisation ist unternehmensspezifisch festzulegen. Die Fragestellung der Kontextabhngigkeit von Organisationen ist in der Kontingenztheorie begrndet.49 Diese besagt, dass die organisatorische Struktur von Unternehmen situativ von Kontingenzfaktoren abhngig ist. Es gilt daher fr Unternehmen herauszufinden, welche unternehmensexternen oder unternehmensinternen Faktoren Einfluss auf die organisatorische Gestaltung haben und in welcher Form sich dieser Einfluss auswirkt. Beispielsweise werden als interne Kontextfaktoren die Unternehmensorganisation, der Fhrungsstil oder die Unternehmensgrçße herangezogen. Als externe Kontextfaktoren sind beispielsweise der Grad der Umweltturbulenz, die Vorhersehbarkeit der Kundenanforderungen, die Hufigkeit technologischer Neuerungen oder die Corporate Governance zu nennen.50
Situative Abhngigkeit der ControllingOrganisation
Die Kontingenztheorie wurde gerade auch in der ControllingForschung vielfach angewendet und deren Relevanz belegt.51 In Bezug auf die Kontextabhngigkeit der Gestaltung von ControllingSystemen liegt eine Vielzahl an Erkenntnissen vor; fr die Abhngigkeit der, explizit, Controlling-Organisation ist das Feld der verfgbaren Erkenntnisse allerdings sehr dnn gest. Im Folgenden soll ein kurzer berblick ber ausgewhlte Schlsse der situativen empirischen Controlling-Forschung gegeben werden, die einen impliziten Bezug zur organisationalen Gestaltung des Controlling aufweisen (vgl. den berblick in Abb. 2). Eine vollstndige Wrdigung kann aus gezeigten Grnden momentan nicht erfolgen. 49 50 51
Vgl. exemplarisch Kieser (2002). Zum Einfluss der Corporate Governance siehe Ausfhrungen von Wald in Kap. 3 Vgl. exemplarisch Chenhall (2003); Otley (1980); Waterhouse; Tiessen (1978).
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Kontextfaktoren
Gestaltungsvariablen
Unternehmensumwelt
Zentralisation/Dezentralisation
Technologie
Funktionalisierung
Organisationsstruktur
Delegation
Unternehmensgröße
Partizipation
Strategie
Standardisierung
Kultur
Arbeitsteilung Ablauforganisation Aufgabenabgrenzung
Abb. 2: Einflussgrçßen auf die Ausgestaltung der Controlling-Organisation im berblick
n Kontextfaktor „Unternehmensumwelt“ Der am meisten erforschte unternehmensexterne Einflussfaktor auf die Gestaltung von Controlling-Systemen ist wohl die Unsicherheit der Unternehmensumwelt.52 Dabei ist die Unsicherheit, die Definitionen in den Studien zusammenfassend, mit der Dynamik, Komplexitt und Turbulenz der unternehmerischen Umgebung zu umschreiben. Deren Zusammenhang mit der organisatorischen Gestaltung des Controlling wird nun evaluiert. Dynamik und Turbulenz
So kommt beispielsweise Chapman zu dem Schluss, dass hohe Umweltunsicherheit intensive und hufige Interaktionen zwischen dem Management und dem Controlling bedingt, um auf sich ndernde Rahmenbedingungen reagieren zu kçnnen.53 Strukturell impliziert das eine grçßtmçgliche Nhe des Controlling zur Entscheidungsinstanz. Verfgbare und flexible Informationen und Leistungen kçnnten bei einer rumlichen und prozessualen Trennung des Controlling von den Entscheidungsinstanzen nur schwer kurzfristig zur Verfgung gestellt werden.
Wettbewerb und Rivalitt
Khandwalla zeigte, dass intensiver Wettbewerb und Rivalitt einen positiven Einfluss auf die Formalisierung von Controlling-Ttig52 53
24
Vgl. Chapman (1997); Gordon; Narayanan (1984). Vgl. Chapman (1998).
Organisation des Controlling Seite 25 keiten haben.54 Eine mçgliche Interpretation dieser Ergebnisse erklrt den Bedarf an standardisierten Ablufen und ControllingProdukten mit hohen wettbewerbsgetriebenen Effizienzanforderungen und der Notwendigkeit gleichartiger Informationsgrundlagen im Zeitablauf zur Bewertung von Marktentwicklungen. Zustzlich bleibt aber zu vermuten, dass intensiver Wettbewerb auch gesteigerten Bedarf nach Flexibilitt in den Controlling-Prozessen und -Inhalten bedingt. So wurde in der empirischen Forschung belegt, dass effektive Organisationen formale Ablufe mit offenen und flexiblen Kommunikationswegen integrieren kçnnen.55 Ziel ist es somit, die „gesunde Mischung“ zu finden, die einerseits Effizienz und Kontinuitt wahrt, andererseits auch die in der dynamischen Umgebung notwendige Flexibilitt ermçglicht. Hier lsst sich zusammenfassend postulieren: so viel Standardisierung wie mçglich, so viel Flexibilitt wie nçtig.
Standardisierung vs. Flexibilitt
n Kontextfaktor „Technologie“ Unter diesem Kontextfaktor wird zusammenfassend die Komplexitt, Variabilitt und funktionsbergreifende Abhngigkeit von Aufgaben und Prozessen verstanden. So haben Daft; Macintosh gezeigt, dass hohe Analysierbarkeit und Voraussehbarkeit von Aufgaben und Prozessen zu strkerer Standardisierung derselben fhren.56 Je geringer die Anzahl von charakterisierenden Faktoren von Prozessen und Aufgaben und je geringer deren Schwankungsbreite ist, desto hçher ist das Potenzial zur Standardisierbarkeit. Aufgaben (z. B. die Beurteilung von Investitionsprojekten), die somit nur von wenigen Einflussfaktoren (z. B. der Anzahl der Projekte) abhngen und ggf. zustzlich nur einer geringen Variabilitt (z. B. zwischen 30 und 50 Projekte pro Jahr) unterworfen sind, bergen hohes Standardisierungspotenzial. Einmalige, komplexe oder sehr variable Aufgaben hingegen sind nur in den seltensten Fllen zu standardisieren. Weiter belegten Lau et al., dass die steigende Komplexitt von Aufgaben zu einem hçheren Partizipationsgrad fhrt.57 So erfordern komplexere Aufgaben die Involvierung eines grçßeren Personenkreises in die Bearbeitung. Aufgrund der Vielzahl an entscheidungsbeeinflussenden Faktoren und begrenzter Kompetenz des Einzelnen kann das Hinzuziehen nachgeordneter Personen diese Problematik lçsen. Somit birgt der alte Ausspruch „Zwei sehen mehr als einer“ auch in Bezug auf das Controlling etwas Wahrheit in sich. 54 55 56 57
Komplexitt und Variabilitt
Vgl. Khandwalla (1972). Vgl. Chapman (1998); Chenhall; Morris (1995); Simons (1987). Vgl. Daft; Macintosh (1981). Vgl. Lau et al. (1995).
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Organisation des Controlling Seite 26 Interdependenzen
Auch beeinflusst die Interdependenz zwischen Aufgaben, Prozessen oder Organisationseinheiten die Gestaltung der Controlling-Organisation. So legte die Controlling-Forschung einen Zusammenhang zwischen dem Grad der Abhngigkeit und jenem der Formalisierung bzw. Standardisierung dar: Je hçher der Abhngigkeitsgrad von Controlling-Ttigkeiten ist, desto geringer fllt die Formalisierung aus.58 Wieder sei hier auf die Zahl der charakterisierenden Faktoren hingewiesen. So stellt doch die Abhngigkeit von anderen Akteuren einen meist fr den Einzelnen unbeeinflussbaren Faktor dar, der u. a. die Vorhersehbarkeit des zeitlichen Anfalls sowie der inhaltlichen Ausgestaltung einer Aufgabe beeintrchtigt. Eine Standardisierung solch variabler Ttigkeiten scheint daher kaum mçglich. n Kontextfaktor „Organisationsstruktur“ Eine zentrale Frage in der Kontextabhngigkeit des Controlling ist jene, inwiefern sich die Controlling-Organisation an der Unternehmensorganisation orientiert. Dementsprechend ist an dieser Stelle auch der Einfluss der Organisationsstruktur des Unternehmens auf jene des Controlling zu thematisieren. Es ist zu vermuten, dass die Unternehmensstruktur maßgebliche Implikationen fr die Controlling-Organisation aufweist.59
Unternehmensorganisation = ControllingOrganisation?
Die empirische Forschung hat gezeigt, dass dezentralisierte Unternehmen mehr Wert auf eine Formalisierung der Prozesse und Ablufe legen.60 Als Begrndung hierfr ist die Notwendigkeit zur zentralen Wahrnehmung einer Richtlinienfunktion nahe liegend. Nur durch eine starke Standardisierung der Ablufe kann das zentrale Controlling einen homogenen Prozessablauf in den dezentralen Bereichen oder auch die Anwendung durchgngiger Standards sicherstellen. Weiter belegt die Studie von Merchant, dass eine zunehmende Funktionalisierung der Unternehmensorganisation positiven Einfluss auf die Formalisierung hat.61 Auch hier kann die Argumentation von soeben wieder aufgegriffen werden. Die strkere Funktionalisierung bedeutet, wie auch die Dezentralisierung, eine zunehmende Differenzierung innerhalb des Unternehmens und fhrt zu steigender Komplexitt und Heterogenitt der Bereiche. Die strkere Standardisierung ist hierbei aus Effizienz- und auch Qualittsaspekten sinnvoll, da sie schnellere und kostengnstigere Prozessablufe sowie die einheitliche Anwendung von Standards und damit die qualitative Vergleichbarkeit forciert. 58 59 60 61
26
Vgl. Chenhall; Morris (1986). Vgl. Niedermayr (1994), S. 125. Vgl. Bruns; Waterhouse (1975). Vgl. Merchant (1984).
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Auch begnstigt steigende Dezentralisierung das Ausmaß an Partizipation.62 Die Vergabe von Aufgaben an „geschftsnahe“ Einheiten fordert gerade eine strkere Integration der zentralen und dezentralen Controlling-Bereiche. Um die Durchgngigkeit der Controlling-Funktion zu gewhrleisten, muss auch das dezentrale Controlling in bergeordnete Aufgaben integriert sein, mçchte man eine Loslçsung zentraler Entscheidungsfindung vom „eigentlichen Geschft“ verhindern. n Kontextfaktor „Unternehmensgrçße“ Dass der Faktor der Unternehmensgrçße in vielen Fllen Einfluss auf die Controlling-Organisation nimmt, scheint vorhersehbar zu sein. So entstehen viele Facetten einer Organisation erst mit zunehmender Grçße, wie z. B. die Bildung eigener Einheiten fr funktionales Controlling. Diesen Sachverhalt konnte auch Khandwalla belegen, der in seiner Studie einen positiven Zusammenhang zwischen Grçße und Funktionalisierung festgestellt hat. Mit zunehmender Unternehmensgrçße steigt somit der Funktionalisierungsgrad, sprich die Spezialisierung der Controlling-Einheiten.63 Im Zusammenhang mit der Unternehmensgrçße wurden auch weitere Strukturvariablen der Controlling-Organisation untersucht. So fçrdert eine steigende Grçße eine zunehmende Formalisierung, eine strkere Dezentralisierung und eine hçhere Partizipation im Controlling.64 Mit der Unternehmensgrçße steigt auch die Anzahl der entscheidungsbeeinflussenden Faktoren und damit die vom Controlling zu bewltigende Komplexitt. Die Standardisierung sichert in diesem Zusammenhang einen zielgerichteten Ablauf der Prozesse und trgt somit der Homogenitt der Komplexittsbewltigung Rechnung. Diese Komplexitt entsteht u. a. durch das Einwirken von Faktoren auf die operativen Prozesse und kann auch nur dort abgebaut werden. Dies gibt Aufschluss ber den in vergangenen Jahren beobachtbaren Trend zur strkeren Dezentralisierung des Controlling, nmlich der Verlagerung der Funktionen „vor Ort“. Auch ein hçherer Partizipationsgrad lsst sich durch die Notwendigkeit der Einbeziehung von Kompetenz mit Bezug zum „Tagesgeschft“ erklren.
Grçße als Spezialisierungsfaktor
n Kontextfaktor „Strategie“ Die Verbindung zwischen Controlling-Systemen und Strategie erfreute sich in der Vergangenheit reger Forschungsaktivitt.65 Um 62 63 64 65
Vgl. Khandwalla (1972); Gul et al. (1995). Vgl. Khandwalla (1972). Vgl. Bruns; Waterhouse (1975); Merchant (1981). Vgl. etwa Langfield-Smith (1997), S. 207.
27
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Strategien mit Controlling-Organisation in Verbindung zu setzen, wird in der Literatur meist der Weg gewhlt, diese in einzelne Strategietypen zu unterscheiden. Diese Aggregation ist aufgrund der Spezifitt von Unternehmensstrategien notwendig, sind doch Strategien mindestens so kontextabhngig und einzigartig wie Controlling-Organisationen. Structure follows strategy?
Die wesentlichen Ergebnisse verschiedener Studien zusammenfassend kann geschlussfolgert werden, dass Strategien, bezogen auf Konservativismus, Verteidigung und Kostenfhrerschaft, grçßere Formalisierung bzw. Standardisierung von Controlling-Systemen bedingen. Dieses belegt die Notwendigkeit einheitlicher ControllingOrganisation. Bei Strategien zur Produktdifferenzierung, Entrepreneurship und Expansion ergab sich genau Gegenteiliges: Zwischen diesen Strategietypen und der Standardisierung von ControllingSystemen konnte ein negativer Zusammenhang gezeigt werden.66 So bedingt die Verfolgung solch „offensiver“ Strategien u. a. weniger standardisierte und flexibler ausgerichtete Controlling-Prozesse.
Allgemeine Aussagen schwierig
Eine allgemeine Interpretation der Ergebnisse fr alle Strategietypen scheint hier schwierig. So lsst die grçßere Standardisierung bei Verteidigungs- und Kostenfhrerschaftsstrategien eine Fokussierung auf eine eher dem Effizienzstreben verpflichtete Controlling-Organisation vermuten. Hierfr sind standardisierte Ablufe zutrglich. Ob aber Konservatismus Standardisierung aufgrund von Kostenberlegungen bedingt oder auch andere Grnde hierzu ihren Beitrag leisten, kann an dieser Stelle nicht abschließend beurteilt werden. Geringere Standardisierungstendenzen bei Expansions- und Produktdifferenzierungsstrategien lassen sich womçglich mit strkeren Flexibilittsanforderungen sowie dem relativen Neuigkeitsgrad von Aufgaben, bezogen auf neue Produkte, Mrkte etc., begrnden. n Kontextfaktor „Kultur“ Die Evaluierung des kulturellen Einflusses auf die Gestaltung der Controlling-Organisation stellt sich als schwierig dar. So konnte in empirischen Erhebungen und Fallstudien der Zusammenhag zwischen nationaler Kultur und dem Design von Controlling-Systemen belegt werden,67 allgemeine Kulturabhngigkeiten lassen sich aber nicht formulieren. Vielmehr sei hier ein weiteres Mal auf den Einzelfall der spezifischen Kultur mit ihren Normen, Werthaltungen etc. verwiesen, die einen dementsprechend einzigartigen Einfluss auf die Gestaltung der Controlling-Organisation aufweist.
66 67
28
Vgl. Chenhall; Morris (1995); Dent (1990); Simons (1987). Vgl. Chenhall (2003).
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Wie schon eingangs zu diesem Abschnitt angedeutet, kann kein vollstndiges Bild des Zusammenspiels von Kontextfaktoren und Gestaltungsvariablen der Controlling-Organisation entworfen werden, zu groß sind hier noch die forschungstheoretischen Lcken. Aufgrund dieser Lcken und der sich weiter dynamisierenden Umwelt wird die weitere Intensivierung der Forschung im Feld der Kontextabhngigkeit des Controlling allerdings einen Eckpfeiler der weiteren Forschungsaktivitten darstellen mssen.68
4
Zusammenfassung und Fazit
Der Themenkomplex „Controlling-Organisation“ ist ein sowohl unter Effektivitts- und Effizienzgesichtspunkten als auch bezglich Qualittsaspekten des Controlling hochinteressantes Feld. So ist die Controlling-Organisation ein maßgeblicher Stellhebel zur zielorientierten Ausrichtung und effizienten Gestaltung des Controlling im Unternehmen. In Bezug auf die hohe Bedeutung verwundert es, dass die Gestaltung von Controlling-Organisationen in der Literatur bisher keine umfassende, explizite Wrdigung erfhrt. Die Organisation des Controlling definiert sich ber Gestaltungsfaktoren, deren Ausprgung die jeweilige Organisationsform ergeben. Aufgrund der Vielzahl an Gestaltungsmçglichkeiten kçnnen allerdings keine Realtypen der Controlling-Organisation identifiziert, sondern nur Varianten der Ausprgung der einzelnen Faktoren, welche die Organisation charakterisieren, aufgezeigt werden. Der Beitrag hat gezeigt, dass die Gestaltung der Controlling-Organisation von internen und externen Kontextfaktoren sowie weiteren prgenden Gestaltungsvariablen abhngig ist. Jede Organisation befindet sich in einem situativ spezifischen Kontext und muss in einem „Fit“ zu diesen Einflssen ausgestaltet werden. Es kann somit keinen „one best way“ geben, der fr alle Unternehmen Gltigkeit besitzt. Vielmehr ist die Controlling-Organisation in ihrer Ausprgung unternehmensspezifisch, das Lernen von Unternehmen, die sich in einem hnlichen Kontext bewegen, birgt aus heutiger Sicht das grçßte Potenzial. Dieser Herausgeberband wird in weiterer Folge Unternehmensbeispiele aus unterschiedlichsten Kontexten aufzeigen, welche die maßgeblichen Einflussfaktoren auf die Controlling-Organisation erahnen lassen und die Reaktionen der Unternehmen darauf darlegen. Und gerade aus der Verbindung von Einfluss und organisatorischer Reaktion ist es dem Leser mçglich, 68
„Fit“ zwischen Kontext und Gestaltung
Vgl. Chenhall (2003), S. 154 f. Der Aspekt der Controlling-Organisation in Unternehmensnetzwerken wird im Beitrag von Horvth; Seiter in Kap. 3 aufgegriffen.
29
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eine wirkungsvolle Controlling-Organisation zu erkennen. Ist das Unternehmen auch noch wirtschaftlich erfolgreich, hat das Controlling wohl seine Aufgabe erfllt.
5
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32
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Empirische Erkenntnisse zur Organisation des Controlling n Die Frage nach der fr sein Unternehmen richtigen Controlling-Organisation und den dazu passenden Controlling-Ressourcen beschftigt jeden CFO und kaufmnnischen Leiter. n Einen ersten Beitrag zur Beantwortung dieser Fragen fr die eigene Organisation kçnnen Benchmarks und Best Practices anderer Unternehmen liefern. Als Orientierung ermçglichen sie eine Positionsbestimmung und stellen die wesentlichen Handlungsfelder heraus. n Aufgrund des Mangels an umfassenden Benchmarks zur Controlling-Organisation soll der folgende Beitrag auf Basis von drei ausgewhlten Studien einen berblick ber empirisch erhobene Daten zur Controlling-Organisation geben. ber die Betrachtung wichtiger Gestaltungsfaktoren der Controlling-Organisation werden Erkenntnisse und Trends fr deren effektive Ausgestaltung dargestellt. Inhalt
Seite
1
Einleitung ....................................................................................
34
2
Steuerungsmodell und Fhrungsanspruch des Managements als wesentliche Einflussfaktoren ...............................................
36
3 3.1 3.2 3.3 3.4
Gestaltungsfaktoren einer Controlling-Organisation ............ Verankerung im Unternehmen .................................................... Aufgabenfelder des Controlling .................................................. Aufbau des Controlling-Bereichs ................................................. Controlling-Ressourcen ...............................................................
39 39 48 49 51
4
Schlussbetrachtung ....................................................................
54
5
Literaturhinweise .......................................................................
54
n Die Autoren Joachim Esser, Principal und Leiter Bro Berlin bei Horvth & Partners Management Consultants. Michael Mller, Senior Project Manager im Competence Center Controlling bei Horvth & Partners Management Consultants.
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1
Einleitung
Die Frage nach der fr sein Unternehmen richtigen ControllingOrganisation und den dazu passenden Controlling-Ressourcen beschftigt jeden CFO und kaufmnnischen Leiter. Ist der Mix aus zentralen und dezentralen Controllern der richtige? Ist die Fhrung innerhalb des Controlling mit der „Dotted Line“ wirklich ideal? Habe ich die Erfolg versprechenden Qualifikationen an Bord? Fehlende Benchmarks
Einen ersten Beitrag zur Beantwortung dieser Fragen in der eigenen Organisation kçnnen Benchmarks und Best Practices anderer Unternehmen liefern. Als Orientierung ermçglichen sie eine Positionsbestimmung und stellen die wesentlichen Handlungsfelder heraus. Allerdings sind aussagekrftige quantitative und qualitative Benchmarks zum Thema Controlling-Organisation in der deutschen Theorie und Praxis noch ein sehr exklusives Gut. Die explizite Behandlung des Themas Controlling-Organisation erscheint aufgrund des Mangels an Literaturquellen und Studien nahezu bedeutungslos. Wenige deutschsprachige Verçffentlichungen beschftigen sich konzentriert mit dem Sachverhalt der Controlling-Organisation. Detaillierung und Genauigkeit sowie empirische Erkenntnisse bleiben somit oft auf der Strecke. Auch bisher durchgefhrte empirische Studien geben wenig Anhaltspunkte zur Controlling-Organisation und zum Einfluss von Faktoren auf die Organisationsgestaltung.1
Studienauswertung als Basis
Der folgende Beitrag soll auf Basis von drei durchgefhrten Studien einen berblick ber die in diesen Studien erhobenen Daten zur Controlling-Organisation geben. Ziel dieser Studien war, die Ausprgungen der Controlling-Organisation in den befragten Unternehmen zu ermitteln und auf wichtige Erkenntnisse bei der Gestaltung zu schließen. Zum Status quo der organisatorischen Gestaltung und Verankerung des Controlling in deutschen Unternehmen werden zum einen empirische Erkenntnisse des Horvth & Partners CFO-Panels2 diskutiert und an Best-Practice-Hypothesen fr Controlling-Organisationen gespiegelt. Zum anderen liefern die
1 2
34
Vgl. Horvth (2006), S. 804 ff. Das inzwischen drei Jahre bestehende Horvth & Partners CFO-Panel ist ein Netzwerk von Fhrungskrften des Finance-Bereichs. In einer jhrlichen Befragung tragen die Teilnehmer des CFO-Panels – zurzeit ber 200 Unternehmen im deutschsprachigen Raum – zur Aktualisierung der Benchmark-Datenbank bei. Dabei ermçglichen ein standardisierter Fragebogen und ein einheitliches Prozessmodell den Vergleich unterschiedlich aufgestellter Unternehmen. Die Benchmarks adressieren u. a. Fragen zur Zielsetzung, zur Organisation, zur Ressourcenausstattung, zur Prozessgestaltung und -effizienz sowie zu den IT-Lçsungen im CFO-Bereich. In regelmßigen Panel-Meetings werden ausgewhlte Benchmarks intensiv diskutiert und Best-Practice-Anstze weiterentwickelt.
Empirische Erkenntnisse Seite 35 Studien „Controllerorganisation in deutschen Unternehmen“3 von Weber, Hunold, Prenzler und Thust sowie „Controlling 2006 – Stand und Perspektiven“4 von Weber et al. weitere relevante Ansatzpunkte. Als Rahmen fr die Diskussion der verschiedenen Studienergebnisse dienen einerseits zwei wesentliche Einflussfaktoren auf die Gestaltung von Controlling-Organisationen. Dabei handelt es sich um die Ausgestaltung des Steuerungsmodells der Organisation sowie um den Fhrungsanspruch des Managements im Rahmen des Steuerungsmodells. Anderseits untersttzen vier wesentliche Gestaltungsfaktoren fr eine Controlling-Organisation bei der Strukturierung der folgenden Diskussion: die Verankerung der Controlling-Organisation in der Gesamtorganisation, die Aufgabenfelder der Controlling-Organisation, der Aufbau des Controlling-Bereichs und die Ausstattung der Controlling-Organisation mit Ressourcen. Abbildung 1 gibt einen berblick ber diese sechs Faktoren.
Steuerungsmodell
Verankerung im Unternehmen
Einfluss- und Gestaltungsfaktoren
Führungsanspruch des Managements
Aufbau des Controlling-Bereichs
Neue Controlling-Organisation
Aufgabenfelder des Controlling
Controlling-Ressourcen
Abb. 1: Einfluss- und Gestaltungsfaktoren fr die Controlling-Organisation 3
4
„Controllerorganisation in deutschen Unternehmen“ beschreibt Erkenntnisse einer empirischen Studie in den großen deutschen Unternehmen und stellt die Verbindung zwischen Theorie und Praxis her. Dabei wird auf Unterschiede der Controller-Organisation in Abhngigkeit von verschiedenen Fhrungskonzepten eingegangen. Die Studie wurde in Zusammenarbeit des Internationalen Controllervereins (ICV) mit dem Lehrstuhl fr Controlling & Telekommunikation der WHU – Otto Beisheim School of Management durchgefhrt. Die Studie stellt die Ergebnisse einer Befragung im Frhjahr 2006 von 3.758 Mitgliedern des Internationalen Controllervereins dar, wobei 618 vollstndige Antworten ausgewertet werden konnten. Ziel der Studie ist es, den Status quo und die zuknftigen Perspektiven der Arbeit von Controllern darzustellen und kritisch zu bewerten.
35
Empirische Erkenntnisse Seite 36
2
Steuerungsmodell und Fhrungsanspruch des Managements als wesentliche Einflussfaktoren
Welche Parameter bestimmen eine optimale Controlling-Organisation? Bevor Themen wie die disziplinarische Verankerung oder die Ressourcenausstattung einer Controlling-Organisation diskutiert werden, sollte die grundstzliche Frage nach der Funktion des Controlling im Unternehmen, insbesondere fr das Management der verschiedenen Hierarchieebenen, gestellt werden. Steuerungsmodell
Das Steuerungsmodell des Managements und der Fhrungsanspruch der obersten Managementebene (Vorstand, Geschftsfhrung oder Holding einer Unternehmensgruppe) in Richtung der weiteren Managementebenen (Geschftsbereichsleitung, Abteilungsleitung oder Geschftsfhrung von Tochtergesellschaften) sind ausschlaggebend fr die Funktion des Controlling und damit fr seine Rolle an den Schnittstellen der Unternehmensfhrung. Das Steuerungsmodell des Unternehmens ist der primre Einflussfaktor fr die grundstzliche aufbauorganisatorische Ausrichtung des Controlling-Bereichs im Unternehmen. Best-Practice-Controlling-Organisationen folgen an der Schnittstelle von Managementebenen i. d. R. der zweiten Fhrungsebene wie z. B. den Regionen, den Geschftsbereichen oder auch den Produkten. Die Spiegelung der Controlling-Organisation an dem Steuerungsmodell der Gesamtorganisation ist erfolgsentscheidend fr die Wirksamkeit des Controlling. Dieses wird im Abschnitt „Aufbau des ControllingBereichs“ weiter diskutiert.
Fhrungsanspruch
Aus dem Fhrungsanspruch des Managements lsst sich die Rolle des Controlling innerhalb der Gesamtorganisation ableiten und daraus die passende Controlling-Organisation entwickeln. Erst wenn klar ist, welche Interessen das Controlling im Gesamtunternehmen primr zu vertreten hat, kçnnen die weiteren Gestaltungsparameter der Controlling-Organisation ausgeprgt werden. Die folgende Darstellung verdeutlicht beispielhaft die unterschiedlichen Fhrungsansprche der Holding einer Unternehmensgruppe und die sich daraus ergebenden Grade der Einflussnahme des Holding-Managements auf die Entscheidungen der weiteren Managementebenen. Da das Controlling eine wesentliche Untersttzungsfunktion bei dieser Einflussnahme ausbt, wird schnell deutlich, welche unterschiedlichen Anforderungen an die Controlling-Organisation gestellt werden kçnnen.
36
FinanzFinanzHolding Holding
ManagementHolding
Stammhauskonzern
finanziell
strategisch
operativ
FührungsRolle anspruch der Holding
Grad der Einflussnahme Gestaltung des Beteiligungsportfolios Finanzwirtschaftliche Ziele (z. B. Rentabilität)
Ressourcenverteilung (Finanzen, Personal)
Geschäftsauftrag & Schwerpunktsetzung Strategieformulierung Operative Maßnahmen
Empirische Erkenntnisse Seite 37
Abb. 2: Fhrungsanspruch einer Holding und Grade der Einflussnahme auf Managemententscheidungen
37
5
38 Strategische Holding
Entnommen aus Weber et al. (2001), S. 37. •
Betreuung der Produktbereiche/Werke Umsetzung der Planung
•
•
•
•
Bereichsplanung Informationsversorgung Investitions-Controlling Methoden der Tochtergesellschaften
Divisional (für interne Struktur sind die Bereiche eigenverantwortlich)
Divisional (nach Produktbereichen)
Struktur Bereichs-Controlling •
Dotted-Line-Prinzip
Dotted-Line-Prinzip
Unterstellung Bereichs-Controlling
Aufgaben Bereichs-Controlling
Unter Vorstand Finanzen
Unter Vorstand Finanzen
Hierarchische Einbettung Konzern-Controlling
Transparenzschaffung Sonderanalysen (Beteiligungen etc.) Koordination der Planung Betreuung/Einführung neuer Methoden
Mehrdimensionale Struktur
•
•
•
•
Mehrdimensional; sowohl Produktbereiche als auch ausgewählte Methoden
•
•
•
•
Stammhauskonzern Betriebswirtschaftliche Rahmenvorgabe Gesellschaftsbetreuung Konzernplanung Ergebniszusammenführung Informationsversorgung
Interne Struktur Konzern-Controlling
Aufgaben Konzern-Controlling
•
Finanzholding Beteiligungs-Controlling Strategische Planung Bewertungsmethoden
•
•
•
•
•
Betriebswirtschaftliche Rahmenvorgaben Gesellschaftsbetreuung Konzernplanung Ergebniszusammenführung Informationsversorgung
Je nach Bereich unterschiedlich
Mehrdimensional; sowohl Produktbereiche als auch ausgewählte Methoden
Vorstand Controlling
Funktionale Struktur
•
•
•
Empirische Erkenntnisse
Seite 38
Abb. 3: Fhrungsanspruch einer Holding und Ausgestaltung der Controlling-Organisation5
Empirische Erkenntnisse Seite 39
Weber baut in seiner empirischen Untersuchung „Controllerorganisation in deutschen Unternehmen“6 eine nachvollziehbare Brcke vom Fhrungsanspruch des Managements zur Ausgestaltung der untersuchten Controlling-Organisation. Abbildung 3 zeigt ein wesentliches Ergebnis der Studie. Bei der Diskussion der Gestaltungsfaktoren einer Controlling-Organisation sollte die Rolle der beiden wesentlichen Einflussfaktoren Steuerungsmodell und Fhrungsanspruch immer bercksichtigt werden. Die Gestaltungsfaktoren werden im Folgenden vor dem Hintergrund aktueller empirischer Studienergebnisse und Entwicklungen in der Unternehmenspraxis nher betrachtet.
3
Gestaltungsfaktoren einer Controlling-Organisation
3.1
Verankerung im Unternehmen
Die Verankerung des Controlling-Bereichs in der Organisationsstruktur ist wesentlicher Gestaltungsfaktor der Controlling-Organisation. Die gewnscht hohe Effizienz und Effektivitt des Controlling ist nur bei einer optimalen Einbettung in die Gesamtorganisationsstruktur des Unternehmens und einer klaren Schnittstellendefinition zu gewhrleisten. Als wesentliche Gestaltungsfaktoren zur Verankerung der Controlling-Organisation werden die Ressortzuordnung und Fhrungsebene sowie die fachliche und disziplinarische Verankerung betrachtet. n Ressortzuordnung und Fhrungsebene Bei 72 % der im Rahmen des Horvth & Partners CFO-Panels befragten Unternehmen ist das Controlling dem Ressort des CFO (Chief Financial Officer) bzw. dem kaufmnnischen Geschftsfhrer zugeordnet. 22 % der Unternehmen haben das Controlling dem CEO unterstellt und lediglich 6 % verfolgen eine Einordnung in sonstige Bereiche. Als zentraler Grund fr die Zuordnung zum CFO gilt die Zielsetzung, die kaufmnnischen Ressourcen in einem Ressort zu bndeln. Kurze Kommunikations- und Entscheidungspfade sowie entsprechende Synergiepotenziale kçnnen auf diese Weise realisiert werden. Die Angleichung von internem und externem Rechnungswesen aufgrund der Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, wie IFRS oder auch US-GAAP,7 6 7
Optimale Einbettung
Zuordnung zum CFO
Vgl. Weber et al. (2001). Siehe hierzu auch den Beitrag von Hofmann; Munz in Kapitel 3 dieses Buches.
39
Empirische Erkenntnisse Seite 40
gewinnt in der Praxis zunehmend an Bedeutung. Dies verstrkt die Notwendigkeit, die Fachbereiche Finanzen, Controlling und Accounting in einem gemeinsamen Ressort zu bndeln. Der Nutzen einer einheitlichen Datenbasis sowie das Pooling von Know-how spielen heute eine gewichtige Rolle bei der zielfhrenden Aufstellung und Ausgestaltung der Controlling-Organisation innerhalb des Finance-Ressorts. Die Verankerung smtlicher Finance-Funktionen unter dem Dach eines Ressorts und insbesondere ohne andersartige Funktionen wie z. B. Personal oder IT senkt die Konfliktpotenziale zwischen den verschiedenen Finance-Funktionsbereichen. Der Ressortverantwortliche kann seine „Klammerfunktion“ optimal ausben. Zustzlich wird dadurch auch die Verschmelzung von internem und externem Accounting forciert.8 Zweite Managementebene
Neben der Ressortzuordnung ist fr die Wahrnehmung eines modernen Rollenverstndnisses des Controlling als Sparringspartner und rechte Hand des Managements eine Einordnung des Controlling-Leiters auf einer entsprechend hohen Fhrungsebene erforderlich. Ausschließlich bei einer entsprechend hohen Einordnung des Controlling wird diesem das ausreichende Gewicht und die notwendige Autoritt verliehen, um auf gleicher Augenhçhe mit dem Management als dessen Business Partner agieren zu kçnnen. Diese Notwendigkeit und die Bedeutung des Controlling werden durch die Erhebungen des CFO-Panels besttigt. Eine Einordnung des Leiters des zentralen Controlling erfolgt bei 16 % der Unternehmen auf der ersten und bei 70 % auf der zweiten Fhrungsebene. Lediglich 14 % ordnen ihn der dritten Fhrungsebene zu. In der Weber-Studie „Controlling 2006 – Stand und Perspektiven“ erfolgt eine weitere Auswertung bezglich der organisatorischen Verortung des Controlling-Leiters (vgl. Abb. 4). Man erkennt, dass im Gegensatz zu den Ergebnissen des Horvth & Partners CFO-Panels mehr Leiter des zentralen Controlling auf der ersten und weniger auf der zweiten Hierarchieebene angesiedelt sind. Der ersten Hierarchieebene sind somit 26,4 %, der zweiten 58,1 % und der dritten Fhrungsebene immerhin noch 14,8 % der Leiter des zentralen Controlling zugeordnet. Weber betrachtete weiterhin auch Unternehmen, bei denen der Leiter des Controlling erst auf der vierten Fhrungsebene angesiedelt ist. Mit 0,7 % ist diese Ausprgung allerdings so gering, dass diese Form nicht weiter Beachtung finden soll. Deutlich wird aus beiden Studien, dass die Mehrheit der befragten Unternehmen den Leiter des Controlling entweder auf der ersten oder zweiten Fhrungsebene ansiedeln und somit dem Controlling die zuvor erwhnte Relevanz zollen. 8
40
Vgl. Mller; Schmidt (2006), S. 715 f.
Empirische Erkenntnisse Seite 41
70% 58,1%
60% 50% 40% 30%
26,4%
20%
14,8%
10% 0,7%
0% 1.
2.
3.
4.
Hierarchieebene
Abb. 4: Organisatorische Verortung des Controlling-Leiters9
n Fachliche und disziplinarische Verankerung Im Unternehmen kann prinzipiell zwischen dem dezentralen und dem zentralen Controlling unterschieden werden. Whrend das zentrale Controlling blicherweise auf hçheren Hierarchieebenen angesiedelt ist, findet das dezentrale Controlling eher auf hierarchisch unteren Ebenen statt. Hierbei handelt es sich entweder um ein rein operativ orientiertes Controlling oder um einen Ansatz, bei dem die Zentrale die strategische Steuerung und die dezentralen Ebenen die operative Geschftssteuerung bernimmt. Die Entscheidung fr eine bestimmte Richtung oder eine Zwischenlçsung kann aufgrund mehrerer Beurteilungsgesichtspunkte getroffen werden. Dabei kçnnen „Fragen der Kapazittsauslastung der Fhrungskrfte, Probleme der Entscheidungsqualitt und Koordinationsnotwendigkeiten herangezogen werden“.10 n Dezentrale Controlling-Organisation Die dezentrale Controlling-Organisation zeichnet sich durch die fachliche und disziplinarische Unterstellung des dezentralen Controlling unter die Geschftsbereiche aus. So besteht im Rahmen einer dezentralen Controlling-Organisation lediglich eine informelle Beziehung zwischen dem dezentralen und dem zentralen Controlling. 9 10
Operative Ausrichtung
Informelle Beziehungen
Vgl. Weber et al. (2006), S. 23. Horvth (2006), S. 813.
41
Empirische Erkenntnisse Seite 42
Aufgrund der fachlichen und disziplinarischen Bindung an den jeweiligen Geschftsbereich wird das Vertrauen zwischen der Geschftsbereichsleitung und dem dezentralen Controlling verstrkt, wodurch eine gute Zusammenarbeit innerhalb des Geschftsbereichs gefçrdert wird. Die dezentralen Controller mssen in die jeweilige dezentrale Einheit eingebunden werden, um dort akzeptiert sowie mit Informationen versorgt zu werden.11 Dadurch ist eine gute Ausrichtung auf die Bedrfnisse des jeweiligen Geschftsbereichs gewhrleistet, der die Realisierung eines hohen Servicenutzens fr die Geschftsbereichsleitung ermçglicht. Ungenutzte Synergiepotenziale
Weisungsgebundenheit
Gleichzeitig sind jedoch mit einer dezentralen Ausrichtung des Controlling zahlreiche Nachteile und Effizienzeinbußen verbunden, da das Gesamt-Controlling-Konzept vernachlssigt wird, Partikularismus verstrkt wird und der dezentrale Controller seine notwendige Distanz zu den Linienaktivitten verliert.12 Auch verhindert die heterogene Struktur des dezentralen Controlling die Implementierung eines Controlling-Gesamtkonzepts. Folglich bleiben große Synergie- und Effizienzpotenziale ungenutzt. Der Einsatz einheitlicher Systeme, Methoden und Instrumente ist bei der Zersplitterung der Controlling-Strukturen kaum mçglich. n Zentrale Controlling-Organisation Inhaltlich nahezu spiegelbildlich zu der dezentralen Aufbauorganisation des Controlling stellt sich die zentrale Controlling-Organisation dar. Hierbei empfiehlt sich die Weisungsgebundenheit des dezentralen Controlling an das Zentral-Controlling, um eine Ausrichtung des Ergebniszieles auf die Gesamtunternehmung zu gewhrleisten. Die zentrale Controlling-Organisation hat wie die dezentrale Struktur gewichtige Vor-, aber auch Nachteile. Diese verhalten sich grçßtenteils gegenstzlich zu den zuvor beschriebenen Charakteristika des dezentralen Controlling.
Standardisierung
Die zentrale Controlling-Organisation ermçglicht die Bndelung der Controlling-Kompetenz und insbesondere die Standardisierung von Controlling-Prozessen und -verfahren. Gleichzeitig steigt durch die disziplinarische Unterstellung unter das zentrale Controlling die Durchsetzungsgeschwindigkeit neuer Konzepte, die somit top down effizient implementiert werden kçnnen. Aufgrund der engen Zusammenarbeit zwischen zentralem und dezentralem Controlling ist eine gute Informationsversorgung gegeben.
Herausforderung Akzeptanz
Im Gegensatz zur dezentralen Organisation entsteht ein Gegengewicht zu den Interessen der Geschftsbereiche, welches oftmals 11 12
42
Vgl. Horvth (2006), S. 817. Vgl. Horvth (2006), S. 816.
Empirische Erkenntnisse Seite 43
fr die Wahrung der Interessen des Gesamtunternehmens maßgeblich ist. Durch die maximal rumliche Zuordnung des dezentralen Controlling zu den Geschftsbereichen und die disziplinarische Unabhngigkeit von diesen wird eine mçglichst große Unabhngigkeit des Controlling gegenber den Geschftsbereichsleitungen erreicht. Eben diese Unabhngigkeit bedingt jedoch das Problem einer geringen Akzeptanz des Controlling in den einzelnen Geschftsbereichen.13 Aufgrund dessen ist als Reaktion der Geschftsbereichsleitung eine Informationsblockade gegenber dem Controlling zu befrchten. n „Dotted Line“-Controlling-Organisation Die so genannte „Dotted Line“-Organisation wurde als eine Mischform der beiden zuvor vorgestellten Organisationsformen entwickelt. Die „Dotted Line“-Organisation soll die Vorteile des zentralen und dezentralen Controlling verbinden und die Nachteile dieser beiden Formen berwinden. Hier ist das dezentrale Controlling auf der einen Seite fachlich dem zentralen Controlling und disziplinarisch der Geschftsbereichsleitung zugeordnet. Vorteile ergeben sich, wie bereits angedeutet, aus der Kombination der beiden ersten Organisationsformen, so dass die Realisierung eines Großteils der Vorteile beider Varianten ermçglicht wird. Insbesondere die Mçglichkeit, die Interessen des zentralen Controlling und die Bedrfnisse der Geschftsbereichsleitungen miteinander vereinbaren zu kçnnen, gelten hierbei als Erfolg versprechend.
Kombination der Vorteile
Auf den ersten Blick und aus theoretischer Sicht erscheint diese Variante auf Anhieb plausibel und die optimale Lçsung zu sein. Es offenbaren sich jedoch gravierende Nachteile bei der Umsetzung in der Praxis. So bringt diese Doppelunterstellung Nachteile wie Akzeptanzverlust und eingeschrnkte Objektivitt bzw. Neutralitt mit sich und „kann in Großorganisationen wie in internationalen Konzernen recht komplex werden“.14 Der Controller wird, hnlich der generellen Problematik der Matrix-Organisationsformen, zwischen zwei Interessensgruppen aufgerieben.15 Denn es steht zu befrchten, dass er weder in den Geschftsbereichen noch vom Zentral-Controlling hundertprozentig respektiert und akzeptiert wird. Somit wird eine zielfhrende Zusammenarbeit mit beiden Interessensgruppen langfristig erschwert und der Controller sieht sich der Herausforderung gegenber, tglich die umfassende
„Fauler Kompromiss?“
13 14 15
Vgl. Weber et al. (2001), S. 13 f. Horvth (2006), S. 817. Vgl. Horvth (2006), S. 813.
43
Empirische Erkenntnisse Seite 44
Objektivitt und Neutralitt zu sichern und an beide Bereiche zu kommunizieren. Die fachliche und disziplinarische Unterstellung des dezentralen Controlling wurde sowohl von Weber in seiner Studie von 2001 als auch im Horvth & Partners CFO-Panel untersucht. Weber hat in seiner Studie von 2001 die fachliche und disziplinarische Unterstellung des Bereichs-Controlling den vier in der Theorie und Praxis gelufigen Unterstellungsformen zugeordnet (vgl. Abb. 5).16
Disziplinarvorgesetzter Fachvorgesetzter Zentral-Controller
Bereichsleiter
Zentral-Controller
I.
II.
Bereichsleiter
III.
IV.
Abb. 5: bersicht der Unterstellungstypen17
„Dotted Line“ bevorzugt
Dabei weisen die meisten der befragten Unternehmen die zweite Unterstellungsform auf, bei der das Bereichs-Controlling fachlich dem Zentral-Controller, disziplinarisch aber dem jeweiligen Bereichsleiter untergeordnet ist (79 %). Grundstzlich stellt dieser Typ der „Dotted Line“-Organisation nach dieser Studie die in der Praxis vorherrschende Form dar. Die erste und die dritte Unterstellungsform sind in den befragten Unternehmen weniger im Einsatz. Die Unterstellungsform I., die 16 17
44
Vgl. Weber et al. (2001), S. 32 f. Vgl. Weber et al. (2001), S. 33.
Empirische Erkenntnisse Seite 45
durch die fachliche und disziplinarische Zuordnung zum zentralen Controlling einen in sich geschlossenen Controlling-Bereich schafft, kam immerhin noch in einem von 23 Unternehmen vor. Keines der befragten Unternehmen gab die Antwort, die Unterstellungsform III. zu besitzen. Der Unterstellungstyp IV. konnte in insgesamt 4 Unternehmen nachgewiesen werden. Daten des Horvth & Partners CFO-Panels aus dem Jahr 2005 zeigen jedoch ein deutlich anderes Bild. Bei einer Grundgesamtheit von ca. 150 Unternehmen wird deutlich, dass 18 % eine dezentrale Controlling-Organisation, 29 % eine zentrale Organisation und 53 % die Mischform „Dotted Line“-Organisation einsetzen. Werden als Vergleich noch Daten aus dem Jahr 2004 betrachtet, so lsst sich ein leichter Trend weg von der „Dotted Line“– (– 4 %) hin zur zentralen Organisation (+ 4 %) feststellen (vgl. Abb. 6). Der Anteil der dezentralen Organisation bleibt dagegen auf dem gleichen Niveau.
Trend zur Zentralisierung
Dieser Trend wird nach Ansicht der Mitglieder des Horvth & Partners CFO-Panels auch in der Zukunft Bestand haben. Auf dem Panel-Meeting der teilnehmenden Unternehmen im Dezember 2005 in Berlin beantworteten 56 % der ca. 80 anwesenden Personen die Frage: „Wird sich der Trend zu zentralen Controlling-Organisationen aus Ihrer Sicht in den nchsten 2 – 3 Jahren fortsetzen?“ mit: „Ja, ich sehe den Trend zu zentralen Controlling-Organisationen.“ Lediglich 8 % antworteten mit: „Im Gegenteil, der Trend zur Zentralisierung wird sich eher in Richtung dezentraler ControllingOrganisationen umkehren“ (vgl. Abb. 7).
45
46
Controlling
Controlling
Controlling
Organisationseinheit B
Controlling
Organisationseinheit A
Controlling
Abb. 6: Trend zur Zentralisierung des Controlling Controlling
Zentrales
2004: 57% 2006: 51%
Controlling
Organisationseinheit D
Controlling
Organisationseinheit D
Controlling
Organisationseinheit C
Geschäftsführung
Zentrales
2004: 18% 2006: 18% Controlling
Organisationseinheit C
„Dotted Line“-Organisation
Organisationseinheit B
Organisationseinheit A
Geschäftsführung
Dezentrale Organisation
Organisationseinheit B Controlling
Organisationseinheit A Controlling
Controlling
Zentrales
2004: 25% 2006: 31%
Controlling
Organisationseinheit D
Controlling
Organisationseinheit C
Geschäftsführung
Zentrale Organisation
Empirische Erkenntnisse
Seite 46
Empirische Erkenntnisse Seite 47
Wird sich der Trend zu zentralen Controlling-Organisationen aus Ihrer Sicht in den nächsten 2-3 Jahren fortsetzen?
Ja, ich sehe den Trend zu zentralen Controlling-Organisationen.
1 56 %
2
Nein, aus meiner Sicht werden sich in den nächsten 2-3 Jahren keine wesentlichen Änderungen in der organisatorischen Ausrichtung von Controlling-Organisationen ergeben.
36 %
3
Im Gegenteil, der Trend zur Zentralisierung wird sich eher in Richtung dezentraler Controlling-Organisationen umkehren.
8% Abb. 7: Prognose zur weiteren Zentralisierung des Controlling
Zu mçglichen Ursachen dieses Trends wurde folgende Frage gestellt: „Bei der Dotted-Line-Organisation ist der Controller fachlich im zentralen Controlling aufgehngt, disziplinarisch jedoch im dezentralen Bereich. Welche Ursachen sehen Sie fr den Trend weg von der Dotted Line?“ Bei den Antworten zeichnete sich ein deutliches Bild ab. 58 % der anwesenden Personen antworteten mit: „Zu starke Orientierung des dezentralen Controlling am Management vor Ort.“ 46 % gaben als Grund an: „Mangelnder Durchgriff zur Standardisierung und Harmonisierung aus dem zentralen Controlling in die dezentralen Bereiche.“ Und 44 % der Anwesenden whlten die Antwort: „Schwieriger Ausgleich der Interessen des Gesamtunternehmens, der Zentrale und der dezentralen Einheiten.“ Die erfolgreiche Arbeit in einer Dotted-Line-Organisation ist somit noch strker als in den beiden anderen Organisationsformen von den so genannten „weichen“ Faktoren, d. h. dem Vertrauen der Akteure untereinander sowie deren Kommunikationsbereitschaft und -fhigkeit abhngig. Es ergeben sich entsprechend hohe Anforderungen nicht nur fachlicher Natur, sondern insbesondere hinsichtlich der Kommunikationsstrke und Robustheit an die Mitarbeiter des Controlling.
Vielfltige Ursachen
47
Empirische Erkenntnisse Seite 48
3.2 Prozessorientierung
Aufgabenfelder des Controlling
Zu den Aufgabenschwerpunkten von Controlling-Organisationen geben die Daten des Horvth & Partners CFO-Panels Aufschluss. Im Vordergrund der dargestellten Auswertung steht dabei die Ressourcenverteilung auf die wesentlichen Controlling-Prozesse wie die Planung, das Reporting oder die Kostenrechnung. Als Indikator bzw. Ressourcenkennzahl wird die Anzahl der Controlling-Mitarbeiter in das Verhltnis zu den Gesamtmitarbeitern der Organisation gesetzt. ber die Normierung Personenjahre (PJ) im Controlling/1.000 Mitarbeiter Gesamt (MA) lsst sich der Vergleich zwischen den Unternehmen durchfhren (s. Abb. 8). Benchmark
Prozess
(PJ pro 1000 MA)
Strategische Planung
∅ 0,59
Operative Planung, Budgetierung
∅ 1,56 ∅ 1,78
Management Reporting
∅ 1,42
Kostenrechnung und Kalkulation Projekt- und Investitions-Controlling
∅ 0,68
Beteiligungs-Controlling
∅ 0,58
F+E-Controlling
∅ 0,53 ∅ 0,71
Produktions-Controlling
∅ 1,37
Vertriebs-Controlling ∅ 0,29
Weiterentwicklung der Methoden
∅ 10,14*
Controlling gesamt * Gesamtressourcen nicht additiv bestimmbar aufgrund unterschiedlicher Grundgesamtheiten
Abb. 8: Ressourcenverteilung nach Controlling-Prozessen
Es wird deutlich, dass die wesentlichen Controlling-Ressourcen auf die Standardaufgaben Planung, Reporting und Kostenrechnung/ Kalkulation fokussieren. Jedoch wird auch das Vertriebs-Controlling im CFO-Panel-Durchschnitt als eine berdurchschnittlich bedeutende Aufgabe angesehen. Spezialisierung im Controlling
Inwieweit sich aus der Aufgabenstruktur evtl. Spezialisierungsrichtungen fr die Controlling-Organisation ergeben, versucht Weber nachzugehen.18 Als ein Ergebnis lsst sich zeigen, dass die Anzahl der Spezialisierungsrichtungen in erster Linie von der Grçße 18
48
Vgl. Weber et al. (2006), S. 26.
Empirische Erkenntnisse Seite 49
des Unternehmens abhngt. So weisen Kleinbetriebe mit einer Gesamtmitarbeiterzahl bis zu 500 Mitarbeitern nur 1,7 bzw. 2,3 Controlling-Spezialisierungen auf. Die befragten Unternehmen mit bis zu einer Gesamtmitarbeiterzahl von 5.000 Mitarbeitern schon 3,4 Spezialisierungen und die Großbetriebe im Durchschnitt 5,5 Spezialisierungen ihres Controlling-Bereiches. Abbildung 9 zeigt die Ergebnisse in der bersicht. 6 5,5
5
4 3,4
3 2,3
2
1,7
1
0 < 50
51-500
501-5.000
>5.000
Unternehmensgröße
Abb. 9: Anzahl der Controlling-Spezialisierungen abhngig von der Unternehmensgrçße
Welche Konsequenzen die Aufgabenfelder und notwendigen Spezialisierungen fr die interne Struktur der Controlling-Organisation und damit den Aufbau des Controlling-Bereichs haben, wird im Folgenden diskutiert.
3.3
Aufbau des Controlling-Bereichs
Fr den Aufbau des Controlling-Bereichs sind in der Praxis folgende drei wesentliche Varianten gelufig: e Aufbau orientiert nach den Aufgabenfeldern des Controlling (z. B. Planung, Reporting oder Kostenrechnung), e Aufbau nach den verschiedenen Geschftsbereichen des Unternehmens, e Synthese der beiden Anstze innerhalb einer zweidimensionalen Matrix.
49
Empirische Erkenntnisse Seite 50
Die Studie „Controllerorganisation in deutschen Unternehmen“ von Weber aus 2001 zeigt folgende Ergebnisse: Die Mehrheit der befragten Unternehmen weist mit ungefhr 43 % einen Controlling-Bereich auf, der funktional bzw. nach Aufgabenfeldern gegliedert ist, 26 % bevorzugen eine Ausrichtung des Controlling an den Geschftsbereichen und 31 % eine Matrixlçsung. Die empirischen Erkenntnisse des Horvth & Partners CFO-Panels aus 2006 besttigen einen hnlichen Trend. Whrend 42 % der Unternehmen eine Organisation nach Aufgabenfeldern vorziehen, bevorzugen 42 % die Matrixlçsung und 16 % eine Ausrichtung des zentralen Controlling an den Geschftsbereichen.
Weber-Studie 2001
CFO-Panel 2006
43%
42%
31% Aufgaben
42%
Geschäftsbereiche Matrix
16%
26%
Abb. 10: Aufbau des Controlling-Bereichs nach Aufgaben, Geschftsbereichen und als Matrixlçsung
Kein eindeutiger Favorit
Allerdings sehen die Teilnehmer der CFO-Panel-Meetings eine zuknftige Entwicklung noch strker in die Geschftsbereichsorientierung der Controlling-Organisation. Fr 58 % der Teilnehmer wird die Matrixlçsung als die optimale Organisationsform angesehen. Whrend 35 % eine Orientierung des zentralen Controlling zu Gunsten der zweiten Fhrungsstruktur (Geschftsbereiche, Regionen oder Produkte) befrworten, sehen lediglich 7 % der Teilnehmer die meisten Vorteile in der Orientierung nach Aufgabenfeldern.
Geschftsverstndnis als Basis
Die Ergebnisse des Horvth & Partners CFO-Panels und der Studie „Controllerorganisation in deutschen Unternehmen“ sind geradezu bezeichnend fr den Konflikt, einerseits eine hohe betriebswirtschaftliche Fach- und Methodenkompetenz und anderseits ein tiefes Verstndnis fr die einzelnen Geschftsmodelle des Unternehmens
50
Empirische Erkenntnisse Seite 51 bereitzustellen.19 In der Vereinbarkeit dieser beiden Kompetenzsegmente liegt ein Schlssel auf dem Weg zum Best Practice Controlling. Mit dem Ziel, zu effektiveren Lçsungen zu gelangen, besteht die radikalste Neuerung innovativer Controlling-Organisationen in der Trennung zweier Schwesteraufgaben des Controlling: „ControllingProduktion“ im Sinne der Erstellung von Transparenz und „Geschfts-Controlling“ als Sparringspartner des Managements auf Basis der Transparenz. Das „Geschfts-Controlling“ soll dabei die notwendigen Impulse fr die Entwicklung des Geschfts liefern und die „Controlling-Produktion“ die notwendigen Controlling-Basisleistungen, wie Planung oder Reporting, erbringen. Dieses Controlling-Modell ist im Kontext einer gewachsenen Erwartungshaltung an die Rolle der kaufmnnischen Geschftsfhrung bzw. des CFO zu verstehen und verndert dadurch das Selbstverstndnis des Controlling.20
3.4
Controlling-Ressourcen
Die Frage nach der optimalen Anzahl von Controllern im Unternehmen ist insbesondere in jngerer Zeit eine der spannendsten. Als Orientierungskennzahl greift das Horvth & Partners CFO-Panel dabei auf das Verhltnis der Anzahl der Controlling-Mitarbeiter zur Gesamtmitarbeiteranzahl im Unternehmen zurck. Damit waren im Kalenderjahr 2006 laut dem Durchschnittswert des CFO-Panels 10,14 Personenjahre (oder auch Full Time Equivalents) pro 1.000 Mitarbeiter (PJ/1000 MA) im Controlling der teilnehmenden Unternehmen gebunden. Zu beachten ist, dass dieser Durchschnittswert einen Querschnitt ber das gesamte CFO-Panel darstellt und damit unabhngig von der Branche, der Unternehmensgrçße oder der Unternehmensstruktur errechnet wurde. Deutlich dezidiertere Aussagen lassen sich aus den detaillierteren Daten des Horvth & Partners CFO-Panels ableiten, die den teilnehmenden Unternehmen bereitgestellt werden.
Orientierungskennzahl
Weber hat in seiner Studie „Controlling 2006 – Stand und Perspektiven“ den Zusammenhang zwischen Mitarbeitern im Controlling und Unternehmensgrçße dargestellt. Abbildung 11 zeigt die Ergebnisse dieses Zusammenhangs detailliert auf.
Unternehmensgrçße entscheidend
19 20
Vgl. Weber et al. (2001), S. 15. Vgl. Weber (2006), S. 8 – 10. Siehe hierzu auch die Beitrge von Michel sowie Dressler im Kapitel 3 dieses Buches.
51
Empirische Erkenntnisse Seite 52
100%
95% 87%
80% 66%
60% 1-4 Controller 5-10 Controller 11-25 Controller 38%
40%
> 25 Controller 33%
20%
18%
20% 10% 3%
9%
11% 5%
2%
0%
1% 2%
0% < 50
51-500
501-5.000
>5.000
Abb. 11: Zusammenhang zwischen Controlling-Mitarbeitern und Gesamtmitarbeiterzahl
Diese Korrelationsbetrachtung besttigt die schon vermutete Annahme: Je grçßer das Unternehmen, desto mehr Controller sind in diesem Unternehmen gebunden. Die Kleinbetriebe von bis zu 500 Mitarbeitern unterstreichen diese Vermutung. Kaum einer der Befragten beschftigt mehr als 1 – 4 Controller. Die Mittelbetriebe mit bis zu 5.000 Mitarbeitern lassen dagegen keine so klare Tendenz zu. Die Mehrheit der Unternehmen gab zwar an, 1 – 4 Controller zu besitzen, whrend die Zahl der Unternehmen, die mehr als 25 Controller beschftigen, verschwindend gering ist, nichtsdestotrotz ergibt sich im Gegensatz zu den Kleinbetrieben eine Verlagerung zu mehr beschftigten Controllern im Unternehmen. 33 % und 20 % der befragten Unternehmen beschftigen immerhin 5-10 Controller bzw. 11 – 25 Controller. Bei den grçßeren Betrieben ergibt sich, entsprechend der o. a. Annahme, im Gegensatz zu den Kleinbetrieben ein gegenlufiges Bild. Der Anteil der Unternehmen, die 1 – 4 Controller beschftigen, ist nahezu gering. Die meisten Unternehmen beschftigen in dieser Grçßeneinheit mehr als 25 Controller. Kritische Wrdigung
52
Obwohl die Benchmarking-Werte des CFO-Panels und der Studie von Weber eine recht gute Grundlage fr eine Diskussion darstellen, wird diese insbesondere vor dem Hintergrund von Rationalisierungsbemhungen vieler Unternehmen in ihren administrativen Bereichen oftmals zu einseitig gefhrt. Gerade die Frage nach der Leistung und damit dem Output einer Controlling-Organisation bleibt vielfach unbeantwortet:
Empirische Erkenntnisse Seite 53
e Was leistet das Controlling tatschlich im Rahmen der Unternehmenssteuerung und der Untersttzung des Managements mit Hilfe seiner Prozesse Planung und Reporting? e Welchen Einfluss auf das strategische Management und das Tagesgeschft hat das Controlling wirklich? e Wie schnell, detailliert und korrekt werden die ControllingInformationen erhoben und bereitgestellt? Erst wenn diese Fragen z. B. mit Hilfe von Best-Practice-Vergleichen beantwortet und den Input-Grçßen wie der Anzahl der Mitarbeiter im Controlling gegenbergestellt werden, kann fundiert ber den Handlungsbedarf bei der Ressourcenausstattung diskutiert werden. Schnell wird an dieser Stelle deutlich, dass entscheidende Treiber fr die Effektivitt und Effizienz des Controlling die fachlichen Qualifikationen, die sozialen Kompetenzen und das Geschftsverstndnis der Controlling-Mitarbeiter sind. Daher werden im Rahmen des Horvth & Partners CFO-Panels als ein Anhaltspunkt auch die fachbezogenen Qualifikationen der Mitarbeiter im Controlling untersucht. Unterschieden wird hierbei zwischen zentralem und dezentralem Controlling. Zentrales Controlling
Qualifikation als Schlssel
Dezentrales Controlling
7,71%
10,67%
7,13%
64,34%
11,13%
Wirtschaftswiss. Studium
Techn. Studium
30,81%
72,36% Kaufm. Ausbildung
42,74%
Techn. Ausbildung
Sonstiges
16,50% 11,25%
Abb. 12: Fachbezogene Qualifikationen der Controlling-Mitarbeiter
Ein hoher Anspruch an die fachlichen Qualifikationen der Mitarbeiter besteht sowohl im zentralen als auch im dezentralen Controlling. Ein absolviertes Hochschulstudium erscheint in den meisten zu besetzenden Positionen Grundvoraussetzung. Viele der im Controlling ttigen Mitarbeiter verfgen darber hinaus ber eine kaufmnnische Ausbildung. Mitarbeiter, die eine technische
53
Empirische Erkenntnisse Seite 54
Ausbildung abgeschlossen haben, gehçren dagegen im ControllingBereich eher zu der Minderheit.
4
Schlussbetrachtung
Der Aufbau oder Umbau des Controlling-Bereichs zu einer BestPractice-Organisation kann durch vielfltigste Gestaltungsparameter in unterschiedlichster Ausprgung realisiert werden. Dies machen die empirischen Erkenntnisse der untersuchten Studien deutlich. Es gibt keinen eindeutigen Favoriten fr die „richtige“ Controlling-Organisation. Die dargestellten Ergebnisse zeigen lediglich Trends auf. Allerdings wird klar, dass die beiden entscheidenden Einflussfaktoren – Steuerungsmodell und Fhrungsverstndnis – einen hçheren Stellenwert in der Diskussion um die Weiterentwicklung von Controlling-Organisationen spielen werden. Nur damit lassen sich situative Ideallçsungen finden. Weitere empirische Untersuchungen im Zusammenhang mit Controlling-Organisationen empfehlen sich insbesondere in diesem Bereich und damit im Wesentlichen im Bereich der Akteure von Management- und Controlling-Organisationen.
5
Literaturhinweise
Horvth, P. (2006): Controlling, 10. Aufl., Mnchen 2006. Horvth & Partners (2006): Das Controllingkonzept – Der Weg zu einem wirkungsvollen Controllingsystem, 6. Aufl., Mnchen 2006. Horvth & Partners CFO-Panel, www.cfo-panel.de. Mller, M.; Schmidt, H. (2006): Controlling-Organisation: BestPractice-Impulse und Lçsungsanstze, in: Der Controlling-Berater, o. Jg. (2006), H. 6, S. 711 – 730. Weber, J. (2006): Zum Zusammenspiel von zentralem und dezentralem Controlling, in: Zeitschrift fr Controlling & Management, 50. Jg. (2006), H. 4, S. 211 – 217. Weber, J.; Hirsch, B.; Rambusch, R.; Schlter, H.; Soll, F.; Spatz, A. (2006): Controlling 2006 – Stand und Perspektiven, Vallendar 2006. Weber, J.; Hunold, C.; Prenzler, C.; Thust, S. (2001): Controllerorganisation in deutschen Unternehmen, Vallendar 2001. 54
Organisationstheorie Seite 55
Anstze der Organisationstheorien und ihr Beitrag zur Gestaltung der Controlling-Organisation n Die Erkenntnisse aus neueren Organisationstheorien sind bis jetzt nur ungengend in der Controlling-Literatur und -praxis bercksichtigt. n Dieser Beitrag nimmt eine kritische Bestandsaufnahme zum Thema Organisationstheorien und Controlling vor. n Es werden die organisatorischen Themenbereiche aufgezeigt, bei denen ein Transfer besonders nutzbringend erscheint. Inhalt
Seite
1
Zielsetzung des Beitrags ...........................................................
56
2
Controlling als Organisationsphnomen .................................
56
3
Organisationstheorien und Organisationsgestaltung – State of the Art ..........................................................................
60
Organisationstheorien und Gestaltung der Controlling-Organisation ..........................................................
67
5
Fazit: Organisations-Controlling erforderlich .........................
69
6
Literaturhinweise .......................................................................
70
4
n Der Autor Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Pter Horvth, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Horvth AG und Geschftsfhrer des International Performance Research Institute (IPRI).
55
Organisationstheorie Seite 56
1 Theoriedefizit im Controlling
Zielsetzung des Beitrags
Welchen Beitrag leisten Organisationstheorien zur organisatorischen Gestaltung des Controllings? Schlgt man die gngigen Lehrbcher des Controllings auf, so stellt man fest, dass in ihnen organisatorische Fragen des Controllings relativ knapp behandelt werden. Typischerweise stellen dabei die aufbauorganisatorischen Aspekte wie Hierarchie und Kompetenz im Vordergrund. Vieles andere, was State of the Art in der Organisationstheorie ist, wird nicht behandelt. Die Zielsetzung dieses Beitrags ist, darauf hinzuweisen, dass wir angesichts der Herausforderungen an das Controlling viel intensiver als bisher auf Erkenntnisse der modernen Organisationstheorien und auf Gestaltungsempfehlungen der Organisationsgestaltung zurckgreifen mssen. Wir wollen aufzeigen, dass hier bisher nur ein Teiltransfer in die Controlling-Literatur und damit in die Controlling-Praxis erfolgte. Auch soll herausgearbeitet werden, welche organisatorischen Anstze von besonderer Bedeutung fr die Meisterung aktueller Herausforderungen sind. Die Ausgangsthese dieses Beitrages ist: Sowohl in der praktischen als auch in der eher theoretisch orientierten Controlling-Literatur wird der heutige Stand der Organisationstheorie nicht gengend rezipiert. Hierdurch entgehen auch der Controlling-Praxis wichtige Erkenntnisse, die zur hçheren Effizienz und Effektivitt beitragen kçnnten.
2 Organisationsphnomen Controlling
Controlling als Organisationsphnomen
Controlling war und ist zunchst ein Organisationsphnomen der Praxis. „The controllership may be considered, (therefore), as a logical outgrowth of the offices of secretary and treasurer when it became necessary, because of the large volume of accounting work involved, or advantageous for other reasons, to separate the accounting functions from the secretarial and financial functions of the corporate business.“1 Jackson erlutert und belegt in seinem wichtigen Buch zur Entstehung des Controllings in den USA, wie diese Aufgabe als funktionale und organisatorische Konsequenz von Wachstum und Komplexitt der Unternehmen zu Beginn der industriellen Revolution des 19. Jahrhunderts entstanden ist. Die frhen amerikanischen Darstellungen des Controllings heben stark die organisatorischen 1
56
Jackson (1949), S. 9.
Organisationstheorie Seite 57
Aspekte des „Controllership“ hervor; so z. B.: die klassische empirische Untersuchung des spteren Nobelpreistrgers Herbert A. Simon zur Zentralisation und Dezentralisation der ControllingAbteilung.2 Anthony und Dearden stellen in ihrem grundlegenden Buch ber Management Control Systems ebenfalls die Prozess- und Strukturaspekte der Steuerung in den Mittelpunkt.3 In Fortsetzung dieser Tradition ist auch das bekannte Konzept von Robert Simons zu sehen: „Management Control Systems are the formal, information-based routines and procedures managers use to maintain or alter patterns in organizational activities.“4 Der Controller ist der „Management Accountant“ der Organisation. Das interne Rechnungswesen liefert ja die informatorische Basis fr das Management Control. In der frheren amerikanischen Literatur zu Management Accounting waren allerdings organisatorische Aspekte eher ausgeblendet.5 Erst die neueren Darstellungen bringen auch Ausfhrungen zu organisatorischen Themen,6 allerdings meist als kurzes Schlusskapitel.
„Kstchenbilder“ dominieren
Generell lsst sich feststellen, dass Erkenntnisse aus der neueren Organisationstheorie in der gngigen amerikanischen Lehrbuchliteratur zu Management Control und Management Accounting nicht rezipiert werden. Man bleibt bei den vertrauten „Kstchenbildern“ als Quintessenz organisatorischer Analyse. Die Notwendigkeit, zu prfen, welche neuen Erkenntnisse Organisationstheorien fr das Controlling liefern, liegt daher auf der Hand (sehr verdienstvoll ist der Ansatz, den die von Anthony Hopwood herausgegebene Zeitschrift „Accounting, Organizations and Society“ zu diesem Thema verfolgt). Wie steht es mit der deutschsprachigen Literatur? Auch hier lsst sich im Prinzip hnliches feststellen wie im englischsprachigen Schrifttum: Die Controlling-Lehrbcher beinhalten durchaus prozessuale und strukturelle Themen mit dem Schwerpunkt der eben erwhnten „Kstchen“. In den Darstellungen zur Kosten- und Leistungsrechung fehlt meist jeglicher Hinweis auf organisatorische Aspekte.7 Um diese Aussagen zu konkretisieren, sei im Folgenden eine Auswertung zu den organisatorischen Inhalten gngiger deutschsprachiger Controlling-Lehrbcher wiedergegeben (vgl. Abbildungen 1 und 2). 2 3 4 5 6 7
Vgl. Simon et al. (1964). Vgl. Anthony; Dearden (1976), S. 8 ff. Vgl. Simons (1995), S. 5. Vgl. dazu noch z. B. Shillinglaw (1982). Vgl. dazu z. B. Atkinson et al. (1997). Vgl. z. B. Coenenberg (2003).
57
58
907
595
Horvth, Pter: Controlling, 10. Aufl., Mnchen 2006
Kpper, Hans-Ulrich: Controlling – Konzeption, Aufgaben und Instrumente, 4. Aufl., Stuttgart 2005
Gesamtumfang (Seiten)
„Organisation des Controllings“ (34)
„Gesamtorganisation des Controllings“ (86)
Kapitel zur Organisation des Controller-Bereichs, Umfang (Seiten)
e Gestaltungsvariablen
e Bestimmung der Effizienz des Controllings
e Ablauforganisatorische Probleme
e Anforderungen an den Controller
e Gestaltung und Einordnung
e Einflussgrçßen
e Einfhrung und Reorganisation
e Anforderungen an den Controller
e Neue Institutionençkonomie (66 ff.)
e Entscheidungstheorie (51 ff.)
e Neue Institutionençkonomie (125 ff.)
e Kontextorientierter Ansatz (804 ff.)
e Bereichs-Controlling e Netzwerke
e Systemtheorie (81 ff.)
Im Buch explizit behandelte organisationstheoretische Themen (Seiten)
e Kontextfaktoren
Strukturierung dieses Kapitels
e Koordination der Organisation mit anderen Fhrungsteilsystemen (282 ff.)
e Effizienz des Controllings (544 ff.)
e Einfhrung einer ControllingOrganisation (540 ff.)
e Einfhrung und Reorganisation des Controlling-Systems (863 ff.)
Im Buch explizit behandelte Organisationsgestaltungsfragen (Seiten)
Organisationstheorie
Seite 58
488
Weber, Jrgen; Schffer, Utz: Einfhrung in das Controlling, 11. Aufl., Stuttgart 2006 „Gestaltung der Controllership“ (81)
„Die ControllingInstitutionen“ (4)
Kapitel zur Organisation des Controller-Bereichs, Umfang (Seiten)
e Organisation des Controller-Bereichs
e Ausgewhlte Positionierungsinstrumente
e Strategische Positionierung des Controller-Bereichs
e Grundstrukturen der Gestaltungsaufgabe
e Grundstzlicher Gestaltungsspielraum
e Controlling-Stellen e Kompetenzverteilung
Keine Untergliederung. Behandelte Themen:
Strukturierung dieses Kapitels
Abb. 1: Organisationstheorien in Controlling-Lehrbchern
949
Reichmann, Thomas: Controlling mit Kennzahlen und Managementberichten, 7. Aufl., Mnchen 2006
Gesamtumfang (Seiten)
e Neue Institutionençkonomie (25 ff.)
keine
Im Buch explizit behandelte organisationstheoretische Themen (Seiten)
e Strategische Positionierung des Controllings (419 ff.)
keine
Im Buch explizit behandelte Organisationsgestaltungsfragen (Seiten)
Organisationstheorie Seite 59
59
Organisationstheorie Seite 60
Organisatorische Gestaltungsaspekte des Controllings
Horvth
Kpper
Reichmann
Weber, Schffer
Hierarchische Einordnung
S. 814 ff. S. 526 ff.
-
S. 459 f.
Aufgabenzuordnung
S. 822 f.
-
S. 458 f.
Zentralisation, Dezentralisation
S. 811 ff. S. 529 ff.
S. 17
S. 456 ff.
Kompetenzen
S. 818 ff. S. 518 ff.
S. 16
S. 436 ff.
Spezialisierung
S. 844 ff. S. 431 ff.
-
-
Ablauforganisation (Prozessorientierung) S. 834 ff. S. 540 ff.
-
-
Anforderungen an die Person
S. 860 ff. S. 536 ff.
-
S. 428 ff.
Selbst-Controlling
S. 839 ff.
-
-
-
Unternehmensbergreifendes Controlling
S. 853 ff.
-
-
-
S. 518 ff.
Abb. 2: Organisatorische Gestaltungsaspekte des Controllings in Controlling-Lehrbchern
Als Fazit ergibt sich aus der Auswertung, dass die Erkenntnisse der neueren Organisationstheorie noch nicht den Weg in die Controlling-Literatur gefunden haben. Es ist daher zu prfen, welchen Wissenszuwachs dem Controlling aus der Organisationstheorie erwachsen kçnnte.
3
berblick Organisationstheorien
Kaum ein Begriff in der Betriebswirtschaftslehre hat eine so diffuse Bedeutung wie der der Organisation. In der betriebswirtschaftlichen Fachdiskussion war zunchst das instrumentelle Organisationsverstndnis vorherrschend:8 Organisation als ein Regelsystem ist das Ergebnis eines Gestaltungsprozesses zur Sicherstellung der unternehmerischen Zielerreichung („Die Unternehmung hat eine Organisation.“). Spter hat der institutionelle Organisationsbegriff den 8
60
Organisationstheorien und Organisationsgestaltung – State of the Art
Vgl. hierzu im Folgenden Schreyçgg; v. Werder (2004), S. 867 ff.
Organisationstheorie Seite 61
Blickwinkel erweitert und die Sicht auf die Organisation als eine Institution gelenkt: Die Unternehmung als Ganzes wird als Organisation angesehen („Die Unternehmung ist eine Organisation.“). Die Organisationstheorien bilden ein weites und vielfach widersprchliches Spektrum organisatorischer Sachverhalte ab. Vielfach sind sie interdisziplinr angelegt. Die wissenschaftliche Erklrungssuche fhrt zu einem verwirrenden Gesamtbild der Organisation. Die Organisationsgestaltung (Organisational Design) will Empfehlungen zur zielfhrenden Gestaltung der Organisation auf den verschiedenen Ebenen (Individuum, Bereich, Gesamtunternehmung) erarbeiten, was natrlich angesichts der zugrunde liegenden Theorievielfalt sehr unterschiedlich ausfallen kann. Die Organisationstheorie ist keine einheitliche Disziplin. Unterschiedliche Theorieanstze stehen im Wettbewerb um Akzeptanz in Theorie und Praxis. Umso wichtiger scheint die Diskussion um die Beurteilung und damit Relevanz der verschiedenen Anstze. Hierbei lautet die erste Frage: Nach welchen Rastern lassen sich die Anstze ordnen? Wir stimmen Schreyçgg9 zu, dass das beste Verstndnis fr eine Disziplin aus ihren geschichtlichen Entwicklungen gewonnen werden kann. Er unterscheidet nach Scott (1961) drei Phasen der Organisationstheorie:
Klassische und moderne Organisationstheorien
e Klassische Organisationstheorien e Neoklassische Organisationstheorien e „Moderne“ Organisationstheorien. Die klassischen Organisationstheorien hatten ein eher instrumentelles Organisationsverstndnis, die neoklassischen und „modernen“ Organisationstheorien sind eher institutional angelegt. Im Folgenden (s. Abbildungen 3 bis 5) sind die wichtigsten theoretischen Anstze zusammengestellt.10 Die Zusammenstellung weist darauf hin, dass die Controlling-Literatur in der Adaption der Erkenntnisse der Organisationstheorie in der Tat noch Defizite aufweist. Man bewegt sich noch vorrangig im Feld der klassischen Organisationstheorie. Neoklassische und moderne Anstze fanden erst nur fragmentarisch Eingang ins Controlling-Wissen.
9 10
Vgl. dazu Schreyçgg; v. Werder (2004a), Sp. 1069 ff. Vgl. dazu Kieser (2002); Frese (2005) und die dort angegebene Literatur.
61
Organisationstheorie Seite 62
Verschiedene Anstze
Wesentliche Aussagen
Brokratie-Ansatz (Weber, 1921)
e Hierarchisierung e Funktionale Arbeitsteilung und Spezialisierung e Formalisierung e Regelgebundenheit
Administrativer Ansatz (Fayol, 1916; Kosiol, 1976)
e Organisation als Regelsystematik e Managementprinzipien e Organisation als logischkonstruktive Aufgabe
Arbeitswissenschaftlicher Ansatz (Taylor, 1911/1913)
e Optimierung des operativen Arbeitsvollzugs durch Arbeitsteilung, Spezialisierung, Standardisierung und Routinisierung
fi Der Mensch als mechanisches Vollzugsorgan in einer rigiden Struktur Abb. 3: Klassische Organisationstheorien: Der Mensch als mechanistisches Vollzugsorgan in einer rigiden Struktur
Verschiedene Anstze
Wesentliche Aussagen
Human-Relations-Ansatz (Hawthorne-Experiment, Roethlisberger; Dickson, 1975)
e Soziale Beziehungen als Motivator
Anreiz-Beitrags-Theorie (Barnard, 1938)
e Unternehmung als System von Handlungen
e Informelle Regeln und Organisation
e Gleichgewicht zwischen „Anreizen“ und Beitrgen ist durch Fhrung sicherzustellen fi Der Mensch als Organisationsakteur mit eigenen Motiven und Interessen Abb. 4: Neoklassische Theorie: Der Mensch als Organisationsakteur mit eigenen Motiven und Interessen
62
Organisationstheorie Seite 63
Verschiedene Anstze
Wesentliche Aussagen
Human-Ressourcen-Ansatz (McGregor, 1960; Argyris, 1964)
e Motivationsorientierte Gestaltung von Strukturen und Prozessen e Abstimmung zwischen individueller Bedrfnisbefriedigung und çkonomischer Zielentwicklung
Strukturalistischer Ansatz (kontextorientierter Ansatz) (Lawrence; Lorsch, 1967)
e Organisationsstrukturen sind von situativen Bedingungsfaktoren (Kontingenzen) abhngig e Messung von Effizienz und Effektivitt von Organisationsstrukturen
Entscheidungsorientierte Anstze (March, 1958; Marschak, 1955)
e Kalkle der Entscheidungstheorie als Basis der Organisationsgestaltung e Einfluss von organisatorischen Regelungen auf das Entscheidungsverhalten
Mikroçkonomischer Ansatz – Neue Institutionsçkonomik (Coase, 1937; Williamson, 1975)
e Individuelle Nutzenoptimierung („Opportunismus“) bei unvollkommener Information als Basis der Organisationsstrukturierung e Transaktionskosten bestimmen die Organisationsstrukturen e Organisation ist die Zuordnung von Verfgungselementen e Informationsasymmetrie zwischen Prinzipal und Agenten bestimmen die Organisationsgestaltung
63
Organisationstheorie Seite 64
Verschiedene Anstze
Wesentliche Aussagen
Systemtheoretische Anstze (Wiener, 1948)
e Ganzheitliche Sicht der Organisation als abgestimmte Gesamtheit von Teilsystemen e System/Umweltverhltnis wird thematisiert e Komplexittsbewltigung durch Organisationsgestaltung
Abb. 5: Moderne Organisationstheorien
Das eben Gesagte gilt nicht nur fr das Thema Organisationstheorien, sondern auch fr das Feld der Organisationsgestaltung (Organisation Design).11 Gerade die fr die organisatorische Gestaltung der Steuerung wesentlichen Verhaltensgrundlagen (vgl. dazu Abb. 6) werden in der Controlling-Literatur noch nicht systematisch bercksichtigt. Hierzu wrde sich ein weiteres Feld zum Controlling-Ansatz der Rationalisierungssicherung auftun.12
V e rh al te n i m Si n ne d e r Unternehmensziele V erhal ten im S inn e der Individualziele
Vollständig intendiertrationales Verh al ten
Tatsächliches Verhalten ( te i l s i n t e n d i e r t - r a t i o n a l e s , teils opportunistisches Ve rh a lt en )
Vollständig opportu nist is ches Verhalten
Prämisse des Rationalansatzes
Fo kus des handl ung srealen Ansat zes
Prämisse des Opportunismusansatzes
Abb. 6: Verhaltensgrundlagen organisationstheoretischer Anstze13 11 12 13
64
Vgl. dazu v. Werder (2004). Vgl. dazu Schffer (2006). Vgl. v. Werder (2004), Sp. 1094.
Organisationstheorie Seite 65
Da gerade fr das anwendungsorientierte Controlling Gestaltungsfragen von besonderer Bedeutung sind, sei auf einige Punkte grundstzlicher Natur hingewiesen. Die Organisationsgestaltung befasst sich mit der konkreten und bewussten Ausformung von Organisationen im Sinne der Theorieanwendung. Angesichts der Vielzahl der theoretischen Anstze in der Organisationsgestaltung ist dies ein in hçchstem Maße selektives Unterfangen. Man hat hier grundstzlich zwei Mçglichkeiten: Entweder geht man auf der Basis eines einzelnen Theorieansatzes vor oder man legt sich einen Mix aus verschiedenen Anstzen als Grundlage des Vorgehens zusammen.
Organisationsgestaltung
In der Organisationspraxis dominiert der hybride Ansatz, bei dem explizit oder implizit ein Theoriemix der Ausgangspunkt ist. Vielfach ist in der Praxisdarstellung das „Rezeptartige“ vorherrschend, indem man eine theorielose Checklist im Sinne der vermeintlichen Plausibilitt zugrunde legt. Die Organisationsgestaltung kann auf verschiedenen Ebenen der Organisation stattfinden (Individuum, Bereich, Gesamtunternehmen). Ein Organisationsgestaltungsansatz verkçrpert immer einen „gefilterten“ Ausschnitt aus der Theoriewelt. Als Beispiel eines Organisationsgestaltungssystems sei hier der Vorschlag von Simons genannt.14 Er sieht die Organisation als Vehikel der Strategieumsetzung und definiert „the four Cs’ – that will yield the solution to designing organizations that ensure the successful execution of unique strategies“:15 e e e e
customer definition, critical performance variables, creative tension, commitment to others.
Daraus ergeben sich vier Gestaltungselemente, die aufeinander abgestimmt werden mssen (vgl. dazu Abb. 7).
14 15
Vgl. Simons (2005). Vgl. Simons (2005), S. 19.
65
Organisationstheorie Seite 66
UNIT STRUCTURE
Span of Support Span of Control Customer Definition
SHARED RESPONSIBILITIES
C omm itme nt to Others
Business Strategy
Creative Tension Span of Influence
Critical Performance Variables
DIAGNOSTIC CONTROL SYSTEMS
Span of Accountability
INTERACTIVE NETWORKS
Abb. 7: „Hebel“ der Organisationsgestaltung16
Zugrunde liegt dem Gestaltungssystem von Simons eine implizite Auswahl aus verschiedenen Theorieanstzen der klassischen und der neoklassischen Theorie, die ein stark statisch orientiertes und mit Regeln festgelegtes System der Organisation zum Ergebnis hat, wobei realistisch ein teils intendiert-rationales, teils opportunistisches Verhalten der Organisationsmitglieder zugrunde gelegt wird. Ablauforganisatorische Aspekte (Prozessorganisation), Motivationsfragen und Entscheidungsstrategien werden nicht weiter thematisiert. Auch das Thema der Kontingenzen wird von ihm nicht weiter vertieft. Das Beispiel von Simons weist auf die Notwendigkeit hin, sich in der praktischen Organisationsarbeit mit den Mçglichkeiten und Limitationen der verwendeten „Rezepte“ bewusst auseinanderzusetzen. Im Mittelpunkt der Organisationsgestaltung steht die Beurteilung der Zweckmßigkeit (Effektivitt) und der Wirtschaftlichkeit i. e. S. (Effizienz einer Lçsung). Eine solche Bewertung ist sowohl zur Beurteilung der Ist-Situation der Organisation als auch zur Beurteilung der in Frage kommenden Gestaltungsoptionen erfor16
66
Simons (2005), S. 19.
Organisationstheorie Seite 67
derlich. Gerade hier gibt es in der Gestaltung der ControllingOrganisation große Defizite.
4
Organisationstheorien und Gestaltung der Controlling-Organisation
Die Vielfalt der Organisationstheorien ist fr eine anwendungsorientierte Adaption verwirrend. Erforderlich ist daher eine problembezogene Analyse der Anwendbarkeit von Fall zu Fall. Die jeweilige Fragestellung bestimmt, welche organisatorische Perspektive am geeignetsten ist. Insofern wird ein „multitheoretischer Ansatz“ vorgeschlagen. In diesem Zusammenhang ist es von ausschlaggebender Bedeutung, dass die Controlling-Organisation nicht isoliert gesehen werden kann. Sie ist Teil der Gesamtorganisation – und zwar mit allen Facetten der Organisationsgestaltung.
ControllingOrganisation gestalten
Am besten lsst sich der Gesamtzusammenhang mit einem mehrfachen Filterprozess vergleichen: e Nur bestimmte Anstze der Organisationstheorie fließen problemadquat in die Organisationsgestaltungskonzepte (Organisation Design) ein. e Die konkrete Organisation einer Unternehmung als Ergebnis der Organisationsgestaltung setzt bestimmte Teilaspekte der Organisationsgestaltung um. e Fr die Organisation des Controller-Bereichs als Teil der Gesamtorganisation ist ein ausreichender „Fit“ zur Gesamtorganisation herzustellen.
67
Organisationstheorie Seite 68
Organisationstheorien
Filter 1
Organisatorische Herausforderungen
Organisationsgestaltung (Organisation Design) Organisatorische Gestaltungsansätze
Filter 2
Organisation Gesamtunternehmen
Filter 3
Organisatorische Gestaltung des Controllings
Organisation des Controlling-Bereichs Abb. 8: Trichtermodell fr die Organisationsgestaltung des Controlling-Bereichs
Theorietransfer
Dieser Gedankengang ist in der Abb. 8 etwas konkreter dargestellt: In der Praxis sind heute bestimmte Herausforderungen wirksam, die (auch) organisatorische Lçsungen erfordern.17 Diese haben wiederum in der Organisationsgestaltung des Controllings Folgewirkungen, und zwar sowohl in den Aufgabenstellungen als auch in der Organisation (Prozess und Strukturen). Je nach Fragestellung sind unterschiedliche organisationstheoretische Anstze von Relevanz (s. Abb. 9). 17
68
Vgl. dazu z. B. Arbeitskreis „Organisation“ (1996).
Organisationstheorie Seite 69
Organisatorische Herausforderungen
Organisatorischer Lçsungsansatz
Organisatorische Gestaltung des Controllings
Zeitbasierter Wettbewerb
Prozessorganisation
Prozessorientiertes Controlling
Unternehmensbergreifende Arbeitsteilung
Unternehmensbere Unternehmensbergreifende greifendes Wertschçpfungs- Controlling prozesse e Unternehmensnetzwerke
Kostensenkungsnotwendigkeiten
e Shared Services e Outsourcing e Offshoring
e Controlling als Shared Services e Externes Controlling e Controlling Offshore
Opportunistisches Verhalten
Corporate Governance
Compliance Controlling
Zunehmende Risiken
Risikomanagement
Risiko-Controlling
Hçhere Komplexitt Selbstorganisation und Diskontinuitt
Selbst-Controlling
Abb. 9: Organisatorische Herausforderungen an das Controlling
5
Fazit: Organisations-Controlling erforderlich
Angesichts der großen Bedeutung, die die Organisationsgestaltung bei der Bewltigung strategischer Herausforderungen hat, ist es erforderlich, diesem Thema seitens des Controllings mehr Aufmerksamkeit als bisher zu widmen. Wir haben feststellen kçnnen, dass ein wichtiger Aspekt hierbei die adquate Nutzung der Gestaltungspotenziale organisationstheoretischer Anstze ist. Der zweite wichtige Gesichtspunkt ist das systematische Controlling der Organisationsgestaltung. Dies hat fr die Gesamtorganisation, 69
Organisationstheorie Seite 70 OrganisationsControlling auf dem Vormarsch
aber auch selbstverstndlich fr die Controlling-Organisation selbst zu geschehen. Organisations-Controlling hat die Aufgabe der systematischen Begleitung und Untersttzung der Organisationsgestaltung mit dem Ziel der Sicherstellung von Effektivitt und Effizienz, aber auch der Einhaltung von externen wie internen Bestimmungen.18 Damit betritt das Controlling ein schwieriges Feld, weil die Wirtschaftlichkeitsanalyse von Organisationslçsungen angesichts zahlreicher nicht abgrenzbarer Einflussfaktoren nur unvollstndig gelingen kann.19 Hier ist noch weitere konzeptionelle Arbeit in Wissenschaft und Praxis erforderlich.
6
Literaturhinweise
Anthony, R. N.; Dearden, J. (1976): Management Control Systems – Text and Cases, 3. Aufl., Homewood, Ill. 1976. Arbeitskreis „Organisation“ (Hrsg.) (1996): Organisation im Umbruch, in: Zeitschrift fr betriebswirtschaftliche Forschung, 48. Jg. (1996), H. 6, S. 621 – 665. Argyris, C. (1964): Integrating the Individual and the Organization, New York 1964. Atkinson, A. A. et al. (1997): Management Accounting, 2. Aufl., Upper Saddle River N. J. 1997. Austin, R. D. (1996): Measuring and Managing Performance in Organisations, New York 1996. Barnard, C. I. (1938): The Functions of the executive, Cambridge, Mass. 1938. Coase, R. (1937): The Nature of the Firm, in: Economica, 1937, S. 386 – 405. Coenenberg, A. G. (2003): Kostenrechnung und Kostenanalyse, 5. Aufl., Stuttgart 2003. Fischermanns, G. (1996): Organisationscontrolling – Aufgaben, Instrumente und Institutionalisierung, Hamburg 1996. Frese, E. (2005): Grundlagen der Organisation, 9. Aufl., Wiesbaden 2005. Horvth, P. (2006): Controlling, 10. Aufl., Mnchen 2006. 18 19
70
Vgl. dazu Fischermanns (1996); v. Werder et al. (2006). Vgl. dazu Austin (1996).
Organisationstheorie Seite 71
Jackson, J. H. (1949): The Comptroller: His Functions and Organisation, Cambridge, Mass. 1949. Kieser, A. (1996): Moden und Mythen des Organisierens, in: Die Betriebswirtschaft, 56. Jg. (1996), H. 1, S. 21 – 39. Kieser, A. (2002): Organisationstheorien, 5. Aufl., Stuttgart et al. 2002. Kieser, A., Walgenbach T. P. (2003): Organisation, 4. Aufl., Stuttgart 2003. Kpper, H.-U. (2005): Controlling – Konzeption, Aufgaben, Instrumente, 4. Aufl., Stuttgart 2005. McGregor, D. (1960): The human side of enterprise, New York 1960. Reichmann, T. (2006): Controlling mit Kennzahlen und Management-Tools, 7. Aufl., Mnchen 2006. Schreyçgg, G. (2003): Organisation, 4. Aufl., Wiesbaden 2003. Schreyçgg, G.; Werder, A. von (Hrsg.) (2004): Handwçrterbuch Unternehmensfhrung und Organisation (HWO), 4. Aufl., Stuttgart 2004. Schreyçgg, G.; Werder, A. von (2004a): Organisationstheorie, in: Schreyçgg, G.; Werder, A. von (Hrsg.): Handwçrterbuch Unternehmensfhrung und Organisation (HWO), 4. Aufl., Stuttgart 2004, Sp. 1069 – 1088. Schreyçgg, G.; Werder, A. von (2004b): Organisation, in: Schreyçgg, G.; Werder, A. von (Hrsg.): Handwçrterbuch Unternehmensfhrung und Organisation (HWO), 4. Aufl., Stuttgart 2004, Sp. 966 – 977. Scott, W. R. (1961): Organization Theory: An overview and an appraisal, in: Journal of the Academy of Management, Vol. 4 (1961), No. 1, p. 7 – 26. Shillinglaw, G. (1982): Managerial Cost Accounting, 5. Aufl., Homewood, Ill. 1982. Simon, H. A. et al. (1954): Centralisation vs. Decentralisation in Organizing the Controllers Department, New York 1954. Simons, R. (1995): Levers of Control, Boston, Mass. 1995. Simons, R. (2005): Levers of Organization Design, Boston, Mass. 2005. Weber, J.; Schffer, U. (2006): Einfhrung in das Controlling, 11. Aufl., Stuttgart 2006. 71
Organisationstheorie Seite 72
Weber, J.; Schffer, U.; Prenzler, C. (2001): Zur Charakterisierung und Entwicklung von Controllingaufgaben, in: Zeitschrift fr Planung, 12. Jg. (2001), H. 1, S. 25 – 46. Werder, A. von (2004): Organisatorische Gestaltung (Organization Design), in: Schreyçgg, G.; Werder, A. von (Hrsg.): Handwçrterbuch Unternehmensfhrung und Organisation (HWO), 4. Aufl., Stuttgart 2004, Sp. 1088 – 1101. Werder, A. von; Stçber, H.; Grundei, J. (Hrsg.) (2006): Organisationscontrolling – Konzepte und Praxisbeispiele, Wiesbaden 2006.
72
Kapitel 2: Praxisbeispiele
Kapitel 2.1: Strategie und Geschftsmodell als bestimmende Faktoren fr die Controlling-Organisation
Controller als Business Partner Seite 77
Organisation und Ausgestaltung des Controlling in der BASF: Der Controller als Business Partner n „Structure follows Strategy“: Ausgestaltung der BASF-Organisation als dezentrale Profit-Center-Organisation unter Sicherstellung der Nutzung von Synergiepotenzialen. n Die BASF-Controlling-Organisation spiegelt die Anforderungen der BASFOrganisation wider: ein integrierter, globaler „Controlling-Verbund“ mit sowohl zentralen als auch dezentralen Funktionen. Die Rolle des Controllers wurde dabei gestrkt und der Controller zu einem proaktiven Business Partner und Teil des Management-Teams. n Starke Integration von interner und externer Rechnungslegung in der BASF fhrt zu enger Verzahnung von Rechnungswesen und Controlling. Inhalt
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1
Das Unternehmen ......................................................................
79
2
Positionierung des Controlling in der BASF .............................
80
3 3.1 3.2 3.2.1 3.2.2
81 81 83 83
3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.4
Rolle und Selbstverstndnis des Controllers in der BASF ....... Die BASF-Organisation – Structure follows Strategy ................ Die Organisation des Controlling ................................................ Die BASF-Controlling-Organisation ............................................ Wesentliche organisatorische nderungen seit Einfhrung des „Fit for the Future“-Projekts .................................................. Organisatorische Anbindung und Fhrung der BASF-Controller-Community ...................................................... Aufgaben/Kompetenzfelder und aktuelle Herausforderungen des BASF-Controlling ......................................................................... Mission Statement und Kernaufgaben ....................................... Kompetenzfelder der BASF-Controller-Profile ............................ Aktuelle gruppenweite Controlling-Initiativen ............................ Zusammenspiel von Controlling und Rechnungswesen .............
4
Fazit/Ausblick .............................................................................
89
5
Literaturhinweise .......................................................................
90
3.2.3 3.3
83 84 86 86 87 88 89
77
Controller als Business Partner Seite 78
n Die Autoren Manfredo Rbens, Senior Vice President und Head of Corporate Controlling bei der BASF AG. Marc Kçppe, Senior Corporate Controller bei der BASF AG.
78
Controller als Business Partner Seite 79
1
Das Unternehmen
BASF ist das weltweit fhrende Chemieunternehmen. Das Bekenntnis zur Chemie als unser Kerngeschft wird durch den Namenszusatz „The Chemical Company“ zustzlich verdeutlicht. Hauptsitz des Unternehmens ist Ludwigshafen am Rhein; dort betreibt die BASF auch den grçßten zusammenhngenden Chemiestandort der Welt. Unser Portfolio umfasst Chemikalien, Kunststoffe, Veredlungsprodukte, Pflanzenschutz und Ernhrung sowie l und Gas.
The Chemical Company
Zum Zeitpunkt 1.1.2006 wurde das Geschft strategisch gesteuert von zwçlf Unternehmensbereichen, die 57 fr die operative Geschftssteuerung zustndige globale bzw. regionale Geschftseinheiten umfassen (Anm.: Im Zuge der krzlichen Akquisitionen von Degussa Bauchemie und Engelhard ist die Zahl der Unternehmensbereiche zwischenzeitlich auf 14 gestiegen). Untersttzt werden diese in Form einer Matrixorganisation von acht Zentralbereichen und -abteilungen, zehn Competence Centers, die gruppenweite Leistungen erbringen, sowie sechs Regionalbereichen, die das Geschft untersttzen und fr die Infrastruktur sorgen (vgl. Abb. 1).
VORSTAND Corporate Center
Unternehmensbereiche
Competence Center
Region
Geschäftseinheit
Geschäftseinheit
Geschäftseinheit
Geschäftseinheit
Gesellschaft
Geschäftseinheit
Geschäftseinheit
Competence Center
Gesellschaft
Abb. 1: (Matrix-)Organisation der BASF-Gruppe
79
Controller als Business Partner Seite 80
Ein wichtiges BASF-Charakteristikum ist das „Verbundprinzip“, d. h. eine mçglichst optimale Vernetzung von Produktionsbetrieben, Energie- und Abfallstrçmen, Logistik und Infrastruktur sowie der Forschung. Dies stellt eine hoch effiziente Nutzung von eingesetzten Ressourcen wie Rohstoffen und Energie bei gleichzeitiger Reduktion von Emissionen und Abfllen sicher. Als Antwort auf die bestehenden Herausforderungen im globalen Wettbewerb hat die BASF vier strategische Leitlinien formuliert: e e e e
Wir verdienen eine Prmie auf unsere Kapitalkosten. Wir helfen unseren Kunden, erfolgreicher zu sein. Wir bilden das beste Team der Industrie. Wir wirtschaften nachhaltig fr eine lebenswerte Zukunft.
In 2005 erzielte die BASF-Gruppe mit rund 81.000 Mitarbeitern an mehr als 100 Produktionsstandorten und mit Kunden in mehr als 170 Lndern einen Umsatz von 42,7 Mrd. EUR. BASF fertigte dabei aus knapp 200 großvolumigen Basis- und Zwischenprodukten rund 1.900 kommerziell vertriebene Produktgruppen.
2
Positionierung des Controlling in der BASF
Primre Aufgabe des Controlling ist die Bereitstellung von Informationen, um die Transparenz der Leistungserstellung und damit die Voraussetzungen fr wirtschaftliches Entscheiden in der BASF sicherzustellen. Darber hinaus muss das Controlling zunehmend geschftsbedingte Risiken erkennen und beurteilen sowie die Weiterentwicklung des Geschfts von Unternehmensbereichen und Geschftseinheiten im Dialog mit den operativ Verantwortlichen mitgestalten. Auch in der BASF vollzieht sich die Entwicklung des Controllers zunehmend hin zu einem proaktiv agierenden „Business Partner“, der als Teil des Managements fr den Geschftserfolg mit verantwortlich ist.1 Wichtig hierfr ist unter anderem die zunehmende Standardisierung und Automatisierung von Routineprozessen des Controlling in Planung und Berichtswesen. Hierdurch werden zeitliche Ressourcen geschaffen, die eine aktivere Mitarbeit und Beratung in operativ sowie strategisch wichtigen Fragestellungen ermçglichen, um so die angestrebte Rolle als Business Partner auch wahrnehmen zu kçnnen.
1
80
Vgl. Schauer; van Wickeren (2006), S. 103 f.
Controller als Business Partner Seite 81
3 3.1
Rolle und Selbstverstndnis des Controllers in der BASF Die BASF-Organisation – Structure follows Strategy
Eine Organisation muss zur Strategie eines Unternehmens passen („Structure follows Strategy“). Kennzeichnend fr die BASF-Strategie sind der Chemieverbund und die weltweite Aufstellung des Unternehmens. Die Ausgestaltung der Organisation der BASF muss damit dem erforderlichen Unternehmertum und dem Verbundgedanken in Form von hinreichendem Synergiemanagement Rechnung tragen sowie ebenfalls den Globalisierungsgedanken untersttzen. n Die Organisation ab 1980 Die BASF hat der dargestellten Grundidee durch Einfhrung der Matrixorganisation Rechnung getragen. 1980 wurden 17 fr das Geschft strategisch und operativ verantwortliche, weltweit operierende, produktorientierte Unternehmensbereiche definiert. Darber hinaus erfolgte die Bildung von zwçlf lokal und regional fr das Geschft verantwortlichen Lnderbereichen sowie 14 Zentral- und Funktionsbereichen. Grundprinzip war dabei, dass Unternehmensbereiche und Lnderbereiche nur gemeinsam handeln kçnnen, um eine Integration von Produktsicht und Lnder-/Regionensicht zu gewhrleisten. Die Zentral- und Funktionsbereiche setzten in diesem Kontext gruppenweite Richtlinien. Durch die Einrichtung von Lnderbereichen wurde der Globalisierungsgedanke gefçrdert und mittels der Mitsprache der Lnderbereiche im operativen Geschft zudem ein Ludwigshafen-zentriertes Denken verringert. n Die Organisation ab 2000 Ab Dezember 2000 erfolgte die Weiterentwicklung der Organisation im Rahmen des Projekts „Fit for the Future“ (FFF), um ein noch hçheres Maß an unternehmerischer Eigenstndigkeit fr einzelne Einheiten zu gewhrleisten.
Structure follows Strategy
Die Matrix als organisatorisches Grundprinzip
Fit for the Future
Hauptziele im Rahmen von FFF waren die Untersttzung eines profitablen Wachstums durch eine verstrkte Fokussierung auf gegenwrtige und zuknftige Marktbedrfnisse, eine Verbesserung der Qualitt der Entscheidungsprozesse, strkere Fçrderung von Innovation, beschleunigte Geschftsprozesse sowie eine erhçhte Flexibilitt mit dem Ziel der Fçrderung von Vernderungsprozessen.
81
Controller als Business Partner Seite 82
Whrend die Vorteile der bewhrten Matrixorganisation erhalten werden sollten, so z. B. die Ausnutzung von Synergiepotenzialen durch sinnvolle Bndelung von Standard-Services und Dienstleistungen, wurden bestehende, teils parittische Zustndigkeiten im Zusammenspiel von Produktsicht und Lnder-/Regionensicht insbesondere zum Zwecke effizienterer Entscheidungsprozesse gezielt abgebaut. Ein wichtiges Gestaltungselement des FFF-Projekts war die Bildung von 38 regionalen und neun globalen Geschftseinheiten. Diese waren als Profit-Center organisiert und betrieben als verantwortliche Trger das operative Geschft (d. h. Produktion, Marketing und Vertrieb). Die Ausrichtung erfolgte branchen- oder produktorientiert. Die strategische Geschftssteuerung mit Ergebnisverantwortung wurde an zwçlf Unternehmensbereiche bertragen, die weiterhin global fr ihre Geschfte verantwortlich waren. Die auf vier Regionen (Europa, Asien, NAFTA und Sdamerika) aufgeteilten Regionalbereiche sollten die Hebung von Synergien im Vermarktungsprozess sicherstellen (z. B. im Wege von Branchenkonzepten oder grenzberschreitender Marktbearbeitung) sowie u. a. Infrastrukturplattformen auf regionaler und/oder lokaler Ebene zur Verfgung stellen und optimieren. Die Sichtweise der Regionen blieb damit fr das BASF-Geschft weiterhin von Relevanz. Die Matrixstruktur wurde darber hinaus erweitert um neun so genannte Competence Center, denen neben ihren Serviceaufgaben als Hauptaufgabe die weltweite Koordination und fachliche Fhrung fr strategisch bedeutsame Themen bertragen wurde. Folgende Competence Center wurden gebildet: drei Forschungsbereiche, Personal, Ingenieurtechnik, Einkauf, Umwelt, IT und Logistik. Darber hinaus untersttzten 19 Zentralbereiche und -abteilungen den Vorstand, insbesondere bzgl. gruppenweiter Governance, strategischer Steuerung sowie Fragen der Gruppenoptimierung. Auch in ihrer gegenwrtigen Form spiegelt die Organisation der BASF im Wesentlichen die Ergebnisse des FFF-Projekts wider, d. h. eine kundenfokussierte Matrixstruktur mit globaler Ausrichtung.
82
Controller als Business Partner Seite 83
3.2 3.2.1
Die Organisation des Controlling Die BASF-Controlling-Organisation
Die Organisation des Controlling der BASF-Gruppe folgt der unter 3.1 beschriebenen Aufbauorganisation. Im Wesentlichen erfolgte die Bildung eines integrierten globalen „Controlling-Verbunds“ (die so genannte BASF-Controller-Community) sowohl mit zentralen als auch dezentralen Controlling-Funktionen. Die jeweiligen organisatorischen und inhaltlichen Ausprgungen orientieren sich an den operativen Notwendigkeiten der zugehçrigen organisatorischen Einheit.
Aufbauorganisation des Controlling
Die derzeitige Controlling-Landschaft der BASF setzt sich vor diesem Hintergrund aus den folgenden Profilen zusammen: strategisches Konzern-Controlling, operatives Konzern-Controlling, Competence Center Controlling, Unternehmensbereichs-Controlling, Geschftseinheits-Controlling, Regionalbereichs-Controlling, Serviceplattform-Controlling, Gesellschafts-Controlling sowie Verbundstandort-Controlling. Die Gesamtheit aller genannten Controller-Rollen bildet die BASF-Controller-Community.
3.2.2
Wesentliche organisatorische nderungen seit Einfhrung des „Fit for the Future“-Projekts
Das FFF-Projekt bedingte neben nderungen der inhaltlichen Ausrichtung des Controlling insbesondere auch umfassende Umwlzungen der Controlling-Organisation. Die durch FFF hervorgerufene Grndung von Geschftseinheiten fhrte zu einem erhçhten Bedarf an dezentraler Controlling-Kompetenz und dadurch auch zu einem Bedeutungszuwachs des Controlling in der BASF. Daneben wurde die Arbeitsteilung im Unternehmensbereich neu festgelegt. So verfgen in den meisten Fllen die Geschftseinheiten nunmehr ber eigene Controlling-Positionen oder -einheiten. Die Aufgabenschwerpunkte der Geschftseinheits-Controller liegen in der Untersttzung des operativen Tagesgeschfts der Geschftseinheit. Die Unternehmensbereichs-Controller nahmen im Zuge dieser Neuausrichtung vermehrt strategische Aufgabenstellungen wahr. Darber hinaus bernahmen sie kaufmnnisch geprgte Aufgaben, die zuvor noch ausschließlich in der Konzernzentrale angesiedelt waren – so z. B. die Festlegung von Kurssicherungsmaßnahmen – und auch vermehrt Aufgaben, die zentral im Unternehmensbereich zu initiieren und seitens der Geschftseinheiten umzusetzen sind – so z. B. die Implementierung eines Value Based Management (VBM).
Bedeutungszuwachs des Controlling
83
Controller als Business Partner Seite 84 Strkung des KonzernControlling
In 2005 wurde in Ergnzung zum strategischen Konzern-Controlling das Spektrum der zentralen Controlling-Funktionen in der BASF komplementr um das o. a. operative Konzern-Controlling erweitert. Dieses bndelt Teilfunktionen, die bis dato im Finanzbereich gefhrt wurden. Kernaufgabe ist der Blick in das Gesamtunternehmen nach den Kriterien der Effektivitt und Effizienz mit einem eher kurzfristigen Zeithorizont und die fachliche Fhrung der BASF-Controller-Community. Diese Rolle wird dadurch gestrkt, dass die Einheit direkt am Finanzvorstand aufgehngt ist.
3.2.3 Trennung von fachlicher und disziplinarischer Fhrung
Organisatorische Anbindung und Fhrung der BASF-Controller-Community
Hinsichtlich der Fhrung der verschiedenen Controller-Funktionen wird in der BASF zwischen disziplinarischer, fachlicher und persçnlicher Fhrung unterschieden. Im Folgenden wird insbesondere die disziplinarische sowie die fachliche Fhrung betrachtet. Wie dargelegt, obliegt die fachliche Fhrung der weltweiten BASFController-Community dem operativen Konzern-Controlling (so genannte „Dotted Line“, vgl. Abb. 2).
Strategisches Konzern-Controlling Operatives Konzern-Controlling
Competence Center
Competence Center Controlling
Unternehmensbereiche
Unternehmensbereichs-Controlling
Geschäftseinheit
GeschäftseinheitsControlling
VerbundStandorte
VerbundstandortControlling
Regionalbereiche
RegionalbereichsControlling
Business Center/ Gesellschaft
GesellschaftsControlling
Abb. 2: Die BASF-Controlling-Organisation
Der Leiter des operativen Konzern-Controlling untersteht – wie bereits oben erwhnt – dabei fachlich und disziplinarisch direkt dem Finanzvorstand. Der Leiter des strategischen Konzern-Controlling untersteht direkt dem Vorstandsvorsitzenden. Beide Ein-
84
Controller als Business Partner Seite 85
heiten sind Bestandteil des so genannten Corporate Center der BASF und agieren insofern grundstzlich fr den Gesamtvorstand, d. h. nicht ausschließlich auf Veranlassung ihrer jeweils direkt zustndigen Vorstnde. Bezglich der brigen Controlling-Einheiten erfolgt die disziplinarische Fhrung der zugehçrigen Controller in der Regel durch den Leiter der jeweiligen organisatorischen Einheit. So ist beispielsweise ein Unternehmensbereichs-Controller zwar fachlich dem operativen Konzern-Controlling unterstellt – disziplinarisch dagegen dem Leiter des jeweiligen Unternehmensbereichs. Der Unternehmensbereichs-Controller selbst ist in der Regel fachlicher Vorgesetzter der zugehçrigen Geschftseinheits-Controller, welche selbst wiederum disziplinarisch dem jeweiligen Geschftseinheitsleiter zugeordnet sind. Analog erfolgt die Ausgestaltung im Falle der Competence Center Controller sowie der Regionalbereichs-Controller. In der BASF werden die Vorteile der hier vorgenommenen „Dotted Line“-Organisation, d. h. Trennung zwischen fachlicher und disziplinarischer Fhrung, aufgrund der Vereinigung der positiven Eigenschaften von jeweils zentraler bzw. dezentraler ControllingOrganisation gesehen. Die fachliche Fhrung der Controller Community ermçglicht dem operativen Konzern-Controlling z. B., das Setzen von Standards in der Gruppe gezielt voranzutreiben.2 Darber hinaus ermçglicht sie eine verstrkte Zusammenarbeit sowie einen intensiveren Erfahrungsaustausch zwischen den verschiedenen Controlling-Einheiten. Dies wird sichergestellt durch regelmßige Treffen der BASF-Controller-Community, wie z. B. den monatlichen Unternehmensbereichs-Controller-Jour-Fixe, die quartalsweisen Functional- und Competence-Center-ControllerJour-Fixes, die regelmßigen Global Controller Meetings, an der auch die Regionalbereichs-Controller teilnehmen, und die jhrliche Global Controller Conference.3 Gleichzeitig bleibt die FFF-Zielsetzung der dezentralen Verantwortlichkeiten mit entsprechend erweiterten Handlungsspielrumen erhalten.
2 3
Vgl. analog Mller; Schmidt (2006), S. 711 ff. Vgl. Weber (2006), S. 211 ff.
85
Controller als Business Partner Seite 86
3.3
3.3.1
Aufgaben/Kompetenzfelder und aktuelle Herausforderungen des BASF-Controlling Mission Statement und Kernaufgaben
Das Mission Statement der BASF-Controller-Community lautet wie folgt: As a part of the management team we proactively e guide, challenge and consult the organisation towards economical decision-making and value generation. e foster dialogue and cross-functional comprehensive understanding within the organisation. e enforce compliance with financial policies and procedures. Definition wesentlicher ControllingAufgaben
Die Definition der BASF-Controller Mission sowie der wesentlichen Controlling(kern)aufgaben wurde durch die BASF-ControllerCommunity im Rahmen des Projekts „BASF Controller Mission & Profiles“ erarbeitet. Als wesentliche BASF-Controlling-Aufgaben wurden dabei definiert: e „Planning & Performance Management“, d. h. strategische und operative Planung, Forecasting, Reporting & Kommunikation sowie Target Setting. e „Business Analysis“, d. h. Beratung in wirtschaftlichen Fragestellungen, Durchfhrung von Analysen und Ableitung von Empfehlungen, Strategiedefinition sowie die Durchfhrung von Projekten. e „Governance & Compliance“, d. h. Policies & Procedures, Effektivitt des internen Kontrollsystems, Revision und Risikomanagement, sowie e „Interface Management“, d. h. Betreuung von Systems & Tools, organisatorisches Schnittstellenmanagement, Durchfhrung gruppenweiter Projekte und Initiativen sowie Aus- und Weiterbildung. Entlang dieser Kernaufgaben wurde anschließend nach der RACIMethode eine Einteilung vorgenommen, inwieweit der einzelne Controller-Typus fr bestimmte Aufgaben oder Prozesse jeweils als „Responsible“ (d. h., er fhrt selbst aus), „Accountable“ (d. h., er ist fachlich verantwortlich), „Consulted“ (d. h., er wirkt mit) oder „Informed“ (d. h., er ist lediglich zu informieren) zu betrachten ist. Durch dieses einheitliche Vorgehen wurde gezielt der gemeinsame Kern der verschiedenen Controller-Profile der BASF betont.
86
Controller als Business Partner Seite 87
3.3.2
Kompetenzfelder der BASF-Controller-Profile
Die inhaltlichen Schwerpunkte der verschiedenen Controller-Profile sind geprgt durch deren organisatorische Zuordnung. Im Folgenden werden kurz die Schwerpunkte der einzelnen ControllerProfile dargestellt, untergliedert nach zentralen und dezentralen Controlling-Aufgaben.
Inhaltliche Schwerpunkte
Das zentrale Controlling setzt sich aus strategischem Konzern-Controlling, operativem Konzern-Controlling (als Corporate-CenterFunktionen) sowie dem Competence Center Controlling zusammen.
Zentrales Controlling
Controller des strategischen Konzern-Controlling befassen sich mit der langfristigen strategischen Ausrichtung des Unternehmens im Wettbewerbsumfeld, wie z. B. den Produktbereichsstrategien. Controller des operativen Konzern-Controlling befassen sich dagegen mit den internen Strukturen des Unternehmens, so z. B. mit der Festlegung von gruppenweiten Richtlinien, operativer und Management-Berichterstattung, operativem Controlling sowie der Fhrung der BASF-Controller-Community. Strategischer Fokus der Controller der Competence Center ist eine Nutzbarmachung gruppenweiter Synergiepotenziale. Weiterhin verantworten sie die Sicherstellung von Transparenz sowie die stndige Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Prozesse des Competence Center. Das dezentrale Controlling setzt sich aus UnternehmensbereichsControlling und Geschftseinheits-Controlling sowie Regionalbereichs-Controlling und Gesellschafts-Controlling zusammen.
Dezentrales Controlling
e Geschftseinheits-Controller bereiten hierbei die zur operativen Geschftssteuerung notwendigen Informationen auf. Schwerpunkte ihrer Ttigkeit sind die Zusammenstellung von Informationen zum Marktumfeld, den Kostenverlufen sowie der Entwicklung des Umlaufvermçgens. Neben dem Monitoring der operativen Ergebnisse sichern sie auch fortlaufend die Wirtschaftlichkeit der Prozesse. Hinzu kommen Reportingaufgaben und die operative Planung. Ihr Fokus liegt damit auf der Untersttzung des operativen Tagesgeschfts der Geschftseinheit. e Unternehmensbereichs-Controller koordinieren und steuern demgegenber die geschftseinheitsbergreifenden Prozesse, wie z. B. Projekte oder die Planung und Budgetierung des Bereichs. Ihnen obliegen zudem die laufende Analyse der Geschftsentwicklung sowie die Berichterstattung und die Untersttzung der 87
Controller als Business Partner Seite 88
strategischen Steuerung des Unternehmensbereichs sowie die fachliche Fhrung der Geschftseinheits-Controller. Der inhaltliche Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt damit in Abgrenzung zum Geschftseinheits-Controller auf strategischen Fragestellungen. e Regionalbereichs-Controller haben ebenfalls einen strategischen Aufgabenschwerpunkt und sind fr die Koordination der Planungsprozesse der Serviceplattformen, die Sicherstellung der Kostentransparenz und -effizienz sowie der Einhaltung von gruppenweiten Richtlinien und Standards zustndig. e Gesellschafts-Controller sollen – abhngig von der Grçße der Gruppengesellschaft – auch das Rechnungswesen sowie Bilanzen und Finanzen als kaufmnnischer Verantwortlicher der Gesellschaft fhren. Hinzu kommen Governance-Aufgaben sowie die Optimierung lokaler Plattformfunktionen.
3.3.3
Aktuelle gruppenweite Controlling-Initiativen
Die folgenden Themen stellen berblicksartig eine Auswahl aktueller BASF-Controlling-Initiativen mit gruppenweiter Relevanz dar: e BASF Site Benchmarking: Maßnahme zur permanenten Verbesserung der Wettbewerbsfhigkeit von BASF-Produktionsstandorten. Verbessert werden sollen im Wesentlichen die Arbeitseffizienz von Produktion sowie die Logistik des Produktionsstandorts. e VBM Practice Groups: Workshops fr Mitarbeiter des mittleren Managements, in denen Problemstellungen aus dem Arbeitsalltag unter dem Blickwinkel des wertorientierten Handelns betrachtet werden. Zielsetzung ist, die wesentlichen Bestandteile des Wertmanagement-Konzepts weiter in die Organisation zu tragen und dessen Nutzen bei der Bewltigung von konkreten Zielen und Aufgaben aus dem tglichen Arbeitsumfeld zu erfahren. e Controlling Systems & Tools: Weitere Standardisierung und Harmonisierung von Definitionen geschftssteuerungsrelevanter Informationen und Zielgrçßen mit Business Intelligence untersttzenden IT-Lçsungen. Diese sollen das Controlling im Wandel hin zu einem Business Partner in die Lage versetzen, zu einem weit grçßeren Maß als bisher proaktiv und zukunftsgerichtet zu einer wertorientierten Geschftssteuerung beizutragen. e IT-gesttztes Verrechnungspreissystem: Entwicklung und Implementierung eines IT-Systems zur konzernweiten Abstimmung sowie anschließenden Dokumentation von Verrechnungspreisen zwischen Gruppengesellschaften.
88
Controller als Business Partner Seite 89
3.4
Zusammenspiel von Controlling und Rechnungswesen
In Abgrenzung zu den unter 3.3 dargestellten wesentlichen Controlling-Aufgaben sind wesentliche Finanzprozesse das Accounting, das Treasury und das Financial Reporting. Im Rahmen des FFF-Projekts erfolgte die Abschaffung des zuvor fr interne Steuerungszwecke relevanten Betriebsergebnisses (d. h. insbesondere auch ein Verzicht auf kalkulatorische Grçßen, wie z. B. kalkulatorische Abschreibungen). An dessen Stelle traten neue Zielgrçßen wie EBIT, Zielrenditen und Kapitalkosten. Bedingt durch diese nderung verlor die klassische Trennung zwischen operativem Controlling (d. h. Kosten- und Leistungsrechnung) und Financial Controlling (d. h. Gesellschaftssteuerung) zu Gunsten einer integrierten Betrachtungsweise beider Sichtweisen an Bedeutung.4
Angleichung interner und externer Rechnungslegung
Damit einherging in der BASF die Einfhrung eines weitgehend aneinander angepassten internen und externen Rechnungswesens. Ermçglicht wurde dadurch eine Durchgngigkeit und damit ein einheitliches Verstndnis bezglich Reporting, Steuerung, Zielvereinbarungen und Messen der Resultate. In diesem Zusammenhang sorgte auch die Umstellung auf IFRS als zentraler Rechnungslegungsstandard fr eine engere wechselseitige Verzahnung zwischen externer Rechnungslegung und Controller-Arbeit – ausgelçst vor allem dadurch, dass die Bilanzierung nach IFRS deutlich strker auf ursprnglich fr Controlling-Zwecke generierte Steuerungsinformationen zurckgreift. Der Controller wird somit zunehmend zu einem „Informationsdienstleister“ des Rechnungswesens.5 Das Rechnungswesen trgt nachfolgend fr die technische Umsetzung der gelieferten Informationen Sorge.
4
Fazit/Ausblick
Die BASF-Organisation folgt dem „Structure follows Strategy“-Paradigma; die Controlling-Organisation wurde analog hierzu ausgestaltet. Eine im Falle der BASF starke Integration von interner und externer Rechnungslegung fhrte zu einer engen Verzahnung von Rechnungswesen und Controlling.
4 5
Vgl. Wiemer (2006), S. 337 ff. Vgl. Weißenberger (2006), S. 161 ff.
89
Controller als Business Partner Seite 90
Weiter gestrkt wurde die Rolle des Controlling in der BASF-Organisation durch Grndung des beim Finanzvorstand aufgehngten operativen Konzern-Controlling. Das operative Konzern-Controlling hat die fachliche Fhrung ber die BASF-Controller-Community („Dotted Line“). Hierdurch wird die strategische BASF-Zielsetzung der dezentralen Verantwortlichkeiten mit entsprechenden Handlungsspielrumen im Kern aufrechterhalten – jedoch kann das zentrale Controlling im Rahmen seines fachlichen Weisungsrechts auch gezielt das Setzen von Standards in der BASF-ControllerCommunity vorantreiben. Mit Verabschiedung des durch die BASF-Controller-Community entwickelten Controlling Mission Statement wurde zustzlich verdeutlicht, dass sich der Controller insgesamt zunehmend hin zu einem proaktiv agierenden „Business Partner“ entwickelt und damit als Teil des Managements fr den Geschftserfolg mit verantwortlich ist.
5
Literaturhinweise
Mller, M.; Schmidt, H. (2006): Controlling Organisation: Best Practice und Lçsungsanstze, in: Der Controlling-Berater, o. Jg. (2006), H. 6, S. 711 – 730. Schauer, L.; van Wickeren, C. (2006): Strategisches Controlling fr die moderne Unternehmenssteuerung, in: Horvth, P. (Hrsg.): Controlling und Finance Excellence, Stuttgart 2006, S. 93 – 107. Weber, J. (2006): Zum Zusammenspiel von zentralem und dezentralem Controlling, in: Zeitschrift fr Controlling & Management, 50. Jg. (2006), H. 4, S. 211 – 217. Weißenberger, B. (2006): Integration der Rechnungslegung unter IFRS, in: Horvth, P. (Hrsg.): Controlling und Finance Excellence, Stuttgart 2006, S. 161 – 172. Wiemer, W. (2006): Gemeinsam sind wir strker – Controlling und Accounting wachsen zusammen, in: Controller Magazin, 31. Jg. (2006), H. 4, S. 337 – 341.
90
Strategiegerechte Neustrukturierung Seite 91
Controlling-Organisation in einem dezentral gefhrten Konzern – strategiegerechte Neustrukturierung des Controlling bei DPD GeoPost n Erfahrungen aus der Vergangenheit und prognostizierte Herausforderungen der Zukunft bilden einen spezifischen Kontext, der auf die ControllingOrganisation wirkt. n Die zunehmend dynamischere Umwelt verkompliziert eine zielgerichtete Steuerung des Unternehmens erheblich. Die Controlling-Organisation muss bei sich ndernden Rahmenbedingungen flexibel und reaktionsfhig sein und die Steuerungsanforderungen des Managements bestmçglich untersttzen. n Fr DPD GeoPost untersttzt die Positionierung des dezentralen Controlling als Business Partner, gepaart mit einer Bndelung repetitiver ControllingTtigkeiten in einem Shared Service Center alle maßgeblichen Kriterien der strategischen Ausrichtung des Unternehmens. Sie ist somit priorisiert zu verfolgen. Inhalt 1 1.1 1.2 1.3 2
Seite Historische Entwicklung des Unternehmens und des Controlling .................................................................................. bernahme des DPD durch die franzçsische Post ...................... Konsolidierung der Controlling-Funktionen ................................... Instrumentelle und aufgabenbezogene Dynamisierung im Controlling ...................................................................................
93 94 94 95
Controlling heute – dezentrale Steuerung der Regionen und Gesellschaften ............................................................................
96
3 3.1 3.2
Zuknftige Herausforderungen ................................................ Herausforderungen an das Unternehmen und das Controlling .. Implikationen fr die Controlling-Organisation ..........................
99 99 100
4
Weiterentwicklung der Controlling- Organisation – mçgliche Szenarien .................................................................................... Zentralisierung der Weisungsbefugnisse ber das dezentrale Controlling ................................................................................... Positionierung des dezentralen Controlling als Business Partner Etablierung eines zentralen Business Controlling ....................... Bewertung der Maßnahmen im strategischen Kontext .............
4.1 4.2 4.3 4.4
101 101 103 105 109 91
Strategiegerechte Neustrukturierung Seite 92 5
Fazit .............................................................................................
111
6
Literaturhinweise .......................................................................
111
n Die Autoren Peter Burmeister, Chief Financial Officer bei der DPD GeoPost (Deutschland) GmbH & Co. KG. Philipp Temmel, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl fr Industrielles Management der European Business School (ebs) und Consultant im Competence Center Controlling bei Horvth & Partners Management Consultants.
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Strategiegerechte Neustrukturierung Seite 93
1
Historische Entwicklung des Unternehmens und des Controlling
Der DPD sorgt dafr, dass jeden Tag mehr als 1,4 Millionen Pakete ihr Ziel erreichen. Als einer der fhrenden Paketdienstleister Europas ist der DPD eine Franchise-Organisation und bietet seinen Kunden neben dem Standardpaket-Produkt eine Vielzahl spezifischer Services, von Express- und Nachnahmesendungen bis zu individuellen, speziell zugeschnittenen Produkten fr Versandkunden und den Bereich der Beschaffungslogistik. Aschaffenburg ist der Sitz eines nahtlosen Netzwerks, das aus ber 500 Depots in mehr als 35 Lndern besteht und eine Flotte von ca. 15.000 Fahrzeugen unterhlt. Mehr als 200.000 Geschftskunden vertrauen dem DPD und besttigen so die anhaltende Erfolgsstory.
Ein fhrender Paketdienstleister
Diese nahm vor 30 Jahren ihren Anfang, als 18 mittelstndische deutsche Spediteure den Grundstein fr Deutschlands ersten privaten Paketdienst legten. Die Philosophie dieser Pioniere war denkbar einfach und doch visionr: Pakettransport im Auftrag gewerblicher Kunden – einfach, schnell und sicher. Ende der neunziger Jahre wurden die Kontinuitt, Stabilitt und Zukunftsfhigkeit des DPD erneut gestrkt, indem die franzçsische La Poste ber deren Tochter GeoPost die Mehrheit am DPD erwarb. Die Verbindung birgt fr beide Partner starke Vorteile und Synergieeffekte. Das Ziel der geschaffenen Allianz ist klar: Der DPD soll zum fhrenden Paketdienstleister auf den Straßen Europas werden. Der nachfolgende Beitrag zeigt die Entwicklung des Unternehmens in den vergangenen Jahren auf und erlutert die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Controlling-Organisation. Basierend auf einer Wrdigung der heutigen Organisationsform werden mçgliche weiterfhrende Maßnahmen zur Optimierung der Organisation des Controlling evaluiert und ein Zukunftsszenario aufgezeigt. Die historische Entwicklung des Unternehmens seit dem Jahre 2000 lsst sich in drei Phasen einteilen. Zu Beginn stand die bernahme durch die franzçsische La-Poste-Gruppe, gefolgt von einer Konsolidierungsphase und einer darauf folgenden Wachstumsphase, in der sich das Unternehmen heute noch befindet.
93
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1.1
bernahme des DPD durch die franzçsische Post
Allianz mit La Poste
In den Jahren 2000/2001 hat die franzçsische La Poste ca. 85 % des europischen DPD-Netzwerks bernommen. Verkufer waren jene deutschen Speditionsunternehmen, die den DPD ins Leben gerufen hatten und dieses Netzwerk als Franchise-System organisierten. Auf diese Art und Weise war sichergestellt, dass alle Netzwerkpartner nach einheitlichen Standards und in homogenen Systemen arbeiteten, gleichzeitig aber die wirtschaftliche Unabhngigkeit der Unternehmen gewahrt blieb. Mit dem Einstieg von La Poste entstand somit erstmalig ein Mehrheitsaktionr, der seine Aktivitten in Deutschland in einem neu geschaffenen Unternehmen, das aus ursprnglich 35 operativen Gesellschaften sowie 19 Verwaltungsgesellschaften bestand, bndelte.
Etablierung einer ersten zentralen ControllingAbteilung
Die kaufmnnischen Funktionen fr diese Gesellschaften waren zum Zeitpunkt der bernahme im Wesentlichen innerhalb der Verkufer-Organisationen angesiedelt. Das galt insbesondere fr die Buchhaltung der einzelnen Einheiten. Dadurch sah sich das Controlling mit der grundlegenden Herausforderung konfrontiert, primr ein einheitliches und konsistentes Zahlenwerk zu etablieren, um dem Management adquate Steuerungsinformationen zur Verfgung zu stellen. Zu diesem Zweck wurde eine zentrale Controlling-Abteilung gebildet, deren Hauptaufgabe in der Generierung und Aufbereitung konsistenter Managementinformationen fr die neuen Eigentmer bestand. Dieses konnte nur durch die Integration der heterogenen Datenbasen in einer strukturell einheitlichen Plattform erreicht werden. Parallel hierzu wurde begonnen, die kaufmnnischen Aktivitten aus den einzelnen Verkuferfirmen in einem Shared Service Center (SSC) zu bndeln. Dieser Prozess verbesserte die Qualitt der Datenbasis nachhaltig.
1.2
Konsolidierung der Controlling-Funktionen
Nach der bernahme wurde die Konsolidierung, verbunden mit einer deutlichen Ergebnissteigerung, zur Hauptaufgabe des Fhrungsteams. Nachdem es dem Controlling in der ersten Phase gelungen war, eine konsistente Datenbasis zu schaffen, reagierte es auch organisatorisch auf die vorgenannte Managementaufgabe. Die Controlling-Organisation wurde dergestalt weiterentwickelt, dass dezentrale Regional-Controller in den Regionen sowie eine zentrale Instanz fr das Managementteam sowie die Shareholder installiert wurden, denen die Analyse und die Bewertung verfgbarer Informationen oblagen. 94
Strategiegerechte Neustrukturierung Seite 95
Die Regionen der DPD GeoPost wurden als Profit-Center mit voller Ergebnisverantwortung organisiert. Diese analog aufgebaute Controlling-Organisationsstruktur ermçglichte dem regionalen Management eine enge Fhrung ihrer Bereiche. Es war zu diesem Zeitpunkt notwendig, den Verantwortlichen in den operativen Einheiten Untersttzung an die Hand zu geben, um die notwendigen Ergebnisverbesserungsmaßnahmen zielgerecht initiieren zu kçnnen. Alle bergeordneten Analysettigkeiten sowie das Konzernreporting wurden weiterhin von zentraler Stelle aus erstellt. Den regional angesiedelten Controllern kam im Rahmen dieser Konstruktion maßgeblich die Aufgabe zu, Informationen ber die spezifische Entwicklung der Depots zu kommentieren und mçglichen Handlungsbedarf frhzeitig aufzuzeigen.
1.3
Dezentralitt als Kçnigsweg
Instrumentelle und aufgabenbezogene Dynamisierung im Controlling
Mittlerweile befindet sich das Unternehmen in der dritten, einer erneuten Wachstumsphase. Diese speist sich aus zwei Quellen: Zum einen ist der Markt fr Kurier-, Express- und Paketdienstleister (KEP) nach wie vor ein stabiler Wachstumsmarkt. DPD GeoPost gelingt es Jahr fr Jahr, sich positiv von den allgemeinen Marktwachstumsraten abzuheben. Zum anderen wchst das Unternehmen durch externe Zukufe. Um eine adquate Informationsversorgung des Managements ber die Geschftsentwicklung sowie eine zielgerichtete Steuerung des Unternehmens zu gewhrleisten, wurde das Controlling vorrangig auf instrumenteller Seite weiterentwickelt. Hierbei sind allen voran die Erstellung eines rollierenden Forecasts sowie die Einfhrung eines Produkt- und Kundenergebnisrechnungstools zu nennen.
Weiterentwicklung der Tools
Organisatorische Aspekte des Controlling wurden bisher durch den Wachstumskurs nicht berhrt, was das Management des Unternehmens mit wachsenden Problemen konfrontiert. Beispielsweise kçnnen die regionalen Controller aufgrund der Ihnen zugewiesenen Rolle nur bedingt fr die Bearbeitung bergeordneter Fragestellungen hinzugezogen werden. Dadurch mssen zustzliche Ressourcen bereitgestellt werden, was zu Ineffizienzen in der gesamten Controlling-Organisation fhrt. Auch kçnnen vom Management verstrkt nachgefragte Beratungsleistungen von Controlling-Seite nicht entsprechend bereitgestellt werden. Eine umfassende Wrdigung der heutigen Controlling-Organisation ist Bestandteil des folgenden Abschnitts.
ControllingOrganisation bleibt (bisher) unberhrt
95
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2
Controlling heute – dezentrale Steuerung der Regionen und Gesellschaften
Die Controlling-Organisation von DPD GeoPost konstituiert sich aus einer Holding, in der zentrale Controlling-Funktionen und der CFO angesiedelt sind. Das Zentral-Controlling wird durch ein dezentrales Controlling in den Regionen und den Tochtergesellschaften ergnzt. Deren Verknpfung erfolgt anhand des klassischen „Dotted Line“-Ansatzes.1 Sowohl das Controlling der Regionen als auch das der Tochtergesellschaften ist fachlich dem Zentral-Controlling und dem CFO unterstellt und disziplinarisch der jeweiligen Region bzw. der Gesellschaft zugeordnet (vgl. hierzu Abb. 1).
Holding CFO + Controlling
Regionen
Beteiligungen
Region Nord
Controlling Region Nord
Controlling DPD GmbH
DPD GmbH
Region Nordost
Controlling Region Nordost
Controlling Delicom
Delicom
Region West
Controlling Region West
Controlling BTG
BTG
Region Südwest
Controlling Region Südwest
Controlling VTG
VTG
Region Südost
Controlling Region Südost
Controlling Shared Services
Shared Services
Express
Controlling Express
Fachliche Zuordnung Disziplinarische Zuordnung
Abb. 1: Controlling heute – Organigramm der Ist-Controlling-Organisation
Von einer detaillierten Aufgaben- und Prozessbeschreibung des Controlling wird an dieser Stelle abgesehen.2 Aus Sicht der Autoren sind die Anforderungen der Controlling-Kunden, dem Management, 1 2
96
Vgl. Mller; Schmidt (2006), S. 716 ff. Zur inhaltlichen Ausgestaltung vgl. Burmeister; Hofmann (2006), S. 26 ff.; Stetenfeld et al. (2006), S. 234 ff.
Strategiegerechte Neustrukturierung Seite 97
und deren Erfllung von grçßerer Relevanz zur Evaluierung der Ist-Situation. Bei den Interaktionen zwischen der Management- und der Controlling-Organisation muss zwischen den unterschiedlichen Interessengruppen innerhalb des Managements unterschieden werden. Der Kontakt zur Konzernmutter in Paris erfolgt fast ausschließlich ber das zentrale Controlling und ist stark von Standardreportinganforderungen geprgt. Die Anforderungen seitens La Poste gehen dabei ber ein reines Zahlenreporting hinaus und bedingen zustzlich die Beschreibung wesentlicher Einflsse auf Umsatz und Ergebnis. Steuerungsmaßnahmen resultieren daraus in der Regel jedoch nicht. In Bezug auf die zweite Managementzielgruppe, das zentrale Management der DPD GeoPost in Deutschland, zeigt sich ein etwas differenzierteres Bild. Diese Gruppe ist „Hauptkunde“ des zentralen Controlling. Neben einem vergleichbaren Reporting (wie gegenber der Konzernmutter) stehen vor allem Frhwarnsysteme in Form von rollierenden Forecasts sowie Ad-hoc-Analysen, ausgelçst durch unerwartete Ereignisse oder Vernderungen im internen Benchmark zwischen den operativen Einheiten, im Vordergrund. Bei diesen Ttigkeiten wird partiell die Untersttzung der regionalen Controlling-Organisation eingefordert. Der dritte Empfngerkreis fr die Controlling-Dienstleistungen sind die regionalen Geschftsfhrer. Diese werden fast ausschließlich durch die ihnen als Stabsfunktion zugeordneten Regional-Controller untersttzt. Dabei stehen die Analyse und die Steuerung der Performance der operativen Einheiten in der jeweiligen Region im Vordergrund. Das Regional-Controlling nimmt zustzlich eine Schnittstellenfunktion zum zentralen Controlling wahr. Die vierte Managementgruppe, die sich ebenfalls im Wesentlichen der Regional-Controller sowie des zentralen Informationssystems (das vom Zentral-Controlling entwickelt und gepflegt wird) bedient, ist die Gruppe der Depotleiter sowie anderer operativ verantwortlicher Manager. Fr diese stehen die operativen Kennzahlen sowie die Positionierung des eigenen Depots im Vergleich zu den anderen im Vordergrund. Die heutige Organisationsform des Controlling birgt aus Sicht des Managements eine Reihe von Vor- und Nachteilen, welche den Rahmen fr zuknftige Entwicklungen abstecken. Als Vorteile sind folgende Punkte zu nennen:
Vorteile der heutigen Organisation
e Die Kommunikation zur Konzernmutter wird durch eine klar definierte Gruppe von Controlling-Mitarbeitern wahrgenommen. Gegenber dem Anteilseigner La Poste werden somit einheitliche Standards und Ansprechpartner garantiert.
97
Strategiegerechte Neustrukturierung Seite 98
e Das regionale Controlling ist rumlich nahe zur jeweiligen Geschftsfhrung sowie den Depotleitern organisiert, was schnelle Entscheidungsfindung und kurze Kommunikationswege sichert. e Die alte, eher mittelstndisch geprgte Struktur wird durch die Regional-Controller weitergefhrt, die in vielen Fllen hnlich wie kaufmnnische Geschftsfhrer von mittelstndischen Unternehmen agieren. Sie stellen damit das „betriebswirtschaftliche Gewissen“ des Bereichs dar. e Daten und Controlling-Systeme werden zentral zur Verfgung gestellt, wodurch homogene Datenhaltung und durchgngige Funktionalitten der IT-Systeme gesichert werden. e Fr die an frherer Stelle erluterten unterschiedlichen Interessensgruppen sind klare Ansprechpartner definiert, was Abstimmungsaufwand verringert und eine zielgerichtete Beziehung zwischen Management und Controlling sichert. Nachteile der heutigen Organisation
Als nachteilig sind in der heutigen Controlling-Organisation folgende Punkte anzufhren: e Die Zentrale ist ber kritische Themen in den operativen Einheiten oftmals nur mangelhaft informiert. Der Informationsaustausch zwischen zentralen und dezentralen Einheiten ist nicht optimal. Analysen fr den CEO bzw. die Konzernmutter bergen daher das Risiko, aufgrund mangelnder Informationen ungenau zu sein. e Es entstehen Reibungsverluste zwischen den zentralen und dezentralen Controlling-Einheiten. Dieses drfte im Wesentlichen in deren unterschiedlicher Zielausrichtung (Region vs. Gesamtunternehmen) begrndet sein. e Das Controlling weist aus heutiger Sicht mangelnde Beratungsorientierung auf. So steht nicht das Coaching des Managements, sondern die mçglichst genaue Abbildung der Realitt in Zahlenform sowie die Datengenerierung und -aufbereitung im Vordergrund. Dies lsst nur wenig Kapazitt zur aktiven Untersttzung des Managements brig. e Die Controlling-Kompetenzen in den unterschiedlichen Regionen sind sehr heterogen, was zu Qualittsunterschieden in Analysen und Berichten fhrt. e In den laufenden Forecasting- und Budgetierungsprozessen wird aufgrund mangelhafter Integration der Aktivitten noch hufig vermeidbare Doppelarbeit geleistet.
98
Strategiegerechte Neustrukturierung Seite 99
e Durch die in jngster Zeit gestiegene Anzahl strategischer Projekte steigt der Bedarf an Projektmitarbeitern mit Controlling-Background. Diesem Zusatzbedarf ließe sich bei Beibehaltung der aktuellen Organisation nur durch den Aufbau zustzlicher Controlling-Mitarbeiter begegnen.
3
Zuknftige Herausforderungen
Der DPD agiert in einer zunehmend dynamischeren Umwelt. Die dadurch entstehenden Herausforderungen beeinflussen klarerweise einerseits das Unternehmen und dessen strategische Ausrichtung, andererseits auch das Controlling, das seine koordinierende Rolle auch unter genderten Rahmenbedingungen wahrnehmen muss.3 Die aus Sicht der Autoren maßgeblichen Tendenzen und deren Implikationen auf die Controlling-Organisation sollen nun exemplarisch dargestellt werden.
3.1
Dynamische Umwelt
Herausforderungen an das Unternehmen und das Controlling
Henry Mintzberg stellte zwar schon fest, dass der Wandel selbst ein bestndiges und kein neues unerwartetes Phnomen ist,4 der Wandel im DPD-Umfeld weist aber doch einige Besonderheiten auf:
Wandel als Herausforderung
e Die kontinuierlich steigende Internationalisierung (DPD ist heute unangefochten Marktfhrer im Bereich grenzberschreitender Paketdienstleistungen), der extreme Wettbewerb und der kontinuierliche Preisdruck sowie das stetig wachsende Produktspektrum erfordern hohe Flexibilitt aller beteiligten Funktionen. Zustzlich drngen auch neue Wettbewerber erfolgreich in den Markt, welche die beschriebenen Trends weiter verstrken werden. Auch die anstehende Liberalisierung des Briefgeschfts wird einen weiteren Schub in der Entwicklung des KEP-Marktes bringen. e Der positive Umstand, sich in einem Wachstumsmarkt zu bewegen, stellt die kontinuierliche Herausforderung, die begrenzte Ressource Kapital fr notwendige Investitionen in das Netzwerk aufzubringen und zielgerecht einzusetzen. Der Mengenanstieg bringt das DPD-Netzwerk regelmßig an seine Kapazittsgrenzen und erfordert eine kontinuierliche Erweiterung. e Die eingangs erwhnte Heterogenitt der Prozesse und Systeme ist noch nicht vollstndig berwunden und fhrt nach wie vor zu 3 4
Vgl. Chenhall (2003), S. 154. Vgl. hierzu Mintzberg; Westley (1992).
99
Strategiegerechte Neustrukturierung Seite 100
Reibungsverlusten. Hierauf wurde der Schwerpunkt der internen Optimierungsaktivitten im Jahr 2007 gelegt. Aus den gezeigten Herausforderungen an das Unternehmen kçnnen die maßgeblichen Herausforderungen an das Controlling abgeleitet werden. Die zuknftigen Anforderungen an das Controlling erfordern ein hohes Maß an Flexibilitt und Schnelligkeit in der Informationsversorgung und Untersttzung des Managements durch das Controlling. Dies muss zum einen durch flexible Prozesse und Systeme und zum anderen durch ein hohes Kompetenzniveau der Controlling-Mitarbeiter sichergestellt werden. Zudem ist zu bercksichtigen, dass immer mehr Themen innerhalb von Projekten abgewickelt werden und dem Controlling dieser Projekte zunehmende Bedeutung beizumessen ist.
3.2 Verzahnung von zentralem und dezentralem Controlling
Implikationen fr die Controlling-Organisation
Die Strke des DPD bestand und besteht in seiner Vorort-Kompetenz und seiner Nhe zum Kunden, woraus sich direkt die Notwendigkeit eines dezentralen Controlling ableiten lsst. Durch die historisch bedingte Strke des dezentralen Controlling werden nach wie vor Synergiepotenziale in der Controlling-Organisation ungengend genutzt. Diese wrden sich weniger in einer Kostenreduzierung als vielmehr in einer Erhçhung der Dienstleistungsqualitt des Controlling widerspiegeln. Daher ist eine engere Verzahnung dezentraler Controlling-Einheiten mit dem zentralen Controlling unbedingt notwendig. Eine Richtlinienkompetenz, welche die Ttigkeiten der zentralen und dezentralen Instanzen integrieren soll, besteht bereits. Diese verhindert allerdings nicht, dass dezentrale Eigenheiten teilweise zustzlich ihre eigenstndigen Controlling-Systeme weiter beibehalten. Weiter sind Controlling-Mitarbeiter auch beim DPD zu stark in Prozesse z. B. der Datenaufbereitung involviert und kçnnen ihre Rolle als Management-Partner nur bedingt wahrnehmen. Das Aufgabenspektrum des Controllers muss sich zwangslufig ndern, um Zeitressourcen frei zu machen, die dann fr aktives Coaching des Managements und die Mitarbeit in Projekten genutzt werden kçnnen. Die Projektarbeit nimmt kontinuierlich zu und erfordert ein erhebliches zustzliches Maß an Mitarbeit durch das Controlling sowohl zentral als auch dezentral.
100
Strategiegerechte Neustrukturierung Seite 101
4
Weiterentwicklung der ControllingOrganisation – mçgliche Szenarien
Basierend auf der erfolgten Darstellung der heutigen ControllingOrganisation des DPD soll im Folgenden die Vorteilhaftigkeit ausgewhlter mçglicher organisatorischer Maßnahmen analysiert werden, um ein mçgliches Zukunftsszenario fr die ControllingOrganisation zu entwerfen. Hierzu ist es erforderlich, die zentral und dezentral entstehenden Auswirkungen dieser Maßnahmen auf Effektivitt- und Effizienzgesichtspunkte (beispielsweise Kompetenzen, Wahrnehmung der Controlling-Funktionen oder Ressourcen) zu antizipieren. Dieses muss unternehmensunabhngig und anschließend auf die spezifische Ausrichtung des DPD fokussiert erfolgen.
Szenarien der Optimierung
Maßgebliche Zielsetzungen der Weiterentwicklung sind, das dezentrale Controlling durch gezielte Maßnahmen strker an bergeordneten Fragestellungen mitwirken zu lassen sowie die im Unternehmen vorliegende Controlling-Kompetenz soweit als mçglich zu bndeln. Zustzlich ist eine anforderungsorientierte Flexibilisierung der Controlling-Leistungen zu schaffen. Kostensenkungen innerhalb der Controlling-Organisation spielen als Zielsetzung eine untergeordnete Rolle. Abgeleitet aus den Anforderungen lassen sich somit zwei wesentliche Stoßrichtungen fr organisatorische Vernderungen identifizieren:
Zwei wesentliche Stoßrichtungen
e Durch die Flexibilittsanforderungen sind nderungen im Aufgabenspektrum des Controlling nahe liegend, um von der kapazitiven berbeanspruchung der Controller durch z. B. Ttigkeiten der Datengenerierung und -aufbereitung abzukommen und eine betriebswirtschaftliche Beratung fr das Management anbieten zu kçnnen. e Aufgrund des suboptimalen Zusammenspiels zwischen zentralem und dezentralem Controlling stellt eine nderung der Verbindung bzw. der Aufgabenverteilung zwischen diesen beiden Controlling-Einheiten eine weitere Stoßrichtung dar.
4.1
Zentralisierung der Weisungsbefugnisse ber das dezentrale Controlling
Die Abhngigkeit des dezentralen Controlling von der jeweiligen Region bzw. Beteiligungsgesellschaft behindert, wie bereits dargestellt, eine zielgerichtete Unternehmensfhrung auf allen Ebenen. Diese Abhngigkeit begrndet sich darin, dass die jeweilige Bereichsleitung die maßgebliche Entscheidungsinstanz beispiels-
Dilemma des dezentralen Controllers
101
Strategiegerechte Neustrukturierung Seite 102
weise hinsichtlich der Karriereentwicklung oder der Vergtungsfindung des Controllers darstellt. Diese Position der Bereichsleitung stellt nur bedingt Mçglichkeiten fr das dezentrale Controlling zur Wahrnehmung einer Ergnzungs- und Begrenzungsfunktion (auch „Challenging-Funktion“) zur Verfgung. Der Controller sieht sich dem Dilemma gegenber, bei von ihm nicht vertretenen Entscheidungen des dezentralen Managements gegen den eigenen Vorgesetzten opponieren zu mssen. Er wre somit gezwungen, sich stndig „ins eigene Fleisch zu schneiden“.5 Hat die „Dotted Line“ ausgedient?
Die Abkehr von der „Dotted Line“-Anbindung der dezentralen Controlling-Einheiten stellt eine mçgliche Lçsung dieses Dilemmas dar. Die Zusammenfhrung sowohl fachlicher (bereits heute beim zentralen Controlling) als auch disziplinarischer (heute beim dezentralen Bereich) Weisungsbefugnisse ber das dezentrale Controlling beim zentralen Controlling schafft hier Abhilfe und bindet das dezentrale Controlling strker an die Zentrale (vgl. Abb. 2).6
Holding CFO + Controlling
Beteiligungen
Regionen Region Nord
Controlling Region Nord
Controlling DPD GmbH
DPD GmbH
Region Nordost
Controlling Region Nordost
Controlling Delicom
Delicom
Region West
Controlling Region West
Controlling BTG
BTG
Region Südwest
Controlling Region Südwest
Controlling VTG
VTG
Region Südost
Controlling Region Südost
Controlling Shared Services
Shared Services
Express
Controlling Express
Fachliche Zuordnung Disziplinarische Zuordnung
Abb. 2: Zentralisierung der Weisungsbefugnisse ber das dezentrale Controlling
5 6
102
Vgl. Weber (2006), S. 213. Vgl. Scheffner; Hofmann (2007), S. 26.
Strategiegerechte Neustrukturierung Seite 103
Durch diese Maßnahme wird das dezentrale Controlling aus der Abhngigkeit von der Region bzw. Gesellschaft gelçst und entkommt dem dargestellten Konflikt zwischen Bereichs- und Unternehmenszielen. Zentral aufgehngt erhlt das dezentrale Controlling die Grundlage zur Wahrnehmung einer fundierten „Challenging“-Funktion gegenber der jeweiligen Region bzw. Gesellschaft, da die persçnliche Entwicklung der betroffenen Controller nicht von der Beurteilung durch die Bereichsleitung beeinflusst wird. Durch die nun auch disziplinarische Zugehçrigkeit zum CFO wird auch die dezentrale Umsetzung der von diesem zu vertretenden Gesamtunternehmensziele sichergestellt und somit werden denkbare Bereichsegoismen beschrnkt. Trotzdem behlt der dezentrale Controller seine grundlegend notwendige Nhe zum „eigentlichen Geschft“.7
Strkere Bindung des dezentralen Controlling
Allerdings ist die Vergabe aller Weisungsrechte an das ZentralControlling auch mit der Gefahr verbunden, dass der Controller im dezentralen Bereich als „Spion der Zentrale“ oder Fremdkçrper wahrgenommen wird.8 Die Mçglichkeit mangelnder Akzeptanz in den Regionen bzw. Gesellschaften scheint durchaus gegeben zu sein.
4.2
Positionierung des dezentralen Controlling als Business Partner
Das dezentrale Controlling sieht sich oftmals mit einem Ungleichgewicht in der Kapazittsverteilung auf die einzelnen ControllingAufgaben konfrontiert. Ein großer kapazitiver Aufwand fr Datenaufbereitung und -analyse geht hufig zu Lasten der Beratung der Regionalleiter bzw. Geschftsfhrer der Gesellschaften. Kapazittsengpsse, ausgelçst durch aufwndige Basisttigkeiten wie die Datenhaltung, beeintrchtigen in großem Maße die eigentliche Profession des Controllers, die betriebswirtschaftliche Untersttzung des Managements. Die partiell vorherrschende Einschtzung des Controlling als „Ttigkeit fr die Zentrale ohne Mehrwert fr den Bereich“ scheint nachvollziehbar, fhrt doch ein berhang an Zulieferleistungen fr die Zentrale zu einer Einschrnkung der Beratung des dezentralen Bereichs.
Kapazittsengpsse in der Beratungsfunktion
Die Positionierung der dezentralen Controlling-Einheiten als eben diese Beratungsteams bedingt zwingend eine ffnung von Kapazitten fr dadurch entstehende Aufgaben. Standardisierte, repetitive „Basisaufgaben“ des Controlling, die keinen unbedingten Bezug zum Bereich erfordern, kçnnen in das bestehende Shared Service
Neupositionierung der dezentralen Controller
7 8
Vgl. Weber (2006), S. 215. Vgl. Weber (2006), S. 215.
103
Strategiegerechte Neustrukturierung Seite 104 Center verlagert werden.9 Dieses wird dadurch um ControllingAktivitten angereichert und reprsentiert ein Shared Service Center fr alle Finanzfunktionen (neben Controlling auch Accounting, Treasury etc.). Dafr ist eine Analyse und anschließende Klassifizierung der Ttigkeiten des dezentralen Controlling in repetitive und nicht repetitive Aufgaben erforderlich. Repetitive Ttigkeiten sollen konsequent in das SSC eingebracht werden. Durch die somit dezentral frei werdende Kapazitt kann eine Fokussierung des Ttigkeitsspektrums des dezentralen Controlling auf Analyse- und Coaching-Aufgaben des lokalen Managements erfolgen10 (s. auch Abb. 3). Ein analoges Vorgehen wre auch fr andere Controlling-Instanzen im Unternehmen denkbar.11
Dezentrale ControllingEinheiten
Nicht repetitive Tätigkeiten Ad-hoc-Reporting Bedarfsorientierte Analysetätigkeiten Beratung des Managements Sonderauswertungen Projektmitarbeit Unterstützung anderer Funktionen etc.
Repetitive Tätigkeiten Zusätzliche Kapazität für steuerungsrelevante Tätigkeiten
Planung Forecasting Standardreporting Kostenrechnung Investitions-Controlling etc.
CFO Shared Service Center
Abb. 3: Bndelung repetitiver Controlling-Ttigkeiten im Shared Service Center
9 10 11
104
Vgl. Dressler; Hensen (2005), S. 73. Vgl. Michel (2006), S. 444. Fr weiterfhrende Erluterungen zum Thema Shared Service Center siehe den Beitrag von Michel in diesem Buch; als Praxisbeispiel sei der Beitrag von Keller; Hsler zum Controlling Information Center der UBS empfohlen.
Strategiegerechte Neustrukturierung Seite 105
Durch die Integration des SSC in die bisherigen dezentralen Controlling-Aufgaben ist ein erster Schritt in Richtung der Etablierung einer Beratungs-Partnerschaft zwischen Regionalleiter bzw. Geschftsfhrer der Gesellschaft und Controller machbar, indem eine Kapazittsçffnung fr steuerungsrelevante Ttigkeiten des dezentralen Controlling vollzogen wird.12 Der dadurch gesteigerte Mehrwert fr das dezentrale Management und die Abkehr vom vermeintlichen Kontrollfokus durch das Controlling verhelfen dem dezentralen Controller zu einem besseren Standing in der Regionalgesellschaft bzw. der Beteiligung. Die Bndelung repetitiver Aufgaben im SSC fhrt tendenziell zu schnellerer Bereitstellung und hçherer Qualitt der Standardreports, einhergehend mit einer Reduktion des Aufwands fr die Datenaufbereitung. Zustzlich wird die heute vorherrschende Prozessheterogenitt im dezentralen Controlling eingedmmt.13
Shared Service Center und Controlling
Der Aufbau eines Controlling-SSC unterliegt allerdings auch einigen Risiken. So muss sichergestellt werden, dass die Mitarbeiter im SSC die nun hinzukommenden Aufgaben sowohl kapazitiv als auch kompetenzseitig abdecken kçnnen. Auch das Controlling vor Ort im Bereich hat sich die Frage nach der Leistbarkeit der nun zu erbringenden Beratungsleistungen zu stellen. Zustzlich entsteht einmaliger Aufwand zur Ttigkeitsverlagerung und Schnittstellendefinition zwischen dem Controlling-Bereich und dem SSC. Es bleibt zu erwhnen, dass in der Umsetzung womçglich mit Widerstand seitens der Regionen und Gesellschaften zu rechnen ist, sofern man die Vorteile dieser neuen Organisation nicht ausreichend kommuniziert.
Risiken der SSC-Integration
4.3
Etablierung eines zentralen Business Controlling
Wie in der Erluterung der Auslçser zur Maßnahme „Zentralisierung der Weisungsbefugnisse“ angedeutet, bietet sich auch die Zentralisierung des Business Controlling an, um die Integration des dezentralen und zentralen Controlling zu optimieren. Die heutige Zweiteilung des Controlling fçrdert eine uneinheitliche Zielorientierung: Dezentrales Controlling orientiert sich tendenziell am jeweiligen Regionalleiter bzw. Geschftsfhrer der Gesellschaft, zentrales Controlling am CFO bzw. der zentralen Geschftsfhrung des Unternehmens. Die Wahrnehmung der Koordinationsfunktion
12 13
Vgl. Dressler; Hensen (2005), S. 73. Vgl. Michel (2006), S. 442 f.
105
Strategiegerechte Neustrukturierung Seite 106 wird erschwert,14 eine durchgngige Richtlinienfunktion kann durch den organisatorischen Schnitt nicht gewhrleistet werden, Schnittstellenprobleme fhren zu Ineffizienzen und Qualittsverlusten. Abzug der dezentralen Controller?
Die Zentralisierung nicht nur der Weisungsbefugnisse, sondern auch der Aufgabenbndel und Kapazitten des dezentralen Controlling stellt eine sachlogische Weiterentwicklung der ersten dargestellten Maßnahme dar. Die dezentral abgebauten Umfnge sollen in ein zentral zu etablierendes Business Controlling fr die Regionen und Gesellschaften eingebracht werden (vgl. Abb. 4).
Holding CFO + Controlling
Business Controlling
Regionen
Beteiligungen
Region Nord
Region Südwest
DPD GmbH
VTG
Region Nordost
Region Südost
Delicom
Shared Services
Region West
Express
BTG
Abb. 4: Etablierung eines zentralen Business Controlling
Zentrales Business vs. dezentrales BereichsControlling
Der Aufbau eines Business Controlling bndelt vorhandene Controlling-Kompetenzen an einem Ort, setzt zentrale Standards und sichert deren durchgngige Anwendung.15 In diesem Zusammenhang lsst sich von einer „Steuerung aus einer Hand“ sprechen. Die çrtliche Zusammenfassung von Controlling-Funktionen, die Ein14 15
106
Vgl. Weber (2006), S. 213. Vgl. Scheffner; Hofmann (2007), S. 26.
Strategiegerechte Neustrukturierung Seite 107
dmmung der Prozessheterogenitt und der damit einhergehende Abbau von Schnittstellen im Controlling reduziert Abstimmungsaufwand und verkrzt Prozessdurchlaufzeiten im Controlling erheblich. Kostenreduzierungen von bis zu 20 % sind durch solche Maßnahmen realisierbar.16 Wiederum wird das Controlling der Regionen und Beteiligungen befhigt, eine wirksame Ergnzungsund Begrenzungsfunktion gegenber Regionalleitern und Geschftsfhrern der Gesellschaften auszuben. Aufgrund der Loslçsung vom zugeordneten Bereich verliert sich aber auch die Verankerung der Controller in der zugeordneten Region bzw. Beteiligung. Der Verlust des direkten Geschftsbezugs des Controllers geht damit einher, da die zentrale Zugehçrigkeit den Controller von der zu controllenden Ttigkeit entfernt. Ein hçherer Abstimmungsaufwand mit den Regionen bzw. Beteiligungen ist in der Folge zu erwarten. Ist in der Region bzw. Gesellschaft kein Controller mehr prsent, ist bei einem weiterhin bestehenden Bedarf nach direkter Betreuung durch das Controlling zu befrchten, dass eine Parallelorganisation in den Bereichen aufgebaut wird. Etwaige Kosteneinsparungen oder Qualittsverbesserungen wren dadurch obsolet. Zustzlich ist mit umfassenden Widerstnden gegen die Umsetzung dieser Maßnahme seitens der Regionen bzw. Gesellschaften zu rechnen. Vor der Bewertung der Einsetzbarkeit der Maßnahmen fr DPD GeoPost fasst Abb. 5 die wichtigsten Vor- und Nachteile der dargestellten Maßnahmen zusammen.
16
Vgl. Scheffner; Hofmann (2007), S. 26.
107
108
Möglichkeit mangelnder Akzeptanz in den Regionen bzw. Gesellschaften
Möglichkeit der Wahrnehmung als „Spion der Zentrale“ oder Fremdkörper
Widerstand seitens der Regionen/Gesellschaften zu erwarten Einmaliger Aufwand zur Tätigkeitsverlagerung und Schnittstellendefinition
Ggf. Kompetenzprobleme des Controlling vor Ort bzw. im SSC
Schnellere und qualitativ bessere Standardreports
Etablierung einer BeratungsPartnerschaft zwischen Bereich und Bereichs-Controller
Durchgängige Zuordnung aller Controller zum CFO
Weiterhin Nähe der dezentralen Controller zum „Geschäft“
Kapazitätsöffnung des dezentralen Controlling für steuerungsrelevante Tätigkeiten
Positionierung des dezentralen Controlling als Business Partner
Lösung der dezentralen Controller von der Abhängigkeit von der Region bzw. Gesellschaft
Zentralisierung der Weisungsbefugnisse
Widerstände in der Umsetzung seitens der Regionen/ Gesellschaften zu erwarten Ggf. Aufbau einer Parallelorganisation in den Bereichen
Schlechte Verankerung in der Region/Gesellschaft und Verlust des direkten Geschäftsbezuges
Wirksame Ergänzungs- und Begrenzungsfunktion gegenüber Regionen und Gesellschaften
Aufbau zentraler Standards und durchgängige Anwendung
Bündelung der ControllingKompetenzen an einem Ort
Etablierung eines zentralen Business Controlling
Strategiegerechte Neustrukturierung
Seite 108
Abb. 5: Zusammenfassung der Vor- und Nachteile der Maßnahmen
Strategiegerechte Neustrukturierung Seite 109
4.4
Bewertung der Maßnahmen im strategischen Kontext
Um die dargestellten mçglichen Maßnahmen zur Optimierung der Controlling-Organisation auf deren spezifische Einsetzbarkeit hin zu bewerten, werden nun deren Wirkungen auf die strategische Ausrichtung von DPD GeoPost analysiert. Diese beruht auf vier Sulen, welche die Erfolgsfaktoren der zuknftigen Unternehmensausrichtung reprsentieren. Die grçßtmçgliche Kundennhe zur Lçsung seiner Problemstellungen, die stetige Generierung von Innovation, die Erzielung profitablen Wachstums in allen Unternehmensbereichen sowie die stetige Optimierung der Ablufe hinsichtlich Qualitt und Effizienz sind die Eckpfeiler der Unternehmensstrategie.
Strategische Ausrichtung als Bewertungsfaktoren
In Abb. 6 werden die drei Maßnahmen und die vier strategischen Sulen in eine Matrix berfhrt. Die dadurch entstehenden Felder aus Maßnahme (horizontal) und strategischem Faktor (vertikal) zeigen die spezifische Wirkung der Vernderungsoption auf die strategische Sule (positiv beeinflussend, neutral, negativ beeinflussend) auf.
Zentralisierung Weisungsbefugnisse
Positionierung Business Partner
Etablierung Business Controlling
Kundennähe
Innovation
Wachstum
Qualität/Effizienz
Abb. 6: Bewertung der Maßnahmen im strategischen Kontext
109
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Die Zentralisierung der Weisungsbefugnisse birgt fr DPD GeoPost, bezogen auf die strategischen Eckpfeiler, nur geringes Verbesserungspotenzial. So wrden zwar Qualitts- und Effizienzgesichtspunkte untersttzt, es bleibt aber zu analysieren, ob der Umstellungsaufwand durch diesen Nutzen aufgewogen wird. Die zweite Maßnahme der Positionierung des dezentralen Controlling als Business Partner und der Strkung des bestehenden Shared Service Center kann als „klarer Favorit“ eingestuft werden. Diese birgt das Potenzial, die Ist-Controlling-Organisation hinsichtlich aller vier Kriterien zu verbessern, und untersttzt damit direkt die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Die Etablierung eines zentralen Business Controlling birgt zwar auch nicht zu vernachlssigende Verbesserungen, scheidet aber aufgrund des Widerspruchs zur Kundennhe aus. Die negative Beeinflussung eines wesentlichen strategischen Faktors widerspricht ganz eindeutig dem Geschftsmodell und ist somit fr DPD GeoPost nicht geeignet. Business Partnership ist gefordert
Die Bewertung der Maßnahmen impliziert eine priorisierte Verfolgung der zweiten Maßnahme, deren Umsetzbarkeit nun geprft werden muss. Als nchster Schritt steht somit eine umfassende Prozessanalyse hinsichtlich des Potenzials zur Einbringung ins Shared Service Center an. Weiter sind die dadurch betroffenen Mitarbeiterkapazitten, die aus der Neustrukturierung entstehenden Prozessvernderungen, die Neudefinition von Schnittstellen, die implizierten Systemnderungen etc. zu bercksichtigen. Generell wren nicht nur dezentrale Aufgaben, sondern smtliche Controlling-Aktivitten auf ihr Standardisierungspotenzial zu prfen und jene mit repetitivem Charakter konsequent in das bestehende Shared Service Center einzubringen. Dadurch wre ein erster Schritt hin zur Entwicklung des Controllers zum Management-Partner geschafft, indem Zeitressourcen fr eben solche partnerschaftliche Leistungen geschaffen wrden. Zustzlich kçnnte aufgrund der steigenden Bedeutung von Projekten eine eigene CFO-Stabstelle zum strategischen Projekt-Controlling geschaffen werden, die exklusiv die Unternehmensprojekte betreut. Dadurch wrde eine zentrale, vorstandsnahe Instanz geschaffen, die der strategischen Wichtigkeit von Unternehmensprojekten Rechnung trgt und deren betriebswirtschaftliche Begleitung sicherstellt.
110
Strategiegerechte Neustrukturierung Seite 111
5
Fazit
Der Beitrag analysiert, ausgehend von der Darstellung des Unternehmens und des Controlling, deren Entwicklung im Zeitablauf der letzten Jahre. Erfahrungen aus der Vergangenheit und prognostizierte Herausforderungen der Zukunft bilden einen spezifischen Kontext, der auf die Controlling-Organisation wirkt. DPD GeoPost war in der Vergangenheit einigen wesentlichen Vernderungen unterworfen und befindet sich heute auf einem starken Expansionskurs. Wie viele deutsche Unternehmen sieht man sich allerdings mit einer zunehmend dynamischeren Umwelt konfrontiert, die eine zielgerichtete Steuerung des Unternehmens erheblich verkompliziert. Die Controlling-Organisation muss dementsprechend flexibel und reaktionsfhig sein sowie die Steuerungsanforderungen des Managements bestmçglich untersttzen. Hierfr wurden einige ausgewhlte organisatorische Maßnahmen im Controlling dargelegt und deren Nutzen kritisch evaluiert. Die Darstellung der Szenarien hat Mçglichkeiten der Weiterentwicklung der Controlling-Organisation aufgezeigt und erste Anstçße zu Neuoder Umorganisationen gegeben. DPD GeoPost selbst begibt sich nun auf den Weg, das aufgezeigte Szenario detailliert zu analysieren und dessen Umsetzbarkeit zu prfen. Die Notwendigkeit, sich mit neuen organisatorischen Lçsungen fr das Controlling auseinanderzusetzen, ist aber heutzutage nicht nur fr DPD GeoPost zutreffend. Hat Ihre Controlling-Organisation nicht einen hnlichen Optimierungsbedarf?
6
Literaturhinweise
Burmeister, P.; Hofmann, S. (2006): Planung und Budgetierung in Dienstleistungsunternehmen am Beispiel eines Paketdienstleisters, in: Zeitschrift fr Controlling und Innovationsmanagement, 1. Jg. (2006), Sonderheft 1, S. 23 – 29. Chenhall, R. (2003): Management control systems design within its organizational context: Findings from contingency-based research and directions for the future, in: Accounting, Organizations and Society, Vol. 28 (2003), No. 2/3, p. 297 – 319. Dressler, S.; Hensen, S. (2005): Offshoring im Controlling – eine deutsche Lçsung am Beispiel von SAP BW SEM, in: Zeitschrift fr Controlling & Management, 49. Jg. (2005), H. 1, S. 72 – 77. Michel, U. (2006): Der Finanzbereich im Umbruch, in: Controlling, 18. Jg. (2006), H. 8/9, S. 439 – 445. 111
Strategiegerechte Neustrukturierung Seite 112
Mintzberg, H.; Westley, F. (1992): Cycles of Organizational Change, in: Strategic Management Journal, Vol. 13 (1992), No. 8, p. 39 – 59. Mller, M.; Schmidt, H. (2006): Controlling-Organisation: BestPractice und Lçsungsanstze, in: Der Controlling-Berater, o. Jg. (2006), H. 6, S. 711 – 730. Scheffner, J.; Hofmann, N. (2007): Die Controlling-Organisation als Baustein zu Finance Excellence: Ansatzpunkte zur Steigerung von Effektivitt und Effizienz, in: Controlling, 19. Jg. (2007), H. 1, S. 21 – 29. Stetenfeld, A.; Bender A.; Hofmann S. (2006): Logistikbranche: Design und Nutzung der Planung und Budgetierung beim DPD, in: Gleich, R.; Hofmann, S.; Leyk, J. (Hrsg.): Planungs- und Budgetierungsinstrumente: Innovative Anstze und Best-Practice fr den Managementprozess, Freiburg 2006, S. 225 – 242. Weber, J. (2006): Zum Zusammenspiel von zentralem und dezentralem Controlling, in: Zeitschrift fr Controlling & Management, 50. Jg. (2006), H. 4, S. 211 – 217.
112
Unternehmenskultur Seite 113
Controlling in einem Familienunternehmen – der Einfluss der Unternehmenskultur auf die Controlling-Organisation bei TRUMPF n TRUMPF ist mit 7.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 1,65 Mrd. EUR eines der weltweit erfolgreichsten Unternehmen fr Maschinenbau und Lasertechnik. n TRUMPF verfgt als Familienunternehmen ber eine ausgeprgte Unternehmenskultur, die auch das wirtschaftliche Verhalten der Mitarbeiter wesentlich bestimmt und Fhrungskrfte zu einem ergebnisorientierten Handeln anhlt. Das Controlling baut auf diesem Wertefundament auf und sttzt die Philosophie des „Controlling durch das Management“. n Auf Basis von Unternehmenskultur, Ergebnis- und Werteorientierung ist Controlling schlank und dezentral organisiert. n Controlling ist auf allen Fhrungsebenen organisiert, untersttzt diese bei der Erreichung ihrer wirtschaftlichen Ziele und koordiniert intern deren bereichsbergreifendes Zusammenspiel. Inhalt
Seite
1
Die TRUMPF Gruppe ..................................................................
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Rolle und Selbstverstndnis des Controlling bei TRUMPF ......
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3
Organisation des Controlling ....................................................
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4 4.1 4.2 4.3 4.4
Einflussfaktoren auf die Controlling- Organisation bei TRUMPF ...................................................................................... Einflussfaktor Unternehmenskultur ............................................ Einflussfaktor Organisations- und Fhrungsstruktur .................. Einflussfaktor Ziel- und Steuerungssystem ................................. Einflussfaktor Koordinationsaufgaben ........................................
119 120 122 125 128
5
Fazit .............................................................................................
130
6
Literaturhinweise .......................................................................
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Unternehmenskultur Seite 114
n Die Autoren Harald Vçlker, Kaufmnnischer Geschftsfhrer der TRUMPF GmbH + Co. KG. Dr. Lars Grnert, Kaufmnnischer Geschftsfhrer der TRUMPF Laser GmbH + Co. KG. Dr. Catharina Kriegbaum-Kling, Leiterin Controlling der TRUMPF Werkzeugmaschinen GmbH + Co. KG.
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Unternehmenskultur Seite 115
1
Die TRUMPF Gruppe
Mit rund 7.000 Beschftigten und einem Umsatz von 1,65 Mrd. EUR zhlt die TRUMPF Gruppe zu den grçßten und weltweit fhrenden Unternehmen in der Fertigungs- und Medizintechnik. Drei Geschftsbereiche mit fnf Ttigkeitsfeldern bilden die TRUMPF Gruppe. TRUMPF entwickelt und fertigt Werkzeugmaschinen fr die flexible Blechbearbeitung zum Stanzen und Umformen, fr die Laserbearbeitung, fr die kombinierte Stanzund Laserbearbeitung und zum Biegen. TRUMPF ist Weltmarktund Technologiefhrer fr industrielle Laser und Lasersysteme. Im Geschftsfeld Industrieelektronik werden Hoch- und Mittelfrequenzgeneratoren u. a. fr die Plasmatechnologie und zur Laseranregung hergestellt. In der Medizintechnik bietet TRUMPF Systemlçsungen fr den Operations- und Intensivbereich an.
Das Unternehmen TRUMPF
Innovationen bestimmen bei TRUMPF die Richtung in allen Geschftsbereichen und prgen technische Standards. Die Innovationskraft basiert auf hohen Aufwendungen fr Forschung und Entwicklung in Hçhe von 120 Mio. EUR, entsprechend 7,3 % des Umsatzes. Die Unternehmensgruppe ist mit ber 50 Tochtergesellschaften und Niederlassungen in fast allen europischen Lndern, in wichtigen Industrielndern Nord- und Sdamerikas sowie in Asien vertreten. Produziert wird in Deutschland, Frankreich, Polen, sterreich, der Schweiz, Tschechien, China, Taiwan und den USA. Stammsitz der TRUMPF Gruppe ist Ditzingen, nahe Stuttgart. Die TRUMPF Gruppe kann auf eine sehr erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung in den vergangenen 40 Jahren zurckblicken. Die jhrlichen Wachstumsraten liegen im Durchschnitt im zweistelligen Prozentbereich. Aufgrund einer berdurchschnittlichen Ergebniskraft konnte das Wachstum wesentlich aus eigener Kraft finanziert werden. Die Rolle des Controlling bei TRUMPF und dessen organisatorische Ausgestaltung sind ebenso Thema dieses Beitrags wie auch ausgewhlte Einflussfaktoren auf die Organisation.
2
Rolle und Selbstverstndnis des Controlling bei TRUMPF
Die Aufgaben eines „Controllers“ werden in der Literatur ganz unterschiedlich beschrieben. Einerseits wird unter einem Controller in den meisten Fllen ein „Stelleninhaber“ verstanden, „der fr Manager ein bestimmtes Set an Aufgaben erbringt. Dazu zhlen beispielsweise die Bereitstellung von Kosteninformationen, bernahme 115
Unternehmenskultur Seite 116 der Ergebniskontrolle und vieles mehr“.1 Andererseits wird „Controlling“ in der Literatur als Fhrungs- oder Managementfunktion dargestellt, bei der es um die effiziente Gestaltung der Planungs- und Kontrollprozesse im Unternehmen geht. Daraus abgeleitet bedeutet Controlling einerseits die Untersttzung der Unternehmensfhrung mit relevanten Informationen zur Planung, Steuerung und Kontrolle von betriebswirtschaftlichen Zielgrçßen, andererseits aber auch die Unternehmenssteuerung an sich, an der jede Fhrungskraft mitwirkt. Damit ist Controlling eine dezentrale Managementaufgabe.2 ControllingPhilosophie
Dieses Controlling-Verstndnis entspricht auch dem von TRUMPF. Controlling steht bei TRUMPF fr die Bewahrung der Ergebnisorientierung durch das Management. Dieses ist dafr zustndig, dass die Ziele verfolgt und eingehalten werden. Es stellt sicher, dass Entscheidungen wirtschaftlich sind und dass mit Ausgaben, Investitionen und Personalressourcen effizient und restriktiv umgegangen wird. Entscheidungstrger sind aber die Fhrungskrfte und nicht die Controller. Deshalb ist es notwendig, dass insbesondere Fhrungskrfte die betriebswirtschaftlichen Zusammenhnge im Unternehmen kennen – als Voraussetzung dafr, dass sie die wichtigsten Kosten- und Ergebnistreiber ihres Bereichs identifizieren und beeinflussen kçnnen. Nur dann werden sie auch im Sinne des Controlling ihre Aufgaben sowie ihre Fhrungsrolle gegenber Mitarbeitern, Kollegen und Unternehmensleitung gezielt wahrnehmen. Je nach Verantwortungsbereich werden bereichsbezogene Ziele geplant, vereinbart und mit Kennzahlen zur Leistungsmessung versehen. Die Geschftsfhrer der TRUMPF Gesellschaften werden finanziell beispielsweise auf Basis des Umsatzwachstums, des Ergebnisses und der erzielten Kapitalrendite ihrer Gesellschaft beurteilt. Fhrungskrfte in der Entwicklung sind im Zuge eines umfassenden Entwicklungsprojektmanagements dafr verantwortlich, dass Termine, Budgets und Ziel-Herstellkosten von Entwicklungsprojekten eingehalten werden. Im Vertrieb hingegen orientieren sich die Ziele und Kennzahlen am Markt – bewertet wird, wie im Rahmen einer gezielten Marktbearbeitung Marktanteile, Absatz-, Umsatz- und Preisziele erreicht wurden.
Aufgaben des Controlling
Die Aufgaben der Controlling-Abteilungen bei TRUMPF bestehen in erster Linie darin, die Fhrungskrfte zu untersttzen, indem sie relevante betriebswirtschaftliche Informationen, Kennzahlen und Analysen bereitstellen – mit unterschiedlichen Schwerpunkten je nach Verantwortungsbereich. Die Controlling-Abteilungen beraten in betriebswirtschaftlichen Fragen und bereiten gemeinsam mit den Fachbereichen Planungsrechnungen zur Entscheidungsfindung vor 1 2
116
Weber (2004), S. 5. Vgl. z. B. Steinmann; Scherer (1996), S. 140 ff.
Unternehmenskultur Seite 117
(z. B. Investitionsrechnungen, Rentabilittsrechnungen). Dementsprechend hat ein Controller fr den Entwicklungsbereich andere Aufgabenschwerpunkte als ein Vertriebs-Controller, der die Vertriebsverantwortlichen z. B. mit relevanten Informationen zu Auftragseingang, Rabatten, Vertriebskosten und Forderungen versorgt. Dies bedeutet, dass die Controlling-Abteilung in der Kosten- und Ergebnis-Analyse, in der Planung und im Forecast auf Kostenstellen- und Unternehmensebene alle notwendigen Informationen aus den Fachbereichen sammelt, koordiniert und diskutiert und damit den Planungs- und Entscheidungsprozess untersttzt. Die Freigabe von Budgets oder auch die Entscheidung, ob ein Projekt durchgefhrt wird, obliegt aber nicht dem Controlling, sondern – wie bereits ausgefhrt – dem Management. Verantwortlich fr die Einhaltung von Kostenstellenbudgets sind also die Kostenstellenleiter. So trifft immer das Management die Entscheidung ber ein Entwicklungs- oder Investitionsprojekt – auf Basis der vom Controlling ermittelten Fakten zur Wirtschaftlichkeit.
Zusammenspiel Management und Controlling
Fr die Steuerung einer Gesellschaft innerhalb der TRUMPF Gruppe bedeutet dieses Selbstverstndnis, dass die Geschftsfhrung der Gesellschaft fr die Planungsgenauigkeit verantwortlich ist und in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Fachbereichen das Ergebnis sowie die bilanziellen Entwicklungen steuert. In der Planungsphase koordiniert das Controlling, indem es die marktorientierte Umsatzund Auftragseingangsentwicklung des Vertriebs sowie die Kostenund Investitionsentwicklung aus den Fachbereichen ermittelt, auf Plausibilitt berprft und zur Ergebnisrechnung und Bilanz des gesamten Unternehmens zusammenfhrt. Soweit es auf Unternehmensebene fr notwendig erachtet wird, werden in Zusammenarbeit mit dem Management Anpassungen vorgenommen. Wichtig dabei ist jedoch, dass das Controlling die von den zustndigen Fhrungskrften abgegebenen Zahlen nicht verndert, damit die Planzahlen wiederum in Eigenverantwortung gesteuert werden kçnnen. Das Controlling hat jedoch die Aufgabe, die Daten auf Plausibilitt zu prfen, Annahmen zu hinterfragen, ggf. auf Unstimmigkeiten hinzuweisen und gemeinsam mit den Fhrungskrften etwaige Korrekturen vorzunehmen. Klare Konsequenz: Das Controlling der TRUMPF Gruppe untersttzt das Management in Planungs-, Entscheidungs- sowie Kontrollsituationen mit relevanten Informationen. Hierzu gehçren wiederkehrende „klassische“ Planungs- und Forecastinformationen aus Ergebnisrechnung und Bilanz. Darber hinaus ist das Controlling fr die kaufmnnische Beurteilung von Projekten zustndig. Beispielsweise erstellt es Business-Plne bei der Grndung von
117
Unternehmenskultur Seite 118
Tochtergesellschaften, Unternehmensbewertungen bei Akquisitionen, Rentabilittsrechnungen bei Entwicklungsprojekten und Investitionsrechnungen bei Anlagekufen.
3
Organisation des Controlling
Verantwortlich fr das Controlling ist der kaufmnnische Geschftsfhrer der TRUMPF Gruppe. Controlling ist auf allen Fhrungsebenen des Unternehmens organisiert (s. Abb. 1). Das Beteiligungs-Controlling mit seiner klassischen Funktion ist am Stammsitz des Unternehmens angesiedelt und bildet eine zentrale Controlling-Einheit.
Gesamtverantwortung Controlling (Kfm. Geschäftsführer TRUMPF Gruppe)
BeteiligungsControlling
Ltr. GB WM/EW Ltr. Controlling G B WM /EW
Ltr. GB LT/E
Ltr. GB MED
Ltr. Controlling GB LT/E
Ltr. Controlling GB MED
GF TG a
GF TG m
GF TG x
Ltr. Contr. TG a
Ltr. Contr. TG m
Ltr. Contr. TG x
GF TG b
GF TG n
GF TG y
Ltr. Contr. TG b
Ltr. Contr. TG n
Ltr. Contr. TG y
GF TG …
GF TG …
GF TG …
Ltr. Contr. TG …
Ltr. Contr. TG …
Ltr. Contr. TG …
Abb. 1: Organisation des Controlling der TRUMPF Gruppe
Dezentraler Fokus
Zu den dezentralen Controlling-Einheiten zhlen das Geschftsbereichs-Controlling und das Controlling innerhalb der TRUMPF Gesellschaften. Die Kapazittsverteilung der Controlling-Mitarbeiter belegt den dezentralen Schwerpunkt der Controlling-Organisation. In den TRUMPF Gesellschaften sind deutlich mehr Mitarbeiter beschftigt als im Beteiligungs-Controlling bzw. Geschftsbereichs-Controlling. Die Controlling-Organisation orientiert sich klar an der dezentralen Organisation der Unternehmensgruppe mit den beschriebenen Geschftsbereichen und den Gesellschaften, die diesen zugeordnet sind.
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Unternehmenskultur Seite 119
Prinzipiell berichten die dezentralen Controlling-Einheiten an die verantwortliche Fhrungskraft der jeweiligen Fhrungsebene (z. B. berichtet der Leiter Controlling einer TRUMPF Gesellschaft an den Geschftsfhrer der TRUMPF Gesellschaft, der Leiter Geschftsbereichs-Controlling berichtet an den Leiter des Geschftsbereichs). Fachlich gehçren die dezentralen Controller der jeweils bergeordneten Controlling-Einheit an. In den dezentralen Controlling-Instanzen gibt es typischerweise keine eigenstndige Abteilung. Vielmehr ist das Controlling neben Rechnungs- und Personalwesen innerhalb einer gemeinsamen Abteilung organisiert. In der Regel findet sich hier eine gesamtverantwortliche Fhrungskraft mit funktional spezialisierten Mitarbeitern.
Struktur der ControllingEinheiten
Das Beteiligungs-Controlling ist fr das Reporting der TRUMPF Gruppe zustndig und koordiniert Planung, Forecasting und das zentrale Managementberichtssystem. Das Beteiligungs-Controlling erstellt Wirtschaftlichkeits- und Vergleichsrechnungen und ist darber hinaus fr die Weiterentwicklung des betriebswirtschaftlichen Instrumentariums der TRUMPF Gruppe verantwortlich. Das Geschftsbereichs-Controlling ist Bestandteil der Geschftsbereichsleitung und informiert in diesem Kreis ber die wirtschaftliche Entwicklung des Geschftsbereichs. Der Geschftsbereichs-Controller betreut und bert die Gesellschaften des Geschftsbereichs in wirtschaftlichen Themen und initiiert Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation. Zu seinen Aufgaben zhlen auch die Koordination und Abstimmung der betriebswirtschaftlichen Instrumente, Analysemethoden und Berichtssysteme zwischen den Gesellschaften. Die Controller innerhalb der TRUMPF Gesellschaften nehmen die „klassische“ Rolle ein, indem sie die Geschftsleitung dabei untersttzen, ihre wirtschaftlichen Ziele zu erreichen. Ihre Aufgaben umfassen Planung, Forecasting, Berichtswesen und Wirtschaftlichkeitsrechnungen sowie die Kosten- und Produktergebnisrechnung. Durch die Nhe der dezentralen Controlling-Organisation zur Entscheidungsinstanz wird dem Controlling bei TRUMPF eine zentrale Rolle in der Unternehmenssteuerung zuteil.
4
Einflussfaktoren auf die ControllingOrganisation bei TRUMPF
TRUMPF ist ein Unternehmen in Familienbesitz und wird von den Familienmitgliedern gefhrt. Familienunternehmen zeichnen sich typischerweise dadurch aus, dass Familie und Unternehmen eine untrennbare Einheit darstellen. Dies fhrt auch dazu, dass sich die
Familieneigentum prgt Controlling
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Unternehmenskultur Seite 120
Wertvorstellungen der Familie in den Unternehmen widerspiegeln. Fr zahlreiche Familienbetriebe gilt, dass diese Wertvorstellungen u. a. beinhalten, dass sich das Unternehmen langfristig erfolgreich entwickelt. Darber hinaus verbinden Familieneigner ihre unternehmerische Ttigkeit in der Regel mit hohem gesellschaftlichem und sozialem Engagement. Familien, die das eigene Unternehmen fhren, prgen damit dessen Kultur und Struktur in einer Art und Weise, die sich hufig von „anonymen“ Kapitalgesellschaften unterscheidet. Dies spiegelt sich auch darin wider, wie das Unternehmen gefhrt und gesteuert wird, und beeinflusst damit unmittelbar die Ausgestaltung des Controlling. Vier maßgebliche Einflussfaktoren
Fr die Controlling-Organisation bei TRUMPF lassen sich vier maßgeblich prgende Faktoren identifizieren. Diese vier Einflussfaktoren umfassen neben der Unternehmenskultur, der Fhrungsstruktur sowie dem Ziel- und Steuerungssystem der TRUMPF Gruppe auch wesentliche Koordinationsaufgaben des Controlling, die sich aus dem sehr engen Fertigungsverbund ber mehrere Standorte bzw. Gesellschaften und Geschftsbereiche hinweg ergeben (vgl. Abb. 2).
Führungsstruktur
Unternehmenskultur Wertesystem von Eigentümern, Geschäftsleitung, Führungskräften und Mitarbeitern
Controlling bei TRUMPF Koordinations aufgabe n
Ziel- und Steuerungssystem
Abb. 2: Einflussfaktoren auf das Controlling bei TRUMPF
4.1
Einflussfaktor Unternehmenskultur
Kultur, und erst recht Unternehmenskultur, ist ihrem Wesen nach kollektiv. Kollektivitt, die mehr bedeutet als ein bloßes Nebeneinander, ergibt sich nur, wenn die das Kollektiv bildenden Mitglieder miteinander kommunizieren. Clifford Geertz sieht Kultur als eine ber Kommunikation und gemeinschaftliches Handeln definierte Vorstellungswelt. Sie ist fr die einzelnen Glieder der 120
Unternehmenskultur Seite 121
Gemeinschaft, die an ihr teilhaben und sie untersttzen, der Orientierungsrahmen fr die eigene Identittsbildung. Damit ergibt sich ein wechselseitiger Bezug: Einerseits ist Kultur von Menschen gemacht, andererseits beeinflusst eben diese Kultur die Identitt des Einzelnen. Der Mensch ist damit Objekt und Subjekt der Kultur.3 Dieser Kulturbegriff gilt auch fr die Unternehmenskultur. Diese beruht konkret auf den gemeinsam getragenen oder geteilten Werten, Einstellungen, Normen und berzeugungen. Sie zeigt sich in den Verhaltensweisen der Unternehmensmitglieder und in den von ihnen geschaffenen Artefakten – vom Briefpapier ber die Arbeitszeiten, die Personalpolitik bis hin zum Betriebsklima. Alle im Unternehmen ttigen Personen, ob Geschftsleitung oder Mitarbeiter, sind durch die Unternehmenskultur beeinflusst und angehalten, sich ihr entsprechend zu verhalten. Gleichzeitig prgen die Mitarbeiter die Kultur durch ihr Agieren nach außen und nach innen mit.
Kulturelle Prgung
Natrlich ist die Mçglichkeit der Einflussnahme auf Unternehmenskultur unterschiedlich groß. Die Unternehmenskultur von TRUMPF ist stark durch die Eigentmerfamilie geprgt, die das Unternehmen, untersttzt von langjhrigen Mitarbeitern, operativ fhrt. Die Vorbildfunktion von Eigentmern und Fhrungskrften ist ein zentraler Bestandteil der Unternehmenskultur. Die Unternehmenskultur kommt deutlich im Verhalten der Mitarbeiter zum Ausdruck. Sie sind es, durch die konkrete Unternehmenswerte entstehen. Daher sind das Verhalten der Mitarbeiter sowie der Fhrungskrfte und die Art, wie Fhrung wahrgenommen wird, zentrale Elemente der Unternehmenskultur. Die Gestaltung der Beziehungen zu externen und internen Partnern und der Fokus auf Erfolg sind weitere Elemente. Die Werteorientierung der Mitarbeiter umfasst auch Elemente mit hoher wirtschaftlicher Bedeutung: Kostenbewusstsein, Ergebnisund Wachstumsorientierung sind bei Mitarbeitern und Fhrungskrften stark ausgeprgt. Ihr Verhalten ist es, das die Erfolgsorientierung der TRUMPF Gruppe untersttzt, whrend die Wertmaßstbe die Stetigkeit und Nachhaltigkeit der Erfolgsentwicklung absichern. Das Controlling baut auf diesem Wertefundament auf, was wiederum die eingangs beschriebene Philosophie des „Controlling durch das Management“ ermçglicht.
Kultur als Erfolgsfaktor
Das Resultat sind relativ „schlanke“ Controlling-Bereiche, eine stark dezentral ausgerichtete Controlling-Organisation sowie der Fakt, dass die Verantwortung fr das Ergebnis beim Management und nicht beim Controlling liegt.
Wertesystem und Steuerungssystem
3
Vgl. Geertz (2002).
121
Unternehmenskultur Seite 122
Der TRUMPF Steuerungsansatz hlt Fhrungs- und Steuerungssysteme einfach und verankert das, was im Sinne des Gesamtunternehmens erreicht werden soll, im Verhaltenskodex der Fhrungskrfte. Defizite im Wertesystem und im Verhalten der Fhrungskrfte lassen sich nicht durch ausgefeiltere Steuerungssysteme ausgleichen. Anders ausgedrckt: Wenn das Wertesystem der Fhrungskrfte und Mitarbeiter im Einklang mit den Unternehmensinteressen steht, dann mssen die Steuerungssysteme nicht so komplex ausgestaltet werden, um jeden Fehlsteuerungsanreiz zu verhindern. Besttigt werden diese Anstze durch Studien, die den Einfluss der Kultur auf den Erfolg eines Unternehmens untersuchen. So sind insbesondere diejenigen Unternehmenskulturen erfolgreicher, die ein klares Bild der Gesamtaufgabe vermitteln, die mit erfahrenen Mitarbeitern und einem ausgeprgten Maß an Bodenstndigkeit agieren, und solche, die es ermçglichen, Verantwortung fr Mitarbeiter und Gesellschaft zu tragen.4 In einem internationalen Unternehmen wie TRUMPF mit mittelstndischen Fhrungs- und Organisationsstrukturen sowie einer ausgeprgten Unternehmenskultur finden die Mitarbeiter die Strukturen vor, in denen sie diese Verantwortung bernehmen und gleichzeitig ihren Beitrag zum großen Ganzen erkennen und leisten kçnnen. Daraus wird deutlich, dass funktionierende Fhrungs- und Steuerungssysteme eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung fr stetiges Wachstum und Ertragskraft sind. Sie mssen auf einer Unternehmenskultur basieren, die Fhrungskrfte zu einem ergebnisorientierten Handeln anhlt. Umgekehrt reicht eine im ergebnisorientierten Sinn gute Unternehmenskultur allein nicht aus. Vielmehr muss sie um adquate Fhrungs- und Steuerungssysteme ergnzt werden. Das Zusammenwirken dieser beiden Elemente zu dem spezifischen TRUMPF Steuerungsansatz fhrt bei TRUMPF zu einer nachhaltigen Ergebnis- und Wachstumsorientierung.
4.2 Zusammenspiel Holding, Geschftsbereiche, Tochtergesellschaften
Die TRUMPF Organisation besteht aus einer Holding, der Gruppen-Geschftsleitung und drei operativ ttigen Geschftsbereichen. Die Holding trifft primr strategische und unternehmensstrukturelle Entscheidungen – beispielsweise zu Kapitalstruktur, Eigenkapitalausstattung sowie zur Positionierung der Geschftsfelder. In der Gruppen-Geschftsleitung werden die Holding-Geschftslei4
122
Einflussfaktor Organisations- und Fhrungsstruktur
Vgl. Schçnborn; Peetz (2004).
Unternehmenskultur Seite 123
tung, die Geschftsbereichsleiter und die Geschftsfhrer mit Querschnittverantwortung zusammengefasst. Teilweise werden unterschiedliche Funktionen in Personalunion wahrgenommen, sodass ein Geschftsfhrer sowohl Leiter eines Geschftsbereiches als auch fr eine Querschnittsfunktion verantwortlich sein kann. Die Gruppen-Geschftsleitung legt Strategien fest und setzt diese um. Außerdem erarbeitet sie gruppenweit geltende Strukturen, Standards und Leitlinien. Sie ist fr die Geschftsjahres-Planung verantwortlich und gibt die daraus abgeleiteten Ziele vor. Den drei Geschftsbereichen sind die TRUMPF Gesellschaften zugeordnet. Jeder Geschftsbereich und jede Gesellschaft ist dafr verantwortlich, dass die von der Gruppen-Geschftsleitung vorgegebenen Ziele erreicht werden. Fr jede Gesellschaft ist ein Mitglied der Gruppen-Geschftsleitung zustndig, das die Gesellschaft betreut und sie untersttzt, die vorgegebenen Ziele zu erreichen. Die Organisation des Controlling orientiert sich an der Organisations- und Fhrungsstruktur der TRUMPF Gruppe (s. Abb. 3). Da die Geschftsbereiche und Einzelgesellschaften innerhalb des von der Gruppe gesetzten Rahmens selbststndig und eigenverantwortlich agieren sollen, berichten die Controller an die verantwortlichen Geschftsbereichsleiter bzw. Geschftsfhrer der Einzelgesellschaften (disziplinarische Berichtslinie). Sie bilden damit eine enge und vertrauensvolle Einheit. Hierdurch wird zum Ausdruck gebracht, dass ergebnis- und zielorientiertes Handeln von den Fhrungskrften erwartet wird und sie von den Controllern bei der Erfllung dieser Aufgabe direkt untersttzt werden. Um eine inhaltliche Abstimmung des Controlling zu erreichen, berichtet jeder Controlling-Verantwortliche fachlich an den bergeordneten Geschftsbereichs-Controller bzw. die Geschftsbereichs-Controller an den kaufmnnischen Geschftsfhrer der TRUMPF Gruppe („Dotted Line“).
Unternehmensstruktur und ControllingOrganisation
Die fachliche Abstimmung bezieht sich auf Standards und Regeln bezglich der Ausgestaltung des Controlling bei TRUMPF und umfasst die Festlegung zentraler Werkzeuge und Instrumente (z. B. Investitionsrechnung), Richtlinien (z. B. Herstellkostenermittlung) und Standards (z. B. Berichtszeitpunkte und Planungsablauf). Da sich diese zentralen Festlegungen nur auf gruppenrelevante Themen beziehen, bleibt den dezentralen Controllern ausreichend Spielraum, ihre Funktion entsprechend den lokalen und persçnlichen Anforderungen auszugestalten und dezentrale Controlling-Lçsungen aufzubauen. Mit einem einheitlicheren Controlling kçnnte ggf. eine hçhere Arbeitseffizienz erreicht werden, die Verantwortlichkeit der dezentralen Einheiten wrde aber gleichzeitig geschwcht.
Zentrale Richtlinien, dezentrale Flexibilitt
123
Unternehmenskultur Seite 124
Holding Geschäftsbereichsverantwortung
Querschnittverantwortung
Geschäftsbereich Werkzeugmaschinen/ Elektrowerkzeuge
Geschäftsbereich Lasertechnik/ Elektronik
Geschäftsbereich Medizintechnik
Personal, Führungskräfteentwicklung Unternehmenskommunikation Entwicklung Vertrieb Produktion Finanzen, Informationstechnik + TRUMPF Gesellschaften
+ TRUMPF Gesellschaften
+ TRUMPF Gesellschaften
Abb. 3: Fhrungsstruktur der TRUMPF Gruppe
Zentrales gruppenweites Controlling-Instrument ist das gruppenweite Finanz-Reporting (inkl. Datenmelde-, Konsolidierungs- und Berichtstool), das sowohl das externe als auch das interne Rechnungswesen umfasst. TRUMPF verzichtet beim Reporting darauf, zwischen externem und internem Rechnungswesen zu unterscheiden. Das gruppenweite Reporting beinhaltet die Ergebnisrechnung, die Bilanz (fr Gruppe, Geschftsbereich und Gesellschaft) und weitere Eckdaten zu Produkten, Vertrieb und Personal. Controlling-Instrumente, die innerhalb der Geschftsbereiche bzw. Gesellschaften eingesetzt werden, sind Produktergebnisrechnung, Kostenrechnung, Rabatt-, Forderungs- und Bestands-Controlling. Diese Instrumente sind in der Gruppe nur teilweise standardisiert und reichen von selbst entwickelten Excel-Lçsungen bis zu SAPbasierten Standardfunktionen – maßgeschneidert fr die jeweilige Aufgabenstellung. In der Unternehmenszentrale sind Funktionen angesiedelt, die Querschnittsverantwortung haben bzw. deren Bereich so groß ist, dass er ein funktionsspezifisches Controlling erfordert. Zu diesen 124
Unternehmenskultur Seite 125
Funktionen zhlen Vertrieb, Entwicklung und Personal. Die Controller (in der Regel ein Mitarbeiter) berichten entsprechend dem bei TRUMPF vorherrschenden Prinzip disziplinarisch an den Verantwortlichen des Funktionsbereichs und fachlich an den Controller des Geschftsbereichs.
4.3
Einflussfaktor Ziel- und Steuerungssystem
Das Ziel- und Steuerungssystem bei TRUMPF ist geprgt von der bereits beschriebenen Unternehmenskultur und der Orientierung an dauerhaft zufriedenen Mitarbeitern, Kunden, Eignern und der Gesellschaft. Dauerhafter Erfolg wird nur erreicht, wenn alle diese Gruppen zufrieden gestellt werden kçnnen. Dies soll durch angemessenen Gewinn und berdurchschnittliches Wachstum, durch eine gute Firmenkultur sowie eine dauerhafte Innovations- und Qualittsfhrerschaft erreicht werden. Diese Werte, Normen und Ideale geben den Rahmen vor, in dem gehandelt wird, und sie bestimmen den Korridor, in dem Ziele formuliert werden (vgl. Abb. 4).
Dauerhafter Erfolg = Dauerhaft zufriedene Mitarbeiter, Kunden, Eigner und Gesellschaft
Angemessener Gewinn Wir erreichen eine überdurchschnittliche GesamtKapitalrendite nach Steuern.
Wachstum
Gute Firmenkultur
Wir erreichen Unser Wirken ein überdurch- nach innen und schnittliches nach außen ist jährliches Umgeprägt von satzwachstum Engagement, aus eigener Vertrauen, Kraft in Offenheit und verwandten Nachhaltigkeit. Arbeitsgebieten.
InnovationsFührerschaft
QualitätsFührerschaft
Wir sind in jedem unserer Arbeitsgebiete im Weltmaßstab technisch und organisatorisch führend.
Wir bieten unseren Kunden in jedem unserer Arbeitsgebiete Produkte und Leistungen, die im Weltmaßstab qualitativ führend sind.
Abb. 4: Das TRUMPF Zielehaus
125
Unternehmenskultur Seite 126 Zielsystem der ControllingOrganisation
„Gute Firmenkultur“ im Zielehaus bedeutet, dass das Wirken nach innen und außen durch Engagement, Vertrauen, Offenheit und Nachhaltigkeit geprgt ist. Als Innovationsfhrer strebt TRUMPF an, in jedem Arbeitsgebiet im Weltmaßstab technisch und organisatorisch fhrend zu sein. Qualittsfhrer zu sein heißt fr TRUMPF, den Kunden in jedem Arbeitsgebiet Produkte und Leistungen anzubieten, die im Weltmaßstab qualitativ fhrend sind. Das Wachstumsziel wird durch konkrete Umsatzziele vorgegeben und umfasst das Wachsen aus eigener Kraft. Das Gewinnziel beinhaltet das Streben nach einer berdurchschnittlichen Kapitalrendite. Ausgehend vom TRUMPF Zielehaus werden Kennzahlen, Jahresziele, Zielgrçßen und Maßnahmen abgeleitet und von Gruppenzielen ber Geschftsbereichsziele bis hin zu Abteilungszielen heruntergebrochen.
Steuerung mit RoI
TRUMPF ist ein Unternehmen der Hochtechnologie. Das Unternehmensgeschehen ist daher stark von technisch ausgebildeten Fhrungskrften geprgt. Wie bereits beschrieben, liegt die Ergebnisverantwortung bei den Fhrungskrften. Folglich muss ein Kennzahlensystem zur Steuerung des Unternehmens von allen Fhrungskrften auch verstanden werden und die Einflussmçglichkeiten auf finanzielle Kennzahlen mssen erkennbar sein. Als Steuerungskennzahl zur Messung des Gewinnziels wird deshalb bei TRUMPF der Return on Investment (RoI) verwendet. Aufgrund der leicht verstndlichen Kennzahl aus Ergebnis vor Steuern und Bilanzsumme sowie der eingngigen Analysemçglichkeiten anhand des Du-Pont-Kennzahlensystems5 werden Stellhebel und Interdependenzen erkennbar und dezentrale Einheiten vergleichbar. Fhrungskrfte aus unterschiedlichen Fachbereichen kçnnen erkennen, wie die eigenen Aktivitten auf den RoI wirken. RoI als Steuerungskennzahl bedeutet, dass das Management entsprechende Berichte fr den eigenen Einflussbereich zur Steuerung bençtigt. Folglich muss das Controlling beispielsweise Preis- und Rabattanalysen, Forderungsberichte sowie Vorrats- und Bestandsberichte dem Management zur Verfgung stellen.
Konsistente Datenbasis
Der RoI als Steuerungskennzahl hat fr TRUMPF aber auch zur Folge, dass internes und externes Rechnungswesen eng verzahnt sein mssen. Das in den RoI eingehende Ergebnis entspricht dem Ergebnis der gewçhnlichen Geschftsttigkeit (EGT). Deshalb werden auch einheitliche Ergebnisdefinitionen zwischen Controlling und externem Rechnungswesen verwendet. Des Weiteren nutzen sowohl das Controlling als auch die fr das externe Rechnungswesen zustndigen Bereiche die gleiche Datenbasis. Das 5
126
Vgl. z. B. Botta (1996).
Unternehmenskultur Seite 127
bedeutet, dass die monatlich und quartalsweise fr das Geschftsbereichs- und Beteiligungs-Controlling erfassten Daten aller TRUMPF Gesellschaften mit Hilfe eines Datenerfassungstools gesammelt und in einem Konzernkonsolidierungssystem weiterverarbeitet werden. Dabei werden fr das Monatsreporting, das Quartals- und Jahresabschlussreporting sowie fr die Planung und Forecasts unterschiedliche Versionen verwendet. Das zugrunde liegende Konzept der gemeinsamen Datenbasis fr Controlling und externe Berichtszwecke ist in Abb. 5 zusammengefasst.
Konzerninformationssystem EC-CS
Version 100:
Version 200:
Version 3xx:
Monatsreporting
Quartalsreporting/ Jahresabschluss
Planung/Forecast
Eck werte der Gesellschaften
Vollständige und einheitliche Konsolidierung von GuV und Bilanz
Planung von GuV und Bilanz auf verdichteten Positionsebenen
Zusammenarbeit externes und internes Rechnungswesen
Legaler Abschluss, Geschäftsbericht
Abb. 5: Gemeinsame Datenbasis fr Controlling und externes Rechnungswesen
In diesem Rahmen ist es Aufgabe des zentralen Controlling, das Steuerungssystem und das Berichtswesen bereitzustellen. Die dezentralen Controlling-Einheiten nutzen die ihnen zur Verfgung gestellten Systeme zur Ableitung von Maßnahmen, um gemeinsam mit dem Management die gesteckten Ziele und angestrebten Ergebnisse zu erreichen.
127
Unternehmenskultur Seite 128
4.4 Internationaler Produktionsverbund
Einflussfaktor Koordinationsaufgaben
Die TRUMPF Gruppe produziert an ber 15 Fertigungsstandorten in Deutschland, sterreich, Tschechien, der Schweiz, Frankreich und Polen, den USA, China und Taiwan. Die Standorte bilden den TRUMPF Produktionsverbund, einen zentralen Bestandteil der Fertigungsorganisation. TRUMPF fertigt Baugruppen fr bestimmte Maschinenbaureihen ausschließlich an einem Standort und liefert diese weltweit an andere produzierende TRUMPF Gesellschaften. In Abb. 6 ist das Beispiel einer Maschinenmontage dargestellt.
Neukirch Palettenwechsler
Haguenau
Di tz in ge n
Maschinenrahmen
Bewegungseinheit Laseraggregat Schneidkopf
Fr e i b u r g HF-Generator
Grüsch Baar
Endmontage
Blechbaugruppen
Abb. 6: TRUMPF Produktionsverbund am Beispiel der Montage einer Maschine
Koordination als Herausforderung
128
Dieser Produktionsverbund stellt besondere Anforderungen an das Controlling und dessen Organisation. So sind die Steuerungsgrçßen in den einzelnen TRUMPF Gesellschaften wesentlich durch Ver-
Unternehmenskultur Seite 129
rechnungspreise beeinflusst. Gesteuert wird anhand handelsrechtlicher Ergebnis- und Bilanzgrçßen. Deshalb muss gewhrleistet sein, dass die Verrechnungspreise, welche das Ergebnis und die Bilanz beeinflussen, betriebswirtschaftlichen Kriterien standhalten und nicht durch andere Anreize beeinflusst sind. Nur dann geben die finanziellen Kennzahlen im Controlling die richtigen Steuerungsimpulse. Das bedeutet, dass auch hier das Controlling, insbesondere das zentrale Gruppen- und Geschftsbereichs-Controlling, eine wichtige Koordinationsfunktion wahrnimmt. Diese laufende Koordinationsfunktion basiert auf einer gruppenweit gltigen Verrechnungspreisrichtlinie, die die Bildung von Verrechnungspreisen zwischen TRUMPF Gesellschaften regelt. Die Verrechnungspreise von Produktionswerken basieren dabei auf der Kostenaufschlagsmethode. Whrend die einzelnen Werke die zugrunde liegenden Kosten ermitteln, gibt das zentrale Controlling den erlaubten Gewinnzuschlag auf Basis eines definierten Berechnungsschemas vor. Bei der Bildung von Verrechnungspreisen an Vertriebsgesellschaften werden neben funktions- und risikospezifischen Einflussfaktoren auch Wechselkurseinflsse im Verrechnungspreis bercksichtigt. Auch hier haben das zentrale Controlling und das Geschftsbereichs-Controlling eine wichtige Koordinationsfunktion, indem Kursprognosen nach einer festgelegten Systematik in die Verrechnungspreisermittlung einfließen. Der Produktionsverbund stellt schließlich besondere Anforderungen an die Ermittlung von Herstellkosten aus Gruppensicht, einer wichtigen Aufgabe des Geschftsbereichs-Controlling. Whrend die Herstellkosten aus Sicht einer einzelnen Gesellschaft immer auch Gewinnbestandteile anderer TRUMPF Gesellschaften enthalten (soweit Produktionsteile von verbundenen Unternehmen bezogen werden), mssen die Herstellkosten aus Gruppensicht um diese Gewinnbestandteile bereinigt werden. Das zentrale (Beteiligungs-)Controlling verfgt ber die Kompetenzen und Kapazitten, die fr das (Durch-)Setzen von Standards zur Erfllung der Koordinationsaufgabe bençtigt werden. Die dezentralen Controlling-Einheiten auf Geschftsbereichs- und Gesellschaftsebene sorgen fr die Umsetzung dieser Standards, indem sie im operativen Geschft mit den Fachbereichen angemessene Lçsungen fr den Einzelfall finden und festlegen (z. B. Verrechnungspreis) bzw. selbst Koordinationsaufgaben lçsen (z. B. Ermittlung von Gruppenherstellkosten).
129
Unternehmenskultur Seite 130
5
Fazit
Die spezifischen Charakteristika eines Familienunternehmens, insbesondere in Form einer ausgeprgten Unternehmenskultur, haben wesentlichen Einfluss auf die Ausgestaltung des Controlling. Wenn – wie bei TRUMPF – die Unternehmenskultur zur Schrfung der Ergebnisorientierung der Mitarbeiter und Fhrungskrfte beitrgt und das Unternehmen die dezentralen Einheiten in die wirtschaftliche Verantwortung nimmt, ist das Controlling stark dezentral zu organisieren. Controlling ist primr darauf auszurichten, das Management bei der Erreichung seiner Ziele zu untersttzen. Vorteile der heutigen Organisationsform
Diese Verbindung aus ergebnisverantwortlichen Managern und untersttzenden Controllern trgt aus Sicht der Autoren am besten dazu bei, die vom Controlling verfolgten Ziele zu erreichen. Denn dadurch lsst sich sicherstellen, dass das Controlling eng mit dem operativen Geschft verbunden ist und auf das Management einen starken Einfluss nehmen kann. Nicht zuletzt lassen sich kostenintensive Stabsstellen auf diese Weise vermeiden.
6
Literaturhinweise
Botta, V. (1996): Kennzahlensysteme, in: Schulte, C.: Lexikon des Controlling, Mnchen 1996, S. 409 – 416. Geertz, C. (2002): Dichte Beschreibung: Beitrge zum Verstehen kultureller Systeme, 8. Aufl., Suhrkamp 2002. Schçnborn, G.; Peetz, S. (2004): Der Einfluss der Wertekultur auf den Erfolg, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2.8.2004. Steinmann, H.; Scherer, A. (1996): Controlling und Unternehmensfhrung, in: Schulte, C.: Lexikon des Controlling, Mnchen 1996, S. 139 – 144. Weber, J. (2004): Einfhrung in das Controlling, Stuttgart 2004.
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Kapitel 2.2: Branchenanforderungen als bestimmende Faktoren fr die Controlling-Organisation
Entflechtung und Regulierung Seite 133
„Unbundling“ im Controlling – Implikationen von Entflechtung und Regulierung fr die ControllingOrganisation von Energieversorgungsunternehmungen am Beispiel Mainova AG n Die 1998 eingeleitete Liberalisierung der Energiewirtschaft hat in vielen Energieversorgungsunternehmungen (EVU) berhaupt erst zum Aufbau eines Controlling i. e. S. gefhrt. Die mittlerweile entstandenen ControllingOrganisationen werden sich durch Regulierung und Entflechtung zuknftig verndern. n Regulierung und Entflechtung werden die Dezentralisierung des Controlling in den EVU fçrdern. Diese Entwicklung steht im Gegensatz zu der allgemein beobachtbaren Zentralisierungstendenz im Controlling. n Zuknftige Anforderungen an das Controlling von EVU sind insbesondere: die Untersttzung bei der Anpassung von Strategien und Geschftsmodellen, die Steuerung von Konzern-Strukturen im Rahmen der vorgeschriebenen Entflechtung, die Untersttzung neuer kaufmnnischer Aufgaben und Fragestellungen in der Energiewirtschaft sowie die Mitwirkung bei der Bereitstellung der regulatorischen Datenbasis. n Kostendruck und Wettbewerb in der Energiewirtschaft zwingen auch die Controlling-Organisationen von EVU zu „Finance Excellence“. Inhalt
Seite
1
Einfhrung ..................................................................................
135
2 2.1 2.2 2.3
Energiewirtschaft – Branche im Wandel ................................. Neuer Rechtsrahmen fr die Energiewirtschaft .......................... Entflechtung und Regulierung als Treiber des Wandels .............. Entflechtung bei der Mainova AG ...............................................
135 135 136 137
3
Implikationen fr das Controlling in Energieversorgungsunternehmungen ........................................................................
139
4 4.1 4.2
Gestaltung der Controlling-Organisation im Mainova-Verbund ...................................................................... Gestaltungsfaktoren einer Controlling-Organisation ................. Einbindung der Controlling-Organisation in die Unternehmungsorganisation ......................................................
141 141 142 133
Entflechtung und Regulierung Seite 134 4.3 4.4
Aufbau und Aufgaben der Controlling-Organisation ................. Kapazittsausstattung des Controlling ......................................
143 146
5
Entwicklungsperspektiven der Controlling-Organisation im Mainova-Verbund ......................................................................
146
Literaturhinweise .......................................................................
149
6
n Die Autoren Dr. Andreas Roß, Geschftsfhrer der NRM Netzdienste Rhein-Main GmbH. Hartwig Kalhoefer, Leiter Controlling und Unternehmenssteuerung der Mainova AG.
134
Entflechtung und Regulierung Seite 135
1
Einfhrung
Die Gestaltung von Unternehmungsorganisationen erfolgt stets situativ, d. h. in Abhngigkeit vom jeweiligen Kontext der Unternehmung. Fr die Gestaltung von Controlling-Organisationen sind zwei Kontextfaktoren von zentraler Bedeutung, und zwar das Fhrungsverstndnis und das Geschftsmodell der Unternehmung.1 In der Energiewirtschaft unterliegen beide Faktoren – nicht zuletzt durch die Schaffung eines neuen rechtlichen Rahmens in 2005 – tief greifenden Vernderungen, die auch Einfluss auf die Gestaltung der Controlling-Organisation in Energieversorgungsunternehmungen (EVU) haben. Der Transformationsprozess befindet sich dabei noch in einem frhen Stadium, sodass abschließende Aussagen zu den zuknftigen Strukturen und Prozessen in den EVU und der Energiewirtschaft insgesamt sicherlich noch verfrht sind. Am Beispiel der Mainova AG, einem regionalen EVU mit Sitz in Frankfurt am Main, soll hier dennoch versucht werden, die Vernderungen innerhalb der EVU und der Energiewirtschaft insgesamt sowie deren Implikationen fr die Gestaltung der Controlling-Organisation aufzuzeigen.
2
Energiewirtschaft – Branche im Wandel
2.1
Neuer Rechtsrahmen fr die Energiewirtschaft
Mit dem neuen Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) wurde der rechtliche Rahmen fr die Energiewirtschaft im Juli 2005 neu gesetzt. Mit dem neuen EnWG soll die im Jahr 1998 begonnene Liberalisierung des deutschen Strom- und Gasmarktes mit dem Ziel der Schaffung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen auf den Energiemrkten innerhalb der EU weiter vorangetrieben werden. Eine der wesentlichen nderungen des EnWG fr die deutsche Energiewirtschaft ist die Ablçsung des bisherigen „verhandelten“ Netzzugangs durch einen „regulierten“ Zugang zu den Strom- und Gasnetzen. Diese Regulierung dient der Sicherstellung eines wirksamen und unverflschten Wettbewerbs und erfolgt seit Inkrafttreten des EnWG – mit bestimmten Ausnahmen – durch die Bundesnetzagentur in Bonn. Zentrale Aufgabe der Bundesnetzagentur ist die Entflechtung und Regulierung der Strom- und Gasnetze und die
1
ControllingOrganisation im Transformationsprozess
Regulierter statt verhandelter Netzzugang
Vgl. Mller; Schmidt (2006), S. 713.
135
Entflechtung und Regulierung Seite 136
Schaffung der Voraussetzungen fr einen funktionierenden Wettbewerb.2
2.2 Entflechtungsbestimmungen
Entflechtung und Regulierung als Treiber des Wandels
Entflechtung und Regulierung haben tief greifende Auswirkungen auf Strukturen und Prozesse innerhalb der EVU und der Energiewirtschaft insgesamt. Unter „Entflechtung“ wird dabei die buchhalterische, informatorische, operationelle und rechtliche Entflechtung der natrlichen Monopole Strom- bzw. Gasverteilung von den brigen Wertschçpfungsstufen eines EVU verstanden (vgl. Abb. 1). • Pflicht zur Erstellung, Prüfung und Vorlage eines Jahresabschlusses für Kapitalgesellschaften gemäß HGB
Buchhalterische Entflechtung
• Getrennte Konten für Übertragungs-/Verteilungstätigkeiten sowie andere elektrizitäts-/gaswirtschaftliche Tätigkeiten • Pflicht zur Aufstellung von Bilanzen sowie GuV für die einzelnen Tätigkeitsbereiche und deren Übergabe an den Regulator
Informatorische Entflechtung
Operationelle Entflechtung
Rechtliche Entflechtung
• Sicherstellung der Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen, die der Netzbetreiber bei seiner Geschäftstätigkeit gewinnt • Offenlegung von Informationen des Netzbetriebs darf nur in nicht diskriminierender Weise erfolgen • Unabhängigkeit des Netzbetriebs Strom/Gas hinsichtlich Organisation und Entscheidungsgewalt inkl. funktionaler Trennung von Mitarbeitern • Pflicht zur Aufstellung und Einhaltung eines Gleichbehandlungsprogramms zum Ausschluss von diskriminierendem Verhalten gegenüber Dritten • Gesellschaftsrechtliche Trennung der Strom-/Gasnetze von Erzeugung, Vertrieb und sonstigen Aktivitäten • Vorgaben bzgl. (un)zulässiger Konzernbeziehungen • (Bisher) keine Verpflichtung einer Trennung des Eigentums am Verteilnetz
Abb. 1: Die wesentlichen Entflechtungsbestimmungen des EnWG
Aktuell wird darber hinaus auf EU-Ebene die eigentumsrechtliche Entflechtung, d. h. die erzwungene Aufgabe des Eigentums an den Strom- und Gasnetzen seitens der EVU, diskutiert. Da dieser letzte Schritt hin zu einer vollstndigen Entflechtung des Netzgeschfts von den brigen Wertschçpfungsstufen eines EVU in Reinform nur schwer umsetzbar sein drfte, werden bereits mçgliche Zwischen2
136
Vgl. BNetzA (2006).
Entflechtung und Regulierung Seite 137
formen fr ein solches „Ownership Unbundling“ diskutiert. Es ist also zu erwarten, dass die heutigen Entflechtungsregeln zuknftig noch weiter verschrft werden. Die Entflechtungsvorschriften, insbesondere die rechtliche Entflechtung, erzwingen eine Dopplung von Prozessen und Funktionsbereichen sowie eine klare Trennung von Informationen und Mitarbeitern des Netzes von denen der brigen Geschfts- und Shared-Service-Einheiten.3 Die „Regulierung“ umfasst insbesondere die Gewhrleistung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs sowie die Kontrolle der von den Netzbetreibern erhobenen Netznutzungsentgelte.4 Gemß § 21 a EnWG kçnnen diese Netznutzungsentgelte durch eine Methode bestimmt werden, die Anreize fr eine effiziente Leistungserbringung setzt. Durch eine solche „Anreizregulierung“ soll ein Als-ob-Wettbewerb begrndet und so vermutete Effizienzreserven der Netzbetreiber gehoben werden, die in Form von Entgeltsenkungen an die Netzkunden weiterzugeben sind.5 Die Anreizregulierung wird zu einem hohen Kostendruck auf die Netzbetreiber und – ber Leistungs- und Vertragsbeziehungen – regelmßig auch auf deren Stammhuser fhren. Das bisherige Vorgehen der Bundesnetzagentur im Rahmen der 1. Entgeltgenehmigungsrunde in 2006, die jetzt geplante 2. Entgeltgenehmigungsrunde 2007 und die bisher bekannten Eckpunkte des Konzepts zur Anreizregulierung ab 2009 geben Anlass zu der Einschtzung, dass Absenkungen der Netzentgelte gegenber dem Niveau zu Beginn der Regulierung in den nchsten 10 Jahren um bis zu 50 % erzwungen werden kçnnten.6 Dies stellt die berlebensfhigkeit vieler Netzbetreiber in Frage und wird damit zwangslufig zu Kooperationen und Zusammenschlssen im Netzgeschft und – dadurch ausgelçst – auch bei den brigen Wertschçpfungsstufen fhren. Die Branchenstrukturen in der Energiewirtschaft werden sich damit grundlegend ndern.
2.3
Entflechtung bei der Mainova AG
Die Mainova AG hat auf die skizzierten Vernderungen frhzeitig reagiert und die Entflechtung inkl. einer gesellschaftsrechtlichen Abtrennung des Netzgeschfts bereits vollzogen. Neben dem Netzgeschft wurden dabei noch andere Aktivitten rechtlich verselbststndigt, so dass insgesamt drei Gesellschaften zum 1.7.2005 ausgegrndet wurden, und zwar die: 3 4 5 6
Kostendruck durch Anreizregulierung
Entflechtung bereits vollzogen
Vgl. Seiferth et al. (2003), S. 228. Vgl. BNetzA (2006a). Vgl. Wolf; Porbatzki; Hiller (2005), S. 778. Vgl. Roß; Busch (2006), S. 55.
137
Entflechtung und Regulierung Seite 138
e Netzgesellschaft Netzdienste Rhein-Main GmbH (NRM), e Mainova ServiceDienste GmbH (MSD) als Mess- und Abrechnungsdienstleister, e Mainova EnergieDienste GmbH (MED) als Anbieter von Contracting und technischem Facility Management. Die Mainova AG und die vorstehenden Gesellschaften bilden zusammen den „Mainova-Verbund“. NRM als Netzkooperation
Im Hinblick auf die Anreizregulierung wurde die NRM bereits bei der Grndung als Netzkooperation zwischen der Mainova und ihrer Beteiligung Stadtwerke Hanau GmbH (SWH) aufgestellt und hat das Netzgeschft beider Unternehmen inkl. Personal bernommen. Einzige Ausnahme bilden die Netzassets, die bei den Stammhusern verblieben sind und an die NRM verpachtet werden. Die NRM verfgt ber rund 1.100 Mitarbeiter, die die Strom-, Gas-, Wrme- und Wassernetze von Mainova und SWH bauen, betreiben und instand halten. Derzeit werden bereits verschiedene Netze vorund nachgelagerter Netzbetreiber betriebsgefhrt; zum 1.1.2007 ist das Netzgebiet der Gasversorgung Main-Spessart GmbH als drittes Netzgebiet in die wirtschaftliche Verantwortung der NRM bergegangen.
Asset Netze und Regulierungsmanagement
Auch in den Stammhusern Mainova und SWH wurden im Hinblick auf die Anreizregulierung die Weichen neu gestellt. Eine zentrale Rolle spielt dabei das zentrale Regulierungsmanagement (vgl. Abb. 2). Dieses legt die Regulierungsstrategie fr den Mainova-Verbund fest, bernimmt die Kommunikation mit den Regulierungsbehçrden und fungiert als Dienstleister zu allen regulatorischen Fragen fr die NRM, andere Beteiligungsunternehmen der Mainova AG und dritte Energieversorger. Parallel dazu wurde eine neue Funktion „Asset Netze“ geschaffen, die die Eigentmerinteressen der Mainova und der SWH bezglich der verpachteten Netze wahrnimmt.
138
Entflechtung und Regulierung Seite 139
Aufgaben des Regulierungsmanagements
Regulator Bundesnetzagentur
Kommunikation mit der Regulierungsbehörde Regulierungsstrategie
Regulierungsmanagement
S ta m m ha u s SWH
S t a m mh a u s Mainova
Wissensmanagement zum Regulierungsrahmen Dienstleistungen beim Regulierungsmanagement für Dritte
Aufgaben des Asset Netze Bündelung der Eigentümerfunktion Koordinierung der Stammhausfunktionen
Asset Netze
Netzdienste Rhein-Main
Spartenübergreifende energiewirtschaftliche Ergebnisoptimierung Sicherstellung der Gesamtunternehmenssicht
Abb. 2: Asset Netze und Regulierungsmanagement als neue Funktionen bei Mainova und SWH
3
Implikationen fr das Controlling in Energieversorgungsunternehmungen
Die 1998 eingeleitete und 2005 intensivierte Liberalisierung der Energiewirtschaft hat ihre Spuren auch im Controlling der EVU hinterlassen. Zunchst einmal ist festzuhalten, dass es bis in die spten 1990er Jahre ein Controlling i. e. S. in vielen EVU gar nicht gab. Bis 1998 bewegten sich die EVU in einem stabilen Markt- und Wettbewerbsumfeld mit hoher Regulierungsdichte; ein Controlling i. S. einer ergebnisorientierten Steuerung aller Unternehmungsaktivitten erbrigte sich daher weitestgehend. Der Fokus des „Controlling“ lag vor allem auf der Ist-Kostenverrechnung und Kalkulation fr externe Zwecke, die durch – zumeist statische – Wirtschaftlichkeitsrechnungen fr Investitionen ergnzt wurden. Hierzu zhlten z. B. die Nutzung der Kostenrechnung fr den getrennten Ausweis der Ertragslage in den einzelnen Wertschçpfungsstufen der Elektrizittswirtschaft als Teil der damals geforder-
ControllingHistorie in EVU
139
Entflechtung und Regulierung Seite 140
ten Entflechtung oder die Durchfhrung einer Kostentrgerrechnung zum Zweck der Preisgenehmigung fr Stromtarife gemß BTOEltV.7 Lediglich in der Gaswirtschaft erfolgte bereits seit Mitte der 70er Jahre eine differenzierte Kosten- und Ergebnissteuerung: Der Auf- und Ausbau weitlufiger Erdgasversorgungsnetze erforderte Wirtschaftlichkeitsrechnungen, die den langfristigen Investitionszyklen der Infrastruktur Rechnung trugen. Neuausrichtung des Controlling in EVU
Bedingt durch die Liberalisierung seit 1998 und insbesondere deren Forcierung seit 2005 werden heute grundlegend andere Anforderungen an das Controlling in EVU gestellt, wie z. B.: e die Untersttzung bei der Anpassung von Strategien und Geschftsmodellen: Durch die Vernderung des Markt- und Wettbewerbsumfeldes sowie die erzwungene Entflechtung kommt es auch in der Energiewirtschaft zu einer Desintegration der Wertschçpfung.8 Die Wertschçpfungsstufen Erzeugung, Handel, Verteilung und Vertrieb sowie die Shared Services (Controlling, Finanz- und Rechnungswesen, Personal etc.) werden aufgrund unterschiedlicher çkonomischer und regulatorischer Gegebenheiten getrennt werden (mssen). Das Controlling muss diese Trennung in den Controlling-Strukturen, -Prozessen und -Systemen nachvollziehen und durch den Aufbau eines strategischen Controlling untersttzen. e die Steuerung von Konzern-Strukturen: Durch die erzwungene rechtliche Entflechtung werden sich auch bei kleinen und mittleren EVU konzernhnliche Strukturen herausbilden (vgl. Kap. 2.3). Je nach Ausprgung dieser Strukturen (StammhausKonzern, Management-Holding, Finanz-Holding) muss das Controlling bezglich seiner Aufgabenschwerpunkte, Struktur und Grçße entsprechend ausgerichtet werden.9 Konzernstrukturen begrnden außerdem neue Controlling-Aufgaben, wie z. B. die Abbildung und Steuerung von gesellschaftsbergreifenden Leistungsbeziehungen (Service Level Agreements). e die Untersttzung neuer kaufmnnischer Aufgaben und Fragestellungen: Die Anreizregulierung und der daraus folgende Kostendruck erfordern einen anderen Umgang etwa mit den vorhandenen Assets. Die Trennung von Asset und Betrieb sowie die Umsetzung risikobasierter Asset-Strategien (Ziel: Optimierung der Betriebskosten) setzen ebenso wie die Optimierung des eingesetzten Kapitals und dessen Finanzierung (Ziel: Optimierung der Kapitalkosten) fundierte kaufmnnische Daten voraus. 7 8 9
140
Vgl. Roß; Schrçder (2000), S. 365. Vgl. Picot et al. (2001), S. 296 ff. Vgl. Weber et al. (2001), S. 9 ff.
Entflechtung und Regulierung Seite 141
Diese sind in den EVU vielfach noch nicht in der notwendigen Tiefe und Qualitt vorhanden. e die Mitwirkung bei der Bereitstellung der regulatorischen Datenbasis: Durch die Bundesnetzagentur wurden bereits im Rahmen der 1. Entgeltgenehmigungsrunde hohe quantitative und qualitative Anforderungen an die regulatorische Datenbasis gestellt. Grundlage fr die zuknftige Anreizregulierung bilden Effizienzvergleiche der Netzbetreiber (Benchmarking), fr die darber hinaus ein noch zu spezifizierendes Datenset von den EVU bereitgestellt werden muss. Das Controlling wird – zusammen mit dem Regulierungsmanagement – an der Generierung dieser Daten maßgeblichen Anteil haben. Last but not least werden sich durch vermehrte Kooperationen und Zusammenschlsse grçßere Unternehmungseinheiten in der Energiewirtschaft bilden, die per se eine hçhere Komplexitt und damit Steuerungsanforderungen mit sich bringen. Durch die sich abzeichnende zunehmende Vernetzung der EVU mit den Kapitalmrkten im Rahmen neuer Finanzierungsmodelle (z. B. Crossborder-Leasing) oder Privatisierungen steigen außerdem die Anforderungen in Richtung einer Harmonisierung von internem und externem Rechnungswesen und die Umsetzung internationaler Rechnungswesenstandards (z. B. IFRS). Der letztgenannte Punkt wird durch das jngst immer wieder geußerte Interesse von Finanzinvestoren an der bernahme insbesondere von Netzassets10 unterstrichen.
4
Integration internes und externes Rechnungswesen
Gestaltung der Controlling-Organisation im Mainova-Verbund
4.1
Gestaltungsfaktoren einer Controlling-Organisation
Eine Controlling-Organisation kann anhand von vier Faktoren gestaltet werden:11
Gestaltungsfaktoren
e Einbindung der Controlling-Organisation in die Unternehmungsorganisation e Aufbau der Controlling-Organisation e Aufgaben der Controlling-Organisation e Kapazittsausstattung der Controlling-Organisation. 10 11
Vgl. o. V. (2006). Vgl. Mller; Schmidt (2006), S. 713 f.
141
Entflechtung und Regulierung Seite 142
Im Folgenden werden die aktuelle Controlling-Organisation im Mainova-Verbund anhand dieser Gestaltungsfaktoren beschrieben und zuknftige Entwicklungen skizziert.
4.2
Einbindung der Controlling-Organisation in die Unternehmungsorganisation
Zentrales Controlling als Ausgangspunkt
Wie in anderen EVU auch, hat sich bei der Mainova ein Controlling i. e. S. erst in den letzten Jahren herausgebildet (vgl. Kap. 3). Im Rahmen der Fusion der regionalen Gasversorgungsunternehmung Maingas AG mit den Stadtwerken Frankfurt zur Mainova AG wurde Ende der 1990er Jahre zunchst ein zentrales Controlling implementiert, das dem Bereich „Controlling, Finanzen und Rechnungswesen“ als Abteilung angegliedert war. Dieser unterstand dem Vorstandsvorsitzenden, der zugleich auch kaufmnnischer Vorstand war.
Entstehung dezentraler ControllingEinheiten
Die zunehmenden Anforderungen an die Steuerung der verschiedenen Wertschçpfungsstufen und Geschftseinheiten (z. B. Strkung der dezentralen Ergebnisverantwortung), die Aufnahme neuer Geschftsaktivitten (z. B. Energiehandel) sowie das Aufkommen neuer kaufmnnischer Fragestellungen (z. B. die Kalkulation von Verrechnungspreisen und Netzentgelten) haben dann auch bei Mainova zu einer Entstehung dezentraler Controlling-Einheiten in verschiedenen Geschfts- und Shared-Service-Einheiten gefhrt. Diese Entwicklung wird durch die im Rahmen der Entflechtung neu gegrndeten Gesellschaften des Mainova-Verbundes (NRM, MSD, MED) noch verstrkt.
Dotted-LineOrganisation
Um zu verhindern, dass diese dezentralen Controlling-Einheiten aufgrund der vielfach sehr heterogenen Aufgaben und Fragestellungen der verschiedenen Geschftseinheiten ein Eigenleben z. B. im Hinblick auf die verwendeten Methoden und Standards entwickeln, erfolgte im Rahmen der letzten Reorganisation in 2006 eine Umgestaltung der Controlling-Organisation hin zur „Dotted-LineOrganisation“. Kennzeichen einer solchen Organisationsform ist die disziplinarische Unterstellung der dezentralen Controlling-Einheiten unter die Leitung der jeweiligen Geschftseinheit bei gleichzeitiger fachlicher Fhrung durch das zentrale Controlling.12 Dazu wurde das zentrale Controlling als eigenstndige Stabsstelle „Controlling und Unternehmenssteuerung“ direkt dem neuen kaufmnnischen Vorstand unterstellt. Ergnzt wird diese Stabsstelle durch einen Bereich „Beteiligungsmanagement und -controlling“, der fr 12
142
Vgl. Mller; Schmidt (2006), S. 719 f.
Entflechtung und Regulierung Seite 143
das Management und die Steuerung von reinen Finanzbeteiligungen der Mainova zustndig ist. In Bezug auf das Netzgeschft setzt sich die Dezentralisierung des Controlling noch in den neuen Funktionen Regulierungsmanagement und Asset Netze fort, die als Reaktion auf die Regulierung und Entflechtung geschaffen wurden (vgl. Kap. 2.3). Regulierungsmanagement und Asset Netze sind als Abteilungen dem Bereich „Asset Netze und Regulierungsmanagement“ angegliedert, der – wie die Netzgesellschaft – auf Seiten der Mainova dem technischen Vorstand unterstellt ist. Das Controlling innerhalb der Netzgesellschaft ist derzeit noch im Aufbau, sodass hier lediglich ein Ausblick gegeben werden kann: Kaufmnnische Aufgaben innerhalb der NRM werden vor allem durch den Bereich „Netzwirtschaft“ wahrgenommen, der dem kaufmnnischen Geschftsfhrer unterstellt ist. Daneben gibt es gewachsene dezentrale Controlling-Einheiten in den brigen Bereichen der NRM, die spezielle Controlling-Fragen des Netzgeschfts bearbeiten (z. B. Erlçs- und Mengenplanung fr die Netzentgelte, Controlling von Investitionsprojekten und Instandhaltungsmaßnahmen, Kapazittssteuerung von Mitarbeitern und Betriebsmitteln, Controlling von Netzdienstleistungen etc.) und/oder die sich in den verschiedenen Netzgebieten und Standorten der NRM herausgebildet haben. Fr die Zukunft wird die Herausforderung darin liegen, diese dezentralen Controlling-Einheiten ber die verschiedenen Bereiche, Netzgebiete und Standorte der NRM hinweg zu einer schlagkrftigen Controlling-Organisation zu vereinen. Der Vollstndigkeit halber sei an dieser Stelle erwhnt, dass auch die SWH als zweites Stammhaus der NRM ber ein eigenes Unternehmungs-Controlling verfgt; in Bezug auf das Netzgeschft nimmt dieses derzeit Controlling-Aufgaben fr das Netzgebiet Hanau der NRM wahr.
4.3
Controlling im Netzgeschft
Aufbau und Aufgaben der Controlling-Organisation
Die im Unternehmensverbund der Mainova AG bedeutsamen Aufgaben und Controlling-Instanzen werden im Folgenden beschrieben. n Das Unternehmungs-Controlling der Mainova AG Viele Controlling-Instrumente, wie etwa die Kosten- und Ergebnisrechnung, die Unternehmensplanung oder die Kalkulation von Verrechnungsstzen wurden in der Vergangenheit vom zentralen Rechnungswesen und Controlling weitgehend autonom unter dem
Neuausrichtung des zentralen Controlling
143
Entflechtung und Regulierung Seite 144
Gesichtspunkt der Optimierung des Jahresabschlusses und ohne Beteiligung der Geschftseinheiten angewendet. Die Ergebnisse waren damit oftmals nicht transparent und wurden von den Geschftseinheiten nicht als verbindlich fr ihr Geschft angesehen. Bei der Neuausrichtung des Controlling in 2006 sollte dieser Kritikpunkt behoben werden. Dazu wurden vor allem die Kernprozesse Planung und Reporting neu konzipiert. Mittlerweile hat das zentrale Controlling grundlegende Richtlinien und Prozesse in einem Controlling-Handbuch niedergelegt, das fr alle Mitarbeiter im Intranet abrufbar ist. Gleichzeitig wurden – nicht zuletzt im Rahmen der Einfhrung von SAP R/3 – wichtige ControllingGrundlagen, wie ein Reporting ber SAP BW, die Planung ber SAP BPS oder die Auftragssteuerung und -abrechnung ber SAP PM/Maximo, geschaffen, mit denen die Transparenz der Prozesse und Informationen im Controlling deutlich verbessert werden konnte. Unternehmensweite Prozesse, wie Planung oder Reporting, werden heute vom zentralen Controlling angestoßen und koordiniert. Aufgabenorientierte Struktur
Dezentrales Controlling im Tagesgeschft
144
Der Aufbau des Unternehmungs-Controlling bei Mainova orientiert sich schwerpunktmßig an Methoden und Aufgabengebieten und umfasst organisatorisch drei Einheiten: die Kostenrechnung, die Ergebnisrechnung und die Centerrechnung. In der Kostenrechnung erfolgt die Verfolgung der Jahreskostenbudgets, in der Ergebnisrechnung die Verfolgung der Segmentergebnisse und Spartenmargen. In der Centerrechnung erfolgt die Kalkulationsuntersttzung fr interne/externe Produktverrechnungspreise und deren Abbildung. Im Aufbau befindet sich derzeit das strategische Controlling, das vom Unternehmungs-Controlling (Strategieumsetzung/Zielvorgaben) in enger Zusammenarbeit mit Unternehmensentwicklung (Strategieentwicklung) und Personal (Zielvereinbarungen/leistungsabhngige Vergtung) erbracht werden soll. n Das Controlling in den Geschfts- und Shared-Service-Einheiten der Mainova AG Aufgabe der dezentralen Controlling-Einheiten ist die Untersttzung des operativen Tagesgeschfts in den einzelnen Geschfts- und Shared-Service-Einheiten. Die Aufgabenschwerpunkte variieren dabei je nach Geschftseinheit. In den Vertriebs- und Handelseinheiten stehen vor allem die Optimierung von Margen und Kundenwerten sowie das Risikomanagement im Mittelpunkt. In der Energieerzeugung muss vor allem die Effizienz von Anlagenbetrieb und Kapitaleinsatz sichergestellt werden. In den SharedService-Einheiten geht es vor allem um marktfhige Preise und Leistungen. Zur Durchfhrung der hiermit verbundenen Control-
Entflechtung und Regulierung Seite 145
ling-Aufgaben werden i. d. R. einzelne Mitarbeiter je Geschftseinheit vorgehalten, die in die jeweilige Geschftsbereichsorganisation integriert sind (vgl. Kap. 4.2). n Das Controlling in den Gesellschaften des Mainova-Verbundes Die durch Regulierung und Entflechtung erzwungene Abkopplung des Netzgeschfts von den brigen Wertschçpfungsstufen der Mainova wird – zumindest fr die Netzgesellschaft NRM – zuknftig eine hçhere Eigenstndigkeit verlangen. Vor allem die informatorische und operationelle Entflechtung erfordern ein Aufbrechen tradierter Prozesse und Informationskanle, das auch vor dem Controlling nicht Halt macht und die Dezentralisierung des Controlling begnstigt. Im Fall von Netzkooperationen wie der NRM ist das zentrale Unternehmungs-Controlling der Mainova darber hinaus bei steigender Zahl der Partner immer weniger in der Lage, die Geschftsttigkeit ber alle Netzgebiete hinweg zu berblicken und der Geschftsleitung bei der notwendigen Steuerung zu helfen. Im Verhltnis Netzgesellschaft – Stammhaus wird sich das Controlling damit zwangslufig immer mehr in Richtung eines dezentralen Controlling entwickeln (mssen). Fr die brigen Gesellschaften des Mainova-Verbundes (MSD, MED) ist eine so deutliche Abkopplung vom Stammhaus nicht zu erwarten, weshalb die Dotted-Line-Organisation hier b. a. w. erhalten bleiben drfte. n Controlling-Aufgaben des Regulierungsmanagements und des Asset Netze Im Rahmen seiner Aufgaben bernimmt das Regulierungsmanagement auch Controlling-nahe Ttigkeiten, wie die Strukturierung und Sammlung regulierungsrelevanter – auch kaufmnnischer – Daten, die Erstellung von Vorgaben und Richtlinien bezglich dieser Daten oder die Erstellung von Risikobetrachtungen und wirtschaftlichen Szenarien fr die Zeit der Anreizregulierung. Das Asset Netze nimmt im Rahmen seiner Eigentmerfunktion die Aufgaben eines „Asset Owners“ wahr, wie z. B. die Vorgabe von Renditezielen oder die Abstimmung von Investitionsplnen.13 Damit sind klassische Controlling-Aufgaben, die die Steuerung der Netzassets betreffen, vom Unternehmungs-Controlling auf das Asset Netze bergegangen.
13
Entflechtung erfordert dezentrales Controlling
Asset Netze und Regulierungsmanagement als ControllingEinheiten
Vgl. Birch; Burnett-Kant (2001), S. 104 f.
145
Entflechtung und Regulierung Seite 146
Controlling von Finanzbeteiligungen
n Das Beteiligungs-Controlling Dem Beteiligungs-Controlling obliegen die mit dem Management von Finanzbeteiligungen verbundenen Controlling-Aufgaben, wie etwa die Wertermittlung bei An- und Verkauf von Beteiligungen, die Planung und Steuerung von Beteiligungsergebnissen oder das Reporting. Die entsprechenden Aufgaben werden in einer eigenen Abteilung des Bereichs „Beteiligungsmanagement und -Controlling“ wahrgenommen.
4.4
Kapazittsausstattung des Controlling
ControllingKapazitten schwer bestimmbar
Da die Controlling-Aufgaben im Mainova-Verbund von einer Vielzahl dezentraler Einheiten wahrgenommen werden, die zum großen Teil auch Controlling-fremde Ttigkeiten ausfhren, ist die Bestimmung der vorhandenen Controlling-Kapazitten nicht exakt mçglich.
ControllingKapazitt im MainovaVerbund
Das Unternehmungs-Controlling verfgt in der Stabsstelle „Controlling und Unternehmenssteuerung“ ber insgesamt 19 Controller. Fr die Geschftseinheiten, die nicht unmittelbar Controllingbzw. Controlling-nahe Ttigkeiten ausfhren, wurde hier durchschnittlich 1/2 Mitarbeiter je Bereich als Controller angenommen (in Summe ca. 4 Mitarbeiter). In der NRM nehmen anteilig derzeit 4 – 5 Mitarbeiter Controlling-Aufgaben wahr, wobei diese ControllingAufgaben ein sehr weites Feld umfassen (vgl. Kap. 4.2). Bei MSD und MED sind jeweils 1 – 2 Mitarbeiter mit Controlling-Aufgaben betraut. Im Bereich „Asset Netze und Regulierungsmanagement“ drften anteilig 1 – 2 Mitarbeiter mit Controlling-Aufgaben befasst sein und im Bereich „Beteiligungsmanagement und -controlling“ ebenfalls anteilig 1 – 2 Mitarbeiter. Die gesamte Controlling-Organisation im Mainova-Verbund inkl. NRM umfasst damit 30 – 34 Mitarbeiter bei insgesamt ca. 2.900 Mitarbeitern. Davon kçnnen jedoch mindestens 3 – 4 Mitarbeiter als Folge des Controlling-Mehraufwands durch Entflechtung und Regulierung angesehen werden.
5
ControllingProduktion versus GeschftsControlling 146
Entwicklungsperspektiven der Controlling-Organisation im Mainova-Verbund
Controlling-Einheiten mssen zur Erfllung ihrer Aufgaben einerseits eine hohe Fach- und Methodenkompetenz und andererseits ein tiefes Verstndnis fr die operative Geschftsttigkeit der verschiedenen Geschftseinheiten aufweisen. Im Schrifttum werden
Entflechtung und Regulierung Seite 147
diese beiden Kompetenzbndel auch als „Controlling-Produktion“ bzw. „Geschfts-Controlling“ bezeichnet. Die Controlling-Produktion umfasst dabei die Erbringung von Basisleistungen des Controlling, wie Planung, Reporting etc. Das Geschfts-Controlling agiert als Partner fr die Leitung der jeweiligen Geschftseinheit und liefert Impulse fr die Entwicklung des Geschfts.14 Das Unternehmungs-Controlling wird sich bei der zu erwartenden weiteren Dezentralisierung des Controlling immer mehr in Richtung einer Controlling-Produktion entwickeln. Dazu wird sich der Schwerpunkt auf die Koordination und Weiterentwicklung der zentralen Controlling-Prozesse wie Planung und Reporting verlagern. Gleichzeitig wird das Unternehmungs-Controlling zur strategischen Steuerung des Geschfts ber alle Wertschçpfungsstufen, Geschftseinheiten und Gesellschaften hinweg neue Kompetenzen ausprgen mssen. In der Vergangenheit hatte die Allokation von finanziellen Ressourcen bei EVU nur eine eher untergeordnete Bedeutung. Das wird sich mit der fortschreitenden Liberalisierung der Mrkte, dem Eintritt neuer Marktteilnehmer und den zu erwartenden drastischen Kostensenkungsvorgaben seitens der Regulierungsbehçrden grundlegend ndern. Dazu gehçren in aller Konsequenz auch die Ableitung von Zielvorgaben und die Zuordnung von langfristigen Rahmenbudgets nach Vorgaben der Unternehmungsleitung. Die Implementierung geeigneter Controlling-Instrumente, die Verknpfung mit dem Tagesgeschft und die Informationsversorgung der Fhrungskrfte im Rahmen einer ganzheitlichen Optimierung werden zuknftige Aufgabenschwerpunkte des Unternehmungs-Controlling sein.
ControllingProduktion im UnternehmungsControlling
Das Geschfts-Controlling wird sich demgegenber zunehmend in die Geschftseinheiten und Gesellschaften verlagern: Die konsequente Trennung von Asset-Eigentum (Ziel: Sicherstellung einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals), Asset-Bewirtschaftung und -Betrieb (Ziel: Einhaltung von vorgegebenen Kostenbudgets) sowie Handels- und Vertriebsgeschft (Ziel: Erreichung von festgelegten Zielmargen) wird ein spezifisches dezentrales Geschfts-Controlling fr jede Geschftseinheit bzw. Gesellschaft erfordern. Fr die Netzgesellschaft kommen noch die gesetzlich geforderte Eigenstndigkeit und die Komplexitt durch die Steuerung des Geschfts ber verschiedene Netzgebiete hinweg dazu (vgl. Kap. 4.2). Diese Entwicklung steht in einem gewissen Widerspruch zum allgemein beobachtbaren Zentralisierungstrend im Controlling,15 kann aber sicherlich mit den – insbesondere regulatorischen – Besonderheiten der Energiewirtschaft erklrt werden.
GeschftsControlling in den Geschftseinheiten
14 15
Vgl. Mller; Schmidt (2006), S. 722. Vgl. Scheffner; Hofmann (2007), S. 26.
147
Entflechtung und Regulierung Seite 148 Zentrale Funktionen bleiben
Bei aller Tendenz zur weiteren Dezentralisierung werden die komplexen Strukturen von IT-Systemen und das Zusammenwachsen von internem und externem Rechnungswesen (IFRS) aber auch zuknftig die Bndelung bestimmter Konzernaufgaben in einer zentralen Controlling-Einheit notwendig machen. Im MainovaVerbund werden daher die Abbildung von Intercompany-Beziehungen, die Abstimmung von internen Verrechnungspreisen fr Konzernleistungen sowie die Abwicklung von Konzerninvestitionen unter Einbeziehung von verschiedenen leistenden Gesellschaften zentral angesiedelt bleiben.
Doppelrolle des UnternehmungsControlling
Neben diesen inhaltlichen Vernderungen der Controlling-Aufgaben und deren genderter Zuordnung auf zentrale und dezentrale Controlling-Einheiten wird sich aber insbesondere auch die Rolle des Unternehmungs-Controlling verndern. Whrend das Unternehmungs-Controlling in der Vergangenheit im Rahmen einer „systemkoppelnden“ Funktion die dominierende Rolle bei der Steuerung des Geschfts innehatte, wird die Ergebnisverantwortung zuknftig auf die Geschftseinheiten bzw. Gesellschaften verlagert. Aufgrund des absehbaren Kostendrucks wird dabei immer zu prfen sein, welche Controlling-Aufgaben dazu von den Geschftseinheiten selbst erbracht und welche i. S. von Shared Services von einer zentralen Controlling-Einheit bezogen werden sollten. Neben den weiterhin zentralen Controlling-Aufgaben wird das Unternehmungs-Controlling der Mainova AG sich daher zunehmend zu einem Controlling-Dienstleister im Mainova-Verbund entwickeln. Damit schlpft das Unternehmungs-Controlling der Mainova AG in eine Doppelrolle (vgl. Abb. 3): Einerseits wird es zum Dienstleister fr Geschftseinheiten und selbststndige Gesellschaften im Rahmen von Entflechtungs- und Regulierungsvorgaben, andererseits ist es zur Gesamtoptimierung des Mainova-Verbundes Konzernsteuerer im Rahmen der Vorgaben der Unternehmungsleitung. Die Frage, wie dieser Spagat dauerhaft bewerkstelligt und Konflikte vermieden werden kçnnen, kann heute noch nicht abschließend beantwortet werden. Es ist davon auszugehen, dass zur Beantwortung dieser Frage aber noch externe Impulse, hier vor allem durch die Regulierungsbehçrden, erfolgen werden.
148
Entflechtung und Regulierung Seite 149
Strategische Vorgaben abstimmen Berichtswesen einfordern Controller-Gespräche einfordern
Strukturbildung
EDV-Systeme und Strukturen aufbauen
Dienstleistun g
I n f o r ma t i o n e n z e i t n a h zur Verfügung stellen Vorgaben der Fachbereiche umsetzen
Operative Steuerung
Strategische Steuerung
Konzernsteuerung
Abb. 3: Die Doppelrolle des Unternehmungs-Controlling der Mainova AG
Konsequenterweise wird das zentrale Unternehmens-Controlling der Mainova AG weiter umstrukturiert werden. Ergnzend zu dieser Reorganisation wird ein Team aufgebaut, das die Aufgaben der Konzernsteuerung bernehmen wird, whrend gleichzeitig die Dienstleistungsfunktionen intensiviert werden. Die dargestellten Herausforderungen durch Regulierung, Entflechtung und Vernderung der Markt- und Wettbewerbsverhltnisse machen es erforderlich, dass auch die Controlling-Organisation im Mainova-Verbund sich dabei in Richtung „Finance Excellence“16 entwickelt.
6
Zwang zu „Finance Excellence“
Literaturhinweise
Birch, D. J.; Burnett-Kant, E. (2001): Unbundling the unbundled, in: McKinsey Quarterly, Vol. 37 (2001), No. 4, p. 103 – 111. BNetzA (2006): Historie der Liberalisierung. Bundesnetzagentur (BNetzA). http://www.bundesnetzagentur.de/enid/2dbdf347784469 a7bdc6dc7399379a90,0/Allgemeine_Informationen/Historie_der_ Liberalisierung_xc.html, Abfrage: 11.4.2006. 16
Vgl. Scheffner; Hofmann (2007), S. 21.
149
Entflechtung und Regulierung Seite 150
BNetzA (2006a): Zustndigkeit der Bundesnetzagentur und Aufgabenabgrenzung. Bundesnetzagentur (BNetzA). http://www.bundesnetzagentur.de/enid/2dbdf347784469a7bdc6dc7399379a90,0/Allgemeine_Informationen/Zustaendigkeit_und_Aufgabenabgrenzung_ xf.html, Abfrage: 11.4.2006. Mller, M.; Schmidt, H. (2006): Controlling-Organisation: Best Practice und Lçsungsanstze, in: Der Controlling-Berater, o. Jg. (2006), H. 6, S. 711 – 730. o. V. (2006): Macquarie an Netzbernahme interessiert, in: http://www.hea.de/cgi-bin/news.cgi?id=2007-01-12%2012:01:00, Abfrage vom 17.1.2007. Picot, A.; Reichwald, R.; Wigand, R. T. (2001): Die grenzenlose Unternehmung: Information, Organisation und Management, 4. Aufl., Wiesbaden 2001. Roß, A.; Busch, H. (2006): Vorbereitung auf die Anreizregulierung aus Sicht eines regionalen Energieversorgers, in: Zeitschrift fr Energie, Markt und Wettbewerb (emw), o. Jg. (2006), H. 6, S. 54 – 56. Roß, A.; Schrçder, S. (2000): Kostentrger- und Ergebnisrechnung in der Stromwirtschaft, in: Kostenrechnungspraxis (krp), 44. Jg. (2000), H. 6, S. 365 – 370. Scheffner, J.; Hofmann, N. (2007): Die Controllingorganisation als Baustein zu Finance Excellence, in: Controlling, 19. Jg. (2007), H. 1, S. 21 – 29. Seiferth, T.; Wenzel, T.; Cord, M. et al. (2003): „Legal Unbundling“ – Kostenfalle oder neue Geschftspotenziale fr EVU?, in: Energiewirtschaftliche Tagesfragen (ET), 53. Jg. (2003), H. 4, S. 225 – 230. Weber, J.; Hunold, C.; Prenzler, C.; Thust, S. (2001): Controllerorganisation in deutschen Unternehmen, Schriftenreihe Advanced Controlling, Band 18, Vallendar 2001. Wolf, H. G.; Porbatzki, M.; Hiller, T. (2005): Anreizregulierung wird Strom- und Gasnetzbetreiber zur kontinuierlichen Effizienzverbesserung zwingen, in: Energiewirtschaftliche Tagesfragen (ET), 55. Jg. (2005), H. 11, S. 778 – 779.
150
Erfolgsfaktor dezentrales Controlling Seite 151
Dezentrale Controlling-Strukturen der DEKRA AG als Erfolgsfaktor im internationalen Wettbewerb n Eine klar strukturierte, eindeutig nachvollziehbare und umfassend kommunizierte Organisation des Controlling ist Voraussetzung fr die effiziente Steuerung eines Unternehmens, ungeachtet der Branche, in der es ttig ist. n Dennoch weisen Dienstleistungsunternehmen einige Besonderheiten auf, die bei der strukturellen Organisation ihres Controller-Bereichs ausreichend Bercksichtigung finden mssen. Als einer der wichtigsten Aspekte ist hier eindeutig die dezentrale Organisation des Gesamtunternehmens zu nennen. n DEKRA trgt diesem Aspekt Rechnung, indem das Unternehmen sein Controlling konsequent an dieser organisatorischen Vorgabe ausrichtet: Der Einsatz lokaler Controller in den dezentralen Einheiten des Unternehmens bei gleichzeitig hoch wirkungsvollen Schnittstellen zum zentralen KonzernControlling hat sich als primrer Erfolgsfaktor fr die effiziente Organisation des Controller-Bereichs erwiesen. n Der folgende Beitrag zeigt auf, wie die dezentrale Organisation des Controller-Bereichs – gerade im internationalen Kontext – wesentlich zum Erfolg eines Dienstleistungsunternehmens beitrgt und inwiefern das Aufgabenspektrum eines dezentralen Controllers bei DEKRA durchaus von dem eines „klassischen Controllers“ abweichen kann. Inhalt
Seite
1
Einleitung ....................................................................................
153
2
Kurzvorstellung: DEKRA – ein international ausgerichteter Dienstleistungskonzern .............................................................
153
3
Besondere Spezifika der Dienstleistungsbranche ....................
155
4
Organisatorischer Aufbau des Controller-Bereichs bei DEKRA ........................................................................................
156
Fazit .............................................................................................
160
5
151
Erfolgsfaktor dezentrales Controlling Seite 152
n Der Autor Klaus Schmidt ist Vorsitzender der Vorstnde DEKRA e. V. und DEKRA AG.
152
Erfolgsfaktor dezentrales Controlling Seite 153
1
Einleitung
Die effiziente Steuerung, Kontrolle und stndige Anpassung der internen Prozesse bildet einen der zentralen Erfolgsfaktoren fr den unternehmerischen Erfolg jeder Firma. Dies gilt grundstzlich fr alle Unternehmen, ungeachtet der Branche, Grçße oder anderer – externer wie interner – Einflussfaktoren, die auf sie wirken.
Effiziente Steuerung als zentraler Erfolgsfaktor
Absolute Voraussetzung fr eine derart effiziente Unternehmenssteuerung ist eine klar strukturierte, eindeutig nachvollziehbare und umfassend kommunizierte Organisation des Controller-Bereichs. Diese Organisationsstrukturen und -prinzipien erweisen sich grundstzlich ebenfalls als fr jedes Unternehmen sehr hnlich. Dennoch gibt es, abhngig vom Geschftsfeld, in dem das Unternehmen ttig ist, bestimmte Einflussfaktoren, die in der Organisationsstruktur des Controller-Bereichs adquat zu bercksichtigen sind. Im Folgenden sollen daher die Spezifika der Dienstleistungsbranche im Allgemeinen und in dem Geschftsbereich, in dem das Unternehmen DEKRA ttig ist im Speziellen, etwas nher betrachtet werden. In einem weiteren Schritt soll dann exemplarisch die Organisation des Controller-Bereichs in einem typischen Dienstleistungsunternehmen – im vorliegenden Falle am konkreten Beispiel der DEKRA AG – betrachtet werden. Hierbei ist besonders interessant zu eruieren, welche der aufgezeigten Organisationsprinzipien als Folge der gezeigten Branchenspezifika zu betrachten sind und welche Aspekte der Organisationsstruktur auch relativ problemlos auf Unternehmen anderer Branchen oder Industriezweige bertragen werden kçnnten.
2
Kurzvorstellung: DEKRA – ein international ausgerichteter Dienstleistungskonzern
Das Unternehmen DEKRA wurde 1925 in Berlin unter dem Namen „Deutscher Kraftfahrzeug-berwachungsverein e. V.“ gegrndet mit dem Ziel der technischen berwachung von Kraftfahrzeugen und der Beratung fr seine Mitgliedsunternehmen, zum grçßten Teil Fuhrparkunternehmer und Speditionen. Heute, ber 80 Jahre spter, ist DEKRA ein international ttiger Dienstleistungskonzern, der seinen Hauptsitz in Stuttgart hat. DEKRA ist heute der fhrende europische Anbieter fr Sicherheits- und Qualittsdienstleistungen und in 24 Lndern Europas
153
Erfolgsfaktor dezentrales Controlling Seite 154
sowie darber hinaus in den USA, Sdafrika, Brasilien und China prsent. Erklrtes Ziel des Unternehmens ist es, Qualitt und Sicherheit der Menschen im Umgang mit Technik, Umwelt und Mobilitt zu gewhrleisten. Unter dem Dach des DEKRA e. V. verantwortet die DEKRA AG das operative Geschft mit ihren vier Geschftsbereichen (Business Units). Sie vollzieht die strategische Fhrung der ber 100 Tochterund Beteiligungsgesellschaften des Unternehmens im In- und Ausland (vgl. Abb. 1).
Abb. 1: Struktur des DEKRA-Konzerns
In der Business Unit DEKRA Automotive ist das nationale automotive Geschft des Unternehmens zusammengefasst. Die Business Unit DEKRA Automotive International verantwortet das internationale automotive Geschft außerhalb Deutschlands. Die Business Unit DEKRA NORISKO Industrial bildet das Industrieprfgeschft des DEKRA-Konzerns ab. Die Business Unit DEKRA Personnel schließlich bietet ein umfassendes Spektrum an Personaldienstleistungen an, die von der Aus- und Weiterbildung ber innovative Out- und Newplacement-Lçsungen bis hin zur Zeitarbeit und Personalberatung reichen. 154
Erfolgsfaktor dezentrales Controlling Seite 155
3
Besondere Spezifika der Dienstleistungsbranche
Das Geschftsfeld der Dienstleistungsindustrie ist grundstzlich stark an Personen und deren spezifischen Qualifikationen orientiert und weist somit eine extrem hohe Abhngigkeit vom Produktionsfaktor Humankapital auf. Adquat qualifizierte und vor allem hoch motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind der Schlsselfaktor zum Erfolg eines Dienstleistungsunternehmens – gerade im Geschftsfeld der technisch sehr anspruchsvollen Dienstleistungen, in dem DEKRA ttig ist.
Ausgeprgte Personenorientierung
Das Unternehmen DEKRA, als ein typischer Vertreter der Dienstleistungsbranche, zeichnet sich vor allem durch folgende Eigenschaften aus: europaweite Flchendeckung, unmittelbare Kundennhe, dezentrale, divisionale Strukturen mit zentraler Fhrung, Fhrung der regionalen Standorte als Profit-Center, Kontrolle der Gesellschaften ber Franchisesysteme bzw. eigens gefhrte Standorte, e erfolgsabhngige Entlohnungssysteme im Außendienst und auf allen Ebenen der Fhrungskrfte, e breites Spektrum an Dienstleistungen, e sehr hohe Akademikerquote unter den Beschftigten (in der Mehrzahl mit technischem Hintergrund). e e e e e
All diese genannten Faktoren ben einen nachhaltigen Einfluss auf die Organisation des Controller-Bereichs eines Dienstleistungsunternehmens aus. Den grçßten Einfluss weist allerdings zweifellos der Faktor der dezentralen Organisationsstrukturen auf. Der immaterielle Charakter einer Dienstleistung zwingt Unternehmen dieser Branche – im Gegensatz zu rein produzierenden Unternehmen – immer dort zu sein, wo das Bedrfnis des jeweiligen Kunden entsteht, und zwar immer mçglichst exakt zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Bedrfnisses. Insofern spielt die dezentrale Aufstellung bei Unternehmen dieser Branche zu Recht eine bergeordnete Rolle.
Besonderheit dezentrale Organisationsstrukturen
Dieser hohe Grad an Dezentralitt erweist sich zwar auf der einen Seite als außerordentlich hilfreich hinsichtlich der Flexibilitt und der Schnelligkeit, mit der die unterschiedlichsten Kundenanforderungen bedient werden kçnnen. Auch im Hinblick auf den Entstehungsprozess kundenorientierter Innovationen oder die Motivation der einzelnen Mitarbeiter zeigt sich eine dezentrale Organisationsstruktur in der Regel als sehr fçrderlich. 155
Erfolgsfaktor dezentrales Controlling Seite 156
Andererseits stellt diese Form der Unternehmensorganisation aber gerade das Konzern-Controlling auch vor besondere Aufgaben. Eine effiziente Steuerung der dezentralen Einheiten ist unabdingbare Voraussetzung, um bei aller Flexibilitt und Innovationskraft die interne Transparenz fr alle Entscheidungstrger jederzeit zu gewhrleisten. Nur so kçnnen die Geschftsentwicklung der einzelnen Bereiche in den unterschiedlichen Mrkten umfassend verfolgt, Abweichungen zeitnah aufgedeckt und gegebenenfalls rechtzeitig effektive Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Aus diesem Grund sieht sich das Konzern-Controlling eines Dienstleistungsunternehmens zweierlei Anforderungen gegenber: einerseits Anforderungen, denen das Konzern-Controlling eines jeden international ttigen Unternehmens gerecht zu werden hat; andererseits aber auch speziellen Anforderungen, die aus der Ttigkeit des Unternehmens in der Dienstleistungsindustrie resultieren.
4 Stark dezentraler Aufbau des Controlling
Organisatorischer Aufbau des Controller-Bereichs bei DEKRA
Aufgrund der oben bereits genannten Anforderungen, die dem Unternehmen DEKRA aufgrund seiner Zugehçrigkeit zur Dienstleistungsbranche erwachsen, ist sein Controlling sehr stark dezentral aufgebaut. Die Unternehmensfhrung vertritt die Auffassung, dass es – gerade bei Dienstleistungsunternehmen – enorm wichtig ist, die in den einzelnen Unternehmenseinheiten fr das Controlling verantwortlichen Personen so nah wie mçglich an den operativen Ttigkeiten zu platzieren. Ziel ist, ein ganzheitliches Gefhl fr die Rahmenbedingungen und die Performance der jeweiligen Einheit zu entwickeln, das ber ein reines Verstndnis der Zahlen weit hinausgeht. Deshalb besitzt jeder der einzelnen Bereiche bzw. Gesellschaften einen fr das Controlling direkt Verantwortlichen. Je nach Grçße der Einheit umfasst dieser Bereich einen bis mehrere Mitarbeiter. In den kleineren Gesellschaften wird diese Aufgabe oftmals in Personalunion von deren kaufmnnischem Leiter wahrgenommen. Die dezentralen Controlling-Bereiche nehmen dabei das komplette Spektrum klassischer Controlling-Aufgaben wahr: 1. Planung (der zu betreuenden Bereiche). 2. Regelmßige berwachung der Performance der Bereiche. 3. Zeitnahes Reporting der Ergebnisse.
156
Erfolgsfaktor dezentrales Controlling Seite 157
4. Durchfhrung von Abweichungsanalysen. 5. Coaching und betriebswirtschaftliche Beratung fr die operativen Mitarbeiter der einzelnen Bereiche. Gerade der letzte Punkt – die Beratung der Mitarbeiter des jeweiligen Bereichs im Rahmen betriebswirtschaftlicher Fragestellungen – ist ein fr DEKRA spezifischer Punkt und daher von nicht zu unterschtzender Bedeutung. Aufgrund des oftmals technischen Hintergrunds der Mitarbeiter und Fhrungskrfte in den Einheiten des Unternehmens werden diese „internen Dienstleistungen“ relativ oft wahrgenommen, um Optimierungspotenziale aufzudecken oder eventuelle betriebswirtschaftliche Maßnahmen zu definieren.
Beratung als „interne Dienstleistung“
Ein weiterer Punkt, der wiederum aus der dezentralen Organisation des Unternehmens erwchst, ist die besondere Rolle, die jeder Controller im Innovationsprozess der einzelnen Einheiten einnimmt. Innovationen im technischen Dienstleistungsbereich entstehen zu einem großen Teil im Feld, also getrieben von einem konkreten Kundenbedrfnis, im Sinne einer typischen „Bottomup-Innovation“. Die Aufgabe der dezentralen Controller besteht auch hier vor allem in einer begleitenden und beratenden Funktion entlang aller Phasen des Innovationsprozesses. Dabei fungieren sie nicht nur jederzeit als Ansprechpartner der Mitarbeiter „im Feld“, sondern gleichzeitig auch als Schnittstelle zum Management der operativen Einheiten. Ihre Wirtschaftlichkeits- und Machbarkeitsanalysen bilden wichtige Elemente des definierten Innovationsprozesses bei DEKRA. Ein in der Praxis oft anzutreffender Effekt in dezentralen Organisationsformen ist die geringe Akzeptanz der Controller bei den Einheiten in der Flche. Sehr hufig betrachtet man von der Zentrale gesandte Controller als „Spione“ und sperrt sich gegen eine offene Kooperation und Kommunikation mit ihnen. Dieser Effekt ist in der Regel umso strker, je hçher die Dezentralitt und damit die Autonomie der einzelnen Bereiche ausgeprgt ist. Auch diesem negativen Effekt wirkt der Ansatz des dezentralen Controlling sehr wirksam entgegen, wie Praxiserfahrungen bei DEKRA belegen. Da jeder dezentrale Controller Teil dieser operativen Einheit ist, wird er von den Mitarbeitern dieser Einheit nicht als fremd empfunden. Daher kann die Kommunikation zwischen Controller und operativen Einheiten offener, transparenter und oftmals deutlich schneller realisiert werden. Auf diesem Weg gewinnt das Unternehmen nicht nur Zeit, sondern vermindert auch Reibungspunkte und Konfliktpotenzial innerhalb der dezentralen Einheiten sowie zwischen diesen und der Zentrale.
Verminderung von Konfliktpotenzialen
157
Erfolgsfaktor dezentrales Controlling Seite 158
Das bergeordnete Konzern-Controlling besitzt die fachliche Weisungsbefugnis fr das einzelne Bereichs-Controlling und untersttzt diese entsprechend ihrer spezifischen Aufgabenstellungen. Des Weiteren umfasst das Aufgabenspektrum des Konzern-Controlling neben dem Beteiligungs-Controlling auch das (klassische) operative Controlling der DEKRA AG bzw. des DEKRA e. V. sowie die Betreuung der bestehenden Controlling-Systeme fr die Fhrungskrfte des Konzerns. Letzteres wird in Form einer Shared-ServiceOrganisation ausgefhrt. Generell versteht sich das Controlling innerhalb des DEKRA Konzerns – nach dem klassischen Regelkreismodell von Horvth – als Schnittstelle zwischen der Fhrung des Unternehmens und dessen operativen Einheiten (vgl. Abb. 2). Seine Aufgabe besteht per Definition primr in Fhrungsuntersttzungsfunktionen. Es bereitet Fhrungsinformationen zielgerecht auf und untersttzt so die ergebnisorientierte Ausrichtung und Fhrung des Gesamtunternehmens. Es gestaltet und begleitet den gesamten ManagementProzess der Zieldefinition, Planung und Steuerung und trgt damit Mitverantwortung fr die Zielerreichung.
Leistungsmaßstäbe festsetzen (Planung)
Abweichungen korrigieren, Gegenmaßnahmen
Soll-Ist-Vergleich
Abb. 2: Regelkreis des Controlling nach Horvth (vereinfacht)
158
Erfolgsfaktor dezentrales Controlling Seite 159
Eine funktionale Aufgabenteilung des Controlling erfolgt bei DEKRA aufgrund der stark ausgeprgten dezentralen Organisationsstruktur nicht. Jeder Controller einer Gesellschaft oder eines Bereichs nimmt stets alle oben angefhrten „klassischen“ Controlling-Aufgaben, also von der Planung bis hin zum Reporting, wahr. Eine Aufteilung nach den Aufgabenbereichen „Planung“ und „Reporting“ oder die beispielsweise bei produzierenden Unternehmen sehr verbreitete Konzentration einer Abteilung auf das reine „Investitions-Controlling“ wird bei DEKRA explizit vermieden, um die dezentrale Autonomie der Einheiten bis zu einem gewissen Grad zu gewhrleisten und zu fçrdern.
Fçrderung dezentraler Autonomie
Organisatorisch und disziplinarisch sind die dezentralen Controlling-Bereiche jeweils den einzelnen Einheiten zugeordnet und berichten an den jeweiligen Geschftsfhrer bzw. Bereichsleiter. Die Einheiten wiederum berichten an die Leiter der oben dargestellten Business Units bzw. den (erweiterten) Vorstand der DEKRA AG. Das Konzern-Controlling gehçrt organisatorisch dem Bereich Rechnungswesen und Controlling an, dessen Bereichsleiter direkt an den Vorsitzenden des Vorstands der DEKRA AG berichtet (vgl. Abb. 3). Die Unterteilung in externes und internes Rechnungswesen (bzw. Controlling) erfolgt vor allem vor dem Hintergrund einer optimalen internen Steuerung. Die Harmonisierung dieser Bereiche ist ein kontinuierlicher Prozess, deren Integration sich zunehmend vollzieht.
Harmonisierung externes und internes Rechnungswesen
Mit Hilfe des dargestellten Organisationsmodells gelingt es DEKRA, die Vorteile, die einem Dienstleistungsunternehmen aus seiner dezentralen Flchenstruktur entstehen, optimal auszunutzen. Nur so kann einem verstrkten internationalen Wettbewerb sowie rasanten Entwicklungen innerhalb der bearbeiteten Mrkte adquat begegnet werden. Denn nur wenn das Controlling eines Unternehmens – ungeachtet seiner Branchenzugehçrigkeit – effizient organisiert ist, kann das Unternehmen mit Hilfe innovativer Dienstleistungen permanent neue attraktive Mrkte erschließen, bestehende Mrkte konsequent durchdringen sowie die hohe Effizienz seiner internen Prozesse sicherstellen.
Optimale Ausnutzung der dezentralen Flchenstruktur
159
Erfolgsfaktor dezentrales Controlling Seite 160
Vorstand DEKRA e.V./AG
Konzern-Controlling operatives Controlling
BeteiligungsControlling
DEKRA e.V./AG
BU 1
BU 2
BU 3
BU 4
Zentralbereiche
operative Einheiten
Abb. 3: Controlling-Struktur bei DEKRA
5
Fazit
Im vorliegenden Beitrag wurde die Organisation des ControllerBereichs eines Dienstleistungsunternehmens am konkreten Beispiel der DEKRA AG dargestellt. Dabei wurde deutlich, dass die klassischen Vorgaben fr das Controlling in Unternehmen einer bestimmten Grçße grundstzlich auch fr Dienstleistungsunternehmen zutreffen. Die Verantwortung des Controlling-Bereiches muss auch bei Dienstleistungsunternehmen eindeutig festgelegt werden und reicht von der Methodik ber Systeme, Prozesse und Projekte, die Verantwortung von Investitionen bis hin zum Vorstandsreporting und der Konzerngesamtplanung. Auch bei Unternehmen der Dienstleistungsbranche befinden sich die Aufgaben des Controlling in einem permanenten Prozess des Wandels. Im Laufe der Zeit haben sich die Aufgaben des Controlling deutlich gewandelt – vom reinen Finanz-Controlling hin zum umfassenden strategischen Prozess-Controlling. In Konsequenz obliegt diesem Bereich auch die Verantwortung fr die durchgngige Gestaltung der Geschftsprozesse. Die Effektivitt eines Controlling ist ohne eine klar strukturierte, durchgngige und standardisierte Organisation nicht realisierbar. 160
Erfolgsfaktor dezentrales Controlling Seite 161
Nur so kçnnen Kosten reduziert und die erforderliche Transparenz geschaffen werden. Dabei bleiben die hierzu erforderlichen Systeme in finanzierbaren Dimensionen. Und dennoch existieren Aspekte, die bei der Organisation des Controller-Bereichs von Dienstleistungsunternehmen besondere Beachtung erfahren mssen. Besonders deutlich wurde dies hierbei am Faktor der Dezentralitt. Nur wenn das Controlling der Organisationsstruktur des Gesamtunternehmens folgt und sehr stark dezentral aufgestellt ist, kann gewhrleistet werden, dass die jeweiligen Mitarbeiter den – im Zusammenhang mit Dienstleistungen essenziell wichtigen – Kontakt zum Kunden und den operativen Einheiten aufrechterhalten und stetig intensivieren. Dies wird unter anderem deutlich im Rahmen des DEKRA-Innovationsprozesses. Dezentrale Controller untersttzen und begleiten die operativen Einheiten in allen Phasen der Entstehung und Verbreitung einer Innovation. Nur so kçnnen rentable und Erfolg versprechende Innovationen frhzeitig erkannt und gefçrdert werden bzw. in anderen, weniger Erfolg versprechenden Fllen, rechtzeitig gestoppt oder nochmals berarbeitet werden. Wichtig bei all dem ist weiterhin, dass die Controlling-Bereiche der einzelnen Unternehmenseinheiten von einem zentralen Bereich – im Falle von DEKRA dem Bereich Konzern-Controlling – adquat untersttzt werden und die Wege zu den jeweiligen Fhrungsinstanzen und Verantwortlichen so kurz wie mçglich gehalten werden. Eine weitere Besonderheit, die besonders auf DEKRA in seiner Funktion als Anbieter technisch hoch anspruchsvoller Dienstleistungen zutrifft, ist die „interne Beratungsfunktion“ der einzelnen Bereiche des Controlling, die es zustzlich zu den klassischen Controlling-Aufgaben wahrnimmt. Weiterhin ist es fr Unternehmen der Dienstleistungsbranche bedeutsam, die klassischen „Stellhebel“ des Controlling um die so genannten „soft facts“ zu ergnzen, die gerade in Dienstleistungsunternehmen – deren wichtigster Wettbewerbsfaktor exzellent qualifizierte und hoch motivierte Mitarbeiter sind – von elementarer Bedeutung sind. Das Zusammenspiel dieser „Stellhebel“ – des klassischen KonzernControlling, welches die Basis fr die notwendige Effizienz der internen Strukturen legt, eines konzernweit aufgestellten Kommunikationskonzepts sowie eines ganzheitlich im Unternehmen implementierten Wertesystems – stellt die hoch effiziente Fhrung eines Dienstleistungskonzerns ber alle Ebenen hinweg sicher.
161
Erfolgsfaktor dezentrales Controlling Seite 162
So ist einerseits das Management stets zeitnah ber alle relevanten Geschftsprozesse informiert. Andererseits wird die strategische Ausrichtung des Unternehmens nicht nur gemeinsam mit den verschiedenen Fhrungsebenen des Unternehmens erarbeitet, sondern durch systematisch organisierte und durchgefhrte Fhrungsgremien und -veranstaltungen auch im gesamten Unternehmen kommuniziert und somit von allen Fhrungskrften getragen. Denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind und bleiben das „wichtigste Gut“ eines Dienstleisters.
162
Controlling-Organisation im Wandel Seite 163
Controlling-Organisation im Wandel: Das Beispiel der Warenhausgruppe Manor AG n Ausgelçst durch die Formulierung einer neuen Unternehmensstrategie befindet sich die Manor AG gegenwrtig in einem umfassenden Transformationsprozess, manifestiert durch eine neue Unternehmensorganisation. n Dieser Wandel betrifft auch Rolle und Selbstverstndnis des ControllingBereichs. Das Controlling wird bei Manor in den CFO-Bereich integriert und strikt nach Funktionen und Divisionen prozessbergreifend (Planung, Reporting etc.) ausgerichtet. n Zielsetzung ist, das Controlling als Business-Partner zu etablieren und den Weg zum Selbst-Controlling ber dezentrale Controlling-Stellen im Business zu bereiten. Die Besonderheiten der Controlling-Organisation sowie in den Ausprgungen der Planungs- und Reportingprozesse sind auf die Spezifika der Handelsbranche zurckzufhren. Inhalt
Seite
1
Kurzvorstellung Manor AG .......................................................
165
2
Rolle und Selbstverstndnis des Controlling ............................
166
3 3.1 3.2 3.3
Aufbauorganisation ................................................................... Aufbauorganisatorische Einordnung, Anzahl der Controller ...... Einordnung in die CFO-Organisation .......................................... Aufteilung zentral/dezentral, Anbindung der Controller ............................................................ Aufbau der Controlling-Bereiche nach Aufgaben-/Kompetenzfeldern ....................................................
167 168 168
4 4.1 4.2 4.3
Ablauforganisation/Controlling- Prozesse bei der Manor AG Der Planungs-/Budgetierungsprozess ........................................ Der Reportingprozess .................................................................. Funktionale Besonderheiten im Controlling ................................
170 170 173 179
5
Einflussfaktoren und ihre Wirkung auf die Organisation des Controlling bei Manor ...............................................................
183
Fazit .............................................................................................
184
3.4
6
169 169
163
Controlling-Organisation im Wandel Seite 164
n Die Autoren Dominique Reuse, Leiter Controlling der Manor AG. Dr. Steffen Gross, Consultant im Competence Center Controlling bei Horvth & Partners Management Consultants. Stefan Macheleidt, Senior Project Manager im Competence Center Controlling bei Horvth & Partners Management Consultants.
164
Controlling-Organisation im Wandel Seite 165
1
Kurzvorstellung Manor AG
Die Manor AG ist die grçßte und erfolgreichste Warenhausgruppe in der Schweiz mit einem Marktanteil von 57 % im Jahr 2005. Manor gehçrt seit 1902 zur Maus Frres Gruppe, zu der neben Manor noch weitere schweizerische Unternehmen (z. B. Athleticum und Carrefour Schweiz) sowie franzçsische Unternehmen (z. B. Lacoste) gehçren.
Marktfhrer schweizerischer Warenhausbereich
Die Maus Frres Gruppe erzielte 2006 einen Umsatz von rund 5,8 Mrd. Schweizer Franken (3,6 Mrd. EUR) und verfgte ber ca. 20.000 Mitarbeiter. Die Manor AG erzielte im selben Zeitraum einen Umsatz von rund 2,8 Mrd. Schweizer Franken (1,8 Mrd. EUR) und verfgte ber 11.200 Mitarbeiter, verteilt auf 70 Standorte. Die „Manor Vision 2009“ fokussiert auf definierte Zielgruppen (s. Abb. 1).
Definition «Manor Vision 2009»
Manor wird 2009 der beste Multispezialist in Europa sein und in den Kern-Rayons Damenkonfektion, Parfümerie, Supermarkt, Papeterie und Home die führende Position einnehmen. Manor wird der bevorzugte Einkaufsort für die anspruchsvollen Frauen «in den Dreißigern» sein und all ihre Einkaufsbedürfnisse abdecken: für sie persönlich, ihre Freizeit, ihre Familie und ihr Zuhause. Manor wird sich in der Wahrnehmung ihrer Kundinnen klar von der Konkurrenz unterscheiden und eine äußerst feminine und einladende Atmosphäre bieten.
Manor wird das bevorzugte Geschäft für die Jungen sein. Sie werden dort alle ihre Bedürfnisse an modischen Artikeln abdecken können. Manor wird als innovativster und kreativster Anbieter der Schweiz das Referenzunternehmen im Markt sein. Manor wird als Unternehmen für seine Kultur, operative Effizienz und verantwortungsbewusstes soziales Engagement geschätzt. Manor wird mit seinem EBIT den Fortbestand des Unternehmens garantieren.
Abb. 1: Vision der Manor AG
Das Steuerungsmodell von Manor unterscheidet die Sektoren Non Food, Supermarkt und Restaurant und so genannte Divisionen. Die Division Food umfasst die Sektoren Supermarkt und Restaurant, wohingegen die Non-Food-Divisionen Detaillierungen des Non-
165
Controlling-Organisation im Wandel Seite 166
Food-Sektors darstellen (Homme, Enfant & Loisir, Femme & Beaut sowie Maison & Papeterie).
2 Controller als Business Partner
Rolle und Selbstverstndnis des Controlling
Bei Manor ist die Controlling-Organisation im Wandel. Die zuknftige Rolle des Controlling definiert den Controller als „Business Partner“. Im Detail wird fr den Controller folgendes Leitbild als Zielposition angestrebt: e e e e e
Wegbereiter zum Selbst-Controlling Berater fr betriebswirtschaftliche Aufgaben Initiant von wichtigen Planungselementen Umsetzer ganzheitlicher, prozessorientierter Organisation Projektleiter fr alle Infosysteme.
Abbildung 2 fasst die Zielposition des Controlling bei der Manor AG zusammen. Zuständigkeit für Standards in der Berichterstattung (Budgets, Pläne, statistische Standards für kommerzielle Divisionen, Controlling-Systeme usw.) Vorbereitung der Budgets/Geschäftspläne • Standards • Budgets Analyse der Abweichungen und Antizi pation Ziele bestim• Ursachenanalyse men • Beobachtung der Wirkung von Korrektur/Präventionsmaßnahmen
Performance überwachen
Vorbereitung der Analyse, systematische Beobachtung der Indikatoren (Abteilungen, Sektoren, Divisionen, Manor insgesamt) • Retrospektive Indikatoren (Bsp. Umsatz, Rohmarge) • Prospektive Indikatoren (Bsp. Einkaufsbudget)
Abweichungen korrigieren
Support für Top-Management • Sicherstellen, dass die finanziellen Ziele der Divisionen/Sektoren mit den Gesamtzielen übereinstimmen • Einen Überblick auf die Entwicklung der Geschäfte bieten Sodass das Management der Divisionen • die End-to-End-Kohärenz gewährleisten kann • Verbesserungspotenzial aufdecken kann (Bsp. Hinweis auf mögliche Reduktion des „Working Capital“, auf Entwicklung gewisser Kostenarten)
Abb. 2: Das Controlling spielt die Rolle eines aktiven Copiloten und untersttzt das Linienmanagement
Der Status quo der Rolle und Außenwahrnehmung des Controlling bei Manor ist zurzeit eher durch folgende Charakteristika geprgt: e e e e
166
Der Controller als Tool-Experte Der Controller ist auf IT ausgerichtet Starre funktional-divisionale Fokussierung Eng am Berichtsergebnis orientiert.
Controlling-Organisation im Wandel Seite 167
Demzufolge ist bei Manor ein umfassender Change-Prozess in Gang gesetzt worden, bei dem neben organisatorischen Anpassungen auch Schulungen der Mitarbeiter durchgefhrt werden. Ziel ist es, die Basis fr die neuen Aufgabeninhalte sicherzustellen.
3
Aufbauorganisation
Die Organisation von Manor untersttzt das eingangs skizzierte Steuerungsmodell. Fokussiert wird hierbei im kommerziellen Bereich auf die Divisionen als Elemente der Aufbauorganisation. Die Warenhuser sind den jeweiligen Regionalverantwortlichen des Verkaufs (Store Operation bzw. Exploitation) zugeordnet. Als letztes operatives Element werden die Logistikzentren („Verteilzentralen“) ber das zentrale Supply Chain Management gesteuert (s. Abb. 3). Warenhäuser
Verteilzentralen Verteilzentrale Hochdorf
...
IT
HR
Sourcing & Partenariat
Verteilzentrale Möhlin
Supply Chain
Warenhaus Aarau
Finanzen / Controlling
...
Store Operation (Exploitation)
Warenhaus Basel
Marketing
...
Warenhaus Genf
Homme, Enf. & Loisir
...
Warenhaus Zürich
Femme & Beauté
...
Maison & Papeterie
Warenhaus Zug
Food
Organisation & Risk Management
Stellvertretung CEO
CEO China
Athleticum
Fly
Executive Chairman
Abb. 3: Aufbauorganisation Manor
167
Controlling-Organisation im Wandel Seite 168
3.1 Funktionale Aufbauorganisation im Controlling
Aufbauorganisatorische Einordnung, Anzahl der Controller
Die Aufbauorganisation des Controlling spiegelt die operativen Elemente der Manor Organisation wider. Darber hinaus sind fr Spezialfragen (Projekte, Marketing etc.) dedizierte Verantwortlichkeiten definiert. Im Detail ist die in Abb. 4 dargestellte Aufbauorganisation des Controlling gegeben.
P ro g r a m m e
Papeterie/Maison
HR-Controlling
Foo d
Store Operation/ Investitionen
Projekte
Messieurs/Enfants/ Loisirs/Multimédia
Investitionen/ Qualität
Projekte/Spezialauswertungen
Femme & Beauté
Store Operation/ Investitionen
Projekte
M a r k e t in g
Supply Chain Management
Kommerzielle Divisionen
Strategisches Controlling
...
...
...
Financial Services
Admin./Revision
Controlling
F i n a n z e n / C o n tr o l l i n g (CF O )
Rechnungswesen
... myOne Services AG
Assistenz CFO
Abb. 4: Organisation im Controlling und dessen Einbettung in den Finanzbereich
3.2 Controlling gehçrt zum CFO-Bereich
168
Einordnung in die CFO-Organisation
Im Rahmen eines Organisationsprojekts, das die Manor Organisation an die neue kommerzielle Strategie des Unternehmens anpasst (Structure follows Strategy), ist auch die organisatorische Zuordnung des Controlling neu geregelt worden. Im Rahmen dieser neuen Organisation ist das Controlling dem CFO-Bereich zugeordnet.
Controlling-Organisation im Wandel Seite 169
Innerhalb des CFO-Bereichs gibt es als Nachbarbereich des Controlling den Bereich Rechnungswesen, der die Berichterstattung in Richtung Holding gewhrleistet. Eine externe Berichterstattung im Sinne an die ffentlichkeit publizierter Zahlen findet bei der Manor AG nicht statt. Die Aufgabenteilung im Finanzbereich ist so geregelt, dass das Controlling fr die Kostenstellen verantwortlich zeichnet. Das Rechnungswesen ist hingegen fr die Kostenarten zustndig. Whrend Controlling und Rechnungswesen in der Vergangenheit eher autonom arbeiteten, wird zurzeit ein Harmonisierungsprojekt durchgefhrt mit dem Ziel, die Differenzen zwischen Controlling und Finanzbuchhaltung auf ein (gewolltes) Maß zu reduzieren und eine berleitung „auf Knopfdruck“ zu gewhrleisten.
3.3
Aufteilung zentral/dezentral, Anbindung der Controller
In den kommerziellen Divisionen werden die sog. Merchandiser aufgebaut, welche vor allem die Lagerbestnde steuern. Das Controlling kommuniziert mit den darber liegenden Managementebenen. Zustzlich nehmen die Regionalverantwortlichen („Regionaldirektoren“) u. a. Controlling-Aufgaben wahr.
Zentrales und dezentrales Controlling
Zurzeit besteht keine organisatorische Anbindung der dezentralen Controlling-Stellen an das Zentral-Controlling (auch keine DottedLine-Verbindung).
3.4
Aufbau der Controlling-Bereiche nach Aufgaben-/Kompetenzfeldern
Gegenwrtig ist der Controlling-Bereich sowohl nach Funktionen (Divisionen, Huser, Verteilzentralen etc.) als auch nach einigen Controlling-Prozessen (wie z. B. Investitions-Controlling, Planung, Reporting) gegliedert.
ControllingOrganisation im Wandel
Im Rahmen der Neuorganisation ist die Ausrichtung des Controlling ausschließlich an den Funktionen vorgesehen. Jeder Controller verantwortet alle Controlling-Prozesse fr seinen Funktionsbereich. Die Umorganisation geht mit einem erheblichen Job-Enrichment der Controller einher und untersttzt den Ansatz „der Controller als Business Partner“, weil der Controller fr die Funktion, fr die er verantwortlich ist, in allen Fragen der Ansprechpartner ist. 169
Controlling-Organisation im Wandel Seite 170
4
Ablauforganisation/ControllingProzesse bei der Manor AG
Nachdem das Selbstverstndnis, die Rolle und die Aufbauorganisation des Controlling bei Manor beschrieben wurden, wird nun die Ablauforganisation betrachtet. Zuerst wird der Planungs- und Budgetierungsprozess beleuchtet. Danach werden im Abschnitt „Reportingprozesse“ allgemeine Kennzeichen dargestellt, bevor vertiefend auf funktionale Besonderheiten im Reportingprozess (Verkauf, Einkauf, nichtkommerzielle Einheiten, Verteilzentralen) eingegangen wird.
4.1
Der Planungs-/Budgetierungsprozess
Aufgrund der Tatsache, dass der wesentliche Teil der Budgetierung in den Warenhusern stattfindet und dass an dieser Stelle die grçßte Komplexitt und die meisten Spezifika des Prozesses liegen, wird im Folgenden die Budgetierung anhand des Planungsprozesses der Warenhuser exemplarisch dargestellt. n Verantwortlichkeiten und Schritte im Planungsprozess sowie die Rolle des Controlling im Rahmen der Planung Der operative Planungsprozess untergliedert sich in vier Schritte, die sequenziell abgearbeitet werden: 1. Im ersten Schritt bereitet die Zentrale den sog. Plan 0 vor. Hier wird auf der Ebene Haus, Sektor (Non Food, Supermarkt, Restaurant) und Jahr geplant. Als Planungsprmisse wird der Verkaufskalender der Manor Gruppe verwendet. 2. Im zweiten Schritt wird die Planung im Rahmen von Plan 1 von der Zentrale auf der Ebene Haus, Warengruppe (Damenkonfektion, Parfmerie etc.) und Jahr durchgefhrt. Als Planungsprmisse wird der Verkaufskalender der einzelnen Warenhuser zugrunde gelegt. Der Plan 1 fungiert auf der Ebene Haus/Sektor/ Jahr als Zielvorgabe fr die Hausdirektoren. 3. Im nchsten Schritt wird die Planung durch die Warenhausdirektoren validiert und im Rahmen von Plan 2 auf die Ebene Abteilung/Kostenstelle detailliert. Der Plan 2 gilt auf der Ebene Haus/Abteilung/Jahr als Zielvorgabe fr die Abteilungsleiter in den Husern.
170
Controlling-Organisation im Wandel Seite 171
4. Im letzten Schritt wird die Planung durch die Abteilungsleiter in den Husern validiert und im Rahmen von Plan 3 auf die Ebene Warengruppe/Monat detailliert. Abbildung 5 veranschaulicht diesen Planungsprozess. Überprüfung Sektorziel Überprüfung Abteilungsziel Plan 1
Plan 0 B er ei c h
Zentrale
Plan 2
Zentrale
Plan 3
Hausdirektion
Rayonchef
Tätigkeit
Berechnet Gesamtplan
liefert Vorberechnungen validiert
validiert
bis Ebene
Haus/Sektor/Jahr
Haus/Sektor/Jahr
Abteilung/Jahr
Haus/Sektor/Jahr
modifiziert Erklärung
Pr ä m i sse : Verkaufskalender Gruppe
Von Controlling vorberechnetes Budget inklusive Verkaufskalender für Umsatz mit verbindlicher Zielvorgabe auf Sektor-Niveau Prämisse: Verkaufskalender Haus
auf Kostenstelle + auf Warengruppe/Monat Abteilung /Jahr Kopie von Plan 1, die Kopie von Plan 1, die Hausdirektion auf Validierung/AnpasEbene Abteilung sung von Plan 3 validieren/anpassen durch den kann Abteilungsleiter im Vergleich und unter Pläne 1 & 2 werden Einhaltung des Plandem Abteilungsleiter als Vorlage überreicht 2-Ziels Plan 2 (Hausdirektion) Nur dieser Plan dient ist verbindliches anschließend zum A b t e il u n g s z i e l Vergleich mit den Istdaten 2006!
Budgetierung Warenhaus
Abb. 5: Der Planungsprozess bei Manor durchluft vier Schritte
Der Planungsprozess in den Husern gliedert sich in zwei Phasen: 1. Phase I: Warendaten 2. Phase II: Betriebskosten Ein wesentliches Vereinfachungsprinzip in der Planung besteht in der Ableitung von Vorschlagswerten auf Basis von Vergangenheitswerten. Bei der Vorberechnung dieser Vorschlagswerte wird ausgehend von einem aggregierten Planwert (z. B. 1.200 fr Non Food im gesamten Jahr) ein Vorschlagswert fr detailliertere Planwerte generiert. Die Ableitung erfolgt im Beispiel ber zwei Parameter:
Vorberechnungen als Planungsuntersttzung
1. Der Kalenderindex bercksichtigt, wie viel mehr oder weniger Verkaufstage die Vergleichsperiode hat, auf deren Basis abgeleitet wird. Dabei drckt ein Index von 110 aus, dass die zu beplanende Periode 10 % Verkaufstage mehr hat als die Vergleichsperiode (i. d. R. derselbe Monat des Vorjahres).
171
Controlling-Organisation im Wandel Seite 172
2. Der Anteil einer Abteilung am Gesamtumsatz des Sektors drckt aus, wie viel Prozent der Umsatz einer Abteilung am Gesamtumsatz des Sektors in der Vergleichsperiode ausmacht. Abbildung 6 illustriert das Ableiten eines Vorschlagswertes mit Hilfe dieser Parameter. Vorberechnete Vorschläge Non Food (Plan 3)
Vorgabe Ebene Sektor (Plan 2) Sektor
Jan
Feb
...
Dez
Non-Food
Total
Jan
Abteilung
Feb
...
Dez
Total
1.200
11
400
Food
800
12
330
Restaurant
500
...
...
...
...
...
... Boutique
2.500
Vorberechnung Werte Vorschläge im tiefsten im System verfügbaren Niveau (Warengruppe, Abteilung) werden heruntergebrochen auf Einzelmonate auf Basis „Anteil Vorjahr“
Total Non Food
1.200
Netto-Umsatz Sektor Vorjahr:
1.000
Kalenderindex*
Anteil Vorjahr: (Abteilung/Sektor)
x
Index: 110
30 %
33 %
x
=
=
Ebene Sektor
330 *Kalenderindex: Anzahl Verkaufstage in Relation zum Vorjahr
Abb. 6: Vereinfachung des Planungsprozesses durch vorberechnete Werte
Im Laufe eines Geschftsjahres finden zwei Planungsdurchlufe („Runs“) statt: 1. Run auf Basis eines maschinell errechneten Prognosewertes zum Ende des Vorjahres, 2. Run im ersten Quartal des Planjahres, basierend auf Istwerten des Vorjahres.
Forecast als Zukunftsperspektive
172
n Ausblick: Forecast Manor beabsichtigt, einen Forecast-Prozess zu entwickeln. Zurzeit wird auf der operativen Ebene mit einem maschinell errechneten Prognosewert („Probable“) gearbeitet, der das Ist der vergangenen Monate im relevanten Jahr kumuliert und fr die Zukunft das geplante Budget unterstellt. Aufgrund der Tatsache, dass dieser Mechanismus den Vernderungen der Umweltbedingungen keine Rechnung trgt, wird zustzlich ein hoch aggregierter Forecast auf der Ebene Total Manor durch das Controlling erstellt. Da dieser Forecast zur Steuerung der operativen Einheiten nicht hinreichend
Controlling-Organisation im Wandel Seite 173
detailliert ist, plant man, einen tiefer gehenden Forecast von der Business-Seite zu konzipieren, IT-technisch zu untersttzen und in die Organisation auszurollen.
4.2
Der Reportingprozess
Im Folgenden wird der Reportingprozess bei der Manor AG beschrieben. Ausgangspunkt ist dabei die Darstellung der grundstzlichen Berichtswege und Berichtsarten. n berblick: Berichtswege und Berichtsarten bei der Manor AG Aufgabe des Reporting bei Manor ist die Vermittlung von steuerungsrelevanten Informationen an die Verantwortlichen in der Zentrale, den Warenhusern und den Verteilzentralen: e In der Zentrale werden die Reports von der Geschftleitung (Direktion), den nichtkommerziellen Einheiten (Marketing, Supply Chain Management, Personal, IT etc.) und den kommerziellen Divisionen (Femmes & Beaut; Hommes, Enfants & Loisirs; Maison & Papeterie; Food) genutzt.
Vermittlung steuerungsrelevanter Informationen
e Zielgruppe in den Warenhusern sind die Warenhausdirektionen und die Kostenstellenverantwortlichen auf der Abteilungsebene (z. B. Parfmerie, Schuhe). e Fr die Leiter der Verteilzentralen werden eigene Reports erstellt, die besondere Kennzahlen des Supply Chain Management beinhalten. Das Reporting ist in den Controlling-Kreislauf eingebunden, der sich ber die Zielbestimmung bis zur Festlegung von Gegenmaßnahmen bei Abweichungen erstreckt. Daher werden die Reports nicht nur zur Analyse der Performance verwendet. Bei Abweichungen sind konkrete Maßnahmendefinitionen abzuleiten. Der Reportingprozess wird vom Controlling initiiert und gesteuert. Das Controlling stellt die Reportingtools zur Verfgung und achtet auf die Einhaltung der Reportingrichtlinien. Entsprechend der bereits dargelegten Neuorganisation des Controlling sind die Controller als Ansprechpartner funktional den Warenhusern, den Verteilzentralen oder der Zentrale zugeordnet. Das Controlling ist fr die inhaltliche Richtigkeit, die Verfgbarkeit und die Freigabe der Reports verantwortlich. Zudem nimmt es die Konzeption des Reportingsystems vor. Durch die Einfhrung eines neuen IT-Systems wurde die Mçglichkeit wahrgenommen, den
Neugestaltung des Reportingsystems
173
Controlling-Organisation im Wandel Seite 174
Reportingprozess auch inhaltlich zu berarbeiten. Zur Anpassung des Reporting an vernderte Informations- und Steuerungsanforderungen wurden fr das Projekt folgende Ziele definiert: e Ablçsung von ca. 30 Reports aus dem alten Reportingsystem. e Ermittlung zustzlicher Informationsbedrfnisse der Entscheidungstrger. e Konsistentes Manor-bergreifendes Reporting- und Steuerungskonzept. e Manor-weite Reportingstandards. e Stufengerechte und entscheidungsorientierte Reports. e Angepasste Reportingprozesse an neue Anforderungen/an die neue Organisationsstruktur (v. a. im Bereich Einkauf). e Zentralisierung von Parallelstatistiken (dezentral selbst erstellte Excel-Reports). berblick ber Berichtsarten
Bevor auf die Reports im Einzelnen eingegangen wird, soll die Systematik der Berichtsarten beschrieben werden. Entsprechend den Anforderungen eines Handelsunternehmens werden tgliche, monatliche und jhrliche (bzw. aperiodische) Reports erstellt. Die Tagesreports beinhalten den Tagesumsatz, Rabatte und weitere Performance-Kennzahlen. Monatsreports umfassen die Warenstatistik (Statistique Marchandise), Kostenberichte und das Tableau de Bord. Unter dem Tableau de Bord ist ein Report mit den wichtigsten Waren- und Kostenkennzahlen zu verstehen. Daneben existieren Sonderreports und Personalstatistiken (vgl. Abb. 7). Alle Standardreports basieren auf einer einheitlichen Berichtsoberflche. Ad-hoc-Reports und so genannte Parallelstatistiken, bei denen nur ein kleiner Verteilerkreis besteht, werden weiterhin flexibel mit Excel erstellt.
174
Controlling-Organisation im Wandel Seite 175
Standardreports Tagesreports Tagesumsatz - Warenklassifikation - Häuser
Monatsreports Sta tis ti que Marchandise
Sonderreports Verkaufsfläche
Personalstatistiken/KLS HR-Übersicht
Inventurdifferenz
Headcount
…
UdP
- Warenklassifikation - Häuser
- Resumee - Warenklassifikation - Häuser - Verantwortungsstruktur
Brutto-/Nettoumsatz
Kostenstatistik
Fluktuation
- Warenklassifikation - Häuser
- Kostenarten - Kostenstellen
Nachwuchsbilanz
Rabatte
Kostenentwicklung
Performance
- Warenklassifikation - Häuser
Absenzen
KLS
Tableau de Bord …
Abb. 7: berblick ber die Berichtsarten der Manor AG
Mit der Einfhrung eines neuen Reportingsystems ging neben der Einfhrung eines neuen IT-Systems auch die Umsetzung eines neuen Steuerungsansatzes einher. Zum einem erfolgt eine optische und inhaltliche Fokussierung auf die wesentlichen Kennzahlen. Durch neue Kernindizes wird der Blick auf das Budget verstrkt. Zum anderen wurde die Zahl der Reports vermindert. So arbeiten z. B. alle Warenhuser standardmßig mit den gleichen Reports. Es werden keine eigenen Excelberichte (Parallelstatistiken) mehr in den Husern erstellt. Auch die Sonderauswertungen der Zentrale erfolgen zentralisiert durch den Controlling-Bereich. Der Vorteil liegt darin, dass sich der administrative Aufwand in den Warenhusern und der Zentrale reduziert. Zugleich kann die Abteilung Controlling damit eine hohe Datenqualitt sicherstellen. Insgesamt ist der Bedarf an Parallelstatistiken durch die neuen Standardreports erheblich reduziert worden.
Definition des Steuerungsansatzes
Das Reportingsystem ist entlang einer Reportingpyramide aufgebaut, nach der Berichte je nach Benutzerrolle empfngerorientiert gestaltet werden (vgl. Abb. 8). Gemß ihrer Kosten- bzw. Ergebnisverantwortung erhalten die Empfnger nur ausgewhlte Reports, die sie zur Steuerung ihres Verantwortungsbereichs bençtigen. Hierber wird die Funktionsgerechtigkeit der Informationen gewhrleistet.
Empfngerorientierte Reports
175
Controlling-Organisation im Wandel Seite 176
R ésumé
Zei le 1
Spalte 2
Réal i sé
Réa li sé % C A net B udget
Spalt e 3
Spal te 4
Index prèv
Spal te 5
Z e n tr a l e
Spalte 6
Spalt e 7
Sp
I ndex ap
Budget % CA net ap % CA net
Spalt e 3
Spal te 4
Spal te 5
Spalte 6
B udget
Index prèv
I ndex ap
Budget % CA ap % CA net net
Cu Ré
Spalt e 1
Spal te 2
Spal te 3
Spalt e 4
Spal te 5
Spal te 6
R éali sé
Réal isé % CA Budget net
Index ap
Budget % CA ap % CA net net
R ésumé
Zei le 1
Sa ch
be Ka arbe ite de r r
TopMgmt.
Spal te 1
C A brut . .. C A net . .. Spalte 2 Spal te 1 R ésumé M arge brut e avant diff . I nv. . .. M arge brut e ST . .. Réa li sé % C A M arge brut e AT Réal i sé net . .. Zei le 1 C A brut Sem i N et . .. . .. C A net C ontr ibut ion H aus . .. . .. Résum é M arge brut e avant diff . I nv. R ésult at d'Exploit ation I . .. M arge brut e ST . .. M arge brut e AT . .. Zei le 1 C A brut Sem i N et . .. . .. C A n et C ontr ibut ion H aus . .. . .. M arge brut e avant dif f. Inv. R ésult at d'Exploit ation I . .. M arge brut e ST . .. M arge brut e AT . .. Semi Net . .. C ont ribution H aus . .. R ésul tat d'Exploi tati on I
Cu Ré
I ndex prèv
Spalt e 7
Spal te 1
Spalte 2
Réal i sé
Réa li sé % C A net B udget
Spalt e 3
Spal te 4
Index prèv
C A brut . .. C A net . .. Spal te 1 Spalte 2 R ésumé M arge brut e avant diff . I nv. . .. M arge brut e ST . .. Réa li sé % C A M arge brut e AT Réal i sé net . .. Zei le 1 C A brut Sem i N et . .. . .. C A net C ontr ibut ion H aus . .. . .. R ésumé M arge brut e avant diff . I nv. R ésult at d'Exploit ation I . .. M arge brut e ST . .. M arge brut e AT . .. Zei le 1 C A brut Sem i N et . .. . .. C A net C ontr ibut ion H aus . .. . .. M arge brut e avant diff . I nv. R ésult at d'Exploit ation I . .. M arge brut e ST . .. M arge brut e AT . .. Sem i N et . .. C ontr ibut ion H aus . .. R ésult at d'Exploit ation I
R ésumé
Zei le 1
Verteilzentrale
Sp
Spalte 7
Spal te 5
Sp
Cu Ré
Spalte 6
Spalt e 7
Sp
I ndex ap
Budget % CA net ap % CA net
Cu Ré
Spalt e 3
Spal te 4
Spal te 5
Spalte 6
B udget
Index prèv
I ndex ap
Budget % CA net ap % CA net
Spal te 1
Spalte 2
Spalt e 3
Spal te 4
Spal te 5
Spalte 6
Réal i sé
Réa li sé % C A B udget net
Index prèv
I ndex ap
Budget % CA ap % CA net net
Spal te 1
Spalte 2
Réal i sé
Réa li sé % C A net B udget
Spalt e 3
Spalt e 7
Spal te 4
Index prèv
C A brut . .. C A net . .. M arge brut e avant diff . I nv. . .. M arge brut e ST . .. Spalte 2 R ésumé Spal te 1 M arge brut e AT . .. Sem i N et Réa li sé % C A . .. Réal i sé net C ontr ibut ion H aus Zei le 1 C A brut . .. . .. R ésult at d'Exploit ation I C A net . .. R ésumé M arge brut e avant diff . I nv. . .. M arge brut e ST . .. M arge brut e AT . .. Zei le 1 C A brut Sem i N et . .. . .. C A net C ontr ibut ion H aus . .. . .. M arge brut e avant diff . I nv. R ésult at d'Exploit ation I . .. M arge brut e ST . .. M arge brut e AT . .. Sem i N et . .. C ontr ibut ion H aus . .. R ésult at d'Exploit ation I
Résum é
Häuser
Zei le 1
Sp
Cu Ré
Spal te 5
Spalt e 7
Spalte 6
Sp
Cu Ré
Spalt e 7
Sp
I ndex ap
Budget % CA net ap % CA net
Cu Ré
Spalt e 3
Spal te 4
Spal te 5
Spalte 6
B udget
Index prèv
I ndex ap
Budget % CA net ap % CA net
Spal te 1
Spalte 2
Spalt e 3
Réal i sé
Réa li sé % C A net B udget
Spalt e 7
Sp
Cu Ré
Spal te 4
Spal te 5
Spalte 6
Index prèv
I ndex ap
Budget % CA net ap % CA net
Spalt e 1
Spal te 2
R éali sé
Réal isé % CA net Budget
Spal te 3
C A brut Spal te 1 R ésumé . .. C A n et . .. M arge brut e avant dif f. Inv. R ésumé . .. Réal i sé M arge brut e STZei le 1 C A brut . .. . .. M arge brut e AT C A net . .. . .. Semi Net M arge brut e aZveai n let 1diff .CI n Avb. rut . .. . .. . .. C ont ribution H aus M arge brut e ST C A net . .. . .. . .. R ésul tat d'Exploi tati on I M arge brut e AT M arge brut e avant diff . I nv.
Spalt e 4
I ndex prèv
Spalte 2
Spal te 5
Index ap
Spalt e 3
Réa li sé % C A Spal te 1 net B udget
Réal i sé
Spalt e 7
Spal te 6
Sp
Cu Ré
Spalte 7
Sp
Budget % CA net ap % CA net
Spal te 4
Spalte 2
Index prèv
Spal te 5
Spalt e 3
I ndex ap
Réa li sé % C A net B udget
Cu Ré
Spalte 6
Spalt e 7
Sp
SpBaul tdege4t % CASpal te 5
alte 6 SpCu
Index prèv
Budget % CA net ap % CA net
net
ap % CA net
I ndex ap
Ré
Spalt e 7
Sp
Cu Ré
. .. . .. Sem i N et M arge brut e ST . .. . .. M arge brut e AT C ontr ibut ion H aus . .. . .. R ésult at d'Exploit ationSIem i N et . .. C ontr ibut ion H aus . .. R ésult at d'Exploit ation I
Abb. 8: Die Reportingpyramide bei Manor mit empfngerorientierten Reports
Tagesumsatz als Einstiegsreport
Waren- und Kosteninformationen
176
n Tgliches Standardreporting Die Tagesreports werden allen Manor-Mitarbeitern, die einen PC-Zugang besitzen, ohne inhaltliche Beschrnkungen zur Verfgung gestellt. Der Tagesumsatzbericht ist der Einstiegsreport fr alle Anwender, sodass sofort der Vortagesumsatz als zentrale Kennzahl sichtbar ist. Neben dem Tagesumsatz existiert ein Rabattbericht sowie ein Performancereport, der tgliche Leistungskennzahlen abdeckt (Absatz, Durchschnittsverkaufspreis, Transaktionen etc.). Was die Reportstrukturierung betrifft, sind alle Tagesreports nach den Dimensionen „Warenklassifikation“ bzw. „Warenhuser“ aufgebaut. Analysen sind nach einzelnen Warenklassen ebenso mçglich wie das Benchmarking verschiedener Warenhuser. In den Tagesreports werden Vorjahresvergleiche ebenso wie ein Prognosewert („Probable“, vgl. dazu Kap. 4.1) bereitgestellt. n Monatliches Standardreporting Wie bereits angedeutet, umfassen die Standard-Monatsreports die Warenstatistik (Statistique Marchandise), Kostenberichte und das Tableau de Bord. Zur Sicherstellung der Empfngerorientierung gibt es separate Reports fr die Warenhuser, die Zentrale (v. a.
Controlling-Organisation im Wandel Seite 177
Einkauf) und die Verteilzentralen. Wie die folgende Darstellung zeigt, werden die Warenstatistiken am 3. Arbeitstag des Monats produktiv gestellt. Die Kostenreports und das Tableau de Bord folgen am 6. bzw. 7. Arbeitstag.
Monatsreports MWSt
Warenstatistik
Kosten
Ta bl ea u de Bord
Aktivitäten Mo n at s umsatz
Abstimmung Um s atz
M W S t Au s wertung Re ch nu ngs kontro l le
Kostenerfassung
St a t i s t ik k o r re k t ur e n
0
1
MIS-Prozess
D irek tzahlungen
2 3 4 5 Arbeitstage nach Monatsabschluss Controlling/FiBu
6
7
Prüfung/Freigabe
Abb. 9: Verfgbarkeit der monatlichen Reports
In der Warenstatistik (Statistique Marchandise) werden als wichtigste Kennzahlen der Umsatz, die Warenkosten und die Bruttomarge angezeigt. Das Tableau de Bord beinhaltet darber hinaus Kostenkennzahlen (Personalkosten, brige Kosten etc.), sodass Deckungsbeitrge und Erfolgskennzahlen auf der Ebene einzelner Warenhuser und der Gruppe ausgewiesen werden. Die Kostenreports unterteilen sich in Kostenstatistiken (Kostenarten und Kostenstellen) sowie einen Kostenentwicklungsreport. Dieser wird auch zur Kommentierung der Warenhuser verwendet. Falls Umsatzund Kostenabweichungen definierte Schwellenwerte berschreiten, wird vom Controlling ein Kommentierungsprozess angestoßen. In solchen Situationen stellt das Controlling Ad-hoc-Reports fr Sonderanalysen bereit.
177
Controlling-Organisation im Wandel Seite 178
Zentralisierung durch das Controlling
Management Cockpit im Wandel
Diverse Aufgabenfelder des Controlling
178
n Ad-hoc-Reporting Wie bereits beschrieben, werden die Ad-hoc-Reports bei Manor seit der Einfhrung des neuen Reportingsystems zentralisiert durch das Controlling produziert. Innerhalb des Controlling-Bereichs gibt es aber organisatorisch keine eigene Reportingeinheit. Vielmehr nimmt der jeweilige Controller neben dem Reporting auch Planungs- und Schulungsaufgaben wahr. Ziel der knftigen Weiterentwicklung des Controlling ist es, dass die Controller in Zukunft verstrkt eine beratende Rolle einnehmen. n Management Cockpits Das heutige Management Cockpit der Direktion wird nicht innerhalb eines integrierten Systems erstellt, sondern besteht aus Standardreports und mehreren Parallelstatistiken, die vom Controlling manuell erstellt werden. Es liegt somit kein standardisiertes Cockpit fr die Direktionsmitglieder vor. Vielmehr ist das Management Cockpit personalisiert und hat eine relativ große Detaillierungstiefe. Da es eher tabellarisch als grafisch aufgebaut ist, entspricht es keinem klassischen Management Cockpit. Aufgrund der vernderten Steuerungsanforderungen, die sich aus organisatorischen Vernderungen ergeben, unterliegen die Management Cockpits einem Wandel. Gegenwrtig ist aber noch nicht entschieden, mit welchem Ansatz ein zuknftiges Cockpit ausgebaut werden soll. Nebst der Festlegung des konkreten Empfngerkreises sind auch die Struktur und die Visualisierung der Reports neu zu definieren. n Beantwortung von Reportinganfragen und Maßnahmenvorschlge Der Controlling-Bereich ist nicht nur fr die Richtigkeit und Verfgbarkeit der Reports verantwortlich, sondern auch in deren Analyseprozess eingebunden. So nimmt z. B. der Divisions-Controller Mode an den Monatssitzungen dieser Division teil und ist fr die Datenaufbereitung dieser Meetings zustndig. Hiervon sind unregelmßige Anfragen und Ad-hoc-Auswertungen zu unterscheiden. Rckfragen durch die Direktoren (Manager der einzelnen Funktionen bzw. Divisionen) oder den CEO gehen entweder an die Linienverantwortlichen oder direkt an das Controlling. Das Aufgabengebiet des Controllers erstreckt sich auf die Erstellung von Flash- und Statusreports sowie auf Prsentationen. Hinzuweisen ist auch auf die Ausbildungsfunktion des Controlling in den Divisionen (z. B. bei der Weiterentwicklung von Controlling-Instrumenten).
Controlling-Organisation im Wandel Seite 179
Durch die Zusatzanalysen der Controller werden wiederum Analyse- und Maßnahmenprozesse in den operativen Einheiten angestoßen. Das Controlling stellt hierbei den reibungslosen Prozessablauf sicher, whrend fr das Maßnahmen-Controlling und die Maßnahmendurchsetzung die direkten Linienvorgesetzten zustndig sind. So liegt beispielsweise das Maßnahmen-Controlling der Warenhuser bei den Regionaldirektoren. n Kommentierungsprozesse Durch Kommentierungen, die die Kosten- und Ergebnisverantwortlichen vornehmen, erfolgt die Integration des Reporting in den Controlling-Kreislauf. Ampeln zeigen in den Reports Abweichungen vom Budget und den Vorjahreszahlen an. Beim berschreiten bestimmter Grenzen wird ein Kommentierungsprozess in Gang gesetzt, der einen Analyse- und Maßnahmenteil enthlt. Ersterer beschreibt Abweichungsgrnde fr die Kernkennzahlen. Dabei geht es um vier Kommentierungs- und Berichtstypen:
Analysen und Maßnahmendefinitionen
1. Warenhuser: Umsatz, Personalkosten, allgemeine Kosten. 2. Verteilzentrale: Kostensatz, ber-/Unterdeckung. 3. Kommerzielle Divisionen: Bruttomarge, Warenlager. 4. Zentrale: Kosten. Auf die konkreten Berichtsverantwortlichkeiten, -anlsse und nachgelagerte Controlling-Prozesse wird im Folgenden eingegangen. Hierbei sind die funktionalen Besonderheiten im Controlling zu bercksichtigen.
4.3
Funktionale Besonderheiten im Controlling
Bisher wurden die allgemeinen Kennzeichen des Controlling bei Manor untersucht. In diesem Abschnitt werden vertiefend vier Unternehmensbereiche betrachtet, die im Controlling eine spezielle Rolle spielen: e Verkauf in den Warenhusern = Division d’exploitation (Store Operation) e Einkauf in der Zentrale = kommerzielle Divisionen e Administration, Marketing etc. = nichtkommerzielle Divisionen e Supply Chain Management = Verteilzentralen.
179
Controlling-Organisation im Wandel Seite 180
ControllingBesonderheiten im Verkauf
n Controlling des Verkaufs (Direction d’exploitation) Die Funktion „Verkauf“ (Store Operation) wird bei Manor als Direction d’exploitation zusammengefasst. Ihr steht ein Direktor vor, der zugleich Mitglied der Geschftsleitung ist. Der Verkaufsbereich ist organisatorisch dreistufig aufgebaut: e Warenhausdirektion: verantwortlich fr das Ergebnis eines Hauses. e Regionaldirektion: verantwortlich fr die Performance der Warenhuser einer Region. e Leitung der „Direction d’exploitation“: gesamtverantwortlich fr den Verkauf in allen Regionaldirektionen.
Eigenes Controller-Team
Innerhalb des Controlling-Bereichs gibt es ein Team, welches der Direction d’exploitation zugeordnet ist. Es bestehen feste Ansprechpartner fr Hausdirektoren, Regionaldirektoren und den Leiter der Direction d’exploitation. Sie sind in die Reportanalyse und die daraus folgenden Maßnahmendefinitionen eingebunden, sodass bei Zielabweichungen Gegenmaßnahmen ergriffen werden kçnnen. Im Folgenden wird der Controlling-Prozess beschrieben, wobei sich hier Besonderheiten im Vergleich zu den kommerziellen und nichtkommerziellen Einheiten der Zentrale ergeben.
Analyse in den Warenhusern
Die monatliche Analyse der Ergebnisse in den Warenhusern wird durch den Warenhausdirektor und seine Abteilungsleiter vorgenommen. Diese Kommunikationsstufe in den Warenhusern ist nicht standardisiert und das Controlling ist auf dieser Ebene nicht direkt involviert. Richtlinien bestehen dagegen im Bereich der Kommentierungen der Hausdirektoren an die Zentrale. Jeder Hausdirektor muss monatlich Kommentierungen innerhalb des Standardreportingsystems vornehmen, wenn bestimmte Abweichungen beim Umsatz, den Personalkosten oder den brigen Kosten festgestellt werden. Fr die Kosten wurde ein Index definiert (Ajustement), welcher anzeigt, wie sich die Kosten bei einem realisierten Umsatz entwickeln drfen. bertrifft der Umsatz das Budget, so kçnnen beispielsweise auch die Personalkosten leicht ber dem Budget liegen. Im Umkehrschluss ziehen Umsatzeinbußen notwendige Kostenreduzierungen nach sich.
Einbindung der Regionaldirektoren
Um die Einhaltung der definierten Maßnahmen sicherzustellen, steht es dem Regionaldirektor frei, die Hausdirektoren anzuweisen, einen Maßnahmenplan (so genannter „Plan d’action“) aufzustellen. Durch diesen Plan sind die vorgesehenen Maßnahmen auf Monatsebene in Schweizer Franken zu quantifizieren. Der Betrachtungszeitraum hngt von den angepeilten Maßnahmen ab. Der Analysebericht und die Maßnahmenvorschlge der Warenhuser gehen an die Regionaldirektoren. Diese nehmen eine Zusammenfassung
180
Controlling-Organisation im Wandel Seite 181
auf der Ebene ihrer Region vor. Auch diese Kommentierungen werden im Standardreportingsystem hinterlegt. Der Leiter der Direction d’exploitation erhlt von den Regionaldirektoren Standardkommentierungen und Flashberichte. Dieser Direktor sendet wiederum einen schriftlichen formlosen Report an den CEO. Letzterer stçßt bei Bedarf Rckfragen an, wobei es sich dabei um einen formlosen Top-down-Prozess handelt. Er erfolgt schriftlich an die Direction d’exploitation, welche vom Controlling untersttzt wird. Auf Anfrage bernimmt das Controlling Spezialanalysen.
Information der Direktion
Neben den Analysen der Linienverantwortlichen erstellt das Controlling selbst Flash- und Statusberichte. Diese werden direkt nach Verfgbarkeit der Umsatz- und Kostenreports generiert. Sie erfolgen aber nicht regelmßig, sondern nur „by exception“. Der Flashbericht wird an die Geschftsleitung, den Leiter der Direction d’exploitation und die Regionaldirektoren versendet. Er enthlt insbesondere Schwerpunktinformationen zu Umsatz, Personalkosten und Sondereffekten. Die Analyseebene umfasst „Total Warenhuser“, „Total Verteilzentralen“ und „Total Zentrale“. Es wird also nicht jedes einzelne Haus betrachtet. Anschließend erfolgt ein Statusreport, der eine vertiefende Huseranalyse vornimmt. Maßnahmen werden vom Controlling nicht definiert, denn die Aufgabe der Maßnahmendefinition und des Maßnahmen-Controlling liegt bei den jeweiligen Linienvorgesetzten.
Berichte durch das Controlling
n Controlling des Einkaufs (kommerzielle Divisionen) Auch fr die vier kommerziellen Divisionen (Femmes & Beaut; Hommes, Enfants & Loisirs; Maison & Papeterie; Food) gibt es fest zugewiesene Controller. ber alle vier Divisionen hinweg wird am Monatsanfang ein Statusreport an die Geschftsleitung und die Direktoren der kommerziellen Divisionen gesendet, der einen berblick ber die wesentliche Entwicklung der Warendaten liefert. Im Mittelpunkt stehen hier nicht nur der Nettoumsatz, sondern vor allem die Bruttomarge und das Lager. Diese Kennzahlen werden auf verschiedenen Warenklassenebenen berechnet, sodass ein Handlungsbedarf auf bestimmte Warenklassen zuordenbar ist. Das Reporting umfasst sowohl vergangenheitsorientierte Warendaten (z. B. Bruttomarge) als auch zukunftsgerichtete Informationen (z. B. Lager). Besonderheiten im Controlling bestehen im Bereich Food. Hier werden spezielle Kennzahlen verwendet. Innerhalb der kommerziellen Divisionen beginnen die Analyse und Maßnahmendefinition durch die Einkufer. Diese sind verantwortlich fr Umstze und Rabatte, haben aber keine Kostenstellenver-
ReportingBesonderheiten im Einkauf
Abgrenzung der Merchandiser
181
Controlling-Organisation im Wandel Seite 182
antwortung. Die Einkufer arbeiten auf Warengruppenebene, die zu Abteilungen zusammengefasst werden. Seit der Neuorganisation des Einkaufsbereichs im Jahr 2006 erfolgt eine enge Abstimmung zwischen den Einkufern und Merchandisern. Die Merchandiser nehmen Untersttzungsleistungen fr die Einkufer vor. Fr das Controlling der Warenwirtschaftsdaten bis auf die Ebene der einzelnen Artikel sind sie direkte Ansprechpartner fr die Einkufer und Einkaufsassistenten. Aufgaben des zentralen Controlling
Die Controller des zentralen Controlling sind dagegen in erster Linie Ansprechpartner fr die Ebenen, welche den Einkufern bergeordnet sind. Dies sind die Divisional Merchandising Manager (DMM), die fr eine Abteilung ber alle Warenhuser zustndig sind (z. B. Teppiche und Mçbel), und darber die General Merchandising Manager (GMM). Es gibt bei Manor vier GMM, die jeweils Direktor einer kommerziellen Division (z. B. Maison & Papeterie) und Mitglied der Geschftsleitung sind. Fr die kommerziellen Divisionen legt das Controlling einen Standard durch Templates fest, in welche die Kommentierungen eingetragen werden. Entgegen dem Reportingprozess der Direction d’exploitaton werden die Abweichungsanalysen des Einkaufs nicht direkt in Form von Standardreports systemseitig untersttzt vorgenommen, sondern in separate PC-Files eingetragen. Die Divisions-Controller koordinieren den Analyseprozess, haben Richtlinienfunktionen, berwachen die Termineinhaltungen und erstellen einen Managementbericht fr die DMM bzw. GMM. Die Ergebnisse werden in regelmßigen Meetings mit den Controllern besprochen.
ControllingBesonderheiten nichtkommerzieller Einheiten
n Controlling der nichtkommerziellen Divisionen (Marketing, IT, Personal etc.) Besonderheiten bestehen bei den nichtkommerziellen Einheiten in Bezug auf den Ablauf und den Inhalt des Reporting- und Controlling-Prozesses. In der Vergangenheit wurden nur unregelmßig Abfragen zur Kostenanalyse vorgenommen. Seit dem zweiten Halbjahr 2006 erfolgen die Abfragen hingegen auf Quartalsbasis. Die Kostenkennzahlen werden von allen Kostenstellenverantwortlichen in der Zentrale analysiert und an die Abteilungsleiter und Direktoren berichtet. Das Controlling hat Richtlinienfunktionen fr den Analyseprozess. Ebenso wie bei den kommerziellen Einheiten stoßen die DivisionsController den Analyseprozess an. Zudem wird vom Controlling die Koordination zwischen den verschiedenen Ebenen und Abteilungen sichergestellt sowie die Termineinhaltung berwacht.
182
Controlling-Organisation im Wandel Seite 183 n Controlling der Verteilzentralen (Supply Chain Management) Fr den Bereich Supply Chain Management und die Verteilzentralen wird der kostenseitige Informationsbedarf durch Kostendeckungsberichte abgedeckt. Wichtigste Kennzahlen sind der Kostensatz und die ber-/Unterdeckung. Der Kostensatz bezieht sich auf das Verhltnis zwischen dem Ressourceneinsatz in den Verteilzentralen und dem Warenumschlag. Durch die „ber-/Unterdeckung“ wird die Differenz zwischen den Fakturierungen und den Betriebskosten der Verteilzentralen angezeigt. Da periodische Abgrenzungen eine Verzerrung der Kennzahlen zur Folge haben kçnnen, werden diese beiden Kennzahlen auf kumulierter Ebene analysiert. Gegenwrtig werden die Abweichungsanalysen ad hoc vom Controlling angestoßen. Ergebnisse werden auf regelmßig stattfindenden Controlling-Meetings der Direktion prsentiert. Hierbei stehen neben den Kosten auch zeitliche und qualitative Kennzahlen im Vordergrund.
5
ControllingBesonderheiten der Verteilzentralen
Einflussfaktoren und ihre Wirkung auf die Organisation des Controlling bei Manor
Im letzten Abschnitt wurden funktionale Besonderheiten behandelt. Es sind aber auch generelle Einflussfaktoren zu nennen, die das Controlling bei Manor beeinflussen. Sie sind durch ein konsistentes Handels-Controlling zu bercksichtigen:
Generelle Einflussfaktoren
e Es bestehen branchenbedingte Besonderheiten fr die Planung: Vorjahreszahlen dienen als gute Orientierungsgrundlage; die Budgetierung wird bis auf Warengruppenebene heruntergebrochen. e Die Frequenz der Reports ist in Handelsunternehmen sehr hoch (Tagesreports). e Neben dem allgemeinen Unternehmens- und Personal-Controlling sind ein ausgebautes Warenwirtschafts-, Sortiments- und Flchen-Controlling unabdingbar; dies fhrt zu einer relativ großen Zahl von (Sonder-)Reports. e Im Reporting werden viele warenbezogene Informationen abgebildet; eine Herausforderung ist die Verknpfung mit kundenbezogenen Kennzahlen.
183
Controlling-Organisation im Wandel Seite 184
e Die Aufgabenteilung zwischen dem Verkauf in den Warenhusern (Direction d’exploitation) und dem Einkauf in der Zentrale entspricht einer Matrixorganisation. e Manor ist Teil einer Finanzholding: Es besteht eine strikte Aufgabenverteilung zwischen dem Finanz-Controlling auf Konzernebene und dem Controlling auf operativer Ebene (BetriebsControlling). e Fr die nchsten Jahre hat Manor eindeutige EBIT-Ziele definiert, die mit neu geschaffenen oder vernderten Rollen (z. B. im Einkauf durch „Merchandiser“) erreicht werden sollen: „Structure follows strategy“. e Als Konsequenz der Manor-Strategie befindet sich die gesamte Organisation in einem großen Wandel, um den neuen internen Anforderungen und den vernderten Marktbedingungen gerecht zu werden.
6
Fazit
Die Controlling-Organisation bei Manor unterliegt einem starken Wandel, wie sich durch die neue Einbindung in den CFO-Bereich zeigt. Innerhalb der Abteilung Controlling findet seit kurzem eine prozessbergreifende Ausrichtung der Controller statt, welche ber alle Controlling-Prozesse (Planung, Reporting etc.) hinweg bestimmten Divisionen und Funktionen zugeordnet sind. Durch den Transformationsprozess geht auch ein verndertes Selbstverstndnis des Controlling-Bereichs bei Manor einher. Es ist das Ziel, die Controller als Business-Partner zu etablieren und den Weg zum Selbst-Controlling ber dezentrale Controlling-Stellen im Business zu bereiten.
184
Kapitel 2.3: Neues Rollenverstndnis des Controllers als bestimmender Faktor fr die Controlling-Organisation
Geschftsorientiertes Controlling Seite 187
Controlling-Organisation bei der Heidelberger Druckmaschinen AG – von der Stabstelle zum Business Controlling n Controlling bei der Heidelberger Druckmaschinen AG wird zunchst als Stabstelle beim CFO eingefhrt und es etabliert sich ein eher „wissenschaftliches Controlling“, dessen wichtigste Rolle die eines Informationsversorgers des Vorstands ist. n Mit dem dynamischen Wachstum des Konzerns in den 90er Jahren verbreitern sich die Controlling-Aufgaben. Es entstehen zentrale und dezentrale Controlling-Einheiten, eingebettet in eine Business-Unit-Struktur. n In der prozess-/produktorientierten Organisation wird der dezentrale Controller der kaufmnnische Fachmann in interdisziplinren Managementteams. Das zentrale Controlling untersttzt die Unternehmensleitung bei der Steuerung des Konzerns. Neue Anforderungen ergeben sich durch den Bçrsengang des Unternehmens. n Mit der Rckkehr zur funktionalen Organisation wird das Controlling wieder zentralisiert. Die Geschftsorientierung nimmt trotz reduzierter Kapazitten weiter zu. Das Ergebnis: aktive Rolle bei der wertorientierten Unternehmensfhrung – sehr komprimierte Controlling-Organisation. Inhalt
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1
Heidelberger Druckmaschinen AG ...........................................
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Controlling-Struktur heute ........................................................
190
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Aufbau des Controlling in einem stabilen Umfeld ...................
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4
Zunehmend unternehmerisches Controlling in einer dynamischen Wachstumsphase ................................................
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Restrukturierung – Effizienzsteigerung auch im Controlling .
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6
Anforderungen an den Controller heute ..................................
200
7
Eckpfeiler der Controlling- Organisation bei der Heidelberger Druckmaschinen AG .................................................................. 201
8
Literaturhinweise .......................................................................
202
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Geschftsorientiertes Controlling Seite 188
n Der Autor Thomas Ketelhut, Leiter Business Controlling bei der Heidelberger Druckmaschinen AG.
188
Geschftsorientiertes Controlling Seite 189
1
Heidelberger Druckmaschinen AG Hightech mit Tradition
Seit ber 150 Jahren ist die Heidelberger Druckmaschinen AG in Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Druckmaschinen ttig. Obwohl technologische Weiterentwicklungen wie die Ablçsung des traditionellen Hochdrucks durch den Offsetdruck und der verstrkte Einsatz elektronischer und elektromechanischer Komponenten anstelle mechanischer Lçsungen die Maschinen verndert haben, kann die Branche insgesamt als traditionell bezeichnet werden. Die Komplexitt der Maschinen bildet eine deutliche Barriere fr den Markteintritt neuer Wettbewerber, was in der Konsequenz zu dem heutigen Oligopol mit nur wenigen global konkurrierenden Anbietern fhrt. Diese kommen berwiegend aus Deutschland und Japan. Erst in den letzten Jahren gelang es der neuen Konkurrenz aus China, im Bereich der preisgnstigen Maschinen ohne hohen Qualittsanspruch erste Markterfolge zu erzielen. Die Herausforderung der nchsten Jahre wird sicherlich darin bestehen, durch innovative Produkte die Position des Technologie- und Innovationsfhrers zu sichern.
Umsatzentwicklung 1976 bis heute
I
II
III
Stabiles Umfeld
Dynamisches Wachstum
Restrukturierung & Turnaround
6 Mrd. Euro
4
2
0 1976
1981
1986
1991
1996
2001
2006
Abb. 1: Umsatzverlauf der Heidelberger Druckmaschinen AG seit Einfhrung des Controlling
Heute produziert die Heidelberger Druckmaschinen AG mit 18.000 Mitarbeitern rund die Hlfte des weltweiten Bedarfs an Bogen189
Geschftsorientiertes Controlling Seite 190
druckmaschinen. Daneben gehçren die Aktivitten in den Bereichen Prepress und Postpress und damit die Vernetzung aller Arbeitsschritte in der Druckerei zu den Geschftsfeldern der Heidelberger Druckmaschinen AG. Bei Umsatzerlçsen von rund 3,6 Mrd. EUR wird eine hohe einstellige Umsatzrendite1 erreicht. Die heutige Anforderung an das Controlling liegt darin, die Unternehmensleitung in einer aktiven Rolle zu untersttzen, die Rentabilitt des Geschftes aufrechtzuerhalten und den langfristigen Erfolg der Heidelberger Druckmaschinen AG zu sichern. Wie das Controlling diese Aufgabe heute wahrnimmt und wie sich die Rolle der Controller ber die Jahre entwickelt hat, ist Gegenstand des vorliegenden Beitrags. Die Entwicklung kann in drei Phasen unterteilt werden, die sich anschaulich in der Umsatzentwicklung des Unternehmens widerspiegelt (vgl. Abb. 1).
2
Controlling-Struktur heute
Geschftsorientiertes Controlling
Das Controlling bei der Heidelberger Druckmaschinen AG besteht heute aus ca. 70 Mitarbeitern in einem zentralen Bereich2 und weiteren 30 Controllern, die in den Vertriebsgesellschaften weltweit ttig sind. Daneben findet man gerade in den kleineren Vertriebsgesellschaften noch viele Mitarbeiter, die außer Controlling-Aufgaben noch Accounting-, Finanzierungs- oder andere kaufmnnische Aufgaben wahrnehmen. Diese rund 100 oben genannten Controller befassen sich ausschließlich mit reinen Controlling-Aufgaben wie Planung, Forecasting, Abweichungsanalysen, Business Support. Andere Aufgaben, wie Konsolidierung oder Monatsabschlussarbeiten, die teilweise in Controlling-Bereichen angesiedelt sind, sucht man im Controlling der Heidelberger Druckmaschinen AG vergeblich. Diese werden von entsprechenden Service-Bereichen3 erbracht.
Matrixorganisation im Controlling
Entsprechend der heutigen funktionalen Struktur der Heidelberger Druckmaschinen AG sind die 70 Mitarbeiter des zentralen Controlling ebenfalls in Teams organisiert, die die verschiedenen Funktionsbereiche betreuen. Jeder verantwortliche Bereichsleiter hat somit genau einen definierten Ansprechpartner im Controlling. Trotzdem ist die tatschliche Controlling-Struktur noch etwas komplizierter. Entsprechend des Steuerungskonzepts im Unternehmen nach „durchgerechneten Produktergebnissen“ existiert eine zweite Controlling-Sicht entlang der Wertschçpfungskette der Produkte durch das gesamte Unternehmen. In der Konsequenz 1 2 3
190
Auf Basis EBIT. Exklusive der Mitarbeiter im Shared Service Center. Shared Services, internes Rechnungswesen.
Geschftsorientiertes Controlling Seite 191
ergibt sich eine Matrix, wie sie Abb. 2 zeigt. Das zentrale Controlling bei der Heidelberger Druckmaschinen AG deckt heute das komplette Spektrum der Controlling-Aufgaben von der Kostenstellen-Budgetierung bis zur Unternehmenswertanalyse ab. Diese sehr „komprimierte“ Organisation existierte keineswegs schon immer, sondern ist der aktuelle Stand einer langen Entwicklungsgeschichte, die im Folgenden beschrieben wird. Das Organisationsmodell des Controlling bei der Heidelberger Druckmaschinen AG Produktlinien
F+E
Produktion Einkauf
Sales
After Sales
GruppenControlling
IT/Invest Glob. Prozesse
Shared Services (Controlling/Accounting)
Abb. 2: Organisationsmodell des Controlling heute
3
Aufbau des Controlling in einem stabilen Umfeld
Die Anfnge des Controlling bei der Heidelberger Druckmaschinen AG lagen in der Zeit, als an den deutschen Hochschulen die ersten Lehrsthle fr Controlling eingerichtet wurden.4 Die Keimzelle des Controlling bei der Heidelberger Druckmaschinen AG lag zunchst im Bereich Kostenrechnung/internes Rechnungswesen. Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostentrgerrechnung waren etabliert und sollten um den Aspekt der Kostenplanung ergnzt werden. Fr diese „neue“ 4
Controlling seit 1977
Vgl. Binder; Schffer (2005), S. 11 ff.
191
Geschftsorientiertes Controlling Seite 192 Aufgabe wurde im Jahre 1974 ein Controller gesucht.5 Eine der ersten Aufgaben in dieser fr die Heidelberger Druckmaschinen AG neuen Disziplin waren Kostenprognosen unter Bercksichtigung der zurckgehenden Produktionsauslastung whrend der wirtschaftlichen Krise 1975 (lkrise). Die Unternehmensleitung wollte so die Folgen der Krise auf die Gewinnsituation besser einschtzen kçnnen. Wegen der unmittelbaren Relevanz fr die Unternehmensleitung wurde das Controlling als eigenstndige betriebliche Funktion im Mai 1977 als Stabstelle beim Finanzvorstand eingerichtet. Mit einem Team von drei Personen war das Controlling zustndig fr Kostenplanung, Soll-IstVergleiche und Investitionsrechnungen mit dem eindeutigen Schwerpunkt auf Produktionsbelange. Da in der damaligen patriarchalisch hierarchischen Organisation alle wesentlichen Entscheidungen von der obersten Fhrungsebene getroffen wurden, war diese Ebene auch fast alleiniger Adressat der vom Controlling bereitgestellten Informationen. „Kontrolleure des Finanzbereichs“
Die Controller wiederum waren als unabhngige Informationsquelle ohne Abteilungsinteressen seitens der Unternehmensleitung geschtzt. Ihre Informationen generierten sie damals bereits mit Hilfe erster DV-Anwendungen aus den unterschiedlichen vorhandenen Datenquellen des Unternehmens. Dazu mussten sie sich intensiv mit den Mçglichkeiten der Datenverarbeitung zum Zweck der Analyse von Unternehmensdaten vertraut machen. Die Ausrichtung des Controlling zielte sehr stark darauf ab, durch Analyse von Daten Gesamtzusammenhnge zu erkennen, zu beschreiben und mçgliche Verbesserungspotenziale zu ermitteln. Genutzt wurden die Analyseergebnisse weniger zum direkten Anstoß von Verbesserungen als vielmehr als Maßnahmenliste zur Vorbereitung auf „schlechtere Zeiten“. Auch ein standardisiertes Reporting war zunchst nicht gefordert. Die Controller berichteten unregelmßig und punktuell in Managementgremien ber die Entwicklung des Unternehmens. Erst ab Mitte der 80er Jahre wurde der im Controlling erstellte Soll-IstVergleich den Bereichsleitern zur Verfgung gestellt. Fr diese Aufgabe sowie den Aufbau einiger weiterer Instrumente und Werkzeuge wie beispielsweise Maschinenstundensatzrechnungen, Einzelteilkalkulation, Bestands-Controlling wurde das Controlling-Team nach und nach verstrkt. Es blieb aber bis in die 90er Jahre hinein eine direkt fr den Finanzvorstand ttige Spezialistengruppe. Vom Rest des Unternehmens teilweise kritisch als die „Kontrolleure des Finanzbereichs“ betrachtet, beschftigten sich die Controller mit ihrer Sicht des Unternehmens. Im Rckblick kann das ControllingSelbstverstndnis dieser ersten Phase durchaus als wissenschaftliches, 5
192
Auszug aus der damaligen Stellenausschreibung: Schwerpunkt seiner Aufgaben werden die Entwicklung neuer betriebswirtschaftlicher Systeme sowie die Bearbeitung laufender Fragen der Kostenbudgetierung und Ergebnisplanung sein.
Geschftsorientiertes Controlling Seite 193
experimentelles Controlling bezeichnet werden. Aus den vorhandenen Daten wurden Modelle der Realitt gebaut und in Prognoserechnungen abgebildet. Die theoretische Basis dazu findet sich in den Anstzen zur flexiblen Plankostenrechnung.6 Auftretende neue Trends wurden auf Anwendbarkeit und praktischen Nutzen untersucht. Dort, wo neue Ideen auch in die Praxis umgesetzt wurden, mangelte es teilweise an der Akzeptanz durch die Fachbereiche.7 Trotzdem sind die Offenheit fr neue Entwicklungen im Controlling und der Blick nach vorne auch heute noch ein Kennzeichen des Controlling bei der Heidelberger Druckmaschinen AG. Zusammenfassend kann die unternehmensinterne Rolle der Controller in der Anfangsphase aus heutiger Sicht als die eines Informationsversorgers der Unternehmensleitung definiert werden. Die Einbindung in die Organisation als Stabstelle des CFO unterstreicht diese Rolle. Fr die anderen betrieblichen Funktionen wie Produktion, Entwicklung und Vertrieb spielte das Controlling eine eher untergeordnete Rolle. Der wesentliche Grund hierfr drfte der außerordentlich erfolgreiche Geschftsverlauf in dieser ersten Phase gewesen sein. Bei gegenber dem brigen Maschinenbau weit berdurchschnittlichen Renditen war das Dringlichkeitsgefhl fr Verbesserungen oder Optimierungen quer durch das Unternehmen nicht sehr ausgeprgt. Controller, die bei der Optimierung der Prozesse mitwirkten, waren dementsprechend wenig gefragt. Das sollte sich erst spter grundlegend ndern.
Informationsversorger des Vorstands
Trotz des verhltnismßig starken Wachstums des Unternehmens in dieser ersten Phase, whrend der sich der Umsatz von rund 200 Mio. auf beinahe 2 Mrd. EUR verzehnfachte, blieb die Controlling-Organisation bis 1994 stabil und die Zahl der Controller wuchs von 3 auf ber 10 an. Nach dieser relativ stabilen Wachstumsphase allerdings nahm bei der Heidelberger Druckmaschinen AG die Dynamik der Vernderungen merklich zu. Dieses ußerte sich in der Folgezeit u. a. auch durch einschneidende Auswirkungen in der Organisation.
4
Zunehmend unternehmerisches Controlling in einer dynamischen Wachstumsphase
Die konjunkturbedingte Abschwchung 1992/93 kann als Zsur fr die Entwicklung des Controlling bei der Heidelberger Druckmaschinen AG gesehen werden. Allerdings war die wirtschaftliche 6 7
Vgl. Kilger (1993). Zum Beispiel Target Costing, Prozesskostenrechnung im Gemeinkostenbereich, Executive Information System.
193
Geschftsorientiertes Controlling Seite 194
Entwicklung nicht der eigentliche Auslçser der Vernderung, da auch zu dieser Zeit die Heidelberger Druckmaschinen AG ein geringeres, aber immer noch positives Betriebsergebnis ausweisen konnte. Vielmehr ist es eine Vielzahl von teilweise unabhngigen Faktoren, die in der Summe zu einem erhçhten Vernderungstempo beitrugen. Von grundlegender Bedeutung fr die Umgestaltung der Heidelberger Druckmaschinen AG war der Generationswechsel im Vorstand, wo innerhalb weniger Jahre fast alle Ressorts neu besetzt wurden. Entscheidend fr die Weichenstellungen im Controlling war natrlich die Neubesetzung des CFO, woraus neue Anforderungen an das Controlling resultierten. Produkt- und Prozessorientierung
Von grçßerer Bedeutung aber war die grundlegende nderung der Aufbauorganisation des Unternehmens. Abgeleitet aus der strategischen Stoßrichtung, Lçsungsanbieter fr die grafische Industrie zu sein, wurde die bis dahin traditionell funktionale Organisation in eine Business-Unit-Organisation berfhrt. Kernpunkte der neuen Organisation waren Produkt- und Prozessorientierung. Die Business Units wurden nach Profitgrçßen gesteuert, interne Zulieferer und Dienstleister mussten ihre Leistungen kostendeckend verrechnen. Zwischen den verschiedenen Einheiten sollten durch markthnliche Mechanismen die Kosten der Leistungen verhandelt werden. Mit dieser Organisationsnderung vernderte sich die Rolle des Controlling und des Controllers nachhaltig. Aus heutiger Sicht begann das Controlling damals, sich in eine unternehmerische Verantwortung zu begeben, indem es nicht lnger als Stabstelle organisiert blieb, sondern in die Management- und Leitungsfunktionen der Business Units integriert wurde. Die Leitungsteams der einzelnen Business Units waren generell aus den verantwortlichen Fhrungskrften aus Produktmanagement, Entwicklung, Produktion, Personal und Controlling besetzt.
Unternehmerisch ausgerichtetes Controlling
194
Whrend die Erstgenannten ihre bereits bestehenden Verantwortungsfelder in diese Teams mit einbrachten, gab es im Controlling zu diesem Zeitpunkt kaum einen Controller, der aus dem Blickwinkel Produkt-Controlling mit der gesamten Wertschçpfungskette eines Produkts vertraut war. Genau dies aber war die Hauptanforderung an den neuen Controller-Typ. Darber hinaus war er als „der Kaufmann“ in diesem interdisziplinren Team auch zustndig fr alle kaufmnnischen Fragestellungen wie z. B. dem Einkauf, der Vertragsgestaltung mit Sublieferanten oder Abnehmern/Kunden. Diese Fragen wurden genauso selbstverstndlich an ihn herangetragen, wie die klassischen Fragestellungen zum Soll-Ist-Vergleich oder der Herstellkostenentwicklung. Controlling war damit ab sofort in einer deutlich strker unternehmerischen Verantwortung. Hatte der Controller bis dahin eine von Bereichsinteressen unabhngige
Geschftsorientiertes Controlling Seite 195
neutrale Rolle, so wurde diese Neutralitt bewusst aufgegeben zu Gunsten einer neuen Rolle mit deutlich mehr Geschftsorientierung. Fr den Controlling-Ansatz bedeutete die unternehmerische Geschftsorientierung eine verstrkte Sicht auf Fragen der Preisentwicklung, der Deckungsbeitrge und letztlich der Profiterzielung. Ein weiterer Aspekt, der zu einem deutlichen Anstieg der Controlling-Anforderungen beitrug, war die Vergrçßerung des Konzerns durch die bernahme von Vertriebspartnern und strategischen Akquisitionen in neuen Geschftsfeldern. Auch dies bewirkte eine Horizonterweiterung der bisherigen Controlling-Aufgaben, die nicht mehr „am Werkstor“ enden konnten, sondern auf die Vertriebs- und Service-Prozesse weltweit ausgedehnt werden mussten. Dies wiederum erforderte einen erhçhten Koordinationsaufwand fr alle Planungs- und Reportingprozesse. Parallel zur Vergrçßerung des Konzerns wurde ein Management-ReportingSystem eingefhrt, mit dem neben den externen Abschlssen die der internen Organisation entsprechenden produktbezogenen Informationen bereitgestellt werden konnten. Da es bei der Heidelberger Druckmaschinen AG keine „Tradition“ eines entsprechenden Konzern-Reporting-Systems gab, dauerte es einige Jahre, bis ein standardisiertes Berichtswesen mit entsprechend zuverlssigen Informationen bereitstand. Fr die einheitliche Gestaltung der Prozesse und Inhalte rund um Planung und Berichtswesen entstanden Richtlinien und Handbcher, fr die das zentrale Controlling die Federfhrung und Verantwortung besaß.
Steigende Unternehmenskomplexitt
Um diese erhçhte Komplexitt im Controlling beherrschbar zu halten, wurde das so genannte Drei-Sulen-Konzept (vgl. Abb. 3) eingefhrt, in dem eine Aufteilung der Controlling-Aufgaben vorgenommen wurde in:
DreiSulen-Konzept
e First Level Controlling (dezentrales, operatives Controlling), e Second Level Controlling (zentrales Beteiligungs-Controlling), e Controlling Services (internes Rechnungswesen, Schnittstelle IT-Controlling). Wie zu erwarten stieg mit dieser Dreiteilung die Anzahl an Controllern, die sich mit den Belangen der einzelnen Einheiten befassten. Mit dem Drei-Sulen-Konzept wurde allerdings eine Organisationsform gefunden, mit der die Vielfalt und Heterogenitt der Anforderungen zufrieden stellend erfllt werden konnten. Mit dem Bçrsengang der Heidelberger Druckmaschinen AG in 1997 bekam das Aufgaben-Portfolio der Controller zwei weitere Dimensionen: Quartale und Forecasts. Mit der Aufnahme der Heidelberger Druckmaschinen AG in den M-Dax nahm die Bedeutung der quartalsweisen Forecasts erheblich zu. Whrend Prognoserechnun195
Geschftsorientiertes Controlling Seite 196
gen bis dahin bei Bedarf erstellt wurden, war nun eine regelmßige Vorausschau erforderlich, die mit ausreichender Gte die wesentlichen Eckzahlen der Heidelberg-Gruppe prognostizieren konnte. Auch dazu mussten neue Prozesse definiert, neue Werkzeuge und teilweise auch neue Methoden erarbeitet werden. Im Unterschied zur Planung kam es beim Forecast von Anfang an stets mehr auf Schnelligkeit und Gte als auf die Detaillierung an. Auch hier wird die Wandlung zum unternehmerischen Controller deutlich.
Organisatorische Einbindung während der Business-Unit-Phase Vorstand (funktionale Verantwortung und/oder Bereichsverantwortung)
Business Unit
Sales & Service Unit
Entwicklung
Vertrieb
Produktion
Techn. Service
Produktmgmt.
Finanzen
Controlling
Accounting
IT
HR
…
Corporate Controlling
Controlling Services
Second Level Controlling
Controlling Service
Accounting Controlling
Personal
First Level Controlling
First Level Controlling
Abb. 3: Controlling in der Business-Unit-Organisation
Einfluss des externen Rechnungswesens
196
Mit dem Forecasting, dem verstrkten Fokus auf die Quartalsergebnisse und schließlich der Umstellung der Konzernrechnungslegung auf IAS im Jahre 2000 zogen in die Welt der Controller nebenbei mehr und mehr Aspekte des externen Rechnungswesens mit ein. Die Kostenrechnung des internen Rechnungswesens wurde im Jahr 2001 auf eine IAS-nahe Bewertung umgestellt. Ein Beweggrund war die Tatsache, dass die IAS-Bewertungsanstze nher an den Controlling-relevanten Anstzen lagen als die Vorschriften des HGB. Dadurch konnte weitgehend auf die bis dahin notwendigen berleitungsrechnungen verzichtet werden und die Kluft zwischen den
Geschftsorientiertes Controlling Seite 197
Daten aus Controlling und Accounting/externem Rechnungswesen wurde verkleinert.8 Gegen Ende der Business-Unit-Phase waren die Controller in verschiedener Hinsicht mehr unternehmerisch gefordert. Strkere Prozessorientierung und der Fokus auf Prognosen und Forecasts sind sicherlich die beiden wesentlichen Aspekte, die zu dieser insgesamt als positiv zu bewertenden Vernderung beitrugen. Ein bedeutender Nachteil dieser breit angelegten Controlling-Organisation – die aufwndigere Prozessbetreuung, erhçhter Koordinationsaufwand und damit hçhere Controlling-Kapazitten – war letztendlich ausschlaggebend fr die Abschaffung dieser Organisation. Doch auch diese Entscheidung war eingebettet in eine weitere grundlegende Vernderung des gesamten Unternehmens.
5
Restrukturierung – Effizienzsteigerung auch im Controlling
Mit der einsetzenden konjunkturellen Abschwchung im Herbst 2001 ging die viele Jahre dauernde Boomphase in der PrintMedien-Industrie zu Ende. Bereits nach kurzer Zeit wurde deutlich, dass diese Krise nicht allein mit dem Einfrieren von Budgets und einem kurzfristigen Cost-Cutting bewltigt werden konnte – zu massiv waren die Einbrche bei Umsatz und Ertrag. Maßnahmenplne zur schnell wirksamen, aber auch nachhaltigen Verbesserung der Kostenstrukturen waren stark gefragt. Das Controlling konnte hierzu einen wichtigen Beitrag leisten, indem die Optimierungsideen zentral gesammelt, bewertet und priorisiert wurden. Die wichtigste Aufgabe fr die erfolgreiche Restrukturierung sollte allerdings die konsequente Verfolgung der Zielerreichung aller Strukturverbesserungsprojekte werden.9 Die Projekte setzten an den Punkten an, mit denen eine Verbesserung der Rentabilitt erreicht werden konnte: Bereinigung des Produktportfolios, Verbesserung der Margen, Reduzierung der Strukturkosten (Personalkosten, Prozessbereinigung, Synergien aus Umorganisation), Senkung des Working Capital. Das Controlling hatte jederzeit einen genauen berblick ber den Stand der einzelnen Projekte, den Zielerreichungsgrad, die geplanten und voraussichtlichen Verbesserungen wie Kostenreduzierung, Personalanpassung, Bestandsabbau und natrlich die notwendigen Einmalaufwnde zur Umsetzung. 8
9
Restrukturierung und ProjektControlling
Ein weiterer Aspekt ist die Aktivierung von Entwicklungsleistungen nach IAS 38, die auf Controlling-Informationen (Projekt-Controlling) aufbaut. Vgl. hierzu Meyer (2006).
197
Geschftsorientiertes Controlling Seite 198 Neuordnung der ControllingBereiche
Das Durchleuchten aller Unternehmensteile auf Effizienzpotenziale fhrte in der Konsequenz zur Trennung von zwei der vier Sparten10 und einem Umbau des Unternehmens „zurck zur funktionalen Organisation“. Fr die Controlling-Funktionen bedeutete dies vor allem Zentralisierung und Konzentration von Aufgaben. Dabei konnten durch Zentralisierung und Konzentration deutliche Effizienzsteigerungen von ca. 20 – 30 % erzielt werden (gemessen in Personalkapazitt). In der verkleinerten Organisation wurde das Beteiligungs-Controlling als eigene Controlling-Funktion aufgelçst und grçßtenteils den kaufmnnischen Leitern der Vertriebsregionen bertragen.11 Im zentralen Controlling verblieb lediglich die Funktion der bergreifenden Steuerung und Kontrolle der Regionen. Die vielen Business Units und Support Units wurden wieder in wenigen großen Produktionseinheiten zusammengefasst (vgl. Abb. 4). Die Funktionen der Business Unit Controller entfielen, ohne dass die ber die Jahre gelernten und gebten unternehmerischen Handlungsmuster (Prozessorientierung, Profitorientierung, „Blick frs Ganze“) verloren gingen. Diese blieben in der Funktion der Produktlinien-Controller als Elemente der neuen Controlling-Organisation erhalten.
Matrix Produktund FunktionsControlling
Auf das heutige Organisationsmodell des Controlling wurde eingangs bereits kurz eingegangen (vgl. Abb. 2). Kennzeichnend dafr ist die Matrixorganisation. Dabei ist eine Ebene der ControllingOrganisation an der Unternehmensstruktur ausgerichtet, so dass jeder Funktionsverantwortliche genau einen Ansprechpartner aus dem Controlling erhlt. Die zweite Ebene ist die des produktorientierten Controlling. Diese folgt dem Unternehmenssteuerungskonzept, das auf dem konsolidierten Ergebnis der einzelnen Produktlinien basiert. hnlich wie frher die Business Unit Controller sind die Produktlinien-Controller fr das Controlling einer Produktgruppe zustndig. Der wesentliche Unterschied liegt heute darin, dass die Produktlinien-Controller die gesamte Wertschçpfungskette im Konzern – von der Produktstrategie und -entwicklung bis zum After Sales Service – im Blick haben mssen. Der Produktlinien-Controller ist deshalb sowohl mit den kostenbeeinflussenden Faktoren aus den Fabriken vertraut wie auch mit aktuellen Marktentwicklungen „seiner“ Produktlinie. Die nçtigen ControllingWerkzeuge fr diese Querschnittsaufgabe sind inzwischen etabliert, so dass der Produktlinien-Controller auf die relevanten Informationen fr gruppenweite Analysen zurckgreifen kann.
10
11
198
Die Sparten Digital (digitale Drucksysteme) und Web (Rollenoffsetdruck, Zeitungsdruck) wurden verkauft. Die Vertriebsregionen umfassen jeweils mehrere Lndergesellschaften einer geografischen Region.
Geschftsorientiertes Controlling Seite 199
Organisatorische Einbindung nach der Restrukturierung Vorstandsvorsitz
Vorstand Finanzen (zentrales) Controlling ControllingGruppe ControllingVertrieb ControllingTechnik
Vorstand Vertrieb
Vorstand Technik
Accounting
Americas
Entwicklung
Tax
Europe
Produktion
Group Reporting
Asia Pacific
Einkauf
Shared Services
Vertrieb Service
Accounting Finanzen
ControllingProduktlinien
Controlling
Accounting Controlling
© Heidelberger Druckmaschinen AG • FCC, Thomas Topp • 19.01.2001 • page: 4
Abb. 4: Controlling in der funktionalen Organisation
Eine der direkt sichtbaren Auswirkungen der Durchgngigkeit durch die ganze Wertschçpfungskette ist die umfassende Einbindung der zentralen Controller in den kompletten Forecast- und Planungsprozess. Wo der Gesamtprozess bisher auf zwei Bereiche verteilt war (dezentrales und zentrales Controlling), liegen heute alle Aufgaben in einem einzigen Controlling-Team. Ein Großteil der ControllingMitarbeiter ist durchgngig von den ersten Absatzplanungsaktivitten bis zur Vorbereitung der Prsentation beim Aufsichtsrat involviert. Diese Konzentration von Aufgaben bringt natrlich einige Vorteile mit sich, die insbesondere in deutlich verbessertem Informationsfluss und der Vermeidung von Doppelarbeit liegen. Außerdem ist im Bedarfsfall ein schneller Zugriff auf viele Detailinformationen mçglich, was wiederum die Reaktionsgeschwindigkeit bei dringlichen Anfragen durch den Vorstand erhçht. Als weiterer positiver Nebeneffekt entsteht durch die Konzentration aller Aufgabengebiete in einem großen Team ein „Netzwerk des Wissens“ zum Verstndnis der Gesamtzusammenhnge im Unternehmen. Auf den ersten Blick scheint diese komprimierte Controlling-Organisation ausschließlich Vorteile zu besitzen, tatschlich
„Komprimierte“ ControllingOrganisation
199
Geschftsorientiertes Controlling Seite 200
finden sich aber auch einige Nachteile. So sind durch den Wegfall des Second Level Controlling eine Kontrollschleife und eine Plausibilittsprfung bei allen Planungs- und Reportingprozessen entfallen. Außerdem hat sich ein spezielles Controller-Profil herausgebildet, das den weiter gestiegenen Anforderungen an das Controlling und den Controller gerecht werden soll.
6 Steigende Anforderungen
Anforderungen an den Controller heute
Mit dem Wegfall der holdinghnlichen Strukturen wurde die Komplexitt des Gesamtunternehmens zwar reduziert, der Aufgaben- und Verantwortungsbereich des einzelnen Controllers in der verschlankten Controlling-Organisation stieg demgegenber aber deutlich. Zwei Grnde dafr sind besonders hervorzuheben: e die Konzentration fast aller Aufgaben in einer einzigen zentralen Organisation und e das Steuerungskonzept des Unternehmens, das durch die Ausrichtung am konsolidierten Ergebnis einzelner Produktlinien in der Konsequenz zu einer Matrixorganisation in dieser bereits hoch verdichteten Organisation fhrt. Quer durch smtliche Organisationseinheiten und entlang der gesamten Wertschçpfungskette muss der Produktlinien-Controller die relevanten Einflsse auf den Profit seiner Produkte kennen. Andersherum muss der Funktions-Controller aus seiner Sicht die Auswirkungen auf einzelne Produkte beurteilen kçnnen. Vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung wertorientierter Controlling-Anstze (ROCE, EVA) mssen aber beide die ganze Bandbreite in der Diskussion mit Bereichsleitern und Vorstnden beherrschen. Dazu muss der Controller zunchst die Geschftsprozesse im Unternehmen grundstzlich verstanden haben. Kennen muss er darber hinaus die Auswirkungen der Geschftsvorflle in GuV (GKV und UKV), Bilanz und Kapitalflussrechnung.
Ausgewogenes Controller-Profil
200
Durch die Vielfltigkeit der Unternehmensprozesse bedeutet dies in der Regel aber auch, dass neue Mitarbeiter im Controlling eine entsprechende interne Aufbau- oder Vorbereitungsphase durchlaufen mssen. Gute Erfahrungen wurden vor diesem Hintergrund mit der internen, langfristig orientierten Entwicklung von Berufseinsteigern ber mindestens zwei unterschiedliche Controlling-Funktionen hin zum geschftsorientierten Controller gemacht. Dieser Entwicklungsweg ist letztendlich eine Konsequenz aus der gestiegenen Bedeutung der Geschftsprozess-Kenntnisse fr die Controlling-Arbeit. Daneben
Geschftsorientiertes Controlling Seite 201
werden aber auch die persçnlichen und sozialen Kompetenzen des Controllers immer wichtiger. Beides zusammen spiegelt sich im modernen Controller-Profil wider, was Abb. 5 zeigt.
Hohe Anforderungen an den Controller Persönlichkeit
Fach-/Methodenwissen Finanz-Know-how Bilanz, GuV, Cashflow IAS-Kenntnisse Kostenrechnung Projekt-Controlling Systematische Arbeitsweise, gesamtheitliche, systemische Betrachtung Durchgehendes Prozesswissen Blick nach vorn! Handlungsempfehlungen geben
Ausgewogenes Controller-Profil: Fachwissen und Persönlichkeit
Sichere Kommunikation durch alle Hierarchien Überzeugendes Auftreten Vorausschauendes, unternehmerisches Denken und Handeln Transparente Darstellung komplexer Sachverhalte Offenheit Konfliktfähigkeit Flexibilität bzgl. Einsatzgebiet, Aufgabenschwerpunkt, Teams
Abb. 5: Anforderungen an den heutigen Controller
7
Eckpfeiler der ControllingOrganisation bei der Heidelberger Druckmaschinen AG
Zusammenfassend lassen sich aus der Entwicklung der ControllingOrganisation bei der Heidelberger Druckmaschinen AG einige Kernstze formulieren:
Geschftsorientiertes Controlling
e Die Controlling-Organisation bei der Heidelberger Druckmaschinen AG ist wegen der geforderten Nhe zu den Geschftsprozessen entsprechend der Unternehmensorganisation und dem Steuerungskonzept ausgerichtet. e Die Business-Unit-Organisation trug wesentlich dazu bei, prozessorientierte und gesamtunternehmerische Denkweisen im Controlling zu verankern.
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Geschftsorientiertes Controlling Seite 202
e Zentrale Controlling-Strukturen tragen sprbar zu hçherer Effizienz der Controller-Arbeit bei. e Controlling bei der Heidelberger Druckmaschinen AG war und ist stets auf die Kernaufgaben Planung, Steuerung und Management Support ausgerichtet. Reporting ist nur ein Zwischenschritt zur aussagekrftigen Analyse. Partner des Managements
Die frheren Einschtzungen, nach denen sich der Controller durch seine Arbeit selbst berflssig machen kçnnte, weil er sein BusinessGegenber in die Lage versetzte, sich selbst zu steuern, kçnnen aus der Erfahrung bei der Heidelberger Druckmaschinen AG nur zum Teil besttigt werden. Durch „intelligentere“ Software wird sich vielleicht knftig jeder Manager die nçtige Transparenz ber seine Zahlen und Fakten selbst schaffen kçnnen. Die Rolle des Controllers allerdings verndert sich derzeit in Richtung eines Geschftsprozess-Profis, der ganzheitlich und bergreifend die verantwortlichen Manager im Unternehmen bei ihren Steuerungsaufgaben untersttzt. Auf der einen Seite konzentriert er sich dabei strker auf die Aspekte der Rentabilittssteigerung des Gesamtunternehmens. Als Partner der Geschftsverantwortlichen bernimmt er aber auch einen aktiven Part unter dem Blickwinkel der Wertsteigerung. Die fr solche Zwecke passende Organisationsform kann eigentlich nur ein Spiegelbild der Unternehmensorganisation, der Geschftsverantwortlichkeiten und der Steuerungsprozesse im Unternehmen sein. Vor diesem Hintergrund wird das Controlling auch in Zukunft den Vernderungen der Unternehmensorganisation folgen, um den knftigen Anforderungen gerecht zu bleiben.
8
Literaturhinweise
Binder, C.; Schffer, U. (2005): Controllinglehrsthle und ihre Inhaber – ein berblick, in: Weber, J.; Meyer, M. (Hrsg.): Internationalisierung des Controlling: Standortbestimmung und Optionen, Wiesbaden 2005, S. 11 – 28. Kilger, W. (1993): Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 10. Aufl., Mnchen 1993. Meyer, H. (2006): Wertsteigerung durch Neuausrichtung, in: Tçpfer, A.; Schweickart, N. (Hrsg.): Wertorientiertes Management, Berlin 2006, S. 649 – 658.
202
Controlling Information Center Seite 203
Das Controlling Information Center der UBS AG: Katalysator zwischen Accounting und Controlling n Im Rahmen einer berprfung der Effektivitt des Controlling innerhalb der Unternehmensgruppe Global Wealth Management and Business Banking der UBS (Global WM&BB), wird eine eigenstndige Einheit Reporting/Controlling Information Center (CIC) geschaffen. Diese positioniert sich an der Schnittstelle zwischen Accounting und Controlling. n Primres Ziel dieser globalen Funktion ist die Bereitstellung smtlicher Reportinginhalte zu Hnden der internen Kundschaft von Global WM&BB, bestehend aus Kundenberatern und Management der Geschftseinheiten (standardisierte Performance Reports) und den Controllern (Standardreports, Ad-hoc-Reports, Analyseinstrumente). n Der Controller konzentriert sich als Folge der Neudefinition der ReportingFunktion innerhalb der Wertschçpfungskette ausschließlich auf seine Rolle als Analyst und Berater der Senior Executives der Geschftseinheiten. In die Verantwortung von Reporting/CIC fallen Aktivitten wie Daten-Plausibilisierung, -Qualittskontrolle und -Bereitstellung, Bewirtschaftung von Datenrumen, Erstellung und Freigabe von automatisierten Reports auf einer globalen Basis und Support gegenber der global ttigen Vielfalt interner Kunden. Inhalt
Seite
1 1.1 1.2
Einleitung .................................................................................... Zielsetzung .................................................................................. UBS – Unternehmensportrt ......................................................
205 205 205
2 2.1 2.2
Controlling – Theorie und Praxis ............................................. Theoretische Grundlagen ............................................................ Das Controlling Global WM&BB ................................................
206 206 207
3 3.1 3.2 3.3
Controlling Information Center ................................................ Ausgangslage .............................................................................. Projekt und Umsetzung ............................................................... Aufbau, aktueller Status und Beurteilung ...................................
210 210 212 214
4
Ausblick .......................................................................................
217
5
Literaturhinweise .......................................................................
219
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Controlling Information Center Seite 204
n Die Autoren Meinrad Keller, Accounting UBS Global Wealth Management & Business Banking, Leiter Reporting/CIC Global WM&BB bei der UBS AG. Andreas Hsler, Accounting UBS Global Wealth Management & Business Banking, Business Analyst Reporting/CIC bei der UBS AG.
204
Controlling Information Center Seite 205
1 1.1
Einleitung Zielsetzung
Der vorliegende Artikel zeigt auf, mit welchem Ziel die Wertschçpfungskette Financial Control der Unternehmensgruppe UBS Global WM&BB in die drei Bereiche Accounting, Reporting/Controlling Information Center und Controlling aufgeteilt wurde. Er beschreibt den aktuellen Status des Controlling Information Center, beurteilt diesen und zeigt auf, welche Schritte fr eine weitere Strkung dieser Funktion notwendig sein werden. Basis des Artikels bildet die Darstellung des theoretischen Verstndnisses von Controlling innerhalb von UBS Global WM&BB.
1.2
UBS – Unternehmensportrt
UBS ist eines der global fhrenden Finanzinstitute fr anspruchsvolle Kundinnen und Kunden auf der ganzen Welt. UBS nutzt als integriertes Unternehmen die Ressourcen und das Know-how all ihrer Geschftseinheiten und schafft so Mehrwert fr ihre Kunden. UBS ist der fhrende globale Anbieter im Wealth-ManagementGeschft, gehçrt zu den wichtigsten Investmentbanken und Wertschriftenhusern und zhlt zu den weltweit grçßten Vermçgensverwaltern. Im Privat- und Firmenkundengeschft in der Schweiz ist UBS Marktfhrerin. UBS ist in 50 Lndern und an allen wichtigen Finanzpltzen der Welt mit Niederlassungen vertreten. Rund ein Drittel der ca. 75.000 Mitarbeiter sind in der Schweiz beschftigt, ein weiteres Drittel in den USA. Mit einer ber 140-jhrigen Tradition, einem umfassenden internationalen Netz, zu dem eines der grçßten Privatkundengeschfte der USA zhlt, und verwalteten Vermçgen von rund 1.900 Mrd. Franken ist UBS der fhrende globale Anbieter im Wealth-Management-Geschft. Eine umfassende Palette von Dienstleistungen ist auf die Bedrfnisse vermçgender Privatkunden zugeschnitten. Diese reicht von der Vermçgensverwaltung und Nachlassplanung ber Corporate Finance bis hin zu Art Banking.
Wealth Management
Weltweit gehçrt UBS zu den wichtigsten Investmentbanken und Wertschriftenhusern und nimmt im Geschft mit Firmen und institutionellen Kunden eine fhrende Stellung ein. Innovative Produkte, anerkanntes Research und Zugang zu den internationalen Kapitalmrkten ermçglichen erstklassige Beratungs- und Abwicklungsdienstleistungen.
Investmentbank
205
Controlling Information Center Seite 206 Asset Management
Mit einem breiten Angebot traditioneller wie auch alternativer Investment-Management-Lçsungen fr institutionelle und andere Kunden zhlt UBS zu den bestimmenden Marktteilnehmern. Im Schweizer Privat- und Firmenkundengeschft ist UBS die grçßte Bank. Sie betreut rund 2,6 Mio. Privatkunden, die ber 3 Mio. Konten, Hypotheken und andere Finanzprodukte nutzen. Umfassende Bank- und Wertschriftendienstleistungen werden fr etwa 136.500 Firmenkunden, institutionelle Anleger, çffentliche Kçrperschaften und Stiftungen sowie 3.000 Finanzinstitute erbracht. Mit einem Kreditportfolio von ber 140 Mrd. Franken nimmt UBS die fhrende Position im Schweizer Kredit- und Hypothekargeschft ein.
2
Controlling – Theorie und Praxis
2.1
Theoretische Grundlagen
In Bezug zur gngigen Literatur dienen die anschließenden berlegungen als Basis fr das Verstndnis des Begriffs „Controlling“ innerhalb von Global WM&BB. Controlling als Servicefunktion
Obwohl als wissenschaftliche Disziplin noch jung, unterscheiden sich die verschiedenen Konzeptionen wesentlich.1 Auch hinsichtlich der Kernaufgaben des Controlling sind die Auffassungen geteilt. Aus einer traditionellen Optik betrachtet, kommt dem Controlling eine Servicefunktion zu. Das Management soll bei der Planung, Steuerung, Kontrolle und Organisation untersttzt werden.2
Controller als Sparringspartner
Einen Schritt weiter geht Horvth in seinen berlegungen.3 Er definiert das Controlling als die Schnittmenge zwischen Managern und Controllern, als Prozess und Denkweise, entstehend aus einer intensiven Zusammenarbeit. Den Controller bezeichnet er als „Sparringspartner“ des Managers, der dafr sorgt, dass die erarbeiteten Ziele und Plne kontrollierbar sind, oder im Sinne von Anthony; Dearden: „Controlling includes all devices that insure that it goes where its leaders want it to go.“4 1
2 3 4
206
Einen berblick gibt z. B. Franz, der die Vielfalt der Konzepte erwhnt, gleichzeitig aber betont, dass sich die Inhalte all dieser Konzepte nicht allzu sehr unterscheiden. So finden sich bei den meisten Anstzen Themen wie der enge Zusammenhang mit der Management- bzw. Fhrungslehre, die Integration aus anderen Wissenschaftsgebieten wie der Wirtschaftsinformatik, der Entscheidungstheorie, der Principal-Agency-Theorie oder der Organisationstheorie wieder. Vgl. Franz (2004), S. 273 ff. Vgl. Spraul; Oeser (2004), S. 2. Vgl. Horvth (2003), S. 21 ff. Anthony; Dearden (1992), S. 3.
Controlling Information Center Seite 207
Meyers berlegungen basieren auf einem modernen ControllingVerstndnis.5 Historisch-buchhalterische Controller, deren Prioritten in der Dokumentation mçglichst detaillierter Daten liegen, entsprechen den heutigen Anforderungen nicht mehr. Der moderne Controller ist kein „Kontrolleur“ und schon gar kein „Sprhund“, sondern ein Berater des Managements mit einem ausgeprgten Servicedenken.6
2.2
Controller als interner Berater
Das Controlling Global WM&BB
UBS gliedert sich in drei Unternehmensgruppen und ein Corporate Center. Hinsichtlich der Aufbauorganisation sind die Unternehmensgruppen weitgehend autonom und unterscheiden sich zum Teil bezglich der Struktur und Aufgabenverteilung. Die folgenden Ausfhrungen beziehen sich ausschließlich auf den Bereich des Global WM&BB (vgl. Abb. 1).
UBS
Global Wealth Management & Business Banking
Investment Bank
Global Asset Management
Corporate Center
Abb. 1: Die UBS-Organisationsstruktur
5 6
Vgl. Meyer (1999), S. 23 ff. Auch Preissner spricht im Zusammenhang mit einer modernen ControllingKonzeption vom „Leitbild des Controllers als internem Berater“ (Preissner (2005), S. 15).
207
Controlling Information Center Seite 208 Controlling als Prozess
Fr die Funktionen strategische bzw. operative Planung sowie Kosten- und Ergebnisrechnung erkennt Peter Wuffli, damals Mitglied der Konzernleitung des Schweizerischen Bankvereins (SBV)7, bereits 1997 einen Handlungsbedarf hinsichtlich der Definition, Integration und Ausrichtung auf die Fhrungsprozesse.8 Im Hinblick auf eine ergebnisorientierte Fhrung entsteht ein integrierter Prozess, den Wuffli als Controlling bezeichnet. Die Kunden dieses Prozesses sind die ergebnisverantwortlichen Leiter der Organisationseinheiten, wobei die fachliche Fhrung des Controlling einer zentralen Einheit bertragen wird.
Institution Controlling
Diese Grundidee besteht noch heute. Das Controlling ist eines von vier Ressorts des Geschftsbereichs Chief Financial Officer (CFO).9 Seine Organisation spiegelt einerseits die funktionale Gliederung der gesamten Unternehmensgruppe wider und trgt andererseits der globalen Ausrichtung Rechnung, indem lokale und regionale Einheiten vor Ort wirken. Ferner bernehmen zentrale ControllingEinheiten Aufgaben, die insgesamt steuernd und koordinierend wirken und nicht in direktem Zusammenhang mit den Aktivitten eines spezifischen Geschftsbereichs stehen.
Controlling in der Zeit des Kostenbewusstseins
Die Zeit nach der Fusion der beiden Schweizer Großbanken Schweizerischer Bankverein und Schweizerische Bankgesellschaft 1998 lsst sich grob in zwei grundstzlich unterschiedliche Zeitrume einteilen. In der ersten Phase (1998-2003) liegt das Hauptaugenmerk auf der Verschmelzung und Integration der beiden ehemals eigenstndigen Großbanken. Das Aufspren und Ausnutzen von Synergiepotenzialen mit dem Ziel, die Betriebskosten auf ein wirtschaftlich vertretbares Niveau zu senken, bestimmt den Controller-Alltag. Mit der Gewissheit, eine solide Kostenbasis erreicht zu haben, werden die Geschftsziele neu definiert. Unternehmerisches Denken, verankert in allen Bereichen der Bank, soll zu organischem Wachstum fhren. Mit PACKING2GROW wird zu dieser Zeit ein Programm bezeichnet, das den Wandel innerhalb des Controlling widerspiegelt und das Aufgabengebiet der Controller neu definiert (vgl. Abb. 2).
7
8 9
208
Aus der Fusion Schweizerischer Bankverein (SBV) und Schweizerische Bankgesellschaft (SBG) resultiert 1998 die UBS. Vgl. Wuffli (1997), S. 62 ff. Die drei brigen Ressorts sind: Accounting, Credit Risk Control und Chief Risk Officer.
Controlling Information Center Seite 209
We stand for Growth. With the strategy map P2G, Controlling translates its vision 2010 "Truly Global – Any Time – Enriched" into action P Provide CL client experience
G Governance Standards to be ensured
A Above average performance; go the extra mile
R Reach out for Business Intelligence
C Consulting & Coaching style K Know your clients, your
products and the difference in management & leadership
Increase transparency & provide value adding insights Next Generation development N and talent attraction
2
O Outstanding Controlling Services to the benefit of our clients
I
G Go the pace-setter way P A C K
I
W We support development & deployment of the Global WM&BB growth strategy
N G 2 G R O W
What
How We make the equation work !
Abb. 2: PACKING2GROW: Die Ausrichtung des Controlling auf Wachstum10
Dieses neue Rollenverstndnis des Controlling verndert die an den Controller gestellten Anforderungen. Whrend sich die Controller nach der Fusion vor allem durch ihre Systematik und analytischen Fhigkeiten auszeichnen, sind im Hinblick auf die Wachstumsstrategie zustzliche Eigenschaften gefragt: „Entrepreneurial Spirit and Leadership“ in Ergnzung zu seinem bisherigen Profil fhren zu einer bereinstimmung mit dem Rollenverstndnis als interner Berater. Gleichzeitig werden die Controlling-Aufgaben kritisch hinterfragt und konsequent auf Wachstum ausgerichtet. Als einschneidende Maßnahme sei hier als Beispiel die Aufgabe des Budgetierungsprozesses erwhnt (vgl. Abb. 3).11
Anforderungen an den modernen Controller
Die erfolgreiche Umsetzung dieses vernderten Rollenverstndnisses des Controlling setzt zwingend aufbau- und ablauforganisatorische nderungen in beiden Ressorts Accounting und Controlling voraus.
10
11
Quelle: Prsentation von Andreas Reber, Leiter Controlling Global WM&BB anlsslich des European Guest Program, Thunderbird University, Zrich 2005. Vgl. Hssig (2004).
209
Controlling Information Center Seite 210
While our basic mandate remains unchanged, our day-to-day work requires a more consultative, cooperative approach Job Profile 1998 - 2003
Job Profile 2003 -
growthoriented
consultative partner-
oriented analytical systematic reliable inspiring 'time to process-oriented market' unbiased oriented intertechnical skills challenging national modeling cross-
analytical systematic reliable process-oriented unbiased technical skills challenging modeling
enabling
functional
communicative
opportunity thinker
Supporting the development towards these skills shall be the main focus Abb. 3: Anforderungsprofil Controller Global WM&BB ab 2003
3 3.1 Das Zielbild
Controlling Information Center Ausgangslage
Das Controlling Global WM&BB stellt sich im ersten Halbjahr 2001 selbst auf den Prfstand. Die Zielposition des Controlling ist bereits klar definiert: Es versteht sich als Berater und „Challenger“ der Geschftsverantwortlichen in Bezug auf aktuelle Ergebnisse sowie Chancen und Risiken. Der Erfolg des Controlling wird deshalb konsequenterweise am nachhaltigen Unternehmenserfolg gemessen. Die Frage ist, welche Vernderungsschritte im bestehenden Controlling notwendig sind, um diese Zielposition zu erreichen. Dazu setzt man sich mit den Grundfragen auseinander, die fr eine kundenorientierte Supportorganisation von zentraler Bedeutung sind: e Entsprechen Art und Qualitt der Controlling-Leistungen den Ansprchen der internen Kunden? e Werden im Controlling die richtigen Methoden, Instrumente und Techniken angewandt?
210
Controlling Information Center Seite 211
e Sind die Prozesse effizient, d. h., werden sie – insbesondere durch IT – ausreichend untersttzt? e Orientiert sich die Ressourcenallokation im Controlling am Kundennutzen der Produkte und Prozesse? e Ist die derzeitige Organisationsform des Controlling strategiekonform? Im Rahmen einer umfassenden Analyse der Ressourcenallokation werden ca. 230 Mitarbeiter aus Controlling-Einheiten des Privatund Firmenkundengeschfts sowie des Wealth Management befragt. Die ernchternde Erkenntnis ist, dass mit Datenaufbereitung und Sicherstellung der Datenverfgbarkeit und -qualitt 45 % der Gesamtkapazitt innerhalb des Controlling gebunden sind. Fr Analysettigkeiten und Beratung der Geschftseinheiten bleiben nur gut 35 %. Operativer Support, Bearbeitung von Rckfragen zu Reports, Anfragen nach Detaillierung etc. binden rund 15 % der Kapazitt.
Standortbestimmung des Controlling
Eine ebenfalls breit angelegte Kundenbefragung zeigt, dass die internen Kunden der Geschftseinheiten das Controlling noch viel ausgeprgter als insgesamt reaktiven Datenaufbereiter wahrnehmen. Befragt nach ihren Bedrfnissen, geben die Kunden an, dass sie eine Verdoppelung der Beratungskapazitten wnschen. Dies wiederum entspricht dem Selbstverstndnis des Controlling, das sich in der Position des internen Beraters sieht oder sich zumindest klar in diese Richtung entwickeln will (vgl. Abb. 4).
Kundenwahrnehmung
Kundenanforderung Kundenwahrnehmung Controlling IST-Erhebung
35%
13%
52%
60%
47%
18%
15%
Die Kunden wünschen sich eine Verdoppelung der Beratungsintensität 22%
38%
Differenz zwischen Fremd- und Selbstbild
Datenaufbereiter Allgemeiner Support Berater der Geschäftsbereiche
Abb. 4: Resultate der Umfragen zur Standortbestimmung des Controlling
211
Controlling Information Center Seite 212
3.2 Stoßrichtung
Projekt und Umsetzung
Aus den Erkenntnissen der Analyse leiten sich drei Stoßrichtungen fr die Weiterentwicklung des Controlling ab: 1. Process Redesign im Reportingprozess: Mit diesem Schritt soll der Ressourceneinsatz fr die Datenaufbereitung reduziert und die Datenqualitt zugleich verbessert werden. Basis dafr bilden die Implementierung von integrierten Accounting- und Reportingsystemen und die vollstndige Automatisierung aller Standard-Reportingprodukte. 2. Value added services – beyond traditional reporting: Die Weiterentwicklung der Controlling-Produkte muss entlang den aus der Unternehmensstrategie abgeleiteten Zielen mit Fokus auf der Messung der Performance der Geschftseinheiten erfolgen. Eine Weiterentwicklung des traditionellen Reporting in diesem Bereich erfolgt mit dem Ziel, den Entscheidungstrgern auf allen Stufen die gewnschten und auch bençtigten Informationen umfassend, rasch und mit einem ganzheitlichen Blick auf alle zur Verfgung stehenden Informationen (nicht nur solche aus den Accounting- und Controlling-Prozessen) in einfach lesbarer und transparenter Form zur Verfgung zu stellen. 3. Fokussierung: Daten-Plausibilisierung und -Aufbereitung, Bewirtschaftung von Data Marts (Data Management) hinsichtlich der Bereitstellung von Standard- und Ad-hoc-Reporting-Funktionalitten gehçren nicht mehr zum Aufgabenbereich des Controllers. Das Controlling konzentriert sich auf Analysettigkeiten und Beratung der Geschftsverantwortlichen; unternehmerisches Denken, Kommunikation und Konfliktfhigkeit prgen seinen Alltag.
Unterteilung der Wertschçpfungskette
Basierend auf diesen drei Leitlinien wird die konsequente Trennung der Wertschçpfungskette (vgl. Abb. 5) in die drei Bereiche Accounting, Reporting/CIC und Controlling entschieden und umgesetzt. Die neue Funktion Reporting/CIC wird organisatorisch dem Ressort Accounting unterstellt, positioniert sich zwischen Accounting und Controlling und stellt die Verbindung der dort angesiedelten Prozesse sicher. Die Neukonzeption des Geschftsmodells fhrte auch zu einer neuen Rollenbeschreibung der unterschiedlichen Funktionen die in Abb. 6 dargestellt wird.
212
Controlling Information Center Seite 213
REPORTER ACCOUNTANT & OPERATOR
CONTROLLER
CIC
Data
Data Data Sourcing Sourcing
Sourcing
Centralised
Centralised Accounting Accounting Logic Logic
Logic
Data Storage
Data Data Data Manage Manage Management ment ment
Business Business Business Analysis Analysis Analysis
Business
Business Business Consulting Consulting
Accountingprozess
Focus ♦ Analysis ♦ Consulting
Focus ♦ Efficiency ♦ Output
Accounting-Process Reporting-Process
Abb. 5: Die Wertschçpfungskette Accounting, Reporting/CIC, Controlling
Accountant
Der Accountant erstellt und berwacht das Finanzielle Rechnungswesen. Dieses ist strengen Vorschriften des Regulators unterworfen und duldet keine Fehler. Die Null-Fehler-Toleranz steht klar im Vordergrund und fhrt somit zu einer „no risk policy“. Die Accounting-Aufgaben erfordern absolute Korrektheit, hçchste Anforderungen an die persçnliche Integritt aller Mitarbeiter, Genauigkeit und Konsequenz.
Reporter
Der Reporter bildet das Bindeglied zwischen Accounting und Controlling. Er zeichnet verantwortlich fr den Betrieb der Reportingsysteme, die Plausibilisierung der darin enthaltenen Daten und die Aufbereitung derselben in StandardReports. Er entwickelt und betreibt fr die Unternehmensgruppe die einheitliche, abgestimmte und revisionsfhige Reportingumgebung und steht den internen Kunden aus Controlling und Frontbereichen fr Ad-hoc-Anfragen zur Verfgung. 213
Controlling Information Center Seite 214
Controller
Der Controller untersttzt den Manager und trgt zu dessen Erfolg bei. Die beiden stehen im stndigen Dialog, analysieren und interpretieren gemeinsam die Zahlen und leiten die nçtigen Schlsse ab. Die Controller-Aufgaben erfordern in erster Linie analytische und kommunikative Fhigkeiten.
Abb. 6: Rollen im neuen Geschftsmodell
3.3
Aufbau, aktueller Status und Beurteilung
Abgeleitet aus der Gesamtunternehmensstrategie und der Positionierung des CFO-Bereichs gibt sich das Reporting/CIC folgende Vision: Reporting stands for global, efficient, complete reconciled and timely reporting products, reflecting the essence of our client’s needs. Aufbau und Ziele CIC
Die substanzielle Verbesserung der Servicequalitt und die Optimierung des Ressourceneinsatzes werden mit einer wohldosierten Bndelung und Zentralisierung ausgewhlter Aufgaben in einem Controlling Information Center angestrebt. Der Aufbau des CIC im Jahr 2003 verfolgt die folgenden Ziele: e Qualittsverbesserung durch Definition von globalen ReportingStandards: Vereinheitlichung der Anzahl, Inhalte und Periodizitt der Reports in den verschiedenen Geschftseinheiten. e Schnellere Bereitstellung der Reports fr die aktuelle Geschftssteuerung und zentrale Supportstelle fr interne Kunden durch die Controlling Consulting Line. e Ausnutzen von Skaleneffekten: Reduktion des Aufwandes fr die Datenaufbereitung um rund 25 %. e Aufgabenverschiebung im Controlling: weg von Datenaufbereitung und -plausibilisierung hin zur Analyse und internem Consulting. e Wirksame Eindmmung der Produkt- und Prozess-Heterogenitt im Umfeld Accounting und Controlling. e Behutsamer Wissensaufbau von Controlling-Themen in den Geschftseinheiten durch gezielte Ausbildungsveranstaltungen und Trainingsdokumentationen.
214
Controlling Information Center Seite 215
e Effizienzsteigerung durch konsequente Kanalisierung der Anfragen interner Kunden in der Controlling Consulting Line und sukzessiven Wissensaufbau und einheitlichen Wissenstransfer. Aus diesen Zielen und der erfolgreichen Entwicklung ber die vergangenen vier Jahre wird der aktuelle Leistungsauftrag abgeleitet. Das CIC betreibt heute eine kundenorientierte Consulting Line, die allen Frontmitarbeitern (Kundenberater aller Geschftseinheiten), Business Controllern und sonstigen Empfngern von Fhrungsinformationen innerhalb der Unternehmensgruppe Global WM&BB Auskunft zu Systemen, Methoden und Instrumenten gibt. Key Account Manager innerhalb des CIC sind die kompetenten Ansprechpartner und Berater fr die Geschftsbereich-Controller aus den drei Frontbereichen Wealth Management International, Wealth Management Schweiz und Privat- und Firmenkunden in allen Accounting- und Reportingbelangen. Weiter konsolidiert das CIC die Ergebnisse der Plausibilisierung aller Daten durch die einzelnen Kompetenzzentren, die innerhalb des Ressorts Accounting angesiedelt sind, und informiert die Geschftsbereichs-Controller adquat. ber einen spezialisierten Kanal, die Einheit Ad-hoc-Reporting/Business Intelligence, stellt das CIC die Datenbereitstellung bei speziellen Anfragen der Business Area Controller fr weitergehende Analysebedrfnisse sicher. Diese Bereitstellung umfasst insbesondere „data other than financials“, die durch kontrollierten Zugriff auf mçglichst alle zur Verfgung stehenden Datenquellen in- und außerhalb der UBS sichergestellt werden. Die Fhrungsinstrumente von Accounting und Controlling und auch die Reportingtools auf Stufe Geschftsstelle, Team und Kundenberater werden ber eine eigene Einheit des CIC fachgefhrt. Dies beinhaltet auch Aufgaben wie Schulungen, Autorisierungen und Erstellen von Report-bersichten.
Leistungsauftrag CIC
Gemß Thierry Schaffltzel, Leiter Accounting Global WM&BB, prgen derzeit drei Trends die heutigen und zuknftigen Anforderungen an Accounting und Controlling innerhalb Global WM&BB: Das Wealth-Management-Geschft ist global, Informationen und der entsprechende Support mssen jederzeit zur Verfgung stehen und die angebotenen Informationen mssen umfassend und abschließend („enriched“) alles enthalten, was in einer gegebenen Situation als fhrungsrelevant betrachtet wird (vgl. Abb. 7).
Vision 2010: „Global, Anytime and Enriched“
215
Controlling Information Center
BHAG 2010
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Truly Global
♦ Global reconciled systems ♦ One global business model ♦ Mobility and flexibility
Any Time
♦ Any time availability of data ♦ Smart filtering of relevant data ♦ Swift delivery of reports
Enriched
♦ Enriched products & services ♦ Initializing, value adding and fully client-focused
Abb. 7: Vision 2010 des Accounting und Controlling Global WM&BB12
Reporting/CIC hat diese Trends umgesetzt und ist seit Herbst 2005 mit regionalen Hubs in Hongkong fr Asien und in Weehawken (New Jersey) fr Amerika prsent. Ein zustzliches Center in London verstrkt die europischen Aktivitten seit dem Sommer 2006. Mit dieser globalen Ausrichtung wird die Entlastung der regionalen und lokalen Controller durch die Zusammenfassung aller Reportingfunktionen in einer Hand entlang des erfolgreich in Zrich eingefhrten Modells sichergestellt. Darber hinaus ist die Speerspitze des CIC, die Controlling Consulting Line, seit der Hongkongund US-Einfhrung rund um die Uhr global prsent und bietet seine Dienstleistungen aus den jeweiligen Regionen und Zeitzonen fr alle Kundenberater der Unternehmensgruppe an. Anton Stadelmann beurteilt die Bedeutung der Reporting-/CICFunktion im Rahmen der Wachstumsstrategie der UBS wie folgt: „Das CIC ist [...] in der Rolle des Enablers. Die zur Verfgung gestellten Standard- und Ad-hoc-Reports dienen in den CoachingGesprchen der Linienverantwortlichen mit ihren Teams als Grundlage fr „Best Practice“, auf deren Basis Strken und Schwchen des Teams und der einzelnen Mitglieder diskutiert und Maßnahmen 12
216
Quelle: Prsentation von Thierry Schaffltzel, Head Accounting Global WM&BB anlsslich von Business Object INSIGHT Europe 2006, Cannes 2006.
Controlling Information Center Seite 217
definiert werden kçnnen. Weiter ist es gelungen, mit dem CIC und seiner Controlling Consulting Line eine Supportfunktion zu etablieren, welche jeden Monat Hunderte von Anfragen erledigt, damit direkten Nutzen stiftet und große Wertschtzung von Seiten der Kundenberater erfhrt. Als dritten Beitrag sehe ich die Tatsache, dass sich die Controller durch Entlastung von Standardttigkeiten vollumfnglich ihren Kernaufgaben widmen kçnnen. Und diese sind: Analyse der Geschftsentwicklung und darauf basierend partnerschaftliche Beratung der Geschftsverantwortlichen und Steuerungsimpulse. [...] Wir haben mit dem CIC Neuland betreten, auch innerhalb der Finanzindustrie. Und doch: Die klare und eigenstndige Positionierung der Reporting- und CIC-Funktionen innerhalb der Value Chain Accounting/Reporting/Controlling hat Werte geschaffen, das belegt auch die ausgezeichnete Zufriedenheit der Kunden dieser Einheiten.“13
4
Ausblick
Vor dem Hintergrund der Vision 2010 von Accounting und Controlling Global WM&BB „Truly Global, Anytime and Enriched“ sieht die globale Funktion Reporting/CIC weitere Einflussfaktoren: e Standardisierung: Globale Anforderungen an eine mçglichst einheitliche Umsetzung des Wealth-Management-Geschfts, basierend auf einem einheitlichen und wiedererkennbaren Kundenerlebnis, verlangen nach einer weitgehenden Standardisierung der Service-Erstellung der Supporteinheiten. Eine global zunehmend einheitliche Accounting- und Reportingplattform vermindert Risiken und bewirkt einen erheblichen Skalierungseffekt durch die Vermeidung regionaler und lokaler Heterogenitt. Das in der Schweiz seit 2004 betriebene Accounting- und Reportingsystem GEAR (Global Environment for Accounting and Reporting) wird zurzeit in Deutschland implementiert und ab 2008 ebenfalls das Wealth-Management-Geschft in den USA abbilden. Weitere internationale Standorte folgen anschließend und tragen ihrerseits zur zunehmenden globalen Homogenitt bei. e Business Intelligence: Der Trend verstrkt sich, smtliche fhrungsrelevanten Informationen aus einer Hand und abschließend bereitzuhalten. Im Bereich Datensourcing und -bereitstellung wird dies zu einer Verschmelzung von Data Marts
13
Keller; Krugmann (2006), S. 238.
217
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fhren (z. B. Sales, Finance, HR oder auch Marketing). Im Bereich Darreichung und End-User Reporting verstrkt sich der Ruf nach Reporting-Tool-Anwendungen, welche im Bereich Performance, Anwenderfreundlichkeit und Visualisierung alle Anforderungen abdecken. e Datenqualitt: Die Akzeptanz der Reportingprodukte beginnt mit der Frage nach der Datenqualitt. Je transparenter, umfassender und „glserner“ ein Reporting wird, desto strker wird der Ruf nach absoluter Datenqualitt. Kompromisse in diesem Bereich kann sich eine Reportingfunktion nicht erlauben. Entsprechend ist die notwendige Kraft in Form von Skills und Ressourcen diesen, mit der Produktion beschftigten, Betriebsfunktionen zuzuordnen. e Globalisierung: Welche Reportinganforderungen sind zentral aufzusetzen, welche Freiheiten im Bereich MIS sollen einer Region zugestanden werden und in welchem Fall drngen sich auch lokal unterschiedliche Lçsungen auf? e Wealth Management USA: Mit der Integration des amerikanischen Geschfts hat sich die Unternehmensgruppe Global WM&BB ein unterschiedliches Business-Modell entlang einem Broker/Dealer-Ansatz eingegliedert. Parallel zur schrittweisen Entwicklung eines homogenen Modells werden sich auch die Reportingprodukte angleichen. Fr die Reportingfunktion geht es also hier um die rasche Adaptierung der globalen Reportinganforderungen und -instrumente. e „Talent Transfer/Leadership“: Das CFO-Geschftsmodell innerhalb Global WM&BB stellt hohe Anforderungen an die Mitarbeiter. Der traditionelle Accountant, Reporter oder Controller ist zum Mitspieler und Partner in einem globalen Unternehmen geworden. Leadership, Kommunikation und der entsprechende Impact, geografische und organisatorische Flexibilitt und auch interdisziplinres Denken – „Generalistentum“ – sind Eigenschaften, die in diesem Rollenmodell zentral geworden sind. Sprachkenntnisse mit Englisch als „zweiter Muttersprache“ sind als Anforderung so bedeutsam, dass sie bei den Mitarbeitern vorausgesetzt werden.
218
Controlling Information Center Seite 219
5
Literaturhinweise
Anthony, R. N.; Dearden, J. (1992): Management Control Systems, Homewood 1992. Franz, K.-P. (2004): Die Ergebniszielorientierung des Controlling als Untersttzungsfunktion, in: Scherm, E.; Pietsch, G. (Hrsg.): Controlling, Theorie und Konzeptionen, Mnchen 2004, S. 271 – 288. Hssig, L. (2004): Eine heilige Kuh wird bei der UBS geschlachtet, in: Cash vom 30.9.2004. Horvth, P. (2003): Controlling, 9. Aufl., Mnchen 2003. Keller, M.; Krugmann, B. (2006): Controlling Information Center – Beyond Traditional Reporting by UBS, in: Horvth & Partners (Hrsg.): Performance Management in der Praxis, Zrich 2006, S. 217 – 240. Meyer, C. (1999): Strategie-Controlling, aktueller denn je?, in: Fickert, R.; Meyer, C. (Hrsg.): Strategie-Controlling, Bern 1999, S. 11 – 40. Preissner, A. (2005): Praxiswissen Controlling, Mnchen 2005. Spraul, A.; Oeser, J. (2004): Controlling, Stuttgart 2004. Wuffli, P. (1997): Paradigmawechsel bei der Ergebnissteuerung von Banken, in: Fickert, R.; Meyer, C. (Hrsg.): Moderne Anstze in Rechungslegung und Controlling, Bern 1997, S. 57 – 68.
219
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220
Konzern-Controlling im Mittelstand Seite 221
Aufbau eines mittelstndischen Konzern-Controlling – das Beispiel der Gebr. Becker GmbH n Der gezielte Ausbau des Konzern-Controlling ist Resultat der steigenden Bedeutung der auslndischen Tochtergesellschaften. Dem Informations- und Steuerungsbedarf folgend wurde hierfr ein separater Bereich aufgebaut und der gesamte Bereich Rechnungswesen dabei neu organisiert. n Kernziel hierbei ist ein an der Grçße des Unternehmens und dem Informationsbedarf der Entscheidungstrger orientiertes Konzept, welches schrittweise in der Organisation verankert wurde. Bestehende Verantwortlichkeiten wurden dabei weitestgehend integriert, um Widerstnde und Misstrauen gegenber einer neuen „Kontrollinstanz“ zu minimieren. n Fr eine langfristig effiziente Implementation eines Konzern-Controlling wurde zunchst in die formale und materielle Einheitlichkeit der Konzerndaten und in eine fr alle Tochtergesellschaften einheitliche Software investiert. n Das Konzern-Controlling arbeitet als Berater fr die Controller in den auslndischen Tochtergesellschaften. Die Datenaufbereitung erfolgt dezentral vor Ort, die Analyse und Auswertung zentral bei der Konzernmutter. n Das Konzern-Controlling baut ein konzernweites Management-Informations-System auf und liefert Informationen fr strategische Entscheidungstrger in verschiedensten Konzernbereichen. Mit strkerer faktischer Einbindung des Konzern-Controlling in die Unternehmensprozesse steigt auch die Qualitt der Analysen und Informationen. Inhalt 1 1.1 1.2 1.3 2 2.1
Seite Gebr. Becker GmbH – Entwicklungsphasen eines mittelstndischen Familienkonzerns ........................................ Kurzportrait des Unternehmens .................................................. Entwicklungsphasen vom Einzelunternehmen zum Mittelstandskonzern ................................................................... Fhrungskonzeption der Gruppe – Rahmenbedingungen fr die Controlling-Organisation ............................................................ Die Konzernebene im Fokus – Konsolidierung als Ausgangspunkt organisatorischer Vernderungen im Controlling .................................................................................. Status quo des Controlling im Stammhaus ................................
223 223 223 224
225 225
221
Konzern-Controlling im Mittelstand Seite 222 2.2 2.3 3
Strategiefokus Konzern – Konsolidierung als Ausgangspunkt organisatorischer Vernderungen im Controlling ....................... Zielfokus: Aufbau eines mittelstandsadjustierten Konzern-Controlling ....................................................................
228 229
3.1 3.2 3.3 3.4 3.5
Aufbau eines mittelstndisch geprgten Konzern-Controlling – Projektphasen ............................................................................ 230 Phase 1: Konzeption .................................................................... 230 Phase 2: Auswahl geeigneter Softwareuntersttzung ............... 232 Phase 3: Kommunikation mit den Tochtergesellschaften ........... 233 Phase 4: Implementation ............................................................. 234 Parallelprozess: Aufbau der Abteilung Konzern-Controlling ...... 235
4
Erfolgsfaktoren im Projektverlauf und Ausblick .....................
236
n Die Autorin Dr. Dorothee Becker-Soest, Gesellschafterin und Leiterin Finanzen bei der Gebr. Becker GmbH.
222
Konzern-Controlling im Mittelstand Seite 223
1
1.1
Gebr. Becker GmbH – Entwicklungsphasen eines mittelstndischen Familienkonzerns Kurzportrait des Unternehmens
Die Firma Gebr. Becker GmbH wurde im Jahr 1885 durch die Brder Otto und Robert Becker in Barmen (heute: Wuppertal) als allgemeine Maschinenschlosserei gegrndet. Heute, in der vierten Generation im Familienbesitz, gehçrt sie zu den weltweit fhrenden Anbietern von Vakuum- und Druckluftaggregaten und -systemen. Von zwei Produktionsstandorten in Deutschland und ber 13 Tochtergesellschaften weltweit werden OEM, Hndler und Endkunden weltweit beliefert und ein Konzernumsatz von ca. 110 Mio. EUR generiert. Entsprechend der Vielfalt an Absatzmrkten – beispielsweise Druck und Papier, Elektronikindustrie, Holzbearbeitung, Lasertechnik oder Medizintechnik – werden jhrlich ca. 100.000 Aggregate in hoher Variantenvielfalt gefertigt. Die Produktion erfolgt in Produktionsinseln, die als Profit-Center gefhrt werden und die von der Disposition ber die Fertigung und Qualittsprfung bis zum Versand fertiger Gerte autonom den Wertschçpfungsprozess abbilden. Die Fertigung erfolgt nach Maßgabe vorliegender Kundenauftrge als Kundeneinzelfertigung in kleinen Losgrçßen, um Lagerhaltungskosten zu reduzieren. Flexible Arbeitszeiten, variable Flexzeitkonten sowie ein hauseigenes Entgeltsystem ermçglichen flexible Anpassungen und schnelle Reaktionen bei vernderten Marktsituationen.
1.2
Traditionsreiches Familienunternehmen
Entwicklungsphasen vom Einzelunternehmen zum Mittelstandskonzern
Die Grnder der Gebr. Becker GmbH boten auf dem regionalen Markt des Bergischen Landes, der im ausgehenden 19. Jahrhundert insbesondere durch die Textilindustrie geprgt war, diverse allgemeine Maschinenbau- und Schlossereileistungen an. In der Folgegeneration schlte sich in den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts mit der Spezialisierung auf Vakuum- und Druckluftpumpen die heutige Kernausrichtung des Unternehmens heraus. Nach Demontage und Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg war es, beginnend in den sechziger Jahren, das Ziel, das Kerngeschft des Unternehmens technisch zu konsolidieren, die Marktposition gegenber Wettbewerbern auszubauen und weitere
Spezialisierung
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Absatzmrkte zu erschließen. Der Aufbau eines zweiten Produktionsstandortes in Apolda/Thringen sowie die Grndung von 13 Tochtergesellschaften in Europa, Amerika und Asien, die fr Vertrieb und Service der Aggregate verantwortlich sind, sind gegenwrtiges Ergebnis dieser Phase. Rund 60 % des Umsatzes werden durch die Tochtergesellschaften im Ausland generiert, ca. ein Drittel der Mitarbeiter weltweit ist in den Tochtergesellschaften beschftigt. Internationalisierung
Whrend die Vertriebsorganisation in den letzten Jahrzehnten systematisch dem Trend der Internationalisierung folgte, steht als Kernaufgabe der Gegenwart die Internationalisierung der weiteren Zentralbereiche – genannt seien hier besonders Strategischer Einkauf, Rechnungswesen und Controlling – sowie der Aufbau einer grçßenangepassten zentralen Konzernadministration an. Da diese Bereiche im Mittelstand bekanntlich personell mit sehr knappen Ressourcen ausgestattet sind, stehen Effizienz und ein der Unternehmensgrçße und -philosophie angepasstes Konzept hierbei im Vordergrund.
1.3
Zentrales Fhrungskonzept
Fhrungskonzeption der Gruppe – Rahmenbedingungen fr die Controlling-Organisation
Dem organischen Wachstum der Gruppe und der Aufgabenteilung zwischen Stammhaus und Tochtergesellschaften folgend liegt der Unternehmensgruppe ein zentrales Fhrungskonzept zugrunde. In der Literatur wird ein solcher Konzernaufbau idealtypisch als Stammhauskonzern bezeichnet. Das Stammhaus, die Gebr. Becker GmbH, bernimmt im Konzernverbund die fhrende Rolle. Allein ihr obliegen Entwicklung und Produktion, der Strategieprozess, die Unternehmensplanung sowie die Kontrolle aller Konzerngesellschaften und des Konzernverbundes. Die Tochtergesellschaften, die in Grçße und Aufbau je nach Land durchaus variieren, verfolgen alle den identischen Unternehmenszweck des Vertriebs und Service von – in der Regel ausschließlich – konzerneigenen Produkten. Die wesentlichen Schritte zu Markterschließung und -bearbeitung in den Tochtergesellschaften werden regelmßig und systematisch durch das Mutterhaus nach Maßgabe einer in einem Bottom-uptop-down-Prozess gemeinsam im Konzernverbund erarbeiteten Konzernstrategie begleitet. Aus der Konzernstrategie ergeben sich je Tochtergesellschaft markt- und renditebezogene Zielvorgaben in einer Fnfjahresperspektive, die jhrlich einem Revisionsprozess unterzogen werden. Die Beitrge der einzelnen Unternehmen zu
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Konzern-Controlling im Mittelstand Seite 225
Konzernwachstum und -erfolg werden durch das zentrale KonzernControlling monatlich sowohl auf einzelbetrieblicher Ebene berprft wie auch halbjhrlich konsolidierten Analysen unterzogen. Eine wesentliche Herausforderung der Konzernsteuerung liegt fr die Gebr. Becker GmbH in der Optimierung der Eingriffsintensitt. Die Tochtergesellschaften werden von den jeweiligen Geschftsfhrern operativ vollkommen autonom und unter eigener Umsatzund Ergebnisverantwortung gefhrt. Die Umsatz- und Ergebnisziele sind jedoch Resultat eines engen Abstimmungsprozesses zwischen Stammhaus und Tochtergesellschaften. Dabei kçnnen die strategischen Zielvorgaben der Gruppe unter Umstnden auch im Gegensatz zur jeweiligen einzelbetrieblichen Markt- und Wettbewerbssituation der Tochtergesellschaft stehen, welche dann den strategischen Gruppeninteressen untergeordnet werden mssen. Eine bessere Verfgbarkeit von Sachinformationen durch das Controlling kann dabei die Diskussion deutlich verkrzen.
Optimierung der Eingriffsintensitt
Grundlegend fr die Lçsung solcher einzelbetrieblichen Interessenskonflikte ist der Erhalt eines gewissen Krftegleichgewichtes in der Gruppe sowie der unternehmerischen Initiative der einzelnen Tochtergesellschaften. Diese zwei Punkte sind in einem gewachsenen Mittelstandskonzern essenziell, um mit den gegebenen knappen Ressourcen mçglichst effizient zu maximalem Markterfolg zu gelangen und den administrativen Overhead zu begrenzen.
2
2.1
Die Konzernebene im Fokus – Konsolidierung als Ausgangspunkt organisatorischer Vernderungen im Controlling Status quo des Controlling im Stammhaus
Das Selbstverstndnis des Controlling bei der Gebr. Becker GmbH ist das einer Dienstleistungs- und Beratungsabteilung, die in erster Linie den Fhrungskrften des Unternehmens als Diskussionspartner und Berater in Entscheidungssituationen zur Verfgung steht. Zum anderen ist das Controlling die zentrale Informationsinstanz der Fhrungsebenen, insbesondere der Geschftsleitung, die das intranetbasierte Management-Informations-System pflegt und Gesprchsrunden dazu fhrt. Die Position eines „Kontrolleurs“ steht nur selten im Vordergrund, insbesondere wenn es um Fragen der Budgetplanung und -kontrolle geht.
Selbstverstndnis des Controlling
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Konzern-Controlling im Mittelstand Seite 226
Zum gegenwrtigen Zeitpunkt ist der kaufmnnischen Geschftsfhrung des Unternehmens der Leiter Rechnungswesen unterstellt. Dieser ist verantwortlich fr die Bereiche „Externes Rechnungswesen“, „Controlling“ sowie „Konzernrechnungswesen und -controlling“. Das (Bereichs-)Controlling – in Abgrenzung zum Konzern-Controlling – im Stammhaus der Gebr. Becker GmbH ist dezentral organisiert und teils nach funktionalen, teils nach divisionalen Gesichtspunkten aufgebaut. Eine dritte Sule bildet das ProjektControlling.
Geschäftsführung
13
5
9
Tochtergesellschaften
Produkt io n s inseln
Zentralabteilung en
Abb. 1: Organisationsaufbau vor Einfhrung des Konzern-Controlling
Abbildung 1 zeigt den Organisationsaufbau des Unternehmens vor Einfhrung des Konzern-Controlling. Abgebildet sind die neun Zentralabteilungen des Unternehmens, die jeweils einen Abteilungsleiter haben, die fnf Produktionsinseln sowie die 13 Tochtergesellschaften, die ber ihre Geschftsfhrung mittelbar an die Konzernleitung angebunden sind. Controlling und Finanzbuchhaltung waren zu diesem Zeitpunkt noch unabhngige Abteilungen und ber ihre Leitung direkt der Geschftsfhrung unterstellt. Der schrittweise Umbau wird dann im Folgenden erlutert.
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Konzern-Controlling im Mittelstand Seite 227
Das Controlling der Abteilungen Einkauf und Vertrieb des Stammhauses ist in dem Maße dezentral organisiert, als die Datenerfassung ber das zentrale SAP-System in den betroffenen Abteilungen erfolgt. Die Daten werden automatisch in vorprogrammierte Auswertungen, in der Regel außerhalb von SAP, berfhrt und Reports erzeugt. Auf monatlicher Ebene sind dabei insbesondere rollierende Einkaufspreisstatistiken, Umsatzauswertungen nach regionalen, branchenbezogenen und kundenbezogenen Kriterien sowie analoge Deckungsbeitragsauswertungen zu nennen. Die Auswertungen werden vom zentralen Controlling auf Plausibilitt berprft, um anschließend fr ein monatliches ManagementInformations-System aufbereitet zu werden.
Einkaufs- und VertriebsControlling
Das Produktions-Controlling ist seit Einfhrung der Inselfertigung im Jahr 2000 divisional organisiert. Jede der insgesamt fnf Fertigungsinseln verfgt ber eine eigene Profit-Center-Rechnung, in der sich sowohl die mengen-, als auch die preisbezogenen Schwankungen der produzierten Aggregate auf den Absatzmrkten niederschlagen.
ProduktionsControlling
Das F+E-Controlling erfolgt seit Einfhrung des Projektmanagements im Jahre 1999 im Rahmen eines Projekt-Controlling. Fr F+E-Projekte werden bei der Gebr. Becker GmbH Projektleiter und Projektmitarbeiter fr die Dauer eines Projektes ernannt, die dann parallel zu ihrer Linienfunktion projektbezogen ttig sind und eine Parallelhierarchie zur Linienorganisation bilden. Das Controlling ist dabei systematisch in die Projektarbeit einbezogen und fungiert als Berater und Coach fr den Projektleiter sowie als Informationslieferant fr den Projektsteuerungsausschuss.
F+E-Controlling
Organisatorisch ist allen Controlling-Bereichen gemeinsam, dass das Zentral-Controlling, in dem die Daten berprft und zu Managementberichten zusammengefasst werden, der kaufmnnischen Geschftsfhrung unterstellt ist. Die Datenerfassung und automatisierte Berichterstellung dagegen erfolgen zunchst in den betreffenden Abteilungen durch Mitarbeiter, die hierarchisch dem jeweiligen Abteilungsleiter unterstellt sind und fachlich in erster Linie Sachbearbeiter des jeweiligen Bereiches und nur in zweiter Linie „Controller“ sind. Dies hat den Vorteil, dass sofort eventuelle Abweichungen und Unstimmigkeiten erkannt werden kçnnen. Der zustndige Mitarbeiter erkennt, ob bestimmte Trendverlufe tatschlich das Geschehen in seiner Abteilung widerspiegeln oder Unstimmigkeiten in der Datengrundlage vorliegen. Durch den stndigen Kontakt zum Zentral-Controlling ist ferner ein enger Informationsfluss zwischen den Abteilungen und dem Controlling gewhrleistet.
ZentralControlling
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Konzern-Controlling im Mittelstand Seite 228
Die gemeinsame Unterstellung von in- und externem Rechnungswesen und Konzernrechnungswesen unter einen gemeinsamen Leiter Rechnungswesen sichert ferner die – manchmal qua Funktion nicht zwangslufige – Kooperation und Koordination zwischen den Bereichen des in- und externen Rechnungswesens. Internes Informationssystem
Neben den genannten Aufgaben der Kontrolle und Koordination des dezentralen Bereichs-Controlling – einer ersten Form der Informationserfassung und -auswertung – liegt eine weitere Aufgabe in der bedarfs- und problemorientierten Pflege des internen Informationssystems. Hauptaufgabe dabei ist es, regelmßig den tatschlichen Informationsbedarf der unterschiedlichen Empfnger auszuloten. Es soll kein Maximum an Informationen erzeugt werden, sondern ein an den Bedrfnissen orientiertes Optimum, welches dann auch von den Informationsempfngern aktiv genutzt wird. Als letzter großer Aufgabenblock ist die Untersttzung des Controlling bei der strategischen und operativen Planung zu sehen. Whrend die strategische Planung bei der Gebr. Becker GmbH ber einen Top-down-bottom-up-Prozess im Konzern, basierend auf qualitativen und quantitativen Kennzahlen, verluft, wird die operative Planung ber einen Budgetierungsansatz auf einzelbetrieblicher Ebene, Kostenstellenebene sowie Projektebene realisiert.
2.2
Bedeutungsgewinn der Konzernsicht
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Strategiefokus Konzern – Konsolidierung als Ausgangspunkt organisatorischer Vernderungen im Controlling
Mit zunehmender Bedeutung der Tochtergesellschaften fr Wachstum und Profitabilitt der Gruppe wurden die strategischen Betrachtungen von der – zuvor prvalenten – einzelbetrieblichen Sicht des Stammhauses mit ergnzender Betrachtung der Auslandsgesellschaften auf eine konsolidierte Konzernsicht umgestellt. Existent war seit Grndung der ersten Auslandsgesellschaft 1975 ein zunehmend differenziertes Beteiligungs-Controlling, in dem monatlich Bilanzen, GuVs und ausgewhlte Kennzahlen der Tochtergesellschaften ins Stammhaus berichtet wurden. Wurde diese Aufgabe anfangs noch im Controlling des Stammhauses „nebenbei“ abgewickelt, liegt diese Aufgabe jetzt beim Konzernrechnungswesen. Dieses nimmt – anders als in den Abteilungen des Stammhauses – sowohl Aufgaben des Controlling wie auch – in Form des Konzernabschlusses – des externen Rechnungswesens wahr. Neben ihrer Integration in das Management Reporting sind die Daten des
Konzern-Controlling im Mittelstand Seite 229
Beteiligungs-Controlling ebenso Basis fr die monatliche Umsatzkonsolidierung. Das Beteiligungs-Controlling allein brachte jedoch bei weitem nicht die erforderlichen Informationen, um die strategische und operative Planung vom Stammhaus auf die Konzernebene umzustellen. So wurde seit Ende der neunziger Jahre das Vertriebs-Controlling, also die Umsatzauswertung nach bestimmten strategieorientierten Kriterien, ebenfalls schrittweise von der Stammhausebene auf die Konzernebene umgestellt. Die technische Datenbermittlung erforderte jedoch zu dem damaligen Zeitpunkt einen extrem hohen Zeitaufwand, da aus den unternehmensbezogenen verschiedenen DV-Vorsystemen Extrakte gezogen und oftmals manuell zusammengefhrt werden mussten. Als grçßtes Manko stellte sich bei der Erarbeitung der ersten konzernweiten Strategie im Jahr 2000 jedoch die fehlende Deckungsbeitragsrechnung auf Konzernebene heraus, die zu diesem Zeitpunkt nur fr die einzelbetrieblichen Ebenen realisierbar war. Das Controlling wurde somit an strategisch entscheidender Stelle zum „bottleneck“ bei der Umstellung des Strategiefokus. Whrend der Vertriebsbereich die Internationalisierung in den neunziger Jahren organisatorisch komplett vollzogen hatte, wurde dieser Schritt nun zur großen Herausforderung fr das Rechnungswesen fr das folgende Jahrzehnt.
2.3
Controlling als „bottleneck“
Zielfokus: Aufbau eines mittelstandsadjustierten Konzern-Controlling
Im Rahmen verschiedener aufeinander folgender Projekte wurde der Aufbau eines Konzern-Controlling seit 2004 angestrebt. Drei wesentliche Phasen mit jeweiligen Kernaspekten sind hierbei zu unterscheiden: a) Konzeption – Meilensteinplanung: Welche Ziele wollen und mssen zu welchem Zeitpunkt beim Aufbau eines Konzern-Controlling erreicht werden, um fr den nchsten Strategieplanungszyklus detailliertere Ausgangsdaten zur Verfgung stellen zu kçnnen? – Welche Controlling-Aufgaben sollen knftig zentral im Stammhaus erfllt werden, welche Aufgaben dezentral bei den Tochtergesellschaften? Wo im Stammhaus soll das Konzern-Controlling organisatorisch aufgebaut werden? Wel-
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Konzern-Controlling im Mittelstand Seite 230
che Kapazittsrestriktionen sind mit Blick auf die Umsetzungsgeschwindigkeit sowohl im Stammhaus als auch in den Tochtergesellschaften zu beachten? – Welche psychologischen Barrieren – z. B. mit Blick auf OnlineDatenschnittstellen – in den Tochtergesellschaften gilt es zu beachten? Wie viel gefhlte „Kontrolle“ ist den Tochtergesellschaften im ersten Schritt zumutbar? Wo kçnnen sie sich als Nutznießer einer verbesserten Datenlage im Konzern sehen? b) Technische Planung – Welcher Voraussetzungen mit Blick auf Soft- und Hardware bedarf es in den Tochtergesellschaften, um die gesetzten Ziele zeit- und kosteneffizient zu erreichen? Welche Eingriffe in die bestehende Softwarelandschaft sind erforderlich? – Sollen Vernderungen im Softwarebereich der Tochtergesellschaften zentral gesteuert oder dezentral je Tochtergesellschaft umgesetzt werden? – Wie soll das Konzern-Controlling im Stammhaus technisch abgebildet werden? c) Umsetzung – In welcher Form werden die ermittelten Anforderungen an die Tochtergesellschaften kommuniziert? – Wie viel Prsenz des Stammhauses in den Tochtergesellschaften ist whrend der Umsetzungsphase erforderlich, sinnvoll bzw. realisierbar? – Welcher zeitliche Umsetzungsdruck wird erzeugt? In welcher Reihenfolge setzen die Gesellschaften um?
3
3.1 Integration der ERP-Systeme
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Aufbau eines mittelstndisch geprgten Konzern-Controlling – Projektphasen Phase 1: Konzeption
Kernziel des Projektes war die unmittelbare, flexible Datenanbindung der ERP-Systeme der Tochtergesellschaften an das Stammhaus. Darauf aufbauend sollten unter dem Dach einer neu zu schaffenden Einheit „Konzernrechnungswesen“ folgende Ziele erreicht werden:
Konzern-Controlling im Mittelstand Seite 231
e das Beteiligungs-Controlling und die Konzernkonsolidierung auszubauen, strker zu automatisieren und damit zu beschleunigen, um trotz wachsender Zahl an Tochtergesellschaften und bei konstanter Zahl an Mitarbeitern im Controlling schnell und effizient an Auswertungen zu gelangen. e ein konzernweites Vertriebs-Controlling auf Deckungsbeitragsebene aufzubauen, das zeitnah und flexibel umsatz- und ergebnisbezogene Auswertungen nach verschiedensten Kriterien liefert und damit den Grundstein fr ein operatives und strategisches Konzern-Controlling legt. e Optionen – auch jenseits des Controlling – fr knftige ProzessIntegrationsschritte im Konzern zu liefern, sei es auf Ebene der Lagerhaltung, der Auftragserfassung, des Cash-Pooling etc. Es kristallisierte sich schnell heraus, dass – im Vergleich zu der bestehenden, extrem heterogenen Softwarelandschaft – ein einheitliches ERP-System in allen Tochtergesellschaften entscheidende Effizienzvorteile bringen wrde. Darauf wird an spterer Stelle eingegangen. Dieses unterstellt, dass die Tochtergesellschaften weiterhin fr operative Controlling-Ttigkeiten zustndig sein sollten, sofern sie die jeweilige Einzelgesellschaft betreffen. Sie verfolgen weiterhin – wie fr Vertriebsgesellschaften zwingend notwendig – ihr eigenes Vertriebs-Controlling mit Blick auf ihre eigenen Strategieziele und nach ihren eigenen Bedarfen und stellen daneben monatlich Standardberichte aus ihrem System heraus fr das zentrale BeteiligungsControlling zur Verfgung. Parallel erzeugen sie monatliche Standardreports auf Ebene der einzelnen Verkaufstransaktion aus ihrem ERP-System heraus. Diese weisen die erzielten Deckungsbeitrge je Umsatzakt, gekoppelt mit mehreren weiteren Analysekriterien wie Kunde, Branche, Absatzweg, Land/Region etc., aus. Diese Listen werden von jeder Tochtergesellschaft ins Stammhaus gesendet und dort in einer Datenbank zusammengefasst, um dann gemeinsam mit den Daten des Stammhauses nach verschiedenen Abfragemodi in Konzernreports einzufließen.
Verantwortlichkeit der Tochtergesellschaften
Die Pflege dieser zentralen Konzerndatenbank obliegt ebenso wie die Berichterstellung und -weitergabe dem zentralen Konzern-Controlling. Whrend die Rechnungswesen-Mitarbeiter in den Tochtergesellschaften formal den jeweiligen Vorgesetzten in den Gesellschaften – in der Regel dem Geschftsfhrer – unterstellt sind, unterliegen sie mit Blick auf alle Reports ins Stammhaus inhaltlich den Weisungen des Konzern-Controlling.
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Konzern-Controlling im Mittelstand Seite 232 Konzernweite Standards
Grundlage fr Konzernplanung und Zielerreichungsgesprche zwischen Konzernleitung und Tochtergesellschaft sind einzig die vom zentralen Konzern-Controlling erfassten Daten des Vertriebs- und Beteiligungs-Controlling. Dies soll Anreize dazu setzen, eventuelle Unterschiede zwischen der internen Berechnung von Kennzahlen und der Konzernvorgabe zu eliminieren und konzernweite Standards – im Rahmen einer gewissen Interpretationsbreite – zu erzeugen. Diese Standardsetzung wird bei der Gebr. Becker GmbH jedoch als Entwicklungsprozess und nicht als formale Anweisung gesehen.
Feste ControllingAnsprechpartner
Wichtig ist hierfr der gute und enge Kontakt zwischen KonzernControlling und Tochtergesellschaft. Ebenso, wie vertriebsseitig jede Tochtergesellschaft einen festen Key-Account-Manager im Stammhaus hat, der die Gesellschaft regelmßig besucht, ist fr die Zukunft geplant, auch aus dem Konzern-Controlling je Tochtergesellschaft einen festen Ansprechpartner zu definieren. Dieser besucht in regelmßigen Abstnden die Gesellschaft, intensiviert den Kontakt zu den Bereichs-Controllern, gewinnt Verstndnis fr lokale Probleme und ist im Stande, insgesamt „den Puls“ der Tochtergesellschaft zu messen.
3.2
Phase 2: Auswahl geeigneter Softwareuntersttzung
Hindernis heterogene Softwarebasis
Kernhindernis bei der Umsetzung der o. g. Ziele war das Fehlen einer einheitlichen Softwarebasis auf der Ebene der Konzergesellschaften. Stattdessen waren von Standardprogrammen auf DOS-Ebene ber moderne und leistungsstarke Standardprogramme bis hin zu maßgeschneiderten Individualprogrammen verschiedenste Tools in den Tochtergesellschaften im Einsatz. In einem kurzfristig aus der Taufe gehobenen Projekt mit einem Beratungshaus suchte das Stammhaus infolgedessen nach einer gemeinsamen Softwarelçsung fr alle 13 Tochtergesellschaften. Die in Frage kommenden Systeme waren entgegen unserer Erwartung relativ sprlich gest. Es sollte ein Programm ausgewhlt werden, das einerseits in den in Frage kommenden Lnderversionen – sprachlich und fiskalisch – verfgbar war, entsprechenden Support vor Ort liefern konnte und andererseits aber auf die Grçße kleinerer Gesellschaften zugeschnitten war.
Einfhrung ber Pilotgesellschaft
Nach erfolgter Auswahl durch das Projektteam des Stammhauses wurde die ausgewhlte Software bei einer Pilotgesellschaft getestet. Die – im Grundsatz positiven – Erfahrungen aus dem SoftwareSystemwechsel wurden neun Monate spter auf der nchsten
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Konzern-Controlling im Mittelstand Seite 233
Tagung aller Tochtergesellschaften – ein jhrlich stattfindendes Meeting auf Konzernebene – durch Vertreter der Pilotgesellschaft prsentiert. Damit war der Startschuss fr den gruppenweiten Systemwechsel auf Ebene der Tochtergesellschaften gegeben.
3.3
Phase 3: Kommunikation mit den Tochtergesellschaften
Die Prsentation einer erfolgreichen Softwareumstellung bei der grçßten Tochtergesellschaft gemeinsam mit der Vorstellung des Konzeptes zum Aufbau eines konzernweiten Controlling durch das zentrale Konzern-Controlling verdeutlichte den Tochtergesellschaften den Handlungswillen des Stammhauses. Hierbei muss jedoch betont werden, dass es eine solche tief in die Organisation der Gesellschaften eingreifende Vorgabe des Stammhauses bislang nicht gegeben hatte. Whrend die Gesellschaften mit Blick auf die Marktbearbeitung relativ eng an Vorgaben des Stammhauses gebunden sind, hatten sie bislang bei der internen Organisation relativ freie Hand. Ebenfalls gab es fr keine Gesellschaft eine Online-Schnittstelle von der Zentrale in ihr System.
Handlungswillen verdeutlichen
Daher wurde versucht, den bevorstehenden, fr die Gesellschaften durchaus mit nennenswertem Zeitaufwand und Einfhrungskosten verbundenen Eingriff mit der Vorteilhaftigkeit nicht nur fr das Stammhaus, sondern auch fr die einzelnen Gesellschaften zu begrnden. Mittelfristig wrde beispielsweise die Mçglichkeit einer unmittelbaren Auftragseingabe in das ERP-System des Stammhauses durch schnellere Auftragsbearbeitung oder die Online-Verfgbarkeitsprfung in den Lagern regional benachbarter Gesellschaften auch zu einem Nutzen fr die Tochtergesellschaften fhren. Ferner kçnnen aus dem geplanten konzernweiten Informationssystem Tochtergesellschaften knftig selber Benchmark-Vergleiche fr ihre eigene Marktsituation, Deckungsbeitrge etc. durchfhren.
Vorteilhaftigkeit begrnden
Trotzdem dominierten zunchst seitens der Tochtergesellschaften Bedenken bezglich einer knftig als zu stark empfundenen „Kontrolle“, des Verlustes von Autonomie und operativer Handlungsfreiheit. Diesen wurde insbesondere im Rahmen von intensiven Gesprchen mit den Verantwortlichen vor Ort Rechnung getragen. Ferner wurde kein extremer Zeitdruck aufgebaut, sondern ein Horizont von zweieinhalb Jahren fr die Umsetzung in den Gesellschaften belassen.
Zeitdruck vermeiden
233
Konzern-Controlling im Mittelstand Seite 234
3.4 Dezentraler „Rollout“
Phase 4: Implementation
Das Projektteam im Stammhaus hatte sich im Vorfeld gegen eine zentral gesteuerte Implementation im Rahmen eines Rollout vom Stammhaus fr alle Gesellschaften entschieden. Jede Gesellschaft sollte zunchst dezentral die neue Software gemß ihren eigenen Bedrfnissen implementieren und dabei mit dem neuen System vertraut werden. Die notwendigen Einstellungsnderungen wurden dann in einem zweiten Schritt bei allen Gesellschaften ungefhr zeitgleich nach erfolgter Implementation eingefhrt. Dieses Vorgehen hatte drei Grnde: e Erstens wurde den Gesellschaften damit die Freiheit gelassen, den Implementationszeitpunkt selber nach internen Bedarfen zu bestimmen. e Zweitens wurde die Zeit genutzt, in der das Stammhaus die Anforderungen an die Systeme entwickelt hat: Whrend in Deutschland noch an Fragen der Konzeption und Auswertung der Konzernzahlen gearbeitet wurde, konnten die ersten Gesellschaften bereits den Wechsel vollziehen und sich in das neue System einarbeiten. e Personell wre ein zentrales Rollout vom Stammhaus kaum zu bewltigen gewesen. Durch den gestreckten Einfhrungszeitraum von 2,5 Jahren war es dem Team – in der Regel ein Tandem zwischen IT und Konzern-Controlling – mçglich, jede Gesellschaft vor Ort im Rahmen der Einfhrungsphase zu besuchen, diese zu beraten und dabei auch die Besonderheiten in der Datenstruktur der jeweiligen Gesellschaften zu erkennen. Dies war fr die spteren berlegungen der Auswertungskonzeption sehr wichtig, da sich in einer organisch gewachsenen Gruppe mit eher geringer zentraler Eingriffsintensitt durchaus regionale Unterschiede herausgebildet hatten. Schrittweise werden nun nicht nur formelle, sondern auch materielle Buchungsunterschiede nach Mçglichkeit anhand eines Konzernstandards vereinheitlicht. Dieses wre bei einem zentralen und damit zeitlich parallelen Rollout nicht mçglich gewesen. Ferner konnten so Lerneffekte und Erfahrungen bei der Einfhrung zwischen den Gesellschaften ausgetauscht werden.
Aufbau einer BW-Lçsung
Parallel zur Einfhrung der Software in den Tochtergesellschaften wurde in Deutschland eine Business-Warehouse-Lçsung aufgebaut, in welche die Konzerndaten nun einfließen und aus welcher dann Auswertungen und Berichte generiert werden. An dem Konzept fr das konzernweite Management-InformationsSystem wird noch gearbeitet, Prioritt hatten hier zunchst eine
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Konzern-Controlling im Mittelstand Seite 235
zuverlssige Auswertbarkeit der eingehenden Konzernzahlen sowie ein regelmßiges Reporting darber.
3.5
Parallelprozess: Aufbau der Abteilung Konzern-Controlling
Parallel zu dem Aufbau und der Implementation der Datenseite eines Konzern-Controlling wurde im Stammhaus die Abteilung KonzernControlling aufgebaut. Ziel war es, alle konzernbezogenen Aktivitten des in- und externen Rechnungswesens – also Beteiligungs-Controlling, Konzernkonsolidierung und Zentrales Konzern-Controlling – zusammenzufassen, um personell eine mçglichst einheitliche Schnittstelle im kaufmnnischen Bereich zu den Tochtergesellschaften zu bilden. Langfristig soll hier ein mçglichst enges Betreuungskonzept zwischen dem Konzern-Controlling und den kaufmnnischen Mitarbeitern in den Tochtergesellschaften entwickelt werden, um ein Vertrauensverhltnis zwischen dem zentralen Konzern-Controlling und den Tochtergesellschaften aufzubauen und an der materiellen Fortentwicklung des Konzern-Controlling effizient weiterarbeiten zu kçnnen. Abbildung 2 verdeutlicht den aktuellen Status der Controlling-Organisation.
Konsolidierung der Konzernaktivitten
Personell wurde zunchst ein Mitarbeiter neu eingestellt und der bisher fr Konsolidierungsaspekte zustndige Mitarbeiter organisatorisch neu eingeordnet. Konflikte kçnnen in einem solchen Prozess des Neuaufbaus einer Abteilung Konzern-Controlling aus verschiedenen Konstellationen heraus entstehen:
Konflikte und Lçsungen
e Die Aufhngung des Konzern-Controlling im kaufmnnischen Bereich und die Abgrenzung der Zustndigkeiten zwischen dem Controlling des Stammhauses und dem neuen Konzern-Controlling stellen ein wesentliches Problemfeld dar. Der Konflikt wurde so gelçst, dass alle drei Bereiche des Rechnungswesens – Externes Rechnungswesen Stammhaus, Controlling Stammhaus, Konzernrechnungswesen – unter eine einheitliche Leitung gestellt wurden und diese dann direkt der Geschftsfhrung unterstellt wurde. e Die sich entwickelnde kaufmnnische Betreuung der Tochtergesellschaften durch das Konzern-Controlling beschneidet die Rolle des Vertriebs. Vorher wurden die Tochtergesellschaften auch in kaufmnnischen Fragen stark von den Key Account Managern des Vertriebs betreut und nur in Einzelfragen der Rat eines Controlling-Mitarbeiters herangezogen. Ziel wird es hier sein, aus dem Konzern-Controlling heraus feste Partner fr die Key Account Manager bei der Betreuung der Tochtergesell235
Konzern-Controlling im Mittelstand Seite 236
schaften im Sinne einer Tandem-Lçsung zu definieren. So kann sich die Rolle des Konzern-Controlling als kaufmnnischer Berater bei den Tochtergesellschaften schrittweise entwickeln und ein vertrauensvoller Informationsaustausch zwischen Vertrieb und Konzern-Controlling gewahrt bleiben.
Geschäftsführung
Leiter Rechnungswesen
KonzernRechnungswesen
Controller Tochtergesellschaften
Finanzbuchhaltung
Controlling
BereichsController
Abb. 2: Controlling-Organisation nach Aufbau des Konzern-Controlling
4 Vier Erfolgsfaktoren
Erfolgsfaktoren im Projektverlauf und Ausblick
Rckblickend ist der Verlauf des Gesamtprojekts als ausgesprochen positiv zu bewerten. Dabei kann man vier Faktoren identifizieren, die zum Erfolg beigetragen haben: e Dezentrales, individuelles Vorgehen je Gesellschaft: Der beschriebene sukzessive und selbststndige Systemwechsel in den Gesellschaften hat den Gesellschaften die Mçglichkeit belassen,
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Konzern-Controlling im Mittelstand Seite 237
sich schrittweise und zu einem geeigneten Zeitpunkt zu dem Systemwechsel zu entschließen und sich das Projekt damit strker „anzueignen“. Das Gefhl einer zentralen Steuerung wurde etwas gemildert, was psychologisch viel gebracht hat. Schließlich wurde dem Stammhaus Zeit gelassen, ein stimmiges Datensammlungs- und -auswertungskonzept zu erstellen, ohne dass diese Zeit nutzlos verstrichen wre. e Maßvoller Zeithorizont: Der gewhlte Zeithorizont von 2,5 Jahren war lang genug, um in die Planungen der Gesellschaften integriert zu werden und nicht zu hohe Anpassungskosten zu erzeugen. Er war andererseits knapp genug, um ausreichend Handlungsdruck aufzubauen und den gesetzten Zeitplan auch tatschlich einzuhalten. e Kommunikation: Da der Aufbau des Konzern-Controlling und die Online-Schnittstelle in die Systeme zweifelsohne eine Vernderung in der Konzernfhrungsweise darstellten, war eine intensive Kommunikation mit den Verantwortlichen in den Gesellschaften notwendig. Diese wurden vom Nutzen einer konstruktiven Zusammenarbeit berzeugt und das bestehende Vertrauen in die Autonomie des eigenen Handelns in den bekannten Grenzen erhalten. Die Besuche der Tochtergesellschaften vor Ort durch IT und Konzern-Controlling fhrten ferner erstmals zu einem sehr engen und direkten Kontakt zwischen den Tochtergesellschaften und diesen Abteilungen. Diese so aufgebaute Verbindung gilt es nun zu erhalten, um darauf aufbauend das Bewusstsein fr die Gruppe – genauer: das Konzerndenken – auch in administrativen Ablufen strker zu verankern. e Intensive Beratung und Schulung: Zwar fast schon selbstredend, aber dennoch aufgrund der Bedeutung zu betonen ist die Relevanz intensiver Schulung fr alle User der neuen Software in den Tochtergesellschaften. Es hat sich gezeigt, dass der damit neben dem fachlichen – also Controlling-geprgten – Wissen vollzogene Know-how-Aufbau dauerhaft die Effizienz des Konzern-Controlling steigert. Gerade in der jetzigen Phase, in der das Konzern-Controlling noch aufgebaut wird und oftmals inhaltlich Anpassungen vorgenommen werden mssen, empfiehlt es sich, auch bei personell kleinen Gesellschaften Key User fr das System auszubilden. Je abhngiger eine Gesellschaft im IT-Bereich ist, desto schleppender und ineffizienter wird das System genutzt und desto geringer ist der Nutzen aus potenziell verfgbaren Informationen.
237
Konzern-Controlling im Mittelstand Seite 238 Wichtige Meilensteine erreicht
Gegenwrtig hat die Gebr. Becker GmbH bereits einige Meilensteine beim Aufbau eines Konzern-Controlling erreicht: Nach Einfhrung der gemeinsamen Software kçnnen die transaktionsbasierten Daten der Tochtergesellschaften nun in automatisierten Reports ins Stammhaus geschickt und hier in einer Datenbank gesammelt werden. Erste Auswertungen auf Konzernebene werden bereits erstellt, eine komplette Anbindung des Controlling auf Konzernebene an die des Stammhauses wird innerhalb des nchsten Jahres erfolgt sein. In wesentlichen Bereichen werden dann auch konzernweit einheitliche Buchungsstandards eingefhrt sein, so dass die vorliegenden Daten weitestgehend formal und materiell vereinheitlicht sind. Darauf aufbauend wird zuknftig die strategische Planung auf Konzernebene deutlich vereinfacht werden, um Perspektiven fr Wachstum und Profitabilitt eindeutiger aufzuzeigen.
Aufgaben der Zukunft
Fr das Konzern-Controlling stehen nach dem ersten Schritt der Basisimplementation noch vielfltige Aufgaben an: Die bestehenden Auswertungen werden zu einem konzernweiten Management-Informations-System mit differenzierten Zugriffsberechtigungen zusammengefhrt. Aus den neuen Auswertungsmçglichkeiten auf Konzernebene sollen Rckschlsse fr strategische Implikationen – beispielsweise fr die Produktentwicklung, fr strategische Planung, fr Formen des Lagerhaltung, Cash Management etc. – gezogen werden. Die Kommunikation solcher Erkenntnisse innerhalb der Organisation muss schrittweise erlernt, Akzeptanz aufgebaut werden. Der Kontakt zu den Tochtergesellschaften wird entsprechend der genannten Tandem-Lçsung mit dem Vertrieb intensiviert. Insgesamt mssen sich innerhalb der Gruppe die Sicht auf und das Selbstverstndnis des Konzern-Controlling noch festigen. Die Einheit ist klein, aber effizient. Je mehr sinnvolle Informationen dort produziert und je besser diese kommuniziert werden, umso schneller wird dieser Prozess voranschreiten. In der Zukunft werden auch andere Abteilungen vom Aufbau des Konzern-Controlling profitieren, um in allen Kernbereichen des Unternehmens konzernweite Prozesse und Standards zu implementieren und damit die Basis fr Wettbewerbsfhigkeit und Wachstum der Gruppe in der Zukunft weiter zu festigen.
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Kapitel 3: Perspektiven
CFO-Organisation Seite 241
Die CFO-Organisation im Umbruch – Herausforderungen und aktuelle Entwicklungen n Neue externe Anforderungen und ein teilweise gendertes Selbstverstndnis bringen die Finanzorganisation in Bewegung. n Die Implementierung einer mçglichst „integrierten“ CFO-Organisation ist eine der Kernherausforderungen fr Unternehmen. n Das Aufgabenspektrum des gesamten CFO-Bereichs mit seinen Teildisziplinen und den bestehenden Abhngigkeiten bzw. Schnittstellen ist bei der Gestaltung der Organisation in Zukunft strker in Betracht zu ziehen. n Innovative organisatorische Lçsungen wie z. B. Shared Service Center, Reporting Factory oder Inhouse-Bank erfreuen sich zunehmender Verbreitung und verndern die Strukturen des Finanzbereichs. Inhalt
Seite Einleitung .................................................................................... Herausforderungen an den Finanzbereich und die CFO-Organisation ....................................................................... Notwendigkeit zur „integrierten“ Gestaltung der CFO-Organisation .......................................................................
243
Einflussfaktoren der Umgestaltung der Finanzorganisation .. Zunehmende interne und externe Anforderungen an den Service Konvergenz von interner Steuerung und externem Rechnungswesen ......................................................................... Steigerung der Effizienz des CFO-Bereichs ................................. Neue Anforderungen aus „Corporate Governance“ und Compliance ..................................................................................
246 246
3
Gestaltungsfelder der CFO-Organisation ................................
249
4
Ausgewhlte organisatorische Gestaltungsfelder der Finanzorganisation .................................................................... Aufgabenbeschreibung der CFO-Funktionen .............................. Typische hierarchische Fhrungsstrukturen der Finanzorganisation und hierarchische Positionierung der Teilfunktionen Die Verantwortung fr den Finanzbereich in der Vorstandsorganisation ................................................................ Disziplinarische und fachliche Unterstellung zentraler und dezentraler Einheiten in der Finanzorganisation ........................
1 1.1 1.2 2 2.1 2.2 2.3 2.4
4.1 4.2 4.3 4.4
243 244
247 247 248
254 254 256 260 262 241
CFO-Organisation Seite 242 4.5
Integration der CFO-Organisation ..............................................
263
5
Fazit .............................................................................................
266
6
Literaturhinweise .......................................................................
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n Die Autoren Niko Hofmann, Senior Project Manager im Competence Center Controlling bei Horvth & Partners Management Consultants. Steffen Munz, Consultant im General Consulting bei Horvth & Partners Management Consultants.
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1
Einleitung
Die Finanzbereiche1 in den meisten Unternehmen sind derzeit im Umbruch. Damit unterliegt auch die Rolle des Chief Financial Officer (CFO)2 einem signifikanten Wandel. Auf dem Weg zur „Finance Excellence“ muss der CFO die Effektivitt und Effizienz in seinem Verantwortungsbereich steigern und damit strker zum Unternehmenserfolg beitragen. Von Bedeutung ist dabei nicht nur das Hinterfragen der einzelnen Teilfunktionen, wie beispielsweise das Controlling, sondern das berdenken der organisatorischen Gestaltung des gesamten CFO-Bereichs.
1.1
Herausforderungen an den Finanzbereich und die CFO-Organisation
Die CFO-Organisation in den meisten Unternehmen befindet sich derzeit in einer Phase des radikalen Umbruchs.3 In der Vergangenheit bernahm der CFO mit seinem Team oftmals die Rolle des Treibers bei Effizienzsteigerungs- und Kostensenkungsprogrammen im Unternehmen. Gegenwrtig steht der CFO selbst der Forderung gegenber, die Effizienz in seinem Bereich zu steigern und die Kosten zu senken. Dies lsst sich vor allem auf zwei Grnde zurckfhren.4 Erstens ist die Restrukturierung in den direkten Leistungsbereichen (wie Einkauf, Produktion, Vertrieb oder Logistik) in den letzten Jahren bereits relativ weit vorangeschritten – auf der Suche nach wettbewerbsfhigen Kostenstrukturen rcken zunehmend auch die indirekten Leistungsbereiche wie Finanzen oder Personal in den Fokus von Restrukturierungsmaßnahmen. Zweitens hat die Umsetzung der internationalen Rechnungslegungsvorschriften IFRS und US-GAAP sowie der Themen Compliance (beispielsweise Sarbanes-Oxley Act) und Corporate Governance zustzliche Kosten verursacht, wodurch der Finanzbereich in Summe teurer geworden ist. Gleichzeitig sind die Anforderungen an den Finanzbereich und damit auch an den CFO deutlich gewachsen. Der CFO wird immer mehr als betriebswirtschaftlicher Berater und Sparringspartner des Chief Executive Officer (CEO) gesehen, der im Sinne eines Navigators ein integriertes Steuerungssystem von der strategischen Planung und Budgetierung 1
2
3 4
Effiziente und effektive Finanzorganisation
Die Begriffe „Finanzbereich“ und „CFO-Organisation“ werden im Rahmen dieses Beitrags entsprechend dem angelschsischen Terminus „finance function“ verwendet und umfassen sowohl „Finanzen“ als auch „Controlling“. Der Terminus „Chief Financial Officer“ hat seinen Ursprung im angloamerikanischen Raum und entspricht im deutschen Sprachraum dem kaufmnnischen Geschftsfhrer bzw. dem Finanzvorstand von Aktiengesellschaften. Vgl. Michel (2006), S. 439. Vgl. Michel; Esser (2006), S. 22.
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ber das Reporting bis hin zu den Incentive-Systemen gestaltet und dessen Funktionieren sicherstellt. Als Copilot an der Seite des CEO soll der CFO mit seinem Team den operativen Geschftseinheiten ber die klassische Abweichungsanalyse hinaus Maßnahmenempfehlungen geben und die Maßnahmenumsetzung berwachen.5 Signifikanter Rollenwandel
Vor dem Hintergrund der beschriebenen Herausforderungen an den Finanzbereich wandelt sich die Rolle des CFO derzeit signifikant. Auf dem Weg zur Finance Excellence ist der CFO in seiner neuen Rolle gefordert, die Effektivitt und Effizienz in der CFOOrganisation zu erhçhen und dadurch einen positiven Beitrag zum Unternehmenserfolg zu leisten (vgl. Abb. 1).
Fina n ce Exc elle nce
Effizienz/Operational Excellence
Effektivität/Service Excellence
Erfüllung der Kosten-, Zeit- und Qualitätsziele auf Basis definierter Anforderungen
Erfüllung der internen und externen (Empfänger-) Anforderungen
O p ti mi e ru ng Ressourceneinsatz und Steigerung der Produktivität
Beitrag zum Unternehmenserfolg durch optimales Service Offering und Business Impact (V a lu e C FO - B e r e i c h )
Abb. 1: Finance Excellence basiert auf einer effektiven und effizienten Finanzorganisation
1.2 Wenige Empfehlungen aus der Wissenschaft
Um den Anforderungen einer effizienten und effektiven Arbeit im Finanz-, Rechnungswesen- und Controlling-Bereich gerecht zu werden, sind die Arbeitsablufe ebenso wie die IT-Systeme entsprechend zu gestalten und die Mitarbeiter fr diese Aufgaben zu qualifizieren. Doch auch die meist ber lngere Zeitrume stabile Aufbauorganisation des Finanzbereichs wird in den letzten Jahren 5
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Notwendigkeit zur „integrierten“ Gestaltung der CFO-Organisation
Vgl. Gaiser (2006), S. 48.
CFO-Organisation Seite 245
zunehmend hinterfragt. Die gewhlte Organisationsstruktur sollte hierbei einen maßgeblichen Beitrag zur Erfllung der Hauptaufgaben des Finanzbereichs liefern. Diese liegen analog zu anderen „Zentralbereichen“ bzw. Untersttzungsfunktionen in der Arbeitsentlastung der Sparten durch Serviceleistungen, in der Untersttzung der Unternehmensleitung bei der Wahrnehmung von Fhrungsfunktionen sowie in der bernahme von Steuerungs-, Koordinationsund Kontrollaufgaben.6 Allerdings haben bisher weder Forschung noch Praxis ausreichend konkrete Empfehlungen beigesteuert, mit welcher Struktur und welchen Umgestaltungsschritten die Aufgaben im Bereich Finanzen sinnvoll organisiert werden kçnnen. Allgemeine Modelle zur Gestaltung eines Finanzbereichs lassen sich zwar aus den idealtypisch unterscheidbaren Konzepten zur organisatorischen Ausgestaltung von Zentralbereichen ableiten. Dabei werden als generelle Gestaltungsoptionen fr Zentralbereiche das Richtlinienmodell, das Kernbereichsmodell, das Matrixmodell, das Stabsmodell, das Modell des Servicebereichs sowie das Autarkiemodell unterschieden.7 Der „Finanzbereich“ stellt sich dabei aber keineswegs so einheitlich dar, als dass diese Modelle fr die detaillierte Festlegung und Koordination der organisatorischen Einheiten und den Aufbau hierarchischer Strukturen hilfreich wren. Vielmehr zeigt sich – vor allem in Abhngigkeit von der Unternehmensgrçße – eine Ausdifferenzierung der unter einem Finanzvorstand angesiedelten Teilfunktionen. Die in Unternehmen anzutreffenden Konfigurationen weisen dabei sehr unterschiedliche Ausgestaltungsvarianten auf, hinsichtlich der Eingliederung in einen (mehr oder weniger) einheitlich gefhrten Finanzbereich, hinsichtlich der jeweiligen Aufteilung und Benennung der Teilfunktionen und auch hinsichtlich der innerhalb der Teilfunktionen umgesetzten Gliederung in einzelne Abteilungen.
Generelle Gestaltungsoptionen anwendbar?
Die aktuellen Diskussionen um die Umgestaltung der Finanzorganisation lassen einen Trend zu strker integrierten Organisationsstrukturen erkennen. Dadurch kann den Anforderungen nach hçherer Effizienz bei Aufrechterhaltung oder sogar Ausweitung des Service Rechnung getragen werden, indem beispielsweise
Ansatzpunkte einer Reorganisation
e der Grad der Arbeitsteilung auf gleicher hierarchischer Ebene durch Zusammenfassung von Aufgaben reduziert wird, e die Verlagerung von Aufgaben oder Streichung von bisherigen Doppelzustndigkeiten klarere Kompetenzen schafft, e der Grad der Zentralisierung erhçht wird, um Spezial- und Methodenwissen zu bndeln, 6 7
Vgl. Hofacker (1997), S. 120. Vgl. Reckenfelderbumer (2004), Sp. 1666 ff.
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e die hierarchischen Positionen der Teilfunktionen im Sinne einer zielgerichteten Fhrung und Koordination der Teilinteressen festgelegt werden oder e die Weisungsbefugnisse des Finanzvorstands bzw. auch der Zentralbereiche gestrkt werden, um die Durchsetzung einer Standardisierung der Finanzprozesse und -methoden zu untersttzen. Hierbei kann eine Umgestaltung im Sinne einer strkeren Integration jeweils innerhalb der Teilfunktionen wie beispielsweise Controlling, Rechnungswesen oder Treasury ansetzen, aber auch auf die Umgestaltung der Organisation des Finanzbereichs ber die Teilfunktionen hinweg abzielen.
2
Einflussfaktoren der Umgestaltung der Finanzorganisation
Aufbauorganisatorische Strukturen weisen im Grundsatz eine geringe Vernderungsdynamik auf. Dies gilt auch fr die Strukturen der Finanzorganisation, sodass sogar von einer „Zhlebigkeit der Finanzkonfiguration“ gesprochen werden kann.8 Dennoch existiert eine ganze Reihe von Einflussfaktoren, die zumindest ber einen lngeren Zeitraum dazu fhren, dass sich die Finanzorganisation wandelt. Dieser Kontext soll nun zunchst thematisiert werden.
2.1 Verbesserte Dienstleistung des Finanzbereichs
Im Hinblick auf die Effektivitt gilt es, durch ein optimales Serviceangebot die Anforderungen der internen und externen Informationsempfnger zu erfllen und auf diese Weise den Business Impact des Finanzbereichs zu steigern. Die Anforderungen der Informationsempfnger zielen vor allem auf die Qualitt der zu liefernden Daten aus dem Rechnungswesen und Controlling sowie auf die zeitliche Bereitstellung der Reporting- und Abschlussinformationen ab. Qualitativ muss neben der Vereinbarkeit mit den internationalen Rechnungslegungsvorschriften vor allem die Entscheidungsrelevanz sowie die Qualitt von Informationen gesichert werden. In zeitlicher Hinsicht werden vorrangig Schnelligkeit und Flexibilitt sowie eine Verkrzung der Planungs- und Forecastzyklen erwartet. Darber hinaus haben auch neue Fhrungsinformationen im Controlling Einzug gehalten, die sich aus der 8
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Zunehmende interne und externe Anforderungen an den Service
Vgl. Heldt (2002), S. 370.
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strategischen Planung, der systematischen Einbeziehung nichtmonetrer Indikatoren und der zunehmenden fachlichen Differenzierung im Controlling ergeben. Schließlich sieht sich auch der Treasury-Bereich neuen fachlichen Anforderungen an den Service gegenber, die beispielsweise in der strkeren Prozess- und Systemintegration ber die gesamte Finanzprozesskette hinweg zu sehen sind. Dies schließt eine verbesserte Anbindung der dezentralen Einheiten ber Internet- bzw. WebTools mit ein. Auch die Planung und das Berichtswesen des Treasury, beispielsweise im Hinblick auf die Liquiditt des Unternehmens, wird als wichtiges Feld der Qualifizierung betrachtet.
2.2
Konvergenz von interner Steuerung und externem Rechnungswesen
In den meisten Unternehmen war die Einfhrung internationaler Rechnungslegungsstandards – in den 90er Jahren auch noch USGAAP, in jngerer Vergangenheit IAS/IFRS – Anlass, die Datenwelten und Systeme des internen und externen Rechnungswesens, teilweise auch des Finanzwesens, strker anzunhern. Besteht weitgehend Einigkeit, dass Steuerungsgrçßen, IT-Landschaft und Finanz-Prozesse vor dem Hintergrund der Konvergenz Vernderung erfahren, so weist die Diskussion, ob und in welchem Umfang auch die Organisationsstruktur davon tangiert ist, kontroverse Standpunkte auf.9
Internationale Rechnungslegungsstandards als Treiber
Zustzlich gehen auch von der nderung der Steuerungskonzepte und deren Bedeutung im Unternehmen Impulse fr die Position von Controlling, Rechnungswesen und Treasury aus. ber einen lngeren Zeitraum hat insbesondere die ergebnisorientierte Steuerung gegenber der finanzwirtschaftlichen Steuerung an Bedeutung gewonnen.10 Innerhalb der ergebnisorientierten Steuerungsgrçßen haben wertorientierte Kennzahlen eine grçßere Verbreitung gefunden, die auch mit einer Einbeziehung Bilanz- und Cashflow-orientierter (d. h. bisher nicht typischer Controlling-)Sachverhalte einhergeht.
2.3
Steigerung der Effizienz des CFO-Bereichs
Best-Practice-Unternehmen in den USA zahlen gemß der Hackett Group hufig weniger als 0,5 % ihres Umsatzes fr das Finanz- und Rechnungswesen, die strategische Planung, Steuer- und Treasury9 10
Standardisierung und Automatisierung
Vgl. Scheffner; Hofmann (2007), S. 22. Vgl. Hauschildt; Heldt (2001), Sp. 885.
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Abteilung, das gesamte Controlling und Shared Services sowie etwaige Outsourcing Services. Die „teuersten“ deutschen Unternehmen finden sich indes jenseits der 2 %-Marke wieder.11 Der CFO beziehungsweise der Finanzvorstand sieht sich in diesem Kontext mit der Aufgabe konfrontiert, Effizienz- und Effektivittssteigerungen gleichermaßen umzusetzen und den gestiegenen Qualitts-, Kosten- und Zeitanforderungen gerecht zu werden.12 Transaktionale Ttigkeiten im Fokus
Der Trend geht eindeutig in Richtung Standardisierung und Automatisierung von Finanzprozessen – insbesondere bei den transaktionalen Aktivitten. Diese Industrialisierung von Finanzprozessen erfhrt eine weitere Steigerung, wenn die Abwicklung bestimmter Transaktionsaktivitten organisatorisch in einem Shared Service Center (SSC) gebndelt wird.13 Sind die Prozesse eingefhrt und stabil, kann man sich mit Offshore- und Outsourcing-berlegungen beschftigen. Durch die Effizienzsteigerung bei den Transaktionsaktivitten werden Mitarbeiter entlastet, die fr wertsteigernde Finanzaufgaben dringend bençtigt werden. Dadurch kann die immer wieder geforderte Business Partnership zum Management besser ausgefllt14 und den mit Zusatzaufwand verbundenen externen Anforderungen aus internationaler Rechnungslegung und Compliance-Regelungen entsprochen werden.
2.4 Corporate Governance hat weit reichende Auswirkungen
Neue Anforderungen aus „Corporate Governance“ und Compliance
Die Governance-Struktur eines Unternehmens beschreibt blicherweise die aufbau- und ablauforganisatorische Gestaltung der fr das Management und dessen berwachung relevanten Funktionen und Verantwortlichkeiten sowie deren Beziehung zueinander.15 Dabei stehen bei der Diskussion um die organisatorischen Implikationen fr den Finanzbereich weniger die Anforderungen einzelner Gesetzes- oder gesetzeshnlicher Regelungen wie beispielsweise der Sarbanes-Oxley Act (SOX) im Fokus. Vielmehr geht es darum, die Ordnungsmßigkeit und Verlsslichkeit der Finanzberichterstattung und die Einhaltung von maßgeblichen Gesetzen und Vorschriften (Compliance) auch ber die Anpassung der Organisation sicherzustellen. Die organisatorischen nderungen umfassen nicht nur die ggf. neu geschaffenen Organi11 12 13 14 15
248
Vgl. Dressler; Hensen (2005), S. 72. Vgl. Scheffner; Hofmann (2007), S. 22. Siehe hierzu den Beitrag von Michel. Vgl. Daum (2005), S. 208 f. Vgl. Menzies (2006), S. 339.
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sationseinheiten zur Einhaltung der SOX- und anderer Anforderungen,16 sondern die gesamte Organisation des Finanzbereichs.17 Daraus leiten sich in aktuellen Reorganisationsprojekten im Finanzbereich Gestaltungsziele wie beispielsweise die klare Regelung von Verantwortlichkeiten im Sinne einer guten Corporate Governance und die Bereitstellung qualitativ hochwertiger und einheitlicher Finanzbereiche fr Management und die Finanzmrkte ab.18
3
Gestaltungsfelder der CFO-Organisation
Nach Klrung ausgewhlter Einflussfaktoren und deren Wirkung auf die Organisation des Finanzbereichs kçnnen die verschiedenen Gestaltungsfelder der CFO-Organisation diskutiert werden. Dabei handelt es sich insbesondere um die sechs Gestaltungsfelder in Abb. 2.
Verankerung der CFOOrganisation in der Gesamtorganisation
Ressortzuordnung Hierarchische Verankerung Zwischen zentraler und dezentraler CFO-Funktion
Au fg aben verteilun g der CFO-Funktion
Gestaltungsfelder der CFOOrganisation
Innerhalb der CFO-Funktion Zwischen CFO-Funktion und anderen Führungsbereichen
Weisungsbeziehungen innerhalb der CFOFunktion
Zwischen zentraler und dezentraler CFO-Funktion Zum Top-Management
G estalt un g der Proz essstrukturen der CFO-Organisation
Ressourcenausstattung der CF O-Org anis ation
Qualitative Ressourcenausstattung Quantitative Ressourcenausstattung
Abb. 2: Gestaltungsfelder der CFO-Organisation
16 17
18
Vgl. Saalfeld (2006), S. 425 ff. Zum Einfluss der Corporate Governance auf die Controlling-Organisation siehe den Beitrag von Wald. Vgl. Ernst (2004), S. 342.
249
CFO-Organisation Seite 250
Ressortzuordnung und Hierarchie
n Verankerung der CFO-Organisation in der Gesamtunternehmensorganisation Die Einbindung der CFO-Organisation in die Organisationsstruktur des Gesamtunternehmens stellt einen wesentlichen Faktor fr den Erfolg des Finanzbereichs im Allgemeinen dar. Diese betrifft einerseits die Ressortzuordnung und andererseits die hierarchische Verankerung. e Ressortzuordnung: In der Regel ist der Finanzbereich dem Ressort des Chief Financial Officer (CFO) bzw. dem kaufmnnischen Geschftsfhrer zugeordnet. In seltenen Fllen wird der Finanzbereich dem Chief Executive Officer (CEO) direkt oder einem anderem Vorstandsressort unterstellt. Die bevorzugte Zuordnung zum CFO begrndet sich maßgeblich mit der Bndelung aller kaufmnnischen Ressourcen in einem Bereich, um kurze Kommunikations- und Entscheidungswege zu haben sowie entsprechende Synergieeffekte verwirklichen zu kçnnen.19 e Hierarchische Verankerung: Im Hinblick auf die hierarchische Verankerung herrscht Einigkeit darber, dass der Finanzbereich mçglichst in der obersten Managementebene angesiedelt werden muss. Nur bei einer derart hohen hierarchischen Einbettung wird dem Finanzbereich die entsprechende Autoritt und notwendige Entscheidungsbefugnis verliehen, um laufende Entscheidungen nachhaltig beeinflussen zu kçnnen.20
Aufgabenverteilung in der CFOOrganisation
n Aufgabenverteilung (und interne Struktur) der CFO-Funktion Neben der Verankerung des Finanzbereichs in der Organisationsstruktur des Gesamtunternehmens ist die Festlegung und Verteilung der Aufgaben der CFO-Funktion ein weiteres zentrales Gestaltungsfeld. Die Frage nach der Aufgabenverteilung ist in dreifacher Weise zu beantworten:21 e Aufgabenverteilung zwischen zentraler und dezentraler CFOFunktion: Obwohl eine zentrale CFO-Funktion in nahezu allen deutschen Konzernen als wesentliche Aufgabe gesehen wird, sollte der Zentralisierungsgrad mçglichst gering gehalten werden. Geschftsnahe Aufgaben sollten mçglichst an die dezentralen Bereiche delegiert werden („So viel Dezentralisierung wie mçglich, so viel Zentralisierung wie nçtig“). Der zentrale CFOBereich nimmt in der Regel bereichsbergreifende, methodische und berwachende Aufgaben wahr. Der dezentralen CFO-Funk19 20 21
250
Vgl. Weber et al. (2001), S. 28 f. Vgl. Weber et al. (2001), S. 17. Vgl. Weber et al. (2001), S. 11 und S. 13 ff.
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tion werden hingegen regelmßig alle laufenden Aufgaben mit einer großen Nhe zum operativen Geschft zugewiesen. e Aufgabenverteilung innerhalb der CFO-Funktion: Die Frage nach der Verteilung der Aufgaben innerhalb der CFO-Funktion betrifft die Binnenstruktur des Finanzbereichs. In der Praxis dominiert auf der obersten Gliederungsebene zumeist eine funktionale Strukturierung der Aufgabenbereiche (z. B. im Controlling, Rechnungswesen oder bei den Finanzen). Denn die Verschiedenartigkeit der Aufgaben erfordert ein entsprechendes Spezialistenwissen. e Aufgabenverteilung zwischen der CFO-Funktion und anderen Fhrungsbereichen: Die Frage nach der organisatorischen Zuordnung verschiedener Aufgabenbereiche zur CFO-Organisation lsst sich nicht pauschal beantworten. In der Praxis kçnnen kontext- und entwicklungsabhngig verschiedene Zuordnungsvarianten identifiziert werden. Zur Strukturierung bietet sich eine Unterscheidung in originre bzw. Kernfunktionen und „Nebenfunktionen“ an. Zu den Kernfunktionen zhlen regelmßig die folgenden Aufgabenfelder: Controlling, Rechnungswesen/Accounting, Finanzen und Steuern. Die Aufgabenbereiche Einkauf, Personal, IT oder Recht kann man beispielsweise den „Nebenfunktionen“ zuordnen.22 n Weisungsbeziehungen innerhalb der CFO-Organisation Aus der Aufgabenverteilung heraus leitet sich die Struktur der Weisungsbeziehungen innerhalb der CFO-Organisation ab. Damit sind einerseits die Weisungsbeziehungen zwischen zentraler und dezentraler CFO-Funktion und andererseits die Weisungsbeziehungen zum Top-Management gemeint.23
Gestaltung der Weisungsbefugnisse
e Weisungsbeziehungen zwischen zentraler und dezentraler CFOFunktion: In der betriebswirtschaftlichen Literatur werden im Allgemeinen drei Varianten zur Gestaltung der Weisungsbeziehungen zwischen zentraler und dezentraler CFO-Funktion unterschieden: – Die erste Variante sieht eine in sich geschlossene CFO-Organisation vor, indem der dezentrale Finanzbereich der Geschftsbereiche fachlich und disziplinarisch dem zentralen CFO-Bereich unterstellt wird. Diese Mçglichkeit widerspricht
22 23
Vgl. Hahn; Hungenberg (2001), S. 941 ff. Vgl. Weber et al. (2001), S. 18 ff.
251
CFO-Organisation Seite 252
jedoch der grundstzlich dezentral angelegten Organisationsstruktur in Konzernen. – Bei der zweiten Variante wird der dezentrale Finanzbereich fachlich und disziplinarisch dem jeweiligen Geschftsbereichsleiter zugeordnet. Es besteht also lediglich eine informelle Beziehung zwischen der zentralen und dezentralen CFOFunktion. – Um die wesentlichen Nachteile dieser beiden Extremformen zu vermeiden, bietet sich deshalb als dritte Variante eine Trennung zwischen der fachlichen und der disziplinarischen Unterstellung an. In der Regel ist die dezentrale CFO-Funktion der Geschftsbereiche fachlich dem zentralen Finanzbereich und disziplinarisch dem jeweiligen Geschftsbereichsleiter untergeordnet. Man spricht in diesem Fall von einer so genannten „Dotted Line“-Organisation. e Weisungsbeziehungen zum Top-Management: Frher dominierte die Frage nach der Einordnung des Finanzbereichs als Stabs- oder als Linienfunktion und der damit verbundenen Kompetenzausstattung die Diskussion. Heute herrscht dagegen weitgehend Einigkeit darber, dass der Finanzbereich zustzlich zu Entscheidungskompetenzen in klassisch kaufmnnischen Fragestellungen ber weitere Kompetenzen wie z. B. Vorschlags-, Veto- und Mitspracherechte verfgen muss. Letztere sollen jedoch auf Ausnahmeflle eingeschrnkt werden, bei denen das Top-Management vor strategischen Unsicherheiten steht.24 Die Trennung des Finanzbereichs in Stabsstellen und Linieninstanzen verliert daher zunehmend an Bedeutung. Der Finanzbereich ist inzwischen grçßtenteils als Querschnittsbereich organisiert.25
Prozesse und Ablauforganisation
n Gestaltung der Prozessstrukturen innerhalb der CFO-Organisation Im Mittelpunkt der bisherigen Diskussion ber die organisatorischen Gestaltungsparameter der CFO-Organisation standen aufbauorganisatorische Aspekte. Fr die Effizienz der CFO-Organisation ist jedoch entscheidend, wie die zeitliche und rumliche Struktur der Aufgabenerfllung gestaltet ist. Daher muss die Gestaltung der Ablauf- bzw. Prozessorganisation des Finanzbereichs als mindestens gleichrangig zur Aufbauorganisation betrachtet werden.26 Eine solche prozessorientierte Gestaltung der CFO-Orga24 25 26
252
Vgl. Weber et al. (2001), S. 18. Vgl. Horvth (2006), S. 819 ff. Vgl. Horvth (2006), S. 834; Horvth & Partners (2006), S. 298.
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nisation umfasst in der Regel mehrere Schritte von der Auswahl und Abgrenzung der Kernprozesse bis zum Aufbau eines Prozesssteuerungssystems, das die Prozessperformance laufend misst und steuert. n Ressourcenausstattung der CFO-Organisation Die beste Organisationsstruktur ist wertlos, wenn das Unternehmen nicht die entsprechenden Ressourcen hat, um diese umzusetzen. Dabei sind sowohl die quantitative als auch die qualitative Ressourcenausstattung zu beachten.
Mitarbeiterressourcen des Finanzbereichs
e Quantitative Ressourcenausstattung: Die Frage nach der optimalen Anzahl an Mitarbeitern bzw. nach der optimalen Dimensionierung der Kapazittseinheiten („Full Time Equivalents“) in der CFO-Organisation steht derzeit ganz weit oben auf der Agenda. Dabei spielen Benchmark- und Best-Practice-Vergleiche eine zentrale Rolle. Im deutschsprachigen Raum liefert das Horvth & Partners CFO-Panel Benchmarks und bietet eine Plattform fr Best-Practice-Vergleiche in den Bereichen Controlling, Rechnungswesen und Finanzen.27 e Qualitative Ressourcenausstattung: Zur erfolgreichen Umsetzung der Organisationsstruktur mssen Unternehmen auch das Qualifikationsprofil der Mitarbeiter berprfen und ggf. den neuen Anforderungen und dem neuen Ttigkeitsspektrum anpassen. Prinzipiell sind die Teilfunktionen durch unterschiedliche Qualifikationsprofile geprgt, die u. a. im hçheren Anteil von Mitarbeitern mit Universittsabschluss in den Bereichen Controlling und Treasury zum Ausdruck kommen. Im Einzelnen ist beispielsweise zu klren, in welchen Organisationseinheiten des Rechnungswesens Spezialwissen zu internationalen Rechnungslegungsstandards vorzuhalten ist bzw. in welchen Bereichen der gesamten Finanzorganisation zudem Basiswissen aufgebaut werden sollte. Aber auch die Bedeutung von Zusatz-Qualifikationen wie Fremdsprachenkenntnisse nimmt beispielsweise beim Aufbau eines international zugeschnittenen Shared Service Center fr eine Vielzahl von Mitarbeitern zu.
27
Vgl. Michel; Esser (2006), S. 22.
253
CFO-Organisation Seite 254
4
Ausgewhlte organisatorische Gestaltungsfelder der Finanzorganisation
4.1
Aufgabenbeschreibung der CFO-Funktionen
Ein zentraler Bestandteil jeder organisatorischen Gestaltung ist die Festlegung/Verteilung der Aufgaben der CFO-Funktion. Diese Aufgabenverteilung hat auf drei Ebenen zu erfolgen: e erstens zwischen zentraler und dezentraler CFO-Funktion, e zweitens innerhalb der CFO-Funktion und e drittens zwischen der CFO-Funktion und anderen Fhrungsbereichen. Konzentriert man sich auf die zweite Ebene, die Binnenstruktur des Finanzbereichs, so lassen sich regelmßig die folgenden funktionalen Aufgabenfelder unterscheiden: Controlling, Rechnungswesen/Accounting, Finanzen, Steuern sowie Corporate Control. n Aufgaben bzw. Teilfunktionen des CFO-Bereichs e Controlling: Das Controlling ist allgemein fr die Gestaltung und Begleitung des gesamten Managementprozesses der Zielfindung, Planung und Steuerung zustndig und damit fr die Zielerreichung mitverantwortlich.28 Fr die praktische Controller-Ttigkeit resultieren aus diesem grundstzlichen ControllingVerstndnis unterschiedliche Ttigkeitsfelder. Sie umfassen vor allem die Fhrungsuntersttzung des Managements in den Bereichen Planung und Budgetierung, Reporting sowie Steuerung bzw. Performance Measurement. Das Controlling besitzt außerdem Richtlinienkompetenz in Bezug auf Methoden, Termine, Mindeststandards fr Planung, Reporting, Verrechnungspreise sowie Wirtschaftlichkeitsrechnungen/Instrumente. Ein weiteres Aktionsfeld ist die problemadquate (Mit-)Gestaltung und Betreuung der Controlling-relevanten IT-Systeme.29 e Rechnungswesen/Accounting: Das primr vergangenheitsorientierte (externe) Rechnungswesen bzw. Accounting informiert in erster Linie die Kapitalgeber und andere außenstehende Informationsempfnger ber den erzielten Periodenerfolg. Es legt zunchst die Richtlinien fr die Bilanzierung, Konsolidierung sowie (externe) Berichterstattung fest und gibt den einheitlichen 28 29
254
Vgl. International Group of Controlling (2005), S. 52 ff. Vgl. Horvth (2006), S. 8 ff.
CFO-Organisation Seite 255
(Gruppen-)Kontenplan vor („Accounting Principles and Policies“). Zudem ist das Rechnungswesen fr die Erstellung der Einzelabschlsse und die Konsolidierung der (Teil-)Konzernabschlsse nach den verschiedenen (internationalen) Rechnungslegungsstandards sowie die (externe) Finanzberichterstattung verantwortlich. Schließlich ist das Rechnungswesen fr die (Mit-)Gestaltung und Betreuung der Konsolidierungs- und Reportingsysteme unternehmensweit zustndig. e Finanzen: Im Aufgabenfeld Finanzen geht es um alle finanzwirtschaftlichen Themen eines Unternehmen. Anstelle der Bezeichnung Finanzen wird sehr hufig auch der Begriff Treasury verwendet. Das Treasury ist regelmßig fr die Kapitalbeschaffung (Refinanzierung, Funding) bei Banken, Lieferanten und am Geld- bzw. Kapitalmarkt zustndig. Ferner wird vom Bereich Finanzen die Geldanlage bei Banken und am Geld- bzw. Kapitalmarkt bzw. das Management der Finanzanlagen bernommen. Die Absicherung der Finanzrisiken (wie z. B. Whrungsrisiken, Zinsrisiken oder Kreditrisiken) gehçrt ebenfalls zu den Kernaufgaben des Treasurers. Schließlich obliegt dem Treasury das klassische Cash Management. Hierzu zhlen insbesondere die Liquidittsplanung, das Cash Pooling, die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, das Bank Relationship Management sowie das Finanzberichtswesen. e Steuern: Zum Aufgabenfeld Steuern gehçren zunchst die Festlegung der Konzernsteuerpolitik und die steuerliche Optimierung des Gesamtunternehmens. Zu den eher operativen Aufgaben zhlt das Tax Reporting, mithin die Berechnung echter und latenter Steuern fr die einzelnen Abschlsse sowie die Erluterung wesentlicher steuerlicher Sachverhalte. Ferner ist der Steuerbereich fr die Steuerplanung (effektive und latente Steuern) zustndig. e Corporate Control: Die gesamthafte Verantwortung fr das Thema Revision im Unternehmen gehçrt seit jeher zu den klassischen Aufgaben des CFO. Durch spektakulre Firmenpleiten in der jngsten Vergangenheit (wie z. B. Enron, WorldCom oder Parmalat) sind die Themen Compliance, Corporate Governance und Risikomanagement verstrkt in den Vordergrund gerckt. Die sich hinter diesen Schlagwçrtern verbergenden Aufgaben werden unter dem Oberbegriff „Corporate Control“ zusammengefasst. Neben den herkçmmlichen Aufgaben wie der Festlegung der Revisionsgrundstze sowie der Prfungs- und Beratungsleistungen beinhaltet Corporate Control die Aufgaben
255
CFO-Organisation Seite 256 „Compliance Management“ fr das Gesamtunternehmen30, Sicherstellung der Ordnungsmßigkeit und Zuverlssigkeit der Bilanzierung, Bewertung und Berichterstattung im Unternehmen (Accounting Control), Bereitstellung eines internen Kontrollsystems fr die Finanzberichterstattung (Financial Reporting Control)31 sowie Risiko- und Versicherungsmanagement.
4.2
Typische hierarchische Fhrungsstrukturen der Finanzorganisation und hierarchische Positionierung der Teilfunktionen
Die interne Aufbauorganisation des Finanzbereichs und die Integration des Controlling in diese Strukturen folgte in Deutschland lange Zeit dem klassischen deutschen Controlling-Konzept.32 Auch heute dominiert in der Praxis nach wie vor die organisatorische Trennung von Controlling, externem Rechnungswesen und Finanzwirtschaft. Dennoch haben die zuvor aufgezeigten Entwicklungen wie beispielsweise die Annherung der Teilfunktionen unter dem CFO mittelbar Einfluss auf die Ausgestaltung der Hierarchie der Finanzorganisation. Hierarchische Struktur der Finanzorganisation
An zwei Merkmalen der hierarchischen Struktur der Finanzorganisation kann diese Vernderung beispielhaft festgemacht werden. Erstens wird bei der Gestaltung der Hierarchie die Frage aufgeworfen, auf welcher (hçchsten) Ebene die einzelnen Teilfunktionen des Controlling-, Rechnungswesen-, Treasury- oder Tax-Instanzenzugs verankert werden sollen. Hierbei zeigen sich – zugegebenermaßen nur ber lange Zeitrume – hierarchische „Auf- bzw. Abstiege“ einzelner Teilfunktionen. Zweitens stellt sich in der Folge die Frage, auf welchen Ebenen die Teildisziplinen durch getrennte oder gemeinsame Instanzen wie einen Finanzleiter oder Vorstand gefhrt und koordiniert werden, um die Abstimmung von Strategien, Methoden und operativen Aufgaben sicherzustellen.
Verankerung der Teildisziplinen
Die hierarchische Positionierung der einzelnen Teilfunktionen innerhalb des Bereichs des Finanzvorstands weist trotz unternehmensindividuell unterschiedlichen Ausprgungen deutlich erkennbare Muster (vgl. Abb. 3) auf. Fr die im Horvth & Partners 30
31
32
256
Zum Compliance Management zhlen insbesondere die folgenden Teilaufgaben: Richtlinienkompetenz, Umsetzung der Ethik-Line fr den Code of Conduct, Koordination Anti-Fraud-Management, Untersttzung des Audit Committee sowie Umsetzung der Audit Service Policy. Damit sollen die Anforderungen des Sarbanes-Oxley Act, Section 404 (SOX 404) erfllt werden. Vgl. Hahn; Hungenberg (2001), S. 935 ff.
CFO-Organisation Seite 257
CFO-Panel zusammengeschlossenen Unternehmen zeigt sich, dass in heutigen Konfigurationen die Verankerung des Controlling auf der zweiten Hierarchieebene des Unternehmens und damit unter einem meist gesamtverantwortlichen Finanzvorstand oder einem Rechnungswesenvorstand mit 70 % die grçßte Verbreitung gefunden hat. Der Funktion der Fhrungsuntersttzung des Top-Managements wird damit Rechnung getragen. Das Modell einer Ansiedlung des Controlling direkt auf der Vorstandsebene stellt trotz dessen postulierten Bedeutungszuwachses eher die Ausnahme dar. Auch die Leitung des Rechnungswesens wird mit 57 % von einer Mehrheit der Unternehmen auf der zweiten Ebene positioniert, findet jedoch in vielen Fllen auch auf der dritten Ebene die hçchste Fhrungsposition. Fr die Bereiche Treasury und Tax ergibt sich ein relativ hnliches Bild. Deren Leitung wird in etwa gleicher Anzahl meist auf der zweiten oder dritten Ebene im Unternehmen angesiedelt. In diesem Zusammenhang lassen sich zumindest langfristig Trends in der Umgestaltung der Finanzorganisationen erkennen, die sich an der tendenziell hçheren Verankerung des Controlling in der Management-Hierarchie festmachen lassen.
C o n t r o l li n g
Accounting
Treasury
Tax
1 . E b e n e 15 %
1. Ebene 9%
1. Ebene 9%
1. Ebene 6%
2 . E b e n e 70 %
2 . Eb e ne 5 7 %
2 . E be n e 4 7 %
2 . E b e n e 43 %
3 . E be n e 1 2 %
3. Ebene 34%
3 . E b e n e 40 %
3 . E b e n e 40 %
Weitere 3%
Weitere 0%
Weitere 4%
Weitere 10%
Abb. 3: Hierarchische Positionierung der Teildisziplinen (Quelle: Horvth & Partners CFO-Panel)
Neben der Festlegung, auf welcher hierarchischen Ebene die Leitung der einzelnen Teilbereiche festgemacht werden soll, stellt sich die zweite Frage, auf welchen Ebenen und durch welche getrennten oder gemeinsamen Instanzen wie einen Finanzleiter oder Vorstand die Abteilungen gefhrt werden sollen. Aus diesen beiden Merkmalen der Organisationsstruktur kçnnen verschiedene Grundkonfigurationen abgeleitet werden. Diese zeichnen sich durch ihre unter-
Fhrungsinstanzen der Finanzorganisation
257
CFO-Organisation Seite 258
schiedlich starke Bndelung der Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse unter einer Fhrungsinstanz aus. Grundkonfigurationen der Finanzorganisation
Eine erste Grundkonfiguration sieht fr die unterschiedlichen Teilfunktionen Controlling, Rechnungswesen und Treasury prinzipiell keine gemeinsame Fhrungsinstanz vor, sondern installiert in finanzieller Hinsicht einen „Doppelvorstand“, der zum (eigentlichen) Finanzvorstand noch einen separat verantwortlichen Controlling- oder Rechnungswesenvorstand vorsieht. Eine zweite Grundkonfiguration zeichnet sich dagegen durch einen gesamthaft verantwortlichen Finanzvorstand aus. Dieser vereinigt alle Teilfunktionen in seinem Verantwortungsbereich. Es ist jedoch keine „gleichberechtigte“ Positionierung von Controlling, Rechnungswesens und Treasury direkt unter dem Finanzvorstand vorgesehen. Damit bekommt entweder das Controlling oder das Treasury eine leicht hervorgehobene Stellung in der Finanzorganisation. Die dritte Grundkonfiguration ist durch die strkste Bndelung der Teilfunktionen unter einer Fhrungsinstanz gekennzeichnet. Diese kann der Finanzvorstand selbst sein, der als Kopf einer flachen Finanzorganisation alle Teilfunktionen gleichberechtigt und direkt fhrt. Ergnzend ist auch die Etablierung eines Finanzleiters denkbar, dem alle Teilfunktionen zugeordnet sind.
Trend zur Integration
258
Tendenziell sind insbesondere solche Grundkonfigurationen auf dem Vormarsch, die eine Zusammenfhrung der Abteilungen entweder unterhalb eines Vorstands oder der darunter liegenden Ebene eines Finanzleiters vorsehen. Diese strker „integrierten“ Formen weisen insbesondere den Vorteil einer Bndelung der wesentlichen Finanz-, Rechnungswesen- und Controlling-Funktionen auf, die eine gute Koordination der Schnittstellen in den Prozessen und Instrumenten ermçglicht. Rcklufig sind dagegen jene Organisationsformen, die Treasury, Controlling und Rechnungswesen durch Verankerung in verschiedenen Instanzenzgen trennen und im schlechtesten Fall das Eigenleben der unterschiedlichen Abteilungen konservieren. Dies gilt insbesondere fr die Formen des „Doppelvorstands“ fr die finanzielle Fhrung des Unternehmens. Einen berblick ber die erluterten Organisationsformen gibt Abb. 4.
33
Externes Rechnungswesen
Controller
Finanzvorstand
Externes Rechnungswesen
Rechnungswesenvorstand
Treasurer-dominierter Doppelvorstand
Treasurer
Controllingvorstand
Controller
Externes Rechnungswesen
Controller
Treasurer
Externes Rechnungswesen
Finanzleiter
Finanzvorstand
Controller
Generalist der zweiten Ebene
Treasurer
Finanzvorstand
Flache Finanzorganisation
Finanzvorstand mit gleichrangigen Teilfunktionen
Integrationsgrad der Führung
Treasurer
Finanzleiter
Externes Rechnungswesen
Controller
Finanzvorstand
Controlling-dominierter Finanzvorstand
Externes Rechnungswesen
Treasurer
Leiter Rechnungswesen
Finanzvorstand
Treasurer-dominierter Finanzvorstand
Controller-dominierter Doppelvorstand
Finanzvorstand
Finanzvorstand mit hervorgehobener Teilfunktion
Doppelvorstand mit Verantwortung für die finanzielle Führung
CFO-Organisation Seite 259
Abb. 4: Grundkonfigurationen der Fhrung der finanziellen Teilfunktionen33
In Anlehnung an Heldt (2002), S. 368 f.
259
CFO-Organisation Seite 260
4.3
Die Verantwortung fr den Finanzbereich in der Vorstandsorganisation
Innerhalb der Vorstands- bzw. Geschftsfhrungsorganisation liegt die Verantwortlichkeit fr den Finanzbereich in der berwiegenden Mehrheit der Unternehmen beim Finanzvorstand. Trotz dieser auf den ersten Blick mehrheitlich klar geregelten Zustndigkeit ergeben sich dennoch abweichende Verteilungen der Zustndigkeiten und im Detail unterschiedliche Zuschnitte der Verantwortlichkeiten der Vorstnde.
Vorstandsverantwortung fr Finanzbereich
n Verantwortung beim CFO versus bei anderen Vorstnden Der Finanzvorstand trgt in den meisten deutschen Unternehmen die Verantwortung fr die finanzielle Fhrung des Unternehmens und die Ausgestaltung der entsprechenden Teilfunktionen und ihrer Systeme. Bei der zweiten, weit weniger verbreiteten Variante bernimmt der Vorstandsvorsitzende oder Chief Executive Officer (CEO) die Verantwortung fr die Finanzorganisation. Weitere Varianten, die eine Zustndigkeit bei anderen Vorstnden wie beispielsweise dem Chief Operating Officer (COO) sehen, stellen die deutliche Ausnahme dar. Fr die verschiedenen Teilfunktionen wie Controlling, Accounting, Treasury oder Tax zeigt sich eine leicht unterschiedliche Schwerpunktsetzung bezglich der Unterordnung unter einen CFO, CEO oder andere Vorstnde (vgl. Abb. 5). Vor allem fr das Controlling wird die Variante der Unterordnung unter den CEO berdurchschnittlich oft genutzt. In solchen Fllen kann beispielsweise die strkere strategische Ausrichtung des Controlling den Ausschlag fr diese Lçsung geben. Die weiteren Finanzfunktionen werden dagegen nochmals seltener aus dem Verantwortungsbereich des CFO herausgelçst, um sie dem CEO oder anderen Vorstnden unterzuordnen. Allerdings ergibt sich in Summe ein Bild, in dem noch ein betrchtlicher Anteil der Unternehmen keine zugesammengefasste/ einheitliche Finanzorganisation unter dem Finanzvorstand geschaffen hat. Fr die integrierte Lçsung sprechen die Mçglichkeit einer finanziellen Fhrung des Unternehmens „aus einer Hand“, die Reduzierung von Konflikten zwischen den Teilfunktionen des Finanzbereichs sowie die Bndelung des bençtigten Spezialwissens, um den zunehmenden externen und internen Anforderungen an die Finanzfunktionen gerecht zu werden.
260
CFO-Organisation Seite 261
Vorstandsressorts CFO
CEO
COO
Sonstige
Abteilungen
Controlling 72%
22%
2%
4%
84%
8%
2%
5%
76%
12%
4%
7%
76%
11%
5%
9%
Accounting
Treasury
Tax
Abb. 5: Hierarchische Verankerung der Finanz-, Rechnungswesen- und ControllingAbteilungen (Quelle: Horvth & Partners CFO-Panel)
n „Reine“ CFO-Verantwortung versus weitere, nicht finanzielle Zustndigkeiten Der Finanzbereich stellt in vielen Unternehmen nicht den alleinigen Verantwortungsbereich des Finanzvorstands dar, sondern wird durch andere, nicht finanzielle Zustndigkeiten ergnzt. Die Position des Finanzvorstands oder CFO ist heute jedoch von vielen „Nebenttigkeiten“ entlastet, die ihr vor 30 Jahren noch zugeordnet waren.34 Dennoch werden auch heute von einer Vielzahl von Finanzvorstnden zustzliche Bereiche verantwortet, die meist den untersttzenden Funktionen bzw. Zentralbereichen wie beispielsweise Einkauf, Personal, Organisation oder IT zuzuordnen sind.
Zuschnitt des CFOVerantwortungsbereichs
Hinsichtlich der Wahrnehmung solcher ergnzenden Aufgabenbereiche durch den Finanzvorstand ergibt sich ein heterogenes Bild, das auf einen Ressortzuschnitt „ad personam“ hinweist.35
34 35
Vgl. Hauschildt; Heldt (2001), Sp. 885. Vgl. Heldt (2002), S. 306.
261
CFO-Organisation Seite 262
4.4
Disziplinarische und fachliche Unterstellung zentraler und dezentraler Einheiten in der Finanzorganisation
Die Vernderung der fachlichen und disziplinarischen Weisungsbefugnisse zwischen zentralen und dezentralen Einheiten der Controlling-Organisation wird – im Gegensatz zu anderen Aspekten der Organisation – selten in Frage gestellt. Fr das Verhltnis zwischen den zentralen und dezentralen Rechnungswesen- und Treasury-Abteilungen wird die Frage fast vollstndig ausgeblendet. DottedLine-Prinzip berwiegt in Finanzorganisation
In der Praxis hat sich bei einer deutlichen Mehrzahl der deutschen Unternehmen das „Dotted-Line-Prinzip“ fr alle Teilfunktionen des Finanz-, Rechnungswesen- und Controlling-Bereichs durchgesetzt. Es erscheint in diesem Licht als die berlegene Gestaltungsalternative fr die Verteilung der Weisungsbefugnisse ber die unterschiedlichen hierarchischen Ebenen eines Konzerns (vgl. Abb. 6).
Disziplinarische Unterstellung
Fachliche Unterstellung
Holding/Konzern
Holding/Konzern
Zentralbereich
Zentralbereich GB - dezentral
GB - dezentral
66%
Accounting
Accounting 34%
20%
Accounting
Accounting 80%
73%
Controlling
Controlling 27%
23%
Controlling
Controlling 77%
44%
Treasury
Treasury
56%
12%
Treasury
Treasury
88%
43%
Tax
Tax
57%
14%
Tax
Tax
86%
Abb. 6: Fachliche und disziplinarische Unterstellung der dezentralen Einheiten des Controlling, Accounting, Treasury und Tax (Quelle: Horvth & Partners CFOPanel)
Beurteilung der Dotted Line
262
Die klaren „Mehrheitsverhltnisse“ sind jedoch keineswegs Ausdruck einer uneingeschrnkten Zufriedenheit mit der Teilung der
CFO-Organisation Seite 263
fachlichen und disziplinarischen Weisungsbefugnisse. Eine kritische Bewertung bezieht sich in erster Hinsicht auf die Beziehung zwischen zentralen und dezentralen Einheiten innerhalb der einzelnen Teilfunktionen, indirekt aber damit auch auf die Mçglichkeiten, zwischen den verschiedenen Teilfunktionen des Finanzbereichs abgestimmte bzw. einheitliche Standards durchzusetzen. So fllt beispielsweise auch im Controlling die Beurteilung des Dotted-Line-Prinzips hinsichtlich der koordinierenden Wirkung und der finanziellen Fhrung des Unternehmens sowohl bei den Controllern als auch den Managern zwiespltig aus und lsst diese Lçsung teilweiße sogar als „faulen Kompromiss“ erscheinen.36 Langwierigere Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse, geringere Durchsetzungskraft zur Implementierung gemeinsamer Konzepte und Instrumente oder die teilweise neben den zur finanziellen Fhrung des Konzerns bençtigten Informationen entstehenden Parallelwelten in den dezentralen Bereichen fhren zu zunehmender Kritik an diesem Ansatz. Nicht zuletzt diese Probleme, aber auch durch aktuelle Entwicklungen angestoßene Anforderungen wie die klare Regelung der Verantwortlichen im Sinne einer guten Corporate Governance geben Impulse fr ein Umdenken. In der jngeren Vergangenheit sind wieder erste Beispiele zu finden, in denen eine Abkehr von der Trennung der Weisungsbefugnisse zu Gunsten einer eindeutigen Unterordnung der dezentralen Einheiten unter die fhrenden Fachabteilungen und damit auch unter den Finanzvorstand stattgefunden hat.
4.5
Integration der CFO-Organisation
Die Finanzfunktionen sind heutzutage in den meisten Unternehmen noch nicht ausreichend miteinander verzahnt, was die Integration der CFO-Organisation zu einem zentralen Handlungsfeld bei der Optimierung des Finanzbereichs macht. Die Verzahnung zentraler und dezentraler, insbesondere Controlling-, aber auch Finanz- und Rechnungswesenorganisation war und ist ein bedeutsamer Diskussionspunkt fr die organisatorische Gestaltung. Zum einen kann zwischen einer „horizontalen“ und einer „vertikalen“ Zentralisierung bzw. Dezentralisierung unterschieden werden. Der Grad der vertikalen Zentralisierung beschreibt hierbei, in welchem Umfang die Aufgaben, in einem erweiterten Verstndnis auch die Entscheidungsbefugnisse, auf hçheren hierarchischen Ebenen angesiedelt sind. Der Grad der horizontal interpretierten Zentralisierung zeigt dagegen, zu wel36
Trend zu strkerer Integration der Teilbereiche
Vgl. Mller; Schmidt (2006), S. 721.
263
CFO-Organisation Seite 264
chem Grad gleichartige Aufgaben auf der gleichen Hierarchieebene innerhalb einer Organisationseinheit zusammengefasst werden. Teilweise werden hierfr auch die Begriffe Konzentration und Diffusion verwendet. Der Fokus soll im Weiteren auf diese beiden Integrationsebenen gelegt werden: vertikale Integration der Finanzprozesse zwischen zentraler und dezentraler CFO-Funktion und horizontale Integration der Finanzprozesse zwischen einzelnen Fachbereichen (vgl. Abb. 7).
CFO-Funktionsbereiche Controlling
Dezentrale CFOFunktionen
Finanzen
Steuern
Corp. Control
. . . ..
Horizontale Integration
Vertikale Integration
Zentrale CFOFunktionen
Accounting
Abb. 7: Integration der CFO-Organisation
Vertikale Integration
Vertikale Integration der Finanzprozesse zwischen zentraler und dezentraler CFO-Funktion: Die Frage nach der vertikalen Integration von Finanzprozessen steht derzeit vor allem in grçßeren Unternehmen ganz oben auf der CFO-Agenda. Der Trend geht eindeutig in Richtung organisatorischer Bndelung von bestimmten Finanzaktivitten an einem Standort in einem Shared Service Center. Die dort heutzutage am hufigsten gebndelten Finanzprozesse sind: Kreditoren- und Debitorenbuchhaltung, Anlagenbuchhaltung, Reisekostenabrechnung, Hauptbuchhaltung und Cash Management. Durch das Zusammenlegen von Aktivitten in Shared Service Centers lassen sich Skaleneffekte und damit Kostensenkungspotenziale erschließen. Neben den Kostensenkungsmçglichkeiten sind Qualittsverbesserungen, beschleunigte Prozessdurchlaufzeiten sowie hçhere (interne) Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit ebenso gewichtige Vorteile.37 37
264
Vgl. Michel (2006), S. 442 f.; Gaiser (2006), S. 53 f.
CFO-Organisation Seite 265
Im Fokus der Zentralisierungsbestrebungen vieler Unternehmen steht derzeit auch der Zahlungsverkehr. Innovative Anstze zur Standardisierung, Automatisierung und Zentralisierung und damit zur Effizienzsteigerung sind beispielsweise die Inhouse-Bank und die Payment Factory. Erstere ist eine virtuelle Bank innerhalb eines Unternehmens mit den gleichen Funktionen wie eine externe Hausbank. Die Inhouse-Bank fhrt die Kontokorrentkonten aller angeschlossenen Gesellschaften als Shared Service und prozessiert den gesamten Intercompany-Zahlungsverkehr eines Unternehmens. Die Payment Factory wickelt den gesamten unternehmensexternen Zahlungsverkehr als Shared Service ab.
Zahlungsverkehr im Fokus
Horizontale Integration der Finanzprozesse zwischen einzelnen Fachbereichen: Neben der vertikalen Integration von Finanzaktivitten zwischen zentraler und dezentraler CFO-Funktion lassen sich auch Finanzprozesse zwischen den einzelnen Fachbereichen organisatorisch verzahnen. Ein innovativer Ansatz zur Integration der beiden Fachbereiche Accounting und Controlling ist das so genannte Service Center „Reporting“.38 Dieses Service Center konzentriert im Sinne eines „Center of Excellence“39 die Kompetenz fr die Kern-Controlling-Funktion „Reporting“. Im Einzelnen verantwortet das Service Center „Reporting“ die Verifizierung und Plausibilisierung der durch das Accounting bereitgestellten Daten, die Aufbereitung der Daten in Form von Standardreports sowie die Beantwortung von Ad-hoc-Anfragen der internen Kunden. Das „vorgelagerte“ Accounting bernimmt die Datenerfassung in den (operativen) IT-Systemen und ist fr die Einhaltung der Bilanzierungsrichtlinien bzw. -methoden verantwortlich. Das „nachgelagerte“ Controlling konzentriert sich auf die Analyse und Kommentierung der Informationen sowie die Beratung des Managements bei Entscheidungen. Ein solches Service Center „Reporting“ ist insbesondere fr grçßere Unternehmen mit Konzernstrukturen geeignet, um die Effektivitt und Effizienz der Accounting- und Controlling-Prozesse zu steigern.40
Horizontale Integration
Ein weiterer Trend ist die organisatorische Bndelung der Verantwortung fr die Plan- und Ist-Konsolidierung bzw. legale und managementorientierte Konsolidierung. In der Vergangenheit war die Verantwortung fr die verschiedenen Konsolidierungsaktivitten in vielen Konzernen organisatorisch getrennt. Fr die Planbzw. managementorientierte Konsolidierung war das Controlling verantwortlich, whrend die Ist- bzw. legale Konsolidierung vom Bilanzbereich („Group Accounting“) durchgefhrt wurde. Diese
Plan- und Ist-Konsolidierung
38 39 40
Siehe hierzu den Beitrag von Keller; Hsler. Vgl. Michel (2006), S. 443; Daum (2005), S. 209. Vgl. Keller; Krugmann (2006), S. 225 ff.
265
CFO-Organisation Seite 266
organisatorische Trennung wurde in der Regel durch die von der Legalstruktur abweichende interne Steuerungssicht nach ProfitCentern oder die unterschiedlichen Datenwelten begrndet. In jngster Zeit kann man jedoch in vielen Unternehmen beobachten, dass die Verantwortung im Zuge der Konvergenz fr diese beiden Konsolidierungsaufgaben gebndelt wird. Dadurch lsst sich die Effizienz der Konsolidierung deutlich steigern. Zudem wirkt sich dies positiv auf die Vergleichbarkeit und Transparenz der finanziellen Ist-Zahlen wie auch der Plan-Ist-Vergleiche aus.
5
Fazit
Die Finanzorganisation befindet sich in Bewegung. Neue externe Anforderungen und ein teilweise gendertes Selbstverstndnis haben in den letzten Jahren organisatorische Umgestaltungen angestoßen, die zu einer effektiven und effizienten Arbeit im Finanzbereich beitragen sollen. Dabei werden einerseits vernderte organisatorische Lçsungen auf der Ebene der einzelnen Teildisziplinen des Controlling, Rechnungswesens, Treasury, Tax und anderer Bereiche umgesetzt. Die Einfhrung von Shared Service Centers oder Inhouse-Banken sind dafr nur einzelne Beispiele. Andererseits ist bei der Festlegung neuer Organisationsstrukturen immer strker auch die Verantwortung und das Aufgabenspektrum des gesamten CFO-Bereichs mit den bestehenden Abhngigkeiten bzw. Schnittstellen in Betracht zu ziehen. Die Bndelung gleichartiger, bisher aber getrennt verantworteter Aufgaben – z. B. die Konsolidierungsarbeiten fr die legale und die Management-Berichterstattung oder die dauerhafte Sicherstellung standardisierter Methoden und Finanzgrçßen – sind ber die einzelnen Bereiche hinweg auch durch organisatorische Regelungen und Strukturen abzubilden. Die aufgezeigten organisatorischen Mçglichkeiten wie beispielsweise die strkere Integration der Strukturen, die Strkung der Weisungsbefugnisse zentraler Abteilungen oder die Zusammenlegung bisher getrennter Fhrungsinstanzen spielen hierbei eine bedeutsame Rolle. Damit wird auch durch die Implementierung einer geeigneten Organisation der Verantwortung des CFO Rechnung getragen, das Unternehmen in allen finanziellen Belangen zu fhren und zu koordinieren.
266
CFO-Organisation Seite 267
6
Literaturhinweise
Daum, J. H. (2005): Finance Transformation: Die Evolution der Finanzfunktion und die Perspektiven fr die Zukunft, in: ControllerNews, o. Jg. (2005), H. 6, S. 207 – 209. Dressler, S.; Hensen, S. (2005): Offshoring im Controlling – eine deutsche Lçsung am Beispiel von SAP BW SEM, in: Zeitschrift fr Controlling & Management, 49. Jg. (2005), H. 1, S. 72 – 77. Ernst, E. (2004): Finanz- und Controllingorganisation am Beispiel der Deutschen Post World Net, in: Zeitschrift fr Controlling & Management, 48. Jg. (2004), H. 5, S. 340 – 344. Gaiser, B. (2006): Die CFO-Agenda: Leistungssteigerung von Controlling- und Finanzprozessen, in: Horvth, P. (Hrsg.): Controlling und Finance Excellence, Stuttgart 2006, S. 47 – 60. Hahn, D.; Hungenberg, H. (2001): PuK – Wertorientierte Controlling-Konzepte, 6. Aufl., Wiesbaden 2001. Heldt, P. (2002): Organisation der finanziellen Fhrung – Empirische Bestandsaufnahme und Zeitvergleich, Berlin 2002. Horvth, P. (2006): Controlling, 10. Aufl., Stuttgart 2006. Horvth & Partners (Hrsg.) (2006): Das Controlling-Konzept, 6. Aufl., Mnchen 2006. International Group of Controlling (Hrsg.) (2005): ControllerWçrterbuch, 3. Aufl., Stuttgart 2005. Keller, M.; Krugmann, B. (2006): Controlling Information Center – Beyond Traditional Reporting, in: Horvth & Partners (Hrsg.): Performance Management in der Praxis, Zrich 2006, S. 217 – 240. Kpper, H.-U. (2005): Controlling, 4. Aufl., Stuttgart 2005. Menzies, C. (Hrsg.) (2006): Sarbanes-Oxley und Corporate Compliance, Stuttgart 2006. Michel, U. (2006): Der Finanzbereich im Umbruch, in: Controlling, 18. Jg. (2006), H. 8/9, S. 429 – 445. Michel, U.; Esser, J. (2006): Wohin entwickelt sich der Finanzvorstand?, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 49, 27.2.2006, S. 22. Mller, M.; Schmidt H. (2006): Controlling-Organisation: BestPractice und Lçsungsanstze, in: Der Controlling-Berater, o. Jg. (2006), H. 6, S. 711 – 730.
267
CFO-Organisation Seite 268
Reckenfelderbumer, M. (2004): Zentralbereiche, in: Handwçrterbuch der Organisation, Stuttgart 2004, Sp. 1665 – 1673. Saalfeld, C. (2006): bergang von der SOX-Projektorganisation zur dauerhaften Linienverantwortung bei der Bayer AG, in: Menzies, C. (Hrsg.): Sarbanes-Oxley und Corporate Compliance, Stuttgart 2006, S. 425 – 431. Scheffner, J.; Hofmann, N. (2007): Die Controllingorganisation als Baustein zu Finance Excellence – Ansatzpunkte zur Steigerung von Effektivitt und Effizienz, in: Controlling, 19. Jg. (2007), H. 1, S. 21 – 29. Weber, J.; Hunold, C.; Prenzler, C.; Thust, S. (2001): Controllerorganisation in deutschen Unternehmen, Schriftenreihe Advanced Controlling, Band 18, Vallendar 2001.
268
Shared Services Seite 269
Shared Services als Organisationsform fr das Controlling n Die organisatorische Gestaltung des Controlling kann zur Steigerung von Effektivitt und Effizienz der Controlling-Funktion beitragen. n Der Shared-Services-Ansatz liefert Anregungen fr die organisatorische Gestaltung des Controlling. n Shared Services kommen nicht fr alle Controlling-Funktionen in Frage. Fr ausgewhlte Controlling-Aufgaben kçnnen sie Vorteile bringen. n Die Einrichtung von Controlling Shared Service Centern (CSSC) bringt eine Reihe von organisatorischen Gestaltungsaufgaben mit sich. n In international ttigen Unternehmen sollte auch das Offshoring von CSSC geprft werden. Inhalt
Seite
1 1.1 1.2
Weiterentwicklung der Controlling-Organisation .................. Ziele der Controlling-Organisation ............................................. Bekannte Organisationsprinzipien als Vorbild ............................
271 271 271
2 2.1 2.2 2.3
Shared Services als Organisationsform ................................... Charakteristika von Shared Services ........................................... Vorteile von Shared Services ....................................................... Shared Services im Finanzbereich ...............................................
273 273 275 276
3
Shared Services als Ansatz zur Organisation von ControllingAufgaben .................................................................................... Grundmuster einer Controlling-Shared- Service-Organisation .. Auswahl von SSC-geeigneten Controlling-Aufgaben ................. Voraussetzungen fr Controlling Shared Services ......................
276 276 279 280
Organisatorische Gestaltung von Shared Services im Controlling .................................................................................. Unterschiedliche Centertypen ..................................................... Organisatorische Ausgestaltung des CSSC .................................. Zusammenspiel von CSSC und Geschfts-Controlling ............... Steuerung des Controlling Shared Service Center ...................... Anzahl der Controlling Shared Service Center ............................
282 282 283 285 287 288
3.1 3.2 3.3 4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 5 5.1
Offshoring und Outsourcing als besondere Ausprgungen des Shared-Service-Ansatzes .......................................................... 289 Offshoring von Controlling .......................................................... 289
269
Shared Services Seite 270 5.2
Outsourcing von Controlling .......................................................
292
6
Fazit .............................................................................................
292
7
Literaturhinweise .......................................................................
293
n Der Autor Dr. Uwe Michel, Partner und Leiter Competence Center Controlling bei Horvth & Partners Management Consultants.
270
Shared Services Seite 271
1
Weiterentwicklung der Controlling-Organisation
1.1
Ziele der Controlling-Organisation
Einhergehend mit dem Ziel der Unternehmenswertsteigerung und der Steigerung der Wettbewerbsfhigkeit ist das Streben von Unternehmen nach hçchstmçglicher Effektivitt und Effizienz weiter auf dem Vormarsch und betrifft zunehmend auch das Controlling. Die Anforderungen, die lange Zeit – nicht zuletzt mit intensiver Beteiligung des Controlling – an andere Einheiten im Unternehmen formuliert wurden, werden nun auch an das Controlling gestellt. In diesem Zusammenhang bildet die Gestaltung der Controlling-Organisation ein wichtiges Handlungsfeld fr die Controlling-Verantwortlichen, bestmçglich zu den Unternehmenszielen beizutragen und die Leistung des Controlling permanent zu steigern. „Kernziel der organisatorischen Gestaltung ist es […], Regelungen fr eine Verteilung der Aufgaben auf organisatorische Einheiten und deren Koordination zu schaffen, die eine nahe am Optimum liegende Erreichung des Unternehmenszieles langfristig gewhrleisten.“1
Unternehmensund ControllingZiele
Aus Sicht der Unternehmensfhrung ist die Fhigkeit, dezentrale und zentrale Organisationsanstze zu kombinieren, erfolgskritisch, um stndig mit wettbewerbsfhigen Geschftsmodellen, hoher Innovationsgeschwindigkeit und großer Kundennhe operieren zu kçnnen. Kollaborative Arbeitsformen in virtuellen Teams und Netzwerkorganisationen spielen dabei eine zunehmend wichtige Rolle. Neben dieser grundstzlichen Forderung der Unternehmensfhrung nach Flexibilitt der Organisation mit Blick auf die strategische Ausrichtung des Unternehmens ist die Rolle von Shared Service Centern als Beitrag zum strategischen Konzept der Konzentration auf Kernkompetenzen zu betrachten.2
1.2
Bekannte Organisationsprinzipien als Vorbild
Auf der Suche nach organisationsbezogenen Lçsungen und Mçglichkeiten zur Leistungssteigerung des Controlling liegt es nahe, dass nach den Prinzipien der Organisationstheorie auch fr das Controlling neue Formen der Aufgabenteilung, der Zusammenfassung von Aufgaben (Aufgabenbndelung) oder der Ausgliederung 1 2
Organisation der industriellen Produktion
Vgl. Kagelmann (2004), S. 1. Vgl. Krger (2005), S. 77 ff.
271
Shared Services Seite 272
von Aufgaben geprft werden. Die Anwendung dieser Prinzipien fhrte in unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens zu Formen der Organisation, die als Shared Services bezeichnet werden. Diese „neue“ Organisationsform wird in vielen Bereichen schon seit geraumer Zeit erfolgreich praktiziert, sind doch grundstzlich neben Finanzaufgaben auch IT-, Personal- oder Einkaufsaufgaben fr die Einbringung in Shared Service Centern geeignet. Bei der organisatorischen Gestaltung von administrativen Bereichen werden schon seit langem einige Grundprinzipien angewendet, die bei der Gestaltung der Herstellungsprozesse zu den heute bekannten Formen der industriellen Produktion gefhrt haben. Standardisierung, Arbeitsteilung, Spezialisierung und Automatisierung haben Quantensprnge in der Produktivittssteigerung mçglich gemacht. Heute leistet ein einzelner Mensch das, was vor Jahren noch durch eine Vielzahl von Menschen geleistet wurde. Viele Fabriken sind fast menschenleer. Die durch ausfhrende Ttigkeiten gebundenen Mitarbeiterkapazitten verringern sich zum Teil drastisch. brig bleiben hufig nur wenige anspruchsvolle Steuerungs- und Gestaltungsttigkeiten. Auch in Teilen der Dienstleistungsbranche sind diese Prinzipien bereits weit fortgeschritten. So wird in Banken die reine buchungstechnische Abwicklung des Großteils der Geschftsvorflle in internen oder auch ausschließlich auf diese Ttigkeit spezialisierten externen Transaktionsbanken vorgenommen. Diese Prinzipien kçnnen auch fr die organisatorische Gestaltung des Controlling als Vorbild dienen und sollen im Folgenden kurz skizziert werden. Standardisierung, Spezialisierung, Automatisierung
Die Standardisierung von Verrichtungen, Aufgaben bzw. Prozessen ist Voraussetzung fr eine sinnvolle Arbeitszerlegung,3 die ihrerseits wichtig fr Effizienzgewinne ist. Daneben sorgt Standardisierung an sich fr Effizienzsteigerung, weil einstmals unterschiedliche Prozessdurchfhrungen einheitlich und mindestens so effizient wie die vormals „beste“ Variante abgewickelt werden. Des Weiteren ist Standardisierung die Voraussetzung dafr, dass inhaltlich gleiche Aufgabenstellungen, die von verschiedenen organisatorischen Einheiten bzw. Leistungsempfngern bençtigt werden, sinnvoll und effizient rumlich und organisatorisch an einer Stelle durchgefhrt werden kçnnen. Arbeitszerlegung ist einerseits Voraussetzung fr Mechanisierung bzw. Automatisierung. Andererseits fçrdert Arbeitszerlegung Spezialisierung. Automatisierung ersetzt inzwischen auch in administrativen Bereichen menschliche Arbeitskraft durch maschinelle – in diesem Fall sind es IT-Hardware und Software. Automatisierung 3
272
Vgl. Krger (1984), S. 54 und S. 114.
Shared Services Seite 273
begnstigt zusammen mit weiteren informationstechnologischen Mçglichkeiten – u. a. Internet, webbasierte Applikationen, E-collaboration – die organisatorische Unabhngigkeit von Raum und Zeit bzw. die Einrichtung von virtuellen Organisationseinheiten. Aus Spezialisierung folgt Routinisierung. Im Ergebnis resultieren daraus wirtschaftlich Lern- und Erfahrungskurveneffekte und damit Potenziale zur Steigerung von Effektivitt und Effizienz. Das ist insbesondere bei Ttigkeiten mit hohen Volumina und repetitiven Eigenschaften erfolgreich bzw. lohnend. Im Zusammenhang mit den aufgefhrten Prinzipien spricht man auch von Industrialisierung administrativer Funktionen. Analog zur Einfhrung von Fließband, integrierten Produktionsanlagen und Robotern bernehmen Hard- und Software die menschliche Arbeit. Daher rhren auf den Finanzbereich bertragen Begriffe wie Accounting Factory oder Reporting Factory. Die Betrachtungsweise der Industrialisierung wird durch die Anwendung von Kosten- und Produktivittsbenchmarks in administrativen Bereichen untersttzt, wie es in der Produktion und in anderen betrieblichen Funktionen schon lnger gngige Praxis ist. Gerade in international ttigen Unternehmen kçnnen die o. g. Prinzipien zu deutlichen Fortschritten fhren. Hufig haben diese Unternehmen mehrdimensionale Organisationsformen mit Zwischenholdings, rechtlichen Einheiten, unterschiedlichen Geschftsbereichen, regionalen Einheiten, mehreren Standorten etc. Die administrativen Funktionen sind hier in der Regel stark fragmentiert. An vielen unterschiedlichen Stellen im Unternehmen werden vom Prinzip her gleiche Ttigkeiten sehr unterschiedlich durchgefhrt. In weltweit ttigen Großunternehmen werden z. B. Buchhaltungs- oder Konsolidierungsttigkeiten an mehreren hundert verschiedenen Stellen durchgefhrt. Das Standardisierungs- und Spezialisierungspotenzial ist dann naturgemß hoch.
2
Shared Services als Organisationsform
2.1
Charakteristika von Shared Services
Shared Service Center stellen einen Organisationsansatz zur Bereitstellung von (Dienst-)Leistungen fr mehrere Leistungsempfnger durch die gemeinsame Nutzung von Ressourcen dar.4 Das erste Shared Service Center (SSC), von dem berichtet wird, war ein 4
Gemeinsame Nutzung von Ressourcen
Vgl. Kagelmann (2001), S. 49 f.
273
Shared Services Seite 274
Financial Shared Service Center von General Electric in den USA. Dort wurden schon 1984 die Rechnungswesenaufgaben aus 50 Standorten in vier Shared Service Centern zusammengefhrt. Auch heute noch gilt General Electric als fhrend in der weltweiten Einrichtung von Shared Service Centern und der Nutzung ihrer Vorteile.5 Doch der Grundstein fr diese Entwicklungen und fr das Streben nach Effektivitts- und Effizienzsteigerung im Finanzbereich wurde schon viel frher gelegt. Bereits 1920 wurde durch die Zentralisierung der Finanz- und Rechnungswesenaktivitten bei General Motors die Basis fr die Etablierung eines SSC geschaffen.6 Dienstleistungsorientierung von Shared Services
Die rein organisatorische und/oder rumliche Zusammenfassung von Ressourcen und Infrastruktur zu zentralisierten Einheiten wird jedoch noch nicht als Shared Service betrachtet. Im Gegensatz zu reinen „Zentralabteilungen“ zeichnen sich Shared Services durch ihre Dienstleistungsorientierung aus und sind durch die folgenden Eigenschaften gekennzeichnet: e Es existieren Produkt- oder Leistungskataloge mit klar umrissenen Dienstleistungen. e Es gibt klar definierte Kundenbeziehungen. Die Kunden sind benannt. Es werden Leistungsvereinbarungen zwischen Dienstleistern und Kunden getroffen, in denen Art und Umfang der Leistungen sowie deren Preise festgelegt werden. e Die Leistungsvereinbarungen mit den Kunden werden in der Regel in Form von Service Level Agreements (SLA) spezifiziert, die vor allem unterschiedliche Service-Niveaus und deren Beanspruchungsmçglichkeiten beschreiben. e Es gibt klar definierte (Verrechnungs-)Preise fr die Dienstleistungen. e Die Leistungen werden transparent gemacht. Es erfolgen Leistungsmessungen durch Key Performance Indicators (KPI) und/oder Leistungsvergleiche durch Benchmarking bzw. durch Vergleich der Leistungen und Preise mit denen alternativer (externer) Anbieter. e Teilweise herrscht eine Wettbewerbssituation in der Form, dass fr die internen Kunden kein Kontrahierungszwang besteht und somit marktlicher Wettbewerb gegeben ist.
5 6
274
Vgl. Dressler (2005), S. 90 ff. Vgl. Sloan (1965), S. 118 – 149.
Shared Services Seite 275
2.2
Vorteile von Shared Services
Charakteristisch fr die Organisationsform SSC ist die funktionale, organisatorische und i. d. R. auch rumliche Bndelung von mehr oder weniger gleichen Aufgaben und Prozessen, die zuvor an mehreren unterschiedlichen Stellen im Unternehmen wahrgenommen wurden. Der wirtschaftliche Vorteil daraus sind in erster Linie Economies of Scale. Durch Lern- und Erfahrungskurveneffekte werden die Kosten fr die einzelne Durchfhrung eines Prozesses oder einer Aktivitt geringer. Zudem kann eine bessere Auslastung der eingesetzten Kapazitten erreicht werden, was einer Fixkostendegression gleichkommt. Diese Effekte werden dadurch verstrkt, dass die Prozessabwicklung standardisiert wird, was zu effizienteren Prozessen mit geringerem Ressourcenbedarf und schnelleren Ablufen fhrt.
Effizienz durch Shared Services
Durch die Bndelung von Aufgaben kann des Weiteren der Bedarf an Fixkostenressourcen, u. a. Informationstechnologie, reduziert werden, weil z. B. nicht mehr in eine Vielzahl von Systemen an verschiedenen Standorten investiert werden muss. Dadurch wird die Kapitalbindung des Unternehmens verringert. Des Weiteren werden durch die Bndelung der fr die Leistungserbringung erforderlichen Ressourcen – wie z. B. IT, Wartungsleistungen, Beratungsleistungen, Mieten – Einkaufspreisvorteile in der Beschaffung erreicht. Außerdem fallen durch die Vereinheitlichung von Systemen und Prozessen geringere (Wartungs- und Betreuungs-)Kosten an. Zustzliche Kostensenkungen kçnnen erreicht werden, wenn nicht bençtigte, aber bisher angebotene Leistungen wegfallen. Da Leistungsempfnger in der Regel einen Preis fr den Bezug der Leistungen zahlen mssen. werden nicht wirklich erforderliche Leistungen dann erfahrungsgemß nicht mehr nachgefragt. Weitere Kostensenkungsmçglichkeiten ergeben sich aus der Automatisierung und dem daraus resultierenden Ersatz von Personalkosten durch i. d. R. geringere IT-Kosten. Nicht zuletzt kçnnen durch die geographische Verlagerung (Offshoring) geringere Faktorkosten – v. a. geringere Personal- und Facility-Kosten – erreicht werden. Bei der Diskussion von Shared Services sind auch eine Reihe von Effektivittsvorteilen zu nennen, die fr Unternehmen ebenso wichtig sind wie Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen. Die funktionale, organisatorische und in der Regel auch rumliche (seltener auch virtuelle) Zusammenfassung ermçglicht einerseits eine hçhere fachliche Spezialisierung der Mitarbeiter. Andererseits kçnnen die Aufgaben ausfallender Mitarbeiter (z. B. wegen Urlaub,
Effektivitt durch Shared Services
275
Shared Services Seite 276
Krankheit, Fluktuation) bei entsprechender Arbeitsorganisation durch in die jeweilige Aufgabenstellung eingearbeitete Kollegen bernommen werden. Das Resultat ist eine hçhere Qualitt und ein geringeres Ausfallsrisiko der Leistungen. Hçhere Effektivitt wird im Bereich des Financial Accounting z. B. durch gezieltes Debitoren-, Kreditoren- und Anlagenmanagement oder systematisches Cash-Pooling und Cash-Netting erreicht, was zu geringerer Kapitalbindung fr das Unternehmen fhrt.
2.3 Schwerpunkt transaktionale Buchhaltungsaktivitten
Shared Services im Finanzbereich
Wie durch das Beispiel von General Electric dargestellt, sind Shared Services im Finanzbereich nichts Neues. In erster Linie werden so genannte transaktionsorientierte Aktivitten in Shared Service Centern zusammengefasst, da sie sich durch Standardisierbarkeit, hohes Volumen und Wiederholcharakter auszeichnen, was wichtige Voraussetzungen fr die Realisierung einer Reihe der genannten Vorteile sind. Im Finanzbereich sind das in erster Linie die typischen Buchhaltungsprozesse. Am hufigsten in Shared Service Center verlagert werden Prozesse der Kreditorenbuchhaltung, Debitorenbuchhaltung und Fakturierung, Anlagenbuchhaltung, Lohn- und Gehaltsabrechnung, Reisekostenabrechnung sowie des Cash-Managements und des Reporting. Nicht zuletzt durch das viel beschworene Zusammenwachsen von Rechnungswesen und Controlling,7 aber auch weil in anderen Lndern die in Deutschland gngige Trennung von Rechnungswesen und Controlling so unblich ist, liegt es nahe, den Ansatz auch fr Controlling-Aufgaben zu prfen.
3
Shared Services als Ansatz zur Organisation von ControllingAufgaben
3.1 Controlling als Shared Service
Typische Controlling-Aufgaben werden bisher weniger in Form von Shared Services organisiert. Grnde dafr sind einerseits, dass Controlling-Aufgaben weniger die oben beschriebenen Charakteris7
276
Grundmuster einer Controlling-SharedService-Organisation
Siehe hierzu den Beitrag von Hofmann; Munz in diesem Buch.
Shared Services Seite 277
tika bzw. Voraussetzungen fr eine Shared-Service-Center-Eignung aufweisen. Andererseits sind viele Controlling-Funktionen eng mit dem Geschft bzw. der Wertschçpfung verbunden und deswegen rumlich wie auch zum Teil organisatorisch bei Geschftseinheiten und Wertschçpfungsprozessen angesiedelt. Doch auch fr Controlling-Funktionen kann grundstzlich geprft werden, in welchem Umfang die oben beschriebenen Vorteile einer Shared-Service-Organisation genutzt und damit Effektivitt und Effizienz erhçht werden kçnnen. Auch wenn die Beraterrolle des Controlling dominiert, so gibt es doch zahlreiche Transaktions- oder Knowhow-getriebene Ttigkeiten wie z. B. die Konsolidierung, das Aufbereiten von Standardberichten oder der Betrieb der Kosten- und Leistungsrechnung, die nicht in unmittelbarer organisatorischer oder rumlicher Nhe des Geschfts platziert sein mssen. Neben klassischen SSC-Aufgaben, die im Wesentlichen transaktionale Aktivitten mit hohem Volumen und repetitivem Charakter umfassen, gibt es im Controlling eine zweite Kategorie von Aufgaben, die grundstzlich fr ein Shared Service Center geeignet ist. Es handelt sich um Leistungen, die mehr oder weniger in der gleichen Form von mehreren Leistungsempfngern bençtigt werden und die spezifisches fachliches Know-how erfordern, jedoch nicht unbedingt in grçßeren Mengen anfallen. Hier geht es im Gegensatz zu Skaleneffekten eher um Spezialisierungsvorteile bei Prozessen, die in den einzelnen Unternehmensbereichen eher selten anfallen. Das Controlling Shared Service Center (CSSC) erbringt seine Leistungen fr unterschiedliche Einheiten im Unternehmen. Dazu gehçren in erster Linie die Geschftsbereiche, wobei aber auch Zentralfunktionen Abnehmer von Leistungen des CSSC sein kçnnen. Der unmittelbare Kontakt besteht dabei mit den jeweiligen Controlling-Einheiten vor Ort (vgl. Abb. 1).
277
278
Geschäftsbereich 3
GB-Controlling Werks-Controlling ...
GB-Leitung
Geschäftsbereich 1
GB-Controlling Werks-Controlling ...
GB-Leitung
HR
FI
CO
CO FI HR IT GB
= Controlling = Finance = Human Resources = Information Technology = Geschäftsbereich
Controlling S h ared Services
Zentral-/Konzernfunktionen
IT
Unternehmensführung
GB-Leitung
Geschäftsbereich ...
GB-Controlling Werks-Controlling ...
GB-Leitung
Geschäftsbereich 2
GB-Controlling Werks-Controlling ...
...
Shared Services
Seite 278
Abb. 1: Grundmuster einer Controlling-Shared-Service-Organisation
Shared Services Seite 279
3.2
Auswahl von SSC-geeigneten Controlling-Aufgaben
Fr die Identifikation bzw. Selektion von Shared-Service-Centergeeigneten Controlling-Aufgaben kann ein Kriterienraster durchlaufen werden (vgl. Abb. 2). Nach der Aufgabenteilung und dem Durchlaufen des Prfrasters erfolgt dann die Bndelung der geeigneten Aufgaben im SSC bzw. die (Neu-)Organisation der verbleibenden Aufgaben an ihren ursprnglichen Stellen.
Kriterienraster zur Auswahl von CSSC-Aufgaben
Zunchst ist zu prfen, ob es sich um eine Controlling-Aufgabe handelt, die von mehreren organisatorischen Einheiten bençtigt wird. Trifft das nicht zu, ist zu prfen, inwiefern eine Aufgabe sinnvoll in Teil-/Einzelaufgaben zerlegt werden kann. Dann ist fr die Teilaufgaben zu fragen, ob sie von mehreren Einheiten bençtigt werden. Alle (Teil-)Aufgaben, fr die das nicht der Fall ist, verbleiben an ihrem ursprnglichen Ort. Im nchsten Schritt wird die Standardisierbarkeit der Aufgabenerfllung hinterfragt. Kann diese in der gleichen Art und Weise fr die unterschiedlichen Leistungsempfnger abgewickelt werden? Wenn das nicht der Fall ist, ist die SSC-Eignung nicht gegeben. Das gilt auch, wenn geschftsspezifische Grnde gegen eine SSCZuordnung sprechen. Die SSC-geeigneten Aufgaben werden dann danach getrennt, ob sie Spezial-Know-how erfordern oder eher in grçßeren Mengen anfallen und repetitiv sind. So wird die Zuordnung zum Center of Expertise und Center of Scale getroffen, auf deren Charakteristika an spterer Stelle eingegangen wird. SSC-geeignete Controlling-Aufgaben sind z. B. e e e e
Ausgewhlte Management-Reporting-Aufgaben Kosten- und Ergebnisrechnung Datenbereitstellung fr die Kalkulation Ausgewhlte Planungsaufgaben.
Typische CSSC-Aufgaben
Bei komplexeren Prozessen sind jedoch nicht alle Teilaufgaben fr das SSC geeignet. So mssen z. B. bestimmte Aktivitten im Rahmen der Planung oder des Management-Reporting beim geschftsnahen Controlling verbleiben.
279
Shared Services Seite 280
ja (Teil-)Aufgabe für mehrere Einheiten/Leistungsempfänger?
Controlling-Aufgaben
nein
Kann die Aufgabe in Teilaufgaben zerlegt werden?
nein
ja
Ist die (Teil-)Aufgabe standardisierbar?
nein
Business
ja Geschäftsspezifischer Grund, der eine Bündelung der Aufgabe nicht zulässt?
ja
SSC
nein Aufgabe charakterisiert durch spezielles Know-howVolumen
Know-how-Charakter überwiegend
Volumen-Charakter überwiegend
SSC = Shared Service Center
Center of Expertise Center of Scale
Abb. 2: Selektion von Controlling-Aufgaben fr Shared Service Center
3.3 Informationstechnologische Voraussetzungen
Voraussetzungen fr Controlling Shared Services
Voraussetzung wie auch Treiber der Effektivitts- und Effizienzsteigerungen im Controlling sind leistungsfhige Datenverarbeitungsund Kommunikationssysteme. Das gilt auch fr die Einrichtung von Shared Services im Controlling. Moderne IT-Systeme ermçglichen nicht nur die Automatisierung bisher manuell ausgefhrter Ttigkeiten, sondern auch neue Formen der Arbeitsteilung und Zusammenarbeit. Die Digitalisierung ermçglicht die grenzenlose bertragung von Daten und Informationen mehr oder weniger in Echtzeit und ohne tageszeitliche Einschrnkungen. So wird es mçglich, dass ControllingAufgaben zum Teil unabhngig von Ort und Zeit des Informationsbedarfs bzw. des Dienstleistungsbedarfs geleistet werden kçnnen. Wichtige informationstechnologische Voraussetzungen8 fr das Funktionieren von Controlling Shared Services sind: e Unternehmensweite Zusammenlegung und Vereinheitlichung von Controlling-Applikationen, das betrifft Controlling-relevante Enterprise-Resource-Planning-(ERP-) wie auch BusinessIntelligence-(BI-)Anwendungen. 8
280
Vgl. u. a. Keuper; von Glahn (2006), S. 89 f.; Dressler; Hensen (2005), S. 74 ff.
Shared Services Seite 281
e Zentrale Datenhaltung und einheitliche Daten; Datenverfgbarkeit und Datenqualitt. e Online-Zugriff der Mitarbeiter der Controlling Shared Services auf alle relevanten Datenbanken. e Die Fhigkeit, neue Anwendungen bzw. Systeme oder Teilsysteme in die bestehende Controlling-IT-Architektur zu integrieren. e Unternehmensweit optimierte IT-Infrastruktur mit einer mçglichst geringen Anzahl von IT-Systemen, die weitgehend integriert sind. Diese Voraussetzungen fhren per se zu Effizienzsteigerungen im IT-Bereich und ermçglichen auch dort die Einrichtung von Shared Services. Mit Blick auf die Controlling-Funktion geht es hier allerdings in erster Linie darum, unternehmensweit eine einheitliche Controlling-Sprache zu sprechen und mit einheitlichen, widerspruchsfreien Daten („one truth“) arbeiten zu kçnnen, was fr die Durchfhrung organisationseinheitsbergreifender ControllingAufgaben von grundlegender Bedeutung ist. Genau denselben Zweck erfllen einheitliche Methoden in Controlling und Rechnungswesen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Harmonisierung des internen und externen Rechnungswesens in deutschen Unternehmen. Solange das interne Rechnungswesen zu wichtigen Sachverhalten andere Aussagen trifft als das externe Rechnungswesen, wird es schwierig sein, Controlling-Aufgaben in Shared Services zu bndeln, da keine einheitliche Datenbasis zustande kommt. In international ttigen Unternehmen wird in den verschiedenen Lndern oftmals mit unterschiedlichen Wertanstzen gearbeitet. So kçnnen dem Management keine verlsslichen Steuerungsinformationen zur Verfgung gestellt werden.
Methodische Voraussetzungen
Neben der Harmonisierung von Rechnungswesenanstzen sollten einheitliche Kennzahlen, betriebswirtschaftliche Methoden und Instrumente zum Einsatz kommen. Auch die Harmonisierung von Prozessen im Controlling und Rechnungswesen bzw. ganzer Geschftsprozesse wie „Order to Cash“ und „Purchase to Pay“ begnstigt eine erfolgreiche SSC-Einfhrung.
281
Shared Services Seite 282
4
Organisatorische Gestaltung von Shared Services im Controlling
4.1
Unterschiedliche Centertypen
Bei der organisatorischen Gestaltung von Shared Services im Controlling kann man zwei Grundtypen unterscheiden, das Controlling Center of Scale und das Controlling Center of Expertise oder Center of Excellence.9 Fr Letztere wird auch der Begriff Competence Center verwendet. Center of Scale
In einem Controlling Center of Scale werden eher repetitive und standardisierbare Volumenttigkeiten mit Schwerpunkt auf Informationserzeugung und Aufbereitung gebndelt. Zielsetzung ist vorrangig die Realisierung von Economies of Scale (s. o.). Dazu kann auch die Nutzung gleicher Ressourcen, fr die in der Regel nennenswerte Investitionen – vor allem in IT – erforderlich sind, gezhlt werden. Beispiele fr Volumen-Aufgaben sind: e Reporting: Meldung der Zahlen, Erstellen von Standard-Reports, Erstellen monatlicher Soll-Ist-Vergleiche. e Abschlsse: Koordination und Abstimmung der Abschlsse, Pflege der Monatsabschlussdatenbank. e Planung: Bereitstellung von Planungstemplates, Zusammenfassen unternehmensweiter Bottom-up-Planungen. e Kosten- und Ergebnisrechnung: Durchfhrung der Ergebnisrechnung, Abstimmung zwischen CO und FI, Abstimmung mit Geschftsbereichen, Meldung an çffentliche Einrichtungen, Datenpflege, Stammdatenpflege.
Center of Expertise
Einen anderen inhaltlichen Akzent setzt der Begriff „Center of Excellence“ bzw. „Center of Expertise“.10 Hier geht es weniger um Economies of Scale, sondern mehr um Spezialisierungsvorteile bei Controlling-Aufgabenstellungen und -Prozessen, die in unterschiedlichen Unternehmensbereichen bençtigt werden, dort aber jeweils vergleichsweise selten anfallen und gleichzeitig tiefer gehendes Fach-Know-how bzw. spezielle Kompetenzen erfordern. Bei „Center of Expertise“ ist ein stark wissensorientierter Dienstleistungscharakter typisch, vergleichbar mit extern beziehbaren Beratungsleistungen. Beispiele fr Expertise-Funktionen sind:
9 10
282
Vgl. Kagelmann (2001), S. 89. Vgl. Michel (2006), S. 443; Kagelmann (2001), S. 89 ff.; Suska (2005), S. 51.
Shared Services Seite 283
e Investitions-Controlling. e Transfer Pricing: (i. d. R. komplexe) Preisbestimmungen fr innerbetriebliche Lieferungen und (Dienst-)Leistungen in global ttigen Unternehmen, mit denen optimale Steuerungs- und Steuereffekte unter Bercksichtigung bzw. Einhaltung der lokalen GAAP und IFRS erreicht werden kçnnen (dabei ist eine Kombination von Controlling-, Rechnungswesen- und SteuerKnow-how erforderlich). e Spezifische Analysettigkeiten unter Nutzung von BusinessIntelligence-Instrumenten. e Planungssimulationsrechnungen.
4.2
Organisatorische Ausgestaltung des CSSC
In der Praxis wird eine Kombination von Volumen und Expertise Center sinnvoll sein. Ein Grund dafr ist, dass beide Typen von Centern auf die gleichen einheitlichen Datenquellen zugreifen und gleichzeitig bestimmte Business-Intelligence-Leistungen in Anspruch nehmen. Business Intelligence und Daten stellen sozusagen das Bindeglied zwischen den Center-Typen dar.
Kombination von Scale und Expertise
Fr die interne Organisation des CSSC liegt eine Gliederung nach Funktionen oder Teilfunktionen bzw. nach Prozessen oder Produkten/Dienstleistungen des SSC nahe. Nur so kçnnen zum einen die Economies of Scale und zum anderen die fachlichen Spezialisierungsvorteile realisiert werden. Darunter kann dann nach Regionen und/oder internen Kunden(gruppen) wie z. B. Geschftsbereichen strukturiert werden. In weltweit ttigen Großunternehmen kann aber auch eine umgekehrte Gliederung erfolgen. Demnach wrde auf der obersten Ebene nach Regionen oder Geschftsbereichen gegliedert, darunter dann nach Funktionen oder Prozessen.
Gliederung nach Funktionen und Regionen
Darber hinaus kann es bei großen SSC kundenbezogene Verantwortlichkeiten wie z. B. Customer Service Manager oder Key Account Manager geben. Außerdem werden abhngig von der Grçße des SSC ggf. Einheiten fr die Betreuung der SSC-internen Facilities und Ressourcen (z. B. Personal und IT) erforderlich. Das CSSC gewhrleistet einheitliche Methoden und Instrumente sowie einheitliche Reportingstrukturen und KPIs unternehmensweit. Methoden und Instrumente mssen nicht immer wieder neu erfunden werden. Im Sinne der Effektivitt werden durch die Vereinheitlichung berall im Unternehmen die gleiche Basis fr die Entscheidungsfindung geschaffen, bessere Performancevergleiche zwischen Einheiten ermçglicht und Irritationen beim Management 283
284
Abb. 3: Mçgliche Organisation und Anbindung eines CSSC
Geschäftsbereich 3
GB-Controlling WerksControlling ...
Leitung
GB-Leitung
Geschäftsbereich 1
GB-Controlling WerksControlling ...
Leitung
GB-Leitung
IT
CFO / Leiter Konzern-Controlling
Kalkulation
Kostenrechnung
Management Reporting
Center of Scale
Leistungsbeziehungen Solid Line Dotted Line
Center-Leiter
Transfer Pricing
Financial Analysis
Investitions-Controlling
Center of Expertise Teams
Zentral-/Konzernfunktionen
CompetenceLeiter
HR
Unternehmensführung ...
Geschäftsbereich ...
GB-Controlling WerksControlling ...
Leitung
GB-Leitung
Geschäftsbereich 2
GB-Controlling WerksControlling ...
Leitung
GB-Leitung
Shared Services
Seite 284
Shared Services Seite 285
vermieden. Als Beispiel fr eine solche Organisationsform kçnnen die Controlling Information Center (CIC) der UBS angefhrt werden, die in der Lage sind, dem Management rund um die Uhr die bençtigten Informationen zur Verfgung zu stellen.11 Die organisatorische Anbindung des/der CSSC sollte an den CFO bzw. das zentrale Controlling des Unternehmens erfolgen. So kçnnen die fachliche Ausrichtung und die Identifikation der SSC-Mitarbeiter mit der unternehmensinternen Controller Community sichergestellt werden. Sollte das CSSC Teil eines multifunktionalen SSC sein, das nicht dem CFO zugeordnet ist bzw. eine unabhngige Einheit im Unternehmen z. B. unter der Leitung eines „Chief Resource Officer“ darstellt, muss der fachliche Durchgriff des zentralen Controlling im gleichen Umfang gewhrleistet werden wie bei einer direkten Zuordnung zum CFO. Abbildung 3 skizziert die mçgliche interne Organisation und Anbindung eines CSSC.
4.3
Anbindung und Governance des CSSC
Zusammenspiel von CSSC und Geschfts-Controlling
Das Zusammenspiel von CSSC und Geschfts-Controlling ergibt sich inhaltlich aus der Aufgabenteilung, die einerseits in der Bndelung von Aufgaben fr das CSSC mndet und andererseits die im Business verbleibenden Aufgaben definiert (siehe Kap. 3.2). Dadurch wird definiert, welche Controlling-Einheit die einzelnen Aufgabenstellungen leistet. Vereinfacht gesagt wird im CSSC die Transparenz produziert, die das Controlling in der Linie bençtigt, um seine Aufgabe als Sparringspartner und Berater des Managements wahrnehmen zu kçnnen. Das Funktionieren dieses Zusammenspiels hngt vom geeigneten Aufgabensplit und von der richtigen Ressourcenzuordnung zu den jeweiligen Aufgabenbereichen ab. Beim Splitting der Aufgaben ist es entscheidend, dass das Geschfts-Controlling die im CSSC produzierte Transparenz glaubwrdig und berzeugend vertreten kann. Da die Datengrundlage ja nicht in der Linie, sondern im CSSC produziert wird, kann das zu Akzeptanz- und Abstimmungsproblemen fhren.12 Die Center of Scale leisten in diesem Sinne vor allem regelmßig anfallende Aufgabenstellungen und liefern z. B. monatlich Standardberichte an die Leistungsempfnger im Geschfts-Controlling. Außerdem sorgen sie fr die unternehmensweite Standardisierung der entsprechenden Berichte, Methoden und Instrumente. 11
12
Vgl. den Beitrag von Keller; Hsler in Kap. 2 dieses Buches sowie Keller; Krugmann (2006), Dressler; Hensen (2006). Vgl. auch Esser; Gaydoul (2006), S. 52 ff.
285
286
Berichtswesen
Kosten- und Leistungsrechnung
Operative Planung
Auszug
-
-
Umsetzung der Berichtsanforderungen seitens GeschäftsControlling Erfassen der Reportingdaten, Datenmanagement Erstellen der Standardberichte Erstellen von Sonderauswertungen auf Anfrage Betrieb der IT-Systeme für das Reporting etc.
Festlegung des Gesamtsystems der Kosten- und Leistungsrechnung Betrieb der Kosten- und Leistungsrechnung Erstellen der monatlichen Abschlüsse Betrieb der IT-Systeme für die Kosten- und Leistungsrechnung etc.
-
Erstellung und Versand Planungstemplates Erfassung Stammdaten Workflow-Steuerung in den Planungsläufen Technische Plankonsolidierung Dokumentation und Datenmanagement Betrieb der IT-Systeme für die Planung etc.
-
Controlling Shared Service Center
Abb. 4: Mçgliches Zusammenspiel zwischen CSSC und Geschfts-Controlling -
-
-
-
-
-
Definition der Berichtsanforderungen Management des Meldeprozesses Berichtsanalyse und -kommentierung für das Management Unterstützung bei der Eskalation von Entscheidungsbedarfen Einleitung und Verfolgung von gegensteuernden Maßnahmen etc.
Durchführung von Kostenanalysen Abweichungsgespräche mit Geschäftsverantwortlichen Durchführung von Kosten-Benchmarking Geschäftsspezifische Nutzung der Systeme, z. B. für die Produktkalkulation Gestaltung von Verrechnungspreisen etc.
Koordination des Planungsprozesses Teilnahme an der Planung für die Geschäftseinheiten und Funktionsbereiche Analyse und Zusammenfassung der Teilpläne Simulationen und Handlungsalternativensuche Ressourcenzuordnung zu den Top-down-Zielen etc.
Geschäfts-Controlling
Shared Services
Seite 286
Shared Services Seite 287
Die Leistungen der Center of Expertise haben zum einen Missionscharakter, weil sie zu betriebswirtschaftlich anspruchsvollen Themen unternehmensweit einheitliche Vorgehensweisen schaffen, die zum Nutzen des Controlling sind. In diesem Zusammenhang sind sie in der Regel Emissre des CFO oder des Konzern-Controlling. Zum anderen erbringen die Center of Expertise auf gesonderte Anfrage von einzelnen Leistungsempfngern interne Beratungsleistungen. Abbildung 4 zeigt das mçgliche Zusammenspiel von CSSC und Geschfts-Controlling entlang ausgewhlter Controlling-Prozesse. Fr das Zusammenspiel ist außerdem das „Wie“ der Leistungsbeziehungen zwischen Leistungserbringer – CSSC – und Leistungsempfnger – Controlling der Linie – zu gestalten. Die wesentlichen Gestaltungsparameter wurden bereits in Kap. 2.1 beschrieben.
4.4
CSSC als Cost Center
Steuerung des Controlling Shared Service Center
Das CSSC kann als Cost Center, Profit-Center oder Investment Center gefhrt werden. Bei der Steuerung als Cost Center erhlt es Budgetvorgaben. Ziel ist die Kosten(ber)deckung. Die Verrechnung der Leistungen erfolgt in der Regel ber Istmengen und Planpreise. Kostenunterdeckungen/-berdeckungen sind mçglich bzw. blich. Sie kçnnen durch unterjhrige Preisanpassungen mçglichst gering gehalten und am Jahresende durch Nachverrechnung an die Leistungsempfnger oder durch Ausweis in einer separaten Ergebniszeile gehandhabt werden. Diese Mçglichkeiten schaffen beim Cost Center im Vergleich zum Profit-Center jedoch wenig Anreiz zur Effizienzsteigerung. Um dies zu erreichen, sollten neben dem Budget, wenn erforderlich, Kostensenkungsziele, in jedem Fall aber Qualittsziele vereinbart werden. Unterschiedliche finanzielle und nicht finanzielle KPIs dienen der Leistungsmessung und dem Leistungsvergleich. Durch Service Level Agreements kçnnen die Leistungen spezifiziert und weitere Steuerungsimpulse fr das CSSC gesetzt werden. In der Praxis ist der berwiegende Teil der SSC als Cost Center organisiert. Als Profit-Center hat das SSC Gewinnziele. Die Verrechnung der Leistungen erfolgt durch Istmengen zu Marktpreisen, wobei auch interne Verrechnungspreise mçglich sind. Auch bei Profit-Centern kommen SLAs und KPIs zur Leistungsmessung zum Einsatz. Empirischen Erkenntnissen zufolge ist fast ein Drittel aller SSC als
CSSC als Profit-Center und Investment Center
287
Shared Services Seite 288 Profit-Center organisiert.13 Besteht neben der Profit- auch Investitionsverantwortung, kann das CSSC als Investment Center bezeichnet werden. Dieser in der Praxis eher noch seltene Fall ist vor allem dann relevant, wenn das Center seine Leistungen auch am externen Markt anbieten kann und zur Abdeckung zustzlicher Markt- und Kundenbedrfnisse sowie zum Erreichen der Wettbewerbsfhigkeit gegenber anderen Anbietern im Markt entsprechende Investitionen ttigen muss. Die Firma New Source, ein ausgegrndetes Financial Shared Service Center von Bahlsen, das auch ControllingAufgaben leistet, ist ein Beispiel fr ein Center, das sein Leistungsportfolio nicht nur gruppenintern, sondern auch am externen Markt anbietet.14
4.5
Anzahl der Controlling Shared Service Center
Die Frage, ob ein oder mehrere Controlling Center etabliert werden sollten, hngt vor allem von der Unternehmensgrçße und der geografischen Ausdehnung des Unternehmens ab. In weltweit ttigen Unternehmen gibt es hufig mehrere regionale SSC, die im Prinzip die gleichen Leistungen erbringen, jedes fr die Leistungsempfnger in der jeweiligen Region. Wenn ein Unternehmen bereits mehrere Financial oder auch multifunktionale Center eingerichtet hat, kann die Integration der Shared-Controlling-Aufgaben in diese Center nahe liegen. In manchen Unternehmen werden auch geschftsbereichsspezifische SSC etabliert, so dass die Anzahl der Geschftsbereiche bestimmend fr die Anzahl der SSC ist. Diese eher selten auftretenden Flle machen nur dann Sinn, wenn die Geschftsbereiche in sehr unterschiedlichen Branchen ttig sind, was in erster Linie in diversifizierten Unternehmen und Konglomeraten der Fall ist. Gibt es mehrere Center, kçnnen diese grundstzlich vçllig unabhngig voneinander operieren. Sinnvoller ist es jedoch, vor allem bei regionaler Gliederung, die einzelnen Center miteinander zu vernetzen, um so z. B. Back-up-Lçsungen bei Ausfllen oder 24/7-Service zu ermçglichen. Begnstigt wird das Funktionieren eines Multi-Center-Betriebs durch einen weltweit einheitlichen SSC-Ansatz des Unternehmens und eine klare SSC Governance sowie weltweit vernetzte IT-Infrastrukturen.
13 14
288
Vgl. Kagelmann (2001), S. 102 f.; Schimank; Strobl (2002), S. 19 f. Vgl. Richter (2005), o. S.
Shared Services Seite 289
Die UBS z. B. betreibt im Bereich Business Banking & Wealth Management weltweit drei so genannte Controlling Information Center (CIC), eines in Zrich, eines in New York und eines in Hongkong. Das Geschftsmodell dieser Center ist differenziert nach den Anforderungen der Kunden organisiert. Es werden Accounting-, Reporting- und Controlling-Aufgaben unterschieden.15
5
Offshoring und Outsourcing als besondere Ausprgungen des Shared-Service-Ansatzes
5.1
Offshoring von Controlling
Als Offshoring bezeichnet man die Verlagerung der Leistungserstellung in andere Lnder. Terminologische Varianten sind Nearshoring fr die Verlagerung in Lnder, die weniger weit entfernt sind, und Onshoring fr die Verlagerung von Aktivitten innerhalb eines Landes. In global ttigen Unternehmen ist die Bezeichnung Offshoring eigentlich nicht zutreffend. Es wird nichts aus einem relevanten Bereich weg(„off“)verlagert. Vergleichbar zu Standortentscheidungen fr Produktions- oder Vertriebseinheiten handelt es sich auch bei der Verlagerung von Controlling-Funktionen um eine reine Standortfrage. Die Verwendung des Begriffs Offshore bringt eine Zentralsicht bzw. Sicht des Headquarters zum Ausdruck, da z. B. die Controlling-Funktionen rein geografisch von dort an andere Orte verlagert werden.
Definition von Offshoring
Beim Offshoring geht es im vorliegenden Zusammenhang nicht um die rein geografische Verlagerung von Controlling-Aufgaben, sondern um die Einrichtung eines CSSC an einem typischen OffshoreStandort. Offshoring bringt zustzlich zu den bereits genannten Punkten Faktorkostenvorteile in Form geringerer Lçhne und Facility-Kosten. Zurzeit sind vom Offshoring vor allem Buchhaltungsprozesse betroffen, aber auch Teile der Controlling-Aufgaben sind offshorefhig.16 Auch hier ist General Electric mit einem inzwischen global diversifizierten Offshoring-Konzept fhrend. In mehreren FSSC in China, Indien, Mexiko und Ungarn werden u. a. nennenswerte Controlling-Aufgaben wie Analyse und Entscheidungsuntersttzung wahrgenommen.17 Mit zunehmendem Automatisierungsgrad und steigender Produktivitt im Controlling
Offshoring des CSSC
15
16 17
Vgl. Keller; Krugmann (2006) bzw. die Ausfhrungen von Keller; Hsler in Kap. 2. Dem Offshoring im Controlling widmet sich ausfhrlich Dressler in diesem Werk. Vgl. Dressler (2005), S. 90 f.; Dressler; Hensen (2005).
289
Shared Services Seite 290
verlieren die Faktorkostenvorteile von Niedriglohnlndern allerdings an Bedeutung. Where to locate?
Bei der organisatorischen Gestaltung und Anbindung eines Offshore CSSC gibt es keine grundstzlichen Unterschiede zu Onshore Centern. Allerdings stellt sich die Frage nach dem besten Standort fr ein Offshore Center. Gngige Offshore-Standorte fr FSSC sind z. B. Metropolen oder grçßere Stdte in Osteuropa oder Asien. Diese bieten sich selbstverstndlich auch als Standorte fr CSSC an. Eine Pauschalempfehlung kann nicht gegeben werden. Solche Standortentscheidungen sind von unterschiedlichen Faktoren abhngig und mssen deswegen unternehmensindividuell getroffen werden. Die folgende Kriterienliste kann dabei hilfreich sein und in Kombination mit einer Nutzwertanalyse (vgl. Abb. 5) eine sinnvolle Entscheidungsuntersttzung darstellen. Eines der wichtigsten Kriterien ist die finanzielle Perspektive. Vor allem Personalkosten, Kosten der Infrastruktur, Telekommunikationskosten, Investitionsanforderungen und steuerliche Auswirkungen sollten in eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einfließen. Da es sich um eine Entscheidung mit mehrjhrigen Folgen handelt, versteht es sich von selbst, dass bei der Wirtschaftlichkeitsrechnung eine dynamische Investitionsrechnung zum Einsatz kommen muss. Eine ebenso wichtige Rolle spielt die Verfgbarkeit von geeigneten Mitarbeitern. Neben der Grçße des Arbeitsmarktes sollten das Ausbildungsniveau, die Verfgbarkeit der gesuchten Fachkenntnisse, Sprachen und die Fluktuation der Mitarbeiter in die Betrachtung einfließen. Des Weiteren sind die politische und wirtschaftliche Stabilitt, Infrastruktur, kulturelle Kompatibilitt, die geografische Distanz sowie der Schutz des geistigen Eigentums Auswahlkriterien. Die Informationen zur Bewertung der Standorte hinsichtlich der einzelnen Kriterien mssen recherchiert werden. In vielen Lndern bzw. Stdten sind staatliche oder çffentliche Investitionsagenturen dabei behilflich. Allerdings kann in diesen Fllen wegen eines verstndlichen Eigeninteresses keine hundertprozentige Neutralitt gewhrleistet werden. Beratungsunternehmen kçnnen bei solchen Entscheidungen untersttzen und stellen die erforderliche Objektivitt sicher.
290
3x1 = 3
87
2x5 = 10 2x4 = 8 2x4 = 8 2x 3 = 6 2x 2 = 4 1 x1 = 1 1x 1 = 1
68
5 4 4 3 2 1 1
Mitarbeiter: Größe des Arbeitsmarktes, Ausbildungsniveau, Verfügbarkeit der gesuchten Fachkenntnisse, Sprachen, Fluktuation etc.
Politische und wirtschaftliche Stabilität
Infrastruktur: IT, Kommunikation, Energie, Verkehr etc.
Soziale und wirtschaftliche Verhältnisse
Kulturelle Kompatibilität
Geografische Distanz
Schutz des geistigen Eigentums
Nutzwert je Standort
1x1 = 1
3x 2 = 6
3x3 = 9
3x4 = 12
4x4 = 16
5x5 = 25
3x5 = 15
6x5 = 30
5
Wirtschaftlichkeitsrechnung (Business Case)
Standort 2
Standort 1
(Bewertung: 6 = sehr gut bis 0 = ungenügend)
Kriteriengewichtung (1-5)
Kri teri en
99
4x1 = 4
4x1 = 4
4x2 = 8
4x3 = 12
4x4 = 16
5x4 = 20
5x5 = 25
2x5 = 10
S t a n d o r t .. .
Shared Services Seite 291
Abb. 5: Mçgliche Nutzwertanalyse fr eine ControllingOffshoring-Standortentscheidung
291
Shared Services Seite 292
5.2
Outsourcing von Controlling
ControllingLeistungen von externen Anbietern
Beim Business Process Outsourcing (BPO) handelt es sich auch um den Bezug von Dienstleistungen und die gemeinsame Nutzung von Ressourcen durch mehrere Leistungsempfnger eines Unternehmens.18 In diesem Falle ist der Anbieter der Leistungen allerdings kein internes SSC, sondern ein externer Anbieter, ein Outsourcing Provider. Die Besonderheit im Vergleich zu einem unternehmensinternen Shared Service Center kommt durch die Tatsache, dass zunchst intern erstellte Leistungen nach außen in ein „fremdes“ Unternehmen verlagert werden. Damit verbunden ist ein nennenswerter Vernderungsprozess – Transition – fr das auslagernde Unternehmen. Außerdem kann auf die Leistungen und die Ressourcen nicht mehr durch hierarchische, sondern nur noch durch marktliche Koordination zugegriffen werden. Auch Controlling-Aufgaben – wie z. B. Kostenarten-, Kostenstellen- oder Kostentrgerrechnung – kçnnen an einen Outsourcing Provider vergeben werden. Generell handelt es sich dabei eher um operative Ttigkeiten. Das auslagernde Unternehmen behlt dabei die grundstzliche Kontrolle ber die Ttigkeiten und entscheidet selbstverstndlich ber „Make or buy“. Das Outsourcing-Unternehmen bernimmt regelbasierte Ttigkeiten und betreibt die erforderlichen IT-Plattformen.19
Zurckhaltung bei Controlling BPO
Obwohl ein genereller Trend zum Outsourcing von Finanz- und Rechnungswesen-Prozessen zu verzeichnen ist, kann in den letzten drei Jahren eine gewisse Zurckhaltung festgestellt werden. Das hngt mçglicherweise mit zunehmenden Compliance-Anforderungen zusammen, die zu einer hçheren Risikovermutung fr Outsourcing-Lçsungen bei den Entscheidungstrgern fhren. Es gibt einzelne Beispiele fr outgesourcte Controlling-Aufgaben und es existiert eine Reihe von Providern, die diese Dienstleistung anbietet. Dennoch werden diese Mçglichkeiten fr Controlling-Aufgaben bisher kaum genutzt. Neben den Compliance-Anforderungen sind dafr vermutlich Sicherheitsbedenken bezglich des mçglichen Zugangs Dritter zu hochsensiblen und wettbewerbsrelevanten Daten sowie eingeschrnkte Zugriffsmçglichkeiten auf die entsprechenden Controlling-Ressourcen verantwortlich.
6
Fazit
Die Relevanz von Shared Services als Organisationsform fr das Controlling ergibt sich vor allem aus der logischen Anwendung von Prinzipien, die auch in anderen Funktionsbereichen des Unterneh18 19
292
Auch hierzu sei vertiefend auf den Beitrag von Dressler verwiesen. Vgl. Richter (2006), S. 127 ff.
Shared Services Seite 293
mens zur Steigerung von Effektivitt und Effizienz gefhrt haben. Erste Beispiele fr CSSC besttigen die Machbarkeit und sind Hinweise fr deren Nutzen. Gleichzeitig ist die Verbreitung in der Praxis noch vergleichsweise gering. Das hngt in erster Linie damit zusammen, dass der CSSC-Gedanke an sich noch relativ neu ist. Aus heutiger Sicht ist damit zu rechnen, dass die Umsetzung von CSSC in der Praxis zunehmen wird. Das zeigen z. B. Ergebnisse des Horvth & Partners CFO-Panels (vgl. Abb. 6). Zum anderen kann eine verstrkte Nachfrage nach Beratungsuntersttzung auf diesem Gebiet festgestellt werden. Ob sich diese Idee langfristig und nachhaltig durchsetzen wird, wird davon abhngen, ob die Vorteile den Umsetzungsaufwand, die Risiken und die ggf. mit CSSC verbundenen Nachteile berwiegen.
Können Sie sich vorstellen, eine Controlling Factory in Ihrem Unternehmen einzuführen?
1. Ja, neben den Buchhaltungsaufgaben könnte das Standard-Reporting (Monatsabschlüsse etc.) durch die Factory wahrgenommen werden.
53%
2. Ja, eine Controlling Factory mit der Bereitstellung von originären Controlling-Leistungen (Abweichungsanalyse, Planungskoordination, Investitionsrechnung etc.) kann ich mir vorstellen. 3. Nein, lediglich Buchhaltungsaufgaben könnten durch die Factory wahrgenommen werden.
4. Nein, weder Buchhaltungs- noch Controlling-Aufgaben könnten durch die Factory wahrgenommen werden.
20%
15%
12%
Abb. 6: Einschtzung der Validitt einer „Controlling Factory“ (Quelle: Horvth & Partners CFO-Panel 2005)
7
Literaturhinweise
Dressler, S. (2005): Offshoring of Controlling Services – Is Nothing Impossible?, in: Controller Magazin, 30. Jg. (2005), H. 1, S. 87 – 92. Dressler, S.; Hensen, S. (2005).: Offshoring im Controlling – eine deutsche Lçsung am Beispiel von SAP BW SEM, in: Zeitschrift fr Controlling & Management, 49. Jg. (2005), H. 1, S. 72 – 77. 293
Shared Services Seite 294
Esser, J.; Gaydoul, R. (2006): Standardprozesse im Controlling als Basis eines aktiven Geschftscontrolling, in: Zeitschrift fr Controlling & Management, 50. Jg. (2006), Sonderheft 2, S. 49 – 55. Horvth & Partners CFO-Panel (2005): Ergebnisse CFO-PanelTreffen 06/2005, Frankfurt 2005. Kagelmann, U. (2001): Shared Services als alternative Organisationsform – am Beispiel der Finanzfunktion im multinationalen Konzern, Wiesbaden 2001. Keller, M.; Krugmann, B. (2006): Controlling Information Center – Beyond Traditional Reporting, in: Horvth & Partners (Hrsg.): Performance Management in der Praxis, Zrich 2006, S. 217 – 240. Keuper, F.; von Glahn, C. (2006): Shared-Controlling-Services – Eine Standortbestimmung unter Bercksichtigung der IT, in: Zeitschrift fr Controlling & Management, 50. Jg. (2006), Sonderheft 2, S. 84 – 93. Krger, W. (2006): Kernkompetenzbeitrge und Rollen von SharedService-Centern im strategiefokussierten Konzern, in: Keuper, F.; Oecking, C. (Hrsg.): Corporate Shared Services – Bereitstellung von Dienstleistungen im Konzern, Mnchen 2006, S. 75 – 96. Krger, W. (1984): Organisation der Unternehmung, Stuttgart 1984. Michel, U. (2006): Der Finanzbereich im Umbruch, in: Controlling, 18. Jg. (2006), H. 8/9, S. 439 – 445. Richter, S. (2006): Outsourcing – Auslagerung von ControllingTtigkeiten an einen externen Dienstleister, in: Der ControllingBerater, o. Jg. (2006), H. 1, S. 125 – 141. Richter, S. (2005): Service Management als wesentlicher Erfolgsfaktor im Business Process Outsourcing – ein Erfahrungsbericht der NewSource GmbH, Hannover 2005. Schimank, C.; Strobl. G. (2002): Controlling in Shared Services, in: Gleich, R.; Mçller, K.; Seidenschwarz, W.; Stoi, R. (Hrsg.): Controlling Fortschritte, Mnchen 2002, S. 3 – 23. Sloan, A. (1965): Meine Jahre mit General Motors, Mnchen 1965. Suska, M. (2005): Outsourcing und Shared Services im Finanz- und Rechnungswesen, in: Hermes, H.-J.; Schwarz, G. (Hrsg.): Outsourcing: Chancen und Risiken, Erfolgsfaktoren, rechtssichere Umsetzung, Mnchen 2005, S. 39 – 60.
294
Herausforderungen globaler Unternehmen Seite 295
Die Controlling-Organisation in globalen Unternehmen vor dem Hintergrund von Offshoring-Mçglichkeiten n Der Controller im deutschen Verstndnis hat eine gewisse Eigendynamik entwickelt. Als hoch qualifizierter und kompetenter Experte ist es ihm hufig gelungen, sich im Konzern als Business Partner zu positionieren – Effizienzaspekte im Controlling sind hierbei allerdings oftmals ausgeklammert worden. n Mit der Annherung des internen und externen Rechnungswesens hat sich das Rollenverstndnis des Controlling allerdings gravierend verndert. Kenntnisse der internationalen Rechnungslegung sind zu einer Standardanforderung geworden. Damit einhergeht auch ein tieferes Verstndnis fr buchhalterische Prozesse. n Im Zuge des Effizienzgedankens im Rechnungswesen ist nunmehr nicht nur das Accounting im Fokus. Shared Services und BPO sind Methoden, die auch im Controlling helfen kçnnen, Qualitt und Effizienz zu verbessern. Der Controller erhlt dadurch Lçsungen, um sich als „high value add“ Business Partner zu positionieren. n Insbesondere im globalen Konzern kçnnen hierbei Kostenvorteile und qualitative Anforderungen gleichermaßen abgedeckt werden. Die Umsetzung von Nearshoring- und Offshoring-Lçsungen fr das Controlling entlastet den Controller vor Ort und stellt qualifizierten Analysten-Support im Rahmen einer SSC- oder BPO-Lçsung zur Verfgung. Inhalt
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1
Einfhrung ..................................................................................
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Organisatorische Herausforderungen fr das Controlling im globalen Konzern .......................................................................
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Aktuelle Organisationsalternativen im Finanzbereich: Shared Services und Business Process Outsourcing auf dem Vormarsch ..................................................................................
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4
Der Controller im Spannungsfeld von Qualitt und Effizienz
309
5
Ausblick: Die Controlling-Organisation der Zukunft im global agierenden Unternehmen .......................................................... 316
6
Literaturhinweise .......................................................................
3
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n Der Autor Prof. Dr. Sçren Dressler, Professor fr Internationales Controlling an der FHTW Berlin und Leiter des internationalen Masterstudiengangs MBA&E. Zudem ist er Direktor des Offshoring Institute und Vorstandsvorsitzender des Institute of Management Accountants (IMA) Germany.
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1
Einfhrung
Die Organisation des Controlling ist ein Thema, das in Deutschland schon seit mehr als 30 Jahren Praktiker wie Forscher gleichermaßen beschftigt. Bereits auf dem ersten Controller-Kongress im Jahr 1976 war das Thema Controlling-Organisation durch einen Vortrag von Norbert Lorenz von der Berliner Kindl AG vertreten.1 Waren zunchst noch Fragen der Kompetenzen und hierarchischen Eingliederung von vordringlichem Interesse, wurde die Frage der Organisation insbesondere im Zuge der Dezentralisierung von Unternehmensbereichen brisant. Wie viel Freiheit und Zustndigkeit sollte der dezentrale Controller haben und ab welcher kritischen Grçße einer Unternehmenseinheit ist eine dezidierte Controller-Stelle erforderlich? Darber hinaus wurde das fachliche Anforderungsprofil des Controllers geschrft. Eigenschaften wie Kommunikations- und Teamfhigkeit in Kombination mit analytischem Verstndnis sowie Belastbarkeit und stringente Arbeitsorganisation kennzeichnen noch heute den typischen Controller. Das Selbstverstndnis des Controllers als hoch qualifizierten und kompetenten Business Partner bildete sich vor allem in Deutschland heraus, wobei der Fokus primr auf der internen Steuerung lag.
Selbstverstndnis des Controllers
Das komplexe methodische Konstrukt der kalkulatorischen Kosten, basierend auf den Kostenrechnungsprinzipien von Wissenschaftlern wie z. B. Konrad Mellerowicz, erzwang fçrmlich die Trennung in zwei Rechnungskreise: der externe zum Zweck des Glubigerschutzes und der Befriedigung des Gesetzgebers und der interne zu Steuerungszwecken. Mittlerweile erfordern vielfach die Anwendung der International Financial Reporting Standards (IFRS) sowie der Wunsch nach hçherer Datenintegritt und verbesserter Effizienz den Einsatz eines Einkreissystems.2 Die Controlling-Funktion befindet sich also im Umbruch. Neue internationale Rahmenbedingungen sowie die verstrkte Anwendung des Shared-Service-Konzepts fr Finanzprozesse wirken auf die knftige Organisation des Controlling. Business Process Outsourcing und Offshoring sind weitere Elemente einer zukunftsweisenden Controlling-Organisation. Ziel des vorliegenden Beitrags soll die Zusammenfhrung dieser Aspekte zu einem neuen Controlling-Verstndnis sein.
Neue Anforderungen an das Controlling
1 2
Vgl. Losbichler (2006), S. 53. Vgl. Michel (2006), S. 440; und Wiemer (2006), S. 337.
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2
Unterschiedliches Begriffsverstndnis Controlling
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Organisatorische Herausforderungen fr das Controlling im globalen Konzern
Die Herausforderung fr das Controlling im internationalen Kontext beginnt mit dem Begriff des Controllers an sich. Der in Deutschland vertraute Begriff ist Selbstverstndlichkeit geworden, er wird fr Stellenausschreibungen ebenso wie fr Stellenbeschreibungen verwendet, taucht in Organigrammen auf und wird als Fach an den Hochschulen gelehrt. In Theorie und Praxis wird der Controller im Allgemeinen als die Person verstanden, die sich den Fragestellungen des internen Rechnungswesens und Management Reporting widmet. Im Gegensatz zum Buchhalter hat er relativ wenig mit Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen zu tun. Diese Sichtweise hat sich in der betrieblichen Realitt lngst berholt. Aus Effizienzgesichtspunkten leistet sich ein Unternehmen den Luxus eines Spezialistenteams fr rein interne Entscheidungsuntersttzung ohne jegliche Bercksichtigung des externen Reporting heute nur noch in den seltensten Fllen oder in funktional separierten Themen wie dem F+E- oder Vertriebs-Controlling. Im angloamerikanischen Unternehmensumfeld findet sich der Begriff des Controlling eher selten und wird bei weitem nicht so homogen verwendet wie in Deutschland. Der Controller an sich umschreibt dort eher einen Experten des externen Rechnungswesens, der sich strker mit Bilanzierungs- und Buchungsfragen auseinandersetzt als mit Deckungsbeitrgen und Abweichungsanalysen. Die unterschiedliche Verwendung der Begriffe diesseits und jenseits des Atlantiks hat die Gestaltung des Finanzbereichs im global agierenden Konzern erschwert und forschungsseitig einer Integration der Disziplinen in den vergangenen 30 Jahren entgegengewirkt. Whrend der Controller zentraleuropischer Prgung bis in die 1990er Jahre sein Territorium als methodischer Hter der betriebswirtschaftlichen Intelligenz unabhngig von bilanzierungsrechtlichen Maßregelungen aufrechterhalten konnte und sich jetzt erst langsam auch mit Fragestellungen der externen Rechnungslegung konfrontiert sieht, bewegt sich der Controller angloamerikanischer Prgung jetzt langsam aus anderer Richtung auf dieses Begriffsverstndnis zu. Der typische US-Controller hat bislang wenig Verstndnis fr den berzogenen Detailgrad des europischen internen Berichtswesens, da die ohnehin managementorientierteren US-GAAP keinerlei Erfordernis nach einem zweiten – einem internen – Rechnungskreis aufkommen ließen. Das externe Berichtswesen gengt bislang auch fr die Berichterstattung an den
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unternehmensinternen Entscheidungstrger. Abweichungsanalysen, Preiskalkulationen oder Profitabilittsanalysen werden den Management Accountants berlassen, deren Bettigungsfeld noch am ehesten mit dem Controller in Europa bereinstimmt.3 Doch der amerikanische Controller ist nunmehr auch verstrkt gefordert, in diese Analysettigkeiten einzusteigen, will er knftig als Business Partner wahrgenommen werden und das „Beancounter“-Image erfolgreich abstreifen.4 Die Kernproblematik des unterschiedlichen Begriffsverstndnisses zeigt sich in Abb. 1. Angloamerikanische Grundstruktur des Finanzbereichs
Zentraleuropäische Grundstruktur des Finanzbereichs
Version A Finanzvorstand
CFO
Controller
Financial Analysis/ Planning
Tax
Treasury
Internal Audit
Version B CFO
Buchhaltung (Rechnungswesen
Controlling
Externes Berichtswesen
Internes Berichtswesen
Steuern
Treasury
Interne Revision
Controller
Accounting
Financial Analysis/ Planning
Tax
Treasury
Internal Audit
Abb. 1: Organisatorische Grundstruktur des Finanzbereichs: angloamerikanische Struktur versus zentraleuropische Struktur
Die Darstellung unterstreicht deutlich den eher externen Fokus des Controlling im angloamerikanischen Ansatz. Version B, die die Struktur eines global agierenden amerikanischen IT-Unternehmens darstellt, zeigt den Versuch, den Controller mit mehr Business Insights zu betrauen, um seine Rolle im Unternehmen als Business Partner zu strken. In der Version A zeigte sich der Controller recht stark in die Ecke des „Buchhalters“ gedrngt, der als beratendes Element von der Management-Seite relativ wenig in Anspruch 3 4
Controlling auf Konzernebene
Vgl. Reichmann (1997), S. 12 f. Vgl. Manners (2006), S. 33 f.; und Sharman (2006), S. 20.
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genommen wurde. Die bewusste Reorganisation und Unterstellung des Gebiets Financial Analysis hat somit nicht nur geholfen, die Brcke zwischen externem Berichtswesen sowie Planung und Analyse zu strken, sondern der Controller ist nun wesentlich strker in Geschftsentscheidungen des Konzerns und der Geschftsbereiche involviert. In der europischen Grundstruktur des Finanzbereichs ist hier ein noch etwas weiterer Weg zu beschreiten. In der oben dargestellten Organisation eines großen deutschen Automobilzulieferers sind die Aufgaben des externen und des internen Berichtswesens noch strikt durch dedizierte Abteilungen getrennt. Buchhaltung und Controlling existieren als zwei unabhngige Einheiten, die zum Teil konkurrieren (z. B. in der Frage um die Berichtshoheit fr das monatliche Management Reporting). Grundstzlich setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass zwei getrennte Rechnungskreise (einer fr das externe und einer fr das interne Berichtswesen) wenig Sinn machen, schwer zu koordinieren sind und erheblichen Mehraufwand mit sich bringen.5 Dennoch bedeutet ein Rechnungskreis nicht automatisch nur noch ein Berichtswesen. Das monatliche Berichtswesen wird maßgeblich mit Daten aus den Buchhaltungsprozessen gespeist. Hufig muss das Controlling jedoch Ergnzungen und Modifikationen vornehmen, da der Monatsabschluss i. d. R. ein Softclose sein wird und das Controlling durch den engeren Kontakt zum Business besser ber Informationen wie Rckstellungen, Sonderabschreibungen, Erlçsschmlerungen etc. verfgt als die Buchhaltung, die diese Daten umfassend nur einmal jhrlich im Rahmen der Jahresabschlusserstellung erhebt. Die Erweiterung der Aufgaben des Controlling mit Kompetenzen und Zustndigkeiten fr das externe Berichtswesen hat dieses Beispielunternehmen durch die monatlichen Abschlsse und die Koordination der Abschlussaktivitten der internationalen Gesellschaften umgesetzt. Somit ist das Controlling gezwungen, sich intensiv mit internationalen Rechnungslegungsfragestellungen auseinanderzusetzen; der Konflikt mit dem Rechnungswesen ist allerdings bereits vorprogrammiert, wie einige pragmatische Beispiele illustrieren. e Kontenrahmen, Buchungs- und Kontierungs- sowie Bilanzierungsrichtlinien werden im global agierenden Unternehmen i. d. R. zentral vorgegeben und koordiniert und ggf. entsprechend der lokalen Erfordernisse modifiziert. Die Zustndigkeit fr die Richtlinien obliegt zumeist dem externen Berichtswesen. In der Kommunikation mit dem Controlling entstehen somit weitere Kommunikationsschnittstellen.
5
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Vgl. Gçricke; Kirchhof (2006), S. 588.
Herausforderungen globaler Unternehmen Seite 301
e Die Systeme und Prozesse zur Erstellung der Jahres- bzw. Monatsabschlsse sind im Regelfall nicht ber alle internationalen Gesellschaften hinweg harmonisiert. Die Konsolidierung internationaler Gesellschaften wird erschwert, wenn das externe Berichtswesen erst im Rahmen der Konsolidierung mit diesen Unterschiedlichkeiten konfrontiert wird. e Das externe Rechnungswesen bernimmt i. d. R. die Koordination des Einsatzes der Wirtschaftsprfer, die einheitlich im globalen Konzern Headquarter und internationale Gesellschaften prfen. Der Prfungsprozess wird durch unterschiedliche Zustndigkeiten fr den nationalen und die internationalen Abschlsse erschwert. Bei der weiteren Betrachtung der o. g. Unternehmensbeispiele zeigt sich die Fortsetzung der unterschiedlichen Philosophien auch in der Struktur der Finanzorganisation in den internationalen Tochtergesellschaften. In den dezentralen Vertriebs- und/oder Produktionsniederlassungen der beiden Konzerne spiegelt sich die institutionelle Trennung in externes und internes Berichtswesen wider. Der amerikanische Konzern drngt in diesem Sinne auf die Einrichtung eines Controllers in den Tochtergesellschaften, der eine direkte Berichtslinie an den lokalen General Manager und eine indirekte Berichtslinie (im Sinne einer „Dotted Line“) an den Controller auf Konzernebene hat. Fragestellungen der externen Rechnungslegung sowie der Analyse und Planung laufen somit organisatorisch in einer Zustndigkeit zusammen. Die reale Komplexitt eines globalen Konzerns verfgt zudem meist noch ber unterschiedliche Geschftsbereiche bzw. Regionen, die ebenfalls ihre eigenen Controller beschftigen.6 In dem hier beschriebenen Fall eines US-Konzerns besteht fr den dezentralen Controller der Tochtergesellschaft eine Dotted Line in die Geschftsbereichsleitung. Die Berichtspflicht an die Gesamtkonzernfhrung entfllt bzw. wird auf die Bercksichtigung von allgemeinen strategischen Bilanzierungs- und Rechnungslegungsvorschriften beschrnkt. Die fachliche Fhrung des dezentralen Controllers obliegt somit dem Geschftsbereich, die disziplinarische dem lokalen General Manager (vgl. Abb. 2).
Finanzorganisation in Tochtergesellschaften
In der Fallstudie des deutschen Konzerns zeigt sich die Trennung in externes und internes Rechnungswesen ebenfalls auf Ebene der Tochtergesellschaften. Das Controlling ist dem kaufmnnischen Leiter zugeordnet und somit i. d. R. begrifflich und organisatorisch auf der dritten Organisationsebene der Gesellschaften angesiedelt. Die fachlichen Berichtslinien laufen folglich ebenfalls in getrennte Bereiche auf Gesamtkonzern- bzw. Geschftsbereichsebene (vgl. 6
Vgl. Klatt; Kortegast (2006), S. 533.
301
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Abb. 2). Eine empirische Studie von Syska zeigt, dass ber die Hlfte aller Unternehmen eine eigene Zustndigkeit fr das Controlling in der Tochtergesellschaft einrichten. Bei 45,2 % der in der Studie befragten Unternehmen bernimmt der Konzern die Controlling-Aufgaben.7 Um die strikte Trennung zwischen externem und internem Berichtswesen aufzuweichen, hat das Beispielunternehmen die fachliche Zuordnung des dezentralen kaufmnnischen Leiters fr Fragen des Finanzbereichs in die Konzernfunktion Controlling integriert. Das Controlling hat somit Know-how und Expertise fr Fragen der externen Rechnungslegung aufzubauen und im Fall von auslndischen Tçchtern auch die Untersttzung des Berichtswesens entsprechend internationaler Rechnungslegungsstandards sicherzustellen. Dennoch verbleibt ein erhçhter Kommunikations- und Abstimmungsbedarf mit dem externen Konzerberichtswesen wie z. B. bei den konsolidierten Monats- bzw. Jahresabschlssen. Finanzorganisation der Tochtergesellschaften eines US-Konzerns (Beispiel)
Finanzorganisation der Tochtergesellschaft eines deutschen Konzerns (Beispiel)
General Manager
Geschäftsführer
Controller
VP Sales
VP Operations
Kaufmännischer Leiter
Vertriebsleiter
Produktionsleiter
Accounting
Financial Planning & Analysis
…
Buchhaltung
Controlling
…
Abb. 2: Finanzorganisation in Tochtergesellschaften – Vergleich USA versus Deutschland (Beispiel)
Neues ControllingVerstndnis
Zusammenfassend sind die organisationalen Gestaltungsmaßnahmen im Controlling also nicht nur durch die heterogene internationale Verwendung des Begriffs an sich erschwert. Eine weitere Herausforderung ist das Zusammenwachsen des internen und externen Berichtswesens, was aus Effizienz-, aber auch unbedingt aus Compliance-Gesichtspunkten immer dringlicher wird. Das oben skizzierte Beispiel des US-Unternehmens erscheint einfacher, pragmatischer und konfliktrmer. Es bedeutet die stille „ber7
302
Vgl. Syska (2006), S. 606.
Herausforderungen globaler Unternehmen Seite 303
nahme“ des Controlling durch das externe Rechnungswesen. Dem europischen und hier auch deutschen Controlling-Verstndnis kann dies nicht gefallen. In deutschen global agierenden Konzernen sind umfassende Controlling-Abteilungen entstanden, denen es erfolgreich gelungen ist, als Business Partner fr das Geschft akzeptiert zu werden. Doch gerade der Controller muss sich vor Effizienzgesichtspunkten auch mit der Ausgestaltung seiner eigenen Rolle auseinandersetzen. Die Gestaltung einer globalen ControllingOrganisation sollte folglich immer nur im Kontext der gesamten Finanzfunktion gesehen werden.
3
Aktuelle Organisationsalternativen im Finanzbereich: Shared Services und Business Process Outsourcing auf dem Vormarsch
Der Finanzbereich befindet sich seit Mitte der 90er Jahre in einem umfassenden Umbruch: Shared Services haben sich als neues Organisationskonzept des Back Office fr den Finanzbereich bewhrt. Empirische Studien zeigen, dass bis zu 85 % aller global ttigen Großkonzerne Shared Service Center (SSC) als organisatorisches Element einsetzen. Die Grnde fr SSC sind unterschiedlich, wobei der Aspekt der Effizienzverbesserung eine ausschlaggebende Rolle spielt. Eine Studie von A.T. Kearney zeigt, dass Kostenoptimierung bei 87 % der europischen Unternehmen das wichtigste Argument zur Einrichtung eines SSC ist. Knapp dahinter rangiert der Aspekt der Leistungsverbesserung, der bei 85 % der Unternehmen ebenfalls als elementares Ziel einer Shared-ServiceInitiative gesehen wird.8 Shared Services im Finanzbereich adressieren die Herausforderungen der Organisation des Finanzbereichs im internationalen Konzern. Die globale Aufstellung und die hufig anzutreffende organisationale Mehrdimensionalitt durch unterschiedliche Geschftsbereiche und Regionen verursachen bei diesen Unternehmenstypen an einer zum Teil unbersichtlichen Vielzahl von unterschiedlichen Stellen Finanzaktivitten. Ein Beispiel mit Blick auf den o. g. Automobilzulieferer zeigt die Komplexitt. Das Unternehmen ist in vier unterschiedliche Geschftsbereiche gegliedert und betreibt Produktions-, Vertriebs- und Forschungsgesellschaften in 56 Lndern. Da jede Landesgesellschaft einen eigenen Jahresabschluss entsprechend der nationalen Vorschriften erstellen muss, eine Konsolidierung auf Geschftsbereichsebene erforderlich 8
SSC im Finanzbereich
Vgl. A.T. Kearney, (2004), S. 2.
303
Herausforderungen globaler Unternehmen Seite 304
sowie der Gesamtkonzernabschluss zu erstellen ist, ergibt sich bereits eine Mindestanzahl von 61 externen Berichten und unterschiedlichen Buchhaltungen im Konzern. Da einige Geschftsbereiche zustzlich eigene rechtliche Gesellschaften in unterschiedlichen Lndern betreiben sowie zustzliche Konsolidierungen auf Regionsebene (z. B. Americas, EMEA) stattfinden, erhçht sich die Zahl der Buchhaltungen auf ber 100. Bei großen Konsumgterkonzernen mit ber 150 Landesgesellschaften und mehr als 10 unterschiedlichen Geschftsbereichen finden zum Teil an ber 500 Stellen im Konzern Buchhaltungs- bzw. Konsolidierungsaktivitten statt. Die Einrichtung eines oder mehrerer regional organisierter SSC ist in einem solchen Umfeld natrlich eine willkommene Lçsung, um Rechnungswesenaufgaben zusammenzufassen. Die hufig sub-skalierten, wenig effizienten und dezentralen Buchhaltungen kçnnen zu Gunsten eines SSC mit standardisierten Prozessen und Technologien aufgegeben werden. Dadurch werden Effizienzvorteile erreicht und die Transparenz, Qualitt sowie Stabilitt und Risikokontrolle der Buchhaltungstransaktionen und des Berichtswesens verbessert. Die Grnde, weshalb SSC als organisatorisches Konzept fr den Finanzbereich seit den 90er Jahren so erfolgreich sind, kçnnen in vier Kernaspekten zusammengefasst werden: e Der PC hat geholfen, viele Verwaltungsaktivitten von Papier auf digitale Formate umzustellen und somit transferierbar zu machen. e Das Internet hat als internes und externes Kommunikationsmedium dazu beigetragen, dass transaktionale Aktivitten rumlich unabhngig geworden sind. e Enterprise-Resource-Planning- (ERP-)Softwarepakete haben sich qualitativ in den letzten 10 Jahren stark verbessert und ermçglichen eine unproblematische Kommunikation zwischen den dezentralen Einzelkonfigurationen. e Letztendlich hat sich die Sprach- und E-Mail-Kommunikation durch ausgebaute Glasfaserkabel in Qualitt und Geschwindigkeit ebenfalls massiv verbessert. Retained Services
304
Im globalen Konzern werden heute gezielt die so genannten transaktionalen Aufgaben im Rechnungswesen identifiziert und prozessual separiert, um eine Konsolidierung dezentraler Aktivitten in einem SSC-Umfeld zu realisieren. Mit moderner Scanningtechnologie, Optical Character Recognition und Workflow-Syste-
Herausforderungen globaler Unternehmen Seite 305 men wird die manuelle Intervention auf ein Mindestmaß reduziert.9 Dennoch wird ein Prozess grundstzlich nicht zu 100 % in ein SSC verlagert. Die so genannten „Retained Services“ umschreiben die Teile der betroffenen Prozesse, die aus unterschiedlichen Grnden in der dezentralen Organisationseinheit verbleiben. Beim externen Berichtswesen erfordern Kenntnisse in der lokalen Rechnungslegung sowie Sprachkenntnisse, z. B. dass 20-40 % des Prozesses in der Landesgesellschaft durchgefhrt werden. Bei einem einfachen Kreditorenbuchhaltungsprozess kçnnen in Abhngigkeit vom Standardisierungsgrad zum Teil bis zu 95 % im SSC verankert werden. Lediglich Aufgaben wie die Detailabsprache der Konditionen mit Lieferanten werden durch die dezentrale Gesellschaft wahrgenommen (vgl. Abb. 3). Die Retained Services symbolisieren die dezentral verbleibenden Restaktivitten des Rechnungswesens in den unterschiedlichen rechtlichen Einheiten und Landesgesellschaften. Da der Großteil des Transaktionsvolumens durch das SSC wahrgenommen wird, nehmen die verbleibenden Aktivitten nur relativ wenige Ressourcen in Anspruch. Das oben dargestellte schematische Konzept einer Shared-ServiceAnwendung in einem globalen Konzern stellt weitestgehend den Status quo des derzeitigen SSC-Einsatzes dar. Die organisatorische Verankerung des Finance SSC erfolgt in den meisten Fllen im zentralen Konzernrechnungswesen bzw. unmittelbar beim Vorstand fr Finanzen. Geschftsbereichsspezifische SSC kçnnen dem kaufmnnischen Leiter des Geschftsbereichs unterstellt sein. In Unternehmen mit multifunktionalen SSC, d. h. Shared Services fr z. B. Finanzen, HR, Procurement oder IT, ist die Angliederung an den Vorstandsvorsitzenden direkt oder an ein spezifisches Vorstandsressort fr Shared Services anzutreffen (im angloamerikanischen Konzern zumeist als Chief Administrative Officer bezeichnet). Diese Lçsung verspricht weitere Synergie- und Effizienzpotenziale durch bessere Koordination und Standortkonsolidierung. Es bedarf allerdings einer intensiven Kommunikation mit den Fachbereichen, um die fachlichen Anforderungen abdecken zu kçnnen. ControllingAktivitten sind derzeit weitgehend ausgenommen und werden nach wie vor zumeist dezentral erbracht. Da Controlling an sich die Finanzaktivitt ist, die am engsten mit dem Business verbunden ist, ist dies nachvollziehbar. Dabei werden sowohl Controlling-Aktivitten auf Ebene des Geschftsbereichs stattfinden als auch in den dezentralen Einheiten.
9
Status quo SSC
Vgl. Michel (2006), S. 442.
305
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Buchhaltung/ Rechnungswesen
Controlling
Controlling (Geschäftsbereich)
Geschäftsbereich Retained Services
Geschäftsbereich
Controlling (Geschäftsbereich)
Geschäftsbereich
Controlling (Geschäftsbereich)
Geschäftsbereich
Controlling (Geschäftsbereich)
SSC
Abb. 3: Shared Services zur Untersttzung des Rechnungswesens
Logische Weiterentwicklung BPO
306
Eine logische Weiterentwicklung des SSC-Gedankens stellt das Business Process Outsourcing dar. Im Zuge der Konzentration auf Kernkompetenzen sind Unternehmen mittlerweile verstrkt bereit, bestimmte Aktivitten an Dritte zu verlagern. Das Zusammenschrumpfen der Fertigungstiefe in der Automobilindustrie z. B. auf unter 20 % ist ein Ausdruck dafr. Doch nicht nur in den
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Fertigungs- und Assemblierungsprozessen stehen Unternehmen dem Outsourcing zunehmend wohlwollend gegenber. Insbesondere die hufig nicht als wertschçpfend eingestuften Untersttzungs- und Verwaltungsprozesse kommen auf den Prfstand und werden kritisch durchleuchtet: Fhrt ein Untersttzungs- bzw. Verwaltungsprozess in Eigenregie nicht zu einem eindeutigen Wettbewerbsvorteil und kann von einem Externen in gleicher oder besserer Qualitt zu gleichen oder geringeren Kosten abgewickelt werden, drngt sich die Outsourcing-Entscheidung gewissermaßen auf. Der Trend ist nicht ganz neu: Bereits im Jahr 1949 hat das US-Unternehmen Automatic Data Processing (ADP) erkannt, dass eine nderung in der amerikanischen Steuergesetzgebung den Payroll-Prozess verkomplizieren wrde. Das Unternehmen entwickelte eine Standardlçsung zur Erstellung von Lohn- und Gehaltsabrechnungen, die den neuen Anforderungen entsprachen, und wurde somit zum ersten BPO-Anbieter fr Payroll im heutigen Sinne.10 Aus hnlichen Grnden, die eine Verbreitung von SSC in den letzten 10 Jahren ermçglicht haben, ist die Akzeptanz fr BPO-Lçsungen in den betrieblichen Untersttzungsprozessen erheblich gestiegen. Empirische Untersuchungen zeigen z. B., dass ber 2/3 der befragten Fhrungskrfte in einer Accenture-Studie besttigen, dass Finance BPO fr ihre Unternehmen Relevanz haben wird.11 Andere Studien zeigen, dass der Finanzprozess die beste Eignung aller Untersttzungs- bzw. Verwaltungsprozesse fr BPOLçsungen hat.12 Trotz der positiven Einschtzungen der Zukunft fr BPO zeigen sich europische und hier auch deutsche Unternehmen wenig offen fr Finance-BPO-Lçsungen. Die Linde AG ist das erste deutsche DAX-Unternehmen, das sich mit der Umsetzung eines umfassenden Finance-BPO-Projekts derzeit befasst. Die favorisierte Form der Optimierung des Back Office ist die Shared-Service-Lçsung, die 72 % der grçßten deutschen Unternehmen bereits umgesetzt haben bzw. derzeit planen.13 Die bislang geringe Akzeptanz von BPO sollte nicht als grundstzliche Ablehnung gewertet werden. Die meisten großen deutschen Unternehmen bewegen sich momentan mit eigenen SSC (captive SSC) langsam auf die Konsolidierung der Finanzprozesse zu und mssen erst Erfahrungen und Sicherheit mit dem Modell der „Remote Service Provisioning“ aufbauen. Fr viele Konzerne ist das Aufgeben einer dezentralen Buchhaltung ein Eingriff in Prozessstrukturen, Kommunikationswege und Kompetenzen. Durch den Service-Gedanken eines SSC und die rumli10 11 12 13
FinanceBPO-Skepsis
Vgl. Dominguez (2006), S. 5. Vgl. Accenture (2003), S. 3. Vgl. Deutsche Bank Research/BITKOM (2005), S. 11 f. Vgl. FHTW/Offshoring Institute (2006), S. 2.
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che Trennung ndern sich auch Unternehmenskultur und Finanzphilosophie. Die neue Arbeitweise in der SSC-Struktur ist ungewohnt und wird oftmals subjektiv als „Verschlechterung“ gewertet. Die Anforderung an Dokumentation, Standardisierung, Leistungsmessung und -optimierung, Benchmarking sowie Serviceorientierung, die in einem korrekt aufgesetzten SSC zum Standardrepertoire gehçren sollten, werden zeigen, dass die Shared-Service-Lçsung nach berwindung der Einfhrungsprobleme grundstzlich die bessere Option ist. Erst wenn diese Entwicklungsschritte erfolgreich geleistet worden sind, kann Unternehmen der Schritt zu einer externen BPO-Verlagerung zugemutet werden. Progressive Unternehmen, die interne Widerstnde nicht scheuen, kçnnen allerdings auch direkt aus der dezentralen Struktur zu einer BPO-Lçsung bergehen. Somit kann bei aller momentanen BPO-Skepsis in Deutschland mittelfristig mit zunehmender Erfahrung im SSC-Umfeld auch eine strkere Akzeptanzrate fr BPO vermutet werden. Allerdings ist im gleichen Maße analog zur Ablehnung der Integration von Controlling-Aufgaben in captive SSC derzeit eine grundstzliche Skepsis bei der Verlagerung des Controlling an externe Dritte festgestellt worden. Im Grundsatz besteht kein wesentlicher Unterschied zwischen captive SSC und BPO. Alles, was in ein SSC verlagert werden kann, steht grundstzlich auch fr BPO-Entscheidungen zur Disposition. Darber hinaus kann ein global agierender BPO-Anbieter durchaus noch ergnzendes Knowhow und zustzliche Kompetenzen bieten, da aufgrund der Grçße und Spezialisierung mehr hochqualifizierte Ressourcen vorgehalten werden kçnnen, wie die beiden folgenden Beispiele darstellen: e Ein großer Anbieter wie Accenture verfgt beispielsweise ber ein internationales Transfer-Pricing-Expertenteam. Dieses kann wesentlich schneller und kompetenter die komplexe Preisbestimmung fr innerbetriebliche Lieferleistungen im global agierenden Unternehmen bestimmen, als ein Unternehmen dies durch das eigene SSC oder die Steuerabteilung realisieren kçnnte. e Der indische Anbieter Genpact beschftigt mittlerweile ber 25.000 Mitarbeiter vorwiegend fr Finance-BPO-Aufgaben in seinen international aufgestellten Centern. Dabei sind Expertenteams fr Financial Planning & Analysis beispielsweise mit der Durchfhrung von Planungssimulationsrechnungen fr die Kunden des Unternehmens betraut, die dies aufgrund des gebndelten Expertenwissens kompetenter gestalten kçnnen als jede interne Lçsung.
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4
Der Controller im Spannungsfeld von Qualitt und Effizienz
Das Controlling hat sich bislang zumindest in den deutschen Großkonzernen erfolgreich aus den SSC herausgehalten. Business Partnering und Nhe zum Geschft sind als Argumente hierfr bislang ausreichend gewesen. Mit einem Blick auf die Ressourcenverteilung wird dennoch deutlich, dass das Controlling ein beachtliches Ausmaß angenommen hat. Aktuelle Benchmarks zeigen, dass im Durchschnitt 9,86 Mitarbeiter von 1.000 Mitarbeitern in deutschen Unternehmen mit Controlling-Aufgaben betraut sind.14 Dabei sind grundstzlich ca. ein Drittel aller Beschftigten im Finanzbereich dem Controlling zuzuordnen und ber 50 % den klassischen Buchhaltungs- und Rechnungswesenaufgaben. Die Hochwertigkeit des Controlling kommt z. B. in der hohen Akademikerquote zum Tragen: 60 % der Controller sind Akademiker, wobei die Quote bei den zentralen Controllern sogar noch hçher liegt.
Ressourcen im Controlling
Das Controlling kommt also nicht umhin, sich mit der Frage der Effizienzoptimierung auseinanderzusetzen. Da Qualitts- und Servicemaßstbe insbesondere im Controlling sehr hochzuhalten sind, ist die Evaluierung von SSC- und BPO-Potenzialen unumgnglich. Das Zusammenstreichen von Controller-Stellen oder die Verlagerung von Controlling-Aufgaben zum dezentralen Geschftsfhrer kann sich problematisch auswirken: Geringer kaufmnnischer und betriebswirtschaftlicher Sachverstand in dezentralen Einheiten kann zu erheblichen Fehlentscheidungen bei Investitionen, Preiskalkulationen oder Sortimentsoptimierungen fhren. Eine schlichte Beschneidung des Controlling-Know-how ist daher sicherlich nicht die geeignete Lçsung. Andererseits sollte auch nicht die gesamte Controlling-Funktion in ein SSC konsolidiert werden, zumindest nicht im global aufgestellten Konzern. Es gilt folglich, das Aufgabenspektrum des Controlling kritisch zu durchleuchten, um Aufgaben oder idealerweise Prozessbndel zu identifizieren und zu separieren, die in einem „Remote Service Provisioning“-Modell realisiert werden kçnnen. hnlich wie bei den Buchhaltungsprozessen gilt es, die transaktionalen Ttigkeiten zu erfassen und zu bndeln. Transaktionale Aufgaben sind gekennzeichnet durch einen hohen Wiederholungsgrad, ein relativ geringes Niveau an erforderlichem Fachwissen und demzufolge eine grundstzlich kurze Einarbeitungszeit. Im Buchhaltungsbereich sind solche Ttigkeiten z. B. das Scannen von Eingangsrechnungen, das manuelle Buchen von Rechnungen, das Ausziffern offener Posten, die Abstimmung von
SSC-/BPOPotenziale
14
Vgl. Binder; Dworski (2005), S. 345.
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Salden zu Lieferanten und im Intercompany-Bereich, die berwachung des Zahlungslaufs und die Archivierung von Belegen. Da diese Aufgaben erfahrungsgemß einen Großteil der Ttigkeiten in den betroffenen Prozessen ausmachen, ergibt sich ein relativ großes Auslagerungspotenzial fr Buchhaltung in ein SSC-Umfeld. Im Controlling gibt es diese klare Differenzierung i. d. R. nicht. Das Aufgabenspektrum ist vielfltiger und weniger standardisiert und erfordert grundstzlich ein hçheres Expertenwissen (vgl. Abb. 4). Dennoch treten auch hier in bestimmten Aufgaben wie bspw. dem Management Reporting oder der Budgetierung immer wiederkehrende Ttigkeiten auf. Da im neuen Controlling-Verstndnis die Aufgaben des internen und externen Rechnungswesens ohnehin strker zusammenwachsen, werden auch zunehmend Aufgaben mit transaktionalem Charakter auf dem Schreibtisch des Controllers landen: Die bertragung, Aktualisierung und Konsolidierung der Planwerte in den entsprechenden IT-Systemen (zumeist MS Excel) z. B. sind ebenso stetig wiederkehrende Aufgaben wie die Aufbereitung und Zusammenstellung der Daten und die Erstellung der Grafiken fr den Monatsbericht. Diese Aufgaben nehmen zum Teil erhebliche Zeit in Anspruch und kçnnten grundstzlich einem SSC angegliedert werden, soweit die entsprechenden Prozesse und Schnittstellen zur Koordination mit dem dezentralen Controlling und dem Konzern sauber definiert sind. Transaktionale Ttigkeiten im Controlling
310
Ein wesentliches Argument der SSC-Gegner aus dem Controlling ist die mangelnde kritische Grçße, um Controlling-spezifische transaktionale Aufgaben sinnvoll bndeln zu kçnnen. Grçßendegressionseffekte und Standardisierungsvorteile kçnnen durch relativ kleine Center, die untersttzend fr eine große Controller-Gruppe ttig sind, in der Tat nur in begrenztem Umfang realisiert werden. Allerdings wird im Allgemeinen der Anteil der transaktionalen Ttigkeiten im Controlling-Prozess hufig unterschtzt. Der Controller sollte zweifelsohne den Großteil seiner Zeit mit High-valueadd-Analysen und dem Business Partnering verbringen. Doch sieht die Realitt in deutschen Controlling-Abteilungen mitunter ganz anders aus. Beim genauen Hinsehen ist der Controller oftmals viel weniger strategisch und analytisch ttig; fast in gleichem Maße werden repetitive Ttigkeiten wahrgenommen, sei es bedingt durch unzulngliche IT-Systeme, mangelnde Koordination und Abstimmung oder durch unzureichende Untersttzung durch eine Supportorganisation. Dezentrale Controller sind hufig „Einzelkmpfer“, die mehr mit Datenerfassung und -aufbereitung befasst sind als mit strategischen Aktivitten. Wie oben dargestellt, kann die Hlfte der Controlling-Aufgaben als transaktional eingestuft werden und durchaus unter Aspekten der kritischen Grçße in einem SSC oder einer BPO-Lçsung zusammengefasst werden.
Herausforderungen globaler Unternehmen Seite 311
schematisch
Tatsächliche Aufgabenverteilung (Beispiel)
Best Practice Aufgabenverteilung
Transaktionale, repetitive Tätigkeiten Transaktionale, repetitive Tätigkeiten Transaktionale, repetitive Tätigkeiten
Strategische/ Knowledgebasierte Tätigkeiten
Buchhaltung/ Rechnungswesen
Strategische/ Knowledgebasierte Tätigkeiten
Strategische/ Knowledgebasierte Tätigkeiten
Controlling
Abb. 4: Anteil transaktionale Ttigkeiten Buchhaltung/Rechnungswesen versus Controlling
Der Aufbau einer Controlling-Supportorganisation bietet sich als Lçsungsansatz an (vgl. Abb. 5). Hierbei wird gezielt eine integrierte IT-Plattform zur Untersttzung der Controlling-Aufgaben aufgebaut und konzernweit angeboten. Der Begriff Business Intelligence hat sich im IT-Umfeld zur Untersttzung des Controlling weitgehend etabliert. In diesem Sinne laufen alle relevanten ITApplikationen auf einer einheitlichen Systemoberflche und werden idealerweise durch ein Competency Center untersttzt. Competency Center bernehmen Aufgaben wie die Erstellung und Konsolidierung des Management Reporting sowie der Planung und Budgetierung, Bestimmung der Kennzahlen sowie Analyse aufgetretener Abweichungen.15 Durch seine Methodenhoheit obliegen dem Center ebenfalls die berwachung von Best Practices sowie die Bestimmung konzernweiter Standards. Das Center stellt die aufbereiteten Daten und Informationen den dezentralen und zentralen Controllern zur weiteren Verwertung zur Verfgung. Die Controller an den unterschiedlichsten Stellen im Unternehmen verifizieren die Daten und nehmen ggf. lokal erforderliche Modifikationen und Ergnzungen vor. Ansonsten konzentrieren sie sich auf die Untersttzung und Beratung des Managements. 15
Aufbau ControllingSupportorganisation
Vgl. Michel (2006), S. 443.
311
16
312
In Anlehnung an Dressler; Hensen (2005), S. 76.
etc.
Geschäftsbereich 2
Geschäftsbereich 1
Globaler Konzern
E-Mail
Web
Telefon
Anfrage per
Onshore/ Nearshore
BI Helpdesk
1st Level
System-Performance
Datenqualitätsanalysen und -verbesserungsmaßnahmen
Standardisierung von Kennzahlen/Merkmalen
Best Practices
Analytics
Scorecards, Dashboards
Onshore/Nearshore/Offshore
BI Competency Center
Konsolidierung
Planung, Budget, Forecast
Management Reporting
Laufende Unterstützung des Controlling
2nd Level
Lieferantenspezifisch
...
Oracle
SAP
3rd Level
Herausforderungen globaler Unternehmen
Seite 312
Abb. 5: Mçglicher Aufbau einer Controlling-Supportorganisation16
Herausforderungen globaler Unternehmen Seite 313
Bei einer çrtlichen und inhaltlichen Zusammenfassung des Buchhaltung/Rechnungswesen-SSC mit der Controlling-Supportorganisation kçnnen der Datenfluss und die Integritt innerhalb des Centers wesentlich besser gesteuert, koordiniert und berwacht werden. Da die Buchhaltungsdaten der einzelnen dezentralen Buchhaltungen im Center erfasst und bearbeitet werden, ist es fr das BI Competency Center umso einfacher, die erforderlichen Daten fr das Controlling eben dieser dezentralen Einheit zu bernehmen und abzustimmen. Bei der Untersttzung des dezentralen Controlling ist zudem die Onshore/Nearshore/Offshore-Komponente zu bercksichtigen. Im globalen Konzern wird ein oben beschriebenes Competency Center nicht fr jede einzelne Landesgesellschaft errichtet. Entweder es wird ein zentrales Center aufgebaut oder einige wenige regionale Untersttzungsorganisationen werden zur Verfgung gestellt. Fr den dezentralen Controller, der die Daten aus dem Supportcenter in erster Linie im Self-Service-Modus bezieht, besteht permanenter Rckkopplungsbedarf, sei es um Erluterungen zu bestimmten Positionen zu erfahren, die Vollstndigkeit des Datenmaterials zu verifizieren oder alltgliche Anwenderfragen bezogen auf Systeme und Methoden beantwortet zu bekommen. Es besteht ein kontinuierlicher Kommunikationsbedarf. Da ein globales Center fr viele Regionen sowohl sprachlich als auch geographisch (z. B. Zeitunterschiede) nicht immer erreichbar sein wird, erscheint die Zwischenschaltung eines BI Helpdesk als sinnvoll. Dieser Helpdesk hilft mit Controlling- und IT-erfahrenen regionalen Mitarbeitern den Controllern bei der Datenverifizierung, Fehlersuche und Anwendungsuntersttzung. In diesem Sinne fungiert er als Intermedir zwischen dem Competency Center und dem dezentralen Controlling, aber auch zwischen dem Controlling auf Geschftsbereichs- und Konzernebene.
BI Helpdesk
Die Einrichtung einer Controlling-Supportorganisation ist in der Lage, dem Controlling die erforderlichen Freirume fr strategisch analytische Aufgaben wieder zu çffnen. Gleichzeitig werden die Effizienz und die Qualitt der Datenbereitstellung drastisch verbessert. Nicht nur die klassischen transaktionalen Aufgaben werden durch das Supportcenter abgewickelt, auch die IT-Systembetreuung und -untersttzung sowie die methodische Untersttzung und Aufbereitung des Datenmaterials werden durch das Center bewerkstelligt. Im Hinblick auf das Aufgabenspektrum des Controlling kçnnen somit deutlich mehr Ttigkeiten in eine Nearshore/Offshore-SSC- bzw. BPO-Lçsung bertragen werden (vgl. Abb. 6).
Freirume durch ControllingSupport
Wesentliche Herausforderung, die in einem Modell mit Controlling-Supportorganisation zu bewerkstelligen ist, ist die Aufrecht-
Herausforderung Abstimmung 313
Herausforderungen globaler Unternehmen Seite 314
erhaltung der Kommunikation und Abstimmung zwischen dem Level-1- (Helpdesk) und Level-2-Support (Competency Center) sowie den dezentralen Einheiten und dem Konzern. Die zugrunde liegende Philosophie deutet bereits an, dass dieses Modell eher fr große und global aufgestellte Konzerne Anwendung findet. Betrachtet man die Schwerflligkeit vieler Konzern-Controlling-Abteilungen sowie den hohen Grad an nicht standardisierten und ineffizienten Controlling-Insellçsungen in dezentralen Unternehmenseinheiten, drngt sich die Frage auf, ob ein strker zentralistischer und standardisierter Ansatz unbedingt die schlechtere Lçsung wre. Allerdings gilt es, an dieser Stelle ein erhebliches Maß an Change Management zu betreiben, da die strkere Formalisierung des Controlling-Prozesses nicht unbedingt mit der hierzulande vorherrschenden Controlling-Philosophie einhergeht. Bislang galt es als Paradigma im Controlling, flexibel und businessorientiert zu handeln, auch wenn die Realitt zumeist anders aussieht. Die Controller versinken in der Komplexitt aufgeblhter Budgetierungsprozesse, verpulvern endlos viel Zeit und Energie in der gar nicht so strategischen Erstellung des Monatsabschlusses und suchen verzweifelt nach Daten in den wenig oder gar nicht integrierten IT-Systemen. Der Schritt zu einem SSC oder BPO fr das Controlling kçnnte hier massive Erleichterung schaffen.
schematisch
Controlling - Stark dezentraler Fokus Vermeintliches SSC-/ BPO-Potenzial (keine kritische Größe)
Transaktionale, repetitive Täti gkeiten
Business Intelligence Knowledge/ Competence Dezentrale ControllingOrganisation „Controller vor Ort“ Strategische/ Knowledgebasierte Täti gkeiten
Controlling - SSC-BPO-Fokus Transaktionale, repetitive Täti gkeiten Business Intelligence Support (Level 1) BI Competence Center (Level 2)
Strategische/ Knowledgebasierte Täti gkeiten
Abb. 6: Controlling – tatschliche SSC-/BPO-Potenziale
314
Controlling Onshore/ Nearshore/Offshore SSC-/ BPO-Lösung
Dezentrale ControllingOrganisation „Controller vor Ort“
Herausforderungen globaler Unternehmen Seite 315
Dieser Sinneswandel ist schwerer, wenn eine Nearshoring- oder sogar Offshoring-Komponente ins Spiel gebracht wird. So wie es vermehrt westeuropische Konzerne zum Aufbau der Finance SSC an Standorten wie Prag, Budapest, Krakau, Brnn und neuerdings auch Bukarest oder Sofia verschlgt, gilt es konsequenterweise fr die Controlling-Supportorganisation, ggf. in Osteuropa die Zelte aufzuschlagen. Qualitt im Hinblick auf betriebswirtschaftliches Fachwissen oder Fremdsprachkenntnisse findet sich an den grçßeren Standorten in den neuen Nearshoring-Destinationen. Allerdings ist zum Teil bereits ein massiver Kampf um die immer knapper werdenden Ressourcen entbrannt. Prag und Budapest, die Standorte mehrerer großer globaler SSC und BPO-Center sind, gelten mittlerweile als berhitzt und bieten kaum noch Wachstumsmçglichkeiten. Die Kombination aus Domain-Expertise wie z. B. Controlling, gepaart mit Fremdsprachenkenntnissen ber Deutsch, Englisch und Franzçsisch hinaus, ist an den gefragten Standorten mittlerweile begrenzt. Lediglich Rumnien bietet z. B. in Bukarest oder Timisoara fr einen großen Konzern noch ausreichend Potenzial. Die zunehmend deutlicher werdende Ressourcenknappheit im NearshoringUmfeld drngt lokal adaptierte Front-Office-Lçsungen auf. Die oben dargestellte Helpdesk-Konstellation kçnnte durchaus als OnshoreCenter eingerichtet werden, z. B. in Deutschland. Unter Kostengesichtspunkten kçnnte ein Standort in Ostdeutschland in Erwgung gezogen werden. Das Competency Center kann somit in rein englischer Sprache betrieben werden und an einem Nearshore- oder Offshore-Hub zentral eingerichtet werden. Eine analoge Konstellation ist fr ein Buchhaltungs-SSC ebenfalls denkbar, womit die SSC-/ BPO-Strategie zu einem Multistandortmodell weiterentwickelt werden kann. Große, globale Unternehmen werden aus Koordinationsgrnden, aber auch aus ganz pragmatischen Beweggrnden nicht mit einem einzigen SSC fr den Gesamtkonzern auskommen. Die Konstellation von kostengnstigen globalen Transaktions- und Competency-Centern und regionalen Support Centern bietet einen Lçsungsansatz, um Qualitt und Kosten nachhaltig mit einer entsprechenden SSC-/BPO-Strategie im Finanzbereich zu optimieren.
Controlling Nearshoring/ Offshoring
Der BPO-Anbieter Genpact zeigt in der Zusammenarbeit mit seinem grçßten Kunden General Electric, dass die globale Bndelung von Controlling-Aufgaben funktionieren kann. Die in New Delhi angesiedelten Expertenteams untersttzen alle Geschftsbereiche von GE weltweit mit unterschiedlichsten Auswertungen, Planungssimulationen und Planungsvorbereitungen. Die dezentralen Controller berlassen dem Center die aktuellen Planzahlen, die dann quasi „ber Nacht“ in quantitativen Modellen in Simulations- und Sensitivittsanalysen getestet werden. Der Controller wird somit
Anwendungsbeispiel Genpact
315
Herausforderungen globaler Unternehmen Seite 316
methodisch bei der Planung von einem Analyseteam untersttzt, das dezentral in der Form und Qualitt nicht zu betreiben wre.
5
Ausblick: Die Controlling-Organisation der Zukunft im global agierenden Unternehmen
Angloamerikanisches ControllerVerstndnis
Zusammenfassend kann fr das Controlling eine Zukunftsvision abgeleitet werden. Die uneinheitliche begriffliche Einordnung des Controlling hat letztendlich zu einer zu starken Trennung des externen und internen Rechnungswesens im deutschen Controlling-Verstndnis gefhrt. Der Controller deutscher Prgung ist gut beraten, sich dem angloamerikanischen Modell zu nhern, um hçhere Integritt der Daten, bessere Koordination und letztendlich eine hçhere Effizienz zu erzielen. Insbesondere in der dezentralen Ausgestaltung der Finanzfunktion erscheint die Einrichtung einer lokalen Controller-Funktion, in der sowohl die lokale Buchhaltung als auch das lokale Controlling (i. S. v. Financial Planning & Analysis und Management Reporting) zusammenlaufen, als zweckmßiger. Im Hinblick auf die Shared-Service-Potenziale hilft die Standardisierung, Formalisierung und Zergliederung des Controlling-Prozesses, um eine qualittsverbesserte und effizientere Wahrnehmung des Controlling im Konzern zu bewerkstelligen.17 Die Konstruktion von Level-1- und Level-2-Supportmodellen hilft berdies, reine Rechnungswesen-SSC zu optimieren, die derzeit an den klassischen Nearshoring-Standorten mit Ressourcenknappheit konfrontiert sind (vgl. Abb. 7).
BPOMçglichkeiten beachten
Bei der Weiterentwicklung von SSC-Modellen sind unbedingt die Mçglichkeiten von BPO-Lçsungen zu beachten. BPO ist im Finanzbereich etabliert und eine Reihe von Anbietern hat sich mit Kompetenz, Erfahrung, Multistandortkonzepten sowie ausreichend Ressourcen positioniert. Der Finanzprozess und mit ihm der Controlling-Prozess sind wichtige und berlebensnotwendige Prozesse eines jeden Unternehmens – sie sind und bleiben allerdings Untersttzungsprozesse, die an sich wenig erfolgsentscheidend sind. Kein Unternehmen wird Innovationen schneller in den Markt treiben, das Produktsortiment besser optimieren, Preise langfristiger aufrechterhalten und profitable Kunden schneller identifizieren kçnnen, nur weil Finanzprozesse nicht in SSC oder BPO-Centern organisiert sind. Allerdings kann eine effiziente Finanzorganisation 17
316
Vgl. Gaiser (2006), S. 53 f.
Herausforderungen globaler Unternehmen Seite 317
dazu beitragen, dass die Qualitt der Entscheidungsuntersttzung verbessert wird, weil mehr Freiraum fr strategisches Handeln geschaffen wird. Die bewusste Trennung der Untersttzungsprozesse im Controlling von der strategischen Beraterrolle des Controllers vor Ort bildet somit die Basis fr eine insgesamt verbesserte Effizienz und Qualitt. Der Schritt zur externen Verlagerung des Controlling-Supports ist demzufolge nicht mehr allzu weit. Im Zuge der Konzentration auf Kernkompetenzen erscheint es zweifelsohne ratsam, den Controller an sich im Konzern zu belassen, aber die transaktionalen Aufgaben, der Level-1-Helpdesk sowie das Competency Center kçnnen durchaus von einem versierten BPOAnbieter ausgefhrt werden.
SSC (Konzern) - Multifunktion -
Controller (Konzern)
Buchhaltung/ Rechnungswesen
Controlling
Geschäftsbereich
Controller (Lokal)
Controller (Lokal) Geschäftsbereich
Accounting (Lokal, soweit erforderlich)
Controlling (Lokal)
Controller (Lokal) Geschäftsbereich Controller (Lokal) Geschäftsbereich
Alternative Berichtslinie bei Multifunktions-SSC
Controller (Lokal) Helpdesk (Level 1) SSC/BPO Buchhaltung/Rechnungswesen, Controlling-Support (Level 2)
Abb. 7: Controlling-Organisation der Zukunft – integriertes Supportmodell
317
Herausforderungen globaler Unternehmen Seite 318 Weiterentwicklung des ControllingVerstndnisses
Das heutige Controlling in deutschen Großkonzernen hat sich hufig verselbststndigt und eine gewisse Eigendynamik bekommen. Die Effizienzfrage bringt allerdings nunmehr auch das Controlling auf den Prfstand. Der Begriff des „Controlling im Controlling“ wird in der Zukunft eine verstrkte Rolle spielen.18 Der Blick ber den internationalen Tellerrand ist dabei ebenso zwingend erforderlich wie die proaktive Auseinandersetzung mit Shared Services und BPO. Das Controlling sollte in ein Einkreissystem des Rechnungswesens (re)integriert und die nicht unmittelbar entscheidungsuntersttzenden Teilbereiche mittelfristig gezielt an Spezialisten fremd vergeben werden, um den neuen Anforderungen im globalen Konzern gerecht zu werden. Das uns in Deutschland so vertraut gewordene Controlling-Verstndnis muss sich weiterentwickeln, ansonsten droht es mit seiner Heterogenitt, der Systemvielfalt und den lokalen Spezifika im globalen Kontext unterzugehen.
6
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318
Vgl. Losbichler (2006), S. 56.
Herausforderungen globaler Unternehmen Seite 319
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319
Herausforderungen globaler Unternehmen Seite 320
320
Corporate Governance Seite 321
Controlling-Organisation und Corporate Governance n Eine Vielzahl von Unternehmensskandalen sowie darauf folgenden Reformen haben das Bewusstsein dafr geschrft, dass die Corporate Governance einen wichtigen Erfolgsfaktor im internationalen Wettbewerb um Kapital darstellt. n Die Reforminitiativen beeinflussen auch die Controlling-Organisation. Aus einer kontingenztheoretischen Perspektive stellt die Corporate Governance einen externen Umweltfaktor dar, an den sich die Controlling-Organisation anpassen muss. n Am Beispiel jngerer Reformen in der Corporate Governance wird gezeigt, wie diese die Controlling-Organisation beeinflussen. Die Corporate Governance macht aufgrund ihrer Vernderungsdynamik eine stndige Anpassung der Controlling-Organisation erforderlich. Inhalt
Seite
1
Einleitung ....................................................................................
322
2
Corporate Governance ..............................................................
323
3
Controlling-Organisation ..........................................................
325
4
4.2 4.3
Corporate Governance als Kontingenzfaktor fr die Controlling-Organisation .......................................................... Das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) ............................................... Die International Financial Reporting Standards (IFRS) ............. Der Sarbanes-Oxley Act (SOA) ..................................................
5
Fazit und Ausblick ......................................................................
331
6
Literaturhinweise .......................................................................
333
4.1
327 328 329 330
n Der Autor Dr. Andreas Wald, Akademischer Direktor am Lehrstuhl fr Industrielles Management der European Business School (ebs).
321
Corporate Governance Seite 322
1
Einleitung
Erfolgfaktor im Wettbewerb um Kapital
Eine Vielzahl von Unternehmenszusammenbrchen und -skandalen sowie die darauf folgenden Reformen haben das Bewusstsein dafr geschrft, dass die Corporate Governance einen wichtigen Erfolgsfaktor im internationalen Wettbewerb um Kapital darstellt. Anleger sind dazu bereit, einen Aufpreis fr eine „gute“ Governance zu zahlen.1 Reforminitiativen, darunter das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich, der Deutsche Corporate Governance Kodex oder die Vorgaben des Sarbanes-Oxley Act wirken sich auf viele Funktionsbereiche im Unternehmens aus. Direkt davon betroffen ist das Controlling, da die Gesetze neue Vorgaben hinsichtlich der Kapitalmarktkommunikation, des Risikomanagements und der Publizierungspflicht enthalten. Eine Anpassung der internen und externen Rechnungslegung und des Reporting, wie diese beispielsweise durch Umstellung auf die International Financial Reporting Standards erforderlich wird, hat eine unmittelbare Auswirkung auf die Controlling-Organisation.
Einfluss auf die ControllingOrganisation
Damit besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Corporate Governance auf der einen und der Controlling-Organisation auf der anderen Seite. Es liegt hier jedoch keine gegenseitige Wechselwirkung vor, sondern, was den Gestaltungsspielraum des Managements betrifft, ein unidirektionaler Einfluss der Regelungen der Corporate Governance auf die Controlling-Organisation. Die Corporate Governance konstituiert sich aus einem Gesetz-, Regel- und Normwerk, das sich dem direkten Einfluss durch das Management entzieht. Es handelt sich um externe Vorgaben, die das Unternehmen erfllen muss. Bei der Organisation hingegen besteht nicht nur ein Handlungs- und Entscheidungsspielraum seitens des Managements. Es ist vielmehr eine originre Aufgabe desselben, die Organisation des Unternehmens aktiv zu gestalten, zumindest aus einer instrumentellen oder funktionalen Sichtweise der Organisation.2 Dies gilt im gleichen Maße fr das Controlling mit seinen planungs-, kontrollund informationsbezogenen Koordinationsaufgaben.3 Auch diese 1
2 3
322
Interessanterweise konnte der angenommene positive Zusammenhang zwischen einer „guten“ Corporate Governance und der Performanz (vgl. Hillman; Dalziel (2003), empirisch bislang nicht berzeugend nachgewiesen werden. Studien, die Zusammenhnge zwischen einzelnen Aspekten der Corporate Governance und Performanz untersucht haben, kommen zu sehr uneinheitlichen Befunden. Vgl. Dalton et al. (1998); Gugler et al. (2004) sowie McKinsey (2002); Segler et al. (2007). Vgl. Gomez; Zimmermann (1997), S. 16. Vgl. Horvth (2006). Auf das abweichende Controlling-Verstndnis anderer Autoren kann hier aus Platzgrnden nicht weiter eingegangen werden. Fr den in diesem Beitrag betrachteten Ausschnitt der Controlling-Organisation ließe sich jedoch auch die Konzeption von Weber und Schffer (2006) zugrunde legen, die die Funktion des Controlling im Wesentlichen in der Sicherstellung der Rationalitt der Unternehmensfhrung sehen.
Corporate Governance Seite 323
mssen aktiv vom Management gestaltet werden, um die Koordinationsfunktion erfllen zu kçnnen. Zwischen der Organisation und dem Controlling wiederum besteht eine wechselseitige Beziehung. Beide mssen in Abhngigkeit von den Unternehmenszielen aufeinander abgestimmt werden. In der Literatur wird daher oft auf die situative Abhngigkeit der konkreten Ausgestaltung der Controlling-Organisation hingewiesen und diverse Vor- und Nachteile unterschiedlicher Alternativen werden diskutiert.4 In Abb. 1 ist der Wirkungszusammenhang zwischen Corporate Governance, Organisation und Controlling schematisch dargestellt.
Corporate Governance Regelungen wirken auf
Regelungen wirken auf wechselseitiger
Organisation
Einfluss
Controlling
Abb. 1: Corporate Governance, Organisation und Controlling
In diesem Beitrag werden die in Abb. 1 skizzierten Zusammenhnge nher begrndet und verdeutlicht. Dazu wird zunchst auf die besonderen Eigenschaften der Corporate Governance eingegangen. Im dritten Abschnitt folgt ein berblick ber einige der zentralen in der Forschung zur Controlling-Organisation diskutierten Fragen. Darauf aufbauend wird am Beispiel von jngeren Reformen in der Corporate Governance gezeigt, wie sich diese als Kontingenzfaktor auf die Controlling-Organisation auswirken kçnnen. Der Beitrag schließt mit einem Ausblick auf weitere Entwicklungen.
2
Corporate Governance
Der Begriff der Corporate Governance ist nicht eindeutig definiert. Autoren mit einem eher finanzwirtschaftlichen Hintergrund bevorzugen eine enge, an die Ziele der Investoren gekoppelte Definition.5 Einen sehr weit gefassten Corporate-Governance-Begriff, der explizit auch die Ziele weiterer Stakeholder beinhaltet, legt hingegen
4
5
CorporateGovernanceBegriff
Vgl. Chenhall (2003); Hoffjan; Weide (2006); Mller; Schmidt (2006); Weber et al. (2001). Vgl. Shleifer; Vishny (1997), S. 2.
323
Corporate Governance Seite 324 die OECD6 zugrunde. Geht man auf den etymologischen Ursprung des Begriffs zurck, setzt sich dieser aus den lateinischen Begriffen „corpus“ (= Kçrper) sowie „gubernare“ (= steuern/regieren) zusammen. Sinngemß bersetzt erhlt man so den Begriff „Unternehmensregierung“, der dem im deutschsprachigen Raum verbreiteten Begriff der Unternehmensverfassung nahekommt.7 Die Analogie zum Regieren im staatlichen Bereich liegt auf der Hand. In reprsentativen Demokratien wird eine Regierung (der Agent) durch einen Prinzipal (das Volk) zur Ausbung der Regierungsgewalt beauftragt. Bei der Corporate Governance haben wir ebenfalls eine zentrale Agenturbeziehung, die sich durch die Trennung von Eigentum und Kontrolle in Kapitalgesellschaften ergibt. Die Eigentmer (Aktionre) bestimmen einen/mehrere Agenten, die in ihrem Auftrag die Geschfte fhren. Im Grunde geht es um zwei Hauptfragen: 1. Wer soll fr die Steuerung (Regierung) des Unternehmens verantwortlich sein und wer soll die Kontrolle darber ausben? 2. In welchem Interesse soll gesteuert (regiert) werden? Organisation des Fhrungs- und Kontrollsystems
Die erste Frage bezieht sich auf die Organisation des Fhrungs- und Kontrollsystems.8 Hier steht das weltweit vorherrschende einstufige System (One-Tier) dem deutschen zweistufigen System (Two-Tier) gegenber. Letzteres sieht eine strikte Trennung (Gewaltenteilung) von Fhrungs- und Kontrollaufgaben vor, die von zwei separaten Organen, dem Vorstand und dem Aufsichtsrat, wahrgenommen werden. Das aus dem angelschsischen Bereich bekannte einstufige Modell fasst Fhrung und Kontrolle in einem Organ, dem Board of Directors, zusammen. Bei der zweiten Frage geht es darum zu klren, welche Interessen direkt im Entscheidungssystem bercksichtigt werden sollen und welche Interessen primr ber Markttransfers ausgeglichen werden. Hier steht das Shareholdermodell dem Stakeholdermodell gegenber.9 Eine alleinige Shareholderorientierung wird im amerikanischen System der Corporate Governance realisiert. Die Aktionre sind als einzige Anspruchsgruppe (monistisches System) direkt in das Entscheidungssystem des Unternehmens integriert, indem sie die Wahl der Board-Mitglieder vornehmen. Das dem deutschen System oft zugesprochene Stakeholdermodell reduziert sich bei genauem Hinsehen auf ein dualistisches Modell, in dem nur zwei Anspruchsgruppen direkt beteiligt sind: Die Aktionre und die Vertreter der Mitarbeiter whlen den Aufsichtsrat. Die 6 7 8 9
324
OECD (2004), S. 11. Vgl. von Werder (2003), S. 4. Vgl. Segler et al. (2007). Vgl. Segler et al. (2007).
Corporate Governance Seite 325
Ansprche weiterer Stakeholder werden auch hier, wie im amerikanischen Modell, vor allem ber den Markt ausgeglichen. Die Beantwortung der skizzierten Grundfragen der Corporate Governance sowie die daraus resultierenden Formen der konkreten Ausgestaltung nationaler Governance-Systeme unterscheiden sich international zum Teil erheblich. Gemeinsam ist jedoch den meisten Systemen der Corporate Governance, dass sie auf Gesetzen und sonstigen rechtlichen Regelungen beruhen, die sich dem direkten Einfluss des Managements entziehen. Im Klartext: Ein in Deutschland firmierendes Unternehmen mit der Rechtsform der Aktiengesellschaft hat nicht die Wahl, ob es eine Hauptversammlung einberufen, einen Aufsichtsrat whlen und einen Vorstand ernennen mçchte. Diese Regelungen werden vom Gesetzgeber in Form des Aktiengesetzes oder der Mitbestimmungsgesetze vorgegeben. In den USA gibt es entsprechende Vorgaben durch die Incorporation Laws auf Ebene der Bundesstaaten oder bergeordnet durch die Bestimmungen der Security Exchange Commission. Die Regeln der Corporate Governance wirken dadurch, wie in Abb. 1 skizziert, einseitig auf die Gestaltung der Controlling-Organisation. Diese muss es ermçglichen, die rechtlich vorgegebenen Aufgaben zu erfllen und die dazu erforderlichen Informationen bereitzustellen.
3
Controlling-Organisation
Fragen der Controlling-Organisation bzw. der Organisation des Controller-Bereichs wurden in der Forschung bereits frh thematisiert.10 Grundstzlich geht es um die Frage der Gestaltung der organisatorischen Verankerung des Controller-Bereichs im Unternehmen. Die Controlling-Organisation umfasst die beiden klassischen Gestaltungsfelder in der Organisationslehre, die Aufbau- und die Ablauforganisation. In der Literatur ist jedoch eine deutlicher berhang von Arbeiten zu finden, die sich mit aufbauorganisatorischen Aspekten der Controlling-Organisation auseinandersetzen.11 Wie in der Organisationslehre allgemein, werden auch in Bezug auf die Controlling-Organisation Fragen wie der optimale Grad an der Zentralisierung/Dezentralisierung oder der Standardisierung/Differenzierung diskutiert. Fasst man den Begriff der Controlling-Organisation weiter, fllt darunter auch die Organisation innerhalb des Controlling-Bereichs. Dazu zhlt dann auch die Gestaltung des internen Kontrollsystems, der Rechnungslegung, des Reporting, der 10
11
Rechtliche Verankerung der Corporate Governance
ControllingOrganisation in der Forschung
Vgl. Golembiewski (1964); Sathe (1978); Boland; Pondy (1983); Covaleski; Aiken (1986). Vgl. Horvth (2006), S. 802 ff.
325
Corporate Governance Seite 326
Informationssysteme und des Planungssystems, sofern aufbau- oder ablauforganisatorische Aspekte tangiert werden. Kontingenztheoretische Perspektive
In vielen Arbeiten zur Controlling-Organisation wird aus einer kontingenztheoretischen Perspektive argumentiert.12 Dieser in der Organisationsforschung weit verbreitete Ansatz lsst sich auf einen einfachen und intuitiv leicht nachvollziehbaren nomologischen Kern reduzieren: Es gibt keine universell „beste“ (effiziente) Organisationsstruktur. Die Wahl der jeweils geeigneten Struktur ist abhngig von einer Vielzahl situativer Faktoren. Diese lassen sich in interne und externe Faktoren unterscheiden. Beispiele fr interne Faktoren sind die eingesetzten Fertigungstechniken, die Grçße der Organisation, der Grad der Internationalisierung oder das Ausmaß der Diversifizierung im Produktportfolio. Zu den externen Faktoren zhlen u. a. die Wettbewerbsintensitt in der Branche, die Kundenstruktur und die Dynamik technischer Entwicklungen. Organisationen funktionieren effizient, wenn sie in einem Fit-Verhltnis zu ihrer externen Umwelt und den internen Faktoren stehen. Insofern mssen Organisationsstrukturen auch stndig an dynamische Umwelten angepasst werden.13 bertragen auf die Controlling-Organisation gilt dies analog. Auch hier hngt die organisatorische Verankerung des Controlling von einer Vielzahl von Umweltfaktoren ab. Aber auch die Merkmale der Organisation des gesamten Unternehmens beeinflussen die Controlling-Organisation. Eine Reihe von Studien hat dies fr die Controlling-Organisation am Beispiel von Kontingenzfaktoren wie der Branche oder der Rechtsformen empirisch gezeigt.14 So wird man sich aus nahe liegenden Grnden in einer dezentral organisierten ManagementHolding fr eine andere Controlling-Organisation entscheiden als in einer integrierten Matrixorganisation. Frhe empirische Arbeiten zur Controlling-Organisation waren oft auf wenige oder gar einzelne Kontingenzfaktoren beschrnkt. Dabei wurde auch die Organisation des Unternehmens als Kontingenzfaktor fr die Ausgestaltung des Controlling untersucht und die umgekehrte Wirkungsrichtung vom Controlling auf die Organisation des Unternehmens analysiert.15 Wie in Abb. 1 angedeutet, besteht hier ein wechselseitiger Einfluss.
Ergebnisse empirischer Studien
Die in der Vielzahl der Studien zur Controlling-Organisation gefundenen Ergebnisse variieren zwar in Abhngigkeit von den jeweils betrachteten Variablen, es lassen sich jedoch einige, wenn 12 13 14 15
326
Vgl. Chenhall (2003). Vgl. Kieser (2002). Vgl. Horvth (2006), S. 804; Weber et al. (2001); Syska (2006). Vgl. Chenhall (2003).
Corporate Governance Seite 327 auch recht generische, Gestaltungsempfehlungen daraus ableiten.16 So legt beispielsweise eine dezentrale Verteilung der Entscheidungskompetenzen im Unternehmen eine dezentrale Controlling-Organisation nahe, da dadurch die als Entscheidungsgrundlage dienenden Informationen auch dort generiert werden, wo die entsprechenden Kenntnisse ber den Informationsbedarf der dezentralen Einheiten vorhanden sind. Die Controlling-Organisation folgt in diesem Fall der Fhrungsorganisation.17 Die damit einhergehenden Nachteile einer dezentralen Controlling-Organisation sind bekannt: Synergien lassen sich nur sehr begrenzt realisieren und die gegenseitige Abstimmung zwischen den dezentralen Einheiten wird erschwert. In der Praxis wird jedoch nicht die Frage auftauchen, ob das Controlling entweder zentral oder dezentral organisiert werden soll. Sondern es geht vielmehr darum, den optimalen Grad an Zentralisierung festzustellen. Die auf Basis der Kontingenztheorie durchgefhrten Studien liefern dazu nur sehr grundlegende Aussagen. Sie beschrnken sich in der Regel darauf festzustellen, ob es Zusammenhnge zwischen zwei oder mehreren organisatorischen Gestaltungsvariablen und den jeweiligen Kontingenzfaktoren gibt. Dies ließe sich auch am Beispiel weiterer untersuchter Gestaltungsvariablen, wie beispielsweise der Frage der Standardisierung versus Differenzierung durchexerzieren. Fr die in diesem Beitrag im Mittelpunkt stehende Frage nach dem Zusammenhang zwischen der Corporate Governance und der Controlling-Organisation gengt es jedoch festzustellen, dass in der Forschung bereits eine Vielzahl von organisationsexternen und -internen Kontingenzfaktoren identifiziert wurden, die die Controlling-Organisation beeinflussen. In welcher Form auch die Corporate Governance einen solchen Faktor darstellen kann, wird im nchsten Abschnitt nher betrachtet.
4
Corporate Governance als Kontingenzfaktor fr die Controlling-Organisation
Der hier zugrunde gelegte Begriff der Corporate Governance hebt primr auf rechtliche Regelungen durch den Gesetzgeber sowie weitere formale Regelungen mit gesetzesquivalenter Wirkung, wie die Vorgaben der Securities Exchange Commission, ab. Damit grenzt sich der Begriff von weiter gefassten Definitionen ab, die 16 17
Betrachtung von Kontingenzfaktoren
Corporate Governance als externer Kontingenzfaktor
Vgl. dazu den Beitrag von Gleich und Temmel in diesem Band. Vgl. Horvth (2006), S. 813.
327
Corporate Governance Seite 328
beispielsweise auch die Organisation des Kapitalmarktes oder die Ausgestaltung der industriellen Beziehungen darunter fassen.18 Aus dieser Sichtweise lsst sich die Corporate Governance eindeutig den externen Kontingenzfaktoren zuordnen, die einen Einfluss auf die Controlling-Organisation ausben. Die Gestaltung Letzterer muss so erfolgen, dass sie auch zu diesem Umweltfaktor ein Fit-Verhltnis aufweist. Da auch die Corporate Governance als Teil der Unternehmensumwelt durch einen dynamischen Wandel gekennzeichnet ist, wird durch Reformen in der Corporate Governance eine stndige Anpassung der Controlling-Organisation erforderlich. Einfluss der Corporate Governance beobachtbar
Der Einfluss der Corporate Governance lsst sich bereits auf der hçchsten Ebene des Leitungssystems von Kapitalgesellschaften beobachten. So ist es die Aufgabe des Controlling, die Informationen, die der Vorstand im Rahmen seiner Berichterstattungspflichten an den Aufsichtrat liefern muss, zu generieren und bereitzustellen. Dies gilt sowohl fr die periodische Berichterstattung als auch fr Sonderberichte, die aufgrund bestimmter Ereignisse vom Aufsichtsrat angefordert werden.19 Je nachdem, ob es sich um einen großen international agierenden Konzern oder um ein mittelstndisches Unternehmen handelt, wird die organisatorische Gestaltung der mit dieser Informationsfunktion verbundenen Aufgaben anders ausfallen. Die Grundstrukturen des deutschen und des amerikanischen Systems der Corporate Governance haben sich jedoch durch die jngeren Reformen nicht maßgeblich gendert. Das zweistufige mitbestimmte deutsche System bleibt ebenso wie das einstufige monistische System in den USA erhalten. Die neuen Regelungen, darunter das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich, die Einfhrung der International Financial Reporting Standards oder die Vorgaben des Sarbanes-Oxley Act setzen auf einer anderen Ebene an. Einige (mçgliche) Auswirkungen auf die Controlling-Organisation werden im Folgenden exemplarisch erlutert.
4.1
Zielsetzung des KonTraG
Das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich trat im Jahre 1998 in Kraft. Wie auch das in 2002 folgende Transparenz- und Publizittsgesetz (TransPuG) wurden dadurch Erweiterungen und Przisierungen des Aktiengesetzes (AktG) und 18 19
328
Das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG)
Vgl. Aguilera; Jackson (2003); Gugler et al. (2004). Vgl. Scheffler (2003a).
Corporate Governance Seite 329
der Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) vorgenommen. Die Regelungsinhalte des KonTraG konkretisieren den Pflichtrahmen des Vorstandes, strken die Kontrollfunktionen des Aufsichtsrates und der Hauptversammlung und zielen darauf ab, die Qualitt der Abschlussprfung zu steigern.20 Eine weitere Anforderung des KonTraG ist die Schaffung eines betrieblichen Risikomanagements und eines internen Kontrollsystems nach § 91 II AktG. Unternehmen, die in den Regelungsbereich des Gesetzes fallen, sind seitdem explizit dazu verpflichtet, ein berwachungssystem zur frhzeitigen Erkennung von gefhrdeten Entwicklungen einzufhren.21 Damit hat das Gesetz auch unmittelbare Auswirkungen auf die Controlling-Organisation. Ein ausdifferenziertes und leistungsfhiges Controlling deckt bereits eine Vielzahl der im Risikomanagement erforderlichen Funktionen ab. Ist das Controlling in seiner bestehenden Form nicht dazu in der Lage, macht diese Reform es erforderlich, die notwendigen aufbauund ablauforganisatorischen Maßnahmen zu ergreifen, um ein geeignetes Risikomanagementsystem zu schaffen. Wie dieses im Einzelnen beschaffen sein soll, wird an anderer Stelle ausfhrlich erlutert.22 Hier sei nur darauf hingewiesen, dass die Organisation eines effizienten und effektiven Risikomanagements mit einem erheblichen organisatorischen Aufwand verbunden ist. So muss dazu beispielsweise ein zentrales Risiko-Controlling geschaffen werden, dem in grçßeren Unternehmen dezentrale Risikoverantwortliche in den einzelnen Unternehmensbereichen gegenberstehen. Auf der instrumentellen Ebene gilt es Frhwarnsysteme und Verfahren zur Risikoanalyse und -bewertung einzufhren. Diese sollen durch die bestehenden Informationssysteme untersttzt und im Idealfall in diese integriert werden.
4.2
Die International Financial Reporting Standards (IFRS)
Kapitalmarktnotierte deutsche Unternehmen sind seit dem 1.1.2005 zur Berichterstattung nach den IFRS verpflichtet.23 Projekte, die die Umstellung auf diesen Standard vorbereitet haben, hatten in der Regel einen mehrjhrigen Vorlauf. Diese Rechnungslegungsstandards weichen hinsichtlich der Bewertungsmethoden und Klassifizierungen deutlich vom Glubigeransatz des HGB ab und weisen 20 21 22 23
Anforderungen des KonTraG
Angleichung von externem und internem Rechnungswesen
Vgl. KonTraG; Mendrzyk (2004), S. 16. Vgl. Gleich; Oehler (2006), S. 42. Vgl. Gleich; Oehler (2006), S. 50 ff. Fr Unternehmen, die bereits andere anerkannte internationale Standards, z. B. US-GAAP, anwenden, galt eine bergangsfrist bis zum 1.1.2007.
329
Corporate Governance Seite 330
eine grçßere bereinstimmung mit den United States General Accepted Accounting Principles (US-GAAP) auf. In der Anhangdokumentation gehen die IFRS sogar teilweise ber die Forderungen der US-GAAP hinaus.24 Die IFRS zielen hnlich wie die US-GAAP auf die Schaffung von entscheidungsuntersttzender Information fr die Eigenkapitalgeber ab. Fr Unternehmen, die auf den internationalen Kapitalmrkten im Wettbewerb miteinander stehen, sind diese Informationen zunehmend auch fr die internen Entscheider relevant.25 Insgesamt findet durch die Umstellung auf IFRS eine Angleichung von externem Rechnungswesen (Accounting) und dem Controlling statt.26 Manche Autoren gehen sogar so weit, von einer „Bedrngung des internen Rechnungswesens durch das externe“ zu sprechen.27 Der Einfluss auf die Controlling-Organisation durch die Umstellung auf IFRS liegt einerseits in der Um- und Neugestaltung von Berichtsinstrumenten, anderseits kann die Umstellung auch die Aufbauorganisation des Controlling beeinflussen. Die Annherung des externen und des internen Rechnungswesens kann als eine Gelegenheit zur Vereinheitlichung der beiden Funktionen gesehen werden und damit Zentralisierungstendenzen in der ControllingOrganisation hervorrufen.28 Einer empirischen Studie zufolge wird in einigen Unternehmen durch die Umstellung auf IFRS in der Zukunft sogar darber nachgedacht, auf eine kalkulatorische interne Kostenrechnung zu verzichten.29 Eine derartig weit reichende nderung wirkt sich nicht nur auf die eingesetzten Rechnungslegungsinstrumente aus, sondern auch auf die Aufbauorganisation des Controlling.
4.3 SOA mit weitreichenden Auswirkungen
Im Jahre 2002 wurde der Sarbanes-Oxley Act verabschiedet, um auf die eingangs erwhnten Finanzskandale und Unternehmenszusammenbrche zu reagieren. Das Gesetz hat exterritoriale Wirkung. Es ist nicht an den Firmensitz gekoppelt, sondern an die Bçrsennotierung. Daher fllt auch eine Reihe von deutschen Großunternehmen in den Regelungsbereich. Der SOA ist in 11 Abschnitte (Titles) mit insgesamt 69 Einzelbestimmungen (Sections) eingeteilt. Er soll eine nach außen wirkende Schutzfunktion und eine nach innen wirkende Qualittssicherungsfunktion erfllen, die sich in drei Hauptzielen widerspiegeln:30 1. Die Verbesserung der Unternehmenskontrolle: 24 25 26 27 28 29 30
330
Der Sarbanes-Oxley Act (SOA)
Vgl. Scheffler (2003b), S. 634 f. Vgl. Weber; Schffer (2006), S. 113 ff. Vgl. Gleich; Oehler (2006), S. 210. Biel (2004), S. 207. Vgl. Biel et al. (2003). Vgl. Weissenberger et al. (2004); Gleich; Oehler (2006), S. 202. Vgl. Biel (2005); Menzies (2004); Wolf (2003).
Corporate Governance Seite 331
Section 404 des SOA fordert die Einrichtung eines umfassenden internen Kontrollsystems. Dieser Passus hat weit reichende Auswirkungen auf die Controlling-Organisation, da entsprechende Kontrollprozesse gestaltet werden mssen und der Aufbau entsprechender Kapazitten notwendig wird. 2. Die Erweiterung der Publizittspflichten und die Schaffung einer Corporate Responsibility. Fr die Richtigkeit der bei der Securities and Exchange Commission (SEC) eingereichten Unterlagen geben der CEO und der CFO eine eidesstattliche Versicherung ab; sie haften persçnlich bei grober Fahrlssigkeit und bewusster Falschaussage. 3. Die Selbstregulierung der Wirtschaftsprfungsgesellschaften wird durch eine staatliche Kontrolle ersetzt (Public Company Accounting Oversight Board). Von der Vielzahl der Einzelregelungen kann die Auswirkung auf die Controlling-Organisation besonders bei dem zu schaffenden internen Kontrollsystem fr die Finanzberichterstattung nach Section 404 SOA verdeutlicht werden. Die entsprechenden Bestimmungen sind die umstrittensten des SOA, da sie in der Umsetzung besonders aufwndig sind und gleichzeitig keine przise Erluterung der Anforderungen erfolgt.31 Das in diesem Zuge geschaffene Kontrollsystem muss von einem Wirtschaftsprfer attestiert werden. Die Berichte von Unternehmen, die Section 404 SOA umgesetzt haben, besttigen den hohen Implementierungsaufwand und damit auch erhebliche Auswirkungen auf die Controlling-Organisation.32 Smtliche Unternehmen bençtigen eine umfangreiche und kostenintensive IT-Untersttzung, um einheitliche Berichtsstandards zu schaffen. Die SAP beispielsweise beziffert die Kosten des Einfhrungsprojekts mit ca. 2 Millionen Euro und mit jhrlichen Folgekosten in gleicher Hçhe.33
5
Fazit und Ausblick
Anlass fr diesen Beitrag war die Frage nach dem Zusammenhang zwischen der Corporate Governance und der Controlling-Organisation. Dazu wurde aus einer kontingenztheoretischen Perspektive argumentiert, nach der die Corporate Governance einen externen Umweltfaktor darstellt. Unternehmen mssen ihre Organisation und davon auch den Teilbereich der Controlling-Organisation so gestalten, dass diese in einem Fit-Verhltnis zu ihrer Umwelt stehen. nderungen in der Corporate Governance machen daher nderungen in der Controlling-Organisation erforderlich. Um 31 32
33
Auswirkungen auf die ControllingOrganisation
Corporate Governance als externer Kontingenzfaktor
Vgl. Glaum et al. (2006), S. 43. Vgl. Brandt; Stromann (2004); Buderath (2004); Gerken (2004); Holtmann (2004); Kauffmann; Mucic (2004); Gçtzenberger (2003); Saalfeld (2004); Schwarz (2004); Zimmermann; Giesen (2004). Vgl. Mucic (2004), S. 324.
331
Corporate Governance Seite 332
diese zu verdeutlichen, wurde am Beispiel jngerer Reformen in der Corporate Governance gezeigt, dass und wie sich diese auf die Aufbau- und die Ablauforganisation des Controlling auswirken. Entwicklung der Corporate Governance unklar
Da sich die Systeme der Corporate Governance in vielen Lndern im Umbruch befinden und durch stndige Vernderungen gekennzeichnet sind, zieht dies in den jeweiligen Aspekten auch fr die Controlling-Organisation Anpassungsbedarf nach sich. Noch nicht abschließend geklrt, jedoch kontrovers diskutiert, wird dabei die grundstzliche Entwicklungsrichtung der Corporate Governance. Die Frage ist, ob sich aus der Vielzahl der einzelnen Reforminitiativen eine bergeordnete Entwicklungsrichtung erkennen lsst. Zur Debatte stehen aus deutscher Sicht drei grundstzliche Trends.34 Die erste Option, die so genannte Dominanzhypothese, geht von einer Angleichung des deutschen Systems der Corporate Governance an das international vorherrschende angelschsische Modell aus. Begrndet wird diese Entwicklung durch die vermeintlich vorteilhafte Ausgestaltung des amerikanischen Systems aus der Sicht von Investoren.35 Als ein Indiz fr diesen Trend kann die Umstellung auf IFRS/US-GAAP gewertet werden. Die Konvergenzhypothese stellt die zweite Option fr die zuknftige Entwicklung nationaler CorporateGovernance-Systeme dar. Diese postuliert eine gegenseitige Anpassung derselben, indem die Vorteile der beiden Systeme kombiniert werden. Ein Anhaltspunkt dafr wre die Tendenz zur Zweistufigkeit im amerikanischen System, die vom SOA durch die Bildung mit Outside Directors besetzten, unabhngigen Committees angestoßen wurde. Die dritte Hypothese hinsichtlich der Entwicklung nationaler Governance-Systeme sagt eine Koexistenz unterschiedlicher nationaler Systeme vorher und begrndet dies mit den institutionellen Komplementaritten der Elemente in den Systemen. Fr diese Hypothese spricht, dass sich die Grundformen des deutschen und des amerikanischen Systems bislang kaum verndert haben. Je nachdem, welche der Hypothesen ber die weitere Entwicklung nationaler Governance-Systeme sich als zutreffend erweisen wird, wird sich auch die Auswirkung auf die Controlling-Organisation unterscheiden. Das Ziel dieses Beitrages war es zu zeigen, dass die Corporate Governance einen Kontingenzfaktor fr die Controlling-Organisation darstellt. Aus den weiteren Beitrgen in diesem Band wird jedoch ersichtlich, dass darber hinaus eine Vielzahl weiterer Faktoren existiert, die bei der Ausgestaltung der Controlling-Organisation zu bercksichtigen sind. Die relative Bedeutung der Faktoren fr die Controlling-Organisation und die Wechselwirkungen zwischen den Faktoren sind bislang jedoch nur ansatzweise erforscht worden. 34 35
332
Vgl. Schnidet; Grohs (2000); Lucian (2004); Witt (2004). Vgl. Segler et al. (2007).
Corporate Governance Seite 333
6
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Unternehmensnetzwerke Seite 337
Organisation eines Controllings in Unternehmensnetzwerken n Unternehmensnetzwerke sind eine in der Praxis weit verbreitete Organisationsform, die zuknftig noch weiter an Bedeutung gewinnen wird. n Die Ausgestaltung der Organisation eines Controllings in Unternehmensnetzwerken („Netzwerk-Controlling“) ist bisher nicht umfassend diskutiert. n Daher sollen in diesem Beitrag bereits vorliegende Anstze der Aufbau- und Ablauforganisation eines Netzwerk-Controllings vorgestellt werden. Inhalt
Seite
1
Netzwerke und deren Spezifika ................................................
338
2
Aufgaben eines Controllings in Netzwerken ...........................
341
3 3.1 3.2 3.3
Organisation eines Controllings in Netzwerken ...................... Aufbauorganisation eines Netzwerk-Controllings ...................... Ablauforganisation eines Netzwerk-Controllings ....................... Ausgewhlte Einflussfaktoren auf die Organisation eines Netzwerk-Controllings ................................................................
343 343 349
4
Ausblick .......................................................................................
353
5
Literaturhinweise .......................................................................
354
351
n Die Autoren Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Pter Horvth, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Horvth AG und Geschftsfhrer des International Performance Research Institute (IPRI). Dr. Mischa Seiter, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am International Performance Research Institute (IPRI).
337
Unternehmensnetzwerke Seite 338
1 Bedeutung von Unternehmensnetzwerken
Netzwerke und deren Spezifika
Die Kooperation ber Unternehmensgrenzen hinweg ist ein zentrales Erkenntnisobjekt betriebswirtschaftlicher Forschung. Seit dem Ende der 1980er Jahre rcken insbesondere die komplexen Kooperationsformen in den Fokus der Forschung. Diese zumeist multilateralen Kooperationsformen werden berwiegend als Unternehmensnetzwerke bezeichnet. In der Literatur wird vermutet, dass es sich hierbei um die dominante Organisationsform der Zukunft handelt.1 Das Controlling hat der bereits heute hohen Prsenz von Netzwerken Rechnung zu tragen. So weisen Netzwerke spezielle Eigenschaften auf, an welche die Controlling-Organisation adaptiert werden muss. Im Folgenden werden diese Spezifika anhand einer Abgrenzung von Unternehmensnetzwerken zu anderen Organisationsformen erlutert.
Unternehmensnetzwerke als spezielle Kooperationsform
Unternehmensnetzwerke stellen eine spezielle Kooperationsform dar.2 Zur Charakterisierung und zur Abgrenzung von anderen Kooperationsformen dient eine Morphologie der Kooperation. Diese basiert auf Merkmalsausprgungen, welche im Rahmen einer Literatur- und Bedeutungsanalyse gewonnen wurden. Abbildung 1 fasst diese Merkmale in einer bersicht zusammen. Dabei zeigen die Hervorhebungen die Ausprgungen, die ein Unternehmensnetzwerk nach dem hier vertretenen Verstndnis aufweisen kann.
Merkmale von Unternehmensnetzwerken
Die Merkmale und die daraus folgenden Implikationen fr die Organisation des Controllings in Unternehmensnetzwerken werden nun im Einzelnen erlutert. Die Bezeichnung Unternehmensnetzwerk deutet bereits auf die Organisationsform Unternehmen als Kooperationspartner hin. Andere Organisationsformen werden nicht betrachtet, was beispielsweise die sog. Public Private Partnerships ausschließt. Eng verknpft mit dieser Fokussierung auf Unternehmen ist das zweite Merkmal: die zwischenbetriebliche Kooperation. Unternehmen verfolgen eine Gewinnerzielungsabsicht. Unterstellt man nun, dass sie aus dieser Absicht heraus Unternehmensnetzwerke formieren, so folgt daraus als Kooperationsebene die zwischenbetriebliche Kooperation.3 berbetriebliche Kooperationen wie beispielsweise Verbnde werden damit ausgeklammert.4 Ein weiteres Merkmal von Unternehmensnetzwerken ist die Freiwilligkeit des Netzwerkengagements. Dies impliziert, dass auch der Austritt aus Unternehmensnetzwerken 1 2 3 4
338
Vgl. Drucker (2002), S. 61. Vgl. Corsten (2001), S. 5; Zentes et al. (2003), S. 5. Vgl. Sydow (1992), S. 79; Wohlgemuth (2002), S. 16. Vgl. Hess (2002), S. 10.
Unternehmensnetzwerke Seite 339
mçglich ist, da kein Partner zum Verbleib gezwungen werden kann.5 Das Netzwerkengagement geht allerdings mit der Inkaufnahme zuknftiger Entscheidungseinschrnkung einher. Diese Einschrnkung resultiert aus Vereinbarungen zwischen den Kooperationspartnern sowie der stetigen Notwendigkeit gegenseitiger Abstimmung. Gegenstand solcher Vereinbarungen kçnnen hçchst unterschiedliche Sachverhalte sein, wie beispielsweise: e Mengen- und Preisfixierungen zwischen den Partnern, so dass die Planung im Netzwerk vereinfacht wird. Dies kann u. a. durch Mindestabnahmemengen oder Rahmenvertrge erreicht werden. e Schutzmaßnahmen im Netzwerk, wie beispielsweise Gebietsschutz und Vereinbarungen zum Schutz geistigen Eigentums. e Koordinationsvereinbarungen zur Vereinfachung der Abstimmung zwischen den einzelnen Partnern. Beispiele hierfr sind Abstimmungsregeln oder Berichtssysteme. Merkmal
Erläuterung
Ausprägung
Beteiligte
Art der Kooperationspartner
andere Organisationsformen
Unternehmen
Kooperationsebene
Ebene, auf der die Unternehmen im Netzwerk kooperieren
überbetrieblich
zwischenbetrieblich
Freiwilligkeit der Formierung
Antrieb zur Bildung der Kooperation
Verpflichtung, Gesetz, Markt, Zwang
eigener Wille
Entscheidungseinschränkung
Einschränkungen der Autonomie der Partner
Partneranzahl
Anzahl der Unternehmen, die an der Kooperation beteiligt sind
< −2
>2
Beziehungsstruktur
Anordnung der Beziehungen zwischen den Partnern
Anzahl der Kanten < Anzahl der Knoten
Anzahl der Kanten < − Anzahl der Knoten
keine
gering
mittel
hoch
völlig
Abb. 1: Konstituierende Merkmale eines Unternehmensnetzwerks6
Unternehmensnetzwerke sind insofern durch eine partielle Begrenzung der unternehmerischen Autonomie gekennzeichnet,7 partiell deshalb, weil eine vçllige Einschrnkung die Freiwilligkeit der Kooperation konterkarieren wrde. Ein weiteres Merkmal ist die Mindestanzahl der Partner. So kann erst von einem Unternehmens5 6 7
Vgl. Corsten (2001), S. 3. Vgl. Sydow (1992), S. 79; Wohlgemuth (2002), S. 16. Vgl. Corsten (2001), S. 3.
339
Unternehmensnetzwerke Seite 340
netzwerk gesprochen werden, wenn die Kooperation mindestens drei Partner umfasst.8 Mit dieser Annahme werden dyadische Kooperationen ausgeschlossen.9 Abschließendes Merkmal der hier erçrterten Definition von Unternehmensnetzwerken ist die Beziehungsstruktur: So darf die Anzahl der Beziehungsbndel im Netzwerk (Kanten) die Anzahl der Unternehmen (Knoten) nicht unterschreiten. Dadurch werden rein kettenfçrmige Kooperationen ausgeschlossen. Definition des Begriffs „Unternehmensnetzwerk“
Zusammenfassend ist ein Unternehmensnetzwerk somit eine auf freiwilliger Basis entstandene zwischenbetriebliche Kooperation mindestens dreier Unternehmen, die dadurch in ihrer unternehmerischen Autonomie partiell eingeschrnkt sind. Die Anzahl der Beziehungsbndel zwischen den Partnern (Kanten) darf die Anzahl der teilnehmenden Unternehmen (Knoten) nicht unterschreiten.10
Anforderungen an ein NetzwerkControlling
Anhand dieser Definition lassen sich spezifische Anforderungen an ein Netzwerk-Controlling und somit an dessen Organisation verdeutlichen. Die Freiwilligkeit des Ein- und auch Austritts von Partnern erlaubt eine stndige Vernderung der Partnerbasis. Eine kurzfristige Anpassung der internen Organisation des Netzwerks muss somit mçglich sein. berdies bietet die Mçglichkeit des Austritts die Option, sich der Koordination eines Netzwerk-Controllings zu entziehen. Der unternehmensbergreifende Kontext von Unternehmensnetzwerken sorgt fr ein weiteres Problem im Hinblick auf das Netzwerk-Controlling: die Intransparenz. Bereits in Einzelunternehmungen liegt dieses Problem vor; in Netzwerken wird es aber noch verstrkt. So kann ein Netzwerk-Controlling u. U. nicht auf alle notwendigen partnerspezifischen Daten in gewnschter Form zugreifen. Schließlich verursachen die Anzahl der Partner und die Entscheidungseinschrnkung erheblichen Abstimmungsbedarf bezglich der Organisation des Controllings: wem berichtet das Netzwerk-Controlling, welche Informationsrechte besitzt es etc.? Ziel dieses Beitrags ist es, die grundlegenden Gestaltungsoptionen fr die Organisation eines Netzwerk-Controllings aufzuzeigen. Dabei soll speziell der Einfluss des spezifischen Netzwerkkontexts auf die Organisation des Controllings betrachtet werden. Hierzu erfolgt im zweiten Abschnitt, als Basis fr die weiteren Ausfhrungen, die Erluterung netzwerkspezifischer Aufgaben des Controllings. Dabei werden die typischen Aufgaben des Netzwerkmanagements vorgestellt und davon die Funktion eines Netzwerk-Controllings abge8 9 10
340
Vgl. Wohlgemuth (2002), S. 17. Vgl. Beck (1998), S. 12 f.; Hess (2002), S. 12. Vgl. Horvth et al. (2004), S. 14.
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leitet. Daraufhin wird im dritten Abschnitt die Organisation eines Netzwerk-Controllings diskutiert. Hierzu werden zuerst Varianten der Aufbau- und Ablauforganisation eines Netzwerk-Controllings dargestellt, um dann den Einfluss ausgewhlter Aspekte der Netzwerkkonfiguration auf die Controlling-Organisation zu erçrtern. Der Beitrag schließt mit einem Ausblick.
2
Aufgaben eines Controllings in Netzwerken
Die Organisation des Controllings in Netzwerken ist derart zu gestalten, dass die netzwerkspezifischen Controlling-Aufgaben erfllt werden kçnnen. Insofern wird die Organisation des Controllings durch dessen Aufgaben determiniert. Die Aufgaben des (Netzwerk-)Controllings leiten sich wiederum von den Aufgaben des (Netzwerk-)Managements ab.11 Generell sind die Hauptaufgaben dabei die Einrichtung und die Koordination des Planungsund Kontrollsystems sowie des Informationsversorgungssystems. Diese sollen im Folgenden netzwerkspezifisch konkretisiert werden. Sydow gliedert die Aufgaben eines Netzwerkmanagements in vier Bereiche: Selektion, Regulation, Allokation und Evaluation.12 Unter Selektion wird im Wesentlichen die Auswahl der Partner fr das Netzwerk verstanden. Allerdings nicht nur die Erstauswahl bei Formierung des Netzwerks, sondern auch die Prfung, ob neue Partner in ein bestehendes Netzwerk aufgenommen oder aktuelle Partner ausgeschlossen werden mssen. Unter dem Stichwort Regulation ist die Etablierung von Regeln der Zusammenarbeit subsumiert. Darunter fallen beispielsweise die Einrichtung von unternehmensbergreifenden Berichtssystemen, die Vertragsgestaltung oder Schemata zur Konfliktbehandlung. Die Aufgabe der Allokation stellt auf verschiedene Verteilungsaufgaben im Netzwerk ab. Hier ist u. a. die Verteilung von Auftrgen im Netzwerk oder des Gemeinschaftserlçses anzufhren. Schließlich beschreibt das Stichwort Evaluation die Bewertungsfunktion. Hierbei werden sowohl die Leistungen der einzelnen Partner als auch die Leistung der Partner insgesamt, also des Netzwerks, betrachtet.
Aufgaben des Netzwerkmanagements
Ein Netzwerk-Controlling untersttzt das Netzwerkmanagement durch Informationsversorgungs- und Koordinationsleistungen. Im Rahmen der Selektion hat das Controlling somit u. a. die Aufgabe, Entscheidungen zu Vernderungen in der Partnerstruktur zu
Aufgaben des NetzwerkControllings
11 12
Vgl. Kraege (1997), S. 212; Hippe (1997), S. 191. Vgl. Sydow (2006), S. 408 ff.
341
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untersttzen. So sind Selektionskriterien zu erarbeiten sowie eine geeignete Verdichtung dieser zu einer Entscheidungsvorlage durchzufhren.13 Zur Untersttzung der Regulationsfunktion hat ein Netzwerk-Controlling u. a. die Aufgabe der Einrichtung und Koordination eines unternehmensbergreifenden Berichtssystems. Typische Teilaufgaben sind dabei die Bestimmung des Informationsbedarfs, die Einrichtung der Berichtswege und die berleitung von zumeist partnerspezifischen Daten in eine konsolidierbare Form, sog. „Brckenrechnungen“.14 Oft ignoriert werden in diesem Zusammenhang die juristischen Probleme, die beim Austausch von Daten ber Unternehmensgrenzen hinweg auftreten kçnnen. Besonders relevant sind diese bei Daten, die zur Beurteilung der Leistung einzelner Mitarbeiter dienen. Eine weitere Aufgabe des NetzwerkControllings im Zusammenhang mit der Regulationsfunktion kann die Einrichtung und Koordination einer netzwerkweiten Balanced Scorecard zum Zwecke der Operationalisierung einer Kooperationsstrategie sein (die dann spter auch der Evaluation der Partner dienen kann).15 Fr die Allokationsfunktion erbringt ein Netzwerk-Controlling berwiegend Optimierungsleistungen, wie beispielsweise die Durchfhrung von Entscheidungsrechnungen, um Gesamtauftrge in optimaler Weise auf die einzelnen Netzwerkpartner verteilen zu kçnnen. Je nach Netzwerkkonfiguration werden hierbei Planungsrechnungen durchgefhrt oder netzwerkinterne Auktionen organisiert, auf denen Partner Gebote fr Teilauftrge abgeben kçnnen.16 Die Konkretisierung der Allokationsentscheidungen in Form eines unternehmensbergreifenden Planungsprozesses ist ebenfalls Aufgabe eines Netzwerk-Controllings. Schließlich obliegt einem Netzwerk-Controlling die Vorbereitung der Bewertung im Rahmen der Evaluationsaufgaben des Netzwerkmanagements. Hierzu gehçrt u. a. die Erarbeitung von Wertmaßstben.17 Auch die Einrichtung und Koordination von Kostenrechnungssystemen bzw. unternehmensbergreifenden Performance-MeasurementSystemen gehçren zu den Aufgaben eines Netzwerk-Controllings. Abbildung 2 veranschaulicht die Aufgaben eines Netzwerk-Controllings in einer bersicht.
13 14 15 16 17
342
Vgl. Wohlgemuth (2002), S. 253 ff. Vgl. Drews (2001), S. 83 ff.; Balke; Kpper (2003), S. 955; Hippe (1997), S. 205. Vgl. Lange et al. (2001), S. 81 ff. Vgl. Hess (2002), S. 158 ff. Vgl. Otto (2002), S. 283.
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Selektion Auswahl der Selektionskriterien Auswahl der Selektionsmethode ...
Evaluation Bestimmung von Wertmaßstäben Performance Measurement
Regulation Aufgaben eines Netzwerk-Controlling
...
Netzwerkweites Berichtssystem Brückenrechnungen ...
Allokation Optimierungsrechnungen Planungsrechnungen ...
Abb. 2: Netzwerkspezifische Controlling-Aufgaben
Aus den Aufgaben des Netzwerk-Controllings ist ersichtlich, dass zur Erfllung weitreichende Informationsrechte notwendig sind. So kçnnen weder Selektions-, Regulations-, Allokations- noch Evaluationsleistungen erbracht werden, wenn partnerspezifische Daten, wie beispielsweise Kosten, Bestnde etc., nicht vollstndig und korrekt vorliegen. Die notwendigen Zugriffsrechte mssen sich in der Organisation des Netzwerk-Controllings widerspiegeln.
3
Organisation eines Controllings in Netzwerken
3.1
Aufbauorganisation eines Netzwerk-Controllings
Die Aufbauorganisation eines Controllings lsst sich anhand zentraler Gestaltungsvariablen charakterisieren. Diese sollen im Folgenden erlutert werden. Um Aussagen treffen zu kçnnen, die fr mçglichst viele Netzwerkkonfigurationen gltig sind, fokussieren sich die Ausfhrungen auf drei generische Gestaltungsvariablen. Diese wurden in Anlehnung an die Ausfhrungen von Horvth ausgewhlt und auf den speziellen Kontext der Unternehmensnetzwerke bertragen.18
18
Vgl. Horvth (2006), S. 811 ff.; Kraege (1997), S. 123.
343
Unternehmensnetzwerke Seite 344 Gestaltungsvariable Zentralisierungsgrad
Als erste Gestaltungsvariable soll der Zentralisierungsgrad diskutiert werden. Diese Gestaltungsvariable stellt auf die Verteilung der Controlling-Aufgaben im Unternehmen ab. Es geht dabei wesentlich um die Frage, welche Aufgaben von einem Zentral-Controlling ausgefhrt werden sollen und welche Aufgaben in Unternehmenseinheiten, wie beispielsweise Abteilungen oder strategischen Geschftseinheiten, durchzufhren sind. In Bezug auf ein Netzwerk-Controlling stellt sich diese Frage auf einem anderen Niveau: Inwieweit kçnnen die Controlling-Aufgaben aus dem einzelnen Partnerunternehmen hin zu einer zentralen NetzwerkControlling-Instanz verlagert werden? Der Zentralisierungsgrad lsst sich auf einem Kontinuum zwischen den Extremen „vollstndige Dezentralisierung“ und „vollstndige Zentralisierung“ darstellen (vgl. Abb. 3).
Vollstndige Dezentralisierung
Im Extremfall der vollstndigen Dezentralisierung des NetzwerkControllings werden alle Controlling-Aufgaben in den ControllingEinheiten der Partner durchgefhrt und eine Abstimmung erfolgt nur sporadisch und nicht institutionalisiert. Eine spezialisierte, unternehmensbergreifende Organisationseinheit, die netzwerkspezifische Controlling-Aufgaben durchfhrt, existiert nicht. Einen hçheren Zentralisierungsgrad weist die Variante auf, dass die Durchfhrung der Controlling-Aufgaben zwar in den einzelnen Unternehmenseinheiten erfolgt, die Controller sich allerdings regelmßig wechselseitig abstimmen. Der nchste Schritt hin zur Zentralisierung ist die Einrichtung einer neuen unternehmensbergreifenden Einheit, welcher Teile der netzwerkspezifischen Controlling-Aufgaben bertragen werden. Durch diese unternehmensbergreifende Einheit wird der Netzwerkcharakter auch in der Organisation des Netzwerk-Controllings sichtbar. Die Zentralisierung kann weiter gesteigert werden, indem diese zentrale Einheit schließlich alle netzwerkspezifischen Controlling-Aufgaben bertragen bekommt.
Vollstndige Zentralisierung
Schließlich werden in der Literatur auch vollstndig zentralisierte Organisationsformen diskutiert. Dabei werden netzwerkspezifische Controlling-Aufgaben nicht an eine von den Partnern geschaffene Organisationseinheit bergeben, sondern ein (partner)unabhngiger Dienstleister wird beauftragt. Im Rahmen von Logistiknetzwerken werden solche Lçsungen beispielsweise unter dem Stichwort „4PL“ („fourth party logistics provider“) diskutiert.19 Dabei wird die Koordination an den sog. „Netzwerkintegrator“ ausgelagert, der selbst ber keine Logistikressourcen verfgt. Ein weiteres oft verwendetes Synonym ist „Broker“. 19
344
Vgl. Schulte (2005), S. 190.
Controlling-Aufgaben vollständig bei den Partnern
Zunehmender Zentralisierungsgrad
Abstimmungsrunden
Unternehmensübergreifende Einheit übernimmt Teile der Controlling-Aufgaben Unternehmensübergreifende Einheit übernimmt alle Controlling-Aufgaben Partnerunabhängiger Broker
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Abb. 3: Mçgliche Zentralisierungsgrade des NetzwerkControllings
345
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Ein Beispiel fr die organisatorische Einordnung eines Brokers zeigt Abb. 4. Dabei wird der Broker eingesetzt, um Auktionen als netzwerkinternen Koordinationsmechanismus fr Teilauftrge im Netzwerk abzuwickeln. Speziell werden hier im Rahmen der Auktionen Produktionsauftrge den einzelnen Partnern zugeordnet. In diesem Beispiel ist der Broker direkt dem Leitungsgremium unterstellt.
Leitungsgremium
Beschaffung
Montage
Marketing
Auktionator Partner 1
Produktion
Partner 2
Partner 3
Abb. 4: Netzwerk-Controlling in Form eines Auktionators20
Gestaltungsvariable organisatorische Verankerung
Direkt aus dem Zentralisierungsgrad ergibt sich eine weitere Gestaltungsvariable der Aufbauorganisation eines Netzwerk-Controllings: die Verankerung eines zentralisierten Netzwerk-Controllings. Dabei wird wesentlich auf die Frage abgestellt, an wen das Netzwerk-Controlling berichtet; es wird somit die Frage adressiert, wem ein Netzwerk-Controlling zu unterstellen ist. Mçgliche Alternativen sind u. a. die Unterstellung des Netzwerk-Controllings unter einen einzelnen Partner oder die Unterstellung unter ein Gremium, wie beispielsweise die Partnerversammlung oder ein Lenkungsausschuss. Grundstzlich hat die Einordnung so zu erfolgen, dass die Neutralitt des Netzwerk-Controllings gegenber den einzelnen Partnern gewahrt bleibt.21
20 21
346
Vgl. Schoppmann (2005), S. 57. Vgl. Kraege (1997), S. 124.
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Die dritte hier vorzustellende Gestaltungsvariable der ControllingOrganisation ist die Funktionalisierung. Dabei wird die Frage nach der Kompetenzausstattung eines Controllings gestellt. Im Kontext des Unternehmensnetzwerks fokussiert sich die Fragestellung auf das Ausmaß der Informations- und Gestaltungsrechte die einem Netzwerk-Controlling zugesprochen werden. Das Spektrum von Optionen ist auch hier sehr breit. So kann das Netzwerk-Controlling derart beschrnkt werden, dass es nur wenige Informationsrechte bezglich partnerspezifischer Daten erhlt. Im Gegensatz dazu kann ein Netzwerk-Controlling mit einer großen Flle von Rechten ausgestattet sein. Dies kann soweit gehen, dass Eingriffe in die partnerspezifischen Controlling-Prozesse erlaubt werden, so beispielsweise die Kontrolle und Durchsetzung von Standardisierungen im Rechnungswesen.
Gestaltungsvariable Funktionalisierung
Zur Illustration der bisherigen Ausfhrungen zeigt Abb. 5 eine mçgliche Controlling-Organisation. Das Beispiel leitet sich ab aus Ergebnissen aus der Literatur22, ergnzt durch eine branchenbergreifende Studie zum Netzwerk-Controlling, die von den Verfassern durchgefhrt wurde.23 Zentrales Organ des Unternehmensnetzwerks ist in diesem Beispiel die Partnerversammlung, d. h. die Gesamtheit aller Partner. Diese bestimmt die Ausgestaltung der weiteren Organe. Die Partnerversammlung besetzt die Netzwerkleitung und die Netzwerkkoordination sowie den Beirat und die Ausschsse. Die Netzwerkleitung wird eingesetzt, um die Partnerversammlung zu entlasten. Weitere Aufgaben der Netzwerkleitung sind die Steuerung der Partner und die Außenvertretung des Unternehmensnetzwerks.24 Die empirische Untersuchung der Verfasser ergab, dass ca. 71 % der befragten Unternehmensnetzwerke ber ein solches gemeinsames Fhrungsgremium verfgen. Ein weiteres Ergebnis zeigt, dass in ca. 49 % der Unternehmensnetzwerke die zentralen Entscheidungen durch die Netzwerkleitung getroffen werden. Untersttzt wird diese dabei hufig von einer unternehmensbergreifenden Netzwerkkoordination, welche die Funktion eines (Netzwerk-)Zentral-Controllings ausfllt. Typische Aufgaben sind u. a. die Koordination der unternehmensbergreifenden Planung. Besondere Relevanz weist hierbei die Ausgestaltung der Weisungsrechte auf. So kann in einem stark heterarchischen Netzwerk die Netzwerkleitung ausschließlich vom fokalen Partner besetzt sein. Die Einheit der Netzwerkkoordination kann allerdings teilweise mit Mitarbeitern der Partner besetzt sein. In diesem Falle wrde der fokale Partner de facto Weisungsrechte 22 23 24
Partnerversammlung und Netzwerkleitung
Vgl. Hess (2002); Wohlgemuth (2002). Vgl. Horvth et al. (2005). Vgl. Mack (2003), S. 204.
347
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gegenber Mitarbeitern erhalten, die nicht seinem Unternehmen angehçren. Um dieses Problem zu vermeiden, bietet das Konzept eine Trennung in fachliche und disziplinarische Fhrung. Alternativ kann eine Neueinstellung von Controllern speziell fr die unternehmensbergreifende Einheit erfolgen. Diese Lçsung bietet auch den Vorteil der hçheren Neutralitt der (Netzwerk-)Controller.25
Partnerversammlung
Netzwerkleitung
Beirat
Ausschuss Netzwerkkoordination
Kooperationsabteilung
Kooperationsabteilung
Kooperationsabteilung
ZentralControlling
ZentralControlling
ZentralControlling
BereichsControlling
BereichsControlling
BereichsControlling
Partner A
Partner B
Partner C
Abb. 5: Akteursmodell der internen Netzwerkorganisation26
Hufig wird in Netzwerken ein Beirat gebildet, der in verschiedenen Fragen andere Organe bert. Dieser ist oftmals mit Vertretern des Zentral-Controllings der Partner besetzt.27 Schließlich werden fr Sonderaufgaben Ausschsse gebildet. Beispiele fr Sonderaufgaben sind Investitionsplanung oder ein Unternehmensnetzwerk-Audit. Diese sind somit ebenfalls Trger eines Netzwerk-Controllings. Operative Netzwerkmanager
Zur Vereinfachung der Koordination im Netzwerk bestimmt jeder Partner Kontaktpersonen, die den jeweiligen Partner in Angelegenheiten des Unternehmensnetzwerks vertreten. Die empirische Untersuchung ergab, dass ca. 77 % der befragten Unternehmensnetzwerke 25 26 27
348
Vgl. Kraege (1997), S. 320. Vgl. Kraege (1997); Hess (2002); Wohlgemuth (2002); Horvth et al. (2005). Vgl. Kraege (1997), S. 214.
Unternehmensnetzwerke Seite 349
ber solche operativen Netzwerkmanager – die beispielsweise im Beteiligungs-Controlling des jeweiligen Partners angesiedelt sein kçnnen – verfgen. Grçßere Unternehmen schaffen hierfr hufig eine Kooperationsabteilung.28 Hier wird deutlich, dass neben den bisher diskutierten Einflussfaktoren die Organisation eines NetzwerkControllings auch von der Controlling-Organisation der Partner abhngt. Kleine Partner verfgen in der Regel ber eine sehr einfache Controlling-Organisation, wohingegen bei grçßeren Partnern spezialisierte (Funktional-)Controlling-Einheiten vorhanden sind, wie beispielsweise F+E-Controlling oder Produktions-Controlling.
3.2
Ablauforganisation eines Netzwerk-Controllings
Die bisherigen Ausfhrungen bezogen sich ausschließlich auf die statische Komponente der Controlling-Organisation. In diesem Abschnitt soll deshalb auf die dynamische Komponente, also den Controlling-Prozess, eingegangen werden. Der Controlling-Prozess stellt die zeitliche Anordnung der Aufgaben des Controllings dar. Eine erste Grobgliederung fr den Controlling-Prozess in Unternehmensnetzwerken ist die Einteilung gemß den Lebenszyklusphasen des Netzwerks: Formierung, Betrieb und Auflçsung bzw. Reformierung. In jeder Phase obliegen dem Controlling unterschiedliche Aufgaben. So sind die selektionsuntersttzenden Aufgaben des Controllings, wie beispielsweise die Bewertung neuer Partner, der Formierungsphase zugeordnet.
Der ControllingProzess
Eine Untergliederung des Controlling-Prozesses lediglich in die Lebenszyklusphasen des Netzwerks ist allerdings zu grob. So muss speziell im Hinblick auf die Betriebsphase des Netzwerks weiter differenziert werden. Hierzu bietet sich die Anlehnung des Controlling-Prozesses an die unternehmensbergreifende Planung an.29 Abbildung 6 zeigt hierzu als Beispiel eine unternehmensbergreifende Ablaufplanung im Rahmen eines Produktionsnetzwerks der Automobilindustrie in der Phase des Produktanlaufs. Der Controlling-Prozess beginnt mit der Koordination der Planerstellung. Daraufhin erfolgen u. a. Planfortschrittskontrollen. Die Problematik fr das Controlling besteht hier wiederum in einem Spezifikum von Netzwerken: die fehlende Mçglichkeit des hierarchischen Durchgriffs im Falle von Planabweichungen. Dies muss sich im Controlling-Prozess widerspiegeln, indem beispielsweise mehr Abstimmungsrunden zwischen den Partnern erfolgen mssen. 28 29
Vgl. Lichtenthaler (2004), S. 65 ff. Vgl. Horvth (2006), S. 203 ff.
349
350
OEM
Ausrüster
30
Lieferantenebene
Vgl. Stirzel; Hntelmann (2006), S. 11.
ProduktProzessentwicklung entwicklung
n-tier 3nd-tier 2nd-tier Systemlieferant
(1st-tier)
Verabschiedung Produktidee
Produktionskonzept
Produktp lanung
Unterkomponentenentwicklung
Betriebsmittel- u. Personalplanung
Unterkomponentenentwicklung
Inbetriebnahme
Produktion
Rekonfiguration der Anlage
Produktion des Endproduktes
Serienphase
Serienfreigabe SoP (Job No. 1)
Kammlinie
Lieferung von Serienteilen
Lieferung von Serienteilen
Nullserie
Hochlauf
Lieferung der Ausgangsmaterialien
Vorserie u. Prozesserprobung
Freigabe Vorserie
Lieferung von Vorserienteilen
Lieferung der Vorserienteile
Serienanlaufphase Begleitung Pilotserien
Anlagen- Tra nsport u. erprobMontage ung
Produkterprobung
Bau der Anlage
Fertigungs- und Montageplanung
Entwicklung u. Konstruktion
Produktkonstruktion
Begleitung Produktionskonzept u. Betriebsmittelplanung
Begleitung bei der Produkt- und Prozessentwicklung
Entwicklungsphase
Unternehmensnetzwerke
Seite 350
Abb. 6: Beispiel einer unternehmensbergreifenden Ablaufplanung im Rahmen eines Netzwerks in der Automobilindustrie30
Unternehmensnetzwerke Seite 351
3.3
Ausgewhlte Einflussfaktoren auf die Organisation eines Netzwerk-Controllings
Die konkrete Ausgestaltung der angefhrten Gestaltungsvariablen der Organisation eines Netzwerk-Controllings ist durch die Partner nicht etwa frei von Kontextfaktoren „whlbar“. Vielmehr ist die Organisation in hohem Maße durch die Konfiguration des Netzwerks selbst determiniert.31 Im Folgenden werden ausgewhlte Aspekte der Netzwerkkonfiguration und deren Einfluss auf die Organisation des Netzwerk-Controllings diskutiert. Ein Einflussfaktor ist die Machtverteilung im Netzwerk. Hier wird unterschieden zwischen hierarchischen Netzwerken, in denen ein mchtiger (sog. fokaler) Partner bestimmend fr die Konfiguration des Netzwerks ist, und heterarchischen Netzwerken, die sich durch einen gleichsam demokratischen Abstimmungsprozess auszeichnen.32 In hierarchischen Netzwerken weist das Controlling eher mittlere Zentralisierungsgrade auf, d. h., Teile der Controlling-Aufgaben verbleiben bei den Partnern, whrend andere Teile an eine unternehmensbergreifende Controlling-Einheit verlagert werden.33 Gemein ist den verschiedenen Organisationsausprgungen, dass sie jeweils vom fokalen Partner gestaltet werden. Dies zeigt sich u. a. in der personellen Besetzung eines ggf. existierenden zentralisierten Gremiums und in der Berichtslinie eines Netzwerk-Controllings. So werden die Mitglieder durch den fokalen Partner bestimmt und das Netzwerk-Controlling berichtet zumeist ebenfalls dem dominanten Partner. Eine in der Automobilindustrie oft anzutreffende, eher dezentralisierte Organisationsvariante belsst Controlling-Aufgaben bei den Partnern, wobei der fokale Partner die Berichtswege und die zu berichtenden Inhalte bestimmt. Die wesentlichen Entscheidungen werden in der Controlling-Einheit des fokalen Partners getroffen. In beiden Varianten – der eher zentralisierten und der eher dezentralisierten – sichert das Netzwerk-Controlling die bestehende Machtasymmetrie zwischen den Partnern, da der fokale Partner ber besseren Informationszugang und damit bessere Kontrollmçglichkeiten verfgt.34 Zur Strkung eines partnerschaftlichen Verhltnisses, um beispielsweise opportunistische Verhaltensweisen der Partner zu verhindern, verzichten fokale Partner allerdings hufig auf einige Randbereiche der Gestaltung des Netzwerk-Controllings. 31 32 33 34
Machtverteilung und ControllingOrganisation
Vgl. Kraege (1997), S. 211. Vgl. Sydow (2006), S. 395. Vgl. Kraege (1997), S. 213. Vgl. Sydow (2006), S. 395.
351
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Im Gegensatz dazu ist die Gestaltung des Netzwerk-Controllings in heterarchischen Netzwerken durch gleichberechtigte Abstimmungsprozesse geprgt. So sind Gremien ausgeglichen besetzt und ein ggf. eingerichtetes zentralisiertes Netzwerk-Controlling berichtet an ein Gemeinschaftsgremium, wie beispielsweise einen Lenkungskreis oder die Partnerversammlung. Extremformen, wie vollstndige Zentralisierung, sind hierbei mçglich, da sie besonders geeignet sind, die Aufgabenstellung in heterarchischen Netzwerken zu bewerkstelligen: die Abstimmung gleichberechtigter Partner.35 Netzwerkfunktion und ControllingOrganisation
Reproduktionsnetzwerk Automobilindustrie
Ein weiterer Einflussfaktor auf die Controlling-Organisation ist die Funktion des Netzwerks. So existieren u. a. Produktionsnetzwerke, Vertriebsnetzwerke und Entwicklungsnetzwerke. Abbildung 7 zeigt hierzu die Funktionaltypologie nach Otto.
Innovationsnetzwerk F+E Consulting
Vermittlungsnetzwerk Personalvermittlung
Multiplikationsnetzwerk Franchise Fast Food
Transportnetzwerk CityLogistics
Abb. 7: Funktionaltypologie36
Jeder Funktionaltypus bedarf einer spezifischen Form des Netzwerk-Controllings. Ein Multiplikationsnetzwerk, also beispielsweise ein Franchising-Netzwerk, weist zumeist ein stark dezentralisiertes Netzwerk-Controlling auf. Sowohl der Franchisegeber als auch der Franchisenehmer fhren die netzwerkspezifischen Controlling-Aufgaben in eigenen Controlling-Einheiten aus. Im Gegensatz dazu existiert in Transportnetzwerken teilweise ein stark zentralisiertes Netzwerk-Controlling, indem Controlling-Aufgaben an einen (netzwerk)externen Partner vergeben werden.
35 36
352
Vgl. Balke; Kpper (2003), S. 943. Vgl. Otto (2002), S. 226.
Unternehmensnetzwerke Seite 353
Neben funktionsbereichsbezogenen Netzwerken, die sich auf einzelne Funktionen, wie beispielsweise Marketing, fokussieren, existieren auch Netzwerke, die funktionsbereichsbergreifend kooperieren. Bei Ersteren sind, soweit vorhanden, die Vertreter des korrespondierenden Funktions-Controllings die Trger des Controllings. In funktionsbereichsbergreifenden Netzwerken sollte dagegen das jeweilige Zentral-Controlling der Partner involviert sein.37 Als Erstes soll hier ein im Rahmen der Netzwerkforschung viel diskutiertes Konstrukt im Hinblick auf dessen Einfluss auf die Controlling-Organisation besprochen werden: das Vertrauen zwischen den Netzwerkpartnern.38 Ein hohes Maß an Vertrauen ist eine wesentliche Voraussetzung fr ein zentralisiertes Netzwerk-Controlling. Begrndet ist dies darin, dass proprietre Unternehmensinformationen, wie beispielsweise Kostendaten, den anderen Partnern so einfacher zugnglich sind. Die Gefahr, dass diese Daten spter von Partnern zu Wettbewerbszwecken genutzt werden, ist damit erhçht. Weiterhin determiniert das Maß an Vertrauen zwischen den Partnern auch den Aufgabenumfang eines zentralisierten Netzwerk-Controllings. So bedarf die Verlagerung von Controlling-Aufgaben von den einzelnen Partnern hin zu einer Zentralinstanz ebenfalls eines hohen Maßes an Vertrauen. Damit werden sowohl Zentralisierung als auch Funktionalisierung durch das Vertrauen zwischen den Partnern determiniert.
Vertrauen und ControllingOrganisation
Neben den hier diskutierten Konfigurationsmerkmalen existieren weitere Einflussfaktoren auf die Controlling-Organisation, wie beispielsweise die Stabilitt des Netzwerks, der geplante Zeithorizont, die geografische Verteilung der Partner (regionales vs. globales Netzwerk) oder deren Anzahl. Die diskutierten Einflussfaktoren stehen allerdings nicht gleichberechtigt und unabhngig nebeneinander. In der Praxis entscheiden letztendlich die Gesamtheit der Netzwerkkonfiguration sowie die interne Organisation der Partnerunternehmen ber die Organisation eines Netzwerk-Controllings.
Weitere Einflussfaktoren
4
Ausblick
Die Gestaltung der Controlling-Organisation in Unternehmensnetzwerken ist aufgrund des spezifischen Kontexts eine komplexe Aufgabe. So ist die Zuordnung von Controlling-Aufgaben und zugehçriger Informationsrechte unternehmensbergreifend unter 37 38
Vgl. Kraege (1997), S. 211. Vgl. Hippe (1997), S. 255 ff.
353
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den Partnern abzustimmen. Insbesondere beim Aufeinandertreffen unterschiedlicher Zielsetzungen oder Controlling-Philosophien kçnnen hier Probleme entstehen. Dies ist eine Erklrung dafr, dass extreme Organisationsformen des Controllings – also beispielsweise Controlling-Einheiten, die relativ autark von den Partnern agieren kçnnen – eher selten auftreten. Gerade diese Form der Controlling-Organisation entsprche allerdings dem Netzwerkgedanken und stellt einen Ansatz zum geforderten Ausgleich netzwerkinhrenter Spannungsverhltnisse dar. Zentraler Vorteil eines (partner)unabhngigen Netzwerk-Controllings wre, dass das Controlling mçglichst unbeeinflusst von den Interessen einzelner Partner ein Gesamt(netzwerk)optimum anstreben kçnnte. berdies wrden solche originren Netzwerkorganisationseinheiten einen stabilisierenden Effekt (nicht Starrheit!) auf das Netzwerk ausben. Es bleibt zu resmieren, dass die viel beschworene Transformation hin zur Netzwerkçkonomie unbestreitbar begonnen hat. Allerdings ist der Netzwerkgedanke bisher insofern unvollstndig umgesetzt, so lange die Partnerunternehmen netzwerkspezifische Funktionen nicht auch an netzwerkspezifische Organisationseinheiten externalisieren.
5
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Stichwortverzeichnis Seite 357
Stichwortverzeichnis A Ablauforganisation, funktionale Besonderheiten 179 –, Planungs- und Budgetierungsprozess 170 –, Praxisbeispiel Manor AG 169 –, Reportingprozess 173 Anforderungen, aktuelle, an den Controller 200, 209 Aufbauorganisation, Praxisbeispiel Manor AG 167 Aufgaben des Controlling, empirische Erkenntnisse 48
B Bankensektor, Organisation des Controlling 203 Best Practice, bei der BASF 77 –, bei der DEKRA 151 –, bei der Gebr. Becker GmbH 221 –, bei der Heidelberger Druckmaschinen AG 187 –, bei der Mainova AG 133 –, bei der Manor AG 163 –, bei der UBS AG 203 –, bei DPD GeoPost 91 –, bei TRUMPF 113 –, empirische Erkenntnisse 33 Business Partner Controlling, bei der BASF 77 Business-Partner-Controlling, bei der Manor AG 166 Business Partner Controlling, bei DPD GeoPost 103 Business Process Outsourcing, als Organisationsalternative 306 –, des Controlling 292
–, Potenziale im Controlling –, Vorgehen 307
309
C CFO-Bereich, Effizienzsteigerungen 247 CFO-Funktion, Aufgaben 254 CFO-Organisation, Einflussfaktoren 246 –, Entwicklungen 241 –, Gestaltungsfelder 249 –, Gestaltungsoptionen 244 –, Herausforderungen 243 –, integrierte Gestaltung 244 Chemische Industrie, Organisation des Controlling 77 Controlling Information Center, Ausgangslage 210 –, Beurteilung 214 –, Einflussfaktoren, zuknftige 217 –, Funktionen und Rollen 212 –, berblick 203 –, Umsetzung 212 –, Ziele 214 Controlling-Organisation, Begriff 15 –, Gestaltungsvariablen 16 –, im Wandel 163 –, in der Wissenschaft 13 –, Kontextfaktoren 23 Controlling-Ressourcen, empirische Erkenntnisse 51 Controlling Shared Service Center, Ausgestaltung 283 –, Steuerung 287 Controlling Shared Services, berblick 269 Controlling-Supportorganisation, Aufbau 311 Controlling-Verstndnis, angloamerikanisches 295 Corporate Governance, Ausblick 331 357
Stichwortverzeichnis Seite 358
–, Begriff 323 –, Einfluss auf die ControllingOrganisation 321 –, IFRS 329 –, Kontingenzfaktor 327 –, KonTraG 328 –, rechtliche Verankerung 325 –, Sarbanes-Oxley Act 330
D Dezentrale Organisation, als Erfolgsfaktor 151 –, Ausgestaltung 156 –, Praxisbeispiel DEKRA 151 –, Praxisbeispiel DPD GeoPost 91 Dezentrales Controlling, Ausgestaltung 96 –, Autonomie fçrdern 159 –, Beratungsfunktion des Controlling 157 –, Besonderheiten 155 –, Dilemma des Controllers 101 –, Entwicklungsmçglichkeiten 101 –, Kompetenzfelder 87 –, Konfliktpotenziale vermindern 157 –, Vorteile nutzen 159 –, Vor- und Nachteile 96 Dezentralisierung, Praxisbeispiel Mainova AG 142 Dienstleistungsbranche, controlling-relevante Spezifika 155 –, Organisation des Controlling 151 Dotted Line, Praxisbeispiel BASF 84 Dotted-Line-Organisation, Praxisbeispiel Mainova AG 142 Druckindustrie, Organisation des Controlling 187 Dynamisches Umfeld, Anforderungen an die Controlling-Organisation 99
358
E Effizienzsteigerungen, Controlling-Organisation 197 Einflussfaktoren, Controlling-Organisation 183 –, der Controlling-Organisation 36 –, Praxisbeispiel TRUMPF 119 Eingriffsintensitt, Optimierung 225 Empirische Erkenntnisse, Best Practice –, berblick 33 Energiewirtschaft, Branche im Wandel 135 –, Controlling-Organisation 133 –, Entflechtung 136 –, Entwicklungsperspektiven im Controlling 146 –, Regulierung 137 Entflechtung, Auswirkungen 133
F Familienunternehmen, Controlling-Organisation 113 Finanzbereich, Entwicklungen 241 Finanzorganisation, Dotted-Line-Prinzip 262 –, Gestaltungsfelder 254 –, Grundkonfigurationen 258 –, hierarchische Struktur 256 –, Integration 263 –, Vorstandsverantwortung 260
G Geschftsorientiertes Controlling, Praxisbeispiel Heidelberger Druckmaschinen AG 187 –, Umsetzung 190 Gestaltungsfaktoren, der Controlling-Organisation 39 –, Praxisbeispiel Mainova AG 141
33
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Gestaltungsvariablen, Ablauforganisation 21 –, Arbeitsteilung 21 –, Aufgabenabgrenzung 22 –, Delegation 19 –, der Controlling-Organisation 16 –, Funktionalisierung 18 –, Partizipation 20 –, Standardisierung 20 –, Zentralisation vs. Dezentralisation 17 Globale Unternehmen, Herausforderungen fr das Controlling 298 –, Organisation des Controlling 295
–, Implementierung 234 –, Integration ERP-Systeme –, Konzeption 230 –, Softwareauswahl 232 Kultur, Einfluss 28
H
Maschinenbau, Controlling-Organisation 113 Matrixorganisation, Praxisbeispiel BASF 81 –, Praxisbeispiel Heidelberger Druckmaschinen AG 190 Mittelstndischer Konzern, Organisation des Controlling 221
Handel, Controlling-Organisation
163
I IFRS, Auswirkungen 329 Integration im Rechnungswesen, Praxisbeispiel BASF 89
K Komplexitt, Anforderungen an das Controlling 195 Kontextfaktor, Kultur 28 –, Organisationsstruktur 26 –, Strategie 27 –, Technologie 25 –, Unternehmensgrçße 27 –, Unternehmensumwelt 24 Kontextfaktoren, der Controlling-Organisation 23 –, Praxisbeispiel TRUMPF 119 Kontingenztheorie, berblick 23 KonTraG, Auswirkungen 328 Konzern-Controlling, Aufbau 229 –, Erfolgsfaktoren beim Aufbau 236 –, im Mittelstand 221
230
L Logistikbranche, Organisation des Controlling
91
M
N Netzwerk-Controlling, Ablauforganisation 349 –, Aufbauorganisation 343 –, Aufgaben 341 –, Einflussfaktoren 351 Netzwerke, Controlling-Organisation 337 Neustrukturierung, strategiegerechte 91
O Offshoring, Definition 289 –, Mçglichkeiten 295 –, Standortentscheidungen 290 –, von Controlling-Aktivitten 289 –, vs. Nearshoring 315 Organisation des Controlling, bei der DEKRA 151 359
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–, bei der Gebr. Becker GmbH 221 –, bei der Mainova AG 133 –, bei der UBS AG 203 –, bei DPD GeoPost 91 –, bei TRUMPF 113 –, Business Process Outsourcing 295 –, CFO-Organisation 241 –, Chemische Industrie 77 –, Controller als Business Partner 77 –, Controlling Information Center 203 –, Corporate Governance 321 –, Einfluss der IT 221 –, empirische Erkenntnisse 33 –, Energiewirtschaft 133 –, Entflechtung und Regulierung 133 –, Erfolgsfaktor dezentrales Controlling 151 –, Finanzorganisation 241 –, geschftsorientiertes Controlling 187 –, Gestaltungsfaktoren 33 –, Gestaltungsvariablen 13 –, globale Unternehmen 295 –, im Bankensektor 203 –, im Handel 163 –, Impulse aus der Wissenschaft 13 –, in der BASF 77 –, in der Dienstleistungsbranche 151 –, in der Druckindustrie 187 –, in der Logistikbranche 91 –, in dezentral gefhrtem Konzern 91 –, in Transformationsprozessen 163 –, Kontextfaktoren 13 –, Maschinenbau 113 –, Offshoring 295 –, Organisationstheorien 55 –, Outsourcing 295 –, Praxisbeispiel mittelstndischer Konzern 221 –, Shared Service Center 295 –, Shared Services 269 –, State of the Art 55 –, Unternehmenskultur 113 –, Unternehmensnetzwerke 337
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Organisationsalternativen, Business Process Outsourcing 303 –, Shared Service Center 303 Organisationsstruktur, Einfluss 26 Organisationstheorien, Anwendung 55 –, Controlling-Literatur 57 –, Controlling-Organisation 56 –, Controlling-Organisation gestalten 67 –, klassische 61 –, Organisationsgestaltung 65 –, berblick 60 Outsourcing, Business Process Outsourcing 303 –, des Controlling 292 –, von Controlling-Aktivitten 295
P Profit-Center-Organisation, dezentrale
77
R Regulierung, Auswirkung 133 Restrukturierung, Auswirkungen auf das Controlling 197 Retained Services, Begriff 304 Rolle des Controlling, Controller als Business Partner 81 –, Structure follows Strategy 81
S Sarbanes Oxley Act, Auswirkungen 330 Shared Service Center, bei DPD GeoPost 105 –, bei globalen Unternehmen 295 –, in globalen Unternehmen 303 Shared Services, Center of Scale 282 –, Center of Expertise 282 –, Charakteristika 273 –, Cost Center 287 –, im Controlling 276
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–, im Finanzbereich 276 –, Investment Center 287 –, Kriterienraster 279 –, Organisationsprinzipien 271 –, organisatorische Gestaltung 282 –, Profit-Center 287 –, berblick 269 –, Voraussetzungen 280 –, Vorteile 275 Software, Auswahl 232 Strategie, Bewertung organisatorischer Maßnahmen 109 –, Einfluss 27 –, konforme Organisationsgestaltung 109 –, Vernderung im Controlling 228 Structure follows Strategy, Leitlinie der Neugestaltung 77
T Technologie, Einfluss 25 Transaktionale Ttigkeiten, im Controlling 310 Transformationsprozess, Auswirkungen 163
U Unbundling, im Controlling 133 Unternehmensgrçße, Einfluss 27 Unternehmenskultur, Einflussfaktoren 120 –, schlankes Controlling 113 Unternehmensnetzwerke, Definition 340 –, Ablauforganisation des Controlling 349 –, Aufbauorganisation des Controlling 343 –, Controlling-Aufgaben 341 –, Controlling-Organisation 337 –, Einflussfaktoren auf die ControllingOrganisation 351 –, Merkmale 338 –, berblick 338 Unternehmensumwelt, Einfluss 24 Unternehmerisches Controlling, in Wachstumsphasen 193
Z Zentrales Business Controlling, Chancen und Risiken 105 –, Etablierung 105 Zentrales Controlling, Kompetenzfelder 87
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